Textkritische Studien zum Welschen Gast Thomasins von Zerclaere [Reprint 2018 ed.] 9783111381749, 9783111022987


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German Pages 183 [188] Year 1967

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VORWORT
INHALT
I. EINLEITUNG
II. DIE ÜBERLIEFERUNG
III. DAS VERHÄLTNIS DER HANDSCHRIFTEN ZUEINANDER
IV. ZUSAMMENFASSUNG UND ERGEBNISSE
V. ADDENDA
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Textkritische Studien zum Welschen Gast Thomasins von Zerclaere [Reprint 2018 ed.]
 9783111381749, 9783111022987

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F R I E D R I C H WILHELM VON KRIES T E X T K R I T I S C H E S T U D I E N ZUM W E L S C H E N GAST THOMASINS VON ZERCLAERE

Q U E L L E N UND F O R S C H U N G E N ZUR SPRACH- UND K U L T U R G E S C H I C H T E DER G E R M A N I S C H E N VÖLKER

BEGRÜNDET VON B E R N H A R D TEN B R I N K U N D W I L H E L M

SCHERER

NEUE FOLGE HERAUSGEGEBEN VON HERMANN KUNISCH

23 (147)

WALTER DE GRUYTER & CO VORMALS G. J . GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG — J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEORG REIMER — KARL J. TRÜBNER — VEIT & COMP.

B E R L I N 1967

TEXTKRITISCHE STUDIEN ZUM WELSCHEN GAST T H O M A S I N S VON ZERCLAERE

VON

FRIEDRICH WILHELM VON K R I E S

WALTER DE GRUYTER & CO VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG — J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEORG REIMER — KARL J. TRÜBNER — VEIT «c COMP.

BERLIN 1967

Archiv-Nr 43 30 67/2

© Copyright 1967 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. — Printed in Germany. — Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin

VORWORT Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis einer mehrjährigen Beschäftigung mit den Handschriften des Welschen Gasts und der Überlieferung dieses Werkes. Es ist mir ein ehrliches Bedürfnis hier allen jenen meinen Dank auszusprechen, deren Hilfe und Rat diese Arbeit möglich gemacht haben. Durch das Fehlen von modernen Handschriftenverzeichnissen ist die Forschung heute noch mehr als gewöhnlich auf die Unterstützung der Bibliotheken und Institute angewiesen. Unser Dank gilt daher Herrn Dr. Boese und Dr. Lülfing in Berlin sowie Dr. Skeat in London, deren Auskünfte dazu führten, daß ich die Hamiltonhandschrift in Berlin auffinden konnte. Die liebenswürdige Unterstützung von Herrn Dr. Pensei, ebenfalls in Berlin, gab mir manchen wertvollen Hinweis in Bezug auf die modernen Methoden der Handschriftenbeschreibung. Frau Dr. Csapodi in Budapest war mit wertvollen Aufschlüssen über den Verbleib des Pesther Fragments behilflich. Herr Dr. Reimers in Büdingen, Dr. Dietzel in Erlangen, Dr. Irtenkauf in Stuttgart sowie die Badische Landesbibliothek gaben mancherlei Auskunft und Hilfe bei der Beschaffung von Mikrofilmen. Herr Dr. Deckert in Dresden war besonders hilfreich bei der Feststellung der Lagenverhältnisse und Wasserzeichen der dortigen Handschrift. Mein Dank gilt insbesondere den Herren Bibliotheksdirektor Frank in Gotha sowie Dr. Jammers und Dr. Joost in Heidelberg, die meine Bemühungen um die Handschriften großzügig unterstützt haben. Die Herren Dr. Kramm in Marburg und Dr. Hornung in Tübingen halfen mit Ihren Auskünften über die dortigen Fragmente und ihrer Geschichte. Die Herren Dr. Butzmann in Wolfenbüttel sowie Dr. Dachs und Dr. Gichtel in München ließen Mikrofilme herstellen und halfen mir bei der Klärung mancher Frage. Der mittlerweile verstorbene Mr. Glazier in New York gab mir bereitwilligst Auskunft über die letzten Schicksale der in seinem Besitz befindlichen ehemaligen Erbacher Handschrift, und Herr A. Schad, Pfarrer von Watzendorf, ließ auf eigene Rechnung eine Reproduktion der Watzendorfer Fragmente herstellen, die er mir mit einem freundlichen Gruß schickte.

VI

Vorwort

Ohne die wertvolle Hilfe von Monsignor Biasutti sowie Frau Dr. Sereni in Udine wäre es mir nicht möglich gewesen, Sicherheit über den urkundlich bezeugten Thomasin zu gewinnen. Erst ihre Auskünfte erlaubten die endgültige Scheidung von Hypothese und Tatsache. Diese Arbeit war ursprünglich als Dissertation geplant und wurde als solche im Mai 1965 von der Philosophischen Fakultät der Universität von Washington in Seattle angenommen. Ich fühle mich daher meinen Lehrern im allgemeinen, namentlich Herrn Professor Carrol E. Reed und besonders Herrn Professor Antonin Hruby in Dankbarkeit verbunden. Ihre wertvollen Anregungen und kritische Stellungnahme waren meinen Untersuchungen eine große Hilfe. Besonders dankbar bin ich dafür, daß ich die Zielsetzung meiner Untersuchung nicht in den Dienst einer bestimmten Hypothese stellen mußte, sondern frei den Anforderungen der handschriftlichen Uberlieferung folgen durfte. Nur so ist es nämlich möglich, festzustellen, „wie es wirklich war", oder wie es „wahrscheinlich hat sein können". Herr Professor Hermann Kunisch, der Herausgeber der „Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der Germanischen Völker", hatte die große Freundlichkeit, zu der Aufnahme der Arbeit in diese Reihe seine Zustimmung zu geben. Ein großzügiger Zuschuß der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglichte den schwierigen Druck. Schließlich möchte ich dem Verlag und allen anderen, die das Gelingen dieser Arbeit unterstützten, meinen herzlichen Dank aussprechen.

INHALT I. Einleitung

1

A . D e r Forschungsstand im Hinblick auf die Persönlichkeit Thomasins und die Überlieferung seines W e r k e s B . Methodische V o r b e m e r k u n g e n II. D i e Überlieferung A . D i e Pergamenthandschriften 1. 2. 3. 4. 5.

Cod. pal. germ. 389 Membrana 1.120 Cod. poet. et. philol. fol. 1 S. Glazier Ms. Nr. 51 Hamilton Ms. 675

B . D i e Pergamentfragmente 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Das Grimmfragment Das Büdinger Fragment Das Pesther Fragment Die Wolfenbüttler Fragmente Die Watzendorfer Fragmente Die Erlanger Fragmente Die Marburger Fragmente

C. D i e Tübinger Papierfragmente D . D i e Papierhandschriften 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Die Ulmer Handschrift Die Wolfenbüttler Handschrift Cod. pal. germ. 320 Dod. pal. germ. 338 Die Karlsruher Handschrift Die Münchner Handschrift Cod. pal. germ. 330 Die Dresdener Handschrift

E . Verschollene Handschriften 1. Die Mosacher Handschrift 2. Die Königsberger Handschrift

. . . .

1 16 22 22 22 28 30 32 34 36 36 37 38 39 40 41 44 45 48 48 50 52 54 56 59 61 62 65 65 66

VIII

Inhalt F. Erwähnte Handschriften 1. Die Handschrift der Elisabeth von Volkenstorf 2. Die Handschrift Diebold Loubers zu Hagenau 3. Die Handschrift Püterichs von Reicherzhausen

67 67 67 67

G. Abschriften von Handschriften nach dem Jahre 1500 1. Cod. philol. 192 2. Cod. Chart. A 827 3. Cod. Chart. A 826 4. Ms. germ. fol. 448 5. Ms. germ. oct. 317

. . .

68 68 68 69 69 69

H. Zusammenfassung und Übersicht der benutzten Siglen . . III. Das Verhältnis der Handschriften zueinander

70 72

A . Die Gruppe UWac* 1. Die Untergruppe UWa* 2. Das Verhältnis von U, W und a zueinander 3. Die Untergruppe UWa* und die Handschrift c 4. Die Entwicklung von U, W, a, c zu caUW 5. Zusammenfassung caUW

74 74 76 79 82 83

B. Die Gruppe EHKMb* 83 1. Die Geschlossenheit der Gruppe EHKMb 84 2. Die Beziehungen von K und M zueinander 86 3. Die Handschrift H und ihr Verhältnis zu KM* 87 4. Die Eingliederung der Wolfenbüttler Fragmente 90 5. Die Eingliederung der Watzendorfer Fragmente* 92 6. Charakteristik von b* 94 7. Die Eingruppierung der Marburger Fragmente 95 96 8. Die Erlanger Fragmente und die Gruppe EHKMb 9. Die Tübinger Fragmente und die Gruppe EHKMb 100 10. Zusammenfassung der Gruppe EHKMb und der dazugehörigen Fragmente 102 C. Die Handschrift S und die Gruppen EHKMb 1. Die Gruppe S** 2. Das Pesther Fragment und die Gruppe S** 3. Die Eingruppierung des Grimmfragments 4. Zusammenfassung S**

und caUW

. 103 106 109 112 117

D. Die Handschriften A, G, D und die Gruppe i"** . . . . 1. Die Auslassung und Plusverse der Handschrift A 2. Die Handschrift G, ihre Auslassungen, Plusverse und ihr Verhältnis zu A 3. Die Handschrift D und ihre Bindungen an A, G und S** . . . 4. Die Kontamination der Handschrift D 5. Die Eingruppierung der Büdinger Fragmente 6. Das Problem der großen Lücke

118 119 122 127 131 139 140

Inhalt

IV. Zusammenfassung und Ergebnisse

IX

150

A. Die AufStellung des Gesamtstemmas der Überlieferung . . .150 B. Die kritische Bedeutung des Stemmas V. Addenda A. Aufstellung der Auslassungen und Plusverse in den Handschriften des Welschen Gasts

156 160 160

B. Konkordanz aller Bilder und Bildstellen in den Handschriften 165 C. Bibliographie

172

I. EINLEITUNG A. Der Forschungsstand Im Jahre 1852 erschien die von der Forschung lang erwartete erste Ausgabe des Welschen Gasts Thomasins von Zerclaere, das erstaunliche Werk eines noch nicht dreißigjährigen Italieners am Hofe Wolfgers, des Patriarchen von Aquileja 1 . Der Dichter nennt sich selbst im Prolog seines Gedichts, und fast alles, was wir heute mit Sicherheit über seine Person und seinen Werdegang wissen, berichtet er uns selbst im Verlaufe seines monumentalen Werkes, welches im Winter des Jahres 1215—16 innerhalb von 10 Monaten entstand2. In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war das Gespräch und die Diskussion um den Welschen Gast äußerst rege, und nicht zuletzt durch die sehr schmeichelhafte Beurteilung des Werkes durch Gervinus, der sich u. a. gegen die von Wilhelm Grimm aufgestellte These von der Identität Walthers und Freidanks wandte3. Der Welsche Gast enthält tatsächlich eine ganze Anzahl von Versen und Sprüchen, die in der Bescheidenheit meist leicht gewandelt wiederkehren. Die Frage der Ursprünglichkeit wurde nun zum Problem, denn der Gedanke war Wilhelm Grimm unerträglich, daß Walther—Freidank etwas aus dem Welschen Gast entlehnt habe. Wie weit Wilhelm Grimm ging, um die Identität Walthers und Freidanks zu beweisen, wird von Bezzenberger schön zusammengestellt4. Im Jahre 1827 und in Wilhelm Grimms erster Ausgabe der Bescheidenheit wird noch zugegeben, daß der Welsche Gast das ältere Werk ist, obwohl es an abfälligen Bemerkungen nicht fehlt5. Der Streit der beiden Gelehrten beeinflußte in maßgebender Weise die weitere Thomasinforschung, da er — zu einer Zeit, wo es noch keine 1

2

3 4 5

Thomasin von Zirclaria, Der Wälsche Gast, Hrs. Heinrich Rückert. Quedlinburg und Leipzig, 1852. Bibliothek der gesummten deutschen National-Literatur. Bd. 30. Alle in der folgenden Arbeit gegebenen Versreferenzen beziehen sich auf diese Ausgabe. Andere Hinweise werden mit Seitenangaben unter Rückert zitiert. Die Datierung des Gedichts beruht auf V. 11717 und V. 12228, die Dauer seiner Entstehung auf Vers 12228. G. G. Gervinus, Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen, 1835, Bd. 1. H. E. Bezzenberger, Freidankes Bescheidenheit, Halle, 1872. Zitiert: Bezzenberger. Wilhelm Grimm, Vridankes Bescheidenheit, Göttingen 1834. I Ton Kries

2

Einleitung

Ausgabe des Welschen Gasts gab — die Aufmerksamkeit der gebildeten Welt auf diese Dichtung lenkte und Fragen und Aufgaben stellte, die dann von den nachfolgenden Forschergenerationen aufgegriffen wurden. Selbst wenn Wilhelm Grimm bezüglich Freidanks Identität eine irrtümliche These vertrat, sollte doch der Wert seines Beitrags nicht unterschätzt werden. Die solide Grundlage der vielseitigen Bemühungen dieses großen Forschers läßt sich daran erkennen, daß er eine eigenhändige Abschrift der ältesten Heidelberger Handschrift anfertigte, die Dresdener Handschrift kollationierte und ebenfalls im Besitz des ältesten Fragments des Welschen Gasts war 6 . Wilhelm Grimm war also schon damals einer der wenigen, die sich über den Stand der Überlieferung ein selbständiges Urteil bilden konnten. Die ältere Forschung befaßte sich besonders mit der Aufnahme der bekannten Handschriften, mit dem Problem der richtigen Namensschreibung des Dichters und mit der Feststellung seiner historischen Identität. Die handschriftliche Überlieferung des Gedichts zeigt jedoch, daß sich das wissenschaftliche Interesse an Thomasins Werk bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen läßt, und Eschenburg verweist auf die Bemerkungen Tenzels aus dem Jahre 1691, in denen der Name des Dichters bereits genannt und der Umstand erwähnt wird, daß Thomasin aus Friaul sei und sich als „Italiäner" bezeichne7. Gottsched war im Besitz der Dresdener Handschrift und Eschenburg weist darauf hin, daß auch Bodmer über den Welschen Gast urteilte8. Schon damals stellte man sich die Frage, was wohl der richtige Name des Dichters sei, denn die einzelnen Handschriften gehen in der Schreibung erheblich auseinander. Gottsched als der Besitzer der Handschrift D las richtig Thomasin von Verrere, denn so stand es in seiner Handschrift, obwohl das Blatt seit 1945 verlorengegangen ist; Tenzel zitierte die Handschrift G und las Thomasin von ZercUere; Adelung stellte zur Frage, ob man nicht die überlieferten Namensvarianten als Thomasin von Ferrara verstehen sollte. Man bemerkte ebenfalls, daß Püterich von Reicherzhausen den Dichter Thomasin von Clär nennt9. Die Handschriften bieten eigentlich kein allzu verschiedenartiges Bild, wenn man Schreibweise und Mundart berücksichtigt, aber die richtige Lesung wird durch den Umstand sehr erschwert, daß in der Bastarda der meisten Handschriften der Buchstabe 6 7 8 9

Wilhelm Grimm, Kleinere Schriften, Hrs. Gustav Hinrichs, Berlin, 1881, Bd. I. S. 459. Johann, Joachim Eschenburg, Denkmäler Altdeutscher Dichtkunst, Bremen, 1799. S. 121 f. Zitiert: Eschenburg. Eschenburg, S. 125. Eschenburg, S. 130.

Der Forschungsstand

3

c und t kaum unterscheidbar ist. Wir zitieren alle Varianten in einer Anmerkung 10 . Im Jahre 1845 veröffentlicht nun Theodor von Karajan die Ergebnisse seiner Suche nach dem richtigen Namen und es gelingt ihm den urkundlichen Nachweis eines Geschlechts de Circlaria, oder de Cyrclaria zu liefern, welches als ein Dienstmannengeschlecht des Patriarchen von Aquileja bezeichnet wird 11 . Es gelingt Karajan jedoch nicht, den Dichter selbst urkundlich nachzuweisen. Karajan verwirft Gottscheds Lesung ohne dessen Handschrift D überhaupt zu kennen, und so glaubte er, daß dessen Verrere eine gewagte Vermutung sei. Verrere Ferrara aber beruht auf gewagter Vermutung Gottscheds nach einer ganz jungen abschritt des wälschen gastes, die, wie viele seines nachlasses, wahrscheinlich ein werk seiner gattin war 12 .

In Karajans Beitrag wird zum ersten Male der Name Bernardus de Circlaria erwähnt, den Justus Grion später für den vermeintlichen Vater Thomasins hält. Da es Karajan nicht möglich war den Dichter selbst nachzuweisen, blieb die Frage nach dem Stand Thomasins unbeantwortet. Die Situation blieb so bis Justus Grion in einem für die weitere Forschung höchst unglücklichen Artikel erklärte, der Patriarch Wolfger habe Thomasin nach Vollendung seines Welschen Gasts zum „weltlichen Ehrendomherrn gemacht", daß Thomasin in Vincenza zur Hochschule gegangen und in Aquileja gestorben sei 13 . Grion berechnet das wahrscheinliche Geburtsjahr und ungefähre Todesjahr und krönt seine Behauptungen mit der Feststellung, daß nunmehr auch 28 Verse 10

Die Handschriften haben folgende Schreibvarianten: Handschrift A — Thomasin von Zerclere Handschrift G — Thomasin von Zerclasre Handschrift D — Thomasin von Verrere Handschrift W — Thomasin von Circkelere Handschrift a — Thomasin von Circkelere* Handschrift c — Thomasin von Crickelere Handschrift H — Thomasin von Cirklere Handschrift K — Thomasin von Cirkelere* Handschrift M — Thomas von Cirkellere Handschrift b — Thomas von Cirkelere* In den hier nicht genannten Handschriften fehlt die betreffende Stelle durch Blattausfall. Wir haben einen Stern neben die Namen gesetzt, deren Lesung durch die Übereinstimmung von c und t vielleicht auch als tirckelere gelesen werden können. Wir selbst übernehmen in dieser Arbeit die Schreibung der Handschrift G, die sich heute mit Recht in der Forschung eingebürgert hat.

11

Theodor von Karajan, „Allerhand zu Altdeutschen Gedichten". ZfdA. 241 ff. Zitiert: Karajan. Karajan, S. 241. Julius Grion, „Fridanc", ZfdPh. 2 (1870) 431. Zitiert: Grion.

12 13

5 (1845)

4

Einleitung

des verschollenen Jugendwerkes Thomasins entdeckt seien. Dieses Jugendwerk habe aus 756 Versen bestanden und ein Teil sei nun in einem „auf der Marciana bewahrten exerpte Apostolo Zeno's" aufgefunden worden 14 . Damit nicht genug, denn die Bemerkungen Grions sind in eine neue These über Freidank eingebaut, die beweisen soll, daß Freidank niemand anders als der Partriarch Wolfger selbst sei15. Grion „hat jedoch in seinem sonst so wenig brauchbaren Aufsatz einige wertvolle Notizen eingestreut"16. Die Art wie diese Angaben im Gebäude der These erscheinen, blieb die Quelle vieler Zweifel und Unsicherheiten, die teilweise bis zum heutigen Tag andauern, denn alle weiteren Forscher beziehen sich meist mit Einschränkungen auf Grions Angaben. Schönbach drückt sich zum Beispiel so aus: „Dürfte man den Angaben Grions trauen, dann . . ." 17 . Hans Teske wiederum drückt sich in seiner gehaltvollen Studie über Thomasin folgendermaßen aus: „Wollen wir den Angaben des im allgemeinen freilich wenig zuverlässigen Grion Glauben schenken, so ist Thomasin als Domherr von Aquileja gestorben. In den Urkunden der Zeit, soweit sie gedruckt und mir zugänglich sind, kommt sein Name nicht vor" 18 . Betrachten wir vorerst was wir mit Sicherheit über das Geburtsdatum Thomasins wissen. In Vers 2445 berichtet der Dichter von sich: ich bin niht alt dri^ec jär, und wir wissen, daß der Welsche Gast im Winter des Jahres 1216—16 entstand. Dadurch gewinnen wir einen terminuspost quem, denn Thomasin muß nach dem Jahr 1185 geboren sein, sonst wäre er zur Abfassungszeit des Gedichts über dreißig Jahre alt gewesen. Grion findet in den Urkunden der Zeit eine Reihe von Angaben über die de Cerclaras und besonders über den schon von Karajan erwähnten Cioidaleser Edlen Bernhard de Cerclara. Grion kann eine Urkunde zitieren, die beweist, daß Bernhard verheiratet ist, daß seine Frau Agnes heißt und daß seine schon mindestens 13 Jahre und 6 Wochen alte Tochter den Namen Adelheit trägt. Von einem Sohn mit dem Namen 14

15

16

17 18

Grion, S. 432. Wir haben diese Angabe nachgeprüft, und festgestellt, daß Grions Angabe reine Spekulation ist. Grion, S. 408 ff. Der ganze Artikel verdankt seine Entstehung dieser These, die Grion hier zu formulieren und beweisen sucht. Bezzenberger setzt sich mit Grion auseinander. Anton E. Schönbach, Die Anfänge des deutschen Minnesanges, Graz, 1898. S. 34. Zitiert: Schönbach. Schönbach, S. 35. Hans Teske, Thomasin von Zerclaere, Der Mann und sein Werk, Heidelberg, 1933. S. 49. Zitiert: Teske. Teske bezieht sich also an entscheidender Stelle auf Grion, dessen Hinweis auf das Agleier Totenbuch übernommen wird, obwohl Teske mit Recht gegen Grions Berechnung des ungefähren Todesjahrs polemisiert.

Der Forschungsstand

5

Thomasin geschieht keine Erwähnung. Diese wichtige Urkunde trägt das Datum des 19. Juli 1189, und da Bernhard an diesem Tage dem Sprengel einige Besitzungen in Moimago, Cagliano und Albano übergibt, findet sich eine Klausel, die die Erben Bernhards betrifft. Aus dieser Klausel geht hervor, daß Bernhard keinen Sohn hat, der erbfähig ist. Es heißt: Ita quod ipse Bernardus et sui haeredes tarn masculi, quam foeminea . . ,19. Aus dieser Formel läßt sich nicht der Beweis erbringen, daß die Frau Bernhards guter Hoffnung war. Grion folgert dies jedoch, hält Bernhard für den Vater Thomasins und kommt dann zu dem Schluß, daß seine Geburt „in die erste hälfte des jahres 1190" falle20. Würde das alles stimmen, dann wäre Thomasin vor dem 19. März 1190 geboren, falls er jedoch ein zehnmonatiges Kind gewesen ist, könnte man den April noch dazu geben. Grion erwähnt ebenfalls einen Conradus de Cerclaria, er kann jedoch nicht feststellen, ob dieser verheiratet war. Es muß mit allem Nachdruck betont werden, daß sich aus allen Angaben Grions die Vaterschaft Bernhards nicht beweisen läßt, und daher ist die Annahme ebenfalls völlig unberechtigt, daß Bernhard der Vater Thomasins sei. Das einzige was Thomasin mit den verschiedenen, erwähnten Gliedern der Familie teilt, ist der Familienname. Man könnte mit demselben Recht, den erwähnten Conradus für den Vater halten, aber das wäre eben genau dieselbe ungerechtfertigte Spekulation wie Grions Behauptungen. Da die heutige Forschung immer noch auf Grions Angaben basiert, müssen wir auch Grions Berechnung von Thomasins Sterbejahr zur Sprache bringen. Grion behauptet nicht, daß er das genaue Sterbejahr festlegen kann, er glaubt jedoch, es „annäherungsweise" bestimmen zu können. Das Cividaleser Edelgeschlecht der „Cerchiari" erlischt nämlich am Anfang des Jahres 1238 „mit dem mehr als achzigjährigen Bernhard, dem Vater Thomasins" 21 . Aus diesem Umstand schließt nun Grion, daß Thomasin nicht mehr unter den Lebenden geweilt habe. Schon Teske wies darauf hin, daß dieser Schluß nicht gerechtfertigt ist, wenn Thomasin Chorherr gewesen sei, denn als solcher sei dieser von der Erbfolge ausgeschlossen22. Das ist richtig, aber Teske übernimmt von Grion die Vermutung, daß Bernhard überhaupt der Vater Thomasins gewesen sei, einen Schluß, den wir ablehnen. Da jedoch Grion eine undatierte Eintragung in einem Agleier Totenbuch zitiert, in der Thomasin als „canonicus" erscheint, ist Grions Annahme in bezug auf das Sterbejahr ungerechtfertigt, selbst wenn Bernhard der Vater Thomasins gewesen wäre. 19 20 21 22

Grion, S. 430. Grion, S. 431. Grion, S. 432. Teske, S. 44.

6

Einleitung

Tatsächlich ist Grions Hinweis auf das Agleier Totenbuch und das Zitat: Ob. Tomasini de Cerclara Can. Aquil. der wichtigste und vielleicht der einzige Beitrag des ganzen Artikels, und es ist ein Paradox, daß Grion diesem Hinweis eine völlig untergeordnete Stellung einräumt und keinerlei bibliographische Angaben macht. Was nämlich in dieser Angabe so bedeutend ist, ist der Umstand, daß hier der Name und Stand des Dichters zum ersten Male in einem Dokument erscheint. Alle anderen Angaben Grions über Thomasin selbst führten die Forschung nicht über Karajan heraus, wenn man nicht die wilden Vermutungen übernehmen möchte. Wir haben nur versucht festzustellen, ob dieses Totenbuch heute noch existiert und ebenfalls, ob sich überhaupt etwas über Thomasin feststellen läßt. Daß man mit den gedruckten Angaben nicht weiterkommt, hat bereits Teske bemerkt, es ist jedoch erstaunlich, daß man sich scheinbar noch niemals an die zuständigen Bibliotheken gewandt hat, um zu versuchen, die Spreu von dem Weizen zu sondern. Wenn es uns gelungen ist, zumindest einige der vielen Fragen zu klären, so gilt unser Dank besonders Monsignor Biasutti von der Biblioteca Arcivescovile Udine sowie Dr. Sereni von der Biblioteca Comunale ebenfalls in Udine. Wir haben folgendes feststellen können: 1. Das von Grion erwähnte Totenbuch existiert und zwar als „Necrologium Ecclesiae Aquilejensis". Es existiert nicht nur ein Exemplar, sondern es sind zwei Pergamenthandschriften des Totenbuchs vorhanden. Beide Exemplare befinden sich heute in der Biblioteca Capitolare in Udine. Das Alter beider Handschriften ist verschieden und auch der Inhalt weicht voneinander ab. Die ältere Handschrift stammt aus dem Jahr 1300 oder etwas später und ist Mss. Nr. 33 des Archivio Capitolare di Udine, das sich ebenfalls in der Biblioteca Capitolare befindet. Auf Blatt oder Spalte 22V befindet sich folgender Eintrag: Thomasinus de Corclara canonicus obiit qui dedit fratribus Curimm I. in Aquilegia.

Das Datum wird nicht angegeben. Es besteht kein Zweifel, daß hier der Name unseres Dichters erscheint, obwohl sich der Schreiber verschrieben hat. Wir zweifeln nicht daran, daß dieser Eintrag jener ist, auf den sich Grion bezog 23 . Wichtig daran ist die Bemerkung, daß Thomasin als Canonicus stirbt. 23

Grion zitiert auf Seite 431: „Ob. (d. i. obitus) Tomasini de Cerclara Can. Aquil." (sic)> Wir bemerken jedoch, daß unser Text von Grions abweicht. Wir haben daher den allerstärksten Verdacht, wenn nicht Beweis, daß Grion das Totenbuch selbst nicht benutzt hat, sondern die Auszüge von Joppi. In dessen Genealogie der Cerclares es heißt: Obitus Thomasini de Cerclaria canonici Aquileiensis. Dieser Text stimmt mehr mit Grion überein als der von uns zitierte Text des Totenbuchs.

Der Forschungsstand

7

Das zweite Exemplar des Nekrologs, Ms. Nr. 34, ist eine besonders schön geschriebene Zusammenfassung der anderen Kopie und stammt aus dem späten 14. Jahrhundert. In dieser Zusammenfassung fehlen die Angaben über Thomasin. 2. In Mss. Guerra XXVI der Biblioteca Civica Cividak befindet sich folgende Angabe: 1217 VII Kai. Januarii- Atto civile in Aquileia praesentibus Thomasino canonico Aquilegensi.

Wir bezweifeln nicht, daß hier wieder unser Dichter gemeint ist, denn die Urkunden der Zeit zeigen, daß es keinen anderen Canonicus gibt, der den Namen Tomasino, Tomaso, Thomasino trägt. Wir wissen durch die undatierte Eintragung im Nekrolog, daß Thomasin Canonicus war, und Teske hat schon darauf hingewiesen, daß die Agleier Chorherrn schon seit dem Jahre 1181 reguliert waren 24 . Es ist dadurch völlig absurd anzunehmen, daß Thomasins Familiennamen in allen Urkunden erscheinen müßte. Der Hinweis ist für uns daher bedeutend, daß es in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts keinen anderen Agleier Chorherren mit demselben Vornamen gibt. 3. In der ungedruckten Urkundensammlung von Bini Giuseppi, Documenta Historica, Bd. 5, Nr. 12 findet sich die Kopie einer Verhandlung, und wir zitieren aus einem Brief: „Decano e Capitolo di Aquileia ed il Preposito e canonici di S. Stefano di Aquileia, permuta fatta il 1236 (indictione Villi), die jovis VII exeunte februario'." Gleich zu Beginn der Urkunde erscheint in presentia: „Tomasini subdiaconi". Die Zahl dieser Urkunden ließe sich vermehren. So hören wir in einer anderen Urkunde von Tomasino notaio e canevaro del monastero di S. Maria d' Aquileia, und schließlich findet sich der Hinweis im Jahre 1259, daß Tomasin notaio gestorben sei28. Wir betrachten diese verschiedenen Urkunden als einen Hinweis darauf, daß es gelingen sollte, noch größere Klarheit über das Leben Thomasins zu gewinnen, und wir werden an anderer Stelle darüber berichten. Es ist jedoch deutlich, daß die hier zitierte Evidenz uns fast hypnotisch den Schluß aufdrängt, daß dieser in den Urkunden erscheinende Thomasin ein und dieselbe Person sei — nämlich unser Dichter. Italienische Forscher scheinen diese Möglichkeit ernstlich zu erwägen, obwohl man sich noch nicht mit Grions Behauptungen auseinandergesetzt hat26. 21

Mehrere Hinweise bei Teske, S. 56.

