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German Pages XVIII, 336 [352] Year 2020
Armin Töpfer
Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit Anforderungen – Umsetzung – Praxisbeispiele
Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit
Armin Töpfer
Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit Anforderungen – Umsetzung – Praxisbeispiele Unter Mitwirkung von Patricia Leffler und Steffen Silbermann
Armin Töpfer Technische Universität Dresden Dresden, Deutschland
ISBN 978-3-658-32018-8 ISBN 978-3-658-32019-5 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort Fragen und Inhalte zur Messung und Bewertung von Kundenzufriedenheit sind ein klassisches Thema, das die Wissenschaft und die Unternehmenspraxis seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts relativ intensiv beschäftigt. Wesentliche Stadien dieser Entwicklungslinien werden im vorliegenden Fachbuch für die Praxis als wichtiges Fundament der aktuellen Diskussionen aufgezeigt. Es bestand bereits frühzeitig Klarheit darüber, dass Kundenzufriedenheit allein als Erfolgsindikator unternehmerischer Tätigkeit nicht ausreicht. Vielmehr kommt es darauf an, Kunden möglichst zu begeistern und an das eigene Unternehmen zu binden. Kundenbindung ist deshalb die wesentliche inhaltliche Weiterentwicklung des Kundenzufriedenheits-Managements. In neueren Entwicklungen der vergangenen ca. 20 Jahre sind ergänzende inhaltliche Konzepte insbesondere durch den Einsatz von Online-Befragungstechniken sowie insgesamt durch den aktuellen Einsatz der Digitalisierung von Prozessen und Messsystemen entstanden. In den Kriterien der Predictive Analytics nehmen Messgrößen für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung deshalb einen zentralen Platz und Stellenwert ein. Hinzu gekommen ist vor allem auch das Thema Agilität und damit Geschwindigkeit von Zufriedenheits- und Bindungsmessungen. War anfänglich der Standard der Messperioden ein oder mehrere Jahre, so haben sich in jüngster Zeit die Messzyklen verkürzt, bis auf tagesaktuelle Messungen, die durch Online- und Digitalisierungstechniken möglich geworden sind. Das Ergebnis ist dann Servicequalität in Echtzeit sowie die Analyse des Net Promoter Score® als aus Kundensicht mehr oder weniger ausgeprägte Bereitschaft zum Wiederkauf und vor allem auch zur Weiterempfehlung des bewerteten Unternehmens. Um diesen neueren Entwicklungen gerecht zu werden, geben wir dem Leser einen Überblick über den neuesten Stand der ganzheitlichen Kundenorientierung als Customer Centricity, Customer Journey, Customer Experience und der gewonnenen Customer Insights sowie über die Anforderungen eines umfassenden und mehrstufigen Supply Chain Managements. Zusätzlich zeigen wir aktuelle Ausprägungen von Social Media auf. Im Hinblick auf Auswirkungen der Digitalisierung stellen wir das Instrument der Messung von Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® vor. Ergänzt werden Kundenzufriedenheits- und Kundenbindungsmessungen seit einiger Zeit systematisch durch Vorgaben der angestrebten strategischen Positionierung eines Unternehmens. Hieraus lassen sich Soll-Anforderungen an die Inhalte, das Niveau und die Qualität von Zufriedenheits- und Bindungsgraden auf der Basis von ausformulierten Positionierungsstrategien ableiten. In der Unternehmenspraxis ist die bewusste Vernetzung von strategischer Positionierung und Kundenzufriedenheits-Management aber noch kein stän-
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Vorwort
dig praktizierter Standard. Dabei geht es nicht nur um die Bestimmung von Erfolgsfaktoren und erreichten Reifegraden, sondern vor allem auch um das Erkennen von wesentlichen, zum Teil sogar gravierenden Defiziten aus Sicht der Kunden, um auf dieser Basis gezielt Verbesserungsmechanismen und Lösungskonzepte zu entwickeln. Die mit diesem Buch verfolgten Lernziele Nach der Durcharbeitung dieses Fachbuches für die Praxis sollte der Leser ein vertieftes Verständnis dafür erworben haben, was Kundenorientierung bei einer angestrebten und realisierten Positionierung des Unternehmens bedeutet und welche Anforderungen aus dieser Zielsetzung für die Gestaltungsmaßnahmen im Unternehmen erwachsen. Im Ergebnis sollten die Konstrukte Kundenzufriedenheit und Kundenbindung als zwei wesentliche Bestandteile der Kundenorientierung eines Unternehmens in ihrem Wirkungszusammenhang für den Leser theoretisch nachvollziehbar und praktisch umsetzbar sein. An zahlreichen Praxisbeispielen werden die Bestandteile eines Messinstrumentariums sowie die Vorgehensweise beim Einsatz eines Customer Satisfaction Measurement vermittelt. An diesen Beispielen lässt sich der Erfolg oder Misserfolg und damit der Handlungsbedarf in der Unternehmenspraxis ableiten. Acknowledgements Ein derartiges über mehrere Jahre gewachsenes Fachbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Basis entsteht nicht ohne zahlreiche und vor allem fachkundige sowie engagierte Partner und Akteure. Sie können hier nicht alle namentlich erwähnt werden. Aus dem Literaturverzeichnis lassen sich Ergebnisse dieser gemeinsamen Arbeiten unmittelbar nachvollziehen. Erwähnt werden sollen auf jeden Fall zwei Partner, die mit viel Engagement und Unterstützung sowie Fachwissen und Diskussionsbereitschaft das Zustandekommen dieses Buches in der vorliegenden Form gefördert haben, nämlich Frau Dipl. Wi.-Ing. Patricia Leffler, Projektleiterin der Forschungsgruppe Marktorientierte Unternehmensführung (FGMU), Technische Universität Dresden, und Dr. Steffen Silbermann, Geschäftsführer der M+M Management + Marketing Consulting GmbH in Kassel. Ihnen sei stellvertretend für alle anderen Mitwirkenden sehr herzlich gedankt. Armin Töpfer Dresden und Bad Krozingen im September 2020
Inhaltsverzeichnis Vorwort ........................................................................................................................... V Glossar ........................................................................................................................... XI 1 Kundenorientierung und Positionierung ............................................................ 1 1.1 Ausgangssituation – Die angestrebte Positionierung .................................... 1 1.2 Kundenorientierung – Eine Begriffsdefinition .............................................. 6 1.3 Customer Relationship Management (CRM) als ............................................ ganzheitliche Kundenorientierung ................................................................ 7 1.4 Beispiele für mangelnde und hohe Kundenorientierung ............................. 12 1.5 Ausrichtung auf die „richtigen“ Kunden ..................................................... 20 1.6 Die neue Rolle des Marketing als Ausdruck der veränderten ......................... Marktbedingungen ...................................................................................... 25 1.6.1 Der Übergang vom klassischen zum erweiterten Marketingansatz ........ 25 1.6.2 Der Übergang vom Beeinflussungs- zum Beziehungsmarketing ........... 26 1.6.3 Value Marketing als Erfolgspartnerschaft mit Kunden .......................... 27 1.6.4 Voraussetzungen und Wirkungen der Customer Centricity ....................... – Ein 13-Punkte-Programm .................................................................... 35 1.6.5 Das Marketing-Pentagon ........................................................................ 38 1.7 Ganzheitliche Sichtweise: Der Kunde im Zentrum für das ............................. Unternehmen in allen Kontaktphasen, digitalen Daten und ............................ Steuerungssystemen .................................................................................... 43 1.8 Entwicklung und Bedeutung von Social Media .......................................... 49 1.8.1 Social Media-Nutzung in Unternehmen ................................................. 52 1.8.2 Herausforderungen für Unternehmen bei der Social Media-Nutzung .... 55 1.8.3 Strategischer Ansatz im Social Media-Management.............................. 56 1.8.4 Influencer als neues Marketing-Instrument ............................................ 59 1.8.5 Social Media im Krisenmanagement ..................................................... 61 2 Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen ............................... 65 2.1 Kundenorientierung als Unternehmensphilosophie .................................... 65 2.2 Zehn Grundsätze einer kundenorientierten Unternehmensstrategie ............ 69 2.2.1 Kundenerwartungen ............................................................................... 70 2.2.2 Strategische Positionierung .................................................................... 74 2.2.2.1 Das Strategie-Portfolio ................................................................. 74 2.2.2.2 Outpacing-Strategie als Königsweg der Ambidextrie................... 75 2.2.3 Benchmarking ........................................................................................ 86 2.2.4 Null-Fehler-Philosophie ......................................................................... 89 2.2.5 Kundenzufriedenheit und Kundenbindung............................................. 91 2.2.6 Prozessorientierung ................................................................................ 95
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2.2.7 Kundenorientierte Organisation .............................................................. 99 2.2.7.1 Kommunikation mit dem Kunden ............................................... 100 2.2.7.2 Beschwerdemanagement ............................................................. 109 2.2.7.2.1 Beschwerdeaktivitäten......................................................... 112 2.2.7.2.2 Anforderungen an das Reaktionsverhalten .......................... 115 2.2.7.2.3 Auswirkungen der Behandlung von Beschwerden .............. 118 2.2.7.2.4 Konzeption eines fortschrittlichen ............................................. Beschwerdemanagements .................................................... 125 2.2.7.3 Customer Integration .................................................................. 143 2.2.8 Mitarbeiterorientierung und -zufriedenheit ........................................... 143 2.2.9 Kontinuierliche Verbesserung .............................................................. 147 2.2.10 Synergie durch Vernetzung ................................................................... 148 3 Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit.......................................... 153 3.1 Die Definition des Konstrukts Kundenzufriedenheit ................................. 153 3.2 Die Stufen der Wirkungskette ................................................................... 153 3.3 Die Stufen der Kundenzufriedenheit ......................................................... 155 3.4 Die Indifferenzzone ................................................................................... 156 3.5 Das Spektrum der Kundenzufriedenheit .................................................... 157 3.6 Die ABC-Analyse der Kundenanforderungen/-erwartungen ..................... 159 4 Customer Satisfaction Measurement (CSM) .................................................. 161 4.1 Klassische Marktforschung vs. Customer Satisfaction Measurement ....... 161 4.2 Umsetzungslücken serviceorientierter Qualität ......................................... 165 4.3 Analyseverfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit ......................... 166 4.3.1 Darstellung des ereignisorientierten Ansatzes und der ............................... Messtechniken ...................................................................................... 168 4.3.1.1 Identifikation der Kontaktpunkte ................................................ 169 4.3.1.2 Qualitative Kontaktpunktmessung .............................................. 170 4.3.1.3 Quantitative Kontaktpunktmessung ............................................ 171 4.3.2 Merkmalsorientierter Ansatz und Messtechniken ................................. 172 4.3.2.1 Vergleich von merkmals- und ereignisorientiertem Ansatz ........ 176 4.3.3 Berechnung des Customer Satisfaction Index....................................... 178 4.3.3.1 Grundannahmen .......................................................................... 178 4.3.3.2 Vorgehensweise bei der Berechnung des CSI ............................. 181 4.3.3.3 Ableitung des Handlungsbedarfs................................................. 184 4.3.3.4 Empfehlungen für die Anwendung ............................................. 187 4.4 Messung und Steuerung der Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® ............ 189 4.4.1 Wesentliche Eckpfeiler und Erfolgskriterien bei der Anwendung ........ 190 4.4.2 Erfolgsfaktoren für die Erfassung und Steuerung von ................................ Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® ..................................................... 195
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4.4.3
Fallbeispiel: Kundenzufriedenheit durch Service-Qualität in ................... Echtzeit (SQE)® in Medizinischen Versorgungszentren ........................... – Geleistete Servicequalität täglich auf dem Schirm ............................ 197 4.4.3.1 Unternehmen .............................................................................. 197 4.4.3.2 Motivation .................................................................................. 198 4.4.3.3 Lösung ........................................................................................ 198 4.4.3.4 Ergebnisse................................................................................... 199 5 Zehn Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit ....... 203 5.1 Anlass und Anstoß durch die Geschäftsleitung......................................... 204 5.2 Zusammensetzung eines interdisziplinären CSM-Teams ......................... 205 5.3 Auswählen der Kundengruppen ................................................................ 206 5.4 Fragenkatalog für die Kundenzufriedenheit .............................................. 207 5.5 Befragungsmethode auswählen und Pre-Test durchführen ....................... 209 5.6 Stichprobengröße und Durchführung der Befragung: .................................... Wie viele Kunden werden befragt? ........................................................... 212 5.7 Datenauswertung und Ergebnisdarstellung ............................................... 222 5.8 Ergebnispräsentation und Verbesserungsmaßnahmen .............................. 228 5.9 Projektcontrolling für die Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen .... 231 5.10 Controlling der Verbesserungen beim Wiederholen der CSI-Analyse ..... 232 5.11 Stolpersteine und Umsetzungsprobleme ................................................... 234 6 Effiziente Kundenbindung ............................................................................... 237 6.1 Kundenzufriedenheit ist erst der Anfang .................................................. 237 6.2 Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für Kundenbindung ...................... 238 6.3 Wesentliche Ansatzpunkte für Kundenbindung ........................................ 243 6.4 Instrumente der Kundenbindung ............................................................... 245 6.4.1 Kundenorientierte Produkt- und Produktprogramm-Entwicklung ....... 245 6.4.2 Kundenbindung in der Phase der Produktvermarktung ........................ 249 6.4.3 Kundenbindung in der Phase der Kaufentscheidung ............................ 257 6.4.4 Kundenbindung in der Nachkaufphase ................................................ 260 6.4.5 Wesentliche Fallen bei der Umsetzung für eine ......................................... erfolgreiche Kundenbindung ................................................................ 270 6.5 Die Messung der Kundenbindung ............................................................. 281 6.5.1 Beziehung zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung .......... 281 6.5.2 Vorbetrachtungen zur Berechnung des ....................................................... Kundenbindungsindex (KBI) ................................................................ 282 6.5.3 Der operative und strategische Kundenbindungsindex.......................... 285 6.5.4 Die Berechnung des Kundenbindungsindex .......................................... 287 6.5.4.1 Grundannahmen ......................................................................... 288 6.5.4.2 Die Ermittlung des KBI.............................................................. 289 6.5.4.3 Die Felder des KBI..................................................................... 290
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6.5.4.4 Vorstellung der Gaps .................................................................. 294 6.5.4.5 Analyse und Schlussfolgerungen aus dem KBI .......................... 295 7 Wissen und Umsetzung ..................................................................................... 299 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................. 301 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 305 Stichwortverzeichnis..................................................................................................... 333 Der Autor ...................................................................................................................... 335
Glossar Ambidextrie Ambidextrie kennzeichnet die Zweiseitigkeit und damit die Beidhändigkeit des ganzheitlichen Handelns. Diese erfolgt in der Weise, dass zum einen die harten Faktoren der Gestaltung, also z.B. Wertschöpfungsprozesse, in das Handlungsspektrum aktiv einbezogen werden. Aber zum anderen auch die weichen Faktoren, also z.B. das persönliche Eingehen auf die Kundenbelange und damit Serviceorientierung sowie Empathie der Mitarbeiter. Beide zusammen kennzeichnen erst eine kundenorientierte Unternehmenskultur und hohe Service-Exzellenz. Beziehungsmarketing/Relationshipmarketing Bezeichnet den erweiterten Marketingansatz, der darauf ausgerichtet ist, die neuen Kunden an das Unternehmen zu binden und zufriedenheitsorientierte Beziehungen herzustellen. Beziehungsmarketing ist interaktionsbezogen, ganzheitlich sowie prozessorientiert und setzt voraus, dass die ganze Organisation auf die Schaffung von Kundenzufriedenheit orientiert ist, womit oft Veränderungen in der Unternehmensstruktur und -kultur sowie der Management- und Mitarbeiterqualifikation verbunden sind. Bias Eine inhaltliche Verzerrung eines Untersuchungsergebnisses durch verschiedene Ursachen, z.B. Ergebnisbeeinflussung durch Interviewer, Ungenauigkeit im System, Messfehler. Big Data Große Datenmengen aus verschiedenen Datenquellen, die eine Analyse und Erkenntnisgewinnung mit manuellen Mitteln der Datenauswertung nicht möglich machen, da die Daten zu schnelllebig, schwach strukturiert oder zu groß bzw. komplex sind. Eine computergestützte Auswertung ist erforderlich. Big Data können in allen Unternehmensprozessen sowie im externen Umfeld erzeugt werden. Beispiele für Quellen von Big Data sind Sensoren im Herstellungsprozess, Prozess-Tracking-Daten, Auswertung von Käuferverhalten, Social-Media-Daten, Webseitenverhalten und weitere Kommunikationsdaten sowie Daten von vernetzten Geräten (Smarthome, vernetztes Auto). Durch die umfassenden Daten aus verschiedenen Datenquellen sind Datenschutzbestimmungen zu beachten. Customer Centricity Die Kundenzentrierung stellt die Interessen des Kunden in den Mittelpunkt. Das Unternehmen denkt Prozesse vom Kunden aus und gestaltet damit die gesamte Wertschöp-
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fungskette nach den Bedürfnissen und Anforderungen des Kunden. Ziel ist es, dem Kunden ein maßgeschneidertes und individuelles Kauferlebnis zu bieten, damit der Kunde langfristig an das Unternehmen gebunden wird und damit Erlössteigerungen generiert werden. Um das Konzept umsetzen zu können, erfordert dies auch eine entsprechende Gestaltung der Unternehmensstruktur und -kultur sowie ein kundenorientiertes Verhalten der Mitarbeiter. Customer Insights Erkenntnisse und Einblicke in das Verhalten von Kunden durch umfangreiche Analysen verschiedener mit dem Kunden verknüpfter Daten, wie z.B. Kaufverhalten, Umfrageergebnisse, Fokusgruppen oder Online-Daten. Ziel ist das Erkennen und Ableiten von möglichst zeit- und inhaltsstabilen Mustern im Kundenverhalten, um die Kundenbeziehung und Kundenbindung zu verbessern. Customer Journey Zyklen und Abfolgen, die ein Kunde beim Kauf eines Produktes durchläuft. Hierzu zählen alle direkten und indirekten Kontaktpunkte, die ein Kunde mit dem favorisierten Unternehmen im Rahmen des gesamten Kaufprozesses hat, sowie zusätzlich alle wesentlichen Informationen, die sich auf die Marktleistungen und den Kaufprozess bei maßgeblichen Wettbewerbern beziehen. Eine genaue Analyse dieser „Reise des Kunden“ durch alle wichtigen Kontaktpunkte hilft, den Kaufprozess und damit letztlich die Kundenbindung zu verbessern. Data Lakes Große Datenspeicher, die sehr große Mengen an strukturierten oder unstrukturierten Daten aufnehmen können. Im Unterschied zu einer Datenbank oder einem Data Warehouse sind die Daten im Rohformat gespeichert und müssen nicht zwingend umformatiert werden. Die gespeicherten Daten sind für verschiedene Analysen und Anwendungen nutzbar, müssen dafür dann aber ggf. formatiert werden für eine Auswertung nach vorgegebenen einheitlichen Prinzipien. Vorteil ist hier eine Mehrfachnutzung der Rohdaten. Um den Data Lake universell nutzen zu können, sind die gängigen Frameworks und Protokolle als Rahmenvorgaben der Datenbanksysteme und Datenbankanwendungen aus dem BigData-Umfeld zu unterstützen. Follower Ein Follower ist ein Abonnent eines Social Media-Kanals oder Profils. Der Abonnent bekommt alle Nachrichten in seinen eigenen Newsverlauf eingebunden. Er kann diese kommentieren, liken oder darauf antworten bzw. auch weiterleiten. Ziel ist die Vernetzung mit anderen Nutzern und eine aktuelle Information über die Aktivitäten des abonnierten Profils.
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Hashtag Ein mit einem Doppelkreuz versehenes Schlagwort, zum Auffinden von Nachrichten zu bestimmten Themengebieten in sozialen Netzwerken. Industrie 4.0 Der Begriff bezeichnet die umfassende Digitalisierung der Produktion. Dazu gehören die Vernetzung von Maschinen, Geräten, Sensoren aber auch Menschen. Mit Hilfe von Sensordaten im Produktionsprozess bzw. der gesamten Wertschöpfungskette werden Daten erhoben, deren Analyse und Auswertung eine Verbesserung des Prozesses und eine deutlich erhöhte Transparenz erlauben. Innerhalb eines Wertschöpfungsprozesses kann selektiv auf einzelne Teile des Fließprozesses zugegriffen werden, um so eine hohe Flexibilität beim Zustandekommen von kundenspezifischen Marktleistungen zu ermöglichen. Technische Assistenzsysteme sollen die Akteure durch individualisierte, aggregierte, visualisierte und verständliche Informationen im Arbeitsprozess unterstützen und auch zukünftig im Rahmen der Kommunikation durch das Internet der Dinge Aufgaben möglichst autonom erledigen. Influencer Personen, die v.a. in sozialen Netzwerken regelmäßig Inhalte zu bestimmten Themenbereichen in Text-, Bild- und Videoform ausarbeiten sowie veröffentlichen. Sie haben in der Regel eine große Anzahl an Followern und erzielen damit eine hohe Reichweite und Akzeptanz in der Nutzergemeinschaft, was sie zu einem Meinungsführer in ihrem Gebiet macht. Kundenanforderungen Kundenanforderungen sind die konkretisierten Kundenbedürfnisse, die sich auf bestimmte Vorstellungen der Mangelbeseitigung konzentrieren. Sie sind – bezogen auf die Grundfunktionen der Bedürfnisbefriedigung – schon relativ konkret formuliert und geben an, was der Kunde haben will. Kundenbedürfnisse Kundenbedürfnisse werden definiert als grundsätzliche Mangelgefühle der Zielgruppe, die mit dem Wunsch des Mangelausgleichs verbunden sind. Bedürfnisse sind in der Regel sehr unkonkret und weder produkt- noch markenbezogen. Bei der Analyse der Kundenbedürfnisse geht es folglich darum, festzustellen, was der Kunde braucht, um diesen Mangel zu beseitigen. Kundenbindung Kundenbindung liegt vor, wenn sich der Kunde nicht nur heute, sondern auch zukünftig bei seinen Kaufentscheidungen gegenüber einem Unternehmen loyal verhält und wieder das gleiche oder ein anderes Produkt beim selben Unternehmen kauft.
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Kundenerwartungen Kundenerwartungen sind definiert als sehr konkrete Anforderungen seitens des Kunden an eine Marktleistung (Produkt oder Serviceleistung). Sie stützen sich häufig auf bereits gemachte direkte oder indirekte Erfahrungen, aber auch auf wahrgenommene Kommunikations- und Werbeaussagen sowie das Image des Anbieters. Oft sind die entstandenen Kundenerwartungen auch das Ergebnis eines Vergleichs der am Markt angebotenen Problemlösungen, also mit dem, was der Kunde auch von anderen Unternehmen bekommen kann. Kundenloyalität Hierbei handelt es sich um die grundsätzliche positive Einstellung des Kunden gegenüber der Marktleistung und/oder dem Unternehmen. Der Kunde hat in der Regel keine Ambitionen, zur Konkurrenz zu wechseln oder ein anderes Produkt zu kaufen. Kundenorientierung Kundenorientierung ist eine Unternehmensphilosophie, die gekennzeichnet ist durch eine konsequente Ausrichtung des gesamten Unternehmens, seiner Unternehmensführung und aller Unternehmensbereiche, Führungskräfte und Mitarbeiter am Kunden und seinen Bedürfnissen mit dem Ziel der nachhaltigen und vorausschauenden Sicherstellung von Kundenzufriedenheit. Kundenzufriedenheit Die Kundenzufriedenheit beschreibt, wie der Kunde die erhaltene Leistung bewertet. Sie ist das Ergebnis eines Soll-Ist-Vergleichs zwischen den Kundenerwartungen (Soll) und der Bewertung der konsumierten Marktleistung (Ist). Kundenzufriedenheitsindex (CSI) Der Customer Satisfaction Index ist eine Kenngröße zur Charakterisierung der Entwicklung der Kundenzufriedenheit und ein gewogenes arithmetisches Mittel von Messzahlen mit gleicher Basis- und Berichtsperiode. Künstliche Intelligenz (KI) Künstliche Intelligenz (KI) kennzeichnet den Versuch, durch Algorithmen und maschinelles Lernen die Entscheidungsstrukturen sowie die prozessbezogenen Abläufe und Inhalte einer Bewertung durch den Menschen nachzuempfinden. Die besonderen Anforderungen an die sprachlichen Ausdrucksmittel bei der Erstellung von KI-Programmen, v.a. die Notwendigkeit der Symbolverarbeitung, machen spezielle (KI)-Programmiersprachen erforderlich. Diese stellen u.a. bestimmte Wissensrepräsentationsformen zur Verfügung und bieten Möglichkeiten zur Auswertung des Wissens, z.B. durch eingebaute Methoden des Schließens. Ein bekanntes Beispiel ist die Programmiersprache Prolog (logische Programmierung).
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Like Ein Button in sozialen Netzwerken, mit dem Nutzer zum Ausdruck bringen können, dass ihnen der Inhalt gefällt. Marketing-Pentagon Im Marketing-Pentagon, dem Fünfeck der relevanten Marketing-Mix-Bereiche, wird das Zusammenspiel der unterschiedlichen Marketinginstrumente entsprechend den Ziel- und Strategievorgaben festgelegt. Das Marketing-Pentagon umfasst die 5 Bausteine ProduktMix, Kontrahierungs-Mix, Kommunikations-Mix, Distributions-Mix und Service-Mix (TÖPFER 2007a, S. 558). Die klassische Form der hier erst genannten 4 Marketing-MixBereiche wird also durch den Bereich Service-Mix ergänzt, der heute eine immer größere Bedeutung besitzt. Dies gilt sowohl für physische Produkte als auch für Dienstleistungsprodukte. Aktivitäten des Service-Mix sind immer wichtiger vor dem, beim und nach dem Kauf, um den Kunden nicht nur zu informieren, sondern umfassend zufriedenzustellen, und zwar sowohl in physischen Verkaufsprozessen des stationären Handels als auch insbesondere in Online-Verkaufsprozessen. Die 5 Bausteine folgen dabei dem Prozess der Vermarktung eines Produktes: Die angebotene Marktleistung wird mit einem Preis und bestimmten Verkaufskonditionen gekoppelt. Produkt und Konditionen werden im Kommunikations-Mix beworben. Dabei ist zusätzlich ebenfalls die Distributionsleistung für das Produkt, also wie es zum Käufer kommt, von großer Bedeutung. Wie oben angesprochen, sind für jede Kaufentscheidung bereits Serviceaktivitäten und angebote in allen Phasen vor dem Kauf wichtig und manchmal ausschlaggebend. Dies unterstreicht noch einmal die heute herausragende Bedeutung von Serviceaktivitäten in allen Phasen des gesamten Kaufprozesses und damit auch in allen Bereichen des Marketing-Mix. Me-too-Produkte Unter Me-too-Produkten sind Produkte zu verstehen, welche sich von Konkurrenzprodukten nicht oder – aus Kundensicht – nur unwesentlich unterscheiden. Media Value/ Post Der Media Value pro Post bezeichnet eine Schätzung des Wertes eines Beitrags des Influencers gemessen an den Ausgaben, die ein Unternehmen hat, um mit vergleichbaren Werbeaktivitäten im gleichen Kommunikationskanal die gleiche Reichweite zu generieren (vgl. HOMBURG 2017, S. 782).
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Net Promoter Score (NPS)® Der Net Promoter Score® kennzeichnet die Weiterempfehlungsbereitschaft eines Anwenders bezogen auf andere neue Anwender. Die Kennzahl wurde von Satmetrix Systems, Inc., Bain & Company und Fred Reichheld entwickelt. Bei der Berechnung wird zwischen Promotoren, also mit der Marktleistung eines Unternehmens zufriedenen bisherigen Käufern, und Detraktoren, also mit dem Produkt des Unternehmens unzufriedenen Abnehmern, unterschieden. Die Berechnung ist einfach und gut verständlich, da sie durch die Differenz der Promotoren und Detraktoren eines speziellen Unternehmens gebildet wird. Beantwortet wird dabei von den Probanden die Frage, wie wahrscheinlich sie dieses Unternehmen bzw. die Marke oder das Produkt anderen möglichen Anwendern auf einer Skala von 0 (unwahrscheinlich) bis 10 (äußerst wahrscheinlich) weiterempfehlen werden. Promotoren sind Kunden, welche die beiden höchsten Zustimmungsraten 9 und 10 vergeben. Detraktoren sind Anwender, die lediglich eine Zustimmungsrate von 0 bis 6 vergeben. Befragte, welche die Zustimmungsraten 7 oder 8 geben, äußern keine signifikante Zustimmung oder Ablehnung und werden deshalb nicht in die Berechnung des NPS einbezogen. Der NPS berechnet sich dann aus dem Anteil von Promotoren – in Prozent aller Befragten – abzüglich der Detraktoren – in Prozent aller Befragten. Hieraus resultiert ein Wertebereich des NPS von plus 100 bis minus 100. No-Frills-Konzept (Keine-Extras) Dieses Konzept verfolgt den Ansatz, dass viele, für den Kunden aus Unternehmenssicht scheinbar vorteilhafte Dinge den Kundennutzen und damit die Kundenzufriedenheit nicht steigern, sondern letztlich nur Komplexitäts- und Kostentreiber darstellen. Besonders in der Reduzierung von Produktvariationen wird dieses Konzept verfolgt. Outpacing-Strategie Die Outpacing-Strategie ist eine Kombination der beiden Wettbewerbsstrategien – Kosten- und Qualitätsführerschaft. Langfristiges Ziel ist somit die gleichzeitige Preis- und Qualitätsdominanz auf einem Markt. Unternehmen, die diese Strategie erfolgreich umgesetzt haben, gelten in ihrer Branche als „Weltmeister“ und sind daher ein guter Benchmark. Reliabilität Der Begriff Reliabilität bezeichnet die Zuverlässigkeit der Messergebnisse (vgl. HAMMANN/ERICHSON 1994, S. 75). Dies impliziert, dass bei wiederholten Messungen des gleichen Objektes unter identischen Rahmenbedingungen dieselben Messergebnisse erzielt werden. Robotics Versuch, das Konzept der Interaktion mit der physischen Welt auf Prinzipien der Informationstechnik sowie auf eine technisch machbare Kinetik zu reduzieren. Ein Roboter
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interagiert damit auf Basis von Sensoren, Aktoren und Informationsverarbeitung. Das auch unter der Bezeichnung Robotertechnik geläufige Fachgebiet umfasst Teilgebiete der Informatik (maschinelles Lernen und KI), Elektrotechnik und Maschinenbau und fokussiert auf die Entwicklung und Steuerung von Robotern. Das Ziel ist, durch entsprechende Programmierung ein Zusammenarbeiten von Roboter-Elektronik und Roboter-Mechanik zu erreichen. Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® Erhebung von Kundenzufriedenheitsdaten im aktuellen Interaktionsprozess mit dem Kunden. Die Erhebung in Echtzeit führt zu einem tagesaktuellen Überblick über den Stand der Kundenzufriedenheit und ermöglicht eine kurze Reaktionszeit bei auftretenden Problemen im Prozess. Trolling Das Wort Trolling basiert zum einen auf dem Begriff „Troll“, also Kobold. Zum anderen ist Trolling im Englischen auch eine Angeltechnik mit Schleppfischen, bei der ein Köder durch das Wasser gezogen wird. In den sozialen Medien bedeutet Trolling damit eine Kommunikation mit dem Ziel einer emotionalen Provokation der Gesprächsteilnehmer und des Störens der Kommunikation sowie einer darauffolgenden Konfliktinduzierung mit dem Erhalten von unsachlichen und erbosten Antworten. Trolls platzieren ihre Beiträge mit unterschwelligen Provokationen ohne echte Beleidigungen, um eine Löschung oder Sperrung durch Moderatoren zu vermeiden. Oft verschleiern sie ihre virtuelle Identität und nutzen Fake-Accounts. Unique Selling Point / Unique Selling Proposition (USP) Die Unique Selling Proposition ist das einzigartige Merkmal, mit dem sich ein Produkt oder eine Dienstleistung von ähnlichen Angeboten der Wettbewerber abhebt, und damit der einzigartige Verkaufsvorschlag. Unique Customer Value Proposition (UCVP) Das einzigartige, auf eine Erhöhung des Wertes für den Kunden ausgerichtete Leistungsversprechen. Validität Der Begriff Validität bezieht sich auf das Vermeiden systematischer Fehler; dies bedeutet eine hohe Gültigkeit der ermittelten Messergebnisse. Es wird also das gemessen, was wirklich gemessen werden soll.
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Variety Seeking Variety Seeking heißt – wörtlich übersetzt – die Suche nach Abwechslung. Bezogen auf das Verhalten der Kunden am Markt, wird damit ein Phänomen bezeichnet, bei dem Kunden trotz guter Erfahrungen mit dem Produkt bei zukünftigen Kaufentscheidungen ganz bewusst nach Abwechslung suchen. Werbeblocker (Adblocker) Ein im Hintergrund ablaufendes Programm, welches verhindert, dass Werbung für den Nutzer einer Anwendung sichtbar ist und stört.
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Kundenorientierung und Positionierung
1.1
Ausgangssituation – Die angestrebte Positionierung
Veränderte Rahmenbedingungen Fast kein Unternehmen, unabhängig von der Branchenzugehörigkeit, kann sich heute der Notwendigkeit der Anpassung an veränderte Markt- und Umweltsituationen entziehen. Im Vergleich zu in der Vergangenheit eher kontinuierlichen Entwicklungen gibt es heute gravierende Veränderungen, die sich in viel kürzerer Zeit bedrohlich und manchmal sogar existenzgefährdend auf das Unternehmen auswirken. Maßgeblich für derartige Strukturbrüche sind extern – wie Abbildung 1 zeigt – ein hoher, auch internationaler Wettbewerbsdruck mit der gleichzeitigen Forderung nach mehr Kundennutzen und ServiceExcellence, insbesondere auch durch neue Technologien der Digitalisierung. Die Forderung nach einer Agilität des Unternehmens und einer hohen Lernfähigkeit ist deutlich größer geworden als in der Vergangenheit. Hiermit verbunden ist auf Unternehmensebene eine zügige Umsetzung von Veränderungen, um durch eine schnelle und umfassende Anpassungsfähigkeit Lähmungszustände im Changemanagement zu vermeiden.
Abbildung 1: Veränderte Anforderungen an das Unternehmen und seine Mitarbeiter durch neue Technologien der Digitalisierung und Ambidextrie
Für alle diese Anforderungen ist eine gezielte Wissens- und Fähigkeitserweiterung der Führungskräfte und Mitarbeiter durch Personalmanagement und -entwicklung eine wesentliche Voraussetzung. Sie hat intern anzusetzen und ist auch extern mit dem Fokus auf © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5_1
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
den Kunden auszurichten. Kundenorientierung wird deshalb – insbesondere im Rahmen der Digitalisierung als Anforderung und Chance – zu einem immer wichtigeren Thema für Unternehmen. Denn gesättigte Märkte, zunehmende internationale Konkurrenz sowie steigende Forschungs- und Entwicklungs(FuE)-Kosten bei abnehmenden Vermarktungszyklen der Produkte führen dazu, dass nicht mehr nur der einzelne Verkaufsabschluss im Vordergrund steht, sondern langfristige Kunden- und Geschäftsbeziehungen (vgl. DICHTL/SCHNEIDER 1994, S. 6; MEFFERT 1994a, S. 28; WEHRLI 1994, S. 191ff.). Insbesondere durch Stammkunden lassen sich vorteilhafte Ertrags- und Kosteneffekte erzielen. Die Kosteneffizienz – also Wirtschaftlichkeit von Kosten – lässt sich durch vereinfachte Abrechnungsprozesse und eine schlanke kundenorientierte Organisation erhöhen. Die Effizienzwirkungen manifestieren sich vor allem in geringen Akquisitions- und Transaktionskosten bei den Wiederholungskäufen. Die Kosteneffektivität – also die Wirksamkeit von Kosten – kann ebenfalls gesteigert werden. Effektivitätswirkungen ergeben sich einerseits aufgrund von Cross-Selling-Aktivitäten, indem die Kunden auch andere Produkte des Unternehmens kaufen. Andererseits stellen zufriedene Kunden durch Wiederholungskäufe auch ein fixes Erlöspotenzial dar, das insbesondere zur Deckung der FuE-Kosten in Innovationsprozessen benötigt wird (vgl. BRUHN/BUNGE 1994, S. 61; WEHRLI 1994, S. 197). Da sich die Kundenzufriedenheit – als Voraussetzung für Kundenbindung – daran misst, wie genau die Erwartungen des Kunden erfüllt werden, ist die Voraussetzung hierfür eine möglichst genaue Kenntnis der Kundenbedürfnisse und -anforderungen. Kurz zusammengefasst ist die Zielsetzung von Kosteneffizienz also, das Niveau der Wirtschaftlichkeit von Kosten dadurch zu erhöhen, dass der Deckungsbeitrag gesteigert wird, weil mit der Durchführung von Aktivitäten und Maßnahmen die Brutto-Ertragsspanne über die Deckung der variablen Kosten hinaus – zumindest im Zeitablauf durch Wirkungen einer Lean Organization und des Lean Management – vergrößert wird. Die Kosteneffektivität kann und soll dadurch erhöht werden, dass die Wirksamkeit von Kosten als Werteverzehr insbesondere durch die Entwicklung und den anschließenden Einsatz von innovativen Technologien gesteigert wird, weil dadurch weitgehend oder sogar völlig neue Wirkungsprinzipien und Wirkungskonzepte realisiert werden können, wie dies beim Einsatz disruptiver Technologien im Rahmen der Digitalisierung und der damit verbundenen digitalen Transformation der Fall ist. Der technologische Sprung und Fortschritt kann auf der Wirkungsebene dadurch relativ groß sein, auch wenn in den Anfangszeiten von realisierten neuen Technologien die angestrebte Kosteneffizienz und damit Kostenwirtschaftlichkeit aufgrund fehlender Erfahrungswerte mit der neuen Technologie nicht oder erst nach geraumer Zeit geschaffen wird. Genau in dieser Zeitspanne ist eine überzeugende strategische Positionierung des Unternehmens wichtig, um das Vertrauen der Kunden und Investoren sowie auch der für einen erfolgreichen Innovationsprozess wichtigen eigenen Führungskräfte und Mitarbeiter
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nicht zu verlieren, sondern zu erhalten oder sogar noch zu vergrößern. Dies alles findet unter dem Anspruch einer hohen Agilität zugleich in einem starken Zeitwettbewerb statt. Führung für Veränderung Eine transformationale Führung bzw. transformatorische Führung der Mitarbeiter und des ganzen Unternehmens durch das Management in aktiver Form ist darauf ausgerichtet, in den einzelnen Projekten schnell und konsequent den Übergang von einem AusgangsZustand A in einen Ziel-Zustand B zu schaffen. Dies klingt einfach, ist aber in der Unternehmenspraxis nicht selten die größte Hürde und Barriere. Strategische Positionierung als Erfolgsfaktor Eine strategische Positionierung hat nicht nur die Verbindung zu den Unternehmenszielen herzustellen, sondern ist v.a. auch die Grundlage für den Erfolg des unternehmerischen Handelns, also für die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung als Basis für eine Wertsteigerung des Unternehmens. Die strategische Positionierung wird damit zum Ansatz für Kundenorientierung und zum Ausgangspunkt für Kundenzufriedenheit. Die strategische Positionierung hat demnach ihr Ziel erreicht, wenn der Kunde aufgrund seiner Anforderungen und Erwartungen mit den angebotenen Marktleistungen des Unternehmens zufrieden ist und auf längere Zeit Kunde des Unternehmens bleibt. Entscheidend ist also nicht nur die Zielsetzung, Formulierung und Ausrichtung der Positionierung, sondern v.a. das „Einfahren“ der angestrebten Wirkungen und Ergebnisse. Alle vorstehend angesprochenen Punkte sprechen dafür, dass Kundenzufriedenheit kein Zufallsergebnis ist, sondern das Resultat eines gezielten und strategisch ausgerichteten Prozesses sowie einer bewusst und professionell umgesetzten operativen Steuerung. Der positive Zusammenhang zwischen den Phänomenen einer Positionierung des Unternehmens und der Kundenzufriedenheit basiert damit auf einer situationsabhängigen Abfolge von Entscheidungen des Managements eines Unternehmens bezogen auf die beabsichtigte Art und das Niveau der angestrebten Marktleistungen und der daraus abgeleiteten Marktbearbeitung (vgl. MACKELPRANG ET AL. 2018) . Wichtig sind also die Aktivitäten des Unternehmens in Richtung auf den anvisierten Zielkunden, aber auch bezogen auf die Gesamtgesellschaft, z.B. hinsichtlich einer möglichen Umweltbelastung, Energieeffizienz oder Klimaneutralität der Wertschöpfungsprozesse und der vermarktbaren Wertschöpfungsergebnisse. Dabei ist den im Zeitablauf sich verändernden Anforderungen der Gesellschaft und den spezifischen Erwartungen der Kunden Rechnung zu tragen. Durch alle diese Einflussgrößen werden die Gestaltungen und Ausprägungen der Kommunikation, der Interaktion und der Betreuung bezogen auf die Kunden bestimmt. Hierdurch wird zugleich auch das Maß an praktizierter Empathie geprägt (vgl. HEMEL 2016, S. 115ff.). Eine wesentliche Erkenntnis und Schlussfolgerung ist dabei, dass sowohl die Einflussgrößen als auch die Wirkungsergebnisse nicht auf Dauer zeitstabil sind, sondern
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gesellschaftlichen und individuellen Veränderungen unterliegen, die in ihrem Wirkungsbeginn sowie ihrer Dauer und Intensität oftmals nur schwer vorherzubestimmen sind. Kundenzufriedenheit auf der Basis einer erfolgreichen Positionierung am Markt wird damit – wie oben angesprochen – nicht nur zum Ergebnis eines gekonnten Managements auf der Grundlage langer Datenreihen und großer Datenmengen, sondern auch unter Einbeziehung von Intuition und Fingerspitzengefühl (vgl. GÜNDLING 2018, S. 230ff). Im Ergebnis resultiert daraus zum einen die relative Zufriedenheit der Kunden sowie das Erreichen von deren sachlichen Produktzielen und der sozialen Verhaltensziele, da ihre Erwartungen mehr oder weniger erfüllt werden. Zum anderen hat das Unternehmen die Möglichkeit, seine formulierten Positionierungsziele auch über die Realisierung seiner Ziele über die Wertschöpfungsprozesse hinaus zu erreichen. Hierzu gehören beispielsweise die auf das Image des Unternehmens, die Wertschätzung der Marktleistungen und die Unverwechselbarkeit des Marktauftritts bezogenen Ziele. Durch die Messung des Grades der Kundenzufriedenheit ist ein Instrumentarium verfügbar, mit dem nicht nur die Erfüllung der Kundenanforderungen, sondern auch das Erreichen der Positionierungsziele differenziert ermittelt werden kann. Empirische Befunde zum Kundenmanagement Man schätzt, dass es mindestens fünfmal teurer ist, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen Stammkunden zu pflegen (vgl. MÜLLER/RIESENBECK 1991, S. 69). Empirische Befunde aus den USA belegen, dass bei einer Reduzierung der Migrationsrate im Kundenbereich, also der Abwanderung von Kunden zu Wettbewerbern um 1 Prozent eine Erhöhung der Rentabilität bis zu 7,25 Prozent erreicht werden kann (vgl. REICHHELD/SASSER 1991, S. 108ff.). Auch wenn diese Werte unternehmens- und branchenspezifisch unterschiedlich sind, geben sie dennoch Hinweise auf die ökonomische Wirkung der Kundenorientierung sowie Kundenbindung (vgl. auch ANDERSON/FORNELL/LEHMANN 1994, S. 54ff). Maßgeblich ist also, dass ein Kunde nicht nach dem beschränkten Umsatzvolumen einer Kaufepisode beurteilt wird, sondern nach dem durch ein Unternehmen aktivierbaren Betrag und damit nach dem gesamten kumulierten Volumen im Verlauf des Lebenszyklus einer Kundenbeziehung. Neben den mehrfachen Wiederkaufaktivitäten sowie den geringeren Informations- und Betreuungskosten ist auch der Umstand wesentlich, dass ein zufriedener Stammkunde als positiver Multiplikator für das Unternehmen und seine Produkte wirkt. Empirische Ergebnisse belegen, dass in vielen Branchen, insbesondere bei Konsumprodukten, die Empfehlungen von dem Kaufinteressenten nahestehenden Personen, also Verwandten, Freunden und guten Bekannten, eine maßgebliche Rolle spielen (vgl. BECKER 2013; NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 2002). Zunehmend haben auch Social Media Einfluss auf die Kaufentscheidung (vgl. THAMBIMUTHU/KLEIN/ASPERION 2017, IBM Deutschland 2011).
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Vielfach fließen in eine wirtschaftliche Erfolgsbeurteilung primär Kosten und Gewinne als harte Fakten ein, Wiederkäufe und Weiterempfehlungen als sogenannte „Soft facts” werden in einigen Unternehmen jedoch nicht ausreichend als Ertragspotenzial gewürdigt. Insofern findet eine intensive Auseinandersetzung mit der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung nicht statt. Ambidextrie als beidhändiges Handeln Ambidextrie (vgl. WIRTZ 2019) kennzeichnet die Zweiseitigkeit sowie damit die Beidhändigkeit des ganzheitlichen Handelns, und zwar in der Weise, dass einerseits die harten Faktoren der Gestaltung, also z.B. Wertschöpfungsprozesse, in das Handlungsspektrum aktiv einbezogen werden (siehe auch WIRTZ 2019, S. 61ff.). Andererseits werden zugleich auch die weichen Faktoren, also z.B. die Wahrnehmung des Kunden, die Einstellung, Motivation und Empathie gegenüber dem Kunden, konkret berücksichtigt und durch geeignete Maßnahmen positiv beeinflusst. Beide zusammen kennzeichnen erst eine kundenorientierte Unternehmenskultur und hohe Service-Exzellenz. Dieses ganzheitliche Vorgehen umfasst damit alle wesentlichen Eckpfeiler einer erfolgreichen Steuerung und Gestaltung der zentralen Key Performance Indicators (KPI) für eine auf den Kundennutzen ausgerichteten Positionierung des Unternehmens. Nach der Philosophie und den Grundsätzen der Ambidextrie erfolgt im Rahmen dieser Konzeption also eine Beidhändigkeit der Analyse und Umsetzung. Auf der einen Seite werden sowohl die Untersuchung und Bewertung von Veränderungen der Wertschöpfungsprozesse in Unternehmen sowie die Konkretisierung durch Gestaltungsempfehlungen im Hinblick auf Effizienz und Effektivität (Harte Faktoren) durchgeführt. Auf der anderen Seite werden vor allem auch die Anforderungen und Auswirkungen auf Individuen und damit psychologische sowie soziale Faktoren und Prozesse und nicht zuletzt die Bewertung von Chancen und Risiken für den Einzelnen (Weiche Faktoren) konkret analysiert. Von zentraler Bedeutung ist die inhaltliche Verbindung im Sinne von konkreten Vernetzungen beider Seiten der Ambidextrie, also von harten und weichen Faktoren. Auf der Basis von Hypothesen zu Ursachen-Wirkungs-Beziehungen können wesentliche Schlussfolgerungen auf situationsabhängige Erfolgsfaktoren und Stärken der Vorgehensweise einerseits sowie auf Defizite und Schwächen der Umsetzung andererseits gezogen werden. Hieraus lassen sich konkrete Reifegrade und darauf bezogene Entwicklungsstufen bestimmen, die das erreichte Niveau und noch anstehende Verbesserungen kennzeichnen. Derartige Hypothesen lassen sich auch für Ursachen-Wirkungs-Beziehungen zwischen den maßgeblichen Faktoren zur angestrebten strategischen Positionierung und den beabsichtigten Wirkungen auf die Kundenzufriedenheit und -bindung aufstellen und überprüfen im Hinblick auf den Grad der Bestätigung und damit der Evidenz. Wie nachvollziehbar ist, lässt sich auf diese Weise eine Positionierung des Unternehmens differenzierter
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
gestalten und steuern. Es liegt auf der Hand, dass das konkrete Ergebnis zwar besser und aussagefähiger sein kann, aber nicht einfacher zu erreichen ist. Praxisbeispiel ALDI zum Upgrading der Warenpräsentation Das Faktum, dass eine Positionierung immer ein im Zeitablauf veränderlicher Prozess ist, verdeutlicht als aktuelles Beispiel der Discounter ALDI SÜD (siehe auch S. 247). Das Unternehmen hat die Gestaltung seiner Filialen angehoben mit dem Ziel einer höherwertigeren Warenpräsentation durch eine bessere Kennzeichnung und Übersichtlichkeit der Warengruppen sowie eine höherwertigere Anmutung, auch bewirkt durch ein besseres Licht-Management. Mit dieser positiven Weiterentwicklung des Niveaus der Verkaufsstätten soll auch eine stärkere Abgrenzung von Mitbewerbern am Markt erreicht werden. Das Ziel ist, veränderte Anforderungen der Kunden möglichst frühzeitig zu erkennen und entsprechend der angestrebten Positionierung des Unternehmens gut umzusetzen. Wenn diese veränderte Anmutung der Verkaufsstätten bei den Kunden wertgeschätzt wird und eine positive Wahrnehmung und Wirkung erzielt, dann ist davon auszugehen, dass eine derartige Designveränderung auch von direkten Wettbewerbern in Erwägung gezogen wird. Wenn die Umsetzung dort ebenfalls stattfindet, dann vollzieht sich der Wettbewerb wiederum „auf gleicher Augenhöhe“, da ein Differenzierungskriterium egalisiert wird. Aus Sicht der Kunden kann dies jedoch dazu führen, dass dieses Ausstattungsmerkmal bei Premium-Discountern in Zukunft als gebotener Standard erwartet wird.
1.2
Kundenorientierung – Eine Begriffsdefinition
Merksatz zur Customer Centricity: Der Kunde steht im Mittelpunkt „Kundenorientierung kann als „die umfassende, kontinuierliche Ermittlung und Analyse der individuellen Kundenerwartungen sowie deren interne und externe Umsetzung in unternehmerische Leistungen sowie Interaktionen im Rahmen eines Relationship-Marketing-Konzeptes mit dem Ziel, langfristig stabile und ökonomisch vorteilhafte Kundenbeziehungen zu etablieren“, verstanden werden (BRUHN 2012, S. 15). Hierbei erfolgt eine Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten grundsätzlich an den Bedürfnissen der Kunden. Im Vordergrund der Fähigkeiten eines Unternehmens stehen somit die Beachtung der individuellen Kundenbedürfnisse in sämtlichen Wertschöpfungsprozessen und die Fähigkeit, die Anforderungen der Kunden an die Leistung des Unternehmens stetig zu erfassen und zu erfüllen (vgl. BRUHN 2012, S. 14). Kundenorientierung konkretisiert sich letztendlich in der Grundeinstellung aller Mitarbeiter eines Unternehmens gegenüber den Kunden und ihren Bedürfnissen (vgl. KÜHN
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1994, S. 99). Zielsetzung der Implementierung der Kundenorientierung und der kundenorientierten Führung ist die Zufriedenheit von Kunden (vgl. STAUSS/SCHULZE 1990, S. 150), die durch den gezielten Einsatz von markt- und kundengerichteten Maßnahmen sichergestellt werden soll. Kundenorientierung insgesamt stellt das Ergebnis der gemeinsamen Anstrengung aller Unternehmensbereiche dar. Kundenzufriedenheit ist das durch den Kunden subjektiv empfundene Erlebnis hinsichtlich dieser Anstrengungen. Kundenorientierung zeichnet sich laut der Begriffsdefinitionen, die der wissenschaftlichen Literatur entnommen worden sind, durch folgende Merkmale aus: • Kundenorientierung ist eine Unternehmensphilosophie • mit einer konsequenten Ausrichtung des gesamten Unternehmens, seiner Unternehmensführung und aller seiner Unternehmensbereiche auf den Kunden und seine Bedürfnisse, • unter Einsatz von auf den Markt und die Kunden gerichteten Maßnahmen und • mit dem Ziel der nachhaltigen und vorausschauenden Gewährleistung von Kundenzufriedenheit. Daraus folgt die Notwendigkeit einer facettenreichen und differenzierten Sichtweise und Ausgestaltung der Kundenorientierung als Unternehmensphilosophie und Unternehmensziel.
1.3
Customer Relationship Management (CRM) als ganzheitliche Kundenorientierung
Mangelnde Kundenorientierung hat zur Folge, dass eine mangelnde Kundenbindung und -loyalität gegenüber dem Unternehmen entsteht bzw. besteht. Wie zuvor kurz erläutert, resultieren daraus weit überproportionale Akquisitionskosten für Neukunden. Vor diesem Hintergrund ist die konsequente Ausrichtung auf den Kunden und seine Anforderungen heute nicht nur eine notwendige Voraussetzung, um gegenüber den maßgeblichen Wettbewerbern zu bestehen. Zugleich ist diese konsequente Kundenorientierung notwendig, um den Kundenwert für das Unternehmen zu stabilisieren, zu vergrößern und dann zu nutzen. Das wesentliche Ziel eines Unternehmens geht also dahin, durch die gezielte Berücksichtigung der wesentlichen Kundenanforderungen und durch eine individuelle Kundenansprache eine hohe Kundenzufriedenheit und eine Verlängerung und Verstärkung der Kundenbindung zu erreichen. Dabei kommt es darauf an, ertragreiche Kundenpotenziale zu erkennen, besonders profitable Kunden zu identifizieren und genau in diese Richtung den Kundenstamm zu erweitern und zu festigen.
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Die Chance, solche längerfristig profitablen Kundenbeziehungen aufzubauen und zu gestalten, bietet das Customer Relationship Management (CRM) als ganzheitlicher Ansatz der kundenorientierten Unternehmensführung (vgl. DREFS/SCHLÜTER 2002, S. 64; EGGERT 2001, S. 91ff.; S. 64; BRUHN 2009, S. 34ff.). Das Wissen über die Struktur, das Verhalten und die Bedürfnisse der Kunden ist – wie oben bereits angesprochen – eine wesentliche Voraussetzung für den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen. Die Organisation und Analyse dieses Wissens ist dabei der zentrale Ansatz des analytischen CRM (vgl. WEHRMEISTER 2001, S. 246). Die Basis des analytischen CRM bildet die Implementierung eines Data Warehouse als spezieller unternehmensweiter Datenpool zur Analyse der Kundendaten. Der Schwerpunkt des analytischen CRM liegt damit auf der Auswertung der Daten – immer unter der Voraussetzung, dass aussagefähige Daten bereits erhoben wurden und damit vorhanden sind, um insbesondere Aufschluss über das Kundenverhalten und entsprechende Kaufmotive zu erhalten (vgl. HOMBURG/SIEBEN 2000, S. 491). Die Analysetools des Data Mining bieten hier die Möglichkeit, Sachzusammenhänge automatisch aus den gesammelten Daten zu erkennen und daraus Ansatzpunkte für gezieltes Handeln abzuleiten (vgl. BREZINA 2001, S. 222f.; KEHL 1997, S. 11; STRAWE ET AL. 2002, S. 34; HIPPNER ET AL. 2011; RUNKLER 2015; LAROSE/LAROSE 2015). Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des analytischen CRM ist die Einteilung der Kunden in möglichst homogene Kundensegmente. Auf diese Klassifizierung entsprechend dem Kundenwert als zentrale Voraussetzung für die gezielte Ausrichtung der CRM-Aktivitäten auf profitable und potenziell profitable Kunden wird in Kapitel 1.5 noch ausführlicher eingegangen. Die Ergebnisse des analytischen CRM bilden somit die Ausgangsbasis für das operative CRM, in dem die erarbeiteten Erkenntnisse über den Kunden in konkrete Handlungsmaßnahmen umgesetzt werden. Sie beziehen sich vor allem auf die kundenorientierte Ausgestaltung und Veränderung der Prozesse im Unternehmen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass diese Abläufe die vom Kunden geforderte Qualität der Ergebnisse mit möglichst kurzen Durchlaufzeiten und einem – aus Unternehmenssicht – ausreichendem Ertragsniveau bieten. Hierin liegt in der Regel die größte Herausforderung für das Unternehmen, da die IT-gestützte Strategie des analytischen CRM unmittelbare Auswirkungen auf die gesamte Organisation des Unternehmens mit seinen Prozessen hat, respektive haben soll. Durch die Prozessoptimierung soll nicht nur „Blindleistung“ – also Aktivitäten ohne Leistungs- und Ergebnissteigerung, sondern nur mit Ressourcenverbrauch – abgebaut bzw. vermieden werden, sondern zugleich auch der strukturelle Aufbau des Unternehmens einem stärkeren Prozessdenken weichen. Wenn durch den zweiten Ansatz die Hierarchie aufgebrochen wird und kundenorientierte Prozesseigner eine immer stärker dominierende Rolle spielen, dann birgt dies viel Konfliktpotenzial in sich. Dieser Aspekt zeigt, dass die Veränderung zwar durch die technologische CRM-Ausstattung in Gang
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gesetzt, aber keinesfalls dadurch bewältigt werden kann. Hierfür sind zusätzlich ein entsprechendes Bewusstsein sowie eine spezifische Strategie und Kultur – angestoßen durch die Unternehmensleitung – notwendig. Hinzu kommt ein weiterer wesentlicher Aspekt: Mit den Bausteinen eines analytischen CRM, und dabei insbesondere mit dem Data Warehouse, in das qualifizierte Kundendaten eingespeist werden, ist es zugleich möglich, einen wesentlichen Beitrag zum Wissensmanagement im Unternehmen zu leisten. Dies geschieht vor allem auch in der Weise, dass bei den Mitarbeitern vorhandenes kundenspezifisches Detailwissen jetzt in das System eingepflegt wird. „Tacit Knowledge“ – also verborgenes und verschwiegenes Wissen – wird damit zu „Explicit Knowledge“ – also kommunizierbares und kommuniziertes Wissen –, das auch jedem anderen Mitglied des Unternehmens zugänglich ist (vgl. POLANYI 1967; NONAKA 1991, S. 96ff.). Das kollaborative CRM ergänzt das analytische und operative CRM durch das Management der Kontaktkanäle zum Kunden. Ziel ist hier ein intensiver und – je nach Kunde – mehr oder weniger individueller Kundendialog, der alle Kontaktkanäle integriert und gleichzeitig eine einheitliche Sichtweise und Aussage der Mitarbeiter im Kundenkontakt gewährleistet (vgl. STRAWE ET AL. 2002, S. 34). Für eine erfolgreiche Ausrichtung des Unternehmens auf CRM sind notwendigerweise – wie in Abbildung 2 skizziert – in allen Umsetzungsschritten des Projektes die Philosophie und Kultur der Kundenorientierung des Unternehmens mit dem technikgestützten Kundenbeziehungsmanagement in Einklang zu bringen.
Abbildung 2: Bausteine eines ganzheitlichen CRM
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Das Erreichen des angestrebten kundenorientierten Verhaltens im Unternehmen ist – wie jeder Veränderungsprozess – ein komplexes und langwieriges Vorhaben. Versprechen der Softwareindustrie, wie beispielsweise die Einführung von CRM in weniger als zwei Wochen, verleiten dann schnell zu überzogenen Erwartungen: Nämlich zum einen, dass die Implementierung der Software ein einfach und zügig durchzuführender Prozess ist, der nur die Abteilungen mit direktem Kundenkontakt betreffen würde. Und zum anderen, dass allein die Einführung der Software in kurzer Zeit das Verhalten der Mitarbeiter maßgeblich in Richtung mehr Kundenorientierung verändert, so dass dadurch das gesamte Vorhaben in kurzer Zeit seine volle Funktionsfähigkeit erreicht. (vgl. TÖPFER 2008a, S. 636). Hier entsteht beim Topmanagement, den Führungskräften und den zuständigen Mitarbeitern eine falsche Erwartungshaltung. Der Ausrichtungsprozess hin zu einem kundenorientierten Unternehmen vollzieht sich häufig in den in Abbildung 3 aufgeführten Entwicklungsstufen.
Abbildung 3: Entwicklungsstufen des CRM
Ein reduzierter Steuerungsansatz entsprechend Entwicklungsstufe 1 beschränkt sich auf wichtige Ergebnisgrößen wie Gewinn, Marktanteil, Umsatz und Deckungsbeitrag. Diese werden periodisch erhoben und können positiv beeinflusst werden. Da Größen wie Kundenzufriedenheit, Kundenbeschwerden, Kundenloyalität und Kundenbindung aber nicht
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im Zentrum stehen sowie nicht explizit und systematisch ermittelt werden, können in diesen Unternehmen die Erwartungen an das CRM aufgrund des fehlenden Wissens über ihre Kunden nicht erfüllt werden. Für sie ist es besonders wichtig, zunächst die Vision einer umfassenden Kundenorientierung im Unternehmen zu verankern und eine entsprechende Strategie zu entwickeln, bevor mit der kundenorientierten Optimierung der Prozesse und Produkte bzw. Dienstleistungen begonnen wird. Auch für Unternehmen, die bereits relativ regelmäßige Messungen der Kundenzufriedenheit durchführen (Entwicklungsstufe 2), die Anforderungen ihrer Kunden erfragen sowie Anregungen und Beschwerden als Basis für die Anpassung der Prozesse im Unternehmen verwenden, gilt der Grundsatz zunächst die Voraussetzungen auf strategischer, organisatorischer und kultureller Ebene zu schaffen, bevor ein höheres Niveau in der Umsetzung erreicht werden kann (vgl. TÖPFER 2008a, S. 637) . Es liegt auf der Hand, dass eine systematische Erfassung und Analyse der Kundenzufriedenheit eine deutliche Verbesserung bewirken kann. Allerdings konzentriert sich die Kundenzufriedenheit immer nur auf Ergebnisse in der Vergangenheit. Liegt eine hohe Zufriedenheit vor, dann wird sie als angestrebtes Niveau in die Zukunft projiziert. Dass sie erhalten bleibt und ein hohes Maß an Kundenloyalität und Kundenbindung erzeugt, ist jedoch nicht automatisch gegeben. Deshalb ist es zusätzlich erforderlich, durch geeignete Maßnahmen die positive Einstellung der Kunden gegenüber dem Unternehmen und damit ihre Loyalität und Bindung zu erhöhen und zu messen (vgl. TÖPFER 1999a, S. 9). Um es an einem Bild zu verdeutlichen: Das gegenüber dem reduzierten Steuerungsansatz der quantitativen Controllinggrößen zwar fortschrittlichere Management der Kundenzufriedenheit entspricht – im Bild des Autofahrers – dem Blick in einen großen „Rückspiegel”. Erst die Erfassung und Beeinflussung der für die zukünftige Zusammenarbeit wichtigen Loyalität und Bindung kennzeichnet den nach vorne und damit in die Zukunft gerichteten Blick durch eine große und klare Konturen abzeichnende „Frontscheibe” (vgl. TÖPFER 1999a, S. 10). Dies ist bei den Unternehmen der Stufe 3 des CRM mit einer prozess- und zielgruppenorientierten Organisation der Fall. Hier hat die Kundenzufriedenheit bereits einen festen Platz im Zielsystem und ist außerdem oft Messgröße und Erfolgskriterium für einen Teil der Tantiemenzahlung an Führungskräfte. Dies definiert zugleich die Anforderungen an die Qualität der Messung im CRM-Konzept. Dadurch wird die Kundenzufriedenheit zusätzlich auch im Handeln der Mitarbeiter verankert. Diese Unternehmen dokumentieren den gesamten Lebenszyklus ihrer Kunden und basieren auf der Kundenhistorie, um mit ihren Kunden einen gezielten Dialog zu führen (vgl. TÖPFER 2008a, S. 638).
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1.4
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Beispiele für mangelnde und hohe Kundenorientierung
Auch wenn immer mehr Unternehmen die Notwendigkeit und Vorteilhaftigkeit erkannt haben, verfügen sie nicht bzw. noch nicht über das entsprechende Know-how bzw. können diesen Anspruch nicht entsprechend an die Mitarbeiter weitergeben. Es gibt also teilweise noch eine Diskrepanz zwischen dem Wollen und Können. Die nicht seltene Behauptung, dass Deutschland im globalen Vergleich und Wettbewerb noch eher ein „Entwicklungsland” in Sachen Servicequalität sei, kann sicher so allgemein nicht mehr bestätigt werden. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlen teilweise sowohl die Einstellung bei den Mitarbeitern mit direktem Kundenkontakt als auch eine klare strategische Ausrichtung und konsequente Umsetzung beim Management. Hieraus resultieren Defizite in der Servicequalität, welche die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung deutlich beeinträchtigen. Inwieweit jedoch noch große Unterschiede zwischen einzelnen Unternehmen existieren, sollen die folgenden Beispiele von deutschen und global agierenden Unternehmen aufzeigen. Im ersten Beispiel wurde die Servicequalität der Anlageberatung von deutschen Banken durch die Stiftung Warentest getestet. Hierzu gingen 160 Beratungsgespräche bei 23 Banken im gesamten Bundesgebiet in die Analyse ein, deren Ergebnisse in Abbildung 4 zusammengefasst sind (vgl. FINANZTEST 2016, S.32 ff.). Zu berücksichtigen ist, dass sich die Ergebnisse in Relation zum gleichen Test von 2000 zwar verbessert haben, aber noch weiterer Raum für Verbesserungen besteht. Die Analyse zeigt, dass im Jahr 2000 lediglich ein Anteil von 13 Prozent der Beratungsgespräche als gut eingestuft wurde. Mehr als Dreiviertel der Beratungsgespräche waren in der Qualität lediglich ausreichend bzw. mangelhaft und liegen damit weit unter dem geforderten Niveau. Das hat sich im Jahr 2016 deutlich verbessert. Ein Großteil der Gespräche liegt im guten Bereich (ca. 83 Prozent). Dennoch wurden nicht automatisch die passenden Anlageempfehlungen gegeben. Als größter Kritikpunkt stellte sich heraus, dass die Ansprechpartner bzw. Berater zu wenig auf die Wünsche der Anleger eingegangen sind, obwohl diese im Vergleich zu vergangenen Tests den Status des Kunden überwiegend „gut“ bis „sehr gut“ ermitteln konnten. Grund hierfür ist die Empfehlung von vorwiegend standardisierten Hausprodukten, die nicht auf die individuellen Wünsche des Kunden eingehen und meist provisionsgetrieben empfohlen werden. Aufgrund dessen passte kaum eine Geldanlage auch zum Anleger.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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Abbildung 4: Servicequalität der Anlageberatung von Banken (vgl. FINANZTEST 2016, S.32 ff.)
Ein Vergleich mit den Ergebnissen früherer Befragungen (vgl. FINANZTEST 2000, S.16) belegt, dass gravierende Mängel seither nicht ausreichend behoben wurden (siehe Abbildung 5). Die Frage, ob die Kundenorientierung im Gespräch trotz des vorhandenen Wissens zu wenig umgesetzt wird und/oder bewusst nur provisionsgetriebene Verkaufsvorgaben der Institute eingehalten wurden, ist dabei zunächst sekundär. Wesentlich ist, dass Kunden bei der Anlage von Geld auf einem unzureichenden Niveau beraten wurden.
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Abbildung 5: Lange Mängelliste (vgl. FINANZTEST 2000, S. 16)
Kunden-Kontakterlebnisse Im Folgenden sind beispielhaft die Erfahrungsberichte zweier Kunden mit einer Autovermietung und einer Fluggesellschaft dargestellt, die deutlich ein Defizit zwischen dem Ziel der Kundenorientierung des Unternehmens und dessen Umsetzung aus Kundensicht widerspiegeln und dem Onlineforum ReclaBox (vgl. RECLABOX 2017 und 2018) entnommen wurden. In diesem Forum haben Kunden die Möglichkeit, Beschwerden über Unternehmen zu veröffentlichen. Autovermietung „Unmöglicher Kundenservice, inkompetente Mitarbeiter“ Haben in Berlin ein Auto (Ford Mondeo) gemietet, um am Wochenende in die Berge zum Skifahren zu fahren. Kurz vor Dresden war es durch die Witterung und die gestreuten Straßen notwendig, die Scheibenwischer zu bestätigen. Doch Mensch, diese funktionierten nicht. Kann, aber sollte nicht passieren, dachten wir uns. Wir dachten, dass das Frost/ Scheibenwischwasser nicht aufgefüllt ist. Also an die nächste Tankstelle und aufgefüllt. Hat nur nichts gebracht, weil scheinbar die Scheibenwischanlage kaputt ist. Der Pannenservice, sehr nett wohlgemerkt, sicherte uns zu, dass wir am Flughafen Dresden ein gleichwertiges Auto bekommen würden. (Nach einem Telefonat mit dem Hertz Anbieter am Flughafen).
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Dort angekommen, wollte man uns dann allerdings einen Ford Focus (viel zu klein für vier Personen mit gesamter Skiausrüstung), ungewaschen, andrehen. Nach langem Hin- und Her hieß es dann doch, dass ein anderes Auto verfügbar wäre. Dies müsste aber erst gebracht werden, was min. 30 Minuten dauern würde. Die vorhandenen 15 weiteren Autos von der Vermietung waren angeblich alle für Langzeitvermietung reserviert. Das Entgegenkommen der Mitarbeiter war mehr als fragwürdig, stattdessen wurde uns mehrmals gesagt, dass sie nicht zaubern können. Schlussendlich haben wir insgesamt 2,5 Stunden gewartet, eine Stunde davon auf das "neue" Auto. Dies ist von innen dreckig und im Vergleich zum vorigen Auto eine Katastrophe. Hier funktionieren die Scheibenwischer zwar, aber sind scheinbar auch schon so alt, dass die Scheibe mehr schlecht als recht sauber wird. Die Krönung war dann das Gespräch mit dem Kundenservice. Dieser legte nach unserer Beschwerde einfach während des Gespräches auf. Fazit: nie wieder Hertz. Der Fall geht an den Anwalt. Verfasst von Frau S. H. aus Berlin. (vgl. ReclaBox 2017)
Fluggesellschaft „Durch Stromausfall Rückflug verpasst“ Durch Stromausfall im Flughafen keine zügige Abfertigung. Abflugterminal vor der Nase geschlossen! Dann sitzt man dort im schlechtesten Airport von Europa mit seiner Familie. Es begann schon bei der Aufgabe der Koffer, unsere Tickets wären angeblich nicht korrekt, wir bekamen nach langem Hin und Her dann neue Tickets und konnten unsere Koffer aufgeben. Dann Megaschlange bei der Sicherheitskontrolle, mit Kindern eine Katastrophe. Dann zum Terminal gerast und Pech des Lebens gehabt, Schalter schon geschlossen. Nächster Rückflug erst in 2 Tagen möglich für 447 Euro bei Online Buchung, am Ryanair Schalter direkt hätten wir 947 Euro zahlen müssen. Plus die Kosten für 2 Hotelübernachtungen. Da war die Urlaubserholung dahin. Der Witz: Beim 2. Rückflug startete das Flugzeug mit 20 Min. Verspätung, das hätte uns 2 Tage vorher gerettet. Unsere Beschwerde wurde in 7 Monaten nicht bearbeitet. Fazit: Ryanair nie wieder.“ Verfasst von Herrn R.S. (vgl. ReclaBox 2018)
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Wie nachvollziehbar ist, sind diese beiden Erlebnisse von Kunden drastisch formuliert. Sicherlich ist dabei immer die subjektive Wahrnehmung der Sachverhalte zu berücksichtigen. Auch wenn ein Kunde zumindest teilweise Dinge anders sieht und versteht, als sie vom Personal des Unternehmens gesehen werden und gemeint waren, liegt gerade das Vermögen einer hohen Kundenorientierung darin, die Befindlichkeit und Empfindlichkeit von Kunden zu erkennen, um dann entsprechend darauf reagieren zu können. Neben Sachinformationen geht es also auch immer um Einfühlungsvermögen. Mission – Vision – Values Mit anderen Worten: Die interne Sicht der Unternehmenszwänge und -notwendigkeiten ist immer durch die externe Sicht der Kundenwahrnehmung zu spiegeln. Ein Großteil der Unternehmen hat seit Ende der 90er Jahre den Faktor Kundenzufriedenheit in ihre Mission und Vision integriert. In der Unternehmenspraxis sind die Abgrenzung zu einer Unternehmensphilosophie und die Trennlinien zwischen der Formulierung einer Mission und Vision nicht immer klar und scharf. Dies tut der Bedeutung dieser beiden bzw. drei Formulierungen jedoch keinen Abbruch. Manchmal ist auch eine Überschneidung zu den für das Unternehmen wichtigen Werten (Values), also den strategischen Leitplanken für moralisch-inhaltlich zulässiges Handeln und Verhalten, gegeben. Wesentlich ist, dass ein Unternehmen sich überhaupt mit diesen Fragestellungen im Rahmen eines Strategieprozesses, der auf Kunden, Wettbewerber und gesellschaftliche Verantwortung sowie eigene Potenziale ausgerichtet ist, beschäftigt. In der „Reinform“ sind die Trennungslinien folgendermaßen (vgl. TÖPFER 2007a, S.513f.): • Mission: - Welchen Auftrag haben wir unserem Unternehmen am Markt gegeben? - Wie erfüllen wir diesen Zweck, um daraus unsere Daseinsberechtigung zu begründen? • Vision: - Wo wollen wir in 5 bis 10 Jahren am Markt im Bewusstsein unserer Kunden und im Vergleich zu unseren Hauptwettbewerbern mit unseren Kernkompetenzen stehen? - Was sind die herausfordernden Ziele für unser zukünftiges Handeln? • Values: - Was ist uns wichtig? Welchen Beitrag leisten wir für die Gesellschaft? - Wie wollen wir miteinander und mit unseren Marktpartnern umgehen? Wenn der Begriff „Philosophie unseres Unternehmens“ noch verwendet wird, dann ist es in der Regel eine Mixtur aus den drei vorstehend genannten Begriffen.
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In der neueren englischsprachigen Literatur wird die Mission zunehmend als Zweckbestimmung für das eigene Handeln auch in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang definiert und deshalb als „Purpose“, also Zweck der Aktivitäten des Unternehmens unter einer gesellschaftlichen Blickrichtung, bezeichnet (vgl. MOELLER/FINK 2018). Hieraus leitet sich dann ein wesentlicher Teil der Daseinsberechtigung eines Unternehmens ab. Dies soll am Beispiel eines Landmaschinenherstellers verdeutlicht werden, wie die Purpose bzw. die Mission umfassender formuliert und kommuniziert werden kann. Die Mission würde dann nicht mehr wie in der Vergangenheit lauten: • „Wir bauen Landmaschinen“, sondern vielmehr • „Wir ermöglichen effizienten Ackerbau und leisten zugleich einen Beitrag zur Landschaftspflege“ Wie dabei direkt nachvollziehbar ist, hat das Unternehmen die unmittelbare ProduktMarkt-Sicht der Marktleistungen, die grundsätzlich im Vordergrund stehen, ergänzt durch den übergeordneten Beitrag des Unternehmens in der Mission zu der gesellschaftsbezogenen Aufgabe und Verpflichtung in positiver Hinsicht, zugleich Landschaftspflege zu betreiben. Damit wird zugleich auch ein übergeordneter Beitrag zur Positionierung des Unternehmens über die Kernkompetenz eines Landmaschinenherstellers geleistet. Wie erkennbar ist, birgt diese generell formulierte Aussage des Purpose die Chance in sich, dass einzelne Produkte oder Teile eines Gesamtsystems von Produkten genau diese übergeordnete Aufgabe der Landschaftspflege zusätzlich zur Kernkompetenz des Ackerbaus fördern.
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In Abbildung 6 sind ergänzend zwei anders ausgerichtete Beispiele aufgezeigt, nämlich die Kundenorientierung bei Intersport und bei Douglas, die direkt mit unserem Generalthema dieses Fachbuches für die Praxis, der Kundenzufriedenheit, verbunden sind. In beiden Unternehmen nimmt die Kundenzufriedenheit eine hohe Bedeutung im unternehmerischen Handeln auch der Mitarbeiter ein.
Abbildung 6: Beispiele für eine kundenorientierte Philosophie
Am Beispiel der Ford Motor Company in Abbildung 7 ist gut zu erkennen, wie die Vision in die entsprechende Mission und in die dazugehörenden Werte im Unternehmen umgesetzt wurde. Das Ziel ist hier, bei jedem einzelnen Mitarbeiter das Bewusstsein für den Kunden und damit für dessen Ziele, Anforderungen und Ansprüche zu schaffen.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
19
Abbildung 7: Mission, Vision und Werte der Ford Motor Company
Durch Investitionen in die Bereiche Messung von Kundenzufriedenheit und Schulung der Mitarbeiter hin zu mehr Serviceorientierung sowie in die Einführung von Customer-CareProgrammen (vgl. HOMBURG 2016, S. 125ff. und 253ff.) ist es bereits einer Reihe von Unternehmen – wie die folgenden Kundenberichte verdeutlichen (vgl. TRUSTPILOT 2018a und b) – gelungen, die Kundenorientierung fest in den Unternehmen zu verankern. Reiseveranstalter Rabatt-Schiff ist bereits seit einigen Jahren mein bevorzugtes Reisebüro, da bisher bei allen Buchungen, Fragen, Problemen u.ä. immer alles zu meiner vollen Zufriedenheit ablief. Bei unserer letzten Reise verzögerte sich unser Flug durch technischen Defekt einer Sun Express Maschine um mehr als 13 Stunden. Da der Flug an einem Sonntag erfolgte, waren wir ohne jedwede Information durch den Flugveranstalter und verbrachten – mit ca. 200 anderen Fluggästen – einen desaströsen Tag am Flughafen. Nur das Team von Rabatt-Schiff war für mich ansprechbar und hat mich kontinuierlich über den Sachstand informiert. Ein super Service, den ich leider nicht überall erlebt habe. Verfasst von F.H. (vgl. Trustpilot 2018a)
20
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
PC-Hersteller Ich hatte Probleme mit einem Hackerzugriff bei Amazon und konnte mich nicht mehr im Kundenkonto einloggen und musste deswegen 2x mit Amazon telefonieren. Ich war nicht ein einziges Mal in einer Telefonwarteschleife und wurde sofort bedient. Ich empfand die Mitarbeiter als sehr freundlich und kompetent. Trotz dass ich einmal aus der Leitung flog, konnte mir sofort weitergeholfen werden als ich erneut anrief, auch wenn nicht derselbe Ansprechpartner am Telefon war. Dies habe ich bei anderen Firmen schon anders erlebt. Ich habe nun wieder Zugriff auf mein Konto und das alles in nur 10min. Rundum muss ich sagen, dass es eine super Erfahrung war. Ich kann nur allen empfehlen anzurufen wenn es Probleme gibt. Die Nummer ist kostenlos.“ Verfasst von Bäcker (vgl. Trustpilot 2018b) Kundenorientierung um jeden Preis, also das Erfüllen jedes Wunsches jedes Kundens ist jedoch ökonomisch nicht sinnvoll. Deshalb konzentrieren sich CRM-Maßnahmen vor allem auf die profitablen und/oder potenziell profitablen Kunden, um Kostenfallen zu vermeiden.
1.5
Ausrichtung auf die „richtigen“ Kunden
Customer Benefit – Customer Value – Customer Equity Im Rahmen des CRM ist eine wesentliche Vorarbeit für eine konsequente Ausrichtung auf die richtigen, also die profitablen Kunden, die entsprechende Segmentierung der Kunden. Der klassische Ansatz mit der Differenzierung nach dem Kundennutzen greift heute zu kurz. Er bewertet lediglich den Nutzen der Marktleistung für den Kunden (Customer Benefit) und noch nicht den wahrgenommenen Wert der Geschäftsbeziehung und ihrer Inhalte und Ergebnisse aus Sicht des Kunden (Customer Value). Zu ergänzen ist diese kundenorientierte Analyse durch die Ermittlung des Kundenwertes für das Unternehmen (Customer Equity). Dabei sind jeweils die Nutzen-Kosten-Relationen zu ermitteln. In der dritten Entwicklungsstufe der Abbildung 3 und ausführlich in Abbildung 8 sind diese drei kundenorientierten Steuerungs- und Ergebnisgrößen wiedergegeben. Customer Lifetime Value – Customer Lifetime Equity Um bei der Berechnung des Kundenwertes für das Unternehmen (Customer Equity) nicht nur auf Vergangenheitsgrößen zurückzugreifen, sondern auch das Ertragspotenzial der Kunden einfließen zu lassen, können Verfahren des Customer Lifetime Value (vgl. HOMBURG/BEUTIN 2001, S. 225f.) verwendet werden. In der Literatur steht der Customer
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
21
Lifetime Value für den Kapitalwert der Geschäftsbeziehung für das Unternehmen, entsprechend unserer Nomenklatur wird im Folgenden der Begriff Customer Lifetime Equity – als (Kapital)Wert der Beziehung zwischen Unternehmen und Kunde für die gesamte Dauer der Beziehung aus Unternehmenssicht – definiert. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Ein Bankkunde kann einen hohen Customer Lifetime Value – also Lebenszeitwert im Sinne von Wert der Geschäftsbeziehung über ihre gesamte Dauer aus Sicht des Kunden – haben. Aber trotzdem hat die Bank unter bestimmten Bedingungen nur einen geringen Customer Lifetime Equity – da der Kunde derzeit nur ein Gehaltskonto besitzt und keine zusätzliche Vermögensanlage bei dieser Bank plant oder tätigen kann. Der Wert der Geschäftsbeziehung mit einer renommierten Bank ist für den Kunden sehr hoch, da er unbürokratisch und kostengünstig seinen laufenden Zahlungsverkehr abwickeln kann. Für die Bank ist der Kapitalwert der Kundenbeziehung im Gegensatz dazu sehr gering, da durch die häufigen Transaktionen Kosten verursacht werden, die durch die Erträge der Bank für das Gehaltskonto nur knapp oder nicht ausgeglichen werden können. Der Customer Lifetime Equity ermittelt den Kundenwert unter Berücksichtigung aller dem Kunden direkt zurechenbaren Ein- und Auszahlungen über die gesamte Beziehungsdauer (vgl. BÜTTGEN 2003, S. 66). Er kann dabei um Faktoren, wie die • Bindungsrate, als die Wahrscheinlichkeit eines Wiederkaufs in der nächsten Periode, und • Interaktionswerte, als Berücksichtigung der Kontakte zwischen Kunde und Unternehmen, erweitert werden (vgl. BRUHN ET AL. 2000, S. 167 ff.). Bei der Ermittlung des Kundenwertes sind immer neben den Erträgen, die der Kunde in einem definierten Zeitraum erbringt, auch die erforderlichen Kosten für Kundenbetreuung und -bindung zu berücksichtigen. Als Grundlage für die Einordnung in Kundensegmente eignet sich insbesondere der Present Customer Lifetime Equity, also der auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abgezinste Customer Lifetime Equity. Dies entspricht damit einem Discounted Customer Lifetime Equity. Damit wird also auch der zeitliche Anfall von Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt. Im Unterschied hierzu berechnet der einfache Customer Lifetime Equity sowohl die bisherigen als auch die zukünftigen Zahlungen gleichbedeutend ohne Abschläge (vgl. LINK/HILDEBRAND 1993, S. 55; BRUHN ET AL. 2000, S. 173; TÖPFER/SEERINGER 2008, S. 235ff; SWOBODA/MORSCHETT 2017, S. 191ff.).
22
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Abbildung 8: Dimensionen des Kundenwertes
Die Segmentierung der Kunden kann auf dieser mehr oder weniger differenzierten Basis mit verschiedenen Methoden durchgeführt werden, die grundlegendste stellt dabei eine erweiterte ABC-Analyse – wie sie in Abbildung 9 ausgeführt ist – dar. Die klassische ABC-Analyse, die sich nur an quantitativen Größen wie beispielsweise Umsatz orientiert, wird hierfür durch qualitative Kriterien erweitert und verfeinert. Dies ist vor allem die durch hohe Kundenzufriedenheit bewirkte Kundenloyalität und -bindung als Basis für den zukunftsgerichteten Customer Lifetime Equity. Seine Aktivierung und seine erreichbare Höhe sind immer nur wahrscheinlich und nicht deterministisch. Dabei geht es darum, nicht nur die aktuelle Kundenposition zu bestimmen, sondern zugleich auch das zukünftige Kundenpotenzial zu erkennen (vgl. TÖPFER 2001, S. 185f.). Aufgabe eines wirkungsvollen CRM ist es gerade, die prognostizierten Einnahmeströme auch wirklich entstehen zu lassen.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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Abbildung 9: Typologie des Kundenwertes
Gezieltes Handeln setzt eine aussagefähige Messung voraus. Kundenzufriedenheit ist immer eine subjektive Größe, bei der Einstellung und Erwartung auf der einen Seite sowie Wahrnehmung und Bewertung auf der anderen Seite zu berücksichtigen sind. In der Unternehmenspraxis reicht es also nicht, nur die Zufriedenheit der Kunden zu messen. Zusätzlich ist auch die Kenntnis der Wichtigkeit einzelner Kriterien erforderlich, um so einen Customer Satisfaction Index (CSI) – dessen Berechnung ausführlich in Kapitel 4.3.3 dargestellt ist – ermitteln zu können. Durch diese Analyse wird es also erst möglich, gezielte Maßnahmen zur Aktivierung von Zufriedenheitstreibern umzusetzen. Dies sind die Maßnahmen, mit denen das Unternehmen bisher bereits eine hohe Kundenzufriedenheit erreicht hat. Zusätzlich ist aber vor allem auch an den Kriterien anzusetzen, denen aus Kundensicht eine hohe Bedeutung zukommt und bei denen der erreichte Grad an Zufriedenheit bisher deutlich geringer ist. Auf diese Weise kann dann die Zufriedenheit der Kunden wesentlich gesteigert werden, ohne in Kostenfallen zu geraten. Diese sind nämlich dort gegeben, wo der Kunde bestimmten Anforderungen eine deutlich geringere Wichtigkeit beimisst, so dass Investitionen des Unternehmens nicht die gewünschte Wirkung erbringen (vgl. TÖPFER 2001, S. 186 f.). Ein effizientes CRM muss in der Lage sein, auch diese Daten und Analysen zu liefern.
24
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Das eigentliche Ziel ist nicht nur eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit, sondern die Steigerung der Kundenbindung. Es kommt also darauf an, nicht nur die Basis- und Leistungsfaktoren zu erfüllen, sondern zugleich die Begeisterungsfaktoren für den Kunden zu erkennen. Dieser Zusammenhang lässt sich im Kano-Modell (vgl. KANO ET AL. 1994, S. 39 ff.; BERGER ET AL. 1993, S. 26) der Kundenzufriedenheit wie in Abbildung 10 verdeutlichen (vgl. TÖPFER 2008b, S. 198f.).
Abbildung 10: Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit (BERGER ET AL. 1993, S. 26)
Alle Verbesserungsmaßnahmen sind darauf auszurichten, zunächst die Basisanforderungen abzusichern, so dass die Unzufriedenheit von Kunden abgebaut und zumindest die „Nulllinie“ erreicht wird. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass die wesentlichen Kriterien respektive Leistungsanforderungen aus Kundensicht ausreichend erfüllt werden. Eine Kundenbindung tritt hierdurch noch nicht automatisch ein, sondern wird entsprechend dem Kano-Modell nur erreichbar sein, wenn auch die Begeisterungsanforderungen realisiert werden. Diese wiederum sind Anforderungen, die in höherem Maße Kundenloyalität und Kundenbindung erzeugen. In der Realität besteht das Problem darin, dass sie häufig vom Kunden nicht klar artikuliert werden und dass sie nur in einer kundenspezifischen Ausrichtung eine größere Wirkung erreichen. In allen Fällen müssen die Anforderungen – zumindest über Indikatoren – aber so formuliert werden, dass sie quantitativ messbar sind und damit einem Bewertungs- und Verbesserungsprozess in der Zukunft zugänglich sind (vgl. TÖPFER 2008b, S. 198f.; TÖPFER 2001, S. 188). Genau hierin besteht eine entsprechende Anforderung an alle IT-gestützten CRM-Konzepte.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
1.6
25
Die neue Rolle des Marketing als Ausdruck der veränderten Marktbedingungen
Die verstärkte Konzentration vieler Unternehmen auf den Kunden und seine Bedürfnisse spiegelt sich auch in der Diskussion der „richtigen“ Marketingansätze wider. Denn bei dem Wunsch nach einem umfassenden ganzheitlichen Eingehen auf die Kundenbedürfnisse reicht es nicht mehr aus, allein den Kundenkontakten im Vorfeld eines Produktkaufs, sondern auch seiner Betreuung und Beratung danach Beachtung zu schenken und in beiden Perioden den Kunden/Käufer zufrieden zu stellen. Dies schlägt sich in der Ergänzung des Pre-Sales-Marketing durch das After-Sales-Marketing nieder.
1.6.1
Der Übergang vom klassischen zum erweiterten Marketingansatz
In Abbildung 11 ist der Übergang vom klassischen Marketing als Transaktionsmarketing zum Relationship Marketing als erweiterter Marketingansatz dargestellt. Das Management der Kundenzufriedenheit ist dabei der Transmissionsriemen zwischen dem klassischen Marketingansatz, der darauf ausgerichtet ist, Wettbewerbsvorteile zu erzielen, um neue Kunden zu gewinnen und dem erweiterten Marketingansatz, der darauf ausgerichtet ist, die Kunden an das Unternehmen zu binden.
Abbildung 11: Vom klassischen zum erweiterten Marketingansatz
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Während der klassische, aktionsbezogene Ansatz darauf abzielt, dem Kunden einen einzigartigen Verkaufsvorschlag zu unterbreiten, der sich aus Sicht der Kunden von den Konkurrenzprodukten positiv abhebt, also eine Unique Selling Proposition, ist der erweiterte Marketingansatz darauf ausgerichtet, eine zufriedenheitsorientierte Beziehung herzustellen. Statt dem klassischen Motto „Take the money and run“ gilt dann „Make the customer happy!“. Dies erfordert in vielen Unternehmen ein Umdenken, denn die Forderung nach einem interaktionsbezogenen, ganzheitlichen und prozessorientierten Marketing bedingt, dass die gesamte Organisation auf die Schaffung von Kundenzufriedenheit ausgerichtet sein muss (vgl. MEFFERT 1994a, S. 29f.). Damit sind oft erhebliche Veränderungen in der Unternehmensstruktur und -kultur sowie der Management- und Mitarbeiterqualifikation verbunden.
1.6.2
Der Übergang vom Beeinflussungs- zum Beziehungsmarketing
In Abbildung 12 ist zusammenfassend die Entwicklung vom klassischen Transaktionsmarketing zum Beziehungsmarketing dargestellt (vgl. MEFFERT 1994b, S. 28; DILLER/KUSTERER 1988, S. 214 ff.). Dabei wird der strategische Ansatz des stärker auf Geschäftsbeziehungen ausgerichteten Beziehungsmarketing deutlich, der sich in der langfristigen Erfolgsausrichtung manifestiert und eine Win-win-Strategie für das Unternehmen und den Kunden anstrebt.
Abbildung 12: Vom Beeinflussungsmarketing zum wertorientierten Beziehungsmarketing (vgl. TÖPFER/ MANN 2008, S. 42)
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
27
Diese erweiterte Marketingsicht verdeutlicht zugleich auch den gestiegenen Stellenwert eines kundenorientierten Service in der Vor- und vor allem der Nachkaufphase. Gerade Unternehmen mit Me-too-Produkten können durch eine hohe Service- und Kontaktqualität im Wettbewerb nicht nur Differenzierungschancen realisieren, sondern auch Kundenbindungspotenziale nutzen (vgl. MANN 1998, S. 76 ff.; MANN 2004 und 2014; LIESE/MANN 2013). Allerdings erfordert das Ausnutzen von Differenzierungsmöglichkeiten und Kundenbindungseffekten eine systematische Analyse der Kundenanforderungen und der Wettbewerbsposition, um frühzeitig Ansatzpunkte für Profilierungsmöglichkeiten am Markt und zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit zu erkennen und umzusetzen (vgl. auch GALE 1994, S. 40). Ohne klare Diagnose ist also keine sinnvolle Therapie möglich. Dabei sind verschiedene Analysestufen zu durchlaufen. In nicht wenigen Unternehmen wird Marketing noch in heutiger Zeit eher 'klassisch' definiert. Als abgegrenzte Funktion neben anderen, wie zum Beispiel der Forschung und Entwicklung, hat es häufig lediglich die Aufgabe, über den Einsatz des Marketing-Mix vor allem operative Maßnahmen zur 'Überwindung von Marktwiderständen' herauszubilden. Auch wenn dabei die mit dem eigenständigen Service-Mix zum Marketing-Pentagon (vgl. TÖPFER 1987, S. 62f.) weiterentwickelten Instrumentalbereiche mit unterschiedlicher Zuordnung und Gewichtung auf die Wertschöpfungsphasen heruntergebrochen werden, so markiert der Kaufakt vielfach doch letztlich den Schlusspunkt im Anbieter-Kunden-Verhältnis (vgl. TÖPFER/WIEDER 1996, S. 305ff.). Demgegenüber kommt einem generellen Denken und Handeln in Kundenkategorien und damit einem umfassenden Kundenbeziehungsmanagement (CRM) in den Phasen der Beziehungsanbahnung, -gestaltung und -pflege heute die entscheidende Bedeutung zu. Unter diesem Primat steht im Mittelpunkt moderner und marktorientierter Unternehmensführung die – von allen Unternehmensmitgliedern betriebene – ganzheitliche und übergreifende Steuerung miteinander verzahnter Wertschöpfungsprozesse (vgl. TÖPFER/ MEHDORN 1995, S. 28f.).
1.6.3
Value Marketing als Erfolgspartnerschaft mit Kunden
Strebt man entsprechend der Philosophie kundenorientierter Qualität zufriedene Kunden und positive – insbesondere finanzielle – Geschäftsergebnisse als oberste Ziele an, dann besteht das Grundkonzept eines umfassenden Qualitätsmodells insbesondere für Dienstleistungen aus • schnellen Abläufen, • einfachen Organisationsstrukturen, • engagierten und fähigen Führungskräften sowie • leistungsbereiten und zufriedenen Mitarbeitern.
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Geschäftsprozesse werden oftmals nach einer Restrukturierung oder sogar einem Re-Engineering so gestaltet, dass die Mitarbeiter mit einem hohen Grad an Eigenständigkeit nicht nur das geforderte Qualitätsniveau erreichen, sondern gleichzeitig das gesamte System kontinuierlich verbessern. Erfolgspartnerschaft schließen Das Ziel eines derartigen Qualitätssteuerungsprozesses ist im Sinne eines Value-Marketing (vgl. GROßE-OETRINGHAUS 1996, S. 56ff.; HOLBROOK 1994, S. 21ff.), mit dem Kunden – insbesondere im Business-to-Business-Bereich – eine Erfolgspartnerschaft zu schließen. Sie hat zum Gegenstand, wie Abbildung 13 zeigt, dass die vom eigenen Unternehmen gelieferte Qualität – in einer nicht nur einstufigen, sondern zweistufigen Sicht – dem Kunden hilft, auf seinen Märkten – und das heißt bei dessen eigenen Kunden – erfolgreicher zu sein.
