Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen. Für den Praktiker zum Handgebrauche [Reprint 2020 ed.] 9783112356746, 9783112356739

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Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen. Für den Praktiker zum Handgebrauche [Reprint 2020 ed.]
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Strafrecht und

Strafverfahren Eine Sammlung der wichtigsten

Ersetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen

Für den Praktiker zum Handgebrauche

begründet von

Dr. Dalcke weiland Generalstaatsanwalt, Geh. Ober-Iustizrat

Dreißigste ergänzte Auslage besorgt von

Dr. E. Fuhrmann Lmdgtrickrsdirektor in Berlin

Dr. K. Krug

Oberstaatsanwalt im Reichs­ justizministerium

Dr. K. Schäfer

OberlandeSaerichtsrat im Reicks­ justizministerium

München und Berlin 1938 I. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier)

Printed in Germany.

Aus -em Vorwort Ml ersten Auflage. Auf den Wunsch des Verlegers, welcher den mit der Handhabung des Strafrechts betrauten Richtern und Anwälten bei dem Eintritt in die neue Ära der Strasrechtspslege ein praktisches Handbuch darbieten wollte, habe ich mich der Herausgabe eines solchen unterzogen, und

es sind für die Bearbeitung desselben folgende Gesichtspunkte maß­ gebend gewesen: Ohne daß es in meiner Absicht liegen konnte, mit den größeren selbständigen Kommentaren über das Strafgesetzbuch und über die

Strafprozeßordnung in Konkurrenz zu treten, oder eine vollständige Sammlung der noch neben dem Strafgesetzbuche . . . geltenden Strafgesetze zu liefern, so sollte doch so viel Material geboten werden,

um in der weitaus größten Mehrzahl der Fälle die Zurhandnahme noch anderer Bücher entbehrlich zu machen. Aber der Wunsch, recht viel zu geben, miujte seine natürliche Einschränkung in der Rücksicht finden, daß dem Buche nicht durch einen zu großen Um­ fang die handliche Form geraubt werden dürfe, welche für ein Vademecum des Kriminalisten, wie es hier geschaffen werden sollte, ganz unerläßlich schien. Marienwerder, im Mai 1879. Ä* Delikt*

Vorwort Mr neunund^wanstgsten Auflage. Wie bekannt, liegt der Entwurf eines neuen Strafgesetzbuchs zur Zeit dem Reichskabinett zur Beschlußfassung vor. Die Verfasser haben sich, nachdem die 28. Auslage seit geraumer Zeit vergriffen ist, die Frage vorgelegt, ob es unter diesen Umständen angezeigt sei, eine neue Bearbeitung des „Dalcke" herauszubringen. Sie haben diese Frage nach reiflicher Überlegung bejaht. Denn einmal wird Zwischen der Verkündung des neuen Strafgesetzbuchs und seinem

Aus -em Vorwort Ml ersten Auflage. Auf den Wunsch des Verlegers, welcher den mit der Handhabung des Strafrechts betrauten Richtern und Anwälten bei dem Eintritt in die neue Ära der Strasrechtspslege ein praktisches Handbuch darbieten wollte, habe ich mich der Herausgabe eines solchen unterzogen, und

es sind für die Bearbeitung desselben folgende Gesichtspunkte maß­ gebend gewesen: Ohne daß es in meiner Absicht liegen konnte, mit den größeren selbständigen Kommentaren über das Strafgesetzbuch und über die

Strafprozeßordnung in Konkurrenz zu treten, oder eine vollständige Sammlung der noch neben dem Strafgesetzbuche . . . geltenden Strafgesetze zu liefern, so sollte doch so viel Material geboten werden,

um in der weitaus größten Mehrzahl der Fälle die Zurhandnahme noch anderer Bücher entbehrlich zu machen. Aber der Wunsch, recht viel zu geben, miujte seine natürliche Einschränkung in der Rücksicht finden, daß dem Buche nicht durch einen zu großen Um­ fang die handliche Form geraubt werden dürfe, welche für ein Vademecum des Kriminalisten, wie es hier geschaffen werden sollte, ganz unerläßlich schien. Marienwerder, im Mai 1879. Ä* Delikt*

Vorwort Mr neunund^wanstgsten Auflage. Wie bekannt, liegt der Entwurf eines neuen Strafgesetzbuchs zur Zeit dem Reichskabinett zur Beschlußfassung vor. Die Verfasser haben sich, nachdem die 28. Auslage seit geraumer Zeit vergriffen ist, die Frage vorgelegt, ob es unter diesen Umständen angezeigt sei, eine neue Bearbeitung des „Dalcke" herauszubringen. Sie haben diese Frage nach reiflicher Überlegung bejaht. Denn einmal wird Zwischen der Verkündung des neuen Strafgesetzbuchs und seinem

IV

Vorwort zur neunundzwanzigsten Auflage.

Inkrafttreten voraussichtlich eine geraume Zeitspanne liegen. Zum anderen aber wird nach dem derzeitigen Stand der Erneuerungs­ arbeiten auch das künftige Strafrecht an dem Grundsatz festhalten, daß sich die Strafbarkeit des Täters nach dem zur Zeit der Tat gelten­ den Recht bemißt. Deshalb wird auch noch nach dem Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuchs das jetzt geltende für die unter seiner Herrschaft begangenen Straftaten — also unter Umständen noch auf Jahre hinaus — seine Bedeutung behalten. Dies rechtfertigt es, trotz des hoffentlich nahe bevorstehenden Abschlusses der Reform­ arbeiten der Praxis eine Bearbeitung des StGB, vorzulegen, die dem neuesten Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung entspricht. Die Verfasser glauben, ein prak­ tisches Bedürfnis für eine solche Neubearbeitung insbesondere auch deshalb bejahen zu können, weil sonstige umfangreichere Neu­ bearbeitungen des StGB., die die neueste Rechtsprechung in dem für die tägliche praktische Handhabung erforderlichen Ausmaße möglichst erschöpfend verwerten und — im Rahmen des vor­ liegenden Werkes — auch die Ergebnisse des Schrifttums aus jüngster Zeit berücksichtigen, nicht vorliegen. Eines solchen Werkes, das ihr eine Übersicht auf dem neuesten Stand der Tinge gibt, bedarf aber die Praxis besonders in einer Zeit, in der, sei es auf Grund des neuen § 2, sei es auf Grund einer veränderten Auslegung, die den neuen Rechtsanschauungen oder den gewandelten tatsächlichen Verhältnissen Rechnung trägt, frühere Ergebnisse der Rechtsprechung in erheblichem Umfang ihre Bedeutung verloren haben. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Verfasser auch darauf bedacht gewesen, nach Möglichkeit die jeweils letzte Fundstelle anzuführen, wenn frühere Entscheidungen in neuester Zeit, sei es auch nur nebenbei, inhaltlich aufrechterhalten worden sind, damit der Rechtswahrer sich vergewissern kann, ob und inwieweit die Rechtsprechung an dieser oder jener Auslegung heute noch festhält.

Abgesehen von der Neubearbeitung der Erläuterungen des StGB., die in gleichem Umfang bei den übrigen Gesetzen durchgesührt worden ist, weist die neue Auslage auch hinsichtlich der strafrechtlichen und strafverfahrensrechtlichen Nebengesetze eine weitgehende Um­ gestaltung auf. Zunächst ist die große Zahl der seit dem Erscheinen der letztenAuflage neu erlassenen Nebengesetze, unter denen die Straßenverkehrsordnung, die Straßenverkehrszulassungsordnung, das Gesetz gegen Schwarzsender, das Gesetz gegen Wirtschaftssabotage, die VO. über die Vereinnehmung gerichtlich erkannter Geldstrafen, das Gesetz über die Geschäftsverteilung bei den Gerichten, das neue Personenstandsgesetz hervorgehoben seien, neu ausgenommen worden.

Vorwort zur neunundzwanzigsten Auflage.

V

Darüber hinaus sind auch eine Reihe wichtigerNebengesetze aus älterer oder neuerer Zeit —auch sie mit Erläuterungen — eingefügt worden, so z. B. das Jmpfgesetz, das Weingesetz, das Milchgesetz, das Luftverkehrsgesetz, das Gesetz zur Beförderung von Personen zu Lande, das Güterfernverkehrsgesetz, das Vereinszollgesetz, die ZugabeVO. usw. Schließlich sind, um die Handhabung zu erleichtern, diese Neben­ gesetze er st malig in vollem Umfang systematisch gruppiert worden. Zu diesem Zwecke sind eine Reihe von Gesetzen, die bis­ her (ganz oder im Auszug) in Anmerkungen zu Vorschriften des StGB, oder anderer Gesetze wiedergegeben waren, aus dieser Ver­ bindung gelöst und jeweils — soweit nötig, mit Anmerkungen ver­ sehen — im Zusammenhang abgedruckt worden. So hoffen die Verfasser, daß das Werk in der neuen Zu­ sammenstellung, die zugleich die Gliederung für die späteren Auflagen nach Erlaß des neuen Strafgesetzbuches gibt, noch mehr als der erste Herausgeber bei der ersten Auflage beabsichtigte, ein Vademecum für den strafrechtlichen Praktiker sein wird, das ihm für alle Be­ dürfnisse Rat und Unterrichtung gibt.

Es haben bearbeitet: Landgerichtsdirektor Dr. Fuhrmann

die Abschnitte B III8 und 9, V 5, 8, 9, VII1—3, IX 8, 9; CI, II; Dl, 2, 5—7„ E5-7. Oberstaatsanwalt Dr. Krug

die Abschnitte B 11—6, 8—12, II 5, 6, III1—3, 12, IV 1, 2, 6—14, VI1, 6—7, VIII, IX 1-7, X; E 1—4.

Oberlandesgcrichtsrat Dr. Schäfer

die Abschnitte ^1-5; B I 7, II1—4, 7, III 4—7, IV 3 bis 5, V 1—4, 6, 7, VI 2—5, 8; D 3, 4, 8. Berlin, Neujahr 1938.

Vorwort Mr dreißigsten Auflage. Tie 29. Auflage war in kurzer Zeit vergriffen. Ta die Nach­ frage nach dem Werk anhält, andererseits aber der seit dem Er­ scheinen der Neuauflage verstrichene kurze Zeitraum eine völlige Neubearbeitung nicht lohnt, sind die Erläuterungen im allgemeinen unverändert geblieben. Tagegen sind die inzwischen eingetretenen gesetzgeberischen Änderungen berücksichtigt worden, insbesondere sind das neue Wasfengesetz vom 18. März 1938 an Stelle der bisher geltenden waffenrechtlichen Borschriften und die Verordnungen gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe und über die Anmeldung des Vermögens von Juden ausgenommen worden. Tic neue Auflage entspricht im allgemeinen dem Stand der Gesetz­ gebung von Mitte April 1938; spätere Änderungen sind insoweit berücksichtigt worden, als dies drucktechnisch möglich war.

Fuhrmann.

ürug.

Schäfer.

Übersicht des Inhalts. Seite

Programm der NSDAP.....................................................................

1

A. Strafgesetzbuch. 1. Sinführungsgeseh zum Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870

5

2. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871

8

Gesetz über das Reichslagswahlrecht vom 7. März 1936 — § 2 Gesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 — §48 Beiordnung des Reichspräsidenten über Verstärkung des Ehrenschutzes vom 8. Dezember 1931.....................................

89 158 17?

3. Verordnung über Vermögensstrafen und Bußen vom 6. Fe­

bruar 1924 ........................................................................................

381

4. Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maß­ regeln zur Sicherung und Besserung vom 24. November 1933

381

5. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen vom 3. September 1936..........................................

383

v. Strafrechtliche Rebengesetze. I. Politische Gesetze. 1. Gesetz zum Schuhe des

deutschen Blutes und der

deutschen Ehre vom 15. September 1935

.................

385

Erste Ausführungsverordnung vom 14. November 1935

388

2. Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935 ....

393

Erste Durchführungsverordnung vom 14. November 1935 ....................................................................................

3. Reichsflaggengesetz vom 15. September 1935.

...

393

395

Erste Durchführungsverordnung vom 24. Oktober 1935

396

Zweite Durchführungsverordnung vom 28. August 1937

397

4. Gesetz gegen 14. Juli 1933

die Neubildung

von

Parteien vom

...................................................................

398

5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und

Partei und zum Schutze der Parteiuniformen vom

20. Dezember 1934 ...........................................................

399

Erste Durchführungsverordnung vom 15. Februar 1935

410

Zweite Durchführungsverordnung vom 22. Februar

1935

...................................................................................

Dritte Durchführungsverordnung vom 16. März 1935

404 410

vin

Übersicht des Inhalts.

Seite 6. Gesetz zum Schutze von Bezeichnungen der National­ sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei vom 7. April

1937

....................................................................................

414

7. Gesetz zum Schutze der nationalen Symbole vom 19. Mai 1933

...................................................................

414

8. Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. Dezember 1932

....

415

9. Verordnung zum Schutze des Deutschen Volkes vom

4. Februar 1933 ...............................................................

416

10. Verordnung zum Schutze von Volk und Staat vom

28. Februar 1933...............................................................

11. Gesetz

zur

Abwehr

4. April 1933

politischer

Gewalttaten

424

vom

...................................................................

428

12. Gesetz zur Gewährleistung des Rechtsfriedens vom 13. Oktober 1933 ...............................................................

429

13. Verordnung gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebettiebe vom 22. April 1938

. .

430

14. Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 ..................................

430a

II. Schutz von Rasse und Erbgut. 1. Personenstandsgeseh vom 3. November 1937.

2. Ehegesundheitsgesetz vom 18. Oktober 1935

.

430

....

431

.

.

3. Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni ....................................................................................

432

Vierte Ausführungsverordnung vom 18. Juli 1935

432

1935

4. Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922

in der Fassung des Gesetzes vom 24. November 1933

433

5. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom ...........................................................

435

6. Jmpfgesetz vom 3. April 1874 ......................................

18. Februar 1927

441

7. Arzt- und Apothekerrecht: 1. Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 . .

444

2. Reichstierärzteordnung vom 3. April 1936 ...

446

3. Reichsapothekerordnung vom 18. April 1937

446

■ .

III. Schutz der öffentlichen Ordnung. 1. Bereinsgesetz vom 19. April 1908

............................

447

2. Schriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 ....................

450

3. Gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874

................

454

Gesetz betr. die Stimmzettel für öffentliche Wahlen vom 12. März 1884 ....................................................

456

4. Gesetz über die Feiertage vom 27. Februar 1934 . .

472

IX

Übersicht des Inhalts

Seite Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage

vom 16. März 1934 in der Fassung vom 1. April 1935

472

Preuß. Polizeiverordnung über den Schutz der kirch­ lichen Feiertage vom 19. Mai 1934 in der Fassung

vom 24. Juli 1935 ...........................................................

5. Gesetz über Titel,

Orden

475

und Ehrenzeichen vom

1. Juli 1937 .......................................................................

477

6. Luftschuhgesetz vom 26. Juni 1935 ..............................

479

Erste Durchführungsverordnung vom 4. Mai 1937 .

480

7. Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 . .

481

8. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefähr­ lichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884

9. Waffengesetz vom 18. März 1938

484

.............................

492

10. Tierschutzgesetz vom 24. November 1933.....................

506

IV. Handels- und Gewerberecht. 1. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juni 1869 in der Fassung vom 26. Juli 1900 .................

512

Zündwarenmonopolgesetz vom 29. Januar 1930 . . Preuß. Gesetz über das Hebammenwesen vom 20. Juli 1922 .......................................................................................

521 529

2. Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai

1933, geändert durch die Gesetze vom 15. Juli 1933,

27. Juni, 13. Dezember 1934 und vom 9. Mai 1935

625

3. Aktiengesetz vom 30. Januar 1937 ..............................

627

4. Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschräntter Haftung

vom 20. April 1892 in der Fassung vom 26. Mai 1933

628

5. Gesetz bett, die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen­ schaften vom 1. Mai 1889 in der Fassung vom 20. Mai 1898

....................................................................................

629

6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909

....................................................................................

7. Regelung des Zugabewesens.

629

Notverordnung zum

Schutz der Wirtschaft vom 9. März 1932. Erster Teil,

Art. I. Geändert durch Gesetz über das Zugabewesen

vom 12. Mai 1933 ...........................................................

653

8. Gasistättengesetz vom 28. April 1930 .........................

656

9. Gesetz über den Verkauf von Waren aus Automaten

vom 6. Juli 1934

...........................................................

675

Erste Ausführungsverordnung vom 14. August 1934

675

Zweite Ausführungsverordnung vom 22. August 1936

675

10. Maß- und Gewichtsgesetz vom 13. Dezember 1935

677

11. Patentgesetz vom 5. Mai 1936......................................

685

Übersicht des Inhalts.

X

Seite

12. Warenzeichengeseh vom 5. Mai 1936 .........................

688

13. Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen, Edelsteinen

und Perlen vom 29. Juni 1926 ..................................

707

14. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen vom 23. Juli 1926 ...................................................................

709

V. Wirtschaftsrecht. 1. Gesetz über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934

714

2. Bankgesetz vom 30. August 1924

715

.................................

3. Börsengesetz vom 22. Juni 1896 in der Fassung vom

8./27. Mai 1908...................................................................

715

4. Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wert­ papieren vom 4. Februar 1937 ......................................

716

5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung vom 4. Februar

1935 ........................................................................................

728

Durch führungsverordnung vom 4. Februar 1935

. .

747

6. Gesetz gegen Wirtschaftssabotage vom 1. Dezember 1936

750

7. Gesetz über Mieterschutz und Mieteinigungsämter vom

17. Februar 1928

...............................................................

751

8. Konkursordnung vom 10. Februar 1877 in der Fassung des Gesetzes vom 17. Mai 1898......................................

753

Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen vom 1. Juni 1909 .....................................................................

757

9. Vergleichsordnung vom 26. Februar 1935

.................

766

VI. Arbeits- und Sozialrecht. 1. Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Ja­ nuar 1934

...........................................................................

766

2. Reichsversicherungsordnung in der Fassung vom 15. De­

zember 1924

.......................................................................

767

3. Reichsknappschaftsgesetz in der Fassung vom 1. Juli 1926

769

4. Angestelltenversicherungsgesetz

in

der

Fassung

vom

28. Mai 1924 .......................................................................

770

5. Gesetz über Arbeitslosenvermitllung und Arbeitslosen­ versicherung in der Fassung vom 12. Oktober 1929

6. Arbeitszeitordnung vom 26. Juli 1934 .........................

770

770

7. Gesetz betr. die Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben

vom 30. März 1903, geändert durch Gesetz vom 31. Juli 1925 ........................................................................................

790

8. 1. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Ein­

führung eines Arbeitsbuchs vom 26. Februar 1935 und 16. Mai 1935 .........................................................................

799

Übersicht des Inhalts. VII.

XI Seite

Steuerrecht. 1. Reichsabgabenordnung (Vorschriften über Strafrecht und Strafverfahren) vom 13. Dezember 1919 in der

Fassung der Verordnung vom 22. Mai 1931 ....

800

Steueranpassungsgesetz vom 16. Oktober 1934 — § 6

803

2. Vereinszollgesetz in der Fassung vom -9-3?nu-^— 1931

23. Dezember und vom 18. März 1933 (Strafbestimmungen) . . .

838

3. Verordnung des Reichspräsidenten gegen den Steuer-

streik vom 15. September 1923

856

VIII. Lebensmittelrecht. 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Be­ darfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) vom 5. Juli 1927

in der Fassung vom 17. Januar 1936 .........................

857

2. Wcingesetz vom 25. Juli 1930

......................................

875

3. Milchgesetz vom 31. Juli 1930

......................................

882

IX. Berlehrsrecht. 1. Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 und 21. Juli 1923 ......................................

889

2. Verordnung über das Verhalten im Sttaßenverkehr

(Reichs-Sttaßenverkehrs-Ordnung) vom 13. November 1937 ........................................................................................

896

3. Verordnung über die Zulassung von Personen und

Fahrzeugen

zum

Sttaßenverkehr (Straßenverkehrs-

Zulassungs-Ordnung) vom 13. November 1937 . . .

929

4. Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 in der Fassung vom 6. Dezember 1937 .........................................................................................

941

Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 13. No­ vember 1937 ................................................................

944

5. Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen

vom 26. Juni 1935 ...........................................................

6. Luftverkehrsgesetz vom

945

21.August 1936 ......................

948

7. Fernmelde- und Fernsendewesen..................................

951

1. Gesetz über die Fernmeldeanlagen vom 3. Dezember 1927 in der Fassung vom 14. Januar 1928. ...

951

2. Gesetz gegen Schwarzsender vom 24. November 1937

958

8. Verordnung des Reichspräsidenten gegen unbefugten

Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vom 20. Oktober 1932 ...............................................................

961

Übersicht des Inhalts.

XII

Seite

9. Gesetz betr. die Bestrafung der Entziehung elektrischer

Arbeit vom 9. April 1900 ..............................................

963

X. Jagd- und Naturschutzrecht. 1. Reichsjagdgesetz vom 3. Juli 1934..................................

964

.

964

Erste Aussührungsv erordnung vom 27. März 1935

Zweite Ausführungsverordnung vom 5. Februar 1937

2. Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935

.................

964

1012

3. Verordnung zum Schutze der wildwachsenden Pflanzen und der nichtjagdbaren wildlebenden Tiere (Natur­

schutzverordnung) vom 18. März 1936 .........................

1023

C. Strafverfahrensrecht. I. Gerichtsverfassung. 1. Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. März 1924 . . .

1039

Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung vom 14. Juni 1932 — § 1, Kap. 1, Teil 1, Art. I . . . .

1046

Gesetz betr. Gerichtsverhandlungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit vom 5. April 1888 — Art. II u. III . .

1078

Verordnung zur Ergänzung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 4. Mai 1936 ...............................................................

1089

2. Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24. April 1934 .........................

1085

3. Gesetz über den Volksgerichtshof vom 18. April 1936

1089

Durchführungsverordnung vom 18. 2lpril 1936 ....

1090

4. Verordnung der Reichsregierung über die Bildung von

Sondergerichten vom 21. März 1933..................................

1092

5. Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsver­ fassung vom 20. März 1935..................................................

1096

6. Gesetz über die Geschäftsverteilung bei den Gerichten vom

24. November 1937

...............................................................

1102

II. Strasversahrensordnung. 1. Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung vom 1. Fe­

bruar 1877 ...............................................................................

1104

2. Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877 in der Fassung

der Bekanntmachung vom 22. März 1924

.....................

1105

Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung vom 14. Juni 1932: Art. 5 Kap. I....................................................1167 § 2 Teil I Kap. I Art. I .............................. 1242

XIII

Übersicht des Inhalts.

Seite § 1 Kap. I Art. 2......................................... 1255 Teil I Kap. I Art. 10..................................... 1292 Teil I Kap. I Art. 7 1310 Teil I Kap. I Art. 9......................................1341 Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 6. Oktober 1931: § 2, 3 Teil 6 Kap. I..................................... 1170 § 5 Teil 6 Kap. I......................................... 1199 § 7 Teil 6 Kap. I......................................... 1293 3. Jugendgerichtsgesetz vom 16. Februar 1923 .....................

1333

4. Gesetz über die Vereidigung durch die Parteigerichte vom

30. September 1936 ...............................................................

1350

5. Gesetz über die Vernehmung von Angehörigen der Na­

tionalsozialistischen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen vom 1. Dezember 1936 ...........................................................

1351

6. Bekanntmachung der Neufassung der Militärstrafgerichts­ ordnung und des Einführungsgesetzss zu ihr vom 29. Sep­

tember 1936................................................................................

1354

7. Auszug aus der Militärstrafgerichtsordnung vom 29. Sep­

tember 1936.......................................................................

. .

1359

D. StrasverfahrenSrechttiche Rebengesetze. 1. Gesetz betr. die Entschädigung der im Wiederaufnahmever­

fahren freigesprochenen Personen vom 20. Mai 1898 . . .

1372

2. Gesetz betr. die Entschädigung für unschuldig erlittene Unter­ suchungshaft vom 14. Juli 1904..................................................

3. Strafvollstreckungsordnung vom 7. Dezember 1935

....

1376 1381

4. Verordnung des Reichsministers der Justiz über das Verfahren in Gnadensachen (Gnadenvrdnung) vom 6. Februar 1935

1414

5. Gesetz über beschränkte Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Strafvermerken vom 9. April 1920 ....

1440

6. Strafregisterverordnung vom 8. März 1926 in der Fassung

vom 17. Februar 1934 ...................................................................

1445

7. Deutsches Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929 . . .

1455

Verordnung über die Durchlieferung vom 6. März 1930 1466 8. Gesetz über Neichsverweisungen vom 23. März 1934 ....

1471

E. Anhang: Preußische Gesetze. 1. Gesetz betr. den Forstdiebstahl vom 15. Wril 1878 .................

1474

2. Feld- und Forstpolizeigesetz vom 1. April 1880 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1926 und des Gesetzes

vom 29. März 1933 ........................................................................

1487

3. Fischereigesetz vorn 11. Mai 1916.................................................. 1514

XIV

Übersicht des Inhalts. — Erklärung der Abkürzungen.

4. Gesetz über die Schulpflicht in Preußen vom 15. Dezember 1927

1524

5. Ausführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz vom 24. April 1878

................................................................................

1527

6. Bestimmungen der Preußischen Schiedsmannsordnung über

die Sühneverhandlung vom 29. März 1879 in der Fassung 3.Dezember 1924..........................................

1532

7. Polizeiverwaltungsgesetz vom1. Juni 1931................................

1536

des Gesetzes vom

Sachregister..............................................................................1561

Nachtrag................................................................................ xvn 1. VO. über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich.

Vom 20. Juni 1938

XVII

2. BO. zur Durchführung der VO. über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande

Österreich.

Vom 20. Juni 1938

..............................................

XIX

Erklärung der Abkürzungen. A. AG. ALR. A. M. AOG. AB. BayObLG.

Angeklagter. Ausführungsgesetz. Allgem. Landrecht. Anderer Meinung. Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit. Allgem. Verfügung. Erkenntnis des früheren Bayerischen Obersten Landesgerichts. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BGBl. — Bundesgesetzblatt. DAutoR. — Deutsches Autorecht. DIZ. — Deutsche Juristenzeirung. DJ. oder DJust. — Deutsche Justiz, Rechtspflege u. Rechtspolitik. Amtl. Blatt der deutschen Rechtspflege. Heraus­ gegeben von dem Reichsminister der Justiz. D. Rechtspflege — Organ des deutschen Rechtsdienstes. DStrafr. — Deutsches Strafrecht, Strasrechtswissenschastliches Er­ gänzungsblatt der „Deutschen Justiz". Fortsetzung von GA. DRdK. = Das Recht des Kraftfahrers. DRZ. — Deutsche Richterzeitung (bis 1935). DStZ. — Deutsche Straftechtszeitung. E. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. EZ. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. = — = — — ----—

XIV

Übersicht des Inhalts. — Erklärung der Abkürzungen.

4. Gesetz über die Schulpflicht in Preußen vom 15. Dezember 1927

1524

5. Ausführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz vom 24. April 1878

................................................................................

1527

6. Bestimmungen der Preußischen Schiedsmannsordnung über

die Sühneverhandlung vom 29. März 1879 in der Fassung 3.Dezember 1924..........................................

1532

7. Polizeiverwaltungsgesetz vom1. Juni 1931................................

1536

des Gesetzes vom

Sachregister..............................................................................1561

Nachtrag................................................................................ xvn 1. VO. über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich.

Vom 20. Juni 1938

XVII

2. BO. zur Durchführung der VO. über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande

Österreich.

Vom 20. Juni 1938

..............................................

XIX

Erklärung der Abkürzungen. A. AG. ALR. A. M. AOG. AB. BayObLG.

Angeklagter. Ausführungsgesetz. Allgem. Landrecht. Anderer Meinung. Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit. Allgem. Verfügung. Erkenntnis des früheren Bayerischen Obersten Landesgerichts. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BGBl. — Bundesgesetzblatt. DAutoR. — Deutsches Autorecht. DIZ. — Deutsche Juristenzeirung. DJ. oder DJust. — Deutsche Justiz, Rechtspflege u. Rechtspolitik. Amtl. Blatt der deutschen Rechtspflege. Heraus­ gegeben von dem Reichsminister der Justiz. D. Rechtspflege — Organ des deutschen Rechtsdienstes. DStrafr. — Deutsches Strafrecht, Strasrechtswissenschastliches Er­ gänzungsblatt der „Deutschen Justiz". Fortsetzung von GA. DRdK. = Das Recht des Kraftfahrers. DRZ. — Deutsche Richterzeitung (bis 1935). DStZ. — Deutsche Straftechtszeitung. E. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. EZ. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. = — = — — ----—

Erklärung der Abkürzungen.

XV

FFPG. — Feld- und Forstpoltzeigesetz. Feisenberger — Strafprozeßordnung 1926. Frank — Strafgesetzbuch von R. Frank. 18. Aust., 1931. Frank Nachtrag --- Die Strafgesetzgebung der Jahre 1931—1935, bearb. von E. Schäfer und H. von Dohnanyi, 1936. GA. --- Goltdammers Archiv für Strafrecht. GerS. — Der Gerichtssaal. GKG. — Gerichtskostengesetz. GS. — Preuß. Gesetzsammlung. GStA. ----- Generalstaatsanwall. GVG. — Gerichtsverfassungsgesetz. GewArch. ---- Gewerbearchiv. HöchstRR. = Höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Gebiete deS Straftechts. HRR. ----- Höchstrichterliche Rechtsprechung. Vereinigte EntscheiduugS-Sammlung, Beilage zur Juristischen Rundschau, seit 1. Oktober 1935 Ergänzungsblatt zur „Deutschen Justiz" und zur Amtlichen Samm­ lung der Reichsgerichtseutscheidungeu. JMBl. — Preuß Justizministerialblatt. Johow ----- Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts, herausg. von Johow und Ring. JFGErg. ---- Ergänzung zum vorstehenden Jahrbuch. JGG. --- Jugeudgertchtsgesetz. JurR. — Juristische Rum)schau. IW. oder JurW. — Juristische Wochenschrift. KG. ---- Kammergericht. KGBl. --- Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammer­ gerichts. Kohlrausch = K. StGB. 33. Ausl. 1932. Krug-Schäfer-Stolzenburg = Strafrechtl. Verwaltungsvorschristen des RIM., 1936. Nachttag 1937. LK. ---- Das Reichsstrafgesetzbuch, erläutert von Ebermayer, Lobe, Rosenberg. (Leipziger Kommentar.) 4. Aufl. 1929; Allg. Teil erläutert von Lobe, 5. Aufl. 1933. Löwe ---- Strafprozeßordnung von Löwe, herausg. von Rosen­ berg. 19. Aufl. herauSg. von Gündel, Hartung, Lingemaun, Niethammer, mit Nachtrag 1935 u. Löwe Erg. ----- Eraänzgsband 1936. LBG. — Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung. LZ. ---- Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht. MBliV. — Ministerialblatt für die (preuß.) innere Verwaltung. Mittetlungsvers. ---- Mitteilungen in Strafsachen. AB. des RdJ. v. 21. Mai 35 (Illa 18 355, 35). Müller — Die Preußische Justizverwaltung von H. Müller, 6. Aufl. Olshausen = Strafgesetzbuch von Olshausen. 11. Aufl. Heraus­ gegeben von Lorenz, Freiesleben, Niethammer, Kirchner und Gutjahr. Olshausen Nachtrag --- Ergänzungsband zur 11. Aufl. deS Komm, von Olshausen, bearb. von Freiesleben, Kirchner, Niethammer, 1936.

XVI

Erklärung der Abkürzungen.

Oppenhoff, Rechtsprechung des preuß. Obertrib. Oberstaatsanwalt. Preuß. Ober-Verwaltungsgericht. Preußische Justiz. Rechtspflege und Recht-politik (Nr. 40—46 des Jahrgangs 95 deS Justizministerialblatts. Von 9Lr. 47 ab „Deutsche Justiz" siehe darunter. R. — Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strass., herausg. von den Mitgliedern der Reich-anwaltschaft. RA. --- Rechtsanwalt. RAbgO. = ReichSabgabenordnnng. Recht = DaS Recht (Zeitschrift), seit 1935 Monatsbeilage der DJustiz. Steger, Entsch. — Entscheidungen der Gerichte u. Verwaltungsbehörden auS dem Gebiete der inneren Verwaltung. Begr. v. Sieger, herauSg. von R. Oescheg. RFBl. = Amtsblatt der ReichSfiuanzverwaltuug. RFH. — Reichsfinanzhof. Rg. — Reichsgericht. RGBl. --- Reichsgesetzblatt. Richtlinien — R. für das Strafverfahren, amtl. Sonderveröffentlichuna der Deutschen Justiz Nr. 7. RIM. ----- Reichsjustizminister. RMBliV. — Ministerialblatt deS Reichs- und Preuß. MinisteriumdeS Innern. RMdJ. — Reichsminister des Innern. RMG. --- Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts. RV. = Rundversügung. RVBl. — Reichsverwaltungsblatt. RVKBl. — Reichsverkehrsblatt. RVM. ----- Reichsverkehrsminister. RZBl. = Reichszollblatt. StA. — Staatsanwalt bzw. Staatsanwaltschaft. Stenglein --- Stenglein, Kommentar zu den strafrechtlichen Neben­ gesetzen. 6. Ausl. StGB. — Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. StPO. — Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich. StraftVerwVorschr. — Strafrechtliche Verwaltungsvorschrtsten, her­ ausgegeben von Krug, Schäfer, Stolzenburg. Verkr. Abh. — Verkchrsrechtliche Abhandlungen u. Entscheidungen. VGH. = Volksgerichtshof. VMB1. ----- Ministerialblatt für die innere Verwaltung. VO. — Verordnung. Zentralbl. — Zentralblatt für das Deutsche Reich. ZfZR. ---- Zeitschrift für Zollwesen u. Reichssteuern. ZPO. — Zivilprozeßordnung. ZStW. — Zeitschrift für die gesamte Strasrechtswissenschast. OR. OStA. OVG. Pr. Justiz

— — = —

Nachtrag. 1. Verordnung über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich. Vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640). Aus Grund des Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs

mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938 (RGBl. I S. 237) wird folgendes verordnet: § 1. Für das Land Österreich gelten a) die §§ 80 bis 93a, 102 und 143a des Reichsstrafgesetzbuchs, b) die §§ 49a und 139 des Reichsstrafgesetzbuchs, soweit sie sich auf Hochverrat oder Wehrmittelbeschädigung, der § 139 über­ dies, soweit er sich auf Landesverrat bezieht. § 2. Für Taten, die nach den angeführten Vorschriften strafbar sind, gelten die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Reichs­ strafgesetzbuchs und, wenn einer der Täter oder Teilnehmer ein Jugendlicher ist, die Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Deut­ schen Jugendgerichtsgesetzes. Sie finden auch Anwendung, wenn die Tat zugleich den Tatbestand eines anderen Strafgesetzes erfüllt. § 3. (1) Zur Aburteilung der im § 1 bezeichneten Verbrechen und Vergehen ist der Volksgerichtshof zuständig, soweit nicht die Militärgerichtsbarkeit begründet ist. (2) Bei Taten, die nach §§ 82, 83, 85, 90b bis 90 c oder 92 a bis 92f des Reichsstrafgesetzbuchs strafbar sind, kann der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof die Strafverfolgung an den Oberstaats­ anwalt bei dem Gerichtshof zweiter Instanz in Wien abgeben. Das­ selbe gilt in den Fällen des § 49a und des § 139 des Reichsstrafgesetz­ buchs, soweit sie sich auf Hochverrat, Landesverrat oder Wehrmittelbeschädigung beziehen. (3) In den int Abs. 2 bezeichneten Strafsachen kann der Volks­ gerichtshof die Verhandlung und Entscheidung dem Gerichtshof zweiter Instanz in Wien überweisen, wenn es der Oberreichsanwalt bei der Einreichung der Anklageschrift beantragt. (4) Der Oberreichsanwalt kann die Abgabe und den Antrag bis zur Eröffnung der Untersuchung zurücknehmen. § 4. In Strafsachen wegen der im § 1 bezeichneten Verbrechen und Vergehen gilt für die Untersuchung und Entscheidung, soweit nichts anders bestimmt ist, das reichsrechtliche Verfahrensrecht.

XVIII

Nachtrag.

§ 5. In Strafsachen, die zur Zuständigkeit des Volksgerichtshofs gehören, sind die Sicherheitsbehörden, Staatsanwälte und Straf­ gerichte im Lande Österreich verpflichtet, bei Gefahr im Verzüge nach den für sie geltenden Verfahrensgesetzen alle Handlungen vor­ zunehmen, die zur Aufklärung des Sachverhaltes, zur Festhaltung des Beschuldigten oder zur Sicherung von Gegenständen dienen können, die zur Begehung einer der im § 1 bezeichneten Handlungen gebraucht oder bestimmt sind. Von dem Veranlaßten haben sie unverzüglich den Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof in Kenntnis zu setzen; die weitere Verfügung steht dem Oberreichsanwalt zu. § 6. Fällt dem Beschuldigten außer einem Verbrechen oder Vergehen, das zur Zuständigkeit des Volksgerichtshofs gehört, noch eine andere selbständige Straftat zur Last, so hat sich das Verfahren vor dem Volksgerichtshof oder dem Gerichtshof zweiter -Instanz in Wien auf die zu ihrer Zuständigkeit gehörenden strafbaren Handlungen zu beschränken. § 7. (1) Erachtet ein Gericht im Lande Österreich, daß die der Anklage zugrunde liegenden Tatsachen an sich oder in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung hervorgetretenen Umständen die Zuständigkeit des Volksgerichtshofs begründen, so beschließt es, diesem die Sache vorzulegen. Das Gericht muß so verfahren, wenn der Staatsanwalt es beantragt. (2) Solange die Hauptverhandlung nicht angeordnet ist, kann der Volksgerichtshof mit Zustimmung des Oberreichsanwalts die Sache an das Gericht zurückgeben; dieses darf sie nicht weiter wegen Zuständigkeit des Volksgerichtshofs von sich abweisen. In den Fällen des § 3 Abs. 2 kann der Volksgerichtshof mit Zustimmung des Ober­ reichsanwalts die Verhandlung und Entscheidung dem Gerichtshof zweiter Instanz in Wien überweisen. (3) Gegen einen Beschluß nach Abs. 1 findet kein Rechtsmittel statt. § 8. (1) Hat jemand nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung auf Grund eines im Lande Österreich ergangenen Urteils eine Frei­ heitsstrafe zu verbüßen und wäre die Anordnung der Sicherungs­ verwahrung zulässig gewesen, wenn die Vorschrift des § 93 des Reichs­ strafgesetzbuchs schon bei der Aburteilung gegolten hätte, so kann der Volksgerichtshof auf Antrag des Oberreichsanwalts ohne Rücksicht auf die Zeit der Begehung der strafbaren Handlung nachträglich die Sicherungsverwahrung anordnen. (2) Der Antrag kann nur gestellt werden, solange die Strafe nicht verbüßt oder nachgesehen oder der Verurteilte bedingt entlassen worden ist.

s. Durchf.VO. ü. d. VO. ü. Hochverrat u. Landesverrat i. Lande Österreich.

XIX

(3) Auf das Verfahren findet § 429b Abs. 1, 2 der Reichsstraf­ prozeßordnung sinngemäß Anwendung. § 9. (1) Diese Verordnung tritt mit dem 1. Juli 1938 in Kraft; sie findet, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 8), auf Taten An­ wendung, die nach dem 13. März 1938 begangen worden sind. (2) Gleichzeitig verlieren die §§ 58 bis 62, § 65 Abs. 1 Buchstabe a und die §§ 66 und 67 des österreichischen Strafgesetzbuchs, ferner Artikel I der österreichischen Strafgesetznovelle vom 17. Dezember 1862 (RGBl. 8/1863) ihre Wirksamkeit. § 10. Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, die zur Durchführung und Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

2. Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich. Vom 20. Juni 1938 (RGBl. J S. 641). Auf Grund des § 10 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I

S. 640) wird verordnet: § 1. Strafsachen, für die der Volksgerichtshof oder der Gerichts­ hof zweiter Instanz in Wien aus Grund des § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) zuständig ist, sind bei diesen Ge­ richten besonderen Senaten zuzuweisen. § 2. Für den Volksgerichtshof ist eine entsprechende Anzahl ehrenamtlicher Mitglieder aus dem Lande Österreich zu bestellen. § 3. (1) Die Strafsenate des Gerichtshofs zweiter Instanz in Wien entscheiden in Strafsachen wegen der im § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 bezeichneten strafbaren Handlungen in der Haupt­ verhandlung in der Besetzung von fünf, außerhalb der Hauptver­ handlung in der Besetzung von drei Berufsrichtern, einschließlich des Vorsitzenden. (2) In den vom Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof an den Oberstaatsanwalt beim Gerichtshof zweiter Instanz in Wien abgegebenen Strafsachen trifft der Gerichtshof auch die im § 73 Abs. 1 des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Entscheidungen. § 4. Für die Zuziehung von Hilfsrichtern gelten für den Gerichts­ hof zweiter Instanz in Wien sinngemäß die Bestimmungen des § 6 des Gesetzes über den Volksgerichtshof vom 18. April 1936 (RGBl. I S. 369) und des § 11 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Volksgerichtshof vom 18. April 1936 (RGBl. IS. 398).

XX

Nachtrag.

§ 5. (1) Bei den Gerichtshöfen erster Instanz, in Wien bei dem Landesgericht für Strafsachen Wien I, werden aus dem Kreise der Richter dieser Gerichtshöfe für die im vorbereitenden Verfahren nach reichsrechtlichem Verfahrensrecht dem Amtsrichter obliegenden Ge­ schäfte ein oder mehrere besondere Ermittlungsrichter bestellt. Sie sind in dieser Verwendung als Richter des Volksgerichtshofs, wenn die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz in Wien begründet ist, als Richter dieses Gerichts anzusehen. (2) Personen, die wegen Verdachts einer der im § 1 der Ver­ ordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) bezeichneten straf­ baren Handlungen in Verwahrung genommen werden, sind statt an den nach österreichischem Verfahrensrecht zuständigen Untersuchungs­ richter an den Ermittlungsrichter abzuliefern. (3) Über die Beschwerde gegen eine Verfügung des Ermittlungs­ richters entscheidet der Volksgerichtshof, wenn die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz in Wien begründet ist, dieser. § 6. (1) Die Beschlagnahme von Gegenständen, die zur Be­ gehung einer zur Zuständigkeit des Volksgerichtshofs gehörenden strafbaren Handlung gebraucht oder bestimmt sind, insbesondere von Druckwerken, durch deren Inhalt der Tatbestand einer solchen Hand­ lung begründet wird, unterliegt keinen Beschränkungen. Sie bleibt, wenn sie nicht wieder aufgehoben wird, wirksam, bis das eingeleitete Verfahren endgültig beendet ist. (2) Ist die Beschlagnahme ohne richterliche Anordnung erfolgt, so kann der Betroffene jederzeit die Entscheidung des Ermittlungs­ richters begehren. Hebt der Ermittlungsrichter die Beschlagnahme auf, so hat eine Beschwerde des Oberreichsanwalts beim Volks­ gerichtshof oder des Oberstaatsanwalts beim Gerichtshof zweiter Instanz in Wien aufschiebende Wirkung. § 7. Bestellte Verteidiger (§ 140 Abs. 1 der Reichsstrafprozeß­ ordnung) werden nach den reichsrechtlichen Vorschriften entschädigt. Sie erhalten jedoch in Strafsachen wegen strafbarer Handlungen, die im bisherigen Reichsgebiet nicht zur Zuständigkeit des Volksgerichts­ hofs gehören, für die Verteidigung in der Hauptverhandlung 40 RM. und für die Verteidigung im Vorverfahren 20 RM. § 8. In Strafsachen wegen der im § 1 der Verordnung vom 20. Juni 1938 (RGBl. I S. 640) bezeichneten strafbaren Handlungen richten sich die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen und Dol­ metscher nach den im Lande Österreich geltenden Vorschriften, sofern sich diese Personen im Lande Österreich aufhalten und dort vernommen oder verwendet werden.

Programm der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Das Programm der Deutschen Arbeiterpartei ist ein Zeitprogramm. Die Führer lehnen es ab, nach Erreichung der im Programm ausgestellten Ziele neue aufzustellen, nur zu dem Zweck, um durch künstlich gesteigerte Unzufriedenheit der Massen das Fortbestehen der Partei zu ermöglichen. 1. Wir fordern den Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu einem Groß-Deutschland. 2. Wir fordern die Gleichberechtigung des deutschen Volkes gegen­ über den anderen Nationen, Aushebung der Friedensverträge von Versailles und St. Germain. 3. Wir fordern Land und Boden (Kolonien) zur Ernährung unseres Volkes und Ansiedlung unseres Bevölkerungsüberschusses. 4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volks­ genosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein. 5. Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muß unter Fremdengesetzgebung stehen. 6. Das Recht, über Führung und Gesetze des Staates zu bestim­ men, darf nur dem Staatsbürger zustehen. Daher fordern wir, daß jedes öffentliche Amt, gleichgültig welcher Art, gleich ob im Reich, Land oder Gemeinde, nur durch Staatsbürger bekleidet werden darf. Wir bekämpfen die korrumpierende Parlamentswirtschaft einer Stellenbesetzung nur nach Parteigesichtspunkten ohne Rücksichten auf Charakter und Fähigkeiten. 7. Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen (Nicht-Staats­ bürger) aus dem Reiche auszuweisen. Dalcke. Strafrecht.

30. Auft.

1

2

Parteiprogramm.

8. Jede weitere Einwanderung Nicht-Deutscher ist zu verhindern. Wir fordern, daß alle Nicht-Deutschen, die seit 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reiches ge­ zwungen werden. 9. Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechte und Pflichten besitzen. 10. Erste Pflicht jedes Staatsbürgers muß sein, geistig oder körper­ lich zu schaffen. Die Tätigkeit des Einzelnen darf nicht gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen, sondern muß im Rahmen des Gesamten und zum Nutzen aller erfolgen. Daher fordern wir: 11. Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens. Brechung der Zinsknechtschaft. 12. Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden. Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne. 13. Wir fordern die Verstaatlichung aller (bisher) bereits ver­ gesellschafteten (Trusts) Betriebe. 14. Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbettieben. 15. Wir fordern einen großzügigen Ausbau der Altersversorgung. 16. Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gemeinden. 17. Wir fordern eine unseren nationalen Bedürfnissen angepaßte Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Ent­ eignung von Boden für gemeinnützige Zwecke. Abschaffung des Boden­ zinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation^) 18. Wir fordern den rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen. Gemeine Volks­ verbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse. 1) Gegenüber den verlogenen Auslegungen des Punktes 17 des Pro­ gramms der NSDAP, von Seiten unserer Gegner ist folgende Feststellung notwendig: Da die NSDAP, auf dem Boden des Privateigentums steht, ergibt sich von selbst, daß der Passus „Unentgeltliche Enteignung" nur auf die Schaffung gesetzlicher Möglichkeiten Bezug hat, Boden, der auf unrecht­ mäßige Weise erworben wurde oder nicht nach den Gesichtspunkten des Bolkswohls verwaltet wird, wenn nötig, zu enteignen. Dies richtet sich dem­ gemäß in erster Linie gegen die jüdischen Grundstückspekulationsgesellschaften.

München, den 13. 4. 1928.

gez.: Adolf Hitler.

3

Parteiprogramm.

19. Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht. 20. Um jedem fähigen und fleißigen Deutschen das Erreichen höherer Bildung und damit das Einrücken in führende Stellung zu ermöglichen, hat der Staat für einen gründlichen Ausbau unseres gesamten Volksbildungswesens Sorge zu tragen. Die Lehrpläne aller Bildungsanstalten sind den Erfordernissen des praktischen Lebens anzupassen. Das Erfassen des Staatsgedankens muß bereits mit dem Beginn des Verständnisses durch die Schule (Staatsbürgerkunde) erzielt werden. Wir fordern die Ausbildung besonders veranlagter Kinder armer Eltern ohne Rücksicht auf deren Stand oder Beruf auf Staatskosten. 21. Der Staat hat für die Hebung der Vollsgesundheit zu sorgen durch den Schutz der Mutter und des Kindes, durch Verbot der Jugend­ arbeit, durch Herbeiführung der körperlichen Ertüchtigung mittels gesetzlicher Festlegung einer Turn- und Sportpflicht, durch größte Unterstützung aller sich mit körperlicher Jugendausblldung beschäftigenden Vereine. 22. Wir fordern die Abschaffung der Söldnertruppe und die Bildung eines Volksheeres. 23. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse. Um die Schaf­ fung einer deutschen Presse zu ermöglichen, fordern wir, daß: a) sämtliche Schriftleiter und Mitarbeiter von Zeitungen, die in deutscher Sprache erscheinen, Volksgenossen sein müssen; b) nichtdeutsche Zeitungen zu ihrem Erscheinen der ausdrücklichen Genehmigung des Staates bedürfen. Sie dürfen nicht in deutscher Sprache gedruckt werden; c) jede finanzielle Beteiligung an deutschen Zeitungen oder deren Beeinflussung durch Nicht-Deutsche gesetzlich verboten wird und fyrdern als Strafe für Übertretungen die Schließung eines solchen

Zeitungsbetriebes sowie die sofortige Ausweisung der daran beteiligten Nicht-Deutschen aus dem Reich. — Zeitungen, die gegen das Gemein­ wohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen eine Kunst- und Literaturrichtung, die einen zersetzenden Ein­ fluß auf unser Vottsleben ausübt, und die Schließung von Veran­ staltungen, die gegen vorstehende Forderungen verstoßen. 24. Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. — Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christen­ tums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden.

!♦

4

Parteiprogramm.

Sie bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage: Gemeinnutz vor Eigennutz. 25. Zur Durchführung alles dessen fordern wir: Die Schaffung einer starken Zentralgewalt des Reiches. Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlaments über das gesamte Reich und seine Organisationen im allgemeinen. Die Bildung von Stände- und Berufskammern zur Durchführung der vom Reich erlassenen Rahmengesetze in den einzelnen Bundes­ staaten. Die Führer der Partei versprechen, wenn nötig unter Einsatz des eigenen Lebens, für die Durchführung der vorstehenden Punkte rück­ sichtslos einzutreten. München, den 24. 2. 1920.

A. Strafrecht. I. Strafgesetzbuch.

A 1. Einführungsgeseh jum Strafgesetzbuch. Dom 31. Mal 1870. (BGBl. 1870 S. 196.)

§ 1 DaS Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) tritt im ganzen Umfange deS Bundesgebietes mit dem 1 Januar 1872 (i87i) in Kraft. § 2. Mit diesem Tage tritt das Reichs- (Bundes-) und Landes­ strafrecht, insoweit dasselbe Malerten betrifft,l)2 welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) sind, außer Krafts) 1) Materien sind solche Rechtsstoffe, die einer Mehrheit gedachter Straf­ bestimmungen als gemeinsames Schutz- oder Bekämpfungsziel zugrunde liegen. Köhler, Deutsches Strafrecht S. 148. Die allgemeinen Bestimmungen deS StGB, sind nicht Materie. E. 45 S. 53. 2) Beseitigt ist hiernach die Vorschrift des § 28 des Ges. v. 8. Mal 1837 (Aufstellung einer zu hohen Brandschadensliquidation), E. 3 S. 84, ferner die §§ 2, 24 desselben Gesetzes durch das Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag v. 30. Mai 08 (RGBl. S. 263). KG. v. 30. Juni 10, I o h o w 40 S. 0 393. Desgl. § 20. E. 45 S. 118. Die §§ 30, 31 der AG. III Tit. 1, welche das mutwillige Querulieren unter Strafe stellten, sind auf Grund des Ges. v. 23. Mürz 1931 (GS. S. 33) durch Beschluß v. 9. Juli 1931 (GS. S. 127) aufgehoben. Dagegen besteht § 270 des früheren preuß. StGB. (Abhalten von Bietern bei Versteigerungen) noch zu Recht, E. 10 S. 221; R. 10 S. 713; E. 27 S. 106; E. 35 S. 393 u. E. 37 S. 139. Der § lautet: Wer andere vom Mitbieten oder Weiterbieten bei den von öffentlichen Behörden oder Beamten vorgenommenen Versteigerungen, dieselben mögen Verkäufe, Verpachtungen, Lieferungen, Unternehmungen oder Geschäfte irgend einer Att betreffen, durch Gewalt oder Drohung, oder durch Zu­ sicherung oder Gewährung eines Votteils abhält, wird mit Geldstrafe . . . oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Über den Tatbestand des Vergehens aus § 270: GA. 45 S. 360, KG. Johow, Erg. Bd. 9 S. 257

ER.

6

A 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch §§ 3—5.

In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften deS Reichs- (Bundes-) und LandesstraftechtS, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpoltzei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-,*») Forst- und Feldpolizei-Gesetze, über Mißbrauch des Vereins- und Versammlungs­ rechts und über den Holz- (Forst-) Diebstahl. Bis zum Erlasse eines Reichs- (Bundes-) gesetzes über den Konkurs bleiben ferner diejenigen Strafvorschriften in Kraft, welche rücksichtlich des Konkurses in Landesgesetzen enthalten sind, insoweit dieselben sich auf Handlungen beziehen, über welche das Strafgesetzbuch für daS Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) nichts bestimmt. § 3 Wenn in Landesgesetzen auf straftechtliche Vorschriften, welche durch daS Strafgesetzbuch für daS Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, so treten die entsprechen­ den Vorschriften deS letzteren an die Stelle der ersteren. § 4. BIS zum Erlasse der in den Artikeln 61 und 68 der Verfassung des Deutschen Reichs (Norddeutschen Bundes) vorbehaltenen Reichs- (Bundes-) gesetze sind die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 316, 322, 323 und 324 deS Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Verbrechen mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Teile deS Bundesgebietes, welchen der Kaiser (Bundes­ feldherr) in Kriegszustand (Art. 68 der Verfassung) erklärt hat, oder während eines gegen das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplatz begangen werden.')

§ 5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) sind, darf nur Gefängnis bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Ämter angedroht werdend») (die Vorteilszusicherung muß das Mittel sein zur Fernhaltung). (5.39 S. 134. Z. B. durch mittelbare Inaussichtstellung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen. Ob die Drohung vor dem Beginn der Versteig, oder während derselben geschieht, ist gleichgültig. KG. JurW. 61 S. 1042. Ein Abhalten vom Bieten liegt nicht vor, wenn der Täter sich einer Mittelsperson bedient, die den Bieteluftigen zum Aufgeben des Weiterbietens überredet, ohne dabei eines der Mittel des § 270 zu verwenden. Der Bietelustige muß sich den Vorteil zueignen. KG. DIZ. 34 S. 448. Auf Abhalten vom „freien" Bieten ist § 270 nicht auszu­ dehnen. Recht 28 Nr. 732.

2 a) § 2 Abs. 2 ist, soweit er die Jagd betrifft, am 1. April 35 außer Kraft getreten (§71 des Reichöjagdges.). 3) Überholt durch §§ 155—158, 160 MilStGB, und Art. 48 der RV. 3 a) § 5 ist, soweit es sich um das Landessteuerstrafrecht handelt, durch­ brochen durch 8 19 Abs. 2 des Finanzausgleichges. v. 27. April 26 (RGBl. I S. 203 und § 25 EinfG. RealStG. v. 1. Dezember 1936 (RGBl. I S. 961), wonach die strafrechtlichen Vorschriften der RAbgO. (auch soweit sie über den Rahmen des § 5 EGStGB. hinausgehen) für anwendbar erklärt werden können.

A 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch §§ 6—8.

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§ 6 Vom 1. Januar 1872 (i87i) ab darf nur auf die im Straf­ gesetzbuche für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) enthaltenen Strafarien erkannt werden.*) Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängnis- oder Geldstrafe Forst- oder Gemeindearbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden. § 7. Vom 1. Januar 1872 (i87i) ab verjähren Zuwiderhand­ lungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntwein­ steuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren. § 8 Der Landesgesetzgebung bleibt Vorbehalten, Übergangs­

bestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Landesstrasgesetze mit den Vorschriften deS Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) in Übereinstimmung zu bringen.

4) Wo also ein preuh. Ges. eine Gefängnisstrafe bis zu 6 Wochen be­ droht, ist jetzt auf Haft zu erkennen. E. 13 S. 93.

A 2. Strafgesetzbuch für das Deutsche Deich. Som 15. Mat 1871.

(RGBl. 1876 S. 40.)

Einleitende Bestimmungen. § 1

Eine mit dem Tode,

mit Zuchthaus

oder mH Festungs­

haft von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung ist ein Verbrechen.

Eine mit Festungshaft bis zu fünf Jahren, mit Gefängnis oder

mit Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Geldstrafe schlechthin bedrohte Handlung ist ein Vergehen?) Eine mit Hast oder mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichs­ mark bedrohte Handlung ist eine Übertretung.

§ 2

Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für straf­

bar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetze- und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient?)

Findet aus die

1) Ob eine Tat Verbrechen, Vergehen oder Übertretung ist, richtet sich stets nach dem ordentlichen Straftahmen, ohne Rücksicht darauf, ob bei mildernden Umständen ein milderer Straftahmen oder bei erschwerenden Umständen ein schwererer Strafrahmen vorgesehen ist. Nach E. 69 S. 49 sind Vergehen, die in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bedroht sind, stets Vergehen, nie Verbrechen. Die Richtigkeit dieser Entscheidung ist indessen zweifelhaft,' nach richtiger Ansicht liegt, wenn Zuchthaus verwirkt ist, ein Verbrechen vor (vgl. Schäfer-Dohn anyi,Nachtrag zuFrank S.8). 2) § 2 ist durch Art. 1 des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839) einge­ fügt; er findet auf Handlungen, die vor dem 1. Septbr. 35 begangen worden sind, im Hinblick auf § 2a Ms. 1 StGB, keine Anwendung. E. 70 S. 173. § 2 läßt im Interesse der materiellen Gerechtigkeit, abweichend von dem früheren § 2, Bestrafung einer Tat zu, wenn sie zwar nicht im Gesetz selbst mit Strafe bedroht ist, aber sowohl nach dem Grundgedanken eines Straf­ gesetzes wie nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient. Gesetz und Recht sind danach gleichrangige Rechtserkenntnisquellen. Praktisch ist indessen nach wie vor das .Gesetz als der verkörperte Führerbefehl die vor­ nehmste und wichtigste Rechtserkenntnisquelle. Eine Bestrafung auf Grund entsprechender Gesetzesanwendung ist nur dann zulässig — dann aber auch geboten (vgl. auch §§ 170a, 267 a StPO.) —, wenn auch eine nicht am Buch­ staben haftende, sondern Sinn und Zweck der Vorschrift berücksichtigende Aus-

Einleitende Bestimmungen § 2.

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Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die

Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke aus sie am besten zutrifft. legung nicht imstande wäre, ein Handeln mit einer gesetzlichen Vorschrift zu erfassen, das ersichtlich dem Grundgedanken eines Gesetzes zuwiderläuft und, toeil mit dem Sittengebot der völkischen Gemeinschaftsordnung unverttäglich, nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient. Zweck des § 2 ist es, dem Gericht zu ermöglichen, unbeabsichttgte Lücken des Gesetzes zu schließen und Fälle zu erfassen, die der Gesetzgeber vermullich hätte treffen wollen, wenn er bei der Abfassung des Gesetzes an sie gedacht hätte. E.70S. 175. Da­ her keine Anwendung des § 2, wenn die Handlungen schon durch das Gesetz unmittelbar für strafbar erklärt sind. RG. DJust. 1936 S. 609. Dies gllt in­ dessen nur, wenn das geschriebene Gesetz eine Bestrafung der Tat ent­ sprechend ihrem materiellen Unrechtsgehalt ermöglicht (Freister DJust. 1936 S. 1572; Becker DJust. 1937 S. 459; Mezger, Leitfaden S. 37; Kohlrausch, StGB. [33] S. 37; Schäfer IW. 1937 S. 703; E. 70 S. 356; die abweichende Entsch. RG. DJust. 1936 S. 609 ist als überholt anzusehen). Fälle hiernach unrichtiger Anwendung des § 2 siehe in IW. 1936 S. 161528, 170188,17023*. § 2 ermöglicht nur, eine nach dem Worüaut des Gesetzes straf­ lose Tat zu bestrafen, gibt aber nicht die Befugnis, eine im Gesetz mit Strafe bedrohte Tat mit einer anderen als der dort vorgeseheneil Strafe oder Neben­ strafe zu belegen und z. B. in einem Falle, in dem Gefängnis oderZuchthausstrafe wahlweise angedroht sind, mit einer Gefängnisstrafe in entsprechender Anwendung des § 32 StGB, die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zu verbinden. E. 70 S. 220 (vgl. aber auch Anm. 11 zu § 84). Die rechtsschöpfende Gesetzesanwendung ist an zwei Voraussetzungen gebunden: a) Tie Tat muß dem Grundgedanken eines Gesetzes (der ratio legis) zuwiderlaufen. Maßgebend ist bei älteren Gesetzen der Grundgedanke, wie er sich nach heutiger Rechtsanschauung darstellt, wenn diese von den Auffassungen zur Zeit der Schaffung der Vorschrift abweicht (Rietzsch, DJust. 1397 S. 1755; Schäfer, JurW. 1937 S. 381; a. M. Kohlrausch S. 28). Gesetzes- und sog. Rechtsanalogie sind zulässig, letztere mit der Maßgabe, daß der Verbotstatbestand stets aus dem Grundgedanken eines bestimmten Gesetzes gewonnen werden muß; in beiden Fällen darf aber der Grund­ gedanke nicht so verallgemeinert werden, daß die Verbindung mit dem gesetz­ lichen Tatbestand völlig verloren geht. E. 71 S. 197. Beispiele: Der Grund­ gedanke der Tötungsvorschriften (§§ 211 ff.) ist der Schutz fremden Lebens; daher keine Bestrafung gemäß § 2 bei Beihilfe zum Selbstmord als der Ver­ nichtung eigenen Lebens. E. 70 S. 313. Das Wesen der Begünsttgung (§ 257) besteht in der Unterstützung einer ftemden Tat; daher auch mit Hilfe des § 2 keine Anwendung des § 257, wenn der Täter ausschließlich seines Vor­ teils wegen gehandelt hat. E. 70 S. 384. Das Briefgeheimnis (§ 299) er­ streckt sich nur auf den Inhalt des verschlossenen Briefes; daher keine ent­ sprechende Anwendung des § 299, wenn ohne Öffnung des Briefes nur das Behältnis, in dem er sich befindet, eröffnet wird. OLG. Jena DSttR. 1937 S. 61. Eine Bestrafung setzt Verschulden voraus; daher keine Anwendung des § 2 auf schuldloses Verhalten. E. 71S. 195. Da die eidliche Offenbarungs­ pflicht des Schuldners sich nach § 807 ZPO. nur auf die Vollständigkeit des tatsächlich vorhandenen Vermögens bezieht, kann er auch nicht gemäß § 2 wegen vollendeten Meineids (§ 153) bestraft werden, wenn er wahrheits-

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A 2. Strafgesetzbuch § 2.

widrig erdichtete Vermögensstücke angibt. RG. DJust. 1937 S. 1315. Stets ist zu prüfen, ob nicht das Gesetz eine bewußte Grenzziehung vorgenommen hat, die einer Erweiterung des Anwendungsgebiets der Vorschrift im Wege des § 2 entgegensteht. Beispiel: im Falle der Festsetzung bestimmter Schutz­ alter in Gesetzen (§§ 176 Nr. 3,182) keine entsprechende Anwendung auf Per­ sonen, die nach körperlicher und geistiger Beschaffenheit den geschützten Per­ sonen entsprechen. Oder: die Bestrafung gleichgeschlechtlicher Unzucht nur bei Männern (§§ 175, 175*) ergibt, daß die Bestrafung gleichgeschlechtlicher Unzucht zwischen Frauen ausgeschlossen sein soll. Oder: wenn § 172 StGB, sich bewußt auf die Bestrafung des Ehebruchs, d. h. der ehebrecherischen Bei­ schlafsvollziehung beschränkt, ist eine entsprechende Anwendung auf bloß un­ züchtige ehewidrige Handlungen ausgeschlossen (E. 70 'S. 175); aus dem gleichen Grunde keine Bestrafung wegen Blutschande (§ 173) und Schändung (5 176 Abs. 1 Nr. 2) bei unzüchtigen Handlungen, die nicht in Beischlafsvoll­ ziehung bestehen. E. 71 S. 196 und RG. DJust. 1937 S. 585. Oder: die Strafermäßigung bei Widerruf des Meineids (§ 158) soll nur dem Meineidigen selbst zugute kommen; daher keine entsprechende Anwendung auf den An­ stifter zum Meineid (RG. DJust. 1936 S. 290). Oder: die Einreichung der Abschrift einer eidesstattlichen Versicherung ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 156 strafbar. E. 70 S. 130. Oder: die Vernachlässigung der Unterhaltspflicht (§ 361 Abs. 1 Nr. 10) ist nur strafbar, wenn eine Aufforderung der zuständigen Behörde und behördliche Hilfevermittlung vor­ liegt; von diesen Erfordernissen kann nicht gemäß § 2 abgesehen werden (vgl. Anm. 79 und 79b zu § 361). . Oder: wenn § 179 nur die Erschleichung des für ehelich gehaltenen Beischlafs bedroht, kann die Vorschrift nicht entsprechend auf die bewußte Gestattung des außerehelichen Beischlafs angewendet werden. RG. IW. 1937 S. 2373. Oder: wenn § 211 als Mord nur die mit Überlegung ausgeführte vorsätzliche Tötung bedroht, so kann nicht gemäß § 2 die Todes­ strafe bei einer ohne Überlegung ausgeführten Tötung ausgesprochen werden, auch wenn die Tat wegen ihrer Begleitumstände noch so verabscheuungs­ würdig ist. RG. IW. 1937 S. 1328. Ob das Gesetz solche gewollten Gren­ zen hat, ist besonders sorgfältig auf dem Gebiet des Nebenstrafrechts zu prüfen (amtliche Begründung) (vgl. dazu E. 70 S. 177). In der Annahme einer solchen bewußten Grenzziehung geht aber das RG. zu weit, wenn es bei den nach dem nationalsozialistischen Umbruch erlassenen Gesetzen (vgl. E. 7Q S. 367 betr. § 164; RG. IW. 1937 S. 2699 betr. § 266) ohne weiteres annimmt, daß ein Hinausgehen über den Worllaut des geschriebenen Rechts dem Willen des Gesetzgebers widerstreite; entscheidend ist vielmehr auch bei diesen Gesetzen, ob der Gesetzgeber erkennbar eine entsprechende Anwen­ dung hat ausschließen wollen. (Schäfer JurW. 1937 S. 382; Schwinge JurW. 1937 S. 2699 urrd jetzt auch E. 71 S. 388). b) Die Tat muß nach gesundem Bolksempfinden Bestrafung verdienen. Keine Prüfung, wie das Volk oder der in Frage kommende Bolksteil über die Strafwürdigkeit tatsächlich denkt, sondern wertende Feststellung, ob das Verhalten die Mißbilligung der Volksgemeinschaft verdient. Beispiel: da der eheliche Beischlaf nach gesunder Bolksanschauung keine Unzucht darstellt, kann auch die Erzwingung des Beischlafs zwischen Ehegatten mit Gewalt nicht in entsprechender Anwendung des § 176 Abs. 1 Nr. 1 (sondern nur als Nötigung, § 240) bestraft werden. E. 71 S. 110. Die Anwendbarkeit des § 2 ist grundsätzlich nicht auf die Vorschriften des Besonderen Tells des StGB, beschränkt, ergreift vielmehr auch den Allgemeinen Tell. Doch ist gerade hier besonders sorgfältig zu prüfen, ob eine ent-

Einleitende Bestimmungen § 2.

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sprechende Anwendung nicht dem erkennbar einschränkenden Willen des Ge­ setzgebers zuwiderläuft. Als Beispiele einer auf dem Gebiet des Allgemeinen Teils zulässigen Analogie seien genannt: über die Fälle des § 4 Abs. 2 Nr. 1,2 StGB, hinaus sind gemäß § 2 StGB, deutsche Staatsangehörige strafbar, wenn sie sich zur bewußten Umgehung der deutschen Gesetze vorübergehend ins Ausland begeben, um dort eine Tat zu begehen, die nach deutschem Recht strafbar, nach den Gesetzen des Tatorts aber straflos ist (RV. des RIM. v. 2. April 36, abgedr. bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, Strafrechtliche Ver­ waltungsvorschriften S. 249). Oder: nach der bisherigen Auslegung des § 73 schloß die Anwendbarkeit des strengeren Gesetzes die des milderen selbst dann aus, wenn dieses eine erhöhte Mindeststrafe oder Nebenstrafen vorsah, die das strengere Gesetz nicht kannte. § 2 ermöglicht nunmehr, das mildere Gesetz insoweit anzuwenden, als es strenger ist (vgl. Anm. 98 zu § 73). Auf dem Gebiet des Besonderen Teils seien als Beispiele für die Zu­ lässigkeit entsprechender Anwendung noch erwähnt: der tatsächliche Leiter einer G.m.b.H., auch wenn er nicht eingetragener Geschäftsführer ist (vgl. § 83 des G.m.b.H.Ges.), kann gemäß §2 für unordentliche Buchführung nach §240 Abs. 1 Nr. 3 KO. strafrechtlich verantwortlich sein. E. 71 S. 112. — Die bös­ willige Entziehung fremder Sachen ohne Zueignungsabsicht und ohne Be­ schädigung oder Zerstörung der Sache (Fliegenlassen des fremden Kanarien­ vogels usw.) war bisher straflos; jetzt Strafbarkeit aus § 303 StGB. (vgl. Anm. 91 zu § 303). — Diebstahl aus einem Schiff mittels Einbruchs oder Ansteigens

ist als Einbruchsdiebstahl aus § 243 Nr. 2 sttafbar (vgl. Anm. 58 Abs. 2 zu § 243). — Bisher lag kein Einbrnchsdiebstahl (§ 243 Nr. 2) vor, wenn das Behältnis nicht im Innern des Gebäudes oder umschlossenen Raumes er­ brochen wurde - jetzt ist § 243 Nr. 2 auch anwendbar, wenn die Erbrechung des Behältnisses erst außerhalb des Gebäudes oder umschlossenen Raumes er­ folgt (vgl. Anm. 61 zu § 243). — Die §§ 242, 246 erfordern die Absicht des Täters, sich die Sache zuzueignen; gemäß § 2 ist nach §§ 242, 246 aber auch sttafbar, wer namens eines Dritten zu dessen Gunsten über die Sache verfügt (vgl. Anm. 52 2 zu § 242). Nach der bisherigen Auslegung des § 288 fiel nur die Zerstörung, nicht auch die Beschädigung einer Sache unter den Begriff des „Beiseiteschaffens" (E. 19 S. 122; E. 27 S. 122); jetzt ist auch die Be­ schädigung als Bollstteckungsvereitlung sttafbar. Nach § 259 kann nur an der sttafbar erlangten Sache selbst Hehlerei begangen werden, nicht auch an dem Erlös, der bei der Veräußerung an ihre Stelle getreten ist; jetzt ist auch in ge­ wissem Umfang die sog. Ersatzhehlerei sttafbar (vgl. Anm. 26 Abs. 3 zu § 259). Ebenso war bisher wegen Hehlerei nicht sttafbar, wer gestohlene Sachen ohne Erlangung eigener Verfügungsgewalt mitverzehrte, da hierin kein „Ansichbringen" lag; jetzt ist auch der Mitgenuß zu bestrafen (vgl. Anm. 30 Abs. 2 zu § 259). Kraft des § 2 kann i. S. des § 164 eine Dienststelle der NSDAP, einer Behörde gleichgeachtet werden (dgl. Anm. 88 zu § 164). Wegen der Bestrafung der Vortäuschung sttafbarer Handlungen siehe Anm. 87 zu § 164. § 2 ermöglicht auch die entsprechende Gesetzesanwendung zugunsten des Angell. Beispiele: aus §§ 247, 263 Abs. 5 StGB, ist zu entnehmen, baß nach dem Wlllen des Gesetzes auch Untreue (§ 266) eines Ehegatten gegen den anderen oder zwischen Eltern und Kindern nur auf Anttag verfolgt werden darf (vgl. Anm. 54a zu § 266); nach OLG. Kiel HRR. 1936 Nr. 786 enthält § 295 Abs. 2 StGB, einen Gedanken von allgemeiner Bedeutung, der immer Platz greift, wenn das Gesetz die Einziehung zwingend vorschreibt, auch z. B. im Fall des § 154 BZollG. (mit Einschränkungen zustimmend Schäfer DJust. 1936 S. 1471).

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A 2. Strafgesetzbuch § 2 a,

§ 2 a.2a) Die Strafbarkeit einer Tat und die Strafe bestimmen sich nach dem Recht, das zur Zeit der Tat güt.2b) Gilt zur Zeit der Entscheidung2 °) ein milderes Gesetz2") als zur Bon der entsprechenden Anwendung eines Strafgesetzes zu unter­ scheiden ist die ausdehnende Auslegung der Strafgesetze, die auf dem Gebiet des Strafrechts von jeher zulässig war. Hierzu — und zur Frage der Auslegung ganz allgemein — ist folgendes zu sagen: der in § 2 vollzogene Übergang von der formellen zur materiellen Unrechtsauffassung hat zur Folge, daß heute die Ergebnisse der Rechtsprechung aus der Zeit vor dem Umbruch nicht mehr ohne weiteres der Auslegung und Handhabung der Strafgesetze zugrunde gelegt werden dürfen, sondern daß stets geprüft werden muß, ob die betreffende Entscheidung mit den geänderten Lebens­ und Rechtsanschauungen der Gegenwart noch in Einklang steht. Damit das RG. als höchstes deutsches Gericht den übrigen Gerichten bei der Erfüllung dieser Aufgabe frei und ungehindert führend vorangehen kann, hat Art. 2 des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844) das RG. von der sonst (nach § 136 GBG.) bestehenden Bindung an frühere Entscheidungen befreit, soweit die frühere Entscheidung vor dem 1. Septbr. 35 ergangen ist. Wie sich dieser Wandel der Betrachtungsweise auswrrkt, zeigen z. B. die Urtelle E. 69 S. 357 und DJust. 1936 S. 903, wo das RG. auch von den zuständigen Dienststellen der NSDAP, ausgestellte Urkunden als öffentliche Urkunden i. S. des § 267 StGB, angesehen hat; nach der bisher in ständiger Rechtsprechung festgelegten Begriffsbestimmung wären sie keine öffentliche Urkunde gewesen. Weitere Beispiele dieser Art sind die neue Auslegung des Begriffs der wider­ natürlichen Unzucht i. S. des § 175 a. F. und § 175 b n. F. (vgl. Anm. 46 zu § 175 und Anm. 46 Kzu 8 175 d), die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung in Frage, wieweit vor dem 1. Septbr. 35 eine Wahlfeststellung zulässig war (RG. DJust. 1935 S. 1738) und die Anerkennung der Beleidigungsfähigkeit von Personengemeinschaften E. 70 S. 140. Für die Auslegung des geltenden Rechts sind auch die bisherigen Er­ gebnisse der Arbeiten an der Strafrechtsreform von wesentlicher Bedeutung (vgl. dazu z. B. E. 69 S. 308 über die der Selbsthilfe — § 229 BGB. — nach gesundem Bolksempfinden gezogenen Grenzen).

2a) Die Vorschrift beruht auf dem Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). 2b) Als Zeitpunkt der begangenen Handlung gilt derjenige, in dem die Straftat zum Abschluß gelangt ist. Recht 6 S. 300. Dies gilt auch in Fällen der fortgesetzten strafbaren Handlung. RG. IW. 1937 S. 133028. Verschärft das neue Gesetz die auch schon bisher für die Tat allgemein angedrohte Strafe für einen bestimmten besonders erschwerten Fall, so kann es nur dann auf die fortgesetzte Handlung bezogen werden, wenn nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes wenigstens eine Einzelhandlung unter den Erschwerungsvor­ aussetzungen begangen ist. RG. DJust. 1937 S. 246. 2c) Durch den jeweils entscheidenden Richter, auch in der Revisions­ instanz (§ 354a StPO.). 2d) Geldstrafe ist gegenüber einer Freiheitsstrafe stets als das geringere Übel anzusehen. E. 57 S. 193. Zu prüfen ist, welches Gesetz für den vor­ liegenden Fall bei Berücksichtigung von mildernde Umstände zulassenden oder ausschließenden Tatsachen oder weil es einen Strafantrag fordert oder weil die Verjährung früher eintritt usw., für den A. die mildeste Beurteilung zuläßt. RG. IW. 1936 S. 49".

Einleitende Bestimmungen § 2 b.

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Zeit der Tat, so sann2 e) das mildere Gesetz angewandt werden; ist die Tat zur Zeit der Entscheidung nicht mehr mit Strafe bedroht, so kann die Bestrafung unterbleiben.") Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit 2«) erlassen ist, ist auf die während seiner Geltung begangenen Straftaten auch dann anzu­ wenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Über Maßregeln der Sicherung und Besserung ist nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt. § 2 b.2 *)

Steht fest, daß jemand gegen

eines von mehreren

Strafgesetzen verstoßen hat,") ist aber eine Tatfeststellung nur wahl2e) Nach pflichtmäßigem Ermessen des Gerichts. 2f) Ohne Rücksicht darauf, ob die Aufhebung des Gesetzes auf geläuterter Rechtsüberzeugung beruhte oder das Gesetz wegen besonderer tatsächlicher Verhältnisse erlassen worden war und wegen Wegfalls dieser Verhältnisse außer Kraft getreten ist (amtl. Begr.). Vgl. jedoch Abs. 3. 2g) Ohne Rücksicht darauf, ob die Geltungsdauer von vornherein kalen­ dermäßig bestimmt oder das Gesetz sonstwie nur für eine bestimmte Zeit er­ lassen ist. 2b) § 2b, der auf dem Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839) beruht, ist am 1. Septbr. 35 in Kraft getreten. Nach der neueren Rechtsprechung des RG. ist Wahlfeststellung in dem in § 2 b bestimmten Umfang aber auch für die Fälle aus der Zeit vor dem 1. Septbr. 35 zulässig. E. 69 S. 369. 2i) Folgende Fälle kommen in Betracht: a) Eine einheitliche Tat (i. S. des § 264 StPO.) verstößt gegen eines von mehreren Gesetzen, ohne daß eine eindeutige Tatfeststellung möglich ist ($. B. Diebstahl oder Hehlerei, Diebstahl oder Unterschlagung, Abtreibungs­ versuch oder Betrug; ferner: § 174 Abs. 1 Nr. 1 oder § 173 Abs. 1, wenn nicht feststellbar ist, ob der Angeklagte, der dem mißbrauchten Kind gegenüber als Vater auftrat, sein leiblicher Vater ist oder nur nach § 1591 BGB. als solcher zu gelten hat, ohne Erzeuger zu sein, RG. DJust. 1936 S. 1126 und Abs. 1 oder Abs. 2 des § 173, wenn nicht feststellbar ist, ob der Stiefvater der leibliche Vater ist. RG. HRR. 1936 Nr. 1377; weiterhin: Volltrunkenheit (§ 330 a) oder Sachbeschädigung usw., wenn nicht feststellbar ist, ob der im Rausch handelnde Täter zurechnungsfähig war oder nicht. E. 70 S. 85 und S. 327. Dagegen ist in der Regel keine Wahlfeststellung darüber zulässig, ob die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen ist (Schäfer, IW. 1935 S. 3226 und Olshausen, Erg.-Dd. Anm. 4; a. M. Zeiler, DJust. 1936 S. 640 und Nüse, DJust. 1937 S. 1185), ebenso nicht darüber, ob eine Erschwerung eines bestimmten Grund­ tatbestandes vorliegt oder nicht, also z. B. keine Wahlfeststellung zwischen Tot­ schlag und Mord, wenn die Überlegung nicht eindeutig festgestellt oder ver­ neint werden kann. RG. DJust. 1937 S. 286. b) Der Täter hat mehrere Handlungen begangen und dadurch gegen eines von mehreren Strafgesetzen verstoßen; welche der Handlungen den Gesetzesverstoß darstellt, ist nicht feststellbar. Beispiel: der Täter hat zunächst eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und demnächst das Gegenteil der eidesstattlich versicherten Tatsache beschworen; ob der Eid oder die Versiche­ rung falsch ist, ist nicht feststellbar. Oder: die 19 jährige Tochter erzählt, sie habe mit ihrem Vater geschlechtlich verkehrt; ob dies wahr ist, ist nicht feststell­ bar (Blutschande oder Beleidigung).