25

Giuseppe Marchetti, Friuli, Uominini e Tempi, Udine, 1959. S. 72.

26

Die Uberschrift des 13. Kapitels des in Anmerkung 25 zitierten Buches lautet:

Tomasino diZertläre (1190 circa — 1259?)

8

Einleitung

Fassen wir zusammen, was wir über Thomasins Leben feststellen konnten. Thomasin wird nach 1185 geboren, er besucht eine Schule und ist im Jahre 1209 bei der Krönung Ottos IV. in Rom (V. 10471 f.). Es ist gerechtfertigt zu vermuten, daß er im Gefolge Wolfgers dort ist. Thomasin stirbt als Agleier Canonicus. Er war also kein Laie, sondern ein Geistlicher. Als Geistlicher wird sein Familienname von untergeordneter Bedeutung und er wird im Agleier Nekrolog wahrscheinlich nur deswegen mit seinem Familiennamen eingetragen, weil auch andere Mitglieder seiner Familie hier erscheinen, die der Kirche von Aquileia Spenden gemacht haben. Wir verweisen auf das sonst ebenfalls erscheinende ded.it des Nekrologs. In den Urkunden der Zeit erscheint Thomasin also mehrmals unter Zeugen. Wir erfahren, daß Thomasin im Jahre 1236 Subdiaconus ist, und wenn dieser Thomasin das Amt des Notars und Canevarius innehatte, von dem wir ebenfalls erfahren, so wäre unser Dichter im Jahre 1259 gestorben. Da man uns versichert hat, daß es in jener Zeit nur einen Agleier Canonicus mit dem Namen Thomasin gibt, so ist es zumindest höchst wahrscheinlich, daß der gegebene Umriß eines Lebens den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Es ist unumgänglich, die Urkunden des ehemaligen Patriarchats von Aquilegia, die heute in Udine aufbewahrt werden, an Ort und Stelle zu durchforschen. Hatte der unglückliche Artikel Grions einen verhängnisvollen Einfluß auf die Feststellung der biographischen Verhältnisse, so hatte die im Jahre 1825 erschienene und lang erwartete kritische Ausgabe Rückerts ebenfalls einen verhängnisvollen Einfluß auf die weitere Entwicklung der Forschung, obwohl diese Ausgabe nun die Grundlage aller weiteren Diskussionen und Arbeiten wurde und blieb. —Fast alle diese Arbeiten befaßten sich mit der Bewertung der Tugendlehre, ihres Systems, mit dem Aufzeigen der Quellen des Werkes, mit dem Verhältnis zwischen Thomasin und Walther von der Vogelweide, kurz, mit dem gedanklichen Inhalt des Werkes. Es erschienen jedoch zwei Arbeiten, die sich mit dem Werke Thomasins an sich, mit seiner Sprache, seinem Stil, seinen Handschriften und ihrem Bilderschmuck beschäftigten. Ich beziehe mich hier auf die grundlegende Arbeit Adolf von Oechelhäusers, Der Bilderkreis %um Wälschen Gaste27 und die ebenfalls grundlegende Arbeit Friedrich Rankes über Sprache und Stil im Wälschen Gast des Thomasin von Circlariaw. 27 28

Adolf von Oechelhäuser, Der Bilderkreis %um Wälschen Gaste des Thomasin von Zerclaere, Heidelberg, 1890. Zitiert: Oechelhäuser. Friedrich Ranke, Sprache und Stil im Wälschen Gast des Thomasin von Circlaria, Berlin, 1908. Palaestra LXVIII. Zitiert: Ranke.

Der Forschungsstand

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Adolf von Oechelhäuser darf den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, den Bilderkreis in den Handschriften des Welschen Gasts erstmalig als solchen erkannt und beschrieben zu haben. Die Grundlage seiner äußerst wertvollen Arbeit waren die Bilderhandschriften des Werkes, die er durch die großzügige Unterstützung der Bibliotheken und auch von Privatbesitzern nach Heidelberg kommen lassen konnte, um sie dort zu untersuchen. Oechselhäuser mußte nur die Wolfenbütteler Handschrift in Wolfenbüttel untersuchen, da die Bestimmungen der Bibliothek den Versand der betreffenden Handschrift verhinderte29. Wilhelm Braune konnte Oechselhäusers Arbeit mit einigen Bemerkungen über die Dialekte der Handschriften unterstützen. Oechselhäuser beginnt seine Arbeit mit einer Beschreibung der von ihm benutzten Handschriften und einer Berichtigung von einigen Fehlern Rückerts. Die einzelnen Bilder werden dann vom historischen Standpunkt auf vergleichender Grundlage beschrieben und der Autor kommt am Ende seiner Arbeit zu dem wesentlichen Ergebnis, daß der Bilderschmuck der verschiedenen Handschriften einen konstant bleibenden Bilderkreis darstellt, der sich mehr oder minder vollständig in den meisten Handschriften erhalten hat. Durch Vergleichen der Bilder gelingt es ihm, einen Teil der benutzten Handschriften zu Handschriftenfamilien zusammenzuschließen, obwohl die Bindeglieder verloren sind30. Die Resultate sind für die Feststellung der Überlieferung von Wert, weil sie auf eine vom handschriftlichen Text unabhängige Weise gewonnen worden sind. Oechelhäuser bemerkte richtig, daß Rückerts Text „hauptsächlich aus A zusammengestellt ist" 31 . „Wie Rückert seiner Ausgabe des wälschen Gastes den Text von A zu Grunde legte", so heißt es, „so wollen auch wir bei den folgenden vergleichenden Studien den Bilderkreis dieser ältesten und wertvollsten Handschrift des Gedichtes als Grundlage benutzen . . ." 32 . Diese Entscheidung kann vom praktischen Standpunkt her gerechtfertigt und verstanden werden, verursachte jedoch im Verlauf der Arbeit einen methodischen Fehler, der Oechelhäuser daran hinderte, die formelle Struktur des Bilderkreises zu erkennen. Da Oechelhäuser a priori die Heidelberger Handschrift A seiner Zählung zugrunde legte, erhielten alle Bilder, die in dieser Handschrift fehlten, keine Nummer, obwohl Oechelhäuser selbst überzeugt war, daß diese Bilder zum ursprünglichen Bilderkreis gehörten33. 29 30 31 32 33

Oechelhäuser, Oechelhäuser, Oechelhäuser, Oechelhäuser, Oechelhäuser,

S. S. S. S. S.

14 Anm. 75. 16 Anm. 3. 15.

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Einleitung

Der Bilderschmuck der Handschriften enthält ein Bild, das für die Datierung der einzelnen Handschriften oder ihrer Vorlagen von großer Bedeutung ist. Das Bild ist eine „rein äußerliche Wiedergabe der Verse 2123 und 2124" 34 . Ein Herr sitzt auf einem gepolsterten Sitz und diktiert einem tiefer sitzenden Schreiber: Schreib min ia und min niht. ( A Bl. 33 R) 35 . Die Illustratoren der meisten Bilderhandschriften benutzten nun den Raum auf dem Blatt in der Hand des Schreibers, um ein Datum einzusetzen. Diese Daten sind verschieden und sind fast immer älter als die betreffende Handschrift. Einige Schreiber ließen den Schriftzettel des Bildes frei. Oechelhäuser kommt nun zu der richtigen Einsicht, daß sich aus den vorhandenen Daten eine Reihe von Mutterhandschriften konstatieren lassen. Er kommt ebenfalls zu der Überzeugung, daß sich die Entstehung des Bilderkreises „mit einiger Sicherheit" festlegen läßt36. Die Handschrift A hat nämlich auf dem betreffenden Bilde eine Jahreszahl, die, obwohl sie eigenartig geschrieben ist, als „1216" gelesen werden kann. Wir erinnern daran, daß im Jahr 1216 Thomasin seinen Welschen Gast beendete. Oechelhäuser glaubt nun, aus Betrachtungen des Bilderstils folgern zu dürfen, daß der Bilderkreis bereits ein Teil der Urhandschrift gewesen sei, weil die Bilder durchweg romanische Architekturformen zeigen. Oechelhäuser glaubt ebenfalls folgern zu können, daß die Handschrift A eine Abschrift des Originals sei37. Wir teilen die Ansicht, daß die Urhandschrift den Bilderkreis enthielt, weil er konstant in den verschiedenen Handschriftgruppen erscheint und ganz besonders, weil es keinen Grund gibt, den erhaltenen Bilderkreis dem Archetypus abzusprechen. Der Schluß Oechelhäusers hinsichtlich der Handschrift A ist wohl mehr Wunsch geblieben als bewiesen. Es gibt Gründe, die gegen eine solche direkte Abhängigkeit sprechen, auf die wir jedoch jetzt noch nicht eingehen wollen. Hatte Oechelhäuser sich auf die vorhandenen Bilderhandschriften beschränkt, so schloß Konrad Burdach in seiner Besprechung von Oechelhäusers Arbeit auch die anderen bis dahin bekannt gewordenen Handschriften ein und gab somit zum ersten Male einen gewissen Überblick. Burdachs Besprechung erschien zuerst im Zentralblatt für Bibliothekswesen, wurde dann unverändert in das Vorspiel aufgenommen, das heute photomechanisch nachgedruckt wird 38 . Burdach kritisierte un34 85 36 37 38

Oechelhäuser, S. 32. ibid. Oechelhäuser, S. 78. ibid. Konrad Burdach, „Zur Kenntnis altdeutscher Handschriften und zur Geschichte altdeutscher Literatur und Kunst". Zentralblatt für Bibliothekswesen, 8 (1891) 11—21.

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gerechtfertigt einige Aspekte von Oechelhäusers Arbeit. So 2um Beispiel, daß Oechelhäuser nicht alle Handschriften beschrieben habe39. Stand Oechelhäusers Arbeit durchaus auf dem Boden der Wirklichkeit und ging sie von der Arbeit an den Handschriften aus, so ist das bei Burdachs Arbeit durchaus nicht der Fall. Wir haben einen methodischen Fehler in Oechelhäusers Werk kritisiert, der den Wert seiner Arbeit kaum beeinträchtigt. Die Besprechung Burdachs ist vom bibliographischen und faktischen Standpunkt aus gesehen eine Katastrophe, weil diese Arbeit mit allen ihren Fehlern immer wieder gedruckt wurde; indem sie als Grundlage für weitere Arbeiten diente, ist es seit dieser Besprechung fast unmöglich, Tatsache von Vermutung und richtige Angabe von falscher Angabe zu trennen. Die Autorität Burdachs veranlaßte, daß seine Bemerkungen nun als solide Grundlage betrachtet wurden. Es ist ein Paradox, daß Burdachs Besprechung fast ganz auf Oechelhäuser beruht und den Haupttitel trägt Zur Kenntnis altdeutscher Handschriften und %ur Geschichte altdeutscher Literatur und Kunst. Burdach zählt 18 ihm bekannt gewordene Handschriften, von denen jedoch die sogenannte Königsberger Handschrift nur in einem alten Inventar erscheint und seit Hunderten von Jahren verschollen ist. Mit demselben Recht hätte er auch die Mosacher Handschrift mitzählen können und andere nur namentlich bekannt gewordene Handschriften. Burdach kann also 17 alte und erhaltene Handschriften aufzählen und eine Reihe von anderen nur erwähnten Handschriften anführen 40 . Rückert hatte zwölf Handschriften benutzt, Oechelhäuser 14, weil er die Fragmente und Handschriften ausschloß, die keine Bilder enthielten. Er übersah dabei das Büdinger Fragment, welches 1856 bekannt geworden war und aus einem Stück schlecht erhaltenen Pergaments besteht, auf dem drei Bilder erkennbar sind. Um die Kritik an Oechelhäuser zu erhärten, gleichzeitig aber die Gelegenheit zu benutzen, Wilhelm Braune zu loben, schreibt Burdach: 13. die Büdinger Handschrift aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Crecelius, Zeitschrift für deutsches Altertum 10, 287), im Besitze seiner Durchlaucht des Fürsten zu Ysenburg auf dem Schloß zu Büdingen, eine Bilderhandschrift. Sie ist von Oechelhäusers Aufmerksamkeit entgangen, vermutlich weil er versäumt hat, auch hierüber seinen germanistischen Berater (Wilhelm Braune) zu befragen, der höchst wertvolle Bemerkungen über den Dialekt der Handschriften beigesteuert hat. Das Unglück ist aber nicht groß: der Kodex

39

40

Unveränderter Nachdruck dieser Arbeit in: Vorspiel, Halle, 1925—27. 3Bde. Bd.2, S. 108—121. Zitiert: Burdach. Alle Hinweise beziehen sich auf den Abdruck im Vorspiel. Burdach, S. 109.

ibid.

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Einleitung ist nur fragmentarisch auf uns gekommen, und zu den erhaltenen Bruchstücken gehören nur drei Bilder. . . . Leider fehlt gerade das Stück in welches das für die Datierung so bedeutsame Bild fällt . . . (S. 109).

Wir bemerken nur, daß es sich weder um einen Kodex noch um Stücke handelt, sondern um ein teilweise erhaltenes Doppelblatt. Wozu es führt, wenn Urteile über Handschriften gefällt werden, von denen man nur durch andere gehört hat, zeigen folgende Beispiele. Burdach zählt 3 Handschriften aus dem 13. Jh., 5 aus dem 14. Jh., 10 aus dem 15 Jh. 41 . Es gab jedoch nur zwei Handschriften, deren Entstehung noch ins 13. Jahrhundert fällt 42 . Es gab acht Handschriften aus dem 14 Jahrhundert und wiederum acht Handschriften aus dem 15. Jahrhundert 43 . Wir unternehmen nicht den Versuch, alle Fehler zu besprechen, es sei jedoch erwähnt, daß die auf Seite 111 zitierte Handschrift „Cod. pal. gerrn. 333 (14. Jh.)" gar keine Handschrift des Welschen Gasts ist, sondern der Alexandreis. Hat man festgestellt, daß es sich hier wohl um einen Druckfehler handelt, der sich weiterschleppt, so müssen wir bemerken, daß es wiederum keine Heidelberger Handschrift des Welschen Gasts gibt, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. Auf Grund des von Burdach erwähnten Datums zu Bild 35 läßt sich jedoch feststellen, daß er wohl Cod. Pal. germ. 330 aus dem 15. Jahrhundert meint. Der bibliographische Hinweis auf die Wolfenbütteler Fragmente ist ebenfalls falsch44. Wie weit der Einfluß dieses vielgedruckten Beitrags zur Überlieferungsgeschichte reicht, zeigt sich darin, daß sich Ehrismann auf Rückert, Oechelhäuser und Burdach bezieht, die Zahl der Handschriften aber unbestimmt läßt, und so heißt es: „Etwa 20 Hss. u. Bruckstücke" 45 . Hugo Kuhn, der den ausgezeichneten Aufsatz im Verfasserlexikon schrieb, urteilt ähnlich. „Der .Welsche G a s t ' , . . . ist in etwas 20 Hss. und Hss.bruchstücken überliefert. Zwölf sind in Rückerts Ausgabe benutzt, weitere siehe bei K. Burdach Vorspiel. . ." 46 . Beide Forscher drücken sich also sehr vorsichtig aus und verweisen auf Burdach, der allerdings nur 17 erhaltene Handschriften aufführen konnte. Wir bemerken also eine gewisse Unbestimmtheit, die um so deutlicher wird, wenn man sich mit der Überlieferung des Welschen Gasts auseinandergesetzt hat. 41 42 43 44

45

48

ibid. Die Heidelberger Handschrift A und das Grimmfragment. Wir verweisen auf die folgende Beschreibung der Handschriften. Burdach, S. 110. Zitiert: v. Heinemann, Zeitschrift für deutsches Altertum 12, 106ff. Der richtige Hinweis ist: v. H. ZfdA. 32 (1888) 106—111. Gustav Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur bis %um Ausgang des Mittelalters, Schlußband, München, 1935. S. 308 Anm. Stammler-Langosch, Verfasserlexikon, Bd. 4, Berlin, 1953, Spalte 407.

Der Forschungsstand

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Daß der Einfluß von Burdachs Besprechung bis in unsere Tage reicht, zeigt sich wohl am besten dadurch, daß in einer im Jahre 1958 erschienenen Innsbrucker Dissertation Burdachs falsche Verteilung ohne Quellenangabe und kritiklos übernommen wird 4 7 . Auf Seite 30 derselben Dissertation kann dann der Leser erfahren, daß „die Handschriftenverhältnisse ziemlich klar liegen". Es muß mit allem Nachdruck betont werden, daß dies nicht der Fall ist, denn selbst der Herausgeber der Ausgabe hatte kaum eine Vorstellung von der Zusammengehörigkeit der verschiedenen Handschriften, geschweige denn von den Handschriften selbst. Es sei ein für allemal gesagt, daß Rückert nach seinen eigenen Angaben die Handschriften selbst nicht benutzt hat. Er übernahm die fertigen Kollationen für die Ausgabe von seinem Freunde Karl Frommann in Koburg 4 8 . Wir glauben, daß viele Schwächen der Ausgabe auf die Nichtbenutzung der Handschriften selbst zurückgeführt werden können. Hierin liegt vielleicht auch der Grund, warum die Ausgabe so verschieden beurteilt worden ist. Schon im Jahre 1882 erklärte Richard Werner in seiner Veröffentlichung der Pesther Fragmente: „Hoffentlich erfährt das Gedicht, dessen Ausgabe durch H. Rückert den gegenwärtigen A n 47 48

Leonora Beirer, Die Beziehungen Walthers von der Vogelweide z« Tbomasin von Zerklaere, Dissertation, Innsbruck, 1958. S. 29. Rückert, S. V, S. 417. „A, G u. E habe ich in den vollständigen und sorgfältigst gefertigten Abschriften meines verehrten Freundes, des herrn Dr. Carl Frommann zu Coburg benutzt." Seite 418. „ich habe S in einer von C. Frommann gemachten genauen Collation mit A benutzt, die mich die Handschrift selbst nicht vermissen ließ." Seite 418. „Ich habe Gr. in einer vollständigen Abschrift Fr.'s benutzen können." Seite 421. „Alle von D ab genannten Hds. habe ich in den genauen Vergleichungen mit A nebst vollständiger Sammlung der abweichenden Lesarten von der Hand Fr.'s benutzen können." Es handelt sich hier um die Handschriften M, U, a, W, b und c. Ob Rückert die Handschrift D, die als die einzige, der von ihm benutzten Handschriften hier nicht erscheint selbst verglichen hat, ist unwahrscheinlich und besonders im Hinblick auf die Bemerkungen im Vorwort seiner Ausgabe. Die Bemerkungen Rückerts über den Wert der Überlieferung sind ebenfalls interessant. Die Papierhandschriften mit Ausnahme von D werden als „Im allgemeinen werthlos" bezeichnet (S. 419 u. 421). Rückert betrachtet die Erbacher Hs. aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts als die älteste und sagt: „Die Erbacher Pergam. Hds. vom Jahre 1248, sonach die älteste, und was die äußere Herstellung betrifft,. . ., bei weitem die vorzüglichste von allen" (S. 415). Schon Oechelhäuser hat auf S. 7 seiner Arbeit auf den Fehler Rückerts hingewiesen und für seine Entstehung die Jahreszahl auf Bild 35 (Oechelhäuser Nr.) geltend gemacht. Burdach machte sich auf Grund von Ochelhäusers Bemerkung eine Eintragung in sein Exemplar der Rückertschen Ausgabe, das sich jetzt im Besitz der Universität von Kalifornien befindet.

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forderungen nicht entspricht, bald eine Neubearbeitung" 49 . Auch Konrad Burdach urteilte negativ 60 . Friedrich Ranke wiederum sieht sich gezwungen, seine grundlegende Arbeit über Sprache und Stil im W'älscben Gast auf das Reimmaterial und den Wortschatz zu beschränken. Auf diesen beiden Gebieten durfte ich mich im Ganzen ohne Gefahr auf Rückerts Textherstellung unter Benutzung des Variantenapparats verlassen. . . . Ehe das Versinnere einen für sprachliche Untersuchungen bereiten Boden darstellt, sind erneute Feststellungen über den Wert der einzelnen Handschriften und ihr Verhältnis unter einander unbedingt erforderlich . . . (S. 4).

Wilhelm Grimm verhielt sich passiv, während Jacob Grimm in einem Brief an Karl Frommann erklärte: „am welschen gast hat Rückert redlich das seine gethan. doch auch die prosa der inhaltsanzeige hätte er dem Thomasin beilegen und etwas mehr pflegen sollen" 81 . Das konnte Rückert allerdings nicht tun, wenn er nicht die geltend gemachte Position der Handschrift A auf das Schwerste erschüttern wollte. Schon Ranke bemerkte: „Rückert hält es, sc. das Prosavorwort, für unthomasinisch, weil es in der ältesten Handschrift A fehlt" (S. 70). Es ist jedoch in der Handschrift G (Gotha Membr. I. Nr. 120) erhalten, die Rückert für ändernd und verbessernd hielt. Das Prosavorwort mußte also fallen, um die Stellung von A zu stützen. Schon Wilhelm Grimm teilte nicht Rückerts Meinung über diese Handschrift. Es ist nur eine Handschrift aus dem 13. Jahrhundert bekannt, die pfälzische No. 389; sie ist alt und der Berücksichtigung werth, aber man kann sie durchaus nicht eine gute nennen. Die Sprachformen sind durch Einführung einer Mundart entstellt, und die häufige Verwilderung des Metrums erweckt geringes Vertrauen. Ich besitze ein Blatt aus einer etwas jüngeren Handschrift, die häufig und fast immer, wo sie abweicht, bessere Lesarten zeigt. Die pfälzische ist außerdem unvollständig, es fehlen mehrmals kleinere und größere Stellen von 50—80 Zeilen52.

Wir glauben, daß das Lob Rückerts verdient war, auch wenn seine Arbeit unter ungünstigen Bedingungen entstand. Was wir seinen eigenen Angaben im Vorwort seiner Ausgabe entnehmen können, zeigt uns, daß Rückert einen „lesbaren verständlichen Text herstellen wollte und daß seine Kriterien der Textgewinnung Zugegebenerweise subjektiv waren 53 . Die Basis der Kritik . . . war nur auf etwas andere Weise wie sonst, nicht so ich möchte sagen mechanisch zu gewinnen, sondern mehr von 49

50 51 52 53

R. M. Werner, „Pesther Fragment desWälschen Gastes." ZfdA. 26 (1882) 152. Vollständiger Abdruck des Fragments, S. 151—156. Burdach, S. 109. Jacob Grimm, „Brief an Karl Frommann," Germania, 12 (1867), 120. Vgl. Anmerkung Nr. 6. Rückert, S. V.

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innen heraus zu entwickeln und zu benutzen. Damit ist ihre subjektive Färbung von vornherein zugegeben, wenigstens für alle die Leser, welche über eine mechanische Construction kritischer Grundsätze nicht hinaus können und wollen 54 .

Das große Verdienst Rückerts liegt nicht in der Zuverlässigkeit und dem wissenschaftlichen Wert seiner Ausgabe, sondern in der Tatsache, daß er unter den unglücklichsten Verhältnissen die Ausgabe des Welschen Gasts beendete und somit das Werk der Forschung überhaupt erst zugänglich machte. Die Tatsache, daß diese Ausgabe, wie so viele andere, heute wieder photomechanisch nachgedruckt wird, darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Forschung weitergeschritten ist, daß neue Fragmente und Handschriften entdeckt worden sind und daß der Rückertsche Text kaum mehr als einen aus anderen Handschriften aufgefüllten und schriftlich etwas standartisierten A-Text bietet. Es gibt bis zum heutigen Tage keine Arbeit, die sich mit den Handschriften des Welschen Gasts und mit ihrem gegenseitigen Verhältnis befaßt, ja, es gibt noch nicht einmal eine Arbeit, die die Handschriften nach dem Stand von 1946 oder 1964 beschreibt. Zwei vernichtende Weltkriege haben die deutschen Lande verheert, in Königsberg und Breslau leben keine Deutschen mehr und viele Bibliotheken sind Raub der Flammen geworden. Die Forschung ist bis zum heutigen Tage auf die veralteten und ohne Kritik übernommenen Angaben Grions, Oechelhäusers, Burdachs und der anderen Gelehrten dieser Zeit angewiesen. Unter den gegebenen Verhältnissen ist es nur allzu verständlich, daß sich in der einzigen erschienenen Arbeit, welche Angaben über die Handschriften des Welschen Gasts enthält, der Stand vor dem ersten Weltkrieg widerspiegelt 55 , obwohl das Buch erst im Jahre 1962 erschien. Der Wert der Arbeit wird jedoch wenig geschmälert, weil hier der Versuch unternommen wurde, die Bilderhandschriften mehrerer Werke aus mehreren Jahrhunderten zusammenzustellen. Das ist heute um so bedeutungsvoller, als doch der systematischen Katalogisierung mittelalterlicher deutscher Handschriften durch Kriegseinwirkung ein erheblicher Rückschlag versetzt worden ist, der trotz großer Bemühungen noch nicht wieder aufgeholt werden konnte56. Der bis zu diesem Punkt gegebene Überblick läßt es wohl klar erkennen, daß es bis zum heutigen 54 55 58

Rückert, S. VI. Wolf gang Stammler, Wort und Bild, Berlin, 1962. Mit dem ganzen Problem befaßt sich zuletzt das Sonderheft der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Frankfurt, 1963, das den Titel trägt: Zur Katalogisierung mittelalterlicher und neuerer Handschriften.

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Einleitung

Tage keine Arbeit gibt, die es sich 2ur Aufgabe macht, ein besseres Bild der gesamten Überlieferung zu bekommen. Dies ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit. Um zu vermeiden, daß sich alte Fehler weiter fortschleppen und da die an Alter ehrwürdige Ausgabe Rückerts sowieso nur einen Teil der Handschriften berücksichtigt, geht diese Arbeit prinzipiell von den Handschriften aus. Die Verse werden genau nach Rückerts Ausgabe angegeben, ohne daß die in dieser Ausgabe vorkommende zweimalige Verzählung korrigiert wird 57 . Der kritische Apparat wurde lediglich für eine grundsätzliche Aufstellung aller Lücken und Plusverse in Anspruch genommen, jede dieser Angaben in allen Handschriften geprüft, ergänzt und berichtigt. Vollständige Photokopien aller Handschriften und Handschriftenfragmente befinden sich als Resultat einer mehrjährigen Arbeit in unserem Besitz und sind dem Original entsprechend gebunden. Wir haben die Hamiltonhandschrift 675 und die Heidelberger Handschriften an Ort und Stelle benutzen können. B. Methodische

Vorbemerkungen

Die Uberlieferung des Welschen Gasts besteht aus 21 Handschriften und Handschriftenfragmenten. Von allen diesen Handschriften überliefert nicht eine einzige den vollständigen Text des Werkes, und mit der Überlieferung des Bilderkreises ist es auch nicht viel besser bestellt. Grundsätzlich ist bei der Überlieferung eines so großen Werkes zu bedenken, daß versehentliche Auslassungen unvermeidlich sind. Auf der anderen Seite muß die Möglichkeit erwogen werden, daß es sich bei den gefundenen Lücken um beabsichtigte Auslassungen handeln konnte. Eine vereinzelt stehende Auslassung, auch wenn sie in einer ganzen Gruppe erscheint, läßt sich nur schwer mit objektiven Kriterien als eine bewußte Auslassung oder Kürzung erkennen. Wenn jedoch eine bestimmte Art der Auslassung wieder und wieder erscheint, wenn es sich um die Auslassung ganzer Paragraphen handelt oder auch nur von deren Endteilen, und wenn der Text dann regelmäßig mit einem neuen Absatz wieder einsetzt, so muß auf ein bewußtes Kürzen des Schreibers geschlossen werden. Mit objektiven Mitteln läßt sich ein bewußtes Kürzen, Ändern oder Hinzufügen nur aus der Frequenz der jeweiligen Erscheinung beweisen. Ein längeres Werk ist fast Voraussetzung für diese Art von Beobachtungen und Beweis, weil 57

„Rückert hat sich zweimal 1290—1300 und 1490—1500 um je fünf verse verzählt." Schönbach, S. 34. Diese Angabe stimmt und daher hat der Rückertsche Text nicht 14752 Verse, sondern 14742.