Abbildung 13: Die erweiterte Sicht: Value Marketing
Diese extensive Definition von Kundenzufriedenheit, die den Kundennutzen als konkreten Vorteil im Visier hat, strebt also nicht nur an, dem Kunden ein qualitativ hochwertiges und kostengünstiges Produkt zu liefern, sondern sie zielt in einer zweistufigen Analyse direkt darauf ab, für den Kunden den Ertrag aus seinen Marktleistungen zu fördern und/oder die Kosten bei der Leistungserstellung zu senken. Bei einem solchen Value-Marketing ist, wie Abbildung 14 verdeutlicht, ein Denken in vier Prozessstufen notwendig. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Analyse der Wertschöpfung beim Kunden. Es gilt, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wo und wie dieser nach den Kriterien Zeit, Qualität und Kosten seine Leistung erbringt und dies möglichst
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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mit einem Innovationsbeitrag verbindet, um so auf seinen Märkten bestehen zu können. Auf dieser Basis geht es dann darum, die Wertschöpfung im eigenen Unternehmen kundenorientiert anzupassen. Schließlich ist über ein „Andocken“ dafür Sorge zu tragen, dass diese unternehmenseigenen Prozesse mit denen des Kunden verbunden werden und vor allem auch ein enger Dialog über die gesamte Leistungserstellung und -verwertung an allen Kontaktpunkten geführt wird.
Abbildung 14: Das Denken in vier Prozessstufen
Der „Basis-Service“ für das Kundenunternehmen, die wichtige Komponente der ständigen Kommunikation in solchen Erfolgspartnerschaften, erstreckt sich als laufender Dialog auf die Geschäftsabwicklung und den Lieferservice, ein kulantes Reklamationsmanagement sowie die Verkaufsunterstützung. Ein Nichterfüllen dieser Anforderungen schafft direkt Unzufriedenheit beim Kunden. Erst Sonderaktivitäten schaffen beim Kunden aber Zufriedenheit. Als Beispiele hierfür können genannt werden: • Kundenspezifische Ausrichtung der Produkte/Problemlösungen • Eingehende Schulung über Einsatz und Anwendung der Produkte • Einladung zu Werksbesuchen, um auf diese Weise auch die emotionale Beziehung zum Hersteller zu stärken • Förderung von Handels-Jungunternehmen • Einführung von Ideengesprächen mit Großkunden
30
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
• Durchführung kooperativer Kampagnen der Verbraucherwerbung, bei denen das Vorprodukt – wie etwa bei GORE TEX oder im PC-Bereich bei INTEL – Bestandteil der Kundenwerbung ist. Als strategische Grundlage zur Verwirklichung von Erfolgspartnerschaften dient neben der ausgeprägten Kundenorientierung im Unternehmen auch die Umsetzung von ganzheitlicher Qualität im Unternehmen. Dadurch werden die von Partnern bzw. Kunden geforderten Qualitätsanforderungen und -standards in vollem Maße erfüllt sowie demzufolge die Beseitigung von Fehlerkosten als Kostentreiber vorangetrieben. Ein Weg, Value Marketing umzusetzen, sind Strategische Allianzen. Hier können sich beiderseitige Vorteile durch die Senkung der Vertriebskosten und gleichzeitig auf Kundenseite die Verringerung von Einkaufskosten ergeben. Wie die Beispiele Airbus und Federal Express sowie Ford und General Motors zeigen, lassen sich durch strategische Allianzen Einsparungen in Milliardenhöhe realisieren (siehe Abbildung 15). Im Fall der mit hohen Erwartungen verbundenen und nach relativ kurzer Zeit wieder aufgelösten strategischen Allianz DaimlerChrysler können aber auch – im Vergleich zu den ursprünglich anvisierten Einsparungen – hohe Wertsummen vernichtet werden durch schlechtes und unprofessionelles Management. Die anvisierten Vorteile und Wertsteigerungen wurden also nicht erreicht.
Abbildung 15: Ausgewählte strategische Allianzen
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
31
Das Beispiel SAP SAP: Ein Vorstandsressort für Kundenerfolg Die Umsetzung der Inhalte einer starken und konsequenten Kundenorientierung eines Unternehmens in seinen angebotenen Marktleistungen und in allen Wertschöpfungsprozessen sowie in seiner Philosophie und Kultur des marktorientierten Handelns liefert als aktuelles Beispiel das Dax-Unternehmen SAP. In einem Artikel im Februar 2020 werden die Konzeption und die Vorgehensweise unter der obigen treffenden Überschrift dargestellt (vgl. KERKMANN 2020a). Unter dem neuen Führungsduo Christian Klein und Jennifer Morgan nahm die realisierte Kundenzufriedenheit als zentrale Leistungskenngröße und damit als Key Performance Indicator (KPI) wieder eine herausragende Stellung ein. In jüngster Zeit monierten die Unternehmens-Kunden verstärkt die mangelnde Integration der vielen Produkte, die der Software-Hersteller verkauft. Mit einer neuen Aufstellung und Abgrenzung der Vorstandsressorts wollte und will SAP die verschiedenen Bereiche besser integrieren. In der Konsequenz dieser Philosophie und Strategie wurden das Ressort Global Business Services (GBS) aufgelöst und die Aufgaben auf zwei andere Bereiche übertragen. Das konkrete Ziel bestand darin, die Abläufe stärker am Kunden zu orientieren. Customer Centricity in der Unternehmenspraxis Die Konsequenz dieser Veränderungen ist erheblich, nämlich dass mit dem Umbau alle Einheiten, die direkt gegenüber dem Kunden auftreten, gebündelt werden. Das Ergebnis war und ist, dass der Vertrieb und der Service zusammengelegt und in einem Vorstandsbereich geführt werden, der den Namen „Customer Success“ erhielt. Ebenfalls unter einer einheitlichen Leitung ist die Verantwortung für einen Großteil der produktbezogenen Teams, und zwar neben Produktmanagement und Entwicklung zukünftig auch die Wartung. Eine zusätzliche Neuerung war, dass SAP dann als konsequente Folgemaßnahme ebenfalls einen Großteil der in den letzten Jahren gekauften Unternehmen in diese Umstrukturierung mit einbezieht. Hierdurch wird auch die interne Integration der übernommenen neuen Tochtergesellschaften vorangetrieben. In dem Ressort Cloud Business Group verbleiben nur der Marktforschungsspezialist Qualtrics sowie die Produktstrategie und -entwicklung des Bereichs Customer Experience. Das Ziel liegt auf der Hand: Anwender sollen einheitliche Ansprechpartner haben, wenn es Fragen zu Produkten oder auftretenden Problemen gibt. Dahinter steht die Philosophie und Zielsetzung, dass den SAP-Kunden ein nahtlos integriertes Angebotsportfolio geboten wird, bei dem alle Produkt-Lösungen als Software-Pakete reibungslos zusammenarbeiten. Die Realisierung dieser Integration ist
32
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
damit ein wichtiges Verkaufsargument im Wettbewerb z.B. mit Salesforce oder Oracle. Das schlagkräftige Argument von SAP ist: Wenn die Systeme von SAP gut aufeinander abgestimmt sind, dann müssen die Kunden weniger in Einführung und Wartung investieren und können im Zuge der Digitalisierung Aufgaben und Prozesse leichter automatisieren sowie vor allem auch neue Geschäftsmodelle einführen (vgl. KERKMANN 2020a). Diese Reorganisation soll die Einstellung der Kunden in der Vergangenheit beseitigen: „SAP ist zwar gut und fortschrittlich, aber viel zu wenig kundenorientiert, also zu wenig auf den direkten Kundennutzen und Kundenvorteil ausgerichtet. Wird diese Forderung realisiert, dann bewirkt dies für den Kunden unmittelbar weniger Kosten wegen der andernfalls notwendigen Anpassung der SAP-Lösungen an die unternehmensspezifische IT-Welt.“ (eigene Erhebung). Diese kritische Sicht und nur zum Teil überzeugenden Ergebnisse (vgl. KERKMANN 2020b) bestätigt die Höhe des Net Promoter Score®, der die Weiterempfehlungsbereitschaft der Anwender bezogen auf andere Interessierte misst (siehe auch Glossar). Er ist weiter gesunken. Im Jahr 2019 lag diese Kennzahl bei minus 6 und damit noch einen Punkt schlechter als 2018. SAP verfehlte damit das eigene Ziel, den Wert auf plus 1 zu steigern. Grundsätzlich sind 68 Prozent der Kunden zwar zufrieden, aber nur 26 Prozent würden SAP und seine Produkte weiterempfehlen. Im Vergleich dazu sehen 32 Prozent das Unternehmen kritisch. Der mögliche positive Zusammenhang zwischen Loyalität und Wachstum hat also bei SAP noch nicht zu den entsprechenden Ergebnissen geführt. Aufgrund der gemachten Erfahrungen will SAP noch im Jahr 2020 wichtige betriebswirtschaftliche Prozesse über mehrere SAP-Produkte hinweg abbilden. Es handelt sich dabei um das größte laufende Engineering-Programm. Die Konsequenz ist klar: Mit dieser Umstrukturierung werden auf Vorgabe des Vorstands die Vereinfachungen für die Kunden in der eigenen Organisation nachvollzogen. Zusätzlich trägt die Umstrukturierung der Tatsache Rechnung, dass sich in den vergangenen Jahren im Vergleich zur bisherigen Methode und Vorgehensweise die Software-Entwicklung verändert hat. Bei den auch von SAP heute angebotenen Cloud-Diensten leisten die Programmierer inzwischen generell auch einen großen Teil der Wartung. Im Jahr 2018 überstiegen die SAP-Clouderlöse die Softwarelizenzerlöse zum ersten Mal in der fast fünfzigjährigen Geschichte des Unternehmens (vgl. SAP 2020a). SAP erwartet in Bezug auf das Jahr 2018 eine Verdreifachung der Clouderlöse bis 2023 auf 15 Mrd. US-Dollar (vgl. KOPOCZ 2019). Auch in 2019 wurde durch das anhaltend starke Wachstum des Cloud-Geschäfts das Betriebsergebnis gesteigert (vgl. o.V. 2020a). Im 4. Quartal 2019 stiegen die Clouderlöse um 39 Prozent (IFRS-Rechnungslegung) (vgl. SAP 2019a).
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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Die Ergebnisse und der Impact als Wirkungen dieser kundenorientierten Umstrukturierungen waren und sind bis heute erheblich (vgl. KERKMANN 2020c): • SAP steigerte den Umsatz 2019 um 12 Prozent auf 27,55 Mrd. Euro, allerdings sank der Gewinn nach Steuern – vornehmlich wegen des Restrukturierungsprogramms – um 17 Prozent auf 3,387 Mrd. Euro. • Auch wenn die segmentspezifischen Ergebnisse zu den oben angesprochenen Umstrukturierungen einer verstärkten kundenspezifischen Ausrichtung von SAP nicht vorliegen, ist nachvollziehbar, dass – trotz der hohen Kosten für das Restrukturierungsprogramm – die Dividende des Unternehmens sich für das Geschäftsjahr 2019 um 5,3 Prozent erhöht. – Hierfür waren allerdings auch entsprechende Forderungen von Investoren maßgeblich. – Die Ausschüttung beläuft sich insgesamt auf 1,89 Mrd. Euro, das sind rund 56 Prozent des Gewinns nach Steuern. • Zusätzlich will SAP – als wichtiges Instrument zur Steigerung des Unternehmenswertes – einen Rückkauf eigener Aktien starten, auf den die Anleger positiv reagieren. • SAP ist mit einer Börsenbewertung von gut 156 Mrd. Euro (Stand Februar 2020) der wertvollste Konzern im Dax. Aus Sicht einer kundenzentrierten Strategie lassen sich also folgende Erfolgsfaktoren zusammenfassen: • Aus dem Denken in gesamten Wertschöpfungsketten über verschiedene Wertschöpfungsfunktionen und -bereiche resultiert ein direktes und damit besseres Verständnis der Kundenbelange. • Hieraus lassen sich umsetzungs- und ergebnisorientierte Handlungskonzepte zielgerichtet aus Kundensicht entwickeln. • In der Konsequenz sind diese Wertschöpfungsketten und Produktprogramme dann durch für den Kunden einheitliche Ansprechpartner nach dem Prinzip „one face to the customer“ zu führen. Der Kreis schließt sich also in der Weise, dass die eingangs in diesem Kapitel ausgeführten Konzepte und Grundsätze bei einer kundenorientierten Strategie in der Unternehmenspraxis und damit in der Realität, wie das Beispiel SAP zeigt, konsequent und vollständig umgesetzt wurden. Im Einzelnen sind dies: •
Die Dimensionen des Kundenwertes als wahrgenommener Wert aus Sicht des Kunden (Customer Value) (Abbildung 8)
•
Der Übergang vom Transaktions-Marketing zum Relationship-Marketing (Abbildung 11)
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
•
Und damit die veränderte Sichtweise vom einzigartigen Verkaufsvorteil (USP) zum Wettbewerbsvorteil durch Kundennutzen und deshalb zum direkten Kundenvorteil als einzigartigem Wertvorteil für den Kunden (UCVP) (Abbildung 11)
•
Dies kennzeichnet den Übergang vom Beeinflussungsmarketing zum wertorientierten Beziehungsmarketing mit der heute relevanten 3. Phase: „Make customer and company successful for a long time“. Hieraus resultiert dann auch der gestiegene Stellenwert von kundenorientiertem Service (Abbildung 12).
•
Die Konsequenz daraus ist das Denken in vier Prozessstufen, bei dem der kundenorientierte Wertschöpfungsprozess das eigene Unternehmen dominiert (Abbildung 14).
•
Im Vergleich zum klassischen Beispiel strategischer Allianzen (Abbildung 15), wie z.B. bei DaimlerChrysler vor ca. 20 Jahren, haben Strategien und Aktivitäten, die direkt auf den Kundenerfolg ausgerichtet sind, eine ganz andere Stringenz sowie Stoßkraft und ein viel größeres Erfolgspotenzial.
Als Fazit bleibt festzuhalten: Wissenschaftliche Analysen und empirische Erfahrungswerte bestimmten durchgängig das Unternehmenshandeln und -verhalten. Der Erfolg dieser umfassenden Restrukturierung hatte auch personelle Konsequenzen (vgl. ROSSBACH/WERNER 2020): •
Die beiden Hauptakteure für die gesamte Entwicklung, Steuerung und Umsetzung dieses anspruchsvollen und herausfordernden Change-Management-Prozesses, Christian Klein und Jennifer Morgan, sind in den Vorstand von SAP berufen worden und führen vor allem die neu restrukturierten Bereiche.
•
Es versteht sich von alleine, dass diese umfassende, konsequente und durchgängige Customer Centricity ein neues Denken, stärker kundenorientierte Verhaltensweisen und vor allem eine relativ stark veränderte Unternehmenskultur bei SAP zur Folge haben musste und weiterhin haben muss, um den Erfolg dieser Einstellung und dieses Handelns flächendeckend und tiefgreifend sicherzustellen.
•
Nicht nur als Konsequenz dieser erfolgreichen Veränderungen im Unternehmen, sondern auch als Garanten für die weiter andauernde nachhaltige Umsetzung dieser Strategie und der Einzelmaßnahmen in der Zukunft, sind die beiden genannten Hauptakteure im Oktober 2019 zu den Co-Vorstandsvorsitzenden ernannt worden, die SAP gemeinsam führen (vgl. SAP 2019b, ROSSBACH/WERNER 2020).
• Erstmalig ist mit Jennifer Morgan eine Frau zur Vorstandsvorsitzenden in einem Dax-Unternehmen berufen worden. • Ein wissenschaftlich begleiteter Report der Boston Consulting Group (BCG) und der Deutschen Börse mit der Technischen Universität München hat ermittelt, dass Unternehmen mit mehr Geschlechter-Vielfalt an der Börse besser abschneiden
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(vgl. ROSSBACH/WERNER 2020). Die Ursächlichkeit ist aber noch nicht mit evidenten Ergebnissen belegt. • Neueste Entwicklung: Laut einer Pressemitteilung von SAP am 20. April 2020 hat die neue Co-Vorstandsvorsitzende Jennifer Morgan sich mit dem Aufsichtsrat einvernehmlich darauf verständigt, das Unternehmen SAP zum Ende April 2020 zu verlassen. Der bisherige Co-Vorstandsvorsitzende Christian Klein übernimmt damit jetzt allein die Position des Vorstandssprechers (vgl. SAP 2020b; o.V. 2020b). • Als Gründe wurden genannt: o Die gegenwärtige turbulente Marktsituation und Krise, verbunden mit großen Unsicherheiten durch die Corona-Pandemie, verlangt eine klare und stringente Führungsstruktur, um schnelles und entschlossenes Handeln sofort umzusetzen. o Damit ist die aktuelle Lage der richtige Zeitpunkt, zum Modell eines CEO mit der Gesamtverantwortung wieder zurückzukehren. Laut Aussage des Unternehmens fiel jetzt – bereits früher als geplant – diese Entscheidung für einen alleinigen Vorstandssprecher. o Jennifer Morgan hat dabei klar die Auffassung vertreten, dass dieses Modell einer ganzheitlichen Führung durch einen Vorstandsvorsitzenden auch von ihr unterstützt und favorisiert wird. o Es bleibt abzuwarten, welche internationale Herausforderung Jennifer Morgan in einer Spitzenposition in einem anderen Konzern übernehmen wird.
1.6.4
Voraussetzungen und Wirkungen der Customer Centricity – Ein 13-Punkte-Programm
Die im Folgenden ausgeführten 13 Punkte zur Customer Centricity werden in der sich anschließenden Abbildung 16 in einer Übersicht im Zusammenhang dargestellt (siehe Abbildung 16).
36
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Abbildung 16: Bestandteile und Wirkungsmechanismen der Customer Centricity
1)
Customer Centricity – Der Kunde steht im Mittelpunkt des Denkens und Handelns eines Unternehmens.
2)
Customer Focus – Der Kunden-Fokus ist hierfür die Voraussetzung, also die Fähigkeit und das Ziel, den Kunden und seine Anforderungen möglichst immer im Blick zu halten. Dies erfordert eine hohe Serviceorientierung.
3)
Customer Journey – Die Reise mit den Augen und Empfindungen des Kunden kennzeichnet die kundenorientierten Wertschöpfungsketten, die direkt oder indirekt auf den Kunden ausgerichtet sind (vgl. THEOBALD/JENTSCHKE 2020, S. 9 ff.).
4)
Customer Touchpoints – sind dabei wichtige Kunden-Kontaktpunkte in den kundenorientierten Wertschöpfungsketten.
5)
Customer Experience – kennzeichnet wesentliche Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen, die der Kunde im direkten oder indirekten Kontakt mit dem eigenen Unternehmen erhält, sammelt und bewertet. Sie beeinflussen oder bestimmen sogar sein Urteil über das liefernde Unternehmen sowie dessen Marktleistungen, also Produkte und Service-Aktivitäten. Die Customer Experience hat damit wichtige Erfahrungswerte über das Verhalten und Handeln der Kunden zum Gegenstand.
6)
Customer Benefit – Kundennutzen durch das Unternehmenshandeln.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
37
7)
Customer Advantage – Ein konkreter Vorteil für den Kunden - direkt oder indirekt.
8)
Customer Success – Durch das Unternehmenshandeln bewirkter Kundenerfolg am Markt bei dessen eigenen Kunden.
9)
Customer Satisfaction – Kundenzufriedenheit ist hierfür die Voraussetzung.
10) Customer Retention – ist in Form einer ausgeprägten Kundenbindung die nachvollziehbare Folge, die in der angestrebten Wirkung des Net Promoter Score®, also der beabsichtigten wichtigen Weiterempfehlungsabsicht des eigenen Unternehmens durch hochzufriedene Kunden, ihren konkreten Ausdruck findet. 11) Customer Lifetime Value – macht eine bewertete und belastbare Aussage darüber, wie hoch insgesamt der Ertragswert eines Kunden bzw. Kunden-Unternehmens für das eigene Unternehmen über die Gesamtlaufzeit der Geschäftsbeziehung ist. 12) Customer Insights – Einsichten und Erkenntnisse über den Kunden und seine Einstellungen, Wünsche, Erwartungen und Ziele sowie Anforderungen gegenüber den Partnerunternehmen am Markt, also: „Wie tickt unser Kunde“. Dies erlaubt und ermöglicht dem eigenen Unternehmen Schlussfolgerungen als wichtige Erfahrungswerte über das Verhalten und Handeln der Kunden – auch in der Zukunft. 13) Customer Complaints – Ziel und Ergebnis: Durch das konsequente kundenorientierte Handeln im Customer Complaint Management lassen sich Kundenprobleme und Kundenbeschwerden vermeiden oder kurzfristig lösen und positiv bewältigen. Eine wesentliche Frage im Zusammenhang mit einer praktizierten Customer Centricity ist, wie viele und welche Unternehmen aus Sicht der Adressaten und damit auch der Kunden eine herausragende Stellung am Markt und in den Augen der Öffentlichkeit erreicht haben. Eine aktuelle Untersuchung zur Beliebtheit von Unternehmen bzw. Marken in Deutschland hat Service Value in Kooperation mit BILD durchgeführt. In einer OnlineBefragung bewerteten Verbraucher die Gesamtzufriedenheit mit einem Anbieter unter Berücksichtigung aller für sie persönlich relevanten Aspekte (z.B. Preis, Produkt, Marke) sowie Wiederauswahl anhand einer 5-stufigen Zufriedenheits-Skala: „Sehr hohe Gesamtzufriedenheit“ (1), "hohe Gesamtzufriedenheit" (2), "mittlere Gesamtzufriedenheit" (3), "niedrige Gesamtzufriedenheit" (4) und "sehr niedrige Gesamtzufriedenheit" (5). Zusätzlich gab es die Ausweichoption: "kann ich nicht beurteilen". Auf diese Weise wurden 1.665 Unternehmen aus 155 Branchen von mehr als 420.000 Verbrauchern bewertet und es wurde jeweils ein brancheninternes Ranking erstellt. In Abbildung 17 sind die jeweiligen Sieger ihrer Branche im Jahr 2020 zusammen mit dem jeweiligen Zufriedenheitswert dargestellt. Da diese empirischen Werte inhaltlich branchenspezifisch sind, können sie somit vom statistischen Mittelwert im Sinne der Antwortskala abweichen. Hierdurch werden branchenspezifische Unterschiede im Mittelwert dokumentiert (vgl. GUNDELACH 2020, SERVICE VALUE GMBH 2020).
38
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Abbildung 17: „Marken-Lieblinge“ (2020)
1.6.5
Das Marketing-Pentagon
Das Marketing-Pentagon stellt eine Weiterentwicklung des Marketing-Mix dar. Der Marketing-Mix verkörpert die letzte Phase in der Entwicklung der Marketing-Konzeption und hat die Aufgabe, die Zielerreichung (Effektivität) durch die Umsetzung der Marketing-Strategie in operative Maßnahmen zu garantieren (vgl. MEFFERT 1986, S. 116). Das Marketing-Pentagon ist damit zugleich die Basis als auch die Umsetzung der Positionierung. Im Marketing-Pentagon, dem Fünfeck der relevanten Marketing-Mix-Bereiche, wird das Zusammenspiel der unterschiedlichen Marketinginstrumente entsprechend den Zielund Strategievorgaben festgelegt. Das Marketing-Pentagon umfasst die 5 Bausteine 1. Produkt-Mix, 2. Kontrahierungs-Mix, 3. Kommunikations-Mix, 4. Distributions-Mix und 5. Service-Mix. Die klassische Form der hier erst genannten 4 Marketing-Mix-Bereiche wird also durch den Bereich Service-Mix ergänzt, der heute eine immer größere Bedeutung besitzt (TÖPFER 2007a, S. 558). Dies gilt sowohl für physische Produkte als auch für Dienstleistungsprodukte.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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Eine zur kundenbezogenen Leistungs- und Beziehungsgestaltung in wettbewerbsintensiven Märkten wesentliche Variablengruppe hat dabei allerdings keine ausreichende Berücksichtigung gefunden: der Service-Mix. Hiermit ist der als Mittel zum Herausarbeiten von Kundenvorteilen und damit zum Erzielen von Wettbewerbsvorteilen immer wichtiger werdende Service-Bereich gemeint. Service-Mix als 5. Baustein des Marketing-Pentagon Um die Stellung der Servicequalität als Differenzierungschance des eigenen Produktsortiments im modernen Marketingverständnis zu kennzeichnen, hat der Service-Mix als fünftes eigenständiges Instrument eine wichtige Funktion, die in Abbildung 18 wiedergegeben ist. Die Bezeichnung Marketing-Pentagon steht hierbei in erster Linie für das Fünfeck als geometrische Figur (vgl. TÖPFER 2007a, S.558).
Abbildung 18: Marketing-Pentagon als Basis und Umsetzung der Positionierung
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Generell gilt also: Aktivitäten des Service-Mix sind immer wichtiger vor dem, beim und nach dem Kauf, um den Kunden nicht nur zu informieren, sondern umfassend zufriedenzustellen, und zwar sowohl in physischen Verkaufsprozessen des stationären Handels als auch insbesondere in Online-Verkaufsprozessen. Der Service-Mix hat dadurch eine generelle Ergänzungs- und Umhüllungsfunktion in allen Phasen der Vermarktung (vgl. REINECKE/HERHAUSEN 2017). Die 5 Bausteine folgen dabei dem Prozess der Vermarktung eines Produktes: Die angebotene Marktleistung wird mit einem Preis und bestimmten Verkaufskonditionen gekoppelt. Produkt und Konditionen werden im Kommunikations-Mix beworben. Dabei ist zusätzlich ebenfalls von großer Bedeutung, die Distributionsleistung für das Produkt anzusprechen, also wie es zum Käufer kommt. Wie oben ausgeführt, sind für jede Kaufentscheidung bereits Serviceaktivitäten und -angebote in allen Phasen vor dem Kauf wichtig und manchmal ausschlaggebend. Dies unterstreicht noch einmal die heute herausragende Bedeutung von Serviceaktivitäten in allen Phasen des gesamten Kaufprozesses und damit auch in allen Bereichen des Marketing-Mix. Die Herausforderung besteht hier in der Umsetzung von wirkungsvollen Service-Mix-Altivitäten bei entsprechender Kostenkontrolle (vgl. WIRTZ 2020). Erfolgreiche Unternehmen wie z.B. Singapore Airlines oder Jet Blue sowie auch Amazon oder Google zeigen, dass dies möglich ist (vgl. WIRTZ/ZEITHAML 2018). Die einzelnen Bausteine des Marketing-Mix sind auf folgende Inhalte konzentriert: 1. Produkt-Mix Umfasst alle Produkte und Dienstleistungen, die am Markt angeboten werden, wobei Entscheidungen in diesem Bereich von der Neuentwicklung von Produkten/Dienstleistungen entsprechend den Marktanforderungen bis zur Eliminierung von Produkten/Dienstleistungen aus dem Angebot reichen. 2. Kontrahierungs-Mix Umfasst alle Variationen von Leistungen für einen bestimmten Preis, wobei Entscheidungen in diesem Bereich von der Vereinbarung von Zahlungsbedingungen bis zu Nachlass-, Umtausch- oder Warenzustellungsentscheidungen reichen. 3. Kommunikations-Mix Umfasst alle Informations- und Beeinflussungsmaßnahmen für den Absatz der Produkte/Dienstleistungen, wobei Entscheidungen in diesem Bereich von persönlichem Verkauf über Verkaufsförderung bis zur Werbung reichen.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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4. Distributions-Mix Umfasst die Festlegung wie und durch wen Produkte/Dienstleistungen den Kunden erreichen, wobei Entscheidungen in diesem Bereich von der Wahl der Absatzkanäle und Absatzmittler bis zur physischen Distribution von Produkten/Dienstleistungen reichen. 5. Service-Mix Umfasst alle Instrumente in der Vermarktungs- und Nachkaufphase. Viele Unternehmen haben erkannt, dass zu einem erfolgreichen Verkaufsprodukt auch ein entsprechender Service während des Kaufprozesses, aber auch darüber hinaus dazugehört. Dies führt zu mehr Kaufabschlüssen und erhöht langfristig die Kundenbindung und ermöglicht Wiederkäufe. In der Entwicklung der Marketing-Funktionen und -Intensität über die Zeit, lässt sich folgendes nachvollziehen: Service-Mix als wirkungsvoller Erfolgstreiber Der Service-Mix als 5. Baustein des Marketing-Pentagon (vgl. TÖPFER 1987, S. 62f.) wurde vorwiegend in der Vermarktungs- und Nachkaufphase eingesetzt. Dem Service kam damit lediglich eine Add-on-Funktion zu (vgl. TÖPFER, 1992b, S. 5f.). Immer mehr Unternehmen erkannten jedoch, dass dieser reduzierte Einsatz des Service seiner Bedeutung als Erfolgsfaktor und als Ansatzpunkt zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb nicht gerecht wurde. Denn Serviceleistungen sind in der Regel Dienstleistungen und eröffnen dadurch die Chance zu einem direkten Kontakt mit dem Kunden. Damit ist die Möglichkeit gegeben, den Service auf die Bereiche zu konzentrieren, die der Kunde haben will und über den Preis honoriert. Im Endeffekt kann hierdurch auch eine Reduzierung des Service gemäß der Leitlinie „No-Frills“ erfolgen (vgl. NAGL/BOZEM 2018, S. 22; MEYER/BLÜMELHUBER, 1995, S. 30ff.). Beispiele für eine erfolgreiche Umsetzung geben hier die Supermarktkette Aldi, bei der – zumindest in der Vergangenheit – die Kunden gern auf schön präsentierte Waren, die hilfreiche Verkäuferin und kurze Wartezeiten an den Kassen verzichten, oder Fluggesellschaften wie Southwest Airlines oder Ryan Air. Bei den Fluggesellschaften bedeutet die „No frills, low price“-Strategie, dass die Passagiere von Punkt A nach Punkt B gebracht werden; eine Business Class, ein kostenloses Catering an Bord oder der Direktflug zu großen Flughäfen jedoch nicht angeboten werden (CALDER 2003). In jüngster Zeit ist allerdings nachvollziehbar, dass die Serviceerwartungen auch bei niedrigen Preisen für die Gesamtleistung eher zugenommen haben. Damit sollen Maßnahmen des Service-Mix ein bisher immer weniger vorhandenes Differenzierungspotenzial vergrößern und ausschöpfen. Generell gilt allerdings, dass sich diese zusätzlichen Serviceleistungen nicht negativ im Preis für Kunden niederschlagen dürfen.
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Grundsätzlich steht jedoch außer Frage, dass der Service-Mix als Grundlage für einen guten Kundenkontakt und eine intensive Kundenbeziehung ein eigenständiger Gestaltungsbereich ist. Weiterhin dienen die Instrumente des Marketing-Mix, wie z.B. Werbung in Massenmedien, dazu, die eigenen Produkte durch „Nadelöhre“, wie verschiedene Distributionsstufen, bis zum Konsumenten „zu drücken“. Der Kaufakt des Kunden markierte bis zum Ende der 90er Jahre den Schlusspunkt der Kundenbeziehung. Das Verkaufsereignis diente oft als einziger Erfolgsindikator für das Unternehmen. Die Kundenbeziehung musste damit noch nicht zu Ende sein, sie wurde aber auf der folgenden Wegstrecke nicht bewusst und nachhaltig gestaltet. Heute sind Kundenbindung und Wiederkauf als zentrale Faktoren einer weiter bestehenden Kundenbeziehung erkannt worden und werden deshalb aktiv gestaltet und gesteuert. Im Mittelpunkt moderner und marktorientierter Unternehmensführung steht jedoch die Abkehr vom linearen „Kästchendenken“ in Abläufen, Abteilungen und Funktionen. Vielmehr bildet die Orientierung an übergreifenden und miteinander verzahnten Wertschöpfungsprozessen als Zyklus der gesamten Kundenbeziehung mit dem Interessenten-, Kundenbindungs- und Rückgewinnungsmanagement die Grundlage für ein Denken und Handeln in Kundenkategorien. Aber nur wenn der Kundenkontakt in jeder der sieben in Abbildung 19 aufgeführten Phasen von der Kennenlernphase bis zur Revitalisierungsphase optimal gestaltet wird, lässt sich der komplette Kundenbeziehungs-Lebenszyklus realisieren.
Abbildung 19: Der Kundenbeziehungs-Lebenszyklus (vgl. STAUSS/SEIDEL 2014, S. 6)
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
1.7
43
Ganzheitliche Sichtweise: Der Kunde im Zentrum für das Unternehmen in allen Kontaktphasen, digitalen Daten und Steuerungssystemen
Diese oben genannte ganzheitliche Sichtweise entspricht – in den Zeiten einer zunehmenden Digitalisierung, neuer Geschäftsmodelle durch Industrie 4.0 sowie oftmals weitgehend veränderter Anforderungen an die Unternehmen – der Situation, die Kontakte mit den eigenen Bestands- oder auch Zielkunden in den Mittelpunkt zu stellen und die durch hoch entwickelte IT-Systeme generierten Daten für die Steuerung aller Wertschöpfungsaktivitäten einzusetzen und zugleich zu schützen. Dies alles ist nicht völlig neu, sondern entspricht den Grundsätzen einer starken Kundenorientierung des Unternehmens. Es gipfelt entsprechend dem heutigen Englischen Sprachgebrauch in der Erkenntnis, dass gemachte und kommunizierte Kundenerfahrungen, also Customer Experience, wichtiger sind als alleinige Analysen aus Unternehmenssicht. Die Zielsetzung einer Steigerung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung erhält hierdurch einen noch höheren Stellenwert und eine noch bessere Umsetzungsbasis (vgl. BOLTON ET AL. 2018). In der englischsprachigen Welt entspricht dies der Zielsetzung, ein hohes Niveau einer Customer Centricity in der Customer Journey – also ein hohes Maß an Kundenorientierung in allen Kontaktpunkten des Unternehmens mit dem Kunden – zu erreichen (vgl. NUNEVA 2016, S. 50; BÖCKER 2015, S. 176 f.). Dabei ist zusätzlich wichtig, dass direkt auf wesentliche Inhalte und Ergebnisse des Wertschöpfungsprozesses bezogene Erfolgskriterien vorgegeben und genutzt werden. Für dieses umfassende Daten-Mindset sowie den dabei erforderlichen Datenschutz ist die Unterstützung fortschrittlicher IT-Systeme in den damit verbundenen weitreichenden Veränderungsprozessen zu realisieren (vgl. O.V. 2018). Im Detail bedeutet dies in den einzelnen Bereichen: • Die Zielsetzung einer Customer Centricity im Sinne eines auf die Anforderungen und den Nutzen der Kunden primär ausgerichteten und damit hierauf stark fokussierten Unternehmenshandelns ist nicht neu, sondern seit vielen Jahren bereits eine hohe Zielsetzung. Neu bzw. verändert sind hingegen die Marktanforderungen vor allem im Rahmen neuer Geschäftsmodelle in diese Richtung, die eine deutlich stärkere Ausrichtung und Umsetzungsgeschwindigkeit auf die Erfüllung von wichtigen Kundenanforderungen verlangen. Zugleich liefern Ansätze wie Big Data als breitere und bessere Datenbasis sowie Blockchains als Verknüpfung von dezentralen Datenspeichern und Advanced Analytics als aussage- und leistungsfähigere Messkriterien als bisher eine deutlich bessere Anwendungsbasis zum Erkennen wichtiger Ursachen- und Wirkungs-Beziehungen. • Durch das gegenwärtig hoch entwickelte technologische Umfeld im Rahmen der Industrie 4.0 und der Digitalisierung sowie durch den vermehrten Einsatz von OnlineMedien steigen allerdings zugleich auch die Anforderungen an eine wirkungsvolle
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Customer Centricity. Anderenfalls würden ohne einen ausreichenden Nutzenzuwachs Kundenzufriedenheit und Kundenbindung darunter Schaden erleiden. Um die Wünsche und Zielsetzungen der Bestandskunden oder Zielkunden besser zu erkennen und zu verstehen, sind Analysen von Customer Insights, also Erkenntnissen aus der Beobachtung und der Tiefenanalyse des Kundenverhaltens, wesentlich. Der letztere Gedanke verlangt eine veränderte Vorgehensweise in Unternehmen, die von sich behaupten und überzeugt sind, dass sie ihre Kunden sowie deren wesentlichen Wünsche und Anforderungen seit langen Jahren gut kennen und erfüllen. Das veränderte Vorgehen entspricht der Art und Weise, wie neu gegründete Unternehmen in einen neu entstehenden Markt erfolgreich einsteigen wollen. Das Beratungsunternehmen KPMG hat dies in der Studie „Think like a start-up: How to grow in a disruptive market“ eindrücklich belegt (vgl. KPMG 2017). Entscheidend ist die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Bestandskunden und erst recht ihre Neukunden von Zeit zu Zeit „mit einer anderen Brille und aus einem anderen Blickwinkel“ betrachten. Kundenbegeisterung als innovative, servicefördernde und kosteneffektive Customer Delight Der veränderte Blick auf den Kunden, seine Anforderungen und neu erkannte Ansätze, ihn positiv zu überraschen und zu begeistern, schafft dabei zusätzliche Spielräume im Wettbewerberumfeld. Entsprechend dem Kano-Modell (vgl. dazu Abschnitt 1.5, S. 20ff. und Abbildung 10, S. 23) besteht also das direkte Ziel bei der Analyse von Customer Insights, Bereiche zu entdecken, die direkte Ansatzpunkte für Customer Delight bieten und vom Wettbewerb noch nicht in dem angestrebten Maße genutzt und eingesetzt werden (vgl. REINECKE/HERHAUSEN 2017). Sie sind vor allem dann interessant, wenn sie nicht nur eine kurzfristige Wirkung entfalten und vor allem keine Kostentreiber für das eigene Unternehmen sind. • Die Customer Journey, also die „Reise des Kunden“ durch die aus seiner Sicht oder der des Unternehmens wichtigen Kontaktpunkte mit dem Unternehmen, gibt dem Kunden oftmals einen zwar subjektiven, aber dennoch guten Einblick in die Prozessund Servicequalität des Unternehmens. Sie hat einen Vorläufer in dem klassischen Modell der „ Augenblicke der Wahrheit“, also der systematischen prozessorientierten Analyse aller wichtigen Kontaktpunkte (Touchpoints) zwischen dem Kunden und dem Unternehmen in der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase (siehe hierzu Abschnitt 4.3.1.1.1 und Abbildung 78). Zu den bisherigen physischen und vorhandenen telekommunikativen Kontaktpunkten sind jetzt in größerem Maße noch Online-Kontakte durch das Internet und soziale Medien hinzugekommen. Der heutige Kunde will in vermehrtem Maße durch eine Kombination unterschiedlicher Medien angesprochen und informiert werden sowie mit steigender Tendenz auch online Kaufentscheidungen treffen und Finanzprozesse der Bezahlung abwickeln. Diese Multi-Channel-Aktivitäten haben einen direkten Einfluss auf die genutzten Kontaktpunkte und eventuell
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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erkennbare Prozessmuster (vgl. ZINKANN/MAHADEVAN 2018). Die Abfolge der Nutzung unterschiedlicher Kommunikationskanäle folgt dem allgemeinen Muster: zuerst „digital“, da schneller und vielfältiger, und dann in ausgewählten Geschäften „physisch bzw. physical“. Allerdings hat auch die umgekehrte Reihenfolge eine Berechtigung und als Ergebnis eine höhere Effizienz bzw. Ergebnisgeschwindigkeit. Nämlich dadurch, dass in guten und ausgewählten Geschäften die Produkte physisch betrachtet werden können und die Serviceberatung direkt erfolgt. Auf dieser Informationsbasis lässt sich dann online schnell ein besonders gutes Angebot im Internet ausmachen und kaufen. Es gibt also bezogen auf die Kombination von offline- und online-Kanälen keinen Königsweg (vgl. O.V. 2018). Die Benchmarks für den Ablauf und die Schnelligkeit der Customer Journey werden von maßgeblichen Wettbewerbern gesetzt. In diesem Rahmen werden die Anforderungen an die Herstellerunternehmen steigen, z.B. bezogen auf die Auslieferung der gekauften Produkte noch am selben Tag, wie dies Amazon vormacht. • Das Daten-Mindset hat im Rahmen der Digitalisierung und der Industrie 4.0 online generierte Messkriterien und Messgrößen auf einem fortschrittlichen Niveau zum Gegenstand. Eine wesentliche Anforderung für alle Daten, die gemeinsam verarbeitet und in Beziehung gesetzt werden sollen, ist, dass die Strukturierung dieser Daten zumindest direkt kompatibel ist, da sie im Allgemeinen nicht identisch ist. In der Regel stammen die verschiedenen Datensätze aus verschiedenen Quellen, die oft in unterschiedlichen Struktureinheiten bzw. Abteilungen erhoben wurden. Dadurch ist die Strukturgleichheit der Daten sehr begrenzt und kann nur über ausgewählte Kriterien verbessert werden. • Hierunter ist zu verstehen, dass die Sammlung von Basisdaten sowie die Verarbeitung und Analyse dieser Daten auf der Grundlage eines möglichst einheitlichen Rasters von Verknüpfungen erfolgt. In dem Maße, in dem dies für die hieraus generierten Daten nicht gegeben ist, wird die Aussagefähigkeit und wirkungsvolle Weiterverwendung der geschaffenen Datenbasis eingeschränkt. Die Grundlage dieses Problems ist häufig in Unternehmen das datenbezogene und damit IT-spezifische Silodenken zwischen IT, Marketing und anderen Anwender-Abteilungen. Erst wenn über die Geschäftsleitung und die Unternehmenskultur ein verändertes Datenhandling sowie eine bereichsübergreifende Datennutzung nachhaltig praktiziert werden, lässt sich dieses Problem aufbrechen. Die Erkenntnisgrundlage sind oftmals dann spezifische Geschäftsfälle, aus deren Datenbasis weitergehende Erkenntnisse gezogen werden können. Eine hierauf bezogene Data-Science-Infrastruktur liefert über die Auswertung der Cases wesentliche Ansätze für neue Geschäftsfelder oder zumindest Geschäftsaktivitäten. • Diese Advanced Analytics eröffnen dem Unternehmen die Chance, die Anzahl der Messgrößen innerhalb einer Zeiteinheit deutlich zu erhöhen. Prozessdaten können nahezu stetig in kleinsten Zeiteinheiten und nicht nur in Zeitabständen diskret generiert
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
sowie dann anschließend auch inhaltlich analysiert und weiterverarbeitet werden. Zugleich liegen Daten in bisher nicht generierbaren Mengen vor, aus denen mit geeigneten Algorithmen im Rahmen eines Data Mining gegebenenfalls Kausalitäten ermittelt werden können und Muster des Handelns und Verhaltens erkennbar sind bzw. eingefordert werden, z.B. im Hinblick auf bisher nicht erkannte und deshalb nicht bediente Kundenbedürfnisse. Immer mehr Unternehmen verfügen heute zwar über entsprechend große Datenmengen, also über Big Data. Aber die Verarbeitungs- und Erkenntnisqualität dieser Datenmengen ist oftmals noch stark entwicklungsbedürftig. Der Digitalisierungsgrad und damit das Weiterverarbeitungsniveau von Daten sind entscheidend für eine fortschrittliche Datennutzung. Big Data ist damit vor allem auch ein Strategieproblem und nicht nur ein IT-Thema. Es geht also darum, früh und nachhaltig zu erkennen, welche Daten für die Zukunft in den eigenen Geschäftsmodellen als Key Performance Indicators (KPI), also Schlüsselgrößen für den Erfolg, wichtig und zielführend sind und über deren Erfassung, Auswertung sowie Weiterverwendung dann strategisch und kreativ nachzudenken ist (vgl. O.V. 2018, S. 14). • Unter dem Begriff Datenschutz sind zum einen die personenbezogenen Daten von Kunden oder auch Mitarbeitern einzuordnen. Zum anderen auch alle Maßnahmen, welche die Datensicherheit von betriebswirtschaftlichen und auch personenbezogenen Daten in Geschäftsprozessen und dabei insbesondere auch von Partnern, Lieferanten und Abnehmern im Rahmen der Supply Chain zum Gegenstand haben. In den letzten Jahren haben die Wahrnehmung von Datenschutzproblemen und der Stellenwert der damit verbundenen Zielsetzungen in der Wirtschaft und Gesellschaft deutlich zugenommen. In der 2018 erlassenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU werden diese Anforderungen neu und auf einem höheren Niveau insgesamt umfassender geregelt (vgl. DATENSCHUTZ-GRUNDVERORDNUNG 2016; KRANIG/ SACHS/GIERSCHMANN 2017). Der Aufwand für eine umfassende Umsetzung der Anforderungen der DSGVO ist dabei nicht zu unterschätzen. Denn das bisherige stillschweigende Einverständnis des Kunden bzw. Bürgers gilt nicht mehr, sondern dieser muss aktiv zustimmen. Es bleibt abzuwarten, in welchem Ausmaß die damit verbundenen Zielsetzungen über die Zeit erreicht werden. • Von der Qualität und dem Entwicklungsstand der zur Verfügung stehenden und eingesetzten IT-Systeme hängen alle oben angesprochenen Inhaltsbereiche sowie technologischen Ausgestaltungen und organisatorischen Umsetzungsmaßnahmen ab. Sie haben die Aufgabe und weitgehend die Möglichkeiten, die gesamten formulierten Anforderungen zu erfüllen. Supply Chain Management Diese ganzheitliche Sichtweise erstreckt sich vor allem auch auf alle Wertschöpfungsprozesse, die innerhalb und außerhalb des Unternehmens bezogen auf die eigenen Marktleis-
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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tungen durchgeführt werden. Darin sind dann auch alle hierfür wichtigen Wertschöpfungspartner einzubeziehen, also insbesondere Lieferanten und Partner in F&E-Kooperationen, des weiteren Partner in der Fertigung sowie im Vertrieb. Sie kennzeichnen zusammen die für das Unternehmen und die Leistungsvermarktung wichtigen Akteure innerhalb der Supply Chain als Liefer- und Leistungskette. Hierbei lassen sich 2 unterschiedliche Modelle der Supply Chain unterscheiden (siehe Abbildung 20), und zwar die Stufe 1 als additives Modell (Einfachmodell) der horizontalen Aneinanderreihung von externen Lieferanten, dem eigenen Unternehmen sowie Absatzpartnern und Kunden. Dieses Modell der Stufe 1 entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen und Möglichkeiten an die Unternehmenssteuerung, Steuerungsgrößengenerierung und übergreifenden Steuerungsmöglichkeiten. Außerdem erstrecken sich der Datenfluss und Datenüberblick bei den Supply Chain Partnern nur auf ihren eigenen Wertschöpfungsabschnitt. Zwischen den Akteuren der Supply Chain sind immer unmittelbare Quality Gates, also Prüfpunkte der Einhaltung der geforderten Qualität, vor der Weitergabe von Wertschöpfungsleistungen erforderlich. Das Modell hat damit eher nur noch für KMU eine wesentliche Bedeutung.
Abbildung 20: Zwei Modelle des Supply Chain Management
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Im Vergleich dazu ist das heute insbesondere in größeren Unternehmen relevante integrierte Modell ein mehrstufig paralleles Modell. Dies bedeutet, dass die hier unterschiedenen drei Arten von Wertschöpfungspartnern sich ebenfalls auf ihre erbrachte Kernwertschöpfung konzentrieren. Informations- und Steuerungsbeziehungen erstrecken sich aber jeweils auf die gesamte Wertschöpfungskette einer Supply Chain-Ebene. Dies bedeutet konkret, dass auf der Basis von vorhandenen Advanced Analytics Veränderungen in den Prozessen bei Kunden und Absatzpartnern sofortige Informationsströme beim Unternehmen und vor allem auch bei den Lieferanten nach sich ziehen. Ein Ansatzpunkt ist dabei beispielsweise, dass spezifische Kunden-Lieferanten-Beziehungen zwischen einzelnen Wertschöpfungspartnern bei Bedarf überprüft und bewertet werden können. Dies dient dazu, um sicherzustellen, dass das geforderte Niveau an Kundenzufriedenheit erreicht wird, da die Qualitätsanforderungen durch die Wertschöpfungslieferanten vollständig erfüllt werden. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch, dass einerseits eine hohe Qualität der Vernetzungen und damit eine hohe Prozessqualität in der gesamten Wertschöpfungskette existiert und andererseits dass die geforderte Qualität der erhobenen Rohdaten, also der Messdaten von Wertschöpfungsleistungen, gegeben ist. Um es an einem einfachen Beispiel darzustellen: Mehrbestellungen werden über alle 3 Supply Chain-Ebenen registriert und in der Planung und Leistungserstellung und -lieferung unmittelbar berücksichtigt bzw. umgesetzt. Entsprechend können in umgekehrte Richtung der vollbrachten Wertschöpfung Innovationen von Lieferanten in einer frühen Phase über die Steuerung des Unternehmens direkt bei Absatzpartnern und Kunden erprobt und validiert werden. Auf der Basis dieser Bewertung lassen sich dann die Anforderungen und Wirkungen von Veränderungen bzw. Innovationen bei den Lieferanten unmittelbar auf den beiden anderen Supply Chain-Ebenen analysieren und in ihrem Outcome beurteilen. Insgesamt stehen damit also Messgrößen und Messergebnisse auf allen 3 Supply Chain-Ebenen in allen Wertschöpfungsphasen bzw. -abschnitten zur Bewertung und Entscheidung zur Verfügung. Einschränkungen sind dann gegebenenfalls durchzuführen, wenn die Datensicherheit und der Datenschutz auch von externen Kundendaten sowie von für das Unternehmen strategischen Entwicklungsdaten die Weitergabe dieser hochsensiblen Daten unterbinden. Es liegt auf der Hand, dass nur auf der Basis von weit entwickelten Steuerungsgrößen der Advanced Analytics mit einem hohen Maß an Datenharmonisierung, -vereinheitlichung und -integration diese Steuerungsanforderungen inhaltlich, zeitlich und bezogen auf den Differenzierungsgrad erfüllt werden können. Vernetzungen in der Wertschöpfung setzen also eine ausreichend hohe Qualität der parallelen bzw. vorausgehenden Datenvernetzungen voraus. Insgesamt lassen sich bei diesem integrierten Modell des Supply Chain Managements also vor allem auch differenzierte Strukturen der Zufriedenheit mit den Leistungen der einzelnen Wertschöpfungspartner durch andere Supply Chain-Partner detailliert messen
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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und damit nachvollziehen. Konkret bedeutet dies, dass insbesondere die Qualität der Informationsbeziehungen im Hinblick auf Rechtzeitigkeit, Umfang, Detailliertheit und Fristeinhaltung zwischen den Supply Chain-Partnern bewertet und damit auch in der Zukunft verbessert werden können. Gemessen wird damit also die Zufriedenheit mit der Qualität von internen und externen Kunden-Lieferanten-Beziehungen.
1.8
Entwicklung und Bedeutung von Social Media
Das integrierte Modell der Supply Chain in Abbildung 20 zeigt, dass Unternehmen heute viel stärker vernetzt sind und die Übergänge zwischen einzelnen Prozessphasen, Abteilungen und Unternehmensgrenzen in der Wertschöpfung fließend sind. Dies stellt nicht nur Herausforderungen an die Prozesse selbst sowie den Datenschutz, sondern auch an die Kommunikation, einerseits mit den Kunden, andererseits aber auch intern oder unternehmensübergreifend mit Kollegen und Partnern. Hier werden einfache und schnelle Lösungen benötigt, um sich über ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen oder auch an neuen Lösungswegen zu arbeiten. Nicht zuletzt durch die Anforderungen, die moderne Prozesse in Unternehmen an Mitarbeiter stellen, hat Social Media in der Praxis in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Auch die hohe Akzeptanz und Nutzung im privaten Bereich, macht Social Media zu einem idealen Kommunikationsmittel, v.a. für Unternehmen mit privaten Endkunden (B2C). Um das Phänomen Social Media in den Kontext einordnen zu können, ist zunächst eine Definition erforderlich. In der Literatur existieren verschiedene Definitionen mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Im Allgemeinen wird Social Media verstanden, als eine auf einer virtuellen Plattformbasierte Interaktion und einen Austausch nutzergenerierten Inhalts verschiedener Formen (Texte, Kommentare, Bilder, Videos, Audio, etc.). Dabei ist diese Form der Kommunikation deutlich weitreichender als in klassischen Medien, da hier jeder Nutzer gleichzeitig Sender und Empfänger von Botschaften sein kann (vgl. DECKER 2019, S. 45f.). Insgesamt kennzeichnen 8 Kernpunkte die Eigenschaften von Social Media (vgl. DECKER 2019, S. 51f.; GABRIEL/RÖHRS 2018, S. 19f.), an denen ebenfalls zu erkennen ist, warum dieses Kommunikationsmittel auch für Unternehmen so attraktiv ist: • globale Reichweite und Skalierbarkeit • zugänglich • benutzerfreundlich • kostengünstig • multimedial
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
• aktuell und schnell • anpassungsfähig • Pull-Medium, d.h., die Nutzer fordern Inhalte aktiv an. Doch was bedeuten diese Eigenschaften für die Nutzer von Social Media? Im Kern ergeben sich zwei wesentliche Anwendungsschwerpunkte: Kommunikation und Inhalt, aus denen sich viele Anwendungsmöglichkeiten entwickeln lassen (GABRIEL/RÖHRS 2018, S. 18ff.). Zum Teil der sozialen Netzwerke wird man durch das Anlegen eines Nutzerkontos. Die dann nutzbaren vielen Vorteile der Plattformen sind: Der Nutzer wird zum Mitmachen animiert, er kann Inhalte teilen, sich selbst darstellen und sich mit anderen Nutzern vernetzen. In der Folge kann er also auch mitreden, kommentieren und korrigieren sowie Inhalte erweitern (z.B. Artikel auf Wikipedia) sowie als Meinungsmacher auch andere beeinflussen (vgl. DECKER 2019, S. 57f.). Für Unternehmen ergeben sich daraus Chancen, direkt mit den (potenziellen) Kunden in Kontakt zu treten und direkte Erfahrungen und Bewertungen zu bekommen sowie damit den Kundenservice zu verbessern, ohne den Umweg über eine Befragung zu gehen. Diese für das Unternehmen wertvollen Inhalte sind mit traditionellen Kommunikationsmitteln so nicht zu erreichen. Weitere Ziele sind die Erhöhung der Reichweite, stärkeres Community Management, Erhöhung des Traffic auf der Website, verbessertes Suchmaschinenranking, Imageverbesserung und den Aufbau sowie die Pflege von Influencern, aber auch Journalisten. Die Abbildung 21 (vgl. DECKER 2019, S. 181) gibt einen Überblick über die häufigsten bekannten Social Media-Plattformen der westlichen Welt. Welche Plattformen weltweit wie häufig genutzt werden, zeigt Abbildung 22. In diese Statistik sind auch die in Abbildung 21 nicht berücksichtigten Plattformen aus Asien mit einbezogen (z.B. Weibo). Wie die Abbildung zeigt, wird der Social Media-Markt dominiert von einer Reihe von Big Playern. Neue Plattformen und Ideen wurden von großen Unternehmen aufgekauft bzw. in ähnlicher Form umgesetzt. Wie sich der Markt weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. Generell kann jedoch ein Trend verstärkt wieder zu kleineren privaten Gruppen und 1:1-Kommunikation (wie z.B. WhatsApp) verzeichnet werden (vgl. DECKER 2019, S. 27).
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Abbildung 21: Social Media-Plattformen der westlichen Welt (vgl. Decker 2019, S. 181)
Abbildung 22: Social Media-Nutzung weltweit (vgl. Statista 2019a)
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1.8.1
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Social Media-Nutzung in Unternehmen
Die Möglichkeiten einer Social Media-Nutzung im Unternehmen sind vielfältig. Zum einen ist intern abteilungsübergreifend innerhalb aller Prozesse oder auch mit externen Partnern eine vereinfachte Kommunikation möglich, aber auch Terminabsprachen oder das Versenden von Dokumenten sind zum anderen über soziale Netzwerke relativ einfach. Dabei müssen die Datensicherheit und die Vertraulichkeit interner Dokumente beachtet und gewahrt bleiben. Besonders in Unternehmensbereichen mit sensiblen Unternehmensdaten ist dies möglichst uneingeschränkt sicherzustellen. Im B2C-Bereich ist der Einsatz von Social Media vor allem im Marketing, im Bereich des E-Commerce, aber auch dem Customer Support möglich und wird immer häufiger praktiziert. Mittels Crowd Sourcing können komplexe Themen und Fragestellungen gemeinsam angegangen werden. Das Phänomen der Schwarmintelligenz wird hier ausgenutzt und gerade bei Forschungsaktivitäten oder Aufgaben, die viele verschiedene Kompetenzen erfordern, ist dies hilfreich. Prominentester Anwendungsbereich des Crowd Sourcing ist sicher die Variante des Crowd Funding, in der Geldgeber für die Durchführung von Projekten gesucht werden. Weitere Varianten des Crowd Sourcing sind z.B. Generierung von Wissen (Crowd Wisdom), Erstellung von Inhalten (Crowd Creation), Empfehlungs- und Abstimmungsprozesse (Crowd Voting), Testen von neu entwickelten Produkten v.a. aus dem Social Media-Bereich (Crowd Testing). Damit Crowd Sourcing erfolgreich ist, müssen entsprechende Anreize für die Mitwirkenden vorhanden sein (vgl. GABRIEL/RÖHRS 2018, S. 53ff.). Die Anwendungsmöglichkeiten variieren je nach Unternehmensbranche und sind vor allem in der Unterhaltungs- und Consumerindustrie besonders vielfältig. Aber nicht nur in Unternehmen, auch bei staatlichen Institutionen ergeben sich Anwendungsmöglichkeiten, die im Endeffekt Prozesse vereinfachen sollen und zu mehr Bürgerbeteiligung führen können (vgl. GABRIEL/RÖHRS 2018, S. 91ff.). Eine Studie des Deutschen Instituts für Marketing (DIM) befragte im Jahr 2017 mehr als 400 Personen bzw. Unternehmen zu Social Media-Nutzung in Unternehmen in Deutschland (vgl. DIM 2018). Die Ergebnisse zeigen, dass 78,6 Prozent Social Media für ihre Unternehmenskommunikation nutzen und 84 Prozent dem Bereich eine in Zukunft steigende Bedeutung voraussagen. Der überwiegende Teil der in Social Media aktiven Unternehmen führt diese Aktivitäten selbst durch und beauftragt keine Agentur. Wenn eine Agentur involviert ist, dann sind dies meist größere Unternehmen. Werbung schalten 47,9 Prozent und 72,4 Prozent der Social Media-aktiven Unternehmen nutzen Content-Marketing. Das Hauptziel der Unternehmen ist bei diesen Aktivitäten die Neukundengewinnung (77,7 Prozent), gleich an zweiter Stelle folgt die Kundenbindung (71,3), gefolgt von der Steigerung der Marken-/Produktbekanntheit (63,7) und der Unterstützung der OnlineMarketing-Ziele (57,3) sowie dem Dialog mit dem Kunden (53,5). Weniger Bedeutung
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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werden der Marktforschung (25,5), dem Sichern der Wettbewerbsvorteile (20,4) sowie der Zusammenarbeit mit Kunden (12,2) beigemessen. Die wichtigsten Plattformen für Unternehmen sind in der genannten Reihenfolge YouTube, Blogs, Facebook, Xing und LinkedIn, die gleichzeitig auch am häufigsten genutzt werden (vgl. DIM 2018). Insbesondere im Bereich der Blogs planen Unternehmen zukünftig Aktivitäten. Dies ist ein interessanter Aspekt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Videos deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommen (vgl. Abschnitt 1.8.4). Hier haben Unternehmen offensichtlich noch Nachholbedarf. Interessant ist auch ein Vergleich mit einer Studie aus dem Jahr 2011 zu Social Media in Unternehmen (vgl. BITKOM 2011). Befragt wurden 723 Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Die Zahlen sind aufgrund einer anderen Befragtenstruktur sicher nicht direkt vergleichbar, zeigen aber eine Entwicklungstendenz. Im Jahr 2011 nutzten nur 47 Prozent der Unternehmen Social Media, die Bedeutung wurde aber auch damals schon als zukünftig steigend eingeschätzt. Genutzt wurden damals v.a. soziale Netzwerke wie Facebook und Xing (86 Prozent), Blogs und Videoplattformen wie YouTube lagen nur bei 28 Prozent. Anwendungsfelder waren überwiegend Werbung, Marketing sowie PR und Öffentlichkeitsarbeit. Aber auch vor über 8 Jahren (Stand 2020) lagen die Ziele der Social Media-Nutzung im Bereich der Neukundengewinnung und in der Steigerung des Bekanntheitsgrades. Die Abbildung 23 zeigt die Verteilung der Social Media-Nutzung nach Branchen in Deutschland. Auch der Trend zur Werbung mit Social Media ist zunehmend, wie Abbildung 24 zeigt. In der Prognose von 2019 bis 2023 werden – z.B. im Jahr 2019 Umsätze mit SocialMedia-Werbung in Höhe von ca. 1,5 Mrd. Euro (Mobil) und fast 500 Mio. Euro (Desktop) erwartet bzw. realisiert. Für das Jahr 2023 wird eine Verdreifachung der Social-MediaWerbung auf insgesamt fast 5,8 Mrd. Euro, bei einer weiter steigenden Nutzung von Mobilgeräten, geschätzt.
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Abbildung 23: Social Media-Nutzung nach Unternehmenszweig im Jahr 2017 (vgl. Statista 2018a)
Abbildung 24: Umsatz mit Social Media-Werbung in Deutschland (vgl. Statista 2018b)
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
1.8.2
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Herausforderungen für Unternehmen bei der Social Media-Nutzung
Wie die Zahlen zeigen, sinkt die Reichweite von Social Media-Kanälen seit einigen Jahren wieder (LAWAL 2017; DECKER 2019, S. 20ff.). Unternehmen können sich daher nicht nur auf die organische Reichweite verlassen, sie müssen zusätzlich selber gezielt Werbung auf verschiedenen Kanälen betreiben. Dabei sind auch Aspekte wie Fake-Accounts und Social-Bots zu beobachten, also eine Kommunikation mit virtuellen Identitäten, die keine echte Kaufabsicht hegen. Diese kosten Unternehmen Zeit und Ressourcen, aber am Ende kommen keine Vertragsabschlüsse, welche Umsatz generieren, zustande. Das Unternehmen muss auf diese Aspekte vorbereitet sein, die Auswirkungen in das Budget einkalkulieren und Strategien in der Handhabung entwickeln. Ein geschickt instrumentalisierter Social-Bot kann z.B. durchaus als „Stimmungsmacher“ die Meinung der echten User und (potenziellen) Kunden beeinflussen. Vielfältige neue Anwendungsmöglichkeiten von Social Media haben aber auch die Konsequenz, dass neue (IT)-Systeme entwickelt werden müssen. Anschließend sind eine Pflege dieser Systeme sowie ein konstantes Monitoring erforderlich. Dies erfordert neben den entsprechenden Ressourcen auch Wissen und Kompetenz im Unternehmen. Gerade im Bereich der IT wird immer mehr Spezialwissen benötigt, was komplett neue Herausforderungen an die Struktur der IT im Unternehmen stellt. Social Media ist hier nur ein Teil des Gesamtkontextes. Ein interessantes Phänomen, dem derzeit noch zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen wird, ist „Dark Social“. Hierbei werden gemessene Daten aus dem Social Media-Bereich nicht korrekt zugeordnet, da es für die Analysetools nicht möglich ist, eine falsche Zuordnung zu erkennen. Dies ist heute aufgrund der zunehmenden privaten MessengerKommunikation ein immer stärkeres Problem. Um es an einem Beispiel zu zeigen: Ein Nutzer liest einen Artikel auf einer Website, der mit einem Share-Button an einen Freund gesendet werden kann. Sendet er diesen Artikel aber per eigenhändig kopiertem Link an einen Bekannten, der diesen dann aufruft, sind in jedem Falle 2 Zugriffe auf den Artikel zu verzeichnen. Das Analysetool misst 2 direkte Zugriffe. In Wirklichkeit ist es aber nur ein Direktzugriff und eine Weiterleitung (vgl. DECKER 2019, S. 535). Effekte aufgrund von Dark Social können für Unternehmen zu falschen Konsequenzen bei der Auswahl ihrer Marktbearbeitungswerkzeuge führen, da Kunden falsch eingeschätzt werden. Kritik in Social Media Social Media birgt noch weitere Herausforderungen, wie jüngst bei der Europa-Wahl 2019 gesehen, als der YouTuber Rezo ein CDU-kritisches Video postete, welches zu umfassenden Reaktionen im Netz führte (vgl. REZO 2019 und z.B. O.V. 2019a; SCHNEIDER
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
2019). Dieses Beispiel zeigt, dass Influencer ihre Follower schnell für ein Thema begeistern können, aber auch das Gegenteil bewirken können. Fällt ein Unternehmen bei einem Influencer „in Ungnade“, kann das weitreichende Effekte mit sich bringen, von medialer Präsenz, über Umsatzverluste bis hin zu langwierigen Image-Schäden, die dann auch Einfluss auf Großkunden haben. Die Effekte durch Social Media können sich also schnell potenzieren ins Negative wie ins Positive. Ein Unternehmen muss für diese möglichen Effekte sensibilisiert sein (vgl. KREUTZER 2018, S. 14) und entsprechende Kompetenz intern aufbauen. Sie reicht von einer professionellen Social Media-Strategie bis hin zum unternehmenseigenen Krisenmanagement, welches heute auch Social Media-Management beinhalten muss.
1.8.3
Strategischer Ansatz im Social Media-Management
Unternehmen, die Social Media als Kommunikationsmittel nutzen wollen, kommen nicht an einer strategischen Herangehensweise vorbei (vgl. GABRIEL/RÖHRS 2018, S.203ff.). Was für jede Management- und auch Marketing-Aufgabe gilt, hat auch im Social MediaBereich Bestand. Einen einfachen Account eröffnen und ausprobieren wird für die Gesamt-Kommunikationsstrategie eines Unternehmens nicht hilfreich sein. Ein planvolles Vorgehen ist demnach erforderlich. Auch wenn das Einrichten eines Social Media-Accounts relativ schnell und kostengünstig von statten geht, das Betreiben des Accounts und die Pflege der Inhalte erfordern ein nicht unerhebliches Maß an personellen Ressourcen sowie Wissen und Erfahrung im Social Media-Bereich. In den letzten Jahren ist dies immer professioneller geworden, so dass es für Unternehmen auch durchaus sinnvoll ist, in externe Unterstützung zu investieren, wenn die Kompetenz im eigenen Unternehmen nicht in ausreichendem Maß vorhanden ist. Strategisches Vorgehen – Social Media-Bausteine Generell empfiehlt sich ein Vorgehen in vier wesentlichen Schritten (vgl. BURO/TÖPFER/LEFFLER 2017). Je nach Schwerpunktsetzung, Größe und Vorerfahrungen des Social Media-Bereiches können diese einzelnen Schritte auch in mehrere Teilschritte separiert werden. • Social Media-Monitoring: Bevor mit eigenen Beiträgen im Social Media-Bereich gestartet wird, empfiehlt es sich, zunächst eine Zeit lang die verschiedenen Kanäle zu beobachten, um zu analysieren, was gegenwärtig aktuell diskutiert wird, wie das eigene Unternehmen gesehen und bewertet wird, wie die Zugriffszahlen sind und welche Art und Weise von Beiträgen bei den Nutzern ankommt. Dieses Monitoring vorab, gibt Aufschluss, welche Kanäle mit welcher Art von Beiträgen in welcher Form bedient werden sollen. Denn gerade der Start eines Kanals ist außerordentlich wichtig für den Erfolg in den sozialen Netzen, da das Interesse der User am erneuten Besuch einer Seite rapide sinkt, wenn die Beiträge für sie uninteressant sind. Vielfach ist hier auch eine computergestützte
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Analyse hilfreich, die heute über eine große Bandbreite von einsetzbaren Tools verfügt. Das menschliche Urteilsvermögen und Empfinden, gerade von erfahrenen Social Media-Profis und Branchenkennern im Unternehmen, sollte aber dennoch nicht vollständig ersetzt werden. • Social Media-Konzept: Für einen erfolgreichen Social Media-Auftritt müssen vorab klare Ziele formuliert und gesetzt werden. Im Fokus sollte dabei immer der Dialog mit den Nutzern stehen. Zugleich kann mit der Aktivität in Social Media Kanälen der »Puls des Marktes« gemessen werden, d. h. welche Themen die Nutzer interessieren und was aktuell stark diskutiert wird. Dies gibt dann auch Anregungen für die eigene Themenauswahl, nicht nur im Social Media-Bereich, sondern auch quer über alle Kommunikationskanäle hinweg. Nicht zuletzt kann durch die Präsenz in Social Media auch schnell auf Beschwerden oder negative Kommentare reagiert werden, was zu einem Ausbau und der Verbesserung des gesamten Beschwerdemanagements führt. • Social Media-Management: Die Auswahl der entsprechenden Kanäle und der Beiträge muss konzipiert und koordiniert werden. Anschließend ist außerdem sicherzustellen, dass auf Fragen und Kommentare in angemessener Zeit reagiert werden kann. Kernstück des Social Media ist die Interaktion – und viel Interaktion zeugt von einer positiv eingestellten Community, was das Ziel eines jeden Social Media-Kanals sein sollte. Denn nur so kann von Unternehmensseite auch Einfluss auf die Kommunikation genommen werden. Mit Unterstützung von Analytics kann das Verhalten der Community analysiert werden. Entsprechende Maßnahmen lassen sich anhand der Ergebnisse und unter Einbezug der Erfahrung von Social Media-Experten planen. • Social Media-Prozesse: Der Auftritt in Social Media-Netzwerken erfordert klar definierte und beschriebene Prozesse durch das gesamte Unternehmen hindurch. Bis zum Management oder zur Geschäftsleitung muss eindeutig bestimmt sein, wer auf Beiträge in welcher Form antwortet und bei verschiedenen Eskalationsstufen im Sinne eines Krisenmanagements reagiert. Auch die Handhabung von Automatisierung (Postings, Folgen, Liken, etc.) ist Teil dieser Abstimmung. Die Prozessfolge muss allen Mitarbeitern in klarer und verständlicher Form kommuniziert werden. Zu empfehlen sind Informations- und Leitlinien für den Umgang in den sozialen Medien für Mitarbeiter sowie Schulungen in Zusammenarbeit mit externen Partnern. Da Mitarbeiter auch in ihrer Freizeit das Unternehmen repräsentieren, wenn sie sich auf ihrem Social Media-Portal mit dem Unternehmen vernetzen, was Teil einer Social Media-aufgeschlossenen Unternehmenskultur sein sollte, erfordert dies zunächst eine Sensibilisierung der Mitarbeiter und dann auch ein entsprechendes Auftreten im Netz, um negative Effekte für das Unternehmen zu vermeiden. Aber die positiven Effekte sollen hier nicht unerwähnt bleiben. Ein sich stark mit dem Unternehmen identifizierender Mitarbeiter, kann für
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
diese als Employer-Branding-Botschafter in den Sozialen Medien auftreten und damit auch dazu beitragen, bestehende Mitarbeiter zu vernetzen sowie neue Mitarbeiter zu gewinnen. Dabei ist der Zeitaspekt ebenfalls zu beachten. Im Prozess muss sichergestellt werden, dass regelmäßige Pflege und eine angemessene Antwortzeit auf Anfragen und Kommentare von Nutzern gewährleistet ist, also auch außerhalb der üblichen Bürozeiten, da Nutzer insbesondere in den Abendstunden und am Wochenende auf den sozialen Medien aktiv werden. Bei einem Unternehmen im B2C-Bereich ist dies besonders wichtig. In größeren Unternehmen empfiehlt sich eine Definition von Rollen in Social Media Teams. Der Social Media-Manager (vgl. GABRIEL/RÖHRS 2018, S. 80) ist für die Social Media-Strategie zuständig, der Community Manager ist für die Verwaltung der Plattformen verantwortlich und der Social Media-Redakteur kümmert sich um die Inhalte. Im Hintergrund arbeitet dann noch der Social Media-Analyst, der alle erhobenen Daten analysiert und Reports für den Social Media-Manager und auch andere Abteilungen erstellt. Der Customer-Support-Spezialist ist mit der gesamten Social Media-Kommunikation aus dem Bereich des Kundenservice betraut und der Social Media-Advertiser ist der Werbekampagnen-Spezialist der sozialen Medien (vgl. DECKER 2019, S. 297ff.). Social Media-Monitoring als Stimmungsbarometer und Gradmesser Computergestützte Analysetools zum Social Media-Monitoring gibt es sowohl kostenlos als auch kostenpflichtig. Eine Auswahl für den Einsatz bestimmter Tools im Unternehmen muss immer entsprechend des Nutzens, des Budgets aber auch nach den Regeln des Datenschutzes erfolgen. Diese Tools können in allen Phasen des Social Media-Konzeptes eingesetzt werden und umfassen eine Vielzahl von Möglichkeiten. Alerts, Sentiment (vorherrschende Stimmungslage), Reporting und Analyse sind nur die Grundfunktionen, vielfach werden Zusatzoptionen angeboten (vgl. KOETHE 2017), wie z.B.: • Tracking von Influencern und Markenbotschaftern • Wettbewerbs-Benchmarking • Prädiktive Analysen, z. B. zur Vorhersage von Kaufabsichten • Visualisierungs-Tools • Kampagnen-Management-Tracking • Virality Map.
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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Oft empfiehlt sich ein Mix aus verschiedenen Tools für den Einsatz im Unternehmen, um einen kompletten Überblick über das gewünschte Einsatzfeld zu bekommen und einen Bias zu vermeiden (vgl. GRABS/BANNOUR/VOGL 2017). Grundlage für einen Erfolg dieses gesamten strategischen Vorgehens sind die Grundprinzipien der Kommunikation in den sozialen Medien, die auf Ehrlichkeit und Authentizität, Offenheit und Transparenz, einer Kommunikation auf Augenhöhe, der Relevanz sowie auf Kontinuität und Nachhaltigkeit beruhen (vgl. KREUTZER 2018, S. 12ff.)
1.8.4
Influencer als neues Marketing-Instrument
Wie oben schon angesprochen, wird Werbung heute stärker hinterfragt und nicht bei jeder Zielgruppe erreicht Werbung auf traditionellen Kommunikationskanälen die gewünschte Wirkung. Hinzu kommt, dass durch die Vielzahl von Möglichkeiten Werbung zu platzieren, die Konsumenten immer öfter einer Reizüberflutung von Werbung gegenüberstehen, was zu einer zunehmenden Reaktanz führt. Gerade Online-Werbung wird zunehmend lästig. Wie die Zahlen zeigen, steigt die Adblocker-Nutzung zur Unterbindung von als lästig empfundener Werbung kontinuierlich. Etwa 24 Prozent nutzten Ende 2018 einen Adblocker auf Desktop und Laptop, beim Smartphone sind die Werte etwas geringer (vgl. HEIN 2018). Influencer als digitaler Animateure Daher sind neue Marketinginstrumente gefragt. Zunehmend setzen Unternehmen deshalb auf Influencer, die ähnlich wie die traditionellen Kanäle, z.B. TV, als Informationsübermittler zwischen dem Unternehmen als Sender und dem Kunden als Empfänger stehen. Allerdings ist hier eine Person involviert, welche die Botschaft nicht nur passiv weitergibt, sondern mit der Zielgruppe interagieren kann. Influencer sind Personen, die aus eigenem Antrieb Inhalte in hoher und regelmäßiger Frequenz zu einem bestimmten Themenbereich veröffentlichen. Sie sind auf mehreren Social Media-Kanälen aktiv und verstehen und beherrschen deren Funktionsweise. Durch ihre Aktivitäten erzielen sie eine hohe Reichweite und Akzeptanz in der Community und heben sich dadurch von anderen Social Media-Nutzern ab (vgl. DEGES 2018, S. 14). Werden die Ratschläge und Anregungen in gleichbleibender Qualität und Regelmäßigkeit abwechslungsreich gegeben, dann bleibt auch die Beziehung zwischen Influencer und Followern sehr stabil. Oft geben sie sehr persönliche Einblicke in ihr Leben und erreichen damit eine emotionale Nähe zu ihren Followern. Vielfach entwickelt sich im Netz eine Eigendynamik, die aus einem Social Media-Nutzer durch steigenden Bekanntheitsgrad einen Influencer macht. Durch die hohe Zahl an Followern kann eine hohe Reichweite garantiert werden, und dann werden diese Personen auch für Unternehmen interessant. Aber auch für Kooperationen mit Influencern gilt für
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Unternehmen, dass für die Auswahl und Gestaltung der Kooperation einige Kriterien beachtet werden müssen. Ein Kooperationsvertrag sichert für beide Seiten Rechte und Pflichten ab und setzt die Vergütung fest, ein Budget muss festgelegt werden, Kampagnen sollten gemeinsam strukturiert und geplant werden und auch ein Monitoring des Erfolgs anhand von definierten Kennzahlen sollte eingeführt werden (vgl. DEGES 2018, S. 39ff.). Letztendlich ist die Kooperation mit Influencern eine Kooperation wie jede andere im Unternehmen auch und sollte gerade deshalb ebenfalls strukturiert angegangen werden. Trends im Influencer-Marketing Aktuelle Trends aus dem Jahr 2019 zeigen, dass Influencer-Marketing häufig auf Instagram stattfindet. Videos bekommen doppelt so viele Kommentare im Vergleich zu Bildern, und viele Nutzer (ca. 80 Prozent) folgen mindestens einem Unternehmen, vor allem solchen mit kreativen und trendigen Hashtags (Schlagwörter). Auch Micro-Influencer, als Influencer mit weniger als 100.000 Followern, gewinnen v.a. bei Unternehmen an Bedeutung. Eine große Zahl der befragten Unternehmen (63 Prozent) plant in 2019 in Micro-Influencer zu investieren. Vorteile liegen darin, dass diese weniger Honorar einfordern als Top-Influencer und sie oft zu sehr spezialisierten Nischen-Themen in einer sehr homogenen Community posten (vgl. HILKER 2019). Hierbei ist eine gezieltere Zielgruppenansprache für Unternehmen möglich und es werden Streuverluste vermieden. Geht es allerdings darum, generell mehr Aufmerksamkeit für eine Marke oder ein Produkt zu bekommen, dann sollte auf Top-Influencer mit mehr Reichweitenstärke gesetzt werden (vgl. KIRCHMEIER 2018). Bei der Auswahl von Influencern ist für Unternehmen zu beachten, welche Kooperationen und Projekte diese mit anderen Unternehmen oder Institutionen eingehen und ob hier ein Zielkonflikt zum eigenen Unternehmen besteht. Auch die Zeit- und Karriereplanung von Influencern ist zu berücksichtigen, insbesondere wenn die Kooperation langfristig angelegt sein soll. Um den zum Unternehmen passenden Influencer auszuwählen, benötigt es ein strukturiertes Vorgehen und Erfahrung im Social Media-Bereich sowie in dem jeweiligen Themenbereich. Ist diese Expertise im Unternehmen nicht vorhanden, können auch spezialisierte externe Dienstleister dafür engagiert werden. Generelle Kriterien für die Auswahl eines Influencers sind seine Reichweite und deren Wachstumsrate, der Mix der Social Media-Kanäle, das Verhältnis der Follower des Influencers im Vergleich zur Reichweite vergleichbarer Accounts oder Unternehmensauftritte, auch des eigenen Unternehmens, sowie der Media Value pro Post (Beitrag). Der Media Value pro Post bezeichnet eine Schätzung des Wertes eines Beitrags des Influencers gemessen an den Ausgaben, die ein Unternehmen hat, um mit vergleichbaren Werbeaktivitäten im gleichen Kommunikationskanal die gleiche Reichweite zu generieren (vgl. HOMBURG 2017, S. 782). Influencer kennen diese Preise und streben daher auch weiterhin nach neuen Followern, was auch das Problem von „Fake-Followern“ erklärt (vgl. DEGES 2018, S. 70; 73). Weiterhin sind ausschlaggebende Kriterien für die Kooperation mit einem Unternehmen der Fit zum Unternehmen und den dazugehörigen Marken (Auftreten und Persönlichkeit
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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des Influencers), zu Zielgruppen (Sprache und Community) und auch der Content (Inhalte eignen sich für Werbebotschaften) sowie die Reputation des Influencers. Ein wichtiger Punkt ist auch die Resonanz in der Community, also z.B. die Anzahl der Likes zu einem Beitrag in Gesamtzahl zur Follower-Rate, die Kommentare pro Beitrag, die Top Distribution Rate (wie oft postet ein Influencer zu einem bestimmten Thema in Relation zur Gesamtanzahl der Posts) oder die Topic Engagement Rate (Interaktionen zum Themengebiet in Relation zu Posts zum Themengebiet) (vgl. DEGES 2018, S. 65ff.). Influencer als Profession Die Vergütung von Influencern erfolgt entweder pro Post, entsprechend neu gewonnener Kunden, über eine Provision oder über eine Pauschale. Aber auch immaterielle Vergütungen sind möglich, z.B. exklusive Previews und Interviews oder Einladung zu Präsentationen und Events des Unternehmens, über die der Influencer dann exklusiv berichten kann. Auch eine Rekrutierung von insbesondere jungen Influencern für das eigene Unternehmen ist denkbar (vgl. DEGES 2018, S. 99f.). Eine Studie aus dem Jahr 2015 stellte fest, dass es allein in Deutschland ca. 4,6 Mio. Influencer gibt (vgl. ONETOONE 2015). Die Zahl dürfte mittlerweile noch gestiegen sein, auch wenn es mittlerweile einen Shake-out gegeben haben dürfte. Sie zeigt aber auch, dass es ein ernst zunehmendes Themengebiet ist, welches sehr vielschichtig aufgebaut ist und durchaus auch professionell betrieben werden kann, wie erste Ausbildungsangebote zeigen, sei es als Nebeneinkunft oder hauptberuflich (vgl. JAHNKE 2018, S. 9f.). Auch Marketing-Agenturen, die speziell auf Influencer ausgerichtet sind, existieren am Markt und kümmern sich um das gesamte Spektrum der Vermarktung von Influencern (vgl. KRÜGER 2018). Bei der Gestaltung des Content in der Zusammenarbeit mit dem Influencer sollte ausreichend Gestaltungsspielraum vorhanden sein. Der Influencer weiß selbst am besten, was bei seiner Zielgruppe gut ankommt. Nimmt ein Unternehmen zu viel Einfluss, dann kann der Post schnell langweilig oder „produziert“ wirken. Mittels Storytelling kann das Produkt oder die Marke eines Unternehmens in den Kontext eingebunden werden. Bei einer langfristig angelegten Kooperation sollte zudem regelmäßig neuer Inhalt produziert und veröffentlicht werden (KRÖMER/BORCHERS/ENKE 2018; BRUCE/JEROMIN 2018).
1.8.5
Social Media im Krisenmanagement
Durch die Nähe zum Kunden und die einfache und schnelle Kommunikation eignet sich Social Media hervorragend für das Krisenmanagement. Wichtige Botschaften erreichen schnell eine große Zahl an Kunden, und die Wahrscheinlichkeit, dass die Botschaften auch gelesen werden, ist hoch. Wenn das Unternehmen die Krisenkommunikation aktiv übernimmt, reduziert sich die Gefahr von negativen Gerüchten und Halbwahrheiten.
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
Gerade für das Krisenmanagement bietet die Interaktion im Social Media-Bereich nützliche Lerneffekte und kann im Krisenfall für schnelle Kommunikation und Information genutzt werden. Mit Hilfe von Analysetools lassen sich bereits frühzeitig schon schwache Signale eines eventuellen Problems für ein Unternehmen identifizieren, was eine frühe und vor allem gut gestaltete und koordinierte Reaktion ermöglicht. Wie in Abschnitt 1.8.2 bereits ausgeführt, können Social Media-Krisen schnell entstehen und sich auch durch die Kommunikation in Echtzeit erheblich schneller ausbreiten mit für das Unternehmen weitreichenden Folgen als auf konventionellen Kommunikationskanälen. Daher ist es unbedingt erforderlich, Social Media-Aktivitäten in das Krisenmanagement des Unternehmens mit einzubinden. Zum einen sind bei Krisen, die nicht durch Social Media induziert wurden, effektive Kommunikationsmöglichkeiten vorhanden und Informationen können schnell an alle Beteiligten und die Öffentlichkeit weitergegeben werden. Zum anderen können, insbesondere bei durch Social Media selbst induzierte Krisen, die Abfolge sowie die Eskalationsstufen des Unternehmens-Krisenmanagements angewendet werden, und die Social Media-Experten des Unternehmens sind mit dem Prozedere vertraut und mit den Krisenmanagement-Verantwortlichen vernetzt. Dies ermöglicht ein deutlich strukturierteres und effektiveres Krisenmanagement. Oft entstehen Social Media-induzierte Krisen zwar in den sozialen Netzwerken, haben aber ihre Ursache in einem vorangegangenen Fehlverhalten des Unternehmens. Die 3 Hauptkategorien sind dabei unethisches Verhalten von Organisationen, Probleme im Kerngeschäft und intransparente oder unprofessionelle Kommunikation (vgl. DECKER 2019, S. 463). Ein Verstärkereffekt dieser Krisen tritt ein, wenn ein Unternehmen zu spät oder falsch reagiert sowie intransparent kommuniziert und einflussreiche Influencer oder Organisationen sich hinter diese Krise stellen. Da solche Krisen sich dann schnell verstärken können, haben sie im Umkehrschluss auch keine sehr langen Zeithorizont in Bezug auf ihre Dauer. Im Normalfall wird von ca. 1 Woche ausgegangen, bevor das Interesse in den sozialen Netzwerken wieder nachlässt (vgl. DECKER 2019, S. 476). Voraussetzung ist, dass es keine neuen Vorkommnisse gibt, die das Interesse wieder erhöhen. Hier liegt die Chance für ein Unternehmen, durch schnelles, abgestimmtes und situationsadäquates Reagieren, die aufkeimende Krise schon in der Anfangsphase einzudämmen und eine Eskalation gar nicht erst zuzulassen. Dies reduziert auch die Kosten und Folgekosten einer derartigen Krise für das Unternehmen sehr stark. Daher empfiehlt es sich schon in die Krisenprävention einige Ressourcen für Social Media induzierte Krisen zu investieren. Hier gelten die gleichen Grundsätze wie für andere Krisen: Festlegung von Verantwortlichkeiten, Entwicklung von Krisenplänen und -leitfäden mit vorgefertigten Inhalten und Antworten, Training und Simulation von Krisensituationen sowie eine transparente und einheitliche Unternehmenskommunikation nach
Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
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außen schon in Zeiten ohne Krise (vgl. TÖPFER 1999b). Diese positive Reputation erhöht die Krisenfestigkeit bei Problemen deutlich, da das Unternehmen von seinen Followern als vertrauenswürdig und glaubwürdig wahrgenommen wird. Dass der Einbezug von Social Media in das Krisenmanagement eines Unternehmens in der Praxis noch nicht vollständig angekommen ist, zeigt eine Untersuchung aus dem Jahr 2015 (vgl. ULANDOWSKI 2015). Zwar fühlt sich die Mehrzahl der Unternehmen auf Krisen generell gut vorbereitet, aber nur 6 Prozent bekommen für die Krisenprävention in den sozialen Medien Unterstützung von ihrem Top-Management (weltweit 34 Prozent) und 70 Prozent haben kein Material, welches im Krisenfall im Social Web verwertbar wäre. Dies ist vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung von Social Media bedenklich. Umgang mit Kritik in Social Media Beim Umgang mit negativen Meinungsführern muss generell mit großer Sorgsamkeit vorgegangen werden, da sich hier schnell die volle Katalysatorwirkung von Social Media entfalten kann (vgl. TÖPFER/LEFFLER 2017; TÖPFER 2014). Es ist jedoch zwingend erforderlich, auf negative Meinungsführer zu reagieren. Dies sollte von erfahrenen Social Media- und Kommunikationsexperten vorgenommen werden, die zunächst eine Bewertung und Einschätzung des Meinungsführers vornehmen, um dann die Antwortstrategie festlegen zu können. Je nach der Art der Krise anhand einer vorab erarbeiteten Typologie und je nach dem Inhalt der Botschaft ist anders zu reagieren. Umgehend reagiert werden muss bei Inhalten von Social-Media-Usern, die ein kritisches, persönliches Anliegen haben, welches sofort lösbar ist, sowie bei vorhersehbarer Kritik, die ebenfalls zufriedenstellend lösbar ist. Schwieriger wird es bei Inhalten von Social-Media-Usern, die ein kritisches, persönliches Anliegen haben, welches nicht sofort lösbar ist. Hier muss zunächst eine Zwischenmeldung erfolgen bzw. die Einladung in eine private und nicht öffentliche Kommunikation. Allgemeine politische Kommentare sowie vorhersehbare Kritik, die nicht zufriedenstellend lösbar ist, müssen ausgehalten werden. Besonders der letztere Fall ist oft die Ursache für eine Eskalation. Ein Löschen oder Leugnen der Tatsachen führt hier nicht zum Erfolg und sollte daher unterlassen werden. Trolle, also Akteure mit dem Ziel einer emotionalen Provokation der Gesprächsteilnehmer und dem Stören der Kommunikation durch Konfliktinduzierung, sollten dagegen ignoriert oder im schlimmsten Fall gelöscht werden, da eine Diskussion mit einem Troll oft in eine Endlosspirale führt und weitere Trolle anziehen kann. Hilfreich ist es auch, die Nutzer über einen Troll zu informieren, so dass diese auch nicht in eine Kommunikation mit dem Troll einsteigen. Um Trolle zu identifizieren, gibt es einige Merkmale. Beiträge dieser Spezies sind oft sehr allgemein und missachten die Grundsätze der Community,
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Kapitel 1: Kundenorientierung und Positionierung
sind oft themenfremd und haben keine argumentative Grundlage. Trolle werden schnell persönlich und versuchen Konflikte in der Community zu schüren. Oft verstecken sie sich hinter Fake-Accounts (vgl. DECKER 2019, S. 488ff.; HORN 2016; KLEIN 2017). Wie diese kurzen Ausführungen zeigen, ist die Moderation und Pflege von Social MediaPlattformen sehr zeitintensiv und bedarf einiger Erfahrung. In Krisenzeiten erhöht sich die Zugriffs- und Kommentarzahl, so dass auch hier von Unternehmensseite kurzfristig mehr Ressourcen für das Social Media-Management zur Verfügung gestellt werden müssen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Social Media-Management nicht immer einfach ist sowie viel Zeit und Konsistenz erfordert. Es ersetzt auch nicht die klassische Werbestrategie (vgl. DECKER 2018, S. 66f.). Richtig und mit Augenmaß eingesetzt, ist es aber eine sinnvolle Ergänzung zu traditionellen Kommunikationsmitteln und kann als Katalysator für das eigene Unternehmen wirken.