14 weise möglich,*

A 2. Strafgesetzbuch § 3. so ist der Täter aus dem mildesten Gesetz zu be­

strafen?^ § 3. Die Strafgesetze des Deutschen Reichs finden Anwendung auf alle im Gebiete desselben begangenen strafbaren Handlungen, auch wenn der Täter ein Ausländer ist.8)

c) Nicht unter § 2b fällt der Fall, daß der Täter durch eine von m ehr er en Handlungen gegen ein Gesetz verstoßen hat und nicht festgestellt werden kann, durch welche der Handlungen es geschehen ist (Beispiel: der Täter beschwört im 2. Rechtszug das Gegenteil des im 1. Rechtszug Beschworenen; welcher Eid falsch ist, ist nicht festzustellen). Für solche Fälle bedurfte es keiner aus­ drücklichen Zulassung der Wahlfeststellung. v 2 k) Vgl. § 267 b Abs. 2 StPO. Diese Voraussetzung ist nur gegeben, wenn es trotz sorgfältigsten Bemühens um die Wahrheitserforschung völlig unmöglich ist, zur Überzeugung zu gelangen, daß nur ein Verstoß in der einen Richtung begangen ist. E. 70 S. 326. So rechtfertigt z. B. die Überzeugung, daß jemand auf unrechtmäßige Weise in den Besitz von Geld gekommen sei, nicht eine Wahlfeststellung zwischen einigen Möglichkeiten unrechtmäßigen Erwerbs, wenn weitere Erwerbsmöglichkeiten nicht ausgeschlossen sind. OLG. München DJust. 1936 S. 1499. Wahlfeststellung ist ausgeschlossen, wenn von den zwei zur Wahl stehenden Straftaten eine unter ein Straffreihettsgesetz fällt. RG. DStrR. 1937 S. 261. 21) Vgl. § 267b Abs. 1 StPO. Welches Gesetz das mildeste ist, ergibt sich nicht allein aus der Vergleichung der Strafrahmen. Vielmehr ist zunächst festzustellen, welche Strafe für jede einzelne der in Betracht kommenden Straftaten angemessen wäre, wenn sie allein zweifelsfrei festgestellt wäre; dabei darf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß der Angeklagte einen anderen in die Wahlfeststellung einbezogenen schwereren Tatbestand verwirk­ licht hat, nicht zur Strafverschärfung beitragen. E. 71 S. 44. Unter den so festgestellten Strafen ist auf die mildeste zu erkennen, wobei es keine Rolle spielt, ob die festgestellte Tat später rückfallbegründend wirken könnte. Staks in IW. 1935 S. 2939. Hält das Gericht für alle in Betracht kommenden Straftaten die gleiche Strafe für angebracht, so hat es freie Hand, welches Gesetz es als angewandt bezeichnen will; dabei ist demjenigen den Vorzug zu geben, dessen Verletzung nach gesundem Bolksempfinden weniger schlimm gewertet wird (vgl. dazu Bruns, DStrR. 1936 S. 277). Mehrere Tellnehmer können infolgedessen aus verschiedenen Vorschriften bestraft werden. E. 69 S. 369; a. M. Olshausen, Erg.-Bd. Anm. 6. Für die Frage des gleich­ artigen Rückfalls, der Anwendung eines Amnestieges. usw. ist die in der Urtellsformel bezeichnete Straftat maßgebend (a. M. für die Amnestie Bruns, a. a. O.). Kann nicht festgestellt werden, ob eine Handlung eine Diebstahlshandlung im Rahmen eines fortgesetzten Diebstahls oder aber gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei darstellt, so ist in entsprechender An­ wendung des 8 2 b die Strafe für den fortgesetzten Diebstahl auf der einen Seite und die Gesamtstrafe für die in Fortsetzungszusammenhang begangenen übrigen Diebstähle und gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei auf der anderen Seite zu vergleichen und die danach müdeste Strafe sestzusetzen E. 70 S. 281. 3) Die Handlung ist auch dann im Jnlande verübt, wenn nur ein Teil der Tätigkeit des A. im Jnlande erfolgt ist und der Erfolg im Auslande zur Er­ scheinung gekommen ist. Plen.Entsch. E. 13 S. 337. Vgl. E. 41 S. 37. Alle

15

Einleitende Bestimmungen § 4. § 4.

Wegen der im Auslande begangenen Verbrechen und Ver­

gehen findet in der Regel keine Verfolgung statt. Jedoch kann nach den Strafgesetzen des Deutschen Reichs verfolgt

werden:’B)

1.4* )* ein 3 Deutscher4 •) oder ein Ausländer, welcher im Auslande eine hochverräterische Handlung4 b)

gegen das Deutsche Reich,

oder ein

Münzverbrechen oder Münzvergehen, oder als Träger eines Deutschen Amtes eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amte anzusehen ist;

2.4c) ein Deutscher oder ein Ausländer, der im Ausland eine landesverräterische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen An­

griff gegen den Reichspräsidenten (§ 94 Abs. 1, 2) begangen hat; 3. ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung begangen

Mittäter handeln im Inlands, wenn nur einer von ihnen dort tätig wirb. DRZ. 16 S. 448. Die im Inlands geleistete Beihilfe zu einem im Auslande verübten Verbrechen ist nach inländ. Recht zu bestrafen, so als fiele auch die Haupttal unter die deutschen Gesetze. RG. JurW. 1936 S. 2655. Ebenso ist die im Auslande geleistete Beihilfe zu der im Jnlande begangenen Tat nach inländ. Ges. zu bestrafen. E. 11 S. 20 u. E. 19 S. 147. Sülch die im Auslande betätigte Anstiftung zu einer im Gebiete des Deutschen Reichs ver­ übten Tat ist als im Jnlande verübt anzusehen. E. 25 S. 424. DeSgl. ist mittel­ bare Täterschaft strafbar, auch wenn die Tat im Auslande begangen und dort nicht strafbar ist. E. 51 S. 9. Eine fortgesetzte Handlung, deren Einzelhandlung teils im Inland, teils im Ausland begangen wurden, ist in vollem Um­ fang nach Deutschem Recht zu bestrafen. RG. DJust. 1937 S. 1004. Eine auf einem Deutschen Schiffe auf hoher See verübte Tat ist nach deutschem Recht zu bestrafen. GA. 37 S. 288 u. E.23 S. 266. Die Wohnung eines bei der inländischen Regierung beglaubigten Gesandten ist als Inland anzusehen. E. 69 S. 55. Die Bedrohung eines Ausländers durch einen Ausländer mittels eines im Jnlande geschriebenen Briefes kann hier bestraft werden. E. 30 S. 98. Die Versendung einer nach § 184 Nr. 3 strafbaren Druckschrift in daS Ausland ist strafbar, wenn auch die Ankündigung dort straflos ist. E. 48 S. 60. 3 a) über die Fälle des § 4 Abs. 2 Nr. 1, 2 hinaus sind in Anwendung des § 2 StGB, deutsche Staatsangehörige strafbar, wenn sie sich zur be­ wußten Umgehung der deutschen Gesetze vorübergehend ins Ausland be­ geben, um dort eine Tat zu begehen, die nach deutschem Recht strafbar, nach den Gesetzen des Tatorts aber straflos ist (NV. d. RIM. v. 2. April 36, abgedr. bei Krug-Sch äfer-Stolzenburg^ Sttaftechtl. Ver­ waltungsvorschriften S. 249). Anwendungsfall: DJust. 1936 S. 1239. 4) Fassung beruht auf dem Ges. zur Abänderung strafrechtl. Vorschriften v. 26. Mai 33 (RGBl. I S. 295) und dem Ges. v. 24. April 34 (RGBl. I S. 341). 4 a) d. h. ein Neichsangehöriger, auch wenn er nicht Reichsbürger im Sinne des Reichsbürgerges. v. 15. Septbr. 35 — RGBl. I S. 1146 — ist. 4 b) Zu den hochverräterischen Handlungen gehören die Sttaftaten der §§ 80-85. 4 c) Fassung beruht aus dem Ges. v. 24. April 34 (RGBl. I S. 341).

16

A 2. Strafgesetzbuch § 5.

Hal, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des Orts, an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht Ist.5 6)7 Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Täter bei Begehung der Handlung noch nicht Deutscher war In diesem Falle bedarf es jedoch eines Antrages der zuständigen Behörde des Landes, in welchem die strafbare Handlung begangen worden, und das ausländische Straf­ gesetz ist anzuwenden, soweit dieses milder ist. Soll ein Ausländer wegen einer im Auslande begangenen Tat verfolgt werden, so darf die Anklage nur mit Zustimmung des Reichs­ ministers der Justiz erhoben werden?«/») § 5. Im Falle des 8 4 Nr. 3 bleibt die Verfolgung ausge­ schlossen, wenn 1. von den Gerichten des Auslandes über die Handlung rechts­ kräftig erkannt und entweder eine Freisprechung erfolgt oder die aus­ gesprochene Strafe vollzogen/) 2. die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach den Ge­ setzen des Auslandes verjährt?) oder die Strafe erlassen, oder 3. der nach den Gesetzen des Auslandes zur Verfolgbarkeit der

Handlung erforderliche Antrag des Verletzten nicht gestellt worden ist.8) 5) Unter welchem recht!. Gesichtspunkte die Tat im Ausl, strafbar ist, ist un­ erheblich. E. 5 S. 424. Es ist nicht erforderlich, daß die Strafbarkeitsmerkmale nach dem deutschen und dem ausl. Recht völlig übereinstimmen, im Urteil müssen aber die Tatbestandsmerkmale nicht nur des inländischen, sondern auch des ausländischen Rechts festgestellt werden. Recht 9 S. 139. Der deutsche Richter ist zur Anwendung der fremdländischen Grundsätze über Verbrechens­ konkurrenz nicht verpflichtet. E. 42 S. 330. Das Zivilrecht des Auslands ist auch für Entscheidung einer privatrechtl. Vorfrage maßgebend. E. 27 S. 135. Die deutsche Reichsangehörigkeit unterliegt der freien Nachprüfung durch das Revistonsgericht. Hamburg LZ. 22 S. 427. Die Vornahme unzüchtiger Hand­ lungen eines Pflegevaters an der Pflegetochter ist in Holland nicht strafbar; dort begangene derartige Taten können daher nicht im Inland nach § 174 Abs. 1 Nr. 1 verfolgt werden. E. 70 S. 324. 5 a) Die Zustimmung ist Prozeßvoraussetzung; ihr Fehlen hindert den Erlaß eines Sachurteils. Als Staatshoheitsakt ist sie — anders als der Straf­ antrag des Verletzten (§ 61 StGB) — an keine Frist gebunden; sie ist teilbar und kann jederzeit bis zur Rechtskraft des Urteils frei zurückgenommen werden. 6) Vollzogen ist die Strafe nur dann, wenn sie ganz zur Vollstreckung ge­ langt ist. E. 16 S. 319. Diese Vorschrift bezieht sich aber nur auf die im Aus­ lande begangenen Straftaten, nicht auch auf die, welche teilweise im Inlands be­ gangen sind. DIZ. 14 S. 436. Die Einstellung steht im Sinne dieser Vor­ schrift der Freisprechung nicht gleich. GA. 62 S. 161. 7) Die Frage der Verjährung richtet sich nach ausl. Recht. LK. Anm. zu Nr. 2. 8) Der Antrag muß bei der ausländischen Behörde gestellt und darf nicht zurückgenommen sein. E. 44 S. 433. Nach Recht 19 Nr. 966 ist er bei der deutschen Behörde und in den Formen des deutschen Rechts zu stellen.

§§ 6—12.

§ 6

17

Strafen §§ 13 u. 14.

Im Auslande begangene Übertretungen sind nur dann

zu bestrafen, wenn die- durch besondere Gesetze oder durch Verträge angeordnet ist.9)

§ 7.

Eine im Auslande vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben

Handlung im Gebiete des Deutschen Reichs abermals eine Verurteilung erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen.10)11 12 13

§ 8.

Ausland im Sinne dieses Strafgesetze- ist jede- nicht zum.

Deutschen Reich gehörige Gebiet."»)

§ 9.

Ein Deutscher darf einer ausländischen Regierung zur Ver­

folgung oder Bestrafung nicht überliefert werden. § 10.

Auf deutsche Militärpersonen finden die allgemeinen Straf­

gesetze des Reichs insoweit Anwendung, als nicht die Militärgesetze

ein anderes bestimmen. § 11. Kein Mitglied eine- Landtag- oder einer Kammer eine- zum Reich gehörigen Staat- darf außerhalb der Versammlung, zu welcher da- Mit­ glied gehört, wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufe- getanen Äußerung zur Verantwortung gezogen werden.")

§ 12.

Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen eine- Landtag­

oder einer Kammer eine- -um Reich gehörigen Staats bleiben von jeder Ver­ antwortlichkeit frei.")

1. Teil,

von drr vrsträfuug der verbrechen, Vergehen und Übrrtrrtrmgrn im allgemeinen. 1. Mchultt.

Strafen.

§ 13.

Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu vollstrecken.")

§ 14

Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslängliche oder eine zeitige.

9) Die Frage, ob eine Übertretung vorliegt, ist nach inländ. Recht zu ent­ scheiden. E. 18 S. 298. 10) Hat der ausländische Richter aus eine Gesamtstrafe erkannt, ohneEinzelstrafen festzusetzen, so muß die im Ausland erkannte Strafe auf die einzelnen Straffälle nach dem Ermessen des inländ. Richters verteilt werden. E. 35 S. 41. Ist wegen einer von mehreren Handlungen eine Strafe im Aus­

lande verbüßt, so ist die ausl. Strafe auf die im Jnlande verhängte Einzelstrafe anzurechnen. DRZ. 20 Nr. 820. Der ausländische Richter kann nicht darüber vernommen werden, ob er bei seiner Verurteilung den der inländischen Ab­ urteilung unterliegenden Tatbestand mit abgeurteilt habe. Recht 13 Nr. 392. 10 a) Danzig ist i. S. des StGB, nicht alS Inland anzusehen. E. 67

S. 255. Siehe ferner Anm. 55 zu § 160 GBG. 11) Gegenstandslos durch die Aushebung der Volksvertretungen der Länder (Art. 1 des Ges. über den Neuaufbau des Reichs v. 30. Jan. 34, RGBl. I S. 75). 12) Vgl. Anm. 11. 13) Die Art und Weise regelt der Reichsjustizminister im Verwaltungs­ wege. Die früheren landeSrechtl. Vorschriften haben ihre Bedeutung verloren.

Da Icke, Strafrecht.

30. Aufl.

2

18

A 2. Strafgesetzbuch §§ 15—17.

Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist fünfzehnu) Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Jahr. Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige. § 15. Die zur Zuchthausstrafe Verurteilten sind in der Straf­ anstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten"»). Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, insbesondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden. § 16. Der Höchstbetrag der Gefängnisstrafe ist fünf Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Die zur Gefängnisstrafe Verurteilten können in einer Gefangenen­ anstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise be­ schäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen. § 15 Abs. 2 findet Anwendung." d) § 17. Die Festungshaft ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Festungshaft ist fünfzehn") Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Wo daS Gesetz die Festungshaft nicht ausdrücklich als eine lebens­ längliche androht, ist dieselbe eine zeitige Die Strafe der Festungshaft besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise der Gefangenen. Sie wird in Festungen vollzogen, die dem lReichswehrmlnister = jeht ] Reichskriegsminister unterstehen.*) "«). 8 2 deS Ges. über Verhäng, u. Vollzug der Todesstrafe v. 29. März 33 (RGBl. I S. 151) bestimmt: Ist jemand wegen eines gegen die öffentliche Sicherheit gerichteten Ver­ brechens zum Tode verurteilt, so kann die Regierung deS Reichs oder deS Landes, durch deren Behörden das Urteil zu vollstrecken ist, anordnen, daß die Voll­ streckung durch Erhängen erfolgt. Wegen des bei der Vollstreckung von Todesurteilen zu beachtenden Ver­ fahrens vgl. RV. d. RIM. v. 22. Oktbr- 35, abgedr. bei Krug-Schäfer Stolzenburg, Straft. Verwaltungsvorschriften S. 344. 14) ES kann auf mehr als 15 Jahre erkannt werden, wenn mehrere Ver­ brechen, aber nicht die Voraussetzungen des § 79 vorltegen. E. 4 S. 53. 14 a) Der Vollzug der Freiheitsstrafen ist geregelt in der VO. deS Reichsjustizministers über den Vollzug von Freiheitsstrafen und von Maßregeln der Sicherung und Befferung, die mit Freiheitsentziehung verbunden sind, v. 14. Mai 34 (RGBl. I S. 383). 14 b) § 16 Abs. 3 findet auch auf Personen Anwendung, die vor dem In­ krafttreten deS Ges. v. 24. April 34 (RGBl. 1 S. 341) verurteilt worden sind (Art. XIV dieses Ges.). 14 c) Dazu VO- über den Vollzug der Festungshaft v. 20. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1019) u. AV. v. 13. Dezbr. 33 (Deutsche Justiz S. 805).

19

Strafen §§ 18—20 a.

§ 18. Der Höchstbetrag der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindest­ betrag Ein Tag. Die Strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung. § 19. Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet. Die Dauer einer Zuchthausstrafe darf nur nach vollen Monaten, die Dauer einer anderen Freiheitsstrafe nur nach vollen Tagen be­

messen werden.l5 * *) * * * * * * * * * * * * § 20. Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus oder Gefängnis und Festungshaft gestattet, darf auf Festungshaft nur dann erkannt werden, wenn die Tat sich nicht gegen das Wohl des Volkes"') ge­ richtet und der Täter ausschließlich auö ehrenhaften Beweggründen gehandelt hat § 20a. Hat jemand, der schon zweimal rechtskräftig verurteilt worden ist, durch eine neue vorsätzliche Tat15 b) eine Freiheitsstrafe ver15) Wenn neben einer Zuchthausstrafe auf eine Gefängnisstrafe erkannt wird, welche alS Zusatzstrafe oder zur Bildung einer Gesamtstrafe auf Zuchthaus zurückzuführen ist, so kann auch eine Bemessung derZuchthausstrafe nach Tagen ein­ treten. E. 4 S. 161. Bei Bemessung einer Gesamtstrafe mehrerer konkurrierender mit Zuchth. zu bestrafender Verbrechen darf nicht unter einen vollen Monat Zuchth. herabgegangen werden. R. 5 S. 63. Eine Bemessung der Strafe nach Bruch­ teilen eines Tages, MonatS oder Jahres ist nicht zulässig. N. 9 S. 369 u.

E. 10 S. 22. JurW. 60 S. 2786. Siehe auch Anm. 19 b. Bisher bestanden in Rechtsprechung und Schrifttum Zweifel, wie zu verfahren sei, wenn der nichtbeitreidbare Rest einer Geldstrafe nach dem im Urteil festgesetzten UmwandlungSmaßstab der Ersotzfretheitsftrafe nicht einem Zeitraum von ganzen Tagen entspricht. Im Interesse einer einheitlichen Handhabung dieser Fragen haben die Vollstreckungsbehörden nach § 38 der StrafvollstreckungsO. v.

7. Dezbr. 35 (abgedr. D 3) — Vorbehalt!, einer abweichenden gerichtl. Entsch. — die restl. Ersatzfreiheilsstrafe in vollem Umfang zu vollstrecken, auch wenn der Rest weniger als 24 Stunden beträgt. Dazu Schäfer, Deutsche Justiz 1933

S. 704. Im Fall der Unterbrechung der Vollstreckung bleibt für den Lauf der ganzen Strafzeit der Tag des ersten Strafantritts dergestalt mastgebend, daß dem ohne

die Unterbrechung rechnungsmäßigen Schlußtermine ebensoviel Tage ».Stunden hiuzuzurechnen sind, als die Unterbrechung gedauert hat. Breslau GA. 49 S. 301. KG. JurR. 1 Nr. 430. Vgl. auch § 24 der StrafvollstreckungSO. (unter D 3) 15a) Vgl. dazu Anm. 45a zu tz 263. 15 b) § 20 a Abs. 1 setzt 3 Verurteilungen voraus, denen jeweils eine

nach der vorausgegangenen früheren Verurteilung begangene Tat zugrunde liegt; es genügt nicht, daß 3 Verurteilungen vorliegen, wenn aus ihnen oder aus 2 davon eine Gesamtstrafe zu bilden ist. E. 68 S. 150.

Die Straftaten

brauchen weder gletcharttg zu sein noch dieselbe Richtung aufzuweisen. RG. a. a. O. Besteht jedoch die neue Tat aus mehreren strafbaren Handlungen, so Ist bei jeder besonders zu prüfen, ob sie den Täter als gefährlichen GewohnheitSver-

2*

20

A 2. Strafgesetzbuch § 20 a.

wirkt und ergibt die Gesamtwürdigung der Taten, daß er ein gefähr­ licher Gewohnheitsverbrecher"^)

so ist, soweit die neue Tat nicht

mit schwererer Strafe bedroht ist, auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren und, wenn die neue Tat auch ohne diese Strafschärfung ein Ver­

brechen wäre, auf Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren zu erkennen."«) Die Strafschärfung setzt voraus, daß die beiden früheren Verur-

brecher kennzeichnet, und die Strafschärfung tritt nur bei denjenigen Handlungen ein, bei denen dies zu bejahen ist; ein rückfälliger Dieb muß also wegen einer etwa gleichzeitig abzuurteilenden Beleidigung nicht notwendig mit Zuchthaus bestraft werden. E 70 S. 214. Voraussetzung für die Anwendung des § 20 a ist selbstverständlich, daß die neue Tat an sich strafbar ist; der st r a f l o s e V e r such eines Vergehens (z. B. gegen § 267) genügt nicht. E. 70 S. 289. 15 dir) Gefährlich ist ein Gewohnheitsverbrecher, wenn aus seinen Taten eine besondere Hemmungslosigkeit und Stärke des verbrecherischen Willens spricht (RG. v. 17. Juli 34 — 3D 840/34 —) und wenn mit Rücksicht auf die Häufung der Straftaten und die Stärke des verbrecherischen Willens die Wahr sch ei nlichkeit besteht, das; er künftig den Rechtsfrieden erheblich stören wird: E. 68, 150 und RG. in JurW. 1934 S. 2913". Gewohnheitsverb re cher ist, wer infolge eines auf Grund charakter­ licher Veranlagung bestehenden oder durch Übung erworbenen inneren Hanges wiederholt Rechtsbruch begeht und zur Wiederholung von Rechtsbrüchen neigt. Ob die Veranlagung unverschuldet oder durch ein unverschuldetes Leiden noch gesteigert worden ist, ist ohne Bedeutung. E. 69 S. 129, ebenso, ob der Täter aus innerem Trieb heraus oder nur unter ganz bestimmten, von seinem Willen unabhängigen Umständen strafbare Handlungen begeht. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 302. Straftaten, die nicht dem verbrecherischen Hang, sondern aus­ schließlich oder überwiegend anderen Ursachen entspringen, kommen für die An­ wendung des § 20 a nicht in Betracht. Das Gericht muß alle Umstände, die den Täter als gefährlichen Gewohnheitsverbrecher erscheinen lasten, genau und unter eingehender Würdigung aller für und wider sprechenden Umstände angeben,,, damit das Revisionsgertcht nachprüfen kann, ob sichere Unterlagen für die Überzeugung des Gerichts vorhanden sind: E. 68 S. 150. Der Um­ stand, daß eine Tat im Rückfall begangen ist, allein genügt nicht, um sie als Ausfluß eines verbrecherischen Hanges anzusehen. E. 68 S. 174. Auch ein eingewurzelter Hang zu kleineren Betrügereien (z. B. Zechprellereien) kann die Feststellung rechtfertigen. E. 68 S. 98. In Betracht zu ziehen sind das Vorleben u. die Straftaten des Täters, sein Charakter, sein Alter, die Verhältniste, unter denen er lebt, oder in die er nach Verbüßung der Strafe zurückkehrt. Rietz sch, Deutsche Justiz 1933 S. 741. Hat der Täter im Zustand der Erwerbslosigkeit Eigentumsvergehen begangen, so bedarf die Frage, ob seine Taten auf ver­ brecherischen Hang und nicht vielmehr auf die Erwerbslosigkeit zurückzuführen sind, besonders sorgfältiger Prüfung: RG. in IW. 1934 S. 1652. 15 c) § 20 a will die Strafdrohung des an sich anzuwendenden Gesetzes nur erweitern, nicht aber sie in vollem Umfang ersetzen. Daher darf nicht unter die In dem an sich anzuwendenden Strafgesetz vorgesehene Mindeststrafe herabgegangen, auch muß eine dort angedrohte Geldstrafe neben der geschärften Freiheitsstrafe des § 20 a verhängt werden. E. 68 S. 349 u. 364. Auf Zucht­ hausstrafe ist auch zu erkennen, wenn es sich nur um Versuch oder Beihilfe handelt; eine Milderung gemäß § 44 Abs. 4, § 49 Abs. 2 ist unzulässig. E. 71. S. 15.

Strafen §§ 21 u. 22.

21

teilungen wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens ergangen sind und in jeder von ihnen aus Todessttafe, Zuchthaus oder Gefängnis von mindestens sechs Monaten erkannt worden ist. Hat jemand mindestens drei vorsätzliche Taten*") begangen und ergibt die Gesamtwürdigung der Taten, daß er ein gefährlicher Ge­ wohnheitsverbrecher ist, so kann das Gericht bei jeder abzuurteilenden Einzeltat die Strafe ebenso verschärfen, auch wenn die übrigen im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Eine frühere Verurteilung kommt nicht in Betracht, wenn zwischen dem Eintritt ihrer Rechtskraft 16 * *°)* *und * * *der * * folgenden * * * * * * Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. Eine frühere Tat, die noch nicht rechtskräftig abgeurteilt ist, kommt nicht in Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe ver­ büßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt"') ver­ wahrt wird. Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete Tat auch nach deutschem Recht ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen wäre. § 21 Achtmonatliche Zuchthausstrafe ist einer einjährigen Ge­ fängnisstrafe, achtmonatliche Gefängnisstrafe einer einjährigen Festungs­ haft gleich zu achten.l0)

§ 22. Die Zuchthaus- und Gefängnisstrafe können sowohl für die ganze Dauer, wie für einen Teil der erkannten Strafzeit in der 15 6) Erforderlich sind 3 im Verhältnis zueinander selbständige Taten; Einzelakte einer fortgesetzten Handlung oder eines Sammeldelikts genügen nicht. E. 68 S. 297. Die Voraussetzungen des § 20 a Abs. 2 sind sowohl gegeben, wenn noch keine der drei Taten abgeurteilt ist, wie auch dann, wenn eine oder zwei schon abgeurteilt sind (sofern die beiden Verurteilungen nicht die Merk­ male des § 20 a Abs. 1 erfüllen). E. 68 S. 330. Unerheblich ist — im Gegen­ satz zu § 20a Abs. 1 —, in welcher Reihenfolge die 3 Taten begangen worden sind. Sicherheitsverwahrung ist auch zulässig, wenn die 2 weiteren Taten nach der jetzt abzuurteilenden Einzeltat begangen und mit einer Gesamtstrafe geahndet worden sind. E. 68 S. 222. Auch Taten, die nur mit Geldstrafe geahndet worden sind, können berücksichtigt werden. RG. in JurW. 1934 S. 2691. Das in Anm. 15 b am Ende Gesagte gilt auch für Abs. 2. RG. JurW. 1936 S. 1971. 15 e) Der Tag der Rechtskraft wird in die Frist nicht eingerechnet. RG. in JurW. 1935 S. 521.

15 f) Z. B. Fürsorgeerziehüngsanstalt.

RG. in JurW. 1935 S. 523.

16) Sind mehrere Zuchthausstrafen unter einem Jahr verwirkt, so ist zu­ nächst die für jeden Fall als angemesien erachtete Zuchthausstrafe in Gefängnis umzuwandeln und aus diesen Gefängniseinzelstrafen die Gesamtstrafe zu bilden. JurW. 59 S. 908. Ein bei der Umwandlung errechneter halber Monat Ge­ fängnis beträgt 14, nicht 15 Tage RG. JurW. 1936, 259 ".

22

A 2. Strafgesetzbuch §§ 23—27.

Weise in Einzelhaft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgesetzt von anderen Gefangenen gesondert gehalten wird. Die Einzelhaft darf ohne Zustimmung deS Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen. § 23.161) Die zu einer längeren Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe Verurteilten können, wenn sie drei Vierteile, mindestens aber Ein Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, sich auch während dieser Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zustimmung vorläufig entlassen werden. § 24.lfl &) Die vorläufige Entlassung kann bei schlechter Führung des Entlassenen oder, wenn derselbe den ihm bei der Entlassung aus­ erlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt, jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf hat die Wirkung, daß die seit der vorläufigen Entlassung bis zur Wiedereinlieferung verflossene Zett auf die fest­ gesetzte Strafdauer nicht angerechnet wird. § 25.16e) Der Beschluß über die vorläufige Entlassung, sowie über einen Widerruf ergeht von der obersten Justiz-Aufsichtsbehörde. Vor dem Beschluß über die Entlassung ist die Gefängnisverwaltung zu

hören. Die einstweilige Festnahme vorläufig Entlaßener kann aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls von der Polizeibehörde deS OrtS, an welchem der Entlassene sich aushält, verfügt werden. Der Beschluß über den endgültigen Widerruf ist sofort nachzusuchen. Führt die einstweilige Festnahme zu einem Widerrufe, so gilt dieser als am Tage der Festnahme erfolgt. § 26J6*) Ist die festgesetzte Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein Widerruf der vorläufigen Entlassung erfolgt ist, so gilt die Freiheits­ strafe als verbüßt. § 27. Die Geldstrafe ist in Reichsmark sestzusetzen. Sie beträgt 1. bet Verbrechen und Vergehen, soweit nicht höhere Beträge oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, mindestens dreil7) Reichsmark und höchstens zehntausend Reichs­ mark; 16 a) Die §§ 23—26 sind praktisch gegenstandlos. Die Rundverfügung des Reichsjastizministers v. 30. April 35 — Illa 15 652/35 — besagt: „Die vorläufige Entlassung gemäß §§ 23—26 StGB, hat im Laufe der Zeit ihre praktische Bedeutung nahezu völlig verloren, weil die mit ihr ver­ bundene Probezeit zu kurz ist, als daß eine nachhaltige Einwirkung auf den Verurteilten möglich wäre. Ein solcher Erfolg läßt sich vielmehr in der Regel nur mit der bedingten Strafaussetzung erreichen. Demgemäß bestimme ich, daß Gesuche um vorläufige Entlaffung grundsätzlich in erster Linie als Gesuche um bedingte Strafaussetzung zu behandeln sind." 17) Auch bei Vergehen Jugendlicher. Siehe Anm. 16 z. JGG.

Strafen §§ 27 a u. 27 b.

23

2. bei Übertretungen mindestens eine Reichsmark, soweit nicht ein höherer Mtndestbeirag angedrohi ist oder wird, und höchstens einhundertsünfzig Reichsmark.

Die Vorschriften des Tlbs. 2 über Höchstbeträge gelten nicht, so­ weit die angedrohte Strafe in dem Mehrfachen, dem Einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrags besteht."») Ist dieser nicht auf Reichsmark gestellt, so ist er für die Festsetzung der Geldstrafe in Reichs­ mark umzurechnen.

§ 27 L Bet einem Verbrechen oder Vergehen, das auf Gewinn­ sucht 18 * *) beruht, kann die Geldstrafe auf einhunderttausend Reichsmark erhöht und auf eine solche Geldstrafe neben Freiheitsstrafe auch in den­ jenigen Fällen erkannt werden, in denen das Gesetz eine Geldstrafe nicht androht. § 27 b.

Ist für ein Vergehen oder eine Übertretung, für die an

sich eine Geldstrafe überhaupt nicht oder nur neben Freiheitsstrafe zu­ lässig ") ist, Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten"») ver­ wirkt/8^) so ist an Stelle der Freiheitsstrafe auf Geldstrafe19 c) (§§ 27,

17 a) Besteht eine Strafe in Höhe deS Mehrfachen, so darf sie weder höher noch niedriger als auf das Mehrfache festgesetzt werden. E. 60 S. 198 u. 389. 18) Gewinnsucht bezeichnet eine Gesinnung, die dauernd unter Mißachtung der Rechte und Interessen Dritter auf die Erzielung von Gewinn oder Er­ sparung von Ausgaben gerichtet ist, Frank Anm. Erfordert wird die Steige­ rung des berechtigten Erwerbssinnes auf ein ungewöhnliches, ungesundes, sitt­ lich anstößiges Maß. E. 60 S. 306. Tatbestandsmcrkmal oder qualifizieren­ des Moment braucht die Gewinnsucht nicht zu fein. 19) Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn neben Freiheitsstrafe Geld­ strafe nur bei mildernden Umständen zulässig ist und diese nicht angenommen werden. E. 58 S. 106; aber nicht wenn Geld- ober Freiheitsstrafe wie im § 185 wahlweise angedroht ist. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 213; oder wie im § 263 Abs. 2. Dresden JurW. 60 S. 227. 19 a) Es kommt darauf an, ob die einzelne mit Freiheitsstrafe bedrohte Tat mit einer Freiheitsstrafe von weniger als 3 Monaten anzusetzen ist. Recht 26 Nr. 1750. KG. DIZ. 36 S. 1458. 19 b) Verwirkt ist die Strafe, auf die erkannt ist, nicht die, auf die hätte erkannt werden sollen. DRZ. 23 Nr. 520. Über die verwirkte Freiheitsstrafe haben sich wenigstens die UrteilSgrÜnde auszusprechen. Das KG. empfiehlt, die verwirkte Freiheitsstrafe nicht nach Monaten, sondern nach Wochen oder Tagen zu bemeffen, damit im Anwendungsfalle eine rechtliche Teilung der Geldsttafe durch die Zeiteinheiten der Freiheitsstrafe möglich ist. Deshalb ist es auch zweckmäßig, die Geldstrafe nicht auf eine runde Summe festzusetzen. Die Besttmmung eines Maßstabes für die Rückumwandelung ist nicht erforderlich. JurW. 51 S. 1049. Der Hinweis auf die vorauSsichtl. Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ist nicht als eine genügende Stellungnahme zu erachten. Dresden v. 2. Juni 26, LZ. 20 S. 852. 19 c) Die erkannte Geldstrafe ist eine echte u. primäre Geldsttafe. Schäfer, JurR. 1 S. 111. Daher eine Gesamtstrafe unzulässig. E. 59 S. 21, vgl.

A 2. Strafgesetzbuch § 27 c.

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27 a) zu erkennen, wenn der Strafzweck durch eine Geldstrafe erreicht werden sann.19 * *d*) * * * * * * * * * * * * * * * Die Vorschriften des MtlitärstrasgesetzbuchS bleiben unberührt?9«) § 27 c.

Bei der Bemessung einer Geldstrafe sind die wirtschaft­

lichen Verhältnisse20) des Täters zu berücksichtigen. § 74 Anm. 2. Eine zu Unrecht erkannte Geldstrafe kann das Rev.Gericht in Wegfall bringen. JurR. 2 Nr. 857.

19 d) Die nicht den Schuld-, sondern nur den Strafausspruch angehende Frage nach der Erreichbarkeit des Strafzwecks kann vom Richter stets nur unter Würdigung aller Umstünde des konkreten EinzelfallS entschieden werden und ihre Beantwortung wird inöbes. davon abhängen, ob die Geldstrafe im Einzel­ falle auf den Täter nach jeder Richtung hin in Zukunft die gleiche Wirkung aus­ üben kann, wie die an sich verwirkte Freiheitsstrafe. Dresden, JurW. 52 S. 421 und ob die Geldstrafe als gerechte Vergeltung und Sühne der Tat anzusehen wäre. OLG. Dresden DStrR. 1936 S. 369. Durch die Geldstrafe muß der Strafzweck voll erreichbar erscheinen. E. 64 S. 108. Strafzweck ist nicht gleich­ bedeutend mit Zweck der Strafvollstreckung. Schon die Wirkung der Verhängung der Strafe ist zu berücksichtigen. E. 59 S. 51. Entscheidend ist die Persönlich­ keit deS Täters. DRZ. 21 Nr. 59. Der abstrakt gemeingefährliche Charakter eines Delikts schließt die Anwendung des § nicht aus. JurW. 58 S. 2711 und 59 S. 909. Vielmehr ist, wenn die Voraussetzungen des § 27 b gegeben sind, ohne Rücksicht auf die abstrakte Schädlichkeit der strafbaren Handlung auf Geldstrafe zu erkennen. E. 68 S. 227. Die Anffaffung, daß bestimmte Straf­ taten (z. B. von einem Berufsfahrer begangene fahr!. Tötung oder Beamten­ vergehen) ausnahmslos nur durch eine Freiheitsstrafe gesühnt werden könnten, ist mit § 27 b unvereinbar. RG. JurW. 1936 S. 1909 und E. 71 S. 46. Zu berücksichtigen sind alle Strafzwecke. Einem von ihnen kann ausschlaggebende Be­ deutung beigemessen werden. E. 61 S. 417. Auch die Wirkung der Bestrafung auf Dritte, tnsbes. auf den etwaigen Verletzten ist nicht außer acht zu lassen. E. 65 S. 229. Der Umwandlung steht nicht entgegen Vermögenslosigkeit. HRR. 1928 Nr. 787; oder voraussichtliche Nichttragbarkeit einer hohen Geld­ strafe. E. 65 S. 229. Nicht erreichbar ist der Zweck, wenn zu befürchten ist, daß der Bestrafte durch Verhängung einer Geldstrafe angereizt werde, sich die Mittel zu ihrer Bezahlung durch neue Straftaten zu beschaffen. HRR. 1929 Nr. 669; oder weil anzunehmen ist, daß ein Dritter die Strafe für den A. be­ zahlen werde. E. 65 S. 308. Es bedarf eines besonderen Ausspruchs darüber, ob der Strafzweck nur durch die Vollstreckung der verwirkten Freiheits­ strafe erreicht werden kann. JurW. 53 S. 320. 19 e) Vgl. § 29 MtlStGB. 20) Es kommen hierbei in Betracht neben der Höhe u. Art deS Einkommens die Familienverhältnisse, Erwerbsfähigkeit, Erwerbsaussichten, OrtSverhältnisie, aber auch die Verbindlichkeiten des Täters, z. B. gesetzliche Unterhaltspflichten. Nicht in Betracht kommt das Einkommen eines Dritten, der die Geldstrafe möglicherweise zahlt. Hamburg HRR. 1932 Nr. 1173. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnifle ist nicht die Zeit der Tat, sondern der Tag der Urteilsfällung. KG. Recht 31 Nr. 455. Die einfache Be­ merkung, daß die w. V. berücksichtigt worden sind, genügt nicht. Hellwig, GStG. Anm. 86; doch bedeutet die Nichterwähnung des 8 27 c in den Gründen keine Gesetzesverletzung. Kiel JurW. 58 S. 3033.

Strafen §§ 28 u. 28 a.

25

Die Geldstrafe soll daS Entgelt, daS der Täter für die Tat empfangen, und den Gewinn, den er aus der Tat gezogen hat, übersteigen.20 •) Reicht daS gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht auS, so darf es Über­ schritten werden.

§ 28. Ist dem Verurteilten nach seinen wirtschaftlichen Verhält­ nissen nicht zuzumuten, daß er die Geldstrafe sofort zahlt, so hat ihm das Gericht eine Frist 21) zu bewilligen2'») oder ihm zu gestatten, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. DaS Gericht kann diese Vergünstigung auch nach dem Urteil be­ willigen. Es kann seine Entschließungen nachträglich ändern. Leistet der Verurteilte die Teilzahlungen nicht rechtzeitig, oder bessern sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich, so kann das Gericht die Vergünstigung toiberrufen.2111) Auf die nach Abs. 2 zu treffenden Entscheidungen findet § 462 der Strafprozeßordnung Anwendung.

§ 28 a. Soweit die Geldstrafe nicht gezahlt wird, ist sie beb zutreiben.2'd)

Der Versuch, die Geldstrafe beizutreiben, kann unterbleiben, wenn mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß sie aus dem beweglichen Ver­ mögen deS Verurteilten nicht betgetrieben werden kann. 20 a) Der Abs. 2 ist auch dann anzuwenden, wenn dem Geschädigten z. B. in Steuersachen der vom Täter gezogene Gewinn anderweit sichergestellt ist. DRZ. 18 Nr. 1071. Auch nach JurR. 3 Nr. 872 setzt Abs. 2 nur einen aus der Tat gezogenen, nicht aber einen dem Täter bis zur Aburteilung verbliebenen Gewinn voraus. Die Tatsache aber, daß der Gewinn teilt dauernder gewesen, gehört zu den zu berücksichtigenden Verhältnissen. Abs. 1 geht dem Abs. 2 vor, wenn seine Anwendung ein übermäßig schweres Strafübel zur Folge haben würde. DRZ. 19 Nr. 313. — Es kommt auch der Gewinn in Betracht, den der Täter nicht für sich selbst, sondern z. B. im Fall des § 396 (359) NAbgO. für einen anderen gezogen hat. Recht 30 Nr. 1531. — Ter Abs. 2 ist auch an­ wendbar bei Fahrlässigkeitsdelikten. JurR. 2 Nr. 1983. Er enthält aber nur eine Sollvorschrift, deren Beachtung nicht zu einer Verletzung der Vorschrift des Abs. 1 führen darf. Dresden, DRZ. 21 Nr. 88.

21) Da die Fristen, falls nichts besonderes gesagt ist, von der Rechtskraft deS Urteils an rechnen, so empfiehlt es sich, sie kalendermäßig zu bestimmen. Hellwig, GStG. Anm. 106. Die Bewilligung von Zahlungsfristen und Teilzahlungen ist im Urteilssatz auszusprechen. E. 60 S. 16. 21 a) Diese Vorschrift ist im Gegensatz zu der des Abs. 2 zwingender Natur. KG. DIZ. 36 S. 841. Ist eine Freiheitsstrafe int Gnadenwege in eine Geldstrafe umgewandelt, so darf das Gericht für diese nicht Strafausstand bewilligen. KG. JurR. 1 Nr. 333. — Siehe auch 88 15 und 35 der GnadenO. v. 6. Febr. 35 (D 4). 21 aa) Im Urteil darf der Widerruf aber nicht ausgesprochen werden. KG. JurW. 59 S. 665. 21 b) Dgl. dazu § 36 der StrafvollstreckungsO. (D3).

26

A 2. Strafgesetzbuch 88 28 d u. 29.

§ 28 d. Die Vollstreckungsbehörde kann dem Verurteilten ge­ statten, eine uneinbringliche Geldstrafe durch freie Arbeit zu tilgen. Das Nähere regelt die Reichsregierung mit Zustimmung des Retchsrats. Soweit dies nicht geschieht, sind die obersten Landesbehörden er­ mächtigt, das Nähere zu regeln.*)

§ 29. An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe81 bb) tritt bet Verbrechen und Vergehen Gefängnis oder, wenn neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt wird, Zuchthaus,21 c) bei Übertretungen Hast. Auch bet Vergehen kann die Geldstrafe in Hast umgewandelt werden, wenn Geldstrafe allein oder an erster Stelle oder wahlweise neben Hast an­ gedroht ist. Die Dauer der Ersatzstrafe ist mindestens ein lQQtld) und bei Ge­ fängnis und Zuchthaus höchstens ein Jahr, bet Haft höchstens sechs Wochen. Ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe von ge­ ringerer Höhe angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen.2le) Die Ersatzstrafe darf nur nach vollen Tagen be­ messen werden. Im übrigen richtet sich das Maß der Ersatzstrafe nach freiem Ermessen des Gerichts. In den Fällen des § 27 b ist Ersatzstrafe die verwirkte Freiheitsstrafe. Der Verurteilte kann die Vollstreckung der Ersatzstrase jederzeit dadurch abwenden, daß er den noch zu zahlenden Betrag der Geld­ strafe entrichtet. Kann die Geldstrafe ohne Verschulden des Verurteilten nicht ein­ gebracht werden, so kann das Gericht anordnen, daß die Vollstreckung

*) Die kleingedruckten Worte sind gegenstandslos (§ 1 deS Ges. v. 5. Dezbr. 34, RGBl. I S. 1214). Vorschriften der Reichsreg. (d. i. des RIM.) sind nicht ergangen. 21 bb) Die Rechnungseinheit ist unbeschränkt. Bei Vergehen kann alS Satz weniger als 3 RM. zugrunde gelegt werden. Dresden JurW. 58 S. 520. § 29 ist auch in Steuersachen anzuwenden. E. 63 S. 95 (101), dagegen nicht bei den Bußen gem. 818 des Schwerbeschädigtenges. Zimmerle DJust. 1937 S. 237. Wird die erkannte Geldstrafe als durch die erlittene Untersuchungshaft verbüßt erklärt, so ist gleichwohl eine Ersatzfreiheilsstrafe auszusprechen. RG. DJust. 1937 S. 819. 21 c) Ersatzzuchthausstrase nur zulässig, wenn wegen derselben Tat neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt wird. E. 62 S. 125 u 186. Wenn da­ neben wegen eines Steuervergehens eine weitere Geldstr. verhängt ist, so darf deswegen keine Ersatzzuchthausstrase festgesetzt werden. HRR. 1933 Nr. 1054. 21 d) In einem Tage Hast besteht die Ersatzstrafe auch dann, wenn die Geldstrafe niedriger als eine Reichsmark ist. KG. GA. 71 S. 20. 21 e) ES ist nicht mehr von einem Umwandlungsmaßstab auszugehen; für jede einzelne Geldstrafe ist vielmehr die insgesamt an ihre Stelle tretende Er­ satzstrafe auszusprechen. E. 60 S. 245. Tittel, DRZ. 20 S. 478. Dagegen KG. JurW. 56 S. 1658.

Strafen §§ 30—32.

27

der Ersatzstrafe unterbleibt21 * *9* * § * *462 * * * *der * * *Strafprozeßordnung ** findet Anwendung. § 30. In den Nachlaß kann eine Geldstrafe nur dann voll­ streckt werden, wenn das Urteil bei Lebzeiten des Verurteilten rechts­ kräftig geworden war. § 31.) Die Verurteilung zur Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähigkeit zum Dienste in dem Deutschen Heere und der Kaiserlichen TZarine21^) sowie die dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter von Rechts wegen zur Folge.2lh) Unter öffentlichen Ämtern im Sinne dieses Strafgesetzes sind die Advokatur, die Anwaltschaft und das Notariat, sowie der Geschworenen-

und Schöffendienst mitbegriffen. § 32. Neben der Todesstrafe und der Zuchthausstrafe22) kann aus den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden, neben der Gefängnisstrafe nur, wenn die Dauer der erkannten Strafe22 9 drei Monate erreicht und entweder das Gesetz den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zuläßt oder die Gefängnisstrafe wegen An­ nahme mildernder Umstände22^) an Stelle von Zuchthausstrafe ausge­ sprochen wird.22) 21 f) Bei nachträglicher Besserung der wirtschaftl. Verhältnisse deS Ver­ urteilten kann die Geldstrafe beigetrieben werden. § 36 Abs. 3 der StrafvollstrcckungsO. (unter 0 3). Die Anordnung schließt die Vollstreckung der Ersatzstrafe endgültig aus. A. M. Dresden JurW. 61 S. 1764. 21g) Jetzt: Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe (§ 2 deS Wehrges. v. 21. Mai 35 (NGBl. I S. 609). Die Wehrunwürdigkeit und das Ausscheiden auS der Wehrmacht als Folge strafgerichtltcher Verurteilung ist jetzt geregelt in §§ 13, 23 des Wehrges. (s. dazu Anl. 2 zur VO. v. 17. April 37, RGBl. I S. 469 betr. Wehrunwürdigkeit bei gerichtl. Bestrafung wegen staatsfeindl. Betätigung). Vgl. ferner §§1,2 des Ges. über die Entziehung des Rechts zum Führen einer Dienstbezeichnung der Wehrmacht v. 26. Juni 35 — RGBl. I S. 829 — (Verlust des bezeichneten Rechts und Entziehung als Folge straf­ gerichtlicher Verurteilung). Wegen des Ausschlusses vom Reichsarbeitsdienst und deS Ausscheidens aus diesem wegen strafgerichtlicher Verurteilung vgl. §§ 5, 12, 16 des Reichsarbeitsdienstges. v. 26. Juni 35 (RGBl. I S. 769). 21 h) Bei Verurteilung zu Zuchthaus ist auf die zeitlich beschränkte Neben­ strafe auS § 35 nicht zu erkennen. HRN. 1929 Nr. 453. 22) Neben lebenslänglicher Zuchthausstrafe kann Ehrverlust nur auf die Lebensdauer und nicht auf bestimmte Zeit ausgesprochen werden. R. 9 S. 175. 22 a) Bei Gesamtstrafe eine Einzelstrafe. Recht 33 Nr. 2260. 22 b) Nicht wegen Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 140 MilStGB. E. 59 S. 257; dagegen entsprechende Anwendung des § 32 bei den minder schweren Fällen des § 84 StGB, VolksgerHof D. Just. 1936 S. 1164. Keine entsprechende Anwendung des § 32, wenn das Gesetz wahl­ weise Gefängnis neben Zuchthaus androht. NG. DJust. 1936 S. 970. 23) Bei Meineid (§ 161), schwerer Kuppelei (§ 181) und gewerbsmäßigem Wucher (§ 302 d) muß auf Verlust der bürgerl. Ehrenrechte erkannt werden. — Wenn alS ordentliche Strafe wahlweise Zuchthaus oder Gefängnis an-

28

A 2. Strafgesetzbuch §§ 33—35.

Die Dauer dieses Verlustes beträgt bet zeitiger Zuchthausstrafe mindestens zwei und höchstens zehn Jahre, bet Gefängnisstrafe min­ destens Ein Jahr und höchstens fünf Jahre. § 33 Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen für den Verurteilten hervorgegangenen Rechte, ingleichen den dauernden Verlust der öffent­ lichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen.**)

§ 34. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt ferner die Unfähigkeit, während der im Urteile bestimmten Zeit 1. die Landeskokarde zu tragen; 2. in das Deutsche Heer oder in die Kaiserliche Marine 21 8) einzutreten; 3. öffentliche Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen zu

erlangen; 4. in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wühlen oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte auszuüben; 5. Zeuge bet Aufnahmen von Urkunden zu sein; 6. Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter, Mitglied eines Familienrats oder Kurator zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte absteigender Linie handele und die obervormundschastliche Behörde oder der Familienrat die Genehmigung erteile. § 35. Reben einer Gefängnisstrafe, mit welcher die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt hätte verbunden werden können, kann auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die

Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter hat den dauernden Verlust der bekleideten Ämter von Rechts wegen

zur Folge. gedroht ist, so kann bei Annahme m. U. neben der Gefängnisstrafe nicht auf Verlust der Ehrenrechte erkannt werden. E. 25 S. 408, auch nicht in ent­ sprechender Anwendung des §32 gemäß §2 StGB. E. 70 S. 220. 24) Verlust des Amtes tritt nach § 53 DBG. auch ein, wenn ein Beamter zum Tode, zu Zuchthaus oder wegen vorsätzlich begangener Tat zu Gefängnis von einem Jahr oder längerer Dauer verurteilt wird. Auch wenn nicht auf Ehrverlust erkannt ist, kann bei entehrenden Straftaten der Reichsinnenmtnister dem Verurteilten die Befugnis zum Tragen der ihm verliehenen Orden und Ehrenzeichen entziehen (§ 16 der VO. v. 14. Novbr. 35 — RGBl. IS. 1341 —). Vgl. ferner § 5 des Ges. v. 26. Juni 35 (RGBl. I S. 829 u. 1121) nebst DurchfVO. v. 29. Aug. 35 (RGBl. I S. 1121) über den Verlust von Orden und Ehrenzeichen als Folge der Entziehung des Rechts zum Führen einer Dienst­ bezeichnung der Wehrmacht. Wegen der bei Ordensverlust erforderlichen Dollstreckungsmaßnahmen vgl. § 41 der StrafvollstreckungsO. (D 3). Neben Verlust der Ehrenrechte darf nicht gleichzeitig noch auf Unfähigkeit zu öffentlichen Ämtern erkannt werden. E. 21 S. 264. JurW. 57 S. 3247. 24 a) Jedoch nur anstelle der Aberkenn, der bürgerl Ehrenrechte, nicht zu­ gleich neben ihr. Recht 32 Nr. 1419, auch 1699. Vgl. auch Anm. 24.

Strafen §§ 36—39.

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§ 36. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter wird mit der Rechtskraft des Urteils

wirksam.

Ihre Tauer wird von dem Tage ab be­

rechnet, an dem die Freiheitsstrafe, neben der die Aberkennung aus­ gesprochen wurde, verbüßt, verjährt oder erlassen tft.24 * *°)* * *Ist neben der Strafe eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung angeordnet worden, so wird die Frist erst von dem Tage ab berechnet, an dem auch die Maßregel erledigt ist. Ist nach Ablauf einer Probezeit dem Verurteilten die Strafe ganz oder teilweise erlassen worden oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erledigt, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet. § 37. Ist ein Deutscher im Auslande wegen eines Verbrechens oder Vergehens bestraft worden, welches nach den Gesetzen des Deut­ schen Reichs den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt oder einzelner bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge hat oder zur Folge haben kann, so ist ein neues Strafverfahren zulässig, um gegen den in diesem Verfahren für schuldig Erklärten auf jene Folge zu erkennen.2B) § 38. Neben einer Freiheitsstrafe kann in den durch das Ge­ setz vorgesehenen Fällen aus die Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht25 a) erkannt werden. Die höhere Landespolizeibehörde 2°d) erhält durch ein solches Er­

kenntnis die Befugnis, nach Anhörung der Gefängnisverwaltung den Verurteilten auf die Zeit von höchstens fünf Jahren unter PolizeiAufsicht zu stellen.26) 27 Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheits­ strafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. § 39 Die Polizei-Aussicht hat folgende Wirkungen:2') 24 b) Wegen der Folgen bei späterer Aufhebung des Urt. im Wiederaufnahmeverf. vgl. § 55 DBG. 24 c) Ohne Rücksicht darauf, ob in diesem Zeitpunkt der Verurteilte aus einem anderen Urteil eine Freiheitssirase verbüßt und ob gleichzeitig noch aus einem anderen Urteil gegen ihn eine Ehrverluststrafe läuft. RG. JurW. 1937 S. 2643. 25) Die auf Grund dieses § erfolgte Aberkennung der b. E. ist keine Be­ strafung, welche den Rückfall nach § 244 begründet. E. 21 S. 35. 25 a) PA. gilt als Strafe. JurR. 1 Nr. 956. Sie darf nur im allge­ meinen für zulässig, nicht ihrer Zeitdauer nach bestimmt werden. JurR. 3 Nr. 184. 25b) Das ist der RegPräs., in Ländern ohne RegBez. der Innenminister oder die ihm entspr. Behörde. AB. v. 15. Novbr. 37 (DJust. S. 1800). 26) Über Beschwerde gegen Ausübung der PA. (Beginn, Art u. Dauer) entscheidet die Verwaltungsbehörde. Löwe Anm. 4 zu § 458. O l s h a u s e n Anm. 14. LK. Anm. 4 am Ende. 27) Siehe AB. v. 23. Juli 00 betr. die Ausführung der in §§ 38, 39 ent­ haltenen Vorschriften. (JMBl. S. 525) und § 42 der StrafvollstreckungsO. (D 3).

30

A 2. Strafgesetzbuch § 40.

1. dem Verurteilten kann der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde untersagt werben;28)29 2 28*).

3. Haussuchungen unterliegen keiner Beschränkung hinsichtlich der Zeit, zu welcher sie stattstnden dürfen. § 40.

Gegenstände, ") welche durch ein vorsätzliches Verbrechen

oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung eines vor­

sätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, 30j 31 können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer8*) gehören, ein­

gezogen werden.82) 28) Eine solche Verfügung kann nicht mittels Beschwerde bei dem ordent­ lichen Gericht angefochten werden. OVG. v. 2. Noobr. 09, GA. 58 S. 207. 28 a) Gestrichen durch Ges. über Reichsverweisungen v. 23. März 34, abgedr. unter D 8. 29) Hierzu gehören nicht Rechte und somit auch nicht Bankbücher als Beweismittel für die darin verzeichneten Forderungen. E. 52 S. 201; über­ haupt nicht Bankguthaben. Recht 23 Nr. 510; nicht Nachlaßgegenstände, die noch gemeinschaftl. Vermögen deS Täters u. seiner an der Tat unbeteiligten Witwe sind. JurW. 1933 S. 174. Ist der beschlagnahmte Gegenstand der Gefahr des Verderbs oder der Wertminderung ausgesetzt, so kann die Strafverfolgungsbehörde ihn veräußern lassen. E. 66 S. 85; Nr. 103 Abs. 2 der „Richtlinien für das Strafverfahren; s. auch § 61 Abs. 2 der AusfVO- zum RJagdges. und § 31 Abs. 2 der NaturschutzVO. v. 18. 3. 36, RGBl. I S. 181. In diesem Falle tritt der Erlös an die Stelle des Gegenstandes, jedoch hat daS Urteil auf Einziehung des Gegen­ standes (nicht des Erlöses) zu lauten. E. 66 S. 85 (bestr.). 30) DieS ist der Fall, wenn das bewußte Beisichführen einer Waffe ein den Tatbestand eines Verbrechens oder Vergehens begründender oder die Straf­ barkeit erhöhender Umstand ist. E. 44 S. 140. Hierzu gehören auch Gelder, die ein Buchmacher auf den Rennplatz in der Absicht mitbringt, mit ihnen die Ge­ winne auszuzahlen. E. 35 S'. 391 (vgl. E 39 S. 78 u. Recht 16 Nr. 828); aber nicht gewonnene Wetteinsätze. Recht 8 S. 340; auch nicht Geld, das durch Verkauf hehlerisch erlangter Sachen erworben ist. E. 54 S. 223, ebensowenig ein Fahr­ rad, das dem Täter nur zur Flucht gedient hat. DRZ. 16 S. 260 u. LZ. 18 S. 701. tz 40 ermöglicht nicht die Einziehung von Gegenständen, auf die sich die strafbare Handl, bezieht, z. B. des Kraftfahrzeugs, das auf öffentl. Straßen benutzt wird, ohne zum Verkehr zugelassen zu sein. RG. DJust. 1936 S. 1856 oder der Gegenstände, die zum unzüchttgen Gebrauch bestimmt sind, wenn sie dem Publikum angekündigt werden. Recht 10 S. 691, GA. 53 S. 282. Durch gutgläubigen Verschnitt elngezogenen Kunstweins entsteht eine neue Sache, welche von der Einziehung, die gegen den Kunstwein ergangen war, nicht erfaßt wird. E. 42 S. 123. Die Einziehung ist auch zulässig, wenn der Versuch als solcher nicht strafbar ist. E. 36 S. 145 und 49 S. 210. A. M. LK. Anm. 8b. Keine Einziehung der durch die Sttaftat erlangten Gegenstände (z. B. der Beute des Diebes oder des Wilderers E. 70 S. 94), sofern nicht daS Gesetz eS ausdrücklich vorsieht. 31) D. h. einem strafbaren Teilnehmer. E. 16 S. 114. Die Einziehung von Gegenständen, die einem Teilnehmer gehören, als Nebenstrafe, ist in einem nur gegen einen anderen Teilnehmer ergangenen Sttafurteil nicht zulässig.

Strafen §§ 41 u. 42

31

Die Einziehung ist im Urteile auszusprechen.32 * *')33 **

§ 41

Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Dar­

stellung strafbar ist, so ist im Urteile auszusprechen, daß alle Exem­ plare, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen finb.32b) Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich ange­ botenen Exemplare. Ist nur ein Teil der Schrift, Abbildung oder Darstellung straf­ bar, so ist, insofern eine Ausscheidung möglich ist, auszusprechen, daß nur die strafbaren Stellen und derjenige Teil der Platten und Formen, auf welchem sich diese Stellen befinden, unbrauchbar32 c) zu machen sind § 42

Ist in den Fällen der §§ 40 und 41") die Verfolgung oder die

GA. 69 S. 177. Die Einziehung ist auch unzulässig, wenn der Wille deS Täters, dem das Werckzeug gehörte, nicht auf dessen Benutzung ging. GA. 63 S. 118. Sie ist ferner unzulässig, wenn die im Inlands straflose Tätig­ keit Im Auslande vorgenommen ist. Recht US. 650. 32) Nicht alL Strafe, sondern lediglich als polizeiliche Maßnahme ist die Einziehung anzusehen, wo sie ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse statt­ haft ist. E. 50 S. 386, E. 53 S. 124, E. 55 S. 12. Frank Anm. 1. Das Eigentum geht nach herrsch. Ansicht mit Rechtskraft des Urteils auf den Fiskus über. Dgl. E. 66 S. 87 und § 47 der StrafvollstrO. (D 3). Die Vorschriften über Verwendung eingezogener und unbrauchbar zu machender Gegenstände usw. sind in § 66 der Strafvollstreckungsordnung v. 7. Dezbr. 1935 (vgl. auch Nr. 317 f. der „Richtlinien für das Strafverfahren") zusammengefaßt (f. D 3). 32 a) Die einzuziehenden Gegenstände sind genau zu bezeichnen. RG. in JurW. 1935 S. 949. DaS Schweigen des Urteilstenors über die Einziehung steht der Ablehnung gleich. Ist sie in der Begründung erwähnt, so stehen Tenor und Gründe im Widerspruch. DIZ. 17 S. 460. Ist der Ausspruch der Ein­ ziehung im Urteil unterblieben, so ist eine nachträgliche Einziehung im selb­ ständigen Verfahren (§ 42) nicht möglich. E- 66 S. 423. 32 b) Erforderlich ist, daß der volle objektive Tatbestand des Delikts vor­ liegt und die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person erfolgt. Die Unbrauchbarmachung ist auch dann auszusprechen, wenn in dem Vers, gegen einen bestimmten Angekl. auf Strafe nicht erkannt wird, z. B. wegen deS Fehlens des inneren Tatbestandes. E. 4 S. 88, E. 38 S. 100 u. 345. — Phonographische Platten und Walzen sind als Schrift anzusehen. E. 38 S. 345. JurW. 61 S. 2711. Auch bei plastischen Erzeugnissen kann der Inhalt strafbar sein. GA. 57 S. 400. — § 41 ist auch bei Bestrafung aus § 21 Preßges. (unter B III 3) anwendbar. DRZ. 24 Nr. 75. 32 c) Die Unbrauchbarmachung ist als polizeiliche Maßregel anzusehen. E. 14 S. 161, GA. 60 S. 74. E.67 S.215 (218). Frank I Abs. 2. Ne bis in idem kommt daher nicht zur Anwendung. JurW. 56 S. 2005. 33) Vgl. Anm. 63 zu § 430 StPO. Im Falle des § 40 ist zur Anwendung deS § 42 notwendig, daß der Täter oder Teilnehmer der dort bezeichneten Tat und der Eigentümer der dort beschriebenen Gegenstände dieselbe Person sind,

32

A 2. Strafgesetzbuch §§ 42 a u. 42 b.

Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, “) so können34Ä) die daselbst vorgeschriebenen Maßnahmen selbständig erkannt werden.3B)

la. Abschnitt. ZNaßregeln -er Atcherung und Seffernng?)

§ 42a,

Maßregeln der Sicherung und Besserung sind:")

1. die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, 2. die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Ent­ ziehungsanstalt, 3. die Unterbringung in einem Arbeitshaus, 4. die Sicherungsverwahrung, 5. die Entmannung gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher, 6. die Untersagung der Berufsausübung, 7. (gestrichen durch das Ges. über Reichsverweisungen v. 23. März 34).

§ 42b. Hat jemand eine mit Strafe bedrohte Handlung?) im Zumithin ist die Einziehung unzulässig, wenn der Gegenstand dem freigesprochenen Angell, gehört. E. 22 S. 351, wenn vorher die Verurteilung einer bestimmten Person stattgefunden hat. LZ. 18 S. 751. 34) Ob dies der Fall, darüber hat allein der StA. zu befinden. E. 8 S. 244, E. 16 S. 114. Die Verurteilung ist nicht ausführbar, wenn aus tat­ sächlichen (z. B. Tod des Täters) oder rechtlichen Gründen (z. B. Verjährung, Amnestie) ein Strafverfahren nicht durchgeführt werden kann (E. 53 S. 181; IW. 1932 S. 2711), aber auch dann, wenn der Täter wegen Zurechnungs­ unfähigleit oder wegen Fehlens des inneren Tatbestandes nicht verurteilt werden kann. Sie ist aber nicht unausführbar, wenn das zeitweilige Verfahren ruht. Recht 17 Nr. 126. E. 19 S. 371. S. auch Anm. 32 a. Bei Antragsvergehen ist nicht bloß die strafrechtl. Verfolgung überhaupt, sondern auch das obj. Verfahren unzulässig, wenn der Antrag nicht rechtzeitig gestellt ist. R. 6 S. 559. (Streitig; s. auch Anm. 2e zu H 42 b). 34 a) Keine Ermessensfreiheit des Gerichts. E. 66 S. 434. 35) Ist die Verfolgg. und Verurteilg. einer best. Person erfolgt, so findet nachträglich das obj. Strafverf. nicht statt. E. 8 S. 349. Der selbständige Aus­ spruch der Unbrauchbarmachung kann im 1. oder 2. Rechtszuge erfolgen. Recht 30 Nr. 1202. Nach der Rechtsprechung des RG. (E. 66 S. 419) ist ein Über­ gang vom subj. zum obj. Verf. nickt zulässig, vielmehr muß ein neues obj. Verf. eingeleilet werden. A. M. BayObLG. in JurW. 1935 S. 220. 1) Der 1 a Abschnitt ist eingefügt durch das Ges. v. 24. Novbr. 1933 (RGBl. I S. 995). Der Vollzug der Maßregeln der Sicherung und Besserung, die mit Freiheitsentziehung verbunden sind, ist in Art. 3 der VO. des Reichsjustiz­ ministers v. 14. Mai 34 (RGBl. 1 S. 383) geregelt. Vgl. dazu AB. v. 28. Septbr. 34 — Deutsche Justiz S. 1233. — und Preuß. AusfGes. zum Reichsges. gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung v. 16. Olt. 34 (PrGS. S. 403). 1 a) Da das Gesetz die Anordnung einer Maßregel der Sicherung und Besserung — von § 42 b Abs. 1 abgesehen — nur neben einer Strafe zuläßt, ist die Vorbehaltung einer solchen Maßregel bei dem Strafausspruch unwirksam und eine Nachholung nicht möglich. E. 68 S. 383. 2) Zwischen der Handlung und der Gefahr, die von dem Zurechnungs­ unfähigen ausgeht, muß ein Zusammenhang bestehen, wobei es genügt, daß die

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Maßregeln der Sicherung und Besserung § 42 b.

stand der Zurechnungsunfähigleit (§51 Abs. 1, §58 Abs. 1)^) oder der verminderten Zurechnungsfähigkeit (§ 51 Abs. 2, § 58 Abs. 2) begangen, so ordnet^) das Gericht seine Unterbringung in einer Heil- oder Pflege­ anstalt^) an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. 3) Dies gilt nicht bei Übertretungen. Bei vermindert Zurechnungsfähigen tritt die Unterbringung neben die Strafe.4) Handlung die Gefahr des Täters für die öffentliche Sicherheit auf irgendeine Weise erkennen läßt. E. 69 S. 242. Um seststellen zu können, ob die Tat Ver­ brechen, Vergehen oder nur Übertretung ist (vgl. § 42 b Abs. 1 Satz 2), muß der innere Tatbestand, soweit dies nach der geistigen Beschaffenheit des Täters überhaupt möglich ist, geprüft werden. RG. in JurW. 1936 S. 1375 lB. 2a) Diese Voraussetzung muß festgestellt fein; die Annahme einer bloßen Möglichkeit genügt nicht. E 70 S. 127. 2b) Liegen von vornherein Anhaltspunkte dafür vor, baß der Täter zu­ rechnungsunfähig war, so kann die Unterbringung selbständig im Sicherungsverfahren angeordnet werden (§ 429a StPO.). Ist die mit Strafe bedrohte Handlung ein Antragsvergehen, so ist nach E. 71 S. 218 und RG. in DJust. 1937 S. 1617 auch zur Einleitung des Sicherungsverfahrens ein Strafantrag erforderlich (zweifelnd RG. in IW. 1937 S. 2373; a. M. Löwe-Rosenberg, Nachtrag Anm. zu § 429 a und OLG. Hamm v. 31. Dezbr. 1936 — 1 Ws 533/36 —). Ob in dem Strafantrag Bestrafung oder Unterbringung des Täters verlangt sind, ist ohne Bedeutung. RG. in DJust. 1937 S. 1617. 2c) Die Bezeichnung einer bestimmten Heilanstalt im Urteil ist un­ zulässig. E. 70 S. 176. 3) d. h. wenn die Unterbringung zur Verhütung weiterer nicht unerheb­ licher Straftaten erforderlich ist. Dagegen dient § 42b nicht dazu, geistig Ge­ störte, die der Umwelt lästig geworden sind (z. B. Querulanten) unterzu­ bringen. RG. IW. 1935 S. 2367 und IW. 1937 S. 2373. Bei Prüfung der Frage, ob die Unterbringung erforderlich ist, können auch längere Zeit zurückliegende Verurteilungen berücksichtigt werden. E. 68 S. 351. Die Unterbringung kann sich erübrigen, wenn dritte Personen (z. B. Verwandte) willens und in bet Lage sind, eine für die öffentl. Sicherheit aus­ reichende Betreuung und Überwachung des Täters zu übernehmen. E. 69 S. 12. Für den Fall, daß nur der wegen Zurechnungsunfähigkeit freigespro­ chene Angekl. gegen das auf Anordnung der Unterbringung lautende Urteil Revision einlegt, war in E. 69 S. 12 ausgesprochen, daß wegen des Verbots der reformatio in peius (früherer § 358 Abs. 2 StPO.) bas Rechtsmittel sich nur auf bie Anorbnung erstrecke, bie Freisprechung also rechtskräftig würde. Mit der Beseitigung des Verbots der reformatio in peius durch bie Novelle v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844) hat diese Entscheidung ihre Bedeutung ver­ loren, so baß sich bie Revision auf bas Urteil in vollem Umfang bezieht. RG. DJust. 1937 S. 1360. 4) Im Falle des Abs. 2 erfordert bie öffentliche Sicherheit bie Unter­ bringung, wenn mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, baß sich der Täter auch durch eine Bestrafung nicht von der Begehung weiterer erheblicher Straf­ taten abhalten lassen wirb. E. 71 S. 218. Bei vermindert Zurechnungs­ fähigen kommt in erster Linie Unterbringung in einer Hell- und Pslegeanstalt

Dalcke, Strafrecht. 30. tlufl.

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A 2. Strafgesetzbuch §§ 42cu. 42 d.

§ 42c. Wird jemand, der gewohnheitsmäßig im Übermaß geistige Getränke oder andere berauschende Mittel*) zu sich nimmt, wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das er im Rausch begangen hat oder das mit einer solchenGewöhnung in ursächlichem Zusammenhang steht, oder wegen Volltrunkenheit (§ 330a) zu einer Strafe verurteilt und ist seine Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Ent­ ziehungsanstalt erforderlich, um ihn an ein gesetzmäßiges und geord­ netes Leben zu gewöhnen, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Unterbringung an. 8)2b)

§ 42 d. Wird jemand nach § 361 Nr. 3 bis 5, 6 a bis 8 zu Haft­ strafe verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe seine Unter­ bringung in einem Arbeitshaus an, wenn sie erforderlich ist, um ihn zur Arbeit anzuhalten und an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben zu gewöhnen. Dasselbe gilt, wenn jemand, der gewohnheitsmäßig zum Erwerbe Unzucht treibt, nach § 361 Nr. 6 zu Haftstrafe verurteilt wird. Wegen Bettelns ist die Anordnung nur zulässig, wenn der Täter aus Arbeitsscheu oder Liederlichkeit oder gewerbsmäßig gebettelt hat.7*)*8 * * 5 6 Arbeitsunfähige, deren Unterbringung in einem Arbeitshaus angeordnet ist, können in einem Asyl untergebracht werden?) als die mildere Maßregel in Betracht' reicht diese nicht aus, so kann daneben Sicherungsverwahrung angeordnet werden. RG. IW. 1937 S. 1066. Doch ist die Unterbringung in die hauptsächlich mit Geisteskranken belegte Heilund Pflegeanstalt nicht allgemein wegen der vielleicht besseren Pflege gegen­ über der Sicherungsverwahrung als mildere Maßregel anzusehen. Für die Auswahl im Einzelfall kann deshalb in letzter Linie von Bedeutung sein, daß der Allgemeinheit durch die Unterbringung in der Hell- und Pflegeanstalt wahrscheinlich höhere Kosten als durch Sicherungsverwahrung entstehen. NG. IW. 1937 S. 755. Bestehen Zweifel, ob die Unterbringung in Sicherungs­ verwahrung oder die in einer Heil- oder Pflegeanstalt zweckmäßiger ist, so können beide Maßregeln nebeneinander angeordnet und die Entscheidung, in welche Anstalt der Verurteilte zunächst und in welcher er endgültig unterzu­ bringen ist, kann dem Vollzug überlassen werden. E. 69 S. 135. Eine selb­ ständige Anordnung der Unterbringung — z. B. weil das Strafverfahren gegen den Täter wegen Amnestie eingestellt wird — ist nicht zulässig. E. 69 S. 262. Wegen des Verhältnisses der Unterbringung zur Entmannung vgl. Anm. 13 zu § 42 k 5) Dies sind solche Mittel, die ähnlich berauschend oder betäubend wirken wie geistige Getränke, z. B. Äther, Kokain, Haschisch, Opium und Morphin. 6) Es sollen nur schwerere Fälle getroffen werden. RG. in IW. 1935 S. 524. 7) Die Unterbringung im Arbeitshaus ist nicht zulässig, wenn der Bettler in einer schweren Notlage oder wegen seiner Arbeitsunfähigkeit die Mild­ tätigkeit seiner Mitmenschen anruft (Begr.). 8) Abs. 4 läßt die Unterbringung in einem Asyl nur zu, wenn die Arbeits­ unfähigkeit erst nach der Anordnung der Unterbringung in einem Arbeitshaus

Maßregeln der Sicherung und Besserung §§ 42 e u. 42 f.

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§ 42 e. Wird jemand nach § 20a als ein gefährlicher Gewohnheits­ verbrecher verurteilt/) so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erforbeit.10 * *)*11*) * * 9 § 42f. Die Unterbringung dauert so lange, als ihr Zweck es erfordert."') eingetreten oder offenbar geworden ist. Gegen denjenigen, der bereits im Zeitpunkt der Entscheidung dauernd und völlig arbeitsunfähig ist, kann weder Unterbringung in einem Arbeitshaus noch in einem Asyl angeordnet werden (vgl. auch Kayser, DJust. 1937 S. 511). Auch die nachträgliche Unterbringung in einem Asyl setzt voraus, daß der Zweck der Unterbringung, nämlich die Gewöhnung an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben, es erfordert (Vegr.). 9) Die Anordnung der Sicherungsverwahrung wird dadurch nicht aus­ geschlossen, daß das Gericht es versehentlich oder befugtermaßen unterlassen hat, die Strafe nach § 20a Abs. 1 u. 2 zu schärfen. E. 68 S. 295, 386 und E. 70 S. 129. Ist die Strafe nach § 20a geschärft worden, so ist eine Be­ schränkung der Revision auf die Sicherungsverwahrung nicht wirksam, vielmehr ergreift sie auch den Strafausspruch, E. 68 S. 385, außer wenn die Strafschär­ fung irrtümlich unterblieben ist. NG. DJust. 1937 S. 80. Dagegen ist eine Be­ schränkung auf Strafausspruch und Sicherungsverwahrung mit der Wirkung, daß die Schuldseststellungen nicht berührt werden, möglich. E. 68 S. 385. 10) Ties ist der Fall, wenn die Verhütung künftiger Straftaten auf andere Weise als durch Sicherungsverwahrung nicht zu erreichen ist, eine mildere Maßnahme also, soweit sie statthaft ist (z. B. Unterbringung nach § 42b oder c) nicht ausreicht. NG. in IW. 1935 S. 3379. Keine Siche­ rungsverwahrung, um zu verhüten, daß der Verurteilte eine gesetzlich er­ laubte, wenn auch unerwünschte Ehe schließt. RG. in JurW. 1935 S. 519. Mehrfache Anordnung von Sicherungsverwahrung gegen denselben Täter in verschiedenen Verfahren ist zulässig mit der Wirkung, daß eine Entlassung aus der Verwahrung (§ 42f) nur zulässig ist, wenn die verschiedenen Voll­ streckungsgerichte dse Entlassung übereinstimmend anordnen. E. 70 S. 203. Es i|i zu prüfen, ob die Gefährlichteit des Verurteilten im Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft noch besteht ober voraussichtlich noch bestehen wird; dabei sind auch die Verhältnisse zu berücksichtigen, in die der Verurteilte nach der Entlaffung zurückkehren wird. E. 68 S. 150. Es dürfen aber in dieser Hinsicht die Anforderungen nicht überspannt werden, da eine auf Über­ ängstlichkeit beruhende Unterlassung der Anordnung nicht wieder gutgemacht werden kann und andererseits § 42 f. Abs. 4 die Möglichkeit gibt, die Entlassung anzuordnen, wenn die Gefahr für die öffentliche Sicherheit als beseitigt anzusehen ist. E. 68 S. 271. Bei Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe oder zur Strafe von solcher Dauer, daß der Verbrecher bet seiner Entlassung wegen seines Alters nicht mehr gefährlich sein wird, ist die Anordnung der Sicherungsverw. nicht erforderlich. Dagegen steht die Unterbringung in einer Arbeitsanstalt der Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht entgegen. E. 68 S. 358. 11) Wegen der nachträglich en Anordnung der Sicherungsverwahrung siehe Art. 5 Ziff. 1 und 2 des Ges. v. 24. Novbr. 33 (RGBl. I S. 995); abgedr. A4. 11a) Es ist deshalb nicht zulässig, im Urteil die Dauer der Unterbringung zeitlich zu begrenzen. RG. IW. 1936 S. 2993.

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A 2. Strafgesetzbuch §§ 42 g u. 42 b.

Die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Ent­ ziehungsanstalt und die erstmalige Unterbringung in einem Arbeits­ haus oder einem Asyl dürfen nicht länger als zwei Jahre dauern. Die Dauer der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, der wiederholten Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl und der Sicherungsverwahrung ist an keine Frist gebunden. Bei diesen Maßregeln hat das Gericht jeweils vor dem Ablauf be­ stimmter Fristen zu entscheiden, ob der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Die Frist beträgt bei der Unterbringung in einer Heil­ oder Pflegeanstalt und der Sicherungsverwahrung drei Jahre und bei der wiederholten Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl zwei Jahre. Ergibt sich bei der Prüfung, daß der Zweck der Unterbringung erreicht ist, so hat das Gericht die Entlassung des Unter­ gebrachten anzuordnen.

Das Gericht kann auch während des Laufs der in den Abs. 2 und 3 genannten Fristen jederzeit prüfen, ob der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Wenn das Gericht dies bejaht, so hat es die Entlassung des Untergebrachten anzuordnen. Die Fristen lausen vom Beginn des Vollzugs an. Lehnt das Gericht die Entlassung des Untergebrachten ab, so beginnt mit dieser Entscheidung der Laus der im Abs. 3 genannten Fristen von neuem.