Methodische Vorbemerkungen

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in einem kurzen Werk die Frequenzmöglichkeit einer Erscheinung gar nicht gegeben ist. Eine bestimmte Erscheinung, sei es nun Auslassung, Plusvers oder Variante, ist ein relativer Wert, der seine Bedeutung nur aus dem Verhalten der anderen Textzeugen empfangt. Fehlt zum Beispiel ein entbehrliches Wort in allen Handschriften außer einer, so läßt sich dieser Zustand auf zweierlei Art auslegen. Ist nämlich das Wort echt, so ist das Fehlen in der einen Handschrift als Ausfall zu betrachten, ist es unecht, so kann man das Wort in allen Handschriften außer der einen als ein Extrawort bezeichnen. Dies hätte zum Beispiel in einer gemeinsamen Vorlage eingeführt werden können. In unserem theoretischen Fall ist die Entscheidung leicht, denn wir wissen, was echt und was unecht ist. In einem praktischen Fall ist die Entscheidung schwer, denn wir können nur das Verhalten aller Handschriften an einer bestimmten Stelle vergleichen. In einem praktischen Fall gewinnen wir also die stärkste Evidenz aus dem Verhalten verschiedener Handschriften, die gegen eine oder mehrere andere übereinstimmen. Findet sich eine bestimmte Übereinstimmung von Handschriften immer wieder, so können wir auf eine bestimmte Gruppe schließen, die uns dann weitere Schlüsse erlaubt. Durch die Gruppierungen der Handschriften ist es möglich, den Gang der Überlieferung festzustellen, denn es ist ja eine bekannte Tatsache, daß die Abschrift einer Handschrift nicht mehr Verse haben kann als die Vorlage, wenn der Schreiber nicht dazudichtet oder aus einem anderen Exemplar nachträgt. Das beste Kriterium für die Gruppierung der Handschriften ist die Feststellung gemeinsamer Auslassungen und Plusverse, denn die dadurch gewonnene Evidenz kann kaum mehr durch subjektive Interpretation verschleiert werden. Ein Herausgeber kann zwar erklären, daß praktisch alle Handschriften in einem theoretischen Fall unrecht haben, aber es ist nicht leicht, den Beweis für solch einen Standpunkt beizubringen. Die Evidenz der Handschriften spricht meist eine überzeugendere Sprache. In der Tat ist es nur möglich, ein gültiges Urteil im Einzelfall zu fällen, wenn die gesamte Überlieferung zur Beurteilung der Stelle herangezogen worden ist. Das gilt besonders für Fragen der Originalität. Jedes apriori gefällte Urteil für oder gegen bestimmte Verse oder für oder gegen eine ganze Handschrift unter Berufung auf ihr höheres Alter ist werüos und verhindert ein Erkennen des tatsächlichen Sachverhalts. Bei der Uberlieferung eines fast 15ooo Verse umfassenden Werkes, das in 21 Handschriften verschiedener Vollständigkeit überliefert ist und von dem nur eine, wenn auch unzuverlässige Ausgabe besteht, 2 von Kries

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Einleitung

bleibt es ein methodisches Problem, wie man sich dieser großen Überlieferung nähert, ohne einen künstlich geschaffenen Variantenapparat zu erzeugen, der wiederum zur falschen Gruppierung der Handschriften führt. Der häufigste Fehler dieser Art ist die methodisch unbefriedigende Praxis der Kollation und die unvollständige Aufnahme von Varianten, die besonders gefährlich wird, wenn es sich um Handschriften verschiedener Gruppen handelt. Schon Wilhelm Braune erklärte: „Es wäre durchaus nötig, die Varianten nach den hss.-gruppen auseinander zu halten" 68 . Diese Forderung ist unserer Ansicht nach eine absolute Notwendigkeit, wenn es um die Überlieferung eines längeren und weitverbreiteten Textes geht. Ist es nämlich praktisch durchführbar, alle Abweichungen einer Handschrift von einer anderen zu verzeichnen, wenn der betreffende Text nur einige hundert Verse umfaßt, und ist es möglich, diesen Vorgang mehrmals zu wiederholen, so ist es praktisch unmöglich, die Übersicht und absolute Klarheit zu bewahren, wenn das betreffende Werk zum Beispiel die Länge eines Par^ivals hat und in mehr als 70 Handschriften überliefert ist. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf das Vorwort von Eduard Hartl in der 6. Ausgabe von Wolfram von Eschenbach, in der es heißt: Eine kritische Verwertung der nachlachmannischen handschriften ist um so notwendiger, als Lachmanns Varianten nicht die bedingung erfüllen, die man an einen solchen apparat mit recht stellen muß: seine lesarten stellen nur eine auswahl dar, die bei D am engsten, bei G schon etwas weiter und bei dd und gg, zumal wenn wir die heutige buntheit der lesarten dagegen halten, fast willkürlich erscheinen muß; nur schwer kann der benutzet der gefahr entgehen, durch diese gewisse willkür Lachmanns in der angabe der lesarten die tatsächlichen Verhältnisse völlig verschoben zu sehen (S. LIX).

Der letzte zitierte Satz ist für uns bedeutend, denn er kennzeichnet genau, was wir in den Anmerkungen vieler Ausgaben bemerken konnten und besonders natürlich im Welschen Gast, wo uns die Handschriften zur Seite stehen. Die unvollständige Kollation unverwandter Handschriften schafft einen künstlichen Variantenapparat, und die so erzeugten Varianten stehen der Klärung der Handschriftenverhältnisse im Wege. Versuchen wir das Problem an einem theoretischen Beispiel zu erklären. Nehmen wir zwei identische Photokopien eines längeren Werkes, das im schwäbischen Dialekt geschrieben ist. Man kollationiere die eine Photokopie mit einer Handschrift aus dem moselfränkischen Gebiet, die einer anderen Gruppe angehört und sammle die Varianten. Die andere 58

Wilhelm Braune, „Die Handschriftenverhältnisse des Nibelungenliedes". PBB, 25 (1900) S. 11 Anm. 1. Zitiert: Braune.

Methodische Vorbemerkungen

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Kopie vergleiche man mit einer bayrischen Handschrift und auch hier sammle man gewissenhaft die „bedeutungsvollen" Lesarten, wie es immer genannt wird. Zwischen der ersten und der zweiten Kollation sollen einige Wochen vergehen und das Werk soll mehr als 1000 Verse umfassen. Betrachtet nun ein Herausgeber die gesammelten, vollständigen und bedeutungsvollen Varianten, wird er niemals mehr den Text der beiden identischen Kopien wiedererkennen. Er ist im zweiten Fall gezwungen, bayrisch zu lesen und die Abweichungen einzuflicken und alle kleinen und kleinsten Abweichungen, die er nicht aufgenommen hat, sind nun mit dem Wortlaut der bayrischen Handschrift, der vollständigen Abschrift, in die die Varianten eingetragen worden sind, identisch geworden. Genau dasselbe ist im ersten Fall geschehen. Alle kleinen Abweichungen sind verloren, und zwar zugunsten der Eigentümlichkeiten der Handschrift, in die die Varianten eingetragen worden sind. Nun kommt aber der entscheidende Punkt. Sind nämlich beim Sammeln der Lesart irgendwelche bedeutende Lesarten übersehen worden, und wir bezweifeln nicht, daß dies geschieht, so geschieht das auch bei der Sammlung der Varianten in unserem zweiten Exemplar. Die Stelle, an der diese Fehler beim Kollationieren gemacht werden, ist jedoch nicht dieselbe. Wenn sich nun der Herausgeber eines Werkes hiernach daranmacht, die Gruppen der Handschriften aufzustellen, werden die Stellen, an denen er eine bedeutungsvolle Variante nicht verzeichnet hat, als Konflikt erscheinen, denn die Kopie folgt an der betreffenden Stelle der anderen Handschrift. Es ist unwahrscheinlich, daß der Herausgeber die Identität der beiden Kopien erkennen wird, ja es kann sogar geschehen, daß beide Kopien in völlig verschiedene Gruppen aufgenommen worden sind. Dies ist sogar ganz bestimmt der Fall, wenn bei der Kollationierung der Handschriften nur eine Auswahl von Varianten aufgenommen worden ist. Die Kollation bestimmt also die Qualität der Varianten, sie kann die Quelle der Varianten sein und wenn eine Handschrift mit einer Handschrift kollationiert wird, die einer ganz anderen Gruppe angehört, so wird jedes Ubersehen zum zukünftigen Konflikt, der die richtige Eingruppierung der betreffenden Handschrift unmöglich macht. Wir können auch auf ein Beispiel aus der Uberlieferung des Welschen Gasts hinweisen. Rückert erklärt nämlich, daß die Handschriften U und W nichts miteinander zu tun haben69. Schon Oechelhäuser macht es wahrscheinlich, daß die eine der beiden Handschriften die direkte Abschrift der anderen ist. Wir sind in der Lage, dies im folgenden beweisen zu können. Fragen wir uns, wie Rückert zu so einer Bemerkung kommen 59

Rückert, S. 420.

i*

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Einleitung

kann. Aus böser Absicht bestimmt nicht. Der Grund ist in der schlechten Kollation und Sammlung der Lesarten zu suchen, die mit der Handschrift A vorgenommen worden ist — einer Handschrift, die nicht nur einer anderen Gruppe angehört, sondern auch auf einem anderen Zweig der Überlieferung steht. Um Fehler dieser Art zu vermeiden und um zu verhindern, daß durch unsere eigene Kollation künstliche Varianten entstehen, die neue Konflikte schaffen, haben wir uns nicht der vermessenen Annahme hingegeben, daß man 21 Handschriften durch die Anfertigung von Variantensammlungen sinnvoll aufbereiten kann. Wir haben darum nicht den Variantenapparat, sondern immer wieder die Handschriften selbst benutzt. Nur bei der später vorgenommenen Einordnung einiger Fragmente wurden diese den nunmehr bewiesenen Gruppen zugeordnet und dann mit allen Handschriften der Gruppe verglichen. Der Ausgangspunkt unserer Kollation waren die beiden letzten Worte eines jeden Verses des ersten Buches. Wir haben Handschrift nach Handschrift mit dem von Rückert gebotenen Text verglichen und völlig unabhängig voneinander jede Abweichung einer Handschrift auf separaten Zetteln vermerkt. Diese, zusammen mit Siglen und Versangabe, wurden dann zusammengelegt und das Material gesichtet. Die entstandenen Gruppierungen wurden auf mögliche Konflikte mit dem aus äußerlichen Kriterien gewonnenen Verhältnis der Handschriften geprüft. Eine Untersuchung der nunmehr als Arbeitshypothese angenommenen Gruppierung der Handschriften auf mögliche Konflikte mit der aus der Gruppierung der Auslassungen und Plusverse gewonnenen Filiation folgte. Um eine solche Gruppierung zu ermöglichen, wurden alle selbst festgestellten und von Rückert angegebenen Auslassungen und Plus verse mit jeder Handschrift der Überlieferung verglichen. Der Bilderkreis der gesamten Überlieferung wurde ebenfalls aufgenommen, um Konfliktmöglichkeiten zu erkennen und auszuschalten. Die Einordnung der verschiedenen kleineren Fragmente wurde nun sinnvoll und möglich. Wenn es für die entstehung mittelalterlicher hss. als die tegel betrachtet werden darf, daß die eine aus der anderen einfach abgeschrieben worden ist, so muß auch an die beurteilung einer weit verzweigten Überlieferung zunächst die forderung gestellt werden, die abstammungs- und Verwandtschaftsverhältnisse unter substituierung der nötigen Zwischenglieder möglichst genau zu reconstruieren. Und dieser forderung sucht denn auch jeder herausgeber in erster linie zu genügen 60 .

Für die Uberlieferung des Welschen Gasts ist diese Forderung bisher unerfüllt geblieben. Wir glauben, daß es möglich ist, die Handschriften60

Braune, S. 3.

Methodische Vorbemerkungen

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Verhältnisse weitgehend zu klären. Der Welsche Gktf fällt glücklicherweise in eine andere Uberlieferungsart als zum Beispiel die mittelhochdeutschen Reimpaarerzählungen61. Es gibt keine Handschrift des Welschen Gasts, bei der Niederschrift aus dem Gedächtnis anzunehmen ist, und so bleiben alle Handschriften und Fragmente wertvolle Zeugen einer Überlieferung, die es uns vielleicht ermöglicht, den Charakter des Archtypus zu erkennen und ihm näher zu kommen. Wenn dies möglich ist, hat sich die Mühe der Arbeit gelohnt. Wenn dies möglich werden soll, kann die Arbeit nur von den Handschriften ausgehen. 61

Heinrich Niewöhner, „Kunst oder Methode". PBB, Halle, 79 (1957), 424f. Der Artikel ist einer der einsichtsvollsten, der in den letzten Jahren zu diesem Thema geschrieben worden ist.

II. DIE ÜBERLIEFERUNG A. Die

Pergamenthandschriften*2

1. Cod. pal. germ. 389 Die älteste aller erhaltenen Handschriften des Welschen Gasts. Eine Pergamenthandschrift vom Ende des 13. Jh. mit 226 Bll. Pergament, davon sind 225 Bll. beschrieben und gezählt; das leere Pergamentblatt vorn ist mit drei Papierbll. gezählt 1—4*. Hinten sind ebenfalls 3 Papierbll. dazugebunden; gezähltl—3**. Die Blattgröße ist 18,3 X 11,5 cm, der Schriftraum im Durschschnitt 13,5 X 4—5,5 cm, einspaltig auf vorgezeichneten Linien von einer Hand geschrieben 63 . Stets 32 Verse pro Bl., die von einer sauberen Hand in einer gedrängten Gotischen Buchschrift geschrieben worden sind. Die Verse sind regelmäßig abgesetzt, die geraden Verse jedoch nicht eingerückt. Ein Reimpaar ist wiederholt als Langzeile ausgeschrieben, ohne daß sich der Schriftduktus oder die Tinte ändert. Ein Nachtragen der Verse ist also unwahrscheinlich; dies geschieht auf Bll. 89R, 99R je zweimal, 100R viermal, 106V, 113R, 113V, 115R, 121V, 122R, 129R je zweimal, 130V einmal, 131 R dreimal, 133R viermal, 152V zweimal 64 . An den Buchanfängen befinden sich große, mehrfarbige Zierbuchstaben, teilweise mit Zierornamenten. Die Übergangs- und Einleitungsformeln der einzelnen Bücher sind in rot ausgeführt, so auch die Majuskeln der verschiedenen Abschnitte. Winzig kleine Buchstaben am Rand als Hinweise für den Rubrikator sind teilweise erhalten. Die Handschrift be62

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Alle bibliographischen Hinweise auf die Handschriften und ihre Beschreibung werden stets in der 1. Anmerkung zu einer jeden Handschrift aufgeführt. Diese Hinweise erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, weil überholte Handschriftenkataloge usw. nicht aufgeführt werden. Auf Korrespondenz mit Bibliotheken wird nur im Ausnahmefall hingewiesen. Eventuell vorhandene Beschreibungen für die Deutsche Kommission wurden verglichen und ergänzt. Hans Wegner, Beschreibendes Verzeichnis der deutschen Bilderhandschriften des späten Mittelalters in der Heidelberger Universitätsbibliothek. Leipzig, 1927. S. 9ff. Zitiert: Wegner. Rückert, S. 402. Oechelhäuser, S. 13. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Günther Jungbluth. Der Befund genügt nicht, um von diesen Langzeilen auf eine Vorlage zu schließen, in der die Verse nicht abgesetzt waren.

Die Pergamenthandschriften

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steht aus 28 Quarternionen und einem Doppelblatt (224,225). Die Lagenbezeichnung befindet sich immer auf dem letzten Blatt einer Lage und besteht aus Kustoden aus röm. Ziffern, die meist erhalten sind. Lagenanfänge sind Bl. 4*, 8,16, 24, 32, 40, 48, 56, 64, 72, 80, 88, 96, 104, 112, 120, 128, 136, 144, 152, 160, 168,184, 192, 200, 208, 216. Alter Schweinsledereinband mit drei Bünden; über dem ersten in schwarzer Tinte die Signatur „389", über dem zweiten: „Poema Fabul. Ipictisfigur. / ornatum.", unten „Pal. Germ. 389". Der Entstehungsort der Handschrift und ihre früheren Besitzer sind unbekannt. Die Handschrift ging mit allen anderen Heidelberger Handschriften des Welschen Gasts 1623 nach Rom und kehrte 1816 wieder nach Heidelberg zurück. Die Handschrift ist in gutem Zustand, obwohl der Einband etwas lose ist. Der Bilderschmuck der Handschrift besteht aus 106 kolorierten Federzeichnungen, die auf den breiten Rändern ausgeführt worden sind. Die Bilder stehen teils normal im Randfeld, bei breiteren Bildern sind diese um 90 Grad verdreht, so daß die Randzeichnungen nun auf dem jeweiligen Außenrand des Schriftspiegels stehen. An mehreren Stellen ist jedoch der Text eingerückt, um mehr Platz für die normal angeordneten Illustrationen zu schaffen. Von den 106 Bildern gehören 105 zum Bilderkreis und nur eines ist vom Zeichner der Bilder selbst konzipiert. Bei Oechselhäuser ist dieses Bild Nr. 596B, in der Handschrift steht es auf Bl. 59 V. Der Illustrator läßt auf Bl. 60 R den Raum für das Bild des Bilderkreises frei, obwohl der Schreiber den Text an der richtigen Stelle einrückt, um mehr Raum für die sehr hohe Zeichnung zu schaffen. Alle anderen Handschriften haben übereinstimmend an derselben Stelle einen Kirschbaum66. Durch das Einrücken des Textes in A wird die Vorlage der Handschrift deutlich und ordnet sich in den Bilderkreis ein. Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle A und legte sie seiner Ausgabe zugrunde. Der Text der Handschrift beginnt auf Bl. 1R. Überschrift: „Der weihische gast." Das Gedicht beginnt: „iwer gern list gutiu mere" und endet auf Bl. 225R:

Hie wil ich dir ende geben Got gebe daz wir an ende leben, durh die dri hailigen namen. vater. sun. hailiger gaist. AMEN. -Der geschriben hat daz buch. Himelischer vater den geruch. Durh dein hailige gothait. Schaiden von aller uppichait. AMEN.

I J

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Oechelhausen S. 43. Wir verweisen grundsätzlich auf die im Anhang III aufgestellte Konkordanz des Bilderkreises.

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Die Uberlieferung

Um die Schreibgewohnheiten der Handschrift deutlicher zu machen, geben wir die ersten zwanzig Verse des 9. Buches buchstabengetreu wieder. Bl. 187 R

.La Mich ruwen sein ist ceit. Spricht mein veder swer nin geit Seinem aigem chnehte. Ruwe er tut im vi! unrehte. So han dir ich daist war Gedient disen winter gar. Daz du mich nin liezze belieben. Ich enmust tage und naht schreiben. Du hast verslizzen meinen munt. Wan du mih mere dann zehenstunt. Zern tage phleist tempern und sneiden Wi mocht ich daz so lange erleiden Du sneidest mich nu groz nu ciain. Und hast mich gemachet gemain Zeschreiben von herren und von chnechte. Du tust mir grozze unrehte. Do du plege guter site. Do w i ich dir vil gern mite. Do du mit reittern und mit frauwen. Phlege buhürt und tanz schauwen . . .

Rückert spricht sich über den Dialekt der Handschrift folgendermaßen aus. Die Sprachformen „zeigen eine deutliche Einmischung des groben österreichischen Dialects jener Zeit an sehr vielen Stellen. In einzelnen Dingen ist die Orthographie des ganzen Codex durchgehend darnach gemodelt, so z. B. steht regelmäßig ai f. das gem. mhd. ei, ei f. /, au f. ü, u. ou, eu st. tu usw." (S. 402). Oechelhäuser erklärt „der örtliche Ursprung ergibt sich aus den Dialektformen, welche nach dem Urtheil Wilhelms Braune's mit Sicherheit auf das bairisch-österreichische Sprachgebiet hinweisen, also auf eine Gegend, welche dem Entstehungsorte des Gedichts relativ am nächsten liegt" (S. 2). Dieser Satz zeugt leider sehr wenig für die dominierende Stellung von A, da die meisten Handschriften des Welschen Gasts in diesem sehr großen Sprachgebiet entstanden sind, und die Handschrift A keinesfalls aus dem Südbayrischen Gebiet stammt. Ein kleiner Exkurs über den aus der Schreibung entnehmbaren Dialekt scheint somit wünschenswert, obwohl die Lokalisierung durch die, in unserem Falle sichere Diskrepanz zwischen der Sprache Thomasins und der des Schreibers etwas zweifelhaft bleiben muß. Wenn man jedoch Rückerts Anmerkungen liest, gewinnt man den Eindruck, daß er die Schreibung dieser Handschrift fast der Sprache Thomasins gleichsetzt, obwohl der Herausgeber den Lautstand willkürlich geändert hat. So ist zum Beispiel die Diphthongierung der langen Vokale rückgängig gemacht, und die monophthonge Schreibung

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von mhd. Diphthongen beseitigt. Es gilt also die Erscheinungen zu betrachten, die einen lautlichen und topographischen Wert haben. Die Handschrift ist in ihrem Schreibsystem sorgfältig und läßt auf eine bewußte Schreibtradition schließen. Abkürzungen jeder Art sind in der Handschrift sehr selten, beschränken sich auf den Nasalstrich. Auch übereinander geschriebene Buchstaben wie ü sind äußerst selten. Das Zeichen ü fehlt völlig, ebenfalls das diakritische Zeichen a. Alle ¿-Laute, sowie auch der Primär- und Sekundärumlaut von a, werden mit e wiedergegeben. Vokallänge wird in der Handschrift nicht bezeichnet, jedoch befindet sich an vielen Stellen ein Häkchen über den Buchstaben. Eine sinnvolle Bedeutung dieser Zeichen hat sich nicht feststellen lassen. Der Doppelvokal wird selten und unregelmäßig in Worten wie ee .Gesetz', aar ,Adler' und in einigen Eigennamen wieAaron benutzt. Im Vokalismus zeigt sich folgendes System: Mhd. a ist meistens a, selten o. Mhd. e stets e. Mhd. i ist immer i, nur vor r, wie zum Beispiel in wirs, scheint eine Dehnung des / durch die Schreibung wiers angedeutet zu sein Mhd. o ist meistens o, selten a, einige Male vor r erscheint jedoch a statt o. Mhd. u ist in der Regel u, selten ue. Bei den langen Vokalen zeigt sich folgendes Bild: Mhd. ä erscheint als a, selten als o, mhd. e ist immer e; mhd. t ist fast ausnahmslos ei und nur sehr selten i, niemals jedoch ai. Alter und neuer Diphthong wird in der Schreibung getrennt und die Diphthongisierung der alten Längen erstreckt sich auch auf die Ableitungs- und Nebensilben. Mhd. 6 ist in der Regel o, selten oe. Mhd. ü erscheint stets als au. Der alte Diphthong ei wird in der Handschrift ausnahmslos ai geschrieben, soweit nicht in bestimmten Worten Monophthong geschrieben wird. So zum Beispiel in %wene, %rven, bede usw. Auch in den Ableitungssilben wird für den alten Diphthong regelmäßig ai geschrieben. Mhd. ou ist in der Regel au, mhd. ie jedoch ie und i. Anders ist der Befund bei mhd. uo. Hier ist die normale Schreibung u, selten ue und noch seltener uo. Das Zeichen ü fehlt dem System des Schreibers völlig. Mhd. eu erscheint regelmäßig als eu und nur sehr selten als iu. Die Handschrift hat mehr Apokope, Synkope sowie Kontraktionen als alle anderen Handschriften des Welschen Gasts. Es muß bemerkt werden, daß die Frequenz der alten Längen im Vorwort unverhältnismäßig viel größer ist als im Hauptteil des Werkes. Obwohl hier neuer Diphthong und alte Länge nebeneinander stehen, kann man aus dieser Frequenz darauf schließen, daß der Schreiber bei der mechanischen Umschrift beim Beginn seiner Arbeit noch mehr alte Längen bestehen ließ als später. Wir schätzen, daß in den 10 Büchern die Diphthongierung der alten Längen zu über 99 Prozent durchgeführt ist. Im Konsonantismus zeigt sich folgender Bestand: Mhd. p erscheint in allen Positionen nur in der Verbindung mit s, sonst wird es ausnahms-

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Die Überlieferung

los in der verschobenen Form mit ph bezeichnet. In Lehnwörtern wird anlautend meist b geschrieben und nur selten p; dies in den Namen Penelope, Proveno und Pullin. Mhd. b ist anlautend meist b, jedoch auchp. Die Schreibung b überwiegt stark. Inlautend wechseln b, p und v, wie zum Beispiel in heveti, werven und dem ausschließlichen aver, ave. Im Auslaut wechseln p mit b, wo jedoch p durch die nachwirkende Auslautverhärtung das Übergewicht hat. Für mhd. pf erscheint in allen Positionen ph, während für mhd. f und v eine positionelle Unterscheidung möglich ist. Mhd. v erscheint in der Regel im Anlaut außer vor u (z. B. für). Im Inlaut und Auslaut sowie in Konsonantenverbindungen dominiert / über v. Ausnahmeschreibung zeigt sich im Wort swebel, was jedoch nichts Ungewöhnliches darstellt. Mhd. w erscheint in allen Positionen ohne Variation. Auch mhd. t und d bieten nichts Außergewöhnliches bis auf die Verbindung mhd. tw (ahd. dw). Anlautend überwiegt hier die Schreibung dw, wie zum Beispiel in dmrhes, dwaben und dwingen. Vereinzelt erscheint twingen, welches jedoch im Inlaut häufiger ist (betwingen). Für mhd. % erscheint in allen Positionen während für die inlautende Affrikate meist ^ steht. Sehr selten ist hier die Schreibung Auf eine Schreibtradition läßt der Gebrauch von c fü % schließen. Dieser Buchstabe erscheint meist vor e und i, wie zum Beispiel in ceit und eil, berce, creuce usw. sowie am Silbenende nach Nasal (da jedoch in der Funktion von mhd. k). Mhd. s und seb bieten nichts Bemerkenswertes. Wir haben nur je einmal die Verbindung sc und sh statt sch gefunden (,gescriben und shreiben). Anders ist die Situation bei mhd. k. Drei Buchstaben werden benutzt, um den Laut wiederzugeben. In allen Stellungen herrscht fast ausschließlich ch, während k eine sehr seltene Schreibung ist. Es erscheint in Eigennahmen und wir haben es in gaukel und kaukelerere gefunden. Sporadisch erscheint jedoch auch in allen Positionen c {clär, crist, danete, rverc, starc usw). Nur zweimal erscheint die ungewöhnliche Schreibung hochfertigchleichen (4R) und rekchen (IV). Mhd. g bietet nichts Außergewöhnliches, wird aber auch nicht zu k verschärft, wie es sich besonders in südbayrischen Handschriften erwarten ließe. Mhd. 7 erscheint als solches im Anlaut von Namen, während es sonst meist durch i ausgedrückt wird. Eine Palatisierung von i in Lehnwörtern zeigt sich in der Schreibung g in materge, materige. Mhd. h, ch sowie alle Gutturalen zeigen nichts Bemerkenswertes. Im einzelnen läßt sich zum Vokalismus folgendes bemerken. Die auffälligste Erscheinung ist neben der radikalen Durchführung der Diphthongierung die monophthonge Schreibung besonders von uo und auch ie. Das dürfte auch auf einen nördlichen Entstehungsort deuten. Statt einfachem u steht jedoch auch manchmal das mittelbayrische ue. Die seltene Schreibung ar für or in dem Wort Warden für mhd. worden ist

Die Pergamenthandschriften

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wiederum mittel- und südbayrisch. Es könnte natürlich auch aus der Vorlage stammen. Langes o für ä erscheint mehrmals. So in hdr, höre für bar, bare und in worheit. Diese Erscheinung läßt sich jedoch im Bayrischen nicht zu gut lokalisieren, weil sie zu weit verbreitet ist. Die „Nomina Sacra" zeigen keine Ausnahmeschreibungen, und so erscheint auch in ihnen der alte Diphthong als ai, was für Bayern scheinbar ungewöhnlich ist. Der Konsonantismus der Handschrift deutet auch mehr in die nördlichen Gegenden des bayrischen Sprachgebiets als nach Südbayern. Am auffälligsten sind die vorherrschenden Lenesschreibungen, wie in dem häufig belegten dwingen, sowie die vielen v für b in beven, werven, erwirvet usw. Obwohl diese Spirantisierung gesamtbayrisch wird, denken wir in unserem Fall mehr an die nördlichen Gebiete. Dasselbe gilt für das öftere Einfügen von /in den Wörtern innerthalben, allenthalben. Die oft vorkommende Schreibung bischolf ist wiederum gesamtbayrisch. Es ist offensichtlich, daß sich die Handschrift innerhalb des Bayrischen schwer lokalisieren läßt. Im Vergleich mit südbayrischen Handschriften zeigt diese Handschrift besonders im Konsonantismus nördliche Formen, aber auch der Vokalismus weist auf diese Gegenden. Zur schriftsprachlichen Nierdersetzung kam es laut Virgil Moser „in Folge des Festhaltens an der alten Schreibgewohnheit überall später und ist langsamer vor sich gegangen als in den betreifenden Maa" 67 . Bair., wo es sich um die Einführung eines völlig neuen und im Gegensatz zu den übrigen Landschaften stehenden Schreibgebrauchs handelte, war der Widerstand naturgemäß am zähesten; hier gelangten die Diphthonge erst im Spmhd. zur endgültigen Durchführung, aber noch in der Kanzlei Kaiser Ludwigs d. Bayern war der neue Schreibduktus so wenig eingewurzelt, daß Schwab. Beamte sich im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts ungehindert der Längen ihrer Ma. bedienen konnten, und selbst ein Jahrhundert später sind anfänglich in der Habsburger Kanzlei Friedrichs III. die alten Längen unter dem Einfluß fremden Kanzleipersonals z. T. noch vorherrschend 68

Wir selbst glauben, daß die Handschrift im Nordwesten des bayrischen Sprachraums entstanden ist. Demnach wäre der Dialekt ein westliches Mittelbayrisch oder ein südwestliches Nordbayrisch. Der Beweis hierfür läßt sich jedoch heute noch nicht zwingend erbringen, da die Schreibtraditionen der verschiedenen Orte noch nicht genügend untersucht worden sind. Rankes Untersuchung über Sprache und Stil befaßt sich nicht mit der Sprache der Handschriften, da diese Arbeit von der 67

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Virgil Moser, FrUhneuhochdeutsche Grammatik, 1,1 Lautlehre. Heidelberg, 1929. I, 3 Lautlehre. Heidelberg, 1951. Zitiert: Moser, jedoch unter Band- und Seitenangabe. 1,1. S. 156. Moser, 1,1. S. 156.

