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German Pages 255 [260] Year 1990
Hochschultext
Wolfgang Hein Einfiihrung in die
Struktur- und Darstellungstheorie der klassischen Gruppen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong
Wolfgang Hein Fachbereich 6, Mathematik Universitiit Gesamthochschule Siegen Postfach 10 1240 5900 Siegen
Umschlagmotiv. Am Beispiel der einfach-zusammenhiingenden Gruppe SL(2, io(7r); so fortfahrend erhalt man Transpositionen 7i, so daB 7 m 0 ... 0710 7r = id, also 7r = 71 0 ... 0 7 m' 0
n.
Fur 7r E Sn definieren wir das Signum von 7r durch
II Eine direkte Rechnung ergibt den wichtigen
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
8
Satz 9. Die Abbildung 7r 14 f(7r) ist ein Homomorphismus von der Gruppe Sn auf die Gruppe {I,-I} (als Untergruppe von Odie Darstellung von z durch Polarkoordinaten, so erhalten wir einen Weg in C von 1 nach z durch
°
,(t) = (1 +t(r _l»e it 'P
(t E [0,1]) .
Die in 2) und 3) geschilderten Verhaltnisse lassen sich wie folgt verallgemeinern: Satz 14. SL(n,IR), SL(n,C) und GL(n,C) sind zusammenhiingend. GL(n,IR) ist nicht zusammenhiingend, die Zusammenhangskomponenten sind GL +(n, IR) : = {A E GL(n, IR); det A> O} und GL -(n,IR): = {A E GL(n,IR);det A
< O}
GL+(n,IR) ist die Einskomponente von GL(n,IR), d.h. diejenige Zusammenhangskomponente, die das Einselement enthalt. Offenbar ist GL +(n, IR) Normalteiler in GL(n,IR) (vgl. hierzu den folgenden Satz 15 sowie §4.1 Satz 2 und II § 7). Der wohl einfachste (fast triviale) Beweis dieses Satzes ergibt sich mit Hilfe der in 5. angegebenen Erzeugungssysteme von SL(n,IK) bzw. GL(n,IK). Dazu zunachst eine Feststellung, die leicht einzusehen und oft von Nutzen ist: Lemma 2. 1st G eine Untergruppe von GL( n, IK), Ai, Bi E G( i = 1,2) und , ein Weg in G von Al nach B I , 8 ein Weg in G von A2 nach B 2, dann ist t 1-+ ,(t)8(t) ein Weg in G von AIA2 nach B I B 2. 1st, ein Weg in G von A nach B, so ist t 1-+ ,(t)-I ein Weg in G von A-I nach B-1.
31
§ 2 Die allgemeine und die spezielle lineare Gruppe
Die Stetigkeit von t 1--+ ,(t)o(t) folgt daraus, daf3 die Komponentenfunktionen der Produktmatrix Polynome, also stetige Funktionen in den Komponenten der Faktoren sind. Fur das Inverse haben wir den entsprechenden Sachverhalt in 1. Lemma festgestellt. Beweis des Satzes. SL( n, IK) wird nach Satz 8 durch die Elementarmatrizen
Fij(a), 1 :::; i '" j :::; n, a E IK erzeugt. Es genugt nach dem Lemma, jede dieser Matrizen durch einen Weg in SL(n, IK) mit E = Fij(O) zu verbinden. Ein solcher Weg ist offenbar t 1--+ Fij «1 - t)a), t E [0,1]. Fiir GL(n, IK) hat man nach Satz 2 auf3er den Fij(a) noch die Erzeugenden Fn(a) = [1, ... ,1, a]
zu beriicksichtigen. Da diese eine zu IK x isomorphe Gruppe bilden folgt der Zusammenhang fur GL(n,C). Zum Beweis, daf3 GL(n,IR) nicht zusammenhangend ist, nehmen wir an, es gibt einen Weg , in GL(n, IR) mit Anfangspunkt in GL +(n, IR) und Endpunkt in GL -(n, IR). Dann ist det ein Weg in IR x mit Anfangspunkt in IR~ und Endpunkt in IR~, was nicht moglich 0 ist (Beispiel 2).
0,
Zum Schlu13 dieses Abschnitts ein Satz, der oft benutzt wird: Satz 15. Es sei G eine Untergruppe von GL( n, IK), GO die Einskomponente. (a) GO ist Normalteiler von G, (b) die Zusammenhangskomponenten von G sind die N ebenklassen von GO. Beweis. (a) Es seien A,B E GO und ,,0 Wege von A bzw. B nach E. Dann ist t 1--+ ,(t)O(t)-I ein Weg von AB-I nach Ej also gilt AB- I E GO und folglich ist GO eine Untergruppe von G. Ferner ist fur jedes C E G die Abbildung t 1--+ C,(t)C-I ein Weg von CAC- I nach E, woraus CAC- I E GO folgt, also ist GO Normalteiler von G. (b) Mit GO sind auch alle Nebenklassen von GO zusammenhangend. Es sei nun A E CGo, A = CB mit B E GO. Falls es einen Weg , von A nach E gibt, dann gibt es einen Weg von B nach C- I , niimlich t 1--+ C-I,(t)j wegen B E GO folgt C-I E GO, also CGo = GO. Folglich sind Elemente verschiedener Nebenklassen nicht verbindbar. 0
10. Quaternionen, die Gruppen GL(n,llI) und SL(n,llI) Wir konstruieren die Algebra lH der Quaternionen nach dem "Cayley-DicksonProzeB", der die bekannte Konstruktion von (: aus IR verallgemeinert. Satz 16. a) Der reelle (!) Vektorraum lH
= (:2
ist bez. der Verknupfung
(u,v)(y,z):= (uy - vz,uz + vy) eine assoziative, nicht-kommutative Algebra mit Einselement (1,0).
32
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
b) Die Abbildung (u, v)
1-+
(u, v) := (u, -v)
ist eine Involution auf llI, d.h. pq
Setzt man Iql :=
=qp,
lul 2 + Ivl 2
-
q
=q
fur p, q E 1lI .
fur q = (u, v), so gilt q. q = Iql2 ;
insbesondere ist jedes q E llI x := 1lI \ {o} invertierbar mit Inversem
c) Die Abbildung (u, v E (:) ist ein injektiver JR-Algebren-Homomorphismus von 1lI in Mat(2, (:). Beweis. DaB 1lI eine assoziative IR-Algebra ist, folgt unmittelbar aus c). DaB I ein Isomorphismus der rellen Vektorraume ist, erkennt man sofort an der Definition. Zum Beweis der Homomorphie-Eigenschaft berechnet man das Produkt ( ~v u (~z y = uzy -+ vq uy - vz
__z) (u vz -uz - y) .
__v)
Da 1(1,0) die Einheitsmatrix ist, ist (1,0) das Einselement. 1lI ist nicht kommutativ: z.B. ist (i,O)(O, 1) = -(0, l)(i,O). Die Aussagen in b) beweist man durch direktes Nachrechnen. 0 Die Abbildung {: -T 1lI, z 1-+ (z, 0) ist ein injektiver JR-Algebren-Homomorphismus; wir identifizieren deshalb (z, 0) mit z und erhalten so C als Teilalgebra von 1lI.. Setzt man noch j := (0,1), so laBt sich jedes Element von 1lI eindeutig schreiben in der Form q=u
Weiter sei u Form
+ vj
mit u, v E {: .
= a + bi, v = c + di mit a, b, c, d E JR. Wir erhalten dann q in der q= a
+ bi + cj + dk
mit k:= ij
und eindeutig bestimmten a, b, c, dE JR. Die Quaternionen 1, i,j, k bilden also eine JR-Basis von 1lI. Haufig wird JR4 mit 1lI (als IR-Vektorraum) identifiziert vermoge el 1-+ 1, e2 1-+ i, e3 1-+ j, e4 1-+ k. Die Multiplikation in einer Algebra ist (wegen der Bilinearitat des Produktes) vollstandig bestimmt durch die Produkte der Elemente einer Basis. Fur i,j, k gelten die Rechenregeln
§ 2 Die allgemeine und die spezielle lineare Gruppe
ij=k,
jk=i,
33
ki=j
(man beachte als Merkregel die zyklische Vertauschung); ferner ij = -ji, i 2 = -1,
jk = -kj, j2
1 ist das Einselement von ill. Die Involution - und der Betrag
q = a - bi - cj - dk,
ki = -ik k2 = -1 ;
= -1,
I-I haben in der Basis 1, i,j, k die Gestalt Iql =
J a2 + b2 + c + d2 2
fiir q = a + bi + cj + dk. Man nennt Re(q) := a, Im(q) := ib + jc + kd den Real- bzw. Imaginiirteil von q und setzt Im(ill) := {q E ill; Re(q) = O} =
{q
E
ill;q = -q}.
Schlie:Blich notieren wir noch fiir spiitere Anwendungen, da:B das gewohnliche Skalarprodukt (-, -) von IR4 mit Hilfe der Quaternionenmultiplikation ausgedriickt werden kann in der Form p, q E
ill .
Das Bild von ill unter dem Homomorphismus I lii:Bt sich innerhalb von Mat(2, C) mit Hilfe der Matrix J := Bild(l) =
{x
(~ ~1)
folgenderma:Ben beschreiben:
E Mat(2,C);XJ = JX} .
I kann in offensichtlicher Weise auf quaternionale Matrizen erweitert werden: Lemma 1. Die Abbildung
In : Mat( n, ill)
-t
Mat(2n, C) ,
ist ein injektiver IR-Algebren-Homomorphismus. Mit I n := [J, ... , J] (n-mal) gilt o Bild (In) = {X E Mat(2n, C); X I n = JnX} .
Wie im Fall eines kommutativen Korpers (anstelle von ill) definieren wir GL( n, ill) := {A E Mat( n, ill); A invertierbar} . Das vorstehende Lemma gibt uns die Moglichkeit, GL(n, ill) (bis auf Isomorphie) als Untergruppe von GL(2n, C) zu "realisieren": Satz 17. Die Abbildung GL( n, ill)
-t
{A E GL(2n, C); A -1 JnA = I n } ,
ist ein Gruppen-Isomorphismus.
o
34
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
Wie Satz 2 (mit einer geringfiigigen, offensichtlichen Anderung) beweist man Satz 18. Zu jedem A E G L( n, HI) gibt es ein Produkt B von Elementarmatrizen Fij(p), p E HI, i #- j, und ein q E HI x := HI \ {OJ, so daft A = B· Fn(q). 0
Die iibliche Charakterisierung invertierbarer Matrizen durch die Determinante entfcillt hier, da der gewohnliche Determinantenbegriff ganz wesentlich die Kommutativitiit des Grundkorpers voraussetzt. Wiirde man etwa wie gewohnt fiir a, b, e, d E HI definieren det (: beispielweise det (: ;)
(~ ~) (~ ~)
=
= ij -
(~ ~)
ji
!)
= 2ij #-
so erhielte man
=: ad - be,
0, obgleich diese Matrix wegen
nicht invertierbar ist. (Fiir eine Verallgemeine-
rung des Determinantenbegriffs auf nicht-kommutative Grundkorper vergleiche man [Dieudonne] oder [Artin].) Einen Ersatz bietet die Einbettung In von Mat( n, HI) in Mat(2n, C) an, der fiir unsere Zwecke geniigt: Wir set zen det.r: : Mat(n, HI)
~
C,
det.r:(X):= det In(X) .
Eine kurze Uberlegung ergibt Satz 19.
GL(n,HI) = {X E Mat(n,HI)jdetc::(X)
#- O}
.
o
Die "C-Determinante" nimmt im Gegensatz zu det keineswegs beliebige komplexe Werte an. Vielmehr gilt das Lemma 2. det(; ist eine surjektive Abbildung von Mat( n, HI) auf lI4 = {a E R;
a;::: OJ. Fur aile X, Y
E Mat(n,HI) gilt
detdX· Y)
= (det.r:X)(det.r:Y)
Insbesondere ist det.r: ein surjektiver Gruppenhomomorphismus von GL( n, HI) aufR~ = {a E Rja > OJ. Beweis. Die Produktformel ist klar, weil sie fUr det gilt und In ein Homomorphismus ist. Nach Satz 18 hat jedes A E GL(n, HI) die Gestalt BFn(q) mit q E HI x und det.r: B = 1, also E2n_2
det.r: A
= det.r:Fn(q) = det
(
0
35
§ 2 Die allgemeine und die spezielle lineare Gruppe
wenn q = u + vj(u, v E 4::). Da Zahl annimmt, ist gezeigt, daB
Iql2 fur geeignetes q E IH x
jede positive reelle
det~ : GL( n, IH) -+ 1R~
ein surjektiver Homomorphismus ist. Weil schlieBlich det~ X = 0 fUr alle X E Mat(n, IH) \ GL(n, IH) nach Satz 19, ist das Lemma bewiesen. 0 Aufgrund des vorstehenden Lemmas konnen wir jetzt SL( n, IH) in der gewohnten Weise definieren durch SL(n,IH):= {A E GL(n,IH);det~A = I} Ein Vergleich mit Lemma 1 ergibt
Satz 20. Die Abbildung
ist ein Gruppen-Isomorphismus.
o
Aus dem vorstehenden Lemma und dem Homomorphiesatz fUr Gruppen
(§ 1.1, Corollar zu Satz 3) folgt
Satz 21. SL(n, IH) ist Normalteiler in GL(n, IH), die Faktorgruppe ist isomorph 0 zu 1R~. Eine unmittelbare Konsequenz aus Satz 18 ist
Satz 22. Zu jedem A E SL( n, IH) gibt es ein Produkt B von Elementarmatrizen Fij(P) mit P E IH, i i= j, und q E IH, Iql = 1, so daft A = B· Fn(q). 0 Analog zu Satz 8 in § 2.6 kann man den folgenden Satz beweisen, der auch gelegentlich als Definition fur SL( n, IH) gewahlt wird:
Satz 23. SL( n, IH) ist die K ommutatorgruppe von G L( n, IH): SL(n, IH) = [GL(n, IH), GL(n, IH)]
o
AbschlieBend stellen wir fest:
Satz 24. GL(n, IH) und SL(n, IH) sind zusammenhangend. Der Beweis kann aufgrund von Satz 18 und Satz 22 wie der von Satz 14 gefuhrt werden; es ist dabei nur zu beachten, daB sowohl1R4 \ {O} und damit IH x , als auch die 3-Sphare S3 und damit {q E IH; Iql = I} zusammenhangend ~~. 0
36
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
Aufgaben 1. Fur X E Mat(2,K) und J
= (~
01 )
gilt XtJX
2. Fur X E Mat(2, K), det X =j:. 0 gilt X-I
= de~ X
= (detX)J.
«Spur X)E - X).
3. Die "Jordan-Matrizen" )'E + N,). E K \ {O}, N E Mat(n,K) nilpotent bilden eine Untergruppe von GL(n, K). 4.
( -
~2 ~
(~ ~ ~)
; : ) und 5 -2 -9 0 0 -1 sind ii.hnlich (konjugiert) in Mat(3, ~).
5. Fur X E Mat( n, K), char K =j:. 2, gilt X 2 = E genau dann, wenn X ii.hnlich ist zu einer Diagonalmatrix [al, ... , an] mit ai ±1.
=
6. Es sei A E GL( n, (:), D der diagonalisierbare, N der nilpotente Teil von A. Man zeige: 1st A reel!, so sind auch D und N reel!.
7. X E Mat(n, K) heiBt "halbeinfach", wenn es einen Erweiterungskorper K :J K von K gibt, so daB X in Mat(n,K) diagonalisierbar ist. Man formuliere und beweise den Satz von der Jordan-Cheval!ey-Zerlegung in Mat(n,IR) (statt Mat( n, (:)) mit Hilfe des Begriffs der hal beinfachen (statt diagonalisierbaren) Matrix.
8. Es sei 9 die "affine Gerade"
(~) + IR (~)
in IR2. Man zeige: G := {A E
GL(2,IR);Ag C g} ist ein zu einer Untergruppe von GL(2,IR) isomorphes semidirektes Produkt von IR mit IR x. Wie sieht die zugehorige Operation von IR x auf IR aus? 9. Die Kommutatorgruppe [PGL( n, K), PGL( n, K)] stimmt mit PSL( n, K) iiberein. 10. Die Teilmenge {±1, ±i, ±j, ±k} von HI ist mit der Quaternionen-Multiplikation eine Gruppe, die isomorph ist zu der in Aufgabe 9 zu § 1 definierten Quaternionengruppe HIs. 11. Bezeichnet u X v das Vektorprodukt und {- -} das gewohnliche Skalarprodukt in IR3, so gilt (wenn IR3 mit ImHI identifiziert wird, vermoge (a, b, c) I-> ai+bj +ck) u Xv
= uv + {u, v}l
fur al!e u, v E ImHI. 12. Man zeige, daB direkte Produkte zusammenhii.ngender Gruppen zusammenhii.ngend sind. Gilt das auch fur semidirekte Produkte?
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen
37
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen Um Wiederholungen mit geringfiigigen Anderungen zu vermeiden, behandeln wir die symmetrischen und die Hermiteschen Formen simultan; auf Besonderheiten des einen oder anderen Begriffs wird an den entsprechenden Stellen hingewiesen. Es sei 1K = IR oder C, ferner a 1-+ a* die Identitiit auf 1K oder (im Fall 1K = C) die Konjugation, also a* = a( a E C). (Es sei hier erwiihnt, daJ3 die Identitiit der einzige Korperautomorphismus von IR ist, und daB die Konjugation der einzige Korperautomorphismus '" id von C ist, der IR in sich abbildet; vgl. [Ebbinghaus et al.] § 3.3.2.) Wir haben also fiir (1K, *) die drei Fiille (IR,id) , (C,id) und (C,-). In jedem Fall ist * ein involutorischer Korperautomorphismus, d.h. (a*)* = = a* +,8*, (a,8)* = a*,8* fiir alle a,,8 E 1K. (Fiir (anti-)Hermitesche Formen auf IH n vgl. §4.16 und §5.8.)
a , (a + ,8)*
1. Hermitesche Formen und Matrizen
Eine Hermitesche Form, genauer: eine *-Hermitesche Form auf dem 1K-Vektorraum V ist eine Abbildung h: V x V - 1K mit (HF 1)
{
h(X,Y+Z)=h(X,Y)+h(X,Z) , h(x, ay)
= ah(x, y)
;
h(x,y) = h(y,x)*
(HF 2)
fiir alle x, y, z E V und a E 1K. Das Paar (V, h) heiBt dann H ermitescher Raum uber (1K,*). 1m Fall * = id heiBt h symmetrische Bilinearform. Mit (HF 2) folgt aus (HF 1) offenbar (HF1')
{
h(X+y'Z)=h(X'Z)+h(Y,Z) , h(ax,y)
= a*h(y,x)
fiir alle x, y, Z E V und a E 1K. Eine Sesquilinearform auf dem C-Vektorraum V ist eine Abbildung h V x V - C, fiir die (HF1) und (HF1') gilt mit * =-. Standardbeispiele. 1) Der Begriff der symmetrischen Bilinearform verallgemeinert das gewohnliche Skalarprodukt auf IRn , also
(x,y) =XlYl + ... +xnYn, x = (Xl,'" ,x n ), y = (Yl,'" ,Yn)' Hierfiir gilt zusiitzlich (x,x) ~ Ound (x,x) =
o ¢}
x = 0 fiir alle x E IRn d.h. (-,-) ist positiv-definit; wir gehen hierauf ausfiihrlich in Abschnitt 4 ein.
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
38
2) Haufig wird die Bezeichnung "Hermitesche Form" fiir den Fall (IK, * ) = Ais Spezialfall hat man das kanonische Skalarprodukt (oder innere Produkt)
«:,-) reserviert.
(x,y) =XlYl + ... +xnYn, x = (xt. ... , xn), Y = (Yt. ... , Yn). Diese Form ist ebenfalls positiv-definit (beachte: (x, x) E m;. fiir alle x E V). 3) Setzt man wie in Beispiel 1) (x, y) = XlYl + ... + XnYn, jedoch fiir x, Y E en, so erh8.lt man offenbar eine symmetrische Bilinearform auf (:n. Allerdings hat es hier keinen Sinn von "positiv" zu reden, weil i.a. (x, x) keine reelle Zahl ist. Dennoch fiihrt diese Form zu einer wichtigen Gruppe (n8.mlich O(n, (:», die allerdings in ihrer geometrischen Bedeutung den zu 1) und 2) gehorigen Gruppen nachsteht (s. 5.). Matriz einer Hermiteschen Form. Fiir X = (X ij ) E Mat(n,IK) set zen wir (wie schon in § 2.3)
X* := (Cj)t .
Die folgenden Eigenschaften der Abbildung X -+ X* von Mat( n, IK) in sich folgen unmittelbar aus den entsprechenden Rechenregeln fiir die Abbildung * : IK -+ IK (s.o.) und das Transponieren von Matrizen:
(X + Y)* = X*
+ Y*,
(XY)* = y* X* fiir alle X, Y E Mat( n, IK) und 0: E* = E,
(o:X)* = 0:* X* ,
(X*) = X
= IKj femer (X- l )* = (X*)-l
,
letzteres fiir X E GL(n,IK). Beispiel. 4) Fiir X, Y E Mat(n, IK) sei
h(X,Y):= Spur (XY*) Da die Spur eine Linearform auf Mat( n, IK) ist und Spur(XY) = Spur(YX) fiir alle X, Y, folgt aus den obigen Rechenregeln, daB heine *-Hermitesche Form auf Mat(n, IK) ist (s. auch 5. und II, § 1.0). Es sei nun heine *-Hermitesche Form auf V und B Basis von V. Man setzt
= {bl , ... , bn }
und nennt H die Matriz von h bez. B. Identifiziert man die Vektoren x = und Y = L: 7]j bj mit den Spalten (~l"'" ~n)t bzw. (7]1," ., 7]n)t, so gilt
h(x,y)
= x*Hy .
eine
L:~ibi
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen
39
Aus (HF2) folgt x*Hy = h(x,y) = h(y,x)* = (y*Hx)* = x*H*y fUr alle x,y E V. Ersetzt man x, y durch die Vektoren ei bzw. ej der kanonischen Basis von lK n , so folgt H* =H j Matrizen mit dieser Eigenschaft heiBen *-Hermitesch (kurz Hermitesch). Wir haben gesehen: Die Matrix einer Hermiteschen Form bez. einer beliebigen Basis ist Hermitesch.
