Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation in Deutschland und den USA: Zugleich ein Beitrag zur Systematik des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB 9783161539398, 9783161538964

Wer haftet Kapitalanlegern, wenn aufgrund von fehlerhafter Marktinformation Kursverfälschungen und Vermögensschäden eint

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German Pages 435 [437] Year 2015

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Untersuchungsgegenstand
B. Begriffsbildung: Wer ist Sekundärakteur?
I. Erfasste Akteure
II. Ausgenommene Akteure
1. Finanzanalysten und Wertpapierdienstleister
2. Ratingagenturen
3. Organisatorisch beim Emittenten verortete Akteure (Geschäftsleiter, Angestellte)
III. Sonderstellung der Wirtschaftsprüfer
C. Gang der Untersuchung
Kapitel 1 – Bestandsaufnahme: Adressaten der Informationshaftung im deutschen Kapitalmarktrecht
A. Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts
I. Das Verhältnis von Anleger- und Funktionenschutz
II. Verhaltenssteuerung und Vertrauensbildung durch effektive Haftungsmechanismen
1. Grundproblem der Informationsasymmetrie
2. Notwendigkeit einer effektiven Haftung bei Fehlinformation
3. Unzulänglichkeit des gegenwärtigen Entwicklungsstandes
B. Haftungstatbestände am Primärmarkt
I. Überblick über den Normenbestand
1. Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz
2. Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz
3. Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch
4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
5. Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlage nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz
II. Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz
1. Haftung für fehlerhafte Prospekte nach den §§ 21, 22 WpPG
a) Anspruchsvoraussetzungen des § 21 WpPG
b) Anspruchsvoraussetzungen nach § 22 WpPG
c) Anspruchsverpflichteter
aa) Prospektverantwortlicher nach § 21 Abs. 1 Ziff. 1 WpPG
bb) Prospektveranlasser nach § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG
cc) Expertenhaftung
dd) Insbesondere: Haftung der Wirtschaftsprüfer
(1) Prospekthaftung des Abschlussprüfers für das Pflichttestat
(2) Anderweitige Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers
d) Verschuldensmaßstab und Haftungsausschluss
aa) Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
bb) Haftungsausschlüsse, weitergehende Ansprüche
2. Haftung bei fehlendem Prospekt, § 24 WpPG
a) Anspruchsvoraussetzungen
b) Anspruchsverpflichtete
aa) Emittent und Anbieter
bb) Ablehnung des „Angebotsveranlassers“
cc) Expertenhaftung
dd) Einschränkungen
c) Verschuldensmaßstab
d) Haftungsausschluss, Haftungsbeschränkungen, weitergehende Ansprüche
III. Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz
1. Haftung bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt, § 20 VermAnlG
a) Anspruchsvoraussetzungen
b) Anspruchsverpflichtete
aa) Prospektverantwortlicher und Prospektveranlasser
bb) Ablehnung einer Expertenhaftung
(1) Grundsatz
(2) Keine Erweiterung durch § 3 VermVerkProspV
(3) Keine Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung
c) Verschuldensmaßstab und Haftungsausschluss
2. Haftung bei fehlendem Verkaufsprospekt, § 21 VermAnlG
a) Anspruchsvoraussetzungen
b) Anspruchsverpflichtete
aa) Emittent
bb) Anbieter
cc) Weitere Anspruchsverpflichtete, Expertenhaftung
c) Verschuldensmaßstab
d) Anspruchsausschluss, Verhältnis zu weiteren Ansprüchen
3. Haftung bei unrichtigem Vermögensanlagen-Informationsblatt, § 22 VermAnlG
a) Anspruchsvoraussetzungen
b) Anspruchsverpflichtete
aa) Anbieter
bb) Weitere Anspruchsgegner
c) Verschuldensmaßstab
d) Anspruchsausschluss, Haftungsbeschränkungen, weitergehende Ansprüche
IV. Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch
1. Haftung bei unrichtigem Prospekt, § 306 Abs. 1 KAGB
2. Haftung für fehlerhafte wesentliche Anlegerinformationen, § 306 Abs. 2 KAGB
3. Anspruchsverpflichtete
a) Anspruchsgegner nach § 306 Abs. 1, 2 KAGB
b) Im fremden Namen handelnde Anlagevermittler
c) Weitere Anspruchsgegner
4. Abweichungen zur Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz
V. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
1. Verbleibender Anwendungsbereich
2. Anspruchsvoraussetzungen
3. Anspruchsverpflichtete
a) Voll Verantwortliche: Prospektverantwortliche und Hintermänner
b) Sachlich beschränkt Verantwortliche: Experten, Garanten
c) Keine Haftung der Anlagegesellschaft und der Mitgesellschafter
4. Verschuldensmaßstab
5. Weitere Anspruchsgegner, Prospekthaftung im weiteren Sinne
VI. Haftung bei fehlerhafter Angebotsunterlage, § 12 WpÜG
1. Anspruchsvoraussetzungen
2. Anspruchsverpflichtete
a) Der für die Angebotsunterlage verantwortlich Zeichnende
b) Veranlasser der Angebotsunterlage
c) Expertenhaftung
VII. Ausgewählte Reformbestrebungen
1. Beschlüsse des 64. DJT 2002
2. Der Diskussionsentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz, 2004
a) Diskussionsentwurf für einen § 44a BörsG
b) Bewertungen der Norm in der Literatur
3. Ausblick
VIII. Gegenwärtige und absehbare Einflüsse des Europarechts
IX. Zusammenfassung
C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt
I. Schutzzwecke des Wertpapierhandelsgesetzes
1. Strukturunterschiede zum Primärmarkt
2. Typisierung nach Art der fehlerhaften Information
II. Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität
1. Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, § 15 WpHG
2. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG
a) Anspruchsvoraussetzungen
aa) Vorliegen einer mitteilungspflichtigen Tatsache
bb) Tathandlung
(1) § 37b WpHG: Unterlassung bzw. Verzögerung der Veröffentlichung
(2) § 37c WpHG: Veröffentlichung einer unwahren Information
cc) Transaktionserfordernis
dd) Haftungsbegründende Kausalität und ersatzfähiger Schaden
(1) Streitstand zum ersatzfähigen Schaden
(2) Die IKB-Entscheidung des BGH
(3) Ergebnis
ee) Verschulden
b) Anspruchsgegner
aa) Emittent als einziger Haftungsadressat
bb) Ablehnung von Erweiterungen
c) Zwischenergebnis
3. Haftung gem. § 826 BGB
a) Anspruchsvoraussetzungen nach der Rechtsprechung
aa) Sittenwidrigkeit
bb) Vorsatz
cc) Haftungsbegründende Kausalität, Ablehnung von Beweiserleichterungen
(1) Anscheinsbeweis
(2) Anlagestimmung
(3) Weitere Ansätze, dem Geschädigten die Beweislast zu erleichtern
(4) Ergebnis
b) Art und Umfang des Schadensersatzes
c) Anspruchsgegner
d) Kritik
aa) Ermittlung der Sittenwidrigkeit
bb) Feststellung des Schädigungsvorsatzes
cc) Kausalität, Ablehnung von Beweiserleichterungen
dd) Schaden
ee) Verzicht auf ein Transaktionserfordernis
e) Grundlegende Kritik an der Heranziehung des § 826 BGB
f) Stellungnahme
g) Haftung Dritter
4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
5. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Schutzgesetz
a) Zur Schutzgesetzproblematik im Kapitalmarktrecht
b) Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft von § 15 WpHG
c) Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft von § 20a WpHG
d) § 264a StGB, § 263 StGB, § 400 AktG
6. Ergebnis
III. Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität
1. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG analog
2. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
3. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG
a) Schutzgesetzcharakter der §§ 37v, 37w, 37x WpHG
aa) Für den Schutzgesetzcharakter
bb) Wider den Schutzgesetzcharakter
cc) Stellungnahme
b) Anspruchsvoraussetzungen
aa) Fehlerhafte, verzögerte oder unterlassene Veröffentlichung
bb) Transaktionserfordernis
cc) Haftungsbegründende Kausalität und ersatzfähiger Schaden
dd) Verschuldensmaßstab: Gesamtanalogie
c) Passivlegitimation
d) Haftungsausschluss
4. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. drittschützender Strafnorm
a) Geeignete Strafvorschriften
b) Verletzung einer Strafnorm
c) Verschuldensmaßstab
d) Passivlegitimation
e) Ersatzfähiger Schaden
5. Haftung gem. § 826 BGB
6. Dritthaftung, insbesondere der Wirtschaftsprüfer
IV. Haftung bei fehlerhafter freiwilliger Publizität
1. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG analog
2. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 400 AktG
3. Haftung gem. § 826 BGB
4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
5. Haftung aus § 311 Abs. 2, 3 BGB, culpa in contrahendo
V. Ausgewählte Reformvorschläge
1. Regierungskommission Corporate Governance 2001
2. 64. Deutscher Juristentag 2002
3. Der Diskussionsentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz, 2004
4. Keine Folgerungen für die Teilnehmerhaftung
VI. Gegenwärtige und künftige Einflüsse des Europarechts
D. Zusammenfassung
Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation im US-amerikanischen Recht
A. Einzelstaatliche Blue Sky Laws vs. Bundesrecht
B. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933
I. Haftung nach sec. 12(a) Securities Act 1933
1. Allgemeine Haftungsvoraussetzungen
2. Keine Anwendbarkeit am Sekundärmarkt
3. Anwendbarkeit gegenüber Sekundärakteuren
4. Ergebnis
II. Haftung nach sec. 11 Securities Act 1933
1. Sachlicher Anwendungsbereich
2. Anspruchsverpflichtete
3. Anwendbarkeit auf Sekundärakteure?
III. Statutarische Haftungserweiterungen auf Sekundärakteure
1. Controlling person liability nach sec. 15(a) SA 1933
2. Aiding and abetting liability nach sec. 15(b) SA 1933
IV. Zusammenfassung
C. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Exchange Act 1934
I. Zentrale Anspruchsgrundlage: sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5
1. Konstruktion als flexible „catch-all clause“
2. Zusammenspiel von Gesetzesnorm und SEC Rule
3. Anspruchsvoraussetzungen
a) Fehldarstellung: making of a material misrepresentation or omission
aa) Gehalt des „to make“ a misrepresentation
bb) Wesentlichkeit, materiality
cc) Behandlung des Unterlassens: omission
dd) Prognosen
b) Verschuldensmaßstab: scienter
c) Transaktionserfordernis: in connection with a purchase or sale of a security
d) Haftungsbegründende Kausalität: reliance
aa) Vertrauen auf pflichtwidriges Unterlassen?
bb) Anerkennung der fraud on the market theory
cc) Anwendungsvoraussetzungen der fraud on the market theory
dd) Aktuelle Kritik am reliance-Erfordernis
e) Schaden, economic loss und haftungsausfüllende Kausalität, loss causation
4. Sec. 10(b) SEA 1934 und private enforcement
a) Anerkennung des implied private right of action durch den Supreme Court
b) Missbrauchsrisiken
aa) Reaktionen des Gesetzgebers
bb) Gesinnungswandel des Supreme Court
cc) Position der SEC
c) Aktuelle Strömungen
II. Entwicklung der Haftung von Sekundärakteuren bis 1994
1. Ausgangslage
2. Anspruchsvoraussetzungen für eine Haftung wegen aiding and abetting
a) Vorliegen einer Primärverletzung
b) Kenntnis des Sekundärakteurs von der Verletzung, knowledge/awareness
aa) Begriffsklärung
bb) General awareness/knowledge von der Primärverletzung
cc) Praktische Relevanz der Problematik
c) Vorsätzliche Gehilfenhandlung: knowing and substantial assistance
aa) Objektive Komponente: substantial assistance
bb) Subjektive Komponente: knowing participation
(1) Implikationen aus Ernst & Ernst v. Hochfelder
(2) Differenzierungsansätze der Folgerechtsprechung
cc) Behandlung des Unterlassens
dd) Kausalitätserfordernis?
d) Zusammenfassung: aiding and abetting liability bis 1994
3. Weitere Konzepte zur derivativen Haftung von Sekundärakteuren
a) Conspiracy liability
b) Respondeat superior (agency) und controlling person liability
aa) Anwendungsbereich
bb) Anwendbarkeit von respondeat superior neben sec. 20(a) SEA 1934?
4. Private enforcement bis 1994
5. Reservation der Frage durch den Supreme Court – beredtes Schweigen?
III. Die „Central Bank“-Entscheidung des Supreme Court (1994)
1. Sachverhalt
2. Verfahrensgang
3. Entscheidung
a) Wortlautanalyse
b) Systematisches Argument
c) Intention des historischen Gesetzgebers der Kapitalmarktgesetze
d) Gesetzgebungshistorie seit Inkrafttreten der Kapitalmarktgesetze
e) Policy-Erwägungen, Schutzzweck der Norm
f) Drohender Wertungswiderspruch zum Strafrecht
4. Dissenting opinion
5. Kritik
a) Methodische Einwände
b) Fehlinterpretation des historischen Gesetzgebers
c) Einseitige und überproportionale Berücksichtigung von policy-Argumenten
6. Folgenbetrachtung
IV. Private Securities Litigation Reform Act von 1995
1. Schaffung von sec. 20(f) SEA 1934 – liability of those who aid and abet
2. Verschärfung der Beibringungslast
a) Making of an untrue statement or fact bzw. omission
b) Defendant’s mental state
c) Economic loss und loss causation
3. Begrenzung der joint and several liability auf vorsätzliches Handeln
V. Lösungen der Courts of Appeal in den verschiedenen Circuits
1. Bright Line Test/Attribution Test
2. Substantial Participation Test
3. Co-Author Standard/Creator Standard
4. Scheme Liability
VI. Die „Stoneridge“-Entscheidung des Supreme Court (2008)
1. Sachverhalt und Verfahrensgang
2. Problemstellung
3. Entscheidung
4. Dissenting opinion
5. Reaktionen aus dem Schrifttum
6. Auswirkungen
7. Verarbeitung in der Folgerechtsprechung
VII. Aufkommen der Implied Statement Theory
VIII. Die „Janus“-Entscheidung des Supreme Court (2011)
1. Sachverhalt und Verfahrensgang
2. Problemstellung
3. Entscheidung
4. Dissenting opinion
5. Reaktionen aus dem Schrifttum
6. Auswirkungen
IX. Aktuelle Rechtslage
1. Vertane Chancen? Jüngere Gesetzgebungsinitiativen
a) Gesetzesentwürfe zur Etablierung einer private aiding and abetting liability
aa) Liability for Aiding and Abetting Securities Violations Act of 2009
(1) Stellungnahmen gegen den Entwurf
(2) Stellungnahmen zugunsten des Entwurfs
bb) Resultate der Anhörung
b) Aiding and abetting liability im Dodd-Frank Act 2010
2. Gutachten des Government Accountability Office infolge des Dodd-Frank Act
3. Handlungsmöglichkeiten der SEC, des Department of Justice und privater Geschädigter
4. Reformanregungen aus dem Schrifttum
X. Eigene Stellungnahme
D. Ergebnisse der Untersuchung des US-amerikanischen Rechts
Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata
A. Vertragliche und quasivertragliche Ansätze
I. Vertragsrechtliche Dritthaftung am Primärmarkt
1. Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB
a) Entwicklungsstand der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung
b) Ablehnung darüber hinausgehender Erweiterungen
aa) Sperrwirkung der Prospekthaftungstatbestände
bb) Fehlendes Näheverhältnis
cc) Zwischenergebnis
2. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
a) Voraussetzungen der Einbeziehung
aa) Leistungsnähe des Dritten
bb) Einbeziehungsinteresse (Gläubigernähe)
cc) Erkennbarkeit
dd) Schutzbedürftigkeit des Dritten
b) Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers für das Pflichttestat
aa) Anwendbarkeit
bb) Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse
cc) Erkennbarkeit
dd) Schutzbedürftigkeit des Dritten
ee) Zwischenergebnis
c) Kritik aus der Literatur
d) Keine Dritthaftung anderer Sekundärakteure
3. Ergebnis
II. Vertragsrechtliche Dritthaftung am Sekundärmarkt
1. Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB
2. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
3. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
4. Ergebnis
B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB
I. Regelungsgegenstand
II. Ratio der Vorschrift
III. Die verschiedenen Beteiligungsformen
1. Mittäterschaft
a) Vorsätzliches Zusammenwirken
b) Objektive Mitwirkungshandlung
c) Nachrangige Bedeutung für die vorliegende Untersuchung
2. Beihilfe
a) Gehilfenhandlung: Vorsätzliche Förderung einer vorsätzlichen Haupttat
aa) Abkehr vom Vorsatzerfordernis beim Gehilfen?
bb) Abkehr vom Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat?
cc) Insbesondere: Beihilfe zur fahrlässigen Insolvenzverschleppung
dd) Stellungnahme zum Vorsatzerfordernis
(1) Argument der Einheit der Rechtsordnung
(2) Historisches Argument
(3) Systematisches Argument
(4) Teleologische Erwägungen, ratio legis
(5) Ergebnis
b) Einwand fehlender Kausalität der Beihilfehandlung?
aa) Präzisierung der Anknüpfungspunkte
bb) Analyse des Meinungsstandes
cc) Stellungnahme
c) Sonderproblematik der „neutralen Beihilfe“
aa) Leitlinien der strafrechtlichen Rechtsprechung
bb) Übertragbarkeit auf § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB
cc) Stellungnahme
3. Anstiftung
a) Hervorrufen des Tatentschlusses
aa) Hervorrufen: Kausalität der Einwirkung für den Entschluss
bb) Tatentschluss: Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat
b) Vorsatz des Anstifters, Ablehnung der „fahrlässigen Anstiftung“
aa) Schutzzweck und ratio legis des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB
bb) Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Anstiftung
IV. Rechtsfolge
C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Kapitalmarktrecht
I. Europarechtliche Zulässigkeit
1. Gegenwärtig
2. Jüngste Reformen
II. Entwicklung der maßgeblichen Kriterien
1. Begrenzte Leistungsfähigkeit der herkömmlichen Abgrenzung
2. Auslegung des Anwendungsbereichs von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB
a) Wortlaut
b) Systematik
c) Gesetzeshistorie
d) Teleologische Erwägungen
e) Ergebnis
3. Vorzüge einer funktionalen Betrachtung
a) Entfaltung der zu berücksichtigenden Kriterien und Wertungen
b) Erste Erkenntnisse aus dem Rechtsvergleich
aa) Grundsätzliches
bb) Insbesondere: Missbrauchsrisiko
4. Methodische Verortung: direkte Anwendbarkeit
5. Alternativ: analoge Anwendung
6. Ergebnis
III. Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB am Primärmarkt
1. Keine Anwendung auf die Prospekthaftungstatbestände
a) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
b) Kodifizierte Prospekthaftung
2. Ausnahmen
a) Teilnehmerhaftung im Rahmen von § 306 KAGB
b) Verstoß gegen drittschützende Strafgesetze
3. Implikationen aus dem Rechtsvergleich
4. Ergebnis
IV. Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB am Sekundärmarkt
1. Ad-hoc-Publizität
a) Keine abschließende Regelung
b) Funktionale Analyse
c) Alternative Begründungsansätze
aa) Deliktische Qualifikation der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität
(1) Argumente für eine deliktsrechtliche Einordnung
(2) Hinweise aus der Rechtsprechung
(3) Zwischenergebnis
bb) Hilfsweise: Analogie
d) Diskussion möglicher Einwände
aa) Rechtsnatur der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc- Publizität
bb) Konflikt zum Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 WpHG
cc) Gesellschaftsrechtliche Einwände
dd) Wertungsparallele zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung
ee) Divergierende Verschuldensmaßstäbe
e) Ergebnis
2. Regelpublizität
a) Keine abschließende Regelung
b) Funktionale Analyse
c) Ergebnis
3. Freiwillige Marktkommunikation
a) Keine abschließende Regelung
b) Funktionale Analyse
c) Ergebnis
V. Zwischenergebnis
D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen
I. §§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB
1. Voraussetzungen
a) Anspruch aus vorsätzlich verwirklichter Haupttat
b) Tauglicher Teilnehmer
c) Vorsätzliche Beteiligung
d) Kein Auftreten nach außen erforderlich
2. Rechtsfolge
a) Grundsatz: Gesamtschuld
b) Einschränkung bei fehlender Kausalität der geleisteten Beihilfe?
3. Vorzüge dieser Lösung gegenüber einem Abstellen auf § 826 BGB
a) Sittenwidrigkeitsverdikt
b) Haftungsbegründende Kausalität
II. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG
1. Anspruchsvoraussetzungen
a) Vorsätzlicher Normverstoß
b) Tauglicher Teilnehmer
c) Vorsätzliche Teilnahmehandlung
d) Kein Auftreten nach außen notwendig, kein Einwand fehlender Kausalität
2. Rechtsfolge
3. Vorzüge dieser Lösung gegenüber einem Abstellen auf § 826 BGB
III. Übergreifend anwendbare, genuin deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen
1. §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB
a) Voraussetzungen
b) Erfasste Akteure
c) Rechtsfolge
d) Anwendungsbeispiel
2. § 826 BGB
a) Voraussetzungen
b) Rechtsfolge
c) Begrenzte Bedeutung für die Rechtsrealität
3. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. Schutzgesetzen
IV. Teilnehmerhaftung am Primärmarkt
1. Teilnehmerhaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch
2. Haftung bei Teilnahme an Verletzung drittschützender Strafnorm
E. Ergebnisse der Untersuchung des deutschen Rechts
Kapitel 4 – Vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse
A. Teilnehmerhaftung am Primärmarkt
B. Teilnehmerhaftung am Sekundärmarkt
C. Schlussfolgerungen und Empfehlungen de lege ferenda
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der zitierten US-amerikanischen Rechtsprechung
US Supreme Court
Bundesappellationsgerichte (Circuit Courts of Appeal)
Bundesgerichte erster Instanz (Circuit Courts)
Gliedstaatliche Gerichte
Sachverzeichnis
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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 341 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Malte Stübinger

Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation in Deutschland und den USA Zugleich ein Beitrag zur Systematik des §  830 Abs.  1 S.  1, Abs.  2 BGB

Mohr Siebeck

Malte Stübinger, geboren 1986; 2005–2009 Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg; 2009–2015 Mitarbeiter am Max Planck Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg; Forschungsaufenthalte an der University of Cambridge, UK (Wolfson College), in Breslau (PL) und Valencia (ESP); Lehraufträge an der Universität Hamburg und an der China University of Political Science and Law, Peking (CHN); seit 2013–2015 Rechtsreferendar am Hanseatischen OLG, Hamburg.

e-ISBN PDF 978-3-16-153939-8 ISBN 978-3-16-153896-4 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2015  Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­ tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max Planck Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg entstanden, wo ich für insgesamt fünf Jahre, zunächst als Student, später als Doktorand, arbeiten und forschen durfte. An diese Zeit, die mich in vielfacher Weise fachlich wie persönlich geprägt hat, werde ich stets sehr gern zurückdenken. Großzügig finanziell gefördert wurde das Projekt durch ein Stipendium der FAZIT Stiftung. Besonderen Dank möchte ich zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Holger Fleischer, LL.M. aussprechen, der mir beim Erstellen der Arbeit die größtmögliche Freiheit gelassen sowie mich in jeder Hinsicht unterstützt und gefördert hat. Zu danken ist auch Prof. Dr. Florian Faust fur die Erstellung des Zweitgutachtens. Zudem danke ich den Direktoren des MPI sehr für die Aufnahme in diese Schriftenreihe und die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses. Frau Prof. Dr. Bettina Heiderhoff ermöglichte mir durch die Aufnahme in das Ringreisestipendium PEPP – Programme in European Law for Postgraduates – im Jahrgang 2011/12 den aktiven und überaus fruchtbaren Austausch mit Doktoranden sowie Wissenschaftlern und Praktikern aus diversen EUMitgliedstaaten. Dies hat mein juristisches Denken nachhaltig beeinflusst und ganz nebenbei die Grundlage für mehrere Freundschaften gelegt, die bis heute fortbestehen und zudem Quell eines fortschreitenden fachlichen Austausches sind. Hierfür, wie auch für ihre stets wohlwollende Unterstützung in meiner gesamten Ausbildung, danke ich ihr herzlich. Meiner lieben Familie, Angela, Dirk und Thorben Stübinger, möchte ich fur ihre Liebe, ihr Verständnis und ihren uneingeschränkten Rückhalt danken. Euch verdanke ich vieles von der Kraft und Ausdauer, die mir dieses Vorhaben streckenweise abverlangte. In ganz besonderer, ja einzigartiger Weise, hat zum Gelingen der Arbeit Dr. Marlen Thaten beigetragen, mit der ich die Ehre hatte, über mehrere Jahre das Büro zu teilen, die Höhen und Tiefen des Doktorandendaseins gemeinsam zu durchschreiten und diese Mammutaufgabe schließlich erfolgreich zu bewältigen. Liebe Lene, Du bist eine ganz wunderbare Freundin und mir eine wichtige Stütze in allen Lebenslagen, und es war eine unglaublich tolle Zeit!

VI

Vorwort

Schließlich haben meine guten Freunde Stine von Förster, Dr. Christian Steger und Andreas Straßer mir, über die vielen anregenden Gespräche im Verlauf der Erstellung der Arbeit hinaus, kurz vor Fertigstellung den unschätzbar wertvollen Dienst erwiesen, jeweils das gesamte Manuskript kritisch durchzusehen und mit mir zu besprechen. Eure konstruktiven Hinweise haben mir sehr geholfen, den Text in seine endgültige Fassung zu bringen. Keinesfalls unerwähnt bleiben soll auch Malte Brauer, der zwar erst kurz vor Abgabe der Arbeit in mein Leben trat, dieses aber seitdem geprägt und aufs Beste beeinflusst hat wie kein Anderer zuvor, und der mir auf den letzten Metern der Dissertation zu einem ganz bemerkenswerten, wichtigen Motivationsschub verhalf. Ihm ist diese Schrift in Dankbarkeit und Liebe gewidmet. Auch möchte ich meiner lieben, seit vielen Jahren besten Freundin Jasmin Graßhoff und mit ihr auch stellvertretend meinem gesamten Freundeskreis danken für all die mir entgegengebrachte Nachsicht und Geduld, und vor allem die schier unerschöpfliche Bereitschaft, mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und mir wohlige Rückzugsorte jenseits der Juristenwelt zu bieten. Dass dies stets der Fall war und ist, obschon ich gerade in der Zeit der Fertigstellung der Arbeit nicht nur ums eine Mal kurzfristig habe seit langem geplante Verabredungen absagen müssen, ist sicherlich keine Selbstverständlichkeit. Ein abschließender, großer Dank geht schließlich an Frau Janina Jentz, die mit unermüdlichem Einsatz die Endredaktion des Dokumentes übernommen und mich bei den finalen Arbeiten zur Veröffentlichung in vortrefflicher Weise unterstützt hat. Die Arbeit wurde im Dezember 2012 fertiggestellt und im Herbsttrimester 2014 von der Bucerius Law School – Hochschule für Rechtswissenschaft – in Hamburg als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 21. Januar 2015 statt. Für die Drucklegung wurden neu erschienene Literatur und Rechtsprechung sowie Änderungen der untersuchten Vorschriften weitgehend berücksichtigt, die Aktualisierungen befinden sich auf dem Stand von Juni 2015. Hamburg, im August 2015

Malte Stübinger

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ IX Abkürzungsverzeichnis .......................................................................... XXIII

Einleitung................................................................................................... 1 A. B. C.

Untersuchungsgegenstand ..................................................................... 4 Begriffsbildung: Wer ist Sekundärakteur? ............................................. 4 Gang der Untersuchung ......................................................................... 8

Kapitel 1 – Bestandsaufnahme: Adressaten der Informationshaftung im deutschen Kapitalmarktrecht............ 9 A. B. C. D.

Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts ............... 9 Haftungstatbestände am Primärmarkt ...................................................16 Haftungstatbestände am Sekundärmarkt ...............................................71 Zusammenfassung .............................................................................. 132

Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation im US-amerikanischen Recht ............................................ 135 A. B. C. D.

Einzelstaatliche Blue Sky Laws vs. Bundesrecht ................................ 138 Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933 ........... 140 Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Exchange Act 1934 ............................................................................................. 150 Ergebnisse der Untersuchung des US-amerikanischen Rechts ............ 271

VIII

Inhaltsübersicht

Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata.............. 273 A. B. C. D. E.

Vertragliche und quasivertragliche Ansätze ........................................ 273 Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ........................... 288 Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Kapitalmarktrecht ............................................................................... 317 Ausgewählte Anspruchsgrundlagen .................................................... 352 Ergebnisse der Untersuchung des deutschen Rechts ........................... 365

Kapitel 4 – Vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse ........................................................................ 367 A. B. C.

Teilnehmerhaftung am Primärmarkt ................................................... 367 Teilnehmerhaftung am Sekundärmarkt ............................................... 368 Schlussfolgerungen und Empfehlungen de lege ferenda ..................... 368

Literaturverzeichnis .................................................................................... 371 Verzeichnis der zitierten US-amerikanischen Rechtsprechung ................... 397 Sachverzeichnis .......................................................................................... 403

Inhaltsverzeichnis Vorwort ......................................................................................................... V Inhaltsübersicht .......................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis .......................................................................... XXIII

Einleitung................................................................................................... 1 A. B.

Untersuchungsgegenstand ..................................................................... 4 Begriffsbildung: Wer ist Sekundärakteur? ............................................. 4

I. II.

Erfasste Akteure .................................................................................... 5 Ausgenommene Akteure ....................................................................... 5 1. Finanzanalysten und Wertpapierdienstleister .................................... 6 2. Ratingagenturen................................................................................ 6 3. Organisatorisch beim Emittenten verortete Akteure (Geschäftsleiter, Angestellte) ............................................................ 7 III. Sonderstellung der Wirtschaftsprüfer .................................................... 7 C.

Gang der Untersuchung ........................................................................ 8

Kapitel 1 – Bestandsaufnahme: Adressaten der Informationshaftung im deutschen Kapitalmarktrecht............ 9 A.

Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts ................ 9

I. II.

Das Verhältnis von Anleger- und Funktionenschutz .............................10 Verhaltenssteuerung und Vertrauensbildung durch effektive Haftungsmechanismen ......................................................................... 12 1. Grundproblem der Informationsasymmetrie ....................................12 2. Notwendigkeit einer effektiven Haftung bei Fehlinformation ..........13 3. Unzulänglichkeit des gegenwärtigen Entwicklungsstandes ..............15

B.

Haftungstatbestände am Primärmarkt ..................................................16

I.

Überblick über den Normenbestand......................................................16

X

Inhaltsverzeichnis

1. 2. 3. 4. 5.

Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz .....................17 Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz ......................18 Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch .......................18 Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung.............................................18 Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlage nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz ......................................19 II. Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz ..........................19 1. Haftung für fehlerhafte Prospekte nach den §§ 21, 22 WpPG ..........19 a) Anspruchsvoraussetzungen des § 21 WpPG ................................19 b) Anspruchsvoraussetzungen nach § 22 WpPG ..............................22 c) Anspruchsverpflichteter .............................................................. 22 aa) Prospektverantwortlicher nach § 21 Abs. 1 Ziff. 1 WpPG .................................................................................. 22 bb) Prospektveranlasser nach § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG ............ 25 cc) Expertenhaftung ................................................................... 26 dd) Insbesondere: Haftung der Wirtschaftsprüfer ....................... 28 (1) Prospekthaftung des Abschlussprüfers für das Pflichttestat ...................................................................... 28 (2) Anderweitige Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers ............30 d) Verschuldensmaßstab und Haftungsausschluss ...........................31 aa) Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ................ 31 bb) Haftungsausschlüsse, weitergehende Ansprüche .................. 34 2. Haftung bei fehlendem Prospekt, § 24 WpPG..................................34 a) Anspruchsvoraussetzungen .........................................................35 b) Anspruchsverpflichtete ................................................................ 35 aa) Emittent und Anbieter .......................................................... 35 bb) Ablehnung des „Angebotsveranlassers“ ............................... 35 cc) Expertenhaftung ................................................................... 36 dd) Einschränkungen .................................................................. 37 c) Verschuldensmaßstab .................................................................. 37 d) Haftungsausschluss, Haftungsbeschränkungen, weitergehende Ansprüche ........................................................... 38 III. Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz ...........................39 1. Haftung bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt, § 20 VermAnlG .........41 a) Anspruchsvoraussetzungen .........................................................41 b) Anspruchsverpflichtete ................................................................ 42 aa) Prospektverantwortlicher und Prospektveranlasser ............... 42 bb) Ablehnung einer Expertenhaftung ........................................ 43 (1) Grundsatz ......................................................................... 43 (2) Keine Erweiterung durch § 3 VermVerkProspV ...............43 (3) Keine Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ................................................................ 44 c) Verschuldensmaßstab und Haftungsausschluss ...........................45

Inhaltsverzeichnis

XI

2. Haftung bei fehlendem Verkaufsprospekt, § 21 VermAnlG .............45 a) Anspruchsvoraussetzungen .........................................................45 b) Anspruchsverpflichtete ................................................................ 46 aa) Emittent................................................................................ 46 bb) Anbieter ............................................................................... 46 cc) Weitere Anspruchsverpflichtete, Expertenhaftung ................ 47 c) Verschuldensmaßstab .................................................................. 47 d) Anspruchsausschluss, Verhältnis zu weiteren Ansprüchen ..........47 3. Haftung bei unrichtigem Vermögensanlagen-Informationsblatt, § 22 VermAnlG ...................................................................... 48 a) Anspruchsvoraussetzungen .........................................................48 b) Anspruchsverpflichtete ................................................................ 49 aa) Anbieter ............................................................................... 49 bb) Weitere Anspruchsgegner..................................................... 49 c) Verschuldensmaßstab .................................................................. 49 d) Anspruchsausschluss, Haftungsbeschränkungen, weitergehende Ansprüche ........................................................... 49 IV. Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch ............................50 1. Haftung bei unrichtigem Prospekt, § 306 Abs. 1 KAGB ..................50 2. Haftung für fehlerhafte wesentliche Anlegerinformationen, § 306 Abs. 2 KAGB ........................................................................ 51 3. Anspruchsverpflichtete .................................................................... 51 a) Anspruchsgegner nach § 306 Abs. 1, 2 KAGB ............................51 b) Im fremden Namen handelnde Anlagevermittler .........................52 c) Weitere Anspruchsgegner ........................................................... 52 4. Abweichungen zur Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz ................................................................ 53 V. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung .................................................54 1. Verbleibender Anwendungsbereich .................................................54 2. Anspruchsvoraussetzungen .............................................................. 56 3. Anspruchsverpflichtete .................................................................... 57 a) Voll Verantwortliche: Prospektverantwortliche und Hintermänner .............................................................................. 58 b) Sachlich beschränkt Verantwortliche: Experten, Garanten ..........58 c) Keine Haftung der Anlagegesellschaft und der Mitgesellschafter ......................................................................... 61 4. Verschuldensmaßstab ...................................................................... 62 5. Weitere Anspruchsgegner, Prospekthaftung im weiteren Sinne ............................................................................................... 62 VI. Haftung bei fehlerhafter Angebotsunterlage, § 12 WpÜG ....................63 1. Anspruchsvoraussetzungen .............................................................. 64 2. Anspruchsverpflichtete .................................................................... 65 a) Der für die Angebotsunterlage verantwortlich Zeichnende ..........65

XII

Inhaltsverzeichnis

b) Veranlasser der Angebotsunterlage .............................................66 c) Expertenhaftung .......................................................................... 66 VII. Ausgewählte Reformbestrebungen .......................................................67 1. Beschlüsse des 64. DJT 2002........................................................... 67 2. Der Diskussionsentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz, 2004....................................................68 a) Diskussionsentwurf für einen § 44a BörsG..................................68 b) Bewertungen der Norm in der Literatur .......................................69 3. Ausblick .......................................................................................... 69 VIII. Gegenwärtige und absehbare Einflüsse des Europarechts .....................69 IX. Zusammenfassung ................................................................................ 70 C.

Haftungstatbestände am Sekundärmarkt...............................................71

I.

Schutzzwecke des Wertpapierhandelsgesetzes......................................71 1. Strukturunterschiede zum Primärmarkt ............................................72 2. Typisierung nach Art der fehlerhaften Information ..........................73 Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität...........................................74 1. Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, § 15 WpHG ......................................74 2. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG....................................................75 a) Anspruchsvoraussetzungen .........................................................76 aa) Vorliegen einer mitteilungspflichtigen Tatsache ................... 76 bb) Tathandlung ......................................................................... 77 (1) § 37b WpHG: Unterlassung bzw. Verzögerung der Veröffentlichung .............................................................. 77 (2) § 37c WpHG: Veröffentlichung einer unwahren Information....................................................................... 78 cc) Transaktionserfordernis ........................................................ 78 dd) Haftungsbegründende Kausalität und ersatzfähiger Schaden ................................................................................ 79 (1) Streitstand zum ersatzfähigen Schaden .............................79 (2) Die IKB-Entscheidung des BGH ......................................80 (3) Ergebnis ........................................................................... 81 ee) Verschulden ......................................................................... 82 b) Anspruchsgegner ......................................................................... 82 aa) Emittent als einziger Haftungsadressat ................................. 82 bb) Ablehnung von Erweiterungen ............................................. 84 c) Zwischenergebnis ........................................................................ 84 3. Haftung gem. § 826 BGB ................................................................ 84 a) Anspruchsvoraussetzungen nach der Rechtsprechung .................86 aa) Sittenwidrigkeit .................................................................... 86 bb) Vorsatz ................................................................................. 87

II.

Inhaltsverzeichnis

XIII

cc) Haftungsbegründende Kausalität, Ablehnung von Beweiserleichterungen ......................................................... 88 (1) Anscheinsbeweis .............................................................. 88 (2) Anlagestimmung .............................................................. 88 (3) Weitere Ansätze, dem Geschädigten die Beweislast zu erleichtern .................................................................... 89 (4) Ergebnis ........................................................................... 90 b) Art und Umfang des Schadensersatzes ........................................90 c) Anspruchsgegner ......................................................................... 91 d) Kritik........................................................................................... 91 aa) Ermittlung der Sittenwidrigkeit ............................................ 91 bb) Feststellung des Schädigungsvorsatzes ................................. 92 cc) Kausalität, Ablehnung von Beweiserleichterungen ............... 93 dd) Schaden ................................................................................ 94 ee) Verzicht auf ein Transaktionserfordernis .............................. 95 e) Grundlegende Kritik an der Heranziehung des § 826 BGB ..........96 f) Stellungnahme ............................................................................. 96 g) Haftung Dritter ............................................................................ 97 4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung.............................................98 5. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Schutzgesetz ....................99 a) Zur Schutzgesetzproblematik im Kapitalmarktrecht ....................99 b) Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft von § 15 WpHG ......... 102 c) Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft von § 20a WpHG ....... 103 d) § 264a StGB, § 263 StGB, § 400 AktG ..................................... 105 6. Ergebnis ........................................................................................ 108 III. Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität ............................................. 108 1. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG analog ...................................... 109 2. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung........................................... 111 3. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG ........................................................................................... 112 a) Schutzgesetzcharakter der §§ 37v, 37w, 37x WpHG ................. 112 aa) Für den Schutzgesetzcharakter ........................................... 112 bb) Wider den Schutzgesetzcharakter ....................................... 114 cc) Stellungnahme .................................................................... 115 b) Anspruchsvoraussetzungen ....................................................... 117 aa) Fehlerhafte, verzögerte oder unterlassene Veröffentlichung ................................................................ 117 bb) Transaktionserfordernis ...................................................... 117 cc) Haftungsbegründende Kausalität und ersatzfähiger Schaden .............................................................................. 118 dd) Verschuldensmaßstab: Gesamtanalogie .............................. 119 c) Passivlegitimation ..................................................................... 121 d) Haftungsausschluss ................................................................... 122

XIV

Inhaltsverzeichnis

4. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. drittschützender Strafnorm ...................................................................................... 122 a) Geeignete Strafvorschriften ....................................................... 122 b) Verletzung einer Strafnorm ....................................................... 123 c) Verschuldensmaßstab ................................................................ 123 d) Passivlegitimation ..................................................................... 123 e) Ersatzfähiger Schaden ............................................................... 124 5. Haftung gem. § 826 BGB .............................................................. 124 6. Dritthaftung, insbesondere der Wirtschaftsprüfer .......................... 125 IV. Haftung bei fehlerhafter freiwilliger Publizität ................................... 125 1. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG analog ...................................... 126 2. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 400 AktG .................... 127 3. Haftung gem. § 826 BGB .............................................................. 127 4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung........................................... 128 5. Haftung aus § 311 Abs. 2, 3 BGB, culpa in contrahendo............... 128 V. Ausgewählte Reformvorschläge ......................................................... 130 1. Regierungskommission Corporate Governance 2001 ..................... 130 2. 64. Deutscher Juristentag 2002 ...................................................... 130 3. Der Diskussionsentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz, 2004 ............................. 131 4. Keine Folgerungen für die Teilnehmerhaftung .............................. 132 VI. Gegenwärtige und künftige Einflüsse des Europarechts...................... 132 D.

Zusammenfassung .............................................................................. 132

Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation im US-amerikanischen Recht ............................................ 135 A. B. I.

Einzelstaatliche Blue Sky Laws vs. Bundesrecht ................................. 138 Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933 ........... 140

Haftung nach sec. 12(a) Securities Act 1933 ...................................... 141 1. Allgemeine Haftungsvoraussetzungen ........................................... 141 2. Keine Anwendbarkeit am Sekundärmarkt ...................................... 143 3. Anwendbarkeit gegenüber Sekundärakteuren ................................ 144 4. Ergebnis ........................................................................................ 145 II. Haftung nach sec. 11 Securities Act 1933........................................... 145 1. Sachlicher Anwendungsbereich ..................................................... 146 2. Anspruchsverpflichtete .................................................................. 147 3. Anwendbarkeit auf Sekundärakteure? ............................................ 147 III. Statutarische Haftungserweiterungen auf Sekundärakteure ................. 148

Inhaltsverzeichnis

XV

1. Controlling person liability nach sec. 15(a) SA 1933 .................... 148 2. Aiding and abetting liability nach sec. 15(b) SA 1933 ................... 149 IV. Zusammenfassung .............................................................................. 150 C.

Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Exchange Act 1934 ............................................................................................. 150

I.

Zentrale Anspruchsgrundlage: sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 .......................................................................................... 153 1. Konstruktion als flexible „catch-all clause“.................................. 153 2. Zusammenspiel von Gesetzesnorm und SEC Rule ......................... 155 3. Anspruchsvoraussetzungen ............................................................ 158 a) Fehldarstellung: making of a material misrepresentation or omission .................................................................................... 158 aa) Gehalt des „to make“ a misrepresentation ......................... 159 bb) Wesentlichkeit, materiality................................................. 160 cc) Behandlung des Unterlassens: omission ............................. 161 dd) Prognosen........................................................................... 161 b) Verschuldensmaßstab: scienter ................................................. 163 c) Transaktionserfordernis: in connection with a purchase or sale of a security ....................................................................... 165 d) Haftungsbegründende Kausalität: reliance ................................ 166 aa) Vertrauen auf pflichtwidriges Unterlassen? ........................ 167 bb) Anerkennung der fraud on the market theory ..................... 168 cc) Anwendungsvoraussetzungen der fraud on the market theory ................................................................................. 169 dd) Aktuelle Kritik am reliance-Erfordernis ............................. 170 e) Schaden, economic loss und haftungsausfüllende Kausalität, loss causation .......................................................... 171 4. Sec. 10(b) SEA 1934 und private enforcement .............................. 173 a) Anerkennung des implied private right of action durch den Supreme Court .......................................................................... 174 b) Missbrauchsrisiken .................................................................... 175 aa) Reaktionen des Gesetzgebers ............................................. 176 bb) Gesinnungswandel des Supreme Court ............................... 177 cc) Position der SEC ................................................................ 179 c) Aktuelle Strömungen................................................................. 179 Entwicklung der Haftung von Sekundärakteuren bis 1994 .................. 181 1. Ausgangslage ................................................................................ 182 2. Anspruchsvoraussetzungen für eine Haftung wegen aiding and abetting ................................................................................... 184 a) Vorliegen einer Primärverletzung .............................................. 185

II.

XVI

Inhaltsverzeichnis

b) Kenntnis des Sekundärakteurs von der Verletzung, knowledge/awareness ................................................................ 186 aa) Begriffsklärung .................................................................. 186 bb) General awareness/knowledge von der Primärverletzung ... 187 cc) Praktische Relevanz der Problematik ................................. 188 c) Vorsätzliche Gehilfenhandlung: knowing and substantial assistance .................................................................................. 189 aa) Objektive Komponente: substantial assistance................... 189 bb) Subjektive Komponente: knowing participation ................. 190 (1) Implikationen aus Ernst & Ernst v. Hochfelder .............. 191 (2) Differenzierungsansätze der Folgerechtsprechung .......... 191 cc) Behandlung des Unterlassens ............................................. 192 dd) Kausalitätserfordernis? ....................................................... 194 d) Zusammenfassung: aiding and abetting liability bis 1994 ......... 195 3. Weitere Konzepte zur derivativen Haftung von Sekundärakteuren .......................................................................... 195 a) Conspiracy liability ................................................................... 196 b) Respondeat superior (agency) und controlling person liability ...................................................................................... 197 aa) Anwendungsbereich ........................................................... 197 bb) Anwendbarkeit von respondeat superior neben sec. 20(a) SEA 1934? ......................................................... 198 4. Private enforcement bis 1994 ........................................................ 199 5. Reservation der Frage durch den Supreme Court – beredtes Schweigen? ................................................................................... 200 III. Die „Central Bank“-Entscheidung des Supreme Court (1994) ........... 202 1. Sachverhalt .................................................................................... 202 2. Verfahrensgang ............................................................................. 203 3. Entscheidung ................................................................................. 204 a) Wortlautanalyse ........................................................................ 205 b) Systematisches Argument ......................................................... 207 c) Intention des historischen Gesetzgebers der Kapitalmarktgesetze .................................................................. 208 d) Gesetzgebungshistorie seit Inkrafttreten der Kapitalmarktgesetze .................................................................. 208 e) Policy-Erwägungen, Schutzzweck der Norm ............................. 209 f) Drohender Wertungswiderspruch zum Strafrecht ...................... 209 4. Dissenting opinion ......................................................................... 210 5. Kritik ............................................................................................. 212 a) Methodische Einwände ............................................................. 213 b) Fehlinterpretation des historischen Gesetzgebers ...................... 215 c) Einseitige und überproportionale Berücksichtigung von policy-Argumenten .................................................................... 217

Inhaltsverzeichnis

XVII

6. Folgenbetrachtung ......................................................................... 217 IV. Private Securities Litigation Reform Act von 1995 ............................ 218 1. Schaffung von sec. 20(f) SEA 1934 – liability of those who aid and abet ................................................................................... 220 2. Verschärfung der Beibringungslast ................................................ 221 a) Making of an untrue statement or fact bzw. omission ................ 221 b) Defendant’s mental state ........................................................... 222 c) Economic loss und loss causation ............................................. 222 3. Begrenzung der joint and several liability auf vorsätzliches Handeln ......................................................................................... 223 V. Lösungen der Courts of Appeal in den verschiedenen Circuits ........... 224 1. Bright Line Test/Attribution Test ................................................... 225 2. Substantial Participation Test........................................................ 229 3. Co-Author Standard/Creator Standard .......................................... 231 4. Scheme Liability ............................................................................ 233 VI. Die „Stoneridge“-Entscheidung des Supreme Court (2008) ............... 238 1. Sachverhalt und Verfahrensgang ................................................... 238 2. Problemstellung ............................................................................. 240 3. Entscheidung ................................................................................. 241 4. Dissenting opinion ......................................................................... 243 5. Reaktionen aus dem Schrifttum ..................................................... 246 6. Auswirkungen ............................................................................... 248 7. Verarbeitung in der Folgerechtsprechung ...................................... 249 VII. Aufkommen der Implied Statement Theory ........................................ 250 VIII.  Die „Janus“-Entscheidung des Supreme Court (2011) ...................... 252 1. Sachverhalt und Verfahrensgang ................................................... 252 2. Problemstellung ............................................................................. 254 3. Entscheidung ................................................................................. 255 4. Dissenting opinion ......................................................................... 256 5. Reaktionen aus dem Schrifttum ..................................................... 258 6. Auswirkungen ............................................................................... 260 IX. Aktuelle Rechtslage ............................................................................ 262 1. Vertane Chancen? Jüngere Gesetzgebungsinitiativen .................... 262 a) Gesetzesentwürfe zur Etablierung einer private aiding and abetting liability ........................................................................ 262 aa) Liability for Aiding and Abetting Securities Violations Act of 2009 ........................................................................ 262 (1) Stellungnahmen gegen den Entwurf ............................... 262 (2) Stellungnahmen zugunsten des Entwurfs ........................ 264 bb) Resultate der Anhörung ...................................................... 265 b) Aiding and abetting liability im Dodd-Frank Act 2010 .............. 265 2. Gutachten des Government Accountability Office infolge des Dodd-Frank Act ............................................................................. 266

XVIII

Inhaltsverzeichnis

X.

3. Handlungsmöglichkeiten der SEC, des Department of Justice und privater Geschädigter .............................................................. 267 4. Reformanregungen aus dem Schrifttum ......................................... 267 Eigene Stellungnahme ........................................................................ 269

D.

Ergebnisse der Untersuchung des US-amerikanischen Rechts ............ 271

Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata .............. 273 A.

Vertragliche und quasivertragliche Ansätze ....................................... 273

I.

Vertragsrechtliche Dritthaftung am Primärmarkt ................................ 274 1. Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ........ 274 a) Entwicklungsstand der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ........................................................................ 275 b) Ablehnung darüber hinausgehender Erweiterungen ................... 276 aa) Sperrwirkung der Prospekthaftungstatbestände .................. 276 bb) Fehlendes Näheverhältnis ................................................... 277 cc) Zwischenergebnis ............................................................... 278 2. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ................................ 278 a) Voraussetzungen der Einbeziehung ........................................... 278 aa) Leistungsnähe des Dritten .................................................. 279 bb) Einbeziehungsinteresse (Gläubigernähe) ............................ 279 cc) Erkennbarkeit ..................................................................... 280 dd) Schutzbedürftigkeit des Dritten .......................................... 280 b) Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers für das Pflichttestat ........... 280 aa) Anwendbarkeit ................................................................... 281 bb) Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse ........................ 281 cc) Erkennbarkeit ..................................................................... 282 dd) Schutzbedürftigkeit des Dritten .......................................... 283 ee) Zwischenergebnis ............................................................... 283 c) Kritik aus der Literatur .............................................................. 284 d) Keine Dritthaftung anderer Sekundärakteure ............................. 285 3. Ergebnis ........................................................................................ 286 Vertragsrechtliche Dritthaftung am Sekundärmarkt ............................ 286 1. Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ........ 286 2. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung........................................... 287 3. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ................................ 287 4. Ergebnis ........................................................................................ 288

II.

B.

Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ............................. 288

I.

Regelungsgegenstand ......................................................................... 289

Inhaltsverzeichnis

XIX

II. Ratio der Vorschrift ............................................................................ 289 III. Die verschiedenen Beteiligungsformen .............................................. 290 1. Mittäterschaft ................................................................................ 291 a) Vorsätzliches Zusammenwirken ................................................ 291 b) Objektive Mitwirkungshandlung ............................................... 292 c) Nachrangige Bedeutung für die vorliegende Untersuchung ....... 294 2. Beihilfe .......................................................................................... 294 a) Gehilfenhandlung: Vorsätzliche Förderung einer vorsätzlichen Haupttat ............................................................... 295 aa) Abkehr vom Vorsatzerfordernis beim Gehilfen? ................ 296 bb) Abkehr vom Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat? ...... 297 cc) Insbesondere: Beihilfe zur fahrlässigen Insolvenzverschleppung ..................................................... 298 dd) Stellungnahme zum Vorsatzerfordernis .............................. 299 (1) Argument der Einheit der Rechtsordnung ....................... 299 (2) Historisches Argument ................................................... 300 (3) Systematisches Argument ............................................... 301 (4) Teleologische Erwägungen, ratio legis ........................... 301 (5) Ergebnis ......................................................................... 302 b) Einwand fehlender Kausalität der Beihilfehandlung? ................ 302 aa) Präzisierung der Anknüpfungspunkte ................................. 303 bb) Analyse des Meinungsstandes ............................................ 304 cc) Stellungnahme .................................................................... 305 c) Sonderproblematik der „neutralen Beihilfe“ .............................. 309 aa) Leitlinien der strafrechtlichen Rechtsprechung ................... 310 bb) Übertragbarkeit auf § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ............ 310 cc) Stellungnahme .................................................................... 312 3. Anstiftung...................................................................................... 312 a) Hervorrufen des Tatentschlusses ............................................... 313 aa) Hervorrufen: Kausalität der Einwirkung für den Entschluss .......................................................................... 313 bb) Tatentschluss: Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat ..... 313 b) Vorsatz des Anstifters, Ablehnung der „fahrlässigen Anstiftung“ ............................................................................... 314 aa) Schutzzweck und ratio legis des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ........................................................................ 315 bb) Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Anstiftung ................. 315 IV. Rechtsfolge ........................................................................................ 316 C.

Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Kapitalmarktrecht .............................................................................. 317

I.

Europarechtliche Zulässigkeit ............................................................ 317

XX

Inhaltsverzeichnis

1. Gegenwärtig .................................................................................. 317 2. Jüngste Reformen .......................................................................... 318 II. Entwicklung der maßgeblichen Kriterien............................................ 319 1. Begrenzte Leistungsfähigkeit der herkömmlichen Abgrenzung ................................................................................... 319 2. Auslegung des Anwendungsbereichs von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ................................................................................... 321 a) Wortlaut .................................................................................... 321 b) Systematik ................................................................................. 323 c) Gesetzeshistorie ........................................................................ 325 d) Teleologische Erwägungen ........................................................ 326 e) Ergebnis .................................................................................... 327 3. Vorzüge einer funktionalen Betrachtung........................................ 327 a) Entfaltung der zu berücksichtigenden Kriterien und Wertungen ................................................................................. 328 b) Erste Erkenntnisse aus dem Rechtsvergleich ............................. 330 aa) Grundsätzliches .................................................................. 331 bb) Insbesondere: Missbrauchsrisiko ........................................ 331 4. Methodische Verortung: direkte Anwendbarkeit............................ 332 5. Alternativ: analoge Anwendung .................................................... 332 6. Ergebnis ........................................................................................ 333 III. Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB am Primärmarkt ....................................................................................... 334 1. Keine Anwendung auf die Prospekthaftungstatbestände ................ 334 a) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung ...................................... 334 b) Kodifizierte Prospekthaftung ..................................................... 335 2. Ausnahmen .................................................................................... 336 a) Teilnehmerhaftung im Rahmen von § 306 KAGB ..................... 336 b) Verstoß gegen drittschützende Strafgesetze ............................... 337 3. Implikationen aus dem Rechtsvergleich ......................................... 337 4. Ergebnis ........................................................................................ 338 IV. Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB am Sekundärmarkt ................................................................................... 338 1. Ad-hoc-Publizität .......................................................................... 339 a) Keine abschließende Regelung .................................................. 339 b) Funktionale Analyse .................................................................. 340 c) Alternative Begründungsansätze ............................................... 341 aa) Deliktische Qualifikation der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität ............................................................... 341 (1) Argumente für eine deliktsrechtliche Einordnung ........... 342 (2) Hinweise aus der Rechtsprechung .................................. 343 (3) Zwischenergebnis ........................................................... 343 bb) Hilfsweise: Analogie .......................................................... 344

Inhaltsverzeichnis

XXI

V.

d) Diskussion möglicher Einwände ............................................... 344 aa) Rechtsnatur der Haftung bei fehlerhafter Ad-hocPublizität ............................................................................ 345 bb) Konflikt zum Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 WpHG ................................................................................ 345 cc) Gesellschaftsrechtliche Einwände ...................................... 346 dd) Wertungsparallele zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung ................................................................. 347 ee) Divergierende Verschuldensmaßstäbe ................................ 348 e) Ergebnis .................................................................................... 349 2. Regelpublizität .............................................................................. 349 a) Keine abschließende Regelung .................................................. 349 b) Funktionale Analyse .................................................................. 350 c) Ergebnis .................................................................................... 350 3. Freiwillige Marktkommunikation .................................................. 350 a) Keine abschließende Regelung .................................................. 350 b) Funktionale Analyse .................................................................. 351 c) Ergebnis .................................................................................... 351 Zwischenergebnis ............................................................................... 351

D.

Ausgewählte Anspruchsgrundlagen .................................................... 352

I.

§§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ................ 352 1. Voraussetzungen ........................................................................... 352 a) Anspruch aus vorsätzlich verwirklichter Haupttat ..................... 352 b) Tauglicher Teilnehmer .............................................................. 353 c) Vorsätzliche Beteiligung ........................................................... 353 d) Kein Auftreten nach außen erforderlich..................................... 354 2. Rechtsfolge .................................................................................... 355 a) Grundsatz: Gesamtschuld .......................................................... 355 b) Einschränkung bei fehlender Kausalität der geleisteten Beihilfe?.................................................................................... 355 3. Vorzüge dieser Lösung gegenüber einem Abstellen auf § 826 BGB..................................................................................... 356 a) Sittenwidrigkeitsverdikt ............................................................ 357 b) Haftungsbegründende Kausalität ............................................... 357 §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG ................................................................................ 358 1. Anspruchsvoraussetzungen ............................................................ 358 a) Vorsätzlicher Normverstoß........................................................ 358 b) Tauglicher Teilnehmer .............................................................. 359 c) Vorsätzliche Teilnahmehandlung .............................................. 359

II.

XXII

Inhaltsverzeichnis

d) Kein Auftreten nach außen notwendig, kein Einwand fehlender Kausalität .................................................................. 359 2. Rechtsfolge .................................................................................... 360 3. Vorzüge dieser Lösung gegenüber einem Abstellen auf § 826 BGB..................................................................................... 360 III. Übergreifend anwendbare, genuin deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen ......................................................................... 360 1. §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB............................................. 361 a) Voraussetzungen ....................................................................... 361 b) Erfasste Akteure ........................................................................ 362 c) Rechtsfolge ............................................................................... 362 d) Anwendungsbeispiel ................................................................. 362 2. § 826 BGB..................................................................................... 363 a) Voraussetzungen ....................................................................... 363 b) Rechtsfolge ............................................................................... 364 c) Begrenzte Bedeutung für die Rechtsrealität ............................... 364 3. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. Schutzgesetzen .............................................................................. 364 IV. Teilnehmerhaftung am Primärmarkt ................................................... 364 1. Teilnehmerhaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch ................. 365 2. Haftung bei Teilnahme an Verletzung drittschützender Strafnorm ...................................................................................... 365 E.

Ergebnisse der Untersuchung des deutschen Rechts ........................... 365

Kapitel 4 – Vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse ........................................................................ 367 A. Teilnehmerhaftung am Primärmarkt ...................................................... 367 B. Teilnehmerhaftung am Sekundärmarkt ................................................... 368 C. Schlussfolgerungen und Empfehlungen de lege ferenda ......................... 368 Literaturverzeichnis .................................................................................... 371 Verzeichnis der zitierten US-amerikanischen Rechtsprechung ................... 397 Sachverzeichnis .......................................................................................... 403

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. abw. AcP a. F. AG AktG Ala. L. Rev. allg. Am. Bus. L. J. Am. Econ. Rev. Papers and Proceedings Am. U. L. Rev. Anm. Ark. L. Rev. Art. ausf.

andere Ansicht Amtsblatt Absatz abweichend/e/er Archiv für die civilistische Praxis alte Fassung Die Aktiengesellschaft Aktiengesetz Alabama Law Review allgemein/e American Business Law Journal The American Economic Review: Papers and Proceedings American University Law Review Anmerkung Arkansas Law Review Artikel ausführlich

BaFin BB Bd. Begr. Berkeley Bus. L. J. BGB BGBl. BGH BKR BMF BT-Drucks. Bus. Law. bzgl. bzw.

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater Band Begründung Berkeley Business Law Journal Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundestagsdrucksache Business Lawyer bezüglich beziehungsweise

Cal. L. Rev. Cardozo L. Rev. Cath. U. L. Rev. Cato Sup. Ct. Rev. Colum. Bus. L. Rev.

California Law Review Cardozo Law Review Catholic University Law Review Cato Supreme Court Review Columbia Business Law Review

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

Colum. L. Rev.

Columbia Law Review

DB Del. J. Corp. L. Denv. U. L. Rev. ders. Der Konzern dies. DiskE DJT DOJ DStR Duke L. J. DZWIR

Der Betrieb Delaware Journal of Corporate Law Denver University Law Review derselbe Der Konzern dieselbe, dieselben Diskussionsentwurf Deutscher Juristentag Department of Justice (US-amerikanisches Justizministerium) Deutsches Steuerrecht Duke Law Journal Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

ebd. ECFR Einl. Emory L. J. endg. Engage etc. EuZW EWiR

ebendort European Company and Financial Law Review Einleitung Emory Law Journal endgültig Engage: The Journal of the Federalist Society Practice Groups et cetera (und weitere) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

f. ff. Fla. L. Rev. FMFG Fn. FS F.Supp

folgende folgende (Plural) University of Florida Law Review Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Festschrift Federal Supplement, first series (Entscheidungssammlung der US-amerikanischen Bundesgerichte erster Instanz) Federal Supplement, second series (Entscheidungssammlung der US-amerikanischen Bundesgerichte erster Instanz) Federal Supplement, third series (Entscheidungssammlung der US-amerikanischen Bundesgerichte erster Instanz) Federal Reporter, second series (Entscheidungssammlung der US-amerikanischen Bundesappellationsgerichte) Federal Reporter, third series (Entscheidungssammlung der US-amerikanischen Bundesappellationsgerichte)

F.Supp.2d F.Supp.3d F.2d F.3d GAO gem. Geo. Mason L. Rev. ggf. GmbHG GmbHR

US Government Accountability Office (US-amerikanischer Rechnungshof) gemäß George Mason Law Review gegebenenfalls Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau

Abkürzungsverzeichnis

XXV

grds. GWR

grundsätzlich Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht

Harv. J. on Legis. Hastings L. J. HdB hins. h. L. h. Lit. h. M. Hofstra L. Rev. H.R. Hrsg.

Harvard Journal on Legislation Hastings Law Journal Handbuch hinsichtlich herrschende Lehre herschende Literatur herrschende Meinung Hofstra Law Review House of Representatives (amtliche Dokumente des Repräsentantenhauses) Herausgeber

i. d. R. i. e. insb. InvG IPO IRZ i. S. d. i. S. v. i. V. m.

in der Regel id est (dies ist) insbesondere Investmentgesetz Initial Public Offering (Erstangebot von Aktien am Primärmarkt) Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung im Sinne der/des im Sinne von in Verbindung mit

J. Bus. & Sec. L. J. Bus. & Tech. L. J. Corp. L. J. Invest. Compl. JOBS-Act JuS JZ

Journal of Business & Securities Law Journal of Business & Technology Law Journal of Corporation Law Journal of Investment Compliance Jumpstart Our Business Startups Act Juristische Schulung Juristenzeitung

KAGB krit. Ky. L. J.

Kapitalanlagegesetzbuch kritisch Kentucky Law Journal

LMK Loy. U. Chi. L. J.

Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring Loyola University Chicago Law Journal

Mealeys Emerg. Securities Litig. Mo. L. Rev. m. E. m. w. N.

Mealey’s Emerging Securities Litigation Missouri Law Review meines Erachtens mit weiteren Nachweisen

N. C. L. Rev. Nr. New Eng. L. Rev.

North Carolina Law Review Nummer New England Law Review

XXVI New York Times NJW Nw. U. L. Rev. Nw. U. L. Rev. Colloquy NZG NZI Or. L. Rev. ORDO OTC-Transaktion

Abkürzungsverzeichnis The New York Times Neue Juristische Wochenschrift Northwestern University Law Review Northwestern University Law Review Colloquy Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht Oregon Law Review ORDO – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Handel mit Finanzprodukten over the counter (außerhalb der organisierten Börsenhandelssysteme)

p. PSLRA

page Private Securities Litigation Reform Act

Quinnipiac L. Rev.

Quinnipiac Law Review

RegE Regulation Rev. Litig. RIW RL Rn. Rz.

Regierungsentwurf Regulation The Review of Litigation Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Randnummer Randziffer

S. Ill. U. L. J. SA S.Ct.

sec. Sec. Reg. L. J. SLUSA sog. ssrn ST Stan. L. Rev. st. Rspr.

Southern Illinois University Law Journal Securities Act of 1933 Supreme Court Reporter (Entscheidungssammlung des US Supreme Court) Securities Exchange Act of 1934 Securities Exchange Commission (US-amerikanische Börsenaufsicht) Section (Artikel eines US-amerikanischen Bundesgesetzes) Securities Regulation Law Journal Securities Litigation Uniform Standards Act sogenannte/r Social Science Research Network Der Schweizer Treuhänder Stanford Law Review ständige Rechtsprechung

Tex. L. Rev.

Texas Law Review

u. a. U. Chi. L. Rev. U. Cin. L. Rev. U. Pa. J. Bus. L.

unter anderem/ und andere The University of Chicago Law Review University of Cincinnati Law Review University of Pennsylvania Journal of Business Law

SEA SEC

Abkürzungsverzeichnis

XXVII

U. Pa. L. Rev. UC Davis L. Rev. UCLA L. Rev. Urt. U.S.

University of Pennsylvania Law Review University of California, Davis Law Review University of California, Los Angeles Law Review Urteil United States Reports (amtliche Entscheidungssammlung des Supreme Court der Vereinigten Staaten)

Va. L. Rev. VersR vgl. Vorbem.

Virginia Law Review Versicherungsrecht vergleiche Vorbemerkung

Wash. U. L. Q. wistra WM Wm. & Mary L. Rev. WpHG

Washington University Law Quarterly Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht William and Mary Law Review Wertpapierhandelsgesetz

Yale L. J.

Yale Law Journal

z. B. ZBB ZfB ZGR ZHR Ziff. ZInsO ZIP ZPO ZRP zust.

zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik zustimmend

Einleitung Einleitung

Einleitung

Das noch junge Rechtsgebiet Kapitalmarktrecht entfaltet sich mit enormer Geschwindigkeit. Seit mittlerweile über einem Jahrzehnt werden insbesondere Fragen der zivilrechtlichen Haftung für Fehlinformation am Kapitalmarkt in Rechtsprechung und Schrifttum zunehmend diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die Haftung der börsennotierten Gesellschaften selbst sowie ihrer Geschäftsleiter. Zu den Voraussetzungen der Innen- und Außenhaftung von Vorständen und Aufsichtsräten bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation hat sich mittlerweile beachtliches Fallmaterial angesammelt,1 welches seitens der Wissenschaft akribisch ausgewertet, kritisiert, systematisiert und fortgedacht wird. Beflügelt und zugleich stets aufs Neue herausgefordert werden die Rechtsanwender durch einen Normenbestand, welcher in beispiellos hoher Taktfrequenz modernisiert, aktualisiert und vor allem europarechtlich präformiert und harmonisiert2 wird.3 Rechtspolitische Antriebsfedern dieses Prozesses sind dabei – in stark vereinfachter Sichtweise – einerseits das Bedürfnis, den Finanzhandelsplatz Deutschland zu fördern4, andererseits den Anlegerschutz zu stärken5 sowie den europäischen Binnenmarkt zu verwirklichen6.7 In KriGrundlegend für den Sekundärmarkt vor allem die „Infomatec“-Trilogie: BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664 (Infomatec I); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971 (Infomatec II) und BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668 (Infomatec III); sowie BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263 (IKB); am Primärmarkt zuletzt prägend BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758 (Rupert Scholz); BGH Urt. v. 18.9.2012 – XI ZR 344/11, ZIP 2012, 2199. 2 Überblick bei Assmann, in: ders./Schneider WpHG, Einl. Rn. 12 ff.; Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 32 ff. 3 Vgl. Fleischer, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, 2007, S. 50, 62; Sethe, ZBB 2007, 421, 422; treffend Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2221: „Dauerreformzustand“ des Kapitalmarktrechts. 4 Vgl. u. a. Veröffentlichung des Bundesministers der Finanzen „Konzept Finanzplatz Deutschland“ vom 16.1.1992, abgedruckt in WM 1992, 420; vgl. auch Hellwig, ZGR 1999, 781, 783 in einer Rezension des Gutachtens „Börsenreform“ unter Federführung von Hopt, Rudolph und Baum: „Die Chancen für den Finanzplatz Deutschland stehen nicht schlecht.“ 5 Vgl. ausf. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002; zuvor bereits Hopt, Gutachten G für den 51. DJT, 1976. 6 Vgl. nur statt vieler Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung), ABl. 1

2

Einleitung

senbewältigungszeiten tritt gerade am wiederholt skandalgepeinigten Kapitalmarkt ein anlassbezogener legislativer Aktionismus hinzu,8 dessen Resultate es behutsam in das bestehende Normgeflecht einzuweben gilt. Woraus zieht nun eine weitere Schrift zu Haftungsfragen bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation ihre Rechtfertigung, will sie nicht lediglich auflesen und repetieren, was bereits an anderer Stelle in eingehender Tiefe erforscht wurde? Diese Legitimation glaubt der Verfasser in einer Regelungs- und Forschungslücke gefunden zu haben, welche sich im deutschen Recht der Kapitalmarktinformationshaftung auftut. Gewärtig wird diese durch den rechtsvergleichenden Blick auf das US-amerikanische Kapitalmarktrecht, welches seinem deutschen Gegenstück in der Entwicklung stets ein Stück voraus zu sein scheint9: Gerichte und kapitalmarktrechtliches Schrifttum diskutieren, maßgeblich initiiert durch die Entscheidung Central Bank des US Supreme Court aus dem Jahre 1994,10 höchst kontrovers die zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren einer Informationspflichtverletzung gegenüber dem Anlegerpublikum. Als Sekundärakteur gilt, wer weder Emittent noch Geschäftsleiter des Emittenten des Wertpapiers ist, auf das sich die fehlerhafte Marktkommunikation bezieht, und an einer fehlerhaften Informationsweitergabe an den Markt unterstützend mitgewirkt hat. Bilanzskandale und andere Formen des Anlagebetruges, die ohne die Unterstützung professioneller externer Berater kaum möglich gewesen wären, haben die rechtspolitische Debatte um deren direkte Haftung dabei immer wieder aufs Neue entfacht. Die vorliegende Arbeit wird also klären, ob und unter welchen Voraussetzungen ein den Emittenten beratender Akteur geschädigten Anlegern zivilrechtlich auf Schadenersatz haftet, wenn dieser an fehlerhafter Marktpublizität des Emittenten mitwirkt. Neben Banken und Wirtschaftsprüfern ist hierbei EU L 173 S. 1, Erwägungsgrund 2: „Ein integrierter und effizienter Finanzmarkt setzt Marktintegrität voraus. Das reibungslose Funktionieren der Wertpapiermärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Märkte sind Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum und Wohlstand.“ 7 Freilich überschneiden sich die Regelungsziele des nationalen Gesetzgebers und des europäischen Richtliniengebers in großen Teilen, sodass die genannten Faktoren nicht etwa isoliert nebeneinanderstehen, sondern vielfältig ineinander verwoben sind, vgl. Ziouvas, ZGR 2003, 113, 115 f. 8 Siehe Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247. 9 Beispielsweise waren die Voraussetzungen der Haftung der Geschäftsleiter, directors and officers, als diese Debatte in Kontinentaleuropa ihre Entwicklung begann, hier bereits sehr präzise und detailliert ausbuchstabiert. 10 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994); der Supreme Court entschied hier in Abkehr von einer über Jahrzehnte gefestigten Rechtsprechung der Instanzgerichte, dass private Geschädigte Sekundärakteure (Teilnehmer) eines Kapitalmarktdeliktes grds. nicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen können; zu dieser Entscheidung ausf. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff.

Einleitung

3

an Rechtsanwälte und Unternehmensberater zu denken,11 aber auch realwirtschaftliche Geschäftspartner eines Emittenten können sich an dessen fehlerhafter Marktkommunikation beteiligen.12 Diese Frage hat die kapitalmarktrechtliche Diskussion in den USA in den vergangenen zwei Dekaden beschäftigt wie kaum ein zweites Thema. Der Supreme Court äußerte sich mehrfach, zuletzt 200813 und 201114, um auf eine weitere Konturierung hinzuwirken und die teils stark divergierende Instanzrechtsprechung zu harmonisieren. Das Literaturecho ist enorm, auch in jüngster Zeit wurden in Kongress und Senat einschlägige Gesetzgebungsentwürfe beraten. Gegner und Befürworter der Haftung stehen sich dabei anscheinend unversöhnlich gegenüber. Im deutschen Recht hingegen fristet dieses Rechtsproblem, abgesehen vom inzwischen vergleichsweise fest umrissenen Kreis der Prospektverantwortlichen am Primärmarkt15, ein Schattendasein16. Insbesondere bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität ist bislang weitgehend ungeklärt, ob unterstützende Akteure wie Rechtsanwälte und Abschlussprüfer, welche an fehlerhafter Marktkommunikation eines Emittenten vorbereitend mitwirken, von geschädigten Anlegern auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden können.

11 Die Ökonomie spricht von gatekeepers, professionalisierten Beratern im Hinblick auf den Marktzugang eines Emittenten, die aufgrund ihrer Sachkunde besonderes Vertrauen des Marktes genießen und essentielle Bindeglieder zwischen Emittenten und weiteren Marktakteuren bilden; vgl. Coffee, Gatekeepers, 2006, 2 ff.; Thesen zu deren Haftung bei Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 62 ff. (Primärmarkt), sowie F 128 ff. (Sekundärmarkt). 12 Vgl. paradigmatisch der Sachverhalt der Entscheidung Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc. des US Supreme Court vom 15.01.2008, 552 U.S. 148, 128 S.Ct. 761 (2008). 13 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 128 S.Ct. 761 (2008), zu dieser Entscheidung ausf. unten Kapitel 2 – C.VI., S. 238 ff. 14 Janus Capital Group, Inc. v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296 (2011), zu dieser Entscheidung ausf. unten Kapitel 2 – C.VIII., S. 252 ff. 15 Auch Emissionsmarkt genannt, also die erstmalige Platzierung von Wertpapieren durch den Emittenten (Selbstemission) bzw. dessen emissionsbegleitende Bank (Fremdemission), vgl. Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 73; Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 127 f. Haftungsauslösend ist stark vereinfacht grds. die Nennung im Prospekt; aber auch weitere Akteure können erheblich an der Prospekterstellung mitwirken, sodass die Frage der Teilnehmerhaftung sich auch hier stellt; vgl. ausf. sogleich Kapitel 1 – B., S. 16 ff. 16 Erste Zugriffe bei Fleischer, AG 2008, 265; knapp auch Reus/Paul, WM 2008, 1245; zur Dritthaftung der Wirtschaftsprüfer zudem jüngst Grotheer, Verantwortung des Wirtschaftsprüfers, 2011; mit anderen Schwerpunkten de lege ferenda auch Halbleib, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2010.

4

Einleitung

A. Untersuchungsgegenstand A. Untersuchungsgegenstand

Der deutsche Gesetzgeber hat sich der eingangs beschriebenen Problematik bislang nicht explizit angenommen. Auch einschlägige Rechtsprechung liegt, abgesehen vom Primärmarkt, wo unter dem Stichwort der Expertenhaftung eine lebhafte Diskussion stattfindet, nicht vor. Das deutsche Recht verfügt aber über ein modernes, wenngleich weit verstreutes Kapitalmarktdeliktsrecht, welches Ansatzpunkte für eine Lösung der Problematik liefern kann.1 Zudem hält das allgemeine Deliktsrecht des bürgerlichen Rechts mit § 830 BGB eine Norm bereit, die Mittäter (§ 830 Abs. 1 S. 1 BGB) und Teilnehmer (§ 830 Abs. 2 BGB) einer unerlaubten Handlung im Verhältnis zum Geschädigten zu Gesamtschuldnern erklärt (§ 840 BGB). Diese Norm könnte damit als Grundlage dienen, um bei der Verletzung von Publizitätspflichten am Kapitalmarkt neben den ausdrücklich als passivlegitimiert genannten Akteuren auch Mittäter und Teilnehmer als Sekundärakteure gegenüber dem Anlegerpublikum zur Haftung heranzuziehen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Verquickung der spezialgesetzlichen kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbestände mit § 830 BGB zulässig ist und ob dies zu systemkohärenten Ergebnissen führt, bildet den Kern der Untersuchung. Der rechtsvergleichende Blick in das US-amerikanische Recht soll dabei zum Erkenntnisgewinn beitragen:2 Betrachtet man den dort gesammelten Erfahrungsschatz, so lassen sich hieraus etwaige im deutschen Recht auftretende Probleme antizipieren. Die vielfältigen rechtspolitischen Argumente, welche in den USA für und wider die Dritthaftung vorgebracht werden, werden hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf die deutsche Rechtsordnung überprüft und gegebenenfalls bei der Entwicklung einer Lösung berücksichtigt.

B. Begriffsbildung: Wer ist Sekundärakteur? B. Begriffsbildung: Wer ist Sekundärakteur?

Der secondary actor oder Sekundärakteur bildet die zentrale Figur dieser Arbeit. Nach deutscher juristischer Terminologie spricht man von Teilnehmern, also Anstiftern und Gehilfen. Eine allgemeinverbindliche Übereinkunft darüber, welche Marktteilnehmer im Hinblick auf Kapitalmarktdelikte als Sekundärakteure bezeichnet werden, sucht man vergeblich. Teils beziehen 1 Eindrucksvoll zusammengetragen und zu einem kohärenten Konzept zusammengeführt von Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008; krit. Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247: Das deutsche Kapitalmarktrecht sei trotz seines jungen Alters angesichts dessen Komplexität mittlerweile nur noch schwer zu überschauen. 2 Dies empfiehlt allgemein für anlegerschützende Reformüberlegungen im Kapitalmarktrecht auch Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 18.

B. Begriffsbildung: Wer ist Sekundärakteur?

5

Gerichte und Literaturstimmen die verantwortlichen Geschäftsleiter mit ein, teils sind ausschließlich solche Marktteilnehmer erfasst, die organisatorisch außerhalb der Strukturen der emittierenden Gesellschaft verortet sind. Zudem wird die Abgrenzung anhand uneinheitlicher Kriterien vorgenommen: Einige stellen auf die Stellung des handelnden Akteurs im organisatorischen Gefüge der publizitätspflichtigen Gesellschaft ab, Andere orientieren sich an der Frage, wer der zentrale Profiteur der konkreten Pflichtverletzung ist. Die Abgrenzung soll hier daran vorgenommen werden, ob der in Rede stehende Akteur durch seine Beteiligung an einer Fehlinformation des Marktes selbst eine originäre Informationspflichtverletzung verwirklicht hat, in diesem Fall handelt es sich um einen Primärakteur, oder dieser lediglich das Fehlverhalten eines anderen Akteurs unterstützt hat, dann handelt es sich um einen Sekundärakteur. Dies entspricht sowohl dem vorherrschenden Verständnis in der US-amerikanischen Diskussion3 als auch der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme nach deutschem Recht. Die hier untersuchte Haftung ist demgemäß ihrer Natur nach derivativ, von der Tatbestandsverwirklichung durch einen Primärakteur abhängig. Potenzielle Sekundärakteure sind demnach alle diejenigen, die vorbereitend oder unterstützend an der Verletzung einer kapitalmarktrechtlichen Informationspflicht des Emittenten mitwirken, aber selbst keiner unmittelbar angeordneten Haftung aufgrund einer eigenen Verletzungshandlung unterliegen, etwa weil sie nicht Adressat von Verhaltenspflichten sind, oder weil sie im Hinblick auf eine fehlerhafte Information selbst nicht gegenüber dem Kapitalmarkt aufgetreten sind. I.

Erfasste Akteure

Die soeben entwickelte Definition des Sekundärakteurs umfasst zum einen die den Emittenten im Hinblick auf Marktkommunikation beratenden Dienstleister, also Rechtsanwälte, Unternehmensberater, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Banken, sowie sachkundige Experten jeder Art, die einer Information kraft ihres spezifischen Fachwissens eine gewisse Richtigkeitsgewähr verleihen. Erfasst sind zudem realwirtschaftliche Geschäftspartner des Emittenten, die beispielsweise durch die Erstellung fehlerhafter Rechnungen oder die wahrheitswidrige Bestätigung von Geschäftsabschlüssen an fehlerhafter Publizität mitwirken. II. Ausgenommene Akteure Andere Marktakteure, die im Gefüge des Marktgeschehens anderwärts positioniert sind als die soeben genannten, sind von dieser Definition nicht erfasst.

3

Vgl. statt vieler Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 319 f. (1988).

6

Einleitung

1. Finanzanalysten und Wertpapierdienstleister Ausgeschlossen sind zunächst die nicht in unmittelbarer Verbindung zum Emittenten stehenden freien Finanzanalysten und Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Diese können zwar einer Haftung aufgrund fehlerhafter Information unterliegen, treten aber selbst gegenüber dem Anleger auf, stehen mit diesem in direkter Verbindung und arbeiten typischerweise unabhängig von einem spezifischen Emittenten.4 Dort beruhen die Überlegungen zur Haftung gegenüber dem Anlegerpublikum auf einem vertraglichen oder vorvertraglichen Näheverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem.5 Auch Aufklärungs- und Wohlverhaltenspflichten, ob kodifiziert im WpHG oder durch Richterrecht entwickelt, finden ihre dogmatische Wurzel in ebendiesem Näheverhältnis. In den hier zu untersuchenden Konstellationen hingegen gelingt die Konstruktion einer vertraglichen oder quasivertraglichen Beziehung zwischen den Parteien in aller Regel nicht. 2. Ratingagenturen Ratingagenturen, die regelmäßig als Dienstleister für den Emittenten tätig sind,6 werden ebenfalls nicht erfasst. Dies fußt auf folgenden Überlegungen: Erstens befinden sich die Ratingagenturen in einer anderen Interessen- und Gemengelage als die soeben genannten Akteure – sie nehmen nicht an einem möglicherweise fehlerhaften Verhalten des Emittenten teil, sondern geben durch ihr Rating eine eigene, wertende Information an den Markt. Sie sind eher als Primär- denn als Sekundärakteur einer Haftung wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation zu verorten. Zudem sind sowohl in Deutschland – und übergeordnet in der Europäischen Union – als auch in den USA diverse Regulierungsvorhaben verabschiedet worden und weitere im politischen Willensbildungsprozess befindlich,7 welche weitgehend in ein Sonderrecht für Ratingagenturen und deren Haftung münden werden. Es fehlt die hinreichende Vergleichbarkeit mit den hier im Mittelpunkt der Betrachtung stehenden Akteuren.8 4 Vgl. knapp zur Haftungslage der Wertpapierdienstleistungsunternehmen in einer Gesamtschau anlegerschützender Vorschriften des Kapitalmarktrechts Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2251 ff. 5 Krit. zur mangelhaften (teils auch über das Ziel hinausschießenden und dadurch ineffizienten) Regulierung und Haftung in diesem Marktsegment jüngst Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2251 f. 6 Vgl. Tönningsen, ZBB 2011, 460, 461. 7 Vgl. für einen ersten umfassenden Maßnahmenkatalog Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen; zu bisherigen Regulierungsbestrebungen in den USA sowie in der EU und Deutschland Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 14.21; vgl. für einen ausführlichen Überblick gegenwärtiger und anzustrebender Regulierung Tönningsen, ZBB 2011, 460. 8 Rechtsvergleichend zur Regulierung der Ratingagenturen aus anreizorientierter Perspektive Kumpan, in: FS Hopt, 2010, S. 2157; eine weitere Regulierung zur Vermeidung

B. Begriffsbildung: Wer ist Sekundärakteur?

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3. Organisatorisch beim Emittenten verortete Akteure (Geschäftsleiter, Angestellte) Als Sekundärakteur soll zudem lediglich gelten, wer weder Organ bzw. Organmitglied des Emittenten ist, noch organisatorisch unmittelbar in dessen Lager angesiedelt ist, sondern von extern aus mit dem Emittenten zusammenarbeitet und Einfluss auf das Informationsgebaren des Emittenten gegenüber dem Kapitalmarkt nimmt. Insbesondere Geschäftsleiter9 und Arbeitnehmer des Emittenten sind damit ausgenommen, ebenso Einfluss nehmende Gesellschafter.10 Aspekte wie die innerbetriebliche Risikotragung und der Grundsatz der Haftungskonzentration auf die Gesellschaft im Außenverhältnis bringen hinsichtlich dieser Akteure eigenständige, zu berücksichtigende Wertungen ein, die den Rahmen dieser Untersuchung sprengen würden. Zudem besteht hier keine vergleichbare Forschungslücke. III. Sonderstellung der Wirtschaftsprüfer Die Darstellung widmet sich am Rande auch der Haftungslage der Wirtschaftsprüfer, welche von der gewählten Definition bewusst erfasst sind. Hier ist jedoch, insbesondere in der praktisch hochrelevanten Rolle des Abschlussprüfers, zwar Uneinigkeit in Einzelfragen, jedoch keine vergleichbare Forschungslücke festzustellen; Literatur11 und Rechtsprechung12 haben sich deren Dritthaftung am Kapitalmarkt bereits ausgiebig gewidmet. Daher wird deren Haftungslage vorrangig zu Vergleichszwecken herangezogen.

von Interessenkonflikten, insbesondere eine Stärkung des investor-paid rating anmahnend Zimmer, in: FS Hopt, 2010, S. 2689, 2701 ff., 2705 f. 9 Als Geschäftsleiter sollen hier Vorstände und Geschäftsführer sowie Aufsichtsräte und Angehörige von der Stellung nach vergleichbaren Organen (z. B. Beiratsmitglieder) gelten, also die Mitglieder der Unternehmensführung im weiteren Sinne. 10 Zu deren Haftung für Einflussnahme auf die Geschäftsführung instruktiv Wiedemann, ZGR 2011, 183, 205 ff. 11 Vgl. nur monographisch aus jüngerer Zeit Grotheer, Verantwortung des Wirtschaftsprüfers, 2011; Halbleib, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2010; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007; zudem die umfassende Aufbereitung bei Zugehör, in: ders./Fischer/ Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1605 ff.; vgl. aus rechtsökonomischer Perspektive zudem Bigus/Schäfer, ZfB 77 (2007) 19; Ott, in: FS H. B. Schäfer, 2008, S.171. 12 Vgl. nur aus jüngerer Zeit BGH Urt. v. 14.6.2007 – III ZR 125/06, NJW-RR 2007, 1332 (Wirtschaftsprüferhaftung nach Vertrag mit Schutzwirkung); BGH Urt. v. 6.4.2006 – III ZR 256/04, NJW 2006, 1975 (Reichweite des Schutzbereichs eines Prüfvertrages); BGH Urt. v. 15.12.2005 – III ZR 424/04, NJW-RR 2006, 611 (prospektrechtliche Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers).

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Einleitung

C. Gang der Untersuchung C. Gang der Untersuchung

Zunächst wird herausgearbeitet werden, auf welche Art die deutsche Rechtsordnung fehlerhafte Kapitalmarktinformation zu vermeiden sucht und wie sie diese sanktioniert. Sowohl am Primär- als auch am Sekundärmarkt wird hierbei durch eine Analyse der wichtigsten Vorschriften beleuchtet, wer Adressat der zivilrechtlichen Haftung für fehlerhafte Information ist, und welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen (Kapitel 1). Sodann wendet sich der Blick dem US-amerikanischen Recht zu, welches zur Frage der Verantwortlichkeit von Sekundärakteuren auf eine detailreiche Rechtsprechung zurückblickt, die von einer mannigfaltigen Diskussion in der Literatur begleitet wurde und wird. Als eines der am weitesten entwickelten Kapitalmarktrechte der Welt13 kommt dem US-amerikanischen Recht in diesem Bereich regelmäßig eine gewisse Wegweiser- und Vorbildfunktion zu, sodass von dieser Betrachtung auch ein Erkenntnisgewinn für das deutsche Recht zu erwarten steht.14 Hierbei erfolgt zunächst ein historischer Abriss, gefolgt von einer Auswertung der aktuellsten Rechtsprechung und ausgewählter Reformbestrebungen (Kapitel 2). Anschließend wird für das deutsche Recht untersucht, ob und wie die Erstreckung der zivilrechtlichen Haftung auf Mittäter und Gehilfen, wie § 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB sie anordnet, de lege lata mit bestehenden Haftungstatbeständen für fehlerhafte Kapitalmarktinformation zusammengeführt werden kann und unter welchen Voraussetzungen Teilnehmer im konkreten Zugriff einer zivilrechtlichen Haftung unterworfen werden (Kapitel 3). Die Untersuchung schließt mit einer vergleichenden Gegenüberstellung der wesentlichen Ergebnisse sowie einigen Anregungen, wie der Gesetzgeber de lege ferenda zur Übersichtlichkeit und Klarheit der Haftungslage beitragen kann (Kapitel 4).

13 Zudem ist der US-amerikanische Kapitalmarkt hinsichtlich der Marktkapitalisierung, wenngleich mit relativ abnehmender Tendenz, nach wie vor der größte Kapitalmarkt der Welt, vgl. jüngst World Federation of Exchanges, Market highlights for first half-year 2012, 2012, S. 4 ff. mit Statistiken; vgl. aus dem juristischen Schrifttum Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 328 (2008–2009) m. w. N. in Fn. 246; siehe zu Bemühungen der SEC, dem Attraktivitätsverlust der USA für europäische Emittenten entgegenzuwirken Fischer/ Lander, ST 2009, 739. 14 Freilich soll keine „blinde Rezeption“ US-amerikanischen Rechts, vor welcher zu Recht gewarnt wird, erfolgen, vgl. nur Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2264; vielmehr sollen die Erfahrungen aus den USA aufzeigen, welche Folgen bestimmte Entscheidungen für oder gegen eine Haftung zeitigen können, und so für das deutsche Recht weniger als Blaupause, denn als erfahrungsreiches Vergleichsmodell dienen.

Kapitel 1

Kapitel 1 – Bestandsaufnahme: Adressaten der Informationshaftung im deutschen Kapitalmarktrecht Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Das deutsche Kapitalmarktrecht stellt an verschiedenen Stellen Haftungstatbestände bereit, die bei fehlerhafter Emittenteninformation einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch geschädigter Anleger begründen. Anspruchsvoraussetzungen und Anspruchsgegner folgen dabei keinem einheitlichen Konzept, sodass sich eine gegliederte Betrachtung anbietet. Vorweg sollen in gebotener Kürze die Legitimation der Publizitätspflichten sowie der korrespondierenden Haftung für Fehlinformation im regulatorischen Gesamtumfeld der Ziele des Kapitalmarktrechts dargestellt werden (A.).1 Sodann werden die Haftungstatbestände am Primär- und Sekundärmarkt, die, trotz teils unscharfer Grenzziehung voneinander,2 sehr unterschiedlich ausgestaltete Haftungsregime vorhalten,3 voneinander abgeschichtet betrachtet (B. und C.).

A. Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts A. Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts

Die zwei Dimensionen des durch Marktregulierung bezweckten Schutzes sind zum einen der Institutionenschutz im Sinne einer effizienten Kapitalallokation und eines möglichst liquiden Marktplatzes, sowie zum anderen der Schutz der Anleger vor individuellen Verlusten aufgrund fehlinformierter Entscheidungen.4 Diese Ziele hat Klaus Hopt bereits 1975 herausgearbeitet und historisch, ökonomisch und rechtsvergleichend belegt,5 und später treffend als Hier ist nicht der Ort für eine volle Entfaltung der Thematik; die Darstellung ist auf einige Kernpunkte reduziert. 2 Nachdrücklich Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 107; vgl. auch Baums, ZHR 167 (2003) 139, 149; Maier-Reimer/ Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 5. 3 Dies gilt auf nationaler und europäischer Ebene, vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 4; siehe auch Fleischer, in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 4. 4 Vgl. statt vieler Veil, in: ders., Europäisches Kapitalmarktrecht, § 2 Rn. 73. 5 Siehe Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, insb. S. 51 f., 334 ff. 1

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

„zwei Seiten derselben Medaille“ beschrieben.6 Diese Metapher gilt heute zu Recht als allgemeiner Maßstab, sobald die Frage nach den geschützten Rechtsgütern bzw. Regelungszielen des Kapitalmarktrechts im Raum steht.7 I.

Das Verhältnis von Anleger- und Funktionenschutz

Das Verhältnis beider Regelungsziele zueinander blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Der Schutz des individuellen Anlegers war – neben dem Bedürfnis nach einer generellen Ordnung und Regulierung des Wertpapierhandels – bereits dem historischen Gesetzgeber von 1896 eines der zentralen mit der Regulierung verfolgten Anliegen8, als mit dem Börsengesetz erstmalig ein einheitliches reguliertes Wertpapierrecht im weitesten Sinne erlassen wurde.9 1979 stellte Schwark sodann fest, dass ausgehend von diesen Wurzeln weitere wertpapierrechtliche Publizitätspflichten hinzugetreten seien, die nicht mehr allein den zivilrechtlichen Schutz des Individuums bezweckten, sondern eher der Funktionalität des Wertpapiermarktes als Ganzes dienten.10 In der Folgezeit wurde trefflich darüber gestritten, ob Börsenregulierung nun den Markt oder den individuellen Anleger schütze bzw. schützen solle, ohne dass eine Seite dieses Gefecht für sich entscheiden konnte.11 Zugleich emanzipierte sich das Kapitalmarktrecht langsam als eigenständiges Rechtsgebiet neben dem Gesellschafts- und Börsenrecht.12 Vgl. Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 159; Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2209 zieht für eine Definition des Begriffs „Kapitalmarktrecht“ gerade diese beiden Funktionen als konstitutiv heran: „Kapitalmarktrecht […] als Gesamtheit jener Lehren, Grundsätze und Normen, die den Individualschutz der Anleger und Investoren auf der einen und den Funktionsschutz des Kapitalmarktes insgesamt auf der anderen Seite verfolgen.“ 7 Vgl. Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2248; mit Einschränkungen auch Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784 f. 8 Vgl. Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2217 ff.; vgl. auch die Nachweise bei Schwar k, in: FS von Rosen, 2008, S. 493, insb. Fn. 1; außerdem ders., Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, 1979, S. 204: Funktionenschutz habe 1896 keine explizite Erwähnung gefunden, Ziel des Gesetzgebers sei primär die Stärkung des Anlegerschutzes gewesen. 9 Näher zum historischen Hintergrund u. a. Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2217 ff.; Schwark, in: FS von Rosen, 2008, S. 493. Dessen Bezugs- und Anknüpfungspunkt war freilich der börsliche Handel als die auf dem Parkett vorgenommene Aktivität, was sich heute zu einer funktional orientierten Bestimmung des Rechtsgebiets Kapitalmarktrecht gewandelt hat, vgl. die Definition Merkts soeben in Fn. 6, S. 10. 10 Vgl. Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, 1979, S. 209 ff. 11 Vgl. für einen ausführlichen Abriss, ausgehend von Hopts These der Untrennbarkeit beider Ziele Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 301 ff.; instruktiv zur Diskussion auch Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 771 f., insb. die Nachweise in Fn. 116. 12 Für einen zeitgenössischen Einblick in diese Entwicklung vgl. Möllers, ZGR 1997, 334 ff., mit einer Gesamtschau anlegerschützender Regelungen aus dem Aktien- und Kapitalmarktrecht, 338 ff.; eine wichtige Wegmarke bildet wohl das Gutachten von Hopt/ Rudolph/Baum (Hrsg.), Börsenreform, 1997; dazu Hellwig, ZGR 1999, 781. 6

A. Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts

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Heute darf als weitgehend gesicherte Erkenntnis gelten, dass beide Ziele sich nicht diametral unversöhnlich gegenüberstehen13, sondern eine sinnvolle Kapitalmarktregulierung sowohl die Funktionalität des Marktes als Institution als auch den individuellen Anlegerschutz zu gewährleisten bezweckt.14 Diese doppelte Zielsetzung hat auch Eingang in die Regierungsbegründungen diverser Kapitalmarktgesetze15 und Europäischer Richtlinien16 gefunden. Stets heißt es dort, dass die Regelungen, wie beispielsweise Insiderhandelsverbote und Publizitätsgebote, zum einen die Wettbewerbsfähigkeit der Kapitalmärkte sichern, deren Integrität unterstützen und zugleich den Individualschutz der Anleger verbessern sollen.17 Beide Dimensionen beeinflussen sich, können einander unterstützen, sich aber auch gegenseitig beeinträchtigen.18 So kann eine Übersteigerung des einen Ziels sich negativ auf das andere auswirken, überzogener Individualschutz beispielsweise den Kapitalmarkt lähmen, ein unterentwickelter Anlegerschutz hingegen dessen Liquidität austrocknen.19 Hier gilt es für den Gesetzgeber wie auch den Rechtsanwender, stets auf das richtige Augenmaß zu achten.20 Auch lässt sich, entgegen früherer anderslautender Stellungnahmen, keine absolute Dominanz des einen über das andere Ziel feststellen, vgl. überzeugend Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784 f.; Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2224 ff. 14 Vgl. Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2224; Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007) 519, 548; vgl. auch Hopt/Rudolph/Baum (Hrsg.), Börsenreform, 1997, S. 3: „Eine wirkungsvolle Marktaufsicht muß (1) eine faire Preisbildung und entsprechende Preisqualität wie auch (2) die Chancengleichheit der Marktteilnehmer und (3) ein Mindestmaß an Anlegerschutz gewährleisten, was sich für die Privatanleger nicht allein durch den Börsenwettbewerb erreichen lässt. Zugleich sind jedoch Liquidität, Effizienz und – in wechselnder Ausgestaltung – Transparenz zu schaffen.“ – Zust. Hellwig, ZGR 1999, 781, 785 f. 15 Vgl. nur Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33; Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 1; zu diesen Zielen Sittmann, NJW 1998, 3761. 16 Vgl. nur RL 89/592/EWG vom 13.11.1989 (Insider-Richtline), Präambel. 17 Vgl. statt vieler RL 2003/6/EG vom 28.1.2003 (Marktmissbrauchs-Richtlinie), Erwägungsgründe 2, 12; dazu kürzlich EuGH Urt. v. 28.6.2012 – C-19/11, NJW 2012, 2787, 2788 (Geltl/Daimler); siehe auch RL 2004/109/EG vom 15.12.2004 (Transparenzrichtlinie), Erwägungsgrund 1. 18 Diesbezüglich gehen die Meinungen nach wie vor auseinander, so bleiben Zielkonflikte nach Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 159 rein theoretischer Natur, während Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785 im Insiderrecht auch praktische Auswirkungen dieser Problematik erkennt. 19 Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 306. 20 Vgl. Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784 f.; Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2225 mit dem wichtigen Hinweis, der Individualanlegerschutz stelle keinesfalls ein „Almosen“ an konstitutionell unterlegene Marktteilnehmer dar, sondern schaffe überhaupt erst das nötige Forum, um einen liquiden Markt zu etablieren; schließlich sei es ja gerade das Kapital der Anleger, um welches der Markt wirbt; ähnlich bereits zuvor ders., Unternehmenspublizität, 2001, S. 305 f.; gleichsinnig Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 24 ff. 13

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

II. Verhaltenssteuerung und Vertrauensbildung durch effektive Haftungsmechanismen Woraus zieht nun eine breitflächige und teils scharfe Sanktionierung von Fehlinformation ihre Legitimation? Die Antwort hierauf liegt unter anderem in der institutionellen Informationsasymmetrie zwischen Emittent und Anleger, die der Markt in seinem Urzustand mit sich bringt und die der Normgeber durch Transparenz einzuebnen sucht.21 1. Grundproblem der Informationsasymmetrie Am Kapitalmarkt besteht zunächst ein Informationsgefälle zwischen den Akteuren, weil der Käufer von Wertpapieren nicht in der Lage ist, verbriefte Rechte und deren wertbildende Faktoren eingehend auf ihre Tauglichkeit für die von ihm bezweckte Verwendung zu inspizieren.22 Hieraus resultiert das Risiko, dass Emittenten ihre eigene wirtschaftliche Lage gegenüber der Marktöffentlichkeit beschönigen, um den Kurswert positiv zu beeinflussen.23 Zu Transparenz und Fairness als Desiderate für einen liquiden Wertpapiermarkt Caspari, in: Grundmann/Schwintowski/Singer/Weber (Hrsg.), Anleger- und Funktionsschutz durch Kapitalmarktrecht, 2006, S. 7, 9 mit Fokus auf die Regulierung zum Zweck der Funktionsfähigkeit der Märkte als Ganzes; vgl. auch aus kapitalmarkttheoretischer Perspektive Schredelseker, in: FS G. H. Roth, 2011, S. 721, 722 f., der jedoch den individuellen Nutzen der Publizität für empirisch nicht nachweisbar erachtet. Siehe im primärmarktrechtlichen Kontext auch Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, Vorbem. Prospekthaftung Rn. 1. Grundlegend zur informationellen Chancengleichheit der Anleger als Grundpfeiler europäischen Insiderrechts EuGH Urt. v. 23.12.2009 – C-45/08, NZG 2010, 107 (Spector Photo Group); dazu Hupka, EuZW 2011, 860, 862; im Kontext der Ad-hocPublizitätspflicht jüngst EuGH Urt. v. 28.6.2012 – C-19/11, NJW 2012, 2787, 2788 (Geltl/ Daimler); dazu mit Blick auf Anleger- und Funktionenschutz Möllers/Seidenschwann, NJW 2012, 2762, 2763. 22 Vgl. Koller, in: FS Huber, 2006, S. 821, 828; Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 380a; diese Asymmetrie abzubauen sieht Möllers, ZGR 1997, 334, 338 als Primärziel des Anlegerschutzes; ähnlich Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 306: „Information der Anlegerseite ist mithin das zentrale Instrument zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.“ – Zustimmend Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007) 519, 549; krit. mit Blick auf die Gefahr eines „information overload“ Möllers/ Kernchen, ZGR 2011, 1. 23 Caspari, in: Grundmann/Schwintowski/Singer/Weber (Hrsg.), Anleger- und Funktionsschutz durch Kapitalmarktrecht, 2006, S. 7, 8 nennt als Risiken eines Kapitalmarktes im „Naturzustand“ für den Anleger: Risiko eines Unternehmenszusammenbruchs (prudential risk), Risiko, betrogen oder in die Irre geführt zu werden (bad faith risk) und das Risiko, ein subjektiv ungeeignetes Anlageprodukt zu erwerben (complexity risk /unsuitability risk); Schlitt/Schäfer, in: FS Hopt, 2010, S. 2469 erkennen ein „Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des Emittenten an einer möglichst positiven Außendarstellung und dem (gesetzlich geschützten) Interesse der Anleger an ausreichender und ausgewogener Information“; ähnlich aus ökonomischer Perspektive Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, 21

A. Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts

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Folge ist, dass die fehlerhafte positive bzw. unterlassene negative Information nicht korrekt in den Kurs eingepreist wird, und Anleger bei Transaktionen zu teuer kaufen oder zu günstig verkaufen, weil der Kurs im Handelszeitpunkt nicht den wahren Zustand des Unternehmens abbildet. Gelangt der Fehler an die Öffentlichkeit, absorbiert der Börsenpreis diese Information und der Schaden des Anlegers hat sich manifestiert.24 2. Notwendigkeit einer effektiven Haftung bei Fehlinformation Solchen Fehlentwicklungen gegenzusteuern, benennt das Schrifttum treffend als einen Zweck des Haftungsrechts nach modernem Verständnis, auch wenn dies nicht dem traditionellen Verständnis des historischen BGB-Gesetzgebers entsprach.25 Erkennt man die präventive Steuerungsfunktion als wichtigen Baustein einer Kapitalmarktregulierung an,26 gilt es für jeden potenziellen Haftungsadressaten zu prüfen, ob und inwieweit ein Haftungsrisiko förderliche Verhaltensanreize zu setzen vermag.27 Auch geklärt ist, dass dem Anleger S, 307; siehe zu den Anreizen für Organmitglieder zu fehlerhaftem Informationsverhalten auch knapp Fleischer, ZGR 2004, 437, 463. 24 Daher benennen Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 1, 3 die Ermöglichung einer wohlinformierten Transaktionsentscheidung des Anlegers als Primärziel kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten; ähnlich Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 308 ff. mit Darstellung verschiedener staatlicher Regulierungsoptionen, um diese zu ermöglichen; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 753 f. weist auf die Senkung der Transaktionskosten als weiteres Ziel der Transparenzregime hin. 25 Vgl. Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785, der diese Steuerungsfunktion in das Gesamtbild einer Synthese von Funktionen- und Anlegerschutz einpflegt; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 1; im Kontext der Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers Schäfer, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 163, der hierfür einen hochentwickelten, gut ausgebildeten Rechtsstab für notwendig erachtet, da nur ein solcher sachgerechte Ergebnisse anhand relativ vage gehaltener Haftungstatbestände erzielen könne. 26 Vgl. nur Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 95; Mörsdorf, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für Verstöße gegen die Ad-hoc-Publizitätspflicht gemäß § 15 WpHG, 2005, S. 76 ff.; Veil, in: FS Hopt, 2010, S. 2641, 2650; instruktiv auch Zimmer/Höft, ZGR 2009, 662, 633 ff., 688 ff. im Kontext des KapMuG, welches geschädigten Anlegern ein Musterverfahren im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation zur Verfügung stellt, um das „rationale Desinteresse“ des Einzelnen an einer Geltendmachung seines Anspruchs zu überwinden; vgl. zu dessen weiten Anwendungsbereich ebd., 671 f., zur Kritik an der gegenwärtigen Regelung 694 ff.; zum KapMuG knapp unten Kapitel 3 – C.II.3.b)bb), S. 331 f. 27 Allg. zur Steuerungsfunktion im Deliktsrecht Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 144 ff.; Lange/Schiemann, Schadensersatz, Einl. III 2, S. 11 ordnen diese als „erwünschtes Nebenprodukt“ ein, ähnlich Oetker, in: MünchKomm BGB, § 249 Rn. 9; mit Einflechtung ökonomischer Argumente zur Schadensprävention Kötz, in: Karlsruher Forum 1990, 1992, S. 14, 17; ausführlicher ders./Wagner, Deliktsrecht, Rn. 59 ff.; explizit

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

keineswegs das eigene Risiko einer Anlageentscheidung abgenommen werden soll. Ein glückloser Anleger soll durch Kapitalmarktregulierung keine Möglichkeit erhalten, selbstverschuldete Verluste auf andere Marktakteure abzuwälzen.28 Im Moment kursmanipulativen Verhaltens endet aber richtigerweise das eigene Anlagerisiko. Der Anleger hat schützenswert auf die fehlerfreie Informationsweitergabe des Emittenten vertraut und ist hierin enttäuscht und resultierend daraus geschädigt worden. Dieser Schaden entstammt nicht seiner eigenen Kontroll- und Risikosphäre. Es erscheint daher sachgerecht, ihn diesen nicht selbst tragen zu lassen. Steht ein entsprechendes Schutzinstrumentarium nicht zur Verfügung, sinkt die Bereitschaft der Anleger, ihr Kapital anzulegen.29 Auch über die Steuerungsfunktion des Haftungsrechts lassen sich zivilrechtliche Schadensersatzansprüche legitimieren. Sofern die vollständige und wahre Information des Kapitalmarktes im Sinne der Publizitätsvorschriften als Ziel effektiver Kapitalmarktregulierung anerkannt ist, liegt es auf der Hand, dass diese Gebote ohne Durchsetzungs- und Sanktionierungsmechanismen lediglich stumpfe Schwerter darstellen.30 Den zuständigen Aufsichtsbehörden fehlt überdies die Kapazität, jede Informationsweitergabe eines Publizitätspflichtigen an den Kapitalmarkt auf gegen die Einordnung der Steuerungsfunktion als bloßes „Nebenprodukt“ Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 149 ff.; vgl. im Kontext der Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers auch Schäfer, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 163. 28 Allg. Ansicht, vgl. nur Beck, in: FS U. H. Schneider, 2011, S. 89, 100 f.; Caspari, in: Grundmann/Schwintowski/Singer/Weber (Hrsg.), Anleger- und Funktionsschutz durch Kapitalmarktrecht, 2006, S. 7, 9; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 37; Hennrichs, in: FS Kollhosser, 2004, S. 201, 205; Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 772; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 940 argumentieren, die Trennung zwischen dem marktimmanenten Risiko von Kursschwankungen einerseits und Kursmanipulation andererseits sei auch mit dem 4. FMFG nicht hinreichend gelungen und konstatieren Nachbesserungsbedarf; hierzu im Kontext der Schadensberechnung auch Baums, ZHR 167 (2003) 139, 185 f.; gleichsinnig wertet das US-amerikanische Schrifttum, vgl. Fischel/Grossman, 4 Journal of Futures Markets 273, 285 (1984) mit ökonomischer Herleitung. 29 Vgl. Teichmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 149, 151 f.; dazu empirisch La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, 61 Journal of Finance 1 (2006). 30 So Ekkenga, ZIP 2004, 781, 785; Hennrichs, in: FS Kollhosser, 2004, S. 201, 215; Teichmann, in: Bachmann/Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 149, 151 f., 154; vgl. knapp zur Streuschadenproblematik, aufgrund derer Geschädigten häufig der Anreiz fehlt, ihren Individualschäden geltend zu machen Zimmer/Höft, ZGR 2009, 662, 664 f., mit Hinweis darauf, dass die Steuerungsfunktion des Haftungsrechts kein Streben nach größtmöglicher Abschreckung indiziere, sondern sämtliche involvierten Interessen in Ausgleich zu bringen suche, vgl. 688 f.

A. Haftung im Lichte der Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts

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Ihre Vollständigkeit und Wahrheit zu überprüfen, sodass von deren Untersuchungs- und Ermittlungstätigkeit oftmals kein hinreichender Abschreckungseffekt ausgeht, welcher einem Fehlverhalten bereits präventiv entgegenwirkt.31 Soweit das Risiko zivilrechtlicher Verfolgung hinzutritt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass fehlerhaftes Informationsverhalten aufgedeckt und verfolgt wird, wodurch der Anreiz zur Befolgung der Publizitätsgebote steigt. 3. Unzulänglichkeit des gegenwärtigen Entwicklungsstandes Im Bereich der Prospekthaftung findet eine vitale Diskussion über die Haftung von Experten statt, die an der Prospekterstellung beteiligt sind. Am Sekundärmarkt aber ist jenseits der Haftung von Emittenten und deren Geschäftsleitern nach wie vor reichlich unerforschtes Territorium auf der Landkarte der Kapitalmarktinformationshaftung auszumachen. Sind der Emittent und die Geschäftsleiter insolvent oder dem Zugriff der geschädigten Anleger anderweitig entzogen, fehlen bislang Erfahrungen, von wem und unter welchen Voraussetzungen ein erlittener Schaden eingeklagt werden kann. Die vergleichende empirische Rechtstatsachenforschung legt,32 mit Schützenhilfe von ökonomischer Seite, nahe, dass das Ziel entwickelter und mit hinreichender Liquidität ausgestatteter Kapitalmärkte nur dann erreichbar ist, wenn ein in Normenbestand und Durchsetzungsmöglichkeiten effektiver Anlegerschutz besteht.33 Ein fairer, nach größtmöglicher Informationstransparenz und damit auch Allokationseffizienz strebender Kapitalmarkt bedarf also nach eines wirksamen Sanktionsregimes bei der Verletzung von Publizitätspflichten. Die Möglichkeit geschädigter Anleger, Schadensersatzansprüche umfassend und effektiv geltend zu machen, erfüllt zweierlei Funktionen zugleich: Sie stärkt das Anlegervertrauen in die Integrität des Marktes, womit sie zur erwünschten Liquidität des Handelsplatzes beiträgt34, und stellt gleichzeitig einen ver-

31 Vgl. aus ökonomischer Sicht zum Verhältnis von private enforcement und alternativen Steuerungsmechanismen (z. B. Steuern, Entschädigungsfonds, aufsichtsrechtliche Verfolgung) im Kontext von Kausalitätsfragen im Wirtschaftsrecht Spindler, AcP 208 (2008) 283, 303 f. 32 Vgl. Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 13 mit Fn. 10. 33 Vgl. Baums, ZHR 167 (2003) 139, 144; Fleischer, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, 2007, S. 50, 70; Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospektund Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 13; Krause, ZGR 2002, 799, 811 f.; treffend benennen Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 1 das Vertrauen der Marktteilnehmer als wichtiges Ziel des Haftungsrechts. 34 Vgl. Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2259 mit nüchterner Bewertung der lex lata: „Sieht man funktionierende Kapitalmärkte als ein dem funktionierenden Wettbewerb

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

haltenssteuernden Anreiz für Adressaten von Publizitätspflichten zu gesetzmäßigem Verhalten dar.35 Auch ein rechtspraktisches Bedürfnis nach der Klärung der Haftung von Sekundärakteuren besteht: Die Problematik wird virulent, sobald sowohl Emittent als auch Geschäftsleiter insolvent sind oder anderweitig als Vollstreckungsziel ausscheiden.

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

Zunächst soll der Blick dem Primärmarkt zugewendet werden. Dreh- und Angelpunkt ist hierbei die Prospekthaftung in ihren verschiedenen Ausprägungen.36 Die folgende Betrachtung legt einen Fokus auf die Rechtsfolgenseite, insbesondere die Frage der Haftungsadressaten der einzelnen Vorschriften. Für Details hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen sei auf die zahlreichen einschlägigen Publikationen verwiesen.37 I.

Überblick über den Normenbestand

Die Haftung für fehlerhafte Börsenzulassungsprospekte war lange Zeit in den §§ 44–47 BörsG a. F. geregelt und galt als „Prototyp“38 der spezialgesetzlichen kapitalmarktrechtlichen Informationshaftung.39 Mit dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagevermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 6.12.201140 sind diese Vorschriften mit Wirkung ab dem 1.6.2012 in die §§ 21 ff. WpPG41 überführt worden, was systematisch nahelag: Die börsenvergleichbares Rechtsgut an, bedarf es auch eines stärkeren zivilrechtlichen Rechtsschutzes, um das erforderliche Vertrauen in die Kapitalmärkte zu erzeugen.“ 35 Vgl. Hennrichs, in: FS Kollhosser, 2004, S. 201, 202. 36 Vgl. nur Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 41; de lege ferenda wird verbreitet eine kapitalmarktrechtliche Generalklausel für die Haftung bei fehlerhafter Information gefordert, vgl. mit guten Gründen Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 1, 49 f. Bislang ist das deutsche Recht aber von einer grundsätzlichen Dichotomie der primär- und sekundärmarktrechtlichen Haftung geprägt, sodass auch hier die Betrachtung getrennt erfolgt. 37 Vgl. statt aller nur Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5; Buck-Heeb, KapitalmarktR; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29; Lenenbach, KapitalmarktR; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41; Vortmann (Hrsg.), Prospekthaftung und Anlageberatung, 2000; systembildend schon früh Assmann, Prospekthaftung, 1985. 38 Fleischer, BKR 2003, 608; gleichsinnig Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2233. 39 Für einen knappen historischen Abriss des Normenbestandes vgl. Schäfer, ZGR 2006, 40, 40 ff. 40 BGBl. I S. 2481; Vgl. den Überblick bei Leuering, NJW 2012, 1905; Zingel/ Varadinek, BKR 2012, 177. 41 Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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rechtliche Prospektpflicht sowie detaillierte Regelungen zu Pflichtangaben, Präsentation, Veröffentlichung etc. sind bereits seit 2005 vollständig im WpPG geregelt, welches seinerseits größtenteils in Umsetzung der Vorgaben aus der Prospektrichtlinie entstanden war.42 Ebenfalls in das WpPG überführt wurden zudem die §§ 13, 13a VerkProspG a. F., soweit sie die Prospekthaftung für das öffentliche Angebot von Wertpapieren, die nicht an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sind, betrafen. Damit sind die Vorschriften zur Prospekthaftung für öffentliche Wertpapieremissionen, unabhängig davon, ob diese für den organisierten Börsenhandel zugelassen, in diesen einbezogen, oder im Freiverkehr gehandelt werden,43 nunmehr gemeinsam in konsolidierter Form im Gesetz verortet. Vom sachlichen Anwendungsbereich der §§ 13, 13a VerkProspG a. F. ebenfalls erfasst wurden bestimmte Vermögensanlageprodukte des Grauen Kapitalmarktes. Dieser Bereich wurde nicht in die §§ 21 ff. WpPG überführt, sondern ebenfalls mit Wirkung ab dem 1.6.2012 in das neu geschaffene Vermögensanlagengesetz, VermAnlG, implementiert. Damit ergibt sich nunmehr das folgende, aufgeräumte44 Bild: 1. Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz – § 21 WpPG, die Haftung bei fehlerhaftem Börsenzulassungsprospekt, entspricht § 44 BörsG a. F. – § 22 WpPG, die Haftung bei sonstigem fehlerhaften Prospekt, entspricht § 13 VerkProspG a. F., soweit die Vorschrift Wertpapiere erfasste, die nicht zum regulierten Börsenhandel zugelassen werden sollen. – § 23 WpPG, der Haftungsausschluss, entspricht § 45 BörsG a. F.

Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist, Wertpapierprospektgesetz, vom 22. Juni 2005, in Kraft getreten am 1. Juli 2005, BGBl. I S. 1698. 42 RL 2003/71/EG vom 4.11.2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der RL 2001/34/EG, (Prospektrichtlinie), ABl. EG L 345, S. 64; für einen Überblick der anleger- und institutionenschützenden Richtlinien im Lichte der Regulierungsziele Fairness und Transparenz vgl. Caspari, in: Grundmann/Schwintowski/Singer/Weber (Hrsg.), Anleger- und Funktionsschutz durch Kapitalmarktrecht, 2006, S. 7, 12 ff. 43 Allein das erstmalige Angebot von Aktien zur Aufnahme in den Freiverkehr löst keine Prospektpflicht aus; in aller Regel wird es sich hierbei aber um ein öffentliches Angebot i. S. v. § 3 Abs. 1 S. 1 WpPG handeln, sodass hieraus eine Prospektpflicht folgt, vgl. Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 752; weiterführend Schwartz, Anlegerschutz im Freiverkehr, 2008, S. 60 ff., 71, mit einem Überblick über die privatrechtlichen Prospektpflichten nach den verschiedenen Börsenrichtlinien für den Freiverkehr, siehe S. 72 ff. 44 Leuering, NJW 2012, 1905 weist darauf hin, dass erstmalig gelungen sei, die für das jeweilige Finanzprodukt geltende Prospektpflicht und den korrespondierenden Haftungstatbestand im gleichen Gesetz zu verorten.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

– § 24 WpPG, die Haftung bei fehlendem Prospekt, entspricht wiederum in Teilen § 13a VerkProspG a. F., soweit diese Wertpapiere erfasste, die nicht zum regulierten Börsenhandel zugelassen werden sollen. – § 25 WpPG ordnet für die §§ 21–24 WpPG gemeinsam das Verbot vorheriger Haftungsbeschränkungen sowie das Verhältnis zu weitergehenden Ansprüchen an. Hierzu ausführlich unten II., S. 19 ff. 2. Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz – § 20 VermAnlG ordnet die Haftung bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt an. – § 21 VermAnlG betrifft die Haftung bei fehlendem Verkaufsprospekt. – Die Vorschriften entsprechen den §§ 13, 13a VerkProspG a. F., soweit diese nicht in das WpPG überführt wurden. – § 22 VermAnlG etabliert die Haftung für Fehler im neuen Vermögensanlagen-Informationsblatt. Hierzu ausführlich unten III., S. 39 ff. 3. Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch Die Prospekthaftung und die Haftung für Fehler im Prospekt und der „wesentlichen Anlegerinformation“ nach dem Kapitalanlagegesetzbuch, welches an die Stelle des früheren Investmentgesetzes getreten ist, richten sich nach § 306 KAGB. Die Novellierung hat in den hier interessierenden Fragen keine inhaltlichen Änderungen herbeigeführt. Bereits mit Wirkung zum 1.7.2011 wurde die Sonderverjährungsregel des § 127 Abs. 5 InvG a. F. gestrichen, sodass hier, wie nunmehr auch in der Prospekthaftung nach dem WpPG und dem VermAnlG, die allgemeine bürgerlich-rechtliche Verjährung gilt.45 Hierzu ausführlich unten IV., S. 50 ff. 4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Neben den angeführten spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbeständen besteht zudem die richterrechtlich geschaffene, auf der culpa in contrahendo (heute § 311 Abs. 2, 3 BGB) beruhende bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung fort. Deren Anwendungsbereich schrumpft mit jeder neuen Kodifikation in diesem Rechtsgebiet. Sie bringt Besonderheiten gerade hinsichtlich der Haftungsadressaten mit sich, weshalb auf eine Darstellung nicht verzichtet werden soll. Hierzu ausführlich unten V., S. 54 ff.

45

Vgl. Leuering, NJW 2012, 1905, 1909.

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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5. Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlage nach dem Wertpapiererwerbsund Übernahmegesetz Daneben besteht mit § 12 WpÜG ein Haftungstatbestand für Fehler in einer übernahmerechtlichen Angebotsunterlage. Die Regelung stellt keine klassische Prospekthaftung dar, ist dieser aber nachgebildet, weshalb es sich anbietet, diese gemeinsam mit den Prospekthaftungstatbeständen zu diskutieren. Sofern ein Bieter ein Übernahmeangebot für eine börsennotierte Gesellschaft abgibt, verpflichtet § 11 Abs. 1 WpÜG den Bieter zur Erstellung einer Angebotsunterlage. Stellt diese Angebotsunterlage sich als fehlerhaft oder unvollständig heraus, statuiert § 12 WpÜG die Haftung des Bieters. Hierzu ausführlich unten VI., S. 63 ff. II. Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz Die Prospekthaftung nach den §§ 21 ff. WpPG wurde im Vergleich zur Vorgängerregelung nur minimal verändert.46 Sie erfasst sämtliche Prospekte47 für Wertpapiere i. S. v. § 2 Ziff. 1 WpPG. Je nachdem, ob diese Wertpapiere zum organisierten Handel an einer Börse zugelassen werden sollen48 oder nicht, ergibt sich die Prospekthaftung aus unterschiedlichen Vorschriften: § 21 WpPG kodifiziert die Haftung für Prospektfehler bei Emissionen am organisierten Markt, diejenige für fehlerhafte und fehlende Prospekte bei sonstigen öffentlichen Emissionen findet sich in den §§ 22, 24 WpPG. § 22 WpPG verweist weitgehend auf § 21 WpPG. 1. Haftung für fehlerhafte Prospekte nach den §§ 21, 22 WpPG §§ 21 und 22 WpPG statuieren die Haftung für fehlerhafte Prospekte, sofern ein Wertpapier im organisierten Handel einer Börse zugelassen (§ 21 WpPG) oder anderweitig öffentlich angeboten wird (§ 22 WpPG). a) Anspruchsvoraussetzungen des § 21 WpPG Sobald Wertpapiere für den Handel an einer inländischen Börse zugelassen werden sollen, verpflichtet § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG i. V. m. § 3 Abs. 3 WpPG den Zulassungsantragsteller zur Erstellung und Veröffentlichung eines Börsenzulassungsprospektes. Die Inhaltsanforderungen an den Prospekt sind in

46 Die Verjährung wurde an die allgemeinen Verjährungsregeln des BGB angeglichen und das Verhältnis der Prospekthaftung zu konkurrierenden deliktischen Ansprüchen wurde zugunsten breiterer Anspruchskonkurrenz gelockert, hierzu sogleich Kapitel 1 – B.II.2.d), S. 38 f.; zu beidem Leuering, NJW 2012, 1905, 1906. 47 Die Prospektpflicht folgt hierbei aus § 3 Abs. 1 WpPG. 48 Siehe die Legaldefinition des organisierten Marktes in § 2 Ziff. 16 WpPG.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

den §§ 5 ff. WpPG normiert und werden durch den Verweis in § 7 WpPG auf europäisches Verordnungsrecht49 konkretisiert.50 Leitlinien des Gesetzes sind die Vollständigkeit, Wahrheit und Verständlichkeit des Prospektes. Der Prospekt soll dem Anleger eine informierte Entscheidung über das angebotene Wertpapier ermöglichen.51 Dies gilt im Grundsatz für sämtliche Prospekthaftungstatbestände. Als maßgeblichen Empfängerhorizont für diese Beurteilung stellte der BGH lange Zeit auf die Kenntnisse und Fähigkeiten eines „durchschnittlichen Anlegers“ ab, der keine einschlägige Vorbildung in der nur eingeweihten Kreisen zugänglichen Schlüsselsprache der Materie hat, aber in der Lage ist, eine Bilanz zu lesen.52 Diese Formel ist in der Literatur verschiedentlich kritisiert worden.53 Eine aktuelle Entscheidung scheint diese Kritik aufzunehmen und korrigiert den Empfängerhorizont dahingehend, dass die Kenntnisse der mit dem Prospekt konkret angesprochenen Anleger maßgeblich seien.54 Sofern das Angebot sich ausdrücklich an unkundige Anleger richte, sei insbesondere das Fehlen von Spezialkenntnissen zu berücksichtigen.55 49 Gem. § 7 WpPG folgen die Mindestangaben, die in den Prospekt aufzunehmen sind, aus der VO 809/2004/EG vom 29.4.2004 zur Umsetzung der RL 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EU L 149 S. 1, Nr. L 215 S. 3. 50 Vgl. zum notwendigen Prospektinhalt Kullmann/Sester, WM 2005, 1068, 1071 ff., mit ausführlicher Beschreibung der Veröffentlichungs- und Nachtragsmodalitäten; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.313 ff. 51 Vgl. bereits Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, 1979, S. 97 f.; lange Zeit war streitig, ob für den maßgeblichen Empfängerhorizont auf einen uninformierten Laien oder einen verständigen Anleger abzustellen sei, siehe Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 33 f.; ausf. Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 175 ff.; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.198. 52 St. Rspr. seit BGH Urt. v. 12.7.1982 – II ZR 175/81, NJW 1982, 2832, 2824 (BuM). 53 Krit. Schwark, ZGR 1983, 162, 168 f. mit Alternativvorschlägen; vgl. auch Wienecke, in: Grundmann/Schwintowski/Singer/Weber (Hrsg.), Anleger- und Funktionsschutz durch Kapitalmarktrecht, 2006, S. 37, 43 f., mit dem Vorschlag, für verschiedene Prospektteile entsprechend der typischen Adressaten des jeweiligen Abschnittes auf einen unterschiedlichen Anlegerhorizont abzustellen; vgl. auch Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 14, der den Empfängerhorizont des durch den Prospekt konkret angesprochenen Adressatenkreises befürwortet, sofern dieser sich nicht an ein breites, heterogenes Anlegerpublikum richte; so auch Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 221. 54 Vgl. BGH Urt. v. 18.9.2012 – XI ZR 344/11, ZIP 2012, 2199. 55 BGH Urt. v. 18.9.2012 – XI ZR 344/11, ZIP 2012, 2199 Ls. 1: „Wendet sich der Emittent von Wertpapieren ausdrücklich auch an das unkundige und börsenunerfahrene Publikum, so bestimmt sich der Empfängerhorizont für Prospekterklärungen nach den Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen (Klein-)Anlegers, der sich allein anhand der Prospektangaben über die Kapitalanlage informiert und über keinerlei

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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Ist ein Prospekt hinsichtlich wesentlicher Angaben fehlerhaft oder unvollständig,56 gewährt § 21 Abs. 1 WpPG dem Anleger einen Anspruch auf Rückabwicklung des Erwerbsgeschäftes inklusive der Erstattung der mit dem Erwerb üblicherweise verbundenen Kosten57. Ist der Anleger nicht mehr Inhaber des betreffenden Wertpapiers, gewährt § 21 Abs. 2 WpPG subsidiär einen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem gezahlten Erwerbspreis, sofern dieser nicht über dem ersten Ausgabepreis liegt, und dem erlösten Veräußerungspreis, ebenfalls einschließlich der üblichen mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen Kosten. Anspruchsberechtigt ist, Spezialkenntnisse verfügt.“ Über die Reichweite der Praxisfolgen dieser Entscheidung kann man gegenwärtig nur spekulieren. Sprengkraft besitzen dürfte vor allem die Formulierung BGH, ZIP 2012, 2199, 2202: „[A]llein die Tatsache, dass sich bestimmte, für den Anleger nachteilige Rechtsfolgen aus den einschlägigen Rechtsnormen ableiten lassen, entbindet die Prospektverantwortlichen grundsätzlich nicht von ihrer Pflicht, den Anleger über alle Umstände sachlich richtig, vollständig und verständlich zu unterrichten, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein könnten.“ Zu erwarten ist vor allem eine Zunahme des Prospektumfanges, wenn Emittenten nunmehr auf sämtliche Risiken einer Kapitalanlage hinweisen und diese erläutern müssen. Ob ein solcher weiterer Anstieg des Informationsvolumens den Anlegerschutz wirklich stärkt, steht auf einem anderen Blatt; vgl. zur Problematik dieses „Information Overload“ unlängst eingehend Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1. 56 Zu den Begriffen der Fehlerhaftigkeit und Unvollständigkeit und der Frage, wann eine solche wesentlich i. S. d. Prospekthaftung ist, hat sich ein großer Fundus an Stellungnahmen und Entscheidungen gesammelt, worauf hier nicht vertieft eingegangen werden soll. Ausgehend vom Leitbild, der Prospekt solle den Anleger in die Lage versetzen, eine wohlinformierte Anlageentscheidung zu treffen, ist ein Prospektfehler dann zu bejahen, wenn ebendiese Funktion gefährdet erscheint. Dies ist bei marginalen Fehlangaben ebenso wenig der Fall wie bei unwesentlichen Auslassungen. Vgl. zum Ganzen statt vieler Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 16 ff.; Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 59 ff.; Holzborn, in: Berliner Komm WpPG, § 7 Rn. 3 f.; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.194 ff.; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 31 weist auf die scharfe Rechtsfolge der Prospekthaftungsansprüche hin und fordert, es müssten „einigermaßen gewichtige Fehler des Prospektes gegeben sein.“ Das Erfordernis der Wesentlichkeit entspricht funktional der materiality in diversen Informationshaftungstatbeständen des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts, siehe am Primärmarkt insb. sec. 12 SA 1933, vgl. dazu ausf. unten Kapitel 2 – B.I., S. 141 ff.; vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76: ein Umstand sei wesentlich, wenn „sich im konkreten Fall bei einer ordnungsgemäßen Angabe die für die Beurteilung der Wertpapiere relevanten maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse verändern würden.“. 57 Als typischerweise mit dem Erwerb verbundene Kosten nennen Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 132 etwa Maklercourtage, Provisionen für Finanzdienstleister oder die Emissionsbank sowie Aufwendungen für Bezugsrechte, durch deren Ausübung der Anleger das Wertpapier erworben hat; ähnlich Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.218; Pankoke, in: Just/Voß/ Ritz/Zeising WpPG, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG Rn. 63.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

wer das Wertpapier nach Veröffentlichung des Prospektes und binnen sechs Monaten seit der ersten Einführung erworben hat.58 b) Anspruchsvoraussetzungen nach § 22 WpPG § 22 WpPG statuiert die Haftung für Wertpapierprospekte, wenn die Wertpapiere in den Handel an einer Börse lediglich einbezogen werden oder anderweitig öffentlich angeboten werden sollen.59 Auch für diese besteht gemäß § 3 Abs. 1 WpPG grundsätzlich eine Pflicht zur Prospekterstellung, die sich an den Anbieter des Wertpapiers richtet. §§ 3 Abs. 2, 4 WpPG statuieren Bereichsausnahmen von der Prospektpflicht. Die inhaltlichen Anforderungen an den Wertpapierprospekt finden sich wiederum in den §§ 5 ff. WpPG. Ist ein solcher Prospekt hinsichtlich wesentlicher Angaben unvollständig oder unrichtig, verweist § 22 WpPG für die Haftungsfolgen mit nur leichten Modifikationen, welche der fehlenden Einbeziehung der Wertpapiere in den organisierten Handel Rechnung tragen, auf § 21 WpPG. c) Anspruchsverpflichteter Nach § 21 Abs. 1 WpPG60 richtet sich der Anspruch gegen jeden, der für den Prospekt die Verantwortung übernommen hat (Ziff. 1), sowie den, von dem der Erlass des Prospektes ausgeht (Ziff. 2). Zudem wird eine Haftung von Experten diskutiert. aa) Prospektverantwortlicher nach § 21 Abs. 1 Ziff. 1 WpPG Verantwortlich für den Prospekt ist in erster Linie, wer im Prospekt explizit die Übernahme der Prospektverantwortung nach außen verlautbart,61 man 58 Vgl. § 21 Abs. 1 S. 1 WpPG; die haftungsbegründende Kausalität des Prospektes für den Erwerb wird somit widerleglich vermutet, vgl. Möllers, ZBB 2003, 390, 401; auf Beweiserleichterungen wie den Anscheinsbeweis aufgrund einer „Anlagestimmung“ kommt es daher im Anwendungsbereich der kodifizierten Prospekthaftung nicht mehr an; vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 76; Langenbucher, in: FS K. Schmidt, 2009, S. 1053, 1056 f.; Schwark, ZGR 1983, 162, 179 ff.; Spindler, AcP 208 (2008) 283, 332. 59 Sollen Aktien im Freiverkehr gehandelt werden (§ 48 Abs. 1 BörsG), bedarf es keiner Zulassung, sodass die Prospektpflicht nach § 3 Abs. 3 WpPG nicht ausgelöst wird; allerdings wird dabei häufig ein öffentliches Angebot der Wertpapiere vorliegen, sodass §§ 3 Abs. 1 S. 1, 2 S. 1 Nr. 4 WpPG eine Prospektpflicht statuieren; vgl. monographisch zum Anlegerschutz in diesem Marktsegment Schwartz, Anlegerschutz im Freiverkehr, 2008, insb. S. 60 ff., 66, der eine Lücke im Anlegerschutz aufzeigt, sofern die Platzierung ohne ein „öffentliches Angebot“ nach § 3 Abs. 1 WpPG erfolgt. 60 § 22 WpPG verweist insoweit vollständig auf § 21 WpPG, hier ergeben sich also keine Unterschiede. 61 Vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 153; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 65; Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 34.

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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spricht vom Prospektverantwortlichen62, ehemals Prospekterlasser.63 Der Publizitätsakt in Form der Unterschrift stellt die Basis für schützenswertes Anlegervertrauen dar;64 die Unterschrift ist hinreichende, nicht aber stets notwendige Haftungsvoraussetzung.65 Der Anbieter des Wertpapiers muss den Prospekt gem. § 5 Abs. 3 S. 1 WpPG unterschreiben; dabei kann der Emittent zugleich auch der Anbieter sein, dies ist jedoch nicht zwingend.66 Nach § 5 Abs. 3 S. 2 WpPG ist zudem, wenn die Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, der Zulassungsantragsteller zur Unterschrift verpflichtet, sowie gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 WpPG auch die emissionsbegleitende Bank.67 Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Bank zudem auch dann prospektverantwortlich, wenn sie den Prospekt nicht mit unterzeichnet hat.68 Neben dem Emittenten69 und dem emissionsbegleitenden Kreditinstitut können weitere Akteure für den Prospekt ausdrücklich die Verantwortung Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 24; Groß, KapitalmarktR, § 21 WpPG Rn. 30. 63 Die durch das 3. FMFG zum 1.4.1998 geänderte Terminologie brachte keine materielle Änderung mit sich, vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 78; Groß, AG 1999, 199, 200; Kort, AG 1999, 9, 10; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 8; Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 34. 64 Vgl. Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 52; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 65. 65 Vgl. BGH Urt. v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, NJW 1998, 3345 (Elsflether Werft); Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 153; Kort, AG 1999, 9, 11; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 66. 66 Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 24 mit dem Hinweis, bei dramatischen Kursverlusten sei der Emittent häufig insolvent und als Anspruchsgegner damit für Geschädigte uninteressant. 67 Vgl. Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-HdB,§ 112 Rn. 53; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.312; siehe mit Aufarbeitung der historischen Gründe für die Haftung der emissionsbegleitenden Bank Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 25; monographisch zur Frage, ob und inwieweit die Haftung der emissionsbegleitenden Bank der Parteidisposition unterliegt Schneider, Die Freistellung der Banken von der Prospekthaftung bei Aktienemissionen, 2011; früh zur dogmatischen Verortung der Prospekthaftung der Emissionsbank Köndgen, AG 1983, 120, 124 f., der sowohl schuldrechtliche als auch originär deliktische Elemente herausarbeitet und die Prospekthaftung letztlich als Sonderdeliktshaftung qualifiziert. 68 BGH Urt. v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, NJW 1998, 3345, Leitsatz 1 (Elsflether Werft); vgl. Leuering, NJW 2012, 1905, 1906; Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 35 weist darauf hin, dass die Entscheidung angesichts der nunmehr bestehenden Verpflichtung der emissionsbegleitenden Bank, den Prospekt zu unterzeichnen, an praktischer Relevanz eingebüßt habe; gleichsinnig Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 27. 69 Zur Emittentenhaftung aus § 45 BörsG a. F. war ursprünglich verbreitet angenommen worden, diese sei durch das Verbot der Einlagenrückgewähr bis zum Eintritt der Insolvenzreife der AG gesperrt, vgl. zeitgenössisch Moos, ZHR 70 (1911) 184, 194 ff., insb. 204: 62

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

übernehmen und dabei erklären, dass dieser ihres Wissens sowohl inhaltlich richtig als auch hinsichtlich aller wesentlichen Umstände vollständig sei, § 5 Abs. 4 S. 1 WpPG.70 Überdies sind auch die emissionsbegleitenden Konsortialbanken i. d. R. Prospektverantwortliche, auch ohne dass ihre vertretungsberechtigten Organe selbst den Prospekt unterschrieben hätten, sofern entsprechende Erklärungen im Prospekt den Eindruck erwecken, auch die übrigen Konsortialmitglieder hätten die Prospektverantwortung übernommen.71 Das Bankenkonsortium, in aller Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach den §§ 709 ff. BGB,72 haftet dann kraft Vertretung durch den Konsortialführer im Außenverhältnis.73 § 31 BGB findet analoge Anwendung.74 Dabei ist gleichgültig, ob und „Es erscheint bedenklich, eines der wichtigsten Prinzipien des Aktienrechts durch Hinweis auf eine vereinzelte börsenrechtliche Bestimmung erschüttern zu wollen.“ Diese Auffassung wird nicht mehr vertreten, begegnet aber im Gewand der Diskussion um die Vereinbarkeit der Emittentenhaftung bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität mit den §§ 57, 71 AktG erneut; richtigerweise hat der BGH auch hier mit der herrschenden Literatur einen Vorrang der aktienrechtlichen Vorschriften abgelehnt, vgl. BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 674 f. (EM.TV). Dazu noch unten Kapitel 1 – C.II.3.c), S. 91. 70 Vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 155; zur Frage, inwieweit von dieser Möglichkeit in der Praxis Gebrauch gemacht wird Sittmann, NZG 1998, 490, 493: „Regelmäßig werden auch die Konsortialbanken des Emissionskonsortiums den Börsenzulassungsprospekt unterschreiben.“ So auch Grundmann, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-HdB, § 112 Rn. 53. 71 Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 156; Pankoke, in: Just/ Voß/Ritz/Zeising WpPG, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG Rn. 20 verlangt für die Prospekthaftung der Konsorten jedoch ein Publizitätselement. 72 Die Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)GbR wurde durch den BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 festgestellt, insbesondere kann sie wirksam vertreten werden und stellt ein Zurechnungsobjekt von Pflichten dar, für die sämtliche Gesellschafter neben der Gesellschaft wie Gesamtschuldner haften. Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, §§ 44,45 BörsG Rn. 10 betont, allein das Vorliegen einer aus den Konsortialbanken bestehenden GbR begründe für sich noch keine solidarische Außenhaftung, maßgeblich seien stets die Umstände des Einzelfalls; vgl. auch Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 7 Rn. 8 ff., die auch bei ausdrücklich im Konsortialvertrag vereinbartem Ausschluss einer GbR das Vorliegen einer solchen bejaht, sofern ein hinreichender gemeinsamer Zweck vorliege, was regelmäßig der Fall sei. Für eine Haftung der GbR müsse diese aber zudem im Außenverhältnis erscheinen, die Konsortialführerin also zumindest auch im Namen des Konsortiums auftreten, vgl. Rn. 10. 73 Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 26 f; differenzierter Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 38 ff., mit Abstufung danach, inwieweit die einzelnen Konsorten auch im Außenverhältnis als Emissionsbegleiter aufgetreten sind; ähnlich Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 28; Schwark, in: ders./Zimmer (Hrsg.), KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 10, mit Hinweis auf sog. sub-underwriters, die ebenfalls nicht prospektverantwortlich seien, wenn sie den Prospekt zwar unterzeichneten, aber zugleich zum Ausdruck brächten, für diesen nicht die Verantwortung zu übernehmen; ähnlich Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski,

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inwieweit die Konsorten im Innenverhältnis tatsächlich Einfluss auf die Erstellung des Prospektes genommen haben.75 bb) Prospektveranlasser nach § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG Daneben ist Anspruchsgegner gem. § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG auch, von wem der Erlass des Prospektes ausgeht, sog. Prospektveranlasser. Mit dieser Vorschrift wird eine Schutzlücke geschlossen, welche bestünde, sofern Hintermänner bestimmend auf Prospektinhalt und Prospektveröffentlichung einwirken, ohne formell die Prospektverantwortung im Sinne von § 21 Abs. 1 Ziff. 1 WpPG zu übernehmen.76 Hier wiegt nach der Wertung des Gesetzgebers die Ausübung interner Kontrollgewalt schwerer als die fehlende vertrauensbegründende Publizität, womit Missbrauch77 entgegengewirkt werden soll. Als Prospektveranlasser gilt, wer aufgrund eigener wirtschaftlicher Interessen an der Emission beteiligt ist und in der Lage ist, bestimmenden Einfluss auf den eigentlichen Prospektersteller und damit den Prospektinhalt auszuüben, wer also bei wirtschaftlicher, nicht formaljuristischer Betrachtung tatsächlicher Urheber des Prospektes ist.78 Hier werden u. a. AufsichtsratsBankrechts-HdB, § 112 Rn. 53; zu weitgehend Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospektund Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 227, der meint, bei einem emissionsbegleitenden Konsortium hafteten stets alle Konsorten im Außenverhältnis als Gesamtschuldner. 74 Dazu Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 7 Rn. 11. 75 Vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 156; nach Groß, AG 1999, 199, 201 haben die weiteren Konsortialmitglieder, auch wenn diese ausdrücklich die Prospektverantwortung übernehmen, in aller Regel keinen Anteil an der Prospekterstellung; siehe auch Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 41: solche Vereinbarungen wirkten ausschließlich im Innenverhältnis der Konsorten, im Innenverhältnis bestünden indes in aller Regel vertragliche Freistellungs- bzw. Ausgleichsansprüche. 76 So ausdrücklich jüngst BGH Urt. v. 18.10.2012 – XI ZR 344/11, ZIP 2012, 2199; vgl. zudem Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 157; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 30 f. 77 Etwa durch das Einschalten von Strohmännern oder gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen zu dem Zweck, selbst zwar bestimmend auf den Prospekt Einfluss zu nehmen und wirtschaftlich von der Emission zu profitieren, zugleich aber nicht als Prospektverantwortlicher einer Haftung ausgesetzt zu sein. 78 Vgl. nur jüngst BGH Urt. v. 18.9.2012 – XI ZR 344/11, ZIP 2012, 2199, Ls. 3; Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 157; Habersack, in: ders./Mülbert/ Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 29; Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 53; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 74; die Figur kommt funktional der controlling person liability nach USamerikanischem Kapitalmarktrecht nahe, vgl. sec. 15(a) SA 1933; dazu ausf. unten Kapitel 2 – B.III.1., S. 148 f.; nach Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 42 ist das eigene wirtschaftliche Interesse an der Emission notwendige, jedoch nicht hinreichende Voraussetzung der Einordnung als Prospektveranlasser, wobei die Anforderungen an das Eigeninteresse und den tatsächlich ausgeübten Einfluss von Akteur zu Akteur variierten.

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oder Beiratsmitglieder, welche maßgeblichen Einfluss auf die Prospekterstellung nehmen,79 dominierende Konzernobergesellschaften80 sowie veräußerungswillige Großaktionäre81 genannt.82 Nicht Prospektveranlasser ist, wer zwar an der Erstellung des Prospektes mitwirkt, dessen eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission jedoch nicht über das übliche Beratungshonorar hinausgeht.83 Ebenso wenig reicht das Interesse der emissionsbegleitenden Bank an der Emission, um diese als Prospektveranlasser anzusehen.84 Auch die Vorstände des Emittenten sind im Normalfall keine Prospektverantwortlichen i. S. v. § 21 Abs. 1 WpPG.85 cc) Expertenhaftung Allerdings könnten an der Prospekterstellung mitwirkende Akteure dennoch Anspruchsgegner des geschädigten Anlegers sein, wenn sie als Experten einer nicht explizit im Gesetz verankerten Haftung für Prospektfehler unterliegen.86

Ausf. zu diesen Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 45 f. Vgl. unlängst BGH Urt. v. 18.9.2012 – XI ZR 344/11, ZIP 2012, 2199 Ls. 3: „[I]nsbesondere sollen auch Konzernmuttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden, wenn eine Konzerntochtergesellschaft Wertpapiere emittiert.“ 81 Ausf. Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 44. 82 So Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 53; das häufig zitierte Beispiel eines großen Bankhauses, welches eine kleinere Bank vorschiebe, um die Haftung zu vermeiden, sei hingegen eher theoretischer Natur; dieses anführend Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 48; vgl. auch Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 31; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.210. 83 Soweit ersichtlich allg. anerkannt, vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 157; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 30; Hamann, in: Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rn. 101; Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG Rn. 23; Unzicker, VerkProspG, § 13 Rn. 42. Problematisch ist bei Verabredung von Erfolgshonoraren, ab welcher Schwelle keine Zuarbeit zu einer fremden Emission, sondern ein Mitwirken als an der Emission Beteiligter und damit die Prospektverantwortlichkeit nach § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG zu bejahen ist; Sehr anschaulich und ausführlich zum Ganzen Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 43 ff., 49 ff., der besonderes Augenmerk auf den Begriff des wirtschaftlichen Eigeninteresses lenkt. 84 Groß, KapitalmarktR, §§ 44, 45 BörsG Rn. 35; Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG Rn. 22; Schneider, Die Freistellung der Banken von der Prospekthaftung bei Aktienemissionen, 2011, S. 43; Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 47 f. Dies ist regelmäßig ohne praktische Bedeutung, da die emissionsbegleitende Bank nach § 5 Abs. 3 S. 2 WpPG zur Unterzeichnung des Prospektes verpflichtet und damit Prospektverantwortliche nach § 21 Abs. 1 Ziff. 1 WpPG ist. 85 Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 182 f.; Fleischer, BKR 2003, 608 f.; Gerber, DStR 2004, 1793, 1794. 86 Vgl. dazu Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB, 2. Aufl. 2009, § 45 BörsG Rn. IX 399 f. 79 80

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Dies wird teilweise im Schrifttum vorgeschlagen,87 von der weit überwiegenden Auffassung jedoch zu Recht zurückgewiesen.88 Gegen die Ausweitung streitet insbesondere der Grundsatz der prospektrechtlichen Gesamtverantwortung, die gesamtschuldnerische Haftung sämtlicher Verpflichteten für den gesamten Prospektinhalt. Diese im Gesetz angelegte Rechtsfolge spricht gegen eine Haftung von Experten, die regelmäßig nur an der Erstellung eines begrenzten Teils des Prospektes beteiligt sind.89 Eine Expertenhaftung für Fehler in einem nicht von diesem verantworteten Abschnitt des Prospektes erscheint unverhältnismäßig und nicht vom Gesetzgeber intendiert.90 Rechtspolitisch ist dem Bestreben der Minderansicht zuzugeben, dass Wirtschaftsprüfer, Banken und Rechtsanwälte, welche bei der Prospekterstellung mitwirken, regelmäßig über besondere Expertise verfügen und diese in den Prospektinhalt einfließen lassen. Ein schützenswertes Anlegervertrauen kann sich auch darauf beziehen, dass unabhängige Experten die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospektes überprüfen.91 Wird dieses Vertrauen enttäuscht, spricht de lege ferenda vieles dafür, eine angemessene Haftung zu statuieren.

87 Vgl. Bosch, ZHR 163 (1999) 274, 281 f.: der Wortlaut „die Verantwortung übernommen“ stehe einer Übernahme der Verantwortung nur für einen Teil des Prospektes nicht entgegen, dieses Verständnis entspreche zudem internationalen Gepflogenheiten; ähnlich Groß, AG 1999, 199, 201; ders., KapitalmarktR, § 21 WpPG Rn. 36 f.; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.211. 88 Vgl. Assmann, AG 2004, 435, 436; ders., in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 224; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 30; Hamann, in: Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG Rn. 103 f.; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 81; Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG Rn. 23 f.; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 12; Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 49 ff. 89 So auch Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 67; Habersack, in: ders./ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 30. 90 Vgl. Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 54 f. mit Hinweis auf die regelmäßig im Innenverhältnis zum Emittenten gegebenen Haftungsansprüche bei fehlerhafter Erstellung eines Prospektabschnittes; Kort, AG 1999, 9, 20 f.; Sittmann, NZG 1998, 490, 493 verweist auf die ratio legis der Börsenprospekthaftung als Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit des gesamten Prospektes; a. A. Bosch, ZHR 163 (1999) 274, 281 f.; Groß, AG 1999, 199, 201. 91 So auch die Forderungen der überwiegenden Literatur de lege ferenda, siehe nur Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 1, 5 f.; Meyer, WM 2003, 1301, 1311; Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG Rn. 24; deutlich auch Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 54: die „geltende Rechtslage [ist] geradezu ein Skandal.“

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Mit dem geltenden Recht und der abschließenden Aufzählung der Prospektverantwortlichen in § 21 Abs. 1 WpPG ist dies jedoch nicht vereinbar.92 Die vorgeschlagene Alternative, nach dem Vorbild des verworfenen DiskE für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz (KapInHaG) eine sachgegenständlich begrenzte Prospektverantwortlichkeit zu schaffen,93 würde diesem Einwand überzeugend abhelfen, findet aber keinen Anhaltspunkt in der lex lata. Hier läge es am Gesetzgeber, eine Änderung herbeizuführen.94 dd) Insbesondere: Haftung der Wirtschaftsprüfer Die Haftung der Wirtschaftsprüfer ist eine beachtenswerte Sonderkonstellation in der Diskussion zur Expertenhaftung für fehlerhafte Prospekte. Diskutiert wird deren Haftung insbesondere in Ausübung der Funktion des Abschlussprüfers (1). Überdies kommt möglicherweise eine Haftung der Wirtschaftsprüfer wegen anderweitiger Mitwirkung an der Prospekterstellung in Betracht (2). (1) Prospekthaftung des Abschlussprüfers für das Pflichttestat Durch das Testat unter dem Jahresabschluss, welcher zwingender Inhalt des Prospektes ist, erweckt der Abschlussprüfer gegenüber dem Markt hinsichtlich der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft einen besonderen, mit ihm unmittelbar verknüpften Vertrauenstatbestand.95 Daher wird teils vertreten, Abschlussprüfer seien als Prospektverantwortliche i. S. v. § 21 Abs. 1 Ziff. 1 WpPG zu behandeln.96 Diese Auffassung baut jedoch methodisch auf der Prämisse auf, nach geltendem Recht sei eine Verantwortung auch allein Siehe Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 158. Zu diesem Entwurf noch ausführlicher unten Kapitel 1 – B.VII., S. 67 ff. 94 So auch Schäfer, ZGR 2006, 40, 58; anders Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.211 mit Fn. 1: Die ProspektVO setze die Verantwortung nur für Teile des Prospektes in bestimmten Formulierungen voraus, sodass de lege lata eine solche Abschnittshaftung möglich und für Experten wie Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte auch angezeigt sei. 95 Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 27; Meyer, WM 2003, 1301, 1306; ausf. zur Schlüsselfunktion des Abschlussprüfers für den Kapitalmarkt Heukamp, ZHR 169 (2005) 471, 472 f.; auf breiter rechtsvergleichender Basis auch Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 72, vgl. zum deutschen Recht insb. S. 78. 96 So vor allem Groß, AG 1999, 199, 201, im Wesentlichen mit der Begründung, dass der geprüfte Jahresabschluss regelmäßig sowohl formell (Umfang und Anteil am Gesamtprospekt) als auch materiell (Bedeutung als Entscheidungsgrundlage für Anleger) den mit Abstand gewichtigsten Teil des Prospektes darstelle; auch Groß muss hierfür aber den Grundsatz der Gesamtverantwortung durchbrechen, wofür er eine europarechtlich modifizierten Auslegung des § 14 BörsZulVO a. F. vorschlägt; vertieft ders., KapitalmarktR, § 21 WpPG Rn. 37. 92 93

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für Teile des Prospektes möglich, was bereits aufgrund des Grundsatzes der Gesamtverantwortung verworfen wurde. Dies entspricht herrschender Ansicht, auch spezifisch zur Haftung des Abschlussprüfers.97 Mithin ist die Prospektverantwortlichkeit des Abschlussprüfers abzulehnen.98 Um diese als misslich wahrgenommene Haftungslücke zu schließen, wird vereinzelt vorgeschlagen, die Haftung der Abschlussprüfer über die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung zu begründen, auch im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Haftungstatbestände.99 Da die Wirtschaftsprüfer der kodifizierten Prospekthaftung personell nicht unterfallen, stehe der Spezialitätsgrundsatz einer Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung nicht entgegen. Dieser Vorschlag kann nicht überzeugen.100 Schon aus der Natur der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung als Instrument zur Lückenschließung folgt, dass diese, wenn überhaupt, nur mit äußerster Zurückhaltung in Bereichen angewendet werden sollte, die von spezialgesetzlichen Tatbeständen erfasst werden. Überdies würde der Vorschlag entgegen der Intention des Gesetzgebers eine bereichsspezifische Prospektverantwortung schaffen.