2
Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
2.1
Kundenorientierung als Unternehmensphilosophie
Kundenorientierung und Kundennähe sind keine Frage der Unternehmensgröße, sondern nur der Unternehmensphilosophie und -kultur. Im Gegenteil: Kleine Unternehmen haben es in der Regel deutlich leichter, eine starke Kundenfokussierung zu erreichen, und zwar nicht nur, weil sie von der Größe her überschaubarer und vom Produktprogramm stärker auf eine bestimmte oder wenige Kundengruppen und eine klar umrissene Produktart ausgerichtet sind, sondern auch, weil diese Philosophie in kleineren Unternehmen sehr viel leichter kommunizierbar und durchsetzbar ist – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dies von der Unternehmensleitung verstanden und dann in der Unternehmensspitze vorgelebt wird. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist eine starke Kundenausrichtung oft einer der wenigen Wettbewerbsvorteile, die aufgebaut werden können und müssen. Denn für mittelständische Unternehmen gibt es heute keine Marktreservate mehr. Da Großunternehmen häufig die wesentlichsten und auch gefährlichsten Konkurrenten für Mittelständler sind, kommt es umso mehr darauf an, eine umfassende Marketingkompetenz aufzubauen, um Märkte professionell und konsequent zu bearbeiten. Ziel ist, eine Customer Driven Company zu schaffen. Hierbei handelt es sich um ein Unternehmen, das den Kunden in den Mittelpunkt sämtlicher Unternehmensaktivitäten stellt und ihn darüber hinaus möglichst auch in Unternehmensprozesse aktiv integriert (vgl. auch WHITELEY 1993, S. 32ff.). Hierdurch bleibt Kundenorientierung nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern schlägt sich in einer wirklichen und damit spür- und nachvollziehbaren Kundennähe nieder. Abbildung 25 zeigt die 10 wichtigen und erforderlichen Bausteine einer Customer Driven Company in ihren konzeptionellen Inhalten und Schwerpunkten sowie vor allem auch in ihrer notwendigen und dadurch zielführenden Vernetzung. Dies wird in den 10 Unterkapiteln von Kap. 2.2 anhand von grundsätzlichen Aussagen und zahlreichen Praxisbeispielen dargestellt. Hier im einführenden Kap. 2.1 werden zum besseren Verständnis der folgenden Detaildarstellungen einige generelle inhaltlich-konzeptionelle Schwerpunkte benannt und herausgearbeitet. Aus den in diesem 2. Kapitel insgesamt gemachten Ausführungen und formulierten Anforderungen werden der Aufwand und Zeitbedarf sowie das in der erforderlichen Wirkungsweise benötigte Ressourcenpotenzial deutlich, um möglichst zügig und umfassend eine Customer Driven Company aufzubauen und für eine strategische Positionierung zu nutzen.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5_2
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Abbildung 25: 10 Bausteine einer Customer Driven Company – Vernetzung der Inhalte und Anforderungen
Es kommt also zunächst darauf an, mittels einer gezielten Marktforschung zu erkennen, was die Kunden wollen, um darauf die eigene strategische Positionierung aufzubauen. Eine spezielle Art der Markforschung stellt Benchmarking dar, das zum einen die Messlatte im Hinblick darauf definiert, was andere Unternehmen, die in der Branche oder insgesamt in der Wirtschaft eine Spitzenposition einnehmen, erreichen. Zum anderen sind Benchmarking-Ergebnisse auch eine wichtige Grundlage, um das eigene Management und die gesamte Mitarbeiterschaft überzeugen zu können, was notwendig ist und zugleich auch von einigen anderen bereits geschafft wurde. Null-Fehler-Qualität als harter Faktor Hierzu gehört z.B. der Anspruch einer Null-Fehler-Philosophie und die Zielsetzung einer hohen Kundenzufriedenheit in den für die Kunden kaufentscheidenden Bereichen sowie einer dadurch induzierten Kundenbindung. Basisvoraussetzung für eine Customer Driven Company ist eine eindeutige und nachhaltige Prozessorientierung, und zwar intern, aber auch extern zu Lieferanten und Kunden. Die Folge davon ist eine klare kundenorientierte Organisation, die sich in allen Abläufen und Bereichen des Unternehmens durch kurze Wege und klare, einfache Ansprache widerspiegelt. Umgekehrt kann eine kundenorientierte Organisation nicht ohne klare Prozessorientierung bestehen. Eine kundenorientierte Organisation bindet den Kunden auch in Unternehmensprozesse bewusst ein und macht ihn somit zu einem Bestandteil des Unternehmens. Mitarbeiterzufriedenheit als weicher Faktor Eine wesentliche Grundlage, um sowohl intern als auch extern diese Zielsetzungen zu erreichen, ist der Wille zur Orientierung an Mitarbeiterbelangen und zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit. Gleichzeitig muss eine konsequente Prozessorientierung zwangsläufig Mitarbeiterorientierung, -motivation und -zufriedenheit mit einschließen. Damit verbunden ist die Fähigkeit, kontinuierliche Verbesserungen umsetzen zu wollen
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
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und zu können, um so stetig im Niveau der Kundenorientierung und der Ergebnisqualität zu wachsen. Synergie durch Vernetzung Abschließend wird anhand von drei sich ergänzenden Sichtweisen darauf eingegangen, ob durch eine Vernetzung aller in Abbildung 25 aufgeführten Grundsätze eine zusätzliche Niveausteigerung erreichbar ist, ob also das, was man Synergie nennt, zur Wirkung kommt. Da Synergie häufig nur ein auf dem Papier planbares und erreichbares Ergebnis ist, von dem die Realität stark abweicht, wird im letzten Teil dieses Kapitels noch einmal der Fokus darauf gelegt, wie unter dieser Überschrift ein realistischer und damit realisierbarer, zusätzlicher Vorteil erreicht werden kann. Nun zum ersten Aspekt: Es ist heute unstrittig, dass auf der einen Seite im Vergleich zu den harten Erfolgsfaktoren die weichen Erfolgsfaktoren, also beispielsweise Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterzufriedenheit, deutlich schwieriger zu messen und auch zu erreichen sind. Auf der anderen Seite ist es jedoch auch eindeutig, dass diese weichen Faktoren deutlich erfolgsträchtiger und damit wichtiger für die längerfristige Absicherung des Unternehmenserfolges sind, auch unter dem Blickwinkel, dass sie von Wettbewerbern nicht schnell und leicht imitiert werden können (vgl. SIMON 1993, S. 11). Customer Driven Company – Abnehmer und Konkurrenten der Kunden gut kennen Ein zweiter Aspekt ist für eine Customer Driven Company zusätzlich von Bedeutung. Und zwar ist dies die Fähigkeit, nicht nur den eigenen Markt zu kennen und zu verstehen und damit den Kunden direkt und gut bedienen zu können. Vielmehr ist es heute vor allem auf mehrstufigen Märkten mit hartem Wettbewerb unerlässlich, auch die Abnehmer und Konkurrenten seiner eigenen Kunden gut zu kennen. Denn dies hat zur Folge, dass das Unternehmen nicht nur ein für den Kunden gutes Produkt anbietet, sondern dass es dem eigenen Kunden hilft, die Probleme auf den Märkten dieser Kunden besser zu lösen, und das heißt, erfolgreicher zu agieren, selbst zufriedenere Kunden zu haben und gleichzeitig positive finanzielle Unternehmensergebnisse zu erwirtschaften. Dies ist die wesentlichste Grundlage für Kundenbindung. Unter diesem Blickwinkel und mit diesem Verständnis wird also die Kundenorientierung potenziert und damit die Fähigkeit, eine Customer Driven Company zu sein, ebenfalls deutlich gesteigert. Speziell wenn Unternehmen im Dienstleistungsbereich, z.B. als Partner für Informationstechnologie, tätig sind, dann ist es unerlässlich, die Probleme der eigenen Kunden zu verstehen und lösen zu können. Von diesen Dienstleistungspartnern, wie z.B. den IT-Providern, wird dann erwartet, dass sie selbst ein sehr fundiertes Managementwissen und Konzeptions-Know-how in Richtung Kundennähe besitzen, das sie nachweisbar auch im eigenen Unternehmen einsetzen. Wem dies gelingt, der hat bereits hierdurch einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil, da er auf diese Weise der Erfolgssteigerungspartner und damit der beste Berater seines Kunden ist. Dies deckt sich mit der aufgeklärten Sichtweise
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einer optimalen Lieferanten-Kunden-Beziehung im Rahmen einer marktorientierten Unternehmensführung, wie sie die Amerikaner formulieren: „Selling is out, consulting is in!” (vgl. TÖPFER 1989, S. 13). War früher also die Erfolgsphilosophie gültig: Das Unternehmen ist erfolgreich, welches auf seinem Markt seine Produkte gut – und das heißt oft geschickt – an Kunden verkauft. Dann gilt heute diese einstufige Sicht nicht mehr, sondern wird durch die dargestellte zweistufige Sicht der Unterstützung des eigenen Kunden auf dessen Märkten abgelöst. Durch die Digitalisierung wird der Kunde nicht nur vermehrt nach dem Kauf unterstützt, sondern er wir auch schon frühzeitig in den Leistungserstellungsprozess eingebunden (vgl. KOLLOCH/RECK 2019, S. 124ff.). Der Kunde entwickelt neue Lösungen mit und wird dadurch vom „Consumer“ zum „Prosumer“ (vgl. SERAN/IZVERCIAN 2014). Der Vorteil dieser Art der Kundeneinbeziehung liegt auf der Hand: Für den Kunden maßgeschneiderte Lösungen optimiert auf seine Bedürfnisse. Vor allem in Branchen, in denen lange Produktlebenszyklen vorherrschen, ist diese Art der kundengetriebenen Innovation für viele Unternehmen eine neue Herausforderung. Ein dritter Aspekt ist heute immer bedeutsamer: Je härter der Wettbewerb wird, desto wesentlicher sind für Unternehmen aller Art gut funktionierende und verlässliche Netzwerke (vgl. TIBERIUS 2008, S. 2). Dies bedeutet, dass der Faktor „Vertrauen” in den Managementbeziehungen bei einem zunehmend sich verschärfenden Umfeld immer wichtiger wird. Damit verbunden ist auch eine stärkere und gezieltere Unternehmensethik, und zwar in der Weise, dass verlässliche Partnerschafts-Netzwerke gesucht und honoriert werden. Wer als Marktpartner demnach Kundenorientierung vormachen und Business Excellence vorleben kann, dessen Lösungen können in Form der angebotenen Marktleistungen und damit auch der Beratungsleistungen für die Abnehmer als Marktpartner deutlich mehr überzeugen als die der Wettbewerber. Wenn man sich vor Augen hält, dass nur 20 Prozent der Projekte und Bemühungen, eine Business Excellence Company durch die Einführung von Total Quality Management zu werden, greifen und zum Erfolg führen, dann wird zugleich der Anspruch an eine konzeptionell in sich geschlossene, aber stufenweise realisierte und vor allem auch konsequent und mit Nachdruck umgesetzte Vorgehensweise überdeutlich. Da also nur jeder fünfte Versuch gelingt, das Unternehmen mit einem entsprechenden Push auf Business Excellence-Niveau zu bringen, zeigt dies nicht nur die Gefahr, das angestrebte Ziel zu verfehlen und abzustürzen, sondern auch die Schwierigkeit und den dabei erforderlichen langen Atem, ein hohes Niveau in Richtung Business Excellence zu erreichen. Heute sind sich alle Experten einig, dass Total Quality Management zwar eine gute und übergreifende Unternehmensphilosophie ist, aber aufgrund der fehlenden Messbarkeit im Detail, der nicht definierten Analytik als klar formulierte Messgrößen und vor allem der fehlenden Verbindlichkeit der Ergebnissteuerung und Zielerreichung die Anforderungen an eine Customer Driven Company nicht hinreichend unterstützt. Als im Vergleich dazu
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härteres Erfolgskonzept nimmt das – vorstehend bereits angesprochene – Streben nach Null-Fehler-Qualität mit dem unterstützenden Mess- und Umsetzungskonzept Six Sigma für das Erreichen eines praktikablen Business Excellence-Niveaus ein. Wir gehen hierauf insbesondere auch aus Kundensicht ein.
2.2
Zehn Grundsätze einer kundenorientierten Unternehmensstrategie
Die in den folgenden Unterkapiteln im Detail ausgeführten 10 Grundsätze für eine kundenorientierte Unternehmensstrategie sind in Tabelle 1 in einer Übersicht im Zusammenhang dargestellt. Tabelle 1: 10 Grundsätze einer kundenorientierten Unternehmensstrategie
1. Grundsatz Kundenorientierung setzt eine eindeutige Bestimmung und Messung der Kundenanforderungen und Kundenerwartungen voraus. 2. Grundsatz Eine klare strategische Positionierung ist die Grundlage für eine stimmige operative Umsetzung sowie für Alleinstellungsmerkmale und Wettbewerbsvorteile. 3. Grundsatz Benchmarking als Vergleich mit den Besten schafft die Voraussetzung für eine Differenzierung vom Wettbewerb. 4. Grundsatz Kundenorientierte Qualität in Produkt und Service ist auf dem Null-Fehler-Niveau anzustreben. 5. Grundsatz Hohe Kundenzufriedenheit ist als Basis für eine Kundenbindung wichtig. 6. Grundsatz Kundenorientierung ist im Unternehmen nur durch eine starke Prozessorientierung und bessere interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen zu erreichen. 7. Grundsatz Das Ziel Kundenzufriedenheit erfordert im Unternehmen in der Prozessoptimierung ein konsequentes und kompromissloses Eingehen auf den Kunden.
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8. Grundsatz Mitarbeiterorientierung und Mitarbeiterzufriedenheit sind wesentliche Voraussetzungen für das Erreichen von Kundenzufriedenheit. 9. Grundsatz Die Philosophie und Umsetzung kontinuierlicher Verbesserungen vergrößert die Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit. 10. Grundsatz Erst die umfassende Vernetzung der Bausteine schafft Synergieeffekte und Wettbewerbsvorteile.
2.2.1
Kundenerwartungen
1. Grundsatz: Kundenorientierung setzt eine eindeutige Bestimmung und Messung der Kundenanforderungen und Kundenerwartungen voraus.
Wie Abbildung 26 erkennen lässt, ist die Analyse der Kundenerwartungen die Einstiegsvoraussetzung, um den Kunden nicht nur verstehen, sondern vor allem auch zufriedenstellen zu können. Wer Kundenerwartungen erfüllt, schafft gleichzeitig eher Loyalität und hat damit die Chance, über eine sehr hohe Kundenzufriedenheit auch Kundenbindung zu erzeugen. Diese Wirkungskette ist – wie beim 5. Grundsatz noch ausgeführt wird – kein Automatismus und damit keine Selbstverständlichkeit. Ohne den ersten Schritt der Kundenerwartungen wird diese Basis nicht erreichbar sein. Kundenorientierung ist zugleich auch die Grundlage für mehr Transaktionen und damit für mehr Umsatz und Gewinn, da dies zufriedene Kunden, die weiterhin beim Unternehmen kaufen, bewirkt. Erst die Folge hiervon ist eine Unique Selling Proposition (USP), die zu einem echten Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen wird. In dieser Hinsicht hat der klassische Ansatz der marktorientierten Unternehmensführung und des Marketing zu kurz gegriffen, da Unternehmen sich auf den USP als „einzigartigen Verkaufsvorschlag” konzentriert haben, ohne die notwendigen Voraussetzungen und Zwischenschritte zu erkennen und zu gestalten. Der erweiterte Ansatz der kundenorientierten Unternehmensstrategie hat also dieses notwendige Bindeglied im Visier.
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Abbildung 26: Kundenorientierte Unternehmensstrategie
Das erweiterte Marketingverständnis ist vor allem interaktionsbezogen, ganzheitlich und prozessbezogen angelegt. Das gegenüber den Kunden zu formulierende Leistungsversprechen kann jetzt als Unique Customer Value Proposition (UCVP) und damit als „einzigartiges kundenwertorientiertes Leistungsversprechen“ bezeichnet werden (siehe S. 84). UCVPs sind somit Ausdruck einer umfassend kunden- und beziehungsorientierten Marktleistungsgestaltung. Dies soll kurz an einem realen, also tatsächlich so passierten Beispiel aus der Unternehmenspraxis verdeutlicht werden (vgl. TÖPFER/MANN 1996a, S. 49f.): Ein gut sortiertes Lebensmittelgeschäft im Zentrum einer größeren Stadt wies gute Absatz- und Umsatzzahlen auf. Auch Reklamationen von Kunden waren kaum zu verzeichnen. Allerdings war die Situation so, dass die Mitarbeiter die Kunden schlecht bedienten. Selbst bei großem Kundenandrang wurden vom Personal Privatgespräche geführt und wenig Rücksicht auf die Wünsche der Kunden genommen. Den Kunden – vor allem Angestellte aus den umliegenden Büros – war die schlechte Service- und Beratungsqualität durchaus bewusst und sie waren unzufrieden. Mehrfache Beschwerden hatten keine Verbesserungen bewirkt und sind deshalb aufgegeben worden. Da es aber in der Innenstadt keinen anderen vergleichbar großen, gut sortierten und preisgünstigen Lebensmittel-Fachmarkt gab, in dem sie in der Mittagspause oder kurz vor Ladenschluss noch einkaufen konnten, hatten sich die Kunden damit
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„abgefunden“. Das Management des Handelsunternehmens deutete die hohen Verkaufszahlen als klaren Beweis für die vorhandene Kundenzufriedenheit. Ein konkreter und notwendiger Ansatz zur Verbesserung der Service- und Kontaktqualität wurde nicht gesucht respektive gesehen. Die Situation veränderte sich jedoch schlagartig, als eine andere Handelskette ebenfalls im Stadtzentrum einen vergleichbaren Lebensmittelmarkt eröffnete, diese Situation bei dem Wettbewerber erkannte und eine bewusste Servicestrategie verfolgte. Das Preisniveau wurde nicht unterboten, es lag eher etwas höher. Aber die Kundenorientierung und damit die Freundlichkeit und Schnelligkeit des Service wurden trainiert und konsequent praktiziert, so dass die Mittagspause für den kurzen und konzentrierten Einkauf ausreichte. Der Effekt war überwältigend. Nahezu von einem Tag auf den anderen wechselte der Großteil der Kunden zu dem neuen Wettbewerber. Alle Versuche zu „reparieren“ halfen dem länger am Markt positionierten Filialisten nicht. Die Folge war, dass der „eingesessene“ Lebensmittelmarkt nach 4 weiteren Wochen seine Kunden „verlor“ und nach circa 8 Wochen geschlossen werden musste, weil kaum noch Kunden da waren. Die Käufer hatten also mit den Füßen und dem Geldbeutel abgestimmt. Das Management hatte demnach eine völlig falsche Einschätzung vorgenommen, als es aus den quantitativen, positiv anmutenden Indikatoren auf die qualitativen Erfolgsfaktoren, also insbesondere auf die Zufriedenheit der Kunden, geschlossen hatte.
Quantitative und qualitative Erfolgskriterien Damit wird deutlich, dass quantitative, ausschließlich ergebnisorientierte Erfolgskriterien als alleinige Steuerungsgrößen für den Unternehmenserfolg nicht mehr ausreichen. Es ist jeweils eine Gruppe von qualitativen Erfolgskriterien vorzuschalten und nachzuschalten. Auf der einen Seite die kontaktorientierten Faktoren, zu denen die Kundennähe, der Kundenkontakt, die Kundeninformation und der Pre-Sales-Service zählen. Auf der anderen Seite sind dies, wie Abbildung 27 erkennen lässt, einstellungsorientierte Faktoren, die sich insbesondere in der Kundenzufriedenheit, -loyalität und der dadurch erzeugten Kundenbindung, aber auch in der Bereitschaft, einen After-Sales-Service wertzuschätzen und anzunehmen, äußern. Die Frage ist, welche Steigerung des Kundennutzens beim Interessenten ein verstärktes Kaufinteresse hervorruft.
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Abbildung 27: Wechsel zwischen qualitativen und quantitativen Erfolgskriterien
An einem Beispiel soll der Sachverhalt in Abbildung 28 verdeutlicht werden (in Anlehnung an ROMMEL et al. 1993, S. 10). Beispiel: Qualität des Service Ein Foto-Dienstleister, der die Entwicklung von Fotoabzügen von mehreren Tagen auf einen Tag verkürzt hat, überschreitet deutlich eine für den Kunden wahrnehmbare Schwelle. Wenn die Differenzierung statt 24 Stunden 16 Stunden beträgt, wird dies für den Kunden keinen wesentlichen Nutzenzuwachs bedeuten. Die nächste Schwelle ist bei ca. acht Stunden erreicht, so dass ein Kunde morgens die Fotos über das Internet in Auftrag gibt und sie schon abends nach der beruflichen Tätigkeit beim Foto-Dienstleister abholen kann oder bereits in seinem (elektronischen) Briefkasten findet. Eine Verkürzung auf vier Stunden wird wiederum keine Verbesserung aus Kundensicht bewirken. Erst die Reduzierung auf zwei Stunden oder weniger, und das heißt die Fertigstellung der Fotos während eines Einkaufsganges, bringt für den Kunden eine nachhaltige Nutzensteigerung. Neben dem auf das physische Produkt bezogenen Nutzen ist für Kaufentscheidungen zusätzlich auch die Qualität des Service wichtig. Die Frage ist, wie viele der deutschen Konsumenten mit der Art und Weise, wie sie als Kunden behandelt werden, unzufrieden sind und hieraus Konsequenzen ziehen.
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Abbildung 28: Nur eine starke Differenzierung im Produktnutzen beeinflusst das Kundeninteresse
2.2.2
Strategische Positionierung
2.2.2.1
Das Strategie-Portfolio
2. Grundsatz: Eine klare strategische Positionierung ist die Grundlage für eine stimmige operative Umsetzung sowie für Alleinstellungsmerkmale und Wettbewerbsvorteile.
Es ist die Aufgabe des Managements eine klare strategische Positionierung als Vision und Leitbild vorzugeben, um so sowohl nach außen gegenüber dem Kunden als auch nach innen gegenüber den Mitarbeitern die Anforderungen und Erwartungen prägen zu können, um damit eine Differenzierung von Wettbewerbern zu ermöglichen. Im Strategie-Portfolio der Abbildung 29 lassen sich 4 generische Strategietypen und eine kombinierte Strategie unterscheiden. Immer weniger Unternehmen sind heute mit dem Praktizieren einer lediglich einstufigen Strategie der Technologie- und Qualitätsführerschaft, der Kosten- und Preisführerschaft, von ausgewählten Produktvariantenstrategien oder einer Konzentrations- und Nischenstrategie erfolgreich. In Abbildung 29 sind diese unterschiedlichen Strategietypen wiedergegeben (vgl. TÖPFER 2007a, S. 536f.).
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Abbildung 29: Strategische Ziele der Markt- und Produktpositionierung
Eine Produktvariantenstrategie als mehrstufige Strategie setzt die Fähigkeit voraus, die unterschiedlichen Produktgruppen im Verständnis und Bewusstsein der Käufer klar voneinander abgrenzen zu können, um so eine Kannibalisierung des eigenen Produktprogramms oder Sortiments zu vermeiden.
2.2.2.2 Outpacing-Strategie als Königsweg der Ambidextrie Immer mehr Unternehmen sehen sich aufgrund der Marktsituation und der Wettbewerbsverhältnisse jedoch veranlasst, eine spezifische Kombination von Technologie- und Qualitätsführerschaft einerseits und von Kosten- und Preisführerschaft andererseits als Outpacing-Strategie zu realisieren (vgl. GILBERT/STREBEL 1987; KLEINALTENKAMP 1987, S. 33). Diese Strategie ist gekennzeichnet durch Ambidextrie, also ganzheitliches umfassendes Handeln, allerdings mit einem beidhändigen Handeln in zwei unterschiedliche und im Normalfall gegensätzliche und damit konfliktäre Richtungen, die üblicherweise nicht miteinander vereinbar sind. Durch diese in der Vergangenheit als unmöglich erachtete Strategiekombination konnten japanische Automobilhersteller strategische Wettbewerbsvorteile erreichen, weshalb dies heute in vielen anderen Branchen zum anspruchsvollen Ziel geworden ist (vgl. REIß 2013, S. 13ff.).
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Die Outpacing-Strategie der Positionierung ist nach den voraus gegangenen Ausführungen direkt vergleichbar mit dem Ansatz einer hohen Servicequalität, also Service-Exzellenz, auf der eine Seite und eine „sehr günstige“, da für den Kunden sehr niedrigen Kosten- und Preisstruktur auf der anderen Seite, also Service-Exzellenz und Kosten-Effizienz (vgl. WIRTZ/ZEITHAML 2018). Das entspricht damit gleichzeitig der Positionierung mit Ambidextrie, da zwei extreme Positionierungen und Ausprägungen in einer Strategie kombiniert werden (vgl. WIRTZ 2019). Wenn sowohl das sehr hohe Qualitätsniveau als auch die günstige Kosten- und Preissituation gut beherrscht werden, dann werden durch diesen Strategie-Typ die zwei in der klassischen Managementlehre nicht bzw. kaum für kombinierbar gehaltenen Strategien-Ausprägungen gemeinsam am Markt zur Geltung gebracht. Gelingt diese Strategiekombination, dann hat das Unternehmen zwei maßgebliche Erfolgskriterien in integrierter Form am Markt eingesetzt und verschafft sich dadurch einen erheblichen und maßgeblichen Wettbewerbsvorteil. Die Strategie der deutschen Premium-Discounter, wie beispielsweise Aldi und Lidl, gehen genau in den von ihnen abgedeckten Produkt- und Preiskategorien in die Richtung einer Outpacing-Strategie mit den damit verbundenen positiven Wirkungen. Entscheidend ist auch bei diesem Praxisbeispiel, vor welchem Hintergrund der jeweiligen Positionierungsfelder und -ebenen sowie vor allem des angestrebten und realisierten Positionierungsniveaus die Outpacing-Strategie vollzogen wird. Hiervon hängt die Qualität dieser Strategie in jedem Unternehmen ab. Wichtig ist dabei, dass diese Positionierung von den Kunden ohne Wahrnehmungsprobleme und damit stimmig verstanden und akzeptiert wird. Die Ergebnisse des Deutschen Kundenmonitors aus dem Jahr 2016 (vgl. SERVICEBAROMETER AG 2016) in Abbildung 30 machen deutlich, dass diese Stimmigkeit von definiertem Qualitätsniveau und gelieferter Qualität nicht uneingeschränkt gegeben ist. An zwei Beispielen, nämlich dem Lebensmitteleinzelhandel und den Optikern soll dies demonstriert werden. Das Beispiel aus dem Lebensmitteleinzelhandel, nämlich Kaiser’s Tengelmann, war seit dem Jahr 2016 in einem Verkaufsprozess an die Rewe Group und Edeka, so dass die Filialen nach und nach unter der alten Firmierung verschwanden.
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Abbildung 30: Stimmigkeit von definiertem Qualitätsniveau und gelieferter Qualität
Der Kundenmonitor 2016 zeigt ein hochinteressantes Ergebnis, nämlich eine unterschiedlich hohe Kundenzufriedenheit in Betriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels und bei Optikern. Wie die Werte erkennen lassen, hängt die Zufriedenheit der Kunden nicht von der Betriebsform ab, sondern offensichtlich von der Fähigkeit, ein definiertes, den Kunden kommuniziertes und damit erwartetes Qualitätsniveau zu erfüllen (vgl. SERVICEBAROMETER AG 2016). Positionierungsbeispiele und -erfolge Wie ersichtlich ist, hat ALDI als Kosten- und Preisführer eine deutlich höhere Kundenzufriedenheit aufzuweisen als die Supermarktkette KAISER’S TENGELMANN, die eher eine höhere Positionierung hinsichtlich der Qualität anstrebte. Bei den Optikern war es genau umgekehrt. Die Spitzenreiter sind hier eindeutig die traditionell vom Inhaber geführten Einzelbetriebe als ausgesprochene Qualitätsführer und schlagen damit in der Kundenzufriedenheit eindeutig die Optikerkette APOLLO OPTIK, die das beste Preis-Leistungs-Verhältnis als Grundlage für die Kostenführerschaft anstrebt. Damit ist demnach schlüssig, dass nicht das gebotene Preisniveau und die Leistung sowie die Ausstattung der Geschäfte für die Kundenzufriedenheit entscheidend sind, sondern die Übereinstimmung der Erwartungen der Kunden mit der gebotenen Qualität, also mit
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dem von ihm in dieser Betriebsform akzeptierten Preis-Leistungs-Verhältnis, mit der Ausstattung des Handelsgeschäfts, aber vor allem auch mit dem akzeptierten Serviceniveau und der von ihm geforderten Servicequalität der Mitarbeiter. Der Kosten- und Preisführer ALDI erfüllt demnach die reduzierte Serviceerwartung der Klientel, die sich eher nur auf den Basisnutzen bezieht, bei der gebotenen Qualität und einem günstigen Preisniveau voll und ganz. Die gehobene Ausstattung, der gute Service und das damit verbundene höhere Preisniveau bei vom Inhaber geführten Einzelbetrieben werden in umgekehrter Weise von der Zielgruppe auch akzeptiert und honoriert. In der Konsequenz ist demnach eine stimmige Positionierung ausschlaggebend; das heißt, die Ausrichtung, der Marktauftritt und die Kommunikation sowie vor allem auch das konkrete Verhalten vor Ort müssen überzeugend sein. Die Schlussfolgerung ist also, dass Qualität nicht absolut definiert werden kann, sondern nur relativ in Abhängigkeit vom strategisch angestrebten Niveau durch das Unternehmen und vom operativ akzeptierten Niveau durch die Kunden. Kosten und Preise sind in dieser Relation zu sehen und zu werten (vgl. HALLER 1995, S. 11f.). Bei dieser Betrachtungsweise liefert ALDI also aus Sicht der zufriedenen Klientel eindeutig eine hohe Qualität. Das Unternehmen wird damit als herausragender Discounter zugleich zu einem Markenbegriff für dieses Qualitätsniveau und Preis-Leistungs-Verhältnis. An dieser Stelle wird das Phänomen der Ambidextrie noch einmal systematisch zusammengefasst, und zwar aus definitorischer, klassifikatorischer und konzeptioneller Sicht. Definitorische und klassifikatorische Sicht Wie eingangs in diesem Buch dargestellt, kennzeichnet aus definitorischer Sicht Ambidextrie die Beidhändigkeit des ganzheitlichen Handelns mit jeweils unterschiedlichen und dabei häufig konfliktären Schwerpunkten. Aus klassifikatorischer Sicht beinhaltet Ambidextrie grundsätzlich beidhändiges Handeln sowohl bezogen auf die Gestaltung und Steuerung von harten quantitativen sowie von weichen qualitativen Faktoren mit einer möglichst aussagefähigen Messbarkeit der Ursachen- und Wirkungsgrößen. Die begrifflichen und inhaltlichen Gegensatzpaare aus klassfikatorischer Sicht sind also mit einer jeweils unterschiedlichen Fokussierung „hart und weich“, „quantitativ und qualitativ“ sowie „direkt messbar und gestaltbar oder nur indirekt messbar und gestaltbar“. Eine wichtige Frage ist, wie die Gegensatzpaare typischerweise miteinander verknüpft sind. Wie bereits vorstehend angesprochen sind Wertschöpfungsketten in Reinform harte quantitative Faktoren und damit eher direkt messbar sowie Kundenzufriedenheit oder Empathie weiche qualitative Faktoren, die nur über Indikatoren auf einem niedrigeren statistischen Niveau quantifiziert messbar sind.
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Also gilt: Harte Faktoren sind in der Regel quantitativ sowie damit direkt messbar und weiche Faktoren sind eher nur qualitativ messbar. Letztere können aber in der Regel über Indikatoren in ihren Ursachen und Wirkungen ebenfalls aussagefähig quantifiziert werden. Diese Unterscheidung der Messung und Gestaltung wird auf mehreren Ebenen der Ambidextrie – hier mit 4 unterschiedenen Ebenen – in konzeptioneller Anwendungssicht durchgeführt. Die Ebenen kennzeichnen mehrstufige Wirkungsgefüge und stehen in einem ursächlichen Zusammenhang, zumindest aber in einer funktionalen Wirkungsbeziehung. Die 4 Ebenen bzw. Level der hier unterschiedenen konzeptionellen Differenzierung sind: Strategie, Organisation, Führung und Kultur. Zusätzlich sind auf allen 4 Ebenen kontextuelle Einflussgrößen und damit situative Faktoren als Ursachen- und/oder Wirkungsgrößen einzubeziehen sowie im Zusammenhang mit den konzeptionellen Teilen der jeweiligen Ebene zu gestalten. 1. Level: Strategie Aus Sicht des Wettbewerbs, des Kunden, des eigenen Unternehmens Auf dieser Ebene und in dieser Hinsicht sind zwei grundsätzliche und ihrer Kombination wichtige Ambidextrien zu berücksichtigen und zu gestalten. Zum einen der Zusammenhang zwischen Strategie und Umsetzung. Hier wird die grundsätzliche Ausrichtung des Unternehmens für die zukünftige Positionierung und Marktbearbeitung sowie das vorherrschende Geschäftsmodell festgelegt und gestaltet. Auf dieser Ebene und mit dieser Zielsetzung existiert ein starker qualitativer Fokus. Tragfähiges Geschäftsmodell Ergänzt wird dieser konzeptionelle Ansatz durch die Ambidextrie der für die Steuerung und den Erfolg sehr wichtigen operativen Umsetzung, also einer konkreten Gestaltung und einer im Detail möglichen Messbarkeit durch ein stärker quantitatives Controlling auf der Grundlage eines aussagefähigen Steuerungsinstrumentariums von zentralen Mess- und Steuerungsgrößen als Analytics. Mit diesem eher harten und quantitativ messbaren Steuerungsansatz wird ermittelt, ob die angestrebte Ausrichtung des Unternehmens erreicht wird bzw. werden kann. Zum anderen konkretisiert die 2. Ambidextrie in konzeptioneller Sicht als inhaltlichen strategischen Ansatz die vorstehend bereits angesprochene Realisierung der Strategie als Outpacing-Strategie der Positionierung und Marktbearbeitung. Im Zentrum steht dabei
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die Strategie als Qualitäts- und Technologieführer einerseits sowie als Kosten- und Preisführer andererseits. Heruntergebrochen auf die Projektebene zur Umsetzung der Strategie ist eine inhaltliche Präzisierung der Projektvorhaben sowie der Analyse- und Befragungsinhalte wichtig, um im Vorfeld bereits abzuklären und festzulegen, welche Ziele und Wirkungen mit dem Projekt und den Ergebnissen angestrebt werden. Im Fokus stehen bei dieser strategischoperativen Ambidextriekonzeption 3 Felder, und zwar die Wettbewerbsposition des eigenen Unternehmens, der Kundennutzen und die Kundenwertsteigerung sowie der Nutzen und die Wertsteigerungen für das eigene Unternehmen (SCHWEICKART/ TÖPFER 2006). Generell sind dabei im Ziel-Umsetzungs-Prozess dann diese 3 Wirkungsbereiche auszuformulieren und durch das Analyse- und Befragungskonzept sowie durch die – auf der Basis der durchgeführten Auswertungen und ermittelten Ergebnisse – anvisierten Verbesserungsmaßnahmen zu präzisieren. 1.
Wettbewerbsposition Zielebene: Welche Verbesserungen der Wettbewerbsposition des eigenen Unternehmens sollen durch das Projekt erreicht werden? Umsetzungsebene: Welche Wirkungen und Ergebnisse sind für die zukünftige Positionierung des eigenen Unternehmens im Wettbewerberumfeld zu erarbeiten und unter Berücksichtigung von Risikoabschlägen tatsächlich zu erwarten.
2.
Kundenvorteil Zielebene: Welcher spezielle Kundennutzen und welche Wertbeiträge sowie Wertsteigerungen sollen für die anvisierten Adressaten und wichtigen Zielgruppen der Kunden erreicht und erhöht werden? Umsetzungsebene: Welche Wirkungen und Ergebnisse sind mit dem Projekt bezogen auf den Kundennutzen verbunden und welcher Mehrwert für den Kunden wird mit dem Projekt realistischer Weise generiert und transportiert.
3.
Unternehmenswertsteigerung Zielebene: Welcher spezifische Nutzen und welche Wertsteigerungen für das eigene Unternehmen sollen mit den Projektaktivitäten angestrebt und realisiert werden? Umsetzungsebene: Welche Wirkungen sind mit dem Projekt bezogen auf den Unternehmensnutzen verbunden und führt das Projekt zu einem spezifischen Mehrwert für das eigene Unternehmen?
Wie die Erfahrung in der Unternehmenspraxis zeigt, führen diese 3 „einfachen Fragen“ dazu, dass die Diskussion im Unternehmen und mit den Partnern zielgerichtet verbessert und inhaltlich geschärft wird.
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Um diese Zielsetzung mit den zwei generell gegensätzlichen Inhalten zu erreichen, sind für eine wirkungsvolle strategische und operative Ausrichtung des Unternehmens die folgenden drei angesprochenen weiteren Arten von Ambidextrien mit ihren spezifischen inhaltlichen Anforderungen und konkreten operativen Umsetzungen von zentraler Bedeutung. Im Detail sind die nachstehenden Voraussetzungen bezogen auf die Organisation, die Führung und die Unternehmenskultur zu erfüllen. 2. Level: Organisation Der strategische Ansatz auf dem 1. Level erfordert jetzt auf dem 2. Level die organisatorische Ambidextrie als Beidhändigkeit der erfolgreichen Kombination von Service Excellence und Kosten-Effektivität, also einer hohen Kosten-Wirksamkeit in Form geringerer und mit einem hohen Kundennutzen verbundener Kosten für die angestrebte Service-Excellence. Diese erfolgreiche Kombination von Qualitätsführerschaft und Kostenführerschaft legt den Grundstein für eine Cost-Effective Service Excellence (vgl. WIRTZ 2019). Sie ermöglicht der begrenzten Anzahl von dabei erfolgreichen Unternehmen die Position als Best Performer in ihrem Wettbewerbsumfeld bezogen auf Kundenzufriedenheit und Produktivität. Beispiele für in ihrem Positionierungs-Marktbereich herausragend gute Unternehmen sind unter anderem Amazon und Singapore Airlines. Die – bei diesen beiden generell gegensätzlichen Strategie-Ansätzen – auftretenden Risiken, möglichen Reibungsverluste und sich ergebenden Konflikte in der Umsetzung der speziellen Outpacing-Strategie in der Unternehmenspraxis sind nicht zu unterschätzen. Zur Abmilderung dieser Gegensätze sind deshalb die beiden weiteren Ambidextrie-Felder von herausragender Wichtigkeit. Am Beispiel von Amazon wird im Folgenden kurz gezeigt, dass die konsequente Umsetzung einer Outpacing-Strategie zu einem erheblichen Konfliktpotential zwischen den kundenorientierten Erfolgsfaktoren und den auf die Erhöhung des Unternehmenswertes ausgerichteten KPIs als Schlüsselgrößen des Unternehmenserfolges auf der einen Seite sowie dem Mitarbeitereinsatz auf der anderen Seite, der vorwiegend bzw. in manchen Bereichen ausschließlich auf die interne Prozessoptimierung mit kurzen, effizienten und damit außerordentlich kostengünstigen Durchlaufzeiten fokussiert ist, führt. Im Vergleich zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit und zur Steigerung des Unternehmenswertes sind der auf Mitarbeiter bezogene Führungsstil und die Mitarbeiterzufriedenheit nachrangige Zielgrößen. In einem Logistikkonzern mit dem größten Teil der Mitarbeiter in Vertriebszentren haben die Mitarbeiter eine weitgehend andere Aufgabenstellung und Tätigkeit als bei einer Airline mit einem größeren Anteil von Service-Mitarbeitern direkt an der Kundenfront wie bei Singapore Airlines. Statt deren direkten Beiträgen zur Kundenzufriedenheit durch hohes Engagement und Empathie liefern die Mitarbeiter von Amazon als Kostenfaktor vorwiegend einen Beitrag zur Prozessbeschleunigung und zur Kosteneinsparung. Indirekt wird damit auch ein Kundennutzen transportiert. Amazon
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ist mit dieser Outpacing-Strategie zeitweise das wertvollste Unternehmen weltweit gewesen. Amazon ist als Technologie-Gigant erfolgreicher Logistik seit Jahren Gegenwind gewohnt. In den letzten Jahren entstand in den USA eine Allianz gegen Amazon, ein Bündnis von fast 50 Organisationen ist gegen das Unternehmen geschmiedet worden. Im Mittelpunkt stehen die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsbelastung und die Leistungsvergütung. Die eigenen Mitarbeiter demonstrieren gegen das Unternehmen mit Plakaten „amazon HURTS WORKING PEOPLE“. Der Markterfolg des Unternehmens kommt also zum Teil auf Kosten der eigenen Arbeitnehmer zustande. Dies widerspricht der reinen Lehre einer Outpacing-Strategie, bei der im Rahmen einer Ambidextrie ein weitgehend ausgewogenes Verhältnis der Triebkräfte Kundenbegeisterung – Mitarbeiterzufriedenheit – Unternehmenswertsteigerung angestrebt wird (vgl. BEUTELSBACHER 2019; GASSMANN 2020). 3. Level: Führung Die beiden folgenden Arten der Ambidextrie sind für die operative Umsetzung einer Outpacing-Strategie von zentraler Bedeutung, nämlich die Leadership-Ambidextrie und die Kultur-Ambidextrie. Zunächst einige Ausführungen zur Führungs-Ambidextrie: Wesentlich sind für die hierbei erforderliche Beidhändigkeit einerseits quantitativ ausgerichtete Führungsinstrumente mit einer Analytik als einem aussagefähigen Set von Messgrößen bezogen auf für die Steuerung und den Markterfolg maßgebliche Key Performance Indicators (KPI). Im Gesamtzusammenhang sind Werttreiber als klare betriebswirtschaftliche Ziele und Vorgaben mit einer primär nach innen gerichteten Wirkung auf Wertschöpfungsketten inhaltlich auszugestalten und umzusetzen. Sie sind andererseits zusammen mit stärker qualitativen Erfolgsfaktoren als extern auf den Kunden bzw. die Adressaten gerichtete Messgrößen und Steuerungsinhalte mit dem Ziel einer hohen Servicequalität und Kundenzufriedenheit sowie Kundenbindung zu realisieren. Einer erfolgreichen transformationalen bzw. transformatorischen Führung gelingt es, das Erreichen betriebswirtschaftlicher Ziele zusammen mit einer Steigerung der Zufriedenheitswerte im Unternehmen und bei den Kunden zu realisieren. Der Grad einer konstruktiven Integration bestimmt resultierend das Niveau der Wertgeneratoren – im Sinne von gleichzeitig intern und extern ausgerichteten Steuerungsgrößen – als unternehmensbezogene Erfolgsgrößen mit Steigerungsraten in den marktbezogenen Kategorien Absatz, Umsatz, Marktanteil, Deckungsbeitrag und Gewinn sowie in den nach innen gerichteten Steuerungsgrößen Prozessqualität, Fehlerrate sowie Mitarbeiterzufriedenheit und Wechselbereitschaft zu einem anderen Arbeitgeber.
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Leadership-Ambidextrie mit Werttreibern, Erfolgsfaktoren und Wertgeneratoren (siehe hierzu im Detail Abbildung 41 auf S. 100) Bei diesen durch die gegensätzliche Ausrichtung der Steuerung und Gestaltung in Teilbereichen des Unternehmens nicht zu unterschätzenden Konfliktfeldern kommt – neben allen quantitativen und qualitativen Steuerungsmechanismen – emotionalen sowie sozialen Kategorien des Selbstverständnisses und des Verhaltens im Unternehmen und am Markt eine hohe Bedeutung zu. Diese Forderung fokussiert in stimmigen Kulturfaktoren im Unternehmen gegenüber Mitarbeitern und am Markt gegenüber Partnern und Adressaten bzw. Kunden. Systematisch zu ermitteln und zu verbessern sind deshalb qualitativ ausgerichtete Mess- und Steuerungsgrößen wie Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterzufriedenheit. Nicht nur extern gerichtet, sondern ebenfalls gerade intern umgesetzt ist eine auf Empathie zielende Verhaltensweise speziell bezogen auf Mitarbeiter ein wesentlicher Erfolgsfaktor. 4. Level: Unternehmenskultur Eine positiv gestaltete und wirkende Unternehmenskultur-Ambidextrie steht in direktem Zusammenhang mit der Führungs-Ambidextrie. Die Dualität der Unternehmenskultur entsteht zunächst dadurch, dass die Ambidextrie der Kultur – auf der Basis der vorstehenden Ebenen bzw. Level von der Strategie, Organisation und Führung – hier jetzt aus den beiden gegensätzlichen und nicht konfliktfreien, da ohne klare Strategie konkurrierenden Ausrichtungen auf Service-Excellence und Kosten-Effektivität (vgl. WIRTZ 2019) jeweils starke sowie direkte Anforderungen stellt und spezielle Auswirkungen im Unternehmen einfordert. Von zentraler Bedeutung für eine abgestimmte und dadurch weniger konfliktträchtige Umsetzung dieser Outpacing-Strategie der Cost-Effective Service Excellence ist zum einen die Fähigkeit, in beiden unterschiedlichen Strategie-Linien und -Bausteinen zu denken, zu entscheiden und zu handeln. Zum anderen ist für den wirkungsvollen Einsatz einer derartigen Strategie und ihrer Umsetzung aber auch das Verständnis und Können einer situationsabhängigen Gestaltung, Kombination und vor allem auch Integration dieser häufig gegenläufigen Ausprägungen der beiden strategischen Bausteine zu schaffen und sicherzustellen. Dies ist nur zum Teil durch verschiedene Führungskräfte und Mitarbeiter – also eine in Kauf zu nehmende größere Personenzahl – zielführend zu bewerkstelligen, weil dann interpersonell durch das vorhandene Konfliktpotenzial Prozesse ineffektiver, langsamer und ergebnisschwächer werden, da sie dann stärker Kompromiss-suchend und nicht Positionierungs-prägend sind. In der Konsequenz sollte die Integration in diese anspruchsvolle Strategie also möglichst nicht interpersonell, sondern primär intrapersonell – und damit in und von der überschaubaren Anzahl der damit beauftragten Personen – erfolgen.
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Es liegt auf der Hand, dass die Anforderungen im Hinblick auf die fachliche Beherrschung der stark unterschiedlichen und konfliktären Handlungs- und Entscheidungsfelder, aber noch wesentlicher bezogen auf das Kultur prägende Verhalten und die daraus resultierenden Führungsfähigkeiten nicht zu unterschätzen sind. Gebraucht werden für die Umsetzung dieser Outpacing-Strategie mit stark divergierender Ambidextrie also über alle Ebenen und Bereiche hybrid denkende und wirkende Führungskräfte, die auch die Mitarbeiter entsprechend trainieren und qualifizieren können. Die Aufgabe dieser Führungskräfte ist es damit, die Mitarbeiter auf das Denken und Handeln in der Umsetzung von diesen konfliktären Strategiebausteinen auszurichten und zu prägen. Konflikte müssen in ihrer Bedeutung verstanden und akzeptiert werden. Der Königsweg kann nur in der situativ und bewusst austarierten Entscheidung über eine tragfähige und mit den Unternehmenszielen in Einklang stehende Kombination aus den beiden Extremlinien der Kosteneffizienz bzw. noch besser und wirkungsvoller der Kosteneffektivität auf der einen Seite und der Servicequalität bzw. noch besser und wirkungsvoller der Service Excellence auf der anderen Seite bestehen. Oberstes Ziel und Gebot ist damit, dass bei allen Variationen im Entscheidungsspielraum der Kundennutzen und der Wert für den Kunden im Sinne einer „Unique Customer Value Proposition“ als einem einzigartigen Leistungsversprechen für den Kunden (siehe S. 71f.) im Vordergrund steht. Mit diesem unternehmensspezifischen Mantra als generell gültigem „heiligen Vers“ bzw. Glaubenssatz und wichtigem Baustein der Unternehmenskultur lassen sich Probleme und Diskussionen über die „richtige“, da zielführende Strategiegestaltung und -ausprägung schnell und nachdrücklich einschränken. Unternehmenskultur – Prüfstein und Nagelprobe Die Steuerung der Unternehmenskultur erfolgt, wie bereits angesprochen, nur zu einem kleineren Teil direkt über quantitative Mess- und Steuerungsgrößen. Nur sie sind direkt messbare Größen mit metrischem Skalenniveau, wie z.B. dem Produktionsoutput eines Teams. Da diese Ergebnisgrößen oft von mehreren nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ ausgeprägten Kriterien als Mediator- oder Moderatorvariablen auf der Wegstrecke zur finalen Wirkung und Ausprägung abhängen (vgl. TÖPFER 2012, S. 160f.), sind wesentliche dieser Kriterien ebenfalls zu messen und zu monitoren. Generell sind diese qualitativ ausgeprägten und dadurch nur indirekt über Indikatoren messbaren und quantifizierbaren Variablen Steuerungsgrößen psychologischer, sozialer und emotionaler Natur. Typischerweise können dies z.B. das Teamklima, die Kommunikationspolitik im Unternehmen oder Regeln zur Lösung von Konflikten zwischen Teammitgliedern sein. Durch den starken Fokus auf qualitative Ursachenvariablen sowie intermittierende und finale Wirkungsgrößen ist eine klare Steuerung ohne Friktionen und Einbußen an Effizienz sowie Effektivität ein hohes und nicht leicht zu erreichendes Ziel.
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Wesentlich ist deshalb die Bestimmung und Steuerung zentraler Indikatoren, die aussagefähige Wirkungsfaktoren für eine positive Unternehmenskultur und maßgebliche Verbesserungen in die angestrebte Richtung zum Ausdruck bringen sowie nachvollziehbar machen. Die Unternehmenskultur bedeutet deshalb – in der Sprache der Beschäftigten – keinen undifferenzierten und ungerichteten „Kuschelkurs“ zu praktizieren, sondern in den wesentlichen Bereichen der für die Mitarbeiter und die Kunden am Markt wichtigen Unternehmenskultur Vertrauen dadurch zu erringen, dass Anforderungen, Lösungswege und Umsetzungsschwierigkeiten offen, fair und ganzheitlich diskutiert werden. Dadurch lassen sich mit Überzeugung und Nachhaltigkeit, also auf längere Sicht, stabile Werthaltungen und Wertschätzungen sowie gemeinsam entwickelte und getragene Veränderungen und nicht zu unterschätzende Herausforderungen für Führungskräfte und Mitarbeiter mit wachsendem Vertrauen erreichen. Das Phänomen Unternehmenskultur ist damit kein ausschließlich praktizierter „Schönwetter-Führungsstil“. Die Qualität und Leistungsfähigkeit einer spezifischen Unternehmenskultur als aussagefähiges Leitbild und wirksamer Handlungsrahmen muss sich also gerade in Problemsituationen und Konfliktfeldern zeigen und beweisen. Bei der in den Jahren 2019 und folgende schwierigen Situation der deutschen Automobilindustrie durch den erforderlichen zügigen Übergang auf umweltverträglichere neue Antriebstechnologien, insbesondere auch der Elektromobilität, existiert ein klarer Prüfstein, ob die digitale Transformation nicht nur bezogen auf die Entwicklung und den wirkungsvollen Einsatz von disruptiven neuen Technologien gelingt. Durch diesen starken Umbruch in der Wirtschaft generell und in dieser Branche speziell wird sich zeigen, ob die erforderlichen Veränderungen und Anpassungen nicht nur auf der technologischen Ebene gelingen, sondern vor allem auch auf der Ebene der Unternehmenskultur. Da durch die neue Technologie der Elektromotoren bis zu 90 Prozent der bisherigen Aggregate wegfallen, also nicht mehr benötigt werden, sind drohende Entlassungen von Personal in der Automobilindustrie und den wesentlichen Zulieferbranchen – trotz aller wichtigen und möglichen Maßnahmen der Qualifikationsveränderung – nicht vermeidbar. Bei den 3 Premium-Herstellern Audi, BMW und Daimler wird mit jeweils bis zu 10.000 abgebauten Stellen (Stand November 2019) gerechnet. Betriebsbedingte Kündigungen sollen dabei vermieden werden. Für die gesamte Branche wird einschließlich der Lieferanten von einem Abbau von ca. 100.000 Stellen ausgegangen (vgl. HÄGLER 2019; O.V. 2019b; O.V. 2019c). Das sind zu dem angegebenen Zeitpunkt belastbare Prognosen. Die reale Entwicklung kann dennoch härter werden, auch durch die Einflüsse der CoronaPandemie (vgl. O.V. 2020c). Genau hieran wird sich die Tragfähigkeit der praktizierten Unternehmenskultur unter Beweis stellen müssen. In der Theorie und Praxis besteht Einigkeit, dass sich positive Kulturveränderungen ohne klare Artikulation von Problemen und Herausforderungen sowie
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ohne gemeinsam erarbeitete und mehrheitlich akzeptierte Lösungswege auf der Basis von Vertrauen und Fairness nicht realisieren lassen. Bei der Analyse und Veränderung einer spezifischen Unternehmenskultur stehen zweckmäßigerweise zunächst nicht nur die quantitativen, sondern auch die qualitativen und weichen sowie auch nur indirekt messbaren Faktoren im Vordergrund, also Werte und Einstellungen. Konkretes Verhalten und Ergebnisse sind auch bei und für positive Kulturveränderungen wichtig, brauchen aber unbedingt den „Unterbau“ an Werten und Einstellungen. Deshalb ist auf diese von Anfang an ein Schwerpunkt zu legen. Ein Konsens und das Praktizieren bzw. die Einhaltung von wichtigen Werten und Einstellungen – nicht nur auf der Basis von unternehmensspezifischen, sondern auch von branchenbezogenen oder generellen Unterstützungsprogrammen – werden dadurch zu einem tragfähigen und belastbaren Fundament der Unternehmenskultur. Verbesserungsmaßnahmen bezogen auf Verhalten und Ergebnisse sind eher auch quantitativ und direkt messbar, aber nur in begrenztem Maße wirklich harte Faktoren. Durch die damit verbundene Beidhändigkeit ermöglicht diese Ambidextrie einen breiten unverstellten Blick und ein ebenfalls breites Handlungs- und Überzeugungsfeld. Unter diesem Blickwinkel vereint eine umfassende und manchmal auch schonungslose Offenheit eine ausgewogene Diskussion und Weiterentwicklung von harten und weichen Erfolgskriterien. Auch bei einem Projekt zur Weiterentwicklung bzw. Verbesserung der Unternehmenskultur sind die meisten Aktivitäten in gleicher Weise auf der einen Seite strategisch und auf der anderen Seite auch operativ ausgerichtet. Bezogen auf die Beidhändigkeit der Steuerung und Weiterentwicklung einer dualen Unternehmenskultur steht zum einen insbesondere bei einer digitalen Transformation die positive Veränderung von Einstellung und Verhalten im Fokus, was einen längerfristigen Prozess in Anspruch nimmt. Zum anderen können Inhalte und positive Beispiele kurzfristiger durch Riten, Mythen und Erfolgsstorys kommuniziert werden und im Anspruch Wirkungen auf angestrebte Ergebnisse zeigen, die einen verhaltensstabilisierenden Effekt mit sich bringen sollen und können.
2.2.3
Benchmarking
Dies leitet unmittelbar zum dritten Grundsatz über, der sich mit Vergleichen zwischen Unternehmen befasst. 3. Grundsatz: Benchmarking als Vergleich mit den Besten schafft die Voraussetzung für eine Differenzierung vom Wettbewerb.
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„Abkupfern mit Stolz und Freude” Amerikaner nennen Benchmarking „Stealing with pride”. Das Ziel ist, durch einen Vergleich mit Unternehmen der gleichen Branche oder auch anderer Branchen Kennzahlen und damit Benchmarks als Messlatte für erforderliche und vor allem auch erreichbare Verbesserungen zu erhalten (vgl. TÖPFER/MANN 1996b). Zunächst stellt sich die Frage, was Gegenstand eines Benchmarking sein kann und wo das Unternehmen also besser werden kann (siehe Abbildung 31). Wenn die Analyseobjekte festliegen, ist die nächste Frage, wer auf welche Weise besser ist und mit wem das Benchmarking dann mit einem Informationsgewinn für das Unternehmen durchgeführt werden kann. Im Detail ist zu analysieren und zu bewerten, in welchem Maße aufgrund welcher Vorgehensweise der Benchmarking-Partner deutlich besser ist. In dieser Phase werden also die Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens in einem Vergleich analysiert.
Abbildung 31: Fünf Schritte des Benchmarking
Benchmarking – Verbesserungsmaßnahmen mit großer Hebelwirkung Die folgende Frage, welche die beiden letzten Phasen eines Benchmarking zum Gegenstand hat, untersucht, wie dieses Niveau erreicht werden kann. Hier geht es also darum, Verbesserungsmaßnahmen für das eigene Unternehmen zu erarbeiten, die eine möglichst große Hebelwirkung aufweisen. Die Umsetzung ist dann durch ein aussagefähiges Controlling zu begleiten, um eventuellen Anpassungsbedarf zu erkennen und möglichst schnell das Niveau des Benchmarking-Partners zu erreichen oder noch besser zu übertreffen.
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Bezogen auf die Kernwertschöpfung wird sich das Benchmarking auf direkte Wettbewerber erstrecken. Bezogen auf andere Funktionen, wie z.B. Durchlaufzeiten im administrativen Bereich oder auch Servicequalität, ist ein Benchmarking mit branchenfremden Unternehmen oftmals aussagefähiger und hilfreicher. Denn dann wird nicht nur der „Best in class” zum Vergleich und als Maßstab herangezogen, sondern das Unternehmen, das Business Excellence praktiziert, also weltweit am besten in dieser Funktion ist. So hat in der Vergangenheit beispielsweise GENERAL ELECTRIC als exzellentes Unternehmen für Verbesserungen in der Servicequalität WAL-MART als führendes Handelsunternehmen in den USA ausgewählt. Das Bild, immer nur in die Fußstapfen der Konkurrenten zu treten und sie deshalb nie überholen zu können, macht deutlich, welche Vorteile ein branchenübergreifendes Benchmarking bieten kann. Auch beim Benchmarking-Geber ist das erreichte hohe Niveau der Vergangenheit vergänglich. Das Beispiel GENERAL ELECTRIC belegt dies. Das Unternehmen ist seit einigen Jahren in einer Krise und fährt Verluste ein. Im Jahr 2019 waren es 4,98 Mrd. USD (vgl. STATISTA 2020a). Das Beispiel in Abbildung 32 macht ersichtlich, wie ein derartiges branchenübergreifendes Benchmarking am Beispiel der Verkürzung von Wartungs- und Reinigungszeiten ablaufen kann. BRITISH RAIL (Benchmarking-Nehmer) als Eisenbahnunternehmen hat sich BRITISH AIRWAYS (Benchmarking-Geber) als Fluggesellschaft für ein Benchmarking in diesem Bereich der Wartungs- und Reinigungszeiten ausgewählt, um so die Prozessabläufe im eigenen Bereich deutlich zu verbessern. Im Vergleich hierzu kann eine Fluggesellschaft ein First-Class-Hotel als Benchmarking-Partner wählen, um beispielsweise die Anforderungen der Zielgruppe im Bereich First Class oder Business Class besser zu erkennen und erfüllen zu können. Dies ist bei BRITISH AIRWAYS der Fall, die sich das ORIENTAL HOTEL in Bangkok – eines der weltbesten Hotels – als Benchmarking-Partner für diese gehobene bzw. Spitzenzielgruppe von Hotelgästen ausgewählt haben (vgl. HOULDER 1994, S. 8). Denn der Komfort, den die Zielgruppe dort erhält und hoch einschätzt, sollte im Rahmen möglichst auch bei einem Langstreckenflug geboten werden. Bezogen auf den Prozess der Reinigung und Wartung bietet sich für ein First-Class-Hotel nur ein aussagefähiger Benchmarking-Partner an, nämlich der Formel 1 Rennsport. Dabei geht es nicht darum, die Zeiten im Formel 1 Rennsport, nämlich zehn Sekunden für die Wartung als Auftanken und ggf. Reifenwechsel zu erreichen und mit 16 Sekunden für die Boxenan- und -abfahrt einen auf andere Branchen nicht zu übertragenden Wert zu erzielen. Vielmehr besteht die Zielsetzung darin, die Funktionsteilung und die Zusammenarbeit des Wartungspersonals im Team zu studieren, um diese Erkenntnisse dann auf den eigenen Bereich zu übertragen. Dies ist der RITZ-CARLTON HOTEL COMPANY (vgl. BECKETT 2008) in der Weise gelungen, dass ein Zimmerreinigungsprozess von bisher 30 Minuten von einer Person auf insgesamt acht Minuten reduziert werden konnte. Dies ist dadurch möglich, dass bei Bedarf, nämlich wenn die nächsten Gäste bereits angekommen sind, drei Reinigungskräfte im Notfall-Team gleichzeitig arbeiten, wobei zugleich das Überprüfen und Auffüllen der Minibar neuerdings darin enthalten ist. Hinzu kommt, dass
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die Reinigungskräfte inzwischen sehr viel lieber im Team arbeiten und auch das Qualitätsniveau insgesamt gestiegen ist.
Abbildung 32: Branchenübergreifender Benchmarking-Prozess zwischen BM-Geber und BM-Nehmer
2.2.4
Null-Fehler-Philosophie
4. Grundsatz: Kundenorientierte Qualität in Produkt und Service ist auf dem Null-Fehler-Niveau anzustreben.
Das Ziel eines Benchmarking besteht vor allem darin, die kundenbezogene Qualität, die das Unternehmen bietet, zu erhöhen und die Fehlerrate deutlich zu reduzieren, wenn nicht sogar auf null zu bringen. Ein Null-Fehler-Niveau ist deshalb bereits in jeder einzelnen Wertschöpfungsphase im Unternehmen anzustreben, da jede spätere Entdeckung mit zunehmenden Fehlerbeseitigungskosten verbunden ist. Wenn man berücksichtigt, dass 50 Prozent aller Fehler bereits in der Entwicklung eines Produktes „angelegt” werden, dann gewinnt diese Aussage einen hohen Stellenwert (vgl. PERNICKY 1990, S. 258). Abbildung 33 verdeutlicht diesen Sachverhalt.
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Abbildung 33: Kosten der Fehlerbeseitigung – 1:10:100-Regel
Six Sigma als Null-Fehler-Strategie Wie hieraus ersichtlich ist, können diese Kostensteigerungen der Fehlerbeseitigung schnell dazu führen, dass hiervon erhebliche ertrags- und gewinnaufzehrende Wirkungen ausgehen. Nicht berücksichtigt sind dabei die Imageschäden, die nach einer Auslieferung an den Kunden entstehen. Die Zielsetzung besteht deshalb darin, jede Tätigkeit beim ersten Mal bereits mit einem fehlerfreien Ergebnis durchzuführen. Die Null-Fehler-Philosophie orientiert sich an dem statistischen Wert sechs Sigma, der von MOTOROLA in ein Messinstrumentarium eingebracht wurde. Dies bedeutet, dass bei einer Mio. Produkte oder auch Dienstleistungen in Form von Aktivitäten nur – in absoluten Größen – vier fehlerhafte erlaubt sind. Es steht außer Frage, dass ein derartig hohes Qualitätsniveau nicht ohne weiteres erreicht wird. In hervorragenden Unternehmen besteht dennoch diese Zielsetzung, und sie wird bis auf ein Fehler-Niveau 10 bis 15 parts per million (ppm) auch erreicht (vgl. TÖPFER/JOHN 1996, S. 168ff.; TÖPFER/GÜNTHER 2007a, S. 3 ff.). Erkenntnisse aus den USA belegen, dass, alle Kosten eingerechnet, bis zu 30 Prozent der Gesamtkosten amerikanischer Dienstleister durch Nachbesserungsaufwand verursacht werden und dass ein durchschnittliches amerikanisches Industrieunternehmen bis zu 30 Prozent des Jahresumsatzes für die Wiedergutmachung von Fehlern ausgibt (vgl. TÖPFER/GÜNTHER 2007a, S. 13). Diese Forderung von Null-Fehler-Qualität soll in ihrer Bedeutung und Notwendigkeit an einem Beispiel erläutert werden. FEDERAL EXPRESS (FedEx) hat im Jahr 1996 überlegt – zu dieser Zeit verschickte FEDERAL EXPRESS pro Tag 1,6 Mio. Paket- und Briefsendun-
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gen, ob eine angestrebte Kundenzufriedenheit von 99 Prozent ausreicht. Dieser Wert erscheint auf den ersten Blick sehr hoch. Wenn man ihn mit Zahlen hinterlegt und hinterfragt, sieht der Sachverhalt aber völlig anders aus: Denn wenn pro Tag 1 Prozent der Kunden von FEDERAL EXPRESS unzufrieden sind, dann bedeutet dies bei der Gesamtzahl der täglichen Sendungen in 1996, dass 16.000 Sendungen entweder beschädigt, zu spät oder gar nicht ankommen. Da jedoch jede Sendung sowohl einen Absender als auch einen Empfänger hat, würde dies bedeuten, dass pro Tag 32.000 Kunden mit FEDERAL EXPRESS unzufrieden wären. Angenommen jeder Kunde würde seine Unzufriedenheit nach jedem Fall 10 weiteren Personen mitteilen, dann sind es bereits 320.000 negative Weiterempfehlungen pro Tag. Dieser Betrag und damit die konkreten Zahlen des Beispiels relativieren bereits Investitionen zur Steigerung der Kundenzufriedenheit. Dies wird noch mehr der Fall sein, wenn man das Ergebnis auf ein ganzes Jahr hochrechnet. Es gab deshalb nur ein kurzes Zögern, um als Strategie eine 100%ige Kundenzufriedenheit zu formulieren und ein Total Customer Care als umfassendes und nachhaltiges Eingehen auf den Kunden anzustreben (TÖPFER 2007b, S. 176f.). Diese qualitäts- und kundenorientierte Strategie hat Früchte getragen: Im Jahre 2005 transportierte Federal Express bereits 3,5 Mio. Sendungen am Tag, 12 Jahre später (2017) 6 Mio. Sendungen und erwirtschaftete dabei einen Umsatz von rund 34,8 Milliarden USDollar (vgl. O.V. 2017a). Betrachtet man das tägliche gesamte internationale Paketvolumen von 2019 mit den Sparten Ground und Express von 15,56 Mio. Sendungen (vgl. FEDEX 2019), dann wird deutlich, dass Kundenzufriedenheit heute stärker denn je ein Thema sein muss und in den nächsten Jahren mit erwartetem weiter steigenden Volumen nicht an Bedeutung verlieren wird.
2.2.5
Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
5. Grundsatz: Hohe Kundenzufriedenheit ist als Basis für eine Kundenbindung wichtig.
Wissenschaftliche Ergebnisse Wissenschaftliche Untersuchungen in verschiedenen Branchen (vgl. z.B. GOODMAN/MALECH/MARRA 1987, S. 172ff.; BIALLO 1993, S. 40f.; MÜLLER/ RIESENBECK 1991, S. 67ff.; REICHHELD/SASSER 1990, S. 107; STAUSS/NEUHAUS 1996, S. 16ff.; STAUSS/NEUHAUS 2004, S. 85 ff.; HOMBURG ET AL. 2004, S.34; HOMBURG ET AL.2007, S.470, KOSCHATE 2002, S.180) belegen, dass • Fünf Prozent mehr Kundenbindung, also weniger Abwanderung von Kunden, die Gewinne um 25 bis 85 Prozent erhöht,
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• nur sehr zufriedene Kunden dem Unternehmen treu bleiben und es weiterempfehlen, • drei Viertel der Kunden, die zu den Wettbewerbern wechseln, sich an mangelnder Servicequalität störten, • es – wie bereits erwähnt – bis zu 6 mal teurer ist, einen neuen Kunden zu gewinnen als einen alten Kunden zu betreuen, • die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden nachbestellen, bei sehr zufriedenen Kunden 300 Prozent größer ist als bei Kunden, die nur zufrieden sind, • 95 Prozent der verärgerten Kunden dem Unternehmen treu bleiben, wenn deren Problem innerhalb von fünf Tagen gelöst wird, • jeder Prozentpunkt nachhaltig erhöhter Kundenzufriedenheit eine Steigerung des ROI (Return on Investment) um 7,25 Prozent bewirkt, • nicht die Zufriedenheit allein ausschlaggebend ist, sondern erst in Verbindung mit einer positiven Emotion beim Kunden zu einer stabilen Loyalität und damit Bindung an die Einkaufsstätte bzw. das Unternehmen führt, • Kundenzufriedenheit die Effizienz der Marketingaktivitäten und die Wahrscheinlichkeit der Kundenrückgewinnung erhöht und • Kundenzufriedenheit die Preisbereitschaft der Kunden erhöht bzw. deren Preissensitivität reduziert. Das Ziel, eine hohe Kundenzufriedenheit zu erreichen, darf jedoch nicht dazu führen, dass das Unternehmen Kostentreiber ohne weiteres akzeptiert und damit eine Beeinträchtigung der Ertrags- und Gewinnsituation in jeder Weise hinnimmt. Wesentlich ist, dass nur die für die Kundenzufriedenheit ausschlaggebenden Kriterien mit hohem Nachdruck erfüllt werden. Andernfalls läuft das Unternehmen in eine „Zufriedenheitsfalle” (vgl. TÖPFER/MANN 1996a, S. 67). Sie ist, wie Abbildung 34 plausibel nachvollziehbar macht, dann gegeben, wenn die Zufriedenheitssteigerung deutlich geringer ist als der Kostenanstieg. In ähnlicher Weise sind Maßnahmen mit einer Kostensteigerung und keinem Zufriedenheitsanstieg wenig wirkungsvoll. Der Idealbereich ist dann gegeben, wenn die Maßnahmen mit keinem oder nur einem geringen Kostenanstieg verbunden sind und einen erheblichen Nutzen- und damit Zufriedenheitszuwachs mit sich bringen. Das Ziel ist, dass man die Zufriedenheitstreiber erkennen und dabei die Kostentreiber im Idealfall vermeiden muss oder nur Kostentreiber dort akzeptiert, wo diese Anforderungen der Kunden sehr wichtig und gleichzeitig mit den Maßnahmen der Zufriedenheitstreiber verbunden sind.
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
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Abbildung 34: Die Zufriedenheitsfalle
An zwei Beispielen soll verdeutlicht werden, dass diese Zielsetzungen in der Unternehmenspraxis auch angestrebt, wenn auch nicht immer erreicht werden. RITZ-CARLTON (siehe Abbildung 35), das wie FEDERAL EXPRESS in der Vergangenheit den höchsten amerikanischen Qualitätspreis, nämlich den Malcolm Baldrige National Quality Award, gewonnen hat, strebt nicht nur eine 100%ige Kundenzufriedenheit, sondern sogar eine 100%ige Kundenbindung an. Verbunden ist dies mit dem Ziel, die Durchlaufzeiten zu halbieren und den bereits erläuterten Wert 6 Sigma für die Dienstleistungen zu erreichen (vgl. BECKETT 1996, S. 177). RANK XEROX hat bei 30 Unternehmen aus fünf verschiedenen Märkten, die durch unterschiedliche Wettbewerbsumfelder gekennzeichnet sind, den Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung untersucht (vgl. JONES/SASSER 1995, S. 90ff.). Die Ergebnisse zeigen, dass Kundenzufriedenheit und Kundenbindung nicht in einem konstanten Verhältnis zu sehen sind, sondern vielmehr hängt dies vom jeweiligen Wettbewerbsumfeld in einzelnen Branchen ab.
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Abbildung 35: RITZ-CARLTON Zielsetzung
Abbildung 36 zeigt, dass in Märkten mit hohem Wettbewerbsdruck, wie z.B. in der Automobilindustrie, ein leichter Rückgang bei der Kundenzufriedenheit zu einem relativ starken Rückgang bezüglich der Kundenbindung führt. Eine ähnliche Reaktion ist auch in der PC-Branche festzustellen. Ist dagegen ein Markt stark reguliert, wie z.B. Anfang der 90er Jahre bei Telefongesellschaften, verfügt ein Unternehmen über eine eigentumsrechtlich geschützte Technologie oder über einen hohen Markenwert seiner Produkte, dann haben Veränderungen der Kundenzufriedenheit geringere Auswirkungen auf die Kundenbindung. Es versteht sich von selbst, dass diese Ursachen-Wirkungs-Beziehungen im Zeitablauf keine ehernen Gesetze sind.
Abbildung 36: Wie der Wettbewerb das Kundenzufriedenheits-Kundenbindungs-Verhältnis beeinflusst
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
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Der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auf den Unternehmenserfolg ist auf nationaler und internationaler Ebene analysiert worden. Auf nationaler Ebene gibt es beispielsweise in Schweden, der Schweiz und den USA nationale Konzepte für die Messung von Kundenzufriedenheit. Auf supranationaler Ebene ist der European Customer Satisfaction Index (ECSI) als Kundenbarometer konzipiert worden (vgl. Bruhn 2008, 458ff.). Dabei wird auch auf den Zusammenhang mit der Kundenbindung eingegangen. In Abbildung 37 ist das Modell des Europäischen Kundenzufriedenheitsindex auf der linken Seite mit seinen Einflussgrößen „Kundenerwartungen“, „Image“ und „Wahrgenommene Qualität“ sowie auf der rechten Seite mit seinen Wirkungsgrößen „Kundenzufriedenheit“, „Wahrgenommener Nutzen“ und „Kundenbindung“ dargestellt. Dieses zu seiner Zeit fortschrittliche Modell hat differenzierte Ursachen-Wirkungs-Analysen ermöglicht.
Abbildung 37: Modell des European Customer Satisfaction Index (ECSI) (vgl. Bruhn 2008, S. 460)
2.2.6
Prozessorientierung
6. Grundsatz: Kundenorientierung ist im Unternehmen nur durch eine starke Prozessorientierung und bessere interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen zu erreichen.
Die Qualitätsziele von RITZ-CARLTON bezogen sich vor allem auch auf die Durchlaufzeiten bei der Erstellung der Dienstleistungen. Die dabei angestrebte Halbierung macht eine nachhaltige Verbesserung der Prozessketten im Unternehmen erforderlich. Bei den Aus-
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
führungen zu Benchmarking wurde bereits angesprochen, dass die Prozesse das Kernstück für Verbesserungen im Unternehmen sind. Von EDWARDS DEMING, dem TQMPionier, stammt der Satz: „Wer die Prozesse im Unternehmen nicht beherrscht, beherrscht das gesamte Unternehmen nicht.” Relevanz von Prozessorientierung Betrachtet man die Veröffentlichungen in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre, so stellt die Prozessorientierung die stark dominierende Thematik dar. Auch die unternehmerische Praxis befasst sich intensiv mit diesem Problem und belegt die Relevanz des Themas. Die grundlegende Frage, die sich hier stellt, ist, warum wird der Prozessorientierung derart viel Aufmerksamkeit zuteil, obwohl sie im Prinzip keine neue Errungenschaft oder Erkenntnis, sondern eine grundlegende organisatorische Gestaltungsanforderung darstellt (vgl. PICOT/FRANCK 1995, S. 21ff.; kritisch auch KIESER 1996, S. 183). Die derzeitige Problematik für viele Unternehmen ist, dass die Ablauforganisation oft von hierarchischen Strukturen überlagert und damit letztlich auch behindert wird. Eine derartige Überlagerung kann durch die Schaffung zu vieler Instanzen dazu führen, dass das Unternehmensziel von einzelnen Abteilungszielen dominiert wird, d.h. Abteilungsegoismen behindern die Gesamtoptimierung. Diesen sogenannten „Silo-Effekt” veranschaulicht Abbildung 38. Insbesondere der Trend der 80er Jahre, durch Diversifikation Synergien zwischen den einzelnen Unternehmensbereichen zu schaffen, erwies sich häufig als Trugschluss. Anstelle von Synergien stellten sich unbewegliche Verwaltungsapparate ein (vgl. JUNG 1996, S. 139ff.). Zunächst kommt es darauf an, den gesamten Geschäftsprozess zu analysieren und nicht nur einzelne Bereiche davon. Wie die nachstehende Abbildung 39 erkennen lässt, umfassen Geschäftsprozesse einerseits die Kerngeschäfte und Kernprozesse eines Unternehmens als Kernwertschöpfung und andererseits die hierfür zusätzlich erforderlichen Steuerungsprozesse sowie die unterstützenden und ressourcenentwickelnden Prozesse. Zu den Steuerungsprozessen zählen beispielsweise Marketing und Controlling. In einem Dienstleistungsunternehmen wird hierzu oft auch die IT gehören. Unterstützende und ressourcenentwickelnde Prozesse sind beispielsweise das Rechnungswesen, die Dokumentation und die Personalverwaltung sowie Personalentwicklung als Humanressourcen-Entwicklung und auch die Finanzierung (TÖPFER 2007a, S. 483ff. und 1253ff.).
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Abbildung 38: Von den „Burgen” zu den „Flüssen”
Abbildung 39: Ebenen von Geschäftsprozessen
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Konkret lässt sich die Analyse und Optimierung einer Kunden-Lieferanten-Beziehung mit dem sehr einfachen und in der Unternehmenspraxis bewährten Instrumentarium der Portfolio-Analyse bewerkstelligen (vgl. BAUER 1996, S. 122ff.). Ein Beispiel ist in Abbildung 40 wiedergegeben. Lieferant ist dabei intern und extern der Leistungserbringer. Kunde ist dabei ebenfalls intern und extern der Leistungsnachfrager und -nutzer. In einer sehr einfachen Darstellung lässt sich aus der Sicht des jeweiligen Kunden als Leistungsnutzer zeigen, wo für seine Aufgabenerfüllung wichtige Ergebnisse von dem Lieferanten als Leistungserbringer nicht in ausreichendem Maße und damit in nicht ausreichender Qualität geliefert werden. Der in Abbildung 40 kenntlich gemachte „K.o.Bereich“ zeigt den sofortigen Handlungsbedarf. In der anschließenden, gemeinsamen Besprechung werden erfahrungsgemäß bei der Anwendung dieses Instruments die Diskussionen zwischen dem Kunden und Lieferanten nicht nur substantieller, sondern vor allem auch weniger emotional geführt.
Abbildung 40: Portfolio des Kunden-Lieferanten-Leistungsprozesses
Als Erfahrungswert besteht das Einsparpotenzial durch eine Prozessoptimierung bei der Durchlaufzeit im Durchschnitt bei 40 bis 60 Prozent und bei den Kosten von 25 bis 35 Prozent.
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
2.2.7
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Kundenorientierte Organisation
7. Grundsatz: Das Ziel Kundenzufriedenheit erfordert im Unternehmen in der Prozessoptimierung ein konsequentes und kompromissloses Eingehen auf den Kunden.
Eine Prozessoptimierung ist immer auch damit verbunden, dass Abläufe aus Kundensicht vereinfacht und verbessert werden sollen und dadurch eine kundenorientierte Organisation geschaffen wird. Die Abläufe sind die Grundlage, um entsprechende Organisationsstrukturen mit möglichst wenig Hierarchie und einem hohen Kundennutzen zu schaffen. Konkret umgesetzt wird diese Vorgehensweise durch die Verzahnung der extern gerichteten Erfolgsfaktoren mit den intern gerichteten Werttreibern. Abbildung 41 verdeutlicht diese Zusammenhänge an einigen einfachen Beispielen (vgl. TÖPFER 2008b, S. 209f.). • Eine hohe Liefertreue für den Kunden setzt kurze Durchlaufzeiten auf der Basis schlanker Prozesse voraus. • Die geforderte Ausfallsicherheit der Produkte macht die Umsetzung einer Null-Fehler-Qualität in Unternehmen notwendig. • Liefertreue und Ausfallsicherheit sind beides wichtige Kriterien für eine hohe Qualität aus Kundensicht. • Zusätzlich vom Kunden geforderte konkurrenzfähige respektive attraktive Preise, die in sein Qualitätsurteil über das Preis-Leistungs-Verhältnis einfließen, setzen im Unternehmen eine optimale Kostenstruktur voraus, die durch schlanke Prozesse und geringe Fehlerkosten erreichbar ist. • Eine hohe Kundenzufriedenheit und -begeisterung setzt neben segment- und zielgruppenspezifischen Produkten vor allem auch einen entsprechenden Service voraus. • Die zusätzlich geforderte Reaktionsfähigkeit und -schnelligkeit auf veränderte Kundenanforderungen setzt beispielsweise klare Entscheidungsbefugnisse vor Ort, also beim Niederlassungsleiter durch ein realisiertes Profit-Center-Konzept voraus und beeinflusst die zukünftige Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und dem Lieferanten.
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Abbildung 41: Beispiele für den Zusammenhang von Werttreibern, Erfolgsfaktoren und Wertgeneratoren
2.2.7.1
Kommunikation mit dem Kunden
Die erste Frage, die sich aus Kundensicht stellt, ist die, wie der Kontakt zum Kunden gestaltet wird. Es lassen sich grundsätzlich die in Abbildung 42 dargestellten Entwicklungsstufen von Kunden-Centern unterscheiden. In der Praxis sind diese Entwicklungsstufen nicht immer eindeutig nachvollziehbar – es gibt also Überschneidungsbereiche. Die erste und einfachste Entwicklungsstufe – die Telefonzentrale bzw. -vermittlung – dient lediglich der Vermittlung eingehender Gespräche an die zuständigen Sachbearbeiter. Alle Anrufe bzw. Anfragen werden also weitergeleitet. Auf der zweiten Entwicklungsstufe lassen sich zwei Unterformen unterscheiden. Zum einen das klassische Call Center, das eine Anlaufstelle für anrufende Kunden ist und sich auf eine eng umrissene Aufgabenstellung fokussiert, wie z.B. einfache Auskünfte oder Bestellannahme (vgl. GORDELIK 2008, S. 773ff.). Zum anderen die Weiterführung in Form eines Customer Assistance Center, das dem Kunden bei eingehenden Anrufen Unterstützung gibt, wobei es hier bereits darum geht, die gesamte Dienstleistungspalette im Anwendersupport zu erbringen. Ist die Anfrage telefonisch nicht lösbar, wird sie an den Benutzersupport weitergegeben, der sich dann am Telefon, per E-Mail oder persönlich der Problemstellung des Anwenders annimmt. Die Interaktion mit dem Benutzersupport geschieht dabei über spezielle Datenbanklösungen, die es erlauben, Probleme zu erfassen, zu kategorisieren und zu bearbeiten (vgl. GORDELIK 2008, S. 773ff.).
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Abbildung 42: Entwicklungsstufen der Kunden-Center – von der Telefonzentrale zum Customer Interaction Center
Am Beispiel einer Analyse der Qualität und Leistungsfähigkeit von Hotlines bei Autofirmen soll verdeutlicht werden, in welchem Maße bisher die Anforderungen der Kunden erfüllt wurden (vgl. SCHMORTTE 1995, S. 272f.). Wie die Ergebnisse der in Abbildung 43 wiedergegebenen Studie zeigen, waren viele Unternehmen Mitte der 90er Jahre von einer hohen Kundennähe noch weit entfernt. Analysiert wurden drei Bereiche, nämlich zunächst die persönliche Erreichbarkeit, dann die Kompetenz und abschließend die Qualität des Informationsservice. Die persönliche Erreichbarkeit wurde an der Zahl der benötigten Anrufe gemessen. Dabei zeigt sich, dass vor 18.00 Uhr bei einzelnen Unternehmen die Hotlines entweder überlastet oder technisch unzureichend ausgestattet sind. Ein Service nach 18.00 Uhr ist überwiegend nicht gegeben. Die Kompetenz wurde an den in Abbildung 43 aufgeführten drei Fragen gemessen. Das Ergebnis lässt vermuten, dass die Antworten hierauf nicht in allen Unternehmen vom Fachpersonal gegeben worden sind. Noch schlechter sind die Werte, mit denen die Servicequalität gemessen wurde. Die Wartezeit auf Informationsmaterial ist in vielen Unternehmen deutlich zu hoch bzw. es erfolgte überhaupt keine Reaktion.
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Abbildung 43: Test von Call-Centern
Die nächste Frage, die sich für ein kundenorientiertes Unternehmen dann stellt, ist die, wie die einzelnen Kunden behandelt werden. Hierzu werden einige Ergebnisse einer umfassenden Studie zur Servicequalität am Telefon referiert (vgl. TÖPFER/GREFF 2000). In mehr als 1000 Kontaktanrufen – in Absprache mit den 21 beteiligten Unternehmen in einem Zeitraum von ca. neun Monaten, die von Experten durchgeführt wurden, sind die positiven und negativen kritischen Ereignisse ermittelt worden. Wie Abbildung 44 erkennen lässt, weisen auch die Unternehmen, die am besten abgeschnitten haben, sowohl bezogen auf die Zentrale als auch bezogen auf die Ansprechpartner nur Werte um ca. 50 Prozent auf. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass jeder zweite Anruf, der von der Zentrale vermittelt wurde, und an Ansprechpartner ging, keine hohe Servicequalität aufwies.
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Abbildung 44: Methode der kritischen Ereignisse
Plastischer als Prozentzahlen sind die in Abbildung 45 wiedergegebenen OriginalTöne, welche die Experten als Mystery Customers zu hören bekamen.
Abbildung 45: Der Kunde als König?
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Die dritte Entwicklungsstufe – das Customer-Service-Center – bietet Service und Betreuung der Kunden nicht nur Inbound, sondern verbindet sie auch mit Outbound-Aktivitäten. Der Umfang der Kontakte nimmt also z.B. durch spezielle Angebote an Kunden im Rahmen des Direktmarketing deutlich zu. Neue Medien werden bereits eingesetzt. In der vierten Stufe – beim Customer Interaction Center (CIC) – steigt nicht nur die Anzahl und Intensität der Kontakte, sondern zusätzlich nimmt die Interaktion durch das gesamte Spektrum der Kommunikationskanäle zu. Hier werden in verstärktem Maße auch Internet und Social Media eingesetzt und die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt, welches ein hohes Interaktionspotenzial bietet. In diesen Customer Interaction Centern werden alle die Kommunikation mit dem Kunden betreffenden Unternehmensaktivitäten gebündelt. Dies reicht von den klassischen Beschwerdeannahmestellen und CallCentern bis hin zur Betreuung der Homepage, Kundenforen und der Unterstützung der Marketingabteilung bei der Ausgestaltung von Kampagnen und zwar unabhängig von dem durch den Kunden gewählten Kommunikationskanal. Gleichzeitig können durch die Bereitstellung einer FAQ-Section (Frequently Asked Questions) im Internet oder durch die automatisierte Beantwortung von Standardfragen (z.B. durch Chatbots) kostengünstig Informationen verbreitet werden, während bei spezielleren Fragen – gerade von A-Kunden – eine persönliche Betreuung stattfindet. Die wesentlichen Vorteile von Customer Interaction Centern bestehen in der flexiblen Erreichbarkeit fachspezifisch unterschiedlich kompetenter Ansprechpartner im Unternehmen, der Einheitlichkeit von Aussagen gegenüber dem Kunden – durch die Integration aller Kundendaten von einem Data Warehouse zu Big Data – und der Möglichkeit direkt mit dem Kunden zu kommunizieren, statt ihn nur auf der Basis von Annahmen zu informieren.
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In Abbildung 46 sind die Detailziele aufgeführt.
Abbildung 46: Detailziele der Kommunikation mit dem Kunden
In der Praxis haben immer mehr Unternehmen Customer-Service-Center oder noch fortschrittlicher Customer Interaction Center eingerichtet. Im Gegensatz zum klassischen Call-Center sind Customer Interaction Center derart in das Unternehmen integriert, dass sich sowohl die Abteilungen als auch das Management aktiv mit den Bedürfnissen und Problemen der Kunden beschäftigen müssen. Das klassische Call-Center ist damit – gerade auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung – ein Auslaufmodell. Neben den Anforderungen der Informationstechnik sind hierfür vor allem die personenbezogene Qualifikation und die organisationsbezogenen Regelungen wichtig, um eine schnelle Erreichbarkeit sowie eine umfassende Information und zielgerichtete Kommunikation sicherzustellen. Die Philosophie geht dahin, dass nicht der Kunde sich an verschiedenen Stellen seine Informationen holt, sondern dass diese Informationen als „Bringschuld“ des Unternehmens gebündelt dem Kunden zur Verfügung gestellt werden und der Kunde den Kommunikationskanal zum Unternehmen frei wählen kann. Eigentlich sollte man annehmen, dass in der deutschen Wirtschaft und dabei insbesondere bei Dienstleistungsunternehmen dieses Gedankengut und diese Servicequalität heute nicht nur mehr verbreitet, sondern auch umgesetzt sind. Dem scheint offensichtlich nicht immer so zu sein. Das Bewertungsportal Trustpilot.com liefert hierzu häufige und aussagefähige Beispiele (vgl. trustpilot.com).
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Das Beispiel Eurowings Bei der 2001 von Lufthansa als Tochter übernommenen Fluggesellschaft Eurowings hat sich folgende Situation abgespielt. Eine Kundin, deren Flug mit Eurowings im Frühling 2018 für den nächsten Tag storniert wurde, versuchte sofort telefonisch mit der Airline Kontakt aufzunehmen. Obwohl auf der Homepage angegeben ist, dass die Service- Hotline 24h besetzt ist, ging nach mehreren Versuchen mit etlichen Handys und einer Stunde Wartezeit in der Warteschleife keiner ans Telefon. Die Dame buchte sich zunächst einen weiteren Flug, um am gewünschten Zielort pünktlich anzukommen. Bezüglich der Rückerstattung des Flugpreises durch Eurowings wurde ihr am Kundenschalter vor Ort mitgeteilt, dass ein direkter Ansprechpartner für dieses Anliegen nicht zur Verfügung steht. Da die Service- Hotline auch nach dem Flug nicht zu erreichen war, bestand die einzige Möglichkeit, eine konkrete Antwort zu erhalten, in einer schriftlichen Anfrage per Brief. Daraufhin würde nach Aussage der Servicemitarbeiter „irgendjemand aus dem Beschwerdebereich auf die Anfrage antworten“. Ein spezifischer Zeitrahmen oder der Name eines Ansprechpartners wurde nicht genannt. Der Slogan „Make my way“ ist offensichtlich kein Kundenversprechen. Den Weg zum Ziel muss wohl jeder Kunde selbst finden (vgl. TRUSTPILOT 2018c).
Eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, dass Kunden trotz der Vielfalt die die Digitalisierung an neuen Kommunikationskanälen eröffnet, immer noch gerne die „traditionellen“ Wege der Kontaktaufnahme mittels Telefon, E-Mail oder persönlichen Kontakt nutzen (vgl. PIDAS 2017). Neue digitale Kanäle wie z.B. Live-Chat, Messenger oder Video-Telefonie werden von den Kunden deutlich zurückhaltender bewertet und benutzt als von Unternehmen selber, die darin ein hohes Zukunftspotenzial sehen. Eine ähnliche Skepsis zeigen Kunden auch gegenüber digitalen Kommunikationspartnern (z.B. Chat-Bots oder Voice-Robots). Daraus lässt sich ableiten, dass neue Kommunikationskanäle auch eine entsprechende Strategie benötigen, um den Kunden schrittweise an diese heranzuführen (vgl. Wirtz et al. 2018). In der Kontaktaufnahme mit Unternehmen legen Kunden Wert auf Kompetenz, Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft (vgl. PIDAS 2017). Optimierungspotenzial im Kundenservice gibt es für Unternehmen durch die Digitalisierung reichlich. Die Automatisierung ist in vielen Bereichen noch ausbaufähig, z.B. in der automatischen Datenerfassung und -zuordnung, aber auch in der Datenanalyse. Hier existieren vielfältige Möglichkeiten für Unternehmen, um Prozesse schneller und effektiver zu gestalten, und damit auch die Mitarbeiter direkt an der Schnittstelle zum Kunden zu unterstützen und mit Informationen zu versorgen. Das veränderte Vorgehen des neuen Hoteldirektors Das folgende Beispiel aus der Hotellerie illustriert die Anforderungen an eine gute Kommunikation mit dem Kunden und eine sehr zweckmäßige Vorgehensweise, um in einem Unternehmen dieser Dienstleistungs- und Servicebranche eine bezogen auf den Kontakt mit den Kunden bzw. Gästen sehr schwierige Situation erfolgreich zu meistern.
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
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Praxisbeispiel: Der neue Hoteldirektor O. Im bayerischen Bäderdreieck hat in einem der führenden Thermen- und Wellness-Hotels der Hoteldirektor gewechselt. Ein maßgeblicher Grund war, dass der jüngere Vorgänger des neuen Hoteldirektors in der Zeit seit der Übernahme dieser Position durch ihn keinen persönlichen Kontakt zu den Hotelgästen aufgebaut bzw. zustande gebracht hat. Ein nicht unerheblicher Teil der Hotelgäste sind Stammgäste, die regelmäßig ein bis zwei Wochen im Jahr dort verbringen. Sie schätzen alle die persönliche Atmosphäre in dem Haus mit einer ausgeprägten Servicequalität und einer hohen Empathie. Durch den vorherigen Wechsel auf den jungen Hoteldirektor an der Spitze des Hotels waren aus Sicht der Gäste wesentliche Wohlfühl-Faktoren verloren gegangen. Der neue Hoteldirektor hat nach dem Jahr 2015 möglichst schnell den persönlichen Kontakt zu den ihm bisher nicht bekannten Gästen aufgebaut. Hierzu hat er über das Personal an der Rezeption die abreisenden Hotelgäste am Vorabend oder am Tag ihrer Abreise auf eine Tasse Kaffee oder einen Drink zu einem kurzen Gespräch eingeladen. Die einzige Frage, die er dabei stellte, war: „Was können wir in Zukunft in unserem Hotel noch besser machen?“ Da der Gesprächswunsch angekündigt war und das Gespräch im Durchschnitt fünf bis zehn Minuten dauerte, erhielt der Hoteldirektor eine größere Anzahl von Anregungen und neuen Ideen. Durch wiederholte Aussagen verdichteten sich manche Vorschläge der Hotelgäste. Das Ergebnis der kurzen Gespräche war unter verschiedenen Kriterien positiv. Analyse und Bewertung: •
Der neue Hoteldirektor hat die Defizite der Situation relativ schnell richtig erkannt und zielgerichtet gegengesteuert.
•
Er hat keine größere Gästebefragung – möglichst noch mit einem kurzen schriftlichen Fragebogen – gestartet, sondern versucht, die offensichtlich vorhandenen Defizite genau mit dem Instrumentarium in den Griff zu bekommen, das in jüngster Zeit in dem Hotel gefehlt hat, nämlich mit dem persönlichen Gespräch.
•
Durch die kurzen Gespräche konnte er „seine“ neuen Hotelgäste direkt kennenlernen, einen persönlichen Kontakt aufbauen und eine Reihe von wesentlichen Informationen erhalten.
•
Die Befragung war keinesfalls repräsentativ, sondern zufällig nach der im Befragungszeitraum anwesenden Gäste. Für eine Reihe von Eindrücken und Schlussfolgerungen reicht dies aber generell aus. Bei Bedarf können zusätzlich interessierende Fragen und Inhalte in nächsten Fragerunden mit neuen Gästen systematisiert und vertieft werden.
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Der Hoteldirektor hat ein wesentliches Befragungselement richtig eingesetzt und genutzt: Er hat keine geschlossenen Fragen gestellt, wie: „Hat es Ihnen gefallen?“ – „Waren Sie zufrieden?“ Denn darauf kann der Gast immer mit „Ja“ oder „Nein“ antworten oder „Es war soweit alles durchweg in Ordnung.“ Damit vermeidet der Gast weitgehend eine konkrete Aussage und ist kurz vor der Abreise diese lästige und dann ggf. zeitraubende Fragerei, die er möglichst vermeiden möchte, los. Er gibt dem Hoteldirektor aber keinerlei gehaltvolle und verwertbare Information. Gerade für Hotelmitarbeiter sind diese Abschlussfragen an Hotelgäste häufig eine lästige und ungeliebte Pflichtübung. Durch die offene Frage des Hoteldirektors „Was können wir in Zukunft noch besser machen?“ ist die Gesprächsatmosphäre grundsätzlich konstruktiv und damit positiv. Hierauf ist substanziell auch nur eine offene Antwort möglich und nicht nur „Ja“ oder „Nein“. Hierdurch ist der Hoteldirektor mit den Hotelgästen in ein kurzes Gespräch gekommen und kann daraus wesentliche Erkenntnisse und Anregungen erhalten. Weder der Hotelgast noch der Hoteldirektor und sein Personal kommen so in eine Anklage- oder Verteidigungshaltung. Der Inhalt der Fragen dreht sich dann nicht mehr um eine Vergangenheitsbewältigung, sondern um eine Weichenstellung für eine bessere Zukunft. Hieraus kann eine Win-Win-Situation entstehen. Der Hoteldirektor und sein Personal erhalten Anregungen, die überlegenswert sein können. Der Gast gibt dem Hotel auf der Grundlage seiner Erkenntnisse und Erfahrungen eine kostenlose Beratung, in der Hoffnung bei einem nächsten Aufenthalt in diesem Hotel hiervon auch zu profitieren. Das Gespräch mit offenen Fragen ist eindeutig schwieriger, aber auch ergebnis-stärker. Es versteht sich von allein, dass ein derartiges Gesprächsmodell nicht lediglich zum „Dampf-Ablassen“ genutzt werden darf. Und die Gäste erwarten, dass die eine oder andere Anregung auch aufgenommen und umgesetzt wird oder zumindest eine plausible Begründung geliefert wird, aus welchen Gründen der Vorschlag jetzt oder auch mittelfristig so nicht realisiert werden kann. Es steht außer Frage, dass – im Wettbewerb mit den anderen führenden Hotels – die Qualität der gebotenen Leistungen und Angebote mit Sonderkonditionen ein wichtiger Erfolgsfaktor auch für dieses Haus sind. Bei einer überdurchschnittlich hohen Auslastung lassen sich derartige Leistungen und Angebote aber schneller rückverdienen, zumal wenn die Servicequalität und die Atmosphäre stimmen. Quelle: Eigene Analyse, 2017
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2.2.7.2
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Beschwerdemanagement
Wie werden Beschwerden behandelt? Die dritte und nicht minder entscheidende Frage ist nun, was einem Kunden passiert, wenn er sich beschwert und wie Mitarbeiter des Unternehmens darauf reagieren. Von der Einstellung der Mitarbeiter gegenüber einer Beschwerde und den dadurch induzierten Verhaltensweisen hängen einerseits die Qualität und das Niveau eines Beschwerdemanagements und andererseits die Möglichkeiten sowie die Dauer und Intensität einer Kundenbindung ab. Sowohl die Beschwerden als auch die Art und Weise ihrer Behandlung und Lösung sind damit ein wesentlicher Bestandteil jedes qualifizierten Customer Relationship Managements (vgl. TÖPFER 1999a). Inhaltlich liegt einer Beschwerde der Sachverhalt zugrunde, dass eine oder mehrere wesentliche Erwartungen des Kunden in erheblichem Maße nicht erfüllt werden. Die daraus resultierende Unzufriedenheit übersteigt beim Kunden einen individuell gesetzten Schwellenwert und damit das tolerierbare Niveau; dies führt dann zur Aktivität Beschwerde. Beim Kunden bewirkt die Nichterfüllung seiner Erwartungen demzufolge einen erheblichen Spannungszustand: Zum einen ist er aus sachlichen Gründen rational nicht bereit, die unzureichende Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung des Unternehmens hinzunehmen. Hier spricht man von der kognitiven Grundlage für seine Beschwerde. Zum anderen fühlt er sich aber häufig vor allem auch aus emotionalen Gründen, also gefühlsmäßig, nicht gut behandelt, vielleicht sogar nicht ernst genommen. Dies ist die affektive Grundlage für seine Beschwerde. Entsprechend dem Vier-Komponenten-Modell (vgl. TÖPFER 2008C, S. 820; TROMMSDORFF 2004, S. 164; KROEBER-RIEL/WEINBERG 1999, S. 169ff.) führen die beiden Spannungszustände zur Verhaltensbereitschaft des Kunden in Richtung Beschwerde (konative Komponente) und dann – beim Überschreiten des oben angesprochenen Schwellenwertes – zur konkreten Beschwerde (aktive Komponente), wie in Abbildung 47 dargestellt ist.