1st Umgekehrt eine Hermitesche Matrix H E Mat( n, lK) gegeben, so ist [H] : lKn x lK n
-+
lK ,
(x, y)
1-+
x*Hy
eine Hermitesche Form auf lKn. DefinitionsgemiiB ist n8.mlich [H] linear im rechten Argument, d.h. es gilt (HFl)j (HF2) folgt aus den obigen Rechenregeln fur die Abbildung X 1-+ X*: [H](x, y)* = (x*Hy)* = y*H*x = y*Hx = [H](y, x). Es folgt: Fur iede Hermitesche Matrix H E Mat(n,lK) ist [H] eine Hermitesche Form auf lK n •
Wie auch bei der Beschreibung linearer Abbildungen durch Matrizen stellt sich die Frage, wie sich die Matrix einer Hermiteschen Form bei Basiswechsel verhalt. Zur Erinnerung: Wird eine lineare Abbildung bez. einer Basis durch die Matrix X beschrieben, so bez. einer anderer Basis durch die Matrix T-l XT, wo T die Matrix des Basiswechsels ist. Ein anderes "Transformationsverhalten" haben Hermitesche Formen: Sind B = {bl l ... , bn } und B' = {bi, ... , b~} Basen von V und ist T = (19 ij ) die Matrix des Basiswechsels, also n
bj
= L19;jbi
(l5:i5: n ),
i=1
so gilt fur jede Hermitesche Form h auf V h (b~, bj) = L
19i;19 m jh(bl, bm
),
also
I,m
Mat (h,B') = T*Mat(h,B)T. Matrizen H', H E Mat( n, lK) heiBen *-kongruent oder kurz kongruent, wenn es ein T E GL(n,lK) gibt, so daB H' = T*HT. Wir fassen zusammen: Die Matrix einer *-Hermiteschen Form H geht bei Basiswechsel in eine zu H *-kongruente Matrix uber. Einpragsam, wenn auch nicht so prazise sagen wir: Die Matrix einer Hermiteschen Form ist bis auf Kongruenz eindeutig bestimmt.
40
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
2. Isometrien Hermitescher Raume Sind (V', h') und (V, h) Hermitesche Riiume, so hei13t eine bijektive lineare Abbildung r.p : V' ---t V Isometrie, wenn
h'(x,y)
= h(r.p(x),r.p(y))
fur aIle x, y E V'. Man schreibt hiiufig auch r.p : (V', h') ---t (V, h) und nennt (V', h'), (V, h) isometrisch, Bez.: (V', h') ~ (V, h) oder kurz h' ~ h, wenn es eine Isometrie der Riiume gibt. Satz 1. Zwei Hermitesche Riiume sind genau dann isometrisch, wenn die Matrizen der zugehorigen Hermiteschen Formen (bez. beliebiger Basen) kongruent sind.
Beweis. r.p: (V',h') ---t (V, h) sei eine Isometrie, 8',8 seien Basen von V' bzw. V und T = ('!9 ij ) sei die durch
v
definierte Matrix. Dann gilt Mat (h',8') = (h'(b~,bj)) = (h (r.p(bD,r.p (bj)))
~ (h (~~";b", ~ ~.;b.) )~ (~?;h(b;,bj)~';)
= T*Mat(h,8)T ,
also die Kongruenz der Matrizen. Umgekehrt definiert man r.p bei gegebener Matrix T durch die Gleichung (*), und die vorstehende Rechnung zeigt, da13 r.p ein Isometrie ist. 0 Corollar 1. Die zu Hermiteschen Matrizen H, H' gehorigen Hermiteschen Riiume (JK n , [H]) , (JK n ' , [H']) sind genau dann isometrisch, wenn H, H' kongruent 0 sind. (Insbesondere ist dann n = n'.) Corollar 2. Fur jeden Hermiteschen Raum (V, h) und jede Basis 8 von V gilt (V, h) ~ (JK n , [Mat (h, 8)]) .
Die durch bi
t-t
ei(l ~ i ~ n) definierte lineare Abbildung ist eine Isometrie. 0
Bemerkung. Isometrie ist eine Aquivalenzrelation: a) Die Identitiit ist eine Isometrie; b) mit r.p ist auch r.p -1 eine Isometrie; c) die Komposi tion zweier Isometrien ist eine Isometrie.
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen
41
Die zugehorigen Aquivalenzklassen werden lsometrieklassen Hermitescher Raume (oder Formen) genannt; sie sind nach Satz 1 und Corollar 2 vermoge (V, h) 1--+ Mat( h, 8) (bei beliebiger Basis 8 von V) bijektiv den Kongruenzklassen Hermitescher Matrizen zugeordnet. Aus a), b) und c) folgt unmittelbar, daf3 die Isometrien eines Hermiteschen Raumes eine Gruppe bilden. Wir beginnen mit dem systematischen Studium dieser Gruppen in Abschnitt 5 dieses Paragraphen.
3. Orthogonalitat, Normalformen Es sei (V, h) ein Hermitescher Raum. Vektoren x, y E V heif3en orthogonal, Bez.: x ..L y, wenn h(x, y) = 0; Teilmengen M, N C V heif3en orthogonal, Bez.: M ..L N, wenn x ..L y fur alle x E M, yEN. "Orthogonalitat" ist eine symmetrische Relation: x ..L y {:::} Y ..L x.
Lemma 1. Fur jede Teilmenge MeV ist Ml.:= {x E V;x..L M} ein Teilraum von V.
Dies folgt unmittelbar aus (HF1) und (HF2).
o
Ein Hermitescher Raum (V, h) (auch h selbst) heif3t nicht-ausgeartet (oder regular), falls Vl. = {O}, d.h. zu jedem x E V, x f=. 0, ein y E V existiert, so daf3 h(x,y) f=. 0 (oder aquivalent hierzu: h(y,x) f=. 0). Es ist klar, daf3 die Restriktion hluxu einer Hermiteschen Form h auf einen Teilraum V von V eine Hermitesche Form auf V ist; wir schreiben kurz hu. Satz 2. Es sei (V, h) ein Hermitescher Raum und Vein Teilraum von V. 1st hu nicht-ausgeartet, so gilt
Beweis. V n Vl. = {O} folgt unmittelbar aus der Voraussetzung, daf3 hu nichtausgeartet ist. - Es bleibt V = V + Vl. zu zeigen. Dazu machen wir zunachst den Dualraum V* = Hom(V, IK) aller Linearformen A : V - t IK zu einem IK-Vektorraum mit der ublichen Addition (A + Jl) (x) = A( x) + Jl( x), aber der Skalarmultiplikation (O'A)(X) := O'*A(X), x E V; wir bezeichnen ihn mit V*. Dann ist Ax : y 1--+ h(y, x) (y E V)
fur jedes x E Vein Element von V*, und z 1--+ h(-,z) = Az , z E V, ist eine injektive lineare Abbildung von V in V*. Wegen dim V = dim V*(dim V < oo!) ist diese Abbildung bijektiv, also gibt es zu jedem x E V (genau) ein u E V mit Ax = h(-,u). Es folgt
42
Kapitel 1. Die klassischen Gruppen
h(y,u)
= Ax(Y) = h(y, x) ,
also h(y,x -:- u) = 0 fUr aile y E U, d.h. x - u E U.L. Damit ist x = u + (x - u) Summe eines Elementes in U und eines Elements in U.L. Da dies fiir jedes x E V gilt, ist der Satz bewiesen. 0
Gibt es einen Teilraum U von V der Dimension 1, auf den die Voraussetzung des Satzes zutrifi"t, so kann man V sukzessive in eine direkte Summe von paarweise orthogonalen 1-dimensionalen Teilraumen zerlegen und erhalt so eine "orthogonale Basis" von V. Wir prazisieren das in dem folgenden Satz, den wir vorbereiten durch Lemma 2.Es sei (V, h) ein Hermitescher Raum. Falls h ¢. 0, gibt es ein x E V, so daft h(x,x) i- o. Beweis. h ¢. 0 bedeutet, dafi es y, z E V gibt mit a := hey, z) i- O. Dann ist h(y,a-lz) = a-lh(y,z) = 1. Aus h ¢. 0 folgt also die Existenz von u,v mit h(u, v) = 1. Annahme: h(x,x) = 0 fur alle x E V. Dann gilt (mit u,v wie oben)
0= h(u + v, u + v) - h(u, u) - h(v, v) = h( u, v) = h(u,v) + h(u,v)* = 1 + 1* = 2,
+ h(v, u) o
also ein Widerspruch.
Satz 3. In jedem H ermiteschen Raum (V, h) gibt es eine Basis l3 = {b l so daft h(bi , bj ) ~ 0 fur 1 :::; i i- j ~ n, und s()mit Mat ( h, l3)
= [al,' .. ,an]
, ... ,
bn },
mit ai E IK .
Beweis. Falls h == 0, hat jede Basis die genannte Eigenschaft. - Es sei h ¢. O. Nach Lemma 2 gibt es ein x E V mit h( x, x) i- O. Wir schlief3en mit Induktion. Fiir l~dimensionale Riiume ist nichts zu beweiseIi. Es sei die Behauptung fur alle Hermiteschen Raume der Dimension n bewiesen. 1st nun (V, h)ein Hermitescher Raum mit dim V=n + 1, so wahlen wir ein bl E V mit h (bl , bl ) i- O. Nach Satz 2 gilt V = KblEB(Kbd.L. Wegen dim (Kbd.L = n gibt es nach Induktionsvoraussetzung eine Basis {b 2 , ••• , bn+d von (Kbd.L mit h(bi , bj ) = 0 fiir 2:::; i i- j :::; n+1. Wegen h(bl , bi) = ofur i = 2, ... ,n+1 hat l3 = {b l , ... , bn+d die verlangte Eigenschaft. Nach Definition ist Mat(h,l3) = (h(bi,b j )), also eine Diagonalmatrix. 0
Eine Basis mit derimSatz
g{m~nten
Eigenschaft hei13t Orthogonalbasis.
Aus dem vorstehenden Satz folgt aufgrund der Corollare 1 und 2 zu Satz 1
43
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen
Corollar 1. Jeder Hermitesche Raum uher (IK,*) ist isometrisch zu einem Standardraum (IK n, [D]) mit einer Diagonalmatrix D E Mat( n, IK). 0 Corollar 2. Jede Hermitesche Matrixist kongruent zu einer Diagonalmatrix.O
Wir werden jetzt diese Ergebnisse weiter verscharfen. Dazu sei zunachst T = [t?l' ... ,t?n] E GL( n, IK). Mit H = [al,' .. ,an]· gilt
°
In den FaJ.len (IK, *) = (R, id) oder ({:, -) gilt a; E R. Wir wahlen t? i = fi"::"1- l falls a; = und t?; = y la;1 falls ai -=f: 0. Es folgt drum f3i = 0, 1 oder -1. 1m Fall (IK,*) = ({:, id) gilt 13; = t?;a;. Wir wahlen dementsprechend t?i = falls a; = und im Fall a; -=f: ein t?; derart, daf3 t?; = ail. Wir erhalten so f3i = oder 1. Ais nachstes bemerken wir, daf3 fiir 7f' E Sn gilt: [a"'(l), ... ,a".(n)] = pt[ab ... ,an]P mit P:= (Oi,,,.(j))i;j; folglich geht eine Diagonalmatrix bei Permutation ihrer Diagonalelemente in eine kongruente Matrix iiber. Drunit ist bewiesen, daf3 jede Hermitesche Matrix kongruent ist zu einer Diagonalmatrix der Gestalt
°
°
°°
°
Dpq:= [1, ... ,1,-1, ... ,-1,0, ... ,0] , '-,,-.' ' - . . . - ' mit q =
°im Fall (IK,* ) = ({:,
p
q
id). Es ist also eine Richtung bewiesen fUr den
Normalformensatz fUr Hermitesche Riume. In den Fallen (IK,*) (R, id) oder ({:, -) hilden die Standardraume
(IK n , [Dp,q])
=
mit p, q E lNo, p +q:S; n
ein Vertretersystem der Isometrieklassen * -Hermitescher Raume der Dimension n uher (IK,*)j die Standardraume .
({:n,[Dp,o])
mit pElN o , p:S;n
hilden ein Vertretersystem der Isometrieklassen symmetrischer hilinearer Rau-
me uher (:. Zum Beweis bleibt zu zeigen a) (IKn; [Dp,q]) ~ (IKn, [Dp' ,q']) =} p = p' und q = q'; b) ({:n, [Dp,o]) ~ ({:n, [Dp',o]) =} p = p'. (Daf3 isometrische Raume notwendig die gleiche Dimension haben ist klar.) Zum Beweis von a) wahlen wir eine Hermitesche Form h auf IK n und Orthogonalbasen 8 = {hl' ... , bn }, 8' = {b~, : .. , b~} von IKn, so daf3
Mat(h,8)
= Dp,q,
Mat(h, 8')
= Dp',q'
.
44
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
Sei V = IKb1 ED ... EEl IKb p , V' = IKb~/+l EEl ... EEl IKb~. Fiir 0 1= x = L: ~ibiE V gilt h(x,x) = L:~i~ih(bi,b;) > 0, fiir y = L:'T/ib; E V' gilt h(y,y) = L: 'T/i'T/;h(bi, bD :::; O. Es folgt V n V' = {O} und hieraus dim(V + V') = dim V + dim V' = p + n - p'. Andererseits giit dim (V + V') :::; n, also p + n - p' :::; n, d.h. p :::; p'. Aus Symmetriegriinden gilt p' :::; p, insgesamt also p = p'. Da r = p + q der Rang der Matrix Dp,q ist und kongruente Matrizen den gleichen Rang haben, gilt p + q = p' + q', mit p = q' also q = q'. Damit ist a) bewiesen. Die Aussage b) folgt einfach aus der Gleichheit der Range kongruenter Matrizen. 0 1m folgenden beschaftigen wir uns (fast) ausschlieBlich mit nicht-ausgearteten Hermiteschen Raumen; wir geben deshalb eine explizite Formulierung des Normalformehsatzes fUr diesen Fall: Normalformehsatz fiir nicht-ausgeartete Hermitesche Raume. a) (IK,*) = (JR,id) oder (C,-): Die n + l-Standard-Riiume mit p+q=n bilden ein Vertretersystem der Isometrieklassen nicht-ausgearteter Hermitescher Riiume der Dimension n uber (IK,*). b) Jeder nicht-ausgeartete bilineare Raum der Dimension n uber e ist isometrisch zu dem Standard-Raum
Beweis. DaB die Standard-Raume im Fall p + q < n bzw. p < n ausgeartet sind, erkennt man unmittelbar daran, daB e~Dp,qe; = 0 fiir 1 :::; i :::; n. - 1st andererseits p + q = n und x = (6, ... '~n)t E IK n , x 1= 0, so wahlen wir ein j mit ~j 1= 0 und erhalten x* Dp,qej = ~je;Dp,qej 1= 0; also sind (IK n , [Dp,q]) im Fall p + q = n und (en, [E)) nicht ausgeartet. 0
Aus der Beziehung det (T*HT) = Idet TI2 det H folgt det H 1= 0 {:} det (T*HT) 1= 0 fiir alle T E GL(n, IK). Ein Vergleich mit den beiden vorstehenden Sat zen gibt ein Kriterium dafiir, ob ein Hermitescher Raum nichtausgeartet ist, ohne Bezug auf die jeweilige Normalform zu nehmen: Satz 4. Bin H ermitescher Raum (V, h) ist genau dann nicht-ausgeartet, wenn det Mat(h, B) 1= 0 fur eine (und damit jede) Basis B von V. 0 Aufgrund der in 2. beschriebenen Korrespondenz zwischen den Isometrieklassen Hermitescher Raume und den Kongruenzklassen Hermitescher Matrizen ergibt eine bloBe Vmformulierung des Normalformen-Satzes fiir Hermitesche Raume den
45
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen
Normalformensatz fUr Hermitesche Matrizen. a) Zu jeder Matrix H E Mat(n,JR) mit Ht :;:: H gibt es T E GL(n,JR) undp,q E 1No, p + q ~ n, so daft TtHT= [1, ... ,1,-1, ... ,-1,0, ... ,0] j '"-v-" - - . . - . p
q
b) zu jeder Matrix H E Mat ( n, 4:!) mit Ht r E 1No, r ~ n, so daft TtHT
= H gibt
= [1, ... , 1 ,0, ... ,0] '"-v-"
es T E GL( n, 4:!) und
j
r
c) zu jeder Matrix HE Mat(n,4:!), Ht = H gibt es T,p, q wie in a), so daft -t
THT=8~'O, ... ,0]. p
q
In den Fallen a) und c) sind p und q, im Fall b) ist r eindeutig durch H bestimmt; m.a. W.: Jede Kongruenzklasse enthalt genau eine Diagonalmatrix der genannten Art. 0
4. Euklidische und unWire Riiume Eine Hermitesche Form h auf V heif3t positiv- bzw. negativ-definit, wenn h(x,x) E JR~ bzw. h(x,x) E JR~ fiir alle x E V \ {O}j sie heif3t indefinit, wenn es isotrope Vektoren gibt, d.h. x E V \ {O} mit h(x,x) = 0. In den folgenden Kapiteln werden wir uns sowohl mit (positiv-) definiten wie auch mit indefiniten Formen und ihren Isometriegruppen beschli.ftigen, mit letzteren u.a. wegen ihrer Bedeutung in der relativistischen Physik (vgl. § 4.13). In diesem Abschnitt betrachten wir einige Besonderheiten der positiv-definiten Formen, von denen wir an verschiedenen Stellen Gebrauch machen werden. 1st heine symmetrische Bilinearform f:. auf dem 4:!-Vektorraum V, so gibt es Vektoren x E V mit der Eigenschaft h(x,x) E 4:! \ JR (Beweis!). Wir betrachten deshalb in diesem Abschnitt nur die Falle (IK,*) = (JR, id) und (IK,*) = (4:!,-).
°
°
Bemerkung. 1) Positiv- und negativ-definite Hermitesche Formen sind nichtausgeartetj ihre Restriktionen auf Teilraume f:. sind ebenfalls posit iv- bzw. negativ-definit. ' 2) Die Diagonalform [Dp,q] ist genau dann positiv-(negativ-)definit, wenn
Dpq
= E (Dp,q = -E).
3) 1st h positiv-definit, so ist -h negativ-definit und umgekehrt. 4) 1st (V, h) ein positiv-( negativ-, in-)definiter Hermitescher Raum (d.h. daf3 heine Hermitesche Form auf V mit der entsprechenden Eigenschaft ist), so ist jeder zu (V, h) isometrische Raum ebenfalls positiv-( negativ-,in-)definit.
46
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
Beispiel. Die inl. angegebene *-Hermitesche Form heX, Y) = Spur(XY*) auf Mat( n, lK) ist fiir (lK, *) = (IR, id), (C, -) positiv-definitj es gilt niimlich h(X,X) = Li,j l~ijI2, wenn X = (~ij). Man erkennt aufierdem sofort, dafi die Matrizen Eij eine Orthonormalbasis bilden (s.u.): h (Eij, E kl ) = bikbji. Bildet man diese Basis (in einer beliebigen Ordnung) auf die kanonische Basis von 2 lK n ab, so ist die lineare Fortsetzung eine Isometrie von (Mat(n, lK), h) auf den Standardraum (lKn2, [El) .
Definition. Ein reeller Vektorraum mit einer positiv-definiten symmetrischen Bilinearform heifit Euklidischer Raumj ein komplexer Vektorraum mit einer positiv-definiten Hermiteschen Form heifit unitiirer Raum. Ais unmittelbare Konsequenz aus dem Normalformensatz fiir nicht-ausgeartete Hermitesche Raume erhalten wir (vgl. auch Bemerkung 4)) den Normalformensatz fUr Euklidische und unit are Raume. Jeder Euklidische bzw. unitiire Raum der Dimension n ist isometrisch zum Standardraum (IR n, (-,-)) bzw. (C n , (-,-)) mit (x, y) : = xty
= 6'rJ1 + ... + ~n'rJn (x, y) : = x y = ~1 'rJ1 + ... + ~n'rJn -t
x =
(6, ... '~n)'
bzw. ,
o
y = ('rJ1, ... ,'rJn).
Eine Umformulierung dieses Satzes ist die Aussage: Jeder Euklidische und jeder unitiire Raum besitzt eine Orthogonalbasis, d.h. eine Basis B = {b 1 , ... ,bn }, so daft h(b;,bj) = bij(l S;i,j S;n), oder iiquivalent hierzu Mat( h, B) = E.
Wir wollen diese Resultate noch fiir Matrizen formulieren: Eine Hermitesche Matrix heifit positiv-definit, wenn die zugehorige Form positiv-definit ist, also fiir alle x -# 0 . Satz 5. J ede positiv-definite Matrix ist kongruent zur Einheitsmatrix; m. a. W.: es gibt ein T E GL( n, lK), so daft H = TtT
bzw.
-t
H =T T .
o
Zum Schlufi dieses Abschnittes erinnern wir an einige Grundtatsachen der Geometrie Euklidischer und unitarer Raume, auf die wir gelegentlich zuriickgreifen werden. In einem Euklidischen und unitaren Raum (V, h) definiert man eine Liingenmessung ("Betrag") durch
47
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen
Ixl =
Jh(x,x)
(x E V) ,
und hierdurch eine Abstandsmessung ("Metrik")
d(x,y)=lx-yl· Die grundlegenden Eigenschaften, die hier nicht wiederholt werden sollen, beruhen im wesentlichen auf den folgenden Grundgesetzen:
a)
Ixl > 0 fur x =I 0 , laxl = lal· lxi, Ix + yl ::; Ixl + Iyl ("Dreiecksungleichung")
b)
d(x,y)
= 0 ¢} x = y,
d(x,y)
d(x,z)::; d(x,y)
= d(y,x)
;
,
+ d(y,z)
fur alle x, y E V und a E IK. Hiiufig benutzt wird die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung, also
Ih(x,y)1 2
::;
h(x,y)· h(y,y)
(x,yEV);
dabei steht das Gleichheitszeichen dann und nur dann, wenn x, y linear abhiingig sind. Mit Hilfe dieser Ungleichung fuhrt man in Euklidischen Riiumen eine Winkelmessung ein: Wegen Ih( x, y)1 flxl . Iyl ::; 1 gibt es ein eindeutig bestimmtes Wx,y E [0,71"], so daf3 h(x,y) COSWX,y=~
Wx,y heiBt Winkel zwischen x und y. Es gilt also h(x,y)
= Ixl·lyl· COSWx,y
,
und man verifiziert muhelos:
Wx,y
= wy,x,
Wx,-y
Wx,y =
Wx,y ,
fiir a, f3 > 0 ,
WO/x,{jy = Wx,y Wx,y E {O, 7I"}
= 71" -
¢}
x, y linear abhiingig ,
71"
'2 ¢} x 1. y .