Vgl. Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 41; Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 229; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 28; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 67; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 31; Heukamp, ZHR 169 (2005) 471, 474 f. m. w. N. in Fn. 10; Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 73 ff.; Ott, in: FS H.B. Schäfer, 2008, S. 171, 182 f.; Schneider, Die Freistellung der Banken von der Prospekthaftung bei Aktienemissionen, 2011, S. 44; Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 50. 98 Vgl. auch RegE VermögensanlageG vom 2.1.1978, BT-Drucks. 8/1405, dessen § 4 Abs. 7 eine Prospekthaftung des Abschlussprüfers normiert, aber auf das Verhältnis zur Gesellschaft beschränkt hätte; pointiert Köndgen, AG 1983, 120, 126: „[…] angesichts der anlegerschützenden Tendenz des ganzen Gesetzes ein bizarrer Gedanke.“ 99 Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 29 f. 100 Deutlich Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 81: „Sonstige Ansprüche, insbesondere solche aus allgemeiner zivilrechtlicher Prospekthaftung, sind demgegenüber im Anwendungsbereich der Haftung für fehlerhafte Börsenzulassungsprospekte ausgeschlossen. Die Vorschriften der §§ 45 ff. sind insoweit als abschließend anzusehen. Die Regelung berücksichtigt, dass anderenfalls die unter anderem mit der Neuregelung beabsichtigte Begrenzung des Haftungsrisikos für die Prospektverantwortlichen unterlaufen würde.“ Dazu Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.249; wie hier die h. L., vgl. nur Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 42; Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 184; Fleischer, BKR 2004, 339, 344; Halbleib, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2010, S. 60 f.; Heukamp, ZHR 169 (2005) 471, 475 f.; Meyer, WM 2003, 1301, 1309; Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, §§ 44 BörsG, 13 VerkProspG Rn. 25; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 79; Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 51. 97

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Klar hiervon zu trennen ist die Frage, ob solch eine Haftung rechtspolitisch wünschenswert wäre,101 was jedoch anderwärts bereits vertieft worden ist und hier nicht wiederholt werden soll. Bejaht man im Übrigen entgegen der hier vertretenen Auffassung eine Haftung, ist noch die Hürde des § 323 Abs. 1 HGB zu nehmen, der anordnet, dass der Abschlussprüfer nur im Innenverhältnis zur Kapitalgesellschaft selbst haftet. Nach herrschender Lesart steht die Vorschrift prospektrechtlichen Ansprüchen der Anleger gegen den Prüfer aufgrund von Fehlern im Jahresabschluss entgegen.102 (2) Anderweitige Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers Getrennt hiervon diskutiert man, ob der Wirtschaftsprüfer für eine anderweitige Mitwirkung an der Prospekterstellung, wie z. B. die selbstständige Prüfung des Finanzteils des Prospektes, als Prospektverantwortlicher in Frage kommt. Auch hier wird teils vertreten, der Wirtschaftsprüfer könne nach bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung in Anspruch genommen werden, da die Sperrwirkung der spezialgesetzlichen Tatbestände sich personell nicht auf diesen erstrecke.103 Diese Argumentation wirkt jedoch nahezu zirkelschlüssig: Der Wirtschaftsprüfer kann wegen des Prinzips der Gesamtverantwortung nicht der abschließenden spezialgesetzlichen Prospekthaftung unterfallen. Mithin wird er von dieser nicht erfasst, und deswegen hafte er für einzelne Prospektteile nach bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung. Dies findet keine Stütze im Gesetz, umgeht den Grundsatz der Gesamtverantwortung entgegen der Intention des Gesetzgebers und kann daher nicht überzeugen. Wollte man diese Argumentation gelten lassen, schaffte man den Grundsatz der Gesamtverantwortung letztlich ab, da dann jeder Experten der namentlich 101 Dies entspricht Forderungen der h. L. de lege ferenda, vgl. nur Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 42 mit eigenem Vorschlag einer Norm, 43 f.; auf breiter rechtsvergleichender Basis Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 67; mit ökonomischem Schwerpunkt Heukamp, ZHR 169 (2005) 471, 483 ff., 494. 102 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 68; Böcking/Gros/Rabenhorst, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB, § 323 HGB Rn. 23; hiervon zu trennen ist die Frage, ob eine Haftung des Abschlussprüfers aus anderen Rechtsgründen, z. B. dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter folgt, siehe dazu ausf. unten Kapitel 3 – A.I.2.b), S. 280 ff. 103 So vor allem Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 29 f.; Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 74 f., die dies als „wohl überwiegende Meinung“ deklarieren, was einer Überprüfung nicht standhält: die auf S. 75 in Fn. 438 als Beleg zitierte Rechtsprechung betrifft sämtlich lediglich die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung, jedoch nicht den hier in Rede stehenden Fall von Angaben in einem Prospekt, welcher sachlich spezialgesetzlichen Haftungstatbeständen unterfällt, vgl. BGH Urt. v. 22.5.1980 – II ZR 209/79, BGHZ 77, 172; BGH Urt. v. 31.5.1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314; BGH Urt. v. 31.3.1992 – XI ZR 70/91, WM 1992, 901; BGH Urt. v. 1.12.1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025.

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genannt wird, über diesen Weg nach bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung für einen Teil des Prospektes haften würde. Dies ist nach der lex lata aber nicht möglich.104 Richtigerweise ist die Sperrwirkung des Anwendungsbereiches der spezialgesetzlichen Prospekthaftung daher nicht personell zu verstehen, sondern vor allem am jeweiligen Prospektbegriff festzumachen.105 Ist der Wirtschaftsprüfer im Prospekt einvernehmlich als Mitwirkender genannt, gelangt die Rechtsprechung stattdessen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in eng umsteckten Grenzen zu einer Dritthaftung.106 Eine Teilverantwortung nach bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung ist aber nur dann anzuerkennen, wenn auch der Prospekt selbst nach dieser zu beurteilen ist, nicht hingegen im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung. d) Verschuldensmaßstab und Haftungsausschluss § 23 WpPG regelt den Verschuldensmaßstab und die Haftungsausschlusstatbestände gemeinsam für §§ 21 und 22 WpPG. Es ergibt sich folgendes Bild: aa) Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit Der Anspruchsgegner kann gem. § 23 Abs. 1 WpPG haftungsbefreiend beweisen, dass er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Prospektangaben weder kannte, noch diese Unkenntnis auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist. Die Haftung ist also begrenzt auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, das Verschulden wird widerleglich vermutet.107 Der konkrete Verhaltens- und 104 So auch die h. L., vgl. Assmann, AG 2004, 435, 436; Grotheer, Verantwortung des Wirtschaftsprüfers, 2011, S. 121 f.; Halbleib, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2010, S. 60; Vogt, Abschlussprüferhaftung gegenüber Dritten in Deutschland und den USA, 2009, S. 182; für eine Ausnahme hiervon bei bewusstem Hinwirken auf fehlerhafte Prospektangaben Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 228 f., zudem sei eine Ausnahme bei überragendem eigenem wirtschaftlichen Interesse des Experten an der Emission angezeigt. Bei Lichte betrachtet stellt dies keine Ausnahme dar: Der Experte ist dann Prospektveranlasser nach § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG. 105 Insoweit wie hier bzgl. des Grauen Kapitalmarktes Korth, Die Prospekthaftung am Grauen Kapitalmarkt, 2008, S. 138, die aber wegen befürchteter Haftungsfreiräume ihre dogmatischen Bedenken anheimstellt; treffend (in abw. Kontext) Hebrant, ZBB 2011, 451, 453: „Wird also ein gesetzlich vorgeschriebener und von der BaFin gebilligter Prospekt veröffentlicht, richtet sich die Prospekthaftung für diesen Prospekt ausschließlich nach den spezialgesetzlichen Vorschriften.“ (Hervorhebung im Original.) 106 Dazu ausf. unten Kapitel 3 – A.I.2., S. 278 ff. 107 Dies war eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, um eine emissionsfreundliche Grundstimmung zu schaffen, vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933 S. 80; dazu Sittmann, NZG 1998, 490, 491; zur rechtspolitischen Kritik mit versöhnlicher Stellungnahme im Hinblick auf die schwimmende Grenze zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 60 ff.; Hopt/Voigt, in: dies.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Sorgfaltsmaßstab ist hierbei für jeden Anspruchsgegner einzeln zu bestimmen.108 Dabei gilt: Je größer die Nähe des Akteurs zu der relevanten Information, desto strengere Anforderungen sind an dessen individuelle Sorgfalt zu stellen.109 Dies ergibt eine graduell abgestufte Matrix, die als relativer Indikator, nicht als absoluter Standard für den jeweils anzulegenden Sorgfaltsmaßstab zu verstehen ist. Den Emittenten, aus dessen Geschäfts- und Herrschaftsbereich alle wesentlichen Angaben stammen, treffen die strengsten Sorgfaltspflichten.110 Die emissionsbegleitende Bank hingegen verwendet ausschließlich Informationen, die ihr von Anderen zur Verfügung gestellt werden. Sie muss diese nicht verdachtsunabhängig umfassend auf Fehler untersuchen, sondern hat eher eine Pflicht zur Überprüfung der erhaltenen Daten auf Stringenz und Schlüssigkeit.111 Aus dem berechtigten Vertrauen, welches der Markt der Unterschrift der konsortialführenden Bank entgegenbringt, folgt aber auch, dass eine Über(Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 82 ff. konstatieren insoweit einen deutschen Sonderweg und empfehlen de lege ferenda eine Haftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu schaffen; ebenso auf rechtsökonomischer Grundlage Schäfer, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 177; scharf Köndgen, AG 1983, 120, 128: Hier liege „der Vorwurf einer systemwidrigen Konzession des Gesetzgebers an die Emissionshäuser nur allzusehr auf der Hand.“ Siehe auch Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, § 45 BörsG Rn. 8: bei einer Ausweitung des Verschuldensmaßstabs auf jede Fahrlässigkeit solle das Gesetz klare Pflichten der verschiedenen Akteure festschreiben. Die lex lata verteidigend hingegen Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 234 f. 108 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 63. 109 Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 43 f.; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 38; Sittmann, NZG 1998, 490, 494; detailliert Köndgen, AG 1983, 120, 126 f. 110 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 62; Habersack, in: ders./ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 39; Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/ Zeising WpPG, § 45 BörsG Rn. 10. 111 Vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BT-Drucks. 13/8933, S. 80; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 64 f.; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.214; Sittmann, NZG 1998, 490, 494: „Plausibilitätskontrolle“; gleichsinnig Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, § 45 BörsG Rn. 13; abweichend Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 11: ebendiese Plausibilitätskontrolle reiche gerade nicht aus; dies ausführlicher entfaltend bereits ders., ZGR 1983, 162, 172 ff.; wohl zustimmend Schneider, Die Freistellung der Banken von der Prospekthaftung bei Aktienemissionen, 2011, S. 50. Zum Vertrauen der emissionsbegleitenden Bank auf das Testat des Abschlussprüfers Meyer, WM 2003, 1301, 1307 mit der Befürchtung, Emittent und Bank könnten sich im Haftungsprozess auf gerechtfertigtes Vertrauen hinsichtlich des Testats berufen, sodass ein geschädigter Anleger ohne Anspruch dastehe; vgl. auch Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 46 ff. mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes.

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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prüfung kritischer Angaben vonnöten ist und etwaigem Verdacht auf Fehler in den erhaltenen Angaben sorgfältig nachzugehen ist.112 Streitig ist hier insbesondere, inwieweit sich Emissionsbegleiter und Konsortialbanken im Rahmen der ihnen abverlangten Sorgfalt auf die testierten Angaben von Dritten, also Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, Steuerberatern etc. verlassen dürfen.113 Da diese im Gegensatz zum Emittenten keinen eigenen Anreiz haben, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu beschönigen, ist hier wohl größeres Vertrauen auf die erhaltenen Angaben statthaft als hinsichtlich der vom Emittenten erhaltenen Informationen.114 Richtigerweise dürfen jedoch auch diese nicht blind übernommen werden, sondern sind zumindest auf Schlüssigkeit zu prüfen.115 Offenkundige Unstimmigkeiten müssen erkannt werden. Zu weit gehen jedoch Stimmen, die eine vollumfängliche Nachprüfung der erhaltenen Daten verlangen.116 Noch umfassender dürfen die weiteren Konsortialbanken auf die erhaltenen Informationen vertrauen. Sie haben sich i. d. R. lediglich von der Plausibilität der Prospektangaben sowie der ordnungsgemäßen Prüfung derer durch den Konsortialführer zu überzeugen.117 Dies spiegelt den Umstand wider, dass die Konsorten regelmäßig nicht an der Prospekterstellung beteiligt sind.

112 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 65; Habersack, in: ders./ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 41; Köndgen, AG 1983, 120, 127; Meyer, WM 2003, 1301, 1307; enger Kort, AG 1999, 9, 18: Hinsichtlich der Annahme von Überprüfungs- und Nachforschungspflichten der emissionsbegleitenden Bank sei „äußerste Zurückhaltung“ geboten. Siehe auch BGH Urt. v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, NJW 1998, 3345, 3347 (Elsflether Werft) wo eine nachträgliche Berichtigungspflicht der emissionsbegleitenden Bank angenommen wurde; dagegen Kort, AG 1999, 9, 15 f. 113 Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 50 ff. 114 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 65 f.; Habersack, in: ders./ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 42; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 49; einschränkend bezüglich Angaben der Abschlussprüfer Köndgen, AG 1983, 120, 127: diese agierten nicht lediglich im Anlegerinteresse, sodass eine weitergehende Kontrolle angezeigt sei. 115 Vgl. Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, § 45 BörsG Rn. 16; vgl. Schneider, Die Freistellung der Banken von der Prospekthaftung bei Aktienemissionen, 2011, S. 50: die Annahme einer Pflicht zur vollständigen Überprüfung mache die Emissionsbank sachwidrig zur „Kontrolleurin der Kontrolleure“. Zum Problem ineffizienter Doppelkontrolle im arbeitsteiligen Kapitalmarktgeschehen bereits Douglas/Bates, 43 Yale L. J. 171, 201 f. (1933). 116 Zu weitgehend daher Köndgen, AG 1983, 120, 127; wie hier Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-HdB, § 112 Rn. 58, der noch weiter differenziert: Bei gesetzlich vorgeschriebenen Drittangaben reiche eine Plausibilitätskontrolle aus, nicht jedoch bei freiwillig herbeigezogenen Informationen Dritter (z. B. legal opinions, andere Sachverständigengutachten); ähnlich Groß, KapitalmarktR, § 21 WpPG Rn. 81 f. 117 Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 43. Die Sorgfaltspflicht tritt hier also in Gestalt einer Überwachungspflicht zutage. Anders

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

bb) Haftungsausschlüsse, weitergehende Ansprüche Ein Anspruch nach den §§ 21 und 22 WpPG besteht gemäß § 23 Abs. 2 WpPG nicht, wenn der Prospekt nicht ursächlich für die Kaufentscheidung war (Ziff. 1), die fehlerhaften Prospektangaben keine Kursrelevanz besitzen (Ziff. 2), der Erwerber positive Kenntnis über den konkreten Prospektfehler hatte (Ziff. 3), der Emittent vor dem Erwerb eine Berichtigung der Fehler veröffentlicht hat (Ziff. 4), oder der Fehler ausschließlich in der Zusammenfassung oder einer Übersetzung begründet liegt, sofern dies den Prospekt nicht im Gesamtbild unrichtig oder irreführend erscheinen lässt118 (Ziff. 5). Die Darlegungs- und Beweislast für diese Einreden liegt beim Anspruchsgegner.119 Die Einreden sind selbsterklärend, in jeder dieser Konstellationen erschiene eine Prospekthaftung nicht billig, da Prospektfehler und eingetretener Anlegerschaden letztlich nicht in hinreichend engem inneren Zusammenhang stehen.120 2. Haftung bei fehlendem Prospekt, § 24 WpPG Die Haftung bei fehlendem Prospekt, ehemals § 13a VerkProspG a. F., nunmehr in § 24 WpPG (sowie für Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG in § 21 VermAnlG) geregelt, ist einer der umstrittensten Tatbestände der Prospekthaf-tung.121 Das funktionale Gegenstück im US-amerikanischen Bundesrecht findet sich in sec. 12 (1) SA 1933.122

Köndgen, AG 1983, 120, 127, der die tatsächliche Arbeitsteilung allein im Innenverhältnis der Konsortialbanken berücksichtigen will. 118 Eine Ausnahme von diesem Haftungsausschluss besteht seit dem 1.7.2012 dann, wenn die Zusammenfassung nicht alle nach § 5 Abs. 2 S. 1, Abs. 2a WpPG erforderlichen Informationen enthält. Dazu und zu den weiteren Neuregelungen durch das Gesetz zur Umsetzung der RL 2010/73/EU und zur Änderung des Börsengesetzes, BGBl. I 2012 S. 1375: Lawall/Maier, DB 2012, 2443, insb. 2447 (Teil 1); Lawall/Maier, DB 2012, 2503 (Teil 2). 119 Vgl. Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 90; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.234; Schwark, in: ders./ Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 55; Unzicker, VerkProspG, 2010, § 13 Rn. 70. 120 Vgl. Kort, AG 1999, 9, 14: Dies seien Ausprägungen der allgemeinen schadensersatzrechtlichen Topoi der Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten (Ziff. 1 und Ziff. 2), und venire contra factum proprium (Ziff. 3). 121 So Klöhn, DB 2012, 1854 mit Diskussion der wesentlichen Streitstände und einem eigenen Systemvorschlag: In Abgrenzung zu den Haftungstatbeständen bei bestehendem aber fehlerhaften Prospekt sei die Haftung bei fehlendem Prospekt nicht als kapitalmarktrechtliche Informationshaftung, sondern als privatrechtliche Sanktion eines Verfahrensverstoßes einzuordnen, vgl. insb.1858 ff. 122 Dazu unten Kapitel 2 – B.I., S. 141 f.

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a) Anspruchsvoraussetzungen Hat der Anbieter eines Wertpapiers entgegen § 3 Abs. 1 WpPG keinen Wertpapierprospekt erstellt, greift § 24 WpPG ein. Dies betrifft in der Praxis lediglich solche Wertpapiere, die für den Freiverkehr vorgesehen sind, da für die Zulassung zum Handel an einer inländischen Börse von Amts wegen ex ante geprüft wird, ob ein entsprechender Prospekt erstellt wurde.123 Der Erwerber kann dann die Rückabwicklung des Erwerbsgeschäftes, also Rücknahme der Wertpapiere gegen Erstattung des gezahlten Kaufpreises, einschließlich der üblicherweise mit dem Erwerb verbundenen Kosten, verlangen. Ist er nicht mehr Inhaber des Wertpapiers, gewährt § 24 Abs. 2 WpPG einen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Erwerbspreis und dem Verkaufserlös. Dies umfasst die mit dem Erwerb und der Veräußerung üblicherweise einhergehenden Kosten. Die Kausalität des fehlenden Prospektes für die Investitionsentscheidung ist nach dem Wortlaut nicht vorausgesetzt.124 b) Anspruchsverpflichtete aa) Emittent und Anbieter Die Haftung bei fehlendem Prospekt richtet sich gemäß § 24 Abs. 1 WpPG gegen den Emittenten sowie den Anbieter des Wertpapiers als Gesamtschuldner. bb) Ablehnung des „Angebotsveranlassers“ Da ein Prospekt nicht erstellt bzw. veröffentlicht worden ist, bestehen hier keine weiteren involvierten Akteure, sodass das Gesetz keine weiteren Haftenden benennt. Es wird jedoch vorgeschlagen, parallel zu § 21 WpPG auch diejenigen Akteure zur Haftung heranzuziehen, die das öffentliche Angebot der Wertpapiere in eigenem Interesse veranlasst haben, aber nicht nach außen hin aufgetreten sind, ähnlich dem Prospektveranlasser in § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG.125 So könnte ein seine Steuerungsmacht ausübender Akteur, der selbst nicht als Anbieter auftritt und daher nicht Adressat der Prospektpflicht ist, für das 123 Allerdings macht Leuering, NJW 2012, 1905, 1907 eine Schutzlücke aus, wenn Emittent und Börsengeschäftsführung fälschlicherweise vom Vorliegen eines Befreiungstatbestandes ausgehen; dann könne ein Wertpapier ohne veröffentlichten Prospekt zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen werden, ohne dass für diesen Sachverhalt ein einschlägiger Haftungstatbestand bestehe. 124 So auch OLG München, Urt. v. 2.11.2011 – 20 U 2289/11, GWR 2011, 574 Red. Ls. 1; in der Literatur ist die Frage umstritten; beipflichtend etwa Klöhn, DB 2012, 1854, 1856, 1859 m. w. N.; krit. Rusch, GWR 2011, 574. 125 Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 79.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Fehlen eines Prospektes ebenso zur Verantwortung gezogen werden wie der Emittent und der formelle Anbieter. Dies soll durch eine extensive Auslegung des Begriffs „Anbieter“ erreicht werden. Zweifel an dieser Erweiterung kommen auf, bedenkt man, dass die Vorschriften zur Prospekthaftung jüngst überarbeitet und konsolidiert wurden. Es darf unterstellt werden, dass der Gesetzgeber sich dieser Lücke bewusst war, dennoch wurde kein „Angebotsveranlasser“ kodifiziert oder ein Verweis auf § 21 WpPG angelegt, sondern die Vorschrift blieb hinsichtlich der Haftungsadressaten unverändert. In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis auf die Problematik, sodass anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber sich dieser Frage nicht gewidmet hat. Im Interesse der Rechtsklarheit spricht im Ergebnis vieles dafür, diese Erweiterung abzulehnen. cc) Expertenhaftung Denkbar ist auch eine Haftung derjenigen Berater, die den Emittenten in der irrigen Überzeugung unterstützt oder bestärkt haben, er müsse keinen Prospekt veröffentlichen. Hier eine Außenhaftung gegenüber den Wertpapiererwerbern zu begründen, erschiene jedoch im geltenden System der Prospekthaftung als Bruch, da die Prospektverantwortlichkeit weitgehend an ein tatsächliches Auftreten nach außen anknüpft. Nur unter engen Voraussetzungen, wie bei der Figur des Prospektveranlassers, wird hiervon eine Ausnahme zugelassen, die das tatsächliche Macht- und Interessengefüge wertungsmäßig widerzuspiegeln sucht. Bei Anwälten und anderen Beratern, die lediglich in der Vorbereitung unterstützend mitwirken, besteht keine vergleichbare Disparität von Kontrollausübung über die Emission einerseits und fehlendem Auftreten nach außen andererseits, sodass eine solche Haftung de lege lata zu verneinen ist.126 Auch die unter dem Topos der Expertenhaftung diskutierten Ansätze können hier nicht weiterhelfen. Diese postulieren stets ein Publizitätselement, also das Auftreten des Experten im Prospekt, als auslösendes Moment und Rechtfertigung der Haftung. Dies ist hier in Ermangelung eines Prospektes gerade nicht gegeben. Begleitet ein Experte die Emission mit einem eigenen wirtschaftlichen Interesse, welches über das übliche Honorar hinausgeht, könnte man die Konstellation über den Begriff des Anbieters einzufangen suchen, um dessen Haftung zu begründen. Dieser Weg wurde jedoch bereits soeben im Kontext des „Angebotsveranlassers“ verworfen. In der Praxis dürfte die Bedeutung der Frage indes gering sein.

126 So auch Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 77 ff., 81.

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dd) Einschränkungen Teils wird geäußert, der Kreis der Haftenden nach § 24 WpPG sei graduell zu weit geraten. Sofern der Emittent selbst nicht an dem Wertpapierverkaufsangebot beteiligt sei, erscheine es unbillig, den Emittenten, der von diesen Vorgängen möglicherweise gar keine Kenntnis hatte, mit dem Anbieter als Gesamtschuldner haften zu lassen.127 So löst eine ohne den Emittenten vorgenommene Zweitplatzierung eine Prospektpflicht nur des Anbieters, nicht aber des Emittenten aus. Daher wird vorgeschlagen, den Adressatenkreis teleologisch zu reduzieren.128 Gleiches solle gelten, wenn das Angebot mittels eines im fremden Namen handelnden Anlage- und Abschlussvermittlers getätigt wird, welcher selbst (schuldlos) in Unkenntnis der Prospektpflicht handelt, also ein „undoloses Werkzeug“129 darstellt.130 Für die Reduktion streiten gute Gründe, insbesondere droht anderenfalls Akteuren eine Haftung, die an der Emission völlig unbeteiligt sind. Jedoch muss andererseits beachtet werden, dass der Rechtsverkehr möglicherweise schützenswertes Vertrauen auf den Namen des Emittenten als „Marke“ zu dem Wertpapier entwickelt, was wiederum für eine Haftung im Außenverhältnis und einen entsprechenden Regressanspruch des Emittenten im Innenverhältnis zum Anbieter spricht. Zu der Frage liegt, soweit ersichtlich, keine Rechtsprechung vor. c) Verschuldensmaßstab Eine Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sieht die Vorschrift nicht vor, sodass sich die Frage stellt, welcher Verschuldensmaßstab gilt.131 Es ergeben sich drei Lösungsmöglichkeiten: Erstens könnte der Gesetzgeber eine Garantiehaftung geschaffen haben. Zweitens könnte ein Rückgriff auf das allgemeine Schuldrecht, §§ 276, 278 BGB, vorzunehmen sein, sodass eine widerleglich vermutete Haftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit gälte. Ein entsprechendes Schuldrechtsverhältnis ließe sich mittels der Wertpapierzeichnung begründen. Drittens könnte hier aber auch eine 127 Vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 154: „Ist der Emittent nicht Anbieter der Wertpapiere, so scheidet mangels einer Prospektverantwortung des Emittenten sowohl dessen Haftung für einen fehlerhaften Prospekt […] aus.“ 128 So Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 78; Schäfer, ZGR 2006, 40, 60; kürzlich Klöhn, DB 2012, 1854, 1859. Dagegen Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 97 f. unter Berufung auf den Wortlaut und die Begründung zum AnsVG. 129 Begriff bei Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 97, der sich gegen die Reduktion ausspricht. 130 So Schäfer, ZGR 2006, 40, 59 f.; dagegen Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 97. 131 Dazu Fleischer, BKR 2004, 339, 346.

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unbeabsichtigte Lücke im Gesetz bestehen, die es systemimmanent zu schließen gilt. Hier läge dann nahe, die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen, wiederum in Form einer widerleglichen Vermutung. Eine Entscheidung des OLG München zur Vorgängervorschrift nahm eine verschuldensunabhängige Haftung an.132 Die Literatur ist gespalten, wohl überwiegend wird ebenfalls die Garantiehaftung bevorzugt,133 Andere ziehen die Gesamtanalogie zu den weiteren Prospekthaftungstatbeständen vor und gestehen dem Anspruchsgegner haftungsbefreiend den Einwand zu, er habe die Prospektpflicht nicht gekannt und auch nicht aufgrund grober Fahrlässigkeit verkannt.134 Ein Teil der Literatur befürwortet schließlich die Inbezugnahme des allgemeinen Schuldrechts und kommt zu einer Verschuldenshaftung für Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit.135 Der Reformgesetzgeber des Jahres 2011, der die Vorschriften neu ordnete und in das WpPG überführte, hat sich zu der Frage nicht geäußert.136 Da aber im Rahmen der Konsolidierung in § 23 Abs. 1 WpPG ausdrücklich der Verschuldensmaßstab (nur) für die §§ 21 und 22 WpPG gemeinsam kodifiziert und wie bisher auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit festgelegt wurde, ist zumindest ein Gleichlauf mit der Haftung für fehlerhafte Prospekte wohl nicht gewollt. Ob nun die Haftung für jedes Verschulden oder eine Garantiehaftung besteht, soll hier dahinstehen, da in der Praxis wohl stets Fahrlässigkeit vorliegen wird, wenn ein Anbieter in prospektpflichtiger Weise Wertpapiere anbietet und es versäumt, einen Prospekt zu erstellen.137 d) Haftungsausschluss, Haftungsbeschränkungen, weitergehende Ansprüche Für die Haftung bei fehlendem Prospekt nach § 24 WpPG greifen die Ausschlussgründe des § 23 WpPG nicht. Lediglich wenn dem Erwerber das Be132 Vgl. OLG München Urt. v. 2.11.2011 – 20 U 2289/11, GWR 2011, 574 Ls. 1; krit. Anm. Rusch, GWR 2011, 574. 133 Vgl. Fleischer, BKR 2004, 339, 346; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 66; Hahn, Anlegerschutz im Freiverkehr, 2008, S. 180 f.; Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 99; Unzicker, VerkProspG, 2010, § 13a Rn. 14. 134 So etwa Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1261; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 13a VerkProspG Rn. 9; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 110 f., m. w. N. zum Streitstand; Pankoke, in: Just/Voß/ Ritz/Zeising WpPG, § 13a VerkProspG Rn. 11; wohl auch Groß, KapitalmarktR, § 24 WpPG Rn. 4. 135 Korth, Die Prospekthaftung am Grauen Kapitalmarkt, 2008, S. 124 f. 136 Vgl. Begr. RegE Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts, BT-Drucks. 17/6051, S. 46: „§ 24 übernimmt […] das Haftungsregime des aufzuhebenden § 13a des Verkaufsprospektgesetzes“; die unterbliebene Klarstellung bemängelnd Klöhn, DB 2012, 1854, 1856, der mit der h. M. für eine verschuldensunabhängige Haftung eintritt, vgl. 1859. 137 So Fleischer, BKR 2004, 339, 346.

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stehen einer Prospektpflicht bei Zeichnung bekannt war, ist der Anspruch ausgeschlossen, vgl. § 24 Abs. 4 WpPG.138 Nach § 25 Abs. 1 WpPG ist eine Vereinbarung unwirksam, die einem Anspruchsgegner ex ante die Haftung nach den §§ 21, 23 oder 24 WpPG erleichtern oder erlassen würde. Für § 22 WpPG besteht keine entsprechende Vorschrift, hier ist eine solche Vereinbarung in den allgemeinen Grenzen möglich. Nach § 25 Abs. 2 WpPG bleiben weitergehende Ansprüche, welche nach bürgerlichem Recht aus Vertrag oder unerlaubter Handlung bestehen mögen, unberührt. Nach vorheriger Rechtslage waren Ansprüche aus unerlaubten Handlungen nach dem lediglich dann nicht versperrt, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen worden waren, vgl. § 47 Abs. 2 BörsG a. F. Die Neuregelung hat die Anspruchskonkurrenz damit, zumindest dem Wortlaut nach,139 erweitert. III. Prospekthaftung nach dem Vermögensanlagengesetz Seit dem 1.6.2012 besteht mit dem VermAnlG140 für verschiedene Anlageprodukte des sog. Grauen Kapitalmarktes, also des Marktes für nicht wertpapiermäßig verbriefte Kapitalanlagen,141 erstmalig eine in sich geschlossene Kodifikation.142 Erfasste Vermögensanlagen i. S. v. § 1 Abs. 2 VermAnlG sind Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, Anteile an Treuhandvermögen sowie an sonstigen geschlossenen Fonds, Genussrechte und schließlich Namensschuldverschreibungen. § 2 VermAnlG 138 Vgl. Pankoke, in: Just/Voß/Ritz/Zeising WpPG, § 13a VerkProspG Rn. 13; dazu auch Fleischer, BKR 2004, 339, 347: der deutsche Gesetzgeber bleibe hiermit hinter dem US-amerikanischen Regelungsmodell zurück; Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 102 wertet die gewählte Beweislastverteilung als einen deutlichen Beitrag zum Anlegerschutz. 139 Hierin wird faktisch keine Änderung der bisherigen Rechtslage erblickt, da sämtliche potenziell einschlägigen deliktischen Ansprüche ohnehin Vorsatz voraussetzten, vgl. Leuering, NJW 2012, 1905, 1906. 140 Dazu Leuering, NJW 2012, 1905; sowie knapp Weber, NJW 2012, 274, 279. 141 Vgl. nur Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 142; Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 14 Rn. 76. 142 Damit kommt der Gesetzgeber einer Forderung nach, die auf Grundlage des Gutachtens Hopts bereits vom 51. DJT erhoben worden war, vgl. Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 51. DJT, Bd. II, 1976, P 207 (Beschlüsse): „II. Die Abteilung empfiehlt eine rechtsformunabhängige Regelung, die am Vertrieb von Vermögensanlagen anknüpft (Vermögensanlagegesetz) (angenommen, 50:14:1). III. Die am Vertrieb ansetzende Lösung sollte das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen einem Prospektzwang unterwerfen (angenommen, 60:0:1).“. Siehe dazu auch die rechtsvergleichenden Vorarbeiten von Kohl/Kübler/Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974) 1, insb. 35, 42 ff., mit der Forderung nach einer Prospektpflicht und zivilrechtlicher Haftung für sämtliche Kapitalanlagen. Diese mündeten 1978 in einen RegE für ein VermögensanlageG, vgl. BT-Drs. 8/1405, der jedoch nie umgesetzt wurde.

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nimmt hiervon einige Produkte wieder aus. Die Regelung, einschließlich der Ausnahmen, entspricht weitgehend § 8f VerkProspG a. F., allerdings ergänzt um die zuvor nicht explizit erwähnten Genussrechte.143 Wer im Inland Vermögensanlagen anbietet, ist nach § 6 VermAnlG zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes verpflichtet. Dessen Inhalt wird konkretisiert durch § 7 VermAnlG und die VermVerkProspV,144 welche das BMF auf Grundlage von § 7 Abs. 3 VermAnlG erlassen hat. Sachlich geht das VermAnlG nicht wesentlich über den Anwendungsbereich des VerkProspG hinaus,145 welches erstmalig viele Anlageprodukte des Grauen Kapitalmarktes einer expliziten Prospektpflicht unterworfen hatte;146 die Anforderungen an den notwendigen Prospektinhalt sowie Aufklärungspflichten gegenüber Anlegern wurden jedoch deutlich verschärft. Zudem wurden die Anbieter und Vermittler dieser Produkte nun nach langem Ringen um Zuständigkeiten erstmals einer staatlichen Aufsicht unterworfen.147 Eingeführt wurde zudem in § 13 VermAnlG die Pflicht zur Erstellung eines kurzen Vermögensanlagen-Informationsblatts148 (bekannt geworden als „Beipackzettel“149), diese wird ebenfalls flankiert von einer zivilrechtlichen Haftung, siehe § 22 VermAnlG.150 Vgl. Brocker/Lohmann, GWR 2012, 335, 336; Hellgardt, ZBB 2012, 73, 75; Leuering, NJW 2012, 1905, 1908; Müchler, WM 2012, 974, 976; Zingel/Varadinek, BKR 2012, 177, 178. 144 Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte, VermVerkProspV vom 16.12.2004 (BGBl. I S. 3464) in der Fassung des Gesetzes vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2481). 145 Die entsprechende Prospekthaftung fand sich in den §§ 13, 13a VerkProspG a. F.; zu diesen einführend Fleischer, BKR 2004, 339, 343 ff.; die jüngste Reform hat deren materiellen Gehalt nur minimal modifiziert. 146 Dies war 2004 durch das AnSVG (BGBl. I S. 2630) geschehen, welches den Anwendungsbereich der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung massiv reduzierte, vgl. zu dieser unten Kapitel 1 – B.V., S. 54 ff. Dazu Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 29 ff., mit positiver Bewertung. Für eine Bestandsaufnahme vor der Regulierung siehe den Bericht der Bundesregierung zum „Grauen Kapitalmarkt“, BT-Drucks. 14/1633 mit Handlungsempfehlungen, u. a. der Schaffung einer allgemeinen Prospektpflicht. 147 Diese Aufsicht ist nun geteilt zwischen der BaFin und den Gewerbeaufsichtsämtern, vgl. dazu Zingel/Varadinek, BKR 2012, 177 mit Nachweisen zum politischen Willensbildungsprozess in Fn. 2. 148 Vgl. Zingel/Varadinek, BKR 2012, 177, 181 zu den Anforderungen an Gestaltung und Inhalt des Blattes. 149 Vgl. statt vieler nur Handelsblatt v. 20.10.2011, S. 35; unlängst krit. hinsichtlich der praktischen Umsetzung DIE ZEIT v. 6.12.2012, S. 40, Titel: „Das Lexikon der Bandwurmsätze“: Die Informationen seien für denjenigen Anleger, zu dessen Schutz sie erdacht wurden, größtenteils nicht verständlich. 150 Diese Kurzinformationsblätter sind nunmehr für Produkte nach dem WpPG (§ 31 Abs. 3a), dem VermAnlG (§ 13 Abs. 1) und dem KAGB (§ 164 Abs. 1 S. 1) vorgeschrie143

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Die Tatbestände folgen der „Blaupause“ der §§ 21 ff. WpPG,151 die dortigen Ausführungen beanspruchen weitgehend auch hier Gültigkeit. Im Folgenden werden daher schwerpunktmäßig die Abweichungen vom Regelungskonzept der §§ 21 ff. WpPG beleuchtet.152 1. Haftung bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt, § 20 VermAnlG a) Anspruchsvoraussetzungen Der Prospekthaftungsanspruch nach § 20 Abs. 1 S. 1 VermAnlG setzt voraus, dass wesentliche Angaben über die Vermögensanlage im Prospekt unvollständig oder unrichtig sind.153 Der Anspruch ist gerichtet auf die Übernahme der erworbenen Vermögensanlage gegen Erstattung des Kaufpreises, jedoch nur soweit dieser den ersten Erwerbspreis dieser Anlage nicht überschreitet, einschließlich der üblicherweise mit dem Erwerb verbundenen Kosten. Ist der Anleger nicht mehr Inhaber der Anlage, zielt der Anspruch gemäß § 20 Abs. 2 VermAnlG auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Erwerbspreis, soweit dieser den ersten Erwerbspreis nicht überschreitet, und dem Veräußerungspreis, sowie der üblicherweise mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen Kosten. Ein Unterschied zu den §§ 21 ff. WpPG und auch zur vorigen Rechtslage zeigt sich beim Kreis der Anspruchsberechtigten. Während dort nur aktivlegitimiert ist, wer die Wertpapiere binnen sechs Monaten seit der Einführung erworben hat, erfasst § 20 Abs. 1 VermAnlG alle Erwerber, die die Vermögensanlage während der Dauer des öffentlichen Angebots, maximal binnen zwei Jahren seit dem ersten inländischen öffentlichen Angebot erworben haben. Nach der Regierungsbegründung findet dies seinen Sachgrund darin, dass bei den hier erfassten Vermögensanlagen der Prospekt eine noch zentralere und länger fortwirkende Bedeutung für die Anlageentscheidung habe als bei Wertpapieren nach dem WpPG.154 ben, eine zivilrechtliche Haftung für Fehler statuieren jedoch nur VermAnlG (§ 22) und KAGB (§ 306 Abs. 2), nicht das WpPG. Laut Müchler, WM 2012, 974, 977 findet dies seine ratio darin, dass das Informationsblatt nach § 31 Abs. 3a WpPG situativ auf eine Beratungssituation zugeschnitten ist, sodass der Anleger durch die schuldrechtliche Beraterhaftung hinreichend geschützt sei. 151 Leuering, NJW 2012, 1905, 1908. 152 Hellgardt, ZBB 2012, 73, 76 f., 81 ff. hebt strukturelle Unterschiede zwischen Wertpapieren i. S. d. WpPG und Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG hervor; diese müssten sich in den Inhaltsanforderungen der jeweiligen Prospekte widerspiegeln. 153 Dies bestimmt sich parallel zu den §§ 21 ff. WpPG, vgl. Schäfer, ZGR 2006, 40, 74, zu § 13 VerkProspG a. F. 154 Vgl. Begr. RegE Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagerechts, BT-Drucks. 17/6051, S. 36; dazu Leuering, NJW 2012, 1905, 1908; die ehemalige Sechsmonatsfrist bemängelnd Heisterhagen, DStR 2006, 759, 762, mit Hinweis

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

b) Anspruchsverpflichtete aa) Prospektverantwortlicher und Prospektveranlasser Primär haften nach dem Gesetzeswortlaut wiederum diejenigen, die für den Verkaufsprospekt die Verantwortung übernommen haben, die sog. Prospektverantwortlichen.155 In Übernahme der vor 2005 richterrechtlich entwickelten Grundsätze wird dafür plädiert, auch ohne ausdrückliche Erklärung im Prospekt z. B. die Initiatoren, Gründer und Gestalter von Publikums-Kommanditgesellschaften grundsätzlich als Prospektverantwortliche anzusehen.156 Neben diesen Prospektverantwortlichen haften auch die Prospektveranlasser157 als Gesamtschuldner. Hier werden wiederum Hintermänner erfasst, die neben der eigentlichen Geschäftsführung Einfluss auf die Geschicke der Anlagegesellschaft nehmen.158 Prospektveranlasser ist nur, wer ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission hat. Die Mitwirkung eines Beraters, der über das Beratungshonorar hinaus kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission hat, reicht nicht aus.159 Die Begrifflichkeiten decken sich weitgehend mit denen der §§ 21 ff. WpPG.160

auf die Missbrauchsanfälligkeit einer kurzen Frist; ebenso Hellgardt, ZBB 2012, 73, 76: Die Zeichnungsphase eines geschlossenen Fonds könne durchaus mehrere Jahre andauern. 155 Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 94 ff. nennt als Prospektverantwortliche insb. die Fondsgesellschaft selbst, das Emissionshaus, seltener auch eine begleitende Bank; so auch Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1260. 156 Vgl. Fleischer, BKR 2004, 339, 344; siehe auch Benecke, BB 2006, 2597 2598: neben juristischen Personen als Emittenten kommen auch Personenhandelsgesellschaften als Anspruchsgegner in Betracht. Teils wird angeregt, in § 20 VermAnlG die Emittentenhaftung auszuschließen, wie dies zuvor im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung galt. Dagegen spricht, dass der Gesetzgeber des VermAnlG die Rechtslage in der Form des AnSVG insoweit unverändert lassen wollte, vgl. Begr. RegE Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagevermittler- und Vermögensanlagerechts, BT-Drucks. 17/6051, 36; wie hier Hellgardt, ZBB 2012, 73, 85, 86 f. m. w. N. 157 Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 96 f. nennt als Prospektveranlasser in erster Linie Organmitglieder, Treuhänder, einflussreiche Gesellschafter oder dominante Konzernobergesellschaften. 158 Vgl. Fleischer, BKR 2004, 339, 344. 159 Siehe Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 147; vgl. zudem die Nachweise oben Kapitel 1 – B.II.1.c)bb), S. 26, Fn. 83. 160 Auch der Kreis der Haftenden soll nach der gesetzgeberischen Intention parallel zu den §§ 21 ff. WpPG verlaufen; § 13 VerkProspG a. F. verwies insoweit vollständig auf die §§ 44 ff. BörsG a. F., vgl. Schäfer, ZGR 2006, 40, 76; die jüngste Reform bezweckte auch hier keine Änderung in der Sache, vgl. Begr. RegE Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagevermittler- und Vermögensanlagenrechts, BT-Drucks. 17/6051, S. 36.

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bb) Ablehnung einer Expertenhaftung (1) Grundsatz Gegenwärtig gelten hinsichtlich einer Expertenhaftung die Ausführungen zu den §§ 21 ff. WpPG entsprechend.161 Solange der Experte kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission hat, ist er nicht Haftungsadressat.162 Teils wird auch hier angeregt, de lege lata den Grundsatz der Gesamtverantwortung aufzubrechen,163 was jedoch von der überwiegenden Auffassung zu Recht abgelehnt wird.164 De lege ferenda mehren sich Stimmen, die die Schaffung einer sachlich umgrenzten Expertenhaftung befürworten.165 (2) Keine Erweiterung durch § 3 VermVerkProspV Der Gesetzgeber hat eine solche Durchbrechung des Grundsatzes der Gesamtverantwortlichkeit an versteckter Stelle bereits vorgenommen, dieser kommt jedoch keine praktische Bedeutung zu: Nach § 3 VermVerkProspV166 besteht für Vermögensanlagen i. S. d. VermAnlG die Möglichkeit, nur für bestimmte Teile des Prospektes die Verantwortung zu übernehmen. Dies muss nach dem eindeutigen Wortlaut ausdrücklich erfolgen, kann sich also nicht schon aus einem Prüfvermerk oder der Nennung im Prospekt als GutVgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – B.II.1.c)cc), S. 26 f. Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 103; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, § 13 VerkProspG Rn. 20. 163 Vgl. jüngst Hellgardt, ZBB 2012, 73, 87 f., der auf Basis einer funktionalen Analyse der Haftung nach § 20 VermAnlG folgert, dass bei der Beauftragung von Experten stets eine Verantwortungsübernahme i. S. d. Vorschrift vorliege; zuvor vorsichtig in diese Richtung, jedoch zweifelnd Fleischer, BKR 2004, 339, 344, auf die Verweisungstechnik des Gesetzgebers (analoge Anwendung) abstellend, welche das reformierte Recht jedoch nicht mehr kennt; ähnlich Wackerbarth, in: Berliner Komm WpPG, § 21–23 Rn. 52. Siehe auch Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, § 13 VerkProspG Rn. 42: „Dogmatisch schwer begründbar“; ausf. Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 143 ff., die zwar in § 3 VermVerkProspV die theoretische Möglichkeit für eine Expertenhaftung sieht, dieser jedoch keinen praktischen Anwendungsbereich beimisst; ganz ähnlich Unzicker, VerkProspG, 2010, § 3 VermVerkProspVO Rn. 7 sowie § 13 VerkProspG Rn. 49. 164 Vgl. Benecke, BB 2006, 2597, 2599; Schäfer, ZGR 2006, 40, 58; sowie bereits oben Kapitel 1 – B.II.1.c)cc), S. 26 f. 165 So früh Kohl/Kübler/Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974) 1, 43, die eine Orientierung des Kreises der Anspruchsverpflichteten am US-amerikanischem Prospekthaftungsrecht, namentlich sec. 11 SA 1933 anregen (dazu unten Kapitel 2 – B.II., S. 145 ff.); vgl. auch Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 92, Empfehlung 16; ders., BKR 2004, 339, 344; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 763; ausf. Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 104 ff., 112 f., auch mit Betrachtung (quasi-)vertraglicher Ansätze zur Schließung dieser Haftungslücke. Zu diesen Ansätzen noch ausf. unten Kapitel 3 – A.I., S. 274 ff. 166 Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte v. 16.12.2004, BGBl. I S. 3464. 161 162

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achter oder Experte ergeben.167 Eine solche ausdrückliche Verantwortungsübernahme eines Dritten wird kaum einmal geschehen, der Anwendungsbereich dieser Möglichkeit wird daher auch als faktisch nicht existent beschrieben.168 Eine partielle Prospektverantwortlichkeit nach dem Vorbild der Expertenhaftung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ist hier also nicht geschaffen worden. (3) Keine Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung Die gegenwärtige Rechtslage wird von Vielen als unbefriedigend wahrgenommen, da sie gegenüber der Lage vor Inkrafttreten des AnSVG eine echte Einschränkung des Anlegerschutzes bedeutet.169 Zuvor wurden die Vermögensanlagen, die jetzt dem VermAnlG unterfallen, nach der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung beurteilt, welche die bereichsspezifische Expertenhaftung kennt.170 Insoweit ist bedauerlich, dass der Gesetzgeber des VermAnlG die Gelegenheit nicht genutzt hat, der Forderung nach einer kodifizierten Expertenhaftung nachzukommen. Wie auch zur Prospekthaftung nach dem WpPG wird für die Anlageprodukte des VermAnlG teils vorgeschlagen, diese als unbillig wahrgenommene Haftungslücke durch Heranziehung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung zu schließen.171 Insoweit ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen172: Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung findet auf Vermögensanlagen nach dem VermAnlG keine Anwendung. Dies gilt auch für solche Akteure, die nicht Adressaten der kodifizierten Tatbestände sind, eine Expertenhaftung scheidet aus.173 § 3 VermVerkProspG lautet: „Der Verkaufsprospekt muss Namen, Geschäftsanschrift und Funktionen, bei juristischen Personen oder Gesellschaften die Firma und den Sitz der Personen oder Gesellschaften angeben, die für seinen Inhalt insgesamt oder für bestimmte Angaben die Verantwortung übernehmen; er muss eine Erklärung dieser Personen oder Gesellschaften enthalten, dass ihres Wissens die Angaben richtig sind und keine wesentlichen Umstände ausgelassen sind.“ 168 Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 146; Unzicker, VerkProspG, 2010, § 13 Rn. 49. 169 Vgl. dazu Fleischer, BKR 2004, 339, 344; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 764; Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 148 f.; bereits vor Verabschiedung des AnsVG hierauf hinweisend Assmann, AG 2004, 435, 445 mit dem Vorschlag, alle Prospekthaftungstatbestände um eine sachlich umgrenzte Expertenhaftung anzureichern, siehe ausf. 446 ff. 170 Dazu sogleich unten Kapitel 1 – B.V.3.b), S. 58 f. 171 Vgl. Korth, Die Prospekthaftung am Grauen Kapitalmarkt, 2008, S. 137 ff., 140. 172 Vgl. oben Kapitel 1 – B.II.1.c)cc), S. 26 f.; sowie Kapitel 1 – B.II.1.c)dd), S. 28 f. 173 Grds. wie hier Korth, Die Prospekthaftung am Grauen Kapitalmarkt, 2008, S. 138, die aber aufgrund befürchteter Haftungslücken ihre methodischen Bedenken überkommt und für eine Anwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Expertenhaftung eintritt, vgl. S. 139 f.; dem ist aus bereits benannten Gründen nicht zu folgen; Korth erkennt Unbilligkeiten des Ansatzes (Experten haften für jede Fahrlässigkeit und Vorsatz, andere Akteure 167

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c) Verschuldensmaßstab und Haftungsausschluss Ein Prospektverantwortlicher haftet gem. § 20 Abs. 3 VermAnlG nicht, wenn der Prospektfehler ihm nicht bekannt war und diese Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Die Beweislast trägt der Anspruchsgegner.174 Insoweit ist auf die Ausführungen zu § 23 WpPG zu verweisen.175 § 20 Abs. 4 VermAnlG nennt verschiedene, vom Anspruchsgegner zu beweisende Ausschlussgründe, welche denen nach § 23 Abs. 2 Ziff. 1–3 WpPG entsprechen und wiederum Ausdruck eines fehlenden inneren Zusammenhanges von Prospektfehler und Schädigung sind. 2. Haftung bei fehlendem Verkaufsprospekt, § 21 VermAnlG Ist entgegen der Pflicht aus § 6 VermAnlG ein Verkaufsprospekt nicht veröffentlicht worden, greift die Haftung nach § 21 VermAnlG. Sie entspricht der Regelung des § 24 WpPG.176 a) Anspruchsvoraussetzungen Der Anspruch geht primär auf die Übernahme der Vermögensanlagen gegen Erstattung des Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Erwerbspreis nicht übersteigt, einschließlich der üblichen mit dem Erwerb verbundenen Kosten. Hält der Erwerber die Anlagen nicht mehr, gewährt § 21 Abs. 2 VermAnlG subsidiär einen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis sowie der mit Erwerb und Veräußerung verbundenen üblichen Kosten. Anspruchsberechtigt ist, wer die Vermögensanlage vor der Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes und binnen zwei Jahren ab dem ersten öffentlichen Angebot erworben hat.177

nur ab grober Fahrlässigkeit), lehnt eine Korrektur des Haftungsmaßstabes aber ab, vgl. S. 145 f. 174 Vgl. Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1260; Fleischer, BKR 2004, 339, 345: auch hier habe das AnSVG eine Verschlechterung der Lage des Anlegers bewirkt, da nach der ehemals einschlägigen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit gehaftet worden sei; praktisch werde sich dies laut Fleischer wegen der fehlenden Trennschärfe zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit jedoch kaum auswirken. Vgl. auch Kohl/Kübler/Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974) 1, 44: Die Prospekthaftung sei Erklärungshaftung und nach dem Vorbild des sec. 11 SA 1933 aus dem US-amerikanischen Recht verschuldensunabhängig auszugestalten. 175 Vgl. oben Kapitel 1 – B.II.1.d), S. 31 f. 176 Zu dieser bereits oben Kapitel 1 – B.II.2., S. 34 ff. 177 Die Vorgängerregelung des § 13a Abs. 1 S. 1 VerkProspG a. F. statuierte eine Frist von lediglich sechs Monaten; krit. dazu Schäfer, ZGR 2006, 40, 48, da die Gründe, welche eine zeitliche Beschränkung bei fehlerhaftem Prospekt legitimierten (z. B. Rückgang der Anlagestimmung), bei völlig fehlendem Prospekt nicht einschlägig seien.

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b) Anspruchsverpflichtete Das Gesetz nennt als Anspruchsgegner den Emittenten und den Anbieter der Vermögensanlage. Sie haften als Gesamtschuldner, vgl. § 21 Abs. 1 S. 1 VermAnlG. aa) Emittent Der Emittent einer Vermögensanlage ist derjenige, der die in Rede stehende Vermögensanlage erstmalig als eigene am Markt anbietet, in der Regel also die Fondsgesellschaft selbst.178 Auch hier stellt sich die bereits oben diskutierte Frage, ob dies einzuschränken ist, wenn und soweit es sich um ein Zweitangebot bereits emittierter Anteile handelt, ohne dass der Emittent selbst hieran beteiligt gewesen wäre.179 Insoweit wird auf die Ausführungen zu § 24 WpPG verwiesen.180 bb) Anbieter Der Anbieter der Vermögensanlage kann mit dem Emittenten identisch sein, muss es aber nicht.181 „Anbieter ist derjenige, der für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich ist, den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar als Anbieter auftritt.“182 Im Sinne eines effektiven Anlegerschutzes wird dafür plädiert, hierunter je nach der konkreten Konstruktion des Anlagemodells auch Anlage- und Abschlussvermittler, Kommissionäre und Eigenhändler zu erfassen.183 Unter bestimmten Voraussetzungen, beispielsweise einer Exklusivvertriebsvereinbarung zwischen dem Initiator und der Vertriebsbank, könne zudem auch diese als Anbieter der Vermögensanlage zu betrachten sein.184 Dem ist beizupflichten, sofern die Bank einen entsprechenden Vertrauenstatbestand gegenüber Anlegern setzt.

Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 170. Schäfer, ZGR 2006, 40, 59 f. 180 Vgl. bereits ausf. oben Kapitel 1 – B.II.2.b)dd), S. 37 f. 181 Vgl. Begr. RegE AnsVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42; Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1261. 182 Begr. RegE AnsVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42. 183 Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 170; Schäfer, ZGR 2006, 40, 58 f. sucht dies in Anlehnung an die Regelung in § 127 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 InvG a. F., (entspricht § 306 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 KAGB n.F.) zu erreichen. 184 Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 170 f.; Schäfer, ZGR 2006, 40, 58, regt an, die Beschränkung auf positive Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Prospektes sinngemäß zu übertragen, sodass wer im fremden Namen Anteile verkauft nur dann hafte, wenn ihm die Prospektpflicht bekannt gewesen sei. 178 179

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cc) Weitere Anspruchsverpflichtete, Expertenhaftung Eine darüber hinausgehende Haftung von Experten ist – wie nach § 24 WpPG – abzulehnen.185 c) Verschuldensmaßstab Wie auch § 24 WpPG sieht die Haftung bei fehlendem Prospekt nach § 21 VermAnlG keinen Verschuldensmaßstab vor. Damit ergibt sich hier die identische Problematik:186 Es könnte ein Verschuldensmaßstab parallel zur Haftung bei fehlerhaftem Prospekt, also Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, beabsichtigt sein,187 eine Verschuldenshaftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit oder aber eine Garantiehaftung. Aus der Gesetzgebungshistorie zum AnlSVG wird überwiegend gefolgert, der Gesetzgeber habe eine Garantiehaftung etablieren wollen.188 Auch hier wird darauf hingewiesen, dass die praktischen Konsequenzen der Frage marginal seien, da jeder Anbieter von Vermögensanlagen im Inland das Bestehen und den Umfang der Prospektpflicht kennen müsse, sodass eine grobe Fahrlässigkeit des Anbieters stets zu bejahen sei.189 d) Anspruchsausschluss, Verhältnis zu weiteren Ansprüchen Der Anspruch ist gem. § 21 Abs. 4 VermAnlG ausgeschlossen, wenn der Erwerber die Prospektpflicht bei Erwerb kannte.190 Nach § 21 Abs. 5 VermAnlG können Ansprüche aus Abs. 1, 2 und 3 der Vorschrift nicht durch vorherige Vereinbarung ausgeschlossen oder abgemildert werden. Weitergehende Ansprüche nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grundlage von Verträgen oder unerlaubten Handlungen bleiben unberührt, vgl. § 21 Abs. 5 S. 2 VermAnlG.

Vgl. ausf. bereits oben Kapitel 1 – B.II.2.b)cc), S. 36 f. Vgl. daher ausführlicher oben Kapitel 1 – B.II.2.c), S. 37 f. 187 So zu § 13a VerkProspG a. F. Schäfer, ZGR 2006, 40, 51 f., der in der Garantiehaftung einen Systembruch erblickt, welcher einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers bedürfe; gleichsinnig Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, § 13a VerkProspG Rn. 9. 188 Benecke, BB 2006, 2597, 2600; Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 186; vgl. auch Fleischer, BKR 2004, 339, 346; Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 173 ff., beide mit Hinweis darauf, dass dies internationaler Fließrichtung entspreche. Siehe zur US-amerikanischen Rechtslage ausf. unten Kapitel 2 – B.I., S. 141 ff. 189 Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 174 mit Fn. 907, sowie S. 175. 190 Vgl. Fleischer, BKR 2004, 339, 347; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, § 13a VerkProspG Rn. 11. 185 186

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3. Haftung bei unrichtigem Vermögensanlagen-Informationsblatt, § 22 VermAnlG Die Haftung für ein fehlerhaftes Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) flankiert die neu eingeführte Pflicht eines Anbieters von Vermögensanlagen zur Erstellung eines solchen nach § 13 VermAnlG. Der Zweck des VIB besteht darin, dem Anleger eine leicht verständliche Kurzzusammenfassung über die Chancen und Risiken der Vermögensanlage zu verschaffen.191 Es darf einen Umfang von drei DIN-A4-Seiten nicht überschreiten und muss wesentliche Charakteristika des Produktes wie die Art der Vermögensanlage, Anlagestrategie, Risiken der Anlage und weitere Kernelemente übersichtlich gestaltet darlegen, § 13 Abs. 2 VermAnlG.192 Das VIB wird gem. § 14 VermAnlG von der BaFin nicht geprüft, aber bei dieser hinterlegt.193 a) Anspruchsvoraussetzungen Voraussetzung eines Anspruchs ist gem. § 22 Abs. 1 S. 1 VermAnlG zunächst, dass der Anleger die Vermögensanlage aufgrund von Angaben in dem VIB erworben hat. Nach dem eindeutigen Wortlaut ist dies vom Anleger zu beweisen.194 Zudem müssen Angaben im VIB irreführend oder unrichtig sein oder aber im Widerspruch zu den entsprechenden Angaben im Prospekt stehen. Die Fehlervariante der Unvollständigkeit ist hier bewusst nicht vorgesehen, was angesichts der zwingenden Knappheit des Dokuments einzig folgerichtig ist. Anspruchsberechtigt ist, wer die Vermögensanlage während des öffentlichen Angebots, spätestens binnen zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Vgl. Friedrichsen/Weisner, ZIP 2012, 756, 758; Hanten/Reinholz, ZBB 2012, 36, 45; Leuering, NJW 2012, 1905, 1909; Müchler, WM 2012, 974, 976. Siehe auch Hellgardt, ZBB 2012, 73, 80 mit der Beobachtung, dass der Tatbestand nicht an einen Prospektbegriff anknüpfe, sondern funktional ausgerichtet sei. 192 Es ähnelt damit den sog. wesentlichen Anlegerinformationen nach § 164 KAGB, vgl. Begr. RegE Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagevermittler- und Vermögensanlagerechts, BT-Drucks. 17/6051, S. 37; Zingel/Varadinek, BKR 2012, 177, 182; skeptisch aus Praktikerperspektive Friedrichsen/Weisner, ZIP 2012, 756, 758: häufig sei es kaum möglich, allein die Risikostrategie eines Produktes auf nur drei Seiten zu erläutern; ähnlich Hanten/Reinholz, ZBB 2012, 36, 45 f. 193 Vgl. Müchler, WM 2012, 974; diesbezüglich krit. Hanten/Reinholz, ZBB 2012, 36, 45. 194 Dies ist vom Gesetzgeber beabsichtigt, vgl. Begr. RegE Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagevermittler- und Vermögensanlagerechts, BT-Drucks. 17/6051, 37; dazu Hanten/Reinholz, ZBB 2012, 36, 47; vgl. auch Hellgardt, ZBB 2012, 73, 83 f., der Beweiserleichterungen befürwortet: konkret solle ausreichen, dass dem Anleger das VIB bei der Investitionsentscheidung bekannt war. Siehe auch Müchler, WM 2012, 974, 978 f., die einen Anscheinsbeweis nach Vorbild der „Anlagestimmung“ höchstens im Einzelfall für denkbar hält. 191

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Angebot im Inland erworben hat, vgl. § 22 Abs. 1 Ziff. 2 VermAnlG. Der Anspruch zielt wiederum auf die Übernahme der erworbenen Vermögensanlage gegen Erstattung des Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Erwerbspreis nicht übersteigt, einschließlich der mit dem Erwerb üblicherweise verbundenen Kosten. Ist der Erwerber nicht mehr Inhaber der Vermögensanlage, gewährt § 22 Abs. 2 VermAnlG einen Zahlungsanspruch auf die Differenz zwischen dem gezahlten Erwerbspreis, gedeckelt auf den ersten Erwerbspreis, und dem erzielten Veräußerungspreis, einschließlich der üblicherweise mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen Kosten. b) Anspruchsverpflichtete aa) Anbieter Nach § 22 Abs. 1 VermAnlG haftet lediglich der Anbieter der Vermögensanlage. Damit besteht ein Gleichlauf von Pflicht und Haftung, da auch die Pflicht zur Erstellung des VIB nach § 13 VermAnlG sich ausschließlich an den Anbieter wendet. bb) Weitere Anspruchsgegner Eine Haftung weiterer Akteure ist im Gesetz nicht angelegt. Angesichts des nur geringen Umfanges des VIB wird auch in aller Regel kein weiterer Mitwirkender nach außen erkennbar aus dem Dokument hervorgehen, sodass hier kein vertrauensbegründender Publizitätsakt besteht, aus dem eine Expertenhaftung ihre Legitimation ziehen könnte. Auch ist keine Veranlasserhaftung nach dem Vorbild der Prospekthaftungstatbestände angelegt. c) Verschuldensmaßstab Auch die Haftung für das VIB ist eine vermutete Verschuldenshaftung.195 Der Anspruchsgegner haftet nicht, sofern er nachweist, dass er die Unrichtigkeit nicht kannte und diese Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte, vgl. § 22 Abs. 3 VermAnlG. d) Anspruchsausschluss, Haftungsbeschränkungen, weitergehende Ansprüche Der Anspruch besteht gem. § 22 Abs. 4 VermAnlG nicht, sofern die Unrichtigkeit dem Anleger zum Zeitpunkt des Erwerbes bekannt war (Ziff. 1) oder die unrichtigen Angaben keinen Niederschlag im Erwerbspreis der Vermögensanlage gefunden haben (Ziff. 2).196 Nach Abs. 6 der Vorschrift sind im 195 196

Vgl. Müchler, WM 2012, 974, 980. Vgl. Müchler, WM 2012, 974, 980.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Voraus vereinbarte Haftungserleichterungen unwirksam, zudem bleiben weitergehende Ansprüche aus Vertrag und unerlaubter Handlung unberührt. IV. Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch Im Anwendungsbereich des Kapitalanlagegesetzbuches, welches das Investmentgesetz 2014 abgelöst hat, besteht eine Verpflichtung zur Erstellung und Publikation eines Prospektes nach § 164 Abs. 1 KAGB. Der prospektrechtliche Schadensersatzanspruch bei wesentlich fehlerhaftem oder unvollständigem Prospekt ergibt sich aus § 306 Abs. 1 KAGB, der inhaltlich vollumfassend § 127 InvG a. F. entspricht. Daneben ordnet § 306 Abs. 2 KAGB einen entsprechenden Anspruch des Anlegers an, wenn in den wesentlichen Anlegerinformationen, vgl. § 164 Abs. 1 KAGB,197 wesentliche Angaben irreführend, unrichtig oder nicht mit den Prospektangaben vereinbar sind. 1. Haftung bei unrichtigem Prospekt, § 306 Abs. 1 KAGB Die Prospekthaftung des KAGB ist den §§ 21 ff. WpPG nachgebildet.198 Sind wesentliche Angaben für die Beurteilung der angebotenen Anteile im Verkaufsprospekt unrichtig oder unvollständig,199 zielt der Anspruch des Anlegers auf Übernahme der Anteile gegen Erstattung des vom Anleger gezahlten Betrages, vgl. § 306 Abs. 1 S. 1 KAGB.200 Die Beurteilung von Unvollständigkeit, Unrichtigkeit und Wesentlichkeit der betreffenden Angaben erfolgt im Wesentlichen entsprechend den §§ 21 ff. WpPG.201 Ist der Anspruchsberechtigte zu dem Zeitpunkt, in dem er von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit erfährt, nicht mehr Inhaber des Anteils, gewährt § 306 Abs. 1 S. 2 KAGB einen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen dem fiktiven

197 Diese sollen ähnlich dem VIB nach § 22 VermAnlG in kurzer, verständlicher Weise die Hauptcharakteristika des Produktes erfassen und dem Anleger eine fundierte Investitionsentscheidung ermöglichen, vgl. § 42 Abs. 1 InvG a. F., § 165 Abs. 1 KAGB n.F.; dazu Müchler, WM 2012, 974, 975. 198 Vgl. Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 67 f.; Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 1. 199 Zur Frage, welche Angaben als wesentlich anzusehen sind, siehe Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 3. Die konkreten Inhaltsanforderungen normiert § 165 KAGB. 200 Schäfer, ZGR 2006, 40, 65 weist auf die leicht divergierende Terminologie zu den übrigen Prospekthaftungstatbeständen hin, hält den materiellen Gehalt der Vorschriften aber für deckungsgleich. 201 Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 390; zu den einzelnen Voraussetzungen Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 3 f.; vgl. zu den §§ 21 ff. WpPG ausf. oben Kapitel 1 – B.II.1.a) S. 19 ff.

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Rücknahmepreis im Zeitpunkt der Veräußerung und dem von ihm gezahlten Erwerbspreis.202 2. Haftung für fehlerhafte wesentliche Anlegerinformationen, § 306 Abs. 2 KAGB Parallel hierzu statuiert § 306 Abs. 2 S. 1 KAGB im Fall von Unrichtigkeiten, irreführenden Angaben oder Abweichungen von Angaben im Verkaufsprospekt in den wesentlichen Anlegerinformationen (Key Investor Information Document, im Folgenden: KIID)203 ebenfalls einen Anspruch des Erwerbers auf Übernahme der Anteile gegen Rückerstattung des von ihm gezahlten Betrages.204 § 306 Abs. 2 S. 2 KAGB gewährt, sofern der Anspruchsinhaber die Anteile nicht mehr hält, subsidiär einen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem Rücknahmepreis im Zeitpunkt der Veräußerung und dem von ihm gezahlten Erwerbspreis. Der Anleger muss die Anteile aufgrund des KIID erworben haben, die haftungsbegründende Kausalität wird mittlerweile auch hier vermutet und ist vom Anspruchsgegner zu widerlegen. 205 3. Anspruchsverpflichtete a) Anspruchsgegner nach § 306 Abs. 1, 2 KAGB Die Ansprüche nach § 306 Abs. 1 und 2 KAGB verpflichten die Kapitalanlagegesellschaft oder ausländische Investmentgesellschaft, deren Anteile streitgegenständlich sind, sowie denjenigen, der die Anteile gewerbsmäßig vertreibt.206 Mehrere Anspruchsgegner sind Gesamtschuldner.207 Das notwendige Verschulden ist in § 306 Abs. 3 S. 1 KAGB festgelegt auf Vorsatz und grobe

Siehe Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 410; Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 19: Ziel sei die „schadensrechtliche Rückabwicklung des Erwerbsgeschäfts.“ 203 Müchler, WM 2012, 974, 975: international gebräuchliche Bezeichnung für diese Kurzinformationsblätter. 204 Vgl. Müchler, WM 2012, 974, 979. 205 Jüngst geändert durch das sog. KAGB-Reparaturgesetz, vgl. Patzner/SchneiderDeters, in: Patzner/Döser/Kempf, Investmentrecht, § 306 KAGB Rn. 2; vgl. zu früheren Ansätzen, dem Anleger diesen Nachweis zu erleichtern Müchler, WM 2012, 974, 978 f. 206 Also Eigenhändler und Kommissionäre, vgl. Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 69. 207 Vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 411; Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 17. 202

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Fahrlässigkeit und wird – wie auch nach den §§ 21 ff. WpPG – widerleglich vermutet.208 b) Im fremden Namen handelnde Anlagevermittler Überdies haftet gem. § 306 Abs. 4 S. 1 KAGB, wer die in Rede stehende Kapitalanlage im fremden Namen vermittelt oder verkauft hat. Abweichend von Abs. 1 und 2 der Vorschrift ist hier notwendig, dass der Anspruchsgegner den Prospektmangel positiv kannte.209 Dem Wortlaut nach wird diese Kenntnis nicht vermutet, sondern ist vom Anspruchsteller zu beweisen, was aber in der Literatur aufgrund der Beweisnot des Geschädigten korrigierend dahingehend ausgelegt wird, dass die Kenntnis des in Anspruch Genommenen widerleglich zu vermuten sei.210 c) Weitere Anspruchsgegner Über die in § 306 KAGB genannten Anspruchsgegner hinaus könnten noch weitere Akteure zivilrechtlich haften. § 306 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 KAGB werden teils als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB angesehen.211 Es stellt sich die Frage, was sich hieraus ergäbe, denn einen zivilrechtlichen Anspruch geschädigter Anleger gewährt die Norm ausdrücklich, ohne dass es § 823 Abs. 2 BGB bedarf. Diese Annahme könnte jedoch eine zivilrechtliche Haftung von Akteuren begründen, die bei der Erstellung des Prospektes bzw. des KIID mitgewirkt haben, denn auf Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB

208 Vgl. Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 8 f. mit Auffächerung der unterschiedlichen Sorgfaltsstandards der verschiedenen Prospektverantwortlichen; siehe auch Schäfer, ZGR 2006, 40, 65. 209 Dazu Schäfer, ZGR 2006, 40, 69; krit. Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 15. 210 So Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 406, der auch hier § 306 Abs. 3 S. 1 KAGB (§ 127 Abs. 3 S. 1 InvG a. F.) anwenden will, also dem Fremdvermittler den Nachweis fehlender Kenntnis befreiend zur Seite stellt; ebenso Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 9; wohl zustimmend Müchler, WM 2012, 974, 979. 211 Patzner/Döser, InvG, § 127 Rn. 1, gestützt auf Begr. RegE OGAW-IV-UmsG, BTDrucks. 17/4510, S. 84: „[§ 127 Abs. 2] Satz 1 [InvG] beschreibt insoweit die Minimalanforderungen an die wesentlichen Anlegerinformationen, deren Verletzung zivilrechtliche Haftungsansprüche aus Schutzgesetzverletzung (§ 823 Absatz 2 BGB) begründen kann.“ Ablehnend Müchler, WM 2012, 974, 982 f.; wohl auch Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 32. Allg. gegen die Einordnung von Schadensersatztatbeständen als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB mit guten Gründen Spickhoff, Gesetzesverstoß und Haftung, 1998, S. 138 f.

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i. V. m. einem Schutzgesetz findet § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB unbestritten Anwendung.212 Hierauf ist an späterer Stelle zurückzukommen.213 4. Abweichungen zur Prospekthaftung nach dem Wertpapierprospektgesetz Eine zivilrechtliche Haftung bei fehlendem Prospekt, entsprechend den §§ 24 WpPG, 21 VermAnlG kennt das KAGB nicht, das Anbieten der Investmentprodukte ohne Prospekt stellt aber nach § 340 Abs. 1 Nr. 19 KAGB eine Ordnungswidrigkeit dar.214 Im Vergleich zur Prospekthaftung nach den §§ 21 ff. WpPG bestehen zudem Abweichungen in der Rechtsfolge: Einerseits werden hier nicht die üblicherweise mit dem Erwerb verbundenen Kosten rückerstattet. Zudem divergieren die Berechnungsmethoden für den subsidiären Schadensersatzanspruch: Nach dem WpPG ist die Differenz zwischen dem vom Anleger gezahlten und dem bei der Veräußerung erzielten Betrag maßgeblich, während die Ansprüche nach dem KAGB den im Moment der Veräußerung maßgeblichen hypothetischen Rücknahmepreis zur Grundlage der Differenzberechnung machen. Auch besteht hier keine höhenmäßige Beschränkung auf den ersten Ausgabepreis.215 Zudem ist die haftungsbegründende Kausalität, die nach der Prospekthaftung des WpPG und VermAnlG durchgehend widerleglich vermutet wird, dem Wortlaut des § 306 KAGB nach vom Anleger zu beweisen.216 Dem wollen Literaturstimmen durch einen Anscheinsbeweis des Ursachenzusammenhangs abhelfen, wenn der Anleger die Anteile nach Erscheinen des Prospektes erworben hat und diesen vorlegt.217

212 Dies folgt zwanglos aus dem Begriff der „unerlaubten Handlung“, welchen eine Tat nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz stets erfüllt; dies voraussetzend EberlBorges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 31; siehe auch Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 3. 213 Vgl. unten Kapitel 3 – C.III., S. 334 ff. 214 Im Schrifttum leitet man die zivilrechtliche Haftung bei fehlendem Prospekt daher aus § 311 Abs. 2, 3 BGB sowie dem Deliktsrecht her, vgl. Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 27. 215 Dazu Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 72; Schäfer, ZGR 2006, 40, 68. 216 Vgl. Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 7; Schäfer, ZGR 2006, 40, 66, mit der Forderung, dies de lege ferenda zu harmonisieren, da kein Sachgrund diese Unterscheidung rechtfertige. 217 Insbesondere der Anscheinsbeweis auf Grundlage einer Anlagestimmung wird diskutiert, vgl. ablehnend Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 71; die Figur der Anlagestimmung erachtet Schäfer, ZGR 2006, 40, 67 als unzureichend. Gegen jede Beweiserleichterung Köndgen, in: Berger/Steck/Lübbehüsen InvG, § 127 Rn. 7.

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V. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Bis in die jüngere Vergangenheit wurde der Anlegerschutz für fehlerhafte Prospekte im kodifizierten Recht als deutlich lückenhaft wahrgenommenen, insbesondere hinsichtlich des bis 2005 kaum regulierten Grauen Kapitalmarktes.218 Daher hatte die Rechtsprechung neben der kodifizierten Prospekthaftung auf Grundlage der culpa in contrahendo219 die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung etabliert.220 Diese ist ihrem Ursprung nach eine kapitalmarktrechtliche Vertrauenshaftung, sie wurde aber in Gestalt der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne von diesen Wurzeln emanzipiert und hinsichtlich einiger Voraussetzungen graduell an die Tatbestände der spezialgesetzlichen Prospekthaftung angenähert.221 1. Verbleibender Anwendungsbereich Zahlreiche Reformen des Kapitalmarktrechts in den vergangenen Jahren haben den Anwendungsbereich der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung Vgl. zu den bis 1976 (51. DJT) zurückreichenden Forderungen nach einer Regulierung dieses Marktsegmentes knapp Fleischer, BKR 2004, 339 sowie bereits oben Kapitel 1 – B.II.2.d), S. 39 mit Fn. 142. 219 Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 95; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 3; Fleischer, BKR 2004, 339, 340; Hahn, Anlegerschutz im Freiverkehr, 2008, S. 183; Hellgardt, ZBB 2012, 73, 78; Oulds, in: Kümpel/ Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.244. 220 Erstmalig BGH Urt. v. 24.4.1978 – II ZR 172/76, BGHZ 71, 284, hier noch auf konkretes Vertrauen aufbauend; Begriff „Prospekthaftung“ erstmalig im Urteilstext bei BGH Urt. v. 13.3.1980 – II ZR 258/78, BGHZ 76, 231. 221 So wurde das für die culpa in contrahendo prägende, konkret in Anspruch genommene Vertrauen zügig hin zu einem abstrakten, typisierten Vertrauen modifiziert, siehe erstmalig BGH Urt. v. 16.11.1978 – II ZR 94/77, BGHZ 72, 382, 387; dazu Braun/Rotter, BKR 2003, 918, 920; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 73; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 760; ferner Benecke, BB 2006, 2597, 2598; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 242; Kouba, VersR 2004, 570; krit. Reinelt, NJW 2009, 1, 2 ff. Siehe auch Kiethe, ZIP 2000, 216, 217 f., der hierin primär eine Durchgriffshaftung erblickt und, um deren Ausnahmecharakter Rechnung zu tragen, für eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale wirbt; vgl. aber Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 279: „[I]nzwischen hat sich der Tatbestand von den Besonderheiten der Beteiligung an einer Publikums-KG nahezu vollständig gelöst und dahin verallgemeinert, daß für die Vollständigkeit und Richtigkeit der in den Verkehr gebrachten Werbeprospekte jeder einzustehen hat, der durch von ihm in Anspruch genommenes Vertrauen auf den Willensentschluß des Anlegers Einfluß genommen hat.“ Angesichts des Wandels vom konkreten hin zum typisierten Vertrauen wird auch vertreten, dass es sich nunmehr um deliktische Haftung handle, die lediglich ihren Ursprung in der culpa in contrahendo habe, deren Rechtsnatur aber nicht mehr teile; dazu Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 110 m. w. N. 218

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zunehmend verengt.222 Ist ein spezialgesetzlicher Prospekthaftungstatbestand einschlägig, verdrängt dieser nach überzeugender, wenngleich vereinzelt bestrittener Ansicht 223 die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung.224 Ausschlaggebend hierfür ist richtigerweise der sachliche Anwendungsbereich nach dem Prospektbegriff.225 Welcher Anwendungsbereich der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung verbleibt, ist im Detail unklar. Einigkeit besteht, dass es ein sehr schmaler ist.226 Insbesondere durch das AnsVG, welches große Bereiche des Grauen Kapitalmarktes erstmalig einer Prospektpflicht unterwarf, verlor die Figur an Bedeutung für die Rechtsrealität, vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 5; 27; Fleischer, BKR 2004, 339; Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 61, 73; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.245. 223 Gegen vollständige Verdrängung Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rn. 2289; Hahn, Anlegerschutz im Freiverkehr, 2008, S. 186 f.; wohl auch Klöhn, DB 2012, 1854, 1859; Köndgen, AG 1983, 120, 130 nimmt verdrängende Spezialität an, empfiehlt aber eine Rechtsfortbildung, um das Haftungsprivileg der kodifizierten Prospekthaftung (Haftung erst ab grober Fahrlässigkeit), welches ein „purer Anachronismus“ sei, zu überkommen. 224 Vgl. nur Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 28 ff.; Benecke, BB 2006, 2597, 2600; Bohlken/Lange, DB 2005, 1259; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 106 f. m. w. N. zu Gegenauffassungen; Habersack, in: ders./ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 73; Hebrant, ZBB 2011, 451, 453; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 935; Köndgen, AG 1983, 120, 130; Kort, AG 1999, 9, 19; Korth, Die Prospekthaftung am Grauen Kapitalmarkt, 2008, S. 131; Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 78; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.245; Schäfer, ZGR 2006, 40, 46; Unzicker, VerkProspG, 2010, Vor §§ 13, 13a Rn. 15; für die Haftung bei fehlerhaftem Börsenzulassungsprospekt hat der Gesetzgeber dies explizit erwähnt, vgl. Begr. RegE 3. FMFG, BTDrucks. 13/8933, S. 81; dazu Sittmann, NJW 1998, 3761, 3762; auch die Begründung des AnsVG legt dieses Spezialitätsverhältnis nahe, vgl. dazu Heisterhagen, DStR 2006, 759, 761 f.; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, § 13 VerkProspG Rn. 37. 225 Zur Gegenansicht bereits oben im Kontext der Wirtschaftsprüferhaftung Kapitel 1 – B.II.1.c)dd)(1), S. 28 f. und Kapitel 1 – B.II.1.c)dd)(2), S. 30 f. 226 Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 2 nennt „freiwillig erstellte Prospekte und vergleichbare Dokumente“; laut Hellgardt, ZBB 2012, 73, 74 habe der Gesetzgeber des AnSVG und zuletzt des VermAnlG intendiert, die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung gänzlich abzulösen, wogegen sich die Rechtsprechung beharrlich verwehre. Vgl. auch Krug, Anlegerschutz bei der Emission von Schuldverschreibungen, 2010, S. 78: „nahezu kein Raum.“ – Unzicker, VerkProspG, 2010, Vor §§ 13, 13a Rn. 17 ff. nennt Bauherren- und Bauträgermodelle, Miteigentümer- und Bruchteilsgemeinschaften, sowie im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung Dokumente, die zusätzlich zu dem Pflichtprospekt ausgereicht werden, sofern diese für sich betrachtet den bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriff erfüllten. Zur Haftung bei Fehlern in Werbeunterlagen ausf. Hebrant, ZBB 2011, 451, 453 f., der zu Recht bei Vorliegen eines förmlichen Prospektes im Hinblick auf das Anlageprodukt die Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung insgesamt verneint; ebenso bzgl. der neuen Kurzinformationsblätter Müchler, WM 2012, 974, 980. 222

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2. Anspruchsvoraussetzungen Zunächst ist negative Voraussetzung für einen Anspruch aus bürgerlichrechtlicher Prospekthaftung, dass das betreffende Dokument nicht der kodifizierten Prospekthaftung unterfällt.227 Sodann muss es den bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriff erfüllen.228 Mit seinem Rupert-Scholz-Urteil hat der BGH hier entscheidende Wegpunkte markiert, indem er den bürgerlichrechtlichen Prospektbegriff erstmalig ausdrücklich definierte: „Prospekt in diesem Sinne ist eine marktbezogene schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Anschein eines solchen Inhalts erweckt. […] Sie muss dabei tatsächlich oder zumindest dem von ihr vermittelten Eindruck nach den Anspruch erheben, eine das Publikum umfassend informierende Beschreibung der Anlage zu sein.“229

Bei dem Anlageobjekt kann es sich um jede Form der Risikokapitalanlage handeln.230 Umstritten war, ob andere in Bezug auf ein prospektpflichtiges Wertpapier veröffentlichten Publikationen eine Haftung nach bürgerlichrechtlicher Prospekthaftung auslösen können.231 Hier hat die Rupert-ScholzEntscheidung Neuland betreten und den Prospektbegriff auf werbende Publikationen ausgeweitet, die mit dem Prospekt im Zusammenhang stehen, aber getrennt von diesem veröffentlicht werden, sog. Gesamtbetrachtung.232 Der Prospekt muss einen Mangel aufweisen, was bedeutet, dass für eine wohlinformierte Entscheidung über das Anlageobjekt wesentliche Angaben Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 7. Vgl. Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.245; ähnlich Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 35 f.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 56; Hopt/Voigt, in: dies.(Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 28; vgl. auch Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 56 f. zur fehlenden Trennschärfe der Definition; ausf. zum bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriff Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 194 ff. 229 So BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758, 759 (Rupert Scholz); zustimmend Klöhn, WM 2012, 97, 101 f., der hierin eine zweifache Abkehr von der bisherigen Praxis erkennt: Zum einen müsse das Dokument nicht mehr den Eindruck erwecken alle wesentlichen Informationen über das Produkt zu enthalten, sondern das Publikum lediglich umfassend zu informieren. Zudem können nunmehr mehrere Dokumente gemeinsam einen Prospekt bilden, was Werbebroschüren in den Anwendungsbereich der Prospekthaftung einbezieht; zustimmend Buck-Heeb, LMK 2012, 327753; sowie Hebrant, DB 2012, 273, 274; methodische Kritik bei Hellgardt, ZBB 2012, 73, 79, der dem Ergebnis jedoch grds. zugeneigt scheint. 230 Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 26. 231 Dies bejahend Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 935, die Verschuldensmaßstab und Haftungsadressaten dem für den Prospekt einschlägigen Haftungstatbestand entnehmen wollen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. 232 Vgl. BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758, 759 f. (Rupert Scholz); insoweit beipflichtend Hellgardt, ZBB 2012, 73, 82; Klöhn, WM 2012, 97, 102. 227 228

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unvollständig oder fehlerhaft sind.233 Dies bemisst sich weitgehend parallel zu den §§ 21 ff. WpPG,234 wobei zu beachten ist, dass der Prospekt hier eine graduell andere Funktion erfüllt als dort: Während für Wertpiere nach dem WpPG unabhängig von der Emissionsphase zahlreiche Publizitätspflichten bestehen, ist der Prospekt ein Anlageprodukt, welches der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung unterfällt, häufig die einzig verfügbare Informationsquelle.235 Überdies legen sich Anleger in Ermangelung liquider Sekundärmärkte hier für einen längeren Zeitraum auf eine Investition fest. Aus beidem folgt eine noch zentralere Bedeutung des Prospektes für den Anleger.236 Der ersatzfähige Schaden ist auf das negative Interesse gerichtet.237 Der Anleger kann also Rückzahlung des Anlagebetrages inklusive der für den Erwerb aufgewendeten Kosten Zug um Zug gegen Rückübertragung der erworbenen Anlageprodukte fordern.238 3. Anspruchsverpflichtete Die Rechtsprechung hat drei verschiedene Gruppen möglicher Anspruchsgegner etabliert. Anders als die kodifizierten Tatbestände kennt die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung dabei auch eine sachlich umgrenzte Verantwortung von Experten für Teile des Prospektes.239

233 Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 45, ausf. zum Prospektmangel Rn. 81 ff.; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 65; Zugehör, in: ders./ Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1903 mit Beispielen; vgl. auch Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 2: bei freiwilligen Veröffentlichungen komme nur eine Haftung für fehlerhafte Angaben, nicht aber Unterlassungen in Betracht, da eine andere Lösung die Freiwilligkeit konterkariere. Dem ist nur mit Einschränkung zuzustimmen: Erweckt die Veröffentlichung den Eindruck der Vollständigkeit, ist kein Grund ersichtlich, die Unterlassung einer wesentlichen Information – wie auch in den kodifizierten Tatbeständen – nicht als Prospektfehler anzusehen. 234 Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 40. 235 Dies betont auch BGH Urt. v. 15.7.2010 – III ZR 321/08, ZIP 2010, 1801, 1803; damit gleicht die Bedeutung des Prospektes hier weitgehend der des Pflichtprospektes nach dem VermAnlG; ebenso Hellgardt, ZBB 2012, 73, 77. 236 Vgl. zu den daraus resultierenden Inhaltsanforderungen an den Prospekt BGH Urt. v. 15.7.2010 – III ZR 321/08, ZIP 2010, 1801, 1803 f. 237 Vgl. Benecke, BB 2006, 2597, 2598; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 91. 238 Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 91 f. 239 Vgl. zum Ganzen Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1899 ff.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

a) Voll Verantwortliche: Prospektverantwortliche und Hintermänner Primär haften der Prospektverantwortliche (auch: Prospektherausgeber) sowie die Hintermänner (auch: Prospektveranlasser oder Initiatoren).240 Das Begriffsverständnis ist von der Entwicklung der Figur durch die Rechtsprechung geprägt, sodass als Prospektverantwortliche zunächst die Gründer, Initiatoren, Manager und Gestalter der Anlagegesellschaft genannt werden.241 Prospektveranlasser sind alle Hintermänner, die hinter der Gesellschaft stehend auf diese Einfluss nehmen und deshalb eine Mitverantwortung tragen, ohne dass es auf deren Nennung im Prospekt ankäme.242 Anlagevermittler und Vertriebsbanken, die die Anlageprodukte im fremden Namen vermitteln, sind regelmäßig keine Prospektverantwortlichen.243 Sie kommen aber als Anspruchsgegner der Prospekthaftung im weiteren Sinne244 in Betracht, sofern sie einen entsprechenden Vertrauenstatbestand gegenüber dem Anleger setzen.245 Die Prospektverantwortlichen haften unbeschränkt und gesamtschuldnerisch.246 b) Sachlich beschränkt Verantwortliche: Experten, Garanten Die Rechtsprechung erkennt darüber hinaus eine Expertenhaftung an. Der betreffende Akteur muss dafür durch seine erkennbare Mitwirkung247 an der Prospekterstellung einen Vertrauenstatbestand dem Markt gegenüber dahinVgl. dazu Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 233; Kouba, VersR 2004, 570, 571. 241 Vgl. nur BGH Urt. v. 1.12.1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 34; Kiethe, ZIP 2000, 216, 221; Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 61. 242 Vgl. nur BGH Urt. v. 1.12.1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 37; vgl. auch Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 100: jede pauschale Beurteilung verbiete sich, stets sei die Einflussnahme im Einzelfall zu untersuchen; vgl. auch Kiethe, ZIP 2000, 216, 221, krit. gegenüber einer zunehmenden Ausweitung der Prospektverantwortlichen; Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 62: Die Abgrenzung zwischen Prospektverantwortlichen der ersten Gruppe und Hintermännern falle oftmals schwer. Aufgrund der identischen Rechtsfolge (unbeschränkte, persönliche, gesamtschuldnerische Haftung) ist diese Abgrenzung jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. 243 Umfassend zur Rolle der Anlageberater und -vermittler bei der Emission und deren Haftungslage Köndgen, AG 1983, 120, 122 ff. Köndgen nimmt einen rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen Anlagevermittler und Anleger an, welcher als Haftungsgrundlage in diesem Verhältnis diene, ohne dass es der Prospekthaftung bedürfe. 244 Zu dieser sogleich unten Kapitel 1 – B.V.5, S. 62 f. 245 Siehe BGH Urt. v. 12.2.2004 – III ZR 359/02, NJW 2004, 1732, 1733; Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 100. 246 Vgl. nur jüngst Hellgardt, ZBB 2012, 73, 84. 247 Diese Erkennbarkeit als notwendige Mindestvoraussetzung ist nahezu allg. anerkannt, grundlegend Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 349 f. 240

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gehend erwecken, dass er aufgrund seiner besonderen Stellung oder beruflichen Sachkunde für die Vollständigkeit und Wahrheit der Prospektangaben einstehe.248 Dazu erstmalig der BGH 1980: „Aus der Bedeutung, die dem Emissionsprospekt zukommt, muss […] gefolgert werden, dass auch all jene Personen für eine sachlich richtige und vollständige Information einzustehen haben, die durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an der Prospektgestaltung einen besonderen – zusätzlichen – Vertrauenstatbestand schaffen. Dazu gehören insbesondere solche Personen und Unternehmen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte und herausgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder ihre Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner eine Garantenstellung einnehmen.“249

Infrage kommen Wirtschaftsprüfer, Notare, Rechtsanwälte, Sachverständige und sonstige Gutachter, zum Beispiel auch Ingenieure,250 die für bestimmte Teile des Prospektes verantwortlich zeichnen.251 Diese trifft dann eine abschnittsspezifische Verantwortlichkeit für den jeweils von ihnen erstellten Abschnitt des Prospektes.252 Der BGH entschied jüngst, auch durch Auftreten als prominente Werbefigur für eine Publikums-KG könne jemand den Anschein erwecken, er garantierte die Qualität einer Anlage und damit auch des Prospektes,253 da sich der Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 96 f.; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 760; Hopt, AcP 183 (1983) 608, 638 ff. mit dem frühen, eingehenden Ansatz einer dogmatischen Erfassung; Kiethe, ZIP 2000, 216, 222; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.246; Zugehör, NJW 2000, 1601, 1607. 249 BGH Urt. v. 22.5.1980 – II ZR 209/79, NJW 1980, 1840, 1841, hier zur Haftung des Rechtsanwalts, seitdem st. Rspr., vgl. nur BGH Urt. v. 1.12.1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025 (IPC); BGH Urt. v. 14.6.2007 – III ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1479 (Filmfonds). 250 Vgl. Assmann, AG 2004, 435, 438; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 97; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 44. In der Tendenz enger zunächst noch BGH Urt. v. 22.5.1980 – II ZR 209/79, NJW 1980, 1840, 1841: „In erster Linie […] Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer“. 251 BGH Urt. v. 26.9.2000 – X ZR 94/98, DStR 2000, 2197, 2199; dazu Assmann, AG 2004, 435, 438; Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 101. 252 Diese Verantwortlichkeit nur für einen Teil des Prospektes postulierte erstmals BGH Urt. v. 21.11.1983 – II ZR 27/83, NJW 1984, 865, hier zur Haftung eines Rechtsanwaltes; dazu jüngst Klöhn, WM 2012, 97, 104: „Grundsatz der Einzelverantwortung“; vgl. auch Förster, Prospekthaftung, 2002, S. 65 f.; eher krit. Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 201; grundlegend Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 350. Ablehnend Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 111 ff., 116: Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung müsse den kodifizierten Tatbeständen angeglichen werden, um Wertungswidersprüche zu vermeiden, daher komme eine Expertenhaftung nicht in Betracht. 253 Vgl. BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758 (Rupert Scholz); vgl. die Anm. Zoller, GWR 2012, 16: Das Urteil habe die prospektrechtliche Experten- und Garantenhaftung wiederbelebt, nachdem die eigentlich anvisierten Adressaten dieser Haf248

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Beklagte „sogar – über die üblichen Kompetenzen eines Sonderfachmanns deutlich hinausgehend – eines Einflusses auf die Gestaltung des Anlagekonzeptes berühmte“254. Die Entscheidung hat ein reichhaltiges Echo erfahren: aus der allgemeinen Presse wegen der Prominenz des Beklagten, aus der Wissenschaft vornehmlich wegen der Ausweitung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung in zwei unterschiedlichen Dimensionen. Einerseits erweitert sie sachlich den Prospektbegriff nicht unwesentlich, was weitgehend positiv aufgenommen wurde;255 andererseits wird der Kreis der Prospektverantwortlichen vergrößert. Letzteres rief gemischte Reaktionen hervor.256 Voraussetzung der Haftung und Mittel zur Abgrenzung der Verantwortlichkeitsbereiche ist, dass die entsprechende Erklärung als von diesem Akteur getroffen und mit beruflicher Sachkunde auf ihre Wahrheit geprüft erscheint; Maßstab hierfür ist der objektive Empfängerhorizont des durchschnittlichen Anlegers (§§ 133, 157 BGB).257 Die bloße Bestätigung der Richtigkeit einer bestimmten Tatsache reicht nicht aus.258 Die namentliche Nennung des Experten ist nicht zwingend erforderlich.259 Wie stets muss es sich bei den fehlerhaften oder unvollständigen Angaben um solche von gewisser Wesentlichtung in den vergangenen Jahren dazu übergegangen seien, ihre Mitwirkung am Prospekt nicht mehr offen kundzutun. 254 BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758, 760 (Rupert Scholz); dazu Hellgardt, ZBB 2012, 73, 79, 84 mit der Einschätzung, der BGH habe hier eine vierte Gruppe von Prospektverantwortlichen geschaffen und Rupert Scholz als einen „Supergaranten“ für den gesamten Prospekt gesehen; Klöhn, WM 2012, 97, 104 sieht die Begründung einer Fallgruppe der Garantenhaftung der Werbeträger „nach Rupert-Scholz-Grundsätzen“. 255 Dazu bereits soeben Kapitel 1 – B.V.2, S. 56 mit Fn. 232. 256 Eher krit. Buck-Heeb, LMK 2012, 327753; Hellgardt, ZBB 2012, 73; begrüßend hingegen Hebrant, DB 2012, 273, 275; Klöhn, WM 2012, 97, 104. 257 Assmann, AG 2004, 435, 440; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 44, 46; Förster, Prospekthaftung, 2002, S. 66; Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 62. Anders Kiethe, ZIP 2000, 216, 222, der nicht den Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Anlegers, sondern den des mit der Kapitalanlage konkret angesprochenen Publikums anlegen will; gleichsinnig unlängst BGH Urt. v. 18.9.2012 – XI ZR 344/11, ZIP 2012, 2199, welche den Empfängerhorizont des durchschnittlichen Kleinanlegers ohne Spezialkenntnisse für maßgeblich erklärt; vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – B.II.1.a), S. 20 mit Fn. 55. 258 Vgl. BGH Urt. v. 26.9.2000 – X ZR 94/98, DStR 2000, 2197; insoweit zustimmend Arnold, DStR 2001, 488, 491; vgl. auch Assmann, AG 2004, 435, 439; Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 102; Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 62. 259 Vgl. BGH Urt. v. 31.5.1990 – VII ZR 341/88, WM 1990, 1658, 1660 (Bauherrenmodell): der Name des Experten sei für den Anleger letztlich weniger relevant als Angaben zu dessen beruflicher Qualifikation; dazu Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 101; Kouba, VersR 2004, 570, 572. Siehe auch Assmann, AG 2004, 435, 439: zumindest die Identifizierbarkeit des Experten müsse gegeben sein; so bereits ausf. im Hinblick auf Wirtschaftsprüfer ders., Prospekthaftung, 1985, S. 351 f.

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keit für die Anlageentscheidung handeln.260 Diese Durchbrechung des Grundsatzes der einheitlichen Prospektverantwortlichkeit findet nach wie vor kein Korrelat in den kodifizierten Prospekthaftungstatbeständen.261 Nicht zur Haftung als Prospektverantwortlicher, auch nicht für einen Teil des Prospektes, führt die Beteiligung als Hilfsperson, der Handelnde keinen Einfluss auf die Kapitalanlage selbst bzw. die unternehmerische Ausrichtung des Emittenten hat.262 c) Keine Haftung der Anlagegesellschaft und der Mitgesellschafter In Abweichung zu den §§ 21 ff. WpPG haftet nach nahezu einhelliger Ansicht die Gesellschaft, deren Anteile zum Erwerb angeboten werden, selbst nicht für einen fehlerhaften Prospekt.263 Dies ist sachgerecht, da die Anlagegesellschaft hier – anders als eine wirtschaftlich tätige börsennotierte Aktiengesellschaft – lediglich zu dem Zweck besteht, das Kapital der Anleger zu sammeln und zu bündeln. Wäre die Gesellschaft selbst Anspruchsverpflichtete, käme es hier im Schadensfall zu einem Wettlauf der geschädigten Anleger um das gemeinsam überhaupt erst geschaffene Anlagevermögen,264 auch als „Windhundrennen“265 bezeichnet.266 Zudem wird darauf hingewiesen, dass ein Anspruch gegen die Gesellschaft häufig nicht werthaltig sei, da Ersatzansprüche häufig erst dann geltend gemacht werden, wenn bereits eine finanzielle Schieflage eingetreten ist.267 Auch die anderen Mitgesellschafter haften grundsätzlich nicht. Dies rechtfertigt sich daraus, dass diese selbst durch die fehlerhaften Angaben geschädigt sind, also situativ im gleichen Lager stehen,

Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 102. Vgl. Assmann, AG 2004, 435; Benecke, BB 2006, 2597, 2598 mit Hinweis auf den gescheiterten § 44a BörsG im Rahmen des DiskE KapInHaG, der dies erstmalig kodifiziert hätte; dazu noch unten Kapitel 1 – B.VII.2., S. 68 ff. 262 Darunter fallen insb. auch Angestellte der Gesellschaft, vgl. Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 36. 263 St. Rspr., vgl. nur BGH Urt. v. 20.1.1992 – II ZR 90/91, NJW-RR 1992, 542, 543; BGH Urt. v. 21.7.2003 – II ZR 387/02, NJW 2003, 2821, 2822; BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 354/02, NZG 2004, 961, 962; zustimmend Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 38; Förster, Prospekthaftung, 2002, S. 61 f.; Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 98 f.; Hellgardt, ZBB 2012, 73, 85; vgl. auch Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 232 f. mit Hinweis auf das dem Anleger zugebilligte Kündigungsrecht aus den §§ 723, 242 BGB; siehe auch Rosa, Prospekthaftung, 2010, S. 60. 264 Vgl. Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 38. 265 So Assmann, in: ders/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 140; Begriff ursprünglich bei Ulmer/Dopfer, BB 1978, 461, 464. 266 Krit. gegenüber diesem Argument Cloppenburg, Fehlerhafte Sekundärmarktinformation, 2010, S. 119 ff. 267 Siehe Haarmann, Die Prospekthaftung am grauen Kapitalmarkt, 2009, S. 99. 260 261

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und ein gegenseitiges Haften der Mitgesellschafter dem Sinn des Instituts zuwiderliefe.268 4. Verschuldensmaßstab Der Verschuldensmaßstab richtet sich nach den §§ 276, 278 BGB.269 Im Gegensatz zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung erfasst die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung damit nicht nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, sondern auch jede Fahrlässigkeit.270 Das Verschulden wird vermutet und kann vom Anspruchsgegner widerlegt werden.271 5. Weitere Anspruchsgegner, Prospekthaftung im weiteren Sinne Auch wer selbst nicht an der Prospekterstellung mitwirkt oder den Prospekt unterzeichnet kommt als Anspruchsgegner in Betracht. Nach der sog. Prospekthaftung im weiteren Sinne, auch uneigentliche Prospekthaftung,272 haftet für Prospektfehler, wer sich des Prospektinhaltes im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses in besonders vertrauenserweckender Weise bedient und sich diesen gegenüber dem Anleger zu eigen macht.273 Hierfür kommen z. B. Anlagevermittler, Anlageberater, Steuerberater, Rechtsanwälte, etc. in Betracht.274

Vgl. Cloppenburg, Fehlerhafte Sekundärmarktinformation, 2010, S. 145; knapp Hellgardt, ZBB 2012, 73, 85. Ausnahmen gelten freilich, wenn einzelne Mitgesellschafter als Prospektverantwortliche anzusehen sind, etwa weil sie die Anlagegesellschaft mit initiiert haben oder diese aus dem Hintergrund kontrollieren. 269 Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 85. 270 Vgl. dazu Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 98; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 85 mit Konkretisierung des anzulegenden Sorgfaltsmaßstabes für unterschiedliche Akteure, vgl. Rn. 86; Kouba, VersR 2004, 570, 573. Siehe dazu auch Köndgen, AG 1983, 85, 86, mit der Beobachtung, die Entscheidung gegen eine (naheliegende) Analogie zu den kodifizierten Tatbeständen hätte grds. offen zur Kritik eingeladen, sei aber aus der Wissenschaft nahezu unisono begrüßt worden. Für eine Harmonisierung mit dem Verschuldensmaßstab der kodifizierten Prospekthaftung hingegen Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 111 ff., 116. 271 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.247; Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1907. 272 So beispielsweise bei Benecke, BB 2006, 2597, 2598. 273 Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 86; Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1262; Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 231 f.; Eyles, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 2 Rn. 50 f.; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 760; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 15.246. 274 Vgl. Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1262; Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1925 nennt zudem Kreditinstitute. 268

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine Haftung für Inanspruchnahme von Vertrauen im direkten rechtsgeschäftlichen Verkehr handelt und nicht, wie die kodifizierte Prospekthaftung oder die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne, eine typisierte Haftung ohne spezifisches Näheverhältnis zwischen den Parteien.275 Die Rechtsgrundlage findet sie in den §§ 280, 311 Abs. 2 und 3 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB.276 Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinn stellt einen Sonderfall der Sachwalterhaftung für die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens dar,277 sie hat mit der eigentlichen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung nur wenig gemeinsam und beruht, wie soeben gezeigt, auf anderen methodischen Überlegungen,278 sodass auf eine nähere Betrachtung verzichtet wird. VI. Haftung bei fehlerhafter Angebotsunterlage, § 12 WpÜG Die Haftung für fehlerhafte Angebotsunterlagen ist situativ nicht am Primärmarkt sondern im Übernahmerecht verortet. Sie ist der Prospekthaftung jedoch strukturell nachgebildet, weshalb sie vorliegend in deren Kontext besprochen werden soll. Gibt ein Bieter ein öffentliches Angebot zum Kauf von Wertpapieren einer börsennotierten Gesellschaft ab, verpflichtet ihn § 11 WpÜG zur Erstellung und Veröffentlichung einer Angebotsunterlage. Diese verfolgt einen ähnlichen Zweck wie ein Emissionsprospekt279: Der Anleger soll über die wesentlichen Umstände in Kenntnis gesetzt werden, die nötig

275 Vgl. dazu Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 242 f.; Hahn, Anlegerschutz im Freiverkehr, 2008, S. 184; siehe auch Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 100 f., der zwecks Verdeutlichung der Unterschiede vorschlägt, auf den Begriff der „Prospekthaftung im weiteren Sinne“ zu verzichten; krit. zu den Rechtsprechungsgrundsätzen Reinelt, NJW 2009, 1, 2 f. mit Auswertung jüngeren Fallmaterials. 276 Vgl. statt vieler Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1262; Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 191; Meyer, WM 2003, 1301, 1302. 277 Vgl. Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 191; Meyer, WM 2003, 1301, 1302; vgl. im größeren Kontext Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 242 ff. 278 Daher wird diese auch im Gegensatz zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne nicht von der kodifizierten Prospekthaftung verdrängt, sondern steht zu dieser in Anspruchskonkurrenz, vgl. Benecke, BB 2006, 2597, 2600; ausf. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 243 ff.; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 761; Korth, Die Prospekthaftung am Grauen Kapitalmarkt, 2008, S. 127 f.; Zugehör, in: ders./ Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1926. Abw. Bohlken/Lange, DB 2005, 1259, 1263, die sich für eine Verdrängung aussprechen. 279 So auch Assmann, in: ders./Pötzsch/Schneider WpÜG, § 12 Rn. 3.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

sind, um wohlinformiert über die Annahme des Angebots zu entscheiden. 280 Deren notwendiger Inhalt folgt aus § 11 Abs. 2 und 3 WpÜG und wird durch die WpÜG-Angebotsverordnung281 (vgl. § 11 Abs. 4 WpÜG) konkretisiert. Handelt es sich um ein Barangebot, erläutert die Angebotsunterlage die Faktoren, die zu dem Angebotspreis geführt haben, also in erster Linie Informationen über die Gesellschaft, deren Anteile der Anleger hält. Wird ein Tauschangebot unterbreitet, bei welchem dem Anleger für seine Anteile im Gegenzug teilweise oder ausschließlich Wertpapiere der übernehmenden Gesellschaft erhält, nähern sich Inhalt der Angebotsunterlage und typischer Inhalt eines Wertpapierprospektes weiter an: Die Angebotsunterlage muss den Anleger dann umfassend über das zum Tausch angebotene Wertpapier unterrichten, sodass er in der Lage ist, die Vor- und Nachteile der Investition umfassend abzuwägen und eine informierte Entscheidung zu treffen.282 1. Anspruchsvoraussetzungen Die Haftung für Fehler und Unvollständigkeiten der Angebotsunterlage, § 12 WpÜG, ist hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen deutlich den Prospekthaftungstatbeständen nachgebildet.283 Kraft Verweisung ist § 12 WpÜG die zentrale Haftungsnorm für jede nach dem WpÜG zu erstellende Angebotsunterlage.284 Sofern Angaben, welche für die Beurteilung des Angebots wesentlich sind, sich als unrichtig oder unvollständig herausstellen,285 kann

280 Dazu Mangini-Guidano, Anlegerschutz im Kontext der öffentlichen Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft, 2010, S. 248; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12 Rn. 2. 281 Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots, WpÜGAngebV vom 27.12.2001, zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vom 6.12.2011 (BGBl. I S. 2481). 282 Vgl. Langenbucher, in: FS K. Schmidt, 2009, S. 1053, 1057 f. 283 Vgl. Assmann, AG 2002, 153; Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 192 f.; Mangini-Guidano, Anlegerschutz im Kontext der öffentlichen Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft, 2010, S. 247; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 367. Siehe aber auch Noack/Holzborn, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 1: Die Vorschrift sei im Gegensatz zu den Prospekthaftungstatbeständen nicht auf den Erwerb sondern eher auf den Austritt (Barangebot) bzw. den Tausch und damit Austritt und Eintritt zugleich angelegt; die Parallelität der Tatbestände könne daher nur begrenzt als Auslegungshilfe dienen. 284 Vgl. Assmann, AG 2002, 153; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 2. 285 Zu den Fragen, wann „wesentliche Angaben“ vorliegen und diese „unrichtig oder unvollständig“ i. S. d. Vorschrift sind ausf. Assmann, AG 2002, 153, 154 ff.; bündig Mangini-Guidano, Anlegerschutz im Kontext der öffentlichen Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft, 2010, S. 246: „Eine unwesentliche Information ist […] gegeben,

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ein Anleger, der das Angebot angenommen hat oder dessen Aktien dem Bieter nach § 39 WpÜG übertragen worden sind, den Ersatz des Schadens verlangen, der ihm aus der Annahme des Angebots bzw. der Übertragung der Aktien entstanden ist.286 Dies wird primär als Ersatz des reinen Vermögensschadens verstanden, während eine Rückabwicklung des Geschäftes, wie die Prospekthaftung nach dem WpPG, dem VermAnlG und dem KAGB sie vorsehen, im Gesetz nicht angelegt ist. Ob der Gläubiger eine solche Rückabwicklung verlangen kann, ist umstritten.287 2. Anspruchsverpflichtete § 12 WpÜG sieht mehrere Anspruchsverpflichtete vor, die dem Anspruchsinhaber als Gesamtschuldner auf Schadensersatz haften.288 a) Der für die Angebotsunterlage verantwortlich Zeichnende Nach § 12 Abs. 1 Ziff. 1 WpÜG haften gegenüber dem annehmenden Altaktionär diejenigen, die für die Angebotsunterlage die Verantwortung übernommen haben. Dies sind jene Akteure, die die Angebotsunterlage unterzeichnet haben, vgl. § 11 Abs. 3 WpÜG.289 Gesetzlich hierzu verpflichtet ist

wenn ein durchschnittlich verständiger Anleger die Information eher nicht bei seiner Investitionsentscheidung berücksichtigt.“ 286 Nach Assmann, AG 2002, 153, 159 bedeutet dies nach allgemeinen schadensersatzrechtlichen Grundsätzen, dass der Betroffene so gestellt wird, als habe er die wahre Sachlage gekannt. Der Schadensersatz umfasse also auch die mit der Annahme des Angebots verbundenen und zur Anspruchsdurchsetzung aufgewendeten Kosten. 287 Die Regierungsbegründung scheint eher für eine Rückabwicklung zu streiten, vgl. Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 43: „Der Anspruch richtet sich auf den Ersatz des dem Anspruchsberechtigten aus der Annahme des Angebots entstandenen Schadens. Der Wertpapierinhaber kann verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er die wahre Sachlage gekannt.“ Vgl. Mangini-Guidano, Anlegerschutz im Kontext der öffentlichen Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft, 2010, S. 247: In der Regel werde der Anspruchsteller die Rückabwicklung des angenommenen Angebots verlangen. Für die Beschränkung auf Geldersatz Wackerbarth, in: MünchKomm AktG, § 12 WpÜG Rn. 14; vgl. auch Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 16: Eine Rückabwicklung komme nur „ausnahmsweise“ in Betracht; Assmann, in: ders./Pötzsch/ Schneider WpÜG, § 12 Rn. 58 f. hingegen sieht in der Rückübertagung der Wertpapiere den primären Inhalt des Schadensersatzanspruches. 288 Vgl. Assmann, AG 2002, 153, 157; Huber, Haftung für Angebotsunterlagen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, S. 213; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12 Rn. 141; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 6; Wackerbarth, in: MünchKomm AktG, § 12 WpÜG Rn. 24. 289 Vgl. Schwennicke, in: Geibel/Süßmann WpÜG, § 12 Rn. 18.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

der Bieter (§ 11 Abs. 1 S. 5 WpÜG), zudem können weitere Akteure fakultativ die Verantwortung für die Angebotsunterlage übernehmen.290 b) Veranlasser der Angebotsunterlage Wie auch im Rahmen der Prospekthaftung dient die Haftung des Angebotsveranlassers dazu, diejenigen Akteure zu erfassen, von denen das eigentliche wirtschaftliche Interesse an dem Angebot ausgeht.291 Als Beispiele werden Anteilseigner, die Bietergesellschaft, deren Geschäftsleiter sowie Hintermänner genannt.292 Ebenfalls erfasst sind die nach § 2 Abs. 5 WpÜG mit dem Bieter gemeinsam handelnden Personen.293 Voraussetzung ist nach der Regierungsbegründung stets, dass es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um den „tatsächlichen Urheber“ des Angebots und der Unterlage handelt.294 c) Expertenhaftung Zu einer Erweiterung des Kreises der Haftenden für die Angebotsunterlage finden sich nur sehr zurückhaltende Stellungnahmen.295 Allenfalls die Haftung der finanzierenden Bank wird in Ausnahmefällen befürwortet.296 Eine Außenhaftung beratender Experten wie Rechtsanwälte und Steuerberater hingegen scheint die einhellige Meinung abzulehnen.297 Erweiterungen über die 290 Assmann, AG 2002, 153, 157; Huber, Haftung für Angebotsunterlagen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, S. 209: Hierfür sei die Aufnahme dieser Akteure in die Angebotsunterlage nötig, gemeinsam mit einer Erklärung, dass ihres Wissens die Angaben in der Angebotsunterlage richtig und im Wesentlichen vollständig seien; angesichts des Haftungsrisikos werde jedoch eine solche Verantwortungsübernahme nur selten geschehen; diese Erwartung bestätigend Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12 Rn. 93. 291 Vgl. Assmann, AG 2002, 153, 157; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 6; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann WpÜG, § 12 Rn. 19. 292 Vgl. Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 6. Siehe auch Mangini-Guidano, Anlegerschutz im Kontext der öffentlichen Übernahme einer börsennotierten Aktiengesellschaft, 2010, S. 245: Hauptkriterium zur Ermittlung des Veranlassers sei das wirtschaftliche Interesse, weniger die Prospekturheberschaft. 293 Vgl. Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 6; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann WpÜG, § 12 Rn. 19. 294 Begr. RegE WpÜG, BT-Drs. 14/7034, S. 42. 295 Vgl. Huber, Haftung für Angebotsunterlagen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, S. 212 f.; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann WpÜG, § 12 Rn. 24; Wackerbarth, in: MünchKomm AktG, 3. Aufl. 2011, § 12 WpÜG Rn. 22. 296 Vgl. Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12 Rn. 93; Schwennicke, in: Geibel/ Süßmann WpÜG, § 12 Rn. 25. 297 Vgl. Huber, Haftung für Angebotsunterlagen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, S. 212 f., 219 f.; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12 Rn. 92; Noack/Holzborn, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpÜG Rn. 6; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann WpÜG, § 12 Rn. 20; Wackerbarth, in: MünchKomm AktG, § 12 WpÜG

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung kommen im Anwendungsbereich des § 12 WpÜG richtigerweise nicht in Betracht, die Norm trifft insoweit eine abschließende Regelung.298 VII. Ausgewählte Reformbestrebungen 1. Beschlüsse des 64. DJT 2002 Auf Grundlage des von Fleischer erstatteten Gutachten, welches ausdrücklich für ein Abgehen vom prospektrechtlichen Grundsatz der Gesamtverantwortung und für eine Expertenhaftung geworben hatte,299 stimmte der 64. Deutsche Juristentag 2002 für eine „Präzisierung der Prospektprüfungspflichten der Emissionsbanken und gegebenenfalls der Experten“300 und empfahl, „effektive Maßnahmen zu ergreifen, um die Korrektheit der Abschlussprüfertestate sicherzustellen, insbesondere um die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer zu stärken und um die Durchsetzung des Bilanzrechts zu gewährleisten (Enforcement).“301 Konkretere Thesen zur Erweiterung des Kreises der Prospektverantwortlichen finden sich in einigen der Referate,302 wurden jedoch nicht zur Abstimmung gestellt.

Rn. 22; Assmann, in: ders./Pötzsch/Schneider WpÜG, § 12 Rn. 39 betont, dies gelte auch dann noch, wenn ein erfolgsbezogenes Honorar vereinbart sei. 298 Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, vgl. Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 44; Möllers, in: Kölner Komm WpÜG, § 12 Rn. 149; Schwennicke, in: Geibel/Süßmann WpÜG, § 12 Rn. 39. Abw. Huber, Haftung für Angebotsunterlagen nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, S. 222; Wackerbarth, in: MünchKomm AktG, § 11 WpÜG Rn. 108. 299 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 92, These 16; siehe zudem These 14 mit der Forderung nach einer Ausdehnung auf einfache Fahrlässigkeit; ebenso bei Hellwig, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 59, P 61; hingegen für ein Festhalten am qualifizierten Verschuldenserfordernis Assmann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 11, P 34 mit These 16. 300 Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 234 Beschluss 1.8 (angenommen: 37:4:16); vgl. auch Assmann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 11, P 34, These 17 mit dem Vorschlag, die kodifizierten Prospekthaftungstatbestände um eine Expertenhaftung nach dem Modell der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung anzureichern; die These wurde nicht zur Abstimmung gestellt. 301 Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 234 Beschluss 1.14 (angenommen: 58:0:2). 302 Vgl. Hellwig, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 59, P 60 f.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

2. Der Diskussionsentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz, 2004 Der am 16.8.2004 vom BMF veröffentlichte Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformation (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG)303 enthielt mit dem geplanten § 44a BörsG eine eigene Norm zur zivilrechtlichen Prospektverantwortlichkeit Dritter gegenüber Anlegern. Der Entwurf wurde nach massiver Kritik aus Wissenschaft und Praxis am 10.11.2004 ergebnislos zurückgezogen.304 Auf diese Art wäre in der kodifizierten Prospekthaftung erstmalig eine gegenständlich umgrenzte Prospektverantwortlichkeit nach US-amerikanischem Vorbild geschaffen worden,305 wie sie hierzulande bislang nur die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung kennt. Der Grundsatz der prospektrechtlichen Gesamtverantwortung wäre weggefallen.306 a) Diskussionsentwurf für einen § 44a BörsG Im BörsG sollte dem Diskussionsentwurf nachfolgender § 44a eingefügt werden (Auszug): „§ 44a. Haftung von Dritten (1) Der Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines Prospektes zum Börsenhandel zugelassen sind, in dem für die Beurteilung der Wertpapiere wesentliche Angaben unvollständig oder unrichtig sind, kann von einem Dritten, der bei der Erstellung dieser Angaben mitgewirkt und hierfür im Prospekt ausdrücklich die Verantwortung übernommen hat, einen Geldbetrag in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Erwerbspreis, soweit dieser den ersten Ausgabepreis nicht überschreitet, und dem durchschnittlichen Börsenpreis des Wertpapiers während der ersten 30 Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes verlangen. Der Ersatzpflichtige kann geltend machen, dass durch die Handlung oder Unterlassung im Sinne des Absatze 1 ein Schaden des Gläubigers in dieser Höhe nicht eingetreten ist. Die Geltendmachung eines über Satz 1 hinausgehenden Schadens ist nicht ausgeschlossen. § 44 I 2 sowie § 44 III und IV finden entsprechende Anwendung.“

Zudem wäre in § 45 BörsG a. F. folgender neuer Absatz 3 angefügt worden: „(3) Nach § 44a kann nicht in Anspruch genommen werden, wer nachweist, dass die unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben nach § 44 I nicht zu den unter seiner Verantwortung in den Prospekt aufgenommenen oder von ihm geprüften Angaben gehören.“ Abgedruckt in NZG 2004, 1042. Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 41. 305 Vgl. sec. 12(a) (2) SA 1933, dazu ausf. unten Kapitel 2 – B.I., S. 141 ff. 306 Für einen inhaltlich verwandten Vorschlag siehe Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 43 ff; einen allgemeinen, verschuldensunabhängigen Prospekthaftungstatbestand für alle Formen der Kapitalanlage fordernd bereits Kohl/Kübler/Walz/Wüstrich, ZHR 138 (1974) 1, insb. 35 ff., sowie 43 ff. zum Kreis der Passivlegitimierten. 303 304

B. Haftungstatbestände am Primärmarkt

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Die Haftung wäre als widerleglich vermutete Verschuldenshaftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausgestaltet worden.307 Die Ausschlussgründe der §§ 44–47 BörsG a. F., die denen nach den §§ 21 ff. WpPG entsprechen, hätten Anwendung gefunden. Aktivlegitimiert wäre jeder Erwerber von Wertpapieren gewesen, der aufgrund des Prospektes Wertpapiere gekauft hat, die Kausalität sollte binnen sechs Monaten widerleglich vermutet werden. Der Entwurf sah zudem, mit Ausnahme vorsätzlichen Handelns, eine Haftungsdeckelung auf vier Millionen Euro vor. Bei mehreren Geschädigten und einem höheren Gesamtschaden sollte eine proportionale Verteilung nach der jeweiligen Schadenshöhe erfolgen.308 b) Bewertungen der Norm in der Literatur Die Bewertungen der Vorschrift zur Expertenhaftung gingen auseinander. Eine Abhandlung betont, in der Rechtspraxis komme es schlicht nicht vor, dass abgesehen von Wirtschaftsprüfern noch andere Experten ausdrücklich die Verantwortung für bestimmte Prospektinhalte übernähmen, sodass die tatbestandlichen Anforderungen der Vorschrift im normalen Emissionsgeschäft kaum jemals erfüllt würden.309 Außerdem bewirke der Vorschlag für den Grauen Kapitalmarkt eine Absenkung des Schutzniveaus, da die (2004 hier noch anwendbare) bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung die Expertenhaftung für Teile des Prospektes auch ohne ausdrücklich verlautbarte Übernahme der Verantwortung gekannt habe.310 3. Ausblick Der Entwurf verschwand nach massiver Kritik geräuschlos und die in ihm verfolgten Ansätze haben in jüngeren Gesetzgebungsaktivitäten keinen Niederschlag gefunden. Gleiches gilt im Hinblick auf die Thesen des 64. DJT. Die umfangreiche Neuordnung der Prospekthaftung durch das Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 6.12.2011 hätte eine Möglichkeit geboten, sich erneut mit dem Kreis der Prospektverantwortlichen zu befassen. Diese hat der Gesetzgeber jedoch verstreichen lassen; in naher Zukunft ist vor diesem Hintergrund nicht mit einschlägiger Reformaktivität zu rechnen. VIII. Gegenwärtige und absehbare Einflüsse des Europarechts Viele Aspekte der Prospekthaftung sind europarechtlich präformiert. So geben Art. 6 der Prospektrichtlinie und Art. 7 der Transparenzrichtlinie den 307 308 309 310

Zimmer/Binder, WM 2005, 577, 581. Vgl. auch Heukamp, ZHR 169 (2005) 471, 478. Vgl. Heukamp, ZHR 169 (2005) 471, 479; Zimmer/Binder, WM 2005, 577, 580. Vgl. Zimmer/Binder, WM 2005, 577, 581.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Mitgliedstaaten auf, eine zivilrechtliche Haftung für fehlerhafte Prospekt- und Regelpublizität311 zu etablieren. Allerdings lassen die Vorschriften dem nationalen Gesetzgeber hinsichtlich der Haftungsadressaten und der konkreten Ausgestaltung der Rechtsfolgenseite der Prospekthaftung einen weiten Spielraum. Den Vorgaben ist genüge getan, wenn entweder der Emittent oder dessen Organe einer zivilrechtlichen Haftung unterliegen. Die Haftung muss nach den allgemeinen Grundsätzen der effektiven Durchsetzung von Unionsrecht zudem wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.312 Die deutschen Regelungen zur Prospekthaftung stehen wohl hiermit im Einklang.313 Angesichts der jüngsten Aktivitäten der Gemeinschaft im Bereich des Marktmissbrauchs314, welche die nationalen Vorschriften zur Haftung bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität im Juni 2016 weitgehend ablösen werden, steht langfristig zu erwarten, dass diese Entwicklung auch in der Prospekthaftung vollzogen werden wird. Konkrete Ansätze sind jedoch bislang nicht bekannt. IX. Zusammenfassung Der personelle Anwendungsbereich der Haftung am Primärmarkt ist im Grundsatz geprägt von einem Publizitätselement. Anspruchsverpflichteter ist primär, wer als Verantwortlicher im Prospekt aufgeführt ist. Erweiterungen werden für sog. Prospektveranlasser zugelassen, da die wirtschaftlichen Profiteure, die die maßgebliche Kontrolle über die Emission ausüben, keine Möglichkeit haben sollen, sich der Haftung zu entziehen. Erweiterungen auf Dritte werden unter dem Begriff der Expertenhaftung diskutiert, müssen aber stets einer Gegenprobe im Angesicht des Prinzips der prospektrechtlichen Gesamtverantwortlichkeit standhalten. De lege ferenda wäre zu überlegen, diesen Grundsatz aufzubrechen, wie dies auch im Rahmen der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung erfolgt. Zu wahren ist dabei die konzeptionelle Vgl. zu dieser ausf. unten Kapitel 1 – C.III., S. 108 ff. Dazu Hellgardt, AG 2012, 154, 158, mit der Einschätzung, die deutsche Prospekthaftung entspreche diesen Vorgaben; siehe dazu auch mit Fokus auf das Aufsichtsrecht Veil, in: FS Hopt, 2010, S. 2641, 2642 f. 313 So ausdrücklich Hellgardt, AG 2012, 154, 158. 314 Vgl. Verordnung Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinien 2003/6/EG, 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG, die zum 3. Juni 2016 in Kraft treten wird; sowie Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation, die zum 2. Juni 2016 in Kraft treten wird; zu deren Auswirkungen auf die Kapitalmarktinformationshaftung auf Grundlage der ursprünglichen Kommissionsentwürfe vgl. Hellgardt, AG 2012, 154, insb. 162 ff.; zum Zeitpunkt der Abschlussarbeiten am Manuskript war noch nicht absehbar, welche Auswirkungen diese beiden Rechtsakte tatsächlich im gesamten Regelungskomplex der Kapitalmarktinformationshaftung zeitigen werden. 311 312

C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt

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Wertung, dass die Haftung einerseits als Korrelat zur Inanspruchnahme von Vertrauen sowie andererseits als Spiegelbild der Risikobeherrschung auszugestalten ist. Dieser Rahmen stellt zugleich sicher, dass der Kreis der Prospektverantwortlichen nur so weit gezogen wird, wie auch ein schützenswertes Vertrauen des Verkehrskreises nach dem objektiven Empfängerhorizont festzustellen ist.315

C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt

Der Sekundärmarkt316 wird im Wesentlichen durch das WpHG reguliert. Wegen dessen fundamentaler Bedeutung für das Verhältnis vieler Markakteure zueinander wird es auch als Grundgesetz317 des deutschen Kapitalmarktrechts bezeichnet. Wie bereits oben im Rahmen der Untersuchung des Primärmarktes soll auch hier im Mittelpunkt der Darstellung die Frage stehen, wer die Haftungsadressaten der einschlägigen Anspruchsgrundlagen sind, gegen die geschädigte Anleger einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation geltend machen können. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen werden knapp erläutert, jedoch ohne Anspruch auf vollständige Diskussion sämtlicher Meinungsverschiedenheiten zu erheben. I.

Schutzzwecke des Wertpapierhandelsgesetzes

Das WpHG stellt u. a. differenzierte Verhaltensanforderungen für verschiedene Akteure auf, verbietet marktschädigende Tätigkeiten, statuiert Aufklärungs- und Beratungspflichten und enthält Bußgeld- und Strafvorschriften.318 Es bezweckt dabei als Ganzes unstreitig sowohl den Schutz der institutionellen Funktionsfähigkeit des Marktes als auch den Schutz des individuellen Anlegers.319 Durch diese Feststellung ist jedoch noch keine Aussage darüber 315 So insbesondere deutlich Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 201, der die Ausweitung des personellen Rahmens der Verantwortlichen in der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung sehr krit. bewertet. 316 Vgl. statt vieler Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 137: Sekundärmärkte sind sämtliche börslichen und außerbörslichen Märkte, die der Zirkulation bereits emittierter Wertpapiere durch wiederholte Kauf- und Verkaufsvorgänge dienen. 317 Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 163; Beck, in: FS. U. H. Schneider, 2011, S. 89, 93; vgl. Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 14.27: „Keimzelle“; Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2220: „Kernstück“. 318 Beck, in: FS U. H. Schneider, 2011, S. 89, 95 konstatiert, dass „das WpHG heute einen vollständigen Kanon aller für die Wahrung der Anlegerinteressen notwendigen Regelungen enthält, die sicherstellen sollen, dass der [Kunde] eine informierte, überlegte und vernünftige eigenständige Anlageentscheidung treffen kann“. 319 Vgl. Beck, in: FS U. H. Schneider, 2011, S. 89, 94 f.; vgl. auch bereits oben Kapitel 1 – A., S. 9 ff.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

getroffen, ob auch die einzelnen, sehr unterschiedlich ausgestalteten informationsbezogenen Ge- und Verbote geschädigten Anlegern bei Fehlverhalten einen Schadensersatzanspruch zusprechen. Dies ist in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung lediglich dann der Fall, wenn die betreffende Norm ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB darstellt.320 Pauschale Lösungen verbieten sich schon angesichts der thematischen Vielfalt der Regelungen, die Frage ist für jede Norm des WpHG gesondert zu untersuchen.321 1. Strukturunterschiede zum Primärmarkt Vorweg ist kurz auf einige zentrale Strukturunterschiede zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt einzugehen. Zunächst unterscheidet den Sekundärmarkt von der Emissionsphase, dass der Emittent gänzlich unbeteiligt an den einzelnen Transaktionsgeschäften ist. Käufer und Verkäufer der Wertpapiere kommen hier entweder direkt in sog. OTC-Transaktionen322 oder über den organisierten Börsenhandel zusammen und führen die Transaktion zu dem durch die Börse festgestellten Kurswert durch. Der Emittent ist lediglich als Handelsobjekt beteiligt. Weiter ist die Interessenlage der beteiligten Akteure unterschiedlich gelagert: Während dein Prospekt durch den Emittenten und dessen Emissionsbegleiter im unmittelbar eigenen Interesse vorbereitet und verbreitet wird, weil diese direkt vom wirtschaftlichen Erfolg der Emission profitieren,323 stellt Sekundärmarktkommunikation für Emittenten eher eine kostenintensive, lästige „Pflichtaufgabe“ dar.324 Dies gilt sowohl für die periodische Publizität in Form von Jahres-, Halbjahres- und Zwischenberichten als auch für Adhoc-Mitteilungen über den Emittenten betreffende Insidertatsachen. Der Emittent zieht aus den einzelnen an den Markt gegebenen Informationen, wenngleich diese zu einer erheblichen Kursbeeinflussung führen mögen, zunächst keinen unmittelbaren Vorteil. Er profitiert aber dennoch von positiver Sekundärmarktkommunikation und hierdurch ausgelösten Kursanstie320 Vgl. verneinend für § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG a. F. BGH Urt. v. 19.2.2008 – XI ZR 170/07, NJW 2008, 1734, gegen die überwiegende Literatur; ebenfalls verneinend, zu § 20a WpHG BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263 (IKB), hier im Einklang mit der herrschenden Literatur. Vgl. insb. für das Wertungskriterium, die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruches müsse sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtkontextes tragbar erscheinen, erstmalig BGH Urt. v. 8.6.1976 – VI ZR 50/75, NJW 1976, 1740. Zum Ganzen ausf. unten Kapitel 1 – C.II.5.a), S. 99 ff. 321 Vgl. Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 66 f. 322 OTC-Transaktionen sind solche Handelsgeschäfte, die außerbörslich, Over-theCounter, abgewickelt werden, vgl. Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 9.4. 323 Dies spiegelt sich im Element der „Markt- bzw. Vertriebsbezogenheit“ des Prospektbegriffs wider, welches bei Sekundärmarktpublizität, zu welcher der Emittent verpflichtet ist, regelmäßig fehlt, vgl. dazu noch unten Kapitel 1 – C.II.4., S. 98. 324 Vgl. Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 3.

C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt

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gen.325 Mit dem Kurs steigt der Wert der Gesellschaft, sie kann günstiger Kapital aufnehmen. Das Risiko Zielobjekt einer feindlichen Übernahme zu werden sinkt. Das Leitungspersonal ist zudem häufig aus eigenen Motiven an einer positiven Kursentwicklung interessiert, sei es aufgrund bestimmter vereinbarter Kursziele, welche zur Grundlage von erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteilen gemacht werden, sei es aufgrund von direkten Vergütungsanteilen in Form von Aktienoptionen, etc. Auch am Sekundärmarkt locken Emittenten und deren verantwortliche Geschäftsleiter also Anreize, die eigene wirtschaftliche Situation zu schönen, also fehlerhafte positive Informationen zu streuen und negative Informationen möglichst zurückzuhalten. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Informationspflichten durch entsprechende Haftungstatbestände abzusichern. 2. Typisierung nach Art der fehlerhaften Information Am Primärmarkt bot sich eine segmentierte Betrachtung nach der Art der gehandelten Finanzprodukte an, da diese die einschlägigen Haftungstatbestände determinieren. Der regulierte, publizitätspflichtige Sekundärmarkt spielt sich jedoch von vornherein nur im börslichen Handel von Wertpapieren ab. Für Vermögensanlagen im Sinne des VermAnlG sowie für Anteile an Investmentvermögen nach dem KAGB fehlt es hingegen – trotz ambitionierter Versuche, dem abzuhelfen326 – weitgehend an liquiden Sekundärmärkten.327 Diese Finanzinstrumente werden daher im Folgenden lediglich am Rande erwähnt. Ist hingegen ein Wertpapier zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen, treffen den Emittenten eine ganze Bandbreite von Publikationspflichten bezüglich seines Geschäftsganges.328 Es entspricht guter Übung, nach Art der Information drei verschiedene Kategorien voneinander zu scheiden329; auch das Gesetz trennt entsprechend. Dem wird auch hier gefolgt: Zunächst wird die Haftung für fehlerhafte Adhoc-Publizität erörtert (II.), sodann diejenige für fehlerhafte Regelpublizität (III.), und schließlich die Haftung für freiwillige Marktkommunikation (IV.).

Vgl. Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 326. Dazu Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007) 519, 524. 327 Vgl. statt vieler Hellgardt, ZBB 2012, 76 f.; vgl. Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007) 519 mit eingehender Untersuchung der Haftung für fehlerhafte Sekundärmarktinformation im nicht geregelten Markt; sie rekurrieren für einen Prospekthaftungsanspruch des Dritterwerbers auf § 13a VerkProspG a. F., ansonsten auf deliktische Ansprüche. 328 Vgl. für einen Überblick des Gesamtsystems sekundärmarktrechtlicher Publizitätspflichten Assmann, in: ders./Schneider WpHG, § 15 Rn. 4 ff. 329 Vgl. nur Schmolke, ZBB 2012, 165, 167. 325 326

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

II. Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität Verstößt ein Emittent vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität aus § 15 WpHG, steht geschädigten Anlegern mit den §§ 37b, 37c WpHG ein ausdrücklicher zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch gegen diesen zur Verfügung. Daneben diskutiert man weitere Anspruchsgrundlagen. 1. Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, § 15 WpHG Eine realistische Preisfindung auf dem Kapitalmarkt und damit letztlich eine möglichst effiziente Kapitalallokation ist nur möglich, wenn kursrelevante Informationen dem Markt umfassend und unverzüglich zugänglich gemacht werden.330 Der Emittent eines Finanzinstrumentes331 wird daher verpflichtet, jede ihn unmittelbar betreffende Insiderinformation332 (früher: Insidertatsache) unverzüglich zu veröffentlichen, vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG. Die Schaffung von § 15 WpHG war wesentlicher Bestandteil des zweiten FMFG333 und sollte der Ad-hoc-Publizitätspflicht, welche vormals ein Schattendasein geführt hatte,334 zu „Zähnen“335 verhelfen.336 Die Regelung soll durch die Vermeidung von Insiderhandel zu einer effizienten Preisfindung am Kapitalmarkt 330 Allg. anerkannt, vgl. nur Hopt/Voigt, in: dies. (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 12 f.; Veil, BKR 2005, 91; dazu bereits oben Kapitel 1 – A.II., S. 12 ff. Siehe auch im Kontext des Gebots informationeller Gleichbehandlung Bachmann, in: FS Schwark, 2009, S. 331, 334 ff. 331 Vgl. die Legaldefinition des Finanzinstrumentes in § 2 Abs. 1 Ziff. 2b WpHG; dazu Assmann, in: ders./Schneider WpHG, § 2 Rn. 58 ff.: es handelt sich um einen Oberbegriff zur regulatorischen Vereinfachung. 332 Zur Definition der Insiderinformation vgl. § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG: Eine Insiderinformation ist eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsenoder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. 333 Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften vom 26.7.1994, BGBl. I 1994, 1749; einführend aus zeitgenössischer Perspektive Hopt, ZHR 159 (1995) 135. 334 Die mit § 15 WpHG in seiner Ursprungsfassung fast wortgleiche Vorgängervorschrift § 44a BörsG a. F. hatte während ihrer Geltung von 1986 bis 1994 zur Veröffentlichung von nur sechs Ad-hoc-Mitteilungen geführt, vgl. Klöhn, in: Kölner Komm WpHG, § 15 Rn. 22 ff., auch mit empirischen Daten zur Entwicklung seit Inkrafttreten von § 15 WpHG; für eine Analyse veröffentlichter Ad-hoc-Mitteilungen im Zeitraum 1995–1997 vgl. Fürhoff, Ad hoc-Publizität, 2000, S. 146 ff.; dazu auch Krause, ZGR 2002, 799, 801 f. 335 So treffend Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 136. 336 Die Norm bezweckt spätestens seit Schaffung der §§ 37b, 37c WpHG unbestreitbar neben dem Schutz des Kapitalmarktes auch Individualschutz; vgl. nur Klöhn, in: Kölner Komm WpHG, § 15 Rn. 9; für einen Abriss der Entwicklungsgeschichte der Ad-hocPublizität dort Rn. 17 ff. sowie Jungmichel, Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 36 ff.

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beitragen.337 Sie ergänzt zudem die Pflicht zur Regelpublizität338 und soll die informationelle Chancengleichheit der Anleger fördern.339 2. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG Das Kernstück der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität sind die mit dem vierten FMFG340 geschaffenen §§ 37b, 37c WpHG, welche das haftungsrechtliche Korrelat zur Publizitätspflicht des Emittenten nach § 15 WpHG bilden.341 Diesen vom Gesetzgeber intendierten Gleichlauf der Vorschriften gilt es auch in der Auslegung zu berücksichtigen.342 Die §§ 37b, 37c WpHG bestehen seit nunmehr zehn Jahren und sind in dieser Zeit Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Abhandlungen geworden, die Rechtsprechung sah sich allerdings bis zuletzt nur selten mit diesen konfrontiert. Nach intertemporalem Recht gelten die §§ 37b, 37c WpHG

337 Vgl. Jungmichel, Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 52; Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 362; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 367; Klöhn, in: Kölner Komm WpHG, § 15 Rn. 7 ff.; vgl. für einen Überblick weiterer Publikationspflichten Pavlova, Anlassbezogene Informationspflichten, 2008, S. 118 f.; Fürhoff, AG 2003, 80, 83 sieht einen Funktionswandel der Ad-hoc-Publizität: Ursprünglich habe sie ausschließlich der Transparenz gedient, nunmehr bezwecke sie zunehmend auch die Vermeidung von Insiderkriminalität. 338 Vgl. Assmann, in: ders./Schneider WpHG, § 15 Rn. 1; Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 147; Jungmichel, Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 47; Möllers, ZGR 1997, 334, 344; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1634. 339 Vgl. Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 324: die Auslegung des § 15 WpHG habe sich stets an diesen zentralen Funktionen der Norm auszurichten; siehe auch Möllers, in: ders./Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 1 Rn. 14; Pfüller, in: Fuchs WpHG, § 15 Rn. 34 f.; monographisch im größeren Kontext Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, zum Kapitalmarktrecht siehe S. 548 ff. 340 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland, 4. FMFG, vom 21.6.2002, BGBl. I 2002, 2010. 341 Nach § 15 Abs. 6 WpHG haftet der Emittent bei Verletzung von § 15 WpHG „nur unter den Voraussetzungen der §§ 37b und 37c“; vgl. auch Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 56 mit Hinweis auf die resultierende Identität der Schutzgüter der Vorschriften; Pavlova, Anlassbezogene Informationspflichten, 2008, S. 241 f. weist darauf hin, dass die sich im Kontext der Ad-hocPublizität stellenden Fragen pars pro toto für diejenigen stehen, die sich zur Sekundärmarktpublizität eines Emittenten stellen. Neben dem Anspruch aus § 37c WpHG kann eine Ad-hoc-Mitteilung zudem lauterkeitsrechtliche Ansprüche auslösen, vgl. dazu Lettl, ZGR 2003, 853, der zutreffend eine Sperrwirkung des § 15 Abs. 6 S. 2 WpHG auch gegenüber dem UWG annimmt, weshalb ein konkurrierender Anspruch ausschließlich im Fall einer irreführenden (jedoch nicht unrichtigen) Ad-hoc-Mitteilung bestehen kann, vgl. insb. S. 856. 342 Siehe Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 56 f.

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nicht für Sachverhalte, die sich vor ihrem Inkrafttreten ereignet haben.343 Überdies können Aufarbeitung und gerichtliche Bewältigung einschlägiger Fälle einschließlich des Instanzenzuges nicht selten Zeitspannen von mehreren Jahren umfassen. Für die Zukunft ist aber mit einer Zunahme der rechtstatsächlichen Bedeutung der Vorschriften zu rechnen.344 a) Anspruchsvoraussetzungen Die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 37b, 37c WpHG wurden in der Literatur sorgfältig aufbereitet, wobei sich mehrere Streitfragen entwickelt haben die einer Klärung harren. Der BGH hat hier kürzlich in seinem IKB-Urteil,345 welches als das Ende des „Dornröschenschlafs“ der §§ 37b, 37c WpHG bezeichnet wird346, in einigen Punkten Stellung bezogen und zur weiteren Konturierung der Vorschriften beigetragen. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind im Einzelnen: aa) Vorliegen einer mitteilungspflichtigen Tatsache Zunächst muss eine mitteilungspflichtige Tatsache gem. §§ 15 Abs. 1 S. 1, 13 Abs. 1 S. 1 WpHG vorliegen.347 Dies ist eine Insiderinformation nach § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG, also eine konkrete Information über Umstände, die geeignet sind, im Falle ihres Bekanntwerdens für eine erhebliche Preisbeeinflussung des betreffenden Papiers zu sorgen, welche sich auf konkrete Informationen stützt, nicht öffentlich bekannt ist und den Emittenten unmittelbar betrifft.348 Zu allen diesen Elementen hat sich mittlerweile ein kaum mehr

Relevanter Stichtag ist das Datum der schadbringenden Transaktion, vgl. MaierReimer/Webering, WM 2002, 1857, 1863; Wagner, ZGR 2008, 495, 501 sieht einen weiteren Grund für die geringe tatsächliche Bedeutung der §§ 37b, 37c WpHG darin, dass sie nur den Emittenten, nicht aber dessen Organmitglieder verpflichten. 344 So auch Klöhn, AG 2012, 345, 358. 345 BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263. 346 Schmolke, ZBB 2012, 165, 177; ähnlich Klöhn, AG 2012, 345. 347 Der Gleichlauf des Begriffs der Insidertatsache in §§ 37b, 37c, 13 Abs. 1 S. 1 und 15 Abs. 1 S. 1 WpHG ist allg. anerkannt, vgl. nur Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 66. Ad-hoc-publizitätspflichtig ist jede Insiderinformation, die den Emittenten unmittelbar betrifft, vgl. Gerber, DStR 2004, 1793. 348 Vgl. nur Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 361 f.; Klöhn, in: Kölner Komm WpHG, § 15 Rn. 58 mit dem Hinweis, dass § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG grds. jede Insiderinformation i. S. v. § 13 WpHG erfasst, vorausgesetzt sie betrifft den Emittenten unmittelbar. Siehe zur Weiterentwicklung durch die neue Marktmissbrauchsverordnung Viciano-Gofferje/Cascante, NZG 2012, 968, 970 f., mit der zutreffenden Prognose, die Verordnung werde insoweit nur geringfügige sachliche Änderungen mit sich bringen, vgl. Art. 7 Abs. 1 a der Marktmissbrauchsverordnung, VO (EU) Nr. 596/2014; zudem jüngst Krause, CCZ 2014, 248, 250 f. 343

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überschaubarer Fundus an Literatur gebildet,349 hilfreich ist zudem der Emittentenleitfaden der BaFin, in dem diese beispielhaft verlautbart, wann ihrer Auffassung nach regelmäßig von einer Mitteilungspflicht auszugehen ist.350 Angesichts der Vielzahl möglicher Lebenssachverhalte können Kataloge jedoch stets nur als Hilfsmittel dienen. Auch der EuGH hat hier in mehreren Vorabentscheidungsverfahren die Auslegung des Marktmissbrauchs- und Insiderrechts maßgeblich mitgeprägt.351 bb) Tathandlung (1) § 37b WpHG: Unterlassung bzw. Verzögerung der Veröffentlichung § 37b WpHG setzt voraus, dass der Emittent die Veröffentlichung einer mitteilungspflichtigen Tatsache unterlässt oder verzögert. Dabei beginnt die Unterlassung bzw. Verzögerung in dem Moment, in dem nicht mehr von einer Publikation ohne schuldhaftes Zögern gemäß § 121 BGB auszugehen ist.352 Mitteilungspflichtige Tatsachen in der Unterlassung- bzw. Verzögerungsvariante werden i. d. R. negative Informationen wie Gewinneinbruchswarnungen, der Verlust eines bedeutenden Kunden, etc. sein.353 Der BGH entschied zudem, dass die Veröffentlichung einer Pressemitteilung eines bestimmten (fehlerhaften) Inhaltes zwar keine unwahre Ad-hocInformation darstelle und auch keine Analogie zu § 37c WpHG angezeigt sei,354 aber ein Verstoß gegen § 37b WpHG wegen Unterlassung der gebotenen, wahren Information vorliegen könne, sofern die Pflicht zur Korrektur 349 Für einen konzisen Überblick verschiedener unter § 15 WpHG fallender Sachverhalte siehe Jungmichel, Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 78 ff. 350 Vgl. BaFin (Hrsg.), Emittentenleitfaden, 2009, S. 55 ff., mit dem Hinweis, ein abschließender Katalog lasse sich nicht aufstellen, siehe S. 56 mit Fn. 25. 351 Grundlegend EuGH Urt. v. 23.12.2009 – C-45/08, NZG 2010, 107 (Spector Photo Group); dazu Hupka, EuZW 2011, 860, 863: Die informationelle Chancengleichheit der Anleger sei hier deutlich als Kernprinzip des europäischen Insiderrechts herausgestellt worden. Vgl. jüngst zur Frage, wann bei gestreckten Sachverhalten eine Insidertatsache vorliege EuGH Urt. v. 28.6.2012 – C-19/11, NJW 2012, 2787 (Geltl/Daimler); zustimmend Bachmann, DB 2012, 2206, 2208; Möllers/Seidenschwann, NJW 2012, 2762; krit. aufgrund mangelnder Konkretheit der Ausführungen des EuGH Hitzer, NZG 2012, 860, 862; ähnlich Klöhn, ZIP 2012, 1885, 1889 f. 352 So die überwiegende Auffassung, vgl. Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 161; Pfüller, in: Fuchs WpHG, § 15 Rn. 256; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c WpHG Rn. 29; einschränkend im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Ursprung der Vorschrift Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 114; gleichsinnig Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 105. 353 Vgl. Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 8. 354 So BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 264 (IKB); zustimmend v. Bernuth/Wagner/Kremer, WM 2012, 831, 832; Schmolke, ZBB 2012, 165, 167 f.; krit. Bachmann, JZ 2012, 578, 580.

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der fehlerhaften Pressemitteilung bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine Ad-hoc-Publizitätspflicht auslöse.355 Damit ist der Tatbestand der Unterlassungsvariante erheblich ausgeweitet worden, was in der Literatur auf gemischtes Echo stößt.356 (2) § 37c WpHG: Veröffentlichung einer unwahren Information Die Tathandlung des § 37c WpHG besteht in der Veröffentlichung einer unwahren Information, welche, wäre sie wahr, eine mitteilungspflichtige Tatsache darstellte.357 Dabei kann sich die Unwahrheit aus inhaltlicher Unrichtigkeit ebenso wie aus Unvollständigkeit ergeben.358 Publiziert ein Emittent eine wahre, aber unvollständige Insiderinformation, ist streitig, ob ausschließlich die Tathandlung des § 37c WpHG erfüllt ist, oder zusätzlich aufgrund des Unterlassens der vollständigen, korrekten Information zudem die Unterlassungsalternative des § 37b WpHG erfüllt ist.359 Rechtsprechung liegt zu der Frage bislang nicht vor. cc) Transaktionserfordernis Zudem muss ein Anleger in einer Phase der Fehlinformation eine Transaktion getroffen haben, durch die ihm ein auf der Fehlinformation beruhender Schaden entstanden ist. Im Fall der unterlassenen Veröffentlichung einer negativen Insiderinformation muss er also nach Beginn der schuldhaften Unterlassung gekauft und nach Bekanntwerden der Tatsache verkauft haben; dies gilt sinngemäß für den Fall einer fehlerhaften positiven Information. Wer ledig355 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 266 (IKB); vgl. bereits Möllers/Leisch, NZG 2003, 112, 115 mit dem Vorschlag einer solchen teleologischen Extension. 356 Zustimmend Schmolke, ZBB 2012, 165, 168; eine grenzenlose Ausweitung der Vorschriften befürchtend Bachmann, JZ 2012, 578, 580; ähnlich Klöhn, AG 2012, 345, 347 f., der eine teleologische Reduktion vorschlägt, wenn zum Zeitpunkt der fehlerhaften Informationsveröffentlichung noch keine Insiderinformation vorliegt; den Lösungsweg des BGH ablehnend auch Hellgardt, DB 2012, 673, 678, der Lücken im Anlegerschutz durch eine Anerkennung von § 20a WpHG als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB schließen will. 357 Die Vorschrift nennt dies unpräzise eine „unwahre Insiderinformation“, die es definitionsgemäß nicht geben kann, da eine unwahre Tatsache keine Ad-hoc-Publizitätspflicht auslöst; über die korrigierende Auslegung im Sinne der vorgenommenen Hypothese besteht Einigkeit, vgl. statt aller Royé/Fischer zu Cramburg, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 37c WpHG Rn. 4; Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 22; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.595; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 70; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c WpHG Rn. 42. 358 Vgl. Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.596. 359 Zum Streitstand Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 69; die möglichen praktischen Konsequenzen der Frage sind marginal und zumeist zu vernachlässigen.

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lich vor Beginn und nach Ende der Desinformationsphase handelt oder während der Desinformationsphase investiert und vor deren Ende wieder deinvestiert ist nicht aktivlegitimiert; ebenso wenig, wer aufgrund einer fehlerhaften Information von einer Transaktion absieht.360 dd) Haftungsbegründende Kausalität und ersatzfähiger Schaden Das fehlerhafte Ad-hoc-Publizitätsverhalten des Emittenten muss grundsätzlich für den geltend gemachten Schaden des Anlegers kausal gewesen sein. Die Beweislast hierfür trägt der Anleger.361 Verschiedentliche Versuche, eine Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung zugunsten des Anlegers anzunehmen,362 konnten keine Mehrheiten hinter sich versammeln. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Geschädigte stets die Ursächlichkeit der fehlerhaften Publizität für seine Transaktion nachweisen muss, um zu einem Schadensersatzanspruch zu gelangen. Die Frage der haftungsbegründenden Kausalität ist in enger Verzahnung mit dem eingeklagten Schaden zu sehen: Je nachdem, ob der Anleger den Kursdifferenzschaden oder den vollen Transaktionsschaden verlangt, gilt ein unterschiedlicher Maßstab. Dabei war zunächst unklar, welchen Schaden die §§ 37b, 37c WpHG überhaupt ersetzen. (1) Streitstand zum ersatzfähigen Schaden § 37b WpHG spricht dem Anleger den durch die Unterlassung entstandenen Schaden zu, während § 37c WpHG den Schaden adressiert, der dadurch entsteht, dass der Anleger auf die fehlerhafte Insiderinformation vertraut. Welche Art von Schadensersatz hiermit in Bezug genommen ist, lässt das Gesetz

360 Für den ersten und zweiten Fall liegt dies auf der Hand, da kein Schaden feststellbar ist; im letzten Fall aber hat der Anleger durchaus einen Schaden erlitten; vgl. knapp Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 160; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 369. Rechtspolitisch ist das Transaktionserfordernis umstritten, krit. Baums, ZHR 166 (2002) 375, 379; Fleischer, NJW 2002, 2977, 2980; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; vgl. zur Paralleldebatte im US-amerikanischen Recht, der sog. Birnbaum-Rule unten Kapitel 2 – C.I.3.c), S. 165. 361 Vgl. daher Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2260: „Wegen hoher Anforderungen an die Kausalität läuft [der Anspruch nach den §§ 37b, 37c WpHG] nahezu leer.“ – Mit beachtlichen Gründen de lege ferenda gegen das Kausalitätserfordernis Baums, ZHR 167 (2003) 139, 181; krit. auch Hennrichs, in: FS Kollhosser, 2004, S. 201, 203. 362 So Möllers, JZ 2005, 75, 78: Im Einzelfall könne die Figur der Anlagestimmung angemessenes Mittel zur Beweiserleichterung sein; deutlicher zuvor noch ders., ZBB 2003, 390, 402: „Der Anleger muss die konkrete Falschinformation nicht kennen. Entscheidend ist vor allem die Überlegung, dass die falsche Information in den Marktpreis, zu dem der Anleger einkauft oder verkauft, eingearbeitet ist.“ – Für eine Beweislastumkehr, sobald ein Kursbeeinflussungspotenzial der Information feststeht Langenbucher, in: FS K. Schmidt, 2009, S. 1053, 1062.