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Abbildung 47: Vier-Komponenten-Modell bei einer Kundenbeschwerde – aus Sicht des Kunden und der Mitarbeiter
Ablauf im Vier-Komponenten-Modell In der Praxis sind die Art und Stärke der einzelnen Komponenten in ihrer gesamten Wirkung nicht immer ohne weiteres zu trennen und damit nachzuvollziehen. Einerseits kann die rationale Überlegung einer angestrebten Schadensbeseitigung die Triebfeder zur Beschwerde sein. Andererseits ist es jedoch häufig das „verletzte Gefühl“ im Sinne einer zu geringen Wertschätzung des Kunden, also einer unzureichenden emotionalen Anteilnahme (Empathie) des Mitarbeiters am Problem des Kunden, das den entscheidenden Anstoß zur Beschwerde gibt. Zusätzlich hängt die Verhaltensbereitschaft – aus Sicht des Kunden – von der Wertigkeit des Gegenstandes/Vorgangs für ihn und von der Erfolgswahrscheinlichkeit der Aktivität Beschwerde ab. Hierauf wird an späterer Stelle noch eingegangen. Ob die Beschwerde dann vom Kunden tatsächlich artikuliert wird, hängt aber auch von der Höhe der Barrieren, die mit dem Abgeben einer Beschwerde verbunden sind, ab (vgl. EVANSCHITZKY ET AL. 2011). Hohe Barrieren, also wenig Möglichkeiten sich zu beschweren, keine eindeutig zuordenbaren Ansprechpartner, lange Wartezeiten, usw. führen eher dazu, dass der Kunde sich nicht beschwert. Generell kann jedoch festgehalten werden, je stärker die affektive Komponente der Beschwerdegrundlage, desto stärker ignoriert der Kunde Beschwerdebarrieren (vgl. EVANSCHITZKY ET AL. 2011).
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Die Frage ist, welche Art des Unternehmensverhaltens – aus umgekehrter Sicht – in dieser Situation dem Kunden entgegengebracht wird. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem individuellen Verhalten einzelner Unternehmensmitglieder und dem kollektiven Verhalten des Unternehmens als Organisation. Letzteres drückt sich in der Philosophie des Unternehmens bezogen auf Kundenbeschwerden aus und damit in den Grundlagen sowie organisatorischen Abläufen bzw. Spielregeln. Durch dieses organisationale Verhalten werden zugleich die Einstellung und die Handlungsweisen der Unternehmensmitglieder gegenüber sich beschwerenden Kunden geprägt und damit gefördert oder behindert. Wenn ein Unternehmen Kundenbeschwerden, Kundenbindung und insgesamt einem Customer Relationship Management einen geringen Stellenwert beimisst, dann führt dies zu einer Asymmetrie der Spannungszustände. Der hohe rationale und emotionale Spannungszustand auf Seiten des Kunden findet keine Entsprechung im Stellenwert der beiden Komponenten auf Seiten des Unternehmens und der mit der Beschwerdebewältigung und -lösung betrauten Mitarbeiter. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass das Unternehmen sachlich oftmals nur das Mindestniveau an Wiedergutmachung, basierend z.B. auf den Grundlagen der Produkthaftung (vgl. STANDOP 1995, S. 2102ff.), dem Kunden zugesteht und vor allem emotional kein Einfühlungsvermögen (Empathie) in die Situation des Kunden zeigt. Beides zusammen verschärft das Problem des Beziehungskonfliktes. Eine Besonderheit kann hierbei in der Praxis auftreten: Auch in Unternehmen, die einen hohen Stellenwert von Kundenbeschwerden definiert haben, können häufige Qualitätsmängel der Unternehmensleistungen und dadurch bewirkte häufige Kundenbeschwerden dazu führen, dass das Unternehmen und seine Mitglieder individuell und organisational überlastet sind und/oder in bestimmtem Maße gegenüber Kundenbeschwerden „abstumpfen“ bzw. Abwehrmechanismen entwickeln. Auf der anderen Seite gilt: Hohe Empathie als affektiv ausgleichendes bzw. beschwichtigendes emotionales Verhalten reduziert das offene Konfliktpotenzial von Beschwerdesituationen. Zunächst kommt es also darauf an, welche Philosophie im Unternehmen gegenüber Kundenbeschwerden verfolgt wird. Bildhaft kann die Einstellung gegenüber einer Beschwerde mit dem chinesischen Bild des Ying und Yang umschrieben werden: Jede Beschwerde ist aufgrund ihrer negativen Auswirkungen eine Gefahr für das Unternehmen. Die entstandene Kundenunzufriedenheit kann zu Absatz- und Umsatzrückgängen sowie zu Kundenabwanderung führen. Durch mangelnde Kundenorientierung im Beschwerdefall wird demnach Wertvernichtung betrieben. Zugleich ist sie im Hinblick auf mögliche positiv ausgerichtete Konsequenzen aber immer auch eine Chance für das Unternehmen, und zwar über die gebotene Wiedergutmachung und Kulanz hinaus. Die positive Sichtweise und Ausrichtung kommt dadurch zustande, dass der Kunde dem Unternehmen mit seiner Beschwerde Hinweise gibt, wo und wie Prozesse und Ergebnisse im Unternehmen Defizite aufweisen sowie deren Ursachen durch Verbesserungsmaßnahmen beseitigt werden können. Der sich beschwerende
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Kunde wird auf diese Weise zum „kostenlosen Berater“ für das Unternehmen. Mit anderen Worten wird die Beschwerde zur Hilfestellung durch den Kunden, um die Unternehmensqualität zu steigern. Zugleich kann diese Philosophie über Qualitätsverbesserungen hinaus auch Anregungen zu Produktveränderungen oder sogar Innovationen geben. Wichtig ist hierfür, dass aus Kundensicht die Zugangsschwelle zum Unternehmen relativ niedrig und damit die Beschwerdeartikulation und -annahme einfach gestaltet sind. Als Fazit dieser Einführung bleibt festzuhalten: Im Beschwerdefall ist beim Kunden zu vermeiden, dass er das Verhalten des Unternehmens subjektiv als schädigend empfindet. Der Kunde muss vielmehr das Ziel einer Wiedergutmachung der erlittenen Beeinträchtigungen durch das Unternehmen erkennen können und glaubhaft vermittelt bekommen. Eine Steigerung erfährt das vom Unternehmen dokumentierte Beschwerdeverhalten, wenn der Kunde nachvollziehen kann, dass das Unternehmen eine Änderung des kritisierten Verhaltens anstrebt bzw. durch Verbesserungsmaßnahmen die Beseitigung der Beschwerdeursachen bewirken will (vgl. STAUSS/SEIDEL 2014 S. 33ff.). 2.2.7.2.1 Beschwerdeaktivitäten Um den Stellenwert und die Bedeutung von Beschwerden aus Kundensicht erkennen zu können, ist in einem ersten Schritt darzustellen, wie viel Prozent der nachweislich unzufriedenen Kunden sich beschweren. Hieraus kann ein Rückschluss auf die Häufigkeit des Überschreitens der oben angesprochenen kritischen Schwelle gezogen werden. Die in der Literatur referierten Ergebnisse weisen unterschiedliche Werte aus. Dies hängt zum einen von den untersuchten Branchen und Unternehmen, aber auch von der spezifischen Situation der Kunden ab. Erfahrungswerte belegen, dass sich im Durchschnitt nur ca. 6 Prozent der unzufriedenen Kunden beschweren (vgl. O.V. 2002b), also nur jeder 17. dieser Gruppe. Untersuchungen im Bereich der Filialen der Deutschen Post AG brachten vor Jahren bereits das Ergebnis, dass sich 27 Prozent der Kunden, welche in den letzten 12 Monaten verärgert waren, tatsächlich beschwert haben. Im Vergleich dazu haben sich aber 37 Prozent gegenüber Bekannten zu dem Vorfall geäußert (vgl. TRIER 2002, S.263). Nach einer anderen Studie (vgl. STAUSS/SEIDEL 2014, S. 45) beschweren sich branchenabhängig ca. 20 bis 50 Prozent der unzufriedenen Kunden. Nicht immer folgt einer hohen Beschwerdequote auch eine Verbesserung. Im Jahr 2018 waren Kunden mit ihrem Internetanbieter schon im dritten Jahr in Folge mit steigenden Prozentzahlen „weniger zufrieden“ oder „unzufrieden“ (14 Prozent). Die Beschwerdequote der letzten 12 Monate lag bei 24 Prozent, die Zahlen zeigen keine Verbesserung der Servicequalität. Daher wollen 18 Prozent der Kunden den Provider wechseln und ihn auch nicht weiterempfehlen (vgl. SERVICE BAROMETER AG 2018).
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Dies lässt folgende Schlussfolgerung zu: Die schlimmste Beschwerde ist die gegenüber dem Unternehmen nicht ausgesprochene Beschwerde, da sie dem Unternehmen keine Chance zur Reaktion ermöglicht. Generell gilt folgender Zusammenhang: Je höher die Beschwerdequote unzufriedener Kunden ist, desto eher wird ein realistisches Abbild des gesamten Spektrums gravierender Defizite erreicht. Zugleich wird hierdurch die Chance vergrößert, durch erfolgreiches Beschwerdemanagement nicht nur die Symptome der Unzufriedenheit zu behandeln, sondern auch tiefergehende Hinweise auf wesentliche Ursachen zu erhalten. Sieht man sich beispielhaft die wesentlichen Gründe für Beschwerden bei Versicherungsunternehmen in Abbildung 48 an, dann wird ersichtlich, dass sich die häufigsten Beschwerdefälle auf die Schadensabwicklung beziehen. In einem Versicherungsverhältnis kennzeichnet dies den sachlich und emotional kritischsten Bereich, bei dem aus Sicht des Kunden die gesamte Vertragsbeziehung und die Zusammenarbeit auf den Prüfstand kommen (vgl. O.V. 2001, S. 44). Mit deutlichem Abstand folgen die Bearbeitungsdauer und dann unzureichende Rechnungsstellung, Beratung und Information.
Das ärgert am meisten Beschwerdefälle bei Versicherungen (in%) 46
Schadensabwicklung Bearbeitungsdauer
32
Falsche Rechnung
16
Falsche Beratung
16
Fehlende Information
16
Schlechte Erreichbarkeit
14
Vertragsänderungen
14 0
10
20
30
40 Quelle: Mummert + Partner
Abbildung 48: Verbesserungsbedarf im Beschwerdemanagement (vgl. O.V. 2001, S. 44)
Lösung des Kundenproblems Zwei Erkenntnisse sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung: Zum einen ist die Art und Weise der Behandlung einer Beschwerde häufig viel wichtiger als die sofortige Behebung der Beschwerdeursache (vgl. TRIPP/GRÉGOIRE 2011; DIETZE 1997, S. 192). Dies entspricht der gängigen Problemsituation: Der Kunde will zunächst – insbesondere auch
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auf der kommunikativen Ebene – eine Lösung seines Problems, bevor die Probleme in der Organisation des Unternehmens angegangen werden, die zukünftige Beschwerden vermeiden sollen. Zum anderen ist insbesondere bei Versicherungs- und Touristikunternehmen die Zeitdauer bis zu einem Lösungsangebot ein wesentlicher Indikator für eine kundenorientierte Behandlung und Akzeptanz. So wissen wir aus Praxisprojekten, dass bei Versicherungsunternehmen ein Kunde mit einer schnellen Schadensregulierung – ohne vorherige Beschwerde – eher zufrieden ist, auch wenn ein geringerer Betrag ausbezahlt wird. Entsprechend sind Kunden von Touristikunternehmen – nach einer Beschwerde – mit der finanziellen Entschädigung, die kurz nach dem Beschwerdefall vor Ort geleistet wird, eher zufrieden, auch wenn der Betrag geringer als erwartet ausfällt (vgl. BORTH/DEVRIES/TÖPFER 2008, S. 873ff.). Zeit als wesentlicher Faktor bei der Beschwerdebearbeitung Allein der Faktor Zeit übt also in der Stress-Situation einer Beschwerde beim Kunden einen wesentlichen Einfluss auf seine Zufriedenheit, respektive Unzufriedenheit aus. Gekoppelt mit einer einfühlsamen persönlichen Behandlung gehen hiervon wesentliche Wirkungen auf eine akzeptable Wiedergutmachung aus. Hieraus lassen sich unmittelbar Anforderungen an die Art und Ausgestaltung des Beschwerdemanagements formulieren. Als Grundvoraussetzung für alle Aktivitäten des Beschwerdemanagements ist die Bereitschaft des Kunden zu sehen, sich bei einem Problem mit einem Produkt oder einer Dienstleistung gegenüber dem Unternehmen zu artikulieren. Der Prozentsatz formulierter Beschwerden ist – wie bereits angesprochen – von der Art und Schwere des Problems abhängig und inwieweit der Kunde eine Erfolgsaussicht in dieser Handlung sieht. Mit der Digitalisierung wird sich der Faktor Zeit deutlich verstärken, da durch das Hinzukommen neuer Kommunikationskanäle durch die einfache und schnelle Kontaktaufnahme des Kunden mit dem Unternehmen auch eine höhere Erwartungshaltung in Bezug auf eine verkürzte Zeitspanne für die Lösung seiner Beschwerde einher geht. Gleichzeitig eröffnen sich aber durch die Digitalisierung vielfältige Chancen, Daten und Informationen zu Beschwerdevorgängen zu bekommen und diese zu analysieren und Ursachen für Beschwerden damit auch schneller beseitigen zu können. Wann beschweren sich Kunden? Untersucht man, unter welchen Voraussetzungen sich unzufriedene Kunden beschweren, dann lässt sich grundsätzlich Folgendes feststellen: Die Bereitschaft des Kunden, eine Beschwerde vorzubringen, steigt mit •
der Eindeutigkeit, dass die Unzufriedenheit durch den Anbieter der Marktleistung verursacht wurde,
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• der Nachweisbarkeit und Eindeutigkeit des Problems, • zunehmender Höhe des Produktwertes und damit dem subjektiven Wert der Problemlösung für den Kunden, • zunehmender Relevanz des Konsumerlebnisses, • der Abnahme der materiellen und zeitlichen Beschwerdekosten (vgl. GOODMAN 1999; OWENS/HAUSKNECHT 1999), • der Zunahme der eingeschätzten Erfolgswahrscheinlichkeit, • der Einwirkung Dritter, z.B. durch erhöhte Aufmerksamkeit oder Bemerkungen von Bekannten oder Freunden, • den positiven Erfahrungen früherer Beschwerden (vgl. VOORHEES/BRADY 2005) und nicht zuletzt • dem positiven „Beschwerde-Image” des Unternehmens (vgl. STAUSS/SEIDEL 2007, S. 550f.). Insgesamt lässt sich also schlussfolgern, dass die Beschwerdebereitschaft immer von spezifischen Kosten-Nutzen-Überlegungen des unzufriedenen Kunden abhängt. Letztlich handelt es sich um die Überlegung, ob der Kunde sich gegenüber dem Unternehmen als unzufrieden artikuliert oder ob es für ihn einfacher und günstiger ist, beim nächsten Kauf einfach den Anbieter zu wechseln. Dies wäre, wie oben skizziert, für das betroffene Unternehmen die schlechtere Situation. Hinzu kommt, dass auch die Persönlichkeit des unzufriedenen Kunden die Beschwerdebereitschaft determiniert (vgl. HANSEN/JESCHKE/SCHÖBER 1995, S. 80). 2.2.7.2.2 Anforderungen an das Reaktionsverhalten Für ein Unternehmen eröffnet sich durch die artikulierte Beschwerde überhaupt erst die Möglichkeit, dem Kunden gegenüber zu zeigen, dass sein Problem ernst genommen wird, dass die angesprochenen und zuständigen Mitglieder des Unternehmens bestrebt sind, ihm schnell zu helfen und ihn auf diese Weise voll zufrieden zu stellen. Empirische Ergebnisse belegen, dass bei einer Reaktionsweise in ausreichendem Maße und einem vertretbaren Zeitraum, in der Regel nicht länger als fünf Tage, aus einem Beschwerdeführer ein überzeugter Stammkunde des Unternehmens „gemacht” werden kann (vgl. GOODMAN/MALECH/MARRA 1987, S. 173). Die Philosophie der Beschwerdesensibilität fortschrittlicher Unternehmen geht soweit, dass nicht in Frage gestellt wird, ob es die Schuld des Unternehmens ist oder ob ein Versäumnis bzw. ein Fehler beim Kunden vorliegt. Vielmehr besteht die Zielsetzung darin, den Kunden durch Verständnis, Schnelligkeit und Entgegenkommen in dieser für ihn
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schwierigen Situation zu überzeugen und zufrieden zu stellen. Dies entspricht der Philosophie, dass der Kunde immer Recht hat, zumindest immer ein Recht auf guten Service (vgl. TÖPFER 2008c, S. 831). Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass aus Kundensicht der gesamte Prozess der Bearbeitung und die Betreuung einer Beschwerde durch das Unternehmen letztendlich für den Kunden mehr Gewicht hat als das Resultat der Beschwerdebearbeitung (vgl. TRIPP/GRÉGOIRE 2011). Daher stellen sich für Unternehmen im Wesentlichen 3 Herausforderungen im Rahmen des Beschwerdemanagements (vgl. EVANSCHITZKY ET AL. 2011). Zunächst einmal müssen Kunden, die unzufrieden sind, vom Unternehmen identifiziert werden. In der Folge sind zugängliche und wirkungsvolle Beschwerdekanäle ausgerichtet auf verschiedene Kundengruppen zu gestalten. Bei einem (Teil-) Outsourcing des Beschwerde-Prozesses ist auf funktionierende Schnittstellen ohne Zeitverzögerung zu achten. Nichts ist ärgerlicher für einen Kunden, wenn er in einem Call-Center bei einem empathischen Mitarbeiter landet, der ihm aber bei seinem Beschwerdegrund nicht weiterhelfen kann und auch eine Weiterleitung an Mitarbeiter mit dem für die Beschwerdebearbeitung erforderlichen Wissen und Entscheidungsbefugnis nicht oder nur mit erheblicher Wartezeit möglich ist. Schlussendlich als dritte und letzte Herausforderung muss das Unternehmen auch ausreichende Ressourcen bereitstellen, damit ein effektives Beschwerdemanagement betrieben werden kann. Nach den bisherigen Ausführungen wird deutlich, dass sich die Aktivitäten im Rahmen eines professionellen Beschwerdemanagements auf zwei Dimensionen einordnen lassen: Zum einen auf der Dimension der akuten Beschwerdebehandlung und -lösung, zum anderen auf der Dimension der Beseitigung der aktuellen Beschwerdeursachen. Das Zusammenwirken dieser beiden Dimensionen ist in Abbildung 49 wiedergegeben. Nachdem das Problem des Kunden aufgrund einer einfach möglichen Beschwerdeartikulation und -annahme erkannt wurde, ist der erste Schritt, die Beschwerde kulant und zufriedenstellend zu lösen. Hiermit soll eine schnelle und umfassende Zufriedenheit aufgrund einer berechtigten Beschwerde erreicht werden. Der zweite sich unmittelbar anschließende Schritt geht dahin, die Beschwerdeursachen im Detail zu erkennen und gezielt zu beseitigen.
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Beschwerde • Anzahl • Behandlung • Lösung
1 Anstoß + Erkennen der Probleme
3 Beschwerde kulant lösen + Beschwerdeursachen beseitigen
2
Beschwerde • Ursachen
Weniger Beschwerden
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Deutlich bessere = fehlerfreie/ kundenorientierte Prozesse Weniger Kosten
4
Höhere Kundenzufriedenheit/ -bindung bei gestiegener Effizenz + Effektivität
¾ Nur gute Beschwerdebehandlung greift zu kurz/ führt zu dauerhaft hohen „Reparaturkosten“ als Kostenfalle ¾ Deshalb auch Beseitigung der Ursachen/ Beschwerdegründe © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 49: Zwei Dimensionen des Beschwerdemanagement-Systems
Beschwerdeursachen beseitigen Mit diesen Prozessverbesserungen im Unternehmen sind mehrere Wirkungen verbunden: Erstens treten hierdurch in Zukunft weniger Beschwerden auf. Dadurch wird verhindert, dass das Schwergewicht des Beschwerdemanagements nur auf die Beschwerdebehandlung als „Reparaturbetrieb“ gelegt wird, was andernfalls zu einem nicht unerheblichen Kostenblock führt. Zweitens werden hierdurch Abläufe und Leistungen deutlich besser, das heißt fehlerfreier und kundenorientierter in ihrer Qualität. Hierdurch werden bereits in der Leistungserstellung zusätzlich Kosten eingespart bzw. Erträge aus Kundenprozessen gesichert. In der Konsequenz werden sich weniger Kunden aufgrund weniger Qualitätsprobleme beschweren. Die Anzahl zu behandelnder und zu lösender Beschwerden nimmt also ab, was bildlich durch die nach rechts abnehmende Pfeilstärke ausgedrückt ist. Die Größe der Infrastruktur, die vorgehalten werden muss, kann deutlich verkleinert werden und das individuelle Eingehen auf sich beschwerende Kunden wird ohne Zeitdruck, Stress und routinemäßige Abwicklung eher besser werden. Eine für den Kunden zufriedenstellende Beschwerdelösung und damit vermiedene Kundenabwanderung wird hierdurch wahrscheinlicher. Insgesamt werden also die Effizienz und Effektivität des Unternehmens in Richtung höhere Servicequalität und Kundenzufriedenheit gesteigert. Im Rahmen der Beschwerdebehandlung kommt der Servicequalität neben dem materiellen Ergebnis der Beschwerdelösung eine entscheidende Rolle zu. Die Frage ist, von welchen Faktoren eine hohe Wirkung auf die Kundenzufriedenheit ausgeht. Aufschlüsse
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hierüber liefern die Analyseergebnisse, die in Abbildung 50 aufgeführt sind (vgl. ZEITHAML/PARASURAMAN/BERRY 1992, S. 33ff.; PARASURAMAN/ZEITHAML/BERRY 1988). Sie sind allgemein auf Servicequalität in Dienstleistungsunternehmen bezogen und nicht nur direkt auf Kundenbeschwerden. Die Ergebnisse lassen sich aber weitgehend übertragen. Wie unsere Studien zur Zufriedenheit mit Beschwerdemanagement-Aktivitäten belegen, kommt es insbesondere auf Verlässlichkeit und Schnelligkeit an. Dies sind ebenfalls die beiden wichtigsten Faktoren für Servicequalität und Kundenzufriedenheit in den Analysen von Zeithaml, Parasuraman und Berry. Sie tragen zu über 50 Prozent zum positiven Ergebnis bei. Fachkompetenz, Ehrlichkeit und Höflichkeit im Rahmen des Faktors Souveränität wirken mit 19 Prozent an dritter Stelle. Sie sind in einem Beschwerdeprozess ebenfalls von Bedeutung. Dem Einfühlungsvermögen kommt im Beschwerdefall mit einem verärgerten Kunden eher ein höherer Stellenwert zu. Die technischen Hilfsmittel als materielles Umfeld haben lediglich eine unterstützende Funktion bei der Aufnahme, der Dokumentation und dem Reporting einer Beschwerde.
Verlässlichkeit (Reliability)
(32%)
Zuverlässigkeit Sorgfalt Kontinuität
Souveränität (Assurance)
(19%)
Ehrlichkeit Höflichkeit Kompetenz
Entgegenkommen (Responsiveness)
(22%) Schnelligkeit Gewilltheit Flexibilität
Einfühlungsvermögen (Empathy)
(16%) Verständnis Kommunikation Erreichbarkeit Basis: Zeithaml/Parasuraman/Berry 1992, S. 44
Servicequalität
Kundenzufriedenheit
Materielles Umfeld (Tangibles)
(11%) Erscheinungsbild von Gebäuden Geschäftsräumen Technischen Hilfsmitteln Personen © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 50: Bewertungsfaktoren von Servicequalität aus Kundensicht (vgl. ZEITHAML/PARASURAMAN/BERRY 1992, S. 44)
2.2.7.2.3 Auswirkungen der Behandlung von Beschwerden Folgende Schlaglichter geben anhand von Beispielen einen Eindruck über die Situation und die Ergebnisse verpasster Chancen durch eine unzureichende Reaktion von Unternehmen auf Kundenbeschwerden:
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• Aussage eines sich beschwerenden Kunden einer Krankenkasse: „Ich glaube, denen ist es egal, ob ich hier Kunde bin oder nicht!“ (DIETZE 1997, S. 185). • Die Hälfte aller Mitarbeiter weigerte sich, ihren Namen zu nennen, wenn der Anruf eine Beschwerde zum Gegenstand hatte (vgl. TÖPFER/GREFF 2000, S. 54). • In Beschwerdemanagementsystemen fehlen zentrale Auswertungen, strukturierte Prozesse, klare Verantwortlichkeiten sowie ein Überwachungssystem des inhaltlichen und zeitlichen Beschwerdemanagements, welches auf Unregelmäßigkeiten bei der Beschwerdebearbeitung reagiert (vgl. WIEGRAN/SCHNEIDER 2002, S.1f.). Es existiert kaum ein Controlling der Beschwerdebearbeitung mit einer Erhebung von Durchschnittskosten, Reaktionszeiten und der Zufriedenheit der Kunden mit dem Beschwerdehandling (vgl. GREENE 2003, S. 69f.). • Nur 55 Prozent der Unternehmen kennen die häufigsten Beschwerdegründe. 23 Prozent können nur für bestimmte Kundensegmente eine Aussage darüber treffen, wie hoch der Anteil der zufriedenen oder unzufriedenen Kunden in ihrem Unternehmen ist. Dementsprechend kennen auch nur 10 Prozent der Unternehmen den Anteil abwanderungsgefährdeter Kunden (vgl. VOCATUS BENCHMARKSTUDIE 2001). • Maximal zwei Drittel der Unternehmen haben einen oder mehrere Beschwerdekanäle für den Kunden eingerichtet. Am häufigsten sind es persönliche Ansprechpartner am Verkaufsort, eine spezielle E-Mail-Adresse oder eine spezielle postalische Adresse (vgl. GREENE 2003, S. 69). • Bei Henkel sind die Call-Center mit Fachkräften besetzt, so dass Problemlösungen in den meisten Fällen dem Kunden unmittelbar angeboten werden können. Durch die dann fehlende Rückkopplung kommen allerdings die Führungskräfte kaum noch in Kontakt mit Beschwerden (vgl. GREENE 2003, S. 69). • Die Hälfte der befragten deutschen Unternehmen gibt an, keinen speziellen Etat für Beschwerdefälle zu besitzen. Nur ein Drittel der Topmanager spricht BeschwerdeReports in Vorstandssitzungen an. Nur einer von zehn Topmanagern nimmt sich die Zeit, um Beschwerden zu lesen (vgl. GREENE 2003, S. 69). • Nur 7 Prozent der Unternehmen nutzen Beschwerden zum Verbessern von Produkten (vgl. GREENE 2003, S. 70). • 68 Prozent der Kunden wechseln heute, weil sie das Gefühl haben, dass man ihren Problemen und Wünschen gleichgültig gegenübersteht (vgl. DIETZE 1997, S. 185). • Zwei Drittel der Kunden brechen den Kontakt mit Unternehmen ab, wenn keine Beschwerdemöglichkeiten vorhanden sind und/oder keine Beschwerdereaktion erfolgt (vgl. GREENE 2003, S. 70). • Amerikanische Unternehmen verlieren durchschnittlich alle fünf Jahre die Hälfte ihrer Kunden (vgl. REICHHELD 1996, S. 1 und 1997).
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Beispiele guter Servicequalität Dem steht allerdings auch eine Reihe von professionell umgesetzten Konzepten des Beschwerdemanagements gegenüber: • Positive Beispiele für ein gut funktionierendes Beschwerdemanagementsystem gibt es insbesondere im Bereich der Tourismusindustrie. Hier setzen bereits 88 Prozent der Unternehmen das Beschwerdemanagement im Rahmen des Customer Relationship Managements ein (vgl. BERNECKER/REIMANN 2000, S. 9). • TUI hat beispielsweise ein internes Verrechnungssystem, mit dem die Bearbeitungskosten pro Vorgang und Kontaktkanal erfasst werden. Heute gibt es kostenlose Hotlines und vor allem nach Möglichkeit eine direkte Beschwerdelösung vor Ort (vgl. BORTH/DEVRIES/TÖPFER 2008). Als Ergebnis sind die Beschwerdekosten seit 1998 um ein Drittel gesunken. In der Konsequenz dieser Maßnahmen ist der Anteil – dann noch – unzufriedener Kunden auf sieben Prozent zurückgegangen (vgl. GREENE 2003, S. 70). • Bei Mannesmann-Mobilfunk, dem heutigen Vodafone, ist bereits vor Jahren mit einer systematischen Auswertung von Beschwerden und Reklamationen begonnen worden. Dies wurde so durchgeführt, dass alle wesentlichen Beschwerdefälle in der regelmäßigen Besprechungsrunde der 40 Hauptabteilungsleiter des Unternehmens erörtert wurden. Das maßgebliche Ziel dabei war, gravierende Defizite in den internen Prozessen und Abläufen zu erkennen und möglichst schnell abzustellen. Deshalb erhielt jedes intern geortete Problem einen Prozesseigner unter den Hauptabteilungsleitern, der dann für die Beseitigung des Qualitäts- und Servicedefizites zuständig und verantwortlich war sowie darüber wiederum berichtete. Zusätzlich ging das Unternehmen bei Beschwerden mit Handys als bei Vodafone gekauftes Produkt dazu über, dem Kunden möglichst schnell ein kostenloses Leihgerät zur Verfügung zu stellen. Das hatte zwei positive Effekte: Zum einen war der Kunde nicht länger unzufrieden, weil er wieder telefonieren konnte. Zum anderen machte der Kunde auch in dieser Zeit Umsatz beim Unternehmen Vodafone (vgl. SEIGNER 2002, S. 235ff.). • In ähnlicher Weise hatte die Deutsche Post AG ein Beschwerdemanagement mit zwei Ansatzpunkten eingeführt. Kundenbezogen sollte möglichst schnell eine Lösung von artikulierten Kundenproblemen u.a. dadurch erreicht werden, dass die Berechtigung zur Vergabe von Kulanzleistungen auf den Mitarbeiter delegiert wurde, der die Beschwerde annimmt. Maßnahmenbezogen wurden dann zusätzlich Prozessabläufe überprüft und erkannte Fehlerursachen beseitigt (vgl. TRIER 2002, S. 263ff.). • In gleicher Weise hat die Fünf-Sterne-Hotelkette Ritz-Carlton jeden Mitarbeiter, der eine Beschwerde eines Gastes entgegennimmt, zum „Eigentümer der Beschwerde“ mit umfangreichen Kompetenzen zur Beschwerdelösung ernannt. Erwartet wird dabei eine sofortige Reaktion durch den Mitarbeiter auf eine Kundenbeschwerde. Im Ein-
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zelfall steht ihm ein Betrag von bis zu 2.000 Dollar zur Verfügung, um die Beschwerdeursache zu beseitigen und den Kunden zufrieden zu stellen. Bereits nach 20 Minuten wird vom Gast eine Antwort auf die Rückfrage erbeten, ob seine Beschwerde zufriedenstellend gelöst wurde (vgl. BECKETT 2008, S. 949ff.). • Zum Abschluss noch ein weiteres Beispiel zu Neuerungen im Beschwerdemanagement in der Vergangenheit. Bei Quelle hatten es im Jahr 2002 die Führungskräfte übernommen, alle zwei Wochen zwei Kundenbeschwerden persönlich zu bearbeiten. Hierdurch kamen in dem Zeitraum dieser gesamten Aktion mehr als 1.000 Gespräche der Führungskräfte mit Kunden zustande (vgl. o.V. 2002a). Üblicherweise besteht auf dieser Ebene kein derartiger Kundenkontakt mehr oder reduziert sich nur auf wenige gravierende Ausnahmefälle. Das Verständnis für den Kunden und seine Probleme, aber auch für die eigenen Mitarbeiter in derartigen Situationen wächst hierdurch erheblich. Ein derartiges Verhaltens- und Verbesserungsmodell wird heute von einer größeren Anzahl von Unternehmen praktiziert. Die Kürze der Liste zeigt trotz der überzeugenden Beispiele, dass viele Unternehmen diesen Reifegrad im Umgang mit Kundenbeschwerden noch nicht erreicht haben. Nicht selten führt die geringe Anzahl von Beschwerden, die das obere Management und speziell die Unternehmensleitung erreichen, zu gefährlichen Fehlschlüssen. Aus den wenigen Beschwerden, die trotz fehlender Anlaufstellen, Beschwerdekanäle und systematischer Beschwerdebearbeitung bis zum Top-Management „durchkommen“, wird geschlussfolgert, dass es nur wenige unzufriedene Kunden des Unternehmens gibt. Neben dem „Abpralleffekt“ sich beschwerender Kunden aufgrund hoher Barrieren wird also auch die „natürliche Dunkelziffer“ unzufriedener Kunden, die sich nicht beschweren, nicht berücksichtigt. Die Welt ist demnach scheinbar für das Unternehmen in Ordnung. Aufschluss über die wahre Situation gibt nur eine genaue Analyse der Abwanderungsrate von Kunden und die konkrete Messung von Kundenzufriedenheit. Allein die Tatsache, dass in der Situation mit einer größeren Anzahl von abgewanderten Kunden diese bei Kundenbefragungen nicht mehr befragt werden können, färbt die Befragungsergebnisse wiederum deutlich positiv. Um ein realistisches Bild zu erhalten, ist demzufolge ergänzend auch eine Analyse der Lost Customers durchzuführen. Dabei sind insbesondere die Beweggründe, welche zum Verlassen des Unternehmens geführt haben, genauer zu untersuchen. Speziell im Business-to-Business-Bereich kann sich durch eine andere Ausgangskonstellation ein partieller Effekt der Kundenabwanderung einstellen. Dies geschieht in der Weise, dass mit einem Unternehmen unzufriedene Kunden zwar weiterhin für die dort gekauften Produkte Dienstleistungen wie Reparaturen in Anspruch nehmen und speziell passendes Zubehör dort noch kaufen. Größere Neuinvestitionen tätigt der Kunde aber bereits bei einem anderen Unternehmen. Da das Ursprungsunternehmen gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass es eine geringe Kundennähe praktiziert und keine Neukaufintervalle ermittelt, fallen derartige Effekte ausbleibender Folgeaufträge zunächst nicht auf. Bemerkt werden sie häufig erst, wenn der bisherige Kunde die alte Maschine bzw. Anlage
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
ausmustert und damit „von einem Tag auf den Anderen“ verloren ist (vgl. REICHHELD 1996, S. 2f.). Neben der bereits zu Anfang angesprochenen kundenorientierten Grundeinstellung und Philosophie des Unternehmens ist für eine ungeschönte, unverzerrte und aussagefähige Ermittlung und Analyse der Kundenbeschwerden auch eine nach innen gerichtete und damit insbesondere mitarbeiterorientierte Kultur des Beschwerdemanagements erforderlich. Dies bedeutet konkret, dass Beschwerden nicht als Symptom für Fehler, für die es einen „Schuldigen“ im Unternehmen geben muss, gesehen werden dürfen. Beschwerden lösen dann nur negative Assoziationen, Unbehagen und Abwehrmechanismen aus. In der Folge führt eine derartige Sichtweise dazu, dass Beschwerden nicht als Chance im Unternehmen begriffen werden, sondern lediglich eine Bedrohung der eigenen Arbeitssituation darstellen. In der Konsequenz bezieht sich dies weniger darauf, dass die Mitarbeiter Beschimpfungen durch aufgebrachte Kunden fürchten und diesen mit einer Flucht- oder Abwehrhaltung begegnen. Vielmehr liegt das Problem bei den Führungskräften. Beschwerden werden von ihnen „mit dem Blick nach hinten“ bei ihren Mitarbeitern geahndet und nicht „mit dem Blick nach vorne“ mit ihren Mitarbeitern gelöst. Die entsprechende Sichtweise wird dann noch verstärkt, wenn die Bearbeitung der Beschwerden Zeit und Ressourcen im Unternehmen bindet, die im Tagesgeschäft anschließend fehlen. Dies forciert die negative Grundeinstellung gegenüber Beschwerden. Beschwerdesituation Die oben angesprochenen, von den Mitarbeitern aufgebauten Barrieren beim Kunden sind andernfalls ein maßgeblicher Grund dafür, dass Beschwerden, die direkt an Vorstandsmitglieder gerichtet werden, zunehmen (vgl. STAUSS/SEIDEL 2014, S. 1). Der Kunde verspricht sich hierdurch einen höheren Aufmerksamkeitsgrad im Unternehmen und somit eine schnellere und persönlichere Antwort. Bei einer weiteren Häufung dieser Tendenz kann aber genau der entgegengesetzte Effekt bewirkt werden. Da das Zeitbudget des TopManagements mehr für die Entscheidung strategischer Fragen als für die Klärung von Kundenbeschwerden aufgewendet wird, werden auch die Beschwerden an das Top-Management nicht professionell bearbeitet und systematisch entschieden (vgl. STAUSS/SEIDEL 2014, S. 1). Der „gordische Knoten“ kann nur durchtrennt werden, wenn das Beschwerdemanagement im Unternehmen und damit insbesondere bei der Unternehmensleitung einen deutlich höheren Stellenwert erhält und mit einem Budget ausgestattet wird. Dann kann der vorstehend beschriebene Prozess einer guten Beschwerdebehandlung mit einer gleichzeitigen Beseitigung der Beschwerdegründe über alle Führungskräfte in den einzelnen Unternehmensbereichen in Gang gesetzt werden. Wichtig ist dabei als zentrale Botschaft, dass ein professionelles Beschwerdemanagement sich unter Kosten-Nutzen-Aspekten immer rechnet.
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Beschwerdebehandlung Weiterempfehlung Wiederwahl Cross Buying Erfüllung künftiger Anforderungen
K.o.Kriterium
Zukunftsbezogene Komponenten
Kundenbindung
Bezug zur sozialen Gruppe
Kundenzufriedenheit
Kundenloyalität
Vergangenheitsbezogene Komponenten
K.o.Kriterien
Alle diese Ausführungen machen eines deutlich: Der Schlüssel zu den Grundlagen, den Anforderungen und der Ausgestaltung eines professionellen Beschwerdemanagements liegt in einem umfassenden Verständnis aller wesentlichen Einflussfaktoren auf Kundenzufriedenheit, Loyalität und Kundenbindung. Sie sind in Abbildung 51 wiedergegeben. Hieraus wird deutlich, dass im Zustand relativer Zufriedenheit eines Kunden eine unprofessionell behandelte Beschwerde schnell zum K.o.-Kriterium der Kundenloyalität und damit der gesamten Kundenbeziehung werden kann.
Die Kundenzufriedenheit (CSI) ist ein wesentliches Element für Kundenbindung (KBI) © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 51: Komponenten zur Ermittlung der Kundenbindung
Durch die unzureichende Beschwerdebehandlung nimmt sich das Unternehmen auch eine zweite Chance, die Kunden zufrieden zu stellen und zu binden. Die Möglichkeit, über eingehende Beschwerden Anregungen für Verbesserungen zu bekommen, ist damit nicht gegeben. Dies erschwert es dem Unternehmen, sich, seine Marktleistungen und seine internen Prozesse gleichzeitig als Zukunftsvorsorge so weiter zu entwickeln, dass zukünftige Anforderungen frühzeitig erkannt und erfüllt werden können. Erst hierdurch wird ein zweites K.o.-Kriterium überwunden. Weitergehende Untersuchungen liefern folgende Ergebnisse: Eine zur Zufriedenheit des Kunden gut aufgearbeitete und gelöste Beschwerde eröffnet die Chance, aus unzufriedenen Kunden Stammkunden zu machen. Dies wird nicht nur durch Kulanz und eine Sachleistung bewirkt, sondern – wie angesprochen – vor allem auch durch Einfühlungsvermögen, Entgegenkommen sowie eine zügige und unkomplizierte Lösung des Problems.
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Hierdurch wird die emotionale Bindung an das Unternehmen deutlich verstärkt. 90 Prozent der Beschwerdeführer können zu Stammkunden werden, wenn in dieser Weise professionell und schnell gehandelt wird (vgl. WÄSCHER 2001, S. 506). Anhand eigener Forschungsergebnisse soll noch einmal kurz auf den Zusammenhang zwischen der Beschwerdebehandlung und -lösung sowie der Höhe des Kundenzufriedenheits-Indexes (Customer-Satisfaction-Index – CSI) und des Kundenbindungs-Indexes (KBI) eingegangen werden. Beide Indices werden mit einem Set von Kriterien aus der Relation von Zufriedenheit und Wichtigkeit mit dem jeweiligen inhaltlichen Kriterium ermittelt – auf die Datenerhebung und Berechnung wird in den Kapiteln 4 und 5 noch näher eingegangen. Hierdurch wird also der hohe Stellenwert einer professionellen Beschwerdebehandlung unmittelbar aus Kundensicht berücksichtigt. Die Ergebnisse einer Befragung von 1.699 Beschwerdeführern eines Dienstleistungskonzerns belegen folgenden Wirkungszusammenhang: Kunden, die mit der Beschwerdebehandlung unzufrieden oder sehr unzufrieden waren, weisen mit 51 im Durchschnitt einen erheblich niedrigeren Kundenzufriedenheits-Index auf als Kunden, die mit der Beschwerdebehandlung zufrieden oder sogar sehr zufrieden waren. Ihr CSI beträgt 85 auf der möglichen 100 Punkte-Skala. Nun ist, gerade nach einer Beschwerdesituation, die Kundenzufriedenheit ein mehr oder weniger flüchtiger Zustand ohne langen Bestand. Entscheidender für die Wirkungsbeurteilung eines guten Beschwerdemanagements ist deshalb die Auswirkung auf die Kundenbindung und damit auf den KBI. Er lässt sich anhand des üblichen Kriterien-Sets aus pauschaler Zufriedenheit, Weiterempfehlung des Unternehmens sowie der Bereitschaft zum Wiederkauf des gleichen Produktes und zum Kauf anderer Produkte des Unternehmens ermitteln. Bei den Kunden des oben angesprochenen Dienstleistungskonzerns differierte der Kundenbindungs-Index nach einer unzureichenden Beschwerdebehandlung mit 42 gegenüber dem Wert nach einer völlig zufriedenstellenden Beschwerdebehandlung mit 68 ebenfalls beträchtlich. Die Ergebnisse sind ein Beleg für den oben angesprochenen Zusammenhang zwischen professionellem Beschwerdemanagement und der Chance zu dadurch bewirkter hoher Kundentreue. Abschließend sei noch auf einen Sachverhalt hingewiesen, der bei Investitionen in das Beschwerdemanagement und vor allem in die Finanzierung von kulanten Beschwerdelösungen maßgeblich ist. Der Aufwand muss durch den möglichen Ertrag in dem jeweiligen Kundensegment gerechtfertigt sein. Mit anderen Worten ist vorab eine ABC-Analyse der Kundensegmente durchzuführen oder noch besser der durchschnittliche Kundenwert einzelner Segmente im Sinne des Kapitalwertes von Kunden zu berechnen, um auf der Basis der Kundendeckungsbeiträge (vgl. PLINKE 1995, S. 1331ff.) das vertretbare Investitionsvolumen ermitteln zu können. Genau unter diesem Blickwinkel ist die Abwanderung von A-Kunden als Kundengruppen mit hohem Ertragspotenzial zu Wettbewerbsunternehmen unbedingt zu vermeiden, da von ihnen und ihrer Bindung über den spezifischen Customer
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Lifetime Value – bei allen Schätzungenauigkeiten (vgl. BÜTTGEN 2003, S. 60ff.) – die Prosperität des Unternehmens in der Zukunft abhängt (vgl. TÖPFER 2001, S. 185f.). Die Negativspirale unzureichender Qualität bei fehlendem Beschwerdemanagement wird aus Abbildung 52 ersichtlich. Neben dem eigenen Erleben und den daraus gezogenen Konsequenzen wirkt sich zusätzlich auch die Kommunikation über die eigene Unzufriedenheit im sozialen Umfeld negativ aus. Die dadurch entstehende Kundenerosion kann nur mit deutlich höherem Aufwand bei der Neukundengewinnung zahlenmäßig ausgeglichen werden.
Beschwerden aufgrund unzureichender Qualität des Unternehmens in Produkten und/oder Prozessen
Negative Mund-zuMundKommunikation
Vertrauen des Kunden enttäuscht
Einschränkung von Kauf gleicher und/oder anderer Produkte
Negative Imagewirkung – Vertrauen anderer Kunden schwindet Gefahr der Kundenabwanderung
Kosten für Neukundengewinnung steigen © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 52: Folgen von unzureichender Qualität bei fehlendem Beschwerdemanagement
2.2.7.2.4 Konzeption eines fortschrittlichen Beschwerdemanagements Ein fortschrittliches Beschwerdemanagement-System sollte – wie angesprochen – insbesondere eine angemessene Zuteilung von Ressourcen mit dem Schwerpunkt auf der Beseitigung der Beschwerdegründe ausweisen. Das eigentliche Ziel besteht in der Reduzierung der Anzahl von Beschwerden durch die Verbesserung der Qualität der Unternehmensleistungen und Prozesse, also durch den Wegfall wesentlicher Beschwerdegründe. Hierdurch können die vorgehaltenen Ressourcen für die Beschwerdestimulierung, -annahme, -behandlung und -auswertung reduziert werden. In der Konsequenz der sinkenden Beschwerdezahl verbessert sich gleichzeitig die Ergebnisqualität des Beschwerdemanagements, da den Mitarbeitern mehr Zeit pro Beschwerde zur Verfügung steht und die Überlastungs- und Abstumpfungseffekte abnehmen.
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Die erste Voraussetzung für die Einführung eines professionellen Beschwerdemanagements ist das Investment in die Kommunikation mit Kunden, verbunden mit einer Beschwerdephilosophie, welche das Verständnis für die und die Kulanz gegenüber den Kunden festschreibt. Folgende vier oben bereits angedeutete Grundsätze zur Behandlung von Problemen/Beschwerden sollten der Einführung des Beschwerdemanagements zu Grunde gelegt werden. (1) Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Beschwerden überall auftreten können, es aber zunächst nicht auf das Entstehen, sondern auf die Art und Weise der Behandlung von Beschwerden ankommt. (2) Durch den zweiten Grundsatz der Zuständigkeit eines Mitarbeiters, sobald dieser die Beschwerde annimmt, wird sichergestellt, dass nicht nur eine Stelle im Unternehmen, sondern möglichst viele Mitarbeiter diese Kundenorientierung praktizieren und in der Beschwerdebehandlung und Lösung von Kundenreklamationen trainiert werden. (3) Das Ziel ist, dass durch die erreichte Einstellung und Bereitschaft Schnittstellen als Bruchstellen überwunden werden und für den Kunden akzeptable Lösungen schneller gefunden und umgesetzt werden können (vgl. TÖPFER/GREFF 2000, S. 111). (4) Die gesamte Beschwerdebehandlung ist demnach auf eine möglichst schnelle und nachhaltige Lösung auszurichten. Dies setzt voraus, dass Prozesse und Zuständigkeiten einfach und ohne viele Schnittstellen geregelt sind. Dabei ist abzuwägen zwischen wenigen Schnittstellen durch eine ganzheitliche Problembehandlung auf der einen Seite und einer möglichen hohen Belastung der Akteure durch vielfältige Abstimmungs- und Übergabeprobleme auf der anderen Seite. Prozess der Beschwerdebearbeitung Zunächst ist auf der Unternehmensebene X die angestrebte Beschwerdekultur in Form von Grundsätzen zu formulieren sowie in der Gestaltung und Philosophie der Beschwerdebehandlung zu verankern. Diese Ausrichtung bildet die Grundlage für die erste Steuerungsebene Y in Abbildung 53, auf der Prozessaktivitäten festgelegt, Abläufe geregelt sowie Messkriterien und Standards definiert werden. Damit wird sichergestellt, dass die für den Kunden wesentlichen Messkriterien, also die Größen, nach denen er den Erfolg der Lösung beurteilt, frühzeitig und umfassend gestaltet werden. Die Messkriterien und Qualitätsstandards der ersten Steuerungsebene sind demnach frühzeitig festzulegen, um die Service-Philosophie des Unternehmens messbar machen zu können (vgl. TÖPFER 1998, S. 432).
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Auf Ebene Z ist der Einfluss der Mitarbeiter als „Empfänger“ der Beschwerden und gleichzeitig als „Akteur“ im Rahmen der Beschwerdelösung angesprochen. Denn die Messung und Steuerung kann nur über sensibilisierte, motivierte und engagierte Mitarbeiter erfolgreich ablaufen.
Unternehmensebene - Grundsätze, Gestaltung und Philosophie - Unternehmenskultur 1
2. Steuerungsebene - Verbesserung des Beschwerdemanagements - Vermeidung/Beseitigung der Beschwerdeursachen
1. Steuerungsebene - Meßkriterien, Prozeßregelung und Qualitätsstandards
4
2 3
Personenebene - Mitarbeiter als Reagierer und Akteur - Kunde als Reagierer und Akteur © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 53: Steuerungsebenen des Prozessmodells
Dies erfordert von den einbezogenen Personen – ebenfalls entsprechend der Vier-Komponenten-Theorie – sowohl kognitive Fähigkeiten, um das Problem inhaltlich nachzuvollziehen, als auch affektive Fähigkeiten im Sinne einer Anteilnahme und eines Eingehens auf die Kundensituation. Als drittes kommt die konative Kompetenz hinzu, deren Ansatz in einer hohen Veränderungsbereitschaft und damit Handlungsorientierung liegt (vgl. TROMMSDORFF 2004, S. 164). Sie wird erst in der vierten Komponente [, der konkreten Aktion auf der weiteren Steuerungsebene, ihre volle Wirkung entfalten, und zwar sowohl in der Beschwerdebehandlung als auch in der Beseitigung der Beschwerdeursachen. Als Reaktion auf die Beschwerde sind demzufolge auf der zweiten Steuerungsebene – wie bereits zuvor dargestellt – das Beschwerdemanagement selbst kontinuierlich zu verbessern sowie die Unternehmensleistungen und Prozesse systematisch zu optimieren. In dem, im Folgenden, vorgestellten differenzierten Prozessmodell (vgl. Abbildung 54) wird in Anlehnung an Stauss/Seidel (vgl. STAUSS/SEIDEL 2002, S. 84) zwischen der Sicht und Aktivität des Kunden sowie der Sicht und Aktivität des Unternehmens in der Bearbeitung einer Beschwerde unterschieden.
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Ausgangspunkt des Beschwerdemanagements ist die Bereitschaft des Kunden, sich gegenüber dem Unternehmen zu artikulieren. Aus der Sicht des Unternehmens sind daraufhin in der Analysephase einerseits die Möglichkeiten zur Kundenstimulierung und andererseits die Kundenartikulation im Beschwerdefall und deren Reaktion auf das Beschwerdeverhalten des Unternehmens näher zu beleuchten.
- Aus Unternehmenssicht -
- Aus Kundensicht Bewertung Einstellung/ Unzufriedenheit mit Unternehmen, Produkt und/oder Service bezogen auf Erfolgsaussicht
Aktivieren/ Handlung Beschwerdestimulierung
Beschwerde des Kunden
Analyse ERKENNEN DER PROBLEME
Analyse der Kundenartikulation/Kundenreaktion
Bewertung WICHTIGKEIT DER PROBLEME
Qualitätsstandards
Leistungsversprechen
keine Beschwerde des Kunden
Ermittlung von Kriterien/ Meßgrößen bzw. Dimensionen, die aus Kundensicht für Beschwerde maßgeblich sind
Bestimmung der Wichtigkeit der Kriterien/Dimensionen für den Kunden
Steuerung PROZESS DER BEWÄLTIGUNG UND VERMEIDUNG
Beseitigen von Defiziten der Mitarbeiter
Setzen von Zielen durch das Management
Beseitigen von System- und Prozeßdefiziten im Unternehmen
Definition der Eskalationsstufen
Problemlösung nach Wichtigkeit für den Kunden ¾ Ursachenbeseitigung in der Wertschöpfungskette
© Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 54: Modell zur Analyse, Bewertung und Steuerung von Beschwerden
Das Stimulieren von Kundenbeschwerden ist ein „zweischneidiges Schwert“ für ein Unternehmen: Einerseits soll der Kunde möglichst einfach Zugang zum Unternehmen erhalten und so Mängel an Produkten oder Dienstleistungen als Hilfestellung für das Unternehmen schnell artikulieren können. Andererseits sollen Kunden, die eigentlich gar nicht unzufrieden sind, nicht animiert werden, Beschwerden als Hebel für Preisverhandlungen einzusetzen. Die Beschwerdeartikulation kann über die Kommunikationswege in schriftlicher, elektronischer, persönlicher oder telefonischer Form erfolgen (vgl. HOFFMANN 1991, S. 18ff.). Der gesamte Prozess der Kommunikation mit dem Kunden im Zuge der Beschwerdebearbeitung umfasst drei, gegebenenfalls auch vier Stufen, die in Abbildung 55 wiedergegeben sind. Wie hieraus ersichtlich wird, ist nicht nur die Häufigkeit und damit die Kontinuität der Kommunikation wichtig. Gleichbedeutend ist die Art der inhaltlichen Botschaften (vgl. DIETZE 1997, S. 17). Hilfreich kann dabei die Einrichtung eines Bereiches mit Antworten auf typische und häufig gestellte Fragen sein, also die Frequently Asked Ques-
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tions – FAQs (vgl. WIEGRAN/SCHNEIDER 2002, S. 4). Hierdurch ist es möglich, kundennah und einfach Informationsdefizite abzubauen sowie Verfahrens- und Handlungsanweisungen zu geben. Dies ist zum einen kostengünstig und entschärft zum anderen in einer frühen Phase die Beschwerdesituation.
Abbildung 55: Stufen der Kommunikation mit dem Kunden
Empfehlenswert ist heute ein Multi-Channel-Beschwerdemanagement (vgl. O.V. 2003), welches dem Kunden verschiedene Kommunikationskanäle zur Auswahl stellt, zwischen denen er entsprechend seinen Präferenzen wählen kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass spätestens, wenn Kommunikationsmöglichkeiten in der Werbung erwähnt werden, die entsprechende Infrastruktur ausreichende Kapazitäten aufweist. Zusätzlich ist es ratsam, neben der Freischaltung der üblichen Kommunikationskanäle auch eine Beobachtung von Institutionen vorzunehmen, die aus Kundensicht für das Artikulieren einer Beschwerde geeignet sind. Dies schafft die Voraussetzung, um Probleme beim Kunden mit Produkten und Dienstleistungen oder durch die Art und Weise der Beschwerdebehandlung frühzeitig zu erkennen. In Frage kommen hier die Auswertung von Beiträgen in Fernsehsendungen, wie beispielsweise Monitor, aber auch der Kontakt zu Verbraucherverbänden (vgl. WIEGRAN/SCHNEIDER 2002, S. 6) und von entsprechenden
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Internetseiten, wie Trustpilot oder Branchen-Bewertungsportale sowie Kundenbewertungen auf den Seiten der Anbieter selbst. Ein Cross-Check über mehrere Bewertungsseiten bietet sich an, um ggf. einen Bias oder gefälschte Bewertungen zu erkennen. Bei diesen Fremdorganisationen sind nicht selten Beschwerden von Kunden zu finden, die vorher bereits beim Unternehmen artikuliert wurden, dort aber keine zufriedenstellende Lösung erfahren haben. Zumindest der Vorstand eines Unternehmens hat so die Möglichkeit, die Qualität des eigenen Beschwerdemanagements aus externer Sicht gespiegelt zu bekommen. Kommen wir zurück zur ursprünglichen Abbildung 54: Auf der Basis des Prozessmodells der Beschwerdeabwicklung ist aus Unternehmenssicht in einem zweiten Schritt zu analysieren, ob die Art und Weise der Beschwerdestimulation wirksam war. Hieran schließt sich die Analyse der Kundenreaktion und damit die Art der Artikulation der Kunden an. Sie gibt nicht nur Aufschluss über die aufgetretenen Probleme, sondern zugleich auch über die emotionale Betroffenheit durch das aufgetretene Problem. Der nächste Schritt liegt darin, Kriterien und Messgrößen festzulegen, welche die aus Kundensicht wesentlichen Dimensionen umfassen. Der folgende Analyseschritt hat die Ermittlung der Wichtigkeit dieser Kriterien und Dimensionen für den Kunden zum Gegenstand (vgl. TÖPFER/GABEL 2008, S. 395f.). Auf der Basis der Analyseergebnisse kann das Management – unter Zugrundelegung der Unternehmensstrategie, wie in Abbildung 53 vorgestellt – die Ziele für die Beschwerdebehandlung und -lösung festlegen. Auf dieser Grundlage werden Leistungsversprechen an den Kunden formuliert, die wiederum den definierten Qualitätsstandards mit dem im Unternehmen angestrebten Niveau der Produkt- und Serviceleistungen entsprechen. Diese Qualitätsstandards sollten immer auch in Abhängigkeit von den Leistungsniveaus der Wettbewerber definiert werden, die dem Kunden geboten werden. Die Grundsätze des Beschwerdemanagements und die damit einhergehenden Leistungsversprechen an die Kunden sind die Basis, um die Mitarbeiter und insbesondere die Führungskräfte für das Thema Beschwerden zu sensibilisieren. Für die konkrete Umsetzung sind Kompetenz- und Verantwortungsbereiche zu definieren, wie sie in Abbildung 56 aufgeführt sind. Rollenverteilung im Beschwerdemanagement Der Complaint Owner Y ist die Kontaktperson nach außen zum Kunden X und nach innen in das Unternehmen, um als „Ombudsmann” eine eindeutige und einheitliche Anlaufstelle zu bieten und gleichzeitig sicherzustellen, dass der Lösungsprozess nach innen aus Kundensicht gut und schnell genug abläuft. Der Complaint Owner ist damit der „Herr der Kundenbeschwerde“.
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Der Process Owner Z ist – aus einer übergeordneten Warte – zuständig und verantwortlich für alle Lösungsschritte in einer zeit- und inhaltsgerechten Abfolge. Der Process Owner ist dadurch der „Herr aller Beschwerdemanagement- und lösungsprozesse“. Der Task Owner [ bringt einen positiven Beitrag zur Problemlösung und -beseitigung in einem begrenzten Aufgabenfeld und ist damit Unterstützer beim Beschwerdemanagement sowie bei der Prozessverbesserung. Er ist damit der „Herr des Spezialwissens“.
55 Management/System Owner (steuert, gestaltet und verantwortet das gesamte Beschwerdemanagementsystem)
2 3 Process Owner (steuert und verantwortet den Lösungsprozeß)
4
4
4
Task Owner (liefert Einzelbeitrag im eigenen Aufgabenfeld)
Complaint Owner (nimmt Beschwerde entgegen und betreut diesen Einzelfall)
1 Kunde (beschwert sich)
© Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 56: Aufgabenverteilung und Akteure im Beschwerdemanagement
Der Management/System Owner \ ist die Führungskraft auf einer hohen organisatorischen Ebene im Unternehmen, die – auch bereits bei der Einführung – die Führungs- und Gesamtergebnisverantwortung trägt für das gesamte Projektmanagement im Unternehmen und danach generell für das gesamte System, für alle Prozesse, für alle Teilaufgaben und zuständigen Akteure sowie für die zu erreichenden Ziele. Der Management/System Owner ist also der „Herr des Gesamtkonzepts“. Allerdings gilt im Interesse der Kunden und der zu findenden Lösungen des Problems ein übergeordneter Grundsatz: Complaint Owner und Process Owner sind nicht schematisch zu regeln und zu trennen, sondern in Abhängigkeit von der betrieblichen Situation. Ansatzpunkt und Ziel ist, dass für den Kunden eine schnelle und nachhaltige Lösung gefunden wird, und nicht, dass einmal verabschiedete organisatorische Regelungen bedingungslos eingehalten werden. Dies würde anderenfalls die Komplexität erhöhen.
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Ziel kann es deshalb nicht sein, dass eine geschaffene Anlaufstelle für Kundenbeschwerden immer die Funktion des Complaint Owner allein wahrnimmt und dies durch notwendige Rückkopplungen zu einer Überbelastung führt. In der Praxis macht es durchaus Sinn, die Funktion des Complaint Owner und des Process Owner nach Möglichkeit zu vereinen. Zur Entlastung einer Anlaufstelle für Kundenbeschwerden kann demzufolge eine Delegation der gesamten Prozess- und Ergebniskompetenz des Beschwerdemanagements auf einen Process Owner in einer zuständigen (Fach-)Abteilung im Unternehmen erfolgen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass dann – aber nur einmal – im Prozess der Ansprechpartner für den Kunden wechselt. Wie Praxiserfahrungen zeigen, wird dies akzeptiert, wenn der Kunde erkennt, dass dadurch sein Anliegen schneller und besser behandelt und gelöst wird. In der Folge wird der Process Owner auch zum neuen Complaint Owner. Es versteht sich von selbst, dass diese Vorgehensweise nicht dazu führen darf, dass • eingehende Beschwerden mehr oder weniger willkürlich auf andere „abgewälzt” werden können, • einzelne Stellen dadurch unverhältnismäßig entlastet oder belastet werden, • zu wenig Kundenbeschwerden- und Lösungssensibilität bei manchen Mitarbeitern entsteht, • durch das „Abwälzen” keine notwendigen Veränderungen von Prozessen und Systemen durchgeführt werden und vor allem auch • erforderliche Qualifikationsverbesserungen und Trainings von Mitarbeitern on-thejob, near-the-job und off-the-job unterlassen werden. Die anschließende Steuerung, um die aufgetretenen Beschwerden zu bewältigen und in Zukunft möglichst zu vermeiden, setzt voraus, erkannte Qualifikationsdefizite der Mitarbeiter zu beseitigen und die Prozess- und Systemdefizite im Unternehmen zu eliminieren. Das Ziel hat dabei eine aus Kundensicht schnelle und vollständige Problembeseitigung zu sein. Wird sie nicht erreicht, dann sind Eskalationsstufen zu aktivieren. Spätestens in diesem Falle besteht die Aufgabenstellung darin, nicht nur das akute Problem zu lösen, sondern zugleich die Ursachen dafür in den Phasen der Wertschöpfungskette zu beseitigen. Innerhalb der Phasen der Beschwerdebearbeitung sieht das Eskalationsmodell vor, dass zunächst das Problem auf der direkt vom Kunden angesprochenen Ebene gelöst werden soll. Die Eskalation tritt dann ein, wenn die formulierten Standards auf dieser Ebene in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht erreicht werden können und deshalb die nächst höhere Ebene eine Entscheidung treffen muss, die in der Regel mit einer Investition bzw. einer Veränderung zur Behebung von Prozess- und Systemdefiziten verbunden ist (vgl.
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GRUNWALD 1999, S. 152ff.). Dabei gilt der Grundsatz, dass mit einer umso höheren Eskalationsstufe eine umso nachhaltigere Veränderung in Richtung auf eine Verbesserung des Beschwerdemanagementsystems und/oder eine Vermeidung der Beschwerdeursachen verbunden sein muss. Die Zielsetzung dieses Eskalationsmodells, das einen gesteigerten Einsatz zum Gegenstand hat, beinhaltet, einen unzufriedenen Kunden doch noch durch eine umfassende, angebotene Lösung zufrieden zu stellen. Zugleich ist damit auch verbunden, dass neben den Mitarbeitern, die im Kundenkontakt die Beschwerde entgegengenommen haben, jetzt die Führungskräfte der jeweils nächst höheren Ebene in die Lösung des Kundenproblems einbezogen werden. Dies beseitigt das in vielen Unternehmen bestehende Problem einer „Pyramide der Ignoranz”: Sie besagt, dass mit zunehmender Führungsebene die Nähe zum Kunden und damit das Wissen um existierende Kundenprobleme überproportional abnimmt (vgl. TÖPFER 1997, S. 20ff.; DEMMER/GROOTHUIS 1995, S. 118). An einem zusammengefassten Beispiel wird die typische Struktur eines Beschwerdemanagement-Systems in der Unternehmenspraxis referiert. Der Darstellung in Abbildung 57 liegt eine detaillierte Analyse in fünf Unternehmen unterschiedlicher Branchen mit einem ausgeprägten Beschwerdemanagement zugrunde.
2
Management/ System
Zentrales BM: Hot-/Helpline/Call Center (CC) Customer Interaction Center (CIC) Beschwerde-E-Mail-Account Remote Lösung von allg./bereichsübergreifenden Fragen/ Problemen per Telefon/ E-Mail/ Chat/ Messenger Ziel: 70-80%
Dezentrales BM:
Anfrage/Beschwerde 3a 7c
Eingabe Kunden- 4a daten/ -problem
KDB
Remote-Lösung (Telefon/ E-Mail/ Chat/ Messenger)
6b
Region 8b Zentrale
Beschwerdeeingang/-bearbeitung
Lösung
5a
Möglichst innerhalb von 24/48 Stunden
Mitarbeiter des regionalen Serviceteams/der 4b Fachabteilung 6a Problem Ziel: Lösung aller nicht Probleme gelöst
Task Owner
Fax-Info/E-Mail/ Instant-Message Zwischenbescheid
6c
7a
Lösung Endgültige Lösung des Problems
Follow-up
Beschwerdeauswertung
o Verbesserungen o Best Practice o Zielvereinbarungen o Benchmarking
Prospekt Produkt Hot-/Helpline Tel-Nr. Adresse E-Mail
Fax-Info/E-Mail/ Instant-Message
Weiterleitung
Geschäftsstelle
1
z.B. Umtausch, Gutschrift
5b Rückmeldung
Process Owner:
Telefon/ Fax/ Brief/ EMail/ Chat/ Messenger Ansprechpartner Tel-Nr. Adresse E-Mail
Kulanzregelung
3b
Mitarbeiter des CC/CIC
4c
7b Rückmeldung
Owner
Complaint/ (Process) Owner:
Kunde
Zufriedenheitsabfrage 10-30 Tage nach Lösung 8a
© Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 57: Beispiel für ein Beschwerdemanagement-System in der Unternehmenspraxis
Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, wird auf der Basis der bisherigen Ausführungen beim Complaint Owner unterschieden zwischen einem Mitarbeiter eines Call Center (CC)
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oder – fortschrittlicher – eines Customer Interaction Center (CIC) mit allen vom Unternehmen genutzten Kommunikationskanälen, neben den klassischen Kanälen (Telefon, Fax, Brief) auch alle digitalen Kanäle (Chat, E-Mail, Messenger-Dienste) und SocialMedia-Kanäle (wie z.B. Facebook. Twitter, Instagram). Wenn eine Differenzierung zwischen einem zentralen und dezentralen Beschwerdemanagement vorgenommen wird, dann ist der Mitarbeiter des Call Center in der Regel nur der Complaint Owner und nicht der Process Owner. Die Kundenanlaufstelle konzentriert sich dadurch ausschließlich auf ihre eigentliche Aufgabe. Beim Übergang auf ein Customer Interaction Center kann der Complaint Owner in stärkerem Maße auch zum Process Owner werden und zwar dadurch, dass er über die Kompetenz verfügt, eine größere Zahl von Beschwerden gleich zutreffend und erschöpfend lösen zu können. Für die restlichen schwieriger zu lösenden Beschwerden kann er nur dann neben seiner Funktion als Complaint Owner zugleich auch Process Owner sein, wenn die Personalkapazität im Customer-Service-Center groß genug ist respektive die Anzahl eingegangener Beschwerden so klein ist, dass sie von dieser Mannschaft gelöst werden können. Anderenfalls gibt der Complaint Owner die zu lösende Beschwerde an den Process Owner weiter. Dies ist vor allem auch bei einem ergänzenden dezentralen Beschwerdemanagement der Fall. Der Process Owner ist dann ein Mitarbeiter des regionalen ServiceTeams oder ein Mitarbeiter der zuständigen Fachabteilung. Das eindeutige Ziel ist die umfassende Lösung aller Probleme beim Kunden. Unterstützt wird er gegebenenfalls durch Task Owner als einen oder mehrere Mitarbeiter anderer Abteilungen. Der Management Owner ist hierbei für einen reibungslosen Einsatz und hohen Zielerreichungsgrad des Gesamtsystems Beschwerdemanagement verantwortlich. Das Ziel des zentralen Beschwerdemanagements ist es, möglichst viele der eingehenden Beschwerden sofort zu lösen. Das dezentrale Beschwerdemanagement hat hingegen die Aufgabe, sich der nicht sofort lösbaren Beschwerden anzunehmen, um hierfür tragfähige Lösungen zu erarbeiten und zugleich auch Prozesse und Strukturen, respektive Produkte und Dienstleistungen zu verbessern (vgl. HOFFMANN 1991, S. 18ff.). Die prozentuale Aufteilung ist dabei unternehmensindividuell festzulegen. Die Verteilung von 80 Prozent unmittelbar zentral und 20 Prozent dezentral gelösten Beschwerden ist dabei eine in der Praxis gängige Zielsetzung. In Abbildung 57 geben die Ziffern die sequenziellen Phasen an. Sind die Ziffern mit mehreren Buchstaben gekennzeichnet, dann handelt es sich um simultane Aktivitäten. Im Einzelnen läuft der Prozess folgendermaßen ab: • Ein Kunde bekommt entsprechend der Service-Philosophie des Unternehmens die direkte Kontaktmöglichkeit bei allen Kommunikationsmedien des Unternehmens angeboten 1 .
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
135
• Im Falle einer Beschwerde kann er so direkt den Complaint Owner als Anlaufstelle erreichen 2 . • Eine sofortige Lösung per Telefon, Chat oder E-Mail kann dadurch möglich sein, dass der Kunde zusätzliche Informationen, z.B. zur Bedienung von Geräten erhält 3a , oder dass er eine für ihn akzeptable Kulanzregelung angeboten bekommt 3b . • Greift diese Lösung nicht, dann wird vom Complaint Owner das Kundenproblem mit den Kundendaten eingegeben 4a und an den Process Owner weitergeleitet 4b . Parallel dazu erhält der Kunde den Beschwerdeeingang und die Beschwerdebearbeitung bestätigt 4c . • Danach beginnt – bei dieser Situation – der eigentliche Prozess der Beschwerdebearbeitung. Das Ziel ist – gegebenenfalls mit der Unterstützung von Task Ownern – eine möglichst kurzfristige Lösung innerhalb von 24 oder 48 Stunden entsprechend der Philosophie des Beschwerdemanagements und der inhaltlichen Problematik der Beschwerde 5a . Je nach den festgeschriebenen Verfahrensregeln übernimmt der Process Owner dabei abschließend die Funktion des Complaint Owner. Anderenfalls wird das gelöste Problem an den Complaint Owner zurückgemeldet 5b . Dies ist dann wichtig, wenn das Customer-Service-Center in fortschrittlichen Unternehmen nicht nur Durchlaufstation ist, sondern zugleich auch die Funktion eines „Watch dog” hat, um so sicherzustellen, dass eingegangene Beschwerden auch wirklich abgearbeitet und gelöst wurden. • Konnte das Problem von dem Process Owner nicht gelöst werden, dann wird es in der Datenbank als schwierigeres Problem klassifiziert 6a , und es wird zur Lösung und möglichst auch zur Ableitung präventiver Maßnahmen für die Zukunft in den Eskalationsprozess gegeben 6b . Entsprechend der Lösungsmöglichkeit bzw. der zu entscheidenden Veränderungen von Abläufen und Strukturen kann die Problemlösung mehrere Ebenen der Eskalation durchlaufen. Der Kunde erhält in diesem Falle eine zweite Information als Zwischenbescheid 6c . • Die gefundene endgültige Lösung wird dem Kunden angeboten 7a . Die Rückmeldung erfolgt an die zentrale Kundendatenbank für Beschwerdemanagement 7b und dann – je nach Verfahrensablauf – auch gleichzeitig an den Complaint Owner 7c . • Nach einem Zeitraum, in der Regel von zehn bis dreißig Tagen erfolgt ein Follow-up als Zufriedenheitsabfrage beim Beschwerdeführer 8a . Zugleich wird eine Beschwerdeauswertung in dreifacher Hinsicht vorgenommen 8b : • Zum einen werden die bereits angesprochenen Verbesserungen von Prozessen und Strukturen realisiert. Zum anderen werden Zielvereinbarungen getroffen, um bezogen auf das Handeln von Personen in Zukunft die Beschwerdewahrscheinlichkeit deutlich zu reduzieren. Zum dritten werden über eine spezielle Datenbank Best-Practice-Regeln festgelegt und in einem Benchmarking über die Zeit auch im Hinblick auf ihre
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Wirkung abgeprüft, um so das Niveau des Unternehmens in Richtung höhere Kundenzufriedenheit und geringere Beschwerdeintensität zu steigern (vgl. TÖPFER/MANN 1996, S. 63). Wie sich zeigt, lässt sich trotz aller Einfachheit und Klarheit eines derartigen Beschwerdemanagementsystems ein bestimmtes Maß an Komplexität nicht unterschreiten. Dies unterstreicht noch einmal die Forderung, erkannte Probleme und Defizite möglichst schnell für konsequente Verbesserungen von Prozessen und Produkten zu nutzen, um so einen kostenintensiveren „Reparaturbetrieb Beschwerdebehandlung“ zu vermeiden. Der Beschwerdeabwicklungsprozess wird, wie bereits angesprochen, bei fortschrittlichen Unternehmen noch durch eine Evaluation des erlebten Beschwerdeverhaltens bei den Kunden ergänzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erhebung der Zufriedenheit des Kunden mit dem erlebten Beschwerdeverhalten des Unternehmens möglichst durch ein externes Marktforschungsinstitut durchgeführt werden sollte, um auf diese Weise subjektive Verzerrungen zu vermeiden. Diese Befragung ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, da die Ergebnisse ebenfalls die Grundlage für eine Verbesserung des Beschwerdemanagements darstellen. Denn die Frage ist, wie häufig bestimmte Beschwerdeursachen auftreten (vgl. DIETZE 1997, S. 165). Eine grundsätzliche Entscheidungsgrundlage für ein Investment bietet die sogenannte Frequenz-Relevanz-Analyse von Beschwerden respektive Problemen. Dabei werden die in den Beschwerden artikulierten Probleme aus der Sicht der Kunden priorisiert und daraus die Handlungsmaximen für die durchzuführenden Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet (vgl. STAUSS/SEIDEL 2014, S. 271ff.). Die hierbei zugrundeliegende Überlegung ist, dass die Ursachen für ein Kundenproblem umso dringlicher herauszufinden und zu beseitigen sind, je häufiger es auftritt und je stärker es den Kunden verstimmt. Dazu werden Kunden befragt, welche Probleme aufgetreten sind und, in einem zweiten Schritt, wie stark der Kunde darüber verärgert ist. Somit sind die Ansatzpunkte für Investitionen in präventive Maßnahmen und damit in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zum Erreichen hoher Kundenzufriedenheit erkennbar. Die Notwendigkeit und der inhaltliche Ansatz von Verbesserungen sind vorstehend bereits an mehreren Stellen angesprochen worden. Wesentlich ist hierbei immer, dass die Bereitschaft zu einem Investment in die Analyse und Prozessverbesserung bestehen muss. Neben dem „Reparaturbetrieb Beschwerdebehandlung“, der sich auf das Erkennen der Symptome und die Beseitigung negativer Auswirkungen konzentriert, ist die Beseitigung der Beschwerdeursachen für die Zukunft eines Unternehmens noch wichtiger, da hierdurch unmittelbare Kosteneinsparungen und Wertsteigerungen generiert werden können. Unter diesem Blickwinkel und auf dieser Basis ist die Balance zwischen Investition und Kosteneinsparung/Wertsteigerung zu erreichen. Im Folgenden wird auf einige weiterführende Aspekte eingegangen.
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
137
Grundlage für das notwendige Ausmaß an Prozessverbesserungen bei der Beschwerdebehandlung sind die formulierten Standards, die sich an der Strategie und den Wettbewerbern des Unternehmens ausrichten. Sie haben sich auf alle Phasen des Beschwerdeprozesses zu beziehen. Zusätzlich müssen sie vor allem aber auch den Gegenstand der Beschwerde und die dabei zugrunde liegenden Prozesse und Ergebnisse in Frage stellen und analysieren. Wie Abbildung 58 veranschaulicht, erstrecken sich die Standards auf interne Werttreiber und auf externe Erfolgsfaktoren. In Abhängigkeit vom jeweiligen Niveau, das im Unternehmen bisher erreicht wurde, können diese Werte erhebliche Herausforderungen an die gelebte Prozessqualität darstellen.
Führungskräfte/ Mitarbeiter
Gesetzte Standards
Kunde BeschwerdeAnnahme
BeschwerdeBeantwortung
BeschwerdeBearbeitung
BeschwerdeLösung
Erfolg
Einfache und schnelle Kontaktstelle
70% sofort beantwortet und gelöst
Back-Office innerhalb 1 Woche
98% Kundenakzeptanz
Weniger als 3% Lost Calls
Innerhalb von 2 Tagen Rückmeldung
Maximal 50% kundenindividuelle Lösung
Konsequente Verbesserung der Prozesse + Systeme
Nötig: Standards entwickeln + umsetzen + leben © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 58: Werttreiber und Erfolgsfaktoren im Beschwerdeprozess
Der weitergehende anschließende Ansatz, der in Abbildung 58 durch die konsequente Verbesserung der Prozesse und Systeme bezeichnet ist, zielt darauf ab, die Gründe für die Defizite und die daraus erwachsende Beschwerde zu erkennen. Das Hauptproblem besteht also darin, stringente Ursachen-Wirkungs-Beziehungen bezogen auf Unzufriedenheit und Zufriedenheit von Kunden offen zu legen. Diese doppelte Ergebnisanalyse ist insofern wichtig, da hieran dann nachvollziehbar ist, ob eine Veränderung der Produkte und Prozesse auch tatsächlich zu einer höheren Kundenzufriedenheit führt. Im anderen Fall würden einerseits bestimmte Maßnahmen Unzufriedenheit abbauen, aber keine Zufriedenheit aufbauen. Andererseits können Maßnahmen, wenn sie umgesetzt werden, die Zufriedenheit steigern; ihr Fehlen verursacht jedoch keine Unzufriedenheit. Wichtig ist, dass man ihre Existenz und Zielrichtung von vornherein erkennt, um planvoll handeln zu können.
138
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Das Ziel ist also nicht nur, mit einem gewissen Maß an Plausibilität generell wichtige Zusammenhänge zu beschreiben, sondern darüber hinaus die konkreten Auswirkungen des Einsatzes von Werttreibern zu ermitteln und abzubilden. Gelingt dies, dann sind die Werttreiber eine direkte Grundlage für Managemententscheidungen und konkrete Verbesserungsaktivitäten. An einem Beispiel soll dies näher verdeutlicht werden (vgl. TÖPFER 2000, S. 31ff.). Als Ausgangssituation wird angenommen, dass eine Kundenbeschwerde vorliegt und dieses Problem im Hinblick auf die zugrunde liegende Ursachen-Wirkungs-Konstellation analysiert sowie durch geeignete Maßnahmen nicht nur kurzfristig behoben, sondern möglichst auf Dauer vermieden werden soll. Abbildung 59 zeigt die Ausgangssituation visualisiert anhand der vier Ebenen der Balanced Score Card (BSC). Der Auslöser, also die Kundenbeschwerde, ist der dritten Ebene „Kundenzufriedenheit/Marktausschöpfung“ zuzuordnen.
Regressforderung an Unternehmen aufgrund Vertrag
1 Kunden-
3. zufriedenheit/ Ebene Marktausschöpfung
Leistungs-
2. fähigkeit/ Ebene Marktleistungen Unter-
nehmerische 1. Mitarbeiter/ Ebene Mitarbeiter-
zufriedenheit
3
Unzufriedener Kunde Kundenanforderung nicht erfüllt
2 Produktfehler – Maschinenausfall beim Kunden
7
13
12
14
Umsatzeinbuße E-Mail/ Anruf Unzufriedenbeim Kunden des Kunden heit des bei Hotline mit durch längeren Kunden Ziel: sofortige Maschinensteigt Reparatur stillstand
4
6
Call Center lange Zeit nicht erreichbar/ Warteschleife
Alle Mitarbeiter des Technischen Kundendienstes im Einsatz
5
15
Umsatzrückgang durch Kundenabwanderung und negative Mund-zu-Mund-Kommunikation wahrscheinlich
Externe Fehlerkosten durch Reparatur
9 Nach 24 Stunden Technischer Kundendienst vor Ort
E-Mail/ Brief an Geschäftsleitung mit Drohung Vertragsstrafe
Beschwerde
10 Gefundene Ursache des Maschinenstillstandes: Fehler bei letzter Wartung
11
Unfreundliche/wenig engagierte HotlineMitarbeiter
Was folgt daraus?
8
Wirtschaftlichkeit/ 4. Ebene Finanzergebnisse
Schlecht qualifizierte Mitarbeiter
Warum ist etwas passiert?
Wirkungen
Ursachen © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 59: Kundenbeschwerde als Problem
Die Analyse der Situation eines unzufriedenen Kunden bis zu einer offiziellen und für das Unternehmen kostenträchtigen Beschwerde lässt sich als Ablaufschema darstellen. Eine derartige Prozessanalyse bei gleichzeitiger Differenzierung nach den vier BSC-Ebenen macht aufeinander folgende Ereignisse und Aktivitäten sowie Wirkungen und Ergebnisse transparent.
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
139
Mit der Frage „Warum ist etwas passiert?“ werden zunächst die Ursachen auf der zweiten Ebene ermittelt, also bei den Marktleistungen, der Leistungsfähigkeit und dabei insbesondere den Prozessen. Hieran schließt sich die Analyse der Ursachen auf der ersten Ebene der Mitarbeiter, insbesondere deren Qualifikation und Motivation, an. Mit der Frage „Was folgt daraus?“ werden auf der vierten Ebene die Auswirkungen im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit und die Finanzergebnisse analysiert. Als Beispiel sei ein Druckmaschinen-Hersteller betrachtet, der mit seinen Kunden langfristige Wartungsverträge hat, und bei dem ein Problem im technischen Kundenservice aufgetreten ist. Wie die Inhalte und der Ablauf bis zur offiziellen Beschwerde des Kunden verdeutlichen, ist diese Situation einer Kundenreklamation zunächst nicht als Chance vom Unternehmen genutzt worden. •
Anhand der 15 Phasen und ihrer Vernetzungen ist leicht nachvollziehbar, dass die Druckmaschine beim Kunden ausgefallen ist.
•
Der Anruf des Kunden bei der Hotline führte ihn zunächst nur in die Warteschleife, wo ihm wenig motivierte Hotline-Mitarbeiter nicht weiterhelfen konnten.
•
Da alle Mitarbeiter des technischen Kundendienstes im Einsatz waren, bewirkte der längere Maschinenstillstand beim Kunden eine Umsatzeinbuße, die er durch Regressforderungen aufgrund des Servicevertrages geltend machen will.
•
Als nach 24 Stunden der technische Kundendienst vor Ort war und sich als Ursache für den Maschinenstillstand ein Fehler bei der letzten Wartung herausstellte, war klar, dass die Wartungsarbeiten nicht qualifiziert genug durchgeführt wurden.
•
Die Unzufriedenheit des Kunden stieg und für das Unternehmen kamen durch die Reparatur Fehlerbeseitigungskosten hinzu, welche die Gewinnmarge des Produktes sinken ließen.
•
Mit einer E-Mail/ einem Brief an die Geschäftsleitung drohte der Kunde nicht nur die Regressforderung an, zugleich war eine Kundenabwanderung und zusätzlich eine negative Mund-zu-Mund-Kommunikation durch ihn zu befürchten.
Lösungskonzept Diese Situation veranlasste das Unternehmen, intensiv nach Lösungen zu suchen. Die Probleme eines fehlenden Beschwerdemanagements sind erkannt worden, und deshalb sollte die mangelnde Kundenorientierung durch konkrete Verbesserungsmaßnahmen beseitigt werden. Sie sind vereinfacht in Abbildung 60 dargestellt.
140
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Wirkungen
Unter-
nehmerische 1. Mitarbeiter/ Ebene Mitarbeiter-
zufriedenheit
Kunde fühlt sich ernst genommen
Beschwerde 2
1 Call CenterErreichbarkeit erhöhen
3
Standards für o Anzahl Beschwerden o Behandlung von Beschwerden o Dauer der Beschwerdebearbeitung
Training der Call Center-Mitarbeiter in Kundenorientierung und Freundlichkeit
5
7 Standards/Soll-Zeiten für
Kundendienst mit Laptop und Handy für direkten Kontakt zur Zentrale
4 Nachschulung der KundendienstMitarbeiter auf neuen MaschinenTyp
11 Weniger Kundenabwanderung
Reparatur-Beginn Reparatur-Dauer Stillstandszeit Reklamationsquote bzgl. durchgeführter Serviceeinsätze o Eskalationsquote/-dauer o o o o
8 Training für erhöhte Technologiekompetenz der KundendienstMitarbeiter
Warum ist was passiert?
schöpfung
stungen
10
Weniger Kundenbeschwerden/ weniger Kundenunzufriedenheit
Was folgt daraus?
9
Kunden-
Leistungs-
Höherer Umsatz/ mehr Wachstum als Branchendurchschnitt
Zusätzliche Kosten für Schulung und IKT-Ausstattung
3. zufriedenheit/ Ebene Marktaus-
2. fähigkeit/ Ebene Marktlei-
12
6
Wirtschaftlichkeit/ 4. Ebene Finanzergebnisse
Ursachen © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 60: Beschwerdemanagement als Verbesserungsprozess
Das Problem der Kundenunzufriedenheit war der dritten Ebene zuzuordnen. Das Beschwerdemanagement als Verbesserungsprozess setzt auf der zweiten Ebene an, da es primär darum geht, die Prozesse im Unternehmen mit den Auswirkungen auf die Kunden zu verbessern. Anhand der zwölf Phasen und ihrer Vernetzung ist erkennbar, in welcher Weise intern auf der ersten und zweiten Ebene Maßnahmen als Ursachen eingeleitet und umgesetzt werden müssen, um auf der dritten Ebene die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung als Wirkung zu steigern. Zusätzlich sind hiermit auf der vierten Ebene Kosten, aber auch Umsätze und Erträge verbunden. •
Als Verbesserungsmaßnahme war vorgesehen, die Erreichbarkeit des Call Centers durch eine verbesserte Ausstattung der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Technik) und durch gezielte Mitarbeiterschulung zu erhöhen.
•
Zugleich wurden Standards zu den einzelnen Messgrößen im Beschwerdemanagement definiert und wiederum durch Schulungen und eine verbesserte technische Ausstattung erreichbar gemacht.
•
Gleiches wurde für den Technischen Service durchgeführt, um so insgesamt weniger Kundenbeschwerden, -unzufriedenheit und -abwanderung zu verzeichnen. (vgl. TÖPFER 2001, S. 189ff.)
In einer Vergleichsrechnung können – in der vorstehend angesprochenen Weise – die erforderlichen Investitionen den finanziellen Wirkungen gegenüber gestellt werden, die
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
141
durch vermiedene Umsatzeinbrüche und Kundenabwanderungen oder auch durch mögliche Umsatzsteigerungen erreichbar sind. Für derartige Analysen im Rahmen eines Customer Relationship Management ist es dann erforderlich, für einzelne Kundengruppen und Marktsegmente die Berechnung des Kundenwertes vornehmen zu können. Es versteht sich von selbst, dass diese Inhalte nicht erst auf der Basis von Beschwerden ermittelt werden können, sondern bereits längerfristige und tiefergehende Analysen voraussetzen. In Abbildung 61 sind die acht wesentlichen Phasen für eine hohe Kundenorientierung des Beschwerdemanagements aufgeführt. Sie haben das Ziel, durch wirkungsvolle und wirtschaftliche Prozesse über die Beschwerdelösung hinaus nachhaltige Verbesserungen im Unternehmen zu erreichen. Gedanklich basieren sie auf der Philosophie und der Strategie von Six Sigma Projekten (vgl. TÖPFER 2007c, S. 77ff). Im Zentrum steht dabei der funktionale Zusammenhang zwischen einer Ergebnisgröße Y und den maßgeblichen Ursachengrößen Xi. Die Funktion Y=f(Xi) ist dabei die formale Hilfskonstruktion, die es mit konkreten Inhalten und Aussagen zu füllen gilt. Bezogen auf das Beschwerdemanagement ist die Ergebnisgröße eine hohe Kundenqualität und -bindung, die durch eine hohe kundenorientierte Qualität der Prozesse und Marktleistungen zu erreichen ist.
1
Welche Kunden beschweren sich wie oft und worüber?
2
Zu welchen Kundensegmenten mit welchem Kundenwert gehören sie?
3
Kennen wir die Anforderungen unserer Kunden?
4
Welches sind unsere kundenorientierten Prozesse?
5
Wissen wir, welche Kundenanforderung(en) durch welchen Prozess (welche Prozesse) erfüllt werden?
6
Kennen wir dabei die kritischen Anforderungen dieser Kunden als Werttreiber (CTQs)?
7
Messen und erfüllen wir heute alle wichtigen Kundenanforderungen?
8
Wie gestalten wir die CTQs gezielt, um alle kritischen Kundenanforderungen wirtschaftlich(er) zu erfüllen?
¾ Ziel- und ergebnisorientierte Steuerung ¾ Höhere Kundenzufriedenheit und -bindung/ weniger Kundenabwanderung ¾ Stabile/ höhere Umsätze/ gute Margen ¾ Wertsteigerung für das Unternehmen © Prof. Dr. Armin Töpfer
Abbildung 61: Acht Phasen einer hohen Kundenorientierung im Beschwerdemanagement
In der Grundorientierung dominiert zunächst die Kundensicht: In der ersten Phase ist zu analysieren, welche Art von Kunden sich wie häufig über welche Sachverhalte beschwert. Dies beinhaltet eine einfache Datenanalyse. Sie erhält in der zweiten Phase ein höheres
142
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
CRM-Niveau, das über eine einfache Analyse durch die Antwort auf die Frage hinausgeht, zu welchen Kundensegmenten diese Beschwerdeführer gehören und welchen Kundenwert im Sinne der finanziellen Umsatz- und Ertragserwartung sie repräsentieren. Durch die Ergebnisse dieser beiden Phasen, wissen wir also, wie wichtig der sich beschwerende Kunde für uns ist. Dies lässt zugleich eine erste Kalkulation zu, was wir in seine Treue und Bindung investieren könnten. Sie kann dadurch untermauert werden, dass wir in der dritten Phase die Anforderungen unserer Kunden genauer analysieren. Die Basis hierzu sind sogenannte VOC-Analysen (Voice of the customer) (vgl. TÖPFER 2007c, S.81f.). Die zweite wesentliche Ausrichtung ist die Prozessorientierung: In der vierten Phase ist die Frage zu beantworten, welches die kundenorientierten Prozesse im Unternehmen sind. Damit liegt die grundsätzliche Analyse vor, die es erlaubt, Defizite, die zu Beschwerden geführt haben, zu erkennen und zu beseitigen. Hierzu ist in der fünften Phase jedoch zunächst zu ermitteln, welche Kundenanforderungen durch welche Prozesse erfüllt werden beziehungsweise im Beschwerdefall respektive nicht erfüllt wurden. Die beiden unterschiedlichen Perspektiven werden in dieser Phase also zusammengeführt. Als Instrument lässt sich hier eine SIPOC-Analyse durchführen, die prozessbezogen zwischen Lieferant (Supplier), dem Input, dem sich anschließenden Prozess, dem Output und dem Kunden (Customer) differenziert. Dabei werden jeweils die Inhalte und Kennzahlen des Prozesses bestimmt (vgl. TÖPFER 2007c, S.81f.). Die Präzision der Analyse wird in der sechsten Phase dadurch verstärkt, dass jetzt der Teil der Anforderungen herausgefiltert wird, der Werttreiber-Funktion besitzt. Mit anderen Worten geht es nur noch um die Kriterien, die entscheidend für die Zufriedenheit und Bindung der Kunden sind, weil sie ihre zentralen Qualitätsanforderungen erfüllen. Sie werden deshalb CTQs (Critical to Quality-Characteristics) genannt (vgl. TÖPFER 2007c, S.81f. und 2007b, S.176ff.). Auf der Basis der Beschwerden von Kunden lassen sich über diese sechs Phasen genaue Erkenntnisse hinsichtlich der Art und des Ausmaßes der Prozessdefizite und der nicht erfüllten wesentlichen Kundenanforderungen gewinnen. Sie werden in der siebten Phase dadurch inhaltlich untermauert, dass die Frage beantwortet wird, wie wir die Erfüllung der CTQs durch Kennzahlen messen. Die abschließende achte Phase dieses vereinfachten Schemas ist auf die konkreten Verbesserungen ausgerichtet. Hier geht es also um die Analyse, wie die CTQs in Zukunft besser erfüllt werden können, so dass weniger Beschwerden auftreten, da gleichzeitig Beschwerdeursachen beseitigt werden. Das Ziel ist damit auf der einen Seite eine höhere Zufriedenheit für den Kunden und auf der anderen Seite eine höhere Wirtschaftlichkeit für das eigene Unternehmen.
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
2.2.7.3
143
Customer Integration
Eine kundenorientierte Organisation kann auch so weit gehen, dass Kunden ganz bewusst in bestimmte Unternehmensabläufe und -tätigkeiten integriert werden. Diese sog. Customer Integration ist bei Dienstleistungsunternehmen eine unabdingbare Voraussetzung, um überhaupt die angebotenen Leistungen erbringen zu können. Im industriellen Anlagengeschäft oder bei spezifischer Auftragsfertigung müssen sich die Kunden ebenfalls aktiv in die Leistungserstellung einbringen. Doch auch bei (Massen-)Gütern, die sich an einen größeren anonymen Kundenkreis richten, können potenzielle Nachfrager bei bestimmten Funktionsbereichen bereits frühzeitig in den Leistungsprozess einbezogen werden. Dies ist beispielsweise bei Customer-Focus-Groups oder auch institutionalisierten Kundenforen der Fall, die z.B. im Rahmen von FuE-Aktivitäten, Konzept-, Produkt- und Verpackungstests oder auch in Form von Kundenkonferenzen für Marktforschungszwecke eingesetzt werden (vgl. GÜNTER 1996, S. 98). Das Ziel ist, von den Kunden im direkten Kontakt wichtige Informationen über Produkt- und Serviceanforderungen sowie über die Zufriedenheiten mit den Unternehmensleistungen zu erhalten. Diese sind – wie bereits im ersten Grundsatz beschrieben wurde – die Basis für den Aufbau einer Customer Driven Company. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen sind systematische Kundenkontakte eine äußerst effiziente und vor allem eine sehr aufschlussreiche Marktforschungsmethode. Allerdings setzt dies voraus, dass die Mitarbeiter auch auf den direkten Kontakt mit Interessenten und Kunden vorbereitet werden. Im anderen Fall kann schnell der umgekehrte Effekt eintreten, dass nämlich eine unzureichende Kontaktqualität einen negativen Qualitätseindruck bei den Kunden hinterlässt.
2.2.8
Mitarbeiterorientierung und -zufriedenheit
8. Grundsatz: Mitarbeiterorientierung und Mitarbeiterzufriedenheit sind wesentliche Voraussetzungen für das Erreichen von Kundenzufriedenheit.
Zusammenhang zwischen zufriedenen Mitarbeitern und zufriedenen Kunden Gerade im Rahmen der Regelungen des Beschwerdemanagement wird klar, dass Kundenzufriedenheit stark vom Verhalten der Mitarbeiter des Unternehmens abhängt. Nicht nur durchgeführte Schulungen sind dabei entscheidend, sondern insgesamt die Arbeitsund Führungssituation im Unternehmen, die das Klima prägen. Hier setzt der 8. Grundsatz an, der diese Verbindung zwischen zufriedenen Mitarbeitern und zufriedenen Kunden zum Gegenstand hat.
144
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Aus dieser Erkenntnis ergeben sich klare Anforderungen an Mitarbeiter und Führungskräfte, die in Abbildung 62 aufgelistet sind. Von ausschlaggebender Bedeutung sind die persönliche Einstellung und das Verhalten. Dies gilt nicht nur für nachgeordnete Mitarbeiter „an der Front” zum Kunden, sondern vor allem auch für das mittlere Management, das Kundenorientierung vorleben muss. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass gerade auf dieser Ebene seit längerem erhebliche Defizite und Einstellungsprobleme gegeben sind, die eine nachhaltige Kundenorientierung beeinträchtigen (vgl. DEUTSCH 1995, S. 79ff.). Die Aussage von der „Lehm-Schicht” oder „Lähm-Schicht” für ein wenig motiviertes und kaum zu begeisterndes mittleres Management kennzeichnet dieses Problem.