§42g. Sind seit der Rechtskraft des Urteils drei Jahre verstrichen, ohne daß mit dem Vollzug der Unterbringung begonnen worden ist, so darf sie nur noch vollzogen werden, wenn das Gericht es anordnet. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn der Zweck der Maßregel die nachträgliche Unterbringung erfordert. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Unterzubringende eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche An­ ordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

§ 42h. Die Entlassung des Untergebrachten gilt nur als bedingte Aussetzung der Unterbringung. Das Gericht kann dem Unterge­ brachten bei der Entlassung besondere Pflichten auferlegen und solche Anordnungen auch nachträglich treffen oder ändern. Zeigt der Ent­ lassene durch sein Verhalten in der Freiheit, daß der Zweck der Maß­ regel seine erneute Unterbringung erfordert, und ist die Vollstreckung der Maßregel noch nicht verjährt, so widerruft das Gericht die Ent­ lassung. Die Dauer der Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt und der erstmaligen Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl darf auch im Falle des Widerrufs ins­ gesamt die gesetzliche Höchstdauer der Maßregel nicht überschreiten.

Maßregeln der Sicherung und Besserung §§ 42 i u. 42 k.

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§ 42 L Die im Arbeitshaus oder in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten sind in der Anstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten. Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt verwendet werden, müssen jedoch dabei von freien Arbeitern getrennt gehalten werden. Die in einer Hejl- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt Untergebrachten können innerhalb oder außerhalb der Anstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden. § 42k.12) Das Gericht kann neben der Strafe anordnen, daß ein Mann, der zur Zeit der Entscheidung das einundzwanzigste Lebens­ jahr vollendet hat, zu entmannen") ist, 12) Wegen der sog. freiwilligen Entmannung vgl. § 14 Abs. 2 des Ges. zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in der Fassung des Ges. v. 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 773), abgedr. unter B II 3. 13) Die Entmannung ist nur zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit sie erfordert; sie kommt daher nicht in Betracht, wenn die Allgemeinheit im Einzel­ fall durch eine andere, weniger einschneidende Maßregel (z. B. Sicherungsver­ wahrung) ebensogut oder besser vor dem Sitllichkeitsverbrecher geschützt werden kann. E. 68 S. 230 und E. 69 S. 150. Jedoch kann, wenn zwar die Entmannung, nicht aber die Sicherungsverwabrung zulässig ist, letztere nicht deshalb statt der Entmannung angeordnet werden, weil sie das geringere Übel darstelle. E. 69 S. 31. Entmannung und Sicherungsverwahrung oder Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt können nebeneinander angeordnet werden, wenn keine der beiden Maßregeln für sich allein ausreicht, die Allgemeinheit vor weiteren Sittlichkeitsverbrechen des Täters zu schützen. RG. In JurW. 1934 S. 2145. Die bloße Möglich­ keit, daß nach der Entmannung noch Reste des Sexualtriebs übrigbleiben, recht­ fertigt allein die Anordnung der Sicherungsverwahrung neben der Entmannung nicht. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 572. Bei einem vermindert Zurech­ nungsfähigen wird sich die Anordnung der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt neben der Entmannung besonders empfehlen, wenn mit dem Ein­ tritt der vollen Wirkung der Entmannung erst nach einem bestimmten Zeitraum zu rechnen ist. Reicht die Unterbringung zur Beseitigung der Gefahr nicht aus, verspricht aber die Entmannung vollen Erfolg, so ist nur die Entmannung an­ zuordnen. E. 69 S. 150 u. 153. Sind Entmannung und Sicherungsver­ wahrung zulässig und genügt eine von beiden Maßnahmen, so ist für die Wahl entscheidend, durch weiche Maßregel der Schutz der Allgemeinheit am sichersten und vollkommensten erreicht wird, wobei es auf die Frage, welche Maßnahme für den Täter das geringere Übel und ob nicht die Entmannung unter allen Umständen das schwerei e ist, in der Regel nicht ankommt. E. 69 S. 31. Nur wenn jede von mehreren in Betracht kommenden Sicherungsmaßregeln für sich allein schon eilten voll ausreichenden Erfolg verspricht, ist diejenige Maßregel anzuordnen, die den Betroffenen unter Berücksichtigung seiner besonderen per­ sönlichen Eigenschaften und Verhältnisse am wenigstens beschwert. RG. JurW. 1936, 1374 H. Begeht ein entmannter Täter erneut ein Sittlichkeits­ verbrechen, so kann die Entmannung wiederholt ausgesprochen werden, wenn feststeht, daß die frühere Entmannung wegen unsachgemäßer oder unvollständiger

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A 2. Strafgesetzbuch § 42k.

1. wenn er wegen eines Verbrechens") der Nötigung zur Unzucht,") der Schändung, der Unzucht mit Kindern oder der Notzucht (§§ 176 bis 178) oder wegen eines zur Erregung oder Befriedigung des Geschlechtstriebs begangenen Vergehens oder Verbrechens der öffentlichen Vornahme unzüchtiger Handlungen oder der Körperverletzung (§§ 183 "), 223 bis 226) zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird, nachdem er schon einmal wegen einer solchen Tat zu Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist,17) und die Gesamtwürdigung der Taten ergibt, daß er ein gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher ist;18) Ausführung erfolglos war. Dagegen nicht, wenn ausnahmsweise die Maß­ nahme deshalb ohne Erfolg war, weil der Trieb vorwiegend seelisch bedingt ist. E. 71 S. 256. Daß der Täter unfruchtbar gemacht ist, sieht, da diese Maß­ nahme nicht den Trieb beseitigt, der Entmannung nichts entgegen. RG. DJust. 1937 S.200. 14) Einschl. Anstiftung, Versuch und Beihilfe E. 68 S. 292. 15) Nicht § 175, weil bei Homosexuellen durch Entmannung nach den bisherigen Erfahrungen eine Änderung der Triebrichtung nicht zu erwarten ist. Deshalb ist bei Sittlichkeitsverbrechen, die aus homosexueller Veranlagung be­ gangen sind, besonders sorgfältig zu prüfen, ob bei Vornahme der Entmannung die Allgemeinheit voraussichtlich vor weiteren Taten verschont bleibt. E. 68 S. 292 und 71 S. 178. 16) Bei Exhibitionisten ist die Wirksamkeit der Entmannung noch nicht restlos geklärt; sie tritt bestenfalls erst nach Jahren ein. Es ist deshalb zu prüfen, ob nicht die Sicherungsverwahrung den selben oder gar einen besseren und schnelleren Erfolg haben würde. E. 68 S. 230. RG. in Deutsche Justiz 1934 S. 1156. 17) Dabei ist es gleichgültig, ob die später abgeurteilte Tat vor oder nach der ersten Verurteilung begangen ist. E. 68 S. 342. Ist aber die später ab­ geurteilte Tat vor dem 1. Urteil begangen, so ist nach E. 68 S. 342 Voraus­ setzung der Anordnung, daß durch beide Verurteilungen so hohe Freiheitsstrafen (bei der 2. Verurteilung mindestens 6 Mon. Gef.) erkannt werden, daß, wenn Gesamtstrafenbildung zulässig wäre, sich eine Gesamtstrafe von mindestens einem Jahre ergeben würde. 18) Wenn die Wiederholungsgefahr besteht. Ob dies der Fall ist, muß mit Rücksicht auf die Schwere des Eingriffs sehr gründlich geprüft und ein­ gehend in den Urteilsgründen dargelegt werden. RG. in JurW. 1934 S. 2144. Sind von dem Verurteilten während der Strafhaft Sittlichkeitsverbrechen nicht zu befürchten, so ist die Anordnung der Entmannung nur zulässig, wenn nach der Sachlage bei Erlaß des Urteils die Entmannung voraussichtlich für die Zeit nach dem Ende der Strafverbüßung zum Schutze der Allgemeinheit not­ wendig ist, weil Rückfälle zu erwarten sind. RG. in JurW. 1934 S 2061. Wird Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt angeordnet, so ist be­ sonders sorgfältig zu prüfen, ob nach Entlassung aus dieser die Gefährlichkeit noch besteht. E. 68 S. 165. Die Gefährlichkeit ist zu verneinen, wenn die Tat als Auswirkung der Pubertät anzusehen ist und erwartet werden kann, daß der Täter mit zunehmendem Alter die Willensstärke finden wird, weitere Straf­ taten zu vermeiden, etwa in Verbindung mit der Verheiratung und der Be­ gründung einer Familie. R i e tz s ch, Deutsche Jufüzl933 (5.741 (748) oder wenn

Maßregeln der Sicherung u. Besserung § 421.

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2. wenn er wegen mindestens zwei derartiger Taten") zu Frei­ heitsstrafe von mindestens einem Jahr vermteilt wird und die Ge­ samtwürdigung der Taten ergibt, daß er ein gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher ist,18) auch wenn er früher wegen einer solchen Tat noch nicht verurteilt worden ist; 3. wenn er wegen eines zur Erregung oder Befriedigung des Ge­ schlechtstriebs begangenen Mordes oder Totschlags (§§ 211 bis 215)14) vermteilt wird. § 20a Abs. 3 gilt entsprechend.18») Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete Tat nach deutschem Recht ein Verbrechen oder Vergehen der im Abs. 1 genannten Art wäre. §421. Wird jemand wegen eines Verbrechens oder Verge­ hens, das er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes") oder unter grober Verletzung der ihm kraft seines Berufs oder Gewerbes ob­ liegenden Pflichten begangen hat, zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt, so kann ihm das Gericht zugleich auf die der Täter so alt ist, daß ein baldiges Erlöschen deS Triebs zu erwarten ist. E. 68 S. 342. Andererseits schließt auch eine sehr lange Strafe die Anordnung der Entmannung nicht aus. E. 68 S. 169. Die ausdrückliche Feststellung, daß die Entmannung Erfolg verspreche, ist nicht erforderlich. RG. in JurW. 1934 S. 1653. Jedoch muß die Er­ folgsfrage im Urteil erörtert werden. Die Möglichkeit eines Mißerfolgs der Maßnahme kann unberücksichtigt bleiben, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges größer ist. E.68 S. 196. Ist dagegen wegen besonderer, m der Per­ sönlichkeit des Täters liegenden Umstände anzunehmen. Laß die Entmannung sicher nicht zur Ertötung oder wesentlichen Herabsetzung des Geschlechtstriebs führen wird, so darf sie nicht angeordnet werden. Spricht nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Erfolg nicht eintreten werde, so kann, wenn der Täter selbst die Entmannung wünscht, deren Anordnung auch dann angebracht sein, wenn mit ihr voraussichtlich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes verbunden sein wird. E. 69 S. 129. Die Möglichkeit, daß der Verurteilte als Ausländer auf Grund des Ges. über Reichsverweisungen vom 23. März 34 (abgedr. unter D 8) ausgewtesen werden kann, darf die Entscheidung des Gerichts über die Anordnung der Entmannung nicht beeinflussen. RG. in JurW. 1934 S. 2410. 18a)®. h. Taten, die der Rückfallverjährung unterliegen, dürfen der Ent­ mannungsanordnung nicht zugrunde gelegt werden; sie können aber als Be­ weisanzeichen dafür verwendet werden, ob der Täter ein gefährl. Sittlichkeits­ verbrecher ist. E. 69 S. 11. 19) Die strafbare Handlung muß sich als ein Ausfluß aus der Berufs­ tätigkeit selbst oder doch wenigstens als ein mit der regelmäßigen Gestaltung der Berufsausübung in Beziehung gesetztes Verhalten darstellen. Daher keine Anwendbarkeit des § 421 auf einen wegen Abtreibung Verurteilten, dessen Hauptbeschäftigung die Herstellung und der Vertrieb von Salben ist. mit der Begründung, daß ihm diese Tätigkeit die Möglichkeit biete, mit Menschen in Berührung zu kommen und an ihnen Abtreibungen vorzunehmen. E. 68 S. 397.

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A 2. Strafgesetzbuch §§ 42 m u. 42 n.

Dauer von mindestens einem und höchstens fünf Jahren die Ausübung des Berufs, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagena0), wenn dies erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen 20»). Solange die Untersagung wirksam ist, darf der Verurteilte den Beruf, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen. § 36 Abs. 1 gilt entsprechend. Wird die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder einer neben der Strafe erkannten, mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Sicherung und Besserung bedingt aus­ gesetzt, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet. Das Gericht kann die Untersagung der Berufsausübung wieder aufheben, wenn der Zweck der Maßregel ihre Fortdauer nicht mehr erforderlich erscheinen läßt. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, nachdem die Maßregel ein Jahr gedauert hat. Sie gilt nur als bedingte Aussetzung der Untersagung und kann bis zum Ablauf der im Urteil für ihre Dauer festgesetzten Zeit widerrufen werden; die Dauer der Untersagung darf auch im Falle des Widerrufs insgesamt die im Urteil für ihre Dauer festgesetzte Zeit nicht überschreiten.^)

§ 42m (gestrichen durch das Ges. über Reichsverweisungen v. 23. März 34, abgedr. unter D8).

§42n. Maßregeln der Sicherung und Besserung können neben­ einander angeordnet werden. 20) Beruf. Gewerbe oder Gewerbezweig sind im Urteil genau zu bezeichnen (vgl. § 260 Abs. 2 StPO.). Die Untersagung „jedweden Handelsgewerbes" ist nicht ausgeschlossen, wenn die Gefahr des Rückfalls allgemein droht, falls der Täter sich irgendeinem Zweige des Handelsgewerbes zuwendet. E. 71 S. 69. Auch beim Beruf ist die Beschränkung der Untersagung auf einen Zweig oder Teil des Berufs zulässig; sie muß aber so gestaltet sein, daß sie praktisch durch­ führbar und die Beachtung des Verbotes nachprüfbar ist (unter diesem Gesichts­ punkt bedenklich die gegen einen Arzt ausgesprochene Untersagung der Behand­ lung von „Frauenkrankheiten"). RG. DJust. 1937 S. 819. Eine Untersagung darf, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, nicht deshalb unterbleiben, weil das Gericht nicht ein zeitlich beschränktes, sondern ein dauerndes Berufsverbot für erforderlich erachtet. RG. DJust. 1937 S. 751.

20 a) Lehnt das Gericht die Untersagung als nicht erforderlich ab, so hindert dies die Verwaltungsbehörde nicht, eine nach gesetzlicher Vorschrift zur 'Berufsausübung erforderliche Genehmigung zurückzunehmen. PrOBG. JurW. 1936, 1488.

21) Abs. 4 ist eingefügt durch Art. 12 des Ges. v. 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 839).

«ersuch 8 43. 2. Abschnitt.

§ 43.

verüben,

Wer den Entschluß,

durch Handluugeu,

41

Versuch.

ein Verbrechen

oder Vergehen zu

welche einen Anfang der Ausführung

dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten,M) betätigt hat, ist, wenn

das beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen nicht zur Vollendung")

gekommen ist, wegen Versuches zu bestrasen. *") 36) Der Tatbestand des Versuchs erfordert, daß der Täter begonnen hat, eine zum gesetzlichen Tatbestand der Straftat gehörige Handlung auszu­ führen oder doch eine solche, die, weil sie notwendig mit einer Tatbestandshandlung zusammengehört, für die natürliche Auffassung als deren Bestandteil er­ scheint. E. 71 S. 6, oder — anders ausgedrückt — die bereits eine un­ mittelbare Gefahr für das geschützte Rechtsgut bildet. E. 68 S. 340; E. 69 S. 327. Z. B. wenn der Täter in der Absicht rechtswidriger Zu­ eignung seine Hand nach der Mitte eines mit Holz beladenen Wagens erhoben hat, um ein Stück Holz zu ergreifen. Recht IIS. 1414; oder wenn er behufs Einbruchs die Fenster mit grüner Seife beschmiert. Recht 16 Nr. 1392; oder wenn ein Kind zur Ermöglichung der Tötung betäubt wird. JurW. 55 S. 1166, oder m dem Anlegen einer geladenen Schußwaffe mit angespanntem Hahn. E. 59 S. 386; in dem Ergreifen einer geladenen, wenn auch gesicherten Pistole, um sie anzulegen und zu schießen. E. 68 S. 339 u. S. 336; in dem Anzünden von Streichhölzern zur Brandstiftung. HRR. 1933 Nr. 351; oder wenn beim Nacheide mit dem Aussprechen der Eidesformel begonnen ist. HRR. 1934 Nr. 149; in dem Einschleichen in ein Haus in diebischer Absicht. RG. DJust. 1936 S. 935. Aber nicht, wenn sich der Täter lediglich auf den Weg zu der Stelle begeben hat, wo sich der Gegenstand seiner diebischen Absicht befindet. JurW. 1923 S. 1022. Ein Versuch, Zahlungsmittel entgegen den devisenrechtlichen Vorschriften ins Ausland zu bringen, ist erblickt worden in dem Einnähen der Zahlungsmittel in eine in der Wohnung des Täters befind­ liche Fußmatte, die über die Grenze geschmuggelt werden sollte. E. 71 S. 53. 37) Eine Verurteilung wegen Versuchs setzt nicht den Nachweis voraus, daß das beabsichtigte Verbrechen nicht zur Vollendung gekommen ist. E. 41 S. 352. Zuweilen kann lediglich die Absicht des Täters auch objektiv den äußeren Tatbestand derart bestimmen, daß nur die vollständige Verwirklichung die Vollendung der Tat bedeutet. Es kann von der Absicht hinsichtlich der Menge abhängen, ob vollendete Genußmittelentwendung oder Vers. Diebstahl vorliegt; es hängt von der Absicht hinsichtlich der geschlechtl. Erregung ab, ob Greifen unter die Röcke Versuch oder Vollendung des § 174 ist. LK. Anm. 6d. Zum Versuch kann bedingter Vorsatz ausreichen. E. 68 S. 341. Doch ist stets erforderlich, daß der Entschluß zur Tat endgültig gefaßt ist; ein noch von einer Bedingung abhängiger Wille, den Tatbestand zu verwirklichen, ist straf­ rechtlich bedeutungslos. E. 70 S. 203 u. E. 71 S.73. 38) Der Versuch mit untauglichen Mitteln und am untauglichen Objett ist nach feststehender Praxis des RG., der sich jetzt auch (in der Novelle v. 24. April 34 — vgl. § 89 Abs. 3 —) der Gesetzgeber angeschlossen hat, strafbar. Plen.Entsch. E. 1 S. 439 u. E. 34 S. 217, E. 39 S. 316 und bezüglich der Strafbarkeit des Ver­ suchs am untauglichen Objett E. 1 S. 451. Zu den Fällen des u. V. gehört auch der Fall des Mangels im Tatbestände, wo der erstrebte Erfolg unter irriger An­ nahme eines die Strafbarkeit bedingenden Talbestandmerkmals erreicht ist. E. 42 S. 92, E. 47 S. 189 (191), E. 56 S. 316 (318). E. 61 S. 429. RG. JurW. 1937 S. 2698. Wahnverbrechen und Versuch am unlaugl. Objekt unter-

42

A 2. Strafgesetzbuch §§ 44—46. Der

Versuch eines

Vergehens

wird jedoch nur in den Fällen

bestraft, in welchen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. § 44

Das

versuchte Verbrechen oder Vergehen ist milder zu

bestrafen, als das vollendete.

Ist das vollendete Verbrechen mit dem Tode oder mit lebens­

länglichem Zuchthaus bedroht, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein, neben welcher auf Zuläfsigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden lanti.89) Ist das vollendete Verbrechen mit lebenslänglicher Festungshaft bedroht, so tritt Festungshaft nicht unter drei Jahren ein.

In den übrigen Fällen kann die Strafe bis auf ein Vierteil")

des Mindestbetrages der auf das vollendete Verbrechen oder Vergehen

angedrohten Freiheits- und Geldstrafe ermäßigt werden.

Ist hiernach

Zuchthausstrafe unter Einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe nach Maß­

gabe des § 21 in Gefängnis zu verwandeln. 41 * *) * * * 39 40 § 45.

Wenn neben der Strafe des vollendeten Verbrechens oder

Vergehens die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zulässig oder

geboten ist, oder auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden

kann, so gilt Gleiches bei der Bersuchsstrafe. § 46.

Der Versuch als solcher41a) bleibt straflos, wenn der Täter

scheiden sich nach E. 66 S. 124 im folgenden: Beim straflosen Wahnverbrechen trifft der vom Täter vorgestellte Sachverhalt zu, nur irrt er über die Straf­ losigkeit eines solchen Tatbestandes; beim Versuch a. u. O. geht der Täter von der falschen Annahme eines Tatbestandes aus, die, wenn seine irrige Vor­ stellung richtig war, einen strafbaren Tatbestand verwirklichen würde. 39) Ist wahlweise lebenslängliches und zeitiges Zuchthaus angedroht, wie im Falle des 8 214, so steht dem Richter auch bei dem Versuch die Wahl zwischen den Sttasen des § 44 Abs. 2 u. 4 offen und kann auch auf Polizeiaufsicht erkannt werden. E. 16 S. 400. JurW. 58 S. 1025. HRR. 1933 Nr. 444. 40) Das Vierteil einer als Mindestbettag zugelaffenen einmonatlichen Gefängnissttafe bettägt 8 Tage und nicht eine Woche, bei einer Sttafe von einer Woche 2 Tage. GA. 47 S. 157. 41) Bei Festsetzung der Sttafe ist nicht von einem Sttafmaß auszugehen, welches für das Delikt im Falle seiner Vollendung angemessen sein würde. E. 35 S. 282. Doch ist der Richter nicht gehindert, in geeigneten Fällen sich ein Bild über die der vollendeten Tat gerecht werdende Strafe zu machen u. danach die Bersuchsstrafe zu bemeffen. E. 59 S. 154. Bei Androhung von Zuchthaus beim vollendeten Delikt ist bei Festsetzung der Bersuchsstrafe zu prüfen, in welcher Höhe eine Zuchthausstrafe angemeffen ist, die, wenn sie weniger als 1 Jahr be­ trägt, in Gefängnis umzuwandeln ist. DRZ. 19 Nr. 946. Ttttt der Versuch eines Verbrechens mit einem Vergehen in Konkurrenz, so ist zunächst die Sttafe des Versuchs selbständig festzusetzen, so daß, wenn sie gemäß § 44 Abs. 4 im Ge­ fängnis zum Ausdruck gelangt, in dieser Form als Einzelsttafe zu verwenden ist. Dies gilt selbst dann, wenn als Gesamtstrafe eine Sttafe von mindestens einem Jahr Zuchthaus angemeffen sein würde. GA. 42 S. 127. E. 55 S. 97. 41 a) Die Straflosigkeit des Versuchs hindett nicht die Bestrafung einer vollendeten Zuwiderhandlung gegen ein Strafgesetz, das mit der Sttafvorschrift

Versuch § 46.

43

1. die Ausführung der beabsichtigten Handlung aufgegebeu41) hat, ohne daß er an dieser Ausführung durch Umstände gehindert worden

ist, welche von seinem Willen unabhängig waren,4') oder

2. zu einer Zeit, zu welcher die Handlung noch nicht entdeckt44) für die versuchte Handlung in Gesetzeseinheit steht. RG.inJurW. 1934 S. 2062. Begeht der Täter nach Scheitern des 1. Versuchs einen neuen Versuch und tritt er von letzterem zurück, so erstreckt sich die Wirkung des Rücktritts nicht auf den 1. Versuch. RG. JurW. 1936 S. 324 H. 42) 8 46 Nr. 1 bezieht sich auf den nichtbeendigten Versuch, d. h. den Fall, daß der Täter noch nicht alle nach seiner Meinung zur Vollendung erforderlichen Schritte getan hat. § 46 findet auch auf die Teilnehmer Anwendung. Der zurücktretende Teilnehmer bleibt aber nur dann straflos, wenn entweder auch die übrigen Teilnehmer zurücktteten oder dem bereits ins Werk ge­ setzten Tun des Zurückgetretenen auf andere Weise die Wirkung des Ver­ suchs entzogen wird. RG. in DRZ. 1934 Nr. 171. So muß z. B. der An­ stifter den Angestifteten bestimmen, die Tat zu unterlassen. E. 70 S. 295. Ist der Tatbeitrag des Zurückgetretenen von den übrigen Beteiligten zunächst noch zur Fortsetzung des Versuchs verwendet worden, dann aber die Vollendung der Tat durch ein vom Willen des Zurückgerretenen unabhängiges Ereignis abge­ wendet worden, so kann sich der zurückgetretene Teilnehmer, der die Verwendung seines Talbeitrages zur Fortsetzung deS Versuchs nicht gehindert hat, auf den Strafausschließungsgrund des § 46 nicht berufen. E. 59 S. 412. A. M. R. 9 S. 724. E. 39 S. 37. Wird eine vorbereitete Tat von beiden Teilnehmern ernstlich aufgegeben, dann aber die gleiche Tat von dem einen abermals beschlosien und ausgeführt, ist der frühere Gehilfe straffrei. E. 55 S. 105. 43) Der Rücktritt muß ganz aus freiem Willen erfolgt sein und zwar ob­ schon dem Täter die Ausführung möglich schien'. Auch beim nichtbeendigten Ver­ such mit untauglichen Mitteln oder am untauglichen Gegenstand ist freiwilliger Rücktritt möglich, wenn der Täter von der Unmöglichkeit der Vollendung nichts weiß. E. 68,82. Freiwilliger Rücktritt liegt vor, wenn der Täter die Ausführung des Diebstahls deshalb aufgibt, weil er den Gegenstand für unbrauchbar hält. E. 39 S. 40. Kein freiwilliger Rücktritt, wenn der Täter die Ausführung unterläßt, weil die Vorgefundenen Sachen nach Menge und Art den Erwartungen des Diebes nicht entsprechen. E. 70 S. 1 (anders E. 55 S. 66); oder weil er den Gegenstand bei dem Versuch beschädigt hat. E. 45 S. 6; oder weil er von der Erfolglosigkeit seiner bisherigen Versuche überzeugt ist. E. 52 ©.181; oder weil der Versuch sich als unausführbar erwies. E. 65 S. 145 (149); oder weil er in der irrigen Annahme, der Versuch sei gescheitert, tatsächl. erst durch sein späteres Verhalten dieses Scheitern Herdeigeführt hat. E. 63 S. 158; oder weil er un­ gewollt den Erfolg vereitelt hat. E. 68 S. 381; oder weil ihn über den bis­ herigen Erfolg seines TunS ein solcher Schrecken erfaßte, daß er den Mut verlor, die Tat zu vollenden. E. 68 S. 238. Der Umstand, daß ein Täter erfährt, ein Mitzeuge habe die Wahrheit bereits zugestanden, schließt den freiwilligen Rücktritt vom Meineidsversuch nicht aus. Jur. R. 2 N. 96. Die Furcht vor alsbaldiger Entdeckung kann ein so starker Beweggrund sein, daß sie die Frei­ willigkeit aufhebt. E. 37 S. 402. Vgl. aber hierzu E. 47 S. 74. Nicht ist erforderlich, daß der Täter die beabflchttgte Tat aus Reue aufgegeben hat. E. 24 S. 222. Die Anwendung des Paragraphen wird auch dadurch nicht auSgeschloffen, daß der Täter durch Überredung zur Aufgabe der Tat bestimmt

wurde. HRR. 1931 Nr. 1491. 44) Entdeckt ist die Handlung, wenn ein anderer wahrgenommen hat, daß

44

A 2. Strafgesetzbuch § 47.

war, den Eintritt des zur Vollendung des Verbrechens oder Vergehens gehörigen Erfolges durch eigene Tätigkeit abgewendet Ijat.46)

3. Abschnitt.

Teilnahme.

§ 47. Wenn mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausführen, so wird jeder als Täter45 * **)* * bestraft. * * * * * * 4*§)* * * * * * * * * * * * * * * * * eine strafbare Handlung in Frage steht. Er braucht nicht alle Einzelheiten er­ kannt zu haben, die zu ihrer abschließenden recht!, und tatsächl. Beurteilung erforderlich sind, doch muß die Erkenntnis soweit reichen, daß er den Erfolg der Tat verhindern oder daß aus seine Wahrnehmungen ein ftrafrechtl. Verfahren gegründet werden kann. Unter dieser Voraussetzung kann der andere auch ein unmündiges Kind sein. E. 71 S. 242. Wahrnehmung durch einen Dritten, den der Täter selbst zur Abwendung des Erfolges herbeigerufen hat, genügt nicht. HRR. 1929 Nr. 454. 45) § 46 Nr. 2 bezieht sich auf den beendeten Versuch, d. h. den Fall, daß der Täter alle Handlungen vorgenommen hat, die nach seiner Meinung zur begrifflichen Vollendung der Tat gehören. E. 68 S. 82; während der Er­ folg noch nicht eingetreten ist. Auch hier muß der Rücktritt wie in § 46 Nr. 1 ein freiwilliger sein. E. 38 S. 402. Ein wirkliches Tun ist erforderlich, ein passives Verhalten genügt nicht. E. 39 S. 220. LZ. 27 S. 596; E. 68 ©.309; auch dann, wenn der Täter der irrigen Meinung ist, daß der Erfolg fehlgegangen sei. DRZ. 25 Nr. 340. Doch kann dann, wenn die Vollendung der Tat von einer durch den Gehilfen allein vorzunehmenden Handlung abhängt, auch die Unterlaffung dieser Handlung genügen. Recht 31 Nr. 2556. Es genügt aber nicht die vom Täter in ihrer Wirkung veranlaßte Handlung eines Dritten. HRR. 1930 Nr. 2182. Die Anwendung des § 46 Nr. 2 ist ausgeschlossen, wenn die Tat entdeckt war, auch wenn der Täter zur Zeit der Erfolgsadwendung noch keine Kenntnis von dem Eintritt der Entdeckung erlangt hat. Recht 34 Nr. 692; ebenso dann, wenn der beendete Versuch fehlgeschlagen ist, der Täter dies aber nicht weiß und deshalb auf Abwendung des Erfolgs gerichtete Maßnahmen trifft. E. 68 S. 310. Bei dem Verbrechen des Meineides kann § 46 Nr. 2 überhaupt nicht An­ wendung finden. E. 22 S. 363, ebensowenig bei dem durch Drohung verübten Vergehen der Erpressung. E. 26 S. 77.

45 a) Täter kann nur eine Physische Person sein, bei juristischen Personen ist deren Vertreter verantwortlich (vgl. KG. GA. 69 S. 454. BayObLG. GA. 77 S. 378). Mittelbarer Täter ist, wer vorsätzlich veranlaßt, daß eine Straftat durch einen anderen zur Ausführung gelangt, der seinerseits nicht zurechnungsfähig (§ 51) oder wegen Irrtums (§ 59), Nötigung (§ 52), Not­ stand (§ 54) oder dgl. schuldlos oder zwar schuldhaft, aber nicht mit Täter-, sondern nur mit Gehilfenvorsatz handelt. Voraussetzung ist, daß sich der m. T. durch die eigene Vornahme der Ausführungshandlg. in gleicher Weise strafbar machen könnte. E. 63 S. 313. E. 64 S. 122. Zu den sog. eigenhändigen Delikten, bei denen m. T. ausgeschlossen ist, gehört Meineid. JurW. 61 S. 3068. Die Annahme mittelbarer Täterschaft wird dadurch nicht in Frage gestellt, daß die von dem Täter als Werkzeug in Anspruch genommene Person den gesetzlichen Tatbestand mit eigenem Tätervorsatz verwirklicht. E. 57 S. 274. A. M. Frank Vordem. II 2 S. 106; auch nicht im Falle des Be­ trugs. E. 64 S. 422 (425).

Teilnahme § 47.

45

Der Täter kann in der Regel nicht zugleich als Anstifter oder Gehilfe zu der Tat bestraft werden, weil die geringere Teilnahmeform in der schwereren aufgeht. E. 70 S. 139 Doch sind Ausnahmen möglich, z. B. bei Straftaten, die ihrer Natur nach den Begriff der Anstiftung oder Beihilfe zu fremder Tat in sich tragen. Unter besonderen Umständen können Täterschaft und Anstiftung tateinheitl. zusammenfallen. So kann z. B. bei Tötung eines Menschen ge­ meinschaftlicher Mordversuch mit Anstiftung zum Totschlag in Tateinheit stehen, wenn der Anstifter und der Angestiftete gemeinschaftlich den Mord versuchen und der Angestiftete demnächst in Fortwirkung der Anstiftung die Tötung (ohne Überlegung) ausführt. E. 70 S. 293. Ein Tatbestand, der die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs voraus­ setzt, kann durch positives Tun wie durch Unterlassung verwirklicht werden (sog. unechtes UnterlassungsdeM). Die Unterlassung ist jedoch nur rechtswidrig, wenn eine Pflicht zum Handeln bestand. E. 63 S. 392. Die Rechtspflicht kann sich aus Gesetz, Gewohnheitsrecht oder Vertrag ergeben; ohne Bedeutung ist, ob die vertragliche Rechtspflicht gerade dem Verletzten gegenüber besteht. E. 69 S. 323. Ebenso ist zum Handeln verpflichtet, wer durch sein vorgängiges Tun oder Unterlassen die Gefahr eines bestimmten Erfolges herbeigeführt hat. E. 58 S. 130. Schließlich ergibt sich auch für Menschen, die in so enger Lebens­ gemeinschaft verbunden der Außenwüt gegenüberstehen, wie z. B- in der Familie oder der häuslichen Gemeinschaft, die Verpflichtung, den Genossen in Leibes­ oder Lebensgefahr beizustehen, wenn diese sich aus eigner Kraft nicht helfen, auch fremde Hilfe nicht herbeirufen können. E. 69 S. 321 und RG. DStrafr. 1936 S. 179. — Nach dem StGB.-Entwurf 1936 soll künftig kein Unterschied mehr gemacht werden, ob die Pflicht zum Tätigwerden eine rechtliche ober eine sittliche ist. Nach den Vorschlägen der amtl. Straftechtskommission, die auch schon für die Auslegung des geltenden StGB, von Bedeutung sind (vgl. Schaffstein, DJust. 1936 S. 767), steht einem Handelnden gleich, wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, obwohl er dazu verpflichtet ist; jedoch muß der Unterlassende als Täter oder Teilnehmer verantwortlich erscheinen. 46) Die Mittäterschaft setzt voraus, daß jeder Beteiligte den ganzen Erfolg einer Straftat auf Grund eines gemeinschaftlichen Entschlusses und mit vereinten Kräften als eigenen Erfolg verursachen will. Aber es ist nicht notwendig, daß jeder Täter bei der Ausführung der eigentlichen Tat selbst physisch mitwirtt; es genügt anch die Vornahme einer bloßen Vorbereitungshandlnng. E. 71 S. 24; z. B. durch Fahren des Täters in die Nähe des Tatorts. HNR. 1934 Nr. 147; auch bei sog. Erfolgsdelikten. LZ. 27 S. 538; jedoch genügt nicht die bloße Beteiligung an einer Verabredung, die nicht in irgendeiner Weise stärkend auf den Täterwillen eines anderen wirkt. RG. JurW. 1936 S. 1913. Mittäter­ schaft ist auch da möglich, wo eine strafbare Handlung durch die einverständl. Unterlassung mehrerer Personen begangen wird. E. 66 S. 71. Die be­ wußte Unterlassung einer Warnung des von einer Nötigung Bedrohten stellt sich rechtl. als Mittäterschaft oder als Beihilfe dar, je nachdem der Vorsatz der A. darauf gerichtet war, durch die Unterlassung der Warnung die Tat der anderen zugleich als ihre eigene zur Vollendung zu bringen oder nur jede Förderung der Tat der anderen beizutragen. JurW. 62 S. 1020. Es gibt Fälle, in denen selbst eine bloße Mttanwesenheit zur Mittäterschaft werden kann, weil sie auf Grund ftüherer Vereinbarung und begleitender Umstände eine Verbindung mit den physisch tätigen Komplizen herstellt, die eigener Tätigkeit gleichwertig ist. E. 26 S. 345; DStZ. 8 S. 244. Doch muß die Anwesenheit am Tatort eine geistige Mitwirkung durch Stärkung des verbrecherischen Willens den Täter erkennen lassen. DRZ. 16 S. 448. Mittäterschaft liegt

46

A 2.

§ 48.

Strafgesetzbuch § 48.

Als Anstifters wird bestraft, wer einen anderen zu der

von demselben begangenen strafbaren Handlung durch Geschenke oder

immer nur soweit vor, als das Einverständnis der Täter reicht. E. 12 S. 8. GA. 44 S. 143. Das Tun eines jeden Mittäters ist eine Kraft, deren der andere sich bedient, um den auch von ihm gewollten Erfolg zu ver­ wirklichen. Unerheblich ist es, ob ein Mittäter fähig war, die gemeinsame Tat eigenhändig auszuführen. Der A., der Aufpasierdienste leistet, kann sich auf die Unzurechnungsfähigkeit des anderen nicht berufen. E. 63 S. 101. Ein Vater, der seinen minderjährigen Sohn nicht von Begehung einer strafbaren Handlung abhält, sondern die Tat als eigene will, kann als Mittäter bestraft werden. Recht 32 Nr. 415; ebenso die Ehefrau, die die Rechtspfl. hat, den Ehegatten vor Angriffen auf seine Pers. Unversehrtheit und Pers. Freiheit zu bewahren. LZ. 27 S. 863. Es kann der zur Mittäterschaft gemeinschaftl. Entschluß auch vor­ handen sein, wenn die Beteiligten oder ein Teil von ihnen einander nicht kennen. E. 58 S. 279. — Mittäter eines Sonderverbrechens kann nur der sein, der sich als Eintäter dieses Verbrechens schuldig machen kann. Daher leine Mit­ täterschaft eines Ntchtbeamten an einem Beamtendelikt. LK. Anm. 11. E. 42 S. 382. Verfasser und Verleger einer unzüchtigen Schrift sind als Mittäter anzusehen. E.23 S. 388. — Zur Feststellung der Mittäterschaft genügt nicht die Wiedergabe „gemeinschaftlich". DRZ. 16 S. 529; auch nicht „im bewußten und gewollten Zusammenwirken". LZ. 22 S. 510. Bei fahrlässigen Handlungen gibt es keine Mittäterschaft. E. 10 S. 8. A. M. LK. Anm. 4; auch Düsseldorf DRZ. 25 Nr. 42 hält sie theorettsch für denkbar. Nebentäterschaft liegt vor, wenn verschiedene Täter ohne den Willen, zusammenzuwirken, Ursachen fetzen, die in ihrer Vereinigung oder für sich allein den Erfolg herbeizuführen geeignet sind. E. 68 S. 256. 47) Die Anstiftung kann sich immer nur auf eine bestimmte Handlung be­ ziehen und erfordert den Vorsatz, einen anderen zur Verübung dieser Handlung zu bestimmen, E. 1 S. 110; aber in der Anstiftung zu Straftaten überhaupt kann auch Anstiftung zu einer konkreten Tat gesunden werden. Es ist nicht erforderlich, daß der Anstifter es auf eine bestimmte Person abgesehen hat. E.34 S. 328. R. 9 S. 107. Es genügt, daß er sich der wesentlichen Punkte der dem Angestifteten angesonnenen Tat bewußt war. JurR. 3 Nr. 1611. Strafbare Anstiftung liegt auch dann vor, wenn der Angestiftete nach Mißglücken deS ersten Versuchs erneut in Weiterwirken des alten oder auf Grund neuen Vorsatzes zur Tat schreitet. E. 70 S. 295. Ferner erfordert die Anstiftung den Vorsatz, den anderen zur wirklichen Begehung, nicht zu einem bloßen Versuch zu be­ stimmen. E. 15 S. 315. Der Anstifter braucht nicht die zum Tatbestand erforderliche Absicht zu haben. E. 56 S. 171. HRR. 1933 N. 255. Anstiftung ist auch mit Bezug auf sttafbare Handlungen möglich, die ohne ein schuldhaftes Verhalten zu erfordern (Stempelvergehen), vorsätzlich be­ gangen sind. E. 49 S. 86. Über die Anstiftung unzurechnungsfähiger Personen siehe Anm. 55 zu § 51, über die strafunmündiger Personen § 4 JGG. unter C II 3. Gegen den Angestisteten braucht ein Strafverfahren nicht durchgeführt zu sein. E. 63 S. 313 (319). Eine vom Angestifteten zu verantwortende Handl, liegt bei einem Zwange i. S. des § 52 nicht vor, wohl aber bei einer Unfreiwilligkeit i. S. des § 46 Ziff. 1. E. 67 S. 263. Der Anstifter haftet nicht für solche erschwerenden Umstände der Tat, auf die sich die Anstiftung nicht bezogen hat. GA. 42 S. 241. Er haftet nicht für den Exzeß, wohl aber bei unwesentlichen ober rechtlich bedeutungslosen Abwei-

Teilnahme § 48.

47

Versprechen, durch Drohung, durch Mißbrauch deS Ansehens"») oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums oder'durch andere Mittel47b) vorsätzlich bestimmt hat. Die Strafe des Anstifters ist nach demjenigen Gesetze 47c) festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich angestiftet hat. chungen von seinem Plan. E. 70 S. 295, insbes. auch dann, wenn der Täter gleichwertige Objekte verwechselt. FrankHl 4 d u. d; auch für den nicht ge­ wollten Erfolg z. B. § 226. E. 59 S. 156. Liegen strafbegründende Umstände ausschließlich beim Täter vor und waren sie dem Anstifter bekannt, so sind sie letzterem zuzurechnen, daher ist die Anstiftung einer Militärperson zu einem mili­ tärischen Delikt durch eine Zivilperson strafbar. E. 25 S. 234. Der Anstiftung zu einer Sonderstraftat kann sich auch der schuldig machen, der die Sonderstraf­ rat wegen Mangels der vorausgesetzten persönlichen Eigenschaft als Täter, Mittäter oder mittelb. Täter nicht begehen kann. E. 63 S. 313 (318). Eine selbständige Anstiftung von feiten mehrerer nacheinander zu derselben Tat ist rechtlich nicht denkbar. E. 13 S. 121, wohl aber können mehrere zu einer Anstiftung in der gleichen Weise Zusammenwirken wie Mittäter und es ist dann nicht notwendig, daß jeder bei seiner Mitwirkung einen bestimmten Menschen, der angestiftet werden soll, im Auge hat. E. 71 S. 23. Mehrere Anstiftungen seitens einer Person zu derselben Tat bilden nur eine Straftat. Tateinheit liegt vor, wenn der Täter durch eine Handlung einen anderen zu mehreren selbstän­ digen oder mehrere andere zu mehreren Straftaten ausliftet. E. 70 S. 26 (unter Aufgabe der ftüherenRechisprechung, die Tatmehrheit annahm). Ob und inwieweit jemand in Ansehung einer als fortgesetztes Delikt sich darstellenden Haupttat als Mittäter oder Anstifter strafbar ist, ist von derjenigen Einzelhandlung aus zu würdigen, an der er sich beteiligt hat. E. 34 S. 5. E. 48 S. 206. Fortges. An­ stiftung ist gegeben, wenn der Anstifter auf Grund eines einheitlichen Vorsatzes den Täter wiederholt zur öfteren Begehung der Tat bestimmt; daß die Einzel­ handlungen des Täters unter sich selbst im Fortsetzungszusammenhang stehen, wie Recht 33 Nr. 2078 verlangte, ist im Hinblick auf die Änderung der Rechtspr. (vgl. Anm. 97 Abs. 3 zu 8 73) nicht mehr erforderlich. E. 70 S. 385. — Der Täter kann auch zur Begünstigung der eigenen Tat anstiften. E. 50 S. 364. A. M. LK. Anm. 1. Der Versuch einer Anstiftung ist nicht strafbar. Beim Zu­ sammentreffen von Anstiftung und Beihilfe liegt Gesetzeskonkurrenz vor. E. 62 S. 74. E. 70 S. 296. Beihilfe zur Anstiftung ist möglich. JurW. 52 S. 373. E. 14 S. 318 LZ. 22 S. 1632. Die Anstiftung zu einem Jahrlässigkeitsver­ gehen ist rechtlich auögeschloffen. E. 23 S. 175. Die Strafverfolgung der Anstiftung verjährt erst mit der Haupttal. R. 3 S. 837. Recht 17 Nr. 777. 47 a) Das Ansehen, das der Dienstherr gegenüber dem Dienstboten genießt, kann auch noch über das Bestehen des Dienstverhältniffes hinaus fortdauern. DStZ. 9 S. 300. 47 b) Als solche sind angesehen: Überredung und Erteilung von Rat. R. 3 S. 94 u. E. 25 S. 234. Auch eine Bitte mit dem gewollten Erfolge der Mit­ leidserregung. LZ.12 S. 639. 47c) Dies gilt für die Anstiftung zu einem Sonderverbrechen (z. B. einem Amtsverbrechen) auch dann, wenn der Täter nicht zu dem Täterkreis gehört, gegen den die Strafdrohung sich richtet. Eme Ausnahme ergibt sich jedoch auL § 50 für die Fälle, in denen die Beamteneigenschaft nicht strafbegründend,

48

A 2.

Strafgesetzbuch § 49.

§ 49. Als Gehilfe wird bestraft, wer dem Täter zur Begehung des Verbrechens oder Vergehens durch Rat oder Tat wissentlich Hilfe geleistet hat.") Die Strafe des Gehilfen ist nach demjenigen Gesetze sestzusetzen, welches aus die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich sondern strafschärfend oder -mindernd wirkt. Der Nichtbeamte, der einen Be­ amten zum Verbrechen nach § 348 Abs. 2 anstiftet, ist daher aus § 133 zu verurteilen. E. 63 S. 31; auch der Gehilfe. JurW. 59 S. 2133. 48) Das Charakteristische der Beihilfe im Gegensatz zur Mittäterschaft ist, daß der Gehilfe nicht mit der Willensrichtung des Täters, sondern nur mit dem Vorsatze handelt, einen anderen bei der von diesem gewollten Tat zu unterstützen. R. 6 S. 416. Ein wesentliches Erkenntnismittel für die Willensrichtung des TäterS ist der Grad seines eigenen Interesses an dem Erfolg. RG. JurW. 1937 S. 2509. Erforderlich ist, daß eine strafbare Haupttat vorliegt. Ist der Haupttäter nach § 51 straflos, ist es auch der Gehilfe. E. 11 S. 56; der Gehilfe ist es aber nicht, wenn der an sich schuldhafte Täter aus persönlich strafbefteienden Gründen straflos bleibt. LK. Sinnt. 3 d. Der Wille des Gehilfen muß auf Aus­ führung einer bestimmten Tat gerichtet fein. Von allen wesentlichen Begriffs­ merkmalen muß der Gehilfe Kenntnis haben. E. 15 S. 315. E. 21 S. 93; z. B. beim Mord wißen oder damit rechnen, daß der Täter mit Überlegung handelt. NG. JurW. 1936 S. 1128°. Dagegen braucht er sich die Einzelheiten der Ausführung der Haupttat nicht vorzustellen und es ist ohne Belang, wenn diese von seiner Vorstellung abweichen, sofern nur die Tat im wesentlichen wie die verläuft, deren Begehung der Gehilfe fördern will. DIZ. 1934 S. 342. Bedingter Vorsatz genügt. Recht 33 Nr. 631. Nicht notwendig ist, daß der Gehilfe die Person des TäterS gekannt hat. R. 10 S. 242; auch nicht, daß der Erfolg der Haupttat durch die Gehilfentätigkeit gefördert oder erleichtert wird, jedoch keine strafbare Beihilfe, wenn der Haupttäter die angebotene Hilfe sofort zurückweist.' E. 58 S. 113. Der Gehilfe muß den Erfolg der Haupttat ge­ wollt haben. E. 37 S. 321. E. 60 S. 23 (jetzt auch LK. Sinnt. 4 Abs. 4). Vgl. auch E. 67 S. 343. Keine Beihilfe liegt vor, wenn der Gehilfe die Untauglich­ kett der Mittel kennt. R. 9 S. 253. JurW. 62 S. 1727 (15). Beihilfe kann durch bloße Vorbereitungshandlungen geleistet werden. E. 8 S. 267. Desgl. durch Unterlassungen, sofern eine Pflicht zum Tätigwerdcn bestand (vgl. Sinnt. 45 a zu § 47). E. 11 ©.53; daher macht sich ein Ge­ fangenenaufseher strafbar, wenn er die Gefangenen während der Außenarbeit nicht an Begehung von Diebstählen hindert. E. 53 S. 292; der SA.-Führer, wenn er auf einer Dienstfahrt den untergebenen Kraftwagenführer nicht zur Er­ füllung der aus dem KraftfahrzG. sich ergebenden Pflichten anhält. E. 69 S. 349; der Prozeßbevollmächtigte, der int Zivilprozeß nicht das Zustandekommen einer unwahren eidlichen Zeugenaussage verhindert, obwohl er dazu imstande ist. E. 70 S. 83; die Schwiegermutter, die dem Mordplan ihrer Tochter gegen den Schwiegersohn, mit dem sie (die SchwM.) in enger Lebensgemeinschaft lebt, nicht entgegentritt. RG. DStraft. 1936 S. 179. S. dazu auch Sinnt. 69 d zu § 330 c. Nicht ist aber der Verlobte gehalten, die Braut an der Vornahme von Abtreibungshandlungen zu hindern. Recht 26 Nr. 133. Wer durch eine Handlung zu mehreren Straftaten Hilfe leistet, ist nur wegen einer Tat zu bestrasen. E. 70 S. 26. Mehrere Hilfeleistungen zu ver­ schiedenen Taten mehrerer Täter oder desselben Täters können in ZortsetzungsZusammenhang stehen. E. 70 S. 349 (unter Aufgabe der ftüheren Recht-, sprechung).

49

Teilnahme § 49 a.

Hilfe geleistet hat, jedoch nach den über die Bestrafung des Versuches aufgestellten Grundsätzen zu ermäßigen.48 * **)* * * § 49 a. Wer einen anderen zur Begehung eines Verbrechens oder zur Teilnahme an einem Verbrechen auffordert, oder wer eine solche Aufforderung annimmt, wird, soweit nicht das Gesetz eine andere Strafe androht, wenn das Verbrechen mit dem Tode oder mit lebenslänglicher Zuchthausstrafe bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, wenn das Verbrechen mit einer geringeren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.") Ein Versuch der Beihilfe ist nicht strafbar. E. 11 S. 56. Beihilfe zu Fahrlässigkeitsvergehen gibt eS nicht. E. 10 S. 8. E. 58 S. 163. A. M. LK. Anm. 3 e. Beihilfe zur Beihilfe ist als mittelbare Beihilfe strafbar. Recht 30 Nr. 314. Beihilfe zur Anstiftung ist Beihilfe zur Tat. E. 59 S. 396. 48 a) Bei ber Bestrafung der Beihilfe zum Versuch findet eine doppelte Ermäßigung statt. E. 2 S. 283, anders DIZ. 9 S. 1043. Bei Beihilfe zur Beihilfe keine Ermäßigung. E. 23 S. 300. Die Strafe deS Gehilfen kann die des Täters übersteigen. E. 51 S. 112. Recht 32 Nr. 2180. 49) Der § 49 a enthält nur eine subsidiäre Strasvorschrift für diejenigen Fälle, In denen nicht schon sonst von dem StGB, die erfolglose Aufforderung zur Begehung von Verbrechen (§§ 110, 111, 112 usw.) mit Strafe bedroht ist. E. 9 S. 261. Ob die Tat ein Verbrechen ist, ist nach deutschem Recht zu beurteilen, wenn auch die Tat im Auslande begangen ist. E. 37 S. 45. Der Tatbestand aus § 49 a kann vorliegen, auch wenn der Aufsordernde der Täter und der Aufgeforderte nur der Gehilfe sein sollte, auch das Objekt, an welchem das Verbrechen verübt werden sollte, gar nicht existiert. R. 6 S. 535. Auf­ forderung zur gemeinschaftlichen Ausführung eines nur auf feiten des Auf­ fordernden als Verbrechen sich darstellenden einfachen Diebstahls ist nicht strafbar. GA. 48 S. 366; wohl aber, wenn der Aufgeforderte Rückfalldieb ist. LK. Anm. 4 Abschn. f. Es genügt, daß das Verbrechen auch bei der den Vorstellungen des Auffordernden entsprechenden Ausführung nicht über strafbaren Versuch hinaus gelangen konnte. Recht 16 Nr. 519. Auch in der Erteilung eines Nates kann eine Aufforderung liegen. E. 53 S. 351. Die Aufforderung ist strafbar, auch wenn sie sich an einen zur Tat bereits Entschlossenen wendet. GA. 52 S. 84; und auch, wenn der Aufgeforderte geisteskrank ist. E. 47 S. 230. Die Aufforderung und das Erbieten müffen als Willenskundgebungen, die dem anderen gegenüber erfolgen, diesem zur Kenntnis gelangt sein. E. 26 S. 81, E. 47 S. 230. In der Übersendung eines Rezepts kann die Aufforderung zur Abtreibung gefunden werden. Recht 16 Nr. 331. Die Aufforderung muß als ernstliche erkennbar sein. E. 36 S. 228. Die Ernstlichkeit der Aufforderung bedarf in der Regel keiner bes. Feststellung. E. 57 S. 171. Die Aufforderung, einen Menschen durch Beschwörungen oder Sympathiemittel zu töten, ist nicht strafbar. E. 33 S. 321. Die Annahme einer nicht ernstlich gemeinten Auf­ forderung ist strafbar. E. 57 S. 243. Liegt eine strafbare Annahme der Auf­ forderung zur Begehung eines Meineids vor, ist § 157 Abs. 1 Nr. 1 zu be­ achten. E. 64 S. 374. Niethammer DRZ. 23 S. 164. Die Anwendung der §§ 49au. 218 inJdealkonkurrenz ist begrifflich ausgeschloffen. E. 43 S. 206, aber nicht des § 333. E. 12 S. 54. A. M. LK. Anm. 3.

Dalcke, Strafrecht. 80. Aust.

4

Schoss,

50

A 2. Strafgesetzbuch § 49 b.

Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher sich zur Begehung eines Verbrechens oder zur Teilnahme an einem Verbrechen erbietet,60) sowie denjenigen, welcher ein solches Erbieten annimmt61) Es wird jedoch das lediglich mündlich62) auSgedrückte Auffordern oder Erbieten, sowie die Annahme eines solchen nur dann bestraft, wenn die Aufforderung oder das Erbieten an die Gewährung von Vorteilen irgendwelcher Art geknüpft worden ist.62») Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Schöff.

§ 49b.63)

Wer an einer Verbindung63') oder Verabredung63")

50) Der andere muß vom Erbieten Kemltnis bekommen haben. LZ. 6 S. 496. 51) Die Mitteilung der Bereitwilligkeit genügt nicht, sondern es muß vom Täter die Annahme oder Ablehnung des Erbietens in Aussicht genommen sein. GA. 47 S. 375. Die Annahme eines nicht ernstlich gemeinten Erbietens ist nicht strafbar, E. 1 S. 338, ebensowenig die nicht ernstlich gemeinte An­ nahme einer Aufforderung. E. 60 S. 23. 52) Eine lediglich mündliche Aufforderung liegt nicht vor, wenn schriftliche Aufzeichnungen hinzukommen, die in Verbindung mit mündlichen Erklärungen die Beeinflussung herbeiführen sollen. E. 58 S. 92; z. B. bei einer schriftl. Aufzeichnung über den Inhalt einer angesonnenen falschen Aussage. RG. JurW. 1936 S. 512. 52 a) Die Vorteile brauchen nur versprochen, nicht schon gegeben zu sein. R. 2 S. 564. DaS Versprechen kann durch schlüssige Handlungen geschehen. Recht 13 Nr. 3245. Es genügt, wenn auf beiden Seiten Einverständnis herrscht. E. 46 S. 400. Ob jemand die Vorteile unmittelbar auS dem Vermögen deS andern Teils erlangt oder nur mittelbar durch dessen Tättgkeit, ist gleichgültig. E. 58 S. 93. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 1420. Als Vorteil gilt das Versprechen der Ehe. E. 3 S. 63; Recht 25 Nr. 2070; die Hingabe eines An­ geldes. E. 6 S. 67; Anteil an der zu erwartenden Versicherungssumme beim Erbieten zur Begehung der Brandstiftung und des Vers.betrugS. E. 66 S. 392, nicht aber die Gewährung von Vorteilen, welche erst durch die Ausführung des Verbrechens entstehen sollen. E. 10 S. 3. E. 61 S. 269. (S. aber RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 1419: Angebot eines Abtreibungsmittels zu einem überhöhten Preis fällt unter 8 49a), oder welche lediglich in der Teil­ nahme an dem aus dem Verbrechen zu ziehenden Gewinn bestehen. Recht 16 Nr. 830; auch nicht das Versprechen, daß der Auffordernde dafür sorgen wolle, daß das Verbrechen unentdeckt bleibe, oder daß er dem Täter zur Flucht behilflich sein wolle. E. 22 S. 94; aber unter Umständen die Vermeidung eines ÜbelS. E. 64 S. 374. 53) Fassung-beruht auf VO. des RP. v. 19. Dezbr. 32 (RGBl. I S. 548). 53 a) Siehe Anm. 91 zu § 128 StGB. 53 b) Eine bloße Gedankenäußerung, Vorbesprechung oder Werbung von Tätern enthält noch keine Verabredung. JurR. 3 Nr. 541. Vorausgesetzt wird, daß auf Grund der Besprechungen ein gemeinsamer, auf Ausführung der Mord­ tat ernstlich gerichteter Wille zustande gekommen ist, mag auch die Art der Aus­ führung In ihren Einzelheiten noch nicht festgelegt sein. E. 58 S. 392. Be­ dingter Tötungsvorsatz ist ausreichend. E. 68 S. 360; E. 69 S. 165. Ob die Verabredenden an der Ausführung des geplanten Verbrechens persönlich (als Täter, Mittäter, Gehilfen) teilnehmen sollen, ist ohne Bedeutung. E. 69

§ 50. Gründe, welche die Strafe ausfchließen oder mildern § 51.

51

telIntmmt,BSc) die Verbrechen wider daS Leben bezweckt oder als Mittel für andere Zwecke in Aussicht nimmt, oder wer eine solche Verbindung

unterstützt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu

fünf Jahren?") Nach diesen Vorschriften wird nicht bestraft, wer der Behörde oder

dem Bedrohten so rechtzeitig Nachricht gibt, daß ein in Verfolgung der Bestrebungen der Verbindung oder Verabredung beabsichtigtes Ver­ brechen wider das Leben verhindert werden kann.

§ 50.

Wenn das Gesetz die Strafbarkeit einer Handlung nach

den persönlichen Eigenschaften oder Verhältnissen desjenigen,B4) welcher

dieselbe begangen hat, erhöht oder vermindert, so sind diese besonderen

Tatumstände dem Täter oder demjenigen Teilnehmer (Mittäter, An­ stifter, Gehilfe) zuzurechnen,B") bet welchem sie vorltegen.

4. Abschnitt.

Gründe, welche die Strafe ausschllcßrn oder mildern.

§ 51.") Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden,") wenn der

Täter zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung"), wegen krank-

S. 165. Es ist nicht erforderlich, daß die Verabredung die Begehung mehrerer Verbrechen wider das Leben bezwecken muß, die Verabredung zu einer Einzeltat genügt. E. 68 S. 361. In der bloßen Teilnahme an der Verabredung eines Mordes liegt nicht schon begrifslich Teilnahme an dem später von andern auSgeführten Morde. E. 59 S. 376. § 49 b findet keine Anwendung, sobald und soweit bei einem Teilnehmer an der Verabredung die Sttafbarkeit des Ver­ abredens mit seiner Sttafbarkeit als Täter oder Teilnehmer der infolge der Verabredung ausgesührten Tat zusammentrifft. JurW. 62 S. 2337. 53 c) § 49 b dient weniger zum Schutze des Lebens der einzelnen durch Mordpläne bedrohten Menschen als vielmehr zur Aufrechterhaltung der öffent­ lichen Ordnung. Daher liegt auch dann nur eine Straftat vor, wenn die ur­ sprünglich aus die Tötung einer Person gerichtete Verabredung später auf die einer weiteren ausgedehnt wird. E. 69 S. 164. 53 d) Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn sich die Tat einiger­ maßen deutlich von dem gewöhnlichen Bild einer solchen Verabredung in einer den Tater belastenden Weise unterscheidet. E. 69 S. 169. 54) Zu diesen persönlichen Eigenschaften oder Verhältnissen gehören auch die Begttffsmerkmale der Gewerbs- und Gewohnheitsmäßigkeit. Plen.Entsch. E. 25 S. 266; die Beamteneigenschaft bet den sog. unetgentlichen Beamten­ vergehen (§§ 350, 351). E. 55 S. 181. E. 65 S. 102 (105). Die Über­ legung beim Mord (§ 211) ist keine persönliche Eigenschaft des Täters, sondern ein Tatbestandsmerkmal. RG. JurW. 1936 S. 1128 5* .* * Auf * straf begrün­ dende Eigenschaften findet die Ausnahmevorschrift keine Anwendung. E. 36 S. 154. Dies gilt auch für Gewerbs- und Gewohnheitsmäßigkeit, z. B. nach § 180 (Goebel JurW. 1937 S. 715). 54 a) Zurechnung bei der Besttafung, nicht zur Schuld. GA. 74 S. 274. 55) Da eine strafbare Handlung nicht vorliegt, so ist Anstiftung, Beihilfe nicht möglich. Kannte der Anstifter den Zustand des Haupttäters nicht, so wurde bisher auch mittelbare Täterschaft verneint. E. 52 S. 197. Nach dem Grundgedanken des § 48 ist der Anstifter jetzt aber gemäß § 2 wegen Anstiftung 4»

52

A 2. Strafgesetzbuch § 51.

Hafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche un­ fähig^) ist, das Unerlaubte") der Tat einzusehen oder nach dieser

Einsicht zu handeln").

War die Fähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat aus einem dieser Gründe erheblich vermindert, so sann"») die Strafe nach den Vorschriften

über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden. zu bestrafen. — Auch in einem Rauschzustände kann eine strafbare Handlung begangen werden, wenn die Ursache zu dem Erfolge in zurechnungsfähigem Zustande gesetzt ist. E. 60 S. 29. JurW. 59 S. 909. Vgl. Anm. 69 aa zu § 330 a. 56) Bei einem Rausch liegt eine Bewußtseinsstörung nicht erst vor, wenn die Trunkenheit bis zur Sinnlosigkeit gesteigert ist, sondern schon bei einer er­ heblichen, das Geistesleben stark beeinträchtigenden Trübung des Bewußtseins. RG. JurW. 1937 S. 1328 u. 1329. Zur Ausschließung des § 51 Abs. 1 ge­ nügt deshalb nicht, sinnlose Trunkenheit zu verneinen. RG. JurW. 1936 S. 2994. Vorbedachtes und planvolles Handeln ist kein untrügliches Zeichen für Zurechnungsfähigkeit. HRR. 1931 Nr. 1492. 57) Die drei Geisteszustände müssen entweder den Verstand oder den Willen entscheidend beeinträchtigen. (Begr.) Streng zu unterscheiden von der Unzu­ rechnungsfähigkeit ist die Nichtzurechenbarkeit zur Schuld bei vorhandener Zu­ rechnungsfähigkeit. JurW. 60 S. 2827. 58) Der Begriff des Unerlaubten ist weiter als der des Unrechtmäßigen, erfaßt Verstöße sowohl gegen das Recht als auch gegen das Sittengesetz. Es kommt mithin darauf an, ob der Täter fähig war, zu erkennen, daß seine Tat rechtlich und sittlich verboten war. E. 68 S. 173. 58 a) Die Strafmilderung steht im Ermeffen des Richters. Nach ärztl. Erfahrung kann auf die abgeschwächte seelische Widerstandskraft des Psycho­ pathen durch ernste Strafen vielfach nachhaltiger eingewirkt werden als durch allzu große Milde. (Begr.) Eine Nichtherabsetzung ist aber nicht nur (wie der 2. Strafsenat des RG. annimmt; vgl. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 1590 und in JurW. 1935 S. 3379) zulässig, wenn sonst der Zweck, den Täter von einer Wiederholung solcher Straftaten abzuhalten, nicht erreicht würde, sondern stets, wenn ausreichende Gründe dazu vorhanden sind. E. 69 S. 314, z. B. bei selbstverschuldeter Trunkenheit (S ch ä f e r, JurW. 1935 S. 3380). Daher ist auch die Todesstrafe gegen einen gemindert Zurechnungsfähigen zulässig, obwohl sie auf ihn nicht erzieherisch wirken kann. E. 71S. 179. Die Strafmilde­ rung ist auch zulässig, wenn ihre Voraussetzungen zwar nicht nachgewiesen, aber möglicherweise gegeben sind. E. 70 S. 127. Auch wenn die Strafe nach § 51 Abs. 2 gemildert wird, kann das Gericht nochmals den Geisteszustand des Täters als mildernden Umstand berücksichtigen, wenn die anzuwendende Straf­ vorschrift mildernde Umstände vorsieht. E. 68 S. 294. Die Berufung wegen verminderter Zurechnungsfähigkeit kann auf das Strafmaß beschränkt werden. RG in JurW. 1934 S. 2914 Ebenso ist eine Revision, die nur auf Verletzung des § 51 Abs. 2 gestützt wird, auf den Strafausspruch beschränkt. E. 69 S. 110. Hat der Täter nach der Überzeugung des Gerichts Zuchthaus unter einem Jahre verwirkt, so ist diese gem. § 19 Abs. 2 zunächst nach vollen Monaten festzusetzen und dann gem. § 21 in eine GefStr. umzuwandeln. E. 69 S. 29; a. M. OLG. Jena, JurW. 1936 S. 3011.

Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern § 52.

53

§ 52 Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Täter durch unwiderstehliche Gewalt oder durch eine Drohung, welche mit einer gegenwärtigen,68 b) auf andere Weife nicht abwendbaren Gefahr68 c) für Leib88 °) oder Leben seiner selbst oder eines Angehörigen ver­ bunden war, zu der Handlung genötigt worden ist69)

Als Angehörige 88) im Sinne dieses Strafgesetzes sind anzusehen Verwandte und Verschwägerte auf- und absteigender Linie, Adoptivund PflegeelternßOa) und -linder, Ehegatten, Geschwister und deren Ehe­ gatten, und Verlobte.8*) 58 b) Gegenwärtig ist eine Gefahr nur, wenn die zu ihrer Abwendung erforderlichen Maßnahmen alsbald getroffen werden muffen. JurW. 58 S. 2059. E. 63 S. 215 (222). 58c) Auch eine ernstliche Selbstmorddrohung eines Angehörigen kann Nötigungsstand begründen. RG.HRR. 1937 Nr. 133. Anders beim Notstand (s. Anm. 69b), weil dort eine unverschuldete Gefahr verlangt wird. 59) Zu diesem „Nötigungsstand" gehört eine gewiffe Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere der Gefahr und der Schwere der in der Abwehrhandlung gelegenen Rechtsgüterverletzung. E. 66 S. 397. Das Übel muß mit der Dro­ hung zeitlich in einem so nahen Zusammenhang stehen, daß der Wille des Täters durch die Furcht vor Verwirklichung der Drohung ausschließlich beherrscht wird. KG. DIZ. 12 S. 430. Keine Nötigung, wenn der Täter durch Drohungen des Verletzten gereizt ist. Dem Täter muß die Begehung der strafbaren Handlung angesonnen werden, um ihn zu der Tat willig zu machen. E. 61 S.3O9. Die Drohung beseitigt nicht die Rechtswidrigkeit seines Handelns, sondern nur seine Schuld. RG. JurW. 1936 S. 388 17. Für Handlungen, die der Täter auf Befehl seiner Vorgesetzten begangen hat, bleibt er strafrechtlich verantwortlich, wenn für ihn erkennbar war, daß sie den Strafgesetzen zuwiderliefen (§ 7 Abs. 2 DBG). Vgl. auch E. 54 S. 337. 60) Das Angehörigenverhältnis muß tatsächlich bestehen. E. 61 S. 270. Das zwischen Verschwägerten auf- und absteigender Linie bestehende Ver­ hältnis der Angehörigkeit erlischt nicht durch den Tod des einen Ehegatten. R. 1 S. 548. Ebenso E. 5 S. 200. Es genügt auch das Verwandtschaftsver­ hältnis zu einem Ehegatten, der in nichtiger Ehe lebt. Recht 26 Nr. 1465. Zu­ sammengebrachte Kinder sind nicht Angehörige. Erk. v. 1. März 00, LK. Anm. 5 f. Zwischen den Ehemännern zweier Schwestern besteht keine Schwägerschaft. E. 15 S. 78. Kein Angehörigkeitsverhältnis zwischen Onkel und Neffe. RG. in JurW. 1935 S. 3467. 60a) S. Anm. 36 zu § 174. 61) Zur Verlobung gehört nicht unbedingt ein zivilrechtlich gültiges Ver­ löbnis, entscheidend ist, ob ein ernstliches, nicht von der Rechtsordnung miß­ billigtes Eheversprechen vorliegt. Es ist daher unerheblich, ob die Verlobten noch minderjähttg sind und ob sie in diesem Fall die Einwilligung ihrer Eltern er­ langt haben. E. 38 S. 242. Das Eheversprechen eines Verheirateten kann kein Verlöbnis begründen. E. 24 S. 155. JurW. 56 S. 2575. Auch nicht das eines Mannes, der bereits mit einer anderen Frau verlobt ist. Ist einmal ein wirksames Verlöbnis begründet worden, so endet es nicht dadurch, daß der eine Teil einmal oder eine Zeitlang innerlich entschlossen ist, den anderen nicht zu ehelichen, solange er diesem seine Absicht nicht kundgegeben hat. E. 71 S. 152; OLG. Kiel DStrR. 1937 S. 62.

54

A 2. Strafgesetzbuch 8 53.

§ 53.61a) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn die Handlung durch Notwehr geboten toar.62) Notwehr ist diejenige Verteidigung/») welche erforderlich ist,63») um 61a) Bei Wehrmachtsangehörigen, die sich gegen Vorgesetzte verteidigen, ist § 53 gemäß § 2 MilStGB, insoweit anwendbar, als die besonderen Be­ dürfnisse der Wehrmacht und die Erhaltung der Manneszucht damit vereinbar sind. E. 69 S. 265. 62) Auch schon die bloße Möglichkeit, daß der Täter in Notwehr gehandelt hat, führt zur Freisprechung. JurR. 1 Nr. 534. Das Vorliegen einer Not­ wehrlage ist auch dann zu prüfen, wenn der A. die Tat als solche bestreitet. JurW. 1932 S. 3070. Aus das Motiv der Notwehr kommt es nicht an. Not­ wehr kann auch zwecks Wiedervergeltung geübt werden. DRZ. 21 Nr. 869. Vgl. E. 60 S. 262. Über Selbsthilfe siehe §§ 229 ff. BGB. Aus dem Gedanken der Güter­ und Pflichtenabwägung ergibt sich, daß das Selbsthilferecht nicht ausgeübt werden darf, wenn es sich nur um einen Anspruch im Werte weniger Pfennige handelt. E. 69 S. 308. Das Recht der Festnahme (§ 230 Abs. 3 BGB.) um­ faßt nur die Befugnis zur Freiheitsberaubung und Nötigung, sowie zu Miß­ handlungen, die damit notwendig verbunden sind, aber nicht die Befugnis zur vorsätzlichen oder fahrlässigen Tötung. E. 69 S. 308. § 859 Abs. 2 BGB. gewährt dem Besitzer nicht die Befugnis, jedes Mittel zu ergreifen, um dem Täter die von ihm weggenommene Sache wieder abzunehmen. DIZ. 12 S. 361. Die Wahrung der zeitlichen Schranken des hier gewährten Selbsthilferechts er­ fordert trotz des Ausdrucks „sofort" nicht ein blitzschnelles Handeln. GA. 51 S. 191. 63) Auch ein Gegenangriff kann sich als Verteidigung darstellen. E. 16 S. 69. Geraten zwei gleichermaßen zum Raufen Entschlossene aneinander, nachdem die Absicht eines jeden dem anderen erkennbar geworden ist, so kann keiner sich auf Notwehr berufen. RG. JurW 1936 S. 1220 13. Auch für solche Handlungen, welche die Abwehr eines erwarteten Angriffs bloß vorbereiten sollen, kann die Rechtswidrigkeit entfallen, wenn nur so dem Angriff wirksam entgegengetreten werden kann. JurW. 61 S. 1971. Naum­ burg DRZ. 24 Nr. 678. Die Verteidigung kann durch Legen von Selbstgeschossen vorbereitet werden, falls nicht die Voraussetzungen des § 367 Nr. 8 vorliegen. Stuttgart JurW. 60 S. 2651. 63 a) Die Abwehrmittel bestimmen sich grundsätzlich nach der Stärke des Angriffs, nicht nach dem bedrohten Rechtsgut. JurR. 3,185. Doch ist der An­ gegriffene nicht berechtigt, da, wo er ein der Art oder dem Maße nach geringeres Mittel anwenden kann, sofort das nach der einen oder anderen Richtung schwerere Mittel zu gebrauchen. Sich dem Angriffe durch schimpfliche Flucht zu entziehen, ist er nicht verpflichtet. Wo er aber einem Angriff, ohne sich etwas zu vergeben und ohne Gefährdung eigener oder fremder berechtigter Interessen ausweichen kann, darf er nicht zur gewaltsamen Abwehr schreiten, insbesondere nicht einen Menschen töten. E. 71 S. 133. So wird er die Hilfe eines Dritten in Anspruch nehmen müssen, wenn sie zur Abwehr eines erneuten Angriffs ausreicht. E. 66 S. 244. Ein im Dienst befindlicher Vorgesetzter, der von einem Untergebenen angegriffen wird, ist nicht nur befugt, auf seinen persönlichen Schutz bedacht zu sein, sondern auch berechtigt und verpflichtet, das Ansehen und die Belange der in ihm verkörperten Befehlsgewalt zu verteidigen. E. 69 S 179. Ob die Art der Verteidigung zur Abwehr geboten war, ist nach der objektiven Sachlage, nicht nach der subjektiven Anschauung des Handelnden zu beurteilen; s. aber Anm. 68 Abs. 2.

Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern § 53. einen gegenwärtigen,^) rechtswidrigen00) Angriffeö) von sich

55 oder

einem anderen abzuwenden. Die Überschreitung 67) der Notwehr ist nicht strafbar,07 a) wenn der

64) Der die Gefahr der Verletzung begründende Angriff muß unmittel­ bar bevorstehen. Frank Anm. I 1, und ein fortdauernder sein. E. 63 S. 215 (221). 65) Rechtswidrig ist ein solcher Angriff, zu dessen Duldung der Ange­ griffene nicht verpflichtet ist. Daher kann der Angriff auch von einem Unzu­ rechnungsfähigen oder von einem in unvermeidlichem Irrtum Handelnden aus­ gehen. E. 27 S. 44; auch von einem fahrlässig Handelnden. KG. JurW. 58 S. 2760. Doch ist Notwehr gegen Angriff von Tieren zu verneinen. E. 34 S. 295. KG. DIZ. 15 S. 150. A. M. LK. Anm. 2 b. Die Abwehr gegen Tiere wird als Notstand angesehen. E. 36 S. 230. DIZ. 7 S. 152. Ein höhnisches Auslachen des Lehrers durch den Schüler kann sich als ein rechts­ widriger Angriff darstellen. DIZ. 14 S. 1091. Der Vermieter, der an Sachen der Ehefrau seines Mieters gewaltsam das Pfandrecht ausüben will, greift diesen rechtswidrig an. Oldenburg HRR. 1929 Nr. 1700. 66) Der Wille, zum Angriff überzugehen, ist nicht schon ein Angriff. JurW. 62 S. 428. Der Angriff braucht nicht unmittelbar gegen die Person gerichtet zu sein, sondern es genügt jeder Eingriff in die Rechtssphäre eines anderen. R. 6 S. 277; nach Hamburg HRR. 1932 Nr. 1178 durch Urkundenfäl­ schung. Auch gewaltsame Störungen in der Berufsarbeit können Notwehr­ handlungen rechtfertigen. Hamm GA. 60 S. 155; ferner die gewaltsame Hinderung heimkehrender Versammlungsteilnehmer am Weitermarsch. Recht 32 Nr. 1421; das Eindringen in eine Versammlung, um zu stören. JurW. 59 S. 1211. Notwehr im einzelnen für zulässig erachtet gegen eine rechts­ widrige Pfändung, E. 3 S. 222; gegenüber einem seine Amtsbefugniffe über­ schreitenden Polizeibeamten. HRR. 1931 Nr. 263; gegen einen rechtswidrigen Angriff der Ehefrau gegen Sachen des Ehemanns, E. 8 S. 210; gegen Beleidi­ gungen. E. 21 S. 168, E. 29 S. 240, JurW. 60 S. 1561; gegen groben Un­ fug. BayObLG. JurW.61 (5.3775; auch zum Schutze des Gefühls der Vater­ landsliebe. Dresden GA. 69 S. 379. A.M. BayObLG. JurW. 61 S. 3775. Auch des Staates. E. 63 S. 215; siebe hierzu E. 64 S. 101 u. Anm. 70. Aus Notwehr ist der Postbeamte zur Öffnung eines Briefes nicht berechtigt. JurW. 57 S. 662; auch nicht eine andere Person. KG. Recht 34 Nr. 1821. Werden Beleidigungen durch Beleidigungen oder Körperverletzungen abge­ wehrt, kommt § 53 nicht in Frage. KG. DIZ. 36 S. 239. Auch der Angreifer kann sich dem Angegriffenen gegenüber wieder in Not­ wehr befinden. R. 6 S 576 u. GA. 40 S. 161. Doch gibt es Notwehr gegen eine rechtmäßige Notwehrhandlung nicht. E. 66 S. 288; wohl aber gegen Putativnotwehr. (Vgl. Anm. 68 Abs. 2.) HRR. 1928 Nr. 287. Es kann eine einheitliche Handlung zum Teil in Notwehr, zum Teil nicht in Notwehr be­ gangen werden. E. 60 S. 404; doch muß der erste Angriff zum Abschluß ge­ langt sein. JurW. 58 S. 2711. Keine Notwehr gegenüber einem nach dem Grundsätze der Güter- und Pflichtenabwägung nicht gegen die Rechtsordnung verstoßenden Angriff. KG. JurW. 61 S. 1406. 67) Ein Jagdschutzbeamter überschreitet nicht das Maß der erlaubten Ver­ teidigung, wenn er dem zu erwartenden Angriff durch Benutzung seiner Schutz­ waffe entgegentritt. E.53 S. 132; oder wenn er dem Jagdfrevler das Gewehr fortnimmt. E. 55 S. 167; oder wenn er auf einen Dieb zur Erlangung der gestohlenen Sache schießt. E. 55 S. 82.

56

A 2. Strafgesetzbuch § 54.