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offen. Auch die Regierungsbegründung schweigt. Entsprechend zerklüftet stellt sich das Meinungsbild in der Literatur dar: Viele beschränken den Anspruch auf den sog. Kursdifferenzschaden, also die Differenz zwischen dem verfälschten Marktpreis im Zeitpunkt der schädigenden Transaktion und dem hypothetischen Marktpreis, welcher bei korrekter Information des Marktes bestanden hätte.363 Andere billigen dem Anleger den Transaktionsschaden und damit eine völlige wirtschaftliche Rückabwicklung des Geschäftes zu, der Emittent würde also zur Übernahme der Wertpapiere Zug um Zug gegen Zahlung des gezahlten Erwerbspreises bzw. zur Übereignung von Wertpapieren Zug um Zug gegen Zahlung des erzielten Verkaufspreises verpflichtet.364 (2) Die IKB-Entscheidung des BGH Für einige Klarheit hat insoweit kürzlich die IKB-Entscheidung des BGH gesorgt, in der das Gericht sich einer differenzierenden Betrachtung anschließt.365 Demnach ist über § 37b WpHG der Kursdifferenzschaden, also die Differenz zwischen dem Marktpreis zum Zeitpunkt der schädigenden Transaktion und dem Marktpreis, der bei korrekter Information des Marktes über den in Rede stehenden Umstand hypothetisch bestanden hätte, ohne den Nachweis konkreter Kausalität eines Informationsgebarens des Emittenten für die schadbringende Transaktion ersatzfähig.366 Hinreichend ist es, wenn der Anleger darlegt, dass der hypothetische Kurs im Fall korrekter Information ein anderer gewesen wäre. Den Vertragsabschlussschaden, also die Hinnahme der Papiere durch den Emittenten gegen Zahlung des Preises, den der geschädigte Anleger für diese gezahlt hat, kann hingegen nur verlangen, wer die So Baums, ZHR 167 (2003) 139, 185 ff.; Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 191; Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2648; Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff.; ders., DB 2004, 2031, 2035; Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 34; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068 f.; Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB, § 37c WpHG Rn. VI 376; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1861 f.; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 ff.; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 83 ff.; Spindler, AcP 208 (2008) 283, 340; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c WpHG Rn. 86 ff.; zugeneigt Hutter/ Leppert, NZG 2002, 649, 655; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 373. 364 Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 179 f.; Hennrichs, in: FS Kollhosser, 2004, S. 201, 206 f.; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939 f.; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1579; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 14.267; Möllers, ZBB 2003, 390, 401; ders., JZ 2005, 75, 78; Möllers/Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rn. 77 ff., 126. 365 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263 (IKB). 366 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 269 (IKB): „Für den Fall, dass der Kl. der Kausalitätsnachweis zwischen unterbliebener Ad-hoc-Mitteilung und Kaufentschluss […] nicht gelingen sollte, weist der Senat darauf hin, dass dann jedenfalls der Kursdifferenzschaden ersatzfähig ist.“ 363

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Kausalität der konkret fehlerhaften Information für die schadbringende Transaktion nachweist.367 Diese differenzierende Lösung wird in der Literatur unterschiedlich bewertet. Einige begrüßen die Entscheidung,368 auch gerade mit Blick auf das freie Wahlrecht des Anlegers, wenn der Anspruch aus § 826 BGB stammt, andere kritisieren vermeintlich fehlerhafte Verhaltensanreize, die das Urteil Anlegern setze, indem es sie zum ineffizienten, akribischen Sammeln und Auswerten sämtlicher verfügbaren Informationen über ein Wertpapier anhalte.369 Unklar ist, ob sich aus der Entscheidung über § 37b WpHG hinaus Schlüsse für den Anspruch aus § 37c WpHG ziehen lassen. Es erscheint wahrscheinlich, dass der BGH auch hier für die Gewährung des Transaktionsschadens die Kausalität der Fehlinformation für die Transaktion verlangen wird. Hinsichtlich des Kursdifferenzschadens ist die Rechtslage unklar; teils wird vermutet, der BGH werde auch hier den Nachweis genügen lassen, dass die Fehlinformation zu einer für den Anleger negativen Kursbeeinflussung geführt habe.370 Dagegen spricht, dass dies faktisch eine Rezeption der fraud on the market theory371 darstellen würde, gegen die sich der BGH im Rahmen des § 826 BGB bisher mit deutlichen Worten verwahrt hat.372 Andererseits erschiene es wenig überzeugend, Kausalitäts- und Schadensfragen nach § 37c WpHG völlig anders zu behandeln als nach § 37b WpHG. (3) Ergebnis Die vom BGH vorgenommene Differenzierung fügt sich stimmig in allgemeine Kausalitäts- und Schutzzwecklehren ein: Der Kursdifferenzschaden ist 367 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 268 (IKB); so bereits zuvor Hennrichs, in: FS Kollhosser, 2004, S. 201, 205 ff.; Möllers, AcP 208 (2008) 1, 27 f. mit ausf. Argumentation; vgl. bereits Möllers/Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rn. 77 ff., 111, 126. 368 Vgl. Spindler, NZG 2012, 575, 578, der ein weiteres Argument für die Gewährung der Transaktionsschadens hinzufügt: Wer im Bewusstsein der potenziellen Folgen für den Markt eine Fehlinformation abgebe, bezwecke damit die ungerechtfertigte Abwälzung von Kosten auf Dritte, was es unter Präventionsgesichtspunkten rechtfertige, dem Schädiger auch die zusätzlichen Marktrisiken aufzubürden. 369 So insb. Klöhn, AG 2012, 345, 354 ff., der eine breite Portfoliodiversifizierung für erheblich besser geeignet hält, sich gegen Kurseinbrüche einzelner Titel zu schützen als einen breit angelegten Haftungstatbestand, welcher die wirtschaftliche Rückabwicklung des Geschäfts ermögliche; ähnlich Hellgardt, DB 2012, 673, 677. 370 So auch Hellgardt, DB 2012, 673, 677 f.; Schmolke, ZBB 2012, 165, 177; dies forderte de lege ferenda bereits nachdrücklich Baums, ZHR 167 (2003) 139, 181 f. 371 Zu dieser ausf. unten Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 f. 372 Vgl. erstmalig ausdrücklich in BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 80/04, WM 2007, 683, 684 (Comroad I); BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684, 685 (Comroad II); seitdem st. Rspr., vgl. nur BGH Urt. v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 f. (Comroad IV); ausführlicher unten Kapitel 1 – C.II.3.a)cc), S. 88 ff.

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ersatzfähig, ohne dass die Kausalität des fehlerhaften Publizitätsverhaltens für die Transaktion nachgewiesen werden muss; erforderlich ist aber, dass die Fehlinformation zu einer Kursbeeinflussung geführt hat. Genau diese Kursbeeinflussung ist adäquate Ursache des geltend gemachten Differenzschadens.373 Will der Anleger den vollen Transaktionsschaden liquidieren, also so gestellt werden, als hätte er die Transaktion nie getätigt, muss er hingegen die haftungsbegründende Kausalität der konkreten Fehlinformation für seine Transaktionsentscheidung beweisen. Gelingt dieser Beweis, erscheint es gerechtfertigt, den Transaktionsschaden zuzusprechen: Der Vorwurf an den Anspruchsgegner lautet dann nicht lediglich darauf, durch die Fehlinformation eine Kursverzerrung verursacht zu haben, sondern darauf, durch das Informationsfehlverhalten den individuellen Transaktionsentschluss des geschädigten Anlegers verursacht zu haben. Dieses Vorgehen bewirkt einen Gleichlauf zwischen dem konkreten Verhaltensvorwurf, dem Bezugspunkt der haftungsbegründenden Kausalität und dem ersatzfähigen Schaden374 und verdient Zustimmung. ee) Verschulden Der Emittent haftet für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der unterlassenen, verzögerten oder fehlerhaft veröffentlichten Ad-hoc-Information. Das Verschulden wird widerleglich vermutet, der Emittent trägt die Beweislast für eine etwaige Exkulpation.375 b) Anspruchsgegner aa) Emittent als einziger Haftungsadressat Der sachliche Anwendungsbereich von § 15 WpHG und §§ 37b, 37c WpHG soll nach der Intention des Gesetzgebers möglichst deckungsgleich verlaufen. So auch bereits Casper, Der Konzern 2006, 32, 34 m. w. N. So auch Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 136: „Zwischen dem Kausalitätsnachweis und dem zu ersetzenden Schaden besteht also ein funktionaler Zusammenhang.“ (hier zu § 826 BGB). 375 Allg. anerkannt, vgl. nur Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 82, mit Auflösung des bei verzögerter Veröffentlichung auftretenden Konfliktes zwischen der vom Anspruchsteller zu beweisenden fehlenden Unverzüglichkeit der Veröffentlichung nach § 121 BGB (ohne schuldhaftes Zögern) und der Beweislastregel in §§ 37b, 37c WpHG: schuldhaftes Zögern sei im Sinne eines Organisationsmangels zu bestimmen, für den jede Fahrlässigkeit genügt, und der bei verspäteter Veröffentlichung i. d. R. gegeben sei, während für das Verschulden auf die konkreten Umstände der betreffenden Tatsache abzustellen und vom Emittenten darzulegen sei, dass keine Kenntnis von der Pflicht bestand und diese Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte, vgl. ebd. Rn. 81 ff. 373 374

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Anspruchsverpflichteter ist demnach der Inlandsemittent des Finanzinstruments (§ 15 WpHG) bzw. der Emittent eines Finanzinstrumentes, das zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen ist (§§ 37b, 37c WpHG). Die aus den unterschiedlichen Formulierungen resultierenden Friktionen zwischen den Vorschriften werden in der Literatur unterschiedlich aufgelöst.376 Voraussetzung eines Anspruchs ist freilich, dass der Emittent einer Pflicht zur Ad-hoc-Publizität unterliegt. Damit scheiden Emittenten von Wertpapieren die lediglich in den Freiverkehr einbezogen werden als Anspruchsgegner aus.377 Auch eine Analogie ist nach herrschender Meinung nicht statthaft.378 Anspruchsgegner der §§ 37b, 37c WpHG ist nur der Emittent selbst.379 Dies wird rechtspolitisch unterschiedlich bewertet.380 De lege ferenda plädieren viele Stimmen für die Schaffung einer Organaußenhaftung.381 Einige wollen diese kumulativ neben die Emittentenhaftung stellen,382 andere schlagen eine Ersetzung der Emittenten- durch die Organhaftung vor.383 Teils wird die Schaffung einer Organaußenhaftung aber auch gänzlich abgelehnt.384 376 Vgl. einerseits Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 42: Vorrang des Anwendungsbereichs der §§ 37b, 37c WpHG, diesen komme extraterritoriale Wirkung zu; ebenso Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 64; andererseits Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 179: Vorrang des § 15 WpHG, entsprechend einschränkende Auslegung der §§ 37b, 37c WpHG auf Inlandsemittenten i. S. v. § 2 Abs. 7 WpHG. 377 Vgl. Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.591; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 37, 39. 378 Vgl. Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.591; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG §§ 37b, 37c Rn. 38. 379 Allg. Ansicht, vgl. nur Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 159 f.; Gerber, DStR 2004, 1793, 1794; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 193; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 14.268; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 373. 380 Für eine Darstellung der verschiedenen Ansichten und ihrer Kernargumente vgl. Schäfer, NZG 2005, 985, 987 f. 381 Vgl. nur Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 187; Fleischer, BKR 2003, 608, 612; Fleischer, ZGR 2004, 437, 464 ff. mit Diskussion der wesentlichen Gegenargumente; Schäfer, NZG 2005, 985, 988; Wagner, ZGR 2008, 495, 501; vgl. auch Kiethe, DStR 2003, 1982, 1986 f., der allenfalls eine subsidiäre Ausfallhaftung der Geschäftsleiter im Fall unzureichender Haftungsmasse der Gesellschaft zulassen will; Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2647 plädieren in diesem Zusammenhang für ein Vorsatzerfordernis. 382 Vgl. Veil, ZHR 167 (2003) 365, 397. 383 Dies wird insbesondere mit dem Kapitalerhaltungsgrundsatz, § 57 AktG begründet, teils aber auch mit ökonomischen und verhaltenssteuerungsbezogenen Argumenten unterlegt, vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 182, 187; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 654; Rieckers, BB 2002, 1213, 1220; wohl auch Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 56. 384 Casper, Der Konzern 2006, 32, 38 f.; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 791 f.; Spindler, WM 2004, 2089, 2094 ff.

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bb) Ablehnung von Erweiterungen Vereinzelt wird vertreten, § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB bewirke de lege lata eine Erweiterung des Kreises der Anspruchsgegner auf die handelnden Geschäftsleiter.385 Dem stehen jedoch unüberwindbare Einwände entgegen.386 Diese reichen vom klaren Wortlaut, über den entgegenstehenden Willen des historischen Gesetzgebers, und die Verkennung des Konzeptes der juristischen Person hin bis zum systematischen Widerspruch.387 Daher konnte sich diese Auffassung zu Recht nicht durchsetzen, soweit die Haftung der Organwalter, insbesondere der verantwortlichen Geschäftsleiter, im Raum steht. Hinsichtlich anderer Akteure erscheinen die vorgebrachten Argumente gegen eine Heranziehung von § 830 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB hingegen weniger zwingend, hierauf wird in Kapitel 3 ausführlich zurückzukommen sein.388 c) Zwischenergebnis Der Schadensersatzanspruch bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität nach den §§ 37b, 37c WpHG kann je nach Einzelfall zum Ersatz des Kursdifferenzschadens oder des gesamten Transaktionsschadens führen. Der Emittent kann der Haftung durch den Nachweis entgehen, dass ihn hinsichtlich der fehlerhaften bzw. unterlassenen Information weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit trifft. Aus §§ 37b, 37c WpHG haftet lediglich der publikationspflichtige Emittent. 3. Haftung gem. § 826 BGB Im Recht der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation hat die deliktische Generalklausel für Ansprüche wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung, § 826 BGB, eine wahre „Renaissance“389 erfahren.390 Andere Akteure als der Emittent haften für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität primär auf Grundla385 So bei Vorsatz Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB, § 37c WpHG Rn. VI 382; Rieckers, BB 2002, 1213, 1220 f.; wohl auch Schwark, EWiR 2001, 1049, 1050. 386 Vgl. Fleischer, AG 2008, 265, 271; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 193; Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 90; Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 87; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG § 37b, 37c Rn. 162; Zimmer/ Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c Rn. 130, jeweils m. w. N. 387 Ausführlicher zu den Einwänden gegen eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG unten Kapitel 3 – C.IV.1.d), S. 344 ff. 388 Vgl. unten Kapitel 3 – D.I, S. 352 ff. 389 So treffend der Titel des Beitrages von Kiethe, NZG 2005, 333: „Die Renaissance des § 826 BGB im Gesellschaftsrecht“. 390 Vgl. Möllers, WM 2003, 2393 mit dem Hinweis, dies entspreche der Intention des Gesetzgebers; monographisch jüngst Richter, Schadenszurechnung, 2012.

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ge dieser „kleinen deliktischen Generalklausel“391 in ihrer spezifischen Ausformung durch die Rechtsprechung.392 Dies gilt auch eine Dekade nach den Empfehlungen der Regierungskommission Corporate Governance393 und den Beschlüssen des 62. DJT,394 die jeweils eindringlich für eine Ausweitung der zivilrechtlichen Haftung bei Fehlinformation des Sekundärmarktes geworben hatten. Die grundsätzlich hohen tatbestandlichen Hürden des § 826 BGB hat der BGH in seinen Infomatec-Entscheidungen395 insbesondere im Bereich der subjektiven Komponente nicht unwesentlich geschliffen und weg vom klassischen Verständnis der vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung nah an den Maßstab grober Fahrlässigkeit angenähert.396 Dies wird seitens der dogmatischen Rechtslehre teils herb kritisiert,397 im kapitalmarktrechtlichen Schrifttum aber nahezu durchweg begrüßt.398 Im Anschluss hieran stellte der BGH im Fall EM.TV fest, dass ein Verhalten des Vorstandes, welches die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt, der AG analog § 31 BGB zugerechnet wird, sodass der Emittent gesamtschuldnerisch neben den Vorständen haftet.399 Schließlich Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 35. Vgl. Schäfer, NZG 2005, 985, 986. 393 Vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 186. 394 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 142 Thesen 3, 6 und 7; Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 234: „Beschluss 1.9.: Es empfiehlt sich, die zivilrechtliche Schadensersatzpflicht des Emittenten für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen über die Fälle falscher Ad-hoc-Mitteilungen hinaus auf sämtliche fehlerhaften Pflichtveröffentlichungen auszudehnen. Angenommen: 54:1:2“ sowie „Beschluss 1.10.: Es wird empfohlen, die Informationshaftung auch auf freiwillige Verlautbarungen zu erstrecken. Angenommen: 33:20:5“ und „Beschluss 1.11.: Empfehlenswert ist, der Emittentenhaftung eine persönliche Außenhaftung der verantwortlichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder an die Seite zu stellen. Angenommen: 27:26:6.“ 395 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664 (Infomatec I); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971 (Infomatec II) und BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668 (Infomatec III). 396 Darin liegt eine deutliche Parallele zur Berufshaftungs-Rechtsprechung, siehe Baums, ZHR 167 (2003) 139, 151. 397 Vgl. Canaris, ZHR 163 (1999) 206, 214; besonders scharf Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 215 ff. 398 Grundsätzliche Zustimmung, wenngleich mit Kritikpunkten im Detail bei Edelmann, BB 2004, 2031; Gerber, DStR 2004, 1793; Fleischer, DB 2004, 2031; Leisch, ZIP 2004, 1573; Lenenbach, EWiR 2004, 961; Spindler, WM 2004, 2089; vordenkerisch Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1653 ff., mit Begründung und Herleitung, dass aufgrund der Stellung der Vorstände am Markt und des Vertrauens der Marktteilnehmer auch eine leichtfertig abgegebene falsche Information das Sittenwidrigkeitsverdikt erfüllen könne; vgl. aber auch Kiethe, DStR 2003, 1982, der eine Erweiterung der Organaußenhaftung über die Fälle des § 826 BGB hinaus als systemwidrig ablehnt; tendenziell gegen eine Ausweitung auch Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939; Thümmel, DB 2001, 2331, 2333. 399 Vgl. BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2002, 672, 673 f. (EM.TV). 391 392

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präzisierten die acht Comroad-Entscheidungen die Voraussetzungen für den Nachweis haftungsbegründender Kausalität zwischen der fehlerhaften Ad-hocPublizität und dem Willensentschluß des geschädigten Anlegers.400 a) Anspruchsvoraussetzungen nach der Rechtsprechung aa) Sittenwidrigkeit Die Fehlinformation muss zunächst als sittenwidrig anzusehen sein, also gegen das „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“401 verstoßen. Dafür reicht nicht allein die Verletzung einer gesetzlichen Pflicht, sondern es „muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben.“402 Auf die direkt vorsätzliche Veröffentlichung einer unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung gemünzt liege Sittenwidrigkeit regelmäßig vor, weil dieses Verhalten die Mindestverhaltensanforderungen am Kapitalmarkt in besonders grober Weise verletze.403 Die besondere Verwerflichkeit könne insbesondere daraus resultieren, dass die Vorstände selbst an der Gesellschaft beteiligt seien, von einem Kursanstieg also unmittelbar profitierten. Allerdings müssten solche eigennützigen Zwecke für das Sittenwidrigkeitsverdikt nicht vorrangiges Ziel oder Endziel des Schädigers sein.404

Vgl. BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 80/04, WM 2007, 683 (Comroad I); BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684 (Comroad II); BGH Beschl. v. 26.6.2006 – II ZR 153/05, WM 2007, 486 (Comroad III); BGH Urt. v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557 (Comroad IV); BGH Urt. v. 4.6.2007 – II ZR 173/05, WM 2007, 1560 (Comroad V); BGH Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395 (Comroad VI); BGH Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398 (Comroad VII); BGH Urt. v. 3.3.2008 – II ZR 310/06, WM 2008, 790 (Comroad VIII). 401 St. Rspr., vgl. erstmalig RG Urt. v. 11.4.1901 – VI 443/00, RGZ 48, 114, 124 f. Weiter heißt es dort: „Hierbei ist es nicht ausgeschlossen, daß auf die Sittenanschauung eines bestimmten Volkskreises, wenn sich in ihr die herrschende Sitte ausprägt, Rücksicht genommen wird, so in einem Falle der vorliegenden Art auf die Anschauung des ehrbaren Kaufmannes im Handesverkehr [sic!].“ – Gewendet auf die Ad-hoc-Publizität bedeutet dies, dass die komplexe Interaktion der Marktakteure und deren jeweilige Stellung sowie die besondere Notwendigkeit normgetreuen Verhaltens für die Frage der Sittenwidrigkeit herangezogen werden können. 402 BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 (Infomatec III). 403 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 f. (Infomatec II); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 (Infomatec III). 404 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2974 (Infomatec II); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2671 (Infomatec III). 400

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bb) Vorsatz Weiter muss der Täter sich der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände bewusst sein. Zudem muss der Vorsatz den beim Opfer verursachten Schaden umfassen, nicht jedoch die Sittenwidrigkeit des Handelns selbst.405 Werden bewusst falsche Ad-hoc-Informationen veröffentlicht, bejaht der BGH den Vorsatz bezüglich der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände.406 Auch der Vorsatz bezüglich des beim Opfer eintretenden Schadens, es genügt dolus eventualis,407 liege regelmäßig vor, da alle verantwortlichen Vorstände wüssten, „dass es infolge der fehlerhaften ad hoc-Information zu entsprechenden Anlageentscheidungen kommen wird […].“408 Kennen sie die Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung, so der BGH, wissen sie auch, dass deshalb Wertpapierkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden.409 Gerade weil also Voraussetzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht das Kursbeeinflussungspotenzial der betreffenden Information ist, nehme der Handelnde zumindest billigend in Kauf, dass schädigende Transaktionen getätigt werden. Dieser Vorsatz könne auch nicht in Fahrlässigkeit „umqualifiziert“ werden, weil die Schädiger in euphorischer Stimmung davon ausgehen, mit dem Unternehmen langfristig erfolgreich zu sein.410 Der Schädiger muss nicht jeden Geschädigten individualisiert haben, sondern es genügt, wenn er „die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderen auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat“411.

405 Allg. Ansicht, da ansonsten der „abgebrühte“ Täter mit besonders gleichgültigen Vorstellungen hinsichtlich der Sittenwidrigkeit privilegiert würde, vgl. statt vieler Möllers, ZBB 2003, 390, 405; Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 61 m. w. N. 406 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II). 407 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 (Infomatec III). 408 BGH Urt. v. 1.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II). 409 BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II); ebenso BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 (Infomatec III). 410 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 (Infomatec III); dazu erläuternd Goette, DStR 2005, 561, 563; dies hatte die Instanzrechtsprechung teils abweichend beurteilt, vgl. OLG München Urt. v. 1.10.2002 – 30 U 855/01, NZG 2002, 1107, 1109 (nicht rechtskräftig, durch den BGH aufgehoben); dem OLG München beipflichtend Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939. 411 BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670 (Infomatec III).

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

cc) Haftungsbegründende Kausalität, Ablehnung von Beweiserleichterungen Die größten Schwierigkeiten bereitet Anlegern in der Praxis der Nachweis haftungsbegründender Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung für den konkret schädigenden Willensentschluß.412 Die Instanzrechtsprechung hat verschiedene Wege beschritten, um dieser Beweisnot abzuhelfen, ist damit aber vor dem BGH weitgehend gescheitert. (1) Anscheinsbeweis Ein Anscheinsbeweis könne nur für solche Geschehensabläufe angenommen werden, bei denen vom Vorliegen eines spezifischen Sachverhaltes nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise auf eine bestimmte Folge geschlossen werden könne. Dies sei bei einer von zahlreichen rationalen und irrationalen Faktoren sowie spekulativen Elementen beeinflussten, individuellen Willensentscheidung wie der Anlageentscheidung eines Investors kaum möglich.413 (2) Anlagestimmung Im Rahmen der Prospekthaftung billigte die Rechtsprechung Anlegern eine „tatsächliche Vermutung“ für die Kausalität des Prospektes für die Anlageentscheidung zu, welche durch die Anlagestimmung gerechtfertigt sei, welche ein Prospekt verursache.414 Die zeitliche Reichweite für diese Vermutung ist nicht statisch festgelegt, die Obergrenze aber bei etwa einem Jahr angesiedelt.415 Eine pauschale Übertragung dieser Vermutung auf fehlerhafte Adhoc-Publizität lehnt der BGH ausdrücklich ab,416 denn eine Ad-hoc-Mitteilung sei nicht darauf ausgelegt, dem Markt ein umfassendes Bild über den Emittenten zu vermitteln und ein Klima zu erzeugen, welches der durch einen Prospekt verursachten Anlagestimmung entspreche. Allerdings sei denkbar, „dass sich im Einzelfall – je nach Tragweite der Information – aus positiven Signalen einer ad hoc-Mitteilung auch eine regel-

Siehe statt vieler Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1649. Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2666 (Infomatec I). 414 Vgl. dazu Hauptmann, in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 122. Im Anwendungsbereich der kodifizierten Prospekthaftungstatbestände ist die Anlagestimmung derweil überholt, da die haftungsbegründende Kausalität binnen bestimmter Fristen (i. d. R. 6 Monate) widerleglich vermutet wird. 415 Vgl. BGH Urt. v. 14.7.1998 – XI ZR 173/97, NJW 1998, 3345, 3347. 416 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2666 f. (Infomatec I); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2671 (Infomatec III). Auch eine Beweislastumkehr wie die spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestände sie vorsehen erkennt der BGH nicht an; Eine solche Entscheidung sei dem Gesetzgeber vorbehalten. 412 413

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rechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickeln kann.“417 Um eine solche darzulegen, reiche es aber nicht aus, dass nach den tatrichterlichen Feststellungen der geschädigte Anleger die Unternehmenskommunikation aufmerksam verfolgt habe und einer „allgemeinen Linie“ gefolgt sei.418 Ebenso wenig genüge, dass die interessierte Öffentlichkeit durch Falschmeldungen über einen längeren Zeitraum hinweg stets fehlinformiert worden sei,419 selbst nicht im Fall besonders häufiger und besonders unseriöser Adhoc-Mitteilungen.420 Zur Feststellung einer Anlagestimmung sei ein „mehr“ gegenüber diesen Umständen nötig, der Tatrichter habe gegebenenfalls ein entsprechendes Sachverständigengutachten zu dieser Frage einzuholen.421 (3) Weitere Ansätze, dem Geschädigten die Beweislast zu erleichtern Einzelne Gerichte hatten zudem versucht, den relevanten Zeitpunkt für die Kausalitätsprüfung vorzuverlegen und z. B. an Fehlangaben im Emissionsprospekt anzuknüpfen, welche den Börsengang der Gesellschaft überhaupt erst ermöglicht hätten und ohne welche der Geschädigte auch nicht in diese investiert hätte (condicio sine qua non). Dies weist der BGH unter Hinweis auf die ebenfalls anzustellenden Überlegungen zur adäquaten Kausalität und insbesondere den Schutzzweck der Norm deutlich zurück.422 Auch könne die aus dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht bekannte fraud on the market theory423 nicht in § 826 BGB angewendet werden, da dies „zu einer uferlosen Ausweitung des ohnehin offenen Haftungstatbestandes der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auf diesem Gebiet führen würde“424. Schließlich führe auch die allgemeine, in diesen Fällen geradezu paradigmatische Beweisnot des Klägers nicht dazu, dass ein abgesenkter WahrBGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2667 (Infomatec I); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2671 (Infomatec III). 418 Vgl. BGH Urt. v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 (Comroad IV); BGH Urt. V. 4.6.2007 – II ZR 173/05, WM 2007, 1560, 1561 f. (Comroad V). 419 Vgl. BGH Urt. v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 (Comroad IV). 420 Vgl. BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684, 685 (Comroad II); BGH Urt. v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1559 (Comroad IV); dagegen Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1650. 421 Deutlich BGH Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 398 (Comroad VI); BGH Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 68/06, WM 2008, 398, 400 (Comroad VII); BGH Urt. v. 3.3.2008 – II ZR 310/06, WM 2008, 790, 792: „allenfalls nach vorheriger Einholung eines Sachverständigengutachtens“. 422 Vgl. BGH Urt. v. 5.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1560 (Comroad IV); BGH Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 229/05, WM 2008, 395, 396 f. (Comroad VI). 423 Zu dieser ausf. unten Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 f. 424 Vgl. erstmalig ausdrücklich in BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 80/04, WM 2007, 683, 684 (Comroad I); BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684, 685 (Comroad II); seitdem st. Rspr., vgl. nur BGH Urt. v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 f. (Comroad IV). 417

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scheinlichkeitsmaßstab an dessen Behauptungen anzulegen sei.425 Allerdings weist der BGH ausdrücklich auf die Möglichkeit der Parteivernehmung gem. § 448 ZPO hin.426 (4) Ergebnis Festzuhalten bleibt, dass die Rechtsprechung dem Geschädigten hinsichtlich des Nachweises der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung entgegenkommt, die haftungsbegründende Kausalität aber nur unter Überwindung sehr hoher Hürden als gegeben ansieht. Wie selten Anlegern dieser Nachweis gelingt, lässt sich den referierten Entscheidungen entnehmen. Nur in einem der acht Comroad-Verfahren entschied der BGH zugunsten des Anlegers und sprach ihm einen Schadensersatzanspruch zu. Hier hatte der Anleger sich am Tag seiner Anlageentscheidung telefonisch mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt und sich die Richtigkeit bestimmter Angaben bestätigen lassen.427 In sämtlichen übrigen Verfahren verwies das Gericht an die Tatsacheninstanz zurück, um die Kausalität unter Beachtung einer teils sehr dezidierten, hohe Anforderungen an den Kausalitätsnachweis stellenden „Segelanweisung“ neu zu beurteilen. b) Art und Umfang des Schadensersatzes Aus § 826 BGB kann der Geschädigte nicht lediglich den Differenzschaden „in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, sondern grundsätzlich Naturalrestitution (§ 249 BGB) in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien verlangen“428. Voraussetzung hierfür ist, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass der Anleger die Papiere bei unterstellter pflichtgemäßer Befolgung der Ad-hoc-Publizitätspflicht nicht erworben hätte.429 Eine Einschränkung des Schadensersatzanspruchs für den Fall, dass das in Rede stehende Papier als hochspekulativ gilt, sei nicht vorzunehmen.430 Auch lediglich ein Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2668 (Infomatec I). Vgl. BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2002, 672, 675 (EM.TV); graduell zurückhaltender noch BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2667 (Infomatec I). 427 Vgl. BGH Beschl. v. 26.6.2006 – II ZR 153/05, WM 2007, 486 (Comroad III). 428 BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2972 (Infomatec II); zudem BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2669 (Infomatec III): „soweit die Aktien wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind, ist der an ihre Stelle getretene Veräußerungspreis anzurechnen.“ – Bekräftigt in BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 673 (EM.TV). 429 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2972 (Infomatec II). 430 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2669 (Infomatec III). 425 426

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Ersatz der Kursdifferenzschadens kann nach § 826 BGB eingeklagt werden, aber auch hier muss der Anleger den Nachweis haftungsbegründender Kausalität führen.431 c) Anspruchsgegner Die Infomatec-Trilogie betraf ausschließlich die Vorstandsaußenhaftung. Im Anschluss hieran stellte der BGH in seiner EM.TV-Entscheidung klar, dass dieses Handeln des Vorstandes dem Emittenten analog § 31 BGB zuzurechnen sei.432 Weder der Kapitalerhaltungsgrundsatz (§ 57 AktG) noch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) stünden dem entgegen.433 Zu weiteren Akteuren hat der BGH sich bislang nicht geurteilt. d) Kritik Diese Rechtsprechung hat in wesentlichen Punkten breite Zustimmung vonseiten der Literatur erfahren, namentlich die weitgehende Ablehnung von Beweiserleichterungen im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität ist jedoch Gegenstand fortdauernder Kritik. aa) Ermittlung der Sittenwidrigkeit Die Annahme der Sittenwidrigkeit, sobald wissentliche Falschmeldung und die Förderung eigennütziger Interessen zusammentreffen, findet breite Zustimmung.434 Über die bislang entschiedenen Konstellationen hinaus wird diskutiert, ob auch bei fehlerhaften Mitteilungen ohne festgestellten Eigen-

431 Vgl. BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684, 685 (Comroad II); dagegen Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 135; hiervon ist das Gericht in der Rechtsprechung zu § 37b WpHG abgewichen, der Kursdifferenzschaden kann dort also ohne Nachweis haftungsbegründender Kausalität verlangt werden, für den Ersatz des Transaktionsschadens hingegen ist dieser zu erbringen, vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 269 (IKB); vgl. ausführlicher hierzu oben Kapitel 1 – C.II.2.a)dd)(2), S. 80 f. 432 Vgl. BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 673 f. (EM.TV); zustimmend die ganz h. L., vgl. statt vieler Fleischer, in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 57 f.; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 187; Wagner, ZGR 2008, 495, 502. Dem wird nur ganz vereinzelt widersprochen, vgl. ablehnend Henze, in: FS Schwark, 2009, S. 425, 439. 433 Vgl. mit ausführlicher Begründung BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 674 f. (EM.TV). 434 Vgl. Fleischer, DB 2004, 2031, 2033; Wagner, ZGR 2008, 495, 503; krit. gegenüber der Annahme von Eigennützigkeit allein auf Grundlage eigenen Aktienbesitzes der Vorstände Kort, AG 2005, 21, 25.

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nutz die Sittenwidrigkeit anzunehmen sein könne.435 Ungeklärt ist zudem, ob auch das Unterlassen einer gebotenen Ad-hoc-Mitteilung das Sittenwidrigkeitsverdikt auslösen kann.436 Dies wird, wenn überhaupt, nur unter hohen Voraussetzungen zuzulassen sein.437 Neben den grundsätzlich zustimmenden Stellungnahmen wird aber auch mit Besorgnis geäußert, die Aussage des BGH, es könne nicht unmittelbar vom vorsätzlichen Gesetzesverstoß auf die Sittenwidrigkeit geschlossen werden,438 dürfe nicht zum bloßen Lippenbekenntnis geraten;439 stets sei eine saubere Trennung und einzelne Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen geboten.440 bb) Feststellung des Schädigungsvorsatzes Der Schluss von der bewussten Fehlinformation auf einen zumindest bedingten Schädigungsvorsatz wird weitgehend für zulässig gehalten,441 ebenso die Annahme, dass der Täter dafür nicht jeden potenziellen Geschädigten indivi-

435 Fleischer, DB 2004, 2031, 2033 f. mit der Deutung, der BGH sehe den Eigennutz „eher als verstärkendes denn als konstitutives Element“ des Haftungstatbestandes; Möllers, JZ 2005, 75, 76; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 239; Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 384b; zugeneigt Leisch, ZIP 2004, 1573, 1576; so bereits zuvor Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 140; für einen Überblick der divergierenden Ansichten siehe Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1806. 436 Bejahend Möllers, WM 2003, 2393, 2394 ff., der dies an hohe Anforderungen knüpft; Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 384c; ablehnend Casper, Der Konzern 2006, 32, 33 f.; Rützel, AG 2003, 69, 73; wohl auch Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939. 437 Restriktiv Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 174–176: Eine solche Haftung komme nur in Betracht, wenn aufgrund einer vorigen Veröffentlichung einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung eine Pflicht zur Korrektur nicht lediglich aus § 15 WpHG, sondern überdies auch aus Ingerenz bestehe; ähnlich Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 235 ff. 438 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 f. (Infomatec II). 439 Vgl. Spindler, WM 2004, 2089, 2092: bei fehlendem Eigennutz sei die Sittenwidrigkeit abzulehnen, wolle man „die Voraussetzungen des § 826 BGB nicht völlig erodieren“; weiter ausgeführt Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, 3. Aufl. 2012, § 826 Rn. 11; gleichsinnig Casper, Der Konzern 2006, 32, 33 f.; Rützel, AG 2003, 69, 73; zur Zurückhaltung mahnend auch Kiethe, NZG 2005, 333, 334, mit insgesamt aber positivem Fazit, vgl. 336 f. 440 Siehe Kiethe, NZG 2005, 333, 334. 441 Vgl. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 238; Wagner, ZGR 2008, 495, 503; Möllers, WM 2003, 2393, 2397, will im Rahmen des Unterlassens einer gebotenen Mitteilung den Schluss von äußeren Indizien auf einen entsprechenden Schädigungsvorsatz zulassen; dagegen Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784: „Der Kläger muss aber zusätzlich darlegen und beweisen, dass der Marktteilnehmer Kursverluste der Anleger als Folge seines manipulativen Verhaltens gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen hat.“ – Ähnlich Thümmel, DB 2001, 2331, 2333.

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dualisiert haben müsse.442 Teils wird aber die hierin aufscheinende Parallele zur Rechtsprechung im Kontext der Berufs- und Expertenhaftung kritisiert. Es geht im Kern um die Frage, ob auch eine lediglich leichtfertig fehlerhaft abgegebene Ad-hoc-Mitteilung („ins Blaue hinein“) in diesem Kontext dem Vorsatzerfordernis genügen kann. 443 Dies sei, soweit die Haftung der Geschäftsleiter berührt sei, schon vom Ausgangspunkt her verfehlt, da ein Anleger gerade kein gerechtfertigtes gesteigertes Vertrauen auf deren Kompetenz, Neutralität oder Sorgfalt habe, wie dies in den entsprechenden Kategorien der Expertenhaftung gegeben sei. Auch bestehe zwischen Emittent und Anleger gerade kein besonderes Vertrauens- oder Näheverhältnis, welches die graduelle Herabsetzung der Anforderungen an den Schädigungsvorsatz rechtfertige.444 cc) Kausalität, Ablehnung von Beweiserleichterungen Die Weigerung des BGH, Anlegern im Hinblick auf den Nachweis haftungsbegründender Kausalität entgegenzukommen, wird ganz überwiegend als Missstand wahrgenommen und für das Scheitern vieler Anlegerklagen verantwortlich gemacht.445 Über den vorzugswürdigen Weg, um diesem beizukommen, besteht jedoch keine Einigkeit. Verbreitet wird gefordert, der BGH solle die fraud on the market theory 446 als widerlegliche Vermutung anerken442 Vgl. Edelmann, BB 2004, 2031, 2032; Fleischer, DB 2004, 2031, 2034; Gerber, DStR 2004, 1793, 1798; Kort, AG 2005, 21, 25; Körner, NJW 2004, 2286, 3387; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575 f.; Spindler, WM 2004, 2089, 2092; Wagner, ZGR 2008, 495, 503. 443 Dafür Gerber, DStR 2004, 1793, 1798; Möllers, JZ 2005, 75, 76; zweifelnd Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1806; sowie ders., in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 7 Rn. 24; vgl. auch Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 131 f., der einen eigenen kapitalmarktrechtsspezifischen Vorsatzbegriff des § 826 BGB entwickelt, welcher zwischen grober Fahrlässigkeit und dem klassischen Vorsatz angesiedelt ist; dieser entspreche rechtsvergleichend der recklessness nach US-amerikanischem Haftungsrecht und rechtfertige sich aus der besonderen Rücksichtslosigkeit, welche die Veröffentlichung fehlerhafter Information gegenüber dem Markt belege. Vgl. zur recklessness ausführlicher unten Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 f. 444 So Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939, die daher die Anwendung von § 826 BGB im Kapitalmarktrecht insgesamt eher ablehnen; diesen Einwand relativierend Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 131 f. 445 Vgl. Baums, ZHR 167 (2003) 139, 141 m. w. N. in Fn. 8 zu weiteren Kritikpunkten; Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1649; Langenbucher, in: FS K. Schmidt, 2009, S. 1053, 1054: rechtstatsächlich sei angesichts der überragenden Bedeutung verschiedener Finanzintermediäre derjenige Anleger, welcher die fehlerhafte Emittentenkommunikation selbst lese und daher den Nachweis haftungsbegründender Kausalität führen könne, der Ausnahmefall; vgl. auch Veil, in: FS Hopt, 2010, S. 2641, 2651 mit Fn. 53: „Die Achillesferse der Informationsdeliktshaftung ist das Erfordernis haftungsbegründender Kausalität.“ – Ähnlich Wagner, ZGR 2008, 495, 505. 446 Zu dieser ausf. unten Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 f.

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nen.447 Einige begrüßen die weitgehende Ablehnung von Beweiserleichterungen aber auch.448 Positiv aufgenommen wird die Ablehnung einer Übernahme der Beweislastumkehr aus der spezialgesetzlichen Prospekthaftung.449 Auch die reservierte Haltung gegenüber einem Anscheinsbeweis in Form der Anlagestimmung findet Zuspruch, zumal diese nach dem BGH im Einzelfall „ausnahmsweise in Betracht“450 kommen kann. Da Ad-hoc-Mitteilungen üblicherweise keine derart umfassenden Informationen über das Unternehmen enthielten wie Prospekte, lösten sie in der Regel auch keine vergleichbare Anlagestimmung aus.451 Aufgrund des nur fragmentarischen Informationsgehaltes ist überdies auch die „Halbwertzeit“ einer Ad-hoc-Mitteilung kürzer als die eines Prospektes. Sie wird zügig von neuen Informationen überlagert und verdrängt. Dieser Umstand sollte in der Bemessung einer Frist für die Anlagestimmung, sofern eine solche doch einmal zu bejahen sein sollte, Berücksichtigung finden.452 dd) Schaden Die Erstreckung des ersatzfähigen Schadens auf den Vertragsabschlussschaden findet breite Zustimmung.453 Auch der subsidiär gewährte Anspruch auf 447 Vgl. Fleischer, DB 2004, 2031, 2034; für die Geltendmachung des Kursdifferenzschadens auch Wagner, ZGR 2008, 495, 529; dies nach der lex lata für zu weitgehend einschätzend Spindler, AcP 208 (2008) 283, 336; ebenfalls ablehnend Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 384e, da die deutschen Kapitalmärkte nicht informationseffizient seien; vgl. auch Richter, Schadenszurechnung, 2012, insb. S. 129 ff., der das Kausalitätskonzept der h. L. und des BGH insgesamt ablehnt, mit eigenem Vorschlag. 448 Vgl. Kort, NZG 2005, 496, 498. 449 Vgl. Gerber, DStR 2004, 1793, 1796; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1577; Spindler, WM 2004, 2089, 2092. 450 BGH Urt v. 4.6.2007 – II ZR 147/05, WM 2007, 1557, 1558 (Comroad IV). 451 Vgl. Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1807; Gerber, DStR 2004, 1793, 1797; Kort, AG 2005, 21, 26; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1577; krit. Spindler, AcP 208 (2008) 283, 335: „Es ist aber unverständlich, wie ad-hoc-Mitteilungen Angebot und Nachfrage [per definitionem] beeinflussen sollen, ohne eine Anlagestimmung zu erzeugen.“ Gegen diesen Einwand Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 135, Fn. 233. 452 So auch Gerber, DStR 2004, 1793, 1797; bündig Edelmann, BB 2004, 2031, 2033: „Im Ergebnis wird es also darauf hinauslaufen, dass die Anforderungen an die Bejahung der Kausalität um so strenger ausfallen, je länger der Zeitraum zwischen der Ad-hocMitteilung und der Anlageentscheidung ist.“ 453 Edelmann, BB 2004, 2031, 2033; Gerber, DStR 2004, 1793, 1797; Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1651; Fleischer, DB 2004, 2031, 2035; Kort, AG 2005, 21, 24; Kort, NZG 2005, 496, 497; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575; Mülbert/Steup, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 241; Spindler, WM 2004, 2089, 2093; Spindler, AcP 208 (2008) 283, 340 f.; zuvor auch Möllers, WM 2003, 2393, 2396; vgl. mit umfassender Analyse Henze, in: FS Schwark, 2009, S. 425, 434 ff., der diese

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den Differenzschaden zwischen Kauf- und Verkaufspreis wird begrüßt.454 Teils wird gefordert, für diesen auf den Nachweis haftungsbegründender Kausalität der Fehlinformation für den Schaden zu verzichten.455 ee) Verzicht auf ein Transaktionserfordernis Im Gegensatz zu den §§ 37b, 37c WpHG postuliert § 826 BGB kein Transaktionserfordernis. Der BGH hat obiter dictum in der EM.TV-Entscheidung verlautbart, ein solches auch nicht in die Anspruchsvoraussetzungen hineinlesen zu wollen. Das Gericht sieht also auch aufgrund von Fehlinformation „haltende“ Anleger als anspruchsberechtigt an.456 Hierfür sprechen durchaus verschiedene Wertungsgesichtspunkte.457 Es wird aber auch auf das so geschaffene Risiko missbräuchlicher Klagen hingewiesen, da die Selektionswirkung im Hinblick auf die Zahl potenzieller Anspruchsteller wegfalle und die Gründe für eine Entscheidung, ein Wertpapier entgegen einer ursprünglichen Absicht zu halten, im Regelfall keinen nachprüfbaren, dem Beweis zugänglichen objektivierten Niederschlag finden.458

Rechtsfolge jedoch nicht bereits dem allgemeinen Schadensbegriff entnimmt, sondern über einen normativen Schadensbegriff begründet, vgl. 437 ff.; ablehnend hingegen Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Wagner, ZGR 2008, 495, 507 ff., insb. 519 f.; krit. Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2648. 454 Vgl. Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575; Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 384i. 455 Vgl. Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 135; Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 246; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 173; vgl. zur Paralleldebatte im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG oben Kapitel 1 – C.II.3.a)cc), S. 88 ff., wo der BGH ebendiesem Vorbringen (im Hinblick auf § 37 b WpHG) jüngst gefolgt ist, vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263. 456 Vgl. BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 675 (EM.TV); differenzierend Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 181 f.: Wer bereits Anleger ist und entgegen einer ursprünglich gefassten Veräußerungsabsicht „hält“, sei anspruchsberechtigt; nicht hingegen, wer als Nichtanleger von einer zuvor gefassten Investitionsentscheidung Abstand genommen habe; ebenso Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 136, denn das Deliktsrecht schütze nur den Bestand vorhandenen Vermögens, nicht hingegen bloße Expektanzen. Dies entspricht wohl der Ansicht des BGH. 457 Begrüßend Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1808 mit knapper rechtsvergleichender Umschau; ebenso Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 384c; Spindler, AcP 208 (2008) 283, 337 f. 458 Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1654; vgl. zum Problem auch Fleischer, in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 31.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

e) Grundlegende Kritik an der Heranziehung des § 826 BGB Neben den vorstehend referierten, der Lösung des BGH im Grundsatz zugewandten Stellungnahmen, ist auch fundamentalere Kritik geäußert worden. Aus dogmatischer Perspektive wird teils die Heranziehung von § 826 BGB im Fall fehlerhafter Kapitalmarktpublizität insgesamt hinterfragt. Die Norm könne gerade in denjenigen Konstellationen, die von den Spezialnormen tatbestandlich nicht erfasst werden, nicht zu einem Anspruch gegen fehlinformierende Emittenten und Geschäftsleiter führen, ohne dabei in offenen Konflikt zu Sinn und Zweck des § 826 BGB zu treten.459 Denn weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht erfülle das typischerweise grob fahrlässige Verhalten von Geschäftsleitern oder Beratern, welches kursbeeinflussende Wirkungen zeitigt, die de lege lata bestehenden Voraussetzungen für einen solchen Anspruch.460 Die Rechtsprechung löse § 826 BGB sehr weit von dessen Konzeption als Auffangtatbestand mit hohen subjektiven Hürden (Vorsatz sittenwidriger Schädigung) ab und betreibe hier unzulässige Rechtsfortbildung contra legem.461 f)

Stellungnahme

Insgesamt ist die Rechtsprechung zu § 826 BGB im Kapitalmarktrecht trotz der angeführten Bedenken als „Übergangslösung“ bis zu einem entsprechenden Tätigwerden des Gesetzgebers zu begrüßen.462 Der Kritik ist zuzugeben, dass der BGH die Norm von ihren ursprünglichen Wurzeln ein gutes Stück weit entfernt hat. Dies geschieht letztlich aber aus Wertungsentscheidungen, die im Hinblick auf den gewandelten Charakter des Deliktsrechts in einer auf Arbeitsteilung und Kooperation ausgelegten Informationsgesellschaft zu überzeugen vermögen. Unter dieser Prämisse erscheint es denn auch sachgerecht, bei einer vorsätzlich fehlerhaft an den Markt gegebenen Information von objektiven Umständen auf den Vorsatz sittenwidriger Schädigung zu schließen. Dies zieht seine Rechtfertigung letztlich daraus, dass alle Marktakteure auf normgetreues Verhalten, insbesondere korrekte Information, der 459 So deutlich im Kontext der Berufs- und Expertenhaftung Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 215 ff. 460 Eindringlich Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784, der alternativ vorschlägt, die Anerkennung von Verbotsvorschriften als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB auszuweiten; ähnlich Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 939; im Kontext der Dritthaftung für Auskünfte und Gutachten auch Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 215 ff., der für Fälle eklatanten Haftungsbedürfnisses empfiehlt, richterrechtlich Schutzpflichten zu schaffen. 461 Canaris, ZHR 163 (1999) 206, 214; Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 215; allgemeiner dazu Oechsler, in: Staudinger BGB, 2009, § 826 Rn. 23. 462 So auch die h. L., vgl. Bachmann, in: FS Schwark, 2009, S. 331, 97, m. w. N. insb. in Fn. 11; Fleischer, DB 2004, 2031, 2036; hingegen für eine Weiterentwicklung innerhalb der Deliktstatbestände Ekkenga, ZIP 2004, 781, 786 ff.

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übrigen Marktteilnehmer angewiesen sind, da anderenfalls ein transparenter und effizienter Kapitalmarkt nicht entstehen kann.463 Wer weiß, dass eine unüberschaubare Zahl von Anlegern auf korrekte und vollständige Informationen über ein Wertpapier angewiesen ist um wohlerwogene Transaktionsentscheidungen zu treffen, und sich bewusst für normwidriges Verhalten entscheidet, zeigt eine besonders ausgeprägte Verantwortungslosigkeit gegenüber der Entscheidungs- und Dispositionsfreiheit und damit letztlich gegenüber dem Vermögen der Investoren.464 Ein solches Verhalten negiert die Mindestverhaltensanforderungen am Kapitalmarkt derart schwer, dass es zu Recht als sittenwidrig bewertet wird.465 Bei alledem ist jedoch zu beachten, dass die Norm zwar eine Auffangfunktion für neu auftretende Sonderkonstellationen, in denen ein eindeutiges Haftungsbedürfnis besteht, welches anderweitig nicht oder nur erheblich erschwert befriedigt werden kann, erfüllen kann und soll.466 Dies sollte jedoch nur der Überbrückung der Zeit bis zu einem entsprechenden Tätigwerden des Gesetzgebers dienen. Dieser Zeitraum kann freilich nicht statisch in Jahren, Monaten und Tagen festgesetzt werden. Allerdings verliert die Lösung mit zunehmendem Zeitablauf und insbesondere mit jeder sachlich einschlägigen gesetzgeberischen Tätigkeit graduell an Legitimation und Überzeugungskraft. Mit weiterer Reifung des Kapitalmarktrechts wäre der Gesetzgeber gut beraten, die bestehende Lösung durch eine Kodifikation abzulösen. g) Haftung Dritter Auch die Mitwirkung Dritter an fehlerhafter Ad-hoc-Publizität eines Emittenten kann zu einer Haftung aus § 826 BGB führen. Die referierte Rechtsprechung des BGH hat insoweit verallgemeinerungsfähige Grundsätze aufge463 Vgl. allg. zur wachsenden Spezialisierung der Marktakteure und den aus dieser Aufgabenteilung folgenden Implikationen für eine angemessene Regulierung Clark, 94 Harv. L. Rev. 561 (1981), der vier unterschiedliche Entwicklungszyklen kapitalistischen Wirtschaftens ausmacht. Jeder Zyklus sei durch eine noch größere Distanz von unternehmerischem Entscheidungsträger, Investitionsentscheidungsträger und Kapitalgeber gekennzeichnet als die jeweils vorige Stufe, was jeweils unterschiedliche Schutzmechanismen erforderlich werden lasse. 464 Vgl. auch zu den Auswirkungen dieser rechtstatsächlichen Befunde auf Fragen der Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Recht der Kapitalmarktinformationshaftung u. a. unten Kapitel 3 – C.II.3.a), S. 328 ff. 465 So auch bereits Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1654 f.; Krause, ZGR 2002, 799, 823; für eine funktionale Bestimmung des Sittenwidrigkeitsbegriffes des § 826 BGB unter Heranziehung der charakteristischen Verhaltensanforderungen am Kapitalmarkt Richter, Schadenszurechnung, 2012, S. 270 ff.; gegen die Kritik auch Bachmann, in: ders./Casper/ Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 130 f. 466 Vgl. Fleischer, DB 2004, 2031, 2035: „Durchgangsfunktion“; ähnlich Gerber, DStR 2004, 1793, 1798.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

stellt, die sich über die Vorstandshaftung hinaus prinzipiell auch auf jeden beteiligten Akteur bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation übertragen lassen dürften. Sachgründe gegen eine Anwendbarkeit von § 826 BGB auf Teilnahmehandlungen von Beratern sind zumindest nicht ersichtlich. Aus den geäußerten Kritikpunkten wird jedoch – unabhängig davon, ob man ihnen im Ergebnis folgt – deutlich, dass § 826 BGB für sich genommen nur im Ausnahmefall eine erfolgsversprechende Anspruchsgrundlage für geschädigte Anleger im Prozess gegen Sekundärakteure bei fehlerhafter Adhoc-Publizität darzustellen vermag. Diese Akteure treten dem Kapitalmarkt gegenüber i. d. R. nicht offen als Experten bzw. Garanten für die Bewertung des in Rede stehenden Papiers auf. Zudem wird ihnen der Vorsatz hinsichtlich einer sittenwidrigen Schädigung der Anleger häufig fehlen. Möglich erscheint aber die Haftung von Sekundärakteuren nach §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, wenn eine Einstandspflicht der handelnden Vorstände (und analog § 31 BGB des Emittenten) festgestellt worden ist und diese in der Vorbereitung der Fehlinformation mitgewirkt haben. Hierauf ist zurückzukommen.467 4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Nach der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung kann bei fehlerhafter Adhoc-Publizität in aller Regel kein zivilrechtlicher Anspruch geschädigter Anleger bejaht werden.468 Dies liegt darin begründet, dass Ad-hoc-Mitteilungen regelmäßig den Prospektbegriff der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung nicht erfüllen, da sie nicht den Eindruck erwecken, eine breite Informationsgrundlage für eine informierte Anlageentscheidung zu ermöglichen,469 sondern nur über einen spezifischen Umstand informieren.470 Auch

Vgl. unten Kapitel 3 – D.III.1., S. 361 f. Ganz h. M., vgl. Edelmann, BB 2004, 2031; Fleischer, DB 2004, 2031; Gerber, DStR 2004, 1793, 1795; Kort, AG 2005, 21, 22 erlaubt Ausnahmen, wenn die Mitteilung „prospektähnlich ausgestaltet ist.“ – Leisch, ZIP 2004, 1573, 1574; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 158; Rützel, AG 2003, 69, 71; a. A. für Altfälle vor Geltung des § 37c WpHG Braun/Rotter, BKR 2003, 918, 922 ff., 926. 469 So BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2665 (Infomatec I); vgl. kürzlich die Definition des bürgerlich-rechtlichen Prospektbegriffs in BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758 (Rupert Scholz). 470 So BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2665 (Infomatec I). Für einen systematischen Begründungsansatz Rützel, AG 2003, 69, 70f., der schon den Anwendungsbereich der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung als versperrt ansieht, da diese für unregulierte Märkte entwickelt worden sei, wohingegen Ad-hoc-Mitteilungen ein Phänomen der regulierten Märkte seien; sympathisierend Gerber, DStR 2004, 1793, 1795. 467 468

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fehlt Ad-hoc-Publizität nach herrschender, überzeugender Auffassung die Vertriebsbezogenheit.471 5. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Schutzgesetz Bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität kommen zudem zivilrechtliche Ansprüche geschädigter Anleger aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz in Betracht. a) Zur Schutzgesetzproblematik im Kapitalmarktrecht Soweit es – wie meist – an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt, ist in klassischer deliktsrechtlicher Methodik zu ermitteln, ob eine Norm des WpHG, welche Informationspflichten begründet, ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB darstellt und damit einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch geschädigter Anleger begründen kann. Für die Beantwortung dieser Frage ist allerdings durch die bereits getroffene Feststellung, dass Kapitalmarktregulierung stets Funktionen- und Individualschutz bezweckt, 472 nichts gewonnen.473 Vielmehr stellt ebendiese doppelte Zielsetzung die Tauglichkeit der hergebrachten Abgrenzung, welche im Ausgangspunkt von einer Dichotomie von Individual- und Funktionenschutz ausgeht, in Frage.474 471 Groß, WM 2002, 477, 479 f.; Jungmichel, Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 189; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 368; dies erkennt auch Krause, ZGR 2002, 799, 829 ff. an, plädiert dafür, die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung zu einer Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen fortzuentwickeln, sieht diese Möglichkeit jedoch letztlich durch § 15 Abs. 6 WpHG a. F. versperrt. Braun/Rotter, BKR 2003, 918, 924 sprechen Ad-hocMitteilungen Vertriebsbezug zu und bejahen auch die weiteren Tatbestandsmerkmale der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, die jedoch seit Inkrafttreten des § 37c WpHG verdrängt werde. Bergdolt, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, Haftung für Ad-hocMitteilungen, Rn. 57 f., 71 ff., bejaht den Vertriebsbezug von Ad-hoc-Publizität und die Anwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung; Spindler, WM 2004, 2089, 2090 stellt die Vertriebsbezogenheit als konstitutives Element eines Prospektes in Frage. 472 Vgl. oben Kapitel 1 – A.I., S. 10 ff. 473 Vgl. treffend Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, § 21 WpHG Rn. 21: „Aus diesem ‚janusköpfigen Charakter‘ aller kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten ohne weiteres auch ihre Qualifikation als Schutzgesetz abzuleiten, greift jedoch zu kurz.“ – Ebenso Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784; ähnlich auch K. Schmidt, in: FS Schwark, 2009, S. 753, 760 f., wohl grds. offener bzgl. der Annahme einer Schutzgesetzeigenschaft nach § 823 Abs. 2 BGB. 474 So auch Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 122; Fleischer, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, 2007, S. 50, 59; vgl. auch bereits Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 46: Das Kriterium, eine Norm müsse auch den Schutz des Einzelnen bezwecken, sei „nahezu ohne Aussagekraft und damit praktisch weitgehend unbrauchbar“, denn „Institutionsschutz ist nämlich meist kein Selbstzweck, sondern dient (auch) dem Individualschutz.“ – Dies auf Kapitalmarktpublizität übertragend Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesell-

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

Nach der stehenden Formel der Rechtsprechung, welche von der Literatur weitgehend mitgetragen wird, ist eine Norm dann Schutzgesetz, wenn sie gerade auch den Schutz des Einzelnen verfolgt und dieser nicht nur als reiner Rechtsreflex einer primär ordnungsrechtlich geprägten Schutzrichtung eintritt, die jeder spezifischen verhaltenssteuernden Norm innewohnt.475 Dafür muss der individualschützende Charakter der Norm nicht deren gesamten oder überwiegenden Sinngehalt ausmachen, er muss aber zumindest neben anderen geschützten Interessen auch im Schutzbereich der entsprechenden Vorschrift liegen.476 Für diese Beurteilung kommt es nicht auf die faktische Wirkung, sondern allein auf Inhalt und Zweck des Gesetzes nach der Intention des Gesetzgebers bei Erlass der Norm an.477 Dazu der BGH in Infomatec I: „Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie – sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit – gerade dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt hat.“478

Zudem ist erforderlich, dass „die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruches, auch soweit sie nicht schon erkennbar vom Gesetz erstrebt wird, in diesen Fällen sinnvoll und im Sinne des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint.“479 Im spezifisch wertpapierrechtlichen Kontext führte der BGH aus:

schafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 119 f., der der Rechtsprechung eine gewisse Willkürlichkeit attestiert; siehe auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 210 f.; Krause, ZGR 2002, 799, 811 f. 475 Vgl. nur BGH Urt. v. 8.6.1976 – VI ZR 50/75, NJW 1976, 1740 f.; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 823 Rn. 346 m. w. N.; allgemeiner Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2. Aufl. 1995, Rn. 62 f.; krit. hinsichtlich der vermeintlichen Dichotomie von Funktionen- und Individualschutz Fleischer, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, 2007, S. 50, 59; so auch bereits ders., DB 2004, 2031, 2031 f. 476 Vgl. BGH Urt. v. 11.7.1988 – II ZR 243/87, NJW 1988, 2794 (Schadensersatz des Aktienerwerbers wegen Beihilfe zum Kapitalerhöhungsschwindel); dazu Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 69 ff. 477 BGH Urt. v. 21.10.1991 – II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242; zustimmend Kaiser, WM 1997, 1557, 1559 f.; krit. gegenüber dem Abstellen auf die Intention des historischen Gesetzgebers Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 208, da diese häufig nicht eindeutig festzustellen sei. 478 BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2665 (Infomatec I). 479 So bereits BGH Urt. v. 8.6.1976 – VI ZR 50/75, NJW 1976, 1740 f.; zustimmend Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 47 ff.; zu diesem Kriterium knapp Möllers, ZBB 2003, 390, 399, der hier primär die Notwendigkeit eines Wertungsvergleichs mit § 826 BGB verortet.

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„Dabei muss in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhanges, in den die Norm gestellt ist, geprüft werden, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zu Gunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen.“480

Im Rahmen dieser Wertungsfrage sei zudem stets eine Rückkopplung an die §§ 823 Abs. 1, 826 BGB vorzunehmen und dabei zu beachten, dass der Gesetzgeber sich gegen eine deliktische Generalklausel für reine Vermögensschäden entschieden habe.481 Die Anerkennung einer Norm als Schutzgesetz dürfe diese Wertung nicht konterkarieren.482 Aus der Literatur ist insbesondere dem Kriterium der Tragbarkeit im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems eine massive Weite und zur Beliebigkeit einladende Unbestimmtheit vorgeworfen worden.483 Andererseits ist zu beachten, dass gerade wertende Kriterien eine funktionale und teleologische Betrachtung erlauben, während die hergebrachte Formel im Kapitalmarktrecht allzu deutlich an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stößt.484 Diesen wertenden Kriterien ist denn auch klar der Vorzug gegenüber der früheren, starren Dichotomie von Allgemein- und Individualschutz zu geben. Zuzustimmen ist daher Bachmann, wenn er pointiert feststellt: „Nicht ‚Schutzgesetz – ja oder nein?‘ lautet die Frage, sondern: ‚Ist der konkrete Normverstoß so schwerwiegend, dass Schadensersatz geboten erscheint?‘“485 Über das Ziel hinaus schießt die Behauptung, im Kapitalmarktrecht bestünden „individuelle Schadensersatzansprüche nur, wenn der Gesetzgeber sie ausdrücklich normiert hat oder jedenfalls unzweifelhaft erkennen lässt, BGH Urt. v. 19.2.2008 – XI ZR 170/07, NJW 2008, 1734, 1736; ebenso BGH Urt. v. 22.6.2010 – VI ZR 212/09, NZG 2010, 1071, 1072 (Ablehnung Schutzgesetzeigenschaft § 34a Abs. 1 WpHG). 481 Ausf. zu den Folgen dieser Entscheidung für das Haftungsrecht Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 35 ff. 482 Vgl. BGH Urt. v. 19.2.2008 – XI ZR 170/07, NJW 2008, 1734, 1736; dazu K. Schmidt, in: FS Schwark, 2009, S. 753, 754 ff.: Das Urteil zeige zwar eine recht zurückhaltende Positionierung des BGH gegenüber der Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB im Kapitalmarktrecht, sei aber lediglich begrenzt verallgemeinerungsfähig, vgl. S. 756 ff. 483 Vgl. ausf. mit Auswertung der Rechtsprechung Spickhoff, Gesetzesverstoß und Haftung, 1998, S. 125 ff., der die Kriterien der Bestimmtheit einer Norm, der Unmittelbarkeit des von ihr bezweckten Schutzes sowie die Frage, ob Schadensersatz als das von der Norm bezweckte Mittel erscheine, als ungeeignet zurückweist, vgl. S. 154 f.; vgl. auch Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 275 ff., insb. 288 f.: Die Dogmatik der Unternehmenspublizität in Deutschland leide an einer (zu) starken Fokussierung auf die Haftungsfolgen, soweit die Frage nach der Schutzgesetzeigenschaft einer Vorschrift im Raum stehe. 484 Vgl. Ekkenga, ZIP 2004, 781, 784 ff.; Fleischer, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, 2007, S. 50, 59 sowie die Nachweise soeben in Fn. 474, S. 99. 485 Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 124 f. 480

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dass sie nicht ausgeschlossen bleiben sollen.“486 Eine derart restriktive Handhabung des Individualschutzes verkennt die Unabdingbarkeit zivilrechtlicher Restitutionsmechanismen zur Gewinnung von Anlegervertrauen in die Marktintegrität, ohne welches liquide Kapitalmärkte nicht denkbar sind.487 Schließlich verdient der Vorschlag einer kühnen Differenzierung Erwähnung: „Es spricht einiges für die These, dass der tatsächliche Bedarf für einen haftungsrechtlichen Präventivschutz im Bereich der kapitalmarktrechtlichen Ad-hoc- und Regelpublizität umfassend ist, während es bei sonstigen Eingriffen in das Handelsgeschehen, und seien sie auch manipulativer Natur, bei der Haftung für ein Handeln in Schädigungsabsicht bewenden kann – vorausgesetzt, man akzeptiert auch für das Kapitalmarktrecht die Grundwertung des bürgerlichen Rechts, dass für primäre Vermögensschäden prinzipiell nicht gehaftet wird.“488 b) Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft von § 15 WpHG Bei Verstößen des Emittenten gegen § 15 WpHG erscheint es zunächst verlockend, § 15 Abs. 1 WpHG als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen und damit dem einzelnen Anleger einen Anspruch gegen den Emittenten, in Verbindung mit § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB möglicherweise auch gegen die verantwortlichen Geschäftsleiter an die Hand zu geben.489 Dennoch ist die Schutzgesetzqualität der Vorschrift abzulehnen.490 Waschkeit, Marktmanipulation am Kapitalmarkt, 2007, S. 307 m. w. N. in Fn. 1437. Vgl. zum Ineinandergreifen von Anleger- und Funktionenschutz bereits knapp oben Kapitel 1 – A.I., S. 10 f. 488 Ekkenga, ZIP 2004, 781, 787. Diese These kann aus markttheoretischer Sicht verschiedene Argumente für sich einnehmen. So wird sie der herausgehobenen Bedeutung von korrekter Information für ein funktionierendes Marktgeschehen gerecht und schichtet zugleich zu den anderen Ge- und Verboten des Kapitalmarktrechts ab; ob dem letztlich in vorgeschlagener Breite zu folgen ist, soll hier nicht abschließend beurteilt werden. Siehe auch Klanten, in: FS Schwark, 2009, S. 487, 488: „Richtigerweise sind die Ordnungs-, Organisations- und Verhaltensanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen grundsätzlich dem überindividuellen Anlegerschutz zuzuordnen. Eine Überleitung zum Individualbereich durch Einordnung […] als Schutzgesetz gemäß § 823 Abs. 2 BGB […] ist im Regelfall abzulehnen.“ – Ähnlich Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 125. 489 Zu § 15 WpHG bereits knapp oben Kapitel 1 – C.II.1., S. 74. 490 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2665 (Infomatec I); heute nahezu einhellige Auffassung, vgl. nur Edelmann, BB 2004, 2031; Gerber, DStR 2004, 1793; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 937; Kort, AG 2005, 21, 23; Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 493; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 f.; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 14.177; Spindler, WM 2004, 2089, 2090; das LG Hildesheim hatte in einer Strafsache § 15 WpHG sowie § 88 BörsG a. F. als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB deklariert und sich mit der gegen486 487

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Hier hat der Gesetzgeber entschieden und in § 15 Abs. 6 WpHG a. F., heute § 15 Abs. 5 S. 2 WpHG, festgelegt, dass individuelle Schadensersatzansprüche aus der Norm nicht herzuleiten sind.491 Diese sehr unübliche Vorgehensweise des Gesetzgebers ist teils scharf kritisiert worden.492 Durch die Schaffung der §§ 37b, 37c WpHG hat sich die Problematik aber entschärft. Rechtspolitisch bleibt der Ausschluss der Schutzgesetzqualität aber Gegenstand eingehender Kritik, insbesondere da die §§ 37b, 37c WpHG häufig als unzureichende Regelung beschrieben werden.493 c) Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft von § 20a WpHG Das Verbot der Marktmanipulation, § 20a WpHG, fand 2002 mit dem vierten FMFG494 Eingang in das WpHG und trat an die Stelle des § 88 BörsG a. F., der weithin als unzulänglich und ineffektiv bemängelt worden war.495 § 20a Abs. 1 WpHG verbietet verschiedene Verhaltensweisen, mittels derer der Kurs eines Wertpapiers manipuliert werden könnte: die Verbreitung unrichtiger oder irreführender Angaben über bewertungsrelevante Umstände (Ziff. 1), läufigen herrschenden Literatur nicht auseinandergesetzt, was als Verstoß gegen Art. 3 GG kassiert wurde, vgl. BVerfG Urt. v. 24.9.2002 – 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986 (Met@box). Siehe auch Fürhoff, Ad hoc-Publizität, 2000, S. 233 f., mit der nur ganz vereinzelt erhobenen Forderung, Verstöße gegen § 15 WpHG auch de lege ferenda nicht zivilrechtlich zu sanktionieren, da dies systemwidrige Folgen zu zeitigen drohe. 491 § 15 Abs. 6 WpHG a. F. lautete bis zum Inkrafttreten des 4. FMFG: „(6) Verstößt der Emittent gegen die Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 3, so ist er einem anderen nicht zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, bleiben unberührt.“ Nach Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 handelt es sich bei dem Ausschluss nicht um eine konstitutive Anordnung sondern eine deklaratorische Klarstellung des fehlenden Individualschutzes der Norm; ähnlich Krause, ZGR 2002, 799, 815, der dies jedoch rechtspolitisch deutlich ablehnt. 492 Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 161 bezeichnet die Regelung als „stilwidrig“, da es bei einem entsprechenden Vermerk in den Gesetzesmaterialien „selbstverständlich“ sein müsse, dass diese Entscheidung von der Rechtsprechung respektiert werde; vgl. Krause, ZGR 2002, 799, 812: „Wer einen effizienten Kapitalmarkt anstrebt, muss daher mit dem hierfür konstitutiven Anlegervertrauen an sich zugleich das stabilisierende Element des Individualschutzzwecks der Bestimmungen über die Ad-hoc-Publizität bejahen.“ Für eine Auseinandersetzung mit den Argumenten für und wider die Schutzgesetzeigenschaft des § 15 WpHG vor Schaffung der §§ 37b, 37c WpHG Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Adhoc-Publizität, 1999, S. 240 ff., 266 f. mit eigenem Vorschlag, der in weiten Teilen dem nunmehr geltenden Regime nach den §§ 37b, 37c WpHG entspricht, vgl. S. 268 ff. 493 Vgl. nur Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2260, der Anspruch laufe wegen der hohen Kausalitätsanforderungen „nahezu leer“. 494 BGBl I 2002, 2010; dazu im Überblick Fleischer, NJW 2002, 2977, siehe zu § 20a WpHG 2978 f. 495 So auch Fleischer, NJW 2002, 2977, 2978 m. w. N. in Fn. 23; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 114 f.

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die Vornahme von Geschäften oder Erteilung von irreführenden Kauf- oder Verkaufsaufträgen (Ziff. 2) und sonstige Täuschungshandlungen, die geeignet sind auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes einzuwirken (Ziff. 3).496 Der Gesetzgeber hat es unterlassen, sich in den Materialien oder im Gesetz dazu zu äußern, ob § 20a WpHG drittschützende Wirkung i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zuzumessen ist.497 Zunächst war diese Frage in der Literatur höchst umstritten,498 mittlerweile hat sich jedoch eine stark überwiegende Ansicht herausgebildet, welche die Schutzgesetzeigenschaft verneint.499 Begründet wird dies insbesondere mit systematischen Argumenten. Bei einer Einordnung als Schutzgesetz könnten nämlich Anleger bei jeder Fahrlässigkeit von jedem Akteur, der manipulationsgeeignetes Verhalten zeigt, ihren Schaden ersetzt verlangen.500 Eine derart weitgehende Risikozunahme, so wird vielerorts betont, habe der Gesetzgeber nicht schaffen wollen. Daher erscheine die Einordnung als Schutzgesetz, um eine Formulierung des BGH zu bemühen, im haftpflichtrechtlichen Gesamtsystem als nicht tragbar.501 Zudem zeigten die zugleich geschaffenen §§ 37b, 37c WpHG, dass der Gesetzgeber sich mit der Frage des Anspruchsverpflichteten bei fehlerhafter Marktinformation be-

496 Ausf. zum Tatbestand mit breiter Kasuistik verbotener Verhaltensweisen Ziouvas, ZGR 2003, 113, 119 ff. 497 Pointiert die viel zitierte Wendung bei Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 121: „Unterlassungssünde“ des Reformgesetzgebers. 498 Für eine Schutzgesetzqualität etwa Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 143; zur Vorgängervorschrift § 88 BörsG a. F. Möllers/Leisch, BKR 2001, 78, 82 f.; sowie dies., ZIP 2002, 1995, 1996 f. 499 Vgl. Barnert, WM 2002, 1473, 1477 ff., 1483; Fleischer, DB 2004, 2031, 2032 f., allerdings mit rechtspolitischer Kritik; Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 205; Gerber, DStR 2004, 1793, 1795; Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1649; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 938; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 655; Kort, AG 2005, 21, 23; MaierReimer/Webering, WM 2002, 1857, 1864; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 286; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 14.178; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; umfassend abwägend Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, § 37b, c Rn. 496 ff.; das Spektrum hat sich in jüngster Zeit noch deutlicher in Richtung der Ablehnung des Schutzgesetzcharakters verschoben, siehe Karst, Das Marktmanipulationsverbot gem. § 20a WpHG, 2011, S. 142 ff., 145; Vogel, in: Assmann/Schneider WpHG, § 20a Rn. 31. 500 § 20a WpHG selbst statuiert kein Verschuldenserfordernis, dennoch führte dies nicht zu einer Garantiehaftung: Gem. § 823 Abs. 2 S. 2 BGB ist, sofern das entsprechende Schutzgesetz auch ohne Verschulden verletzt werden kann, zumindest Fahrlässigkeit notwendig, um eine Haftung zu begründen. 501 Dies ist für Bachmann, JZ 2012, 578, 579 das maßgebliche Argument, den Schutzgesetzcharakter der Vorschrift zu verneinen, da Kapitalmarktrecht regelmäßig sowohl Institutionen- als auch Individualschutz bezweckte und dieses Abgrenzungskriterium daher zu keiner klaren Lösung führe; dazu bereits soeben Kapitel 1 – C.II.5.a), S. 99 f.

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schäftigt habe;502 obschon diese sich zwar auf § 15 WpHG, nicht auf § 20a WpHG beziehen, sei hier eine Wertentscheidung erkennbar. Der BGH ist der h. Lit. in seiner IKB-Entscheidung ausdrücklich beigetreten.503 Dies verdient angesichts der anderenfalls kaum überwindbaren Systembrüche Zustimmung. d) § 264a StGB, § 263 StGB, § 400 AktG Unstreitig Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB sind die Strafvorschriften § 264a StGB504, § 263 StGB505 und § 400 AktG506. Aus verschiedenen Gründen sind diese Ansprüche jedoch im Fall fehlerhafter Ad-hoc-Publizität regelmäßig zu vernachlässigen. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264a StGB bzw. § 400 AktG507 setzt als Tatmittel Prospekte oder Darstellungen über den Vermögensstand der Gesellschaft voraus. Der Prospektbegriff ähnelt dabei dem der börsengesetzlichen Prospekthaftung, ist aber weiter.508 Er erfasst „jedes Schriftstück, das die für die Beurteilung der Anlage erheblichen Angaben enthält oder den Eindruck eines solchen Inhalts erweckt“,509 einschließlich der spezialgesetzlich vorgeschriebenen Prospekte. So auch Bachmann, JZ 2012, 578, 579. Vgl. mit ausführlicher Begründung BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 265 (IKB); zustimmend Bachmann, JZ 2012, 578, 579; v. Bernuth/Wagner/ Kremer, WM 2012, 831, 833; Schmolke, ZBB 2012, 165, 168 f.; Spindler, NZG 2012, 575, 576; dagegen Hellgardt, DB 2012, 673, 678: Eine europarechtskonforme Auslegung des § 20a WpHG gebiete es, der Norm Schutzgesetzqualität nach § 823 Abs. 2 BGB zuzusprechen. 504 Allg. Ansicht, vgl. BGH Urt. v. 21.10.1991 – II ZR 204/90, NJW 1992, 241; BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2666 (Infomatec I); Bergdolt, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, Haftung für Ad-hoc-Mitteilungen, Rn. 53; Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 264a Rn. 1; Gerber, DStR 2004, 1793, 1796; Krause, ZGR 2002, 799, 817; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 162 m. w. N.; Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 505. 505 Statt vieler Gerber, DStR 2004, 1793, 1796; Krause, ZGR 2002, 799, 817; MaierReimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 163 m. w. N.; Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 508. 506 Allg. Ansicht, vgl. erstmalig BGH Urt. v. 17.9.2001 – II ZR 178/99, NJW 2001, 3622, 3624 (Bremer Vulkan); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2665 (Infomatec I); Dörrbecker, in: Kölner Komm KapMuG, § 400 AktG Rn. 11; Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 206; Fleischer, in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 16; Gerber, DStR 2004, 1793, 1795; Krause, ZGR 2002, 799, 819; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 161 m. w. N.; Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 486. 507 Vgl. Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 486 ff. 508 Vgl. Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 264a Rn. 18. 509 Vgl. zum Prospektbegriff des § 264a StGB BGH Urt. v. 21.12.1994 – 2 StR 628/94, NJW 1995, 892, 893; Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 264a Rn. 18. 502 503

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Eine „Darstellung oder Übersicht über den Vermögensstand“ ist ein Dokument, wenn es ähnlich einer Bilanz über die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft umfassend Auskunft erteilt.510 Im Fall von Ad-hoc-Mitteilungen, welche lediglich punktuell über einen konkreten Sachverhalt informieren, liegt jedoch weder ein Prospekt noch eine Darstellung über den Vermögensstand vor.511 Damit handelt es sich i. d. R. nicht um ein geeignetes Tatobjekt i. S. v. § 264a StGB512 bzw. § 400 AktG.513 Eine Analogie verbietet sich, vgl. Art. 103 Abs. 2 GG.514 Im Fall des § 264a StGB tritt hinzu, dass Tatmittel nur 510 Vgl. Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 264a Rn. 20; Park, in: ders. (Hrsg.), KapitalmarktstrafR, § 264a StGB Rn. 210; vereinzelt wird zwecks Ausweitung der Vorschrift vertreten, „Darstellungen“ i. S. v. § 400 AktG müssten sich nicht zwingend auf den Vermögensstand beziehen, vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 184; Wilga, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 85 ff.; dagegen ausdrücklich BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2665 f. (Infomatec I); dem BGH folgend Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 207 f.; Fleischer, DB 2004, 2031, 2033; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; auch Goette, DStR 2005, 561, 562 verteidigt diese Linie nachdrücklich. 511 So die h. M., vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2665 f. (Infomatec I); Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 264a Rn. 19; Fleischer, DB 2004, 2031, 2033. Anders hingegen Bergdolt, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, Haftung für Ad-hoc-Mitteilungen, Rn. 55, die einen Prospektbegriff zugrunde legt, welcher insbesondere mit Blick auf das Merkmal des notwendigen „Eindrucks der Vollständigkeit“ nicht überzeugt. 512 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2666 (Infomatec I) mit Hinweis auf den fehlenden Vertriebsbezug einer Ad-hoc-Mitteilung; Edelmann, BB 2004, 2031, 2032; Gerber, DStR 2004, 1793, 1796; Kort, AG 2005, 21, 24; Krause, ZGR 2002, 799, 818. Vgl. zudem die Nachweise sogleich in der folgenden Fn. 513. 513 Vgl. Edelmann, BB 2004, 2031, 2032; Fleischer, BKR 2003, 608, 611; Gerber, DStR 2004, 1793, 1795; Kort, AG 2005, 21, 24 mahnt auch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken angesichts des weit angelegten Tatbestands zu einer restriktiven Auslegung; Krause, ZGR 2002, 799, 819 mit Hinweis auf den ebenfalls fehlenden Vertriebsbezug; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 161 f.; Schäfer, NZG 2005, 985, 987; vgl. Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 489 ff.: Wenn ausnahmsweise eine Ad-hoc-Mitteilung umfassende Information enthalte, könne eine tatbestandsmäßige „Darstellung“ vorliegen. Dem ist beizutreten, wenn z. B. eine Mitteilung einen Quartals- oder Halbjahresbericht beinhaltet, so geschehen in BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 673 (EM.TV). Dabei handelt es sich um einen Missbrauch des Mediums Ad-hoc-Mitteilung, da diese nur über punktuelle Umstände informieren soll; Im Normalfall sind die Voraussetzungen von § 400 AktG bzw. § 264a StGB hingegen nicht erfüllt. So auch Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1649; a. A. Kissner, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für Ad-hoc-Mitteilungen, 2003, S. 74 f., wohl das Erfordernis einer „umfassenden Auskunft über den Vermögensstand“ verkennend. 514 Vgl. zu Inhalt und Reichweite des Analogieverbots Pieroth, in: Jarass/Pieroth GG, Art. 103 Rn. 50; Schmid-Aßmann, in: Maunz/Dürig GG, Art. 103 Rn. 231; vgl. zudem Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungs-

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solche Dokumente sind, die im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren stehen.515 Diese Vertriebsbezogenheit fehlt sekundärmarktrechtlicher Pflichtpublizität jedoch.516 Auch ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB scheidet regelmäßig aus. Der Grund hierin wird in der fehlenden Stoffgleichheit zwischen dem durch die schädigende Verfügung erlittenen Schaden des Anlegers und dem angestrebten Vermögensvorteil des Täters gesehen.517 Nach st. Rspr. bedeutet Stoffgleichheit, dass der angestrebte Vermögensvorteil des Täters gewissermaßen die Kehrseite der erlittenen Vermögensschädigung darstellt.518 Dies ist bei einer fehlerhaften Ad-hoc-Meldung, welche schädigende Transaktionen initiiert, erkennbar nicht der Fall.519 Liegen im Einzelfall die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen von § 400 AktG bzw. § 264a StGB vor, ist zudem Vorsatz des Täters erforderlich,520 der Schadensersatzanspruch über § 823 Abs. 2 BGB folgt insoweit dem Verschuldensmaßstab der jeweiligen Strafnorm.521

rechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 126: Da es um zivilrechtliche Konsequenzen gehe, gelte das Analogieverbot hier nicht. 515 Vgl. Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 264a Rn. 14. 516 Vgl. dazu soeben Kapitel 1 – C.II.4., S. 98 f. m. w. N. in Fn. 471. 517 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2666 (Infomatec I); Fleischer, in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 18; Wilga, in: Möllers/ Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 104. 518 Vgl. BGH Urt. v. 11.11.1985 – II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 839; anschaulich Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 263 Rn. 168; Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 509; jeweils m. w. N. zur dieser ganz herrschenden Auffassung und vereinzelten Gegenstimmen. 519 So BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664, 2666 (Infomatec I); ebenso Fleischer, DB 2004, 2031, 2033; Kort, AG 2005, 21, 24; Möllers/Leisch, BKR 2001, 78, 81; Rützel, AG 2003, 69, 73; vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 163 mit der Einschränkung, die Stoffgleichheit könne vorliegen, wenn die Ad-hoc-Mitteilung den Verkauf von Finanzinstrumenten aus dem Vorrat des Emittenten selbst zu befördern bezwecke; ähnlich Krause, ZGR 2002, 799, 817; zudem Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, § 37b, c Rn. 510: Sofern ein share deal vorliege, könne Stoffgleichheit ausnahmsweise vorliegen, ebenso bei Geschäften zwischen der Gesellschaft und ihren Organmitgliedern; Spindler, WM 2004, 2089, 2091 bemerkt einen „faden Beigeschmack“, sobald Vorstände selbst Anteile der Gesellschaft halten oder an Aktienoptionsprogrammen teilnehmen; Kissner, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für Ad-hoc-Mitteilungen, 2003, S. 69 f., will diese Fallgruppe wie die „Provisionsvertreterfälle“ lösen und Stoffgleichheit bejahen, was hier angesichts der Distanz von Vermögensschaden und angestrebter Bereicherung nicht überzeugen kann. 520 Vgl. Bergdolt, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, Haftung für Ad-hocMitteilungen, Rn. 65. 521 Vgl. Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 131; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646.

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Mithin führen – von eng umgrenzten Ausnahmen abgesehen – §§ 264a, 263 StGB sowie § 400 AktG i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB bei fehlerhafter Adhoc-Publizität nicht zu einem zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch der geschädigten Anleger. 6. Ergebnis Im Fall fehlerhafter Ad-hoc-Publizität haftet der Emittent geschädigten Anlegern nach den §§ 37b, 37c WpHG auf Schadensersatz. In Betracht kommt zudem eine Haftung der Geschäftsleiter nach § 826 BGB, sowie des Emittenten, § 826 BGB, § 31 BGB analog. Weitere Akteure sind bislang nicht als Anspruchsverpflichtete ausgemacht worden. III. Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität Sowohl das WpHG als auch die verschiedenen privatrechtlichen Börsenordnungen verpflichten Emittenten zur Veröffentlichung periodischer Finanzberichte. Diese stehen grundsätzlich selbstständig neben den handels- und gesellschaftsrechtlichen Bilanzierungspflichten, sind aber mit diesen in vielerlei Hinsicht inhaltlich verzahnt.522 Der Fokus soll hier auf den rein kapitalmarktrechtlichen Regelungen liegen, welche sich seit dem TransparenzrichtlinieUmsetzungsgesetz (TUG)523 im WpHG finden und die periodische Finanzberichtspublizität im engeren Sinne betreffen. Die zentralen Vorschriften sind § 37v (Jahresfinanzbericht),524 § 37w (Halbjahresfinanzbericht) und § 37x (Zwischenmitteilungen der Geschäftsleitung)525. Daneben finden sich weitere anlassbezogene Veröffentlichungspflichten, z. B. § 30e WpHG (Änderungen der mit Wertpapieren verbundenen Rechte).526 Um eine Dopplung periodischer Publizität zu vermeiden, stellt § 37v WpHG klar, dass die Pflicht nur gilt, sofern der Emittent nicht bereits aufgrund handelsrechtlicher Vorschriften (vgl. § 325 HGB) zur Veröffentlichung eines Jahresabschlusses verpflich522 Vgl. zum Verhältnis von Rechnungslegungs- und Regelpublizitätsvorschriften Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 756 f., der einen Gleichlauf der Ziele herausarbeitet und ein Gebot konvergenter Auslegung ableitet, siehe S. 771 ff.; hierzu auch Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 256 ff. 523 BGBl. I 2007, 10. 524 Zum Inhalt des Jahresfinanzberichtes knapp Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 4, dieser sei „eines der wichtigsten Informationsmedien auf dem Kapitalmarkt“. 525 Zu den Inhaltsanforderungen an die Zwischenberichte Kajüter/Reisloh, IRZ 2008, 95, 98 ff. mit empirischer Auswertung der Berichtspraxis der Emittenten des General Standard; gem. § 37x Abs. 3 S. 1 WpHG entfällt die Pflicht, Zwischenmitteilungen zu erstellen, sofern der Emittent Quartalsberichte erstellt und veröffentlicht, vgl. Hönsch, in: Assmann/Schneider WpHG § 37x Rn. 20. 526 Vgl. umfassend Stoll, in: Kölner Komm WpHG, § 30e Rn. 1 ff., der eine Schutzgesetzeigenschaft der Vorschrift ablehnt und ihr rein ordnungsrechtliche Funktion beimisst.

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tet ist.527 § 37v WpHG gilt damit nahezu nur für Emittenten, deren Satzungssitz außerhalb Deutschlands liegt.528 Dies bedeutet, dass der europarechtliche Ursprung des § 37v WpHG in der Auslegung von § 325 HGB stets dann zu berücksichtigen ist, wenn § 37v WpHG grundsätzlich Anwendung fände, aber aufgrund von § 325 HGB subsidiär zurücktritt.529 Gegenwärtig besteht kein ausdrücklicher zivilrechtlicher Anspruch für Anleger, die aufgrund fehlerhafter Regelpublizität einen Schaden erleiden.530 Dies stellt allem Anschein nach einen Verstoß gegen die Transparenzrichtlinie dar, deren Art. 7 Haftungsmechanismen gegen den Emittenten oder aber dessen Organe bzw. verantwortlicher Geschäftsleiter im Fall von Verstößen verlangt.531 Dem versucht man auf unterschiedliche Weise abzuhelfen. 1. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG analog Einer Ansicht nach soll eine analoge Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG auf fehlerhafte Regelpublizität erfolgen.532 Hierfür wird angeführt, dass die Adhoc-Publizität gerade bezwecke, den als unzureichend wahrgenommenen Informationsfluss, welchen die Regelpublizität bewirke, durch weitere, anlassbezogene Mitteilungen zu verdichten und damit eine möglichst umfassende

527 Vgl. Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37v WpHG Rn. 10; Hönsch, in: Assmann/Schneider WpHG § 37v Rn. 13; Mock, in: Kölner Komm WpHG, § 37v Rn. 18, 36; vertiefend Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 260. 528 Vgl. umfassend Mock, in: Kölner Komm WpHG, § 37v Rn. 18, 50 ff.; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, § 37v Rn. 7. 529 Wird im Folgenden von § 37v WpHG gehandelt, nimmt dies – sofern nicht anderweitig gekennzeichnet – auch § 325 HGB in Bezug, soweit § 37v WpHG aufgrund der Subsidiaritätsanordnung nicht zur Anwendung gelangt. 530 Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 198 mit dem Hinweis, dass das Gesetz ebenfalls keinen Ausschluss zivilrechtlicher Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität anordne; Wagner, ZGR 2008, 495, 500 folgert, dass Lösungen gegenwärtig im Deliktsrecht zu suchen seien. 531 Vgl. dazu Möllers, AcP 208 (2008) 1, 29 f.: Auch die Annahme einer Schutzgesetzeigenschaft der Vorschriften zur Regelpublizität und eine über § 823 Abs. 2 BGB erzielte Emittentenhaftung würde die Europarechtswidrigkeit nicht beheben, da der EuGH eine klare und deutliche Richtlinienumsetzung verlange, aus der Geschädigte ersehen könnten, welche Rechte ihnen zustehen. Dies sei so nicht gegeben. De lege ferenda empfiehlt Möllers daher die Schaffung expliziter Haftungstatbestände nach dem Vorbild der §§ 37b, 37c WpHG; vgl. zu den Anforderungen des Art. 7 der Transparenzrichtlinie an die Ausgestaltung der Haftung auch Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1653 f., die jedoch annehmen, eine analoge Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG komme diesen Vorgaben hinreichend nach. 532 So insb. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 277; dies., WM 2005, 1633, 1651; zustimmend Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.629 ff., insb. Rn. 11.632.

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sowie aktuelle Information der Marktakteure zu erreichen.533 Dann liege es wertungsmäßig nahe, ähnlich einem Schluss a majore ad minus die Haftungsvorschriften zur fehlerhaften Ad-hoc-Publizität analog auch auf die Regelpublizität anzuwenden.534 Dies entspreche dem Streben des Gesetzgebers nach einem effektiven zivilrechtlichen Rechtsschutz der Anleger bei Schäden durch fehlerhaftes Informationsverhalten. Die Analogie füge sich zudem als einzige der vorgeschlagenen Lösungen nahtlos in die kapitalmarktrechtliche Informationshaftung ein.535 Der BGH hat die Analogiefähigkeit der §§ 37b, 37c WpHG in seinem IKB-Urteil klar zurückgewiesen536 und sich damit der ganz herrschenden Literatur537 angeschlossen. Für die Analogie fehle es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.538 Der Gesetzgeber des 4. FMFG bezweckte mit der Schaffung der §§ 37b, 37c WpHG, ausschließlich die bis dahin zivilrechtlich sanktionslosen Verstöße gegen die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG mit einer Haftung zu flankieren. Dieser gewünschte Gleichlauf des Anwendungsbereichs von § 15 WpHG und §§ 37b, 37c WpHG hat Niederschlag in den Gesetzesmaterialien gefunden539 und zeigt sich auch im Wortlaut der Normen. Spätestens seit Schaffung der §§ 37v, 37w, 37x WpHG durch das TUG540 muss dem Gesetzgeber zudem bekannt gewesen sein, dass im Fall fehlerhafter Regelpublizität gegenwärtig keine zivilrechtliche Haftungsvorschrift besteht. Die Regelungslücke ist somit nicht als planwidrig anzusehen.541

533 Vgl. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 254. 534 Vgl. Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.629. 535 Vgl. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 254, 277. 536 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 264 (IKB); krit. Bachmann, JZ 2012, 578, 580. 537 Vgl. Baums, ZHR 167 (2003) 139, 146; Becker, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 37v WpHG Rn. 5 mit Fn. 15; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 173 f.; Fuchs, in: ders. WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 21; Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 37v WpHG Rn. 45; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 937; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.591; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 8 ff., 11 f.; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 30. 538 So auch Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 11. 539 Vgl. Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 93. 540 BGBl. I 2007, 10. 541 So ausdrücklich BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 264 (IKB), hier hinsichtlich der Anwendbarkeit auf freiwillige Emittentenpublizität.

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Mithin verbietet sich die analoge Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG auf fehlerhafte Regelpublizität.542 Zuzugeben ist dem Vorschlag, dass er – sieht man über die fehlenden Analogievoraussetzungen hinweg – sachgerechte wie auch systemkohärente Ergebnisse zu erzielen vermag. Dies sollte im Zuge einer Kodifikation Berücksichtigung finden. 2. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Vereinzelt wurde auch angeregt, die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung auf fehlerhafte Regelpublizität anzuwenden.543 Dies scheitert jedoch schon am Prospektbegriff der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, welcher nach der kürzlich erfolgten Definition im Rupert-Scholz-Urteil des BGH544 voraussetzt, dass das betreffende Dokument dem Anleger den Eindruck vermittelt, wesentliche Informationen über die Vermögensanlage zu vermitteln.545 Zudem muss das Dokument einen Vertriebsbezug aufweisen.546 Bei Halbjahresund Zwischenberichten ist schon zweifelhaft, ob diese hinreichend umfassende Informationen für eine informierte Anlageentscheidung enthalten, was aber bei entsprechender Informationsdichte zu bejahen sein wird. Vor allem aber fehlt der Regelpublizität ein Vertriebsbezug.547 Der Emittent veröffentlicht Finanzberichte nicht, weil er Anleger zu Investitionen zu motivieren sucht, sondern weil das kapitalmarktrechtliche Publizitätsregime ihn hierzu verpflichtet.548 Darüber hilft auch der Einwand nicht hinweg, dass der Vertriebsbezug als konstitutives Element des Prospektbegriffs durchaus angreifbar sei und ursprünglich einem anderen Zweck gedient habe, als Pflichtpubli-

542 Abw. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 254, 277. 543 Sympathisierend Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 109 m. w. N. in Fn. 576. 544 Vgl. BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758 (Rupert Scholz). 545 Vgl. BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758, 759 (Rupert Scholz). 546 In BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758, 759 (Rupert Scholz), zwar nicht explizit ausgeführt, dies ergibt sich aber aus den Begriffen „marktbezogene Erklärung“ und „angebotene Anlage“; vgl. auch Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 36 f.; Groß, WM 2002, 477, 479 verwendet synonym Absatzförderung und Marktbezogenheit; siehe auch Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 203. 547 So auch Kannegießer, Die Vorstandsaußenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen, 2011, S. 127 f.; Groß, WM 2002, 477, 479 f.; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 203. 548 Ebenso Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 203 f.; knapper Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 276.

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kationen aus dem Anwendungsbereich auszuschließen.549 Eine Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auf fehlerhafte Regelpublizität scheidet aus.550 3. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG Der Vorzug gebührt einer deliktsrechtlichen Lösung, namentlich durch Anerkennung der Vorschriften zur Regelpublizität als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB. Dies betrifft im Kern die §§ 37v, 37w, 37x WpHG sowie § 325 HGB.551 a) Schutzgesetzcharakter der §§ 37v, 37w, 37x WpHG Der Schutzgesetzcharakter der Vorschriften des WpHG zur Regelpublizität ist stark umstritten, ebenso derjenige der handels- und gesellschaftsrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften.552 Obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage ist bislang, soweit ersichtlich, nicht ergangen. aa) Für den Schutzgesetzcharakter Bereits vor Inkrafttreten der Transparenzrichtlinie553 und des TUG wurde im Hinblick auf die kapitalmarktrechtlichen Berichtspflichten, insb. § 40 Abs. 1 BörsG a. F., mit guten Gründen argumentiert, diese seien als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen.554 Diese Ansicht hat seit Schaffung der §§ 37v, 37w, 37x WpHG weiteren Zulauf erhalten.555 In diese Richtung Spindler, WM 2004, 2089, 2090 der die ratio des Merkmals der Vertriebsbezogenheit zum Zweck der Trennung von Primär- und Sekundärmarktpublizität insgesamt hinterfragt. 550 So die ganz h. M., vgl. Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 37; Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37v Rn. 44; Maier-Reimer/ Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 204; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1649 f.; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 248; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 24. 551 Zur Einbeziehung des § 325 HGB aufgrund der in § 37v WpHG angeordneten Subsidiarität und den hieraus folgenden Implikationen für die Auslegung der Vorschrift bereits oben Kapitel 1 – C.III., S. 108. 552 Die wohl h. M. spricht letzteren die Schutzgesetzqualität ab, da diese primär einen institutionellen Gläubigerschutz bezweckten, vgl. Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 73 f.; die Schutzgesetzeigenschaft bejahend Zimmermann, in: Fuchs WpHG, 2009, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 28 m. w. N. zu beiden Ansichten; bejahend auch Bachmann, in: ders./ Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschaftsund Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 126; Gross, ZGR 1998, 551, 555; K. Schmidt, ZIP 1994, 837, 842. 553 RL 2004/109/EG vom 15.12.2004. 554 Vgl. anschaulich Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 282, insb. S. 483; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 206 ff; Hopt, in: Baumbach/Duden/Hopt HGB, 29. Aufl. 549

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Hierfür wird zentral die Intention der Transparenzrichtlinie, welche den Vorschriften zugrunde liegt, angeführt.556 Ausweislich der Begleitmaterialien bezwecke die Regelpublizität nicht nur die Funktionalität der Märkte als Institutionen, sondern ausdrücklich auch den Schutz der individuellen Anleger.557 Art. 7 der Richtlinie fordere die Einrichtung angemessener Haftungsregeln, die sich gegen den Emittenten oder dessen Geschäftsleiter sowie die beim Emittenten verantwortlichen Personen richteten.558 Mangels entgegenstehender Hinweise sei anzunehmen, der Gesetzgeber des TUG habe dieser Verpflichtung nachkommen wollen. Eine Haftung allein aus § 826 BGB werde dem nicht gerecht. Hinterfragt wird sogar, ob eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG die Vorgaben der Richtlinie erfülle, da der EuGH eine deutliche Umsetzung der Individualrechte fordere, sodass der Einzelne 1995, Anh. (14), § 44a BörsG Rn. 1; Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 327; Schäfer, ZIP 1987, 953, 956; Siebel/Gebauer, WM 2001, 118, 188; wohl auch Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 303 f.; ausgewogen, im Ergebnis ablehnend Schwark, BörsG, 2. Aufl. 1994, § 44 Rn. 14 m. w. N. zu beiden Ansichten; im Kontext des „Bilanzeides“ nach § 264 Abs. 2 S. 3 HGB dem Drittschutz zugeneigt Fleischer, ZIP 2007, 97, 103. 555 Vgl. Becker, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, § 37v WpHG Rn. 5; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 251 ff.; ders., AG 2012, 154, 159; Kannegießer, Die Vorstandsaußenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen, 2011, S. 129 ff., 133; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 206; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 32; wohl sympathisierend Fleischer, in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 6 Rn. 60 ff. 556 Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 207; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 2. 557 Vgl. Begr. des Kommissionsvorschlages, KOM (2003) 138 endg. vom 26. März 2003, S. 10. „Die geplanten Transparenzanforderungen sind im Kontext integrierter europäischer Kapitalmärkte zu sehen. Sie dürften die Anleger schützen und die Markteffizienz steigern.“ – Sowie Begr. RegE TUG BT-Drucks. 16/2498, S. 26: „Die rechtzeitige Veröffentlichung zutreffender und vollständiger Informationen von Emittenten soll Anlegern eine hinreichende Grundlage für ihre Investitionsentscheidungen geben, das Vertrauen der Anleger in das Funktionieren des Kapitalmarktes stärken und ihre Investitionsbereitschaft am Kapitalmarkt fördern. […] Die Richtlinie dient damit sowohl der Entwicklung eines effizienten, transparenten und integrierten Wertpapiermarktes als Teil des europäischen Binnenmarktes als auch dem Schutz der Anlegerschaft.“ 558 Art. 7 der Transparenz-RL lautet: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verantwortung für die in den Artikeln 4, 5, 6 und 16 vorgeschriebene Zusammenstellung und Veröffentlichung der Informationen zumindest beim Emittenten oder dessen Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan liegt und dass ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Haftung auf die Emittenten, die in diesem Artikel genannten Organe oder die beim Emittenten verantwortlichen Personen anwendbar sind.“ – Artikel 4, 5 und 6 betreffen die Jahres- und Halbjahresberichte sowie die Zwischenmitteilungen der Geschäftsleitung (umgesetzt in §§ 37v, 37w, 37x WpHG), Art. 16 die Änderung von Rechten an ausgegebenen Wertpapieren (umgesetzt in § 30e WpHG).

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seine Rechte klar ersehen und ihnen zur effektiven Durchsetzung verhelfen kann.559 Dies leiste die Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität gegenwärtig nicht.560 Mit ausführlicher Herleitung anhand des vollen Kanons der Auslegungsmethodik kommt auch Brellochs vor Schaffung der §§ 37v, 37w, 37x WpHG zur Bejahung der Schutzgesetzeigenschaft der Regelpublizitätsvorschriften. Aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Telos der Vorschriften ließen sich bereits Tendenzen, jedoch keine endgültigen Schlüsse ziehen. Im Ergebnis spreche eine – auch hier für wesentlich erachtete561 – funktionale Betrachtung für die Bejahung der Schutzgesetzeigenschaft.562 bb) Wider den Schutzgesetzcharakter Eine starke Gegenauffassung verneint hingegen die Schutzgesetzeigenschaft der Vorschriften zur Finanzberichterstattung.563 Die periodische Publizität diene in erster Linie der Preisbildung am Markt, während der Anlegerschutz hier den paradigmatischen Fall eines nur reflexartigen Schutzes darstelle, welcher die Schutzgesetzeigenschaft einer Norm i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB gerade nicht begründe.564 Denn die Vorschriften bezweckten, den Markt über bewertungswesentliche Vorgänge aus der Sphäre des Emittenten zu informieren, damit diese Information entsprechend Niederschlag im Kurs des betreffenden Papieres finden könnten. Der Individualschutz erschöpfe sich darin, dass es letztlich jedem Anleger zugutekomme, wenn der Markt umfassend über die Emittenten informiert sei. Teils wird hierfür § 15 Abs. 6 WpHG, der Ausschluss zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Ad-hoc-Publizität mit Ausnah559 Vgl. jüngst mit ausführlichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH Hellgardt, AG 2012, 154, 159 ff.: Der Effektivitätsgrundsatz werde durch die Anerkennung der Vorschriften als Schutzgesetze nicht gewahrt. Bei einer Anwendung des § 826 BGB verletzten dessen hohe Anforderungen an den Kausalitätsbeweis und das Vorsatzerfordernis das Äquivalenzgebot: es sei „kaum denkbar, dass eine reine Vorsatzhaftung für die Verletzung unionsrechtlich garantierter Rechte in Luxemburg Bestand hätte.“ – Sinngemäß Möllers, AcP 208 (2008) 1, 30. 560 Vgl. Hellgardt, AG 2012, 154, 161. 561 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – C.II.5.a), S. 99 f. 562 Vgl. Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 207 ff., 211 f.; ähnlich zuvor Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 208 f.; siehe auch Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 758: „Im Zusammenhang des kapitalmarktrechtlichen Informationssystems dient die handelsrechtliche Rechnungslegung mithin der Anlegerinformation und auf dieser Ebene allein ihr, also weder dem Gläubigerschutz noch der Bemessung des ausschüttungsfähigen Ertrages.“ 563 Vgl. Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37v WpHG Rn. 43; hinsichtlich der Vorläuferregelungen ebenso Groß, WM 2002, 477, 482 f.; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und KapitalmarktR, Rn. 14.180. 564 Vgl. zur Schutzgesetzproblematik im Kapitalmarktrecht bereits oben Kapitel 1 – C.II.5.a), S. 99 ff.

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me der §§ 37b, 37c WpHG, angeführt:565 Die Vorschrift zeige deutlich, dass der Gesetzgeber zivilrechtliche Ansprüche bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität nur in eng umgrenzten Konstellationen zulassen wolle. Im Kontext der Rechnungslegungsvorschriften wird zudem das Argument der Systemwidrigkeit angeführt: Erkenne man diese als Schutzgesetze an, hafte der Emittent mangels ausdrücklichen Verschuldensmaßstabes für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit, vgl. § 823 Abs. 2 S. 2 BGB. Dies widerspreche der verbreiteten Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.566 Dieses Argument ließe sich auch hinsichtlich der §§ 37v, 37w, 37x WpHG formulieren. cc) Stellungnahme Im Ergebnis ist der Schutzgesetzcharakter der §§ 37v, 37w, 37x WpHG wie auch des § 325 HGB, soweit ein kapitalmarktorientierter Inlandsemittent in Rede steht,567 zu bejahen. Die Vorschriften zu Regelpublizität bewirken den Individualschutz gerade nicht lediglich als bloßen Rechtsreflex, sondern als eigenes, vom Gesetzgeber intendiertes Regelungsziel. Hierfür spricht zunächst die Gesetzesgenese. Die Transparenzrichtlinie568, namentlich deren Art. 7, und die nicht widerlegte Vermutung, der Gesetzgeber des TUG habe die Richtlinie korrekt umsetzen wollen, streiten für die Anerkennung eines Individualschutzes. Der Umkehrschluss aus § 15 Abs. 6 WpHG geht zudem ins Leere. Dies folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber hier punktuell reguliert hat und der Ausschluss lediglich Ansprüche aufgrund fehlerhafter Ad-hoc-Publizität sperrt. Ebenso überzeugend erschiene zudem der entgegengesetzte Schluss: Gerade weil der Gesetzgeber es in diesem Spezialfall für nötig erachtete, die Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB auszuschließen, könnte hieraus für andere sekundärmarktbezogene Publizitätspflichten folgen, dass diese gerade Schutz-

Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646. So Groß, WM 2002, 477, 483. 567 Dies ist Folge einer Bejahung der Schutzgesetzeigenschaft von § 37v WpHG, da hier § 325 HGB lediglich aus regelungstechnischen Gründen anwendbar ist. Ob der Vorschrift auch darüber hinaus individualschützender Charakter zuzumessen ist, soll an dieser Stelle nicht entschieden werden. 568 Vgl. RL 2004/109/EG vom 12.12.2004, deutlich Erwägungsgrund 1: „Die rechtzeitige Bekanntgabe zuverlässiger und umfassender Informationen über Wertpapieremittenten stärkt das Vertrauen der Anleger nachhaltig und ermöglicht eine fundierte Beurteilung ihres Geschäftsergebnisses und ihrer Vermögenslage. Dies erhöht sowohl den Anlegerschutz als auch die Markteffizienz.“ 565 566

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gesetze darstellen.569 Das Argument trägt also für keine der widerstreitenden Positionen.570 Für die Bejahung des Individualschutzes sprechen überdies teleologischfunktionale Gründe: Sinn der Ad-hoc-Publizität ist es, kursrelevante Informationen möglichst schnell und unterhalb der Intervalle der Regelpublizität an den Markt zu geben.571 Ad-hoc- und Regelpublizität greifen tatsächlich und funktional ineinander. Allein hieraus folgt zwar kein Gebot, fehlerhafte Regelpublizität auch zivilrechtlich zu sanktionieren. Wendet man den Blick aber auf die jeweilige Interessen- und Vertrauenslage, spricht einiges für eine Gleichbehandlung. Hier wie dort vertrauen Marktteilnehmer schutzwürdig auf den Inhalt der Publikation und treffen auf deren Grundlage Anlageentscheidungen. Ein Anleger, der sich aus einem umfassenden Finanzbericht über einen Emittenten informiert, erscheint ebenso schutzwürdig wie derjenige, der eine punktuelle Ad-hoc-Mitteilung zum Anlass einer Transaktionsentscheidung nimmt. Auch ein Vergleich zur Emissionsprospekthaftung fördert keinen Sachgrund für eine abweichende Behandlung der fehlerhaften Regelpublizität zutage. Ein Emittent hat sämtlichen Publizitätspflichten mit gleicher Sorgfalt nachzukommen, da der Markt auf diese Informationen reagiert572 und einzelne Akteure Transaktionen durchführen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Zuerkennung einer zivilrechtlichen Haftung geradezu geboten. Hierfür spricht auch die anderenfalls aufklaffende eklatante Lücke im Anlegerschutz.573 Betrachtet man die Frage im größeren Kontext der Kapitalmarktinformationshaftung, spricht auch die geforderte Rückkopplung an die Wertungen der §§ 823 Abs. 1, 826 BGB für die Annahme des Individualschutzes. Die Bejahung des Schutzgesetzcharakters schafft gerade keine allgemeine Fahrlässigkeitshaftung für sämtliche Vermögensschäden, sondern einen punktuellen, sachlich umgrenzten Schadensersatzanspruch für diejenigen Publizitätspflichten, welchen im Gefüge der Kapitalmarktinformationspflichten eine Schlüsselposition zukommt. Dieser lässt sich zudem friktionsfrei in das Gesamtsystem der Haftungstatbestände bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation einpassen. Das Argument, eine Haftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit sei systemwidrig, besitzt hierbei zwar einige Überzeugungskraft. Dieser Einwand 569 So auch Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 210. 570 Die Ambivalenz des Arguments hebt auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 209 hervor. Hierin spiegelt sich im Übrigen die Streitfrage wider, ob § 15 Abs. 6 WpHG deklaratorische oder konstitutive Wirkung zukommt. 571 Vgl. bereits die Nachweise oben in Fn. 338, S. 75. 572 Vgl. treffend Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 271: „Ob der Marktpreis durch eine Falschinformation beeinflusst wird, hängt entscheidend vom Informationsgehalt der Meldung und nicht von ihrer äußeren Form ab.“ 573 So auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 211.

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lässt sich aber durch eine Modifikation des Verschuldensmaßstabes überwinden: namentlich empfiehlt sich eine Gesamtanalogie zu den kodifizierten Haftungstatbeständen, dazu sogleich.574 Die europarechtlich präformierten Vorschriften zur kapitalmarktrechtlichen Regelpublizität stellen mithin Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB dar. Dies betrifft §§ 37v, 37w und 37x WpHG sowie § 325 HGB, soweit aufgrund dieser Norm § 37v WpHG keine Anwendung findet. b) Anspruchsvoraussetzungen Die §§ 37v, 37w, 37x WpHG sind als Gebotsnormen ausgestaltet und postulieren keine Voraussetzungen eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Diese werden im Folgenden unter Rückkopplung an den Schutzzweck der Vorschriften und die Stellung der Haftung für fehlerhafte Regelpublizität im Gesamtgefüge der Sekundärmarkthaftung aus dem Tatbestand heraus entwickelt. aa) Fehlerhafte, verzögerte oder unterlassene Veröffentlichung Das anspruchsbegründende Fehlverhalten des Emittenten kann einerseits in einer unterlassenen oder verzögerten Veröffentlichung eines Berichtes sowie andererseits in der Veröffentlichung eines fehlerhaften Berichtes liegen. In der Praxis wird kaum jemals der Nachweis eines kausal auf die fehlende oder verzögerte Veröffentlichung eines Berichtes zurückzuführenden Schadens gelingen,575 sodass das Hauptaugenmerk hier der Veröffentlichung fehlerhafter Berichte gilt. Dabei ist dringend ratsam, wie in der Prospekthaftung eine Wesentlichkeitsschwelle zu etablieren: Marginale Fehler in Finanzberichten, welche kein Kursbeeinflussungspotenzial besitzen und die aus Sicht des durchschnittlichen Anlegers nicht von gewisser Bedeutung für eine Transaktionsentscheidung sind, sollten keinen Schadensersatzanspruch auslösen.576 bb) Transaktionserfordernis Es stellt sich die Frage, ob nach dem Vorbild der §§ 37b, 37c WpHG nur anspruchsberechtigt sein sollte, wer in einem Zeitpunkt der Desinformation des Marktes eine Transaktion getätigt hat. Für ein solches Erfordernis spricht die enge funktionale Verwobenheit von Regel- und Ad-hoc-Publizität. Hier wie dort, so die Befürworter, lägen zudem nur Schäden infolge tatsächlich Vgl. Kapitel 1 – C.III.3.b)dd), S. 119 f. Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 238. 576 So auch Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 229; im Ergebnis ebenso, jedoch dort im Wege einer analogen Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG, welche hier abgelehnt wurde, Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.632. 574 575

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

getätigter Transaktionen innerhalb des Schutzbereichs der Vorschriften. Ohne eine Transaktion erlittene Schäden seien eher als Manifestation des allgemeinen Marktrisikos zu qualifizieren.577 Gegen ein Transaktionserfordernis lässt sich anführen, dass – wie im Rahmen der Rechtsprechung zu § 826 BGB anerkannt578 – auch ein irrtumsbedingt haltender Anleger einen Schaden erleidet, welcher wertungsmäßig nur schwer von dem Schaden zu scheiden ist, der aufgrund einer entsprechenden Transaktion eintritt. Auch spricht gegen das Erfordernis, dass es keinen unmittelbaren Anhaltspunkt in den entsprechenden Normen findet, sondern im Wege ergänzender Rechtsschöpfung praeter legem in den Anspruch hineingelesen würde. Zugleich ist aber dessen faktische Begrenzungswirkung auf den Kreis möglicher Anspruchsteller zu beachten, auch weil die Behauptung, von einer getroffenen Deinvestitionsentscheidung wieder Abstand genommen zu haben, sich auf eine innere Tatsache bezieht und der Erschütterung durch die Gegenseite kaum jemals zugänglich sein wird. Solche Erwägungen stützen wohl auch das rechtsvergleichende Funktionsäquivalent im US-amerikanischen Recht, die Birnbaum-Rule.579 Schließlich ist der Verzicht auf das Transaktionserfordernis im Rahmen von § 826 BGB wertungsmäßig vor allem aus den hohen subjektiven Voraussetzungen an die Tat sowie der notwendigen Sittenwidrigkeit des Schädigerhandelns heraus gerechtfertigt. Diese müssen nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w bzw. 37x WpHG nicht vorliegen, sodass eine Vergleichbarkeit eher mit den §§ 37b, 37c WpHG denn mit § 826 BGB gegeben ist. Wägt man die vorstehenden Argumente gegeneinander ab, überzeugt letztlich die Annahme eines Transaktionserfordernisses nach dem Vorbild der §§ 37b, 37c WpHG für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w bzw. 37x WpHG. cc) Haftungsbegründende Kausalität und ersatzfähiger Schaden Die haftungsbegründende Kausalität stellt in der Praxis die „Achillesferse“580 eines Schadensersatzanspruchs geschädigter Anleger bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität dar. Dies hat Anlass zu zahlreichen Bestrebungen gegeben, diesem Missstand de lege lata wie auch de lege ferenda abzuhelfen. Der begrenzte Erfolg solcher Bestrebungen vor dem BGH, insbesondere im Rahmen von § 826 BGB, ist bekannt.581 577 Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 231. 578 Vgl. BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 675 (EM.TV) vgl. dazu bereits ausf. oben Kapitel 1 – C.II.3.d)ee), S. 95. 579 Hierzu ausführlicher unten Kapitel 2 – C.I.3.c), S. 165. 580 Veil, in: FS Hopt, 2010, S. 2641, 2651, Fn. 53. 581 Dazu bereits ausf. oben Kapitel 1 – C.II.3.a)cc), S. 88 f.

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Ein Blick in die IKB-Entscheidung des BGH zu § 37b WpHG gibt jedoch Anlass zu vorsichtigem Optimismus: Für die Klage auf den Kursdifferenzschaden lässt das Gericht es ausreichen, dass der Anleger eine Preisverzerrung infolge der Fehlinformation nachweist, auf den Nachweis einer Transaktionskausalität wird verzichtet.582 Nur soweit der volle Transaktionsschaden geltend gemacht werde, müsse dieser Beweis angetreten werden. Diese Differenzierung, die in der Literatur ausführlich vorgedacht worden war,583 überzeugt wertungsmäßig auch für die Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität. Hiergegen wird vorgebracht, dass der volle Transaktionsschaden inklusive der einhergehenden Abwälzung des allgemeinen Marktrisikos auf den Emittenten nicht vom Schutzzweck der Vorschriften zur Regelpublizität erfasst sei.584 Auch der vorzugswürdige Verschuldensmaßstab (Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, dazu sogleich) streite für eine Begrenzung auf den Kursdifferenzschaden, da anderenfalls eine Übermaßhaftung drohe.585 Die Einwände vermögen letztlich nicht zu überzeugen: Wer nachweist, dass die Fehlinformation für eine spezifische Transaktionsentscheidung ursächlich war, hat damit eben nicht nur auf die allgemeine Preisbildung am Markt vertraut, sondern auf den konkret fehlerhaften Bericht des Emittenten. In dem Schaden hat sich nicht nur ein allgemeines Marktrisiko realisiert, sondern das konkret in die Information gesetzte Vertrauen des Anlegers wurde enttäuscht. Dies rechtfertigt die Gewährung des Transaktionsschadens. Zudem fehlen Sachgesichtspunkte für eine von der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität abweichende Bewertung, während hingegen das Ziel der Systemkohärenz für einen Gleichlauf der Haftungsregime streitet. dd) Verschuldensmaßstab: Gesamtanalogie Angesichts des fehlenden Verschuldensmaßstabes in den §§ 37v, 37w, 37x WpHG wäre nach § 823 Abs. 2 S. 2 BGB grundsätzlich eine Haftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit anzunehmen. Dies wird angesichts der verbreiteten Begrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit als systemwidrige Lösung wahrgenommen.586 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 269 (IKB). Vgl. dazu bereits oben im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG, insb. Kapitel 1 – C.II.2.a)dd)(1), S. 79 f. 584 Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 234, die für den Kursdifferenzschaden jedoch ebenfalls auf den Nachweis individueller Transaktionskausalität verzichten und auf das typisierte Anlegervertrauen abstellen, vgl. ebd. Rn. 233. 585 So Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 234. 586 Vgl. Groß, WM 2002, 477, 483, der (auch) deshalb der Regelpublizität den Drittschutz insgesamt abspricht. 582 583

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In Betracht käme anstelle dessen, den Verschuldensmaßstab aus § 331 Ziff. 1 HGB, der Strafvorschrift für die Veröffentlichung unrichtiger Jahresabschlüsse, zu verwenden, der vorsätzliches Handeln verlangt. Da die Norm aber Halbjahresabschlüsse und Zwischenmitteilungen nicht erfasst, hätte dies zur Folge, dass die Haftung für fehlerhafte Jahresabschlüsse eine stärkere Schuldform (namentlich Vorsatz) voraussetzte als diejenige für Halbjahresund Zwischenberichte (einfache Fahrlässigkeit). Dies stellt isoliert betrachtet keine grundsätzliche Hürde dar, ein genauerer Blick legt aber einen eklatanten Wertungswiderspruch offen: Das Vorsatzerfordernis im Fall fehlerhafter Jahresberichte fände seine Ursache nämlich lediglich darin, dass die Veröffentlichung fehlerhafter Jahresberichte aus Sicht des Gesetzgebers besonders sanktionswürdig ist und sogar strafrechtlich sanktioniert ist. Für die nicht strafbewehrte Veröffentlichung fehlerhafter Halbjahresberichte und Zwischenmitteilungen, die also nach dem Ansinnen des Gesetzgebers weniger sanktionswürdig erscheinen als fehlerhafte Jahresberichte, träte hingegen die Haftung bereits bei einfacher Fahrlässigkeit ein. Die Wertung des Gesetzgebers würde also in ihr Gegenteil verkehrt, was im höchsten Maße widersprüchlich erscheint587 und daher ebenfalls nicht überzeugt.588 Vorzuziehen ist eine Gesamtanalogie589 zur kodifizierten Kapitalmarktinformationshaftung.590 Sowohl die Haftung für fehlerhafte Emissionsprospekte, gleich welcher Natur, als auch die Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Publizität ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.591 Es handelt sich mithin um einen „allgemeinen Rechtsgrundsatz“592 der kodifizierten Haftung bei fehlerhaften Kapitalmarktpublikationen, der verallgemeinerungsfähig erscheint. Ausnahmen finden sich, soweit ersichtlich, nur hinsichtlich der Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 225. 588 Dies ablehnend auch Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 34, der einen gespaltenen Maßstab entwickelt: Für inhaltlich unrichtige Angaben gelte gem. § 823 Abs. 2 S. 2 BGB eine Haftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit, für sonstige Verstöße der Maßstab des § 39 WpHG, also Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. 589 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 369: „Die Gewinnung eines allgemeinen Grundsatzes im Wege einer ‚Gesamtanalogie‘ beruht auf der Erkenntnis, daß die gemeinsame ‚ratio legis‘ aller herangezogenen Einzelbestimmungen nicht nur in den geregelten Einzelfällen, sondern immer schon dann zutrifft, wenn bestimmte, in allgemeiner Weise angebbare Voraussetzungen […] vorliegen.“ – Synonym auch Rechtsanalogie genannt, vgl. Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, S. 179: „[E]s wird aus mehreren Normen ein allgemeines Prinzip abgeleitet, das all diesen Normen zugrunde gelegt wird, dergestalt, dass diese Normen als spezielle Anwendungsfälle dieses allgemeinen Prinzips aufgefasst werden.“ 590 So auch Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 226 f. 591 Vgl. nur § 23 Abs. 1 WpPG; § 37b Abs. 2 WpHG; § 37c Abs. 2 WpHG. 592 Larenz, Methodenlehre, S. 369. 587

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Haftung bei gänzlich fehlendem Prospekt;593 diese wird dogmatisch anders verortet als die Haftung bei fehlerhaftem Prospekt,594 sodass deren divergierender Maßstab nicht gegen die Gesamtanalogie spricht. Die Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit im Rahmen der kodifizierten Tatbestände wird teils scharf kritisiert, und die Kritiker wissen gute Argumente vorzubringen.595 Eine Gesamtanalogie hat aber die rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren und sich an der lex lata ausrichten, andernfalls fehlte ihr die Legitimation. Auch für fehlerhafte Regelpublizität nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v ff. WpHG tritt damit eine Haftung ab der Schwelle grober Fahrlässigkeit ein, das Verschulden wird widerleglich vermutet. c) Passivlegitimation Adressat der Pflichten zur Finanzberichterstattung ist lediglich der Emittent des betreffenden Wertpapiers, das Gesetz spricht von einem Unternehmen, das als Inlandsemittent Wertpapiere begibt. Die Passivlegitimation des Emittenten ist damit zweifellos zu bejahen. Es stellt sich die Frage, ob darüber hinaus noch weitere Akteure haften. Unabhängig vom Weg der Haftungsbegründung, sei es wie hier vertreten mittels § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG, einer Analogie zu den §§ 37b, 37c WpHG oder über § 826 BGB, wird die Passivlegitimation weitgehend auf den Emittenten als Adressat der Berichtspflichten beschränkt.596 Unter engen Voraussetzungen befürwortet man auch eine Haftung der Geschäftsleiter.597 Zur Haftung weiterer Akteure finden sich nur Hier ist in Ermangelung einer Normierung umstritten, welcher Verschuldensmaßstab gilt, die h. M. nimmt eine Garantiehaftung an, vgl. oben Kapitel 1 – B.II.2.c), S. 37f. zu § 24 WpPG; sowie Kapitel 1 – B.III.2.c), S. 47 zu § 21 VermAnlG. 594 Vgl. Klöhn, DB 2012, 1854: Im Gegensatz zu den Haftungstatbeständen bei bestehendem aber fehlerhaften Prospekt sei die Haftung bei fehlendem Prospekt nicht als kapitalmarktrechtliche Informationshaftung sondern als privatrechtliche Sanktion eines Verfahrensverstoßes einzuordnen, vgl. insb. S. 1858 ff. 595 Vgl. die Nachweise oben Kapitel 1 – B.II.1.d)aa), S. 31 mit Fn. 107; aus den Reihen der Befürworter dieses Maßstabes Möllers, ZBB 2003, 390, 403 f., m. w. N. zu abw. Auffassungen in Fn. 150–152. 596 Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 223: Die Vorschriften, welche die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Publizitätspflichten gesellschafts- oder aufsichtsrechtlich den Geschäftsleitern zuweisen, besäßen keine Schutzgesetzqualität. Daher hafte im Außenverhältnis unmittelbar nur der Emittent; gegen eine Organhaftung nach diesen Vorschriften auch Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 33. 597 Dabei sollte die Haftung der Geschäftsleiter nur über § 826 BGB erfolgen, da andere Lösungen nicht hinreichend abbilden, dass die Publikationspflichten lediglich den Emittenten verpflichten, nicht aber dessen Geschäftsleiter. 593

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vereinzelte, eher ablehnende Stellungnahmen.598 Angesichts der Haftungsbegründung über § 823 Abs. 2 BGB erscheint jedoch die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB möglich, sodass insbesondere eine Teilnehmerhaftung in Betracht kommt. Dem ist noch vertieft nachzugehen.599 d) Haftungsausschluss Ein Anspruch besteht nicht, wenn jeder innere Zusammenhang von Fehlinformation und Schaden fehlt, also insbesondere wenn dem Anleger der konkrete Fehler bei Vornahme der schädigenden Transaktion bekannt ist.600 Dies steht im Einklang mit allgemeinen schadensersatzrechtlichen Wertungen, welche auch in den kodifizierten Tatbeständen zur Prospekt- und Ad-hocPublizitätshaftung Niederschlag gefunden haben.601 4. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. drittschützender Strafnorm a) Geeignete Strafvorschriften Wie auch im Fall fehlerhafter Ad-hoc-Publizität kommen zudem Schadensersatzansprüche in Betracht, wenn durch die fehlerhafte Regelpublizität ein individualschützender Straftatbestand verwirklicht wird. Wie bereits oben dargelegt, sind die §§ 400 AktG, 264a StGB, 263 StGB als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB anerkannt. 602 Gleiches gilt für § 331 HGB.603 Im Hinblick auf einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB wird auf die Ausführungen zur Ad-hoc-Publizität verwiesen: Dieser scheitert an der fehlenden Stoffgleichheit von Schaden und angestrebter Bereicherung.604 Der objektive Tatbestand des § 264a StGB ist nicht erfüllt, weil dessen taugliches Tatobjekt nur Unterlagen mit Vertriebsbezug sind.605 Es verbleiben § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 331 Abs. 1 HGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 400 Abs. 1 AktG.

598 Soweit ersichtlich wird die Frage bislang lediglich mit Blick auf Wirtschaftsprüfer überhaupt thematisiert, vgl. Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 48; dazu sogleich Kapitel 1 – C.III.6., S. 125. 599 Vgl. dazu unten Kapitel 3 – D.II., S. 358 ff. 600 Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 235. 601 Vgl. u. a. § 23 Abs. 2 Ziff. 3 WpPG; § 37b Abs. 3 WpHG; § 37c Abs. 3 WpHG. 602 Vgl. oben Kapitel 1 – C.II.5.d), S. 105 mit Fn. 506. 603 Vgl. nur Dörrbecker, in: Kölner Komm KapMuG, § 331 HGB Rn. 12; Merkt, in: Baumbach/Hopt HGB, § 331 Rn. 1; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1645; Waschkeit, Marktmanipulation am Kapitalmarkt, 2007, S. 325. 604 Vgl. dazu soeben Kapitel 1 – C.II.5.d), S. 105 f. 605 Vgl. Perron, in: Schönke/Schröder StGB, § 264a Rn. 14; zum fehlenden Vertriebsbezug der Finanzberichtspublizität bereits oben Kapitel 1 – C.III.2., S. 111 f.

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b) Verletzung einer Strafnorm Für einen Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 331 HGB bzw. § 400 Abs. 1 AktG606 muss objektiv eine Fehldarstellung oder Verschleierung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft in einer der genannten Finanzpublikationen (z. B. Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss, Zwischenabschluss, Lagebericht) vorliegen.607 Jahres- und Halbjahresberichte nach den §§ 37v, 37w WpHG sind hiervon stets erfasst. Eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung nach § 37x WpHG kann diese Voraussetzung erfüllen, wenn sie einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft gibt und den Eindruck der Vollständigkeit erweckt.608 Die unterlassene Veröffentlichung eines Berichtes wird von keiner der Vorschriften erfasst, insoweit bleibt nur der Rückgriff auf § 826 BGB.609 c) Verschuldensmaßstab Die Normen statuieren keinen Verschuldensmaßstab für eine zivilrechtliche Schadensersatzhaftung. Der über § 823 Abs. 2 BGB vermittelte Anspruch folgt insoweit dem Maßstab der betreffenden strafrechtlichen Sanktion. 610 Es ist also Vorsatz erforderlich.611 Insbesondere aus diesem Grund dürfte den aus dem Strafrecht stammenden Anspruchsgrundlagen nur untergeordnete praktische Bedeutung zukommen.612 d) Passivlegitimation Der Adressatenkreis bestimmt sich nach den tauglichen Tätern der Straftatbestände des § 331 HGB bzw. § 400 Abs. 1 AktG. Dies sind die verantwortlichen Vorstände, Aufsichtsräte und Abwickler der Gesellschaft.613 Daneben

Sind sowohl § 331 HGB als auch § 400 Abs. 1 AktG verwirklicht, ist § 400 Abs. 1 AktG ausdrücklich subsidiär, vgl. Dörrbecker, in: Kölner Komm KapMuG, § 400 AktG Rn. 9; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 27. 607 Vgl. dazu Waschkeit, Marktmanipulation am Kapitalmarkt, 2007, S. 325 mit Hinweis darauf, dass eine unrichtige Darstellung aufgrund bestehender Bewertungs- und Beurteilungsspielräume erst dann tatbestandlich vorliegt, wenn die Darstellung nach übereinstimmendem Expertenurteil fehlerhaft und keineswegs mehr als vertretbar einzuordnen sei; ebenso Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 201 f. 608 Vgl. BGH Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02, NZG 2005, 672, 673 (EM.TV); Merkt, in: Baumbach/Hopt HGB, § 331 Rn. 1. 609 Siehe Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646 f. 610 Vgl. Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 131; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646. 611 Vgl. Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 202. 612 Ebenso Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 209. 613 Vgl. Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 208. 606

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

haftet analog § 31 BGB der Emittent.614 Auch hier kommt zudem eine Erweiterung auf Teilnehmer über § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB in Betracht.615 e) Ersatzfähiger Schaden Angesichts des Vorsatzerfordernisses liegt es in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 826 BGB nahe, hier nicht nur den Kursdifferenzschaden, sondern den vollen Transaktionsschaden als vom Anspruch erfasst anzusehen. Soweit die Fehldarstellung wissentlich erfolgt, entfallen die von den Gegnern des Transaktionsschadens vorgebrachten Argumente einer Übermaßhaftung des Emittenten und der ungerechtfertigten Abwälzung des allgemeinen Marktrisikos. Dafür sollte wiederum die bereits erläuterte Differenzierung der Literatur und des BGH aus dem Recht der Ad-hoc-Publizitätshaftung übernommen werden.616 Für die Klage auf den Transaktionsschaden ist damit notwendig, dass der Anspruchsteller die Kausalität des fehlerhaften Berichtes für die schädigende Transaktion bzw. das schädigende „Halten“ des Wertpapiers nachweist. 5. Haftung gem. § 826 BGB Schließlich kommt auch eine Haftung für fehlerhafte Regelpublizität nach § 826 BGB in Betracht. Um die von der Norm geforderte Sittenwidrigkeit im Kapitalmarktrecht nicht zur völligen Bedeutungslosigkeit zu degenerieren, ist hierfür jedoch zu fordern, dass die Veröffentlichung des fehlerhaften Berichtes vorsätzlich geschieht und der Verfolgung besonders missbilligenswerter, eben sittenwidriger, Ziele dient. Im Sinne einer möglichst weitgehenden Systemkohärenz ist hier auf die Rechtsprechung zur Haftung für fehlerhafte Adhoc-Publizität zu blicken.617 Besteht der Vorwurf im Unterlassen der Veröffentlichung eines Berichtes, muss richtigerweise für das Sittenwidrigkeitsurteil eine sittliche Pflicht zum Handeln bestehen, welche über die reine Publizitätspflicht hinausgeht, etwa weil ein Akteur sich durch die Unterdrückung des Berichts auf besonders verwerfliche Weise einen Vorteil zu verschaffen sucht.618

Vgl. Engelhardt, Börsenprospekthaftung, 2010, S. 208; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 27. 615 Vgl. dazu ausf. unten Kapitel 3 – D.III.3., S. 364 ff. 616 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – C.II.2.a)dd)(2), S. 80 f. 617 Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1645; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 33 Rn. 247; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 25. 618 Beispiel nach Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1646 f. 614

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Anspruchsgegner sind wiederum die verantwortlichen Geschäftsleiter sowie mittels § 31 BGB analog der publizitätspflichtige Emittent.619 Daneben ist eine Haftung des Wirtschaftsprüfers denkbar, die aber regelmäßig an den tatbestandlichen Hürden des § 826 BGB scheitern dürfte.620 Besondere Probleme wird in der Praxis – wie auch im Fall der Ad-hoc-Publizität – der Nachweis haftungsbegründender Kausalität bereiten. Ob der BGH hier Beweiserleichterungen, z. B. nach dem Vorbild der „Anlagestimmung“ zulassen mag, ist gänzlich offen. 6. Dritthaftung, insbesondere der Wirtschaftsprüfer Darüber hinaus wäre wie auch in der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung an eine Haftungserstreckung auf Dritte zu denken, die bei der Erstellung der Finanzberichte unterstützend mitgewirkt haben. Ohne eine entsprechende Anlage im Gesetz lässt sich dies jedoch aus den Vorschriften selbst de lege lata nicht begründen, insbesondere da die Publizitätspflichten ausdrücklich nur den Emittenten adressieren und schon eine Erstreckung auf die Geschäftsleiter systematischen Bedenken begegnet. Auch Wirtschaftsprüfer, deren Bestätigungsvermerke Eingang in Unterlagen der Regelpublizität finden, haften gegenwärtig nicht allein auf Grundlage der Vorschriften zur Regelpublizität.621 Inwieweit vertragsrechtliche bzw. deliktische Anspruchsgrundlagen hier zu einem Schadensersatzanspruch führen können, wird in Kapitel 3 vertieft untersucht.622 IV. Haftung bei fehlerhafter freiwilliger Publizität Zur Haftung bei irreführenden oder fehlerhaften Angaben in freiwilligen Publikationen fehlen bislang belastbare Erkenntnisse. Als freiwillige Kapitalmarktinformation gilt sämtliche marktbezogene Emittentenkommunikation, wie z. B. Pressemitteilungen, Aktionärsbriefe und Unternehmensbroschüren, aber auch mündliche Äußerungen der Geschäftsleiter, etwa in Rahmen von Investorenkonferenzen, Fernsehinterviews oder der Hauptversammlung.623 An einer spezialgesetzlichen Normierung fehlt es bislang,624 der Gesetzgeber Vgl. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 275; Zimmermann, in: Fuchs WpHG, Vor §§ 37v bis 37z Rn. 25. 620 Vgl. Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 48. 621 Vgl. Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 48 mit Vorschlag einer Haftungsnorm, vgl. S. 52 ff. 622 Vgl. zu vertragsrechtlichen Vorschlägen unten Kapitel 3 – A.II., S. 286 f.; zu deliktischen Ansätzen unten Kapitel 3 – D.II., S. 358 f. 623 Vgl. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 290. 624 Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 345. De lege ferenda wird seit einiger Zeit eine allgemeine Haftungsnorm 619

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

scheint die Frage auch gegenwärtig nicht auf der Agenda zu haben. Damit ist primär auf das Instrumentarium des allgemeinen Deliktsrechts zurückzugreifen. Erste Gehversuche haben hier mittlerweile sowohl Rechtsprechung625 als auch Literatur unternommen.626 Die wesentlichen eingeschlagenen Wege zur Haftungsbegründung sind hier nachgezeichnet. 1. Haftung gem. §§ 37b, 37c WpHG analog Vereinzelt wurde vorgeschlagen, die §§ 37b, 37c WpHG über die fehlerhafte Ad-hoc-Publizität hinaus analog auf freiwillige Emittentenkommunikation anzuwenden.627 Dem ist mit der h. L.628 und dem BGH629 jedoch entschieden entgegenzutreten. Es fehlt bereits die planwidrige Regelungslücke, da der Gesetzgeber sich bei Schaffung der Vorschriften direkt an § 15 WpHG orientierte. Ausweislich der Materialien stellen die §§ 37b, 37c WpHG keine haftungsrechtliche Generalklausel für fehlerhafte Sekundärmarktkommunikation

für fehlerhafte Kapitalmarktinformation gefordert, welche auch freiwillige Publizität erfassen solle, vgl. nur Hellwig, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 51, P 62: „Sonstige fehlerhafte Pflichtveröffentlichungen (etwa Falschdarstellungen im Zwischenbericht und Jahresabschluss) sind [in den sachlichen Anwendungsbereich einer Schadensersatznorm] einzubeziehen. Dasselbe gilt für unrichtige freiwillige Mitteilungen – Freiwilligkeit gibt kein Recht auf Unrichtigkeit.“ 625 Vgl. BGH Urt. v. 2.6.2008 – II ZR 210/06, NZG 2008, 661 (Vorstandshaftung bei fehlerhafter Analystenpräsentation aus culpa in contrahendo), zu dieser Entscheidung sogleich Kapitel 1 – C.IV.5., S. 128. 626 Vgl. Baums, ZHR 167 (2003) 139, 154 ff.; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 789 f.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 111 ff. mit rechtsvergleichendem Blick auf das US-amerikanische Recht; krit. Kiethe, DStR 2003, 1982, 1987, der Klagewellen befürchtet und eine restriktive Handhabung der Haftung bei freiwilliger Publizität anmahnt; gegen diese Bedenken Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 272 f. 627 So deutlich Möllers/Leisch, NZG 2003, 112, 115, die eine „behutsame teleologische Extension“ auf solche freiwilligen Publikationen vorschlagen, „die eindeutig vom Emittenten stammen, erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial besitzen und in einer Weise veröffentlicht werden, welche die Motivation des Emittenten erkennen lassen, den Kapitalmarkt wirksam zu informieren.“ – Ähnlich wohl Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 346, allerdings nur insoweit als die Veröffentlichung in äußerer Gestalt einer Ad-hoc-Mitteilung erfolgt. 628 Vgl. Baums, ZHR 167 (2003) 139, 146; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 173 f.; Ehricke, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 187, 304 f.; Fuchs, in: ders. WpHG, Vor §§ 37b, 37c Rn. 21; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 937; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.634; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 10 ff. 629 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 264 f. (IKB).

C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt

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dar, sondern sanktionieren ausschließlich Verstöße gegen § 15 WpHG.630 Damit fehlt die Analogiefähigkeit. Unabhängig hiervon hat der BGH unlängst entschieden, dass die Veröffentlichung einer fehlerhaften Pressemitteilung durchaus zu einer Haftung aus § 37b WpHG führen kann, sofern die gebotene Korrektur der fehlerhaften Mitteilung ihrerseits eine Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG auslöst.631 Anknüpfungspunkt ist dann das Unterlassen der Korrektur. Dies hat in der Literatur gemischte Reaktionen hervorgerufen.632 2. Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 400 AktG Auch bei fehlerhafter freiwilliger Publizität kommt ein Anspruch geschädigter Anleger nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 400 AktG in Betracht. Der Anwendungsbereich von § 400 AktG ist im Gegensatz zu § 331 HGB nicht auf Pflichtpublikationen beschränkt633 und erfasst sowohl schriftliche als auch mündliche Äußerungen.634 Allerdings muss die fehlerhafte Publikation bzw. Äußerung eine Darstellung oder Übersicht über den Vermögensstand der Gesellschaft darstellen, wofür ein gewisser Eindruck der Vollständigkeit nötig ist. Dies wird im Fall freiwilliger (Werbe-)Publikationen selten zutreffen. In der Praxis dürfte ein solcher Anspruch zudem regelmäßig an den hohen subjektiven Voraussetzungen des Anspruchs (Vorsatz) scheitern. Wird ein anspruchsbegründendes Verhalten des Vorstandes festgestellt, haftet daneben analog § 31 BGB der Emittent als Gesamtschuldner.635 3. Haftung gem. § 826 BGB Stets in Frage kommt zudem eine Haftung der Vorstände (und analog § 31 BGB des Emittenten) nach § 826 BGB.636 Die Rechtsprechung zur fehlerhaften Ad-hoc-Publizität sollte hier jedoch nur mit äußerster Vorsicht herangeVgl. hierzu bereits oben im Rahmen der Regelpublizität Kapitel 1 – C.III.1., S. 110 mit Fn. 539. 631 So BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 266 (IKB). 632 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – C.II.2.a)bb)(1), S. 77 f. 633 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 112 m. w. N. in Fn. 577; MaierReimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 349. 634 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 112 m. w. N. in Fn. 578; aufgrund befürchteter praktischer Schwierigkeiten (Abgrenzungs- und Beweisprobleme) zurückhaltender Baums, ZHR 167 (2003) 139, 155 f; Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 349 mit Fn. 774. 635 Vgl. Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 349; Fleischer, BKR 2003, 608, 615 plädiert zudem für eine Haftung auch derjenigen Geschäftsleiter, die einer Fehlinformation beiwohnen, diese nicht korrigieren und dadurch ihre Zustimmung signalisieren. 636 Siehe Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 349. 630

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

zogen werden. Insbesondere verbietet es sich bei freiwilligen Publikationen, von der bewusst fehlerhaften Information auf die Sittenwidrigkeit und den Vorsatz sittenwidriger Schädigung zu schließen. Denn das Kriterium des Kursbeeinflussungspotenzials, welches diesen Schritt im Rahmen der Adhoc-Publizität erlaubt, fehlt hier. Jede Tatbestandsvoraussetzung ist also sorgsam gesondert zu prüfen. Zur Ausformung des Sittenwidrigkeitsmaßstabes ist freilich wiederum die besondere Angewiesenheit des Marktes auf korrektes Informationsverhalten sämtlicher Akteure heranzuziehen. Zu beachten ist aber, dass freiwilligen, werbenden Publikationen vom Adressatenhorizont aus eine geringere Richtigkeitsgewähr beigemessen wird als Pflichtveröffentlichungen des Emittenten. Dies gilt es bei der Entfaltung des Sittenwidrigkeitsstandards zu berücksichtigen. 4. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Auch ein Anspruch aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung ist denkbar,637 sofern die freiwillige Publikation deren Prospektbegriff erfüllt. 638 Beachtenswert erscheint dabei insbesondere die jüngere Rechtsprechung, welche werbende Beilagen zum Prospekt nunmehr im Rahmen einer „Gesamtbetrachtung“ als Prospektbestandteil ansieht, sogar wenn ausdrücklich das Gegenteil verlautbart wird.639 Im sachlichen Anwendungsbereich der kodifizierten Prospekthaftung ist diese Lösung freilich nach allgemeinen Spezialitätsgrundsätzen gesperrt.640 Der Rückgriff auf die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung darf zudem Wertungen der kodifizierten Kapitalmarktinformationshaftung nicht unterlaufen.641 Dies erscheint gerade mit Blick auf das Verschulden, nach bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung wird für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit gehaftet, nicht unproblematisch. 5. Haftung aus § 311 Abs. 2, 3 BGB, culpa in contrahendo Für einen Sonderfall freiwilliger Emittentenkommunikation, namentlich Veranstaltungen zur Information der Investoren, droht dem Vorstand nach dem BGH642 schon bei leichter Fahrlässigkeit eine Schadensersatzhaftung aus Vgl. Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 290. 638 Vgl. hierzu ausf. oben Kapitel 1 – B.V.2., S. 56 f. 639 Vgl. BGH Urt. v. 17.11.2011 – II ZR 103/10, NJW 2012, 758, 759 f. (Rupert Scholz). 640 Vgl. zu deren Anspruchsvoraussetzungen bereits oben Kapitel 1 – B.V.1., S. 54 f. 641 Vgl. dazu auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 207, der überzeugend Ansätze zurückweist, Fälle unterlassener Pflichtpublizität über die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung zu lösen. 642 Vgl. BGH Urt. v. 2.6.2008 – II ZR 210/06, NZG 2008, 661, 662: Durch das Auftreten auf der Informationsveranstaltung hätten die Vorstände nicht nur das für die bürgerlich637

C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt

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§ 311 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BGB. Daneben haftet analog § 31 BGB gesamtschuldnerisch der Emittent.643 Die Entscheidung fügt sich nur bedingt in die Strukturen der kapitalmarktrechtlichen Informationshaftung ein, insbesondere der Verschuldensmaßstab erscheint problematisch: Die Haftung greift bei Vorsatz und jeder Fahrlässigkeit. Eine Modifikation des Maßstabes diskutiert der BGH nicht. Das Urteil ist in Besprechungen unterschiedlich aufgenommen worden.644 Einige befürchten eine Multiplikation der Haftungsrisiken von Vorständen für jede Form von mündlichen Aussagen, die in ihrer Reichweite aufgrund sofortiger medialer Verbreitung kaum abzuschätzen sei.645 Zudem wird die dogmatische Grundlage der Entscheidung angegriffen: Auf die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens, welche die Eigenhaftung nach § 311 Abs. 3 BGB rechtfertige, werde weitgehend verzichtet, sodass hier eine Art prospektunabhängige Prospekthaftung für typisiertes Vertrauen schon bei leichtester Fahrlässigkeit geschaffen worden sei.646 Der Kritik ist beizupflichten. Die potenziellen Ausstrahlungswirkungen der Entscheidung sind bislang jedoch schwer abzuschätzen. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne maßgebliche typisierte Vertrauen in Anspruch genommen, sondern darüber hinaus persönliches, individualisiertes Vertrauen für die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihnen getroffenen Aussagen geweckt, sodass eine Haftung aus culpa in contrahendo zu bejahen sei. Aufgrund dieser besonderen Stellung der Vorstände haftete auch nicht lediglich die Gesellschaft als Vertetene, sondern die Vorstände selbst, vgl. § 311 Abs. 3 BGB. 643 Dies thematisierte der BGH nicht, da die Klage sich nur gegen Vorstände richtete. Die analoge Anwendung von § 31 BGB in dieser Konstellation ist aber hier über ernste Zweifel erhaben; so auch Maier-Reimer/Seulen, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 348. 644 Tendenziell krit. Fleischer, ZGR 2009, 505, 510; Kocher, BB 2008, 1980: „Der BGH sollte seine neue Rechtsprechung auf bestimmte formelle Präsentationen beschränken“; Mülbert/Leuschner, JZ 2009, 158, 159 sehen abträgliche Verhaltensanreize, da Vorstände aus Sorge vor persönlicher Inanspruchnahme zur Verschwiegenheit angehalten würden, was der größtmöglichen Anlegerinformation und dadurch mittelbar dem Ziele eines informationseffizienten Kapitalmarktes zuwiderlaufe. 645 Kocher, BB 2008, 1980, 1981 konstatiert Klärungsbedarf, „ob auch Einzelgespräche, Telefonate, Telefonkonferenzen mit Analysten, Interviews oder Auftritte in Werbespots genügen würden“ und hält den in der Entscheidung durchscheinenden Anwendungsbereich für zu weit geraten; ähnlich Mülbert/Leuschner, JZ 2009, 158, 159; ähnliche Bedenken im allgemeineren Kontext bei Kiethe, DStR 2003, 1982, 1987 f. mit Blick auf einen möglichen allgemeinen Haftungstatbestand bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation. 646 Vgl. Mülbert/Leuschner, JZ 2009, 158, 160 mit dem Hinweis, dass es sich um richterliche Rechtsfortbildung handle, die ihrerseits auf einem richterrechtlich geschaffenen Institut aufbaue, was deren Legitimation in Frage stelle.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

V. Ausgewählte Reformvorschläge Zahlreiche Stimmen aus dem kapitalmarktrechtlichen Schrifttum mahnten und mahnen Reformen zu virulenten Problemen wie der Außenhaftung von Organpersonen, der Beweislastverteilung und der Schadensberechnung an. Die Schadensersatzansprüche geschädigter Anleger gelten Vielen – ungeachtet der Frage der Passivlegitimation – als dringend ausweitungsbedürftig.647 1. Regierungskommission Corporate Governance 2001 Die Regierungskommission Corporate Governance empfahl u. a. die Schaffung einer einheitlichen Haftungsnorm für fehlerhafte Kapitalmarktinformation, nach welcher anstelle des Emittenten dessen Vorstände und Aufsichtsräte zivilrechtlich gegenüber dem Anlegerpublikum haften sollten.648 Die Empfehlung fand im kurz darauf verabschiedeten 4. FMFG keinen Widerhall und wurde bis heute nicht umgesetzt. Zur Teilnehmerhaftung schweigt der Bericht. 2. 64. Deutscher Juristentag, 2002 Auch der 64. DJT 2002 empfahl eine Organaußenhaftung bei fehlerhafter Sekundärmarktinformation.649 Diese sollte jedoch neben die Emittentenhaftung treten, nicht diese ersetzen. Auch erhob man die Forderung nach einem allgemeinen Haftungstatbestand für fehlerhafte Kapitalmarktinformation.650 Das kapitalmarktrechtliche Teilgutachten651 enthält einige Passagen zu den Adressaten der Sekundärmarkthaftung, jedoch ohne zur Teilnehmerhaftung Stellung zu beziehen. Auch die zur Abstimmung gestellten Thesen und Beschlüsse thematisieren die Frage nicht, der 64. DJT hat sich insoweit also nicht positioniert.652 647 Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2260 plädiert insbesondere für die Schaffung von ausdrücklichen Schadensersatzansprüchen auch bei fehlerhafter Regelpublizität; vgl. auch Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007) 519, 550 ff. mit Vorarbeiten für einen Haftungstatbestand, welcher auch das bisher weitgehend unterbelichtete Areal der Haftung für fehlerhafte Sekundärmarktinformation außerhalb geregelter Märkte erfassen solle. 648 Vgl. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 186 f. 649 Vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 142 These 3; Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 234: „Beschluss 1.11. Empfehlenswert ist, der Emittentenhaftung eine persönliche Außenhaftung der verantwortlichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder an die Seite zu stellen. Angenommen: 27:26:6.“ 650 Vgl. Beck, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 39, P56, These 5; Hellwig, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 59, P 62. 651 Siehe Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002. 652 Ein allgemeiner Ansatz zur Frage einer Teilnehmerhaftung findet sich im Referat Assmann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Verhandlungen des 64. DJT, 2002, P 11, P 32, These 8 mit der Empfehlung, ein umfassendes Informations- und Haftungssys-

C. Haftungstatbestände am Sekundärmarkt

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3. Der Diskussionsentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz, 2004 Der 2004 vom BMF vorgelegte DiskE KapInHaG653 sah neben der bereits oben erwähnten Erweiterung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit am Primärmarkt (vgl. § 44a DiskE BörsG)654 auch eine Außenhaftung der Geschäftsleiter für fehlerhafte Sekundärmarktpublizität, unabhängig von der Art der Information, vor, vgl. § 37a Abs. 2 DiskE WpHG.655 Damit wäre eine Generalklausel für Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Sekundärmarktpublizität geschaffen worden. Aus der Literatur erntete dies, neben einigen Befürwortern des Konzeptes656, reichhaltig ablehnende Stellungnahmen.657 Das Vorhaben wurde bekanntlich nach massiver Kritik binnen kurzer Zeit zurückgezogen. Auch dieser Entwurf erlaubt keine Schlussfolgerungen zur Teilnehmerhaftung, vielmehr lag ein deutlicher Fokus auf der Organaußenhaftung.658 Das BMF suchte, bestimmte Anliegen des „10-Punkte-Programms zur Stärkung der Unternehmensintegrität und zur Verbesserung des Anlegerschutzes“ der Bundesregierung659 umzusetzen, welches die Haftung von Sekundärakteuren nicht thematisierte. Es wäre daher insbesondere verfehlt, dies als „beredtes Schweigen“ aufzufassen dergestalt zu deuten, dass der Entwurf sich gegen eine Haftung von Teilnehmern positioniert habe. Das BMF war sich der Problematik möglicherweise gar nicht gewärtig, was angesichts der Fokussierung der Debatte auf die Organhaftung nicht fernliegend erscheint. Insgesamt ist der Erkenntniswert des Entwurfs, jenseits des Umstandes dass dieser im Jahr 2004 keine politische Mehrheit für sich gewinnen konnte, als äußerst begrenzt anzusehen. tem zu schaffen, welches neben Emittenten auch Emissionshelfer (Intermediäre) erfassen solle. 653 Abgedruckt in NZG 2004, 1042. 654 Hierzu bereits oben Kapitel 1 – B.VII., S. 67 ff. 655 § 37a Abs. 2 S. 1WpHG-E lautet: „Wer als Mitglied eines Leitungs-, Verwaltungsoder Aufsichtsorgans eines Emittenten von Finanzinstrumenten, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sind oder für die eine solche Zulassung beantragt wurde, nach Absatz 1 unrichtige Angaben macht oder Umstände verschweigt haftet nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 auf Schadensersatz.“ 656 Siehe Möllers, JZ 2005, 75, 81: „Insgesamt ist die Neuregelung von einem hohen Gerechtigkeitsgehalt und präzisiert den Umfang des Schadens deutlich besser als das bisherige Recht.“ – Vgl. zu verschiedenen Aspekten der Emittentenhaftung im Diskussionsentwurf auch Veil, BKR 2005, 91. 657 Vgl. Duve/Basak, BB 2005, 2645 m. w. N. in Fn. 1; Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081, 1985: die Organaußenhaftung „begegnet gewichtigen dogmatischen und praktischen Bedenken.“ 658 Vgl. zu dem Vorschlag Möllers, JZ 2005, 75, 79 ff. 659 Dieses „10-Punkte-Programm“ ist vollständig abgedruckt und erläutert bei Seibert, BB 2003, 693.