Abbildung 62: Anforderungen an Mitarbeiter und Führungskräfte
Wenn die kundenorientierte Einstellung gegeben ist, dann lassen sich durch Personalentwicklung gezielt Qualifikationsdefizite beseitigen. Eine Erfolgsrückkopplung und -honorierung schafft durch die damit verbundenen Erfolgserlebnisse Verstärkereffekte. Mitarbeiterkompetenz Organisatorisch geht die Anforderung an alle im Unternehmen Tätigen dahin, dass jeder einzelne für die Qualität seiner Arbeit und die Ergebnisse abschließend verantwortlich ist. Dies entspricht dem Grundsatz, dass Qualität nicht erprüft, sondern erzeugt wird. In Ergänzung hierzu führt eine Kaizen-Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung zu ständigen Steigerungen des Kundennutzens und/oder der Produktivität. Hierdurch sind in kleinen Schritten nachhaltige Wettbewerbsvorteile erreichbar (vgl. IMAI 1992, S. 50f.).
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
145
Insgesamt kommt es darauf an, dass – wie dies z.B. GENERAL ELECTRIC (vgl. hierzu O.V. 1996, S. 23; O.V. 1995, S. 60) vor Jahren bereits durchführt hat– durch die Vision und das Leitbild des Unternehmens der Rahmen klar abgesteckt wird, in dem sich das geforderte Verhalten bewegen kann. Dieser „Korridor” ist dabei nicht diskutabel, sondern unbedingt einzuhalten. Da hier keinerlei Abweichungen zugestanden werden, ist der Rahmen – formal gesehen – autoritär. Umso größer ist jedoch der Spielraum innerhalb dieses „Korridors”, um auf diese Weise durch einen ausgesprochenen kooperativen Führungsstil den Ideenreichtum der Mitarbeiter zu nutzen und ein hohes Engagement zu sichern. Empowerment Gelingt dies, dann werden durch die häufigen Kontaktstellen zum Kunden in einer Customer Driven Company die Kundenorientierung und der Kundennutzen nachhaltig verbessert. Abbildung 63 zeigt diese Umkehrung und Uminterpretation eines kundenorientierten Unternehmens. Wurden bisher nur durch Marktforschung kundenbezogene Informationen erarbeitet und an die entsprechenden Stellen im Unternehmen weitergegeben, so führt das Modell der „stützenden Hände” (vgl. PETERS 1993) dazu, dass die Vielzahl der empowerten Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt, durch die Führungskräfte und die Unternehmensleitung in ihrem Bemühen um eine hohe Kundenorientierung unterstützt werden.
Abbildung 63: Die Umkehrung und Uminterpretation des Unternehmens
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Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Diese Aufgaben-, Kompetenz- und Verantwortungserweiterung der Mitarbeiter als Empowerment führt dazu, dass jeder Einzelne die Erfolgskriterien Qualität, Zeit und Kosten sowie auch Innovation/ Verbesserung verinnerlicht und als für ihn und seine Tätigkeit wichtige Maximen sowie in seinem Arbeitsbereich als Steuerungskriterien für sein Handeln und Verhalten zugrunde legt. Hierdurch entsteht insgesamt nicht nur eine stärkere externe, sondern auch interne Kundenorientierung. Das Ziel ist, eine Verbesserung der internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen im Unternehmen zu erreichen, wie sie in Abbildung 64 angedeutet ist.
Abbildung 64: Inhaltlich ganzheitliche Optimierung auf allen Ebenen
Externe und interne Servicequalität Wichtige Instrumente sind sowohl Kundenbefragungen als auch Mitarbeiterbefragungen. Gerade in einem Unternehmen mit hoher Kundenorientierung wird auch der Mitarbeiter als Kunde der Führung und damit der Führungskräfte angesehen. Neben einer Verbesserung der Arbeits- und Führungssituation ist für die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter vor allem auch eine Rückkopplung der erreichten Kundenzufriedenheit und der erzielten Erfolge, aber auch der noch vorhandenen Schwierigkeiten und Probleme am Markt und bei den Kunden wichtig (siehe Abbildung 65).
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
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Abbildung 65: Interne und externe Servicequalität
2.2.9
Kontinuierliche Verbesserung
9. Grundsatz: Die Philosophie und Umsetzung kontinuierlicher Verbesserungen vergrößert die Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit.
Da jedes Unternehmen nur so gut ist wie seine Mitarbeiter und jede Verbesserung nur durch und über die Mitarbeiter erreichbar ist, kommt der Bereitschaft zu kontinuierlichen Verbesserungen eine hohe Bedeutung im Wettbewerb zu. Die bereits angesprochene Philosophie des Kaizen und damit kontinuierlicher Verbesserungen geht dahin, dass es leichter ist, 100 mal eine kleine Verbesserung, beispielsweise von 1 Prozent, zu erreichen, statt einmal gleich eine 100%ige Verbesserung durchzuführen. Der Prozess der kontinuierlichen kleinen Schritte ist damit einer nur schwer und selten zu erreichenden Innovation vorzuziehen (vgl. IMAI 1992, S. 50f.). Diese Sicht- und Denkweise hat sich in immer mehr deutschen Unternehmen inzwischen stark verbreitet. Dass es dennoch Defizite hierbei in der Unternehmenspraxis gibt, liegt vor allem daran, dass die Sichtweise des klassischen betrieblichen Vorschlagswesens anders ist, denn hier bleiben in einer mehr oder weniger starren Organisation sinnvolle und zielführende Verbesserungsvorschläge der Mitarbeiter häufig generell oder zumindest zu
148
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lange unberücksichtigt, da sie in mehreren Stufen von den Vorgesetzten geprüft werden, die hierfür ihre knappe Zeit aufwenden müssen. Und obwohl die Zahl der eingereichten betrieblichen Verbesserungsvorschläge in der Vergangenheit bis zum Jahr 2000 auf über 1,4 Mio. bereits stark gestiegen war, sind diese Zahlen im Vergleich zur japanische Wirtschaft gering. Dort reichte jeder Mitarbeiter durchschnittlich das 200-Fache an Verbesserungsvorschlägen ein. Aus eigener Erfahrung des Autors ist nachvollziehbar, dass in Japan gerade in dieser Hinsicht mit dem Kaizen-Gedanken eine ganz andere Philosophie und Motivation herrscht. Gleichzeitig liegt dort auch die Umsetzungsquote deutlich höher als in Deutschland. Aus aktuellerer Sicht sehen die Quoten für Verbesserungen branchenbezogen in der deutschen Wirtschaft folgendermaßen aus: Die Anzahl der eingereichten Verbesserungsvorschläge variiert deutlich in Abhängigkeit von der Branche. Je 100 Mitarbeiter werden in der Metallverarbeitenden Industrie 778 Vorschläge mit einer Beteiligungsquote von 63 Prozent eingereicht, gefolgt von der Elektroindustrie (484; 55 Prozent) und dem Maschinen- und Anlagenbau (362; 60 Prozent). Das Schlusslicht im Branchenvergleich bilden Dienstleister und Handel (22; 16 Prozent) sowie Banken und Versicherungen (21; 12 Prozent) (vgl. IWD 2015). Andere Studien kamen zu einem ähnlichen Ergebnis (AUER 2016; SCHAT 2018).
2.2.10
Synergie durch Vernetzung
10. Grundsatz: Erst die umfassende Vernetzung der Bausteine schafft Synergieeffekte und Wettbewerbsvorteile.
Wie Abbildung 25 (siehe S. 66) bereits erkennen ließ, wird der Pfad zur Customer Driven Company vor allem durch das Zusammenwirken aller bisher aufgezeigten 9 Grundsätze und damit Gestaltungsfelder erfolgreich beschritten. Es liegt auf der Hand, dass Synergie hier nicht nur auf dem Papier berechnete Vorteile zum Gegenstand hat, sondern die konkrete Umsetzung im Wirkungsverbund. Eine wesentliche Grundlage hierfür ist die Klarheit der Unternehmensziele, die für eine Business Excellence wesentlich sind. Sie sind in Abbildung 66 aufgeführt. Wie erkennbar ist, sind vier völlig unterschiedliche Zielkategorien anzustreben und konkrete Ausprägungen zu erreichen, die allerdings im inhaltlichen Zusammenhang stehen (vgl. TÖPFER 1996a, S. 9). Auf der einen Seite sind eine hohe Kundenzufriedenheit und Mitarbeiterzufriedenheit anzustreben, um die erwünschte hohe Kundenbindung zu erreichen. Auf der anderen Seite ist eine hohe Marktpenetration im Sinne eines hohen Marktanteils zu erreichen. In dem
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bereits dargestellten Sinne ist die Mitarbeiterzufriedenheit die Grundlage für ein Engagement gegenüber den Kunden und damit für eine hohe Kundenzufriedenheit. Kundenzufriedenheit ermöglicht Wachstum und damit die Zunahme des Marktanteils. Gleichzeitig sind im Rahmen von Business Excellence nur Maßnahmen der Kundenbindung zu berücksichtigen, die der Kunde auch honoriert. Ein exzellenter Service gegenüber den Kunden zahlt sich für das Unternehmen immer dann aus, wenn er gegenwärtig und vor allem zukünftig auf die Erfolgsträchtigkeit der Kundenbeziehung ausgerichtet ist. Hier sind die eingesetzten Ressourcen immer auch an die erzielbaren Ergebnisse zu koppeln.
Abbildung 66: Wesentliche Unternehmensziele für Business Excellence
Dieses Vorgehen und diese Überlegungen fordern vor allem auch ein Umdenken in der Unternehmensspitze. Die bisherigen Inhalte, die beispielsweise bei Vorstandssitzungen eine hohe Priorität besaßen, werden hierdurch relativiert. An ihre Stelle rücken, wie die Auflistung in Abbildung 67 deutlich macht, zunächst die Steuerungsgrößen, die eine Aussage über die Zufriedenheit der Kunden treffen und insgesamt den Grad der Kundenorientierung des Unternehmens zum Gegenstand haben. Hierdurch wird die Kausalität der zentralen Ursachen-Wirkungs-Beziehungen unmittelbar auch in das Denken und Handeln in der Unternehmensspitze einbezogen. Da diese Ansatzpunkte zugleich eine Verlagerung der Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten bewirken, wird hierdurch insgesamt die Reaktionsfähigkeit des Unternehmens erhöht. Unternehmen, deren Geschäftsleitungen auf dieser Basis die einzelnen Unternehmensbereiche respektive Profit-Center und damit auch alle Führungskräfte und Mitarbeiter steuern, weisen höhere Markterfolge auf. Dieser „Return on Customer Focus” ist beispielsweise bei SIEMENS, FEDERAL EXPRESS, RITZ-CARLTON und SAP nachvollziehbar. Das
150
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
Ergebnis ist also klar: Gezielte und kostenbewusste Kundenorientierung zahlt sich aus. Dies entspricht der dargestellten Cost-Effective Service Excellence (siehe S. 81).
Abbildung 67: Inhalte von Vorstandssitzungen
Abschließend soll am Beispiel der SCHOTT GLASWERKE noch einmal für ein deutsches Unternehmen gezeigt werden, wie die Total Customer Care-Grundsätze im Zusammenhang zu sehen sind und vor allem wirken. Wie Abbildung 68 deutlich macht, sind hier bereits vor einem längeren Zeitraum die wesentlichen formulierten Grundsätze in einem Regelkreis zum Wirkungsverbund gebracht worden (vgl. FAHLBUSCH 1996, S. 89). Das Unternehmen Schott verfügt über eine 275-jährige Firmentradition und besitzt mehr als 130 Jahre Erfahrung in Entwicklungs-, Material und Technologiekompetenz bei der Herstellung von Spezialglas für verschiedene Branchen. Ein neues Kompetenzfeld soll die Herstellung von Glasoberflächen für Smartphones sein. Mit der höchsten Investitionssumme der Firmengeschichte von 320 Mio. Euro im laufenden Geschäftsjahr 2020, stellt das Unternehmen die Weichen für die Zukunft und investiert in neue Werke in Indien und China, aber auch in Deutschland sowie ein neues Verwaltungsgebäude. Das Ziel ist zusätzlich auch die Umstellung in eine klimaneutrale Produktion. Auch in den kommenden Jahren sind hohe Investitionen geplant. Ab 2022 sollen sich diese dann bereits auszahlen (vgl. O.V. 2020d).
Kapitel 2: Anforderungen an ein kundenorientiertes Unternehmen
151
Abbildung 68: Philosophie der SCHOTT GLASWERKE
Die Voraussetzung für den Erfolg ist also zum einen, dass kreative Ideen und ein umfassendes Konzept als Vision entwickelt werden, und zum anderen, dass Durchsetzungsfähigkeit und Durchhaltevermögen auf allen Ebenen und in allen Bereichen des Unternehmens gegeben sind. Ist dem so, dann gelten für eine Customer Driven Company zwei Basis-Erkenntnisse: • Wenn ein Unternehmen sich gezielt und gekonnt um seine Kunden kümmert, dann kommen diese zurück, weil sie zufrieden sind, sich gut betreut fühlen und dadurch eine Bindung an das Unternehmen haben. • Wenn ein Unternehmen sich gezielt und gekonnt auch um seine Produkte kümmert, dann kommen diese nicht zurück, weil sie – auch aus Kundensicht – eine hohe Qualität besitzen, leicht verständlich und gut anwendbar sind und damit einen hohen Kundennutzen transportieren.
3
Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
3.1
Die Definition des Konstrukts Kundenzufriedenheit
Voraussetzung für die Gestaltung der Kundenzufriedenheit ist zunächst eine klare Vorstellung über den Zufriedenheitsbegriff. In der Literatur gibt es eine Vielzahl definitorischer Ansätze, die unterschiedliche Schwerpunkte legen (vgl. z.B. BRUHN 2012, S. 96f. und SCHÜTZE 1992, S. 125ff.). Gemeinsam ist den meisten Definitionen jedoch, dass es sich bei der Zufriedenheit um einen Bewertungsprozess von Erwartungen (Soll) und einem tatsächlich wahrgenommenen Nutzen (Ist) handelt (vgl. auch HOMBURG/STOCK-HOMBURG 2006, S. 17ff. und DICHTL/SCHNEIDER1994, S.7). Diese Begriffsfassung soll auch für die nachfolgenden Ausführungen zugrunde gelegt werden.
3.2
Die Stufen der Wirkungskette
Noch deutlicher wird die Charakteristik des Begriffes Kundenzufriedenheit bei einem Blick auf deren Eingliederung in die Wirkungskette von den Kundenbedürfnissen bis zur Kundenbindung. Zunächst sind die Kundenbedürfnisse zu erkennen. Hierbei handelt es sich um grundsätzliche Mangelgefühle der Zielgruppe, die mit dem Wunsch des Mangelausgleichs verbunden sind (vgl. TROMMSDORFF 2004, S. 118). Bedürfnisse sind in der Regel sehr unkonkret und weder produkt- noch markenbezogen. Es geht in dieser ersten Phase also darum festzustellen, was der Kunde braucht, um diesen Mangel zu beseitigen. In der zweiten Stufe sind die Kundenanforderungen zu ermitteln. Sie sind die konkretisierten Bedürfnisse, die sich in bestimmten Vorstellungen der Mangelbeseitigung manifestieren. Kundenanforderungen sind – bezogen auf die Grundfunktionen der Bedürfnisbefriedigung – meist schon relativ konkret formuliert. Sie geben an, was der Kunde haben will. Der nächste Schritt ist dann – wie Abbildung 69 zeigt – die Analyse der Kundenerwartungen. Diese stellen ganz konkrete Anforderungen an eine Marktleistung, also an das Produkt und die Serviceleistungen. Kundenerwartungen stützen sich häufig auf direkte oder indirekte Erfahrungen, aber auch auf wahrgenommene Kommunikations- und Werbeaussagen sowie das Image des Anbieters. Oft sind die Kundenerwartungen auch das Ergebnis eines Vergleichs der am Markt angebotenen Problemlösungen der Wettbewerber. Wer hierbei schlechter abschneidet, hat es in der Regel nicht geschafft, den Interessenten als Kunden zu gewinnen.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5_3
154
Kapitel 3: Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
Abbildung 69: Stufen der Wirkungskette
Auf die Analyse der Kundenerwartungen folgt – gemäß dem erweiterten Marketingansatz – eine erweiterte Analyse, die mit der Untersuchung der Kundenzufriedenheit beginnt. Hierbei geht es darum festzustellen, wie der Kunde die erhaltene Leistung bewertet. Wichtig ist, dass sich beim Kunden keine Unzufriedenheit und auch im Nachhinein keine Unsicherheit mit dem Kauf – also keine kognitiven Dissonanzen – einstellen. Gerade bei hochpreisigen und/oder sozial auffälligen Gütern kommen dem Kunden nicht selten nach dem Kauf Selbstzweifel, ob die getroffene Kaufentscheidung richtig war. Je stärker diese sog. kognitiven Dissonanzen sind, umso intensiver wird sich der Kunde darum bemühen, dieses Unwohlgefühl abzubauen. Dies kann so weit gehen, dass er sich von dem Produkt trennt und zukünftig keine Wiederholungskäufe mehr tätigt. Damit ist die Chance zum Aufbau einer langfristigen Kundenbeziehung für das Unternehmen vertan. Deshalb sollte der Kunde auch nach dem Kauf betreut werden, indem das Unternehmen ihm die vertrauenswürdige Sicherheit gibt, sich richtig entschieden zu haben. Nachkauf-Telefonkontakte sind ein typisches Beispiel hierfür. Das ist die Grundlage für die nächste Stufe der Kundenloyalität. Hierbei handelt es sich um die grundsätzliche positive Einstellung des Kunden gegenüber der Marktleistung und/oder dem Unternehmen. Der Kunde hat dann in der Regel auch keine Ambitionen, zur Konkurrenz zu wechseln oder ein anderes Produkt zu kaufen. Doch erst, wenn der Kunde sich auch zukünftig bei seinen Kaufentscheidungen gegenüber dem Unternehmen loyal verhält und wieder das gleiche bzw. weiterentwickelte Produkt beim gleichen Unternehmen kauft, dann handelt es sich um Kundenbindung. Dabei wird auch deutlich, dass Kundenbindung nicht etwas Statisches ist, sondern täglich durch
Kapitel 3: Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
155
die Aktivitäten des Unternehmens neu gefestigt und gepflegt werden muss. Auch die Erwartungshaltung loyaler Kunden verändert sich unter anderem durch den Einfluss von Werbeaussagen, Freundesempfehlungen, Wettbewerberaktivitäten und neue persönliche Erfahrungen. Deshalb müssen diese – oft nur latenten – veränderten Erwartungen des Kunden eine Entsprechung und damit einen Spiegel in der veränderten Konzeption der Marktleistung und den anders priorisierten oder neu hinzugekommenen Nutzenkomponenten finden.
3.3
Die Stufen der Kundenzufriedenheit
Eine etwas andere, bereits konkretere Herangehensweise an die Definition des Zufriedenheitsbegriffes liefert Abbildung 70, die den prozessualen Charakter der Zufriedenheit graphisch darstellt.
Abbildung 70: Entstehung von Zufriedenheit als Confirmation oder Disconformation
In der Literatur spricht man in dieser Hinsicht von dem „Confirmation/Disconfirmation Paradigm” (vgl. dazu Abschnitt 4.3.1.2). Die aufgestellten Erwartungen der Kunden an die Marktleistungen und/oder das Unternehmen werden durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt. Hierzu gehören beispielsweise die Werbung und Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens, das aufgebaute Image am Markt sowie eigene Erfahrungen des Kunden oder Erfahrungen Dritter (z.B. Familienmitglieder, Freunde und Bekannte) mit dem Produkt. Die daraus resultierenden Anforderungen werden dann an dem tatsächlich wahrgenommenen Leistungsniveau gespiegelt. Die Wahrnehmung selbst wird dabei ebenfalls durch verschiedene Einflussfaktoren bestimmt, wie z.B. situative Gegebenheiten, grundsätzliche Einstellungen gegenüber der Marktleistung und/oder dem Unternehmen sowie den grundlegenden Verhaltensweisen des Kunden.
156
Kapitel 3: Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
Soll-Ist-Abgleich Am Ende des Prozesses steht die Bewertung der Zufriedenheit als Abgleich zwischen erwartetem Soll und wahrgenommenem Ist. Eine Zufriedenheit wird erst dann erreicht, wenn die gestellten Anforderungen erfüllt wurden.
3.4
Die Indifferenzzone
Aus der Differenz von Soll und Ist können nun unterschiedliche Ausprägungen der Zufriedenheit resultieren. Bei einer Unterdeckung stellt sich Unzufriedenheit ein. Bei einer Übererfüllung kann beim Kunden Begeisterung einsetzen. Dabei können sich die Kunden – wie in Abbildung 71 dargestellt – je nach Ausprägung einer möglichen Soll-Ist-Differenz in unterschiedlichen (Un-)Zufriedenheitsstadien befinden.
Abbildung 71: Stadien der Kunden(un)zufriedenheit
Ziel muss es sein, „Missionare“ zu erzeugen, die aktiv für das Produkt und/oder Unternehmen bei Dritten eintreten und dafür werben. Dies ist der Fall, wenn die Kunden weitaus mehr bekommen haben, als sie erwarteten. Bekommen sie einiges mehr, dann hat man in der Regel schon deutlich auf die Kundenbindung eingewirkt („Fahnenträger“),
Kapitel 3: Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
157
ohne dass jedoch Begeisterung entsteht wie bei „Missionaren“. Problematisch wird es jedoch schon bei Kunden, deren Erwartungen gerade erfüllt werden. Sie sind meist nicht von dem Produkt vollständig überzeugt und deshalb latent absprunggefährdet. Diese „Anpasser“ werden sich bei zukünftigen Käufen auch bei den Wettbewerbern informieren und sind bereit, die Marke bzw. das Unternehmen zu wechseln. Besonders gefährlich wird es jedoch immer dann, wenn die Kundenerwartungen nicht erfüllt werden. Das gravierendste Problem stellen dabei die „Guerilla-Kämpfer“ dar. Sie sind völlig unzufrieden und teilen dies auch gegenüber Dritten deutlich mit. Dies kann sogar so weit gehen, dass sie in ihrem sozialen Umfeld bewusst von dem Produkt und Unternehmen abraten. Auf diese destruktiven „Guerilleros“ hat das Unternehmen üblicherweise keinen Einfluss mehr. Sie werden zu einem nicht steuerbaren negativen Imagefaktor und Multiplikator am Markt. Ähnlich problematisch sind die sog. „Wanderer“. Sie sind ebenfalls unzufrieden, äußern ihren Unmut aber gegenüber dem Unternehmen. Dadurch besteht die Chance, dass durch ein professionelles Beschwerdemanagement das Unternehmen zumindest beschwichtigend auf den Kunden einwirken kann. Meist gelingt es zwar nicht, diese Beschwerdeführer wieder zurückzugewinnen, dafür können oft jedoch größere „Flurschäden“ am Markt verhindert werden. Auffangwillig und diskussionsbereit sind hingegen die „Bohrer“, die ihre Unzufriedenheit ebenfalls gegenüber dem Unternehmen mitteilen und eine Lösung des Problems erwarten. Häufig haben sie sogar hierfür konkrete Vorstellungen und konstruktive Vorschläge. Sie machen dem Unternehmen durch eine intensive Diskussion und Kommunikation Arbeit. Wichtig ist dabei zu erkennen, dass der sich beschwerende Kunde nicht destruktiv eingestellt ist, sondern konstruktiv-kritisch Lösungen durch das Unternehmen anmahnt und diese unterstützen will. Wird dies nicht erkannt und nicht honoriert, dann ist hiermit ein „Wanderer“ oder „Guerillero“ vorprogrammiert. In dieser Situation kann ein aktives und unbürokratisches Beschwerdehandling sehr positiv wirken und aus dem unzufriedenen einen zufriedenen Kunden machen, der einen aktiven Beitrag leistet. Dies kann sogar so weit gehen, dass aus dem „Bohrer“ ein „Fahnenträger“ oder gar ein „Missionar“ wird.
3.5
Das Spektrum der Kundenzufriedenheit
Grundsätzlich ist bei der Analyse und bei den Aktivitäten zur Steigerung der Kundenzufriedenheit zu berücksichtigen, dass sich die Kundenerwartungen – wie Abbildung 72 erkennen lässt – in zwei große Bereiche gliedern. Diese Differenzierung lässt sich gedanklich an die Zwei-Faktoren-Theorie von HERZBERG bezogen auf die Mitarbeiter-Motivation anlehnen (vgl. HERZBERG 1968, S. 57ff.).
158
Kapitel 3: Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
Abbildung 72: Spektrum der Kundenzufriedenheit
Als Beispiel lässt sich für die in Abbildung 72 skizzierten Phänomene der Unzufriedenheit bzw. Abwanderungsbereitschaft auf der einen Seite und der ab einem bestimmten Niveau einsetzenden wachsenden graduellen Zufriedenheit und Kundenbindung auf der anderen Seite das Unternehmen Deutsche Bahn AG anführen. Die drei Faktoren Sicherheit und Sauberkeit von Zügen und Bahnhöfen sowie Pünktlichkeit von Zügen haben seit langer Zeit die Bedeutung von kritischen Erfolgsfaktoren. „Pünktlichkeit“ ist aufgrund der Zielsetzung und des Auftrages der Bahn, Kunden von A nach B zu befördern, von zentraler Bedeutung. Den beiden flankierenden Kriterien „Sicherheit und Sauberkeit“ kommt ebenfalls ein wichtiger Stellenwert zu. Erst alle drei zusammen bewirken ein ausreichendes Zufriedenheitsniveau mit der Logistikleitung der Deutschen Bahn. Zum einen gibt es demnach Erwartungen, die als Mindestanforderungen erfüllt werden müssen, um eine Unzufriedenheit zu vermeiden. Werden sie erfüllt, dann ist aber noch lange keine Zufriedenheit erreicht. So wird eine pünktliche Lieferung entsprechend der getroffenen Vereinbarung kein Grund zur überschwänglichen Freude sein, sondern von einem seriösen und guten Partner von vornherein erwartet. Zum anderen gibt es Faktoren, die als Zufriedenheitsmacher fungieren, wenn sie realisiert werden. Das heißt, wenn sie nicht realisiert werden, stellt sich beim Kunden noch nicht unbedingt Unzufriedenheit ein. Dies ist eine Frage der spezifischen Erwartungshaltung. Wir sind auf diese Wirkungskomponenten an früherer Stelle beim Kano-Modell im Einführungskapitel in Abbildung 10 bereits ausführlicher eingegangen (vgl. dazu Abschnitt 1.5, S. 20ff. und Abbildung 10, S. 23). Hierbei ging es bei einem höheren, bereits realisierten Zufriedenheitsniveau
Kapitel 3: Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
159
um die Wirkung von Begeisterungsfaktoren zur weiteren Steigerung der Wertschätzung durch Kunden. Damit wird deutlich, dass ein Unternehmen zuerst die Unzufriedenheitsfaktoren erkennen und positiv gestalten muss, bevor die Zufriedenheitsfaktoren voll greifen können. Das bedeutet auch, dass bei den Kunden zunächst die Abwanderungsbereitschaft verringert werden muss, die schon im positiven Bereich vorhandener, aber geringer Zufriedenheit beginnt. Erst dann können Ansätze in Richtung Kundenbindung mit einer zu erwartenden Wirkung ausgebaut werden. Dies setzt jedoch eine detaillierte Untersuchung einzelner Faktoren als Elemente der Zufriedenheit bezüglich ihrer Bedeutung als Zufriedenheitsoder Unzufriedenheitsfaktoren voraus. Hierauf wird im folgenden Abschnitt 3.6 der dreistufigen Analyse der Wichtigkeit von Kundenanforderungen (in A-, B- und C-Niveau) eingegangen.
3.6
Die ABC-Analyse der Kundenanforderungen/-erwartungen
Mit diesem Instrument werden durch ABC-Analysen die Kundenerwartungen nach ihrer Wichtigkeit und Bedeutsamkeit in drei Kategorien eingeteilt. Die A-Erwartungen sind – wie Abbildung 73 zeigt – quasi als Muss-Leistungen unbedingt vollständig zu erfüllen. Sie ermöglichen meist eine Differenzierung im Wettbewerb oder können bei Nichterfüllung zu Wettbewerbsnachteilen führen. Die B-Erwartungen sind von mittlerer Wichtigkeit für die Kundenzufriedenheit und sollten deshalb nur dann erfüllt werden, wenn damit nur geringe zusätzliche Kosten verbunden sind. Die C-Erwartungen sind solche, die nur einen geringen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben. Sie bieten in der Regel keine Differenzierungschance im Wettbewerb und sollten deshalb nur als zusätzliche KannLeistungen angeboten werden, wenn mit ihrem hohen Erfüllungs-Niveau keine zusätzlichen Aufwendungen verbunden sind. Diese letzte Aussage führt uns hin zu dem Problem der Messung der Kundenzufriedenheit, welche Thema der Ausführungen in dem folgenden Kapitel sein soll. Denn herausgefunden werden muss zunächst, welcher auf das Erfüllungsniveau bezogenen Erwartungsgruppe die einzelnen Kundenerwartungen zugeordnet werden sollen. Erst im Anschluss daran kann der Handlungsbedarf abgeleitet werden.
160
Kapitel 3: Entstehung und Stufen der Kundenzufriedenheit
Abbildung 73: ABC-Analyse der Kundenanforderungen/-erwartungen
4
Customer Satisfaction Measurement (CSM)
Vorstehend wurde bereits auf die Neudefinition der Marketingansätze aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen eingegangen. Diese Tendenz blieb nicht ohne Handlungsbedarf bei den Anforderungen an eine ganzheitliche Messung der Kundenzufriedenheit. Hier setzt das Customer Satisfaction Measurement (CSM) an. Ziel des CSM soll es sein, „ein zuverlässiges Feedback der eigenen Unternehmensleistung zu erhalten, um Handlungen [im Rahmen des CRM] so zu steuern, dass eine langfristige Kundenbeziehung entsteht bzw. fortdauert” (SEBASTIAN et al. 1995, S. 346).
4.1
Klassische Marktforschung vs. Customer Satisfaction Measurement
Mit Abbildung 74 werden wesentliche Ansatzpunkte eines Vergleichs der traditionellen Marktforschung und des Customer Satisfaction Measurement aufgelistet. Aus der Gegenüberstellung wird deutlich, dass es sich beim CSM nicht um einen grundsätzlich neuen und damit völlig unterschiedlichen Messansatz handelt, sondern dass es eine nicht unerhebliche Schnittmenge mit der herkömmlichen Marktforschung gibt. Dies schafft die Grundlage für viele Unternehmen, die bisher betriebene Marktforschung in Richtung des neuen CSM zu erweitern. Im Rahmen der Marktforschung werden typischerweise Kunden und Nichtkunden befragt, beim CSM jedoch Kunden und Lost Customers als Nicht-Mehr-Kunden. Durch die stärkere Beziehungsorientierung des CSM wird das traditionelle und damit mehr vorkauforientierte Marketing erweitert in Richtung vergangenheitsorientierter NachkaufAnalysen, die wiederum die Grundlage für eine neue Vorkaufphase werden sollen. Da die Kundenzufriedenheit von den Kundenbedürfnissen, die im Zeitablauf variieren, abhängt, hat ein einmal erreichter hoher Zufriedenheitswert lediglich eine zeitlich begrenzte Gültigkeit, eine periodische Messung ist deshalb unentbehrlich. Die Zeitspanne zwischen den einzelnen Messungen hängt vor allem von der Kaufhäufigkeit und Wechselmöglichkeit des Kunden ab. In beiden Bereichen werden Einstellungen ermittelt. Bei der klassischen Marktforschung mit der prospektiven Analyse des Käuferverhaltens sind sie aber genereller als bei der retrospektiven Ermittlung der Kundenzufriedenheit mit dem Ziel der Kundenbindung im CSM. Im Vordergrund stehen hier die nachvollziehbaren Erfahrungen und Nutzenbeurteilungen des Kunden. Dabei geht es hier zusätzlich um die Ermittlung zukünftiger Kundenerwartungen, um auf dieser Basis die Marktleistungen des Unternehmens an veränderte Anforderungen anpassen zu können und so den dynamischen Entwicklungen der Kundenanforderungen Rechnung zu tragen.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5_4
162
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Abbildung 74: Beziehung zwischen Marktforschung und Customer Satisfaction Measurement (CSM)
Ein gradueller Unterschied besteht darin, dass bei der traditionellen Marktforschung typischerweise eine Panelforschung durchgeführt wird (vgl. z.B. STEIN 2014, S. 144; STERN 1974 (Handelspanel)). Beim CSM ist die Zielsetzung hingegen so ausgerichtet, dass durch die differenzierte Analyse unterschiedlicher Kundengruppen die Zufriedenheit von möglichst vielen, für das Unternehmen heute und in der Zukunft wichtigen Kunden im periodischen Turnus erfragt und untersucht werden soll. Gleichzeitig können Investitionen durch die Erfragung der Wichtigkeit bestimmter Faktoren für den Kunden gezielter gesteuert werden. Hierdurch wird erstens der Kontakt zu möglichst vielen Kunden verstärkt, zweitens wird die im Zeitablauf erhobene Datenbasis breiter, drittens ermöglicht dies differenzierte Benchmarking-Analysen und viertens können zum Beispiel nach Kundengruppen und Regionen oder Niederlassungen spezifisch ausgerichtete Verbesserungsprogramme erarbeitet werden.
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
163
Generell sind die Daten am Wettbewerb zu spiegeln. Letzteres gilt gleichermaßen für die repräsentativen Einstellungs- und Strukturdaten der traditionellen Marktforschung wie auch für die gemessenen Verhaltensergebnisse beim CSM. Der generelle Unterschied besteht also darin, dass die bisherige Marktforschung auf der Grundlage des zu erwartenden Kaufverhaltens Marktchancen ermitteln bzw. Verkaufsprognosen abgeben will (vgl. HAMMANN/ERICHSON 1994, S. 26ff.). Sie ist damit die Grundlage für die Gestaltung des Marketing-Mix. CSM will hingegen durch die Ermittlung des Customer Satisfaction Index (CSI) als Steuerungsinstrument im Rahmen eines speziellen Controlling nicht nur Erfolge ermitteln, sondern vor allem auch Schwächen im Leistungsprozess und Leistungsergebnis aufdecken, um so schnell und nachhaltig konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen im Customer Relationship Management erkennen zu können. Erkenntnis- vs. Handlungsorientierung Damit ist ein wesentlicher Unterschied angesprochen: Die klassische Marktforschung mit ihren vorwiegend merkmalsorientierten Erhebungsmethoden ist stärker erkenntnisorientiert, während die Zufriedenheitsmessung mit ihren zusätzlich prozess- und ereignisorientierten und insgesamt verlaufsbezogenen bzw. dynamischen Methoden eher handlungsorientiert ausgerichtet ist. Da von nahezu allen Unternehmen in verschiedenen Branchen heute eine schnelle Reaktionsfähigkeit auf veränderte Marktbedingungen gefordert wird, liefert eine CSI-Analyse eine bessere Grundlage, um gezielt kundenzufriedenheitssteigernde und die Kundenbindung erhöhende Maßnahmen einsetzen zu können. Mit anderen Worten ist hier eine punktgenauere Gestaltung und höhere Treffsicherheit von CRM-Maßnahmen-Programmen bei bestimmten Kundengruppen möglich, wenn die Erhebungs- und Analysephasen als Basis des CRM professionell durchgeführt werden. Es gilt also die Aussage: CSM ist immer auch Marktforschung. Aber nicht jede Marktforschung liefert die detaillierten Informationen über die Kundenzufriedenheit wie das CSM. Nach dieser differenzierten Betrachtung, die zugleich auch erhebliche Überschneidungen dargestellt hat, sollen in Form von Fragen die unterschiedlichen Ausrichtungen, Inhalte und Ergebnisse von Kundenzufriedenheitsanalysen ergänzend beleuchtet werden. Sie sind in Abbildung 75 zusammengefasst.
164
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Abbildung 75: Inhalte und Ergebnisse von Kundenzufriedenheitsanalysen
Diese Detailfragen sind in einem Praxisprojekt unbedingt im Vorfeld zu stellen, um hieran die inhaltliche Gestaltung des CSM-Konzeptes auszurichten. Sie geben Aufschluss über die erzielbaren Ergebnisse einer detaillierten Analyse. Neue Ansätze in der Marktforschung basieren auf Big Data und Data Analytics. Die Idee geht dahin, vorhandene Daten in Unternehmen besser aufzubereiten und dann inhaltlich konsequenter zu nutzen. Möglich wird dies durch eine Strukturierung, Verknüpfung und Analyse von (teil-)anonymisierten Daten, um für die Marktbearbeitung verwertbare Informationen herzustellen. Dabei unterstützt spezielle Datenanalysesoftware bis hin zur künstlichen Intelligenz das Vorhaben. Erst wenn diese bereits vorhandenen und analy-
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
165
sierten Daten als Informationsgrundlage nicht ausreichen, sollten – allein aus Kostengründen – erst neue Daten durch Befragungen generiert werden (vgl. KELLER/KLEIN/ TUSCHL 2015). Wenn z.B. laufend zugängliche kundenbezogene Daten in der definierten Art in einem stetigen Prozess dauernd anfallen bzw. generiert werden können, dann liegt ein wesentlicher Vorteil dieser Vorgehensweise darin, dass es keinen definierten Befragungszeitraum gibt, sondern die Daten praktisch zu jedem Zeitpunkt analysiert und auch verglichen werden können. Da keine direkte und terminierte Befragung mehr stattfindet, ist auch keine Bereitschaft des Kunden für eine Teilnahme an einer Befragung erforderlich und es kann die gesamte Teil-Grundgesamtheit analysiert werden und nicht nur eine Stichprobe. Insgesamt verändert sich durch die dabei eingesetzte digitale Datenerhebung sowie durch die Vielzahl und Vielfalt an neuen digitalen Analysemethoden die gesamte Art und Weise der Marktforschung.
4.2
Umsetzungslücken serviceorientierter Qualität
In der Literatur sind in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Modellansätzen zur Messung der Dienstleistungs- oder auch Servicequalität vorgestellt worden, die unterschiedliche Qualitätsmerkmale als ursächlich für Dienstleistungsqualität bezeichnen. Hervorzuheben sind hierbei die Ansätze von GRÖNROOS, DONABEDIAN, BERRY/BRANDT sowie ZEITHAML/PARASURAMAN/BERRY (vgl. dazu auch BENKENSTEIN/GÜTHOFF 1997, S. 83). Das Modell von ZEITHAML/PARASURAMAN/BERRY 1992 geht von einem kundenorientierten Qualitätsbegriff aus und basiert auf Fokusgruppeninterviews mit Dienstleistungskunden und auf Expertengesprächen mit Dienstleistungsanbietern verschiedener Branchen, wie Banken, Versicherungen und Reparaturdienstleistern. Die von den drei Autoren durchgeführte Studie mündete in der Erarbeitung von fünf Lücken (gaps), die zwischen der Wahrnehmung der Leistung durch den Kunden und der angebotenen Dienstleistung des Anbieters bestehen können. Die Diskrepanz zwischen erlebtem und erwartetem Service wird – wie Abbildung 76 verdeutlicht – als Lücke 5 in dem GAP-Modell bezeichnet und resultiert aus den vier anderen Lücken, die in einem Unternehmen auftreten (können). Diese Untergliederung resultiert aus der Tatsache, dass die Ursachen der Lücke 5 in Defiziten in den Vorstufen liegen können. Die Lücken 2, 3 und 4 sind typische interne Lücken und beschreiben Management- und Vorsteuerungsprobleme im Unternehmen. Lücke 2 zeigt beispielsweise die Abweichung auf zwischen den Vorstellungen des Managements über die Kundenerwartungen und dem, was das Management an Normen für Servicequalität kommuniziert.
166
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Die Lücke 1 stellt die Brücke von der internen zur externen Sicht dar, da sie aufzeigt, ob das Unternehmen die Erwartungen des Kunden überhaupt richtig einschätzt und ist damit primär ein Marktforschungsproblem.
Abbildung 76: Umsetzungsprobleme der Servicequalität
Dieses GAP-Modell zeigt die Hürden auf, welche überwunden werden müssen, um eine qualitativ hochwertige Leistung zu erbringen. Es kann jedoch nicht die Ursachen der Wahrnehmung von Qualität erklären. Diese erfolgt über Dimensionen der Dienstleistungsqualität, nach denen – wie anhand von Interviews nachgewiesen wurde – die Nachfrager unterschiedlicher Leistungen die Dienstleistungsqualität evaluieren.
4.3
Analyseverfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit
Die im Folgenden vorgestellten Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit sollen möglichst verzerrungsfrei das Konstrukt Kundenzufriedenheit messen sowie eine Querschnitts- und Längsschnittanalyse erlauben und eine Kommunikation der Ergebnisse und Verbesserungsmaßnahmen intern wie extern garantieren. Sicherzustellen sind unbedingt die Validität und Reliabilität der Untersuchungsergebnisse (TÖPFER 2012, S. 83 ff., TÖPFER 1996b, S. 510). Der Begriff Validität bezieht sich dabei auf das Vermeiden systematischer Fehler; dies bedeutet, dass das gemessen wird, was wirklich gemessen werden soll. Mit der Forderung
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
167
nach Reliabilität ist die Zuverlässigkeit der Messergebnisse gemeint (vgl. HAM1994, S. 75). Letzteres impliziert, dass bei wiederholten Messungen desselben Objekts unter identischen Rahmenbedingungen die gleichen Messergebnisse erzielt werden.
MANN/ERICHSON
Bei den Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit unterscheidet man grundsätzlich zwischen objektiven bzw. objektivierten und subjektiven Messansätzen, denen verschiedene Arten der Wahrnehmung zugrunde liegen. Klassifikation der Messverfahren Objektive Indikatoren sind globale Größen wie Umsatz oder Marktanteil, die keiner subjektiv verzerrten Wahrnehmung von Personen unterliegen (vgl. BEUTIN 2003, S. 118f.; HINTERHUBER/MATZLER 2006, S. 243; HOMBURG/RUDOLPH 1995, S. 42). Es wird von der Annahme ausgegangen, dass Zufriedenheit zu Kundentreue und Unzufriedenheit zu Abwanderung führen. Die Validität dieser Verfahren ist anzuzweifeln, da der Kauf als Indikator für Zufriedenheit an Aussagekraft verloren hat, die Indikatoren stark verzögert auftreten und durch äußere Kräfte am Markt beeinflusst werden können. Auch die Mystery bzw. Silent Shopping-Methode als ein objektiviertes Verfahren kann die direkte Kundenbefragung (subjektive Verfahren) nicht ersetzen. Denn der Mystery Customer ist ein Testkäufer, der das fragliche Gut am Point of Sale kauft, der jedoch nicht genauso wie ein wirklicher Kunde empfindet (vgl. SCHNEIDER/KORNMEIER 2006, S. 51; TÖPFER/GREFF 2000, S. 35 ff., 66 ff.; BRUHN 1997, S. 63). Dieses Verfahren wird häufig als Ergänzung zur Kundenbefragung eingesetzt, um wertvolle Informationen aus Kundensicht als sogenannte Customer Insights zu ermitteln. Merkmale, wie zum Beispiel die Ladengestaltung, die Warenpräsentation oder das Verhalten der Mitarbeiter, können hierdurch kontinuierlich verbessert werden. Das Verfahren des Mystery Shopping kann aber die direkte Kundenbefragung nie ersetzen. Die subjektiven Verfahren sind im Gegensatz dazu auf die individuelle Wahrnehmung psychischer Sachverhalte und damit zusammenhängender Verhaltensweisen ausgerichtet. Nur auf der Grundlage von Kundenbefragungen kann ermittelt werden, ob ein Angebot den Kundenbedürfnissen entspricht (LINGENFELDER/ SCHNEIDER 1991b, S. 30; BEUTIN 2003, S. 119). Verfahren, die die Kundenzufriedenheit anhand subjektiver Kriterien messen, lassen sich den merkmals- oder ereignisorientierten Verfahren zurechnen, wobei die Unterscheidung im Hinblick auf die Art des Untersuchungsobjektes getroffen wird. Eine Klassifikation der Verfahren findet sich in Abbildung 77.
168
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Abbildung 77: Die Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit
4.3.1
Darstellung des ereignisorientierten Ansatzes und der Messtechniken
Maßgeblicher Ansatzpunkt ereignisorientierter Messverfahren ist die Ermittlung der Kundenzufriedenheit anhand von Konsumerlebnissen bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen. Diese Kundenerlebnisse, auch als „Augenblicke der Wahrheit” bezeichnet, beinhalten alle wesentlichen Kontakte des Kunden mit dem Unternehmen (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1995, S. 117; STAUSS 2000, S. 324 ff.). Die Analyse und Bewertung der Kontakte bezieht sich auf alle relevanten Prozessphasen zwischen dem Unternehmen und dem Kunden. In Abbildung 78 werden diese Kontaktpunkte nach den 3 Phasen des Verkaufsprozesses gegliedert, nämlich nach der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase. In diesen drei Prozessteilen werden Interaktionen über die vier Kommunikationskanäle Online, Schriftlich, Telefon, und Persönlich vor Ort durchgeführt. Die verschiedenen Kommunikationskanäle können in allen drei Phasen des Verkaufsprozesses ereignisorientiert für den Informationsaustausch aktiv eingesetzt werden. Die Inhalte der Interaktionen können positiv (Kundenzufriedenheit) oder neutral (Wissensanfrage) oder negativ (Beschwerde) sein. Im vorstehenden und im nachfolgenden Text wurden und werden konkrete Beispiele für die verschiedenen Inhalte der Interaktionen wiedergegeben.
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
169
Abbildung 78: Augenblicke der Wahrheit im Kundenkontakt
Die im Folgenden vorgestellten Verfahren ordnen sich als Teiletappen in die „Kontaktpunktanalyse” ein und werden nach der Art der erhobenen Ereignisse und ihrem qualitativen und quantitativen Charakter unterteilt. 4.3.1.1
Identifikation der Kontaktpunkte
In diesem ersten Schritt sind sämtliche Kontaktpunkte zu identifizieren und die wechselseitigen Abhängigkeiten zu visualisieren. Dafür wird die Methode des Blueprinting eingesetzt. Sie wurde Anfang der achtziger Jahre von Shostack entwickelt und analysiert den gesamten Leistungserstellungsprozess anhand eines graphischen Ablaufdiagramms. Mit einer „Line of Visibility” werden die für den Kunden sichtbaren Teile des Leistungserstellungssystems kenntlich gemacht (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1991, S. 242). Das Blueprinting soll von den Mitarbeitern des Unternehmens unter unbedingter Einbeziehung der Kunden durchgeführt werden (vgl. STAUSS/WEINLICH 1996, S. 31, 53). Das „ServiceMapping” stellt eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens dar.
170
4.3.1.2
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Qualitative Kontaktpunktmessung
Ausgehend von den „entdeckten” Kontaktpunkten wird jetzt ermittelt, was an diesen Kontaktpunkten passiert ist bzw. wie das Geschehene vom Kunden erlebt wurde. Unterschieden wird dabei zwischen der Erfassung gewöhnlicher Ereignisse und solchen, die vom Kunden als außergewöhnlich bzw. kritisch empfunden wurden. a) Übliche qualitative Kontaktpunktmessung Die Beobachtung der Interaktion zwischen Kunde und Unternehmen wird durch geschulte Sozialforscher ohne Einbeziehung des Kunden durchgeführt. Das bewirkt eine Unsicherheit, ob die Wahrnehmungen des Beobachters denen des wirklichen Kunden entsprechen. In Anbetracht des hohen Kosten- und Zeitaufwandes dieses Messverfahrens ist eine Untersuchung aller Kontaktpunkte praktisch unmöglich und damit die Repräsentativität nur eingeschränkt gewährleistet (vgl. STAUSS 2000, S. 329). Die Sequenzielle Ereignismethode baut als phasenorientierte Kundenbefragung auf den Resultaten des Blueprinting auf. Der Kunde wird aufgefordert, zu den identifizierten Kontaktpunkten ausführlich seine Erlebnisse zu berichten und anzugeben, welche Aspekte als angenehm oder unangenehm empfunden wurden (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1990, S. 246). Die Fragen in den Interviews sind offen-strukturiert zu gestalten. b) Kritische qualitative Kontaktpunktmessung Die Critical Incident Technique (CIT, auch Kritische Ereignismethode) ist ein primär qualitatives, induktives und proaktives Verfahren zur Ermittlung nachhaltiger Kundeneindrücke, das in den fünfziger Jahren von FLANAGAN entwickelt und Mitte der achtziger Jahre von Bitner et al. zur Messung von Kundenzufriedenheit adaptiert wurde. Kritische Ereignisse definieren sie als „specific interactions between customers and service employees that are especially satisfying or dissatisfying” (BITNER et al. 1990, S. 73). Die Kernidee besteht darin, Extremerlebnisse, die häufig als Geschichten weiterleben, also positive und negative Mund-zu-Mund-Kommunikation, zu sammeln und auszuwerten. Erhoben werden diese Ereignisse durch qualifiziertes Untersuchungspersonal in persönlichen Interviews mit standardisierten, offenen Fragen (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1990, S. 241). Auf die Befragung folgt ein mehrstufiges Analyseverfahren, in dem die Erlebnisse nach positiven und negativen Ereignissen und nach Art ihrer Ursache in Problemkategorien klassifiziert werden. Um überhaupt verwertet werden zu können, müssen sich die Berichte direkt auf eine Anbieter-Nachfrager-Interaktion beziehen, starke (Un-) Zufriedenheit erzeugen, ausreichend detailliert sein und eine diskrete Episode wiedergeben (vgl. HENTSCHEL 2002, S. 199). Die Resultate der CIT werden in einer Tabelle mit Angabe der Häufigkeiten der entsprechenden Ereigniskategorien und ihrer positiven und negativen Ausprägungen dargestellt.
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
171
Wegen des Wiedererzählens der Begebenheiten zeichnet sich das Verfahren durch eine fast direkte Beobachtung aus. Die Verzerrung von Seiten des Probanden ist gering und die Daten liegen sehr konkret und detailliert vor. Der Anspruch an das Abstraktionsvermögen des Untersuchungspersonals ist dafür umso höher. Er muss fehlende Angaben erfragen und eventuelle Widersprüchlichkeiten oder Ungenauigkeiten noch während des Interviews aufklären. Die CIT ist, wie auch die Sequenzielle Ereignismethode, im Hinblick auf Kosten und Zeit, ein sehr aufwendiges Verfahren. Die Beschwerdeanalyse befasst sich ausschließlich mit den negativen kritischen Augenblicken der Wahrheit (STAUSS 2000, S. 330 f.) und wird zur Problemerfassung genutzt. Durch eine Quantifizierung und Klassifizierung der aufgetretenen Negativpunkte kann auf die Problemrelevanz geschlossen und ein Handlungsbedarf abgeleitet werden. Der Kunde ist immer Auslöser der Beschwerde; es obliegt jedoch dem Unternehmen, die Beschwerdebereitschaft zu stimulieren. Obwohl man keinen Gesamtüberblick über die Zufriedenheit der Kunden erhält, ist es wichtig, dieses primär quantitative und kostengünstige Verfahren effektiv zu nutzen. Außerdem haben Untersuchungen gezeigt, dass Konsumenten mit ausgeprägter Beschwerdezufriedenheit ein hohes Maß an Unternehmensloyalität entwickeln (vgl. STAUSS 1989, S. 45). 4.3.1.3
Quantitative Kontaktpunktmessung
Zur Ableitung des etwaigen Handlungsbedarfs zur Steigerung der Kundenzufriedenheit ist es wesentlich, Relevanz und Häufigkeit der zuvor identifizierten und analysierten Probleme zu ermitteln. Dafür wird die Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme (FRAP) eingesetzt. Aufgrund der starken Auswirkung negativer Erlebnisse auf das Abwanderungs- und Kommunikationsverhalten der Kunden sind nur diese Gegenstand der Messung (vgl. QUARTAPELLE/LARSEN 1996, S. 142). Die aus der Kontaktpunktidentifikation und der qualitativen Kontaktpunktmessung erhaltenen Daten werden in einer Problemliste zusammengestellt und nach Redundanz- und Relevanzgesichtspunkten komprimiert. Darauf aufbauend, wird ein Fragebogen erstellt, der die wahrgenommene Problemhäufigkeit, den wahrgenommenen Grad der Verärgerung und das faktische oder geplante Reaktionsverhalten durch mündliche, telefonische oder schriftliche Befragung ermittelt. Die ausgewerteten Daten werden mit Hilfe graphischer Darstellung und in einem Pareto-Diagramm präsentiert (vgl. STAUSS 2000, S. 334 ff.). Abbildung 79 verdeutlicht den Beitrag der einzelnen Probleme für die gesamte Problematik.
172
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Abbildung 79: Beispiel für ein Pareto-Diagramm
Die Anwendung der Frequenz-Relevanz-Analyse ist nur bei wiederholt genutzten Leistungen bzw. bei Standardproblemen in langfristigen Kundenbeziehungen sowie bei wiederholt auftretenden Situationen ohne sofortige Abwanderungsgefahr sinnvoll (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1990, S. 252).
4.3.2
Merkmalsorientierter Ansatz und Messtechniken
Dem merkmalsorientierten Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass die wahrgenommene Servicequalität das Resultat einer subjektiven Bewertung von Einzelmerkmalen der angebotenen Leistung ist (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1995, S. 116). Merkmalsgestützte Verfahren unterscheiden zwischen der indirekten Messung der Zufriedenheit durch geeignete Indikatoren, die Rückschlüsse auf die Kundenzufriedenheit zulassen (implizite Messung) und der direkten Messung des Erfüllungsgrades der Erwartungen bzw. durch die direkte Erfragung der empfundenen Zufriedenheit (explizite Messung).
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Den impliziten Verfahren lassen sich die retrospektive Erfassung des Beschwerdeverhaltens sowie die Ermittlung der vom Kunden wahrgenommenen Leistungsdefizite zurechnen. Die Gefährlichkeit von Rückschlüssen aus quantitativen Ergebnisse, wie z.B. Umsatz und Beschwerdeanzahl auf eine hohe Kundenzufriedenheit wurde bereits zuvor angesprochen. Deswegen liegt der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen auf dem expliziten Messansatz, der die Kundenzufriedenheit anhand von ein- und mehrdimensionalen Zufriedenheitsskalen misst (vgl. LINGENFELDER/SCHNEIDER 1991, S. 30). Eindimensionale Verfahren ermitteln die Gesamtzufriedenheit mit nur einer Frage. Das Ergebnis ist ein pauschales Kundenurteil, d.h. das Unternehmen kann nicht nachvollziehen, was die Grundlage für dieses Urteil ist und damit wie diese Aussage zustande gekommen ist. Des Weiteren bleibt unklar, ob die Antwort auf einer rationalen Überlegung und einem funktionalen Zusammenhang auf rationaler Ebene beruht, oder ob es sich hierbei vielmehr um ein intuitives Pauschalurteil handelt. Ein Beispiel für die eindimensionalen Verfahren ist die Formulierung „Sind Sie mit dem Einkauf in unserer Filiale zufrieden?“, wobei die Probanden sich für eine von fünf Antwortkategorien von sehr zufrieden über zufrieden, teils-teils, unzufrieden bis sehr unzufrieden entscheiden sollen. Diese Verfahren haben damit zwar den Vorteil einfacher Handhabung und geringer Komplexität, analysieren die Zufriedenheit aber nicht differenziert genug (vgl. HOMBURG/RUDOLPH 1995, S. 45). Trotzdem kann die so gemessene Gesamtzufriedenheit einen aussagekräftigen Vergleichswert zu den Ergebnissen mehrdimensionaler Messung darstellen, die Thema des folgenden Abschnittes sind. Mehrdimensionale (Multiattribut-)Verfahren erheben Einzelurteile zu Leistungsmerkmalen und verrechnen diese zu einer Gesamtzufriedenheit (vgl. STANDOP/HESSE 1985, S. 18). Es wird also davon ausgegangen, dass sich aus der Anzahl wahrgenommener Einzelleistungen bzw. Teilattribute einer Leistung aussagefähige Zufriedenheitsurteile ableiten lassen. Multiattributverfahren lassen sich in einstellungs- und zufriedenheitsorientierte Messansätze sowie SERVQUAL, SERVPERF, SERVIMPERF und CSI untergliedern. Der einstellungsorientierte Ansatz stellt auf die Annahme ab, dass die Qualitätswahrnehmung eine gelernte, eher dauerhafte, positive oder negative innere Haltung gegenüber dem zu beurteilenden Objekt ist (HENTSCHEL 2000, S. 299). Dieses Objekt ist entweder ein Merkmal, eine spezielle Leistung oder das gesamte Unternehmen. Die einzelnen Konsumereignisse fließen in die Einstellung gegenüber dem Objekt ein. Der zufriedenheitsorientierte Ansatz liegt theoretisch im „Confirmation/Disconfirmation Paradigm” begründet. Dieses Verhaltensmuster definiert (Un-)Zufriedenheit als eine Reaktion auf die subjektiv wahrgenommene Diskrepanz zwischen erwarteter und erlebter Leistung. Im Gegensatz zum einstellungsorientierten Ansatz bildet ein konkretes, klar abgrenzbares Konsumerlebnis den Bezugspunkt (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1991, S. 241).
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Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Werden die Erwartungen, welche sich aus Erfahrungen, Bedürfnissen, Kommunikation und monetärer Gegenleistung zusammensetzen, zumindest bestätigt, resultiert daraus Zufriedenheit, im umgekehrten Fall Unzufriedenheit (vgl. HALLER 1995, S. 33). Der einstellungsorientierte Ansatz herrschte in der „klassischen” Marktforschung vor. Diese war darauf konzentriert, die verhaltensdeterminierenden Sachverhalte zu erkennen, um auf dieser Basis auf das Kaufverhalten der Interessenten und/oder Kunden schließen zu können. Der zufriedenheitsorientierte Ansatz entspricht der neueren Entwicklung im Marketing, die nicht mehr nur allgemeine Marktforschung betreibt, sondern Kundenforschung im Hinblick auf dessen Zufriedenheit. Damit ist sie sehr viel stärker auf die Ergebnisse des Verhaltens, also den Kauf bzw. die Inanspruchnahme von Leistungen des Unternehmens ausgerichtet. Ermittelt wird die Bewertung dieser Leistung aus Kundensicht. Dabei wird zusätzlich die generelle Handlungs- und Verhaltensbasis analysiert, nämlich die Bedeutung, die der Kunde bestimmten Sachverhalten, Ereignissen und Ergebnissen beimisst. Die SERV-Ansätze beschränken sich auf die Untersuchung von Komponenten der Servicequalität. In Abbildung 80 sind sie mit dem Zufriedenheits-Messansatz in Beziehung gesetzt. Auf der Erfassung der Ist-Leistung, ohne separate Bewertung der Bedeutung und ebenfalls ohne separate Erfassung der Erwartung, basiert der Messansatz des SERVPERF. Wird zusätzlich neben der direkten Ist-Messung auch die Bedeutung erhoben, liegt also ein Zweikomponentenansatz vor, dann ist dies die Basis für den Messansatz SERVIMPERF. Wird die Erwartung indirekt durch einen Vergleich zwischen Idealzustand und der vorzufindenden Ist-Leistung gemessen, dann entspricht dieser Einkomponentenansatz, bei dem die Bedeutung nicht separat erhoben wird, dem Modell des Messansatzes von SERVQUAL. Der CSI, eine Weiterentwicklung des SERVIMPERF, kann für Ereignisse und Merkmale gleichermaßen angewandt werden, da eine Differenzierung nicht nur nach Merkmalen, sondern auch nach Prozessphasen und damit nach Kontaktpunkten erfolgen kann. So ist es möglich, die Zufriedenheit mit der Parkplatzsituation, dem Empfang und dem Leitsystem innerhalb eines Gebäudes zu erfragen. Bei dem Messansatz des Customer Satisfaction Index wird in einem Zweikomponentenansatz zum einen die Bedeutung explizit gemessen und zum anderen die Zufriedenheit als Soll-Ist-Vergleich, also als Abweichung oder Übereinstimmung der Anforderung und des Ist-Ergebnisses. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei diesem Messansatz
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noch die Indexbildung und damit die Vergleichbarkeit über die Zeit und über unterschiedliche Sachverhalte hinzukommt. Hierauf wird an späterer Stelle noch ausführlicher eingegangen.
Abbildung 80: Kundeneinschätzungen
Analyse- und Messmodelle Der SERVPERF-Ansatz misst und klassifiziert nur die wahrgenommene Leistung. Die einfache Bewertung durch den Kunden beinhaltet also das Abfragen der Erwartung und der Wahrnehmung des Kunden. Die zweifache Bewertung impliziert, dass nicht aufgrund von Wahrnehmung und Erwartung auf die Zufriedenheit geschlossen wird, sondern dass erfragt wird, wie der Kunde diese Wahrnehmung aufgrund seines Wertesystems einordnet und wie diese im Vergleich zu seiner Erwartung steht. Dieser Schritt kennzeichnet den Übergang von der einstufigen zur zweistufigen Bewertung, bei welcher der Befragte die Wichtigkeit angeben soll. Hat der Kunde nur geringe Erwartungen, bewertet er seine Wahrnehmungen im Hinblick auf dieses Erwartungs-Niveau, woraus eine Erwartungsaussage zu seiner Zufriedenheit resultiert. Der SERVIMPERF-Ansatz gibt somit die Relation zwischen den Wahrnehmungen des Kunden und der Wichtigkeit an. Der Customer Satisfaction Index CSI basiert auf dem Abfragen der Zufriedenheit und der Wichtigkeit, wobei die Zufriedenheit aus Erwartung und Wahrnehmung gebildet wird. Der CSI-Ansatz steht somit in der Tradition der Zweikomponentenansätze sowie der SERVIMPERFAnsatz auch. SERVQUAL ist den indirekten Einkomponentenansätzen zuzurechnen, SERVPERF den direkten Einkomponentenansätzen (vgl. CRONIN/TAYLOR 1992 und 1994).
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Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Gerade im Zusammenhang mit dem Customer Relationship Management und damit dem Ziel einer hohen Kundenbindung gewinnt neben der Analyse des CSI auch die Berechnung des Kundenbindungs-Index (KBI) – auf die an späterer Stelle noch detailliert eingegangen wird – an Bedeutung. 4.3.2.1
Vergleich von merkmals- und ereignisorientiertem Ansatz
Nachdem im vorstehenden Abschnitt die unterschiedlichen Messansätze vorgestellt wurden, sollen ereignisorientierter und merkmalsorientierter Ansatz noch kurz gegenübergestellt werden. Aus Tabelle 2 wird ersichtlich, dass beide Modelle auf unterschiedliche Inhalte mit verschiedenen Befragungsmethoden und Erhebungsverfahren fokussieren. Merkmalsorientierte Verfahren, vor allem die einstellungsorientierten, akquirieren die Daten unabhängig von einem Konsumerlebnis, wogegen das ereignisorientierte Modell gerade diese zeitpunktbezogenen Ereignisse erfasst. Ereignisorientierte Modelle erfragen mit Hilfe der Sequenziellen Ereignismethode gewöhnliche und der CIT außergewöhnliche Erlebnisse. Das ist vorteilhaft, denn Ausnahme- und Routinesituationen lösen beim Probanden differente Denkprozesse aus, die beide erfasst werden sollen (vgl. STAUSS/ HENTSCHEL 1995, S. 121). Die Befragung in narrativen Interviews ermöglicht Dialog und Rückfragen, dem Probanden fällt es leicht zu antworten, da er nur berichtet. Das Untersuchungspersonal interpretiert die Aussagen und kann Hintergründe sowie Kausalzusammenhänge freilegen. Die Verzerrungsgefahr wird damit nach hinten verlagert, und es liegt an der Qualifikation der Interviewer, die gemachten Aussagen richtig zu deuten und anschließend wahrheitsgemäß zu kategorisieren. Um die Güte zu gewährleisten, empfiehlt sich eine Systematisierung der Ergebnisse ereignisorientierter Verfahren durch zwei unterschiedliche Prüfer. Natürlich kann man ereignisorientierte Befragungen genau wie merkmalsorientierte schriftlich, standardisiert und mit geringerem Kosten- und Zeitaufwand durchführen; in diesem Fall gilt für die Messwerte das gleiche wie bei der merkmalsorientierten Befragung in Tabelle 2. So ist beispielsweise ein Customer Satisfaction Index auch für einen Service-Center-Besuch, einen Einkaufsstättenbesuch oder eine Wagen-Inspektionsleistung ermittelbar. Bei der Erhebung von Ereignissen, erlebt der Kunde eine Situation in einer bestimmten Phase eines Prozesses und bewertet diese. Daraus folgt, dass seine Bewertung direkt auf Ursachen basiert und damit ein kausaler Zusammenhang darstellbar ist. Beim merkmalsorientierten Ansatz wird an den Kunden die Anforderung gestellt, eine Bewertung vorzunehmen, die möglichst nicht auf einem Einzelereignis beruht, damit keine Überstrahlungseffekte auftreten, sondern auf allen Ereignissen innerhalb der relevanten Zeitperiode basiert. Diese Zeitperiodenbewertung bedeutet dann, dass die Kausalität sich nur auf die
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
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Summe der gemachten Erfahrungen bezieht und nicht auf einzelne Erfahrungen abstellt. Damit ist die Kausalität deutlich geringer. Der ereignisorientierte Messansatz ist demzufolge eher geeignet, die Zufriedenheit bei bestimmten Phänomenen wie Reparatur, Auslieferung eines Produktes oder Beschwerde zu erfassen. Tabelle 2: Ein Vergleich der merkmals- und ereignisorientierten Verfahren
Ereignisorientiert
Merkmalsorientiert
Anlass/ Zeitpunkt
ereignisabhängig Routine-, Ausnahmesituation in unregelmäßigen Abständen Zeitpunktbetrachtung
ereignisunabhängig Routinesituation in regelmäßigen Abständen Zeitraumbetrachtung
Inhalt/ Messgegenstand
Kontaktpunkte, an denen Konsumerlebnisse durch Interaktion des Nachfragers mit dem Dienstleistungsanbieter entstehen
Leistungsattribute, die Kundenanforderungen und -erwartungen kennzeichnen und von deren Erfüllungsgrad auf die Gesamtzufriedenheit geschlossen werden kann
Befragungsmethoden/ -aufwand
mündlich oder schriftlich vorstrukturiert und offen Kosten und Zeit: hoch
schriftlich, hochstandardisiert, strukturiert, geschlossen Kosten und Zeit: gering
Interviewereinfluss
wenn mündlich: hoch
gering
Messwerte
qualitativ oder quantitativ
quantitativ
Bildung von Durchschnittswerten multiplikative, additive Verknüpfung
wenn qualitativ: keine Bildung von Durchschnittswerten Auszählung der Häufigkeiten, Kategorisierung
Konkretisierungsgrad
hoch Kausalzusammenhänge
gering, sehr abstrakt keine Kausalzusammenhänge
Reliabilität/ Validität
mittel – hoch mittel – hoch
mittel – hoch hoch
Leistungsart
vorwiegend Dienstleistungen
vorwiegend Sachleistungen (Ausnahme SERVQUAL; CSI)
Beim merkmalsorientierten Ansatz wird auf die gesamte Periode abgestellt, um letztlich zu ermitteln, ob der Kunde zufrieden ist oder ob er Probleme hat, und weniger, um einen direkten Rückschluss auf bestimmte Ereignisse und Verhaltensweisen im Unternehmen vorzunehmen. Das CSI-Modell, das auch zur Messung der Zufriedenheit mit Ereignissen eingesetzt werden kann, eröffnet den merkmalsorientierten Verfahren über die Bildung eines normierten
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Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Index neue Messfelder. Der CSI erlaubt den Vergleich von über mehrere Perioden hinweg gewonnenen Daten auf ein- und demselben Bezugsniveau. Außerdem gestaltet sich die Kommunikation der Werte an Geschäftsleitung und Mitarbeiter sowie an potentielle Kunden und Stammkunden erheblich einfacher. Des Weiteren wird die Unternehmensstrategie nicht mehr völlig „in die Hand der Kunden gelegt“, sondern es werden deren Bedürfnisse auf Machbarkeit und Vereinbarkeit mit der Strategie untersucht und dann entsprechend realisiert. Aus der Auswertung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede ist keine eindeutige Präferenz für das eine oder andere Verfahren ableitbar. Der Blick auf die Erwartungen an eine Kundenzufriedenheitsmessung zeigt aber auch: Es genügen weder Zahlen, die auf die Entwicklung des Zufriedenheitsniveaus hinweisen, noch reichen rein qualitative Ergebnisse aus. Für eine umfassende und valide Ermittlung der Kundenzufriedenheit sind beide Modelle bedeutsam und könnten nur durch ihre Kombination den Anforderungen entsprechen. Ihre komplementäre anstatt alternative Anwendung ermöglicht einen Synergieeffekt im Sinne qualitativ hochwertiger Aussagen, welche die Güte der quantitativen Ergebnisse garantieren und steigern. Eine Studie, die für die Messung der Servicequalität im Bereich der Finanzdienstleistungen die Gap-Analyse (merkmalsorientiertes Verfahren) und die Critical Incident Technique vergleicht, kommt zu ähnlichen Ergebnissen, indem sie den komplementären Einsatz beider Methoden für eine umfassende Qualitätsmessung favorisiert (vgl. MÜLLER/LOHMANN 1997, S. 987).
4.3.3
Berechnung des Customer Satisfaction Index
4.3.3.1
Grundannahmen
Der Begriff des Customer Satisfaction Index (CSI) wird seit geraumer Zeit von J.D. POWER zur Messung der Kundenzufriedenheit in der Automobilbranche und bei der Erstellung von Kundenbarometern verwendet (vgl. auch POWER 2007; SERVICEBAROMETER AG 2018; MEYER/DORNACH 1995). Definition CSI Der CSI wird definiert als eine Kenngröße zur Charakterisierung der Entwicklung der Kundenzufriedenheit und ist ein arithmetisches gewogenes Mittel von Messzahlen mit gleicher Basis- und/oder Berichtsperiode. Die Bildung eines CSI sollte immer unternehmensspezifisch erfolgen. Dabei ist es wichtig, dass neben einer methodisch einwandfreien Erhebungsdurchführung, die aussagefähige und valide Indikatoren erfordert, auch eine „saubere“ Skalierung bei der Datenerhebung eingesetzt wird. Da es sich bei den Zufriedenheitsurteilen um qualitative Aussagen
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handelt, bietet sich der Einsatz von Rating-Skalen an. Hierbei haben die befragten Kunden die Möglichkeit, sich für eine Antwort auf einer vorgegebenen Zufriedenheitsskala zu entscheiden. Diese Skalen können unterschiedliche Formen annehmen (vgl. auch HAMMANN/ERICHSON 1994, S. 274). Üblicherweise handelt es sich jedoch um semantisch-besetzte Antwortkategorien. Damit diese Rating-Skalen aussagefähig sind, sollten sie so abgestuft sein, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Antworten semantisch gleiche Abstände aufweisen. Im anderen Fall kann es zu positiven oder negativen Verzerrungen kommen. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Eine Skala mit den Antwortkategorien „vollkommen unzufrieden – unzufrieden – teils unzufrieden/teils zufrieden – zufrieden – sehr zufrieden“ entspricht dieser Forderung weitaus eher als eine Rating-Skala, die folgendermaßen abgestuft ist: „sehr zufrieden – eher zufrieden – weniger zufrieden – unzufrieden“. In diesem Fall geht das Unternehmen also davon aus, dass es keine völlig unzufriedenen Kunden gibt. Als besonders gut einsetzbar, hat sich in der Marktforschungspraxis die oben angeführte 5er-Skala (sogenannte Likert-Skala) von sehr zufrieden bis sehr unzufrieden herauskristallisiert. Die Werte dieser 5er-Skala können im Zuge der Datenauswertung – wie in Abbildung 81 dargestellt – sehr einfach in Werte auf der 100%-Skala umgewandelt werden. Alternativ könnten z.B. auch Schulnoten von 1 – 5 für sehr zufrieden bis sehr unzufrieden eingesetzt werden.
Abbildung 81: Beispiel für die Codierung der Antwortkategorien
Die Relation zwischen der gemessenen Zufriedenheit und Wichtigkeit wird im Folgenden im Hinblick auf alle möglichen Kombinationen untersucht, da hiervon unterschiedliche Wirkungen auf das Zustandekommen des Kundenzufriedenheitsindex ausgehen. Dies ist in Abbildung 82 dargestellt.
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Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Abbildung 82: Beziehungen zwischen Zufriedenheit und Wichtigkeit
Im Idealfall entspricht die erfragte Wichtigkeit der erreichten Zufriedenheit. Es wird also das höchstmögliche Niveau an Kundenzufriedenheit erreicht. In der Realität kann eine Über- oder Unterdeckung auftreten. Dies bedeutet, dass bei einer Überdeckung ein Kunde einem Kriterium eine höhere Zufriedenheit beimisst, als die Wichtigkeit aus seiner Sicht ausmacht. Die Schlussfolgerung daraus muss sein, dass diese erhöhte Zufriedenheit bei einem Kriterium dem Kundenzufriedenheits-Index nicht voll zugerechnet wird, sondern nur das durch die Wichtigkeit definierte Niveau. Trotz dieses Bewertungsmodus, der Überdeckung nicht honoriert, dürfen nicht vorschnell betriebliche Maßnahmen zum Abbau dieser Überdeckung ergriffen werden. Zum einen können hiervon Wirkungen auf andere Zufriedenheitsfaktoren oder auf das Gesamtempfinden einer Marktleistung und damit die Gesamtzufriedenheit ausgehen, zum anderen kann es die Grundlage für eine Servicestrategie bilden, hier eine höhere Zufriedenheit erreichen zu wollen, da Wettbewerber vergleichbar agieren oder da davon ausgegangen wird, dass die Wichtigkeit dieses Kriteriums im Zeitablauf steigt. Bei einer Überdeckung ist dennoch grundsätzlich zu prüfen, ob Einsparpotenzial vorhanden ist. Handlungsbedarf ist dann gegeben, wenn die Wichtigkeit größer ist als die empfundene und beurteilte Zufriedenheit. In diesem Falle sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die erkannte Lücke zu schließen.
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
4.3.3.2
181
Vorgehensweise bei der Berechnung des CSI
Im Folgenden wird an Beispielen gezeigt, wie der Kundenzufriedenheitsindex berechnet wird. In Abbildung 83 und Abbildung 84 sind die zwei Varianten des Beispiels dargestellt. Es kann so die angedeutete Wirkung einer Servicestrategie und damit einer veränderten Festlegung des Soll-Niveaus an geforderter Kundenzufriedenheit gezeigt werden. Berechnung des CSI anhand eines Beispiels Zunächst muss immer analysiert werden, welche Erwartungen die Kunden an die Marktleistung und/oder das Unternehmen haben. Hierüber sind die Kunden in der Regel in Form von klassischer Marktforschung zu befragen. Da es darauf ankommt, dass die Kunden auch die Wichtigkeit der einzelnen Erwartungen bewerten, lassen sich neben der direkten Abfrage zusätzlich moderne Verfahren, wie z.B. das Conjoint Measurement, einsetzen, die auf Rankings von Leistungsmerkmalen ausgerichtet sind. In einem dritten Schritt sind dann im Unternehmen die Soll-Erfüllungsgrade der einzelnen Anforderungsbereiche festzulegen. In Abbildung 83 wird von dem Soll-Erfüllungsgrad ausgegangen, den die Wichtigkeit festschreibt. Mit anderen Worten wird die vom Kunden bewertete Wichtigkeit als formuliertes Niveau für den Soll-Erfüllungsgrad genommen Die Multiplikation der Kundenwichtigkeiten und der Soll-Erfüllungsgrade der jeweiligen Eigenschaften ergibt den Soll-Zufriedenheits-Index, der vom Unternehmen angestrebt wird. Dieser lässt sich wiederum auf 100 Prozent normieren. Konkret bedeutet dies, dass der Soll-Index-Wert für die Anforderung I in unserem Beispiel 4,8 Prozent bei einem Gesamtwert von 100 beträgt. In einem weiteren Schritt (6) sind die Kunden nach dem Erfüllungsgrad ihrer aufgestellten Anforderungen zu befragen. In unserem Beispiel wurde die Anforderung aus Kundensicht zu 75 Prozent erfüllt. Gefordert wurde vom Kunden bei diesem offensichtlich nicht sehr wichtigen Kriterium aber nur ein Niveau von 25 Prozent. Damit wird die Anforderung übererfüllt. Dies muss in der Regel keine Reduzierung des IST-Erfüllungsgrades zur Folge haben. Das ist vor allem dann nicht der Fall, wenn der hohe Erfüllungsgrad nicht mit zusätzlichen Kosten für das Unternehmen verbunden ist, wie dies beispielsweise bei freundlichen und engagierten Mitarbeitern an der Kundenfront der Fall ist. Aber eine Konsequenz ist aus dem deutlichen Unterschied zwischen dem geringen Niveau der Kundenanforderung und dem hohen Erfüllungsgrad zu ziehen: Der Beitrag zum Zufriedenheitsindex darf sich nur an der Höhe des Anforderungsniveaus orientieren. Zugerechnet werden also nur 6,25 und nicht 18,75 (siehe Spalte 7). Anderenfalls würde der Zufriedenheitsbeitrag dieses Kriteriums überbewertet. Bei der zweiten Anforderung wird das geforderte maximale Niveau nur zu 50 Prozent erreicht. Dieser Beitrag wird dem Zufriedenheitsindex voll zugerechnet. Beim dritten Kriterium ist wiederum eine Übererfüllung, ähnlich wie beim ersten Kriterium, zu verzeichnen.
182
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Abbildung 83: Berechnung des Kundenzufriedenheitsindex (auf der Grundlage der Kundenanforderung/-gewichtung)
Der Vergleich der Spalten (5) und (8) erlaubt – auf normierter Basis – eine Defizit-Analyse: Wie ersichtlich ist, besteht nur bei der zweiten Anforderung deutlicher Handlungsbedarf. Wären die Ist-Erfüllungsgrade beim ersten und dritten Kriterium bei der Ermittlung des Ist-Zufriedenheits-Index in vollem Maße berücksichtigt worden, dann hätte das Unternehmen einen höheren Kundenzufriedenheits-Index ausgewiesen, als dies in der Realität – bei der Wichtigkeit für den Kunden – nachvollziehbar ist. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher höherer CSI-Wert schnell und leicht zu einer Überschätzung des Unternehmens führen kann. In Abbildung 84 wird hingegen sowohl beim ersten als auch beim dritten Kriterium davon ausgegangen, dass ein höherer SOLL-Erfüllungsgrad, als er vom Kunden über die Wichtigkeit verlangt wird, angestrebt wird. Dies ist als Entscheidung im Unternehmen nur durch eine entsprechend fokussierte Service-Strategie zu begründen, um so eine Differenzierung zum Wettbewerb oder eine spezielle Profilierung des Unternehmens und damit eine Fokussierung auf bestimmte Serviceattribute zu erreichen. Wesentlich dabei ist, dass hiermit keine stark erhöhten Kosten (Kostentreiber) und damit keine „Kundenzufriedenheitsfalle“ verbunden sind, da anderenfalls ein Ungleichgewicht zwischen den entstehenden Kosten und den bewirkten positiven Ergebnissen für das Unternehmen resultieren könnte.
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
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In unserem Beispiel in Abbildung 84 wird also – wie ersichtlich ist – beim ersten Kriterium der SOLL-Erfüllungsgrad (Spalte 3) auf 50 und beim dritten Kriterium auf 75 gesetzt. Es liegt auf der Hand, dass nur ein Wert, der über dem geforderten Kundenniveau liegt, sinnvoll und akzeptabel ist.
Abbildung 84: Berechnung des Kundenzufriedenheitsindex (auf der Grundlage der Unternehmensstrategie)
Die Frage ist dann, wie hoch der IST-Erfüllungsgrad, also die gemessene Kundenzufriedenheit, ist. Ist sie geringer als das durch die Unternehmensstrategie gekennzeichnete Niveau, wird ein strategisches Defizit ausgewiesen. Die Zielrichtung muss dann dahin gehen, diese Anstrengung und Leistung des Unternehmens im Bewusstsein des Kunden besser zu verankern, um die positive Resonanz zu erhalten. Ist die gemessene Kundenzufriedenheit – wie im vorliegenden Fall (siehe Spalte 6) – höher, dann wird dem Kundenzufriedenheits-Index ein höherer anteiliger Beitrag (siehe Spalten 7 und 8) zugerechnet als im Fall und Beispiel der Abbildung 83. Die Konsequenz ist, dass der normierte Zufriedenheits-Index ebenfalls höher ausfällt (66,6 statt 61,9). Der anteilige Beitrag des zweiten Kriteriums fällt dann geringer aus, obwohl hier in beiden Beispielen vom gleichen Anspruchsniveau, SOLL-Erfüllungsgrad und auch von der gleichen IST-Zufriedenheit ausgegangen wurde. Es ist anhand dieser Ergebnisse und Auswirkungen offensichtlich, dass diese Vorgehensweise nicht unproblematisch ist.
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Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Schlussfolgerungen Denn in der Konsequenz zeigt dieses vereinfachte Beispiel folgendes: Wenn davon ausgegangen wird – und dies ist eine sehr begründete Ausgangsbasis –, dass nur das vom Kunden geforderte und festgelegte Niveau der Wichtigkeit den Soll-Erfüllungsgrad definiert, ist die Gesamtzufriedenheit und damit auch der Zufriedenheitsindex geringer. Dies gilt selbst dann, wenn die durch den Kunden empfundene und bewertete Zufriedenheit bei diesen Kriterien höher liegt. Demnach führt eine ausgeprägte Servicestrategie, wie sie in Abbildung 84 gegeben ist, bei relativ hoher Kundenzufriedenheit eher zu einer Überschätzung der Kundenzufriedenheit. Denn eine höhere Zufriedenheit bei einer geringeren Wichtigkeit erhält aufgrund des höheren festgesetzten Soll-Niveaus einen höheren Teilbeitrag an der Gesamtzufriedenheit des Kunden. Dies muss im Unternehmen berücksichtigt werden, wenn über diesen Weg eine derartige Servicestrategie in eine Handlungsmaxime umgesetzt wird. Unter dem Blickwinkel einer Fehleinschätzung und eines Zurechnens von Erfolgen, die aus Kundensicht nicht gegeben sind, sondern nur eine Absicht des Unternehmens untermauern können, ist also eher der Ansatz der Abbildung 83 zu verfolgen, der die wirkliche Kundenzufriedenheit besser abbildet. 4.3.3.3
Ableitung des Handlungsbedarfs
Grundlage für die Ableitung des Handlungsbedarfs ist die Wichtigkeit/Bedeutung einer Kundenanforderung auf der einen Seite und der Soll- oder Ist-Erfüllungsgrad auf der anderen Seite. In Abbildung 85 ist ein derartiges Portfolio wiedergegeben. Die Bereiche mit unterschiedlichem Handlungsbedarf werden durch die Entscheidung im Unternehmen determiniert, wichtige Erwartungen des Kunden nicht nur auf dem geforderten Niveau zu erfüllen, sondern auf einem noch höheren Niveau. Die Eintragung des Ist-Erfüllungsgrades der Kundenanforderungen kennzeichnet durch die Positionierung den daraus abzuleitenden Handlungsbedarf. Bei Kundenanforderung I aus dem Beispiel in der oben aufgeführten Abbildung 83 und Abbildung 84 besteht Rationalisierungs- bzw. Einsparpotenzial, da der angestrebte Erfüllungsgrad übererfüllt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn mit der Übererfüllung erhebliche Kosten verbunden sind. Denn für die Kundenzufriedenheit und damit für den Unternehmenserfolg ist sie nicht so wichtig. Kundenanforderung II wird im Hinblick auf ihre hohe Bedeutung zu wenig erfüllt. Sie liegt mit ihrer Positionierung im „K.o.-Bereich“, der sofortigen starken Handlungsbedarf kennzeichnet. Anforderungen mit hoher Bedeutung sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren des Unternehmens, die es zu erfüllen, noch besser zu übererfüllen gilt. Kundenanforderung III wird bezogen auf ihre Wichtigkeit in dem angestrebten Maß erfüllt.
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Abbildung 85: Portfolio zur Ableitung des Handlungsbedarfs
Wird die CSI-Analyse turnusmäßig durchgeführt, dann lassen sich Veränderungen der Kundenzufriedenheit im Zeitablauf erkennen. In Abbildung 86 ist ein fiktiver CSI dargestellt. Für jede Veränderung der CSI-Werte wurden mögliche Ursachen analysiert. Unter Berücksichtigung des vorab bereits ermittelten Handlungsbedarfs lassen sich so konkrete strategische und operative Ansatzpunkte für Verbesserungsmaßnahmen ermitteln.
Abbildung 86: Customer Satisfaction Index-Werte im Zeitablauf
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Darüber hinaus sollten – wie in Abbildung 87 aufgeführt – neben aggregierten Werten auch Einzelanalysen durchgeführt werden, die Aufschluss geben über • die Höhe des Zufriedenheitsniveaus bei einzelnen Indikatoren, • die Zufriedenheit verschiedener Kundengruppen, • die Kundenzufriedenheit in einzelnen Unternehmenseinheiten, also z.B. Niederlassungen, sowie • die Veränderung der Zufriedenheit bei einzelnen Indikatoren und/oder verschiedenen Kundengruppen im Zeitablauf (vgl. Töpfer/Mehdorn 1995, S. 219).
Abbildung 87: Vier Messansätze der Kundenzufriedenheit
Interessant ist, wenn nicht nur Daten über die Zufriedenheit der Kunden mit dem eigenen Unternehmen und seinen Marktleistungen vorliegen, sondern auch über Konkurrenzunternehmen (siehe Abbildung 88). Nur auf der Basis dieser relativen Kundenzufriedenheit lassen sich klare Aussagen über die eigenen Stärken und Schwächen sowie über die Intensität der Kundenloyalität und -bindung treffen. Daten über Konkurrenz Um diese Daten zu erheben, sind meist aufwendige Marktuntersuchungen notwendig, die ohne externe Unterstützung von Fachleuten nicht durchführbar sind. Denn häufig sind Kunden von Wettbewerbern nur bereit, gegenüber „neutralen“ Dritten Aussagen über ihre Zufriedenheit mit Konkurrenzprodukten zu machen.
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
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Abbildung 88: Zielgruppenspezifische Kundenzufriedenheit
Die Werte im Beispiel der Abbildung 88 zeigen folgende Ergebnisse: • Das eigene Unternehmen hat bei den Stammkunden (Kundengruppe A) im Vergleich zum Hauptwettbewerber (noch) eine gute Marktposition (CSI 97 zu 85) • Bei den Lost Customers als Gruppe verlorener Kunden (B) hat der Hauptwettbewerber seine Marktposition im Vergleich zum eigenen Unternehmen schon gut gefestigt (CSI 63 zu 88). • Bei der „nachwachsenden“ Kundengruppe der Einsteiger (C) hat der Hauptwettbewerber bereits eine deutlich bessere Position als das eigene Unternehmen (CSI 82 zu 93). Hier ist sofort zu analysieren, ob sich dieses Ergebnis bereits im Umsatzwachstum des Wettbewerbers widerspiegelt. Auf jeden Fall sind wirkungsvolle Gegenmaßnahmen einzuleiten. 4.3.3.4
Empfehlungen für die Anwendung
„Es ist unumgänglich, den jeweiligen Untersuchungsgegenstand und das jeweilige Untersuchungsziel genau zu analysieren und die Entscheidung für die geeigneten Methoden zur Messung der Kundenzufriedenheit zu treffen. Dabei ist es vor allem die Verbindung unterschiedlicher Ansätze zu einem ganzheitlichen Messsystem, die durch die Kombination komplementärer Ansätze die weitgehende Durchdringung der Zufriedenheit der Kunden verspricht. Nur auf diese Weise können unterschiedliche Aspekte beleuchtet und in Maßnahmen zur Steigerung der Kundenzufriedenheit und -bindung umgesetzt werden”
188
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
(HOMBURG/WERNER 1996, S. 97f.). Einen Vorschlag für ein solches Messsystem beschreibt Abbildung 89.
Abbildung 89: Messsystem für Kundenzufriedenheit (in Anlehnung an HOMBURG/WERNER 1996, S. 98)
Die qualitative Vorbereitungsphase dient dem Sammeln von Vorinformationen, die vor der ersten Messung und dann nur noch gelegentlich durchzuführen ist (vgl. HOMBURG/ WERNER 1996, S. 98). Die merkmalsorientierte Messung sollte mindestens einmal im Jahr durchgeführt werden und in die CSI-Berechnung münden. Entscheidend für die Messperiodik sind dabei die Konsumhäufigkeit der beurteilten Leistung und die Schnelligkeit in der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen. STAUSS/HENTSCHEL machen den Einsatz der beiden Modelle merkmals- und ereignisorientierter Verfahren von ihrer Leistungsfähigkeit zum Erkennen und Diagnostizieren von Problemen und ihrer Fähigkeit, Lösungsvorschläge aufzuzeigen, abhängig. Durch die Kontaktpunktidentifikation wird eine vollständige Liste möglicher Schwachpunkte erstellt. Sequenzielle Ereignismethode und CIT „entdecken” auftretende übliche oder außergewöhnliche Probleme. Mit der quantitativen Kontaktpunktmessung werden durch Aggregation der Erlebnisberichte die Häufigkeit und die Dringlichkeit von Problemen herausgefunden (vgl. STAUSS/HENTSCHEL 1990, S. 235ff.). Anhand dieser Daten und den Ergebnissen klassischer Marktforschung stellt man Kriterienlisten mit den Service- oder
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
189
Produktattributen auf und quantifiziert mit multiattributiver Messung die Kundenzufriedenheit zu hochstandardisierten Daten, stellt sie in einem Portfolio dar und leitet den Handlungsbedarf ab. Bei der operativen Umsetzung sollte auf die qualitativen Ergebnisse Bezug genommen werden. Der Einsatz merkmals- und ereignisorientierter Verfahren sollte folglich nicht von der Art der Leistung abhängig gemacht werden, sondern davon, inwieweit Bedarf an der Methodik besteht. Qualitative Daten helfen, aussagefähige Kriterienlisten aufzustellen, in denen alle entscheidenden Einflussfaktoren der Kundenzufriedenheit enthalten sind, und geben bei der Ableitung von Verbesserungsmaßnahmen wertvolle Hinweise zum Schulungsbedarf der Mitarbeiter. Die gewonnenen quantitativen Messergebnisse – vor allem der berechnete CSI – ermöglichen einen Überblick über die Wirkung der Verbesserungsmaßnahmen, über das Ausmaß der Änderung der Zufriedenheit und erlauben sowohl einen Vergleich mit der Konkurrenz als auch eine wirkungsvolle, leicht verständliche Kommunikation der Messergebnisse nach innen und außen.
4.4
Messung und Steuerung der Service-Qualität in Echtzeit (SQE)®
Im Vergleich zu den bisher behandelten Methoden und Verfahren der Messung von Kundenzufriedenheit gehen wir in diesem Kapitel auf neue Entwicklungen ein. Sie sind durch mehrere Faktoren gekennzeichnet: • Diese Verfahren basieren auf Quick-Response-Erhebungen. • Dies bedeutet, dass die Messung vorwiegend online durchgeführt wird. • Die Ergebnisse der Befragung und Bewertung liegen damit unmittelbar vor. Es wird also in Echtzeit gemessen. • Das Bewertungsverfahren ist vereinfacht, weil nur unter fünf Ausprägungen (5-StarBewertung) ausgewählt werden kann. • Die Bewertungsergebnisse können für eine Zeiteinheit, z.B. einen Tag, insgesamt oder nach einzelnen Struktureinheiten, z.B. Bereichen, erhoben und ausgewertet werden. • Die Ergebnisse liefern unmittelbar Ansatzpunkte für Verbesserungsmaßnahmen. Zusätzlich können sie durch weitergehende Fragen und Bewertungen vertieft und präzisiert werden. Im Folgenden wird zunächst ein kurzer Vergleich zwischen klassischen Erhebungsmethoden für die Servicequalität und den Kennzeichen der oben angesprochenen Quick-
190
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Response-Befragung durchgeführt. Danach werden die Erfolgsfaktoren für die Erfassung und Steuerung von Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® herausgearbeitet und anschließend wird an einem Praxisbeispiel aus dem medizinischen Versorgungsbereich konkret gezeigt, wie Kundenzufriedenheit durch Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® in der Unternehmenspraxis und – in dem hier gegebenen Beispiel – in einem medizinischen Dienstleistungsbetrieb konsequent gemessen und gesteuert wird. Die Grundlage für die folgende Darstellung der Praxisanwendung ist der Artikel TÖPFER (2017) in BRUHN/HADWICH (2017).
ET AL.
4.4.1
Wesentliche Eckpfeiler und Erfolgskriterien bei der Anwendung
Zur Messung der Servicequalität steht bereits eine Reihe unterschiedlicher Erhebungsmethoden zur Verfügung. Allerdings lassen diese bei Fehlentwicklungen der gemessenen Servicequalität keine kurzfristige Unternehmensreaktion zu. Sie entsprechen damit eher dem „Blick in den Rückspiegel“. Mit dem ergänzenden Instrumentarium der ServiceQualität in Echtzeit (SQE)® wird die Zufriedenheit der Kunden bezogen auf einzelne Service-Erlebnisse kontinuierlich direkt nach dem Kundenkontakt erhoben. Bei Servicedefiziten wird Handlungsbedarf so ohne Zeitverzug erkannt und ermöglicht eine kundenindividuelle Sofort-Reaktion des Unternehmens. Für eine erfolgreiche Einführung von derartigen Quick-Response-Befragungen sind wesentliche Eckpfeiler zu realisieren. Instrumenten-Vergleich Es steht außer Frage, dass Kundenbefragungen einen hohen Stellenwert für das Qualitätsmanagement, insbesondere das Management der Servicequalität, haben (vgl. TÖPFER 2008d, S. 310 f.). Die etablierten Instrumentarien decken in ihrer Gesamtheit vollständig den Kundenlebenszyklus über alle Phasen, also die Interessenten-, die Neukunden-, die Bestandskunden- sowie die Rückgewinnungsphase, ab (vgl. STAUSS 2000, S. 15 ff.). Bezogen auf das Merkmal Zeit ist bei dem Vergleich der klassischen Ansätze aber ein deutliches Defizit zu erkennen. Die Kundenanforderungen und -bewertungen werden üblicherweise nur periodisch in bestimmten, mehr oder weniger langen Zeitabständen erfasst (siehe Abbildung 90). Dies erlaubt meist keine kontinuierliche Verfolgung der Entwicklung des Service-Niveaus und das Kundenfeedback steht erst mit einem Zeitversatz von bestenfalls mehreren Tagen, meist aber Wochen oder Monaten für die Analyse zu Verfügung. Somit können nur Schlussfolgerungen für definierte Zeitabschnitte über das erbrachte Service-Niveau auf der Basis von rückwärtsgerichteten Daten gezogen werden (vgl. BATINIC 2007, S. 45 ff.).