(Eine Fiille weiterer Aussagen zur Geometrie in Euklidischen Riiumen findet man in [Koecher].)
48
KapiteI I. Die klassischen Gruppen
5. Isometriegruppen Hermitescher Raume
Wie wir bereits in 2. festgestellt haben, bilden die Isometrien eines Hermiteschen Raumes (V, h) eine Untergruppe der Gruppe GL(V) aller bijektiven linearen Abbildungen von V in sich; sie heif3t Isometriegruppe von (V, h) und wird mit Aut(V, h) bezeichnet (die naheliegende Bezeichnung Iso(V, h) ist nicht gebriiuchlich). 1st speziell heine symmetrische Bilinearform (V reell oder komplex), so wird Aut(V, h) die orthogonale Gruppe von (V, h) genannt und mit O(V, h) bezeichnet; im Fall eines Hermiteschen Raumes iiber (C,-) schreibt man U(V, h) und nennt dies die unitiire Gruppe von (V, h). Es sei nun (V, h) ein beliebiger Hermitescher Raum iiber (IK,*), n = dim V, und H die Matrix von h bez. irgendeiner Basis B von V. Dann liefert der Gruppen-Isomorphismus GL(V) - t GL( n, IK), c.p f-4 Mat( c.p, B) durch Restriktion einen Isomorphismus
Aut(V, h)
{A E GL(n, IK) A*HA = H}
~
(vgl. den Beweis von Satz 1). Wir zeigen, daB die Isometriegruppe eines Hermiteschen Raumes (V, h) bis auf Isomorphie eindeutig durch die Isometrieklasse von (V, h) bestimmt ist, genauer:
Satz 6. 1st c.p : (V', h')
-t
(V, h) eine Isometrie H ermitescher Riiume, so ist
Aut (V', h')
-t
Aut(V, h) ,
ein Isomorphismus der Isometriegruppen. Beweis. Bekanntlich ist fiir jede bijektive Mengenabbildung c.p : V' - t V die Abbildung 'ljJ f-4 c.p 0 'ljJ 0 c.p-l ein Gruppen-Isomorphismus von S(V') auf S(V) (vgl. §1.2.5)). Sind V', V Vektorriiume und 'ljJ,c.p lineare Abbildungen, so ist auch c.p 0 'ljJ 0 c.p-l linear. Es bleibt zu zeigen, daf3 mit 'ljJ, c.p auch c.p 0 'ljJ 0 c.p-l eine Isometrie ist. Das folgt aber unmittelbar durch Einsetzen. 0
Die Umkehrung dieses Satzes gilt nicht, wie der folgende Satz zeigt, durch den die Anzahl der Isomorphieklassen von Isometriegruppen weiter reduziert wird. Zu einem Hermiteschen Raum (V, h) iiber (IK,*) und a E IR definieren wir
ah : V x V
-t
IK ,
(x,y)
f-4
a(h(x,y)) .
Es i~t klar, daf3 (V, ah) ebenfalls ein Hermitescher Raum iiber (IK, * ) ist. Uberdies gilt fiir jede bijektive lineare Abbildung c.p von V in sich (ah)(c.p(x),c.p(y)) = (ah)(x,y) {:} h(c.p(x),c.p(y)) = h(x,y) fiir alle x,y E V und a E IR, a f:. O. Wir erhalten also
49
§ 3 Symmetrische Bilinearformen und Hermitesche Formen
Satz 7. Fur jeden H ermiteschen Raum (V, h) und jedes Aut(V,h)~Aut(V,Q:h)
Q:
E lR x gilt
.
D
Nach den letzten beiden Siitzen kann man sich darauf beschriinken, die Isometriegruppen der Standardriiume zu untersuchen und - indem man ggf. von [Dp,q] zu - [Dp,q] = [-Dp,q] iibergeht - aui3erdem p 2: q annehmen. Danach ist jede Isometriegruppe eines nicht-ausgearteten Hermiteschen Raumes isomorph zu einer Matrixgruppe der folgenden Liste (auf die Frage nach (lokalen) Isomorphismen werden wir in II, § 3.4 eingehen)j wir fiihren damit gleichzeitig die tradionellen Bezeichnungen ein: Reelle orthogonale Gruppen
= {A E GL(n, lR)j At Dp,qA = Dp,q}, 0::; q ::; p::; n, p + q = n O(n) = {A E GL(n,lR)jAtA = E} = O(n,O)
O(p, q)
K omplexe orthogonale Gruppen
O(n,C)
= {A E GL(n,C)jAtA = E}
Unitiire Gruppen
U(p,q) = {A E GL(n,C)jAtDp,qA = Dp,q}, p,q wie zuvor
U(n)
= {A E GL(n,C)jAtA = E} = U(n,O)
Aufgaben 1. Man zeige, daB die Hermiteschen Formen auf V tiber (IK,· ) einen lR-Vektorraum bilden bez. der Verkntipfungen
(ah)(x,y) (h
= ah(x,y) ,
+ g)(x,y) = h(x,y) + g(x,y)
,
und daB die Hermiteschen n X n-Matrizen tiber (IK,· ) einen Teilraum des lRVektorraums Mat(n,IK) bilden. Man gebe einen Isomorphismus dieser Vektorraume an und bestimme ihre Dimension. 2. In einem Euklidischen Vektorraum sind zwei Vektoren x, y genau orthogonal, wenn x + y und x - y die gleiche Lange haben.
3. Zu A
~
(T J ~1) 1
Diagonalmatrix ist.
find,
m~ ,in T
E Mat(3,1ll), '0 daB T' AT ,in,
50
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
4. Es sei A
=
(~21 ~4 ~1) 0
(~1 0~
B
= 0 -3 -; - 1 0 T E Mat(4,CQ) an, so daB TIAT B.
=
0
ooo
0)
0
1
. Man gebe an
-1 0
5. Es sei (V, h) ein Euklidischer Vektorraum, b1 , ••• , bn eine Basis von V. Man zeige, daB die wie folgt definierten Vektoren d1 , ••• , dn eine Orthonormal basis von V bilden ("Orthonormalisierungsverfahren von E. Schmidt"): Man setzt zunachst Cl
:= b1
und nomiert
m
,
Ci
di:=~ ,
i
= 1, ... ,n -1,
= 1, ... ,n.
6. Man bestimme nach der Methode aus Aufgabe 5 eine Orthonormal basis des durch die Vektoren (1,2,1,2), (0,1,1,1), (2,1,0,-1) aufgespannten Teilraumes von IR4. 7. Es sei V der IR-Vektorraum der 2 X 2 Hermiteschen Matrizen uber zeige, daB 1 heX, Y) := '2 (det(X + Y) - det X - det Y)
(C,-). Man
eine nicht-ausgeartete symmetrische Bilinearform auf V ist und bestimme die Matrix von h bez. der Basis
von V. 8. Es seien 9 und h symmetrische Bilinearformen auf dem endlich-dimensionalen Vektorraum V, h sei nicht-ausgeartet. Es gibt ein T E End(V), so daB g(x, y) = h(Tx,y) fur x,y E Vj T ist genau dann bijektiv, wenn 9 nicht-ausgeartet ist. 9. Es sei heine nicht-ausgeartete Bilinearform auf V (dim V < 00). Zu jedem T E Eqd(V) gibt es ein eindeutig bestimmtes T# E End(V), so daB h(Tx, y) = h (x, T#y) fur aile x, y E V. Die Abbildung T ~ T# ist ein Antiautomorphismus von End(V)j es gilt (T#)# = T, falls h symmetrisch oder schiefsymmetrisch ist.
10. Mit h, V wie in Aufgabe 9 und x, y E V sei x 0 y : V -+ V definiert durch z ~ h( z, x)y (z E V). Man berechne die Spur von x 0 y und bestimme (x 0 y)# (vgl. Aufgabe 9). 11. Es sei T E Mat(n,IR), TIT = E und U:= {x E VjTx = x}. Zeige:, a) dim V = dim U + dim(E - T)V, b) U.L = (E - T)V.
51
§ 4 Orthogonale und unitiire Gruppen
§ 4 Orthogonale und unitare Gruppen Wir gehen in diesem Paragraphen genauer auf die algebraische Struktur der Isometriegruppen der nicht-ausgearteten Hermiteschen Raume iiber (IK, *) = (IR, id), (), id und (()"'":") einj dabei legen wir die Bezeichnungen von § 3 zugrunde. Wie wir gesehen haben, ist jede dieser Gruppen isomorph zu einer der folgenden: a) reelle orthogonale Gruppen O(p,q) C GL(n,IR), b) komplexe orthogonale Gruppen O(n, ()) C GL(n, ()), c) unit are Gruppen U(p, q) c GL(n, ()) mit 0 ~ q .~ p ~ n, p + q = n. Zur Abkiirzung setzen wir O( n) = O( n, 0) und U(n) = U(n,O). 1. Die Gruppen SO(p,q), SO(n,CC) und SU(p,q)
Es sei G eine Untergruppe von GL(n, IK). Schrankt man den Homomorphismus GL( n, IK) -+ IK, A I-t det A auf G ein, so erhalt man einen Homomorphismus von G in IKj sein Kern SG ist ein Normalteiler von G und stimmt mit G n SL(n,IK) iiberein (vgl. §2.1). Speziell sind
= {A E O(p, q)j det A = 1} = O(p, q) n SL(n, IR) , SO(n, ()) = {A E O(n, ())j det A = 1} = O(n, ()) n SL(n, C) , SU(p,q) = {A E U(p, q)jdet A = 1} = U(p,q) n SL(n,()) SO(p, q)
Normalteiler in O(p,q), O(n,()) bzw. U(p,q). Um festzustellen, welche Werte die Determinante auf den letztgenannten Gruppen annimmt, gehen wir aus von den definierenden Gleichungen At Dp,qA = Dp,q( q = 0 im Fall O( n, ())) bzw. At Dp,qA = Dp,q' Mit den bekannten Rechenregeln fiir die Determinante erhalt man det A = ±1 fiir A E O(p, q) oder A E O(n, ()) , Idet AI
=1
fiir A E U(p, q) .
Satz 1. Die Jolgenden Sequenzen sind exakt und zerJallend:
1 ~ SO(p,q) ~ O(p,q) ~ {±1} ~ 1,
7
1 ~ SO(n,()) ~ O(n, C) ~ {±1} ~ 1, 9 det
1 ~ SU(p,q) ~ U ( p,q ) ~ h
wobei fund 9 definiert sind durch 1 I-t E, -1 I-t [1, ... ,1, -1] und h durch z I-t [1, ... , 1, z] (51 ist die Kreisgruppe, vgl. § 1.2, 4)).
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
52
Zum Beweis hat man nach dem Vorangehenden nur noch zu bemerken, daB det 0 f = id, det og = id und det oh = id. D Fur die Folgerungen, die sich aus Satz 1 im einzelnen fur die Gruppen ergeben, verweisen wir auf § 1.4,4), wo wir den Begriff des semidirekten Produktes ausfuhrlich behandelt haben. Insbesondere gilt danach
O(p,q)/SO(p,q)
~
{±1},
O(n,~)/SO(n,~) ~
{±1} ,
U(p, q)/SU(p, q) ~ Sl . SO(p, q) und
SO(n,~)
haben genau eine weitere Nebenklasse, namlich
O-(p, q) : = F· SO(p, q) = {A E O(p, q); det A = -1} O-(n,~)
: = F·
SO(n,~) =
bzw.
{A E O(n, C); det A = -1}
mit einem beliebigen F E O(p, q) bzw. FE O(n, ~), det F = -1. Es folgt
O(p, q) = SO(p, q) l!J O-(p, q),
O(n,~) = SO(n,~) l!J O-(n,~)
.
Die Gruppen SO(p,q), SO(n,~), SU(p,q) werden spezielle (reeHe, komplexe) orthogonale bzw. spezielle unitiire Gruppen genannt. Fur die Elemente von O( n) hat man die folgende geometrische Interpretation: Fiihrt man in IR n mit Hilfe der Determinante eine Orientierung ein (vgl. [Koecher] Kap. 3, § 4.9), so besteht SOC n) aus den orientierungserhaltenden, 0- (n) aus den orientierungsumkehrenden orthogonalen Transformationen von
IRn.
Fur q > 0 enthaIt SO(p, q) noch einen wichtigen Normalteiler von O(p, q), den man am "einfachsten" beschreiben kann als die Zusammenhangskomponente des Einselementes (s.u.); rein algebraisch erhalt man ihn wie folgt: Schreibt man A E Mat(n, IR) als Blockmatrix A =
(~
-;), so daB S E
Mat (p, IR), T E Mat (q, IR), so ergibt eine leichte Rechnung
(~
sts = E+ yty { -;) EO(p,q){::=::} TtT=E+XtX· stx
= ytT
Da yty positiv-semidefinit ist, gibt es ein U E GL( n, IR), so daB U- 1 ytyU ,).n] mit).i ~ o. Es folgt U- 1 S t SU = [l+).l, ... ,l+).n]. Verfahrt man ebenso mit X und T, erhaIt man = [).l, ...
d.h. (det S)2 ~ 1 , fur alle S, T mit Man setzt
(~
(det T)2 ~ 1
-;) E O(p, q). Insbesondere folgt det S
i- 0,
det T
i- o.
§ 4 Orthogonale und unitiire Gruppen
SO+(p,q):= {
(~
53
; ) E SO(p, q); det S > O,det T > O}
Satz 2. Fur p, q 2: 1 ist SO+(p, q) die Zusammenhangskomponente des Einselementes in O(p, q):
SO+(p,q) = O(p,qt = SO(p,qt ; insbesondere ist SO+(p, q) Normalteiler in O(p, q) (und in SO(p, q)).
Einen Beweis findet man in [CartanJ; den Fall p = 3, q = 1 (d.i. die Lorentzgruppe) werden wir in Abschnitt 13 beweisen. 0 Mit Fo = E, Fl = [-1,1, ... ,1, -IJ, F2 = [1, ... ,1, -1], F3 = [-1,1, ... , IJ erhiilt man die folgende Zerlegung von SO(p, q) bzw. O(p, q) in Nebenklassen (die gleichzeitig die Zusammenhangskomponenten sind) 1
SO(p,q) = ,8 F i · SO+(p,q) , .=0
3
O(p, q) = ,8 Fi· SO+(p, q) . • =0
2. Beispiele: Die Gruppen 0(2), 0(1,1), 80(3) und 8U(2) a) Die Gruppe 0(2). Eine Matrix A =
(~ ~)
E GL(2, C) ist genau
dann orthogonal, wenn A-I = At. Wegen A-I = (det A)-1
±
(!b
~c)
fiir
A 0(2) folgt durch Koeffizientenvergleich
a2
+ b2 =
~c) =
E
SO(2)
= { (~ ~b); a 2 + b2 =
0-(2)
= { (~ ~a);
Da die Abbildungen a+ib die Teilalgebra {
(!b
f-t
(~ ~b)
(~ ~b); a, b E IR}
a+ 2
b2
I} ,
= I}
ein Algebrenisomorphismus von C auf von Mat(2, IR) ist und
1, folgt
Satz 3. Die Abbildung SI
-+
SO(2) ,
a
.
+ ib f-t
( ab
-b) a
la + ibl
= 1
54
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
ist ein Gruppen-Isomorphismus. Insbesondere ist SO(2) eine Abelsche Gruppe.
o
Die Abbildung IR -+ S1, t I-t cost + isint (I-Parameter/orm der S1) ist ein surjektiver Gruppenhomomorphismus (vgl. § 1.2, 4)); mit Satz 3 erhalten wir die folgende I-Parameter/orm der SO(2): Die Abbildung
-sint) cost
IR -+ SO(2) ,
ist ein surjektiver Gruppenhomorphismus; sein Kern ist 211' Z, und die Restrik0 tion au/ [0, 211'[ ist bijektiv.
Die Matrix R(t):= (C?Stt -sintt) ist - als line are Abbildung von IR2 in sm cos sich - eine "Links-Drehung urn den Winkel t" (vgl. §3.4): Fur x = (6,6)t =I(O,O)t und y = R(t)x = (7]1,7]2) ergibt sich namlich
I;~~~~I = Ixl-2(eicost+e~cost) = cost (beachte Ixl = Iyi); den "Drehsinn" erhaJ.t man beispielsweise aus R (~) e1 = Die Matrizen in 0-(2) haben die Gestalt St =
(C?S t sm t
- sin t) cos t
(1° 0) -1
=
(C?S t sm t
sint ) -cost
mit charakteristischem Polynom (x -'-1)( x + 1). Also gibt es einen Eigenvektor v zum Eigenwert 1. Die Gerade IRv bleibt punktweise fest, und es gilt St(Y) = -Y fUr aIle zu IRv orthogonale Vektoren. St ist deshalb eine "Spiegelung" an der Geraden IRv. (Auf Spiegelungen werden wir in 6. naher eingehen.) An der DarsteIlung St = R t
(~ ~1)
erkennt man, daB man jede Spiegelung erhaJ.t,
indem man zuerst an IRe1 spiegelt und anschlie&nd eine Drehung um einen geeigneten Winkel ausfuhrt. Fur spatere Zwecke notieren wir noch Lemma. 1st A E 0(2) mit allen B E SO(2) vertauschbar, so gilt A E SO(2).
Beweis. Wir setzen A =
(~ ~)
ex)
-f3 AB = ( -0 'Y
und wahlen B =
'
(~1 ~
).
Es folgt
55
§ 4 Orthogonale und unitiire Gruppen
13 =
also a = 6,
(::13 ~)
-",{, und hieraus A =
o
E SO(2).
b) Die Gruppe 0(1,1). Hier handelt es sich urn die Isometriegruppe der hyperbolischen Ebene, d.h. IR? zusammen mit der symmetrischen Bilinearform, die durch wenn At.
G~1)
(~ ~1)
(~ ~)
gegeben ist. A =
ist genau dann in 0(1,1),
(~ ~1)' A = (~ ~1). oder iiquivalent hierzu At . (~ ~1) A-I. Mit A-I = ±
(!b
und hieraus
Aus a 2
-
=:).
~c) erhiilt man (: =~) = ± (~
SO(1, 1) = {
(~
:) j a 2
0-(1,1) = {
(~
=!);
=
b2 = I} ,
-
a2
-
b2 = I}
b2 = 1 folgt a 2 ~ 1, also a 2': 1 oder a :::; 1. Es gilt also SO+(1, 1) = {
(~
!);
a2 -
b2 = 1, a 2': I} .
Aus a 2 - b2 = 1, a 2': 1 folgt, daB es ein eindeutig bestimmtes t E IR gibt, so daB a = cosh t, b = sinh t. Aufgrund der Additionstheoreme fur cosh t und sinh t und weil t I--t sinh t eine Bijektion von IR auf sich ist, erhalten wir die I-Parameter Form der SO+(I, 1). Die Abbildung
t
IR -+ SO+(1, 1) ,
I--t
(C?Sh t smht
sinht)
cosht
ist ein Gruppen-Isomorphismus; insbesondere ist SO+(I, 1) ein kommutativer Normalteiler von 0(1,1). 0
Man erkennt hier unmittelbar, daB SO+(I,I) die Einskomponente von 0(1,1) ist: A = A(t) :=
(:~~~: ~~~~!)
ist mit E durch den Weg s
I--t
A ((1 -~ s )t) verbindbar, und zwei Elemente in verschiedenen Nebenklassen sind nicht verbindbar, denn sonst giibe es einen stetigen Weg in {r E IR; Irl 2': I} mit Anfangspunkt :::; 1 und Endpunkt 2': 1.
c) Die Gruppe SO(3). In gewissem Sinne typische Elemente dieser Gruppe sind die "Drehungen um die el-, e2- und e3-Achse", d.h.
1 0 ( Sl(t):= 0 cost
o
sint
-~nt) cost
,
S2(t) := (
cost 0 sin t
~ -s~nt)
o
cost
,
56
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
cost ( S3(t):= si~t
-sint cost
°
0) . ° 1
Si(t) laBt die Gerade lRei punktweise fest und stellt in der zu ei orthogonalen Ebene lRej EB IRek (i,j, k verschieden) eine Drehung um den Winkel t dar; IRe; heiBt "Drehachse" von Si(t). Man kann zeigen, daB es zujedem A E SO(3) "Winkel" O'.,{3" E IR gibt, so daB A = Sl(0'.)S2({3)S3C/)' Wir beweisen die folgende Verscharfung: Satz 4. Zu A E SO(3) gibt es
0'.,
{3"
E IR ("Eulersche Winkel"), so daft
Beweis. Wir setzen B = (b ij ):= S3(-0'.)AS3(-,) und bestimme O'.,{3"
so, daB Es sei A = (aij). 1. Wegen b33 = a33 und la331 ~ 1 (wegen AtA = E) gibt es ein {3 E [0,11"], so daB cos {3 = b33 • 2. Es gilt b13 = a13 cOSo'. + a23 sinO'.; deshalb muB (und kann) 0'. E [0, 211" [ so gewahlt werden, daB a13 cos 0'. + a23 sin 0'. = 0. 3. Nun wahlen wir , E [0, 211" [ so, daB
B
= Sl({3).
(cosO'., sinO'.)
(an a21
a 12 ) a22
Dies ist moglich, weil nach Wahl von Vektor der Lange 1 steht.