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Kapitel 1 – Bestandsaufnahme

4. Keine Folgerungen für die Teilnehmerhaftung Den ausgewerteten Reformbestrebungen und Empfehlungen ist gemein, dass sie sich im Rahmen möglicher Ansprüche wegen fehlerhafter Sekundärmarktinformation auf die Verantwortlichkeit der publizitätspflichtigen Gesellschaft und ihrer Geschäftsleiter beschränken. Die Haftung von Sekundärakteuren wird, sofern sie überhaupt thematisiert wird,660 nur am Rande angesprochen. Stellungnahmen zur lex lata oder Empfehlungen de lege ferenda sind nicht zu erkennen. VI. Gegenwärtige und künftige Einflüsse des Europarechts Gegenwärtig lassen die einschlägigen europäischen Richtlinien, welche die Haftung bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation thematisieren, den Mitgliedstaaten weitgehend freie Hand hinsichtlich der Auswahl des Anspruchsgegners.661 Zur Haftung von Sekundärakteuren treffen diese keine Aussage.662 Auch die kürzlich verabschiedete Marktmissbrauchs-Verordnung663 und die hierzu korrespondierende Marktmissbrauchs-Richtlinie664, die am 2. und 3.7.2016 in Kraft treten werden, thematisieren die Frage nicht. Sie betreffen sachlich ausschließlich zwei besonders schwerwiegende Fallgruppen marktschädigenden Verhaltens – Marktmanipulation und Insiderhandel – und werden lediglich in aufsichts- und strafrechtlicher Hinsicht eine Harmonisierung bewirken. Die zivilrechtliche Dimension bleibt von den Rechtsakten unberührt. Rückschlüsse auf die Position der Kommission zur Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Sekundärmarktkommunikation lassen sich somit nicht ziehen.

D. Zusammenfassung D. Zusammenfassung

Die Haftung bei fehlerhafter Primärmarktpublizität folgt einem weitgehend kohärenten System. Tatbestands- und Rechtsfolgenseite sind in Literatur und Rechtsprechung detailliert aufbereitet. Anspruchsverpflichtete im Außenver-

Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 131 (zu den hier ausgeklammerten Finanzanalysten), F 140 (zu den hier ebenfalls nicht behandelten Rating-Agenturen); vgl. für einen Vorschlag zur Haftung des Abschlussprüfers bei Beteiligung an fehlerhafter Sekundärmarktinformation Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 52 ff. 661 Vgl. Möllers, ZBB 2003, 390, 396. 662 Vgl. dazu auch noch unten Kapitel 3 – C.I., S. 317 f. 663 Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinien 2003/6/EG, 2003/124/EG, 2003/124/EG und 2004/72/EG. 664 Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation. 660

D. Zusammenfassung

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hältnis sind regelmäßig der Emittent selbst und die wirtschaftlichen Profiteure der Emission, gegebenenfalls auch die Geschäftsleiter des Emittenten. Zur Haftung von Sekundärakteuren findet eine lebhafte Diskussion statt. Jenseits eng umgrenzter Ausnahmen ist diese aber als contra legem zu verwerfen. Anderes kann für Wirtschaftsprüfer vermittels der Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 3 BGB bzw. über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gelten; auf diese Ansätze wird zurückzukommen sein. 665 De lege ferenda wird vielstimmig für eine sachlich umgrenzte Expertenhaftung plädiert. Am Sekundärmarkt sucht man einen vergleichbar systematischen Regulierungsansatz bislang vergeblich. Neben vereinzelten ausdrücklichen Normierungen (§§ 37b, 37c WpHG) ist vorrangig auf das Recht der unerlaubten Handlungen nach den §§ 823 ff. BGB zurückzugreifen. Insbesondere § 826 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einschlägigen Schutzgesetzen tragen dazu bei, dass ein Grundbestand zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität gewährt wird. Hier ist insgesamt ein immenses Reformbedürfnis zu konstatieren, insbesondere bezüglich der Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität und freiwilliger Emittentenkommunikation. Gerade die gegenwärtig alternativlose Heranziehung des § 826 BGB sollte möglichst durch eine spezialgesetzliche Kodifikation abgelöst werden. Die Haftung von Sekundärakteuren, welche Emittenten bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation unterstützen, ist am Sekundärmarkt weitgehend unerforscht. Auch jüngeren europarechtlichen und nationalen Reformvorhaben ist diesbezüglich keine Stellungnahme zu entnehmen.

665 Vgl. dazu unten Kapitel 3 – A.I.1., S. 274 ff. (§ 311 Abs. 2, 3 BGB) sowie Kapitel 3 – A.I.2., S. 278 ff. (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter).

Kapitel 2

Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation im US-amerikanischen Recht Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

In den USA wurde mit dem Securities Act 19331 (SA 1933) und dem Securities Exchange Act 19342 (SEA 1934) in Reaktion auf den Börsencrash von 1929 und die nachfolgende Great Depression das weltweit erste moderne Kapitalmarktrecht geschaffen.3 Dieses Regime löste sich von seinen deliktischen Wurzeln inhaltlich in weiten Zügen ab und war auf die Eigenarten des Kapitalmarktes, insbesondere die charakteristische Anonymität der Marktakteure im Verhältnis zueinander, in besonderem Maße zugeschnitten. Der SA 1933 regelt in erster Linie die Neuemission von Wertpapieren, also den Primärmarkt. Der Fokus des SEA 1934 ist auf den Handel bereits im Umlauf befindlicher Wertpapiere, den Sekundärmarkt, gerichtet.4 Die ursprüngliche Dichotomie ist allerdings, gerade im Haftungsrecht, durch die Rechtsprechung in Teilen eingeebnet worden.5 Dies entspricht dem mutmaßlichen Wil1 The Securities Act of 1933, Public Law No. 73-22, 48 Stat. 74 (enacted May 27, 1933) (15 U.S.C. §§ 77a et seq.). 2 The Securities Exchange Act of 1934, Public Law No. 73-291, 48 Stat. 881 (enacted June 6, 1934) (15 U.S.C. §§ 78a et seq.). 3 Zuvor bestanden bereits Gesetze zur Regulierung des Wertpapierhandels in Einzelstaaten, früh beispielsweise 1911 in Kansas, in der Folge fast in sämtlichen Staaten der USA. Die erste Bundesgesetzgebung aber erfolgte mit den Acts von 1933 und 1934; vgl. Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 631 ff. (2008) mit Nachweisen zu damaligen Regelungen zur Haftung von Sekundärakteuren; für eine detaillierte Nachzeichnung der legislativen Entwicklung von der Börsenpanik 1907 bis zum Erlass des SEA 1934 mit Fokus auf sec. 10(b) SEA vgl. Thel, 42 Stan. L. Rev. 385, 395 ff. (1990); vgl. auch Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, allgemeiner zu Zusammenhängen zwischen Finanzmarktkrisen und gesetzgeberischer Aktivität im Kapitalmarktrecht. 4 Vgl. Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 7 f. (2008); zur historischen Entwicklung auch Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2210 ff., speziell zur Genese des SA 1933 und des SEA 1934 vgl. S. 2212 f.; für eine Kompilation der wesentlichen Gesetzgebungsmaterialien vgl. Ellenberger/Mahar, Legislative History of the Securities Act of 1933 and Securities Exchange Act of 1934, Vol. 1 (SA 1933) sowie Vol. 4 (SEA 1934). 5 Hier ist insb. sec. 10(b) SEA 1934 zu nennen, eine ursprünglich auf den Sekundärmarkt ausgerichtete Verbotsnorm, die sich zur Generalklausel für Klagen wegen Marktmissbrauch sowohl am Sekundär- als auch am Primärmarkt entwickelt hat, vgl. nur Herman & MacLean v. Huddleston, 495 U.S. 375, 387, 103 S.Ct. 683, 690 (1983), hier zur

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

len des historischen Gesetzgebers, der die Kodifikationen als ein miteinander verwobenes Gesamtwerk verstand.6 Eines der Leitmotive des Normgebers war das Bestreben, den Anlegerschutz und die Funktionalität des Marktes durch umfassende Offenlegungsund Wohlverhaltenspflichten der Emittenten öffentlich gehandelter Wertpapiere herzustellen:7 „A fundamental purpose […] was to substitute a philosophy of full disclosure for the philosophy of caveat emptor and thus to achieve a high standard of business ethics in the securities industry.“8

Manch rechtspolitischer Antrieb der Finanz- und Kapitalmarktregulierung, der uns heute in Gestalt der Topoi compliance, corporate social responsibility und corporate governance begegnet und Anlass für leidenschaftliche DebatAnwendbarkeit von sec. 10(b) SEA 1934 trotz Bestehens eines spezielleren Rechtsbehelfs in sec. 11 SA 1933. Zu diesen Vorschriften ausf. unten Kapitel 2 – B.II., S. 145 ff. (sec. 11 SA 1933), sowie Kapitel 2 – C.I., S. 153 ff. (sec. 10(b) SEA 1934). Zunächst wurde gedeutet, dies gelte pars pro toto für den SA 1933 und den SEA 1934 insgesamt, hinsichtlich sec. 12(a) (2) SA 1933 entschied der Supreme Court jedoch 1995 gegenteilig, vgl. hierzu unten Kapitel 2 – B.I.2., S. 143, sodass die Frage wechselseitiger Anwendbarkeit für jede Norm separat zu prüfen ist; allg. zu auftretenden Konkurrenzfragen Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:5, S. 104 f. 6 Allg. anerkannt, vgl. nur die Nachweise zur Gesetzgebungshistorie bei Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 186 f. (2007); neben SA 1933 und SEA 1934 sind weitere Kodifikationen getreten, welche jeweils Segmente des Kapitalmarktes regulieren, insbesondere das Recht der Kapitalanlagegesellschaften und der Anlageberatung durch den Investment Company Act of 1940, Public Law No. 76-768, 54 Stat. 789 (enacted August 22, 1940) (15 U.S.C. §§ 80a et seq.) sowie den Investment Advisers Act of 1940, Public Law No. 86-70, 54 Stat. 847 (enacted August 20, 1940) (15 U.S.C. §§ 80b et seq.). 7 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 230, 108 S.Ct. 978, 982 f. (1988): „There cannot be honest markets without honest publicity. Manipulation and dishonest practices of the market place thrive upon mystery and secrecy.“ – Mit Zitat aus H.R. Rep. No. 1383, 73d Cong., 2nd Sess., 11 (1934), interne Anführungszeichen weggelassen; zeitgenössisch zur Reichweite der disclosure nach dem SA 1933 Shulman, 43 Yale L. J. 227, 242 (1933): „[The Securities Act] requires a picture not simply of the show window, but of the entire store. It requires not simply truth in the statements volunteered, but disclosure.“ 8 SEC v. Capital Gains Research Bureau, Inc., 375 U.S. 180, 186, 84 S.Ct. 275, 280 (1963); auch in späteren Entscheidungen hat der Supreme Court diesen Äther des USamerikanischen Kapitalmarktrechts wiederholt betont, vgl. Santa Fe Industries, Inc. v. Green, 430 U.S. 462, 477 f., 97 S.Ct. 1292, 1302 f. (1977); Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 234, 108 S.Ct. 978, 985 (1988); als geistiger Vater dieser Konzeption gilt Louis D. Brandeis, der bereits 1914 für umfassende Offenlegungspflichten börsennotierter Gesellschaften plädiert hatte, die das Prinzip des caveat emptor ablösen sollten, vgl. Brandeis, Other People’s Money, Kapitel 5, unter der Überschrift „What Publicity can do“, S. 92 ff., insb. S. 103; eine Minderansicht im rechtshistorischen Schrifttum widerspricht dieser herrschenden Auslegung der Thesen von Brandeis, konnte sich aber nicht durchsetzen, vgl. Thel, 42 Stan. L. Rev. 385, 405 f., (1990) insb. Fn. 90 m. w. N.

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ten zwischen Marktliberalen und Regulierungsanhängern bietet, war im Kern bereits dem Kongress in den 1930er Jahren ein Anliegen: „It requires little but appreciation of the extent of the Exchange’s economic power and of what happened in this country during the 1920’s and 1930’s to realize how essential it is that the highest ethical standards prevail in every facet of the securities industry.“9

Ein zentrales Ziel des Normgebers war und ist hierbei die Verhinderung verschiedenster Formen von Marktmanipulationen, sowie ex post deren rechtliche Missbilligung.10 Marktmanipulation wird seit jeher überwiegend als wohlfahrtsschädigend betrachtet.11 Für eine Gesamtdarstellung der Materie ist auf die einschlägigen Werke in englischer und deutscher Sprache zu verweisen.12 Die folgende Betrachtung konzentriert sich auf diejenigen Haftungstatbestände im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht, welche fehlerhafte Marktkommunikation in den Blick nehmen und nach denen eine zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren, secondary actors, gegenüber geschädigten Anlegern in Frage kommt. 13 Zunächst aber gilt es, den Untersuchungsgegenstand noch präziser abzuschichten. Silver v. New York Stock Exchange, 373 U.S. 341, 366, 83 S.Ct. 1246, 1262 (1963). Dazu zeitgenössisch Shulman, 43 Yale L. J. 227, 251 (1933): „[T]he purpose of the Act [is] to prevent the occasions for imposition of liability rather than provide for such liability.“ – Sowie S. 253: „Civil liability is imposed partly for the purpose of compensating investors, partly, and probably more, for the purpose of compelling compliance with the Act so as to avoid certain types of losses and the need for compensation.“ 11 Vgl. aus den Beratungen des Kongresses (Report des House Banking and Curreny Committee) H.R. Rep. No. 1593, 62d Cong., 3rd Session (1913), 46: „A very important phase of speculation on the New York Stock Exchange is the manipulation of prices up or down, as desired, without regard to the real value of the securities, and the creation of a false appearance of activity in particular stocks. Besides inciting […] popular speculation, which rather should be discouraged, this practice prevents the exchange from faithfully reflecting the current value of securities – one of its true functions – and gives those controlling great supplies of capital a further power over the enterprises of the country, since the credit of corporations in no small degree is affected by the prices of their securities.“ Die Aktualität der Problematik ist ungebrochen, Ziele und Motive der Regulatoren lesen sich heute ähnlich wie damals, vgl. nur jüngst die Marktmissbrauchsrichtlinie vom 16.4.2014, RL 2014/57/EU, Erwägungsgrund 2, und die Marktmissbrauchsverordnung vom 16.4.2014, VO (EU) Nr. 596/2014, Erwägungsgrund 1 (wortgleich): „Ein integrierter und effizienter Finanzmarkt setzt Marktintegrität voraus. Das reibungslose Funktionieren der Wertpapiermärkte und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Märkte sind Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Marktmissbrauch verletzt die Integrität der Finanzmärkte und untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit in Wertpapiere und Derivate.“ 12 Vgl. nur Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009; Hazen, Securities Regulation; Loss/Seligman/Paredes, Securities Regulation. 13 Zum hier zugrunde gelegten Verständnis des Begriffs Sekundärakteur vgl. oben Einleitung – B., S. 4 f. 9

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

A. Einzelstaatliche Blue Sky Laws vs. Bundesrecht A. Einzelstaatliche Blue Sky Laws vs. Bundesrecht

Neben den bundesrechtlichen Kodifikationen haben die Einzelstaaten der USA eigene Kapitalmarktgesetze erlassen, welche der Problematik der Haftung von Sekundärakteuren auf unterschiedliche Art begegnen. Teilweise sind erhebliche Abweichungen vom Bundesrecht auszumachen, einige Einzelstaaten treffen z. B. ausdrückliche Regelungen zur zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren,1 während das Bundesrecht diesbezüglich weitgehend schweigt. Als strengstes der gliedstaatlichen Blue Sky Laws2 wird das Regime in Oregon angeführt. Hier haben statutory law und eine sehr anlegerfreundliche Rechtsprechung dazu geführt, dass Sekundärakteure bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation bereits für einfache Fahrlässigkeit haften, das Verschulden wird dabei widerleglich vermutet, sog. rebuttable presumption.3 Zudem ist die Möglichkeit des private enforcement explizit festgelegt.4 Allerdings schränkte der Bundesgesetzgeber 1998 mit dem Securities Litigation Uniform Standards Act (SLUSA) 5 die Möglichkeit, Klagen wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation nach dem Recht eines Einzelstaates zu erheben, stark ein. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber 1995 mit dem Private Securities Litigation Reform Act (PSLRA) 6 ein ganzes Bündel von Maßnahmen verabschiedet hatte, die vornehmlich die Zurückdrängung von missbräuchlichen securities fraud class action-Verfahren, sog. strike suits bezweckt hatten;7 ein rechtspolitisches Ziel, welches häufig als

Allg. zum systematischen Zusammenspiel der Bundesgesetze, insb. SA 1933 und SEA 1934, und der einzelstaatlichen Blue Sky Laws siehe Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 8.1[2], S. 430 ff.; knapp zu den Klagemöglichkeiten geschädigter Anleger gegen Sekundärakteure vor Gerichten der Einzelstaaten Reus/Paul, WM 2008, 1245, 1248. 2 Als Blue Sky Laws werden die kapitalmarktrechtlichen Kodifikationen auf Ebene der Einzelstaaten bezeichnet. Vgl. anschaulich zur Etymologie Hall v. Geiger-Jones Co., 242 U.S. 539, 550, 37 S.Ct. 217, 220 f. (1917): „The name that is given to the law indicates the evil at which it is aimed; that is, to use the language of a cited case, ‘speculative schemes which have no more basis than so many feet of ‘blue sky’“. 3 Vgl. aus der Rechtsprechung des Supreme Court of Oregon Prince v. Brydon, 764 P.2d 1370, 1371 f. (Or. 1988); zum Urteil Berne/Bregenzer, 68 Or. L. Rev. 885, 893 ff. (1989), zu dessen Auswirkungen S. 913 ff. 4 Für den Wortlaut der Vorschrift siehe Berne/Bregenzer, 68 Or. L. Rev. 885, 890 f. (1989), Fn. 19; vgl. zudem die Erläuterung des statutory scheme nach dem Oregon Securities Law, S. 895 ff. 5 Securities Litigation Uniform Standards Act of 1998, Public Law No. 105-353, 112 Stat. 3227 (enacted November 3, 1998) (15 U.S.C. § 77p, § 78bb). 6 Private Securities Litigation Reform Act of 1995, Public Law No. 104-67, 109 Stat. 737 (enacted December 22, 1995); zu diesem ausf. unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 7 Ausführlicher zur Missbrauchsproblematik und den strike suits unten, u. a. Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 1

A. Einzelstaatliche Blue Sky Laws vs. Bundesrecht

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Triebfeder gesetzgeberischer Aktivität in diesem Rechtsgebiet fungiert.8 Der PSLRA hatte aus Kompetenzgründen nur Klagen nach Bundesrecht erfasst; in der Folge war ein Ausweichen der securities fraud class action auf das Recht der Einzelstaaten festzustellen, was der Kongress als Umgehungstaktik ansah und durch den SLUSA zu beenden suchte.9 Soweit eine Klage kumulativ auf einzelstaatlichem Recht bzw. common law basiert und einen Vorwurf von fehlerhaftem Marktverhalten im Zusammenhang mit dem Handel von Wertpapieren betrifft, die an einer nationalen (nicht lediglich einzelstaatlich agierenden) Börse gehandelt werden, sperrt SLUSA diese Klage sowohl vor einzelstaatlichen als auch vor Bundesgerichten, sofern fünfzig oder mehr Geschädigte betroffen sind.10 Die Klage ist dann zwingend nach Bundesrecht zu erheben. Auf die securities fraud class action Verfahren, welche die Rechtsrealität dominieren, findet mithin stets Bundesrecht Anwendung. Die Blue Sky Laws der Gliedstaaten bestehen daneben fort,11 aufgrund deren radikalen Bedeutungsverlustes in der Rechtsrealität12 beschränkt sich die Untersuchung im Folgenden jedoch auf das Bundesrecht. 8 Vgl. Johnson, 36 Del. J. Corp. L. 463, 507 (2011): „[P]erceived class action abuses are the primary driver keeping civil aiding and abetting liability out of the federal system.“ – Im Jahre 2005 verabschiedete der Kongress zudem den Class Action Fairness Act of 2005 (CAFA), Public Law No. 109-2, 119 Stat. 4, 12 (2005) (28 U.S.C. § 1453), der eine weitere Zuständigkeitskonzentration auf die Bundesgerichte in class action-Verfahren herbeiführt, allerdings ausdrücklich die securities fraud class action-Verfahren ausspart; die Gründe hierfür sind wohl vornehmlich in den noch frischen Eindrücken der Bilanzskandale um 2000 (Enron, Refco, Firestone etc.) zu suchen, vgl. Cook, 55 Am. U. L. Rev. 621, 645 (2006), siehe insb. Fn. 167 und 168. 9 Vgl. zu den Motiven des historischen Gesetzgebers Joint Explanatory Report of the Committee of Conference, H.R. 105-803 (October 9, 1998): Zweck des SLUSA sei „prevent[ing] plaintiffs from seeking to evade the protections that Federal law provides against abusive litigation by filing suit in State, rather than in Federal, court“ sowie „implement[ing] a uniform law of securities fraud“; hierzu auch im breiteren Kontext Cook, 55 Am. U. L. Rev. 621, 636 ff. (2006); zu Implikationen dieser Zielsetzung für die Auslegung Perry/Sur, 7 Mealeys Emerg. Securities Litig. 1, 9 f. (2009), für ein extensives Verständnis der durch SLUSA angeordneten Konzentrationswirkung. 10 Zur Regelung ausf. Johnson, 36 Del. J. Corp. L. 463, 487 ff. (2011); knapper Perry/ Sur, 7 Mealeys Emerg. Securities Litig. 1, 3 (2009). 11 Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers wird in diesem Bereich nur begründet, wenn der Regelungsmaterie ein Element des interstate commerce innewohnt; rein einzelstaatliche Kapitalmarktrechte der Gliedstaaten können somit neben den Bundesgesetzen fortbestehen. 12 Vgl. Johnson, 36 Del. J. Corp. L. 463, 492 (2011): „The overall impact of congressional preemption is that most blue sky claims against secondary participants, in securities fraud cases involving public companies, are only viable in state court as individual actions or very small class actions with fewer than fifty class members. […] Larger class actions and traditional diversity cases involving private entities must generally proceed in federal court.“ – Hierzu auch Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 8.1[3], S. 432 ff., unter der Überschrift „Preemption of State Securities Laws by Federal Law“; vgl. aber auch

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

B. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933 B. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933

Die Haftung für fehlerhafte Information am Primärmarkt knüpft sich an verhältnismäßig starre, vorhersehbare Voraussetzungen. Wie sogleich anhand der ausgewählten Tatbestände zu zeigen sein wird, ist Haftungsvoraussetzung regelmäßig ein nach außen erkennbarer Publizitätsakt, welcher gegenüber dem Markt einen Vertrauenstatbestand darauf begründet, dass der betreffende Akteur für die Richtigkeit der Angaben einstehe. Haftungsadressaten sind zuvörderst der Emittent des betreffenden Wertpapieres, dessen Geschäftsleiter sowie die sog. underwriters,13 die durch ihr Testat für die Vollständigkeit und Wahrheit der im Wertpapierprospekt oder den bei der SEC einzureichenden Registrierungsunterlagen enthaltenen Angaben einstehen. In der Spruchpraxis haben insbesondere sec. 12(a) SA 1933 sowie sec. 11 SA 1933 Bedeutung erlangt (zu diesen sogleich I. und II.). Daneben ist erwähnenswert die controlling person liability nach sec. 15(a) SA 1933, welche den Kreis der Anspruchsverpflichteten nach sec. 11 und 12 SA 1933 erweitert (III.1.). Zudem ordnet sec. 15(b) SA 1933 eine Haftung wegen aiding and abetting, also der Beihilfe zu Verstößen gegen den SA 1933 an, diese ist allerdings sachlich begrenzt auf von der SEC betriebene public enforcement Verfahren (III.2.). Daneben besteht mit sec. 17(a) SA 1933 eine als Generalklausel angelegte antifraud clause, die die speziellen Verbote ergänzt und eine Auffangfunktion wahrnimmt.14 Es wird jedoch nahezu einhellig abgelehnt, dass die Norm ein private right of action15 vermittle,16 daher wird von Reus/Paul, WM 2008, 1245, 1248 mit dem Hinweis, dass Klagen einzelner Geschädigter (also soweit keine class action vorliegt und damit nicht die ausschließliche Zuständigkeit der Bundesgerichte gegeben ist) gegen Sekundärakteure in verschiedenen Gliedstaaten durchaus erfolgreich sein können. 13 Vgl. die Legaldefinition des underwriters in sec. 2(11) SA 1933. Es handelt sich hierbei regelmäßig um den Konsortialführer der emissionsbegleitenden Banken, der dem Emittenten ein bestimmtes Platzierungsvolumen bei der Neuemission zusichert und daher nicht lediglich als Vermittler auftritt, sondern das Papier auch im eigenen Interesse vertreibt; vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 4.27, S. 4; Loss/Seligman/Paredes, Securities Regulation, Vol. 2, Ch. 3 A 3., S. 1176 ff. 14 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.11[1][A], S. 329; Die Norm diente als Blaupause für sec. 10(b) SEA 1934, die haftungsrechtliche Generalklausel am Sekundärmarkt; zu dieser ausf. unten Kapitel 2 – C.I., S. 153 ff. 15 Dies ist die Aktivlegitimation privater Kläger im Hinblick auf eine Vorschrift; dazu ausf. unten Kapitel 2 – C.I.4., S. 173 ff., sowie spezifisch hinsichtlich der Haftung von Sekundärakteuren unten Kapitel 2 – C.II.4., S. 199 f. 16 Vgl. nur Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.11[1][C], S. 332, sowie ausführlicher ders., Securities Regulation, Vol. 4 § 12.22, S. 460 ff., mit umfassender Auswertung der Rechtsprechung; es bestehe noch „a very limited possibility that the section 17(a) damage remedy will be revived by the courts“, was allerdings angesichts der entgegengesetzten Tendenz des Supreme Court sehr unwahrscheinlich erscheint. Vgl. exemplarisch

B. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933

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einer näheren Darstellung abgesehen.17 Die drohende Lücke im zivilrechtlichen Rechtsschutz schließt die Parallelnorm, sec. 10(b) SEA 1934.18 I.

Haftung nach sec. 12(a) Securities Act 1933

1. Allgemeine Haftungsvoraussetzungen Die Regelung in sec. 12(a) SA 1933 deckt ein breites Feld fehlerhafter Kapitalmarktinformation am Primärmarkt ab und statuiert eine ausdrückliche zivilrechtliche Haftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer.19 Sanktioniert ist einerseits das öffentliche Angebot von Wertpapieren unter Verletzung von sec. 5 SA 1933 (sec. 12(a) (1) SA 1933), andererseits Informationsfehlverhalten im Zusammenhang mit dem Verkauf von Wertpapieren oder anderen Anlageprodukten (sec. 12(a) (2) SA 1933).20 Die von Abs. 1 in Bezug genommenen Verbote in sec. 5 SA 1933 betreffen insbesondere das öffentliche Angebot von Wertpapieren, bevor ein wirksames registration statement für diese besteht, sowie das öffentliche Angebot von Wertpapieren ohne Veröffentlichung eines Pflichtprospektes.21 Die Haftung tritt verschuldensunabhängig ein. Im Rechtsvergleich entspricht die Vorschrift den §§ 24 WpPG, 21 VermAnlG, der Haftung bei fehlendem Prospekt.22 Relevant für die Haftung bei fehlerhafter Information ist vornehmlich Abs. 2 der Vorschrift. Dieser ergänzt sec. 11 SA 1933 und sec. 12(a) (1) SA 1933, wobei tatbestandliche Überschneidungen als unschädlich gelten, da die Ansprüche aus SA 1933 und SEA 1934 in Anspruchskonkurrenz nebeneinannur Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff. Dies kritisierend Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:6, S. 105 f. 17 Der Norm kommt dennoch Bedeutung in der Rechtsrealität zu, da die SEC aktivlegitimiert ist und aus einem breiten Instrumentarium möglicher Rechtsfolgen wählen, beispielsweise auch auf injunctive relief klagen kann, vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.22, S. 467. 18 Sec. 10(b) SEA 1934 ist nach gefestigter Rechtsprechung sachlich auch auf den Primärmarkt anwendbar, vgl. hierzu bereits oben Kapitel 2 – Einleitung, S. 135 mit Nachweisen in Fn. 5; auch das Bestehen eines private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 ist seit langem anerkannt, vgl. hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.I.4., S. 173 ff. 19 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.6[1], S. 265. 20 Vgl. aus zeitgenössischer Perspektive zu sec. 11 und sec. 12 SA 1933 Shulman, 43 Yale L. J. 43 227, 242 ff. (1933) mit Gegenüberstellung dieser Normen und der vormals geltenden Rechtsbehelfe aus dem common law. 21 Der Sinn der Regelung in sec. 12(a) (1) SA 1933 liegt also primär darin, die Registrierungs- und Prospektpflicht aus sec. 5 SA 1933 durchzusetzen, da diese selbst keinen Rechtsbehelf für Geschädigte enthält, vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.2 [1][A], S. 198 mit Fn. 2. 22 Zu diesen oben Kapitel 1 – B.II.2., S. 34 ff. sowie Kapitel 1 – B.III.2., S. 45 ff.; vgl. jüngst Klöhn, DB 2012, 1854, 1857.

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

der bestehen.23 Die Voraussetzungen von sec. 12(a) (2) SA 1933 erschließen sich direkt aus dem Wortlaut: Wer im Zusammenhang mit dem Angebot oder Verkauf eines Wertpapiers in einem Prospekt oder mündlich wesentliche Angaben unvollständig oder fehlerhaft kommuniziert, haftet dem Käufer auf Rückabwicklung der Transaktion und Rückerstattung des Kaufpreises oder, sofern der Käufer nicht mehr Inhaber des Wertpapieres ist, auf Leistung von Schadensersatz in Geld.24 Dessen Höhe bemisst sich dann nach der Differenz zwischen Kaufpreis und erzieltem Verkaufserlös.25 Positive Kenntnis des Käufers von der Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben im Kaufzeitpunkt schließt den Anspruch aus. Es handelt sich um eine vermutete Verschuldenshaftung: Der Anspruchsgegner kann nachweisen, dass er den Fehler nicht kannte und auch unter Anlegung von reasonable care nicht hätte kennen können. Der konkrete Standard für den Entlastungsbeweis ist nicht bis ins letzte Detail geklärt. Gutgläubigkeit allein reicht jedenfalls nicht aus.26 Umstritten ist, ob reasonable care eine affirmative investigation, also eine inhaltliche Überprüfung der zur Verfügung gestellten Informationen durch den Anspruchsgegner voraussetzt.27 Einigkeit besteht dahingehend, dass grobe Fahrlässigkeit den reasonable care Einwand versperrt.28 Die Rechtsprechung nimmt stets eine flexible Bewertung anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls vor,29 insbesondere unter Einbeziehung der professionellen Stellung des in Anspruchsgegners und den ihm typischerweise obliegenden Verhaltenspflichten. Dies erinnert an die abgestuften Sorgfaltspflichten nach deutschem Prospekthaftungsrecht.30

23 Vgl. Herman & MacLean v. Huddleston, 459 U.S. 375, 382 ff., 103 S.Ct. 683, 687 ff. (1983): Die Annahme von Anspruchskonkurrenz unterwandere weder gesetzgeberische Wertungen noch zeitige sie negative Wirkungen; auch der Gesetzgeber habe dies gebilligt; in casu entschied der Supreme Court für sec. 11 SA 1933 und sec. 10(b) SEA 1934, die Entscheidung gilt jedoch als verallgemeinerungsfähig; vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.6[1], S. 266. 24 Eigene sinngemäße Übersetzung der Vorschrift, vgl. auch Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.8[4], S. 305 ff. 25 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.9, S. 309. 26 Vgl. dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:8, S. 31 f. 27 Vgl. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:8, S. 31 f.; Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.6[1] S. 271 m. w. N. 28 Hierzu Maynard, 32 Wm. & Mary L. Rev. 847, 862 ff. (1991). 29 Vgl. aus der Rechtsprechung Sanders v. John Nuveen & Co., 619 F.2d 1222, 1228 (7th Cir. 1980), hier hielt das Gericht eine reasonable investigation für notwendig, betonte aber zugleich, dies setze keinen allgemeingültigen Standard für die Entlastungseinrede; dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:8, S. 31 f. 30 Vgl. dazu oben Kapitel 1 – B.II.1.d)aa), S. 31 f.

B. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933

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Das Medium der Information muss dem Wortlaut nach ein Prospekt31 oder mündliche Kommunikation sein. Daher besteht Uneinigkeit, ob schriftliche Werbung, welche den Prospektbegriff nicht erfüllt, von sec. 12(a) (2) SA erfasst wird.32 Diese akademische Streitfrage zeitigt jedoch keine wesentlichen praktischen Auswirkungen: Verneint man die Anwendung, wird diese Konstellation von sec. 10(b) SEA 1934 aufgefangen.33 2. Keine Anwendbarkeit am Sekundärmarkt Kontrovers diskutiert wurde, ob sec. 12(a) (2) SA 1933 auch auf Sekundärmarkttransaktionen Anwendung finde, ebenso wie in entgegengesetzter Richtung sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 auch Fehlverhalten am Primärmarkt erfasst.34 Die Rechtsprechung bot zunächst kein einheitliches Bild.35 Die Möglichkeit erschien aus Klägersicht attraktiv, insbesondere da der Anspruch im Gegensatz zu sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-536 keinen Verschuldensnachweis erfordert, sondern dieses widerleglich vermutet wird. Der Supreme Court entschied dann 1995, sec. 12(a) (2) SA 1933 sei spezifisch auf den Primärmarkt zugeschnitten und finde auf Fehlinformation am Sekundärmarkt keine Anwendung.37 Das Gericht begründete dies mit einem 31 Der Prospektbegriff ist legaldefiniert in sec. 2(a) (10) SA 1933 als „any prospectus, notice, circular, advertisement, letter, or communication, written or by radio or television, which offers any security for sale or confirms the sale of any security“. Ausnahmen hiervon gelten, wenn die betreffende Kommunikation gleichzeitig mit einem Prospekt, der sämtliche Anforderungen von sec. 10 SA 1933 (notwendiger Prospektinhalt) erfüllt, an den Empfänger ausgegeben wird (a), oder diese lediglich auf das Wertpapier und eine zur Annahme von Ordern zuständige Stelle hinweist (b); vgl. erläuternd Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:12, S. 37; sowie ausf. Loss/Seligman/Paredes, Securities Regulation, Vol. 2 Ch. 3 A.1.a, S. 855 ff. 32 Vgl. hierzu Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.6[1], S. 266 f., Fn. 9 mit Nachweisen zu den widerstreitenden Positionen; nach Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:8, S. 31, ignorieren die Gerichte diese „syntactical ambiguity“ und wenden die Norm auch hierauf an. 33 Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.6[1], S. 266 f., Fn. 9 am Ende. 34 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 12.3[3], S. 527 f., dort insb. Fn. 74 und der dazugehörige Text auf S. 528 oben. 35 Vgl. mit umfassenden Rechtsprechungsnachweisen Maynard, 32 Wm. & Mary L.  Rev. 847, 849 (1991): die Beschränkung der Norm auf den Primärmarkt widerspreche dem Sinn der Vorschrift sowie der Intention des historischen Gesetzgebers. 36 Vgl. hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.I., S. 153 ff., dies kam insbesondere auf, nachdem der Supreme Court in Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 96 S.Ct. 1375 (1976) die Anforderungen an die subjektive Tatseite eines Anspruchs aus sec. 10(b) SEA 1934 auf den Nachweis von scienter festgelegt hatte, vgl. Maynard, 32 Wm. & Mary L.  Rev. 847, 851 (1991); zu der Entscheidung ausf. unten Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 ff. 37 Vgl. Gustafson v. Alloyd Co., Inc., 513 U.S. 561, 578, 115 S.Ct. 1061, 1071 (1995): „No […] legislative history even hints that § 12(2) was intended to be a freestanding provi-

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

eigenen, sehr engen Prospektbegriff, der von der Legaldefinition in sec. 2(a) (10) SA 1933 erheblich abweicht.38 Dieser Limitierung des Anwendungsbereichs der Vorschrift begegnet die Literatur überwiegend kritisch.39 3. Anwendbarkeit gegenüber Sekundärakteuren Problematisch ist sodann, ob nach der Vorschrift auch Sekundärakteure haften. Diese Frage wurde bereits seit Inkrafttreten des SA 1933 diskutiert und nicht einheitlich beantwortet.40 Nach dem Wortlaut des sec. 12(a) SA 1933 ist Haftungsadressat ausschließlich der Verkäufer, offeror bzw. seller. Einige Instanzgerichte, insbesondere der Court of Appeal des 5th Circuit, legten dies zwischenzeitig gleichwohl sehr extensiv aus: Als Verkäufer konnten auch diejenigen Akteure in Anspruch genommen werden, deren Beteiligung einen wesentlichen Grund der Transaktion darstellte, ohne dass diese selbst Partei des Wertpapiergeschäfts waren.41 Diese weite Auslegung drängte der Supreme Court in Pinter v. Dahl  42 1988 zurück: Verkäufer sei in Anlehnung an das Prinzip der privity of contract aus dem common law primär derjenige, den die Pflicht zur Übertragung des Wertpapiers, passing of title, trifft.43 Daneben können lediglich noch diejenigen Vermittler als Verkäufer angesehen werden, die aufgrund eigener, das übliche Maß übersteigender finanzieller Interessen mit der Ansion effecting expansion of the coverage of the entire statute. The intent of Congress and the design of the statute require that § 12(2) liability be limited to public offerings.“ Abweichend zuvor Maynard, 32 Wm. & Mary L. Rev. 847 (1991), mit umfangreicher Auswertung der Gesetzgebungshistorie, vgl. S. 870 ff. 38 Vgl. die Definition des Prospektes nach sec. 2(a) (10) SA 1933 soeben oben S. 142, Fn. 31. 39 Vgl. deutlich Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.6[2], S. 279: „Such a limiting view of section 12(a) (2) is not only unwise as a matter of policy, it does not comport with the Act’s legislative history.“, gleichsinnig Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:11, S. 35. 40 Vgl. ausf. bereits Douglas/Bates, 43 Yale L. J. 171, 190 ff. (1933) zu den verschiedenen Haftungsadressaten nach sec. 11 und sec. 12 SA 1933; insbesondere die Haftung sämtlicher underwriters sei ökonomisch verfehlt, vgl. S. 202; für eine Beschränkung im Sinne der privity of contract auch Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 110 (1981). 41 Vgl. Dahl v. Pinter, 787 F.2d 985, 990 (5th Cir. 1986) (nicht rechtskräftig, vom Supreme Court reversed); zu dieser Strömung ausf. O’Hara, 31 UCLA L. Rev. 921 (1984); hellsichtig bereits Douglas/Bates, 43 Yale L. J. 171, 206 f. (1933), die prophezeit hatten, auch lediglich vermittelnde Broker könnten im Sinne der Vorschrift als seller angesehen werden, was für diese mit erheblichen Haftungsrisiken verbunden sei. 42 Vgl. Pinter v. Dahl, 486 U.S. 622, 108 S.Ct. 2063 (1988). 43 Zur Entwicklung der privity of contract in sec. 12(a) (2) SA 1933 vgl. Maynard, 32 Wm. & Mary L. Rev. 847, 853 ff. (1991); vgl. aus der instanzgerichtlichen Folgerechtsprechung nach Pinter v. Dahl nur Craftmatic Securities Litigation v. Kraftsow, 890 F.2d 628 (3rd Cir. 1989).

B. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933

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werbung von Käufern für das Produkt betraut sind,44 wie emissionsbegleitende Banken bzw. in den Vertrieb eingebundene Börsenmakler.45 Die Folgerechtsprechung der Federal Courts of Appeal stellte weiter fest, es sei hiermit ebenfalls ausgeschlossen, das Modell des aiding and abetting haftungserweiternd in die Vorschrift hineinzulesen,46 ansonsten unterliefe man die durch Pinter v. Dahl aufgestellte Limitierung der Haftungsadressaten.47 In der Literatur fand dies breiten Zuspruch.48 4. Ergebnis Der Kreis der Prospektverantwortlichen nach sec. 12(a) (2) SA 1933 ist grundsätzlich eng gezogen. Neben dem Verkäufer haften andere Akteure lediglich unter außergewöhnlichen Umständen. Wer nur unterstützend am Prospekt mitwirkt, tritt i. d. R. nicht gegenüber dem Markt auf und erscheint auch nicht als unmittelbarer wirtschaftlicher Profiteur einer Emission. Diesen Teilnehmern droht nach sec. 12(a) (2) SA 1933 keine zivilrechtliche Haftung. II. Haftung nach sec. 11 Securities Act 1933 Neben sec. 12(a) (2) SA 1933 tritt ergänzend sec. 11 SA 1933. Beide Normen sind ähnlich konzipiert und im Zusammenhang miteinander zu sehen.

Pinter v. Dahl, 486 U.S. 622, 647, 108 S.Ct. 2063, 2078 (1988): „[L]iability extends only to the person who successfully solicits the purchase, motivated at least in part by a desire to serve his own financial interests or those of the securities owner.“ 45 Eine verwandte Wertung zeigt sich im deutschen Recht bei der Haftung des Vertreters bei überragendem wirtschaftlichen Eigeninteresse nach § 311 Abs. 2, 3 BGB; vgl. dazu im Kontext der Prospekthaftung knapp unten Kapitel 3 – A.I.1., S. 274 ff. 46 Vgl. Craftmatic Securities Litigation v. Kraftsow, 890 F.2d 628, 636 f. (3rd Cir. 1989); Royal American Managers, Inc. v. IRC Holding Corp., 885 F.2d 1011, 1017 (2d Cir. 1989); Schlifke v. Seafirst Corp., 866 F.2d 935, 942 (7th Cir. 1989); der 2d Circuit hatte dies vormals gegenteilig bewertet, vgl. Mayer v. Oil Field Systems, Corp., 803 F.2d 749, 756 (2d Cir. 1986). 47 So ausdrücklich Craftmatic Securities Litigation v. Kraftsow, 890 F.2d 628, 636 f. rd (3 Cir. 1989): „[I]t would be anomalous to recognize aider and abettor liability in light of Pinter’s clear direction that § 12(2) liability does not extend to collateral participants.“ – Knapp hierzu jüngst Johnson, 36 Del. J. Corp. L. 463, 472 (2011), die diesen Umstand jedoch nicht Pinter v. Dahl entnimmt: aiding and abetting sei vielmehr durch Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 551 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994) auch jenseits von sec. 10(b) SEA 1934 verworfen worden (hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.III, S. 202 ff.); ähnlich Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:19, S. 51 f. 48 Vgl. zudem Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 338 f. (1988): „The application of secondary liability also would appear to be inconsistent with the statutory scheme. If charges in terms of aiding and abetting fraud violations provisions are made, they should be brought under rule 10b-5 with a showing of scienter.“ – Laut Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.13[2], S. 356 ist dies heute allg. anerkannt. 44

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1. Sachlicher Anwendungsbereich Die Haftung für fehlerhafte Registrierungsunterlagen nach sec. 11 SA 1933 ist hinsichtlich der Haftungsadressaten merklich weiter konzipiert als die soeben behandelte Prospekthaftung nach sec. 12(a) (2) SA 1933. Das Ziel der Vorschrift wird darin gesehen, Emittenten zu sorgfältigem Erstellen der Unterlagen, die im Zuge einer Emission bei der SEC einzureichen sind,49 anzuhalten.50 Auch sec. 11 SA 1933 vermittelt Käufern ein explizites private right of action. Die anspruchsbegründenden Fehlinformationen müssen wesentliche Angaben, material facts,51 der bei der SEC einzureichenden Registrierungsdokumente betreffen. Andere Informationen in Bezug auf das Wertpapier sind nicht erfasst. Die Schadensberechnung erfolgt nach einer recht komplexen Methode. Dem Geschädigten soll die Differenz zwischen dem wahren Wert des Papiers und dem durch die Fehlinformation überhöhten Wert, zu dem er gekauft hat, ersetzt werden. Daher versucht man, externe Effekte auf den Preis herauszurechnen und allein die Auswirkungen der betreffenden Fehlinformation zu extrapolieren.52 Die Haftung ist verschuldensabhängig, was in Form einer rebuttable presumption widerleglich vermutet wird.53 Für den Entlastungsbeweis ist über fehlendes Verschulden hinaus die Vornahme einer reasonable investigation with regard to the registration statement zu beweisen.54 Vgl. Regulation S-K, 17 C.F.R. Part 220, mit einem Leitfaden zum Ausfüllen der Registrierungsdokumente; hierzu Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 9.4[3], S. 540 ff. Die zu erstellenden Unterlagen weisen eine hohe Komplexität sowie großen Umfang auf, vgl. der Frage- und Antwort-Katalog der SEC zu Regulation S-K: SEC, Compliance and Disclosure Interpretations, Regulation S-K, mit mehreren hundert Einträgen. 50 Vgl. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:30, S. 71: „in terrorem remedy“. 51 Ein material fact bzw. eine material omission liegt vor, wenn ein informierter Durchschnittsanleger die Information wahrscheinlich für wichtig im Hinblick auf eine zu treffende Transaktionsentscheidung einstufen würde; dieser materiality test ist in verschiedenen Normen des SA 1933 und SEA 1934 zu finden und wird parallel ausgelegt; vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.3[1][A], S. 210 sowie ders., Vol. 4 § 12.9[3][A], S. 58: „whether a reasonable investor would have considered the matter important.“ Hierzu ausf. im Kontext von sec. 10(b) SEA 1934 unten Kapitel 2 – C.I.3.a), S. 158 ff. 52 Vgl. ausf. zur Schadensberechnung Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.5, S. 259 ff. 53 Diese sog. due diligence defense steht jedem Anspruchsverpflichteten mit Ausnahme des Emittenten selbst zur Verfügung, vgl. näher Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.4[2], S. 239; umfassend zu den Anforderungen an diese defense nach den verschiedenen möglichen Anspruchsgegnern Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:37, S. 78 ff.; vgl. auch bereits Shulman, 43 Yale L. J. 227, 248 (1933). 54 Vgl. sec. 11(b)(3) SA 1933; zu den konkreten Voraussetzungen, die an eine reasonable investigation gestellt werden vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.4[2][A][1], S. 242 f. 49

B. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Act 1933

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2. Anspruchsverpflichtete Im Gegensatz zu sec. 12(a) (2) SA 1933, wo die Haftung von Sekundärakteuren weitgehend abgelehnt wird,55 kommen nach sec. 11 SA 1933 auch secondary actors als Anspruchsverpflichtete in Betracht. Haftende sind neben den Personen, die das Registrierungsdokument signiert haben (1) die Direktoren des Emittenten (2), wer als Direktor oder Personen in ähnlicher Funktion geführt wird (3), externe Mitwirkende „every accountant, engineer, or appraiser, or any person whose profession gives authority to a statement made by him“56 (4), sowie underwriters57(5).58 Voraussetzung der Haftung ist, mit Ausnahme der Direktoren, das namentliche Erscheinen im Registrierungsdokument. Sofern dies gegeben ist, ordnet das Gesetz im Grundsatz joint and several liability59 der Beteiligten an.60 3. Anwendbarkeit auf Sekundärakteure? Nach sec. 11(a) (4) SA 1933 haften ausdrücklich auch externe Mitwirkende, sofern deren berufliche Stellung ihrem Testat eine besondere Richtigkeitsgewähr zubilligt. Die Norm zielt auf die klassischen kapitalmarktrechtlichen gatekeepers.61 Hat ein solcher Dritter erkennbar nur an einem bestimmten Abschnitt des registration document mitgewirkt hat, haftet er gegenständlich begrenzt lediglich für Fehler innerhalb des von ihm verantworteten Bereichs. Mit sec. 11 SA 1933 besteht damit eine Haftung, die personell über den Emittenten und dessen Geschäftsleiter hinausgeht und, an das Auftreten im Registrierungsdokument anknüpfend, ein breites Spektrum an Beteiligten erfasst. Dies führt somit für die an einer Emission beteiligten Akteure zu einem nicht

Vgl. soeben Kapitel 2 – B.I.3., S. 144 f. Auszug aus sec. 11(a) (4) SA 1934; vgl. hierzu rechtsvergleichend Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 42 f.: Die im Prospekt enthaltene Bilanz müsse grds. von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt werden, sodass dessen bereichspezifische Prospekthaftung regelmäßig gegeben sei. 57 Vgl. zum Begriff oben Kapitel 2 – B., S. 140, Fn. 13. 58 Vgl. sec. 11(a) SA 1933; zum Kreis der Haftenden aus zeitgenössischer Perspektive Douglas/Bates, 43 Yale L. J. 171, 190 ff. (1933); knapper Shulman, 43 Yale L. J. 227, 247 (1933); vgl. aus heutiger Sicht Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.3[3], S. 218. 59 Die joint and several liability ist in sec. 11(f) SA 1933 verankert. Das Rechtsinstitut entspricht funktional einer Gesamtschuld im deutschen Recht, vgl. Merkt/Göthel, USamerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 126. 60 Eine Ausnahme hiervon gilt seit dem PSLRA von 1995 für outside directors, die keine positive Kenntnis von der Fehlinformation hatten; diese trifft gemäß sec. 11(f) (2) (A) SA 1933 i. V. m. sec. 21D(f) SEA 1934 proportionate liability, also anteilige Haftung nach dem jeweiligen Verursachungsgrad; vgl. hierzu auch Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.12[1], S. 338 ff. 61 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.3[3], S. 218 ff. 55 56

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unerheblichen Haftungsrisiko.62 Eine Erweiterung auf nicht im Gesetz angeführte, weitere Akteure, beispielsweise mittels der Figur des aiding and abetting, ist dagegen abzulehnen. Der Katalog der Haftungsadressaten im Wortlaut der Norm zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber diese abschließend festzulegen suchte. Für eine Expansion darüber hinaus besteht kein Raum. 63 Zudem scheint auch rechtstatsächlich kein Bedürfnis nach einer weiteren personellen Ausdehnung der Vorschrift zu bestehen. III. Statutarische Haftungserweiterungen auf Sekundärakteure In sec. 15 SA 1933 finden sich ausdrückliche personelle Erweiterungen der Haftenden über den Kreis der in sec. 11 und 12 SA genannten Akteure hinaus. 1. Controlling person liability nach sec. 15(a) SA 1933 Bei Verstößen gegen sec. 11 SA 1933 und sec. 12 SA 1933 haften nach sec. 15(a) SA 1933 neben den primär Verantwortlichen auch controlling persons, und zwar „jointly and severally with and to the same extent as such controlled person to any person to whom such controlled person is liable.“64 Es handelt sich kraft Verweisung ausdrücklich um ein private right of action. Als controlling person gilt, wer in Bezug auf die Fehlinformation eine Position innehat, aus der heraus die Möglichkeit besteht, konkrete Kontrolle über deren Inhalt auszuüben; diese muss nicht tatsächlich ausgeübt werden.65 Nach dem tatsächlich bestehenden Machtgefüge muss aber eine reale Möglichkeit des Akteurs bestehen, Inhalt und Veröffentlichung des Prospektes bzw. der Registrierungsunterlagen mit finaler Entscheidungsgewalt zu beeinVgl. hierzu bereits Douglas/Bates, 43 Yale L. J. 171, 198 ff. (1933), insb. S. 202, die die sehr weite mögliche Auslegung des Begriffs des underwriters und die verbundenen Haftungsrisiken für ökonomisch sinnwidrig erachten, dies führe zu einer unnötigen Potenzierung von Untersuchungs- und Kontrollmechanismen. 63 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.13[2], S. 357 mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn. 64; so auch im Hinblick auf beratende Anwälte, die Registrierungsunterlagen vorbereiten Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 26:32, S. 75: Demnach haften bei der Erstellung unterstützende Teilnehmer nicht nach sec. 11, sofern sie nicht eine förmliche expert opinion abgeben. 64 Siehe sec. 15(a) SA 1933; vgl. zur Parallelvorschrift für den Sekundärmarkt, sec. 20(a) SEA 1934, im Kontext der ungeschriebenen Konzepte zur Haftung von Sekundärakteuren unten Kapitel 2 – C.II.3.b)bb), S. 198 f. 65 Wohl heute einhellige Ansicht, vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.12[2], S. 345; zum vormals bestehenden circuit split in der Frage, ob eine Form von culpable participation zu den Anspruchsvoraussetzungen gehöre Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 354 ff. (1988), mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn. 211, der den heute anerkannten Standard befürwortet, vgl. S. 360; zur controlling person liability und dem konkurrierenden Konzept respondeat superior im Rahmen des SEA 1934 vgl. unten Kapitel 2 – C.II.3.b), S. 197 ff. 62

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flussen. Aus diesem Grund kommen die hier untersuchten Sekundärakteure, Berater und realwirtschaftliche Geschäftspartner des Emittenten, regelmäßig nicht als Haftende in Betracht. Ihnen fehlt die Möglichkeit, final auf den Inhalt veröffentlichter Dokumente einzuwirken. Typischerweise erfasst werden beispielsweise Geschäftsleiter des Emittenten oder Einfluss nehmende Großaktionäre.66 Der Anspruchsgegner kann die Haftung mittels eines goodfaith-Einwandes abwenden.67 Der controlling person liability in der Sache sehr nahe wird das nicht kodifizierte Konzept respondeat superior diskutiert, dessen Zulässigkeit neben controlling person liability umstritten ist.68 2. Aiding and abetting liability nach sec. 15(b) SA 1933 Mit dem Dodd-Frank Act 2010 wurde sec. 15(b) SA 1933 neu geschaffen.69 Die Vorschrift ordnet die Haftung jedes Teilnehmers an, der vorsätzlich oder grob fahrlässig einen anderen bei dessen Verletzung einer Norm des SA 1933 oder einer nach dem SA 1933 erlassenen Rule der SEC unterstützt hat: „[A]ny person that knowingly or recklessly provides substantial assistance to another person in violation of a provision of this Act, or any rule or regulation issued under this Act, shall be deemed to be in violation of such provision to the same extent as the person to whom such assistance is provided.“70

Hierbei handelt es sich um die klassischen Elemente der aiding and abetting liability, wie die Instanzgerichte sie bis 1994 in stehender Judikatur, vornehmlich bei Teilnahme an einer Informationspflichtverletzung nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5, praktiziert hatten.71 Allerdings begründet die Vorschrift keine zivilrechtliche Haftung. Der letzte Halbsatz legt zwar zunächst den Schluss nahe, dass hier eine zivilrechtliche Haftung 66 Vgl. weitergehend Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:67, S. 204 ff. Dies kommt funktional der Figur des „Prospektveranlassers“ nach deutschem Recht nahe, vgl. oben Kapitel 1 – B.II.1.c)bb), S. 25 f. 67 Vgl. sec. 15(a) SA 1933: „unless the controlling person had no knowledge of or reasonable ground to believe in the existence of the facts by reason of which the liability of the controlled person is alleged to exist.“ Siehe zu den praktischen Anforderungen an diese Verteidigung Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.12[2], S. 344. 68 Hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.II.3.b), S. 197 ff., im Kontext weiterer nicht kodifizierter Konzepte. 69 Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, Public Law No. 111203, 124 Stat. 1376, 1861 (enacted July 21, 2010), sec. 929M; vergleichbare Vorschriften wurden im Investment Company Act 1940 und dem Investment Advisers Act 1940 geschaffen; für den SEA 1934 besteht eine Parallelregelung bereits seit dem PSLRA von 1995 in sec. 20(f) SEA 1934, vgl. dazu unten Kapitel 2 – C.IV.1., S. 220 f. 70 Sec. 15(b) SA 1933. 71 Hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.II.2., S. 184 ff., sowie zur Entscheidung Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), die dies verwarf, unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff.

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

jedes unterstützenden Sekundärakteurs angeordnet würde, sofern der Primärakteur selbst zivilrechtlich in Anspruch genommen werden kann; jedoch ist die Vorschrift ausschließlich in public-enforcement-Verfahren anwendbar, die durch die SEC geführt werden.72 Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut der Norm wie auch aus der Systematik und der Intention des Gesetzgebers. Für die zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren ist aus sec. 15(b) SA 1933 keine Erkenntnis zu gewinnen. IV. Zusammenfassung Für fehlerhafte Information am Primärmarkt haften nach US-amerikanischem Bundesrecht im Wesentlichen der Emittent, dessen Geschäftsleiter und diejenigen Akteure, die im Prospekt oder den Registrierungsdokumenten wissentlich persönlich aufgeführt sind. Ein größerer Kreis von Prospektverantwortlichen wird grundsätzlich nicht gezogen. Vielmehr lassen sec. 12 SA 1933 und sec. 11 SA 1933 erkennen, dass ein wesentliches Element der Haftung am Primärmarkt die öffentliche Verknüpfung des Haftungsadressaten mit der fehlerhaften Information ist. Personelle Erweiterungen jenseits dieses Rahmens bestehen für Akteure, die bestimmende Kontrolle über die veröffentlichten Dokumente auszuüben vermögen. Hierin besteht eine deutliche Parallele zur Haftung des Prospektveranlassers im deutschen Recht.73 Darüber hinaus besteht zwar eine Haftung von Sekundärakteuren, die an fehlerhafter Informationsveröffentlichung mitgewirkt haben, die Verfolgung ist aber auf das public enforcement durch die SEC beschränkt.

C. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Exchange Act 1934 C. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Exchange Act 1934

Nach diesem eher knappen Überblick zum Primärmarkt sollen nun die Haftungsvoraussetzungen für Sekundärakteure am Sekundärmarkt näher untersucht werden. Diese finden sich im Wesentlichen im SEA 1934, der bundesrechtlichen Hauptrechtsquelle für den Zirkulationsmarkt in den USA. In seiner aktuellen Fassung74 stellt der SEA 1934 mehrere Haftungsnormen bereit, auf Grundlage derer ein Schadensersatzanspruch geschädigter Anleger gegen Sekundärakteure denkbar ist. Zu nennen sind hier zunächst sec. 9(e) SEA 72 Vgl. sec. 15(b) SA 1933 „For purposes of any action brought by the Commission under subparagraph (b) or (d) of section 20“; die dort in Bezug genommenen Verfahren sind insb. die injunctive orders durch die SEC, sec. 20(b) SA 1933, sowie die Verhängung von Geldstrafen im Klageweg, sec. 20(d) SA 1933. 73 Vgl. oben Kapitel 1 – B.IX., S. 70. 74 Zuletzt geändert durch den Jumpstart our Business Startups Act of 2012 (JOBS Act), Public Law No. 112-106, 126 Stat. 306 (enacted April 5, 2012).

C. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Exchange Act 1934

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193475, sec. 14(a) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 14a-976, sec. 16(b) SEA 193477, sec. 18(a) SEA 193478 sowie sec. 13(d) und 14(d) SEA 193479.80 75 Die Norm enthält einen express private remedy für den Käufer bzw. Verkäufer eines Wertpapiers, das an einer nationalen Börse gehandelt wird, vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 12.1[4][A], S. 501 ff., Fn. 235: „To show a violation of section 9(a)(2) in a private suit under section 9(e), a plaintiff must plead and prove that (1) a series of transactions in a security actual or apparent trading in that security or raising or depressing the price of that security, (2) carried out with scienter, (3) for the purpose of inducing the security’s sale or purchase by others, (4) was relied on by the plaintiff, (5) and affected the plaintiff’s purchase or selling price.“ Angesichts dieser pleading requirements stellt Hazen knapp fest, S. 502 f.: „All of the foregoing factors combine to make the section 9(e) private remedy a very limited one.“ – Eine derivative Haftung von Sekundärakteuren wird soweit ersichtlich nicht diskutiert; zu der Vorschrift auch knapp Fleischer, in: Fuchs WpHG, Vor §20a Rn. 20 ff. 76 Hinsichtlich dieses Anspruchs hat der Supreme Court bereits früh ein implied private right of action anerkannt, vgl. J. I. Case Company v. Borak, 377 U.S. 426, 430 f., 84 S.Ct. 1555, 1559 (1964); zudem TSC Industries, Inc. v. Northway, Inc., 426 U.S. 438, 444, 96 S.Ct. 2126, 2130 (1976). Ein Anspruch nach sec. 14(a) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 14a-9 ist sachlich begrenzt auf fehlerhafte proxy solicitations, also Aktionärskommunikation, häufig im Vorfeld der Hauptversammlung, mittels derer den Anlegern ein Bild über den Zustand der Gesellschaft und auf der Hauptversammlung anstehende Abstimmungen gegeben wird, verbunden mit konkreten Abstimmungsempfehlungen aus der Sicht des Managements oder eines großen Anteilseigners und ggf. der Aufforderung, eine Stimmrechtsvollmacht abzugeben; vgl. zu den Voraussetzungen für eine hierauf gestützte Klage Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 10.3, S. 86 ff.; ferner Loss/Seligman/Paredes, Securities Regulation, Vol. 4 Chapter 6 C 9, S. 686 ff.; vgl. auch Gould v. American-Hawaiian Steamship Company, 535 F.2d 761 (3rd Cir. 1976), zur Frage, wann ein material statement vorliegt sowie zu den Voraussetzungen für eine Haftung wegen aiding and abetting – namentlich müsse der Kläger knowledge of the fraud und substantial participation nachweisen; insoweit deckt sich die Methodik mit dem traditionell verwendeten Test für aiding and abetting liability unter sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5. Da die Norm auf allgemeine Marktkommunikation im weiteren Sinne keine Anwendung findet, wird von einer näheren Darstellung abgesehen. 77 Die Vorschrift tangiert nur am Rande fehlerhafte Marktkommunikation, betrifft aber Marktmissbrauch im weiteren Sinne, namentlich Insider Trading; sec. 16(b) SEA 1934 gibt Anlegern ein express private right of action gegen directors, officers und shareholders mit einem Anteil von über 10 %, wenn diese einen sog. short-swing profit erzielt haben, also einen Profit aus einem Geschäft, bei dem zwischen Kauf und Verkauf bzw. Verkauf und Kauf weniger als sechs Monate liegen. Der Rechtsbehelf ist quasi-derivativ und nicht kompensatorisch, das Klageziel geht auf Zahlung in das Vermögen des Emittenten; eine Haftung von Sekundärakteuren liegt hier eher fern; vgl. hierzu ausführlicher Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 13.2[1], S. 576 ff.; krit. Loss/Seligman/Paredes, Securities Regulation, Vol. 5 Ch. 6.E.3, S. 245 ff. Auch von der weiteren Darstellung dieser Vorschrift wird abgesehen. 78 Die Vorschrift bildet das auf den Sekundärmarkt bezogene Pendant zu sec. 11 SA 1933, erfasst also ausschließlich fehlerhafte Angaben in bei der SEC einzureichenden Unterlagen; sie gewährt ein express private right of action; aufgrund des Erfordernisses konkreten Vertrauens, reliance, ohne Anerkennung einer entsprechenden Vermutung, hat

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

Als besonders praxisrelevant hat sich jedoch aus sogleich zu erörternden Gründen sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 erwiesen. Die Vorschrift ist verschiedenen Schätzungen zufolge die relevante Anspruchsgrundlage in ca. 90 bis 95 Prozent der securities fraud class action-Verfahren, soweit ein Vorwurf fehlerhafter Marktkommunikation erhoben wird.81 Auf diese Vorschrift konzentriert sich daher auch ganz überwiegend die folgende Darstellung. Nach heutiger Rechtslage trifft Sekundärakteure zwar eine haftungsrechtliche Verantwortung wegen aiding and abetting, allerdings kann dies allein im Wege des public enforcement durch die SEC verfolgt werden.82 Auch andere Theorien zur Haftungsbegründung von Sekundärakteuren im private enforcement hat der Supreme Court zurückgewiesen. Da jedoch die Diskussion weiterhin aktiv ist und auch der Gesetzgeber sich jüngst erneut mit bisher sie neben sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 kaum einen praktischen Anwendungsbereich, beide Ansprüche bestehen nach überwiegender Auffassung kumulativ nebeneinander; vgl. zum Ganzen Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12:18, S. 410 ff., spezifisch zum Verhältnis der Ansprüche zueinander S. 414 ff. 79 Diese sog. Williams Act Remedies finden Anwendung in Übernahmesituationen, z. B. tender offers, going private transactions, in deren Rahmen den Aktionären reichhaltiges Informationsmaterial zur Verfügung gestellt werden muss; sofern hier Anleger durch material misstatements fehlinformiert werden, stellen sec. 13(d), 13(e) und 14(d) SEA 1934 möglicherweise ein implied private cause of action zur Verfügung, wobei unklar ist, ob dieses nur eine Klage auf injunctive relief oder auch eine Schadensersatzklage tragen würden; hinzu kommt mit sec. 14(e) SEA 1934 eine übernahmerechtliche anti-fraudGeneralklausel, hinsichtlich derer die Frage nach dem implied private right of action bislang ungeklärt ist; vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 11.9, S. 408 ff. zu sec. 13(d), 13(e) und 14(d) SEA 1934, sowie Vol. 3 § 11.10, S. 417 ff. zu sec. 14(e) SEA 1934; ein private enforcement befürwortend Loss/Seligman/Paredes, Securities Regulation, Vol. 5 Ch. 6 D.f., S. 166; soweit hier das private right of action abgelehnt wird, ist anerkannt, dass das implied private right of action aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 diese Konstellationen sachlich erfasst, vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 11.10, S. 417: „Anyone so injured [i. e. in connection with a tender offer] may also have a remedy implied under Rule 10b-5.“ Angesichts dieser Auffangwirkung wird die Frage der zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren nach diesen Vorschriften hier keiner isolierten Betrachtung unterzogen. 80 Für einen vollständigen tabellarischen Überblick möglicher private remedies des SA 1933 und des SEA 1934 vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 1 § 1.8, S. 186 f. 81 Vgl. hierzu Thel, 42 Stan. L. Rev. 385, 463 (1990); zudem Baker/Griffith, 74 U. Chi.  L. Rev. 487, 498 (2007), nach deren Recherchen 2005 etwa 93 % aller securities fraud class action-Verfahren einen vermeintlichen Verstoß gegen SEC Rule 10b-5 zum Gegenstand hatten. 82 Vgl. sec. 20(e) SEA 1934: „For purposes of any action brought by the Commission under paragraph (1) or (3) of section 21(d), any person that knowingly or recklessly provides substantial assistance to another person in violation of a provision of this title, or of any rule or regulation issued under this title, shall be deemed to be in violation of such provision to the same extent as the person to whom such assistance is provided.“

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ungewissem Ausgang mit der Thematik befasst hat,83 soll hier die zivilrechtliche Haftung der Sekundärakteure wegen aiding and abetting oder einer anderen Form der Teilnahme an fehlerhafter Kapitalmarktinformation trotz ihres derzeitigen Ruhens eingehend beleuchtet werden. Zunächst erfolgt eine Darstellung der Normsystematik sowie der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 (C.I.). Sodann gilt der Fokus den Voraussetzungen für die zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren aufgrund von aiding and abetting und weiterer derivativer Theorien zur Haftung von Sekundärakteuren, wie sie die Gerichte bis 1994 handhabten (C.II.). Es folgen eine Darstellung der Entscheidung Central Bank84, die diese Rechtsprechung beendete (C.III.), eine Betrachtung der Auswirkungen des PSLRA 1995 auf die zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren (C.IV.), sowie eine Analyse der Verarbeitung von Central Bank und PSLRA durch die Instanzgerichte und das Schrifttum (C.V.). Weiter werden die Entscheidung Stoneridge Investment Partners85 aus 2008 (C.VI.), das Aufkommen der implied statement theory (C.VII.) und das Urteil Janus Capital Group86 aus 2011 (C.VIII.) besprochen, die weitere Impulse in der Entwicklung der Haftungsvoraussetzungen gaben. Schließlich folgt eine Darstellung der gegenwärtigen Haftungslage für Sekundärakteure de lege lata unter Einschluss jüngster gesetzgeberischer Aktivitäten und aktueller Reformbestrebungen (C.IX.) sowie eine Schlussbetrachtung mit eigener Stellungnahme (C.X.). I. Zentrale Anspruchsgrundlage: sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 Die zentrale Verbotsnorm in Bezug auf marktmanipulatives Verhalten stellt sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 dar. Zunächst erfolgt hier eine Darstellung der Funktionsweise dieser Norm und ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen im Allgemeinen. 1. Konstruktion als flexible „catch-all clause“ Zwar bestehen neben sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 die eingangs genannten Haftungstatbestände, nach denen die zivilrechtliche Haftung

Hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.IX.1.a), S. 262 ff. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994). 85 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 128 S.Ct. 761 (2008). 86 Janus Capital Group, Inc. v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296 (2011). 83 84

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

von Sekundärakteuren denkbar ist,87 diesen kommt aber in der Praxis nur marginale Bedeutung zu.88 Dies lässt sich darauf zurückführen, dass diese Spezialtatbestände jeweils nur einen sehr schmalen sachlichen Anwendungsbereich aufweisen und zudem tatbestandliche Voraussetzungen stellen, die in der Rechtsrealität nur schwer zu beweisen sind.89 Im Gegensatz hierzu ist der Anwendungsbereich von sec. 10(b) SEA 1934, ganz im Sinne des historischen Gesetzgebers des SEA 1934,90 denkbar weit gehalten. Der Supreme Court führte dazu aus: „Section 10(b) was designed as a catch-all clause to prevent fraudulent practices.“91 Zudem urteilte das Gericht, Kläger könnten sich auch dann auf sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 berufen, wenn das streitgegenständliche Verhalten von einem spezielleren Rechtsbehelf des SA 1933 erfasst wird.92 Zuvor hatten einige Entscheidungen und Literaturstimmen angenommen, dass hier aus dem Spezialitätsgrundsatz eine Verdrängung der Generalklausel folge, insbesondere mit Blick auf das lediglich implizite private right of action.93 Dies erweiterte die Norm in zweierlei Hinsicht: Zum einen wird sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 nicht durch tatbestandlich speziellere Ansprüche oder solche, die ein ausdrückliches private right of action gewähren, verdrängt. Grundsätzlich kann also jede Art fehlerhafter Kapitalmarktinformation sachlich sec. 10(b) SEA 1934 unterfallen. Zudem erschließt die Entscheidung die Norm über den Sekundärmarkt hinaus auch für den Primärmarkt. 87 Dies sind sec. 9(e) SEA 1934, sec. 14(a) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 14a-9, sec. 16(b) SEA 1934, sec. 18(a) SEA 1934 sowie sec. 13(d) und 14(d) SEA 1934. Zu diesen soeben knapp Kapitel 2 – C., S. 150. 88 Diese Beobachtung wird allg. geteilt, vgl. Apolinsky, 58 Cath. U. L. Rev. 411, 417 (2009): „the cornerstone of the securities fraud action and […] the subsection most relied upon by plaintiffs in such an action.“ – McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1088 (1984); Ruder, 49 Bus. Law. 1479, 1480 (1994); siehe Thel, 42 Stan. L. Rev. 385, 463 (1990): „the rule has been given extraordinary prominence, almost eclipsing everything else as a source of federal securities law at least in the courts.“ 89 Vgl. soeben Kapitel 2 – C., S. 151 f. mit Fn. 75–79. 90 Vgl. zu den Motiven des historischen Gesetzgebers oben Kapitel 2 – Einleitung, S. 135 ff. 91 Chiarella v. United States, 445 U.S. 219, 226, 100 S.Ct. 1108, 1113 (1980); zuvor bereits gleichsinnig Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 202 ff., 96 S.Ct. 1375, 1385 ff. (1976). 92 Vgl. Herman & MacLean v. Huddleston, 495 U.S. 375, 387, 103 S.Ct. 683, 690 (1983). 93 Vgl. Cox, 28 Hastings L. J. 569, 599 ff. (1977) unter der Überschrift „Expressio Unius Est Exclusio Alterius“ mit den praktischen Folgen einer Sperrwirkung für den Anwendungsbereich von sec. 10(b) SEA 1934; zum implied private right of action ausf. unten Kapitel 2 – C.I.4., S. 173 ff.; vgl. allg. zum Konkurrenzverhältnis von express und implied private remedies in SA 1933 und SEA 1934 Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:5, S. 104 f.

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Überzeugend begründet der Supreme Court diesen weiten Anwendungsbereich damit, dass der Kläger für einen Anspruch aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 im Vergleich zu daneben einschlägigen Normen eine recht hohe Beweislast zu schultern habe: „Although limited in scope, § 11 places a relatively minimal burden on a plaintiff. In contrast, § 10 (b) is a ‘catch-all’ antifraud provision, but it requires a plaintiff to carry a heavier burden to establish a cause of action.“94

Die Option, anstelle der spezielleren Norm eine Verletzung von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 geltend zu machen, ermögliche also nicht, die Anforderungen anderer Vorschriften zu unterwandern.95 Diese Auslegung hat entscheidend zur Entwicklung des Anspruchs zur Generalklausel bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation beigetragen.96 Eine jüngere Entscheidung des Supreme Court scheint sich von diesem Verständnis obiter dictum graduell zu distanzieren.97 Zu diesem Zeitpunkt lassen sich jedoch keine gesicherten Schlüsse ziehen, die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. 2. Zusammenspiel von Gesetzesnorm und SEC Rule Für das Verständnis der Haftungsnorm erscheint es von Nutzen, sich der Regelungstechnik und Systematik näher zuzuwenden. Sec. 10(b) SEA 1934 wird durch derzeit 13 Rules der SEC flankiert.98 Herausgehobene Bedeutung hat dabei SEC Rule 10b-599 erlangt. Sie bildet im Verbund mit sec. 10(b) SEA 1934 den einheitlichen kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbestand für fehlerhafte Information. Man sagt, SEC Rule 10b-5 konkretisiere sec. 10(b) SEA 1934. Was aber bedeutet dies konkret? Antworten verspricht ein Blick in die Normhierarchie und den Wortlaut der Vorschriften. Section 10(b) SEA 1934 lautet (Auszug):

94 Herman & MacLean v. Huddleston, 495 U.S. 375, 382, 103 S.Ct. 683, 687 (1983) zu sec. 11 SA 1933 und sec. 10(b) SEA 1934. 95 So ausdrücklich Herman & MacLean v. Huddleston, 459 U.S.375, 382, 103 S.Ct. 683, 687 (1983); dies gilt fort, insbesondere seit die pleading requirements im Zuge des PSLRA 1995 deutlich erhöht wurden, vgl. ausf. hierzu unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 96 Vgl. Herman & MacLean v. Huddleston, 495 U.S. 375, 386, 103 S.Ct. 683, 689 (1983): Förderung der „broad proscription against fraud in § 10(b)“. 97 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2299 (2011); zu dieser Entscheidung ausf. unten Kapitel 2 – C.VIII., S. 252 ff., vgl. zur Frage des Konkurrenzverhältnisses des Anspruchs aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 zu spezielleren Tatbeständen unten Kapitel 2 – C.VIII.6., S. 260 f. 98 Vgl. für eine Übersicht der Rules Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 12.3[2], S. 520 f., Fn. 20. 99 Siehe der anekdotische Nachweis zur Entstehungsgeschichte der Rule bei Fleischer, BKR 2003, 608, 613.

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„It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by use of any means or instrumentality of interstate commerce or of the mails, or of any facility of any national securities exchange – […] (b) To use or employ, in connection with the purchase or sale of any security registered on a national securities exchange or any security not so registered, or any securities-based swap-agreement, any manipulative or deceptive device or contrivance in contravention of such rules as the [SEC] may prescribe as necessary or appropriate in the public interest or for the protection of investors.“100

Die SEC nahm sich dieses Regelungsauftrags erstmalig 1942 an und erließ folgende Rule 10b-5: „It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by the use of any means or instrumentality of interstate commerce, or of the mails or of any facility of any national securities exchange, (a) To employ any device, scheme, or artifice to defraud, (b) To make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in order to make the statements made, in the light of the circumstances under which they are made, not misleading, or (c) To engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person, in connection with the purchase or sale of any securities.“101

Die SEC ist als Verwaltungsbehörde Teil der Exekutive und besitzt damit im US-amerikanischen System der separation of powers keine legislative Gewalt. Der Gesetzgeber kann aber zu einem gewissen Grad rulemaking power auf die Exekutive übertragen, was er vorliegend im Wortlaut von sec. 10(b) SEA 1934 ausdrücklich getan hat. Diese Delegation ermächtigt die SEC, das nach sec. 10(b) SEA 1934 verbotene Verhalten näher zu definieren. Aufgrund der Normenhierarchie bildet dabei die Norm den äußeren Rahmen, innerhalb dessen die SEC tätig wird. Den Anwendungsbereich der Gesetzesnorm aber kann die Rule nicht erweitern.102 Dies betont auch der Supreme Court: 100 Sec. 10(b) SEA 1934, 15 U.S.C. § 78j, zuletzt geändert durch den Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act of 2010 (Dodd-Frank Act), Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376 (enacted July 21, 2010). 101 Exchange Act Release No. 3230, 7 Fed. Reg. 3804 (May 21, 1942); 13 Fed. Reg. 8183 (Dec. 22, 1948), as amended at 16 Fed. Reg. 7928 (Aug. 11, 1951); kodifiziert in 17 CFR §240.10b-5. 102 So die Auslegung des Supreme Court und der herrschenden Auffassung; vgl. nur Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 213 f., 96 S.Ct. 1375, 1391 (1976); zustimmend Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 883 (2008); a. A. Thel, 42 Stan. L. Rev. 385 (1990), mit einem eigenen Konzept, welches der SEC eine erheblich breitere rulemaking power zuspricht. Praktische Auswirkung wäre die Möglichkeit der SEC, durch ihre Rules die Tatbestandselemente eines Anspruchs nach sec. 10(b) SEA 1934 nicht nur inhaltlich zu konkretisieren, sondern eigenständig, auch für die Rechtsprechung verbindlich, deren Anwendungsbereich zu definieren. Die Ansicht konnte jedoch weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum Anhänger für sich gewinnen.

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„Rule 10b-5 was adopted pursuant to authority granted the [Securities and Exchange] Commission under § 10(b). The rulemaking power granted to an administrative agency charged with the administration of a federal statute is not the power to make law. Rather it is the power to adopt regulations to carry into effect the will of Congress as expressed by the statute. Thus, [the rule’s] scope cannot exceed the power granted the Commission by Congress under § 10(b).“103

Dennoch betrachtete das Gericht die SEC Rules sowie die Rechtsauffassungen der Behörde lange Zeit auch als Erkenntnisquelle für die Auslegung der betreffenden Gesetzesnormen; dies sei angesichts der Funktion der SEC und deren fachlicher Expertise angezeigt.104 1984 begründete der Supreme Court sodann die sog. Chevron-Doktrin, nach der Gerichte bei der Auslegung von Normen, deren Administration der Gesetzgeber einer Behörde überantwortet hat, die Auffassung dieser Behörde berücksichtigen sollen, soweit (a) der Wortlaut der Norm die Frage nicht eindeutig beantwortet und (b) die Auslegung durch diese Behörde nicht manifestly unreasonable ist.105 Mit diesem Verständnis eines pragmatischen Kooperationsverhältnisses zwischen SEC und Gerichten hat der Supreme Court nie ausdrücklich gebrochen, allerdings ist seit mehreren Jahren ein deutlicher Gesinnungswandel zu verzeichnen. Dieser äußert sich insbesondere in wachsender Skepsis gegenüber der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift, speziell des implied private right of action, aber auch in der Rechtsprechung zu weiteren Normen des SA 1933 und des SEA 1934. Heute neigt das Gericht zu einem sehr restriktiven, eng am Wortlaut der Gesetzesnormen orientierten Ansatz, während die funktional ausgerichtete Betrachtung in den Hintergrund gerät. Häufig positioniert sich der Supreme Court dabei explizit gegen von der SEC als amicus curiae übermittelte Rechtsauffassungen. Die Möglichkeit der Behörde, die Auslegung von sec. 10(b) SEA 1934 und SEC Rule 10b-5 zu beeinflussen, hat damit merklich abgenommen. Für die praktische Rechtsanwendung bedeutet dies, dass die sachliche Weite und die Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs primär im Wortlaut von sec. 10(b) SEA 1934 zu suchen sind, SEC Rule 10b-5 kommt nur ausgestaltende Wirkung innerhalb der aufgezeigten Grenzen zu. Dieses Ver-

103 Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 212 ff., 96 S.Ct. 1375, 1391 (1976) (interne Anführungszeichen und Verweise auf frühere Rechtsprechung weggelassen). 104 Siehe Bucklo, 29 Stan. L. Rev. 213 (1976–1977), unter Bezugnahme auf TSC Industries, Inc. v. Northway, 426 U.S. 438, 449, 96 S.Ct. 2126, 2132 f. (1976). 105 Vgl. Chevron, U.S.A., Inc. v. National Resources Defense Council, Inc., 467 U.S. 837, 843–846, 104 S.Ct. 2778, 2781–2783 (1984), anschaulich zur Frage, inwieweit der von Justice Scalia propagierte Textualismus, welcher die Rechtsprechung des Supreme Court zunehmend dominiert, mit der Doktrin vereinbar ist Merrill, 72 Wash. U. L. Q. 351 (1994).

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hältnis der Rechtsquellen zueinander hebt das Gericht auch gegenwärtig wieder deutlich hervor.106 3. Anspruchsvoraussetzungen Die Rechtsprechung hat dem Wortlaut der Vorschriften folgenden 6-Elemente-Test für das Vorliegen eines haftungsauslösenden Kapitalmarktdeliktes im Rahmen des private enforcement entnommen: Der Beklagte muss eine wesentliche Fehlinformation des Kapitalmarktes oder eine Unterlassung einer solchen Information, material misrepresentation or omission, begangen haben (a), dies muss qualifiziert schuldhaft geschehen sein, scienter (b), ein Zusammenhang zwischen der Fehlinformation bzw. unterlassenen Information und dem Kauf bzw. Verkauf eines betroffenen Wertpapieres muss vorliegen, connection with a purchase or sale of a security (c), der Geschädigte muss auf diese Information oder Unterlassung bei seiner Transaktionsentscheidung vertraut haben, reliance (d), und schließlich aufgrund dieses Vertrauens einen finanziellen Nachteil erlitten haben, economic loss und loss causation (e).107 Zu jedem dieser Elemente hat sich ein reichhaltiger Fundus an Rechtsprechung angesammelt, wodurch die Haftungsvoraussetzungen der Vorschrift stets schärfer konturiert wurden. Damit einhergehend hat aber der Tatbestand zunehmend an Komplexität gewonnen und an Übersichtlichkeit eingebüßt.108 Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die wesentlichen Merkmale der Elemente. Sie führt dort ausführlicher aus, wo mittelbar auch Fragen der Haftung von Sekundärakteuren tangiert sind. a) Fehldarstellung: making of a material misrepresentation or omission Zunächst muss das in Rede stehende Informationsverhalten eine material misrepresentation bzw. omission darstellen. Eine misrepresentation liegt vor, wenn eine Information über ein Wertpapier veröffentlicht wird, die entweder fehlerhaft, unvollständig oder irreführend ist.109 106 Vgl. jüngst Janus Capital Group, Inc. v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2301 f.; a. A. Thel, 42 Stan. L. Rev. 385, 461 (1990): „[T]he drafters intended to delegate considerably more regulatory power over speculative practices than is encompassed by the Supreme Court’s conception.“ 107 St. Rspr., vgl. unlängst Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 341 f., 125 S.Ct. 1627, 1631 (2005); Stoneridge Investment Partners, LLC, v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 157, 128 S.Ct. 761, 768 (2008). 108 Vgl. Thel, 42 Stan. L. Rev. 385, 386 (1990): „It would be very hard to define exactly what section 10(b) and Rule 10b-5 forbid. It is surely impossible to say it in a nutshell.“ 109 Vgl. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:15, S. 119 f., zur Frage, inwieweit die misrepresentation im inneren Zusammenhang mit dem Wert des Wertpapiers stehen muss, um tatbestandlich sec. 10(b) SEA 1934 zu unterfallen.

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Das Element gliedert sich sodann in zwei Komponenten, namentlich die Frage nach dem Urheber der misrepresentation, sowie die nach der Wesentlichkeit, materiality, einer Fehlinformation. Relevant sind zudem die Voraussetzungen der Zurechnung bei unterlassener Information sowie die rechtliche Bewertung von sich ex post als fehlerhaft herausstellenden Prognosen. aa) Gehalt des „to make“ a misrepresentation Die Frage, wer im Rahmen des Anspruchs passivlegitimiert ist, wer also maker der misrepresentation ist, hat die Diskussion um sec. 10(b) SEA 1934 in den vergangenen 20 Jahren entscheidend geprägt. Einigkeit besteht darin, dass es sich hierbei sowohl um natürliche als auch juristische Personen handeln kann. Sofern Geschädigte gegen den Emittenten eines Papiers vorgehen, dessen Kurs dieser selbst durch Fehlinformation beeinflusst hat, ergeben sich keine Probleme: Dieser ist dann Anspruchsgegner. Steht aber die Haftung von Sekundärakteuren im Fokus, wird die Frage virulent.110 Wem kann ein fehlerhaftes Informationsverhalten als eigenes zugerechnet werden, welcher Grad von Mitwirkung und Publizität ist hierfür erforderlich?111 Der Supreme Court betont, der Anspruchsgegner müsse selbst Urheber des streitgegenständlichen deceptive conduct sein,112 bzw. im Fall des Unterlassens selbst Adressat der entsprechenden duty to disclose.113 Dies hat das Gericht zuletzt im Jahre 2011 konkretisiert: Urheber i. S. d. making of a misrepresentation ist nunmehr lediglich, wer finale Kontrolle über den Inhalt der betreffenden Kommunikation, ultimate control, ausübt.114 Dies war zuvor weit weniger eng gehandhabt worden. Auf die sich hieraus ergebenden Probleme ist noch vertieft zurückzukommen.115 110 Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Sekundärakteur als Urheber einer misrepresentation anzusehen ist, ist seit Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 128 S.Ct. 1439 (1994) fallentscheidend, hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff. (zur Entscheidung) sowie Kapitel 2 – C.V., S. 224 ff. (zum circuit split in der Folgerechtsprechung). 111 Diese Fragen stellen zentrale Probleme vor allem im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren dar, von ihnen wird daher im weiteren Verlauf noch ausf. zu handeln sein. 112 Deutlich Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 180, 114 S.Ct. 1439, 1449 (1994): „A plaintiff must show reliance on the defendant’s misstatement or omission to recover under 10b-5.“ – Gleichsinnig Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 106 (1981); die gesamte Problematik ist eng verzahnt mit dem Erfordernis der reliance, vgl. dazu sogleich unten, Kapitel 2 – C.I.3.d), S. 166 f. 113 Näher zum Unterlassen als haftungsauslösendem Verhalten sogleich unten Kapitel 2 – C.I.3.a)cc), S. 161 f. 114 Vgl. Janus Capital Group, Inc. v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296 (2011), ausf. zu dieser Entscheidung unten Kapitel 2 – C.VIII., S. 252 ff. 115 Vgl. ausf. im Kontext der Entscheidung Janus unten Kapitel 2 – C.VIII., S. 252 ff.

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bb) Wesentlichkeit, materiality Die fehlerhafte Veröffentlichung bzw. pflichtwidrige Unterlassung muss sich auf material facts beziehen. Nach st. Rspr. liegt ein material fact vor, wenn ein durchschnittlicher Anleger die Information im Rahmen einer Transaktionsentscheidung mit großer Wahrscheinlichkeit für wichtig erachten würde.116 Dies wird angenommen, sofern die fehlerhafte Information (oder Unterlassung) einen signifikanten Niederschlag im total mix der dem Durchschnittsanleger zur Verfügung stehenden Informationen findet.117 Der Begriff der materiality wird in den informationsbezogenen Haftungstatbeständen des SA 1933 und SEA 1934 wiederholt verwendet und kongruent ausgelegt.118 Funktional handelt es sich um das verobjektivierte Pendant zum relianceErfordernis; während das Letztere ein konkretes Vertrauen des individuellen Geschädigten verlangt, stellt das Erstere auf die abstrakte Relevanz Information für den typisierten Anleger ab.119 Da es sich hierbei um eine Tatsachenfrage, keine Rechtsfrage handele, verweigert sich der Supreme Court einem konkreteren Standard; stets müsse eine Bewertung anhand aller Umstände des Einzelfalles erfolgen.120 Vgl. Little v. Valley National Bank of Arizona, 650 F.2d 218, 222 (9th Cir. 1981): „Facts are considered material if there is a substantial likelihood that an ordinary investor would have considered them important in deciding whether or not to purchase the securities.“ – Zuvor bereits gleichsinnig zu SEC Rule 14a-9: TSC Industries, Inc. v. Northway, Inc., 426 U.S. 438, 449, 96 S.Ct. 2126, 2132 (1976); ausdrücklich für SEC Rule 10b-5 übernommen in Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 231 f., 108 S.Ct. 978, 983 (1988); aus dem public enforcement vgl. SEC v. Seaboard Corp., 677 F.2d 1301, 1306 (9th Cir. 1982); zustimmend Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 9 (2008); vgl. zur historischen Entwicklung des Standards auch Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27.27, S. 147 f. 117 Vgl. TSC Industries v. Northway, Inc., 426 U.S. 438, 449, 96 S.Ct. 2126, 2132 (1976); zuletzt Matrixx Initiatives, Inc v. Siracusano, 563 U.S. ___, 131 S.Ct. 1309, 1318 f. (2011); dazu Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1029 (2012); Oesterle, 14 U. Pa.  J. Bus. L. 167, 187 ff. (2011); Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 126 f. (2011). 118 Vgl. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:26, S. 146 f.; dies voraussetzend auch Oesterle, 14 U. Pa. J. Bus. L. 167 (2011); siehe zudem die Rechtsprechungsnachweise in der vorigen Fn. 119 Vgl. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:26, S. 146. 120 So nachdrücklich Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 236, 108 S.Ct. 978, 986 (1988): „Any approach that designates a single factor occurence as always determinative of an inherently fact-specific finding such as materiality, must necessarily be overinclusive or underinclusive.“ – Jüngst ausf. die unpräzise Definition bemängelnd Oesterle, 14 U. Pa. J.  Bus. L. 167 (2011) mit Analyse der Standards aus TSC und Basic, vgl. S. 173 ff., S. 181 ff.; zuletzt Matrixx Initiatives, Inc v. Siracusano, 563 U.S. ___, 131 S.Ct. 1309 (2011); dazu Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 126 (2011): „prayers for more bright-line rules for materiality fell on deaf ears“; siehe aus der Praktikerperspektive zudem Gold/ Spinogatti, New York Law Journal, April 13, 2011. 116

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cc) Behandlung des Unterlassens: omission Lautet der Vorwurf auf das Unterlassen der Veröffentlichung einer Information, liegt dem Supreme Court zufolge nur dann eine vorwerfbare omission vor, wenn diesbezüglich eine duty to disclose bestanden hat.121 Es kann also kein pflichtwidriges Unterlassen einer Informationsveröffentlichung ohne entsprechende Publizitätspflicht geben.122 Dies klingt aus deutscher Perspektive vertraut: Sowohl im Strafrecht als auch im Deliktsrecht ist im Grundsatz zunächst eine Pflicht zum Tätigwerden festzustellen, bevor das Unterlassen einer Handlung zum Vorwurf erhoben werden kann.123 Diese Entscheidung bedeutet eine wesentliche Limitierung des personellen Anwendungsbereichs: Wegen Unterlassens haftet namentlich nur, wen gegenüber dem Geschädigten eine Publizitätspflicht hinsichtlich der betreffenden Information trifft, nicht hingegen wer zufällig an nicht öffentliche material facts gelangt und diese nicht veröffentlicht.124 dd) Prognosen Schließlich wird kontrovers diskutiert, inwieweit Prognosen zum Geschäftsverlauf material misstatements darstellen können. Heute besteht Einigkeit dahingehend, dass diese nicht per se von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 ausgeschlossen sind.125 Voraussetzung ist aber, dass die Prognose entweder mit konkreten Fakten unterlegt wird, den Anschein einer Garantie erweckt oder aber, dass der Urheber von der Prognose zum Zeitpunkt ihrer 121 Vgl. Chiarella v. United States, 445 U.S. 219, 230, 100 S.Ct. 1108, 1115 (1980): „[S]ilence in connection with the purchase or sale of securities may operate as a fraud actionable under § 10(b) despite the absence of statutory language or legislative history specifically addressing the legality of nondisclosure. But such liability is premised upon a duty to disclose arising from a relationship of trust and confidence between parties to a transaction.“ 122 Eine solche duty to disclose folgt vor allem nicht bereits aus der schlichten Kenntnis einer nichtöffentlichen Information, vgl. Chiarella v. United States, 445 U.S. 219, 228, 100 S.Ct. 1108, 1114 (1980). 123 Allg. Ansicht, vgl. aus dem Strafrecht nur Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder StGB, § 13 Rn. 2; aus dem Deliktsrecht Teichmann, in: Jauernig BGB, § 823 Rn. 29: „Pflicht zur Abwendung der Rechtsgutsverletzung“. 124 Chiarella v. United States, 445 U.S. 219, 235, 100 S.Ct. 1108, 1118 (1980): „When an allegation of fraud is based upon nondisclosure, there can be no fraud absent a duty to speak. We hold that a duty to disclose under § 10(b) does not arise from the mere possession of nonpublic market information.“ Anders kann dies liegen, wenn dieser Akteur die Information dann zum eigenen Vorteil verwendet, also den eigenen Kenntnisüberschuss gegenüber dem Markt nutzt, um Gewinne zu realisieren; hierbei handelt es sich dann aber um den Vorwurf des Insiderhandels, nicht mehr um Haftung für fehlerhafte Marktinformation, weshalb von der näheren Darstellung hier abgesehen wird. 125 Vgl. nur Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:43, S. 164 f.; Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.9[7][A], S. 79 ff.

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Veröffentlichung vernünftigerweise selbst nicht überzeugt gewesen sein konnte.126 Im Zuge des PSLRA 1995127 hat der Gesetzgeber zudem einen safe harbor für Prognosen geschaffen.128 Danach stehen dem Anspruchsgegner drei Einreden zur Verfügung, um einer Haftung wegen ex post nicht realisierter Vorhersagen zu entgehen.129 Dies gelingt gem. sec. 21E(c) SEA 1934 namentlich (1) sofern die Aussage als Prognose gekennzeichnet ist und deutlich aufzeigt, auf welche ungewissen Faktoren sie sich stützt und inwieweit ebendiese Faktoren Einfluss auf den Eintritt der Prognose haben,130 (2) wenn lediglich immaterial facts betroffen sind,131 (3) oder wenn dem Kläger nicht der Nachweis gelingt, der Urheber der Prognose habe Kenntnis von der misleading nature or falsity gehabt.132 Die Regelung erfasst sowohl schriftliche als auch mündliche Angaben.133 Der safe harbor soll einerseits Geschäftsleitern von Emittenten einen Anreiz bieten, ihre Einschätzungen zum künftigen Geschäftsverlauf zu äußern, ohne stets eine Haftung befürchten zu müssen.134 Andererseits sollen Investoren bei irrationalen, unhaltbaren Prognosen für Verluste entschädigt werden, die sie im berechtigten Vertrauen hierauf erleiden. Der safe harbor sucht hierbei im Interesse der Rechtssicherheit eine möglichst klare bright line zu

So In re International Business Machines Corporate, 163 F.3d 102, 107 (2d Cir. 1998) m. w. N.; vgl. zu dieser Problematik aus deutscher Perspektive umfassend Siebel/Gebauer, WM 2001, 118; sowie dies., WM 2001, 173. 127 Private Securities Litigation Reform Act of 1995, Public Law No. 104-67, 109 Stat. 737 (enacted December 22, 1995); zu dessen Auswirkungen auf die Haftung von Sekundärakteuren ausf. unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 128 Dieser findet Anwendung in jeder private action nach SA 1933 und SEA 1934, sofern Gegenstand der Klage eine unwahre oder täuschende Aussage zu material facts verbunden mit einem prognostischen Element bildet, vgl. sec. 27A(c) SA 1933 bzw. sec. 21E(c) SEA 1934. 129 Ausf. zur safe harbor Regelung Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 28, S. 234 ff.; knapper Hazen, Securities Regulation, Vol.4 § 12.9[7][C], S. 89 ff. 130 Vgl. sec. 27A(c) (1) (A) (i) SA 1933 bzw. sec. 21E(c) (1) (A) (i) SEA 1934. 131 Vgl. sec. 27A(c) (1) (A) (ii) SA 1933 bzw. sec. 21E(c) (1) (A) (ii) SEA 1934. 132 Vgl. sec. 27A(c) (1) (B) (i) SA 1933 bzw. sec. 21E(c) (1) (B) (i) SEA 1934; soweit Urheber der Information keine natürliche Person ist, muss der Kläger stattdessen approval of an executive officer und dessen positive Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit nachweisen, vgl. sec. 27A(c) (1) (B) (ii) SA 1933 bzw. sec. 21E(c) (1) (B) (ii) SEA 1934. 133 Bei mündlichen Aussagen ist Voraussetzung des safe harbor, dass zeitgleich schriftliche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, aus denen sich diejenigen Faktoren ergeben, aufgrund derer die tatsächliche Entwicklung von der Prognose abweichen könnte, vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.9[7][C], S. 95. 134 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.9[7][C], S. 95; Rieckhoff, Prognoseberichterstattung, 2009, S. 103. 126

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ziehen.135 Zugleich diente auch diese Regelung der Zurückdrängung von strike suits.136 Rechtspolitisch lässt sich insbesondere über die dritte Verteidigungsvariante, welche das Haftungsrisiko bei fehlerhaften Prognosen erheblich gesenkt hat, trefflich streiten. b) Verschuldensmaßstab: scienter Lange bestand Unklarheit, welcher Verschuldensgrad dem Anspruchsgegner für eine Haftung nachzuweisen sei. Einige Gerichte verlangten einfache Fahrlässigkeit, negligence,137 andere legten einen flexiblen Standard je nach der konkreten Pflichtenstellung des in Anspruch Genommenen an.138 Der Supreme Court folgerte dann 1976 aus dem Begriff des manipulative or deceptive conduct in sec. 10(b) SEA 1934, es sei scienter erforderlich.139 Dies besaß, wie das Gericht auch selbst einräumte, angesichts der schillernden Auslegung dieses Begriffs sowohl im common law also auch im statutory law jedoch nur begrenzte Aussagekraft.140 Das vielbesprochene Urteil141 thematisierte verschiedene Auslegungsmöglichkeiten, legte sich jedoch ausdrücklich nicht fest. Geklärt war aber die Ausgrenzung derjenigen Ansätze, die auch einfache 135 Krit. hinsichtlich der Erreichung dieses Ziels Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, §28:25, S. 289 ff., unter der Überschrift „How safe is the safe harbor“; ebenso unter Hinweis auf die unvermeidbare Ausfüllungsbedürftigkeit der Termini in dieser Regelung Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.9[7][C], S. 92. 136 Vgl. Rieckhoff, Prognoseberichterstattung, 2009, S. 103. 137 Vgl. nur bei Kohler v. Kohler Co., 319 F.2d 634, 637 (7th Cir. 1963): „[K]nowledge of the falsity or misleading character of a statement and a bad faith intent to mislead or misrepresent are not required“; ein Überblick der Rechtsprechung aus der Zeit vor Ernst & Ernst v. Hochfelder findet sich bei Bucklo, 29 Stan. L. Rev. 213, 231 ff. (1976–1977). 138 Vgl. mit Diskussion abweichender Ansätze White v. Abrams, 495 F.2d 724, 734 f. th (9 Cir. 1974): „The proper standard to be applied is the extent of the duty that rule 10b-5 imposes on this particular defendant.“ 139 Vgl. Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 96 S.Ct. 1375 (1976). 140 Floor, 12 New Eng. L. Rev. 191, 193 (1976) nennt als weitgehend synonym verwendete Begriffe für den von scienter beschriebenenen Verschuldensgrad u. a. intent to defraud, intentional misbehavior, knowing misbehavior, constructive knowledge, recklessness, bad faith und willfulness; siehe auch Dooley, Fundamentals of Corporation Law, 1995, S. 916: „one of the most elastic concepts ever devised by the common law.“ 141 Vgl. u. a. Bucklo, 29 Stan. L. Rev. 213 (1976–1977), insb. S. 218 ff. zu den verschiedenen vom Supreme Court angesprochenen Lösungsmöglichkeiten; zudem Cox, 28 Hastings L. J. 569 (1977), der sich gegen das scienter-Erfordernis ausspricht und der Analyse der Gesetzgebungsmaterialien durch den Supreme Court widerspricht: Historie und Wortlaut deuteten darauf hin, dass ein flexibler negligence-Standard anzulegen sei, was auch aus policy-Überlegungen folge, vgl. insb. S. 579 ff. und S. 582; Cox plädiert für einen flexiblen Standard, orientiert an commercial practicability und den Zielen der konkret verletzten Gebote, vgl. S. 586; Floor, 12 New Eng. L. Rev. 191, 212 (1976) folgert, die Entscheidung schließe lediglich negligence aus, recklessness hingegen sei von scienter erfasst; dies entspricht dem heute vorherrschenden Verständnis.

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negligence hatten ausreichen lassen oder komplett auf ein subjektives Element verzichteten.142 Im Jahre 1977 ergänzte das Gericht: „Congress meant to prohibit the full range of ingenious devices that might be used to manipulate securities prices. But we do not think it would have chosen this ‘term of art’ if it had meant to bring within the scope of § 10(b) instances of corporate mismanagement […], in which the essence of the complaint is that shareholders were treated unfairly by a fiduciary.“143

Reines corporate mismanagement reicht also für den Vorwurf von scienter nicht aus. Bis heute hat der Supreme Court nicht entschieden, ob reckless conduct das Erfordernis von scienter erfüllt, Instanzrechtsprechung und Literatur bejahen dies ganz überwiegend.144 Eine neuere Entscheidung des Supreme Court legt dies ebenfalls nahe.145 Dem ist beizupflichten, nicht zuletzt weil der Nachweis positiver Kenntnis der beweisbelasteten Partei häufig nicht gelingt und der recklessness Standard die Möglichkeit zur Abwägung eröffnet.146 Insbesondere erlaubt das Konzept der constructive knowledge unter bestimmten Voraussetzungen, grob fahrlässige Unkenntnis in der Rechtsfolge mit positiver Kenntnis gleichzusetzen. Auch dieses Element unterliegt seit dem PSLRA 1995 erhöhten pleading standards.147 In diesem Zusammenhang wird zudem die Frage nach dem good faithEinwand bezüglich des Vertrauens auf anwaltlichen Rat diskutiert. Ob und 142 Dazu Bucklo, 29 Stan. L. Rev. 213, 214 (1976–1977); Cox, 28 Hastings L. J. 569, 628 (1977); Floor, 12 New Eng. L. Rev. 191, 201 (1976) attestiert dem Gericht unsystematische und teils widersprüchliche Methodik; vgl. auch Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 231 (1977): „Although the language plainly appears to rule out liability premised on degrees of culpability below specific intent to defraud, the circumstances of the case and other language in the opinion suggest that the Court was primarily concerned with excluding liability based on negligence only.“ 143 Vgl. Santa Fe Industries v. Green, 430 U.S. 462, 477, 97 S.Ct. 1292, 1303 (1977); a. A. Thel, 42 Stan. L. Rev. 385, 447 (1990): „[Sec. 10(b)] was intended to authorize administrators to prohibit [detrimental] stock market practices, regardless of the motives of those who employed them.“ 144 Vgl. Sundstrand Corp. v. Sun Chemical Corp., 553 F.2d 1033, 1039 f. (7th Cir. 1977); Barker v. Henderson, Franklin, Starnes & Holt, 797 F.2d 490, 495 (7th Cir. 1986), hier wurde dies zudem auf aiding and abetting übertragen, dazu ausführlicher unten Kapitel 2 – C.II.2.c)bb)(1), S. 191 f.; aus der Literatur vgl. Bucklo, 29 Stan. L. Rev. 213, 227 ff. (1976–1977); Floor, 12 New Eng. L. Rev. 191, 205 (1976); Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 327 (1988) m. w. N. in Fn. 74. Vgl. aus heutiger Sicht Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:19, S. 123 ff.; Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.8[3], S. 12 ff.; siehe auch Baums, ZHR 167 (2003) 139, 190 f.: recklessness sei zwischen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit angesiedelt und entspreche etwa bewusster Fahrlässigkeit. 145 Vgl. Tellabs, Inc. v. Makor Issues & Rights Ltd., 551 U.S. 308, 127 S.Ct. 2499 (2007). 146 So auch Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 324 (1988); vgl. zudem die plastisch illustrierte Abgrenzung von negligence und recklessness bei Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 234 f. (1977).

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inwieweit ein in Anspruch genommener Akteur dadurch den Vorwurf von scienter entkräften kann, wird nicht einheitlich bewertet.148 c) Transaktionserfordernis: in connection with a purchase or sale of a security Weitere Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Kläger zu einem Zeitpunkt, in dem der Markt nicht korrekt informiert war, eine Transaktion im Hinblick auf das betreffende Wertpapier vorgenommen hat, sog. Birnbaum Rule.149 Dieses Transaktionserfordernis wurde zunächst von Stimmen in der Literatur bekämpft, hat sich aber mittlerweile etabliert.150 Dem mag man entgegenhalten, ein Investor, der von einer günstigen Investitionsentscheidung aufgrund fehlerhafter Information Abstand nehme, erleide einen Schaden, der bei wertender Betrachtung dem Schaden desjenigen, der durch eine Fehlinformation zu einer Investitions- oder Deinvestitionsentscheidung verleitet wird, weitgehend gleichkommt. 151 Allerdings brächte ein Verzicht auf die Birnbaum Rule auch massive praktische Probleme bei der Ermittlung der Anspruchsberechtigten, die es nach überwiegender Ansicht rechtfertigen, an ihr festzuhalten. 152 Auch der Wortlaut in connection with the purchase or sale of a security spricht dafür. Zudem muss eine connection zwischen der Fehlinformation und der Transaktionsentscheidung bestehen.153 Dieser innere Zusammenhang wird jedoch nicht als notwendige Kausalität, but-for-causation, verstanden.154 Das Merkmal dient als eher grober Filterdazu, Informationen bzw. Verhaltensweisen, die in keinem Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf von Wertpapieren

147 Das vom Kläger zu etablierende Beweisniveau wurde also erhöht, vgl. sec. 21D(b) (2) SEA 1934; hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.IV.2.b), S. 222 f.; vgl. dazu auch Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:18, S. 123. 148 Vgl. umfassend Floor, 12 New Eng. L. Rev. 191, 213 ff. (1976); zum Vertrauen auf Einschätzungen von Analysten Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.9[7][D], S. 95 ff. 149 Hierzu grundlegend Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 95 S.Ct. 1917, 421 U.S. 724 (1975), hier bestätigte der Supreme Court die im 2d Circuit entwickelte Birnbaum Rule, vgl. Birnbaum v. Newport Steel Corp., 193 F.2d 461 (2d Cir. 1952); dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:13, S. 117 f. 150 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 12.7[1][A], S. 570 f.; vgl. zur Parallelproblematik im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG oben Kapitel 1 – C.II.2.a)cc), S. 78. 151 So ein Kerneinwand der dissenting opinion in Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 95 S.Ct. 1917, 1941, 421 U.S. 724, 770 (1975) (Blackmun J., dissenting). 152 Dieses policy-Argument betont auch Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 95 S.Ct. 1917, 1928, 421 U.S. 724, 742 (1975); vgl. zu den Auswirkungen der Entscheidung Lowenfels/Bromberg, 57 Bus. Law. 1, 9 ff. (2001). 153 Ausf. Lowenfels/Bromberg, 57 Bus. Law. 1 (2001), die einen split zwischen einem eher großzügigen und einem restriktiven Ansatz ausmachen und dem case law insgesamt attestieren, zu weitgehend sachgerechten Ergebnissen zu gelangen. 154 So auch Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:38, S. 160.

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stehen, aus dem Anwendungsbereich auszuschließen.155 Dieses proximate cause requirement wird sehr weit ausgelegt156 und bereitet in den hier untersuchten Konstellationen i. d. R. keine Probleme.157 Zunächst war zudem das Konzept der privity of contract in dieses Element hineingelesen worden, Anspruchsteller und -gegner mussten also die Parteien der schädigenden Transaktion gewesen sein.158 Ab Beginn der 1960er Jahre gaben jedoch sämtliche mit der Frage befassten Gerichte diese Auffassung richtigerweise auf.159 d) Haftungsbegründende Kausalität: reliance Der Anspruchsteller muss auf das fehlerhafte Informationsgebaren des Anspruchsgegners in Bezug auf das betreffende Wertpapier vertraut haben. Dieses Erfordernis ist, sowohl bei der abstrakten Auslegung wie auch im konkreten Einzelfall, in enger Verzahnung mit dem Erfordernis des making of a misrepresentation zu sehen. Die Frage der reliance bildet eine der umstrittensten Voraussetzungen des Anspruchs aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 und ist gerade bei der Beteiligung von Sekundärakteuren häufig fallentscheidend. Der Supreme Court verschließt sich aus verschiedenen, noch näher zu erörternden Gründen bei diesen Akteuren regelmäßig der Anwendung der etablierten widerleglichen Vermutungen zur haftungsbegründenden Kausalität.160 Daher müssen Anspruchsteller ein tatsächliches, personell und sachlich konkretisiertes Vertrauen auf die Kommunikation des Geg155 Vgl. aus der Rechtsprechung SEC v. Zandford, 535 U.S. 820, 112 S.Ct. 1899 (2002), der Schädiger hatte hier die Geschädigten überzeugt, ein Anlagedepot zu eröffnen, sich von diesen umfassende Vollmachten erteilen lassen und das anvertraute Vermögen sodann veruntreut. Der Supreme Court bejahte die nötige connection, obgleich die schädigenden Wertpapiertransaktionen in nur mittelbarem Zusammenhang mit der Täuschungshandlung standen. 156 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.5, S. 544: „[D]issemination to the public through a medium of communication upon which the reasonable investor would rely will satisfy the ‘in connection with’ requirement. Even a technical advertisement in a specialized journal could be said to be in connection with a purchase or sale of a security if it is likely to affect the readers’ investment decisions about the company’s securities.“ – Diese Auslegung sei nicht unumstritten, entspreche aber ständiger Praxis. 157 Aus der aktuellen Diskussion Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2149 ff. (2010), der eine Lösung der Probleme im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Primär- und Sekundärakteuren darin erblickt, die Elemente in connection with und reliance enger zu verzahnen und um ein flexible duty-Element anzureichern; dies sei ohne eine Änderung des statutory law und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Supreme Court möglich. 158 Vgl. Joseph v. Farnsworth Radio & Television Corp., 99 F.Supp. 701, 706 (District Court, S.D.N.Y. 1951). 159 Vgl. Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 618 ff. (1972). 160 Im Fall aktiver Kommunikation ist dies die fraud on the market theory, zu dieser sogleich Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 f., sowie beim Unterlassen die Affiliated UTEDoktrin, zu dieser sogleich Kapitel 2 – C.I.3.d)aa), S. 167.

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ners darlegen, aufgrund dessen sie eine spezifische Transaktion getätigt haben.161 Bei der Beteiligung externer Berater, den klassischen gatekeepers am Kapitalmarkt, gelingt dies mangels einer namentlichen Verknüpfung des Akteurs mit der fehlerhaften Information selten.162 Wendet man den Blick wieder den Primärverletzern zu, leuchtet das Element durchaus ein; es bildet das subjektive Bindeglied zwischen der Fehlinformation und dem eingetretenen Anlegerschaden und füllt so, in weit abgeschwächter Form, funktional die Aufgabe der bewusst nicht in den Anspruch aufgenommenen privity of contract aus.163 Teil der reliance bildet zudem, dass dieses konkrete Vertrauen sich in der schädigenden Transaktion manifestiert hat. Diese sog. transaction causation ist in aller Regel bewiesen, wenn der Kläger das Transaktionserfordernis sowie die erforderliche connection with the purchase or sale of a security erfolgreich darlegt. Angesichts der Schwierigkeiten, die der Beweis eines tatsächlichen Vertrauens auf eine bestimmte Information geschädigten Anlegern insbesondere im Rahmen der securities fraud class action bereiten kann, hat der Supreme Court zwei rebuttable presumptions zugunsten der haftungsbegründenden Kausalität anerkannt: Diese greifen einerseits bei der Unterlassung einer geschuldeten Veröffentlichung sowie bei fehlerhaftem aktiven Informationsverhalten, sofern ein öffentlicher, informationseffizienter Markt für das Wertpapier besteht. aa) Vertrauen auf pflichtwidriges Unterlassen? Im Zusammenhang mit dem pflichtwidrigen Unterlassen einer Mitteilung, material omission, war zunächst problematisch, wie ein geschädigter Anleger Vertrauen auf ein bestimmtes Informationsverhalten des Anspruchsgegners beweisen könne. Da keine Information veröffentlicht wird, besteht auch kein spezifisches Vertrauen auf eine konkrete Untätigkeit. Dessen nahm sich der Supreme Court 1972 an und postulierte die Affiliated UTE-Doktrin:164 Bei einem Unterlassungsvorwurf muss kein Beweis konkreter reliance erbracht werden. Es genügt, dass der Anspruchsgegner hinsichtlich eines material Ausf. hierzu insb. die Analyse der Entscheidungen Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff., sowie Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 128 S.Ct. 761 (2008), unten Kapitel 2 – C.VI., S. 238 ff. 162 Auf diese Problematik wird im weiteren Verlauf noch wiederholt und dezidiert eingegangen werden. 163 Vgl. zur privity of contract bereits oben bei sec. 12 SA 1933, Kapitel 2 – B.I.3., S. 144 f. 164 Vgl. Affiliated UTE Citizens of Utah v. United States, 406 U.S. 128, 153 f., 92 S.Ct. 1456, 1472 (1972); zu praktischen Anwendungsproblemen siehe Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:20, S. 128. 161

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facts einer Veröffentlichungspflicht, duty to disclose, nicht nachgekommen ist. Sodann wird eine rationale Anlegerreaktion für den hypothetischen Fall korrekten Informationsverhaltens unterstellt, also angenommen dass der Geschädigte die betreffende Transaktion in Kenntnis der pflichtwidrig unterlassenen Information nicht getätigt hätte. Konkretes Vertrauen wird ersetzt durch typisiertes Vertrauen des durchschnittlichen Anlegers darauf, dass ein publizitätspflichtiger Emittent seine Pflicht gewissenhaft erfüllt. Da es sich um eine rebuttable presumption handelt, steht dem Anspruchsgegner die Möglichkeit offen, diese Vermutung durch Gegenbeweis zu entkräften. bb) Anerkennung der fraud on the market theory Auch bei misrepresentation durch aktives Tun gelang es Klägern häufig nicht, nachzuweisen, dass sie eine Transaktion spezifisch im Vertrauen auf eine bestimmte fehlerhafte Information getätigt hatten. Dies veranlasste den Supreme Court 1988 dazu, für den Nachweis haftungsbegründender Kausalität die sog. fraud on the market theory als eine widerlegbare Vermutung, rebuttable presumption, anzuerkennen und damit mittelbar zugleich die ökonomische Theorie informationseffizienter Kapitalmärkte zu adeln.165 Im Wesentlichen besagt die fraud on the market theory, dass das Vertrauen des Anlegers sich bei jeder Investitions- oder Deinvestitionsentscheidung auch darauf bezieht, dass der Kapitalmarkt hinsichtlich dieses Papiers über alle relevanten Informationen verfügt, die für eine wohlinformierte Transaktionsentscheidung vonnöten sind, und dass diese positiven und negativen Informationen in den Kurs des Papieres eingeflossen sind.166 Diese Annahme der Verarbeitung sämtlicher im Markt verfügbarer Informationen in den Preis des Papiers ist, in größtmöglicher Verknappung, die Kernaussage der von Eugene F. Fama begründeten Theorie informationseffizienter Kapitalmärkte.167 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 223, 241 ff., 108 S.Ct. 978, 988 ff. (1988) mit Diskussion legislativer und judikativer Historie und ökonomischer Hintergründe; hierzu Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 307 ff. (2008–2009). 166 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 223, 247, 108 S.Ct. 978, 992 (1988); vgl. aus der Instanzrechtsprechung zuvor statt vieler Peil v. Speiser, 806 F.2d 1154, 1160 f. (3rd Cir. 1986). Aus dem deutschen rechtsökonomischen Schrifttum Ott, in: FS H.B. Schäfer, 2008, S. 171, 187 f. mit Hinweis auf Erkenntnisse der Verhaltensökonomie, welche diese Theorie zunehmend in Frage stellten; knapp Koller, in: FS U. Huber, 2006, S. 821, 829 f. 167 Grundlegend mit empirischer und theoretischer Untermauerung Fama, 25 Journal of Finance 383 (1970): „A market in which prices always ‘fully reflect’ available information is called ‘efficient’.“ – Vgl. dazu kürzlich Sester, ZGR 2009, 310, insb. 323 ff., um eine genauere Konturierung des Begriffs der Kapitalmarkteffizienz bemüht; knapp Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.10[6][A], S. 133 mit Fn. 97; Waneka, 86 Denv. U. L.  Rev. 303, 306 f. (2008–2009); freilich kommt die Theorie immer stärker unter Bedrängnis (vgl. die Nachweise in der vorigen Fn.), aufgrund der Anerkennung durch den Supreme Court bildet sie aber bis auf weiteres ein Faktum der lex lata; instruktiv und krit. zur auf 165

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Wenn nun, so die fraud on the market theory, der Anleger zu einem Zeitpunkt, in dem der Preis des Papiers aufgrund fehlerhafter Informationen verzerrt ist, eine Transaktion tätigt, hat er auf einen vermeintlich korrekt informierten Markt und dessen Preisabbildungsfähigkeit vertraut und ist in diesem Vertrauen enttäuscht. Dies genüge, um das Kriterium der reliance auszufüllen.168 Es entfällt die Notwendigkeit, eine darüber hinausgehende haftungsbegründende Kausalität im Bezug auf ein spezifisches Informationsgebaren nachzuweisen. Bündig der Supreme Court: „An investor who buys or sells stock at the price set by the market does so in reliance on the integrity of that price. Because most publicly available information is reflected in market price, an investor’s reliance on any public material misrepresentations, therefore, may be presumed for purposes of a Rule 10b-5 action.“169

cc) Anwendungsvoraussetzungen der fraud on the market theory Vor Anwendung der fraud on the market theory müssen Kläger identifizieren, welche konkrete Fehlinformation zu einer Kursverzerrung im relevanten Transaktionszeitpunkt geführt hat.170 Lediglich auf den Nachweis konkreten Vertrauens wird verzichtet.171 Die Informationsgewinnung wurde hier deutlich erschwert. Die früher bestehende Möglichkeit, auch vor substantiierter Darlegung eines Anfangsverdachtes im Wege der pre trial discovery beim Beklagten an Informationen zu gelangen, sog. fishing expeditions, wurde mittlerweile erheblich eingeschränkt.172 Viele der in Rede stehenden Informadieser Theorie fußenden preiszentrierten Informationstheorie Friedrich August von Hayeks und zu deren Implikationen für die Preisbildung an internationalen Kapitalmärkten Streissler, ORDO 51 (2000) 75, insb. 85 ff. 168 Vgl. die scharfe Kritik bei Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 219 ff., 224 (2008), der dies sowohl aus der Perspektive des Haftungsrechts und seiner Ziele, als auch aus wohlfahrtsökonomischer Sicht als kontraproduktiv wertet. Auch ein namhafter Befürworter der securities fraud class action, Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2144 (2010) bemerkt jüngst, die Anwendung der fraud on the market theory sei zwar in bestimmten Konstellationen richtig und wichtig, setze aber stets eine sorgfältige Prüfung voraus, da es sich um ein extraordinary remedy handle, das bei fehlerhafter Anwendung zu Überkompensation führen könne. 169 Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 223, 247, 108 S.Ct. 978, 992 (1988); dazu pointiert Dooley, Fundamentals of Corporation Law, 1995, S. 966: „The ultimate effect of Basic is to read the reliance requirement out of any 10b-5 claim that is prosecuted as a class action.“ 170 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.10[6][A], S. 131. 171 Deutlich Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.10[6][A], S. 132: „Merely establishing a material misrepresentation, however, will not trigger the fraud-on-the-market presumption unless it can also be shown that the market reacted to the misstatements.“ 172 Seit dem PSLRA 1995 ruht die discovery während einer motion to dismiss des Beklagten grds., was die Beweisgewinnung erschwert; zudem wurden die pleading standards hinsichtlich der konkreten Fehlinformation signifikant erhöht; zum PSLRA und dessen Auswirkungen ausführlicher unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff.

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tionen sind zwar solche, die ohnehin an den Markt kommuniziert werden, und somit auch ohne discovery zu erlangen sind. Dennoch ist die Beweisgewinnung für Kläger hier empfindlich verkompliziert worden. Überdies ist für die Anwendung der fraud on the market theory vom Kläger zu beweisen, dass im Hinblick auf das Wertpapier im betreffenden Zeitpunkt ein aktiver und informationseffizienter Markt bestand.173 Der Supreme Court betont in seiner jüngeren Rechtsprechung, die geforderte reliance müsse – auch unter Anwendung der fraud on the market theory – einen konkreten Bezug zu dem Informationsgebaren des in Anspruch genommenen Akteurs (misrepresentation) aufweisen, misrepresentation und reliance haben also vermittels der transaction causation das identische Bezugsobjekt.174 Allgemeines Vertrauen darauf, dass „alles in Ordnung“ ist, reiche ebenso wenig aus wie reliance auf einen Akteur, der nicht selbst Urheber der misrepresentation ist.175 Da es sich um eine rebuttable presumption handelt, steht dem Beklagten die Möglichkeit offen, diese durch Erbringung des Gegenbeweises zu erschüttern.176 dd) Aktuelle Kritik am reliance-Erfordernis Im Wortlaut von sec. 10(b) SEA 1934 oder SEC Rule 10b-5 findet sich kein Hinweis auf das reliance-Erfordernis, dieses hat der Supreme Court dem common law entlehnt und ist damit auch grundsätzlich auf Zustimmung ge173 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.10[6][A], S. 135 f., mit einem fünfgliedrigen Test für das Vorliegen eines informationseffizienten Marktes, siehe S. 134. 174 So deutlich Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 159, 128 S.Ct. 761, 769 (2008): „[R]eliance by the plaintiff upon the defendant’s deceptive acts […] ensures that, for liability to arise, the requisite causal connection between a defendant’s misrepresentation and a plaintiff’s injury exists as a predicate for liability.“ (Internes Zitat aus Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 243, 108 S.Ct. 978, 989 (1988) weggelassen); dagegen Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 322 f. (2008–2009), der die fraud on the market theory im engen Zusammenhang mit causation und economic loss versteht und für eine geringere Beibringungslast eintritt, vgl. S. 323: „[I]f a defendant’s deceptive acts influenced the market, and the plaintiff relied on the integrity of that market, a sufficient causal connection should exist.“ 175 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 160, 128 S.Ct. 761, 770 (2008). 176 Dies eröffnet mehrere Verteidigungswege, sowohl hinsichtlich der Prämissen der fraud on the market theory (z. B. durch den Nachweis, für das Papier habe kein effizienter Markt bestanden) als auch hinsichtlich ihrer Folgen (z. B. durch den Beweis, die misrepresentation habe den Marktpreis nicht beeinflusst, teils als truth on the market defense bezeichnet); vgl. hierzu auch Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:23, S. 138 ff.; Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.10[6][D], S. 142 f.; Langevoort, 140 U. Pa. L. Rev. 851, 893 f. (1992) bezweifelt hingegen, dass dieser Gegenbeweis in der Rechtsrealität Bedeutsamkeit erlange.

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stoßen. Ohne diesen limitierenden Faktor wäre die Zahl potenzieller Anspruchsteller unüberschaubar, zudem etabliert das reliance-Erfordernis eine nötige Verbindung zwischen dem schadensstiftenden Verhalten des Anspruchsgegners und dem Schaden des Anspruchstellers.177 Dennoch wird gegenwärtig Kritik an der Anwendung durch den Supreme Court laut. Das Gericht, so ein Vorwurf, verwende reliance zur Lösung diverser unterschiedlicher Probleme, verhalte sich hierbei in höchstem Grade widersprüchlich und lade den Begriff damit über seine originäre Leistungsfähigkeit hinaus auf.178 Andere bemängeln, dass der Supreme Court den Begriff zwar einerseits dem common law entlehnt, sich aber andererseits weigert, dieses zur Auslegung und Ausfüllung des Begriffs herbeizuziehen, sondern sich dafür primär auf das statutory law von sec. 10(b) SEA 1934 stützt, was naturgemäß wenig zur Erkenntnis beitragen könne, da ebendiese Vorschrift den Begriff reliance gar nicht enthalte.179 Der Blick in das deutsche Recht fördert wiederum Parallelen zutage: Auch hier ist die Problematik der haftungsbegründenden Kausalität ein zentraler Streitpunkt.180 e) Schaden, economic loss und haftungsausfüllende Kausalität, loss causation Schließlich muss dem Anleger ein wirtschaftlicher Schaden, economic loss, aufgrund der konkreten Transaktion entstanden sein. Dieser muss kausal auf die misrepresentation des Anspruchsgegners zurückzuführen sein, sog. loss causation181. Dies sieht Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1195 (2007–2008) als zentralen Gehalt des reliance-Elementes und kritisiert die Auslegung des Supreme Court; diese laufe der Intention des Erfordernisses und sec. 10(b) SEA 1934 zuwider. 178 So Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 242 (2008): „The court borrows the common law element of reliance, without really explaining why, but then disregards it when inconvenient, as it did in adopting the FOTM theory in Basic and Kennedy’s rejection of common law standards in Stoneridge. The Court treats the reliance element as a doit-all tool to implement its policy choices of the moment, without fully understanding the implications of those choices.“ – Ähnlich jüngst erneut ders., 37 J. Corp. L. 105, 134 f. (2011). 179 Vgl. Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 653 ff. (2008); ähnlich Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 242 (2008). 180 Vgl. insb. zur Haftung nach § 826 BGB oben Kapitel 1 – C.II.3.a)cc), S. 88 f., zur Kritik an der Rechtsprechung Kapitel 1 – C.II.3.d)cc), S. 93 f. 181 In der Rechtsprechung zu sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 haben sich zwei verschiedene Kausalerfordernisse ausgeprägt, die nachzuweisen sind; einerseits die Kausalität der misrepresentation für die nötige Transaktion (transaction causation), andererseits diejenige der misrepresentation für den eingetretenen wirtschaftlichen Schaden (loss causation); das Element der transaction causation geht – obgleich es sich technisch gesehen um unterschiedliche Voraussetzungen handelt – inhaltlich vollständig in der reliance auf und wird daher regelmäßig nicht gesondert benannt; vgl. hierzu Hazen, Securities 177

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Der Supreme Court entschied hierzu 2005, es genüge nicht, wenn der Kläger eine Preisverzerrung des in Rede stehenden Papiers infolge einer misrepresentation darlege, da allein hieraus noch kein Schaden resultiere.182 Nachzuweisen sei ein innerer Zusammenhang zwischen Fehlinformation und realisiertem wirtschaftlichen Verlust.183 Auch dieses Element unterliegt seit dem PSLRA 1995 erhöhten pleading requirements.184 Der Supreme Court urteilte jüngst jedoch relativierend, im Verfahrensabschnitt der class certification müsse noch kein endgültiger Beweis der loss causation erbracht werden.185 Angesichts der Tatsache, dass ein Anspruch aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 auch stets scienter des Anspruchsgegners erfordert,186 sprechen sich Literaturstimmen dafür aus, hier insgesamt eher großzügig vorzugehen. Die Bestimmung der misrepresentation zu marktmissbräuchlichen Zwecken durch den Schädiger, die im scienter-Element enthalten ist, rechtfertige einen eher großzügigen Standard im Rahmen der Ermittlung der dem Schädiger zuzurechnenden Schäden.187 Regulation, Vol. 4 § 12.11, S. 150 ff.; vgl. aus der Rechtsprechung Lattanzio v. Deloitte & Touche LLP, 476 F.3d 147, 157 (2d Cir. 2007): „Loss causation is related to the tort law concept of proximate cause: […] A misstatement is the ‘proximate cause’ of an investment loss if the risk that caused the loss was within the zone of risk concealed by the misrepresentations … alleged by a disappointed investor.“ (Interne Verweise weggelassen.) Funktional ist die loss causation das Äquivalent zur haftungsausfüllenden Kausalität im deutschen Recht; siehe vertiefend Richter, Schadenszurechnung, 2012, S. 58 ff. 182 Vgl. Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 342, 125 S.Ct. 1627, 1631 (2005); dazu Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1031 (2012); rechtsvergleichend Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1809 f.; Richter, Schadenszurechnung, 2012, S. 58 ff. 183 Vgl. Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 345 f., 125 S.Ct. 1627, 1633 (2005). 184 Private Securities Litigation Reform Act of 1995, Public Law No. 104-67, 109 Stat. 737 (enacted December 22, 1995); vgl. zu dessen Auswirkungen auf die Haftung von Sekundärakteuren ausf. unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff, speziell zu economic loss und loss causation unten Kapitel 2 – C.IV.2.c), S. 222. 185 Vgl. Erica P. John Fund, Inc. v. Halliburton Co., 563 U.S. ___, 131 S.Ct. 2179, 2183 (2011); vgl. zu verbleibenden Unsicherheiten bezüglich Beweislast sowie Anwendbarkeit der fraud on the market theory Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1032 f. (2012) mit Fn. 64. 186 Zum scienter-Erfordernis bereits ausf. oben Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 ff. 187 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.11[1), S. 154 f. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung in Fn. 25; vgl. aber Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 347, 125 S.Ct. 1627, 1634 (2005): „[I]t should not prove burdensome for a plaintiff who has suffered an economic loss to provide a defendant with some indication of the loss and the causal connection that the plaintiff has in mind. At the same time, allowing a plaintiff to forgo giving any indication of the economic loss and proximate cause […] would bring about harm of the very sort the statutes seek to avoid.“ – Vgl. aus der nachfolgenden Instanzrechtsprechung In re Enron Corporation Securities, Derivative & „ERISA“ Litigation, 439 F.Supp.2d 692, 702 (District Court, S.D. Texas 2006): „[O]ne acceptable, but not the only, way to plead proximate cause and economic loss […] is to allege that the price a

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Die Schadensberechnung ist grundsätzlich auf Kompensation ausgerichtet und erfolgt nach einem modifizierten out-of-pocket-Prinzip: Jeder, der während der relevanten class period eine schädigende Transaktion getätigt hat, soll die Differenz zwischen dem Preis, zu dem er gehandelt hat und dem hypothetisch fairen Preis im Handelszeitpunkt als Schadensersatz erhalten.188 Punitive damages hingegen gewährt sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 nicht.189 In der Rechtsrealität endet jedoch die weit überwiegende Zahl der Verfahren in einem settlement, sodass es auf die gesetzliche Schadensberechnung selten ankommt und eine vollständige Kompensation der geschädigten Anleger, wie sie das normative Leitbild darstellt, kaum je erreicht wird.190 4. Sec. 10(b) SEA 1934 und private enforcement Weder sec. 10(b) SEA 1934 noch SEC Rule 10b-5 statuieren ein ausdrückliches Recht privater Kläger, auf dieser Grundlage eine Schadensersatzklage gegen den Schädiger zu erheben. Rechtsnorm und SEC Rule sind als Verbote gegenüber jedermann formuliert, ohne Anspruchsinhaber oder Verpflichteten zu benennen. Im US-amerikanischen Recht benötigt aber ein Kläger, um im Wege des private enforcement vorgehen zu können, einen ihn selbst aktivlegitimierenden Anspruch, sog. private cause of action, wie dies z. B. in sec. 11 und sec. 12 SA 1933 explizit vorgesehen ist.191 Für sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 wird dies durch Annahme eines implied private right of action erreicht.192 plaintiff paid for a security fell significantly after the truth […] becomes known and that the disclosure of the misrepresentation or omission had a significant effect on the market price.“ (Interne Anführungszeichen weggelassen.) 188 Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2138 (2010); de lege ferenda schlägt Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 239 (2008) die Umbesinnung auf eine Gewinnabschöpfung beim Schädiger vor, hierdurch würden sowohl verhaltenssteuernde Mechanismen optimiert als auch ökonomisch widersinniges pocket shifting vermieden. 189 Allg. Ansicht, vgl. hierzu Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.12[1][C], S. 183 ff.; Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2138 (2010); dies gilt überdies für sämtliche zivilrechtlichen Ansprüche des SA 1933 und des SEA 1934; vgl. aber Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 751 (1988) mit Hinweis darauf, dass punitive damages bei aiding and abetting nach gliedstaatlichem Recht und Ansprüchen des common law durchaus in Betracht kämen. 190 Vgl. zur rechtspolitischen Dimension dieser Problematik u. a. unten Kapitel 2 – C.IX.4., S. 267 f. 191 Die Debatte um implied private rights of action entspricht in weiten Zügen funktional der Frage der Schutzgesetzeigenschaft i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB im deutschen Recht, vgl. hierzu oben Kapitel 1 – C.II.5.a), S. 99 ff. 192 Vgl. zum private right of action gegenüber Sekundärakteuren unten Kapitel 2 – C.II.4., S. 199 ff., sowie Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff.; Adler/Naumann/Wilske, RIW 2008, 97 weisen darauf hin, dass die US-amerikanischen Gerichte grds. nicht befugt seien, private rights of action in eigener Rechtsfortbildung zu schaffen.

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a) Anerkennung des implied private right of action durch den Supreme Court Das implied private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 hatte ein Bundesgericht erstmals 1946 statuiert.193 Im Laufe der nachfolgenden Jahrzehnte wurde dessen Bestehen nahezu allgemein vorausgesetzt nur ganz vereinzelt in Zweifel gezogen wurde.194 1971 hat der Supreme Court dies sodann ausdrücklich gebilligt,195 und noch in Basic 1988 das implied private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 als integrales Element der Bekämpfung und Aufklärung von Marktmissbrauch hervorgehoben.196 Diese Sichtweise wird in der Literatur zumeist geteilt197 und kann sich auch im Spiegel der Rechtsvergleichung behaupten. Denn auch international ist eine positive Bewertung des private enforcement im Kapitalmarkrecht festzustellen, die sich auf empirische Befunde stützt. So urteilte eine Studie 2006 auf Grundlage eines Rechtsvergleichs der 49 finanzstärksten Kapitalmärkte weltweit, dass ein nationaler

193 Vgl. Kardon v. National Gypsum Co., 69 F.Supp. 512, 514 (District Court, E.D. Pennsylvania 1946): „[T]he mere omission of an express provision for civil liability is not sufficient to negative what the general law implies.“ – Krit. Ruder, 57 Nw. U. L. Rev. 627, 629 ff. (1963), der beide Begründungsansätze des Gerichtes, die Ableitung aus dem common law of torts sowie die statutory construction innerhalb des SEA, diskutiert und ablehnt. 194 Vgl. zur Entwicklung der Spruchpraxis vor der Anerkennung durch den Supreme Court bei Lowenfels, 66 Colum. L. Rev. 12, 13 ff. (1966), insb. S. 15 mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn. 19; ausf. gegen ein private right of action mit Argumenten aus Gesetzgebungshistorie und Normsystematik Ruder, 57 Nw. U. L. Rev. 627 (1963), insb. S. 642– 658; ihm folgend Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 92 (1981) mit Fn. 78. 195 Vgl. Superintendent of Insurance v. Bankers Life & Casualty Co., 404 U.S. 6, 12, 92 S.Ct. 165, 168 (1971); Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 206, 96 S.Ct. 1375, 1387 (1976); Herman & MacLean v. Huddleston, 459 U.S. 375, 380, 103 S.Ct. 683, 686 (1983): „The existence of this implied remedy is simply beyond peradventure.“ 196 Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 230 f., 108 S.Ct. 978, 983 (1988): „Judicial interpretation and application, legislative acquiescence, and the passage of time have removed any doubts that a private cause of action exists for a violation of § 10(b) and Rule 10b-5, and constitutes an essential tool for enforcement of the 1934 Act’s requirements“; zuvor bereits zu sec. 14 SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 14a-9 J. I. Case Company v. Borak, 84 S.Ct. 1555, 1560 (1964): „Private enforcement […] provides a necessary supplement to Commission action.“ 197 Vgl. statt vieler Johnson, 36 Del. J. Corp. L. 463, 507 (2011): „Civil liability for securities fraud is an important component of antifraud efforts given the limited resources of federal and state regulatory agencies.“ – Krit. dazu Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301 (2008), die de lege ferenda vorschlägt, die SEC in securities fraud class action-Verfahren einzubinden und ihr eine Filterfunktion zur frühen Aussonderung von strike suits zukommen zu lassen; zu weiteren Anregungen de lege ferenda unten Kapitel 2 – C.IX.4., S. 267 f.; gegen das implied private right of action deutlich Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 92 (1981): Dies widerspreche potenziell dem Willen des historischen Gesetzgebers; ähnlich zuvor Ruder, 57 Nw. U.L. Rev. 627 (1963).

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Kapitalmarkt merklich profitiere, wenn er Anlegern effektive Möglichkeiten des private enforcement gegen Schädiger bietet.198 Heute gilt nach gefestigter Rechtsprechung des Supreme Court199 das implied private right of action für Klagen nach sec. 10(b) SEA 1934 als vom Gesetzgeber akzeptiert und spätestens im Rahmen des PSLRA 1995200 auch implizit in dessen Willen übernommen.201 b) Missbrauchsrisiken Allerdings wurde schon früh auf die Risiken missbräuchlicher Klagen hingewiesen, die lediglich zu dem Zweck erhoben werden, dem Beklagten einen möglichst hohen Vergleichswert abzuerpressen, sog. strike suits.202 Das durch eine Verurteilung drohende Risiko war in vielen Fällen von existenzbedrohender Natur für die beklagte Gesellschaft. Daher wurde sich in nahezu allen Verfahren verglichen und die Beklagten zahlten teils astronomisch hohe Vergleichssummen; dies geschah auch bei nur marginalen Erfolgsaussichten der Kläger in der Hauptsache.203 Sobald nämlich ein Rechtsstreit das Stadium der Vgl. empirisch La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, 61 Journal of Finance 1 (2006); gleichsinnig Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 681 (2008); vgl. auch Hay/Shleifer, 88 Am.  Econ. Rev. Papers and Proceedings 398, 400 f. (1998) zur Bedeutung zivilrechtlicher Haftungsansprüche für die Entwicklung moderner Kapitalmärkte, hier am Beispiel Russlands; zur Bedeutung effektiver zivilrechtlicher Sanktionierung von Fehlinformation für die Liquidität von Kapitalmärkten bereits oben Kapitel 1 – A.II., S. 12 ff. 199 Vgl. zuletzt Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 150, 128 S.Ct. 761, 765 (2008), hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.VI., S. 238 ff., sowie Janus Capital Group, Inc. v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2301: „Congress accepted the § 10(b) private right as then defined but chose to extend it no further.“ – Hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.VIII., S. 252 ff. 200 Private Securities Litigation Reform Act of 1995, Public Law No. 104-67, 109 Stat. 737 (enacted December 22, 1995); zu dessen Auswirkungen auf die Haftung von Sekundärakteuren ausf. unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 201 Dem stimmt die Literatur wohl geschlossen zu; vgl. nur Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 611 f. (2008). 202 Bereits dem historischen Gesetzgeber von 1933 und 1934 war es ein Anliegen gewesen, blackmail suits (synonym strike suits) zu verhindern, vgl. Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723, 740 f., 95 S.Ct. 1917, 1928 (1975) mit Nachweisen zu zeitgenössischen Äußerungen am Gesetzgebungsprozess beteiligter Personen. 203 Vgl. Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723, 740, 95 S.Ct. 1917, 1927 (1975): „[T]he danger of vexatious litigation which could result from a widely expanded class of plaintiffs under Rule 10b-5 is founded in something more substantial than the common complaint of the many defendants who would prefer avoiding lawsuits entirely or either settling them of trying them. [… I]n the field of federal securities laws governing disclosure of information even a complaint which by objective standards may have very little chance of success at trial has a settlement value to the plaintiff out of any proportion to its prospect of success at trial so long as he may prevent the suit from being resolved against him by dismissal or summary judgment. The very pendency of the lawsuit 198

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class certification verlassen hatte und an einen jury trial überwiesen worden war, wurden die hieraus erwachsenden Risiken regelmäßig unkalkulierbar. Die erzielten Vergleichsvereinbarungen basierten also meist ausschließlich auf dem Lästigkeitswert des schwebenden Verfahrens und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten für den Geschäftsgang der beklagten Gesellschaft. Rechtsvergleichend ist die Parallele zum Problem missbräuchlicherer aktienrechtlicher Beschlussmängelklagen im deutschen Recht deutlich greifbar.204 Kritiker des private right of action beklagen daher seit Langem, dass sich hier eine ganze Branche von spezialisierten Anwälten, stets auf der Suche nach den sog. deep pocket defendants205, entwickelt habe. Deren Tätigkeit wird zu Recht als missbräuchlich sowie aus wohlfahrtsökonomischer Perspektive als schädlich bewertet. Kritiker plädieren dementsprechend für eine restriktive Auslegung von implied private rights of action, um diesem Phänomen Einhalt zu gebieten.206 Der Umgang mit diesen Warnungen ist an den Reaktionen verschiedener Institutionen deutlich abzulesen. aa) Reaktionen des Gesetzgebers Der Gesetzgeber errichtete zunehmend prozessuale Hürden, welche erpresserischen strike suits die Basis zu entziehen suchen, beispielsweise mit dem may frustrate or delay normal business activity of the defendant which is totally unrelated to the lawsuit.“ – Zustimmend Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 101, 102 (1981); vgl. auch die Modellrechnung bei Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 225 (2008): „From the company’s perspective, the enormous potential damages make the merits of a suit a secondary consideration in the decision of whether or not to settle. The math is straightforward: A 10 percent chance of a $250 million judgment means that a settlement for $24.9 million makes sense.“ – Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 946 (2012) weist zudem auf Kosten hin, die beklagten Gesellschaften durch die discovery entstünden; insbesondere soweit die discovery zur Gewinnung von Anfangsbeweisen „ins Blaue hinein“ genutzt wurde, sog. fishing expeditions, war das Verfahren kritisiert worden. 204 Hierzu ausf. im rechtsvergleichenden Panorama Fleischer (Hrsg.), Das Beschlussmängelrecht der Kapitalgesellschaften, in Vorbereitung für 2013. 205 Begriff bei Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 605 (1972); McDermett, Jr., 62 Texas L.  Rev. 1087, 1089 (1984). 206 Vgl. nur kürzlich Pritchard, Testimony, 2009, S. 2: „Securities class actions are already an enormous drain on America’s capital markets. [Reinstalling aiding and abetting liability] would make a bad situation worse.“ – Sowie S. 4: „Rule 10b-5 actions sometimes target fraud, but more frequently they are simply legalized extortion at shareholders’ expense.“ – A. A. deutlich Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 681 (2008). Rechtsvergleichend ist aus deutscher Perspektive ein entgegengesetzter Trend zu beobachten: Anlegern sollen Anreize gesetzt werden, auch bei breiten Streuschäden ihre Ansprüche zu verfolgen, weswegen der Gesetzgeber mit dem KapMuG einen ersten Weg hin zur kollektiven Rechtsdurchsetzung im Recht der Haftung bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation beschritten hat, dazu noch knapp unten Kapitel 3 – C.II.3.b)bb), S. 331; siehe zum KapMuG und anderen Maßnahmen zur Verbesserung der privaten Rechtsdurchsetzung bei Streuschäden ausf. Zimmer/Höft, ZGR 2009, 662, insb. 665 ff.

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PSLRA207, dem SLUSA208 und dem CAFA209, gelegentlich auch durch Einzelvorschriften im Zuge anderer kapitalmarktrechtlicher Gesetzgebungsprojekte.210 Neben einer erheblichen Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bundesrechts zu Lasten der einzelstaatlichen Blue Sky Laws und einer nachfolgenden Konzentration auch der Zuständigkeit auf die Bundesgerichte211 wurde das nötige Beweisniveau der Kläger für einzelne Tatbestandselemente des Anspruchs nach sec. 10(b) SEA i. V. m. SEC Rule 10b-5 wesentlich erhöht. Zudem ruht mittlerweile in aller Regel die discovery, während das Gericht über einen gegen die class certification gerichteten Antrag der Beklagten, sog. motion to dismiss, zu entscheiden hat, also im Verfahrensabschnitt vor dem eigentlichen Juryprozess.212 Dies hat zu einer erheblichen Erschwerung von Anlegerklagen geführt. All diese Maßnahmen dienen primär dem Zweck, strike suits möglichst früh abweisen zu können. Dabei wird freilich stets das Risiko virulent, auch begründete Klagen vor unüberwindbare prozessuale Hürden zu stellen. Diese Gefahr überschießender Regulierung sollte ein gut beratener Reformgesetzgeber stets in seine Überlegungen einfließen lassen. bb) Gesinnungswandel des Supreme Court Eine weitere Reaktion tritt in der Rechtsprechung des Supreme Court zutage, der sich bezüglich der securities fraud class action in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich umpositioniert hat. Insbesondere zeigt sich dies in der Frage der Anerkennung von implied private rights of action für Normen des SA 1933 und des SEA 1934, sowie der Auslegung der tatbestandlichen Weite des implied private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934. Bis in die 1970er Jahre hinein hatten viele Bundesgerichte sehr klägerfreundlich geurteilt, die zur Erreichung der Ziele der Kapitalmarktgesetze nötige Flexibilität in der Auslegung betont und hieraus sogar eine prima facie Ver207 Private Securities Litigation Reform Act of 1995, Public Law No. 104-67, 109 Stat. 737 (enacted December 22, 1995), zu diesem ausf. unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 208 Securities Litigation Uniform Standards Act of 1998, Public Law No. 105-353, 112 Stat. 3227 (enacted November 3, 1998). 209 Class Action Fairness Act of 2005, Public Law No. 109-2, 119 Stat. 4 (enacted February 18, 2005); der CAFA nimmt die securities fraud class action explizit aus seinem Anwendungsbereich aus und betrifft sämtliche anderen class action-Verfahren, Triebfeder war hier ebenfalls die Missbrauchsbekämpfung. 210 Für einen Überblick der Entwicklung des private enforcement im US-Kapitalmarktrecht in den vergangenen 20 Jahren vgl. Cook, 55 Am. U. L. Rev. 621 (2006); zur Konzentration der Zuständigkeit für Klagen wegen Kapitalmarktmissbrauchs auf die Bundesgerichte und das Bundesrecht vgl. bereits oben Kapitel 2 – A., S. 138 ff. 211 Hierzu bereits ausf. oben Kapitel 2 – A., S. 138 ff. 212 Diese Neuerungen brachte größtenteils der PSLRA 1995, zu diesem ausführlicher unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff.

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mutung zugunsten eines implied private right of action entwickelt.213 Mit Blick auf die Intention des historischen Gesetzgebers, das Anlegervertrauen zu stärken und Marktmissbrauch effektiv zu bekämpfen,214 hatte auch der Supreme Court verschiedenen Haftungsvorschriften einen weiten Anwendungsbereich zugesprochen und diesen im Sinne des Anleger- und Funktionenschutzes zu möglichst großer Durchschlagkraft verholfen.215 Ab den 1970er Jahren trat eine deutliche Abkehr von diesen Prinzipien ein, hin zu einer engen Orientierung am Wortlaut der Vorschriften und einer ablehnenden Grundhaltung hinsichtlich der Anerkennung von implied private rights of action. Soweit policy-Argumente in den Entscheidungsgründen diskutiert werden, fällt zudem die wachsende Betonung der negativen Wirkungen missbräuchlicher Klagen auf, während den für ein effektives private enforcement streitenden policy-Argumenten sowie der Intention des historischen Gesetzgebers deutlich weniger Beachtung geschenkt wird.216 Mehrfach stellte der Supreme Court heraus, es falle primär in die Zuständigkeit des Gesetzgebers, über die Frage des private enforcement zu entscheiden.217 Daher sei bei der Anerkennung von implied private rights of action Zurückhaltung geboten und ein solches im Zweifelsfall abzulehnen.218 Hierin fügt sich ein, dass neben sec. 10(b) SEA 1934 lediglich einer weiteren Norm der Kapitalmarktgesetze ausdrücklich ein implied private right of action durch den Supreme Court attestiert wurde.219

213 Vgl. nur Brown v. Bullock, 194 F.Supp. 207, 224 (District Court, S.D.N.Y. 1961): „Implied rights of action are not contingent upon statutory language which affirmatively indicates that they are intended. On the contrary, they are implied unless the legislation evidences a contrary conclusion.“ 214 Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 2 – Einleitung, S. 135 f. 215 Vgl. Bell v. Hood, 327 U.S. 678, 684, 66 S.Ct. 773, 777 (1946): „[W]here federally protected rights have been invaded, it has been the rule from the beginning that courts will be alert to adjust their remedies so as to grant the necessary relief.“ 216 Paradigmatisch für diesen Wandel Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723, 95 S.Ct. 1917 (1975). 217 Vgl. nur Touche Ross & Co. v. Redington, 442 U.S. 560, 572, 99 S.Ct. 2479, 2487 (1979), zu sec. 17(a) SEA 1934, sowie Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 177, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994), zu dieser Entscheidung ausf. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff. 218 Eindringlich erstmalig Touche Ross & Co. v. Redington, 442 U.S. 560, 571, 99 S.Ct. 2479, 2486 (1979), zu sec. 17(a) SEA 1934: „[I]mplying a private right of action on the basis of congressional silence is a hazardous enterprise, at best.“ – Sinngemäß Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), zu dieser Entscheidung ausf. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff. 219 Namentlich sec. 14(a) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 14a-9, vgl. J.I. Case Co. v. Borak, 377 U.S. 426, 430 f., 84 S.Ct. 1555, 1559 (1964); hierzu im Gesamtkontext der implied private remedies ausf. Hazen, Securities Regulation, Vol. 3 § 12.2[1], S. 506 ff.