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
191
Abbildung 90: Klassische Erhebungsansätze für die Servicequalität
Reicht dieses Vorgehen in einem turbulenten Wettbewerbsumfeld, in dem die Kunden über soziale Medien bestens vernetzt sind und negative Service-Erlebnisse zeitnah geteilt werden, noch aus? Wohl kaum. Der zusätzliche Einsatz einer Messung von Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® ist eine sinnvolle Ergänzung des bisherigen Instrumentariums. Hierbei werden Kunden direkt am Kontaktpunkt nach einem für sie wesentlichen ServiceErlebnis, dem Moment der Wahrheit, über unterschiedliche Medien zu ihrer ServiceWahrnehmung befragt. Das Befragungsinstrument fokussiert dabei auf einer – wenige Skalierungsfragen umfassenden – quantitativen Bewertung der Service-Interaktion und fordert den Kunden zu einer qualitativen Bewertung und Meinungsäußerung auf. Die Ergebnisse stehen ohne Zeitverzug im Steuerungscockpit zur Verfügung und können bestenfalls für eine Sofort-Reaktion genutzt werden. SQE-Konzept Die Kombination der kontinuierlichen Befragung in Echtzeit mit den klassischen Erhebungsansätzen bietet mehrere Vorteile. Folgende Gründe sind dafür maßgeblich: • Ziel aller Befragungsarten ist es, die Bewertung der Kunden bezogen auf die erbrachte Service-Leistung zu erfassen und zu verstehen. Jedoch nutzen die verschiedenen Instrumente unterschiedliche Zugangswege zu diesen erfolgskritischen Informationen. Während die meisten klassischen Erhebungsmethoden (siehe Abbildung 90) auf die Bewertung zusammenhängender Service-Episoden oder übergreifender Ausschnitte
192
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
der gesamten Geschäftsbeziehung zum Kunden fokussieren, liefern Echtzeit-Erhebungen Bewertungen zu einzelnen Service-Erlebnissen und ermöglichen so ein Mikro-Management mit einer Detailsteuerung. • Durch die sofortige Bewertung ergeben sich differenziertere Ergebnisse mit unverfälschten Antworten, da kognitionspsychologische Umdeutungsprozesse noch nicht umfassend gewirkt haben. So zeigt sich bei klassischen Befragungen immer wieder, dass mit zunehmendem Zeitabstand Service-Erlebnisse im Hinblick auf Höhen und Tiefen stärker geglättet werden als im jeweiligen Ereigniszeitpunkt. Die Präzision und Stärke von Service-Erlebnissen geht damit verloren. • Ein anderer Punkt einer Service-Qualität in Echtzeit (SQE)®-Initiative ist noch wichtiger: Bei einer Messung der Servicequalität in größeren Zeitabständen vergibt das Unternehmen die Chance, die aufgetretenen Service-Probleme und die dadurch bewirkte Unzufriedenheit des Kunden zeitnah aufzuarbeiten. Mit anderen Worten, es besteht keine Möglichkeit für eine sofortige Wiedergutmachung. Viele wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass eben diese schnelle Reaktion Kunden nachhaltiger und mit weniger Aufwand an das Unternehmen bindet. Da sich, wie Studien zeigen, nur vier Prozent der Unzufriedenen beschweren, kann der resultierende Kundenschwund über diesen Weg nicht ausreichend kompensiert werden (vgl. TÖPFER/MANN 2008, S. 74). Durch den Zeitversatz ist es außerdem wahrscheinlich, dass bestehende fehlerhafte Prozesse nicht schnell genug korrigiert werden, und so weitere unzufriedene oder – schlimmstenfalls – verlorene Kunden die Folge sind. • In einer Grundkonfiguration liefern Echtzeitbefragungen häufig nur eine oberflächliche Bewertung des Service-Erlebnisses und sind für eine auf Ursachen und Wirkungen bezogene Feinsteuerung dadurch wenig geeignet. Wichtig sind neben diesen Aussagen zu einzelnen Serviceprozessen und -Erlebnissen deshalb vor allem auch Analysen der Ursachen für Servicedefizite. Hierzu können diese Befragungen dahingehend erweitert werden, dass bei negativen Bewertungen einzelner übergeordneter ServiceAttribute eine spezifische Detailerhebung erfolgt, in der der Kunde zur Auswahl bzw. Benennung der Problemursachen aufgefordert wird. Zu beachten ist hierbei allerdings, dass sich Kunden für Echtzeitbewertungen häufig nur wenig Zeit nehmen, so dass die Abbrecherrate mit zunehmendem Zeitbedarf drastisch ansteigt. Klassische quantitative und insbesondere qualitative Erhebungsinstrumente bieten hier die Möglichkeit zu einer tiefergehenden Ursachenanalyse. Die Echtzeitbefragung kann allerdings als Indikator anzeigen, wo eine solche intensivere Aufklärung sinnvoll ist. • Klassische Erhebungsansätze können aufgrund ihrer größeren „Flughöhe“ Kundenprioritäten einer Customer Journey über komplette Service-Landschaften hinweg besser bestimmen und herausarbeiten (vgl. BÖCKER 2015, S. 176 f.). Unternehmen können auf dieser Basis ihre Anstrengungen auf Service-Bereiche und Kundenkontaktpunkte konzentrieren, die aus Sicht der Kunden eine hohe Bedeutung für ihre Zufriedenheit besitzen. Aber wie können zielgerichtete und nachhaltige Verbesserungen an
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
193
diesen neuralgischen Touchpoints erreicht werden? Hierfür können die Ergebnisse einer SQE®-Initiative einen Katalysator darstellen. • Zum einen wissen die Mitarbeiter, dass der Kunde am Ende des vom Mitarbeiter verantworteten Serviceprozesses eine individuelle Bewertung vornehmen kann. Positive Service-Ergebnisse und -Wirkungen verursachen bei den Mitarbeitern durch die Rückkopplung positive Verstärkereffekte in Richtung mehr Selbstvertrauen und stärken die Handlungsbereitschaft für mehr persönliches Service-Engagement. Wohingegen negative Bewertungen einen nachhaltigen, da schnelleren und besser nachvollziehbareren Ansatzpunkt für Verbesserungen bieten. Diese Kultur der offenen und gezielten Fehleransprache muss aber im Unternehmen Stück für Stück wachsen und vom Management aktiv gefördert werden. • Zum anderen können am Serviceprozess vorgenommene Veränderungen zeitnah auf ihren Erfolg hin überprüft werden. So wird anhand von definierten spezifischen Kennzahlen und über das offene Feedback schnell erkennbar, ob eine Optimierung nur vermeintlich „auf dem Papier“ sinnvoll war, oder auch vom Kunden positiv bewertet und honoriert wird. Die kontinuierliche Erhebung von Kundenbewertungen ermöglicht auf dieser Basis eine konsequente Service-Steuerung. Durch tagesaktuelle Auswertungen und Live-Monitoring zentraler Performance-Kennzahlen werden Service-Leistungen messbar sowie dadurch vergleichbar und ermöglichen die kurzfristige Steuerung von Marketingmaßnahmen. Wie erkennbar wird, ermöglicht die Messung der Servicequalität in Echtzeit ein aktives Customer-Touchpoint-Management, bei dem an definierten „Kundenberührungspunkten“ Customer Insights, also konkrete Erfahrungen der Kunden mit dem Unternehmen, dessen Mitarbeitern und Leistungen erhoben werden. So wird eine zeitnahe und tiefergehende Analyse der Kundenwahrnehmung des Unternehmens und der kundenrelevanten Prozesse umsetzbar. Bei der Festlegung der Touchpoints im Kundenkontakt sind die Messpunkte vor allem örtlich (wo?), inhaltlich (was?), instrumentell (wie?) und zeitlich (wann/ wie oft?) entsprechend der Zielsetzungen und der angestrebten inhaltlichen Aussagefähigkeit zu setzen. Mit Hilfe dieser Key Performance Indicators (KPI) ist eine transparente Bewertung und Steuerung der kundenrelevanten Prozesse über die gesamte Customer Journey hinweg möglich (vgl. NUNEVA 2016, S. 50). Ziel ist dann eine möglichst einheitliche Unternehmens-, Produkt- und Markenwahrnehmung entsprechend der Marketing- und Qualitätsstrategie. Mit dem Net Promoter Score (NPS)® als ausgedrückte Weiterempfehlungsrate des Kunden aufgrund hoher eigener Zufriedenheit steht zusätzlich ein standardisierter Vergleichsmaßstab zur Verfügung (vgl. REICHHELD 2003, S. 5354; REICHHELD 2006, S. 18 ff.; GRISAFFE 2007, S. 37). Die zunehmende IT-Unterstützung und Digitalisierung im Rahmen der Wertschöpfungsprozesse zum Kunden fördert, verbessert und erleichtert die Strukturierung und Messung. Damit verbunden sind ein leichterer Zugang und eine bessere Abfrage der Kundenbewertungen.
194
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Vergleicht man den Zeitraum der Kunden-initiierten Kommunikation über soziale Netzwerke mit dem Mess- und Reaktionszeitraum des Unternehmens, dann zeigt sich bei klassischen Befragungsansätzen ein deutliches Ungleichgewicht. Der Kunde agiert schneller, als es das Unternehmen mit periodischen Befragungen überhaupt erfassen kann. Aus diesem Grund ist das Tempo der Qualitätsmessung des Unternehmens an die Kommunikations- und Entscheidungsgeschwindigkeit des Kunden anzupassen (vgl. Weber 2019, S. 5ff.). Nur dann hat das Unternehmen eine echte Chance, bei einem negativen ServiceErlebnis noch rechtzeitig zu reagieren und die Zufriedenheit (wieder-)herzustellen, um negative Mund-zu-Mund-Kommunikation oder sogar Kundenabwanderung zu vermeiden und im besten Falle den verärgerten Kunden aufgrund einer hervorragenden Wiedergutmachung und Schadensbehebung als Unternehmensbotschafter zurückzugewinnen (siehe Abbildung 91) (vgl. BRÜCKNER 2007, S. 9).
Abbildung 91: Wirkprinzip von Service-Qualität in Echtzeit (SQE)®
Neben dieser Wiedergutmachungs-Reaktion (1) ermöglicht ein Quick-Response-Instrumentarium, wie Service-Qualität in Echtzeit (SQE)®, die dauerhafte Beseitigung von Beschwerdegründen durch gezielte Prozessverbesserungen (2). Die ebenfalls erfassten positiven Kundenfeedbacks können in die Marketing-Kommunikation, z.B. auf sozialen Plattformen, als originäres Kundenerlebnis (Customer Insights) eingebunden werden (3). Außerdem können Rahmenbedingungen geschaffen werden, um dieses hohe Leistungsniveau zu verstetigen (4).
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
195
Wie erkennbar wird, ergänzt die Echtzeiterhebung der Service-Wahrnehmung der Kunden die bisherigen Erhebungsinstrumentarien gewinnbringend. Eine sinnvolle Kombination dieser Ansätze kann dabei folgendermaßen ausgestaltet sein: (1) Durch eine klassische merkmalsorientierte Befragung werden zunächst die Kundenkontaktpunkte im Serviceprozess identifiziert, die aus Kundensicht eine hohe Bedeutung aufweisen und/ oder deren Leistungsbewertung niedrig ist. (2) An diesen Touchpoints werden SQE-Messpunkte eingerichtet, um den Erfolg von im Bedarfsfall zweckmäßigen, parallel eingeleiteten Verbesserungsmaßnahmen schnell zu erheben und bei Problemen/ Unzufriedenheit unverzüglich reagieren zu können. Abhängig von der Bedeutung des Leistungsabschnittes, kann die FeedbackMessung in Echtzeitig – bei aus Kundensicht kritischen Prozessschritten – kontinuierlich weiterverfolgt werden, oder wieder eingestellt werden, falls bei Abschnitten mit niedrigerer Priorität aufgetretene Probleme sicher und dauerhaft behoben sind, sich also Prozessstabilität und damit -beherrschung eingestellt hat. (3) Kann das Leistungsproblem mit den ergriffenen Maßnahmen nicht gelöst werden, lässt sich durch den weiterführenden Einsatz von qualitativen Befragungsinstrumenten eine tiefergehende Ursachenanalyse realisieren. Diese in der Regel aufwändigen und teuren Erhebungsmethoden können so durch SQE ressourcenschonend auf kritische Themen und Prozessbereiche fokussiert und nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip eingesetzt werden. Aus mehreren erfolgreichen Einführungsprojekten von Echtzeit-Befragungen können einige zentrale Erfolgsfaktoren abgeleitet werden, die nachfolgend kurz dargestellt werden.
4.4.2
Erfolgsfaktoren für die Erfassung und Steuerung von Service-Qualität in Echtzeit (SQE)®
Ein erfolgreicher Einsatz von Feedback-Messung in Echtzeit erfordert vorab eine kurze, aber systematische Konzeptions- und Pilotphase. Out-of-the-Box-Lösungen scheitern regelmäßig zum einen an unspezifischen und damit unbrauchbaren Messergebnissen. Die Platzierung der SQE®-Messpunkte an den zuvor zu identifizierenden relevanten Interaktionspunkten verhindert eine „Bewertungsinflation“. Außerdem sind die gewählten Medien (z.B. QR-Codes für Smartphones, installierte Bewertungsterminals oder Bewertungskarten) für die Echtzeitmessung auf die Zielgruppen abzustimmen. Wichtig ist jeweils die ansprechende und weitgehend selbsterklärende Gestaltung der Erhebungsmittel mit Einladungscharakter. Kunden müssen für die Teilnahme an der Befragung gewonnen werden, z.B. durch eine aktive und eine passive Aufforderung zur Mitwirkung sowie einen klar erkennbaren, weil gut kommunizierten Nutzen.
196
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Ein weiteres Problem bei „Schnellschüssen“ ist häufig eine mangelhafte Integration der Lösung und der Ergebnisse in die tägliche Service-Steuerung. Grundvoraussetzung ist dafür wiederum die Akzeptanz der Echtzeit-Lösung – im Unternehmen und vom Kunden. Den Mitarbeitern muss die Angst vor einer schlechten Leistungsbewertung im Einzelfall genommen werden, die als Folge der hohen Transparenz durch SQE® eher erkennbar ist. Fehler können nicht vertuscht werden, sondern mit Qualitätsdefiziten muss offen umgegangen werden. Da sie kurzfristig ermittelt werden, können sie auch kurzfristig bereits beseitigt werden. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf den Führungsstil und das Führungsverhalten im Unternehmen (vgl. HALLER 2015, S. 406). Ziel ist, erkannte Fehler und Defizite schnell und gezielt zu beheben und nicht durch Vertuschen Fehlerwiederholungen zuzulassen. Eine offene Fehlerkultur sorgt also dafür, dass negative Ergebnisse zu Prozess-Verbesserungen führen und nicht über eine Suche nach Schuldigen zu persönlichen Anschuldigungen. Zusätzliche Motivation erzeugen an die Mitarbeiter zurückgespiegelte positive Feedbacks der Kunden. Die Integration unterschiedlicher Kontaktkanäle bietet dem Kunden die Möglichkeit, entsprechend seinem Kommunikationsverhalten den für ihn bequemsten Zugang zu wählen. Neben der Konzeption der Befragung baut dies die Teilnahmebarrieren für den Kunden ab. Dabei zeigen statistische Auswertungen, dass zwischen unterschiedlichen Zugangskanälen, wie z.B. Flyer (Papier), Tablet (im Geschäft), Smartphone (QR-Code) und Desktop (eigener PC), keine signifikanten Ergebnisverzerrungen durch unterschiedliches Antwortverhalten nachweisbar sind. Der Vorteil der Vernetzung von mehreren Erfassungsmedien liegt zudem darin, dass sie geschickt in die bestehenden Leistungs- und Informationsprozesse integriert werden können und keine Ermüdung oder Langeweile, sondern ein Maximum an Aufmerksamkeit erzeugen. Die Herausforderung bei der bereits angesprochenen Befragungskonzeption liegt darin, mit so wenigen Fragen wie nötig so viele aussagefähige Informationen für das Unternehmen wie möglich zu generieren. Grundlage für die zuvor aufgezeigte Triggerfunktion der Quick-Response-Befragung ist, dass die Ergebnisse Rückschlüsse auf primäre wichtige Handlungsfelder zulassen. Dies kann durch wenigstens zwei Befragungsebenen realisiert werden: Zum einen kann direkt durch vorgegebene Auswahlfelder abgefragt werden, wo der Kunde Verbesserungsbedarf sieht. Zum anderen erlauben offene Kommentarfelder eine systematische Inhaltsanalyse zum resultierenden Handlungsbedarf. Auswertungen zeigen, dass mehr als jeder 3. Befragungsteilnehmer diese schriftliche Zusatzbewertung abgibt. Obwohl die durchschnittliche Response-Rate regelmäßig unter fünf Prozent liegt, ergeben sich daraus wichtige Customer Insights. Häufig zu beobachten ist, dass entweder sehr unzufriedene oder sehr zufriedene Kunden dieses Instrument nutzen. Also bildlich gesprochen, besser „heiß“ oder „kalt“ und weniger „lauwarm“. Für das Unternehmen liefern diese beiden „Eckgruppen“ die wertvollsten Rückmeldungen, weil einerseits direkt Ver-
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
197
besserungspotentiale erkannt werden sowie andererseits positive Rückmeldungen zur Motivation der Mitarbeiter führen und authentische Inhalte für Social Media Aktivitäten des Unternehmens liefern. Im Folgenden wird in der gebotenen Kürze eine Fallstudie aus der Praxis zur Messung der Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® in wesentlichen Grundzügen referiert.
4.4.3
Fallbeispiel: Kundenzufriedenheit durch Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® in Medizinischen Versorgungszentren – Geleistete Servicequalität täglich auf dem Schirm
4.4.3.1
Unternehmen
Das Anwendungsbeispiel Radiologisches Versorgungszentrum Ostwestfalen-Lippe (RVZ OWL) ist eine der größten Praxiskliniken für Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie in Nordrhein-Westfalen. Jährlich werden in den drei Kliniken ca. 120.000 Fälle abgewickelt, wovon allein 80.000 auf den Standort in Minden entfallen. Ein bedeutender Schwerpunkt sind minimalinvasive Therapien beispielsweise zur Behandlung von Gefäßerkrankungen. Am häufigsten kommt dabei die Magnetresonanztomographie zum Einsatz. Vor diesem Hintergrund ist also leicht nachvollziehbar, dass im Vergleich z.B. zu Gastronomie-, Hotellerie- oder Verkehrsbetrieben die Ausgangslage und Situation in Medizinischen Versorgungszentren deutlich anders und schwieriger ist. Denn es geht nicht um „einfache“ Konsumerlebnisse, sondern vielmehr um diagnostische und therapeutische Medizinaktivitäten als Gesundheitsleistungen. In diesem Bereich dominieren hohe Fachkompetenz, gute Prozesssteuerung, qualifizierte Beratungsleistungen sowie einfühlsame Betreuung als Empathie zum Teil aufgrund gesundheitlicher Ausnahmesituationen. Es steht außer Frage, dass auch in den oben genannten Branchen und Betrieben eine hohe Qualifikation in den genannten Kompetenzfeldern – wenn ggf. auch anders ausgeprägt – von Vorteil ist. Die Gesamtsituation der medizinischen Versorgung folgt aber anderen Anforderungen, Spielregeln und Erwartungshaltungen. Die Situation des ausgewählten Praxispartners für die Quick-Response Zufriedenheitsmessung ist also komplex und im Gesundheitssektor noch keineswegs Standard.
198
4.4.3.2
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Motivation
Ziel des Radiologischen Versorgungszentrums OWL ist, die Patientenbehandlung mit höchster medizinischer Präzision, auf höchstem technischem Niveau, optimal und effizient durchzuführen. Dazu gehört neben der Patientensicherheit der verantwortungsvolle, empathische und individuelle Umgang mit den Patienten. Angesichts steigender inhaltlicher und ökonomischer Anforderungen, sowie eines zunehmenden Wettbewerbs im Gesundheitswesen ist es erforderlich, die Servicequalität für Patienten zu sichern und dauerhaft zu verbessern. Kundenzufriedenheitsbefragungen bilden dabei ein entscheidendes Instrumentarium des internen Qualitätsmanagements. Die sukzessive Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche verändert die Kommunikation von Kunden untereinander und mit dem Unternehmen. Die große Auswahl an Bewertungsportalen für das Gesundheitswesen verlagert die Kundenkommunikation zunehmend ins Internet und macht die erlebte Servicequalität öffentlich. Klassische Befragungsinstrumentarien mit einem periodischen Turnus von einem Jahr können mit dem Tempo dieser Kundenkommunikation nicht mithalten. Servicedefizite werden vor der Erfassung durch die Institution im Internet für jedermann sichtbar und oft wenig konstruktiv diskutiert. Medizinische Einrichtungen haben somit keine direkte Chance auf Wiedergutmachung beim Patienten und kämpfen trotz guter medizinischer Qualität mit Imageverlust. 4.4.3.3
Lösung
Eine kontinuierliche Analyse der Patientenzufriedenheit sichert schnelle und detaillierte Einblicke in das eigene Leistungsniveau des Versorgungszentrums. Kontinuierliches Monitoring sorgt für direkte Handlungsfähigkeit in Bezug auf operative Prozesse einzelner Fachabteilungen und Funktionsbereiche, deren langfristige strategische Ausrichtung und schafft einen ganzheitlichen Überblick über die Performance der Praxisklinik. Das QuickResponse-Instrumentarium zur Messung von Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® agiert mit dem gleichen Tempo, wie es die heutige Kundenkommunikation verlangt. Servicedefizite werden damit im Zeitpunkt des Geschehens erkannt und gewährleisten eine kundenindividuelle Sofort-Reaktion des Unternehmens. Gemeinsam mit dem RVZ OWL wurde ein Pilotprojekt zur strukturierten Etablierung eines Quick-Response-Instrumentariums gestartet. Entsprechend der hohen Kundenfrequenz wurde der Fokus auf die Abfrage der Patientenzufriedenheit direkt vor Ort mithilfe einfach bedienbarer Befragungssysteme in Form von Feedback-Terminals gelegt. Diese bieten einen idealen Kanal, um vordefinierte Zufriedenheitskriterien über alle Patientengruppen hinweg abzufragen.
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
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Zentrale Aspekte der Quick-Response-Befragung bei RVZ OWL sind: • Demographische Merkmale • Behandelnde Abteilung • Barrierefreie Zugänglichkeit • Wartezeiten (Termin, Telefon, vor Ort) • Organisation vor Ort • Qualität der Diagnostik • Zufriedenheit mit behandelndem Arzt. Der wichtigste Touchpoint innerhalb der Customer Journey ist der Empfangsbereich. Alle behandlungsrelevanten Themen werden hier intern koordiniert und mit dem Patienten besprochen. Demzufolge ist dieser Interaktionspunkt für Patienten bestens geeignet, um ihre Bewertung zum Service-Erlebnis mit wenig Aufwand abzugeben. Zur Vermeidung unnötiger Wartezeiten, wird die Last auf zwei Terminals im Empfangsbereich verteilt. Zur Steigerung der Attraktivität und des Response sind beide im Corporate Design des RVZ OWL gestaltet. Alle Faktoren münden in eine rege Beteiligung der Patienten. Tagtäglich gehen zwischen 15 und 20 Befragungsergebnisse direkter Patienten ein. Auf ein Jahr hochgerecht, ergeben sich zwischen 3.800 und 5.100 Feedbacks. Jede vierte Antwort wird mit einem freien Kommentar zu Lob, Kritik und Anregungen versehen. Diese liefern wertvolle und hilfreiche Hinweise zu wichtigen Zufriedenheitstreibern und versteckten Verbesserungschancen. Von besonderem Interesse sind für Patienten des RVZ OWL beispielsweise die Qualität der Diagnostik, Wartezeit am Telefon und Zeitungsauswahl im Wartebereich. 4.4.3.4 Ergebnisse Jeder Verantwortliche benötigt auf ihn abgestimmte bereichsspezifische PerformanceKennzahlen. Der zentrale Qualitätsbeauftragte des Unternehmens ist auf einen ganzheitlichen Überblick aller Service-Indikatoren der gesamten Aufbauorganisation angewiesen, um interne Benchmarks und Prognosen zur operativen und strategischen Ausrichtung zu erstellen. Innerhalb des RVZ OWL wird zwischen MRT, CT, Röntgen, Nuklearmedizin, Strahlentherapie, Angio und Mammographie unterschieden. Zur Fokussierung auf und Steuerung von abteilungsrelevanten Qualitätskriterien sieht jeder Abteilungsleiter innerhalb des Quick-Response-Cockpits ausschließlich seinen zuständigen Bereich (siehe Abbildung 92).
200
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
Abbildung 92: Cockpit im Service-Qualität in Echtzeit (SQE)®-System
Kommt es zu extremen Servicedefiziten und dadurch zur Unterschreitung von vordefinierten Schwellenwerten, so wird der jeweilige Verantwortliche direkt via E-Mail benachrichtigt. Anwendungsfälle sind die Freundlichkeit der Mitarbeiter, Wartezeit am Telefon, Verständlichkeit der Diagnosebesprechung oder die Erklärung von MedikamentenNebenwirkungen. An alle Mitarbeiter des RVZ OWL sind Ziele, Durchführung und Ergebnisse der Kundenzufriedenheitsanalyse klar kommuniziert worden. In regelmäßigen wöchentlichen Briefings erörtern die Qualitätsbeauftragten der einzelnen Abteilungen die Ergebnisse mit ihren Kollegen. Die dafür notwendigen Reports werden direkt per Mausklick aus dem Quick-Response-Cockpit erzeugt und exportiert. Die Besprechung konkreter negativer Ereignisse auf Basis eines abteilungsgenauen Live-Monitorings sorgt für eine offene Fehlerkultur in medizinischen Einrichtungen und verhindert durch praxisrelevante Maßnahmenableitungen die zukünftige Fehlerentstehung. Patienten fanden die Zeitungsauwahl im Wartebereich wenig ansprechend und kommunizierten dies über die Feedback-Terminals. Daraufhin tauschte das RVZ die Auswahl sofort gegen interessantere und ansprechendere Zeitungen und Zeitschriften aus. Die Ergebnisse werden wöchentlich zur regelmäßigen Information an alle Ärzte und Abteilungsleiter versandt. Zusätzlich erfolgt eine Veröffentlichung im hauseigenen Intranet
Kapitel 4: Customer Satisfaction Measurement
201
für eine direkte Kenntnisnahme und damit für einen transparenten Umgang durch alle Mitarbeiter. Ergänzt wird diese Information durch eine kurze Zusammenfassung der zentralen QM-Verantwortlichen des RVZ. Nicht alle Mitarbeiter verfügen über einen stetigen Zugang zu einem Computer, weshalb das Schwarze Brett ebenfalls zur Verbreitung der Ergebnisse genutzt wird. Die Besprechung positiver Patientenerlebnisse in dieser neuen Form sorgt für einen deutlichen Schub der Mitarbeitermotivation. Besondere Service-Erlebnisse von Patienten, wie beispielsweise die unaufgeforderte individuelle Erinnerung an bevorstehende Termine oder die Vorverlegung von Untersuchungen zum Zeitvorteil von Patienten, sorgen für eine Sensibilisierung und Wertschätzung aller Mitarbeiter.
5
Zehn Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Nach der Erläuterung der für die Kundenzufriedenheitsmessung relevanten Verfahren, erfolgt nun die Darstellung einer geeigneten Vorgehensweise. Deren Qualität beeinflusst die Ergebnisse und den aus ihnen entnehmbaren Nutzen in nicht zu vernachlässigender Weise. Deswegen sollte über eine entsprechende Vorbereitung und Analyse im Rahmen der CRM-Planung nicht hinweggegangen werden. Bevor im Folgenden die 10 Schritte ausführlich behandelt werden, wird in Abbildung 93 zunächst der Überblick über ihre inhaltliche Abfolge gegeben.
Abbildung 93: 10 Schritte zur Messung der Kundenzufriedenheit
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5_5
204
5.1
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Anlass und Anstoß durch die Geschäftsleitung
Da ein derartiges Vorhaben und Projekt mit einem nicht zu unterschätzenden Aufwand verbunden ist und das Projekt durch seine Ergebnisse vor allem auch auf Unternehmensprozesse sowie Aktivitäten und Verhaltensweisen gegenüber Kunden strahlen soll, ist die Einbindung oder noch besser der Anstoß durch die Unternehmensleitung unerlässlich. Die Geschäftsleitung muss die Wirkungen einer CSI-Analyse nach außen und innen verstanden haben, um ein CSM-Vorhaben bewerten und gutheißen zu können. Zweifelsohne kann diese Sensibilisierung der Geschäftsleitung durch Customer-FocusAbteilungen unterschiedlicher Art erfolgen. Wichtig ist nur, dass dieses Projekt zu einem Vorhaben des ganzen Unternehmens wird. Dabei geht es vor allem darum, festzulegen, was von dem CSM-Projekt an Inhalten und Ergebnissen erwartet wird. Diese Ziele werden – wie im Beispiel der Abbildung 94 – extern und intern ausgerichtet sein. Sie können auch Einschätzungen der Kundenzufriedenheit durch die Mitarbeiter zum Gegenstand haben, die dann einen Abgleich mit den anschließend ermittelten Zufriedenheitswerten der Kunden erlauben. Auf diese Weise ist eine klare Kommunikation des angestrebten Nutzens, zugleich aber auch der angestrebten Veränderungen möglich.
Abbildung 94: Beispiel für Ziele des CSM
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
5.2
205
Zusammensetzung eines interdisziplinären CSM-Teams
Da dieses Vorhaben nahezu alle Bereiche im Unternehmen tangiert, ist bereits in dieser frühen Phase zu entscheiden, welche Abteilungen aktiv an dem gesamten Projekt mitwirken. Hierzu können folgende Bereiche gehören: • Kunden: originäre Information über Stärken und Schwächen des Unternehmens und seiner Marktleistungen mit unterschiedlichen angesprochenen Methoden ermitteln • Lieferanten: Optimierungspotenziale für die Parameter Qualität, Zeit, Kosten und Innovation • Beschaffung: Spezifizierung von Anforderungen an Lieferanten und Optimierung des geforderten produktbezogenen Kundennutzen • Marketing: Konzept- und Instrumentwissen für die Marktbearbeitung und für neue Geschäftsmodelle • Kundendienst/Customer Service: Unmittelbarer Kundenkontakt und Kenntnis über Problemfälle bzw. Kundenbeschwerden sowie Entwicklung aussagefähiger Erhebungsmodelle • Personalentwicklung: Ermittlung des Qualifizierungsbedarfs bei den Mitarbeitern • Vertrieb/Außendienst: Aktuelles Wissen über Kundenanforderungen und Kundenverhalten sowie über Wettbewerberaktivitäten • Produktentwicklung: Transfer von kundenbezogenen Anforderungen nach innen für die Entwicklung neuer Produkte • Produktion: Transfer von Kundenanforderungen nach innen für die Umsetzung in Produkte • Qualitätswesen: Kenntnisse über Qualitätsanforderungen und aussagefähige Qualitäts-Kennziffern sowie Transfer nach innen für die Umsetzung in Verbesserungsmaßnahmen • Controlling: Transfer von kundenbezogenen Informationen nach innen für die Umsetzung in interne Steuerungskonzepte • IT: Einbindung in unternehmenseigene IT-Infrastruktur und Kompatibilität mit anderen Daten und Schnittstellen sowie Entwicklung eines fortschrittlichen Kriterienkatalogs (Advanced Analytics) • Marktforschung: Informationen über vorhandene Kundendaten und Unterstützung durch Methodenwissen sowie systematische Auswertung großer Datenmengen zum Erkennen wichtiger Ursachen-Wirkungs-Beziehungen • Mitglied der Geschäftsleitung: Einbindung eines Machtpromotors für die unternehmensstrategische Ausrichtung und schnelle Umsetzung.
206
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Die Bildung eines Kernteams zur Steuerung des Projektes in Kombination mit Teams für Detailprojekte ist aufgrund der frühzeitigen Einbindung einer Vielzahl von „Betroffenen“ aus den einzelnen Abteilungen sinnvoll. Bereits in dieser Phase ist ein detaillierter Projektzeitplan aufzustellen, der alle wesentlichen Aktivitäten auf der Zeitschiene determiniert. Je nach Projekt ist hierbei ein Zeitraum von acht Wochen bis maximal acht Monaten erforderlich, um auf der Grundlage ermittelter Ergebnisse erste Verbesserungen umsetzen zu können. Die von der Unternehmensleitung vorgegebenen Ziele sind in dieser Phase gegebenenfalls vom CSM-Team weiter auszuarbeiten und zu präzisieren (siehe Abbildung 95).
Abbildung 95: Beispiel eines Projektzeitplans
5.3
Auswählen der Kundengruppen
Bevor das inhaltliche Fragenraster erarbeitet werden kann, sind zunächst homogene Kundengruppen festzulegen, um eine zielgruppenspezifische Fragestellung und damit auch den Handlungsbedarf bei bestimmten Kundengruppen ableiten zu können. Die Kundengruppen werden in der Regel entsprechend der – bereits vorgestellten ABCAnalyse – ausgewählt. Dabei ist aber zusätzlich zu berücksichtigen, dass neben den Hauptumsatzträgern auch potenzialstarke Gruppen in die CSM-Analyse einbezogen werden. Denn das Vernachlässigen von wichtigen Kundenanforderungen und -erwartungen kann gerade dazu geführt haben, dass eine potenzialstarke Kundengruppe nur eine CGruppe statt einer A-Gruppe ist.
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
207
Die Anforderungen im Investitionsgüterbereich sind dabei oftmals höher als bei Konsumgüter-Analysen. Bei einer Business-to-Business-Analyse ist neben der quantitativen Zahl von zu befragenden Unternehmen, auf die später noch eingegangen wird, hier schon zu klären, wer in den jeweiligen Unternehmen befragt werden soll. Es ist also die Buying-Center-Struktur zu analysieren, um zwischen Entscheidern, Entscheidungsbeeinflussern und Entscheidungsunterstützern klar unterscheiden zu können (vgl. BACKHAUS/VOETH 2014). Es ist wichtig, dass bereits im Vorfeld diese Struktur festgelegt wird, da von einer unterschiedlichen Bedeutung der einzelnen Kriterien und von einer unterschiedlichen Zufriedenheit im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit dem eigenen Unternehmen ausgegangen werden kann. Entsprechend ist bei Befragungen von Konsumenten als privaten Kunden auch die Art der jeweiligen Kundengruppe festzulegen. Außerdem sind auf mehrstufigen Märkten auch in den einzelnen Wertschöpfungsstufen Zufriedenheitsanalysen durchzuführen, die ebenfalls unterschiedliche Bewertungskriterien berücksichtigen müssen. So hat beispielsweise der Handel andere Erwartungen und Anforderungen als die Endabnehmer/Konsumenten.
5.4
Fragenkatalog für die Kundenzufriedenheit
Dieser Schritt erfolgt im unmittelbaren Anschluss an die Festlegung der Kundengruppen. Hier ist in mehreren Stufen der Wunschkatalog zu präzisieren und zu verdichten. Bei der Erarbeitung des differenzierten Fragenkatalogs ist zu beachten, dass die Bereitschaft zu einem langen Interview oder Fragebogen bei den Kunden selten gegeben sein wird und eine zu große Anzahl von Fragen auch die Gefahr von inhaltlichen Überschneidungen und damit von Unschärfen erhöht. Die Grundlage für die Erarbeitung eines Fragenkatalogs ist im Business-to-Business in der Regel eine inhaltliche Prozessanalyse der Geschäftsbeziehung (vgl. Töpfer/China 1997). Dadurch werden alle wesentlichen Kontakte mit dem Kunden angesprochen. Auf dieser Basis kann die Fragenformulierung und danach auch die Auswahl der zu stellenden Fragen vorgenommen werden. Beispiele für Inhaltsbereiche eines Kriterienkatalogs sind in Abbildung 96 aufgelistet.
208
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Abbildung 96: Kriterienkataloge für CSM
Je unterschiedlicher die Anforderungen der Kunden sind, desto eher werden sich auch die Fragen unterscheiden. Zu berücksichtigen ist, dass unterschiedliche Fragen keine direkten inhaltlichen Vergleichsanalysen erlauben, wohl aber die Vergleiche der Customer Satisfaction Indices. Ergebnis eines derartigen Abgleichs für mehrere Kundengruppen ist das Beispiel in Abbildung 97 als Kundengruppen-Fragen-Matrix. Hieran wird leicht und übersichtlich nachvollziehbar, dass einzelne Fragen nur für bestimmte und teilweise unterschiedliche Kundengruppen relevant sind. Es kann nach der Aufstellung eines Fragebogenentwurfs sowohl im Business-to-Business als auch im Consumer-Bereich sinnvoll sein, auch Kunden in diesen Prozess einzubeziehen, um frühzeitig die Validität und Verständlichkeit der Erhebungskriterien sicherzustellen.
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
209
Abbildung 97: Beispiel für eine Kundengruppen-Fragen-Matrix
5.5
Befragungsmethode auswählen und Pre-Test durchführen
Die Art des eingesetzten Analyseverfahrens wird zunächst vom Anlass und Zeitpunkt der Befragung determiniert. Hiervon gehen auch Auswirkungen auf die Auswahl der Befragungsmethode aus. Zur Verfügung stehen methodisch das merkmalsbezogene multiattributive Verfahren oder das ereignisbezogene Verfahren – wie im vorherigen Kapitel dargestellt (vgl. z.B. HENTSCHEL 2000, S. 297; STAUSS 2000). Für die Messung der Kundenzufriedenheit stehen grundsätzlich die vier bekannten Methoden der Befragung, wie in Tabelle 3 dargestellt, zur Auswahl. Für die Auswahl der Befragungsmethode gelten folgende Grundsätze: • Je kleiner die Zahl der befragten Kunden, desto eher ist die Methode persönlicher Interviews oder zumindest eines Telefoninterviews zu wählen. Umgekehrt gilt dann, dass bei großen Fallzahlen, z.B. bei einer Befragung von Verbrauchern zur Zufriedenheit mit Konsumprodukten, eher eine schriftliche oder Online-Befragung vorgezogen wird. • Je enger die Geschäftsbeziehung zu dem befragten Kunden ist und je persönlicher der Kontakt in der Vergangenheit war, desto eher sind Befragungen persönlicher oder telefonischer Art zu verwenden. Umgekehrt gilt dann, dass anonyme Massenbefragungen eher schriftlich erfolgen.
210
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Tabelle 3: Typologie einzelner Befragungsmethoden Online (Intranet/ Internet)
Schriftliche Befragung
Telefonische Befragung
Persönliche Befragung
Rücklaufquote/ Ausschöpfung (in Abhängigkeit von Involvement der Befragten/ Komplexität des Themas)
Relativ niedrig
Hoch
Sehr hoch
(ca. 15-40%)
(ca. 60-80%)
(über 80%)
Kosten pro befragter Person (unter Einschluss der Personalkosten, Nebenkosten)
Niedrig (unter € 25,-)
Mittel (ca. € 35,- bis € 50,-)
Hoch (über € 50,-)
Gering (unter € 25,-)
Gering
Mittel
Hoch
Gering
2 bis 4 Wochen inkl. Nachfassaktion
ca. 4 Wochen
1 bis 2 Monate
ca. 2 bis 4 Wochen
Ausgeschlossen
Relativ groß
Groß
Ausgeschlossen
Hoch
Mittel
Niedrig
Hoch
Spontane Antworten
Können nicht erfasst werden
Werden erfasst
Werden erfasst
Nicht erfasst
Eventuelle Nachfragen, Missverständnisse
Können nicht geklärt werden
Können geklärt werden
Können geklärt werden
Hilfefunktion und Call Back Button
Keine
Mittel bis Hoch
Hoch
Keine
Begrenzt
Mittel bis Hoch
Hoch
Mittel
Kriterien
Durchführungszeit abhängig von: Größe des Erhebungsziels Anzahl der Kriterien (Fragebogenumfang) Größe der Stichprobe Möglicher Interviewereinfluss Erreichbarkeit der Befragten (abhängig von Zielgruppe)
Qualifikationsanforderungen an Interviewer Aussagefähigkeit des erhobenen Datenmaterials, abhängig von
Erreichbarkeit Stichprobengröße Zielgruppe Erhebungsgebiet
Stark abhängig von Inhalt und Zielgruppe
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
211
• Bei der letzten Kriteriengruppe in Tabelle 3 bezogen auf die Aussagefähigkeit des erhobenen Datenmaterials schneiden in Abhängigkeit von den genannten vier Kriterien die persönliche Befragung am besten ab vor der telefonischen Befragung und der Online-Befragung. Wenn allerdings das Erhebungsgebiet und die Zielgruppe zu groß sind, dann scheitern die persönliche und telefonische Befragung meistens an den Kosten und damit an der Wirtschaftlichkeit. Eine Online-Befragung mit zusätzlichen Antwortmöglichkeiten auf Bedarf optimiert dann das Ergebnis. • Je einheitlicher die abgefragten Inhalte zur Kundenzufriedenheit sind und je weniger Zusatzinformationen als ergänzende Analyse der Gründe oder Kommentare zu abgegebenen Bewertungen wichtig und damit erforderlich sind, desto eher kann einer standardisierten schriftlichen oder Online-Befragung entsprechend dem dargestellten multiattributiven Verfahren der Vorzug gegeben werden. Insgesamt wurde klar: Die „einzige richtige Methode“ gibt es nicht. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung für die einzusetzenden Analyseverfahren und vor allem Befragungsmethoden zu treffen. Dabei kann ohne weiteres auch eine Kombination der Methoden vorgesehen werden. Aggregation von Befragungsinhalten Dies hat den Vorteil, dass beispielsweise auf der Grundlage von Pre-Tests zur Analyse der Relevanz der Kriterien und der inhaltlichen Struktur des Messinstrumentariums zunächst eine breite schriftliche oder Online-Befragung mit einer großen Stichprobe durchgeführt wird. Anschließend kann sie durch telefonische oder persönliche Befragungen zu wichtigen Punkten, also zu Bewertungskriterien, die von den Befragten als maßgeblich für ihre Zufriedenheit eingestuft wurden und bei denen größere Defizite des eigenen Unternehmens erkennbar sind, ergänzt werden. Dadurch wird die Aussagefähigkeit der gesamten Befragung erhöht und zugleich sichergestellt, dass die Kosten nicht zu sehr steigen und dennoch eine breite Stichprobengröße vorliegt, die dann auch nach unterschiedlichen Kundengruppen auswertbar ist. Demgegenüber kann auch bei einer schriftlichen Befragung zunächst ein persönliches Interview einer begrenzten Anzahl von Probanden zweckmäßig sein. Dies dient dazu, den erarbeiteten Fragebogen durch Beobachtung der Testkunden auf Verständlichkeit und damit Einsatzfähigkeit in der Praxis zu überprüfen. Bei der Auswahl der Pilotkunden für den Pre-Test ist sicherzustellen, dass das gesamte Spektrum der Kunden möglichst gut abgedeckt wird. Dies heißt konkret, dass alle wesentlichen Kundengruppen einbezogen werden. Hierbei ist aber auch wichtig, dass nicht nur „Jubel-Kunden” befragt werden, also Kunden, von denen man weiß, dass sie mit der Unternehmensleistung zufrieden sind. Viel wichtiger ist es, gerade in dieser Phase auch kritische Kunden einzubeziehen, die einerseits mit der Unternehmensleistung nicht immer zufrieden sind und andererseits ggf. auch dem Inhalt
212
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
der Befragung eher skeptisch gegenüberstehen. Es versteht sich von selbst, dass die Daten über die zu befragenden Kunden aktuell in der Datenbank vorhanden sein müssen. Neben der Aktualität ist es hilfreich, wenn zusätzliche Selektionskriterien im Rahmen eines Kundenhistogramms vorliegen. Die Pre-Test-Runde dient auch dazu, das Informationsanschreiben, das für die Kunden in der Hauptbefragung vorgesehen ist, sowie gegebenenfalls auch den Interview-Leitfaden auf Verständlichkeit, Vollständigkeit, Zweckmäßigkeit und Aussagefähigkeit zu testen. Das Thema Anonymität der Probanden lässt sich bei allen vier Befragungsmethoden lösen. Bei einer schriftlichen Befragung ist sie von vornherein am ehesten gegeben, wenn man das Problem des Erkennens von Handschriften durch neutrale Auswerter ausschließt. Bei den anderen drei Methoden sind die Zusicherung und die Einhaltung der Anonymität am ehesten gegeben, wenn es unterschiedliche Personen als Befrager und Auswerter gibt bzw. die Befragungsergebnisse sofort nach der Befragung von Kennzeichen zum Erkennen der Befragten getrennt werden. Bezogen auf den Fragenkatalog ist neben der Verständlichkeit der Frageninhalte auch zu prüfen, ob die Reihenfolge der Fragen für den befragten Kunden nachvollziehbar und ob der Fragenkatalog vollständig ist, also alle Kriterien, die aus Kundensicht wichtig sind, umfasst. Neben den Begründungen für ein bestimmtes Urteil aus Kundensicht ist es aus Unternehmenssicht zusätzlich wichtig, vom Kunden selbst zu erfahren, was aus seiner Sicht in der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen anders, das heißt besser gemacht werden sollte. Auf der Grundlage der Pre-Test Ergebnisse lassen sich, insbesondere wenn die Anzahl der Pre-Tests groß genug ist, über Faktorenanalysen weniger wichtige Fragen eliminieren. Hieran schließt sich die endgültige Bewertung an, ob die ausgewählte Befragungstechnik von den Probanden akzeptiert wird und im Ergebnis aussagefähig genug ist für den angestrebten Zweck. Auf dieser Basis lassen sich dann auch die Kosten der späteren Befragung hochrechnen.
5.6
Stichprobengröße und Durchführung der Befragung: Wie viele Kunden werden befragt?
In Abbildung 98 wird eine Übersicht über relevante Auswahlverfahren gegeben. Dies dient als Grundlage, um die unterschiedlichen Möglichkeiten einer Voll- oder Teilerhebung mit einer bewussten, einer Zufallsauswahl oder einer mehrstufigen Auswahl unterscheiden und bewerten zu können (vgl. HAMMANN/ERICHSON 1994, S. 112).
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
213
Abbildung 98: Relevante Auswahlverfahren
Die Kernfrage für jedes Unternehmen ist, wie viele Kunden im Rahmen einer Analyse der Kundenzufriedenheit befragt werden müssen. Diese Frage ist vor allem hinsichtlich der Kriterien Kosten und Zeit wichtig. Die grundsätzlichen Aussagen und Kriterien zur Repräsentativität einer Stichprobe haben auch hier Gültigkeit, oftmals greifen sie aber zu kurz. Maßgeblich ist hierfür, dass eine zahlenmäßig repräsentative Stichprobe bei einer kleineren Anzahl von Kunden vor allem im Business-to-Business Bereich weniger aussagefähig ist für Detailanalysen und damit auch nicht zweckmäßig ist. Zum einen lassen sich bei einer größeren oder vollständigen Befragtenzahl Fehler und Fehlinterpretationen vermeiden. Wichtiger ist aber vor allem der Aspekt, dass im Rahmen einer derartigen Analyse bei einer Vollerhebung Kontakt mit allen wesentlichen Kunden zustande kommt, und damit auch der Kunde vermittelt bekommt, dass seine Zufriedenheit und seine Anforderungen dem eigenen Unternehmen für die zukünftige Zusammenarbeit wichtig sind. Gerade bei Befragungen von Endverbrauchern stellt sich aber trotzdem die Frage nach der optimalen Stichprobengröße. Wesentlich für die Ermittlung sind die Analyse der Struktur der Befragten und die Festlegung, welches die kleinste Auswertungseinheit ist, für die eine Aussage über die Kundenzufriedenheit getroffen werden soll. Konkret geht
214
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
es also darum, die kleinste Kundengruppe zu ermitteln, für die der CSI berechnet werden soll. Abbildung 99 zeigt das Ablaufschema zur Ermittlung der Stichprobengröße. Dies setzt zweifelsohne voraus, dass die Kundenstruktur überhaupt im Detail bekannt ist. Informationen über wesentliche Klassifizierungskriterien, beispielsweise über soziodemographische Merkmale, müssten also vorliegen. Ebenfalls müssen die unterschiedlichen Einstellungen und Erwartungen der Kundengruppen aus vorherigen Erhebungen bzw. Analysen bekannt sein.
Abbildung 99: Ablaufschema zur Ermittlung der Stichprobengröße
Wie aus Abbildung 99 ersichtlich ist, geht es darum, für das kleinste Segment eine ausreichend große Fallzahl festzulegen, die sich nicht direkt aus der Anzahl der Befragten, sondern aus dem zu erwartenden Rücklauf bestimmt.
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
215
Im Folgenden wird in Abbildung 100, Abbildung 101, Abbildung 102 und in Abbildung 103 in einem Beispiel der Prozess der Stichprobenziehung mit seinen wesentlichen Teilschritten noch einmal verdeutlicht. Zunächst ist für das gesamte Unternehmen festzulegen, welche Kundengruppen untersucht werden und ob eine Vollerhebung beispielsweise bei A-Kunden oder Stichprobenerhebungen von anderen Kundengruppen vorgenommen werden sollen (siehe Abbildung 100).
Abbildung 100: Auswahl der Kundengruppen
Wie bereits oben kurz angesprochen ist für jede Kundengruppe eine Differenzierung vorzunehmen, z.B. nach dem Anteil dieser Kundengruppe in den einzelnen Regionen. Dies liefert die Grundlage für die Ermittlung der kleinsten Fallzahl unter Berücksichtigung des zu erwartenden Rücklaufs (siehe Abbildung 101). Die angestrebten 30 Fälle, sprich erhaltene ausgefüllte Fragebögen oder durchgeführte Interviews, sind die Grundlage, um dann entsprechend der Struktur der Kundengruppe in der Region 1, aufgeteilt in die vier Umsatzklassen, die Prozentsätze auf Absolutzahlen der erreichbaren Fälle umzurechnen. Hieraus lässt sich die Summe des Rücklaufs in diesem Teilsegment ermitteln, also 200 Fälle. Auf dieser Basis ist dann bei einer angenommenen Rücklaufquote von 20 Prozent die Stichprobe für die vorgesehene schriftliche Befragung zu ermitteln. Im vorliegenden Fall sind dies 1.000 Fälle (siehe Abbildung 102).
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Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Abbildung 101: Beispiel für Stichprobengrößenermittlung (I)
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
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Abbildung 102: Beispiel für Stichprobengrößenermittlung (II)
Diese Struktur- und Erhebungszahlen der Region 1 mit dem kleinsten Segment bilden die Grundlage, um die Erhebungszahlen für die Region 2 und 3 zu errechnen. Wie Abbildung 103 verdeutlicht, ist die jeweilige Stichprobengröße in Abhängigkeit von dem Anteil dieser Kundengruppe an der Gesamtzahl der Kunden in der Region entsprechend zu ermitteln. Die Gesamtstichprobe für die Kundengruppe B in den drei Regionen würde dann also 5.000 zu befragende Kunden ausmachen. Hiermit ist nur die Größenordnung festgelegt aber noch nicht die Repräsentativität durch den Ziehungsmodus. Diese wird erst durch eine entsprechende Zufallsauswahl sichergestellt. In der Statistik-Literatur gibt es Aussagen zu Größenordnungen von Stichproben, um die Repräsentativität einer Stichprobe und damit verbundene Aussagen sicherzustellen. Neben den „linear-additiven” Verfahren zur Festlegung der Stichprobengröße können also auch statistische Schätzverfahren eingesetzt werden, die unter Berücksichtigung von Irrtumswahrscheinlichkeiten, geforderten Genauigkeiten und der Zahl der Auswertungsklassen mathematisch exakt den Stichprobenumfang bestimmen können. Allerdings basieren sie auf Annahmen zur Streuung der zu erwartenden Ausprägungen in der Stichprobe. Diese können jedoch erst a-posteriori festgestellt werden. Hilfsweise lassen sich
218
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
zumindest Streuungswerte aus vergleichbaren bzw. früheren Untersuchungen heranziehen (vgl. BORTZ 2005; BORTZ/SCHUSTER 2010). Neben dem Stichprobenumfang ist jedoch nicht nur das Abbilden der Struktur der Grundgesamtheit in der Stichprobe wichtig, um die Repräsentativität zu sichern, sondern vor allem auch, ob die Repräsentativität für kleinste Struktureinheiten als Auswertungseinheiten gegeben ist (vgl. BORTZ 2005; BORTZ/SCHUSTER 2010).
Abbildung 103: Beispiel für Stichprobengrößenermittlung (III)
Die nächste Frage bezieht sich darauf, wie die Befragung durchzuführen ist. Einige Aussagen hierzu sind bereits bei den Pre-Tests gemacht worden. Zunächst ist zu klären, wie Akzeptanzprobleme bei den Befragten abgebaut werden können. Sie sind zum einen dadurch gegeben, dass die Befragten nicht informiert sind über das Vorhaben. Die entsprechende Maßnahme einer vorherigen Information über den Zweck und Nutzen des Interviews oder Fragebogens ist leichter durchzuführen, als Akzeptanzprobleme anderer Art abzubauen, nämlich wenn die Befragten ein geringes oder kein Interesse an dem Inhalt der Befragung und an dem Unternehmen haben. Liegt in dieser Weise kein Involvement vor, dann ist die Bereitschaft zur Mitwirkung und damit die Sicherung einer ausreichend hohen Rücklaufquote schwerer zu bewerkstelligen. Hierzu gibt es aber einige bewährte und einsetzbare Instrumente, um einen entsprechend hohen Rücklauf zu erreichen.
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
219
Die vorgesehene Segmentierung muss daher anhand der aussagefähig aufgebauten Datenbank möglich sein. Dies gilt insbesondere auch für die Zufallsauswahl von Stichproben für verschiedene Segmente, um so zu repräsentativen Ergebnissen bei Massenbefragungen zu kommen. Hinsichtlich des Befragungsinhaltes sind beispielsweise die drei Bereiche • Bedeutung des Kriteriums, • Zufriedenheit mit dem eigenen Unternehmen und • Best Practices von Wettbewerbern zu erfragen. Abbildung 104 zeigt diesen Ansatz.
Abbildung 104: Befragungsinhalte einer Kundenzufriedenheitsanalyse
Die vorstehende Analyse in Abbildung 104 unterstützt eine gezielte Positionierung des eigenen Unternehmens und seiner Produkte. Für eigene Produkte ist der Grad der Übereinstimmung des Ist-Profils der Zufriedenheit mit dem angestrebten Soll-Profil gut erkennbar. Damit wird zugleich der Kundenzufriedenheits-Index (CSI) des eigenen Produktes bzw. Unternehmens aussagefähig nachvollziehbar. Dieser Wert lässt sich unmittelbar mit dem CSI von Wettbewerbern vergleichen, also der Zufriedenheit mit deren Produkten
220
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
bzw. dem gesamten Unternehmen. Hieraus lässt sich direkt der spezifische Handlungsbedarf zur Verbesserung der eigenen Positionierung ableiten. Eine wichtige Frage im zweiten Teil des sechsten Punktes der 10 Schritte zur Messung der Kundenzufriedenheit (siehe Abbildung 93) ist die, wer die Befragung durchführt. Grundsätzlich kann jede Befragung vom Unternehmen selbst durchgeführt werden. Voraussetzung neben der Fähigkeit zu einem wirtschaftlichen (effizienten) und aussagefähigen (effektiven) Befragungs-Handling ist vor allem auch die Kompetenz in der Datenauswertung. Eine eigene Marktforschungsabteilung kann in dieser Hinsicht unterstützen. Für die Übertragung an einen externen Experten sprechen zum einen die gegenüber dem Kunden dokumentierte Neutralität der Datenerhebung und Auswertung und zum anderen das spezielle Know-how des Experten. Dies gilt für alle Befragungsformen. Eine „Tandem-Variante” empfiehlt sich vor allem bei wichtigen Kunden: Hier wird das persönliche Interview von einem externen Experten zusammen mit einem Vertreter des Unternehmens durchgeführt. Hierdurch sind einerseits das methodisch einwandfreie Vorgehen und die Neutralität gesichert. Andererseits werden spezielle Informationen über einzelne Vorgänge in der Zusammenarbeit mit dem Kunden oder bezogen auf das Produkt direkt ausgetauscht und können anschließend auch schnell und unmittelbar im Unternehmen als Grundlage für Verbesserungen dienen. Nicht empfehlenswert ist eine Befragung durch den eigenen Außendienst. Dies hat folgenden Hintergrund: Außendienstmitarbeiter sind darauf trainiert, die Leistungen und Produkte des Unternehmens dem Kunden gegenüber positiv darzustellen, mit dem Ziel sie zu verkaufen. Bei einer Befragung und bei der Messung der Kundenzufriedenheit ist der Ansatz genau umgekehrt. Hier gelten die kritische Distanz und die Fähigkeit, aktiv zuzuhören, um so wesentliche Informationen vom Kunden zu erhalten, anstatt vorschnell eine eigene Bewertung zu geben. Deshalb ist „listen to the customer” die Hauptaktivität bei derartigen Interviews. Folgendes Problem, das nach unserer Kenntnis in einem Unternehmen aufgetreten ist, stützt dieses Argument: Der Außendienst, der mit einer derartigen Befragung beauftragt wurde, hat die Kunden ausgewählt, mit denen er einen guten Kontakt hatte und mit denen die Zusammenarbeit in der Vergangenheit reibungslos lief. Das daraufhin zustande kommende Ergebnis ist klar: Die Zufriedenheit der Kunden wird deutlich überschätzt. Ansätze für notwendige Verbesserungen aufgrund von erkennbarer Unzufriedenheit bzw. von Defiziten auf der Seite des eigenen Unternehmens werden nicht ermittelt. Eine derartige „Schönrechnerei” rechtfertigt nicht die Kosten und diskreditiert das gesamte Instrumentarium. Customer Insights auf der Basis von Customer Experiences, also Einstellungen, Verhaltensweisen und Bewertungen durch den Kunden, sollen möglichst originalgetreu und damit unverfälscht und unbeeinflusst ermittelt werden, um so die kaufrelevanten Spezifika des Kunden zu erkennen.
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
221
Als weitere Möglichkeit soll die Vorgehensweise eines anderen Unternehmens referiert werden. Dort wurde in einem Projekt zur weltweiten Analyse der Kundenzufriedenheit im Business-to-Business Bereich so vorgegangen, dass Kunden in Asien und Amerika von Mitarbeitern des eigenen Unternehmens befragt wurden und nicht vom externen Berater, der mit allen anderen Phasen des Projektes betraut war. Voraussetzung war hierfür, dass diese Mitarbeiter zum einen eine Schulung in der Anwendung des Befragungsinstrumentariums erhalten haben und zum anderen, dass sie im Vertrieb arbeiten und deshalb die kundenbezogenen Sachverhalte verstehen, aber keinen unmittelbaren Kontakt mit dem Unternehmen und den Führungskräften hatten, die sie befragen sollten. Auf dieser Basis lassen sich ohne Verzerrungen aussagefähige Ergebnisse erreichen. Der bereits angesprochene Aspekt einer Kombination der Befragungsinstrumente lässt sich, wie in Abbildung 105 skizziert, so einsetzen, dass die schriftliche oder Online-Befragung die breite Basis für die Einschätzung der Bedeutung und die Bewertung der Zufriedenheit schafft. Hierauf aufbauende Interviews analysieren insbesondere die Gründe für die Defizite des Unternehmens und die Vorschläge aus Sicht der Kunden-Unternehmen. Zusätzlich kann mit Round-Table-Gesprächen in einer Diskussion mit wichtigen Kunden analysiert werden, wo konkrete Ansatzpunkte für eine bessere Zusammenarbeit mit den Kunden-Unternehmen bestehen. Die Zielsetzung neben der vertieften und detaillierten Information geht auch dahin, auf diesem Weg die Kundenbindung zu vergrößern. Dieses Vorgehen gilt in gleicher Weise auch gegenüber Lieferanten-Unternehmen. In der Supply Chain sind sehr gute Lieferanten mit einem hohen Innovationsniveau ebenfalls wichtig, um so in der Lieferkette ein hohes Qualitäts- und Verfügbarkeitsniveau von Vorprodukten sicherstellen zu können, ohne dass es über erhöhte Preise eingekauft und honoriert werden muss.
222
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Abbildung 105: Kombination der Befragungsinstrumente
5.7
Datenauswertung und Ergebnisdarstellung
Das Ziel ist hier, durch eine differenzierte und kompetente Datenauswertung die Lawine von Zahlen auf die Bereiche zu reduzieren, die für das Erkennen von Ansatzpunkten für zukünftige Verbesserungen wesentlich sind. Der spezielle Informationsbedarf zur Verbesserung der Unternehmensleistungen – und damit das Steigern der Kundenzufriedenheit und vor allem der Kundenbindung – ist maßgeblich für die Auswertung. In fortschrittlichen Unternehmen werden hierfür heute sehr unterschiedliche Datenquellen genutzt. Neben den reinen Befragungsergebnissen können so zusätzliche Kundendaten – z.B. aus Kundenbindungsprogrammen, von Tracking-Lösungen für Internetportale oder Drittdaten von Informationsdienstleistern – bei der Analyse eingebunden werden. Eine erste Herausforderung besteht dabei darin, diese Datenquellen zusammenzuführen und zu harmonisieren. Big Data, also große Zahlenmengen allein, reichen hierzu nicht aus. Wir sind auf die Anforderungen einer qualifizierten Weiterverarbeitung und Aufbereitung der Big Data Informationen bereits in Kapitel 1.7 eingegangen. Sie müssen außerdem auf einer möglichst einheitlichen Strukturierung und Erhebung basieren, auch wenn sie in unterschiedlichen Märkten und Ländern erhoben werden. Erst dann sind diese als „Data Lakes“ mit einer einheitlichen Aussagefähigkeit geschaffenen Daten „Daten-Seen“, aus denen sich mit den Advanced Analytics leistungsfähige Messgrößen und Messergebnisse generieren lassen. Sie sind die Basis für das Aufspüren von Ursachen-Wirkungs-Beziehungen, also
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
223
von Kausalitäten, und für eine angestrebte Mustererkennung (BRACHT, GECKLER, WEN2018, S. 177f.; BITKOM 2013).
ZEL
Nur beim Einsatz von fortschrittlicher Software sind Detailanalysen und auch Abhängigkeitsanalysen – unter der Voraussetzung einer ausreichend großen Stichprobe oder noch besser einer digital ermittelten Vollerhebung – möglich. So können Auswertungen beispielsweise für spezielle Kundengruppen aus unterschiedlichen Marktgebieten oder für einzelne Marktgebiete über alle Kundengruppen hinweg erfolgen. Dies ermöglicht ein differenziertes internes und externes Benchmarking. Häufig werden hierbei sogenannte strukturprüfende Verfahren eingesetzt, bei denen vermutete Ursachen-Wirkungs-Beziehungen über statistische Tests und Zusammenhangs-Analysen abgeprüft werden. Zusätzlich können Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge mit einem methodisch fortschrittlichen Instrumentarium aus dem Bereich der strukturentdeckenden Verfahren statistisch ermittelt werden. So lassen sich beispielsweise durch Faktoren-basierte ClusterAnalysen spezielle Kundengruppen herausfiltern, um so in Abhängigkeit von den Anforderungs- und Zufriedenheitsprofilen bestimmte „Kunden-Typen” zu erkennen. Auf der Basis von Diskriminanzanalysen mit statistischen Signifikanztests lässt sich die Trennschärfe zwischen einzelnen Gruppen bzw. Kunden-Typen messen und damit die Genauigkeit bzw. Überschneidungsfreiheit der für die Gruppenbildung herangezogenen Variablen bzw. Faktoren nachvollziehen. Viele dieser Muster-suchenden Ansätze werden heute im Bereich des Data Mining mehr oder weniger stark automatisiert eingesetzt (vgl. BACKHAUS ET AL. 2018; HIPPNER ET AL. 2011; RUNKLER 2015; LAROSE/LAROSE 2015). Abbildung 106 zeigt eine derartige vereinfachte Detailauswertung eines Dienstleistungsunternehmens für den Kundentyp „Negative Multiplikatoren”. Die Kundengruppe wird eingegrenzt auf der Grundlage der Bereitschaft, weiterhin mit dem Unternehmen zusammenzuarbeiten, und der bestehenden Weiterempfehlungsabsicht. Wie ersichtlich ist, haben die 14 Prozent der negativen Multiplikatoren als ernstzunehmende, sehr unzufriedene Kundengruppe trotz u.U. anderer Niveauerwartungen im Wesentlichen die gleichen Anforderungen wie die positiven Multiplikatoren. Dies lässt den ersten Schluss zu, dass die Ursache für die Unzufriedenheit nicht in erhöhten Anforderungen liegt. Detailanalysen zeigen dann die in Abbildung 106 exemplarisch dargestellten Problemfelder. Die negativen Multiplikatoren • sind sehr preisbewusst und • haben im Hinblick auf einige Bereiche der Dienstleistungen und Kontakte mit dem Unternehmen schlechte Erfahrungen gemacht.
224
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Abbildung 106: Beispiel: Gesamtauswertung aller Befragten (n=100), Zusammenfassende Auswertung „Negative Multiplikatoren”
Die Ergebnisse dieser Unterschiedsanalysen können im Rahmen multivariater Datenanalyse durch Analysen von Ursachen-Wirkungs-Zusammenhängen, z.B. durch ConjointMeasurement-Analysen oder Lineare Strukturgleichungsmodelle (LISREL), noch einmal auf ihre Gültigkeit und damit Aussagefähigkeit hin überprüft werden (vgl. TEICHERT, 1994; HOMBURG/BAUMGARTNER, 1995). Diese wichtigen methodischen Analyseverfahren im Rahmen des Structural Equation Modelling (SEM) (vgl. WEIBER/MÜHLHAUS 2014) werden hier nicht im Detail behandelt. Seit einiger Zeit werden stärker varianzbasierte Verfahren, wie Partial Least Square (PLS) verwendet (vgl. HAIR/SARSTEDT/ RINGLE/GUDERGAN 2018). In der Marktforschungspraxis werden, da häufig die statistischen Anwendungsvoraussetzungen für Strukturgleichungsmodelle fehlen, eher verschiedene Formen der Regressions- und Varianzanalysen, welche die Beziehungen zwischen einzelnen Variablen abprüfen, eingesetzt. Im Vordergrund stehen dann die unterschiedlichen inhaltlichen Erkenntnisse in anschaulicher Form. So werden nach allgemeiner Beobachtung in der Marktforschung bzw. Marktforschungspraxis meist keine latenten Konstrukte abgefragt – und falls doch, werden sie nicht ausreichend eindeutig und trennscharf wissenschaftlich abgesichert. Daher bleiben diese fortschrittlichen Methoden und anspruchsvollen Verfahren bisher fast ausschließlich wissenschaftlichen Anwendungsgebieten mit einem Schwerpunkt auf Erkenntniszielen in der
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
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Forschung vorbehalten. Im Gegensatz hierzu ist die praxisbezogene Marktforschung primär auf das Umsetzen von Gestaltungszielen ausgerichtet. Es liegt auf der Hand, dass diese Detailanalysen im Hinblick auf Unterschiede zwischen zufriedenen und unzufriedenen Kunden klare Ansatzpunkte für das Herausfiltern von strategischen und operativen Maßnahmen mit großer Hebelwirkung liefern (vgl. BENOIT ET AL. 2019). Hierauf wird beim folgenden Schritt eingegangen. Im Business-to-Business-Bereich ist eine Gegenüberstellung angestrebt, wie unterschiedlich welche Kriterien der angebotenen Leistung in einem Buying-Center vom Entscheider, also z.B. der Geschäftsleitung, vom Beeinflusser, wie beispielsweise der Einkaufsabteilung, oder vom Anwender, wie z.B. der Fachabteilung, bewertet werden. Häufig unterscheiden sich also die Gewichtungen und auch die Zufriedenheit. Eine Durchschnittsbildung bei der CSI-Berechnung ist dann wenig aussagefähig und reicht nicht aus. Wenn man zusätzlich noch eine Bewertung der Durchsetzungsmacht im Buying-Center ermittelt, ermöglicht dies nicht nur eine differenzierte Analyse hinsichtlich der Verbesserungsmöglichkeiten und ihrer Bedeutung für die Kundenzufriedenheit sowie vor allem auch ihrer Durchsetzbarkeit, sondern liefert auch genügend Ansatzpunkte für eine adressatengenaue Argumentation in der Zukunft. Abbildung 107 zeigt die Hierarchie der Erkenntnisse in Form eines „Trichtermodells”. Das Ziel dieser Vorgehensweise ist, zum einen allgemeine Erkenntnisse über die Anforderungen und Zufriedenheit der Kunden zu gewinnen, zum anderen aber auch differenzierte Steuerungsinformationen bezogen auf einzelne Aggregate, also Produkte, Serviceleistungen oder Kundengruppen, zu erhalten. In einer dritten Analyse lassen sich dann Hauptgründe als Ursachen und zugleich als Grundlage für Verbesserungen herausfiltern. Auf der Grundlage dieses Trichtermodells sind in einem nächsten Schritt die Ergebnisse differenziert in einem Portfolio darzustellen, das die Wichtigkeit und Bedeutung der Anforderungen mit dem Erfüllungsgrad und der Zufriedenheit der Kunden in Beziehung setzt.
226
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Abbildung 107: Hierarchie der Erkenntnisse
Wie Abbildung 108 zeigt, ist im K.o.-Bereich, also bei Kriterien mit hoher Bedeutung und einer geringen Zufriedenheit der Adressaten, ein sofortiger starker Handlungsbedarf gegeben. Mit anderen Worten ist in diesem Fall bei Kriterien mit hoher Importance die gelieferte Performance zu gering.
Abbildung 108: Portfolio zum Ableiten des Handlungsbedarfs
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
227
In der Fläche des Problembereichs ist dieser Handlungsbedarf zu relativieren. Bei Bewertungen, die sich im Bereich Rationalisierungspotenzial einordnen, also bei Kriterien, die eine geringe Wichtigkeit haben und bei denen eine hohe Zufriedenheit vorliegt, ist das Einsparpotenzial daraufhin zu prüfen, ob Kosten für Leistungen abgebaut werden können, die für den Kunden nicht wichtig sind und die er deshalb auch nicht honoriert. In Abbildung 109 sind die CSI-Berechnung und -Konsequenzen in einem Prozessschema noch einmal vereinfacht dargestellt. Das Ziel ist, auf der Grundlage der formulierten Sollgrößen und des Benchmarking-Vergleichs mit dem Klassenbesten zu erkennen, ob und wo Handlungsbedarf besteht.
Abbildung 109: Der Prozess der CSI-Berechnung und der Konsequenzen
Klare Entscheidung des Managements Wichtig bei dem Prozess ist, dass das Management des Unternehmens zu den einzelnen Kriterien respektive Kundenanforderungen eine klare Entscheidung bezüglich deren Erfüllung auf der Grundlage der Unternehmensziele, der Wettbewerbssituation und der erreichten Kundenzufriedenheit trifft. Dies hat zur Folge, dass die Bedeutung, die Zielrichtung und die Konsequenzen der Inhalte dieses Instrumentes im Top-Management ausführlich diskutiert werden. Nur auf diese Weise kann der CSI eine Akzeptanz- und Steuerungsfunktion im Unternehmen erhalten und nicht nur als generelle Maßgröße, sondern als Grundlage für das strategische und operative Handeln einzelner Abteilungen genutzt werden.
228
5.8
Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
Ergebnispräsentation und Verbesserungsmaßnahmen
Es liegt auf der Hand, dass die Qualität der Auswertung und der aufbereiteten Ergebnisse die entscheidende Grundlage ist für das Erkennen von – für die Zufriedenheit der Kunden und damit die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens – wesentlichen Defiziten. Sie geben über die dargestellten Beispiele von Ursachenanalysen klare Hinweise zu Richtung und Inhalten des Handlungsbedarfs. Nach dem Motto „Nicht Weltklasse in der Analyse und Bezirksklasse in der Umsetzung” kommt dem 8. und 9. Schritt eine gleich hohe, wenn nicht noch größere Bedeutung zu als den vorhergehenden Schritten. Konkret bedeutet dies, dass Maßnahmen nur entwickelt und umgesetzt werden können, wenn die Ergebnisse des Customer Satisfaction Measurement (CSM) bekannt sind. Von daher wird die Präsentation nach dem Kaskadenprinzip zunächst vor der Unternehmensleitung zu erfolgen haben. Daran schließen sich Darstellungen und Interpretationen vor dem Management verschiedener Ebenen und Bereiche und letztendlich vor den Mitarbeitern an. Neben den externen Spezialisten in der ersten Phase werden nach und nach immer mehr Führungskräfte des Unternehmens in diese Präsentationen einbezogen. Das Ziel besteht darin, zum einen über die Stärken des eigenen Unternehmens und die Zufriedenheit der eigenen Kunden zu informieren, zum anderen aber auch mit aller Klarheit und Offenheit Defizite und damit die Notwendigkeit von Verbesserungen anzusprechen und darzustellen. Da jeder im Unternehmen mit seiner Leistung und Wertschöpfung direkt oder indirekt einen Beitrag zur Kundenzufriedenheit und damit zur Kundenbindung zu leisten hat, liefert der CSI eine Messlatte für das Handeln jedes Einzelnen. Es versteht sich von selbst, dass der Bezug zur eigenen Tätigkeit hergestellt werden muss. Abbildung 109 hat Ansatzpunkte bei der Ursachenanalyse gezeigt, die für verschiedene Abteilungen und Bereiche eine klare Informationsbasis für das Verbesserungspotenzial liefern. Auch wenn die Präsentation der Ergebnisse zeitlich vom Erarbeiten von Maßnahmen mit großer Hebelwirkung getrennt werden kann, liegen die eigentliche Zielsetzung und der Schwerpunkt des Handelns im Unternehmen auf der zweiten Phase. In Workshops lassen sich von den zuständigen Ebenen und Abteilungen des Unternehmens Schlussfolgerungen und Konsequenzen aus den Ergebnissen des CSM ziehen. Dabei sind unterschiedliche Modelle praktikabel: Zum einen kann die Unternehmensleitung in einem Kick-off-Meeting die strategische Marschrichtung für Konsequenzen in einzelnen Bereichen vorgeben, die dann in Folge-Workshops ebenfalls nach dem Kaskadenprinzip präzisiert und in Verbesserungsmaßnahmen abgearbeitet werden können. Zum
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anderen ist es möglich, mit gemischten Teams aus mehreren Hierarchie-Ebenen und Bereichen erforderliche Maßnahmen zu erarbeiten und für die Umsetzung zu konkretisieren. Abbildung 110 zeigt vereinfacht ein Beispiel im Rahmen derartiger Konsequenzen aus einem CSM. In dem Dienstleistungsunternehmen, auf das sich die Verbesserungsmaßnahmen beziehen, war die Bearbeitungszeit aus Sicht des Kunden ein Hauptfaktor für die Unzufriedenheit und damit die Grundlage für Maßnahmen mit großer Hebelwirkung.
Abbildung 110: Konsequenzen aus einem CSM
Wenn nahezu das ganze Unternehmen in diesen Prozess der Erarbeitung von Verbesserungsmaßnahmen auf der Basis einer CSI-Analyse einbezogen wird, dann bringt dies zum einen den Effekt mit sich, dass für notwendige Veränderungsprozesse die Datenbasis vorliegt und eher die Bereitschaft zum Ändern erreicht wird. Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass Änderungen auch immer das Verhalten von Personen betreffen, ist dieser Ansatz wichtig und wünschenswert, zumal eine spätere zweite Messung den Erfolg der Anstrengungen zeigt. Zum anderen besteht aber auch die Gefahr und das Risiko, dass das gesamte Unternehmen in einen „Rausch des Aktionismus” verfällt. Von daher ist es für die Unternehmensleitung bzw. die CSM-Verantwortlichen wichtig, den gesamten Prozess klar zu steuern. Grundlage ist immer die angestrebte strategische und operative Positionierung.
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Hierzu bietet sich an, die CRM-Aktivitäten in ihrem Gesamtzusammenhang aufzulisten, dadurch überhaupt übersehen zu können und im Hinblick auf Konsequenzen, Querbeziehungen und Folgewirkungen bewerten zu können. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine klare Unterscheidung in Maßnahmen, die • kurzfristig und unaufschiebbar sind, um eine Kundenerosion zu verhindern (Sofortmaßnahmen), • zweckmäßig sind, um mit einer strategischen Blickrichtung das Unternehmen zu positionieren und die eigene Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft abzusichern (Positionierungs- und Bestandssicherungsmaßnahmen), • den „Sockel” der Kundenzufriedenheit und damit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Kunden ausbauen und verstärken (Basisabsicherung) und • ein Einsparpotenzial aufzeigen, das genutzt werden kann (siehe Abbildung 111).
Abbildung 111: Portfolio der CRM-Maßnahmen
Die Bedeutung der Maßnahmen entspricht genau der referierten Reihenfolge. Es steht außer Frage, dass Sofortmaßnahmen mit der höchsten Priorität und Schnelligkeit umgesetzt werden müssen, sobald diese gravierenden Defizite erkannt sind. Bestandssicherungsmaßnahmen resultieren aus der Erkenntnis, dass zufriedene Kunden nicht ausreichen, sondern nur sehr zufriedene Kunden dem Unternehmen treu bleiben. Kundenbindung setzt also begeisterte Kunden voraus.
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Auch wenn der Grundsatz gilt, Stärken auszubauen und – hieraus folgernd – das Unternehmen mit bestimmten Defiziten leben muss und leben kann, empfiehlt es sich in einer selektiven Analyse zu ermitteln, wo Handlungsbedarf zur Absicherung des Basisgeschäftes besteht. In gleicher Weise ist Einsparpotenzial daraufhin zu prüfen, wo Maßnahmen bisher realisiert werden, die für das Unternehmen mit erheblichen Kosten verbunden sind und offensichtlich keine maßgebliche Wirkung auf die Kundenzufriedenheit haben. Es versteht sich von selbst, dass zum einen die Maßnahmen, welche keine zusätzlichen Kosten verursachen, auch bei einer geringen Wirkung auf die Kundenzufriedenheit nicht von vornherein zur Disposition stehen. Zum anderen ist diese Analyse in Zeitabständen immer wieder durchzuführen, da die Gewichtung der Kriterien und Maßnahmeninhalte durch die Kunden – allein aufgrund von Wettbewerber-Aktivitäten – sich verändern kann, und dadurch eine Verschiebung zu einer höheren Bedeutung auftreten kann. Das Ergebnis einer derartigen detaillierten Übersicht bewirkt dann eine höhere Konsistenz und Synergie der Verbesserungsmaßnahmen. Wenn das „Gesamtpaket” von der Geschäftsleitung bzw. den bereichsverantwortlichen Führungskräften genehmigt und verabschiedet wurde, ist die Umsetzung mit den Zeitvorgaben durch das bekannte und im Unternehmen in der Regel angewendete Projektcontrolling sicherzustellen.
5.9
Projektcontrolling für die Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen
Die Hauptarbeit ist nach dem 8. Schritt getan. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Umsetzung und Steuerung der Verbesserungsmaßnahmen planmäßig durchgeführt wird und voranschreitet. Wie die Praxis zeigt, ist dies nicht immer der Fall und macht ein klares Controlling erforderlich. Allein schon das Wissen um ein derartiges Controlling bei den Umsetzungsverantwortlichen und betroffenen Mitarbeitern erhöht bereits das Engagement und führt zu besseren Ergebnissen. Die Zielsetzung und das Ergebnis sind, dass zum einen die Maßnahmen direkt an den konkreten Zielen ausgerichtet und in der Umsetzung gesteuert werden. Zugleich werden so die Basis und der Inhalt des Berichtswesens verbessert. Zusätzlich ist eine ergänzende Analyse oft empfehlenswert, welche die Zuordnung der Verbesserungsmaßnahmen zu den Kontaktphasen mit dem Kunden zum Gegenstand hat. Hierdurch wird die gesamte Wertschöpfungskette im Leistungs- und Servicebereich noch einmal auf Stimmigkeit überprüft.
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Wenn diese Eingangshürde genommen ist, dann erwartet der Kunde, nachdem er seine Meinung über die Qualität der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen abgegeben hat, eine Rückmeldung. Nach einem längeren, ebenfalls definierten Zeitraum hat eine Rückmeldung an den Kunden zu erfolgen, die den Umsetzungsstand der eingeleiteten Verbesserungsmaßnahmen zum Gegenstand hat und selbstverständlich auch in dieser persönlichen Kontaktphase erfragt, inwieweit er dies nicht nur bemerkt hat, sondern auch honoriert. Das Ergebnis ist, dass CSM ein kontinuierliches Feedback mit dem Kunden ermöglicht und ihn enger in die eigene Wertschöpfung einbezieht.
5.10
Controlling der Verbesserungen beim Wiederholen der CSIAnalyse
Die zehnte Phase bezieht sich nicht auf das laufende Projekt, sondern gibt eine Perspektive für die Zukunft. Erreicht werden soll nicht nur für das Unternehmen die Information über Einstellungen und Verhalten von Kunden, was sich in Erwartungen und Bewertungen ausdrückt. Vielmehr sollen im Rahmen des CSM alle wichtigen Kunden in Kontakt mit dem Unternehmen kommen und die Möglichkeit haben, ihre spezifische Meinung zu sagen und Bewertungen vorzunehmen. Dieses Ziel spricht dafür, dass im Zeitablauf andere Kunden zumindest zusätzlich befragt werden, um so mit möglichst vielen wichtigen Kunden diese Kontaktschiene aufzubauen. Das Ergebnis einer derartigen Wiederholung ist dann der Vergleich von CSI-Werten im Zeitablauf. In Abbildung 112 ist dies beispielhaft wiedergegeben. Eine derartige Analyse macht nur Sinn, wenn neben dem jährlichen Durchschnittswert als Index zwischen 0 bis 100 auch Gründe für das Ansteigen oder Abfallen angegeben werden. Nur so ist die relative Bedeutung der Aussagen bewertbar. Diese Darstellung eines CSI-Entwicklungs- und Wachstumspfades kann neben der zusammenfassenden Analyse für das gesamte Unternehmen für alle Kundensegmente/gruppen, für alle Regionen und für alle Geschäftsfelder/Produkte differenziert durchgeführt und durch speziell ergriffene Maßnahmen begründet werden. Es liegt auf der Hand, dass dieses Set von Daten die Aussagefähigkeit des CSI erhöht, da Vergleiche zwischen verschiedenen Gruppen über die Zeit und mit Wettbewerbern möglich sind. Neben der Betrachtung der Kennzahl, die ein CSI darstellt, ist immer die Analyse der Wirkungen von eigenen Maßnahmen oder von Wettbewerber-Aktivitäten wichtig, um die Aussagefähigkeit der CSI-Zahl zu erhöhen. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Ein gleichbleibendes Niveau der Kundenzufriedenheit bekommt einen ganz anderen Stellenwert, wenn deutlich wird, dass im gleichen Zeitraum die Aktivitäten eines
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Wettbewerbers bezogen auf Preis und Leistung das eigene Unternehmen erheblich unter Druck gesetzt haben.
Abbildung 112: CSI-Werte im Zeitablauf
Die zusätzliche Analyse und Wiedergabe der Gründe und Ursachen für einen bestimmten Wert verdeutlicht in Form eines Histogramms im Zeitablauf auch die Einflüsse der Wettbewerbssituation sowie die Reaktions- und Aktionsfähigkeit, also insgesamt die Lernfähigkeit des Unternehmens. Wenn man den Einsatz und die Anwendung von CSM zu Ende denkt, dann liefern die Werte eine Basis für die Bemessung eines flexiblen Teils der Vergütung. Mit anderen Worten lassen sich hieran Leistungszulagen konkret orientieren. Wie an früherer Stelle dargestellt wurde, wird die Kundenzufriedenheit nicht der alleinige Maßstab sein. Die Umsetzung auf finanzielle Incentives und Leistungszulagen muss differenziert in Abhängigkeit von der jeweiligen Marktsituation und den Einflussmöglichkeiten des Mitarbeiters vorgenommen werden. Dies unterstreicht noch einmal die Bedeutung einer ergänzenden Analyse der Umfeldsituation auf dem Markt und einer Wirkungsanalyse eigener Maßnahmen.
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Kapitel 5: 10 Schritte zur Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit
CSM als Führungsinstrument Insgesamt wird deutlich, dass der CSI im Rahmen eines periodischen CSM sich zu einem zunächst neuartigen, dann aber als Standard-Kennzahl akzeptierten Führungsinstrument entwickeln kann und wird. Dies führt dazu, dass auf der Grundlage der erzielten Werte ein Kontinuierlicher Verbesserungsprozess durchgeführt wird.
5.11
Stolpersteine und Umsetzungsprobleme
Auch wenn die bisherigen Ausführungen den Wert von CSM und CSI erkennen lassen, und man von diesem Instrument überzeugt ist, muss die Frage gestellt werden: Warum und woran kann das Vorhaben scheitern? Wie immer gibt es hierfür eine ganze Reihe von Gründen. In Abbildung 113 sind die wichtigsten aufgelistet.
Abbildung 113: 10 typische Probleme und Stolpersteine beim CSM
P1: Das erste Problem bzw. der erste Stolperstein der Halbherzigkeit in der Projektierungsphase geht vor allem auf das Konto der Unternehmensleitung respektive der mit dem CSM beauftragten Führungskräfte. Probleme können insbesondere dadurch auftreten, wenn eine Zufriedenheitsanalyse mit einer allgemeinen Marktforschung gleichgesetzt bzw. verwechselt wird, und das Erfordernis von Folgemaßnahmen unterschätzt oder nicht gesehen wird.
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Wenn die Bedeutung des Instrumentes nicht klar definiert und bewertet wird, dann sind Defizite in allen Folgephasen vorprogrammiert. Das Instrument wird dann eher in die Rubrik einer Modeerscheinung eingeordnet. P2: Der Wille zur Veränderung wird mit Fragen wie „Sind wir wirklich nicht gut genug?” und „Wollen/müssen wir wirklich etwas ändern?” in Zweifel gezogen. Änderungsbereitschaft wird so nicht erzeugt, oder sie wird im Vorfeld beseitigt. Der erste Stolperstein lässt sich dadurch umgehen, dass auch das zweite Problem gelöst wird: Ohne Klarheit über die zu erreichenden Ziele, die grundsätzliche Ausrichtung und die einzelnen Etappen wird dieses Vorhaben niemanden überzeugen. Ein Mangel ist auch dann gegeben, wenn ausschließlich rückblickend gefragt und analysiert wird, und die Chance nicht genutzt wird, zukünftige Erwartungen bzw. Veränderungen zu erkennen. Methodische Mängel können sich im Messkonzept ergeben und eine „Schönfärberei” der Ergebnisse indirekt fördern. P3: Damit ist auch der dritte Stolperstein bereits indirekt angesprochen. Auf der Grundlage der positiven Ansätze bei den ersten beiden Punkten hat Überzeugungsarbeit bei Führungskräften und Mitarbeitern zu erfolgen. Überzeugung setzt immer Information voraus. P4: In die gleiche Richtung geht – wie bereits angesprochen – eine unzureichende, vorherige und auch periodische Information der Kunden. Information wird dadurch nicht überflüssig, dass zu Anfang keine klare Kenntnis über die Ergebnisse des CSM und damit über mögliche Konsequenzen besteht. Eine klare Information an den Kunden, nicht nur über den Inhalt, sondern auch über die Zeitschiene und damit den Zeitbedarf der Umsetzung von Verbesserungen, kann einer überzogenen Erwartungshaltung von ihm entgegenwirken. Wichtig ist, den Dialog über das Instrument und die grundsätzlichen Inhalte sowie Auswirkungen mit dem Kunden zu führen. P5: Wenn die CSI-Analyse durchgeführt wurde, und die Werte vorliegen, dann darf kein „Immunisierungsmechanismus” eintreten, in der Weise, dass die Probleme und geringen CSI-Werte argumentativ heruntergespielt werden, anstatt sie inhaltlich anzugehen und zu verbessern. Das kann in eine konsequente Abwehrhaltung gegenüber unangenehmen Wahrheiten aus Kundensicht münden. P6: In die gleiche Richtung geht das unzureichende bzw. schlecht aufeinander abgestimmte Konzept von Einzelmaßnahmen mit der dargestellten Gefahr des Aktionismus. P7: Wenn alle diese Hürden genommen sind, dann existieren noch genügend Stolpersteine in der Umsetzung von Maßnahmen. Zunächst kann der erforderliche Investitionsbedarf an Zeit und Geld von der Geschäftsleitung falsch eingeschätzt werden. Dies hat zur Folge, dass als zweckmäßig und notwendig erachtete Maßnahmen nicht in dem entsprechenden Maße umgesetzt werden können. Die Auswirkungen auf die Ergebnisse bei einer Wiederholungsmessung sind damit klar determiniert.
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P8: Zusätzlich kann der Zeitbedarf für Veränderungen falsch eingeschätzt werden. Dies hat zur Folge, dass die positiven Wirkungen bei der nächsten CSI-Messung noch nicht eingetreten sind. Entweder liegt der Zeitpunkt der Messwiederholung zu früh oder die Intensität der Maßnahmenumsetzung war zu gering. P9: Einhergehen kann damit das Defizit, dass im Projekt bei den Verbesserungsmaßnahmen nicht klar unterschieden wird, welche Veränderungen relativ kurzfristig erreichbar sind. Dadurch können Verbesserungen nicht frühzeitig kommuniziert werden, die einen Verstärkereffekt für das gesamte Vorhaben mit sich bringen. P10: Nicht zuletzt können eine Schwachstelle und ein Stolperstein dadurch gegeben sein, dass das Unternehmen sich keine sachkundige externe Unterstützung holt. Wenn das eigene Know-how im Unternehmen nicht bzw. noch nicht vorliegt, dann ist eine derartige Beratung zweckmäßig. Sie ersetzt aber auf keinen Fall die Bereitschaft der Geschäftsleitung, bei der Anwendung dieses Instrumentes und der Ableitung von Konsequenzen voran zu gehen. Und sie ersetzt damit auch nicht die eigenen Anstrengungen hinsichtlich der Konzeption und der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen. Auch bei der Einführung und Anwendung des CSM gilt: Kein Unternehmen ist verpflichtet, die Fehler, die andere schon mehrfach gemacht haben, noch einmal zu wiederholen. Und zum Zweiten: Kein Unternehmen kann eine positive CSI-Entwicklung und eine darauf basierende erfolgreiche strategische Positionierung „einkaufen“. Eingekauft werden können nur das erforderliche Wissen und wichtige Erfahrungswerte. Die Gestaltung, Steuerung und Umsetzung muss vom eigenen Management des Unternehmens durchgeführt werden.
6
Effiziente Kundenbindung
6.1
Kundenzufriedenheit ist erst der Anfang
Insbesondere in Zeiten, in denen die Märkte zunehmend enger werden, und viele Unternehmen unter einem hohen Kosten- und Ertragsdruck stehen, wird es immer wichtiger, Kundenzufriedenheit als strategischen Faktor für zukünftigen Markterfolg zu erkennen und zu nutzen. Überblick: Bedeutung und Messung der Kundenbindung Die Zufriedenheit der Kunden mit den Leistungen eines Unternehmens stellt aber noch lange keine Garantie für Kundentreue dar. Es wäre daher falsch, auf einen Automatismus zu schließen, der auf Kundenzufriedenheit immer einen Wiederkauf folgen lässt. Im Laufe der Jahre hat sich die Angebotsvielfalt ständig vergrößert und Kunden können Preis und Leistung der Produkte heute viel einfacher vergleichen. Dies führt dazu, dass Kunden ohne eine vorhandene Kundenbindung allein aufgrund der Vielfalt des Angebots, der direkten Vergleichsmöglichkeiten und der Nachvollziehbarkeit, dass Produkte nicht selten relativ ähnlich oder weitgehend gleich sind, eine erkennbare Wechselbereitschaft an den Tag legen (vgl. RUEBSAM 2018). Besonders bei Konsumgütern, die vom Kunden als relativ gleichartig wahrgenommen werden oder bei denen das Kaufrisiko – sowohl finanziell als auch sozial – als gering eingeschätzt wird, neigen Konsumenten häufiger zum Wechsel. Trotz guter Erfahrungen mit dem Produkt suchen viele Kunden bei zukünftigen Kaufentscheidungen ganz bewusst nach Abwechslung (vgl. GIERL 1993, S. 90f.). Für Unternehmen auf Konsumgütermärkten stellt das Phänomen des „Variety Seeking” von zufriedenen Kunden eine große Herausforderung dar (vgl. MCALISTER, 1982). Im Business-to-Business Bereich geht es primär darum, aufgrund der oftmals hohen Akquisitionskosten den bereits bestehenden Kundenstamm besser zu betreuen, um so eine „Austrittsbarriere” aufzubauen. Wichtig ist es daher, spezielle Kundenbindungsprogramme zu konzipieren und umzusetzen. Ziel dieser Aktivitäten ist es, eine intensive Beziehung zu den eigenen Kunden aufzubauen, damit diese „resistent” gegenüber Abwerbeversuchen des Wettbewerbs werden, dem eigenen Unternehmen über einen längeren Zeitraum treu bleiben und somit ein sicheres Umsatz- und Ertragspotenzial darstellen. Kundenzufriedenheit bildet – wie dargestellt – lediglich die Grundlage, auf der eine Kundenbindung entstehen kann. Eine Kundenbindung und damit Kundentreue kann nur gelingen, wenn das Unternehmen es schafft, einen Kundenstamm aufzubauen, der von den Unternehmensleistungen in vollem Maße überzeugt ist.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5_6
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
In der wissenschaftlichen Analyse werden hierzu drei unterschiedliche Aggregate betrachtet: • Die als „Normalfall“ unterstellte Abfolge ist, dass Kundenzufriedenheit eine Kundenloyalität, also eine positive Einstellung gegenüber dem Unternehmen und den erlebten Prozessphasen und -inhalten, erzeugt. Wenn dieses Gefühl stark genug ist, da die Zufriedenheit hoch bzw. sehr hoch war, dann setzt auch Kundenbindung ein. • Im Nachweis ist bezogen auf die gültige Ursachen-Wirkungs-Kette jedoch keine Eineindeutigkeit gegeben, so dass als alternatives Wirkungsmuster Kundenzufriedenheit auch eine kaufbezogene Kundenbindung erzeugen kann und erst über einen Zeitraum eine Kundenloyalität als emotional positive Einstellung und Kaufbereitschaft gegenüber dem Unternehmen entsteht. • Im Ergebnis ist also kein eindeutiges Erkenntnis-Muster in der Abfolge vorhanden, sondern eine Variationsbreite der Phasenfolge ist erkennbar (vgl. STEINHOFF/ WITTE/EGGERT 2018; EGGERT/GARNEFELD 2010; EGGERT 2000; TÖPFER 2008e, S. 81ff.). Was können Unternehmen aus den bereits bestehenden Anwendungserfahrungen mit Kundenbindungsaktivitäten – also CRM-Maßnahmen – lernen? Wie ist eine Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden zu gestalten? Welche Instrumente bieten sich an, um den Kunden glaubwürdig und wirkungsvoll in einen Dialog einzubinden? Aus welchen Komponenten kann ein Kundenbindungsmarketing bestehen, und was sind wichtige Voraussetzungen dafür? Auf welche Kriterien ist besonders zu achten, damit eine Umsetzung nicht scheitert? Antworten auf diese für die Praxis wichtigen Fragen wollen wir in diesem Kapitel diskutieren. Dabei beziehen sich die folgenden Ausführungen nicht nur auf wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch auf konkrete Ergebnisse aus Interviews und Recherchen in 12 Unternehmen, die sich auf dem Gebiet der Kundenbindung vom Wettbewerb differenzieren wollen.