Täter in Bestürzung, Furcht oder Schrecken über die Grenzen der

Verteidigung hinausgegangen ist.68 * *)69

§ 54.68a) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn die Handlung außer dem Falle der Notwehr in einem unverschuldeten, auf andere Weise nicht zu beseitigenden Notstände88)88) zur Rettung 67 a) Die Handlung bleibt rechtswidrig, gegen sie ist Notwehr zulässig. E. 66 S. 288. 68) Die Aufzählung der Geisteszustände im Abs. 3 ist abschließend und eine analoge Anwendung ausgeschloffen. R. 9 S. 120. Bloße Erregung steht den genannten Geisteszuständen nicht gleich. JurW. 61 S. 2432. Die Nichtanwen­ dung der § 53 Abs. 3 kann nicht damit begründet werden, daß der Angegriffene den Streit provoziert habe. Recht 9 S. 200. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Handelnde noch fähig war zu erwägen, welche Maßregeln zur Abwehr erforder­ lich waren. E. 56 S. 33; z. B. ob ein weniger energisches Abwehrmittel aus­ reichend gewesen. Recht 32 Nr. 672; oder ob ein solcher Grad der gen. Geistes­ zustände gerechtfertigt war. HRR. 1929 Nr. 670. Selbst bei Überschreitung der Notwehrgrenzen mit Wiffen und Willen ist Abs. 3 anwendbar. RG. in ,JurW. 1935 S. 431. Die Bestrafung wegen Fahrlässigkeit wird durch Not­ wehr nicht ausgeschloffen. E. 58 S. 27. — Abs. 3 betrifft nur Überschreitung der N. dem Maß oder Art nach, nicht aber auch die zeitl. Überschreitung. E. 62 S. 76; RG. in JurW. 1935 S. 2960. Von der Überschreitung der Notwehr ist die vermeintliche Notwehr (Pu­ tativnotwehr) zu unterscheiden. Sie liegt vor, wenn der Täter irrtümlich glaubt, daß seine Handlungsweise durch Notwehr geboten sei. Er ist dann gemäß 8 59 nicht wegen vorsätzlicher Verfehlung strafbar. E. 54 S. 197. Die Bestimmungen über die Straflosigkeit des Notwehrexzeffes finden hier keine An­ wendung. RG. JurW. 1936 S. 512 10. Durch eine bereits bestehende Tötungs­ absicht wird die Putativnotwehr nicht ausgeschloffen. E. 60 S. 261. Befindet sich der Täter über das Maß der gegebenen Abwehr in einem verschuldeten Irrtum, so ist er wegen Fahrlässigkeit zu bestrafen. LZ. 19 S. 45 u. 151. Putativnotwehr gegenüber einer Amtshandlung kann nicht mit dem Glauben des Täters an die Unrechtmäßigkeit der Amtsausübung gerechtfertigt werden. JurW. 57 S. 409 (vgl. Anm. 29 III zu § 113). 68 a) Auch wenn es sich nicht um die Rettung von Leib und Leben des Täters ober eines Angehörigen handelt, kann die Strafbarkeit wegen überg e s e tz l i ch e n Notstandes entfallen, wenn die mit Strafe bedrohte Handlung das einzige Mittel ist, um ein höheres Rechtsgut zu schützen. E. 62, 138; 63, 226; 64, 101; RG. in JurW. 1935 S. 2637ai. KG. in JFGErg. 12, 286 und in Deutsche Justiz 1935 S. 1596. Übergesetzlicher Notstand schließt die Rechtswidrigkeit aus, vorausgesetzt, daß der Täter nnter Berücksichtigung des Widerstreits und nicht nur zu seinem eigenen Vorteil gehandelt hat. RG. in JurW. 935 S. 2637. Eine Berufung auf übergesetzlichen Notstand kommt bei der Unterbrechung der Schwangerschaft im Hinblick auf 8 14 des Ges. zur Ver­ hütung erbkranken Nachwuchses (abgedr. BII3) nicht in Frage. 69) Notstand ist ein s ch u l d b e f r e i e n d e r Umstand. Jnfolgedeffen sind auch die Teilnehmer nicht strafbar. E. 57 S. 268. E. 60 S. 88. Zur Annahme des Notstandes gehört eine erhebliche Lebensgefahr. E. 66 S. 397. Notstand bei Meineid ist möglich. E. 66 S. 98, 222, 397; desgl. beim Waffenführen. KG. JurW. 61 S. 1770. Notstand kann auch durch die allgemeine Gefährlichkeit eines Menschen herbeigeführt werden. E. 60 S. 318. Mißhandlungen der

Gründe, welche die Strafe auSschlleßen oder mildern §§ 55—59.

67

aus einer gegenwärtigen"*) Gefahr"^ für Leib"°)oder Leben des

Täters oder eines Angehörigen begangen worden tft.70 * *) * * * * * * * * * * * * * * * § 55-57”) § 58. Ein Taubstummer7I)72ist nicht strafbar, wenn er in der

geistigen Entwicklung zurückgeblieben und deshalb unfähig87) ist, das Unerlaubte ") der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. War die Fähigkeit, das Unerlaubte88) der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat aus diesem Grunde erheblich vermindert, so tarnt18*) die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden.88) § 59*) Wenn jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung Kinder durch den Lehrer kann den Eltern daS Recht geben, die Kinder vom Schulbesuch fern zu halten. KG. Johow 53 S. 416. Ein Notstand kann auch in Frage kommen gegenüber Verhältnissen, die auS behördlicher Anordnung erwachsen. E. 41 S. 214; bei Beleidigungen dann, wenn dem Täter nicht zugemutet werden kann, die Verfolgung seiner Interessen mit Rücksicht auf die Ehre eines anderen preiszugeben. Hamburg DRZ. 23 Nr. 199; sind verschie­ dene Rettungsmöglich keilen, Übel von verschiedener Größe, so darf nur das

kleinere gewählt werden. E. 66 S. 222 (227); es muß eine gewisse Verhältnis­ mäßigkeit bestehen. E. 66 S. 397. 69 a) Gegenwärtig kann auch eine Gefahr sein, die in einem Zustande von längerer Dauer liegt. E. 59 S. 69. Ein dauernder Gefahrenzustand ist dann gegenwärttg, wenn gegenwärtige Vorsorge geboten erscheint. JurW. 61 S. 2290. E. 66 S. 222. Trunksucht des Vaters. HRR. 1934 Nr. 215. 69 b) Gefahr ist ein Zustand, der durch ein vom Betroffenen nicht gewolltes, ihm von außen drohendes Übel begründet wird. So ist der ernstl. Entschluß eines Angehörigen, Selbstmord zu begehen, keine Gefahr. DRZ. 20 Nr. 646. 69 c) Die Leibesgefahr darf nicht ganz unerheblich sein. E. 66 S. 397. 70) Ein Angriff auf das Eigentum berechtigt den Eigentümer zur Gegenwehr nur dann, wenn sein Eigentum im Vergleiche zu der dem Notstandsberechtigten drohenden Gefahr einen so hohen Wert besitzt, daß ihm nicht zugemutet werden kann, dasselbe unbeschützt zu lassen. E. 23 S. 116. Der Grundsatz der Güter- u. Pflichtenabwägung gilt auch dann, wenn es sich um Übertretung einer PVO.

handelt. KG. GA. 72 S. 349; unter Umständen auch beim Vorliegen eines Staatnotstandes. E. 62 S. 35 (46). E. 63 S. 215 (226). 71) §§ 55 bis 57 sind durch das Jugendgerichtsgesetz (unter CII3) auf­ gehoben. 72) Es kommt nur solche Taubstummheit in Betracht, die entweder ange­ boren ist oder so früh eintritt, daß sie als Ursache für den Mangel geistiger Reife noch wirken kann. E. 57 S. 239. *) Vorbemerkung. Die Schuld formen des geltenden Rechts sind Vorsatz und Fahrlässigkeit. 1. Vorsätzlich handelt, wer den Tatbestand der strafbaren Handlung mit Wissen und Willen verwirklicht. Der Täter muß sich also die den Tat­ bestand erfüllenden Folgen und anderen Umstände seiner Tat nicht nur vor­ stellen, sondern auch den Willen haben, unter diesen Umständen den zum Tat­ bestand gehörigen Erfolg herbeizuführen. Dazu gehört, daß der Täter die nach Gegenstand, Zeit und Ort bestimmte Zuwiderhandlung wenigstens mit allen

58

A 2. Strafgesetzbuch § 59.

daS Vorhandensein von Tatumständeu nicht kannte, welche zum gesetz­ lichen Tatbestände gehören oder die Strafbarkeit erhöhen, so sind ihm diese Umstände nicht zuzurechnen. wesentlichen Beziehungen, wenn auch nicht mit allen Einzelheiten der Ausführung in seinen Willen und Vorstellung ausgenommen hat; unerhebliche Abweichungen von dem vorausgesetzten Tatverlauf hindern die Zurechnung zum Vorsatz nicht. E. 70 S. 258. Vorsätzlich handelt auch, wer mit bedingtem Vorsatz handelt. Bedingter Vorsatz besteht darin, daß der Täter sich den Erfolg nicht als sich ere oder notwendige, sondern nur alS mögliche Folge seines Tuns dorstellt, die Möglichkeit aber bewußt in Kauf nimmt und so den Erfolg für den Fall seines Eintritts billigt. E. 66 S. 291. Das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gehört nach der Recht­ sprechung deS RG. (E. 58 S. 249; E. 62 S. 296) nicht zum Vorsatz. Eine Ausnahme gilt nur da, wo das Erfordernis der Rechts- oder Pflichtwidrigkeit ausdrücklich in den gesetzlichen Tatbestand ausgenommen ist. In diesem Falle muß dem Täter auch das Bewußtsein von der Rechts- oder Pflichtwidrigkeit nachgewiesen werden. Eine Änderung im Inhalt des Vorsatzes tritt dadurch

aber nicht ein; ein Irrtum ist auch hier nur soweit erheblich, alS er bei anderen Tatbestandsmerkmalen erheblich ist (s. unten). 2. Fahrlässigkeit. Man unterscheidet: 1. bewußte Fahrlässigkeit: der Eintritt des Erfolges ist für möglich gehalten, jedoch mit mangelnder Sorg­ falt darauf vertraut, daß er nicht eintritt. E. 56 S. 349; E. 58 S. 134. 2. unbewußte Fahrlässigkeit: der Mangel an Sorgfalt besteht darin, daß der Täter die Möglichkeit, den strafbaren Erfolg herbeizuführen, überhaupt nicht gezogen hat. E. 67 S. 12 (18). Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht läßt, zu der er nach den Umständen und seinen persönl. Verhältniffen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist. E. 56 S. 343 (349). 3. Die Schuld kann ausgeschlossen sein durch Irrtum über Tatu m st ä n d e. TatumstLnde sind nach E. 26 S. 148. E. 42 S. 26. E. 54 S. 4 auch diejenigen Rechte oder Rechtsverhältnisie, die auf außerstrafrechtlichem Gebiet liegen. Daher stehi der außerstrafrechtliche Irrtum dem Tatsachenirrtum gleich,

ebenso die Unkenntnis von Bestimmungen, die nicht selbst Bestandteile des Strafgesetzes sind, sondern nur der Ausfüllung von Blankettstrafgesetzen dienen. So RG. (vgl. LK. [5] S. 321 und Hamburg, GA. 72 S. 233 u. S. 394. A. M. KG. GA. 71 S. 94 (96). Dresden DRZ, 22 Nr. 613 u. DRZ. 25 Nr. 489). Ausgeschlossen ist die Anwendbarkeit des § 59, wenn der Irrtum den Inhalt und die Auslegung des Strafgesetzes zum Gegenstände hat, u. a. E. 42S.144.Ausn a h m e: VO. v. 18. Jan. 17) RGBl. S. 58), § 395 RAbgO. (i. d. F. des Ges. v. 16. Okt. 34 — RGBl. I S. 925 —) und § 44 des Devisenges. v. 4. Febr. 35, RGBl. IS. 106 (vgl. dazu E. 70 S. 141). Nach BayObLG. DRZ. 23 Nr. 212 (ebenso OLG. München DStrafr. 1936, 58) ist der Strafrechtsirrtum auch dann beachtlich, wenn der Täter zu seiner irrtümlichen Anschauung über die Erlaubtheit seines Vergehens durch Auskünfte verleitet worden ist, die er von berufener Seite erhalten hatte, und denen zu mißtrauen für ihn kein Anlaß bestand. Vgl. auch BayObLG. HRR. 1932 Nr. 1893. Ein Irrtum über einen Tatumstand bildet einen Schuldausschließungsgrund und schließt daher auch die Bestrafung der Teilnehmer yus. E. 57 S. 15. Aus der Rechtspr. des RG. ist zu erwähnen: a. Als nicht schuldausschließend ist angesehen der Irrtum über die Begriffe „deutsches oder artverwandtes Blut" und „Jude" i. S. des Ges. zum

Gründe, welche die Straft auSschließeu oder mildern § 60.

69

Bei der Bestrafung fahrlässig begangener Handlungen gilt diese Bestimmung nur insoweit, als die Unkenntnis selbst nicht durch Fahr­ lässigkeit verschuldet ist.

§ 60.

Eine

erlittene

Untersuchungshaft")

oder

einstweilige

Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre v. 15. Sept. 35. RG. DJust. 1936, 5l7, E. 70 S. 291 u. S. 353; der Irrtum deS TäterS über seine Beamten­ eigenschaft. E. 57 S. 366; ob ein beurlaubter Rekrut zu den Soldaten gehört, E. 26 S. 314; ob Berechtigung zur Selbsthilfe vorliegt, E. 25 S. 150; über den amtlichen Charatter der Aufbewahrung von Aktenstücken, E. 25 S. 283; darüber, ob die Handlung eines Beamten eine Amtshandlung ist, GA. 42 S. 404; des Stiefvaters, Laß er mit der unehelichen Tochter seiner Ehefrau nicht verschwägert sei, R. 7 S. 130, E. 12 S. 275 u. E. 34 S. 418; über die Begriffsmerkmale, deren Gesamtheit das Sttafgesetz bildet, E. 20 S. 200 u. 393; über die Erlaubnispflichtigkeit einer Schankwittschast, GA. 42 S. 56, Rostock DIZ. 18 S. 1144; über Verordnungen des Reichspräsidenten. E. 55 S. 115; die Annahme des Täters, der auf Grund des § 127 StPO. Festnehmende handele rechtswidrig. DIZ. 8 S. 224; der Irrtum über die Rechtmäßigkeit des Dienstbefehls. JurW. 59 S. 2229. b. Dagegen ist als unter den § 59 fallend angesehen der Irrtum über staatsrechtliche, privattechtliche oder sonstige außerstrafrechtliche Normen z. B. über die Befugnisse, die sich aus dem Recht zur Selbsthilfe ergeben. E. 69 S. 308; des Mieters bezügl. seiner Berechtigung zur Fortschaffung der ein­ gebrachten Sachen, R. 8 S. 272; des Prozeßbevollmächtigten über die aus § 138 ZPO. sich ergebende Pflicht, unwahre eidliche Zeugenaussagen zu verhindern. E. 70 S. 84; über die Vorschrift, daß die Beschlagnahme auch das Zubehör eines Grundstücks ergreife, E. 1 S. 368; über die Eigenschaft der Jagdbarkeit eines wilden Tieres, E. 10 S. 234; über das Recht zur Lötung eines fremden HundeS im eigenen Jagdrevier, E. 19 S. 209; über die Vorschriften bett. An­ erkennung eines unehelichen Kindes, DIZ. 9 S. 123; über die Voraussetzungen für vorläufige Festnahme, E. 8 S. 104. E. 34 S. 443; über die Zuständigkeit der Polizeiverwaltung, Naumburg HRR. 1925 Nr. 1094; über die Berechtigung einen Künstlernamen zu führen, LK. Anm. 7 b; über Umfang des Züchtigungs­ rechts, E. 33 S. 71 (74), E. 42 S. 142 (144) — jedoch nicht über den rechtl. Inhalt des Z. R. Recht 33 Nr. 1686 — ; über die dienstliche Gehorsamspflicht der Schutzpolizeibeamten. HRR. 1929 Nr. 57. Auch der mittelbare Täter muß die Tat nach allen für den Tatbestand wesentlichen Merkmalen erfaffen; er braucht nicht alle Einzelheiten der Aus­ führung zu kennen, muß aber eine Vorstellung von den besonderen Umständen haben, die der Tat ihr sttafrechtlich bedeutsames Gepräge geben. E. 69 S. 285. 75) Siehe über die Berechnung der Sttafzeit § 23 der StrafvollstteckungsÖ.

(unter D 3). Nur die bereits erlittene, nicht die noch zu erleidende Unter­ suchungshaft ist anzurechnen. JurR. 3 Nr. 2057. HRR. 1932 Nr. 692. Auch ein Bruchteil eines TageS kann auf die erlittene Untersuchungshaft angerechnet werden. E. 41 S. 318. Bleibt nach Anrechnung der Untersuchungshaft Zucht­ hausstrafe unter einem Jahr übrig, so findet eine Umrechnung in Gefängnis nicht statt, Ols hausen Anm. 10. Lautet die Strafe auf einen Monat und mehrere Tage Gefängnis, so sind zunächst der Monat und dann die Tage ab­ zurechnen. Stuttgart v. 23. Oktbr. 16, DStZ. 4 S. 378. Die im AuSlande erlittene Sicherheitshaft ist als Untersuchungshaft zu erachten. E. 38 S. 182, aber nicht, wenn der Täter nach der Verutteilung in das Ausland geflüchtet ist. Siehe Anm. 75 Abs. 2 zu 8 450 StPO. Anrechnungsfähig ist auch die

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A 2. Strafgesetzbuch § 60.

Unterbringung tarnt76*) bet75 aa) Fällung des Urteils auf die erkannte Strafe76v) ganz oder teilweise angerechnet werden.76) § 61. Eine Handlung, deren Verfolgung nur auf Antrag ”) einwege'n der Tat polizeilich angeordnete Schutzhaft (§ 1 der BO. v. 28. Februar 33, RGBl. I S. 83), wenn sie zur Sicherung der Strafverfolgung oder zur Untersuchung der Straftat angeordnet war. E. 69 S. 327; BolksgerHos in Deutsche Justiz 1935 S. 300. Vgl. auch § 23 Abs. 2 der StrafvollstrO. (0 3). Über Einzelfragen der Schutzhastanrechnung s. Kelz DJ. 1936 S. 1609. Erlittene Untersuchungshaft, die die Bollstreckungsdauer der Strafe be­ stimmt, E. 41 S. 318, kann auch als Strafzumessungsgrund angesehen werden. R. 4 S. 264. E. 59 S. 231. Die irrtümlich erfolgte Anrechnung einer nicht er­ littenen Untersuchungshaft kann mit der Revision nicht angefochten werden. E. 15 S. 143; auch nicht die Anrechnung einer längeren Untersuchungshaft als die tat­ sächlich erlittene. Recht 33 Nr. 633. KG. JurW. 57 S. 1950. A. M. E. 59 ©.411. Die Anrechnung der UH. gilt als Strafverbüßung im Sinne der §§ 245 u. 264 erst mit dem Zeitpuntt der Rechtskraft des Urteils. E. 4 S. 230. E. 52 S. 191. Siehe auch E. 29 S. 75. (UH. ist keine vorweggenommene Strafhaft.) Vermögens­ nachteile, die der A. im Gefolge der Sicherung einer Untersuchungshaft erlitten hat, können nicht angerechnet werden. DStZ. 17 Nr. 15. § 21 StGB, findet aus Untersuchungshaft keine Anwendung. KG. in JurW. 1935 S. 2076. So jetzt auch (für die Strafberechnung) § 25 Abs. 2 der StrafvollstreckungsO. (D 3). 75a Grundlose Einleg. von Rechtsmitteln kann die Ablehnung der An­ rechnung rechtfertigen. HRR. 1932 Nr. 904. 75 aa) Nach der Verkündung des Urteils kann durch eine Nachtragsent­ scheidung die Untersuchunghaft nicht mehr angerechnet werden. E. 71 S. 141. 75 b) Auch auf eine Geldstrafe und auf den Wertersatz nach § 401 RAbgO. E. 68 S. 37. Eine Ersatzfreiheitsstrafe kann durch eine kürzere Untersuchungs­ haft nicht für völlig verbüßt erklärt werden. E. 54 S. 24. Ist die erkannte Geldstrafe durch die UH. für verbüßt erklärt, so muß gleichwohl eine Ersatzstrafe ausgesprochen werden, die ebenfalls durch die Anrechnung der UHaft getilgt wird. (RG. DJ. 1937 S. 819 unter Aufgabe der früheren Rechtspr. E. 68 S. 1). Sind mehrere Personen als Gesamtschuldner zu Wertersatz verurteilt worden, so wirkt die Anrechnung auf die UH. bei einem von ihnen nicht zugunsten der übrigen. E. 68 S. 37. 76) Wenn mehrere strafb. Handlungen vorliegen, so setzt eine Anrechnung der Untersuchungshaft stets voraus, daß dieselben Gegenstand derselben Unter­ suchung gewesen sind. Dagegen ist für die Zulässigkeit der Anrechnung ohne Be­ deutung, ob die UHaft wegen einer oder aller verhängt war und ob die Strafe gerade wegen der Tat verhängt wird, die nach dem Inhalt des Haftbefehls zur Anordnung der UHaft geführt hat. E. 71 S. 140. Die Anrechnung ist unzu­ lässig, wenn die Haft bereits beendet war, bevor die jetzt zur Aburteilung stehende Tat begangen war. E. 71 S. 143. Im Falle einer Gesamtstrafe ist auf diese die Untersuchungshaft, nicht auf die Einzelstrafen, anzurechnen. E. 66 S. 351. — Die Ablehnung des Antrages auf Anrechnung der Untersuchungs­ haft braucht in den Urteilsgründen nicht erwähnt zu werden. E. 35 S. 235. 77) Der Antrag ist Berfahrensvoraussetzung; sein Vorhandensein ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Er kann noch in der Revisionsinstanz gestellt werden, E. 68 S. 124 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung, daß er spätestens im Berufungsverfahren gestellt werden müsse). In dem Anträge braucht die Tat nur im allgem. bezeichnet zu werden, eine Bezeichnung der Person des Täters ist nicht notwendig. R. 9

Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern § 61.

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tritt, ist nicht zu verfolgen, wenn der zum Anträge Berechtigte78) eS S. 95. S. auch E. 5 S. 97 u. 7 S. 35. Maßgebend ist, welche Handlung oder Handlungen der Antragsteller erkennbar strafrechtlich verfolgt wissen will. E. 65 S. 354 (358). Auch ein Antrag, der nicht die Bestrafung, sondern nur Unterbringung des vom Antragsteller für zurechnungsunfähig gehaltenen Täterin einer Heil- und Pflegeanstalt (8 42 b Abs. 1) bezweckt, ist ein wirksamer Straf­ antrag. RG. DJust. 1937 S. 1617. An Bedingungen aber darf der Antrag nicht geknüpft werden. R. 8 S. 291. E. 6 S. 152. In der Erklärung des Verletzten, sich dem Verfahren als Nebenkläger anschließen zu wollen, liegt ein wirksamer An­ trag. GA.37S.427; aber nicht in dem Gesuch um Bewilligung des Armenrechts zwecks Erhebung der Privatklage. KG. Recht 33 Nr. 1350. Strafanzeige wegen Verfolgung eines Offizialdelikts ist kein Strafantrag im Sinne dieses § und ist also gegen Angehörige nicht wirksam. E. 25 S. 176. In einer Anzeige kann ein Antrag jedenfalls nur dann erblickt werden, wenn sich der Anzeigende bewußt war, daß es sich um ein Antragsdelikt handelt. Dresden LZ. 22 S. 1644. In dem an den Vorgesetzten gerichteten Ersuchen um Stellung des Antrags liegt kein eigener Antrag. JurW. 57 S. 806; wohl aber in der Bitte an den Borges., die Angelegenheit der StA. zu übergeben. E. 67 S. 125. Der gegen eine Firma gestellte Antrag genügt zur straftechtlichen Verfolgung des Inhabers. GA. 42 S. 38. DIZ. 12 S. 1148. Ob in der Erklärung: „zur weiteren Ver­ anlassung" ein wirksamer Strafantrag liegt, ist nach den besonderen Umständen deS Falles zu entscheiden. JurW. 24 S. 563. Der Strafantrag begründet die Verfolgbarkeit des AnträgdeliktS mit Einschluß aller nachfolgenden Einzelhand­ lungen, wenn nur die fortgesetzte Handlung schon vor dem Strafantrag be­ gonnen hatte. E. 38 S. 40. Das Strasantragsrecht ist nicht verzichtbar. OLG. Hamburg in D. Straft. 1935 S. 158. Wegen der Form und der Anbringung deS Antrags vgl. § 158 Abs. 2 StPO. Eine fortgesetzte Handlung, deren Einzelakte zum Teil von Amts­ wegen, zum Teil nur auf Antrag verfolgbare Vergehen darstellen, ist in vollem Umfang von Amtswegeu zu verfolgen. RG. JurW. 1937 S. 2698. 78) Berechtigt ist der durch die Straftat Verletzte. E. 68 S. 305. Er verliert das einmal durch die Verletzung in seiner Person entstandene Antrags­ recht nicht dadurch, daß er aufhört, Inhaber der Rechte zu sein, die durch die Straftat verletzt worden sind. E. 71 S. 137. Bei der Stellung des Straf­ antrags ist Stellvertretung nicht nur in der Erklärung, sondern — wenigstens bei vermögensrechtlichen Verletzungen — auch im Willen zulässig. Der Auftrag kann mündlich und stillschweigend erteilt sein; es genügt, daß er zur Zeit der Antragstellung vorliegt. E. 68 S. 263. Der Nachweis für die Bevollmächtigung kann nachträglich dem Gericht erbracht werden. E. 60 S. 281, E. 61 S. 357, E. 68 S 265. A. M. KG. DIZ. 31 S. 177 u. KG. JurW. 56 S. 925. KG. Recht 32 Nr. 2409. Ein Antrag kann auch durch einen vom Berechtigten hierzu ermächtigten Dritten wirksam gestellt werden, ohne daß dessen Wille, für den Berechtigten zu handeln, aus dem Antrag hervorgeht. E. 61 S. 45; und ohne daß angegeben wird,' für welchen von mehreren Vertretenen der Antrag gestellt ist. JurW 60 S. 1561; so wenn die Inanspruchnahme der Strafverfolgungsbehörde in den Rahmen der Geschäftsbesorgung fällt. HRR. 1930 Nr. 566. Ein Generalbevollmächtigter ist bei Verletzung materieller RechtSgüter zur Stellung berechtigt, E. 1 S. 387 u.2 S. 145 — die aus der Vollmacht deS Geschästsherrn sich ergebende Vermutung für die Antragsberechtigung kann aber widerlegt werden. GA. 52 S. 82 — auch unter Umständen der Pfleger eines Nachlasses. E.8S. 112, sowie der Pfleger des Verletzten. GA. 37 S. 438; auch

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A 2. Strafgesetzbuch § 61.

unterläßt, den Antrag binnen drei Monaten"') zu stellen. Diese Frist"") beginnt mit dem Tage,") seit welchem der zum Anträge Berechtigte der Gesellschafter einer in Liquidation befindlichen offenen HG. E. 41 S. 377; deSgl. ein Prokurist. E. 15 S. 144; aber nur, wenn eine bes. Bevollmächtig, vorliegt. Dresden JurW. 61 S. 2639; ein Anwalt, der Generalvollmacht zur Verfolgung aller Ansprüche eines Gl. hat, bei Vollstreckungsvereitelung. Recht 33 Nr. 2503. Der Vorstand einer städt. Sparkaffe (neben dem Bürgermeister der Stadt) bei VollstreckungSvereitelung, wenn der vereitelte Anspruch im Be­ triebe der Sparkasse entstanden ist. E. 68 S. 305. AntragSberechtigt sind die zur Vertretung des rechtsfähigen Vereins nach außen ermächtigten Vorstands­ mitglieder. E. 42 S. 216. Bei kumulativer Antragsberechtigung mehrerer Miteigentümer oder mehrerer zum Gebrauch einer Sache Befugter hat jeder das AntragSrecht. KG. JurR. 1 Nr. 1595. Bet Sachbeschädigung einer in ein Grundstück eingefügten Sache ist vor der Abnahme auch der Hersteller antragsberechtigt. E. 63 S. 76. Das Antragsrecht eines Beleidigten, der als Mitglied einer Personeneinheit gekennzeichnet ist, besteht, auch wenn der Täter keine Vorstellung von den beleidigten Einzelpersonen gehabt hat. E. 23 S. 247. 78 a) Ein schriftlicher Antrag, der am letzten Tage der Frist nach Schluß der üblichen Dienststunden in den Briefkasten der zuständigen Dienststelle gelegt wird, ist nicht rechtzeitig gestellt. Celle v. 15. Novbr. 26, JurR. 3 Nr. 653. Nachbringung des Strafantrages im Berufungsverfahren innerhalb dieser Frist ist zulässig. DRZ. 18 Nr. 69. 78 b) Die Antragsfrist läuft nicht, wenn der Berechtigte körperlich oder rechtlich (geisteskrank) behindert war, den Antrag zu stellen. E. 71 S. 39. Der Beginn des Fristlaufs wird nicht dadurch gehindert, daß im Falle der Beleidigung dem Verletzten, der Mitglied der NSDAP, ist, die Genehmigung der zuständigen Parteidienststelle zur Stellung des Strafantrags erst nach Ablauf der Dreimonats­ frist erteilt wird. E. 71 S. 39. 79) Der Tag, an welchem der Antragsberechtigte von der Handlung und der Person deS Täters Kenntnis erhalten, ist in die Frist einzurechnen, so -aß die letztere mit dem Ablauf des letzten zu der Frist gehörigen TageS endet. E. 1 S. 40. Erreicht der Verletzte während der seinem Vertreter laufenden Frist das 18. Lebensjahr, so beginnt für ihn eine neue dreimonatliche Frist. E. 69 S. 378, es sei denn, daß der Vertreter während der für ihn lausenden Frist von der Straftat Kenntnis erlangt hat. E. 24 S. 427. Für einen zur Antrag­ stellung bestellten Pfleger läuft die Frist nicht vor deffen Bestellung. RG. DJust. 1936, 609. Sind bei einer Straftat mehrere Personen beteiligt, so be­ ginnt die Frist mit dem Tage, an welchem der Berechtigte von der Tat und Person auch nur eines Beteiligten Kenntnis erlangt hat. E. 9 S. 390. Wenn der Be­ rechtigte erst von der Haupttat Kenntnis erhält, nachdem er schon von der Person und Tätigkeit des Gehilfen Kenntnis erlangt hatte, so läuft die Frist von dem ersteren Zeitpuntte ab. E. 25 S. 107. Vgl. hierzu E. 40 S. 331. Die Frist läuft nicht von dem Zeitpuntte, in welchem sich der Berechtigte Kenntnis von der Person des Täters hätte verschaffen können, sondern erst von dem, in welchem er diese Kenntnis wirklich erlangt hat. E. 27 S. 34; z. B. im Falle des § 230 von der Kenntnis von der Gesundheitsbeschädigung. E. 61 S. 299. Doch ist eine frühere Stellung des Antrages nicht unbedingt ausgeschlossen. E. 38 S. 434 u. GA. 60 S. 438, sowie LK. Sinnt. 11b. A. M. E. 45 S. 128. Bei einer fortgesetzten Handlung läuft die Frist von der Kenntnis der letzten Einzelhandlung und eS ist gleichgülttg, ob der Berechtigte von anderen Einzelhandlungen auch schon ftüher Kenntnis gehabt hat. E. 15 S. 370. Die

Gründe, welche die Strafe auSschließen oder mildern §§ 62 u. 63. von

63

der Handlung und von der Person deS Täters Kenntnis80 * *)81 * *ge *82*­ 83 84

habt hat.")^») § 62.

Wenn von mehreren zum Anträge Berechtigten einer die

dreimonatliche Frist versäumt, so wird hierdurch daS Recht der übrigen nicht ausgeschlossen.8*)

§ 63

Der Antrag kann nicht geteilt werden. ”)

DaS gerichtliche

Verfahren findet gegen sämtliche an der Handlung Beteiligte") (Täter Antragsfrist ist auch dann gewahrt, wenn nur der Antrag innerhalb der Zeit gestellt ist, binnen welcher die Verübung des fortgesetzten Delikts sich vollzogen hat. E. 40 S. 319. Fällt daS Ende der Frist auf einen Feiertag, so endigt sie mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. KG. GA. 72 S. 350. Schmidt, DIZ. 33 S. 1674. A. M. BayObLG. JurR. 2 Nr. 626. 80) Die zuverlässige, einer innerlichen Gewißheit mindestens nahekommende Kenntnis braucht sich nur auf die Lat in ihren wesentlichen Bestandteilen zu beziehen. GA. 39 S. 217. E. 51 S. 63. HRR. 1933 Nr. 899; sie erfordert, daß der Antragsberechtigte diejenigen Tatsachen erfährt, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der Handlung als einer strafbaren darstellen und die Ver­ letzung seiner Person kennzeichnen. Dazu gehört auch Kenntnis vom Erfolg. E. 61 S. 299 (302) und Kenntnis der inneren Tatseile. E 69 S. 878. Das Wort „Kenntnis" bedeutet nicht Tatverdacht. E.45 S. 128, vielmehr ein Für­ wahrnehmen, daS sich auf bestimmte Tatsachen stützt. JurW. 58 S. 2713. 81) Die Antragsberechtigung geht auf die Erben nicht über. E. 11 S. 53, doch das eingeleitete Strafverfahren kann nach dem Tode des Berechtigten fort­ geführt werden. KG. DIZ. 8 S. 275. ES genügt Abgabe der Erklärung bei Lebzeiten, Zugang des Antrages bei der Behörde kann nach dem Tode erfolgen. LK. Anm. 16d. 81 a) § 61 ist auch auf den Antr. nach § 18 SchwBesch.Ges. anwendbar. E. 66 S. 374. 82) Sind mehrere Vorgesetzte arttragsberechtigt, so hat jeder die drei­ monatliche Antragsfrist. E. 46 S. 203. Bei mehreren Vorstandsmitgliedern ist die Kenntnis eineS Mitgliedes unwesentlich. E. 47 S. 338. 83) Der gegen eine bestimmte Person gestellte Antrag gestattet die Verfol­ gung aller bei der Straftat Beteiligten, auch wenn dieselben nicht Int Anträge genannt sind und eine Mitschuld derselben im straftechtlichen Sinne nicht festge­ stellt ist. E. 5 S. 261. Der Grundsatz von der Unteilbarkeit des Strafantrags gilt auch bei den relattven Antragsdelitten und insbes. im Falle des § 247 des StGB. R. 10 S. 38. Ander- wenn die Straflosigkeit der übrigen Teilnehmer zur Bedingung des Strafantrags gemacht ist. E. 54 S. 288. Sachlich ist der Antrag beschränkbar. Er kann daher aus einen Teil von mehreren in einem Schriftstück enthaltenen, gegen die gleiche Person gerichteten Beleidigungen be­ schränkt werden. E. 62 S. 83; RG. DSttafr. 1936, 101. 84) Beteiligte sind auch die Personen, die durch ihr Zusammenwirken ohne den zur Teilnahme erforderlichen Vorsatz den gesetzwidrigen Erfolg herbeisühren, auch der sog. Nebentäter. E. 20 S. 54; E. 49 S. 432. Danzig GA. 76 S. 250. Die Voraussetzung des Satz 2, eine Handlung, ist nicht gegeben bei Verrat eines Geschäftsgeheimniffes (§17 Abs. 1 UnIWG.) und der Verwertung de8 Verrats zum eigenen Vorteil (§ 17 Abs. 2), auch wenn der Täter deS Abs. 2 das Geheimnis von dem Täter nach Abs. 1 erhalten hat. Das gleiche gilt im Verhältnis von § 12 Abs. 1 UnlWG. zu Abs. 2 a. a. O. E. 69 S. 135.

64

A 2. Strafgesetzbuch §§ 64 u. 65.

und Teilnehmer), sowie gegen den Begünstiger statt, auch wenn nur

gegen eine dieser Personen auf Bestrafung angettagen worden ist. § 64.

Die Zurücknahme des Antrages ist nur in den gesetzlich

besonder- vorgesehenen Fällen und nur bis zur Verkündung eines auf

Strafe lautenden Urteils85)86zulässig. 87 88) Die rechtzeitige Zurücknahme des Antrages gegen eine der vor­

bezeichneten Personen hat die Einstellung deS Verfahrens auch gegen die anderen zur Folge.

§ 65.

Der Verletzte, welcher daS achtzehnte Lebensjahr voll­

endet hat, ist selbständig zu dem Anträge auf Bestrafung berechtigt.

Solange er minderjährig ist, hat, unabhängig von seiner eigenen

Befugnis, auch sein gesetzlicher Vertreter8?) daS Recht, den Antrag zu stellen. 85) BiS zum Beginn der Verkündung des Urteils. E. 57 S. 268, dem die Zustellg. deS Strafbefehls nicht gleichsieht. Dresden JurW. 57 S. 3013. Celle JurW. 58 S. 1504. 86) Mit der Urteilsverkündung erlischt daS Recht zur Zurücknahme und lebt mit der Aufhebung des Urteils auch nicht wieder auf. E. 2 S. 420; selbst dann nicht, wenn das Urteil die Handlung nicht als Anttagsdelitt ansieht. Dresden JurW. 59 S. 944. Auch wenn das Urteil gegen einen von mehreren Beteiligten verkündet ist, kann der Anttag nicht mit Wirkung gegenüber den übttgen Beteiligten zurückgenommen werden. E.64 S. 392. Die Zurücknahme ist an keine Form gebunden. E. 8 S. 79. Die Zurücknahme des Strafanttages kann mündlich bei der Polizeibehörde erfolgen, bei der er gestellt war. GA. 41 S. 28. Sie muß gegenüber der Dienststelle erklärt werden, die mit der Sttafverfolgung befaßt ist. E. 52 S. 200. E. 55 S. 22. Eine nur bedingt aus­ gesprochene Zurücknahme ist wirkungslos. E. 48 S. 195. A. M. LK. Anm. 3. Der volljährig gewordene Verletzte kann den von seinem Vertreter gestellten An­ ttag zurücknehmen. E. 22 S. 256. Die Zurücknahme kann nicht widerrufen werden, auch nicht von einem hierzu bestellten Pfleger. E. 36 S. 64. Der zurückgenommene Antrag kann auch innerhalb der Antragsfrist nicht rechtswirk­ sam von neuem gestellt werden. Eine Anfechtung der Zurücknahme wegen Drohung ist nicht zulässig. KG. JurW. 60 S. 227. Die Zurücknahme einer Privatklage hindert die weitere Verfolgung des Antragdelittes nur dann, wenn das Gesetz die Zurücknahme des Sttafanttages aus­ drücklich gestattet. E. 8 S. 207, anders Dresden LZ. 24 S. 1274. 87) Der gesetzliche Vertreter hat kein eigenes Antragsrecht. Er führt nur das Recht des Verletzten aus. Recht 32 Nr. 420. Wer gesetzlicher Vertreter ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des BGB. Es sind der Vater bzw. die Mutter, der Vormund oder der Pfleger. Ein gemäß § 1687 BGB. der Mutter „für alle Angelegenheiten" bestellter Beistand ist nicht der gesetzliche Vertteter der minderjährigen Kinder im Sinne des § 65. GA. 47 S. 440. Der gesetzliche Vertreter kann nach dem Tode des Minderjährigen weder Strafantrag stellen noch sich als Nebenkläger anschließen. E. 57 S. 240. JurW. 59 S. 1003, a. M. E. 35 S. 131. E. 38 S. 34. KG. GA. 51 S. 58. KG. DIZ. 31 S. 242. Unterläßt es der Vater pflichtwidrig den Sttafanttag zu stellen oder ist er selbst der Täter, so kann den Antrag ein auf Grund der §§ 1909, 1666 BGB. bestellter Pfleger stellen. E. 35 S. 47

Gründe, welche die Strafe auLschließen oder mildern §§ 66 u. 67.

65

Ist der Verletzte geschäftsunfähig") oder hat er das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist sein gesetzlicher Vertreter der zur Stellung des Antrages Berechtigte. § 66. Durch Verjährung wird die Strafverfolgung und die Strafvollstreckung ausgeschloffen.") § 67.

Die Strafverfolgung von Verbrechen verjährt,90 * *) * * 88 89

und RG. DJust. 1936, 609. Die Mutter kann an Stelle des Strafe ver­ büßenden Vacers Strafantrag stellen. KG. GA. 55 S. 334. Eine Nachprüfung, ob der Pfleger zu Recht bestellt ist, steht dem Strafrichter nicht zu. GA. 59 S. 452. E. 50 S. 156. 88) Auch hier hat der gesetzl. Vertreter kein eigenes Antragsrecht. E. 57 S. 240. JurW. 57 S. 3049. Der Vormund einer wegen Geistesschwäche ent­ mündigten Person ist zur Stellung des Strafantrages nicht berechtigt. E. 34 S. 98. Desgl. nicht der Vormund deS wegen Trunksucht gemäß 8 6 Nr. 3 BGB. Entmündigten. DIZ. 8 S. 250. Auch für den im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB. geschäftsunfähigen Volljährigen kann zum Zwecke der Strafantrags­ stellung ein Pfleger bestellt werden; für diesen beginnt die Antragsfrist in dem Zeitpunkt, in dem er in seiner Eigenschaft als Pfleger von Tat und Täter Kenntnis erlangt hat. RG. in JurW. 1935 S. 1786.

89) Die Verjährung bewirkt nach materiellem Recht den Wegfall des ftaatl. Strafanspruchs; Prozeßrecht!, bildet sie ein Hindernis des Strafver­ fahrens. E. 12 S. 434. E. 41 S. 167. — E. 14 S. 382. E. 23 S. 188. 90) Bei Straftaten, deren Tatbestand in dem Bestehen eine- rechtswid­ rigen Zustandes besteht, beginnt die Verjährung erst mit dem Aufhören dieses Zustandes. Liegt aber die Strafbarkeit in der Herstellung eines Zustandes gegen ein bestimmtes Verbot, so beginnt die Verjährung schon mit der Beendigung der Herstellungshandlung. E. 3 S. 382, R. 3 S. 117. Gehört es zum Tatbestände eines Vergehens, daß das Handeln des Täters einen bestimmten Erfolg herbeigefübrt babe und ist dieser Erfolg eingetreten (z. B. beim Betrug der Eintritt des Vermögensschadens), so kann die Verjährung erst von dem Zeitpunkt des Erfolgeintrittes ab zu laufen anfangen. E. 42 S. 171. Bei einem fortgesetzten Delikt beginnt die Verjährung mit der letzten Fortsetzungshandlung. R. 7 S. 247. R. 9 S. 483. — Bei einem Dauerdelikt beginnt die Verjährung mit der Erfüllung der Verpflichtung oder deren Wegfall. E. 44 S. 428. E. 59 S. 6. Die Verjährungsfrist läuft weiter, wenn über die Schuldfraze bereits rechts­ kräftig entschieden ist, eine rechtskräftige Entscheidung über die Straffrage aber noch nicht vorliegt. (Bergl. Anm. 20 zu § 327 StPO). DRZ. 23 Nr. 39. Bei Ehebruch beginnt die Verjährung mit dem Tage der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils. R. 9 S. 121. Bei Unterlassungsdelikten beginnt die Ver­ jährung, wenn die Unterlassung durch Vornahme der gebotenen Handlung auf­ gehört hat, oder die Zeit abgelaufen ist, innerhalb welcher diese noch vor­ genommen werden konnte und sollte. E. 9 S. 152. Beim Versuch unb bei der Anstiftung und Beihilfe berechnet sich die Verjährungsfrist nach der gegen diese gerichteten Strafandrohung. Olshausen Anm. 2 c. Die Verjährung gegen den Teilnehmer beginnt mit der Beendigung der Haupttat. RG. DJust. 1936 S. 1125. Beschränkt sich bei einer fortges. Handl, oder Dauerstraftat die Beihilfe auf einen Teilakt, so beginnt die Verj. gegen den Gehilfen schon in dem Zeitpunkt, in dem der betr. Teil der fortges. oder Dauerstraftat abgeschlossen ist. E. 65 S. 361.

Da Icke ^Strafrecht.

30. Aufl.

5

66

A 2. Strafgesetzbuch § 68.

wenn sie mit dem Tode oder mit lebenslänglichem Zuchthaus be­ droht sind, in zwanzig Jahren;

wenn sie im Höchstbetrage mit einer Freiheitsstrafe von einer längeren als zehnjährigen Dauer bedroht sind, in fünfzehn Jahren;

wenn sie mit einer geringeren Freiheitsstrafe bedroht sind, in zehn Jahren.

Die Strafverfolgung von Vergehen, die im Höchstbetrage mit einer längeren als dreimonatlichen Gefängnisstrafe bedroht sind, verjährt in fünf Jahren, von anderen Vergehen in drei Jahren. Die Strafverfolgung von Übertretungen verjährt in drei Monaten.

Die Verjährung beginnt mit dem Tage,*') an welchem die Hand­ lung begangen ist,*1®) ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen

Erfolges.

Mit der Verjährung der Strafverfolgung erlischt auch die Be­ fugnis, auf Grund der Tat Maßregeln der Sicherung und Besserung

anzuordnen.11 b) § 68.eic)

Jede Handlung des Richters, **) welche wegen der be-

91) Der Tag der Begehung der Tat ist in die Verjährungsfrist mit ein­ zurechnen. R. 8 S. 493. JurR. 2 Nr. 980. Vgl. E. 65 S. 287 (290). 91 a) d. h. die Tat beendet ist. JurW. 60 S. 2791. Bei fahr!. Körper­ verletzung beginnt die Verjährung mit dem Eintritt des Erfolgs, da dieser zum Tatbestand der Straftat gehört. RG. in JurW. 1935 S. 704. 91 b) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 24. Novbr. 33 (RGBl. I S. 995) i. D. m. § 7 Zisf. 4 des Ges. v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213). 91 c) Auf rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung ist während der ganzen Dauer deS Verfahrens Bedacht zu nehmen. Ist Las Verfahren jedoch wegen Abwesenheit des Beschuldigten oder aus sonstigen Gründen vorläufig eingestellt worden, so ist eine wahllose Unterbrechung mit dem Grundge­ danken der Verjährung nicht vereinbar (Nr. 28 der „Richtlinien für das Straf­ verfahren"). 92) Nur die Handlung des Richters, welche er in seiner Eigenschaft als Strafrichter vorgenommen hat, unterbricht die Verjährung. E. 29 S. 234. Auch eine Handlung des Untersuchungsrichters gem. § 191 Abs. 1 StPO, sowie eine gem. § 162 StPO, beantragte Untersuchungshandl., ohne Rücksicht dar­ auf, ob sie das Verfahren zu fördern geeignet ist. Die polizeiliche Straf­ verfügung und der Strafbescheid der Verwaltungsbehörde haben die Wirkung einer richterlichen Handlung (§§ 413, 419 StPO.; vgl. auch Anm. 55 zu § 413 StPO.) u. zwar der Erlaß, nicht erst die Zustellung. E. 43 S. 122. Karls­ ruhe JurW. 57 S. 3010; auch die Handlung des Richters, welche auf Ersuchen der Steuerbehörde vorgenommen wird. R. 8 S. 353 oder auf Ersuchen der Polizeibehörde im polizeilichen Strafverfügungsverfahren. Schäfer, DIZ. 37 S. 860. Zu den die Verj. unterbrechenden Handlungen gehören ferner Beschlüsse auf vorläufige Einstellung des Verfahrens. E. 27 S. 81 (nicht die endgültige Einstellung. BayObLG. LZ. 23 S. 963 und KG. DIZ. 34 S. 1138); auf Aussetzung des Verfahr, nach § 262 Abs. 2 StPO. BayObLG. LZ. 27 S. 1095; Richterselbstablehnungen. (8 30 StPO.). Jena DIZ. 35 S. 618; Gerichtsbeschlüsse, durch welche nach § 262 StPO, eine zivilrechtliche

Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern § 68.

67

Entscheidung herbeigeführt werden soll. KG. GA. 38 S. 213 durch welche ein Mitangekl. vom Erscheinen befreit wird. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 135; Maßregeln des Vorsitzenden, welche die Anberaumung einer anderweiten Hauptversammlung bezwecken. E. 24 S. 330; (Terminsaufhebung unter­ bricht ohne weitere- nicht. KG. GA. 63 S. 335); Sichtvermerk des Bors, auf einer RevBegrÜndung. E.63S.320. Aktenrückfordern", wenn die Rück­ forderung zum Zwecke der Terminsanberaumung erfolgte. DIZ. US. 205; Mitteilung an den AA. von der Einspruchseinlegung. BayObLG. DIZ. 31 S. 1426, auch KG. Recht 30 Nr. 2562; die Verfügung deS Richters: „der be­ antragte Strafbefehl wird erlassen" (aber nicht: „Herrn .. . zum Entw. d. Stb.". KG. JFGErg. 4 S. 266). KG. DIZ. 19 S. 941; das Er­ suchen des AG. an die Polizeibehörde um Vernehmung des Beschuldigten. E. 41 S. 356. E. 65 S. 82. Naumburg DRZ. 23-Nr. 434. Hamburg LZ 24 S. 69. A. M. KG. GA. 73 S. 21 (unerhebl., ob StA. solches Ersuchungsschreiben entworfen hat. BayObLG. LZ. 27 S. 1096); desgl. an die StA. um Aus­ kunft, ob eine andere Strafsache, deren Ergebnis für die vorliegende von Wert wäre, erledigt sei. Dresden LZ. 21 S. 1163; Anfrage an den Verteidiger, ob Einspruch gegen Strafbefehl auftecht erhalten wird. Dresden DRZ. 24 Nr. 832; ein schriftlicher Hinweis deS Richters auf die bei der Durchführung deS Ver­ fahrens entstehenden Kosten. Dresden DRZ. 20 Nr. 748. ES unterbrechen nicht: in der StPO, nicht vorgesehene Handlungen. KG. Recht 33 Nr. 1689; Akte der Ächterl. Derwaltungstätigkeit. JurW. 60 S. 882; sowie solche Handl., die sich nur als Botendienst gegenüber anderen Be­ hörden darstellen. KG. GA. 74 S. 120; ferner bloße Wiedervorlageverfügungen. E. 21 S. 308; (wohl aber, wenn sie den Fortgang deS Verfahrens sicher stellen sollen. E. 62 S. 425. Dresden DIZ. 38 S. 1297); richterliche StrafvollstreckungSverfügungen. KG. DIZ. 19 S. 942; Einziehung der Kosten. Dres­ den DRZ. 23 Nr. 196; der die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnende Beschluß. GA. 49 S. 143; Rostock HRR. 1929 Nr. 2053; die schriftl. Voll­ ziehung des Urteils. Dresden JurW. 57 S. 2801; Naumburg DRZ. 24 Nr. 679; ein Urteil, das ledigl. eine Vers, nach § 418 StPO, aufhebt. Karls­ ruhe JurW. 61 S. 1768; ein die Berichtig. deS Protokolls enthaltender Beschl. KG. JurW. 61 S. 2740; eine gegen Unbekannt gerichtete Handlung. Recht 14 Nr. 808; Anordnungen an die Geschäftsstelle. Dresden LZ. 23 S. 860; die Anordnung des Richters, Straflisten einzufordern. BayObLG. JurW. 59 S. 939; eine Terminsaushebung. KG. DIZ. 14 S. 149; Ver­ fügung deS Richters, durch die dem A. nahegelegt wird, den Antrag auf ge­ richtliche Entscheidung zurückzunehmen. KG. DIZ. 31 S. 318; die Anfrage, ob die Verfügung zurückgenommen wird. Ebenda S. 213; die Rückgabe der Akten an die StA., um einen Irrtum zu beseitigen. KG. GA. 42 S. 265; die richterliche Verf. auf Zustellung der Rev.einlegungsschrift. KG. JurW. 58 S. 1497; eine Anfrage des Richters an die StA. nach dem Stande einer anderen rechtlich gletchliegenden Sache, bis zu deren rechtskräftigen Entscheidung die Sache vertagt war. KG. JFGErg. 4 S. 267; Auskunft des Richters über ein ftühereS Verfahren. HRR. 1929 Nr. 1268; eine Mitteilung des Richters an die StA., er habe Bedenken gegen den Erlaß des Strafbefehls. Celle JurR. 3 Nr. 654, an Verteidiger über Stand des Verf. Dresden JurW. 59 S. 3434; ein Ersuchen um Äußerung und Beisügung der Akten, das lediglich dazu dient,

ein sachliches Vorgehen gegen den Beschuldigten vorzubereiten. KG. DIZ. 31 S. 601. Nach Trennung mehrerer bisher verbundener Sachen wird durch richterliche Handlungen wegen des einen abgetrennten StraftalleS die Berj. hin­ sichtlich der anderen nicht dadurch unterbrochen, daß deren weitere Verhandlung 5*

A 2. Strafgesetzbuch § 69.

68

gangeueu Tat"') gegen den Täter gerichtet Ist,91 * * b*)93 * unterbricht * *94 95 * * * die Ver­ jährung.99^ Die Unterbrechung findet nur rücksichüich desjenigen statt,99) auf welchen die Handlung sich bezieht.

Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung.") § 69 ")

Die Verjährung ruht während der Zeit, in welcher auf

Grund gesetzlicher Vorschrift die Strafverfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann.

eine-

Strafverfahrens von

Ist der Beginn oder die Fortsetzung

einer Vorftage

abhängig,

deren

Ent­

scheidung in einem anderen Verfahren erfolgen muß,"») so ruht die

Verjährung bis zu deflen Beendigung. biS zur Erledigung deS ersten Falles ausgesetzt ist. E. 40 S. 88. — Bei AntragSdelitten muß der Antrag vor Ablauf der Verjährungsfrist (Preßdelitten) gestellt sein. E. 6 S. 37, E. 33 S. 426.

92 a) Bestimmtes geschichtliches Vorkommnis. HRR. 1930 Nr. 1551. 92 b) Die richterl. Hdlg., die erst die Ermittlung der als Täter in Betracht kommenden Person zum Ziel hat, genügt nicht. DIZ. 34 Nr. 576. Der Täter muß individuell bestimmt sein. HRR. 1933 Nr. 73. 92 c) Die Frage der Verjährung geht der der Amnestie vor. E. 53 S. 276. 93) Nicht gegen die Tat alS solche. JurR. 2 Nr. 1087. Dem Gehilfen gegenüber wird die Verjährung selbständig unterbrochen ohne Rücksicht darauf, ob die Unterbrechung auch gegenüber dem Täter wirtt. E. 41 S. 17. Die Unterbrechung wirtt auch gegenüber Mittätern, wenn die richterliche Handlung die Verfolgung aller Mittäter ins Auge faßt. E. 36 S. 350; aber nicht gegen den subsidiär Haftbaren. E. 6 S. 335; auch nicht bei FahrlLssigkeitSdelikten gegen Mitbeschuldigte. JurR. 2 Nr. 2394. 94) Die neue Verjährung beginnt mtt dem Tage der Unterbrechung und endet mit dem Beginn des dem Anfänge entsprechenden Kalendertages. E.13 S.57. 95) Die Verjährung ruht, wenn Beginn oder Fortsetzung des Strafverfahrens von einer Vorftage abhängt, nur dann, wenn die Vorftage in einem anderen Verfahren entschieden werden muß und also in dem Strafverfahren nicht bloß entschieden werden kann oder darf. GA. 40 S. 328. Auch wenn gegen Versäumung der Einspruchsftist gegen einen Strafbefehl Wiedereinsetzung gewährt wird, tritt mit der Rechtskraft des Strafbef. im Fortgang der Ver­ jährung ein Stillstand ein. BayObLG. JurW. 59 S. 3426; ebenso bei Urteilsrechtskraft. Dresden JurW. 61 S. 1765. Die Vorschrift setzt ein im inländischen Recht begründetes Hindernis der Strafverfolgung voraus. E. 40 S. 402. Gegen Geisteskranke ruht die Verjährung nicht. E. 52 S. 36. Gegen Mitglieder des Reichstages ruht die Verjähr, während der Sitzungs­ periode, gleichviel ob der Staatsanwalt die Genehmigung zur Strafverfolgung nachgesucht hat oder nicht. E. 27 S. 10. (Siehe Art. 37 d.RV.) Über Herbei­ führung der Genehmigung siehe Ges. über die Immunität der Abgeordneten v. 23. Juni 33 (RGBl. I S. 391). Die Verjährung ruht aber nicht, wenn die Strafverfolgung schon vor Beginn der Sitzungsperiode begonnen hat. E. 27 S. 385. JurW. 61 S. 1740. 95a) Z. B. in §§ 164, 170, 172, 199, 238. Es ruht aber nicht das Verwaltungsstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung, so lange daS Steuer­ festsetzungsverfahren noch nicht abgeschloffen ist (§ 468 RAbgO). E. 66 S. 376

Gründe, welche die Strafe ansschließen oder mildern §§ 70—72.

69

Ist zur Strafverfolgung ein Antrag oder eine Ermächtigung nach dem Strafgesetz erforderlich, so wird der Laus der Verjährung durch den Mangel des Antrages oder der Ermächtigung nicht gehindert.

§ 70 Die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafen verjährt, wenn 1. auf Tod oder aus lebenslängliches Zuchthaus oder auf lebens­ längliche Festungshaft erkannt ist, in dreißig Jahren; 2. auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als zehn Jahren erkannt ist, in zwanzig Jahren; 3. auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder aus Festungshaft von fünf bis zu zehn Jahren oder Gefängnis von mehr als fünf Jahren erkannt ist, in fünfzehn Jahren; 4. auf Festungshaft oder Gefängnis von zwei bis zu fünf Jahren erkannt ist, in zehn Jahren; 5. auf Festungshaft oder Gefängnis bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Reichsmark erkannt ist, in fünf Jahren; 6. auf Hast oder auf Geldstrafe bis zu eiuhundertfünfzig Reichs­ mark erkannt ist, in zwei Jahren.

Die Vollstreckung einer rechtskräftig angeordneten Maßregel der Sicherung und Besserung verjährt in zehn Jahren. Ist die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt oder erstmalig die Unterbringung in einem Arbeitshaus oder die Entmannung angeordnet, so beträgt die Frist fünf Jahre. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem das Urteil rechtskräftig geworden ist.

§ 71. Ist auf Freiheitsstrafe und Geldstrafe zugleich oder neben einer Strafe auf eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erkannt, so verjährt die Vollstreckung der einen Strafe oder Maßregel nicht ftüher als die der anderen. § 72. Jede auf Vollstreckung der Strafe oder Maßregel ge­ richtete Handlung") Derjenigen Behörde, welcher die Vollstreckung 96) Die Handlungen müssen die Tendenz haben, die Vollstreckung der Strafe herbeizuführen. Daher Unterbrechung durch Strafaufschub, Aufforderung zum Strafantritt usw. Doch muß bestimmt werden, auf wie lange der Aufschub oder die Unterbrechung erfolgt. O l S h a u s e n Anm. 5. ES unterbrechen auch der Anttag der StA. gemäß § 462 StPO. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 307; ferner die Handlungen der Strafvollstteckungsbehörde während der Bewährungs­ frist. KG. JurW. 57 S. 2800. A. M Dresden HRR. 1928 Nr. 1764. Nach BayObLG. JurR. 2 Nr. 101 auch Erkundigungen über daS Verhalten einer Person, insofern dadurch der Wille auSgedrückt wird, die Sttafvollstteckung zu unterbrechen, nicht bloß vorzubereiten. Fricke, DIZ. 33 S. 660. Vgl. § 12 Abs. 3 JGG. Durch die Anordnung gemäß § 13 Abs. 3 JGG., daß die frühere

70

▲ 2. Strafgesetzbuch § 73.

obliegt, sowie die zum Zwecke der Vollstreckung erfolgende Festnahme

des Verurteilten unterbricht die Verjährung. Nach der Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe oder Maß­

regel*») beginnt eine neue Verjährung.

5. Abschnitt.

§ 73

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Han-luugeu.

Wenn eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze

verletzt,*') so kommt nur dasjenige

Gesetz, welches die schwerste**)

Strafe vollstreckt werden soll, wird die Verjährung nicht unterbrochen. Ki e s o w, JGG. S. 110. Ebenso nicht durch die Anordnung: „die Strafe wird ausgesetzt". Darmstadt HöchstRR. 3 6.17; f. tx. Nr. 2 der AB. v. 16. Juli 36, DJust. S. 1108. 97) Ob dieS der Fall ist, entscheidet allein die Einheit des natürlichen Tun und Lassens, der körperl. Tätigkeit und des sie leitenden Willens. E. 32 S. 137, nicht die Einheitlichkeit des Zieles. E. 60 S. 241. Der einheitliche Wille darf nur eine körperliche Tätigkeit als Ursache für die mehreren Erfolge ausgelöst haben. LK. Einl. § 33 S. 175. Erforderlich ist weiter, daß mindestens die eine oder andere in den Bereich der Einheit fallenden Hand­ lungen gleichzeitig den Tatbeständen der mehreren in Betracht kommenden Strafgesetze angehört. E. 44 S. 28. E. 49 S. 272. E. 59 S. 318. § 73 ist überhaupt nur anwendbar, wenn die zusammentreffenden Handlungen verfolgbarsind. E. 62 S. 83 (87). Es können rechtlich zusammentreffen: Versuch und vollendete zweite Straftat. E. 12 S. 64; DRZ. 16 S. 324; zwei in Fortsetzungszusammenhang begangene Straftaten. LK. Einl. § 25 S. 138. Vorsätzlich und fahrlässig begangene Handlung in der Regel. E. 48 S. 250, z. B. bei der Brandstiftung. JurR. 2 Nr. 2168 (aber DRZ. 18 Nr. 314); § 113 und § 185. Recht 32 Nr. 1994; §§ 125 Abs. 2 u. 223a; E. 65 S. 389; §§ 136 u. 137. Recht 32 Nr. 164; §§ 136 u. 243 Nr. 4. Recht 33 Nr. 366. §8136 u. 303. E. 65 S. 133; Notzuchtsversuch und Verbrechen gegen § 176 Nr. 1. GA. 62 S. 142, JurW. 53 S. 911 (aber E. 23 S. 225 u. HRR. 1929 Nr, 1701); §§ 178 u. 212. DRZ. 25 Nr. 407; Ärgerniserregung und grober Unfug. Recht 34 Nr. 699; Betrug und § 351. E. 70 S. 12; Raub und Körperverletzung. Recht 11 S. 1152; Raub und gefährliche Körperverletzung Recht 32 Nr. 187; Raub und räuberische Erpreffung. E. 55 S. 239; räuberische Erpressung und Landfriedensbruch. Recht 26 Nr. 335; Raub und Mord. E. 60 S. 51. Erpreffung und Hehlerei. E. 35 S. 278; Betrug und Münzvergehen. E. 54 S. 219 u. E.60 S. 315; Betrug und Betteln unter Vorzeigung gefälschter Legitimationspapiere. E. 23 S. 243; Betrug und Untreue. JurW. 52 S. 197; JurW. 58 S. 329; Untreue und Unterschlagung. JurW. 59 S. 1404; §§284, 284 a, 285. E. 62 S. 163(172); Meineid und Urkundenfälschung. E. 60 S. 353; Urkundenfälschung und schwere Amtsunterschlagung. Recht 32 Nr. 1982; Freiheitsberaubung und Körperverletzung. E. 25 S. 147; § 271 u. § 267. E. 61 S. 410; §§ 276 u. 350. E. 63 S. 130; Vergehen auS §289 und Erpressung. E. 25 S. 147; §§ 306 u. 308. E. 64 S. 273 (279); §§ 332, 333 u. 412 Abs.2 RAbgO. GA.74 S.115; §§ 340 u. 223a. JurW. 54 S. 1640; §§ 348 Abs. 2 u. 350. E. 59 S. 174; §§ 348 Abs. 2 u. 351. E. 59 S. 340; E. 65 S. 102; § 348 Abs. 2 u. § 354. E. 49 S. 136; § 348 Abs. 1 u. §267, Recht 32 Nr. 197; §§ 350, 351 u. 354. E. 65 S. 85; Betrügerischer und einfacher Bankrott. E. 6 S. 94.

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen § 73.

71

Strafe, und bei ungleichen Strafarteu dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafart androht, zur Anwendung.^) Nicht ist Tateinheit angenommen bei Hausfriedensbruch und schwerem Diebstahl. E. 47 S. 25; bei Kuppelei und Mietwucher. Recht 32 Nr. 162; bei versuchtem Totschlag und Körperverletzung. E. 61 S. 375; bei Verbrechen aus §176 Nr. 3 und tätlicher Beleidigung. E. 45 S. 344; JurW. 62 S. 1589; §§ 177 u. 185. E. 65 S. 337; §§ 179 u. 185. E. 19 S. 250; bei Ver­ gehen aus §§ 117 u. 241. E. 54 S. 206; bei öffentlichem Glücksspiel und Betrug. DIZ. 28 S. 49; anders E. 61 S. 12: bei § 348 Abs. 1 u. § 350. Recht 32 Nr. 196; § 348 Abs. 1, § 349 u. § 350. DRZ. 19 Nr. 950; §§ 348 Abs. 2, 349, 350, 246 242 u. § 405 RAbgO. HRR. 1932 Nr. 2076; § 351 u. 357. E.67 S. 175; bei Konterbande und Zolldefraudation. E. 60 S. 171; bei §§ 533 RBO. u. 270 Arbvermges. KG. HRR. 1930 Nr. 373. Dresden JurW. 61 S. 1258/9; u. § 1492 RVO. KG. JurW. 60 S. 1251. Bei dem unselbständigen Teilnehmer ist als „Handlung" i. S. der §§ 73, 74 dessen Tatbeitrag, nicht dre Haupttat anzusehen (s. dazu Hartung DJust. 1936 S. 1804). Wird durch eine Handlung zu einer Mehrheit selbständiger Hand­ lungen angestiftet oder Beihilfe geleistet, so ist daher nur wegen einer Tat zu bestrafen. E. 70 S. 26. Diese Grundsätze gelten auch für die mittelbare Täterschaft; hier ist nicht die Ausführung der Tat durch das gutgläubige Werk­ zeug, sondern die Einwirkung deS Täters auf dieses die „Handlung". E. 70 S. 385. 98) Es kommt darauf an, welches Gesetz im allgemeinen die Verhängung der in der Art und eintretendenfalls dem Maße nach schwersten Strafe gestattet nicht darauf, auf Grund welchen Gesetzes im Einzelfalle die schwerste Strafart oder Strafe erkannt werden könnte. Drohen beide Vorschriften eine Gefängnis­ strafe von gleicher Dauer an, so ist die härtere die, welche daneben auch Geldstrafe androht. Die Strafandrohung beim Vorhandensein mildernder Um­ stände bleibt beim Vergleich außer Betracht. Droht ein Gesetz für besonders schwere Fälle Zuchthaus an, so ist diese Strafart zu berücksichtigen, auch wenn kein besonders schwerer Fall vorliegt. Sind die Hauptstrafen im Höchstmaß gleich, so kommt cS auf die Nebenstrafen an. E. 69 S. 385. Nach der bisherigen Rechtspr. war die Mindeststrafe des milderen Gesetzes dann nicht maßgebend, wenn das härtere Gesetz eine geringere Mindeststrafe kennt. E. 16 ©.302; doch durfte das Gericht bei der Strafzumessung ohne zwingenden Grund nicht hinter der Mindeststrafe deS milderen Gesetzes zurückbleiben. RG. JurW. 1936 S. 2235. Ebenso durften die lediglich in dem milderen Gesetz angedrohten Nevensrrafen nach der bisherigen Rechtsprechung neben dem schwereren nicht zur Anwendung kommen. E. 69 S. 388. Diese Rechtspr. kann angesichts des § 2 nicht mehr aufrechterhallen werden (M e z g e r JurW. 1937 S. 628; Schäfer DJust. 1937 S. 708). In der Entsch. DJust. 1937 S. 1227 hat das RG. seinen bisherigen Standpunkt bezüglich der in dem milderen Gesetz vorgesehenen Veröffentlichungs­ befugnis aufgegeben (vgl. Anm. 41 zu § 200). Ohne Zweifel kann erkannt werden auf in dem milderen Gesetz vorgesehene sichernde und bessernde Maßregeln, z.B. auf polizeil. Anziehung. E. 46 S. 136. E. 67 S. 215(217); auf Eidesunfähigkeitserklärung. E 60 S. 285; ferner auf Buße, weil diese keine Strafe, sondern eine Entschädigung darstellt. GA. 37 S. 209. 99) Im Tenor deS Urteils ist das Schuldig wegen aller ideell konkurrieren­ den Vergehen auszusprechen. Die Feststellung in den Gründen genügt nicht. E. 27 S. 86. Eine besondere Freisprechung hat aber zu unterbleiben. E. 52 S. 190. Unzulässig ist ein Ausspruch des Gerichts, es würde auf die gleiche Strafe auch

72

A 2. Strafgesetzbuch § 74.

§ 74

Gegen

denjenigen,

welcher durch

mehrere

selbständige

Handlungen 10°) mehrere Verbrechen oder Vergehen, *) oder dasselbe erkannt haben, wenn es statt Tateinheit Tatmehrheit angenommen hätte, da die Strafe dem Gesamtverhalten entsprechen muß, wie es tatsächlich sestgestellt und rechtlich beurteilt worden ist. E. 70 S. 403. 100) Selbständige Handlung liegt vor, wenn Wiederholung der Tätigkeit erfolgt, um wiederholt den Erfolg herbeizuführen, weil bereits der herbeige­ führte frühere Erfolg voll befriedigt hatte; ein unselbständiger Teilakt ist vor­ handen, wenn die Wiederholung erfolgt, weil der nur teilweise herbeigeführte Erfolg nicht voll befriedigt hatte. Bin ding, Handbuch I S. 523. — Voraus­ setzung für straflose Nach tat (E. 60 S. 371, DRZ. 19 Nr. 161) ist, daß für beide Straftaten dieselbe Person als verletzt in Betracht kommt. E. 49 S. 16. LZ. 27 S. 537, und daß der durch die zweite Straftat angerichtete Schaden mit dem durch die erste Tat (z. B. Diebstahl) verursachten zusammenfällt. E. 64 S. 281. Bedroht das Gesetz, um die Verwirklichung eines bestimmten strafbaren Erfolges zu verhindern, schon die Herbeiführung einer Gefahrenlage mit Strafe, die zu dem Eintritt deS Erfolges führen kann, so ist derjenige, der die Gefahren­ lage schafft und auch den Erfolg verwirklicht, nur auS dem letzteren Grunde, nicht auch wegen Schaffung der Gefahrenlage strafbar. E. 68 S. 148, voraus­ gesetzt. daß beide Strafvorschriften das gleiche Rechtsgut schützen. E. 70 S. 402. Die Voraussetzung des § 74, eine Mehrzahl selbständiger Hand­ lungen, fehlt bei der fortgesetzten Handlung; diese ist im Rechtssinne eine Handlung. Der Begriff der Fortsetzung verlangt Einheitlichkett des Vorsatzes. Der Vorsatz muß von vornherein die mehreren in Aussicht genommenen Akte strafbarer Tättgkeit als ein einheitliches Ganzes, als eine einzige, in ihrer wesentlichen Gestaltung abgegrenzte Straftat umfassen, dergestalt, daß die einzelnen Tättgkeitsatte als unselbständige Ausführungsatte einer Straftat erscheinen. Der Gesamtvorsatz muß sich von vornherein auf einen gegenständlich und zeit­ lich in gewiffer Weise vorgestellten, nach und nach (stoßweise) zu verwirklichenden Gesamterfolg richten; der allgemeine unbestimmte Entschluß, bei künftiger Ge­ legenheit gleiche oder ähnliche, in ihrer tatsächlichen Gestalt noch gar nicht vor­ gestellte Straftaten zu begehen, genügt nicht. RG DJust. 1936, 728. Ab­ weichungen in der Ausführung der Einzelhandlungen sind mit der Einheit­ lichkeit des Vorsatzes vereinbar. DRZ. 22 Nr 483. Desgl. innere Hemmungen, die den Täter nicht zur Aufgabe seines Gesamtvorsatzes veranlaffen. JurW. 1933 S. 2281. Außer der Einheit des Vorsatzes ist Identität des Rechtsguts erforder­ lich; Verschiedenheit der Träger des Rechtsgutes ist ohne Bedeutung. E. 70 S. 146. Die Zusammenfassung zu einer fortgesetzten Tat ist auSgeichloffen, wenn sich die verschiedenen Einzelhandlungen gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, insbesondere gegen das Leben, die Gesundheit, die Freiheit die sitttiche Reinheit oder die Ehre verschiedener Personen richten. E. 70 S. 147. Voraussetzung ist hierbei, daß die verletzte Strafvorschrift in erster Linie den Schutz des einzelnen Volksgenossen vor Angriffen auf höchstpersönliche Rechtsgüter bezweckt; will sie dagegen in erster Linie ein Rechtsgm der Gesamtheit schützen, so kann FortsetzungSzusammenhang auch angenommen werden, wenn die Einzel­ handlungen sich (zugleich) gegen höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen richten. RG. a.a. O. Ke ine fortgesetzte Handlung, wenn an verschie­ denen Kindern unzüchtige Handlungen vorgenommen sind. Großer Sen. f. Strass. E. 70 S. 243 (Annahme einer natürlichen Handlungseinheil ist möglich. JurW. 1929 S. 514); oder Abtreibungshandl. an versch. Frauen. E. 59

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen § 74.

73

Verbrechen oder Vergehen mehrmals begangen und dadurch mehrere

zeitige Freiheitsstrafen*) verwirkt hat, ist auf eine Gesamtstrafe zu erS. 98; oder wenn verschiedenen Frauen Abtreibungsmittel verschafft werden. @.68 )

Schöff.

Schöff.

§ 180.60 * *) *Wer * * 59 60B) gewohnheitsmäßig61) oder auS Eigennutz62) durch 58 a) Auch wenn eS nur zu einem Versuch gekommen ist. E. 69 S. 332. 58 b) Keine entsprechende Anwendung (§ 2), wenn der Täter durch Vor­ spiegelung der Heiratsabsicht ein Mädchen zur Gestattung des außerehelichen Beischlafs verleitet. RG. JurW. 1937 S. 2373; hier kommt gegebenenfalls Beleidigung in Frage E. 70 S. 249. 59) Nur die Ehefrau soll allein zum Anttage berechtigt sein. E. 19 S. 250. Der Ehemann kann aber den Anttag wegen einer konkurrierenden Beleidigung stellen. Siehe E. 24 S. 201, das vom vorigen Erk. abweicht (vgl. auch Anm. 1 ALs. 4 zu 8 185). 60) Einen Fall der Kuppelei stellt auch § 48 des Ges. v. 9. Juni 1897 über das Auswanderungswesen (RGBl. S. 463) unter Strafe. Er be­ stimmt : Wer eine Frauensperson zu dem Zwecke, sie der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen, mittels arglistiger Verschweigung dieses Zweckes zur Auswanderung verleitet, wird mit Zuchthaus biS zu fünf Jahren bestraft. Neben der Zucht­ hausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann zugleich auf Geldstrafe sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Dieselben Strafvorschristen finden auf denjenigen Anwendung, welcher mit Kenntnis deS vom Täter in solcher Weise verfolgten Zweckes die Aus­ wanderung der Frauensperson vorsätzlich tieförbert; sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein, neben welcher auf Geldstrafe erkannt werden kann. Gegen Mißstände im AuswanderungLwesen ist erlassen die VO. v. 14. Febr. 24 (RGBl. I S. 107). 60 a) Selbstverkuppelung ist nicht strafbar. E. 66 S. 378. 61) Vgl. Anm. 34 zu § 260. Die Gewohnheitsmäßigkeit wird nicht da­ durch ausgeschlossen, daß der Täter von vornherein voraussieht, er werde seinen Hang nur kurze Zeit betätigen können. JurR. 1 Nr. 118. Bei einer Mehrheit von Fällen der Kuppelei aus Eigennutz wird eine Real­ konkurrenz durch die dadurch zu Tage tretende Gewohnheitsmäßigkeit nicht aus-

verbrechen und vergehen wider die Sittlichkeit § 180.

169

seine Vermittelung") oder durch Gewährung oder Verschaffung von

Gelegenheit") der Unzucht6B) Vorschub leistet,") wird wegen Kuppelei geschloffen. E. 10 S. 22. vgl. auch E. 24 S. 243 u. E. 34 S. 310; dagegen GA. 47 S. 373. Die Beihilfe zur gewohnheitsmäßigen Kuppelei erfordert nicht, daß der Gehilfe auch seinerseits gewohnheitsmäßig handelt. Recht 7 S. 84. Beihilfe leistet auch der, der einem Dritten die zum Erwerb und Betrieb eines Bordells nötigen Geldmittel zur Verfügung stellt und die kreditweise Lieferung von Wein zusagt. E. 39 S. 44. Beihilfe kann ferner der leisten, dessen eigene Unzucht unterstützt werden soll. LZ. 22 S. 64. E. 23 S. 69. 62) Ein besonderer Vermögensvorteil ist nicht Voraussetzung. R. 4 S. 810. E. 16 S. 56. Es genügt, daß die Erlangung des Nutzens Motiv für das Handeln war. E.26 S. 40 u. E. 41 S. 225. Auch da- Bestreben, sich einen EhescheidungSgrund zu verschaffen, kann genügen. Erk. v. 16. Novbr. 03, LK. Anm. 7 b. ÄuS Eigennutz handelt auch diejenige, die durch die Förderung fremder Unzucht für sich selbst die Möglichkeit erstrebt, die eigene Unzucht fort; zusetzen. JurR. 3 Nr. 544. 63) Vermittelnde Tätigkeit ist eine solche, welche die persönliche Annäherung der betreffenden Personen zum Zwecke der Ausübung der Unzucht ermöglicht. E. 29 S. 108. Daher fällt nicht darunter der Verkauf oder das Verleihen von Gegenständen, die durch Anreizung der Sinne eine gesteigerte Geneigthett zu Unzuchtshandlungen Hervorrufen können. RG. DJust. 1937 S. 897. 64) Ein bloßes Anbieten genügt nicht, dasselbe muß auch angenommen sein. E. 2 6. 259. R. 9 S. 371. 65) Über den Begriff „Unzucht" vgl. Anm. 54 zu § 176. Nach E. 71

S. 13 (f. jedoch NG. JurW. 1937 S. 2386 Nr. 47) ist der Beischlaf zwischen Verlobten stets Unzucht, die Duldung durch die Brauteltern stets schwere Kuppelei. Diese Auffassung hat im Schrifttum durchweg Ablehnung gesunden (vgl. Leppin JurW. 1937 S. 660; Wolf ZAkadDR. 1937 S. 151; Schäfer DJusr. 1937 S. 316; Grau DJust. 1937 S. 1320). In Über­ einstimmung mit dem künfttgen Recht, wie eS sich nach dem gegenwärtigen Stand der Erneuerungsarbeiten darstellt, ist davon auszugehen, daß die Frage, ob der Geschlechtsverkehr zwischen Verlobten Unzucht ist, nicht für alle Fälle im gleichen Sinne beantwortet werden kann, sondern daß die Um­ stände deS einzelnen Falles unter Berücksicktigung der Anschauungen der be­ treffenden Bevölkerungskreise, soweit sie nicht Mißbilligung verdienen, maßgebend sind; keine Unzucht und damit keine strafb. Kuppelei liegt vor, wenn im Hin­ blick auf die gesunde Bolksmeinung dem Verkehr nach den Umständen deS Falles der Charakter des Unzüchtigen abzusprechen ist (so auch SchöffG. Kottbus in JurW. 1937 S. 2387). OLG. Dresden JurW. 1937, 900 be­ zeichnet den Geschlechtsverkehr der Brautleute zwar stets als Unzucht, sieht aber in der gegenteiligen, auf den Anschauunaen ihres Gesellsckaftskreises beruhenden Annahme der Eltern einen ftrafausschließenden außerstrafrcchtlichen Irrtum (dagegen E. 71 S. 13). Der Geschlechtsverkehr Verlobter in Gegenwar-t Dritter ist stets unzüchtig. RG. JurW. 1937 S. 2386. Der Anwendung des § steht nicht entgegen, wenn der Täter das Borschubleisten in der Absicht eigener geschlechtl. Befriedigung unternimmt (Be­ trachtung des unzückttgen Treibens. — Triolenverkehr). E. 66 S. 378. 66) Vorschubleistung erfordert stets eine wirkliche Förderung der Unzucht, doch braucht dieselbe nicht wirklich verübt zu sein. E. 15 S. 361 u. E. 44 S. 176. Ein Vorschubleisten ist gefunden in dem Überführen einer Lohndirne auS

einem Bordell in ein anderes, R. 8 S. 300; in der Anwerbung von Mädchen

160

A2. Strafgesetzbuch 8 180.

mit Gefängnis nicht unter Einem Monate bestraft; auch kann zugleich

auf Geldstrafe, auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zu­ lässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

Sind mildernde Umstände

vorhanden, so kann die Gefängnisstrafe bis auf Einen Tag ermäßigt werden.