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Die Uberlieferung

normalisierten Schreibung Rückerts ausgeht und der Lautstand dieses Textes nur sehr wenig mit dem der Handschrift zu tun hat. Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle A. 2. Membrana I. 120 Handschrift der Landesbibliothek Gotha aus der 1. Hälfte des 14. Jh. (1340) 102 Bll. Pergament69. Als Vorsatz und Schlußblatt dient eine Urkunde mit der Unterschrift: „Balthasar Possmünstrer von Straubing im Clericus Regensprug bistüms und von pabstlichen und kayserleichen gewalt ein offener Notar auch des vorgemelten wirdigen Capitels zue Regenspurg gesworner Tabellio." Blattgröße ist 32 X 24 cm mit einem beschriebenen Raum von etwa 23,5,24,5 X 16,5 cm. Die Handschrift ist zweispaltig auf vorgezeichneten Linien von einer sorgfältigen Hand geschrieben. Meist befinden sich 42 Zeilen auf dem Blatt. Die Verse sind abgesetzt, die geraden Zeilen eingerückt. Gotische Buchschrift des 14. Jh. Die Handschrift hat 13 Lagen, und zwar ein Ternio, 11 Quartenionen und ein weiteres Ternio. Die beiden Ternios haben je ein Extrablatt aus der Urkunde aufgenommen, die mitgezählt sind. Lagenanfänge auf Bl. 1, 8,16, 24, 32,40,48, 56, 64,72, 80, 88,96. Auf dem letzten Bl. jeder Lage befinden sich Reklamanten, die jedoch nur teilweise erhalten sind. Die Einleitungs- und Ubergangsformeln zu den einzelnen Büchern sowie Absatzzeichen, Rubrizierung und die römischen Zahlen zur Bezeichnung der einzelnen Abschnitte sind in rot ausgeführt. Fast jede Vorderseite eines Blattes trägt oben in der Mitte eine rote Majuskel, die das jeweilige Buch angibt. Die Bücher sind A bis K gezählt. Einige der Kapitalen zu den Buchanfängen sind nicht ausgeführt. Der Einband aus dem 15. Jh. ist aus glattem ungefärbtem Pergament über starken Holzdeckeln gefertigt. Die Flächen sind gefeldert und durch Blindpressungen verziert; auf den Rändern Stempel mit IHS und Maria. Beide Schließen fehlen. Die Handschrift enthält 120 geschickt ausgeführte kolorierte Federzeichnungen, die am Rand im ausgesparten Raum der Kolumnen oder auch ganzseitig angeordnet sind. Es handelt sich um 119 Illustrationen des Bilderkreises und ein Widmungsbild auf fol. 101R. Die Handschrift überliefert den Bilderkreis am vollständigsten von allen Handschriften. Es fehlt nur ein Bild, welches eine Illustrierung einer Textstelle ist, die durch eine Textlücke ausgefallen ist. 69

F. Jakobs u. F. A. Ukert, „Mittelhochdeutsche Gedichte. Nr. 17 ,Der Welsche Gast'". Beiträge zur älteren Literatur, 11,1 (1836) 305—310. Oechelhausen S . 4 ff. Rückert, S. 403 ff. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Ludwig Schneider.

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Der Entstehungsort der Handschrift ist sehr wahrscheinlich Regensburg, worauf auch die äußeren Merkmale weisen. Der Dialekt der Handschrift widerspricht dieser Lokalisierung nicht. Die Handschrift stammt aus dem Besitz Ernst des Frommen. Ein Exlibris auf dem Vorderdeckel sagt: „Ex Electoriali Bibüotheca Sereniss. utriusq. Bavariae Ducum." Fol. IV über einem Spruch aus Seneca die Zahl 1574. Darunter: „Hanns Ulrich vonn Königsfeldt manupropia." Darunter die alte Münchner Signatur: „Der Weihische gast M. Scrip. Teuth. St. 2. N. 29." Darunter der Bibliotheksstempel der Herzoglichen Bibliothek Gotha. Auf dem Hinderdeckel ein weiterer Besitzvermerk: von Raidenbuech, 1543. Dieser Besitzeintrag steht in Verbindung mit dem auf dem Widmungsbild erscheinenden, nachgetragenen Wappen und Namen. Die Datierung der Handschrift beruht auf der Schreibersubskription am Ende des Textes auffol. 99 R. mit dem Datum 1340. Der Text beginnt auf fol. 2R mit der Inhaltsangabe in Prosa, „iwer die matirie wizzen wil wa von ditze buch sage." Der Text des Gedichtes endet auf Bl. 99 R

Hie wil ich dir ende geben got gebe daz wir ane ende leben Durh die drie heiligen namen vater, sun, heiliger geist, amen.

Um die Schreibgewohnheiten der Handschrift deutlicher zu machen, geben wir die ersten zwanzig Verse des 9. Buches buchstabengetreu wieder, jedoch werden die Kürzungen aufgelöst. La. mich rüwen sin ist zit spricht min veder. swer niht engit Sinem eigenem chnechte rüwe. der tut unrechte So han ich dir daz ist war gedinet disen winder gar Daz du mich niht lieze belieben ichn müst tag und nacht schriben Du hast verslizzen minen munt wan dü mich mer den zehen stunt Zern tage pflege tempern und sniden wie moht ich daz so lange erliden Du snidest mich nü groz nü chlein und hast mich gemachet gemein Zeschriben. von herren und von chneht du tust mir groz unreht Do du pflege güter sit du für ich dir vil gerne mit Do du mit rittern und mit vrowen pflege bühtirt und tanze schowen.

Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle G.

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Die Überlieferung

3. Cod. poet. et philol. fol. 1 Pergamenthandschrift der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart70 vom Anfang bis Mitte des 14. Jh., 97 Bll. mit der Blattgröße 26,8 x 19,8 cm. Der beschriebene Raum beträgt 20 x 15 cm im Durchschnitt. Die Handschrift ist zweispaltig auf vorgezeichneten Linien in abgesetzten Versen geschrieben. Der Text ist von 4 verschiedenen Händen geschrieben. 1. IRa—33 Vb in einer breiten Textura, 2. Bl. 33 Vb—34 Vb in einer unsauberen Gotischen Buchschrift mit kursiven Elementen, 3. Bl. 35 Ra—42 Vb in einer wesentlich kleineren, sauberen und zierlicheren Bastarda als Hand 1 und Bl. 2. 43 Ra—46 Rb sind wieder von Hand 2 geschrieben. Der vierte Schrifttypus erscheint von Bl. 46 Va—96 Rb. Diese Hand ist wieder eine zierliche Bastarda. Hand 1 schreibt auch die Buchangaben auf den einzelnen Blättern, wie „das erste tail, das ander tail usw.". Diese Angaben korrespondieren nicht immer mit dem Text und lassen auf ein Vorschreiben der betreffenden Überschriften schließen. Die erste Hand schreibt in abgesetzten Versen, rückt jedoch die geraden Verse nicht ein. Die zweite Handschrift tut dasselbe. Die dritte Hand rückt die geraden Verse ein und beginnt jedes Verspaar mit großen Buchstaben, was bei Hand 1 und 2 nur selten der Fall ist. Die vierte Handschrift rückt die geraden Verse wieder nicht ein. Alle Hände haben die Angewohnheit, den frei bleibenden Raum einer Zeile mit Wellen- oder Zickzacklinien zu füllen. Hand 1 und 2 schreiben regelmäßig 27 Zeilen pro Blatt, Hand 3 38 Zeilen und die vierte Hand 27 bis 33 Zeilen pro Blatt. Die Handschrift ist in rot rubriziert, die Kapitalen der Buchanfänge mit vielen Federstrichen verziert. Die Lagen der Handschrift sind schwer bestimmbar. Der Text ist durch Blattausfall sehr unvollständig und beginnt mit Vers 746. Der Blattausfall beschränkt sich nicht nur auf den Anfang des Gedichtes. Im Textinneren zeigt sich eine Textverwirrung, die auf den ersten Schreiber zurückgeht. Die Auflösung dieser Umstellung ist folgende. Vom Anfang der Handschrift bis Bl. 14 Vb (Buch 2) Das sie stete als es geschriben sta. Text fährt fort auf Bl. 24 Vb mit Ich verdinge des herren %orn. und läuft bis Bl. 34 Vb (3. Buch) Die hohen tuirne die vallent sere. Es folgen dann 13 Verse Unsinn, die nicht zum Gedicht gehören. Der Text fährt auf Bl. 14 Vb fort mit Ist diu grünt feste niht vil gut und läuft, ausschließlich der Umstellung, bis zum Ende der Handschrift in normaler Reihenfolge. In der Handschrift befinden sich an den betreffenden Stellen römische Ziffern, die die Nummern der Kapitel angeben, wie sie im Inhalts70

E. G. Graff, „Deutsche Sprachdenkmäler in der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Stuttgart". Diutiska, 11,1 (1827) Nr. 3 Der Welsche Gast S. 72. Rückert, S. 417 ff. Oechelhäuser, S. 3 ff. Beschreibung für die deutsche Kommission durch Ehwald.

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Verzeichnis bezeichnet sind, welches jedoch durch den Verlust des Anfangs der Handschrift hier nicht mehr erhalten ist. Es kann jedoch aus den Zahlen geschlossen werden, daß die Handschrift oder ihre Vorlage die Inhaltsangabe hatte. Der Einband besteht aus einem Holzdeckel mit Lederüberzug und gotischer Pressung. Auf dem Rücken ist ein Schildchen des 18. Jh. „Deutsche Poesien M. S. C.". Der Entstehungsort der Handschrift scheint wieder die Gegend von Regensburg zu sein. Auf Blatt 97 R befindet sich folgende Eintragung in einer Hand des 14. Jh., die jedoch nicht im Text erscheint: „da% puch han [her] — Rasur — [ v o n ] [ D i n g e r ] purger Regenspurch haissett andre schreiben den lautten einer pesserum MCCC und in dem XXVIII jar. Der Dialekt der Handschrift steht in keinem Konflikt mit dieser Lokalisierung. Die Handschrift enthält 93 grobkolorierte Federzeichnungen, die in dem dafür freigelassenen Raum des Textes ganzseitig oder am Rand angeordnet stehen. Von diesen Bildern gehören 91 zum Bilderkreis, während zwei Bilder extra erscheinen, da der Zeichner ein Bild (Oechelhäuser Nr. 105) fast genau so dreimal zeichnet. Der Rest der Bilder fehlt durch Blattausfall. Die Handschrift beginnt auf Bl. 1 Ra mit Vers 746 „der im ze rehte gebe rat." und endet auf Bl. 96 Rb Hie wil ich dir ende geben got gebe daz wir ane ende leben Durh die drie heiligen namen vater sun heiliger geist amen.

Da der Anfang von Buch 9 verloren ist, geben wir die ersten 20 Verse des 10. Buches buchstabengetreu wieder. Bl. 88 Vb

Trut veder du solt dich niht lan betragen wan es ist getan viel schierre swaz ich schriben wil daz reht hat mich gemant yil Daz ich nach in schribe von der tilgend die in alter und in iugende Nach reht behalten und leben chan die hat ein ieglicher milter man Milte heizzet diu selbe tilgende und ist ein geczierde der iugende und ist des alters chrone si machent die anderiu tilgende schone und lieht daz ist war si ist der tilgende spigel gar Rehte und milte gemagen sin diu milte ist des rehtes chint Das reht von siner nature chan fugen das ein ieglich man

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Die Überlieferung Haben das er haben sol diu milte git ouch nach rehte wol

Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle S. 4. S. Glazier Ms. Nr. 51 Pergamenthandschrift in der Glazier Collection der Piermont Morgan Bibliothek in New York 71 . Früher hatte diese Handschrift die Signatur: Gräfl. Erbach. Gesammthausarchiv Nr. 1. Die Handschrift stammt aus der 2. Hälfte des 14. Jh. Es sind nur noch 73 Blatt erhalten. Blattgröße ist 35,4 x 25,9 cm, der beschriebene Raum 25,7 X 19,3 cm im Durchschnitt. Die Handschrift ist sorgfältig, zweispaltig auf vorgezeichneten Linien, mit 37 Zeilen pro Blatt und in abgesetzten Versen geschrieben. Die Schrift dieser Prachthandschrift ist eine saubere Textura. Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Zeilen sind abgesetzt. Die ursprüngliche Handschrift bestand aus Quarternionen. Durch Ausweis der Lagenbezeichnung zeigt sich, daß sich einstmals eine ganze Lage vor dem jetzigen Anfang der Handschrift befand. Diese acht Blätter können mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die prosaische Inhaltsangabe enthalten haben. Die Handschrift bestand vermutlich aus 11 Lagen. Ein Quarternio (verloren), 8 Quarternionen, ganz oder teilweise erhalten, und zwei weitere Quarternionen, die verloren sind. Von der erhaltenen 2. Lage ist das erste und letzte Bl. verloren, die 3. Lage beginnt mit 7R, von der 4. Lage ist wieder das 1. und 8. Bl. verloren. Die 5. Lage beginnt mit Bl. 19R, die 6. Lage auf Bl. 27R, doch fehlen ihr alle anderen Bll. Die 7. Lage beginnt mit Bl. 28 R, die 8. Lage mit Bl. 36 R, doch fehlen Bl. 4 und 5. Die 9. Lage beginnt mit Bl. 42 R und ist ganz erhalten. Die Lagenbezeichnung befindet sich immer auf dem ersten Blatt der Lage und besteht aus römischen Zahlen. Alter Ledereinband über Holzdeckeln. Die Blindpressung zeigt einen nach links blickenden Löwen und einen nach rechts blickenden Adler sowie kleine Vierecke. Vorn sind 4 von 10 Messingbuckeln erhalten, hinten 3 von 10. Beide Schließen sind verloren, doch auf den schildförmigen Unterlageplättchen der Schließstifte befindet sich das Trierer Kreuz und das Falkenstein-Münzebergsche Wappen. Der Entstehungsort der Handschrift ist unsicher, doch glaubt man mit Sicherheit, daß die Handschrift eine bestellte Prachthandschrift für den Trierer Erzbischof Kuno von Falkenstein (1362—1388) ist und wie 71

J. Plummer, Manuscripts from the William S. Glasier Collection. New York, 1959. S. 33. Zitiert: Plummer. Rückert, S. 415. Oechelhäuser, S. 7 ff. Beschreibung für die deutsche Kommission durch Conrad Borchling.

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andere seiner Handschriften aus einer Werkstatt stammt, die in Trier beheimatet war72. Ob die Handschrift mit dem Kloster Amorbach an die Erbacher Grafen gekommen ist, ist nicht völlig sicher und beruht auf mündlicher Tradition des Grafenhauses. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Handschrift an den deutschen Bankier Kurt Arnholdt verkauft und ging mit ihrem Besitzer nach Brasilien. Vor einigen Jahren verkaufte die Witwe den Nachlaß, und durch Vermittlung eines New Yorker Buchhändlers ging die Handschrift in den Besitz des New Yorker Liebhabers William S. Glazier über (1959). Nach dem Tode dieses Mannes kam seine ganze Handschriftensammlung als Geschenk an die Pierpont Morgan Bibliothek in New York. Seit 1962 befindet sich die Handschrift in dieser Bibliothek. Der Dialekt der Handschrift ist ein südwestliches Mitteldeutsch, der Schreiber hat den Text offenbar rigoros in diesen Dialekt umgeschrieben. Rückert gibt eine treffende Charakterisierung des Dialekts (S. 415—417). Der Text beginnt mit V. 141 auf Bl. IRa ,,/ch han gehört und gelesen / Ein man sal ungerne mußich wesen." und endet auf Bl. 73 Vb mit Vers 12795 „Abe er selbe unkusch ist". Über den meisten u der Handschrift befindet sich ein kleiner kreisartiger Punkt, den wir im folgenden Abdruck der ersten 20 Verse des 9. Buches durch einen Punkt darstellen. Bl. 70Ra

La. mich rü syn ist nü zyt Sprichet myne veder wer nit gyt Syme eygen knechte Rüge der düt unrecht. So han ich dir daz ist war Gedienet diesen winder gar. Daz du mich nyt ließes bliben Ich müste dag und nacht schriben. Du hast verslissen mynen münt Wan du mich me dan ziehen stunt. Zu deme dage tempern und snyden Wie muchte daz ich so lange erliden. Du snydes mich groiße und cleyne Und hais gemachet mich gemeyne. Zu schriben von herren und von knechte Dü düst mir unrechte. Do du plege güder siede Do volgede ich dir gerne mede. Do dü mit rittern und mit frauwen Plege bühürt und dantze zu schauwen.

Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle E. Plummer, S. 33.

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Ton Kries

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Die Uberlieferung

5. Hamilton Ms. 675 Pergamenthandschrift der ehem. Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin73. Wir geben die alte Signatur, weil die Handschrift keine neue Signatur hat und als unkatalogisiert bezeichnet wird. Die Handschrift stammt vom Ende des 14. Jh. und hat insgesamt 120 gezählte Pergamentblätter, doch sind Bll. 118,119, 120 leer. Vorn und hinten befinden sich je zwei moderne Vorsatzblätter. Davon ist das jeweils dem Buchdeckel nächstliegende mit Seide überzogen und randvergoldet. Das zweite Blatt ist älter und hat ein Wasserzeichen. Darauf von einer modernen Hand: „German and about 1440. 116 miniatures." Die Blattgröße ist 32 x 23,7—24 cm, der beschriebene Raum 21 x 15,5 cm im Durchschnitt. Die Handschrift ist zweispaltig, ohne vorgezeichnete Linien, doch in einem vorgezeichneten Schriftspiegel geschrieben; 31 bis 37 Zeilen pro Blatt. Die Handschrift ist durchaus von derselben Hand in einer gedrängten fränkischen Bastarda geschrieben. Die Inhaltsangabe ist nur unvollständig abgeschrieben worden, sonst jedoch gehört die Hs. zu den vollständigeren. Die Lagen der Handschrift sind vorn und hinten etwas aufgelöst und beginnen vorn mit einem Einzelblatt, dann folgt ein Doppelblatt, dann ein weiteres Einzelblatt, gefolgt von 9 Sexternionen, dann wieder drei einzelne Blätter und ein Doppelblatt. Lagenanfänge der vollständigen Lagen auf Bll. 5, 17, 29, 41, 53, 65, 77, 89, und 113. Die Lagenbezeichnung auf letztem Blatt der Lage besteht aus teilweise erhaltenen Kustoden. Reste sind erhalten auf Bl. 28 Vb, 40 Vb, 52 Vb (Rasus), 64Vb (Rasus), 76Vb, 88Vb, lOOVb und 112Vb. Der Einband aus gezogenem dunkelblauem Kalbsleder über Pappdeckeln mit Goldpressungen innen und außen entstand im 19. Jh. Fünf Doppelbünde, zwischen 1. und 2. Bund in Gold gepreßt: „Manuscript in German Illuminated". Auf den Buchdeckeln Greifen und Ringornamente im Randstreifen. Der Buchblock ist randvergoldet. Die Handschrift enthält 110 ausgeführte Bilder des Bilderkreises, weiterhin einen für ein Bild bestimmten Raum mit ausgeführtem Schriftzettel des Bildes, und ein weiterer freigelassener Raum an der richtigen Stelle, den der Illuminator übersehen hat. An anderer Stelle konzipiert er drei völlig gleiche Bilder für das eine andersartige des Zyklus. Die Bilder sind stets gerahmt, jedoch werden mehrere Male mehrere Bilder in einer Hauptumrahmung umgeben, an anderer Stelle jedoch ein Bild aus Platzmangel in zwei Rahmen aufgeteilt. 116 Bilder sind sichtbar. Davon 105 in Eigenrahmen, 11 in Nebenrahmen, dazu ein weiteres Bild mit einem anderen vereint (73 Rb) und zwei nicht ausgeführte Bilder, dazu kommen weiter 73

Elias Steinmeyer, „Eine Handschrift des Wälschen Gasts". ZfdA, Oechelhäuser, S. 9 ff.

13 (1883) 384.

Die Pergamenthandschriften

35

hin die drei selbständigen Bilder, so daß sich die Zahl 119 ergibt. Von dieser Zahl sind die drei Extrabilder abzuziehen, sowie 4 Bilder, die aus Raummangel entstanden und Teil eines anderen sind. Die Handschrift hat demnach 112 Bilder des Bilderkreises. Der Entstehungsort der Handschrift ist unbekannt, doch ist die Handschrift ihrem Dialekt nach mit Sicherheit auf dem niederalemannischen Sprachgebiet entstanden. Kennwörter wie kilchen 91 Va oder die Einheitsform für die 1., 2. und 3. Pers. Plural in der Verbalkonjugation 2eugen für dieses Sprachgebiet. Oechelhäuser sieht in den Illuminationen den Einfluß der burgundischen Schule. Die Rankenornamentik von Bl. 5 weist auf französischen Einfluß. Sonst ist die Verzierung von Initialen sehr einfach gehalten. Rot wird auch für die Schrift der Schluß- und Übergangsformeln verwendet. Die Handschrift scheint eine Zeitlang in französischem Besitz gewesen zu sein, und ein nachträglich in die Initiale des 1. Buches eingezeichnetes Allianzwappen macht es sicher, daß die Handschrift im Besitz Kaiser Maximilians I. und seiner zweiten Gattin Maria Bianca Sforza war 74 . Im Jahre 1882 kam die Hs. mit der ganzen Sammlung des Herzogs von Hamilton nach Berlin in das Kupferstichkabinett. Zur Deckung der Unkosten mußte die Hs. mit einigen anderen verkauft werden und ging in den Besitz des Buchhändlers Quaritsch über76. Nach längeren Verhandlungen mit der Berliner Bibliothek, der damaligen Königlichen Bibliothek, kam es zum Erwerb der Handschrift, die dann den anderen in Berlin verbliebenen Hamiltonhandschriften zugeordnet wurde. In der gegenwärtigen deutschen Forschung gilt die Handschrift als „nach England verkauft und dort im Privatbesitz verschollen78. Die Inhaltsangabe beginnt auf Bl. IVa „Wer das Büch und die materie wissen wil wa von dicz buch sage . . ." und endet auf Bl. 4Va zu Buch 5 Kapitel 4. „Hie sprich ich, daz Ich hab gezeigt mit Recht, daz uns untugent zufüget". Die Einleitung des Buches beginnt auf Bl. 5 Ra „Der gern liset gute mer". Das Ende des Gedichtes ist auf Bl. 117 Vb Hie wil ich dir ende geben Got geb daz wir one ende leben Durch die heiligen dry namen Vatter Sun heiliger geist amen. 74

75

76

Oechelhäuser zitiert auf Seite 10 den französischen Eintrag auf Blatt 1 R auf dem die Annahme der französischen Provenienz beruht. Die Handschrift wurde am 23. Mai 1889 als Nummer 88 des Auktionskataloges versteigert und von Quaritch für 340 Englische Pfunde erworben, der die Handschrift in seinem Katalog 138 vom Dezember 1893 als Nummer 71 anbot. Im Jahre 1896 wurde die Handschrift von der Königlichen Bibliothek erworben. Ich verdanke diese Mitteilung Herrn Dr. Boese in Berlin. Vgl. Stammler, S. 145. Burdach, S. 110.

3*

36

Die Uberlieferung

Wir geben zur Charakterisierung der Schreibweise die ersten zwanzig Verse des 9. Buches auf Bl. 104Va buchstabengetreu wieder. -La mich rüen es ist nü zyt Sprichet min veder wer nit git Sinem eigen knecht Rüwe der tut unrecht So han ich dir das ist war Gedient disen winter gar Daz du mich nit liest beliebn Ich müst tag und nacht schriben Du hast verslissen minen mund Wen du mich mer den Zehen stunt Zu dem tage pflegen tempern und sniden Wie mocht ich daz so lang erliden Du snidest mich nü groß nu klein Und hast gemachet mich gemain Ze schriben von herren und von knechte Du tust mir unrechte D o dü pfleget guter sitte Do volget ich dir gerne mitte Do dü mit rittern und mit frowen Pfleget bühiern und tantz schowen.

Oechelhäuser bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle H.

B. Die

Pergamentfragmente

Von den bisher aufgefundenen Handschriftenfragmenten sind sieben Fragmente von Pergamenthandschriften. Davon gehörte das sogenannte Grimmfragment noch in das 13. Jh., während alle anderen im 14. Jh. entstanden sind. Für die Überlieferung sind diese Bruchstücke teils von großem Wert, weil sie das Verhältnis der verschiedenen Handschriften klären helfen. Rückert war nur eine Abschrift des Grimmfragments bekannt, das er jedoch im Gegensatz zu Wilhelm Grimm gering bewertete. Ein Teil der hier aufgeführten Fragmente ist bisher weder veröffentlicht noch bibliographisch erfaßt worden. 1. Das Grimmfragment Die Signatur dieses Pergamentblattes ist Ms. Germ. Quart. 978, früher in der Preußischen Staatsbibliothek Berlin, seit 1945 verschollen und wahrscheinlich in der Auslagerung verbrannt. Das Blatt hatte 144 Verse Text und ein Bild (Oechelhäuser Nr. 103, im Bilderkreis Nr. 111). Die Blattgröße war 23,7 X 16,3 cm, der Text zweispaltig in einer

Die Pergamentfragmente

37

Gotischen Buchschrift geschrieben. Die Mundart des Fragments war bayrisch und sein Entstehungsgebiet ebenfalls Bayern. Das Blatt war zu Rückerts Zeiten im Besitz Wilhelm Grimms77. Der Text begann mit V. 12719 und endete V. 12862. Rückerts Angabe, daß das Fragment 152 Verse enthalte, ist falsch. Er bezeichnete dieses Fragment mit der Sigle Gr. Die Lesarten dieser Handschrift können mit genügender Sicherheit festgestellt werden. Einmal enthält die Ausgabe Rückerts Lesarten, zum zweiten hat es sich feststellen lassen, daß Wilhelm Grimm Lesarten des Fragments in seine selbst geschriebene Abschrift der Heidelberger Hs. A eingetragen hat. Diese Abschrift, Ms. germ. 317, befindet sich heute in Tübingen78. Wir benutzen die betreffenden Seiten dieser Abschrift im Vergleich mit Rückerts Varianten. 2. Das Büdinger Fragment Pergamentfragment aus der 1. Hälfte des 14. Jh. im Fürstlich Ysenburg-Büdingischen Rentkammerarchiv in Büdingen79. Das Bruchstück ist ein unvollständiges Doppelblatt. Ein Bl. ist ganz erhalten, das andere weniger als zur Hälfte, da bei der erhaltenen Textspalte noch geringer Textverlust eintritt. Das Doppelblatt ist teils stark verschmutzt, teils stark verblichen, so daß an einigen Stellen nur einzelne Buchstaben lesbar sind. Andere Teile wiederum sind sehr gut erhalten. Das Blatt ist zweispaltig auf vorgezeichneten Linien in einer Gotischen Buchschrift in bayrisch geschrieben. Das Bruchstück hat regelmäßig 42 Zeilen pro Blatt. Die Blattgröße des erhaltenen Stückes ist 32 x 32 cm, des Einzelblatts 32 x 24 cm. Beschriebener Raum etwa 25 x 15,5 cm. Das Fragment ist der Rest einer sorgfältig ausgeführten Bilderhandschrift und enthält noch drei geschickt ausgeführte Federzeichnungen, die am Rand und im freigelassenen Raum der Spalten erscheinen (10 bis 12 Zeilen Höhe). Die Verse sind abgesetzt; der Anfangsbuchstabe eines jeden Verses ist groß geschrieben, jedoch nur der erste Buchstabe der ungeraden Verse nach links abgesetzt und herausgerückt. Die Abschnitte werden durch rote Kapitelzeichen angegeben, größere Kapitel mit römischen Zahlen bezeichnet. Dies läßt auf das 77

78

79

Rückert, S. 418. Hans Wegner, Beschreibendes Verzeichnis der Miniaturen-Handschriften der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin. Leipzig, 1928. Bd. 5 S. 4. Ms. germ. 317. Stiftung Preußischer Kulturbesitz.- Tübinger Depot der ehem. Preußischen Staatsbibliothek. W. Crecelius, „Bruchstücke mhd. Hss. in Büdingen". ZfdA, 10 (1856) S. 288. Crecelius gibt eine kurze Beschreibung des Fragments und seiner Schreibgewohnheit und druckt eine Auswahl von Lesearten zu Rückerts Text.

38

Die Überlieferung

Vorhandensein der Inhaltsangabe in Prosa schließen. Zur Bezeichnung der einzelnen Bücher dienen Kapitalen, die auf der oberen Mitte einer Vorderseite erscheinen. Im Fragment sind A für 1. Buch erhalten. Der Text des Fragments enthält folgende nur teilweise vollständige Verse: Bl. I R a 1306—1347, Bl. I R b 1348—1383, Bl. I V a 1384—1425, Bl. l V b 1426—1467, Bl. 2Ra 2081—2122, Bl. 2 V b 2197—2228. Zur Charakterisierung der Schreibweise geben wir die ersten 20 Verse von Bl. 1 V b buchstabengetreu wieder. D en vrowen sol gevallen niht Swen ez durch ubermüt geschiht D az er also vaste gahet Und ir mit rede so nahet D och wil iu sagen daz Sümleich duncht sich baz U nd wellents haben grozze ere Swenne man sis ie bittet mere S wenne ein weip in ir bette leit So gedenchet si ze der zeit D er hat durch mich so vil getan So hat aber der ander man U mbe mich geworben mer So hat denne aber der G rozze bet her zu mir gelait Ich waiz wol von der warhait D az ich pin schöne und wert Seit dise herren so geert H er ze mir gerent minne Mit allem ir herzten und ir sinne Wir bezeichnen das Fragment mit der Sigle Bü. 3. Das Pesther Fragment Pergamentblatt einer Handschrift aus der Mitte des 14. Jhs., welches zum Binden des Ms. Clmae 210 der National Szechenyi Bibliothek in Budapest benutzt worden ist 80 . Die alte Signatur der Handschrift war: Cod. Mise. Hist. Hung. et Germ. Nr. 1559fol. lat. Es sind 152 Verse Text erhalten 81 . Einige Buchstaben fehlen, da das Blatt zerschnitten und als 80

81

Vollständiger Abdruck des Fragments durch R. M. Werner, loc. cit. Es gibt eine moderne und ausführliche Beschreibung der Handschrift zu dessen Einband es benutzt worden ist: Emma Bartoniek Codices Manu Scripti Latini. Bd. I Codices Latini Medii Aevi. Budapest, 1940. S. 169—179. Auf Seite 179 „Prov.: Germania meridionalis — Poss.: cf. f. 2 adnot. man. saec. XVIII, ex.: ,Conventus Leucensis Ord. Er. S. P. A.'". Zitiert: Bartoniek. Werner druckt 152 Verse Text, und somit ist seine Angabe, daß das Fragment 153 Verse enthalte, ein zu berichtigender Druckfehler.