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Diese Haltung des Gerichtes besteht fort220 und ist Gegenstand teils heftiger Kritik;221 hiervon wird im Kontext der Haftung von Sekundärakteuren noch ausführlich zu handeln sein. cc) Position der SEC Die SEC hingegen nimmt zum Reformgesetzgeber und Supreme Court die entgegengesetzte Position ein. Die Behörde betont seit Jahren, das private enforcement erfülle im Kapitalmarktrecht der USA eine unverzichtbare Funktion, da sie selbst schon aufgrund ihrer limitierten Ressourcen in personeller und finanzieller Hinsicht den Großteil der Fälle fehlerhafter, schädigender Marktkommunikation nicht verfolgen könne.222 Viele Verstöße gegen geltendes Kapitalmarktrecht blieben ohne effektives, schlagkräftiges private enforcement somit ungesühnt. Mit diesem Vorbringen findet die Behörde vor den Instanzgerichten mit sehr wechselhaftem Erfolg Gehör.223 Die gegenwärtige Mehrheit der Richter am Supreme Court steht aber zu dieser Auffassung in deutlicher Opposition.224 c) Aktuelle Strömungen Waren die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern des private enforcement zwischenzeitig ausgesprochen verhärtet, scheint neuerdings wieder Bewegung in die Debatte zu kommen. 220 Vgl. Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 672 (2004), der annimmt, der Supreme Court würde aus heutiger Sicht, wäre er erstmalig mit der Frage konfrontiert, kein private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 anerkennen. 221 Vgl. nur statt vieler Black, 2009 Colum. Bus. L. Rev. 802; offensiv Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131 (2009). 222 Dies brachte die SEC bereits 1994 in einem amicus brief zu Central Bank vor (vgl. ausf. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff.), siehe 1993 WL 13006275, 16; vgl. auch Simpson v. AOL Time Warner, Inc., 452 F.3d 1040, 1048 (9th Cir. 2006); siehe auch kürzlich das amicus brief ehemaliger SEC Commissioners in Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 128 S.Ct. 761 (2008) (hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.VI., S. 238 ff.), 2007 WL 2065260, 8; vgl. Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 330 f. (2008– 2009); sowie Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301, 1345 f. (2008) mit empirischen Daten zum public enforcement und private enforcement. 223 Dies bildet exemplarisch der ambivalente Erfolg des von der SEC vorgeschlagenen creator standard zur Abgrenzung von Primär- und Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 in der 1990er Jahren ab, vgl. ausf. unten Kapitel 2 – C.V.3., S. 231 ff. 224 Deutlich die policy-Erwägungen in Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), vgl. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff., sowie Stoneridge Investment Partners, LLC, v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 128 S.Ct. 761 (2008), vgl. unten Kapitel 2 – C.VI., S. 238 ff., und zuletzt Janus Capital Group, Inc., v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296 (2011), vgl. unten Kapitel 2 – C.VIII., S. 252 ff.

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Zu beobachten ist, dass sich Vertreter aus den Reihen der Kritiker und Anhänger des private enforcement in einigen Punkten mittlerweile annähern. So anerkennt Adam C. Pritchard, traditionell ein ausgesprochener Gegner der securities fraud class action, dass grundsätzlich private remedies für geschädigte Anleger bereitzustellen seien,225 während John C. Coffee, der im konkurrierenden Lager steht, Ineffizienzen im gegenwärtigen System des private enforcement sieht und zuerkennt, dass dessen Rechtsrealität im graduellen Widerspruch zu den ursprünglichen Zielen stehe.226 Hinsichtlich der Frage, welche Maßnahmen der Gesetzgeber ergreifen solle, um die Situation zu verbessen, lebt die Uneinigkeit freilich in vollem Umfang wieder auf.227 Eine jüngere Abhandlung228 widmet sich eingehend dem Bedeutungswandel, den das private enforcement bei Kapitalmarktmissbrauch in den vergangenen Dekaden erfahren hat. Ursprünglich habe eine klare Funktionstrennung bestanden: public enforcement durch die SEC habe der Abschreckung, deterrence, die Privatklage dem Schadensausgleich, compensation gedient. Dies habe sich, unter anderem durch die Zulassung von securities fraud class action-Verfahren229 und die Akzeptanz der fraud on the market theory durch den Supreme Court 230 derart verschoben, dass heute die Kompensationsfunktion in den Hintergrund getreten sei und auch das Risiko einer Zivilklage in erster Linie abschreckende Wirkung auf den Emittenten entfalte.231 Dies be-

Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 248 f. (2008). Umfassend Coffee, 106 Colum. L. Rev. 1534 (2006); aus verstärkt rechtspolitischer und rechtsökonomischer Perspektive zudem ders., 156 U. Pa. L. Rev. 229, 305 (2007); dagegen Black, 2009 Colum. Bus. L. Rev. 802, 817 f.: „[T]he securities fraud class action, while by no means perfect, is a reasonably effective system, particularly after the PSLRA reforms, that achieves both compensatory and deterrence goals.“ 227 Vgl. paradigmatisch die Stellungnahmen von Pritchard und Coffee zu einem Gesetzesentwurf hinsichtlich der zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren, unten Kapitel 2 – C.IX.1.a)aa)(1), S. 262, sowie Kapitel 2 – C.IX.1.a)aa)(2), S. 264. 228 Vgl. Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301 (2008) 1301. 229 Zu Problemen der securities fraud class action bzgl. der Erreichung von compensation und deterrence Coffee, 106 Colum. L. Rev. 1534 (2006), der beide gegenwärtig nicht hinreichend verwirklicht sieht; zur compensation vgl. S. 1545 ff., zu deterrence vgl. S. 1547 ff.; eine Lösung bestehe darin, das monetäre Zugriffsobjekt weg vom Gesellschaftsvermögen, hin zu den Vergütungsansprüchen der Geschäftsleiter zu verschieben; erneut, mit rechtsvergleichender empirischer Untersuchung und stärkerem rechtspolitischen Fokus ders., 156 U. Pa. L. Rev. 229 (2007), insb. S. 305 f.; ähnliches schlägt Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 238 (2008) vor, zudem solle die Rechtsfolge de lege ferenda primär auf Gewinnabschöpfung beim Schädiger zielen, S. 249. 230 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 108 S.Ct. 978 (1988); ausführlicher oben Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 f. 231 Eingehend Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301, 1310 ff. (2008); ähnlich Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2140 (2010); Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 227 (2008) hingegen sieht auch die deterrence-Funktion nicht verwirklicht, insbesondere da 225 226

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gründe Zweifel an der weit verbreiteten These, dass das private enforcement ein unverzichtbares Element der Kapitalmarktrechtspraxis im US-Recht sei.232 Dieser Schluss erscheint jedoch bei Lichte besehen nicht zwingend: Ebenso ließe sich hieraus folgern, dass das private enforcement mittlerweile eine bipolare Funktion erfülle, einerseits Abschreckung, andererseits Restitution.233 Zwar ist aus der Rechtspraxis bekannt, dass die erzielten Schadensersatzsummen, sei es im Wege des Urteils oder wie in aller Regel im Wege des Vergleichs, nicht zu einer Vollkompensation der erlittenen finanziellen Schäden des einzelnen Anlegers führen; dies bedeutet jedoch nicht, dass der Restitutionsaspekt nunmehr völlig in den Hintergrund getreten sei. Die Argumentation überzeugt aus einem weiteren Grund nicht: Angenommen, das private enforcement zeitigte heute tatsächlich primär deterrence-Wirkungen, wie auch die aufsichtsrechtliche Verfolgung, spricht dies dennoch nicht gegen ein private enforcement. Im Gegenteil, gepaart mit der Ressourcenknappheit der SEC streitet dies sogar dafür, dieses Instrument in seiner gegenwärtigen Gestalt zu erhalten oder sogar auszubauen. II. Entwicklung der Haftung von Sekundärakteuren bis 1994 Wie bereits einleitend erwähnt, besteht gegenwärtig nach sec. 10(b) SEA 1934 grundsätzlich keine zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren,234 soweit diese nicht aktiv mit Information an den Markt treten. Dennoch soll hier die vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Haftungskonzept erfolgen: So schwindet der Wert einer Rechtsfigur für die Rechtsvergleichung nicht damit, dass sie nicht mehr Bestandteil der aktuellen lex lata ist. Zudem zeigen u. a. aktuelle Gesetzgebungsentwürfe235, dass die Frage an Aktualität nicht eingebüßt hat und eine Reaktivierung dieser Haftung keinesfalls fernliegend Resultat einer Klage heute ohnehin stets ein Vergleich sei, ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein vorwerfbares Fehlverhalten vorgelegen habe. 232 Dies hinterfragend Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301, 1325 ff. (2008), die eine grundlegende Reform der Mechanismen des private enforcement fordert, da das System Fehlanreize setze und missbrauchsanfällig sei. 233 In diese Richtung bereits Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1441 f. (1994): Ohne Haftung wegen aiding and abetting falle ein Teil der Abschreckungsfunktion weg, welche für die Arbeit von Beratern wichtige verhaltenssteuernde Wirkung entfalte; vgl. auch Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1200 ff. (2007–2008), der die rationale der Marktregulierung primär in deterrence erblickt, wohingegen compensation weder erreicht werde, noch eine primäre Motivation des Normgebers de lege ferenda darstellen solle; so auch Vadodaria, 58 Emory L. J. 1459, 1488 (2009). 234 Im Sinne des hier zugrunde gelegten Verständnisses, wonach ausschlaggebend für die Einordnung als Sekundärakteur die derivative Herleitung der Haftung ist, vgl. die Begriffsklärung oben Einleitung – B., S. 4. 235 Zu diesen ausf. unten Kapitel 2 – C.IX.1., S. 262 ff.

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erscheint.236 Hinzu kommt, dass die Haftung von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation als solche fortbesteht, lediglich das private enforcement ist gegenwärtig versperrt. Die SEC kann aber, seit 1995 statutarisch festgelegt,237 wegen aiding and abetting gegen Sekundärakteure vorgehen. Dies gilt mittlerweile auch jenseits des SEA 1934 für den SA 1933, den Investment Company Act 1940 und den Investment Advisers Act 1940.238 Im Fokus der vorliegenden Untersuchung steht jedoch die zivilrechtliche Komponente. 1. Ausgangslage Bis in die 1990er Jahre war die zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 generell akzeptiert.239 Die Instanzgerichte sämtlicher Circuits bejahten ein implied private right of action und einen materiellen Schadensersatzanspruch geschädigter Anleger gegen Sekundärakteure bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation,240 obgleich deren Unterstützungshandlung isoliert betrachtet keine selbstständige Haftung nach dem SA 1933 oder SEA 1934 auslöste. Zur Haftungsbegründung zog man Theorien aus dem common law, allen voran die aiding and abetting liability heran.241 Diese Kombination von spezialgesetzlichem Kapitalmarktrecht und allgemeinem 236 So jüngst die Einschätzung bei Ho, 49 Harv. J. on Legis. 175, 183 (2012); vgl. auch die im Zuge des Dodd-Frank Act 2010 in Auftrag gegebene Studie des United States Government Accountability Office, Securities Fraud Liability of Secondary Actors, mit Folgenabschätzung einer etwaigen statutarischen Wiedereinführung der zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren. Zu dieser ausführlicher unten Kapitel 2 – C.IX.2., S. 266 f. 237 Vgl. sec. 20(f) SEA 1934, eingefügt durch den PSLRA 1995, Public Law No. 10467, 109 Stat. 737 (enacted Dec. 22, 1995), zu diesem ausf. unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 238 Die Erweiterung erfolgte im Zuge des Dodd-Frank Act 2010, zu diesem unten Kapitel 2 – C.IX.1., S. 262 ff. 239 Erstmalig anerkannt in Pettit v. American Stock Exchange, 217 F. Supp. 21, 28 (District Court, S.D.N.Y. 1963); im Rahmen des public enforcement bereits SEC v. Scott Taylor & Company, 183 F.Supp. 904, 909 (District Court, S.D.N.Y. 1959); zuvor bereits zu sec. 17(a) SA 1933, der Parallelvorschrift zu sec. 10(b) SEA 1934 S.E.C. v. Timetrust, Inc., 28 F.Supp. 34, 43 (District Court, N.D. California 1939). 240 Vgl. pars pro toto aus den jeweiligen Circuits Cleary v. Perfectune, Inc., 700 F.2d 774, 777 (1st Cir. 1983); IIT v. Cornfeld, 619 F.2d 909, 922 (2d Cir. 1980); Monsen v. Consolidated Dressed Beef Company, Inc., 579 F.2d 793 (3rd Cir. 1978); Schatz v. Rosenberg, 943 F.2d 485, 495 ff. (4th Cir. 1991); Woodward v. Metro Bank of Dallas, 552 F.2d 84, 94 f. (5th Cir. 1975); Moore v. Fenex, Inc, 809 F.2d 297, 303 (6th Cir. 1986); LHLC Corp. v. Cluett, Peabody & Co., Inc., 842 F.2d 928, 932 (7th Cir. 1988); K & S Partnership v. Continental Bank, N.A., 952 F.2d 971, 977 (8th Cir. 1991); Strong v. France, 474 F.2d 747, 752 (9th Cir. 1973); Kerbs v. Fall River Industries, Inc., 502 F.2d 731, 740 (10th Cir. 1974); Woods v. Barnett Bank, 765 F.2d 1004, 1010 (11th Cir. 1985). 241 Zu den weiteren herangezogenen Konzepten conspiracy liability, respondeat superior und controlling person liability ausf. unten Kapitel 2 – C.II.3., S. 195 ff.

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Rechtsprinzip fand in der Literatur breite Zustimmung.242 Die dogmatische Erdung zeigt eine erstinstanzliche Entscheidung aus dem Jahr 1966243: Nach Darstellung der Gesetzgebungshistorie, den dabei verfolgten Motiven und dem zu sec. 10(b) SEA 1934 ergangenen case law bejaht Judge Eschbach die aiding and abetting liability von Sekundärakteuren in einer private cause of action.244 Die tragenden Säulen der Argumentation sind die Intention des historischen Gesetzgebers, eine Parallele zum Restatement on Torts, § 286 (1939), eine Adaption des Rechtssatzes ubi jus ibi remedium, sowie ebenfalls aus dem Restatement on Torts, § 876 (1939), die Haftung desjenigen, der substantial assistance zu einem Delikt geleistet hat. In der Revisionsinstanz erkannte mit der Entscheidung des 7th Cir. sodann erstmalig ein Court of Appeal die aiding and abetting liability nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 an. Das Gericht bestätigte die Vorinstanz in vollem Umfang,245 ohne die Rechtsfrage eigens erneut zu problematisieren.246 Dieser Auffassung schlossen sich im Grundsatz sämtliche in der Folge mit der Frage befassten Gerichte an.247 Bemerkenswert erscheint, welch enorme finanzielle Bedeutung eine Haftung nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 für die klassischen Sekundärakteure248 hatte: Laut Prentice zahlten allein die größten sechs Wirt-

242 Vgl. McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1089 (1984); treffend Kuehnle, 14 J.  Corp. L. 313, 376 (1988): „A barring of secondary liability would be a rejection of longrecognized principles and would procure, contrary to the purpose of the federal securities laws, investor protection that in many cases would be less than existed at common law.“ – Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 702 f. (1997): „[A]iding and abetting […] liability under Section 10(b)/Rule 10b-5 led to no hue and cry from its potential targets […], it was not a matter of significant concern at the time.“ 243 Brennan v. Midwestern United Life Insurance Company, 259 F.Supp. 673 (District Court, N.D. Indiana 1966). 244 Brennan v. Midwestern United Life Insurance Company, 259 F.Supp. 673, 675 ff. (District Court, N.D. Indiana 1966); dazu Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597 (1972), insb. S. 621 f., hinsichtlich der Transplantation von Rechtsfiguren aus dem common law of torts grds. skeptisch, diese füllten aber eine Orientierungs- und Leitbildfunktion aus. 245 Brennan v. Midwestern United Life Insurance Company, 417 F.2d 147, 154 (7th Cir. 1969): „[T]he district court was correct in concluding that Midwestern’s acquiescence […] was a form of aiding and abetting cognizable under Section 10(b) and Rule 10b-5.“ 246 Krit. Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 623 (1972): Die Entscheidung lasse wesentliche Fragen zur nötigen Qualität der Mitwirkungshandlung in objektiver und subjektiver Hinsicht unbeantwortet; vgl. auch der Versuch einer Grenzziehung zur conspiracy, S. 627 f., im Vergleich mit strafrechtlicher Jurisprudenz; zur conspiracy und der Abgrenzung ausf. unten Kapitel 2 – C.II.3.a), S. 196. 247 Vgl. die Nachweise soeben in Fn. 240, S. 182. 248 Dies sind laut Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 368 (2006): „auditors, accountants, banks and lawyers“, die jedoch secondary actors und corporate gatekeepers synonym versteht, was derart vergröbert nicht völlig überzeugt.

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schaftsprüfungsunternehmen der USA im Jahr 1992 insgesamt 373,8 Millionen US-$ aufgrund ebensolcher Klagen.249 2. Anspruchsvoraussetzungen für eine Haftung wegen aiding and abetting In Ermangelung einer statutarischen Rechtsgrundlage war es Rechtsprechung und Schrifttum in die Hände gelegt, die Voraussetzungen des Anspruchs zu definieren und deren Konturen zu schärfen. Die Gerichte legten einen DreiElemente-Test an, welcher sich eng an den Wurzeln der Figur im Deliktsrecht250 und Strafrecht251 orientierte:252 Es müsse ein underlying fraud geschehen sein, also ein durch einen Primärakteur begangener Verstoß im Sinne von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 vorliegen (a). Der Sekundärakteur müsse Kenntnis von dieser Primärverletzung besessen haben, knowledge bzw. awareness (b) und letztlich wesentlich hierzu beigetragen, substantial assistance geleistet haben (c).253

249 Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 693 (1997); vgl. auch die Beträge bei Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1441 (1994); Ruder, 49 Bus. Law. 1479, 1482 (1994) führt die enormen settlement values vor allem auf die Rechtsfolge der joint and several liability zurück, die Sekundärakteuren kaum eine andere Wahl als einen Vergleich gelassen habe. 250 Vgl. sec. 876(b) Restatement (Second) of Torts (1979), wortgleich dem Restatement of Torts (1939): „For harm resulting to a third person from the tortuous conduct of another, one is subject to liability if he […] knows that the other’s conduct constitutes a breach of duty und gives substantial assistance or encouragement to the other so to conduct himself […].“ – Dazu McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1092 (1984), insb. 1094: „This formulation […] has been adopted in some form by virtually all of the courts“; ebenso Hoffmann, 28 Fla. L. Rev. 999, 1001 (1976). 251 Im Strafrecht ist jemand, mit den Worten von Judge Hand in United States v. Peoni, 100 F.2d 401, 402 (2d Cir. 1938) aider and abettor, wenn er: „in some sort associate himself with the venture, that he participate in it as something that he wishes to bring about, that he seek by his action to make it succeed.“ – Adaptiert durch den Supreme Court in Nye & Nissen v. United States, 336 U.S. 613, 619, 69 S.Ct. 766, 770 (1949); In IIT v. Cornfeld, 619 F.2d 909, 916 (2d Cir. 1980) zu sec. 10(b) SEA fragte Judge Friendly sich in Anbetracht dieser Formel: „whether the elaborate discussions have added anything except unnecessary detail to Judge L. Hand’s famous statement“. 252 Zwischen den verschiedenen Circuits waren in Grenzfällen unterschiedliche Nuancen festzustellen, zudem war die Nomenklatur nicht stets einheitlich; im Grundsatz bestand aber Einigkeit über den Test und dessen Voraussetzungen; Divergenzen sind im Folgenden im jeweiligen Kontext erläutert. 253 Vgl. statt vieler Monsen v. Consolidated Dressed Beef Company, Inc., 579 F.2d 793, 799 (3rd Cir. 1978): „[P]laintiffs have the burden of establishing: (1) that there has been a commission of a wrongful act–an underlying securities violation; (2) that the alleged aiderabettor had knowledge of that act; and (3) that the aider-abettor knowingly and substantially participated in the wrongdoing.“ McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1094 ff. (1984) mit reichhaltigem case law; eine Ausnahme bildete der 7th Circuit, der ab 1986 für die Haftung wegen aiding and abetting grds. positives Tun im Sinne eines eigenen misstate-

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Die Rechtsfolge bildete joint and several liability des Sekundärakteurs neben dem Primärakteur,254 was funktional der Gesamtschuld nach deutschem Recht entspricht.255 Der Geschädigte hatte also die Möglichkeit, in das Vermögen eines jeden verurteilten Akteurs bis zur vollständigen Befriedigung auf die gesamte Schadenssumme zu vollstrecken. Daher war es zur gängigen Praxis geworden, bei Manipulationsvorwürfen neben dem Emittenten auch diverse finanzstarke Berater wie Rechtsanwälte, Emissionsbanken und Abschlussprüfer gemeinschaftlich zu verklagen,256 woher die geläufige Bezeichnung dieser Akteure als deep pocket defendants rührt.257 a) Vorliegen einer Primärverletzung Die Haftung eines Sekundärakteurs vermittels aiding and abetting ist derivativer und akzessorischer Natur, vom Kläger war daher stets eine Primärverletzung nachzuweisen.258 Es muss also ein Akteur selbst einem Anspruch wegen Verletzung einer Vorschrift des SA 1933 oder des SEA 1934 ausgesetzt gewesen sein.259 In der Praxis war dies zumeist – wenngleich nicht zwingend – ein solcher aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5.260 ments verlangte, vgl. Barker v. Henderson, Franklin, Starnes & Holt, 797 F.2d 490, 495 (7th Cir. 1986); dazu Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 702 (1997). 254 Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 321 f. (1988); Ruder, 49 Bus. Law. 1479, 1482 (1994). 255 Siehe Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 126. 256 Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 703 (1997); sowie später erneut ders., 45 Am. Bus.  L. J. 611, 643 (2008). 257 Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 605 (1972), der zudem vorschlägt, die geringere Beteiligung des Sekundärakteurs im Vergleich zum Primärverletzer im Gesamtschuldnerausgleich, contribution, zu spiegeln, vgl. S. 647 ff. 258 Ausf. Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 628 ff. (1972): das Primärdelikt und seine Täter seien stets genau zu identifizieren, um Primär- und Sekundärakteure präzise zuzuordnen und die individuell haftenden Akteure festlegen zu können; zustimmend McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1095 (1984); sowie Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 669 f. (1988); siehe dazu auch Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 322 (1988): dem Element komme in der Gerichtspraxis keine große Bedeutung zu; so auch Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.25[3], S. 516: „[T]here is relatively sparse case law spelling out the elements of a primary violation in this context.“ – Vgl. für einen alternativ vorgeschlagenen Abgrenzungsvorschlag Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 226 (1977): Primärakteur sei, wer das Delikt initiiert und zentral von ihm profitiert habe. Dieser Ansatz konnte sich nicht durchsetzen. 259 Vgl. statt vieler SEC v. Coffey, 493 F.2d 1304, 1316 (6th Cir. 1974): „[A] person may be held as an aider and abettor only if some other party has committed a securities law violation“; in den hier behandelten Fällen ist das Primärdelikt zumeist ein solches aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5. 260 Vgl. McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1094 (1984), Fn. 50: „[I]n practice only plaintiffs in 10b-5 actions use aiding and abetting theories.“

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Zunächst war teilweise sehr großzügig formuliert worden, es müsse lediglich (irgend-)ein independent wrong bewiesen werden,261 das Erfordernis einer konkreten Verletzung einer Norm der Kapitalmarktgesetze setzte sich jedoch durch.262 Ausschlaggebend ist nicht die tatsächliche Realisierbarkeit des Anspruches, sondern dessen Bestehen;263 ebenso musste der Kläger den Primärverletzer unter bestimmten Voraussetzungen nicht zwingend namentlich identifizieren können,264 sofern er nur gegen einen Sekundärakteur vorgehen wollte. Die Feststellung eines Primärdeliktes hat der Praxis, soweit ersichtlich, keine größeren Probleme bereitet. b) Kenntnis des Sekundärakteurs von der Verletzung, knowledge/awareness Das zweite Element des Anspruchs betrifft die subjektive Tatseite, das Verhältnis des Teilnehmers zu der betreffenden Haupttat. Erforderlich sei, so lässt sich zahlreichen Entscheidungen entnehmen, knowledge oder general awareness des Sekundärakteurs. 265 In solcher Allgemeinheit abgefasst, wirft dies mehrere Fragen auf: Welches ist das konkrete Bezugsobjekt der geforderten knowledge? Muss der Teilnehmer die Haupttat aktiv fördern wollen? Erfordert der Anspruch Schädigungsvorsatz oder nur die Billigung der Haupttat? aa) Begriffsklärung Der Begriff der knowledge wurde in diesem Kontext seitens Rechtsprechung und Schrifttum gelegentlich unpräzise verwendet und stiftete einige Verwirrung. Bisweilen geriet durcheinander, was es klar zu trennen gilt: Das subjektive Element des Anspruchs gegen einen Sekundärakteur wegen aiding and abetting kann sich auf zwei verschiedene objektive Komponenten beziehen, einerseits die erfolgreiche Durchführung der Haupttat, sowie ande-

261 Vgl. Landy v. FDIC, 486 F.2d 139, 162 (3rd Cir. 1973); nach Kritik aus Schrifttum und Rechtsprechung hieran schwenkte das Gericht ein und verlangte fortan eine securities law violation, vgl. Monsen v. Consolidated Dressed Beef Corp., Inc., 579 F.2d 793, 799 (3rd Cir. 1978); dazu McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1094 (1984). 262 Vgl. Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 226 (1977). 263 Vgl. dazu Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 670 (1988): „[O]nce an independent illegal act is found, attention shifts to the other Elements of aiding and abetting.“ 264 So Hoffmann, 28 Fla. L. Rev. 999, 1002 (1976) mit Rechtsprechungsnachweisen. 265 Vgl. Landy v. FDIC, 486 F.2d 139 (3rd Cir. 1973): „that the aider and abettor know of that wrong’s existence“; Lanza v. Drexel, 479 F.2d 1277, 1306 (2d Cir. 1973): „proof of a willful or reckless disregard for the truth“; Kerbs v. Fall River Industries, Inc., 502 F.2d 731, 740 (10th Cir. 1974): „knowing assistance and participation in a fraudulent scheme“; SEC v. Coffey, 493 F.2d 1304, 1316 (6th Cir. 1974): „general awareness that his role was part of an overall activity that is improper“; Rolf v. Blyth, Eastman Dillon & Co., 570 F.2d 38, 47 (2d Cir. 1978): „knowledge of [the] fraud“.

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rerseits die eigene geleistete Teilnahmehandlung.266 Das zuerst genannte Element wird häufig mit awareness oder knowledge of the primary wrong beschrieben, während man das zweite häufig in einem Atemzug mit der Teilnahmehandlung im objektiven Sinne als knowing participation bzw. knowing and substantial participation zu adressieren pflegt. Diese in Grenzfällen nicht nur gedanklich wichtige Trennung scheint in der Instanzrechtsprechung wie auch im Schrifttum teilweise übersehen worden zu sein.267 Insbesondere in der Debatte, ob aufgrund der Entscheidung Ernst & Ernst v. Hochfelder 268 dem Sekundärakteur zur Haftungsbegründung ebenfalls scienter nachzuweisen sei,269 war dies zu beobachten, was wohl auch in terminologischen Unterschieden zwischen den – sachlich aber weitgehend kongruenten – Tests für eine Haftung wegen aiding and abetting begründet liegt. Richtigerweise betrifft die mit Ernst & Ernst v. Hochfelder und dem scienter-Erfordernis verknüpfte Frage nicht die an dieser Stelle untersuchte subjektive Einstellung des Teilnehmers zur Haupttat, sondern die subjektive Komponente des Sekundärakteurs hinsichtlich der eigenen Gehilfenhandlung, also die knowing participation, auf die im Anschluss einzugehen ist.270 Das hier untersuchte Element der knowledge hingegen nimmt die subjektive Einstellung des Anspruchsgegners zur Primärverletzung in den Blick. bb) General awareness/knowledge von der Primärverletzung Lange Zeit war unklar gewesen, ob der Anspruchsgegner positive Kenntnis von dem Primärdelikt haben musste, oder auch einfache Fahrlässigkeit, negligence, ausreiche.271 Die strengere, knowledge verlangende Ansicht setzte sich hierbei durch, constructive knowledge auf Grundlage des Vorwurfs grob fahrlässiger Unkenntnis, recklessness, wurde aber als ausreichend erachtet.272 266 Im deutschen Recht muss sich der Vorsatz des Gehilfen sowohl auf den Erfolg des Primärdeliktes als auch auf die eigene Unterstützungshandlung beziehen, vgl. ausf. unten Kapitel 3 – B.III.2.a), S. 295 ff. 267 Zur fehlenden Trennschärfe Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 671 (1988); Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 237 (1977); für ein bemerkenswertes Gegenbeispiel vgl. Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84, 95 (5th Cir. 1975): „One could know the existence of a ‘wrong’ without being aware of his role in the scheme, and it is the participation that is at issue. [… T]he assistance rendered should be both substantial and knowing. A remote party must not only be aware of his role, but he should also know when and to what degree he is furthering the fraud.“ 268 Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 96 S.Ct. 1375 (1976). 269 Zu deren Folgen für den Anspruch gegen Primärakteure vgl. oben Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 f., zu Auswirkungen auf die Haftung der Sekundärakteure sogleich unten Kapitel 2 – C.II.2.c)bb)(1), S. 191 f. 270 Vgl. hierzu sogleich Kapitel 2 – C.II.2.c)bb), S. 190 f. 271 So wohl noch SEC v. Frank, 388 F.2d 486, 489 (2d Cir. 1968). 272 Vgl. SEC v. Coffey, 493 F.2d 1304, 1316 (6th Cir. 1974); Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84, 96 (5th Cir. 1975): „Knowledge may be shown by circumstantial

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Wie auch im Bereich der Primärhaftung erlaubt dies wiederum eine Abwägung im Einzelfall, um zu bewerten was der in Rede stehende Akteur hätte bemerken oder erkennen müssen.273 cc) Praktische Relevanz der Problematik Die Einschätzungen zur praktischen Relevanz der Differenzierung zwischen beiden subjektiven Elementen könnten gegensätzlicher nicht ausfallen. Eine Literaturstimme betonte: „In short, when there is knowledge of a violation and there is assistance, as a practical matter there will be knowing assistance.“274

Deutlich im Gegensatz hierzu steht hingegen die folgende frühere Einschätzung. Zwar sei der Schluss von einer festgestellten intention to defraud auf eine Kenntnis von der unterstützten Primärverletzung zulässig. In die entgegengesetzte Richtung aber gehe dies fehl: „[T]he opposite inference – from knowledge of the fraud to scienter – cannot be drawn without running the risk of holding innocent or merely negligent persons liable. The traditional knowledge test tends to obscure the essential issue – the defendant’s awareness of his role in furthering a fraud.“275

Trotz theoretisch scharfer Trennung scheint die Differenzierung praktische Probleme bereitet zu haben. In einer Urteilsanmerkung aus dem Jahr 1984 liest man hierzu: „[The Fifth Circuit] stated that the alleged aider and abettor must ‘know when and to what degree he is furthering the fraud.’ Despite the current unanimity regarding the test’s formulation [also das Erfordernis der knowing and substantial participation], the courts have had considerable difficulty applying this requirement.“276

Schließlich konnte sich das Erfordernis der knowing and substantial participation neben der knowledge von dem Primärdelikt als eigenständiges Merkmal behaupten.

evidence, or by reckless conduct, but the proof must demonstrate actual awareness of the party’s role in the fraudulent scheme.“ – Zust. Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 242 (1977); differenzierend, eher krit. Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 676 ff. (1988). 273 Dazu bereits im Hinblick auf das scienter-Erfordernis beim Primärakteur oben Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 ff. 274 Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 341 (1988). 275 Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 252 f. (1977). 276 McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1097 (1984), internes Zitat aus Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84, 95 (5th Cir. 1975).

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c) Vorsätzliche Gehilfenhandlung: knowing and substantial assistance Schließlich muss der Sekundärakteur substantial assistance zu dem Primärdelikt geleistet haben. In einigen Circuits wurde dies als gemischt objektivsubjektives Element behandelt,277 andere verstanden substantial assistance rein objektiv,278 prüften allerdings im Element der knowledge nicht nur Kenntnis von der Primärverletzung sondern auch den Willen zur Förderung der Haupttat. In der Sache ergaben sich hieraus jedoch keine Unterschiede. Einigkeit bestand nämlich dahingehend, dass dem Sekundärakteur ein Bewusstsein von der eigenen Mitwirkungshandlung nachzuweisen war. Die vorliegende Darstellung folgt der ersten Variante und behandelt somit zunächst substantial assistance im objektiven Sinne, gefolgt von deren subjektiver Komponente, der knowing assistance. Das Element der Kenntnis vom Primärdelikt wurde soeben bereits dargestellt. aa) Objektive Komponente: substantial assistance Der Sekundärakteur muss eine wesentliche objektive Mitwirkungshandlung, substantial assistance, zu der Primärverletzung geleistet haben. Aber wann ist von einer solchen auszugehen? Die Gerichte taten sich hier schwer, einheitliche Maßstäbe zu entwickeln. Eine Sichtung des reichhaltigen Fallmaterials legt den Schluss nahe, dass der Begriff bewusst vage gehalten wurde. So konnte man ohne Festlegung auf einen bright line test anhand aller Umstände des Einzelfalls abwägen, ob die Teilnahmehandlung nach Qualität und Quantität hinreichend substantial ausfällt, um eine haftungsbewährte Teilnahmehandlung festzustellen. 279 Eine recht griffige Annäherung findet sich bei Kuehnle: Vgl. nur SEC v. Coffey, 493 F.2d 1304, 1316 (6th Cir. 1974); SEC v. Seabord Corp., 677 F.2d 1301, 1311 (9th Cir. 1982): „knowingly and substantially assisted the violation.“ – Ebenso Cleary v,. Perfectune, Inc., 700 F.2d 774, 777 (1st Cir. 1983); sowie Woods v. Barnett Bank of Fort Lauderdale, 765 F.2d 1004, 1009 (11th Cir. 1985). 278 So Landy v. FDIC, 486 F.2d 139, 162 f. (3rd Cir. 1973); wohl auch IIT v. Cornfeld, 619 F.2d 909, 922 (2d Cir. 1980): „[T]here may be a nexus between the degree of scienter and the requirement that the alleged aider and abettor render ‘substantial assistance’.“ 279 So anklingend bei Brennan v. Midwestern United Life Insurance Company, 417 F.2d 147, 155 (7th Cir. 1969): „[U]nder all the facts and circumstances of this case, [the defendant’s] actions amounted to a tacit agreement […], thus facilitating the fraud […]. Violations of this rule should be ‘fashioned case by case as particular facts dictate’.“ Internes Zitat aus Kohler v. Kohler Co., 319 F.2d 634, 637 f. (7th Cir. 1963), dort zu Primärakteuren; ähnlich McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1097 f. (1984); die Frage, ob substantial assistance vorlag, galt als question of fact, nicht als question of law, vgl. Brennan v. Midwestern United Life Insurance Company, 259 F.Supp. 673, 682 (District Court, N.D. Indiana 1966): „Whether or not the defendant’s alleged ‘silence and inaction’ was sufficient assistance or encouragement to constitute an aiding and abetting of [a primary actor’s] violation of the statute and rule cannot be decided on the pleadings. These are questions of fact to be determined at the trial.“ 277

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„[C]onsideration should be given to the number and effect of other factors, and to whether the conduct was harmless until acted upon by other forces or was part of a continuous stream of forces leading to the resulting harm. Further, where the indication of assistance is weak, consideration should be given to (1) the amount of assistance given by the defendant, (2) his presence or absence at the time of the tort, (3) his relation to the other persons, and (4) his state of mind.“280

Die Gehilfenhandlung darf demnach nicht von völlig untergeordneter Natur gewesen sein und ihr muss zudem ein gewisser eigener Handlungsunwert innewohnen.281 Hier war die Rechtsprechung häufig erkennbar ergebnisorientiert wertend tätig: Bei der Frage nach einer substantial assistance sei auch an der angeordneten Rechtsfolge, der joint and several liability, Maß zu nehmen und zu überprüfen ob diese eine angemessene Reaktion der Rechtsordnung auf das in Rede stehende Verhalten darstelle.282 Hinsichtlich beratender gatekeepers, deren reguläres Tagesgeschäft darin besteht, Standardtransaktionen vorzubereiten und zu begleiten, wurde betont, dass Handlungen, die lediglich den daily grist of the mill darstellen und isoliert betrachtet gänzlich neutral erscheinen, nicht als hinreichende Mitwirkungshandlung einzuordnen seien.283 bb) Subjektive Komponente: knowing participation Das umstrittenste Element des Anspruchs stellte die knowledge des Sekundärakteurs hinsichtlich seiner eigenen Mitwirkungshandlug dar. Zunächst hatte Uneinigkeit bestanden, ob eine solche subjektive Komponente überhaupt notwendig sei: Einige Gerichte hatten über die Kenntnis von der Primärverletzung hinaus kein zusätzliches subjektives Element gefordert,284 andere hatten positive

280 Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 340 (1988); Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 227 (1977) entnimmt dem case law Formulierungen wie „acting in concert with or participation in a common enterprise“, „association in a venture with the hope of its success“ und „encouragement or advice“, welche dem Deliktsrecht und Strafrecht entstammten. 281 Umfassend Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 701 ff. (1988). 282 Plastisch Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84, 95 (5th Cir. 1975): „[T]he securities acts do not impose strict liability upon all who come in contact with a security. The postman who mails a fraudulent letter is not covered by the Act, nor is the company that manufactured the paper on which the violating documents are printed.“ 283 Vgl. nur Camp v. Dema, 948 F.2d 455, 460 (8th Cir. 1991), die vorgeworfene Handlung dürfe nicht erst ex post einen inneren Zusammenhang zu dem Delikt aufweisen; vgl. auch Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1438 (1994); dazu ausf. Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 722 ff. (1988); vgl. zum Parallelproblem der „neutralen Beihilfe“ im deutschen Recht unten Kapitel 3 – B.III.2.c), S. 309 ff. 284 So Buttrey v. Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc., 410 F.2d 135, 144 th (7 Cir. 1969); Gross v. SEC, 418 F.2d 103, 107 (2d Cir. 1969); hierzu Pollak, 45 U. Chi.  L. Rev. 218, 236 ff. (1977).

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Kenntnis, knowledge hinsichtlich der eigenen Beihilfehandlung verlangt.285 Eine Annäherung dieser Positionen löste der Supreme Court 1976 mit der Entscheidung Ernst & Ernst v. Hochfelder  286 aus, als er für die Haftung nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 scienter als subjektives Erfordernis postulierte. (1) Implikationen aus Ernst & Ernst v. Hochfelder Dies deutete die Mehrheit der Circuit Courts of Appeal derart, dass ein Sekundärakteur nur dann wegen aiding and abetting hafte, wenn ihm subjektiv scienter hinsichtlich der eigenen Unterstützungshandlung nachzuweisen sei.287 Dies stelle einen elementaren Bestandteil des Anspruchs aus sec. 10(b) SEA i. V. m. SEC Rule 10b-5 dar und gelte daher auch für die Haftung der Sekundärakteure. Eine Debatte entzündete sich sodann, wie auch in der Diskussion zur Haftung der Primärakteure, an der Frage, ob auch grobe Fahrlässigkeit, recklessness, das scienter-Erfordernis erfülle. Dies wurde weitgehend bejaht.288 (2) Differenzierungsansätze der Folgerechtsprechung Einige Gerichte näherten sich der Frage nicht pauschal sondern differenzierten nach unterschiedlichen Kriterien: Eine erste Abschichtung setzte bei dem Verhältnis zwischen Sekundärakteur und Geschädigtem an. Grundsätzlich sei Vorsatz, conscious intent hinsichtlich der Förderung der Haupttat erforderlich;289 Sofern aber entweder der 285 Vgl. SEC v. Coffey, 493 F.2d 1304, 1316 (6th Cir. 1974): „[A] person may be held as an aider and abettor only if some other party has committed a securities law violation, if the accused party had general awareness that his role was part of an overall activity that is improper, and if the accused aider-abettor knowingly and substantially assisted the violation.“ – Übernehmend Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84, 94 f. (5th Cir. 1975), mit Ablehnung des Tests des 3rd Circuit, der zunächst keine knowledge hinsichtlich der substantial participation gefordert hatte. 286 Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 96 S.Ct. 1375 (1976), hierzu ausf. oben Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163. 287 Deutlich Rolf v. Blyth, Eastman Dillon & Co., 570 F.2d 38, 44 (2d Cir. 1978): „[T]he basic holding of Hochfelder, that scienter is an element of the § 10(b)/Rule 10b-5 cause of action, also establishes the standard for aiding and abetting liability.“ – Ebenso die Literatur, vgl. statt vieler Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 240 (1977). 288 Vgl. McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1095 ff. (1984), insbesondere S. 1103 ff., der Ernst & Ernst v. Hochfelder als den recklessness-Standard unterstützend deutet und diesen in das knowledge-Element des aiding and abetting-Vorwurfs transplantiert, vgl. 1111 ff.; ebenso im Ergebnis Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 326 ff. (1988). 289 Vgl. Akin v. Q-L Investments, Inc., 959 F.2d 521, 526 (5th Cir. 1992) bzgl. der Haftung von accountants könne recklessness nur unter weiteren Voraussetzungen, beispielsweise einer festgestellten duty to disclose, ausreichen.

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Anspruchsgegner finanziell von der Primärverletzung profitiert habe,290 oder eine qualifizierte Verbindung zwischen dem Sekundärakteur und dem Geschädigten bestehe, rechtfertige dies eine Absenkung des Standards auf recklessness. Eine solche Verbindung könne aus Vertrag, einer Aufklärungspflicht (duty to disclose) oder einem vergleichbaren Näheverhältnis, insbesondere einer fiduziarischen Pflicht, aber auch schon aus typisiertem Vertrauen des Geschädigten291 resultieren.292 Teils unterschied man danach, ob das vorgeworfene Handeln des Sekundärakteurs in einem Tun oder Unterlassen bestand, wobei bei aktivem Tun recklessness genügen sollte, bei einem Unterlassen allerdings nur unter der zusätzlichen Voraussetzung einer duty to disclose des Sekundärakteurs gegenüber dem Geschädigten. In Ermangelung einer solchen sollte conscious intent nötig sein.293 Andere Entscheidungen ließen wiederum stets recklessness genügen.294 Einzelne Stimmen aus dem Schrifttum lehnten jeden hinter concious intent zurückbleibenden Standard gänzlich ab,295 konnten sich aber mit dieser Forderung nicht durchsetzen. cc) Behandlung des Unterlassens Besondere Probleme bereitete schließlich die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Unterlassen als haftungsbegründende substantial assistance 290

chung.

Vgl. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 329 (1988) mit Nachweisen aus der Rechtspre-

291 Insb. Kommunikation von Beratern eines Emittenten, die zwar nicht unmittelbar veröffentlicht wird, auf deren Inhalt der Markt aber schützenswert vertraut, vgl. Woods v. Barnett Bank, 765 F.2d 1004, 1011 (11th Cir. 1985): Hier wurde severe recklessness gefordert, was funktional im deutschen Recht wohl der Leichtfertigkeit entspricht. 292 Dazu Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 329 (1988): Diese Differenzierung betrete kein Neuland, die Absenkung des erforderlichen Verschuldens bei Nähebeziehungen zwischen den Akteuren entstamme dem law of torts; allerdings positioniert sich Kuehnle gegen die Fallgruppenbildung und für eine universale Anwendung von recklessness. 293 Zum Unterlassen sogleich Kapitel 2 – C.II.2.c)cc), S. 192 f., vgl. insb. die Nachweise in Fn. 304, S. 194. 294 So u. a. Rolf v. Blyth, Eastman Dillon & Co., 570 F.2d 38, 46 (2d Cir. 1978); ausf. McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087 (1984) für umfassende Anwendung des recklessnessStandards; zu den verschiedenen Ansätzen auch First Interstate Bank of Denver v. Pring, 969 F.2d 891, 899 ff., 903 (10th Cir. 1992) (nicht rechtskräftig, vom Supreme Court reversed). 295 Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 631 ff. (1972) für eine Beschränkung auf knowledge of wrongful purpose, ein niedrigerer Standard verlange den Kapitalmarktakteuren zu viel gegenseitige Überwachung ab; zum Beweis von knowledge solle in der Praxis jedoch reckless conduct ausreichen, vgl. 638; hierzu auch Herman & MacLean v. Huddleston, 459 U.S. 375, 390, 103 S.Ct. 683, 692 (1983) Fn. 30: „[T]he proof of scienter required in fraud cases is often a matter of inference from circumstantial evidence. If anything, the difficulty of proving the defendant’s state of mind supports a lower standard of proof.“

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anzusehen sei.296 Dies wurde vereinzelt ohne weitere Einschränkungen zugelassen,297 andere Gerichte verlangten ein nicht näher definiertes besonderes Näheverhältnis, eine special relationship, zwischen Anspruchsgegner und Geschädigtem.298 Die vorherrschende Auffassung postulierte als Voraussetzung eine bestehende duty to disclose des Sekundärakteurs gegenüber dem Geschädigten, also ein qualitatives Mehr gegenüber dem vagen Begriff einer special relationship.299 Für diese Wertung spricht zweierlei: Zum einen findet sie sich in den Haftungsvoraussetzungen für Primärakteure nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 wieder und sorgt somit für einen gewissen Gleichlauf der Wertungen zwischen Primär- und Sekundärverletzungen.300 Zudem überzeugt das Kriterium in der Sache: Während bei einer aktiven Unterstützungshandlung bereits von dem Engagement des Sekundärakteurs selbst eine potenzielle Gefahr für schützenswerte Interessen betroffener Anleger ausgeht, erscheint ein Unterlassen zunächst neutral. Ihren gefährdenden Charakter bekommt die Unterlassung hier erst dadurch, dass Dritte schützenswert darauf vertrauen, dass der in Rede stehende Akteur eine spezifische Information bei ihrem Vorliegen veröffentlichen würde. Dies begründet die duty to disclose. Erst dieses typisierte Vertrauen reichert das Unterlassen mit einem kommunikativen Gehalt an und rechtfertigt die Gleichstellung mit aktivem Tun. Die anschließende Frage, welche Voraussetzungen an eine solche duty to disclose zu stellen seien, wurde ebenfalls nicht einheitlich beantwortet. Teils postulierten Gerichte unterschiedliche Pflichten verschiedener Marktintermediäre im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Informationen, 301 oder unterschieden nach Art und Üblichkeit der konkret in Rede stehenden TransVgl. die Kompilation der verschiedenen Ansätze bei Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 85, 96 ff. (5th Cir. 1975); dazu Bromberg/Lowenfels, 52 Alb. L. Rev. 637, 727 ff. (1988). 297 Vgl. Kerbs v. Fall River Industries, Inc., 502 F.2d 731, 740 (10th Cir. 1974): „[O]ne who aids and abets a fraudulent scheme may be held accountable even though his assistance consists of mere silence or inaction.“ – So auch bereits Brennan v. Midwestern United Life Insurance Company, 417 F.2d 147, 154 (7th Cir. 1969); zu beiden Urteilen Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 229 ff. (1977), sowie S. 244 ff. 298 Vgl. Landy v. FDIC, 486 F.2d 139, 161 f. (3rd Cir. 1973). 299 Vgl. nur Lanza v. Drexel & Co., 479 F.2d 1277, 1289 (2d Cir. 1973); Rolf v. Blyth, Eastman Dillon & Co., 570 F.2d 38, 47 f. (2d Cir. 1978); diese Auffassung konnte sich durchsetzen, vgl. Hoffmann, 28 Fla. L. Rev. 999, 1013 (1976); Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 342 (1988); McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1098 (1984). 300 Zum Unterlassen des Primärakteurs vgl. oben Kapitel 2 – C.I.3.a)cc), S. 161 sowie Kapitel 2 – C.I.3.d)aa), S. 167. 301 Im Hinblick auf die Berufspflichten von accountants instruktiv Akin v. Q-L Investments, Inc., 959 F.2d 521, 526 ff. (5th Cir. 1992); Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 618 (1972) schlägt vor, abgestufte Pflichtenstandards zu etablieren, welche sich am typisierten Vertrauen des Marktes auf Aussagen der jeweiligen Berufsgruppe orientieren sollten. 296

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aktion.302 Auf vertiefende Details kann an dieser Stelle lediglich verwiesen werden.303 Eine Ausnahme vom Erfordernis einer duty to disclose wurde allerdings allenthalben zugelassen, wenn der Sekundärakteur mit intention to defraud, Schädigungsabsicht, an dem Primärdelikt beteiligt war.304 Die überschießende subjektive Komponente rechtfertige den Verzicht hierauf. dd) Kausalitätserfordernis? Wenig diskutiert wurde die Frage, ob eine Kausalität zwischen Gehilfenhandlung und Erfolg des Primärdeliktes erforderlich sei. Insbesondere im Fall des Unterlassensvorwurfs stellt dies jedoch ein beachtenswertes Problem dar.305 Die Praxis bediente sich einer sehr flexiblen Handhabung, strikte Kausalität der Unterstützungshandlung für das Gelingen des Primärdeliktes im Sinne naturgesetzlicher Verursachung, but-for-causation, musste nicht festgestellt werden.306 Die meisten Entscheidungen, die die Frage überhaupt thematisieren, verlangen dass die Teilnahmehandlung einen substantial factor zum Gelingen des Primärdeliktes beigetragen habe, was jedoch neben dem ohnehin bestehenden Erfordernis der substantial assistance keinen erkennbaren zusätzlichen Gehalt mit sich bringt.307 Aus dem tort law übernahm man zudem die Auffassung, dass erhöhter Schädigungsvorsatz die Kausalitätsanforderungen absenke.308

So Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84, 95 (5th Cir. 1975). Ausführlicher Hoffmann, 28 Fla. L. Rev. 999, 1013 (1976) m. w. N. 304 Bündig Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84, 97 (5th Cir. 1975): „When it is impossible to find any duty of disclosure, an alleged aider-abettor should be found liable only if scienter of the high ‘conscious intent’ variety can be proved. Where some special duty of disclosure exists, then liability should be possible with a lesser degree of scienter.“ – Übernehmend IIT v. Cornfeld, 619 F.2d 909, 925 (2d Cir. 1980); McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1098 f. (1984) mit Auswertung der Rechtsprechung; zustimmend Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 245 (1977) unter Berufung auf die Wurzeln der Figur im tort law und criminal law und die dort ebenso anzutreffende Wertung. Siehe auch Ruder, 49 Bus. Law. 1479, 1484 (1994): Die Frage, ob inaction in Verbindung mit high concious intent das Erfordernis der duty to disclose ersetzen könne, stelle eine der verbliebenen Unklarheiten des Anspruchs dar. 305 Dazu Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 342 (1988). 306 Vgl. McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1099 (1984). 307 So auch Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 252 (1977). 308 Dazu Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 342 (1988): „[W]here a secondary participant has actual knowledge of a primary violation, the trier of fact should be permitted to find a causal relationship on facts that might not support a finding if the nonacting party merely was negligent in not knowing of the primary violation.“ 302 303

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d) Zusammenfassung: aiding and abetting liability bis 1994 Voraussetzung der Haftung wegen aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 im Rahmen des private enforcement war bis 1994, dass der Anspruchsgegner zu einem den Anspruchsteller schädigenden Primärdelikt eine knowing and substantial assistance geleistet hatte. Bei positivem Tun bejahte man dies, wenn die Gehilfenhandlung im Rahmen einer Gesamtschau einen wesentlichen Anteil zu dem Primärdelikt beigetragen hatte. Ein Unterlassen stellte dann eine substantial assistance dar, wenn eine duty to disclose des in Anspruch Genommenen gegenüber dem Anspruchsteller, oder Schädigungsvorsatz, intention to defraud, nachgewiesen wurde. Subjektiv war einerseits mindestens general awareness von der Primärverletzung erforderlich, sowie zudem scienter hinsichtlich des eigenen fördernden Tatbeitrages, also grob fahrlässige Unkenntnis, recklessness, oder jede Form von Vorsatz. 3. Weitere Konzepte zur derivativen Haftung von Sekundärakteuren Neben aiding and abetting bediente sich die Spruchpraxis weiterer Konzepte aus dem common law, um die Haftung von Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 zu begründen.309 Zu nennen sind insbesondere conspiracy und respondeat superior310 sowie die controlling person liability.311 Die Unterscheidung zwischen diesen Ansätzen erfolgte teils nur sehr unscharf ,312 insbesondere conspiracy und aiding and abetting wurden häufig vermengt.313 Überdies stehen sich respondeat superior und die con-

Vgl. für eine ausführliche Gesamtschau der Konzepte Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313 (1988). 310 Nahezu synonym auch agency liability; Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 348 f. (1988) weist darauf hin, dass agency liability unterschiedlichen Ursprunges als respondeat superior bzw. controlling person liability sei und sich auch in der Anwendung in Nuancen von diesen unterscheide (vgl. dort Fn. 187, sowie S. 349); die praktischen Konsequenzen hieraus sind jedoch minimal, sodass eine Trennung in Literatur und Rechtsprechung selten vorgenommen wird, und auch hier mangels Aussicht auf Erkenntnisgewinn keine gesonderte Behandlung der agency liability erfolgt. Soweit im Folgenden von respondeat superior gehandelt wird, umfasst dies agency liability. 311 Letztere ist als einzige dieser Theorien ausdrücklich als Haftungsgrundlage für private enforcement im Gesetz verankert, vgl. für den Primärmarkt sec. 15(a) SA 1933 (hierzu ausführlicher oben Kapitel 2 – B.III.1., S. 148 ff.), sowie für den Sekundärmarkt sec. 20(a) SEA 1934 (hierzu sogleich Kapitel 2 – C.II.3.b)bb), S. 198 ff.). 312 Vgl. Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 223 (1977): „[C]ourts seemed to use the various theories without distinguishing the unique elements of each, in apparent attempts to support their findings of liability with as many labels as possible.“ 313 Vgl. Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 244 (1977) mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 309

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trolling person liability inhaltlich äußerst nahe.314 In den 1980er Jahren war – abgesehen von vereinzelten ablehnenden Literaturstimmen – deren Anwendbarkeit auf die Haftungsnormen der Kapitalmarktgesetze, insbesondere sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5, weitgehend anerkannt.315 Die Abgrenzung von Primär- und Sekundärakteuren erfolgt stets identisch, was aus der derivativen Natur herrührt: Wer sämtliche Voraussetzungen einer Haftungsnorm erfüllt, ist Primärakteur. Wer dagegen an der Begehung mitwirkt, ohne selbst eine Haupttat zu verwirklichen, kommt als Sekundärakteur in Betracht.316 Die verschiedenen Ansätze werden im Folgenden vorgestellt. a) Conspiracy liability Der Vorwurf gegen den Sekundärakteur nach der conspiracy-Theorie lautet darauf, in planmäßigem Zusammenwirken mit einem Primärakteur die Rechtsverletzung begangen zu haben. Anknüpfungspunkt ist der gemeinsam gefasste und betätigte Wille zur Begehung des Deliktes.317 Ohne Weiteres ergibt sich, dass positive Kenntnis, knowing conduct, erforderlich ist.318 Es handelt sich also in subjektiver Hinsicht um eine gesteigerte Beteiligungsform im Vergleich zum Vorwurf des aiding and abetting. Gleichzeitig ist für den conspiracy-Vorwurf jedoch keine substantial assistance notwendig: Das gesteigerte subjektive Element, welches in Form des „Unrechtspaktes“ vorliegt, kann ein fehlendes Mitwirken bei der Deliktsbegehung in Teilen aufwiegen.319 Dennoch muss der Sekundärakteur irgendeine Form von objektiver Unterstützung erbracht haben.320

314 Der einzige Unterschied zwischen beiden Ansätzen in der Sache besteht darin, dass die kodifizierte controlling person liability dem in Anspruch genommenen eine good faith defence ermöglicht, während dies nach respondeat superior nicht möglich ist. Zu den hieraus entstehenden Friktionen sogleich unten Kapitel 2 – C.II.3.b)bb), S. 198 f. 315 Vgl. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 315 (1988). 316 Vgl. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 319 ff. (1988): aiding and abetting und conspiracy liability dominierten in der Rechtsprechung deutlich. 317 Vgl. SEC v. Coffey, 493 F.2d 1304, 1316 (6th Circuit 1974): „An essential element of conspiracy is an agreement to accomplish a wrongful purpose“, m. w. N. in Fn. 28; vgl. dazu Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 627, 631, (1972) insb. S. 639 ff.; knapp auch Wager/ Failla, 49 Bus. Law. 1451, 1463 (1994); eine funktionale Entsprechung deutschen Recht findet das Konzept in der Mittäterschaft, vgl. § 830 Abs. 1 S. 1 BGB, dazu unten ausf. Kapitel 3 – B.III.1., S. 291 f.; ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass conspiracy liability nicht voraussetzt, dass der betreffende Akteur auch tauglicher (Haupt-)Täter des Primärverstoßes sein kann. 318 Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 346 (1988). 319 Vgl. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 343 (1988). 320 Dies steht im Gegensatz zur conspiracy im strafrechtlichen Kontext, dort wird auf eine tatsächliche Teilnahmehandlung vollständig verzichtet; vgl. vertiefend Kuehnle, 14 J.  Corp. L. 313, 347 (1988).

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Der conspiracy-Vorwurf konnte für Geschädigte im Einzelfall attraktiver erscheinen als aiding and abetting, insbesondere aufgrund der abgesenkten objektiven Mitwirkungskomponente. Häufig gelang es Klägern jedoch nicht, die für conspiracy liability nötige Vereinbarung zur Begehung eines konkreten Marktdeliktes zwischen Primär- und Sekundärakteur nachzuweisen.321 Dies galt, obwohl die Rechtsprechung Klägern den Beweis einer expliziten Vereinbarung erließ, und bereits die Darlegung faktischen Handelns genügen ließen, welches sodann belastbare Rückschlüsse auf konzertiertes Verhalten erlaubte.322 In der Rechtsfolge führte auch conspiracy liability zur joint and several liability gegenüber den Geschädigten.323 Aiding and abetting stellte jedoch im direkten Vergleich die klar dominierende Theorie dar, in der Fallpraxis324 wie auch in der wissenschaftlichen Aufarbeitung. Daher soll im Folgenden in erster Linie von dieser gehandelt werden. Soweit im Hinblick auf conspiracy liability bemerkenswerte Abweichungen bestehen, sind diese im jeweiligen Kontext erläutert. b) Respondeat superior (agency) und controlling person liability Deutlich klarer verläuft die Trennlinie zwischen aiding and abetting und respondeat superior (agency) bzw. der controlling person liability. aa) Anwendungsbereich Im Gegensatz zur unterstützenden Teilnahme an einer fremden Haupttat, wie durch aiding and abetting beschrieben, haben respondeat superior und controlling person liability die Haftungsbegründung des Hintermannes für die Handlungen eines von ihm kontrollierten Akteurs im Blick. Ein ausschlaggebendes Element ist die im Innenverhältnis tatsächlich bestehende Möglichkeit, entscheidend auf das Gebaren des Primärakteurs im Außenverhältnis einzuwirken.325 Sinn beider Ansätze ist mithin der Zugriff auf die finalen So Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 346 (1988). Vgl. Ferguson v. OmniMedia, Inc., 469 F.2d 194, 198 (1st Cir. 1972): „In a conspiracy case, […] proof of conscious complicity may depend upon the careful marshalling of circumstantial evidence […].“ 323 Vgl. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 348 (1988): „[W]hen the defendant does any act in a civil conspiracy, he becomes liable for the acts of the other conspirators.“ 324 Häufig erfolgte eine Vermengung der Ansätze, dazu bereits oben Kapitel 2 – C.II.3., S. 195 mit Fn. 312 und 313; Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1435 (1994) machte einen Trend weg von conspiracy hin zu aiding and abetting aus. 325 Vgl. im Kontext von sec. 20(a) SEA 1934 zur Frage, ob die tatsächliche Ausübung von Kontrolle notwendig sei Howard v. Everex Systems, Inc., 228 F.3d 1057, 1065 (2d Cir. 2000): Ein Kläger muss keine actual participation des Anspruchsgegners darlegen, potenzielle Kontrolle kraft Organisationsgefüges genügt; dem Gegner steht jedoch die good faith defense offen, wenn er nachweist, dass er keine participation geleistet habe und ihm kein scienter in Bezug auf das Delikt vorzuwerfen sei; vgl. zur Parallelproblematik am Primär321 322

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Entscheidungsträger im Hintergrund, in der Praxis zum Beispiel Geschäftsleiter oder bestimmend Einfluss nehmende Anteilseigner.326 Zudem hatten die Gerichte wiederholt die Frage der Haftung von broker-dealers unter diesem Gesichtspunkt zu entscheiden.327 Fallkonstellationen unter Beteiligung externer Teilnehmer, die den Gegenstand dieser Untersuchung bilden, sind mangels finaler Entscheidungsgewalt über die Kommunikation des Primärakteurs nur in Ausnahmefällen erfasst.328 Wenn respondeat superior oder controlling person liability in derartigen Konstellationen in der Rechtsprechung angesprochen wurden, geschah dies soweit ersichtlich regelmäßig in Verbindung mit aiding and abetting oder conspiracy im Zuge einer dogmatisch wenig präzisen Gesamtschau der Konzepte.329 bb) Anwendbarkeit von respondeat superior neben sec. 20(a) SEA 1934? Die controlling person liability ist für bestimmte Abschnitte des SA 1933 und des SEA 1934 explizit angeordnet, vgl. sec. 15(a) SA 1933330 bzw. sec. 20(a) SEA 1934.331 Diese vermitteln Klägern zudem ein ausdrückliches private right of action. Hieraus wird teilweise gefolgert, für respondeat superior bestehe daneben weder Bedarf noch Berechtigung.332 Die Gesetzessystematik stellt das Hauptargument hierfür dar: Der einzige praktische Unterschied zwischen respondeat superior und controlling person liability besteht darin, dass respondeat

markt unter sec. 15(a) SA 1933 oben Kapitel 2 – B.III.1., S. 148 mit Nachweisen in Fn. 65; vgl. auch Wager/Failla, 49 Bus. Law. 1451, 1464 f. (1994) zum Fehlen eines präzisen Tests für die Stellung als controlling person. 326 Die deutsche Primärmarkthaftung kennt funktional vergleichbar die Haftung des „Prospektveranlassers“, vgl. dazu oben Kapitel 1 – B.II.1.c)bb), S. 25 f.; eine Entsprechung am Sekundärmarkt besteht im deutschen Recht nicht. 327 Vgl. Fitzpatrick/Carman, 12 Hofstra L. Rev. 1, 4 ff. (1983) mit reichhaltigem case law. 328 So auch die Einschätzung bei Wager/Failla, 49 Bus. Law. 1451, 1465 (1994). 329 Krit. hierzu Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 223 (1977). 330 Die Norm ordnet eine controlling person liability desjenigen an, der im Sinne der Vorschrift beherrschende Kontrolle über einen Akteur ausübt, der ein Delikt nach sec. 11 oder sec. 12 SA 1933 verübt, hierzu bereits oben, Kapitel 2 – B.III.1., S. 148 ff.; zudem statuiert sec. 15(b) SA 1933 die Haftung wegen aiding and abetting, allerdings beschränkt auf das public enforcement, hierzu bereits oben Kapitel 2 – B.III.2., S. 149. 331 Vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 2 § 7.12[2], S. 343 ff., obgleich der Wortlaut beider Vorschriften divergiere, würden diese in der Praxis sehr ähnlich ausgelegt. 332 Vgl. Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 107 (1981); vgl. auch Fitzpatrick/Carman, 12 Hofstra L. Rev. 1, 27 (1983): „An examination of the historical foundation of respondeat superior, and the policies supporting its use, clearly illustrate that resort to the doctrine will frustrate, rather than further, Congress’ intent in cases involving control person liability.“ – A. A. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 349 ff. (1988).

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superior den Einwand fehlenden Verschuldens nicht kennt.333 Sowohl sec. 15(a) SA 1933334 als auch sec. 20(a) SEA 1934335 sehen diesen hingegen vor. Ansonsten sind Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolge identisch ausgestaltet. Die Anwendung von respondeat superior konterkariere somit eine explizite Entscheidung des Gesetzgebers. Andere sehen in der Annahme von Anspruchskonkurrenz den Willen des historischen Gesetzgebers verwirklicht und berufen sich auf Divergenzen in der Stoßrichtung beider Konzepte sowie die Kenntnis des historischen Gesetzgebers von der Figur des respondeat superior.336 Die Rechtsprechung war gespalten, wobei die Mehrheit sich gegen Exklusivität entschieden hatte.337 Nach der Entscheidung Central Bank im Jahr 1994,338 welche die zivilrechtliche Haftung wegen aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 unterband, wurde aber auch von denjenigen, die sich für ein Nebeneinander der Konzepte ausgesprochen hatten überwiegend gefolgert, dass mit aiding and abetting auch respondeat superior verworfen worden sei.339 Aus der Spruchpraxis verschwand respondeat superior in der Folge weitgehend. 4. Private enforcement bis 1994 Das implied private right of action gegen Sekundärakteure nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5, also die Aktivlegitimation privater Kläger, wurde von den Federal Courts of Appeal aller Circuits lange Zeit übereinstimmend bejaht.340 Die Literatur folgte dem weitgehend. Angemerkt wurde zwar, dass die Mehrzahl der Verfahren gegen aiders and abettors nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 nicht durch private Kläger, sondern im public enforcement durch die SEC betrieben werde,341 soweit ersicht333 Vgl. knapp Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1436 (1994); die Anzahl der auf Grundlage von respondeat superior geführten Klageverfahren habe zudem stetig abgenommen. 334 Gem. sec. 15(a) SA 1933 ist erforderlich, dass „the controlling person had no knowledge of or reasonable ground to believe in the existence of the facts by reason of which the liability of the controlled person is alleged to exist.“ 335 Hier greift der Einwand, wenn „the controlling person acted in good faith and did not directly or indirectly induce the acts constituting the violation or cause of action“, vgl. sec. 20(a) SEA 1934; zur konkreten Ausgestaltung in der Rechtsprechung soeben S. 197, Fn. 325. 336 Vgl. ausf. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 350 ff. (1988). 337 Vgl. Marbury Management, Inc. v. Kohn, 629 F.2d 705 (2d Cir. 1980), mit umfassender Diskussion und Ablehnung einer Sperrwirkung. 338 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), hierzu ausf. unten Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff. 339 Vgl. die Nachweise unten Kapitel 2 – C.III.6., S. 217, Fn. 451. 340 Vgl. die Rechtsprechungsnachweise oben Kapitel 2 – C.II.1., S. 182 in Fn. 240. 341 McDermett Jr., 62 Tex. L. Rev. 1087, 1092 (1984) mit Fn. 30.

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lich wurde aber bei Zustimmung zur Haftung wegen aiding and abetting auch stets das implied private right of action bejaht. Lediglich Stimmen, die der Verknüpfung von aiding and abetting mit sec. 10(b) SEA 1934 generell widersprachen, argumentierten freilich auch gegen das private enforcement.342 5. Reservation der Frage durch den Supreme Court – beredtes Schweigen? Bis 1994 waren die Haftung von Sekundärakteuren wegen aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 sowie das implied private right of action für diesen Anspruch zwar etablierte Rechtsprechung in allen Circuits, der Supreme Court hatte diese jedoch nie bestätigt. Im Kontext zweier Leitentscheidungen zu sec. 10(b) SEA 1934, namentlich Ernst & Ernst v. Hochfelder343 (1976) sowie Herman & MacLean v. Huddleston344 (1983) berührten die Fälle zwar die aiding and abetting liability, diese war aber letztlich nicht entscheidungsrelevant, sodass der Supreme Court sich eine Klärung ausdrücklich für einen späteren Zeitpunkt vorbehielt. Das Gericht ließ jedoch bereits eine gewisse Skepsis gegenüber der Haftung wegen aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 erkennen345.346 342 So insbesondere Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597 (1972); ihm folgend Fischel, 69 Cal.  L. Rev. 80 (1981); zwar wurden seitens der business community schon früh policy-Argumente gegen das private enforcement, insbesondere auch hinsichtlich aiding and abetting vorgebracht, diese Vertreter argumentierten aber weitgehend de lege ferenda, während sie die Situation bis 1994 zwar kritisierten, aber als lex lata grds. anerkannten. 343 Vgl. Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 96 S.Ct. 1375 (1976), zu den Auswirkungen der Entscheidung auf den notwendigen Verschuldensgrad, scienter, eines Sekundärakteurs oben Kapitel 2 – C.II.2.c)bb)(1), S. 191 f. 344 Vgl. Herman & MacLean v. Huddleston, 459 U.S. 375, 103 S.Ct. 683 (1983). 345 Vgl. Ernst & Ernst v Hochfelder, 425 U.S. 185, 191, 96 S.Ct. 1375, 1380 (1976), Fn. 7: „In view of our holding that an intent to deceive, manipulate or defraud is required for civil liability under § 10(b) and Rule 10b-5, we need not consider whether civil liability for aiding and abetting is appropriate under the section and the Rule, nor the elements necessary to establish such a cause of action.“ – Herman & MacLean v. Huddleston, 495 U.S. 375, 379, 103 S.Ct. 683, 685 (1983), Fn. 5: „While several Courts of Appeals have permitted aider-and-abettor liability, […] we specifically reserved this issue“. 346 Zuvor hatte schon die SEC in einigen public enforcement-Verfahren Kritik an ihrer pauschalen Anwendung des aiding and abetting erfahren, vgl. SEC v. National Bankers Life Insurance Co., 324 F.Supp. 189, 195 ff. (District Court, N.D. Texas 1971): „Aiding and abetting in the context of this case is an elusive concept […]. It is always possible in a complex law suit that a party may become unable to see the forest for the trees. That appears to be the situation in the instant case with the SEC. The SEC has brought suit against a number of defendants that allegedly committed a wide variety of acts. The SEC has sought to paint them all with the same broad brush – claiming that the various activities have made each defendant part of a conspiracy […]. [T]he SEC, however, failed to distinguish one defendant from the other and failed to properly delineate individual violations.“

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In der Folge mehrten sich Literaturstimmen, die diese Zurückhaltung analysierten und unter Heranziehung vornehmlich historischer und systematischer Argumente weiter ausbuchstabierten. Teils wurde gefolgert, der Supreme Court werde aiding and abetting liability verwerfen,347 es fanden sich aber auch entgegengesetzte Stellungnahmen.348 Ein Autor bemerkte, der ursprüngliche Vorwurf in Ernst & Ernst v. Hochfelder habe auf aiding and abetting gelautet, das Urteil habe aber das Beklagtenverhalten direkt an sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 gemessen und nicht den Test für aiding and abetting liability verwendet.349 Dies sei ein Fingerzeig darauf, dass das Gericht keinen Raum für zivilrechtliche Haftung jenseits einer Primärverletzung sehe,350 was der rationale früherer Urteile entspreche351 und auch aus policy-Erwägungen überzeuge.352 Auch einige Instanzgerichte zweifelten nach Ernst & Ernst v. Hochfelder daran, dass aiding and abetting weiter Bestand haben würde.353 Diese beließen es allerdings dabei, Bedenken zu artikulieren, schwenkten jedoch in der Sache letztlich nicht um.354 347 Vgl. Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80 (1981); zuvor kritisch, aber nicht strikt ablehnend, Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 613 (1972) mit Warnung vor der unreflektierten Anwendung von Konzepten des common law im Kapitalmarktrecht; Pollak, U. Chi. L. Rev. 45 (1977) 218, 243 will die Haftung derjenigen, die als aider and abettor bezeichnet werden, in der Sache aufrechterhalten, die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärakteuren sei im Kapitalmarktrecht jedoch überflüssig und in der Praxis erratisch; einen Beleg hierfür mag man in Buttrey v. Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc., 410 F.2d 135, 144 (7th Cir. 1969) sehen: die Beklagten wurde auf Grundlage desselben Sachverhaltes sowohl als Primärakteure als auch als Sekundärakteure verurteilt. 348 Vgl. Kuehnle, 14 J. Corp. L. 313, 318 (1988). 349 Zu diesem ausf. oben Kapitel 2 – C.II.2., S. 184 ff. 350 So Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 88 (1981): Schon das private right of action gegen Primärakteure sei ein Akt richterlicher Rechtsfortbildung, orientiere sich aber noch an Intentionen des Kongresses, was bei der secondary liability nicht erwiesen sei, sodass a maiore ad minus noch größere Zurückhaltung geboten sei, vgl. insb. S. 93 ff. 351 Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 97 (1981) Bezug nehmend auf Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 96 S.Ct. 1375, (1976) sowie Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723, 95 S.Ct. 1917 (1975). 352 Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 101 (1981). 353 Vgl. Little v. Valley National Bank of Arizona, 650 F.2d 218, 220 (9th Cir. 1981) mit Fn. 3: „[A]iding and abetting as a basis for liability under the securities laws is in some doubt.“ – SEC v. Seaboard Corp., 677 F.2d 1301, 1310 (9th Cir. 1982) mit Fn. 12; Congregation of the Passion, Holy Cross Province v. Kidder Peabody & Co., Inc., 800 F.2d 177, 183 (7th Cir. 1986); Schlifke v. Seafirst Corp., 866 F.2d 935, 946 (7th Cir. 1989); vgl. aus der Eingangsinstanz Benoay v. Decker, 517 F.Supp. 490, 495 (District Court, E.D. Michigan 1981): „doubtful that a claim for ‘aiding and abetting’ or ‘conspiracy’ will continue to exist under § 10(b)“. 354 Eine Ausnahme bildete der 7th Circuit, der die Voraussetzungen für aiding and abetting liability stark verschärfte, vgl. LHLC v. Cluett, Peabody & Co., Inc., 842 F.2d 928, 932 (7th Cir. 1988): „[A] party […] faces liability as an aider and abettor only if it commit-

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III. Die „Central Bank“-Entscheidung des Supreme Court (1994) Die Leitentscheidung Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver355 beendete 1994 die Spekulationen und setzte die restriktive Tendenz in der Auslegung von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 fort, die schon vorangegangenen Urteilen innegewohnt hatte.356 Der Supreme Court urteilte, es bestehe kein implied private right of action für eine Klage gegen Sekundärakteure wegen aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5. 1. Sachverhalt Central Bank war als indenture trustee 357, eine Art Treuhänder zwischen Gläubiger und Schuldner, für Anleihen der öffentlichen Hand aufgetreten. Vereinbart war eine Besicherung der Schuld durch Grundpfandrechte seitens des Bauunternehmens AmWest Development, deren Werthaltigkeit Central Bank regelmäßig zu prüfen und zu bestätigen hatte.358 Central Bank erfuhr sodann von Umständen, die nahelegten, dass die vertragliche Besicherung unterschritten würde. Nach interner Überprüfung war geplant, einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen. Jedoch einigte sich Central Bank mit AmWest darauf, diese Maßnahme aufzuschieben.359 In der Folge stellte die öffentliche Hand den Schuldendienst ein (default) und die Werthaltigkeit der Sicherheiten reichte nicht zur Befriedigung der Gläubiger aus. Die ursprünglichen Kläger und Widerbeklagten, Käufer der begebenen Anleihen, gingen gegen die öffentliche Hand, AmWest und die begleitende Emissionsbank aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 vor. Zudem verklagten sie Central Bank. Diese habe durch das Aufschieben einer externen

ted one of the fraudulent or manipulative acts with the requisite intent – that is, only if is would have been primarily liable had it purchased or sold the securities.“ 355 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994). 356 Dennoch sprachen viele von einem Schock bzw. einer Überraschung in der Fachwelt; vgl. Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 841 (2008): „[T]he Court shocked most observers of and commentators on securities law by overturning long-standing, unanimous circuit court precedent […].“ – Vgl. auch Hazen, Securities Regulation, Vol. 4 § 12.25[1], S. 502; Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1430 (1994): „unexpected“. 357 Ausf. zu Funktion und Stellung Hazen, Securities Regulation, Vol. 6 § 19.1, S. 466 ff.; Loss/Seligman/Paredes, Securities Regulation, Vol. 4 Ch. 4 A.3, S. 22 ff.; vgl. knapp Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 203 (2000–2001) mit Fn. 14: „The indenture trustee can be thought of as a ‘third party administrator’ of the debt contract“. 358 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 167, 128 S.Ct. 1439, 1443 (1994). 359 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 168, 128 S.Ct. 1439, 1443 (1994).

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Prüfung eine Gehilfenhandlung im Sinne von aiding and abetting zu dem Anlagedelikt erbracht und hafte den Klägern daher ebenfalls auf Schadensersatz.360 2. Verfahrensgang Die Haftung der beklagten Primärakteure war vorliegend unproblematisch zu bejahen und wurde auch von Central Bank nicht bestritten.361 Central Bank selbst hatte durch das vorgeworfene Unterlassen jedoch nicht selbst gegen sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 verstoßen. Haftungsgrundlage war daher aiding and abetting. Die nach der Rechtsprechung nötigen Voraussetzungen hierfür, also underlying fraud, knowledge of the fraud und substantial assistance362 lagen nach den Tatsachenfeststellungen grundsätzlich vor. Fraglich war lediglich, ob die Beteiligung von Central Bank objektiv und subjektiv hinreichend gewichtig war, um eine substantial assistance zu dem Primärdelikt darzustellen. Central Bank hatte argumentiert, in Ermangelung einer Verletzung des indenture agreement sei dies zu verneinen.363 Zudem sei ihr lediglich reckless behavior vorzuwerfen, was unter diesen Umständen keine Haftung auslöse. In der Eingangsinstanz hatte Central Bank mit dem Vorbringen Erfolg,364 der Court of Appeal des 10th Circuit hingegen hob die Entscheidung auf und befand im Sinne der Kläger.365 Die Prämisse, dass ein Sekundärakteur grundsätzlich wegen aiding and abetting haften könne, hatte die Beklagte während des gesamten Verfahrens nicht angegriffen. Die an den Supreme Court gerichtete Rechtsfrage problematisierte dies folgerichtig nicht.366 Der Annahmebeschluss, grant of certiorari, enthielt dann jedoch überraschend die Aufforderung an die Parteien, sich auch zu ebendieser Frage zu

360 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 168, 128 S.Ct. 1439, 1443 (1994). 361 Vgl. First Interstate Bank of Denver v. Pring, 969 F.2d 891, 898 mit Fn. 12 (10th Cir. 1992). 362 Zu diesen ausf. oben Kapitel 2 – C.II.2., S. 184 ff. 363 Vgl. die ausführliche Diskussion dieses Argumentes bei First Interstate Bank of Denver v. Pring, 969 F.2d 891, 900 f. (10th Cir. 1992). 364 Vgl. die Wiedergabe bei First Interstate Bank of Denver v. Pring, 969 F.2d 891, 900 (10th Cir. 1992); die Entscheidung des District Court wurde soweit ersichtlich nicht isoliert veröffentlicht. 365 Vgl. First Interstate Bank of Denver v. Pring, 969 F.2d 891, 901 ff. (10th Cir. 1992); das Gericht befand, dass aus dem indenture agreement selbst keine eigenständige duty to disclose gegenüber den Klägern erwachse; jedoch stelle die recklessness der Bank im vorliegenden Fall ein hinreichendes subjektives Element der Teilnahmehandlung nach aiding and abetting dar, sodass es auf das indenture agreement letztlich nicht ankomme. 366 Diesen Umstand griff auch Justice Stevens in seiner dissenting opinion auf, vgl. näher hierzu unten Kapitel 2 – C.III.4., S. 210 ff., insb. S. 211 mit Fn. 415.

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äußern.367 Neben den Schriftsätzen der Verfahrensbeteiligten erreichten den Supreme Court sechs Stellungnahmen als amicus curiae.368 3. Entscheidung Der Supreme Court entschied in einer split decision mit fünf zu vier Stimmen, sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 beinhalte kein implied private right of action für ein Vorgehen gegen Sekundärakteure auf Grundlage von aiding and abetting. Sofern ein Sekundärakteur durch seine Beteiligung selbst sämtliche Tatbestandsmerkmale von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 erfülle, könne dieser weiterhin zivilrechtlich in Anspruch genommen werden.369 Die Entscheidung bedeute also nicht, dass neben dem Emittenten und dessen Geschäftsleitern niemand mehr für Kapitalmarktfehlinformation hafte. Das Urteil geht, geradezu schulmäßig, zunächst auf den Wortlaut der Vorschrift ein (a), wendet sich dann systematischen Argumenten zu (b), gefolgt von einer Analyse der Intention des historischen Gesetzgebers (c) und der nachfolgenden Gesetzgebungshistorie (d  ). Abschließend folgen policyErwägungen (e) sowie ein Blick in das Strafrecht (f   ).370 Der Supreme Court betont, ausschlaggebend und hinreichend sei bereits das Ergebnis der Wortlautanalyse.371 Die weiteren Argumente hätten daneben Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 508 U.S. 959, 113 S.Ct. 2927 (1993) (grant of certiorari): „[T]he parties are directed first to brief and argue the following question: ‘Whether there is an implied private right of action for aiding and abetting violations of Section 10(b) of the Securities Exchange Act of 1934 and SEC Rule 10b-5.’“ 368 Drei amicus briefs sprachen sich für die Bestätigung von aiding and abetting aus, dies waren die SEC, die New York City Bar Association und die National Association of Securities & Commercial Law Attorneys; die übrigen drei Stellungnahmen, namentlich die Certified Public Accountants, Trial Lawyers for Public Justice, sowie die Securities Industry Association, argumentierten dagegen. 369 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 191, 114 S.Ct. 1439, 1455 (1994): „Any person or entity, including a lawyer, accountant, or bank, who employs a manipulative device or makes a material misstatement (or omission) on which a purchaser or seller of securities relies may be liable as a primary violator under 10b-5, assuming all of the requirements for primary liability under Rule 10b-5 are met.“ (Hervorhebung im Original.) 370 De Leon, 22 J. Corp. L. 723, 737 f. (1997) leitet aus Central Bank und vorigen Entscheidungen ein festes System der Auslegung von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 ab, welches im Wesentlichen der hier gewählten Abfolge entspricht; die verschiedenen Auslegungsmethoden sind dabei nach abnehmender Bindungswirkung gereiht. 371 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 177, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994): „[T]hat conclusion resolves the case. It is inconsistent with settled methodology in § 10(b) cases to extend liability beyond the scope of the conduct prohibited by the statutory text.“ 367

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lediglich unterstützende Bedeutung, führten aber zum gleichen Resultat.372 Aufgrund der großen Bedeutung der Entscheidung für die hier behandelten Rechtsfragen373 sollen die wesentlichen Argumente sowie die Einwände der abweichenden Richter in der dissenting opinion374 kurz referiert werden. a) Wortlautanalyse Das von Justice Kennedy verfasste Mehrheitsvotum375 geht zunächst auf das Argument ein, eine Haftung für aiding and abetting sei bereits im Gesetzestext von sec. 10(b) SEA 1934 angelegt. Der Wortlaut, es sei verboten, „directly or indirectly to use or employ […] manipulative conduct“,376 impliziere keine Haftung eines Sekundärakteurs wegen aiding and abetting. Der personelle Anwendungsbereich von aiding and abetting sei erheblich weiter als dies durch die Formulierung directly or indirectly möglich sei, schon daher stütze der Wortlaut diesen Schluss nicht.377 Zudem werde die Wendung directly or indirectly in anderen Vorschriften des SEA 1934 ebenfalls verwendet und auch dort nicht auf diese Weise ausgelegt.378

Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 178, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994): „[T]he statute itself resolves the case, but even if it did not, we would reach the same result.“ 373 Das Urteil wird einhellig als landmark case zur Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation angesehen; vgl. nur Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 846 (2008), hier auch m. w. N. in Fn. 35: „Central Bank is arguably the most influential Supreme Court case regarding the liability of secondary actors in private securities lawsuits.“ – Ähnlich Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1430 (1994); der Supreme Court hält an Central Bank nach wie vor fest. 374 Zu dieser vgl. unten Kapitel 2 – C.III.4., S. 210 ff. 375 Dieses wurde mitgetragen von Justices Rehnquist, O’Connor, Scalia und Thomas. 376 Auszug aus sec. 10(b) SEA 1934, Hervorhebung hinzugefügt. 377 Vgl. Central Bank v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 176, 114 S.Ct. 1439, 1447 (1994). 378 Vgl. Central Bank v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 175 f., 114 S.Ct. 1439, 1447 (1994); dieses Argument war in der Rechtsprechung zu sec. 10(b) SEA 1934 nie zuvor ausdrücklich aufgekommen, sondern fand sich erstmalig im Schriftsatz der Kläger/Widerbeklagten, vgl. 1993 WL 407323, 15, sowie im amicus brief der SEC, United States Supreme Court Amicus Brief, 1993 WL 13006275, 8; in der Literatur hatte dies als eine der ersten Stimmen Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 248 (1977) aufgebracht, verbunden mit dem Vorschlag, die Figur des aiding and abetting im Gegenzug fallen zu lassen, damit aber keine Gefolgschaft gefunden; ähnlich bereits in einem public enforcementVerfahren SEC v. Barraco, 428 F.2d 97, 99 (10th Cir. 1971), allerdings ohne explizite Bezugnahme auf die Begriffe directly or indirectly. 372

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„Congress knew how to impose aiding and abetting liability when it chose to do so. […] If […] Congress intended to impose aiding and abetting liability, we presume it would have used the words ‘aid’ and ‘abet’ in the statutory text. But it did not.“379

Sodann verwirft das Gericht für die Anwendung von aiding and abetting auch denjenigen Begründungsstrang, dessen sich die Rechtsprechung bis dahin stets bedient hatte. Hierfür erfolgt zunächst eine bis dahin unbekannte Typenbildung. Die Rechtsfragen zur Auslegung von sec. 10(b) SEA 1934 ließen sich, so der Supreme Court, in zwei Kategorien scheiden: Die erste Gruppe bildeten Auslegungsfragen, welche allgemein die Voraussetzungen des Anspruchs nach sec. 10(b) SEA 1934 berührten, während in die zweite Gruppe all diejenigen Probleme fielen, welche die tatbestandliche Weite des private right of action betreffen.380 Während für die erste Kategorie eine Orientierung am hypothetischen Willen des historischen Gesetzgebers zu erfolgen habe, wobei der gesamte Kanon üblicher Auslegungsmethodik Platz greife,381 sei bei der Frage nach der tatbestandlichen Reichweite des private right of action einzig der Wortlaut das ausschlaggebende, vor allem aber das limitierende Kriterium.382 Dies gelte, da man sich schon durch die Anerkennung eines implied private right of action außerhalb des Gebietes begeben habe, welches zweifelsfrei dem Willen des historischen Gesetzgebers zugerechnet werden könne.383 Es sei Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 177, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994). 380 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 173, 114 S.Ct. 1439, 1446 (1994). 381 Vgl. bereits zuvor in Musick, Peeler & Garrett v. Employers of Wausau, 508 U.S. 286, 294, 113 S.Ct. 2085, 2089 f. (1993): „Our task is […] to attempt to infer how the 1934 Congress would have addressed the issue had the 10b-5 action been included as an express provision in the 1934 Act“. 382 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 173, 114 S.Ct. 1439, 1446 (1994): „With respect to […] the scope of conduct prohibited by § 10(b), the text of the statute controls our decision.“ Hierin spiegelt sich die im Supreme Court vor allem von Justice Scalia propagierte Denkschule des Textualismus wider. Diese besonders konservative Strömung des Originalismus orientiert die Normauslegung streng an Wortlaut und Grammatik und lässt lediglich die bei Entstehung einer Norm geltende Begriffsbedeutung zu. Der Textualismus verschließt sich bewusst dem Bedeutungswandel von Normen und Sprache nach der Verabschiedung eines Gesetzes und proklamiert für sich, so den wahren Bedeutungsgehalt einer Regelung zu extrahieren und die separation of powers zu wahren, da die Intention des Legislativorgans nicht durch gewandelte Vorstellungen Einzelner in der Judikative verfälscht würde; vgl. illustrativ Scalia, 57 U. Cin. L.  Rev. 849 (1989); dieser Auslegung des private right of action in sec. 10(b) SEA 1934 beipflichtend Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 701 ff. (2004). 383 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 173, 114 S.Ct. 1439, 1446 (1994); ohne es direkt zu benennen, stellt das Gericht hier deutlich auf das Gewaltenteilungsprinzip ab; das Bestehen eines implied private right of action 379

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dann nicht Sache der Gerichte, möglicherweise als unbillig empfundene Haftungslücken praeter legem zu schließen: „The issue […] is not whether imposing private civil liability on aiders and abettors is good policy but whether aiding and abetting is covered by the statute.“384 Sec. 10(b) SEA 1934 verlange haftungsbegründend ein making of a material misstatement, dies liege bei Teilnahmehandlungen im Sinne des aiding and abetting nicht vor.385 Da der typische Teilnehmer an einem solchen Delikt lediglich interne Unterstützung leiste, gebe er selbst kein statement ab. Aiding and abetting liability sprenge daher den Rahmen des vom Wortlaut der Vorschrift erfassten Verhaltens. Eine Ausnahme von dem Erfordernis sei nicht ersichtlich. Da aiding and abetting somit weder explizit noch implizit in der Vorschrift angelegt sei, fehle der von den Instanzgerichten praktizierten Rechtsprechung die Legitimation. Dies allein sei, wie bereits eingangs erwähnt, ausschlaggebend für das Ergebnis.386 b) Systematisches Argument Die Entscheidung zieht sodann vergleichend Normen der Kapitalmarktgesetze heran, nach denen ein explizites private right of action besteht, und resümiert, dass der Gesetzgeber bei diesen stets die Haftungsadressaten festgelegt habe.387 Deren Kreis sei durchweg begrenzt, zudem sie nirgends eine zivilrechtliche Haftung wegen aiding and abetting kodifiziert.388 Die Systematik lege somit nahe, dass aiding and abetting dem Willen des Gesetzgebers widerspreche. Dies schreibe zudem die Rechtsprechung des Gerichts kohärent nach sec. 10(b) SEA 1934 werde aber nicht in Zweifel gezogen; sinngemäß zuvor bereits Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 93 ff (1981). 384 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 177, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994); zustimmend Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 218 (2000–2001). 385 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 177, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994). 386 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 177, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994): „[T]hat conclusion resolves the case. It is inconsistent with settled methodology in § 10(b) cases to extend liability beyond the scope of the conduct prohibited by the statutory text.“ – Ebenso zuvor Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 110 f. (1981); vgl. zuvor mit ähnlicher Tendenz zu sec. 17 SEA 1934 Touche Ross & Co. v. Redington, 442 U.S. 561, 99 S.Ct. 2479, 2481 (1979): „The inquiry in a case such as this ends when it is determined on the basis of the statutory language and the legislative history that Congress did not intend to create, either expressly or by implication, a private cause of action. Further inquiries as to the ‘necessity’ of implying a private remedy and the proper forum for enforcement of the asserted rights have little relevance to the decision of the case.“ – Krit. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:3, S. 101 f. 387 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 176, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994). 388 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 179 f., 114 S.Ct. 1439, 1449 (1994).

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fort, da reliance, die Kausalität einer Information des Anspruchsgegners für die schädigende Transaktion, seit Basic Inc. v. Levinson389 Voraussetzung des Anspruchs aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 sei.390 Auch dies drohe, durch aiding and abetting liability unterlaufen zu werden.391 c) Intention des historischen Gesetzgebers der Kapitalmarktgesetze Die Widerbeklagten und die SEC hatten vorgebracht, der historische Gesetzgeber habe bei Erlass der Kapitalmarktgesetze das Bestehen der aiding and abetting liability im geltenden Recht implizit vorausgesetzt und es daher nicht für nötig befunden, diese ausdrücklich zu statuieren.392 Dem hält das Urteil entgegen, Anfang des 20. Jahrhunderts hätten weder das statutory law noch das case law eine allgemeingültige Haftungsanordnung für aiding and abetting gekannt, sodass hieraus keine sicheren Schlüsse gezogen werden könnten.393 Dies ergebe auch eine Sichtung der zeitgenössischen einzelstaatlichen Blue Sky Laws 394: Nur wenige hätten die zivilrechtliche aiding and abetting liability explizit angeordnet. Auch das damalige allgemeine Zivilrecht ergebe kein einheitliches, für aiding and abetting streitendes Bild.395 d) Gesetzgebungshistorie seit Inkrafttreten der Kapitalmarktgesetze Die Urteilsgründe gehen sodann recht ausführlich auf das Argument der SEC ein, die Gesetzgebungsgeschichte nach 1934 habe gezeigt, dass der Gesetzgeber die praktizierte Anwendung von aiding and abetting im private enforcement gegen Sekundärakteure zur Kenntnis genommen, stillschweigend gebilligt und somit in seinen gesetzgeberischen Willen aufgenommen habe.396 Zwar ließen einige Gesetzgebungsverfahren diesen Schluss zunächst durch389 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 243, 108 S.Ct. 978, 989 (1988): „[R]eliance is an element of a Rule 10b-5 cause of action.“ 390 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 180, 114 S.Ct. 1439, 1449 f. (1994); näher zur reliance oben Kapitel 2 – C.I.3.d), S. 166 ff. 391 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 180, 114 S.Ct. 1439, 1449 f. (1994). 392 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 181, 114 S.Ct. 1439, 1450 (1994); SEC, United States Supreme Court Amicus Brief, 1993 WL 13006275, *11. 393 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 181, 114 S.Ct. 1439, 1450 (1994). 394 Zu diesen und deren zunehmenden Bedeutungsverlust in der Rechtsrealität oben Kapitel 2 – A., S. 138 ff. 395 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 181 f., 114 S.Ct. 1439, 1450 (1994). 396 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 186 f., 114 S.Ct. 1439, 1452 f. (1994); SEC, United States Supreme Court Amicus Brief, 1993 WL 13006275, *13 ff.; ausf. dazu Fisch, 99 Colum. L. Rev. 1293, 1310 f. (1999).

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aus zu, andererseits fänden sich ebenso viele Reformvorschläge, denen eine gegenteilige Folgerung zu entnehmen sei.397 Überdies sei die Auslegung einer Norm auf Grundlage gesetzgeberischer Untätigkeit höchst vage und kein zuverlässiges Mittel zum Erkenntnisgewinn.398 e) Policy-Erwägungen, Schutzzweck der Norm Der Supreme Court setzt den insbesondere von der SEC vorgebrachten policy-Erwägungen zum Schutzzweck der Vorschrift, die insbesondere die Abschreckungsfunktion des Haftungsrisikos und den Restitutionsgedanken betonen,399 konträre policy-Argumente entgegen.400 Der Umstand, dass viele Klagen einzig mit dem Ziel erhoben würden, den Beklagten in einen möglichst teuren Vergleich zu drängen, von dem ein Großteil dann den Klägeranwälten der plaintiffs‘ bar zufließe, spreche für eine restriktive Handhabung des private enforcement im Kapitalmarktrecht. Neben den wirtschaftlich nachteiligen Wirkungen, die diese strike suits im gesamten Kapitalmarkt zeitigten,401 betont das Gericht unter anderem das Risiko letztlich steigender Kapitalkosten für Emittenten, wenn alle Berater unvorhersehbaren Haftungsrisiken ausgesetzt seien und diese in ihre Honorare einpreisen müssten. Diesen Erwägungen komme jedoch, so erneut das Gericht, gegenüber der Wortlautanalyse lediglich untergeordnete Bedeutung zu.402 f)

Drohender Wertungswiderspruch zum Strafrecht

Zuletzt wendet sich die Entscheidung dem von der SEC adressieren Divergenz von strafrechtlicher Verantwortlichkeit und zivilrechtlicher Haftung zu, welcher ohne ein private right of action bei Fällen von aiding and abetting drohe.403 Dies trage aus verschiedenen Gründen nicht.404 Zunächst sei das

Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 180, 114 S.Ct. 1439, 1449 f. (1994); bereits Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 98 (1981) weist hierauf hin, mit umfangreichen Nachweisen in Fn. 103. 398 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 187, 114 S.Ct. 1439, 1453 (1994); dem wird man auch aus deutscher Perspektive beipflichten. 399 SEC, United States Supreme Court Amicus Brief, 1993 WL 13006275, *16 ff. 400 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 188 f., 114 S.Ct. 1439, 1453 f. (1994). 401 Zum Problem missbräuchlicher strike suits bereits oben Kapitel 2 – C.I.4.b), S. 175 ff., sowie unten im Rahmen des PSLRA 1995 Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 402 Die überragende Bedeutung der Wortlautauslegung hatte der Supreme Court bereits zuvor postuliert, er hält nach wie vor daran fest, vgl. oben Kapitel 2 – C.III.3.a), S. 207 mit Fn. 386; zur Kritik unten Kapitel 2 – C.III.5.a), S. 213 f. 403 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 190, 114 S.Ct. 1439, 1454 f. (1994), dies hatte der Prozessvertreter der SEC in der mündlichen Verhandlung vorgebracht. 397

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

Auseinanderfallen strafrechtlicher und zivilrechtlicher Wertungen aus anderen Rechtsgebieten durchaus bekannt und unproblematisch. Zum anderen würde ein Zwang zum Gleichlauf die bewusste Trennung von rein aufsichtsrechtlichen Vorschriften, deren Verletzung nur von staatlicher Seite gerügt und geahndet werden kann und solchen drittschützenden Vorschriften, aus denen der betroffene Einzelne ein konkretes Recht ableiten kann, völlig einebnen und von Wertungen aus dem Strafrecht abhängig machen. Dies sei weder vom Gesetzgeber bezweckt noch erstrebenswert.405 Das Mehrheitsvotum schließt mit der Aufhebung der Vorinstanz und entscheidet damit gegen die Haftung von Central Bank. 4. Dissenting opinion Die dissenting opinion von Justice Stevens,406 der sich Justices Blackmun, Souter und Ginsburg anschlossen, opponiert in Begründung und Ergebnis deutlich gegen das Mehrheitsvotum.407 In erster Linie begehe das Gericht einen schweren anachronistischen Fehler, wenn es sich bei der Auslegung einer Norm aus dem Jahr 1934 streng am Wortlaut orientiere und diesen als äußerste Grenze betrachte. Der Supreme Court habe nämlich zu dieser Zeit zur Ermittlung des gesetzgeberischen Willens bei der Auslegung einer Vorschrift gerade nicht ausschließlich auf den lexikalen Sinn der Begriffe abgestellt, sondern den Wortlaut als ein Erkenntnisquell unter mehreren gleichrangigen verstanden. Dessen sei sich der Gesetzgeber bewusst gewesen. Lege das Gericht im Jahr 1994 ein stark vom Textualismus geprägtes Auslegungsverständnis an, laufe es Gefahr, gerade hierdurch den Willen des historischen Gesetzgebers zu verfehlen.408 Jenseits der Methodik der Mehrheit könne überdies auch das von ihr gefundene Ergebnis nicht überzeugen. Der Wortlaut der Vorschrift stehe einer Fortgeltung von aiding and abetting liability nicht entgegen,409 zudem lege 404 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 190 f., 114 S.Ct. 1439, 1455 (1994); ähnlich zuvor bereits Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 100 (1981). 405 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 190 f., 114 S.Ct. 1439, 1455 (1994). 406 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 192 ff., 114 S.Ct. 1439, 1455 ff. (1994) (Stevens J., dissenting). 407 Bündig Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 192, 114 S.Ct. 1439, 1456 (1994) (Stevens J., dissenting): „Because the majority gives short shrift to a long history of aider and abettor liability under § 10(b) and Rule 10b-5, and because its rationale imperils other well-established forms of secondary liability not expressly addressed in the securities laws, I respectfully dissent.“ 408 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 195 f., 114 S.Ct. 1439, 1457 (1994) (Stevens J., dissenting). 409 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 198, 114 S.Ct. 1439, 1459 (1994) (Stevens J., dissenting).

C. Haftung von Sekundärakteuren nach dem Securities Exchange Act 1934

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eine Auswertung der Intention des historischen Gesetzgebers des SEA 1934 den Schluss nahe, dass ein implied private right of action bei aiding and abetting zwar nicht bewusst angedacht war, aber auch keineswegs im Widerspruch zu dessen Zielen stehe.410 Auch die frühere Rechtsprechung des Supreme Court zu sec. 10(b) SEA 1934 indiziere ein gegenteiliges Ergebnis zu dem hier gefundenen.411 Das Argument, es sei nicht Aufgabe der Gerichte, im Kontext des implied private right of action anstelle des Gesetzgebers tätig zu werden, erkennt Stevens an, zieht jedoch den gegenteiligen Schluss: Die Entscheidung gegen das implied private right of action bei aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 stelle eine Abkehr von jahrzehntelanger Spruchpraxis dar, die von allen Circuit Courts of Appeals übereinstimmend angewendet worden sei und einen erheblichen Fundus an case law produziert habe.412 Dies sei nicht nur von der SEC unterstützt worden, auch der Gesetzgeber habe stillschweigend konsentiert, indem er – in Kenntnis der Rechtsprechung – diese trotz mehrerer Gelegenheiten nicht legislativ korrigiert habe.413 Folglich treffe das Mehrheitsvotum hier tatsächlich eine Entscheidung, die dem Gesetzgeber vorbehalten sei: die Abschaffung des implied private right of action bei aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5.414 Ungeachtet der materiellen Rechtsfragen habe das Gericht diese Frage zudem vorliegend überhaupt nicht entscheiden sollen. Alle Verfahrensbeteiligten seien davon ausgegangen, dass es möglich sei, einen Sekundärakteur bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Das Gericht habe dies also eigenmächtig, sua sponte, an sich gezogen. Dies widerspreche der Intention des adversarial approach, der das US-amerikanische Gerichtssystem präge.415 Die von der 410 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 198 f., 114 S.Ct. 1439, 1459 (1994) (Stevens J., dissenting): „In light of the encompassing language of § 10(b), and its acknowledged purpose to strengthen the antifraud remedies of the common law, it was certainly no wild extrapolation for the courts to conclude that aiders and abettors should be subject to the private action under § 10(b).“ 411 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 198, 114 S.Ct. 1439, 1459 (1994) (Stevens J., dissenting). 412 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 198, 114 S.Ct. 1439, 1459 (1994) (Stevens J., dissenting). 413 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 197, 114 S.Ct. 1439, 1458 (1994) (Stevens J., dissenting). 414 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 198, 114 S.Ct. 1439, 1459 (1994) (Stevens J., dissenting). 415 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 194 f., 114 S.Ct. 1439, 1457 (1994) (Stevens J., dissenting); der Grundsatz des ne ultra petita, wonach die Kognitionsbefugnis eines Gerichts durch die Parteianträge definiert und vor allem sachlich limitiert wird, gilt in common law-Jurisdiktionen hingegen nicht; die

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

Mehrheit behauptete continuing confusion 416, welche die Entscheidung zu lösen suchte, habe hinsichtlich der Existenz dieses Rechts oder seiner grundsätzlichen Struktur zudem keinesfalls bestanden.417 Abschließend zeigt die dissenting opinion mögliche Ausstrahlungswirkungen des Urteils auf. Zum einen schaffe es über aiding and abetting hinaus auch die weiteren derivativen Konzepte zur Haftung von Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 ab.418 Zudem werde es wohl auch der SEC die Möglichkeit verschließen, im public enforcement gegen Sekundärakteure auf Grundlage von aiding and abetting liability vorzugehen.419 5. Kritik Die Entscheidung löste ein massives Echo in der Literatur aus, wobei sich angesichts der Fülle an Reaktionen schwer quantifizieren lässt, ob Zustimmung oder Ablehnung dominierte. In beiden Lagern finden sich bekannte, einflussreiche Vertreter aus dem kapitalmarktrechtlichen Schrifttum, sodass auch kein Überhang besonders prominenter Stimmen in die eine oder andere Richtung festzustellen ist.420 Pars pro toto aus den Reihen der Kritiker sei Robert A. Prentice genannt. In einer umfangreichen Folgenabschätzung konsolidiert er die Angriffspunkte gegen das Mehrheitsvotum aus Central Bank in acht Kernthesen.421 Von deren Darstellung in voller Breite soll abgesehen Möglichkeit, sua sponte über die Parteianträge hinauszugehen, liegt im Ermessen des Gerichts. Vgl. jüngst eingehend Shannon, 73 Ohio St. L. J. Furthermore 27 (2012), der wie Justice Stevens für einen stärkeren judicial self-restraint wirbt. 416 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 170, 114 S.Ct. 1439, 1444 (1994): „We granted certiorari to resolve the continuing confusion over the existence and scope of the § 10(b) aiding and abetting action.“ 417 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 194, 114 S.Ct. 1439, 1457 (1994) (Stevens J., dissenting). 418 Vgl. zu diesen ausf. oben Kapitel 2 – C.II.3., S. 195 ff.; dies betrifft namentlich die controlling person liability und conspiracy; diese Einschätzung bewahrheitete sich, vgl. unten Kapitel 2 – C.III.6., S. 217 f. 419 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 200, 114 S.Ct. 1439, 1460 (1994) (Stevens J., dissenting); so auch die Einschätzungen der Literatur, vgl. statt vieler Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1434 (1994); provokativ auch die Reaktion des früheren general counsel der SEC, Lorne, 49 Bus. Law. 1467 (1994), der einen fiktiven Rechtsstreit Supreme Court v. SEC über ebendiese Frage ersinnt; der USGesetzgeber kam dem im Rahmen des PSLRA 1995 zuvor: Die Möglichkeit, auf Grundlage von aiding and abetting gegen Sekundärakteure vorzugehen, wurde der SEC explizit eingeräumt, vgl. hierzu ausführlicher unten Kapitel 2 – C.IV., S. 218 ff. 420 A. A. Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 189 (2007): Es sei ein deutlicher Überhang der Kritiker festzustellen. 421 Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 709 ff. (1997), mit reichhaltigen Nachweisen zu jedem der Kritikpunkte.

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werden,422 es erfolgt eine punktuelle Betrachtung derjenigen Aspekte, die auch aus heutiger Perspektive für die Diskussion fruchtbar gemacht werden können. a) Methodische Einwände Die Tendenz des Supreme Court, eine sehr restriktive Auslegung von sec. 10(b) SEA 1934 zu verfolgen, ist Gegenstand häufiger Kritik, die sich auch hier entzündete.423 Eine Literaturstimme hebt hervor, der Supreme Court konterkariere mit der Anwendung des strikten Textualismus in Central Bank die ursprüngliche Konzeption der Kapitalmarktgesetze, da es gerade eine bewusste Entscheidung gewesen sei, die Reichweite von Verboten in Teilen nicht exakt auszudefinieren, sondern die Statuten einer flexiblen Auslegung zu öffnen.424 Im konkreten Zugriff sollte es dann Aufgabe der SEC und der Gerichte sein, unter Heranziehung von Systematik, Schutzzweck und policyErwägungen deren genaue Reichweite auszuloten.425 Auch die Unterscheidung zwischen der tatbestandlichen Weite der verbotenen Verhaltensweisen einerseits und den Voraussetzungen der Elemente für einen zivilrechtlichen Anspruch andererseits, welche der Supreme Court hier erstmalig traf, stieß auf Kritik. Eine Trennung dieser Fragen sei schlichtweg nicht möglich, die getroffene Klassifizierung erscheine willkürlich. 426 Zusätzlich monieren die Kritiker Inkonsequenzen in der Rechtsprechung.427 Ein Jahr vor Central Bank, in Musick, Peeler & Garrett v. Employers Insurance of Wausau,428 habe das Gericht sich noch ein Ermessen hinsichtlich ungeklärter Fragen des private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 zugebilligt. In casu war zu entscheiden gewesen, ob der Anspruch ein Recht auf Vornahme eines Gesamtschuldnerinnen422 Vgl. Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 711 (1997): die Kritik sei angesichts der Entschlossenheit des Supreme Court „essentially water under the bridge“, was aus heutiger Perspektive noch in gesteigertem Maße zutrifft. 423 Vgl. nur Ruder, 49 Bus. Law. 1479, 1486 (1994), der eine weitere Limitierung des Anwendungsbereichs von sec. 10(b) SEA 1934 aufgrund dieser von ihm abgelehnten Methodik befürchtet. 424 Fisch, 99 Colum. L. Rev. 1293, 1307 (1999); a. A. Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 675 (2004) mit Fn. 57. 425 Fisch, 99 Colum. L. Rev. 1293, 1307 (1999), zudem mit der Erwartung, das Gericht werde sich wieder mehr einer schutzzweckorientierten Auslegung in SA 1933 und SEA 1934, zuwenden, vgl. 1308 f. 426 Vgl. Langevoort, 20 Del. J. Corp. L. 865, 887 (1995); Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1431 f. (1994); a. A. Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 673 f., (2004) insb. Fn. 45, der den Textualismus des Supreme Court insgesamt befürwortet. 427 Vgl. Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 164 ff. (2009), insb. auch S. 167 mit Belegen aus früheren Urteilen des Supreme Court zu sec. 10(b) SEA 1934. 428 508 U.S. 286, 113 S.Ct. 2085 (1993).

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

ausgleichs beinhalte, was das Gericht hier – trotz fehlender Anlage in Wortlaut und Gesetzesgenese – im Wesentlichen gestützt auf einen systematischen Vergleich mit sec. 9 und sec. 18 SEA 1934 bejahte.429 Auch mit Basic Inc. v. Levinson 430 stehe die Entscheidung im Widerspruch, obschon das Gericht dieses Urteil sogar selbst explizit heranzieht und zitiert. Aus Basic stammt das Erfordernis der konkretisierten reliance,431 welches bei einer Beteiligungshandlung im Sinne von aiding and abetting typischerweise nicht vorliegen wird, sofern der Sekundärakteur nicht selbst gegenüber den Geschädigten aufgetreten ist. Hierauf stützt sich ausdrücklich die Mehrheit in Central Bank. Ebenfalls aus Basic stammt aber auch die Anerkennung der fraud on the market theory.432 Warum diese im Kontext von Sekundärverletzungen nicht anwendbar sein solle, um den Nachweis haftungsbegründender Kausalität zu erleichtern, erläutert das Gericht nicht. Zudem erscheint in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass auch die SEC selbst ein amicus brief zugunsten der geschädigten Investoren eingebracht hatte, in dem sie zunächst erläutert hatte, der Wortlaut von sec. 10(b) SEA 1934 sperre aiding and abetting nicht.433 Aus der Perspektive der Abschreckungs- und Kompensationsfunktion sei es zudem weder sinnvoll noch geboten, das private right of action derart zu beschneiden.434 Dies gelte gerade vor dem Hintergrund, dass die SEC personell nicht ansatzweise in der Lage sei, diese Verletzungen umfassend zu ermitteln, sie zu verfolgen und 429 Diese Entscheidung steht damit in gewissem Widerspruch zur Praxis des Supreme Court, im Zweifel über die Intention des historischen Gesetzgebers eher die restriktive Interpretation zu wählen, hierzu ausf. oben Kapitel 2 – C.III.3.a), S. 205 f., und lässt so die Aussagen aus Central Bank als weniger absolut erscheinen als dies zunächst scheint; so auch Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1431 ff. (1994): verschiedene Urteile zu sec. 10(b) SEA 1934 legten den Schluss nahe, dass das Gericht mit dem historisch-grammatischen Argument cherry picking betreibe und so policy-Argumenten unter dem Deckmantel des vermeintlich engen Wortlautes zu Geltung verhelfe. 430 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 108 S.Ct. 978 (1988). 431 Vgl. hierzu bereits ausf. oben Kapitel 2 – C.I.3.d), S. 166 ff. 432 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 247, 108 S.Ct. 978, 992 (1988); dazu oben Kapitel 2 – C.I.3.d), S. 166 ff. 433 Vgl. SEC, United States Supreme Court Amicus Brief, 1993 WL 13006275, *8 ff.: der historische Gesetzgeber sei von einer zivilrechtlichen Haftung der Sekundärakteure ausgegangen und habe es deshalb nicht für nötig erachtet, dies explizit im Wortlaut zu verankern, auch im Hinblick auf die zu dieser Zeit geltenden Blue Sky Laws der Einzelstaaten und das allgemeine common law, vgl. *11 mit Fn. 8. 434 Vgl. SEC, United States Supreme Court Amicus Brief, 1993 WL 13006275, *16: „Private actions also serve the compensatory purposes of the securities laws. Although the Commission may seek certain monetary relief, its remedies are designed primarily to deter violations by making them unprofitable, rather than to make investors whole. Accordingly, the primary means of compensating injured investors remains the private action, and all participants in a fraud should be liable in order to ensure full recovery.“

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vor Gericht geltend zu machen.435 Das Vorgehen, im Wortlaut die Lösung zu suchen, dann trotz unklarer Intention des historischen Gesetzgebers die denkbar engste Lösung zu wählen und dabei zugleich der Ansicht der SEC zu widersprechen, stelle zudem einen Verstoß gegen die vom Supreme Court selbst postulierte Chevron-Doktrin dar.436 b) Fehlinterpretation des historischen Gesetzgebers Auch aus rechtshistorischer Perspektive wurde Kritik an der Entscheidung laut. Zwar sei weder in den Gesetzgebungsmaterialien noch in der begleitenden zeitgenössischen Literatur ausdrücklich erwähnt, dass der Kongress mit dem Securities Act 1934 aiding and abetting aus dem common law of fraud in das neue Kapitalmarktrecht habe implementieren wollen. Betrachte man die Entwicklung des common law of fraud aber genauer, verliere dies an Aussagekraft. In den Jahren 1933 und 1934 sei wesentliche Voraussetzung einer deliktischen Teilnehmerhaftung nach dem common law gewesen, dass der Täter eine knowing participation geleistet habe. Aiding and abetting sei dabei nicht als abgeschwächte Form, sondern als eine von mehreren gleichrangigen, haftungsauslösenden Verhaltensweisen angesehen worden.437 Die Differenzierung nach primary und secondary liability hingegen sei erst ab 1966 aufgekommen.438 Das Argument, der Kongress habe aiding and abetting nicht Vgl. SEC, United States Supreme Court Amicus Brief, 1993 WL 13006275, *16. Vgl. zur Chevron-Doktrin bereits oben Kapitel 2 – C.I.2., S. 155. Insgesamt scheint unklar, ob sich strenger Textualismus und Chevron-Doktrin stets reibungslos miteinander vereinbaren lassen; hierzu ausf., im größeren Kontext Merrill, 72 Wash. U. L. Q. 351 (1994), der einen Rückgang von Chevron zugunsten des Textualismus beobachtet; nach Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 670, 691 ff. (2004) bestehe solch ein Konflikt in der Auslegung von sec. 10(b) SEA nicht: Anwendungsvoraussetzung der Chevron-Doktrin sei, dass die betreffende Behörde eine Interpretationsautorität mit force of law habe, was hier fehle, da die SEC nicht das Gesetz zu interpretieren befugt sei, sondern untergesetzliche Rules erlasse. Zudem sei, sobald die Reichweite des private right of action in Rede stehe, ein durch die Rechtsprechung geschaffenes Konstrukt betroffen, welches der historische Gesetzgeber nie intendiert habe; er könne dessen Auslegung daher auch nicht der SEC übertragen haben, vgl. insb. S. 695 ff. 437 So auch die Kläger in Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 181, 114 S.Ct. 1439, 1450 (1994); zustimmend Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 622 ff. (2008) mit zeitgenössischen Nachweisen, vgl. insb. 628 f.: „[A]t common law, aiding or aiding and abetting fraud justified imposition of liability upon joint tortfeasors, as did acting in concert, encouraging, commanding, […] and other forms of participation. […] In 1934, aiding or aiding and abetting were not viewed as separate, lesser wrongs that might not justify imposition of liability, and Congress simply would not have considered them as such.“ – A. A. Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 683 ff. (2004). 438 Vgl. Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 638 (2008): In der Zeit vor Brennan v. Midwestern United Life Insurers Co., 259 F.Supp. 673 (District Court, N.D. Indiana 1966) seien unter SA 1933 und SEA 1934 Börsenhändler, Geschäftsleiter und Anwälte wegen 435 436

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Kapitel 2 – Zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren

erwähnt, weil es nicht implementiert werden sollte, gehe aufgrund dieses Anachronismus fehl.439 Die Kritiker unterstützt der historische Kontext, in dem SA 1933 und SEA 1934 entstanden. Ziel des Kongresses war es, nach diversen Börsenskandalen und dem großen Crash von 1929 die Rechte der Kapitalanleger auszubauen, nicht zu beschneiden.440 Dabei sah man die Bekämpfung von Marktmissbrauchsdelikten nachweislich als eines der vordringlichsten Ziele an.441 Dem gesetzgeberischen Willen ist namentlich zu entnehmen: „[T]he interpretation of these civil provisions [= des SA 1934] must in a final analysis look back to the common law.“442

Vor diesem Hintergrund erstaunt die folgende Äußerung des Supreme Court:443 „[The argument brought forward] in favor of implication of a private right of action based on tort principles, therefore, is entirely misplaced.“

Im Jahre 1971 hatte das Gericht zudem noch statuiert: „Section 10(b) must be read flexibly, not technically and restrictively.“444

Dies zeigt allzu deutlich den bereits angesprochenen Paradigmenwechsel innerhalb des Supreme Court.445

Beteiligungen an marktmanipulativem Verhalten verurteilt worden, ohne dass eine Differenzierung nach Primär- und Sekundärakteuren stattgefunden habe; vgl. statt vieler Pettit v. American Stock Exchange, 217 F.Supp. 21, 28 (District Court, S.D.N.Y. 1963): „[K]nowing assistance of or participation in a fraudulent scheme under Section 10(b) gives rise to liability equal to that of the perpetrators themselves“. 439 Vgl. Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 630 (2008); ähnlich Murdock, 6 Berkeley Bus.  L. J. 131, 164 f. (2009). 440 Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 628 (2008): „[W]hen Congress enacted Section 10(b) for the purpose of strengthening investor protection, the key issue in common law fraud cases was not whether collateral fraud participants such as conspirators and aiders and abettors should be held liable as joint tortfeasors – they most assuredly were.“ (Hervorhebung im Original.) 441 Vgl. bereits oben Kapitel 2 – Einleitung, S. 135 f.; sowie Thel, 42 Stan. L. Rev. 385 (1990) mit umfangreichen Nachweisen aus dem Gesetzgebungsprozess. 442 Legislation, 48 Harv. L. Rev. 107, 108 (1934). 443 Touche & Ross v. Redington, 442 U.S. 560, 568, 99 S.Ct. 2479, 2485 (1979), hier zu sec. 17 SEA 1934. 444 Superintendent of Ins. of N.Y. v. Bankers Life & Casualty Co., 404 U.S. 6, 12, 92 S. Ct. 165, 169 (1971). 445 Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 2 – C.I.2., S. 155 ff.

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c) Einseitige und überproportionale Berücksichtigung von policyArgumenten Zwar betont die Entscheidung, das Ergebnis sei nicht von policy-Erwägungen geleitet sondern speise sich einzig aus der Wortlautinterpretation, dennoch räumt sie policy-Argumenten beträchtlichen Raum in der Diskussion ein und lässt deutlich eine allgemein ablehnende Haltung gegenüber dem private enforcement im Kapitalmarktrecht erkennen. Eine Untersuchung der policyArgumente des Mehrheitsvotums betont, diese führten lediglich Nachteile, Risiken und Missbrauchspotenziale dieser Klagen auf und bewerteten diese voreingenommen.446 Die Statthaftigkeit der zugrunde liegenden Annahmen sei zudem zweifelhaft.447 Vereinzelt wird bemerkt, es entstehe der Eindruck, den Supreme Court hätten primär policy-Erwägungen geleitet, was man aber aufgrund der Streitbarkeit einer solchen Begründung hinter dem vermeintlich sicheren, auf strengen Textualismus gestützten Wortlautargument habe kaschieren wollen.448 6. Folgenbetrachtung Zunächst zeigt sich, dass der Supreme Court in Central Bank nicht lediglich der Anwendung von aiding and abetting im Rahmen einer Klage nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 ein Ende gesetzt hat. Auch den anderen zur derivativen Haftungsbegründung von Sekundärakteuren verwendeten Theorien, namentlich conspiracy liability 449 und respondeat superior  450 wurde damit die Grundlage entzogen.451

Vgl. Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1433 f. (1994). Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1434 (1994): „It is difficult against this background to view the policy discussion in Central Bank as anything more than highly selective anecdotes.“ 448 Offensiv Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 135 (2009): „The Central Bank decision was judicial activism at its worst – deciding an issue that was not raised by the parties, ignoring unanimous precedent, and ineptly engaging in outcome determinative decisionmaking.“ – Ähnlich zuvor Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1431 ff. (1994). 449 Zu dieser ausf. oben Kapitel 2 – C.II.3.a), S. 196 f. 450 Zu dieser ausf. oben Kapitel 2 – C.II.3., S. 195 ff. 451 So die Prognose in Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 200 f., 114 S.Ct. 1439, 1460 (1994) mit Fn. 12 (Stevens J., dissenting); Phillips v. Kidder, Peabody & Co., 933 F.Supp. 303, 316 (District Court, S.D.N.Y. 1996); Ruder, 49 Bus. Law. 1479, 1486 (1994); Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1435 (1994); Wager/Failla, 49 Bus. Law. 1451, 1462 f. (1994); vgl. auch Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 850 (2008) m. w. N. aus der Rechtsprechung; Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 694 (1997) mit Fn. 9, bezweifelt, dass Central Bank auch respondeat superior erfasse, m. w. N. für und gegen diese Annahme; ähnlich zuvor Langevoort, 20 Del. J. Corp. L. 865, 893 f. (1995); die Konzepte verschwanden jedoch bald weitgehend aus der Rechtsrealität. 446 447

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Ein genereller Rückgang von Kapitalanlegerklagen gegen Sekundärakteure wurde nicht erwartet, jedoch eine Verlagerung der Vorwürfe auf Verhaltensweisen, die potenziell die notwendigen Elemente für den Vorwurf einer Primärverletzung erfüllen.452 Dies sollte sich im weiteren Verlauf bewahrheiten.453 Durchaus positiv bewertet wurde der Gewinn an Rechtssicherheit, den die Entscheidung wenn nicht geschaffen, dann zumindest vorbereitet habe: Prozessual seien das Risiko missbräuchlicher Klagen und damit einhergehend aus risikoaversem Verhalten resultierender nachteiliger Vergleichsvereinbarungen eingedämmt worden. In materieller Hinsicht habe der Wegfall des aiding and abetting mit dem vagen Element der substantial assistance eine größere Vorhersehbarkeit der Haftung gezeitigt.454 Spekuliert wurde auch, dass Central Bank das Ende von recklessness als haftungsbegründendem Verschulden im Sinne von scienter bedeuten würde;455 dies ist bislang nicht eingetreten und steht im Lichte der gegenwärtigen Rechtsprechung nicht zu erwarten.456 IV. Private Securities Litigation Reform Act von 1995 Der Private Securities Litigation Reform Act von 1995,457 die bis dahin umfassendste Reform der Kapitalmarktgesetze seit deren Inkrafttreten, stand ganz im Zeichen der Bekämpfung missbräuchlicher strike suits in Gestalt von securities fraud class action-Verfahren,458 die sich in den vorausgegangenen Jahren zunehmend gehäuft hatten.459 Besonderes Augenmerk galt der bereits angesprochenen Taktik professionalisierter Anwälte, den Lästigkeitswert der securities fraud class action zu nutzen, um sog. deep pocket defendants in Vgl. Wager/Failla, 49 Bus. Law. 1451, 1465 (1994). Vgl. zu den verschiedenen nach Central Bank entwickelten Theorien sogleich Kapitel 2 – C.V., S. 224 ff. 454 So die rückblickende Einschätzung im Jahr 2007 bei Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 881 (2007); zugleich sei ein Wiederaufleben dieser Probleme im Zuge der Enron-Prozesse zu beobachten, nicht mehr aufgrund von aiding and abetting, sondern wegen des Aufkommens der scheme liability, 882; zu dieser ausf. unten Kapitel 2 – C.V.4., S. 233 ff. 455 Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 223 f. (2000–2001); ebenso zuvor Wager/Failla, 49 Bus. Law. 1451, 1460 (1994). 456 Ausf. zu dieser Frage bereits oben Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 ff. 457 PSLRA of 1995, Public Law No. 104-67, 109 Stat. 737 (enacted December 22, 1995). 458 Zu diesem rechtstatsächlichen Phänomen als Triebfeder gesetzgeberischer und höchstrichterlicher Aktivität bereits oben Kapitel 2 – C.I.4.b), S. 175 ff. 459 Deutlich Tellabs, Inc. v. Makor Issues & Rights, Ltd., 551 U.S. 308, 313, 127 S.Ct. 2499, 2504 (2007): „Private securities fraud actions […] can be employed abusively to impose substantial costs on companies and individuals whose conduct conforms to the law. […] As a check against abusive litigation by private parties, Congress enacted the […] PSLRA […]“. 452 453

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Vergleiche mit hohen Zahlungsverpflichtungen zu drängen.460 Dabei flossen die wirtschaftlichen Erlöse primär den Anwaltssozietäten der plaintiff’s bar zu, während die class members regelmäßig nur auf eine geringe quotale Kompensation hoffen konnten.461 Besondere Schützenhilfe hatte diesem Vorgehen wohl der Supreme Court mit der Anerkennung der fraud on the market theory geleistet.462 Mittels dieser war die Gewährung der class certification, welche in größtmöglicher Vereinfachung erfordert, dass die Sammelkläger ihre Ansprüche weitgehend auf den gleichen Sachverhalt stützen, erheblich erleichtert worden.463 Diese Tendenzen suchte der Gesetzgeber des PSLRA nun mittels eines umfangreichen Maßnahmenbündels zurückzudrängen.464 Gleichzeitig wollte er aber die securities fraud class action nicht abschaffen, sondern lediglich ihre negativen Auswüchse bekämpfen.465 Einige wichtige 460 Vgl. nur Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 599 (1972); sowie McDermett Jr., 62 Tex.  L. Rev. 1087, 1089 (1984); zudem deutlich kürzlich Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct.  Rev. 217, 225 f. (2008); jedoch fehlen belastbare Aussagen über die Häufigkeit solcher strike suits; referierte Verfahrenszahlen, settlement values etc. divergieren je nach rechtspolitischer Überzeugung des Kombattanten, was eine neutrale Bewertung der Problematik erschwert. 461 Dazu Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 239 (2008); sowie aus deutscher Perspektive Adler/Naumann/Wilske, RIW 2008, 97, 98. 462 Vgl. Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 108 S.Ct. 978 (1988); ausführlicher zur Entscheidung und der fraud on the market theory bereits oben Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 ff. 463 Vgl. Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2139 f. (2010); bereits zuvor mit Hinweis auf die bargaining power, welche dies für die Klägerseite mit sich bringe ders., 20 Del. J.  Corp. L. 865, 896 (1995); gleichsinnig Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301, 1312 (2008); laut Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 244 (2008) sahen erste Entwürfe des PSLRA daher die ausdrückliche Derogation der fraud on the market theory vor, was aber im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses aufgegeben worden sei. 464 Dieser war Teil des „Contract with America“, einem Aktionsprogramm der republikanischen Kongressmehrheit; vgl. die ablehnende Bewertung des PSLRA bei Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 171 (2009) unter der Überschrift „PSLRA – How to Encourage Deception“; Gregory/Johnson, 34 S. Ill. U. L. J. 251, 255 (2010) bewerten den Ursprung des Gesetzes wenig positiv: „The PSLRA was the product of pressure from sectors of the financial industry and from litigation-prone high-technology firms.“ – Nach Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 945 (2012) hatte Präsident Clinton zunächst ein Veto gegen den PSLRA eingelegt, denn „[it] would have the effect of closing the courthouse door on investors who have legitimate claims“, vgl. Fn. 55, mit Kritik am PSLRA und dessen Auslegung durch die Rechtsprechung, S. 947 ff.; abgewogen Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 30:17, S. 630 f. 465 Vgl. Black, 2009 Colum. Bus. L. Rev. 802, 810: „Congress chose not to eliminate the securities fraud class action, but to cure it and thus confirmed its importance to the integrity of the U.S. capital markets.“ – Zu den Auswirkungen Incandela, 43 Loy. U. Chi.  L. J. 935, 946 f. (2012), vgl. dort Fn. 62 mit empirischen Daten, die einen deutlichen Rückgang der Zahl erhobener Klagen zeigen; zugleich habe der PSLRA die Erfolgsaussichten begründeter Klagen übermäßig stark gesenkt.

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Änderungen, die auch die Haftung von Sekundärakteuren betreffen, sind hier kurz dargestellt.466 1. Schaffung von sec. 20(f) SEA 1934 – liability of those who aid and abet Die SEC erhielt ein ausdrückliches und umfassendes Recht zur Verfolgung von „persons who aid and abet violations“ in sec. 20(f) SEA 1934.467 Die Vorschrift lautete sodann: „For purposes of any action brought by the Commission under paragraph (1) or (3) of section 21(d), any person that knowingly provides substantial assistance to another person in violation of a provision of this title, or of any rule or regulation issued under this title, shall be deemed to be in violation of such provision to the same extent as the person to whom such assistance is provided.“468

Die Gegner eines private right of action gegen Sekundärakteure eines Verstoßes gegen sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 argumentierten e contrario, dieser Federstrich des Gesetzgebers habe der Zivilklage gegen Sekundärakteure endgültig den Boden entzogen.469 Dabei gehe es entgegen anders lautender Stellungnahmen nicht um die Schaffung illegitimer safe harbors für sämtliche beratenden Hintergrundakteure, sondern es sei schlicht die Entscheidung des Gesetzgebers, mit der Verfolgung dieser Akteure nicht private Kläger, sondern exklusiv die SEC zu betrauen. Hiergegen wurde vorgebracht, dass die Entscheidung Central Bank mit kaum einem Wort in den vorbereitenden und begleitenden Materialien zum Zentrale Instrumente des PSLRA waren zudem die Zuständigkeitskonzentration auf die Bundesgerichte in Kapitalmarktklagen und eine Ausweitung der Anwendbarkeit des Bundesrechts zu Lasten der Blue Sky Laws, hierzu bereits oben Kapitel 2 – A., S. 138 ff., sowie die Begrenzung der Anwaltsgebühren und Erfolgshonorare in class actionVerfahren, hierzu vertieft Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 30:23, S. 644 ff. 467 PSLRA of 1995, 109 Stat. 737, 757, sec. 104; mit dem Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376 (enacted July 21, 2010) wurden Parallelvorschriften in den SA 1933 (sec. 15(b) SA 1933, hierzu bereits oben Kapitel 2 – B.III.2., S. 149 f.), sowie den Investment Company Act 1940 und den Investment Advisers Act 1940 eingefügt; diese erfassen sowohl die wissentliche als auch die grob fahrlässige Unterstützung der Haupttat, „knowingly or recklessly“. 468 Mittlerweile findet sich die Vorschrift in sec. 20(e) SEA 1934, sie wurde im Zuge des Dodd-Frank Act 2010, sec. 929O, über positive Kenntnis hinaus auf grobe Fahrlässigkeit, recklessness, erweitert; zum Dodd-Frank Act ausführlicher unten Kapitel 2 – C.IX.1.b), S. 265 f. 469 Deutlich Wright v. Ernst & Young LLP, 152 F.3d 169, 176 (2d Cir. 1998): „Congress authorized the SEC to bring enforcement actions against those who ‘knowingly provide[ ] substantial assistance to another person’ in violation of the federal securities laws. […] That congressional act did not create a private cause of action.“, internes Zitat aus dem PSLRA. 466

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PSLRA erwähnt worden sei. Diesen sei indes zu entnehmen, dass – trotz allfälliger Missbrauchsrisiken – bei Verletzungen von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 das private enforcement eine grundsätzlich erwünschte Form der Normdurchsetzung sei.470 Der Schluss auf die Bestätigung von Central Bank und damit der Abschaffung des private right of action gegen Sekundärakteure sei keineswegs zwingend.471 2. Verschärfung der Beibringungslast Eine weitere Regelung im PSLRA mit Auswirkungen auf sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 ist die Anhebung des nötigen Beweisniveaus hinsichtlich mehrerer Voraussetzungen des Anspruchs. Kann eines der Elemente durch die Kläger nicht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichtes dargelegt werden, ist die Klage bereits im Rahmen der motion to dismiss, also bevor es zu einer etwaigen discovery kommt, abzuweisen. Dieser letztgenannte Teil der Neuregelung sollte insbesondere den vormals üblichen fishing expeditions entgegentreten.472 Hiervon sind mehrere, insbesondere die nachfolgend erläuterten Tatbestandsvoraussetzungen betroffen. a) Making of an untrue statement or fact bzw. omission Der Kläger muss nunmehr darlegen und beweisen, welche konkrete Marktkommunikation auf welche Weise fehlerhaft war bzw. im Fall des Unterlassens, aus welchen Umständen sich eine Pflicht zur Veröffentlichung der betreffenden Information ergeben habe.473 Konkret ist erforderlich: (1) die Identifikation der vermeintlich falschen Statements, (2) die Nennung des Urhebers, (3) die Angabe, wann und wo diese Aussagen getätigt wurden, sowie schließlich (4) eine Erläuterung, warum diese Angaben als fehlerhaft anzuse470 Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301, 1318 (2008) m. w. N. aus Literatur und Gesetzgebungshistorie. 471 Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 648 ff. (2008). 472 Vgl. sec. 21D(b) (3) (B) SEA 1934: „In any private action arising under this title, all discovery and other proceedings shall be stayed during the pendency of any motion to dismiss, unless the court finds upon the motion of any part that particularized discovery is necessary to preserve evidence or to prevent undue prejudice to that party.“ – Scharfe Kritik bei Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 188 (2009): „Congress and the federal courts are operating in a fairyland world. Unless the accountants decide to recast the financial statements, or the board of directors or a bankruptcy court initiates an investigation which is made public, or whistleblowers are found, requiring specificity in pleading without discovery is an almost insurmountable hurdle, particularly considering the degree of specificity which many federal courts have required.“ 473 Vgl. sec. 21C(b) (1) SEA 1934; vgl. dazu In re Charter Communications, Inc., Securities Litigation, 2004 WL 3826761, Note 2 (District Court, E.D. Mo. 2004) (nicht rechtskräftig, in nächster Instanz reversed); krit. zur Auslegung durch die Gerichte Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 172 f. (2009) mit Beispiel.

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hen seien.474 Zuvor hatten einige Gerichte schon den Anschein einer Fehlinformation genügen lassen und Klägern damit die Möglichkeit eröffnet, zunächst lediglich vage Angaben zu machen und diese erst nach einer umfassenden discovery beim Beklagten zu konkretisieren. b) Defendant’s mental state Auch hinsichtlich des zu beweisenden Verschuldensgrades erhöhte der PSLRA die Voraussetzungen merklich. Kläger müssen nunmehr Beweise anbringen, die eine strong inference für die Vermutung bilden, dass bei der konkreten Veröffentlichung bzw. Unterlassung der geforderte Verschuldensgrad vorlag.475 Dazu der Supreme Court: „[The inference of scienter must be] more than merely plausible or reasonable – it must be cogent and at least as compelling as any opposing inference of nonfraudulent conduct.“476

Diese Entscheidung wurde in der Literatur kritisiert; der Supreme Court habe hier das private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 stärker als notwendig beschnitten.477 c) Economic loss und loss causation Schließlich wurden auch die Anforderungen an die Kausalität zwischen Verletzungsverhalten und wirtschaftlichem Schaden erhöht.478 Namentlich verlangt sec. 21D(b) (4) SEA 1934: „[T]he plaintiff shall have the burden of proving that the act or omission of the defendant alleged to violate this chapter caused the loss for which the plaintiff seeks to recover damages.“

Der Supreme Court entschied im Jahr 2005 zu den materiellen Anforderungen, dass economic loss und loss causation nicht schon durch die Darlegung einer Transaktion zu einem Zeitpunkt der Desinformation bewiesen seien, sondern der ersatzfähige Verlust erst durch das Hinzutreten weiterer UmstänVgl. Rombach v. Chang, 355 F.3d 164, 170 (2d Cir. 2004); In re Refco, Inc. Securities Litigation, 609 F.Supp.2d 304, 310 (District Court, S.D.N.Y. 2009). 475 Vgl. sec. 21C(b) (2) SEA 1934; ablehnend Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 174 ff. (2009). 476 Tellabs, Inc. v. Makor Issues & Rights, Ltd., 551 U.S. 308, 324, 127 S.Ct. 2499, 2510 (2007); dazu Cosenza, Geo. Mason L. Rev. 16 (2008) 1, 39 f.; vgl. auch Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 182 (2009) mit Besprechung der concurring opinion von Justice Scalia, 183 f.; vgl. außerdem Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 949 (2012); sowie im Kontext der jüngeren Rechtsprechung des Supreme Court im Kapitalmarktrecht Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 122 ff. (2011) mit Darstellung und Analyse der methodischen Konflikte zwischen den Richtern. 477 Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 949 (2012). 478 Vgl. sec. 21D(b) (4) SEA 1934. 474

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de entstehe, welche vom Kläger darzulegen seien.479 Auch hier bedeutet die Neuregelung eine Anhebung des Beweisniveaus vom Eindruck überwiegender Wahrscheinlichkeit hin zu einer Überzeugung des Gerichts.480 Zuletzt entschied der Supreme Court im Jahr 2011, die Anforderungen hinsichtlich dieses Elementes dürften während der class certification nicht überspannt werden, zumindest der endgültige Beweis von Schaden und haftungsausfüllender Kausalität müsse in diesem Stadium noch nicht erbracht werden.481 3. Begrenzung der joint and several liability auf vorsätzliches Handeln Eine weitere Neuerung betrifft die Rechtsfolgen einer Verletzung von sec. 10(b) SEA 1934: Während zunächst alle beteiligten Akteure die joint and several liability traf, gilt seit dem PSLRA diese Rechtsfolge nur für diejenigen Beteiligten, denen vorsätzliche Beteiligung nachgewiesen wird. Bei fahrlässigem Handeln hingegen 482 gilt eine quotale Haftung nach Verursachungsanteilen.483 Diese Regelung ist ihrer Intention nach grundsätzlich begrüßt worden,484 wird aber als unvorhersehbar und schwer anwendbar kritisiert.485 Teils wird die Regelung als Indiz für den Willen des Reformgesetzgebers Vgl. Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 125 S.Ct. 1627 (2005); hierzu knapp oben Kapitel 2 – C.I.3.e), S. 171 f. 480 Allg. zum Nachweis von loss causation nach dem PSLRA Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2009, § 27:81, S. 228 ff.; nach Hazen, Securities Regulation, Vol. 4, § 12.11[3], S. 166 f. muss ein Kläger beweisen, dass die misrepresentation einen wesentlichen Anteil an der Schadensverursachung hatte, diese müsse aber nicht die Primärursache sein; vgl. Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 346, 125 S.Ct. 1627, 1633 (2005): „The statute […] makes clear Congress’ intent to permit private securities fraud actions for recovery where, but only where, plaintiffs adequately allege and prove the traditional elements of causation and loss.“ 481 Vgl. Erica P. John Fund, Inc. v. Halliburton Co., 563 U.S. ___, 131 S.Ct. 2179, 2183 (2011). 482 Dies bedeutet im private enforcement grobe Fahrlässigkeit, recklessness, da einfache negligence das scienter-Erfordernis nach etablierter Rechtsprechung nicht erfüllt; ausführlicher dazu oben Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 ff. 483 PSLRA of 1995, 109 Stat. 737, 758, sec. 201. 484 Im Nachgang zu Central Bank hatten Literaturstimmen dies ausdrücklich empfohlen; vgl. Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1444 (1994) mit Hinweis auf praktische Probleme, die proportionate liability zeitigen könne, so u. a. im Fall der Insolvenz des Primärakteurs oder bei Abschluss eines Vergleichs mit nur einzelnen Beklagten; vgl. auch Ruder, 49 Bus. Law. 1479, 1485 (1994), der anderenfalls eine Disproportionalität zwischen den erlangten Vorteilen aus der Teilnahme an dem Primärdelikt und dem entstehenden Haftungsrisiko befürchtet. 485 Vgl. aus der Rechtsprechung In re Enron Corporation Securities, Derivative & „ERISA“ Litigation, 236 F.R.D. 313, 317 ff. (District Court, S.D. Texas 2006): „[T]he provisions’ lack of clarity and ambiguity make an orderly trial a challenge.“ – Gleichsinnig Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2147 f. (2010). 479

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gedeutet, die zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren nicht völlig aufzugeben, da nur dies die Existenz der Norm erkläre.486 Nachdem nunmehr der Supreme Court und der Gesetzgeber mit der Entscheidung Central Bank und dem PSLRA das Gefüge der Kapitalmarktinformationshaftung in grundlegenden Aspekten neu ausgerichtet hatten, begannen die Instanzgerichte, diese Vorgaben mit Leben zu füllen. V. Lösungen der Courts of Appeal in den verschiedenen Circuits In Umsetzung der Vorgaben aus Central Bank suchten die Gerichte sodann, anhand klarer Abgrenzungsmerkmale zwischen primary violators und secondary actors zu unterscheiden. Da eine Inanspruchnahme der secondary actors durch private Kläger fortan ausschied, wurde diese Abgrenzung ausschlaggebend für die Haftung von Beteiligten an fehlerhafter Kapitalmarktpublizität.487 Die zentrale Frage seit Central Bank lautet also, „when does a secondary actor’s conduct rise to the level of a primary violation?“488 Diese Grenzziehung lässt sich aber, sowohl in theoretischer wie auch praktischer Hinsicht, häufig nicht klar vornehmen.489 Entsprechend intensiv hat sich die akademische Debatte dieser kritischen Abgrenzung angenommen, die Modelle der Rechtsprechung gewürdigt und eigene Vorschläge unterbreitet.490 Dabei kristallisieren sich zwei Entwicklungszyklen heraus: So Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 672 (2008). Diese Unterscheidung kannte man bereits zuvor, aufgrund der identischen Rechtsfolge war diese jedoch vorwiegend von akademischem Interesse, vgl. Anixter v. HomeStake Production, 77 F.3d 1215, 1230 (10th Cir. 1997); gleichsinnig de Leon, J. Corp. L. 22 (1997) 723, 726; vgl. früh auch Ruder, 120 U. Pa. L. Rev. 597, 600 (1972) mit dem Vorschlag, die unterschiedliche Beteiligungsintensität auf der Rechtsfolgenseite zu berücksichtigen. 488 Vgl. Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 206 (2000–2001) mit Fn. 31: Die weitgehende Einigkeit in Fragen der Haftung von Sekundärakteuren, welche vor Central Bank zwischen Gerichten, Literatur und der SEC geherrscht habe, sei in weite Ferne gerückt. 489 So bereits Fischel, 69 Cal. L. Rev. 80, 103 (1981); sowie Pollak, 45 U. Chi. L. Rev. 218, 243 (1977): „[T]he very complexity of the typical 10b-5 violation often makes it impossible to characterize the participants.“ – Vgl. dazu auch Chrisman, 26 Quinnipiac L.  Rev. 839, 843 (2008); Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 373 (2006). Siehe aus der Rechtsprechung vor Central Bank exemplarisch Buttrey v. Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc., 410 F.2d 135 (7th Cir. 1969): Verurteilung eines Akteurs aufgrund eines bestimmten Sachverhaltes sowohl als Primär- als auch als Sekundärakteur; vgl. Prentice, 75 N. C. L.  Rev. 691, 704 (1997) m. w. N. in Fn. 58. 490 Vgl. nur Chrisman, 89 Ky. L. J. 201 (2000–2001); Fisch, 99 Colum. L. Rev. 1293 (1999); Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667 (2004); Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691 (1997); Siamas, 37 UC Davis L. Rev. 895 (2004); für eine Auffächerung der früheren Rechtsprechung nach verschiedenen Akteuren (accountants, outside counsel, underwriters) siehe de Leon, 22 J. Corp. L. 723, 731 ff. (1997); knapp auch Annus, 72 Mo. L. Rev. 855 (2007); im allgemeineren Kontext der Frage, wie die Instanzgerichte Urteile des Supreme Court zum 486 487

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In einer ersten Phase, im unmittelbaren Nachgang zu Central Bank, entwickelte sich ein circuit split zwischen Befürwortern des bright line test bzw. attribution test (1.) und des substantial participation test (2.). Diesen Modellen fügte die SEC einen vermittelnden creator standard bzw. co-author standard hinzu (3.), der aber nur ganz vereinzelt Anklang in der Rechtsprechung fand. Dieser split verfestigte sich, wobei die klare Mehrheit der Circuit Courts of Appeal dem strengeren bright line test folgte. Im Zuge der juristischen Aufarbeitung der Skandale um die geplatzte Spekulationsblase 2000/ 2001 und den Zusammenbruch der New Economy, insbesondere den Kollaps von Enron, WorldCom etc. und die einhergehenden Bilanzskandale kam zudem, begleitet von einer zweiten Welle von Publikationen, das Konzept der scheme liability auf  491 (4.). Die verschiedenen Modelle werden im Folgenden dargestellt und bewertet. 1. Bright Line Test/Attribution Test Der bright line test, auch attribution test,492 stellt die haftungsfeindlichste jener Strömungen dar, die sich im Nachgang zu Central Bank entwickelten.493 Zunächst im 3rd Circuit entwickelt, wurde dieser zeitnah im 2d Circuit und weiteren übernommen.494 Der bright line test erfordert konstitutiv das AuftreKapitalmarktrecht verarbeiten Langevoort, 20 Del. J. Corp. L. 865 (1995), der Parallelen zu früheren Entscheidungen erkennt und mutmaßt, die Instanzrechtsprechung werde nach Central Bank vorsichtigen Revisionismus betreiben, um faktisch den status quo ante wiederherzustellen, siehe insb. S. 887 ff. 491 Die Gerichtsverfahren um den Zusammenbruch von Enron bewirkten laut Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 862 (2007) eine massive Zunahme der Popularität der scheme liability, die zuvor kaum bekannt gewesen war; vgl. die Nachweise ebd. in Fn. 44; ebenso Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 844 (2008). Andere Stimmen forderten gesetzgeberisches Eingreifen, der Kongress solle private aiding and abetting liability in sec. 10(b) SEA 1934 anordnen, vgl. Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 369 (2006), die zudem im Sarbanes-Oxley Act 2002 Bestrebungen erkennt, gatekeepers einer strengeren Haftung zu unterziehen, vgl. S. 379 ff.; vgl. auch Cunningham, 57 Bus. Law. 1421, (2002) insb. S. 1430 ff., mit der Forderung, Wirtschaftsanwälte sollten mit Prinzipien der Rechnungslegung vertraut sein, um den heutigen Anforderungen an ihre Beratung gerecht werden zu können. 492 Auf die Unterschiede in der Nomenklatur weist auch Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 207 (2000–2001) in Fn. 33 hin; de Leon, 22 J. Corp. L. 723, 725 (1997) verwendet Independent Statement Test und Participation Test; bei Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 723 und 725 (1997) liest man vom narrow view und broad view; am geläufigsten sind die hier verwendeten Begriffe bright line test und substantial participation test. In der Sache bestehen keine Unterschiede. 493 Vgl. Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 196 (2007): „Recognizing the premium that Central Bank places on reliance, the bright-line courts – led by the Second Circuit – represent the most devout followers of the Central Bank dogma.“ 494 Vgl. In re MTC Elec. Techs. Shareholders Litigation, 898 F.Supp. 974, 987 (District Court, E.D.N.Y. 1995): „[I]f Central Bank is to have any real meaning, a defendant must actually make a false or misleading statement in order to be held liable under Sec-

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ten nach außen, eine attribution des Akteurs mit dem in Rede stehenden Kommunikationsverhalten, um zu einer Haftung zu gelangen.495 Dies wurde primär damit begründet, dass der Supreme Court geurteilt habe, die Haftung eines Sekundärakteurs nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 sei zwar möglich, verlange aber dass dieser sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruches selbst erfülle.496 Ein wesentliches Element dieses Anspruchs bilde die reliance des Geschädigten auf die misrepresentation des Anspruchsgegners.497 Wer also selbst nicht öffentlich auftrete, sondern nur im Hintergrund arbeite, Informationen vorbereite und Bewertungen fertige, könne das nötige Anlegervertrauen auf sein eigenes Gebaren gar nicht auslösen.498 Genau hierin liegt auch der Hauptkritikpunkt, welcher diesem Test entgegengehalten wird: Die geforderte attribution zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der fraglichen Information499 liegt gerade bei den gatekeepers am Kapitalmarkt wie Rechtsanwälten, accountants, oder sonstigen Beratern i. d. R. nicht vor. Denn deren rein interne Kommunikation, die nicht unmittelbar an den Markt gelangt, scheidet nach diesem Test als Anknüpfungs-

tion 10(b). Anything short of such conduct is merely aiding and abetting, and no matter how substantial that aid may be, it is not enough to trigger liability under Section 10(b).“ – Dem folgend Shapiro v. Cantor, 123 F.3d 717, 720 (2d Cir. 1997); ebenso Wright v. Ernst & Young, 152 F.3d 169, 175 (2d Cir. 1998); ganz ähnlich Anixter v. Home-Stake Production, 77 F.3d 1215, 1226 f. (10th Cir. 1996): „[I]n order for accountants to ‘use or employ’ a ‘deception’ actionable under the antifraud law, they must themselves make a false or misleading statement (or omission) that they know or should know will reach potential investors.“ – Gleichsinnig Lattanzio v. Deloitte & Touche LLP, 476 F.3d 147, 153 (2d Cir. 2007). 495 Vgl. Wright v. Ernst & Young, 152 F.2d 169, 175 (2d Cir. 1998): „[A] secondary actor cannot incur primary liability under the Act for a statement not attributed to that actor at the time of its dissemination. Such a holding would circumvent the reliance requirements“; vgl. Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2100 (2011); Cosenza, 16 Geo. Mason L.  Rev. 1, 17 (2008); Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 312 f. (2008–2009); zum materiellen Gehalt des Elements reliance mit Darstellung der verschiedenen Strömungen in der Rechtsprechung de Leon, 22 J. Corp. L. 723, 734 ff. (1997); Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 855 (2008) zweifelt an deinem eigenständigen Wert des attribution-Erfordernisses neben dem making of a misrepresentation. 496 Vgl. nur In re MTC Elec. Techs. Shareholders Litigation, 898 F.Supp. 974, 988 f. (District Court, E.D.N.Y. 1995), hier hatte der Abschlussprüfer financial statements erstellt, die unter anderem in einem Jahresfinanzbericht sowie mehreren Prospekten verwendet wurden; dazu knapp Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 857 (2008). 497 Vgl. zu diesem Element bereits ausf. oben Kapitel 2 – C.I.3.d), S. 166 ff. 498 Vgl. Wright v. Ernst & Young LLP, 152 F.3d 169, 175 (2d Cir. 1998); Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 854 (2008). 499 Vgl. Wright v. Ernst & Young LLP, 152 F.3d 169, 175 (2d Cir. 1998): „[T]he misrepresentation must be attributed to that specific actor at the time of public dissemination.“ – Dazu Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 676 ff. (2004).

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punkt aus.500 Gerade diese Akteure sind es aber, die erheblichen Einfluss auf die Marktkommunikation des von ihnen beratenen Emittenten haben, und hinsichtlich derer ein moderates Haftungsrisiko zudem als positiv verhaltenssteuernd gilt.501 Anders liegt dies lediglich in eng umgrenzten Konstellationen bei Abschlussprüfern: Auch ohne dass ein betreffender fehlerhafter Prüfbericht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen war, wurden diese in Einzelfällen nach dem bright line test als Haftende ausgemacht und verurteilt.502 Verlange man keine solche attribution, so der Vorwurf an den konkurrierenden substantial participation test, ignoriere man Central Bank und setze die Rechtsprechung zum aiding and abetting fort, gewissermaßen „umetikettiert“ in eine Haftung als Primärakteur.503 In der Literatur stieß der bright line Test auf breite Zustimmung.504 Dessen Vorhersehbarkeit und die hierdurch gewonnene Rechtssicherheit wurden ebenso positiv hervorgehoben wie dessen Potenzial, missliebigen strike suits entgegenzuwirken.505 Vereinzelt wurden Modifikationen und genauere Ausdifferenzierungen des Tests vorgeschlagen, insbesondere hinsichtlich der Frage, welcher Standard anzulegen sei, um zu prüfen, ob von einem making a misstatement or omission auszugehen sei.506 Von Einzelnen wurde zudem 500 Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 859 (2007); Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 199 (2007); Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 374 (2006). 501 Vgl. dazu Coffee, 57 Bus. Law. 1403 (2002), der weitere Faktoren nennt, aufgrund derer die Anreize für Berater zu normgetreuem Verhalten abgeschwächt worden seien. 502 Vgl. In re MTC Elec. Techs. Shareholders Litigation, 898 F.Supp. 974, 989 (District Court, E.D.N.Y. 1995). 503 So ausdrücklich Wright v. Ernst & Young LLP, 1997 WL 563782, *3 (District Court, S.D.N.Y. 1997): „Holding E & Y primarily liable under Rule 10b-5 in spite of its clearly tangential role in the alleged fraud would effectively revive aiding and abetting liability under a different name, and would therefore run afoul of the Supreme Court’s holding in Central Bank.“ – Bestätigt durch Wright v. Ernst & Young LLP, 152 F.3d 169, 175 (2d Cir. 1998); zuvor Shapiro v. Cantor, 123 F.2d 717, 720 (2d Cir. 1997): „Allegations of ‘assisting’, ‘participating in,’ ‘complicity in’ and similar synonyms […] all fall within the prohibitive bar of Central Bank.“ 504 Deutlich zugeneigt Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 221 (2000–2001); de Leon, 22 J.  Corp. L. 723, 738 f. (1997); vgl. auch Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 680 (2004): „[T]he text of Section 10(b) requires the ‘bright line’ test.“ 505 Dieses Argument benennend, ohne dem jedoch zu folgen Cosenza, 16 Geo. Mason  L. Rev. 1, 26 (2008): Die Beratungsqualität von Anwälten könne sogar steigen, wenn dem Anwalt keine Außenhaftung für Beratungsfehler drohe; zudem müsse er dieses Risiko dann nicht in seine Vergütung einpreisen, vgl. S. 28; dieses für den bright line test sprechende policy-Argument habe durch die gesteigerten pleading requirements nach dem PSLRA jedoch an Durchschlagskraft verloren, vgl. 48 f. 506 Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 221 f. (2000–2001) schlägt statt der starren attribution einen reasonable investor standard vor: Urheber einer Information und damit Primärverantwortlicher sei ein Sekundärakteur, sofern ein informierter Durchschnittsanleger diese

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postuliert, der Ansatz sei weniger ein klassischer Test als eine wertende Schlussfolgerung aus Central Bank.507 Ablehnende Stimmen kritisierten vor allem die völlige Freizeichnung für alle nicht namentlich genannten Akteure. Dies setze geradezu aktiv Anreize zu fehlerhaftem Verhalten, und zugleich falle Abschreckung, deterrence, als mäßigender Faktor völlig aus.508 Unter der Ägide dieses Standards bliebe zudem, so das vielfach erhobene Gerechtigkeitsargument, zu viel Fehlverhalten ungesühnt und eine große Zahl rechtswidriger, ersatzwürdiger Schädigungen würde nicht kompensiert.509 Gerade im Hinblick auf die zentrale Funktion, die SA 1933 und SEA 1934 den kapitalmarktrechtlichen gatekeepers zumessen, seien diese Konsequenzen nicht hinnehmbar.510 Auch leide der Test, da er ein einziges starres Kriterium zum entscheidenden Faktor für bzw. gegen die Haftung erhebt, graduell an over-inclusiveness bzw. underinclusiveness.511 Weitgehend unbestritten blieb, dass der bright line test sowohl die Anforderungen des Supreme Court erfülle als auch mit dem statutory law im Einklang stehe.512 Die Kritik stützt sich damit vorwiegend auf policy-Argumente und betont, der bright line test stelle lediglich eine von mehreren Möglichkeiten dar, Central Bank umzusetzen, ohne dass überzeugende Argumente für eine derart restriktive Auslegung bestünden.513

ihm zuordnen würde; de Leon, 22 J. Corp. L. 723, 745 (1997) hingegen plädiert innerhalb des bright line test für eine noch stärkere Ausrichtung am Element der reliance. 507 So Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 857 (2008), der aber diesem Ansatz dennoch folgt; bereits zuvor ders., 89 Ky. L. J. 201, 217 (2000–2001): die substantial participation anwendenden Gerichte ignorierten das vertikale stare decisis, ein Fundamentalprinzip des US-amerikanischen Rechtssystems; vgl. auch Anixter v. Home-Stake Production, 77 F.3d 1215, 1227 (10th Cir. 1996): „[The bright line test] provides more guidance to litigants than a rule allowing liability to attach to an accountant or other outside professional who provided ‘significant’ or ‘substantial’ assistance in the representations of others.“ – Zudem S. 1226 mit Fn. 10: andere Gerichte, die keine representation des Sekundärakteurs nach außen forderten, urteilten im Widerspruch zu Central Bank. 508 Vgl. Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 30 (2008); Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 728 f. (1997); gleichsinnig Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1205 (2007–2008): deterrence, Hauptzweck der Kapitalmarkthaftung, werde durch den bright line test völlig konterkariert. 509 Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 859 (2007); Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 727 f. (1997). 510 Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1043 (2012). 511 Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 28 (2008). 512 Vgl. Fisch, 99 Colum. L. Rev. 1293, 1301 (1999); a. A. Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 883 f. (2007): „By requiring the defendant to make a fraudulent misstatement or omission or to engage in market manipulation, the statutory text is narrowed to the extent that it is hard to see what meaning some of the words in the statute (‘any’, ‘indirectly’) retain.“ 513 Vgl. Cosenza, Geo. 16 Mason L. Rev. 1, 48 f. (2008); zuvor Langevoort, 20 Del. J.  Corp. L. 865, 889 (1995).