Als Kuppelei gilt insbesondere die Unterhaltung eines 9otbeH366e)

oder eine- bordellartigen Betriebs. Wer einer Person/«»») die daS 18. Lebensjahr vollendet hat,

Wohnung gewährt/«") wird auf Grund des Absatz 1 nur dann bestraft, für Bordelle. E. 15 S. 361 (siehe auch E. 20 S. 201); ferner in dem Über­

lasten eines Hausschlüssels seitens der Hausfrau an ein Dienstmädchen, damit diese während der Nacht zu Unzuchtszwecken das HauS verlosten kann. JurR. 3 Nr. 972. Auch ein Unterlassen ist Vorschubleisten, wenn der Unterlastende die Rechtspflicht und die Machtmittel hat, die Unzucht zu verhindern. RG. in JurW. 1935 S. 2136. Daher Kuppelei, wenn ein Ehemann die von seiner Eheftau betriebene Bordellwirtschast gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz duldet. GA. 41 S. 274; oder wenn er seine Eheftau vom Betriebe der Ge­ werbsunzucht nicht zurückhält. E. 22 S. 332; doch ist der Ehemann nicht ge­ nötigt, auf den Willen der Unzucht treibenden Mannesperson einzuwirken, wenn er Nachteile befürchten muß. E.58S.97. Im Wege der Klage vorzugehen, ist ihm nicht zuzumuten. E. 58 S. 226. Unerheblich ist es, ob die von der Eheftau ge­ triebene Unzucht eine widernatürliche ist. E. 48 S. 196. Auch die Ehefrau macht sich neben dem Ehemanne strafbar, wenn sie als Leiterin des Hauswesens nicht verhindert, daß im Hause Unzucht getrieben wird. RG. JurW. 1926 S. 1184 u. 1937 S. 2386; ebenso der Leiter einer Gastwirtschaft, selbst wenn er nicht Konzessionsinhaber ist, falls er nicht für Sitte u. Ordnung sorgt. HRR. 1929 Nr. 262. Ein bestimmtes Misten, daß Unzucht getrieben wird, ist nicht er­ forderlich. Es genügt, daß der Täter es für möglich hält und damit einverstanden ist- DIZ. 17 S. 224. Doch ist ein Erfordernis für den Vorsatz das Bewußtsein, günstigere Bedingungen für die Unzuchtsverübung zu schaffen. DStZ. 3 S. 338. 66 a) B. ist ein auf Gewinn gerichtetes Unternehmen, bei dem der In­ haber Dirnen, die in einem wirtschaft!. Abhängigkeitsverh. stehen, in dem Bordellbetrieb Räume zur Ausübung der Unzucht zur Verfügung stellt. E. 62 S. 341. Doch ist für den Begriff des bordellartigen Betriebs ein wirtschaft!. Abhängigkeilsverhältnis nicht wesentl. E. 64 S. 110. Es muß aber eine auf Förderung deS Unzuchttreibens abzielende Einrichtung des Gesamtbetriebes (z. B. durch Dauerbeleuchtung des Treppenhauses und Offenlasten deS HauseS auch zur Nachtzeit, Bestellung einer ständigen Aufsichtsperson) unter einer Art von Leitung seitens des Vermieters vorliegen (organisierte räumliche Zusammen­ fassung der Dirnen). RG. DStrR. 1937 S. 205; die Tatsache, daß sämtl. Räume eines Hauses an Dirnen vermietet sind, genügt allein nicht. RG. JurW. 1936 S. 2612a. Abs. 2, der im engsten Zusammenhänge zu Abs. 3 steht, ver­ langt nicht eine Ausbeutungsabsicht. E. 62 S. 339. § 180 Abs. 1 ist gegenüber § 181 a lex specialis. Hamburg HRR. 1929 Nr. 558. 66 aa) Auch männl, oder weibl. Personen, die nicht gewerbsm. Unzucht treiben. RG. DJust. 1937 S. 1391. 66 b) Abs. 3 bezieht sich lediglich auf die Fälle, in denen die Gewährung der Wohnung als solche das einzige Mittel ist, durch das die Gelegenheit zur Unzucht gegeben wird. DRZ.22 Nr. 407. BayObLG. JurW. 60 S. 1619. Eine Ver-

Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit § 181.

161

wenn damit ein Ausbeuten68 c) der Person, der die Wohnung gewährt ist, oder ein Anwerben88 d) oder ein Anhalten dieser Person zur Un­

zucht verbunden ist. § 181. Die Kuppelei87) ist, selbst wenn sie weder gewohuheitsmäßig noch aus Eigennutz67 * *a68 *) *betrieben 69 * * * * * * *wird, * * * * mit * * * Zuchthaus * * * * * * * * bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wenn 1. um der Unzucht Vorschub zu leisten, hinterlistige Kunstgriffe88) angewendet werden, oder 2. der Schuldige zu der verkuppelten Person88) in dem Verhältniffe kuppelung seitens solcher Personen, die nicht Wohnungsgewährer sind, bleibt da­ her strafbar. JurW. 59 S. 918. E. 64 S. 110. Die Gewährung einer Wohnung liegt nicht vor, wenn eine Dirne, die eine Wohnung am Orte hat, ledigl. zu Unzuchtszwecken ein Zimmer mietet. Recht 32 Nr. 1173. Gewährung eines Ab­ steigequartiers ist strafbar. E. 62 S. 221. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 835. Die Bestimmung wirkt nicht allein zugunsten dessen, der den Dirnen unmittelbar als ihr Vertragsgegner Wohnung gewährt, sondern auch für den, der seiner­ seits dem Vermieter die Möglichkeit hierzu verschafft. E. 64 S. 280. 66 c) Ausbeuten ist die bewußte Ausnutzung, der bewußte Mißbrauch einer Person oder eines Verhältnisses zu Erwerbszwecken. JurW. 58 S. 3008. Schon die bloße Überschreitung Les angemessenen MietzinseS ist regelmäßig eine Ausbeutung. RG. DStrN. 1937 S. 205. Die daS gewöhnliche Maß über­ steigenden Erwerbskosten eines HauseS, die ihren Grund in der Verwendung eines der Räume zum Bordell haben, dürfen nicht in Ansatz gebracht werden. E. 63 S. 166. Es darf überhaupt nicht ein bes. Entgelt für eine uneingeschränkte Zulassung des Unzuchtbetriebes gefordert werden. HRR. 1929 Nr. 1702, Wohl aber ein Unbequemlichkeitszuschlag. RG. DStrR. 1937 S. 204 (ein solcher kommt bei Mietern, die nicht gewerbsm. Unzucht treiben, nicht in Betracht. RG. DJust. 1937 S. 1391). Ein Ausbeuten kann auch nicht um deswillen verneint werden, weil Dirnen in solcher Gegend keine billigeren Wohnungen erhalten können. Recht 33 Nr. 1365. Unerheblich ist es, ob die ausgenutzte Person sich als ausgebeutet betrachtet; oder ob sie sich in einer Zwangslage befindet. RG. DStrR. 1937 S. 205. Tateinheit mit § 49 a MSchG, (abgedr. zu vV 8) ist möglich. E. 62 S. 341. 66 d) Voraussetzung ist ein Vertrag, durch den sich jemand zur Unzucht für längere Zeit verpflichtet. LK. Anm. 16. 67) Die Einschränkung in § 180 Abs. 3 gilt nicht für § 181. RG. in JurW. 1935 S. 2136. 67 a) Gewohnheitsmäßigkeit und Eigennutz können als Strafzumessungs­ gründe in Betracht kommen. LK. Anm. 1. Siehe auch Anm. 72. 68) Hinterlistige Kunstgriffe sind geschickt getroffene Vorkehrungen oder eine schlaue Benutzung gegebener Verhältnisse, wenn der Täter mit Vorbedacht u. unter Verdeckung seiner wahren Absicht verfährt, um den unvorbereiteten Zustand eines anderen zur Verwirklichung seines Planes zu benutzen. E. 22 S. 311. JurW. 59 S. 1593. 69) Es genügt daS Verhältnis zu einer dieser Personen, und zwar ist eS gleichgültig, ob dieselbe als Subjekt oder Objekt zu betrachten war. E. 16 S. 49. So auch HRR. 1928 Nr. 484. Der Teilnehmer an einer schweren Kuppelei wird auch dann aus diesem § bestraft, wenn er selbst zu den Personen, mit denen die Unzucht getrieben, nicht In einem der hier bezeichneten Verhältnisse steht. E. 22 S. 51.

Dalcke, Strafrecht.

30. AnÜ.

11

Gr. strfk.

162

A2. Strafgesetzbuch 8 161 »-

deS Ehemann- zur Ehefrau,"') von Eltern"»)

Kindern, von Vor­

mündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern70)

zu den von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen steht.71)”)

Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehren­

rechte auszusprechen; auch kann zugleich aus Geldstrafe, sowie auf Zu­ lässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

Sind im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 mildernde Umstände vor­

handen, so tritt Gefängnisstrafe ein, neben welcher auf Geldstrafe er­ kannt werden kann.

Or. strfk.

§ 181a. 72)

Eine männliche Person,72) welche von einer Frauens­

person, die gewerbsmäßig Unzucht treibt,72') unter Ausbeutung 74) ihres 69 a) Seine Ehefrau verkuppelt auch, wer ihr Gelegenheit zum Geschlechts­ verkehr verschafft, den sie selbst für ehelich hält. E. 63 S. 401. Tateinheit mit 8 181 a ist möglich, wobei die Sttase auS § 181 zu entnehmen ist. E. 71 S. 199 (im Gegensatz zu der bisherigen Nechtspr. RG. in JurW. 1935 S. 525 u. 938.) 69 b) Hierher gehören auch Stiefeltern. GA. 41 S. 41, DRZ. 16 S. 392, jedoch nur bis zur Auflösung der Ehe. E. 62 S. 114, auch Pflegeeltern, E. 46 S. 150, ebenso die leiblichen Eltern, auch wenn die Ehe für nichtig erklärt ist. GA. 61 S. 509 und ebenso die uneheliche Mutter, E. 21 S. 257, aber nicht Schwiegereltern, E. 36 S. 184. Die Mutter ist als Leiterin deS Haus­ wesens neben dem Vater verpflichtet, auch dem unzüchttgen Treiben voll­ jähriger Kinder (Söhne oder Töchter) in der elterlichen Wohnung entgegen­ zutreten. RG. JurW. 1937 S. 2386. Bei minderjährigen Kindern ergibt sich die Rechtspflicht der Eltern zum Einschreiten aus dem Sorgerecht. Die Billi­ gung eines Berhältniffes der volljährigen Tochter ist der Mutter nicht als Kuppelei anzurechnen. Recht 19 Nr. 1442. 70) Über Geistliche, Erzieher, Lehrer usw. siehe die Anm. zu § 174. 71) Versuch ist erblickt worden in der Aufforderung eines Ehemannes an Dritte, mit seiner Frau geschlechtlich zu verkehren. RG. in JurW. 1935 S. 2134. 72) Mehrere Fälle gewohnheitsmäßiger Kuppelei aus § 181 stehen zu gleichzeitig begangenenKollekttvvergehen gewohnheitsmäßiger Kuppelei aus §180 in Jdealkonkurrenz. Recht 31 Nr. 1053. E. 42 S. 203. 73) Die Vorschrift des Abs. 1 findet auch Anwendung auf den unterstützungs­ bedürftigen Verlobten der Prostituierten. E. 34 S. 212. Erwerbsbedürftigkeit der männlichen Person schließt deren Strafbarkeit nur unter der Voraussetzung eines Notstandes aus. GA.51 S. 411. 73 a) nicht bettieben hat. E. 48 S. 426. 74) Das ist die bewußte Ausnutzung der Prostituierten als einer Erwerbs­ quelle für den Lebensunterhalt. E. 62 S. 315; sie liegt nicht vor, wenn der Täter nur gelegentlich Gelder aus dem Unzuchtsverdienst annimmt. RG. JurW. 1936, 390; oder wenn die Dirne und der Täter zu dem gemeinsam geführten Haushalt beittagen und seine Beiträge dem von ihm bezogenen Unter­ halt entsprechen. RG. DStrN. 1937 S. 259. Ausbeutung der Ehefrau durch ihren Mann liegt vor, wenn dieser es duldet, daß die Frau ihren Unzuchts­ verdienst zur Bestreitung der Kosten des gemeinschaftlichen Haushalts verwendet. BayObLG. DRZ. 23 Nr. 524. Dresden DRZ. 25 Nr. 551; der Mann kann sich nicht auf einen ihm gegen die Frau zustehenden Unierhaltsanspruch oder

verbrechen und vergehen wider die Sittlichkeit § 182.

unsittlichen Erwerbes ganz oder teilweise den Lebensunterhalt

163

be­

zieht, oder welche einer solchen Frauensperson gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz in Bezug auf die Ausübung des unzüchtigen Gewerbes

Schutz gewährt oder sonst förderliche») ist (Zuhälter),") wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft??)

Bei mildernden Umständen ist die Strafe Gefängnis nicht unter

drei Monaten??) Neben der Strafe kann auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht

erkannt werden.??)

§ 182. Wer ein unbescholtenes ”) Mädchen, welches das sechzehnte?') Gr. strst. auf daS Recht zur Verwaltung und Nutznießung deS eingebrachten Gutes be­ rufen. RG. DStrR. 1937 S. 432 (Tateinheit mit § 181, vgl. dort Anm. 69»). Die Vorschrift verlangt weder Notlage noch Leichtsinn noch Unerfahrenheit der Prostituietten. GA. 51 S. 43. Die Erlangung einstweiliger Vorteile ist ausreichend. GA. 58 S. 448. Ein dauerndes Verhältnis ist nicht erforderlich. LZ. 11 S. 1055. 75) Unter Lebensunterhalt ist die Gesamtheit der Aufwendungen zu ver­ stehen, die im allgemeinen von einer männlichen Person zur Bestreitung ihrer gewöhnlichen Lebensbedürfnisse gemacht werden. E. 35 S. 92. Es muß sich um einen auf — wenn auch kurze — Dauer berechneten Empfang handeln. RG. JurW. 1936,390. Das Beziehen von Lebensunterhalt liegt auch vor, wenn der Zuhälter das ihm von der Dirne lediglich zur Aufbewahrung übergebene Geld rechtswidrig für sich verbraucht. E. 41 S. 340, oder, wenn er das Geld als Darlehn erhält. E. 45 S. 264, oder, wenn er Vermögensvorteile erhält, die nicht mittels des Unzuchtgewerbes erlangt sind. E. 57 S. 58. Daß der Täter auch seinerseits einen gewissen Beitrag zu den Unterhaltungskosten leistet, ist unerheblich. Recht 13 Nr. 3252 (s. aber Anm. 74). 75 a) Der Ehemann einer Dirne kann ihr dadurch förderlich sein, daß er sie nicht von der Unzucht abhält, obwohl ihm dies möglich und zuzumuten ist. RG. v. 11. Juni 36 — 3D 357/36 —. Vgl. Anm. 66 und 69a. 76) Das Wort „Zuhälter" hat nicht die Bedeutung eines zum Tatbestände gehörigen Merkmals. E. 34 S. 72. Es muß aber festgestellt werden, daß eine persönliche Beziehung des Täters zu einer bestimmten Frauensperson vorliegt, aus der erkennbar wird, daß er im Hinblick auf ihr unzllchttges Gewerbe zu ihr hält. E. 35 S. 56. E. 63 S. 88. Nicht erforderlich ist, daß der Zuhälter die Prostituierte an ihrem Treiben festhält. Recht 7 S. 508. Wird die zuhälterische Tätigkeit mehreren Frauenspersonen gegenüber ausgeübt, so kann Fortsetzungs­ zusammenhang vorliegen. E. 70 S. 150. Die Zuhälterei, begangen durch Unterhaltung eines Bordells, ist jetzt nur nach § 180 strafbar. Hamburg, JurW. 58 S. 2763; dagegen nimmt E. 63 S. 88 Tateinheit an. 77) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 24. Novbr. 33.

78) Der Begriff der Unbescholtenheit sortiert Unversehrtheit der GeschlechtSehre. N. 3 S. 168. Unbescholtenheit ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Jungfräulichkeit. Eine Geschwängerte kann unbescholten, eine Jungfrau bescholten sein. GA. 49 S. 134 bzw. JurW. 41 S. 929. Aber nicht nur eine freiwillige und bewußte Hingabe zum außerehelichen Beischlaf, sondern auch ein sonstiges in der sittenlosen Gesinnung des Mädchens wurzelndes unzüchtiges Treiben begründet die Annahme geschlechtlicher Bescholtenheit. E. 37 S. 94. Nicht wird sie begründet durch ein leichtfertiges und unvorsichtiges Verhalten.

164

A 2. Strafgesetzbuch § 183.

Lebensjahr nicht vollendet hat, zum Beischlaf verführt, 80 * *) *wird * * * * 79 mit Gefängnis bis zu Einem Jahre bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern 8l)82oder 83 deS Vormunde- der Verführten ein. Schöff.

§ 183.

Wer durch eine unzüchtige Handlung8t) öffentlich") ein

JurW. 39 S. 672. Ein Mädchen, das von zwei Männern unmittelbar nach­ einander gebraucht ist, kann auch zur Zeit der zweiten Beischlafsvollziehung noch als unbescholten gelten. GA. 52 S. 94. Verurteilung wegen zweier Vergehen gegen § 182 in bezug auf dasselbe Mädchen ist unter des. Umständen möglich. HRR. 1928 Nr. 1767. Der Vorsatz wird nur durch die bestimmte Annahme der Bescholtenheit ausgeschlossen, bloße Zweifel genügen nicht. RG. in JurW. 1935 S. 525. 79) Daß es das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist nicht notwendig. E. 71 S. 130. Strafbar ist auch der, wer erst während der Vollziehung des Geschlechtsakts von dem Mädchen erfährt, daß es unter 16 Jahren alt ist und ihn trotzdem fortsetzt. JurR. 3 Nr. 1616. 80) Täuschungsmtttel und Kunstgriffe brauchen nicht angewandt, auch ein besonderer Widerstand nicht überwunden zu sein. RG. in JurW. 1935 S. 525. Siehe auch GA. 56 S. 220. (Verführung durch Ausnutzung der Psychi­ schen Stimmung.) Schon das Abhängigkeitsverhältnis als Dienstbote kann ohne besondere Verführungskünste geeignet sein, Verführung zu begründen. LZ. 13 S. 268. Die Anwendung einer gewissen Gewalt schließt aber die Verführung nicht aus. GA. 48 S. 451. Erforderlich ist, daß der Beischlaf wirklich voll­ zogen ist, der bloße Versuch reicht nicht aus. GA. 40 S. 39. Tateinheit mit tätl. Beleidigung ist möglich. RG. JurW. 1936, 262”, ferner mit einfacher Beleidigung, begangen gegen den Vater des Mädchens. OLG. München DStrR. 1937 S. 57 (vgl. Anm. 1 e zu 8 185). Auch bei mehreren Beischlaf-voll­ ziehungen nur ein Delikt. GA. 45 S. 276. Eine fortgesetzte Handlung ist regelmäßig ausgeschlossen, weil sich jede Wiederholung regelmäßig nicht mehr gegen ein unbescholtenes Mädchen richtet. E. 71 S. 111. 81) Beide Eltern, sowohl der Vater als die Mutter sind antragsber. E. 18 S. 101; auch nach dem Tode des Kindes. LK. Anm. 5 und ohne Rück­ sicht darauf, ob sie gesetzl. Vertreter sind; auch die uneheliche Mutter. E. 3 S. 89 und Stiefeltern. KG. DStR. 1937 S. 169. 82) d. i. eine das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Be­ ziehung verletzende Handlung. E. 70 S. 159. Auch mündliche unzüchtige Äußerungen E. 70 S. 160, insbesondere auch Vorträge von Gedichten un-

züchttgen Inhalts. Recht 24 Nr. 1752. A. M. Frank 1. Daß die Handlung die Erregung der Geschlechtslust bezweckt hat, oder aus wollüstiger Absicht ent­ sprungen ist, ist nicht notwendig; der Täter braucht sich nur der geschlechtlichen Beziehung der begangenen Schamlosigkeit bewußt zu sein. E. 70 S. 159. Die Ausübung der sog. Nacktkultur ist strafbar, wenn besondere Umstände eine geschlechtliche Beziehung annehmen lassen. Jena JurN. 1927 Nr. 431. 83) Vgl. Anm. 40 zu § 200. Erforderlich ist, daß auch Personen, die von der Tat nicht unmittelbar betroffen sind, in der Nähe waren und die Tat zunächst bemerken konnten. RG. JurW. 1937 S. 166. Dagegen Schneider DRpfl. 1937 S. 209 (zustimmend Schultze a.a.O.): e3 müsse genügen, wenn der Täter einer Person Ärgernis gegeben und die Möglichkeit bestanden habe, daß noch weitere Personen den Vorgang bemerkten (so auch KG. DRpfl. 1937 Nr. 458). Der Täter muß das Bewußtsein der Öffentlichkeit der Handlung

Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit § 184.

165

Ärgernis gibt,") wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. § 184.8B)

Mit Gefängnis bis zu Einem Jahre und mit Geldstrafe

oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, 85 * * a86 84 ) wer * 1. unzüchtige") Schriften,88*) Abbildungen") oder Darstellungen haben; bedingter Vorsatz genügt. RG. JurW. 1937 S. 166. Vorsichtsmaß­ regeln deS Täters schließen das Bewußtsein nicht aus. KG. GA. 73 S. 199. 84) ES genügt nicht, daß die Handlung an sich geeignet war, ein Ärgernis

zu erregen, es muß solches auch, wenn auch nur bei einer Person, erregt sein. E. 2 S. 196 u. E. 27 S. 182. Die Handlung muß das Ärgernis sogleich und

ausschließlich durch sich selbst gegeben haben. DIZ. 12 ©. 716 u. GA. 54 S. 290. Zeitlich getrennte u. H., an denen je eine andere Person Ärgernis nahm, können eine fortges. Handl, bilden. E. 70 S. 149. Mit Beleidigung besteht Tateinheit. Zum inneren Tatbestand gehört nicht das Bewußtsein der Ärgernis­ erregung, sondern nur das der Möglichkeit, daß Ärgernis genommen werde. E. 70 S. 161. 85) Betr. die Bekämpfung unzüchtiger Schriften, Abbildungen und Darstellungen siehe Nr. 345 ff. und Nr. 306 der „Richtlinien für das Straf­ verfahren". 85a) Ein Urteil, welches erklärt, daß eine Schrift nicht unzüchttgen Inhalts sei, wird nicht dahin rechtskräftig, daß jede wettere Verbreitung straflos ist. E. 5 S. 101. 86) Unzüchtig ist eineSchrift, wenn sie obj. geeignet ist, dasSchamu. Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung zu verletzen. Eine gröbliche Verletzung ist nicht erforderlich. DIZ. 17 S. 448. Es kommt nicht daraus an, ob die Schrift geeignet ist, die Lüsternheit anzureizen. E.44 S. 178. In subj. Beziehung genügt vorsätzliches Handeln mit dem Bewußtsein von dem unzüch­ tigen Charakter der Schrift. Mottve und Zweck der Verbreitung sind gleichgülttg. E. 27 S. 114. Zweck und Tendenz der Schrift können für die Frage der Un­ züchtigkeit von ausschlaggebender Bedeutung sein. GA. 52 S. 85. Hat eine Schrift polit. Tendenz, so läßt sich die Unzüchttgkeit nicht deshalb bejahen, weil die Schilderung geschlechtl. Einzelheiten für den polit. Kampf entbehrlich war. LZ. 27 S. 331. Festzuhalten ist, daß die künstlerische Darstellung der Schrift deren Unzüchtigkeit nicht ohne weiteres verdrängt. Recht 26 Nr. 1469. Einem an sich anstößigen Stoff kann aber die Eigenschaft deS Unzüchtigen dadurch ge­ nommen werden, daß durch die künstlerische Form der Stoff derart veredelt, durchgeistigt oder verklärt wird, daß für daS natürliche Gefühl die sinnliche Empfindung durch die intereffelose Freude an der rein künstlerischen Gestaltung zurückgedrängt wird. KG. DIZ. 34 S. 1553. Handelt eS sich darum, daß nur einzelne Teile einer Schrift unzüchttg sind, so kommt eS nicht auf die äußere Gestalt, sondern auf den geistigen Inhalt für die Frage an, ob eS sich um eine einzige oder verschiedene Schriften handelt. E. 23 S. 388 u. E. 29 S. 133. E.-32 S. 418. Eine unzüchtige Stelle, die dem ge­ samten Jdeenkreise, um den es sich handett, entspricht, kann der Schrift un­ züchtigen Charatter verleihen. JurW. 40 S. 239. Eine Schrift kann nicht schon um deswillen als unzüchtig qualifiziert werden, weil der Verkäufer bei dem Verkaufe unzüchtige Zwecke verfolgt. E. 24 S. 365. Ein Gedicht, dessen Sinn dem Durchschnittsleser einer Zeitung nicht verständl. ist, ist nicht unzüchtig. JurW.

s) gestohlen wird; br) S. 360). Indessen entspricht eine Behandlung als eins. Diebstahl nicht dem materiellen Unrechtsgehalt der Tat, da die besondere verbrecherische Energie, die sich in der Überwindung des der Aneignung entgegenstehenden Hindernisses äußert, die Tat als ebenso strafwürdig erscheinen läßt wie die im § 243 Nr. 2 bezeichneten Falle (so auch nahezu das gesamte Schrifttum, vgl. die Nachweise bet Rietzsch, DJ. 1936 S. 1939) und die Praxis der Jnstanzgerichte (s. JurW. 1935 S. 3128 und JurW. 1937 S. 2391). .. 59) Einbruch ist eine mit Gewalt bewirkte Öffnung, die aber weder

eine Zerstörung oder Beschädigung der Substanz, noch auch einen besonderen Aufwand von Kraft bedingt. E. 4 S. 353. Ein Zurückschieben des Riegels durch Einfügen eines Messers ohne Anwendung von Gewalt und Beschädigung der Verschlußmittel ist kein Einbruch. R. 7 S. 724. Einbruch kann in dem gewaltsamen Aufbrechen einer unverschlossenen Tür gefunden werden. R. 5 S. 387; auch in dem gewaltsamen Öffnen deS Zugangs bei Anwendung eines zur Öffnung ordnungsmäßigen Mittels. GA. 54 S. 70. Einbruchsdiebstahl liegt auch vor, toeirn der Täter die gewaltsame Aufhebung der äußeren Um­ schließung von Innen desselben auS bewirkt, alsdann aber die Wegnahme der Sache von außen durch die hergestellte Öffnung ausgesührt hat. E. 41 S. 66.

ES ist auch nicht einmal erforderlich, daß der Täter zur Ausführung des Dieb­ stahls hineinlangt, indem z. B. das Tier, dessen Wegnahme beabsichttgt, selber durch die Öffnung in das Freie gelangt. E.56 S. 48. Dagegen sind die Voraus­ setzungen von Nr. 2 nicht gegeben, wenn der Dieb in einem Gebäude unter An­ wendung deS richttgen Schlüssels, den er vorher in einem andern Gebäude mittels Einbruchs gestohlen hat, einen Diebstahl begeht. E. 40 S. 94 (vgl. Anm. 63); auch nicht, wenn der Dieb, um sich den Ausgang zu ermöglichen, eine ins Freie führende Tür erbricht. E. 55 S. 210. Versuch liegt vor, wenn der Täter die Fensterscheibe mit einer Masse be­ streicht, um das Klirren zu verhüten. E. 54 S. 35. 60) Einsteigen setzt voraus, daß der Täter von außen in Las Innere des Gebäudes oder umschlossenen Raumes auf zum Eintritte regelmäßig nicht bestimmten Wege gelangt ist. E. 3 S. 173 u. E.6 S. 187. Dies ist der Fall, wenn der Dieb durch ein Fenster einfteigt, das der Bestohlene nur vorüber­ gehend alS Notzugang benutzt hat. E. 59 S. 171. Einsteigen setzt nicht not­ wendig eine steigende Tätigkeit der Füße, wohl aber die Überwindung eines entgegenstebenden Hindernisses voraus. Daher gilt auch unter Umständen ein Ein kriechen als Einsteigen. R. 7 S. 10; aber nicht das Überfliegen mittels Flugzeugs. LK. Anm. III5 S.775. Einkriechen durch eine Lucke gilt als Einsteigen dann, wenn.sich aus der Lage, den Größenverhältnissen oder anderen Ägenschaften der Öffnung Schwierigkeiten ergeben. Recht 18 Nr. 710. Auf ein bestimmtes Maß der durch die Überwindung eines Hindernisses bedingten

Schwierigkeit des Eintritts kommt es nicht an. JurW. 53 S. 1736. Das Beiseiteschieben einer Latte ist keine Beseittgung eines Hindernisses. DIZ. 8 S. 430. Das Durchkriechen durch eine nur 3 Fuß vom Erdboden entfernte Öff­ nung in einen Zaun ist Einsteigen, selbst wenn diese Öffnung zuweilen von dem Berechtigten selbst als Durchgang benutzt wird. GA. 41 S. 267. Das bloße Emporsteigen an einem Gebäude und Hineinlangen, um zu stehlen, ist kein Ein­ steigen, denn immer muß das Eintreten des Täters in das Innere verlangt werden. E. 4S. 175. Läßt der Täter einen ohne Vorsatz handelnden Dritten einsteigen und be­ wirtt er durch dessen Vermittelung den Diebstahl, so kann er selbst nicht wegen

224

A 2. Strafgesetzbuch § 243. 3. der Diebstahl

eines

Gebäudes

oder

dadurch bewirkt wird, daß zur Eröffnung62a)

der Zugänge

eines

umschlossenen Raumes,

oder zur Eröffnung der im Innern befindlichen Türen oder Behält-

DiebstahlS mittels EinsteigenS bestraft werden. E. 24 S. 86. Daß daS Gebäude oder der Raum zur Zeit des Einsteigens unverschlossen gewesen, ist bedeutungslos. R. 5 S. 516. 60 a) Erbrechen und Einbruch unterscheiden sich nicht voneinander. Ein Erbrechen liegt auch vor, wenn daS Behältnis unbeschädigt geblieben ist. E. 44 S. 74. Erforderlich ist aber entweder eine Gestalweränderung oder die Auf­ hebung eines mehr oder weniger festen Zusammenhanges. GA. 53 S. 66. Das Merkmal deS Erbrechens toltb nicht dadurch beseitigt, daß daS Erbrechen die naturgemäße EröffnungSart ist. GA. 57 S. 203. Erbrechen liegt in dem gewalt­ samen Heben deS Deckels eines verschlossenen Korbes. GA. 42 S. 35: in dem gewaltsamen Beiseiteschieben eines die Türöffnung versperrenden Schranks. E. 60 S. 378; in dem Abreißen der Drahtplombe des MünzgaSmesserS. Recht 33 Nr. 151; in dem gewaltsamen Lösen von Verschlußschrauben einer Gasleitung. Recht 31 Nr. 1529; ja selbst in dem Auftrennen der Naht eines Kleidungsstücke-. GA. 41 S. 287. Diebstahl von Federn auS einem Deckbett fällt nicht unter diesen §. GA. 56 S. 228. E. 20 S. 165.

61) Behältnis ist ein verschließbarer Raum, der entweder als Teil eine s Gebäudes oder für sich allein eine zur Aufnahme und Verwahrung von Gegen­ ständen bestimmte Räumlichkeit (Sache) darstellt. E. 30 S. 207. Ein Bilder­ rahmen gehört also nicht hierher, Wohl aber ein zugebundener Sack, R. 1 S. 832; eine zugeknöpfte Gesäßtasche, DIZ. 18 S. 356, GA. 60 S. 277; eine Lohn­ tüte, DIZ. 19 S. 101; ein abgeschlossener Raum im Innern eines Gebäudes, R. 4 S. 193; ein Briefumschlag, RG. JurW. 1937 S. 2391; eine Wasser­ leitungsröhre, E. 30 S. 288. Ob das Behältnis ganz von dem Gebäude um­ schlossen wird, oder ob ein Teil aus dem Gebäude hervorragt (z. B. ein Gasrohr), ist unerheblich. R. 6 S. 587. Nach der bisherigen Rechtsprechung war erforder­ lich, daß das Behältnis in dem Innern eines Gebäudes oder umschlossenen Raumes erbrochen wurde. (E. 7 S. 419.) Hier ist indessen eine ausdehnende Auslegung, notfalls eine entsprechende Anwendung (§ 2) der Nr. 2 am Platze (h. M., vgl. Schäfer, JurW. 1937 S. 1800 mit Schrifttumsnachweisen, Kohlrausch, StGB. 33.Aufl. S. 37 und AG. Traunstein, JurW. 1937 S. 1801; a. M. Allfeld Ger.S. 107, 312 und LG. Ulm JurW. 1937 S. 1800). Ein vor dem Laden angebrachter, nicht eingemauerter Schaukasten befindet sich nicht innerhalb des Gebäudes. Recht 14 Nr. 615. (Siehe Anm.57.)

62) In allen Fällen dieses § gehört zum Tatbestands, daß der Einbruch, das Einsteigen rc. gerade zum Zwecke des beabsichtigten Diebstahls vorgenommen ist, nicht aber zu irgend einem anderen Zwecke. R. 3 S. 163; Plen.Erk. E. 14 S. 312. Doch braucht das Erbrechen von Behältnissen nicht lediglich zu DiebstahlSzwecken vorgenommen sein. E. 53 S. 262. Dem nach Vollendung des Erbrechens eintretenden Teilnehmer kann der Erschwerungsgrund nicht zu­ gerechnet werden. JurW. 53 S. 1436. 62 a) Die Entwendung von Gegenständen aus Automaten mittels Einwurfs von Metallplatten anstatt Geldmünzen ist kein schwerer Diebstahl. E. 34 S. 45, auch nicht der durch Zurückbiegen der Sperrfeder bewirkteDiebstahl. Recht 11 ) Schiffe, Hütten,^) Berg­

stehenden Haus kommt es nicht auf die wirtschaftliche Bestimmung der Teile, sondern darauf an, ob es nach Erscheinung und Einrichtung ein einheitl. Ganzes bildet. RG. JurW. 1936, S. 26 2 36. DaS Gebäude verliert die Eigenschaft nicht, auch wenn der einzige Bewohner es anzündet mit dem Willen, eS als Wohnung aufzugeben. E. 60 S. 136; wohl aber dann, wenn der einzige Be­ wohner gestorben ist. Recht 31 Nr. 203; oder wenn durch Abwesenheit die tatsächl Benutzung des Gebäudes zum Wohnen aufhört. DRZ. 25 Nr. 767. Auch ein teilweise durch Brand zerstörtes Gebäude ist noch ein Gebäude. JurW. 57 S. 2463. DRZ. 20 Nr. 729. Irrtum über den Begriff des Ge­ bäudes ist ein strafrechtlicher. RG. JurW. 1936 S. 262 20. 5) Z. B. Theater, Schiffe, Künstlerwagen, Büroräume, dagegen nicht Scheunen und Stalle. E. 69 S. 148. Eine Räumlichkeit ist der einzelne Raum, nicht das aus einer Mehrzahl von Räumen bestehende Gebäude. DIZ. 19 S. 883. Ob sich wirklich zu der Zeit Menschen in dem Raume befunden haben, darauf kommt es nicht an. E. 23 S. 102. 6) Der Tod muß durch den Brand verursacht sein, sonst kommt es aber nur auf den objektiven Erfolg an und ist es gleich, ob der Täter denselben beabsichtigt hat oder nur voraussehen konnte. E. 5 S. 202; oder ob der Tod durch Erstickung oder durch Herzschlag infolge eines Schreckens hcrbeigeführt ist. LK. Anm. 6. 6 a) Tateinheit mit Sachbeschädigung, wenn jemand ein fremdes Gebäude anzündet und dadurch darin befindliche andere Gegenstände zerstört. NG. in JurW. 1935 S. 2372. 6 b) Siehe Anm. 57 zu § 243. Ein Ziegelschuppen ist kein Gebäude. E. 32 S. 128, auch nicht ein Haus, das von dem ungemauerten Untergründe abgelöst und auf Rollen gesetzt ist. Dresden GA. 74 S. 33. 7) Zur Hütte svird gefordert, daß sie ein selbständiges, unbewegliches Ganzes bildet, eine nicht völlig geringfügige Bodenfläche bedeckt und zum Schutze gegen äußere Einwirkung in einer dem jeweiligen Zwecke genügenden Dauer­ haftigkeit und Festigkeit, sei es durch Wand oder Dach, oder sonst ausreichend abgeschlossen ist. E. 17S. 179; wodurch das beliebige Eindringen Unberechtigter unmöglich gemacht ist. Dresden DRZ. 21 Nr. 410. Keine Hütte ist eine

Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen § 308.

311

werke, Magazine,8* )* Warenvorräte,8) welche aus dazu bestimmten öffent­

lichen Plätzen lagern, Vorräte9) von landwirtschaftlichen Erzeugnissen8»)

oder von Bau- oder Brennmaterialien,8^) Früchte aus dem Felde,l0)

Waldungenll) oder Torsmoore in Brand setzt, wenn diese Gegenstände entweder

ftemdes

Eigentum

sirrt),12)13 *oder

zwar

dem Brandstifter

eigentümlich gehören,,2) jedoch ihrer Beschaffenheit und Lage nach ge­ eignet

sind,lS)

das Feuer

einer

der

im § 306 Nr. 1

bis 3 be-

Jahrmarktsschießbude, die aus leichtem, mit Zelttuch umspanntem Holzgerüst besteht. DRZ. 25 Nr. 266. 8) Unter Magazin sind die magazinierten Vorräte einschließlich der die­ selben sichernden Umschließung zu verstehen. E. 13 S. 407. 9) Vorräte sind größere Mengen von Gegenständen, die zum Zwecke künftiger Verwendung vereinigt sind. E. 51 S. 282. Gedacht ist nur an Vor­ räte von einem gewisien höheren Wert (nicht z. B. an Brennmaterial im Wert von 5—10 RM.) RG. JurW. 1937 S. 997. 9 a) Der Begriff I. E. umfaßt alle Rohprodukte des Grund u. BodenS, bei deren Gewinnung letzterer selbst der Substanz nach unverändert bleibt. Es gehört hierher Rohr. E. 27 S. 14; Kartoffelkraut. GA. 47 S. 165. Rüben GA. 40 S. 326; Baumwollenballen, aber nicht Holz u. Kohlen. E. 39 S. 22; euch nicht ein Düngerhaufen. R. 2 S. 82; oder forstwirtschaftliche Erzeugnisie wie ein Haufen aus Rinden, Ästen und Klötzen RG. JurW. 1937

S. 997. 9 b) Dazu gehört auch ein Kohlenmeiler. E. 62 S. 28. 10) Es ist nicht notwendig, daß die Früchte mit dem Boden verbunden sind oder daß sie als werwolleS fremdes Gut sich darstellen. GA. 49 S. 140. Auch ist das Vorhandensein eines wirtschaftlichen Nutzungswertes der Frucht kein Be­ griffsmerkmal. Die Bestimmungen des BGB. sind hier nicht maßgebend. Recht 9 S. 318. Hierher gehören die zu Kornmandeln zusammengebundenen Garben. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 417; Grasstoppeln. E. 38 S. 140; auch wild wachsendes Gras. JurW. 57 S. 2464 (aber nicht vollkommen verfaulte Grasrückstände. Recht 33 Nr. 399); selbst ein einzelstehender Zierstranch. JurW. 58 S. 780. 11) Unter Waldung ist nur eine umfangreichere, mit Holz bewachsene Grund­ fläche zu verstehen; aber diese Bestimmung bezieht sich nicht bloß auf die Bäume, sondern auch auf andere Bodenerzeugnisse. Eine Mehrzahl einzeln stehender Waldbäume genügt nicht. RG. in Deutsche Justiz 1934 S. 913. § 308 ist vollendet, wenn ein Stück der Hochstämme oder des Unterholzes vom Feuer derart ergriffen ist, daß es sich ohne Einwirkung neuen Zündstoffes fortzuentwickeln vermag. RG. in JurW. 1935 S. 532. 12) Hierüber entscheiden die Vorschriften des Zivilrechts. Das im Eigen­ tum des Ehemanns stehende Gebäude ist für die Eheftau im Sinne dieses § fremdes Eigentum. E. 11 S. 345. Der Tatbestand des § liegt auch vor, wenn die Gegenstände herrenlos sind. JurW. 59 S. 924. Die irrtümliche Annahme nicht vorhandener Einwilligung schließt den Vorsatz aus. GA. 73 S. 344. Der Anstifter oder der, der mit Wissen und Willen des Eigentümers dessen Sache, ohne das Vorhandensein der Merkmale der zweiten Alternative, in Brand setzt, bleibt straflos. E. 12 S. 138. HRR. 1929 Nr. 980. 13) Dabei wird zwischen einer näheren oder entfernteren Möglichkeit, das Feuer mitzuteilen, kein Unterschied gemacht. Siehe E. 11 S. 345. Berbreitungsgefahr besteht auch dann, wenn günstiger Wind vorhanden war, dieser

312

A 2. Strafgesetzbuch §§ 309—310 a.

zeichneten Räumlichkeiten oder einem der vorstehend bezeichneten ftemden

Gegenstände mitznteileu. Sind mildernde Umstände

vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe

nicht unter sechs Monaten ein.

Schöti.

§ 309.

Wer durch Fahrlässigkeit") einen Braud der tu den

§§ 306 und 308 bezeichneten Art herbeiführt, wird mit Gefängnis bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe und, wenn durch den Brand der

Tod eines Menschen verursacht worden ist,")

mit Gefängnis von

Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. § 310."*) Hat der Täter den Brand,") bevor derselbe entdecktn)

und ein weiterer als der durch die bloße Inbrandsetzung bewirkte Schade entstanden war, wieder gelöscht,") so wird er nicht wegen Brandstiftung fccftraft18 * **) * * * * * * * * * * * * 15 * *

$ 310a.18b) Wer Wald-, Heide- oder Moorflächen durch verbotenes aber den Brand tatsächlich nicht begünstigt hat. Recht 32 Nr. 195; selbst dann, wenn der Wind ungünstig war. JurW. 59 S. 924. JurW.63 S. 17 t. 14) Fahrlässigkeit liegt auch dann vor, wenn der Täter den Brand vorsätz­ lich herbeigeführt har, aber in fahrlässiger Unkenntnis darüber war, daß der Gegenstand geeignet war, den Brand weiter mitzuteilen. LK. Anm. 1. . 15) Die Straferhöhung ist nicht davon abhängig, daß der Täter den Tod verschuldet hat. DIZ. 8 S. 502. ES genügt nicht jeder ursächliche Zusammen­ hang mit der Jnbrandsetzungshandlung, sondern der Tod des Menschen muß in unmittelbarem Zusammenhänge mit dem Brande stehen. E. 40 S. 321. Der Tod eines Menschen muß dem Täter aber auch dann zugerechnet werden, wenn jener sich auS dem brennenden Gebäude gerettet hatte, aber dorthin zurückge­ kehrt war und darauf den Tod gefunden hat. E. 5 S. 202; anders im Fall des § 307 Nr. 1. LK. Anm. 3. — Durch diese Vorschrift ist die Bestrafung wegen fahrlässiger Tötung nicht ausgeschlossen. JurW. 34 S. 755. 15 a) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 28. Juni 1935 (RGBl. IS. 839). 16) Der § 310 bezieht sich auch auf die fahrlässige Brandstiftung und kommt auch zur Anwendung, wenn der Täter nicht allein, sondern mit Hilfe anderer den Brand gelöscht hat. GA. 23 S. 130. LK. Anm. 1 u. 2. E. 1 S. 375; jedoch nicht, wenn der Brand von selbst erloschen ist. DRZ. 19 Nr. 1075. 17) Der Brand ist entdeckt, wenn ein unbeteiligter Dritter ihn ohne Mit­ wirkung des Täters wahrgenommen hat. E. 19 S. 394; vgl. Recht 32 Nr. 2199. Die eigene Wahrnehmung des Täters kann niemals als Entdeckung im gesetzt. Sinne gelten. GA. 45 S. 424. Bei einem Versuche der Brandstiftung findet der § 310 keine Anwendung. E. 18 S. 355. 18) Hat der Täter die Feuerwehr herbeigerufen, so kann darin eine eigene Löschungstätigkeit gefunden werden. LZ. 25 S. 1334; auch darin, wenn er andere Personen zum Löschen veranlaßt hat. E. 19 S. 394. Nicht nur auf die Tätigkeit, sondern auch auf den Willen kommt es an. Recht 34 Nr. 2120. 18 a) Unberührt bleibt eine nach anderen Vorschriften verwirkte Straf­ barkeit, z. B. wegen Sachbeschädigung oder wegen Herbeiführung einer Brand­ gefahr (8 310 a). 18 b) Die Vorschrift ist eingefügt durch Ges. v. 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 839).

Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen §§ 311 u. 312.

313

Rauchen oder Anzünden von Feuer, durch ungenügende Beaufsichti­ gung angezündeten Feuers, durch Fortwerfen brennender oder glim­ mender Gegenstände oder in sonstiger Weise in Brandgefahr bringt,

wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.1®0) § 311. Die gänzliche oder teilweise Zerstörung einer Sache19) durch Gebrauch 20) von Pulver oder anderen explodierenden Stoffen*1)

ist der Inbrandsetzung der Sache gleich zu achten?») § 312. Wer mit gemeiner Gefahr 22) für Menschenleben vor­ sätzlich eine Überschwemmung 22) herbeiführt,21) wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren und, wenn durch die Überschwemmung der

Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft?1») 18c) § 310a erfordert eine konkrete Brandgefahr und läßt die — namentlich in den Forstgesetzen der Länder sich findenden — Strafvorschriften gegen die Herbeiführung einer abstrakten Brandgefahr unberührt. Soweit etz sich um die Herbeiführung einer Brandgefahr durch Rauchen oder Feuer­ anzünden handelt, setzt § 310a („. . . durch verbotenes Rauchen . ..") voraus, daß dieses bereits durch eine anderweite Vorschrift — durch Gesetz, wie in Preußen durch § 40 Nr. 1—4 FFPG., oder durch Polizeiverordnung — verboten ist. Nach den Grundsätzen über die Subsidiarität der Strafgesetze kommt aber das die abstratte Gefährdung bedrohende Gesetz nicht zur Anwen­ dung, wenn der Tutbestand der (mitteten Gefährdung verwirklicht ist (vgl. E. 59 S. 113). Ist ein Brand bereits entstanden, das geschützte Rechtsgut also ver­ letzt, so ist 8 310 a ebenfalls unanwendbar. Das verbotene Rauchen, Feueranzünden usw. muß vorsätzlich erfolgen, dagegen ist, soweit es sich um die Herbeiführung der Brandgefahr handelt, Fahrlässigkeit als ausreichend anzusehen, da andernfalls § 310 a in der Mehr­ zahl der Fälle seinen Zweck verfehlen würde. Ebenso Olshausen, Nachtrag Anm. 2 d. 19) Das Zerspringen der Fenster infolge einer Explosion erfüllt den Tat­ bestand nicht. E. 8 S. 33. 20) Gebrauchen ist gleich „Verwenden" oder „Umgehen" mit solchen Stoffen, keineswegs wird ein besonderer zweckentsprechender Gebrauch gefordert. E. 19 S.279. 21) Wasserdampf gehört nicht hierher. E. 22 S. 304. 22) Diese liegt vor, wenn der Täter die Ausdehnung seiner Gefährdung nicht in seiner Gewalt hat. E. 5 S. 309. ES genügt deshalb nicht, daß eine Mehrzahl von Personen gefährdet ist, sondern es muß eine nicht bestimmbare Anzahl von Personen oder Sachen gefährdet sein. R. 6 S. 557. 23) Der Begriff der Überschwemmung ist gegeben, wenn die Menge und

die Gewalt des aus seinen ihm durch Natur oder Kunst gezogenen Grenzen austretenden Waffers eine Gefahr für das von ihm überströmte Gebiet mit sich bringt. R. 7 S. 577. 24) Hierher gehört auch die Vergrößerung einer schon vorhandenen Über­ schwemmung. E. 5 S. 309. HRR. 1933 Nr. 174. 24 a) Nach § 1 Ziff. 3 des Ges. v. 4. April 33 (RGBl. I S. 162) ist auch die Todesstrafe angedroht.

Schw.

314

A 2. Strafgesetzbuch §§ 313—315.

Schw.

§ 313. Wer mit gemeiner Gefahr22) für ba8 Eigentum") vorsätzlich eine Überschwemmung herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft.

Schöff.

Ist jedoch die Absicht des Täters nur auf Schutz seines Eigen­ tums gerichtet gewesen, so ist auf Gefängnis nicht unter Einem Jahre zu erkennen. § 314. Wer eine Überschwemmung mit gemeiner Gefahr")24 b*) *für

Schöff.

Leben oder Eigentum durch Fahrlässigkeit herbeisührt,22) wird mit Gefängnis bis zu Einem Jahre und, wenn durch die Überschwemmung

Gr. Strfk.

der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Gefängnis von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. § 315.27) Wer die Sicherheit des Betriebs einer Eisenbahn22)* oder Schwebebahn, der Schiffahrt22) oder der Luftfahrt22) durch Beschädigen, Zerstören oder Beseitigen von Anlagen") oder Be­ förderungsmitteln, durch Bereiten von Hindernissen, durch falsche Zeichen oder Signale oder durch ähnliche Eingriffe30*) oder durch eine an Gefährlichkeit einem solchen Eingriff gleichkommende pflicht­ widrige Unterlassung beeinträchtigt und dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt,") wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. In 24 b) Gemeine Gefahr muß vom Vorsatz umfaßt sein. JurW. 57 S. 409. 25) Die gefährdeten Sachen brauchen, nicht verschiedenen Personen zu ge­ hören. LK. Anm. 2. A. M. R. 7 S...577. JurW. 40 S. 246. 26) Die Herbeiführung einer Überschwemmung ist auch dann strafbar, wenn ein Wasserberechtigter, der dieselbe mit gemeiner Gefahr für Leben und Eigentum herbeiführte, berechtigt war, das Wasser so hoch zu stauen, wie er getan (E. 5 S. 309) und außerstande ist, die Wirkung der von ihm entfesselten Naturkrafte zu bestimmen und zu begrenzen. JurW. 56 S. 2517. Künstliche Erweiterung eines Durchbruchs ist nur strafbar, wenn dadurch die bereits ent­ standene Überschwemmung über das durch die natürliche Wassergewalt gegebene Maß verstärkt wird. JurW. 62 S. 700. 27) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 28.Juni 1935(RGBl. IS. 839). 28) Die Abgrenzung zwischen Eisenbahn und Straßenbahn (Abs. 2) ist darin zu finden, daß die Eisenbahn regelmäßig auf besonderen, nur für fie be­ stimmten Wegen fährt, während die Straßenbahn meist Wege benutzt, die dem allgemeinen Verkehr dienen. Eine Hoch- und Untergrundbahn mit eigenem Bahnkörper ist daher eine Eisenbahn (amtl. Begr.). Pferdebahnen find keine Eisenbahnen, wohl aber solche Bahnen, welche nur industriellen Zwecken und Privatinteressen dienen, namentlich dann, wenn dieselben nicht bloß innerhalb der Grenzen einer bestimmten Anlage liegen. E. 13 S. 380. — Die §§ 315 u. 316 finden auch dann Anwendung, wenn die Bahn noch gar nicht dem öffent­ lichen Verkehr übergeben ist. E. 9 S. 233. 29) Ob die Beförderungsmittel den Zwecken des allgemeinen Verkehrs oder besonderen staatlichen, insbesondere militärischen Aufgaben dienen, ist ohne Bedeutung. 30) Z. B. durch Verstecken einer Signalfahne. 30 a) Z. B. durch Aufdrehen der Bremse an einzeln stehenden Eisenbahn­ güterwagen. 31) Der Vorsatz muß sich auf die Herbeiführung der Gemeingefahr er-

Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen §§ 316 u. 317.

315

besonders schweren Fällen ist auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder aus lebenslanges Zuchthaus oder aus Todesstrafe zu erkennen. Wer auf solche Weise die Sicherheit des Betriebs einer Straßenbahn beeinträchtigt und dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt, wird mit Gefängnis bestraft. Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Gemeingefahr bedeutet eine Gefahr32 * *) *für * * Leib oder Leben, sei es auch nur eines einzelnen Menschen,33)34 oder * * *für * 39 bedeutende 40 Sachwerte, die in fremdem Eigentum stehen oder deren Vernichtung gegen das Gemeinwohl verstößt.

316.27) Wer fahrlässig") eine der in § 315 Abs. 1 bezeichneten Taten begeht, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Wer fahrlässig eine der in § 315 Äbs. 2 bezeichneten Taten begeht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 317. Wer vorsätzlich3") und rechtswidrig den Betrieb einer zu öffentlichen Zwecken *°) dienenden Telegraphenaulage dadurch verftreden; bedingter Vorsatz genügt. E. 71 S. 43. Liegt keine Gefahr vor, so kann eine der im § bezeichneten Handlungen als grober Unfug bestraft werden. Recht 11 S. 196; auch kann Übertretung des tz 80 der Eisenbahnbau- und Be­ triebsordnung v. 17. Juli 28 (RGBl. II S. 541) mit Ergänzung v. 29. Juli 32 (RGBl. II S. 181) vorliegen. 32) Für die Verwirklichung der Gefahr muß nach vernünftiger Lebens­ erfahrung eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen. E. 61 S. 362; E. 68 S. 430. Maßgebend dafür, ob eine Gemeingefahr vorliegt, sind die Verhältnisse des be­ troffenen Unternehmens, mit diesem hat sich der Staatsanwalt daher stets in Verbindung zu setzen. Nr. 399a der „Richtlinien für das Strafverfahren" i. d. Fass, der AB. v. 7. August 1935, Deutsche Justiz S. 1124. Im Eisenbahn­ betrieb ist, wenn der Lokomotivführer beim Erkennen des Hindernisses oder der Beeinträchtigung pflichtgemäß sofort die Schnellbremsung einzuleiten hatte, stets eine Gemeingefahr anzunehmen. Nr. 398a der „Richtlinien". 33) D. h. eines an der Tat nicht beteiligten Menschen. E. 68 S. 434. 34) Die Fahrlässigkeit muß sich jetzt auch auf die Herbeiführung der Gemeingefahr erstrecken. Die Besonderheit des bisherigen § 316 Abs. 2, derzufolge bei dem dort bezeichneten Bahnpersonal eine fahrlässige Vernachlässigung seiner Pflichten genügte, Fahrlässigkeit durch Nichtvoraussicht der Gefahr aber nicht gefordert wurde (E. 53 S. 134), ist weggesallen. 39) Der Vorsatz muß sowohl die Beschädigung oder Änderung der An­ lage als auch die dadurch herbeigeführte Verhinderung der Gefährdung deS Betriebes umfassen. Dieser Vorsatz kann jedoch auch ein dolus eventualis sein. E. 22 S. 393. Eine technisch ordnungsmäßige, jedoch unbefugte Benutzung der Anlage (Inbetriebsetzung eines Feuermelders durch Zerschlagen der Scheibe) ist keine Beschädigung. E. 65 S. 133. 40) Die Anlage kann auch öffentlichen Zwecken dienen, wenn sie im Eigen­ tum einer Privatperson steht. E. 29 S. 244. Dies ist auch eine Telefunken­ anlage auf einem Passagierdampfer. DNZ. 17 Nr. 78. Auch die Beschädigung einer zum eigenen Gebrauch überlassenen Fernsprcchstelle, um den Anschluß völlig

Sonder­ gericht Schoss.

Schöff.

316

A 2. Strafgesetzbuch 6§ 318—321.

hindert oder gefährdet,") daß er Teile oder Zubehörungen derselben beschädigt oder Veränderungen ") bawn vornimmt, wird mit Gefängnis von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.

Schoss.

§ 318. Wer fahrlässigerweise durch eine der vorbezeichneten Hand­

lungen den Betrieb einer zu öffentlichen Zwecken dienenden") Tele-

graphenaulage verhindert oder gefährdet, wird mit Gefängnis bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

Gleiche Strafe trifft die zur Beauffrchtiguug und Bedienung der Telegraphenanlagen und ihrer Zubehörungen angestellten Personen,

wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten") den Betrieb verhindern oder gefährden.")

§ 318 a.

Die Vorschriften in den §§ 317 und 318 finden gleich­

mäßig Anwendung aus die Verhinderung oder Gefährdung deS Be­

triebes der zu öffentlichen Zwecken dienenden Rohrpostanlagen.

Unter Telegraphenanlagen im Sinne der §§ 317 und 318 sind Fernsprechanlagen mitbegriffen.

§§ 319 und 320

(gestrichen durch Ges.

v.

28. Juni 1935 —

RGBl. I S. 839 —).

Schoss.

§ 321.") Deiche, Dämme

Wer

vorsätzlich

Wasserleitungen,

oder andere Wasserbauten,

oder

Schleusen,

Wehre,

Brücken, Fähren,

SBcgc") oder Schutzwehre, oder dem Bergwerksbetriebe dienende Vor­ aufzuheben, ist strafbar. Recht 17 Nr. 140. GA. 60 S. 284. Desgl. die in den öffentl. Funkdienst gestellten Funkanlagen. Neugebauer, Funkmelde­ recht S. 357. 41) Z. B. durch Zerschneiden der Schnur, an der sich daS Hörrohr einer öffentlichen Fernsprechanlage befindet. Recht 11 S. 715. (Das Zerreißen einer Plombenschnur eines telegr. Feuermelders kann Vergehen gegen §§ 136 u. 304 sein. JurW. 61 S. 506.) Die Gefährdung wird durch zufällige Umstände, durch welche zwar die Gefahr selbst, aber nicht die Gefährlichkeit des durch die Pflichtvernachlässigung geschaffenen Zustandes beseitigt ist, nicht ausgeschloffen. E. 30 S. 178. Auf Störungen des Betriebes von Funkanlagen durch sog. Rückkopplung ist der § nicht anwendbar, wohl aber § 360 Nr. 11. Neuge­ bauer, Funkmelderecht S. 773. A. M. Reiche S. 89. 42) Veränderung liegt vor, wenn bewirkt wird, daß der bisherige Zustand des Teiles oder der Zubehörung einer Telegraphenstange beseitigt und durch einen davon abweichenden Zustand ersetzt wird. E. 37 S. 53. 43) Z. B. durch unvorsichtiges Anfahren einer Telegraphenftange. — Ob die Telegraphenanstalt während der Dauer der Beschädigung benutzt werden sollte, ist unerheblich. GA. 40 S. 336. 44) Über die Pflichten der Beamten siehe oben Anm. 38.

45) Keine Jdealkonkurrenz mit § 304. E. 34 S. 249. 46) In der Faffung des Ges. v. 28. Juni 1935, RGBl. I S. 839. 47) Unter einem Weg ist hier jeder tatsächlich bestehende Weg zu verstehen, ohne Rücksicht auf das Rechtsverhältnis, in welchem die betr. Wegstrecke steht. Recht 6 S. 245. Es ist kein Unterschied zwischen Privat- u. Notwegen zu machen. E. 20 S. 393. Auch ein Notweg gehört hierher. E. 27 S. 363.

317

Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen §§ 322—327.

richtungen zur Wasserhaltung, zur Wetterführung oder zum Ein- und Ausfahren der Arbeiter zerstört oder beschädigt,") und

dieser

Handlungen

Gefahr

für

vas

Leben

oder

durch

die

eine

Gesundheit

anderer herbeiführt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten

bestraft. Ist durch eine dieser Handlungen eine schwere Körperverletzung

Gr. Strfk.

verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren und,

wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe

Schw.

nicht unter fünf Jahren ein. §§ 322 und 323 (gestrichen durch Ges. v. 28. Juni 1935 —

RGBl. I S. 839 -). § 324.

Wer vorsätzlich Brunnen-oder Wasserbehälter, welche zum

Gr. Strfk.

Gebrauche anderer dienen, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen

Verkaufe

oder

Verbrauche

bestimmt sind,

vergiftet oder

denselben

Stoffe beimischt, von denen ihm bekannt ist, daß sie die menschliche Ge­

sundheit zu zerstören geeignet sind, ingleicheu wer solche vergiftete ") oder mit gefährlichen Stoffen ") vermischte Sachen wissentlich und mit

Verschweigung dieser Eigenschaft verkauft, feilhält oder sonst in Ver­ kehr bringt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn durch

die Handlung der Tod eine- Menschen verursacht worden ist,

mit

Zuchthaus nicht unter zehn Jahreu oder mit lebenslänglichem Zucht­

Schw.

haus bestraft."») § 325.

Neben der nach den Vorschriften der §§ 306 bis 308,

311 bis 313, 315, 821 bis 324 erkannten Zuchthausstrafe kann auf

Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. § 326.

Ist eine der in den §§ 321 bis 324 bezeichneten Hand­

Schöff.

lungen aus Fahrlässigkeit") begangen worden, so ist, wenn durch die

Handlung ein Schaden") verursacht worden ist, aus Gefängnis bis zu Einem Jahre und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden

ist, auf Gefängnis von Einem Monat bis zu drei Jahren zu erkennen

§ 327.

Wer die Absperrung-- oder AussichtsmahregelnM) oder

48) Durch Einrammen von Pfählen in einen Weg. Dresden JurW. 61 S. 1071. 52) Die die menschl. Gesundheit zu zerstören geeignet sind. Ohne Be­ deutung, ob der ungefährliche oder der gefährliche Stoff der vorherrschende ist. E. 67 S. 360. 53) Wenn der Täter die Eigenschaft eines gesundheitszerstörenden Stoffe­ aus Fahrlässigkeit nicht erkannt hat. GA. 59 S. 143. 54) Ein Schaden wird erfordert, der abgesehen von dem durch die Fahr­ lässigkeit verursachten Erfolge entstanden ist. GA. 51 S. 406. Es braucht kein Schaden an Leben oder Gesundheit eines Menschen zu sein. E. 8 S. 66. 55) Hierunter sind sanitätspolizeiliche Vorschriften gemeint, wie z. B. Absperrung eines HauseS, in dem sich Pockenkranke befunden haben. E. 9 S. 366. Auch Desinfektton und Vernichtung gehören hierher. GA. 51 S. 184.

Schütt'.

318

A 2. Strafgesetzbuch § 328.

Einfuhrverbote, welche von der zuständigen6S) Behörde zur Verhütung

des Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit angeordnel worden sind, wissentlich verletzt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ist infolge dieser Verletzung ein Mensch von der ansteckenden st7) Krankheit ergriffen worden, so tritt Gefängnisstrafe von drei Monaten

bis zu drei Jahren ein.

Schöff.

§ 328.68)

Wer88)

die Absperrungs- oder Aufsichtsmaßregeln

oder Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Behörde88) $ur Ver­ hütung deS EinführenS oder Verbreitens von Viehseuchen") angeDie Vorschriften des ReichSges. v. 30. Juni 00 und daS Ges. zur Bekämpfung der Papageienkrankheit v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 532) gehen dem § 327 vor. 56) Zuständig sind die Ottspolizeibehörden. § 12 Ges. v. 28. Aug. 05 (GS. S. 373) in der Fassung der Ges. v. 23. Juni 24 und v. 1. 9. 1934 (GS. S. 566, 382). 57) Ansteckend ist eine Krankheit, wenn sie auf Menschen übertragen werden kann. E. 21 S. 121. Daher fällt eine Verletzung von Vorschriften gegen den Milzbrand nicht unter diesen §. E. 24 S. 332. Die Nachprüfung, ob An­ steckungsgefahr vorhanden ist, steht dem Sttafrichter nicht zu. Recht 10 S. 66. 58) Der § gilt nur noch für die wissentlichen Zuwiderhandlungen gegen die Reichsgesetze v. 7. April 69 betr. Maßregeln gegen die Rinderpest (RGBl. S. 105), v. 21. Mai 78 bett. Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinder­ pest erlassenen Vieheinfuhrverbote (RGBl. S. 95) u. v. 25. Febr. 76 bett, die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei der Viehbeförderung (RGBl. S. 163). Im übrigen kommen zur Anwendung die §§ 74 ff. des Viehseuchengesetzes v. 26. Juni 09 (RGBl. S. 519), Ausführungsvorschriften hierzu v. 7. Dezbr. 11 (RGBl. 1912 S. 4), BO. v. 13. Novbr. 33 (RGBl. I S. 969), daS PrAG. v. 25. Juli 11 (GS. S. 149) u. das Ges. bett, die Beseitigung von Tier­ kadavern v. 17. Juni 11 (RGBl. 248) nebst den Ausführungsbestimmungen hierzu v. 29. März 12 (RGBl. S. 230). Die Ausführungsbestim. des Min. für Landwirtsch. u. d. Inn. v. 4. Mai 12 sind gemäß dem Ges. v. 9. August 24 als gehörig verkündet und demgemäß jetzt als gültig anzusehen. KG. JurW. 61 S. 352. Das Rinderpestgesetz v. 21. Mai. 78 ist durch die VO. v. 3. Febr. 21 (RGBl. S. 162) nicht aufgehoben. GA. 69 S. 184. Strafvorschrtften bei Nichtbefolgung der Anordnungen zur Wildseuchenbekämpfung s. §§ 32, 60 Abs. 2 Nr. 7 RJagdges. (lex specialis gegenüber § 328). 59) Die vor Inkrafttreten des Ges. v. 26. Juni 1909 erlassenen Maß­ regeln haben ihre fortdauernde Geltung behalten. E. 47 S. 110. 60) Für die auf Grund des Ges. v. 7. April 69 gegen die Rinderpest zu tteffenden Maßregeln, sind die Regierungen zuständig. R. 7 S. 96. Die An­ ordnung und die Durchführung der Bekämpfuügsmaßregeln gegen die Vieh­ seuchen liegt dem Landwtrtschaftsminister, den Regierungspräsidenten, den Land­ räten und den Ottspolizeibehörden ob (PrAG). 61) Als Viehseuchen führt daS Viehs.gesetz auf im 810: Milzbrand, Rausch­ brand, Wild- und Rinderseuche, Tollwut, Rotz, Maul- und Klauenseuche, Lungen­ seuche des Rindviehs, Pockenseuche der Schafe, Beschälseuche der Pferde und des Rindviehs, Räude der Einhufer und der Schafe, Schweineseuche, Rotlauf, Ge­ flügelcholera und Hühnerpest, äußerlich erkennbare Tuberkulose deS Rindviehs.

Gemeingefährliche verbrechen und vergehen §§ 329 u. 330.

319

ordnet worden sind,") wissentlich verletzt/') wird mit Gefängnis biS zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. Ist infolge dieser Verletzung Vieh von der Seuche ergriffen•*) worden, so tritt Gefängnisstrafe von Einem Monat bis zu zwei Jahren ein. 8 329 (gestrichen durch Ges. v. 24. April 34 — RGBl. I S. 341 —;

Schöff.

vgl. jetzt 8 92 a StGB.).

8 330.

Wer bei der Leitung") oder Ausführung eines Baues")

62) Die Anordnungen der Behörden, welche in Ausführung des Ges. zur Verhütung von Viehseuchen erlassen werden, sind keine Polizeiverordn. und nicht den Vorschriften Über diese unterworfen. E. 22 S. 190 u. GA. 39 S. 171. Vgl. auch 8 58 Pr. PolVerwGes. über die formellen Erfordernisie dieser Anordnungen. Übrigens gehören zu diesen Anordnungen auch solche, die durch Gesetze getroffen

sind und insbesondere 8 328 selbst. E. 27 S. 357, E. 31 S. 380 u. E. 35 S. 243. Ebenso Plen.Beschl. E. 37 S. 178. 63) Hierzu wird nur verlangt, daß der Täter die Anordnung kennt und daß er das Bewußtsein hat, daß dieselbe durch seine Handlung verletzt wird' die Absicht, sich einen Lermögensvorteil zu verschaffen oder andern einen Schaden zuzufügen, ist nicht erforderlich. E. 6 S. 159 u. E. 22 S. 296. GA. 43 S. 235. Eventualdolus genügt. DIZ. 9 S. 460. Die Maßregeln haben nicht die Bedeutung eures Strafgesetzes, deshalb ist die Berufung auf Nichtkenntnis u. irrige Auffaffung nicht ausgeschlossen. E. 36 S. 359.

64) Der Abs. 2 setzt nichts weiter voraus, als daß objektiv ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der in Abs. 1 charakterisierten Zuwiderhandlung und dem Ergriffenwerden von Vieh durch die Seuche vorliegt. GA. 48 S. 117.

65) Als Leiter eines Baues ist derjenige anzusehen, dessen Anordnungen die Ausführung des Bauwerkes als Ganzes zum Gegenstände haben und nicht bloß einzelne nebensächliche Arbeiten betreffen. GA. 38 S. 439. Es kann dies auch ein Bauführer ohne selbständige Stellung sein. Recht 10 S. 66. E. 57 S. 205. Unter Umständen der Bauherr selber. LZ. 19 S. 214. Auf den Rechtsgrund, aus welchen! jemand eine Bauleitung übernommen hat, kommt es nicht an, entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Leitung. GA. 45 S. 263. Aber Bauleiter kann begrifflich doch nur derjenige sein, der die mechanischen Kräfte für die mechanische Gestaltung des Banes als eines Ganzen durch geistige Urheberschaft unmittelbar in Bewegung setzt. GA. 46 S. 209. Daß dieser Bauleiter bestimmte Arbeiten, z. B. sämtliche Maurerarbeiten, tu Akkord ge­ geben, ändert seine Stellung nicht, er bleibt auch für die letzteren verantwortlich GA. 39 S. 323. Ane besondere Befugnis auf Seiten des Leitenden ist nicht erforderlich. Recht US. 715. Über den Umfang der Verpflichtung des Leiters, den Bau zu überwachen, stehe GA. 48 stellung des Baues erteilende Bauherr Anferttgung einer Zeichnung kann eine Baues noch nicht gefunden werden. GA.

S. 353. Der den Aufttag zur Her­ ist nicht Bauleiter. — In der bloßen Mitwirkung bei der Ausführung deS 50 S. 390. Vgl. Anm. 26 zu 8 367.

66) Bauen ist jede Tätigkeit, welche die Herstellung von Gebäuden oder von Straßen, Eisenbahnen usw. und auch die Reparatur und den Abbruch zum Gegenstand hat. E. 25 S. 90. Auch die für den Bau erforderlichen Neben­ arbeiten gehören hierher wie Errichtung eines Baugerüstes. R. 10 ) zuru Nachteile seiner Partei, so tritt Zuchthausstrafe biS zu fünf Jahren ein.

§ 357." dd) Ein Amtsvorgesetzter, welcher seine Untergebenen zu einer strafbaren Handlung im Amte vorsätzlich verleitet" °) oder zu ver­ leiten unternimmt, oder eine solche strafbare Handlung seiner UnterHat der RA. einer Partei gedient, so muß er gern. § 32 RAO. sich einer Tätigkeit zugunsten des Gegners mit entgegengesetztem Interesse selbst bann enthalten, wenn sich der Erstvertretene damit einverstanden erklärt. E. 71 S. 254. Gegen diesen Grundsatz verstößt ein RA. aber nicht, wenn er nach dem Scheitern des im Auftrag des Schuldners unternommenen Bergleichs­ versuchs die Forderung eines Gläubigers gegen den Schuldner einklagt, falls ihm der Schuldner lediglich eine ziffernmäßige Darstellung seiner Geschäfts­ lage gegeben hatte, ohne ihn über die den Forderungen zugrunde liegenden sachlichrechtlichen Verhältnisse zu unterrichten. E. 66 S. 103; wohl aber bann, wenn er für einen Dritten gegen eine bei der Zwangsvollstreckung vor­ genommene Pfändung die Widerspruchsklage gegen den von ihm früher ver­ tretenen Gläubiger erhebt JurW. 58 S. 1885, oder wenn er gegen eine Partei, die ihn vorher mit dem Ausgleich wechselseitiger Beleidigungen be­ auftragt hatie, nach Zurücknahme des Auftrags für die Gegenpartei Privat­ klage erhebt. E. 45 S. 305. Besteht zur Zeit der Auftragerteilung noch kein Interessengegensatz, so ist die Übernahme des Auftrags nicht schon deswegen pflichtwidrig, well die Möglichkeit der Entstehung eines Gegensatzes in Zu­ kunft nicht ganz ausgeschlossen ist. E. 71 S. 237. Ausnahmsweise ist aber gleichzeitige Vertretung mehrerer Parteien mit widerstreitenden Interessen recht!, denkbar, z. B. wenn sie in einem Rechtsstreit auf Grund gemeinsamen Interesses eine Rechtsfrage gegenüber einem Dritten austtagen wollen und sich der Anwalt unter BMgung seiner Auftraggeber die Stellungnahme in den zwischen ihnen selbst bestehenden Streittgkeiten vorbehält. E. 71 S. 234. Pflichtwidrigkeit ist ein außerstrafrechtl. Begriff. E. 62 S. 156 und E. 71 S. 254; sie muß also vom Vorsatz umfaßt fein. Zum Bewußtsein des Täters von der Pflichtwidrigkeit genügt grundsätzlich die Kenntnis der sie begründenden Tatumstände. E. 58 S. 247; E. 71 S. 237. Die Absicht, zum Nachtell einer Partei zu handeln, wird nicht verlangt. DStZ. 8 S. 307. Strafbefreiender Irrtum über die Pflichtwidrigkeit kann darin liegen daß der RA. irrig das Einverständnis mit der ersten Partei zu dem von ihm der zweiten Partei zu leistenden Dienst annimmt und ein solches Einverständnis für wirksam hält. E. 71 S. 254. Nach JurW. 1926 S. 1570 schließt der Glaube des Täters, daß seine spätere Tättgkeit keinen Bertrauensbruch gegenüber der zunächst beratenen Partei bedeute, ben Vorsatz aus. 44b) Ob die Gegenpartei im Falle des Abs. 2 wegen Tellnahme straf« bar ist, ist streitig (offengelassen von E. 71 S. 116). Im Falle des Abs. 1 ist die Gegenpartei nicht strafbar, wenn sie sich lediglich auf die Entgegennahme der Dienste beschränkt, selbst wenn sie dafür Gebühren zahlt. Dagegen ist sie wegen Anstiftung oder Beihllse strafbar, wenn sie durch Zahlung einer nicht den gesetzl. oder üblichen Grundsätzen entsprechenden Gebühr oder auf andere Weise über die Annahme der Dienste hinausgeht. E. 71 S. 116. 44bb) Die Annahme der Eigentäterschaft aus § 351 schließt § 357 aus. E. 67 S. 175. 44c) § 357 geht den allgemeinen Vorschriften über Auflistung (§ 48) vor. E. 68 S. 90.

Gr. strfk

350

A 2. Strafgesetzbuch tz§ 353 u. 359.

gebenen wissentlich geschehen läßt,44d) hat die aus diese strafbare Hand­ lung angedrohte Strafe verwirkt. Dieselbe Bestimmung findet auf einen Beamten Anwendung, welchem eine Aufsicht oder Kontrolle über die Amtsgeschäste eines anderen Beamten übertragen ist, sofern die von diesem letzteren Beamten begangene strafbare Handlung die zur Aufsicht oder Kontrolle ge­ hörenden Geschäfte betrifft. § 358. Neben der nach Vorschrift der §§ 331, 339—341, 352 bis 355 und 357 erkannten Gefängnisstrafe kann aus Verlust der Fähig­ keit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aus die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden.") § 359.

Unter

Beamten") im

Sinne dieses Strafgesetzes sind

44d) Der Borges, muß nicht nur gewußt haben, daß der Untergebene die Tat vorhatte, sondern er muß darüber hinaus Bewußtsein und Willen gehabt haben, daß diese Straftat mit seiner Hilfe begangen werde. Bloßes Bewußtsein der pflichtwidrigen Unterlassung genügt nicht. Ved. Vorsatz ist ausreichend. RG. HRR. 1937 Nr. 773. 45) Die Bestimmung findet auch Anwendung, wenn die Dauer der er­ kannten Gefängnisstrafe drei Monate nicht erreicht (§ 32). LK. Anm. 1. 46) Beamte i. S. des § 359 sind außer den Beamten im siaalsrechtlichen Sinne auch solche Personen, die ohne Begründung eines öffentlichrechtlichen DiensiverhältniffeS von einer nach Reichs- oder Landesrecht zuständigen staat­ lichen Stelle in allgemeiner Weise durch eine ausdrückliche oder stillschweigende öffentlichrechtliche Willensäußerung zu Dienstverrichtungen öffentlichrechtlicher Natur berufen sind, die aus der Staatsgewalt abzuleiten sind und staat­ lichen Zwecken dienen. E. 69 S. 231. Ob die Dienste mehr oder weniger untergeordnet sind, ist, ohne Bedeutung (sie dürfen jedoch nicht lediglich mecha­ nischer Art sein), ebenso die Form der Anstellung (ob ausdrücklich oder still­ schweigend, als Arbeiter oder Angestellter, ob dauernd oder einstweilig usw.). E. 51, 65 [68], RG. in JurW. 1935 S. 2433. Die Rechtsauffaffung der Behörde über das Vorliegen eines öffentl.-rechtl. Dienstgewaltverhältnisses ist nicht maßgebend. JurW. 1931 S. 3670. Unerheblich, ob der Täter vor der Anstellung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat. E. 50

S. 19. Es ist auch gleichgültig, ob der Beamte ein festes Gehalt bezieht oder nicht. R. 2 S. 108. Ein nicht wiedergewählter, aber weiter beschäftigter ehrenamtl. Beamter kann Beamter sein. E. 64 S. 262. Wer dienstlich in einem gewerblichen Betrieb verwendet wird, bleibt Beamter. E. 67 S. 299 und RG. in JurW. 1934 S. 2149. Für den Vorsatz ist nur erforderlich die Kenntnis der Tatsachen, aus denen die Beamteneigenschaft hervorgeht. RG. v. 11. 1. 37 — 5 D 892/96 —. Es genügt das Wissen des Täters, daß er sich in einer Dienststellung befindet, die ihm ein besonderes Verhalten zur Pflicht macht, und daß ihm aus dieser Pflicht heraus sein Verhalten verboten ist. E. 53 S. 131. E. 57 S. 366. Als Beamte sind angesehen: Die Angestellten eines Arbeitsamts, ohne Unterschied, ob sie in der Arbeitsvermittlung oder der Arbeitslosenversicherung beschäftigt sind. E. 70 S. 234; die vom Landrat bestätigten und beeideten Büro­ beamten eines Amtsvorstehers. E. 29 S. 430; der mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Amtsvormundes betraute Angestellte. (§32 JugWohlfGes.) JurW. 60 S. 3670; die staatl. bestätigten Chauffeeaufseher der Kommunalverbände.

Übertretungen § 359.