6.2
Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für Kundenbindung
Wie in Kapitel 1.6.4 angesprochen, ist es unabdingbar, das lineare „Kästchendenken” in Abläufen und Abteilungen sowie Funktionen durch eine Orientierung an übergreifenden und miteinander verzahnten Wertschöpfungsprozessen als Zyklus der gesamten Kundenbeziehung abzulösen. Damit eng verknüpft ist der Wille, den Kaufakt des Kunden nicht als Schlusspunkt der Kundenbeziehung anzusehen, sondern als einen bedeutenden Meilenstein bei dem Aufbau einer langfristigen Kundenbeziehung, die über punktuelle Kontakte hinausgeht und den Wiederkauf anstrebt. Dies hat zur Folge, dass von einem geschlossenen Kreislauf – einem „Buying-Cycle” – auszugehen ist, wie er in Abbildung 114 dargestellt ist.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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Wie aus dieser Abbildung ersichtlich wird, kann das Ziel der Kundenbindung, die „Nabe” des Buying-Cycle, vom Unternehmen nur erreicht werden, wenn die drei Phasen der Beziehungsanbahnung, -gestaltung und -pflege die Anforderungen und Erwartungen des Kunden umfassend erfüllen. Damit wird klar, dass Kundenbindungsprogramme an allen drei Phasen anzusetzen haben.
Abbildung 114: Der Buying-Cycle als Orientierungsrahmen für Kundenbindung
Einsatz von instrumentellem Marketing Wie die Abbildung 114 ferner erkennen lässt, wird das instrumentelle Marketing in allen drei Phasen des Buying-Cycle eingesetzt, also in der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase. Allerdings sind die Schwerpunkte im Marketing-Pentagon (siehe Abbildung 18) unterschiedlich gesetzt. In der Vorkauf-Phase kommt neben dem Produkt- vor allem der Kommunikations- Mix als Pre-Sales-Aktivitäten zum Einsatz. Informationen beziehen sich dabei auf Produkt-
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Features, Preis- und Konditionen-Niveau und Distributionswege. Bei hochkomplexen, wartungsintensiven Gütern, v. a. im Investitionsgüterbereich wie z. B. Druckmaschinen oder CRM-Software, ist auch der Service-Mix bereits in der Vorkauf-Phase von entscheidender Bedeutung. Bei Konsumgütern war das in der Vergangenheit eher nicht der Fall. Die Bedeutung von Service hat sich heute auch hier vergrößert. Insbesondere aufgrund des zunehmenden Online-Vertriebs haben Service-Aspekte einen höheren Stellenwert bekommen. In der Kauf-Phase liegt die Konzentration auf allen fünf Bausteinen des Marketing-Pentagon im Detail, um so den Kaufabschluss in der gewünschten Form für beide Seiten erreichen zu können. In der Nachkauf-Phase kommen primär der Kommunikations- und Service-Mix zum Einsatz: Ersteres z.B. durch Reklamations- und Beschwerdemanagement; letzteres durch After-Sales-Aktivitäten. Ein Effekt wird hier bereits erkennbar: In allen Phasen des Buying-Cycle stehen das Produkt und die Kommunikation im Zentrum, wobei über dialogorientierte Kommunikationsmedien ein enger Kontakt zu potenziellen und bestehenden Kunden gepflegt und ein kontinuierlicher Informationsaustausch zwischen Markt und Unternehmen sichergestellt wird. Zusätzlich sind aber auch Service-Mix-Aktivitäten wesentlich für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Damit wird klar: Das Produkt ist die Basis, Preis und Konditionen sind für die Kontrahierung nicht selten ein frühes Ausschluss-Kriterium, die Kommunikation ist der Transmissionsriemen, die Distribution vergrößert durch den Online-Vertrieb ihren Stellenwert für die Kaufentscheidung, und der Service ist der Verstärker für und durch erfolgreiche Kundenbindungsprogramme. Um die Kundenzufriedenheit umfassend ermitteln zu können und um sicherzustellen, dass der Kunde Stammkunde wird, weil in allen drei Phasen des Buying-Cycle seine Anforderungen und Erwartungen erfüllt werden, sind aussagefähige Kriterien für die Messung der Kundenzufriedenheit in allen drei Phasen zu entwickeln. Die Zufriedenheitsmessung kann dabei nach der Kaufphase ansetzen und damit ereignisorientiert untersuchen, ob alle Anforderungen des Kunden gut erfüllt wurden. Zusätzlich kann die Zufriedenheitsmessung im Rahmen der Nachkaufphase erfolgen, um z.B. ereignisorientiert zu überprüfen, ob der Kunde mit allen Wartungs-, Reparatur- und Serviceaktivitäten zufrieden ist. Daneben kann die Kundenzufriedenheit ereignisunabhängig nach bestimmten Zeitabständen merkmalsorientiert anhand eines Kriterienkataloges gemessen werden. Dies erfolgt dann insbesondere in der Vorkauf-Phase. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass der potenzielle Buying-Cycle bereits an Vorkauf-Aktivitäten des Unternehmens scheitern kann, wenn die Informationen für den Interessenten hier nicht klar und umfassend genug sind, die Betreuung durch einen benannten Ansprechpartner im Unternehmen nicht geregelt ist und dem Interessenten der gesamte kommunikative Prozessablauf unklar und unstrukturiert erscheint.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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Dieses Customer Satisfaction Measurement, das in Kapitel 4 und 5 thematisiert wurde, ist also die wesentliche Voraussetzung, dass der Buying-Cycle „sich dreht” und der Übergang von der Leistungserstellung und -vermarktung zur Leistungsergänzung und dann im Bedarfsfall auch eine spezifische Leistungsentwicklung für den Kunden aufgrund veränderter Anforderungen und Erwartungen stattfindet. Das Ziel ist also, dass jede Nachkauf-Phase wieder zu einer Vorkauf-Phase wird. In Abbildung 115 werden drei wesentliche Bausteine für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung dargestellt. Aus ihnen wird ersichtlich, dass effiziente Kundenbindungsprogramme nicht nur auf eine hohe Kundennähe und Kundenzufriedenheit inhaltlich ausgerichtet sind, sondern sowohl die Voraussetzungen in der Organisation und in den Prozessen des Unternehmens als auch in der Unternehmenskultur und allen Wertschöpfungen gegeben sein müssen.
Abbildung 115: Drei Bausteine für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
242
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Erreicht werden kann dies nur, wenn auch die Führung und Mitarbeiterorientierung so gestaltet sind, dass alle Mitarbeiter die umfassende Zufriedenheit des Kunden im Visier haben und in ihrem eigenen Arbeitsbereich genügend Spielraum hierfür haben. Neben diesen Basisanforderungen sind noch weitere wichtige Faktoren zu nennen, die Einfluss auf die Akzeptanz bei der Zielgruppe und somit auf den konkreten Markterfolg von Kundenbindungsprogrammen haben. Diese Erfolgsfaktoren werden nachfolgend aufgeführt: • Ein Aufbau von langfristigen Partnerschaften zwischen Unternehmen und Kunden wird ohne einen echten Dialog nur schwer möglich sein. Der Abbau von Anonymität ist erforderlich, um Verbundenheit und Vertrauen zu erreichen. Unternehmen mit einem „überschaubaren”, d.h. datenmäßig erfassten Kundenstamm haben bessere Voraussetzungen als Anbieter auf Massenmärkten. Aber auch hier sind Unternehmen auf ein möglichst direktes Feedback zumindest von Teilen der Zielgruppen angewiesen, damit eine Erfolgsbeurteilung der Marktleistungen möglich ist. • Soll durch glaubwürdige Anlässe und überzeugende Botschaften der Kontakt zum Kunden intensiviert und seine Einstellung zum Produkt bzw. Unternehmen positiv beeinflusst werden, so ist eine qualitativ hochwertige Kunden-Datenbank von entscheidender Bedeutung. Mit fehlenden oder lückenhaften Informationen über den Kunden dürften Kontaktinitiativen von Unternehmen kaum Erfolgschancen haben. Die Möglichkeiten der Digitalisierung mit Big-Data-Aktivitäten erleichtern und verbessern grundsätzlich die kundenbezogene Datenstruktur. Die Bestimmungen der EG Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beschränken aber zugleich seit dem Einführungsjahr 2018 die Speicherung bestimmter Kundendaten. • Die individuelle Kundenansprache, wie sie beispielsweise beim One-to-One Marketing umgesetzt wird, kann nur dann Erfolg haben, wenn dem Kunden angepasste, personalisierte Angebote unterbreitet werden. Dafür nötige Informationen liefert nach Möglichkeit die Kunden-Datenbank. • Eine differenzierte Zielgruppensegmentierung für Kundenbindungsaktivitäten wird erleichtert, wenn die Datenbank in der Lage ist, detaillierte Reifegrade der Kundenbeziehungen zu dokumentieren und fortzuschreiben. • Unterscheidet sich die Zielgruppe für Kundenbindungsaktivitäten wesentlich vom überwiegenden Zielmarkt, so kann sich ein derartiges 'Inselsyndrom' negativ auf den angestrebten Gesamterfolg der Maßnahmen auswirken. In diesen Fällen bleiben positive Ausstrahlungseffekte auf das Image aus, so dass die Aufwendungen für die Kundenbindung nicht durch zusätzliche Erträge gedeckt werden. • Analog zu Leistungen, die zur Kundenakquisition angeboten werden, ist auch bei Leistungen zur Kundenbindung das Alleinstellungsmerkmal entscheidend für den Erfolg im Wettbewerb. Besonders bei Serviceleistungen besteht die Gefahr, dass das
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Kundenbindungspotenzial verloren geht, wenn Mitbewerber diese Plus-Services imitieren. Insbesondere sind einmalige oder undifferenziert durchgeführte Maßnahmen, wie z.B. die Ausgabe von Rabattberechtigungen an alle Kunden – d.h. noch nicht einmal segmentiert nach der Dauer bzw. dem Umfang der Geschäftsbeziehung – kritisch zu beurteilen. Derartige Leistungen, verteilt nach dem „Gießkannenprinzip”, bewirken nur in wenigen Fällen eine erhöhte Kundenloyalität (vgl. O’BRIEN/JONES 1995). • Für den Fall, dass Hersteller ihre Produkte über mehrstufige Distributionskanäle an den Endkunden bringen, hängt der Erfolg von Kundenbindungs-Initiativen stark von der Interessengleichheit von Hersteller und Handel ab. Das trifft besonders dann zu, wenn – z.B. bei Lebensmitteln – der Handel die primäre Kontaktstelle zum Endkunden darstellt. Je mehr der Handel in den Aktivitäten des Herstellers einen Nutzen für sich sieht, desto mehr wird er bereit sein, ihn wesentlich zu unterstützen.
6.3
Wesentliche Ansatzpunkte für Kundenbindung
Kundenbindung besteht nicht nur aus speziell entwickelten Verfahren und Anreizsystemen. Der Begriff Kundenbindung umfasst ein breites Spektrum von Möglichkeiten und Ansatzpunkten (vgl. DILLER 1995, S. 29). Gebunden oder verbunden? Bei den Ansatzpunkten wird danach unterschieden, ob die Bindung auf Vertrauen des Kunden in den Anbieter basiert und/oder ob mehr oder minder „erkaufte” Abhängigkeiten zwischen beiden Akteuren bestehen. Es existiert also nach dieser Darstellung sowohl der Fall, dass der Abnehmer den Anbieter nicht „wechseln kann”, aber auch, dass der Kunde nicht „wechseln will”. Dies entspricht in den Forschungsergebnissen von Eggert (vgl. STEINHOFF/WITTE/EGGERT 2018; EGGERT/GARNEFELD 2010; EGGERT 2000; TÖPFER 2008e, S. 81ff.) der Differenzierung in „gebundene“ Kunden und „verbundene“ Kunden, die auf klaren Unterschieden in der Kundenloyalität basiert. Diesen Gedanken greift Abbildung 116 auf und vertieft ihn. Eine vertragliche Abmachung stellt demnach die „einfachste” Form der Kundenbindung dar, wenn dem Kunden durch Vertragsklauseln und Vereinbarungen ein Ausstieg aus der Anbieter-Abnehmer-Beziehung unmöglich oder durch Konventionalstrafen unwirtschaftlich gemacht wird. Ökonomische Wechselbarrieren treten immer dann auf, wenn durch den Wechsel des Lieferanten hohe Transaktionskosten oder schwer zu kalkulierende Risiken für den Kunden eintreten. Eine technologisch bedingte Kundenbindung ergibt sich immer dann, wenn der Anbieter einen Standard etablieren konnte, der auch für kommende Produktgenerationen maßgeb-
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
lich ist. Besitzt der Kunde erst einmal eine Produktfamilie, beispielsweise bei Computersoftware, dann wird seine zukünftige Nachfrage ebenfalls auf Produkte des gleichen Herstellers gelenkt, da Angebote des Wettbewerbs nicht kompatibel zu der bisherigen Ausstattung sind, und eine vollständige „Technologieumstellung” unwirtschaftlich wäre.
Abbildung 116: Verschiedene Arten einer Kundenbindung
Bei der „Kundenbindung durch Qualität” kommt es nicht nur auf die wahrgenommene Qualität der Kernleistung in Form des Produktes oder der Dienstleistung an, sondern besonders darauf, wie der Kunde den gesamten Kontakt zum Unternehmen empfindet. Ziel ist es hier, die Erwartungen der Kunden in besonderem Maße zu erfüllen oder sogar zu übererfüllen, damit sich ein hoher Grad der Zufriedenheit einstellt. Dies ist die Grundlage dafür, dass der Kunde die Geschäftsbeziehung als „Win-Win-Situation” einschätzt, die für beide Seiten von Vorteil ist. Ziel des Unternehmens ist es, die Einstellung des Kunden so zu verändern, dass der Kunde nicht nur selbst von den Produkten und Serviceleistungen des Unternehmens überzeugt ist, sondern diese auch im Freundes- und Bekanntenkreis weiterempfiehlt. Hieran setzt der Net Promoter Score® an. Basiert die Loyalität des Kunden auf Vertrauen zum Anbieter, kann man von „psychologischer Kundenbindung” sprechen, bei der nicht nur die Einstellung des Kunden positiv verändert wurde, sondern auch dessen Verhalten in Bezug auf Wiederkauf und Weiterempfehlungsbereitschaft. Neben dem eigenen Wiederkaufverhalten spricht auch ein aktiver Dialog mit dem Unternehmen und mit anderen Personen über das Unternehmen für ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Anbieter und Kunde. Diese beiden Ansatzpunkte zur Kundenbindung – zum einen über die Qualität sämtlicher Unternehmensleistungen, zum anderen aufgrund einer „mentalen Nähe” des Kunden mit dem eigenen Unternehmen – basieren auf Kundenzufriedenheit. Unternehmen haben eine
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bessere Chance im Wettbewerb, wenn das Bindungsverhältnis zu ihren Abnehmern auf positiven Einstellungen und Zufriedenheit basiert und nicht auf nur technische oder ökonomische Zwänge angewiesen ist. Da die letzteren Aspekte natürlich auch eine Rolle spielen, gilt es die Bereiche „Zwang” und „Anreiz” optimal miteinander zu kombinieren.
6.4
Instrumente der Kundenbindung
Die strategische Bedeutung und grundlegende Konzeption des Themas Kundenbindung und Kundenbindungsmanagement steht seit geraumer Zeit im Mittelpunkt der Diskussion in Theorie und Praxis (vgl. z.B. HUANG/ROTHSCHILD/WILKIE 2018; o.V. 2016; BÜTTGEN 2003; WEHRMEISTER 2001). Der auf die Kundenbedürfnisse ausgerichteten Produkt- und Programmgestaltung kommt bei der Vermarktung, der Kaufentscheidung und der Nachkaufphase eine hohe Bedeutung zu. Fehler wirken sich für den Kunden wie „Fallen“ in seinem Prozess der Kaufentscheidung aus.
6.4.1
Kundenorientierte Produkt- und Produktprogramm-Entwicklung
Auch in Zukunft wird eine innovative und kundenorientierte Produktentwicklung eine wichtige Keimzelle für Wettbewerbsfähigkeit sein. Deswegen ist in der ersten Phase der Wertschöpfung eine genaue Analyse notwendig, welche Aspekte der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung in diese Konzeptphase einfließen können. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass langlebige Produkte ein Potenzial aufweisen, um einen längerfristigen Kontakt zwischen Hersteller und Kunde zu begründen. Wenn der Nachfrager in Phasen nach dem Kauf – z.B. bei Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie bei Entsorgung und Recycling – die Dienste des Herstellers in Anspruch nimmt, besteht bei diesen Kontakten eine gute Gelegenheit, um den Kunden durch besondere Service- und Beratungsqualität zufrieden zu stellen. In vielen Bereichen versuchen Unternehmen, ihre Abnehmer darüber hinaus in Produktentwicklungsprozesse einzubeziehen. Bei Investitionsgütern werden in einem Simultaneous Engineering frühzeitig die Anforderungen des Kunden an die Leistung des zu entwickelnden Produktes aufgenommen, indem z.B. an einem gemeinsamen „runden Tisch” nicht nur Ingenieure und Marketingfachleute des Unternehmens, sondern auch Kunden teilnehmen. Durch den Prozess des Quality Function Deployment werden Kundenwünsche und Anforderungen technisch umgesetzt und in Konstruktions- und Designvorgaben übersetzt. Das heißt mit anderen Worten, in möglichst kurzer Zeit soll eine integrierte Produktentwicklung für kundengerechte, qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen durchgeführt werden (vgl. TÖPFER/GÜNTHER 2007b, S. 117 ff.).
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Im Konsumgütersektor wollen Abnehmer durch die Kundenbeteiligung in erster Linie zwei Effekte realisieren: •
„Voice of the customer”: Zum einen wird die „Stimme des Kunden” durch Befragungen und Akzeptanztests in frühen Projektphasen aufgenommen, um Ansatzpunkte für die Gestaltung von Produktteilen oder Komponenten zu erhalten. So werden Kunden z.B. verschiedene Bedientafeln eines elektrischen Hausgerätes vorgelegt, damit sie die Übersichtlichkeit und Bedienbarkeit der Schaltelemente testen können. Dadurch soll erreicht werden, dass neue Produkte bei der Markteinführung schnell auf eine hohe Verbraucherakzeptanz stoßen.
•
Identifikation mit Produkten und Unternehmen: Zum anderen wird dem Kunden, den man gezielt anspricht, einlädt und Einblick verschafft, deutlich bewiesen, wie ernst man an seiner Meinung und seinen Anregungen interessiert ist. Ein Dialog bei Informations-Tagen oder Kunden-Foren führt beim Kunden zu einer stärkeren Identifikation mit den Produkten und mit dem gesamten Unternehmen.
Auch im Bereich der Sortimentsgestaltung bzw. der Ausrichtung des Produktprogramms finden sich einige konkrete Ansatzpunkte, um Kundenbindung zu erreichen: •
Durch ein Trading-up oder Trading-down kann in Angebotssegmente vorgedrungen werden, die bisher nicht mit den Produkten des gegenwärtigen Segments besetzt sind. Besonders ein Trading-up trägt zur Kundenbindung bei, wenn ein höherwertiges und angereichertes Produktsortiment die Entwicklung der Zielgruppe nachvollzieht. Beispiel IKEA Als Paradebeispiel für einen gelungenen Trading-up-Prozess wird oft IKEA angeführt (vgl. BRUHN/HADWICH 2017, S. 243; IKEA 2019). Bestand das Kernsortiment früher zumeist aus preiswerten und schlichten Möbeln zum Selbstzusammenbauen, findet man heute auch anspruchsvollere design-orientierte Einrichtungsgegenstände, wie Sitzgarnituren aus Leder oder Schränke aus hochwertigem Holz. Mit Blick auf die Segmentierung nach dem bekannten 'Family-Life-Cycle' (vgl. BÖCKER 1994) werden nicht mehr nur Single-Haushalte oder junge Familien angesprochen, sondern auch Familien, die sich auf fortgeschrittenen Stufen des Familienlebenszyklus befinden (z.B. 'Volles Nest III': Älteres Paar mit noch abhängigen Kindern, 'Leeres Nest I': Älteres Paar, Kinder nicht mehr im Haus) und über eine höhere Ausgabenbereitschaft für Einrichtungsgegenstände verfügen. Diese Neuausrichtung des Produkt-Mix kann daher auch unter dem Aspekt einer Kundenbindung gesehen werden. Man hat sich nicht nur andere Qualitäts- und Preisbereiche erschlossen, indem das Sortiment mit den Ansprüchen der Zielgruppe 'gewachsen' ist, sondern es gelingt auch, einem anspruchsvoller gewordenen Käuferkreis im Zeitablauf hochwertigere Produkte anzubieten und auf diese Weise ein bestimmtes Niveau einer Wechselbarriere aufzubauen. Darüber hinaus wurden neue Segmente in das Programm aufgenommen. Dazu zählt der Bereich
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
247
„IKEA-Office”, der Büromöbel und Einrichtungsgegenstände für Gewerbetreibende umfasst, die sich auch aus den „selbstständig gewordenen” früheren KiefernmöbelKäufern rekrutieren können.
Beispiel ALDI SÜD Ein 2. Beispiel für eine Trading-up-Strategie ist der Lebensmittel-Discounter ALDI, speziell ALDI SÜD (siehe hierzu auch S. 6). Mit den Jahren wandelte sich das Konzept des Discounters vom Lebensmittel-Anbieter mit aggressiven Billigpreisen zu einem attraktiven Ort für den wöchentlichen Einkauf in mehreren Produktbereichen. Seit einigen Jahren hat ALDI seinen Non-Food-Bereich mit Kleidung, Hygieneprodukten, Elektronik, Sport- und Freizeitartikeln sowie Werkzeug und Elektrogeräten und zusätzlich Büroartikeln aufgebaut und stark erweitert. Um die Kostenstrukturen zu verbessern, haben ALDI Süd und ALDI Nord einen Teil ihres Einkaufs zusammengelegt, da hierdurch noch günstigere Einkaufspreise erzielbar sind. ALDI investierte dabei beträchtliche Summen in die Neugestaltung der Verkaufsräume mit besseren Produktpräsentationen und innovativen Beleuchtungskonzepten. Neben den verbesserten Einkaufsbedingungen für die Kunden ist auch die Auswahl der Produkte zentraler Bestandteil des Trading-up. Trotz attraktiver Preise legt ALDI Wert auf eine hohe Qualität seiner Produkte und wählt sein Sortiment sehr gezielt aus. Das Unternehmen fährt damit auf einem deutlich erkennbaren Niveau eine Outpacing-Strategie. Zusätzlich wird auch auf das Bedürfnis der Kunden nach frischer Ware eingegangen. Das Gesamt-Sortiment ist deutlich kleiner als bei direkten Konkurrenten, was ALDI hilft, seine Kosten und den Platzbedarf in den Einkaufsmärkten besser zu kontrollieren. Dennoch zollt ALDI seiner Trading-up Strategie Tribut und hat die RegalPreise etwas erhöht. Dies lässt mehr Spielraum für Aktionen (vgl. LEBENSMITTELZEITUNG 2019/2018; O.V. 2017b). •
Auch Trading-Down Aktivitäten lassen sich als Vorstufe für eine Kundenbindung betrachten. Indem man zunächst neue Abnehmergruppen mit einem Angebot erschließt, welches sich in Preis und Qualität „unter” dem aktuellen befindet, will das Unternehmen neue Kunden zu einem späterem Zeitpunkt für einen Aufstieg in das höherklassige Sortiment des Herstellers motivieren. Dies ist sozusagen Kundenbindung als Einstieg und auf Vorrat. Beispiel A-Klasse Mercedes-Benz So stellt beispielsweise die Markteinführung der A-Klasse von MERCEDES-BENZ nicht nur eine notwendige Antwort auf die Markterfolge anderer Anbieter in der Kleinwagen-Klasse dar, sondern soll auch Käufern den Einstieg in das Automobilprogramm
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
von MERCEDES-BENZ und bei einem späteren Fahrzeugwechsel den Aufstieg in die nächst höhere Modellreihe erleichtern (vgl. TÖPFER/HEIDIG 2008, S. 581; TÖPFER 1999c und d). Der Erfolg dieses Trading-down sollte sich noch steigern durch das zusätzliche Akquisitionspotenzial (und das daraus abzuleitende Bindungspotenzial) der Nachfolgebaureihen, mit denen man nicht nur Kunden zum Markenwechsel von z.B. OPEL und FORD bewegen, sondern auch eine weitere Verjüngung der Zielgruppe (unter 40 Jahre) erreichen wollte. Dieser Kundenstamm soll dann entsprechend länger dem gesamten MERCEDES-BENZ -Programm treu bleiben. Die A-Klasse hat sich mittlerweile im Profil der Mercedes-Modelle mit zum Teil avantgardistischen Produkten etabliert und weist v.a. seit dem Modellwechsel in 2012 stabile Verkaufszahlen auf (BASIC 2017; MERCEDES-BENZ 2018). In Bezug auf die Verjüngung des Images hat MERCEDES-BENZ aber immer noch Nachholbedarf. Zwar gibt es keine Zahlen ausschließlich für die A-Klasse, aber im Gesamtdurchschnitt aller Modelle der Marke Mercedes bleibt das Durchschnittsalter der Käufer seit 10 Jahren stabil bei rund 55 Jahren (vgl. STATISTA 2019b). Die jüngere Zielgruppe ist offensichtlich noch nicht ausreichend erreicht und aktiviert worden. •
Gute Ansätze zu Kundenbindung haben Anbieter, die ihre Produkte mit Hilfe eines Dachmarken-Konzepts vermarkten. Hier wird versucht, das positive Image eines bekannten, gut am Markt eingeführten Produktes auch auf andere Artikel zu übertragen. Beispiel Milka Neben den Musterbeispielen NIVEA und TESA als große Produktbereiche von BEIERSDORF steht besonders die Marke MILKA des amerikanischen Nahrungsmittelherstellers MONDELEZ für eine erfolgreiche Dachmarkenstrategie. Aufbauend auf der traditionellen Tafelschokolade hat man sich zu einem Komplettanbieter für Süßwaren weiterentwickelt, indem weitere Schokoladenprodukte (Riegel, Pralinen) und artverwandte Produkte (Backwaren und Mousse au Chocolat) in das Sortiment aufgenommen wurden. Die kundenbindende Wirkung dieser Politik lässt sich durch den Gesamtumfang der Produktlinie herleiten, da ein Konsument aus einem umfangreichen Süßwarenprogramm die Artikel auswählen kann, die ihm am besten gefallen und daher keinen Anlass sieht, auf Angebote anderer Hersteller auszuweichen. Dass Kunden das Komplettangebot schätzen und sich mit den Produkten verbunden fühlen, beweisen sowohl die über 2 Mio. Tonnen Milka-Schokolade, welche zwischen 1901 und 2003 verkauft wurden als auch etwa 1000 Zuschriften pro Monat an das Unternehmen, unter denen auch viele Vorschläge für Neuprodukte sind (vgl. O.V. 2003; ERNST 1994, S. 50ff.). Die Marke MILKA ist bis heute noch die beliebteste Schokoladensorte in Deutschland (vgl. STATISTA 2019c).
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
249
Durch diese Beispiele wird deutlich, dass Maßnahmen zur Kundenbindung in der Phase der Produkt- und Sortimentsentwicklung zunächst ein Fundament darstellen, das für den Erfolg weiterer Instrumente wichtig ist.
6.4.2
Kundenbindung in der Phase der Produktvermarktung
Um Ansatzpunkte und Erfolgsfaktoren zur Kundenbindung in der Vermarktungs-Phase herauszubilden, ist zunächst eine Analyse des Distributionsbereiches wichtig, da hier festgelegt ist, auf welchem Weg die Leistung des Unternehmens den Kunden erreicht. Daneben sind preis- und kontrahierungspolitische Entscheidungen von Bedeutung. Obwohl die Unternehmenskommunikation in erster Linie in der Akquisition verwendet wird, können auch hier spezielle kommunikative Maßnahmen zur Kundenbindung eingesetzt werden. Ähnliches gilt vor allem auch für die Servicepolitik. Distributionsarten In Bezug auf grundsätzliche Distributionsentscheidungen ist davon auszugehen, dass direkte Distributionssysteme indirekten Systemen überlegen sind; allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Abverkauf physisch und/oder online so groß ist, das das Unternehmen damit nicht in eine Kostenfalle läuft. Bei einem direkten Kontakt kann der Hersteller besser und zielgerichteter auf den Endkunden eingehen, ihn mit Informationen versorgen und den Kontakt dazu nutzen, ergänzende Informationen zu vermitteln. Bei einer indirekten Distribution ist der Anbieter auf die Motivation des Handels angewiesen, die Produkte dem Kunden gut zu präsentieren und wiederholt anzubieten. Abbildung 117 zeigt den Herstellereinfluss auf den Kunden bei verschiedenen Distributionsentscheidungen. Die Alternative liegt andernfalls im Aufbau eines direkten Vertriebssystems. Im unteren Bereich der Abbildung befinden die indirekten Vertriebssysteme X;Y. Allerdings können auch hier bereits unterschiedlich große oder geringe Einflussmöglichkeiten bestehen. Je größer die Selektionsmöglichkeit auf der Handelspartner-Seite durch den Hersteller ist, desto größer ist auch die Einflussmöglichkeit des Herstellers. Im oberen Bereich der Abbildung rangieren die direkten Vertriebsformen [ und \. In dem Vertriebssystem [ ist der Online-Vertrieb in der Hand und damit im Einflussbereich des Herstellers, die physische Distribution wird von Logistik-Partnern durchgeführt. Im System \ hat der Hersteller eigene Verkaufsstätten vor Ort und damit direkt stärkere Einflussmöglichkeiten. Zugleich muss er dadurch aber eine höhere Kostenbelastung und damit nachteilige Kostenstrukturen tragen, so dass sich diese Vertriebsform nur entweder bei hochpreisigen Premiumprodukten rentiert oder beim großzahligen Verkauf von preis-
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
günstigen Massenprodukten in Frage kommt. Zusätzlich bleibt auch bei dieser Vertriebsform der Online-Verkauf mit einer Logistikpartner-Auslieferung überlegenswert. Die Verkaufsgeschäfte vor Ort haben insgesamt eine wichtige Imagebildende Funktion.
Abbildung 117: Bessere Einflussmöglichkeiten auf Kundenbindung bei direkter Distribution
Die mittlere Ausprägung und Position der beiden grundsätzlich unterschiedlichen Vertriebssysteme nimmt die intensive Distribution Z über möglichst viele oder fast alle Vertriebskanäle, also Multi-Channel-Distribution, ein. Auf diese Weise hat das HerstellerUnternehmen eine hohe Präsenz am Markt, aber praktisch keine oder nur geringe Chancen der Differenzierung. Dies kann bei dieser Vertriebsstrategie also auch nicht die originäre Zielsetzung sein, sondern die hohe distributive und damit auch regionale Verfügbarkeit der Hersteller-Produkte am Markt. Die Risiken liegen auf der Hand: Es kann nur um hohe Verkaufszahlen gehen und nicht um eine distributionsmäßig unterstützte bestimmte Positionierung am Markt. Diese Anforderung kann nur durch eine starke Markenführung mit einer ausgeprägten Markenpersönlichkeit angestrebt und erreicht werden, Es ist offensichtlich, dass diese Distributionsstrategie durch ein stärker differenziertes Angebot von Vertriebskanälen die größte Zahl von Unbekannten vereint und damit nicht leicht zum Erfolg zu steuern ist. Nach diesen generellen Einordnungen nun einige Ausführungen zu speziellen ProduktDistribution-Kombinationen. Im Business-to-Business-Bereich spielt der Direktvertrieb aufgrund der Erklärungs- und Überzeugungsbedürftigkeit der Produkte eine wichtige Rolle. Außerdem ist der Kundenstamm in aller Regel kleiner und überschaubarer. Obwohl im Konsumgüterbereich der
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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Anteil, der auf die direkte Distribution entfällt, noch weit hinter dem der indirekten liegt, sind Veränderungen zugunsten direkter Belieferungssysteme absehbar. Es kommt dabei nicht ausschließlich darauf an, dem Kunden „physisch näher zu kommen”, sondern mit dem Kunden direkt zu kommunizieren und somit individuelle Leistungen anbieten zu können. Eine zunehmende Vernetzung zwischen Konsumenten und Unternehmen über das Internet im Online-Vertrieb führt in vielen Fällen zu einer Entkoppelung zwischen Absatzmittler und Hersteller, da der Kunde direkt und unmittelbar mit dem Anbieter Kontakt aufnimmt. Auf diese Weise werden von Anbietern nicht nur Informationen auf Anfrage des Kunden an ihn versendet, sondern häufig auch schon individuell zusammengestellte Produkte. Somit ergibt sich neben einem neuen direkten Kommunikationskanal auch ein neuer direkter Absatzkanal mit steigendem Volumen. Exkurs: Das weltweit wertvollste Unternehmen 2019 mit einem Marktwert von 797 Mrd. USD ist Amazon als führender Online-Händler mit einer hervorragenden Logistik, einem guten Service und kurzen Lieferzeiten über externe Dienstanbieter der physischen Distribution (vgl. OTT 2019; O.V. 2019d). Hierzu einige „historische“ Zahlen, auf die nicht näher eingegangen wird, sondern die lediglich einen Eindruck über den Onlinehandel um das Jahr 2000 geben. In Deutschland nutzten zu dieser Zeit weniger als 30 Mio. Personen über 14 Jahren Online-Informationssysteme und waren dadurch in der Lage, alle verfügbaren Produkte und Dienstleistungen von zu Hause aus zu ordern. Davon kauften lediglich ca. 40 Prozent der im Internet bereits aktiven Personen Produkte mit einem gesamten Kaufvolumen je nach dem einbezogenen Warenkorb von weniger als 2 Mrd. bis 8 Mrd. Euro. Der Onlinehandel hat sich sehr stark weiterentwickelt: Im Jahr 2018, also noch nicht einmal 20 Jahre später, betrug das Kaufvolumen bereits 53,6 Milliarden Euro, und für das abgelaufene Jahr 2019 belief sich die Steigerung auf ca. 9 Prozent (vgl. HDE 2019). Neuere Studien belegen allerdings, dass der Handel mit der Digitalisierung nur langsam vorankommt, deshalb investieren fortschrittliche Unternehmen, wie beispielsweise die Parfümeriekette Douglas, in den Online-Shop. In diesen Branchen ist der Aufbau einer Online-Vertriebskette deutlich leichter als mit Lebensmitteln (JANSEN 2019). Im Online-Handel in Deutschland erreicht Elektronik erstmals den größten Anteil aller Sendungen. Im Jahr 2018 haben Elektronikartikel (330 Mio. Artikel) dabei den Versand von Bekleidung (320 Mio. Artikel) überholt. Die Veränderung im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr lag bei Elektronikartikeln bei +20 Prozent, bei Bekleidungsartikeln dagegen nur bei +8 Prozent (vgl. NICOLAI 2019). Beim Online-Handel ist eine Entwicklung und Tendenz klar nachvollziehbar: Starke Marken sind in diesem Handelsbereich aufgrund der nur indirekten Information deutlich
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
wichtiger als im stationären Handel. Für den Käufer reduzieren diese starken Marken eindeutig das Risiko und geben ihm zugleich eine klare und verlässliche Orientierung. Die wichtigen Markenfunktionen einer guten Markenführung kommen also im OnlineHandel noch stärker für den Verkaufserfolg zur Geltung (vgl. FISCHER/LEHMANN/LIETDKE 2019). Bedingt durch die Corona-Pandemie mit ihren weltweit spürbaren Auswirkungen und Einschränkungen erlebt der Online-Handel im Jahr 2020 einen deutlichen Aufschwung. Die Umsatzsteigerung im Online-Versand und -Einzelhandel in Deutschland im Vergleich zum Vormonat ist seit April 2020 auf einem deutlich höheren Niveau zwischen 20 und 30 Prozent, im Juli 2020 aktuell bei 30,7 Prozent. Vergleicht man diese prozentuale Umsatzsteigerung mit Daten seit 2018 lagen hier Umsatzsteigerungen im Vergleich zum Vormonat zwischen -0,6 und 14,5 Prozent (vgl. STATISTA 2020b). Der Online-Handel ist in diesen Zeiten im Vorteil durch den indirekten Kundenkontakt über Online-Kanäle mit dem Ziel, die persönlichen Kontakte zu vermeiden, um das Infektionsrisiko zu senken. Dies spiegelt sich in den Gesamtumsatzzahlen der Branche, aber auch bei einzelnen Unternehmen wider. Das Beispiel Amazon zeigt eine Netto-Umsatzsteigerung im 2. Quartal 2020 um 40 Prozent auf 88,9 Mrd. USD. Die Amazon-Aktie stieg innerhalb von 6 Monaten in 2020 um mehr als 55 Prozent (Börse: NASDAQ) auf einen Wert von ca. 3.200 USD pro Aktie (Stand August 2020) (vgl. FINANZEN.NET 2020). Es liegt auf der Hand, dass für alle Unternehmen mit Online-Vertrieb eine schnelle und aussagefähige Messung der Kundenzufriedenheit als unmittelbare und ereignisbezogene Rückmeldung sowie Bewertung direkt vom Kunden von hoher Bedeutung ist. Wir sind auf diese Messung der Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® als Quick-Response-Messung bereits an früherer Stelle in Abschnitt 4.4 eingegangen. Daneben hat das Thema 'Retrodistribution' in Bezug auf Kundenbindungssysteme heute bereits einen hohen Stellenwert. Neben dem Handel sind insbesondere Hersteller langlebiger Güter aufgrund gesetzlicher Bestimmungen verstärkt in der Pflicht, die gelieferten Produkte am Ende der Nutzungsdauer zurückzunehmen, um sie einem Recycling oder einer Entsorgung zuzuführen. Dieser vorprogrammierte „Zwangskontakt” ist eine zusätzliche Chance für Kundenbindung, da die Möglichkeit besteht, den Kunden auf eine Neuanschaffung hinzuweisen und ihn rechtzeitig mit gezielten Informationen zu versorgen (vgl. HESSE/CLAUSEN 2019, S. 239ff.; MEFFERT/KIRCHGEORG 1993). Während der Vermarktungsphase eines Produktes oder einer Dienstleistung haben auch preispolitische Grundsatzentscheidungen einen Einfluss auf Anwendungsmöglichkeiten und Erfolgschancen von Kundenbindungsinstrumenten. Verfolgt das Unternehmen in Abstimmung zum gesamten Vermarktungskonzept keine Niedrigpreisstrategie, sondern eine Präferenz- oder Premiumstrategie, so lassen sich preis- und kontrahierungspolitische Instrumente wirkungsvoll zur Kundenbindung einsetzen, da gegenüber dem Kunden
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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mehr mit der hohen Produkt- und Servicequalität als mit dem Verkaufspreis argumentiert wird. Im Vordergrund steht hier, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten, indem die Instrumente der Preispolitik im Rahmen einer Präferenz- und Premiumstrategie auf folgende Wirkungen zielen: 1.
Der Kunde nimmt besonders nach dem Kauf eine Verbesserung des empfundenen Preis-Leistungs-Verhältnisses wahr (Dissonanzreduktion). Bezogen auf diesen Aspekt können sogenannte Preisgarantien genannt werden, die dem Kunden Nachkaufdissonanzen ersparen sollen, welche durch eventuell niedrigere Angebote von Wettbewerbern entstehen können. Derartige Versprechen lassen sich nur bei identischen und somit vergleichbaren Produkten aufrechterhalten und sind daher primär auf der Handelsebene (z.B. bei Unterhaltungselektronik) interessant. Hier kann allerdings durch diese Art Zufriedenheitsgarantie eine starke Bindung zum Kunden aufgebaut werden. Für das Unternehmen ist es unmittelbar aufschlussreich, wann Kunden besonders intensiv nach Vergleichspreisen suchen. Untersuchungen haben ergeben, dass dies vor allem der Fall ist bei leicht zu beschaffenden Informationen bzgl. der Vergleichspreise, einem vom Kunden als hoch eingeschätzten Preis-Leistungs-Risiko, einem hohen Produktpreis sowie unzureichendem Preiswissen beim Kunden selbst (vgl. HOMBURG 2017, S. 705f.; DILLER 2008).
2.
Die Beziehung zum Kunden wird verlängert, damit die Möglichkeit weiterer Kontakte besteht. Unter diesen Gesichtspunkt fällt der folgende Ansatz: Durch Finanzkauf- bzw. Ratengeschäfte erhält der Kunde einen Kredit eingeräumt. Dies führt zum einen zu einer Herabsetzung der Preishemmschwelle und zum anderen wird dem Kunden Vertrauen in seine Zahlungsfähigkeit signalisiert. Noch wichtiger für das Ziel der Kundenbindung ist aber die Möglichkeit, während der Dauer der Kreditlaufzeit mit dem Kunden mehrmals Kontakt aufzunehmen. Anbieter können den Fälligkeitszeitpunkt der Raten beispielsweise als Gelegenheit nutzen, den Kunden persönlich oder schriftlich anzusprechen. Dabei wird er nicht nur an die Zahlung der Rate erinnert, sondern kann mit Informationen, wie z.B. über neue Produkte oder Anwendungshinweise, versorgt werden. Zusätzlich hat der Anbieter die Möglichkeit, den Kunden nach seiner Zufriedenheit mit Produkt- und Serviceleistungen zu fragen. Diese Formen der direkten Kontaktaufnahme als wichtige Schritte zu einer Kundenbindung lassen sich der Kommunikationspolitik zuordnen, so dass es hier zu einer vorteilhaften Kombination von preis- und kommunikationspolitischen Instrumenten kommt.
3.
Eine bequeme Zahlungsweise wird vom Kunden als Leistungsvorteil und Grund für Zufriedenheit wahrgenommen.
254
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Bei diesem Aspekt einer Vereinfachung der Zahlungsabwicklung bieten sich ähnlich weitreichende Möglichkeiten zur Kundenbindung. Als geeignetes Instrument hat sich die Kundenkarte breit durchgesetzt. Gerade im Handel sind bereits erste Sättigungstendenzen bei Plastikkarten erkennbar, die lediglich als Mitgliedskarten oder nach langfristigem Sammeln als Bezugsberechtigung einer begrenzten Anzahl von Prämien fungieren. Im Jahr 2016 besaßen Kunden in Deutschland rund 3,7 Kundenkarten, diese Zahl ist im Vergleich zu 2014 (4,3) leicht rückläufig. Von den Kundenkartenbesitzern nutzten im Jahr 2016 39 Prozent ihre Karte auch mehrmals wöchentlich (vgl. Statista 2016a und b). Diesen positiven Stellenwert haben neben positiven unternehmensspezifischen Kundenkarten auch universelle Bonus-Rückvergütungskarten, wie die PAYBACK-Karte. Zahlreiche Anbieter nutzen eine Kundenkarte auch, um Informationen und Daten über ihre Kunden zu gewinnen, damit diese später mit direkten Medien besser, d.h. feinselektierter, angesprochen werden können (vgl. RIEKHOFF/BRINKHOFF 2018). Durch die Digitalisierung gibt es eine Vielzahl neuer Möglichkeiten der Kundenbindung. Viele Einzel- und Onlinehändler bieten einen Preisvorteil an, wenn ein Kunde über die App des Unternehmens bestellt. Hier ist meistens auch eine digitale Kundenkarte hinterlegt, die in naher Zukunft die Plastikkarten wohl ersetzen wird (vgl. RIEKHOFF/BRINKHOFF 2018). In Bezug auf eine bequeme Zahlungsweise hat der Kunde heute – abhängig vom Händler – viele Möglichkeiten, seine Ware oder Dienstleistung zu bezahlen. OnlineBezahldienste, wie z.B. Paypal, giropay oder Sofortüberweisung, bieten oft auch einen zusätzlichen Käuferschutz an. Zukünftig häufiger genutzt wird wohl auch das Bezahlen mit dem Smartphone. Nachdem Google Pay seit Sommer 2018 in Deutschland mit wenigen ausgewählten Banken zur Verfügung steht, hat auch Apple Pay Ende des Jahres 2018 seinen Bezahldienst in Deutschland gestartet. Mit der großen Anzahl an FinTech-Start-ups werden sich in den kommenden Jahren voraussichtlich auch in diesem Bereich neue Möglichkeiten ergeben. 4.
Der Kunde erhält Anreize in Form individueller Preisvorteile. Zu diesem Aspekt gibt es einige konkrete Beispiele zu bestimmten Kartensystemen aus der Praxis:
Die wohl bekannteste Kundenkarte ist die Bahncard der DEUTSCHEN BAHN. Möglich ist auch der Erwerb einer Bahncard mit Zahlungsfunktion. Die Bahncard gibt es in den Varianten 25, 50 und 100. Die Zahl gibt jeweils den Rabatt auf den gültigen Ticketpreis an. Mit einer Bahncard 100 kann also zu einem Festpreis – ähnlich einer Flatrate - auf allen
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Strecken der Deutschen Bahn ohne einen weiteren Ticketkauf gefahren werden. Die erfolgreichste Bahncard ist die Bahncard 25 mit 3,95 Mio. Karteninhabern. Die Bahncard 50 besitzen rund 1,37 Mio. Fahrgäste und die Bahncard 100 kommt auf ca. 50.000 Besitzer und steigt damit auf einen neuen Rekordwert (vgl. STATISTA 2019d und e, SCHLESIGER 2018). Zusätzlich können alle Bahncard-Inhaber bahn.comfort-Punkte sammeln, die für Serviceleistungen, wie z.B. den kostenfreien Zutritt zur DB-Lounge oder Sitzplatzreservierungen eingelöst werden können. Mit einer Shopping&more Karte erhalten Kunden des Versandhandelsunternehmens OTTO unter anderem Exklusiv-Angebote und Nachlässe bei Eintrittspreisen für kulturelle Highlights und Vorteile bei Kooperationspartnern. IKEA offeriert Inhabern der Ikea-Family-Card eine Reihe von Vorteilen, wie z.B. garantierte Transportsicherheit – Sofortiger Ersatz bei Transportschäden, aktuelle Information über Produktangebote und Neueröffnungen von Ikea-Einrichtungshäusern, Einladungen zu Events und monatliche Verlosungen von Einkaufsgutscheinen (Lose erhalten die Clubmitglieder beim Einkauf). IKEA konnte nach Einführung des Club-Konzeptes deutliche Umsatzsteigerungen verzeichnen. So ist der Durchschnittsumsatz bei Club-Mitgliedern um 15 Prozent höher als bei Nicht-Club-Mitgliedern. Zusätzlich können über die Zahlungsfunktion wertvolle Informationen über das Einkaufsverhalten der Club-Mitglieder, Produktpräferenzen und die Nutzung von Club-Angeboten gesammelt werden (o.V. 1994). Im Jahr 2018 waren ca. 22 Prozent von rund 53 Mio. Kunden IKEA Family Mitglieder (vgl. STATISTA 2019f). LUFTHANSA verteilt im Rahmen des Miles & More Programms an die Passagiere Prämien- und Statusmeilen auf alle eigenen Flüge und Buchungen, ebenso wie auf die durch Partnergesellschaften durchgeführten. Die Prämienmeilen können gegen Freiflüge eingetauscht oder bei Partnern, wie beispielsweise Sixt oder Hilton Worldwide angerechnet werden. Mittels der Statusmeilen können Mitglieder in eine höhere Statusposition aufsteigen und dadurch Privilegien wie höhere Freigepäckmengen oder Zutritt zu Senator Lounges erhalten. Gegenwärtig besteht eine Diskussion im Vorfeld einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen LUFTHANSA und den Vielfliegerkunden, wie die gesammelten Statusmeilen zum Vorteil für den Kunden eingetauscht werden können. Ein in Deutschland weit verbreitetes und genutztes Kundenkartenprogramm, das oben bereits angesprochen wurde, ist die PAYBACK-Karte. Seit dem Jahr 2000 können Besitzer dieser Kundenkarte bei Einkäufen in vielen Geschäften unterschiedlicher Branchen durch ein Bonussystem Punkte auf einem Guthabenkonto sammeln. Sobald eine Summe von mindestens 200 Punkten (= 2 Euro) vorhanden sind, können diese gegen Prämien, Gutscheine oder Bargeld per Überweisung eingelöst werden. Auch eine Spende ist möglich.
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Das Unternehmen PAYBACK GmbH, das seit 2010 im Eigentum des US-Kreditkartenunternehmens American Express ist, wertet die Kundendaten aus und analysiert zusätzlich das Käuferverhalten (PAYBACK GmbH 2019). Neben preislichen Anreizsystemen zur Kundenbindung entwickelt sich besonders bei homogenen und damit aus Kundensicht austauschbaren Produkten der Servicebereich zu einem wichtigen Gestaltungsfeld, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Im Unterschied zu Kriterien wie Produktqualität und Preis sehen viele Unternehmen im Service eine realistische Chance, sich vom Wettbewerb abzuheben und einen dauerhaften, von anderen schwerer imitierbaren Vorteil zu schaffen. Insbesondere bei den „Soft facts” in der Kommunikationskultur des Unternehmens wird die Wichtigkeit der Servicequalität deutlich. Gerade in der Phase der ersten Kontakte vor dem Kauf zwischen Kunde und Unternehmen kommt es aus Sicht des Kunden zu Schlüsselerlebnissen, die auf seine Wahrnehmung der gesamten Unternehmensleistung einen nachhaltigen Einfluss haben können. Allein die Art und Weise, wie Mitarbeiter im Unternehmen auf Anfragen von Kunden reagieren, wie sie sich bei Telefonaten verhalten oder Schreiben beantworten, wird beim Kunden sensibel wahrgenommen und stellt für das Unternehmen eine wichtige Bewährungsprobe dar. Qualitätsdefizite bei personalbezogenen Kontakten, etwa durch eine unfreundliche, inkompetente oder unaufmerksame Behandlung des Kunden, oder bei sachbezogenen Kontakten durch z.B. unsaubere oder unübersichtliche Räumlichkeiten führen zu folgenschweren Irritationen beim Kunden. Die Schlussfolgerung des Kunden aufgrund der Defizite in der Servicequalität lautet: Wer schlecht per Telefon oder online kommuniziert oder verspätet und unzureichend auf eine Anfrage – insbesondere auch online – reagiert oder nicht in der Lage ist, die Geschäftsräume in ordentlichem Zustand zu halten, kann auch keine guten Produkte oder Dienstleistungen haben. In der Phase vor einem Kauf wird ein derartiges Verhalten eines Unternehmens vermutlich dazu führen, dass der Kunde unverzüglich zum Wettbewerb abwandert und somit das Thema Kundenbindung hinfällig ist. Deswegen beziehen sich diese Erkenntnisse auf alle Kontaktphasen mit dem Kunden und erlangen in der Phase nach dem Kauf eine besondere Bedeutung. Wichtig ist damit der „Weichenstellungscharakter” der Kontaktqualität. Auch wenn der Kunde gewisse „Qualitätsbrüche” bei der Kommunikations- und Servicequalität in der Phase vor dem Kauf verzeiht, indem er sich trotzdem für das Produkt oder die Dienstleistung entscheidet, muss doch erkannt werden, dass das Fundament für eine langfristige Beziehung nicht sehr stabil ist. Kundenzufriedenheit ist daher mit erhöhten Anstrengungen in späteren Kontaktphasen aufzubauen.
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Neben diesen strategisch wichtigen Elementen der Servicepolitik lassen sich auch konkrete Serviceleistungen zur Kundenbindung herausbilden, die bereits in der Pre-SalesPhase zur Anwendung kommen. Dazu gehören insbesondere Beratungs- und Schulungsleistungen, die speziell auf den einzelnen Kunden zugeschnitten sind. Im Business-to-Business Bereich ist dieser Service nicht nur ein wichtiges Akquisitionsargument, sondern er legt auch den Grundstock für Kundenzufriedenheit und -bindung. Beispiele hierfür sind umfassende Beratungen, die von der Ausarbeitung von Geschäftskonzepten für Handelspartner bis zur Klärung von Detailfragen, wie etwa zur Ladengestaltung, gehen. Auf diese Weise präsentiert sich ein Unternehmen mehr als Problemlöser und Wertschöpfungspartner des Kunden und nicht primär als Lieferant. Umfassende Information und Beratung – wie beispielsweise die Beratung zur Innenraumgestaltung durch einen Außendienstmitarbeiter von VORWERK – sollen dazu führen, dass dem Kunden schon vor dem Kauf verdeutlicht wird, wie sehr das Unternehmen interessiert ist, eine spezifische Problemlösung für den Kunden zu erreichen.
6.4.3
Kundenbindung in der Phase der Kaufentscheidung
Während in der Vergangenheit der Kaufakt von vielen Unternehmen häufig als Zeitpunkt interpretiert wurde, an dem man sich schnellstens vom Kunden „verabschiedet”, um einen neuen bedienen zu können, stellt sich die Situation heute grundlegend anders dar. Der amerikanischer Harvard-Professor, THEODORE LEVITT, hat bereits vor Jahren den Kaufprozess als „Eheschließung” zwischen Unternehmen und Kunde beschrieben. Ob die „Ehe” erfolgreich verläuft oder ob es zur „Scheidung” kommt, hängt dabei maßgeblich vom Anbieter ab, nämlich wie er die Beziehung zum Kunden managt (vgl. LEVITT 1983, S. 87). Unter diesem Blickwinkel ist es wichtig, dass der Anbieter nicht nur weiß, welche Faktoren das Zufriedenheitsurteil des Kunden bei der Kaufentscheidung beeinflussen, sondern mit welchen Instrumenten eine positive Wirkung erzielt werden kann. Neben der Gestaltung des Umfeldes und der Atmosphäre, in welcher der Kunde seine Entscheidung fällt, ist besonders das Verhalten der beteiligten Mitarbeiter des Unternehmens während des Kaufprozesses entscheidend, um Kundenzufriedenheit als Vorstufe zur Kundenbindung zu erzeugen. Als Methode, um mögliche Kontakterlebnisse als „Augenblicke der Wahrheit” während der Entscheidungsphase des Kunden zu erkennen, bietet sich eine umfassende Kontaktpunkt-Analyse an. Auf Grundlage einer Identifikation von möglichen „Berührungspunkten” (Touch-points) zwischen Kunde und Unternehmen dient die genaue Analyse von Ereignissen und die Auswertung von Problemen dazu, für bestimmte Problemkategorien geeignete Lösungsmaßnahmen zu entwickeln (vgl. STAUSS 1995, S. 386f.).
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Grundsätzlich gilt für die Phase des Kaufprozesses bezogen auf die Soft facts das gleiche, was auch für die Phase vor dem Kauf gilt. Bei allen Interaktionen zwischen Mitarbeitern des Unternehmens und Kunden kommt es auf ein hohes Niveau der Kontakt- und Kommunikationsqualität an. Unabhängig vom materiellen Wert und der Qualität des gekauften Produktes wird sich Kundenzufriedenheit nicht erzielen lassen, wenn bei der Vertragsschließung oder gar bei Auslieferung bzw. Übergabe des Produktes das Verhalten des Verkaufspersonals nicht den Kundenerwartungen entspricht. Auch wenn die Kernleistung, also die Produktqualität oder der Umfang der Dienstleistung, als einwandfrei wahrgenommen wird, ist der Kunde mit Sicherheit irritiert, wenn mit Vertragsschließung das Interesse, die Hilfsbereitschaft und die Freundlichkeit des Anbieters rapide abnimmt. Er ist nicht davon ausgegangen, dass sich der Kauf und das Serviceverhalten nur auf die Transaktion reduzieren und es keinen längeren positiven Interaktions- und Beziehungsprozesses mit dem Unternehmen gibt. Da die Phase der Kaufentscheidung verglichen mit den anderen Phasen in den meisten Fällen relativ kurz ist, müssen die eingesetzten Maßnahmen zur Kundenbindung daher schnell ihre Wirkung entfalten. Die Informationen, die der Kunde während des Kaufprozesses vom Unternehmen zur Wahl und späteren Verwendung des Produktes erhält, wirken dabei besonders intensiv. Mögliche Zweifel oder Unsicherheiten gilt es durch gezielte Information nachhaltig zu beseitigen. Bei technisch komplexen Produkten kann das Unternehmen standardmäßig zusätzliche Bedienungshinweise geben oder umfassende Hilfe in Form einer Info-Hotline anbieten, falls es beim Kunden wider Erwarten zu Problemen kommt. Bezogen auf ein wahrgenommenes Preisrisiko dienen die schon erwähnten Preisgarantien dazu, Kundenzufriedenheit zu erzeugen. Der umfassendste Ansatz besteht jedoch in einer „Zufriedenheitsgarantie”, die beispielsweise von LANDS’ END für alle im Versand bestellten Artikel ausgesprochen wird – siehe Abbildung 118. Die Zufriedenheitsgarantie erstreckt sich dabei auf den gesamten Nutzungszeitraum der Produkte und eine Rückgabe kann ohne Angabe des Grundes erfolgen. Vordringliches Ziel ist dabei keineswegs, den Kunden vorzeitig zum Austausch oder Umtausch des gekauften Produktes zu veranlassen, sondern ihm vielmehr deutlich zu signalisieren, dass man jederzeit und ohne Einschränkung hinter seinen Produkten steht. Gleichzeitig hat diese Garantie eine psychologische Wirkung: Der Kunde bestellt eher einige Artikel mehr, da er das Risiko als gering empfindet. Wichtig ist also, dass sämtliche Botschaften, Aktivitäten und Maßnahmen zur Kundenbindung während der Kaufphase sowohl in die rechte als auch in die linke Hirnhälfte des Kunden vordringen: Für die Richtigkeit der Kaufentscheidung sind dem Kunden rationale Argumente für seine linke Hirnhälfte zu liefern, gleichzeitig ist es wichtig, dem Kunden durch alle Handlungen und Äußerungen ein „gutes Gefühl” zu vermitteln und damit auch seine rechte Hirnhälfte „zu bedienen”.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Abbildung 118: Zufriedenheitsgarantie bei LANDS’ END (Bsp.)
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6.4.4
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Kundenbindung in der Nachkaufphase
Nachdem in den bisherigen Ausführungen deutlich wurde, was vor einer Kaufentscheidung getan werden kann, um den Kunden zufriedenzustellen und so den Grundstock für eine andauernde Beziehung zu legen, ist es in der Nachkaufphase besonders wichtig, die Beziehung zum Kunden durch geeignete Instrumente und Maßnahmen aufrechtzuerhalten und zu vertiefen. Unternehmen, die bereits frühzeitig dafür gesorgt haben, dass sich nach der Kaufentscheidung des Kunden noch weitere Kontakte mit dem Unternehmen ergeben, haben die Chance, diese Kontaktphasen zu einem positiven Erlebnis für den Kunden werden zu lassen. „Zwangskontakte” entstehen z.B. durch Ratengeschäfte oder spezielle Servicetermine. Grundsätzlich ist zu beachten, dass nach jeder Kaufentscheidung, der ein intensiver Bewertungsprozess voranging, das Interesse des Kunden nicht sofort abnimmt. Im Gegenteil: Gerade bei Käufen, bei denen der Kunde ein finanzielles oder ein soziales Risiko wahrnimmt, entsteht nach dem Kauf oftmals Unsicherheit darüber, ob tatsächlich die richtige Entscheidung gefällt wurde. Mit dieser kognitiven Dissonanz des Kunden muss das Unternehmen sehr sensibel umgehen. Dissonanzen lassen grundsätzlich auf ein hohes Involvement des Kunden schließen, so dass für das Unternehmen konkrete Ansatzpunkte bestehen, um den Kunden zu halten und zu binden (vgl. DEIMEL 1989). Häufig suchen Kunden gezielt nach weiteren Informationen, um eine Bestätigung ihrer Entscheidung zu finden (vgl. HOMBURG 2016, S. 107ff; FREY/BENNING 1984). Hier haben Unternehmen die Chance, eine Kundenbindung zu erreichen, wenn sie die Initiative ergreifen und den Kunden geeignete Informationen zur Verfügung stellen, die deren Dissonanzen abbauen. Es wird deutlich, dass Instrumente der Kommunikationspolitik eine zentrale Rolle in der Nachkaufphase spielen, wenn es darum geht, eine Kundenbindung zu erzielen. Unternehmen sollten daher bei der Auswahl von Kommunikationsinstrumenten verschiedene Kaufprozessphasen zugrunde legen, um sich zu verdeutlichen, welche Medien und Instrumente geeignet sind, um die jeweiligen Kommunikationsziele bei verschiedenen Kundengruppen – vom Nicht-Kunden bis zum Stamm-Kunden – in den einzelnen Kaufprozessphasen zu erreichen. Abbildung 119 verdeutlicht diese Trennung zwischen akquisitionsorientierter und bindungsorientierter Kommunikation.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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Abbildung 119: Akquisitions- und Bindungsorientierte Kommunikation
Deutlich wird hier, dass sich die Kommunikationsziele im After-Sales-Bereich sehr von denen im Pre-Sales-Bereich unterscheiden, da sie neben der dauerhaften Wirkung der Kundenzufriedenheit auch auf besondere Handlungen des Kunden, wie das Weiterempfehlen der Leistung, ausgerichtet sind. Welche Kommunikationsinstrumente sind dann in der Nachkaufphase besonders geeignet, um Dissonanzen zu reduzieren, die Weiterempfehlungsbereitschaft des Kunden zu erhöhen und ihn zu Folgekäufen und zu einem Cross-Selling zu motivieren? Nachdem in Abbildung 119 bereits einige Instrumente beispielhaft genannt wurden, bewertet Abbildung 120 ausgewählte Kommunikationsmittel hinsichtlich ihrer Eignung, die genannten Kundenbindungsziele zu erreichen. Für viele Konsumgüter, insbesondere für langlebige, technische Gebrauchsgüter, wird die Bedienungs- bzw. Gebrauchsanleitung noch nicht ausreichend als Kommunikationsinstrument in der After-Sales-Phase eingesetzt. Besonders die dissonanzreduzierende Wirkung unmittelbar nach dem Kauf und die positive Erlebnisvermittlung, die Produktfunktionalität schnell und problemlos nutzbar zu machen, wird oftmals unterschätzt (vgl. GEBERT 1988, S. 39ff.; ARNOLD/HALBLEIB 1994, S. 102ff). Entscheidend ist jedoch nicht nur, dass die Bedienhinweise in der „Sprache” der Nutzer verfasst sind, sondern auch wie verständlich diese gestaltet sind. Ein positives Beispiel sind die Rollos von VELUX: Hier kann der Kunde zusätzlich zur gedruckten Version jederzeit eine ausführliche mit Bildern
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
unterstützte Installationsanleitung im Internet abrufen. Auch heute, im Zeitalter der Digitalisierung, können Bedienungsanleitungen zwar im Internet abgerufen werden oder der Nutzer erhält digitale Unterstützung. Ein Marketing-Instrument sind sie jedoch in fast allen Fällen nach wie vor noch nicht. Von daher wird eine gute Chance für eine interaktive Kommunikation mit Kunden verschenkt.
Abbildung 120: Bewertung von ausgewählten Kommunikationsinstrumenten zur Kundenbindung
Im Direktmarketing findet das Instrument Direct-Mail breite Verwendung zur Betreuung des bestehenden Kundenstammes, vor allem auch online als Newsletter. Dabei sind grundsätzlich die Qualität der Botschaft, die Qualität der gestalterischen Aufmachung und die individuelle, gezielte Ansprache des Empfängers kritische Erfolgsfaktoren. Grundlage für alle Direct-Mail Aktivitäten ist eine aktuelle Datenbank, die einer präzisen Fortschreibung unterliegen muss, damit ein Dialog mit dem Kunden im Zeitablauf glaubhaft gestaltet werden kann (vgl. VÖGELE 1991, S. 175ff.). Eine Kundenzeitschrift kann besonders dann erfolgreich zur Kundenbindung eingesetzt werden, wenn sie – inhaltliche und gestalterische Qualität vorausgesetzt – eine personalisierte Zielgruppenansprache ermöglicht und somit die Chance deutlich größer wird, dass der Empfänger stark aktiviert wird, sich mit der Botschaft zu befassen. Die CD-ROM hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung verloren. Bei elektronischen Produkten ist manchmal noch eine CD-ROM mit Bedienungsanleitung oder mit
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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einer aktuellen Treibersoftware beigelegt. Vielfach findet man diese Unterstützung aber auch schon nur noch als Download auf der Homepage des Herstellers. Videos zur Verdeutlichung und Visualisierung der Bedienungsanleitung sind ein gutes Mittel, um komplizierte Sachverhalte besser darstellen zu können. Weiterhin sind sie ein häufig genutztes Mittel für Produktpräsentationen. Links zu Videos, beispielsweise auf dem unternehmenseigenen YouTube-Kanal, können nach dem Kauf eines Produkts automatisch an den Kunden gesendet werden bzw. sind Bestandteil von Direct-Mailing oder anderen Aktionen. Die Bereitstellung einer Homepage mit einer Kurzpräsentation des Unternehmens und detaillierteren Informationen zu Produkten, Ansprechpartnern und Kontaktmöglichkeiten ist heute eine Selbstverständlichkeit. Lediglich durch eine besonders gute Gestaltung – sowohl in Bezug auf den logischen Aufbau als auch auf die Qualität von Informationen, Bildern – und durch technische Aspekte, wie die fehlerfreie Darstellung auf verschiedenen Endgeräten, sowie das Offerieren von interessanten Zusatzangeboten/-informationen kann sich ein Unternehmen noch abheben. Eine gute Möglichkeit die Homepage interaktiv zu gestalten, stellen Call-Back-Buttons, Onlineforen, Live-Chat und Kontaktformulare dar. Eine Ergänzung zur traditionellen Homepage bietet eine App-Version des Unternehmensangebotes. Hier sollte darauf geachtet werden, dass die App nicht eine Kopie der Unternehmenshomepage ist, sondern dass hier die Interaktion mit dem Kunden noch stärker im Vordergrund steht, der Kunde durch das Nutzen der App einen Mehrwert verspürt und ein komplett neues Unternehmenserlebnis bekommt. Zusätzlich gibt es durch Push Notifications die Möglichkeit, den Kunden auf besondere Themen oder Rabatte aufmerksam zu machen. Ebenfalls ein, in den letzten Jahren, immer häufiger eingesetztes Instrument ist der oben bereits angesprochene E-Mail-Newsletter zu bestimmten, den Kunden interessierenden Themen. Zu beachten ist hier, dass der Kunde sich im Vorfeld mit dem Empfang des Newsletters einverstanden erklären muss. Denn andernfalls erzeugt dieses Kundenbindungsinstrument eher nachteilige Effekte. Unter diesem Blickwinkel ist auch die gegenwärtige Diskussion um die unerwünschte Flut von Emails mit Kaufangeboten, so genannter Spam, zu betrachten. Die neuen Medien ermöglichen unter Kosten- und Zeitaspekten eine sehr einfache Online-Versendung der gleichen Information an viele Adressaten. Dies führte zu dieser unkontrollierten „Überschwemmung“ mit elektronisch versendeten Angeboten. Der Hebel zur Reduzierung liegt auch hier in der vorherigen Einverständniserklärung des Adressaten, dass er vom Absender diese Informationen im Zeitablauf in Anspruch nehmen will. Durch einen entsprechenden Willensakt muss die Zusendung wieder beendbar sein.
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Hier hat die seit 2018 gültige EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die Rechte der europäischen Verbraucher gestärkt. Unternehmen benötigen eine Erlaubnis zur Datenverarbeitung kundenspezifischer Fakten und der Kunde kann zu jedem Zeitpunkt erfragen, welche Daten über ihn gespeichert sind. Nach einer Kurzcharakteristik dieser eindimensionalen Kommunikationsinstrumente soll besonders das Wesen und der Beitrag zum Ziel der Kundenbindung von ausgewählten dialogorientierten Instrumenten angesprochen werden, da die Ziele Kundennähe und Weiterempfehlungsbereitschaft durch dialogorientierte Kommunikationsmittel besser verfolgt werden können. Obwohl in Bezug auf Mailingaktionen, bei denen der Kunde zu einer Antwortreaktion motiviert werden soll (z.B. durch Coupons) und Fragebögen, welche die Meinung und Zufriedenheit des Kunden erfassen sollen, nicht von einem Dialog im engeren Sinne gesprochen werden kann, sollen sie trotzdem in diese Kategorie eingeordnet werden. Oftmals folgt nach dem Einsatz dieser Medien wiederum eine Reaktion des Herstellers, was dem Einstieg in einen Dialog und damit in einen realen Bindungsprozess weitestgehend entspricht. Wie weiter vorne bereits ausgeführt (siehe Abschnitt 4.4), sind Echtzeit-Feedbacks eine ganz neue Form von Befragungen auf Quick-Response-Niveau. Hier wird der Kunde in Kurzform nach seinem Einkaufserlebnis bzw. seinen Erfahrungen mit dem Unternehmen gefragt. Für das Unternehmen ergibt sich die Möglichkeit, die Zufriedenheitswerte tagesaktuell darzustellen und damit die Chance zu haben, bei Problemen zeitnah reagieren zu können (vgl. TÖPFER et al. 2017). Kontaktpflege: Unabhängig von den Maßnahmen von Automobilherstellern haben gerade Autohändler oder Autowerkstätten mit einem, in aller Regel, überschaubaren Kundenstamm gute Chancen, ihre Kunden direkt anzusprechen. Es werden verschiedene Anlässe (z.B. Geburtstag des Kunden, auslaufender Leasingvertrag, Fälligkeitstermin der TÜV-Hauptuntersuchung) wahrgenommen, um den Kunden anzurufen oder Geschäftskunden sogar zu besuchen. Weiterhin können Händler für persönliche Kontakte zwischen Mitarbeitern und Kunden durch verschiedene Events (z.B. Feste zur Einführung eines neuen Fahrzeugtyps oder zum Firmenjubiläum, Fahrtrainings, Pannenkurse) sorgen. Nachweislich führt diese hohe Betreuungsqualität bei sämtlichen Interaktionsprozessen zwischen Mitarbeitern und Kunden zu höherer Geschäftsstättentreue, so dass sich daraus ein echter Wettbewerbsvorteil ergibt. Eine persönliche Betreuung durch herstellereigene Außendienstorganisationen ist aus Kostengründen überwiegend nur in Business-to-Business-Bereichen rentabel. Auch wenn zahlreiche Nebenbedingungen betrachtet werden müssen, ist die Effizienz eines persönlichen Kontaktes zur Herausbildung einer langfristigen Hersteller-Kunden-Beziehung unumstritten.
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Durch Kundenevents kann nicht nur die Bekanntheit und das Image von Herstellern und ihren Händlern gesteigert werden, sondern auch die emotionale Verbundenheit des Kunden zum Anbieter. Der thematische Bezug der Veranstaltung in Zusammenhang mit dem originären Betätigungsfeld des Herstellers dürfte dabei von besonderer Relevanz für einen erfolgreichen Imagetransfer sein, wobei Kosten- und Nutzenkalküle bezogen auf Entscheidungen zur Größenordnung von Veranstaltungen ebenfalls wichtig sind. Kundenclub-Konzepte stellen für viele Anbieter die „hohe Schule” der Kundenbindungsprogramme dar, wenn sich Käufer bzw. Produktverwender stark mit den Leistungen des Anbieters identifizieren, so dass sie sich zu Fan-Gemeinden zusammenschließen oder zusammenschließen lassen. Flankierend mit anderen bereits genannten Kommunikationsformen (Mailing, Fragebogen, Zeitschriften) sowie in den folgenden noch angesprochenen Formen Telefon, Chat und Social Media wird durch einen Club gleichsam ein Dauerdialog aufgebaut, der zu einer besonderen Verbundenheit zwischen Hersteller und Kunde führen soll. Die Errichtung derartiger primär psychischer Austrittsbarrieren beruht weniger auf Patentrezepten als auf dem Erkennen und Nutzen der wesentlichen verbindenden Elemente zwischen den Mitgliedern. Neben Erlebnis, Zeitgeist, Action in Bereichen, in denen das Produkt an sich einen hohen Anmutungswert kommuniziert, so z.B. bei Automobilen durch den Porsche-Club oder bei Motorrädern durch die Harley-Owners-Group (vgl. TEERLINK 1994, S. 14), sind auch Interessengleichheit, Bequemlichkeit und Service z.B. beim IKEA-Family-Club und beim MINOLTA System Klub – für Fotographen, die das Minolta-System verwenden – tragfähige „Aufhänger” für Hersteller-Abnehmer-Bindungen. Da allein aufgrund ideeller Komponenten kein festes Band geknüpft werden dürfte, spielen vor allem bei User-Clubs auch materielle Anreizsysteme aus der Preis- und Servicepolitik eine Rolle. Im Business-to-Business-Bereich werden ebenfalls Club-Konzepte umgesetzt, indem zwischen Hersteller und Absatzmittler eine Partnerschaft gegründet wird. Das Ziel einer hohen Endkundenbindung wird hier in der Form angepeilt, dass Hersteller eng mit ausgewählten Handelspartnern zusammenarbeiten. Neben dem „normalen” Produktmarketing, welches alle Absatzmittler einbezieht, werden den Business-Club-Mitgliedern spezielle Dienstleistungen angeboten. Hierzu zählen beispielsweise Experten-Beratungen, die Planung und Durchführung von verkaufssteigernden Events oder Schulungs- und Motivationsprogramme für die Mitarbeiter im Handel. Als Gegenleistung hierfür ist eine intensivere und bessere Marktbearbeitung und Endkundenbetreuung durch den Handelspartner zu erwarten. Insbesondere in Zeiten, in denen viele Hersteller-Handel-Beziehungen konfliktträchtiger geworden sind, kann der Business-Club-Ansatz gute Möglichkeiten eröffnen, um insgesamt die Effizienz in der Wertschöpfungskette zwischen Hersteller, Handel und Endkunde zu erhöhen und über eine gestiegene Handelspartnerbindung eine Endkundenbindung zu realisieren (vgl. LÜBCKE 1995, S. 234).
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Immer mehr Anbieter nutzen verstärkt das Medium Telefon (evtl. kombiniert mit Telefax und Internet/ Livechat) als 'Kontaktband' zum Kunden. Neben dem passiven Tele-Marketing inbound (Entgegennahme von Anfragen, Reklamationen etc.) ist besonders das aktive Tele-Marketing outbound gut geeignet, um Kontakte zum Kunden zu pflegen, Serviceorientierung zu demonstrieren sowie Folgekäufe und Cross-Selling zu erzielen. Erfolgsfaktoren liegen im organisatorischen Bereich, insbesondere in der Qualität der Marketing-Datenbank sowie bei den kommunikativen und fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter. Nicht immer muss ein ausgefeiltes Telemarketing-Konzept zugrunde liegen; oft bietet die bestehende Technologie Möglichkeiten, sich positiv vom Wettbewerb abzuheben. In bestimmten Situationen wird aus Sicht des ratsuchenden Kunden oder Interessenten vor allem Empathie der Mitarbeiter des Unternehmens erwartet. Dann ist zur glaubwürdigen Anteilahme an der Situation des Gegenübers und zur Vermittlung der Lösungsbereitschaft für das kommunizierte Problem eindeutig einer telefonischen Kommunikation der Vorzug zu geben statt einer schriftlichen bzw. online übermittelten Information an den Ratsuchenden. Bei einer telefonischen Kommunikation ist heute selbstverständlich, dass der Angerufene, wenn er momentan nicht erreichbar ist, über die technischen Möglichkeiten des Systems eine Information erhält, um einen Rückruf bei dem Kunden zeitnah durchzuführen. Neben traditionellen Telefonhotlines oder E-Mail-Kontaktformularen bieten viele Unternehmen zusätzlich einen Live-Chat an. Der Vorteil ist hierbei, dass schnell und unkompliziert zusätzliche Dokumente hochgeladen werden können und es auch bei ausländischen Kunden oder Mitarbeitern zu weniger Verständnisschwierigkeiten kommen kann, da die Kommunikation in Schriftform durchgeführt wird. Außerhalb der Chat-Öffnungszeiten können Chat-Bots als einfache Kommunikations-Roboter die wichtigsten Fragen beantworten. Der Chat-Bot sollte dazu aber so weit entwickelt sein, dass er mit seinen automatischen Antworten dem Kunden im gebotenen Rahmen weiterhilft und nicht zusätzliche Verwirrung stiftet oder durch allzu triviale Antworten Kunden verärgert. Fast alle Unternehmen sind heute in irgendeiner Weise auf Social Media-Kanälen präsent. Für viele Unternehmen ist dies in erster Linie ein Facebook-Account. Neben Informationen zu Produkten und Aktionen dient dieser Kanal auch zur Kontaktaufnahme mit Kunden und der Zielgruppe, ist aber zugleich auch Anlaufstelle bei Beschwerden. Da sich Informationen in den sozialen Medien sehr schnell verbreiten, ist der Kanal ein gutes Instrument in der Krisenkommunikation, erfordert daher aber auch ein professionelles Social Media-Management, abgestimmt mit der gesamten Marketing-Strategie des Unternehmens. Dazu gehört neben der Auswahl, welche Social Media-Kanäle bearbeitet werden, auch die Auswahl von Inhalten und die zeitliche Dimension der Postings. Ebenso Teil des Managements sollte eine festgelegte Struktur der Verantwortlichkeiten im Un-
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ternehmen sein, d.h., wer darf wann was mit welchem Inhalt posten (vgl. BURO/TÖPFER/LEFFLER 2017). In Abschnitt 1.8 wurde auf diese Vorgehensweise der Social MediaStrategie bereits eingegangen. Neben den eigenen Social Media-Aktivitäten greifen viele Unternehmen, v.a. auch aus dem Fashion-Bereich, auf Social Media-Influencer zurück. Der Influencer muss dabei auch immer zum Gesamtauftritt und zur gesamten Marketing-Strategie des Unternehmens passen. Es versteht sich von selbst, dass er ein hohes Ansehen und eine Vielzahl an Followern in der angestrebten Zielgruppe haben sollte. Dass dieses Konzept durchaus erfolgversprechend sein kann, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2017. Hier gaben 21Prozent der Befragten an, dass sie innerhalb der letzten 12 Monate ein Produkt gekauft haben, welches ihnen von einem YouTuber empfohlen wurde. Dies entspricht einer Steigerung von 8 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Immerhin 15 Prozent kauften Produkte auf der Grundlage von Blogger-Empfehlungen, eine Steigerung um 10 Prozentpunkte (vgl. SAAL 2018). Der Nutzen dieser 'gelebten Kundennähe' mit vielen glaubhaften Möglichkeiten eines intensiven Kontaktes ist neben der Weiterempfehlungsbereitschaft auch das ausschöpfbare Cross-Selling-Potenzial (vgl. BREYER-MAYLÄNDER 2011; ROSSMANN 2011; SCHÜRING 1992; THOMAS 1992, S. 138). Beispiel Dr. Oetker Backclub Als Beispiel für eine gelungene Umsetzung eines Kundenclub-Konzeptes kann der DR. OETKER Backclub angeführt werden. Die Clubmitglieder erhalten sechsmal im Jahr ein Clubmagazin mit neuen Rezeptideen, einer Gratisprobe und Tipps rund ums Backen. Der Backclub bietet zusätzlich eine kostenlose Hotline zur Dr. Oetker Versuchsküche, Backseminare, Reisen, Wettbewerbe und Kontakte zu anderen Klubmitgliedern. Interessant ist, dass die Clubmitglieder bereit sind, eine Pauschale von 14,90 € pro Jahr als Clubbeitrag zu zahlen, während der Großteil der Kundenklubs kostenlos angeboten wird.
Abschließend soll in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit einer umfassenden Integration der direkten, kundenbindungsorientierten Kommunikationsmedien in das gesamte 'Kommunikationsorchester' hingewiesen werden. Dieses ist erforderlich, um Konflikte insbesondere bei der Budgetverteilung zu vermeiden, damit Synergieeffekte durch ein ausgeglichenes Nebeneinander von Akquisitions- und Bindungskommunikation erzielt werden können (vgl. THEDENS 1991). Die Servicepolitik – traditionell im After-Sales-Bereich von besonderer Bedeutung – wird in Bezug auf eine angestrebte Kundenbindung zu einem strategischen Erfolgsfaktor.
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Da viele Maßnahmen und Instrumente darauf ausgerichtet sind, den gesamten Produktlebenszyklus zu begleiten, bieten sich für Anbieter in diesen Fällen zahlreiche Möglichkeiten, um die Beziehung zum Kunden zu intensivieren. After-Sales-Service dient bei technischen Produkten in den meisten Fällen dazu, die Nutzungseigenschaften des Produktes aufrechtzuerhalten. Bei Dienstleistungen gehören einige nach Vertragsabschluss zu erbringende Services ebenfalls häufig zum Leistungsumfang. Da der Kunde die ordnungsgemäße Erledigung dieser Aufgaben zu Recht erwartet, besteht hier also kaum die Möglichkeit, den Kunden besonders zufrieden zu stellen, um so eine Kundenbindung zu erzeugen. Es kommt daher auf „Plus-Leistungen” an, die der Kunde als Nutzensteigerung empfindet und welche die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Unternehmens unter Beweis stellen. Bei der Auswahl dieser „Plus-Services” ist daher eine sorgfältige Analyse der zu erwartenden Kundenbindungswirkung und Cross-Selling-Potenziale und der dazu notwendigen Aufwendungen erforderlich, damit das Unternehmen in keine „Service-Kosten-Falle” läuft. In vielen Fällen sind Unternehmen gerade mit dem „No-frills”-Konzept erfolgreich. Hier wird der Verzicht auf Zusatzleistungen vom Kunden vielfach in besonderer Weise durch Loyalität honoriert (vgl. CALDER 2003). Es ist daher sinnvoll, unterschiedliche Kundensegmente zu identifizieren, um zu vermeiden, dass kostentreibende Serviceleistungen angeboten werden, aber diese vom Kunden nicht gewünscht und somit auch nicht bezahlt werden. Abbildung 121 zeigt ein Beispiel für Überlegungen zur Gestaltung des Serviceangebotes auf Grundlage der Nutzungsintensität von Produkten und Dienstleistungen (Usage Segmentation). Demnach bilden Stamm- und Wachstumskunden als „Heavy-User” ein Segment, für das es sich in vielen Fällen lohnt, zusätzlich Serviceleistungen zur Verfügung zu stellen. Im besten Fall verfügt das Unternehmen über eine Art „Servicebaukasten”. Bei verschiedenen Kundengruppen kann die Kernleistung je nach Bedarf durch bestimmte Servicepakete angereichert werden. Durch umfassende Full-Service-Angebote kann eine hohe „Wechselbarriere” erzeugt werden, die auch ökonomisch zu rechtfertigen ist, da durch die hohe Verwendungsrate von Produkten oder Dienstleistungen ein stabiler Return-onInvestment erwartet werden kann. Preisorientierte Kunden reagieren auf umfangreiche Serviceangebote oftmals nicht, weil sie befürchten, für das gesamte Leistungsangebot bezahlen zu müssen. Hier besteht für Unternehmen die Chance, Kundenbindung zu erreichen, indem durch „Verzicht von Service” die preisattraktive Kernleistung in den Mittelpunkt gerückt wird. Bei Gelegenheits- und Wechselkunden, können Anbieter sich über besondere „Convenience-Leistungen” profilieren, wie z.B. à-la-carte Menüs, die bestimmte Airlines auf Langstreckenflügen anbieten. So kann bewirkt werden, dass der Kunde eine qualitative Aufwertung der Basisleistung wahrnimmt, die ihn besonders zufrieden stellt.
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Abbildung 121: Kundensegmentorientiertes Serviceangebot
Neben der Servicebedarfsermittlung muss bei der Bereitstellung der Instrumente insbesondere berücksichtigt werden, dass abgegebene Serviceversprechen schnell zum regulären Umfang der Gesamtleistung gerechnet werden. Somit ist zu gewährleisten, dass Versprechen jederzeit erfüllbar bleiben. Da gerade die üblichen Nachfrageschwankungen im Dienstleistungsbereich schnell zu Kapazitätsengpässen führen können, ist eine erhöhte Sensibilität bei der Kommunikation von Serviceversprechen bzw. eine hohe Flexibilität zur Erfüllung erforderlich. Daher gilt in vielen Bereichen der Grundsatz: „Weniger versprechen – mehr leisten”. Die sogenannten „Fundamentals” sind aus diesem Grund besonders in der Nachkaufphase erfolgsbestimmend für eine Kundenbindung: Interesse, Offenheit, Lösungsbereitschaft im Falle von Reklamationen, Freundlichkeit, Zuvorkommenheit, Fairness, Zuverlässigkeit, Respekt, Kompetenz, Flexibilität und Gastfreundschaft sind keine „abgedroschenen” Schlagworte, sondern beschreiben ein umfangreiches Aktionsfeld für erfolgreiche Unternehmen. Im bewussten und zielgerichteten Management aller Kontaktphasen mit dem Ziel, dem Kunden positive Eindrücke zu vermitteln, liegen somit z.T. größere Potenziale für eine Kundenbindung als im unkontrollierten Anreichern von Basisleitungen mit Zusatznutzen.
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6.4.5
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Wesentliche Fallen bei der Umsetzung für eine erfolgreiche Kundenbindung
Oft führen Bestrebungen, die Kundentreue durch bestimmte Maßnahmen zu erhöhen, nicht zum Erfolg. So wird die Anzahl der gescheiterten CRM-Projekte in der Literatur mit bis zu 70 Prozent angegeben (HENN 2002, S. 66): Eine ernüchternde Bilanz für dieses strategisch bedeutungsvolle Vorhaben des Customer Relationship Managements. Ein Hauptgrund für das Scheitern von CRM-Initiativen ist die fälschliche Annahme, dass der Kern der operativen Umsetzung des CRM lediglich ein Softwareprojekt ist und diese Software dem Unternehmen mehr oder weniger nachhaltig hilft, eine bisher geringe Kundenorientierung auszugleichen und das Gestalten und Managen der Kundenbeziehung deutlich zu verbessern (HELMKE/UEBEL/DANGELMAIER 2017, GRAF 2002, STRAWE ET AL. 2002, S. 32). Die Unternehmen gaben sich also der Illusion hin, dass sie mit dem Kauf einer Softwarelösung auch die Philosophie der Kundenorientierung „per Mausklick“ implementieren. Aus den komplexen Ursachen-Wirkungs-Beziehungen sollen im Folgenden – neben den bereits angesprochenen Problemen – einige häufige Fehler aus dem Bereich der strategischen, organisatorischen und informationstechnischen sowie personalbezogenen Defizite dargestellt werden. Strategische Defizite In nicht wenigen Unternehmen wurden CRM-Projekte initialisiert, ohne vorher • das Ziel Kundenorientierung in der Philosophie und Vision des Unternehmens verankert zu haben (HELMKE/UEBEL/DANGELMAIER 2017, S. 18f.; HENN 2002, S. 66), • eine konkret ausgestaltete Strategie zum Umgang mit den Kunden und zur Nutzensteigerung für den Kunden definiert zu haben (RIGBY/REICHHELD/SCHEFTER 2002, S. 58) sowie • frühzeitig spezifische messbare Ziele für die einzelnen CRM-Projekte hergeleitet und als Erfolgsmaßstäbe ausformuliert zu haben (HENN 2002, S. 68f.; o.V. 2002b). Mit dem Kauf einer CRM-Software und der Verteilung einer Hochglanzbroschüre allein – „Wir arbeiten ab heute kundenorientiert.“ – ist die Ausrichtung eines jeden Mitarbeiters auf die Kunden allerdings nicht zu erreichen. Defizite und Fehler entstehen durch das Problem, die Strategie zum Umgang mit dem Kunden an der Leistungsfähigkeit der Software auszurichten. Das eigentliche Ziel muss neben den oben angesprochenen drei Punkten sein, die im Unternehmen vorhandenen Insellösungen für das Kundenbeziehungsmanagement zu vereinen, so dass das Unternehmen im Kundendialog in einer einheitlichen Art und Weise auftritt.
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Ein Beispiel ist die Zusammenführung des Wissens über den Kunden vor allem aus den Bereichen Service und Support, Beschwerdemanagement sowie Marketing. Dies ermöglicht die gezielte Ansprache des einzelnen Kunden mit dem konkreten Bezug auf seine Historie. Dieses Vorhaben setzt – ganz banal – zunächst voraus, dass die Kundenadressen bzw. -koordinaten auf einem qualifizierten Niveau vorliegen, also nur eine geringe Fehlerquote aufweisen. Erst danach stellt sich das Problem der Vollständigkeit und Genauigkeit aller Daten der bisherigen Kundenbeziehungen. Beispielsweise sollte eine Bank als Vertriebspartner einer Versicherung ihrem Kunden keine Kfz-Versicherung anbieten, wenn dieser dem Mitarbeiter in seiner Filiale bereits mitgeteilt hat, dass er sich nicht mehr für Kfz-Versicherungen interessiert, da er keinen PKW mehr besitzt. Ein weiteres, hiermit manchmal in Zusammenhang stehendes Problem ist, dass in der Unternehmenspraxis Kunden oft unterschiedliche Kundennummern erhalten haben, wenn sie in Geschäftsbeziehung mit mehreren relativ selbstständig am Markt operierenden Business Units des Unternehmens stehen. Allein die Aufgabe der Vereinheitlichung der Kundennummern auf eine einzige für alle Unternehmenssparten gleiche ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung an die Basisaktivitäten eines CRM-Projektes. Das Thema Kundenbelästigung kommt vor allem dadurch zustande, wenn der Kundendialog intensiviert wird, ohne dass vorher die Voraussetzungen an einfache und integrierte Strukturen erfüllt werden. Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen im Rahmen des CRM die Intensität des schriftlichen Kundenkontaktes deutlich erhöht, dann führt dies zu einer Verstimmung und Verärgerung des Kunden, wenn vorher die verschiedenen für ihn verwendeten Kundennummern der unterschiedlichen Produktbereiche des Unternehmens nicht harmonisiert werden, und er deshalb die gleiche Post mehrfach erhält. Fragen zu CRM-Projekt Eine weitere Hürde stellt die Anbindung des CRM-Projektes im Unternehmen dar. Hier werden teilweise immer noch die Projektzuständigkeiten falsch gewählt, so dass es sich um ein isoliertes Vertriebs-, Marketing- oder IT-Projekt handelt (STENGL/SOMMER/EMATINGER 2001; O.V. 2002a). Ein CRM-Projekt ist ein wichtiger Baustein der Unternehmensentwicklung und sollte deshalb vom Bereich Unternehmensentwicklung gesteuert werden. Alle anderen relevanten Bereiche arbeiten daran im Team mit. Erst diese Vorgehensweise sichert ein integriertes CRM-Konzept. Typische Fragen, die sich das Top-Management in Zusammenhang mit dem Start eines CRM-Projektes stellen sollte, sind: (1) Welche Kunden sollen in Zukunft gezielter und individueller angesprochen werden – und welche Kunden nicht?
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(2) Was sind die Erwartungen und Bedürfnisse dieser Kunden (O.V. 2002b)? Was wissen wir bereits über unsere Kunden, und wie können wir dieses Wissen umfassend nutzen? (3) Was können wir im Moment leisten, und wo wollen wir einmal hin? Also wann, wo und wie will ich für meinen Kunden da sein? (4) Welche Schritte unternimmt die Konkurrenz bzw. wird sie unternehmen, um ihre Kunden zu binden, und können sie einige unserer profitablen Kunden hiermit abwerben? Wie können wir unser Angebot auf dieser Basis verbessern? (5) In welchen Schritten und Zeitrastern können wir dahin gelangen, wenn wir die Komplexität und den Prozesscharakter des CRM-Projektes berücksichtigen? (6) Wie ist der durch CRM notwendig gewordene Veränderungsprozess im Unternehmen zu gestalten und zu kommunizieren? Wie können die Mitarbeiter in den Einführungsprozess einbezogen und möglichst umfassend integriert werden? Organisatorische und informationstechnische Defizite Defizite in den organisatorischen Voraussetzungen sahen 28 Prozent der befragten Manager – in einer von der Meta Group durchgeführten Analyse – als Grund für das Scheitern von CRM-Projekten an (BÜNING 2002, S. 45). Hier fehlen bereits häufig Analysen, welches die kundenorientierten Prozesse im Unternehmen sind, und welche Kundenanforderungen durch welche Prozesse erfüllt werden bzw. in Zukunft werden sollen. Nur auf der Basis dieser grundsätzlichen Analyse können Defizite erkannt und beseitigt werden (TÖPFER 2008a, S. 627ff.). Weitere typische Versäumnisse sind: • Keine klare Abgrenzung von Zuständigkeiten • Fehlende Ressourcen zur Einführung und Umsetzung des Projektes • Zu kurze anvisierte Projektlaufzeit, da nicht berücksichtigt wird, dass der organisationale Wandel in Verbindung mit einer Neuausrichtung des Unternehmens und der Optimierung von Prozessen einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten in Anspruch nehmen wird (RIGBY/REICHHELD/SCHEFTER 2002, S. 56) • Mangelhafte oder fehlende unternehmensinterne Wissensübertragung aus vorherigen Projekten (GRAF 2002) Auf informationstechnischer Seite fehlt häufig ein konzernweiter Test der Kompatibilität und Zweckmäßigkeit der Systeme (KLOSS 2002). Es fällt den Unternehmen aufgrund der wenig konkreten Zielsetzungen für die CRM-Einführung schwer, einen geeigneten Partner für die IT-Umsetzung aus den etwa 150 deutschen und circa 1.000 weltweiten Anbietern von CRM-Software auszuwählen (HENN 2002, S. 66). Dies führt nicht selten dazu,
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dass die Software die Anforderungen des Unternehmens nicht erfüllen kann (KLOSS 2002). Beispiele So brach RTS REALTIME SYSTEMS, ein Frankfurter Softwareanbieter für den elektronischen Börsenhandel, sein erstes CRM-Projekt bereits nach einem Jahr ab, obwohl rund eine halbe Mio. Euro in das Projekt geflossen waren. Ziel des CRM-Projektes war die Verbesserung des Managements von Kundenanfragen und Beschwerden in Verbindung mit deren jeweiligen Vorgangsnummern, Prioritäten und Zieldaten. Bereits in der Testphase stellte sich heraus, dass die Software die Anforderungen der Kunden von RTS an die Antwortzeiten des Supports nicht erfüllen konnte. Denn Betriebs- und Verbindungsprobleme müssen mittels einer Fernwartung sehr schnell gelöst werden. Inzwischen wurde ein neues Projekt gestartet, welches die oben genannten Probleme vermieden hat (KLOSS 2002). Ein weiteres Beispiel ist das Arbeitsvermittlungsunternehmen Monster.com: Das Unternehmen investierte 1998 bei der Durchführung eines CRM-Projektes rund eine Mio. Dollar in eine Software, die alle bisherigen Computersysteme integrierte. Das Ziel des CRMProjektes bestand in der Verwaltung der Kundenbeziehungen mit sofortiger Zugriffsmöglichkeit der Mitarbeiter auf die Daten potenzieller Kunden. Da das System jedoch viel zu langsam war, konnten die Außendienstmitarbeiter nicht auf die notwendigen Informationen zugreifen – im Gegenteil, ihre Laptops stürzten ab. In der Zwischenzeit schwand das Vertrauen der Kunden in Monster.com erheblich (RIGBY/REICHHELD/SCHEFTER 2002, S.55). Weiterhin wird oft kritisiert, dass die Beratung zu den Software-Produkten mit unverständlichen Fremdwörtern gespickt ist und so für den Praktiker unverständlich wird (ROTH 2002). Auch dies zieht schnell Probleme bei der Auswahl und der Anwendung der Software nach sich, was wiederum eine mangelnde Unterstützung der CRM-Projekte im Unternehmen zur Folge hat (O.V. 2002a). Defizite an Maßnahmen: Fehlende flankierende Maßnahmen des Personalmanagements CRM ist ein Umgestaltungs-Prozess, der das gesamte Unternehmen betrifft. CRM-Maßnahmen bringen also immer Veränderungen mit sich. Insofern ergeben sich auch neue Anforderungsprofile für die Mitarbeiter, die – wenn sie nicht entsprechend kommuniziert und die Mitarbeiter nicht genügend und frühzeitig eingebunden werden – Ängste und Widerstände entstehen lassen. Die Umsetzung eines CRM-Projektes kann bis an den Rand des Scheiterns gelangen, wenn die Mitarbeiter zum Beispiel nicht inhaltlich genügend darüber informiert werden und gezielt bezogen auf die sie betreffenden Anforderungen und Beiträge/ Leistungen geschult werden:
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
• Warum ist Kundenorientierung für das Unternehmen in Zukunft notwendig und wichtig? • Wie können die geplanten Maßnahmen den Mitarbeiter im Kundenkontakt unterstützen? • Wer hat was wann und wie zu tun? • Wer betreut welche Kunden? • Woran wird die Leistung der Mitarbeiter in Zukunft gemessen? • Warum und wie müssen die Informationen in die Kundendatenbanken eingepflegt werden? Selbst bei einer ausführlichen Kommunikation und Aufklärung können Ängste und Widerstände im Unternehmen zur Ablehnung der CRM-Maßnahmen führen. Dies ist der Fall, wenn sich die Mitarbeiter aufgrund der größeren Offenheit von Kundeninformationen kontrolliert oder bedroht fühlen. Werden Kundenbeschwerden in den Geschäftsstellen eines Unternehmens entgegengenommen, kann dies beispielsweise dazu führen, dass die Mitarbeiter kleinere Beschwerden nicht extra in das System aufnehmen. Dieser Verweigerung, das neu geschaffene CRM-Konzept konsequent zu nutzen, kann unter anderem durch die Freistellung von Mitarbeitern aus den umsetzenden Abteilungen für die Projektdurchführung begegnet werden, welche dann auch die (Teil)Verantwortung für dieses Projekt übertragen bekommen. Die IT-Abteilung sollte bei der Einführung von CRM nur eine Beratungsfunktion in Bezug auf die Softwareauswahl haben und verantwortlich für alle Fragen der Implementierung der Technik sein. Zusätzlich können auch Schulungsmaßnahmen als Verkaufstraining gegenüber Kunden und als Training im Umgang mit den Kundendatenbanken zu einer höheren Akzeptanz von CRM im Unternehmen und damit auch zu einer größeren Kunden-Orientierung des einzelnen Mitarbeiters führen. Ein überaus wichtiger Punkt ist das Verbinden der CRM-Ziele mit den Leistungsbewertungs- und Incentivesystemen im Unternehmen. Hierbei muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass beispielsweise kleinere Filialen – welche jetzt, um eine bessere Betreuung zu ermöglichen, die profitabelsten Kunden an ein Kundenbetreuungs-Center abgeben sollen – nicht mehr daran gemessen werden können, wie viele besonders profitable Kunden sie haben, von denen sie größere Aufträge bekommen können. Dies würde schnell zu einer Demotivierung der Mitarbeiter oder sogar zu Versuchen führen, die Datenbasis zu verändern – beispielsweise durch eine Neueinstufung der Kunden in eine andere Kategorie (JOST o.J.).