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2. Substantial Participation Test Im Gegensatz hierzu folgte der 9th Circuit dem substantial participation test. Dessen zentrales Element ist die Frage, ob der beklagte Akteur einen wesentlichen Anteil zu der Vorbereitung oder Umsetzung der Primärverletzung beigetragen hat. Hierfür erfolgt eine Gesamtschau aller tatsächlichen Umstände, anhand derer wertend ermittelt wird, ob der Beteiligungsgrad seiner Intensität nach eine Primärhaftung nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 auslöst.514 Indizien hierfür sind u. a. die Erstellung von Dokumenten, der Einfluss auf den Inhalt der Information sowie der subjektive Kenntnisstand des Akteurs.515 Auch ein Auftreten des Akteurs nach außen wird berücksichtigt, ist aber keine zwingende Voraussetzung, sondern einer von mehreren Indikatoren.516 Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zum bright line test liegt also darin, dass kein eigenes Auftreten des Sekundärakteurs nach außen vorliegen muss, um eine Primärhaftung zu begründen.517 Die Entscheidung Central Bank wird so gelesen, dass ein making of a misrepresentation auch dadurch vorliegen könne, dass der betreffende Akteur im Vorbereitungsstadium wesentlich an der Kommunikation mitgewirkt hat, auch wenn die Information nach außen hin nur als vom Primärakteur stammend gekennzeichnet ist.518 Die vom Supreme Court geforderte reliance des Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1185 (2007–2008); Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 313 (2008–2009). 515 Vgl. Employers Insurance of Wausau v. Musick, Peeler & Garrett, 871 F.Supp. 381, 389 f. (District Court, S.D. California 1994); Cashman v. Coopers & Lybrand, 877 F. Supp. 425, 432 (District Court, N.D. Illinois 1995) verlangt central involvement oder substantial contribution; Dazu Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 858 (2008). 516 Vgl. Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 21 82008); sowie jüngst dies., 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1044 (2012); Siamas, 37 UC Davis L. Rev. 895, 907 (2004). 517 Erstmalig In re ZZZZ Best Securities Litigation, 864 F.Supp. 960, 970 (District Court, C.D. California 1994): „While the investing public may not be able to reasonably attribute the additional misstatements and omissions to [the auditor], the securities market still relied on those public statements and anyone intricately involved in their creation and the resulting deception should be liable under Section 10(b)/Rule 10b-5.“ – Gleichsinnig In re Software Toolworks Inc. Securities Litigation, 50 F.3d 615, 628, Fn. 3 (9th Cir. 1994); zustimmend Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1187 (2007–2008); Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 374 (2006). 518 Vgl. Howard v. Everex Systems, Inc., 228 F.3d 1057, 1061, Fn. 5 (9th Cir. 2000): „[S]ubstantial participation or intricate involvement in the preparation of fraudulent statements is grounds for primary liability even though that participation might not lead to the actor’s actual making of the statements.“, mit Verweis auf In re Software Toolworks Inc. Securities Litigation, 50 F.3d 615, 628, Fn. 3 (9th Cir. 1994); ablehnend Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 860 (2008): „The ‚substantial participation test‘ presumes that someone made a misstatement but imputes the misstatement of the primary actor to the secondary actor.“ 514

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geschädigten Anlegers auf den Anspruchsgegner sucht der Ansatz durch das Vertrauen auf die streitgegenständliche Information zu substituieren, was mittelbar auch die vom Supreme Court geforderte Verbindung zum Sekundärakteur selbst, als deren Miturheber, bereite.519 In der Literatur fand der Test einige Zustimmung. Hervorgehoben wird vor allem, dass dieser im Gegensatz zum bright line test keinen faktischen safe harbor für sämtliche Hintergrundakteure trotz wesentlicher und vorsätzlicher Mitwirkung an einem Kapitalmarktdelikt statuiere.520 Er fördere damit durch das bestehende Haftungsrisiko die Sorgfalt der kapitalmarktrechtlichen gatekeepers und trage damit mittelbar auch zur Integrität des gesamten Marktes bei.521 Dies leuchtet argumentativ ein und mag ein starkes policy-Argument dafür darstellen, die Haftung von Sekundärakteuren nicht starr am Auftreten nach außen festzumachen.522 Der substantial participation test sieht sich allerdings trotz ambitionierter Begründungsansätze einigen schwerwiegenden Einwänden ausgesetzt.523 Betrachtet man zunächst dessen Voraussetzungen, wird deutlich, dass der Ansatz sich – sofern überhaupt – nur unwesentlich vom Test für aiding and abetting unterscheidet.524 Hierauf kann sich allerdings seit 519 So In re ZZZZ Best Securities Litigation, 864 F.Supp. 960, 970 (District Court, C.D. California 1994). 520 Deutlich Siamas, 37 UC Davis L. Rev. 895, 908 (2004): „Secondary actors should not avoid liability by remaining behind the scenes. Indeed, it is exactly this type of conduct that the law must have the possibility to catch and deter.“ – Gleichsinnig Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1186 f. (2007–2008); Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 374 (2006). 521 Vgl. Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 30 f. (2008); erneut dies., 33 Cardozo L.  Rev. 1019, 1045 f. (2012). 522 Vgl. Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1205 (2007–2008); vgl. aber Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 912 (2008): Befürworter des substantial participation test führten zwar policy-Argumente an, könnten den Ansatz jedoch nicht mit der lex lata vereinbaren. 523 Deutlich Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 215 f. (2000–2001); Fisch, 99 Colum. L. Rev. 1293, 1302 (1999); dagegen Prentice, 75 N. C. L. Rev. 691, 735, 738 ff. (1997), zudem mit dem Vorschlag, das reliance-Erfordernis weg von konkretem hin zu typisiertem Vertrauen zu modifizieren; vgl. auch Siamas, 37 UC Davis L. Rev. 895, 908 f. (2004), der auf dem Begriff indirectly in sec. 10(b) SEA 1934 aufbaut: Central Bank habe geurteilt, directly or indirectly stelle keine implizite Aufnahme von aiding and abetting in sec. 10(b) SEA 1934 dar; irgendeinen Anwendungsbereich müsse der Begriff aber haben. Daher bestehe eine dritte Kategorie, primary liability wegen des indirect making of a misrepresentation, die nicht von Central Bank präkludiert sei und zugleich im bright line test keinen Widerhall finde, vgl. S. 911; ebenso Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1187 (2007–2008) unter Berufung auf die verschiedenen lexikalen Bedeutungen des Begriffs to make. 524 Vgl. Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 35 (2008), die den Standard dennoch präferiert, vgl. S. 45 f.; siehe zudem Chrisman, 89 Ky. L. J. 201, 216 f. (2000–2001): „[T]he distinction between aiding and abetting and the ‘substantial participation’ test hinges on the difference between ‘substantial assistance’ and ‘substantial participation.’ Clearly, the difference here is more a matter of semantics than legal substance.“ – Ebenso Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2104 f. (2011).

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Central Bank ein Kläger im private enforcement nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 gerade nicht mehr berufen. Überdies muss der Ansatz die personelle Verzahnung der Elemente reliance und making of a representation aufbrechen, um auch die Haftung derjenigen Akteure begründen zu können, die selbst nicht nach außen auftreten. Die Rechtsprechung des Supreme Court verlangt jedoch, dass die haftungsbegründende Kausalität Person, Information und Transaktion verknüpft; der vorgetragene Lösungsansatz über das konstruierte „mittelbare“ Vertrauen vermittels der von diesem Akteur herrührenden Kommunikation wird daher teils deutlich zurückgewiesen.525 Darüber hinaus wird dem substantial participation test entgegengehalten, dieser trage gerade diejenige Rechtsunsicherheit in sich, die der Supreme Court in Central Bank ausdrücklich für dieses Marktsegment als abträglich herausgestellt und zu eliminieren gesucht habe.526 3. Co-Author Standard/Creator Standard Den Versuch eines Brückenschlages zwischen den beiden widerstreitenden Positionen bildet der co-author standard oder creator standard,527 den vor allem die SEC nachdrücklich vertrat und an die Rechtsprechung herantrug.528 Der Ansatz wurde zwar von keinem der Courts of Appeal ausdrücklich übernommen,529 fand aber bei mehreren Gerichten der Eingangsinstanz An-

525 Vgl. Wager/Failla, 49 Bus. Law. 1451, 1461 (1994): Dieses Erfordernis stelle eine signifikante Hürde für den Versuch dar, gegen ursprünglich als aider and abettor qualifizierte Akteure als Primärverletzer vorzugehen. 526 Fisch, 99 Colum. L. Rev. 1293, 1303 (1999); vgl. auch Cosenza, 16 Geo. Mason L.  Rev. 1, 32 (2008) mit Hinweis auf das erhöhte Risiko von strike suits; beratende Anwälte würden zudem eine empfindliche Störung des Vertrauensverhältnisses zum Mandanten fürchten, zudem könnten Berater das erhöhte Risiko in ihre Gebührensätze einpreisen, vgl. S. 33 f.; Cosenza folgt dennoch dem substantial participation test, dessen Schwächen würden durch die erhöhten pleading standards des PSLRA und dessen weitere Regelungen hinreichend aufgewogen. 527 Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 22 (2008). 528 Synonym auch als Co-authorship Test betitelt, in der Literatur wohl zuerst aufgebracht bei Langevoort, 20 Del. J. Corp. L. 865, 892 (1995), der jedoch selbst einräumt: „How faithful this relatively broad approach ist to Central Bank’s dicta is debatable“; vgl. aus den Reihen der Kritiker Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 685 ff. (2004). 529 Allerdings war der 3rd Circuit in Klein v. Boyd, Nos. 97-1143 & 97-1261, (1998 Transfer Binder) Fed. Sec. L. Rep. (CCH) 90,136 (3rd Cir. Feb. 12, 1998, rehearing en banc granted and judgment vacated) 1998 U.S. App. LEXIS 1421 (3rd Cir. Mar. 9, 1998) diesem durchaus zugeneigt, kam jedoch aufgrund eines settlement nicht zu einem Urteil; vgl. Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1047 f. (2012); der zuvor befasste District Court hatte ausschließlich state law angewendet und die Frage daher nicht adressiert, vgl. Klein v. Boyd, 949 F.Supp. 280 (District Court, E.D. Pennsylvania 1996).

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klang.530 Nach dem co-author standard ist über eine substantial participation an der Primärverletzung hinaus notwendig, dass der betreffende Sekundärakteur als eigentlicher (Mit-)Urheber des streitgegenständlichen fehlerhaften Informationsverhaltens anzusehen ist.531 Die Voraussetzungen sind im Einzelnen: (1) Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Sekundärakteurs vor dem Umstand, dass Anleger auf die Information vertrauen würden; (2) Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Akteurs von dem material misstatement; (3) eine Beteiligung des Akteurs in der Erstellung der misrepresentation, die so wesentlich ist, dass dieser als Miturheber dieser anzusehen ist; (4) Vorliegen der weiteren Voraussetzungen aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 für eine Primärhaftung.532 Der Test proklamiert für sich, mit dem Erfordernis des making of a misrepresentation, auch im Hinblick auf Central Bank, im Einklang zu stehen, da es semantisch korrekt sei, von einem making einer Information durch ihren Miturheber auszugehen.533 Zudem sei es auch bei wertender Betrachtung angezeigt, die Miturheber einer Information in die Haftung zu nehmen, da es letztlich nicht darauf ankommen könne, wer den Briefkopf oder seine Unterschrift bereitstelle. Er scheide untergeordnete Zuarbeiten oder neutrale Beihilfehandlungen zudem zuverlässig aus und rechtfertige daher die Behandlung der von ihm erfassten Beteiligten als Primärakteure.534 Kritiker betonten, der Ansatz unterscheide sich nur minimal vom substantial participation test, insbesondere beinhalte er ebenfalls nicht das Erfordernis der reliance des Geschädigten auf den Anspruchsgegner und sei daher mit

Vgl. In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litigation, 235 F.Supp.2d 549, 588, 590 (District Court, S.D. Texas 2002): „[T]he SEC’s approach to liability under § 10(b) and Rule 10b-5(b) is well reasoned and reasonable, balanced in its concern for protection for victimized investors as well as for meritlessly harassed defendants (including businesses, law firms, accountants and underwriters), in addition to the policies underlying the statutory private right of action for defrauded investors and the PSLRA. Moreover, it is consistent with the language of § 10b(b) [sic!], Rule 10b-5, and Central Bank.“ – Sympathisierend Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1188 (2007–2008); Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 375 ff. (2006). 531 Vgl. Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 35 f. (2008). 532 Vgl. Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 24 (2008); sowie dies., 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1047 (2012). 533 Dies räumt auch Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 687 (2004) ein, bemerkt aber, die rationale aus Central Bank werde damit verfehlt; zur Argumentation der SEC ausf. Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 375 ff. (2006). 534 Vgl. Brame, 67 La. L. Rev. 935, 954 (2007): „The creator test can meet the task of defining primary and secondary actors, and thus liability, in a way the legislature has not. It can fulfill these lofty ends because it reflects a positive approach to behavioral economics and the law. The creator test asks the right questions for society to answer.“ 530

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der Rechtsprechung des Supreme Court unvereinbar.535 Zudem sei in der Rechtsrealität, in der verschiedenste Akteure in arbeitsteiligem Zusammenwirken die Veröffentlichungen eines Emittenten vorbereiteten, häufig nicht feststellbar, wer als co-author bzw. creator einer spezifischen Information anzusehen sei.536 Überdies wird dem Test, wie auch dem substantial participation test, vorgehalten, die vom Supreme Court angestrebte Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit im Recht der Kapitalmarktinformationshaftung nicht gewährleisten zu können.537 4. Scheme Liability Die massiven Bilanzskandale, welche im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch von u. a. Enron und WorldCom an das Licht der Öffentlichkeit gelangt waren, ließen den Ruf nach einer Haftung der schuldhaft an den systematischen Manipulationstechniken beteiligten Hintergrundakteure abermals laut werden. Die wissenschaftliche Aufarbeitung des Börsencrashes hatte ein geradezu institutionelles Funktionsversagen kapitalmarktrechtlicher gatekeepers zutage gefördert,538 sodass enttäuschte Anleger diese nun auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen suchten. Jedoch hatte man nur im 9th Circuit mit dem substantial participation test einen Standard etabliert, der einen Zugriff auf ebendiese Beteiligten ermöglicht hätte. Angesichts der massiven Kritik an diesem Standard erschien unwahrscheinlich, dass sich weitere Circuits diesem anschließen würden. Hierdurch befeuert kam um das Jahr 2002 der Vorschlag auf, die Haftung von Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 über das Konzept der scheme liability zu begründen.539 So schon Langevoort, 20 Del. J. Corp. L. 865, 892 (1995); dagegen Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 50 ff. (2008); ebenso Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 204 (2007), der den co-authorship test gegenüber dem substantial participation test als objektiver und in der Praxis leichter handhabbar beschreibt. 536 Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 37 f. (2008); jüngst erneut dies., 33 Cardozo L.  Rev.1019, 1050 (2012). 537 Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 37 (2008). 538 Hierzu Coffee, 57 Bus. Law. 1403, 1408 ff. (2002): Deren kollektives Versagen als watchdogs habe eine Finanzkatastrophe des erlebten Ausmaßes erst ermöglicht; u. a. die Entscheidung Central Bank sowie der PSLRA 1995 hätten das Haftungsrisiko für diese Akteure zu weit abgesenkt, als dass es noch eine Abschreckungsfunktion erfüllen konnte; pointiert der Titel: „Understanding Enron: ‘It’s About the Gatekeepers, Stupid’“. 539 In der Folge ist damit die Anwendung des Konzeptes scheme liability auf Sekundärakteure gemeint; die Haftung von Primärakteuren wegen Beteiligung an einem scheme to defraud nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 ist allg. anerkannt, vgl. aus der Rechtsprechung nur SEC v. Zandford, 535 U.S. 820, 122 S.Ct. 1899 (2002); ausf. zu dieser Entscheidung, insb. möglichen Implikationen für die Haftung von Sekundärakteuren Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 687 ff. (2004), der der Deutung, der Supreme Court habe scheme liability hier für die Haftung von Sekundärakteuren eröffnet, deutlich widerspricht; 535

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Dieser Ansatz stützt sich, im Gegensatz zu den zuvor etablierten, nicht auf SEC Rule 10b-5, Absatz b, sondern auf Absätze a und c.540 Diese lauten: „It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, […] (a) to employ any device, scheme, or artifice to defraud, (b) […], or (c) to engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person, in connection with the purchase or sale of any security.“541

In einer Zivilklage gegen Sekundärakteure wurde scheme liability erstmals 2006 im 9th Circuit angewandt.542 Die umstrittene Frage der Auslegung des making of a misrepresentation, welche zu dem split der Circuit Courts of Appeal zwischen bright line test und substantial participation test geführt hatte,543 sei nicht berührt: Ausschließlich Absatz b beziehe sich auf statements of material facts.544 Hieraus folge, dass für den Vorwurf des employment in a scheme to defraud kein eigenes Auftreten des Sekundärakteurs nach außen notwendig sei.545 Allerdings müsse der Sekundärakteur an der streitgegenständlichen Fehlinformation maßgeblich beteiligt gewesen sein. Namentlich wird für die scheme liability vorausgesetzt, dass der Sekundärakteur nicht lediglich eine fremde Verletzung in irgendeiner Weise vorsätzlich unterstützt, sondern der Beitrag muss selbst eine gewisse marktschädliche Wirkung entfalten haben und auch dazu bestimmt worden sein.546 Zentrales Element in objektiver und subjektivgl. auch Schanbaum, 26 Rev. Litig.1 83, 207 f. (2007) mit Auswertung der amicus briefs, die scheme liability in die Enron Litigation einbrachten. 540 Vgl. Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 861 (2007). 541 Exchange Act Release No. 3230, 7 Fed. Reg. 3804 (May 21, 1942); 13 Fed. Reg. 8183 (Dec. 22, 1948), as amended at 16 Fed. Reg. 7928 (Aug. 11, 1951); kodifiziert in 17 CFR §240.10b-5; siehe für eine Wiedergabe der weiteren subsections der Rule oben Kapitel 2 – C.I.2., S. 155 f. 542 Vgl. Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040 (9th Cir. 2006); dazu Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1190 ff. (2007–2008); andere Circuits schlossen sich scheme liability laut Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453, 463 (2009) nicht an. 543 Hierzu oben Kapitel 2 – C.V.1., S. 225 sowie Kapitel 2 – C.V.2., S. 229. 544 Teils wird hiergegen vorgebracht, scheme liability basiere auf Grundannahmen des substantial participation test und könne schon deswegen nicht überzeugen, vgl. Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 865 (2008). 545 Vgl. dazu Cosenza, Geo. Mason L. Rev. 1, 41 f. (2008). 546 Instruktiv Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040, 1048 (9th Cir. 2006): „[T]o be liable as a primary violator of § 10(b) for participation in a ‘scheme to defraud,’ the defendant must have engaged in conduct that had the principal purpose and effect of creating a false appearance of fact in furtherance of the scheme. It is not enough that a transaction in which a defendant was involved had a deceptive purpose and effect; the defendant’s own conduct contributing to the transaction or overall scheme must have had a deceptive purpose and effect.“ (Hervorhebungen im Original.)

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ver Hinsicht, principle purpose and effect der Teilnahmehandlung, muss die Förderung der Primärverletzung sein, was für jeden in Rede stehenden Akteur separat zu prüfen ist.547 Wenngleich dies nicht explizit erwähnt wird, scheint die Notwendigkeit dieser sehr engen Verknüpfung von Teilnahmehandlung und schädigendem Effekt eine Abgrenzung zur conspiracy liability leisten zu wollen, welche gemeinsam mit aiding and abetting durch Central Bank verworfen worden war.548 Zudem sucht der Ansatz sich mittels des Elementes principle purpose and effect ausdrücklich dem Vorwurf zu erwehren, aiding and abetting als alten Wein in neuen Schläuchen zu präsentieren.549 Dies brachten Kritiker mit teils äußerst scharfem Zungenschlag vor.550 Bei genauerer Betrachtung verbirgt sich hinter der scheme liability kein eindeutiger, aus klar artikulierten Elementen bestehender Test, sondern eine recht vage Wertungsfrage, was die praktische Anwendung erschwert.551 Dies steht im potenziellen Widerspruch 547 Vgl. Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040, 1050 (9th Cir. 2006): „A test that examines the purpose and effect of a defendant’s conduct in an alleged scheme to defraud […] ensures that the defendant’s conduct is sufficiently deceptive to justify imposing primary liability. Thus, when determining whether a defendant is a ‘primary violator,’ the conduct of each defendant, while evaluated in its context, must be viewed alone for whether it had the purpose and effect of creating a false appearance of fact in the furtherance of an overall scheme to defraud.“ – Vgl. ausf. Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 886 f. (2007), hier auch zu dem verwandten, vereinzelt alternativ vorgebrachten inherently fraudulent conduct test und dessen praktischen Schwächen. 548 Vgl. zur conspiracy liability ausf. oben Kapitel 2 – C.II.3.a), S. 196 f. 549 Vgl. deutlich Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040, 1048 f. (9th Cir. 2006): „Nor is ‘scheme to defraud’ liability a substitute for aiding and abetting liability“, zudem Fn. 5: „Unlike the scienter requirement, the ‘purpose and effect’ test is focused on differentiating conduct that may form the basis of a primary violation under § 10(b) from mere aiding and abetting activity“; zustimmend Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1198 f. (2007– 2008); siehe auch Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 206 (2007) zu Urteilen, welche die Umgehung von Central Bank thematisieren. 550 Vgl. deutlich Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 866 f. (2008): „[S]cheme liability and its ‘principal purpose and effect test’ is arguably just another form of secondary liability. […] While the courts applying the ‘substantial participation’ test and scheme liability purport to be using these theories to determine whether a secondary actor is a primary violator, in actuality these theories are both nothing more than secondary liability by a different name.“ 551 Dies wird deutlich in der nach in Anspruch genommenen Akteuren aufgegliederten Rechtsprechungsübersicht bei Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 863 ff. (2007), der eine Lösung darin sieht, nicht einen feststehenden scheme liability standard zu postulieren, sondern entsprechend der verschiedenen Typen von Beklagten Fallgruppen zu bilden, vgl. 877 ff., 889; vgl. auch Polkes/Mustokoff, 34 Sec. Reg. L. J. 4, 10 (2006) zu unterschiedlichen Standards im Rahmen der scheme liability, vgl. zudem S. 12 ff. für eine kritische Auswertung der Entscheidung In re Mutual Funds Investment Litigation, 384 F.Supp.2d 845 (District Court, D. Maryland 2005); der Rechtsstreit wurde 2011 vom Supreme Court entschieden,

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zu den vom Supreme Court als Desiderat postulierten Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit.552 Problematisch erscheint überdies, dass die Theorie ihren Ursprung in einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Absätzen von SEC Rule 10b-5 nimmt und denjenigen Absatz, der making of a misrepresentation verlangt, nicht anwendet,553 während der Supreme Court in Central Bank allerdings nicht die anspruchsbegründenden Voraussetzungen von SEC Rule 10b-5, sondern von sec. 10(b) SEA 1934 definiert hatte. Nach der Normhierarchie von Gesetz und SEC Rule554 kann aber eine Rule der SEC den Rahmen der von ihr konkretisierten Norm nicht erweitern.555 Dies bedeutet, dass obgleich SEC Rule 10b-5 Absätze a und c zwar selbst kein making of a misrepresentation/omission verlangen, ein solches für einen Primäranspruch nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 aber nach der Rechtsprechung des Supreme Court zu sec. 10(b) SEA 1934 dennoch vorliegen muss.556 Eine SEC Rule kann hierauf keinerlei Einfluss nehmen.557 Ebenso verhält es sich im Übrigen mit dem Element der reliance.558 Aus dogmatischer Perspektive ist zudem fraglich, ob scheme liability nach SEC Rule 10b-5 Absatz a und c überhaupt Platz greifen kann, sofern eine misrepresentation bzw. market manipulation nach SEC Rule 10b-5 Absatz b vorliegt, ob also tatbestandlich Exklusivität herrscht oder die Absätze auch kumulativ einschlägig sein können.559 In mehreren Verfahren um den Zusammenbruch von Enron hatten die Kläger die scheme liability in die Diskussion eingebracht; die Vorwürfe lauteten im Schwerpunkt, die Beklagten hätten es Enron ermöglicht, Belastungen in vgl. Janus Capital Group, Inc. et al., v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296 (2011), dazu ausf. unten Kapitel 2 – C.VIII., S. 252 ff. 552 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 165, 188, 114 S.Ct. 1439, 1454 (1994); Edison, 9 J. Invest. Compl. 5, 9 (2008). 553 Dennoch verlangten einzelne Gerichte, dass der in Anspruch genommene Akteur für eine Haftung nach scheme liability selbst ein misleading statement abgegeben bzw. eine duty to disclose verletzt habe; dazu krit. Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 883 (2007): „if the policy of preventing unnecessary litigation was the only policy goal behind securities laws, the perfect rule would be to eliminate private litigation altogether. Since the laws also strive to prevent securities fraud, restricting litigation cannot in itself dictate the result in interpreting section 10(b).“ 554 Vgl. hierzu ausf. oben Kapitel 2 – C.I.2., S. 155 ff. 555 Dies betont auch im Zusammenhang mit der Ablehnung des substantial participation test de Leon, J. Corp. L. 22 (1997) 723, 739; Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 218 (2007) scheint dies im Rahmen seiner Kritik an der Rechtsprechung zu übersehen. 556 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 177, 114 S.Ct. 1439, 1448 (1994). 557 So auch Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 689 (2004): „As the Hochfelder decision makes clear, Section 10(b) controls the proper reading of Rule 10b-5, not the reverse.“ 558 Zustimmend Gold, 53 Cath. U. L. Rev. 667, 691 (2004). 559 Vgl. Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 879 (2007); obergerichtliche Entscheidungen haben sich mit dieser Frage soweit ersichtlich nicht befasst.

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andere Gesellschaften auszulagern, künstlich Umsätze zu generieren und Schulden zu kaschieren, und damit an einem scheme to defraud mitgewirkt.560 Ein Gericht erster Instanz folgte diesem Vorbringen.561 Der Court of Appeal des 5th Circuit hingegen verwarf den Ansatz mit klaren Worten:562 Ohne eine selbständige Informationspflicht der Beklagten gegenüber den Geschädigten könne im Lichte von Central Bank keine zivilrechtliche Haftung bejaht werden.563 Bemerkenswert ist, dass das als Leitentscheidung für diesen Weg der Haftungsbegründung geltende Urteil des 9th Circuit, Simpson v. AOL Time Warner564, im Abstand von nur etwa zwei Monaten auf einen Spruch des Court of Appeal des 8th Circuit folgte, welcher bei vergleichbaren Fakten die scheme liability mangels Vereinbarkeit mit Central Bank abgelehnt hatte.565 Gegen letztere Entscheidung zogen die unterliegenden Anleger, angeführt von Stoneridge Investment Partners, 2007 vor den Supreme Court, der die Sache zur Entscheidung annahm.566

Vgl. detaillierter zu den verschiedenen angewandten Methoden, mittels derer die Beklagten Enron geholfen hatten, eine prosperierende Geschäftstätigkeit vorzutäuschen Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453, 466 f. (2009). 561 Vgl. In re Enron Corporation Securities, Derivative & „ERISA“ Litigation, 236 F.R.D. 313, 316 (District Court, S.D. Texas 2006); ebenso In re Enron Corporation Securities, Derivative & „ERISA“ Litigation, 439 F.Supp.2d 692, 723 (District Court, S.D. Texas 2006); dies trat eine Welle weiterer Klagen gegen vermeintlich am Zusammenbruch von Enron Beteiligte weit über den Kreis traditioneller Sekundärakteure hinaus los, was die befassten Gerichte vor die Schwierigkeit stellte, Grenzen der scheme liability auszuloten; hierzu Annus, 72 Mo. L. Rev. 855, 863 ff. (2007), mit Auffächerung des Fallmaterials nach den verschiedenen Gruppen beklagter Akteure, die deutlich Unsicherheiten der Gerichte in der Anwendung des Tests aufzeigt; vgl. auch Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 211 ff. (2007). 562 Vgl. Regents of the University of California v. Credit Suisse First Boston (USA), Inc., 482 F.3d 372, 392 (5th Cir. 2007): „Strict construction of § 10(b) against inputting aiding and abetting liability for secondary actors under the rubric of ‘deceptive acts’ or ‘schemes’ gives rise to the type of certainty that the court sought in Central Bank.“ – Das Gericht schloss sich dem 8th Circuit in Charter an und verwarf den Ansatz des 9th Circuit in Simpson; hierzu vertiefend Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453, 466 ff. (2009). 563 Vgl. Regents of the University of California v. Credit Suisse First Boston (USA), Inc., 482 F.3d 372, 390 (5th Cir. 2007). 564 Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040 (9th Cir. 2006). 565 Vgl. In re Charter Communications, Inc., Securities Litigation, 443 F.3d 987 (8th Cir. 2006); zu beiden Urteilen Chrisman, Quinnipiac L. Rev. 26 (2008) 839, 861–872; krit. Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 211 ff. (2007). 566 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 549 U.S. 1304, 127 S.Ct. 1873 (2007) (grant of certiorari). 560

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VI. Die „Stoneridge“-Entscheidung des Supreme Court (2008) In Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc.567 äußerte sich der Supreme Court im Jahr 2008 erstmalig seit Central Bank zur zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5. Der circuit split in der Frage, wann Beteiligte an fehlerhafter Kapitalmarktinformation gegenüber Anlegern haften, hatte eine Klärung, welche die Einheitlichkeit der Rechtsprechung wiederherstellen würde, vordringlich werden lassen.568 Nicht nur in den Reihen der kapitalmarktrechtlichen Wissenschaft und Praxis,569 auch seitens der Wirtschafts- und Finanzpresse bestand angesichts der erwarteten grundsätzlichen Bedeutung des Urteils großes Interesse am Verfahren.570 Dies reflektierte sich auch in der Zahl der amicus briefs, welche den Supreme Court erreichten.571 1. Sachverhalt und Verfahrensgang Der Entscheidung lag folgender, hier vereinfacht dargestellter, Sachverhalt zugrunde572: Die Sammelkläger, angeführt von Stoneridge Investment Partners, LLC, waren durch eine Fondsbeteiligung Anteilseigner an Charter, einer börsennotierten Aktiengesellschaft gewesen, während die Gesellschaft mit Hilfe zweier Zulieferer gravierende Bilanzmanipulationen vornahm, um Umsatzzahlen zu generieren, welche den Erwartungen der Wall Street-Analysten entsprechen sollten. Eine der hierbei angewandten Methoden verlief folgendermaßen: Von den Zulieferern Motorola und Scientific-Atlanta bezog Char552 U.S. 148, 128 S.Ct. 761 (2008). Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 156, 128 S.Ct. 761, 767 f. (2008). 569 Vgl. aus den Veröffentlichungen vor der Entscheidung Black, U of Cincinnati Public Law Research Paper No. 07-21 (2007) mit Analyse des Verfahrensganges; aus Anwaltsperspektive Edison, 9 J. Invest. Compl. 5 (2008); Even/Chester, 16 Corporate Governance Advisor 25 (2008); vgl. zudem die Nachweise bei Chrisman, 26 Quinnipiac L.  Rev. 839, 840 (2008); vgl. rechtsvergleichend aus europarechtlicher Perspektive Hilgard/ Mock, ECFR 2008, 453; sowie mit Rechtsvergleich zum deutschen Recht, schwerpunktmäßig zu prozessualen Fragen Martens/Martens, in: FS K. Schmidt, 2009, S. 1129; vgl. zudem die Besprechungen Fleischer, AG 2008, 265; Reus/Paul, WM 2008, 1245. 570 Vgl. Edison, 9 J. Invest. Compl. 5 (2008): „Newspaper columnists, television anchors and legal pundits have camped out on the steps of the Supreme Court building and given the case plenty of print space and airtime.“ – Vgl. aus deutscher Perspektive Adler/Wilske, RIW 2007, 845, 846 m. w. N. aus der Wirtschafts- und Finanzpresse in Fn. 4. 571 Vgl. der Überblick bei Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 324 (2008–2009) mit Fn. 216, der knapp 30 amicus briefs zählt; ähnlich Adler/Wilske, RIW 2007, 845, 847; Edison, 9 J. Invest. Compl. 5 (2008) zählt über 100 Personen und Personengruppen, die sich eingebracht hätten. 572 Siehe für einen übersichtlichen Abriss der Ereignisse Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 313 ff. (2008–2009). 567 568

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ter Set-Top-Boxen für den Empfang und die Decodierung von Kabelfernsehen zu einem um USD 20 erhöhten Preis, ohne dass es hierfür eine wirtschaftliche Grundlage gab. Im Gegenzug buchten diese Zulieferer bei Charter vermehrt Werbedienstleistungen, deren Wert in der Summe der Preiserhöhung bei den Set-Top-Boxen entsprach.573 Beide Zulieferer datierten hierfür zahlreiche Rechnungen zurück und wussten, dass die Maßnahmen keine wirtschaftliche Grundlage hatten, sondern ausschließlich der Verbesserung der Quartalszahlen Charters dienten (sog. barter transactions).574 Nachdem dies an die Öffentlichkeit gelangt war, gab der Kurs des Papiers von Charter massiv nach.575 In der Folge traten die Anleger an beide Zulieferer heran und warfen ihnen manipulative conduct bzw. misrepresentation nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 vor. Mit Charter hatten die Kläger sich auf eine Vergleichszahlung in Höhe von USD 146.250.000 geeinigt. Hervorgehoben sei an dieser Stelle, dass die beklagten Akteure im konkreten Fall keine Berater waren, sondern es sich um realwirtschaftliche Geschäftspartner des Emittenten, namentlich Lieferanten handelte.576 Sowohl der District Court577 als auch der Court of Appeal des 8th Circuit hatten die Haftung verneint und dies in erster Linie unter Bezugnahme auf Central Bank begründet.578 573 Vgl. In re Charter Communications Inc. Securities Litigation, 443 F.3d 987, 989 (8th Cir. 2006); weitere Vorwürfe betrafen z. B. die rückwirkende Vereinbarung von zahlungsbewährten Vertragsbruchklauseln, welche ab initio lediglich dazu bestimmt gewesen waren, gebrochen zu werden, sowie weitere, ähnlich wirkende Maßnahmen. 574 Vgl. In re Charter Communications Inc. Securities Litigation, 443 F.3d 987, 990 (8th Cir. 2006); zu diesen und anderen Transaktionen, welche Grundlage der scheme liability darstellen können Gomm, Ark. L. Rev. 61 (2009) 453, 456 ff.; für einen breiter angelegten Überblick verschiedener Methoden des financial statement fraud vgl. Sauer, 57 Bus.  Law. 955 (2002). 575 Vgl. Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 203 (2009) für eine Grafik des Kursverlaufes der Aktie im relevanten Zeitraum. 576 So ebenfalls in Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040 (9th Cir. 2006), der Leitentscheidung zur scheme liability, es handelt sich hierbei aber um Ausnahmen; in der weit überwiegenden Zahl von Verfahren gegen Sekundärakteure gehören diese der Gruppe klassischer gatekeepers an; dies sieht Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2137 (2010) als Grund für einige unklare Wendungen in der Entscheidung: Diese suchten unausgesprochen eine Differenzierung zwischen Geschäftspartnern aus der Realwirtschaft und professionellen Kapitalmarktakteuren vorzunehmen. 577 Vgl. In re Charter Communications Inc. Securities Litigation, 2004 WL 3826761 *5 (District Court, E.D. Missouri 2004): „[P]laintiffs’ claims against Scientific-Atlanta and Motorola amount to claims for aiding and abetting liability under § 10(b) and Rule 10b-5. Under any subsection of those provisions, plaintiffs’ claims against these defendants are barred by […] Central Bank.“ – Im Wege einer motion to amend hatten die Kläger ihr Vorbringen sodann um weitere Tatsachen ergänzen wollen, jedoch erfolglos, vgl. In re Charter Communications, Inc., Securities Litigation, 2004 WL 3826760 (District Court, E.D.Missouri 2004).

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2. Problemstellung Charter haftete unstreitig wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5. Beide Zulieferer hatten hierzu eine knowing and substantial participation geleistet. Nach den tradierten Konzepten zur Haftung von Sekundärakteuren, gleich ob aiding and abetting oder conspiracy, wäre deren Haftung fraglos zu bejahen gewesen. Seit Central Bank579 standen diese jedoch einem Zivilkläger nicht mehr offen. Es stellte sich also die Frage, ob die Akteure aufgrund ihrer Beteiligung als Primärakteure verurteilt werden konnten.580 Nach den verschiedenen nach Central Bank aufgekommenen Konzepten581 fällt das Ergebnis unterschiedlich aus: Der von der Mehrzahl der Circuits vertretene bright line test führt unstreitig nicht zur Haftung, weil eine attribution der Zulieferer mit den Finanzberichten des Emittenten im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht vorlag. Ebenso verhielte es sich nach dem co-authorship standard, die Zulieferer wären wohl nicht als Miturheber der fehlerhaften Veröffentlichungen Charters anzusehen. Der substantial participation test hingegen hätte zur Haftung geführt, da beide Zulieferer in Kenntnis des Zwecks der Transaktionen einen wesentlichen Teil zu Charters Bilanzmanipulation beigetragen hatten. Auch scheme liability würde zu einem Schadensersatzanspruch führen: Principle purpose and effect der in Rede stehenden Transaktionen war die Ermöglichung des von Charter kreierten scheme to defraud. Dessen Anwendbarkeit auf Sekundärakteure war jedoch, insbeson578 Vgl. In re Charter Communications Inc. Securities Litigation, 443 F.3d 987, 992 (8th Cir. 2006): „Central Bank and the earlier cases on which it relied stand for three governing principles: (1) The Court’s categorical declaration that a private plaintiff ‘may not bring a 10b-5 suit against a defendant for acts not prohibited by the text of § 10(b),’ included claims under Rule 10b-5(a) and (c), as well as Rule 10b-5(b). (2) A device or contrivance is not ‘deceptive’, within the meaning of § 10(b), absent some misstatement or a failure to disclose by one who has a duty to disclose. […] Thus, any defendant who does not make or affirmatively cause to be made a fraudulent misstatement or omission, or who does not directly engage in manipulative secutrities trading practices, is at most guilty of aiding and abetting and cannot be held liable under § 10(b) or any subpart of Rule 10b-5.“ – Dazu Black, U of Cincinnati Public Law Research Paper No. 07-21 (2007), S. 3 ff.; knapper auch Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 315 (2008–2009); ablehnend Schanbaum, 26 Rev. Litig. 183, 216 ff. (2007). 579 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994); zu dieser ausf. oben Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff. 580 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 191, 114 S.Ct. 1439, 1455 (1994): „Any person or entity, including a lawyer, accountant, or bank, who employs a manipulative device or makes a material misstatement (or omission) on which a purchaser or seller of securities relies may be liable as a primary violator under 10b-5, assuming all of the requirements for primary liability under Rule 10b-5 are met.“ (Hervorhebung im Original.) 581 Zu diesen ausf. soeben oben Kapitel 2 – C.V., S. 224 ff.

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dere im Falle von material misrepresentations, umstritten und ist von beiden vorigen Instanzen abgelehnt worden.582 Diese Frage suchte der Supreme Court nun zu klären. 3. Entscheidung Der Supreme Court verneint eine Stellung der Zulieferer als primary violators und damit deren Haftung in einer split decision mit fünf zu drei Stimmen.583 Die Anspruchsgegner hafteten den Anlegern nur dann, wenn sie alle Elemente eines Anspruchs nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 selbst erfüllten,584 was vorliegend nicht der Fall sei. Die Begründung stellt zentral darauf ab, dass die Beklagten nicht offen am Kapitalmarkt aufgetreten seien,585 was einer notwendigen reliance der Kläger auf ein Verhalten der Beklagten entgegenstehe.586 Auch könne keine der rebuttable presumptions zur reliance dieses Manko überwinden: die fraud on the market theory587 verlange eine aktive Marktkommunikation des Anspruchsgegners, während die für unterlassene Information entwickelte Affiliated UTE-Doktrin588 eine duty to disclose des in Anspruch Genommenen gegenüber den Geschädigten voraussetze; beides liege nicht vor. Auch scheme liability behebe das Problem fehlender reliance nicht.589 Allein aus einem scheme to defraud heraus könne weder das Vertrauen der

582 Vgl. zu dem circuit split um die scheme liability soeben oben Kapitel 2 – C.V.4., S. 233 ff. 583 Grundsätzlich wäre der Spruchkörper mit neun Richtern besetzt gewesen, Justice Breyer hatte sich aber aus dem Fall zurückgezogen. Dies bedarf keiner Angabe von Gründen, vermutet wird, dass Breyer sich selbst für nicht hinreichend unbefangen befand, da er als Anleger in Cisco, der Muttergesellschaft von Scientific-Atlanta investiert war, vgl. Gregory/Johnson, 34 S. Ill. U. L. J. 251, 259 (2010), zudem mit einem Abriss des Verlaufs der mündlichen Verhandlung, S. 259 ff.; siehe zur mündlichen Verhandlung auch Adler/ Wilske, RIW 2007, 845, 847 f. 584 So Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 158, 128 S.Ct. 761, 769 (2008). 585 So Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 159, 128 S.Ct. 761, 769 (2008). 586 Jedoch müsse nicht stets explizite Kommunikation vorliegen, vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 158, 128 S.Ct. 761, 769 (2008) „Conduct itself can be deceptive“. 587 Etabliert in Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 243, 108 S.Ct. 978, 999 (1988), hierzu ausf. oben Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 ff. 588 Vgl. Affiliated UTE Citizens of Utah v. United States, 406 U.S. 128, 153 f., 92 S.Ct. 1456, 1472 (1972), zu dieser rebuttable presumption ausf. oben Kapitel 2 – C.I.3.d)aa), S. 167 ff. 589 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 160, 128 S.Ct. 761, 770 (2008): scheme liability „does not answer the objection that peti-

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Anleger selbst noch die Anwendung einer rebuttable presumption begründet werden. Insbesondere könne der Anknüpfungspunkt der reliance nicht beliebig modifiziert werden, weshalb auch das Argument, die Geschädigten hätten durch die Finanzberichte Charters mittelbar auch auf die diesen zugrunde liegenden einzelnen Transaktionen vertraut, nicht überzeuge.590 Die klägerseits vorgebrachte Heranziehung des common law of fraud, welches in der gegebenen Sachverhaltskonstellation wohl die Kausalität bejahen würde, lehnt das Gericht ab. Es entspreche gefestigter Rechtsprechung, sec. 10(b) SEA 1934 unabhängig vom common law of fraud auszulegen, was auch der historische Gesetzgeber so intendiert habe.591 Auch die Rechtsprechungshistorie zum private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 unterstütze dieses Resultat. Die Gerichte seien schon aufgrund der separation of powers gehalten, implied private rights of action eng auszulegen und im Zweifelsfall zu verneinen.592 Eine Erweiterung über den anerkannten Anwendungsbereich hinaus scheide aus.593 Hier spreche der PSLRA 1995 eine deutliche Sprache: Der Gesetzgeber habe einerseits das private right of action stillschweigend gebilligt, andererseits aber auch beschlossen, es nicht über dessen status quo hinaus zu erweitern; hieran sehe der Supreme Court sich gebunden.594 tioner did not in fact rely upon respondents’ own deceptive conduct.“ – Dazu ablehnend Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 318 f. (2008–2009). 590 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 160, 128 S.Ct. 761, 770 (2008): „Were this concept of reliance to be adopted, the implied cause of action would reach the whole marketplace in which the issuing company does business; and there is no authority for this rule.“ – Dies deutet Chrisman, 26 Quinnipiac L.  Rev. 839, 876 f. (2008) mit Fn. 218 als umfassende Zurückweisung der scheme liability. 591 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 162, 128 S.Ct. 761, 771 (2008); vgl. dagegen noch Touche & Ross v. Redington, 442 U.S. 560, 586, 99 S.Ct. 2479, 2485 (1979): „[T]he interpretation of these civil provisions [= des SA 1934] must in a final analysis look back to the common law.“ 592 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 164 f., 128 S.Ct. 761, 772 f. (2008). 593 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 165, 128 S.Ct. 761, 773 (2008): „The decision to extend the cause of action is for congress, not for us. Though it remains the law, the § 10(b) private right should not be extended beyond its present boundaries.“ 594 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 165 f., 128 S.Ct. 761, 773 (2008): „Congress thus ratified the implied right of action after the Court moved away from a broad willingness to imply private rights of action. […] It is appropriate for us to assume that […] Congress accepted the § 10(b) private cause of action as then defined but chose to extend it no further.“ – Vgl. dazu Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 878 (2008): „While the Court couched its holding in terms of reliance, the majority seems much more concerned about whether its ruling would expand the § 10(b) and Rule 10b-5 cause of action than about proposing a workable standard for the reliance element.“

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Gegen die Klägerposition sprächen zudem policy-Argumente: Das Risiko von strike suits würde um etliche potenzielle Beklagte ausgeweitet, was gesamtwirtschaftlich einen erheblichen Kostenfaktor darstelle; ausländische Unternehmen würden abgeschreckt, in den USA zu investieren, und für Emittenten würden gar Anreize gesetzt, aus den USA abzuwandern.595 Zudem, so das Gericht, suchten die Kläger hier faktisch, aiding and abetting dem private enforcement wieder zugänglich machen. Mit Blick auf das nur der SEC eingeräumte Recht, aiding and abetting zu verfolgen, stehe dem der artikulierte Wille des Gesetzgebers entgegen;596 überdies würde ein Urteil im Sinne der Kläger Central Bank revidieren, was weder angezeigt noch beabsichtigt sei, und laufe zudem Gefahr, sec. 10(b) SEA jenseits des Kapitalmarktrechts in das Recht realwirtschaftlicher Transaktionen hinein zu erweitern, was schon aus Kompetenzgründen unstatthaft sei: Hier gelte Bundesrecht, dort das Recht der Einzelstaaten.597 Abschließend erläutert das Votum, Sekundärakteure würden dennoch von der Rechtsordnung hinreichend erfasst: Das Strafrecht sanktioniere bestimmte Marktmissbrauchsfälle, zudem bestehe das public enforcement durch die SEC. Überdies erlaubten einige einzelstaatlichen Blue Sky Laws das Vorgehen privater Kläger gegen aiders and abettors. Zudem drohe, Central Bank repetierend, jedem Sekundärakteur die Gefahr der Inanspruchnahme in einer private action, sofern dessen vorgeworfene Handlung eine vollwertige Primärverletzung darstelle.598 4. Dissenting opinion Justice Stevens verfasste eine dissenting opinion, die dem Urteil und seiner Begründung vor allem in zwei zentralen Punkten widerspricht.599 Erstens verkenne die Gerichtsmehrheit die Reichweite der Entscheidung Central

595 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 163 f., 128 S.Ct. 761, 772 (2008). 596 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 162 f., 128 S.Ct. 761, 777 (2008): „[T]his construction of § 10(b) […] would revive in substance the implied cause of action against all aiders and abettors […] and […] would undermine Congress’ determination that this class of defendants should be pursued by the SEC“. 597 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 161 f., 128 S.Ct. 761, 770 f. (2008). 598 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 166, 128 S.Ct. 761, 773 f. (2008): „§ 10(b) continues to cover secondary actors who commit primary violations.“ 599 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 167 ff., 128 S.Ct. 761, 774 ff. (2008) (Stevens J., dissenting), der dissenting opinion schlossen sich Justice Souter und Justice Ginsburg an.

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Bank600 indem sie diese für einen einschlägigen Präzedenzfall halte. Zweitens kreiere sie hinsichtlich der nötigen reliance ein super-causation-Erfordernis, was nicht nur der Position der SEC und des Court of Appeal des 9th Circuit widerspreche, sondern auch mit der Rechtsprechung des Supreme Court selbst601 breche.602 Zu seinem ersten Argument führt Stevens aus, die Beklagten im vorliegenden Fall hätten eine wesentlich aktivere, zentralere Rolle in dem von Charter initiierten scheme to defraud bekleidet, als dies im Fall Central Bank der Fall gewesen sei. Die Anspruchsgegnerin in Central Bank habe lediglich durch Unterlassen untergeordnet zu einer Primärverletzung Hilfe geleistet, während die Anspruchsgegner vorliegend aktiv an der Ermöglichung des scheme to defraud mitgewirkt hätten. In objektiver wie auch subjektiver Hinsicht weise der hier zu entscheidende Fall eine wesentlich intensivere Beteiligung der in Rede stehenden Akteure auf. Central Bank treffe damit keine Aussage über die vorliegende Konstellation.603 Hinsichtlich des reliance-Erfordernisses pflichtet Stevens der Mehrheit insoweit bei, als die Anwendung der fraud on the market theory allein dessen Voraussetzungen nicht hinreichend etabliere. In Verbindung mit einem korrekten Verständnis der Bezugspunkte von reliance und causation aber liege die nötige reliance nach den Tatsachenfeststellungen vor.604 Das von der Mehrheit postulierte Verständnis der Anwendungsvoraussetzungen für die fraud on the market theory verlange, gemeinsam mit dem sehr eng verstandenen nexus zwischen reliance, der Fehlinformation und der Person des Anspruchsgegners, eine Art super-causation, die einen Kläger vor nahezu unüberwindbare Hürden stelle und keine Stütze in case law oder statutory law finde. Vielmehr knüpfe reliance and die fehlerhafte Marktkommunikation, an dieser hätten die Beklagten wesentlich mitgewirkt, und die fraud on the market theory ersetze konkretes Vertrauen auf die Person des Anspruchstellers oder eine bestimmte Marktinformation durch begründetes, schützenswertes Vertrauen in die Integrität des Marktes. All dies liege hier vor, ebenso die 600 Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), zu dieser ausf. oben Kapitel 2 – C.III, S. 202 ff. 601 Insbesondere die Entscheidung Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 108 S.Ct. 978 (1988), welche die Gerichtsmehrheit für nicht einschlägig hält; ausf. zu dieser bereits oben Kapitel 2 – C.I.3.d)bb), S. 168 ff. 602 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 168, 128 S.Ct. 761, 774 f. (2008) (Stevens J., dissenting). 603 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 169, 128 S.Ct. 761, 775 (2008) (Stevens J., dissenting). 604 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 171, 128 S.Ct. 761, 776 (2008) (Stevens J., dissenting): „[A] correct view on causation coupled with the presumption would allow petitioner to plead reliance.“ – Zustimmend Matricciani, 4 J. Bus. & Tech. L. 187, 196 (2009); Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 660 (2008); noch weitergehend Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 321 (2008–2009).

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übrigen Elemente des Anspruchs, sodass im Sinne der Kläger zu befinden gewesen sei. Auch das seitens der Mehrheit aufgebrachte floodgate-Argument überzeuge nicht: Die Besorgnis, sämtliche Geschäftspartner eines Emittenten würden zu potenziellen Beklagten nach sec. 10(b) SEA 1934, weil die Grenzen von Kapitalmarkt und Gütermarkt verwischten, sei überzogen. Schließlich hafte nur, wer alle Voraussetzungen von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 selbst erfülle, was Geschäftspartner außerhalb des Kapitalmarktumfeldes üblicherweise aus dem Anwendungsbereich ausschließe, sofern sie nicht – wie hier im Fall – selbst aktiv in die Fehlinformation eingebunden gewesen seien.605 Auch der Ausschluss des vergleichenden Blicks in das common law sei weder im Hinblick auf das statutory law, noch im Vergleich mit früherem case law des Supreme Court gerechtfertigt.606 Hinsichtlich der Analyse des gesetzgeberischen Willens bei Erlass des PSLRA 1995 merkt Stevens an, die verwertbaren Stellungnahmen und Reaktionen des Kongresses seien zumindest ambivalent. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, der Kongress habe private aiding and abetting liability bewusst nicht wiederhergestellt, zugleich aber sei den Materialien zu entnehmen, private enforcement solle weiterhin einen wesentlichen Stützpfeiler des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts darstellen. Zumindest lasse sich nicht diejenige haftungsfeindliche Grundhaltung aus den Materialien destillieren, welche sich die Gerichtsmehrheit zu sehen bemühe.607 Über die Dimension der konkreten Entscheidung hinaus äußert die dissenting opinion abschließend Kritik an der allgemeinen Linie des Supreme Court im Hinblick auf implied private rights of action im Kapitalmarktrecht. Der frühere Äther des every wrong shall have a remedy, den die Rechtsprechung über zwei Jahrhunderte hinweg ausbuchstabiert und umgesetzt habe und den auch der SA 1933 und der SEA 1934 geatmet hätten, sei ohne Not und über-

Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 172, 128 S.Ct. 761, 777 (2008) (Stevens J., dissenting); zustimmend Prentice, 45 Am. Bus.  L. J. 611, 663 f. (2008). 606 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 173, 128 S.Ct. 761, 777 (2008) (Stevens J., dissenting). 607 Vgl. deutlich Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 174 f., 128 S.Ct. 761, 777 f., 779 (2008) (Stevens J., dissenting): „[W]hile I recognize that the Central Bank opinion provides a precedent for judicial policymaking decisions in this area of the law, I respectfully dissent from the Court’s continuing campaign to render the private cause of action under § 10(b) toothless.“ – Zustimmend, mit empirischen Daten zum Vergleich der eingeklagten Summen in SEC-Verfahren und private enforcement-Verfahren Matricciani, 4 J. Bus. & Tech. L. 187, 198 (2009); ähnlich Gregory/Johnson, 34 S. Ill. U. L. J. 251, 269 (2010). 605

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zeugende Begründung schleichend aufgegeben worden.608 Dies führe wie hier zu Urteilen, die grundsätzlichen Wertungsentscheidungen des historischen Gesetzgebers widersprächen.609 5. Reaktionen aus dem Schrifttum Die Bewertungen der Entscheidung gehen auseinander.610 Viele Autoren äußerten teils harsche Kritik,611 wenige begrüßten die Entscheidung.612 Zudem wurde Kritik an der Begründung trotz grundsätzlicher Zustimmung zum Ergebnis geäußert.613 Kritiker merken an, der Supreme Court sei besser beraten gewesen, sich von seinen Aussagen in Central Bank leiten zu lassen,614 und hätte policyErwägungen nur untergeordnete Bedeutung zumessen sollen.615 Andere führen an, gerade die Annahme der Präzedenzwirkung von Central Bank sei ein Irrweg gewesen.616 608 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 177, 128 S.Ct. 761, 780 (2008) (Stevens J., dissenting). 609 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 179 f., 128 S.Ct. 761, 781 f. (2008) (Stevens J., dissenting). 610 Plastisch Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2126 (2010): „The dish [i. e. das Mehrheitsvotum in Stoneridge] is tasty enough to those who dislike strong securities class actions, with abundant probusiness dicta adding ample spice. But the recipe has few serious academic defenders, even among those who like its outcome, and has been the object of disgust for those who do not.“ 611 Offensiv Murdock, 6 Berkeley Bus. L. J. 131, 202 ff. (2009); vgl. auch Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453 (2009); Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611 (2008); Sinai, 8 J. Bus. & Sec. L. 170 (2007–2008); Souza, 57 Duke L. J. 1179 (2007–2008); Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303 (2008–2009); abgewogener und moderater Gregory/Johnson, 34 S. Ill. U. L. J. 251 (2010); Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125 (2010). 612 Vgl. Obhof, 9 Engage 118, 120 (2008); Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217 (2008), der gleichwohl massive Kritik an dem methodischen Vorgehen des Gerichts äußert. 613 So deutlich Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 916 (2008). 614 Vgl. Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 915 f. (2008). 615 Vgl. Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 324 ff. (2008–2009), der zudem eine Einseitigkeit bemängelt: Die gegen die Haftung vorgebrachten policy-Argumente hätten die Entscheidung stark durchdrungen, während die für eine Haftung sprechenden policyArgumente gänzlich ignoriert worden seien, S. 328, mit für die Haftung streitenden Argumenten, S. 328 ff.; vgl. auch Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1200 ff. (2007–2008) mit policyArgumenten für die Anerkennung der scheme liability mit Blick auf die Regulierungsziele compensation und deterrence; in gleicher Fließrichtung Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 677 (2008): „[T]he policy arguments that the majority faction did embrace could easily have been written by Enron’s lobbyists.“ – Mit eigenen Gegenargumenten, siehe S. 678 ff. 616 Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 612 (2008): „Unfortunately, Stoneridge did not limit Central Bank to its facts. Consequently, the court committed an anachronistic error comparable to a cowboy movie showing John Wayne listening to an iPod as he rides his

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Insbesondere die Auslegung des Elementes reliance, welche auch die dissenting opinion angegriffen hatte, stieß auf Widerstand.617 Eine Literaturstimme setzt an der Ablehnung der Affiliated UTE-Doktrin an und sieht im vorliegenden Fall, entgegen der Gerichtsmehrheit, eine duty to disclose als gegeben an.618 Einer weiteren Stellungnahme zufolge verstelle die Entscheidung überdies den notwendigen Blick darauf, wer die Profiteure und wer die Geschädigten eines typischen Marktmissbrauchsdeliktes seien.619 Hervorzuheben ist zudem, dass der Supreme Court, anders als der verbreitete bright line test, nicht zwingend ein making of a misrepresentation durch den in Anspruch Genommenen verlangt, sondern ausdrücklich auch entsprechendes Handeln als misrepresentation zulässt.620 Dies löste eine Diskussion horse across the Old West“; Sinai, 8 J. Bus. & Sec. L. 170, 180 (2007–2008) nimmt das distinguishing ebenfalls auf Sachverhaltsebene vor; Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1198 (2007–2008) hingegen begründet dies auf der Ebene des sachlichen Anwendungsbereichs von Central Bank; so auch Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 329 f. (2008–2009); vgl. zudem Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453, 476 (2009); Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2130 (2010); Matricciani, 4 J. Bus. & Tech. L. 187, 196 (2009). 617 Vgl. nur Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453, 478 (2009); Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2133 (2010); bemerkenswert hieran ist, dass diese Meinung über die Grenzen der opponierenden Fraktionen im Schrifttum hinweg geteilt wurde, vgl. pars pro toto aus der Gruppe der Befürworter der Sekundärakteurhaftung Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 653 ff. (2008), sowie aus der entgegengesetzten Strömung Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 133 (2011) mit der Vermutung, die Entscheidung sei am reliance-Element aufgehängt, um zwar das private right of action zu limitieren, zugleich aber dem public enforcement durch die SEC keine Hürden in den Weg zu stellen, da in jenen Verfahren reliance kein Tatbestandselement darstellt. Zu aktuell diskutierten Kritikpunkten oben Kapitel 2 – C.I.3.d)dd), S. 170 f. 618 Sinai, 8 J. Bus. & Sec. L. 170, 183 (2007–2008): „Where it is known by the conspirators that the falsified information is going to be distributed to the public and potential investors, that ought to be the basis for the creation of a ‘duty’ to that group, a duty not to deceive them; not to defraud them. Is there not a natural and all pervasive law that we all have an obligation (‘duty’) not to harm or defraud others?“ 619 Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 654 (2008); vgl. auch Gevurtz, 103 Nw. U. L. Rev. Colloquy 448 (2009), der das Motiv der Entscheidung darin sieht, die securities fraud class action weiter zu verdrängen, vgl. 451 ff.; hierzu in allgemeinerem Kontext krit. Black, 2009 Colum. Bus. L. Rev. 802; pointiert Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 332 (2008– 2009): „Stoneridge is a win for persons engaging in fraud in the securities markets.“ 620 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 158, 128 S.Ct. 761, 769 (2008): „Conduct itself can be deceptive“; ausf. zur Frage, ob das vor Stoneridge ergangene case law das Erfordernis des making of a misrespresentation stützt Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 879 ff., 902 ff. (2008); vgl. auch Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 315 (2008–2009); vgl. aber auch Sinai, 8 J. Bus. & Sec. L. 170, 187 (2007–2008): „The lawyer that works, plans and schemes with his client to deceive and defraud the investing public, but who is careful to make no public statements, is free of civil liability under […] Stoneridge.“ – Auch Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2105 (2011) sieht in Stoneridge implizit die Bestätigung des attribution-Erfordernisses aus dem bright line test; anders hingegen Colombo, 61 Ala. L. Rev. 61, 84 (2009).

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darüber aus, ob nun neben die Kategorie des making of a misrepresentation (bzw. omission trotz duty to disclose) eine weitere Kategorie des engagement in deceptive conduct getreten sei.621 Hierbei sei jedoch widersprüchlich, dass das Gericht nunmehr zwar die Beteiligung an irreführendem Verhalten als grundsätzlich haftungsauslösend anerkenne, sich zugleich aber weigere, in solch einer Situation die fraud on the market theory anzuwenden.622 Dies reduziere den Anwendungsbereich der neu zuerkannten Erweiterung auf null. In einer Gesamtschau der verfügbaren Stellungnahmen dominiert die Einschätzung, hier habe ein pro business-orientierter Supreme Court bewusst die securities fraud class action beschnitten und von einseitigen Interessen geleitet einen deplatzierten safe harbor angelegt. 6. Auswirkungen Hinsichtlich der Auswirkungen der Entscheidung gehen die Deutungen in der Literatur ebenfalls auseinander. Viele Autoren interpretieren diese als eine endgültige Absage an jede Form von Haftungsbegründung der Sekundärakteure, inklusive der scheme liability.623 Andere halten diesen Schluss nicht für zwingend.624 Vgl. Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 318 ff. (2008–2009), der angesichts dieser Erweiterung fordert, die fraud on the market theory entsprechend zu erstrecken, da die Sach- und Interessenlage vergleichbar sei, vgl. S. 320: „To an efficient market, information is information – regardless of its source.“ – Ausf. auch Chrisman, 26 Quinnipiac L. Rev. 839, 909 ff. (2008), mit starken Zweifeln an dieser Auslegung. 622 Vgl. Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 318 ff. (2008–2009), insb. S. 319, 323; gleichsinnig Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453, 477 (2009); Gregory/Johnson, 34 S. Ill. U. L. J. 251, 268 (2010); Matricciani, 4 J. Bus. & Tech. L. 187, 193 f. (2009); Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 662 (2008): „Why the fraud-on-the-market theory does not apply in Stoneridge is a mystery.“ 623 Vgl. Waneka, 86 Denv. U. L. Rev. 303, 313 (2008–2009); wohl auch Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2099 (2011); vgl. rechtsvergleichend aus deutscher Perspektive Martens/Martens, in: FS K. Schmidt, 2009, S. 1129, 1138 mit der Einschätzung, auch weiterhin stehe den Instanzgerichten ein Spielraum zur Verfügung, Klagen gegen Sekundärakteure stattzugeben. 624 Apolinsky, 58 Cath. U. L. Rev. 411, 439 (2009) hält dessen Anwendung auch nach Stoneridge für möglich, sofern das Verhalten in casu einen Zusammenhang zur Kapitalmarktsphäre aufweise; Stoneridge sperre die scheme liability lediglich für realwirtschaftliche Transaktionen ohne Kapitalmarktbezug; Apolinsky konzediert aber Folgeprobleme, vgl. S. 442: „[A]n entrepreneurial plaintiff and a willing court may interpret the holding from Stoneridge to find a secondary actor liable on the basis of scheme liability. The true stumbling block for a plaintiff would be whether he could establish fraud-on-the-market reliance in the absence of actual reliance on the scheme.“ – Ebenso Vadodaria, 58 Emory L. J. 1459, 1483 ff. (2009); auch Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 43 (2008) sieht einen Anwendungsbereich für scheme liability bei deceptive conduct des Sekundärakteurs; relativierend jüngst dies., 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1054 (2012) mit Fn. 191; Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2136 (2010) entnimmt der Entscheidung Ansätze eines beweglichen 621

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Zudem wird die Sorge geäußert, die Entscheidung könne dazu beitragen, das durch gesetzgeberische Maßnahmen wie den Sarbanes-Oxley Act 2002 recht frisch zurückgewonnene Investorenvertrauen wieder zu verspielen, und damit Marktliquidität zu verlieren, wenn Anleger fürchten müssten, im Fall von Schäden wegen fehlerhafter Marktpublizität keinen effektiven Klagemechanismus gegen die Schädiger nutzen zu können.625 Angemerkt wurde zudem, der Supreme Court habe es erneut versäumt, die dogmatischen Unklarheiten hinsichtlich der Haftung von Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 auszuräumen und klare Leitlinien vorzugeben.626 7. Verarbeitung in der Folgerechtsprechung Aus der Instanzrechtsprechung nach Stoneridge ist zu beobachten, dass für einen Anspruch nach sec. 10(b) SEA 1934 das konkretisierte Anlegervertrauen, reliance, sich unzweifelhaft auf ein eigenes Informationsverhalten des in Anspruch genommenen Akteurs beziehen muss;627 eine Schlussfolgerung, die teils auch schon aus Central Bank gezogen worden war, allerdings zunächst keine allgemeine Anerkennung gefunden hatte. Zudem wird der Eindruck geäußert, Gerichte der unteren Instanzen würden Stoneridge als Festschreibung des bright line test interpretieren oder zumindest an diesem festhalten.628 Dies erscheint angesichts der klaren Aussage „conduct itself can be Systems: „The more remote from the fraud the defendant’s conduct is, the less likely it is that this potential liability is either fair or efficient; the more immediate it becomes, the more likely that primary liability would be the defendant’s just desert.“ Wenn daher das Verhalten des Beklagten hinreichend nah am Delikt angelegt sei, könne der Richter die fraud on the market theory anwenden, anderenfalls nicht; ähnlich Colombo, 61 Ala. L. Rev. 61 (2009) der zentral auf den Begriff der proximity abstellt, insb. S. 105 ff. 625 Gomm, 61 Ark. L. Rev. 453, 482 (2009); Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 680 f. (2008); ähnlich Matricciani, 4 J. Bus. & Tech. L. 187, 199 (2009): „Stonerigde […] reverts a robust marketplace based on full disclosure back to the era of caveat emptor.“ 626 Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 44 (2008); Gregory/Johnson, 34 S. Ill. U. L. J. 251, 271 (2010); Vadodaria, 58 Emory L. J. 1459, 1471 (2009). 627 Vgl. In re Parlamat Securities Litigation, 570 F.Supp.2d 521, 526 (S.D.N.Y. 2008): „[I]nvestors must show reliance upon a defendant’s own deceptive conduct before that defendant, otherwise a secondary actor, may be found liable.“ – Dazu Langevoort, 158 U.  Pa. L. Rev. 2125, 2127 (2010): „[M]ost lower courts have read Stoneridge as doing little more than truncating third-party liability via an especially strict reliance requirement.“ – Weiteres case law bei Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1054 ff. (2012); aus Praktikersicht Sullivan/Koff/Karvosky, New York Law Journal, February 16, 2010. 628 Vgl. Pacific Investment Management Co. LLC v. Mayer Brown LLP, 603 F.3d 144, 152 (2d Cir. 2010): „[A]ttribution is required for secondary actors to be liable in a private damages action for securities fraud under Rule 10b-5“; dazu aus Anwaltssicht Gold/ Spinogatti, New York Law Journal, June 9, 2010; Schwinger/Twiste, Client Alert, May 6, 2010. Siehe auch zuvor ähnlich Pugh v. Tribune Co., 521 F.3d 686, 697 (7th Cir. 2008);

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deceptive“629 aus Stoneridge fragwürdig.630 Diese Zweifel sind auch vereinzelten Entscheidungen zu entnehmen.631 Die Haftungsbegründung mittels scheme liability interpretieren die Gerichte wohl durchweg als durch Stoneridge versperrt.632 VII. Aufkommen der Implied Statement Theory In unmittelbarer Reaktion auf Stoneridge wurde sodann der Vorschlag einer implied statement theory diskutiert.633 Diese könne die Haftung von Sekundärakteure nach sec. 10(b) SEA 1934 de lege lata begründen, selbst unter Beachtung des strengen bright line test.634 Das Konzept wurde daher auch eher als eine Modifikation des bright line test denn als völlig neuer Ansatz beschrieben.635 Dessen Kernaussage liegt darin, dass ein Akteur durch die Unterstützung oder das Geschehenlassen des fehlerhaften Informationsgebarens eines Primärakteurs gegenüber Geschädigten auch die indirekte Aussage treffen könne, nicht von irgendeiner Unstimmigkeit zu wissen.636 Eine solche implizite Aussage treffe, wer in einer unique relationship zum Geschädigten sowie In re Parlamat Securities Litigation, 570 F.Supp.2d. 521 (District Court, S.D.N.Y. 2008); vgl. zu diesen Entscheidungen auch Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2157 f. (2010). 629 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 158, 128 S.Ct. 761, 769 (2008). 630 So auch Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2158 (2010). 631 Vgl. N.Y. City Employees’ Retirement System v. Berry, 616 F.Supp.2d 987, 995 f. (District Court, N.D. California 2009): „A violation of § 10(b) of the Exchange Act and SEC Rule 10b-5 can be found in the absence of a false statement or material omission […]. Primary scheme liability may result […] where a defendant’s conduct makes it ‘necessary or inevitable’ that misrepresentations are made on the basis of that conduct.“ – Vgl. dazu Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2161 f. (2010). 632 Vgl. In re Refco, Inc. Securities Litigation, 609 F.Supp.2d 304, 315 f. (District Court, S.D.N.Y. 2009): „However significant a role the Mayer Brown Defendants played in assisting Refco’s management to engage in these transactions, and however culpable they may have been to do so with the knowledge that the transactions were ultimately designed as part of a scheme to defraud […] the liability that attaches to those acts is liability for aiding and abetting Refco’s schemes and manipulation, not principal liability“; Die Kläger hatten vorgebracht, Stoneridge sperre den Zugriff auf realwirtschaftliche Geschäftspartner, nicht hingegen auf Berater des Emittenten. 633 Vgl. SEC v. Tambone, 550 F.3d 106 (1st Cir. 2008) (nicht rechtskräftig, 2010 vom 1st Circuit reversed, 597 F.3d 436); vgl. auch Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093 (2011); Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1057 ff. (2012); die Theorie kommt in der Sache dem co-authorship standard nahe, vgl. zu diesem oben Kapitel 2 – C.V.3., S. 231 ff. 634 Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2101 (2011): „[A] collateral actor impliedly makes an independent statement to investors when the actor visibly and extensively participates in the creation or dissemination of a statement publicly attributed to the primary actor.“ 635 Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2124 (2011) mit weitergehender Erläuterung. 636 Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2108 (2011).

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stehe, aus welcher Pflichten resultierten, oder wer eine besonders herausgehobene, Vertrauen begründende Position im Markt bekleide.637 Sofern sich dieses implied statement dann als falsch herausstelle und dem Akteur der nötige Vorsatzgrad nachzuweisen sei, greife eine primary liability nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5, vorausgesetzt, die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch lägen vor.638 Der Ansatz erscheint zunächst verlockend: Die von vielen Courts of Appeal geforderte attribution des Akteurs selbst mit dem streitgegenständlichen Informationsgebaren liegt mittels dieses Kunstgriffes vor, ebenso kann wohl das Erfordernis der reliance erfüllt werden. Kritiker sehen hingegen lediglich die mittelbare Schaffung einer duty to disclose für Akteure, welche mangels eines pflichtenbegründenden Näheverhältnisses nach hergebrachtem Verständnis bislang keine duty to disclose gegenüber dem Anlegerpublikum treffen würde, und lehnen die Theorie ab.639 Zudem handele es sich schlicht um einen Versuch, die Entscheidungen Central Bank und Stoneridge zu umgehen. 2008 war die implied statement theory in einem von der SEC betriebenen Verfahren durch den Court of Appeal des 1st Circuit erstmalig zur Anwendung gekommen.640 Diese werde, so das Urteil, den Erfordernissen des bright line test, und damit auch der restriktiven Rechtsprechung des Supreme Court gerecht.641 Im Jahr 2010 revidierte jedoch in ebendiesem Prozess das Gericht seine 2008 getroffenen Aussagen und kam zum gegenteiligen Ergebnis.642 637 So Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2108 (2011) jedoch ohne eine weitere Erläuterung der spezifischen Voraussetzungen für die unique relationship oder die superior position in the market. 638 Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2102 (2011). 639 Vgl. DiCicco/Hanawalt, New York Law Journal, April 5, 2010; vgl. auch Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2122 (2011), der dies sogleich zu widerlegen sucht. 640 Vgl. SEC v. Tambone, 550 F.3d 106, 135 (1st Cir. 2008): „In light of this duty […] an underwriter impliedly makes a statement of its own to potential investors that it has a reasonable basis to believe that the information contained in the prospectus it uses to offer or sell securities is truthful and complete.“ (später reversed, vgl. 597 F.3d 436, 1st Cir. 2010). 641 Vgl. SEC v. Tambone, 550 F.3d 106, 140 (1st Cir. 2008): „[T]o distinguish between primary and secondary liability, we must focus on the specific conduct of defendants in light of their role in the securities market, rather than on whether investors specifically relied on their statements. […] [D]efendants’ implied statements that they had a reasonable basis to believe that the […] prospectuses were truthful and complete fall within the purview of the ‘make a statement’ requirement of Rule 10b-5(b).“ (später reversed, vgl. 597 F.3d 436, 1st Cir. 2010). 642 Vgl. SEC v. Tambone, 597 F.3d 436, 442 (1st Cir. 2010): „This case presents the two-part question of whether a securities professional can be said to ‘make’ a statement, such that liability under Rule 10b-5(b) may attach, either by (i) using statements to sell securities, regardless of whether those statements were crafted entirely by others, or (ii) directing the offering and sale of securities on behalf of an underwriter, thus making an

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Den Ausschlag gaben einerseits eine am lexikalen Sinn des Begriffs to make orientierte Auslegung, vor allem in Abgrenzung zu to use,643 zudem fürchtete das Gericht einen Widerspruch zu Central Bank.644 Auch andere Instanzgerichte lehnten den Ansatz bzw. dessen Prämissen als abwegig ab.645 Parallel zu dieser Entwicklung im Rahmen des public enforcement hatten private Kläger begonnen, die Theorie in einer Zivilklage gegen im Hintergrund agierende Sekundärakteure einzubringen. Nachdem durch Central Bank und Stoneridge die hergebrachten Pfade zur Haftungsbegründung von Sekundärakteuren versperrt worden waren, versprach man sich von der implied statement theory eine Möglichkeit, dennoch erfolgreich gegen diese vorgehen zu können. Wohl in der Sorge, dass sich erneut ein gravierender circuit split entwickeln könnte, gewährte der Supreme Court zur Klärung der Frage sodann in einem der ersten Verfahren, in denen die implied statement theory aufgekommen war, ein grant of certiorari.646 VIII. Die „Janus“-Entscheidung des Supreme Court (2011) Am 13. Juni 2011 äußerte sich der Supreme Court erneut zur zivilrechtlichen Haftung externer Teilnehmer nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5.647 Die knappe Mehrheitsentscheidung verneint mit fünf zu vier Stimmen wiederum die Haftung eines Beklagten, der wesentlichen Anteil an der fehlerhaften Kapitalmarktpublizität eines Primärakteurs gehabt hatte. Mit diesem Urteil scheint die zivilrechtliche Haftung im Hintergrund agierender Sekundärakteure, unabhängig vom Grad der Beteiligung, vollends abgeschafft. 1. Sachverhalt und Verfahrensgang Die ursprünglichen Kläger und Widerbeklagten, angeführt von First Derivative Traders als lead plaintiff, klagten in einer securities fraud class action implied statement that he has a reasonable basis to believe that the key representations in the relevant prospectus are truthful and complete. The answer to each part of this two-part question is ‘no’.“ – Dem beipflichtend DiCicco/Hanawalt, New York Law Journal, April 5, 2010. 643 Vgl. Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2110 (2011) mit ablehnender Bewertung, siehe S. 2111. 644 Vgl. SEC v. Tambone, 597 F.3d 436, 445 (1st Cir. 2010). 645 Vgl. nur In re Refco, Inc. Securities Litigation, 609 F.Supp.2d 304, 314 (District Court, S.D.N.Y. 2009): „[I]t is implausible that the mere fact that the issuer’s law firm was identified in the offering documents would, without a great deal more, be perceived as an articulation by that law firm of the accuracy of the statements made in those documents.“ 646 Vgl. Janus Capital Group, Inc. v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 130 S.Ct. 3499 (2010) (grant of certiorari). 647 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2299 (2011).

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gegen die Janus Capital Group (JCG), Beklagte und Widerklägerin.648 JCG legt diverse Anlagefonds auf, die in einem Trust, dem Janus Investment Fund gebündelt sind. Dieser wird verwaltet und beraten von Janus Capital Management LLC (JCM), einer Tochter der JCG.649 Es handelt sich bei JCM um eine selbstständige juristische Person, eine gegenseitige Zurechnung von Wissen oder Aktionen nach der group of companies doctrine oder dem Modell des piercing the corporate veil zwischen JCM und JCG war damit nicht einschlägig.650 Die vorliegende gesellschaftsrechtliche Konstruktion entspricht gängiger Praxis in der Verwaltung von Investmentfonds.651 Im Rahmen der Anwerbung von Anlegern für einen Fonds war im Prospekt der JCM zu lesen, eine bestimmte Marktpraxis, das sog. market timing,652 werde nicht betrieben.653 Nachdem bekannt geworden war, dass ebendies doch geschehen war, verloren sowohl der Fonds als auch – bedingt durch geleistete Ausgleichszahlungen, auf die sich JCG und JCM mit Investoren des Fonds geeinigt hatten – die Aktie von JCG erheblich an Wert.654 Die ursprünglichen Kläger und Widerbeklagten waren zum Zeitraum der class period Aktionäre der JCG. Sie verlangen zivilrechtlichen Schadensersatz von JCG sowie von JCM für die erlittenen Verluste auf Grundlage von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. Zum Verfahrensgang Polkes/Mustokoff, 34 Sec. Reg. L. J. 4 (2006); sowie ausf. Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:19, S. 403, 462 ff. 649 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2299 (2011). 650 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2299 (2011), auch die Besetzung des board of directors erfüllte die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben zur Unabhängigkeit; dagegen sieht vorliegend Redwood, 14 U. Pa. J.  Bus. L. 463, 501 ff. (2012) die Voraussetzungen des piercing the corporate veil gegeben; gleichsinnig Poser, 44 Rev. Sec. & Commodities Reg. 205, 207 (2011); vgl. zum piercing the corporate veil (Haftungsdurchgriff) Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 376 ff. 651 Vgl. Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1061 f. (2012); Poser, 44 Rev. Sec. & Commodities Reg. 205 (2011). 652 Als market timing wird es bezeichnet, wenn Investoren es sich zu Nutze machen, dass der Kurs von Investmentfonds in den USA einmal täglich zum Schluss des Handelstages festgesetzt wird. So werden Umstände, die den Preis einzelner Wertpapiere beeinflussen, erst zeitversetzt im Handelspreis des Fonds abgebildet. Aus dieser Zeitverzögerung lässt sich durch Handelsaktivität Gewinn schlagen, vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2300 (2011), Fn. 1; Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1063 f. (2012). 653 Market timing ist nach US-amerikanischem Kapitalmarktrecht legal, kann aber zur Schmälerung der Gewinne einzelner Anleger zugunsten von anderen Anlegern führen. Daher weisen Fonds, die market timing betreiben, eine niedrigere Attraktivität und einen niedrigeren Marktwert auf als solche, die diese Praktik nicht vornehmen. 654 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2300 (2011). 648

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SEC Rule 10b-5. In der Eingangsinstanz unterlagen die Kläger.655 Der Court of Appeal des 4th Circuit hingegen sah die Voraussetzungen einer Primärhaftung als gegeben an und hob das Urteil auf.656 2. Problemstellung Die Kläger trugen vor, dass JCM und JCG die Prospektangaben, für den Janus Mutual Funds erstellt und veröffentlicht hätten, da JCM die Organisation und das Management des Janus Mutual Funds übernommen habe. Aus ebendiesen Angaben ging die fehlerhafte Information hervor, der Fonds würde kein market timing betreiben. Dieser Prospektinhalt sei JCM daher als eigene misrepresentation zuzurechnen.657 Die Beklagten und Widerkläger gestehen zu, dass JCM für den Janus Mutual Funds Unterlagen vorbereitet habe, die Kommunikation gegenüber der SEC und auch darüber hinaus gegenüber dem Kapitalmarkt sei aber ausschließlich im Namen des Janus Mutual Funds und der JCG geschehen. JCM habe im eigenen Namen keine Informationen an den Kapitalmarkt gegeben und könne damit nicht nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 verantwortlich sein. Die Geschädigten stützten ihr Vorbringen auf die implied statement theory,658 die US-Regierung schloss sich dem in einer Stellungnahme als amicus curiae an.659 Ein Widerspruch zu Central Bank und Stoneridge sei nicht gegeben, da der Supreme Court wiederholt ausgeführt hatte, auch Sekundärakteure könnten nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 zivilrechtlich haften, vorausgesetzt sie erfüllten selbst alle Voraussetzungen der Haftungsnorm. 660 Vorliegend hätten die Beklagten die Prospektangaben selbst Vgl. In re Mutual Funds Investment Litigation, 487 F.Supp.2d 618 (District Court, D. Maryland 2007), im Wesentlichen gestützt auf die fehlende attribution der Beklagten mit den fehlerhaften Prospektangaben; dazu Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 966 f. (2012). 656 Vgl. In re Mutual Funds Investment Litigation, 566 F.3d 111 (4th Cir. 2009), das Gericht stützte sich zentral auf den Aspekt, dass der Markt Informationen über JCM, auch wenn diese ausschließlich von JCM veröffentlicht würden, auch der JGC zuordnen, also eine attribution der JCG mit diesen Informationen herstellen würde, allerdings ohne ausdrücklich auf die implied statement theory abzustellen; die Argumentation bildet diesen Ansatz jedoch unausgesprochen ab, vgl. 124; so auch Allen, 32 Cardozo L. Rev. 2093, 2113 f. (2011); vgl. dazu auch Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 968 f. (2012). 657 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2300 f. (2011). 658 Zu dieser soeben oben Kapitel 2 – C.VII., S. 250 f. 659 Vgl. United States, Brief for the United States as amicus curiae, 2010 WL 4339892, *14 f. 660 Vgl. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 191, 114 S.Ct. 1439, 1455. (1994): „Any person or entity, including a lawyer, accountant, or bank, who employs a manipulative device or makes a material misstatement (or omission) 655

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gefertigt und hätten dadurch, obgleich sie selbst nicht explizit in den Unterlagen genannt seien, zumindest ein implied statement abgegeben, was das Erfordernis des making of a misrepresentation erfülle.661 Der Markt habe der JCM die indirekte Aussage zugeordnet, die Prospekte gewissenhaft geprüft zu haben und von deren Wahrheit überzeugt zu sein. 3. Entscheidung Der Supreme Court verneint die Haftung der JCM und der JCG nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5. Das Urteil führt wiederum einleitend aus, das implied private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 sei geltendes Recht und solle nicht abgeschafft werden.662 Allerdings sei man an den Wortsinn der Begriffe und den äußeren Rahmen des implied private right of action gebunden. Die knappe Begründung stützt sich vor allem auf eine lexikale Auslegung des Wortlautes der SEC Rule 10b-5. Das Element „to make a misrepresentation“ setze zwingend eine nach außen erkennbare attribution des in Anspruch genommenen Akteurs mit der in Rede stehenden Kapitalmarktfehlinformation voraus.663 Der Sprachsinn verlange, dass nur derjenige als Urheber einer Information im Sinne des to make anzusehen sei, der die Letztentscheidung über Inhalt, Veröffentlichungszeitpunkt und weitere wesentliche Modalitäten ausübe. Dies könne nicht durch eine hohe Einflussnahme, auch nicht durch eine vollständige Erstellung der entsprechenden Kommunikation im Vorfeld

on which a purchaser or seller of securities relies may be liable as a primary violator under 10b-5, assuming all of the requirements for primary liability under Rule 10b-5 are met.“ 661 Vgl. United States, Brief for the United States as amicus curiae, 2010 WL 4339892, *15; die Diskussion dieser Theorie dominierte auch die mündliche Verhandlung, Auszüge bei Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:22, S. 403, 475 ff. 662 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2301 f. (2011), wie bereits in Stoneridge führt das Gericht weiter aus, der Kongress habe das implied private right of action anerkannt, jedoch in den Grenzen, die es durch Central Bank erhalten habe. Dies gelte es zu bewahren, zumindest sei es nicht an den Gerichten, diesen Rahmen zu erweitern, vgl. S. 2303. 663 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2302 (2011): „[T]he maker of a statement is the person or entity with ultimate authority over the statement, including its content and whether and how to communicate it. […] One who prepares or publishes a statement on behalf of another is not its maker. And in the ordinary case, attribution within a statementor implicit from surrounding circumstances is strong evidence that a statement was made by – and only by – the party to whom it is attributed.“ Das Votum zitiert zudem Wörterbücher, welche diese Deutung unterstützen.

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der Veröffentlichung, aufgewogen werden.664 Vorliegend sei die JCM zu keinem Zeitpunkt namentlich mit dem Prospekt in Verbindung gebracht worden, sie könne also nicht als maker der Information angesehen werden. Auch das Argument, to make sei im Sinne von to create auszulegen,665 weist das Gericht zurück.666 Bereits der reine Wortsinn dieser verschiedenen Begriffe verbiete eine identische Auslegung. Auch stehe diese im Widerspruch zur Rechtsprechung des Supreme Court.667 Insbesondere aus Central Bank folge, dass hier keine zivilrechtliche Haftung der Beklagten angenommen werden könne. Ein Blick in die rationale der Entscheidung Stoneridge bestätige dies. Überdies verlange die Klage, die gesellschaftsrechtliche Dimension völlig zu ignorieren und grundsätzliche Wertungen der Haftungsbeschränkung im Sinne eines piercing the corporate veil zu durchbrechen; dies könne jedoch nicht durch eine findige Auslegung von sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 erreicht werden. Das Gericht hebt somit die Entscheidung des 4th Circuit auf und verneint eine Haftung der JCM gegenüber den Anlegern der JCG. 4. Dissenting opinion Die von Justice Breyer verfasste dissenting opinion,668 der sich Justice Ginsberg, Sotomayor und Kagan anschließen, widerspricht der Gerichtsmehrheit in selten gekannter Schärfe. Schon die Annahme einer Bindungswirkung des Präzedenzfalles Central Bank für die zu entscheidende Konstellation sei massiv fehlerhaft: „Central Bank concerns a different matter. And it no more requires the majority’s rule than free air travel for small children requires free air travel for adults.“669

Breyer führt hierzu aus, im Fall Central Bank sei Gegenstand des Streites die Haftung eines Sekundärakteurs gewesen, der lediglich Beihilfe zu einer Fehlinformation eines anderen Akteurs geleistet habe, während hier über einen Primärakteur zu urteilen gewesen sei. Der Vorwurf der Investoren habe geVgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2302 (2011), zudem würde nach Ansicht des Gerichts durch eine solche Auslegung auch Central Bank unterlaufen. 665 Vgl. United States, Brief for the United States as amicus curiae, 2010 WL 4339892, *14. 666 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2303 f. (2011). 667 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2303 (2011), mit ausdrücklichem Verweis auf Stoneridge. 668 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2305 (2011) (Breyer J., dissenting). 669 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2307 (2011) (Breyer J., dissenting). 664

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lautet, durch die Erstellung der Dokumente habe JCM, gemeinsam mit JCG, selbst Informationen an den Markt gegeben.670 Dies sei auch so geschehen. Auch die Bezugnahme auf Stoneridge überzeuge nicht. Der Supreme Court habe dort die Frage entschieden, ob das Kapitalmarktpublikum auf Informationen der in Anspruch genommenen Zulieferer vertraut hatte, die durch Rückdatieren von Rechnungen und Scheintransaktionen geholfen hatten, die Umsatzzahlen des Emittenten künstlich zu erhöhen. Der Supreme Court habe nicht festgestellt, dass die Zulieferer keine Informationen kommuniziert hätten (made the statement), sondern lediglich, dass die Marktöffentlichkeit kein Vertrauen, reliance, hierauf gebildet habe. Über die in Janus streitgegenständliche Frage des „making of a misleading statement“ treffe Stoneridge somit keinerlei Aussage.671 Darüber hinaus greift die dissenting opinion die Wortlautargumentation des Urteils an: Die englische Sprache determiniere weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch im konkreten Zusammenhang mit sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5, dass „making of a statement“ sich stets nur auf denjenigen beziehe, der nach außen hin die beherrschende Kontrolle hierüber ausübe oder zu dem eine individuelle attribution im Sinne namentlicher Verknüpfung bestehe.672 Dies wird mit einer Reihe von Beispielen erläutert. Zuletzt erläutert Breyer, wie der Fall aus seiner Sicht zu entscheiden gewesen sei.673 Demnach habe hier ein making of a misrepresentation durch JCM vorgelegen, was sich einerseits aus dem Wortsinn ergebe und andererseits im Einklang mit der Rechtsprechung des Supreme Court, insbesondere Central Bank stehe. Auch die übrigen Elemente des implied private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 lägen vor, sodass JCM gegenüber den Anlegern der JCG hafte.

670 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2307 f. (2011) (Breyer J., dissenting). 671 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2309 f. (2011) (Breyer J., dissenting). 672 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2307 (2011) (Breyer J., dissenting): „[A]s a matter of English, one can say that a national political party has made a statement even if the only written communication consists of uniform press releases issued in the name of local party branches; one can say that one foreign nation has made a statement even when the officials of a different nation (subject to its influence) speak about the matter; […]. Practical matters related to context, including control, participation, and relevant audience, help determine who ‘makes’ a statement and to whom that statement may properly be ‘attributed’“. 673 Vgl. Janus Capital Group v. First Derivative Traders, 564 U.S. ___, 131 S.Ct. 2296, 2307 (2011) (Breyer, dissenting).

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5. Reaktionen aus dem Schrifttum Verfahrensbegleitend waren Prognosen geäußert worden, der Supreme Court werde die Gelegenheit nutzen, eine ausgewogene, gerechte Trennlinie zwischen Primärakteuren und nicht zivilrechtlich haftenden Sekundärakteuren zu ziehen. Diese Erwartungen bzw. Hoffnungen wurden nach Ansicht nahezu aller verfügbaren Stellungnahmen klar verfehlt.674 Es herrscht weitgehend Einigkeit, dass der Supreme Court hier weit über das Ziel hinausgeschossen sei, das private right of action nach sec. 10(b) SEA in diejenigen Grenzen einzuhegen, die der Gesetzgeber diesem zugedacht hat.675 Dies wird als massiver Missstand beklagt.676 Die gewählte Auslegung stehe nicht nur im Gegensatz zum natürlichen Sprachverständnis und der Bedeutung des Begriffs to make im Rahmen eines Anspruchs nach sec. 10(b) SEA 1934, sondern konterkariere zudem die Zwecksetzung der Kapitalmarktgesetze, insbesondere deren remedial nature.677 Sie sei aus der Luft gegriffen, durch keine der zitierten Nachweise aus den Wörterbüchern der englischen Sprache indiziert, und führe zu widersinnigen Resultaten. Dass es stets lediglich einen maker of a statement geben könne, was das Urteil über das Kriterium der ultimate control impliziere, sei overly simplistic 678 und löse sich letztlich zur Gänze vom Sprachsinn des Begriffs.679 Zudem beraube dieses Verständnis die Formulierung directly or indirectly in sec. 10(b) SEA 1934 endgültig jedes Anwendungsbereiches.680 674 Vgl. Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019 (2012); Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 976 (2012): „The decisions in Central Bank and Stoneridge were also void of an explanation of how courts should determine what party ‘makes’ a statement for purposes of liability under § 10(b) and Rule 10b-5, and Janus has filled the void in a manner that effectively leaves the private right of action under § 10(b) on life support.“ – Poser, 44 Rev. Sec. & Commodities Reg. 205 (2011); Redwood, 14 U. Pa. J. Bus. L. 463 (2012); der Blog Alliance for Justice, September 28, 2011, führt das Urteil in seiner Liste der „10 worst decisions of the Corporate Court’s 2010–11 term“ auf Position 3; die Entscheidung des Supreme Court begrüßend hingegen Krueger-Wyman, 98 Va. L. Rev. 1621 (2012). 675 Vgl. Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1070 ff. (2012); Incandela, 43 Loy. U.  Chi. L. J. 935, 976 (2012); Redwood, 14 U. Pa. J. Bus. L. 463, 500 f. (2012); Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:22, S. 403, 495. 676 Siehe mit abgewogener, ausführlicher Begründung Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:22, S. 403, 472 ff. 677 So Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1070 (2012). 678 Redwood, 14 U. Pa. J. Bus. L. 463, 496 (2012). 679 Vgl. Poser, 44 Rev. Sec. & Commodities Reg. 205, 206 f. (2011); Redwood, 14 U.  Pa. J. Bus. L. 463, 492 ff. (2012), insb. S. 495 f.; mit eigenem Vorschlag eines Tests, der sich an frühere Rechtsprechungsformeln des Supreme Court anlehnt, vgl. 508 ff.; abw. Krueger-Wyman, 98 Va. L. Rev. 1621, 1629 ff. (2012). 680 Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1071 (2012); vgl. auch Poser, 44 Rev. Sec. & Commodities Reg. 205, 208 (2011): „This novel construction of Rule 10b-5 is inconsistent with the plain language of the rule“.

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Bemerkt und kommentiert wird zudem eine methodische Besonderheit: Das Urteil nimmt nicht, wie zuvor Central Bank und Stoneridge, die Voraussetzungen eines Anspruchs aus sec. 10(b) SEA 1934, oder aus sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 in den Blick, sondern legt ausschließlich SEC Rule 10b-5 aus.681 Über die Gründe hierfür schweigt das Gericht.682 Redwood vermutet, der Supreme Court habe davor zurückgeschreckt, eine derart restriktive, im potenziellen Widerspruch zum Willen des historischen Gesetzgebers stehende Auslegung mit Bindungswirkung für eine vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber erlassene Rechtsnorm festzuschreiben, während der entsprechende Interorganrespekt gegenüber der SEC als Regierungsbehörde und deren Ausführungsbestimmungen weniger schwer wiege.683 Davon ausgehend stellt sich die Frage, ob die SEC, nachdem der Supreme Court die von ihr erlassene Rule im klaren Gegensatz zu deren Position im amicus brief ausgelegt hat, diese nun dem von ihr propagierten creator standard dadurch zu gerichtlicher Anerkennung verhelfen könnte, dass sie die Rule neu fasse und in deren Wortlaut to make durch to create ersetze.684 Die Bewertungen dieser Frage gehen auseinander.685 Von methodischer Seite wird angemerkt, das Gericht habe den hergebrachten, bewährten Kanon der Auslegungsmethoden inklusive ihrer üblichen Abfolge und Gewichtung ad acta gelegt und argumentiere deutlich vom Ergebnis her gedacht schwerpunktmäßig auf Basis von policy-Erwägungen. 686 Gegen die verbreitete Einschätzung, hier beschneide ein sehr pro business-orientierter

Redwood, 14 U. Pa. J. Bus. L. 463, 488 f. (2011). Eine erste Antwort hierfür könnte darin liegen, dass der Wortlaut von sec. 10(b) SEA 1934 selbst den Begriff nicht verwendet, dies griffe jedoch zu kurz: Die Norm verwendet to use und to employ, jeweils Verben an denen die umstrittene Auslegung ebenfalls hätte aufgehängt werden können; näher liegt, dass die Entscheidung bewusst nicht die Gesetzesnorm, sondern die SEC Rule auslegt; zu den möglichen Gründen hierfür sogleich. 683 Redwood, 14 U. Pa. J. Bus. L. 463, 488 f. (2012); Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 136 f. (2011) hingegen vermutet, das Gericht wähne die Auslegung des to make aus der Rule auf stabilerem linguistischen Fundament als dies unter Verwendung der Termini aus sec. 10(b) SEA 1934 der Fall gewesen wäre. 684 So Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:22, S. 403, 495 f.; auch Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 137 (2011) wirft den Gedanken auf, verneint dies aber sogleich unter Hinweis auf die zweite Begründungssäule der Urteils, namentlich die vorangegangenen Urteile Central Bank und Stoneridge. 685 Dafür Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011– 2012, § 6:22, S. 403, 495 f.; anders hingegen Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 137 (2011). 686 Siehe pointiert Redwood, 14 U. Pa. J. Bus. L. 463, 485 (2012): „the wolf of policy dressed up as the sheep of language, allowing the Court to stand statutory analysis on its head.“ 681 682

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Supreme Court das implied private right of action nach sec. 10(b) SEA 1934 bis hin zur Unkenntlichkeit, wird allerdings auch vereinzelt opponiert.687 6. Auswirkungen Zunächst stellt die Entscheidung die endgültige Bestätigung des bright line test für die Haftung von Sekundärakteuren nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 dar.688 Über das Geschäftsfeld der Investmentfonds hinaus wird teils geschlussfolgert, dass nun auch fehlerhaft handelnde Geschäftsleiter weitgehend vom private enforcement abgeschirmt würden.689 Im Bereich der Kreditverbriefungsgeschäfte, securitization, könnten die handelnden und in aller Regel für Fehlangaben verantwortlichen Banken schlicht durch das Zwischenschalten von Zweckgesellschaften die Haftung gegenüber getäuschten Investoren vermeiden.690 Überdies verweisen mehrere Stimmen, wie auch schon die dissenting opinion, auf die bizarren Folgen, die die Entscheidung für die Haftung von Anlagefonds selbst und deren Geschäftsleiter nach sich ziehen könne: Soweit ein investment advisor eine fehlerhafte Marktkommunikation veranlasse, das board allerdings, beispielsweise mangels Vorsatzes, nicht die Voraussetzungen einer Haftung nach sec. 10(b) SEA 1934 erfülle, generiere diese Rechtsprechung ein totales Haftungsvakuum: Mangels der geforderten ultimate control über die Freigabe der Information könne der advisor nicht als deren Urheber angesehen werden, es fehle am making of a misrepresentation. Der Fonds selbst falle ebenfalls als Haftungsadressat aus, da sein Leitungsorgan nicht mit dem notwendigen Verschuldensgrad in die Fehlinformation invol687 Vgl. Krueger-Wyman, 98 Va. L. Rev. 1621 (2012); Pritchard, 37 J. Corp. L. 105, 109 (2011): Die Entscheidungen zum Kapitalmarktrecht im Zeitraum von 2005 bis 2011 ließen eine solche Tendenz nicht erkennen, vgl. auch S. 142 f.: „It is reaction to the lower courts‘ waywardness, rather than any agenda peculiar to the securities laws, that drives the more strident tenor of those decisions.“ – Zu beklagen sei hingegen, dass keiner der gegenwärtigen Richter am Supreme Court über spezifische Expertise im Kapitalmarktrecht verfüge, was die Qualität der Entscheidungen und Begründungen beeinträchtige, vgl. S. 138; vgl. dazu auch Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:22, S. 403, 472 ff. 688 Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:22, S. 403, 482. 689 Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 986 f. (2012); a. A. aus Praktikerperspektive Gold/Mashberg/Spinogatti, Client Alert, June 15, 2011: „plaintiffs’ attorneys will be creative in alleging the requisite degree of control over allegedly false statements in seeking to overcome the seemingly bright-line restriction established in Janus.“ 690 Incandela, 43 Loy. U. Chi. L. J. 935, 992 f. (2012); so auch Salcito, in: Bloomenthal/Wolff, Emerging Trends in Securities Law § 6:22, S. 403, 482: „To corporate management [the decision] says that it is possible to protect fraudulent conduct with legal technicalities – in short – it is possible to defraud the market without liability, if your lawyer sets up the proper corporate form.“

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viert war. Weder der Fonds noch der advisor könnten nun hierfür in Anspruch genommen werden.691 Selbst die SEC, obgleich diese ausdrücklich auf Grundlage von aiding and abetting gegen Teilnehmer vorgehen kann, habe hier aufgrund der Akzessorietät der Sekundärhaftung in Ermangelung einer Primärverletzung keine Handlungsmöglichkeit.692 Dieser Gedanke könne konsequent über das Feld der Anlagefonds hinaus weitergedacht zu einer in ihren Ausmaßen absurd anmutenden Immunität von Emittenten und deren Geschäftsleitern am gesamten Kapitalmarkt führen.693 Allgemein stellt sich die Frage, inwieweit das Urteil über das Gebiet der Investmentfonds hinaus Auswirkungen zeitigen wird. Eine Limitierung der getroffenen Aussagen zu SEC Rule 10b-5 auf die spezielle Materie der Investmentfonds ist der Entscheidung jedenfalls nicht zu entnehmen. Erwähnung verdient zuletzt eine eher verdeckte Facette des Urteils, die das Konkurrenzverhältnis der Kapitalmarktinformationshaftungstatbestände zueinander erfasst, und über deren Folgen bislang nur spekuliert werden kann: Das Mehrheitsvotum weist ein Vorbringen der Kläger zurück, nach welchem die ausgeübte tatsächliche Kontrolle über JCM für eine direkte Haftung nach sec. 10(b) SEA i. V. m. SEC Rule 10b-5 streite, mit dem Argument zurück, dass damit in der Sache das Konzept der controlling person liability nach sec. 20(a) SEA 1934 berührt sei.694 Diese Aussage überrascht, galt doch seit einer Grundsatzentscheidung aus 1983,695 dass die verschiedenen Ansprüche der Kapitalmarktinformationshaftung grundsätzlich kumulativ nebeneinander bestehen können, und dass insbesondere sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 als flexible „catch-all clause“ tatbestandlich auch solche Verhaltensweisen erfassen könne, die spezialgesetzlich erfasst seien.696 Ob der Supreme Court mit dieser Rechtsprechung wirklich brechen wollte, oder es sich hierbei um eine Einzelfallentgleisung handelt, wird die Zeit zeigen.

Vgl. Poser, 44 Rev. Sec. & Commodities Reg. 205, 209 (2011). Vgl. Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1072 f. (2012); Salcito, in: Bloomenthal/ Wolff, Emerging Trends in Securities Law 2011–2012, § 6:22, S. 403, 495: „[T]he Janus decision could be devastating to the Commission’s enforcement efforts and its mission to protect investors and police the integrity of the markets.“ 693 Vgl. Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1073 (2012); dagegen Pritchard, 37 J.  Corp. L. 105, 138 (2011): „For run of the mill statements made by public companies, it is hard to see any broad implications from Janus. The plaintiffs’ bar should still be able to pin to the company the acts of its agents.“ – der dies damit begründet, dass andere, neben sec. 10(b) SEA 1934 zur Verfügung stehende Normen der Kapitalmarktgesetze den Zugriff erlaubten. 694 Vgl. dazu Poser, 44 Rev. Sec. & Commodities Reg. 205, 208 f. (2011). 695 Vgl. Herman & MacLean v. Huddleston, 495 U.S. 375, 387, 103 S.Ct. 683, 690 (1983). 696 Dazu bereits ausf. oben Kapitel 2 – C.I.1., S. 153 f. 691 692

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IX. Aktuelle Rechtslage 1. Vertane Chancen? Jüngere Gesetzgebungsinitiativen In den vergangenen Jahren hat sich der Gesetzgeber mehrfach ergebnislos mit der Frage des private right of action gegen Sekundärakteure bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation beschäftigt. Die diskutierten Entwürfe sind durchaus eine nähere Betrachtung wert. Deren Inhalt wirft keine besonderen methodischen oder rechtskonstruktiven Schwierigkeiten auf: Resultat wäre stets die Ergänzung des Rechts der SEC, wegen aiding and abetting gegen Sekundärakteure vorzugehen, um ein ausdrückliches private right of action für geschädigte Privatakteure gewesen. Interessant ist aber die rechtspolitische Dimension der Diskussion, die hier kurz nachgezeichnet werden soll. a) Gesetzesentwürfe zur Etablierung einer private aiding and abetting liability Am 30. Juli 2009 brachte Senator Arlen Spector einen Gesetzesentwurf in den Senat ein, der eine Abkehr von Central Bank und Stoneridge bedeutet hätte: Das private right of action gegen aiders and abettors würde in sec. 20(e) SEA 1934 statutarisch festgelegt.697 aa) Liability for Aiding and Abetting Securities Violations Act of 2009 Unter dem Titel: „Evaluating S.1551: The Liability for Aiding and Abetting Securities Violations Act of 2009“ bezogen Professoren und Praktiker vor dem Unterausschuss Crime and Drugs des Justizausschusses des Senates am 17. September 2009 zu dem Entwurf Stellung.698 Adam C. Pritchard und Robert Giuffra sprachen sich gegen diesen aus, während John C. Coffee und Tanya Solov Unterstützung bekundeten. (1) Stellungnahmen gegen den Entwurf Adam C. Pritchard empfahl nachdrücklich, den Entwurf zu verwerfen. Schon die securities fraud class action allgemein stelle eine Geißel der USFinanzmärkte dar, in der Praxis handele sich bei der Mehrzahl der Prozesse um missbräuchliche strike suits.699 Auch ökonomisch betrachtet sei das System sinnwidrig, da sich hier letztlich unbeteiligte Investoren auf Kosten anderer, ebenso unbehelligter Investoren bereicherte. Ein diversifizierter Investor fände sich zudem dann in der Rolle des Zahlenden, dann in der des ZahlungsLiability for Aiding and Abetting Securities Violations Act of 2009, S. 1551, 111th Cong. (2009). 698 Vgl. aus Sicht der Finanzpresse Pizzani, The Financial Professionals’ Post, March 13, 2010. 699 Vgl. Pritchard, Testimony, 2009, S. 3. 697

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empfängers wieder, es komme zum sog. pocket shifting. Hiervon ausgehend überrascht es nicht, dass Pritchard ein private right of action gegen Sekundärakteure vehement zurückwies. Eine Erweiterung des haftenden Personenkreises würde strike suits fördern,700 im Fall der kapitalmarktrechtlichen gatekeepers würde dieses Risiko zu einer Einpreisung in die Beratungshonorare und damit zu einem Kostenanstieg für die Beratenen führen,701 die gewünschte Abschreckung werde nicht erreicht. Pritchard warb stattdessen dafür, den Fokus der Haftung auf die Personen zu legen, die aktiv Kontrolle ausüben und von dem konkreten Marktmissbrauch profitieren, beispielsweise Geschäftsleiter. Auf Rechtsfolgenseite solle statt der bisher verfolgten Kompensationslösung eine Gewinnabschöpfung beim Schädiger stattfinden.702 Unter diesen Vorzeichen würde auch Pritchard eine zivilrechtliche Teilnehmerhaftung befürworten, allerdings begrenzt auf die während der class period erlangten Gebühren und Beratungshonorare.703 Auch Robert Giuffra704 mahnte an, das Klagerecht gegen Sekundärakteure weiterhin exklusiv bei der SEC anzusiedeln.705 Seine Argumente decken sich weitgehend mit Pritchard, allerdings betonte er noch deutlicher das Erpressungsrisiko durch strike suits, sowie den Umstand dass nahezu sämtliche Klagen wegen Kapitalmarktmissbrauches in einem settlement münden.706 Zudem würden die in Rede stehenden Streitwerte es für die meisten börsennotierten Gesellschaften nahezu unmöglich machen, es auf ein Urteil ankommen zu lassen, da ein Unterliegen häufig den sicheren Weg in die Insolvenz bedeute.707 Es gelte daher, das Haftungsregime von Einfallstoren für räuberische strike suits zu befreien.708 Gegen das deterrence-Argument der Befürworter709 führte Vgl. Pritchard, Testimony, 2009, S. 5. Vgl. Pritchard, Testimony, 2009, S. 4; dieses Argument wird seit vielen Jahren von den Gegnern der securities fraud class action in Bezug auf Sekundärakteure angeführt, vgl. bereits Seligman, 49 Bus. Law. 1429, 1442 (1994), es konnte bisher jedoch nicht empirisch belegt werden. Gegen das Argument Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 389 (2006): aufgrund der Befähigung der SEC zur Verfolgung von aiding and abetting bestehe dieses Risiko auch heute schon und ein signifikanter Anstieg der Honorarforderungen der gatekeepers sei bislang nicht zu vernehmen. 702 Vgl. Pritchard, Testimony, 2009, S. 7; ausf. und rechtsvergleichend ders., 2007– 2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217 (2008). 703 Vgl. Pritchard, Testimony, 2009, S. 7. 704 Giuffra ist Rechtsanwalt und war Counsel im Bankenausschuss des US-Senates, der u. a. den PSLRA 1995 vorbereitete. 705 Vgl. Giuffra, Testimony, 2009, S. 1. 706 Vgl. Giuffra, Testimony, 2009, S. 5: „In the last ten years, only a handful of these cases actually have gone to trial.“ – Vgl. auch die eigenen Reformvorschläge, um Mißbrauch einzudämmen, insb. 13 ff. 707 Vgl. Giuffra, Testimony, 2009, S. 5. 708 Vgl. Giuffra, Testimony, 2009, p.7 ff. 709 So bei Coffee, Testimony, 2009, S. 5; sowie Solov, Testimony, 2009, S. 3. 700 701

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Giuffra an, eine zivilrechtliche Haftung verspreche neben dem bereits bestehenden Risiko strafrechtlicher Ahndung durch das DOJ und der aufsichtsrechtlichen Verfolgung durch die SEC keinen Mehrwert.710 (2) Stellungnahmen zugunsten des Entwurfs John C. Coffee sprach sich deutlich für den Entwurf aus. Beide wesentlichen Regelungsziele, sowohl deterrence als auch compensation würden durch diesen auf positive Weise befördert. Insbesondere betonte er, das nicht erstrebenswerte pocket shifting trete im Fall einer Zivilklage gegen Sekundärakteure nicht ein, weil monetäres Zugriffsobjekt nicht das Vermögen der Gesellschaft selbst sei, sondern andere, externe Teilnehmer die Kompensation leisteten.711 Zur deterrence führte er an, insbesondere den als gatekeepers fungierenden Akteuren würden durch die gegenwärtige Rechtslage falsche Verhaltensanreize gesetzt,712 die nur eine zivilrechtliche Haftung für die schuldhafte Beteiligung an einer Primärverletzung beseitigen könne. Im Angesicht der grassierenden Finanzkrise und des Madoff-Skandals sei offenkundig, dass die Verfolgung durch die SEC allein keine hinreichende Abschreckungswirkung entfalten könne.713 Dem artikulierten Risiko einer Zunahme von strike suits entgegnete Coffee, dies sei bereits durch den PSLRA 1995 hinreichend eingehegt worden.714 Zusätzlich könne eine unverhältnismäßige Haftung durch einen cap abgemildert werden, Coffee schlägt hier eine absolute Summe von 2.000.000 US-$ für natürliche Personen sowie eine bei maximal 50.000.000 US-$ gedeckelte, grundsätzlich prozentual an bestimmten Finanzkennzahlen der Gesellschaft anknüpfende Grenze für juristische Personen vor, um unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden.715 Die Berichterstatterin der NASAA (North American Securities Administrators Association), Tanya Solov, unterstützte den Entwurf ebenfalls und betonte die wesentliche Bedeutung des private enforcement für die Integrität der US-amerikanischen Finanzmärkte aus Sicht der Aufsichtsbehörden.716 Zwar sei die SEC mit den nötigen Zuständigkeiten ausgestattet, um Sekundärakteure zu verfolgen und auch die Kompensation geschädigter Anleger zu bewirken, ihr fehlten aber die sachlichen und personellen Ressourcen, um den Vgl. Giuffra, Testimony, 2009, S. 10. Vgl. Coffee, Testimony, 2009, S. 3. 712 Vgl. Coffee, Testimony, 2009, S. 5 mit Hinweis auf die Ereignisse um die geplatzte Dot-Com-Spekulationsblase sowie die Bilanzskandale um 2000. 713 Siehe Coffee, Testimony, 2009, S. 5. 714 Vgl. Coffee, Testimony, 2009, S. 8. 715 Vgl. Coffee, Testimony, 2009, S. 10, wobei die Höchstsumme für juristische Personen grds. bei 10 % des Unternehmenswertes oder einer vergleichbaren Fixgröße (Marktkapitalisierung, Umsatz) angesetzt werden solle, gedeckelt durch die absolute Höchstsumme von 50.000.000 US-$. 716 Vgl. Solov, Testimony, 2009, S. 2. 710 711

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Markt zu überblicken und Verdachtsfällen nachzugehen.717 Hinsichtlich der strike suits verwies Solov auf die historische Entwicklung vor 1994, also bevor der Supreme Court in Central Bank 718das implied private right of action bei aiding and abetting nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 abgeschafft hatte.719 Auch damals habe es keine massiven Probleme wegen missbräuchlicher strike suits gegen Sekundärakteure gegeben. bb) Resultate der Anhörung Bei Betrachtung der Stellungnahmen fällt auf, dass die wesentlichen Argumente in dieser Streitfrage vollends ausgetauscht sind. Gegner und Befürworter der securities fraud class action im Allgemeinen und des private right of action gegen Sekundärakteure im Speziellen haben ihre Positionen eingenommen und vertreten diese mit konstanter Rhetorik.720 Insbesondere hinsichtlich der Frage, ob das Problem der strike suits mittlerweile überwunden sei oder weitere Maßnahmen zu deren Bekämpfung angezeigt seien, scheint die Uneinigkeit geradezu zementiert. Finale Ergebnisse zeitigte die Anhörung nicht: Letztlich wurde der Gesetzesentwurf verworfen. Hieran anschließend brachte Maxine Waters 2010 einen nahezu identischen Vorschlag in den Kongress ein721, welcher jedoch ebenfalls fallengelassen wurde. b) Aiding and abetting liability im Dodd-Frank Act 2010 Auch im Dodd-Frank Act722, einer der Reaktionen des US-amerikanischen Gesetzgebers auf die 2008 ausgebrochene Finanz- und Wirtschaftskrise, war die Wiederherstellung der private aiding and abetting liability für Verstöße gegen sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 zunächst vorgesehen. Dies wurde jedoch im laufenden Gesetzgebungsverfahren gestrichen und durch mehrere Kompromisse ersetzt.723 Zum einen ordnete der Gesetzgeber an, dass im Falle einer Verfolgung von aiders and abettors durch die SEC reckless conduct als HaftungsvoraussetVgl. Solov, Testimony, 2009, S. 3. Central Bank of Denver v. First Interstate Bank of Denver, 511 U.S. 164, 114 S.Ct. 1439 (1994), zu dieser Entscheidung ausf. oben Kapitel 2 – C.III., S. 202 ff. 719 Vgl. Solov, Testimony, 2009, S. 4. 720 Vgl. für einen Überblick über die Hauptargumente für und wider die securities fraud class action im Verlauf der vergangenen Kapitalmarktrechtsnovellen Black, 2009 Colum. Bus. L. Rev. 802, 809 ff., die selbst zu den prominentesten Fürsprechern des private enforcement im Kapitalmarktrecht zählt. 721 Liability for Aiding and Abetting Securities Violations Act of 2010, H.R. 5042, 111th Cong. (2010). 722 Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376, 1871 (enacted July 21, 2010). 723 Vgl. Freeman, Arkansar Business, September 19, 2011; Gold/Spinogatti, New York Law Journal, August 11, 2010; Ho, 49 Harv. J. on Legis. 175, 182 (2012). 717 718

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zung genüge.724 Zuvor war positive Kenntnis erforderlich gewesen.725 Zugleich wurde die Möglichkeit der SEC, gegen Sekundärakteure wegen aiding and abetting vorzugehen, im sachlichen Anwendungsbereich stark erweitert und erfasst nunmehr auch Verstöße gegen den SA 1933726, den Investment Company Act 1940727 und den Investment Advisers Act 1940728. Auch kann die SEC bei diesen Verstößen nun eigenständig Verwaltungsstrafen verhängen. Das US Government Accountability Office (GAO) wurde zudem beauftragt, die Konsequenzen der Einführung eines private right of action gegen Sekundärakteure zu untersuchen.729 2. Gutachten des Government Accountability Office infolge des Dodd-Frank Act Diese Studie hat das GAO am 21. Juli 2011 veröffentlicht.730 Sie erschöpft sich allerdings in einer Darstellung des status quo sowie der legislativen und judikativen Entwicklung auf dem Weg zu ebendiesem. Eine Stellungnahme oder Empfehlung ist dem Gutachten nicht zu entnehmen,731 war aber im Auftrag auch nicht explizit angelegt. Eine erneute öffentliche Anhörung fand seit Veröffentlichung des Gutachtens nicht statt. Derzeit ist damit völlig offen, ob eine Wiederherstellung der aiding and abetting liability im private enforcement stattfinden wird. Angesichts der gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse erscheint dies jedoch unwahrscheinlich, da im republikanischen Flügel die Skepsis gegenüber dem private enforcement dominiert, während in den Reihen der Demokraten tradi-

724 Dodd-Frank Act, Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376, 1862 (enacted July 21, 2010), sec. 929O; dies entspricht des Auslegung des Begriffs scienter durch die Rechtsprechung als erforderliches Element des Anspruchs seit Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 96 S.Ct. 1375 (1976) in private suits, vgl. ausf. oben Kapitel 2 – C.I.3.b), S. 163 f. 725 Vgl. sec. 20(f) SEA 1934 a. F. in der Form des PSLRA 1995, vgl. oben Kapitel 2 – C.IV.1., S. 220. 726 Dodd-Frank Act, Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376, 1861 (enacted July 21, 2010), sec. 929M(a). 727 Dodd-Frank Act, Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376, 1861 f. (enacted July 21, 2010), sec. 929M(b). 728 Dodd-Frank Act, Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376, 1862 (enacted July 21, 2010), sec. 929N. 729 Dodd-Frank Act, Public Law No. 111-203, 124 Stat. 1376, 1871 (enacted July 21, 2010), sec. 929Z(a); vgl. Hazen, Securities Regulation, Vol. 4, July 2011 Pocket Part, § 12.25[2], S. 92; dazu aus Praktikerperspektive Foster/Nielsen, Texas Lawyer, December 20, 2010: „[A]ny reinstatement of such claims would have monumental consequences for law firms, accounting firms and underwriters.“ 730 United States GAO, Securities Fraud Liability of Secondary Actors, 2011. 731 Darauf weist auch Freeman, Arkansar Business, September 19, 2011, hin und wertet diesen Umstand als Etappensieg der Gegner der private aiding and abetting liability.

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tionell eine eher anlegerfreundliche Grundhaltung herrscht. Auch Literaturstimmen äußern sich pessimistisch.732 3. Handlungsmöglichkeiten der SEC, des Department of Justice und privater Geschädigter Die SEC kann gegen Primärakteure wie auch gegen aiders and abettors umfassend vorgehen. Seit dem Sarbanes-Oxley Act von 2002733 ist sie zudem mit der Befugnis ausgestattet, die Delinquenten anzuweisen, in einen sog. fair funds einzuzahlen, aus dem geschädigte Investoren entschädigt werden734.735 Das DOJ kann zudem strafrechtlich gegen Primär- und Sekundärakteure eines Kapitalmarktdeliktes vorgehen. Für das private enforcement gilt nunmehr der bright line test 736: Nur wer an den Kapitalmarkt tritt oder eine aus einem konkretisierten Näheverhältnis begründete duty to disclose verletzt, kann zivilrechtlich in Anspruch genommen werden. Die meisten typischen Sekundärakteure bei fehlerhafter Marktpublizität sind somit gegenwärtig in einem safe harbor angekommen. 4. Reformanregungen aus dem Schrifttum Die Literatur hat unterschiedlichste Vorschläge hervorgebracht, die eine Änderung der gegenwärtigen Rechtslage anregen. Diese reichen von minimalinvasiven Eingriffen in den SEA 1934 durch eine ausdrückliche Erstreckung des Klagerechts für aiding and abetting auf private Kläger737 über die Einführung eines Verfahrens, in welchem der SEC die Aufgabe eines Filters zukä732 Johnson, 36 Del. J. Corp. L. 463, 507 (2011): „[I]t seems unlikely that Congress will, in the foreseeable future, reinstate civil aiding and abetting liability into the federal system“; vgl. aus Anwaltsperspektive Ingber, Inside Counsel, July 28, 2011: „[O]ne wonders whether Congress will be able to further amend the Act to allow for such private claims in light of the Supreme Court’s recent decision in Janus.“ 733 Sarbanes-Oxley Act, Public Law No. 107-204, 116 Stat. 745, 784, (enacted July 29, 2002), sec. 308: Fair Funds for Investors. 734 Laut Giuffra, Testimony, 2009, S. 9 f. hat die SEC von 2002 bis 2009 insgesamt 115 dieser fair funds eingerichtet, hierbei über USD 8 Mrd. eingefordert und an geschädigte Investoren ausgereicht. 735 Zu weiteren mittelbaren Auswirkungen des Sarbanes-Oxley Act auf die Haftungslage von kapitalmarktrechtlichen gatekeepers, den „typischen“ Sekundärakteuren instruktiv Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 379 ff. (2006); rechtsvergleichend zu strafrechtlichen Dimension Bussmann/Matschke, wistra 2008, 88, 89 f. 736 Zu diesem ausf. oben Kapitel 2 – C.V.1., S. 225 ff. 737 So u. a. Ho, 49 Harv. J. on Legis. 175, 183 (2012); siehe Taylor, 71 Mo. L. Rev. 367, 385 (2006): „This simple act would strengthen current efforts to hold gatekeepers to high standards of conduct and responsibility and would empower private parties to help monitor and police the capital markets.“ – Ähnlich Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1077 (2012), die eine Kodifikation des substantial participation test favorisiert.

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me, die also eine securities fraud class action zunächst summarisch prüfen und offenkundige strike suits eliminieren würde,738 bis hin zu einer völligen Umgestaltung der gesamten Kapitalmarktinformationshaftung.739 Eine Literaturstimme regt an, die Anwendung der fraud on the market theory davon abhängig zu machen, ob der in Rede stehende Akteur gegenüber dem Anspruchsteller eine genauer zu spezifizierende Pflicht hatte und diese verletzt hat (flexible duty standard).740 De lege ferenda sei zudem die umstrittene proportionate liability, sec. 21D(f) SEA 1934,741 zu reformieren: Primärund Sekundärakteure sollten abgestuft nach Verursachungs- und Schuldanteilen haften, wobei dem Richter hinsichtlich der Haftungsquoten Ermessen einzuräumen sei.742 Im Gesamtkontext der securities fraud class action melden sich Stimmen zu Wort, die deren völlige Zurückdrängung bis hin zur Bedeutungslosigkeit fürchten. Dies zeige sich auch an jüngst vorgestellten und in der Diskussion befindlichen Reformvorhaben.743 Es bestehe jedoch kein Grund mehr dafür, weitere Hürden gegen die securities fraud class action zu errichten, da die räuberischen strike suits weitgehend aus der Rechtsrealität verschwunden seien.744 Gegner der securities fraud class action – als ein prominenter Wortführer ist Adam C. Pritchard zu nennen – stoßen sich am geltenden Recht hauptsächlich aufgrund der Art des Schadensersatzes bei Kapitalmarktfehlinformation. Die derzeitige Lösung, die loss compensation anordnet, wollen diese 738 Diesen Ansatz hält Rose, 108 Colum. L. Rev. 1301 (2008) auf Grundlage einer historisch-ökonomischen Analyse des Zwecks der Haftung bei Kapitalmarktmanipulation für geeignet, ungewollte Nebeneffekte der class action zu beseitigen und zugleich die verhaltenssteuernden Elemente der Kapitalmarktregulierung neu zu justieren. 739 Vgl. Fox, 109 Colum. L. Rev. 237 (2009) mit einem eigenen, primär aus ökonomischen Argumenten heraus entwickelten Konzept; zur Haftung von Sekundärakteuren vgl. S. 284 ff., zur securities fraud class action S. 291 ff. 740 Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2148 ff. (2010), der dieses Konzept de lege lata unter Zugrundelegung von Stoneridge für realisierbar hält und sich hiervon eine sachgerechte Abgrenzung von Primär- und Sekundärakteuren verspricht; zur dogmatischen Herleitung dieser flexible duties vgl. S. 2154 ff. 741 Vgl. ausf. zur Regelung und der geäußerten Kritik oben Kapitel 2 – C.IV.3., S. 223 f. 742 Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2168 f. (2010). 743 So Black, 2009 Colum. Bus. L. Rev. 802, die bemängelt, die Diskussion werde nicht hinreichend im Lichte der Öffentlichkeit ausgetragen. In der Sache seien die Reformvorschläge, namentlich die Idee, jeder securities fraud class action zwingend ein ArbitrationVerfahren vorzuschalten sowie diejenige, corporate defendants von vornherein aus dem Kreis möglicher Beklagter auszuschließen um pocket shifting zu vermeiden, nicht überzeugend. 744 Prentice, 45 Am. Bus. L. J. 611, 674 (2008), der dies vor allem auf den PSLRA 1995 und die klägerfeindliche Rechtsprechung des Supreme Court zurückführt; ähnlich Cosenza, 16 Geo. Mason L. Rev. 1, 45 (2008); Gregory/Johnson, 34 S. Ill. U. L. J. 251, 272 (2010); Langevoort, 158 U. Pa. L. Rev. 2125, 2171 (2010).

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durch eine Gewinnabschöpfung beim Schädiger ersetzen.745 Zudem wird angeregt, primär das Vermögen oder die Vergütungsansprüche der Leitungsorgane der betreffenden Gesellschaft in den Fokus der Haftung zu stellen.746 Das Vermögen der emittierenden Gesellschaft hingegen solle keinem Zugriff ausgesetzt sein. Sinnloses pocket shifting747 könne so ebenso vermieden werden wie die Neigung beklagter Unternehmen, sich in millionenschwere Vergleiche drängen zu lassen.748 Zugleich werde der Abschreckungseffekt, deterrence, des Haftungsrisikos deutlich verstärkt.749 Allerdings bezweifelt Pritchard, dass der Kongress, der Supreme Court oder die SEC in absehbarer Zeit in diese Richtung tätig werden. Er regt daher an, Aktionäre sollten entsprechende Regelungen in die jeweiligen articles of incorporation aufnehmen und so gesellschaftsspezifisch dieses Ergebnis erreichen.750 X. Eigene Stellungnahme Führt man sich den grundsätzlichen Standpunkt des Supreme Court hinsichtlich des private enforcement im Kapitalmarktrecht vor Augen, überrascht die gegenwärtig vorzufindende Lage zunächst nicht. Auf den zweiten Blick, sobald man der potenziellen Auswirkungen der jüngsten Entscheidungen gewärtig wird, verwundert die ausgesprochene Rigidität dann aber doch. Schon in Central Bank war zu erkennen gewesen, dass der Supreme Court um eine Begrenzung des private enforcement bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation bemüht ist und den seitens der business community vorgebrachten policy-Argumenten wesentlich stärkeres Gehör schenkt als den ebenfalls bestehenden policy-Argumenten, welche für die Haftung in den hier untersuchten Konstellationen streiten. Daher verwundert es nicht, dass im Anschluss an die Abschaffung des aiding and abetting und der scheme liability in einem weitePritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 223 f. (2008). Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 239 (2008). 747 Vgl. pointiert Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 239 (2008): „The dirty secret of securities class action is that companies and their insurers pay the costs of settlement, which effectively means that shareholders are paying the costs of settlements to shareholders.“ – Sinngemäß Booth, 29 Regulation 46, 47 f. (2006); Souza, 57 Duke L. J. 1179, 1200 ff. (2007–2008) bezweifelt daher die Kompensationsfunktion der Anlegerklagen und stellt primär auf Abschreckung, deterrence, ab; siehe aber auch Cosenza, 33 Cardozo L. Rev. 1019, 1045 (2012), die darauf hinweist, dass pocket shifting bei der Geltendmachung eines Anspruchs gegen externe Sekundärakteure gar nicht auftrete. 748 Vgl. Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 238 f. (2008). 749 So Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 239 (2008). 750 Vgl. Pritchard, 2007–2008 Cato Sup. Ct. Rev. 217, 247 ff. (2008); vgl. auch kürzlich ders., 37 J. Corp. L. 105, 144 (2011) mit der Vermutung, der Supreme Court werde sich im Kapitalmarktrecht in Ermangelung eines Richters mit spezifischer Expertise in diesem Gebiet vorerst in die Rolle eines passiven Beobachters begeben; größere Änderungen des status quo stünden also, sofern überhaupt, nur seitens des Kongresses zu erwarten. 745 746

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ren Schritt die Haftung gegenüber dem Kapitalmarktpublikum nun auf diejenigen Akteure begrenzt worden ist, die namentlich mit der Information verknüpft sind. Damit ist der bright line test, nachdem dies aus Stoneridge noch nicht gänzlich zweifelsfrei hervorgegangen war, nun geltendes Recht. Zuzugeben ist dem ein Gewinn an Rechtssicherheit. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Lage ein günstiges Umfeld für Berater darstellt, was sich verbreiteter Ansicht nach positiv auf die Beratungskosten niederschlagen dürfte, da die Hintergrundakteure das Haftungsrisiko in ihre Beratungshonorare nicht mehr in gleichem Maße einpreisen müssten wie zuvor. Auch dürfte das Flussbett für strike suits hier bis auf weiteres trockengelegt sein. Die zuletzt mit Nachdruck vom Supreme Court gezogene Linie weist aber auch eklatante Schwächen auf. Zunächst ist zu bedenken, dass die SEC, wie sie auch stets verdeutlicht, bei weitem nicht mit den nötigen Kapazitäten ausgestattet ist, um ein zuverlässiges public enforcement in Fällen der Beteiligung von Sekundärakteuren an Kapitalmarktdelikten nach sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 sicherzustellen. Offenkundig ist zudem, dass die Rechtsprechung safe harbors dort entstehen lässt, wo kein Bedürfnis für diese besteht, was gefährliche Fehlanreize zu setzen droht. So müssen die klassischen gatekeepers am Kapitalmarkt, namentlich Anwälte, Banker und Abschlussprüfer, nach der geltenden Rechtslage mit keinerlei zivilrechtlichen Konsequenzen ihres Tuns rechnen, auch wenn ihre internen Statements, ob vorsätzlich in Absprache mit dem Mandanten oder lediglich grob fahrlässig, eklatant fehlerhaft sind und die Grundlage für fehlerhafte Marktkommunikation darstellen. Gerade hinsichtlich dieser Akteure sind jedoch auch viele Gegner einer breiten zivilrechtlichen Haftung für aiding and abetting der Ansicht, dass ein vollständiger Wegfall des Klage- und Haftungsrisikos aus verhaltenssteuernder Perspektive sinnwidrig ist, die Rolle als gatekeeper sogar in Teilen zu konterkarieren droht. Wenn diese Akteure wissentlich an Fehlinformation des durch sie beratenen Emittenten mitwirken, gibt es kaum valide Gründe, ihre zivilrechtliche Haftung – auch im Rahmen einer securities fraud class action – zu verneinen. 751 Unter der geltenden Rechtslage ist diese Möglichkeit jedoch nunmehr völlig abgeschnitten; hier wäre eine Maßnahme des Gesetzgebers zu begrüßen. Ob und inwieweit es dann geboten ist, diese Haftung auf professionelle Die Notwendigkeit einer Haftung dieser Akteure erkennt auch Fischel, 69 Cal. L.  Rev. 80, 108 (1981), prinzipiell scharfer Kritiker der zivilrechtlichen Sekundärhaftung, an: „Deceptive conduct by attorneys and accountants, whether previously analyzed as aiding and abetting or as direct violation, should continue to be prohibited by the section and the rule, provided the other elements of liability, such as scienter and the ‘in connection with’ requirement are satisfied. […] [T]he making of misrepresentations which distort the transmission of accurate information is the core conduct which section 10(b) and rule 10b-5 are meant to deter.“ 751

D. Ergebnisse der Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

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Marktintermediäre einzugrenzen oder an anderer Stelle in der Konzeption einer möglichen Vorschrift Brandmauern einzuziehen, die Schutz vor strike suits bieten, ist eine andere Frage. Deren konkrete Beantwortung ist eng verwoben mit rechtspolitischen Überzeugungen und soll an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden. Die Spannbreite an Reformmöglichkeiten ist immens und spiegelt diese verschiedenen Ansichten anschaulich wider. Bedacht werden sollte dabei stets, dass mit dem PSLRA 1995 bereits hohe Hürden errichtet wurden, die sich trotz aller Kritik als wirksames Mittel gegen räuberische strike suits erwiesen zu haben scheinen. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber sich zeitnah zu einer klaren Regelung entschließen wird, welche Rechtsunsicherheit vermeidet und zivilrechtlichen Schutz dort gewährt, wo Anlegerinteressen durch den betreffenden Akteur unmittelbar verletzt werden; die gegenwärtige Lage zumindest ist als unbefriedigend zu bewerten.

D. Ergebnisse der Untersuchung des US-amerikanischen Rechts D. Ergebnisse der Untersuchung des US-amerikanischen Rechts

Zum US-amerikanischen Bundesrecht ist zusammenfassend festzuhalten, dass am Primärmarkt eine enge Verzahnung von Repräsentation und Haftung vorliegt. Nur wer mit den fehlerhaften Registrierungsdokumenten namentlich in Verbindung gebracht werden kann oder als Geschäftsleiter der emittierenden Gesellschaft agiert, kommt als Anspruchsgegner einer Zivilklage in Betracht. Eine Erweiterung auf Hilfe leistende Sekundärakteure wird nur in engen Grenzen vorgenommen, eine Erweiterung de lege ferenda nicht für notwendig erachtet. Am Sekundärmarkt ist heute festzustellen, dass Teilnehmer weitgehend von der Haftung gegenüber dem Kapitalmarktpublikum freigezeichnet sind. Zwar können diese nach wie vor selbst ein Kapitalmarktinformationsdelikt in Bezug auf einen mit ihnen in Verbindung stehenden Emittenten begehen, die tatbestandlichen Hürden hierfür sind allerdings hoch, da das Verhalten dann alle Merkmale der Haftungsnorm, in aller Regel sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5, vollständig erfüllen muss. Insbesondere an einem schützenswerten Vertrauen der Anleger auf das Informationsverhalten des Teilnehmers selbst wird es regelmäßig fehlen, wenn dieser nicht selbst Informationen herausgibt, die ihm direkt zugeordnet werden. Geschädigte Anleger sind heute bei fehlender Finanzkraft des Emittenten und seiner verantwortlichen Geschäftsleiter darauf angewiesen, auf ein Einschreiten der SEC zu hoffen. Dies wird in einer Vielzahl von Schadensfällen jedoch folgenlos bleiben, da die SEC bei stetig wachsendem Aufgabenspektrum mit zu knappen Ressourcen ausgestattet ist, um sämtlichen einschlägigen Fällen nachzugehen. Abzuwarten bleibt, ob der Gesetzgeber tätig werden wird. Eine im Rahmen des Dodd-Frank Act durch den Kongress in Auftrag gegebene Studie, die das GAO im Sommer 2011 veröffentlichte, bleibt in der Bewertung vage.

Kapitel 3

Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

In Kapitel 1 wurde festgestellt, dass der gegenwärtige Normenbestand im Kapitalmarktrecht die Frage der Passivlegitimation bei fehlerhafter Marktkommunikation eines Emittenten nicht stets eindeutig beantwortet. Oftmals ist unklar, ob und inwieweit sich die Haftung über die ausdrücklichen Adressaten der Haftungstatbestände auch auf andere Akteure erstreckt, die Anteil an der Entstehung und Verbreitung von Fehlinformation haben. Dem soll nun, insbesondere unter Heranziehung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, der Haftungserstreckung auf Mittäter, Anstifter und Gehilfen einer unerlaubten Handlung, vertieft nachgegangen werden. Zunächst wird gezeigt, dass vertragliche und quasivertragliche Ansätze vorliegend keinen Erkenntnisgewinn erzielen, sondern Lösungen vor allem im außervertraglichen Bereich, namentlich im Deliktsrecht zu suchen sind (A.). Sodann erfolgt eine Darstellung der verschiedenen Beteiligungsformen nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB und ihrer jeweiligen Voraussetzungen (B.). Anschließend wird der methodischen Frage nachgegangen, inwieweit die Verknüpfung der Norm mit spezialgesetzlichen Haftungstatbeständen des Kapitalmarktrechts statthaft ist und welche Wertungsparameter hierfür maßgeblich sind (C.). Anhand ausgewählter Anspruchsgrundlagen der kapitalmarktrechtlichen Informationshaftung wird schließlich untersucht, ob eine Verquickung der jeweiligen Norm mit § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB de lege lata zu einer zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren führt und welche konkreten Voraussetzungen für solch eine Teilnehmerhaftung vorliegen müssen (D.).

A. Vertragliche und quasivertragliche Ansätze A. Vertragliche und quasivertragliche Ansätze

Unter dem Topos der Experten- bzw. Berufshaftung diskutiert man im Zivilrecht einen bunten Strauß unterschiedlicher Rechtsfragen. Eines der Kernprobleme ist hierbei die Haftung von Experten für Schäden aufgrund fehlerhafter Informationen gegenüber Parteien, zu denen diese in keiner genuin vertraglichen Beziehung stehen. 1 Dem entspricht konzeptionell die Frage nach der Vgl. umfassend Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1605 ff.; monographisch Sommerschuh, Berufshaftung, 2003; grundlegend Hopt, AcP 183 (1983) 608; anschaulich auch Zugehör, NJW 2000, 1601, 1602 ff., der zudem weitere Lösungsan1

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Haftung verschiedener professioneller Kapitalmarktakteure gegenüber dem Anlegerpublikum. Insbesondere Canaris wirbt dafür, diesen Problemkomplex mit der culpa in contrahendo, § 311 Abs. 2, 3 BGB einzuhegen2 und hat hierfür in der Literatur einigen Zuspruch erhalten.3 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hingegen begegnet der außervertraglichen Expertenhaftung gegenüber Dritten vornehmlich über das Institut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.4 Beide Ansätze sollen daher auf ihre Anwendbarkeit gegenüber Sekundärakteuren einer fehlerhaften Kapitalmarktinformation untersucht werden. I.

Vertragsrechtliche Dritthaftung am Primärmarkt

1. Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB Zunächst kommt eine Haftung Dritter, die an der Erstellung von Emissionsprospekten mitgewirkt haben, aus schuldhafter Pflichtverletzung im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses i. S. v. § 311 Abs. 2, 3 BGB in Betracht. Das zentrale Problem ist dabei die Frage, ob ein solches Pflichten begründendes vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen dem geschädigten Anleger und dem an der Prospekterstellung mitwirkenden Sekundärakteur anzunehmen ist.

sätze der Rechtsprechung wie den echten Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) thematisiert, die aber im vorliegenden Kontext zu vernachlässigen sind; zu diesen auch Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 102 ff.; insgesamt krit. Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 214 ff.; vgl. jüngst zur Dritthaftung im Übernahmerecht Merkelbach, Die Haftung von Experten gegenüber Dritten für Fehler im Due Dilligence Report, 2010, vgl. zu vertragsrechtlichen Lösungsmöglichkeiten ausf. S. 77 ff. 2 Grundlegend Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, insb. 90 ff., der den Terminus der Berufshaftung jedoch als irreführend ablehnt und von einer Auskunftshaftung spricht; siehe auch ders., ZHR 163 (1999) 206, 220 ff. 3 Zustimmend etwa Emmerich, in: MünchKomm BGB, § 311 Rn. 197; Schneider, ZHR 163 (1999) 246, 254 ff., der aber im Hinblick auf die unendliche Reproduzierbarkeit von Information und die dadurch potenziell eintretende Schadensmultiplikation eine Einschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten anmahnt, welches über das Kriterium der Vorhersehbarkeit hinausgehen müsse; die Formeln der Rechtsprechung böten nur mangelhafte Trennschärfe. Diese Anspruchsgrundlage für die Dritthaftung von Wirtschaftsprüfern am Primärmarkt befürwortend auch Schäfer, in: Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 178; a. A. deutlich Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 232: diese Lösung könne „kaum als Produkt geglückter richterlicher Rechtsfortbildung bezeichnet werden. Auch ihr haftet das Stigma der Notlösung an.“ 4 Vgl. Schneider, ZHR 163 (1999) 246, 251; Zugehör, NJW 2000, 1601, 1603; vgl. unten Kapitel 3 – A.I.2., S. 278 ff.

A. Vertragliche und quasivertragliche Ansätze

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Ein Emittent kann neue Wertpapiere entweder im Wege der Selbst- oder der Fremdemission am Markt platzieren.5 Die Fremdemission, bei der ein begleitendes Bankenkonsortium die Aktien an die Anleger begibt, stellt den absoluten Regelfall dar. Die Selbstemission, der Verkauf der Aktien direkt an die Anleger, bildet die Ausnahme.6 Üblicherweise kontrahiert ein zeichnender Aktionär also mit der emissionsbegleitenden Bank, nicht mit dem Emittenten. Es bereitet daher bereits Probleme, im Hinblick auf den Prospekt zwischen Emittent und Ersterwerber ein vorvertragliches Schuldverhältnis zu konstruieren.7 Nimmt man das Verhältnis zwischen dem Anleger und einem bei der Prospekterstellung mitwirkenden Dritten in den Blick, fällt die Annahme eines geschäftlichen Kontakts i. S. v. § 311 Abs. 2, 3 BGB nochmals schwerer. Zudem ist fraglich, ob neben der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung überhaupt ein Anwendungsbereich für die allgemeine Haftung aus vorvertraglicher Pflichtverletzung besteht. a) Entwicklungsstand der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung Die Haftung aus §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ist am Primärmarkt ein etabliertes Mittel zur Haftungsbegründung im Fall fehlerhafter Prospekte. In Gestalt der Prospekthaftung im engeren Sinne hat der BGH diese von einer Haftung für die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens fortentwickelt hin zur Haftung für typisiertes Vertrauen, welches ein Anleger dem Prospekt und den für diesen verantwortlichen Personen entgegenbringt bzw. entgegenbringen darf.8 Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung kennt sowohl umfassend haftende (Prospektverantwortliche und Prospektveranlasser) als auch nur für Teile des Prospekts haftende Akteure (Prospektgaranten bzw. Experten).9 Darüber hinaus haftet nach der Prospekthaftung im weiteren Sinne ein Anbieter oder Vermittler eines Finanzinstruments für Prospektfehler aus §§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB, wenn er sich den Prospektinhalt im Beratungs- oder Verkaufsprozess zu Eigen macht und den Eindruck erweckt, persönlich für die Richtigkeit und Vollständigkeit der AngaVgl. Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 133 ff. Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 104; Grundmann, in: Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechts-HdB, § 112 Rn. 6; Kümpel, KapitalmarktR, Rn. 134. 7 Vgl. Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 104 f.; freilich treten Emittent und Anleger mit vollzogener Zeichnung in ein schuldrechtliches Verhältnis zueinander, welches detailliert durch die vom Emittenten gestellten Wertpapierbedingungen ausgestaltet wird, vgl. ausf. Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, BankR, § 23 Rn. 101 ff.; vgl. für ein übersichtliches Schaubild der verschiedenen Rechtsbeziehungen der an einer Fremdemission beteiligten Akteure Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, § 7 Rn. 4. 8 Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 1 – B.V., S. 54 ff. 9 Vgl. zu alledem bereits ausf. oben Kapitel 1 – B.V.3., S. 57 ff. 5 6

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ben einzustehen.10 Abseits dieser typisierten Figuren kommt zudem eine Haftung der gegenüber dem Anleger auftretenden Akteure aufgrund einer Verletzung vorvertraglicher Pflichten aus § 311 Abs. 2, 3 BGB in Betracht, z. B. wegen irreführender Vertragsgestaltung oder fehlerhafter Beratung.11 b) Ablehnung darüber hinausgehender Erweiterungen Die Verantwortlichkeit externer, bei der Prospekterstellung mitwirkender Berater über diese Fallgruppen hinaus ist aufgrund schwerwiegender systematischer Bedenken abzulehnen: aa) Sperrwirkung der Prospekthaftungstatbestände Mit der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung besteht ein richterrechtliches Institut zur Primärmarkthaftung, welches spezifisch auf die Emissionssituation zugeschnitten ist.12 Trotz Vorliegens eines Prospektes i. S. d. bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung auf § 311 Abs. 2, 3 BGB, die dogmatische Wurzel der Konstruktion, zurückzugreifen, erschiene systemwidrig. Dies gilt umso mehr, als der BGH die Haftung Dritter im Rahmen der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung mehrfach ausdrücklich bejaht und an ein erkennbares Auftreten als Experte im Prospekt geknüpft hat.13 Dieses Publizitätselement als Haftungsvoraussetzung überzeugt mit Blick auf das Gesamtsystem der Prospekthaftung und sollte nicht ohne Not aufgegeben werden. Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung steht zur allgemeinen Haftung aus § 311 Abs. 2, 3 BGB, die solch ein zwingendes Publizitätselement nicht statuiert, damit in einem bereichsspezifischen Spezialitätsverhältnis und verdrängt diese in ihrem Anwendungsbereich.14 Ähnliches gilt hinsichtlich der kodifizierten Prospekthaftungstatbestände. Auch hier kann ein Rückgriff auf § 311 Abs. 2, 3 BGB nur dann überzeugen, Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 1 – B.V.5., S. 62 f. Vgl. zur Haftung einer Anlagegesellschaft aus culpa in contrahendo neben der Prospekthaftung aus § 12 AuslInvestmG a. F. (entspricht weitgehend § 306 KAGB n. F.) BGH Urt. v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706, 3708; krit. mit Blick auf einen beobachteten Konturenverlust der culpa in contrahendo in Auskunfts- und Beratungsfällen bereits Hopt, AcP 183 (1983) 608, 631: „Die Folge einer solchen Handhabung der culpa in contrahendo als einer subsidiär und unspezifisch eingesetzten Allerweltskonstruktion ist ein Verlust an Begründungssubstanz und Überzeugungskraft.“ 12 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – B.V., S. 54 ff. 13 Vgl. ausf. oben Kapitel 1 – B.V.3.b), S. 58 ff. 14 Etwas anderes kann freilich dann gelten, wenn der Anspruchsgegner über die Erwähnung im Prospekt hinaus einen echten Vertrag zugunsten Dritter (hier: Treuhandvertrag) mit dem Gläubiger abgeschlossen hatte und in dessen Rahmen vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat. Beide Haftungsgrundlagen beziehen sich dann nicht auf den identischen Lebenssachverhalt, vgl. BGH Urt. v. 1.12.1994 – III ZR 93/93, NJW 1995, 1025. 10 11

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wenn der betreffende Vertrauenstatbestand des Sekundärakteurs über die erkennbare Mitwirkung am Prospekt hinausgeht. Anderenfalls unterliefe man die Tatbestandsmerkmale ebendieser kodifizierten Tatbestände, namentlich die Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie den prospektrechtlichen Grundsatz der Gesamtverantwortung. Ein Spezialitätsargument untermauert dieses Ergebnis: Wenn im Anwendungsbereich kodifizierter Prospekthaftungstatbestände ein Rückgriff auf die (spezielle) bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung gesperrt ist, soweit Streitgegenstand ein Prospektfehler ist,15 muss dies erst recht für die (allgemeinere) Haftung aus § 311 Abs. 2, 3 BGB gelten. Abweichend hiervon hat der BGH hingegen in einem Fall die Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen fehlerhafter Prospektangaben trotz sachlicher Einschlägigkeit der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auch nach § 311 Abs. 2, 3 BGB geprüft.16 Die Literatur begegnet dem zu Recht kritisch.17 Die konkrete Entscheidung lässt sich allerdings auch derart deuten, dass der BGH hier einen Vertrauenstatbestand erkannte, welcher über die geleistete Mitwirkung an der Prospekterstellung hinausging.18 Die Fortentwicklung der Rechtsprechung bleibt abzuwarten. bb) Fehlendes Näheverhältnis Überdies ist fragwürdig, ob zwischen einem externen Akteur, der an der Prospekterstellung mitwirkt, und dem Anleger überhaupt ein Näheverhältnis i. S. v.

15 So die ganz h. M., vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – B.V.1., S. 55 m. w. N. in Fn. 224. 16 Vgl. BGH Urt. v. 26.9.2000 – X ZR 94/98, DStR 2000, 2197, 2198 f.: der BGH verneinte eine Expertenhaftung i. S. d. bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, da der Wirtschaftsprüfer im Prospekt nur genannt war, aber keine hinreichende eigene Erklärung abgegeben hatte, bejahte aber die Haftung aus culpa in contrahendo, der Beklagte habe durch die Zusage regelmäßiger Prüfung im Prospekt einen hinreichenden Vertrauenstatbestand begründet. 17 Vgl. Arnold, DStR 2001, 488, 491 ff., der diesen kongruenten Anwendungsbereich überzeugend ablehnt und eine erhebliche Rechtsunsicherheit für am Prospekt mitwirkende Berater befürchtet, da der BGH hier nicht nur den genannten Systemfehler begangen sondern zugleich den Anwendungsbereich der culpa in contrahendo bedenklich ausgeweitet habe; krit. auch Assmann, AG 2004, 435, 441: „eine über rechtsdogmatische Zweifel keinesfalls erhabene Art und Weise“; dem BGH tendenziell zugeneigt Emmerich, JuS 2001, 296, 297. 18 So wohl Möllers, JZ 2001, 909, der einen solchen zusätzlichen Vertrauenstatbestand erkennt und somit das Konkurrenzverhältnis nicht thematisiert. Wird ein über den Prospekt hinausgehendes Vertrauen als notwendige Voraussetzung zur Durchbrechung der Sperrwirkung angenommen, kann dem zugestimmt werden. Aufgrund der dargestellten Gefahr eines Unterlaufens der Prospekthaftung ist dies jedoch in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen.