351

zu verstehen alle tm Dienste deS Reichs oder in unmittelbarem oder

mittelbarem Dienste eines Bundesstaats aus Lebenszeit, auf Zett oder

GA. 46 S. 43; Fleischbeschauer. Recht 23 Nr. 184; Geistliche, soweit sie berechtigt sind, amll. Zeugnisse zu erteilen. R. 5 S. 56 (aber nicht als Wahl­ vorsteher bei kirchlichen Wahlen, Recht 26 Nr. 687); Gemeinderechner. JurW. 62 S. 1595; Hausväter einer Armenanstalt oder Kreislazaretts. E. 24 S. 83, GA. 41 S. 400; Kreissparkassenbeamte. RG. in JurW. 1934 S. 2149; Hilfsgefangenaufseher, Recht 24 Nr. 3515 (auch Dienstanfänger in der Ge­ fangenenaufsicht. JurW. 53 S. 1606); Hundefänger, die mit Genehmigung der Staatsbehörde von Tierschutzvereinen angestellt sind. E. 30 S. 29; Landschaft­ liche Beamte. E. 55 S. 142; die Beamten (auch die mittleren unb unteren) der Reichsanstalt für Angestelltem ersicherung. RG. DStR. 1936 S. 367; Mitglieder städtischer Kommissionen für Licht- und Wasserwerke. JurW. 52 S. 1034; Angestellte und Arbeiter von städtischen Licht- und Wasserwerken und von städtischen Verkehrsunternehmen (Straßenbahnschaffner und Ableser eines Gaswerks). RG. JurW. 1935 S. 2433 und JurW. 1936, S. 1606"; Inhaber einer Posthilfsstelle. JurW. 60 S. 2814; PostauShelfer, dem der Bestelldienst überttagen ist. E. 51 S. 66 u. E. 52 S. 309 ober der den Briefkasten zu leeren hat. JurW. 58 S. 48; ferner die Markenverkäufer im Schalterdienst. HRR. 1929 Nr. 677. Neichsbahnbeomte. E. 60 S 2 u. 139. (Siehe hierzu Kraner TNZ. 22 S. 49); Reichsbahnangestellte. JurW. 59 S. 1972; Schiedsmänner. JurR. 2 Nr. 1791; Schleusenmeister. E. 14 S. 345; Schulkassenrendant. E. 4 S. 379; ösfentl. angestellte Volksschul­ lehrer. E. 25 S. 89; ein chüring. Studienreferendar. RG. JurW. 1936 S. 327 16; ein unbesoldeter Wohlfahrtspfleger, dem eine dauernd vorgesehene Stelle anverttaut ist. Recht 32 Nr. 1724; z. B. Kassierer. DRZ. 20 Nr. 825. Registrator bei einer Vorprüfungsstelle für Verdrängungsschäden. E. 62 S. 337. Leiter eines städt. Wohnungsamts. Recht 26 Nr. 510; Angestellter dieses Amts. E. 57 S. 366; ober der Gemeindesparkasse. JurW. 57 S. 1305. HNN 1933 Nr. 1388: auch der Kontoführer bei dieser. JurW. 57 S. 3252 ; bet Vorsitzende eines Viehwirtschaftsperbandes. RG. JurW. 1937 S. 2695; planmäßige Führer im Reichsarbeitsdienst. RG. DJust. 1936 S. 1497. Auch kirchliche Beamte sind Beamte i. S. des § 359, wenn sie die ihnen übertragenen Geschäfte unter staatlicher Aufsicht zu fuhren haben. Hierher ge­ hören insbes. die Mitglieder der evangelischen Landeskonsistorien. Recht 26 Nr. 336 sowie die mit der kirchlichen Vermögensverwaltung betrauten Be­ amten; als solche sind u. a. anerkannt Rendant und Kirchensteuererheber einer ev. Kirchengemeinde in Preußen. RG. JurW. 1934 S. 2070 Und DJust. 1036 S. 419; ferner ev. Kirchenrechner in Bayern. RG. JurW. 1935 S. 1248, seit der 3. DurchfBO. z. Ges. z. Sicherung der deutschen ev. Kirche v. 21. Novbr. 1935 (RGB . I S. 1350) — im Gegensatz zum früheren Recht. E. 68 S. 85 — auch die ev. Kirchenrechnungsbeamten in Sachsen. E. 71 S. 149; Kath. Pfarrer in Preußen, der als Vorsitzender des Kirchenvorstandes Kirchen­ vermögen verwaltet. NG. JurW. 1935 S. 3391; Rechnungsführer der kath. Kirchengemeinden in Preußen. RG. JurW. 1935 S. 3391, oder einer Gamisonkirchengemeinde. E. 62 S. 308. Dagegen sind keine Beamte die Geistlichen (Ausnahme s. oben), Kirchendiener, Küster, Organisten. E. 13 S. 432. Keine Beamten sind die Träger der Ämter der NSDAP., ihrer Gliede­ rungen und der angeschlossenen Verbände, da ihre Aufgaben nicht aus der Staatsgewalt herzuleiten sind. E. 69 S. 231 bett. SA-Führer; RG. in

352

A 2. Strafgesetzbuch § 360.

nur vorläufig angestellte Personen, Diensteid geleistet haben oder

ohne Unterschied, ob sie einen

nicht, ingleichen Notare, nicht aber

Advokaten und Anwälte.

29. Abschnitt. § 360.

ibtrtntangtn.47 * *)* * * * * * * * * * * * * * * * * * * *

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünszig Reichsmark oder

mit Haft wird bestraft:

DJust. 1935 S. 1418 Letr. Leiter einer Ortsgruppe des Reichsbundes der Deutschen Beamten. A. M. Huber DIZ. 1935 S. 1022; Reuß, JurW. 1935 S. 2314, Koellreutter, RBBl. 1935 S. 785 und Lingg, D. Recht 1936 S. 31. Dagegen sind sie den Beamten gemäß §2 gleichzustellen, soweit sie beamtenähnliche Aufgaben zu erfüllen haben. So hat E. 71S. 390 die ent­ sprechende Anwendung der §§331,332 auf einen Amtswalter derNSV. bejaht, dem die Entscheidung über Zuteilung und Bemessung von Gaben zustand, weil es sich hier um Befugnisse ähnlich denen der Beamten auf dem Gebiet des Armenrechts handele. Gegen die entspr. Anwendung der Amtsverbrechens­ vorschriften auf Amtswalter der angeschlossenen Verbände (s. Anm. 151 zu § 134b) KG. DStrR. 1937 S. 265, weil die Gleichstellung mit den Beamten nicht weiter gehen könne, als sie in dem Ges. v. 1. Dezbr. 36 (abgedr. unter CH 5) hinsichtlich der Vernehmung von Angehörigen der NSDAP, und ihrer Gliederungen vorgenommen worden ist. Die Führer in der Hillerjugend werden vom RG. als Beamte angesehen, weil die HI eine staatliche Erziehungseinrichtung sei (E. 68 S. 20; RG. RVerwBl. 1935 S. 804; vgl. jedoch E. 69 S. 238; s. jetzt auch Ges. über die HI v. 1. Dez. 1936, RGBl. I S. 993). Keine Beamte sind Vertragsärzte im Gefängnis. E. 33 S. 29; Angestellte und Geschäftsführer der Ortskrankenkassen, soweit sie nicht Vollziehungs­ beamte sind. E. 70 S. 236 und der Berufsgenossenschaften. RG. DStrR. 1937 S. 51. S. auch Anm. 88 Abs. 2 zu § 164. 47) Die Bestimmungen des Allgem. Teils des Strafgesetzbuchs beziehen sich auch auf die Übertretungen, soweit dies nicht durch die Natur der Sache

oder besondere Bestimmungen ausgeschlossen ist. Insbesondere ist zu bemerken: a. Auf die Einziehung darf hier nur in den besonders bezeichneten Fällen erkannt werden. Sie ist aber auch dann zulässig, wenn die Verfolgung einer be­ stimmten Person nicht ausführbar ist. Jobow 11 S. 291. A.M. KG., I o h o w 33 S. 0 36 u. LK. Vorbemerk. 4. b. Der Versuch einer Übertretung ist immer straflos. c. Die Anstiftung zu einer Übertretung ist, soweit die letztere vorsätzlich verübt ist, rechtlich denkbar und aus § 48 zu strafen. d. Beihilfe zu einer Übertretung ist, wie sich auS § 49 ergibt, straflos. e. Die Strafausschließungsgründe sind auch hier maßgebend. BayObLG. berücksichtigt hier StraftechtSirrtum. DRZ. 23 Nr. 212. f. Polizeiübertretungen fordern unterschiedslos Verschulden. Braunschweig, LZ. 17 S. 292. Düsseldorf DRZ. 24 Nr. 448. Die Frage, ob Vorsatz erforder­ lich ist oder Fahrlässigkeit genügt, kann nur nach der Natur der einzelnen Über­ tretung und nach dem Zweck entschieden werden, den der Gesetzgeber mit der Strafschrift erkennbar verfolgt hat. E. 48 S. 321. g. Die Begünstigung einer Übertretung ist straflos (§ 257). h. Der § 259 (Partiererei) kommt auch bei Übertretungen zur Anwendung.

Übertretungen § 360.

353

1.48)

2. wer außerhalb seines Gewerbebetriebes heimlich oder wider das Verbot48 * *a49 *) * der 50 * * *Behörde Vorräte von Waffen") oder Schießbedarf aussammelt;60) 3.48)

4. wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde Stempel,60*) Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld, oder von solchen Papieren, welche nach § 149 dem Papiergelde gleich geachtet werden, oder von Stempelpapier, Stempel­ marken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken, Post- oder Telegraphen­ wertzeichen, öffentlichen Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen können, anfertigt oder an einen anderen als die Behörde verabfolgt; 5. wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde den Abdruck der in Nr. 4 genannten Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder Formen, oder einen Druck von Formularen zu den daselbst bezeichneten öffent­ lichen Papieren, Beglaubigungen oder Bescheinigungen unternimmt, oder Abdrücke an einen anderen als die Behörde verabfolgt;^) 6. wer Wären-Empfehlungskarten, Ankündigungen oder andere Drucksachen oder Abbildungen, welche in der Form oder Verzierung i. Über die im Auslande verübten Übertretungen siehe § 6 des StGB^ k. Der Grundsatz des § 74 ist bei Übertretungen ausgeschlossen. l. Der Erlaß einer vollstreckbar gewordenen polizeilichen Strafverfügung schließt die Verfolgung wegen eines mit der Übertretung ideell konkurrierenden Vergehens oder Verbrechens nicht aus. Siehe § 66 PBG. (unter E 8) u. Amn. 51 zu § 264 StPO. m. Wegen der Strafen siehe §27StGB. — Zuständig ist der Einzelrichter. 48) Nr. 1 ist aufgehoben durch Ges. v. 3. Ium 14 (RGBl. S. 195), Nr. 3 durch Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). 48 a) Das Verbot der Behörde kann auch fahrlässig übertreten werden. LK. Amu. II zu Nr. 2. 49) Siehe das Gesetz über Schußwaffen und Munition unter B III 9. Unbefugter Besitz von Militärwaffen ist strafbar nach § 3 BO. Über die Zurückführung von Waffen u. Heeresgut v. 14. Dezbr. 18 (RGBl. S. 1425), die gültig ist. JurW. 60 S. 66. Nach der noch geltenden Bek. v. 27. Juni 1921 (RGBl.S. 776) sind alle Militärwaffen dem Reich für verfallen erklärt. S. noch Ges. über Ein- und Ausfuhr von Kriegsgerät v. 6. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1337). — Über die Verwertung eingezogener Waffen siehe § 56 der StrafvollstreckungsO. (I) 3).. 50) Hierunter ist gemeint die Bereinigung in einer Hand. Das Aussammeln kann auch durch eine einmalige Handlung erfolgen. GA. 54 S. 476. 50 a) Die Anfertig, von Stempeln ist nur strafbar, wenn diese zur Anfertigung von noch im Verkehr befindlichem Geld dienen können. KG. JurW. 58 S. 2367. 5t) Hierher gehört auch das Nachahmen des auf den Frachtbriefen befind­ lichen Stempels und der Verkauf der mit dem nachgemachten Stempel versehenen Formulare. GA. 26 S. 531. Unerheblich ist es, ob die Nachahmung auf Scherz­ artikeln erfolgt. Köln GA. 49 S. 152. '

Dalcke, Strafrecht. 30. Aust.

23

354

A 2. Strafgesetzbuch § 360.

dem Papiergelde oder den dem Papiergelde nach § 149 gleich geach­ teten Papieren ähnlich sind, anfertigt oder verbreitet,62) oder wer Stempel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von solchen Drucksachen oder Abbildungen dienen können, anfertigt; 7.12Ä) wer ohne ausdrückliche Ermächtigung der zuständigen Behörde das Wappen des Reichs oder eines Landes oder den Reichsadler oder den entsprechenden Teil eines Landeswappens"b) führt oder gebraucht oder wer unbefugt eine Dienstflagge des ReichsS2C) oder eines Landes gebraucht; den Wappen, Wappenteilen und Flaggen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich finb;62d)

8. B8)64) wer gegenüber einer zuständigen BehördeM) oder einem 52) Siehe Ges. v. 26. Mai 85, bett, den Schutz des zur Anfertigung von Reichskaffenscheinen dienenden Papiers (RGBl. S. 165) u. Ges. v. 2. Jan. 11, bett. d. Schutz des zur Anfertigung von Reichsbanknoten verwendeten Papiers (RGBl. S. 25). Auf daS Bewußtsein der Rechtswidrigkeit der Verbreitung der „Blüten" kommt es nicht an. KG. Recht 31 Nr. 2089. Eine Täuschungs- u. Verwechselungs­ gefahr braucht nicht vorzuliegen. KG. JurW. 61 S. 2740. A.M. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 199.

ER.

52 a) Vgl. hierzu § 27 des Warenzeichenges. v. 5. Mai 36 (RGBl. II (5*134) bett. Mißbrauch von staatl. Flaggen und Hoheitszeichen und von staatl. und gemeindl. Wappen als Warenzeichen und Ges. zum Schutze des Wappens der Schweizerischen Eidgenoffenschaft v. 27. März 35 (RGBl. I S. 501), wo­ nach das Wappen der Schweizerischen Eidgenoffenschaft (das aufrechte, gleich­ armige, geradlinige weiße Kreuz auf rotem Grunde) nicht zu einem gegen die kaufmännische Ehrbarkeit verstoßenden Zweck oder unter Bedingungen gebraucht werden darf, die geeignet sind, das schweizerische Nattonalgefühl zu verletzen. Strafe: Geldstrafe bis zu 150 RM. oder Haft. Ein weißes Kreuz auf grünem Grunde gilt nicht als Nachahmung. VO. v. 29. 12. 36 (RGBl. I S. 1155). 52 b) Reich und Länder führen jetzt das gleiche Hoheitszeichen; vgl. VO. v. 5. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1287) und vom 7. März 36 (RGBl. I S. 145). Der Gebrauch eines vormaligen Landeswappens mit der Krone ist nicht strafbar. Dresden JurW. 58 S. 3399. 52c) Vgl. Anm. 15s zu § 134a. 52 d) Fassung des Ges. v. 26. 5. 1933. Siehe dazu Ges. z. Schutz der nat. Symbole v. 15. 9. 1933, abgedr. unter B I 7. 53) Fassung gemäß Gesetz v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). Die Be­ strafung des unbefugten Tragens von Uniformen usw. ist jetzt geregelt in § 132 a. Eine entspr. Anw. (§ 2) der Vorschrift auf Angaben über Abstammung-, Logenu. Parteizugehörigkeit ist nicht möglich, die da nach dem Grundgedanken des § 360 Nr. 8 lediglich die Täuschung über die Identität der Person bestraft werden soll (a. M. Weimar D. Recht 1937 S. 27). 54) Das in dem früheren § 360 Nr. 8 geregelte Recht zum Tragen von Orden und Ehrenzeichen und zum Führen von Titel und Würden ist jetzt geregelt in 6 des Ges. über Titel, Orden u. Ehrenzeichen v. 1.7. 1937, abgedr. unter B III5. 55) z. B. durch Eintragung in ein Fremdenbuch, das der polizeilichen Kontrolle des Fremdenverkehrs dient. OLG. München. Recht 1937 Nr. 5731

Übertretungen § 360. zuständigen Beamten

355

") über seinen tarnen,56 * *) * seinen * * * * * *"Stand, ** seinen

Beruf, sein Gewerbe, seinen Wohnort, seine Wohnung oder seine Staats­

angehörigkeit eine unrichtige Angabe macht57)* oder 59 die Angabe verweigert; 9. wer gesetzlichen Bestimmungen^) zuwider ohne Genehmigung der

Staatsbehörde

Aussteuer-,

sicherungsanstalten 60)

oder

Sterbe-

andere

oder

dergleichen

Witwenkaffen,

Ver­

Gesellschaften

oder

Anstalten errichtet, welche bestimmt sind, gegen Zahlung eines Ein­

kaufsgeldes oder gegen Leistung von Geldbeiträgen beim Eintritte gewisser Bedingungen oder Fristen, Zahlungen an Kapital oder Rente zu leisten ; 55 a) Zuständiger Beamter ist derjenige, der ein hoheitliches Recht hat, nach dem Namen zu fragen, so daß die falsche Namensangabe als Eingriff tn staatliche Hoheitsrechte erscheint. E. 72 S. 30, z. B. ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle. RG. a. a. O. der Registerrichter, GA. 51 S. 376; ein Bahn­ wärter, R. 1 S.566; ein Standesbeamter, E. 22 S.60; ein Wahlvorsteher bei einer Reichstagswahl, E. 40 S. 201; auch Wachtoffiziere, GA. 37 S. 215, R. 10 S. 123. Vgl. ferner § 92 e StGB, und § 60 Nr. 12 des RJagdges. v. 3. Juli 34(lex specialis gegenüber § 360 Nr. 8). Dagegen nicht ein Telegraphenbeamter, R. 1 S. 793; ferner nicht ein Briefträger, E. 17 S. 224. A. M. LK. Anm. 13 S. 1145; auch nicht ein Sparkassenrendant. GA. 49 S. 138; Irrtum des A. über die Beamteneigenschaft begründet die Anwendung des § 59. R. 1 S. 567. 56) § 360 Nr. 8 gilt auch, wenn nur der Vorname unrichtig angegeben wird. KG. D. Straft. 1936 S. 236. Der Familienname und der Vorname kann, soweit nicht das BGB. ein anderes vorschreibt, nur mit obrigkeitlicher Genehmigung geändert werden. (Ges. v. 5. Jan. 38, RGBl. I S. 9, und 1. DurchfVO. v. 7. Jan. 38, S. 12). Die Ermächtigung eines anderen, sich seines Namens bei Stellung eines gerichtlichen Antrages zu bedienen, macht den Täter nicht straflos. Recht 18 Nr. 717. Die Führung deS durch Schein­ annahmevertrag erlangten Familiennamens ist strafbar. KG. Jobow 38 S. 6 61. BayObLG. JurR. 2 Nr. 203. Wer einen Doppelnamen hat, darf sich dessen nur in vollem Umfange bedienen. JurW. 1930 S. 924. Eine Änderung des Namens liegt auch dann vor, wenn die Schreibweise des Namens in der Weise abgeändert wird, daß die Aussprache des Namens keine Änderung erleidet. OVG. GA. 49 S. 285. Künstlern steht gewohnheitsrechtlich die Führung eines angenommenen Namens zu, doch ist das Recht zur Führung von Decknamen jetzt z. T. durch Anordnungen der Neichskulturkammer geregelt (z. B. Anordnung des Präs. d. ReichSmusikkammer v. 16. Oktbr. 35, Neichsanzeigkr Nr. 247). Die Unterlassung der unbefugten Namensführung kann polizeilich erzwungen werden. KG. DIZ. 36 S. 964. Unverheiratete weibl. Personen dürfen sich auch ohne besondere amtl. Genehmigung als „Frau" bezeichnen (RdErl. d. RuPrMdJ. v, 24. Mai 1937, DJust. S. 1070). 57) Absicht der Täuschung über Person und Namensrecht ist nicht erforder­ lich. BayObLG. 1934 Nr. 1643. 59) Die Vorschrift der Nr. 9 ist, soweit sie sich auf Versicherungsunter­ nehmungen im Sinne dieses Gesetzes bezieht, aufgehoben durch § 140 Abs. 3 des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmen vom 12. Mai 01 (RGBl. S. 139) in der Fassung v. 6. Juni 31 (RGBl. I S. 315). 60) Hierher gehören nur solche Versicherungsanstalten, welche bestimmt sind, gegen Zahlung eines Einkaufsgeldes oder gegen Leistung von Geldbeiträgen bei dem Eintritt gewisser Bedingungen oder Fristen Zahlungen an Kapital oder Rente zu leisten, GA. 37 S. 371. E. 35 S. 346 und über die Verjährung GA. 46 S. 53.

356

A 2. Strafgesetzbuch § 360.

10. (gestrichen durch Gesetz v. 28. Juni 35, RGBl. I S. 839.

Vgl. jetzt § 330 c); 11. wer ungebührlicherweise?') ruhestöreuden oder wer groben Unfug verübt;")

Sann6*)

erregt

61) Ruhestörender Lärm ist nur dann ungebührlicherweise verübt, wenn eine gerechtfertigte Veranlassung fehlt. Dresden, HöchstRR. 3 S. 204. Naum­ burg DRZ. 23 Nr. 866 (Sprechchöre); wenn es sich um eine das Publikum unnötig belästigende Überschreitung einer zustehenden Befugnis handelt. KG. JurW. 61 S. MO. 62) Hier ist vorausgesetzt, daß das Publikum schlechthin, also nicht ein individuell begrenzter Personenkreis belästigt und so der öffentliche Friede im all­ gemeinen beunruhigt wird. E. 19 S. 294. E. 53 S. 257. Bei der Frage, ob die Ruhe gestört wurde, ist von dem Empfinden der Durchschnittsmenschen und nicht einzelner übererregbarer Personen auszugehen. BayObLG. JurW. 56 S. 601. Nicht erforderlich ist daß wirklich eine Ruhestörung eingetreten ist, vielmehr genügt, daß die Handlung zur Störung der öffentlichen Ordnung ge­ eignet gewesen und also das Publikum nur gefährdet, nicht wirklich belästigt worden ist. Rostock GA. 41 S. 58. A.M. LK. Anm.3 S. 1149. Aus der Recht­ sprechung : Ruhesrörender Lärm kann auch durch den Betrieb eines Gewerbes erregt werden, insbesondere dann, wenn derselbe untersagt ist. GA. 37 S. 215, oder wenn während der Nacht gearbeitet wird. Hamburg GA. 39 S. 175 (aber nicht, wenn det Lärm mit einem erlaubten Gewerbe notwendig ver­ bunden ist Celle HRR. 1929 Nr. 356); auch durch von der Polizei gestattete Tanzmusik. KG. Johow 3 S. 372; Spielen von Tonfilmen im Kino. Bay­ ObLG. DRZ. 25 Nr. 696; ferner durch fortgesetztes Dulden des Bellens eines Hundes. KG. Recht 17 Nr. 473; selbst eines Wachhundes. Dresden JurW. 60 S. 1628; ebenso durch Dulden von lautem Klavierspiel, Gesang rc. seitens eines Wirts. Breslau GA. 56 S. 243. KG. JurR. 2 Nr. 529, GA. 70 S. 224; oder durch Dulden von Lärm seitens eines Vereinsvors. Hamburg GA. 73©. 71; oder durch nächtlichen Gebrauch eines RundfunklautsprecherS. KG. in JurW. 1935 S. 1948. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 49; auch eines Reklamelaut­ sprechers auf der Straße. Dresden GA. 74 S. 245 u. DRZ. 23 Nr. 282; durch Auf- u. Abfahren mit einem knatternden Motorrad auf kurzer Sttecke. KG. DIZ. 35 S. 706. Nicht ist aber jedes Singen zur Nachtzeit auf öffentlicher Straße ruhest. Lärm. JurW. 53 S. 264. Überhaupt ist es unerheblich, ob der Lärm am Tage oder zur Nachtzeit erregt wird. KG. Recht 32 Nr. 450; oder ob öffentlich oder innerhalb einer geschlossenen Wohnung. BayObLG. JurW. 57 S. 2562. Zum inneren Tatbestand genügt das Bewußtsein, daß die von dem Täter gewollte Handlung notwendig oder doch möglicherweise einen ruhestörenden Erfolg haben werde. GA. 43 S. 119. E. 16. S. 98. Dresden LZ. 25 S. 1348. Die Vorschrift Ziffer 11 betrifft nur den ungebührlicherweise erregten, den Bestand der öffentlichen Ordnung gefährdenden Lärm. Daneben ist noch Raum für PVO. KG. Johow 47 S. 374. GA. 71 S. 380. KG. JFGErg. 6 S. 252 (früher a. M. KG. Johow 20 S. 652). 63) Grober Unfug ist jede unmittelbare Gefährdung, Beunruhigung oder Belästigung des Publikums als solche, die eine Verletzung oder Ge­ fährdung des äußeren Bestands der öffentlichen Ordnung enthält. E. 31 S. 193; 32 S. 100; 53 S. 257; OLG. Köln D. Just. 1936 S. 377. Auch Angriffe gegen einzelne Personen können als grober Unfug ungesehen werden, wenn andere Personen durch die Angriffe beunruhigt werden.

Übertretungen § 360.

12.

wer

als

Pfandleiher")

oder

357

Rückkausshändler bei Aus­

übung feines Gewerbes den darüber erlassenen Anordnungen zuwider-

E. 34 S. 364. E. 53 S. 139. Zum Tatbestände genügt bei einem an sich vorsätzlichen Handeln, daß der Täter bei der nötigen Überlegung zu der Überzeugung hätte kommen müssen, daß seine Handlung diesen Erfolg haben

würde. R. 9 S. 323. BayObLG. JurW. 59 S. 2577; z. B. bei öffentlicher Aufforderung zum Kirchenaustritt. BayObLG. GA. 71 S. 49 (nach KG. GA. 72 S. 35 u. JurW. 59 S. 1232 ist grober Unfug kein Fahrlässigkeitsdelitt). Gr. U. kann auch durch seelische Einwirkung auf das Publikum begangen werden. E. 32 S. 100. Dresden LZ. 22 S. 1115; durch öffentl. Anbringung eines religionsfeindl. Werbeplakats. BayObLG. JurW. 60 S. 662; auch wenn der Sinn der Inschrift erst durch Nachdenken ersaßt werden kann. BayObLG. JurW. 60 S. 1498; durch häufiges Beschmieren von Straßen, Gebäuden und Bäumen mit Inschriften und Zeichen. Darmstadt HRR. 1933 Nr. 261; durch Warnung vor Stoppstellen. Stuttgart HRR. 1930 Nr. 941. A. M. Breslau DRZ. 23 Nr. 699. Ruhestörung kann auch durch Zwischenrufe in einer Versamml. begangen werden, wenn sie geeignet ist, über den Kreis der Versammelten hinauszudringen. Jena JurW. 1931 S. 231. Grober Unfug ist gefunden worden in schwindelhaften Reklamen. GA. 37 S. 216; (aber nicht in der Verteilung von Reklamezetteln in Telegrammform. Naumburg DRZ. 22 Nr. 745); in der Störung einer Theaterauffüyrung. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 687; in dem Anschlägen von Zetteln mit schweren Beleidigungen BayObLG. DRZ. 19 Nr. 737; in der Ankündigung des Wahr­ sagens. Frankfurt a. M. DStZ. 2 S. 370; in einem unanständigen Verhalten auf offener Sttaße (Entblößen der Geschlechtsteile). E. 7 S. 168; in der Ver­ letzung vaterländ. Empfindungen. BayObLG. LZ. 18©. 130 (vgl. aber Anm. 5 2d zu 8 360); in dem Nichteinhalten einer allgemein angeordneten Trauerminute. OLG. Dresden In D. Just. 1935 S. 413, in dem ostentativen Zuhalten der Ohren bei der Übertragung einer Rede deS Führers und Reichskanzlers durch Laut­ sprecher. KG. DJust. 1935 S. 117, in der Erwiderung des Deutschen Grußes mit „Heil London". OLG. Köln DJust. 1937 S. 286, in einer Nauserei aus der Sttaße. Düsseldorf, DRZ. 1935 3fc. 678; in der unwahren Mitteilung über einen Fall von Scheintod. E. 25 S. 404; in der Vorführung eines spirlttstischen Mediums. Dresden GA. 45 S. 140; in der Störung des Betriebes einer Funk­ anlage durch sog. Rückkopplung. Schenkel, Funkstrafrecht S. 70. A. M. jetzt Neugebauer, Funkmelderecht S. 773. Grober Unfug kann auch in dem mut­ willigen Anruf einer Sanitätswache liegen. BayObLG. DRZ. 23 Nr. 209; sowie darin, daß ein Polizeibeamter nachts grundlos der Wache entzogen wird. Dresden JurW. 56 S. 928. A. M. KG. JurW. 59 S. 1232; ferner in der Drehung eines Wegweisers Königsberg JurW. 60 S. 1990; in der Ver­ sendung der sog. Kettendriefe. OLG. Kiel in Deutsche Justiz 1935 S. 1386; a. M. Hamburg DIZ. 35 S. 1208 u. Dresden JurW. 1930 S. 3441. Daß grober Unfug auch durch die P r e s s e verübt werden kann, wird von der Rechtsprechung allgemein anerkannt. E. 31 S. 193. BayObLG. DIZ. 32 S. 470; ja selbst eine fahrlässige Verübung desselben mittels der Presse ist für rechtlich denkbar erachtet. KG. GA. 37 S. 68. Eine Verletzung oder Gefährdung des äußeren Bestandes der öffentlichen Ordnung muß auch hier festgestellt werden. E. 36 S. 213. Die Veröffentlichung muß gegen die allgemeine Verkehrssitte verstoßen. LK. Anm. 17. Sie kann auch dadurch er­ folgen, daß ein gegen Sitte u. Anstand verstoßendes Presseerzeugnis an öffentl. Sttaße angebracht wird. Dresden LZ. 22 S. 1000. 64) Das Pfandleihgewerbe besteht begrifflich ausschließlich in dem Verleihen

358

A 2. Strafgesetzbuch § 361.

handelt,

insbesondere den durch Landesgesetz

oder

Anordnung

der

zuständigen Behörde bestimmten Zinsfuß überschreitet; °°)

13.96) 14.°')

In den Fällen der Nummern 2, 4, 5, 6 kann neben der Geld­

strafe

oder

der

Hast

auf

Einziehung

der

Vorräte

von

Waffen

oder Schießbedars, der Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder anderen Formen, der Abdrücke oder Abbildungen erkannt werden, ohne Unter­

schied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht.

§ 361.

Mit Haft wixd bestraft:

1. wer, nachdem er unter Polizeiaufsicht gestellt worden ist, den

infolge derselben ihm auserlegten Beschränkungen zuwiderhandelt;

2. (Gestrichen durch Ges. über Reichsverweisungen v. 23. März 84 und ersetzt durch dessen § 5.) 3. wer als Landstreicher umherzieht 4. *), * wer bettelt 70) oder Kinder zum Betteln anleitet oder aus-

von Geld auf Pfänder; der Verkauf von Waren und Kreditieren des Kauf­ preises unter Pfandbestellung für letzteren gehört nicht hierher. R. 7 S. 257. 65) S. für Preußen Ges. v. 17. März 81, GS. S. 265 t. d. F v. 7. Juli 1920, S. 387, v. 23. Novbr. 1920, S. 534 u. v. 28. Septbr. 1936, S. 149 u. VO. v. 30. Septbr. 1936, GS. S. 150. 66) Nr. 13 ist aufgehoben durch b. Tierschutzges. v. 24. Novbr. 33 67) Nr. 14 ist durch das Gesetz gegen das Glücksspiel vom 23. Dezember 1919 aufgehoben. 69) Es Wird ein mittel-, zweck- und erwerbsloses Umherziehen verlangt. GA. 25 S. 595; sowie wechselndes Nachtquartier GA. 52 S. 266. Wesent­ lich ist das Fehlen der zum Unterhalt erforderlichen Mittel. Recht 17 Nr. 294. Eine Weibsperson, die einen Verdienst durch Hurerei sucht, zieht als Land­ streicherin umher. E. 30 S. 438. A. M. LK. Anm. 2. •) Vgl. dazu Nr. 390 der „Richtlinien für daS Strafverfahren". 70) Der Täter muß auf Grund wirklicher oder vorgespiegeiter Bedürftig­ keit eine fremde Person um eine Gabe zum Lebensunterhalt ansprechen. Celle GA. 37 S. 70. Darum ist eine Saminlung zugunsten notleidender Arbeiter nicht Betteln. Hamburg GA. 39 S. 181. Das Betteln kann auch schriftlich betrieben werden, Hamburg GA. 38 S. 76, und es kann selbst darin gefunden werden, daß Kinder ausgeschickt werden, um kleinere Gegenstände zu verkaufen, wenn dadurch zugleich die Mildtätigkeit des Publikums angeregt werden soll. Dresden GA. 37 S. 307. Es kann auch mittels Gesangsvorttägen geschehen. KG. DIZ. 9 S. 997. Dresden DRZ. 21 Nr. 89. Düsseldorf DRZ. 25 Nr. 559. Zum Betteln genügt das Erbitten von Almosen, das Geben und Nehmen ist nicht notwendig. E. 6 S. 218. Sog. Klosterbettel (Inanspruch­ nahme der Klostersuppe) fällt nicht unter tz 361 Nr. 4. BayObLG. in JurW. 1935 S. 2077. Über Betteln unter Vorzeigung gefälschter Legitimationspapiere siehe Anm. 83 zu § 363. Betteln gehört nicht zum Tatbestände des Landstreichens. Erwirbt der Landstreicher seinen Ünterhalt durch nicht als Bettel strafbare Hand­ lungen, so können einzelne Ausnahmefälle von Vettel neben der Landstreicherei strafbar sein. LK. Anm. 10. A.M. Kassel GA. 52 S. 266. Wenn die das Betteln

Übertretungen § 361.

359

schickt, oder Personen, welche seiner Gewalt 7o») und Aussicht untergeben sind und zu seiner Hausgenossenschast gehören, vom Betteln abzu­ halten unterläßt;71 * *) * * * * 5. wer sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestalt hin­ gibt, daß er in einen Zustand gerät, in welchem zu seinem Unter­ halte oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er ver­ pflichtet ist, durch Vermittelung der Behörde fremde Hilfe in Anspruch genommen werden muß;72) 6.73) toei73a) öffentlich73 d in auffälliger Weise oder in einer Weise, die geeignet ist,73°) einzelne oder die Allgemeinheit zu belästigen, zur Unzucht74) aussordert74a) oder sich dazu mibietet74M);

begleitende Drohung als eine Im Sinne des § 253 anzusehen ist, ist letzter § an­ wendbar. E. 32 S. 46. 70 a) Hierunter ist ein solches Rechtsverhältnis zu verstehen, kraft bessert jemand von einer andern Person in gewissem Grade Gehorsam zu fordern be­ rechtigt ist. Celle GA. 49 S. 335. Ein rein tatsächliches Gewaltverhältnis reicht nicht aus. KG. DIZ. 35 S. 839. 71) Beide Eltern können sich gleichzeitig strafbar machen. GA. 42 S. 274. 72) Es muß festgestellt werden, daß die Unfähigkeit zur Unterhaltung der Angehörigen durch Spiel, Trunk re. hcrbeigesührt ist. R. 1 S. 366. Unter­ bringung in eine Anstalt oder sonstige Arbeitseinrichtung seitens der Verwaltungs­ behörde nach § 20 d. VO. v. 13. Febr. 24 (RGBl. I S. 100). 73) Vgl. dazu Nr. 393 der „Richtlinien für das Strafverfahren". 73a) Kein Unterschied zwischen Mann und Frau. A. M. Hellwig, Ges. z. Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten S. 329. 73 b) Es genügt, wenn eine einzelne Person kraft ihrer Zugehörigkeit zur Allgemeinheit und ihrer Teilnahme am öffentlichen Verkehr behelligt wird. BayObLG. JurW. 57 S. 2996. A. M. Karlsruhe DRZ. 22 Nr. 271, das Wahrnehmbarkeit durch einen größeren Personenkreis fordert u. Lehmann, LZ. 22 S. 1305. Nach OLG. Breslau in Teutsche Justiz 1935 S. 685 genügt die Möglichkeit, daß irgendwelche Personen daS Treiben der Dirne beob­ achten. 73 c) Es ist unerheblich, ob jemand an der Handlung Anstoß genommen und ob sie tatsächlich anstößig gewirkt hat. Hamburg JurW. 57 S. 426. Ärgerniserreguug ist ebensowenig erforderlich. BayObLG. GA. 74 S. 142. Es kommt auch nicht auf den Charakter der Straße an. Hamm JurW. 59 S. 284. 74) Der Begriff der Unzucht beschränkt sich nicht auf Veischlafvollziehung, er umfaßt alle den Anforderungen von Zucht und Sitte zuwiderlaufenden, die Erregung oder Befriedigung menschlicher Geschlechtslust bezweckender Hand­ lungen im Verkehr mehrerer Pelsonen untereinander. E. 37 S. 303.; auch gleichgeschlechtlicher. Dresden LZ. 25 S. 723. Ob die Unzucht zum Zwecke des Erwerbes, gewohnheitsmäßig ober nur gelegentlich getrieben wird, ist gleichgültig. Schloßmann, DIZ. 32 S. 711 (715); desgl. ob sie gewerbs­ mäßig betrieben wird. KG. DIZ. 35 S. 904. 74 a) Daß die Aufs, tatsächlich zur Kenntnis des Aufgeforderten gelangt ist oder irgendwelchen Erfolg gehabt hat, ist nicht erforderlich. -Dresden LZ. 25 S. 723. Auch muh im einzelnen geprüft werden, ob die A. sich der einzelnen Tatbestandsmerkmale bewußt gewesen ist. Hamburg JurW. 57 S. 2285.

360

A 2. Strafgesetzbuch § 361.

6 a. wer gewohnheitsmäßig74 * b*) *äum * * *Erwerbe * * * * *Unzucht * * * *treibt * * * *und ***** diesem Erwerbe in der Nähe von Kirchen74 °) oder in einer Wohnung74'') nachgeht, in der Kinder oder jugendliche Personen zwischen drei und achtzehn Jahren wohnen; 6 b. wer gewohnheitsmäßig74 b) zum Erwerbe Unzucht treibt und diesem Erwerbe in der Nähe von Schulen 74 e) oder anderen zum Be­ such durch Kinder oder Jugendliche bestimmten Örtlichkeiten74^) oder in einem Hause, in dem Kinder oder jugendliche Personen zwischen drei und achtzehn Jahren wohnen, in einer diese Minderjährigen sitt­ lich gefährdenden Weise nachgeht;74«) 6 c. wer gewohnheitsmäßig74») zum Erwerbe Unzucht treibt und diesem Erwerbe in einer Gemeinde mit weniger als zwanzig­ tausend Einwohnern nachgeht, in der die Ausübung der Unzucht zum Erwerbe durch eine zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen An­ standes erlassene Anordnung der obersten Landesbehörde verboten ist. 7. wer, wenn er aus öffentlichen Armenmitteln eine Unter74 aa) Es genügt bereits das Aufstellen oder das Auf- und Abgehen von Dirnen auf öffentlichen Straßen und Plätzen zum Zwecke der Anlockung von Männern zur Unzucht. Dresden in JurW. 1934 S. 501 und Breslau in Deutsche Justiz 1935 S. 685 (etwas enger KG. D. Straft. 1936 S. 237 : der gewöhnliche Straßenstrich der Dirne erfüllt den Tatbestand nicht, wenn nur ein Aufmerksamer das Gebaren der Dirne überhaupt gewahr werde). 74 b) Nur für die Unzuchtsausübung, nicht für die durch den Ort der Unzuchlsausübung charakterisierte besondere Begehungsart wird Gewohnheits­ mäßigkeit erfordert. Das Verbot besteht schlechthin ohne Einschränkung nach Zeit und Umständen. BayObLG. LZ. 22 S. 501. DRZ. 20 Nr. 237. A. M. OLG. Dresden, JurW. 1928 S. 3007, wonach Gewohnheitsmäßigkeit für den ganzen Tatbestand erforderlich ist. Gewohnheitsmäßigkeit setzt einen durch wiederholte Begehung entwickelten Hang voraus; eine einmalige, wenn auch in Wiederholung? absicht zum Erwerb ausgeübte Unzuchtshandlung genügt nicht; a. M. OLG. Hamburg, JurW. 1928 S. 2285. 74 c) Die Nähe der Kirche reicht soweit, als der Unzuchtsbetrieb mit Rück­ sicht auf die Kirche geeignet ist, von der religiös empfindenden Bevölkerung als eine Verletzung der Ehrwürdigkeit des Orts empfunden zu werden. Fahrlässig­ keit genügt. BayObLG. JurW. 58 S. 3393. Stuttgart HNN. 1930 Nr. 1893. 74 d) Wohnung ist der Inbegriff derj. Räumlichkeiten, die einer Einzel­ person oder einer zusammengehörenden Mehrheit von Personen, einer Familie zum ständigen Aufenthalt dienen oder zur Benutzung freistehen. Gemeint ist die eigene Wohnung der Dirne. HNR. 1928 Nr. 1539. BayObLG. GA. 73 S. 37. 74 c) Zwischen der Schule u. dem Ort, wo der Unzucht nachgegangen wird, genügt eine räumt Beziehung. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 837. Das Verbot der gewerbsmäßigen Unzucht beschränkt sich nicht auf diejenigen Zeitabschnitte, in denen grade Schulbetrieb herrscht. KG. DIZ. 33 S. 1481. Naumburg HRR. 1930 Nr. 1417. 74 f) Der Besuch der Kinder muß der Örtlichkeit ihre Eigenart verleihen

Hamburg HRR. 1932 Nr. 491. 74 g) Fahrlässigkeit genügt. Düsseldorf DRZ. 24 Nr. 448.

Übertretungen § 361.

361

stützrmg empfängt, sich aus Arbeitsscheu weigert, die ihm von der Be­

hörde angewiesene, seinen Kräften angemessene Arbeit zu verrichten;7B)

8. wer nach Verlust seines bisherigen Unterkommens78) binnen der ihm von der zuständigen Behörde bestimmten grift77) sich kein

anderweitiges Unterkommen verschafft hat und auch nicht nachweisen kann, daß er solches der von ihm angewandten Bemühungen unge­

achtet nicht vermocht habe; 9. wer Kinder oder andere unter seiner Gewalt stehende Personen,

welche seiner Aufsicht untergeben sind und zu seiner Hausgenossen­ schaft gehören,

von der Begehung von Diebstählen, sowie von der

Begehung strafbarer Verletzungen der Zoll- oder Steuergesetze, oder

der Gesetze zum Schutze der Forsten, der Feldftüchte, der Jagd oder

der Fischerei abzuhalten unterläßt.77»)

Die Vorschriften dieser Gesetze

über die Haftbarkeit für die den Täter treffenden Geldstrafen oder

anderen Geldleistungen werden hierdurch nicht berührt;

10.78) wer, obschon er in der Lage78 a) ist, diejenigen, zu deren Er-

75) z. B. Nachtwächterdienste zu leisten. GA. 39 S. 182. 76) Unterkommen bedeutet nach Ols hausen Anm. b nur Obdach, nach Rostock GA. 42 S. 274 auch die zum Unterhalt erforderlichen Mittel. Es ist nicht erforderlich, daß das Unterkommen auf ehrliche Weise erworben ist. E. 36 S. 59. Die bloße Anmeldung bei einer Herberge, ohne daß eine bestimmte Zu­ sage erteilt ist. genügt nicht. Recht 9 S. 22; GA. 52 S. 86. 77) Hierüber entscheidet ausschließlich die Polizeibehörde. GA. 41 S. 296. 7 7 a) Fahrlässigkeit genügt. BapObLG. in JurW. 1935 S. 1447. 78) Schrifttum : Rößler JurW. 1937 S. 2496. Die Übertretung kann nur vorsätzlich begangen werden. KG. JurR. 1 Nr. 335. Es ist das Bewußt­ sein des Täters von der Notwendigkeit der Inanspruchnahme fremder Hilfe erforderlich. KG. GA. 74 S. 20; sowie das Bewußtsein, daß er zur Unter« halts!eistung verpflichtet ist. KG. GA. 71 S. 140; u. daß die Inanspruchnahme fremder Hilfe notwendig ist. KG. DNZ. 21 Nr. 426. Eine zivilrechtliche Ver­ zugsetzung wird nicht vorausgesetzt. GA. 47 S. 469. Es genügt aber auch nicht, daß der Unterhaltungspflichtige den Unterhalt nicht leistet, sondern er muß sich der Unterhaltspflicht entziehen. GA. 48 S. 372. Ein den Unterhalts­ anspruch abweisendes rechtskräftiges, aber materiell unrichtiges Zivilurteil steht der Strafverfolgung entgegen. Dresden, GA. 61 S. 370; (siehe aber dagegen Schorn JurR. 1932 S. 241 [245]); aber nicht ein materiell unrichtiges Urteil, das die Unterhaltspflicht seststellt. BayObLG. HRN. 1930 Nr. 81. Naumburg LZ. 24 S. 1011 a. M. KG. DIZ. 34 S. 185. KG. DRZ. 20 Nr. 951. 78 a) Der Ausdruck „in der Lage" ist ein strafrechtl. Begriff und bedeutet tatsächl. Leistungsfähigkeit. Die Entscheidung, ob sie vorliegt, steht dem Straf­ richter zu. KG. JurW. 59 S. 580. Der Unterhaltspflichtige muß jede Arbeit annehmen, die ihm Erwerb schaffen kann. Dresden HRN. 1930 Nr. 265. Not­ falls muß er auch, sofern dies zumutbar ist, einen Berufswechsel vornehmen. KG DStR. 1937 S. 176. Leistungsfähigkeit ist auch gegeben, wenn der Verpflichtete nur einen Teil des erforderlichen Unterhalts gewähren kann; Düffeldorf DRZ. 34 Nr. 305.' Die Leistungsfähigkeit richtet sich nach dem Einkommen des Unter­ haltspflichtigen. KG. GA. 76 S. 104. Im Sinne dieser Vorschrift ist leistungs-

362

A 2. Strafgesetzbuch § 361.

nährung er verpflichtet ist,78 * * b79 *) * zu * * *unterhalten, **** sich der Unterhaltspflicht

trotz der Aufforderung

der zuständigen Behörde76 *) derart entzieht, daß

durch Vermittelung der Behörde79b) fremde Hilfe8") tn Anspruch ge­

nommen werden muß.

In den Fällen der Nr. 9 und 10 kann statt der Haft auf Geld­ strafe bis zu einhundertfunszig Reichsmark erkannt werden, fähig, wer die Mittel zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht durch Inanspruch­ nahme der Erwerbslosenfürsorge aufbringen kann. Jena, JurR. 3 Nr. 884. Wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem unehelichen Kinde kann eine Strafbarkeit erst dann eintreten, wenn der Verpflichtete imstande ist, mehr als den notdürftigen Unterhalt für sich, seine Frau und seine ehelichen Kinder zu verdienen. KG. JurW. 54 S. 2158. BayObLG. JurW. 61 S. 1396. Zur Erlangung seiner Arbeitsfähigkeit muß ein Unterhaltsverpflichteter sich einer Operation unterziehen, wenn sie nicht mit nennenswerten Schmerzen verbunden ist, wesentliche Besserung verspricht u. der Schadensersatzberechtigte die nennens­ werten Kosten übernimmt. Königsberg JurW. 57 S. 3064. Schläger LZ. 25 S. 680. 78 b) Wann dies der Fall ist, richtet sich nach den Vorschriften des BGB. über die gesetzliche Unterhaltspflicht. Danach ist unterhaltspflichtig auch der Ehemann dezügl. des in der Ehe geboren, nicht von ihm erzeugten Kindes, wenn er die Anfechtung der Ehelichkeit unterlassen hat. OLG. Naumburg JurW. 1937 S. 2397. Die Vorschrift bezieht sich auch auf den Erzeugereines unehe­ lichen Kindes. Herrschende Ansicht. LK Anm. 4. Die gesetzl. Unterhaltspflicht erlischt durch Abfindung. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 272. 79) Es genügt eine allgemeine Aufforderung ohne Angabe einer be­ stimmten Art der Unterhaltsgewährung. Hamm GA. 59 S. 379. Erforderlich ist, daß die Verletzung der Unterhaltspflicht der Aufforderung nachfolgt. BayObLG. DNZ. 25 Nr. 413. Entzieht sich der Verurteilte für die folgende Zeit der Unterhaltspflicht, so bedarf es einer neuen Aufforderung nicht. KG. IW. 58 S. 275. A. M. Köln HRR. 1934 Nr. 74. Mit der Aufforderung be­ ginnt die Verjährung. Hamm JurW. 58 S. 3029; nach Dresden LZ. 24 S. 913 erst mit der Erfüllung der Unterhaltspflicht. Trotz fehlender Auf­ forderung in entsprechender Anwendung des § 36110 zu verurteilen, ist unzu­ lässig. OLG. Jena JurW. 1937 S. 1812; Schäfer, JurW. 1936 S. 1701. 79 a) Zur Aufforderung berechtigt sind an sich nicht die Jugendämter, sondern die tn der VO. v. 23. Febr. 24 (richtig wohl 13.Febr. 24 — RGBl. I S. 100) und in den Ausf.Vorschriften (VO. v. 30. Mai 32 — GS. S. 207 i.d.F.von Art.VIll deSGes. v. 17.März 33 und §14 des Ges. v. 17. März 34 — GS. S. 43 und 155) zu dieser bezeichneten Fürsorgebehörden. Die Auf­ gaben der Fürsorge und deS Jugendamts können in der Hand des Bors, des Kreisausschusses vereinigt sein. KG. DIZ. 36 S. 1458. 79 b) Keine entsprechende Anwendung (§ 2) des § 361 Abs. 1 Nr. 10 auf den Fall, daß fremde Hilfe ohne Vermittlung der Behörde in Anspruch genommen wird. E. 71 S. 223. 80) Fremd ist jede Hilfe, die dem Unterstützungsbedürftigen nicht von dem an erster Stelle Unterhaltspflichtigen zukommt. OLG. Breslau. Dt. Straft. 1935 S. 458. BüyObLG. JurW. 61 S. 1395; also auch die der Kindesmutter. KG. JurW. 60 S. 1024. Nur materielle Hilfe kommt in Frage. Karlsruhe Recht 31 Nr. 1078 Die Jnspruchnahme fremder Hilfe darf nicht deshalb er­ folgt sein, weil dadurch eine Grundlage für ein Vorgehen gegen den A. geschaffen werden sollte. Celle JurW. 57 S. 3063.

Übertretungen §§ 362 u. 363,

§ 362.")

363

Die nach Vorschrift des § 361 Nr. 3—8 Verurteilten

können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und Verhältnissen ange­ messen sind, innerhalb und, sofern sie von anderen steten Arbeitern ge­

trennt gehalten werden,

auch außerhalb der Strafanstalt angehalten

werden.

§ 363.

Wer, um Behörden oder Privatpersonen zum Zwecke seines

besseren Fortkommens83 81) * oder des besseren Fortkommens eines anderen 81) Die Abs. 3 bis 4 sind auf Grund des Ges. v. 24. Novbr. 33 gestrichen. Ist vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf Überweisung an die Landes­

polizeibehörde erkannt worden, so gelten auch nach dem Inkrafttreten für die Wirkunen der Überweisung die bisherigen Vorschriften. (Art. 5 Abs. 4 der Überganggsvorschriften des Ges. v. 24. Nov. 33 — RGBl. I S. 995 —.) 83) 8 363 unterscheidet sich von 8 267 nur dadurch, daß die Tat zum Zwecke des besseren Fortkommens des Täters oder eines Dritten geschehen sein muß. Unter besserem Fortkommen ist aber nicht jede bessere Gestaltung der äußeren Lebensverhältnisse zu verstehen. Der § 363 setzt in subjektiver Be­ ziehung voraus, daß die Absicht des Täters, sich günstigere Bedingungen für sein Fortkommen zu verschaffen, eine unbestimmte, allgemeine ist, daß der Täter die Urkunde unbestimmt wo, bei jeder oder irgendeiner sich in Zukunft bietenden Gelegenheit gebrauchen will. Die Absicht darf also nicht auf Erlangung eines Vorteils, auf den bei Echtheit der Urkunde ein Rechtsanspruch besteht, oder eines sonstigen bestimmten Vorteils gerichtet sein und sich nicht gegen ein konkretes Recht eines Dritten richtet. RG. DJust. 1937 S. 356. Die Ab­ sicht des Täters, sich selbst nebenbei einen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist nicht ausgeschlossen. JurW. 57 S. 2913. § 363 hat namentlich solche Fälle im Auge, in denen zur Erfüllung polizeilicher Kontrollvorschriften Zeugnisse über Leumund, Vorbildung, Erwerbsverhältnisse usw. behufs Anknüpfung neuer Arbeits- oder Erwerbsverhältnisse vorgelegt werden müssen. E.8S.37. Hier­ unter fällt auch die bloße Verfälschung eines Prädikats in einem Prüfungs­ zeugnis. Breslau DRZ. 24 Nr. 143; die Fälschung eines psarrumtlichen Tauf­ zeugnisses zum Zwecke, die kirchliche Trauung zu erlangen. E. 39 S. 75; die F. behufs Erlangung einer Schankkonzession. E. 26 S. 83; die F. eines Zeug­ nisses, um zu einer Prüfung zugelassen zu werden. E. 10 S. 162; falscher polizeilicher Ausweis, der gebraucht wird, um der Strafverfolgung zu entgehen. E. 58 S. 74; auch Führungszeugnis, um eine milde Strafe zu erzielen. Recht 33 Nr. 1374. Es kommt aber nicht der § 363, sondern § 267 zur Anwendung, wenn die Fälschung und der Gebrauch erfolgt ist, um Aufnahme in einem Seminar zu finden, oder um von einer bestimmten Person eine Unterstützung zu erhalten. GA. 39 S. 431 (vgl. aber E. 43 S. 271), oder eine amtliche Anstellung oder solche als Lehrer oder Arbeitsstellung zu erhalten. E. 39 S. 77. E. 31 S. 296 oder, um die Stellung zur Vornahme strafbarer Handlungen zu mißbrauchen. GA. 62 S. 348, oder um sich eine gesetzwidrige Erleichterung der Jagdaus­ übung zu verschaffen oder um eine Strafe abzuwenden. R. 10 S. 214; oder wenn die Fähigkeitsbescheinigung nur für bestimmten Empfänger ausgestellt ist. E. 44 S. 369. DStZ. 5 S. 49; um sich eine Altersrente zu verschaffen. E. 22 S. 225; um eine bestimmte Arbeitsstellung bei einem bestimmten Werke mit bestimmten Rechten und Pflichten zu erlangen. E. 52 S. 186. A. M. F r a n k 1 2; um auf Grund eines gefälschten Reifezeugnisses immatrikuliert zu werden. E.60 S. 375. Auch eine Bescheinigung, daß der Arbeitnehmer die Beiträge zur In

364

A 2. Strafgesetzbuch § 364.

zu täuschen, Pässe"),

Milttärabschiede, Wanderbücher oder sonstige

Legitimationspapiere,88)88) Dienst- oder Arbeitsbücher88») oder sonstige

aus Grund besonderer Vorschriften auSzustellende Zeugnisse,86 * * •*) 87 * * * sowie * * * 84 85 oder Fähigkeitszeugnisse falsch ansertigt

Führung--

oder wissentlich Gebrauch macht,

oder

verfälscht,

von einer solchen falschen oder verfälschten Urkunde

wird mit Hast

oder mit Geldstrafe biS zu

ein-

hundertsunfzig Reichsmark bestraft.

Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher zu demselben Zwecke von

solchen für einen anderen 8H ausgestellten echten Urkunden, als ob sie für ihn ausgestellt seien, Gebrauch macht, oder welcher solche für ihn ausgestellte Urkunden einem anderen zu dem gedachten Zwecke überläßt.

§ 364.

Mit Geldstrafe biS zu einhundertsünfzig Reichsmark wird

bestraft, wer wissentlich schon einmal verwendetes Stempelpapier nach

gänzlicher

oder teilweiser Entfernung der darauf gesetzten Schrift­

zeichen, oder schon einmal verwendete Stempelmarken, Stempelblankette

oder ausgeschnittene oder sonst abgetrennte Stempelabdrücke der in § 276 bezeichneten Art veräußert oder feilhätt. Gleiche Strafe trifft, denjenigen welcher wissentlich schon einmal Validitätsversicherung gezahlt habe, fällt nicht unter § 363, GA. 42 S. 401 u. E. 24 S. 348, nicht ein Mitgliedsbuch der NSDAP. E. 70 S. 210, nicht ein Zivilversorgungsschein. E. 27 S. 56; auch nicht ein Wander­ gewerbeschein, E. 42 S. 249; nicht Fälschung eines Taufscheines, um die Berechttgung zum Adel nachzuweisen, G. 29 S. 241; nicht ein Kraftwagenführer­ schein. HRR. 1929 Nr. 1805; auch nicht Beglaubigungsvermerle. E. 63 S. 84. — Übertretung gegen § 363 kann ideell mit Betrug konkurrieren. E. 23 S. 43. A. M. LK. Anm. 8.

84) § 1 Nr. 6 u. 7 VO. über die Bestrafung von Zuwiderhandlungen gegen die Paßvorschriften v. 6. April 23 (RGBl. 1 S. 249). Die sälschl. An­ fertig. eines P., um dem Täter die Einwanderung in die Verein. Staaten zu ermöglichen, fällt unter 8 267. E. 62 S. 351, ebenso die Verfälschung eines P., um die Auswanderung zu ermöglichen. RG. in Deutsche Justiz 1934 S. 679. 85) Wegen der Fälschung von Quittungskarten der Sozialversicherung vgl. §§ 1495 ff. RVO. u. §§ 343 AVG., abgedr. unter B VI 2. 86) Dahin gehören insbesondere Päffe, Geburtsscheine, Taufscheine und dgl. R. 7 S. 536 u. R. 7 S. 681. Ob auch sog. Brandatteste, wie E. 23 S. 43 annimmt, erscheint sehr zweifelhaft. 86 a) Das Arbeitsbuch i. S. des Ges. über die Einführung eines Ar­ beitsbuches v. 26. 2. 35 (RGBl. I S. 311) und der DurchfBest. (abgedr. unter B VI 8) gehört nicht zu den Arbeitsbüchern i. S. des 8 363 StGB. (s. auch DFust. 1937 S. 400). 86aa) Der Aussteller muß zur Ausstellung des ZeugniffeS bes. verpflichtet sein. DIZ. 25 S. 532. Nicht hierher gehören Zeugnisie, die den Erwerb eines bestimmten Rechts bezeugen wie Diplomzeugniffe einer technischen Hochschule. E. 38 S. 145; auch nicht Empfehlungsschreiben. E. 62 S. 218. 87) Das Papier muß wirklich für eine andere Person ausgestellt sein, nicht bloß auf einen anderen Namen. E. 10 S. 262.

Übertretungen §§ 365 u. 366.

365

verwendete Post- oder Telegraphenwertzeichen nach gänzlicher oder teil­ weiser Entfernung des Entwertungszeichens veräußert oder feilhält. § 365.88)89 § 366 Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Hast bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1. wer den gegen die Störung der Feier der Sonn- und Fest­ lage erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt;88) 2.90)91wer 92 93 in Städten oder Dörfern übermäßig schnell fährt oder reitet, oder auf öffentlichen Straßen oder Plätzen der Städte oder Dörfer mit gemeiner Gefahr Pferde eiusährt oder zurettet; 3.90) wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder Wasser­ straßen das Vorbeifahren anderer mutwillig9') verhindert; 4.90 wer in Städten mit Schlitten ohne feste Deichsel oder ohne Geläute oder Schelle fährt; 5.90) wer Tiere in Städten oder Dörfern, auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, oder au anderen Orten,98) wo sie durch Aus­ reißen, Schlagen oder auf andere Weise Schaden anrichten können,

mit Vernachlässigung der erforderlichen Sicherheitsmaßregeln stehen läßt oder führt;98) 6. wer Hunde auf Menschen hetzt;98 •) 7. wer Steine oder andere harte Körper oder Unrat auf Menschen, auf Pferde oder andere Zug- oder Lasttiere, gegen fremde Häuser, Gebäude oder Einschließungen, oder in Gärten oder eingeschlossene Räume wirst;94)* * * 88) § 365 ii. Ar!. I des Notges. v. 24. Sehr. 23 (RGBl. I S. 147) sind durch § 23 des Gaststättengcs. (unter ß IV 8) aufgehoben. 89) Siehe Ges. Über die Feiertage v. 27. Febr. 34, abgedr. unter Bill 4. 90) Nr. 2 bis 5 sind im wesentlichen überholt durch §§ 1, 49 der Straßen­ verkehrsordnung v. 13. Novbr. 1937 (RGBl. 1 S. 1179. 91) Der Täter muß an dem Erfolg seiner Handlung Freude haben. Ein anderer Beweggrund, der die Handlung entschuldigen könnte, darf nicht vor­ liegen. KG. DIZ. 30 S. 1042. 92) Die anderen Orte brauchen nicht öffentliche zu sein. Es fallen dar­ unter auch Privatwege. KG. JurW. 60 S. 3468. 93) Die Bestimmung bezieht sich nicht auf frei herumlausende Tiere, ins­ besondere nicht auf Hunde auf einem geschloffenen Hofe. RGZ. GA. 46 S. 240. KG. JurW. 60 S. 3468. 93 a) ES ist Borsatz erforderlich. Der Täter muß sich bewußt sein, daß er durch sein Verhalten den Hund in der Richtung auf Menschen hetzt. Nicht dar­ auf kommt es an, wie der Hund die hetzende Äußerung verstehen muß. KG. DIZ. 36 S. 94.

94) Die Bestimmung dieses § hat keineswegs die Gefährdung der öffent­ lichen Sicherheit als Voraussetzung, sondern auch die Gefahr, die für eine ein­ zelne Person entstehen kann. Breslau GA. 42 S. 425. Daß die Menschen, Pferde rc. auch wirklich getroffen sind, ist nicht notwendig. E. 8 S. 306.

366

A 2. Strafgesetzbuch § 366.

8. wer nach einer öffentlichen Straße8^») oder Wasserstraße, oder nach Orten hinaus, wo Menschen zu verkehren pflegen, Sachen, durch deren

Umstürzen oder Herabfallen jemand beschädigt werden kann, ohne ge­ hörige Befestigung aufstellt oder aufhängt, oder Sachen auf eine Weise ausgießt oder auswirft, daß dadurch jemand beschädigt oder verun­

reinigt werden kann;9B)

9.86») wer auf öffentlichen Wegen,89 d) Straßen,84») Plätzen oder Wasserstraßen Gegenstände, durch welche der freie Verkehr gehindert

wird, aufstellt, hinlegt oder liegen läßt;86)

10. wer die zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlichkeit,

Rein­

lichkeit und Ruhe auf den öffentlichen Wegen, 86 b) Straßen,84») Plätzen oder Wasserstraßen89») erlassenen Polizeiverordnungen übertritt.8?)

Naumburg DNZ. 23 Nr. 211. In den gcschl. Raum muß der Wurf von außen erfolgen. BayObLG. JurW. 58 S. 268. Unter „Unrat" ist nicht bloß eine ekelerregende Substanz zu verstehen, vielmehr jede, die verunreinigt. E. 21 S. 314; darunter kann auch Ausspucken fallen. Jena HRR. 1931 Nr. 1821. 94 a) Unter Straße sind zu verstehen alle Teile der in der Stadt gelegenen Bodenfläche, die durch ihre Lage und Beschaffenheit dem ungehinderten allge­ meinen Verkehr des Publikums offenstehen. Darmstadt v. 25. Septbr. 25, JurR. 1 Nr. 1598; auch Vorgartenland. KG. DIZ. 33 S. 389. ES ist nicht erforderlich, daß der Werfende sich außerhalb der Straße befindet. GA. 53 S. 77. 95) Der Tatbestand liegt vor, sobald die mangelhafte Befestigung ein Herab­ stürzen objektiv möglich erscheinen laßt; auf den irrigen Glauben des Täters kommt es nicht an. E. 17 S. 303. 95 a) Nr. 9 hat nur noch für Wafferstraßen Bedeutung, im übrigen gelten jetzt §§ 41, 49 der Straßenverkehrs!), v. 13. Novbr. 37, RGBl. I S. 1179. 95 b) Ein öff. Weg liegt vor, wenn die Örtlichkeit ohne Beschränkung dem öffentlichen Verkehr fteigegeben, d. h. bestimmungsgemäß und tatsächl. der All­ gemeinheit alS solcher zum freien Zutritt oder Gebrauch überlasten ist. KG. LZ. 25 S. 268. GA. 39 S. 82. E. 33 S. 373 u. KG. I o h o w 21 S. 93: mag er auch im Privateigentum von Anliegern stehen. BahObLG. DRZ. 25 Nr. 347. Beruht die Bestimmung zum öffentlichen Wege auf der Willenserklä­ rung einer Privatperson, so geht diese Eigenschaft durch entsprechenden Wider­ ruf verloren. JurW. 38 S. 303. Hamm DStZ. 1 S. 684. Darüber, was ein Verkehrshindernis ist, entscheidet die Örtlichkeit, Umfang des Verkehrs, Auf­ fassung der Ortsbewohner. Kassel GA. 51 S. 413. Celle GA. 71 S. 68. 96) Der Täter muß sich der Rechtswidrigkeit seines TunS bewußt fein. Colmar GA. 51. S. 208. A. M. LK. Anm. 10. 96 a) Die Übertretung einer polizeilichen VO., die nur der Erleichterung der Unterhaltung eines Wasserlaufs dient, ist nicht strafbar, auch nicht nach dem Wasserges. KG. JFG. Erg. 10 S. 339. 97) Der Straßenverkehr ist jetzt ausschließlich geregelt in der Straßen­ verkehrsordnung v. 13. Novbr. 37 (RGBl. I S. 1179). Sie enthält in § 49 eine eigene Strafvorschrift gegen Zuwiderhandlungen, die alL Sondervorschrift dem § 366 Nr. 10 StGB, vorgeht. Auch das sog. „Anreißen" auf der Straße ist jetzt nach §§ 42, 49 aaO. strafbar. Die Straßenreinigungspflicht ist geregelt durch das Gesetz v. 1. Juli 1912 (GS. S. 187). Ein Irrtum über die Eigen­ schaft der nicht gereinigten Sttaße ist Strafrechtsirrtum. BayObLG. DRZ. 18 Nr. 531. Seewasserstraßenordnung v. 31. Okt. 33 (RGBl. U S. 833).

Übertretungen §§ 366a u. 367.

367

§ 366 a. Wer dte zum Schutze der Tunen98) und der Fluß- und Meeresuser, sowie der aus denselben vorhandenen Anpflanzungen und Anlagen erlassenen Polizeiverordnungen übertritt, wird mit Geld­ strafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bestraft. § 367. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünszig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft: 1. wer ohne Vorwissen der Behörde einen Leichnam98») beerdigt99) oder beiseite schafft, *) oder wer unbefugt einen Teil einer Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berechtigten Personen toegnhnmt;le) 2. wer den polizeilichen Anordnungen über vorzeitige Beerdigungen entgegenhandelt;a) 3. wer ohne polizeiliche Erlaubnis?») Gifts) oder Arzeneien,4) soweit 98) Nach KG. in JJGErg. 12, 290 nicht Deiche.

98 a) Auch die Totgeburt, wenn die Frucht auZgetragen ist oder wenigstens außerhalb des Mutterleibes hätte leben können. E 69 S. 287. Siehe auch Anm. 14 zu § 168. Vgl. Hamburg JurR. 1928 S. 151.

99) Täter ist auch der, dem die Verfügung über die Begräbnisstätte zusteht und der die Beerdigung anordnet oder gestattet. Celle GA. 58 S. 474. — Im Falle eines unnatürlichen Todes ist der StA. u. bzw. das Gericht zu be­ nachrichtigen. Die Unterlassung der Anzeige fällt unter die Strafbestimmung der Nr. 1 bzw. Nr. 2 dieses §. Posen GA. 43 S. 61. Siehe PVO. über das Leichenwesen v. 18. April 33 und abändernde VO. v. 28. Juni 33 und 6. Februar 34 (GS. S. 149, 238 und 60). Über Feuerbestattung siehe Ges. v. 15. Mai 34 (RGBl. I S. 380). 1) Hierunter ist eine Handlung zu verstehen, durch welche die Leiche ört­ lich aus der Lage, in der sie sich befindet, entfernt und der Behörde ihre Be­ sichtigung unmöglich gemacht oder doch erschwert wird. E. 28 S. 119. Fahr­ lässigkeit genügt nicht. Dresden DRZ. 21 Nr. 91. 1 a) Wegnahme bedeutet Bruch des Obhutverhältuisses. Hamburg JurR. 1928 S. 151. Der Letter eines Patholog. Instituts hat an aufbewahrten Leichen den Gewahrsam. Hamburg JurW. 57 S. 2285. Siehe hierzu Schläger JurR. 4 S. 151. Vergl. auch Anm. 89 zu § 303. 2) Nach § 30 des Jugendwohlfahrtsgesetzes wird derjenige, der ein Pflegekind oder uneheliches Kind in Pflege hat, mit Geldstrafe oder Haft oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft, wenn er das Kind ohne die vorgeschriebene Anzeige an das Jugendamt beerdigt. 2 a) Irrtum über dte Zuständigkeit zur Erteilung der Erlaubnis ist außer­ strafrechtlich. E. 66 S. 251. 3) Maßgebend ist für die Entscheidung der Frage, welche Stoffe und Zu­ bereitungen nur von konzessionierten Gifthändlern feilgehalten werden dürfen, die MPV. v. 22. Febr. 06 (MBIiV. S. 42) t. d. F. v. 29. Jan. 35 (MBliB. S. 175). KG. Johow 36 S. C 78. Die darin aufgeführten Gifte verlieren durch indifferente Zusätze nicht ihren Charakter. KG. Recht 34 Nr. 1859. 4) Was als Arznei anzusehen ist, besttmmt sich zunächst nach der Kaiser!. VO. v. 22. Oktbr. 01 (RGBl. S. 380) in der Faff. v. 9. u. 24. Dezbr. 24 (RGBl. S. 772 u. 996) abgeänd. durch VO. v. 26. Jan. 29 (RGBl. IS. 19) und VO. v. 4. Okibr. 33 (RGBl. I S. 721). Zu beachten ist, baß sich die VO. mcht gegen Namen, sondern gegen Waren richtet. Hamburg HRR. 1931 Nr. 275. Arznei

368

A 2. Strafgesetzbuch § 367.

ist ein Mittel zur Beseitigung und Linderung von Krankheiten. Celle JurR. 3 Nr. 885. ES ist aber nicht bloß der Verkauf von wirklichen Arzneien verboten, sondern der § bezieht sich auf das Verbot des Feilhaltens von Heilmitteln aller Art, ohne Unterschied, ob sie heilkräftige Stoffe enthalten und resp, unschädlich sind oder nicht. Destillate sind nicht schlechthin zum freien Verkehr zugelassen. KG. Johow 37 S. C 74 u. Johow 44 S. 447 ferner KG. in JFGErg. Bd. 12 S. 267. Insbesondere gehören zu den Arzneien die in dem Verzeichnis B der BO. v. 22. Oktbr. 01 aufgeführtenStoffe. Tabletten, die solche Stoffe enthalten, dürfen nicht feilgehatten werden (Aspirin u. Pyramidon). Kiel JurW 58 S. 283. Frei verkäuflich sind Pastillen oder Tabletten aus natür­ lichen Mineralwässern oder künstl. Mineralsalzquellen, wenn sie die wesent­ lichsten Bestandteile bezw. Stoffe der Quelle enthalten. Dresden JurW. 60 S. 1983. (Siehe auch BayObLG. GA. 77 S. 129). Karbolwasser darf außerhalb der Apotheken „zum äußeren Gebrauch" feilgehalten werden. KG. GA. 55 S. 123; auch Kalzan u. Kruschensalz. Oldenburg JurW. 57 S.2105; nicht aber Wachholderextrakt mit Zusatz von Zucker. KG. in JFGCrg. 12, 263. Die Abgabe von Kokain und Morphium ist strafbar nach dem Opiumqes. v. 10. Dez. 1929 (RGBl. I ©.215); v. 22. Mai 33 (RGBl. I S. 287), v. 9. Jan. 34 (RGBl. I S. 22) und v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213, §11 Nr. 4); hierzu VO. v. 19. Tezbr. 29 (RGBl. I S. 225); VO. über Zulass. z. Verkehr mit Betäubungsmitteln v. l.Apr. 30 (RGBl. I S. 113) u. VO. über Anlündig. u. Beschriftung von Betäubungsmittel enthaltenden Arzneien v. 14. Apr. 30 (RGBl. I S. 144); v. 19. Dezbr. 30 (RGBl. I S. 635); v. 8. Juli 32 lNGBl. I S. 349); v. 20. Mai 33 (RGBl. I S. 287); v. 5. Aug. 33 (RGBl. I S. 570); v. 24. Jan. 34 u. 18. Dezbr. 34 (RGBl I S. 58, 59 u 1266) u. v. 20. Febr. 35 (RGBl. I S. 208, 211). Ein Arzt ist nicht schon deshalb strafbar, weil er das Opium nicht als Heilmittel verordnet. Dresden und Karlsruhe JurW. 60 S. 1505 bezw. 1507. Strafbar ist aber, wer das Opium auf Grund einer gewaltsam erlangten ärztlichen Verschreibung erwirbt. HNR. 1932 Nr. 1911. Nicht ist strafbar der Selbstverbrauch, auch wenn ihm keine ärztl. Ver­ schreibung zugrunde liegt. E. 67 S. 193. - Zwischen § 3673 und § 8 Nr. 1 Opiumges. besteht Gesetzeskonk. (E. 66 S. 251. Ob das Heilmittel für Menschen oder Tiere bestimmt ist, macht keinen Unter­ schied. Stettin u. KG. GA. 39 S. 83 u. 449. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Arznei als Heilmittel angcpriesen ist, daS bestimmt sei, einen kranken Zustand zu heilen, sondern es genügt, daß dieselbe als Heilmittel zubereitet ist und als solches feilgehalten wird. Breslau GA. 38 S. 366. Nicht genügt der Verkauf zu anderen Zwecken. E. 22 S. 197. Hierher gehört nicht Zahnpasta. KG. GA. 39 S. 355; auch nicht ohne weiteres ein Mittel gegen Kindergeschrei. Celle GA. 52 S. 113. Auch der Ankauf und das Feilhalten von Geheimmitteln ist strafbar. Landesgesetzl. Vorschriften, welche die Ankündigung mit Strafe bedrohen, sind in Kraft geblieben. E. 16 S. 360. Unter „Geheimmittel" versteht man ein staat­ lich nicht anerkanntes oder nicht genehmigtes Heilmittel gegen Krankheiten, das unter einem Namen empfohlen wird, welcher seine Natur und die Art seiner Zu­ sammensetzung nicht deutlich erkennen läßt. GA. 38 S. 454. Siehe auch E. 6 S. 329 u. R. 9 S. 625. Hierher gehören nicht nur arzneiähnltche Stoffe, son­ dern auch Apparate, Instrumente u. dgl. BayObLG. JurW. 1934 S- 3142. Die Angabe der Analysen schließt das Geheimmittel nicht aus, wenn die An­ gabe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit ihr erfolgt. BayObLG. JurW. 60 S. 1499.

Übertretungen § 367.

369

der Handel mit denselben nicht fretgegeben ist,ö) zubereitet, seilhält, verkauft6) oder sonst an andere überlägt;7)0)

5) Freigegeben ist der Handel mit Arzneien, soweit sie nicht nach der VO. v. 22. Oktbr. 01 den Apotheken Vorbehalten sind. Siehe auch Anm. 11 zu 8 6 GewO, unter B IV 1. Der Großhandel ist überhaupt freigegeben. Nicht frei­ gegebene Arzneien darf aber ein Arzt nur dann an seine Patienten abgeben, wenn er die Konzession zur Führung einer Hausapotheke hat. E. 63 S. 419. Bei einer konzest. Apotheke trägt im Falle der Verpachtung der Pächter die strafrechtl. Verantwortung. Stettin JurW. 59 S. 1610. Ein Verkauf außer­ halb der Apotheke liegt schon vor, wenn die Abgabe nicht unmittelbar von den Räumen ausgeht, wenngleich sie im Auftrage des Apothekentnhabers erfolgt. KG. DIZ. 36 S. 308. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 269. 5 a) Ieilhalten ist Bereithalten zum Zwecke des Verkaufs an das Publikum. BayObLG. JurR. 2 Nr. 1449. Bloßes Ankündigen und Anpreisen ist kein Feil­ halten. KG. Johow 42 S. 426; auch nicht, wenn jemand einem Dritten die bei diesem von Kunden bestellten Waren liefert. BayObLG. DIZ. 31 S. 968. Die Ankündigung und Verabfolgung von Heilmitteln ist keine Ausübung der Heilkunde. KG. Johow 33 S. 69. Siehe auch MinErl. v. 28. Juni 02 u. 7. April 03 betr. Bekämpfung oer Kurpfuscherei. MedMBl. S. 241, 163 u. § 7 der Apotheker-Betriebsordnung v. 18. Febr. 02, ebenda S. 69 (Verbot der Ausübung der Heilkunst). PrPolVO. über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens v. 5. Mai 36 — GS. S. 105 — (gleichlautende PolVOen. sind auch in den übrigen Ländern ergangen, s. die Zusammenstellung in der AD. v. 20. 10. 1936, DJust. S- 1595). 6) Verkaufen erfordert eine Übertragung der tatsächl. Verfügungsgewalt. Abschluß eines Vertrages genügt nicht. BayObLG. JurW. 59 S. 1603. Der Verkauf von Arzneien im Umherziehen darf nach § 56 Nr. 9 der GewO, nicht stattfinden. Auch das unentgeltliche Verabfolgen an andere ist straf­ bar. E. 3 S. 119. KG. JurW. 60 S. 1513. Doch ist der Verkauf eineS Mittels, das auch als Arznei dienen kann, nicht strafbar, wenn es nicht alS Arznei verkauft wird. Celle JurR. 3 Nr. 885. Verkäufer ist auch derjenige, der für fremde Rechnung oder im fremden Namen das Heilmittel gegen Entgelt abgibt. BayObLG. JurR. 2 Nr. 1449. Gewerbsmäßigkeit der Abgabe ist nicht erforderlich. Hamburg GA. 70 S. 225. BayObLG. JurW. 57 S. 2997. § 367 Nr. 3 und § 148 Nr. 7 GewO, stehen nicht zueinander im Verhältnis der Gesetzeskonkurrenz. E. 47 S. 20. 7) Überlassen an andere ist jede Einräumung der tatsächl. Verfügungs­ gewalt an andere im Wege des Handels oder einer den Handel ersetzenden Art, auch z. B. die Abgabe innerhalb eines nichtrechtsfähigen Vereins an die Mit­ glieder, dagegen nicht die Abgabe innerhalb einer engen, auf persönl. Fürsorge angewiesenen Kreises (an Familienangehörige oder Dienstboten), auch nicht die Aushändigung durch Beauftragte an den Auftraggeber usw. KG. JFGErg. 14 S. 166. Ein Überlasten liegt auch dann vor, wenn jemand das Mittel seinem Pattenten in einem Getränk zum Einnehmen gibt. Dresden GA. 73 S. 221. 8) Bei irriger Beurteilung der Art der verabreichten Mittel ist Vorsatz ausgeschlossen; es genügt aber zur Bestrafung auch Fahrlässigkeit. E. 63 S- 419. GA. 44 S. 407. Siehe auch GA. 53 S. 300. Mittäterschaft des Großhändlers beim Verkauf der von ihm gelieferten Arzneimittel durch einen Drogisten kann vorliegen, wenn ersterer den Willen hatte, über den gewöhn­ lichen Großhandelsgewinn herausgehenden besonderen Gewinn zu erzielen. Königsberg JurW. 59 S. 1609, auch Jena HRR. 1929 Nr. 1712. Einziehung

Dalcke. Strafi-echk

30. Vhifl.

24

A 2. Übertretungen § 367.