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
275
Werden diese Punkte nicht berücksichtigt, fehlt oft auf der Anwenderebene die grundsätzliche Akzeptanz einer kundenorientierten Unternehmenskultur (JOST o.J.; O.V. 2002a). Die dargestellten Beispiele verdeutlichen, dass der Grundstein für die Ineffizienz von Kundenbindungsprogrammen häufig bereits durch Fehler oder Defizite bei der Einführung des entsprechenden Programms gelegt wird. Diese Fehler wirken sich meist besonders schwerwiegend aus – die Kundenbindungsprogramme erreichen die in sie gesteckten Erwartungen nicht und werden innerhalb kurzer Zeit als gescheitert erklärt. Hitliste der CRM-Defizite Im Folgenden werden die Defizite, welche nach der Einführung der Kundenbindungsprogramme am häufigsten zur Ineffizienz bei Kundenbindungsprogrammen führen, auf sechs Kernprobleme reduziert. Sie treten vor allem in mittelständischen Unternehmen auf. Die folgende Abbildung 122 stellt die Problemfelder zunächst übersichtlich dar. Aus den Problemfeldern ergeben sich jeweils konkrete Ansatzpunkte für das Erarbeiten und Umsetzen von Strategien zur Kundenbindung.
Abbildung 122: Umsetzungsfallen als Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Kundenbindung
276
1. Falle:
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Das Verständnis und die Motivation der Mitarbeiter sind noch unzureichend ausgeprägt, um verstärkt in Aktivitäten zur Kundenbindung zu investieren.
Häufig wird von Mitarbeitern der Kontakt zum Kunden nur dann gesucht, wenn etwas 'verkauft' werden soll (Beispiel Versicherung). Der Erfolg eines Kontaktes wird daran gemessen, ob sofort ein Auftragseingang oder Umsatz zu verzeichnen ist; Probleme treten auf, wenn ein glaubwürdiger Kontaktanlass ohne Verkaufsbezug gefunden werden soll. Aufgestellte Leitsätze beispielsweise zur Servicequalität bilden einen zu weit gefassten Rahmen und werden nicht als konkrete Handlungsanweisung aufgefasst. Oftmals fehlt Unternehmen auch die genaue Kenntnis, in welchem Umfang die Maßnahmen zur Kundenbindung vom Konsumenten bzw. Produktnutzer honoriert werden, da ein intensiver Dialog mit der Zielgruppe nicht existiert. In diesen Fällen unzureichender Rückkopplungseffekte vom Markt ist die Gefahr gegeben, dass die Motivation involvierter Mitarbeiter nachlässt. Das kann auch der Fall sein, wenn angebotene Serviceleistungen vom Kunden nicht in Anspruch genommen werden. Ein Beispiel: Eine gebührenfreie 24h-Telefon-Hotline einer Versicherung wird meistens tagsüber benutzt, da die Kunden überwiegend vom Büro aus telefonieren und sowohl die Zeitflexibilität und die Kostenersparnis nicht als Vorteil wahrgenommen werden. Wenn einzelne Leistungskomponenten nicht akzeptiert werden, kann es dazu kommen, dass die grundsätzliche Einstellung zur Einsatznotwendigkeit kundenbindungsorientierter Instrumente negativ beeinflusst wird. Daraus folgt, dass Prozesse zur Erhöhung der Kundenbindung vom Management des Unternehmens sichtbar geführt werden müssen. Neben der Vorbildfunktion der Führung ist es auch wichtig, die Mitarbeiter nachhaltig zu befähigen, Kunden besser beraten, betreuen oder bedienen zu können. Dieses Empowerment baut auf einem soliden Fundament von Informationen auf, wird durch Schulungskonzepte an alle Mitarbeiter herangetragen und erfordert neben Handlungsspielräumen auch konkrete Instrumente, die jeder Mitarbeiter nutzen kann. Bewertungsmaßstäbe für den Arbeitserfolg von Mitarbeitern gilt es insofern zu reformieren, dass nicht nur quantitative Verkaufszahlen, sondern auch qualitative Aspekte wie gestiegene Kundenzufriedenheit betrachtet werden. 2. Falle:
Blindleistungen im administrativen Bereich vermindern Kontaktintensität und Kontaktqualität
Häufig wird noch zu viel Zeit für Dinge aufgewendet, die dem Kunden keinen Nutzen bringen. Obwohl die sorgfältige Dokumentation von Vorgängen in Geschäftsbeziehungen wichtig ist, wird Kundenbindung eher erreicht, indem mehr Zeit in direkte Kontakte und Dialoge investiert wird. Auch Koordinationsdefizite bei der Reaktion auf telefonische und schriftliche Kundenanfragen und bei der Bearbeitung von Reklamationen, die zu nicht unwesentlichen Verzögerungen führen, sind Blindleistungen. In vielen Fällen
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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sind viele Mitarbeiter und Abteilungen in einzelne Geschäftsvorfälle involviert. Kundenprobleme 'wandern' tagelang von Schreibtisch zu Schreibtisch, wodurch ein Lösungsprozess verzögert und verschleppt wird. Das Problem kann oft durch eine Beschwerdemanagement-Stelle oder ein Customer-Interaction-Center behoben werden, welche die Funktion eines zentralen Empfängers für alle von extern auftreffenden Signale haben und ebenfalls intern zugleich senden und empfangen können. Wichtig ist, dass diese Organisationseinheit eine nach definierten Kriterien festgelegte Kernkompetenz und Endverantwortung besitzt, mit denen möglichst viele Fälle abschließend behandelt und gelöst werden können. Hierdurch wird eine optimale Koordination der Kommunikationsprozesse mit dem Kunden sichergestellt. 3. Falle:
Fehlende oder unzureichend gepflegte Datenbestände verhindern eine präzise Selektion von Kundenadressen und -koordinaten sowie eine gezielte, individuelle Kontaktaufnahme.
Ein funktionierendes Data-Base-Marketing, also das Durchführen von Marketing-aktivitäten auf Basis einer aktuellen und fein selektierbaren Datenbank, existiert bei vielen Unternehmen nur unzureichend. So verfügen z.B. Konsumgüterhersteller oft über keine verwertbaren Daten, die eine gezielte Kontaktaufnahme zum Endkunden ermöglichen würden. Insbesondere das Schaffen eines aktiven Dialogs zum Kunden gelingt auf Konsumgütermärkten noch nicht in großem Umfang, zumal bei den meisten Projekten mit telefonischen Hotlines die Initiative zur Kontaktaufnahme immer noch vom Kunden ausgehen muss. Eine gut strukturierte Kundendatenbank unter Einhaltung der Datenschutz-Anforderungen (DSGVO der EU) hat somit fundamentale Bedeutung für viele Unternehmen. Nicht nur das Erfassen, sondern auch die Fortschreibung der Kundendaten ist entscheidend. Erfolgt eine laufende Aktualisierung nicht gewissenhaft oder werden wesentliche Elemente (z.B. Kundendienstinanspruchnahme, Leasingvertragskonditionen) überhaupt nicht berücksichtigt, kann es zu erheblichen Einbußen bezogen auf die Kontaktqualität kommen (Beispiel: Ein Kunde erhält von der Zentrale eines Automobilherstellers ein Mailing 'Herzlichen Glückwunsch! Ihr Auto ist jetzt ein Jahr alt – kommen Sie doch mal zu einem Routine-Check in Ihrem Autohaus vorbei ...', obwohl der Wagen sich zum wiederholten Male zur Reparatur in der Werkstatt des Händlers befand). Im Investitionsgüterbereich sind meistens Daten besser verfügbar, weil oft der Kundenstamm überschaubarer ist. Ein wichtiges Kriterium zur Kundenbindung durch exzellente Beratung und Betreuung besteht hier ebenfalls in der kontinuierlichen Pflege der Daten von vorhandenen Kunden durch Dokumentation von Details wie beispielsweise zu Entscheidungsfindung und Verhandlungsmodalitäten beim Zielkunden.
278
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Weitere kritische Punkte sind auch immer die Erfassung der genauen Kundenanforderungen zu Produkt und Service; hierbei ist eine besonders zuverlässige Datengewinnung und -verarbeitung nötig. Probleme entstehen ebenfalls, wenn verschiedene unternehmensinterne 'Datenpools' nebeneinander existieren (z.B. Vertrieb und Service) und Verknüpfungen somit nicht gelingen. Der Kunde wird im Zweifel die Beratungs- und Betreuungsqualität höher einschätzen, wenn dem Hersteller die gesamte 'Historie' der Geschäftsbeziehung zugänglich ist, und dementsprechend eine individuelle und gezielte Ansprache ermöglicht wird, die dieses Wissen dem Kunden gegenüber dokumentiert. 4. Falle:
Durch die Fokussierung der Kundenbindungsaktivitäten auf eine besondere Zielgruppe werden weitere wichtige Ziele nur unzureichend erfüllt.
Getreu dem Leitsatz „Doing the right things and doing the things right” müssen Kundenbindungssysteme dahingehend analysiert werden, ob und in welchem Umfang sie in der Lage sind, auch übergeordnete Zielkriterien zu erfüllen. Wie bereits diskutiert, ergeben sich besonders bei Kundenclubs häufig weniger wünschenswerte Inselsyndrom-Effekte. Damit ist gemeint, dass der Attraktivitätswert und der Exklusivitätscharakter der Clubleistungen vom überwiegenden Teil der Gesamtzielgruppe nicht wahrgenommen werden. Wenn sich wesentliche Einstellungen und Meinungen der Club-Mitglieder, bezogen auf das Unternehmen und seine Produkte, nicht von den Ansichten der Nicht-Mitglieder unterscheiden, findet kein Imagetransfer in dem gewünschten Maße statt. Der Erfolg derartiger Projekte spiegelt sich nämlich oft nicht ausschließlich in den Zufriedenheits- und Loyalitätswerten der Club-Mitglieder wider, sondern in der Intensität und Reichweite von positiven Abstrahleffekten auf die gesamte Zielgruppe. Aufgrund einer oftmals hohen Ressourcenbindung durch Club-Konzepte und damit verbundenen hohen Kontaktkosten sind Fehlentwicklungen einer Service-Kosten-Falle erkennbar. Hier ist es also erforderlich, bei Kundenbindungsaktivitäten nicht die strategischen Ziele aus dem Auge zu verlieren. Die Effekte, welche sich bei einer Umsetzung ergeben, gilt es daher genau abzuschätzen. Es ist zu prüfen, ob sie die übergeordneten Ziele unterstützen. Neben diesen intern bedingten Umsetzungsproblemen sind daneben Fallen zu identifizieren, die sich durch Marktkonstellationen im Zusammenhang mit Vertriebswegen sowie dem Verhalten der Kunden und Wettbewerber ergeben.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
5. Falle:
279
Auf den Endkunden ausgerichtete Leistungen von Kundenbindungssystemen werden häufig durch das 'Nadelöhr Handel' in ihrer Wirkung abgeschwächt.
Für viele Anbieter, die ihre Leistungen nicht direkt, sondern durch Absatzmittler an den Kunden herantragen, stellt der Handel eine zum Teil massive Barriere dar. Versuche von Herstellern, mit Endkunden direkt in Kontakt zu treten, werden vom Handel nicht unterstützt, da dieser die Gefahr sieht, seine Position könnte sich zu einer reinen Vermittlerrolle reduzieren. Aus der Sicht der anbietenden Hersteller lässt sich die mangelhafte Initiative des Handels, konkrete Projekte zur Kundenbindung aktiv zu unterstützen, wie folgt begründen: Ö
Das Denken in Richtung mehr Kundenorientierung in Nachkaufphasen hat sich noch nicht stark genug durchgesetzt; viele Handelsbetriebe denken zu stark akquisitions-orientiert.
Ö
Der Wert von langfristigen Kundenbeziehungen wird häufig noch nicht ausreichend erkannt und gewürdigt: Die zeitversetzte 'Ernte' von Erträgen einer Beziehung zum Kunden wirkt sich motivationshemmend für den Händler aus.
Ö
Die Bereitschaft fehlt, Kontakte zum Kunden aufzubauen und zu pflegen (anrufen, ohne etwas verkaufen zu wollen, Nachfassaktionen, Fortschreibung von Kundenhistorien). Dadurch fehlen auch konkrete Strategien und Handlungsanweisungen zum Umgang mit Stammkunden.
Ö
Die Übermittlung von Informationen über den Endkunden (Adressdaten etc.) erfolgt nicht oder nicht zuverlässig genug.
Ö
Nachdem bereits der Endkunde auf die Versuche zur Kontaktaufnahme durch den Hersteller reagiert hat, erfolgt keine adäquate Betreuung durch den Handel. Ein konkreter Fall hierzu: Ein hoher Rücklauf auch von bestehenden Kunden auf Responseanzeigen eines Autoherstellers mit Angebot zur Probefahrt eines neuen Modells zog wenig Initiative des Handels nach sich, der interessierte Kunden zu kontaktieren und einen Probefahrttermin zu vereinbaren hatte.
Ö
Bei Konsumgütern mit kurzen Kaufzyklen ist der Handel nicht sehr stark an der Entwicklung von starken Herstellermarken interessiert und unterstützt die 'emotionale Aufladung' zur Kundenbindung nicht ausreichend.
Ö
Interne Abstimmungsschwierigkeiten: Wenn Mitarbeiter verkaufserfolgsabhängig vergütet werden, haben Inhaber von Handelsbetrieben mitunter Schwierigkeiten, Motivation für die Stammkundenbetreuung zu erzeugen.
In dieser Hinsicht hat aber bereits auch im Handel ein Prozess des Umdenkens begonnen. Eine gute und faire Allianz zwischen Hersteller und Handel, bei der auch Erträge in akzeptabler Weise aufgeteilt werden, ist ein Ansatz, um die Kundenbindung an diese Vertriebsschiene zu verstärken.
280
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Sollen wichtige Wirkungspotenziale von Herstellerinitiativen zur Betreuung von Endkunden in der Nachkaufphase nicht an Effizienz verlieren, wird es also erforderlich sein, Kundenbindungsprogramme so abzustimmen, dass sie konfliktfrei zu den Interessen des Handels stehen. Die genannten Umsetzungsprobleme können sicher reduziert werden, wenn dem Handel glaubwürdig vermittelt wird, dass seine Position als erste Kontaktstelle zum Endkunden nicht untergraben werden soll. Darüber hinaus wird es erfolgversprechender sein, wenn Hersteller den Handel grundsätzlich stärker in den Prozess der Planung und Umsetzung von Kundenbindungsaktivitäten einbinden. Wenn der Handel z.B. in frühen Konzeptionsphasen von Mailingaktionen in Überlegungen des Herstellers einbezogen wird, so dass der Handel Anregungen und Bedenken äußern kann, lässt sich eine Reihe von Problemen eventuell von Anfang an reduzieren. 6. Falle:
Kundenbindungsmaßnahmen, die vom Wettbewerb in ähnlicher Weise durchgeführt werden, können nicht mehr ausreichend zur Profilierung und Differenzierung dienen.
Der Innovationscharakter von Instrumenten zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit oder zur Gestaltung von Geschäftsbeziehungen ist hierbei von Bedeutung. Einige Unternehmen haben Probleme damit, sich mit Kundenbindungsinitiativen, die in erster Linie aus Service- und Mehrwertleistungen bestehen, einen eindeutigen und dauerhaften Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, wenn die angebotenen Leistungen von Mitbewerbern übernommen und so allmählich zum Standard in der Branche werden. Fehlt dazu die Dialogkomponente in Form einer wiederkehrenden Chance, den Kunden mit besonderer Kommunikations- und Kontaktqualität zu überzeugen, verschärft sich dieses Problem, da dann keine Austrittsbarriere mehr für den Endkunden erkennbar ist. Grundsätzlich ist, bezogen auf dieses Problem, die Erkenntnis wichtig, dass Kundenbindung nicht durch Aktionismus erreicht wird, der sich im Verteilen von „Geschenken” in Form von Service-Plus-Leistungen oder in der einmaligen Durchführung einer „Zufriedenheitsumfrage” erschöpft. Kundenbindung ist kein Thema, das man isoliert und losgelöst mit Instrumenten bearbeitet, sondern es handelt sich bei Kundenbindung um das Ergebnis eines Prozesses, bei dem, aufbauend auf die integrierte Betrachtung aller Prozessphasen des Kundenkontaktes, ein integrierendes Management aller mögliche Einzelinstrumente erforderlich ist. Das Ziel dieses Verständnisses muss sein, vorher isoliert betrachtete Instrumente zu einem Kundenbindungssystem zusammenzufassen. Dies versetzt ein Unternehmen in die Lage, den bestehenden Kundenstamm optimal zu betreuen und zu pflegen, sowie als Keimzelle für zukünftige Markterfolge zu nutzen.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
6.5
281
Die Messung der Kundenbindung
In den vorstehenden Kapiteln wurde die Wirkung gesteigerter Kundenzufriedenheit aufgezeigt. Eine hohe Kundenbindung ermöglicht jedoch als Folgestufe von Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität noch bessere Geschäftsergebnisse. Dies bedeutet, dass ein Unternehmen, das hohe Kundenzufriedenheitswerte für ausreichend hält, ohne dabei die Kundenbindung zu erhöhen, Potenziale bei den Geschäftsergebnissen verschenkt. Es ist also für jedes Unternehmen unerlässlich, neben der Kundenzufriedenheit auch die Wiederkaufabsicht, also die freiwillige Bindung der Kunden an das Unternehmen, und die Weiterempfehlungsabsicht an andere zu erheben und nach der Analyse wesentlicher Schwächen, diese unverzüglich zu beseitigen. Im Zuge einer zunehmenden Liberalisierung der Märkte sind die Kunden immer weniger an Unternehmen „gebunden” in dem Sinne, dass sie aufgrund einer Monopolsituation des Anbieters oder aufgrund eines Vertrages nicht zu anderen Unternehmen wechseln können, wie dies in der Vergangenheit bei Energieversorgern und Telekommunikationsunternehmen der Fall war.
6.5.1
Beziehung zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
Alternative Beziehungskonzepte Ausgehend von den bisherigen Begriffsklärungen in diesem Fachbuch für die Praxis, stellt Zufriedenheit einen Abgleich zwischen der vom Kunden erwarteten und der von ihm wahrgenommenen Leistung dar. Dies bedeutet zunächst einmal nur, dass der Kunde mit dem erworbenen Produkt oder der Leistung sowie dem Service in einem bestimmten Ausmaß zufrieden ist. Seine Wiederkaufabsicht – als Blick respektive Absicht nach vorne – lässt sich aus diesem Konstrukt – als Blick respektive Bewertung nach hinten – jedoch nicht ableiten. Denn obwohl ein Kunde mit der Leistung zufrieden war, wechselt er unter Umständen zur Konkurrenz, da diese z.B. einen noch besseren Service bietet, den Nutzen für den Kunden noch mehr steigert oder preislich attraktiver ist. Daneben kann hier auch das Phänomen des Variety Seeking eine Rolle spielen (vgl. HELMIG 1997, S. 14ff.). Variety Seeking heißt – wörtlich übersetzt – wie bereits vorstehend erwähnt, die Suche nach Abwechslung. Dies bedeutet, dass ein Kunde durchaus ein hohes Zufriedenheitsniveau hat, aber dennoch bereit ist, die Produkte anderer Unternehmen zu kaufen. Diesem Verhalten liegt jedoch keine konkrete Wechselabsicht zugrunde. Wenn der vom Wettbewerber gebotene Nutzen aber höher ist, wird ein Wechsel des Kunden die Folge sein. Wie aus Abbildung 123 ersichtlich ist, führt ein hohes Maß an Kundenzufriedenheit eher zu Kundenloyalität und beides zusammen zu Kundenbindung. Eine hohe Zufriedenheit hat also eine Bindungswirkung; wenn diese jedoch nicht hoch genug ist, beinhaltet sie ein
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Gefährdungspotenzial. Daraus resultiert, dass nur durch eine sehr hohe Kundenzufriedenheit und -loyalität das Problem des Variety Seeking nicht mehr gegeben ist, also der Kunde nicht beabsichtigt, ”Abwechslung zu suchen”, indem er Konkurrenzprodukte kauft.
Abbildung 123: Exemplarischer Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität und Kundenbindung
Dies lässt folgenden Schluss zu: Es ist möglich, dass Unternehmen mit einer hohen Kundenzufriedenheit nur eine geringe Kundenbindung erreichen. Daraus folgt also, nur wenn ein hohes Niveau an Kundenzufriedenheit zugleich mit hoher Kundenloyalität verbunden ist respektive wird, schlägt sich die Loyalität in Kundenbindung nieder. Kundenbindung lässt sich neben der erreichten Kundenzufriedenheit im Vorfeld erfassen bzw. erfragen aufgrund von Aussagen (vgl. HORSTMANN 1998, S. 6): y zum Wiederkauf des gleichen Produktes y zum Cross-Buying als Mehrkauf bezogen auf andere Produkte des gleichen Unternehmens sowie y zur Weiterempfehlung der Produkte bzw. des Unternehmens an andere Personen.
6.5.2
Vorbetrachtungen zur Berechnung des Kundenbindungsindex (KBI)
In der Unternehmenspraxis ist es wichtig, quantitative Messgrößen für den Grad der Kundenbindung zu erhalten. Denn nur auf dieser Basis ist eine gezielte Steuerung bzw. Verbesserung der Kundenbindung fundiert nachvollziehbar. Entscheidend ist bei einer Periodenbetrachtung insgesamt nicht nur, ob am Ende der Periode die Anzahl der Kunden gleich groß oder gestiegen ist, sondern vor allem auch, wie sich die Zahl durch Abgänge und Zugänge zusammensetzt. Hierzu wird zwischen Gesamtkunden und Bestandskunden unterschieden. Gerade bei großen Veränderungen, wie sie durch die Einführung von
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
283
neuen disruptiven Technologien im Rahmen der Elektromobilität und Digitalisierung gegeben sind, die zu neuen Geschäftsmodellen führen, kann sich die Zusammensetzung der Kunden über eine Zeitperiode hinweg erheblich ändern. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise die Zahl von Neukunden bei Autos mit Elektromotor erheblich zunimmt. Wichtig ist dann, ein der Realität entsprechendes Abbild zu erhalten. Berechnungsmodi Deshalb wird im Folgenden unterschieden zwischen einem Kundenbindungsquotienten (KBQ), einer Netto-Kundenveränderungsrate (NKVR), einer Kundenabwanderungsrate (KAR), einer Brutto-Kundenzuwachsrate (BKZR) und einer Neukundenrate (NKR). Die Begrifflichkeit macht deutlich, dass beim Kundenbindungsquotienten bzw. Kundenbindungsgrad (vgl. SCHARIOTH 1992, S. 113) der Grad der über eine bestimmte Zeitperiode dem Unternehmen treu gebliebenen Kunden bezeichnet wird. Die Netto-Kundenveränderungsrate gibt Aufschluss darüber, wie stark sich in einer Zeitperiode die Kundenzahl verändert hat, also wie groß der Nettoeffekt, der in einer Zeitperiode neu hinzu gewonnenen Kunden ist. Die Neukundenrate gibt Aufschluss über den Anteil von Neukunden im Kundenportfolio.
Abbildung 124: Messgrößen für Veränderungen und Höhe der Kundenbindung
Als Basisvariablen werden die Bestandskunden (im Sinne von Stammkunden) sowie die Gesamtkunden als Summe aller Kunden zu einem Zeitpunkt verwendet. Die Bestandskunden am Ende des Jahres sind hierbei die dem Unternehmen über das Jahr treu gebliebenen Kunden. Bei den Gesamtkunden am Ende eines Jahres werden die im Laufe der
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Periode abgewanderten und neu hinzu gewonnenen Kunden berücksichtigt. Die betrachtete Periodenlänge kann von Branche zu Branche variieren und ist aufgrund von Innovations- und Kaufzyklen entsprechend festzulegen. Wie Abbildung 124 zeigt, handelt es sich bei dem Kundenbindungsquotienten (KBQ) und der Neukundenrate (NKR) um Bestandsquotienten. Die Netto-Kundenveränderungsrate (NKVR) und deren Bestandteile, die Kundenabwanderungsrate (KAR) sowie die Brutto-Kundenzuwachsrate (BKZR) kennzeichnen Veränderungsquotienten. Da der Kundenbindungsquotient den Prozentsatz der Kunden auf der Basis des Kundenbestandes am Anfang des Jahres angibt, der am Ende eines Jahres nach wie vor zum festen Kundenstamm des Unternehmens gehört, ist die Kundenabwanderungsrate die komplementäre Größe hierzu auf 100 Prozent. Wenn mit anderen Worten der Kundenbindungsquotient 80 Prozent beträgt, ist die Kundenabwanderungsrate 20 Prozent. Die Netto-Kundenveränderungsrate kennzeichnet, ebenfalls gemessen auf der Basis der Kunden am Anfang des Jahres, die Anzahl aller Kunden am Ende des Jahres abzüglich des Kundenbestands am Anfang des Jahres. Da auch hier in der Regel der Subtrahend im Zähler kleiner ist als der Minuend, ist die Verhältniszahl positiv. Dies kann bedeuten, dass ein Unternehmen den Kundenbestand in einer Periode vergrößert hat, ohne diese Detailanalyse der Wanderungsbewegungen aber nicht erkennt, dass beispielsweise zu 20 Prozent der Kundenbestand durch eine hohe Abwanderungsrate reduziert wurde und der Zuwachs nur dadurch zustande kam, dass überproportional, beispielsweise 70 Prozent Neukunden hinzugewonnen wurden. Auf dieser Basis ergibt sich dann eine saldierte Zuwachsrate von 50 Prozent. Für die Steuerung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung ist es von maßgeblicher Bedeutung, derartige Wanderungsbewegungen frühzeitig zu erkennen. Denn es liegt auf der Hand, dass ein beliebig häufiger und hoher Ersatz von migrierenden Kunden in der Unternehmenspraxis nicht möglich ist. Die Netto-Kundenveränderungsrate muss daher zusätzlich in die Kundenabwanderungsrate und die Brutto-Kundenzuwachsrate zerlegt werden, um zu erkennen, inwieweit durch eine starke Migration der Kunden nach und nach der gesamte Kundenbestand umgeschichtet wird. Die Kundenabwanderungsrate ist demnach, gemessen auf der Basis der Kundenanzahl am Anfang des Jahres, die Differenz der Bestandskunden am Ende und der Bestandskunden am Anfang eines Jahres. Da sie die Abwanderung bezeichnet, ist der zweite Teil des Zählers immer größer und die Verhältniszahl immer negativ. Die Brutto-Kundenzuwachsrate gibt an, wie viele Neukunden, als Differenz der Gesamtkunden am Ende des Jahres und den Bestandskunden am Anfang des Jahres, bezogen auf die Bestandskunden am Anfang des Jahres, vom Unternehmen gewonnen wurden. Der Kerngedanke dieser Kennzahl liegt in der Aussage, wie hoch die Kundenakquisitionsfähigkeit und -tätigkeit des Unternehmens ist.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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Die Neukundenrate gibt den Anteil der Kunden an, die innerhalb des Jahres zum ersten Mal Marktleistungen des Unternehmens gekauft haben und nun zum Kundenbestand gerechnet werden. Die Neukundenrate ist dabei eine wichtige Kennzahl zum Ergreifen von Verbesserungsmaßnahmen, um diese Kunden an das Unternehmen zu binden.
6.5.3
Der operative und strategische Kundenbindungsindex
Bereits mehrfach angesprochen wurde die Beziehung zwischen Kundenzufriedenheit und Beschwerdemanagement einerseits und Beschwerdemanagement und Kundenbindung andererseits. Im Folgenden soll die Dreistufigkeit dieser Beziehungen zwischen Kundenzufriedenheit, Beschwerdemanagement und Kundenbindung untersucht werden. Das Ziel und Ergebnis ist, das erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Beschwerdemanagement in seiner Auswirkung auf die zukünftige Kundenbindung und in seiner Rückkopplung auf den Grad der erreichten und in Zukunft erreichbaren Kundenzufriedenheit zu werten. Dazu werden ein operativer und ein strategischer Kundenbindungsindex unterschieden und ermittelt. Der operative Kundenbindungsindex geht von der aktuellen Situation aus, dass der Kunde mit einer spezifischen Leistung des Unternehmens in einem bestimmten Maße unzufrieden ist. Der strategische Kundenbindungsindex basiert hingegen auf dem Sachverhalt, dass die bisherige Kundenbeziehung ohne Probleme verlief und der Kunde sich jetzt die Frage stellt, ob das Unternehmen auch in Zukunft in der Lage ist, seine Anforderungen als Kunde zu erfüllen. Wie Abbildung 125 zeigt, wirkt der operative Kundenbindungsindex auf den strategischen Kundenbindungsindex. Dies ist insofern plausibel, da nur, wenn die aktuellen Probleme in Form einer Beschwerde des Kunden aus seiner Sicht zufriedenstellend gelöst wurden, die Chance zu einer längerfristigen Kundenbindung überhaupt gegeben ist. Andernfalls wird – im Normalfall – der Kunde vom Unternehmen abwandern. Im Detail sieht der Phasenablauf hin zu den beiden Kundenbindungsindices folgendermaßen aus: Ein geringes Maß an Kundenzufriedenheit führt bei den unzufriedenen Kunden dazu, dass sie sich entweder nicht beschweren – wie dies bei einem Großteil der Kunden der Fall ist – oder dass sie sich beschweren. Das Ziel ist – wie in Abbildung 125 verdeutlicht und wie bereits an früherer Stelle ausgeführt – den Anteil der Kunden, die sich beschweren, durch geeignete Maßnahmen und Instrumente der Beschwerdestimulierung zu erhöhen. Denn nur dann hat das Unternehmen die Möglichkeit, gezielt darauf zu reagieren. Die Reaktion des Unternehmens im Rahmen dieses akuten Handlungsbedarfs wird darauf ausgerichtet sein, die Beschwerde für den Kunden zufriedenstellend zu lösen. Ist die Beschwerde und damit das Kundenproblem allerdings nicht zufriedenstellend gelöst, dann erfolgt die Abwanderung des Kunden. Dies entspricht der vorstehend analysierten Abwanderungsrate. Die Größenordnung und der Effekt der Abwanderung können
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
noch dadurch verstärkt werden, dass der unzufriedene und zu einem Wettbewerber wechselnde Kunde über eine negative Mund-zu-Mund-Kommunikation seine Unzufriedenheit mit dem Unternehmen bekannt macht.
Abbildung 125: Prozessschema Kundenzufriedenheit – Beschwerdemanagement – Kundenbindung
Ist das Kundenproblem hingegen zufriedenstellend gelöst, dann hat dies eine Rückkopplung in der Weise, dass die Kundenzufriedenheit in der Regel wieder steigt. Zugleich wird über die Kundenloyalität, die auch generell bei einer hohen Kundenzufriedenheit eher gegeben ist, der positive Effekt maßgeblich sein für die Einstellung und das Verhalten des Kunden in der Zukunft. Dieses ist einerseits – basierend auf einer unterstellten Kundenloyalität – die Bereitschaft zum Wiederkauf und andererseits ein Verhalten in der Weise, dass eine Weiterempfehlung des Unternehmens als positive Mund-zu-Mund-Werbung erfolgt. Zwischen beiden Größen kann es wiederum zu einer wechselseitigen Wirkung in Form eines Verstärkereffektes kommen, wie dies auch im negativen Fall bei der negativen Mund-zu-Mund-Kommunikation und der Abwanderung von Kunden der Fall ist. Aus dem gelösten Kundenproblem resultiert der operative Kundenbindungsindex als akute Zielsetzung des Unternehmens, einen unzufriedenen Kunden durch geeignete Maßnahmen zu halten. Wiederkauf und Weiterempfehlung kennzeichnen den strategischen Kundenbindungsindex als die bereits vorstehend angesprochene generelle Zielsetzung. Die operative Kundenbindung ist somit die faktische Voraussetzung für die strategische Kundenbindung.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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Gemessen wird der operative Kundenbindungsindex (oKBI) in der Weise, dass – ausgehend von der Problemsituation der Beschwerde – die Kriterien abgefragt werden, die für die Zufriedenheit des Kunden und seinen Verbleib beim Unternehmen als Kunde relevant sind. Parallel hierzu wird wiederum die konkrete Bedeutung aus Kundensicht ermittelt. Von daher basiert der operative Kundenbindungsindex unmittelbar auf Teilen des CSI. Er ist – wie ausgeführt – die Grundlage für den Verbesserungsprozess. Nach einer zielgerichteten Lösung des Problems, also der Kundenbeschwerde, lässt sich mit dem gleichen Instrumentarium die Veränderung messen. Von daher ist also – in Entsprechung zu der akuten Situation – der operative Kundenbindungsindex ereignisorientiert unmittelbar nach dem positiv gelösten Beschwerdefall erneut zu ermitteln. Dies ermöglicht – als Vergleich von oKBIt2 zu oKBIt1, das Delta in Form der erreichten Steigerung an Zufriedenheit, Loyalität und Bindung beim Kunden zu ermitteln. Bei dem zweiten Messvorgang ist es dann sinnvoll und zweckmäßig, Kriterien des strategischen Kundenbindungsindex, die sich auf Wiederkaufabsicht und Weiterempfehlung beziehen, zu berücksichtigen. Im Folgenden wird auf den strategisch ausgerichteten Kundenbindungsindex näher eingegangen.
6.5.4
Die Berechnung des Kundenbindungsindex
In der Unternehmenspraxis wird erst seit einiger Zeit das Messinstrumentarium des (strategischen) Kundenbindungsindex (KBI) als notwendig und zweckmäßig akzeptiert. KBI-Konzeption Der „klassische“ Tri:M-Ansatz stellt einen der wenigen bisher existierenden Ansätze zur Messung der Kundenbindung dar (vgl. SCHARIOTH 1992 S. 116ff.). Tri:M beinhaltet drei Elemente, die Bestandsaufnahme (Measuring), das Einleiten von Aktionen (Managing) sowie die kontinuierliche Überwachung (Monitoring). Der HCI (Happy Customer Index) aggregiert die Urteile der Kunden zu einem Indikator und ist Ausgangspunkt für die Einleitung von Verbesserungsmaßnahmen. In Abhängigkeit von dem Potenzial der einzelnen Leistungselemente für die Veränderung der Kundenbindungsintensität werden sie klassifiziert in Motivatoren, versteckte Chancen, Hygienefaktoren und Einsparmöglichkeiten (vgl. SCHARIOTH 1992, S. 118ff.). Diese werden in einer Vier-Felder-Matrix veranschaulicht, deren zwei Ausprägungen die reale Bedeutung und die verbale Wichtigkeit sind. Dabei werden die zugrundeliegenden Einzelkriterien und Messoperationen – gewollt oder ungewollt – nicht nachvollziehbar beschrieben. Aus diesem Grunde ist eine tiefergehende Bewertung nicht möglich. Generell besteht die Möglichkeit, neben den abgefragten Kriterien zur Wichtigkeit und auch der Ausprägung über multiple Regressionen den Beitrag dieser Kriterien als (unabhängige) Ursachen auf die (abhängige) Wirkung der Kundenbindung zu ermitteln. Die
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Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
Ergänzung der verbalen Wichtigkeit durch die errechnete reale Bedeutung ermöglicht weitergehende Schlussfolgerungen. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass es sich auch nur um primär vergangenheitsbasierte Aussagen handelt. Dies wird auch nicht grundsätzlich dadurch geändert, dass zukunftsbezogen im Hinblick auf Wiederkauf, Mehrkauf und Weiterempfehlung gefragt wird. Insgesamt kommt es darauf an, das bisher eher qualitativ diskutierte Thema Kundenbindung quantitativ zu unterlegen. Der nachfolgend dargestellte Kundenbindungsindex weicht von der zugrunde gelegten Argumentationskette nicht grundsätzlich ab, leitet aber bezüglich der Operationalisierung des Konstruktes teilweise andere Schlussfolgerungen ab. Zusätzlich wird eine Erweiterung des Ansatzes dahingehend vorgenommen, dass nicht nur die Kundensicht, sondern auch die Unternehmenssicht in den Kundenbindungsindex einfließt. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen handelt es sich hierbei um den strategisch ausgerichteten Kundenbindungsindex, ohne dass hierauf immer verwiesen wird. 6.5.4.1 Grundannahmen Die bisherige zweistufige Analyse, d.h. die CSI-Analyse und das sich anschließende Handlungsportfolio, greift deutlich zu kurz, wenn es um das Ableiten wirkungsvoller Maßnahmen zur Sicherung und Ausweitung des Kundenstammes geht. Denn es wird stillschweigend davon ausgegangen, dass die Anforderungen, die dem Kunden in der Vergangenheit wichtig waren, auch in der Zukunft denselben Stellenwert besitzen. Der Kundenbindungsindex als „Scharnier” zwischen vergangenheitsbezogenen Ergebnissen und zukunftsgerichteten Kaufabsichten, bietet eine deutlich stärkere Fokussierung auf das, • was der Kunde will und was er von anderen Wettbewerbern bekommen oder nicht bekommen kann, sowie das, • was das Unternehmen entwickeln und verbessern kann, • um den Kunden auch in Zukunft in einem hohen Maße zufrieden zu stellen. Durch den Kundenbindungsindex kann also neben dem Bindungspotenzial auch das Abwanderungs- und Wechselpotenzial ermittelt werden. Durch diese umfassendere Vorgehensweise können zweckmäßige Maßnahmen zielgerichtet ergriffen werden. Abbildung 126 illustriert den Dreisprung von der Kundenzufriedenheit über die Kundenbindung zum Verbesserungsportfolio. Das Ziel dieses Dreisprungs ist eine 100prozentige Kundenbindung, die höchste Stufe einer Erfolgspartnerschaft zwischen Kunden und Unternehmen.
Kapitel 6: Effiziente Kundenbindung
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Abbildung 126: Erweitertes Instrumentarium für Verbesserungsmaßnahmen
Verdeutlicht werden kann dies an der Automobilindustrie, in der eine solche Erfolgspartnerschaft zwischen Automobilhersteller und Systemlieferanten erreichbar ist, wobei dort häufig die Partnerschaft zu einem Single Sourcing ausgebaut wird. In diesem Fall sind beide Seiten vertraglich gut abgesichert und schließen – zumindest für einen definierten Zeitraum – die Auswahlmöglichkeit zwischen mehreren Lieferanten aus. In einer Erfolgspartnerschaft überträgt der Automobilhersteller seinem Systemlieferanten bestimmte Aufgaben innerhalb der Wertschöpfungskette, z.B. Innovationen und ständige Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen. Die Erfolgspartnerschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass Kostensenkungen und bessere Erträge zwischen beiden Partnern geteilt werden (vgl. TÖPFER 1997, S. 421ff.). Unter diesem Blickwinkel ist das Messkonzept der Kundenbindung insbesondere im Business-to-Business wichtig. 6.5.4.2 Die Ermittlung des KBI Das Beispiel der Erfolgspartnerschaft verdeutlicht, dass – insbesondere in den veränderten Zeiten der Industrie 4.0 mit der Einführung und Umsetzung von disruptiven Technologien mit einem hohen Grad an Innovation und Veränderung – neben einer hohen Zufriedenheit eine Kundenbindung nur gegeben ist, wenn der Systemlieferant auch in Zukunft die Anforderungen des Herstellers erfüllt, andere Wettbewerber auf der Lieferantenseite nicht besser sind, und wenn der Lieferant sein Potenzial so weiterentwickelt, dass
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er mit der Entwicklung beim Hersteller Schritt hält. Diese Kriterien sind z.B. in der Automobilindustrie beim Übergang von Verbrennungsmotoren auf Elektromobilität von zentraler Bedeutung. Der Kundenbindungsindex ist also deutlich schwieriger zu ermitteln als der Kundenzufriedenheitsindex, weil dieser immer retrospektiv ist, also eine Rückschau des Kunden auf die bisherige Zusammenarbeit mit dem Unternehmen zum Gegenstand hat. Der Kundenbindungsindex, der auf der Kundenloyalität in der Zukunft basiert, liefert im Gegensatz dazu eine prospektive Aussage über eine zukünftige erfolgreiche bzw. als erfolgreich angestrebte Zusammenarbeit. KBI-Ermittlung Der Kundenbindungsindex wird aus zwei Perspektiven heraus gemessen: Zum einen aus Sicht des Kunden, basierend auf den Anforderungen seiner zukünftigen Geschäftstätigkeit und auf den Angeboten, die er von Wettbewerbern des Unternehmens erhält. Zum anderen aus Unternehmenssicht, und zwar wie das Unternehmen sich selbst einschätzt im Vergleich zum Wettbewerb und wie es in der Lage ist, die speziellen Anforderungen des Kunden im Rahmen eines Value Marketing und damit in einer Erfolgspartnerschaft zu erfüllen. Diese beiden Sichtweisen sind gegenüberzustellen. Die des Kunden ist wichtiger als die eigene, da der Kunde über die zukünftige Zusammenarbeit mit dem Unternehmen entscheidet und seine Wahrnehmung der Marktleistungen sowie seine Bereitschaft zu einer Kooperation den Ausschlag geben. Die unternehmensinterne Sicht ist vor allem deswegen wichtig, weil sie ein „Frühwarnradar” ist, mit dessen Hilfe das Unternehmen erkennen kann, ob Wettbewerber die definierten Kundenanforderungen besser erfüllen, und ob es selbst in der Lage ist, die vom Kunden in der Zukunft gestellten Anforderungen durch Potenzialentwicklung gut zu erfüllen. Beispielsweise kann der Kunde die Absicht haben, von einer gelieferten Komponentenleistung auf eine Systemleistung zu wechseln. Das anbietende Unternehmen muss dann in der Lage sein, in dem definierten Zeitraum die geforderte Kompetenz zu besitzen respektive zu entwickeln. Das Beispiel Automobilzulieferindustrie legt hier beredtes Zeugnis ab. 6.5.4.3 Die Felder des KBI Auf der Basis der vorstehenden Ausführungen wird also bei der Berechnung des Kundenbindungsindex • zum einem unterschieden zwischen der Kundensicht und der Unternehmenssicht, um so einer unterschiedlichen Wahrnehmung Rechnung zu tragen.
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• zum anderen nach zwei Dimensionen differenziert: Die 1. Dimension ist primär vergangenheitsorientiert, die 2. Dimension ist zukunfts- und damit potenzialorientiert. Diese Differenzierung ist notwendig, da – wie ausgeführt – Kundenbindung auf Vergangenheitserfahrungen beruht und zugleich auch die zukunftsbezogenen Voraussetzungen berücksichtigen muss. Wie Abbildung 127 verdeutlicht, vergleicht der Kunde, vergangenheitsorientiert in der 1. Dimension, seine Zufriedenheit mit den Angeboten des Unternehmens mit denen der Wettbewerber. Das Unternehmen führt in dieser 1. Dimension eine Benchmarking-Analyse der Marktleistungen durch. Der Kundenbindungsindex aus Unternehmenssicht ist in dieser 1. Dimension aber bereits teilweise zukunftsorientiert, und zwar genau in dem Maße, wie es möglich ist, die Entwicklung und Ausrichtung von Wettbewerbern im Hinblick auf eine bessere Erfüllung von Kundenanforderungen abzuschätzen.
Abbildung 127: Arten und Dimensionen des Kundenbindungsindex
Set von KBIs Es liegt auf der Hand, dass die Anforderungsorientierung des Kunden, also die Bewertung der 2. Dimension durch den Kunden, sich im Zeitablauf an den zukünftigen Anforderungen des Kunden und an den Angeboten des Marktes ausrichten wird. Der Kunde wird also die Bewertung, ob seine ggf. veränderten Anforderungen gut erfüllt werden, danach vornehmen, ob die Fähigkeiten des Unternehmens besser geeignet sind als die der Wettbewerber mit ihren jeweiligen Angeboten. Von daher ist eine partielle Vermischung der 1. Dimension aus Unternehmenssicht und der 2. Dimension aus Kundensicht gegeben. Der Unterschied liegt allerdings in der Sichtweise verschiedener Bewerter.
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Die 2. Dimension des Kundenbindungsindex aus Unternehmenssicht ist die Potenzialorientierung. Sie bewertet die – faktische oder prospektive – Übereinstimmung der Leistungen und Fähigkeiten des Unternehmens mit den zukünftigen Anforderungen des Kunden. Im Folgenden wird detaillierter auf die vier Felder eingegangen, welche die Bestandteile des Kundenbindungsindex bilden. In der 1. Dimension vergleicht und bewertet der Kunde die, in der Vergangenheit vom Unternehmen, erbrachten Leistungen mit den Angeboten der Wettbewerber. Der Kunde bildet sein Zufriedenheitsurteil, indem er überprüft, inwieweit die in Anspruch genommene Marktleistung eines Unternehmens seinen Erwartungen entsprach bzw. diese übertraf. Zusätzlich fließt in das Zufriedenheitsurteil die wahrgenommene Leistung von Konkurrenzunternehmen mit ein. Denn obwohl die Leistung des Unternehmens dem Erwartungsniveau des Kunden entspricht, ist dieser nicht sehr zufrieden, wenn er weiß oder erfährt, dass andere Unternehmen ein höheres Leistungsniveau erfüllen können. Er führt also einen Benchmarking-Vergleich der Anbieter der gewünschten Marktleistung durch. Dementsprechend untersucht das Unternehmen die eigenen Leistungen und die der Wettbewerber im Rahmen einer kompetitiven Benchmarking-Analyse. Da der Wettbewerbsvergleich als Benchmarking-Analyse auch die wesentliche Basis ist, um zu erkennen, inwieweit in der Zukunft überhaupt noch ein hohes Maß an Kundenzufriedenheit erreichbar ist oder eine Migrations- bzw. Abwanderungsgefahr des Kunden besteht, ist diese Sicht gleichzeitig zukunftsorientiert. Es kann ermittelt werden, ob Wettbewerber ihr Angebot im Rahmen eines Value Marketing deutlich stärker als das eigene Unternehmen auf Kundennutzen und -vorteile ausgerichtet haben und somit ggf. Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten sind. Dieser zukunftsorientierte Wettbewerbsvergleich des eigenen Unternehmens mit seinen Hauptwettbewerbern ermöglicht, im Sinne einer Vorsteuerungsgröße und damit eines zeitlichen Vorlaufs, Probleme zu erkennen, und liefert die Chance, durch eine zukünftige Potenzialentwicklung frühzeitig darauf zu reagieren. In der 2. Dimension aus Kundensicht werden dessen zukünftige Anforderungen an die Marktleistungen und Fähigkeiten des Unternehmens als zukünftigem Lieferanten dargestellt. Daher ist es notwendig, nicht nur eine vergangenheitsorientierte Betrachtung vorzunehmen und diese auf die Zukunft zu projizieren, sondern auch mögliche zukünftige Veränderungen auf der Markt- und Abnehmerseite zu erkennen. Letzteres bedeutet, dass der Kunde seine gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen mit dem vergleicht, was das Unternehmen kann und seine Wettbewerber in der Zukunft leisten können. Mit anderen Worten führt der Kunde selbst einen Vergleich der Angebote durch. Beispielsweise kann ein Lieferant zwar eine sehr gute Marktleistung für den Kunden erbracht haben, und der Kunde war mit dieser Leistung auch sehr zufrieden. Da sich aber
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die Anforderungen seines Marktes und seiner Kunden durch den Einsatz neuer Technologien verändert haben, ist es erforderlich, sich frühzeitig darauf einzustellen und somit anzupassen. Der bisherige Lieferant, mit dem der Kunde sehr zufrieden war, ist nun nicht mehr der geeignete Lieferant in der Zukunft, weil dieser sich nicht im gleichen Maße mitentwickelt hat. Häufig ist sogar – wie in der Automobilzulieferindustrie – gefordert, dass der Lieferant sich mit einem Vorlauf in seinem Produktportfolio durch das Beherrschen fortschrittlicher Technologien z.B. für autonomes Fahren entwickelt, damit er dem Kunden signalisieren kann, dass er schon das Fähigkeitsprofil besitzt und weitgehend beherrscht, das für den Kunden in der zukünftigen Zusammenarbeit wichtig ist. Der Kunde kann dann die eigenen Kunden in höherem Maße zufrieden stellen und so auf seinen Märkten erfolgreich sein sowie damit einen Wettbewerbsvorteil aufbauen. Daraus kann abgeleitet werden, dass der 2. Kundenbindungsindex aus Unternehmenssicht sehr wichtig ist, da erst durch die darauf basierenden Schlussfolgerungen der notwendige zeitliche Vorlauf ermöglicht wird. Ansonsten werden die Kundenanforderungen formuliert, und das eigene Unternehmen ist nicht in der Lage, sie kurzfristig zu erfüllen. Daraus entstünde die Gefahr, dass der Kunde verloren geht. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und den Kunden sehr intensiv sein muss und dass beispielweise Customer Focus Teams eingerichtet werden, um frühzeitig zu erkennen, • in welche Richtung die Strategie des Kunden weist, • wie sich die Marktkräfte gestalten, denen das Unternehmen unterliegt, und • wie sich der Wettbewerb entwickeln wird. Über das Erkennen dieser Größen ist ableitbar, auf welche Art und Weise das eigene Unternehmen den Kunden unterstützen kann. Dies wird in der 2. Dimension aus Unternehmenssicht, also der zukünftigen Potenzialentwicklung und -umsetzung, untersucht. Aus den Anforderungen des Kunden (2. Dimension aus Kundensicht) und aus der Entwicklung des Wettbewerbs (1. Dimension aus Unternehmenssicht) ist ablesbar, welche zukünftigen Potenzialanforderungen an das Unternehmen gestellt werden und wie das zukünftige Leistungsprofil aussehen muss. Im Folgenden werden die soeben gewonnenen Erkenntnisse noch einmal in vier Punkten zusammengefasst: Die erste Erkenntnis besteht in einer Aussage über die Zufriedenheitsorientierung, also darüber, wie zufrieden der Kunde mit dem Unternehmen in der Vergangenheit war. Problematisch an diesem retrospektiven Wert ist der Versuch vieler Unternehmen, ihn in die Zukunft zu extrapolieren, ohne Veränderungen der Technologien und Märkte in ausreichendem Maße zu berücksichtigen. Denn hohe Zufriedenheit bedeutet nicht automatisch,
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dass der Kunde auch in Zukunft mit dem Unternehmen und seinen Leistungen zufrieden sein wird. Die Ursachen dafür können in veränderten Anforderungen des Kunden liegen. Bei der Anforderungsorientierung als zweitem Erkenntnisgegenstand wird analysiert, ob die Anforderungen aus Kundensicht vom Unternehmen in Zukunft erfüllt werden. Es wird herausgefunden, inwieweit der Kunde dem Unternehmen zutraut, diese – verändert – auch in der Zukunft zu erfüllen. Nur durch die Anforderungsorientierung können neue Erwartungen des Kunden erkannt werden und somit Klarheit über notwendige Entwicklungen erhalten werden. Aus der Kenntnis dieser Anforderungen wird im dritten Punkt die Potenzialorientierung abgeleitet. Zusätzlich wird berücksichtigt, wie und in welchem Maße Wettbewerber in der Lage sind, ein gleich hohes oder ein noch besseres Niveau zu erreichen. Als viertes Beurteilungskriterium ist also die Wettbewerbsorientierung wesentlich. Denn trotz Zufriedenheit des Kunden mit unseren Leistungen ist es möglich, dass ein Wettbewerber in entscheidenden Leistungskriterien dem Kunden inzwischen ein deutlich besseres Ergebnis liefern wird und daraus ein Abwanderungspotenzial des Kunden erwächst. Konkret bedeutet dies, dass ein anderes Unternehmen in der Lage ist, einen Kunden zunächst zu interessieren und ihm ein deutlich stimmigeres und insgesamt besseres Niveau der Leistung zu bieten. Die Potenzialorientierung ist also nichts anderes als ein Frühwarnindikator im Hinblick auf Kundenbindung, genauso wie die Kundenzufriedenheit ein Frühwarnindikator bezogen auf Umsatz- und Gewinnentwicklung in der Zukunft ist. 6.5.4.4 Vorstellung der Gaps In Abbildung 127 sind bereits die vier KBI-Gaps bzw. -Lücken eingezeichnet, die zwischen den Dimensionen (Δ2 und Δ3) sowie zwischen den Sichtweisen (Δ1 und Δ4) bestehen können. Sie sollen im Folgenden noch einmal zusammenfassend erläutert werden. Die erste Gap-Analyse (1. Lücke) bezieht sich auf die Frage, ob das Unternehmen in der Vergangenheit in der Lage war, die Anforderungen des Kunden aus dessen Sicht zu erfüllen verglichen mit der Wettbewerbsposition des Unternehmens. Die Analyse der 2. Lücke bringt zutage, wie groß die Diskrepanz beim Vertrauen des Kunden in das Unternehmen ist, insbesondere wenn es vergangenheitsbezogen Defizite in der Vertrauensbasis zwischen Kunde und Hersteller gab, die gegenwärtig fortdauern können und durch die das zukünftige Erfüllen der Kundenanforderungen ungewiss erscheint. Anhand der 3. Lücke kann man erkennen, dass das Unternehmen zwar in der Vergangenheit gut war, aber in der Zukunft die Anforderungen des Kunden nicht erfüllen wird, da das erforderliche Potenzial nicht schnell genug entwickelt werden kann. Dies sieht in den meisten Fällen das Unternehmen selbst früher als der Kunde.
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Die 4. Lücke drückt die Tatsache aus, dass der Kunde nicht mehr an das Potenzial des Unternehmens in der Zukunft glaubt, d.h. er sieht eine Diskrepanz zwischen seinen zukünftigen Anforderungen und den zukünftigen Potenzialentwicklungen des Unternehmens. Die Kundenwünsche werden vom Unternehmen demnach nicht rechtzeitig bzw. nicht richtig umgesetzt. Daraus folgt, dass ohne Potenzialentwicklung und -umsetzung auf breiter Front ein Unternehmen in sehr kurzer Zeit sehr viele seiner Kunden verlieren kann, weil es nicht mehr mit den geforderten Entwicklungen Schritt hält. Es liegt auf der Hand, dass diese Erkenntnisse von großer strategischer Bedeutung für die zukünftige Prosperität des Unternehmens sind. Typische Beispiele sind die Branchen Informationstechnologie mit Mikroelektronik/ Chipindustrie und Maschinenbau, in denen High-Tech-Produkte gefertigt werden, die zugleich eine hohe Dienstleistungs- und Servicekompetenz als Systemleistung erfordern. Konkret gehören hierzu z.B. Sensortechnologie und Robotertechnologie sowie künstliche Intelligenz. KBI-Aussagekraft Manche Unternehmen können sich an die veränderten Anforderungen nicht schnell genug anpassen und weisen damit über die vier Lücken ein erhebliches Defizit auf. Zugleich ist mit dem Versuch, alle Anforderungen der Kunden zu erfüllen, die Gefahr verbunden, dass man im Rahmen des Anpassungsprozesses Kostentreiber nicht genügend analysiert und vermeidet. Dies führt in der Konsequenz entweder zu geringerer Zufriedenheit der Kunden oder aber zu hoher Zufriedenheit bei sehr hohen Kosten. Der Kunde bliebe dann durch solch eine undifferenzierte Vorgehensweise bei der Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen – nämlich unabhängig von der Kosten- und Zufriedenheitswirkung einzelner Kriterien – zwar erhalten, aber die Erträge des Unternehmens steigen nicht bzw. sinken sogar. Die Kosten der Kundenbindung übersteigen damit häufig den Zugewinn an Erträgen durch den gebundenen Kunden. Die Unterscheidung in Kosten- und Zufriedenheitstreiber wird an späterer Stelle noch einmal angesprochen, wenn es um das Ableiten konkreter Verbesserungsmaßnahmen geht. 6.5.4.5 Analyse und Schlussfolgerungen aus dem KBI Die folgende Formel für die Berechnung des Kundenbindungsindex ist eine Funktion der vier vorgestellten Dimensionen Zufriedenheit (Z), Anforderungen (A), Wettbewerber (W) und Potenzial (P) (siehe auch Abbildung 126 und Abbildung 127). K B I = f (Z, A, W, P) Die Wettbewerberorientierung bezogen auf die Vergangenheit und insbesondere bezogen auf zukünftige Anforderungen und Potenziale schlägt dabei stärker durch als die Zufriedenheit, die aus einem direkten vergangenheitsbezogenen Vergleich resultiert.
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Im Folgenden wird – aus Vereinfachungsgründen – auf die KBI-Ermittlung aus der Ausprägung und der Bedeutung eines Kriteriums nicht mehr detailliert eingegangen. Sie ist Grundlage eines computergestützten Rechenmodells. Im Vordergrund stehen die Analysen und Schlussfolgerungen, die sich aus den einzelnen Kundenbindungsindizes und ihrem Vergleich ziehen lassen. Da es sich hierbei um dimensionslose Bewertungsziffern handelt, ist ein aussagefähiger Vergleich unterschiedlicher Kriterienkataloge in den KBI´s möglich. Dies wird an einfachen Zahlenbeispielen in Abbildung 128 nachstehend verdeutlicht. In Abbildung 128 sind die vier Ansatzpunkte für die Ermittlung des Kundenbindungsindex dargestellt. Die Differenzierung des Kundenbindungsindex aus Kunden- und Unternehmenssicht kann in beiden Dimensionen durch ein ausgefeiltes Befragungs- und Analyseinstrumentarium mit hoher Aussagefähigkeit und zum Herausfiltern von Ansatzpunkten für Verbesserungsmaßnahmen ermittelt werden. Der zufriedenheitsorientierte Index basiert unmittelbar auf dem Customer Satisfaction Index, und zwar sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die Wichtigkeit der Kriterien.
Abbildung 128: Analyse der Kundenbindungsindizes
Die Dimensionen „Zufriedenheit” und „Wettbewerbsvergleich” werden auf der Ordinate abgetragen. Sie haben aus Kundensicht die Zufriedenheit und aus Unternehmenssicht den Wettbewerbsvergleich zum Gegenstand. Die Dimensionen „Anforderungen” und „Potenziale” auf der Abszisse beziehen sich aus Kundensicht auf die Anforderungen in der Zukunft und aus Unternehmenssicht auf die Potenziale in der Zukunft. Im Idealfall sind die Bewertungen jeweils aus Kunden- und Unternehmenssicht deckungsgleich. In diesem
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Fall würde keine Lücke und damit kein Gap vorliegen. Dann wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Kundenbindungswirkung in Höhe des vom Kunden formulierten Ausprägungsgrades gegeben. In der Realität, insbesondere bei den jetzt wirkenden disruptiven Technologien und der dabei insgesamt erforderlichen digitalen Transformation, werden in einer kritischen Sicht durch das Unternehmen jedoch eher Lücken auftreten, die im Sinne der genannten Frühwarnindikatoren Verbesserungsmaßnahmen zur Folge haben müssen. Im Beispiel der Abbildung 128 ist auf der ersten Dimension die Zufriedenheit der Kunden mit 90 als Indexwert höher als die vom Unternehmen eingeschätzte Position im Vergleich zu den Wettbewerbern mit dem Indexwert 80. Dies definiert die Lücke Δ1. Entsprechend ist auf der zweiten Dimension beispielhaft angenommen, dass die Anforderungen aus Kundensicht in der Zukunft mit 75 zufriedenstellend erfüllt werden. Die eigene Einschätzung des aktivierbaren respektive in Zukunft aktivierten Potenzials – in der Regel aufgrund erforderlicher Weiterentwicklungen – wird nur mit 60 bewertet. Damit liegt eine Lücke von 15 vor, die der Lücke Δ4 entspricht. Zusätzlich ist so eine Veränderung der Kundenbindung der Gegenwart in die Zukunft ermittelbar. Aus Kundensicht wird dies durch die Lücke Δ2 gekennzeichnet in Höhe des Indexwertes von 15 (90 – 75). Aus Unternehmenssicht macht die Lücke Δ3 20 aus (80 – 60). Die mögliche Schlussfolgerung heißt also: Gegenwärtig wird das vom Kunden geforderte Niveau relativ gut erreicht. In der Zukunft ist die Lücke allerdings bereits größer. Die kritische Einschätzung der eigenen Leistung in Höhe von gegenwärtig 80 ist allerdings bereits ein Indikator für die erwartete zukünftige Unterdeckung der Kundenanforderungen. Die Lücke Δ2 (15) zeigt also das Gefährdungspotenzial aus Kundensicht. Ergänzt durch die Lücke Δ4 (ebenfalls 15) wird das konkrete Abwanderungsrisiko aus Unternehmenssicht markiert. Durch die hier vorgenommene Normierung auf 101 lassen sich die Indexwerte auch als Prozentwerte formulieren. Eine derartige Situation ist typischerweise gegeben, wenn es zu einem Übergang auf ein anderes gefordertes Leistungsprofil des Unternehmens durch den Kunden kommt, wie es gegenwärtig bei disruptiven Technologien und der erforderlichen digitalen Transformation der Fall ist. Wenn dieses Leistungsprofil für das Unternehmen leicht erfüllbar ist, tauchen keine Probleme auf, denn in diesem Falle gibt es auch keine gravierenden Veränderungen, die zu erkennen und zu erfüllen sind. Wenn es jedoch zu einer Veränderung des Anforderungsprofils, z.B. durch Technologiesprünge oder eine neu geforderte Systemleistung, kommt, wird auch die Kundenzufriedenheit in Zukunft anders bewertet werden, da der Kunde nun andere Anforderungen respektive Kriterien anlegt. Dies bedeutet, dass das Konstrukt Kundenzufriedenheit mit anderen Leistungsmerkmalen und anderen Ereignissen auszudrücken ist und sich beschreiben lässt bzw. die Dimensionen mit veränderter Wichtigkeit in das Zufriedenheitsurteil eingehen. Dies macht deutlich, wie wichtig hier ein frühzeitiges Erkennen der veränderten Anforderungen auch im Vergleich zu
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Wettbewerbern ist, um mit einem ausreichenden zeitlichen Vorlauf die Potenziale aufzubauen und zu aktivieren sowie um damit – bei einer relativ hohen Zufriedenheit des Kunden in der Vergangenheit – ein abruptes Absinken der Kundenbindung zu verhindern. In gleicher Weise tritt dieses Phänomen auf, wenn Branchen über bisherige Technologiegrenzen hinaus und deren konkrete Anwendungen in neuen Marktleistungen zusammenwachsen oder Merger-Prozesse verstärkt auftreten und es zu erhöhten Akquisitionen kommt, so dass sich die Markt- und damit auch die Wettbewerbskonstellation zum Vorteil für den Kunden verändert. Es liegt auf der Hand, dass das Schließen der zukunftsorientierten Lücken mindestens genauso wichtig ist wie die gegenwartsbezogene Reduzierung der Lücke durch gezielte Verbesserungen im Kontakt mit dem Kunden. Dabei ist die Erfahrung von heute oftmals nur noch zum Teil die Grundlage für die Erfahrung von morgen. Die gegenwartsbezogene Lücke ist dann besonders wichtig, wenn – im Sinne des operativen Kundenbindungsindex – die Lücke so groß ist, dass der Kunde bereits eine Abwanderung zum Wettbewerber erwägt. Ist dies nicht gegeben, und die Kundenloyalität ist groß genug, dann werden sich Verbesserungsmaßnahmen auf die frühzeitige Potenzialentwicklung konzentrieren. Hierbei kommt es nicht nur darauf an, das Potenzial des Unternehmens so zu aktivieren und die Leistung so zu verbessern (im Beispiel Indexwert 60), dass das vom Kunden definierte Niveau (Indexwert 75) erreicht wird. Vielmehr muss das Augenmerk darauf gelegt werden, möglichst das bisher realisierte Zufriedenheitsniveau für den Kunden auch in Zukunft abzusichern, also den Indexwert 90 Zufriedenheit auch in der Zukunft anzustreben und zu erreichen. Denn die Bewertung der zukünftigen Leistungsfähigkeit des Unternehmens durch den Kunden, also das Erfüllen der Kundenanforderungen auf einem Niveau von Indexwert 75 zeigt bereits, dass der Kunde dem Unternehmen nicht mehr zutraut, und damit ein Absinken in Höhe der Lücke Δ2 (15) gegeben ist. Bei einer tiefergehenden Analyse sind dies in der Regel eindeutige Zeichen, dass die Kundenloyalität hierdurch beeinträchtigt wird, und eine Kundenabwanderung in Zukunft eher wahrscheinlich wird. Wie aus diesem einfachen Beispiel ersichtlich ist, haben alle vier definierten Lücken, also Δ1 bis Δ4, eine spezifische Aussagefähigkeit, um so nicht nur die Position in der Gegenwart respektive Vergangenheit und in der Zukunft zu ermitteln, sondern um auch aufzuzeigen, in welchem Maße ein Absinken vermieden werden muss bzw. eine Verbesserung unbedingt erforderlich ist. Ob und in welchem Maße die Verbesserungsmaßnahmen gewirkt haben, lässt sich im Rahmen einer periodischen Messung der Kundenzufriedenheit, also bei einem kontinuierlichen Customer Satisfaction Measurement, am Ende der folgenden Periode durch den CSI ermitteln.
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Wissen und Umsetzung
Reicht das Wissen über Kundenzufriedenheit und Kundenbindung aus und gelingt die Umsetzung in die Praxis erfolgreich? – Chancen und Risiken in der Status-Bewertung – Abschließend wird die Frage noch einmal aufgegriffen, ob die bekannten Modelle und Praxisanwendungen zur Messung der Kundenzufriedenheit im Kontext mit Kundenerwartungen, Beschwerdemanagement und Kundenbindung die Anforderungen wissenschaftlicher sowie praxisorientierter Art erfüllen. Hierzu sind in diesem Fachbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Basis Detailausführungen gemacht worden. An dieser Stelle werden lediglich noch einmal einige Punkte aus umfassender Sicht als Fazit angesprochen. Heute stellt sich eigentlich nicht mehr die Frage, ob Kundenorientierung wichtig ist und deshalb Kundenzufriedenheit ermittelt werden soll. Im Zentrum des Interesses steht, wie Kundenzufriedenheit aussagefähig gemessen und in Richtung hoher Kundenbindung gesteigert werden kann. Über eine konsequente Prozesssteuerung wird der Kunde mit seinen Anforderungen und seiner Zufriedenheit zum zentralen Erfolgsfaktor. Für diese Prozesssteuerung benötigen wir eher einen noch stärkeren Kundenfokus und eine Einbeziehung aller wesentlichen Zielgruppen als Stakeholder des Unternehmens. Zusätzlich wird die strategische Ausrichtung der Organisation dabei einen höheren Stellenwert besitzen. Vor dem Hintergrund der Anforderungen an Kundenzufriedenheit und Kundenbindung werden in Zukunft ein aussagefähiges Wissens-Management und ein leistungsfähiges Risiko-Management eine noch größere Bedeutung für eine erfolgreiche und vorausschauende Steuerung des Unternehmens bekommen. Aus diesem Grund haben in Unternehmen vieler Branchen die Messung von Kundenanforderungen und Kundenzufriedenheit mit einem aussagefähigeren Instrumentarium eingesetzt. Insgesamt ist in diesem Bereich die Notwendigkeit für eine stärkere Professionalisierung der Messung und Verbesserung der Kundenzufriedenheit auf der Unternehmensebene unverkennbar. Dieses Vorhaben wird auf Dauer nur eine hohe Beteiligung erfahren, wenn die Kunden auf der Basis der bereitwillig gegebenen Informationen im Zeitablauf Verbesserungen im Geschäftskontakt und den Abläufen mit ihren Lieferanten und Händlern konkret spüren können. Denn im Vordergrund steht nicht das Messen, sondern das Besserwerden des Unternehmens. Erst dies ermöglicht den Weg zu Business Excellence.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5_7
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Kapitel 7: Wissen und Umsetzung
Drei Fragen stehen dabei im Vordergrund: • Wie wesentlich sind die einzelnen Anforderungen für den Kunden? Zu messen ist deshalb nicht nur die konkrete Kundenzufriedenheit, sondern in einem agilen und sich stark veränderndem Umfeld vor allem auch die Wichtigkeit der einzelnen Anforderungen, die der Kunde an den Lieferanten stellt. Dies verhindert die Inflation von wünschenswerten Verbesserungsaktivitäten mit der eindeutigen Gefahr einer hochgradigen Aktionismusfalle. Über die Ermittlung des Customer Satisfaction Index (CSI) kann hingegen eindeutig danach differenziert werden, bei welchen Kriterien der Kunde das größte Defizit und damit den stärksten Verbesserungsbedarf sieht. Dies ermöglicht – wenige und gezielte – Maßnahmen mit großer Hebelwirkung. • Bei welchen Kunden wollen wir vor allem besser werden? Selbstverständlich gilt das Ziel, Verbesserungen für alle Kunden zu erreichen. Aber nur bei einem Teil der Kunden rechnet sich oftmals ein Verbesserungsprogramm auch für das eigene Unternehmen. Mit anderen Worten geht es darum, auf der Basis einer klaren Segmentierung zunächst einmal den Kundenwert bei einzelnen Zielgruppen zu ermitteln, um dann über die durchschnittlich erwirtschafteten Deckungsbeiträge auch das vertretbare Budget für Zufriedenheitssteigerungs- und Kundenbindungsmaßnahmen errechnen zu können. Im Ergebnis wird also der Wertsteigerung für den Kunden die Wertsteigerung für das eigene Unternehmen als Kundenkapitalwert gegenübergestellt. Dies vermeidet Kostenfallen im Interesse einer gängigen Philosophie der Kundenorientierung. • Sind wir sicher, dass wir den Kunden auch in Zukunft binden können? Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Diese Sicherheit gibt es nie. Es gibt aber eine Reihe von Maßnahmen, die das Niveau und die Wahrscheinlichkeit der Kundenbindung steigern. Der zentrale Ansatzpunkt hierzu besteht darin, frühzeitig und regelmäßig die zukünftigen Anforderungen zumindest der wichtigen A-Kunden uneingeschränkt und vorbehaltlos zu analysieren und möglichst vollständig zu erfüllen. Hierdurch werden möglichst frühzeitig die eigenen Marktleistungen in dem Maße verbessert, wie sich auch die eigenen Kunden mit ihren Markt- und Wettbewerbsaktivitäten weiterentwickeln. Dies vermeidet eindeutig die Zufriedenheitsfalle, und zwar in der Weise, dass sich ein Unternehmen auf der hohen Zufriedenheit seiner Kunden in der Vergangenheit „ausruht“, ohne zu erkennen, dass es für diese Unternehmen nicht mehr der richtige Partner in der Zukunft ist. Als Fazit bleibt festzuhalten: Auch und gerade die Messung und Steigerung der Kundenzufriedenheit in der Unternehmenspraxis will gelernt sein. Nur die Unternehmen, die mit einem relativ einfachen, aussagefähigen und dennoch kostengünstigen Instrumentarium arbeiten, werden einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung des Kundenwertes und des Unternehmenswertes erreichen können.
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30:
Veränderte Anforderungen an das Unternehmen und seine Mitarbeiter durch neue Technologien der Digitalisierung und Ambidextrie .......... 1 Bausteine eines ganzheitlichen CRM .................................................. 9 Entwicklungsstufen des CRM............................................................ 10 Servicequalität der Anlageberatung von Banken (vgl. FINANZTEST 2016, S.32 ff.) ....................................................... 13 Lange Mängelliste (vgl. FINANZTEST 2000, S. 16) ............................ 14 Beispiele für eine kundenorientierte Philosophie............................... 18 Mission, Vision und Werte der Ford Motor Company ...................... 19 Dimensionen des Kundenwertes ........................................................ 22 Typologie des Kundenwertes ............................................................. 23 Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit (BERGER ET AL. 1993, S. 26) .............................................................. 24 Vom klassischen zum erweiterten Marketingansatz .......................... 25 Vom Beeinflussungsmarketing zum wertorientierten Beziehungsmarketing (vgl. TÖPFER/ MANN 2008, S. 42) .................. 26 Die erweiterte Sicht: Value Marketing .............................................. 28 Das Denken in vier Prozessstufen ...................................................... 29 Ausgewählte strategische Allianzen .................................................. 30 Bestandteile und Wirkungsmechanismen der Customer Centricity ... 36 „Marken-Lieblinge“ (2020) ............................................................... 38 Marketing-Pentagon als Basis und Umsetzung der Positionierung ... 39 Der Kundenbeziehungs-Lebenszyklus (vgl. STAUSS/SEIDEL 2014, S. 6) ........................................................ 42 Zwei Modelle des Supply Chain Management .................................. 47 Social Media-Plattformen der westlichen Welt (vgl. Decker 2019, S. 181) ................................................................. 51 Social Media-Nutzung weltweit (vgl. Statista 2019a) ....................... 51 Social Media-Nutzung nach Unternehmenszweig im Jahr 2017 (vgl. Statista 2018a) ........................................................................... 54 Umsatz mit Social Media-Werbung in Deutschland (vgl. Statista 2018b) ........................................................................... 54 10 Bausteine einer Customer Driven Company – Vernetzung der Inhalte und Anforderungen.................................... 66 Kundenorientierte Unternehmensstrategie ......................................... 71 Wechsel zwischen qualitativen und quantitativen Erfolgskriterien ... 73 Nur eine starke Differenzierung im Produktnutzen beeinflusst das Kundeninteresse ................................................................................. 74 Strategische Ziele der Markt- und Produktpositionierung ................. 75 Stimmigkeit von definiertem Qualitätsniveau und gelieferter Qualität ............................................................................. 77
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 31: Fünf Schritte des Benchmarking ....................................................... 87 Abbildung 32: Branchenübergreifender Benchmarking-Prozess zwischen BM-Geber und BM-Nehmer ............................................................. 89 Abbildung 33: Kosten der Fehlerbeseitigung – 1:10:100-Regel ............................... 90 Abbildung 34: Die Zufriedenheitsfalle ...................................................................... 93 Abbildung 35: RITZ-CARLTON Zielsetzung .......................................................... 94 Abbildung 36: Wie der Wettbewerb das Kundenzufriedenheits-KundenbindungsVerhältnis beeinflusst ........................................................................ 94 Abbildung 37: Modell des European Customer Satisfaction Index (ECSI) (vgl. Bruhn 2008, S. 460) .................................................................. 95 Abbildung 38: Von den „Burgen” zu den „Flüssen” ................................................. 97 Abbildung 39: Ebenen von Geschäftsprozessen ........................................................ 97 Abbildung 40: Portfolio des Kunden-Lieferanten-Leistungsprozesses ..................... 98 Abbildung 41: Beispiele für den Zusammenhang von Werttreibern, Erfolgsfaktoren und Wertgeneratoren ............................................. 100 Abbildung 42: Entwicklungsstufen der Kunden-Center – von der Telefonzentrale zum Customer Interaction Center .......... 101 Abbildung 43: Test von Call-Centern...................................................................... 102 Abbildung 44: Methode der kritischen Ereignisse................................................... 103 Abbildung 45: Der Kunde als König? ..................................................................... 103 Abbildung 46: Detailziele der Kommunikation mit dem Kunden ........................... 105 Abbildung 47: Vier-Komponenten-Modell bei einer Kundenbeschwerde – aus Sicht des Kunden und der Mitarbeiter .................................... 110 Abbildung 48: Verbesserungsbedarf im Beschwerdemanagement (vgl. O.V. 2001, S. 44) ..................................................................... 113 Abbildung 49: Zwei Dimensionen des Beschwerdemanagement-Systems ............. 117 Abbildung 50: Bewertungsfaktoren von Servicequalität aus Kundensicht (vgl. ZEITHAML/PARASURAMAN/BERRY 1992, S. 44) ..................... 118 Abbildung 51: Komponenten zur Ermittlung der Kundenbindung.......................... 123 Abbildung 52: Folgen von unzureichender Qualität bei fehlendem Beschwerdemanagement ................................................................. 125 Abbildung 53: Steuerungsebenen des Prozessmodells ............................................ 127 Abbildung 54: Modell zur Analyse, Bewertung und Steuerung von Beschwerden ................................................................................... 128 Abbildung 55: Stufen der Kommunikation mit dem Kunden .................................. 129 Abbildung 56: Aufgabenverteilung und Akteure im Beschwerdemanagement....... 131 Abbildung 57: Beispiel für ein Beschwerdemanagement-System in der Unternehmenspraxis ........................................................................ 133 Abbildung 58: Werttreiber und Erfolgsfaktoren im Beschwerdeprozess ................ 137 Abbildung 59: Kundenbeschwerde als Problem ...................................................... 138 Abbildung 60: Beschwerdemanagement als Verbesserungsprozess........................ 140 Abbildung 61: Acht Phasen einer hohen Kundenorientierung im Beschwerdemanagement ................................................................. 141
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 62: Abbildung 63: Abbildung 64: Abbildung 65: Abbildung 66: Abbildung 67: Abbildung 68: Abbildung 69: Abbildung 70: Abbildung 71: Abbildung 72: Abbildung 73: Abbildung 74: Abbildung 75: Abbildung 76: Abbildung 77: Abbildung 78: Abbildung 79: Abbildung 80: Abbildung 81: Abbildung 82: Abbildung 83: Abbildung 84: Abbildung 85: Abbildung 86: Abbildung 87: Abbildung 88: Abbildung 89: Abbildung 90: Abbildung 91: Abbildung 92: Abbildung 93: Abbildung 94: Abbildung 95: Abbildung 96: Abbildung 97: Abbildung 98: Abbildung 99:
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Anforderungen an Mitarbeiter und Führungskräfte ......................... 144 Die Umkehrung und Uminterpretation des Unternehmens .............. 145 Inhaltlich ganzheitliche Optimierung auf allen Ebenen ................... 146 Interne und externe Servicequalität.................................................. 147 Wesentliche Unternehmensziele für Business Excellence ............... 149 Inhalte von Vorstandssitzungen ....................................................... 150 Philosophie der SCHOTT GLASWERKE....................................... 151 Stufen der Wirkungskette ................................................................ 154 Entstehung von Zufriedenheit als Confirmation oder Disconformation .............................................................................. 155 Stadien der Kunden(un)zufriedenheit .............................................. 156 Spektrum der Kundenzufriedenheit ................................................. 158 ABC-Analyse der Kundenanforderungen/-erwartungen .................. 160 Beziehung zwischen Marktforschung und Customer Satisfaction Measurement (CSM)........................................................................ 162 Inhalte und Ergebnisse von Kundenzufriedenheitsanalysen ............ 164 Umsetzungsprobleme der Servicequalität ........................................ 166 Die Verfahren zur Messung der Kundenzufriedenheit..................... 168 Augenblicke der Wahrheit im Kundenkontakt ................................ 169 Beispiel für ein Pareto-Diagramm ................................................... 172 Kundeneinschätzungen .................................................................... 175 Beispiel für die Codierung der Antwortkategorien .......................... 179 Beziehungen zwischen Zufriedenheit und Wichtigkeit.................... 180 Berechnung des Kundenzufriedenheitsindex (auf der Grundlage der Kundenanforderung/-gewichtung) .............. 182 Berechnung des Kundenzufriedenheitsindex (auf der Grundlage der Unternehmensstrategie) .............................. 183 Portfolio zur Ableitung des Handlungsbedarfs ................................ 185 Customer Satisfaction Index-Werte im Zeitablauf........................... 185 Vier Messansätze der Kundenzufriedenheit..................................... 186 Zielgruppenspezifische Kundenzufriedenheit .................................. 187 Messsystem für Kundenzufriedenheit (in Anlehnung an HOMBURG/WERNER 1996, S. 98) ........................ 188 Klassische Erhebungsansätze für die Servicequalität ...................... 191 Wirkprinzip von Service-Qualität in Echtzeit (SQE)® ..................... 194 Cockpit im Service-Qualität in Echtzeit (SQE)®-System ................ 200 10 Schritte zur Messung der Kundenzufriedenheit .......................... 203 Beispiel für Ziele des CSM .............................................................. 204 Beispiel eines Projektzeitplans......................................................... 206 Kriterienkataloge für CSM .............................................................. 208 Beispiel für eine Kundengruppen-Fragen-Matrix ............................ 209 Relevante Auswahlverfahren ........................................................... 213 Ablaufschema zur Ermittlung der Stichprobengröße ....................... 214
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Abbildung 100: Abbildung 101: Abbildung 102: Abbildung 103: Abbildung 104: Abbildung 105: Abbildung 106: Abbildung 107: Abbildung 108: Abbildung 109: Abbildung 110: Abbildung 111: Abbildung 112: Abbildung 113: Abbildung 114: Abbildung 115: Abbildung 116: Abbildung 117: Abbildung 118: Abbildung 119: Abbildung 120: Abbildung 121: Abbildung 122: Abbildung 123: Abbildung 124: Abbildung 125: Abbildung 126: Abbildung 127: Abbildung 128:
Abbildungsverzeichnis
Auswahl der Kundengruppen .......................................................... 215 Beispiel für Stichprobengrößenermittlung (I).................................. 216 Beispiel für Stichprobengrößenermittlung (II) ................................ 217 Beispiel für Stichprobengrößenermittlung (III) ............................... 218 Befragungsinhalte einer Kundenzufriedenheitsanalyse ................... 219 Kombination der Befragungsinstrumente ........................................ 222 Beispiel: Gesamtauswertung aller Befragten (n=100), Zusammenfassende Auswertung „Negative Multiplikatoren” ........ 224 Hierarchie der Erkenntnisse............................................................. 226 Portfolio zum Ableiten des Handlungsbedarfs ................................ 226 Der Prozess der CSI-Berechnung und der Konsequenzen ............... 227 Konsequenzen aus einem CSM ....................................................... 229 Portfolio der CRM-Maßnahmen ...................................................... 230 CSI-Werte im Zeitablauf ................................................................. 233 10 typische Probleme und Stolpersteine beim CSM........................ 234 Der Buying-Cycle als Orientierungsrahmen für Kundenbindung ... 239 Drei Bausteine für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung........ 241 Verschiedene Arten einer Kundenbindung ...................................... 244 Bessere Einflussmöglichkeiten auf Kundenbindung bei direkter Distribution ...................................................................................... 250 Zufriedenheitsgarantie bei LANDS’ END (Bsp.)............................ 259 Akquisitions- und Bindungsorientierte Kommunikation ................. 261 Bewertung von ausgewählten Kommunikationsinstrumenten zur Kundenbindung ............................................................................... 262 Kundensegmentorientiertes Serviceangebot .................................... 269 Umsetzungsfallen als Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Kundenbindung ............................................................................... 275 Exemplarischer Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit, Kundenloyalität und Kundenbindung .............................................. 282 Messgrößen für Veränderungen und Höhe der Kundenbindung ..... 283 Prozessschema Kundenzufriedenheit – Beschwerdemanagement – Kundenbindung ............................................................................... 286 Erweitertes Instrumentarium für Verbesserungsmaßnahmen .......... 289 Arten und Dimensionen des Kundenbindungsindex........................ 291 Analyse der Kundenbindungsindizes .............................................. 296
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Stichwortverzeichnis A ABC-Analyse ...................22, 124, 159, 206 ALDI SÜD ............................................ 247 Alleinstellungsmerkmal ........................ 242 Austrittsbarriere............................. 237, 265 B Bedienungsanleitung ..................... 261, 262 Befragung .............................. 176, 209, 212 Befragungsinstrumente.................. 195, 222 Befragungsmethode....................... 176, 209 Benchmarking ................................... 66, 86 Beobachtung.......................................... 170 Beschwerdeanalyse ............................... 171 Beschwerdemanagement ............... 100, 109 Bestandssicherungsmaßnahmen ............ 230 Big Data .......................................... 43, 104 Blueprinting .......................................... 169 Business Excellence ................ 68, 148, 299 Buying-Cycle ........................................ 238 C Call-Center ............................ 197, 198, 199 Controlling .................................... 163, 232 Corona-Pandemie .................................. 252 Critical Incident Technique ................... 170 CSM-Teams .......................................... 205 Customer Centricity ................................ 43 Customer Driven Company ..... 65, 143, 151 Customer Insights.................... 44, 167, 220 Customer Integration ............................. 143 Customer Journey.............................. 43, 44 Customer Satisfaction Index ..... 95, 163, 175, 178, 296 Customer Satisfaction Measurement ............. 161, 241 D Dachmarken-Konzept............................ 248 Digitalisierung ... 43, 68, 104, 198, 242, 254, 262, 283 Direct-Mail ............................................ 262 Dissonanzreduktion ............................... 253 Distribution ................................... 249, 251 Distributionssysteme ............................. 249 E Eindimensionale Verfahren ................... 173
Einstellungsorientierter Ansatz .............. 173 E-Mail-Newsletter ................................. 263 Empowerment................................ 146, 276 Ereignisorientierte Messverfahren ............................... 168, 177 Erfolgsfaktoren ........................ 67, 137, 238 Erfolgssteigerungspartner ........................ 67 F Fragebögen ............................................ 264 Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme .......................................... 171 G GAP-Modell .......................................... 165 H Homepage .............................................. 263 I Immunisierungsmechanismus ................ 235 Implizite Verfahren................................ 173 Informationstechnische Defizite ............ 272 Inselsyndrom ......................................... 242 Instrumentelles Marketing ..................... 239 K Kaskadenprinzip .................................... 228 Kaufentscheidung .............. 44, 73, 154, 257 Kognitive Dissonanz.............................. 260 Kommunikationsorchester ..................... 267 Kommunikationspolitik ......................... 260 Kontinuierliche Verbesserung ............... 147 Kostenführerschaft................................... 75 Kundenanforderungen .... 7, 27, 69, 70, 142, 153, 184, 297, 300 Kundenbindung ........ 7, 12, 24, 70, 91, 109, 123, 140, 148, 154, 230, 237 Kundenbindungsindex ........................... 285 Berechnung ...................................... 287 Felder ............................................... 290 operativ............................................. 285 strategisch ......................................... 285 Vorbetrachtungen ............................. 282 Kundenbindungsmarketing .................... 238 Kundenbindungsquotient ....................... 283 Kundenclub-Konzepte ........................... 265 kundenorientierte Organisation.. 66, 99, 143 Kundenorientierung ............................. 6, 65
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5
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Kundenwert ......................... 7, 20, 124, 300 Kundenzeitschrift................................... 262 Kundenzufriedenheit......... 2, 25, 67, 69, 70, 91, 153, 161, 166, 197, 203, 237 L Line of Visibility ................................... 169 M Mailingaktionen ............................. 264, 280 Marketing-Datenbank .................... 242, 266 Marketing-Mix......................... 38, 163, 240 Marketing-Pentagon .................. 35, 38, 239 Marktforschung ............................... 66, 161 Mehrdimensionale Verfahren ................ 173 Merkmalsorientierte Messverfahren ..... 172, 177 Messung der Kundenbindung ........ 281, 287 Mitarbeiterorientierung .................... 70, 242 Mitarbeiterzufriedenheit .................... 66, 70 Nachkaufphase................. 27, 168, 260, 279 N Nachkauf-Phase ..................................... 241 Net Promoter Score.................. 37, 193, 244 Netzwerke ................................................ 68 No-frills ................................................. 268 Null-Fehler-Philosophie........................... 89 O Onlineforum..................................... 14, 263 Optimale Stichprobengröße ................... 213 Organisatorische Defizite ...................... 272 Outpacing-Strategie ................................. 75 P Persönliche Betreuung ................... 104, 264 Plus-Services ................................. 243, 268 Preisführerschaft ...................................... 75 Pre-Test.................................................. 209 Produktentwicklung ....................... 205, 245 Produktprogrammentwicklung .............. 245 Produktvermarktung .............................. 249 Prozessorientierung.................... 66, 95, 142 Q Qualitätsführerschaft................................ 75 R Reliabilität .................................... XVI, 167 Retrodistribution .................................... 252
Stichwortverzeichnis
S Sequentielle Ereignismethode ............... 170 Servicebaukasten ................................... 268 Service-Kosten-Falle ..................... 268, 278 Servicequalität in Echtzeit (SQE)®........ 189 Silo-Effekt ............................................... 96 Six Sigma .............................................. 141 Null-Fehler-Qualität........................... 66 Social Media ................................... 49, 266 Sofortmaßnahmen ................................. 230 Soft facts ....................................5, 256, 258 Spam ..................................................... 263 Stichprobe ............................................. 217 Stichprobengröße .................................. 212 Stichprobenziehung ............................... 215 Stolpersteine .......................................... 234 Strategische Defizite ............................. 270 Stützende Hände ................................... 145 T Technologieführerschaft ......................... 75 Trading-down ........................................ 246 Trading-up............................................. 246 Trichtermodell....................................... 225 U UCVP ...................................................... 71 Umsetzungsfallen .................................. 270 Umsetzungsprobleme ............................ 234 Unique Selling Proposition ............... 26, 70 V Validität ...................................... XVII, 166 Variety Seeking ............................. 237, 281 Verbesserungsmaßnahmen ....... 24, 87, 111, 136, 166, 185, 228, 289 Vernetzung ...........................48, 65, 70, 140 Vorkauf-Phase ....................................... 241 W Win-Win-Situation ................................ 244 Z Zufriedenheitsfalle ...................92, 182, 300 Zufriedenheitsorientierter Ansatz .......... 173
Der Autor Univ.-Prof. Dr. Armin Töpfer leitet die Forschungsgruppe Marktorientierte Unternehmensführung (FGMU) an der Technischen Universität Dresden. Die TU Dresden ist eine der 11 Exzellenz-Universitäten in Deutschland. Die FGMU ging aus dem entsprechenden Lehrstuhl hervor. Prof. Töpfer leitet außerdem die Forschungsgruppe Management + Marketing in Kassel. Er ist Alleingesellschafter der M+M Consulting GmbH in Kassel und der M+M Six Sigma Akademie in Kassel. Zusätzlich ist er Gastprofessor und Dozent an der Dresden International University (DIU) in den Bereichen Health Care Management, Marketing und Service sowie Logistik-Management. Er führt mit seinem Mitarbeiter-Stab Trainings-Kurse auf Deutsch und Englisch durch. Zusätzlich unterstützt er als korrespondierender Dozent einen Masterstudiengang an der TU Kaiserslautern. Vorher war er an der Universität Freiburg und Leiter des Fachbereichs Organisation und Personalwesen der E.A.P. Europäische Wirtschaftshochschule Düsseldorf, später Berlin, mit Hauptsitz in Paris und weiteren Standorten in Oxford und Madrid. Danach leitete er den Schwerpunkt Management an der Universität Kassel. Einen Ruf an die Universität Twente, Holland, auf einen Lehrstuhl für Strategisches Marketing hat er abgelehnt und den Ruf an die Technische Universität Dresden auf den Lehrstuhl für Marktorientierte Unternehmensführung angenommen. Er lehrt und forscht auf den Gebieten Management und Marketing mit den Schwerpunkten Kundenzufriedenheit/Kundenbindung, Dienstleistungsmarketing, Strategisches Marketing und Technologiemarketing, Marktforschung, Digitalisierungs-Strategien/Digitale Transformation, Business Excellence, Geschäftsprozess-Optimierung/Six Sigma, Benchmarking, Wertorientierte Unternehmensführung/Balanced Score Card, Internationales Management, Human-Ressourcen-Management sowie Mergers & Acquisitions. Auf diesen Gebieten arbeitet er mit großen und mittelständischen Unternehmen zusammen. Außerdem erstreckt sich seine Forschung auch auf Health Care Management und speziell Klinik-Management. Hier arbeitet er mit mittelgroßen Kliniken und Klinik-Konzernen sowie mit Universitäts-Kliniken zusammen. Von 1994 bis 1996 war er Mitglied der International Policy Group beim Aufsichtsratsvorsitzenden der Airbus Industrie zur Restrukturierung des Unternehmens. Des Weiteren begleitete er z.B. wissenschaftlich die Restrukturierung des Daimler-Benz Konzerns. 1998 und 1999 analysierte er das Krisenmanagement der Mercedes-Benz A-Klasse und führte ein Benchmarking von 10 weiteren weltweiten Krisenfällen durch. Von 1999 bis 2002 erarbeitete er eine wissenschaftlich-praxisorientierte Analyse der Post Merger Integration von DaimlerChrysler. Für den R+V-Versicherungs-Konzern entwickelte er im Zeitraum von 2002 bis 2007 eine umfassende Marketing-Konzeption sowie das gesamte entsprechende Marketing-Instrumentarium und begleitete den Einsatz in der Unternehmenspraxis.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Töpfer, Strategische Positionierung und Kundenzufriedenheit, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32019-5
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Der Autor
Er ist Co-Herausgeber der Schriftenreihe „Forum Marketing“. Neben seiner Vortrags-, Trainings- und Beratungstätigkeit in der Wirtschaft, dem Gesundheitswesen und der öffentlichen Verwaltung ist er Mitglied in verschiedenen Beiräten und einer Jury für Excellence. Zusätzlich ist er Mitglied in Beiräten von Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Außerdem koordiniert er an der TU Dresden im Auftrag des Rektors die Kooperationsintensivierung der TU Dresden mit der Deutschen Bahn AG in verschiedenen Projekten.
www.tu-dresden.de/bu/wirtschaft/fgmu www.m-plus-m.de