= (cos"sin,) 0'.
links vom Gleichheitszeichen ein
§ 4 Orthogonale und unitare Gruppen
Es folgt jetzt bll = cos 2 "( + sin 2 "( = 1; mit b13 = nalitiit von A weiter b12 = b21 = b31 = und hieraus
°
57
°
(~:~ ~::) = (:~~: ~~~n:)
folgt aus der Orthogo-
.
o
Nach Konstruktion von a, {3, "( im vorstehenden Beweis gilt der Zusatz. Die folgende Abbildung ist bijektiv:
[0, 211"[ X [0,11"] (a, {3,"()
f--t
[0,211"[--+ SO(3)
X
S3(a)SI({3)S3("()
Corollar. SO(3) wird von den Drehungen SI(t), S3(t), t E IR erzeugt.
d) Die Gruppe SU(2). Fur A also
(~u
v) (w -u).
w
=
-v
z
SU(2) = {
(~
= (~ :)
E SU(2) gilt At
= A-I,
det A
0
= 1,
Es folgt -;u); Z, u E C, zz + uu = 1 }
In Analogie zur Isomorphie von SO(2) mit SI (Satz 3) gilt (vgl. § 2.10) Satz 5. Der IR-Algebren-Homomorphismus 1 : z
+ uj
f--t
(~
-;u) von lEI
in Mat(2, C) induziert durch Restriktion einen Gruppen-Isomorphismus S3
SU(2) mit Umkehrabbildung
(ac-z + ~db
id ) -c -.d a-z
f--t
a+ ib + jc + kd.
--+
0
Hierbei ist die 3-Sphiire S3 = {x E IR4; Ixl = I} identifiziert mit den Quaternionen vom Betrag 1. Diese bilden eine Gruppe bez. der Multiplikation in lH (wogegen auf der Menge S3 a priori keine nicht-triviale Gruppenstruktur erkennbar ist). Fur spiitere Zwecke erwiihnen wir noch eine oft nutzliche "Parametrisierung" von SU(2): Wegen
Izl + lui = 1 fur A = (~ -;u)
°: ; tl ::; 211", 1
E SU(2) gibt es tj E IR mit
0::; t2 ::; 211",
0::; t3 ::; 211" ,
so daB z = costl exp(it2) und u = sintl exp(it3); es folgt
A- (cost1exP(it2) -
sintlexp(-it3)
-sintl exP(it3)) cost l exp(-it 2 )
58
Kapitel 1. Die klassischen Gruppen
Setzt man a := 2t1, (:J:= t2
A-
(
e i P/2
0
o )
e- 1/3/2
+ t3,
'Y := t2
(cosa/2 sina/2
- t3, so erhalt man
-sina/2) cosa/2
(e
i 'Y/2
0
und hieraus
Satz 6. SU(2) wird erzeugt von den Matrizen -sina) cos a '
a E IR.
o
Weitere Eigenschaften von SU(2) und SO(3) werden in spateren Abschnitten behandelt.
3. Konjugationsklassen, maximale Tori, Weyl-Gruppen In diesem Abschnitt sei stets, wenn nichts Gegenteiliges gesagt wird, G = U(n) ,
SU(n) oder SO(n).
Wir bestimmen die Konjugationsklassen von G, indem wir 1. einen "Standordtorus" T in G angeben, der aus jeder Klasse (mindestens) einen Vertreter enthaIt und 2. konjugierte Elemente in T durch die Bahnen der auf T operierenden "Weyl-Gruppe" beschreiben.
Definition. Das n-fache direkte Produkt
der Kreisgruppe mit sich heiBt n-dimensionale Torusgruppe. Eine Untergruppe U einer (beliebigen) Gruppe G heiBt n-dimensionaler Torus in G, wenn U ~ Tn. Ein Torus T C G heiBt maximal, wenn es keinen Torus T' in G gibt mit Tc::.T'. Tn ist eine Abelsche Untergruppe von GL(n, C) C GL (2n, IR)j sie ist zusammenhangend (vgl. Satz 3, Satz 17 und Aufgabe 12 zu § 2) und kompakt (II, § 3.3). Fur n = 2 hat man die folgende geometrische "Realisierung": Aus der Parametrisierung des Einheitskreises [0, 271'"[ --t S1, t I-t e it , erhalt man die ein-eindeutige Parametrisierung
von S1 x S1 j andererseits uberzeugt man sich leicht, daB die Abbildung
§ 4 Orthogonale und unitiire Gruppen
59
z
~---r---+---.~~+-.y
eine ein-eindeutige Pararnetrisierung der "Torusfiache" ist, die man erhalt, wenn der in der (y, z)-Ebene gelegene Kreis vom Radius a (parametrisiert durch den Winkel tt) so urn die z-Achse rotiert, daB sein Mittelpunkt einen Kreis urn den Nullpunkt (pararnetrisiert durch t 2 ) vom Radius b beschreibt. (Daher der Narne ,,2-dimensionaler Torus" fiir Sl X Sl.) Wir definieren in G einen Standardtorus T( G) und zeigen, daB er maximal ist. - Es sei T(U(n)):
= {[G:l, ... ,G:n]jG:;
E Sl} ,
= T(U(n)) n SU(n) , T (SO(2m)) : = {[R(tl)' ... ' R(t m )] j t; E IR} , T (SO(2m + 1)) : = {[R(tl)' ... ' R(t m ), 1] j t; E IR} T(SU(n)):
t - t)
· b·· ...u bl·ICh R( t ) = (cos (H ler el 1st Wle . t sIn Definitionen gilt T(U(n)) ~ Tn, T (SO(2m))
~
sint cos
f··ur t E IR) . Aufgrun d d er
T(SU(n)) ~ Tn-I,
T (SO(2m + 1))
~
Tm .
(1m Fall SU(n) kann als Isomorphismus die Abbildung Tn-l
---t
T(SU(n)),
(G:l, ... ,G: n) 1-+ [G:l, ... ,G:n_I,(G:l, ... ,G:n_l)-I] gewahlt werden.) Satz 7. Sei G eine der Gruppen U(n), SU(n) oder SO(n), T = T(G). (a) T ist ein maximaler Torus von G; (b) T ist eine maximale Abelsche Untergruppe von G; (c) es gilt T = C(T) := {A E Gj AB = BA fiir BET} ("Zentralisator" von T).
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
60
Beweis. (b) folgt unmittelbar aus (c), weil jede Abelsche Untergruppe von G, die T enthiilt, in G(T) enthalten ist. (a) folgt aus (b), weil jeder Torus eine Abelsche Gruppe ist. Es bleibt (c) zu beweisen. Die Inklusion T c G(T) ist klar, weil T Abelsch ist. ,,::)" beweisen wir durch eine direkte Verifikation wie folgt: G = U(n), SU(n). Wir wahlen D = [al, ... , an] E T mit ai :f. aj fUr i :f. j. Vertauschbarkeit von (eij) E G mit D impliziert aieij = eijaj fur alle i,j, also eij = 0 fur i :f. j und folglich (eij) T. G = SO(2m). Es sei A = (Aij) E G(T) mit Aij E Mat(2,m). Aus [R(td, .. . ,R(tm)]· A = A· [R(tl), . .. , R(tm)] fiir alle ti E m folgt R(ti)Aij = AijR(tj) fur alle ti, tj Em, 1 ~ i,j ~ m. Fur i :f. j wahlen wir ti = 0, tj = 7l' und erhalten Aij = OJ folglich gilt A = [All' ... ' Amml mit Aii E 0(2) und R(ti)Aii = AiiR(ti) fiir alle ti Em, 1 ~ i ~ m. Aus dem Lemma in 2. a) folgt Aii E SO(2), also A E T. G
=
SO(2m
+ 1). Sei A =
(~ :)
E G(T) mit B E Mat(2m, m),
x,y E m2m und a E JR. Aus [R, 1].A = A· [R, 1] fur alle R E T(SO(2m» folgt RB = BR, Rx = x und Ry = y fur alle R E T(SO(2m», femer x = y = o. Nach dem, was wir fUr SO(2m) erkannt haben, folgt B E T(SO(2m», mit det A = 1 also a = 1, insgesamt A E T. 0 Satz 8. Fur G, T wie in Satz 7 gilt (a) G = UAEOATA-l, d.h. jedes Element von Gist konjugiert zu einem Element von T. (b) Jeder maximale Torus von Gist konjugiert zu T. Dies ist nicht viel mehr als eine Umformulierung bekannter "Normalformensatze" der linearen Algebra fur unitare bzw. orthogonale Matrizen, deren 0 Beweise hier nicht wiederholt werden sollen.
Bemerkung. Da mit T auch ATA-l fur jedes A E G ein maximaler Torus von Gist, ist G nach (a) also Vereinigung maximaler Tori. Um ein Vertretersystem der Konjugationsklassen von G zu bestimmen, hat man nach Teil (a) des vorstehenden Satzes nur noch die Frage zu beantworten, wann zwei Elemente des Standardtorus (in G) konjugiert sind. Dies wird mit Hilfe der Weyl-Gruppen, die eine zentrale Rolle in der Theorie Liescher Gruppen und Algebren spielen, beantwortet. Wir definieren die W~yl-Gruppen zunachst fiir U(n) und SU(n) durch W(U(n» := W (SU(n» := Sn . Zur Definition von W (SO(n)) set zen wir Hm := {±1} m (m-faches direktes Produkt der Gruppe {±1} mit sich selbst). Die Menge derjenigen Elemente (f1. ... ,fm) von Hm, fUr die fl ... fm = 1 gilt, bilden eine zu H m- l isomorphe
61
§ 4 Orthogonale und unitare Gruppen
Untergruppe von Hm; wir bezeichnen sie mit H~. Die symmetrische Gruppe Sm operiert auf Hm durch
Offenbar ist H~ unter p invariant; die Restriktion von p auf Sm x H~ wird mit p' bezeichnet. Mit diesen Operationen definieren wir die Weyl-Gruppe von SO(n) durch W (SO(2m + 1)):= Hm ~ Sm, p
W (SO(2m)):= H~ ~ Sm . ~
Die so definierten (endlichen) Gruppen W(G) operieren in kanonischer Weise auf T(G): Wir erkliiren W(G) x T(G) ---t T(G) fur G = U(n) und SU(n) durch
fur G = SO(2m + 1) durch
(w,[R(t 1), ... ,R(tm ),I])
I-t
[R(t7r(1)t , ... ,R(t7r(m»)'m ,1]
mit w = (€1'''',€m),7l'-1) E W(G), und ebenso fiir G = SO(2m) (es ist nur die Matrixkomponente 1 zu streichen). Man verifiziert muhelos, da£ es sich hierbei um Gruppenoperationen handelt. Wir beweisen nun Satz 9. A, B E T(G) sind genau dann in G konjugiert, wenn .'lie in derselben Bahn von W(G) liegen, d.h. wenn es ein w E W(G) gibt, so daft wA = B.
I. G = U(n) oder SU(n). A = [a1, ... ,a n], B = [,81, ... ,,8n] E Tseien konjugiert in G, B = S-1 AS, E G. Dann haben A und B die gleichen Eigenwerte, d.h. es gibt eine Permutation 7l' E Sn, so da£ ,87r(i) = ai, 1 :s i :s n. Bezeichnet M7r die zu 7l' gehorige Permutationsmatrix, also M7r = (07r(i),j), so besagt ,87r(i) = aj B = M;1AM7r' Wegen Mt = M- 1 = M7r - l und M 7r }.tItT = M 7rotT ist Pn := {M7r; 7l' E Sn} eine Untergruppe von U(n) und die Abbildung 7l' I-t M7r ist ein Isomorphismus von Sn auf Pn . Die Gruppe Sn operiert auf T durch
Sn x T
---t
T ,
Wir sehen also, da£ Matrizen aus T, die in G konjugiert sind, in der gleichen Bahn von Sn liegen. Umgekehrt sind wegen M7r E U(n) zwei Elemente der gleichen Bahn in U(n) konjugiert. Da je zwei in U(n) konjugierte Matrizen schon in SU(n) konjugiert sind (man ersetze U, fur welches B = U- 1 AU und
62
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
det U = -1 gilt durch ei,.U). Damit ist der Satz fur G = U(n) und G = SU(n) bewiesen.
II. G = SO(2m + 1). Fiir A, BET, A = [R(t 1 ), ••• , R(tm), 1], B = [R(Sl),"" R(sm), l] mit ti, si E IR gelte B = S-l AS, S E G. Die (komplexen) Eigenwerte von A sind exp(±it v ), die von B sind exp(±is v ), tv,sv E [0,271'[. Da die Eigenwerte von A und S-l AS gleich sind, gilt Sv = ±t,.(v) mit einem geeigneten 71' E Sm. Es folgt R(sv) = R(t,.(v») oder R(sv) = R(t,.(v»)t (beachte:
R~ -t) =
R(t)-l = R(t)t). Wegen R(t)i = JR(t)J fur J :=
(~ ~)
erhalten
Wlr
B = U- 1 AU
ml't
8 (.) .F.U := ( ,. • ,J •
und Fi E {E,J} .
o
Zur Abkurzung setzen wir 0) (_8,.....:..('-,-, ",J=-' ) E---ir-M,. := 1
,
o
wo E die 2 X 2-Einheitsmatrix ist. Wir konnen dann U in der vorstehenden Gleichung schreiben in der Form
U = [F}, ... Fm , 1]· M,. . Offenbar gelten fiir M,. die gleichen Rechenregeln wie fur M,.; femer gilt [F1, ... ,Fm, 1]· M,. = M,. [F,.-l(l), ... ,F,.-l(m), 1] Man erkennt daran, daf3
eine Untergruppe von O(2m + 1) ist. - Wir haben bis jetzt gesehen, daB je zwei Elemente von T, die bez. SO(2m + 1) konjugiert sind, auch bez. W' konjugiert sind. Umgekehrt sind je zwei bez. W' konjugierte Elemente trivialerweise in O(2m + 1) und damit auch in SO(2m + 1) konjugiert (falls B = U- 1 AU, U E W' und det U = -1, ersetze U durch -U). Es bleibt zu zeigen, daB W' isomorph zur Weyl-Gruppe W(G) ist. Es sei Pm :=
{M,.; 71' E Sm }, N := {[F
l , ... ,
I
W = N
>4
Fm, 1]; Fi = E, J}. Es gilt
~
Pm ,
denn N ist wegen (*) Normalteiler von W', Pm Untergruppe von W' und N n Pm = {E}. Man uberzeugt sich nun leicht, daB die Abbildung
63
§ 4 Orthogonale und unitiire Gruppen
W' - W(G),
[Fl
, ... ,
Fm, 1)· M1r
1-+
((det FI, ... , det Fm), 71")
ein Isomorphismus ist, der die Operation von W' auf T durch Konjugation "respektiert" .
III. G = SO(2m). Wie in II sieht man, daf3 je zwei Elemente A, BET genau dann in G konjugiert sind, wenn sie konjugiert sind bez. der Gruppe W":=
{[H, ... ,Fm )· M1rj7l" E Sm,Fi
=
E,J} ,
wobei jetzt M1r = (b 1r (i),jE) zu setzen ist, E die 2 x 2-Einheitsmatrix. Wir zeigen, daf3 man sogar Konjugation mit einem solchen Elem~t von W" erreichen kann, fur welches det [FI, ... ,Fm) = 1 gilt (beachte: detM1r = 1). Annahme: Fur alle U E W" mit B = U- l AU gilt det U = -l. Mit B = S-l AS, S E SO(2m), gilt (U S-l) A = A (U S-l). Aus dem folgenden Lemma erhalten wir US- l E SO(2m), also U E SO(2m), was der Annahme det U = -1 widerspricht. Lemma. Fur A, B E 0(2m) gelte AB = BA und A habe keine reellen Eigen-
werte (d.h. A E SO(2m) \ {±E}. Dann gilt B E SO(2m). Beweis. Wegen AB = BA gibt es ein S E 0(2m), so daB S-lAS= [Al, ... ,Am),
S-lBS= [Bl, ... ,Bm)
mit Ai, Bi E 0(2). Es folgt AiBi = BiAi und Ai E SO(2) \ {±E}. Eine direkte Rechnung zeigt, daf3 hieraus Bi E SO(2) folgt, also B E SO(2m). Damit ist bewiesen, daB Elemente von T genau dann in G konjugiert sind, wenn sie konjugiert sind bez. der Gruppe
W' := [[Fl
, ...
,Fm) M1r E W"j det Fl ... det Fm = I} .
Wie in II sieht man, daB W' zu W(G) isomorph ist und daf3 die Operationen von W' und W(G) (bis auf Isomorphie) ubereinstimmen. Damit ist der Satz bewiesen. 0 Nachdem wir die Weyl-Gruppen der orthogonalen und unitaren Gruppen direkt "ausgerechnet" haben, geben wir zum SchluB dieses Abschnittes noch eine "abstrakte" Definition, die fiir beliebige Gruppen sinnvoll ist. Es sei dazu G eine Gruppe und T eine Abelsche Untergruppe von G. Der Normalisator von Tin Gist die Untergruppe NG(T) = {A E GjATA- l C T} . T ist Normalteiler in NG(T) (und NG(T) ist maximal bez. dieser Eigenschaft)j die Faktorgruppe
64
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
W(G, T) := NG(T)jT heiBt Weyl-Gruppe von (G, T). Sie operiert auf T durch
W( G, T)
X
(AT, B)
T -+ T ,
I--t
A- 1BA ,
A E NG(T), BET. Dies ist deshalb sinnvoll, weil aus AT = A'T, d.h. A'A- 1 E T, wegen der Kommutativitiit von T offenbar A-1 BA = A,-l BA' folgt. Den Beweis der folgenden Aussage iiberlassen wir als (nicht-triviale) Ubungsaufgabe: 1st G = U(n), SU(n) oder SO(n) und T ein beliebiger maximaler Torus von G, so ist W(G, T) isomorph zu W(G); insbesondere ist W(G, T) endlich und hiingt (bis auf 1somorphie) nicht von Tab.
In der folgenden Tabelle sind die Weyl-Gruppen der unitiiren und orthogonalen Gruppen sowie der symplektischen Gruppen, die in § 5.7 behandelt werden, zusammengestellt; dabei ist die Gruppe {±1} durch die zu ihr isomorphe Gruppe 71.2 ersetzt worden. Fiir die zu den semidirekten Produkten gehorigen Operationen siehe man oben nacho G
W(G)
IW(G)I
U(n),SU(n) SO(2m + 1) SO(2m) Sp(2n)
Sn
n! 2mm! 2m- 1 m! 2nn!
71.~)q Sm 71.~-1 )q Sm 71.~
)q Sn
4. Anwendung: Zentrum von U(n), SU(n) und SO(n) Es sei G stets eine der in der Uberschrift genannten Gruppen und T = T( G) der Standardtorus von G. (Bezeichnungen wie in 3.) Als unmittelbare Folgerung aus 3. Satz 7 (c) erhalten wir Lemma. Das Zentrum Z(G) von Gist in T enthalten.
D
Bemerkung 1. Aus 3. Satz 7 folgt sofort eine viel stiirkere Aussage, von der wir aber keinen Gebrauch machen, daB niimlich das Zentrum mit dem Durchschnitt aller maximalen Tori iibereinstimmt.
Satz 10. Z(U(n» = {zE;z E~, Izl = I} ~ Sl , Z (SU(n» = {zE; z E ~, Izl = l,zn = I} , Z (SO(2m» = {E, -E} (m ~ 2) , Z (SO(2m + = {E} .
1»
65
§ 4 Orthogonale und unitare Gruppen
Diese Aussagen sind unmittelbare Konsequenzen aus dem Lemma von Schur, das wir in III, § 1.5 beweisen werden; wir geben hier einen direkten Beweis. Die Inklusionen ,,:J" sind in allen Fallen klar. Sei A E Z (U(n)) oder A E Z (SU(n)). Nach dem Lemmaund der Definition von T = T(G) gibt es ai E C, so daB A = [al,"" an]. Fur i #- jist die Matrix B := E-Eii-Ejj+E;j-Eji in SU(n), also mit A vertauschbar. Ausrechnen der Produkte AB und BA ergibt a; = aj, also A = zE mit geeignetem z E C und hieraus folgt die Behauptung fur G = U(n), SU(n). Fur G = SO(2m) ersetzt man in der obigen Matrix B mit 1 ::; i #- j ::; m alle Komponenten durch die 2 x 2-Einheitsmatrix und erhiilt fiir A = [R(t l ), ... , R(t m )] durch Ausrechnen von AB und BA sofort
R(t;) = R(tj). Aus der Vertauschbarkeit von A mit
(~
~ ~ ~)
° ° °°
-1
0 0
folgt
E = 0, also cost = ±1, d.h. A = ±E. Genauso folgt fiir A = [R(td, ... , R(tm), 1], daB alle 2er-Blocks gleich ±E sind; aus der Vertauschbarkeit mit B wie oben, j = n, folgt die Gleichheit des i-ten und des n-ten Diagonalelementes, d.h. A = E. D
sint l
Bemerkung 2. Man kann zeigen, daB SO(2m+ 1) fiir m ~ 1 eine einfache Gruppe ist; wir beweisen das nur fur m = 1 (14. Satz 24). Ferner ist SO(2m)/{±E} einfach fur m > 2, dagegen nicht fiir m = 2; letzteres wird in 15. bewiesen. Fur die Beweise im allgemeinen Fall vgl. man z.B. [Artin].
5. Normalteiler in SU(2) Jedes Element von SU(2) ist konjugiert zu Set) :=
(e~t e~it)
mit einem
geeigneten t E [-rr, rr], und S(tl), S(t2) sind genau dann konjugiert, wenn tl = ±t2. Wegen SpurS(t) = SpurS(-t) = eit + e- it = 2cost ist
[A]
1-+
SpurA
eine Bijektion von der Menge der Konjugationsklassen von SU(2) auf das Intervall [-2,2]. Mit dieser Beobachtung beweisen wir Satz 11. Jeder echte Normalteiler von SU(2) ist zentral, d.h. im Zentrum {±E} von SU(2) enthalten. Beweis. Es sei N cos 2t, also 1 - cos 8
= (~ ~u)
Wir wahlen A
= 1- (1- cos2t) lul 2
so, daB
lul 2 = t~cc::;t;
:::;
1 - cos 2t.
das ist moglich, weil die
rechte Seite in [0,1] ist. Fiir ein solches A gilt Spur [A, S(t)] = 2 coss. Nach der Voriiberlegung ist deshalb [A, S(t)] konjugiert zu S(8). Damit ist bewiesen, daB N mit S(t) auch alle Matrizen S(8) mit 8 < t enthalt; m.a.W. es g,ibt ein Intervall [0, €], so daB S(t) E N fiir alle t E [0, f]. Mit einer allgemeinen Uberlegung (fur "Einparametergruppen") folgt hieraus S(t) E N fiir alle t E JR, also N = SU(2): Fur t E JR wahle man n E 71. so, daB tin E [0, f]. Es folgt Set) = S (n;) = S EN. 0
°: :;-
(;r
Corollar. Die Gruppe SU(2)/{±E} ist einfach. (Vgl. auch 14. Satz 24.) Beweis. Das Urbild eines nichttrivialen Normalteilers in SU(2)/{±E} bez. der kanonischen Projektion p : SU(2) -+ SU(2)/ {±E} enthaIt {±E} als echte 0 Teilmenge. Mit Satz 11 folgt hieraus die Behauptung.