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§ 311 Abs. 2 BGB entsteht.19 Das Gesetz kennt hierfür drei Möglichkeiten: die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Ziff. 1), die Vertragsanbahnung, im Rahmen derer eine Partei der Anderen die Möglichkeit eröffnet, auf ihre rechtlichen Interessen einzuwirken (Ziff. 2), sowie ähnliche geschäftliche Kontakte (Ziff. 3). Diese Alternativen liegen in den hier untersuchten Konstellationen erkennbar nicht vor, da der am Prospekt mitwirkende Berater in keinerlei offenen Kontakt mit Anlegern tritt. In Betracht kommt noch die Heranziehung von § 311 Abs. 3 BGB, der Eigenhaftung Dritter. Hier setzt jedoch die Rechtsprechung zur Prospekthaftung im weiteren Sinne die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens voraus.20 Dieses fehlt, sofern nicht der Mitwirkende explizit im Prospekt als Garant für die von ihm verantworteten Angaben auftritt. cc) Zwischenergebnis Bildet ein Prospektfehler den Haftungsgrund, besteht auf Grundlage eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses aus § 311 Abs. 2, 3 BGB jenseits der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung kein Anspruch geschädigter Anleger gegen Prospektmitwirkende.21 2. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Die Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wurde im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwickelt. Sie diente ursprünglich dazu Dritte, welche mit dem Leistungsgegenstand eines Vertrages gleichermaßen in Kontakt treten wie die eigentliche Vertragspartei, in den Schutz des Vertrages einzubeziehen um als untragbar wahrgenommene Lücken im deliktischen Vermögensschutz zu schließen.22 a) Voraussetzungen der Einbeziehung Die Voraussetzungen für eine Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich sind im Einzelnen: Leistungsnähe des Dritten (aa), Interesse des Gläubigers Ablehnend auch Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 109. 20 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – B.V.5., S. 62 f. 21 So auch Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 109. 22 Vgl. Fischer, DB 2012, 1489; Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 161, mit Nachweisen zur Kritik an der teils ausufernden Rechtsprechung in Rn. 162; Zugehör, NJW 2000, 1601, 1602 f.; die verbreitete Prämisse, dass der lückenhafte deliktische Vermögensschutz des BGB einer Ergänzung bedarf angreifend Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 213 f., der in Erinnerung ruft, die Begrenzung deliktischen Vermögensschutzes sei eine bewusste, mit guten Gründen erwogene Entscheidung des historischen Gesetzgebers gewesen, weshalb Honsell eine Zurückhaltung bei der Schaffung von Dritthaftungskonstellationen gerade auch bei Gutachten und Auskünften anmahnt. 19

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am Schutz des Dritten (bb), Erkennbarkeit für den Schuldner bei Vertragsschluss (cc), sowie die Schutzbedürftigkeit des Dritten (dd).23 aa) Leistungsnähe des Dritten Die Leistungsnähe liegt vor, wenn der Dritte mit dem Leistungsgegenstand nach dem Vertrag ebenso in Kontakt tritt oder treten soll wie der vertragliche Leistungsempfänger.24 Insbesondere muss sich der Dritte gegenüber möglichen vom Vertragsgegenstand ausgehenden Gefahren und Risiken in einer vergleichbaren Expositionslage befinden.25 bb) Einbeziehungsinteresse (Gläubigernähe) Zudem muss der Gläubiger der vertraglichen Leistung ein schützenswertes Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages haben.26 Früher verlangte der BGH hier, dass der Leistungsgläubiger für „Wohl und Wehe“ des einzubeziehenden Dritten verantwortlich sein müsse, wie dies gegenüber engen Familienangehörigen der Fall ist.27 Seit der Aufgabe dieses Kriteriums zumindest im Bereich der reinen Vermögensschäden28 können weitere Dritte in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden. Vertragsgläubiger und Dritter müssen nicht einmal mehr im gleichen Lager stehen, ja können sogar konträre Interessen verfolgen.29 Heute kann ein Einbeziehungsinteresse bereits dann bestehen, wenn diese lediglich dazu dient, das Risiko einer eigenen Haftung abzumildern oder zu vermeiden.30 Allg. Ansicht, vgl. nur im Kontext der Berufshaftung gegenüber Dritten jüngst Fischer, DB 2012, 1489, 1490; sowie Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1657. 24 Vgl. Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 178. 25 Vgl. Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 178. 26 Vgl. Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 179 ff. 27 Vgl. BGH Urt. v. 26.11.1968 – VI ZR 212/66, NJW 1969, 269, 272; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 845; vgl. kürzlich ausf. zur historischen Entwicklung BGH Urt. v. 7.5.2009 – III ZR 277/08, BGHZ 181, 12, 15 f. 28 Vgl. dazu BGH Urt. v. 6.7.1965 – VI ZR 47/64, NJW 1965, 1955: erstmals Anwendung des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bei reinen Vermögensschäden bejahend, hier Haftung des Rechtsanwaltes gegenüber der Erbin wegen fehlerhafter Beratung des Erblassers; vgl. für den ausdrücklichen Verzicht auf die „Wohl und Wehe“Formel BGH Urt. v. 28.2.1977 – II ZR 52/75, NJW 1977, 1916, 1917 (Lastschrifturteil); vgl. dazu Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 98 f.; Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1655. 29 Vgl. BGH Urt. v. 7.5.2009 – III ZR 277/08, BGHZ 181, 12, 16 f.; zuvor BGH Urt. v. 10.11.1994 – III ZR 50/94, NJW 1995, 392; dazu; Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 182; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 846a; vgl. Zugehör, in: ders./ Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1657; sowie ders., NJW 2000, 1601, 1603. 30 Vgl. BGH Urt. v. 7.5.2009 – III ZR 277/08, BGHZ 181, 12, 19. 23

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cc) Erkennbarkeit Die Einbeziehung des Dritten muss für den Schuldner der Leistung bei Vertragsschluss erkennbar sein.31 Dies bedeutet, dass der Schuldner seine Leistung zumindest auch im Interesse des Dritten erbringt und dies auch subjektiv erkennen kann.32 Diese Voraussetzung soll verhindern, dass dem Schuldner ex ante ein unüberschaubares Haftungsrisiko aufgebürdet wird.33 dd) Schutzbedürftigkeit des Dritten Schließlich muss der Dritte schutzbedürftig sein. Dies liegt vor, wenn der Dritte ohne Gewährung des Anspruches keinen adäquaten, gleichwertigen (vertraglichen) Haftungsanspruch hätte, auf Grundlage dessen er seinen Schaden kompensiert verlangen könnte.34 Dabei kommt es auf das Bestehen, nicht auf die Realisierbarkeit eines solchen Anspruches an,35 was dem Charakter des Instituts als subsidiäres Mittel zur Vermeidung unbilliger Haftungsvakanzen Rechnung zollt.36 b) Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers für das Pflichttestat Über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hat die Rechtsprechung insbesondere die Haftung von Wirtschaftsprüfern für Angaben in Emissionsprospekten begründet, primär im Hinblick auf das Pflichttestat hinsichtlich der Prüfung des Jahresabschlusses.37 Der Anleger wird also in den Schutzbereich des Prüfvertrages zwischen Emittent und Wirtschaftsprüfer einbezogen. Dies ist in der Literatur auf ein vielstimmiges Echo gestoßen.38

Vgl. Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 184. Vgl. Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 184. 33 So BGH Urt. v. 7.5.2009 – III ZR 277/08, BGHZ 181, 12, 17; Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 184. 34 Vgl. nur BGH Urt. v. 8.6.2004 – X ZR 283/02, NJW 2004, 3420, 3421; Fischer, DB 2012, 1489, 1490; Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 185. 35 Vgl. Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1661 mit krit. Anmerkung. 36 Dazu Fischer, DB 2012, 1489, 1490 m. w. N. 37 Vgl. nur BGH Urt. v. 2.4.1998 – III ZR 245/96, ZIP 1998, 826; BGH Urt. v. 15.12.2005 – III ZR 424/04, NJW-RR 2006, 611, 612; BGH Urt. v. 6.4.2006 – III ZR 256/04, NJW 2006, 1975, 1977. 38 Vgl. Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 29; krit. Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 257 ff.; Sommerschuh, Berufshaftung, 2003, S. 207 ff.; monographisch Kremer, zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007; sowie jüngst Grotheer, Verantwortung des Wirtschaftsprüfers, 2011. 31 32

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aa) Anwendbarkeit Zunächst stellt sich die Frage, ob neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung überhaupt ein Anwendungsbereich für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verbleibt. Die spezialgesetzlichen Tatbestände stellen insoweit ausdrücklich klar, dass weitergehende vertragliche und deliktische Ansprüche nicht verdrängt werden und zur Anwendung kommen.39 Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist systematisch wie auch rechtspolitisch umstritten.40 Intensiv debattiert wurde zudem, ob § 323 HGB hinsichtlich der Abschlussprüferhaftung eine Haftungskonzentration auf das Innenverhältnis anordnet und eine Sperrwirkung gegenüber Ansprüchen Dritter entfaltet.41 Der BGH hat sich hierzu 199842 und 200643 geäußert und dem Rechtsgedanken des § 323 Abs. 1 HGB zwar erhöhte Anforderungen für einen Anspruch aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter entnommen, eine Sperrwirkung aber abgelehnt. bb) Leistungsnähe und Einbeziehungsinteresse Leistungsnähe des Dritten und ein Einbeziehungsinteresse aufseiten des empfangenden Vertragspartners liegen regelmäßig vor: Der Anleger kommt mit dem Prüftestat, welches den Jahresabschluss bestätigt, über den Emissionsprospekt bestimmungsgemäß in Kontakt. Schließlich ist es gerade Sinn des Prospektes, dem Anleger eine informierte Entscheidung über die Investition 39 Vgl. nur § 25 Abs. 2 WpPG sowie § 20 Abs. 6 S. 2 VermAnlG; vgl. dazu Mülbert/ Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 41 Rn. 152. 40 So wird auch von der ganz h.Lit. die Anwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auf das Abschlussprüfertestat im Prospekt als contra legem abgelehnt, hierzu bereits oben Kapitel 1 – B.II.1.c)dd), S. 28 ff.; gegen die Anwendung des Vertrags mit Schutzwirkung im Anwendungsbereich der kodifizierten Prospekthaftung, da dies der ratio legis widerspreche Schwark, in ders./Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 12. 41 Vgl. ausf. Sommerschuh, Berufshaftung, 2003, S. 193 ff.; Vogt, Abschlussprüferhaftung gegenüber Dritten in Deutschland und den USA, 2009, S. 156 ff.; vgl. aber auch Emmerich, in: MünchKomm BGB, § 311 Rn. 198: § 323 HGB besage zu dieser Problematik überhaupt nichts. Nach zustimmungswürdiger h. M. stellt § 323 HGB auch kein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB dar, da eine solche Annahme die Haftungskonzentration auf das Innenverhältnis zur Gesellschaft konterkarieren würde, vgl. Hopt/Merkt, in: Baumbach/Hopt HGB, § 323 Rn. 8; Morck, in: Koller/Kindler/Roth/Morck HGB, § 323 Rn. 9; a. A. Reus/Paul, WM 2008, 1245, 1249, ohne Begründung. 42 BGH Urt. v. 2.4.1998 – III ZR 245/96, ZIP 1998, 826; dazu Canaris, ZHR 163 (1999) 206, 208, der eine Dritthaftung nur dann zulassen will, wenn der Prüfer eine über den Rahmen des Testats nach § 323 Abs. 1 HGB hinausgehende Aussage trifft, auf die Außenstehende vertrauen; für das Testat selbst sei § 323 Abs. 1 HGB abschließend; so auch nach dem Diskussionsbericht von Schäfer, ZHR 163 (1999) 286, 288 die überwiegende Meinung der Symposiumsteilnehmer; ebenfalls für die Sperrwirkung Ott, in: FS H.B. Schäfer, 2008, S. 171, 183. 43 BGH Urt. v. 6.4.2006 – III ZR 256/04, NJW 2006, 1975, 1977.

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zu ermöglichen.44 Selbiges gilt für den Bestätigungsvermerk.45 Der Anleger ist dem Risiko der Fehlerhaftigkeit des Abschlusses somit unmittelbar ausgesetzt. Zudem wird der Emittent stets ein objektives Interesse daran haben, eine eigene Haftung gegenüber dem Anlegerpublikum abzuwenden bzw. zumindest abzumildern. cc) Erkennbarkeit Weiter ist für den Abschlussprüfer auch erkennbar, dass neben dem Emittenten selbst auch potenzielle Anleger in Kontakt mit dem geprüften Abschluss kommen und diesen zur Grundlage von Investitionsentscheidungen machen. Jedoch werden in der Literatur mannigfaltige Bedenken gegenüber einer Haftung aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Anwendungsbereich der Prospekthaftung geäußert; Eine Dritthaftung des Abschlussprüfers für das im Prospekt verwendete Pflichttestat sei de lege lata wenn überhaupt nur in engen Grenzen zuzulassen.46 Die Kritik ist zur Rechtsprechung vorgedrungen und scheint diese überzeugt zu haben. Der BGH führt mittlerweile als begrenzendes Kriterium an, der Schuldner müsse den äußeren Rahmen seines Haftungsrisikos bei Vertragsschluss absehen können, um dieses im Zuge weiterer Verhandlungen insbesondere über die Vergütungshöhe einkalkulieren zu können.47 Da der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nach dem BGH dogmatisch in einer ergänzenden Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB verortet ist, soll dem Gedanken der Privatautonomie hier besondere Bedeutung zuzumessen sein.48 Dieser um eine Eingrenzung der Haftung bemühten Linie folgend, urteilte der BGH Ebenso Sommerschuh, Berufshaftung, 2003, S. 207. Vgl. Fischer, DB 2012, 1489, 1495. 46 Vgl. Meyer, WM 2003, 1301, 1310 f.; treffend zur Ermittlung des objektiven Schutzbereichs des Prüfvertrages Möllers, JZ 2001, 909, 913: „Die entscheidende ‚Gretchenfrage‘ lautet: Durfte der Dritte davon ausgehen, dass er die für seine Entscheidung notwendigen Fakten nicht mehr eigenverantwortlich ermitteln muss?“ 47 Vgl. BGH Urt. v. 6.4.2006 – III ZR 256/04, NJW 2006, 1975, 1976 f., der BGH verneint einen Anspruch des Anlegers gegen den Abschlussprüfer im konkreten Fall, da der Gedanke des § 323 Abs. 1 HGB die Haftung des Prüfers primär auf das Innenverhältnis zur Gesellschaft ausrichte; zugleich hält er aber ausdrücklich an der Anwendbarkeit des Vertrags mit Schutzwirkung in diesen Konstellationen fest. Zustimmend Ott, in: FS H.B. Schäfer, 2008, S. 171, 175. Vgl. auch BGH Urt. v. 15.12.2005 – III ZR 424/04, NJW-RR 2006, 611, 612: Es könne „regelmäßig nicht angenommen werden, dass der Abschlussprüfer ein so weites Haftungsrisiko zu übernehmen bereit ist, wie es sich aus der Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern in den Schutzbereich ergäbe“. 48 Vgl. BGH Urt. v. 15.12.2005 – III ZR 424/04, NJW-RR 2006, 611, 612: „Das Bestehen und die Reichweite eines etwaigen Drittschutzes sind durch Auslegung des jeweiligen Prüfvertrags zu ermitteln.“ – BGH Urt. v. 8.6.2004 – X ZR 283/02, NJW 2004, 3420, 3422; vgl. zur Dogmatik Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 846. 44 45

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2007, für den Anspruch des Anlegers aus einem Vertrag mit Schutzwirkung genüge – abweichend von der Prospekthaftung – nicht bereits typisiertes Vertrauen. Der Anleger müsse seine Entscheidung vielmehr konkret auf Informationen aus der Sphäre des Anspruchsgegners gestützt haben.49 Zudem muss der Vertrauenstatbestand über die gesetzliche Pflichtprüfung hinausgehen.50 Das Kriterium der Erkennbarkeit wirkt damit als limitierender Faktor. Eine Haftung kommt nur gegenüber denjenigen Dritten in Betracht, die erkennbar auf die konkrete Information vertrauen sollen und dies auch tatsächlich tun. Die Grenze zieht der BGH dort, wo das Haftungsrisiko derart unüberschaubar ist, dass der Gutachter den Vertrag in Kenntnis dieses Risiko so vernünftigerweise nicht abgeschlossen hätte.51 dd) Schutzbedürftigkeit des Dritten Zur Schutzbedürftigkeit des Anlegers hat der BGH 2004 entschieden, dass Ansprüche aus der Prospekthaftung solchen aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht gleichwertig sind.52 Ein Anspruch gegen den Wirtschaftsprüfer als Garant aus der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung steht der Schutzbedürftigkeit mithin ebenso wenig entgegen53 wie Prospekthaftungsansprüche gegen andere Akteure. ee) Zwischenergebnis Abschlussprüfer können somit gegenüber Anlegern für das im Prospekt verwendete Testat aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter haften. Die vom Prüfer erbrachte Leistung muss dafür aber nach der vertraglichen Abrede über die gesetzliche Mindestprüfung hinausgehen und in diesem Umfang auch erkennbar als Grundlage einer Anlageentscheidung Dritter dienen.54

49 BGH Urt. v. 14.6.2007 – III ZR 125/06, NJW-RR 2007, 1332, Leitsatz 3; für einen solchen restriktiven Ansatz Assmann, AG 2004, 435, 438; weitergehend Schlund, BB 1984, 1437, 1442, der auch die nicht im Prospekt erscheinenden „Konzeptberater“ des Emittenten nach diesen Grundsätzen zur Haftung heranziehen will. 50 Vgl. BGH Urt. v. 6.4.2006 – III ZR 256/04, NJW 2006, 1975, 1977; dazu Fischer, DB 2012, 1489, 1495. 51 Vgl. BGH Urt. v. 15.12.2005 – III ZR 424/04, NJW-RR 2006, 611, 612. 52 Vgl. BGH Urt. v. 8.6.2004 – X ZR 283/02, NJW 2004, 3420, 3421. 53 Bestätigt in BGH Urt. v. 14.6.2007 – III ZR 185/05, NJW-RR 2007, 1479, 1480; vgl. dazu Gottwald, in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 185; Zugehör, in: ders./Fischer/Vill u. a., HdB Anwaltshaftung, Rn. 1661, 1898. 54 Vgl. BGH Urt. v. 6.4.2006 – III ZR 256/04, NJW 2006, 1975, 1977; zustimmend Fischer, DB 2012, 1489, 1495; vgl. auch Ott, in: FS H.B. Schäfer, 2008, S. 171, 175, der die Heranziehung des Vertrages mit Schutzwirkung der Lösung über § 311 Abs. 2, 3 BGB vorzieht.

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c) Kritik aus der Literatur Das Abstellen auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Fall von Expertenauskünften ist vielstimmig kritisiert worden.55 Die Anlehnung an einen hypothetischen Parteiwillen, welche die Rechtsprechung behauptet, sei häufig reine Fiktion.56 Der Experte wolle zumeist nur seinem Vertragspartner haften, zudem habe der Leistungsempfänger oftmals kein erkennbares Interesse an der Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Beratungs-, Auskunfts- oder Gutachtenvertrages.57 Experten würden hier gegenüber einer Vielzahl von Adressaten zur Haftung herangezogen, nicht etwa weil sie hierzu konsentiert hätten (was ein Abstellen auf den hypothetischen Parteiwillen im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung impliziere), sondern weil deren Haftung erwünscht sei.58 Um dieses rechtspolitische Desiderat zu befriedigen sei der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht das richtige Instrument. Es fällt schwer, dieser dogmatischen Kritik zu widersprechen. Die Rechtsprechung hat sich denkbar weit vom Ursprung der Figur entfernt und muss sich entgegenhalten lassen, gelegentlich erkennbar vom gewollten Ergebnis her zu argumentieren. Zugleich wird aber – namentlich am Kriterium der Erkennbarkeit – deutlich, dass der BGH bemüht ist, wertungsmäßig vertretbare Ergebnisse zu erzielen. Einerseits soll die Haftung für Fehler denjenigen Vgl. Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 94 f. mit dem Vorschlag, hier mit der culpa in contrahendo zu arbeiten; umfassende Kritik bei Honsell, in: FS Medicus, 1999, S. 211, 225 ff., insbesondere gegen die Aufgabe des Erfordernisses gleichgerichteter Interessen von Leistungsgläubiger und Drittem, vgl. S. 228: „Im übrigen ist es gerade bei gegenläufigen Interessen evident, daß der Dritte seine Interessen selbst in der gebotenen Weise wahrnehmen muss. […] Wo er das versäumt oder nicht durchsetzen kann, sollten nicht Dritte verantwortlich gemacht werden.“ – Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 364 f. attestiert der Rechtsprechung zutreffende Ergebnisse, hält aber die Herleitung über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter für „unnötig“ und „unhaltbar“; krit. auch Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 258, ff., der die summenmäßig nicht gedeckelte Haftung schon bei leichter Fahrlässigkeit für unvereinbar mit den Besonderheiten offener Markttransaktionen ansieht, vgl. insb. S. 263. 56 Daher sehen Teile der Literatur die dogmatische Wurzel der Figur auch nicht in einer ergänzenden Vertragsauslegung nach den §§ 133, 157 BGB, sondern im rechtsgeschäftlichen Vertrauensprinzip (grundlegend Canaris, JZ 1965, 475, 477 ff.) oder Gewohnheitsrecht (vgl. Gernhuber, JZ 1962, 553, 555). 57 Vgl. Schneider, ZHR 163 (1999) 246, 252 f., mit Hinweis auf die gesetzgeberische Grundwertung des § 676 BGB a. F., heute § 675 Abs. 2 BGB n. F., wonach allein durch Auskunft oder Rat noch keine Haftung des Experten gegenüber dem Beratenen begründet wird. Die Neufassung ist gegenüber § 676 BGB a. F. massiv eingeschränkt worden, da der Ausschluss nunmehr „unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit“ gilt. 58 Vgl. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 846 m. w. N. 55

A. Vertragliche und quasivertragliche Ansätze

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schützen, der berechtigt auf die Expertise des Sachverständigen vertraut. Andererseits gilt es, Experten vor einer Übermaßhaftung zu bewahren. Diese Überlegungen treffen den Kern der Sache. Ob der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter letztlich aus dogmatischer Perspektive das optimale Vehikel für diese Erwägungen darstellt, soll an dieser Stelle nicht entschieden werden.59 d) Keine Dritthaftung anderer Sekundärakteure Man könnte nun erwägen, aus der referierten Rechtsprechung zur Abschlussprüferhaftung60 verallgemeinerungsfähige Aussagen zu extrahieren und Kriterien für eine Expertenhaftung anderer Beteiligter für die jeweils verantworteten Prospektteile zu gewinnen. Im Ergebnis ist dies jedoch zu verneinen. Zunächst ist zu beachten, dass der Abschlussprüfer gegenüber dem Prospektadressaten durch das Prüftestat einen herausgehobenen Vertrauenstatbestand setzt. Die namentliche Nennung und die notwendige berufliche Qualifikation des Abschlussprüfers verstärken dies. Auf dieser besonderen Vertrauensstellung fußt überhaupt erst die Überlegung, einen Dritthaftungsanspruch über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu begründen. Die Mitwirkung anderer Akteure geht mit geringerer Publizität einher und löst kein vergleichbares Vertrauen aus, da diese kein dem Testat vergleichbares „Gütesiegel“ in den Prospekt einbringen. Aus der Rechtsprechung des BGH zur Abschlussprüferhaftung geht zudem hervor, dass der haftungsbegründende Vertrauenstatbestand über die übliche Pflichtprüfung hinausgehen muss.61 Auf andere Mitwirkende gewendet bedeutet dies, dass sich deren Mitwirkung nicht in der typischen Beteiligung an der Prospekterstellung erschöpfen dürfte. An diesen Voraussetzungen wird ein Anspruch gegen Berater des Emittenten regelmäßig scheitern. Hinzu kommt die Problematik, dass die Haftung gegenüber Dritten nach dem Vertrag mit Schutzwirkung stets derivativer Natur ist, also voraussetzt, dass der Experte auch im Verhältnis zu seinem Vertragspartner wegen der Offen lassend im Hinblick auf die Dritthaftung von Ausstellern einer Legal Opinion auch Seiler, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 35 Rn. 63: „Ungeklärt ist zwar die dogmatische Grundlage für die Haftung. […] Allen Ansichten ist gemeinsam, dass die Haftung dann in Betracht kommen soll, wenn der Adressat auf die Richtigkeit der Erklärungen der Opinion vertraut hat, was typischerweise der Fall sein wird.“ (Hervorhebungen weggelassen.) 60 Vgl. exemplarisch zur Ausweitung des Schutzbereiches auf weitere Dritte, die nicht im direkten Umfeld des Leistungsgläubigers stehen in BGH Urt. v. 26.11.1986 – IVa ZR 86/85, NJW 1987, 1758, dazu krit. Hopt, NJW 1987, 1745, 1746: wegen ihres Ursprungs im Vertragsrecht leide die Konstruktion an Schwächen, was sich insb. im Fall vertraglicher Haftungsfreizeichnungsklauseln und der Frage, ob und wie diese in das Verhältnis des Haftenden zum Dritten durchschlagen können zeige; vgl. auch Zugehör, NJW 2000, 1601. 61 Vgl. BGH Urt. v. 14.6.2007 – III ZR 125/06, NJW-RR 2007, 1332, Leitsatz 3. 59

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fehlerhaften oder irreführenden Passagen haftet.62 Ist hier beispielsweise eine Haftungsbeschränkung vereinbart, bedarf es mancher methodischer Kreativität, diese zu überwinden und dem Anleger einen Anspruch zuzusprechen.63 Zudem ist zu bedenken, dass – sollte die Mitwirkung des Beraters hinreichend erkennbar zutage treten – auch ein Anspruch gegen diesen aus der Prospekthaftung im weiteren Sinne in Betracht kommt. Für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter fehlt ein praktisches Bedürfnis. Somit erscheinen Ansprüche aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gegen weitere Sekundärakteure, die bei der Prospekterstellung mitwirken, fernliegend.64 3. Ergebnis Am Primärmarkt führen weder ein vorvertragliches Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2, 3 BGB noch der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter jenseits der etablierten Kategorien zu einer zivilrechtlichen Haftung von Teilnehmern, die bei der Prospekterstellung mitwirken. II. Vertragsrechtliche Dritthaftung am Sekundärmarkt Auch für den Sekundärmarkt zeigt sich, dass nur der deliktsrechtliche Ansatz für die Frage der Haftung von Sekundärakteuren einen Erkenntnisgewinn verspricht. 1. Haftung nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB Die Haftungsbegründung über § 311 Abs. 2, 3 BGB erscheint bereits prima facie fernliegend: Ein Berater des Emittenten tritt im Zuge seiner Mitwirkung in keinerlei Kontakt mit dem Anleger, ebenso wenig nimmt er eine besondere persönliche Vertrauensstellung ein, wenn er die Erstellung fehlerhafter Ad-hocoder Regelpublizität unterstützt. Somit fehlt bereits offenkundig ein Vertrauens-

Hierauf deutlich hinweisend auch Canaris, ZHR 163 (1999) 206, 217 f., der daher und aus weiteren Gründen den Vertrag mit Schutzwirkung generell für ungeeignet befindet, um eine Expertenhaftung gegenüber Dritten zu konstruieren, wenn die Interessen von Gläubiger und Drittem nicht parallel gelagert sind. 63 Hopt, NJW 1987, 1745, 1746, sieht den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter daher als „eher vordergründige Hilfskonstruktion“; ähnlich Heukamp, ZHR 169 (2005) 471, 478; Sommerschuh, Berufshaftung, 2003, S. 209 weist darauf hin, dass der Wirtschaftsprüfer einem Dritten gem. § 334 BGB grds. sämtliche Einwendungen entgegenhalten kann, die ihm seinem Vertragspartner gegenüber zustehen. 64 So in der Sache wohl auch Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 82, 86. 62

A. Vertragliche und quasivertragliche Ansätze

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tatbestand, welcher zur Anknüpfung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses fungieren könnte.65 Dieser Ansatz wird vorliegend nicht weiter verfolgt. 2. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Auch die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung führt nicht zu einer Teilnehmerhaftung, da Sekundärmarktpublizität i. d. R. nicht deren Prospektbegriff erfüllt.66 Namentlich Ad-hoc-Mitteilungen werden regelmäßig schon aufgrund ihres Umfanges nicht „die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erhebliche[n] Angaben [enthalten] oder den Anschein eines solchen Inhalts erweck[en]“.67 Für Unterlagen der Regelpublizität wird diese Voraussetzung je nach Umfang zwar durchaus zu bejahen sein, allerdings fehlt diesen nach überzeugender h. L. die nach dem Prospektbegriff ebenfalls notwendige Vertriebsbezogenheit.68 3. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Schließlich könnten Sekundärakteure bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität nach dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zivilrechtlich haften. Im Ergebnis scheitert dies jedoch ebenfalls: Dafür müsste einer Vereinbarung zwischen Emittent und Berater hinsichtlich der Unterstützung bei der Erstellung von Sekundärmarktpublizität schützende Ausstrahlungswirkung zugunsten des Kapitalmarktpublikums beigemessen werden. Solch eine Annahme sähe sich noch fundamentalerer Kritik ausgesetzt als die entsprechende Konstellation am Primärmarkt.69 Die ratio der bereits referierten Rechtsprechung zur Abschlussprüferhaftung am Primärmarkt70 greift auch am Sekundärmarkt Platz: Der Ursprung des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in der ergänzenden Vertragsauslegung gebietet eine gewisse Vorhersehbarkeit des Haftungsrisikos. Denn es darf unterstellt werden, dass der Experte seine Beratungsdienstleistung in Erwartung einer unüberschaubar weitreichenden Haftung nicht bzw. nur gegen ein höheres Entgelt erbracht hätte. Diese Vorhersehbarkeit fehlt bei Ad-hoc- und Regelpublizität, die sich qua definitionem an sämtliche Markt-

65 Vgl. Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 109: „Als Angelpunkt einer allgemeinen, von konkreten Vertrauensbeziehungen abstrahierenden Kapitalmarktinformationshaftung taugt § 311 Abs. 2, 3 BGB damit nicht.“ 66 Dazu bereits oben Kapitel 1 – C.II.4., S. 98 (Ad-hoc-Publizität) sowie Kapitel 1 – C.III.2., S. 111 (Regelpublizität). 67 BGH Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10, NJW 2012, 758, 759. 68 Vgl. oben Kapitel 1 – C.III.2., S. 111. 69 Zu dieser Kritik soeben oben Kapitel 3 – A.I.2.c), S. 284. 70 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 3 – A.I.2.b), S. 280 ff.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

teilnehmer richtet, jedoch völlig.71 Überdies fordert der BGH mittlerweile auch für den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ein konkretes, nicht lediglich typisiertes Vertrauen des Dritten auf Angaben des Anspruchsgegners.72 Dieser Nachweis wird nur im Ausnahmefall gelingen. 4. Ergebnis Am Sekundärmarkt scheidet eine Haftung von Sekundärakteuren, die bei der Erstellung von Marktkommunikation mitwirken, auf (quasi)vertragsrechtlicher Grundlage somit aus. Dies gilt in aller Regel auch für die Haftung des Abschlussprüfers, wenn ein fehlerhafter Abschluss und der entsprechende Bestätigungsvermerk Bestandteil von Unterlagen der Regelpublizität sind.73

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

Den neuralgischen Punkt der hier untersuchten Haftung externer Teilnehmer wegen Beteiligung an fehlerhafter Kapitalmarktinformation bildet damit § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Aufgrund der sehr weitreichenden Rechtsfolge der Norm, der gesamtschuldnerischen Haftung jedes Beteiligten für den gesamten Schaden (vgl. § 840 Abs. 1 BGB), gebietet sich ein behutsames Ausloten der Anwendungsvoraussetzungen, um nicht Wertungen des spezialgesetzlichen Rechts der Kapitalmarktinformation zu unterlaufen oder gar zu konterkarieren. Die 1898 durch Franz von Liszt postulierte Essenz des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, „Jeder, der durch das Setzen einer Bedingung an dem deliktischen Thatbestande beteiligt ist, haftet mit den übrigen zusammen solidarisch für den durch das Delikt verursachten Schaden“74,

überzeugt im Kern nach wie vor, bedarf angesichts der Vielfalt und Komplexität möglicher Fallgestaltungen jedoch der Präzisierung. Im Zuge dessen ist den allfälligen Unterschieden zwischen einem „Raufhandel“,75 wie ihn die So auch Sauer, Haftung für Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 258. Vgl. BGH Urt. v. 14.6.2007 – III ZR 125/06, NJW-RR 2007, 1332, Leitsatz 3 (Abschlussprüfertestat). 73 Vgl. Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 48: „In eng begrenzten Ausnahmefällen“ könne eine Haftung nach vertragsrechtlichen Grundsätzen in Betracht kommen. 74 So v. Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1898, S. 78. 75 Vgl. zeitgenössisch Kohler, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 1906, § 177 III, S. 486; v. Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1898, S. 76; vgl. auch Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 4: die Norm habe insbesondere den Fall der „Wirtshausschlägerei“ im Blick. 71 72

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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Verfasser des BGB als typischen Anwendungsfall der Norm vor Augen hatten,76 und der Beteiligung an fehlerhafter Kapitalmarktinformation eines Wertpapieremittenten durch dessen Berater angemessen Rechnung zu tragen. I.

Regelungsgegenstand

§ 830 Abs. 1 S. 1 BGB behandelt die „gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung“ und ordnet in der Rechtsfolge die volle Verantwortlichkeit jedes Mittäters an.77 § 830 Abs. 2 BGB nennt ausdrücklich den Begriff der Mittäter und stellt diesen Anstifter und Gehilfen gleich. Allein § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB statuiert jedoch noch keine Haftung im Außenverhältnis sondern ordnet an, dass Mittäter, Anstifter und Gehilfen jeweils für den verursachten Schaden verantwortlich sind. Die Haftung folgt aus § 840 Abs. 1 BGB, wonach bei deliktischer Verantwortlichkeit Mehrerer im Außenverhältnis eine Gesamtschuld (§§ 421 ff. BGB) besteht.78 Der Geschädigte kann also jeden Täter sowie jeden Anstifter und Gehilfen der unerlaubten Handlung heranziehen um seinen vollen Schaden zu liquidieren. Der Anspruchsgegner kann sich im Verhältnis zum Geschädigten nicht auf den eigenen, vielleicht sehr geringen Verursachungsanteil berufen, um seine Einstandspflicht zu begrenzen.79 II. Ratio der Vorschrift In § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, dem „strafrechtlichen Teil“80 des § 830 BGB, ist eine zweifache ratio verkörpert: Einerseits ist die rechtspolitische Wertung erkennbar, den Inhaber eines deliktischen Anspruchs nicht mit dem Risiko belasten zu wollen, konkrete Verursachungsbeiträge einzelner von mehreren Schädigern nicht nachweisen zu können und möglicherweise nur

Vgl. Mugdan, Materialien, 1899, Mot. 738: „[§ 830 BGB] wird zB. praktisch bei Tödtung oder Körperverletzung in Raufhändeln.“ 77 Allg. Ansicht, vgl. nur Deutsch, JZ 1972, 105 mit Hinweis auf die sprachliche Nähe zu § 47 des StGB v. 1881; Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 9; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 3. 78 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 5; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 14; Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 4; vgl. auch Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 1: Diese Anordnung wurde von den Verfassern des BGB für nötig erachtet, da sie die Ausnahme von der Regel darstellt, dass jeder grds. nur für den von ihm selbst verursachten Schaden verantwortlich ist (pro-rata-Regel); vgl. zur Entstehungsgeschichte der §§ 830, 840 BGB auch Ries, AcP 177 (1977) 543, 546 f. 79 Vgl. Reichold, in: jurisPK BGB, § 830 Rn. 2; Sprau, in: Palandt BGB, § 840 Rn. 3; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 1; Weckerle, Die deliktische Verantwortlichkeit mehrerer, 1974, S. 83. 80 Vgl. Mensching, VersR 2012, 411; Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 1; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 2. 76

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einen Teil seines Schadens ersetzt zu bekommen.81 Wer widerrechtlich in geschützten Interessen beeinträchtigt wurde, soll keinen Nachteil dadurch erleiden, dass seine Rechtsgüter nicht lediglich durch einen, sondern mehrere Akteure geschädigt wurden.82 Ebenso bedeutend ist ein Blick auf die Schädigerperspektive: Ist derjenige tatbestandliche Erfolg eingetreten, den mehrere Schädiger gemeinsam erreichen wollten, erscheint einzig die gemeinsame Haftung für den entstandenen Schaden als folgerichtig.83 Nähme man dagegen lediglich eine quotale Haftung nach Verursachungsanteilen an, käme es dem einzelnen Schädiger letztlich zugute, wenn mit ihm noch andere an der Schädigung mitwirken, denn ohne deren Hinzutreten hätte er für den gesamten Schaden gehaftet.84 Die Rechtsordnung würde das gemeinschaftliche Schädigen eines Dritten aus Tätersicht zivilrechtlich privilegieren. Beide Aspekte gemeinsam, Geschädigtenschutz und Verantwortung des vorsätzlich handelnden Schädigers, bilden den rechtspolitischen Kern und die Legitimation der solidarischen Haftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Dies gilt es in der Auslegung stets zu berücksichtigen. III. Die verschiedenen Beteiligungsformen Adressaten des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB sind Mittäter, Anstifter und Gehilfen einer unerlaubten Handlung. Es stellt sich insbesondere die Frage, ob zur Auslegung der Beteiligungsformen mit der Rechtsprechung85 und der

Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 8; dies., AcP 196 (1996) 491, 495; Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 2; Ries, AcP 177 (1977) 543, 550; Rother, in: Rother/Quittnat GrundsatzKomm BGB, § 830 S. 441; Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 2; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 2, 6. 82 Vgl. BGH Urt. v. 29.10.1974 – VI ZR 182/73, NJW 1975, 49, 50 mit dem Hinweis, dass anderenfalls in vielen Fällen aufgrund von Zweifeln am Verursachungsbeitrag des jeweiligen Schädigers der Geschädigte sogar gänzlich leer ausginge; dieses Risiko solle ein deliktisch Geschädigter nicht zu tragen haben; vgl. auch Eberl-Borges, AcP 196 (1996) 491, 497 f., die den entscheidenden Grund der Regelung im subjektiven Element auf Täterseite, also dem Vorsatz zur gemeinsamen Schädigung eines Dritten sieht, daher müssten „sich Mittäter, Anstifter und Gehilfen zunächst an ihrem Vorsatz festhalten lassen“, vgl. ebd. S. 498. 83 Vgl. statt vieler Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 8; Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 2. 84 Vgl. v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 780; Ries, AcP 177 (1977) 543, 550; den Gedanken solidarischer Haftung für einen gemeinschaftlich verursachten Schaden hatte dasReichsgericht bereits vor Inkrafttreten des BGB herangezogen, vgl. RG Urt. v. 9.7.1886 – Rep. III. 70/86, RGZ 16, 144, 147 f. 85 Vgl. BGH Urt. v. 14.1.1953 – VI ZR 9/52, NJW 1953, 499, 500 (noch zu §§ 47 ff. StGB a. F.); BGH Urt. v. 29.10.1974 – VI ZR 182/73, NJW 1975, 49, 50; BGH Urt. v. 24.1.1984 – VI ZR 37/82, NJW 1984, 1226, 1228; BGH Urt. v. 13.7.2004 – VI ZR 136/03, 81

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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herrschenden Literatur86 an der Strafrechtsakzessorietät der Beteiligungsbegriffe festzuhalten ist. Eine Minderansicht greift dies aus verschiedenen Richtungen an.87 Vor allem wird kritisiert, dass für sämtliche Beteiligungsformen die vorsätzliche Mitwirkung an einer vorsätzlichen Haupttat verlangt wird, da dies in verschiedenen Konstellationen unbillige Haftungsvakanzen zeitige. Dieser Streitfrage soll vertieft im Rahmen der einzelnen Beteiligungsformen nachgegangen werden. 1. Mittäterschaft § 830 Abs. 1 S. 1 BGB statuiert die Verantwortlichkeit derer, die durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht haben, mithin der Mittäter.88 a) Vorsätzliches Zusammenwirken Mittäterschaft nach § 830 Abs. 1 S. 1 BGB setzt nach herrschender Auffassung voraus, dass mehrere Täter bewusst und gewollt zur Herbeiführung eines rechtlich missbilligten Erfolges zusammenwirken.89 Es bedarf eines gemeinsamen Vorsatzes (dolus eventualis genügt) hinsichtlich des Verletzungserfolges und der Rechtswidrigkeit der Tat.90 Vereinzelte Bestrebungen, neben dem vorsätzlichen, kollusiven Zusammenwirken auch die „fahrlässige Mittäterschaft“ nach § 830 Abs. 1 S. 1 BGB zu beurteilen,91 konnten sich zu Recht nicht durchsetzen. Zur Begründung NJW 2004, 3423, 3425 (Haftung des Brokers wegen Beihilfe zum churning des Anlageberaters). 86 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 21; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 3 f.; grundsätzlich auch Kohler, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 1906, § 177 II, S. 485, der aber fahrlässige Mittäterschaft anerkennen will; vermittelnd Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 7, der zwar aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gegen eine Entwicklung einer eigenen zivilrechtlichen Teilnahmelehre plädiert, zugleich aber vor einer „sklavische[n] Anbindung“ an die strafrechtlichen Institute warnt. 87 Vgl. Bydlinski, AcP 158 (1959) 410; Deutsch, JZ 1972, 105 f.; Ehricke, ZGR 2000, 351, 360; v. Hein, AcP 204 (2004) 761 770; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, § 82 I 2, S. 566 ff.; K. Schmidt, ZIP 1980, 328, 329. 88 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 9. 89 Vgl. BGH Urt. v. 24.1.1984 – VI ZR 37/82, NJW 1984, 1226, 1228; Urt. v. 2.2.1999 – XI ZR 381/97, NJW-RR 1999, 843, 844; Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 4; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 3. 90 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 12; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 5; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 3; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 22. 91 So Deutsch, JZ 1972, 105, 106; Weckerle, Die deliktische Verantwortlichkeit mehrerer, 1974, S. 69 f., dies sei zu bejahen, „wenn jeden der mehreren dieselbe Pflicht trifft und sie durch ihr subjektiv gemeinschaftliches Zusammenwirken bei der Steuerung des Ge-

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pflegt man darauf zu verweisen, dass anderenfalls die Grenzen zur Nebentäterschaft sowie zur Beteiligung nach § 830 Abs. 1 S. 2 BGB zu verschwimmen drohten.92 Auch fehle für diese Ausweitung das rechtstatsächliche Bedürfnis.93 Bei der auch heute noch in Bezug genommenen, vermeintlich § 830 Abs. 1 S. 1 BGB auf fahrlässige Mittäterschaft erstreckenden Rechtsprechung des Reichsgerichts94 handelt es sich um ein fortgetragenes Fehlzitat: Die stets zitierte Entscheidung betraf ausschließlich § 830 Abs. 1 S. 2 BGB;95 sie ist erkennbar nicht auf eine Anwendung auf § 830 BGB insgesamt angelegt. b) Objektive Mitwirkungshandlung Weitere Voraussetzung der Mittäterschaft ist, dass neben den gemeinsamen Vorsatz zur Tatbegehung eine objektive Beteiligung des Mittäters an der Haupttat tritt. Der materielle Gehalt dieses Elements wurde – wie auch im Strafrecht – lange Zeit kontrovers diskutiert: Im Strafrecht hat sich mittlerweile die Auffassung durchgesetzt, dass nicht allein der subjektive Wille der Beteiligten zur gemeinsamen Tat zur Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB führt (so noch die sog. animus-Theorie, welche die Rechtsprechung lange Zeit vertrat). Auch objektive Elemente im Sinne einer (Mit-)Kontrolle des konkreten Tatherganges sind notwendig (so stark vereinfacht die sog. Tatherrschaftslehre der überwiegenden Literatur).96 Die

schehensablaufs unter Außerachtlassung der von jedem zu fordernden Sorgfalt den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeiführen.“ – Erstmalig wohl bei v. Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1898, S. 74 ff., 78, der zugleich die Streitbarkeit der direkten Anwendbarkeit zugesteht; es sei daher „ganz gleichgültig, ob man Mitthäterschaft wirklich annimmt oder den Fall nach Analogie der Mitthäterschaft behandeln will.“ – In der Sache folgend Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1902, § 338 I c, S. 1069: „Dabei ist gleichgültig, ob vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt wurde; ob die Theilnehmer Mitthäter, oder ob nur Einzelne die Thäter, Andere Anstifter oder Gehülfen waren.“ – Ähnlich Keßler, in: Soergel BGB, 4. Aufl. 1929, § 830 Rn. 1; sowie Kohler, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 1906, § 177 II, S. 485 f. 92 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 17; Reichold, in: jurisPK BGB, § 830 Rn. 6; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 3. 93 Vgl. nur Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 17 f., 21; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 22; vgl. zudem Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 6 mit dem Hinweis, dass ein rein fahrlässiges Zusammenwirken die wechselseitige Zurechnung der Kausalität nicht zu rechtfertigen vermöge. 94 Vgl. Deutsch, JZ 1972, 105, Fn. 8; Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 6 mit Fn. 14. 95 Vgl. RG Urt. v. 30.6.1904 – Rep. VI. 483/03, RGZ 58, 357 (ausschließlich zu § 830 Abs. 1 S. 2 BGB). 96 Vgl. für einen Überblick des Streitstandes Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 55 ff.; sowie Lackner, in: Lackner/Kühl StGB, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 3 ff.

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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Rechtsprechung hat sich der Literatur diesbezüglich in der Sache weit angenähert.97 Auch im Kontext des § 830 Abs. 1 S. 1 BGB gingen Judikatur und ein Teil der Literatur zunächst von einem rein subjektiv geprägten Mittäterschaftsbegriff aus.98 Dies kristallisiert sich unter anderem darin heraus, dass sie dem betreffenden Mittäter (auch heute noch) die Berufung auf die fehlende Kausalität seines Tatbeitrages für den Schaden gänzlich versagen.99 Mittlerweile hat man die Entwicklung im Strafrecht allerdings in Teilen nachvollzogen. So fordert auch die zivilrechtliche Rechtsprechung nunmehr irgendeine objektiv feststellbare Mitwirkungshandlung des Mittäters.100 Diese kann körperlich oder rein psychisch erfolgen.101 Die Kausalität des individuellen Tatbeitrages für den Schaden muss aber nach wie vor nicht vorliegen.102 97 Vgl. Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 48: angesichts der Annäherung der Standpunkte stehe die rechtstatsächliche Bedeutung der Problematik in keinem Verhältnis mehr zu ihrer ungebrochenen Präsenz in der dogmatischen Diskussion; ebenso Lackner, in: Lackner/Kühl StGB, Vorbem. §§ 25 ff., Rn. 6. 98 Vgl. Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 8: „Art und Umfang des jeweiligen objektiven Tatbeitrages sind unerheblich.“ (Hervorhebung im Original.) 99 So deutlich Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 9: „Der Tatbeitrag des einzelnen Mittäters muss für den Erfolgseintritt nicht ursächlich geworden sein“; a. A. hingegen Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 25; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 7. 100 Vgl. bereits BGH Urt. v. 24.1.1984 – VI ZR 37/82, NJW 1984, 1226, 1228; gleichsinnig BGH Urt. v. 14.11.1997 – VI ZR 348/96, NJW 1998, 377, 382: „objektiv muß eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist.“ – Ebenso BGH Urt. v. 13.7.2004 – VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3425 (Haftung des Brokers wegen Beihilfe zum churning des Anlageberaters); sowie BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, NZG 2010, 550, 552 (vorsätzliche Beteiligung ausländischen Brokers an sittenwidriger Schädigung); BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NZG 2011, 69, 73 (Gehilfenhaftung ausländischen Brokers bei chancenlosen Warentermingeschäften); zustimmend Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 5; treffend auch Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 11: die nach wie vor regelmäßig in der Literatur geäußerte Kritik am zu subjektiv gefärbten Begriff der Mittäterschaft gehe mittlerweile ins Leere. 101 Vgl. nur Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 11; Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 5; Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 5; Rother, in: Rother/Quittnat GrundsatzKomm BGB, § 830 S. 441; Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 3; Teichmann, in: Jauernig BGB, § 830 Rn. 3. 102 BGH Urt. v. 11.5.1971 – VI ZR 211/69, NJW 1972, 40, 42: „Weil jeder Mittäter den Willen hat, durch seine Handlung zugleich dieselbe Tat des anderen als eigene zu verwirklichen, haftet er gemäß § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne Rücksicht darauf, ob nun er oder der andere den Schaden verursacht hat.“ – Zust. Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 7; krit. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 13, die diese Rechtsprechung auf das alleinige Abstellen auf subjektive Elemente der Mittäterschaft zurückführt. Dies kann jedoch angesichts des mittlerweile vollzogenen Wandels der Rechtsprechung so nicht mehr überzeugen: Auch wenn eine objektive Mitwirkung an der Tatausführung ge-

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Aufgrund der Gleichstellung von Tätern und Teilnehmern ohne Bedeutung ist die im Strafrecht leidenschaftlich geführte Debatte um die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme.103 c) Nachrangige Bedeutung für die vorliegende Untersuchung Für die vorliegend untersuchten Konstellationen der Beteiligung an fehlerhafter Kapitalmarktinformation eines Emittenten ist die Mittäterschaft weitgehend zu vernachlässigen. Denn Haftungsvoraussetzung der Mittäterschaft ist, dass der in Rede stehende Akteur tauglicher Täter der jeweiligen unerlaubten Handlung sein kann.104 Die spezialgesetzlichen Haftungstatbestände im Kapitalmarktrecht aber richten sich explizit nur an bestimmte Akteure (vgl. z. B. §§ 37b, 37c WpHG: Anspruchsgegner ist lediglich der Emittent). Externe Beteiligte wie Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer können die Tat also nicht eigenhändig verwirklichen und scheiden damit als Mittäter aus.105 Denkbar bleibt eine Haftung als Mittäter freilich, soweit dem beteiligten Akteur selbst ein Delikt nach § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz oder nach § 826 BGB anzulasten ist. Ist dies der Fall, stehen die Haftung dieses Mitwirkenden und auch die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB außer Frage. 2. Beihilfe In Betracht kommt aber eine Qualifikation mitwirkender Berater des Emittenten als Gehilfen. Diese haften gem. § 830 Abs. 2 BGB wie Mittäter. Beihilfe zu Sonderdelikten, welche der Gehilfe nicht selbst als Täter begehen kann, ist grundsätzlich möglich.106 Beide Beteiligungsformen sind in der Praxis häufig fordert wird, bedeutet dies nicht zwingend, dass dem in Anspruch Genommenen befreiend der Nachweis fehlender Kausalität zu erlauben wäre. 103 Vgl. BGH Urt. v. 13.7.2004 – VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3425 (Haftung des Brokers wegen Beteiligung am churning des Anlageberaters); BGH Urt. v. 4.11.1997 – VI ZR 348/96, NJW 1998, 377, 382; Bydlinski, AcP 158 (1959) 410, 411; Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 5; Kühn, Konkursantragspflicht, 1969, S. 99; Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 3; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 12. 104 Vgl. Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 3; Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 11; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 13. 105 Vgl. auch BGH Urt. v. 24.10.1973 – VIII ZR 82/72, WM 1973, 1354, 1355 f.: Wer selbst nicht Adressat der Konkursantragspflicht nach § 64 Abs. 1 GmbHG a. F. ist (= Geschäftsführer), kann nicht als Mittäter nach § 830 BGB in Anspruch genommen werden; insoweit zustimmend Konow, GmbHR 1975, 104, 106, der aber in der konkreten Sachverhaltskonstellation eine Haftung wegen Beihilfe bejaht, was der BGH nicht thematisiert hatte. 106 Vgl. BGH Urt. v. 25.7.2005 – II ZR 390/03, NZG 2005, 886, 888 (Insolvenzverschleppungshaftung) mit Hinweis auf § 28 Abs. 1 StGB; so auch bereits Schmidt, JZ 1978, 661, 666. Vgl. aber auch BGH HinwBeschl. v. 11.2.2008 – II ZR 291/06, NZG 2008, 468:

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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nicht scharf voneinander zu trennen, aufgrund der identischen Rechtsfolge besteht im Zivilrecht hierfür aber auch kein Bedürfnis.107 Auch der Beihilfebegriff wird von der Rechtsprechung108 und der überwiegenden Literatur109 dem Strafrecht entlehnt. Parallel zu § 27 StGB ist Beihilfe also die vorsätzliche Unterstützung einer fremden rechtswidrigen Vorsatztat.110 a) Gehilfenhandlung: Vorsätzliche Förderung einer vorsätzlichen Haupttat Die Gehilfenhandlung muss die Ausführung der Haupttat objektiv gefördert haben.111 Die Rechtsprechung lässt rein psychische Unterstützung genügen.112 Mit Ausnahme der psychischen Beihilfe113 ist nicht erforderlich, dass der

Der Anspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. (§ 64 S. 1 GmbHG n. F.) sei ein „Ersatzanspruch eigener Art“ und damit nicht der Teilnahme durch Dritte zugänglich; vgl. aus dem Strafrecht nur BGH Urt. v. 6.5.1960 – 2 StR 65/60, NJW 1960, 1677, 1678: Die Strafbarkeit der Teilnahme an einem Sonderdelikt ist ein anerkannter Grundsatz; so auch Froehner, ZInsO 2011, 1617. 107 Vgl. die Nachweise soeben in Fn. 103, S. 294. 108 St. Rspr., vgl. bereits RG Urt. v. 14.10.1931 – I 71/31, RGZ 133, 326, 329; BGH Urt. v. 25.7.2005 – II ZR 390/03, NZG 2005, 886, 888 (Insolvenzverschleppungshaftung); BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, NZG 2010, 550, 552 (vorsätzliche Beteiligung ausländischen Brokers an sittenwidriger Schädigung); BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NZG 2011, 69, 73 (Gehilfenhaftung des ausländischen Brokers bei chancenlosen Optionsgeschäften). 109 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 21; Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 9; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 11. 110 HM, vgl. nur Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 9; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 11; Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 14; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 15. 111 Wie bei der Mittäterschaft verlangt die Rechtsprechung in Abkehr von der rein subjektiven Theorie eine objektiv feststellbare Mitwirkung, die Ausführungen oben zur Mittäterschaft (vgl. soeben Kapitel 3 – B.III.1.b), S. 292 f.) gelten entsprechend. Vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung nur BGH Urt. v. 15.5.2012 – VI ZR 166/11, ZIP 2012, 2255, 2257: „[O]bjektiv muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten festgestellt werden, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen getragen war.“ (St. Rspr.). 112 Vgl. nur BGH Urt. v. 29.10.1974 – VI ZR 182/73, NJW 1975, 49, 51; BGH Urt. v. 13.7.2004 – VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3425; BGH Urt. v. 26.10.2004 – XI ZR 279/03, NJW-RR 2005, 556, 557; BGH Urt. v. 25.7.2005 – II ZR 390/03, NZG 2005, 886, 888. 113 Auf diese Einschränkung weist berechtigt Steffen, in: BGB-RGRK, § 830 Rn. 7 hin. Denn eine Haftung für rein psychische Beihilfe zu einer Tat, deren Haupttäter nichts von der Intention des Gehilfen ihn zu unterstützen weiß, erschiene mit Blick auf die Zwecke des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB unter keinem denkbaren Aspekt legitim.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Täter sich der Unterstützung überhaupt bewusst ist.114 Dem folgt die Literatur weitgehend.115 aa) Abkehr vom Vorsatzerfordernis beim Gehilfen? Teils wird vorgeschlagen, neben der vorsätzlichen auch die fahrlässige Förderung einer Tat von § 830 Abs. 2 BGB zu erfassen.116 Die Gefährlichkeit, welche für die Rechtsgüter des Geschädigten resultiere, entspreche derjenigen im Fall vorsätzlicher Mitwirkung. Gleiches gelte für die Beweisnot des Geschädigten, sodass auch die ratio des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB für die Erfassung der fahrlässigen Unterstützung einer Haupttat spreche. Die Rechtsprechung verlangt hingegen mit der h. L.117 eine vorsätzliche Unterstützung:

Vgl. BGH Urt. v. 29.10.1974 – VI ZR 182/73, NJW 1975, 49, 50; BGH Urt. v. 31.1.1978 – VI ZR 32/77, NJW 1978, 816, 819; BGH Urt. v. 26.10.2004 – XI ZR 279/03, NJW-RR 2005, 556, 557: „jede bewusste Förderung der fremden Tat“; BGH Urt. v. 25.7.2005 – II ZR 390/03, NZG 2005, 886, 888; handelt es sich bei der Haupttat um ein Unterlassen wie im Fall des § 84 GmbHG (unterlassene Konkursanmeldung), darf die Gehilfenleistung nicht lediglich auf das Erreichen des tatbestandlichen Erfolges zielen, sondern muss auf die vorsätzliche Unterstützung des Unterlassens des Haupttäters gerichtet sein, vgl. aus der strafrechtlichen Judikatur BGH Urt. v. 6.5.1960 – 2 StR 65/60, NJW 1960, 1677, 1678. 115 Vgl. nur Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 14; Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 9; Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 8; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 15; vgl. auch Smid, WM 2007, 1589, 1596 zur Haftung des außergerichtlichen Sanierers wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung; einschränkend Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 11: Irgendein innerer Zusammenhang zwischen Beihilfehandlung und Verletzungserfolg müsse vorliegen, anderenfalls drohe die Gehilfenhaftung völlig auszuufern. 116 Vgl. Ehricke, ZGR 2000, 351, 358 ff., zwar im Schwerpunkt zur Verleitung zu fahrlässiger Tat, die dortigen Ausführungen lassen sich aber sinngemäß auf die Beihilfe zur fahrlässigen Tat übertragen; Karollus, ZIP 1995, 269, 273 mit Fn. 52; im Kontext der Konkursverschleppungshaftung auch Hommelhoff/Schwab, in: FS Kraft, 1998, S. 263, 269 f., die das Vorsatzerfordernis des § 830 Abs. 2 BGB für „bereits im Ansatz verfehlt“ halten; zugeneigt auch Schmidt, ZIP 1980, 328, 329 mit Fn. 17: das Erfordernis vorsätzlicher Teilnahmehandlung sei „zweifelhaft“; erstmalig v. Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1898, S. 78. 117 Vgl. die Nachweise soeben in Fn. 109, S. 295; sowie Traeger, Der Kausalbegriff im Straf- und Zivilrecht, 1904, S. 276 ff., 282; vgl. auch Zugehör, NZI 2008, 652, 659: Dies sei regelmäßig Grund für das Scheitern eines Anspruchs gegen einen Steuerberater, der an einer Insolvenzverschleppung mitgewirkt hat; siehe auch Fraenkel, Tatbestand und Zurechnung bei § 823 Abs. 1 BGB, 1979, S. 283, der den Zurechnungsgrund für die Beihilfe in einer Unrechtsvereinbarung, nicht in der Mitverursachung der Tatbestandsverwirklichung sieht und daher den Vorsatz bei Haupttäter und Teilnehmer für zwingend notwendig erachtet. 114

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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„Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen getragen war“.118

Dabei setze der Gehilfenvorsatz jedoch keine völlige Solidarisierung mit dem Täter voraus: „Für den Gehilfenvorsatz ist ausreichend, wenn die Hilfeleistung nicht der eigentliche oder einzige Beweggrund für den Helfer ist. Beihilfe kann auch leisten, wer mit der Unterstützung des Täters andere Absichten und Ziele verfolgt, ja es innerlich ablehnt, dem Täter zu helfen. Nimmt er gleichwohl die Förderung der Tat bewusst in Kauf, dann deckt der so betätigte Ausführungswille diese. In Kauf nehmen liegt auch dann vor, wenn man sich mit dem Eintritt eines an sich unerwünschten Erfolges abfindet und es dem Zufall überlässt, ob dieser eintritt oder nicht.“119

Der Gehilfe muss nach der h. M. also zumindest mit Eventualvorsatz gehandelt haben.120 bb) Abkehr vom Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat? Zudem wird diskutiert, ob nicht auch die vorsätzliche Beihilfe zu einer grob fahrlässigen Haupttat zur Haftung führe. Für den Geschädigten, auf dessen Vermögen sich das Hauptaugenmerk des Schadensausgleichs richtet121, bestehe zwischen den Begehungsformen kein Unterschied: Die Ersatzwürdig-

118 BGH Urt. v. 13.7.2004 – VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3425 (Haftung des Brokers wegen Beihilfe zum churning des Anlageberaters); BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, NZG 2010, 550, 552 (vorsätzliche Beteiligung ausländischen Brokers an sittenwidriger Schädigung); ebenso BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NZG 2011, 69, 73; BGH Urt. v. 15.5.2012 – VI ZR 166/11, ZIP 2012, 2255, 2257; vgl. auch schon zuvor BGH Urt. v. 4.11.1997 – VI ZR 348/96, NJW 1998, 377, 382: „Die Teilnahme verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern“; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.9.1998 – 22 U 20/98, 22 U 114/98, OLGR Düsseldorf 1999, 10, Rz. 27 ff.: Keine Haftung eines Anwaltes bei Überarbeitung einer Broschüre für Warentermingeschäfte, wenn dieser in dem Bemühen handelte, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. 119 BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, NZG 2010, 550, 552 f. (vorsätzliche Beteiligung ausländischen Brokers an sittenwidriger Schädigung) (interne Nachweise weggelassen); zustimmend Froehner, ZInsO 2011, 1617, 1622. 120 Vgl. Smid, DZWIR 2008, 265, insb. 269: Die Empfehlung des Beraters an einen Gesellschafter, Entnahmen zu tätigen, lasse auf bedingten Vorsatz hinsichtlich der Teilnahme am Existenzvernichtungsdelikt schließen. 121 Vgl. Brand, Schadensersatzrecht, Rn. 23; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, Rn. 17; Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 58 betonen den Aspekt eines gerechten Schadensausgleichs, aber auch dessen gewisse Inhaltsleere; siehe auch Oetker, in: MünchKomm BGB, §249 Rn. 8.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

keit des Schadens erscheine im Fall einer lediglich fahrlässigen Haupttat nicht minder stark.122 cc) Insbesondere: Beihilfe zur fahrlässigen Insolvenzverschleppung Für die Insolvenzverschleppungshaftung nach §§ 64 GmbHG, 15a InsO ist die Teilnehmerhaftung durch Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB (teils mit § 823 Abs. 2 BGB zitiert, teils ohne diesen Zusatz) in Rechtsprechung und Literatur anerkannt.123 Eine beachtliche Literaturansicht tritt hier dafür ein, das Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat aufzugeben.124 Exemplarisch gilt die Situation der Einflussnahme eines GmbH-Gesellschafters auf den Geschäftsführer mit dem Resultat, dass der Geschäftsführer seine Insolvenzantragspflicht fahrlässig verletzt. Eine Haftung des Gesellschafters als Haupttäter scheidet aus, da ihn die Pflicht nicht persönlich trifft. Die hohen Voraussetzungen des § 826 BGB werden häufig nicht vorliegen bzw. nicht beweisbar sein, sodass eine Haftung des Gesellschafters zu scheitern droht. Diese vermeintliche Lücke wird herangezogen, um die gewünschte Absenkung des Verschuldensmaßstabs zu legitimieren. Die vorsätzliche Beihilfe zur fahrlässigen Insolvenzantragsverschleppung sei aus Wertungsgesichtspunkten ebenso haftungswürdig wie diejenige zur vorsätzlichen Tat.125 Teils 122 In die gleiche Richtung Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, § 81 II 2, S. 545, § 81 IV, S. 560 ff.; vgl. auch Oetker, in: MünchKomm BGB § 249 Rn. 311: Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution ist Primärziel einer Ersatzpflicht, den Geschädigten in die Lage zu versetzen, in der er sich ohne das schädigende Ereignis befände. 123 Vgl. nur BGH Urt. v. 25.7.2005 – II ZR 390/03, NZG 2005, 886, 888; H. F. Müller, in: MünchKomm GmbHG, § 64 Rn. 194; den Weg hierzu bereitend Konow, GmbHR 1975, 104, 106; Schmidt, JZ 1978, 661, 665 f.; Schmidt, ZIP 1980, 328, 329. Eine Teilnehmerhaftung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife über § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. (heute § 64 S. 1 GmbHG) i. V. m. § 830 BGB ist hingegen nicht zulässig, da die Norm einen „Ersatzanspruch eigener Art“ gegen den Geschäftsführer statuiert, keinen Deliktstatbestand, vgl. BGH HinwBeschl. v. 11.2.2008 – II ZR 291/06, NZG 2008, 468, 3. Ls.; zustimmend H. F. Müller, in: MünchKomm GmbHG, § 64 Rn. 130; Reichold, in: jurisPK BGB, § 830 Rn. 6. 124 Vgl. Ehricke, ZGR 2000, 351, 358 ff.; Hommelhoff/Schwab, in: FS Kraft, 1998, S. 263, 269 f., 271; Konow, GmbHR 1975, 104, 106; Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 9; Kühn, Konkursantragspflicht, 1969, S. 109 ff., 114 f.; Schmidt, ZIP 1980, 328, 329; erneut Schmidt, ZIP 1988, 1497, 1501; sympathisierend Haas, NZI 2006, 61; H. F. Müller, in: MünchKomm GmbHG, § 64 Rn. 194 mit Fn. 2. 125 Vgl. Kühn, Konkursantragspflicht, 1969, S. 109 ff., mit Unterscheidung danach, ob die Tat des Vordermannes ein Allgemeindelikt oder ein Pflichtdelikt sei; im ersten Fall sei am Vorsatzerfordernis festzuhalten, im zweiten nicht, vgl. S. 111: „Der Grund für die Haftung des Teilnehmers ist die Beteiligung an einer pflichtwidrigen Unterlassung der Geschäftsführer […]. Die Teilnehmer sind den Gesellschaftsgläubigern nicht zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Geschäftsführer in ein zivilrechtliches oder strafrechtliches Verschulden verstrickt haben. Deshalb kann ihre Haftung auch nicht vom Verschulden des Haupttäters abhängen.“ – Zustimmend Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 9.

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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wird dies mit einem Argument a majore ad minus unterlegt: Wenn schon die vorsätzliche Beihilfe zu vorsätzlicher Tat eine Außenhaftung des Gehilfen nach sich ziehe, müsse dies erst Recht für die vorsätzliche Beihilfe zu einer nur fahrlässigen Tat gelten, da hier der Wirkkreis des Gehilfen nach außen noch größer sei.126 Dem Gehilfen dürfe schließlich nicht zugutekommen dass lediglich er selbst, nicht aber der Geschäftsführer vorsätzlich handle.127 Die Rechtsprechung ist dem bislang nicht gefolgt.128 Interessant ist in diesem Kontext auch die Frage, inwieweit berechtigtes Vertrauen auf einen – möglicherweise vorsätzlich handelnden – Berater die Haftung des nur fahrlässig handelnden Geschäftsführers entfallen lässt.129 Dies kann an dieser Stelle jedoch nicht vertieft werden. dd) Stellungnahme zum Vorsatzerfordernis Die Minderauffassung vermag gute Gründe für eine vorsichtige Ablösung des Beihilfebegriffs vom strafrechtlichen Verständnis vorzubringen und einige der für die Strafrechtsakzessorietät vorgebrachten Argumente überzeugen bei genauer Betrachtung nur bedingt. Im Ergebnis sprechen allerdings die besseren Gründe dafür, mit der herrschenden Auffassung am Vorsatzerfordernis sowohl hinsichtlich der Gehilfenhandlung als auch hinsichtlich der unterstützten Haupttat festzuhalten. (1) Argument der Einheit der Rechtsordnung Für die Strafrechtsakzessorietät wird häufig die Einheit der Rechtsordnung130 ins Feld geführt. Es sei nicht hinnehmbar, die Begriffe in beiden Rechtsgebieten verschieden zu bestimmen. Für sich genommen trägt dies jedoch nicht, was geradezu exemplarisch der Urkundsbegriff demonstriert. Dieser hat im bürgerlich-rechtlichen, zivilprozessualen, strafrechtlichen und strafprozessualen Sinne jeweils eine eigene Definition erhalten, welche auf die Umstände des jeweiligen Rechtsgebietes zugeschnitten ist. Es ließen sich zwanglos So explizit Konow, GmbHR 1975, 104, 106. Vgl. Kühn, Konkursantragspflicht, 1969, S. 110 f.; K. Schmidt, JZ 1978, 661, 666. 128 Vgl. BGH Urt. v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, NJW 1979, 1823, 1826 (Herstattbank), Haftung der Aufsichtsratsmitglieder für Teilnahme an Verletzung der Konkursantragspflicht erfordert vorsätzliche Unterstützung des Verpflichteten und damit zumindest positive Kenntnis, dass dieser der Konkursantragspflicht pflichtwidrig nicht nachkommt; vgl. auch BGH Urt. v. 25.7.2005 – II ZR 390/03, NZG 2005, 886, 888; dazu krit. Haas, NZI 2006, 61. 129 Vgl. dazu BGH Urt. v. 27.3.2012 – II ZR 171/10, NZG 2012, 672: Sofern bei Bedarf ein qualifizierter Berater herbeigezogen und dessen Urteil einer Plausibilitätskontrolle unterworfen wird, haftet der Geschäftsleiter für eine Insolvenzverschleppung mangels Verschulden nicht; dem zustimmend Müller, NZG 2012, 981. 130 Vgl. Froehner, ZInsO 2011, 1617, 1618; Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 3. 126 127

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

weitere Beispiele sammeln.131 Die Beteiligungsbegriffe des StGB orientieren sich mithin an grundlegenden Prinzipien des Strafrechts, wie der Subsidiarität des Strafrechts,132 der zwingenden Wortlautgrenze und dem Bestimmtheitsgrundsatz.133 Diesen steht im Zivilrecht kein Äquivalent gegenüber. Man spricht von der „Relativität der Rechtsbegriffe“.134 Die Einheit der Rechtsordnung gebietet die Strafrechtsakzessorietät der Begriffe also nicht. (2) Historisches Argument Weiter sei zu beachten, dass die herrschende Auslegung der Normen seit über 100 Jahren ständiger Rechtsprechung entspricht. In Verknüpfung mit der Intention des historischen Gesetzgebers, der von ebendiesem Gleichlauf ausgegangen135 und insoweit nie von einem späteren Gesetzgeber widerlegt oder hinterfragt worden sei, komme dieser Konstante eine gewisse Bindungswirkung zu.136 Auch dies lässt sich jedoch teilweise hinterfragen: Der BGB-Gesetzgeber knüpfte seinerzeit an die Beteiligungsbegriffe des StGB von 1871 an, welches gravierende Unterschiede zum heutigen StGB aufweist; auch die Beteiligungsbegriffe sind nicht identisch.137 Es bliebe zu prüfen, ob eine dynamische Verweisung gewollt war,138 und wie stark eine etwaige solche Entscheidung mehr als 100 Jahre nach Gesetzesentstehung noch fortwirkt. Allerdings ist den Materialien zum BGB nicht einmal ausdrücklich zu entnehmen, dass überhaupt eine Adaption strafrechtlicher Begriffe gewollt war; einzig der parallel angelegte Wortlaut weist hierauf hin.139 Stärkere als die Intention des historischen Gesetzgebers überzeugt das historische Konsistenzargument: Die 131 Vgl. v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 771 f. mit weiteren Beispielen; vgl. auch aus Sicht der Methodenlehre Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 9, 50: diesem Argument komme insbesondere dann keine große Bedeutung zu, wenn es in Widerspruch zu anderen Auslegungsprinzipien gerate. 132 Vgl. Radtke, in: MünchKomm StGB, Vorbem. §§ 38 ff., Rn. 4; synonym auch ultima ratio-Gedanke des Strafrechts. 133 Vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; dazu Lackner, in: Lackner/Kühl StGB, § 1 Rn. 1 ff.; vgl. auch zur unterschiedlichen Verortung des Vorsatzes im Tatbestandsaufbau des Straf- und Zivilrechts Hommelhoff/Schwab, in: FS Kraft, 1998, S. 263, 269 f. 134 Vgl. v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 771 mit weiterführenden Nachweisen zur Herkunft dieses Ausdrucks. 135 Dies ist den Materialien nicht derart eindeutig zu entnehmen wie zuweilen behauptet wird, wurde aber seitens der Verfasser wohl als selbstverständlich vorausgesetzt; umfassende Auswertung der Motive bei Kreutziger, Die Haftung von Mittätern, Anstiftern und Gehilfen im Zivilrecht, 1985, S. 15 ff. 136 In diese Richtung Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 21. 137 Hierauf hinweisend auch v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 770 f. 138 Dazu krit. v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 770 f.; gänzlich ablehnend Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, § 82 I 2 f., S. 569. 139 Vgl. dazu ausf. v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 770 f.

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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Beteiligungsbegriffe des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB werden seit Inkrafttreten des BGB dem Strafrecht entlehnt, die Rechtsprechung hat die Entwicklung einer eigenen zivilrechtlichen Dogmatik stets abgelehnt. Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme einer Erstarkung der hergebrachten Auslegung zu Gewohnheitsrecht nicht abwegig. (3) Systematisches Argument Einiges Gewicht kommt zudem einem systematischen Argument zu. Eine Neuausrichtung der Beteiligungsbegriffe ließe sich nicht auf singuläre Konstellationen wie die Beihilfe zur Insolvenzverschleppung oder zu fehlerhafter Kapitalmarktinformation beschränken, sondern beträfe das gesamte Deliktsrecht unmittelbar.140 Denn mit den hergebrachten Techniken der Normauslegung erschiene es unvereinbar, die Beteiligungsbegriffe der Norm nur in bestimmten Konstellationen autonom zivilrechtlich auszulegen und auf den Vorsatz zu verzichten, im „Normalfall“ eines Delikts aber an der Strafrechtsakzessorietät und dem klassischen Begriffsverständnis festzuhalten.141 Eine solch gespaltene Terminologie ist auch im Interesse der Rechtsklarheit deutlich abzulehnen. Erweiterte man also mit der Minderansicht die Teilnehmerhaftung auf die fahrlässige Beihilfe, wäre von diesem Schritt das gesamte Deliktsrecht betroffen. Die resultierende gesamtschuldnerische Haftung desjenigen, der lediglich fahrlässig an einer Drittschädigung mitwirkt, würde jedoch einen gravierenden Systembruch darstellen, der sich mit den hergebrachten Wertungen des deliktsrechtlichen Vermögensschutzes nur schwer in Einklang bringen ließe. Die Rechtsfolgenseite des deliktischen Rechtsgüterschutzes würde stark ausgeweitet, eine Übermaßhaftung der jeweiligen Gehilfen wäre zu befürchten. Selbst soweit man ein solches Ergebnis grundsätzlich begrüßen mag wird hier offenbar, dass eine Abkehr vom Vorsatzerfordernis das Recht der unerlaubten Handlungen derart gravierend modifizieren würde, dass diese Entscheidung dem Gesetzgeber vorbehalten sein sollte. (4) Teleologische Erwägungen, ratio legis Von der rechtspolitischen Stoßrichtung her ist der Minderansicht zuzugeben, dass im Recht der außervertraglichen Haftung durchaus Konstellationen denkbar sind, in denen auch die vorsätzliche Beteiligung an einer fahrlässigen Tat, die fahrlässige Unterstützung einer vorsätzlichen Tat oder sogar die fahrDie erkennt auch Ehricke, ZGR 2000, 351, 361, erblickt hierin aber kein Argument gegen die Absenkung des Verschuldensmaßstabes. 141 Auch das Argument der „Relativität der Rechtsbegriffe“ kann hierüber nicht hinweghelfen, da es vorliegend um die gespaltene Auslegung eines Begriffs in lediglich einer Norm geht, nicht in verschiedenen Normen. 140

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

lässige Förderung einer fahrlässigen Tat aus Geschädigtenperspektive haftungs- und kompensationswürdig erscheinen. Dies gilt auch und gerade mit Blick auf die Kapitalmarktinformationshaftung. Denn von hochspezialisierten, professionalisierten Marktakteuren wird erwartet – und darf aufgrund ihrer Fachkunde und zentralen Stellung im Markt auch erwartet werden – dass sie sorgfältig arbeiten. Besonders deutlich wird dies, wenn der Berater positive Kenntnis von dem Pflichtverstoß hat, dem Emittenten aber lediglich grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, sodass für einen Anspruch gegen den Sekundärakteur die vorsätzliche Haupttat fehlt.142 Für das Vorsatzerfordernis spricht jedoch aus Wertungsgesichtspunkten, dass die aus § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB folgende Privilegierung des Geschädigten nur dann gerechtfertigt ist, wenn der betreffende Schaden Folge eines gemeinsamen vorsätzlichen Handelns mehrerer Verletzer ist.143 Wie oben dargestellt, speist sich die ratio der Norm neben dem Schutzgedanken zugunsten des Geschädigten auch daraus, dass dem Vorsatztäter das arbeitsteilige Zusammenwirken mit einem Komplizen nicht zu Gute kommen soll.144 Aus Schädigerperspektive trägt die Haftung jedes Beteiligten für den gesamten Schaden also nur als Belastung desjenigen, der bewusst und zielgerichtet mit einem oder mehreren anderen Schädigern gemeinsam tätig wird.145 Dies spricht deutlich dafür, weder hinsichtlich der Gehilfenhandlung noch hinsichtlich der Haupttat vom Vorsatzerfordernis abzurücken. (5) Ergebnis Die Strafrechtsakzessorietät des Begriffs der Beihilfe in § 830 Abs. 2 BGB sollte nach geltendem Recht nicht aufgelockert werden. Sowohl die erbrachte Gehilfenhandlung als auch die unterstützte Haupttat müssen mithin zumindest bedingt vorsätzlich erfolgen. b) Einwand fehlender Kausalität der Beihilfehandlung? Ob der Einwand fehlender Kausalität des Gehilfenbeitrages für den Schädigungserfolg eine Inanspruchnahme des Gehilfen abzuwenden vermag, ist umstritten.146 Die Problematik besitzt bei Beteiligung an fehlerhafter Kapi142 Dies auch im Rahmen der Konkursverschleppungshaftung erneut monierend Schmidt, ZIP 1988, 1497, 1501; dieses Problem erkennt auch Froehner, ZInsO 2011, 1617, 1618, sieht aber richtigerweise, dass ein Verzicht auf das Vorsatzerfordernis beim Haupttäter nicht zu rechtfertigende Systembrüche mit sich brächte. 143 So auch Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 3. 144 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 3 – B.II., S. 289 f. 145 So auch Ehricke, ZGR 2000, 351, 357, der allerdings die vorsätzliche Anstiftung zu fahrlässiger Haupttat unter § 830 Abs. 2 BGB subsumieren will, vgl. S. 358 ff., 361. 146 Dafür Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 43; Kreutziger, Die Haftung von Mittätern, Anstiftern und Gehilfen im Zivilrecht, 1985, S. 229; ablehnend Wag-

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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talmarktpublizität einige praktische Relevanz. So mag ein Rechtsanwalt ausführen, der von ihm beratene Emittent hätte auch ohne den erteilten Rat, die Veröffentlichung einer ad-hoc-publizitätspflichtigen Information nach § 15 Abs. 1 WpHG zu unterlassen, gleichermaßen pflichtwidrig gehandelt. Die Unterstützung wäre also nicht kausal für die eingetretene Schädigung. Es stellt sich die Frage, ob dieser Einwand dem Anspruchsgegner zur Verfügung steht. aa) Präzisierung der Anknüpfungspunkte Wichtig ist hier, wie stets bei Kausalitätsfragen, genau zu differenzieren und die Bezugspunkte festzulegen:147 Die (Mit-)Ursächlichkeit der Gehilfenleistung für die Ausführung der Haupttat, wird, sofern eine geeignete Gehilfenhandlung nachgewiesen ist, unwiderleglich vermutet.148 Gerade hierin liegt die besondere Privilegierung des Geschädigten. Streit besteht hingegen hinsichtlich der Frage, ob die Beihilfehandlung auch für den konkret eingetretenen Schädigungserfolg kausal geworden sein muss. Man mag die erste Frage als haftungsbegründende Kausalität, die zweite als haftungsausfüllende Kausalität bezeichnen. Wenngleich sich dies nicht vollständig mit dem üblichen Begriffsverständnis deckt, ist eine weitgehende Konvergenz gegeben. Einige Stimmen in der Literatur fordern, den Einwand fehlender Kausalität zuzulassen, da ansonsten eine unüberschaubare Haftung für jede Art von Hilfeleistung drohe.149 Die wohl h. L. lehnt dies hingegen im Einklang mit ner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 17 ff., jeweils m. w. N. auch zur Rechtsprechung, die auf das Kausalitätserfordernis verzichtet; vgl. insbesondere die Pionierarbeit von Bydlinski, AcP 158 (1959) 410 mit einer tief schürfenden Analyse der Frage, ob und inwieweit das subjektive Element der Zusammenwirkens eine fehlende Verursachungskausalität zu ersetzen vermag. 147 Diese Differenzierung auch bei v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 781; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 4. 148 Vgl. Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 23: Sobald der Geschädigte bewiesen habe, dass das Verhalten des Beteiligten die Anspruchsvoraussetzungen erfülle und geeignet sei, den Schaden herbeizuführen, werde die Kausalität des Tatbeitrages unwiderleglich vermutet; vgl. auch Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 29; Teichmann, in: Jauernig BGB, § 830 Rn. 1, 15; wohl auch Reichold, in: jurisPK BGB, § 830 Rn. 8. 149 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 4, 43; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 11; vgl. auch Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 9: „Unter Schutzzweckerwägungen ist zu fordern, dass die Mitwirkung wenigstens möglicherweise den Erfolg herbeigeführt hat.“ – Gleichsinnig Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 3; siehe auch bereits Bydlinski, AcP 158 (1959) 410, 416, 420, der die Legitimation der Solidarhaftung in einer möglichen Kausalität des Beteiligten sieht und die Argumentation, die Haftungsanordnung rechtfertige sich bereits aus der gemeinschaftlichen Betätigung des auf eine Schädigung gerichteten Willens, zurückweist.

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der Rechtsprechung150 ab, da der Gehilfe bereits durch die vorsätzliche Förderung der Tat ein hinreichend haftungswürdiges Verhalten verwirklicht habe.151 Auf die Ursächlichkeit des Tatbeitrages für den Schaden komme es nicht an. bb) Analyse des Meinungsstandes In der aufgeworfenen Frage kristallisiert sich letztlich ein Grundsatzstreit über die ratio und Konzeption von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB heraus: Wer den Einwand zulassen will, sieht den Gehalt der Vorschrift im Wesentlichen in einer Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten.152 Nur die Kombination des betätigten Willens zu kollusiver Schädigung einerseits und der zumindest möglichen Kausalität des Tatbeitrages für die Rechtsgutsverletzung andererseits legitimiere die Haftung.153 Ist die Kausalität hingegen Vgl. BGH Urt. v. 29.10.1974 – VI ZR 182/73, NJW 1975, 49, 50: „Ein Weniger an eigenhändiger Verwirklichung der unmittelbaren Verletzungshandlung wird insoweit durch den in die Tat umgesetzten Willen zur Teilnahme an ihr kompensiert. Bereits der so betätigte gemeinschaftliche Ausführungswille kann nach dem Gesetz die gemeinschaftliche Verursachung des Schadens im Sinne von § 830 I 1 BGB erzeugen“; BGH Urt. v. 31.1.1978 – VI ZR 32/77, NJW 1978, 816, 819: „Ob es zu der ‚Aktion‘ und ihren Folgen auch ohne die Unterstützung des Bekl. Gekommen wäre, ist nicht entscheidend.“ – BGH Urt. v. 26.10.2004 – XI ZR 279/03, NJW-RR 2005, 556, 557: „[…] eine Mitverursachung des Taterfolgs durch den Gehilfen ist nicht erforderlich […]. Ausreichend ist vielmehr jede bewusste Förderung der fremden Tat“; BGH Urt. v. 25.7.2005 – II ZR 390/03, NZG 2005, 886, 888; die strafrechtliche Judikatur verfährt ebenso, vgl. statt vieler BGH Urt. v. 18.6.2003 – 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41, 42 f. m. w. N. (Beihilfe zur Steuerhinterziehung). Siehe zudem im Kontext der Schmerzensgeldberechnung OLG Brandenburg Beschl. v. 27.7.2000 – 12 W 29/99, NJW 2000, 3579; dazu ablehnend Henne, NJW 2001, 1472, 1473: „§ 830 BGB bleibt also eine Norm, die eine Einstandspflicht trotz nur möglicher Kausalität herbeiführt, […] aber nicht eine ausgeschlossene Kausalität überwindet.“ (Hervorhebungen im Original.) 151 So Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 1958, § 247 I 1, S. 993: „[D]urch die bewußte Teilnahme wird jeder einzelne für die Wirkung der Gesamthandlung kausal, auch wenn er den Teil der Handlung, der den rechtswidrigen Erfolg unmittelbar herbeiführte, nicht selbst begangen hat.“ – Fraenkel, Tatbestand und Zurechnung bei § 823 Abs. 1 BGB, 1979, S. 269 ff.; Staudinger, in: Schulze Handkomm BGB, § 830 Rn. 6, 14; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 18. 152 So Bydlinski, AcP 158 (1959) 410, 420; Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 8; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 1. 153 Ausf. Bydlinski, AcP 158 (1959) 410, 419 ff., der bei erwiesener Nichtkausalität des erbrachten Beitrages keine Legitimation für die Haftungsanordnung erblickt, allerdings dem Rechtsgefühl widerstrebende Ergebnisse durch eine Erfolgsabwendungspflicht aus Ingerenz abzuwenden sucht, aus der die hypothetische Kausalität des Nichttätigwerdens für den eingetretenen Erfolg folge; knapp auch Eberl-Borges, AcP 196 (1996) 491, 495 f.; wohl ähnlich Brehm, JZ 1980, 585, 589, zwar im Kontext des § 830 Abs. 1 S. 1 BGB, die Ausführungen zur Kausalität sind aber verallgemeinerungsfähig formuliert. 150

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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ausgeschlossen, hafte der Gehilfe nicht. Diese Auffassung will also dem Geschädigten die Schwierigkeiten des Kausalitätsnachweises abnehmen, jedoch mit dem haftungsrechtlichen Grundsatz, dass jeder nur für den von ihm verursachten Schaden haften solle, nicht brechen. Rechtsprechung und herrschende Literatur hingegen sehen den Grund der Haftung des Gehilfen bereits im subjektiven Element der Teilnahme beschrieben. Der auf eine gemeinsame Tatverwirklichung gerichtete, objektiv betätigte Wille genügt hiernach zur Begründung der Haftung.154 Ein Beweis fehlender Kausalität der Beteiligung für den Schädigungserfolg lasse die Haftungswürdigkeit des betätigten Willens, an der deliktischen Schädigung eines fremden Rechtsgutes mitzuwirken, nicht entfallen.155 Nach dieser Auffassung ordnet die Norm also auch für einen „fehlgeschlagenen Versuch“156 der Beihilfe eine gesamtschuldnerische Haftung an. Dies lässt sich nur begründen, wenn man in § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zugleich ein sanktionierendes Element erkennt, welches die Betätigung des auf die Schädigung eines Anderen gerichteten Willens missbilligt; anders ist nicht zu erklären dass ein Beteiligter, dessen Mitwirken erwiesenermaßen nicht für die Entstehung eines Schadens ursächlich ist, für diesen haften soll. cc) Stellungnahme Eine abgewogene Stellungnahme sollte nicht allein § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB betrachten, sondern auch Stellung und Funktion der Norm innerhalb des haftungsrechtlichen Gesamtgefüges berücksichtigen. Sowohl in der Rechtsprechung als auch im Rahmen gesetzgeberischer Tätigkeit lässt sich im Zeitraffer der vergangenen Dekaden ein gradueller Wandel im Recht der außervertraglichen Schadensersatzhaftung beobachten, weg von reiner Verursa154 Vgl. die Rechtsprechungsnachweise soeben in Fn. 150, S. 304; sowie Fraenkel, Tatbestand und Zurechnung bei § 823 Abs. 1 BGB, 1979, S. 270; Krause, in: Soergel BGB, § 830 Rn. 10; Schiemann, in: Erman BGB, § 830 Rn. 2: „Wegen der Willentlichkeit des Gesamtgeschehens und der Schwere des Schuldvorwurfs […] ist es dem Teilnehmer oder Mittäter zumutbar, auch für den Schaden Ersatz zu leisten, den er nicht selbst herbeigeführt hat.“ – Dies aber relativierend in Rn. 3: „Notwendig ist aber nach dem Schutzgedanken des § 830 I S 1, II, dass die Mitwirkung wenigstens möglicherweise den Erfolg herbeigeführt hat.“ – Deutlich Steffen, in: BGB-RGRK, § 830 Rn. 1: „In dieser Rolle gemeinschaftlicher (subjektiver) Beteiligung kompensiert der auf die Tat gerichtete Wille des Teilnehmers (unwiderlegbar) etwaige Unsicherheiten oder Lücken der Kausalität.“ 155 So Staudinger, in: Schulze Handkomm BGB, § 830 Rn. 6; auch Traeger, Der Kausalbegriff im Straf- und Zivilrecht, 1904, S. 280 f.; ebenso wohl Teichmann, in: Jauernig BGB, § 830 Rn. 6. 156 Der Begriff ist nicht technisch zu verstehen, sondern dient der Illustration, da die in Rede stehende Situation eine gewisse tatsächliche und wertungsmäßige Nähe zum strafrechtlichen Konzept des fehlgeschlagenen Versuchs aufweist; vgl. auch Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 42 mit ähnlicher Terminologie.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

chungshaftung hin zu einer an der Beherrschbarkeit von Risiko- und Gefahrsphären orientierten Haftung für die potenzielle Möglichkeit der Schadensabwendung. Die nötige dogmatische Anknüpfung findet dies z. B. in der Entfaltung einer Vielzahl von Verkehrspflichten nach § 823 Abs. 1, 2 BGB.157 Einflüsse aus der ökonomischen Analyse des Haftungsrechts bringen das Potenzial mit sich, diesen Wandel eher zu beschleunigen denn zu bremsen. Beispielhaft seien Überlegungen zum cheapest cost avoider genannt, also der Frage, welcher Akteur am kosteneffizientesten in der Lage ist, die von gefährdenden Verhaltensweisen ausgehenden Gefahren zu beherrschen.158 Zudem hat sich mit der mittlerweile stark verselbstständigten Materie der Berufshaftung ein Argumentationsmuster zur Haftungsbegründung etabliert, welches für die vorliegend zu beantwortende Frage wertvolle Hinweise liefern kann. Hier haftet – freilich gebietsspezifisch sehr unterschiedlich ausgestaltet, aber unter Ausblendung aller Detailfragen dennoch einem gemeinsamen Strickmuster folgend – ein Experte gegenüber Dritten für enttäuschtes Vertrauen, welches diese in die Expertise und berufliche Sachkunde des Experten setzen durften.159 Dies gilt abweichend vom klassischen Dogma der reinen Verursachungshaftung auch, wenn der Schaden letztlich auf einem freien Willensentschluß des Geschädigten basiert. In eng umgrenzten Konstellationen haftet der Berufsträger zudem bereits für einfache Fahrlässigkeit. In einer arbeitsteiligen Gesellschaft, die auf Kooperation und Spezialisierung setzt, erscheint ebendies geradezu geboten. Treffend formuliert Spindler im Rahmen einer ökonomischen Betrachtung der Kausalitätsproblematik: „Ferner wird die gewünschte Schadensprävention auch vom Grad der Pflichtwidrigkeit beeinflusst: So führt bei groben Pflichtverletzungen eine Haftung für unaufklärbare Kausalität nicht zu Fehlsteuerungen, da der Schädiger entweder bewusst Schäden durch eine 157 Vgl. dazu Schiemann, in: Weick (Hrsg.), Entwicklung des Deliktsrechts in rechtsvergleichender Sicht, 1987, S. 55, 64 f.; sowie kürzlich zur Entwicklung der Verkehrspflichten im historischen Abriss mit Darstellung der wesentlichen Wegmarken ders., in: 2. FS Medicus, 2009, S. 447. 158 Hier ist nicht der Raum diese Gedanken in voller Breite zu entfalten, vgl. weiterführend statt vieler Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 56 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 252 ff.; siehe auch Bohn, Sanktionsgedanke, 2005, S. 202 ff. der bezweifelt, dass diese Erwägungen ausschließlich auf Prävention zielten, und auch sanktionierende Motive in der ökonomischen Analyse des Haftungsrechts ausmacht. 159 Vgl. dazu Assmann, in: Fenyves/Weyers (Hrsg.), Multikausale Schäden in modernen Haftungsrechten, 1988, S. 99, 109: bei der Zuweisung von Haftungsrisiken in verschiedenen Verkehrskreisen mit ihren jeweiligen Besonderheiten ließen sich übergreifend gemeinsame sachliche Anknüpfungspunkte finden, „Beherrschbarkeit, Sachkunde, Angewiesenheit, wirtschaftliche Machtstellung“ und weitere, die es dann durch konkretere Zurechnungsprinzipien handhabbar zu machen gelte; vgl. zudem Schiemann, in: Weick (Hrsg.), Entwicklung des Deliktsrechts in rechtsvergleichender Sicht, 1987, S. 55, 64, sowie zu der Frage, inwieweit Grundsätze der Standes- oder Sozialmoral konkretisierend herangezogen werden können, S. 66 f.

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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Pflichtverletzung einkalkuliert, oder die verletzten Regeln so elementar sind, dass sie jeder Berufsangehörige sofort erkennen und danach seine Schadensvorsorge einrichten kann, so dass die Belastung mit Risiken der Haftung für nicht aufklärbare Ursachen nicht zu einem Übermaß an Prävention führt. […] Dies entspricht dem […] rechtsvergleichenden Befunde, dass gerade bei Vorsatz keine Korrektur bei entfernten Ursachen vorgenommen wird.“160

Die Rechtsordnung ist also bereit, Verantwortungssphären jenseits klassischer Kausalität nach normativen Kriterien auszuweiten, wenn berechtigtes Vertrauen in die Urheber potenzieller Gefahrenquellen gesetzt und enttäuscht wird. Man weist letztlich die Schadenstragung wirtschaftlich demjenigen zu, der die Gefahrenquelle hätte idealerweise abschirmen sollen und können. Es steht dabei weniger die naturgesetzliche als eine sozial-normative Kausalität im Fokus. Zu diesem Zweck treten ehemals nahezu unumstößliche Grundsätze, wie die begrenzte Haftung außerhalb bestehender Schuldverhältnisse für reine Vermögensschäden oder der grundsätzliche Ausschluss der Haftung für Rat und Auskunft, ins zweite Glied zurück. Ein Vergleich von § 676 BGB a. F. mit dem nunmehr geltenden § 675 Abs. 2 BGB zeigt dies allzu deutlich: War der Haftungsausschluss für Rat und Auskunft ehemals, zumindest dem Gesetzeswortlaut nach, außerhalb von Vertrag und unerlaubter Handlung weitgehend absolut, rekurriert die Neufassung nunmehr ausdrücklich darauf, dass eine solche Haftung neben Vertrag und unerlaubter Handlung auch aus sonstiger gesetzlicher Anordnung folgen kann.161 Für die hier zu entscheidende Frage lässt sich m.E. Folgendes destillieren: Gesichtspunkte des Vertrauens darauf, dass andere Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs sich gewissenhaft, sorgfältig und möglichst unter Ausschluss einer unbotmäßigen Gefährdung der Rechtsgüter Dritter verhalten, spielen eine zunehmende Rolle bei der Zuweisung von Haftungsrisiken. Wer sich zumindest bedingt vorsätzlich an der Schädigung eines Dritten beteiligt, nimmt durch diesen betätigten Willen zur Rechtsgüterschädigung eine bewusste Negation des Vertrauensprinzips vor. Diese Artikulation rechtsfeindlicher Gesinnung erfährt bei beruflichen Sachkennern aufgrund des ihnen seitens des potenziellen Adressatenkreises entgegengebrachten Vertrauens noch eine graduelle Verstärkung. Das gilt umso mehr, je schwerer die jeweilige Pflichtverletzung wiegt und je größer das Risiko weit streuender Schädigungen ist, welches von dem pflichtwidrigen Verhalten ausgeht. Tritt dann letztlich eine Schädigung ein, welche nicht kausal auf die Beteiligung zurückzuführen ist, vermag dies die Haftungswürdigkeit des betätigten Schädigungswillens nicht mehr zu beseitigen. Das überschießende, eine erhöhte Gefährdung mit sich bringende subjektive Element der Beteiligungshandlung Spindler, AcP 208 (2008) 283, 302. Hierauf weist auch Bachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 102 im Kontext der Versuche des BGH, die kapitalmarktrechtliche Informationshaftung auf vertragliche Grundlagen zu stützen, hin. 160 161

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rechtfertigt es also, auf eine Kausalität des konkreten Tatbeitrages für den entstandenen Schaden zu verzichten.162 Auch aus verhaltenssteuernder Perspektive überzeugt dies. Wer weiß, dass er für eine Mitwirkung an schädigendem Verhalten haftbar gemacht werden kann, auch wenn eine spezifische Gehilfenleistung letztlich keinen Niederschlag in der konkreten Schädigung gefunden hat, wird hierdurch angehalten, sich normtreu zu verhalten.163 Die besseren Gründe sprechen also dafür, dem Anspruchsgegner den Einwand fehlender haftungsausfüllender Kausalität zu versagen. Leistet jemand vorsätzlich der Vorsatztat eines Anderen Vorschub, ist dies hinreichende Haftungsvoraussetzung, auch ohne dass die Beihilfe einen Niederschlag im konkreten Schädigungserfolg findet. Unbillige Folgen für den Teilnehmer, dessen Beteiligung an der Tat nur untergeordneter Natur ist, drohen nicht: Im Innenverhältnis der Schädiger findet ein Gesamtschuldnerausgleich statt, vgl. § 426 BGB. Hier wird regelmäßig eine Lastentragung nach Verursachungsanteilen anzunehmen sein, auch wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist. Ein Teilnehmer hat also i. d. R. gegen den bzw. die Hauptakteure einen weitgehenden Freistellungsbzw. Regressanspruch.164 Bei wirtschaftlicher Betrachtung wird also lediglich das Risiko einer Insolvenz der Hauptakteure vom Geschädigten auf den Teilnehmer übergewälzt.165 Dies findet seine Rechtfertigung wiederum hinreichend in dem Vorwurf vorsätzlicher Beteiligung an der Schädigung eines Dritten. Abschließend hierzu ist anzumerken, dass beide Ansichten sich hinsichtlich der praktischen Auswirkungen einander annähern. Es gilt sich mit Larenz/Canaris des Umstandes zu vergegenwärtigen, dass selbst ein anheimgestellter Einwand fehlender haftungsausfüllender Kausalität häufig eine probatio diabolica darstellen dürfte, da dieser Beweis nur selten gelingen In diese Richtung Assmann, in: Fenyves/Weyers (Hrsg.), Multikausale Schäden in modernen Haftungsrechten, 1988, S. 99, 113; Weckerle, Die deliktische Verantwortlichkeit mehrerer, 1974, S. 88, schlägt ein bewegliches System vor, welches u. a. die geschaffene objektive Gefahrerhöhung und den individuellen Vorsatzgrad der Beteiligten berücksichtigen solle; eine in besonderem Maße subjektiv vorwerfbare oder gefährliche Beteiligung könne ggf. einen völligen Verzicht auf die Kausalität des Beitrages rechtfertigen; allgemeiner zum Verschulden als Anknüpfungspunkt der Verpflichtung zum Schadensersatz Bohn, Sanktionsgedanke, 2005, insb. S. 36 f. 163 Dazu Assmann, in: Fenyves/Weyers (Hrsg.), Multikausale Schäden in modernen Haftungsrechten, 1988, S. 99, 109 ff., allerdings krit. gegenüber der Heranziehung dieses Gedankens, um konkrete Aussagen abzuleiten, dieser könne lediglich eine „vage Handlungsanleitungsfunktion“ wahrnehmen, vgl. S. 112. 164 Hierauf weist auch Steffen, in: BGB-RGRK, § 830 Rn. 1 hin. 165 Daher wertet Steffen, in: BGB-RGRK, § 830 Rn. 1, die Norm auch nicht als eine Durchbrechung des Grundsatzes, dass jeder Schädiger nur für den von ihm verursachten Schaden einzustehen hat. 162

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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wird.166 Erwähnenswert erscheint zudem Bydlinskis Vorschlag einer Erfolgsabwendungspflicht aus Ingerenz, welche aus der Betätigung des auf Schädigung gerichteten Willens resultieren solle. Konstruiert man diese entsprechend weit und stellt auf die mögliche Abwendung des Erfolges bei hypothetischer Vornahme der gebotenen Tätigkeit ab, hätte dies de facto eine Zurückweisung des Einwands fehlender Kausalität zur Folge, ohne das Verursachungsprinzip aufzugeben.167 c) Sonderproblematik der „neutralen Beihilfe“ Im Kontext kapitalmarktrechtlicher Informationspflichten ist die Konstellation denkbar, dass Beratungsleistungen zunächst im Rahmen üblicher Berufsausübung erfolgen und keinen offenkundigen deliktischen Sinnbezug aufweisen, im weiteren Verlauf des Geschehens jedoch zum Erfolg einer unerlaubten Handlung beitragen.168 Hier stellt sich das Problem der zivilrechtlichen Behandlung solcher Gehilfenhandlungen, die objektiv betrachtet keinen eigenen Handlungsunwert in sich tragen aber dennoch die Vorbereitung oder Ausführung der Haupttat befördern, sog. neutrale Beihilfe. Während die Problematik im Strafrecht seit langem diskutiert wird, musste Jan von Hein 2004 konstatieren, dass die Kommentarliteratur zu § 830 BGB diese weitgehend ignoriere.169 Dies hat sich deutlich gewandelt; die Rechtsprechung hat sich mit der Haftung für neutrale Beihilfe im Kapitalmarktrecht in den vergangenen Jahren mehrfach beschäftigt;170 zivilrechtliches und kapitalmarktrechtliches Schrifttum folgen auf dem Fuße.171

Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, § 82 I 2 b, S. 567. Vgl. ausf. Bydlinski, AcP 158 (1959) 410, 421 ff. 168 Beispiele bei Mensching, VersR 2012, 411. 169 v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 756; vgl. aber Fraenkel, Tatbestand und Zurechnung bei § 823 Abs. 1 BGB, 1979, S. 283 ff., insb. 285, demzufolge eine objektiv neutrale Unterstützungshandlung dann ihren neutralen Charakter verliere und zur haftungswürdigen Beihilfe erwachse, wenn zwischen Haupttäter und Gehilfen eine Unrechtsvereinbarung festzustellen sei. Allein der Wille des Gehilfen hingegen könne nicht ausschlaggebend sein. 170 Vgl. nur aus jüngerer Zeit BGH Urt. v. 15.5.2012 – VI ZR 166/11, ZIP 2012, 2255 (Gehilfenhaftung bei unerlaubter Anlagevermittlung); BGH Urt. v. 12.4.2011 – XI ZR 101/09, WM 2011, 1028, sowie BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NJW-RR 2011, 197 (jeweils Gehilfenhaftung des Brokers bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Kapitalanlegern durch Terminoptionsvermittler); OLG Düsseldorf Urt. v. 23.6.2008 – 9 U 22/08, NZG 2008, 713 (Aufsichtsratsmitglied als Gehilfe einer sittenwidrigen Kapitalerhöhungsmaßnahme des Vorstandes). 171 Vgl. Reichold, in: jurisPK BGB, § 830 Rn. 6; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 13; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 4; zur Beihilfe zur Insolvenzverschleppung vgl. Froehner, ZInsO 2011, 1617, 1621. 166 167

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

aa) Leitlinien der strafrechtlichen Rechtsprechung Im Rahmen von § 27 StGB ordnet der BGH eine berufstypische, grundsätzlich neutrale Handlung in zwei verschiedenen Konstellationen als strafbegründende Gehilfenhandlung ein: Einerseits gelte dies, wenn der Gehilfe sichere Kenntnis davon habe, dass der Haupttäter die Unterstützung ausschließlich dazu nutzen werde, eine Straftat zu begehen; die Beihilfehandlung stelle dann eine „Solidarisierung“ mit dem Täter dar. Halte der Gehilfe es hingegen lediglich für möglich, dass der Täter die Unterstützungshandlung zur Begehung einer Straftat nutzen wolle, liege nur dann eine strafbare Gehilfenleistung vor, wenn das erkennbare Risiko einer strafbaren Handlung des Haupttäters derart deutlich hervortrete, dass der Gehilfe sich mit seiner Unterstützung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ lasse.172 Erforderlich sei stets eine wertende Betrachtung im Einzelfall.173 bb) Übertragbarkeit auf § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB Die h. L. überträgt die strafrechtliche Judikatur sinngemäß in das Zivilrecht.174 Dem scheint die Spruchpraxis zugeneigt: Nach dem OLG Düsseldorf kann Vorsatz zur Förderung der Haupttat anzunehmen sein, wenn ein Aufsichtsratsvorsitzender vor der Erkenntnis einer betrügerischen Handlung des Vorstandes bewusst die Augen verschließt.175 Ähnlich hat der BGH in mehre172 Vgl. BGH Beschl. v. 20.9.1999 – 5 StR 729/98, NStZ 2000, 34 (Insolvenzvergehen); BGH Urt. v. 1.8.2000 – 5 StR 624/99, NJW 2000, 3010, 3011 (Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Bankmitarbeiter); BGH Urt. v. 8.3.2001 – 4 StR 453/00, NJW 2001, 2409, 2410; BGH Urt. v. 18.6.2003 – 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41, 42 f. (Beihilfe zur Steuerhinterziehung); dazu v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 790: Die Formel trage wenig zur Konkretisierung der Haftungs- bzw. Strafbarkeitsvoraussetzungen bei; zu entnehmen sei jedoch, dass geringer Vorsatzgrad als Kompensation entsprechend eine erhöhte objektive Erkennbarkeit der Förderung der Haupttat verlange. 173 BGH Urt. v. 18.6.2003 – 5 StR 489/02, NStZ 2004, 41, 42 (Beihilfe zur Steuerhinterziehung). 174 Vgl. Fleischer, AG 2008, 265, 270; Mensching, VersR 2012, 411, 413 f.; Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 13; Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 4; wohl ebenso Reichold, in: jurisPK BGB, § 830 Rn. 6; einschränkend Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 47 f.: Zwar sei grds. an die strafrechtliche Judikatur anzuknüpfen. Wenn der Vorwurf auf unterlassene Kontrolle bzw. Überwachung laute, sei aber große Zurückhaltung geboten, um nicht grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz zu vermischen. Haftungswürdige Fälle ließen sich hinreichend über § 826 BGB erfassen, sodass es beim Unterlassen der „neutralen Beihilfe“ nicht bedürfe. 175 Vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 23.6.2008 – 9 U 22/08, NZG 2008, 713: Haftung eines Aufsichtsratsvorsitzenden, der eine vom Vorstand initiierte betrügerische, sittenwidrige Kapitalerhöhung trotz dringenden Verdachtes und einer sich bietenden Möglichkeit bewusst nicht genauer untersucht, sondern sich der Kenntnis dieser Tat bewusst verschließt; zustimmend Reichold, in: jurisPK BGB, § 830 Rn. 6.

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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ren Fällen für die Haftung von Brokern wegen Beihilfe zur sittenwidrigen Kapitalanlegerschädigung im Rahmen von Options- und Termingeschäften entschieden.176 Jeweils trugen die Handlungen der Beklagten isoliert betrachtet keinen eigenen Handlungsunwert in sich, sondern entfalteten ihre schädigende Wirkung erst durch Hinzutreten weiterer Komponenten. Jeweils war die subjektive Einstellung der Beklagten zum Zeitpunkt der Gehilfenleistung für die Haftungsfrage ausschlaggebend. Zwar fällt auf, dass die Terminologie des BGH in Zivilsachen eher an die Rechtsprechung zu § 826 BGB erinnert,177 die Sachkriterien decken sich aber mit denjenigen der strafrechtlichen Rechtsprechung.178 Ein jüngeres Urteil des sechsten Zivilsenats rekurriert zudem ausdrücklich auf die strafrechtliche Judikatur zur „neutralen Beihilfe“ und adaptiert diese.179 Gegenstimmen halten dem entgegen, im Zivilrecht dürfe allein aus dem Willen des Gehilfen zur Unterstützung der Haupttat keine Haftung folgen, sofern die betreffende Handlung nicht gegen ein rechtliches Ge- oder Verbot verstoße.180 Aus prozessualen Gründen überzeuge ein derart starkes Abstellen auf innere Tatsachen nicht, da diese dem Beweis durch die Gegenpartei nicht hinreichend zugänglich seien; es sei daher nach objektiven Kriterien abzugrenzen.181 Auch wird vorgebracht, die strafrechtlichen Grundsätze hätten bislang keine hinreichende Akzeptanz gefunden, sodass mit einer Übernahme in das Zivilrecht noch zuzuwarten sei.182 176 Vgl. BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, NZG 2010, 550, 553; BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NJW-RR 2011, 197, 201; BGH Urt. v. 12.4.2011 – XI ZR 101/09, WM 2011, 1028, 1030. 177 Vgl. BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NJW-RR 2011, 197, 201, Tz. 53: „Wenn der Broker […] die Augen bewusst vor der sich aufdrängenden Erkenntnis der Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells das Vermittlers verschließt und diesem das unkontrollierte Betreiben seines Geschäftsmodells ermöglicht, […] leistet [er] zumindest bedingt vorsätzliche Beihilfe zu der unerlaubten Handlung des Vermittlers“. 178 So auch der Befund bei Mensching, VersR 2012, 411, 412; vgl. BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NZG 2011, 69, 73, Tz. 47, wo der 11. Zivilsenat ausdrücklich auf die strafrechtliche Judikatur zur neutralen Beihilfe verweist und diese zu adaptieren scheint. 179 Vgl. BGH Urt. v. 15.5.2012 – VI ZR 166/11, ZIP 2012, 2255, 2258 (Gehilfenhaftung bei unerlaubter Anlagevermittlung). 180 Vgl. Deutsch, JZ 1972, 105, 106 f.; v. Hein, AcP 204 (2004) 761, 796; vgl. auch Fraenkel, Tatbestand und Zurechnung bei § 823 Abs. 1 BGB, 1979, S. 285: „Allein durch die Kenntnis des Handelnden, wie ein Dritter an das Verhalten anknüpfend weiterhandeln wird, erhält die Handlung noch nicht den Charakter einer Beihilfehandlung“. 181 So Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 16, der auf die Risikoerhöhung abstellt und zu fragt, ob der Tatbeitrag aus objektiver Perspektive das erlaubte Risiko überschreite, was vorliege wenn die Handlung ihren Alltagscharakter verliere und in deliktischen Kontext gerückt werde; gegen ihn Mensching, VersR 2012, 411, 413. 182 So Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 5.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

cc) Stellungnahme Nach der hier vertretenen Auffassung, welche den inneren Grund der Haftungsanordnung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Wesentlichen in der Betätigung des rechtsfeindlichen Willens unter Inkaufnahme einer Schädigung Dritter erblickt,183 ist es nur folgerichtig, auch vorliegend der Rechtsprechung und herrschenden Lehre zu folgen. Primär haftungsbegründend ist nämlich auch im Fall der neutralen Beihilfehandlung, dass von dieser einerseits ein grundsätzliches Gefährdungs- und Verletzungspotenzial ausgeht und dieses Risiko vom Gehilfen gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen wird. Ebendieses Verständnis bilden die zu § 27 StGB entwickelten Formeln konzise und in einer zustimmungswürdigen Abstufung je nach Intensität des konkreten Schädigungswillens ab.184 Die vorgetragenen Einwände verfangen im Ergebnis nicht: So kennen auch z. B. §§ 825 und 826 BGB die auf Schädigung fremder Rechtsgüter gerichtete Gesinnung als haftungsauslösendes Moment, diese Wertung ist dem Zivilrecht mithin keinesfalls fremd. Auch stellt die Beweisnot des Geschädigten hinsichtlich innerer Tatsachen des Schädigers keine neuartige, unüberwindbare Hürde im Zivilprozessrecht dar, sondern begegnet in zahllosen Anspruchsgrundlagen. Schließlich kann nicht überzeugen, eine behauptete fehlende Akzeptanz dieser Rechtsprechung im Schrifttum als Kriterium für die Frage der Übertragbarkeit heranzuziehen. Wollte man dies zur Maxime erheben, liefe man angesichts der nur marginal entwickelten Konsenskultur im strafrechtlichen Schrifttum Gefahr, den Austausch zwischen Strafrecht und Zivilrecht weitgehend zum Erliegen zu bringen. Es überzeugt daher, die Rechtsprechung zur neutralen Beihilfe nach § 27 StGB im Rahmen von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB entsprechend fruchtbar zu machen. 3. Anstiftung Nach § 830 Abs. 2 BGB stehen auch Anstifter den Mittätern gleich, sie haften dem Geschädigten ebenfalls als Gesamtschuldner, vgl. § 840 Abs. 1 BGB. Die überwiegende Auffassung versteht Anstiftung als vorsätzliche Bestimmung eines anderen zu dessen vorsätzlicher, rechtswidriger Tat185 und überVgl. dazu bereits ausf. im anderen Kontext soeben Kapitel 3 – B.III.2.b)cc), S. 305 ff. Im Grundsatz wie hier Mensching, VersR 2012, 411, 413 f., der jedoch der Rechtsprechung des BGH entnimmt, dass die „neutrale Beihilfe“ stets die Voraussetzungen von § 826 BGB erfülle und § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB damit hier keine eigene Bedeutung zukomme. Dies verkennt jedoch, dass der Vorsatz hinsichtlich der Förderung einer fremden sittenwidrigen Tat und der Vorsatz zur Begehung einer eigenen sittenwidrigen Schädigung nicht deckungsgleich sind, wenngleich eine große Schnittmenge nicht von der Hand zu weisen ist. 185 Vgl. Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 8; Spindler, in: Bamberger/ Roth BGB, § 830 Rn. 10; Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 13. 183 184

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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nimmt damit die Definition des § 26 StGB. Einigkeit besteht darin, dass der Haupttäter – wie auch im Strafrecht186 – nicht schuldhaft handeln muss.187 a) Hervorrufen des Tatentschlusses aa) Hervorrufen: Kausalität der Einwirkung für den Entschluss Die Anstiftungshandlung muss objektiv den Tatentschluss des Haupttäters hervorgerufen haben. Dies bedeutet nach herrschender Lesart, dass der Anstifter mit dem Haupttäter in irgendeine Art geistigen Kontakts treten muss, der (zumindest mit-)kausal für dessen Tatentschluss wird.188 Unschädlich ist, wenn der Haupttäter zu diesem Zeitpunkt bereits tatgeneigt ist, sofern die Anstiftung noch einen Impuls hin zum endgültigen Tatentschluss beiträgt.189 Nicht angestiftet werden kann, wer bereits fest zur Tat entschlossen ist, die strafrechtliche Doktrin spricht vom omnimodo facturus.190 Versucht jemand, einen bereits zur Tat entschlossenen Täter anzustiften, liegt jedoch eine Gehilfenhaftung dessen aufgrund psychischer Beihilfe nahe.191 bb) Tatentschluss: Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat Problematisch erweist sich die Frage nach den subjektiven Anforderungen an eine teilnahmefähige Haupttat. Die herrschende Auffassung verlangt, wiede-

Allg. Ansicht, vgl. statt vieler Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, Vorbem. zu §§ 25 ff., Rn. 32. 187 Vielfach genannt wird hier die fehlende Deliktsfähigkeit des Haupttäters nach den §§ 827, 828 BGB, die die Haftung des Teilnehmers nicht entfallen lasse, vgl. EberlBorges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 36; Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 8; Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 13. 188 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 29 f.; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 14; vgl. bereits Keßler, in: Soergel BGB, 4. Aufl. 1929, § 830 Rn. 3: „Anstiftung erfordert eine Tätigkeit, die den Willen des Täters subjektiv und objektiv ursächlich bestimmt.“ Im Strafrecht ist die Frage, welche Art der Einwirkung auf den Täter notwendig ist, höchst umstritten: Die h. Lit. hält ein kommunikatives Einwirken auf den Täter für nötig, da unterhalb dieser Schwelle der Strafgrund der Anstiftung verfehlt werde; vgl. für die h. M. jeweils m.w.M. zu den Gegenauffassungen Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, § 26 Rn. 4; Joecks, in: MünchKomm StGB, § 26 Rn. 3 ff. 189 Vgl. Steffen, in: BGB-RGRK, § 830 Rn. 6; aus dem strafrechtlichen Schrifttum Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, § 26 Rn. 6. 190 Vgl. aus dem strafrechtlichen Schrifttum Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, § 26 Rn. 6; Joecks, in: MünchKomm StGB, § 26 Rn. 28. 191 Vgl. Steffen, in: BGB-RGRK, § 830 Rn. 6; aus dem strafrechtlichen Schrifttum Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, § 26 Rn. 6; Joecks, in: MünchKomm StGB, § 26 Rn. 28. 186

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

rum in Übernahme strafrechtlicher Doktrin, eine vorsätzliche Haupttat.192 Wie auch im Kontext der Beihilfe ist diese Auffassung vorrangig vor dem Hintergrund der Teilnahme an Insolvenzdelikten in der GmbH angegriffen worden: Insbesondere Karsten Schmidt hat gewichtige Argumente dafür vorgetragen, die vorsätzliche Verleitung zu fahrlässiger Tat von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zu erfassen, soweit ein Gesellschafter den Geschäftsführer zu dessen fahrlässiger Tat verleitet, da gewissen Konstellationen im GmbHRecht nur so angemessen haftungsrechtlich beizukommen sei.193 An dieser Stelle ist auf die Ausführungen zur Beihilfe zu verweisen, die hier entsprechend Gültigkeit beanspruchen.194 Aus den dort ausgeführten Gründen überzeugt es auch hier, am Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat festzuhalten. b) Vorsatz des Anstifters, Ablehnung der „fahrlässigen Anstiftung“ Subjektiv erfordert die Anstiftung den sog. doppelten Anstiftervorsatz.195 Der Vorsatz des Anstifters muss einerseits den Anstiftungserfolg, das Hervorrufen des Tatentschlusses, sowie andererseits das Gelingen der Haupttat, die Rechtsgutsverletzung, umfassen.196 Einzelne Stimmen wollen zudem die fahrlässige Verleitung zu einer vorsätzlichen (oder fahrlässigen, dazu soeben197) Haupttat unter den Anstiftungstatbestand des § 830 Abs. 2 BGB subsumieren.198 192 Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 32 f.; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 25, wonach für eine Erweiterung schon das praktische Bedürfnis im Sinne einer Haftungslücke fehle. 193 Vgl. K. Schmidt, JZ 1978, 661, 666; dem folgend Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, § 82 I 2 f, S. 569; ähnlich bereits Konow, GmbHR 1975, 104, 106, die Frage einer direkten oder analogen Anwendung in dieser Konstellation ausdrücklich offen lassend; gegen die Absenkung Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 25. 194 Vgl. ausf. oben Kapitel 3 – B.III.2.a)dd), S. 299 ff. 195 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 32 ff; vgl. aus dem strafrechtlichen Schrifttum Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, § 26 Rn. 17; vgl. auch Joecks, in: MünchKomm StGB, § 26 Rn. 54 mit Hinweis darauf, dass der „doppelte Anstiftervorsatz“ letztlich nicht mehr beschreibe als die übliche strafrechtliche Notwendigkeit, dass der Vorsatz des Anstifters sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes erfassen muss. 196 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 30. 197 Vgl. soeben oben Kapitel 3 – B.III.3.a)bb), S. 313. 198 So Fraenkel, Tatbestand und Zurechnung bei § 823 Abs. 1 BGB, 1979, S. 272 ff., 279: „Als Anstifter haftet nur, wer vorsätzlich einen anderen zur Begehung einer Handlung bestimmt, von der er weiß, oder auf Grund eigener Fahrlässigkeit nicht weiß, daß es eine widerrechtliche, objektiv zurechenbare Handlung ist.“ – Ebenso Karollus, ZIP 1995, 269, 273 mit Fn. 52; v. Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1898, S. 78; dagegen Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 26: Solch ein Vorgehen führe „de facto zur Auflösung des Abs. 2, weil die Kategorie der fahrlässigen Teilnahme an fahrlässiger Tat völlig konturlos“ sei. Zudem fehle das rechtspraktische Bedürfnis für diese Erweiterung.

B. Anknüpfungspunkt: § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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aa) Schutzzweck und ratio legis des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB Hiergegen spricht zunächst die im Rahmen der Beihilfe herausgearbeitete Erkenntnis, dass die besseren Gründe für ein Festhalten an der Strafrechtsakzessorietät der Beteiligungsbegriffe des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB sprechen.199 Dies gilt hier entsprechend. Ausschlaggebend erscheint insbesondere die Argumentation in Hinblick auf die ratio legis: Das Erfordernis vorsätzlicher Teilnahme an vorsätzlicher Tat stellt eine unverzichtbare Grundlage für die Rechtsfolge solidarischer Haftung auf den gesamten Schaden dar.200 Ohne Vorsatzerfordernis lässt sich zudem nicht begründen, dass für die Anstiftung auf eine objektive Mitwirkung des Anstifters an der Tatausführung verzichtet wird. Dies trägt seine Rechtfertigung ausschließlich in der zielgerichteten Einflussnahme auf die intellektuelle Sphäre eines Anderen mit dem Ziel, diesen zu einer konkreten Tat zu verleiten. bb) Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Anstiftung Das Vorsatzerfordernis beim Anstifter ergibt sich zudem genuin aus dem Wesen der Anstiftung. Unter Anstiftung versteht man in der Laiensphäre das Überreden bzw. Überzeugen eines Anderen zu einer Handlung.201 Die juristische Terminologie konkretisiert dies und verlangt, dass der Angestiftete nicht lediglich irgendeine Handlung, sondern eine bestimmte Tat konkretisiert und den Entschluss zu dieser fasst. Aus den Begriffen des Überredens oder Verleitens wird deutlich, dass Anstiftung bewusstes, gewolltes Einwirken auf die intellektuelle Sphäre eines Anderen bedeutet, und dass dieser wiederum zu einer aktiven Entscheidung hinsichtlich der Tat motiviert wird. Unverzichtbare Elemente der Definition sind sowohl das gerichtete intellektuelle Einwirken auf den Haupttäter als auch der zumindest bedingte Vorsatz des Haupttäters.202

Vgl. ausf. oben Kapitel 3 – B.III.2.a)dd), S. 299 ff. Vgl. dazu bereits ausf. oben Kapitel 3 – B.III.2.a)dd)(4), S. 301 f. 201 Vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, Anstiftung: vorsätzl. Bestimmung eines anderen zu einer von diesem begangenen vorsätzl. Straftat; Brockhaus, WAHRIG Deutsches Wörterbuch, anstiften: 1 jmdn ~ (zu) verleiten, verlocken (zu) 2 etwas ~ veranlassen, anzetteln (Dummheit, Unheil, Verschwörung); Anstifter: jmd., der etwas od. einen anderen zu etwas anstiftet; Anstiftung: das Anstiften, vorsätzl. Verleitung; DIE ZEIT, Das Lexikon in 20 Bänden, Anstiftung: vorsätzl. Verleitung eines anderen zu einer vorsätzli. Straftat; DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, anstiften: a) (etw. Unheilvolles) ins Werk setzen: Unheil, Verschwörungen a.; b) zu etw. Schlechtem, Bösem verleiten, überreden: jmdn. Zum Betrug, zu dummen Streichen a.; Anstiftung, die: Verleitung, Verführung: A. zum Mord, zum Widerstand; ähnlich die Argumentation bei Ehricke, ZGR 2000, 351, 357. 202 Vgl. auch überzeugend Ehricke, ZGR 2000, 351, 357: bei nur fahrlässiger Verleitung fehle es am „Mitverantwortungszusammenhang“ zwischen der Handlung des Anstifters und der Haupttat, welcher die Haftungsanordnung rechtfertige. 199 200

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Die Wertung in der Laiensphäre stellt freilich kein zwingendes Argument gegen eine Neuausrichtung der Begriffe dar. Jedoch ist die juristische Hermeneutik gut beraten, sich am natürlichen Sprachverständnis rückzukoppeln; dies fördert nicht zuletzt die Vermittelbarkeit und damit die Akzeptanz des Rechts in der Allgemeinheit. Auch fällt auf, dass über die Definition des Anstiftungsbegriffs in der strafrechtlichen Literatur zwar trefflich gestritten wird,203 das vorsätzliche zielgerichtete Einwirken auf die Sphäre des Anzustiftenden aber als unverzichtbares Wesensmerkmal angesehen wird.204 Zu Recht wird zudem darauf hingewiesen, dass die fahrlässige Verleitung zu fahrlässiger Tat ein völlig konturloses, nicht greifbares Konstrukt darstellt.205 Das Erfordernis vorsätzlichen Einwirkens scheint seine Wurzel nach alledem nicht in spezifisch strafrechtlicher Dogmatik, sondern vielmehr in der allgemeinen juristischen Auslegung zu haben. Somit spricht das Wesen der Anstiftung auch unabhängig von der Strafrechtsakzessorietät der Beteiligungsbegriffe für das Vorsatzerfordernis.206 IV. Rechtsfolge Aus §§ 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB folgt eine Gesamtschuld der Beteiligten. Im Innenverhältnis der Schädiger gilt § 426 BGB.207 Bestehen hier Freistellungs- und Regressansprüche, schlagen diese nicht auf das Verhältnis zum Geschädigten durch.208

203 Vgl. für einen Überblick der vertretenen Ansichten Joecks, in: MünchKomm StGB, § 26 Rn. 10 ff.: Auch die großzügigste Auffassung, welche den Strafgrund der Anstiftung in der Verursachung des Rechtsgutangriffs sieht und keine darüber hinausgehende kommunikative Beeinflussung des Täters durch den Anstifter fordert, stellt nicht in Frage, dass der Anstifter selbst vorsätzlich handeln muss; knapper Heine/Weißer, in: Schönke/ Schröder StGB, § 26 Rn. 17. 204 Vgl. statt vieler Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder StGB, § 26 Rn. 17; Joecks, in: MünchKomm StGB, § 26 Rn. 74. 205 Vgl. Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 26. 206 Treffend Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 30: „Das Wesen der Anstiftung besteht demnach in der Willensbeeinflussung eines anderen bezogen auf ein konkretes Ziel.“ 207 Vgl. BGH Urt. v. 19.2.1953 – III ZR 31/51, BGHZ 9, 65 Ls. 1; Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 5; bereits Kohler, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 1906, § 177 IV, S. 487 betont, dass die Zweifelsregel des § 426 BGB, die Verteilung nach Köpfen, i. d. R. stillschweigend zugunsten einer Lastentragung nach Verursachungsanteilen abbedungen sein wird. 208 Dies gebietet der Sinn der Norm, dem Geschädigten gerade keinen Nachteil daraus erwachsen zu lassen, dass er von einer Schädigermehrheit verletzt worden ist, dazu bereits oben Kapitel 3 – B.II., S. 289 f.

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Kapitalmarktrecht C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

Untersucht werden soll nun, ob § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB de lege lata im Recht der Kapitalmarktinformationshaftung Anwendung findet und so zu einer zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren führt. Zunächst ist dafür positiv festzustellen, dass der Kreis der Passivlegitimierten dieser Ansprüche nicht abschließend europarechtlich präformiert ist (I.). Im Anschluss werden die maßgeblichen Kriterien für eine Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Kapitalmarkthaftungsrecht herausgearbeitet (II.). Auf Grundlage dieser ist schließlich die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die primärmarktrechtliche Prospekthaftung (III.) und die Informationshaftung am Sekundärmarkt (IV.) zu prüfen. I.

Europarechtliche Zulässigkeit

1. Gegenwärtig Das deutsche Kapitalmarktrecht wird in weiten Zügen durch Europarecht geprägt und überformt,209 was einer Erweiterung des bestehenden Haftungsregimes durch Rückgriff auf Normen rein nationalen Ursprungs entgegenstehen könnte. Erste Bedenken verdichten sich, wirft man einen Blick auf die Regulierungstechnik des europäischen Verordnungs- und Richtliniengebers. Die kapitalmarktrechtlichen Richtlinien streben häufig nicht nur Mindestsondern Vollharmonisierung an;210 das vierstufige Lamfalussy-Verfahren, nach welchem die Rechtssetzung im Kapitalmarktrecht auf europäischer Ebene seit 2002 erfolgt,211 bewirkt ein noch engeres Zusammenspiel von europäischem Rechtsakt und nationaler Umsetzung.212 Insgesamt ist eine engmaschige Regelungsdichte seitens des Unionsrechts festzustellen. Es wäre nun den Regulierungszielen in vollharmonisierten Arealen deutlich abträglich, wenn die betreffenden Normen mit rein nationalem Recht verbunden und hierdurch

209 Vgl. Merkt, in: FS Hopt, 2010, S. 2207, 2222; Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2263; laut Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 32; sowie Seiler/Kniehase, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-HdB, Vor § 104 Rn. 64 haben über 80 % der deutschen kapitalmarktrechtlichen Normen einen europarechtlichen Hintergrund. 210 Siehe Walla, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 2 Rn. 48, 53, der einen Trend hin zur Vollharmonisierung erkennt; ebenso der Befund bei Fleischer/Schmolke, NZG 2010, 1241, 1243. 211 Vgl. Walla, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 2 Rn. 23. 212 Vgl. Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 33; detailliert Walla, in: Veil, Europäisches Kapitalmarktrecht, § 2 Rn. 31 ff. zum Ablauf des Lamfalussy-Verfahrens; vgl. auch dort Rn. 38: die Durchführungsrechtsakte ließen den Mitgliedstaaten häufig nur wenig Gestaltungsspielraum.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

modifiziert würden.213 Jedoch ist die Auswahl der Haftungsadressaten bislang zu weiten Teilen nicht europarechtlich präformiert.214 Vielmehr räumen die einschlägigen Rechtsakte den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Rechtsfolgenseite ein weites Ermessen ein, solange geschädigten Anlegern eine effektive zivilrechtliche Möglichkeit der Schadenskompensation anheimgestellt wird.215 Hieraus folgt zwanglos, dass Unionsrecht einer Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf europarechtlich beeinflusste Haftungstatbestände gegenwärtig nicht entgegensteht. 2. Jüngste Reformen Die im April 2014 verabschiedete Marktmissbrauchsverordnung216 und Marktmissbrauchsrichtlinie217 sehen eine grundlegende Reform des Rechts der Kapitalmarktinformation vor. Die Verordnung beinhaltet Verbotstatbestände in Bezug auf Insidergeschäfte und weitere Marktmanipulation, sowie Vorschriften zur Verbesserung der Zusammenarbeit nationaler Aufsichtsbehörden. Zudem werden die nationalen Behörden im Verstoßfall Verwaltungssanktionen verhängen können. Die korrespondierende Richtlinie ergänzt dies um strafrechtliche Sanktionen. Zivilrechtliche Rechtsfolgen der Verstöße behandeln die Rechtsakte indes nicht. Auswirkungen auf zivilrechtliche Ansprüche von Anlegern sind dennoch denkbar, namentlich soweit Verbotstatbeständen der Verordnung oder den in Umsetzung der Richtlinie zu erlassenden Straftatbeständen Schutzgesetzqualität i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zuzumessen sein wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich hierzu jedoch keine fundierte Prognose aufstellen. Erwähnung verdient ein Blick in Art. 6 der Richtlinie. Dieser verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Strafbarkeit von Anstiftung und Beihilfe zu Insidergeschäften und Marktmanipulation zu schaffen. Für eine deutsche Umsetzung Hierzu Möllers, in: FS Hopt, 2010, S. 2247, 2261 f., der die in diesem Zusammenhang erlassenen Richtlinien grds. dem Aufsichtsrecht zuschanzt und so eine Ausstrahlung auf nationales Zivilrecht verneint. 214 Vgl. hierzu jüngst ausf. Hellgardt, AG 2012, 154, 155, 157 f., der aus der Ad-hocMittelungspflicht und den Regelungen über die übernahmerechtliche Angebotsunterlage aber im Lichte der EuGH-Rechtsprechung und der effet-utile-Doktrin eine europarechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten ableitet, in diesen Situationen zivilrechtliche Rechtsbehelfe für geschädigte Anleger bereitzustellen; allerdings sei damit nur das „Ob“, nicht das „Wie“ einer zivilrechtlichen Haftung vorgegeben. Dies verdient Zustimmung. 215 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – B.VIII., S. 69 f. (Primärmarkt); sowie Kapitel 1 – C.VI., S. 132 f. (Sekundärmarkt). 216 Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung), ABl. EU L 173 S. 1. 217 Richtlinie 2014/57/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie), ABl. EU L 173 S. 179. 213

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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wird dem angesichts der §§ 26, 27 StGB nur deklaratorische Funktion zukommen. Die Vorschrift zeigt aber deutlich die Intention der Gemeinschaft, im Fall von Marktmissbrauch neben den Hauptakteuren auch Anstifter und Gehilfen in die Verantwortung zu nehmen. Verallgemeinerungsfähige Aussagen zur Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation folgen hieraus jedoch nicht: Einerseits adressiert die Norm ausschließlich die strafrechtliche Dimension. Andererseits ist der Anwendungsbereich der Rechtsakte begrenzt auf Insiderhandel und Marktmanipulation, also die besonders marktschädigenden und bekämpfenswerten Formen illegitimer Marktteilnahme. Auch die jüngsten Reformen zur Bekämpfung von Marktmissbrauch werden also keine unmittelbaren Auswirkungen auf die zivilrechtliche Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Marktkommunikation haben. Unionsrecht steht einer Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf europarechtlich geprägte Tatbestände der Kapitalmarktinformationshaftung weder gegenwärtig noch in absehbarer Zukunft entgegen. II. Entwicklung der maßgeblichen Kriterien Nun ist auszumessen, unter welchen Voraussetzungen § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf einen Haftungstatbestand Anwendung findet. Verbreitet wird hierfür die dogmatische Einordnung der betreffenden Vorschrift als deliktische Haftung für zwingend und einzig maßgeblich erachtet: Da § 830 BGB dem Deliktsrecht entstamme, könne die Norm auch ausschließlich auf deliktische Tatbestände Anwendung finden. 218 Dies soll einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. 1. Begrenzte Leistungsfähigkeit der herkömmlichen Abgrenzung Schon aus praktischen Erwägungen erscheint es problematisch, einzig auf die dogmatische Qualifikation einer Norm abzustellen: Der Streit um die Rechtsnatur der kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbestände blickt bereits auf eine lange Geschichte zurück. Im Rahmen der Prospekthaftung diskutiert man die Frage seit den frühen 1980er Jahren intensiv,219 die wesentlichen widerstreiVgl. Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 110 im Kontext von Schutzgesetzproblematik und Vertrauenshaftung: „Spezifisch deliktsrechtlich und daher nicht übertragbar“; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 396 f.; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c Rn. 133; wohl auch Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 162; sowie Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 2 f. 219 Köndgen, AG 1983, 85, 87 konstatiert eine „Hypertrophie der Konstruktionen“, mit Vorstellung der verschiedenen Lösungsansätze, vgl. S. 89 ff., für eine Einordnung der Prospekthaftung als rechtsgeschäftliche Erklärungshaftung; vgl. den knappen Überblick zum Meinungsbild bei Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 3, der eine deliktische Qualifikation bevorzugt; ebenso Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 25; Die herrschende Literatur nimmt eine gesetzliche Vertrauenshaf218

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tenden Argumente sind seit Langem ausgetauscht.220 In jüngerer Zeit hat sich ebendiese Debatte an den §§ 37b, 37c WpHG neu entzündet; parallel zur Prospekthaftung stehen sich Verfechter der Vertragshaftung,221 der gesetzlichen Vertrauenshaftung,222 einer Haftung aus genuin kapitalmarktrechtlichem Näheverhältnis223 und einer deliktischen Haftung224 gegenüber, Hauptströmungen sind auch hier die Vertrauenshaftung und die Deliktshaftung.225 Da der Gesetzgeber sich jedoch diesbezüglich nicht geäußert hat, jede Auffassung einige Argumente vorzubringen weiß 226 und die Frage zudem in der Rechtsprechung nur äußerst selten Entscheidungsrelevanz besitzt, wird der Streit wohl kaum einmal mit Gewissheit entschieden werden.227 Derart Unsicherheit hinsichtlich wesentlicher Haftungsfragen ist misslich. Jenseits der mangelnden Praktikabilität sprechen auch Sacherwägungen dagegen, allein auf die dogmatische Einordnung der betreffenden Haftung abzustellen. Denn es lässt sich kein allgemeiner Rechtssatz aufstellen, nach welchem eine Haftung von Teilnehmern einer schädigenden Handlung nur im deliktischen Rechtsverkehr in Betracht komme, nicht hingegen im vertragsrechtlichen Bereich oder der Vertrauenshaftung.228 Mit Blick auf vertragliche Haftung ist einzuräumen, dass eine unreflektierte Anwendung der Norm Gefahr liefe, den Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse zu unterlaufen, sodass hier tatsächlich einiges gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB spricht. Die Erkenntnis dass ein Tatbestand eine gesetzliche tung an, vgl. Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 92; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel, 2001, S. 9 f.; Schwark, in: ders./Zimmer, KMRK, §§ 44, 45 BörsG Rn. 7. 220 Vgl. Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 18 ff.; für einen historischen Überblick Assmann, in: ders./Schütze, HdB KapitalanlageR, § 5 Rn. 5 ff. 221 Vgl. aus österreichischer Perspektive Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 327; wohl ebenso Krause, ZGR 2002, 799, 831. 222 Vgl. Barnert, WM 2002, 1473, 1483; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 392; Zimmer/ Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c WpHG Rn. 9. 223 Vgl. Casper, in: Kölner Komm KapMuG, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 9; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 213 ff., ins. 220 ff., der die Tatbestände der §§ 37b, 37c WpHG grds. deliktisch qualifiziert, vgl. S. 33, und hierauf aufbauend sodann das benannte eigene Näheverhältnis entwickelt. 224 Jungmichel, Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 56; Möllers, ZBB 2003, 390, 397 f. 225 Vgl. zu dem Streit um die Rechtsnatur der §§ 37b, 37c WpHG noch unten Kapitel 3 – C.IV.1.c)aa), S. 341. 226 Zutreffend weist Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 17 darauf hin, dass sich die Sachfragen der Haftung nach den §§ 37b, 37c WpHG auch ohne Rückgriff auf deren Rechtsnatur beantworten lassen. 227 Vgl. früh mit dem Versuch einer dogmatischen Theorie der Prospekthaftung Köndgen, AG 1983, 85, 87. 228 Dies zeigt geradezu exemplarisch der Umstand, dass hier zur Begründung der Teilnehmerhaftung neben deliktischen auch vertragliche und quasivertragliche Ansätze herangezogen werden, vgl. oben Kapitel 3 – A., S. 273 ff.

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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Vertrauenshaftung darstellt, bedeutet hingegen keineswegs dass eine Haftung von Teilnehmern gegenüber dem Geschädigten hier deplatziert wäre. Damit droht die Diskussion um die Rechtsnatur der Haftungstatbestände für diese Problematik eher den Blick auf die wesentlichen Wertungen zu verstellen, denn Hilfreiches hierzu beizutragen. Es stellt sich die Frage, worauf stattdessen abzustellen ist, also welche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf einen Haftungstatbestand vorliegen müssen. Erkenntnisgewinn verspricht eine Auslegung des sachlichen Anwendungsbereichs von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. 2. Auslegung des Anwendungsbereichs von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB a) Wortlaut Der Wortlaut nimmt Bezug auf eine „unerlaubte Handlung“, welche von mehreren Personen gemeinschaftlich (§ 830 Abs. 1 S. 1. BGB) oder als Anstifter bzw. Gehilfe (§ 830 Abs. 2 BGB) begangen wird. Eine Legaldefinition der unerlaubten Handlung nimmt das Gesetz nicht vor.229 In der Literatur finden sich verschiedene Ansätze für eine Konturierung des Begriffs. So wird als Negativabgrenzung vorgeschlagen, dass dann keine unerlaubte Handlung vorliege, „wenn die rechtsverletzende Handlung nur die Verletzung von zwischen bestimmten Personen bestehenden Rechtsbeziehungen aus Vertrag oder aus einem bilateralen Verhältnis, denen ein ähnliches Pflichtenkonzept zugrundeliegt […] betrifft.“230

Nach einem anderen Vorschlag soll charakteristisch für eine Haftung aus unerlaubter Handlung sein, dass der Anspruchsgegner rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.231 Häufig wird synonym für den Begriff der unerlaubten Handlung jener des Deliktes verwendet. Als Deliktsrecht (im weiteren Sinne) versteht man die Gesamtheit derjenigen „Verpflichtungen zum Schadensausgleich auf außervertraglicher Grundlage, die […] weder auf einem entsprechenden vertraglichen Versprechen beruhen, […] noch die Nichtbzw. Schlechterfüllung eines auf eine sonstige Leistung gerichteten vertraglichen Primärleistungsanspruchs sanktionieren […].“232 Vgl. zur Genese des Begriffes Ehricke, ZGR 2000, 351, 369 ff. Ehricke, ZGR 2000, 351, 369; ähnlich Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1902, § 324, S. 1011. 231 So Eberl-Borges, AcP 196 (1996) 491, 494; ähnlich verlangt Steffen, in: BGBRGRK, § 830 Rn. 9 für die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB: „Die Tat der gemeinschaftlich Beteiligten muß die Merkmale einer unerlaubten Handlung aufweisen, d. h. einen Unrechtstatbestand zulasten des privaten Schutzkreises setzen, für den der Täter wegen Verschuldens zur Verantwortung gezogen wird.“ 232 So Wagner, in: MünchKomm BGB, Vor § 823 Rn. 1. 229 230

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Den dargestellten Ansätzen ist im Kern gemeinsam, dass sie das Recht der unerlaubten Handlung vor allem vom Vertragsrecht abzugrenzen suchen, indem als konstitutives Element vorausgesetzt wird, dass im Zusammenhang mit der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung kein schuldrechtliches Näheverhältnis zwischen den Parteien besteht. Hiervon ausgehend lässt sich in einem ersten Schritt feststellen, dass eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift lediglich auf das Recht der unerlaubten Handlungen des BGB nicht angezeigt ist. Als Beispiele aus der Rechtsprechung seien die Ansprüche aus § 4 UWG233, § 97 UrhG234 und § 14 MarkenG235 genannt. Die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB hat der BGH hier, insbesondere im Wettbewerbs- und Markenrecht, mehrfach ausdrücklich bejaht.236 Dies wird seitens der Literatur nicht grundlegend in Frage gestellt.237 In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, was die Wortlautauslegung zur Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf Haftungstatbestände jenseits des Deliktsrechts besagt. Problematisch erschiene es nach dem soeben entwickelten Begriffsverständnis, eine Pflichtverletzung im Rahmen eines schuldrechtlichen Sonderverhältnisses, insbesondere aus Vertrag, zu erfassen. Denn hier resultiert die Verpflichtung zum Schadensersatz gerade aus dem bilateralen Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem, wel233 Vgl. LG Berlin Urt. v. 14.2.2006 – 96 O 252/05, WRP 2006, 1045 (Gehilfenhaftung einer Betreiber-GmbH für wettbewerbswidrige Bezeichnung einer Tierarztpraxis als „Klinik“); OLG Hamburg Urt. v. 3.11.2005 – 2 U 29/01, GRUR-RR 2006, 339, 341 (Vertrieb von Großpackungen durch den Pharmahandel); vgl. auch Köhler, in: ders./Bornkamm UWG, § 4 Rn. 11.22 m. w. N. 234 Vgl. LG München I Urt. v. 11.1.2006 – 21 O 2793/05, ZUM 2006, 255, 258 f. (Gehilfenhaftung eines Internet-Auktionshauses für Urheberrechtsverletzungen der Plattformnutzer) (vom OLG München aufgehoben, welches die Möglichkeit der Gehilfenhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB jedoch dem Grunde nach nicht in Zweifel zieht, vgl. OLG München Urt. v. 21.9.2006 – 29 U 2119/06, GRUR 2007, 419, 422); zustimmend Dreier, in: ders./Schulze UrhG, § 97 Rn. 23 m. w. N. 235 Vgl. BGH Urt. v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, NWJ 2004, 3102, 3105 (Störerhaftung eines Internet-Auktionshauses für Markenrechtsverletzungen bei Fremdversteigerungen), hier war die Frage mangels Gehilfenvorsatzes nicht entscheidungserheblich, das Gericht setzt die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB dem Grunde nach jedoch unproblematisch voraus. 236 Vgl. BGH Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 (Meißner Dekor): „Schutzrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstöße stellen unerlaubte Handlungen dar. Als Schuldner des deliktischen Schadensersatzanspruches kommt im gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht ebenso wie im bürgerlichen Recht der Täter, Mittäter (§ 830 I 1 BGB) oder Teilnehmer (§ 830 II BGB) der unerlaubten Handlung sowie daneben derjenige in Betracht, dem das Verhalten des Handelnden zuzurechnen ist“. 237 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 57; Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 3: Die Norm sei auf sämtliche unerlaubten Handlungen anwendbar, auch solche außerhalb des BGB.

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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ches der Schädiger verletzt hat. Der Wortlaut spricht allerdings nicht gegen die Anwendung der Norm auf Fälle gesetzlicher Vertrauenshaftung: Denn auch die Haftung für abstraktes, typisiertes Vertrauen lässt sich ihren Wesensmerkmalen nach unter die dargestellten Begriffsmerkmale einer unerlaubten Handlung subsumieren. Nach diesen Haftungstatbeständen haftet der Schädiger schließlich nicht, weil er ein besonderes, individualisiertes Pflichtenprogramm gegenüber dem Geschädigten verletzt hat. Er haftet, weil er sich schuldhaft ein abweichendes Verhalten von demjenigen hat angedeihen lassen, auf welches ein abstrakter Verkehrskreis schützenswert vertraut hat. b) Systematik Die Systematik scheint auf den ersten Zugriff gegen eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1 BGB außerhalb des Deliktsrechts des BGB zu sprechen. Schließlich ist die Norm unter dem 27. Titel des Schuldrechts „Unerlaubte Handlungen“ verortet und weist keinerlei Bezüge zu anderen, außerhalb der §§ 823 ff. BGB stehenden Haftungstatbeständen auf. Wie eben gesehen wird der Begriff der unerlaubten Handlung aber nicht auf die §§ 823 ff. BGB begrenzt sondern erfasst jedenfalls auch das deliktische Haftungsrecht außerhalb des BGB. Die systematische Stellung steht einer Anwendung auf unerlaubte Handlungen außerhalb des BGB somit nicht entgegen. Spricht die Systematik aber auch für eine Anwendung auf nicht-deliktische Haftungstatbestände wie die gesetzliche Vertrauenshaftung? Um sich dieser Frage zu nähern erscheint es hilfreich, sich die dogmatische Verortung der Vertrauenshaftung als sog. „dritte Spur“ zwischen Vertragsrecht und Deliktsrecht238 vor Augen zu führen. Verbildlicht man diesen Gedanken, mögen die Topoi Vertragshaftung, Vertrauenshaftung und Deliktshaftung drei verschiedene Mengen in einer einfachen Matrix darstellen.239 Vertragshaftung und Deliktsrecht bilden die entgegengesetzten Pole, zwischen ihnen liegt das Feld der Vertrauenshaftung, welches Elemente aus den beiden anderen Bereichen in sich vereint. Diese drei Bereiche stehen allerdings nicht völlig isoliert voneinander, sondern weisen an verschiedenen Stellen einerseits gewisse Schnittmengen, andererseits deutliche Divergenzen auf. Vor allem ist die Position der Vertrauenshaftung nicht exakt und punktuell in der arithmetischen Mitte zwischen Vertrags- und Deliktsrecht angelegt. Angesichts der Heterogenität der erfassten Konstellationen stellt die Vertrau238 Grundlegend aufgearbeitet von Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971; Begriff bei Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 84 ff. 239 Die hier gewählte Verbildlichung bildet eine Synthese der Ausführungen Canaris‘ zur dogmatischen Verortung der Vertrauenshaftung (vgl. vorige Fn.) und der Theorie Johannes Köndgens zur Existenz eines breiten Kontinuums zwischen Vertrags- und Deliktsrecht im Feld der Auskunftshaftung gegenüber Dritten (vgl. Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 352 ff.).

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enshaftung eher ein Kontinuum dar, welches ein breites Feld zwischen den Polen Vertrags- und Deliktshaftung abdeckt.240 Die vertrauensrechtliche Haftung bildet also ein Spektrum zwischen den beiden Außenpolen, die Position des einzelnen Vertrauenshaftungstatbestandes variiert: Je abstrakter das tatbestandlich vorausgesetzte Vertrauen, welches die in Rede stehende Norm schützt, desto größer ist die Nähe zum Deliktsrecht. Entgegengesetzt nähert man sich mit zunehmender Notwendigkeit konkreten Vertrauens der rechtsgeschäftlichen Erklärungshaftung und dem Vertragsrecht. Für die Frage des sachlichen Anwendungsbereichs von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ergibt sich ein gradueller Indikator: Je größer die Nähe des jeweiligen Tatbestandes zum klassischen Deliktsrecht, je abstrakter das tatbestandlich geschützte Vertrauen ausgestaltet ist, desto eher spricht die Systematik für eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Entsprechend spricht umgekehrt die Voraussetzung eines individuellen Näheverhältnisses zwischen den Akteuren eher gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, da der Tatbestand dann im Spektrum der Vertrauenshaftung eher vertragsrechtsähnlich angelegt ist. Daneben zeigt ein Blick in den „zivilrechtlichen Teil“ der Norm, die Beteiligtenhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 2 BGB, dass dort die systematische Stellung nicht zum Argument gegen einen weiten Anwendungsbereich erhoben wird. § 830 Abs. 1 S. 2 BGB wird über die §§ 823 ff. BGB hinaus auf andere Haftungstatbestände angewendet,241 sogar ohne dass diese deliktischer Prägung sind.242 Teils liest man von einer entsprechenden bzw. analogen Anwendung,243 andere sprechen sich für eine direkte Anwendbarkeit aus.244 Hiervon ausgehend ist nicht ersichtlich, weshalb im Hinblick auf § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ein strengerer Maßstab gelten sollte. Die Systematik spricht also nicht gegen eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die gesetzliche Vertrauenshaftung, sondern es ist zu differenzieren: Sie streitet umso eher für eine Anwendbarkeit, je abstrakter 240 Ähnlich auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, 2005, S. 217 ff., der die kapitalmarktrechtliche Informationshaftung letztlich deliktisch qualifiziert. 241 Vgl. statt vieler umfassend Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 74 ff.; knapper Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 3. 242 Umstritten sind im Rahmen des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB insbesondere die Anwendbarkeit auf die Gefährdungshaftung und auf vertragliche Schadensersatzansprüche, vgl. dazu Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 74 ff., 79, die beides bejaht, mit Nachweisen zu Gegenauffassungen. 243 Vgl. Sprau, in: Palandt BGB, § 830 Rn. 13; Steffen, in: BGB-RGRK, § 830 Rn. 15; Teichmann, in: Jauernig BGB, § 830 Rn. 2. 244 So Katzenmeier, in: NomosKomm BGB, § 830 Rn. 4; Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 3; wohl auch Spindler, in: Bamberger/Roth BGB, § 830 Rn. 2; unentschieden Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 3: „(analoge) Anwendung“.