370

4. wer ohne die vorgeschriebene Erlaubnis Schießpulver oder andere

explodierende Stoffe oder Feuerwerke zubereitet; °) 5.

wer

bet der

Aufbewahrung")

oder

bei

der

Beförderung

von Gistwaren, Schießpulver oder Feuerwerken, oder bet der Aufbe­ wahrung, Beförderung, Verausgabung oder Verwendung von Spreng­ stoffen 10 * *a11 9) oder 12 13anderen 14 15 explodierenden Stoffen, oder bei Ausübung der

Befugnis zur Zubereitung oder Feilhaltung dieser Gegenstände, sowie

der Arzeneien") die deshalb ergangenen Verordnungen nicht befolgt; 5 a. wer bei Versendung oder Beförderung von leicht entzündlichen

oder ätzenden Gegenständen durch die Post die deshalb ergangenen Ver­ ordnungen nicht befolgt;")

6. wer Waren, Materialien oder andere Vorräte, welche sich leicht von selbst entzünden oder leicht Feuer sangen,"^) au Orten oder in Bchältniffen aufbewahrt, wo ihre Entzündung gefährlich werden kann oder wer Stoffe, die nicht ohne Gefahr einer Entzündung bei einan­

der liegen können, ohne Absonderung aufbewahrt;") 7. “)

8.

wer

ohne

polizeiliche Erlaubnis

an

bewohnten

oder von

Menschen besuchten Orten16) Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fußnach § 40 des StGB, ist im Falle des § 367 Nr. 3 nicht zulässig KG. GA. 46 S. 142. 9) Dgl. Ges. v. 9. Juni 84 gegen den verbrecherischen und gemeingef. Ge­ brauch von Sprengstoffen unter Bill 8 und PrPolVO über die Herstellung und das Abbrennen von Brandsätzen v. 14. August 34 (PrGS. S. 369). Siehe auch § 25 Schußwaffenges. unter B III9. 10) Hierunter ist jede Niederlegung zu vorübergehender oder dauernder Lagerung zu verstehen. München GA. 41 S. 68. Die Min. PVO. v. 22. Febr. 06 betr. den Handel mit Giften setzt voraus, daß die Aufbewahrer die polizeil. Genehmigung zum Feilhalten mit Giften erhalten haben. KG. DIZ. 29 S. 558. 10 a) Siehe SprengstofflagerVO. v. 17. Novbr. 32 (GS. S. 362), MinPolDO. über den Vertrieb von Sprengstoffen und Zündmitteln an den Bergbau v. 13. Dezbr. 34 (GS. 1935 S. 1), Sprengstoffverkehrsverordnung v. 4. Septbr. 35 (GS. S. 119); ferner PrPolVO. über die pol. Genehmigung zur Herstellung, zum Vertrieb und zum Besitz von Sprengstoffen v. 15. Juli 24 i. d. F. v. 11. Jan. 36, PrGS. S. 11. 11) Siehe oben Anm. 4 u. 5. 12) Siehe 8 4 d. PostO. v. 30. Januar 29 (RGBl. I S. 33). 12 a) KG. DIZ. 33 S. 1091. 13) Aufbewahren heißt die betr. Gegenstände an einem Orte lagern lassen, bis sie ihre bestimmungsmäßige Verwendung finden; dies ist nicht der Fall, wenn Gegenstände z. B. zu dem Zwecke auf einen Ofen gelegt werden, damit sie dort schneller trocknen. E. 22 S. 435. Vgl. Anm. 9 zu 8 308. 14) Aufgehoben durch Lebensmittelgesetz v. 5. Juli 27 (RGBl. I S. 134) unter B VIII1. 15) Der Begriff ist räumlich soweit zu fassen, als nach der konkreten Sach­ lage die abstrakte Möglichkeit der Gefährdung von Menschen gegeben ist. Stettin JurW. 60 S. 1631. Dahin gehören auch solche Orte, deren Betreten nicht er-

Übertretungen § 367.

371

angeln legt, oder an solchen Orten mit Feuergewehr oder anderem Schießwerkzeugel6 * )*17 *schießt,") * * * * * * *oder Feuerwerkskörper abbrennt;17a)

9. wer einem gesetzlichen Setbotl8)19zuwider Stoß-, Hieb- oder Schußwaffen, welche in Stöcken oder Röhren oder in ähnlicher Weise verborgen sind, feilhält oder mit sich führt; 10. wer bei einer Schlägerei, in welche er nicht ohne sein Ver­ schulden hineingezogen worden ist, oder bei einem Angriff sich einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges bedient;")

11. wer ohne polizeiliche Erlaubnis gefährliche totlbc10'*) Tiere hält, laubt ist, die aber doch von Menschen besucht werden. E. 9 S. 124; auch Ge­ bäude, sofern sie abgesehen vom Täter noch von jemand bewohnt oder besucht werden. Celle GA. 54 S. 317. ES braucht die Eigenschaft eines Ortes als besuchten keine dauernde zu sein. E. 55 S. 252 und KG. in Dl. Straft. 1935 S. 88. DaS Schießen muß in seiner Wirkung den betreffenden Ort gefährden. Breslau Recht 18 S. 465; oder das Publikum belästigen. Ob Menschen vor­ handen waren, ist gleichgültig. BayObLG. JurR. 3 Nr. 1871. Bei recht­ mäßiger JagdauSübung in Jagdbezirken findet § 367 Nr. 8 leine Anwendung (§ 36 Abs. 1 AussVO. z. RJG., abgebr. unter B X 1); s. aber §§ 36, Abs. 1, 60 Abs. 2 Nr. 9 RJG. 16) Siehe §§ 1, 14 des Waffenges. unter Bill g. Ein Blaserohr in der Hand eines Knaben kann nicht hierher gerechnet werden. RGZ. GA. 38 S. 242; auch nicht schlechthin ein nur mit Bolzen zu verwendendes Luftgewehr. Naumburg LZ. 25 S. 1278 (anders Kiel JurW. 60 S. 1630); wohl aber eine Scheintodpistole. BayObLG. T NZ. 25 Nr. 692; auch Patroüe, die durch einen Schlag mit einem Hammer zur Entladung zu bringen ist. Recht 15 Nr. 948. — Der Nachweis, daß scharf geschossen wurde, ist nicht erforderlich. GA. 53 S. 439. Bee Vorliegen von Notstand ist die Vorschrift nicht anwendbar. Celle GA. 58 S. 240. 17) In dem bloßen Laden eines Gewehrs ist ein Schießen nicht zu finden. E. 48 S. 321. 17 a) Vgl. dazu PrPolVO. über die Herstellung und das Abbrennen von Brandsätzen v. 14. Aug. 34 (PrGS. S. 369). 18) Nr. 9 gilt nur noch für Hieb- u. Stoßwaffen, sonst § 25 Waffengesctz unter BIII 9. 19) Die Bestimmung ist auch anwendbar, wenn sich an der Schlägerei nur zwei Personen beteiligt haben. DRZ.25Nr.532. Celle GA. 49 S. 335. Düsseldorf JurW.61 S. 66 verlangt die Beteilig, von mindestens drei Personen. — Die Vor­ schrift findet Anwendung auf jeden Angriff, und zwar auch auf einen solchen, welchen eine einzelne Person verübt hat. R.10 S. 46; aber nicht auf die widerrechtl. Abgabe von Schreckschüssen (sie kaun Nötigung sein). JurN. 1 Nr. 443. — Ein „sich bedienen" des Messers durch den Angreifenden liegt vor, sobald das­ selbe in der Schlägerei in irgend einer Weise benutzt ist. Es ist nicht notwendig, daß mit demselben eine Tätlichkeit gegen eine Person verübt ist. E. 5 S. 170. DNZ. 24 Nr. 532. — Der Einwand der Notwehr ist nicht ausgeschlossen. GA. 59 S. 312. — Ein Strafantrag ist nicht erforderlich. GA. 20 S. 409. 19 a) Der Begriff ist ohne Rücksicht auf den Grund der Zähmung nach der Tiergattung zu bestimmen. BayObLG. JurW. 60 S. 2650.

372

A 2. Strafgesetzbuch § 367.

oder wilde oder bösartige19 b20 ) Tiere * * 23 frei umherlausen lafct,196) oder in

Ansehung ihrer die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Beschädigungen unterläßt;119 *c) 12. wer19 d) auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen, aus Höfen,

in Häusern und überhaupt an Orten, an welchen Menschen verkehren,80) Brunnen,89») Keller, Gruben, Öffnungen81) oder Abhänge88) dergestalt

unverdeckt oder unverwahrt läßt, daß daraus Gefahr für andere8') ent­ stehen kann;

13. wer trotz der polizeilichen Aufforderung es

unterläßt, Ge­

bäude,8'») welche dem Einsturz drohen,") auszubeffern oder nieder­

zureißen; 14. wer Bauten") oder Ausbefferungen von Gebäuden, Brun­

nen, Brücken, Schleusen oder anderen Bauwerken vornimmt,89) ohne 19 b) Bösartig bedeutet nicht eine zu boshaften Angriffen auf Menschen hintreibende Naturanlage. Entscheidend ist, daß der Mensch auch durch die Wesensart des TiereS Mutwilligkeiten ausgesetzt ist, die zu bösem Ausgang führen können. Dresden DRZ. 23 Nr. 213 und KG. JurW. 1936 S. 1391". Die Bösartigkeit kann auch durch Dreffur herbeigeführt sein. Darmstadt HRR. 1932 Nr. 352. Bösartigkeit ist auch die Neigung, zu wildern. KG. JurW. 1936 S. 1391. 19 c) Weder die Anwesenheit des Herrn noch das Anlegen eines Maul­ korbs schließt die Annahme aus, der bissige Hund sei frei umhergelaufen. JurW. 57 S. 569. 19cc) Sind die erforderlichen Vorschriftsmaßregeln gemäß § 24 RStraßenVerkO. von der OrtspolBeh. angeordnet, so kann die Nichtbefolgung zugleich nach § 36 RStraßenVerkO. strafbar sein. KG. JurW. 1936 S. 1391. 19 d) Die Verpflichtung trifft außer- dem Eigentümer auch den Inhaber oder Verwalter, nicht aber jeden Nutzungsberechtigten. E. 6 S. 64. Ideal­ konkurrenz mit § 222 ist möglich. GA. 45 S. 34. 20) Auch ein Privatgarten, in dem Personen (Arbeiter) mit einer gewiffen Regelmäßigkeit zu verkehren pflegen, gehört hierher. DIZ. 16 S. 156. Der Be­ griff des „Verkehrens" ist ein rein tatsächlicher. GA. 37 S. 202. DRZ. 24 Nr. 533. 20 a) Auch Springbrunnen. GA. 77 S. 205. 21) Hierzu gehört auch die Lücke in einem Treppengeländer. GA. 40 S. 306, nicht aber eine zersplitterte Glasscheibe. KG. D. Strafr. 1936 S. 235. 22) Hierunter ist nicht nur die hängende Fläche, sondern die seitlich durch sie begrenzte Maffe zu verstehen. Stettin v. 25. Jan. 95, GA. 42 S. 427. 23) Darunter fallen gebrechliche Personen. GA. 37 S. 441; Kinder. DRZ. 24 Nr. 533. Fahrlässigkeit genügt. Olshausen Anm. a. 23 a) Gebäude ist gleichbedeutend mit Bauwerk, also fällt auch Gebäudeteil, Giebelmauer, darunter. Dresden DRZ. 22 Nr. 561. 24) Dies hat der Strafrichter nachzuprüfen. GA. 70 S. 246. BayObLG. JurW. 55 S. 1233. Dresden DRZ. 22 Nr. 561. 25) Die Begriffe „Bau" und „Bauwerk" sind hier im weitesten Umfange gebraucht, z. B. Ausschachtung von Sand- und Lehmgruben, Legung von Tvnröhren unter einer Straße usw. GA.42S.453. DresdenHRR. 1931 Nr.905. 26) Ist durch Polizeiverordn. eine schriftliche Bauerlaubnis vorgeschrieben, so fällt derjenige unter diese Bestimmung, welcher auf Grund einer bloß mündlichen

Übertretungen § 367.

373

die von der Polizei angeordneteu oder sonst erforderlichen Sicherungs­ maßregeln^^») zu treffen;

15. wer als Bauherr,"*>) Baumeister "

oder Bauhandwerker27 * *)28 * * 26

einen Bau ") oder eine Ausbesserung, wozu die polizeiliche Genehmigung

erforderlich ist,"») ohne diese Genehmigung"»») oder mit eigenmächErlaubnis baut. GA. 39 S. 208. Die Vorschrift bezieht sich auf den Bau­ herrn. RGZ. GA. 44 S. 298. A. M. LK. Anm. XIV 2 S. 1204.

26 a) Dazu gehören auch die Unfallverhütungsvorschriften einer Baugewertsberufsgenossenschaft. JenaHRR. 1928 Nr. 2327. 26 b) Bauherr ist derjenige, dessen Wille den Bau beherrscht und, abgesehen von der technischen Seite für die Ausführung derart maßgebend ist, daß der Bau­ ausführende feinen Anordnungen nachzukommen hat. KG. DIZ. 13 S. 141; überhaupt der auf seine Rechnung und Verantwortung bauliche Maßnahmen veranlaßt. KG. JurW. 61 S. 958. Nicht wird Bauherr, wer das Allein­ eigentum am Baugrundstück erwirbt und sich zur Fertigstellung des Baues bereit erklärt. BayObLG. GA. 72 S. 143. Vgl. Anm. 65 zu § 330. Bei einer G.m.b. H. ist Bauherr die natürl. Person, die über die technische Aus­ führung tatsächlich entscheidet. KG. DIZ. 33 S. 1481. 26 c) Das ist derjenige, der die Errichtung eines Baues dergestalt leitet, daß nach seinen Anordnungen die Errichtung des Baues durch die Handwerker und Arbeiter erfolgt. BayObLG. HNR. 1929 Nr. 1626; also auch die mit der technischen Oberleitung eines Hausbaues betraute Person. Dresden JurW. 61 S. 3459. Unerheblich ist, ob er von Weisungen seiner Vorgesetzten abhängig war und sich selbst nicht dafür gehalten hat. E. 57 S. 205. Die Unterzeichnung deS Bauplanes begründet nur die Vermutung, daß der Unter­ zeichner den Bau auch tatsächlich ausführt. Dresden HNR. 1928 Nr. 1672. 27) Hierher gehören nicht alle Personen, welche die handwerksmäßigen Arbeiten beim Bau auSsühren, es wird vielmehr eine Tätigkeit verlangt, die darauf gerichtet ist, den Bau durch planmäßige Verwendung der eigenen Arbeits­ kraft und Kenntnisse sowie gegebenenfalls durch Leitung mechanisch arbeitender Gehilfen zur Vollendung zu bringen. KG. DStrN. 1937 S. 365 u. 1931 Nr. 2088 (nicht Gesellen). Dresden LZ. 23 S. 417. 28) Das wesentliche Merkmal eines Baues bildet dessen Jmmobiliareigenschaft und Untrennbarkeit von der Grundfläche. So Dresden in GA. 42 S. 52, abweichend KG. ebenda u. JFGErg. 8. S. 287. Eine Antenne ist nur dann ein Bauwerk, wenn sie mittels einer Bautätigkeit hergestellt ist. KG. v. 2. Juli 26, JurR. 2 Nr. 1886. Bauausführung ist auch die Errichtung eines Brunnens. KG. v. 24. Mai 09, DIZ. 14 S. 829. Schon der Beginn der Ausführung ist strafbar. BayObLG. JurN. 1 Nr. 1937, GA. 70 S. 245. So ist bereits Aus­ führung die Aufstellung eines Leergerüstes für einen Betonbau. Dresden HNR. 1929 Nr. 1541. Die Übertretung beginnt mit dem Abschluß der Ausführung des Baues zu verjähren. E. 37 S. 78. KG. JurW. 1937 S. 1813; oder mit der Vollendung des Teils der aufgetragenen Bauarbeiten. KG. DNZ. 22 Nr. 275; oder mit der polizeilichen Einstellung des Baues. BayObLG. DRZ. 23 Nr. 350. 28 a) Ein Irrtum über das Erfordernis ist unbeachtl. Strasrechtsirrtum. KG. JurW. 1937 S. 1813. 28 aa) Für die Einholung der Genehmigung haften die Ziffer 15 Zeile 1 aufgeführten Personen selbständig, also nebeneinander. KG. HNR. 1931 Nr. 2088. Nach rechtskräftiger Verurteilung wegen Bauens ohne polizeiliche Ge-

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A 2. Strafgesetzbuch § 368.

tiger"") Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplane ausführt oder aussühren laßt;28 * * c29 *) * 30 * * 31 *** 16.28d) wer den über da- Abhalten von öffentlichen Bersteigerungen

und über das Verabfolgen geistiger Getränke vor und bei Öffentlichen Ver­ steigerungen erlassenen pöli-eilichen Anordnungen zuwiderhandelt.

In den Fällen der Nr. 7 bis 9 kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der verfälschten oder verdorbenen Ge­ tränke oder Eßwaren, ingleichen der Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fußangeln, sowie der verbotenen Waffen erkannt werden, ohne Unter­

schied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht.

§ 368.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder

mit Haft biS zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1. wer den polizeilichen Anordnungen über die Schließung der

Weinberge zuwiderhandelt;

2. wer das durch gesetzliche oder polizeiliche Anordnungen gebotene Raupen unterläßt;28) 3. wer ohne polizeiliche Erlaubnis eine neue Feuerstätte errichtet oder eine bereits vorhandene an einen anderen Ort verlegt;")

4. wer es unterläßt, dafür zu sorgen, daß die Feuerstätten in

seinem Hause in baulichem und brandsicherem Zustande unterhalten, oder daß die Schornsteine zur rechten 8eitsi) gereinigt werden;

5. wer Scheunen, Ställe, Böden oder andere Räume, welche zur Aufbewahrung feuerfaugender Sachen dienen, mit unverwahrtem Feuer

nehmlgung ist eine nochmalige Verurteilung wegen Nichterfüllung der bei der nachträglichen Genehmigung gemachten Auflagen unzulässig. BahObLG. JurR. 3 Nr. 988. 28 b) Schuldhaft handelt auch der, der fahrlässig zu prüfen unterläßt, ob die bauliche Maßnahme mit dem Plan übereinstimmt. KG. DRZ. 19 Nr. 976. 28 c) Oder zuläßt oder duldet. Dresden DRZ. 22 Nr. 217. 28 d) Gegenstandslos. Es gelten jetzt §§ 8, 10 deS Ges. über das Versteigerergcwerbe v. 16. Oktbr. 34 (RGBl. I S. 974) in Verbindung mit §§ 53ff., 90 der DurchfVO. v. 30. Oktbr. 34 (RGBl. 1 S. 1091). 29) Auch hier wie bei Nr. 1 bedarf es nicht besonderer Pol.Verordn. Johow 20 S. C 103. Uber die Form pol. Anordnungen vgl. § 58 PrPolVerwGes. Unter Raupen ist nicht das Versehen mit einem Leim­ ring zu verstehen. KG.'DRZ. 20 Nr. 745. Siehe Anm. 59a zu§ 30 FFPG. unter E 2. 30) Hier liegt kein Dauerdelikt vor, die Verjährung beginnt mit der Er­ richtung oder Verlegung der Feuerstätte. E. 22 S. 435. Feuerstätte ist auch ein Kartoffeldämpfer. KG. v. 19. Mai 26, DIZ. 11 S. 1570. 31) D. i. zu der gesetzlich vorgeschriebenen oder nach den Umständen des Falles erforderlichen Zeit. KG. GA. 41 S. 428. Der Hauseigentümer kann die Verpflichtung nicht durch Vertrag auf einen anderen abwälzen. BayObLG. v. 5. März 25, DRZ. 17 Nr. 383.

Übertretungen § 368.

375

oder Licht betritt,81‘) oder sich denselben mit unverwahrtem Feuer oder Licht nähert;88) 6. *) wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuerfaugenden Sachen88 ^) Feuer88'') anzündet;88) 7. wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuerfaugenden Sachen mit Feuergewehr schießt ")-vder Feuerwerke abbrennt; 8. wer die polizeilich vorgeschriebenen Feuerlöschgerätschasten über­ haupt nicht oder nicht in brauchbarem Zustande hält oder andere feuerpolizeiliche Anordnungen88) nicht befolgt; 9. wer unbefugt88) über Garten oder Weinberge, oder vor be31a) Auch wer im Theaterraum ein Streichholz entzündet. KG. DIZ. 34 S. 1688. 32) Feuerfangend kann eine Sache sein, auch wenn sie in einem unver­ schlossenen Raum aufbewahrt wird. E. 30 S. 108 (113). Ob ein Feuer un­ verwahrt ist, hangt von der Feuergefährlichkeit der Sachen, ihrer (Entfernung vom Feuer und von den Schutzvorschriften ab. E.7 S. 202. Recht 10 S. 195. Landesfeuerpolizeiliche Vorschriften sind zulässig. E. 7 S. 201. Vgl. §§ 28,40 Feld- u. ForÜPG. unter E 2. ♦) I. d. F. des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). Vgl. § 310a. 32a) Feuerfangend ist ein gelandetes Flugzeug, wenn anzunehmen ist, daß die Benzintanks infolge der Erschütterung undicht geworden sind. Naum­ burg DNZ. 22 Nr. 744. 32 b) Darunter fällt brennendes Streichholz oder Benzinfeuerzeug. Breslau JurR. 1 Nr. 545. 33) oder für das Weiterbrennen tätig ist. GA. 46 S. 114. 34) Hierunter fallt auch das Abfeuern blinder Schüsse. Das Schießen mit nicht feuergefährlichen Schießwerkzeugen (Windbüchsen, Floberts rc.) gehört also nicht hierher, sondern fällt unter § 367 Nr. 8. Jagdberechtigung des Täters ist unerheblich. Dgl. ferner §§ 36 Abs. 1, 60 Abs. 2 Nr. 9 RJagdges. (unter B X 1) und Waffenges. (unter B III 9). 35) Darunter sind solche allgemeine Anordn, zu verstehen, die gegenüber jedem Einwohner des Bezirks, für den sie erlassen, Geltung haben, während sich § 330 c nur auf individuelle Weisungen der Polizeibehörde bezieht. KG. GA. 37 S. 308; z. B. Unterbringen von Kraftwagen in Scheunen. KG. JurW. 61 S. 811. Außerdem umfaßt der Begriff alle Anordnungen, welche sich auf das Feuerlöschwesen überhaupt beziehen. KG. GA. 42 S. 281; so Ladungen zur Spritzenprobe. Dresden HRR. 1932 Nr. 1276. Siehe Pr. Ges. über das Feuerlöschwesen v. 15. Dezbr. 33 (GS. S. 484) u. PolBO. über die Pflichtfeuerwehren v. 1. Novbr. 34 (GS. S. 436). DaS Verbot des Nächtigens im Freien findet im § keine Grundlage. BayObLG. GA. 72 S. 371. 36) Vorsatz erforderlich. OLG. Dresden JurW. 1937 S. 182. Die irrige Annahme einer Wegegerechtigkeit kann die Strafbarkeit ausschließen. DStZ. 1 S. 679. Die Vorschrift bezieht sich auch auf Forstgrundstücke. Sie ist durch F. u. FPG. (vgl. §§ 8 u. 32) nicht beseitigt. Es darf somit das Betreten von Privatwegen in Wäldenr untersagt werden. KG. GA. 53 S. 181 u. KG. Recht 13 S. 158, DIZ. 14 S. 213. Es ist zulässig, einen Privat­ weg nur für einige Arten von Fahrzeugen (z. B. Fahrräder) zu sperren. KG. Recht 18 S. 711; oder Hausierern das Betreten des Privatweges allgemein

376

A 2. Strafgesetzbuch § 368.

enbeiet86») Ernte über Mesen8") ober bestellte Äcker, oder über solche

Äcker, Wiesen, Weiden oder Schonungen, welche mit einer Einfriedigung versehen sind, oder deren Betreten durch Warnungszeichen3?) unter­ sagt ist, oder aus einem durch Warnungszeichen geschlossenen Privat­ weg88) geht, fährt, reitet oder Vieh treibt; 10.39 * *)40 * wer * * * *zur * * * *Jagd * * * 37ausgerüstet, 38 89») unbefugt^9) ein fremdes durch Anschlag zu verbieten. KG. DIZ. 36 S. 901. Die Eigenschaft eines Privatweges verliert ein Weg schon dann, wenn der dinglich Berechtigte ihn dem öffentlichen Verkehr widmet. Kiel HNR. 1928 Nr. 1380. Unbefugt han­ delt nicht, wer gemäß § 917 BGB. ein Recht auf einen Notweg hat, mag dies Recht auch noch nicht durch Urteil festgestellt sein. KG. DIZ. 14 S. 1446. Der Jagdberechtigte betritt fremde Acker nicht unbefugt (vgl. im einzelnen § 48 RJagdges. v. 3. Juli 34 — RGBl. I S. 549 —). Fahrlässige Übertretung

ist nicht strafbar. Braunschweig GA. 53 S. 82. 36 a) Unter beendeter Ernte ist der nach der gewöhnlichen Ertragsfähig­ keit der einzelnen Wiese mögliche d. i. regelmäßige letzte Jahresschnitt ein­ schließlich der Einführung des Grummets zu verstehen. BayObLG. v. 5. Juni 24, LZ. 18 S. 597. Ein Befahren der Wiesen in der ersten Zeit, in der sich die Vegetation noch nicht entfaltet hat, ist nicht verboten. KG. DRZ. 20 Nr. 746. 36 b) Nicht auch die darüber führenden Wege. Naumburg LZ. 25 S. 195. 37) Nur solche Warnungszeichen sind zu beachten, welche von einer be­ rechtigten Person gesetzt sind. OTr. GA. 24 S. 470; u. die sinnlich wahrnehm­ bar sind. Naumburg DRZ. 21 Nr. 316 u. LZ. 25 S. 195. Hierher gehört auch ein Schlagbaum, wenn er die Sperrung des Weges bezweckt. KG. DIZ. 16 S. 96. 38) Im Gegensatz zu den „rechtl.-öffentl. Wegen" d. h. solchen, die ausdrückl. oder stillschweigend von allen rechtlich Beteiligten dem öffentl. Verkehr gewidmet sind, so daß für jedermann ein öffentl.-rechtl. Anspruch auf Be­ nutzung begründet ist. Dresden TRZ. 24 Nr. 839 u. BayObLG. in JurW. 1934 S. 1673. Eine solche Widmung ist vor allem daraus herzuleiten, daß sich auf dem Wege seit Menschengedenken der öff. Verkehr bewegt. OLG. Dresden JurW. 1937 S. 182. Vgl. noch §§ 28, 60 Abs. 2 Nr. 5 RJagdges. 39) In der Fassung des Ges. v. 28. Juni 35, RGBl. I S. 839. 39 a) Zur Jagd ausgerüstet ist, wer Jagdgerät, insbesondere ein Gewehr bei sich führt, von dem er in jedem Augenblicke Gebrauch machen kann. Daß das Gewehr auseinander genommen ist, schließt die Jagdausrüstung nicht aus. R. 1 S. 671 u. N. 9 S. 556. Nach BayObLG. v. 7. Aug. 25, DIZ. 30 S. 1514. DRZ. 17 Nr. 489 muß das Jagdgerät, das zur Ausübung der Jagd auf jagdbare Tiere bestimmt sein muß, zur Verwendung bei der Jagd dauernd bereit sein. Ebenso LK. Anm. 5. Das Mitführen eines Jagdhundes ist nicht strafbar, wenn dem Begleiter des Jagdhundes nicht das Bewußtsein inne­ wohnt, bafc er durch das Mitführen des Hundes zur Jagd ausgerüstet sei. Celle GA. 48 S. 148. Zum Tatbestände dieser Übertretung gehört nicht bewußte Widerrechtlichkeit, es liegt ein reines Polizeidelikt vor und genügt also Fahr­ lässigkeit. Darmstadt GA. 44 S. 174. E. 38 S. 104. Hat der A. bei Beginn der Pacht Erkundigungen über die Grenzen seines Bezirks beim Gemeinde­ vorsteher eingezogen, so hat er das getan, was von ihm verlangt werden konnte. KG. Recht 17 S. 473. 40) Forstschutzbeamte können in Ausübung des Forst- und Jagdschutzes auch fremde Reviere betreten lvgl. § 3 Abs. 2 der DurchfVO. zu dem Gesetz

Übertretungen §§ 369 u. 370. Jagdgebiet außerhalb

der

zum

377

allgemeinen Gebrauch bestimmten

SBege41 * *) * betritt *** ; 10 a.39)* wer sich mit gebrauchsfertigem Fischereigerät unbefugt aus

fremden Fischgewässern oder außerhalb der zum allgemeinen Gebrauch bestimmten 2Bege41j an fremden Fischgewässern aushült; II.44) § 369.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder

mir Haft bis zu vier Wochen werden bestraft: 1. Personen, welche ohne obrigkeitliche Anweisung oder ohne Ge­ nehmigung des Inhabers einer Wohnung Schlüssel zu Zimmern oder

Behältnissen in der letzteren ansertigen oder Schlösser an denselben öffnen, ohne Genehmigung des Hausbesitzers oder seines Stellvertreters einen Hausschlüssel") anfertigen, oder ohne Erlaubnis der Polizei­ behörde Nachschlüssel oder Dietriche verabfolgen;

2.40)46 3. Gewerbetreibende, welche in Feuer arbeiten, wenn sie die Vor­ schriften nicht befolgen, welche von der Polizeibehörde wegen Anlegung und Verwahrung ihrer Feuerstätten, sowie wegen der Art und der Zeit, sich des Feuers zu bedienen, erlassen sind. § 370. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder

mit Hast wird bestraft: 1. wer unbefugt ein fremdes Grundstück, einen öffentlichen oder Privatweg oder einen Grenzrain46a) durch Abgraben oder Abpflügen verringert;47) über den Waffengebrauch der Forst- und Jagdschutzberechtigten v. 7. März 35, RGBl. I S. 377). E. 16 S. 197. Die Befugnis kann auch auf den Be­ stimmungen über den Jägernotweg (8 28 RJagdges.) beruhen; sie kann im Einzelfall auch durch § 228 BGB. gegeben sein. Rostock DIZ. 16 S. 544. Jedoch nach Erschöpftmg der jagdgesetzlich gewährten Möglichkeiten. Keil JurN. 2 Nr. 762. 41) Zum Gebrauch bestimmt ist nur der eigentliche Weg, nicht auch die Böschungen, Seitengräben usw. E. 16 S. 203. Der Irrtum des Täters über die Öffentlichkeit des Weges schließt die Strafbarkeit aus. München GA. 41 S. 152. 44) Die Vorschrift ist ausgehoben durch Ges. v. 28. Juni 35. Soweit es sich um den Schutz von Singvögeln handelt, ist dieNaturschutzVO. v. 18. März 36 (unter B X 3) maßgebend. Das unbefugte Ausnehmen der Eier oder Jungen von jagdbarem Federwild ist nach § 1 Abs. 2 RJagdges. v. 3. Juli 34 in Verbindung mit § 292 StGB, strafbar. 45) Als solcher ist kein Schlüssel anzusehen, der einen Torweg öffnet, durch den man in das unverschlossene Haus gelangen kann. KG. GA. 43 S. 268. 46) Nr. 2 ist aufgehoben durch die Maß- und Gewichtsordnung v. 30. Mai 08 (RGBl. G. 349). Es gelten jetzt die §§ 60 und 61 des Maß- und Gewichtsgesetzes v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1499), abgedr. unter B IV 10. 46a) Der Rain muß tatsächlich auf der Grenze stehen. BayObLG. GA. 75 S. 102.

378

A 2. Strafgesetzbuch § 370. 2. wer unbefugt von öffentlichen oder Privatwegen Erde, Steine47 48)49 50 51 52 53 54 55

oder Rasen,"*) oder aus Grundstücken, welche einem anderen gehören,")

Erde, Lehm,

Sand,88) Grand

oder

Mergel gräbt,

Plaggen

oder

Bülten haut, Rasen,48*)8') Steine,") Mineralien,88*) zu deren Ge­

winnung es einer Verleihung, einer Konzession ober einer Erlaubnis der

Behörde nicht bedarf, oder ähnliche Gegenstände8') wegnimmt;88) 3. wer von einem zum Dienststande gehörenden Unteroffizier oder

Gemeinen (des Heeres oder der Marine = jetzt:) der Wehrmacht ohne die

schriftliche Erlaubnis des

vorgesetzten Kommandeur-

Montierungs­

oder Armaturstücke kauft oder zum Pfande nimmt; 4. M)

5.88) wer Nahrungs-88 *) oder Genußmittel88) oder andere Gegen47) Erforderlich ist eine Verminderung der Grundstücksfläche, eine äußer­ liche Verschiebung der Grundstücksgrenze. BayObLG. JurW. 59 S. 837. Die Verringerung eines Grenzraines kann mit der Beseitigung der vorhandenen Grenzmerkmale (§ 274 Nr. 2) in Jdealkonkurrenz zusammentreffen. E. 22 S. 286 u. Recht 13 Nr. 3882. Daß der verringerte Grenzrain oder Weg ein fremder, dem Täter nicht gehöriger ist, ist nicht notwendig. E. 26 S. 74. Auch der Pächter macht sich schuldig, der Pachtland des Nachbars abpflügt, auch wenn beide Grundstücke dem Verpächter gehören. KG. DIZ. 15 S. 970. 48) Die Steine können sich auch auf der Oberfläche befinden. Nicht not­ wendig ist es, daß sie mit dem Grund und Boden verbunden sind. Vgl. aber Anm. 52. 48a) Auch einzelne mit dem Boden noch nicht verbundene Rasenstücke. BayObLG. JurW. 59 S. 837. 49) Die Grundstücke müssen durch die Wegnahme eine Substanzverände­ rung erleiden. Recht 14 Nr. 249. Auch Grenzgraben. JFGErg. 6 S. 293. 50) Die Wegnahme von Sand vom Meeresufer fällt nicht unter diesen Paragraphen. Königsberg GA. 37 S. 222. 51) Die Entwendung ungestochenen Torfes ist nach diesem Paragraph zu bestrafen. E. 21 S. 27. Ebenso wird man die Wegnahme von Eis aus Privatgewässern hierher zu rechnen haben. Olshausen Anm. c. 52) Vorausgesetzt wird, daß sich die Steine bis zu ihrer Wegnahme in dem Grundstück als Bodenbestandteil befunden haben. Waren sie schon vom Eigentümer ausgegraben, so liegt Diebstahl vor. N. 9 S. 313. Vgl. hierzu GA. 39 S. 449. Uber die Bestrafung der unbefugten Gewinnung von Bern­ stein siehe Ges. v. 11. Febr. 1924 (GS. S. 106), dazu Recht 34 Nr. 1841. 52a) Ges. v. 26. März 56 (GS. S. 203) und Phosphoritges. v. 16. Ok­ tober 1934 (GS. S. 404). 53) Unter allen Umständen ist ein vorsätzliches Handeln erforderlich und eine fahrlässige Übertretung dieser Strafbestimmung ausgeschlossen. GA. 37 S. 73. Hier wird Zueignungsabsicht auch nicht im Falle der Wegnahme ver­ langt. JFGErg. 6 S. 293. 54) Aufgehoben durch Ges. v. 28. Juni 35, RGBl. I S. 839. Vgl. jetzt § 293. 55) Die Vorschrift setzt nicht voraus, daß das Bedürfnis, das den Anreiz zur Tat gab, auf andere Weise nicht befriedigt werden konnte. E. 52 S. 245. 55 a) Dahin gehören alle Gegenstände, welche zur Ernährung des mensch­ lichen Körpers dienen, auch, wenn sie erst gekocht werden müssen, um genießbar

Übertretungen § 370.

stände des hauswirtschastlichen Verbrauchs67)

379 in geringer Stenge671)

oder von unbedeutendem WerteM) zum alsbaldigen89) Verbrauch ent­ wendet tO) oder unterschlägt. zu sein. E. 1 S. 233. Selbst lebende Tiere sind hierher gerechnet. R. 6 S. 488. 56) Genußmittel sind diejenigen, welche zwar dem Körper zugeführt und genossen werden, aber nicht zur Ernährung bestimmt sind. Es gehören hierher nicht Blumen, E. 4 S. 72, wohl aber Tabak, E. 5 S. 289; Morphium für Morphinisten. Hamm, DNZ. 20 Nr. 440. 57) Der Verbrauch muß zur Befriedigung der Bedürfnisse des tagl. Le­ bens stattfinden. Um solchen Verbrauch handelt es sich stets, wenn mittels einer das Wesen des Stoffs vernichtenden oder umgestaltenden Verarbeitung Gegen­ stände bereitgestellt werden, gleichviel, ob im Wege der Neuanfertigung oder Ausbesserung. E. 58 S. 374. Da nicht Verbrauch, sondern Gebrauch, so fällt nicht hierunter die Verwendung von Wäschestücken. E. 46 S. 422; nicht von Stroh als Bettstroh. Recht 21 Nr. 1392, nicht die Einpflanzung von Sträuchern. Recht 18 Nr. 3088; nicht Grubenholz, soweit es nicht als Brenn­ holz dient. E. 53 S. 205; nicht Mauersteine. Kiel JurW. 59 S. 285; wohl aber gehört hierher Leder, wenn es geeignet ist, zu kleinen Ausbesserungen am Schuhwerk zu dienen. E. 53 S. 229; so von einem Sattel abgeschnittene Lederstücke. Königsberg DRZ. 23 Nr. 701; Zement. BahObLG. JurW. 55 S. 2204. Es fallen auch hierunter Terpentin und Firnis zum Anstteichen einer Laube. E. 47 S. 80, aber E. 58 S. 374; unter Umständen auch Kalk. E. 51 S. 51; auchViehfutter, wenn es zur Nahrung für ein in der Hauswirt­ schaft benutztes Tier dient. E. 47 S. 247 u. S. 266, aber GA. 62 S. 340. Kein hauswirtsch. Verbrauch ist die Verwertung von Heizmaterial int Gastwirtschaftsgewerbe. KG. Recht 31 Nr. 766. 57 a) Eine Flasche Aquavit ist keine geringe Menge. LZ. 13 S. 812. 58) Maßgebend ist der Wert zur Zeit der Entwendung. GA. 64 S. 118. Es kommt auf den gemeinen Wert an. Recht 15 Nr. 3042. Unbedeutend ist er dann, wenn er nach der allgemeinen Derkehrsauffassung als unerheblich so­ wohl für den Gewinn wie für den Verlust angesehen und behandelt wird. BayObLG. JurW. 3 Nr. 2162. Ist die Entwendung von mehreren verübt, so ist der Gesamtwert des Entwendeten entscheidend. E. 8 S. 406. Dresden LZ. 25 S. 125, desgl. bei fortgesetzter Handlung. E. 17 S. 332. Nach Ham­ burg LZ. 22 S. 1116 ist entscheidend die Menge, die nach dem Willen des fortges. handelnden Täters hat entwendet werden sollen. Unerheblich ist die Zahl und der Bedarf der Täter. JurW. 43 S. 380. 59) „alsbald" ist nicht gleichbedeutend mit „sofort" oder „unmittelbar"; zwischen der Entwendung und dem Gebrauche kann vielmehr ein ige Zeit liegen. N. 1 S. 385. GA. 50 S. 386; auch ist es bedeutungslos, daß die Nahrungs­ mittel nicht in einer Mahlzeit verzehrt worden sind, R. 7 S. 582. Nimmt der Täter aber mehr, als sich in nächster Zeit überhaupt verzehren läßt, so daß die Ansammlung eines Vorrates für mehrere Mahlzeiten anzunehmen ist, so kann der Tatbestand des Diebstahls vorliegen. Vgl. E. 10 S. 308. Alsbaldiger Ver­ brauch liegt auch nicht vor, wenn die Nahrungsmittel zur Zubereitung eine- als Vorrat bestimmten anderen Nahrungsmittels verwendet werden. GA. 48 S. 300. Diese Strafbestimmung findet auch dann Anwendung, wenn die Entwen­ dung zum alsbaldigen Gebrauch dritter Personen (Angehöriger) erfolgt ist, R. 8 S. 139; E. 53 S. 169; sie ist aber ausgeschlossen, wenn der Täter die

380

A 2. Strafgesetzbuch § 370. Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder

gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos. 6. wer Getreide oder andere zur Fütterung des Viehes bestimmte

oder geeignete Gegenstände wider Willen des Eigentümers toegntmmt,61 * *)62 * 60 **** um dessen Vieh damit zu füttern.

In den Fällen der Nr. 5 und 6 tritt die

Antrag ctn.68

Verfolgung nur auf

Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

Absicht gehabt, das Entwendete zu verschenken oder zu verkaufen, E. 10 S. 308 (selbst wenn der Beschenkte es sofort verzehren will. Recht 15 Nr. 1853) oder gegen andere Nahrungsmittel zu vertauschen. RG. HRR. 1937 Nr. 774. 60) Die Tat ist begrifflich Diebstahl oder Unterschlagung. Es ist daher in objektiver und subjettiver Beziehung der vollständige Tatbestand dieser Delikte erforderlich. R. 6 S. 422. E. 51 S. 65. Die im § 243 enthaltenen Erschwerungsgründe finden jedoch auf den Dwndraub keine Anwendung. Anm. 92 a zu § 248 a. Wenn der Täter einsteigt, einbricht usw. lediglich in der Absicht, einen Mundraub zu verüben, er aber demnächst andere Sachen wegnimmt, so begeht er, wenn eine einheitliche Tat vorliegt, einen schweren, wenn eine Mehrheit selbständiger Taten vorliegt, einen einfachen Diebstahl. PlenEntsch. E. 14 S. 312. Hat der Täter den Vorsatz Lebensmittel und Geld zu stehlen, nimmt er aber nur Lebensmittel, weil er Geld nicht findet, oder hat er den Vorsatz nur Geld zu stehlen, nimmt er aber nur Lebensmittel, so liegt Tateinheit zwischen versuchtem (und wenn er eingestiegen ist, zwischen versuchtem schweren Dieb­ stahl) und Mundraub vor. E. 53 S. 198; E. 30 S. 67 u. E. 68 S. 197. LK. Anm. 12Ad nimmt im ersten Fall vollendeten Diebstahl an. Nimmt der Täter Lebensmittel und Geld, so liegt lediglich Diebstahl vor. Recht 22 Nr. 1831. Ging der Vorsatz des Täters auf zahlreiche fortgesetzte Entwen­ dungen geringwertiger Gegenstände, wurden aber Entwendungen nur in einer geringeren Anzahl von Fällen begangen oder versucht, sind nur diese Falle maßgebend. Die Möglichkeit, daß bei einer weiteren Fortsetzung die Grenze des § 370 Nr. 5 überschritten werde, kommt nicht in Bettacht. E. 63 S. 273. Durch die gleichzeitige Wegnahme der Gefäße und Umhüllungen, in welchen sich die Nahrungsmittel befinden, wird § 370 Nr. 5 nicht ausge­ schlossen. R. 2 S. 516. Bei einer mittels Sachbeschädigung (Einbruch) und widerrechtlichen Eindringens in eine fremde Behausung ausgeführten Ent­ wendung Tatmehrheit zwischen § 3706 und §§ 123 u. 303 StGB. R. 10 S. 418. 61) Eignet sich der Wegnehmende später das Futter an, so begeht er außerdem Unterschlagung. GA. 56 S. 315. Zum Vieh sind auch Hunde u. Katzen zu rechnen. LK. Anm. 3 S. 1223. 62) Befinden sich der Eisenbahn zum Transport übergebene Sachen noch im Lagerraum oder sonst im Gewahrsam der Transportanstalt, so ist auch die Eisenbahnverwaltung antragsberechtigt. DIZ. 13 S. 428. GA. 55 S. 114. Ein Bäckermeister ist nicht mehr sttafantragsberechtigt, wenn der gestohlene Semmelbeutelsich an der Haustür des Käufers befand. DIZ. 14 S. 491.

A 3. DO. üb. Vermögensstr. — A4. Ges. geg. Gewohnheitsverbr.

381

A 3. Verordnung über Vermögensstrafen und Süßen. Vom 2. Februar 1924.

(RGBl. I S. 44.) Artikel II. Geldstrafen, die nicht bei Verbrechen, Vergehen oder Über­ tretungen angedroht sind oder werden, insbesondere Zwangsstrafen und Ordnungsstrafen, sind in Reichsmark sestzusetzen. Die Geldstrafe beträgt, soweit nicht höhere Beträge oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, mindestens eine Reichsmark und höchstens eintausend Reichsmark. Die Vorschrift des Abs. 2 über Höchstbeträge gilt nicht, soweit die angedrohte Strafe in dem Mehrfachen, dem Einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrags besteht. Ist dieser nicht auf Reichs­ mark gestellt, so ist er für die Festsetzung der Geldstrafe in Reichsmark umzurechnen. Soweit an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe eine Ersatz­ freiheitsstrafe zu treten hat, darf die Geldstrafe nur in Haft von höchstens sechs Wochen umgewandelt werden; ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe von weniger als sechs Wochen angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen. Die Erjatzstrafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden. Im übrigen richtet sich ihr Maß nach freiem Ermessen der Behörde, die sie festsetzt.

A 4. Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung. Vom 24. November 1933.

(RGBl. I S. 995.) Artikel 5.

1. Ist die abzuurteilende Tat vor dem 1. Januar 1934 begangen und wäre die Strafschärfung für gefährliche Gewohnheitsverbrecher zulässig, wenn die Vorschrift des § 20a des Strafgesetzbuchs schon bei Begehung der Tat gegolten hätte, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

A 3. DO. üb. Vermögensstr. — A4. Ges. geg. Gewohnheitsverbr.

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A 3. Verordnung über Vermögensstrafen und Süßen. Vom 2. Februar 1924.

(RGBl. I S. 44.) Artikel II. Geldstrafen, die nicht bei Verbrechen, Vergehen oder Über­ tretungen angedroht sind oder werden, insbesondere Zwangsstrafen und Ordnungsstrafen, sind in Reichsmark sestzusetzen. Die Geldstrafe beträgt, soweit nicht höhere Beträge oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, mindestens eine Reichsmark und höchstens eintausend Reichsmark. Die Vorschrift des Abs. 2 über Höchstbeträge gilt nicht, soweit die angedrohte Strafe in dem Mehrfachen, dem Einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrags besteht. Ist dieser nicht auf Reichs­ mark gestellt, so ist er für die Festsetzung der Geldstrafe in Reichsmark umzurechnen. Soweit an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe eine Ersatz­ freiheitsstrafe zu treten hat, darf die Geldstrafe nur in Haft von höchstens sechs Wochen umgewandelt werden; ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe von weniger als sechs Wochen angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen. Die Erjatzstrafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden. Im übrigen richtet sich ihr Maß nach freiem Ermessen der Behörde, die sie festsetzt.

A 4. Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung. Vom 24. November 1933.

(RGBl. I S. 995.) Artikel 5.

1. Ist die abzuurteilende Tat vor dem 1. Januar 1934 begangen und wäre die Strafschärfung für gefährliche Gewohnheitsverbrecher zulässig, wenn die Vorschrift des § 20a des Strafgesetzbuchs schon bei Begehung der Tat gegolten hätte, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

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A 4. Gesetz gegen Gewohnheitsverbrecher.

2.1)2Verbüßt?) 3456 jemand, der schon zweimal rechtskräftig verurteilt worden ist, nach dem 1. Januar 1934 auf Grund eines weiteren?), vor diesem Zeitpunkt ergangenen Urteils eine Freiheitsstrafe?) und ergibt die Gesamtwürdigung seiner Taten, daß er ein gefährlicher Ge­ wohnheitsverbrecher ist, so kann das Gericht die Sicherungsverwahrung des Verurteilten nachttäglich anordnen, wenn die öffentliche Sicher­ heit es erfordert?). Die Anordnung setzt voraus, daß die drei Ver­ urteilungen wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens ergangen sind und in jeder von ihnen auf Todesstrafe, Zuchthaus oder Gefängnis von mindestens sechs Monaten?) erkannt worden ist. § 20a Abs. 37), 4 des Strafgesetzbuchs gilt entsprechend. 1) Ist in einem nach dem 1. Jan. 34 ergangenen Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung, obwohl sie nach Art. 5 Nr. 1 möglich gewesen wäre, nicht ausgesprochen worden, so steht einer Anordnung nach Art. 5 Nr. 2 die konsumierende Wirkung der Rechtskraft entgegen. E. 69 S. 170. 2) Es ist nicht erforderlich, daß der Täter zur Zeit des auf Sicherungs­ verwahrung lautenden Urteils noch Strafe verbüßt. E. 68 S. 149. 3) Also keine nachttägliche Sicherungsverwahrung, wenn die zuletzt er­ kannte Strafe zuerst verbüßt ist und der Täter jetzt Strafe aus den früheren Urteilen verbüßt: E. 68 S. 214. Nach E. 68 S. 313 bezieht sich dies Urteil jedoch nur auf den Fall, daß lediglich 3 Bestrafungen vorliegen. Liegen mehr als 3 vor, so genüge es, wenn die Merkmale, die Art. 5 Nr. 2 für die 3. Be­ strafung aufstellt, bei dem vorletzten Urteil vorliegen und der Verurteilte aus Grund dieses Urteils nach dem 1. Jan. 34 Strafe verbüßte. Die Taten, die der zweiten und dritten Verurteilung zugrunde liegen, müssen jeweils nach dem Eintritt der Rechtskraft der vorausgehenden Verurteilung begangen sein. NG. in JurW. 1934 S. 2912 und E. 68 S. 427. 4) nicht: Ersatzfreiheitsstrafe. RG. in DJust. 1935 S. 1769. 5) Auch gegen vermindert Zurechnungsfähige. RG. in DJust. 1935 S. 1418. 6) Es genügt, wenn in jeder der drei Verurteilungen auf eine Gesamt­ strafe in dieser Höhe erkannt ist: NG. in JurW. 1934 S. 1667. Besteht die 3. Verurteilung in einer Gesamtstrafe, so braucht sich die Gesamtwürdigung nicht auf alle der Gesamtstrafe zugrunde liegenden Taten zu erstrecken, wenn eine der Einzelstrafen die im Art. 5 Nr. 2 Satz 2 bezeichnete Höhe erreicht. E. 69 S. 25. Ist dies bei keiner der Einzelstrafen der Fall, so müssen alle gewürdigt werden. E. 68 S. 359. 7) d. h. nur Strafen von mindestens 6 Monaten Gefängnis unterbrechen die Rückfallsverjährungsfrist. NG. in JurW. 1934 S. 2620. Die nachttäg­ liche Anordnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die jetzt in Verbüßung begriffene letzte Strnfe mehr als 5 Jahre vor der Entscheidung über die An­ ordnung zurückliegt. E. 69 S. 8.

A 5. DO. über die Vereinnahm, gerichtl. erkannter Geldstr. §§ 1 u. 2.

383

A 5. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen. Vom 3. September 1936.

(RGBl. I S. 715)*)

§ 1. Vorschriften des Reichs^ und der Länder?), nach denen von den Strafgerichten?) rechtskräftig festgesetzte Geldstrafen*) und rechtskräftig eingezogene Gegenstände?) anderen Stellen als der Reichskasse gebühren, werden mit Wirkung vom 15. September 1936

aufgehoben; jedoch gebühren die Geldstrafen und eingezogenen Gegen­ stände dem bisherigen Empfänger, wenn die strafgerichtliche Ent­ scheidung vor dem 15. September 1936 rechtskräftig geworden ist.

§ 2. § 1 gilt nicht für Geldstrafen, die auf Grund des Lebens­ mittelgesetzes vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 134) in der Fassung der *) Schrifttum: Schäfer, DJust. 1936 S. 1435. 1) Z. B. §§ 146 Abs. 3,116 GewO., §132 der Seemar.nsordnung, § 33 des Postges., § 265 AB AVG. 2) Z. B. § 34 Pr. FDG. 3) Die VO. gilt nicht a) für kriminelle Geldstrafen, die durch polizeiliche Strafverfügung (§ 413 StPO.), durch Strafbescheid einer Verwaltungsbehörde(§ 419 StPO., § 447 RAbgO. usw.) oder im Unterwerfungsverfahren rechtskräftig fest­ gesetzt worden sind, b) für nichtkriminelle Ordnungsstrafen in G«ld, die von anderen Stellen als den Strafgerichten unter Ausschluß des ordentl. Rechtsweges festgesetzt sind, sowie für Geldstrafen auf Grund ehren-, berufs- und dienst­ strafgerichtlicher Erkenntnisse. 4) Dazu gehört auch die Buße nach § 18 des Schwerbeschädigtenges. (Nr. 7 der AB. v. 10. Febr. 37, DJust. S. 221). Unberührt bleiben andere im Urteil festgesetzten Vermögensrecht!. Folgen, z. B. die Verpflichtung zum Wertersatz an den Geschädigten gern. § 9 PrFDG. 5) Die VO. hat nur diejenigen Vorschriften beseitigt, nach denen etngezogene Gegenstände anderen Stellen als der Neichskasse gebühren, d. h. mit der Rechtskraft des Urteils nicht in das Eigentum des Reiches über­ gehen. Dagegen ist nichts an den durch Gesetz, Verordnung oder Ver­ waltungsanordnung getroffenen Vorschriften geändert, die eine bestimmte Art der Verwertung eingezvgener Gegenstände zugunsten anderer Stellen als der Justizverwaltung vorsehen. So sind u. a. unberührt geblieben § 5 Abs. 5 des Heimtückeges. (unter B I 5), betr. Überweisung rechtskräftig ein­ gezogener parteiamtlicher Uniformen, Mzeichen usw. an die Reichszeugmeisterei der NSDAP, zur Verwertung, § 14 Abs. 2 des Sammlungsges. v. 5. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1086), wonach über die Verwendung des ein­ gezogenen Betrages einer nicht genehmigten Sammlung die zuständige Be­ hörde entscheidet oder § 16 Abs. 2 AussVO. zum Neichsnatmschutzges. v. 31. Oktbr. 35 (RGBl. I S. 1275), betr. Überweisung rechtskräftig ein­ gezogener Gegenstände auf Antrag an die zuständige Naturschutzstelle zu gemeinnützigen Zwecken.

384

A 5. BO. über die Vereinnahm, gerichtl. erkannter Geldstr. §§ 1 u. 2.

Bekanntmachung vom 17. Januar 1936 (RGBl. I S. 17) oder auf Grund solcher Gesetze erkannt werden, auf die der § 19 des Lebens­

mittelgesetzes anwendbar ist6). 6) Dies sind: Gesetz, betr. den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen Gegen­ ständen v. 25. Juni 87 (RGBl. S. 273), Ges. betr. die Verwendung gesund­ heitsschädlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genuß­ mitteln und Berbrauchsgegenständen v. 5. Juli 87 (RGBl. S. 277), Ges. betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmal- und deren Ersatzmitteln v. 15. Juni 97 (RGBl. S. 475), Weingesetz v. 25. Juli 30 (RGBl. I S. 356 (§ 33) und Milchgesetz v. 31. Juli 30 (RGBl. I S. 421). Das Nitritges. v. 19. Juni 34 (RGBl. I S. 513) gehört nicht hierher, da es den § 19 LMG. nicht für anwendbar erklärt. Wegen der Behandlung der unter § 2 fallenden Geldstrafen vgl. § 15 der AB. über Einforderung u. Beitreibung von Bermögensstrafen v. 28. Mai 37, DJust. S. 840.

B. Strafrechtliche Uebengesehe. I. Uolitische Gesetze. Bll. Gesetz zum Schutze des deutschen Klntes und -er deutschen Ehre. Vom 15. September 1935.*) (RGBl. I S. 1146.)

Durchdrungen von der Erkenntnis, daß die Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des Deutschen Volkes ist, und beseelt von dem unbeugsamen Willen, die Deutsche Nation für alle Zukunft zu sichern, hat der Reichstag einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: § 1. (1) Eheschließungen zwischen Juden *) und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes?) sind verboten. Trotzdem ge­ schlossene Ehen sind nichtig, auch wenn sie zur Umgehung dieses Ge­ setzes im Ausland geschlossen sind. (2) Die Nichtigkeitsklage kann nur der Staatsanwalt erheben.

§ 2. Außerehelicher Verkehr*) zwischen Juden und Staats­ angehörigen deutschen oder artverwandten Blutes ist verboten?) *) I. AusfVO. v. 14. Novbr. 35 nachstehend abgedruckt. Zu § 1. 1) Das Blutschutzges. stellt nur Verletzungen des Schutzes von Blut u. Ehre auch Juden, gleichgültig, welcher Staatsangehörigkeit, unter Strafe, nicht auch Angehörige anderer Rassen; insoweit vgl. lediglich § 6 I. AusfVO. Soweit es sich um fremde Staatsangehörige handelt, s. §§ 9, 10, 12 Abs. 4,16, soweit Staatenlose in Betracht kommen, s. § 15 AusfVO. 2) Deutschblütige fremder Staatsangehörigkeit werden durch das Blutschuhges. in keinem Falle betroffen. Zu § 2. 1) Solcher liegt auch bei Wiederaufnahme geschlechtlicher Be­ ziehungen nach rechtskräftiger Scheidung zwischenJuden und Deutschblütigen vor; Zulässigkeit oder Bewilligung der Wiederheirat ist unerheblich. RG. JurW. 1937 S. 1781. 2) Was hier unter „außerehelichem Verkehr" zu verstehen ist, darüber vgl. § 11 AusfVO. nebst Anm. Dalcke, Strafrecht.

30. Aufl.

386

BL Politische Gesetze.

Wer Jude ist, bestimmt nach § 1 Abs. 3 AusfBO. der § 5 der I. Ausf.BO. z. Reichsbürgerges. Durch Satz 2 des 8 11 ist das hier ausgesprochene Verbot des außerehelichen Geschlechtsverkehrs auf einen solchen von Juden mit staatsangehörigen jüdischen Mischlingen zweiten Grades erweitert worden entsprechend § 2 Abs. 2 der I. AusfVO. z. Reichsbürgerges. Nicht verboten ist dagegen der Verkehr zwischen staatsangehörigen Mschlingen ersten Grades — es sei denn, daß sie nach den Voraussetzungen des §5 Abs.2 der I.VO.zum RBürgerGes. als Juden gelten (vgL RG. DJust. 1937 S. 1085) — mit solchen zweiten Grades oder mit deutschblütigen Staatsangehörigen oder der Mschlinge zweiten Grades untereinander. BezgL fremder Staatsangehö­ riger vgl. Anm. 1 u. 2 zu § 1 u. Kuhn, DJust. 1936 S. 1005. Ob jemand Staatsangehöriger deutschen oder artverwandten Blutes ist, muß der Strafrichter feststellen, RG. DJust. 1936 S. 970. Er kann dabei in freier Beweiswürdigung die Angaben des Angell, für ausreichend an­ sehen, RG. a. a. O., wird in der Regel aber einen urkundlichen Nachweis verlangen müssen; hierbei sind aber Beweiserschwerungen zu vermeiden, RG. DJust. 1936 S. 970,JurW. 1936 S. 3472, Schwarz,DIZ. 1936 S.721. Mr den inneren Tatbestand genügt der bedingte Vorsatz. Hat also z. B. ein Deutscher nach dem Aussehen der Jüdin oder aus bestimmten Um­ ständen damit gerechnet und dies in seinen bedingten Vorsatz ausgenommen, daß es sich um eine Jüdin handeln könne, oder umgekehrt der Jude, daß es sich um eine Arierin handeln könne, ist Strafbarkeit gegeben. RG. DJust. 1937 S. 1714, DStrN. 1937 S. 781; hat ein Täter sich aber über Tatum­ stände geirrt, die die Deutschblütigkeit oder Zugehörigkeit zur jüdischen Rasse betreffen und infolge dieses Irrtums angenommen, einen nicht verbotenen Verkehr vorzunehmen, liegt ein Straffreiheit begründender Tatsachenirrtum vor. Hat sich ein Täter dagegen darüber geirrt, wer als deutschblütig oder jüdisch im Sinne des Gesetzes anzusehen ist, liegt ein unbeachtlicher Straf­ rechtsirrtum vor, da die Kenntnis dieser durch die Nürnberger Gesetze ein­ geführten Begriffe erwartet werden muß. E. 70 S. 353,71 S. 29, RG. JurW. 1936 S. 1218, DIZ. 1936 S. 450. Vgl. auch Schwarz, DIZ. 1936 S.721 und Kuhn, DJust. 1936 S. 1005, 1374. Uber Rückwirkung auf das Strafmaß E. 70 S. 291. Ist der Geschlechtsverkehr im Ausland begangen, so ist grundsätzlich Strafbarkeit nur gegeben, wenn die Tat des Deutschen — oder nach der Tat Deutscher gewordenen, insoweit f. 8 4 Abs. 1 Nr. 3 StGB. — auch nach den Gesetzen des ausländischen Tatortes strafbar ist. Anders aber, wenn die Tat im Ausland nicht strafbar ist und der Täter sich zur Umgehung des Verbotes ins Ausland begeben hat. Hier wird gemäß § 2 StGB, zu bestrafen sein, RB. v. 2. April 36, abgedruckt in Krug-Schäfer-Stolzenburg, Strafrecht!. Verwal­ tungsvorschriften. Nach dem Grundgedanken des Blutschutzgesetzes ist grundsätzlich nur der männliche Teilnehmer eines rasseschänderischen Verkehrs strafbar. Das Ge­ setz geht davon aus, daß der Mann der treibende aktive Teil sei, während die Frau mehr eine duldende Rolle spiele. Aus dieser Erwägung heraus kann die Teilnehmerin des Verkehrs, die nach der ausdrücklichen Bestimmung des Ge­ setzes wegen Mittäterschaft nicht bestraft werden kann, auch nicht wegen der Anstiftung oder einer Beihilfeleistung Bestraft werden. Zweifelhaft ist die Frage der Strafbarkeit aber bei der als selbständigem Straftatbestand zu wertenden Begünstigung. Begünstigt die Teilnehmerin nur durch passive Handlungen, wie z. B. Ablehnung einer überführenden Aussage, Nicht­ nennung des Namens, Bestreiten des Verkehrs u. dgl., so dürfte entsprechend

Bll. Ges. z. Schutze d. deutschen Blutes u. d. deutschen Ehre 88 3—5.

z 3.

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Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder

artverwandten Blutes unter 45 Jahren in ihrem Haushalt nicht be­ schäftigen?)

§ 4. (1) Juden ist das Hissen der Reichs- und Nationalflagge und das Zeigen der Reichsfarben verboten?) (2) Dagegen ist ihnen das Zeigen der jüdischen Farben gestattet. Die Ausübung dieser Befugnis steht unter staatlichem Schutz.

§ 5. (1) Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Der Mann, der dem Verbot des § 2 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis oder mit Zuchthaus bestraft?)

dem Grundgedanken des Blutschutzgesetzes, daß die duldende Tätigkeit der Teilnehmerin straflos bleiben soll, auch hier keine Strafbarkeit vorliegen. Anders RG. DJust. 1937 S. 668, doch dürfte diese Entscheidung mit dem Grundgedanken des Blutschutzgesetzes nicht imEinklang stehen. Anders aller­ dings wird man wohl zu entscheiden haben, wenn eine aktive Begünstigungs­ handlung vorliegt, z. B. falsche Namensnennung, Beschaffung eines Passes für den Täter zur Flucht u. bßL; hier ist, sofern nicht bereits eine weitere Straftat vorliegt, wie etwa falsche Anschuldigung oder Verleitung zum Mein­ eid, auch die Teilnehmerin wegen Begünstigung zu bestrafen. Die Strafbar­ keit dritter Personen wegen Anstiftung, Beihilfe, Begünstigung u. dgl., auch wenn es sich bei ihnen um Frauen handelt, z. B. der Zimmervermieterin, wird hiervon nicht berührt. Zu § 3. 1) Vgl. § 12 der AusfVO. Zu § 4. 1) Auch für deutschblürige Ehegatten von Juden, die mit diesen in deutschjüdischer Mischehe leben, und für Deutschblütige, deren Hausgemein­ schaft Juden angehören, gilt das Verbot, Erl. d. RuPrMdJ. v. 7. Dezbr. 36 (RMBliV. S. 1631), abgedruckt bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, Nachtrag S. 53. Zu § 5. 1) Beide Strafarten, Gefängnis und Zuchthaus, werden im Gesetz nebeneinander angedroht. Es wird weder im Gesetz noch in der Ausf­ VO. ausdrücklich ausgesprochen, daß eine dieser beiden (Strafarten „in erster Linie" in dem Sinne angedroht ist, daß sie grundsätzlich für einen sog. Regel­ fall (Normalfall) bestimmt ist und von ihr zu der anderen Strafart nur über­ gegangen werden darf, wenn das durch besondere Umstände des Einzelfalles — bet Gefängnis zuungunsten, bei Zuchthaus zugunsten — gerechtfertigt wird. Solche grundsätzliche Regelung der Strafart läßt sich auch nicht aus der Strafdrohung entnehmen. Während in § 5 Abs. 1 nur Zuchthaus angedroht ist, gibt Abs. 2 beide Strafarten, wodurch zum Ausdruck gebracht ist, daß der Tatrichter im einzelnen Fall die Strafart nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu bestimmen hat, ohne dabei an gesetzlich festgelegte Regeln gebunden zu sein. E. 71 S. 147. Über die Findung des Strafmaßes nach dem pflicht­ gemäßen Ermessen vgl. die RB. d. RIM. v. 2. April 36 Abs. 2, avgedruckt bei Krug-Schäfer-Stolzenburg. Bei der Findung des Strafmaßes ist zu be­ denken, daß die Strafvorschrift nicht den Schutz der Ehre, insbesondere der Geschlechtsehre der einzelnen deutschblütigen Frau zum Gegenstand und Ziele hat, für die vielmehr andere Vorschriften bestehen, sondern dem Schutz der Belange des ganzen deutschen Volkes, nämlich der rassischen Reinheit seines Blutes sowie seiner Ehre dient. Es ist deshalb Umfang und Maß des 25*

388

BI

Politische Gesetze.

(3) Wer den Bestimmungen der §§ 3 oder 4 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. $ 6. Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers und dem Reichsminister der Justiz die zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. § 7. Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung, § 3 jedoch erst am 1. Januar 1936 in Kraft.

Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 14. November 1935. (RGBl. I S. 1334.)

Aus Grund des § 6 des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935 (RGBl. I S. 1146) wird folgendes verordnet:

§ 1. (1) Staatsangehörige sind die deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Reichsbürgergesetzes. (2) Wer jüdischer Mischling ist, bestimmt § 2 Abs. 2 der Ersten Verordnung vom 14. November 1935 zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I S. 1333)?) (3) Wer Jude ist, bestimmt § 5 der gleichen Verordnung. Verschuldens bei dem Angriff des Täters zu erwägen und es sind die ge­ samten äußeren und inneren Umstände der Tat, unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters sowie des Verhaltens des anderen nichtstrafbaren Teilnehmers, zu betrachten. E. 71 S. 147; NG. JurW. 1937 S. 699. Dem­ gemäß bedarf es bei Verhängung von Zuchthausstrafe auch keiner Feststellung, daß mildernde Umstände nicht gegeben sind. E. 71 S. 70. Die Absicht des Täters, die Teünehmerin zu heiraten, ist kein Strafmilderungsgrund, zumal sie eine gesetzlich unzulässige Verbindung erstrebt, ebenso nicht eine etwa länger dauernde und angeblich auf tieferer Zuneigung beruhende Liebschaft, die nur die Hartnäckigkeit des Verstoßes kennzeichnen würde, endlich auch nicht die Tatsache der Unmöglichkeit von Folgen des Geschlechtsverkehrs, da nicht nur die Rassereinheit vom Gesetz geschützt wird, E. 71 S. 70; 244, RG. JurW. 1937 S. 24, 45. — Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte nur bei Verurteilung zu Zuchthaus möglich, nicht jedoch bei Verurteilung zu Gefängnis, RG. DJust. 1936 S. 970; E. 70 S. 218; IW. 1937 S. 2905. Zu § 1. 1) Vgl. hierzu auch RdErl. d. R. u. Pr. MdI. v. 26. Novbr. 1935 (MBliD. S. 1429). Hiernach sind jüdische Mischlinge mit zwei voll­ jüdischen Großeltern als „Mischlinge ersten Grades", jüdische Mischlinge mit einem volljüdischen Großelternteil als „Mschlinge zweiten Grades", Personen deutschen oder artverwandten Blutes als „Deutschblütige" zu

Bll.

Gesetz zum Schutze deS deutschen BluteS und der deutschen Ehre.

389

§ 2. Zu den nach $ 1 des Gesetzes verbotenen Eheschließungen gehören auch die Eheschließungen zwischen Juden und staatsangehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben. § 3. (1) Staatsangehörige jüdische Mischlinge mit zwei voll­ jüdischen Großeltern bedürfen zur Eheschließung mit Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes oder mit staatsangehörigen jüdi­ schen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben der Genehmigung des Reichsministers des Innern und des Stell­ vertreters des Führers oder der von ihnen bestimmten Stelle. (2) Bei der Entscheidung sind insbesondere zu berücksichtigen die körperlichen, seelischen und charakterlichen Eigenschaften des Antragstellers, die Dauer der Ansässigkeit seiner Familie in Deutschland, seine oder seines Vaters Teilnahme am Weltkrieg und seine sonstige Familien­ geschichte. (3) Der Antrag auf Genehmigung ist bei der höheren Verwaltungs­ behörde zu stellen, in deren Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. (4) Das Verfahren regelt der Reichsminister des Innern im Ein­ vernehmen mit dem Stellvertreter des Führers?)

§ 4. Eine Ehe soll nicht geschlossen werden zwischen staats­ angehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Groß­ elternteil haben. § 6. Die Ehehindernisse wegen jüdischen Bluteinschlages sind durch § 1 deS Gesetzes und durch §§ 2 bis 4 dieser Verordnung er­ schöpfend geregelt.

§ 6. Eine Ehe soll fernes) nicht geschlossen werden, wenn aus ihr eine die Reinerhaltung des deutschen Blutes gefährdende Nachkommen­ schaft zu erwarten ist. § 7. Vor der Eheschließung hat jeder Verlobte durch das Ehe­ tauglichkeitszeugnis (§ 2 des Ehegesundheitsgesetzes vom 18. Oktober 1935 — RGBl. I S. 1246 —) nachzuweisen, daß kein Ehehindernis bezeichnen. Der RdErl. gibt weiter einen Überblick über die Verbote der Mischehen tm einzelnen u. enthält Vorschriften über den rassischen Nachweis bei der Eheschließung vor dem Standesbeamten. Zu § 3. 1) RdErl. v. 23. Dezbr. 35 (RMBliV. 1936 S. 11) nebst er­ gänzendem RdErl. v. 17. Jan., 24. Febr. u. 24. März 36 (RMBliV. S. 135, 285 U. 421). Zu § 6. 1) Nicht bei Mischehen, an denen Juden oder deutsch­ jüdische Mischlinge beteiligt sind, da insoweit nach §5 erschöpfende Regelung Gedacht ist hier an Ehen mit Zigeunern, Negern und ihren Bastarden. Vgl. Stuckart, Deutsche Verwaltung 1935 S. 322ff. u. KommErl. zu § 6.

390

BI. Politische Gesetze.

im Sinne des § 6 dieser Verordnung vorliegt. Wird das Ehetauglichkeitszeugnis versagt, so ist nur die Dienstaufsichtsbeschwerde zulässig. § 8. (1) Die Nichtigkeit einer entgegen dem § 1 des Gesetzes oder dem § 2 dieser Verordnung geschlossenen Ehe kann nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. (2) Für Ehen, die entgegen den §§ 3, 4 und 6 geschlossen worden sind, treten die Folgen des § 1 und des Abs. 1 des Gesetzes nicht ein.

§ 9. Besitzt einer der Verlobten eine fremde Staatsangehörig­ keit, so ist vor einer Versagung des Aufgebotes wegen eines der im § 1 des Gesetzes oder in den 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Ehehindernisse sowie vor einer Versagung des Ehetauglichkeitszeug­

nisses in Fällen des § 6 die Entscheidung des Reichsministers des Innern einzuholen. § 10. Eine Ehe, die vor einer deutschen Konsularbehörde ge­ schlossen ist, gilt als im Jnlande geschlossen.

§ 11. Außerehelicher Verkehr im Sinne des § 2 des Gesetzes ist nur der Geschlechtsverkehr?) Strafbar nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes ist Zu § 11. 1) Geschlechtsverkehr im Sinne des § 11 ist nicht nur der Bei­ schlaf selbst. Auch beischlafsähnliche Handlungen sowie alle der geschlechllichen Befriedigung dienenden unzüchtigen Handlungen (Unterschied zwischen beiden s. E. 7i S. 7) fallen hierunter, wie z.B. gegenseitige Onanie, widernatürlicher Geschlechtsverkehr u. dgl., also alle geschlechtlichen Betätigungen (u. U. auch bloße Duldungen, RG. JurW. 1937 S. 942) mit einem Angehörigen des anderen Geschlechts, die nach Art ihrer Vornahme bestimmt sind, an Stelle des Beischlafs der Befriedigung des Geschlechtstriebes mindestens des einen Telles zu dienen. E.70 S. 375 (Gr. Senat) RG. JurW. 1937 S. 1338,1781, Stuckart-Globke, Komm. Ziff. 3 zu §2, gleich in allen Fällen, ob Jude mit Deutschblütiger oder Deutscher mit Jüdin. RG. DJust. 1937 S. 1188. Die gelegenllich vertretene Auffassung, daß nur Beischlaf selbst unter Ge­ schlechtsverkehr zu verstehen sei, ist zu eng. Gewiß wird durch das Blutschutzges. in erster Linie das Blut durch Verhinderung jeder weiteren Zersetzung und Schaffung von Mischlingen geschützt. Zugleich wird aber die deutsche Ehre u. das völkische Rassenempfinden geschützt; für ihre Verletzung aber ist es gleich­ gültig, ob es beim Geschlechtsverkehr zum Beischlaf selbst oder nur zu bei­ schlafsähnlichen Handlungen gekommen ist, weshalb auch gegen letztere ein­ geschritten werden muß, ganz abgesehen davon, daß sonst den nur schwer widerlegbaren Ausflüchten, es sei zu einem Beischlaf nicht gekommen, Tür und Tor geöffnet würde. Ebenso ist es deshalb unbeachtlich, ob die Frau fruchtbar ist oder nicht, E. 70 S. 290, oder ob Vorsorge für Verhütung der Empfängnis getroffen ist, E. 71 S. 4. Andererseits verbietet sich jede Er­ weiterung des Gesetzes über den „Geschlechtsverkehr" hinaus, da bewußt vom Gesetzgeber nur Verstöße hiergegen unter Strafe gestellt sind. Straflos sind deshalb Handlungen bloß erotischer Art wie Küsse, Umarmungen (auch wenn sie Vorbereitungshandlungen für den Geschlechtsverkehr sind) sowie ferner der gesellschaftl. und geschäftl. Verkehr, vgl. E. 70 S. 375, StuckartGlobke, a. a. O. Umgekehrt dagegen sind Ausnahmen vom Gesetz unzu­ lässig; so ist deshalb auch der Verkehr eines Juden mit einer deutschblütigen

Bll. Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre.

391

auch der außereheliche Verkehr zwischen Juden und staatsangehörigen jüdischen Mischlingen,

die

nur

einen

volljüdischen Großelternteil

haben.-)

§ 12. (1) Ein Haushalt ist jüdisch (§ 3 des Gesetzes), wenn ein jüdischer WUnn1) Haushaltungsvorstand ist oder der Hausgemeinschaft angehört.

Dirne strafbar, E. 71 S. 4, Stuckart-Globke, Komm. a. a. O., ebenso der außereheliche Verkehr eines Juden mit der an sich deutschblütigen Frau eines anderen Juden, RG. JurW. 1936 S. 1218. In beiden Fällen ist davon auszugehen, daß es nicht darauf ankommt, ob die Verletzung einem Actv ergebenen gegenüber erfolgt, da nicht der Einzelne geschützt wird, sondern Blut und Ehre der Gesamtheit und der Wllle des Täters auch beim Verkehr mit Artvergessenen hiergegen gerichtet ist. Auch mit einem noch nicht ge­ schlechtsreifen, z. V. 11jährigen Mädchen kann — in Tateinheit mit Unzucht­ verbrechen — Rassenschande begangen werden, wobei aus letzterem Delikt als dem schwereren, die Strafe zu entnehmen ist, E. 71 S. 129. Da nicht nur der Beischlaf unter Geschlechtsverkehr zu verstehen ist, liegt auch bei der Vornahme beischlafsähnlicher oder geschlechtlich befriedigender unzüchtiger Handlungen (wobei die Erreichung der Befriedigung gleichgültig ist, RG. DRpfl. 1937 S. 229) eine vollendete Handlung vor. Kuhn, DJust. 1936 S. 1007, will davon ausgehen, welche Art von geschlechtlicher Befrie­ digung beabsichtigt ist und aus dieser Zielrichtung bestimmen, ob die Hand­ lung vollendet oder nur versucht ist. Er nimmt deshalb z. B. bei wechselseitiger Onanie vollendete Tat an, wenn die Absicht nur auf sie zielte, versuchte Hand­ lung dagegen, wenn die Onanie nur der Vorbereitung des Beischlafes diente und es dann zur Bereinigung der Geschlechtsteile nicht gekommen ist. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden; vollendete Handlung ist vielmehr bei der Vornahme beischlafsähnlicher und geschlechtlich befriedigender unzüch­ tiger Handlungen immer anzunehmen, gleichviel, ob nur diese erstrebt waren oder ob sie nur eine Vorstufe zum Beischlaf blldeten. — Über die Grenze

zwischen strafloser Vorbereitung und Versuch vgl. E. 71 S. 4, RG. DJust. 1937 S. 283,284; OLG. Dresden JurW. 1937 S. 184. Bloße Borbereitungshand­ lungen zur Ermöglichung und Erleichterung der Ausführung eines beabsich­ tigten Geschlechtsverkehrs genügen nicht zum Versuch. Bei ihm kommt es darauf an, was der Täter zur Vollendung seines Entschlusses hat tun wollen und ob Handlungen vorgenommen sind, die tatsächlich oder der Vorstellung des Täters nach darauf gerichtet sind, den beabsichtigten Geschlechtsverkehr unnüttelbar zu verwirklichen. — Versuch liegt auch vor, wenn weibliche Teil­ nehmerin keine Deutsche war, der Mann sie aber für deutsche Bolljüdin ge­ halten hat, RG. JurW. 1937 S. 752, 753. 2) § 11 Satz 2 gilt nur für den Verkehr zwischen Juden und jüdi­ schen Mischlingen und kann nicht auf Mischlinge anderer Art (z. B. mit Zigeuner- oder Jndianerblut) entsprechend angewandt werden. RG. v. 8. Novbr. 1937 — 3 D 305/37 — vgl. im übrigen Anm. 1 zu 8 2 des Ges. Zu § 12. 1) Der jüdische Mann muß ein Alter erreicht haben, in dem er die Geschlechtsehre der deutschen Mädchen gefährden kann. Geschlechts­ reife wird nach Vollendung des 16. Lebensjahres angenommen. Haus­ haltungsvorstand braucht der jüdische Mann nicht zu sein, es genügt jede nicht nur vorübergehende Zugehörigkeit zum Haushalt. So gehört Besuch regelmäßig nicht der Hausgemeinschaft an, wenngleich längerer Besuch Zu-

392

B I. PoUlische Gesetze.