Die Pergamentfragmente

39

Falz benutzt worden war. Die Größe des Blattes war etwa 28 X 22 cm, der beschriebene Raum 20 X 15 cm. Die Handschrift war zweispaltig auf vorgezeichneten Linien zu 38 Zeilen geschrieben. Die Anfangsbuchstaben der geraden Verse waren nach links herausgerückt und wie die ungeraden meist mit Majuskeln versehen. Das erhaltene Textstück konnte weder Bilder des Zyklus noch Zahlen der Hauptabschnitte enthalten haben. Es läßt sich daher nicht feststellen, ob das Fragment zu einer Bilderhandschrift gehörte. Das Fragment ist nach seiner Veröffentlichung gestohlen worden. Die Herbergshandschrift des Fragments ist erhalten und hat einen Originaleinband des 15. Jh., der keine Spuren von Restaurierung zeigt. Die Stelle, an der sich das Fragment befand, ist durch ein neuzeitliches Papier beklebt82. Der Entstehungsort des Fragments ist unbekannt, doch scheint die Mischhandschrift im Regensburger oder Nürnberger Raum entstanden zu sein, weil der größte Teil des Inhalts aus diesen beiden Orten stammt83. Der Ort bleibt unsicher. Der Dialekt des Fragments ist bayrisch. Wir bezeichnen das Fragment mit der Sigle Pe. 4. Wolfenbüttler Fragmente Die Fragmente mit der Signatur 404 9 Novi (6) der Herzog-AugustBibliothek in Wolfenbüttel bestehen aus 4 unvollständig erhaltenen Pergamentblättern, die zweispaltig auf vorgezeichneten Linien beschrieben sind84. Die Verse sind abgesetzt, die ungeraden Verse nach links herausgerückt und meist mit Majuskeln versehen. Die Gotische Buchschrift ist sorgfältig geschrieben. Eine rote mit Federstrichen verzierte Initiale ist erhalten. Die Handschrift entstand in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Nach Heinemann sind die Blätter das zweite und dritte Blatt einer Lage und wurden zum Einband eines Buches verwandt. Der vollständige und genaue Abdruck der Fragmente durch Heinemann enthält drei Druckfehler, die zu korrigieren sind. Bl. 2Ra zu Vers 12439—40 liest die Handschrift deutlich fu^ : mu^ statt des abgedruckten fo\ : moz. Auf Blatt 3 Ra V. 12833 gibt die Handschrift deutlich erweit statt des gedruckten 82 83 84

erwerlt.

Der Sachverhalt wurde durch Korrespondenz mit der Bibliothek ermittelt. So zum Beispiel Reichtagsakten usw. vgl. Bartoniek, S. 169ff. O. von Heinemann, „Aus zerschnittenen Wolfenbüttler Hss". ZfdA, 32 (1888) 106—111. Zitiert: Heinemann. Bl. 4Va gibt ein paar Buchstaben mehr her als abgedruckt sind. V. 13038 halt, Hs. . . lt. V. 13046 rät, Hs. ... t, V. 13044//», Hs. sin. An den erhaltenen Textstellen befinden sich in anderen Hss. keine Bilder des Zyklus.

40

Die Überlieferung

Der Dialekt der Fragmente ist noch nicht bestimmt worden, und natürlich nur bedingt bestimmbar, weil der erhaltene Text zu kurz ist. Trotzdem lassen sich einige Beobachtungen machen. Der Schreiber folgt der fränkischen Schreibtradition in der Behandlung von k. Das bayrische ch für k erscheint gar nicht, und im Auslaut wird c geschrieben. Im Inlaut ist wenig belegt, jedoch wechseln k und c, das letztere in Namen (kan,

k r a f t , tac,

mac,

winkeln,

dunket,

Maccabeus).

D a s b a y r i s c h e umbe

er-

scheint Bl. 1 Va als umme, was besonders mitteldeutschen Einfluß zeigt. Der Vokalismus gibt mehr her. Die Diphthongisierung der alten Längen ist nur ausnahmsweise durchgeführt. Die Handschrift schreibt jedoch in der Regel Monophthong für mhd. uo, zum Beispiel fu^, muv^, kun, buch. Dasselbe zeigt sich bei ie, jedoch nicht so häufig (kisen, si). Für eine Lokalisierung ist das regelmäßige u für o in dem Wort komen nützlich. Es erscheint als kumet, kumen, kumen, ebenfalls zweimal vernumen. Mitzka gibt für die Schreibung kumen das Gebiet zwischen Straßburg und Würzburg an86. Für unsere Hs. kommt nur das ostfränkische Gebiet in Frage. Andere Formen weisen in dieselbe Gegend, so Bl. 3 Ra wir sulle86. Auf Bl. 2Vb erscheint ich woste. Das ist eine Form, die besonders in Hessen vorherrschend ist87. Auf die bayrischen Schreibungen, die ab und zu erscheinen, brauchen wir nicht einzugehen, weil sie aus der Vorlage stammen. Aus dem Gesagten läßt sich der Dialekt wohl als ostfränkisch bestimmen, obwohl das Material sehr knapp ist. Wir denken an das Gebiet zwischen Rothenburg, Würzburg und Meinigen im Norden. Wir bezeichnen das Fragment mit der Sigle Wo. 5. Die Watzendorfer Fragmente Dieses Doppelblatt einer Handschrift hat keine Signatur und befindet sich im Ev-.Lutherischen Pfarramt in Watzendorf bei Coburg88. Die Handschrift stammt aus der zweiten Hälfte des 14. Jh. Die Blätter sind zweispaltig in einer Gotischen Buchschrift auf vorgezeichneten Linien mit 31 Zeilen pro Blatt geschrieben. Die geraden Verse sind eingerückt. Blattgröße ist 22 x 22 cm. Da die Blätter zum Einband von Rechnungen zum Jahre 1626 benutzt worden sind, sind sie etwas 85

86 87 88

Herman Paul, Mittelhochdeutsche Grammatik. 18. Auflage herausgegeben vonWalther Mitzka, Tübingen, 1960. S. 156. Zitiert: Mitzka. Mitzka, S. 165. Mitzka, S. 165. Eduard Schroeder, „Bruchstücke eines unbekannten mhd. Reimwerkes aus dem 14.. Jh." ZßA, 77 (1940) 47—54. Zitiert: Schroeder. Nachtrag hierzu: A f d A , 59 (1940) 118. Karl Helm, „Zu den Watzendorfer Thomasin-Fragmenten". PBB, 70 (1948) 303—304. In Anbetracht auf die Entschuldigung Eduard Schroeders und

Die Pergamentfragmente

41

beschnitten. Die überlieferten Textstellen können keine Bilder enthalten haben. Der gesamte Text ist von Eduard Schroeder abgedruckt worden, ohne daß der Text identifiziert werden konnte. Der Abdruck ist im allgemeinen recht genau, doch an einigen verdorbenen Stellen ist die Handschrift anders lesbar89. Der Dialekt der Handschrift ist nach Eduard Schroeder bayrisch, doch lassen sich bestimmte Schreibungen nicht übersehen, die auf das ostfränkische Nachbargebiet des nördlichen Bayern weisen. Es handelt sich um das schon bei Wo besprochene kumen, kumet auf Blatt 2, die Assimilation des b in dem Wort tumber zu tummer, die häufigen Monophthonge statt der bayrischen Diphthonge und die Senkung des t vor Liquiden wie in mrs und werser, die nach Michels (S. 45) wieder hessisch ist. Daraus ergibt sich eine Sprache, die etwa auf das genannte Gebiet weist. Das Fragment enthält eine mit Federstrichen verzierte Kapitale, die ohne die Zierstriche mitzurechnen, über drei Zeilen läuft, und auf jedem Blatt oben in der Mitte ein blaues oder rotes, großes H, was nicht, wie Eduard Schroeder angibt, zur Bezeichnung der Lage dient, sondern zur Bezeichnung des Buches 90 . Wir bezeichnen das Fragment mit der Sigle Wa. 6. Die Erlanger Fragmente Signatur Ms. 1460» und 2047 der Universitätsbibliothek Erlangen enthält 31 und 2 Blätter einer Handschrift des Welschen Gasts, die aus Handschriften der Klosterbibliothek Heilsbronn abgelöst worden sind91. Die Bruchstücke stammen spätestens aus der 2. Hälfte des 14. Jh., Blattgröße ist 31,4 X 24 cm, der beschriebene Raum im Durchschnitt

89

90 91

sein Hinweis auf seine durch hohes Alter zunehmende Vergeßlichkeit, ist der Angriff Karl Helms besonders unschön, vor allem, weil sein Beitrag nichts Wesentliches bringt. Auf der anderen Seite ist Schroeders Anmerkung zu Vers 124 auf Seite 54 ebenfalls merkwürdig, denn dieser Stich gegen Prof. Oelenheinz und „München" hat keine sachliche Basis. Das disputierte Wort pari liest in der Hs. ohne jeden Zweifel vatr, so wie es Oelenheinz auch gelesen hat. E s liegt an der Schreibweise des r und des / in dieser Handschrift, daß diese Verschreibung vorkam. Vielleicht ist der längere Hals des t durch Beschädigung verlorengegangen. Die richtige Konjektur ist natürlich vart. Nach Schroeders Zählung folgende Stellen: Bl. 1, 29, 30, 31, 41, 95, 119, 120,121, 122. Blatt 2, 46, 60, 63, 93, 94. Zu bessern: Bl. I, 48, 59 lies Andronius, Andronien. Bl. I, 60 lies do. Schroeder, S. 47. Diese bisher nicht veröffentlichen Fragmente wurden kurz beschrieben in: Eberhard Lutze, Die Bilderhandschriften der Universitätsbibliothek Erlangen. Erlangen, 1936. Sie werden erwähnt von Stammler, S. 145.

42

Die Überlieferung

24 X 26 cm. Die Blätter sind sorgfältig, zweispaltig, auf vorgezeichneten Linien, mit 26 Zeilen pro Blatt geschrieben. Die Schrift ist eine vertikal betonte, etwas gedrängte Gotische Buchschrift des 14. Jh. Die doppelte Brechung der Schäfte ist bereits sehr prominent, und alle Elemente der Textura sind vorhanden92. Die geraden Verse sind eingerückt, die ungeraden mit Majuskeln versehen und mit einem meist durchgehenden roten Strich rubriziert. Die Initialen und Buchstaben der Hauptabschnitte sind farbig ausgeführt und über mehrere Zeilen gehend. Die Kapitelanfänge sind mit römischen Zahlen markiert, die mit jenen des nur trümmerhaft erhaltenen Inhaltsverzeichnisses in Prosa korrespondieren. Auf der oberen Vorderseite der meisten Blätter befinden sich große rote Buchstaben zur Markierung der Bücher. Wie in anderen Hss. sind diese gezählt A bis I (Fragment endet mit K). Die Lagen der Handschrift sind nicht mehr feststellbar. Eine Lagenbezeichnung ist noch auf Bl. 21V unten erhalten (XIII. Lage) und ein Rest auf Bl. 29 V. Die erhaltenen Blätter enthalten 26 ziemlich grobe, kolorierte Federzeichnungen, die ausnahmslos dem Bilderkreis angehören. Die Bilder stehen im freigelassenen Platz der Spalten und haben einheitlich die Höhe von acht Zeilen. So ist es auch in der Darstellung der Freien Künste. Diese sieben Bilder sind die einzigen, die von zwei farbigen Rahmen umgeben sind (je einmal 3 Bilder und einmal 4). Die Blätter werden gezählt 1 bis 33. Der Text beginnt auf Bl. 1 Ra mit einem schlecht erhaltenen Stück des Inhaltsverzeichnisses Buch A 7 „ere durch shone. und daz shone enwiht ist ane zuht". Die Fragmente enden auf Blatt 33 Vb mit den ebenfalls nur sehr schlecht erhaltenen ersten Versen des 10. Buches. Die Übergangsformel ist erhalten. Der Text endet mit V. 13572 ,,.at ein iglich milter man". Zur Charakterisierung des Textes und seiner Schreibart geben wir hier die ersten zwanzig Verse auf Blatt 8Vb buchstabengetreu wieder, jedoch unter Auflösung der Abkürzungen. Swer dem fewer kumt so nahen der mac wol lihte shaden vahen Ich lere daz man mit guten dingen sol sine vrowen dez betwingen Daz sy an ym stete wäre swer sy versperret sunderbasre93 Der vorsparte sy mit dinste baz nü sag mir waz hilfet daz Ob ich ir lip vorsparte wol wer ir wille niht alz er sol 92

93

Der Unterschied zwischen de und te ist manchmal sehr gering und schwer zu erkennen, weil in der typischen Verbindung dieser beiden Buchstaben der eine Abstrich gespart wird. Die Hs. hat v'sperret.

Die Pergamentfragmente

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Beinsloz behabt den mut der lip an herze ist ein swaches gut Dy sloz fugent grozen haz gut handelünge versleuzet baz Gezoubert und betwungen mynne und gekoufet daz sind unmynne Swer mit zouber umbe gat wisset daz er genotzoget hat Swelche er gewinnet do mite der hat unhübshes mannes site

Die Fragmente stammen aus Einbänden des Klosters Heilsbronn. Es läßt sich jedoch beweisen, daß die Handschrift, aus der die ein2elnen Blätter stammen, ebenfalls aus diesem Kloster kam und dort benutzt wurde. Auf vielen der Blätter befinden sich nämlich in Urkundenschrift Besitzvermerke des Klosters Heilsbronn (so auf Bl. 4R, 5R, 6R, 17 V, 20R, 24R, 29R, 30V und 33R). Der Text dieser Eintragung ist stets etwas verschieden, lautet aber meist: Uber beate marie virginis in hailsbrun (hajlsbrunn, fontis salutis, fontesalute usw.). Diese Eintragungen beweisen, daß die Handschrift in diesem Kloster benutzt worden ist, denn man trägt diese Vermerke nicht dann erst in eine Handschrift ein, wenn sie schließlich zerschnitten wird. Heilsbronn liegt westlich und etwas südlich von Nürnberg im ostfränkischen Gebiet. Zu dieser Gegend passen auch die sprachlichen Formen des Textes, und es ist daher möglich, daß die Handschrift in Heilsbronn selbst entstanden ist. Sicherheit ließe sich nur durch einen Vergleich mit anderen Handschriften aus diesem Kloster erzielen. Der Dialekt, der sich in den Fragmenten zeigt, hat viele bayrische Charakteristiken auf der einen Seite, auf der anderen zeigen sich ostfränkisch-mitteldeutsche Schreibungen. Wir beschränken uns auf einige dieser Merkmale, denn die bayrischen Kenn2eichen lassen sich der Vorlage oder auch der bayrisch-fränkischen Mischlandschaft zuschreiben. Der Schreiber kennt keine ch für k, schreibt gewapent und oft steht sh für sch9i. Das Wort bochvart erscheint als hoffart, biderben als bideren. Vor dem Suffix -halp ist stets ein t eingeschoben (niderthalp, ynnerthalberi). Sit erscheint in der alemannischen Form sint. Der Vokalismus bietet mehr. Der Präfix ver- wird fast immer mit dem Vokal o geschrieben. Daher erscheinen vortreibe, vorsten, vorlorn, vornemen, vorsparte, vorborgen, vorloshen, vorleuset usw. Nach Michels sind dies mitteldeutsche Schreibungen (S. 58). Der Schreiber kennt nur kamen, während im Prät. die md., ofr., bayr. Form kom erscheint (do kom Bl. 32 Ra). Auch Anzeichen der mitteldeutschen Senkung lassen sich bereits erkennen. Auf Bl. 31 Vb heißt es kum der donerslag vil dicke, und ob der doner. Auch der Wandel des mhd. i 94

Nach Victor Michels, Mittelhochdeutsches Elementarbuch. 4. Auflage, Heidelberg 1921. S. 105 ist die .fi Schreibung besonders mitteldeutsch. Wir zitieren dieses Werk im Weiteren als Michels, jedoch unter Seitenangabe.

44

Die Überlieferung

zu e wie er sich in der Ausnahmeschreibung lenken statt linken zeigt, ist eine mitteldeutsche Eigenschaft96. Die nhd. Diphthongisierung ist nur teilweise durchgeführt. Für u steht jedoch immer ou. So zum Beispiel in hou\, ousen, toube. Es ist möglich, daß sich in diesen Schreibungen die schwäbische Diphthongierung ausdrückt. Eine Eigentümlichkeit der Handschrift muß ebenfalls erwähnt werden. Mehrmals erscheint die den anderen Handschriften fremde Abkürzung ~ für kurzes a. Es erscheinen also Schreibungen wie sgbnt für %ehant (17 Vb) oder wr für war (17Va). Wir bezeichnen die Fragmente mit der Sigle Erl. 7. Die Marburger Fragmente Die Bruchstücke einer Pergamenthandschrift in Großquarto, die sich heute unter der Signatur Ms. germ. fol. 757 in der Westdeutschen Bibliothek (ehem. Preuß. Staatsbibliothek) in Marburg an der Lahn befinden, stammen aus dem 14. Jh. Es sind drei Blattstücke mit der Nummer 37, 38 und 45. Die Blätter 37 und 38 dienten scheinbar als Falzstreifen einer Handschrift und bestehen aus zwei Streifen, die je einen vollständigen Streifen des Schriftspiegels enthalten. Der Text ist an verschiedenen Stellen schwer beschädigt und läßt sich nur noch teilweise lesen. Es ist auf Grund der Art der Fragmente kaum ein einziger Vers vollständig erhalten96. Das Blattstück mit der Nummer 45 ist die Ecke eines Blattes. Erhalten ist ein Stück 1 4 , 4 — 8 hoch und 5 , 5 cm breit. Die Größe des Blattes Nr. 37 ist 29,3—5 X 6,9 cm, die von Blatt Nr. 38 ist 29,6 X 6,7 cm. Alle drei Blätter stammen aus einer zweispaltig geschriebenen Handschrift. Die Linien sind vorgezeichnet, stets 26 Zeilen pro Seite. Die Schrift ist eine saubere Gotische Buchschrift des 14. Jh. und stammt von einer Hand. Die Verse sind abgesetzt, die geraden Verse jedoch nicht eingerückt, sondern mit Majuskeln versehen. Dies geschieht auch einige Male bei den ungeraden Versen. Jede Spalte beginnt mit einem etwa 3 Zeilen hohen Zierbuchstaben, der nach oben über den Schriftspiegel herausragt. Andere Kapitalen sind nicht vorhanden. Auf Blatt 45 V befindet sich am Versende eine rote römische Ziffer, die zur Bezeichnung der Kapitelnummer dient und durch die man auf das Vorhandensein des Inhaltsverzeichnisses schließen könnte. 95 96

Moser 1,1, S. 131. Die Fragmente sind weder veröffentlicht noch bibliographisch bekannt geworden. Die Bruchstücke überliefern folgenden Text. Bl. 37 Ra V. 10835—60, 37 Rb V. 10861—86, Bl. 37 Va V. 10887—912, Bl. 37 Vb V. 1 0 9 1 3 ^ 0 . Bl. 38 R nur b Versenden 10861—86, Bl. 38 V nur a, Versanfänge 10887—10940. Bl. 45R nur b, Versanfänge 4829—27, Bl. 45 V nur a, Versenden 4829—43.

Die Tübinger Papierfragmente

45

Bilder konnten an den erhaltenen Stellen nicht überliefert werden. Es läßt sich jedoch wahrscheinlich machen, daß die Bruchstücke aus einer Bilderhandschrift stammen. Das geht aus einer Berechnung des Textes hervor. Da die Handschrift stets 26 Zeilen pro Blatt schreibt und Blatt 45 R die rechte Ecke eines Blattes überliefert, und da der Text Vers 4813—4827 überliefert, sollte die Rückseite des Blattes mit Vers 4839 beginnen, um die Vorderseite zu füllen. Es ist aber nicht so. Blatt 45 V beginnt mit Vers 4829, dem Anfang des 5. Kapitels von Buch IV. Es gab also 11 „Plusverse", oder der Raum dieser Verse diente einem anderen Zweck. Gegen das Vorhandensein von Extraversen sprechen die anderen Hss., da keine ein2Íge hier einen selbständigen Weg geht. Genau an der Stelle überliefern jedoch alle Bilderhandschriften Bild Nr. 83 (Oechelh. Nr. 73). Es ist ein hohes Bild, das in H 12 Zeilen beansprucht. Aus diesen Erwägungen können wir mit ziemlicher Sicherheit darauf schließen, daß die erhaltenen Fragmente einer Bilderhandschrift angehörten. Der Dialekt der Bruchstücke weist mit Sicherheit auf die westliche Hälfte des mitteldeutschen Gebietes. Die Handschrift schreibt stets her für er, das e der Nebensilben ist zu i aufgehöht, z. B. in ubil, obil, selig, nymmir usw. Die Vokallänge wird in versiert durch ee ausgedrückt und einmal durch die charakteristische Schreibung vorstein. Der Präfix vererscheint auch hier stets als vor-. Tumber ist assimiliert zu tummer, sanct zu sant. Die Senkung von i zu e zeigt sich in geschreben. Über die Herkunft der Fragmente ist nichts bekannt. Es ist nur sicher, daß sie aus der Bibliothek Hoffmanns von Fallerslebens in den Besitz der Preußischen Staatsbibliothek gekommen sind, denn auf Bl. 37 V befindet sich ein Stempel: ExBibliotheca Hoffmanni Fallerslebens. Wir bezeichnen die Bruchstücke mit der Sigle Ma.

C. Die Tübinger

Papierfragmente

Ms. germ. fol. 718, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Tübinger Depot der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek enthält Fragmente einer Papierhandschrift des Welschen Gasts97. Es sind die einzigen 97

Die Fragmente sind der Forschung bisher unbekannt geblieben, und auch sonst bibliograhpisch nicht erwähnt worden. Es ist möglich, daß Hoffmann von Fallersleben die Fragmente mit den als Ma bezeichneten gefunden hat. Räumlich besteht eine Gemeinsamkeit zwischen ihnen. Es ist mir bisher nicht gelungen, in Hoffmanns Werken einen Hinweis auf die Fragmente zu finden, auch das Hoffmann von Fallersleben Archiv konnte keinen Rat geben.

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Die Überlieferung

Papierfragmente dieses Werkes und älter als die vollständigeren Papierhandschriften. Die Bruchstücke befinden sich teilweise in einem üblen Zustand und sind oft bis zur Unleserlichkeit verschmutzt. Es handelt sich um etwa 99 zerschnittene Blattstücke und ein Blatt, die zu 36 „Blättern" vereinigt worden sind. Davonist das 1. Blatt leer und die anderen beiderseitig beschrieben. Die zu Blättern vereinigten Stücke sind gezählt 1 bis 36. Die Handschrift entstand wahrscheinlich zwischen 1370 und 1380, was sich mit Vorsicht aus dem Wasserzeichen des Papiers entnehmen läßt, wozu jedoch auch Schrift und Sprache passen. Das Papier hat einen Löwen, der mit Briquet Nr. 10489 identisch ist98 (Bruxelles 1372, var. sim. Malines 1378, Met^ 1379—89). Die Blattgröße ist 40,5 X 28,5 cm, der beschriebene Raum 34 X 20 cm im Durchschnitt. Die Handschrift ist zweispaltig auf stets vorgezeichneten Linien von einer Hand geschrieben. Die Linien des Schriftspiegels und die Löcher des zum Abmessen benutzten Stechzirkels sind noch vorhanden. Die Handschrift hat regelmäßig 50 Zeilen pro Spalte. Die Verse sind abgesetzt, der jeweils erste Buchstabe der ungeraden Verse mit Majuskeln versehen und abgerückt. Die geraden Verse sind nach rechts eingerückt. Die Schrift ist eine gedrängte Gotische Buchschrift, die bereits den Übergang zur Bastarda zeigt. Die Buchanfänge und Kapitel sind mit sehr einfachen roten Majuskeln ausgezeichnet, die über zwei Textzeilen gehen. Anderer Schmuck fehlt. Die Lagen der Handschrift lassen sich nicht mehr feststellen. Die Handschrift ist entweder die Abschrift einer Bilderhandschrift oder war als solche bestimmt. An jeder Stelle, an der sich im Bilderkreis ein Bild befindet, läßt der Schreiber den Raum von 4—5 Versen frei und beginnt mit einer Majuskel, die über zwei Zeilen geht. Das entspricht dem Brauch vieler Handschriften, und wir können aus diesem Befund schließen, daß die Handschrift als Bilderhandschrift geplant war. Zwölf Bildstellen sind erhalten und auf diese Weise dementsprechend behandeltSo auf Bl. 7Va, 9Vb, 11 Rv, 11 Vb, 12Ra, 12Ra, 12Vb, 14Rb, 15Ra, 24 Vb, 30 Va, 34 Ra. Der Text der erhaltenen Stücke beginnt auf Bl. 2Ra mit Vers 5494 Sich sal nicht keren aldor an / wen ivi her kumt hin c^ugot. Der Text endet auf Bl. 36 Vb mit V. 13370, 71 Das; her nicht c%u harte varn / von erste mit siner drou. Zur Charakterisierung der Schreibweise geben wir zwanzig Verse von Bl. 43 Va buchstabengetreu, doch unter Auflösung der Abkürzungen wieder. Bei Rückert sind diese Verse 12881 bis 12901. 98

Moise Briquet, Les Filigranes. der Nummer.

Genf, 1 9 0 7 , 4 Bde. Zitiert: Briquet und unter Angabe

Die Tübinger Papierfragmente

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Ein herre alsam tun sol mak her nicht betwingen wol Sine lute und sin lant her sal sich heben alczu hant Hin czu gote mit dem mute mit gebete und mit gute Daz her im helfe czu rechte wol und czu tune was her tun sol Wen her daz hot getan her sal sich nider lan Hin czu den werken czu hant und sal rechte richten sin lant Her sal dorumme nicht vorczagen waz man im möge gesagen Wen des sal werden gut rat ab her di vromekeit hat Daz hers tar an werden wol her vol bringit was her sol Gotis vorchte kumt von mynne wer im vichtit der hot gewynne.

Der Dialekt der Handschrift ist wie der von Ma mitteldeutsch. Im Konsonantismus zeigen sich einige unverschobene inlautende p. Allerdings nur in dem Lehnwort 14Rb coppir und in gewapent ( 2 x ) und wappnen sich (alle auf Bl. 11 Va). Es erscheinen ebenfalls sk neben der sch Schreibung. Die Handschrift kennt keine ch für k, das fast ausschließlich in allen Positionen erscheint. Assimilationen sind häufig (z. B. tummer für tumber usw.). Auch in dieser Handschrift gibt es zwar selten die schon erwähnte Abkürzung für a Der Vokalismus der Handschrift bietet mehr. Außer den fast regelmäßigen sal, das nur im Reim als sol erscheint, und dem völlig regelmäßigen her für oberdeutsches er, sind das o in der Vorsilbe ver und die Erhöhung des e in Nebensilben zu i die auffälligsten Erscheinungen. Es stehen also immer vorborgen, vorsten, vorkeret, sowie Formen wie obil, gelouhit oder libir. Das i der Hauptsilben ist jedoch häufig gesenkt, hemil, mete, seten oder brengen für mhd. himel, mite, siten und bringen. Mitteldeutsche Senkung zeigt sich wiederum in den folgenden Schreibungen. konig, konige, sonne, tompheit, kondekeit, obil. Das Wort konig und seine Formen sind mehrmals belebt. Für die oberdeutschen Diphthonge stehen meist die mitteldeutschen Monophthonge. Das kurze a ist zu o gesenkt. Ausnahmeschreibung sind hemeliche für heimliche und beschedenheit für bescheidenheit. In den zitierten Versen erscheint die Schreibung lute für mhd. liute. Das ist nach Mitzka (S. 29) moselfränkisch, hessisch, nordthüringisch oder meißnisch. Das Moselfränkische fällt sofort aus, das Meißnische ist 89

Vgl. S. 47 zu Erl.

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Die Überlieferung

unwahrscheinlich. Es bleiben das Nordthüringische und das Hessische, wovon das Letztere die größte Wahrscheinlichkeit hat, da der Vokalismus der Handschrift wie auch der Konsonantismus am besten zu diesem nördlichen fränkisch-thüringischen Gebiet paßt. Mit Vorsicht läßt sich also dieses Gebiet für den Entstehungsort der Handschrift in Anspruch nehmen. Über die Herkunft der Fragmente ist lediglich bekannt, daß sie einst im Besitz von Hoffmanns von Fallersleben waren, da sich auf einigen Blättern der schon unter Ma erwähnte Stempel Ex Bibliotheca Hoffmanni Fallerslebens befindet. Wir bezeichnen die Handschrift mit der Sigle Tü.

D. Die

Papierhandscbriften

Es sind bis zum heutigen Tage acht Papierhandschriften verschiedenen Vollständigkeitsgrades bekannt geworden. Alle diese Handschriften sind im 15. Jh. entstanden, und wie schon bemerkt, enthält auch keine dieser Handschriften den vollständigen Text des Gedichts. Mit Ausnahme der Dresdener Handschrift enthalten alle die Inhaltsangabe in Prosa, und alle sind entweder ausgeführte Bilderhandschriften oder als solche angelegt und unvollendet, oder es läßt sich beweisen, daß die existierende Handschrift Abschrift einer Bilderhandschrift ist. Für die Heidelberger Hs. Cod. pal. germ. 338 kann der Beweis mit völliger Sicherheit geliefert werden, für die Münchener Hs. Cod. germ. mon. 340 ist er etwas schwerer zu erbringen und ergibt sich aus dem engen Verwandtschaftsgrad mit der Karlsruher Handschrift, mit der sie die Vorlage teilt, und für die man eine Bilderhandschrift ansetzen muß, wie sich später zeigen wird. Wir behandeln in diesem Kapitel nur die Papierhandschriften, die vor dem Jahre 1500 entstanden sind, weil sie Zeugen der ursprünglichen Überlieferung sind und nicht spätere Abschriften von erhaltenen Handschriften. 1. Die Ulmer Handschrift Cod. germ. 571 der Bayrischen Staatsbibliothek in München befand sich früher in der Stadtbibliothek Ulm und hat 107 Blätter Papier, die 1 bis 107 gezählt sind100. Vorn und hinten ist je ein altes Vorsatzblatt 100

Rückert, S. 420, Oechelhäuser, S. 11 ff. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Erich Petzet.