6. Spiegelungen, Transitivitiit von O( V, h) auf Spharen Es sei Vein Vektorraum uber lK symmetrische Bilinearform auf V. Lemma 1. 1st V U, W, so ist
= U
a :V
-+
=
JR oder C und heine nicht-ausgeartete
..L W eine orthogonale Zerlegung von V in Teilriiume
V,
a( u
+ w) := u -
w (u E U, w E W)
eine bometrie. B eweis. a ist offenbar linear und bijektiv; femer h( u - w, u - w) h(w,w)=h(u+w,u+w).
=
h( u, u) + 0
1st speziell W = u-1., so heif3t a Spiegelung an U. Wir interessieren uns im folgenden fur Spiegelungen an nichtausgearteten Hyperebenen, d.h. an Teilraumen (lKa).L mit a E V und h( a, a) -# 0. Es gilt dann V = (lKa).L EEl lKa. Die Spiegelung an (lKa).L bezeichnen wir mit aa. Es gilt also a a (y + aa) = y - aa fur alle y E (lKa).L und a E lK. Fiir x = y + aa, y E (lKa).L, erhalten wir aa(x) = x - 2aa; femer gilt h( a, x) = ah( a, a), also h(a,x) aa(x)=x-2 h(a,a)a
(xEV).
§ 4 Orthogonale und unitare Gruppen
67
1m folgenden wird die Bezeichnung "Spiegelung" aussehlieBlieh fiir Isometrien der Form aa verwandt (man beaehte, daB dabei stets h( a, a) =1= 0 vorausgesetzt ist). Lemma 2. Es sei x,y E V, x =1= y und h(x,x) = h(y,y) =1= O. Dann gibt es ein
. auf V gibt mit >.(u) =f 0 =f >'(v)j da s nicht-ausgeartet ist, gibt es ein x E V, so
§ 5 Symplektische Gruppen
87
daf3 >. = s(-,x), also s(u,x) = >.(u) '# 0 '# >.(v) = s(v,x). Nun gibt es nach 1) zu u, x und zu v, x je eine Transvektion, die u in x bzw. x in v abbildet, und 0 deren Produkt bildet u in v abo Eine unmittelbare Konsequenz aus Lemma 1 ist Satz 5. Sp(V, s) operiert transitiv auf V \ {O} und irreduzibel auf V.
0
Lemma 2. Sind (u, u'), (v, v') hyperbolische Paare (also s( u, u') = s( v, v') = 1), so gibt es ein Produkt cp von::::; 4 Transvektionen, so daft cp( u) = v und cp( u') =
v'.
Beweis. Nach Lemma 1 gibt es ein Produkt cp' von hochstens 2 Transvektionen mit cp'(u) = V. Sei v" := cp'(u'). 1) Falls S(V", v') '# 0, erhalten wir wie in Lemma 1 ein a, so daf3 CTw,a(V") = v' fiir w:= v" - v'; wegen s(v,w) = S(V,V") - s(v,v') = s(cp'(u),cp'(u')) -1 = s( u, u') -1 = 0 gilt CTw,a( v) = v, insgesamt also CTw,a ocp'( u) = v, CTw,a ocp'( u') =
v'.
2) Sei s( v", v) = O. Weil (v, v + v') ein hyperbolisches Paar ist mit s( v, v + v') = 1 '# 0, gibt es nach 1) eine Transvektion, die (v, v + v') auf (v, v") abbildet und eine Transvektion, die (v, v+v') auf (v, v') abbildet. Da das Inverse einer Transvektion ebenfalls eine Transvektion ist: (CT a,a)-1 = CTa,-a, erhalten wir ein Produkt von 2 Transvektionen, das (v, v") auf (v, v') abbildet; dies mit cp' zusammengesetzt ergibt ein Produkt von 3 oder 4 Transvektionen, 0 das (u, u') auf (v, v') abbildet. Satz 6. Jedes Element von Sp(V, s), dim V = 2n, ist Produkt von m < 4n symplektischen Transvektionen. Beweis durch Induktion iiber n. Fur n = 1 folgt die Behauptung unmittelbar aus dem obigen Lemma, da mit (u, v) auch (cp( u), cp( v)) ein hyperbolisches Paar ist. Sei nun n > 1 und die Behauptung bewiesen fur symplektische Raume der Dimension 2( n - 1). Wir wahlen ein hyperbolisches Paar (u, v) und 'IjJ E Sp(V, s), so daf3 'IjJ( u) = cp( u), 'IjJ( v) = cp( v) und 'IjJ ein Produkt von hochstens 4 Transvektionen ist. Fiir cp' := 'IjJ-1 0 cp gilt dann cp'(u) = u, cp'(v) = v und daher cp'(H) C H, H := (IKu EEl IKv).L. Nach Induktionsvoraussetzung ist die Einschrankung von cp' auf H ein Produkt von k ::::; 4n - 4 Transvektionen CT~"al des Raumes (H,SH). Fur die Transvektionen CTi := CTal,a, von (V,'s) gilt CTi( u) = u, CTi( v) = v, also cp' = CT i 0 ••• , OCTk, und somit ist cp = 'IjJ 0 CT1 0 ••. 0 CTk Produkt von hochstens 4 + 4( n - 1) = 4n Transvektionen. 0
Die Matrix einer Transvektion hat (s.o.) die Determinante 1, also auch die Matrix eines beliebigen Produktes von Transvektionen (bez. einer beliebigen
88
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
Basis von V). Aus dem vorstehenden Satz folgt somit (wie auch aus Satz 4, der hier aber nicht bewiesen wurde).
o
Satz 7. Sp(2n, IK) C SL(2n, IK). Eine weitere Folgerung ist Satz 8. Sp(V, s) ist zusammenhiingend.
Beweis. Es geniigt zu zeigen, da£ jede Transvektion t7 a ,Ot mit id verbindbar ist. Dazu wahlt man einen Weg , in IK von a nach 0 und erhiilt so einen stetigen Weg t 1-+ t7 a ,-y(t) von t7 a ,Ot nach t7 a ,o = id. 0
Aus Satz 7 erhiilt man auch ohne gro£e Miihe, da£ das Zentrum von Sp(V, s) gleich {±id} istj wir kommen darauf in Abschnitt 7 zuriick. 6. Die Gruppe Sp(2n) Die Gruppe Sp(2n,JR) n SO(2n) ist isomorph zu U(n) (Aufgabe 9), also keine "neue" Gruppe. Anders ist es im Komplexen: Wir set zen Sp(2n) := Sp(2n, C) n U(2n) (In der Literatur wird hierfiir auch die naheliegende Bezeichnung SpU(2n) benutzt.) Insbesondere ist also Sp(2)
~
SU(2) .
Allgemein gilt nach § 4.16, Corollar zu Satz 29 Sp(2n)
~
U(n,IH) .
Aus den definierenden Gleichungen von Sp(2n, C) und U(2n) folgt Sp(2n) = {A E U(2n)jAF = FA} . Stellt man A E Sp(2n) als Block-Matrix dar, so ergibt eine Auswertung der Gleichung AF = FA Sp(2n) = {
(g -i)
j B, C E Mat(n, C)} n U(2n) .
Insbesondere folgt hieraus das Lemma. Die Abbildung
U(n)
-+
Sp(2n) ,
BI-+(~ ~)
ist ein injektiver Gruppen-Homomorphismus.
o
§ 5 Symplektische Gruppen
89
7. Konjugationsklassen, maxi maIer Torus und Weyl-Gruppe von Sp(2n) Das Bild des Standardtorus {[ZI,"" znl; Zi E 51} von U(n) unter der kanonischen Einbettung U(n) -+ Sp(2n) (6. Lemma), also T(Sp(2n»:= {[Z1, ... ,Zn,Z1, ... ,Zn];Zi E 51} heiBt Standardtorus von Sp(2n); Es gilt T(Sp(2n» ~ 51
X '"
X
51
(n-mal).
Satz 9. T (Sp(2n» ist ein maximaler Torus von Sp(2n). Beweis. Wir zeigen (vgl. § 4.3 Satz 7)
C(T)
= T,
wobei T = T(Sp(2n» und C(T) = {A E Sp(2n); AB = BA fur aIle BET} der Zentralisator von T ist. Hieraus folgt wieder unmittelbar, daB T sowohl ein maximaler Torus als auch eine maximal-Abelsche U ntergruppe in Sp( 2n )
= (~ -;). wenn BD = DB und
ist. Die Inklusion ,,::::>" ist klar. Zum Beweis von "C" sei A
Mit [D,D] E T gilt A [D,D] = [D,D] A genau dann, CD = DC. Wahlt man D so, daB die Diagonalelemente verschieden sind, folgt sofort, daB Beine Diagonalmatrix ist. Wahlt man D = iE, folgt C = -C, also C = 0 und damit A = [B,B]. Mit A E U(2n) folgt A E T. 0 Zur Bestimmung der Konjugationsklassen in Sp(2n) zeigen wir zunachst
m.a.W.: Jedes Element von Sp(2n) ist konjugiert zu einem Element von T. Aus der linearen Algebra weiB man, daB es zu jedem A E U(2n) ein 5 E U(2n) gibt, so daB 5- 1 A5 diagonal ist. Dabei bilden die Spaltenvektoren von 5 eine Orlhonormalbasis von Eigenvektoren. Nun folgt fUr A E Sp(2n), also AF = FA, aus Ax = Ax offenbar AFx = FAx = AFx, also A (EX) = 1( EX); folglich gibt es eine Basis von Eigenvektoren VI, ••• , V n , Fih, ... , IV n , und die Matrix 5 mit diesen Vektoren als Spalten ist in Sp(2n) und diagonalisiert A. 1st Ai der Eigenwert von Vi, so ist 1i der Eigenwert von IVi ; mit IAil = 1 folgt die Behauptung. Zur Beantwortung der Frage, wann zwei Elemente von T konjugiert sind, gehen wir wie in § 4.3 vor. Um die Analogie zu wahren, nehmen wir an, daB Sp(2n,IK) gegeben ist durch I n anstelle von F (vgl. 2). Der Standardtorus geht unter dem entsprechenden Isomorphismus uber in den Torus {[Z1' ZI,"" Zn, znl; Zi E 51}, den wir ebenfalls mit T bezeichnen. Die Beziehung (*) gilt unverandert. Wir definieren die Weyl-Gruppe von Sp(2n) durch
90
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
W (Sp(2n» := W (SO(2n + 1» = Hn ~ Sn mit Hn
= {± I} n ~ Z~.
Diese Gruppe operiert auf T vermoge W (Sp(2n»
X
T ---. T
fiir w = (( €I, ••• ,€n), 7r) E W (Sp(2n» (beachte: Z-l = Z fiir z E S-l). Wie im Fall der Gruppe SO(2n+ 1) erkennt man, daB konjugierte Matrizen aus T iibereinstimmen bis auf die Reihenfolge der 2-er Blocks [Zi' Zi] und ggf. Vertauschung von Zi mit Zi (d.h. Zi t--+ Z;l), also Konjugation mit einer Matrix der Gestalt S = [F1 , ••• , Fn] . M7r mit 7r E Sn, Fi E {
(~ ~), (~ ~)}
und M7r
=
(07r(i),j
(~ ~)). Sind
umgekehrt zwei Matrizen aus T konjugiert bez. einer Matrix S der obigen Gestalt, so sind sie konjugiert in Sp(2n), weil S E Sp(2n). Wie wir in § 4.3 gesehen haben, bilden die Matrizen S des obigen Typs eine Gruppe, und es gibt einen Isomorphismus auf Hn ~ Sn, bei dem die Operation auf T durch Konjugation in die oben definierle Operation von Hn ~ Sn auf T iibergeht. Damit ist der folgende Satz bewiesen: Satz 9. J ede8 Element von Sp(2n) i8t konjugiert zu einem Element von T; zwei Elemente aU8 T 8ind genau dann konjugiert (in Sp(2n»), wenn 8ie in der8elben D Bahn von W (Sp(2n» liegen.
Man kann auch hier zeigen, daB W (Sp(2n» isomorph zu N(T)/T ist, wobei N(T) der Normalisator von T in Sp(2n) ist (vgl. §4.3). Wir bestimmen noch das Zentrum Z von Sp(2n). Wegen Z C C(T) = T, hat jedes Zentrumselement die Gestalt [D,15] mit einer Diagonalmatrix D E U(n). Weil [B, B] E Sp(2n) fiir alle BE U(n), folgt D E Z (U(n», also D = zE mit Izi = 1 (§ 4.4 Satz 10). Aus der Vertauschbarkeit mit F (E Sp(2n )!) folgt Z = Z, mit Izi = 1 also Z = ±l. Umgekehrt ist offenbar jede solche Matrix im Zentrum enthalten. Es folgt Satz 10. Z (Sp(2n» = {±E}.
D
Bemerkung. 1) Aus Satz 10 folgt Z (Sp(2n, IK» = {±E}. , 2) Mit Hilfe von Satz 6 kann gezeigt werden, daB PSp(2n) := Sp(2n)/{±E} eine einfache Gruppe ist, d.h. jeder echte Normalteiler von Sp(2n) ist in {±E} enthalten.
91
§ 5 Symplektische Gruppen
8. Eine anti-Hermitesche Form aufJH" und die Gruppe Va(n,JH) Eine anti-Hennitesche Fonn auf dem Vektorraum V tiber (IK,*) ist eine Sesquilinearfonn a mit der Eigenschaft a(x,y)* = -a(y,x)
ftir x, y E V .
Fiir * = id bedeutet dies schiefsymmetrisch. Wir wir zu Beginn von Abschnitt 1 bemerkt haben, ist die Isometriegruppe einer anti-Hermitschen Form a tiber (C,-) isomorph zur Isometriegruppe der Henniteschen Fonn ia. "AntiHennitesch" ist also nur tiber IH von Bedeutung. Man kann zeigen ([Dieudonne]), da13 jede anti-Hennitesche Fonn auf IH n isometrisch ist zur Fonn mit der Matrix Fa = iE . Die zugehorige Gruppe wird mit Ua(n,IH) bezeichnet:
Bemerkung. 1) Analog zum Beweis von §4.16, Satz 29 kann man zeigen, daB
Ua(n, IH)
~
U(n, n) n O(2n, C) .
2) Ua(n, IH) hat wie O(2n, C) zwei Zusammenhangskomponenten, die Einskomponente ist
SU a( n, IH) := Ua( n, IH) n SL( n, IH) . 3) Fiir jedes q E IH mit q = -q ist die Abbildung Hq : a 1-+ qaq-l(a E IH) eine Involution von IH. Das fiihrt zu weiteren Henniteschen und antiHenniteschen Fonnen auf IHn. Man erhaJ.t aber auf diese Weise keine neuen Gruppen, denn eine bez. Hq Hermitesche (anti-Hermitesche) Fonn geht durch Multiplikation mit q in eine anti-Hennitesche (Hennitesche) Fonn bez. der kanonischen Involution He von IH tiber.
9. Zusammenstellung der klassischen Gruppen Wir geben noch eine Ubersicht tiber die Definitionen und einige Eigenschaften der in diesem Kapitel eingefiihrten Isometrie-Gruppen; sie bilden den Gegenstand unserer weiteren Untersuchungen und werden im folgendenals die klasaiachen Gruppen bezeichnet. Allgemeine lineare Gruppen
GL( n, IK)
= {A E Mat( n, IK); A invertierbar} = {A E Mat(n, IK); det A i= O}, falls IK = JR, C = {A E Mat(n, IH); det4jA i= O}, falls IK = IH
92
Kapitel I. Die klassischen Gruppen
Spezielle lineare Gruppen
SL(n,IK) = [GL(n,IK),GL(n,IK)]
(Kommutatorgruppe)
= {A E GL(n, IK)j det A = I},
= {A E GL(n,HI)jdet(:A
= I},
falls IK = m,4J falls IK
= HI
Reell-orthogonale Gruppen
O(p,q)
= {AEGL(n,JR)jAtDp,qA=Dp,q}
,
Dp,q=(~ ~q)(p~q)
= O(n,O) = {A E GL(n,m)j AtA = E} SO(p,q) = O(p,q) n SL(n,m), SO(n) = SO(n,O) = O(n) n SL(n,m) O(n)
K omplex- orthogonale Gruppen
O(n,4J)
= {A E GL(n,4J)jAtA = E} = O( n, 4J) n SL( n, 4J)
SO( n, 4J)
UnWi.re Gruppen
U(p,q)
= {A E GL(n, {)jAtDp,qA = Dp,q},
Dp,q w.o.
= U(n,O) = {A E GL(n,4J)jA t A = E} SU(p, q) = U(p, q) n SL(n, () , SU(n) = SU(n, 0) = U(n) n SL(n, () U(n)
Symplektische Gruppen
Sp(2n,IK)
= {A E GL(n,IK)jAtFA = F} C SL(2n,IK), F
IK
= JR,{) ,
= (-~n
~n)
Sp(2n) = Sp(2n, () n U(2n) Quaternional-unitiire Gruppen
U(p, qj HI)
= {A E GL(n, HI)j At Dp,qA = Dp,q} ~
U(n,HI)
U(2p, 2q)n Sp(2n, ()
= U(n,OjHl) ~ Sp(2n)
C SL(n, HI),
Dp,q w.o.
93
§ 5 Symplektische Gruppen
Quaternional-antiunitare Gruppen
Ua(n,IH)
= {A E GL(n, IH); AtFaA = Fa} ~
,
Fa
= iEn E Mat( n, IH)
U(n, n) n O(2n, C)
SU a( n, IH) = Ua( n, IH) n SL( n, IH)
Aufgaben 1. Fur aIle n E IN und aIle X E Mat(2n+ 1,IK) mit X t
= -X gilt detX = O.
2. Fur aIle n E IN und aIle X E Mat(2n,IK), X = -X, ist detX ein Quadrat. t
3. Es sei (V, h) ein nicht-ausgearteter symplektischer Raum uber IR, dim V = 2n. Fur einen isotropen Teilraum W von V (d.h. W C W.1.) gilt a) dim W ::; n, b) dim W = n {::} W = W.1. (in diesem Fall heiBt W Lagrangescher Teilraum von
V).
4. Es sei (V, h) wie in 3. und W ein Lagrangescher Teilraum von V. Ein Lagrangescher Teilraum W' von V heiBt Lagrangesches Komplement von W, wenn V = W Ef) W'. Man zeige: a) Gw := {f E Sp(V, h)j fw = w fur aIle w E W} ist eine Untergruppe von Sp(V,h). b) Gw operiert einfach-transitiv auf der Menge aller Lagrangeschen Komplemente von W, d.h. a) mit W' ist auf feW') fur f E G w ein Lagrangesches Komplement von Wj (3) sind W', W" Lagrangesche Komplemente von W, so gibt es genau ein f E Gw , so daB feW') = W". 5. Man zeige direkt (ohne MatrixdarseIlung), daB symplektische Transvektionen, also Ua,OI : x f-+ x - as(a,x)a fur a E IK 2n \ {O}, a E IK, unipotent sind (und folglich die Determinante 1 haben). 6. Fur jedes a E IK 2n \ {O} ist die Abbildung a f-+ Ua,OI ein injektiver Homomorphismus von der additiven Gruppe IK in die Gruppe Sp(2n, IK). 7. Die Kommutatorgruppe [Sp(2n, IK), Sp(2n, IK)] von Sp(2n, IK) stimmt mit Sp(2n, IK) uberein. 8. Sp(2n, IK) operiert einfach transitiv auf symplektischen Basen von IK2n. 9. Man gebe einen Isomorphismus von Sp(2n, IR) n SO(2n) auf U( n) an. Man finde ein A E Sp(2n,IR), so daB Ax = x fUr aIle x E IR2n \ {O}. 10. Mit In wie in § 2.10 gilt In (Sp(2n))
= In (GL(n,llI)) n SU(2n) .