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das tatbestandlich vorausgesetzte, den Haftungsgrund bildende Vertrauen des jeweiligen Tatbestandes ausgestaltet ist. c) Gesetzeshistorie Den Materialien zur Genese des BGB ist zum Anwendungsbereich der Vorschrift keine Stellungnahme zu entnehmen.245 Auch die zeitgenössische Kommentar- und Lehrbuchliteratur fördert jenseits der bereits benannten ratio der Vorschrift und ihren typischen Anwendungsfällen keine weiteren Erkenntnisse zutage.246 Jedoch wäre selbst eine explizite Einlassung des historischen Gesetzgebers dahingehend, dass die Norm lediglich im Deliktsrecht gelten solle, heute nur noch von begrenzter Aussagekraft: Hieraus folgte lediglich, dass die Anwendung auf vertragliche und vertragsnahe Ansprüche ausscheiden solle. Denn das Konzept der gesetzlichen Vertrauenshaftung als zwischen Vertrag und Delikt liegender „dritter Spur“ des Haftungsrechts,247 als welche die Gegner einer deliktischen Einordnung die kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbestände überwiegend qualifizieren, kam erst einige Zeit nach Inkrafttreten des BGB auf.248 Wird nun also zur Intention des historischen Gesetzgebers statuiert, die Norm solle nur deliktische Ansprüche erfassen,249 folgt hieraus zwar ohne Weiteres, dass die Verfasser des BGB eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf vertragliche und vertragsähnliche Ansprüche 245 Die Ausführungen sind sehr knapp und allg. gehalten, vgl. Mugdan, Materialien, 1899, Motive, S. 738; Eine Aussage zum Anwendungsbereich findet sich nicht, ebenso wenig ebd., Protokolle, S. 2790: Diskussionsbedarf bestand lediglich hinsichtlich der Formulierung des späteren § 830 Abs. 1 S. 1 BGB. 246 Vgl. Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1902, § 338, S. 1068 ff.; v. Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1898, S. 74 ff. 247 Zur dogmatischen Verortung grundlegend Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 84 ff. 248 Vgl. insbesondere die Vorarbeiten im Kontext der culpa in contrahendo bei Ballerstedt, AcP 151 (1951) 501, vgl. 503 ff., insb. 507: „Verpflichtung durch Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens“; erstmalig monographisch zu einem Gesamtkonzept zusammengeführt von Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971. 249 Vgl. u. a. v. Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1898, S. 77: „Dagegen findet § 830 außerhalb der Deliktsobligationen keine Anwendung. Er gilt insbesondere nicht für Verletzung von Vertragspflichten. Der Grund liegt darin, daß hier nach der eigenartigen Natur der Obligation nur der Schuldner selbst als verhaftet erscheint.“ – Ähnlich Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 1902, § 324, S. 1011: „Die unerlaubte Handlung erzeugt ein selbständiges Schuldverhältnis nur, wenn sie ist Verletzung allgemeiner zwischen allen Personen bestehender Rechtsanforderungen: unberechtigter Eingriff in die fremde Rechtssphäre. Wird eine nähere, zwischen bestimmten Personen bestehende Rechtsbeziehung (ein Schuldverhältnis, Anspruch oder sonstiges relatives Recht) durch den Verpflichteten verletzt, so entsteht daraus nur eine Umbildung jenes Schuldverhältnisses.“

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ablehnten. Es wäre aber ein Anachronismus, dies als Absage an die Anwendung auf die Vertrauenshaftung zu deuten. Mithin ist die Genese des BGB für die vorliegende Frage recht unergiebig. Auch die gesetzgeberische Aktivität bis zum heutigen Zeitpunkt steuert keine Erkenntnisse bei, § 830 BGB ist seit 1900 im Kern unverändert. d) Teleologische Erwägungen Die teleologische Auslegung stützt weder eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf die §§ 823 ff. BGB, noch auf rein deliktsrechtliche Tatbestände, sondern spricht deutlich dafür, § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auch auf die gesetzliche Vertrauenshaftung anzuwenden. Die in der Vorschrift inkorporierten Wertungen, namentlich die Privilegierung des Geschädigten und das Festhalten der Schädiger an ihrem gemeinsam gefassten Schädigungsvorsatz,250 überzeugen nicht allein im Deliktsrecht. Auch soweit der dogmatische Ursprung eines Tatbestandes in einer Haftung für enttäuschtes typisiertes Vertrauen gesehen wird, überzeugt die Wertung, dass jemand der bewusst an der Schädigung des Dritten mitwirkt, sich an diesem Zusammenwirken auch in der Haftung festhalten lassen muss. Dies gilt umso mehr, je abstrakter das tatbestandlich vorausgesetzte Vertrauen ausgestaltet ist und je größer die typische Anonymität im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem ist. Denn dann nähert sich der Tatbestand, wenngleich grundsätzlich als Vertrauenshaftung identifiziert, dem Deliktsrecht an, während die Bedeutung einer rechtsgeschäftsähnlichen Komponente als Bindeglied zwischen den Parteien abnimmt.251 Verbreitet wird aufgrund teleologischer Erwägungen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Rahmen der Gefährdungshaftung abgelehnt. Diejenigen Grundsätze, welche die Solidarhaftung legitimieren, insbesondere der betätigte Wille zur Fremdschädigung, fänden in der Gefährdungshaftung keine Entsprechung; diese folge abweichenden Zurechnungsprinzipien.252 Die Argumentation lädt zum Gegenschluss ein: Es erscheint als argumentum e contrario aus dem soeben Ausgeführten naheliegend, die Anwendung auf Vertrauenshaftungstatbestände dann zu bejahen, wenn die betreffende Haftung aus ebensolchen Prinzipien folgt, die auch die Rechtsfolge des § 830 Vgl. zur ratio von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB bereits oben Kapitel 3 – B.II., S. 289 f. 251 Vgl. zu dem hier zugrundegelegten Verständnis von der Vertrauenshaftung als vielgestaltiges Kontinuum zwischen Vertrags- und Deliktshaftung bereits soeben Kapitel 3 – C.II.2.b), S. 323. 252 Vgl. Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 58; Steffen, in: BGBRGRK, § 830 Rn. 9; Wagner, in: MünchKomm BGB, § 830 Rn. 9; in der Sache ebenso Staudinger, in: Schulze HandKomm BGB, § 830 Rn. 3. 250

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB tragen. Soweit also sowohl die Wertung, den Schädiger an den Folgen seines vorsätzlichen Handelns festzuhalten, als auch der Geschädigtenschutz dem Wesen nach im betreffenden Vertrauenshaftungstatbestand angelegt sind, spricht dies für die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S.1, Abs. 2 BGB. Dies wird bezüglich derjenigen Tatbestände, die auf ein typisiertes Vertrauen abstellen, auch mit Blick auf deren oben herausgestellte dogmatische Nähe zum Deliktsrecht253 durchaus zu bejahen sein. Sinn und Zweck der Norm streiten also grundsätzlich für eine Anwendung über originär deliktsrechtliche Tatbestände hinaus auf die gesetzliche Vertrauenshaftung. Der Rechtsgedanke des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB beansprucht hier ebenfalls Geltung, soweit der Tatbestand an typisiertes Vertrauen anknüpft und seinen Ursprung nicht in einem Näheverhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem nimmt. e) Ergebnis Die Auslegung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ergibt, dass die Vorschrift nicht allein im Deliktsrecht des BGB, sondern auch darüber hinaus Anwendung findet. Einigkeit besteht, soweit es sich um deliktische Tatbestände außerhalb des BGB handelt. Richtigerweise ist auch die Anwendung auf Tatbestände der gesetzlichen Vertrauenshaftung möglich. Dies gilt für diejenigen Tatbestände, die auf ein abstraktes, typisiertes Vertrauen abstellen, während hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die ein konkretes Näheverhältnis erfordern, Zurückhaltung geboten ist. 3. Vorzüge einer funktionalen Betrachtung Für die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf einen Haftungstatbestand sollte es anstelle dessen dogmatischer Verortung also darauf ankommen, ob dieser funktional eine ähnliche Stoßrichtung aufweist wie die allgemeinen Deliktstatbestände,254 gleich ob dieser nun dem Deliktsrecht im engeren Sinne oder der gesetzlichen Vertrauenshaftung zuzuschlagen ist. Überdies sollte eine Anwendung nur dann erfolgen, wenn eine Teilnehmerhaftung – in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Frage der Schutzgesetzeigenschaft i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB – im Rahmen des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems sinnvoll und tragbar erscheint.255 Dazu soeben Kapitel 3 – C.II.2.b), S. 323 f. Fleischer, AG 2008, 265, 272; Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5; wohl auch Eberl-Borges, in: Staudinger BGB, 2012, § 830 Rn. 57; sowie Teichmann, in: Jauernig BGB, § 830 Rn. 2 (entsprechende Anwendung); in diese Richtung wohl auch Schaub, in: PWW BGB, § 830 Rn. 3: „§ 830 gilt für alle unerlaubten Handlungen, auch zB für solche nach dem UWG […], UrhG […], MarkenG, PartG etc.“ 255 Zur Schutzgesetzproblematik im Kapitalmarktrecht bereits oben Kapitel 1 – C.II.5.a), S. 99 ff. 253 254

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Für diesen Maßstab sprechen mehrere Argumente. So erlaubt er es, jenseits der reinen Begriffsjurisprudenz wertend abzuwägen, ob die entsprechende Haftung sich sinnvoll systematisch und teleologisch in das bestehende Normgeflecht einweben lässt. Auch mit Blick auf die Auslegung des Anwendungsbereichs von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB überzeugt dies, denn es wurde herausgearbeitet, dass allein die Einordnung als gesetzliche Vertrauenshaftung kein Argument gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB darstellt. Die Inbezugnahme der Rechtsprechungsformel zu § 823 Abs. 2 BGB stellt zudem sicher, dass die Anwendbarkeit nicht allein aus Perspektive des § 830 BGB, sondern auch vonseiten des spezialgesetzlichen Haftungstatbestandes betrachtet wird. Der BGH reichert seine Überlegungen im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB mittlerweile stets um die Frage an, ob die Schaffung des in Rede stehenden Haftungstatbestandes im haftpflichtrechtlichen Gesamtsystem gewollt und tragbar erscheint.256 Dies überzeugt im Kapitalmarktrecht umso mehr, als die betreffenden Normen ausweislich der entsprechenden Gesetzesmaterialien zumeist sowohl Anleger- als auch Funktionenschutz zu gewährleisten suchen. Ähnlich verhält es sich mit der Einordnung von Tatbeständen der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation als gesetzliche Vertrauenshaftung oder Deliktshaftung: Der Gesetzgeber äußert sich in aller Regel nicht, die Literatur versucht sich im Spurenlesen. Eine funktionale Betrachtung bietet gegenüber dem sklavischen Abstellen auf die Dogmatik zudem den Vorteil größerer Methodenehrlichkeit und verspricht eine fundiertere, aus dem vollen Argumentationsarsenal schöpfende Auseinandersetzung mit den eigentlichen Sachfragen. Diese lauten: Erscheint im Hinblick auf die betreffende Norm eine zivilrechtliche Teilnehmerhaftung als vom Gesetzgeber intendiert? Ist die Norm deliktischen Ansprüchen wesensverwandt? Und lässt sich eine Teilnehmerhaftung widerspruchslos in das bestehende Koordinatensystem der Haftung in diesem Rechtsgebiet einfügen? Dies bedarf der Konkretisierung. a) Entfaltung der zu berücksichtigenden Kriterien und Wertungen Damit stellt sich die Frage, welche konkreten Kriterien für die Frage der Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB entscheidend sind, soweit ein Haftungstatbestand nicht mit letzter Gewissheit dem Deliktsrecht zugeschlagen werden kann. Ausgegangen werden soll von Canaris’ Feststellung: „Eine Rechtsordnung, die die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu ihren wichtigsten Zielen zählt und die dem Wettbewerbsprinzip in vielen Lebensbereichen zentrale Bedeu-

256

Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – C.II.5.a), S. 99 f.

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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tung zumißt, kann folgerichtig nicht zugleich das Vermögen als solches mit einem lückenlosen Deliktsschutz ausstatten“.257

Das Zitat entstammt einer Schrift zur Schutzgesetzproblematik und zielt primär auf den bewusst lückenhaften sachlichen Schutzbereich deliktischer Tatbestände, soweit die Ersatzfähigkeit reiner Vermögensschäden in Rede steht. Hieraus lassen sich aber auch Rückschlüsse für die Frage der Haftungsadressaten im Bereich reiner Vermögensschäden ziehen. Die Bejahung der generellen Ersatzwürdigkeit eines Schadens präformiert nicht die Reichweite der Anspruchsverpflichteten. Eine Einstandspflicht sollte nur dann bejaht werden, wenn die ratio der Haftungsnorm sich darauf erstreckt, den spezifisch verursachten Schaden nicht allein vom benannten Schädiger tragen zu lassen, sondern den Haftungsverband auf andere, an der Schädigung teilnehmende Akteure auszuweiten. Dabei muss die normative Grundorientierung des deutschen Zivilrechts auf eine kompetitive Wirtschaftsordnung Berücksichtigung finden. Finanzielle Einbußen, die auf legitimes Wettbewerbsverhalten zurückzuführen sind, dürfen also keinen Schadensersatzanspruch auslösen. Die Teilnehmerhaftung ist anders gewendet nur dort angezeigt, wo der Norm zu entnehmen ist, dass das Vermögen des Geschädigten nicht nur gegenüber dem benannten Primärschädiger, sondern gegenüber jedermann der an der Schädigung mitgewirkt hat, geschützt sein soll. Einzubeziehen sind auch die Erkenntnisse auf dem Gebiet der Berufshaftung. Hier hat sich, lässt man die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich dogmatischer Verwurzelung und diverser Einzelfragen beiseite, die Erkenntnis durchsetzen können, dass im Geschäftsverkehr einer hoch spezialisierten, arbeitsteiligen Gesellschaft das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Expertise und Professionalität bestimmter Berufs- und Funktionsträger auch außerhalb vertraglicher Beziehungen des vermögensrechtlichen Schutzes bedarf.258 Ähnlich wie sich bei der Teilnahme im Straßenverkehr der Einzelne darauf verlassen können soll und muss, dass die anderen Teilnehmer sich regelkonform verhalten, baut auch eine moderne Wirtschaftsordnung auf kooperatives und vertrauensvolles Interagieren der Akteure, und darauf dass im weitesten Sinne gefährdende Berufe und Tätigkeiten unter Einhaltung der jeweiligen Sorgfaltsmaßstäbe ausgeübt werden. Diese Überlegung begegnet im Vertragsrecht, der Vertrauenshaftung und auch im Deliktsrecht; sie gilt noch

Canaris, in: 2. FS Larenz, 1983, S. 27, 36 f. Zu den Auswirkungen zunehmender Professionalisierung auf die sachgerechte Risikoverteilung im Haftungsrecht bereits oben Kapitel 3 – B.III.2.b)cc), S. 305 ff.; vgl. auch im allgemeineren Kontext Christensen, Verkehrspflichten in arbeitsteiligen Prozessen, 1995, mit dem Versuch, ein übergreifendes Prinzip der Pflichtzurechnung in arbeitsteiligen Prozessen herauszuarbeiten, jedoch mit Fokus auf das Innenverhältnis der zusammenwirkenden Akteure ohne Inbezugnahme von § 830 BGB. 257 258

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verstärkt, wenn es sich bei der betreffenden „Gefahrenquelle“ um unendlich reproduzierbare und streubare Information handelt. Gewendet auf die Teilnehmerhaftung im Recht der Kapitalmarktinformation bedeutet dies m. E. Folgendes: Jeder Marktteilnehmer soll sich im gesamtwirtschaftlichen Interesse an einem liquiden, reich kapitalisierten Markt, an welchem Emittenten in einen chancengleichen Wettbewerb um Kapital treten, darauf verlassen dass die übrigen Marktakteure normgemäß handeln. Dies gilt verstärkt für diejenigen Marktakteure, die aufgrund ihrer Profession und Stellung Informationsmonopole innehaben bzw. als Informationsintermediäre tätig sind. Die Notwendigkeit des Anlegervertrauens in die Marktintegrität für einen funktionierenden Kapitalmarkt wurde bereits dargestellt259 und ist über grundlegende Zweifel erhaben. Hieraus folgt freilich nicht, dass jeder Marktakteur bei Beteiligung an Fehlinformation stets zivilrechtlich haften sollte. Aus den angestellten Überlegungen leitet sich aber zwanglos die herausgehobene Stellung von reibungsloser Interaktion einerseits und korrekter Information andererseits ab. Im Zusammenhang mit Überlegungen zur Beweisverteilung bei Kausalitätsfragen im Kapitalmarktrecht führt Spindler treffend aus: „[L]etztlich geht es darum, wem das Risiko von Fehlinformationen und der Unaufklärbarkeit von Kausalzusammenhängen zuzuweisen ist, um Anreize zu setzen, dass nur richtige Informationen in den Markt gegeben werden.“260

Die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ist also zu bejahen, wenn eine Teilnehmerhaftung die mit der Norm verfolgten Ziele zu befördern vermag, zugleich keine unverhältnismäßige Rechtsfolge darstellt, und sich sinnvoll in das Haftungsgefüge eingliedert. b) Erste Erkenntnisse aus dem Rechtsvergleich An dieser Stelle bietet sich ein erster rechtsvergleichender Blick auf die Untersuchung des US-amerikanischen Rechts an, dies zunächst unter bewusster Auslassung von Einzelfragen aus der Makroperspektive: Welche Wirkungen zeitigt die Haftung bzw. Haftungsfreistellung von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation auf den Kapitalmarkt und das Verhalten der Berater? Welche Argumente sprechen unabhängig vom individuellen nationalen Kolorit für und gegen eine zivilrechtliche Haftung von Sekundärakteuren?

259 260

Vgl. knapp hierzu oben Kapitel 1 – A.II.2., S. 13 ff. Spindler, AcP 208 (2008) 283, 337.

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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aa) Grundsätzliches Die Untersuchung des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts hat zutage gefördert, dass eine völlige Haftungsfreizeichnung professionellen Beratern gefährliche Verhaltensanreize setzt.261 Wer wegen schuldhafter Teilnahme an fehlerhafter Marktkommunikation eines Emittenten keinerlei zivilrechtliche Konsequenzen befürchten muss, neigt graduell dazu, den Mandanten bei fehlerhafter Information zu unterstützen. Die abschreckende, positiv verhaltenssteuernde Wirkung der aufsichtsrechtlichen Verfolgung ist angesichts begrenzter Kapazitäten der Behörden unzureichend. Ein Haftungsregime sollte daher darauf ausgerichtet sein, die Berater am Kapitalmarkt durch ein maßvolles Haftungsrisiko zu normgetreuem Verhalten anzuhalten.262 Erfolgt dies im Wege zivilrechtlicher Haftungsmechanismen, stärkt man zugleich Anleger- und Funktionenschutz, denn Folge eines wirksamen Regimes zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen pflichtvergessene Akteure ist zugleich eine Zunahme des Anlegervertrauens in die Integrität des Marktes.263 Mit den Worten Hopt’s begegnen hier wiederum Anleger- und Funktionenschutz als „zwei Seiten derselben Medaille“264. Hieraus folgen nun keine konkreten Empfehlungen oder Schlussfolgerungen für eine systemimmanente Fortbildung des deutschen Haftungsregimes. Festzuhalten bleibt aber, dass das Desiderat nach einem effektiven haftungsrechtlichen Anlegerschutz auch im Hinblick auf Sekundärakteure internationaler Fließrichtung entspricht. Safe harbors für diese Akteure sind kritisch zu betrachten und stets an das vom jeweiligen Akteur geforderte Marktverhalten und dessen institutionelle Interessenlage rückzukoppeln. Eine gelungene Synthese von Haftungsrisiko und Handlungsfreiraum setzt Beratern Anreize zu normtreuem Verhalten und ist zugleich darauf bedacht, nicht im Übermaß prohibitiv zu wirken. bb) Insbesondere: Missbrauchsrisiko Die Haftung von Sekundärakteuren ist zudem missbrauchsresistent auszugestalten, wobei das Risiko von strike suits nach US-amerikanischem Vorbild im deutschen Zivilprozessrecht wohl zu vernachlässigen ist. Auch das KapMuG,265 welches für Schadensersatzansprüche bei fehlerhafter KapitalmarVgl. statt vieler Coffee, 57 Bus. Law. 1403 (2002). Dazu Coffee, 57 Bus. Law. 1403 (2002); sowie Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT, 2002, F 35, auch mit Nachweisen zu fundamental marktliberalen Stimmen, die insoweit auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes vertrauen und einer Haftung für Fehlinformation traditionell krit. begegnen. 263 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – A., S. 9 ff. 264 Hopt, ZHR 159 (1995) 135, 159. 265 Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in der Fassung durch das Gesetz vom 19.10.2012, vgl. BGBl. I, S. 2182; Ein umfassender Zugriff auf das KapMuG überstiege 261 262

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kinformation ein erstes, vorsichtiges Tasten des Gesetzgebers in Richtung der securities fraud class action darstellt, scheint hierfür nicht anfällig.266 Insbesondere die Regelung in §§ 17 Abs. 1 S. 1, 18 Abs. 2 KapMuG lässt diesbezüglich aufmerken: Ein Vergleich zwischen den Beteiligten bedarf der Genehmigung durch das Gericht. Diese ist zu erteilen, wenn das Gericht den vorgeschlagenen Vergleich unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes und des Ergebnisses der Anhörung der Beigeladenen als angemessene gütliche Beilegung der Rechtsstreitigkeit erachtet.267 Dient die Regelung primär der Erleichterung eines Vergleichs, weil ein solcher nunmehr ohne Zustimmung sämtlicher Beteiligten wirksam vereinbart werden kann, 268 erscheinen räuberische Aktionärsklagen damit zugleich weitgehend versperrt. Diese stellen damit gegenwärtig kein virulentes Risiko dar, welches es im Rahmen der Überlegungen zur Haftung von Sekundärakteuren spezifisch zu beachten gälte. 4. Methodische Verortung: direkte Anwendbarkeit Die zusammengetragenen Kriterien führen nach hier vertretener Auffassung zur direkten Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf den betreffenden Haftungstatbestand. Dies ist jedoch, das ist einzuräumen, methodisch nicht unangreifbar. So mag man einwenden, schon der Begriff der „unerlaubten Handlung“ stehe einer Anwendung auf Tatbestände, deren deliktsrechtliche Natur nicht positiv festgestellt worden ist, entgegen. Die hier vertretene funktionale Betrachtung überwindet dies wie soeben dargelegt durch ein weites Verständnis der unerlaubten Handlung sowie eine systematische und teleologische Auslegung der Vorschrift.269 5. Alternativ: analoge Anwendung Folgt man dem nicht, führt eine analoge Anwendung des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zu vergleichbaren Resultaten.270 Voraussetzungen einer Analogie sind eine planwidrige Regelungslücke sowie die wertungsmäßige Vergleichbarkeit des ungeregelten Sachverhaltes mit der tatbestandlich erfassten Konsden Umfang dieser Arbeit; sie beschränkt sich daher bewusst auf die materiell-rechtlichen Fragestellungen der Haftung von Sekundärakteuren. 266 Zur nicht verstummenden Kritik an dessen geringer Attraktivität für Geschädigte aufgrund diverser prozessualer Konstruktionsfehler und der bisher nur geringen Bedeutung des Verfahrens in der Rechtsrealität rückblickend und mit einer Besprechung der wesentlichen Änderungen durch die Neuverkündung Wolf/Lange, NJW 2012. 3751: „[B]islang [war] das KapMuG keine wirkliche Erfolgsgeschichte.“ 267 Vgl. dazu Wolf/Lange, NJW 2012, 3751, 3754. 268 Vgl. Wolf/Lange, NJW 2012, 3751, 3754. 269 Vgl. dazu soeben Kapitel 3 – C.II.2, S. 321 ff. 270 Für eine analoge Anwendung auch Teichmann, in: Jauernig BGB, § 830 Rn. 2.

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tellation.271 Ebendiese Voraussetzungen werden auch im Rahmen einer Prüfung der hier bevorzugten direkten Anwendbarkeit des § 830 Abs. 1 S. 1 BGB auf die einzelnen Kapitalmarkthaftungstatbestände positiv nachgewiesen. 272 Eine Regelungslücke liegt vor, wenn das Merkmal „keine abschließende Regelung“ für das jeweilige Marktsegment erfüllt ist. Die Elemente sind weitgehend deckungsgleich. Die Planwidrigkeit der Regelungslücke sowie die Vergleichbarkeit der Interessenlagen im geregelten und ungeregelten Fall werden im Kriterium der funktionalen Betrachtung im haftungsrechtlichen Gesamtsystem aufgegriffen. Offenkundig ist dies für die Vergleichbarkeit der Interessenlage, da anderenfalls eine systemkohärente Zusammenführung nicht gelingen kann. Auch die Planwidrigkeit der festgestellten Regelungslücke folgt hieraus, denn wäre eine Regelungslücke nicht als planwidrig anzusehen, wäre auch die Einfügung in das haftpflichtrechtliche Gesamtsystem zu verneinen, da auch dieser Prüfungspunkt eine Rückkopplung an den mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers erfordert. Ist nach den hier geprüften Kriterien die direkte Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf einen Tatbestand der Kapitalmarktinformationshaftung zu bejahen, liegen mithin hilfsweise auch die Voraussetzungen für einen Analogieschluss vor. 6. Ergebnis Für die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ist eine vergleichende systematisch-teleologische Gesamtschau anzustellen, welche fragt, ob eine Teilnehmerhaftung nach der Vorschrift im Rahmen des Haftungsrechts in diesem Rechtsgebiet zu stimmigen Ergebnissen führt und zudem vonseiten der

271 Vgl. Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 371; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 383 ff.; Vogel, Juristische Methodik, S. 133 f.; Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 55: „Im Analogieschluss liegt also eine Generalisierung, die sich auf eine Bewertung gründet: des Inhalts, daß die Unterschiede zwischen den gesetzlich geregelten und den nicht geregelten Fällen (die spezifischen gesetzlichen Tatbestandsmerkmale) nicht gewichtig genug sind, um eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen.“ – Ausdrücklich gegen den Begriff der planwidrigen Regelungslücke Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 618, der die Termini Ähnlichkeit und Gleichbehandlung in Anlehnung an Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 481 bevorzugt. 272 Auf die inhaltliche Nähe der funktional-teleologischen Auslegung des Anwendungsbereichs einer Norm und der Voraussetzungen für eine Analogie weist auch Vogel, Juristische Methodik, S. 133 hin; noch weitergehend Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 371, die die Analogie als Bestandteil der „erlaubten normalen Konkretisierungsarbeit“ ansehen; einschränkend Schmalz, Methodenlehre, Rn. 378, der zwar eine fließende Grenze anerkennt, jedoch eine grundsätzliche Trennung von Auslegung und Analogie befürwortet; ähnlich Pawlowski, Methodenlehre, Rn. 501, 507 f.; deutlicher trennend hingegen etwa Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, S. 172.

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ratio des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB angezeigt ist. Resultat dieser Prüfung ist vorzugsweise die direkte Anwendbarkeit, alternativ ist eine Analogie statthaft. III. Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB am Primärmarkt Trägt man diese Kriterien an die Prospekthaftung heran, müsste für eine Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zunächst festzustellen sein, dass der im ersten Kapitel herausgearbeitete Kreis der Prospektverantwortlichen ungewollte Lücken aufweist. Zudem muss die Anwendung aus Perspektive von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB systematisch und funktional geboten sein. Schließlich müsste sich eine solche Teilnehmerhaftung bruchlos in das Prospekthaftungsregime einfügen. Nach den oben in Kapitel 1 und zu Beginn von Kapitel 3 getroffenen Ausführungen zur Prospekthaftung neigt man dazu, bereits die erste Voraussetzung zu verneinen. Eine genauere Betrachtung bestätigt dies weitgehend. 1. Keine Anwendung auf die Prospekthaftungstatbestände De lege lata erschiene es weder systematisch sachgerecht noch aus teleologischfunktionalen Gesichtspunkten geboten, das System der Prospekthaftung durch § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB um eine Teilnehmerhaftung anzureichern.273 Dies stünde im Widerspruch zum bewusst eng umgrenzten Kreis der Prospektverantwortlichen im Recht der kodifizierten Prospekthaftung und drohte zudem, die Koordinaten der Rechtsprechung zur Expertenhaftung im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung sachwidrig zu expandieren. a) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Die Garanten- bzw. Expertenhaftung im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ist konstitutiv an das nach außen erkennbare Auftreten als Experte bzw. Garant geknüpft.274 Die Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB erfordert ein solches Publizitätselement hingegen nicht.275 So auch Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 3; Reus/Paul, WM 2008, 1245, 1249 im rechtsvergleichenden Blick aus deutscher und US-amerikanischer Perspektive; a. A. Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 187, die die Haftung der Vorstände des Emittenten nach § 830 Abs. 2 BGB befürworten. 274 Vgl. dazu bereits ausf. oben Kapitel 1 – B.V.3.b), S. 58 ff. 275 So auch Habersack, in: ders./Mülbert/Schlitt, HdB Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 3, der die Prospekthaftung ihrer Natur nach zwar als deliktisch qualifiziert, aber eindringlich davor warnt, den Kreis der Haftenden durch §§ 830, 831 BGB über das gesetzlich vorgesehene Maß hinaus auszuweiten; vgl. auch allgemeiner Hopt, AcP 183 (1983) 608, 680 ff: Eine Berufshaftung sei stets an das Auftreten am Markt geknüpft; a. A. und zu weitgehend hingegen Schlund, BB 1984, 1437, 1442, der eine Haftung von „Konzeptberatern“ des Emittenten auch ohne Erkennbarkeit dessen aus dem Prospekt haften lassen will und dies aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu begründen sucht. Dass 273

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Wurde aber oben festgestellt, dass hierauf lediglich dann verzichtet wird, wenn eine entsprechende Dominanz des entsprechenden Akteurs im Innenverhältnis festzustellen ist (der sog. Prospektveranlasser), zeigt sich, dass § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zu einer Störung des Verhältnisses von interner Kontrollausübung, Publizität und Vertrauen führen würde. Es fehlt hier somit schon an der Offenheit des Tatbestandes für eine solche Erweiterung. b) Kodifizierte Prospekthaftung Entsprechendes gilt im Anwendungsbereich der kodifizierten Prospekthaftung: Auch hier wird auf die Publizität der Mitwirkung des betreffenden Akteurs bzw. dessen Verlautbarung der Prospektverantwortlichkeit nur insoweit verzichtet, als eine überbordende interne Kontrolle besteht, welche aus Wertungsgesichtspunkten eine Haftung im Außenverhältnis legitimiert.276 Überdies ist die sehr unflexible und zugleich weitreichende Rechtsfolge der kodifizierten Prospekthaftung (gesamtschuldnerische Haftung aller Prospektverantwortlichen für den gesamten Schaden) zu beachten. Eine derartige Haftung für Gehilfenleistungen, welche möglicherweise nur von untergeordnetem Stellenwert für den gesamten Prospekt sind, scheint nur schwer begründbar. Sollte sich der Gesetzgeber entschließen mit dem Grundsatz der prospektrechtlichen Gesamtverantwortung zu brechen, könnte de lege ferenda eine Gehilfenhaftung anzunehmen sein. Dann wäre es möglich, einen Gehilfen nur dann als Haftungsadressaten zu betrachten, wenn er Anteil an einem tatsächlich streitgegenständlichen und fehlerhaften Abschnitt des Prospektes hatte. Jedoch wäre auch dann die weitere Hürde zu nehmen, dass die Haftung eines Akteurs, der nicht als Prospektveranlasser zu qualifizieren ist, ohne jegliches Publizitätselement im geltenden Prospekthaftungsregime einen Systembruch darstellen würde. Ohne belastbaren Hinweis darauf, dass ein Reformgesetzgeber dieses Publizitätsprinzip auflockern wolle, wäre bei der Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB weiterhin größte Zurückhaltung geboten. In der Literatur wurde dies teils anders gesehen. Namentlich Schwark277 und ihm folgend Assmann278 plädierten dafür, § 830 BGB auf die Börsenprospekthaftung (§§ 45, 46 BörsG a. F.) anzuwenden. Dem ist zu widersprechen, schon da aus heutiger Perspektive das praktische Bedürfnis hierfür nicht mehr festgestellt werden kann: Die Haftungsvoraussetzungen der verschiedenen Prospektverantwortlichen haben eine deutliche Konturierung erauch für diese Begründungswege eine kundgetane Mitwirkung am Prospekt vorliegen muss, wurde bereits herausgearbeitet, vgl. oben Kapitel 3 – A.I.1., S. 274 ff.; sowie Kapitel 3 – A.I.2., S. 278 ff. 276 Vgl. dazu oben Kapitel 1 – B.II.1.c)bb), S. 25 f. 277 Vgl. Schwark, ZGR 1983, 162, 183. 278 Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 375: „Keine Bedenken […] § 830 BGB analog auf die Bestimmungen der §§ 45, 47 BörsG anzuwenden.“

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fahren, Fälle eklatanten Haftungsbedürfnisses lassen sich über § 826 BGB erfassen. Etwaige Vorteile, welche eine (analoge) Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die kodifizierte Prospekthaftung mit sich bringen mag, vermögen die drohenden Wertungswidersprüche nicht aufzuwiegen. Soweit ersichtlich, wird diese Auffassung heute auch nicht mehr vertreten. 2. Ausnahmen Von dieser grundsätzlichen Entscheidung gegen eine Anwendung sind jedoch bereichsspezifische Ausnahmen zuzulassen. a) Teilnehmerhaftung im Rahmen von § 306 KAGB Zur Prospekthaftung nach § 306 Abs. 1 KAGB wird verbreitet vertreten, die Norm stelle ein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB dar.279 Entsprechend hat sich der Reformgesetzgeber in der Begründung zur Schaffung von § 127 Abs. 2 S. 1 InvG a. F., der Haftung für Fehler im KIDD280 eingelassen.281 Infolgedessen ist auch § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB hier anzuwenden. Die soeben herausgearbeiteten Bedenken gegenüber einer Erweiterung der Prospekthaftung auf Teilnehmer sind dem Grunde nach auch hier einschlägig, zudem ist mit guten Gründen herausgearbeitet worden, dass die Anerkennung expliziter Schadensersatzansprüche als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB überaus problembehaftet ist.282 Jedoch müssen diese Einwände angesichts der klar artikulierten Intention des Gesetzgebers zurückstehen. Da es zudem systemwidrig erschiene, lediglich § 306 Abs. 2 S. 1 KAGB Schutzgesetzqualität zuzusprechen, dies bezüglich der Parallelvorschrift § 306 Abs. 1 S. 1 KAGB hingegen abzulehnen, sind sowohl § 306 Abs. 1 S. 1 KAGB als auch § 306 Abs. 2 S. 1 KAGB Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB. Einzig hiergegen argumentieren ließe sich, dass eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs von § 830 Abs. 1 S. 1 BGB vorzunehmen sei, Vgl. Patzner/Döser, InvG, § 127 Rn. 1 sowie die Nachweise oben Kapitel 1 – B.IV.3.c), S. 52 in Fn. 211. 280 Das Gesetz spricht von den „wesentlichen Anlegerinformationen“, international gebräuchlich ist die Bezeichnung als KIID, Key Investor Information Document, vgl. Müchler, WM 2012, 974, 975. 281 Vgl. Begr. RegE OGAW-IV-UmsG, BT-Drucks. 17/4510, S. 84: „[§ 127 Abs. 2] Satz 1 [InvG] beschreibt insoweit die Minimalanforderungen an die wesentlichen Anlegerinformationen, deren Verletzung zivilrechtliche Haftungsansprüche aus Schutzgesetzverletzung (§ 823 Absatz 2 BGB) begründen kann.“ Die Novellierung soll ausdrücklich keine inhaltliche Änderung bewirken, vgl. Begr. RegE KAGB, BT-Drucks. 17/12294, S. 283. 282 Vgl. Spickhoff, Gesetzesverstoß und Haftung, 1998, S. 138 f.: die Behandlung von Schadensersatzansprüchen als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB wirke „systemsprengend“. 279

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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da § 306 KAGB die Haftungsadressaten abschließend regle. Dann käme der Bejahung der Schutzgesetzeigenschaft der Vorschrift jedoch kaum ein eigenständiger Gehalt zu, denn einen ausdrücklichen Schadensersatzanspruch normiert § 306 KAGB auch ohne Heranziehung des § 823 Abs. 2 BGB. Es ist dem Gesetzgeber jedoch grundsätzlich der Wille zu unterstellen, keine inhaltsleeren Regelungen zu treffen. Somit scheint die Anwendbarkeit von § 830 BGB hier dem Willen des Gesetzgebers zu entsprechen und ist daher zu bejahen. b) Verstoß gegen drittschützende Strafgesetze Von der grundsätzlichen Entscheidung gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB am Primärmarkt unbenommen bleibt zudem die Teilnahme an Verstößen gegen drittschützende Strafgesetze. Diese Ausnahme überzeugt wertungsmäßig, bedenkt man, dass angesichts der eng ausgestalteten Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Strafnormen nur in gravierenden Ausnahmefällen überhaupt eine Strafbarkeit festzustellen sein wird. Wer an einer solchen Tat mitwirkt und sich wegen ebendieser Beteiligung möglicherweise auch strafrechtlich zu verantworten hat, erscheint nicht als unbilliger Schuldner eines entsprechenden Schadensersatzanspruches. Eine Übermaßhaftung ist nicht zu befürchten. 3. Implikationen aus dem Rechtsvergleich Die weitgehende Ablehnung der zivilrechtlichen Haftung von Sekundärakteuren, die an der Prospekterstellung mitgewirkt haben, steht im deutlichen Kontrast zur US-amerikanischen Rechtslage nach dem SA 1933. Die Prospekthaftung nach sec. 11 und sec. 12(a) SA 1933 kennt ausdrücklich eine zivilrechtliche Teilnehmerhaftung. Verschiedene Experten, die an der Prospekterstellung mitgewirkt haben bzw. für einen Teil dessen die Verantwortung übernommen haben, haften geschädigten Anlegern auf Leistung von Schadensersatz.283 Dies wird, soweit ersichtlich, nicht als unverhältnismäßige Belastung der Berater des Emittenten beschrieben. Hieraus folgt indes nicht, dass die Entscheidung gegen eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nach der lex lata in diesem Lichte nochmals zu überdenken wäre. Denn die Divergenz lässt sich aus dem unterschiedlichen regulatorischen Kontext heraus erklären: So ist dem SA 1933 der prospektrechtliche Grundsatz der Gesamtverantwortung fremd, auch ein funktionales Äquivalent besteht nicht. Experten, die an der Prospekterstellung mitwirken, haften nur für denjenigen Prospektbestandteil, für den sie die Ver-

283 Vgl. oben Kapitel 2 – B.I., S. 141 ff., zu sec. 12(a) SA 1933; sowie Kapitel 2 – B.II., S. 145 ff., zu sec. 11 SA 1933.

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antwortung übernommen haben.284 Unter diesen Voraussetzungen überzeugt eine Teilnehmerhaftung. Solange man hingegen am Grundsatz der prospektrechtlichen Gesamtverantwortung festhält, würde die Außenhaftung eines mitwirkenden Beraters eine massive Belastung darstellen, der die Legitimation fehlt. Übersteigt die Mitwirkung des Akteurs im Einzelfall das übliche Maß, lassen sich krasse Fälle über die Figur des Prospektveranlassers sowie das Deliktsrecht, insbesondere § 826 BGB, erfassen. De lege ferenda spricht vieles dafür, dem USamerikanischen Regelungsvorbild zu folgen und eine sachlich umgrenzte Expertenhaftung zu schaffen, wie dies in der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung bereits der Fall ist. Eine Haftung des Teilnehmers ohne Auftreten nach außen, wie § 830 BGB sie ermöglichen würde, ist auch dem SA 1933 fremd. 4. Ergebnis Der Kreis der Prospektverantwortlichen ist grundsätzlich nicht durch § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB zu erweitern, da die Prospekthaftung eine abschließende Regelung der Haftungsadressaten trifft. Ausnahmen gelten für die Teilnahme an der Verletzung drittschützender Strafgesetze sowie dort, wo der Gesetzgeber die Teilnehmerhaftung erkennbar intendiert hat, wie im Fall des § 306 KAGB. Das US-amerikanische Prospekthaftungsrecht widerspricht dem wertungsmäßig nicht. Es kennt zwar eine direkte Verantwortlichkeit von Sekundärakteuren, knüpft diese aber an das erkennbare Auftreten im Prospekt und begrenzt die Einstandspflicht auf den jeweils konkret verantworteten Prospektteil. Diese erstrebenswerte Lösung lässt sich jedoch im Rahmen der deutschen lex lata mit Ausnahme der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung nicht erreichen. IV. Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB am Sekundärmarkt Im deutlichen Kontrast hierzu stellt sich die Situation am Sekundärmarkt dar; dies zeigt bereits ein kursorischer Blick auf das Schadensersatzregime bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität: So ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber bereits ein Haftungskonzept normiert habe, dessen Wertungen durch eine Erweiterung über das Deliktsrecht unterwandert oder gar konterkariert zu werden drohten. Insbesondere besteht – im Gegensatz zur Prospekthaftung – kein geschlossener, einem inneren System folgender Kreis von Anspruchsverpflichteten, den die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Ein Abschlussprüfer, technischer Sachverständiger oder sonstiger Experte haftet gem. sec. 11(a) (4) SA 1933 lediglich „with respect to the statement […] which purports to have been prepared or certified by him“. 284

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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BGB sachwidrig expandieren würde. Hierin tritt neben der offenkundigen Dynamik dieser Rechtsmaterie eine gewisse Unfertigkeit des Systems zutage. Diese spricht denn auch, abgesehen von allen dogmatischen Feinheiten, grundsätzlich dafür, unter Einsatz des Deliktsrechts de lege lata grundlegende Strukturen des Haftungsregimes auszuloten, um so auch gangbare Lösungen für einen etwaigen Reformgesetzgeber aufzuzeigen. Diesen ersten Befund gilt es zu konkretisieren. Für die verschiedenen Formen der Sekundärmarktinformation wird also gezeigt, dass der Gesetzgeber den Kreis der Passivlegitimierten bislang nicht abschließend geregelt hat, und dass eine Erstreckung dessen auf Teilnehmer sowohl dem Zweck des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nach, als auch mit Blick auf das haftungsrechtliche Gesamtsystem am Sekundärmarkt sinnvoll und geboten erscheint.285 1. Ad-hoc-Publizität a) Keine abschließende Regelung In der Literatur heißt es zum Nebeneinander von spezialgesetzlichen Haftungstatbeständen und allgemeinem Deliktsrecht bei fehlerhafter Ad-hocPublizität: „Auch im Anwendungsbereich der §§ 37b, 37c wird das allgemeine Deliktsrecht nicht verdrängt, soweit es vorsätzliche Begehungsweise voraussetzt“286 und weiter: „Eine Haftung nach § 830 BGB ist daher allenfalls hinsichtlich solcher Personen denkbar, die außerhalb des Unternehmens stehen. […] [Dies aber erfordert] sowohl Vorsatz des Teilnehmers als auch Vorsatz des Täters […].“287

Auf die Lückenhaftigkeit der kodifizierten Sekundärmarkthaftung wurde bereits hingewiesen. Diese lässt sich auch im Bereich der Ad-hoc-Publizität deutlich ablesen: Der Gesetzgeber war bislang lediglich punktuell kodifizierend tätig, für die rechtstatsächlich bedeutsame Haftung der Geschäftsleiter ist die Rechtsprechung nach wie vor auf die Interimslösung des § 826 BGB angewiesen. Viele, auch elementare Haftungsfragen sind nach wie vor ungeklärt. Treffend urteilt Bachmann: „[D]ie §§ 37b, 37c WpHG [sind] nicht als

Dabei zielt die hier vertretene Lösung auf eine direkte Anwendbarkeit des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ab. Soweit dem nicht gefolgt wird, ist alternativ eine Analogie gangbar, vgl. dazu bereits oben Kapitel 3 – C.II.5., S. 332. 286 Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 2. 287 Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 92; ähnlich Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.590; unter der von ihnen bestrittenen Prämisse, dass die §§ 37b, 37c WpHG deliktischer Natur seien, auch Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c Rn. 133; ähnlich auch bereits im Kontext von Insiderdelikten Haßlinger, Zivilrechtliche Ansprüche gegen Insider, 1978, S. 70: „Personen, die auf die Mitarbeiter des Emittenten einwirken, um die Verzögerung der Veröffentlichung der Insider-Information zu erreichen, handeln als Anstifter und sind über § 830 Abs. 2 BGB haftbar.“ 285

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‚letztes Wort‘ des Gesetzgebers zu begreifen, sondern nur als (provisorische) Teillösung.“288 Soweit hier ins Feld geführt wird, einer Haftungserweiterung stehe der Wille des Gesetzgebers entgegen, ist dem hinsichtlich externer Akteure zu widersprechen. Zwar hat sich der Gesetzgeber mit der Organaußenhaftung befasst und sich bislang, trotz entgegengesetzter programmatischer Verkündungen, nicht zu einer Kodifikation derselben entschließen können. Die Haftung Dritter aber war soweit ersichtlich nicht Gegenstand aktiver Auseinandersetzung. Somit lässt das Fehlen einer Regelung nicht auf eine Entscheidung gegen die Teilnehmerhaftung schließen. b) Funktionale Analyse Auch Sinn und Zweck der Haftung nach den §§ 37b, 37c WpHG sprechen für eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Die Normen statuieren ausdrücklich lediglich die Haftung des publikationspflichtigen Emittenten, dieser zieht jedoch bei der Erstellung von Ad-hoc-Mitteilungen regelmäßig Berater hinzu. Diese haften nach den bisher etablierten Koordinaten erst unter den Voraussetzungen einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB. Unterhalb dieser Schwelle aber löst die Beteiligung an der Erstellung fehlerhafter Ad-hoc-Publizität ohne Heranziehung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB keine zivilrechtliche Verantwortung des Beraters gegenüber geschädigten Anlegern aus. Die Erfahrungen aus dem US-amerikanischen Recht haben diesbezüglich gezeigt, dass die Schaffung solcher safe harbors für zentrale Akteure am Kapitalmarkt fatale Folgen haben kann. Das Haftungsrisiko als verhaltenssteuernder Faktor hin zu normgetreuem Verhalten entfällt, zugleich bestehen starke Anreize, den Emittenten zwecks Mandatspflege bei fehlerhaftem Verhalten zu unterstützen. Solch eine Lage konterkariert das Bedürfnis danach, dass sich insbesondere die professionellen Berater normgemäß verhalten und nach Kräften auf eine wohlfeile Informationspolitik der von ihnen beratenen Emittenten hinwirken. 289 Die Abschirmung von Drittakteuren vor zivilrechtlicher Haftung ist letztlich nicht nur dem Individualschutz abträglich. Sie birgt auch das Potenzial, Vertrauen in die Integrität des Marktes zu verspielen und so letztlich die Funktionalität des Marktes insgesamt zu schädigen. Da die Verhinderung solcher schädigenden Entwicklungen ein Kernanliegen der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität darstellt, spricht die ratio der §§ 37b, 37c WpHG für eine Teilnehmerhaftung. Systematische Verwerfungen mit Blick auf andeBachmann, in: ders./Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 93, 127. 289 Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 3 – C.II.3.a), S. 328 ff. 288

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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re Tatbestände oder Konflikte mit vorrangigen Wertungen des Haftungsregimes für fehlerhafte Sekundärmarktinformation sind nicht erkennbar. Auch aus Perspektive des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB überzeugt eine Anwendung auf die §§ 37b, 37c WpHG: Die Haftung bei fehlerhafter Adhoc-Publizität baut nicht auf einem spezifischen Näheverhältnis zwischen Emittent und Anleger auf, dessen Bipolarität durch eine Erstreckung der Haftung auf Teilnehmer unterlaufen würde.290 Sofern man die §§ 37b, 37c WpHG als Vertrauenshaftungstatbestände betrachtet, wären diese innerhalb des Spektrums zwischen Vertrag und Delikt also eher der Deliktshaftung denn der Vertragshaftung ähnlich,291 denn der im Haftungstatbestand verkörperte Imperativ beansprucht nicht lediglich gegenüber einigen bestimmten Akteuren, sondern gegenüber dem gesamten Markt Geltung. Mithin sprechen überzeugende Gründe für eine Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG. c) Alternative Begründungsansätze Folgt man dieser funktional orientierten Betrachtung nicht, lässt sich die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG auch über eine deliktische Qualifikation der Haftungstatbestände (aa) oder eine Analogie (bb) begründen. aa) Deliktische Qualifikation der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität Die Haftung nach den §§ 37b, 37c WpHG ist mit der überwiegenden Ansicht als deliktisch zu qualifizieren. Auch wenn entgegen der hier vertretenen Auffassung statuiert wird, § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB finde ausschließlich auf deliktsrechtlicher Tatbestände Anwendung, ist die Anwendbarkeit mithin zu bejahen. Auf die Haftung aus § 826 BGB, neben den §§ 37b, 37c WpHG die zentrale Vorschrift für die Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität und Kernbestandteil des Deliktsrechts, wird § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB unstreitig angewendet.

290 Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass anders als im Recht der Prospekthaftung der Anspruchsgegner sich einer Haftung nicht durch den Nachweis entziehen kann, dass das fehlerhafte Ad-hoc-Publizitätsverhalten die Transaktionsentscheidung des Anlegers in keiner Weise verursacht oder auch nur beeinflusst habe, vgl. Teichmann, in: Bachmann/ Casper/Schäfer/Veil (Hrsg.), Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts im Gesellschaftsund Kapitalmarktrecht, 2007, S. 149, 156; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c Rn. 90. 291 Vgl. zum hier zugrundegelegten Verständnis der gesetzlichen Vertrauenshaftung als breit gefächertes Kontinuum zwischen den beiden Polen Vertragsrecht und Deliktsrecht oben Kapitel 3 – C.II.2.b), S. 323 ff.

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(1) Argumente für eine deliktsrechtliche Einordnung Der Theorienstreit über die Rechtsnatur der §§ 37b, 37c WpHG soll hier nicht in voller Breite repetiert werden, zumal der begrenzte Erkenntnisgewinn dieser Einordnung für die vorliegende Sachfrage bereits herausgestellt wurde.292 Im Ergebnis sprechen die besseren Gründe für eine deliktische Qualifikation der Vorschriften.293 Ausschlaggebend erscheint, dass es an einem für die gesetzliche Vertrauenshaftung prägenden Näheverhältnis zwischen publikationspflichtigem Emittenten und Anleger gänzlich fehlt und die §§ 37b, 37c WpHG auch in keiner Weise auf ein solches abstellen.294 Die Haftung knüpft nicht an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers in die Informationspolitik des Emittenten, sondern primär an den Umstand, dass der Emittent durch fehlerhafte Information eine Schädigung der Anleger vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht und in Kauf nimmt.295 Unbestreitbar ist zwar Voraussetzung eines liquiden Kapitalmarktes, dass Anleger im Grundsatz schützenswert darauf vertrauen, dass Emittenten ihren Publizitätspflichten pflichtgemäß nachkommen.296 Dieses allgemeine Vertrauen auf die Normtreue der übrigen Marktakteure genügt jedoch nicht, um eine Vertrauenshaftung anzunehmen.297 Anderenfalls wäre jeder Straßenverkehrsunfall als Vertrauenshaftungsfall zu behandeln, denn der Schädiger hätte durch den schuldhaft verursachten Unfall das Vertrauen des Geschädigten auf korrektes Verhalten des Verursachers enttäuscht. Für eine deliktische Qualifikation spricht auch die – ebenfalls mit dem Straßenverkehr vergleichbare – Anonymität der Marktakteure im Verhältnis zueinander. Anleger sollen institutionell größtmögliche Zuversicht in die Informationseffizienz und -transparenz des Marktes haben. Dies begründet aber nicht zwischen jedem Emittenten und jedem Anleger ein individuelles Nähe-

Vgl. dazu bereits oben Kapitel 3 – C.II.1., S. 319 f. So auch die wohl h. Lit., vgl. statt vieler Benzinger, Insiderhandelsverbot und Ad hoc Publizität, 2008, S. 167; Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5; Jungmichel, Adhoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 56 f.; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.590; umfassend Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 17 ff., insb. Rn. 23 m. w. N. zu den vertretenen Auffassungen; Abw. Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c WpHG Rn. 9, ebenfalls m. w. N. 294 Gleichsinnig Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5; Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 15; zum Beweis haftungsbegründender Kausalität nach den §§ 37b, 37c WpHG bereits ausf. oben Kapitel 1 – C.II.2.a)dd), S. 79 f. 295 Treffend Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 19: „Allein der Umstand, dass sich Individuen auf die Einhaltung öffentlich-rechtlich bestehender Pflichten anderer Rechtsunterworfener verlassen, begründet noch keinen Vertrauenstatbestand.“ 296 Vgl. hierzu bereits knapp im Hinblick auf die Schutzzwecke des Kapitalmarktrechts oben Kapitel 1 – A.II., S. 12 ff. 297 So auch Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 15. 292 293

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verhältnis. Wollte man dies annehmen, verwischte man letztlich die Grenzlinie zwischen (vor-)vertraglichem und rein außervertraglichem Rechtsverkehr. (2) Hinweise aus der Rechtsprechung Die Rechtsprechung des BGH deutet ebenfalls in diese Richtung. So hat das Gericht in seinen Infomatec-Entscheidungen die Haftung der Vorstände zunächst nach § 823 Abs. 1 BGB und nach § 823 Abs. 2 BGB in Kombination mit verschiedenen etwaigen Schutzgesetzen geprüft und ist letztlich zu § 826 BGB gelangt.298 Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als die §§ 37b, 37c WpHG bereits galten. Zwar kann nach diesen Vorschriften auch heute eine Haftung der Vorstände nicht begründet werden, sodass es nach wie vor des Rückgriffs auf § 826 BGB bedarf. Entscheidend ist aber nicht die Frage des konkret haftenden Akteurs, sondern die Identität der Tathandlungen: Das vorgeworfene Verhalten besteht jeweils in der Fehlinformation des Marktes durch die Unterlassung einer gebotenen bzw. die Veröffentlichung einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung in einer Situation, in der Schädiger und Geschädigten kein vertragliches oder vertragsähnliches Verhältnis verbindet.299 Der BGH hat für Verhaltensweisen, welche tatbestandsmäßig den §§ 37b, 37c WpHG unterfallen, auf das Instrumentarium des Deliktsrechts, namentlich § 826 BGB zurückgegriffen. Anders hingegen in der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung: Auch hier hätte die Möglichkeit bestanden, die Haftung über das Deliktsrecht, verbunden mit einer etwaigen Schleifung der Voraussetzungen von § 826 BGB, zu begründen. Der BGH zog aber dort den quasivertraglichen Ansatz vor und leitete das Institut aus der culpa in contrahendo (heute § 311 Abs. 2, 3 BGB) ab.300 Der Vergleich zeigt, dass auch der BGH fehlerhafte Ad-hoc-Publizität eher im deliktischen denn im vertragsähnlichen Rechtsverkehr verortet. (3) Zwischenergebnis Vorzugswürdig ist eine Qualifikation der §§ 37b, 37c WpHG als Sonderdeliktsrecht, dem scheint auch der BGH zugeneigt. Eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ist somit auch möglich, wenn man dem Vorschlag einer funktionalen Betrachtung nicht folgt und auf die dogmatische Einordnung der betreffenden Haftungsvorschrift abstellt. 298 Vgl. BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, NJW 2004, 2664 (Infomatec I); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971 (Infomatec II); BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, NJW 2004, 2668 (Infomatec III). 299 Das daneben bestehende korporationsrechtliche Rechtsverhältnis zwischen Anleger und Emittent hat auf diese Haftungsfrage keine Auswirkungen, sodass es vernachlässigt werden kann. 300 Vgl. dazu bereits ausf. oben Kapitel 1 – B.V., S. 54 ff.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

bb) Hilfsweise: Analogie Lehnt man auch dies ab und qualifiziert die §§ 37b, 37c WpHG als gesetzliche Vertrauenshaftung, Haftung aus kapitalmarktrechtlichem Näheverhältnis oder Ähnliches, ist hilfsweise eine Analogie statthaft. 301 Die Regelungslücke liegt vor, da für die Teilnehmerhaftung bei gesetzlicher Vertrauenshaftung eine dem § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB entsprechende Vorschrift fehlt und nicht anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber die Frage gänzlich ungeregelt lassen wollte. Auch ist die Vergleichbarkeit der Interessenlagen gegeben, denn die Gründe für bzw. gegen eine Teilnehmerhaftung bei Unterstützung fehlerhafter Ad-hoc-Publizität eines Emittenten sind unabhängig von der Rechtsnatur dieser Haftung deckungsgleich. Insbesondere ist der Haftungsgrund im Verhältnis zwischen Emittent und Anleger kein Näheverhältnis, sondern ein Verstoß des Emittenten gegen eine dem gesamten Verkehrskreis geschuldete Pflicht zu ordnungsgemäßer Information. Wie oben herausgearbeitet, entspricht es dann der ratio von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, die Anwendbarkeit zu bejahen.302 Eine Analogie ist möglich. d) Diskussion möglicher Einwände Gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG ist Kritik aus verschiedenen Richtungen denkbar. Dem soll hier nachgegangen werden. Mit Recht wird statuiert, eine Verquickung der §§ 37b, 37c WpHG mit § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB dürfe nicht dazu führen, dass neben dem Emittenten stets dessen verantwortliche Geschäftsleiter haften.303 Teils wird daher die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG insgesamt abgelehnt.304 Bei näherer Betrachtung verfangen die Einwände jedoch nur, soweit als Passivlegitimierte Geschäftsleiter oder andere

301 Vgl. allgemeiner zu den Voraussetzungen einer analogen Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die Sekundärmarkthaftung bereits oben Kapitel 3 – C.II.5., S. 332 f. 302 Vgl. ausf. oben Kapitel 3 – C.II.2., S. 321 ff. 303 Ganz h. M., vgl. nur Büche, Ad-hoc-Publizität, 2005, S. 144; Casper, in: Kölner Komm KapMuG, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 83; Fleischer, AG 2008, 265, 271; Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5; Möllers/Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rn. 138 ff.; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 162; Veil, ZHR 167 (2003) 365, 396 f.; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c Rn. 130; a. A. hingegen Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB, § 37c WpHG Rn. VI 382; Rieckers, BB 2002, 1213, 1220 f.; wohl auch Schwark, EWiR 2001, 1049, 1050. 304 So etwa Casper, in: Kölner Komm KapMuG, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 83; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 444 f.; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 162.

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Organmitglieder des Emittenten in Rede stehen. Die Haftung externer Teilnehmer begegnet keinen durchschlagenden Bedenken.305 aa) Rechtsnatur der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität Teils wird vorgebracht, eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG sei bereits a limine gesperrt, da die Vorschriften nicht deliktischer Natur seien, sondern eine gesetzliche Vertrauenshaftung statuierten.306 Hierzu wurde bereits ausgeführt, dass eine funktionale Betrachtung der Vorschriften angezeigt ist,307 welche für die Anwendbarkeit spricht.308 Mithin steht die Rechtsnatur der Haftung bei fehlerhafter Ad-hocPublizität einer Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG nicht entgegen. bb) Konflikt zum Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 WpHG Ein Hauptargument gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG lautet, dass ein solches Vorgehen nicht mit § 15 WpHG zu vereinbaren sei, wonach die Pflicht zur Ad-hocPublizität ausschließlich den Emittenten trifft.309 Diese gesetzgeberische Wertung dürfe durch § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nicht unterlaufen werden,310 gleich ob man die Vorschriften als Delikts- oder Vertrauenshaftung qualifiziere. Auch dies überzeugt jedoch nicht. Richtig ist, dass der Gesetzgeber sich bei der Schaffung der §§ 37b, 37c WpHG an § 15 WpHG orientiert hat und eine möglichst große Kongruenz des sachlichen Anwendungsbereichs anstrebte.311 Dies betrifft die Tatbestandsseite und die Ermittlung des Primärverpflichteten und dient dazu, ein Auseinanderklaffen von Verhaltenspflicht und Haftung zu verhindern. Ohne Verstoß soll kein Schadensersatzanspruch begründet werden, daher ist ein Gleichlauf von Publizitätspflichtigem und primär Haftendem uneingeschränkt erstrebenswert. 305 Ebenso Möllers/Leisch, in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rn. 140: „Über § 830 BGB können daher allenfalls solche Personen haftbar sein, die außerhalb des Unternehmens stehen.“ – Zurückhaltender Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 37c WpHG Rn. 133: Eine Teilnehmerhaftung externer Beteiligter solle auf Fälle der Teilnahme an Betrug und ähnlich schwerwiegenden, über einen reinen Verstoß gegen §§ 37b, 37c WpHG hinausgehenden Delikten beschränkt bleiben; im Ergebnis ablehnend auch Fleischer, AG 2008, 265, 273. 306 Veil, ZHR 167 (2003) 365, 396 f. 307 Vgl. bereits oben Kapitel 3 – C.II.3., S. 327 ff. 308 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 3 – C.IV.1.b), S. 340 ff. 309 Vgl. Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 3; Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 162. 310 Vgl. Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 3. 311 Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 1 – C.II.2., S. 75.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Die Teilnehmerhaftung ist jedoch schon aufgrund ihrer derivativen Natur getrennt hiervon zu betrachten. Der vermeintliche Konflikt ist letztlich Ausdruck des Prinzips, dass als Mittäter einer unerlaubten Handlung nur in Betracht kommt, wer den Tatbestand selbst eigenhändig erfüllen kann, während die Teilnahme dies gerade nicht erfordert. Denn primär Verpflichteter eines Anspruchs nach den §§ 37b, 37c WpHG kann stets nur der Emittent selbst sein, hierbei gilt es auf den Gleichlauf zu § 15 WpHG zu achten. Die Möglichkeit einer Gehilfen- und Anstifterhaftung ist aber gerade unabhängig von der Täterqualität des Teilnehmers.312 Nichts anderes als dieser Grundsatz der Teilnahmehaftung aber liegt hier vor. Der befürchtete Konflikt mit § 15 WpHG besteht somit bei genauer Betrachtung nicht. cc) Gesellschaftsrechtliche Einwände Auch wird gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB vorgebracht, eine Gehilfen- oder Anstifterhaftung neben der Haftung des Emittenten verkenne das Konzept der juristischen Person:313 Bestehe das haftungsbegründende Verhalten des Emittenten in einer Handlung eines verantwortlichen Vorstandes und lege man diesem Vorstand nun die zur Haftung des Emittenten führende Handlung zugleich als eine eigene Gehilfenleistung zur Last, verkenne man Grundgedanken des Gesellschaftsrechts, namentlich dass jede Gesellschaft stets nur durch ihre Organe handeln könne.314 Dieser Argumentation ist uneingeschränkt zuzustimmen; sie verfängt freilich nur, sofern der Anspruchsgegner Organwalter des Emittenten ist und spricht keineswegs pauschal gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Ein weiteres Argument gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB mag man in der grundsätzlichen Haftungskonzentration auf den Emittenten im Außenverhältnis und dem Vorrang des internen Ausgleichs zwischen Gesellschaft und Leitungsorgan315 sehen. Auch dies ist jedoch ohne Bedeutung, soweit die Haftung externer Teilnehmer in Rede steht: Diese stehen in keinem organschaftlichen Verhältnis zum Emittenten sondern agieren für diesen aufgrund schuldvertraglicher Verpflichtungen, beispielsweise in Gestalt von Beratungsverträgen. Gründe, die einen Vorrang der Haftung im Innenverhältnis und die hiermit einhergehende Schlechterstellung der Geschädigten rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

So auch Fleischer, AG 2008, 265, 273. Vgl. Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1864; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 37c Rn. 130. 314 Vgl. Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 119 f.; Zimmer/Grotheer, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 37c Rn. 130. 315 Im Kapitalgesellschaftsrecht allg. anerkannt, für die AG vgl. Fleischer, in: Spindler/ Stilz AktG, § 93 Rn. 307. 312 313

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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dd) Wertungsparallele zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung Schwerer wiegt der Einwand, der Gesetzgeber der §§ 37b, 37c WpHG habe an der Prospekthaftung Maß genommen und sich bewusst im Gegensatz zur dortigen Rechtslage gegen eine Haftung weiterer Akteure entschieden.316 In der kodifizierten Prospekthaftung hat sich der Gesetzgeber der Prospektverantwortlichkeit Dritter angenommen und diese angeordnet, sofern der betreffende Akteur als sog. Prospektveranlasser zu qualifizieren ist.317 Im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG wurde auf eine entsprechende Regelung verzichtet. Hieraus wird teils im Umkehrschluss gefolgert, eine Dritthaftung sei hier bewusst ausgeschlossen worden.318 Auch dieses Vorbringen überzeugt im Ergebnis jedoch nicht. Schon konzeptionell ist die Überzeugungskraft einer Wertungsparallele zu den Prospekthaftungstatbeständen eher gering, da Primär- und Sekundärmarkt trotz allfälliger Schnittmengen in der Rechtsrealität grundsätzlich getrennten Publizitäts- und Haftungsregimen folgen.319 Es ist deutlich erkennbar, dass der Gesetzgeber bislang gerade nicht mit dem Anspruch reguliert hat, ein kohärentes, marktsegmentübergreifendes System der kapitalmarktrechtlichen Informationshaftung zu schaffen. Diese ist vielmehr bislang für Primärmarkt und Sekundärmarkt isoliert verortet. Auch die Gesetzesmaterialien enthalten keine Hinweise darauf, dass die §§ 37b, 37c WpHG in einem besonderen inneren Zusammenhang zur Prospekthaftung stehen sollten und die Auslegung auf eine möglichst weitgehende Konvergenz der Tatbestände auszurichten sei. Aber selbst wenn man eine Vergleichbarkeit bejaht, besagt die Schaffung einer Haftung des Prospektveranlassers320 nicht im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber der §§ 37b, 37 c WpHG eine Haftung der vorliegend untersuchten Sekundärakteure ausgeschlossen habe. Die Haftung des Prospektveranlassers zielt nämlich nicht auf diejenigen Akteure, die einen Teil zur Erstellung des Prospektes beigetragen haben, wie dies bei der Teilnahme an fehlerhafter 316 So bei Fleischer, AG 2008, 265, 273; Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5a; zustimmend Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 162. 317 Zum Prospektveranlasser ausf. oben Kapitel 1 – B.II.1.c)bb), S. 25 f. 318 So Fleischer, AG 2008, 265, 273; Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5a, beide mit Hinweis darauf, dass bei vorsätzlicher Teilnahme stets auch an einen Anspruch nach §§ 826, 830 BGB zu denken sei; ebenso Sethe, in: Assmann/Schneider WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 162. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 826, 830 BGB auch bei wohlwollender, anlegerfreundlicher Auslegung nicht kongruent mit denen nach §§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB sind, vgl. dazu ausf. unten Kapitel 3 – D.I.3., S. 356 f. 319 Diese Strukturunterschiede zwischen Emissions- und Zirkulationsmarkt betont in anderem Kontext auch Fleischer, BKR 2003, 608; sowie ders., in: Assmann/Schütze, HdB KapitalanlageR, § 7 Rn. 4. 320 Vgl. § 21 Abs. 1 Ziff. 2 WpPG, § 20 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. VermAnlG.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Ad-hoc-Publizität der Fall wäre, sondern sucht Hintermänner zu erfassen, die die eigentlichen wirtschaftlichen Profiteure der Emission sind.321 Diese sollen sich, soweit eine Emission primär in ihrem Interesse vonstattengeht, nicht von der Haftung abschirmen können.322 Es geht dort keineswegs um untergeordnete Gehilfen. Eine vergleichbare Situation gewendet auf fehlerhafte Adhoc-Mitteilungen erscheint abwegig: Die fehlende Haftung des „Mitteilungsveranlassers“ in den §§ 37b, 37c WpHG deutet damit nicht auf eine Entscheidung gegen die Teilnehmerhaftung.323 Für die Mitarbeit an einem Prospekt hingegen kennt die Prospekthaftung ein Institut, welches der hier untersuchten Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität funktional nahekommt, namentlich die Expertenhaftung im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung.324 Experten haften für die von ihnen erstellten und verantworteten Prospektteile, sofern sie einen entsprechenden Publizitäts- und Vertrauenstatbestand gesetzt haben. Diese Haftung wird im Rahmen der kodifizierten Prospekthaftung zu Recht abgelehnt, dies liegt aber primär in dem prospektrechtlichen Grundsatz der Gesamtverantwortung begründet.325 Auch die prospektrechtliche Expertenhaftung erlaubt also keine Rückschlüsse auf die Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität, den Konstellationen fehlt es an hinreichender Vergleichbarkeit. Weder die Auslassung einer Haftung der Hintermänner noch das Fehlen einer Expertenhaftung in den §§ 37b, 37c WpHG stellen also überzeugende Gründe gegen eine Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB dar. ee) Divergierende Verschuldensmaßstäbe Auch wird gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG teils angeführt, dass die Normen unterschiedliche Verschuldensmaßstäbe statuierten und eine Zusammenführung daher im Widerspruch zur zivilrechtlichen Teilnahmedogmatik stünde.326 Hieran ist richtig, dass Emittenten nach den §§ 37b, 37c WpHG bereits bei grober Fahrlässigkeit haften, während die Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB sowohl eine vorsätzliche Haupttat als auch eine vorsätzliche Teilnah321 Dies erkennen auch Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 90 und ziehen hieraus richtigerweise lediglich ein Argument gegen eine Organhaftung über § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, nicht jedoch gegen die Haftung Dritter. 322 Vgl. ausf. bereits oben Kapitel 1 – B.II.1.c)bb), S. 25 f. 323 So aber Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5a. 324 Siehe zu den Voraussetzungen der Expertenhaftung ausf. oben Kapitel 1 – B.V.3.b), S. 58 ff. 325 Dazu ausf. oben Kapitel 1 – B.II.1.c)cc), S. 26 f. 326 So Fleischer, AG 2008, 265, 273; zugeneigt Fuchs, in: ders. WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 5a.

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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mehandlung erfordert.327 Jedoch ist ein dogmatischer Bruch bei gemeinsamer Anwendung nicht erkennbar: Die Lösung des scheinbaren Konfliktes besteht darin, dass sich die höheren Anforderungen des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB gegenüber den §§ 37b, 37c WpHG durchsetzen. Ein Teilnehmer haftet somit nur bei vorsätzlicher Hilfeleistung zu einem vorsätzlichen Verstoß des Emittenten, während grob fahrlässige oder vorsätzliche Teilnahme an einer nur grob fahrlässigen Verwirklichung der §§ 37b, 37c WpHG keine Haftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auslöst. Die Lage mag Anlass zu rechtspolitischer Kritik geben; insbesondere erscheint eine Haftung auch bei vorsätzlicher Teilnahme an grob fahrlässiger Verwirklichung der §§ 37b, 37c WpHG ratsam. Dies allein stellt aber keinen Wertungswiderspruch dar, der gegen eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG im Ganzen spricht. e) Ergebnis Überzeugende Gründe sprechen für eine Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität nach §§ 37b, 37c WpHG, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Vorzuziehen ist die direkte Anwendung der Norm, was sowohl funktional als auch klassisch dogmatisch begründbar ist. Folgt man dem nicht, liegen hilfsweise die Voraussetzungen einer Analogie vor. Die gegen die Anwendung vorgebrachten Argumente überzeugen, soweit als Anspruchsgegner Geschäftsleiter des betreffenden Emittenten in Rede stehen, nicht hingegen im Hinblick auf externe Akteure. 2. Regelpublizität a) Keine abschließende Regelung An der Haftung für fehlerhafte Regelpublizität zeigt sich die Unvollkommenheit des gegenwärtigen Entwicklungsstands der Sekundärmarkthaftung in aller Deutlichkeit. Wie oben gezeigt, besteht bislang nicht einmal Konsens hinsichtlich der vorzugswürdigen Anspruchsgrundlage für einen Ersatzanspruch geschädigter Anleger.328 Auch die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen harren der Konturierung. Zugleich ist ein praktisches Klarstellungsbedürfnis erkennbar: Fehlerhafte Regelpublizität steht der Ad-hoc-Publizität hinsichtlich ihrer Streubreite und der potenziellen finanziellen Schäden für Anleger in nichts nach. Daher kann es nicht befriedigen, dass die Haftung der Geschäftsleiter und sämtlicher sonstiger Akteure unterhalb der Schwelle des § 826 BGB bislang weitgehend ungeklärt ist. 327 Vgl. zum Vorsatzerfordernis ausf. mit umfassenden Nachweisen zu abweichenden Auffassungen oben Kapitel 3 – B.III.2.a)dd), S. 299 ff. (Gehilfenhaftung) sowie Kapitel 3 – B.III.3.b), S. 314 f. (Anstifterhaftung). 328 Dazu oben Kapitel 1 – C.III., S. 108 ff.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

b) Funktionale Analyse Eine Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Regelpublizität ruft keine systematischen Bedenken auf den Plan. Der Schutzgesetzcharakter der §§ 37v, 37w, 37x WpHG329 wurde bereits bejaht,330 die Anwendbarkeit von § 830 BGB auf Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz ist angesichts der deliktischen Natur dieses Anspruchs anerkannt.331 Mit Blick auf die Funktionalität des Kapitalmarktes sprechen für die Teilnehmerhaftung bei fehlerhafter Finanzberichterstattung die gleichen Sachgesichtspunkte wie im Fall fehlerhafter Ad-hoc-Publizität. Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.332 Auch etwaige Wertungswidersprüche sind nicht erkennbar. c) Ergebnis Auch hinsichtlich der Haftung für fehlerhafte Regelpublizität ist die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB gegeben. Die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz ist deliktischer Natur, hier ist die Anwendung von § 830 BGB allgemein anerkannt. 3. Freiwillige Marktkommunikation a) Keine abschließende Regelung Für die Haftung bei fehlerhafter freiwilliger Marktkommunikation besteht bislang keinerlei spezialgesetzliche Regelung. Überzeugende Ansätze zur Haftungsbegründung greifen auf § 826 BGB zurück, die vereinzelt vorgeschlagene analoge Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG ist abzulehnen.333 Der Gesetzgeber hat es hier erkennbar bis auf Weiteres Gerichten und Literatur in die Hände gelegt, die Koordinaten der Haftung explorativ auszumessen. Dies spricht ebenso wie der Umstand, dass die Haftung gegenwärtig vor allem nach § 826 BGB beurteilt wird, deutlich für die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB.

329 Dies umfasst aufgrund der gewählten Regelungstechnik des Gesetzgebers (zumindest) im Anwendungsbereich kapitalmarktorientierter Gesellschaften auch § 325 HGB, vgl. oben Kapitel 1 – C.III., S. 108 f. 330 Vgl. dazu ausf. oben Kapitel 1 – C.III.3.a)cc), S. 115 f. 331 Vgl. nur jüngst BGH Urt. v. 15.5.2012 – VI ZR 166/11, ZIP 2012, 2255, 2257 (Gehilfenhaftung bei unerlaubter Anlagevermittlung nach §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, §§ 1, 32 Abs. 1 S. 1 KWG). 332 Vgl. dazu soeben Kapitel 3 – C.IV.1.b), S. 340 ff. 333 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – C.IV., S. 125 ff.

C. Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

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b) Funktionale Analyse Wie bereits dargestellt wird die Haftung wegen freiwilliger Marktkommunikation gegenwärtig auf die deliktischen Generalklauseln bzw. quasivertragliche Ansätze gestützt.334 Die jeweiligen Haftungstatbestände sind bislang recht grob geschnitzt, eine Konturierung wird sich wohl erst über einen längeren Zeitraum mit zunehmendem Fallmaterial in der Rechtsprechung abzeichnen. Da es sich um klassische Deliktshaftung handelt, scheinen Wertungswidersprüche durch Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB fernliegend. Auf § 826 BGB, bislang die zentrale Anspruchsgrundlage bei fehlerhafter freiwilliger Information, findet die Teilnehmerhaftung unproblematisch Anwendung. Dies gilt jedoch nicht für die Rechtsprechung des BGH zur Vorstandshaftung nach § 311 Abs. 2, 3 BGB.335 Denn hier beruht die Haftung nach Ansicht des BGH auf einem persönlichen Vertrauen, welches der Anspruchsgegner für sich in Anspruch nimmt. Eine Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB geriete in Konflikt mit dem prägenden Näheverhältnis zwischen Geschädigtem und Primärakteur. c) Ergebnis Auch im Fall fehlerhafter freiwilliger Kommunikation ist § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB grundsätzlich anwendbar, soweit die Haftung über § 826 BGB begründet wird. Eine zivilrechtliche Teilnehmerhaftung erscheint möglich. Dies gilt nicht, wenn die Haftung des Primärakteurs aus § 311 Abs. 2, 3 BGB folgt. V. Zwischenergebnis Am Primärmarkt ist die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB weitgehend abzulehnen. Ausnahmen sind nur insoweit zuzulassen, als dies vom Gesetzgeber ausdrücklich intendiert ist, wie im Fall des § 306 KAGB, oder die unterstützte Haupttat nicht lediglich in der Verwirklichung eines Prospekthaftungstatbestandes besteht, sondern diese darüber hinaus auch eine drittschützende Strafnorm, etwa § 400 AktG oder § 331 HGB verletzt. Die Haftung bei fehlerhafter Sekundärmarktinformation hingegen kennt eine Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um fehlerhafte Ad-hoc-Publizität, Regelpublizität oder freiwillige Emittentenkommunikation handelt. Eine Einschränkung ist zu machen, soweit der Primärakteur aus § 311 Abs. 2, 3 BGB haftet.

334 335

Vgl. dazu oben Kapitel 1 – C.IV., S. 125 ff. Vgl. oben Kapitel 1 – C.IV.5., S. 128 f.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen

Die Haftung für fehlerhafte Sekundärmarktinformation erfährt durch Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB also eine Erweiterung des Kreises der Anspruchsgegner über die ausdrücklich benannten Akteure hinaus. Aus dieser Einsicht werden nun unter Einbeziehung der oben herausgearbeiteten Wertungsparameter subsumtionsfähige Haftungstatbestände entwickelt. Zunächst wird die Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität erörtert (I.), sodann diejenige bei fehlerhafter Regelpublizität (II.). Anschließend wendet sich die Darstellung genuin deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen zu, die im Fall fehlerhafter freiwilliger Publizität sowie darüber hinaus bei fehlerhafter Ad-hoc- und Regelpublizität einen Schadensersatzanspruch gegen Sekundärakteure zu begründen vermögen (III.). Schließlich wird aufgezeigt, dass unter engen Voraussetzungen auch im Rahmen einzelner Prospekthaftungstatbestände eine Teilnehmerhaftung über § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB in Betracht kommt (IV.). I.

§§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB

Im Fall fehlerhafter Ad-hoc-Publizität kommt ein Anspruch geschädigter Anleger gegen Teilnehmer aus §§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB in Betracht.336 Die analoge Anwendung der §§ 37b, 37c WpHG auf periodische und freiwillige Publizität wurde bereits abgelehnt.337 1. Voraussetzungen Führt man die oben festgestellten Anspruchsvoraussetzungen der §§ 37b, 37c WpHG338 mit den Anforderungen des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB339 zusammen, ergibt sich folgendes Bild: a) Anspruch aus vorsätzlich verwirklichter Haupttat Zunächst muss ein Anspruch des Anlegers nach den §§ 37b, 37c WpHG gegen einen Emittenten bestehen. Ein solcher verlangt subjektiv einen grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflicht zur Ad-hocPublizität. Jedoch erfordert § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nach zustimmungswürdiger Ansicht unabhängig von der Art der Beteiligungsform einen 336 Im Grundsatz zustimmend, indes letztlich unentschlossen Möllers/Leisch, in: Kölner Komm WpHG, §§ 37b, c Rn. 82; deutlicher bejahend noch dies., in: Möllers/Rotter, Adhoc-Publizität, § 14 Rn. 140; Reus/Paul, WM 2008, 1245, 1249. 337 Vgl. oben Kapitel 1 – C.III.1. S. 109 (Regelpublizität); sowie Kapitel 1 – C.IV.1., S. 126 (freiwillige Kommunikation). 338 Vgl. dazu ausf. oben Kapitel 1 – C.II.2., S. 75 ff. 339 Vgl. dazu ausf. oben Kapitel 3 – B.III., S. 290 ff.

D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen

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vorsätzlichen Verstoß.340 Eine nur grob fahrlässige Verwirklichung der §§ 37b, 37c WpHG ist also keine nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB teilnahmefähige Haupttat.341 Der Emittent muss also vorsätzlich durch Unterlassen (§ 37b WpHG) oder aktives Tun (§37c WpHG) gegen die Pflicht zu vollständiger und korrekter Ad-hoc-Publizität verstoßen haben. Organverschulden wird dem Emittenten zugerechnet (§ 31 BGB analog). Da die Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB derivativ vom Bestehen eines Primäranspruches abhängt, müssen zudem die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs nach den §§ 37b, 37c WpHG vorliegen. b) Tauglicher Teilnehmer Wie oben herausgearbeitet wurde, kommt eine Teilnehmerhaftung nur insoweit in Betracht, als der in Rede stehende Akteur nicht Organmitglied (insbesondere Geschäftsleiter) des Emittenten ist, sondern als externer Berater an dem fehlerhaften Ad-hoc-Publizitätsverhalten mitwirkt. 342 Auch erscheint es sachgerecht, die Haftung nur auf professionalisierte Berater am Kapitalmarkt zu erstrecken und die realwirtschaftlichen Geschäftspartner des Emittenten grundsätzlich aus dem Haftungsverband auszuklammern. Denn die Gründe, welche für eine Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf Tatbestände der Kapitalmarkthaftung sprechen, speisen sich auch wesentlich aus dem Vertrauen, das der Markt den beratenden Akteuren entgegenbringt und den hieraus abgeleiteten Berufspflichten zur sorgfältigen Einhaltung der Publizitätsvorschriften. Diese besondere Stellung bekleidet ein realwirtschaftlicher Geschäftspartner eines Emittenten nicht. Eine Haftung des betreffenden Geschäftspartners aus § 826 BGB bleibt hiervon unberührt. c) Vorsätzliche Beteiligung Auch die Beteiligung des Gehilfen oder Anstifters an der fehlerhaften Adhoc-Publizität muss vorsätzlich erfolgen, der Teilnehmer also entweder den Emittenten vorsätzlich zu dessen Verstoß verleitet oder aber hierzu vorsätzlich Beihilfe geleistet haben – Eventualvorsatz genügt. Es wird dem Anleger nur im Ausnahmefall gelingen, eine handfeste smoking gun vorzulegen, aus der sich der Teilnahmevorsatz zweifelsfrei ergibt; hier wird eine Beweisnot des Geschädigten deutlich. Dies sollte jedoch nicht zum Anlass genommen Zu dieser Streitfrage bereits ausf. oben Kapitel 3 – B.III.2.a)dd), S. 299 ff. (Beihilfe) sowie Kapitel 3 – B.III.3.a)bb), S. 313 (Anstiftung). 341 Dies stellt entgegen einer Auffassung im Schrifttum kein systematisches Argument gegen die Anwendbarkeit von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB dar; vgl. zu diesem Einwand bereits oben Kapitel 3 – C.IV.1.d)ee), S. 348. 342 Vgl. umfassend zu Einwänden gegen die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf die §§ 37b, 37c WpHG, die hinsichtlich der Haftung von Vorständen vollends überzeugen oben Kapitel 3 – C.IV.1.d), S. 344 ff. 340

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

werden, das nötige Verschulden des Teilnehmers in Anlehnung an einige der kodifizierten Haftungstatbestände widerleglich zu vermuten und den Anspruchsgegner auf den Entlastungsbeweis zu verweisen. Eine solche Annahme liefe Gefahr, über das Ziel hinauszuschießen und Berater von Emittenten lediglich zu noch umfassenderer Dokumentation sämtlicher Vorgänge anzuhalten, ohne dass dies mit Blick auf die Integrität des Kapitalmarktes einen Mehrwert verspräche. Im Übrigen sollte eine solche Entscheidung dem Gesetzgeber vorbehalten sein. Im Einzelfall empfiehlt es sich aber, an den Schluss von objektiven Indizien auf einen Teilnahmevorsatz keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. So verfährt denn auch der BGH für die Gehilfenhaftung im kapitalmarktrechtlichen Kontext.343 d) Kein Auftreten nach außen erforderlich Im Gegensatz zur gegenwärtigen Rechtslage nach US-amerikanischem Bundesrecht verlangt die Teilnehmerhaftung nach §§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nicht, dass der betreffende Akteur selbst gegenüber dem Kapitalmarkt aufgetreten ist. Ein reliance-Erfordernis ist weder in den Vorschriften angelegt, noch empfiehlt es sich ein solches im Wege ergänzender Auslegung in den Tatbestand hineinzulesen. Die haftungsbegründende Kausalität der Gehilfenhandlung für die Rechtsgutsverletzung liegt im vorsätzlichen Befördern der Haupttat hinreichend vor, ein darüber hinausgehendes Publizitätselement ist nicht nötig. Sieht man insoweit einen Erkenntnisgehalt in der dogmatischen Verortung der Haftungstatbestände, lässt sich dies mit der Überlegung stützen, dass die §§ 37b, 37c WpHG keine Vertrauenshaftung, sondern eine deliktische Haftung statuieren.344 Auch mit Blick auf die Rolle der Berater des Emittenten im Gesamtgefüge der Marktakteure überzeugt diese Wertung: Wer als Berater vorsätzlich der Fehlinformation Vorschub leistet, haftet nicht weil individuell auf ihn vertraut wurde, sondern weil die vorsätzliche Verbreitung fehlerhafter Information am Kapitalmarkt ein solches Schädigungspotenzial besitzt, dass diese per se als haftungswürdig zu betrachten ist.345 Auf gleicher Linie liegt es, dem 343 Vgl. instruktiv BGH Urt. v. 12.4.2011 – XI ZR 101/09, WM 2011, 1028, 1030, Tz. 25: „Da sich in Fällen der vorliegenden Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten zur Vornahme sittenwidriger Handlungen oder eine ausdrückliche Zusage eines Beteiligten zur Hilfeleistung wird feststellen lassen, ergibt sich die Notwendigkeit, die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles, die möglicherweise auch Grundzüge bestimmter zu missbilligender branchentypischer Handlungsweisen aufzeigen, daraufhin zu untersuchen, ob sich ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem sittenwidrigen Verhalten ergeben.“ 344 Vgl. dazu bereits oben Kapitel 3 – C.IV.1.c)aa), S. 341 ff. 345 Dies betont im Rahmen der Vorstandshaftung nach § 826 BGB auch der BGH, vgl. nur BGH Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 (Infomatec II). Es ist nicht ersichtlich, warum dies für professionelle, vorsätzlich handelnde Gehilfen des Vor-

D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen

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Gehilfen den Einwand fehlender haftungsausfüllender Kausalität zu versagen.346 Im Übrigen zeigt der rechtsvergleichende Blick in die USamerikanische Diskussion, dass ein bright line test, welcher sich am Auftreten nach außen orientiert, der Vielfalt möglicher Fallgestaltungen der Rechtsrealität nicht gerecht wird, zumeist an gradueller over- bzw. underinclusiveness leidet und Beratern zudem sachwidrige Verhaltensanreize setzt.347 2. Rechtsfolge a) Grundsatz: Gesamtschuld Sind die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, haftet der Teilnehmer geschädigten Anlegern neben dem Emittenten gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz, vgl. § 840 Abs. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung des BGH zu § 37b WpHG348 bedeutet dies, dass ohne Nachweis konkreter Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung für die schädigende Transaktion der Differenzschaden ersatzfähig ist. Bei erbrachtem Kausalitätsnachweis der fehlerhaften Information für die Transaktion kann der Anleger den vollen Transaktionsschaden verlangen. b) Einschränkung bei fehlender Kausalität der geleisteten Beihilfe? Mit der Rechtsfolge der gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis könnte nun eine Kollision zweier Prinzipien drohen. Einerseits ist allgemein anerkannt, dass die Teilnehmerhaftung von derjenigen des Primärakteurs abgeleitet wird und nach §§ 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB eine Gesamtschuld sämtlicher Akteure gegenüber dem Geschädigten besteht. Andererseits gilt nach der IKB-Rechtsprechung des BGH, dass der Transaktionsschaden nur bei nachgewiesener Kausalität der Fehlinformation für die schädigende Transaktion verlangt werden kann. Ohne diesen Nachweis erhält der Geschädigte lediglich den Kursdifferenzschaden.349 Hieraus könnte nun folgen, dass ein Teilnehmer nur dann den Transaktionsschaden schuldet, wenn der Geschädigte die Kausalität der Teilnahmehandlung für die schädigende Transaktion nachweist, während der lediglich im Hintergrund beteiligte Akteur, dessen Mitwirkung nicht eindeutig der standes bzw. des Emittenten nicht gelten sollte. Vgl. zur besonderen Bedeutung von Information für den Kapitalmarkt und daraus folgenden Implikationen für die Gehilfenhaftung bei fehlerhafter Publizität bereits oben, insb. Kapitel 3 – B.III.2.b)cc), S. 305 ff., sowie Kapitel 3 – C.II.3.a), S. 328 ff. 346 Vgl. dazu ausf. oben Kapitel 3 – B.III.2.b)cc), S. 305 f. 347 Vgl. zu diesem Test und der Kritik hieran oben Kapitel 2 – C.V.1., S. 225 ff. 348 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263 (IKB). 349 Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263, 269 (IKB).

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

Schädigung zugeordnet werden kann, lediglich auf den Kursdifferenzschaden haftet. Die gesamtschuldnerische Haftung würde durchbrochen, was mit Blick auf den Schutzzweck des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nicht unproblematisch erscheint. Richtigerweise ist an der Rechtsfolge der Gesamtschuld festzuhalten. Der angedeutete Widerspruch zur BGH-Rechtsprechung bezüglich des ersatzfähigen Schadens entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Scheinkonflikt. Die Frage, ob der Anleger lediglich den Kursdifferenzschaden oder auch den Transaktionsschaden einklagen kann, entscheidet sich am Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität der fehlerhaften Ad-hoc-Publizität für die schadbringende Transaktion. Hiervon gilt es das Anknüpfungsmoment der Haftung des Teilnehmers zu unterscheiden: Dies ist die vorsätzliche Mitwirkung am Fehlverhalten des Haupttäters, nicht die Kausalität der Teilnahmehandlung für den Schaden.350 Es handelt sich also um zwei verschiedene Bezugspunkte. Die Haftung des Teilnehmers hängt nicht davon ab, dass er gegenüber dem Anleger in Erscheinung tritt. Das hierin enthaltene Risiko hinsichtlich der Frage, ob der Geschädigte lediglich die Anspruchsvoraussetzungen für den Ersatz des Kursdifferenzschadens oder auch für den Transaktionsschaden erbringen kann, liegt beim Teilnehmer und folgt aus der derivativen Natur des Anspruchs. Diese Lösung stellt schließlich auch keine unverhältnismäßige Belastung des Teilnehmers dar: Dieser hat sich vorsätzlich an fehlerhafter Ad-hocPublizität des Emittenten beteiligt, was eine Überwälzung des Risikos der Anspruchsentwicklung nach Wertung des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB bereits trägt; zudem wird dem Teilnehmer im Verhältnis zum Emittenten aus § 426 BGB regelmäßig ein Freistellungs- bzw. Regressanspruch zustehen, welcher die nur nachrangige Bedeutung der Mitwirkungshandlung für den eingetretenen Schaden entsprechend abbildet.351 3. Vorzüge dieser Lösung gegenüber einem Abstellen auf § 826 BGB Wie bereits ausgeführt, lässt sich die Rechtsprechung des BGH zur Vorstandsaußenhaftung nach § 826 BGB auf andere Akteure übertragen, die an fehlerhafter Sekundärmarktpublizität eines Emittenten mitwirken.352 Somit stellt sich die Frage, welche Vorzüge die hier vorgeschlagene Lösung gegenüber einer Haftung einzig nach § 826 BGB bietet. In einem ersten Zugriff könnte man annehmen, die hier entwickelten Voraussetzungen begründeten stets auch einen Anspruch aus § 826 BGB gegen den betreffenden Teilnehmer. Dies verkennt jedoch mehrere Inkongruenzen der Anspruchsvorausset350 351 352

Vgl. dazu mit ausführlicher Begründung oben Kapitel 3 – B.III.2.b)cc), S. 305 ff. Vgl. dazu oben Kapitel 3 – B.IV., S. 316. Vgl. dazu oben Kapitel 1 – C.II.3.g), S. 97.

D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen

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zungen, die eine signifikante Stärkung der Rechtsstellung des Anlegers gegenüber § 826 BGB allein bedeuten. a) Sittenwidrigkeitsverdikt Nach § 826 BGB muss das fehlerhafte Informationsverhalten sittenwidrig sein, also gegen das Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen.353 Der BGH nimmt dies bei vorsätzlicher Veröffentlichung einer fehlerhaften Ad-hoc-Information regelmäßig an,354 was in der Literatur Beifall findet.355 Somit könnte auch die vorsätzliche Unterstützung der Veröffentlichung einer fehlerhaften Ad-hoc-Information stets sittenwidriges Handeln darstellen. Dies übersieht jedoch, dass der BGH bislang lediglich Fälle zu entscheiden hatte, in denen der Anspruchsgegner ein konkretes Eigeninteresse an den Folgen der Fehlinformation hatte. Ob auch ohne eigennützigen Einschlag ein Anspruch besteht, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt; in der Literatur besteht insoweit Uneinigkeit.356 Der Anspruch aus §§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB verlangt dagegen lediglich Vorsatz hinsichtlich des Verstoßes, ein Sittenwidrigkeitsverdikt muss nicht gefällt werden. Mag man diesem Unterschied im Fall der aktiven Veröffentlichung einer fehlerhaften Ad-hoc-Information noch die Praxisrelevanz absprechen, wird dieser in der Tatalternative des Unterlassens offenkundig: Während im Rahmen des § 826 BGB intensiv diskutiert wird, ob die Unterlassung einer gebotenen Ad-hoc-Mitteilung überhaupt zu einem Anspruch führen kann, und dies auch von den Befürwortern an strenge Voraussetzungen geknüpft wird,357 stellt sich die Problematik nach § 37b WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB nicht. Dies stellt eine wesentliche Erleichterung für Geschädigte im Vergleich zu § 826 BGB dar. b) Haftungsbegründende Kausalität Auch die Problematik des Nachweises haftungsbegründender Kausalität, die Hauptursache für das Scheitern auf § 826 BGB gestützter Anlegerklagen bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität,358 ist im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG i. V. m. § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB deutlich entschärft. Nach der Rechtsprechung zu § 37b WpHG ist der Kursdifferenzschaden ohne konkreten Kausalitätsnachweis ersatzfähig, lediglich für den Ersatz des Transaktions353 354 355 356 357 358

Vgl. dazu oben Kapitel 1 – C.II.3.a)aa), S. 86. Vgl. dazu oben Kapitel 1 – C.II.3.a)aa), S. 86. Vgl. ausf. oben Kapitel 1 – C.II.3.d)aa), S. 91. Vgl. zur Diskussion oben Kapitel 1 – C.II.3.d)bb), S. 92. Vgl. dazu oben Kapitel 1 – C.II.3.d)aa), S. 91 mit Fn. 436. Vgl. dazu ausf. oben Kapitel 1 – C.II.3.d)cc), S. 93 f.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

schadens ist die haftungsbegründende Kausalität nachzuweisen.359 Diese zustimmungswürdige Differenzierung lehnt der BGH für § 826 BGB bislang vehement ab.360 Auch insoweit stellt die Anspruchsbegründung über die §§ 37b, 37c WpHG eine Stärkung des Geschädigten dar. Die Haftung des Teilnehmers erfordert zudem nicht, dass dessen Mitwirkung an der Fehlinformation kausal für eine Willensentschließung des Geschädigten geworden ist. Für die Geltendmachung des Differenzschadens ist sogar irrelevant, ob der Anleger die fehlerhafte Mitteilung überhaupt zur Kenntnis genommen hat. II. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 37v, 37w, 37x WpHG Oben wurde festgestellt, dass grob fahrlässige und vorsätzliche Verstöße des Emittenten gegen die Verpflichtung zur periodischen Finanzberichtpublizität Schadensersatzansprüche geschädigter Anleger auslösen.361 Die §§ 37v, 37w und 37x WpHG, sowie auch § 325 HGB362, sind Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB363. Über diese Brücke des § 823 Abs. 2 BGB begegnet auch die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB keinen Bedenken.364 1. Anspruchsvoraussetzungen a) Vorsätzlicher Normverstoß Zunächst muss die Verletzung einer Vorschrift der Regelpublizität feststehen, der Emittent also gegen §§ 37v, 37w, 37x WpHG bzw. § 325 HGB verstoßen haben. Dies kann einerseits im Veröffentlichen eines fehlerhaften Berichts, andererseits im völligen Unterlassen der Veröffentlichung eines Berichts liegen. Haftungsrechtlich relevant ist wohl primär die Variante der Veröffentlichung eines fehlerhaften Berichts.365 Der Verstoß muss zudem, um eine taugliche Haupttat nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB darzustellen, vorsätzlich erfolgen.366 Organverschulden wird dem Emittenten zugerechnet, § 31 BGB analog.

Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263 (IKB). Vgl. BGH Beschl. v. 28.11.2005 – II ZR 246/04, WM 2007, 684, 685 (Comroad II). 361 Vgl. ausf. oben Kapitel 1 – C.III.3., S. 112 ff. 362 Dies gilt (zumindest) hinsichtlich kapitalmarktorientierter Emittenten, vgl. oben Kapitel 1 – C.III.3., S. 112 f. 363 Vgl. ausf. oben Kapitel 1 – C.III.3.a)cc), S. 115 ff. 364 Dies wird in der Rechtsprechung als selbstverständlich vorausgesetzt, vgl. nur jüngst zu § 32 Abs. 1 S. 1 KWG BGH Urt. v. 15.5.2012, VI ZR 166/11, ZIP 2012, 2255, 2257 m. w. N. 365 Dazu bereits oben Kapitel 1 – C.III.3.b)aa), S. 117 f. 366 Für einen Anspruch gegen den Emittenten bei fehlerhafter Regelpublizität reicht grobe Fahrlässigkeit, vgl. oben Kapitel 1 – C.III.3.b)dd), S. 119 f., jedoch verlangt die 359 360

D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen

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b) Tauglicher Teilnehmer Wie auch hinsichtlich fehlerhafter Ad-hoc-Publizität ist diese Haftungserweiterung nur auf externe Berater, nicht hingegen auf Geschäftsleiter des Emittenten vorzunehmen.367 Diese sind nicht Gehilfen oder Anstifter eines Delikts des Emittenten, sie handeln als dessen Organe. Die Anwendung von § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB wäre systemwidrig368. Auch hinsichtlich realwirtschaftlicher Geschäftspartner des Emittenten gelten die Ausführungen zur Ad-hoc-Publizität entsprechend:369 Diese haften bei der Mitwirkung an fehlerhaften Finanzberichten lediglich nach § 826 BGB. In Betracht kommt beispielsweise die Beihilfe eines Wirtschaftsprüfers durch Testierung fehlerhafter Finanzkennzahlen (comfort letter) 370. Auch Rechtsanwälte können Anteil an der Erstellung inkorrekter Finanzberichte haben, z. B. mittelbar durch fehlerhafte Angaben in legal opinions 371, die für die Bewertung bestimmter Vermögenswerte verwendet werden. c) Vorsätzliche Teilnahmehandlung Der Anspruchsgegner muss zudem eine taugliche Teilnahmehandlung erbracht, also den Emittenten entweder zur Veröffentlichung fehlerhafter Regelpublizität angestiftet (§ 830 Abs. 2, 1. Alt. BGB) oder ihm hierbei Beihilfe geleistet (§ 830 Abs. 2, 2. Alt. BGB) haben. Mittäterschaft kommt angesichts der ausschließlichen Täterqualität des Emittenten nicht in Frage. d) Kein Auftreten nach außen notwendig, kein Einwand fehlender Kausalität Die Haftung des Sekundärakteurs erfordert auch hier kein Auftreten gegenüber dem Markt. Der fehlerhafte Finanzbericht muss also die Mitwirkung des betreffenden Beraters nicht ausweisen, da die Haftung ihre Legitimation bereits aus der vorsätzlichen Unterstützung der Schädigung zieht.372 Wie oben ratio der Haftungserstreckung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB eine vorsätzliche Haupttat, vgl. dazu ausf. oben Kapitel 3 – B.III.2.a)dd), S. 299 ff. 367 Insbesondere das Argument der Überspannung des Konstrukts der juristischen Person, vgl. oben Kapitel 3 – C.IV.1.d)cc), S. 346 f., streitet ausschlaggebend gegen eine Haftung des Vorstandes, vgl. die dortigen Nachweise; a. A. hingegen Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 189 zur Zwischenberichtspflicht nach § 44b BörsG a. F. 368 Dazu bereits ausf. im Kontext fehlerhafter Ad-hoc-Publizität, vgl. oben Kapitel 3 – C.IV.1.d)cc), S. 346 f. 369 Vgl. dazu soeben Kapitel 3 – D.I.1.b), S. 353. 370 Vgl. zu Bedeutung, Funktion und Inhalt des comfort letter knapp Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 254 ff. 371 Zu diesen im Überblick Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 255 f.; monographisch zur Haftung für legal opinions, die gegenüber Dritten erteilt werden Adolff, Third Party Legal Opinions, 1997. 372 Vgl. bereits oben Kapitel 3 – D.I.1.d), S. 354.

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

geklärt, kann der Anspruchsgegner der Haftung zudem nicht durch den Einwand entgehen, sein Beitrag habe sich nicht im Schädigungserfolg niedergeschlagen.373 2. Rechtsfolge Der Teilnehmer haftet gem. §§ 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner neben dem Emittenten auf Schadensersatz. Wie auch bei der Haftung des Teilnehmers an fehlerhafter Ad-hoc-Publizität kommt es auf eine Kausalverknüpfung zwischen der geleisteten Teilnahmehandlung und dem eingetretenen Anlegerschaden nicht an. Einzig entscheidend ist der Umfang des Anspruchs gegen den Primärakteur. Dieser ist in Anlehnung an die IKB-Rechtsprechung des BGH374 bei Nachweis der Kausalität des Fehlers in dem Bericht für die schädigende Transaktion auf den Transaktionsschaden zu erstrecken, ohne nachgewiesene Transaktionskausalität zielt der Anspruch auf Ersatz des Kursdifferenzschadens.375 3. Vorzüge dieser Lösung gegenüber einem Abstellen auf § 826 BGB Eine Stärkung des Anlegerschutzes im Vergleich zu einer Beurteilung entsprechender Fälle nach § 826 BGB tritt wiederum insbesondere in zwei Aspekten zutage: Es entfällt das Erfordernis, die Sittenwidrigkeit der Tat festzustellen, sodass auch auf subjektiver Ebene nur Vorsatz hinsichtlich der Unterstützung des Verstoßes nachzuweisen ist, nicht aber hinsichtlich etwaiger Umstände, welche die Sittenwidrigkeit der Unterstützungshandlung oder der Haupttat begründen. Zudem ist der Anspruchsteller vom Nachweis haftungsbegründender Kausalität befreit. Er muss weder darlegen, welcher konkrete Fehler in einem Finanzbericht für seine schädigende Transaktion ursächlich war, noch dass die Mitwirkung des Teilnehmers an der Fehlinformation kausal für die eingetretene Schädigung war. III. Übergreifend anwendbare, genuin deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen Daneben ist unabhängig von der Art fehlerhafter Sekundärmarktinformation, gleich ob freiwillige Kommunikation oder Pflichtpublizität, eine Teilnehmerhaftung nach allgemeinen deliktsrechtlichen Tatbeständen denkbar.

Vgl. oben Kapitel 3 – B.III.2.b)cc), S. 305 ff. Vgl. BGH Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NZG 2012, 263 (IKB). 375 Zur Übertragung dieser Wertung aus der Haftung bei fehlerhafter Ad-hoc-Publizität in die Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität bereits oben Kapitel 1 – C.III.3.b)cc), S. 118 f. 373 374

D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen

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1. §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB Methodisch außer Frage steht zudem, dass § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB bei einer Haupttat nach § 826 BGB zur Teilnehmerhaftung führt. a) Voraussetzungen Zunächst muss der Emittent eines Finanzinstrumentes bzw. ein Geschäftsleiter des Emittenten wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch fehlerhafte Kapitalmarktpublizität aus § 826 BGB haften. Es gelten die oben ausgeführten Rechtsprechungsgrundsätze.376 Der Teilnehmer haftet, sofern er zu dieser Schädigung entweder angestiftet oder Hilfe geleistet hat. Zur Ermittlung des Teilnahmevorsatzes hat der BGH ausgeführt: „Da sich in Fällen der vorliegenden Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Vereinbarung der Bet. zur Vornahme sittenwidriger Handlungen oder eine ausdrückliche Zusage eines Bet. zur Hilfeleistung wird feststellen lassen, ergibt sich die Notwendigkeit, die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalls, die möglicherweise auch Grundzüge bestimmter zu missbilligender branchentypischer Handlungsweisen aufzeigen, daraufhin zu untersuchen, ob sich ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem sittenwidrigen Verhalten ergeben“.377

Es ist also zulässig, von objektiven Indizien auf den Gehilfenvorsatz zu schließen. Auch der Nachweis der Sittenwidrigkeit dürfte im Lichte der BGH-Rechtsprechung regelmäßig gelingen, zumindest soweit fehlerhafte Pflichtpublikationen mit einem gewissen Kursbeeinflussungspotenzial betroffen sind. Problematisch erscheint wiederum der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität. Wie bereits eingehend dargestellt, lehnt der BGH es ausdrücklich ab, geschädigten Anlegern diesbezüglich entgegenzukommen.378 Dies gilt nicht nur, wenn der Anspruchsteller den vollen Transaktionsschaden geltend macht, sondern auch für den Kursdifferenzschaden. Sämtliche hiermit verbundenen Probleme, aufgrund derer ein Anspruch aus § 826 BGB bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität in der Praxis nur selten zugesprochen wird, stellen sich auch im Hinblick auf die Teilnehmerhaftung. Denn aufgrund der derivativen Natur der Haftung aus § 830 Abs. 1 S.1, Abs. 2 BGB ist eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige Haupttat i. S. v. § 826 BGB vonnöten, um zu einer Teilnehmerhaftung zu gelangen.

Vgl. ausf. oben Kapitel 1 – C.II.2.c), S. 84 ff. BGH Urt. v. 13.7.2010 – XI ZR 28/09, NZG 2011, 69, 73 (Gehilfenhaftung des ausländischen Brokers bei chancenlosen Optionsgeschäften); zustimmend Thole, ZBB 2011, 399, 405, der in der Rechtsprechung zu § 826 BGB „einen gewissen Flankenschutz bei der Kapitalanlagehaftung“ erkennt. 378 Vgl. ausf. oben Kapitel 1 – C.II.3.a)cc), S. 88 zur Position des BGH; sowie Kapitel 1 – C.II.3.d)cc), S. 93 zur Kritik. 376 377

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

b) Erfasste Akteure Mögliche Haftungsadressaten sind wiederum zunächst die professionellen Berater des betreffenden Emittenten. Zudem kommen auch realwirtschaftliche Geschäftspartner des Emittenten als Anspruchsgegner in Betracht. In der Literatur wird die Haftung aus §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB bislang primär mit Blick auf weitere Vorstände neben dem primär handelnden Akteur diskutiert.379 Auch andere Organwalter wie Aufsichtsratsmitglieder und Beiratsmitglieder können Teilnehmer einer Haupttat des Emittenten bzw. eines Vorstandsmitglieds nach § 826 BGB sein. Hierbei gilt es freilich einerseits das gesellschaftsrechtliche Kompetenzgefüge und andererseits das grundsätzliche Vertrauens- und Kollegialitätsprinzip im mehrköpfigen Organ zu achten. So sollte ein einfaches Überwachungsverschulden nicht ohne Weiteres als vorsätzliche Unterstützung der Fehlinformation durch Unterlassen qualifiziert werden. c) Rechtsfolge Die Teilnehmer haften geschädigten Anlegern als Gesamtschuldner neben dem Emittenten, vgl. §§ 840, 426 BGB. Im Innenverhältnis der Akteure gilt wiederum § 426 BGB.380 d) Anwendungsbeispiel Paradigmatisch für die Teilnehmerhaftung nach §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB erscheint eine Fallkonstellation nach dem Abbild der eingehend besprochenen Entscheidung Stoneridge381 des US Supreme Court: Der Emittent würde aufgrund der Bilanzmanipulation als Primärakteur nach § 826 BGB haften, einzig problematisch wäre abermals der Nachweis haftungsbegründender Kausalität der fehlerhaften Finanzpublikation für eine schädigende Transaktion. Die Unterstützungshandlungen der Zulieferer (Rückdatieren von Rechnungen, künstliche Erhöhung wechselseitiger Umsätze etc.) stellen geeignete Gehilfenleistungen nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB dar. Auch der Vorsatz zur Förderung der fremden Haupttat läge vor: Dieser ließe sich auch ohne eine ausdrückliche Vereinbarung aus den objektiven Umständen erschließen, da es den betreffenden Transaktionen an jeglicher wirtschaftlicher Grundlage fehlte, diese also einzig der Unterstützung der Bilanzmanipulation des Emittenten dienen konnten. Angesichts dieser Evidenz bedarf es nicht einmal des Rückgriffs auf die Rechtsprechung zur „neutralen BeihilVgl. Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2650; Kiethe, NZG 2005, 333, 336. Vgl. zum Innenausgleich zwischen Primärakteur und Teilnehmern bereits oben Kapitel 3 – B.IV., S. 316. 381 Vgl. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 552 U.S. 148, 128 S.Ct. 761 (2008); ausf. dazu oben Kapitel 2 – C.VI., S. 238 ff. 379 380

D. Ausgewählte Anspruchsgrundlagen

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fe“382. Der Anspruch erfordert zudem im Gegensatz zu sec. 10(b) SEA 1934 i. V. m. SEC Rule 10b-5 keine Verknüpfung der fehlerhaften Finanzberichte mit dem Anspruchsgegner. Hieran war im Fall Stoneridge der Anspruch gescheitert.383 Nach deutschem Recht würden die Zulieferer hingegen – den Kausalitätsnachweis der fehlerhaften Publikation für den Schaden unterstellt – nach §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB neben dem Emittenten als Gesamtschuldner haften. 2. § 826 BGB a) Voraussetzungen Stets in Frage kommt zudem die Haftung eines Beteiligten aus § 826 BGB allein.384 Dies ist für jede Art Sekundärmarktpublizität denkbar. Die Anspruchsvoraussetzungen sind der BGH-Rechtsprechung zur Vorstandsaußenhaftung nach § 826 BGB zu entlehnen und gegebenenfalls mit Blick auf die Funktion, Stellung und Pflichtenlage des betreffenden Akteurs entsprechend anzupassen. Zur Haftung eines Brokers wegen Beihilfe zum Anlagebetrug unlängst der BGH: „Nach ständiger Rechtsprechung des BGH haftet gem. § 826 BGB nicht nur, wer die die Sittenwidrigkeit seines Handelns begründenden Umstände positiv kennt, sondern auch, wer sich dieser Kenntnis bewusst verschließt […] und etwa seine Berufspflichten in solchen Maße leichtfertig verletzt, dass sein Verhalten als bedenken- und gewissenlos zu bezeichnen ist […]. Aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns kann sich die Schlussfolgerung ergeben, dass mit Schädigungsvorsatz gehandelt worden ist […]. Von vorsätzlichem Handeln ist auszugehen, wenn der Schädiger so leichtfertig gehandelt hat, dass er eine Schädigung des anderen Teils in Kauf genommen haben muss […].“385

Die Entscheidung entstammt nicht dem Kontext fehlerhafter Sekundärmarktpublizität, die Ausführungen des BGH erscheinen aber insoweit verallgemeinerungsfähig, als die Haftung typischer Funktionsträger am Kapitalmarkt in Rede steht. Zurückhaltung ist hingegen bei der Übertragung dieser Leitlinien auf Geschäftsleiter geboten. Denn allein aus der Bestellung zum Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft erwachsen noch keine spezifischen „Berufspflichten“, auf deren Einhaltung durch den Adressaten der relevante Verkehrskreis schützenswert vertraut, wie dies im Hinblick auf professionell beratende Akteure wie Banken, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte der Fall ist. Vgl. dazu oben Kapitel 3 – B.III.2.c), S. 309 ff. Vgl. dazu ausf. oben Kapitel 2 – C.VI.3., S. 241 ff. 384 Dies hält in der Tendenz für ausreichend Fleischer, AG 2008, 265 279, der die „Brücke“ des § 830 Abs. 2 BGB „vielfach“ nicht für notwendig erachtet; ähnlich Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 445. 385 BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, NZG 2010, 550, 552 (vorsätzliche Beteiligung ausländischen Brokers an sittenwidriger Schädigung). 382 383

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b) Rechtsfolge Haftet ein Akteur nach § 826 BGB, ergibt sich die Rechtsfolge aus § 840 BGB. Er ist geschädigten Anlegern als Nebentäter, neben dem fehlerhaft informierenden Emittenten und möglicherweise dessen Geschäftsleitern, zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet. c) Begrenzte Bedeutung für die Rechtsrealität Insbesondere mit Blick auf den nötigen Nachweis haftungsbegründender Kausalität wird es nur im Einzelfall gelingen, gegen einen Sekundärakteur unmittelbar aus § 826 BGB vorzugehen. Schwierigkeiten dürfte auch der Nachweis des Vorsatzes sittenwidriger Schädigung bereiten. 3. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. Schutzgesetzen Über die Haftung bei fehlerhafter Regelpublizität hinaus lässt sich verallgemeinernd festhalten, dass bei der Verletzung sekundärmarktbezogener Informationspflichten, soweit diese als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen sind, stets auch eine Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB in Frage kommt. Selbiges gilt, wenn die Haupttat in der Verwirklichung eines drittschützenden Straftatbestandes besteht. Vorliegen muss eine anknüpfungsfähige, vorsätzliche Primärverletzung; zu dieser muss der Teilnehmer den Primärakteur entweder angestiftet oder diesem vorsätzlich Beihilfe geleistet haben. Zwar trägt der Anspruchsteller die Beibringungslast für den Vorsatz des Teilnehmers und des Haupttäters, soweit dieser nicht vermutet wird. Dem ist aber mit der Rechtsprechung zur Annahme des Gehilfenvorsatzes bei bewusstem „Sichverschließen“ vor der Erkenntnis der Unterstützung einer rechtswidrigen Haupttat beizukommen.386 Zudem verzichtet dieser Anspruch gegenüber § 826 BGB auf das Erfordernis der Sittenwidrigkeit. Darüber hinaus erweist sich dieses Vorgehen insgesamt als methodentreuer als der Rückgriff auf § 826 BGB, da die Vorschrift in der gegenwärtig praktizierten Auslegung nur temporär zur Lückenfüllung dienen sollte,387 und auch nur soweit die Lücke sich nicht anders schließen lässt. IV. Teilnehmerhaftung am Primärmarkt Oben wurde herausgearbeitet, dass die Prospekthaftung grundsätzlich nicht auf Teilnehmer zu erweitern ist, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.388 Jedoch gelten Ausnahmen von diesem Grundsatz. So besteht eine Teilneh386 387 388

Vgl. nur OLG Düsseldorf Urt. v. 23.6.2008 – 9 U 22/08, NZG 2008, 713 m. w. N. Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 – C.II.3.f), S. 96 ff. Vgl. oben Kapitel 3 – C.III.1., S. 334 f.

E. Ergebnisse der Untersuchung des deutschen Rechts

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merhaftung bei Prospekthaftungsansprüchen nach § 306 KAGB389 (1). Überdies haftet auch am Primärmarkt ein Teilnehmer, sofern die Haupttat ein drittschützendes Strafgesetz verwirklicht390 (2). 1. Teilnehmerhaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch Gehilfen und Anstifter, die an der vorsätzlichen Erstellung eines fehlerhaften Prospektes nach § 306 Abs. 1 KAGB vorsätzlich mitwirken, haften geschädigten Anlegern also nach §§ 306 Abs. 1 KAGB, 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB auf Leistung von Schadenersatz. Bei vorsätzlicher Mitwirkung an der Erstellung eines fehlerhaften KIID folgt der Anspruch aus §§ 306 Abs. 2 S. 1 KAGB, 823 Abs. 2, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Diese Teilnehmer sind im Außenverhältnis Gesamtschuldner gemeinsam mit denjenigen Passivlegitimierten, die sich unmittelbar aus § 306 KAGB ergeben.391 Wie stets ist die vorsätzliche Teilnahme an einer vorsätzlichen Haupttat erforderlich. Im Innenverhältnis der Schädiger gilt § 426 BGB. 2. Haftung bei Teilnahme an Verletzung drittschützender Strafnorm Zudem wurde festgestellt, dass auch am Primärmarkt eine Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB überzeugt, sofern die unterstützte Haupttat den Tatbestand eines drittschützenden Strafgesetzes erfüllt. So kann ein zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch von Anlegern sich z. B. aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 400 AktG, 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ergeben, wenn ein Berater vorsätzlich Beihilfe zu einer unrichtigen Darstellung nach § 400 AktG leistet oder den Haupttäter hierzu anstiftet.392 Wiederum erforderlich ist die vorsätzliche Unterstützung einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Haupttat. Der Haupttäter muss nicht schuldhaft handeln.

E. Ergebnisse der Untersuchung des deutschen Rechts E. Ergebnisse der Untersuchung des deutschen Rechts

Nach dem oben entwickelten Konzept stellt sich die Haftungslage für Teilnehmer bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation im deutschen Recht folgendermaßen dar: Das Recht der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation kennt grundsätzlich eine Anstifter- und Gehilfenhaftung. Diese lässt sich nur schwer über vertragsrechtliche Konstruktionen begründen. Überzeugender ist Vgl. oben Kapitel 3 – C.III.2.a), S. 336 f. Vgl. oben Kapitel 3 – C.III.2.b), S. 337 f. 391 Vgl. zu den unmittelbar aus § 306 KAGB Passivlegitimierten bereits oben Kapitel 1 – B.IV.3., S. 51 f. 392 Vgl. Baums/Fischer, in: FS Drukarczyk, 2003, S. 37, 42. 389 390

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Kapitel 3 – Lösungen im deutschen Recht de lege lata

es, § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB heranzuziehen. Da die Haftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB kein Publizitätselement voraussetzt, ist eine Anwendung der Vorschrift am Primärmarkt, wo in aller Regel die namentliche Verknüpfung bzw. die ausdrückliche Verantwortungsübernahme Haftungsvoraussetzung ist, jenseits eng umgrenzter Ausnahmen abzulehnen. Am Sekundärmarkt hingegen findet § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB umfassend Anwendung. Die vorsätzliche Teilnahme an einer vorsätzlichen Informationspflichtverletzung eines Emittenten kann also Schadensersatzansprüche geschädigter Anleger gegen die Gehilfen und Anstifter des Emittenten nach sich ziehen. Dies gilt sowohl im Anwendungsbereich der spezialgesetzlich kodifizierten Haftung als auch mit Blick auf die rein deliktischen Anspruchsgrundlagen. Keine Teilnehmerhaftung tritt ein, soweit die Haftung des Primärakteurs aus vertraglichen oder vertragsähnlichen Ansprüchen folgt. Die Haftung nach § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB erfordert stets sowohl eine vorsätzliche Haupttat als auch eine vorsätzliche Teilnahmehandlung, was sich gegenüber etwaigen niedrigeren Haftungsmaßstäben der Norm, aus welcher der Primärakteur haftet, durchsetzt. Die Unterstützung des Sekundärakteurs muss nicht kausal für den Schädigungserfolg sein, sich jedoch irgendwie in dem fehlerhaften Informationsverhalten des Emittenten niederschlagen. Die Anwendung des § 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB ist zudem auf diejenigen Marktakteure zu beschränken, auf deren normgetreues Verhalten der Kapitalmarkt aufgrund ihrer beruflichen Stellung im besonderen Maße vertraut. Abzulehnen ist zudem eine Gehilfenhaftung der handelnden Geschäftsleiter des Emittenten, soweit hierdurch vorrangige gesellschaftsrechtliche Wertungen konterkariert würden. Ist der haftungsbegründende Tatbestand erfüllt, haftet der Teilnehmer im Außenverhältnis zum Anleger gemäß §§ 830 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 840, 426 BGB neben dem Primärakteur als Gesamtschuldner.

Kapitel 4

Kapitel 4 – Vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse Kapitel 4 – Vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse

Die Haftung von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation im deutschen Recht weist teils bemerkenswerte Parallelen zum USamerikanischen Recht auf. In Einzelfragen zeigen sich aber auch erhebliche Divergenzen. Dabei ist hervorzuheben, dass das jeweilige regulatorische Gesamtumfeld teils sehr unterschiedliche Herausforderungen an Gesetzgeber und Rechtsanwender stellt. Beispielhaft seien nur das Problem missbräuchlicher strike suits im US-amerikanischen System der class action-Verfahren, sowie aus dem deutschen Recht der prospektrechtliche Grundsatz der Gesamtverantwortung angeführt, denen kein Funktionsäquivalent in der jeweils anderen Rechtsordnung gegenübersteht.

A. Teilnehmerhaftung am Primärmarkt A. Teilnehmerhaftung am Primärmarkt

Am Primärmarkt zeigt sich, dass beide Rechtsordnungen den Kreis der Prospektverantwortlichen primär an der erkennbaren Mitwirkung und Verantwortungsübernahme festzumachen suchen, Publizität und Haftung laufen grundsätzlich parallel. Auch halten beide Systeme Ausnahmen von diesem Grundsatz vor, wenn der eigentliche wirtschaftliche Profiteur einer Emission, der intern Kontrolle ausübt, diese dominante Stellung im Prospekt nicht kenntlich macht. Insoweit ähneln sich die Haftung des Prospektveranlassers und die controlling person liability hinsichtlich rechtspolitischer Stoßrichtung und Haftungsvoraussetzungen im hohen Maße. Die US-amerikanische Prospekthaftung kennt jedoch eine schlagkräftigere zivilrechtliche Haftung von Experten, sodass dort Anleger auch beispielsweise Abschlussprüfer, Rechtsanwälte und Banken in Anspruch nehmen können. Diese Expertenhaftung für Prospektangaben ist im deutschen Recht unterentwickelt. Sie begegnet derzeit lediglich im – nur noch schmalen – Anwendungsbereich der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, während in der kodifizierten Prospekthaftung der Grundsatz der Gesamtverantwortung einer Expertenhaftung im Wege steht. An der jeweiligen Regelungstechnik fällt auf, dass die Kapitalmarktregulierung im US-amerikanischen Recht sehr funktionsorientiert ausgestaltet ist und primär an den Handel mit securities, gleich welcher Art, anknüpft. Die

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Kapitel 4 – Vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse

Haftung bei Prospektfehlern ergibt sich im Kern für alle Arten von Wertpapieren aus lediglich zwei Vorschriften, sec. 11 und 12 SA 1933. Das deutsche Prospekthaftungsrecht kommt erheblich zerklüfteter daher. Es differenziert nach Art des gehandelten Vermögenswertes sowie danach, ob ein Papier im regulierten Börsenhandel oder anderweitig vertrieben wird. Dementsprechend finden sich im deutschen Recht mehrere, sehr wesensähnliche Prospekthaftungsregime, denen zwar gewisse Wertungsprinzipien gemein sind, die in Einzelfragen aber auch erheblich voneinander abweichen.

B. Teilnehmerhaftung am Sekundärmarkt B. Teilnehmerhaftung am Sekundärmarkt

Am Sekundärmarkt ist die Haftung von Sekundärakteuren im deutschen Recht weitgehend zu bejahen, dies gilt sowohl bei fehlerhafter Pflichtpublizität als auch bei freiwilligen Publikationen. Das US-amerikanische Bundesrecht begegnet der Teilnehmerhaftung am Sekundärmarkt hingegen seit einiger Zeit sehr reserviert, nachdem eine solche Haftung über mehrere Jahrzehnte hinweg nahezu allgemein anerkannt war. Hier ist nunmehr ein Publizitätselement notwendige Voraussetzung eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs, der Anspruchsgegner muss also mit einer fehlerhaften Information für den Markt erkennbar in Verbindung stehen (attribution). Für viele typischerweise im Hintergrund agierenden Berater ist eine Haftung damit weitgehend ausgeschlossen. Solch ein Publizitätselement ist im deutschen Recht nicht erforderlich, auch Hintergrundakteure können in Anspruch genommen werden. Deutsches Recht ist allerdings in subjektiver Hinsicht strenger als die US-amerikanische Lösung, verlangt es doch stets eine vorsätzliche Beteiligung an einer vorsätzlichen Haupttat, während nach US-amerikanischer Doktrin ein mit grober Fahrlässigkeit vergleichbares Verschulden (recklessness) genügt.

C. Schlussfolgerungen und Empfehlungen de lege ferenda C. Schlussfolgerungen und Empfehlungen de lege ferenda

Schon der Befund, welcher den Anlass zu dieser Untersuchung gab, nämlich dass die Haftungslage von Sekundärakteuren bei fehlerhafter Kapitalmarktinformation in vielerlei Hinsicht ungeklärt ist, ruft nach einem Tätigwerden des Gesetzgebers. Dieser wäre gut beraten, insbesondere die Haftung für fehlerhafte Sekundärmarktinformation einer grundsätzlichen Revision zu unterziehen. Während das System der Haftungstatbestände am Primärmarkt durchaus leistungsfähig und interessengerecht erscheint, bleibt der Entwicklungsstand der Sekundärmarkthaftung deutlich dahinter zurück.

C. Schlussfolgerungen und Empfehlungen de lege ferenda

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Deren fehlender innerer Kompass, die weite Verstreutheit möglicher Anspruchsgrundlagen und deren nur schwierige Erkennbarkeit und Durchsetzbarkeit für Geschädigte geben insgesamt Anlass zu deutlicher Kritik. So wäre es einerseits angezeigt, die Organaußenhaftung bei fehlerhafter Sekundärmarktpublizität zu kodifizieren und sich in diesem Zuge auch zur Haftung von Teilnehmern zu äußern. Die gegenwärtige Beschränkung der Teilnehmerhaftung auf Vorsatztaten sollte überdacht werden. Mit Blick auf das Gesamtgebäude des kapitalmarktrechtlichen Haftungsregimes erschiene es systemkohärenter, sich hier den kodifizierten Haftungstatbeständen anzunähern und die Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit anzuordnen. Zumindest der Verschuldensgrad hinsichtlich der unterstützten Haupttat sollte derart abgesenkt werden. Dieser Maßstab überzeugt auch in der Sache, findet er doch in vielerlei Hinsicht einen angemessenen Ausgleich zwischen widerstreitenden Interessen und Prinzipien: Aus präventiver Perspektive droht eine Haftung nur für Vorsatz stets, Beratern Anreize zu nachlässigem Verhalten zu setzen. Ein Haftungsrisiko schon bei leichtester Fahrlässigkeit hingegen kann übermäßig abschreckend wirken, Beratungskosten in die Höhe treiben und Innovationspotenzial im Keim ersticken. Wendet man sich dem Ziel des Schadensausgleichs zu, spricht auch hier vieles für den Maßstab grober Fahrlässigkeit. Er bildet einerseits die dogmatische Verortung der Verbindung von Schädiger und Geschädigtem zwischen den Polen Vertragsrecht (Haftung für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit) und Deliktsrecht (bei reinen Vermögensschäden wenn überhaupt eine Haftung, dann nur bei Vorsatz) ab. Darüber hinaus erlaubt der Maßstab grober Fahrlässigkeit auch wertungsmäßig einen interessengerechten Ausgleich zwischen Schädiger und Geschädigtem, da er dem Richter in Grenzfällen die Möglichkeit eröffnet, anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalles abzuwägen, ob das Fehlverhalten des Schädigers derart achtlos war, dass eine Einstandspflicht für den betreffenden Schaden angezeigt ist. Eine Haftung für jede Fahrlässigkeit würde der Stellung des Sekundärakteurs als „Nebenakteur“ der Fehlinformation nicht gerecht, insbesondere sofern man an der geltenden Rechtsfolge der nicht auf Verursachungsanteile begrenzten Gesamtschuld aller Beteiligten für den eingetretenen Schaden festhalten will. Mit Blick auf die Primärmarkthaftung ist eine Aufgabe des prospektrechtlichen Grundsatzes der Gesamtverantwortung zu empfehlen. Dieser wird dem arbeitsteiligen Zusammenwirken verschiedener Akteure bei der Prospekterstellung in der Realität nicht gerecht und verhindert gegenwärtig sachwidrig die Anerkennung einer sachgegenständlich begrenzten Prospektverantwortlichkeit von Experten für die jeweils verantworteten Prospektteile. Am grundsätzlichen Publizitätsprinzip sollte in der Prospekthaftung festgehalten werden.

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137, 144, 156, 157, 176, 195, 202, 264 156, 163 180, 181, 209 138, 166 189, 193, 202, 203, 378, 379, 385 153, 159, 162 177, 178, 180, 203 170, 244, 249 176, 219 153, 176 138 139 186 180 140

Bundesappellationsgerichte (Circuit Courts of Appeal) Pacific Inv. Management Co. LLC v. Mayer Brown LLP, 603 F.3d 144 (2d Cir. 2010) SEC v. Tambone, 597 F.3d 436 (1st Cir. 2010) In re Mutual Funds Investment Litigation, 566 F.3d 111 (4th Cir. 2009) SEC v. Tambone, 550 F.3d 106 (1st Cir. 2008) Pugh v. Tribune Co., 521 F.3d 686 (7th Cir. 2008) Regents of the University of California v. Credit Suisse First Boston (USA), Inc., 482 F.3d 372 (5th Cir. 2007) Lattanzio v. Deloitte & Touche LLP, 476 F.3d 147 (2d Cir. 2007) Simpson v. AOL Time Warner, Inc., 452 F.3d 1040 (9th Cir. 2006) In re Charter Communications, Inc., Securities Litigation, 443 F.3d 987 (8th Cir. 2006) Rombach v. Chang, 355 F.3d. 164 (2d Cir. 2004) Howard v. Everex Systems, Inc., 228 F.3d 1057 (9th Cir. 2000) In re International Business Machines Corporate Securities Litigation, 163 F.3d 102 (2d Cir. 1998) Wright v. Ernst & Young LLP, 152 F.3d 169 (2d Cir. 1998) Shapiro v. Cantor, 123 F.3d 717 (2d Cir. 1997) Anixter v. Home-Stake Production, 77 F.3d 1215 (10th Cir. 1996) In re Software Toolworks Inc., 50 F.3d 615 (9th Cir. 1994)

252 254 256 253, 254 252 239, 240 174, 228 181, 236, 237, 240, 242 240 224 200, 232 164 223, 229 228, 229 226, 228, 230 232

Verzeichnis der zitierten US-amerikanischen Rechtsprechung First Interstate Bank of Denver v. Pring, 969 F.2d 891 (10th Cir. 1992) W.O. Akin v. Q-L Investments, Inc., 959 F.2d 521 (5th Cir. 1992) K & S Partnership v. Continental Bank, 952 F.2d 971 (8th Cir. 1991) Camp v. Dema, 948 F.2d 455 (8th Cir. 1991) Schatz v. Rosenberg, 943 F.2d 485 (4th Cir. 1991) Craftmatic Securities Litigation v. Kraftsow, 890 F.2d 628 (3rd Cir. 1989) Royal American Managers v. IRC Holding Corp., 885 F.2d 1011 (2d Cir. 1989) Schlifke v. Seafirst Corp., 866 F.2d 935 (7th Cir. 1989) LHLC Corp. v. Cluett, Peabody & Co., 842 F.2d 928 (7th Cir. 1988) Moore v. Fenex, Inc., 809 F.2d 297 (6th Cir. 1987) Peil v. Speiser, 806 F.2d 1154 (3rd Cir. 1986) Mayer v. Old Field Systems Corp., 803 F.2d 749 (2d Cir. 1986) Congregation of the Passion, Holy Cross Province v. Kidder Peabody, 800 F.2d 177 (7th Cir. 1986) Barker v. Henderson, Franklin, Starnes & Holt, 797 F.2d 490 (7th Cir. 1986) Dahl v. Pinter, 787 F.2d 985 (5th Cir. 1986) Woods v. Barnett Bank of Fort Lauderdale, 765 F.2d 1004 (11th Cir. 1985) Cleary v. Perfectune, Inc., 700 F.2d 774 (1st Cir. 1983) S.E.C. v. Seaboard Corp., 677 F.2d 1301 (9th Cir. 1982) Little v. Valley National Bank of Arizona, 650 F.2d 218 (9th Cir. 1981) Sanders v. John Nuveen & Co., Inc., 619 F.2d 1222 (7th Cir. 1980) Marbury Management, Inc. v. Kohn, 629 F.2d 705 (2d Cir. 1980) IIT, an International Investment Trust v. Cornfeld, 619 F.2d 909 (2d Cir. 1980) Monsen v. Consolidated Dressed Beef Co., Inc., 579 F.2d 793 (3rd Cir. 1978) Rolf v. Blyth, Eastman Dillon & Co., 570 F.2d 38 (2d Cir. 1978) Sundstrand Corp. v. Sun Chemical Corp., 553 F.2d 1033 (7th Cir. 1977) Gould v. American-Hawaiian Steamship Co., 535 F.2d 761 (3rd Cir. 1976) Woodward v. Metro Bank of Dallas, 522 F.2d 84 (5th Cir. 1975) Kerbs v. Fall River Industries, Inc., 502 F.2d 731 (10th Cir. 1974) S.E.C. v. Coffey, 493 F.2d 1304 (6th Cir. 1974) White v. Abrams, 495 F.2d 724 (9th Cir. 1974) Landy v. Federal Deposit Insurance Corporation, 486 F.2d 139 (3rd Cir. 1973) Lanza v. Drexel & Co., 479 F.2d 1277 (2d Cir. 1973) Ferguson v. Omnimedia, Inc., 469 F.2d 194 (1st Cir. 1972) SEC v. Barraco, 438 F.2d 97 (10th Cir. 1971) Gross v. SEC, 418 F.2d 103 (2d Cir. 1969)

399

195, 205, 206 194, 196 185 192 185 146, 147 147 147, 204 185 185 170 147 204 166, 187 146 191 185, 191 162, 204 162, 204 144 201 185, 186, 191, 196 185, 187, 188 188, 193, 194, 195 166 153 185, 189, 190, 191, 192, 193, 195, 196 185, 188, 195 188, 190, 191, 193, 198 165 188, 191, 195 195 199 208 193

400

Verzeichnis der zitierten US-amerikanischen Rechtsprechung

Brennan v. Midwestern United Life Insurance Co., 417 F.2d 147 (7th Cir. 1969) Buttrey v. Merrill Lynch, Pierce, Fenner, & Smith, Inc., 410 F.2d 135 (7th Cir. 1969) Kohler v. Kohler Co., 319 F.2d 634 (7th Cir. 1963) Birnbaum v. Newport Steel Corp., 193 F.2d 461 (2d Cir. 1952) United States v. Peoni, 100 F.2d 401 (2d Cir. 1938)

185, 192, 195 193, 202, 227 165, 192 167 186

Bundesgerichte erster Instanz (Circuit Courts) N.Y. City Employees’ Retirement System v. Berry, 616 F. Supp.2d 987 (N.D.Cal. 2009) In re REFCO, Inc. Securities Litigation, 609 F.Supp.2d 304 (S.D.N.Y. 2009) In re Parlamat Securities Litigation, 570 F.Supp.2d 521 (S.D.N.Y. 2008) In re Mutual Funds Investment Litigation, 487 F.Supp.2d 618 (D.Md. 2007) In re Enron Corporative Securities, Derivative & “ERISA” Litigation, 439 F.Supp.2d 692 (S.D.Tex 2006) In re Enron Corporative Securities, Derivative & “ERISA” Litigation, 236 F.R.D. 313 (S.D.Tex 2006) In re Mutual Funds Investment Litigation, 384 F.Supp.2d 845 (D.Md. 2005) In re Charter Communications, Inc., Securities Litigation, 2004 WL 3826760 (E.D.Mo. 2004) In re Charter Communications, Inc., Securities Litigation, 2004 WL 3826761 (E.D.Mo. 2004) In re Enron Corporative Securities, Derivative & “ERISA” Litigation, 235 F.Supp.2d 549 (S.D.Tex 2002) Wright v. Ernst & Young LLP, 1997 WL 563782 (S.D.N.Y. 1997) Klein v. Boyd, 949 F.Supp. 280 (E.D.Pa. 1996) Phillips v. Kidder, Peabody & Co., 933 F.Supp. 303 (S.D.N.Y. 1996) In re MTC Electronic Technologies Shareholders Litig., 898 F.Supp. 974 (E.D.N.Y. 1995) Cashman v. Coopers & Lybrand, 877 F.Supp. 425 (N.D.Ill. 1995) Employers Insurance of Wausau v. Musick, Peeler, & Garrett, 871 F.Supp. 381 (S.D.Cal. 1994) In re ZZZZ Best Securities Litigation, 864 F.Supp. 960 (C.D.Cal 1994) Benoay v. Decker, 517 F.Supp 490 (E.D.Mi. 1981) SEC v. National Bankers Life Insurance, 324 F.Supp 189 (N.D.Tex. 1971) Brennan v. Midwestern United Life I. Co., 259 F.Supp. 673 (N.D.Ind. 1966) Pettit v. American Stock Exchange, 217 F.Supp. 21 (S.D.N.Y. 1963) Brown v. Bullock, 104 F.Supp. 207 (S.D.N.Y. 1961) S.E.C. v. Scott Taylor & Comp., 183 F.Supp. 904 (S.D.N.Y. 1959)

252 252, 254 252 256 175, 239 226, 239 238 242 224 234 229 234 220 228, 229 231 231 231, 232 204 203 218 184, 218 180 184

Verzeichnis der zitierten US-amerikanischen Rechtsprechung Joseph v. Farnsworth Radio & Television Corp., 99 F.Supp. 701 (S.D.N.Y. 1951) Kardon v. National Gypsum Co., 69 F.Supp. 512 (E.D.Py. 1946) S.E.C. v. Timetrust, 28 F.Supp. 34 (N.D.Cal. 1939)

168 176 184

Gliedstaatliche Gerichte Prince v. Brydon, 307 Or. 146, 764 P.2d 1370 (Or. 1988)

140

401

Sachverzeichnis 10-Punkte-Programm 131

− duty to disclose 159, 161, 193–195,

Abschlussprüfer siehe Wirtschaftsprüfer Ad-hoc-Publizität − Insiderinformation 74, 76, − Insidertatsache 72, 74, − Rechtfertigung 74 f. − Schutzzweck 74 f. Ad-hoc-Publizität, Haftung bei fehlerhafter − Anspruchsgegner 82–84, 338–343 − Anspruchsinhalt 79–82, 355 f. − Anspruchsvoraussetzungen 76–84 − Beweislast 81–84 − Desinformationsphase 79 − dogmatische Verortung 319–321, 341–343, 345 − fraud on the market theory 81, 89 − funktionale Analyse 340 f. − IKB-Entscheidung 76, 80 f., 105, 110, 119, 355, 357 f., 360 − Kausalität 79–82 − Kursdifferenzschaden 79–82, 84, 90 f., 118 f., 356, 357 f. − Organhaftung 82–84, 121 f., 131 − Tathandlung 77 f. − Teilnehmerhaftung 339–350 − Transaktionserfordernis 78 f. − Transaktionsschaden 80–82 − Überblick 74–76 − Unterlassen 77 f. aiding and abetting liability (sec. 10(b)) − Anspruchsvoraussetzungen 184–195 − awareness 184 f., 186–189, 195 − bright line test siehe bright line test − concious intent 192, 194 − creator standard siehe creator standard − deep pocket defendant 176, 185, 218

− Kausalität 194 f. − knowledge 164, 184 f., 186–189, 191,

241, 247 f., 251 203

− private right of action 198–218, 220– 223, 242 f., 256–269

− scheme liability siehe scheme liability − special relationship 193 − substantial assistance 183–185, 189– 191, 193, 195, 203, 218, 220

− substantial participation test siehe substantial participation test

− underlying fraud 184, 185 f., 203 − Unterlassen 193 f. − wirtschaftliche Bedeutung 184

Analogie 38, 83, 109–111, 119–121, 332 f., 344–349 Angebotsunterlage − Anspruchsgegner 65–67 − Expertenhaftung 66 f. − Haftung bei fehlerhafter A. 19, 63–67 − Überblick 63 f. Angebotsveranlasser 35 f., 66 Anlagerisiko 13 f. Anlegerschutz 1, 12 f., 15, 44, 54, 112– 117, 131, 331, 361 Anstifter- und Gehilfenhaftung − Ad-hoc-Publizität 339–350, 352–358 − Analogie 332 f., 344–349 − Anwendungsbereich 321–330 − Dogmatik 321–330 − fahrlässige Anstiftung 314–316 − funktionale Analyse 327–330 − Gesamtschuld 316, 355 f. − Haupttat 297–302, 313 f., 352 f. − historische Auslegung 325 f. − Kausalitätserfordernis 302–309, 355– 357

404

Sachverzeichnis

− − − − − − − − − −

neutrale Beihilfe 309–312 Primärmarkt 334–338 Prospekthaftung 335–338 psychische Beihilfe 295 ratio 289 f., 326 f. Regelpublizität 349 f., 358–360 Sekundärmarkt 338–358 Strafgedanke 289 Strafgesetzverstoß 337 Strafrechtsakzessorietät 295, 310– 312, 315 − Systematik 323–325 − Tathandlung 295 f., 313 − teleologische Auslegung 326 f. − Ursprung 288 f. − Vertrauensschutz 305–309, 354 − Vorsatzerfordernis 295–302, 313– 316, 353 f. − Wortlautauslegung 321–323 Anstiftung, fahrlässige 314–316 attribution test siehe bright line test Aufsichtsbehörde − Deutschland siehe BaFin − USA siehe SEC Aufsichtsrat siehe Geschäftsleiter

catch-all clause siehe aiding and abetting (sec. 10(b)) Central Bank − Folgen 217 f. − Instanzenzug 203 f. − Kritik 212–217 − Mehrheitsvotum 204–210 − Minderheitsvotum 210–212 − Sachverhalt 202 f. cheapest cost avoider 306 Chevron-Doktrin 157 circuit split 224 f. class action siehe securities fraud class action co-author standard siehe creator standard conspiracy liability 196 f., 198 constructive knowledge 164f. controlling person liability 196, 197– 199, 261 creator standard − reliance 233 − Voraussetzungen 231–233. culpa in contrahendo 18, 54–62, 128 f., 274–278, 286 f., 343

BaFin 14 f., 48, 77 Bank, emissionsbegleitende 23, 32, 145 Bankenkonsortium − Prospekthaftung 24 f., 275 − Rechtsnatur 24 − Vertrauensschutz 33 − Vertretung 24 neutrale Beihilfe siehe Anstifter- und Gehilfenhaftung psychische Beihilfe siehe Anstifter- und Gehilfenhaftung Beipackzettel 40 Berufshaftung siehe Expertenhaftung Blue Sky Laws 138 f., 177 Börsencrash 1929 135, 216 Börsengesetz 10 bright line test − attribution 226 − deterrence 228 − gatekeeper 226–228 − private enforcement 267 − reliance 226

deep pocket defendant 176, 185, 219 Deliktshaftung (§ 826 BGB) − Anlagestimmung 88 f., 94, 125 − Anscheinsbeweis 88, 94 − Anspruchsgegner 91, 98 − Anspruchsinhalt 90 f., 94 f. − Beweislast 88–90, 93 f. − Comroad-Entscheidungen 81–86, 89– 91, 94, 358 − EM.TV-Entscheidung 24, 85, 90, 95, 123 − fraud on the market theory 89 f., 93 f. − Infomatec-Entscheidungen 1, 85–96, 100, 343, 354 − Kausalität 88–90, 93 f., 357 f., 359 f. − Kursbeeinflussung 87 − Schädigungsvorsatz 87, 92 f. − Sittenwidrigkeit 86 f., 91 f., 118, 124, 127, 357, 361, 363 − Teilnehmerhaftung 361–363, 363– 365 − Transaktionserfordernis 95 f. − Überblick 84–86

Sachverzeichnis

− Übergangslösung 96 − Vorsatz 87, 92 f., 96 f.

405

− bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung 128

Deliktshaftung (Schutzgesetz) − Ad-hoc-Publizität 102 f. − Grundlagenkritik 101 f. − IKB-Entscheidung 105 − Manipulationsverbot 103–105 − Normzweck 99–102 − Regelpublizität 112–117 − Regelungszusammenhang 100 − Strafnormen 105–107 − Systemkritik 101 f. − Überblick 99–102 − Verhaltenssteuerung 99 f. Deutscher Juristentag 2002 67, 130 discovery 170, 177, 221 Dodd-Frank Act 149, 265–267, 271 duty to disclose 159, 161, 192–194, 241, 247, 251

− culpa in contrahendo 128 f. − Deliktshaftung 127 f. − Strafnormverstoß 127

Emittent

implied private right of action siehe private enforcement implied statement theory − circuit split 252 − duty to disclose 251 − Entstehung 250–252 − Janus Capital Group 254 f. − public enforcement 252 − reliance 251 − unique relationship 250 f. Individualklagerecht siehe private right of action informationelle Chancengleichheit siehe Informationsasymmetrie Informationsasymmetrie 14–17, 73 f., 330 Insiderinformation siehe Ad-hocPublizität

− Prospekthaftung 23, 35, 42, 46, 49, 51, 61, 65

− Sekundärmarkthaftung 82–84

Emittentenleitfaden 76 f. Enron 225, 232, 237, 239 Ernst & Ernst v. Hochfelder 154, 187, 191, 200 f., 266 Expertenhaftung − Berufshaftung 273, 306, 329 − culpa in contrahendo 274–277, 286 f. − eigenes wirtschaftliches Interesse 36 − quasivertragliche E. 273–286 − Honorar 36 − Publizitätselement 36 − ratio 329 f. − vertragliche E. 273–286 Finanzanalyst 6 fishing expeditions 170, 176, 221 Fonds, geschlossene 40 Freiverkehr 17, 35, 83 freiwillige Marktkommunikation siehe freiwillige Publizität freiwillige Publizität − Anspruchsgegner 125–129, 133, 351, 369 − Arten 125

Fremdemission 3, 275

gatekeeper 147, 167, 190, 225–230, 264, 270 Geschäftsleiter − Abgrenzung zum 7 − Haftung 7, 27, 83, 91, 121 f.. 124, 130 f., 346 Gewinneinbruchswarnung 77 Government Accountability Office 266, 271 haftpflichtrechtliches Gesamtsystem 100–102, 104, 327 f., 333, 339

Janus Capital Group atribution 255, 257 Bewertung 258–260 bright line test 260 implied statement theory 254 f. Implikationen 260 f. Instanzenzug 252–254 Mehrheitsvotum 255 f. Minderheitsvotum 256 f. misrepresentation 254 f.

− − − − − − − − −

406

Sachverzeichnis

− − − −

private right of action 255 f. reliance 257 Sachverhalt 252–254 to make a statement 255, 256 f., 258– 260, 261 JOBS Act 150

KapInHaG (Entwurf 2004) 28, 68, 131 Kapitalmarktrecht (allg.) − Entwicklung 11 bis 13 − Schutzzweck 11 bis 14 − Steuerungsfunktion 15 f., 71 f., 209 − Verselbständigung 12 Lamfalussy-Verfahren 317 f. Liability for Aiding and Abetting Securities Violations Act of 2009 262–266 market timing 253 Marktmissbrauchsrichtlinie 70, 76 f., 318 Marktmissbrauchsverordnung 70, 76 f., 318 material fact siehe material misrepresentation material misrepresentation 158 f., 170, 241 material omission 158–160, 161, 167 f., 221 f., 228, 236, 248 Mittäterhaftung 291–294 negligence 164 f., 223 omission siehe material omission pocket shifting 173, 264, 269 Pressemitteilung 77, 125, 127 private enforcement 138, 152, 158, 173– 181, 195, 200, 209, 245, 262–269, 270 f. private right of action 140, 146, 155, 157, 173–175, 178 f., 195–217, 220 f., 242 f., 256–266 Prognose 159, 161–163 Prospektpflicht 16 f., 22, 36–41, 47, 141 Prospekterlasser siehe Prospektverantwortlicher Prospekthaftung − Europarecht 70

− Reformbestrebungen 67–70 − Überblick 16–19

Prospekthaftung (KAGB) Anspruchsgegner 51–53 Anspruchsinhalt 50 f., 53 Expertenhaftung 52 f., 336–338 Kausalität 52 f. Key Investor Information Document 51, 365 − Teilnehmerhaftung 336–338, 365 − Überblick 50 − Verschuldensmaßstab 51 f. Prospekthaftung (Securities Act) − aiding and abetting 145, 149 f. − Anspruchsgegner 140 f., 142, 144 f., 147 f., 149 − Anspruchsinhalt 142, 146 − Anspruchsvoraussetzungen 141–143, 145–147 − Anwendungsbereich 141–143, 146 − controlling person liability 148 f. − Gesamtschuld 147 − Individualklagerecht 140 f., 146 − Pinter v. Dahl 144 f. − Prospektpflicht 141–143 − Prospektverantwortlicher 140 f., 142, 144 f., 147 f. − public enforcement 150 − Sekundärakteure 144 f., 147 f., 148– 150 − Sekundärmarkt 143 f. − Überblick 140 f., 145 f. − Verschuldensmaßstab 142, 146 − Verschuldensvermutung 142, 146 Prospekthaftung (VermAnlG) − Anspruchsgegner 42–44, 46 f., 49 − Anspruchsinhaber 45, 45, 49 − Anspruchsinhalt 41, 45, 49 − Ausschlussfrist 41, 48 f. − Expertenhaftung 43 f., 47 − Haftungsausschluss 45, 49 f. − Prospektveranlasser 42 − Prospektverantwortlicher 42–44, 46 f., 49 − Überblick 39–41 − Vermögensanlagen-Informationsblatt 48–50 − Verschuldensmaßstab 45, 47, 49, 51 f.

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Sachverzeichnis Prospekthaftung (WpPG) − Anspruchsausschluss 34, 38 f. − Anspruchsgegner 22–31, 35–37 − Anspruchsinhaber 21 f., 35 − Anspruchsinhalt 21, 35 − Expertenhaftung 26–31,36 − fehlender Prospekt 34–39 − Grundsatz der Gesamtverantwortung 27, 31 − Prospektverantwortlicher 22–25 − Sperrwirkung 31, 276 f. − Teilnehmerhaftung 335 f. − Verschuldensmaßstab 31–34, 37 f. Prospekthaftung, bürgerlich-rechtliche − Anspruchsgegner 57–62 − Anwendungsbereich 54 f. − Entwicklung 54, 275 f. − Expertenhaftung 58–61, 275 f. − Grenzen 29 f., 60–62, 276 f. − Prospektbegriff 55, 56 − P. im weiteren Sinne 62 f. − Publizitätselement 58–62, 276 f. − Rupert Scholz-Entscheidung 56, 59 f., 111, 128 − Sekundärmarkt 98 f., 128 − Teilnehmerhaftung 334 f. − Verschuldensmaßstab 62 Prospektveranlasser 25 f., 35 f., 42, 58, 149 f., 198, 275, 335, 338, 347 PSLRA 138 f., 162, 165, 172, 175, 177, 218–224, 244 f., 271 public enforcement 140, 150, 152, 179 f., 200, 212, 243, 252, 270 Ratingagentur 6 Raufhandel 288 f. recklessness siehe scienter Reforminitiativen (D) 67–70, 130–132, 318 f. Reforminitiativen (USA) 262–269 Regelpublizität siehe Regelpublizitätshaftung Regelpublizitätshaftung − Anspruchsgegner 121 f., 124, 349 f. − Anspruchsgrundlagen 109–117, 358– 360 − Anspruchsinhalt 118 f., 124, 360 − Anspruchsvoraussetzungen 117–122, 122–125, 358–360

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Birnbaum-Rule 118 Europarecht 108–110 funktionale Analyse 350 Halbjahresfinanzbericht 108 Jahresfinanzbericht 108 Kausalität 118 f., 360 Kursdifferenzschaden 119, 361 Prospekthaftung, bürgerlich-rechtliche 111 f. − Regelungslücke 110, 349 − Schutzgesetz 112–117, 358 − Sekundärakteur 125 − Starfnormverstoß 123 − Teilnehmerhaftung 125, 349 f., 359 f. − Transaktionserfordernis 117 f. − Transaktionsschaden 118 − Transparenzrichtlinie 108 f., 112, 115 − Überblick 108 f. − Verschuldensmaßstab 119–121, 123, 359 − Wirtschaftsprüfer 125 reliance − allgemein 158, 166–171 − duty to disclose 167 f. − fraud on the market theory 168–170 − Kritik 171 − omission 167 f. − rebuttable presumption 167–170 respondeat superior 146, 195–199 Rupert Scholz-Entscheidung 56, 59 f., 111, 128 safe harbor 162 f., 220, 230, 248, 267, 270, 331, 340 scheme liability − Herleitung 233–238 − principle purpose and effect 235 − reliance 236 − Unschärfen 235–237 Schutzgesetz siehe Deliktshaftung (Schutzgesetz) scienter − Definition 163–165 − Entwicklung 163–165, 222 − reckless conduct 163 f. − Supreme Court 163 f. SEC 140, 146, 150, 155–158, 179–181, 208–212, 220 f., 231 f., 243 f., 254, 258–260, 265 f.

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Sachverzeichnis

Securities Act (SA) − Prospekthaftung siehe Prospekthaftung (Securities Act) − Ursprung 135–137 securities fraud class action 138 f., 152, 167, 169, 175, 177 f., 180, 218 f., 248, 262 f., 268, 332 Sekundärmarkt − Definition 71 f. − Europarecht 108, 132, 317–319 − Publikationspflichten 73 f. − Reformbestrebungen 130–132 − Unterschiede zum Primärmarkt 72 Verhaltensanreize 73 Sekundärmarkthaftung (SEA allgemein) − Anspruchsgrundlagen 150–153 − Überblick 150–158 Sekundärmarkthaftung (sec. 10(b)) − Anwendungsbereich 153–158 − Birnbaum-Rule 165 − catch-all clause 153 f., 261 − common law 183 − economic loss 171–173, 222 f. − Entwicklung 220–224, 262–269 − Fehlinformation 158 f., 221 f. − fraud on the market theory 168–172, 180, 214, 219, 241, 244, 268 − Generalklausel siehe catch-all clause − Gesamtschuld 185, 223 f. − Kausalität 171–173, 222 f. − private right of action 154, 173–181 − proximate cause 165 f. − punitive damages 173 − reliance siehe reliance − scienter siehe scienter − Transaktionserfordernis 165 f. Selbstemission 3, 275 separation of powers 156, 206 f., 242 SLUSA 138 f., 177 Stoneridge − fraud on the market theory 241, 244, 248 − Implikationen 248–252 − Instanzenzug 238 f.

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Mehrheitsvotum 241–243 Minderheitsvotum 243–246 private right of action 242 f. PSLRA 242 reliance 241 Sachverhalt 238 f. Schrifttum 246–248 strike suit 138, 163, 175 f., 177, 209, 218 f., 227, 243, 262–270, 331 substantial participation test − Indikatoren 229 − reliance 230 − safe harbor 230 Verhaltenssteuerung 12–15, 99–101, 228, 270, 307 f., 328–330 Vermögensanlagengesetz − Anwendungsbereich 29–41 − Informationsblatt 40, 48–50 − Prospektpflicht 39 f. Vertrag mit Schutzwirkung − Anwendungsbereich 7, 31, 278, 280, 284 f. − Erkennbarkeit 280, 282 f. − Gläubigernähe 279 − Leistungsnähe 279, 281 f. − Primärmarkt 278–286 − Schutzbedürftigkeit 280, 282 − Übermaßhaftung 285, 287 f. − Voraussetzungen 278–283 Vertrauenshaftung 54, 319–330, 341– 345, 354 Vollharmonisierung 317 Vorstand siehe Geschäftsleiter Wertpapierdienstleister 6 Wertpapierprospekt siehe Prospekthaftung Windhundrennen 61 Wirtschaftsprüfer − Haftung 3, 7, 28–31, 59 f., 69, 125, 274, 277, 280–286 − Sonderstellung 5, 7 f.