Die Papierhandschriften

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zugebunden. Das hintere ist mitgezählt, doch leer, das vordere ist nicht mitgezählt und war früher gegen den Vorderdeckel festgeklebt. Frühere Besitzer der Handschrift haben sich hier eingetragen und ihre Bemerkungen gemacht. Von oben nach unten steht: Johannes Hieronimus [PJruchius, darunter von Neystatt an der Harth, darunter Caspar Appenzeller von Leiningen, darunter dem ist das Buch, darunter Anno 1633, darunter Christoffel Andreas von eisenen. Soldat und . . . Es folgen dann die folgenden Verse: Retig und Rubn, Huren undt buben: Prettin undt / gebranntrwein Solln Allezeit beysammen sein. Von derselben Hand erscheint etwtas tiefer: Ein weib das% gar nicht ist fillen: Mit Venusspiehl / Nah ihrem willen, Das ist gleich wie des% Mehresgrunt / Das^ auch kein Menscherfillen kunt. Der Text der Handschrift ist von einer Hand, zweispaltig in abgesetzten Versen, 37—39 Zeilen pro Blatt, jedoch ohne vorgezeichnete Linien geschrieben. Die geraden Verse sind nicht eingerückt, jedoch sind alle Verse mit Majuskeln versehen und rot durchstrichen. Die Übergangsformeln zu den einzelnen Büchern, Kapitel- und Buchanfangsinitialen sind ebenfalls in roter Tinte ausgeführt. Die Schrift ist eine fast kursive Bastarda. Blattgröße ist 31,3 X 21,3 cm, der beschriebene Raum 23,5 X 15 cm im Durchschnitt. Die Handschrift entstand in der 1. Hälfte des 15. Jh. Oechelhäuser hält es für möglich, daß das auf dem Schriftzettel von Bild 35 (Oechelhäuser Nr.) angegebene Datum 1408 das Entstehungsjahr der Handschrift ist 101 . Das Wasserzeichen des Papiers (Briquet Nr. 15878) stimmt mit dieser Datierung nicht überein, denn alle angegebenen Daten sind etwas später als das Jahr 1408. Die Lagen der Handschrift bestehen aus 4 Sexternionen, einer Septernio, die wiederum von 3 Sexternionen gefolgt werden. Von der ersten Lage fehlen zwei Blätter (nach Bl. 2 und 6), und von der letzten Lage fehlt dsa letzte Blatt mit dem Ende des Gedichts. Die Lagen werden durch Kustoden jeweils auf der ersten Vorderseite unten in der Mitte bezeichnet. Von der ersten und fünften Lage fehlt der hierfür benutzte Buchstabe von der Hand des Schreibers (b, c, d, f, g, h, j). Der Schreiber setzt Reklamanten auf die letzte Seite einer Lage. Diese sind erhalten auf Bl. 9 V, 21V, 33 V, 45 V, 59 V, 72 V, 83 V und 95 V. Die Lagenanfänge sind Bl. 10R, 22R, 34R, 46R, 60R, 72R, 84R und 96R. Die Handschrift enthält 110 Bilder des Bilderkreises und keine Extrabilder. Es sind leicht kolorierte Federzeichnungen, die immer im dafür freigelassenen Raum der Textspalten stehen, die sich jedoch auch in den Raum des Randfeldes ausdehnen. Der Einband der Handschrift ist ein alter Renaissance-Ledereinband, der Anfang dieses Jahrhunderts renoviert worden ist. Über die Herkunft der Handschrift und ihre Geschichte ist nichts bekannt. 101

Oechelhäuser, S. 11.

4 von Kries

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Die Überlieferung

Der Dialekt der Handschrift ist schwäbisch und gehört nicht, wie Oechelhäuser (S. 11) es angibt, „dem östlichen Theile des mittleren Deutschlands an." Auch in dieser Handschrift zeigen sich viele bayrische Merkmale, die natürlich auch hier aus der Vorlage stammen können oder auf das Gebiet des bayrisch-schwäbischen Grenzraums deuten. Der Schreiber kennt keine cb für k, stammt aus dem kumen, kumpt Gebiet, vermeidet die nhd. Diphthonge, schreibt jedoch die typisch schwäbischen Diphthonge, sowie die Einheitsform im Plural der Verbalkonjugationen und benutzt häufig die besonders in alemannischen Handschriften gebrauchten Abkürzungen für da^ und für wa^ (vgl. Mitzka, S. 26). Der Text der Handschriftbeginntauf Bl. 1 Ra mit dem Inhalts Verzeichnis inProsa: Wer die materie wissen wilwä von diß buch sage.. .Die Handschrift endet auf Bl. 106 Vb mit V. 15735: Es welle unser herre got. Zur Charakterisierung der Schreibgewohnheit geben wir die ersten zwanzig Verse des 9. Buchs buchstabengetreu unter Auflösung der Abkürzungen wieder. Bl. 91 Vb

Bl. 92 Ra

La maven es ist nun zyt Spricht min feder wer nit gyt Sinem aigen knechte Rouwe der tuot unrechte So haun ich dir daz ist war Gedient disen winter gar Daz du mich nit liest belyben Ich müsse tag und nacht schryben Du haust verschlissen minen muot Wann du mich me wann zechen stuot Zuo dem tag pflegde tempern und schnyden Wie mocht ich daz solang erlyden Du schnydest mich groß und klain Und haust gemachet mich gemain Zuo schryben. von herren und von knechte Duo tuost mir gar unrechte Da du pflegde gueter sitte Da volget ich dir gerne mitte Da du mir rittern und mit frowen Pflegde bühurt und tentze schowen

Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle U. 2. Die Wolfenbüttler Handschrift Ms. 37.19 Aug. 2°. der Herzog August Bibliothek zu Wolfenbüttel ist eine Handschrift, die aus der 1. Hälfte des 15. Jh. stammt und 106 Bll. Papier enthält102. Die Handschrift ist modern gezählt 1 bis 106. 102

O. von Heinemann, Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel. Wolfenbüttel, 1884—1913. 9 Bde. Bd. 3, S. 146. Rückert, S. 420, Oechelhäuser, S. 13—14. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch H. Herbst.

Die Papierhandschriften

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Das eigentliche Blatt 10 ist durch falsches Binden jetzt Blatt 105. Das Papier hat ein Wasserzeichen, welches Briquet Nr. 15236 ähnlich ist. Blattgröße ist 30,9 x 22 cm, der beschriebene Raum 21,5 x 16—18 cm im Durchschnitt. Die Handschrift ist zweispaltig ohne sichtbare Linien, in abgesetzten Versen von einer Hand in einer fast kursiven Bastarda geschrieben. Die geraden Verse sind nicht eingerückt, jedoch beginnt jeder Vers mit Majuskeln, die rot durchstrichen sind. Die Lagen der Handschrift bestehen aus 8 Sexternionen und einer Quinternio. Lagenanfänge sind Bl. 1, 13, 25, 37, 49, 61, 73, 85, 97. Die Lagenbezeichnung befindet sich auf dem ersten Blatt der Lage und besteht aus römischen Zahlen von der Hand des Schreibers. Diese sind nur teilweise erhalten. Auf jeweils der letzten Seite einer Lage befinden sich Reklamanten. Die Handschrift enthält 119 Bilder des Bilderkreises und keine Extrabilder. Auch hier sind es leicht kolorierte Federzeichnungen, die im freigelassenen Raum der Spalten, manchmal unter Einbezug des Randfeldes oder ganzseitig stehen. Der Einband der Handschrift besteht aus einst rotem Leder über Holzdeckeln. Die Innendeckel sind mit zwei Holzschnitten beklebt und um diese befinden sich Streifen mit den Wappen von Ländern und von Adelsgeschlechtern. Der vordere Holzschnitt ist koloriert und stellt den Heiligen Hieronymus dar. Die folgenden Geschlechternamen erscheinen auf dem Randstreifen. Marquardt von Stayn, Andreas Fuchs Dechtendorf\ Wipertus von Seckendorff, Petrus von Aufseß, Wigandus von RedwitWolframus von RedwitAuf dem Hinterdeckel ist der bekannte Holzschnitt H. Scheuffelins Christus am ölberge' eingeklebt. Am oberen Rande befindet sich ein schmaler Holzschnittstreifen mit dem thronenden Kaiser und den stehenden Kurfürsten. Auf den Längsstreifen stehen die Wappen und Namen folgender Personen: Georgius von Bibra, Eraßmus von Wolf stayn, Mauricius von Bibra, Christoferus von Seckendorf, fakobus Fuchs, Sebastianus von Seckendorff, Daniel von RedwitSebastianus von Kinkperg, Willibaldus von Redwit Georgius von Eglofstayn und Schenk von Limburg. Es werden also vier von Redwit% und drei von Seckendorff genannt, und die meisten Geschlechter sind bayrisch. Über die Entstehung und frühere Geschichte der Handschrift ist nur bekannt, daß sie von Herzog August dem Jüngeren für 14 Thaler irgendwo erstanden worden ist. Der Text der Inhaltsangabe beginnt auf Bl. 1 Ra mit: Wer die materie wissen wil . . . und das Ende des ganzen Gedichts befindet sich auf Bl. 104 Vb. Der letzte Vers lautet: Vatter sun, hailiger gaist amen. Wir geben die ersten 20 Verse des 9. Buches buchstabengetreu unter Auflösung der Abkürzungen wieder. 4*

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Die Überlieferung Bl. 90 Vb

La. mich ruowen es ist nu zyt Spricht min feder wer nit gyt Sinen aigen knechte Ruowe der tuot unrechte So hon ich dir das ist war Gedient disen winter gar Das du mich nit liest beliben Ich muosse tag und nacht schriben D u haust verschlissen minen muot Wan du mich me wann zehen stuot Zuo dem tag pflegte tempern und schniden D u schnidest mich groß und klaine Und haust gemachet mich gemein Zuo schriben von herren und von knechte Du tuost mir gar unrechte D o du pflegde guoter sitte D o volget ich dir gern mitte D o du mit rittern und mit frowen Pflegte buohurt und tentze schowen

Der Dialekt der Handschrift ist schwäbisch. Oechelhäuser kam durch vergleichende Betrachtungen der Bilder zu dem Ergebnis, daß die Handschrift eine Abschrift der Hs. U sei 103 . Der Lautstand und die Schreibgewohnheiten der Handschrift W stehen im engsten Verhältnis zu U. Auch hier erscheinen alle schwäbischen Charakteristiken wie in U, und häufig benutzt der Schreiber an genau derselben Stelle dieselben Abkürzungen oder zeigt dieselben Schreibfehler. Man vergleiche z. B. das Reimwort von Vers 9 und 10 in den abgedruckten zwanzig Versen. Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle W. 3. Cod. pal. germ. 320 Diese Handschrift der Universitätsbibliothek Heidelberg aus der 2. Hälfte des 15. Jh. hat 102 modern gezählte Blätter, sowie vorne zwei und hinten drei leere Vorsatzblätter104. Das Wasserzeichen auf dem vorderen Vorsatzblatt, einer Linie im Kreis mit Krone, ist nicht im Briquet. Das auf dem hinteren Vorsatzblatt Briquet Nr. 10542 ähnlich. Im Papier des Textes erscheinen Wasserzeichen, die mit Briquet Nr. 6600 identisch scheinen und auf das Datum 1480 weisen. Die Blattgröße ist 39,3 X 28,4 cm, der beschriebene Raum etwa 28—29 x 19 cm. Die Handschrift ist von einer sauberen Hand, zweispaltig auf vorgezeichneten Linien, meist mit 42 Zeilen pro Blatt in abgesetzten Versen geschrieben. Die geraden Verse sind nicht eingerückt, jedoch sind alle Verse mit Majuskeln versehen. Die Schrift ist eine Bastarda. Die Über103 104

Oechelhäuser, S. 14. Wegner, S. 65, Rückert, S. 420, Oechelhäuser, S. 13. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Günther Jungbluth.

Die Papierhandschriften

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gangsformeln, Überschrift und Initialen sind in roter Tinte ausgeführt, wie auch die Zahlen zur Kapitelbezeichnung am Rand erscheinende Alinea. Die Lagen der Handschrift bestehen aus vier Sexternionen, einer Quinternio, drei weiteren Sexternionen und einer Quinternio, von der die letzten beiden Blätter entfernt worden sind. Lagenanfänge sind Bl. 1, 13, 25, 37, 49, 59, 71, 83 und 95. Die Lagenbezeichnung befindet sich stets auf dem ersten Blatt einer Lage und besteht aus lateinischen Ordnungszahlen. Auf dem letzten Blatt einer jeden Lage befanden sich Reklamanten, die jedoch nur teilweise erhalten sind. Der Einband ist aus altem Schweinsleder und hat drei Bünde. Über dem ersten befindet sich die Nummer 320 und zwischen dem ersten und zweiten: Poe: / Virtut-. / Vitior: / pictis / ornam / Figur:. Unter dem dritten Bund steht das Bibliothekszeichen Pal. Germ. 320. Der Entstehungsort der Handschrift ist unbekannt, sie stammt jedoch vermutlich aus dem Besitze Margaretes von Savoyen. Der Text der prosaischen Inhaltsübersichtbeginnt auf Bl. 1 Ra mit Wer die materie wissentvil..., und der Text des Gedichts schließt auf Bl. 101 Va mit Vatter, Sun heiligergeist amen. Der Dialekt der Handschrift ist schwäbisch, was sich in dieser Handschrift noch stärker zeigt als in U und W. Auch hier gilt das unter U Gesagte. Die alemannischen Abkürzungen d^ und w^ sind häufig, ebenfalls der Einheitsplural in der Konjugation von Verben in der Gegenwart, sowie die schwäbischen Diphthonge. Die neuhochdeutsche Diphthongisierung ist nicht durchgeführt. Zur Charakterisierung der Schreibgewohnheit geben wir die ersten 20 Verse des 9. Buches buchstabengetreu unter Auflösung der Abkürzungen bis auf wieder. Bl. 87 Rb

La mich rüwen eß ist nü zyt Spricht min feder wer nit git Sinem eigen knechte Rüwe der tuot unrechte So haun ich dir das ist waur Gedienet disen winter gar Dz du mich nit ließt beliben Ich muße tag und nacht schriben Du hast verschlissen minen munt Wann du mich me wann zehen stunt Zu dem tag pflegde tempern und schnyden Wie mocht ich dz so lang erlyden Du schnydest mich groß und klein Und hast gemachet mich gemein Zu schriben von herren und von knechten Du tüst mir gar unrechte Dz du pflegde gütter syttc Da volget ich dir gern mitte Da du mit ryttern und mit frouwen Pflegde bühuort und tentze schouwen

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Die Uberlieferung

Die Handschrift enthält 118 kolorierte Federzeichnungen, die immer im dafür freigelassenen Raum der Spalten stehen, sich manchmal in das Randfeld ausdehnen und zweimal die ganze Seite in Anspruch nehmen. (Bei den Einleitungs- und Schlußbildern.) Der Zeichner setzt keine eigenen Bilder hinzu, übersieht jedoch einmal ein Bild und läßt den dafür bestimmten Platz frei (Bl. 90 Vb). Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle a. 4. Cod. pal. germ. 338 Eine weitere Handschrift der Universitätsbibliothek Heidelberg, 288 Bll. Papier mit drei Wasserzeichen (BriquetNr. 601,2425 und 12116). Alle Daten weisen auf das erste Drittel des 15. Jh., wozu auch die Schrift der Handschrift paßt 108 . Die Handschrift ist gezählt 1 bis 280, wo der Text abbricht, da das letzte Blatt fehlt. Die ungezählten Vorsatzblätter sind bis auf Bibliotheksangaben leer. Blattgröße ist 29 X 20 cm, die Größe des beschriebenen Raums etwa 20 X 10 cm. Die Handschrift ist einspaltig im vorgezeichneten Schriftspiegel, jedoch ohne vorgezeichnete Linien mit 25—29 Zeilen pro Seite in einer kursiven Bastarda geschrieben. Die Schrift ist sauber, und der Schreiber beginnt eine neue Seite häufig mit einem Zierbuchstaben, der nach oben über den Schriftspiegel hinausragt. Die Buchanfänge sind mit großen farbigen Initialen versehen (rot, grün und violett), die anderen Einschnitte, Absätze und Übergangsformeln, sowie die Nummern der einzelnen Kapitel sind in rot ausgeführt. Kleinere Absätze werden mit Vorliebe durch ein rotes Kapitalzeichen am Rande gekennzeichnet, die jedoch häufig übersehen worden sind. Die Verse sind abgesetzt, jedoch nicht gegeneinander eingerückt und beginnen stets mit Majuskeln. Die Lagen der Handschrift bestehen aus einem Quarternio, gefolgt von 12 Sexternionen, einem Quinternio, einem Sexternio, einem Septernio, fünf Sexternionen, einem Quinternio und einem weiteren Sexternio. Die Lagen beginnen mit Blatt 1R, 20 R, 32 R, 44 R, 56 R, 68 R, 80R, 92R, 104R, 116R, 128R, 140R, 152R, 162R, 174R, 188R, 200R, 212R, 224R, 236R, 248R, 258R und 270R. Die Lagen werden immer auf der letzten Seite einer Lage durch Reklamanten bezeichnet, die meist erhalten sind. Der Einband der Handschrift ist ein alter Schweinsledereinband mit vier Bünden. Über dem ersten steht die Zahl 338, zwischen dem ersten 105

Rückert, S. 420—21, Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Ludwig Schneider. Die Handschrift enthält eine zerschnittene Handschrift als Bindefalz. Leider ist jedoch der Text nicht lesbar, da zu wenig sichtbar ist.

Die Papierhandschriften

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und zweiten: Pöema de virtutibus / et Vitys, unter dem vierten Bund ein Schild mit der Bibliotheksbezeichnung Pal. Germ. 338. Über den Entstehungsort der Handschrift und ihre frühere Geschichte ist nichts bekannt. Sie ging, wie alle anderen Heidelberger Handschriften des Welschen Gasts 1623 nach Rom und kehrte 1866 nach Heidelberg zurück. Der Dialekt der Handschrift ist niederalemannisch und zu den bereits zu U, W, a erwähnten alemannischen Charakteristiken, die sich auch hier finden, kommen weitere. Im Konsonantismus sind es die Wiedergabe von germ. d als d, die häufige Metathese von r wie in dirte, griskeit, prishunde und die ebenfalls häufige Einfügung von Hiatuskonsonanten. Als Beispiele seien erwähnt Zweiger, figentschafft, schrigent, tugen. Schreinungen wir freischlich oder höschlichen deuten bereits den phonetische Wert des s in dieser Position an. Im Vokalismus der Handschrift ist besonders die Senkung a zu o und von u zu o erwähnenswert. Neben den Schreibungen o für a erscheinen jedoch auch a. Das häufigere mosse steht also neben unmässe. Die Senkung des u zu o zeigt sich in dem Wort der donrn slag, der schalag des de^ donres usw. Das alem. har für her erscheint vereinzelt. Der Text der Handschrift beginnt mit der Inhaltsangabe auf Bl. 1R Der die materie wissen wil. . . und endet auf Bl. 280V mit V. 14732 Er enmag kein stunde. Wir geben die ersten 20 Verse von Buch 9 buchstabengetreu wieder. Bl. 239 V

Z-a mich ruowen sin ist nuo zit Sprichet min wer nüt engit106 Sinem eignen knechte Ruowe der duot unrechte So han ich dir daz ist wor Gedienet disen winter gar Daz du mich mit Hesse beliben Ich enmuosse tag und nacht schriben Du hast verslissen minen muot

Wie möcht ich das so lang erliden Du snidest mich nuo groß und dein Und hast gemachet mich gemein Zuo schriben von herren und von knechten Du duost mir unrechte Do du pflege guoter sitte Do volget ich dir gern mitte Do du mit rittern und mit frowen Pflege bühtirt und danczen schowen. 108

Die Schreibung nüt für das zu erwartende nit zeigt wohl das Bemühen des Schreibers dem Laut des Vokals gerecht zu werden und deutet wohl auf die Aussprache /nüt/.

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Die Überlieferung

Die Handschrift enthält keine Bilder und ist von Oechelhäuser daher nicht benutzt worden. Gerade diese Handschrift liefert jedoch den untrüglichen Beweis, daß sie eine Bilderhandschrift zur Vorlage hatte. Dies geht daraus hervor, daß der Schreiber seinen Text abschrieb, bis er zu einer Bildstelle kam. Er beabsichtigte nicht, die Bilder zu kopieren, glaubte jedoch, die Bilder nicht unerwähnt lassen zu können. Er faßte daher den Sinn der Darstellung in einem oder mehreren kurzen Sätzen zusammen und setzte diese genau an der Bildstelle unauffällig zwischen die Reime, obwohl der Schriftduktus leicht verändert wurde. Diese Sätze erscheinen am Anfang der Handschrift mit größerer Konsequenz als am Ende, wo der Schreiber Bilder übersieht. Da die Bildstellen immer mit denen der Bilderhandschriften übereinstimmen, steht es außer Zweifel, daß die Vorlage der Handschrift eine Bilderhandschrift war. Der Schreiber gibt insgesamt 65 Bilder an. Es geht aus diesen Angaben ebenfalls hervor, daß diese Mutterhandschrift die Einleitungsbilder hatte, die in A fehlen. Wir zitieren einige dieser Bildangaben, die meistens mit dis seit anfangen, was also bedeuten soll: Dieses Bild stellt dar . . . Es erscheint zum Beispiel für Bild 1 auf Bl. 19 V Dis seit von bosheit und von bSswichten. Die Einleitungsbilder 3—8 werden auf Bl. 20 V so zusammengefaßt: Von tugent masse und stetikeit / und von unmuosse und muosse., Bild 77 auf Bl. 97 V Dis seit von den mannen die den / frowen muossent underton sin. Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle c. 5. Die Karlsruher Handschrift Die Handschrift St. Peter Pap. 25 der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe enthält neben dem Welschen Gast die deutsche Ubersetzung des Lumen animae durch den Tiroler Pfarrer Ulrich Putsch107. Diese Übersetzung wurde im Jahre 1426 vorgenommen. Wir beschreiben lediglich das für den Welschen Gast wesentliche der Handschrift, die aus 223 modern gezählten Blättern besteht und zweispaltig im vorgezeichneten Schriftspiegel, jedoch ohne vorgezeichnete Linien von drei Händen geschrieben ist. Die Größe der Blätter ist 30,2—6 X 20,7—21 cm, der beschriebene Raum bis Bl. 60 21,7 X 16,5—17,2 cm, von Blatt 61 an 21,5 X 14—15 cm. Das Papier enthält 4 Wasserzeichen, die sich sehr ähnlich sind und einen Negerkopf darstellen. Wasserzeichen 1 und 2 sind ähnlich Briquet Nr. 15618 und 15622, Verona 1425—26, Wasserzeichen 107

Oechelhäuser, S. 1 und 73 Anm. 1. Julius Mayer, Geschichte der Benedictinerabtei St. Peter auf dem Schaar^wald. Freiburg, 1893. E. Ettlinger, „Die Geschichte der Bibliothek von St. Peter". Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, 15 (1900) 626 und 627. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Werner Fechter.

Die Papierhandschriften

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3 erscheint mit Briquet Nr. 15616, Vicenca 1456, identisch zu sein und Wasserzeichen 4 mit Briquet Nr. 15623, Verona 1428. Die beiden letzten Wasserzeichen erscheinen nur in der neunten Lage, die anderen regellos in den anderen Lagen. Die Verse sind stets abgesetzt, jedoch nicht eingerückt. Die Handschrift ist in Bastarda geschrieben. Der erste Schreiber schreibt vom Anfang bis Bl. 55Rb, jeweils 30—33 Zeilen pro Blatt, der zweite Schreiber schreibt von 55Rb—196Vb, 198Ra—217Rb, zu je 31—43 Zeilen, sowie die Verbesserungen im Text des ersten Schreibers. Der dritte Schreiber schreibt alle roten Überschriften und einen Nachtrag zum Licht der Seele auf Blatt 197, welches dafür extra eingefügt worden ist. Die großen Buchstaben jedes Verses sind rot durchstrichen, die Kapitel- und Buchanfangsinitialen sind jedoch nicht ausgeführt. Die Buchstaben sind oft klein angemerkt. Die Handschrift ist eine unvollendete Bilderhandschrift und hat an den Bildstellen Raum für die geplanten Bilder gelassen. Raum für zwei Extrabilder ist freigelassen. Die Handschrift besteht aus 17 Sexternionen, einem Quinternio und einem Blatt und einem Quarternio. Die Lagen beginnen auf Bl. 1,13, 25, 37,49, 61,73, 85, 97,109,121,133,145,157,169,181,193,204 und 216. Die ersten 11 Lagen enthalten den Welschen Gast. Die Lagenbezeichnung befindet sich hier immer auf dem ersten Blat der Lage und besteht aus roten arabischen Zahlen in der Mitte des Blattes. Die folgenden Lagen des Lichts der Seele werden durch abgekürzte lateinische Orndungszahlen bezeichnet, die immer rechts stehen. Daraus geht hervor, daß die Handschrift aus zwei zusammengebundenen Handschriften besteht. Der Einband besteht aus abgeschrägten starken Holzdeckeln, die mit Leder bezogen sind. Drei von vier Metallbuckeln sind erhalten, die Schließbänder verloren. Zur Verstärkung der Nähte sind Streifen einer Pergamenturkunde benutzt worden. Rüpel der Pogenwirt von St. Laurenczen im Pustertal bei Bruneck verkauft landwirtschaftlichen Besitz, darunter Lehen des Grafen Heinrich von Götz und Tirol. Zeugen sind alle drei Bürger zu Brauneckg (Bruneck) Den edlen und vesten Heinrich von liechtenstain bat man um sein Siegel. Das gegebene Datum ist: an Sand Mathias tag Nach Christi gepurd vier^ehnhundert darnach in dem drew und dreyssigisten Jare. Weitere Namen und Textstücke sind nur schwer zu entziffern. Im Vorderdeckel steht in einer großen Schrift: Emit. Reveredissimus ac Amplissimus / D. D. Philippus Jacobus Monasterii S. Petri / in Silva nigra Abbas. A° 1763. Der Dialekt der Handschrift ist südbayrisch und es ist durch die Urkunde des Einbands wahrscheinlich, daß die Handschrift in der Gegend von Bruneck in Südtirol entstanden ist. Später befand sich die Hs. im Besitz des Abtes Philipp Jakob Steyrers und verblieb bis zur

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Die Überlieferung

Säkularisierung im Kloser St. Peter im Schwarzwald und kam dann in die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe, wo sich die Handschrift heute noch befindet. Am 10. Juli 1763 schreibt der Abt Philipp Jakob in einem Brief: Indessen hab ich abermahl unsere Bibliothec einige raren editionibus und MSS vermehreret. Unter anderem seynd des V. Eschenbach Heldengedicht (Titurel) in fol schön auf pergament geschrieben wie die gedieht Thomasin von Zirklaere von Friaul, welche meines Wissens noch niemahl in Druck gekommen und unter den Gelehrten unbekannt seynd108. Der Text des Welschen Gasts beginnt auf Bl. 2Ra mit der Inhaltszusammenfassung in Prosa: Wer die materie wissen wil Da von dic^puech sage. Das Gedicht endet auf Bl. 131 Vb mit Vater suon heiliger geist amen. Die Inhaltszusammenfassung enthält eine Textverwirrung, die durch eine alte Spaltenzählung korrigiert werden sollte. Im weiteren Verlauf dieser alten Zählung wird jedoch die Zahl 323 übersprungen. Die Textverwirrung beginnt mit Zeile 2 von Blatt 4Ra. Zeile 1 dieser Spalte endet mit . . . so ie da grosser laid (Buch C, 3). Die zweite Zeile beginnt ohne jegliches äußerliches Kennzeichen mit einem Text, der zu Buch J, 3 gehört: recht da sey und wie guot da^ / recht sey ... Der Schreiber scheint sein Versehen nicht sofort bemerkt zu haben und führt seine Abschrift bis zum normalen Ende durch (Bl. 5 Rb). Nun erst beginnt er den Nachtrag des übersprungenen Textstückes, welches auf Blatt 10 Ra beendet wird. Für die Gruppierung der Handschriften ist diese Textverwirrung von großer Bedeutung, da eine andere Handschrift diesen Textsprung und Nachtrag ebenfalls enthält. Zur Charakterisierung der Schreibgewohnheiten des Hauptschreibers geben wir die ersten 20 Verse von Buch 9 buchstabengetreu, doch unter Auflösung der Abkürzungen wieder. Bl. 1 1 3 V b

Bl. 114Ra

108

1 a mich run is ist nu zeit sprichet mein veter wer nit geit Seinem aigen chnechte Wie der tuot unrechte So han ich dir das ist war Gedienet disen winter gar Das du mich nicht liesse pleiben Ich enmuoste tag und nacht schreiben Du hast verlissen meinen munt Wan du mich mere wen zehnn stunt Zu dem tag phlege tempern und sneiden Wie mocht ich das so lang erleidnn Du sneidest mich nu gros und claine Und hast gemachet mich gemaine Zu schreiben von hern und von chnechten Du tust mir unrechte

Ettlinger, op. cit. S. 626.

Die Papierhandschriften

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Da du phlege gueter site Do volget ich dir gerne mite Do du mit rittern und mit frauen Phlege pehurt und tancz schauen.