11. Man beweise die Aussagen der Bemerkungen 1) bis 3) am SchluB von Abschnitt 8.
Kapitel II. Abgeschlossene Untergruppen von GL(n,lK)
Wiihrend bisher ausschlieBlich algebraische Methoden bei der Untersuchung der klassischen Gruppen genutzt wurden, kommen wir in diesem Kapitel zur "infinitesimalen" oder "Lieschen Theorie" dieser Gruppen. Dabei werden wir uns - wie die erste Bezeichnung zum Ausdruck bringt - die Differentialrechnung zunutze machen, urn weitere Strukturmerkmale der klassischen, und allgemeiner der abgeschlossenen Untergruppen von GL(n,IK), die wir im folgenden als "lineare Gruppen" bezeichnen, herauszuarbeiten. Der Schliissel zur Anwendung solcher Methoden auf die Gruppentheorie ist die Einfiihrung von lokalen Koordinaten, m.a.W. die (lokale) Parametrisierung der Gruppen. Hierfiir werden wir ausschlieBlich die Matrix-Exponentialabbildung heranziehen, deren grundlegende Eigenschaften in § 1 hergeleitet werden. Der dabei auft ret ende Parameterraum CG einer linearen Gruppe Gist im wesentlichen ein Objekt der linearen Algebra, wodurch deren Methoden in den Dienst der Gruppentheorie gestellt werden. Man erkennt hier bereits, wie verschiedene Gebiete der Mathematik in die Theorie der linearen Gruppen einfiief3en, was - neben den vielfiiltigen Anwendungen - zur kontinuierlichen Attraktivitiit der Lieschen Theorie seit ihrer Entstehung vor iiber 100 Jahren beigetragen hat. In § 2 wird die Lie-Algebra CG einer linearen Gruppe eingefiihrt, und es werden verschiedene Aspekte des Zusammenspiels dieser so verschiedenen Objekte behandelt. (Die Beschreibung der inneren Struktur von Lie-Algebren erfolgt in Kapitel IV.) Es stellt sich heraus, dafi CG fiir eine abgeschlossene Untergruppe G von GL(n, IK) ein Teilraum des reellen Vektorraums Mat(n, IK) ist mit der zusiitzlichen Eigenschaft, dafi mit je zwei Elementen X, Y stets auch der "Kommutator" [X, Yj = XY - YX in CG enthalten ist; H. Weyl hat dafiir 1934 den Namen "Lie-Algebra" eingefiihrt. Daneben ist die Bezeichnung "infinitesimale Transformation" fiir die Elemente von CG, die auf S. Lie zuriickgeht, bis heute erhalten geblieben; sie wird dadurch verstiindlich, daB man CG als Tangentialraum an die "Gruppenmannigfaltigkeit" im neutralen Element E realisieren kann (vgl. § 2.8), oder auch - so hat Lie selbst das gesehen - als Vektorraum von Differentialoperatoren oder Vektorfeldern. Lies Entdeckung, dafi dieser Vektorraum abgeschlossen ist unter Kommutatorbildung, war ein Meilenstein in der Entwicklung seiner Theorie der "kontinuierlichen Gruppen" - wenn nicht die Geburtsstunde. Lie schreibt im Januar 1874 an A. Mayer: " ... Es wird Sie interessieren ... , daB ich schone
96
Kapitel II. Abgeschlossene Untergruppen von GL(n,IK)
Interpretationen der Symbole ... AiAk - AkAi ... gefunden habe. Hiermit gewinnt, wenn ich nicht irre, der sogenannte Operationskalkiil einen unerwarteten begrifHichen Inhalt. Bemerkenswert ist, daB meine Untersuchungen iiber Gruppen ... , wie auch meine iilteren Arbeiten sozusagen fertig liegen, urn eben die neue Theorie der Transformationsgruppen zu begriinden." ([Lie] Bd. 5, S. 586). Seine Hauptergebnisse iiber die Beziehungen zwischen Gruppen und ihren Lie-Algebren hat Lie in drei "Fundamentalsiitzen" zusammengefaBt ([Lie, Engel] Bd. 3 Kap. 25). Sie behandeln auBer den oben angesprochenen Zusammenhiingen zwischen den Kommutatoren in £G und dem Produkt in G die Frage nach der Existenz einer Gruppe mit vorgegebener Lie-Algebra, ferner Beziehungen zwischen lokaler Isomorphie ("Gleichzusammensetzung") von Gruppen und Isomorphie ihrer Lie-Algebren. (Fiir eine "moderne" Formulierung der Fundamentalsiitze vgl. man [Tits 1] III § 4.2.) Dem zuletzt genannten Themenkreis ist § 3 gewidmet, vor allem der Injektivitiit der durch Differentiation erkliirten Abbildung HomIR(G,H) ~ HomIR(£G, £H), f t-+ £f (G zusammenhiingend) und deren Bijektivitiit im Fall, daB G einfach zusammenhiingend ist. Hierdurch wird die Maglichkeit geschaffen, Begriffe und Aussagen iiber Gruppen in solche iiber Lie-Algebren zu iibertragen und umgekehrt, was den eigentlichen Kern der Lieschen Methode ausmacht. Wir werden dies namentlich fiir die Darstellungstheorie nutzbar machen (IV § 1).
§ 1 Die Matrix-Exponentialabbildung O. Mat( n, lK) als metrischer Raum Wie in Kapitel I bezeichnet IK stets den Karper IR der reellen Zahlen, den Karper {; der komplexen Zahlen oder den Schiefkarper HI der Quaternionen. Mat(n, IR) ist als reeller Vektorraum der Dimension n 2 isomorph zum Vek2 torrauin IRn der Zeilenvektoren mit n 2 reellen Komponenten. Einen Isomorphismus erhiilt man, indem man die Zeilen einer n x n-Matrix nebeneinander schreibt:
x = (eij)
t-+
(eU,e12, ... ,61,e22, ... ,enn) ,
X E Mat(n,IR). Gehen wir von IR zu IK = {; oder HI iiber und ersetzen die eij E IK auf der rechten Seite durch ihre reellen Komponenten bez. der kanonischen IR-Basis {I, i} bzw. {I, i,j, k} von IK, so erhalten wir einen IRVektorraurn-Isomorphismus falls IK = IR F: Mat(n,IK)
~ IRm
(m hat im folgenden immer diese Bedeutung.)
falls
]I{
= {;
falls
]I{
= HI
97
§ 1 Die Matrix-Exponentialabbildung
Wir ubertragen das kanonische Skalarprodukt von lRm auf Mat(n, IK) mit Hilfe von Fj dabei benutzen wir, dafi das kanonische Skalarprodukt auf IK (als lR-Vektorraum) geschrieben werden kann in der Form(e, 1]) = ((Tj + 1]"1.) (fiir IK = 1H s. I, §2.10): Fiir X = (eij), Y = (1]ij) E Mat(n,IK)) gilt, wenn d;) die k-te reelle Komponente von eij bezeichnet,
t
= l:l:d;)1]~;) = l:(eij,1]ij) = ~ l:eij1]ij + ~ l:1]ij~ij
(F(X),F(Y))
i,j
=
i,j
k
1
i,j
1
i,j
*
1
1-:::-----:-::=~
2Spur(XY*) + 2Spur(YX*) = 2Spur(XY ) + 2Spur (XY*)
= Re(Spur(XY*)) .
Damit ist bewiesen: (X, Y) := Re(Spur(XY*)) ,
X,Y E Mat(n,IK),
ist eine positiv-definite symmetrische Bilinearform auf Mat( n, IK)j Fist eine Isometrie der Euklidischen Raume (Mat(n, IK), (-,-)) und (lRm , ( - , - ) ) . Wir konnen nun die Begriffe und Aussagen des Abschnitts I, § 3.4 heranziehen und insbesondere die bekannten Rechenregeln fur den Betrag
IIXII
= ((X,y))1/2 = (Spur(XX*))1/2
und die Metrik d(X, Y)
= IIX - YII
verwenden. Dariiber hinaus hat der Betrag die wichtige Eigenschaft (1)
IIXYII ~ IIXIIIIYII
fur alle X, Y E Mat(n, IK) ,
die wir mit Hilfe der Dreiecksgleichung und der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung wie folgt beweisen: Fur X = (eij) , Y = (1]ij) E Mat( n, IK) gilt
IIXYI1 2
=
~ elli1]ip1]jp~lIj ',J
lI,p
=
~ ( l : elli~lIj) ( l : I,)"
1]i P1]jp)
JL
~ l : l(ei,ej)I·I(1]i,1]j)1 ' i,j
wobei ei den i-ten Spaltenvektor von X und 1]i den i-ten Zeilenvektor'von Y bezeichnet. Weiter gilt
Zusammen ergibt sich
Kapitel II. Abgeschlossene Untergruppen von GL(n,JK)
98
IIX11 211y211-IIXY11 2~ L [(I~il'ITJjI)2 - 21(~i,~j)I'I(TJi,TJj)1 + (l~jl'ITJiI)2] ~
L
i 1) kein AnaIogon hat, in Mat(n, IK) aber haufig benutzt wirdj man beweist ihn wie den entsprechenden Satz in lR mit Hilfe der Ungleichung (1):
(7)
Sind (Xn) und (Yn ) konvergente Folgen in Mat(n, IK), die gegen X bzw. Y konvergieren, so konvergiert die Folge (XnYn) gegen XY .
Von besonderer Wichtigkeit - insbesondere in der Darstellungstheorie ist der Begriff der kompakten Gruppe. Wir erinnern daran, daB ein topologischer Raum K kompakt genannt wird, wenn jede "offene Uberdeckung" (UdiEI von K (d.h. Ui offen in K fiir aIle i E lund UiElUi = K) eine "endliche Teiluberdeckung" besitzt (d.h. eine endliche Teilmenge J von I, so daB UjEJUj = K). Eine Teilmenge eines topologischen Raumes heiBt kompakt, wenn sie aIs Teilraum kompakt ist. Wir konnen uns stets auf die folgende Charakterisierung kompakter Mengen "zuriickziehen "j einen Beweis findet man in [Schubert], I, § 7.5 Satz 5.
(8)
Eine Teilmenge von Mat(n,IK) ist genau dann kompakt, wenn sie beschriinkt und abgeschlossen (in Mat( n, IK)!) ist.
1. Konvergenz und lokale Umkehrbarkeit der Exponentialabbildung
Die Aussagen dieses Kapitels beruhen aIle auf den grundlegenden Eigenschaften der Matrix-ExponentiaIabbildung. Zu ihrer Definition beweisen wir Satz 1. Die Reihe L~o iiXk ist fur jedes X E Mat(n, IK) absolut konvergent.
II
Beweis. Es sei IIXII wie in Abschnitt O. Wegen IIX k ~ IIXli k fur alle X E Mat( n, IK) und aIle k E IN ist die Reihenentwicklung von exp IIX II eine konvergente Majorante von L~o iiXk. 0
Definition. Die Abbildung
L 00
X
1-+
expX :=
1
k!Xk
k=O
heiBt (Matrix- )Exponentialabbildung.
(X E Mat(n,IK))
Kapitel II. Abgeschlossene U ntergruppen von GL( n, IK)
100
Beispiele. 1) 1st X nilpotent, xm+l = 0, so ist exp X ein Polynom in X, expX = E+X
1
1
+ -2X2 + ... +_.,X m = m.
E+N
mit N nilpotent; folglich ist exp X fUr nilpotentes X unipotent.
(~ ~) (t E lR) gilt exp X t = (~ ~ )
2) Fur X t =
mit dem Homomorphismus t Homomorphismus t 3) Es sei X t
1-+
(~ ~)
1-+
. Durch Komposition
von lR in Mat(2, lR) erhalten wir den
exp X t von lR in 8L(2, lR).
= (~ ~t)
=
,t E lR. Es gilt X;
-t2E, also x;n =
(_1)nt2n E und x;n+1 = (_1)nt2n X t und folglich expX = ~ (_l)n t2n E t ~ (2n)! = (cost)E
.
+~
(_l)n-l en+! X + I)! 1
~ (2n
( 0
+ (sm t) 1
-1 ) ( cos t 0 = sin t
- sin t ) cost
Die Abbildung t 1-+ exp X t fUr t E lR ist also nichts anderes als der in I, § 4.2 beschriebene Homomorphismus (l-Parameter-Form) der Gruppe 80(2). Die hier angewandte Methode der Berechnung von exp X mit Hilfe des charakteristischen Polynoms von X ist auch in anderen Fallen oft nutzlich (vgl. Aufgabe 4).
Satz 2. ( a) Die Exponentialabbildung ist stetig diiJerenzierbar; (b) es gibt eine oiJene Umgebung der Nullmatrix, die diiJeomorph auf eine oiJene Umgebung der Einheitsmatrix abgebildet wird. Beweis. (a) Wir geben einen direkten Beweis mit Hilfe des WeierstraB'schen Konvergenzkriteriums (anstelle des Argumentes, daB alle Komponentenfunktionen analytisch sind) und erhalten dabei eine Reihenentwicklung fUr die Ableitung. - FUr die Abbildungen!k : Mat(n, lK) - t Mat(n, lK), X 1-+ Xk beweist man durch Induktion: k-l
fk(P+X) = pk
+ LPIXpk-l-l + R(P, X) 1=0
fur alle P, X E Mat(n,lK); dabei ist entweder R(P,X) = 0 (fur k = 1) oder enthaIt X in mindestens zweiter Potenz. Es gilt also limx _0 11111 R( P, X) = 0, woraus die Differenzierbarkeit in P folgt mit der Ableitung k-l
Dfk(P)(X)
= LPIXpk-l-l 1=0
.
§ 1 Die Matrix-Exponentialabbildung
101
Sei nun Meine kompakte Teilmenge von Mat(n,IK), c:= sup{IIXII;X EM},
IIDfk(P)IIM:= sup {IIDfk(P)(X)II;X E M} (Supremumsnorm). Aus IID!k(P)(X)1I < L:~~; fiir alle X E M folgt
IIPWcllPll k - 1- 1 =
kcllPllk-1
Die Reihenentwicklung von ce llPll ist also eine konvergente Majorante der Reihe L:~o (k~l)! II Dfk+1(P)IIM. Nach dem Konvergenzkriterium von Weierstra£ ist daher L:~o (k~l)! L:~=o plXpk-1 gleichmaBig konvergent auf M. Es folgt, daB exp stetig differenzierbar in P ist mit 00
Dexp ( P)(X)
= £:0
k
'"" (k + 1 I)! '"" ~P I XP k-1 .
Zum Beweis von (b) haben wir aufgrund des Satzes iiber die Umkehrabbildung nur noch zu zeigen, da£ D exp(O) bijektiv ist. Aus (*) liest man das aber unmittelbar ab; genauer gilt
Dexp(O)
= IdMat(n,lK)
•
D
Bemerkung. 1) Analog zum Beweis von Satz 1 kann man zeigen, da£ die Logarithmusreihe
10gX
=
f i(
_1)k-1(X - E)k
k=l
fiir IIX - Ell < 1 absolut konvergiert, und wie oben beweist man die Stetigkeit. Ferner gilt fiir IIX - Ell < 1 und exp log X = X 10gexpX = X
fiir II expX -
Ell < 1 .
Fiihrt man dies aus, hat man einen weiteren Beweis fiir die lokale Umkehrbarkeit von exp (und log). 2) Satz 2 hat u.a. die folgende wichtige Konsequenz: Da LA : B f-+ AB ein Diffeomorphismus der Gruppe G = GL(n,IK) in sich ist, gibt es zu jedem A E G eine offene Umgebung U von 0 in Mat(n, IK) und eine offene Umgebung V von A in G, so da£ U durch hA := LA 0 exp diffeomorph auf V abgebildet wird. Beachtet man noch, da£ der "Kartenwechsel" (h B) -1 0 hA fiir A, BEG in seinem Definitionsbereich (sofern er nicht leer ist) diffeomorph ist, so bedeutet dies, daB GL(n, IK) eine reelle ditJerenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension m = n 2 , 2n 2 bzw. 4n 2 ist.
102
Kapitel II. Abgeschlossene Untergruppen von GL(n,IK)
2. Rechenregeln
Fiir X, Y E Mat(n, IK) gilt a) XY = YX => exp(X + Y) = expX exp Y; b) expX E GL(n,IK) und (expX)-l = exp( -X); c) A-I (exp X)A = exp (A-l XA) fur A E GL(n, IK); d) det exp X = exp(SpurX), falls IK = JR oder C, det~ exp X = exp(2ReSpurX), falls IK = III. Bewei8. a) Fur verlauschbare Matrizen X, Y gilt die binomische Formel
(X + y)k =
L~=o (~) Xly k- l . Wegen
der absoluten Konvergenz von exp
konnen wir den Reihenmultiplikationssatz anwenden: exp(X + Y)
= {; ~!(X + y)k = {; ~! 00
00
00
t; k
(
~)
Xlyk-l
k
'"" '"" 1 1 Xl k-l = L.J L.J T! (k - 1)! Y
k=OI=O
=
(f 1=0
TIX1)
(f ~!
y k ) = expX exp Y .
k=o
b) Aus a) folgt E = exp(X -X) = exp(X)exp(-X) = exp(-X)exp(X), und hieraus die Behauptung. c) Folgt aus dem Grenzwertsatz limZ n = Z => lim (A-IZnA) = A-IZA, angewandt auf die Folge der Partialsummen der Exponentialreihe. d) Es gibt nach I, §2.4 Satz 4 (Jordansche Normalform) zu X eine Matrix A E GL(n,C), so daB A-IXA eine obere Dreiecksmatrix ist. Sind at, ... ,an die Diagonalelemente (also die Eigenwerte von X in C), so ist offenbar exp (A -} X A) ebenfalls eine obere Dreiecksmatrix mit den Diagonalelementen expa}, ... ,expa n . Mit c) folgt detexpX = det (A-t(expX)A) = detexp(A-tXA) = expat ... expan = exp(at+ ... +an) = exp(SpurA -} X A) = exp (SpurX). 1m Fall IK = III ergibt sich wegen der Stetigkeit von In (vgl. I, §2.10) det.:expX = detoln oexpX = detexp1n(X) = exp (Spurln(X)) = exp (2Re SpurX). 0 3. Einparametergruppen
Die Gleichung exp( X + Y) = exp X exp Y gilt nach 2. a) insbesondere dann, wenn X und Y proportional sind, also auf einer Geraden IKZ, Z i= 0, liegen. Die Gleichung besagt dann, daf3 exp ein Homomorphismus von der additiven Gruppe des 1-dimensionalen Vektorraums IKZ, und damit auch von (JR, +), in GL( n, IK) ist.
103
§ 1 Die Matrix-Exponentialabbildung
Definition. Ein stetig differenzierbarer Homomorphismus von der additiven Gruppe R in eine Untergruppe G von GL(n, IK) hei£t Einparametergruppe in G.
Beispiele haben wir bereits in Abschnitt 1 kennengelernt, niimlich t
~ exp t (~ ~) = (~ ~ )
und t
~ exp t (~ ~1) = (~~~: ~~~~ t)
,
von denen das erste eine Einparametergruppe in SL(2, lR), das zweite eine Einparametergruppe in SO(2) ist. Der folgende Satz gibt einen vollstiindigen Uberblick uber samtliche Einparametergruppen in GL( n, IK). Satz 3. ( a) Fur jedes X E Mat( n, IK) ist
,X :lR
~
GL(n, IK),
,x(t):= exp(tX)
eine Einparametergruppe in GL(n, IK). 'x ist beliebig oft difJerenzierbar mit
(b) Fur jede Einparametergruppe , in GL( n, IK) gilt
,= 'x
mit X:= 1'(0) .
Beweis. (a) Nach 2. b) gilt ,x(R) C GL(n, IK). Da sX und tX stets vertauschbar sind, gilt nach 2. a) ,x(s+t) = exp(sX +tX) = exp(sX)exp(tX) = ,x(shx(t). Den Rest beweisen wir durch vollstandige Induktion: Die Differenzierbarkeit und die Gleichung 1'x(t) = ,x(t)X = X,x(t) folgt mit der Kettenregel aus Satz 2 (a) und (*) in 1; man sieht es aber auch unmittelbar dem Differentialquotienten an. 1st die Behauptung fur k bewiesen, so sieht man, daB die k-te Ableitung t ~ ,~)(t) = ,x(t)X k nochmals differenzierbar ist mit der angegebenen Ableitung. (b) Sei 8(t) := ,(thX(t)-l = ,(t)exp(-tX) (vgl. 2. b». Es folgt 8(t) = 1'(t) exp( -tX)-,(t)X exp( -tX). Aus der Homomorphieeigenschaft von, folgt 1'(t) = ,(t)1'(O) = ,(t)X, und wir erhalten 8(t) = 0 fur alle t ER. Folglich ist 8 konstant; mit 8(0) = E erhalten wir E = ,(t) exp( -tX) = ,(thX(t)-l. 0 Corollar. Die Zuordnung X
~ 'x ist eine Bijektion von Mat(n,IK) auf die Menge der Einparametergruppen in GL( n, IK). 0
Bemerkung. Bei der Definition der Einparametergruppe kann man als Definitionsbereich statt Rein (beliebig kleines) offenes Intervall I mit 0 E I wahlen; denn zu tE R gibt es ein nEIN, so daB ~ El, also ,(t) = ,(n~) = , (~r E G.
104
Kapitel II. Abgeschlossene U ntergruppen von GL( n, lK)
Die Homomorphieeigenschaft wird darm ersetzt durch die Forderung: Fur alle s, tEl mit s+t E I gilt 7(s+t) = 7(sh(t). Man vergleiche hierzu die Definition des "lokalen Homomorphismus" in § 3.4. Das zentrale Thema in § 2 wird die Frage sein, fiir welche X E Mat( n, IK) exptX in einer gegebenen Untergruppe von GL(n, IK) liegt fUr alle t E ill, (oder alle tin einer offenen Umgebeung von 0 in R). 4. Die Gleichung exp X exp Y
= exp heX, Y)
Die in 1. bewiesene lokale Umkehrbarkeit der Exponentialabbildung laBt erwarten, daB man eine offene Umgebung U von 0 in Mat( n, IK) und eine Abbildung h: U x U ~ Mat(n,IK) so finden kann, daf3 expXexpY = exph(X,Y) gilt fur alle X, Y E U. Dies ist in der Tat moglich, und die sogenarmte CampbellHausdorff-Formel gibt eine Darstellung fiir eine solche Abbildung "in Kommutatoren von X und Y" (s.u.). Wir beweisen eine wesentlich schwachere Aussage, die aber fiir unsere Zwecke vollig ausreicht. Satz 4. Zu X, Y E Mat(n, IK) gibt es ein € > 0, und zu It I < Mat(n, IK), so daft (mit [X,Y) = XY - YX) 1
exp(tX)exp(tY) = exp(tX + tY + 2t2[X, Y) R(O)
= 0,
lim
t-+O
+ R(t»
ein R(t) E
€
,
~ R( t) = 0 .
t
Beweis. Zu X, Y E Mat( n, IK) definieren wir die Abbildung 7: R
~
Mat(n,IK),
7(t):= exp(tX)exp(tY) .
7 ist beliebig oft differenzierbar, und es gilt
(a) Wir wahlen gemaB 1., Satz 2 eine offene Umgebung von 0, die durch exp diffeomorph auf eine offene Umgebung U von E in GL(n, IK) abgebildet wird. Da 7 stetig ist, ist ::yl(U) offen; wegen 7(0) = E gibt es daher ein € > 0 derart, daB 7 (] - €, €[) C U. Zu jedem t mit It I < € gibt es ein eindeutig bestimmtes "7 (t) E Mat( n, IK), so daB (b)
7(t)
= eXP"7(t)
,
It I
JR ist. 20. Es seien G und H kompakte Gruppen. Man gebe ein invariantes Mittel I-' auf G XH an, so daB I-'(J g) = (fG f) (fH g) fiir stetige Funktionen f : G -> JR, 9 : H -> JR, wobei fg : G X H -> JR, fg(a,b) = f(a)g(b). 21. Es sei H der C-Vektorraum der homogenen Polynome aus C[x,yj vom Grad k (vgl. § 2.4). Man zeige: a) HI. ist ein U(2)-Modul bez. der Operation (Ap)(x,y) = p«x,y)A), A E U(2), pE HI..
Kapitel III. Darstellungen der klassischen Gruppen
184
b) Der Charakter Xk der so definierten Darstellung ist gegeben durch
(t E IR) . 22. Es sei Pk die Restriktion der in Aufgabe 21 definierten Darstellung von U(2) auf SU(2). Ferner sei U m fur m Ell. die Darstellung S1 ~ ex, z .-. zm von S1. Man zeige, daB U m ~ Pk : S1 X SU(2) ~ GL(Hk), (u m ~ Pk)(z,A)(p) = zmpk(A)(p) eine Darstellung von U(2) induziert, falls m+k gerade. Zu welcher der in Aufgabe 21 definierten Darstellungen von U(2) ist U m ~ Pk iiquivalent?
§ 2 Darstellungstheorie der klassischen Gruppen (globale Methode) 1. Darstellungen der symmetrischen Gruppen Sk
Es sei (kl, ... , k m ) eine Partition von k, d.h.
Wir veranschaulichen dies durch einen Rahmen
R:
mit m "Zeilen" und k; "Feldern" in der i-ten Zeile. Zum Beispiel gibt es fUr k = 3 genau die drei Rahmen
II
I
SJ §
entsprechend den drei Partitionen (3), (2,1), (1,1,1). Tragt man in jedes Feld des Rahmens R genau eine der Zahlen 1, ... , k ein, so nennen wir das Resultat ein zu R gehoriges Young-Tableau und bezeichnen es mit T(R) rider kurz T. Der einem Tableau T zugrundeliegende Rahmen sei R(T). Eine Permutation der Zahlen 1, ... , k, die die Zahlen jeder Zeile bzw. Spalte von T unter sich permutiert, heif3t Horizontal- bzw. Vertikal-Permutation. Offensichtlich bilden die Horizontal-Permutationen und die Vertikal-Permutationen jeweils eine Untergruppe von Ski sie wird mit H(T) bzw. V(T) bezeichnet. Schlief31ich bezeichnen wir fur 7r E Sk mit 7rT dasjenige Tableau, das zum gleichen Rahmen wie
§ 2 Darstellungstheorie der klassischen Gruppen (globale Methode)
185
T gehort, und wo 7r( i) in demjenigen Feld steht, in dem bei T die Zahl i steht (1 $ i $ k). Man bestiitigt leicht:
(1) fiir alle 7r E Sk. Sind R, R' Rahmen mit den Zeilenlangen k1, . .. ,km bzw. k~, ... , k~/ so set zen wir
R < R' :{:} k1 = k~, ... ,ki = k~,
ki+1 < k~+I
fiir ein geeignetes i ~ 0 (die weiteren Zeilenlangen spielen keine Rolle). 1st R < R' oder R = R', so schreiben wir wie iiblich R $ R'.
n V(T') (insbeson-
Lemma 1. Sind T, T' Tableaux mit R(T') $ R(T) und entha,lt H(T)
keine Transposition, so gibt es ein dere ist dann R(T) = R(T')).
7r
E
V(T)H(T), so daft 7rT'
=T
Beweis. Die Voraussetzung, daB H(T)nV(T') keine Transposition enthiilt, kann man so formulieren: Die Ziffern in einer beliebigen Zeile von T stehen bei T' in lauter verschiedenen Spalten. Wir beginnen mit der ersten Zeile von T. Da deren Ziffern in lauter verschiedenen Spalten von T' stehen, ist die Lange k~ der ersten Zeile von T' mindestens gleich der Lange k1 der ersten Zeile von T; nach Voraussetzung gilt k~ $ k1' also k1 = k~. Ferner gibt es eine Vertikalpermutation 0"1 E V(T'), die die genannten Ziffern in die erste Zeile von T' bringt. Abgesehen von der Reihenfolge stimmen also die erst en Ziffern von O"IT' und T iiberein. Mit dem gleichen Argument findet man k2 = k~ und ein 0"2 E V (O"IT') = 0"1 V(T')O"ll = V(T') (vgl. (1)), das die erste Zeile von 0"1 T' unverandert laBt und die Ziffern der zweiten Zeile von T (die bei 0"1 T' in lauter verschiedenen Spalten stehen) in die zweite Zeile von O"IT' bringt. In dieser Weise fortfahrend erhalten wir schlieBlich R(T') = R(T) und 0" := 0"1 0 ••• 0 O"m E V(T'), so daB jede Zeile von O"T' mit denselben Ziffern besetzt ist wie die entsprechende Zeile von T. Es gibt also eine Horizontalpermutation TJ E H(T), so daB O"T' = TJT, also O"-I TJ T = T' und T = TJ- 10"T'. Mit (1) folgt V(T)
= V(TJ- 10"T') = TJ- 10"V(T')0"-I TJ =
TJ- 1V(T')TJ ,
die letzte Gleichung wegen 0" E V(T'); es folgt TJ- 10"TJ E V(T). Mit (TJ- 10"TJ) TJ- 1 E V(T)H(T) ist 7rT' = TJ- 10"T' = T, w.z.b.w.
7r . -
0
Folgerungen. (a) 0" ¢ V(T)H(T) =? H(O"T) n V(T) enthiilt eine Transposition. Andernfalls giibe es nach dem vorstehenden Lemma (mit T' - T - ,O"T) ein 7r E V(O"T)H(O"T) = O"V(T)H(T)0"-1 mit 7rT = O"T, also 7r = 0" und folglich
0" E V(T)H(T). (b) R(T') < R(T)
=?
H(T) n V(T') enthiilt eine Transposition.
Nach diesen Vorbereitungen kommen wir zur Bestimmung der irreduziblen Sk-Moduln. Wir geben sie an als minimale Linksideale in der Gruppenalgebrau {:Sk und diese durch erzeugende Idempotente (vgl. § 1.8).
186
Kapitel III. Darstellungen cler klassischen Gruppen
Zu jedem Tableau T (mit k Feldern) definieren wir Elemente in (:Sk durch
A(T):=
L
f(7I") 71"
,
L
S(T):=
,..EV(T)
71"
und
l(T):= A(T)S(T) .
,..EH(T)
Es gilt f(T) '# 0, weil der Koeffizient von id in leT) gleich 1 ist: aus f(a)aTJ fur 17 E VeT) und TJ E H(T) folgt a,TJ E VeT) n H(T) = {id}. Weiter gilt
al(T)TJ = f(a)l(T)
fur alle
17
E
= id
V(T) , TJ E H(T) ,
was man unmittelbar an der Definition erkennt. Wir zeigen: Lemma 2. Gilt fur ein Tableau T und A E (:Sk
aATJ
= f(a)A
fiir alle
17
E
VeT) und TJ E H(T) ,
so ist A ein skalares Vielfaches von leT). Beweis. Sei A = L:a,..7I". Dann ist aATJ = L:a,..a7l"TJ = L:a x 7l" mit X a- 171"TJ- 1. Mit aATJ = f(a)A folgt
fur alle
17
E
VeT), TJ E H(T). Fur
71"
= aTJ folgt
Fur 71" ~ V(T)H(T) gibt es (Folgerung (a)) eine Transposition 7 E H(7I"T)n VeT). Es gilt 7 E VeT) und 71"-1 7 71" E 71"-1 H(7I"T)7I" = H(7I"-171"T) = H(T). Wir konnen in (*) also 17 = 7 und TJ = 71"-1 7 71" wahlen. Dann erhalten wir a,.. = -a,.., also
a,..
=0
fur alle
71"
~
V(T)H(T) .
Aus (* * *) und (**) folgt nun soforl die Behauptung: A = L: aUT/aTJ = aid L: f( 17 )aTJ = aidl(T), wobei uber alle TJ E H(T) und alle 17 E VeT) summiert
wird.
0
Satz 1. Es seien R 1, ... , R, samtliche (paarweise verschiedenen) Rahmen mit
k Feldern und Ti ein (beliebiges) Tableau zum Rahmen Ri. Dann ist jeder irreduzible Sk-Modul 'isomorph zu genau einem der (minimalen) Linksideale (:Skl(Ti)' 1 ~ i ~ 1. Beweis. Die Anzahl der im Satz genannten Linksideale ist gleich der Anzahl der Partitionen von k, und diese nach I, § 1.4,3 gleich der Anzahl cler Klassen konjugierter Elemente von Sk, also gleich cler Anzahl cler irrecluziblen Darstellungen von Sk nach § 1.8 Satz 27. Aufgrund von § 1.7 Satz 13 und § 1.8 Satz 25 ist der Satz bewiesen, wenn wir folgencles gezeigt haben:
§ 2 Darstellungstheorie der klassischen Gruppen (globale Methode)
187
1) Zu jedem Tableau T gibt es ein t E IN, so daJ3 I(T) := tl(T) ein primitives Idempotent ist. (Dann ist (;SkI(T) = (;SkI(T) ein minimales Linksideal.) 2) Sind T, T' Tableaux zu verschiedenen Rahmen, so gilt I(T){;SkI(T') = {OJ. (Die zugehorigen Linksideale sind dann nicht isomorph.) Zu 1): Nach Definition von A(T) und SeT) gilt aA(T) = e(a)A(T) und S(T)", = SeT) fiir alle a E VeT) und alle '" E H(T). Mit Lemma 2 folgt hieraus, daJ3 es ein t E (; gibt, so daJ3 I(T)2 = tl(T). Wir zeigen t = k!/d mit d := dim (;SkI(T). Dazu stellen wir die lineare Abbildung f : {;Sk - t {;Sk, A - t AI (wir schreiben kurz I statt I(T)) in zwei verschiedenen Basen durch Matrizen dar und vergleichen ihre Spuren. Zuerst wahlen wir die natiirliche Basis von {;Sk, d.h. die Elemente 1fl := id, 1f2, ... , 1fk! von Sk (in einer bis auf 1fl beliebigen Reihenfolge). Wegen I = id + E~~2 Q;1f; (nach Definition von I) mit geeigneten.Q; E 7l. folgt f(1fj) = 1f; + E~~2Q;1fj1f;. Fiir die Matrix M := (Q;;) von f bez. dieser Basis gilt also Q;; = 1 (1:::; i :::; k!), insbesondere SpurM = kL Andererseits wahlen wir eine Basis b1 , ••• , h! von {;Sk in der Weise, daJ3 bl, ... ,bd eine Basis von {;Sklist (also d = dim (;SkI). Es gibt dann b~ E CSk, so daJ3 b; = b~f; es folgt f(bj ) = bjP = tbj (1 :::; j :::; d). Ferner ist f(bj) E (;SkI fiir alle j, d.h. die Matrix M' von
f bez. (b;) hat die Gestalt
C!d
~), also
SpurM' = td. Da die Spuren von M und M' bekanntlich iibereinstimmen, folgt td = k! und I(T) := ~I(T) ist ein Idempotent in (;Sk . I(T) ist primitiv, denn wie oben folgt aus Lemma 2, daB I{;SkI C (;, mit I(T)idI(T) = I(T) folgt dimI{;SkI = l. Zu 2): Sei I = I(T), I' = I(T'). Da die Elemente von Sk eine Basis von (;Sk bilden, geniigt es, 11fI' = 0 zu zeigen fUr alle 1f E Sk.
Fall 1. R(T) < R(T'). Nach Folgerung (b) aus Lemma 1 gibt es eine Transposition r E VeT) n H( 1fT'). Es folgt r A(T) = -A(T) und S( 1fT')r = S( 1fT'), also A(T)S(1fT') = A(T)r 2S(1fT') = -A(T)S(T'). Mit S(1fT') = 1fS(T')1f- 1 (was man miihelos aus (1) schlieBt) folgt A(T)1fS(T') = 0 fiir alle 1f E Sk, also A(T)BS(T') = 0 fiir alle B E (;Sk; mit B := S(T)CA(T') folgt ICI' = 0 fiir alle C E (;Sk. Fall 2. R(T) > R(T'). Wie im Fall 1 wahlt man ein r E H(T) n V( 1fT') und erhiilt wie oben 0 = S(T)A( 1fT') = S(T)1f A(T')1f- 1 und hieraus I(T)1f J(T') = o fiir alle r E Sk. Damit ist 2) und somit der Satz bewiesen. 0 Bemerkung. Berechnet man I(T) und I(T)2, so erhiilt man als Koeffizienten von id in I(T)2 die Zalll t = k!/d und hieraus die Dimension d des minimalen Linksideals (;SkI(T). Wir geben noch die folgende Dimensionsformel an (fiir einen Beweis vgl. man [Boerner], IV, § 7) und diskutieren einige Beispiele.
Kapitel III. Darstellungen der klassischen Gruppen
188
Es sei T ein Tableau mit (k Feldem und) den Zeilenlangen k 1, ... , k m ; sei femer Ii := m + ki - i (1 ~ i ~ m). Dann gilt dim CSkI(T)
= k! II i~i
(1·a - ,JI·)
h .... /m.
(= 1 falls m = 1). Man kann beweisen (loc. cit.), daf3 diese Zahl gleich der Anzahl der Standard- Tableaux zum Rahmen R(T) ist, d.h. gleich der Anzahl derjenigen Tableaux mit zugrundeliegendem R(T), in deren Zeilen und Spalten die Ziffem von links nach rechts und von oben nach unten wachsen.
Bei-,piele. 1) R : 1 1 I··· 1 I. Hier ist m = 1, also d = 1; das einzige StandardTableau ist T : 1112/ ... I, es gilt I(T) = 11k! l:1I'ESk 71'.
~
2)
R: :
Hier ist m
Ii
=k+1 -
= k,
kl
= ... = k m = 1,
i (1 ~ i ~ k), Ii -Ii
=j
femer
.
- i; es folgt
= II7=2(h -Ii)'" (lk-l -I k) = (k -I)! ... 2!. I)! ... 2! ergibt sich d = k!.p = 1. Die Anzahl der
IIi. auf VkW mit der Eigenschaft >.(w®k) = 0 fur alle w E W mit pew) i- 0 gilt>. = O. Wir set zen '(bi1 V ... V bit) und definieren das Polynom q in den Unbestimmten tll ... ,tn durch q(tl, ... ,tn ):= LM(i).(w®k) und es folgt
q(w)p(w)
=0
fiir alle wE W
(denn fUr pew) i- 0 gilt nach Voraussetzung >.(w®k) = 0, also q(w) = 0). Foiglich ist q( w )p( w) das Nullpolynomj da p nach Voraussetzung von Null verschieden ist, ist q das Nullpolynom, woraus M(;) 0 (i EM), aj ~ 0 (j EN), (ai,aj) < 0 (beachte M n N = 0, (ai,aj) = !(ai,aj)(aj,aj)); es folgt, daB die Summe und damit jeder Summand = 0 ist, also aj = 0 (j E N) und M = 0. Folglich sind al, ... ,ak linear unabhiingig. Es sei schlief31ich a eine positive Wurzel. 1st a einfach, so ist a gleich einem der ai, mithin hat a eine Darstellung wie in (B2). Sei a nicht einfach. Dann gibt es positve Wurzeln (31, (32 mit a = (31 + (32. Entweder sind (3), (32 einfach, oder man kann sie weiter zerlegen als Summe positiver Wurzeln. Das macht man so lange, bis man a als Summe einfacher Wurzeln dargestellt hat. FaBt man gleiche Summanden zusammen, hat man die gewiinschte Darstellung. 1st a E R nicht positiv, so ist -a positivi damit ist bewiesen, daB {al, ... ,ad eine Basis von R ist. - Fiir eine beliebige Basis B von R und a, (3 E B, a f:. (3, ist a - (3 nach (B2) keine Wurzel; mit (7) folgt (a). Aus der Symmetrie von (-,-) und (a, (3) = 1/2(a, (3)((3, (3) mit (a, (3) = a(Hp) (s.o.) folgt (b). D
§ 2 Halbeinfache Lie-Algebren
229
Bemerkung 2. Man verifiziert muhelos, daB (ho)* von R aufgespannt wird, nach (B2) also auch von jeder Basis von R. Benutzt man noch, daB ho eine reelle Form von h ist, so folgt: 1st Beine Basis von R(C, h), so ist Beine lR-Basis von (h o)* und eine {:Basis von h*. Die HOI, a E B, bilden eine lR-Basis von ho und eine (:-Basis von h.
Definition. Die Matrix
heiBt Cartan-Matrix von C bez. der Basis at, ... ,an von R(C, h). Es gilt also fur l:::;i:::;n,
Cii
= 2
Cij
E -IN o ,
Cij
= 0 =>
Cji
=0
Man kann beweisen, daB eine halbeinfache komplexe Lie-Algebra durch ihre Cartan-Matrix (bis auf Isomorphie) eindeutig bestimmt ist; oder anders ausgedriickt, daB nicht isomorphe Lie-Algebren der genannten Art verschiedene Cartan-Matrizen haben. Eine einpragsamere Methode, den Isomorphietyp einer halbeinfachen komplexen Lie-Algebra zu beschreiben, besteht darin, dem Wurzelsystem ein Diagramm zuzuordnen, was folgendermaBen geschieht: Den Elementen at, ... ,a r einer Basis des Wurzelsystems ordnet man bijektiv r Punkte der Ebene zu, die ebenfalls mit al, ... ,a r bezeichnet werden. Man verbindet sodann ai mit aj (i f:. j) durch CijCji-Linien (die durch kein ak gehen fur k f:. i,j; Cij w.o.). Falls Cij f:. Cji, werden die Verbindungslinien von ai, aj mit einer Pfeilspitze versehen, und zwar in Richtung auf a j, wenn Cij < Cji. (Fur Beispiele vgl. 3.) Der so entstehende Graph heiBt Dynkin-Diagramm der Lie-Algebra. Wie fur Cartan-Matrizen gilt auch fur Dynkin-Diagramme, daB diese die LieAlgebra bis auf Isomorphie eindeutig bestimmen (insbesondere hangen beide nicht von der gewahlten Cartan-Algebra und nicht von der gewahlten Basis des Wurzelsystems ab).
3. Wurzelraum-Zerlegung von sl(n, C), so(n, C) und sp(n, CC) Fiir einen Teilraum V c Mat( n, (:), der nur aus Diagonalmatrizen besteht, sind die Linearformen 101, ••• ,IOn E V* definiert durch fi(D) := di (1:::; i :::; n), wenn D = [dl , ... ,dnl. Zur Abkurzung schreiben wir Ei fiir die Matrix Eii.
230
(A)
Kapitel IV. Halbeinfache komplexe Lie-Algebren g=sl(n+1,~),
= {X
E Mat(n
n~l
+ 1, ~);
SpurX
= O}
1) Cartansche Teilalgebra
h
= {[d1 , ••• ,dn +1 ); di
E
C, d1 + ... + dn +1
= O}
2) Wurzelsystem und Wurzelraume (i ~ i
#j
~ n
+ 1)
3) Basis
(1
~
i ~ n)
4) Positive Wurzeln fi -
fj
= ai + ai+l + ... + aj-l
5) Cartan-Matrix
2 -1 -1 2
+ 1)
6) Dynkin-Diagramm
0
.__ ..... _--
an
o (B) g
(1 ~ i < j ~ n
2 -1
-1 2
= so(2n + 1,~)
~ {X E Mat(2n + 1,e); X'F+FX ~ o}, F,~ (~ = {(
~t -~: -y
-x
;)
;x,y E
~n, A,B,C E Mat(n,~), Bt
0
!n
= ~B, c t = -C},
n ~2
1) Cartansche Teilalgebra
h = {[D, -D, 0); D
1
= [d1 , ••. ,dn ), di
E ~}
Wir wahlen hier fiir F nicht die Einheitsmatrix, urn h als Menge von Diagonalmatrizen zu erhalten. Diese Lie-Algebra ist natiirlich isomorph zur Lie-Algebra der schiefsymmetrischen Matrizen.
231
§ 2 Halbeinfache Lie-Algebren
2) Wurzelsystem und Wurzelraume
€i -€i
(1 " i " n) g"
€i -
€j
(i 1: j)
eo) g-" ~ C ( ~, ° ~ C G-e!° -ej °~) °° ,
gE;-fj
° (Eo; = C ° -Eji ~
°
°
n
3) Basis
G:i := €i -
€i+l
(1:::;: i :::;: n - 1), G: n :=
= [Ei - E i+1, -Ei + Ei+1,Oj Hn = [2En,-2En ,Oj Hi
€n
(1:::;: i :::;: n -1) ,
4) Positive Wurzeln
€i = G:i + ... + G:n-l + G: n €i - €j = G:i + ... + G:j-l €i + €j = G:i + ... + G:j-l + 2G:j
(l:::;:i:::;:n) (l:::;:i=:.
-2 2
9 = sp(2n, C) = {(
~ _~t) i A,B,C E Mat(n,C), Bt = B, C t = C},
1) Cartansche Teilalgebra
h = {[D, -Dji D = [d1 , ••• ,dnj, di E (!}
n
~3
232
Kapitel IV. Halbeinfache komplexe Lie-Algebren
2) Wurzelsystem und Wurzelraume
+ €j
(1
$ i $ j $ n)
-€i - €j
(1
$ i $'j $ n)
€i
3) Basis G:i := €i - €i+1
= [E, -
Hi
(1
$ i $ n-
1),
Ei+1, -Ei - Ei+ll
G: n
:= 2€n
(1 $ i$ n --'-1),
Hn
= [En' -Enl
4) Positive Wurzeln
+ ... + G:j-l €i + €j G:i + ... + G:j-l + 2G:j + ... + 2G: n - l + G: n 2€i = 2G:i + ... + 2G: n - l + G: n €i - €j
= =
G:i
6) Dynkin-Diagramm
5) Cartan-Matrix
2
-1
-1 2
0 -1 2
2 -1
o (D)
(l$i. E h*. (c) Esexistiert ein hochstes Gewicht.