Oechelhäuser bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle K. 6. Die Münchner Handschrift Cod. germ. monacensis 340 ist eine Mischhandschrift der Bayrischen Staatsbibliothek München, die 223 Blätter enthält, die jedoch von einer Hand des 19. Jh. als 224 Bl. gezählt worden ist109. Die Zahl 108 wurde übersprungen. Nach dieser Zählung befindet sich der unvollständige Text des Welschen Gasts auf Bl. 153Ra bis Bl. 224Vb, wo der Text am Spaltenende mit V. 8372 abbricht. Die Handschrift enthält 1. De adventu Christi (Bl. 1 Rb—1 Vb), 2. Otto von Passau, Die 24 Alten [Reste einer Handschrift] Bl. 2Ra—12 Vb, 3. Das Buch der natürlichen Weisheit [Deutsche Übersetzung des Speculum Sapientiae, unvollständig] Bl. 13Ra bis 128Va. Die Schreibersubskription am Schluß dieses Stückes ist datiert: Anno dni McccLviimo. Es folgen 3 Traktate vom Aderlassen als Nummer 4—6, Bl. 129Ra—150Va. Blatt 148R sowie 150Vb, 151 und 152 sind leer. Auf Blatt 153Ra beginnt die Inhaltsangabe des Welschen Gasts. Wir beschränken unsere Beschreibung auf das für unseren Text Wesentliche. Die Blattgröße der Handschrift ist 29 X 21 cm, der beschriebene Raum 19,5 X 14 cm im Durchschnitt. Zwei Wasserzeichen finden sich im Papier der Handschrift. Das erste, Briquet Nr. 3763, Neapel 1453 auf Bl. 3—11, das zweite, Briquet Nr. 5958, Gurk 1446, auf Bl. 13—224. Die Datierung von Nr. 3, sowie der Befund der Wasserzeichen weisen die Handschrift in das zweite Drittel des 15. Jh. Der Text des Welschen Gasts ist zweispaltig auf vorgezeichneten Linien, in abgesetzten Versen von einer sauberen Hand in Bastarda geschrieben. Es befinden sich 30—33 Zeilen in jeder Spalte. Die Handschrift weist drei Handschriften auf. Die erste Hand findet sich auf Blatt 1, die zweite schreibt Blatt 2—12, die dritte Blatt 13—224. Das datierte Buch der natürlichen Weisheit und der Text des Welschen Gasts sind also von einer Hand geschrieben. Die Lagen der Handschrift bestehen aus 19 Sexternionen. Das letzte Blatt ist leer und ungezählt und gegen den Einband geklebt. Die Lagen beginnen auf Bl. 1, 13, 21, 33, 45, 57, 69, 81, 93, 105, 117, 141, 153, 165, 177, 189, 201 und 213. Die Lagenschlüsse haben unten innen Reklamanten, die teilweise erhalten sind. 108

Rückert, S. 420. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Wieland Schmidt.

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Die Überlieferung

Der Holzdeckeleinband ist mit dunkelbraunem Leder bezogen, welches Reste einer Blindpressung aufweist. Metallbuckel und Schließen fehlen. Im Vorderdeckel befand sich ehemals ein alter Bauernkalender, der jedoch von Schmeller abgelöst wurde. Die Anfänge der Bücher sind einige Male mit Blattinitialen versehen, die über 6 Zeilen gehen. Auch der Anfang der Inhaltsangabe ist mit einer solchen Initiale geschmückt. Die Kapitalanfänge und Sinneinschnitte werden meist mit roten Majuskeln ausgezeichnet, die über zwei Zeilen gehen. Eine Rubrizierung fehlt, wie auch die Übergangsformel zu den einzelnen Büchern, wofür jedoch meistens ein freier Raum gelassen worden ist. Der Text des Welschen Gasts enthält keine Bilder. Die Inhaltszusammenfassung beginnt auf Bl. 153 Ra mit Der die materie wissenn ml der / davon dic^puch sagt.... Der Text endet auf Bl. 224Vb mit Vers 8372 Das er ims vergeh durch sein guot. Zur Charakterisierung der Schreibgewohnheiten geben wir die ersten 20 Verse des 1. Buches buchstabengetreu unter Auflösung der Abkürzungen wieder. Bl. 163 Rb

/ch han gehört und gelesenn Ein man schol ungernn müessig wesenn Ein yesleich pider man sol Ze allen Zeiten sprechen wol Oder tuen oder gedenkchen Von dem weg sol er nicht wenkchen Muess ist iungen lewtenn untugennt Trakcheit zimbt nicht wol der jugennt Wenn man nicht zu tuon hat Man hab den sin und den rat Das man aintweder Sprech wol Oder gedenck das man sol Wer huobsch wil sein und gefuog Der gewynnt immer genuog Materie an drein dingen Y m mag daran wol gelingen Wer junger lebt muossichleich Der ruet in alter lästerleich Wann er nicht tuen wolde D o er macht daz er scholde.

Der Dialekt der Handschrift ist südbayrisch. Für die Einordnung dieser Handschrift in die Überlieferung ist es wichtig festzustellen, daß auch diese Handschrift die unter K erwähnte Textverwirrung in der Inhaltsangabe in Prosa hat. Auch hier ist der Bruch äußerlich nicht bemerkenswert, da er mitten in einer Zeile stattfindet. Blatt 155Rb, lautet: dayegrosser laid. Was recht / . . . Das zwischen Buch C, 3 — grosser laid und Buch J, 2 — Was recht / sey übersprungene Stück wird auch in dieser Handschrift im direkten Anschluß an das

Die Papierhandschriften

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Ende der Inhaltsangabe gegeben. Aus dem äußerlichen Befund läßt sich nicht entscheiden, ob eine der beiden Handschriften eine direkte Abschrift der anderen ist. Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle M. 7. Cod. pal. germ. 330 Diese Handschrift der Universitätsbibliothek Heidelberg aus dem ersten Viertel des 15. Jh. hat 104 gezählte Textblätter, dazu vorn zwei, hinten ein Blatt leer 110 . Diese sind modern mit Bleistift gezählt l x , 2 X und 105 x . Die Blattgröße ist 30,9 x 21,8 cm, die Größe des beschriebenen Raums 23,5 X 15,5—16 cm im Durchschnitt. Das Papier weist ein Wasserzeichen auf: Briquet Nr. 15659, Landshut 1415 usw. Die Handschrift ist von einer Hand zweispaltig auf vorgezeichneten Linien, jeweils mit 37—44 Zeilen pro Blatt in einer sauberen Bastarda geschrieben. Die ganze Handschrift enthält an vielen Stellen lateinische Glossen, die über die betreffenden Worte geschrieben worden sind 111 . Die Verse sind abgesetzt, jedoch nicht gegeneinander eingerückt. Jeder Vers beginnt mit Majuskeln, die rot durchstrichen sind. Kapitelanfänge sind mit roten Majuskeln versehen, die über zwei bis drei Zeilen laufen. Dielnitialen der Buchanfänge sind etwas größer und erstrecken sich über vier bis fünf Zeilen. Lediglich der Anfang des prosaischen Inhaltsverzeichnisses und der Anfang der Einleitung sind mit kunstvolleren Federstrichen verziert. Die Handschrift besteht aus 9 Sexternionen. Von der letzten Lage sind die letzten 4 Bll. entfernt worden. Die Lagen beginnen auf Bl. 1, 13, 25, 37, 49, 61, 73, 85 und 97. Die Lagenbezeichnung befindet sich immer auf dem letzten Blatt einer Lage und besteht aus römischen Zahlen, die nur teilweise erhalten sind. Der Schweinsledereinband hat drei Bünde. Über dem ersten steht die Zahl 330, zwischen dem ersten und dem zweiten die Aufschrift: Poem I naria / virtuti / pictis / ornatu / Figur /, unter dem dritten Bund steht die Bibliotheksbezeichnung Pal. germ. 330. Die Handschrift stammt wahrscheinlich aus dem Besitz Ludwigs III. von der Pfalz und teilte später das Geschick der anderen Heidelberger Handschriften des Welschen Gasts. Der Text der Inhaltszusammenfassung in Prosa beginnt auf Blatt 1 Ra mit Wer dise materien wissen wil davon / dic% buch sage. Das Gedicht endet auf Blatt 104Ra mit Vater, sune. heiliger geist amen. Der Schreiber hat die rotgeschriebenen Übergangsformeln zu den einzelnen Büchern vereinfacht und schreibt immer: Hy hept sich an das; anderpuch . . . das dritte puch 110

111

Wegner, S. 9ff, Rückert, S. 420, Oechelhäuser, S. 13, Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Günther Jungbluth. Rückert, S. 420. „Diese Hds. enthält eine [sie] lateinische Glosse . . ."

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Die Überlieferung

usw. Er geht dabei ganz mechanisch vor und übersieht den Anfang von Buch 3, weil kein Platz für die Formel gelassen ist. Die zitierte Formel steht daher vor Buch 4 und dadurch erscheint die Formel zu Buch 10 als Buch 9. Beim Schreiben des Textes hatte der Schreiber kleine abgekürzte Ordnungszahlen neben den für die Übergangsformel bestimmten Platz gesetzt, und durch diese um eins verschobenen Zahlen wurde der Fehler des Rubrikators verursacht, der die roten Übergangsformeln schrieb. Der Dialekt der Handschrift ist bayrisch. Wir geben die ersten 20 Verse von Buch 9 buchstabengetreu unter Auflösung der Abkürzungen wieder. Bl. 89 Rb

Bl. 89 Va

La mich nu ruen sein ist nu czeit Sprichet mein feder wer nicht geit Seinem eigenem knechte Ruoe. der thut unrechte So hab ich dir das ist war Gedinet disen winter gar Das du mich nicht list beleiben Ich muste tag und nacht schreiben Du hast verslissen meinen munt Wan du mich licht czehen stunt Czu dem tage pfligst tempern und sneiden Wie moecht icht das so lange erleiden Du sneidest mich gros und deine Und hast mich gemachet so gemeine Czu schreiben von herren und von knecht Du thust mir unrecht Da du pflagest guter site Do volget ich dir gerne mite Da du mit rittern und mit frawen Pflegest behurte und tencze schawen.

Die Handschrift ist mit 112 Bildern des Bilderkreises geschmückt, die alle am normalen Ort stehen. Sechs Bilder wurden übersprungen, eins fehlt zusammen mit einem Textstück und eines, nämlich das große Schlußbild mit den tanzenden Untugenden, ist wohl mit den entfernten Blättern der letzten Lage verlorengegangen. Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle b. 8. Die Dresdener Handschrift M. 67 Dieser Codex ist eine Sammelhandschrift, die sich heute im Buchmuseum der Sächsischen Landesbibliothek befindet 112 . Die Handschrift 112

Schnorr von Carolsfeld, Katalog der Handschriften der Sächsischen Landesbibliothek Dresden. 4 Bde. Leipzig, 1882—1923. Bd. 2 (1883) 467—468. Rückert, S. 419 ff., Oechelhäuser, S. 12. Beschreibung für die Deutsche Kommission durch Kurt Mathaei.

Die Papierhandschriften

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enthält als erstes Stück ein Gedicht dy rechte lieb genant (Bl. 2 und 3), Blatt 1 und 4 sind leer, Blatt 5 ist 1945 verlorengegangen und enthielt den Anfang des Welschen Gasts, dessen Handschrift mit Bl. 102Va endet. Es folgt auf Bl. 103—145 Boners Edelstein, auf Bl. 146—209 Spruchgedichte von Heinrich dem Teichner, auf Bl. 209—212 zwei Bruchstücke aus Freidank und schließlich auf Bl. 212—225 Bruchstücke aus dem Renner. Die Handschrift hat also 225 gezählte Blätter, von denen jetzt Bl. 5 fehlt. Drei Handschriften lassen sich unterscheiden. Die erste schreibt das Gedicht über die Rechte Liehe, die zweite den Welschen Gast und die dritte die anderen Stücke. Wir beschränken unsere Beschreibung auf das für den Welschen Gast Wesentliche. Die Blattgröße ist 30 X 21 cm, der beschriebene Raum der Handschrift des Welschen Gasts hat ein Ausmaß von 22—24 X 15—16 cm im Durchschnitt. Die Handschrift ist sorgfältig, zweispaltig ohne vorgezeichnete Linien mit 37—40 Zeilen pro Blatt von einer Hand in einer Bastarda geschrieben worden. Die Verse sind abgesetzt, die geraden Verse eingerückt, die ungeraden mit roter Tinte rubriziert. Die Lagen des Welschen Gasts bestehen aus 7 Sexternionen und einem Septernio. Die Lagen beginnen mit Bl. 5* [verloren], 17, 29, 41, 53, 65, 77 und 89. Eine Lagenbezeichnung läßt sich nicht mehr erkennen. Das Papier der Handschrift des Welschen Gasts enthält fünf Wasserzeichen, die nur in diesem Teil der Sammelhandschrift vorkommen. Diese Wasserzeichen haben die Briquet Nummern 14549 Bamberg 1469, 11797 Prag 1450, 11759 Bavière 1450 usw., 14832 Parsberg 1468, 5546 Prag 1447—59 usw. Alle genannten Wasserzeichen und die diesen ähnlichen datieren im zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts. Die Wasserzeichen aus dem Papier des dritten Schreibers sind etwas früher als die des Welschen Gasts, das Blatt des ersten Schreibers gibt Daten, die eine Datierung aus dem Papier unergibig machen. Es ist durch die Zusammensetzung der Handschrift ziemlich sicher, daß die verschiedenen Teile zu verschiedenen Zeiten entstanden sind und erst später in einem Einband vereinigt worden sind. Früher hatte die Handschrift einen mit rotem Leder überzogenen Holzdeckeleinband. Da die Handschrift im Jahre 1945 schweren Kriegsschaden erlitten hat, hat die Handschrift jetzt einen modernen Ledereinband bekommen. Durch Wasserschaden ist die Tinte teils stark ausgebleicht, was jedoch nur an wenigen Stellen zu Schwierigkeiten führt 113 . Im Innendeckel waren zwei zusammengehörige Hälften einer deutschen Pergamenturkunde eingeklebt, eine Schuldverschreibung des Bischofs Johann von Eichstätt an den Bischof Friedrich von Regensburg über 113

Es ist möglich, daß die photographische Reproduktion die besonders ausgelaugten Stellen etwas lesbarer gemacht hat.

Die Überlieferung

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2000 Gulden aus dem Jahre 1449. Auf dem freien Raum dieser Urkunde des Exlibris Gottscheds: Ex Bibliotheca Gottschediana. Vor dem 1. Blatt ist ein Brief Wilhelm Grimms eingeheftet, der Bemerkungen über den Inhalt der Handschrift enthält. An derselben Stelle befindet sich eine Notiz Edward Schroeders: Durchgesehen von Prof. E. Schroeder 15. 5. 29. Höchstwahrscheinlich Nürnberg. Ursprungs. Auch Heinrich Niewöhner hält Nürnberg für die wahrscheinliche Heimat der Handschrift114. Auch dem Dialekt der Handschrift nach scheint es sicher, daß die Handschrift im bayrischen Gebiet nördlich der Donau entstanden ist. Vor Gottsched war die Handschrift im Besitz von Gottfried Thomasius. Heute beginnt der Text des Welschen Gasts auf Bl. 6Ra mit Vers 133 Den solt du es nicht lassen sehen. Die Inhaltsangabe in Prosa fehlte dieser Handschrift schon früher, obwohl die Einleitungsbilder vorhanden waren. Der Text des Gedichts endet auf Bl. 102Va mit vater sun heiliger geist amen. Die Ubergangsformeln zu den einzelnen Büchern sind in rot ausgeführt, wie auch die Majuskeln der Kapitelanfänge und der Buchinitalen. Die Anfänge der Bücher haben Initialen, die meist über sechs Zeilen gehen, aber mehrmals nicht ausgeführt worden sind, die Majuskeln der Kapitel erstrecken sich meist über zwei Zeilen. Jeder ungerade Vers beginnt mit einer Majuskel. Wo der Rubrikator eine Initiale übersieht, ist meist vom Schreiber der betreffende Buchstabe klein angegeben und sichtbar. Dies ist auch beim Beginn des neunten Buches der Fall, dessen erste 20 Zeilen wir buchstabengetreu unter Auflösung der Abkürzungen wiedergeben. Bl. 8 6 V b

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1) a mich ruen sein ist nu zeit spricht mein vetter wer nit geit Seinem eigen knecht rewe der tut unrecht So han ich dir das ist war gedienet disen wintter gar Dar umb nicht Hesse beleiben ich en muste tag und nacht schreiben Du hast verslissen meinen munt wenn du mich den zehen stund Czu dem tag pflegst tempern und sneidn wie mocht ich das so lang erleidn Du sneidest mich gros und ciain und hast mich gemacht gemain Czu schreiben von herren und knechte du tust mir gros unrechte Do du pflagest guter site do volget ich dir gerne mite Do du mit rittern und mit frawen pflege behurt und tencz schawen

H. Niewöhner, Die Gedichte Heinrichs des Teichners. Bd. I, Berlin, 1953. S. LXXXVIII.

Verschollene Handschriften

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Die Handschrift des Welschen Gasts enthält heute noch 111 Bilder. Von diesen gehören 108 Bilder in den regulären Bilderkreis und drei Bilder sind selbständig hinzugefügt. Sechs Bilder des Bilderkreises gingen mit Blatt 5 im Jahre 1945 verloren. Es ist bemerkenswert, daß der Illustrator in dem einen seiner selbständig hinzugefügten Bilder (auf Bl. 23 Va) außer einem Zimmermann, einem Bauern, einem Kaufmann und einem Schmied auch Kampf zweier gepanzerter Ritter darstellt, von denen der eine mit einer Turnierlanze den anderen vom Pferde stößt. Der Verlierer trägt einen großen Fisch als Zimier und soll vielleicht einen Thüringer darstellen. Das Bemerkenswerte ist jedoch der Panzer beiter Ritter und Pferde, denn dies ist die einzige Stelle der ganzen Überlieferung, die einen genau gezeichneten Vollpanzer eines Ritters zeigt, der auf einem ebenfalls gepanzerten Pferd sitzt. In diesem Bild tragen beide Pferde Kopf- und auch Brustpanzer115. Rückert bezeichnet diese Handschrift mit der Sigle D und benutzte sie zur Stützung der Position von A.

E. Verschollene

Handschriften

Zwei Handschriften sind der Forschung bekanntgeworden, die sich aus bestimmten Gründen der Möglichkeit entziehen, mit erhaltenen Handschriften identisch zu sein, und die daher als verschollen gelten müssen. 1. Die Mosacher Handschrift Diese Handschrift ist die älteste aller jemals bekanntgewordenen Handschriften des Welschen Gasts116. Die Erwähnung dieses Uber teutonicus dictus Walisergast geschieht in einem erhaltenen Inventar des Abtes 115

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5

Die Form der Kopfpanzer beider Pferde ist gleich und die gewellte, hornartige Kontour ist charakteristisch für Nürnberger Panzer jener Zeit. Eine solche Garnitur befand sich in der Privatsammlung W. R. Hearsts und ist heute im Zieglerschen Besitz in Ladner. Ebenfalls bemerkenswert ist das mit einem Wappen verzierte „Schild" des Ritters, der eben aus dem Sattel gehoben wird. Es ist nicht genau sichtbar, ob es sich hier um ein kleines Turnierschild handelt, oder an der Schulter befestigte „ailettes", die bis 1440 in Mode blieben. Vgl. V. Norman, Arms and Armor, New York, 1964. Joseph Bianci, „Documenta Historiae Forojuliensis Saeculi XIII." Archiv für Kunde ister. Geschtchtsquellen, Wien, 1859. Bd. 21. S. 384. Abdruck des ganzen Inventars unter Nr. 173 zum Jahre 1250. Weiterer Abdruck der gleichen Stelle mit einem kleinen Referenzfehler durch A. Schönbach, „Über einige Breviaren von Sanct Lambrecht". ZfdA, 20 (1876) S. 135—36. Über die Geschichte des Klosters Ton Kries

66

Die Uberlieferung

Jacob von Mosach zum Jahre 1250. Da der Welsche Gast mit Sicherheit mit Jahre 1216 vollendet worden ist, trennen höchstens 34 Jahre diese Handschrift vom Original. Die Benediktinerabtei Mosach, das heutige Moggio di Sopra in Friaul, war einst ein bedeutendes Kloster, das aber schon mit dem Jahre 1409 aufgelöst wurde. Das genaue Datum ist nicht sicher. Mosach war unter anderem der Winteraufenthaltsort einiger Äbte von St. Gallen und stand im engen Kontakt mit diesem Kloster, auf der anderen Seite hatte das Kloster enge Verbingungen mit dem Patriarchat von Friaul. Der vermutliche Vater Thomasins, Bernardus de Cerclaria, wird urkundlich mehrmals in der engeren Umgebung des Patriarchen Gottfried genannt und ist auch Zeuge bei der Bestätigung der Privilegien für das Kloster Mosach117. Der für uns wichtige Teil des Inventars dieses Klosters lautet: Ex enventario rerum, quas olim emi aut fieri curavit Jacobus abbas monasterii Mosacensis exerpsimus nonnulla, quae ad usus aut artes illorum temporum referri posse videntur, et hic duximus transscibenda: ,Quatuor tabulae cum imaginibus existentes ante altare vita St. Galli, sermones et vita Bernardi, liber sermonum, liber Teutonicus dictus Walisergast.'....

Keine der erhaltenen Handschriften kann durch das hohe Alter dieses Belegs mit der Mosacher Handschrift identifiziert werden, und die Handschrift muß daher als verschollen gelten. 2. Die Königsberger Handschrift Auch diese Handschrift findet Erwähnung in einem Inventar, das beim Abgang des Marschalls Jost Struperger aus dem Ordensmarschallsamt in Königsberg angefertigt wurde und das Datum des 6. April 1434 trägt. Die in der Kirche der Ordensburg aufbewahrten Bücher werden aufgeführt. Der vater buch, j buch Ruland. — Item dewtsche bucher: j Euangeliarum der Newen ee; . . . ., item die preuscha Cronica; der Selen trost, Eyns, das heiset der welsche gast; j passional de sanctis118.

Da es höchst unwahrscheinlich ist, daß eine der erhaltenen Handschriften mit der hier genannten identisch ist, muß die Handschrift als verschollen gelten.

117

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Mosach berichtet Joseph Bergmann, „Über Friaul u. die Herzöge von Kärnten, besonders nach der Trennung von Baiern im Jahre 995 bis auf die Herzöge von Eppenstein". Archiv f . Kunde 5. G., 3 (1849) 239. Hans Teske, Thomasin von Zerclaere: Der Mann und sein Werk. Heidelberg, 1933. S. 42. Zitiert: Teske. Emil Steffenhagen, „Die Altdeutschen Handschriften zu Königsberg". ZfdA, 13 (1867) N. F. 1,569.

Erwähnte Handschriften

F. Erwähnte

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Handschriften

Alle hier erwähnten Handschriften sind möglicherweise mit erhaltenen Textzeugen identisch, lassen sich aber in keiner Weise festlegen. 1. Die Handschrift der Elisabeth von Volkenstorf Auf dem letzten Blatt der Ambraser Handschrift von Rudolfs Weltchronik (Nro. 77. Fol. Perg.) führt Elisabeth von Volkenstorf eigenhändig ihre Handschriftensammlung auf. Als Nummer 14 erscheint: Item der Weihisch gast™. 2. Die Handschrift Diebold Loubers zu Hagenau In einer alten Verkaufsanzeige des Schreibers Diebold Louber in Hagenau erscheint als Nummer 17 eine Handschrift: die hymmelstrasse genannt der welchse gast120. Bereits Wilhelm Grimm erwähnte diesen Titel und scheint die Anzeige Diebold Loubers zu kennen, da er wörtlich zitiert 121 . Von den erhaltenen Handschriften weist Oechelhäuser die Bilder der Handschrift b in die Nähe des Stils Diebold Loubers. 3. Püterich von Reicherzhausens Handschrift In seinem Ehrenbrief an die Herzogin Mathilde erwähnt der begeisterte Sammler von altdeutschen Handschriften Püterich den Welschen Gast122. Vers 104, 105 heißt es: Den wälischen Gast gelieret / Hat Tomasin von Clär. Sollte eine der erhaltenen Handschriften die Handschrift Püterichs sein, so hat die Handschrift W die größte Wahrschein119

120

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122

Franz Pfeiffer, „Über Hartmann von Aue. 1. Zum Erek." Germania, 4 (1859) 189. Anm. 1 Abdruck der ganzen Eintragung. „Nota Hie ist ze merkchen was ich Elspet Volchenstorfferin puecher hab deutscher. . . ." Moritz Haupt, „Alte Buchhändleranzeige." ZfdA, 3 (1843) 191. Abdruck der Anzeige und bibliographischer Hinweis auf Wilhelm Grimms Bemerkungen in den „Gött. gel. anz. 1835 s. 419." Wilhelm Grimm, „Vridankes Bescheidenheit" Göttingische gelehrte Anzeigen, 1 (1835) 419. Unveränderter Abdruck in: Wilhelm Grimm, Kleine Schriften. Hrs. Gustav Hinrichs, Berlin, 1881—87. 4 Bde. Bd. 1, 449ff. Th. von Karajan, „ D e r Ehrenbrief Jacob Püterichs von Reichertshausen. ZfdA, 6 (1848) 31 ff. Abdruck des Ehrenbriefes. Vgl. Gerhard Eis, „Püterich von Reichertshausen". Verfasserlexikon, Hrs. Stammler u. Langosch, Bd. 3, Berlin 1943. Sp. 921 bis 926.

5*

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Die Überlieferung

lichkeit. Püterich war in zweiter Ehe mit einer geborenen von Seckendorf verheiratet und die von Seckendorfs erscheinen immerhin dreimal unter den Namen und Wappen der turnierfähigen Geschlechter, die man als Zierstreifen um die Holzschnitte der Innendeckel geklebt hat.

G. Abschriften von Handschriften nach dem Jahre 1500 Alle hier aufgeführten Handschriften haben heute für die Überlieferungsgeschichte des Welschen Gasts wenig Wert, da alle Abschriften von noch existierenden Handschriften sind. Nur Wilhelm Grimms Abschrift der Heidelberger Handschrift A hat an Bedeutung gewonnen, da er sich die Lesearten des Grimmfragments eingetragen hat, welches heute verschollen ist. Für die Geschichte des literarischen Interesses an der alten deutschen Dichtung sind die drei verschiedenen Abschriften der Ulmer Handschrift bemerkenswert. 1. Cod. Philol. 192 Handschrift der Universitätsbibliothek Göttingen: 10 Blatt und 179 Seiten, geschrieben von Georg Veesenmeyer in Ulm und zwar im Jahre 1744. Diese Handschrift ist nicht, wie Rückert (S. 421) behauptet, eine Abschrift einer Heidelberger Handschrift, sondern der Ulmer Handschrift123. 2. Cod. Chart. A 827 Handschrift der Landesbibliothek Gotha, die 96 Blätter enthält und vom Abschreiber selbst 1—170 paginiert worden sind. Es folgen dann noch neun ungezählte und unbeschriebene Blätter. Die Handschrift wurde im Jahre 1744 durch B. Jakobson angefertigt und war noch 1755 in seinem Besitz. Der Abschreiber versucht, in seiner Abschrift ein Bild des Originals zu erhalten und unterstreicht einige Wörter in rot. Am Rande befinden sich Glossierungen einzelner Wörter. Auf den ersten Blättern der Handschrift befinden sich Bemerkungen über die Gothaer Handschrift G, sowie über die Datierung des Werkes. Hier wird schon der Schriftzettel von Bild 41 (Oechelb. Nr. 35) bemerkt und nutzbar gemacht. Auf dem vierten ungezählten Vorsatzblatt findet sich ein 123 Vgl. Eschenburg, S. 123ff. Beschreibung für die deutsche Kommission durch M. Ditrich.

Abschriften von Handschriften nach 1500

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bibliographischer Hinweis auf Gottscheds Sprachkunst. So heißt es: „In Herrn Johann Christoph Gottscheden Grundlegung einer deutschen Sprachkunst ed. Leipzig Anno 1752 pagina 656 wird gegenwärtigen Auctoris dergestalt Meldung gethan 124 . Die Handschrift ist eine Abschrift der Ulmer Handschrift. 3. Cod. Chart. A 826 Wiederum eine Handschrift der Landesbibliothek Gotha, die einen Umfang von 261 teils mit Bleistift gezählten Blättern hat. Die Handschrift ist von einem unbekannten Abschreiber um die Mitte des 18. Jahrhunderts angefertigt worden. Jeglicher Farbschmuck fehlt und Hinweise auf die Bilder fehlen. Der Einband ist der gleiche wie jener von Cod. Chart. 827. Auch diese Handschrift ist eine Abschrift der Ulmer Handschrift128. 4. Ms. germ. fol. 448 Handschrift der Stiftung Preußischer KulturbesitTübinger Depot der ehem. Preußischen Staatsbibliothek ist eine Abschrift der Gothaer Handschrift G durch Wilhelm Wackernagel. Die Abschrift entstand im 19. Jahrhundert 126 . 5. Ms. germ. oct. 317 Handschrift der Stiftung Preußischer KulturbesitTübinger Depot der ehem. Preußischen Staatsbibliothek ist die schon erwähnte Abschrift der Heidelberger Handschrift A durch Wilhelm Grimm. In diese Abschrift hat sich Wilhelm Grimm mit verschiedenen Tinten Lesearten der Handschriften D und Gr eingetragen, sowie aus der Göttinger Hs. Philol. 192127. 124

125 126

127

Auch diese Handschrift ist nicht wie Rückert S. 412 angibt, aus einer der „werthlosen Heidelberger Papierhds. . . . geflossen", sondern sie ist eine Abschrift der Hs. U. Rückert bezieht seine Bemerkungen auch auf die folgende Gothaer Hs. und so ist auch diese Angabe falsch. Beschreibung der Handschrift für die Deutsche Kommission durch H. Niewöhner. Das zu Cod. Chart. A 827 Gesagte trifft auch für diese Handschrift zu. Hermann Degering, Kurses Verzeichnis der germanischen Handschriften der Preußischen Staatsbibliothek. I: Die Handschriften in Folioformat. Leipzig. 1925. S. 50. Zitiert: Degering, I. Hermann Degering, Kurses Verzeichnis der germanischen Handschriften der Preußischen Staatsbibliothek, II: Die Handschriften im Quartformat. Leipzig, 1926. S. 163 Zitiert: Deffering, II.

70

Die Überlieferung

H. Zusammenfassung und Übersicht der benutzten Siglen Wir überblicken eine Überlieferung von 31 Handschriften. Von diesen scheiden die drei erwähnten und die beiden verschollenen Handschriften für unsere weiteren Untersuchungen sofort aus. Dasselbe gilt für die nach dem Jahre 1500 entstandenen Handschriften, da alle Abschriften von noch jetzt erhaltenen Handschriften sind. Das Interesse für die Ulmer Handschrift in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bleibt immerhin bemerkenswert. E s verbleiben uns 21 Handschriften, die auf alter Überlieferung beruhen. Wir schließen das nunmehr auch verschollene Grimmfragment nicht aus, weil es als bisher ältester erhaltener Textzeuge wichtig ist und uns im Gegensatz zu anderen verschollenen Handschriften durch die erhaltenen Lesearten Grimms und Rückerts greifbar bleibt. Betrachten wir die Überlieferung in ihrer Gesamtheit und in ihrer geographischen Verteilung, so bemerken wir die Mosacher Handschrift in nächster Umgebung des Entstehungsortes des Gedichts. Beim Ende des 13. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 14. Jh. hebt sich besonders der nordbayrische Raum und Regensburg ab (A, G, S, Bü). E s folgen die beiden ostfränkischen {Wo, Erl), die drei westmitteldeutschen {E, Tu, Md) und schließlich die alemannische Handschrift H. Im 15. Jh. fällt die schwäbische Gruppe ( U , W, a, c) sofort auf, sowie die beiden südbayrischen Handschriften ( K , M), die durch die gemeinsame Textverwirrung verbunden sind. Eines scheint aus diesen Beobachtungen hervorzugehen. Die Richtung der Überlieferung war im 13. und 14. Jh. nach Norden gerichtet und dann nach Westen. Bemerkenswert ist das Fehlen von jeglichen Handschriftenspuren auf dem Boden des heutigen Österreich aus dem 13. oder 14. Jh. Das kann Zufall sein, aber es kann auch ein Resultat des Umstands sein, daß Thomasin sein Gedicht in die Länder jenseits der Alpen geschickt hat und die Überlieferung von dort ihren Ausgang nimmt. Wir werden diese Möglichkeit später besprechen. Um eine schnelle Orientierung über die Handschriften zu ermöglichen, geben wir im Anschluß eine Übersicht dei Handschriften und der benutzten Siglen. Wir fügen das größere Dialektgebiet hinzu, aus dem die Handschrift stammt und ebenfalls, ob sie Bilderhandschrift oder Abschrift einer solchen ist. Fernerhin vermerken wir, ob die Handschrift die Prosainhaltsangabe enthält oder wahrscheinlich enthielt. Wir verzeichnen das Datum auf dem Schriftzettel zu Bild 41, soweit es vorhanden ist. Ein nachgestellter Stern ( * ) bedeutet, daß die Handschrift mit großer Wahrscheinlichkeit Bilder oder Prosavorwort enthielt. Zwei nachgestellte Sterne ( * * ) bedeuten, daß die Handschrift eine unausge-

71

Zusammenfassung und Übersicht der benutzten Siglen

führte Bilderhandschrift ist oder die Abschrift einer Bilderhandschrift. Ein Fragezeichen (?) besagt, daß sich das betreifende Fragment jedem Beweis entzieht.

Übersicht der benutzten Siglen S'gle

128

Handschrift

Dialekt

A G S E H Gr. Bü Pe Wo Wa Erl. Ma Tü U W a c K M b

Cod. pal. germ. 389 Membrana I. 120 C. Poet, et Philol.fol. S. Glasier Ms. 51 Hamilton Ms. 675 Ms. germ. 4°. 978 Bttding. Fragm. Pesther Fragm. 404 9 Novi (6) Watend. Fragm. Ms. 1460h u. 2047 Ms. germ. 2». 757 Ms. germ. 2°. 718 Cod. germ. 571 Ms. 37. 19 Aug. 2° Cod. pal. germ. 320 Cod. pal. germ. 338 St. Peter Pap. 25 Cod. germ. mon. 340 Cod. pal. germ 330

bayrisch bayrisch bayrisch westmitteldeutsch alemannisch bayrisch bayrisch bayrisch ostfränkisch bayr.-ostfr. ostfränkisch westmitteldeutsch westmitteldeutsch schwäbisch schwäbisch schwäbisch elsässisch bayrisch bayrisch bayrisch

D

Dresden M. 67

bayrisch

Bilderhs.

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X

X

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X

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X





1300 oder 1304 —

Die Zahl ist in der Handschrift so geschrieben, daß eine sichere Interpretation des Wertes schwierig ist. Die Handschrift hat auf dem Schriftzettel des Schreibers auf Bl. 33 v Anno dm M ccj>vl. Oechelhäuser liest die Zahl 1216. „kaum anders lesbar" (S. 78 Anm.), Burdach bezweifelt diese Lesung (S. 112). Ein Vergleich der Schriftzettel zeigt, daß der Schreiber hier kein ungewöhnliches Zeichen schreibt. In der Darstellung der freien Künste auf Bl. 139 kehrt das Schriftzeichen in Bild 94 (Oechelh. Nr.) wieder und zwar in der Uberschrift D J> alectica. Im Bild 97 erscheinen nun 15 Zahlen, von denen viermal die 4 vorkommt oder eine Verbindung mit 4. Auch im Bild 97 erscheint einmal vier. Der Schreiber benutzt für diese Zahl das Zeichen X . Die Form des rechten Abstrichs ist etwas unterschiedlich. Durch diese Schreibgewohnheiten gibt es nur zwei gerechtfertigte Lesungen der Zahl. Entweder man liest eine vier, bei der der eine Abstrich verloren ist, oder man liest das Ypsilon für ein x. Im ersten Fall hat man die Zahl 1246, im zweiten 1216. Wir behalten die Lesung Oechelhäusers bei, obwohl wir die Lesung 1246 für genau so möglich, wenn nicht für wahrscheinlicher halten.

III. DAS VERHÄLTNIS DER HANDSCHRIFTEN ZUEINANDER Wir wollen nun versuchen festzustellen, ob sich die jetzt deutlicher gewordene Uberlieferung des Welschen Gasts in sinnvolle Gruppen zerlegen läßt, oder ob die Handschriftenverhältnisse so verwirrt sind, daß eine Lösung unmöglich ist. Einige grundsätzliche Bemerkungen sind jedoch angebracht, bevor wir uns den einzelnen Handschriften zuwenden. 1. Fast alle Handschriften liefern durch individuelle Auslassungen den Beweis, daß sie nicht eine direkte Abschrift einer anderen erhaltenen sein können129. Eine Ausnahme bildet hier die Hs. W, die Oechelhäuser bereits als eine Abschrift der Hs. U ansah. Alle anderen Handschriften haben eine Fülle von Auslassungen auffälliger und auch unauffälliger Art, so daß die Möglichkeit einer direkten Descendenz, wie wir das Verhältnis zweier Handschriften mit H. Niewöhner nennen möchten, vollständig unmöglich ist 130 . Auch Oechelhäuser kam durch Vergleich der Bilder zu diesem Schluß 131 . 2. Die Uberlieferung zeigt, wiederum mit einer Ausnahme, keinerlei Spuren von Kontamination. Die Schreiber kopieren meist gewissenhaft ihre Vorlage und benutzen nur eine Handschrift. Für die Handschrift D liegen besondere Verhältnisse vor, die jedoch den Wert der Handschrift nicht verringern, sondern in der Tat noch erhöhen. Wir besprechen diese Verhältnisse an geeigneter Stelle. 3. Die Einleitungs- und Übergangsformeln scheiden bei der Gruppierung der Handschriften aus, weil sie in roter Tinte geschrieben sind und daher meist nach vollendeter Abschrift in die Handschrift eingetragen sind. DaFormeln dabei regellos übersehen worden sind oder der Schreiber ver gessen hat, den nötigen Platz freizulassen, sind die Formeln kein geeignetes Beweismaterial für eine Handschriftengruppierung, weil in jedem Fall die 12» w i r verzichten auf eine detailierte Besprechung der Auslassungen in den Handschriften, die nur in einer einzigen vorkommen. Die Existenz dieser Lücken beweist jedoch, daß fast alle Handschriften nicht die direkte Abschrift einer anderen erhaltenen sein können. Eine Aufstellung aller festgelegten Lücken befindet sich im Anhang. 130 Niewöhner, S. 424. 131 Oechelhäuser, S. 75f.

Das Verhältnis der Handschriften zueinander

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äußerlichen Umstände in Rechnunggestellt werden müssen 13 2 . Nur im Falle der direkten Descendenz müssen auch die Formeln berücksichtigt werden. 4. Da es keinen Variantenapparat für alle Handschriften gibt, zitieren wir wie gewöhnlich nach Rückerts Zählung den Text jedoch immer nach der Handschrift. Die erste Sigle gibt die zitierte Handschrift an. Auf orthographische Varianten wird in einer zitierten Gruppe keine Rücksicht genommen. Folgt also auf ein Zitat UWa, so bedeutet dies, daß der Text von U wiedergegeben wurde und W und a dasselbe bieten, obwohl die Schreibweise vielleicht variiert. Fehlt eine oder mehrere Handschriften an einer Stelle, wie zum Beispiel durch Blattausfall, so stellen wir die betreffenden Siglen in Klammern. UW(a) oder H(KM)b. Das ist besonders notwendig, weil ein Nichterwähnen des Ausfalls beim Leser die Vorstellung einer Gruppierung erzeugt, die gar nicht existiert. 5. Zur Erleichterung des Zitierens benutzen wir das Symbol X für „alle anderen Handschriften". A:X bedeutet daher: Hs. A gegen alle anderen Handschriften. Steht nach einem Zitat von dem X noch eine Sigle, so gibt diese die zitierte Handschrift an. Beispiel: Bl. 443

Daz er sein hent hab still A Daz er stille habe diu hant GX(K)

Alle Handschriften folgen also G :A und die Hs. K fehlt an dieser Stelle. 6. Zur Verfügung steht uns jetzt eine Variantensammlung des 1. Buches und der Stellen, an denen die Fragmente erscheinen, eine A u f stellung aller Auslassungen und „Plusverse" in allen Büchern, sowie die schon erwähnte Konkordanz aller Bilder und Bildstellen 133 . 152

133

Wie wichtig die äußeren Verhältnisse am Ort einer Formel in den Handschriften sind, zeigt am besten die Übergangsformel zum 1. Buch, die bei Rückert V. 136 bis 140 sind und also die letzten vier Verse des Prologs enthalten. Es ist aber nicht so, denn die meisten Hss. außer A haben hier vier Verse, die Rückert als Plusverse betrachtet, weil sie in A fehlen. Die vier Verse, die Rückert jedoch dazu benutzt, um den „140" Verse umfassenden Prolog zu vollenden, sind Übergangsformel und in allen Handschriften als solche klar gekennzeichnet. Auch in der Hs. A werden diese vier Verse graphisch anders behandelt, und in den anderen Hss. sind sie immer in roter Tinte geschrieben wie alle anderen Formeln. Der Prolog endet also mit den vier Plusversen, diese leiteten auf die Einleitungsbilder über, dann kam die in rot abgesetzte Formel mit Gebet und das erste Buch beginnt. Der Ausgangspunkt der im Anhang wiedergegebenen Aufstellung von Lücken und Plusversen war Rückerts Variantenapparat. Da dieser jedoch in seinen Angaben völlig unzuverlässig ist, haben wir jede erwähnte Auslassung oder Plusvers in allen Handschriften und Fragmenten gesucht und die Angaben mit den Gegebenheiten verglichen. Wir verzichten bewußt darauf, laufend Hinweise auf ,zu berichtigende Angaben' zu machen. Unser Anliegen ist nicht, die nur allzu leichte Kritik an Rückert, sondern die Überlieferung des Welschen Gasts. Bei der Einordnung der größeren und kleineren Fragmente in die Überlieferung haben wir tausende von Versen verglichen, und wir glauben, daß ein neuer Variantenapparat nur eine kleine Zahl von weiteren Auslassungen bringen wird. Nach unserer Er-

74

Das Verhältnis der Handschriften zueinander

Als erstes wenden wir uns den Handschriften zu, die die größten Gemeinsamkeiten aufweisen und die sich mit größter Sicherheit zu einer Handschriftengruppe zusammenschließen lassen. Der Ansatzpunkt für unsere Untersuchung ist das Ende des 1. Buches. Wir verfolgen die Varianten in Richtung auf den Anfang, weil dieser in einigen Handschriften verlorengegangen ist.

A. Die Gruppe UWac* Die Gruppierung unserer Handschriften zeigt, daß sich einige Handschriften besonders durch gemeinsame Lücken zusammenschließen, andere besonders durch gemeinsame Varianten 134 . Das entspricht der menschlichen Natur, denn der eine Schreiber bemüht sich, vielleicht keine Verse seiner Vorlage auszulassen, greift jedoch hie und da leicht ändernd ein, der andere Schreiber jedoch schreibt zwar gewissenhaft ab, kürzt aber den Text seiner Vorlage und dies mit vollem Bewußtsein 135 . In unserer Gruppe UWac* zeigen sich alle diese Aspekte. Die große Einheit der Gruppe zeigt sich in den Varianten, die Untergruppierung zu UWa* durch einbewußtes Kürzen und die weitere Unterteilung wiederum durch Varianten. Wir beginnen mit der Untergruppe UWa*. 1. Die Untergruppe UWa* Von allen Handschriften des Welschen Gasts zeigen die Handschriften U, W und a die engste Verwandtschaft. Rückert war sich dieses Verhältnisses nicht bewußt und urteilte über diese „werthlosen Papierhandschriften" (S. 421), daß U zwar mit a „zunächst verwandt oder mit ihr aus gemeinsamer Quelle" sei, daß aber W„ia keiner näheren Beziehung" zu Ua stünde. Der große Wert dieser Handschriften liegt schon grundsätzlich darin, daß sie uns erlauben, eine genauere Vorstellung von der Überfahrung im Bereich von c und H, da c die Gewohnheit hat, einen einzelnen Vers zu überspringen oder einen Reim im Reimwort identisch zu machen. 134 Wir behalten die durch Rückert und Oechelhäuser etablierte Tradition bei, diese Handschriften vorerst UWac oder UWa zu nennen, obwohl die Reihenfolge UWac nicht den genetischen Verhältnissen entspricht. Wir werden den Namen der Gruppe erst dann ändern, wenn wir gezeigt haben, wie sich die Entwicklung der Gruppe vollzogen hat. 1 3 5 Der zweite Schreiber von K, der auch die Arbeit des 1. Schreibers verbessert, läßt seinen Gefühlen einmal freien Lauf und schreibt auf Bl. 8Rb Ach got ny lang, aber er kürzt nicht wie UWa*.

Die Gruppe UWac*

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lieferung zu bekommen, ohne die das Streben nachdem Ursprünglichen unmöglich wird oder nur durch subjektive Kriterien gewonnen werden kann. Die Zusammengehörigkeit dieser drei Handschriften zeigt sich am deutlichsten durch gemeinsame Auslassungen von Versen. Natürlich ist das Auslassen von Versen nicht auf UWa beschränkt, aber was hier sofort auffällt, ist die Häufigkeit dieser Auslassungen. Keine andere Handschrift oder auch Gruppe von Handschriften hat annähernd die Zahl von gemeinsamen Auslassungen wie UWa. Wir können die Handschriften zum Vergleich heranziehen, die nicht durch Blattverlust verstümmelt sind. Die Handschrift A zum Beispiel hat 13 Auslassungen, die Hs. G nur 5 und die Hs. H hat 18 Auslassungen. Die Handschriften U, W, a haben jedoch 57mal Ausfall von Versen, also fast 5mal soviel wie der Durchschnitt der anderen Handschriften. In allen diesen Auslassungen stehen UWa geschlossen gegen alle anderen Handschriften. Wir sehen uns also berechtigt, eine Handschrift UWa* anzusetzen. E s gilt jedoch die Frage zu beantworten, ob diese häufigen Auslassungen als Ergebnis eines besonders unachtsamen Schreibers zu werten sind oder ob wir eine Absicht vermuten dürfen. Wir glauben, daß eine gewollte Kürzung vorliegt und daß die Art der Auslassungen die Absicht verrät. E s zeigt sich nämlich in den Handschriften, daß der Schreiber von UWa* öfters einen ganzen Absatz ausläßt oder am Ende kürzt. Die Lücke beginnt dann mit in einem Kapitel und der Text setzt wieder mit einem neuen Absatz ein. So zum Beispiel in den Lücken —7263—7272, —7865—7874, —8863—8882, —9551—9570 usw. In den angegebenen Fällen fehlt immer säuberlich ein ganzer Absatz. In anderen beginnt die Lücke in der Mitte eines Kapitels und endet genau vor dem nächsten. Dieses zeigt sich zum Beispiel in den Lücken —9275 bis 9290 oder —9771—9780. E s überwiegt das Auslassen von ganzen Kapiteln, was wohl nicht auf Zufall beruhen kann. D a an der Echtheit der fehlenden Verse nicht zu zweifeln ist, sehen wir uns berechtigt, eine bewußte Kürzung anzunehmen. Natürlich sind nicht alle Lücken in UWa Streichungen von ganzen Kapiteln, und es kommen auch andere hinzu, die aus Versehen entstanden sind und die sich dann in den Handschriften fortgesetzt haben. Man könnte erwarten, daß die Streichungen den Text besonders unlesbar machen, aber das ist nicht der Fall, da der Redaktor seine Auswahl meist gut getroffen hat. So wird zum Beispiel das ,Tierbeispiel' V. 9771 ff. gestrichen, ein folgendes jedoch gelassen. Die Einheit von UWa* zeigt sich aber auch in den Varianten. Vers 1335 ist ein gutes Beispiel. ez stet wirs ungeliche ScEHMb und kumpt dann wirß sicherlichen UWa

76

Das Verhältnis der Handschriften zueinander

Die Verse 387—88 zeigen dasselbe Bild. UWa steht eindeutig im Gegensatz zu der Überlieferung in den anderen Handschriften. also sie von ime habent michel ere das ist der züchte wille und ir lere

cEHKMb(S)Erl

wan sie haben von im michel ere Daz ist der zuht wille und lere UWa

Die Handschriften AGD bieten einen anderen Text. Noch deutlicher zeichnet sich das Bild in den Versen 287—88 ab. Leider fehlt auch hier noch die Handschrift S und so muß cEHKMb den Platz von S vertreten. Auch hier bieten AGD einen anderen Text. Sie verlüset ouch dienstes deste me A n den die ir gern dientent E cEHKMb (S) Sie verlüset och dienstes vil me A n den die ir gern dienten E UWa

Die Einheitlichkeit der Gruppe UWa zeigt sich deutlich. Varianten für die Gruppe UWa* sind jedoch nicht häufig, denn meistens zeugt die Gruppe UWac geschlossen gegen die anderen Handschriften. Wir sehen also den Schreiber von UWa* als einen Mann, dessen Eingriff in die Überlieferung besonders in der Streichung von Versen besteht, der jedoch auch einige Male leicht ändernd eingreift. Die Entwicklung von UWa, das heißt, wie wir uns das Verhältnis der drei Handschriften zueinander vorstellen müssen, wollen wir als nächstes besprechen. 2. Das Verhältnis von U, W und a zueinander Oechelhäuser kam durch seine vergleichenden Studien zu der Einsicht, daß die Handschrift W eine direkte Abschrift von U sei. Rückert konnte die Verhältnisse nicht überschauen, da er die Handschriften des Welschen Gasts nie gesehen hat. Er war also auf die Kollationen Frommanns angewiesen. Nach Rückerts Angabe auf Seite 421 hatte Frommann die Varianten der Hss. M, U, a, W, b und c gesammelt und zwar die „abweichenden Lesearten" zu der Handschrift A. Das ist eine technische Unmöglichkeit, denn die genannten Handschriften gehören ganz verschiedenen Gruppen an. Rückert hatte die „genauen Vergleichungen" nebst „vollständiger Sammlung der abweichenden Lesearten" in seiner Hand, aber es war ihm offensichtlich völlig unmöglich, die Gegebenheiten der Handschriften zu sehen. Nur so erklärt sich, daß von 58 zitierten Lücken zu UWac Rückerts Angaben sechsundfünfaigmal falsch sind136. Die Lücken sind meistens da, aber an anderen Stellen, von einem

Die Gruppe UWac*

77

anderen Umfang oder in einer anderen Handschrift. Besonders Angaben über die Handschriften W und a sind schlecht und so konnte Rückert das engste Verhältnis zwischen U und W nicht erkennen. Wir haben nichts finden können, was Oechelhäusers Annahme einer direkten Abschrift widersprechen könnte, wohl aber Einiges, was diese Annahme unterstützen kann. Oechelhäuser bespricht die in allen Bilderhandschriften vorkommende Darstellung der sieben freien Künste und bemerkt eine Besonderheit in der Darstellung, die die Handschriften UWa besonders miteinander verbinden (S. 66). Die Handschriften liefern jedoch auch den Beweis, daß U und W enger miteinander als mit a verbunden sind. Der unauffälligste Beweis ist hier der beste. In allen Handschriften ist die Reihenfolge dieser sieben Bilder die gleiche, nämlich Grammatica,

Dialéctica,

Rethorica, Geometría, Arismetrica,

Música

und

Astronomía. Eine Ausnahme bilden hier die beiden Handschriften U und W, in denen Geometrica nicht das vierte, sondern das zweite Bild ist. In beiden Handschriften befinden sich je sechs der Bilder auf Blatt 70 V, das erste auf 70 Rb. Wir bemerken, daß die Reihenfolge der Bilder in der Handschrift a die normale ist und müssen daher diese Änderung der Vorlage beider Handschriften zuschreiben. Da keinerlei Anzeichen einer solchen gemeinsamen Vorlage vorhanden sind, können wir eine direkte Abhängigkeit beider Handschriften geltend machen. Schon Oechelhäuser wies auf die oft leeren Schriftzettel in den Bildern der Handschrift W und sah daher die Hs. U als Vorlage von W an. Leider liegt es in der Natur der Sache, daß sich mit solchen Vergleichen die Frage gar nicht beantworten läßt, ob die eine oder die andere Handschrift eine Abschrift der anderen gewesen sei. Alle diese genannten Eigentümlichkeiten können auch entstanden sein, wenn wir uns das Verhältnis so vorstellen. VW*

V

Wir glauben, daß wir jedoch den Beweis erbringen können, daß W tatsächlich eine Abschrift von U ist. Der Schreiber von U macht nämlich mehrere Male dieselbe Art von Fehlern. Er schreibt scheinbar immer zwei Verse und verwechselt manchmal die Reihenfolge, und so schreibt 136

Nicht mitgezählt sind alle jene Stellen, an denen auch Hss. außer UWa Plus oder Minusverse haben.

78

Das Verhältnis der Handschriften zueinander

er den zweiten Vers vor dem ersten. Es sind nicht immer Reimpaare. Der Schreiber ist jedoch sehr aufmerksam, und so bemerkt er scheinbar sofort den Fehler. Er setzt kleine Buchstaben wie „a, b, c" an den Rand des Verses und bringt so die verdrehte Reihenfolge wieder in Ordnung. Die Buchstaben am Rande sind klein. Der ebenfalls sorgfältige Schreiber von IFbemerkt nun auch fast immer die kleinen Buchstaben und berichtigt seinen Text. Er übersieht aber auch einige Stellen (U Bl. 24 Ra, W 26 Rb, U Bl. 105Va, W 103 Va). Der Fehler, der jedoch beweist, daß W eine Abschrift von U ist, unterläuft diesem Schreiber nach der Darstellung der freien Künste. Alle Handschriften beginnen nach den Bildern mit Die besten die wir an grammatica han (V. 8937). So beginnt auch der Schreiber von U mit diesem Vers eine neue Textspalte (71 Ra). Er schreibt bis zu Vers 8941 und macht nun einen Schreibfehler, denn er ersetzt das Reimwort dieses Verses durch das des vorhergehenden. So erscheint Djalectica haut ouch an künste wol. Der Schreiber bemerkt sofort seinen Fehler, denn dies ml ist das Reimwort des vorhergehenden Verses. Er schreibt also den ganzen Vers noch einmal, jedoch als Extravers über den normalen Schriftspiegel und setzt ein kleines a daneben. Auf den fehlerhaften Vers in der Spalte folgt nun der nächste Vers und daneben steht ein kleines b. Der Schreiber von W sieht die Textverwirrung und zieht den „b-Vers" nach oben zum Spaltenanfang und wiederholt obendrein noch den fehlerhaften Vers, der also keine Entsprechung hat. In der Handschrift W beginnt daher der Text nach den Darstellungen der freien Künste mit Djalectica haut och an künste stat / Das sint die besten die sie haut j Die besten die wir an gramatica han / . . . (Bl. 71 Ra). Das ist der unwiderlegliche Beweis, daß W aus U abgeschrieben worden ist, denn der Fehler von W erklärt sich nur aus der falschverstandenen Korrektur von U. Wäre es umgekehrt gewesen, so hätte U seinen Text, so wie W, innerhalb des normalen Schriftspiegels zu schreiben begonnen. Wir haben ebenfalls 6000 Reime auf selbständigen Ausfall von Versen geprüft und sind zu einem negativen Ergebnis gekommen. Die Handschriften folgen durch dick und dünn miteinander, und wenn W Textausfall hat, dann auch immer in U und umgekehrt. Wir zitieren noch einige Varianten, die das allerengste Verhältnis der beiden Handschriften zeigen, und wir wissen nun, daß der Schreiber von W die Handschrift U abschreibt und aus seiner Vorlage einen Schreibfehler übernimmt. Der beste Beleg ist Vers 303 in dem UW-.X eine völlig sinnlose Verschreibung teilen. Der Vers lautet: Der ungeschlachten Kinde pil UW. Alle anderen Hss. haben natürlich spil. Da der Schreiber von W der Hs. U oft bis in die kleinsten und ungewöhnlichsten Einzelheiten folgt,

Die Gruppe UWac*

79

sehen wir auch hier dasselbe Bild. Die Varianten der Verse 357—58, 1126, 1227, 1682—86 können zur weiteren Bestätigung der Verhältnisse herangezogen werden, die wir graphisch darstellen.

Der Wert der Handschrift W liegt darin, daß sie uns ermöglicht, den Text der Handschrift U an jenen Stellen aufzufüllen, wo heute Blätter ausgefallen sind. Der Wert von UWa* liegt in der Vollständigkeit der Übergangsformeln zu den einzelnen Büchern und besonders der prosaischen Inhaltsangabe. Von besonderer Wichtigkeit sind ebenfalls die freigelassenen Seiten vor der großen Lücke V. 14201—14520, die in den meisten Handschriften vorkommt und die nicht erst in UWa* entstand. Die Handschrift W schließt bereits den freigelassenen Raum, die Schreiber von U und a sind sich des Textverlusts noch bewußt und lassen für die Verse Platz. (t/Bl. 104Vb—105Rb, a Bl. 99 Va—lOORa)137. Dieser Umstand wird für die Gliederung der Überlieferung noch von Bedeutung werden. 3. Die Untergruppe UWa* und die Handschrift c Charakterisiert sich UWa* durch ein Kürzen des überlieferten Texts, so ist dies bei der Handschrift c in keiner Weise der Fall. Es ist charakteristisch für diesen Schreiber, versehentlich die Reimworte gleichzumachen oder einen Vers zu überspringen, sonst aber gehört c zu den Handschriften mit den wenigsten Lücken. UWa* kann also nicht die Vorlage von c gewesen sein. Da jedoch c mit UWa* in engerer Verbindung steht als mit S oder irgend einer anderen Handschrift, so ist es möglich und wahrscheinlich, daß die Vorlage von c auch die von UWa* gewesen ist. Eine gemeinsame Auslassung scheint diese Annahme zu bestätigen, denn in UWac fehlen V. 7343—46. Alle anderen Handschriften haben die Verse. Aber auch in einer Fülle von gemeinsamen Textvarianten zeigt sich UWac. Diese Bezeichnung ist eigentlich nach dem bisher Gesagten schon nicht mehr richtig, denn wenn sich die Grup137

Das Schließen der sichtbaren Lücke durch If ist ein weiterer Hinweis, daß U nicht aus W entstanden sein kann.

80

Das Verhältnis der Handschriften zueinander

pe so entwickelt hat, wie wir es dargestellt haben, so wäre es eigentlich richtiger, von caUW zu sprechen. Wir behalten jedoch noch die alte Bezeichnung bei, weil wir bisher von UWac gesprochen haben. Für UWac* sprechen folgende Varianten aus dem Bereich des ersten Buches, welche sich jedoch beliebig ergänzen lassen, wenn man das Material aus den anderen Büchern hinzuzieht. V. 1559—62 erchennen die valschen minnaere die sich verwegen hant der ere. Ich lerte manigen schonen list daz man baz sine ere frist 138 .

AGD

erchennen die valschen minnere die sich niht schämen der mere Ich lerte vil schöner liste daz man sin ere baz gefriste.

S

und erkennen die falschen minnere die sich nit schament der falschen mere Ich lerte vil schöner liste daz man sin ere bas friste.

UWac

In den Handschriften EHKMb fehlt das sin des letzten Verses. Die Einheit der Gruppe UWac zeigt sich in unserem Beispiel deutlich. Es zeigt sich aber ebenfalls die Richtung der Überlieferung. UWac steht in enger Verbindung mit der alten Handschrift S, fügt aber falschen hinzu. Auch EHKMb zeigen die Verwandtschaft mit S, es fehlt jedoch das Poss. Pronomen des letzten Verses. Vers 1123 bietet in AGDSEHKMb von der abentüre rat. Die Handschriften UWac gehen wieder einen eigenen Weg. UWa schreiben gedaut für rat, c schreibt dat. Aus dem Wort Rat wird also Tat. Das dat von c läßt sich leicht als eine Verlesung des rat der Vorlage erklären, denn der Buchstabe r und t, wie auch c sind in manchen Handschriften sehr ähnlich. Das als t gelesene r erscheint nun im mundartlichen d von / dät / und wird von UWa zu gedaut gemacht. Das u ist natürlich als schwäbischer Diphthong zu verstehen, denn alle drei Handschriften kommen aus Schwaben. Zu Vers 243—44 bietet die Hs. A: X Swer durch rum nahts umberit / Od bi ainem %aune lit. Swer durch ruom nahtes umbe get oder bi einem zuone stet. (D tuende, gat, stat) Wer durch ruom nahtes umb get oder by ainer wende stet. 138

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UWa

Die Hs. A hat bewegent statt verwegen, D hat biß statt baz unx

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DEUTSCHE NEUDRUCKE R E I H E : TEXTE D E S MITTELALTERS

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