Beweis. (h) p(H)(p(X",)(v)) = p([H,X",])(v) + p(X",)(p(H)(v)) a(H)p(X",)(v) + >'(H)p(X",)(v) = (a + >')(H)p(X",)(v) fUr alle v EVA. (a) Wegen (h) ist V' := L:AEr VA ein invarianter Teilraum von V, der wegen r ::I 0 von Null verschieden ist (V ::I {O} steckt in der Voraussetzung der Irreduzihilitiit von p), also V' = V. Die Summe ist direkt, weil Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten linear unahhiingig sind. (c) In der auf (ho)* hez. al, ... ,an gegehenen lexikographischen Ordnung sei >. ein maximales Element von r (r ist endlich). Wegen a > 0 fur alle a E R+ folgt >. + a> >., also>. + a f/. r. 0 Satz 1. 1st Vo ein maximaler Vektor der (irreduziblen) Darstellung p : g
vom Gewicht >'0, so gilt (a) V wird aufgespannt von den Vektoren p(Y;J ... P(Y;k)(VO) ,
1::; ill::; n, k E lN o .
(h) J edes Gewicht von p hat die Form n
>'0 - Lkiai, i=l
(c) dim VAo = 1.
(d) >'0 ist das einzige hochste Gewicht.
ki E lN o .
-t
gl(V)
237
§ 3 Darstellungen halbeinfacher Lie-Algebren
Beweis. (a) Sei V' der von den genannten Vektoren aufgespannte Teilraum von V. Wegen Vo E V' (wahle in dem obigen Ausdruck k = 0) gilt V' i: {O}. Da p irreduzibel ist, sind wir fertig, wenn gezeigt ist, daf3 V' invariant unter p ist. Offensichtlich gilt p(H)v E V' fiir alle H E h und v E V', ferner p(Yi)v E V' nach Definition von V'; mit p(Xi)P(Yi1) ... P(Yik)(vo) = p([Xi, Yi 1])P(Yi 2 ) ••• p(Yi k )( vo) - P(Yil )p(Xi)p(Yi 2 ) ••• p(Yi k )( vo) folgt durch Induktion p(Xi)(V') C V'. Da die Hi, Yi, Xi ein Erzeugendensystem der Algebra 9 bilden, ist damit die Invarianz, also ( a) bewiesen. (b) Offenbar ist jeder der in (a) genannten Vektoren Gewichtsvektor vom Gewicht >'0 - E:=l ai •. Durch Zusammenfassen von Summanden mit gleichem Index und Ordnen erhalt man den gewiinschten Ausdruck. (c) Nach (a) wird V~o selbst aufgespannt von Vektoren der in (a) genannten Form. Nach (b) hat jeder solche Vektor das Gewicht >'0 - ail - ... - aik mit geeigneter ill, k. Als Element von V~o hat er andererseits das Gewicht >'0, also folgt k = 0, und folglich wird V von Vo aufgespannt. (d) Ist >.~ ein weiteres hochstes Gewicht, so gilt nach (b) >.~ = >'0 - E kiai mit gewissen k i E IN o. Ersetzt man in (a) und (b) >'0 durch >.~ (und Vo durch ein v' E V~~), so erhalt man ebenso >'0 = >.~ - E k~ai' k~ E lN o; wegen der 0 linearen Unabhangigkeit der ai folgt 0 :s; ki = -k~ :s; 0, also ki =k~ = o. Satz2. (a) Zwei irreduzible Darstellungen mit hochsten Gewicht.en >'0, >.~ sind genau dann iiquivalent, wenn >'0 = >.~. (b) >. E h * ist genau dann hOchstes Gewicht einer irreduziblen Darstellung von g, wenn
>.(Hi) E lNo
(1:S; i
:s; n) .
Definition. >. E h* heiBt dominant, wenn >.(Hi) E lNo fur 1 :s; i Beweis. (a) ,,=>" ist fP : V
---+
:s; n.
V' eine Aquivalenz der Darstel1ungen p :
9 ---+ gl(V), p' : 9 ---+ gl(V'), also eine bijektive lineare Abbildung mit
fPo p(X) = p'(X) ofP, so ist fiir jeden Gewichtsvektor v E V von p stets fP( v) ein Gewichtsvektor von p' zum selben Gewicht. Mit Satz 1 (d) folgt >'0 = >.~, denn fUr einen maximalen Vektor Vo von V ist ja fP(vo) ein maximaler Vektor von V' zum Gewicht >'0; anderseits hat jeder maximale Vektor von V' das Gewicht >.~ .
,,{::" Es seien nun p : 9 ---+ gl(V), p' : 9 ---+ gl(V') irreduzible Darstellungen mit hochsten Gewichten >'0, >.~ und maximalen Vektoren vo, vh. Sei W·:= V EB V',6 : 9 ---+ gl(W), 6 := pEBp', also 6(X)( vEBv')= p(X)vEBpl(X)V'. Man erkennt ohne Miihe, daf3 Vo EB vh =: Wo ein maximaler Vektor von 6 ist zum Gewicht >'0 + >.~ =: Jlo. Sei U der von Wo erzeuge (irreduzible) g-Modul (Durchschnitt al1er 6-invarianten Teilraume von W, die Wo enthalten (dieser wird aufgespannt wie in Satz 1 beschrieben mit Wo statt vo)). Sei 7r' : W ---+ V' definierl durch 7r ' ( v EB v') := v'; sei femer 7r := 7r ' lu : U ---+ V'. Es gilt
Kapitel IV. Halbeinfache komplexe Lie-Algebren
238 11" 0
8(X)( v E& v') = 1I"(p(X)v E& p'(X)v') = p'(X)v' ,
8(X) 0 also ist
11"
11"( V E&
v')
= p(X)v' = p'(X)v'
,
ein Modul-Morphismus. Ferner ist
Zusammen folgt, daB 11"' surjektiv ist. Wir zeigen, daB 11" injektiv, also eine Aquivalenz von U auf V' ist: Es gilt Kern( 11") = V n U. Dies ist ein Untermodul von (U und) V. Da V irreduzibel ist, folgt V n U = {OJ oder V n U = V. Annahme: V n U = V. Dann gilt V C U, also Vein Untermodul von U. Da U irreduzibel ist und V ¥- {OJ, folgt V = U. Der maximale Vektor Vo von V ist also auch maximaler Vektor von U, also nach Satz 1 (c) Vo proportional zu Wo, was nach Definition von Wo aber unmoglich ist. Es folgt V n U = {OJ, also Kern(1I") = {OJ. U und V' sind demnach aquivalente Moduln. -Ebenso zeigt man, daB U und V aquivalente Moduln sind, folglich sind V, V' aquivalent, womit (a) bewiesen ist. (b) ,,::}" Sei A E h* hochstes Gewicht der irreduziblen Darstellung P : 9 --+ gl(V). Durch Restriktion erhalten wir Darstellungen Pi : si := CY; E& CHi E& CX i --+ gl(V). Da Si isomorph zu sl(2, C) ist, und ein maximaler Vektor v von P auch maximaler Vektor von Pi ist (es gilt ja p(XfJ)v = OV{3 E r+, insbesondere fur (3 = ai), ist nach der Darstellungstheorie von sl(2, C) jedes hochste Gewicht von Pi gleich einer nicht-negativen ganzen Zahl, andererseits gleich A(Hi)' denn Pi(Hi)v = p(Hi)V = A(Hi)V. Es folgt
ACHi ) E INo
fur i = 1, .. . ,n .
,,{=" Es bleibt zu zeigen, daB zu jedem A E h*, welches die vorstehende Eigenschaft hat, eine irreduzible Darstellung von 9 existiert, deren hochstes Gewicht gleich A ist. Statt eines allgemeinen Beweises geben wir im nachsten Abschnitt "konkrete" Modelle fur sl(n, C), so(n, C), sp(n, C) mit Hilfe der in Kapitel III durchgefuhrten Zerlegung von Tensorpotenzen. 0
Zunachst geben wir noch eine zweckmaBige Charakterisierung der dominanten Gewichte, also derjenigen Linearformen auf h, die als hochste Gewichte irreduzibler Darstellungen halbeinfacher komplexer Lie-Algebren auftreten. Es sei WI, ... ,W n die duale Basis zu HI, . .. ,Hn' also
Offensichtlich sind WI, ••. ,W n dominant, also Gewichte irreduzibler Darstellungen von g. Definition. WI,'" ,Wn heiBen Fundamentalgewichte (zur Basis aI,'" ,an von R). Diejenige irreduzible Darstellung von g, deren hochstes Gewicht Wi ist, heiBt i-te Fundamentaldarstellung.
239
§ 3 Darstellungen halbeinfacher Lie-Algebren
Satz 3. A E h* ist gena'U dann dominant, wenn es sich darstellen lapt in der Form mit mi E 1No . Beweis. Sei A dominant, also A(Hj) E 1No(l :5 j :5 n). Da WI! ... ,Wn eine Basis von h* ist, gibt es ai E «::, so daB A = E~=l aiWi. Es folgt A(Hj ) = E~=l aiwi(Hj) = E~=l aiOij = aj, mit mi := A(Hi) also A= E~l miWi, mi E 1N o. Umgekehrt folgt aus A= E~=l miWi mit mi E 1No sofort A(Hj) = mj E 1No, also A dominant. 0
Der folgende Satz zeigt, wie man - ausgehend von den Fundamentalmoduln - zu jedem dominant en Gewicht A einen irreduziblen Modul mit hochstem Gewicht A erhalten kannj eine "konkrete" Beschreibung liefert dieser Satz jedoch nicht. 1m folgenden Abschnitt geben wir Modelle solcher Moduln an als "Ableitungen" der in III, § 2 konstruierten Moduln der entsprechenden Gruppen. Satz 4. Es seien Wi (1 :5 i :5 n) die Pundamentalgewichte l10n g, Vi die F'Undamentalmod'Uln, Vi E Vi mazimale Vektoren 'Und A = ml WI + ... + mnWn ein dominantes Gewicht. Dann ist V --
v@ m1
I
1O.
IO.v@m n
'C)J • • • 'C)J
n
ein mazimaler Vektor des g-Mod'Uls
110m Gewicht A. Der l10n V erze'Ugte Untermod'Ul yeA) := gv ist ein irred'Uzibler g-Mod'Ul mit hochstem Gewicht A 'Und maximalem Vektor v.
Dies ist klar nach Definition des Tensorproduktes von g-Moduln. Man beachte, daB yeA) im allgemeinen nicht irreduzibel, also yeA) ein echter Untermodul von YeA) ist. 0
2. Die irreduziblen Darstellungen von sl(n, C), so(n, C) und sp(n, C) Mit Hilfe der Angaben in § 2.3, (A)-(D) erhaIt man durch eine leichte Rechnung die folgende Liste der durch wi{Hj) = Oij definierten FUndamentalgewichte der in der Uberschrift genannten Lie-Algebren:
240
Kapitel IV. Halbeinfache komplexe Lie-Algebren
g
Fundamentalgewichte von g
+ 1, C) so(2n + 1)
sl(n
n:2:1
Wi = €l
n:2:2
Wi = €l
+ ... + €i + ... + €i
1 ::; i ::; n 1 ::; i ::; n - 1
Wn=H€I+ ... +€n)
sp(2n, C)
n:2:3
so(2n, C)
n:2:4
= €l + ... + €i Wi = €l + ... + €i
1 ::; i ::; n
Wi
+ ... + €n-"l - en) + ... + €n-l + en)
1 ::; i ::; n - 2
Wn-l = t(€l Wn = t( €l
Nach 1. Satz 3 sind die dominant en Gewichte genau die Linearkombinationen ,\ = miwi + '" + mnWn mit mi E IN o. Setzt man hier die Wi aus der vorstehenden Liste ein, so erhaJt man ,\ als Linearkombination in den €;, und der nachste Satz gibt notwendige und hinreichende Bedingungen fiir deren Koeffizienten, daB ,\ dominant istj damit kommen wir wieder zuriick an den Ausgangspunkt der Darstellungstheorie der klassischen Gruppen, niimlich den Partitionen natiirlicher Zahlen (oder, was dasselbe ist, den Young-Rahmen). Zur Abkiirzung nennen wir ein Gewicht ,\ ganz, wenn in der Darstellung ,\ = kl€1 + ... + kn€n samtliche k i in 7l.. sind, und halbganz, wenn jedes k i die Hiilfte einer ungeraden ganzen Zahl ist. Satz 5. Die Linearform,\ = kl €I Gewicht von g, wenn fur
a) g = sl(n
+.. .+kn€n
+ 1, C), n :2: 1 oder g = ,\ ganz und
b) g = so(2n
kl
E h* ist genau dann ein dominantes
sp(2n, C), n
:2: 3:
:2: ... :2: k n :2: 0 j
+ 1, C), n :2: 2:
,\ ganz oder halbganz und
kl
:2: ... :2: k n :2: a j
c) g = so(2n, C), n :2: 4: ,\ ganz oder halbganz und
ki
:2: ... :2: kn - l :2: Ikn I .
Beweis. Man setzt die Wi aus der vorstehenden Liste in ,\ = ein und ordnet nach €i.
kIWI
+ ... + knw n
Die ganzen dominant en Gewichte der obigen Lie-Algebren sind also
und - im Fall so(2n, C) - auf3erdem
,\ = ki €l + ... + k n - l €n-l
-
kn€n,
ki
wie zuvor .
0
241
§ 3 Darstellungen halbeinfacher Lie-Algebren
Wir haben dies nochmals hervorgehoben, weil es genau diejenigen Gewichte sind, die als "dominante Gewichte der klassischen Gruppen" auftreten; dabei heiBt A Gewicht einer Darstellung p : G - GL(V) der halbeinfachen komplexen Gruppe G (CG ist also halbeinfach und komplex), wenn A ein Gewicht von Cp ist.
Satz 6. Die Gewichte der Darstellungen von SL( n, e), n n #- 4 und Sp(2n, e), n ~ 1 sind ganz.
~
2; SOC n, e), n
~
3,
Beweis. Sei p : G _ GL(V) eine Darstellung von G und 8 := Cp. Fur die im folgenden benutzte Darstellungstheorie vgl. man III, § 1.5 Satz 7. Durch
( cost sin t
- sint) cos t
f-+
. po eXPG(ztH)
(t E JR.)
wird fill jedes H E heine Darstellung von SO(2) definiert. Foiglich gibt es E 71., so daB p 0 eXPG (z·tH) = [itml e , ... ,e itm,)
mi
(bez. einer geeigneten Basis von V). Aus poexPG( itH) = eXPgl(V) (its( H» folgt durch Ableiten an der Stelle t = 0, daB die Eigenwerte von p(H) ganze Zahlen sind, woraus die Behauptung folgt. 0 Wir fassen die Ergebnisse aus III, § 2.3-5 zusammen zur "Realisierung" der irreduziblen g-Moduln mit den o.g. ganzen hochsten Gewichten. Dazu sei T das Normaltableau mit den Spaltenlangen Ii, 11 ~ 12 ~ ... ~ In ~ 0 und den Zeilenlangen ki, kl ~ k2 ~ ... ~ k n ~ o. (T hat also hochstens n Zeilen.) Wie in den o.g. Abschnitten set zen wir
mit der kanonischen Basis el, ... ,em von V = em; hierbei sei
n+1 imFallg=sl(n+1,e) { m = 2n + 1 im Fall 9 = so(2n + 1, e) 2n
im Fall 9
= so(2n, e) und 9 = sp(2n, e)
Offensichtlich ist Vo ein Gewichtsvektor des g-Moduls V®k zum Gewicht
Satz 7. (a) Fur 9 = sl(n + 1, e) ist I(T)V®k ein irreduzibler g-Modul mit hochstem Gewicht Ao und maximalem Vektor Vo. (b) Fur 9 = so(2n + 1, e), 9 = sp(2n, e) und, falls k n = 0, fur 9 = so(2n, e) ist I(T)vl ein irreduzibler g-Modul mit hochstem Gewicht Ao und maximalem Vektor Vo.
242
Kapitel IV. Halbeinfache komplexe Lie-Algebren
(c) Fur 9 = so(2n, C), k n i= 0 zerfiillt I(T)Vl wie in III, §2.5 angegeben in zwei (nicht isomorphe) irreduzible g-Moduln gleicher Dimension, von denen einer AO als hochstes Gewicht und vo als maximalen Vektor hat, wiihrend der andere Al) := k1 €1 + ... + k n - 1€n-1 - kn€n als hochstes Gewicht hat mit maximalem Vektor vi), den man aus vo erhiilt, indem man alle Indizes, die gleich n sind, durch 2n ersetzt. 0 Carallar. Der Fundamentalmodul von 9 zu Wk ist
I\k C n+1 I\kC 2n+1 I\k C 2n
fiir g=s[(n+l,(;) , fiir 9 = so(2n
+ I,C)
fiir 9 = so(2n, C) ,
l::;k::;n,
, 1::; k ::; n - 1 , l::;k::;n-2,
Beweis. Die ganzen Fundamentalgewichte sind nach der vorstehenden Liste genau Wk = €1 + ... + €k mit den a.g. Bedingungen fiir k. Die irreduziblen g-Moduln mit Wk als hochstem Gewicht sind nach dem vorstehenden Satz also, wenn T das nebenstehende Tableau bezeichnet, I(T)(C n+ 1)®k im Fall 9 = sl(n+l, C), und in allen anderen Fallen I(T)(cm)~ mit m = 2n+ 1 bzw. m = 2n (s.o.). Damit ist die Behauptung fiir 9 = sl(n + 1, C) (nach Definition von ~) schon bewiesen. Fiir die iibrigen FaIle hat man I(T)(cm)~ = I(T)(Cm)®k zu verifizieren (Aufgabe 8). 0 Bemerkungen. 1) Fiir 9 = so(2n + 1, C) ist f\c 2n+ 1 ein irreduzibler Modul mit hochstem Gewicht €1 + ... + €n = 2w n . 2) Fiir 9 = so(2n, C) ist f\-1 c 2n ein irreduzibler Modul mit hochstem Gewicht €1 + ... + €n-1 = Wn -1 + Wn , wahrend f\C 2n in zwei irreduzible Untermoduln mit hochsten Gewichten €1 + ... + €n = 2w n bzw. €1 + ... + €n-l - €n = 2W n -1 zerfallt. 3) Die Fundamentalmoduln von sp(2n, C) sind I(T)(c2n)~k, k = 1, ... ,n, dies si~d aber echte Untermoduln von ~c2n.
4) Die Fundamentaldarstellung von so(2n + 1, C) zu Wn heiBt Spin-Darstellung, die Fundamentaldarstellungen von so(2n, C) ZU Wn-1 und Wn heiBen Halbspin-Darstellungen. Sie kommen nach Satz 6 nicht als Ableitungen von Darstellungen der Gruppe SO(2n + 1, C) bzw. SO(2n, C) vor, aber als Ableitungen ihrer universellen Ubedagerungsgruppe Spin(2n + 1) bzw. Spin(2n); man spricht gelegentlich von "zweideutigen Darstellungen" von SO(2n + 1, C) bzw. SO(2n, C). Aufgaben 1.
=
Es sei 9 8/(2, C) und Vein irreduzibler g-Modul mit maximalem Vektor Vo vom Gewicht k (also X Vo 0, H Vo kvo j Y, H, X bezeichnet die kanonische Basis von 9 wie in § 1.1, Beispiel). Man zeige, daB k, k - 2, ... , - k
=
=
§ 3 Darstellungen halbeinfacher Lie-Algebren
243
die Menge der Gewichte von V ist (bez. der Cartanschen Teilalgebra CH von
g), und daB V k - 2i = CVi der Gewichtsraum zum Gewicht k - 2i ist, wenn Vi = yivo (:= Y(Y ... (Yvo) .. .), i-mal), i = 1, ... ,k. Man schliel3e hieraus, daB jeder irreduzible g-Modul isomorph ist zu genau einem der in § 1.1 angegeben. 2.
Es sei Vein (nicht notwendig irreduzibler) sl(2, C)-Modul, V O , VI die Gewichtsraume zu den Gewichten 0 bzw. 1. Man zeige, daB in jeder Zerlegung von V als direkter Summe irreduzibler Moduln die Anzahl der direkten Summanden gleich dim Vo + dim Vi ist.
3.
Sei 9 = sl(2, C), £ = sl(3, C), F : 9
->
£ definiert durch Z
1-+
(~ ~)
fur
Z E g. Man zeige, daB £ ein g-Modul ist bez. (Z,U) 1-+ [F(Z),Uj, Z E g, U E £, und daB £ ~ Vo Ef) Vi Ef) Vi Ef) V2 (als g-Moduln; Vk irreduzibler g-Modul mit hochstem Gewicht k). 4.
Fur die Lie-Algebren (A)-(D) in § 2.3 bestimme man maximale Vektoren der adjungierten Darstellung und die zugehorigen (hochsten) Gewichte; man bestimme samtliche Gewichte dieser Darstellungen.
5.
Fur jede (endlich-dimensionale) Darstellung p einer Lie-Algebra £ ist (X, Y) := Spur(p(X) 0 p(Y)), X, Y E £, eine ad-invariante symmetrische Bilinearform auf
£. 6.
Man gebe die adjungierte Darstellung von sl( n + 1, C) in der Form J(T)V®k an.
7.
Es sei 9 = so(m, C) oder 9 = sp(mC), V = C m der gewohnliche g-Modul. Man identifiziere V @ V mit Mat( m, C) und schreibe die Operation von 9 auf V @ V in Matrixform. Es sei S( m, C) der g-Modul der symmetrischen, A( m, C) der g-Modul der schiefsymmetrischen Matrizen. Man zeige a) S(m, C) besitzt einen 1-dimensionalen so(m, C)-Untermodul, A(m, C) ist irreduzibel als so( m, C)-Modul. b) A(m, C) besitzt einen 1-dimensionalen sp(m, C)-Untermodul, S(m, C) ist irreduzibel unter sp( m, C). c) Man zerlege S(m,C) bzw. A(m,C) in irreduzible so(m, C)- bzw. sp(m,C)Moduln.
8.
Bezuglich einer nicht-ausgearteten symmetrischen Bilinearform auf V = cm sei vl der Raum der spurlosen Tensoren in V®k (III, § 2.4). Man beweise J(T)Vl = wenn T das Normaltableau zum Rahmen mit einer Spalte und k Feldern bezeichnet.
XV,
Literatur
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Symbol verzeichnis
7l IN
Ring der ganzen Zahlen 5 Menge (Halbgruppe) der natiirlichen Zahlen (ganze Zahlen :2: 1) 5
INo = IN U {O} CQ, IR, C Korper der rationalen, reellen bzw. komplexen Zahlen 5 1H Schiefkorper (genauer: Divisionsalgebra) der Quaternionen 31 IK "Sammelbezeichnung" fiir IR, C und 1H N