(2) Im Haushalt beschäftigt ist, wer im Rahmen eines Arbeits­ verhältnisses in die Hausgemeinschaft ausgenommen ist, oder wer mit alltäglichen Haushaltsarbeiten oder anderen alltäglichen, mit dem Haushalt in Verbindung stehenden Arbeiten beschäftigt ist?) (2) Weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Erlaß des Gesetzes in einem jüdischen Haushalt be­ schäftigt waren, können in diesem Haushalt in ihrem bisherigen Arbeits­ verhältnis bleiben, wenn sie bis zum 31. Dezember 1935 das 35. Lebens­ jahr vollendet haben. (4) Fremde Staatsangehörige, die weder ihren Wohnsitz noch ihren dauernden Aufenthalt im Jnlande haben, fallen nicht unter diese Vorschrift. § 13. Wer dem Verbot des § 3 des Gesetzes in Verbindung mit § 12 dieser Verordnung zuwiderhandelt, ist nach § 5 Abs. 3 des Ge­ setzes strafbar, auch wenn er nicht Jude ist. § 14. Für Verbrechen gegen § 5 Abs. 1 und 2 des Gesetzes ist im ersten Rechtszuge die große Strafkammer zuständig. § 15. Soweit die Vorschriften des Gesetzes und seiner Aus­ führungsverordnungen sich auf deutsche Staatsangehörige beziehen, sind sie auch auf Staatenlose anzuwenden, die ihren Wohnsitz oder ge­ wöhnlichen Aufenthalt im Jnlande haben?) Staatenlose, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Auslande haben, fallen nur dann unter diese Vorschriften, wenn sie früher die deutsche Staats­ angehörigkeit besessen haben. § 16. (1) Der Führer und Reichskanzler kann Befreiungen von den Vorschriften des Gesetzes und der Ausführungsverordnungen erteilen.x) gehörigkeit zur Hausgemeinschaft begründen kann, auch nicht der Mieter eines möblierten Zimmers ohne Familienanschluß, wohl aber mit Teilnahme am Familienleben, vgl. Stuckart-Globke, Komm. Ziff. 7 zu§ 3 des Ges, OLG. München JurW. 1937 S. 762. 2) Auch vorübergehende Beschäftigung eines deutschblütigen Mädchens, z. B. gelegentliche oder öftere Beschäftigung einer Geschäftsangestellten im Haushalt des jüdischen Arbeitgebers ist unzulässig, da es auf das Arbeitsverhältnis nicht ankommt, und gleichgültig ist es, ob der jüdische Mann zur Zeit der Beschäftigung anwesend ist oder nicht, E. 71 S. 1, AG. Heilbronn, DJust. 1936 S. 866, RG. JurW. 1937 S. 160,245, DJ. 1937 S. 1853. Strafbar ist der Arbeitgeber, was nach rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist,- regel­ mäßig wird es der Mann als Haushaltungsvorstand sein; dabei kann die Frau, aktives Mitwirken vorausgesetzt, Beihilfe leisten oder anstiften; gibt die Frau selbständig die Arbeit, ist sie Täterin; vgl. OLG. Köln DJust. 1937 S. 358 mit Anm. von Schroeter; RG. DJ. 1937 S. 1927. Zu § 15. 1) Vgl. RG. JurW. 1937 S. 882. Zu § 16. 1) Vgl. Bek. v. 21. Novbc. 35 (NMBl. S. 835) u. RdErl. d. RuPrMdJ. v. 4. Dezbr. 1935 (MBliB. S. 1455).

B 1 2. Reichsbürgergesetz §§ 1—3.

393

(2) Die Strafverfolgung eines fremden Staatsangehörigen be­ darf der Zustimmung der Reichsminister der Justiz und des Innern. § 17. Die Verordnung tritt an dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Den Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 7 bestimmt der Reichsminister des Innern; bis zu diesem Zeitpunkt ist ein Ehe­ tauglichkeitsgesetz nur in Zweifelsfällen vorzulegen.

B12. Reichsbürgergesetz. Vom 15. September 1935. (RGBl. I S. 1146.)

§ 1. (1) Staatsangehöriger ist, wer dem Schutzverband des Deutschen Reiches angehört und ihm dafür besonders verpflichtet ist. (2) Die Staatsangehörigkeit wird nach den Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes erworben. § 2. (1) Neichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt und geeignet ist, in Treue dem Teutschen Volk und Reich zu dienen. (2) Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichs­ bürgerbriefes erworben. (3) Der Neichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe der Gesetze. § 3. Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers die zur Durchführung und Er­ gänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvor­ schriften.

Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935. (RGBl. I S. 1333.)

Auf Grund des § 3 des Reichsbürgergesetzes vom 15. Sep­ tember 1935 (RGBl. I S. 1146) wird folgendes verordnet: § 1. (1) Bis zum Erlaß weiterer Vorschriften über den Reichs­ bürgerbrief gelten vorläufig als Neichsbürger die Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Inkrafttreten des Reichsbürgergesetzes das Reichstagswahlrecht besessen haben, oder

B 1 2. Reichsbürgergesetz §§ 1—3.

393

(2) Die Strafverfolgung eines fremden Staatsangehörigen be­ darf der Zustimmung der Reichsminister der Justiz und des Innern. § 17. Die Verordnung tritt an dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Den Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 7 bestimmt der Reichsminister des Innern; bis zu diesem Zeitpunkt ist ein Ehe­ tauglichkeitsgesetz nur in Zweifelsfällen vorzulegen.

B12. Reichsbürgergesetz. Vom 15. September 1935. (RGBl. I S. 1146.)

§ 1. (1) Staatsangehöriger ist, wer dem Schutzverband des Deutschen Reiches angehört und ihm dafür besonders verpflichtet ist. (2) Die Staatsangehörigkeit wird nach den Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes erworben. § 2. (1) Neichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt und geeignet ist, in Treue dem Teutschen Volk und Reich zu dienen. (2) Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichs­ bürgerbriefes erworben. (3) Der Neichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe der Gesetze. § 3. Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers die zur Durchführung und Er­ gänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvor­ schriften.

Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935. (RGBl. I S. 1333.)

Auf Grund des § 3 des Reichsbürgergesetzes vom 15. Sep­ tember 1935 (RGBl. I S. 1146) wird folgendes verordnet: § 1. (1) Bis zum Erlaß weiterer Vorschriften über den Reichs­ bürgerbrief gelten vorläufig als Neichsbürger die Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Inkrafttreten des Reichsbürgergesetzes das Reichstagswahlrecht besessen haben, oder

394

BI. Politische Gesetze.

denen der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht verleiht. (2) Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht entziehen. § 2. (1) Die Vorschriften des § 1 gelten auch für die staats­ angehörigen jüdischen Mischlinge. (2) Jüdischer Mischling ist, wer von einem oder zwei der Rasse nach volljüdischen Großelternteilen abstammt, sofern er nicht nach § 5 Abs. 2 als Jude gilt. Als volljüdisch gilt ein Großelternteil ohne weiteres, wenn er der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat.*) § 3. Nur der Reichsbürger kann als Träger der vollen politischen Rechte das Stimmrecht in politischen Angelegenheiten ausüben und ein öffentliches Amt bekleiden. Der Reichsminister des Innern oder die von ihm ermächtigte Stelle kann für die Übergangszeit Ausnahmen für die Zulassung zu öffentlichen Ämtern gestatten. Die Angelegen­ heiten der Religionsgesellschasten werden nicht berührt. § 4. (1) Ein Jude kann nicht Reichsbürger sein. Ihm steht ein Stimmrecht in politischen Angelegenheiten nicht zu; er kann ein öffentliches Sünt1) nicht bekleiden. (2) . . . (3) Die Angelegenheiten der Religionsgesellschaften werden nicht berührt. (4) Das Dienstverhältnis der Lehrer an öffentlichen jüdischen Schulen bleibt bis zur Neuregelung des jüdischen Schulwesens un­ berührt. § 5. (1) Jude ist, wer von mindestens drei der Rasse nach voll­ jüdischen Großeltern abstammt. § 2 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung. (2) Als Jude gilt auch der von zwei volljüdischen Großeltern ab­ stammende staatsangehörige jüdische Mischling, a) der beim Erlaß des Gesetzes der jüdischen Religionsgemein­ schaft angehört oder danach in sie ausgenommen wird, Zu § 2. 1) Vgl.RdErl d.RuPrMdJ. v.26. Novbr. 35(MBliB. S. 1429). S. Anm. 1 zu § 1 d. 1. AusfBO. z. Blutschutzges. Zu § 4. 1) Wer Beamter und wer Träger eines öffentlichen Amtes ist, bestimmt im einzelnen die 2. DurchfBO. v. 21. Dezbr. 1935 (RGBl. I S. 1524). Zu § 5. 1) Zugehörigkeit zur jüdischen Religionsgemeinschaft ist nach äußeren Merkmalen zu beurteilen, z. B. Führung in Listen der Synagogen­ gemeinde, widerspruchslose Zahlung jüdischer Kultussteuern usw.; s. E. 70 S. 301. — Wer nach jüdischem Brauch konfirmiert und beschnitten ist und in der Kartei einer jüdischen Religionsgemeinschaft geführt wird, gehört zu dieser auch dann, wenn er zu jüdischen Kultussteuern nicht herangezogen ist; innere Abkehr vom religiösen Leben der Synagogengemeinschaft ist unerheblich, NG. DSttR. 1937 S. 259.

BI 2. Reichsbürgergesetz §§ 6 u. 7. — BI 3. ReichSflaggengesetz. 395 b) der beim Erlaß des Gesetzes mit einem Juden verheiratet war oder sich danach mit einem solchen verheiratet, c) der aus einer Ehe mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. Sep­ tember 1935 (RGBl. I S. 1146) geschlossen ist, d) der aus dem außerehelichen Verkehr mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt und nach dem 31. Juli 1936 außerehe­ lich geboren wird. § 6. (1) Soweit in Reichsgesetzen oder in Anordnungen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen Anforderungen an die Reinheit des Blutes gestellt werden, die über § 5 hinausgehen, bleiben sie unberührt. (2) Sonstige Anforderungen an die Reinheit des Blutes, die über § 5 hinausgehen, dürfen nur mit Zustimmung des Reichsministers des Innern und des Stellvertreters des Führers gestellt werden. Soweit Anforderungen dieser Art bereits bestehen, fallen sie am 1. Januar 1936 weg, wenn sie nicht von dem Reichsminister des Innern im Einver­ nehmen mit dem Stellvertreter des Führers zugelassen werden. Der Antrag auf Zulassung ist bei dem Reichsminister des Innern zu stellen. § 7. Der Führer und Reichskanzler kann Befreiungen von den Vorschriften der Ausführungsverordnungen erteilen. *)

BI3. ReichSflaggengesetz. Vom 15. September 1935. (RGBl. I S. 1145.) Artikel 1.

Die Reichsfarben sind schwarz-weiß-rot.

Artikel 2. Reichs- und Nationalflagge ist die Hakenkreuzflagge. Sie ist zu­ gleich Handelsflagge. Artikel 3.

Der Führer und Reichskanzler bestimmt die Form der Reichskriegsslagge und der Reichsdienstflagge. Zu § 7. 1) Vgl. RdErl. d. RuPrMdJ. v. 4. Dezbr. 35 (MBliB. S. 1455).

BI 2. Reichsbürgergesetz §§ 6 u. 7. — BI 3. ReichSflaggengesetz. 395 b) der beim Erlaß des Gesetzes mit einem Juden verheiratet war oder sich danach mit einem solchen verheiratet, c) der aus einer Ehe mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. Sep­ tember 1935 (RGBl. I S. 1146) geschlossen ist, d) der aus dem außerehelichen Verkehr mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt und nach dem 31. Juli 1936 außerehe­ lich geboren wird. § 6. (1) Soweit in Reichsgesetzen oder in Anordnungen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen Anforderungen an die Reinheit des Blutes gestellt werden, die über § 5 hinausgehen, bleiben sie unberührt. (2) Sonstige Anforderungen an die Reinheit des Blutes, die über § 5 hinausgehen, dürfen nur mit Zustimmung des Reichsministers des Innern und des Stellvertreters des Führers gestellt werden. Soweit Anforderungen dieser Art bereits bestehen, fallen sie am 1. Januar 1936 weg, wenn sie nicht von dem Reichsminister des Innern im Einver­ nehmen mit dem Stellvertreter des Führers zugelassen werden. Der Antrag auf Zulassung ist bei dem Reichsminister des Innern zu stellen. § 7. Der Führer und Reichskanzler kann Befreiungen von den Vorschriften der Ausführungsverordnungen erteilen. *)

BI3. ReichSflaggengesetz. Vom 15. September 1935. (RGBl. I S. 1145.) Artikel 1.

Die Reichsfarben sind schwarz-weiß-rot.

Artikel 2. Reichs- und Nationalflagge ist die Hakenkreuzflagge. Sie ist zu­ gleich Handelsflagge. Artikel 3.

Der Führer und Reichskanzler bestimmt die Form der Reichskriegsslagge und der Reichsdienstflagge. Zu § 7. 1) Vgl. RdErl. d. RuPrMdJ. v. 4. Dezbr. 35 (MBliB. S. 1455).

396

B s. Politische Gesetze.

Artikel 4. Der Reichsminister des Innern erläßt, soweit nicht die Zuständig­ keit des Reichskriegsministers gegeben ist, die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungs­ vorschriften?)

Artikel 5. Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Verordnung zur Durchführung des Reichsflaggengesetzes. Vom 24. Oktober 1935. (RGBl. I S. 1253.)

Auf Grund des Artikels 4 des Reichsflaggengesetzes vom 15. Sep­ tember 1935 lReichsgesetzbl. I S. 1145) wird verordnet:

§ 1. Wer den von dem Reichsminister des Innern auf Grund des Artikels 4 des Reichsflaggengesetzes getroffenen Anordnungen') zuwiderhandelt/) wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. § 2. Die Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Zu Art. 4 u. § 1. 1) RdErl. zur Durchs, des Flaggenges. d. RuPrMdJ. v. 24. Oktbr. 35, Krug-Schäfer-Stolzenburg S. 246; für die Justizbe­ hörden AB. d. RIM. v. 31. Oktbr. 35 (DJust. S. 1606). Dgl. dazu BO. über die Standarte des Führers und Reichskanzlers v. 11. April 35 (RGBl. I S. 507), BO. über die Reichskriegsflagge, die Handelsflagge und andere Flaggen v. 5. Oktbr. 35 ((RGB . I S. 1285), VO. über die Reichsdienstflagge v. 31. Oktbr. 35 (RGBl. I S. 1287), BO. über die Flaggenführung der Schiffe v. 17. Jan. 36 (RGBl. I S. 15), BO. über die Flaggenführung der Wasser­ sportfahrzeuge v. 6. April 36 (RGBl. I S. 362), mit RdErl. d. RuPrMdJ. v. 4. Aug. 36(RMBliB. S. 1087), BO. über die Schiffspostflagge v. 14. März 36 (RGBl. I S. 177). Ferner: Beflaggung der Dienstgebäude, RdErl. d. RuPrMdJ. v. 17. April 35 (MBliD. S. 583) und v. 8. Juni 35 (MBliB. S. 775). Beflaggung der Kirchen, Erl. v. 4. Oktbr. 35 (RMBl. S. 773); RdErl. d. RuPrMdJ. v. 26. Novbr. 35 (MBliB. S. 1416), den Justizbe­ hörden bekanntgegeben durch AB. v. 14. Dezbr. 35 (DJust. S. 1853); dazu Erl. d. RIM. v. 7. April 37 —1001III a3 241 —, daß das Setzen der Flaggen statt an der Kirche an einem besonderen, dafür errichteten Fahnenmast grundsätzlich nicht genügt. Beflaggung der Polizei- und Gendarmerie-Dienst­ stellen, RdErl. d. RuPrMdJ. v. 10. Febr. 36 (NMBliB. S. 222). Zu § 1. 2) Nur vorsätzliche Zuwiderhandlungen sind strafbar. RB. d. RIM. v. 28. Novbr. 35, abgedruckt in Krug-Schäfer-Stolzenburg S. 246.

BI 3. Reichsflaggengesetz.

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Zweite Verordnung zur Durchführung des Reichsflaggengesetzes. Vom 28. August 1937. (RGBl. I S. 917.)

Auf Grund des Artikels 4 des Reichsflaggengesetzes vom 15. Sep­ tember 1935 Reichsgesetzbl. I S. 1145) wird verordnet: § 1. (1) An regelmäßigen allgemeinen Beflaggungstagen sowie an Tagen, an denen zu einer allgemeinen Beflaggung besonders aufgefordert wird, setzen Privatpersonen nur die Reichs- und Nationalflagge. Ausnahmen bestimmt die zur Anordnung einer allgemeinen Beflaggung zuständige Stelle. (2) Regelmäßige allgemeine Beflaggungstage nach Abs. 1 sind: 1. Der Reichsgründungstag (18. Januar), 2. der Tag der nationalen Erhebung (30. Januar), 3. der Heldengedenktag (5. Sonntag vor Ostern), 4. der Geburtstag des Führers und Reichskanzlers (20. April), 5. der Nationale Feiertag des Deutschen Volkes (1. Mai), 6. der Erntedanktag (1. Sonntag nach Michaelis). § 2. (1) Mgemein verboten ist Privatpersonen das Setzen 1. der gegenwärtigen oder einer früheren Reichskriegsflagge oder sonstiger Flaggen und Fahnen der Wehrmacht, 2. der gegenwärtigen oder einer früheren Reichsdienstflagge oder einer früheren Landesdienstflagge, 3. einer früheren Reichs- oder Landesflagge, 4. einer Kirchenslagge. (2) Von der Bestimmung des Absatzes 1 Nr. 1 kann der Reichs­ kriegsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern im Einzelfall Ausnahmen zulassen. (3) Bei kirchlichen Feiern können Privatpersonen nur die Reichs­ und Nationalflagge zeigen. (4) Den im Abs. 1 aufgeführten Flaggen stehen solche gleich, die mit ihnen verwechselt werden können.

§ 3. Die Reichs- und Nationalflagge darf nicht gesetzt werden, wenn der Anlaß oder die Begleitumstände der Flaggensetzung der Würde des Symbols nicht entsprechen. § 4. Das Verbot des Setzens von Flaggen umfaßt zugleich das Verbot des Zeigens der entsprechenden Farben.

398

B I. Politische Gesetze.

BI4. Gesetz gegen dieNeubildung von Parteien. Vom 14. Juli 1933. (RGBl. I S. 479.)

Schöff.

§ 1. In Deutschland besteht als einzige politische Partei die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei?) § 2 Wer es unternimmt,1 2) den organisatorischen Zusammenhalt3) einer anderen politischen Partei aufrechtzuerhalten oder eine neue 1) Vgl. § 1 deS Ges. zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat v. 1. Dezbr. 33.

2) Grundsätzlich wird vorsätzl. Zuwiderhandeln vorausgesetzt; jedoch genügt auch bedingter Vorsatz. JurW. 1936 S. 2237. Vorsatz tm Sinne des Bewußtseins der Aufrechterhaltung deS Zusammenhalts und des Vorliegens der äußeren Merkmale des Tatbestandes genügt, auf den Beweggrund, das Ziel der Absicht kommt eS nicht an, RI. d. Rechtspfl. 1936 S. 456. Auch beim Gehilsen muß das Bewußtsein vorhanden sein, durch seine Tätigkeit der Aufrechter­ haltung der verbotenen Organisation zu dienen. E. 68 S. 15. Unter Unternehmen wird hier sowohl die Vollendung wie der Versuch verstanden. E. 68 S. 15. So ist z. B. auch die versuchte Werbung für die KPD. ein Unternehmen im Sinne des § 2, DRZ. 1935 Nr. 63. 3) Es genügt nicht irgendein Zusammenhalt, wie z. B. ein rein gesell­ schaftlicher, sondern gerade die Aufrechterhaltung deS organisatorischen Zu­ sammenhaltes muß erstrebt sein. Hierunter ist „die Verbundenheit zu verstehen, die unter den Anhängern einer Partei durch die bewußte Unterordnung unter den Gesamtwillen der Partei und durch das gemeinschaftliche Fördern der Parteiziele entsteht und äußerlich dadurch zum Ausdruck kommt, daß die von ihr umfaßten Personen ein Glied der Parteiorganisation bilden." Der Auf­ rechterhaltung eines derartigen organisatorischen Zusammenhalts' kann sich daher alS Täter nur schuldig machen, wer entweder schon vor der Auflösung der Partei an ihm beteiligt war oder wer sich ihm nachher bewußt durch Unter­ ordnung unter den Gesamtwillen der Partei und Eingliederung in deren noch fortbestehende Organisation anschlüßt und irgendwie zur Fortsetzung dieses Zu­ sammenhalts der Parteiorganisation tätig wird. E. 68 S. 17. RG. DJust. 1937 S.465. So wirkt für die Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhaltes oder unterstützt ihn z. B., wer unter früheren KPD.-Mitgliedern Geld oder Waren sammelt, sei es für frühere Kommunisten, die sich in Schutzhaft befinden, sei es für andere Zwecke, wenn etwa Quittierung im Parteibuch erfolgt oder Funktio­ näre oder sonstwie „die Zusammengehörigkeit unter dem Programm und dem Gesamtwillen der alten Partei" gefördert werden sollen. RG. HRN. 1935 Nr. 565, RG. v. 31. März 36. JurW. 1936 S. 2237, oder wer als Funktionär der KPD. in werbender Absicht jemanden zwecks Aufklärung über den Kommu­ nismus itr seine Wohnung bestellt. RG. HRN. 1935 Nr. 566, oder wer mit dem Bewußtsein, den Zusammenhalt zu fördern, Geld zur Unterstützung für die KPD. gibt, wobei die ehemalige Mitgliedschaft in der KPD. nur für die Frage, ob als Täter, Mittäter oder Gehilfe gehandelt wird, Bedeutung hat. RG. JurW. 1935 S. 946. Auch die Verteilung von Flugblättern kann der Auf­ rechterhaltung deS org. Zusammenhalts dienen. E. 68 S. 17; ebenso der Ver­ trieb marxistischen Schrifttums oder Schriftwechsel marxistischen Inhalts, RG. DJust. 1937 S. 465.

B I 5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei § 1.

399

politische Partei zu bilden, wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis von sechs Monaten bis zu drei

Jahren bestraft.

BI 5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutze -er Parteiuniformen. Vom 20. Dezember 1934.

(RGBl. I S. 1269.) Artikel 1.

§ l.1)2 (1) 3 Wer vorsätzlich*) eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt*) oder verbreitet,*) die geeignet Zu § 1. 1) Vgl. auch §§ 90f und 131 StGB. Das Verhältnis von § 1 und § 2 ist dahin zu kennzeichnen, daß § 2 zu § 1 im Verhältnis der Subsidiarität steht; dies gilt auch, wenn es sich um eine nichtöffentliche Handlung handelt, durch die der Tatbestand des § 1 und des § 2 Abs. 2 verwirklicht ist, wenngleich letzterer in diesem Falle die höhere Strafe vorsieht, da er immerhin an die Voraussetzung der Anordnung zur Straf­ verfolgung gebunden ist, so C ro h n e, Deutsche Justiz 1935, S. 1406, a.A. Schä­ fer, Pfundtner-Neubert, Das neue Deutsche Retchsrecht, IIc 15 Sinnt. 8 zu § 1. Demgemäß bedarf es auch, wenn „der Täter in einer einzigen oder in fortgesetzter Handlung sowohl eine Tatsachenbehauptung (§ 1) aufstellt, die sich nicht ausschließlich gegen das Ansehen der NSDAP, richtet (also auch ohne Zustimmung des Stellvertreters des Führers verfolgbar ist), als auch eine Äußerung im Sinne des § 2 macht, wegen der letzteren nicht der Einholung einer Anordnung, da die einheitliche Tat nur aus dem primären 81 zu verfolgen ist. Liegt dagegen in einem der Ziff. b entsprechenden Falle keine einheitliche oder fortgesetzte Tat vor, so ist die Strafverfolgung der Äußerung nach § 2, falls nicht § 154 StPO, anzuwenden ist, abhängig von ihrer Anordnung durch den Neichsminister der Justiz, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers". Crohne, a. a. O. 2) Zum Vorsatz gehört außer dem Bewußtsein, daß die Behauptung geeignet ist, die im Gesetz gekennzeichneten Schädigungen herbeizuführen, die Kenntnis des Täters von der Unwahrheit oder gröblichen Entstellung der seinen Behauptungen zugrunde liegenden Tatsachen (unbedingter Vor­ satz) oder wenigstens das Rechnen mit ihrer Unwahrheit oder gröblichen Ent­ stellung, entgegen dem er trotzdem die Behauptungen aufgestellt hat, selbst auf die Gefahr hin, daß sie unwahr (was nicht dasselbe ist wie „nicht erweislich wahr") oder gröblich entstellt seien (bedingter Vorsatz). E. 68 S. 33, JurW. 1934 S. 1911, NG. HNR. 1937 Nr. 426. Demgemäß bezieht sich die grobe Fahrlässigkeit des Abs. 2 (früher Abs. 3) ebenfalls auf die Unwahrheit der be­ haupteten Tatsachen, s. Dahm, JurW. 1934 S. 1911 Sinnt. 12. 3) Das Ausstellen gewisser Tatsachen ist als ein „Behaupten von Tat­ sachen" im Sinne des § 186 StGB, aufzufassen. Nach der hierzu vorhandenen

B I 5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei § 1.

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politische Partei zu bilden, wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis von sechs Monaten bis zu drei

Jahren bestraft.

BI 5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutze -er Parteiuniformen. Vom 20. Dezember 1934.

(RGBl. I S. 1269.) Artikel 1.

§ l.1)2 (1) 3 Wer vorsätzlich*) eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt*) oder verbreitet,*) die geeignet Zu § 1. 1) Vgl. auch §§ 90f und 131 StGB. Das Verhältnis von § 1 und § 2 ist dahin zu kennzeichnen, daß § 2 zu § 1 im Verhältnis der Subsidiarität steht; dies gilt auch, wenn es sich um eine nichtöffentliche Handlung handelt, durch die der Tatbestand des § 1 und des § 2 Abs. 2 verwirklicht ist, wenngleich letzterer in diesem Falle die höhere Strafe vorsieht, da er immerhin an die Voraussetzung der Anordnung zur Straf­ verfolgung gebunden ist, so C ro h n e, Deutsche Justiz 1935, S. 1406, a.A. Schä­ fer, Pfundtner-Neubert, Das neue Deutsche Retchsrecht, IIc 15 Sinnt. 8 zu § 1. Demgemäß bedarf es auch, wenn „der Täter in einer einzigen oder in fortgesetzter Handlung sowohl eine Tatsachenbehauptung (§ 1) aufstellt, die sich nicht ausschließlich gegen das Ansehen der NSDAP, richtet (also auch ohne Zustimmung des Stellvertreters des Führers verfolgbar ist), als auch eine Äußerung im Sinne des § 2 macht, wegen der letzteren nicht der Einholung einer Anordnung, da die einheitliche Tat nur aus dem primären 81 zu verfolgen ist. Liegt dagegen in einem der Ziff. b entsprechenden Falle keine einheitliche oder fortgesetzte Tat vor, so ist die Strafverfolgung der Äußerung nach § 2, falls nicht § 154 StPO, anzuwenden ist, abhängig von ihrer Anordnung durch den Neichsminister der Justiz, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers". Crohne, a. a. O. 2) Zum Vorsatz gehört außer dem Bewußtsein, daß die Behauptung geeignet ist, die im Gesetz gekennzeichneten Schädigungen herbeizuführen, die Kenntnis des Täters von der Unwahrheit oder gröblichen Entstellung der seinen Behauptungen zugrunde liegenden Tatsachen (unbedingter Vor­ satz) oder wenigstens das Rechnen mit ihrer Unwahrheit oder gröblichen Ent­ stellung, entgegen dem er trotzdem die Behauptungen aufgestellt hat, selbst auf die Gefahr hin, daß sie unwahr (was nicht dasselbe ist wie „nicht erweislich wahr") oder gröblich entstellt seien (bedingter Vorsatz). E. 68 S. 33, JurW. 1934 S. 1911, NG. HNR. 1937 Nr. 426. Demgemäß bezieht sich die grobe Fahrlässigkeit des Abs. 2 (früher Abs. 3) ebenfalls auf die Unwahrheit der be­ haupteten Tatsachen, s. Dahm, JurW. 1934 S. 1911 Sinnt. 12. 3) Das Ausstellen gewisser Tatsachen ist als ein „Behaupten von Tat­ sachen" im Sinne des § 186 StGB, aufzufassen. Nach der hierzu vorhandenen

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BI. Politische Gesetze.

ist, das Wohl des Reichs oder das Ansehen der Neichsregierung oder das der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei oder ihrer Gliederungen*) schwer zu schädigens, wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist,6) mit Gefängnis bis Rechtsprechung des RG. bedeutet „Behaupten" — im Gegensatz zu „Ver­ breiten" —, daß etwas als Gegenstand eigenen Wissens hingestellt wird, gleich, ob man es von einem Dritten erfahren hat. Verbreiten ist dagegen die Weitermitteilung von Tatsachen, die von dritter Seite kommen und als solche weitergegeben werden, E. 31 S. 66; 38 S. 368; auch vertrauliche Mitteilungen fallen hierunter; dabei genügt aber die Mitteilung auch nur einer einzigen Person gegenüber, E. 30 S. 224, ausdrücklich für § 3 der bisherigen VO. ausgesprochen RG., Deutsches Sttafrecht 1934 S. 60 und DJust. 1934 S. 710. Mitteilung von Ehemann an Ehefrau, bei der mit Weiter­ erzählen nicht gerechnet zu werden braucht, ist keine Verbreitung, SonderG. München, JurW. 1937 S. 184. Die a. a. O. geforderte „bewußte Erweiterung des Kreises der die Behauptung Kennenden" soll natürlich nicht heißen, daß eine Verbreitung dann nicht vorliege, wenn der Dritte die angeblichen Tatsachen bereits kannte oder von anderer Seite gehört hatte; es kommt insoweit vielmehr nur auf den Vorsatz an; deshalb ist auch der Zusatz, das Mitgeteilte bedürfe noch der Bestätigung oder sei unglaubwürdig oder werde jedenfalls von dem Mttteilenden selbst nicht geglaubt, belanglos; vgl. E. 22 S. 223, 60 S. 373. Das Aufstellen einer Lügenmeldung ist schon vollendet, wenn der Täter sie bewußt aus dem Bereich seiner Machtsphäre heraus in die Außenwelt und besonders in den Verkehr bxingt; daß aber ein Brief den Adressaten erreicht hat, ist zur Vollendung nicht erforderlich, VolksG. DJust. 1937 S. 123; Becker, DJust. 1937 S. 1284. Nur die Aufstellung und Verbreitung von Tatsachen fällt unter § 1, nicht dagegen von Werturteilen; über den Unterschied vgl. E. 68 S. 120 sowie die daselbst S. 122 zit. übrige Rechtsprechung des RG., vgl. auch Sinnt. 4 zu § 186 StGB. Eine bewertende Äußerung kann aber Tatsachen­ behauptung sein, sofern sie „zu bestimmten, einzelnen Vorgängen oder Ge­ schehnissen in äußerlich erkennbarer Weise in Bezug gesetzt ist". E. 68 S. 121 und 64 S. 12. Überspitzungen sind hierbei jedoch zu vermeiden, zumal sonst der besondere Charatter dieser schweren Strafbestimmung beeinttächtigt würde. RG. 68 S. 120 sieht demgemäß z. B. in der Äußerung „die SA. und SS. sind lauter Lumpe" keine Behauptung tatsächlicher Art. 4) „Gliederungen" der NSDAP, sind nach § 2 der DurchfVO. des Ges. zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat v. 29. März 35 (NGVI. I S. 502) u. v. 5. Dezbr. 1935 (RGBl. I S. 1523), die SA. die SS., das NSKK., die Hitler-Jugend (einschließlich Jungvolk, BDM. und Jung­ mädel), der NS.-Deutsche Dozentenbund, der NS.-Deutsche Studenten­ bund und die NS.-Frauenschaft. Vgl. ferner ergänzend § 8. 5) Tatsächlicher Eintritt des Schadens ist für die Schuldfrage unerheblich. Die Geeignetheit zur Schädigung ist nach dem Inhalt, Sinn und Zweck der Behauptung zu bestimmen; dabei in bezug hierauf, aber nur insoweit, die äußeren Umstände, die Persönklicheit des Täters und Hörers, die Besonder­ heit des Tatortes und der Zusammenhang berücksichtigt werden, OLG. Dresden ArchRpflSaTh. 1937 S. 32. 6) Z. B. § 90 f. und § 94 Abi. 2 StGB., bei letzterem, sofern für die öffentliche Verleumdung die Ermächtigung zlir Strafverfolgung erteilt ist.

BIS. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei § 1.

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zu zwei Jahren und, wenn er die Behauptung öffentlich') ausstellt oder verbreitet, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.8* )*9 7

(2) Wer die Tat grob fahrlässig-) begeht, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (3) Richtet sich die Tat ausschließlich •) gegen das Ansehen der Das Fehlen einer solchen Ermächtigung steht aber nicht einer Bestrafung aus § 1 HG. entgegen, RG. DJust. 1936 S. 1016. 7) Der Tater muß das Bewußtsein haben, öffentlich zu handeln. Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 gilt hier nicht. Der Begriff „öffentlich" ist hier der gleiche wie sonst im StGB., vgl. Anm. 40 zu § 200 StGB. 8) Tateinheit mit § 131 StGB, ist möglich. 9) „Richtet sich die das Ansehen der Reichsregierung usw. schädigende Tatsachenbehauptung gegen eine Persönlichkeit, die zugleich eine leitende Persönlichkeit des Staates und der Partei ist, so bedarf es einer Zustimmung nach Abs. 3 nicht, da die Behauptung nicht ausschließlich das Ansehen der NSDAP, betrifft.—Ist eine Tatsache behauptet,, die gleichzeitig eine leitende Persönlichkeit des Staates und eine andere der Bewegung angreift, so bedarf es der Einholung der Zustimmung aus Abs. 3 nicht, weil die Tat einem ein­ heitlichen Täterwillen entspringt und nicht ausschließlich gegen das Ansehen der NSDAP, gerichtet ist. —Handelt es sich um mehrere Behauptungen, von denen die eine gegen eine leitende Persönlichkeit des Staates, die andere ausschließlich gegen eine solche der Bewegung gerichtet ist, so bedarf es, wenn Fortsetzungszusammenhang vorliegt, aus den gleichen Gründen wie zu 3 der Einholung der Zustimmung nach Abs. 3 nicht. Liegt kein Fortsetzungszu­ sammenhang vor, so ist die Zustimmung nach Abs. 3 einzuholen, außer wenn die letztere Behauptung gegenüber der ersteren bei der Bestrafung nicht ins Gewicht fällt (8154 StPO.). Wird die Zustimmung versagt, so ist, um falsche Schlußfolgerungen des Täters über die Wahrheit der behaupteten zweiten Tatsache zu vermeiden, zu prüfen, ob nicht auch bezüglich der ersteren Tatsachenbehauptung das Verfahren einzustellen ist (§ 153 StPO.)." Crohne, Deutsche Justiz 1935, S. 1406. — Ob eine Tat dem Wohle des Reiches abträg­ lich ist, ist für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 3 ohne Bedeutung. Entscheidend ist, ob sich die Tat ausschließlich gegen das Ansehen der NSDAP, oder ihrer Gliederungen oder auch gegen das der Neichsregierung richtet. Wenn ein so weitgehendes Einsetzen der Reichsregierung für eine Organisation der Bewegung erfolgt ist, daß das Ansehen der Regierung aufs engste damit verknüpft ist, wie z. B. bei dem Winterhilfswerk, richtet sich eine Beschimpfung nicht mehr ausschließlich gegen die Partei und die Zustimmung des Abs. 3 ist nicht erforderlich. Der Arbeitsdienst ist nach dem Ges. v. 26. Juni 35 (RGBl. I S. 769) Einrichtung des Staates, so daß keine Zustimmung nach Abs. 3 erforderlich ist. — „Erfüllt die ausschließlich gegen das Ansehen der NSDAP, gerichtete Tatsachenbehauptung zugleich den Tatbestand einer Beleidigung im Sinne der §§ 186ff. RStGB., so wird das Recht des Be­ leidigten, Strafantrag zu stellen, durch die Versagung der Zustimmung nach Abs. 3 nicht berührt, ebensowenig die Entschließung der Staatsanwaltschaft, ob öffentliches Interesse an der Strafverfolgung anzunehmen ist. Das höchstpersönliche Gut der Ehre zu wahren, kann niemandem verwehrt werden; die Entscheidung des Stellvertreters des Führers erfolgt aus anderem Ge­ sichtsfeld; sie hat den ausschließlichen Zweck, die Belange der Bewegung zu wahren, jedoch nicht die persönliche Ehre ihrer Mitglieder, soweit nicht Dalcke, Strafrecht. 30.Aufl.

26

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B I. Politische Gesetze.

NSDAP, oder ihrer Gliederungen/) so wird sie nur mit Zu­ stimmung ,0) des Stellvertreters des Führers oder der von ihm be­ stimmten Stelle") verfolgt. § 2.1) (1) Wer öffentlich') gehässige, hetzerische oder von niedriger deren Verletzung gleichzeitig das Ansehen der NSDAP, gefährdet." Croh ne, a. a. O. Besonders eingeholt braucht ein Strafantrag von der StA. aller­ dings nicht zu werden, wenn die Tat von Amts wegen nach § 1 sowieso ver­ folgt wird. Bei Versagung der Zustimmung soll der StA. auf Anordnung des RIM. im Falle schwerer, persönlicher Beleidigungen dem Verletzten Gelegenheit zum Stellen eines Strafantrages geben. 10) Die Zustimmung ist, anders als der Strafantrag (§ 61 StGB.), an keine Frist gebunden, da sie die Ausübung eines Hoheitsrechtes darstellt, und kann deshalb jederzeit zurückgenommen werden. Sie kann jederzeit, auch noch in der Revisionsinstanz, erklärt werden (vgl. E. 68 S. 124); sie ist — anders als der Antrag — auch teilbar. 11) Bisher ist keine bestimmt. Zu § 2. 1) Die amtliche Begründung des Gesetzes gibt für § 2 folgende Richtlinien: „Die Beschränkung des § 3 der VO. v. 21. März 33 (jetzt § 1) auf Behauptungen tatsächlicher Art hat zur Folge gehabt, daß böswillige Schmä­ hungen und hetzerische Äußerungen überleitende Persönlichkeiten des Staates und der Partei, über ihre Anordnungen und die von ihnen geschaffenen Einrichtungen straflos blieben oder allenfalls nur auf Grund der allgemeinen Strafvorschrift gegen Beleidigungen (§ 185 StGB.) mit unzulänglicher Strafe geahndet werden konnten, obwohl sie an gefährlicher Wirkung hinter strafbaren Behauptungen tatsächlicher Art nicht zurückblieben. Diesem Mangel will § 2 abhelfen. Jedoch soll nicht jede Äußerung, die den Tat­ bestand der Vorschrift erfüllt, verfolgt werden. Um die neue Waffe nicht abzustumpfen, soll die Verfolgung im allgemeinen nur eintreten, wenn die Straflosigkeit der Tat im Interesse des Gemeinwohls und des Ansehens von Staat und Partei nicht tragbar wäre." In anderen Fällen ist — wie es in der AB. des RuPrJustMin. v. 28. Dez. 34 (Deutsche Justiz 1935, S. 7) heißt — der nat.-soz. Staat stark genug, über törichtes Gerede von Nörglern und Besserwissern hinwegsehen zu können; auch widerspräche es dem ausdrücklichen Willen des Führers, daß sich auf dem Boden des § 2 Abs. 2 ein verächtliches Denunziantentum entwickelte. Uber das Verhältnis des 8 2 zu 8 1 s. Anm. 1 zu 8 1. Tateinheit des 8 2 mit §§ 185 ff. und 8131 StGB, ist möglich; auch mit 8 360 Ziff. 11 StGB., also keine Gesetzeskonkurrenz KG. DJust. 1936 S. 37, wobei zumeist, wenn nach 8 2 nicht angeordnet wird, die Übertretung gemäß § 153 StPO, zu be­ handeln sein wird, anders als in den Fällen, in denen Tatbestand des 8 2 nicht erfüllt ist, die Tat aber übel ist und Ahndung erheischt wie z. B. im Fall des OLG. Köln DJust. 1937 S. 286, vgl. Becker, DJust. 1937 S. 1284; ebenso mit § 134a StGB. Hierbei ist zu beachten, daß in der Beschimpfung des Führers und Reichskanzlers zumeist auch eine Beschimpfung des Reiches liegt, was auch bei der Beschimpfung eines Regierungsmitgliedes der Fall sein kann, vgl. RG. JurW. 1934 S. 904, 1935 S. 3384, 1936 S. 2228; DJust. 1936 S. 1016 mit Anm. von Kuhn, der darauf hinweist, daß eine zu weitgehende Annahme des 8 134a in solchen Fällen nicht tunlich ist. Vgl. ferner Becker, DJust. 1937 S. 1284. — Bei Tateinheit mit Beleidigung kann dem Belei" bifiten Veröffentlichnngsbefugnis gemäß § 200 StGB, gegeben werden, ob-

B 15. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei § 2.

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Gesinnung zeugende Äußerungen') über leitende Persönlichkeiten des Staates oder der NSDAP./') über ihre Anordnungen') oder die von ihnen geschaffenen Einrichtungen') macht, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben,") wird mit Gefängnis bestraft. wohl § 2 HG., aus dem die Strafe zu entnehmen ist, dies nicht vorsieht, LG. Stettin mit Anm. Schäfer, DJust. 1937 S. 708. 2) Vgl. Anm. 7 zu 8 1. 3) Hier sind keine juristischen Begriffsbestimmungen vorhanden; was »gehässig", „hetzerisch" oder „von niedriger Gesinnung zeugend" ist, muß nach der allgemeinen Volksmeinung entschieden werden. In erster Linie wird dabei die politische Tendenz der Äußerung zu bewerten sein. Gehässig be­ deutet, daß aus Haß, gehässigem Zorn oder als Haß anzusprechendem Fanatismus gehandelt wird. Hetzerisch heißt, in der Absicht zu handeln, Unzufriedenheit, Uneinigkeit und Zersetzung zu schaffen. Niedrige Ge­ sinnung zeigt, wer um persönlicher Vorteile willen in gemeiner Weise vorgeht. Jedwede Art von Äußerung, sei sie mündlich, schriftlich oder auf andere Weise erfolgt, soll erfaßt werden. Vorsatz muß gegeben sein, d. h. das Bewußtsein, daß die Äußerung zur Untergrabung des Vertrauens in die politische Führung geeignet ist; dolus eventualis genügt. Ob der Täter von der Richtigkeit der Äußerung überzeugt ist oder nicht, ist gleichgültig. Wiedergabe einer fremden Äußerung genügt, vgl. E. 62 S. 145. 4) Generelle oder spezielle, wie in § 131 StGB. 5) Wie im § 131 StGB, sind nur Einrichtungen gemeint, die dauernde Bestandteile der Staatsverfassung oder Staatsverwaltung oder — über § 131 StGB, hinaus — hier auch der Parteiorganisation sind. Der Ausdruck „Einrichtung" umfaßt als Sammelbegriff die NSDAP, selbst sowie deren Gliederungen und angeschlossenen Verbände und andere auf die Dauer be­ rechnete oder regelmäßig wiederkehrende Maßnahmen, z. B. das Ehrenkreuz, den Reichspartettag, den Tag der nationalen Arbeit, das Winterhilfswerk, der deutsche Gruß, das Landjahr; vorübergehende Einrichtungen, z. B. für be­ stimmte Feste oder bestimmte Sammlungen, fallen dagegen nicht hierunter. Wohl aber gehören die amtlichen Verordnungs- und Berkündungsblätter der Gliederungen hierher, wie das Verordnungsblatt der Reichsjugendführung der NSDAP., das Verordnungsblatt der Neichsleitung der NSDAP., das Verordnungsblatt für den Reichsarbeitsdienst, das Verordnungsblatt der Obersten SA.-Führung, das Befehlsblatt der SS., das Amlliche Nachrichten­ blatt der Deutschen Arbeitsfront und der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude", nicht jedoch die übrige Parteipresse, selbst wenn die Zeitungen sich amtliche nennen, wie z. B. der SA.-Mann usw. Durch § 134b StGB, ist für die hier genannten, von lettenden Persönlichkeiten der NSDAP, ge­ schaffenen „Einrichtungen" die Anwendung des § 2 insow-it ausgeschlossen, als die Beschimpfung oder Verächtlichmachung öffentlich erfolgt. Dagegen gilt § 2 nach dem Willen des Gesetzgebers fernerhin für solche Äußerungen, durch die nicht öffentlich die in § 134b genannten Einrichtungen oder für solche Äußerungen, durch die andere als die in § 134b genannten Einrichtungen beschimpft werden, also entsprechend der Rechtslage, die sich aus § 134a für die dort genannten von leitenden Persönlichkeiten des Staates geschaffenen Einrichtungen ergibt. 5 a) Tatfrage, wobei die in Anm. 1 zu §2 wiedergegevenen Gedanken 26*

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B I. Politische Gesetze.

(2) Den öffentlichen Äußerungen stehen nichtöffentliche böswil­ lige*) Äußerungen gleich, wenn der Täter damit rechnet oder damit rechnen muß'), daß die Äußerung in die Öffentlichkeit dringen werde. (3) Die Tat wird nur auf Anordnung des Reichsministers der Justiz verfolgt*); richtet sich die Tat gegen eine leitende Persönlichkeit der NSDAP.,') so trifft der Reichsminister der Justiz die Anordnung im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers. (4) Der Reichsminister der Justiz bestimmt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers den Kreis der leitenden Persönlichkeiten im Sinne des Absatzes l.10) zu berücksichtigen sind. Vgl. RG. JurW. 1937 S- 1834. — Vgl. auch RB. v. 14. März 36, abgedruckt in Krug-Schäfer-Stolzenburg, 1936 S. 249. Sie wendet sich dagegen, bei leitenden Persönlichkeiten zwischen privater und öffentlicher Sphäre zu unterscheiden. 6) Damit sind die in Abs. 1 gekennzeichneten Äußerungen gemeint; darüber hinaus, als Steigerung gegenüber Abs. 1, müssen die Äußerungen aber auch böswillig sein. Böswillig bedeutet, die nat.-soz. Bolls- und Staatsführung in unsachlicher Weise ablehnend und mit bösem Witten herabsetzend. Der Begriff „böswillig" findet sich auch in den §§ 103a, 134, 134a, I34b, 135 StGB.; s. darüber E. 48 S. 176, 63 S. 289; RG. HRR. 1932 Nr. 1734. 7) D. h. wenn nach den Umständen die allgemeine, normale Volks­ anschauung damit rechnen würde, so wird kraft Gesetzes — widerlegbar — vermutet, daß auch der Beschuldigte damit rechnete. Daß auch die Äußerung tatsächlich in die Öffentlichkeit gedrungen ist, ist nicht erforderlich. 8) Damit wird eine einheilliche und zentrale Beurtellung der Frage, wenn die Voraussetzungen zur Verfolgung, ohne ein Denunziantentum großzuziehen, gegeben sind, gewährleistet. Vgl. auch AB. d. RuPrJustMin. v. 28. Dezbr. 34 (Deutsche Justiz 1935, S. 7). — Was für die Zustimmung in Anm. 10 zu § 1 gesagt ist, gllt auch für die Anordnung. 9) Nur bei Äußerungen über leitende Persönlichkeiten der NSDAP., nicht des Staates und nicht über Anordnungen und Einrichtungen. Im Gegensatz zu § 1 Abs. 3 ist hier das Einvernehmen des Stellvertteter des Führers nicht nur vorgesehen, wenn sich die ausschließlich gegen eine leitende Persönlichkeit der NSDAP, richtet, sondern auch dann, wenn die Persönlichkeit eine leitende Stellung im Staat und der Partei inne hat. — Wer leitende Persönlichkeit ist, darüber s. Anm. 10. 10) Als leitende Persönlichkeiten im Sinne des § 2 Abs. 1 hat die Durchf.VO. v. 22. Febr. 35 (RGBl. I S. 276) bestimmt: „I. Der Führer und Reichskanzler. II. Leitende Persönlichkeiten des Staates: 1. die Reichsminister, die Reichsstatthalter sowie die Vorsitzenden und Mtglieder der Landesregierungen, 2. die Staatssettetäre des Reichs und der Länder, 3. die preußischen Oberpräsidenten einschl. des Staatskommissars der Hauptstadt Berlin. III. Leitende Persönlichkeiten der NSDAP.: 1. die Reichsleiter, 2. die Gauleiter."

B15. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei § 3.

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§ 8.1) (1) Wer bei Begehung oder Androhung ») einer strafbaren Handlung») eine Uniform») oder ein Abzeichen») der NSDAP, oder Die Staatsräte in Bayern gehören nicht zu den Staatssekretären der Länder. Reichsleiter sind nach dem Nat.-Soz. Jahrbuch (1935 S. 131): „Der Reichsschatzmeister, Stabsleiter des Stellvertreters des Führers, Reichs­ organisationsleiter, Reichsgeschäftsführer, Vorsitzende des Obersten Partei­ gerichts, Vorsitzende der II. Kammer des Obersten Parteigerichts (Grimm), Reichspropagandaleiter, Reichspressechef, Reichsleiter für die Presse, Leiter des Reichsrechtsamtes, Leiter des Außenpolitischen Amtes, Leiter des Wehr­ politischen und des Kolonialpolitischen Amtes, Leiter des Amtes für Agrar­ politik, Führer der Reichstagsfraktion, Schriftführer der NSDAP., Chef des Stabes der SA., Neichsführer der SS. und Reichsjugendführer." Grundsätzlich genießen nur die leitenden Persönlichkeiten den Schutz des § 2, die zur Zeit der Tat das Amt inne haben - in besonderen Fällen jedoch auch nicht mehr im Amt befindliche, z. B. verstorbene. Dies wird z. B. dann der Fall sein, wenn die Äußerung sich zugleich gegen eine jetzt noch im Amt be­ findliche leitende Persönlichkeit richtet, indem etwa dabei zum Ausdruck kommt, sie habe geduldet, daß eine Persönlichkeit wie der Verstorbene sich in dem beanstandeten Sinne verhalten habe, oder sie habe ihn trotz Kenntnis der behavpteten Mängel int Amte belassen. Ebenso wird § 2 anwendbar sein, wenn eine jetzt noch bestehende Einrichtung, eine jetzt noch geltende Anordnung die auf den nicht mehr im Amt Befindlichen zurückzuführen ist, Gegenstand der Äußerung ist. Demgemäß werden Äußerungen aller Art über nicht mehr im Amt befindliche Personen nach § 2 a. a. O. erfaßt werden können, falls die Äußerung geeignet ist, auch jetzt noch das Vertrauen des Volkes zur bestehenden politischen Führung zu untergraben. RV. d. RIAL. v. 18. Dezbr. 35, abgedruckt in Krug-Schäfer-Stolzenburg, 1936 S. 248. Zu 8 3, 1) § 3 entspricht dem § 2 der VO. v. 21. März 33. 2) Im Gegensatz zu § 241 StGB., der nur die Bedrohung mit einem Verbrechen unter Strafe stellt, ist hier auch schon die Androhung eines Ver­ gehens oder einer Übertretung strafbar. Versuch der Begehung genügt, wenn der Versuch der strafbaren Handlung selbst strafbar ist, Schwarz, Komm. Anm. 1 A 5U § 2. 3) Verbrechen, Vergehen und Übertretungen. Jede Art von strafbarer Handlung, also auch Delikte gegen das Vermögen, fällt hierunter. Nur vorsätzliche Taten kommen in Betracht, E. 68 S. 160. Es ist jedoch bei gering­ fügigen Taten sorgfältig zu prüfen, ob der innere Tatbestand gegeben, d. h. ob der Täter sich bewußt gewesen ist, bet der Begehung der Tat das Ab­ zeichen zu tragen. Handlungen, die nur mit Ordnungsstrafen bedroht sind, z. B. § 1495 NBO., gehören nicht hierher. 4) Uniform ist jede Dienstkleidung der Mitglieder. Auch Kleidung mit so starker Ähnlichkeit, daß eine Verwechslungsmöglichkeit besteht, ist gemäß § 5 Abs. 3 als Uniform aufzufassen, vgl. Schäfer, DJust. 1936 S. 1299. Ab­ zeichen sind an sich noch keine Uniform, können aber wesentliche Teile der­ selben bilden (Schwarz, StGB. Anm. 1 zu 8 1 der BO.). 5) Gemeint ist ein Abzeichen, das die Zugehörigkeit zu Partei oder Gliederung oder hierneben innerhalb derselben eine besondere Stellung kenn­ zeichnet; auch ein nicht parteiamtliches Abzeichen, z. B. SS.-Rune, und ein zu Verwechslungen geeignetes Abzeichen fällt hierunter (8 5 Abs. 3). „Ent­ scheidend ist, ob bei oberflächlicher Betrachtung insbesondere bei einiger Ent­ fernung vom Träger des Abzeichens oder bei mangelhafter Beleuchtung eine

406

BI. Politische Gesetze.

ihrer Gliederungen trägt oder mit sich führt, •) ohne dazu als Mitglied der NSDAP, oder ihrer Gliederungen«) berechtigt zu fein,7* )*8*9wird **6 mit Zuchthaus, in leichteren Fällen mit Gefängnis nicht unter sechs

Monaten bestraft?) (2) Wer die Tat in der Absicht begeht, einen Aufruhr oder in der Bevölkerung Angst oder Schrecken zu erregen^ oder dem Deutschen Reich außenpolitische Schwierigkeiten zu bereiten, wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder mit lebenslangem Zuchthaus bestraft. In besonders schweren Fällen kann auf Todesstrafe erkannt werden. (3) Nach diesen Vorschriften kann ein Deutscher auch dann ver­ folgt werden, wenn er die Tat im Ausland begangen hat?) § 4.) (1) Wer seines Vorteils^ wegen oder in der Absicht, einen politischen Zweck zu erreichen/) sich als Mitglied der NSDAP, oder Verwechflungsgefahr gegeben ist", so z. B. auch ein unechtes, nicht amtliches Abzeichen BayObLG. DRZ. 1936 Nr. 366; ebenso z. B. eine verkleinerte Nachbildung des Hoheitszeichens der Partei wie alle sog. Sympathieabzeichen. E. 68 S. 158; SG. Breslau DJust. 1936 S. 1813. Vgl. auch § 132 a Abs. 8 StGB. Die Abzeichen der angeschlossenen Verbände sind durch § 3 nicht ge­ schützt, anders § 5. Welche Abzeichen parteiamtliche sind, darüber s. Anlage zur 3. DurchfVO., anschließend abgedruckt. 6) Hier genügt im Gegensatz zu § 5 Abs. 2 bereits das Mitsichführen. — über die Voraussetzungen des Tragens vgl. Anm. 12. Soweit das Tragen nicht in Verbindung mit dem Begehen oder Androhen einer strafbaren Hand­ lung erfolgt ist, kommt § 5 Abs. 2 in Frage. 7) Auch das unberechtigte Tragen z. B. einer SA.- oder SS.-Uniform durch einen politischen Leiter oder umgekehrt fällt hierunter. Nicht jedoch das unberechtigte Tragen der Uniform nur eines anderen Dienstgrades inner­ halb der Partei oder derselben Gliederung; in diesem Falle unterliegt die Tat nur disziplinärer bzw. parteigerichtlicher Ahndung. 8) Es ist Vorsatz erforderlich, d. h. Bewußtsein des Mitsichfübrens und seiner Folgen im Augenblick der Tat; eine Absicht allerdings, durch das Tragen oder Mitführen von Uniform oder Abzeichen die Begehung strafbarer Handlungen zu erleichtern, gehört nicht notwendig zum inneren Tatbestand, E. 68 S. 160. Zwischen § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 besteht Gesetzeskonkurrenz; § 3 Abs. 1 gibt einen erschwerenden Sondertatbestand, aus dem heraus die Bestrafung zu erfolgen hat, E. 68 S. 161. Mit der begangenen oder ange­ drohten Straftat selbst kann Tatmehrheit oder Tateinheit, z. B. mit Betrug vorliegen, E. 68 S. 162. Zuständig auch in letzteren Fällen regelmäßig das SondGer. KG. JurW. 1937 S. 766. 9) Entgegen der Regelbestimmung des § 4 StGB. Zu § 4. 1) Der Vorteil braucht nicht rechtswidrig, auch kein Ver­ mögensvorteil'zu sein; jede Art von Entgelt oder Vorteil — auch z. B. Ge­ schlechtsverkehr — genügt. Vgl den Vorteilsbegriff bei den §§ 258ff. StGB. Wer sich nur aus Eitelkeit u. dgl. der Mitgliedschaft bei einem der NSDAP, angeschlossenen Verband rühmt, soll nicht strafbar sein. — 2) Nicht jeder das öffentliche Interesse irgendwie betreffende Zweck ist gemeint, vielmehr nur ein solcher, der Staat, Partei, Gesetzgebung und Verwaltung unmittelbar berührt, vgl. E. 58 S. 415; 63 S. 20; NG. HNR.

BI 5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei § 5.

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ihrer Gliederungen») ausgibt,') ohne es zu sein, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Die Tat wird nur mit Zustimmung des Stellvertreters des Führers oder der von ihm bestimmten Stelle verfolgt.') § 5. (1) Wer parteiamtliche Uniformen/) Uniformteile, Gewebe, Fahnen') oder Abzeichen') der NSDAP., ihrer Gliederungen') oder der ihr angeschlossenen Verbände') ohne Erlaubnis des Reichsschatz. Meisters der NSDAP, gewerbsmäßig herstellt, vorrätig hält, feilhält oder sonst in Verkehr bringt,') wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Für welche Uniformteile und Gewebe es der Er1934 Nr. 848. Der politische Zweck braucht weder der einzige noch der haupt­ sächliche Zweck oder Beweggrund zu sein. 3) S. Anm. 4 zu § 1. 4) Hierbei ist eine eigene Tätigkeit erforderlich, durch die der Anschein der Mitgliedschaft erweckt werden soll; ein bloßes Dulden, fälschlich als Mitglied bezeichnet zu werden, genügt nicht, vgl. über unbefugte Titelführung. E. 33 S. 305. Wer ein Parteiabzeichen unbefugt tm Besitz hat, gibt sich damit noch nicht als Parteimitglied aus; § 4 ALs. 1 und § 5 Ab s. 2 stehen daher nicht in Gesetzeseinheit, sondern in Tateinheit, RG. DJust. 1937 S. 356. Auch ein Mitglied der NSDAP., das zu den in § 4 gekennzeichneten Zwecken die Uni­ form einer Gliederung der NSDAP, anlegt, ohne Mitglied gerade dieser Gliederung zu sein, macht sich nach §4 strafbar. Dagegen ist § 4 unanwendbar, wenn ein Pg. falsche Angaben über die Dauer der Mitgliedschaft macht. 5) Damit soll die Verfolgung leichter Fälle, an deren Aburteilung die NSDAP, kein Interesse hat, vermieden werden. Eine andere Stelle ist bisher nicht bestimmt worden. Zu § 5. 1) S. Anm. 4 zu § 3. 2) Parteiamtliche Fahnen, d. h. die zur parteiamtlichen Verwendung (z. B. als Sturmfahnen der SA.) bestimmten Fahnen. S. die Anlage zur 3. DurchfBO., S. 540. 3) S. Anm. 5 zu § 3. Hierher gehört nicht das Abzeichen der SAL. (Kyffhäuserbund). 4) S. Anm. 4 zu § 1. 5) Die „angeschlossenen Verbände" sind nach § 3 der DO. v. 29. März 35 (RGBl. I S. 502) u. der BO. v. 5. Dezbr. 1935 (RGBl. I S. 1523) u. 12. Jan. 1938 (RGBl. I S. 36): NS.-Bolkswohlfahrt E. B., Deutsche Arbeitsfront, einschl. der NS.-Gemeiuschaft „Kraft durch Freude", Der NS-Rechtswahrerbund E. B., NS.-Arztebund E. B., NS.-Lehrerbund E. D., NS.-Kriegsopferversorgung E. B., Retchsbund der Deutschen Beamten E. B., NS.-Bund Deutscher Technik, vgl. ferner § 8. 6) Während nach dem bisherigen Recht nur der Besitz von Uniformen strafbar war, ist nunmehr bereits das ohne Erlaubnis des Reichsschatzmeisters der NSDAP, erfolgende gewerbsmäßige Herstellen, Vorrätighalten, Feilhalten oder sonstige Inverkehrbringen von parteiamtlichen Fahnen und Abzeichen sowie Parteiuniformen strafbar und es unterliegen außerdem

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BI. Politische Gesetze.

laubnis bedarf, bestimmt der Reichsschatzmeister der NSDAP, im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister durch eine im Reichsgesetzblatt zu veröffentlichende Bekanntmachung?) )

§ 16. (1) Wer, ohne eine Bestallung als Arzt zu besitzen, eine Bezeichnung führt, durch die der Anschein erweckt werden kann, er sei zur Ausübung der Heilkunde unter der Bezeichnung als Arzt be­ fugt,") wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 5) — öffentlich mitteilt. Bei den aus dem Nachlaß erlangten Geheim­ nissen kann Täter nur derjenige sein, der als Erbe oder Vermächtnisnehmer zur Verfügung über das Schriftstück, in dem das Geheimnis verkörpert ist, berufen ist. 6) d. h. die Preisgabe ist nicht rechtswidrig. E. 71 S. 23. 7) Handelt der Arzt usw. zur Erfüllung einer Rechtspflicht, z. B. einer gesetzlich vorgeschriebenen Anzeigepflicht, so kommt eine Güterabwägung nicht in Betracht. 8) Vgl. dazu § 10 Abs. 3 des Ges. zur Bekämpfung der Geschlechts­ krankheiten. 9) Auch die Frage, ob und inwieweit der Arzt als Zeuge im Zivll- oder Strafprozeß das Geheimnis zu offenbaren berechtigt ist, richtet sich jetzt nach § 13 Abs. 3; die früher vertretene Auffassung, daß die Geheimhaltungspflicht des zur Aussage bereiten Arztes entfalle (vgl. LK. Anm. 7 zu 8 300 StGB.), ist mit § 13 Abs. 3 nicht mehr vereinbar (Schäfer, a. a. O. S. 376- E. 71 S. 22 und dazu Schäfer, DStR. 1937 S. 200). 10) Vgl. Anm. 60 zu § 300 StGB, (unter A 2). 11) Zur Ausübung des ärztl. Berufs ist nach § 2 RÄO. befugt, wer von der zuständigen deutschen Behörde als Arzt bestellt ist; ein im Ausland approbierter Arzt darf nach § 11 RÄO. die ärztl. Tätigkeit unter der Be­ zeichnung als Arzt nur ausüben, wenn ihm dies vom RMdJ. gestattet ist; in diesem Falle ist nach § 15 der 1. DurchfVO. zur MO. v. 31. März 36 (RGBl. I S. 338) die Beifügung der ausl. ürzll. Bezeichnung oder ein Hin­ weis auf den Erwerb der Approbation im Ausland unzulässig. Daraus ergibt sich, daß nach § 16 MO. — im Gegensatz zu der ftüheren Auslegung des § 147 Nr. 3 GewO. E. 48 S. 2 — der im Ausland approbierte Arzt sich auch nicht mit einem auf die ausl. Approbation hinweisenden Zusatz als Arzt bezeichnen darf. Schäfer, DJust. 1936 S. 373. Als nach § 16 verbotene arztähnliche Bezeichnungen sind in der Rechtspr. angesehen worden: „nicht approbierter Naturarzt", OLG. Frankfurt JurW. 1928 S. 2103; „Assistent des weltberühmten Dr. med. . . .", NG. GA. 50 S. 123; „Heilpraktikant, Schüler von Dr. . . ", BayObLG. JurR. 1926 Nr. 132; „praktischer Vertreter der Heilkunde", OLG. Dresden HNR. 1932 Nr. 1282; „Spezialist für Geschlechtskrankheiten", GA. 26 S. 350 oder „Spezialist für Frauenkrankheiten", E. 27 S. 335; ebenso der Titel „Pro-

schöff.

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B II. Schutz von Rasse und Erbgut.

(2) Der Reichsminister des Innern kann nach Anhörung der Reichsärztekammer Vorschriften über die Führung solcher Bezeich­ nungen erlassen.

2. Reichstierärzteordnung. Vom 3. April 1936. (RGBl. I S. 347).

(Auszug.)

Schöff.

§ 13. (1) Der Tierarzt soll über Tatsachen, die ihm in Ausübung seines Berufs bekannt werden, Schweigen bewahren, soweit berech­ tigte Belange es erfordern. (2) Erfordern öffentliche Belange die Bekanntgabe seiner Fest­ stellungen, so ist der Tierarzt an das Schweigegebot nicht gebunden. Ein Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht besteht nicht. § 16. Wer, ohne eine Bestallung als Tierarzt zu besitzen, eine Bezeichnung führt, durch die der Anschein erweckt werden kann, er sei zur Ausübung der Tierheilkunde unter der Bezeichnung Tierarzt befugt/) wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2)

3. Reichßapothekerordnung. Vom 16. April 1937. (RGBl. I S. 457).

(Auszug.) Schö/f.

§ 23. Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, 1. wer, ohne als Apotheker bestallt zu sein, eine Bezeichnung führt, durch die der Anschein erweckt werden kann, er sei Apotheker,2. wer eine dem Apotheker vorbehaltene Tätigkeit gewerbs- oder gewohnheitsmäßig ausübt, nachdem seine Bestallung erloschen oder zurückgenommen oder nachdem auf sie verzichtet ist. fessor" in Verbindung mit dem Heilwesen, KG. DIZ. 7 S. 54. Auch die bloße Bezeichnung als Dr. kann u. U. zur Strafbarkeit ausreichen, BayObLG. JurW. 1932 S. 3360, ebenso die Ausstellung eines Schriftstücks mit der Über­ schrift „ärzlliches Zeugnis", E. 37 S. 220. Die unbefugte Bezeichnung sog. niederärzllicher Bezeichnungen (z. B. „geprüfter Helldtener") fällt nicht unter § 16. 1) Hierher gehört z. B. die Bezeichnung „praktischer Tierhellkundiger"', BayObLG. DRZ. 25 Nr. 215.

B III1. Vereinsgesetz § 1.

447

§ 24. (1) Ein Apothekenleiter, der unbefugt ein fremdes Geheim­ nis offenbart, das ihm bei Ausübung seines Berufs anvertraut oder zugänglich geworden ist, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Dem Apotheken­ leiter stehen seine pharmazeutischen Mitarbeiter und die Personen, die zur Vorbereitung aus den Beruf oder sonst in der Apotheke im Betrieb tätig sind, gleich. (2) Ebenso wird bestraft, wer nach dem Tode des zur Wahrung des fremden Geheimnisses nach Abs. 1 Verpflichteten das von dem Verstorbenen oder aus dessen Nachlaß erlangte Geheimnis unbefugt offenbart. (3) Eine unbefugte Offenbarung liegt nicht vor, wenn ein solches Geheimnis zur Erfüllung einer Rechtspflicht oder sittlichen Pflicht oder sonst zu einem nach gesundem Volksempsinden berechtigten Zweck offenbart wird und wenn das bedrohte Rechtsgut überwiegt. (4) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt,

in Schutz der öffentlichen Ordnung. B III1. Vereinsgeseh. Vom 19. April 1908. (RGBl. S. 151.)

(Auszug.) § 1 Alle Reichsangehörigen haben das Recht, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine zu bilden *) und sich zu

1) Das liberale Vereinsrecht des BGB. hatte Schranken zur Wahrung des Staatsinteresses außer im § 61 BGB. nur in dem Vereinsgesetz. Die Einschränkungen durch letzteres-waren großenteils durch die Artikel 123 und 124 der Reichsverfassung v. 11. August 1919 (RGBl. S. 1383) beseitigt. Diese bestimmten: 123. Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Versammlungen können durch Reichsgesetz anmeldepflichtig gemacht und bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden. 124. Alle Deutschen haben daS Recht zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine oder Gesellschaften zu bilden. Dies Recht kann nicht durch Vorbeugungsmaßregeln beschränkt werden. Für religiöse Vereine und Gesell­ schaften gelten dieselben Bestimmungen.

Schaff.

B III1. Vereinsgesetz § 1.

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§ 24. (1) Ein Apothekenleiter, der unbefugt ein fremdes Geheim­ nis offenbart, das ihm bei Ausübung seines Berufs anvertraut oder zugänglich geworden ist, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Dem Apotheken­ leiter stehen seine pharmazeutischen Mitarbeiter und die Personen, die zur Vorbereitung aus den Beruf oder sonst in der Apotheke im Betrieb tätig sind, gleich. (2) Ebenso wird bestraft, wer nach dem Tode des zur Wahrung des fremden Geheimnisses nach Abs. 1 Verpflichteten das von dem Verstorbenen oder aus dessen Nachlaß erlangte Geheimnis unbefugt offenbart. (3) Eine unbefugte Offenbarung liegt nicht vor, wenn ein solches Geheimnis zur Erfüllung einer Rechtspflicht oder sittlichen Pflicht oder sonst zu einem nach gesundem Volksempsinden berechtigten Zweck offenbart wird und wenn das bedrohte Rechtsgut überwiegt. (4) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt,

in Schutz der öffentlichen Ordnung. B III1. Vereinsgeseh. Vom 19. April 1908. (RGBl. S. 151.)

(Auszug.) § 1 Alle Reichsangehörigen haben das Recht, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine zu bilden *) und sich zu

1) Das liberale Vereinsrecht des BGB. hatte Schranken zur Wahrung des Staatsinteresses außer im § 61 BGB. nur in dem Vereinsgesetz. Die Einschränkungen durch letzteres-waren großenteils durch die Artikel 123 und 124 der Reichsverfassung v. 11. August 1919 (RGBl. S. 1383) beseitigt. Diese bestimmten: 123. Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Versammlungen können durch Reichsgesetz anmeldepflichtig gemacht und bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden. 124. Alle Deutschen haben daS Recht zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine oder Gesellschaften zu bilden. Dies Recht kann nicht durch Vorbeugungsmaßregeln beschränkt werden. Für religiöse Vereine und Gesell­ schaften gelten dieselben Bestimmungen.

Schaff.

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BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

versammeln.2) Dieses Recht unterliegt polizeilich nur den in diesem Gesetz und anderen Reichsgesetzen enthaltenen Beschränkungen. Die allgemeinen sicherheitspolizeilichen Bestimmungen des Landes­ rechts finden Anwendung, soweit es sich um die Verhütung unmtttel* barer Gefahr für Leben und Gesundheit der Teilnehmer an einer

Versammlung handelt. § 2. Ein Verein, dessen Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft, kann aufgelöst werden. Der Erwerb der Rechtsfähigkeit steht jedem Verein gemäß den Vorschriften des bürgerlichen Rechts frei. Er darf einem Verein nicht aus dem Grunde versagt werden, daß er einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt. In Gültigkeit blieben nur noch die§§ 1,2,11,19 Nr. 2,20,22. Delius, Die Polizei, Bd. 16 S. 531, sowie vielleicht die Vorschriften über Aufzüge §§ 7,19 Nr. 1. Für die Aufhebung des § 13 haben sich KG. u. Stettin ausgesprochen. JurW. 60 S. 964 bzw. S. 232; für die Aufhebung des § 13 Abs. 2 u. § 18 Nr. 3 auch E. 66 S. 228; für die Aufhebung des § 18 Ziff. 4 Düsseldor-s GA. 75 S. 348. (Siehe auch Delius LZ. 26 S. 1403.) Nach Breslau JurW. 58 S. 281 (A. M. Jellinek, ebenda; Stenglein, Nebenges. zu § 3 Bd. II S. 862. OVG. E. 86 S. 279) blieb auch die Ordnungsvorschrift des § 3 Abs. 2 noch gültig. Im nationalsozialistischen Staat ist das Vereinsrecht unter völlig anderen Gesichtspunkten zu betrachten wie früher. Bis zu einer neuen gesetzlichen Rege­ lung kann daher auch den formell noch in Gültigkeit gebliebenen Bestimmungen, so auch den restlichen Bestimmungen des Vereinsgesetzes, nur noch eine be­ schränkte Bedeutung beigemeffen werden. Mit Recht schreibt Scheuner, DIZ. 1935 S. 666: „Der nationalsozialistische Staat hat mit dem liberalen Vereinsrecht von Grund auf gebrochen. Das Vereinsrecht kann heute nicht mehr aufgebaut sein auf dem Grundsatz der Vereinsfreiheit, es kann nicht mehr nur aufgefaßt werden als ein Gebiet des Privatrechts, dem andererseits als Schranke ein Vereinspolizeirecht als öffentliches Bereinsrecht gegenüberstehl. Durch die BO. z. Schutze von Staat und Volk vom 28. Febr. 33 hat der Staat unter Außerkraftsetzung des Art. 124 Weim. RV. sich das notwendige Mittel zu einer strengen politischen Überwachung des Vereinswesens und zur Auflösung politisch unerwünschter Verbände geschaffen. Aber der Staat ist weit über diese Wiederherstellung und Verstärkung seiner politischen (polizei­ lichen) Aufsicht hinausgegangen. Er hat das ganze Vereins- und Verbands­ wesen dadurch auf eine neue Grundlage gestellt, daß er es zu wesentlichen Teilen seiner Führung unterstellt oder auch mittelbar oder unmittelbar in seine Or­ ganisation ein gegliedert hat." Über die Einwirkungen der staatspolitischen Gestaltung auf das Vereinsrecht im einzelnen vgl. Scheuner a. a O. Hinsichtlich der staatlichen Überwachung von Vereinen vgl. die RdErl. des RuPrMdJ. betr. Überwachung weltanschaulicher Vereine v. 5. Sept. 35 u. betr. Aufsicht über rechtsfähige Vereine v. 21. Febr. 36 (RMBliV. 1935 S. 1087 u. 1936 S. 246). Bez. der Rednerkontrolle bei Vorträgen auf dem Gebiete der Volksernährung s. Erl. v. 10. Jan. u. 31. März 37 (RMBl. i. B. S. 143, 561). 2) Tanzlustbarkeiten fallen nicht unter den Begriff der „Versammlung".

Bill 1.

449

Vereinsgesetz.

Die Auflösungsverfügung kann im Wege des Berwaltungsstreitverfahrens und wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 20, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden. Die endgültige Auflösung eines Vereins ist öffentlich bekannt zu machen. § 7. Öffentliche Versammlungen') unter freiem Himmel und Auf­ züge 3 4)5auf öffentlichen Straßen oder Plätzen bedürfen der Genehmigung der Polizeibehörde. Die Genehmigung ist von dem Veranstalter mindestens vierund­ zwanzig Stunden vor dem Beginne der Versammlung oder des Aufzugs unter Angabe des Ortes und der Zeit nachzusuchen. Sie ist schrift­ lich zu erteilen und darf nur versagt werden, wenn aus der Abhal­ tung der Versammlung oder der Veranstaltung des Aufzugs Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten ist. Im Falle der Ver­ weigerung ist dem Veranstalter sofort ein kostenfreier Bescheid mit Angabe der Gründe zu erteilen. § 11. Niemand darf in einer öffentlichen Versammlung oder einem Aufzuge/) der auf öffentlichen Straßen oder Plätzen stattfinden soll, bewaffnet erscheinen/) es sei denn, daß er vermöge öffentlichen Berufs zum Waffentragen berechtigt oder zum Erscheinen mit Waffen behördlich ermächtigt ist6) § 19. Mit Geldstrafe, an deren Stelle im Unvermögensfalle Haft tritt, oder mit Haft wird bestraft: 3) Vers, ist das Zusammenkommen einer Anzahl Menschen zum Zwecke der Erörterung und Beratung von Angelegenheiten. KG. JFGErg. Bd. 8 S. 340 (344). 4) Aufzug ist ein geschlossener geordneter, über öffentliche Straßen oder Plätze in einer Weise, daß die öffentliche Aufmerksamkeit erregt wird, sich hin­ bewegender Zug, ohne daß er die öffentliche Ordnung zu gefährden geeignet ist. KG. JurN. 3 Nr. 782. Aufzüge und ungewöhnliche Leichenbegängnisse be­ dürfen nicht der Genehmigung der Polizeibehörde. Rechtsungültigkeitpolizeilicher Verbote des Haltens von Laienreden am Grabe. KG. GA. 70 S. 119. 5) Bewaffnet ist, wer einen Gegenstand bei sich führt, der entweder schon bei seiner Anfertigung von vornherein oder nach dem Willen des Trägers im Einzelfalle dazu bestimmt ist, sei es im Angriff, sei es in der Verteidigung Ver­ letzungen zuzufügen. E. 44 S. 140. (Der A. hatte in die V. eine schwere eiserne Schraubenmutter mitgebracht). KG. JurW. 59 S. 3002 (Stoßspeer). Übungsgerät ist nicht als Waffe anzusehen. OVG. E. 20 S. 440; auch Waffen, die nur zum Schmuck getragen werden, fallen nicht unter das Verbot. OTr. OR. 11 S. 221. Gleichgültig ist, ob die Waffe äußerlich sichtbar getragen wird. Die Waffe ist einziehbar. E. 44 S. 140. JurN. 3 Nr. 1003. 6) Es ist nicht erforderlich, daß die Waffen mitgebracht werden. A. M. Heine Anm. 2. Der Waffenschein (§15 unter B III 9) berechtigt nicht zum Führen von Schußwaffen in öffentlichen Versammlungen. Wagemann, Schußwaffenges. S. 115. Dalcke, Strafrecht.

30. Aufl.

29

ER.

460

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

1. wer eine Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug ohne die vorgeschriebene Anzeige oder Genehmigung (§§ 7, 9) veranstaltet oder leitet; 2. wer unbefugt in einer Versammlung oder in einem Aufzuge bewaffnet erscheint ($ 11);°) § SO- Die Vorschriften dieses Gesetze- finden keine Anwendung auf die durch das Gesetz oder die zuständigen Behörden angeordneten Versammlungen. $ LL An die Stelle des § 72 de- Bürgerlichen Gesetzbuchs tritt folgende Vorschrift: Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit eine von ihm vollzogene Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen.

BIII2. Schriftleitergesetz?) Vom 4. Oktober 1933. (RGBl. I S. 713.)

(Auszug.) § 1. Die im Hauptberuf oder auf Grund der Bestellung zum Hauptschriftleiter ausgeübte Mitwirkung an der Gestaltung des geistigen Inhalts der im Reichsgebiet herausgegebenen Zeitungen und politischen Zeitschriften durch Wort, Nachricht oder Bild ist eine in ihren beruflichen Pflichten und Rechten vom Staat durch dieses Gesetz geregelte öffentliche Aufgabe. Ihre Träger heißen Schriftleiter. ■) § 3. (1) Was in diesem Gesetz für Zeitungen vorgeschrieben ist, gilt auch für politische Zeitschriften.") 1) Das Gesetz will die Presse nur insoweit erfassen, als sie in ihrer Eigenschaft als Träger der öffentlichen Meinung als öffentliches Organ an­ zusehen ist. ES beschränkt sich daher auf die im Reichsgebiet herausgegebenen Zeitungen u. politischen Zeitschriften. Lenz, Preuß. Justiz 1938 S. 506. Schmidt-Leonhardt, Komm. § 1 Anm. 12. la) Zeitschriften unpolitischen Inhalts, insbesondere wiffenschaftliche Zeit­ schriften fallen nicht unter das Schriftleitergesetz. 2) Soweit sie nebenberuflich z. B. durch Lieferung von Aufsätzen, Nachr., Bildern tätig, sind sie nicht Schriftleiter. Hoche, JurW. 62 S. 2569 — Die Zulassung zum Schristleiterberuf wird nach § 8 auf Antrag durch Eintragung in die Berufsliste der Schriftleiter bewirkt. Die un­ befugte Bezeichnung als „Schriftleiter" ist nach $ 42 strafbar. Die Bezeich-

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BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

1. wer eine Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug ohne die vorgeschriebene Anzeige oder Genehmigung (§§ 7, 9) veranstaltet oder leitet; 2. wer unbefugt in einer Versammlung oder in einem Aufzuge bewaffnet erscheint ($ 11);°) § SO- Die Vorschriften dieses Gesetze- finden keine Anwendung auf die durch das Gesetz oder die zuständigen Behörden angeordneten Versammlungen. $ LL An die Stelle des § 72 de- Bürgerlichen Gesetzbuchs tritt folgende Vorschrift: Der Vorstand hat dem Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit eine von ihm vollzogene Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen.

BIII2. Schriftleitergesetz?) Vom 4. Oktober 1933. (RGBl. I S. 713.)

(Auszug.) § 1. Die im Hauptberuf oder auf Grund der Bestellung zum Hauptschriftleiter ausgeübte Mitwirkung an der Gestaltung des geistigen Inhalts der im Reichsgebiet herausgegebenen Zeitungen und politischen Zeitschriften durch Wort, Nachricht oder Bild ist eine in ihren beruflichen Pflichten und Rechten vom Staat durch dieses Gesetz geregelte öffentliche Aufgabe. Ihre Träger heißen Schriftleiter. ■) § 3. (1) Was in diesem Gesetz für Zeitungen vorgeschrieben ist, gilt auch für politische Zeitschriften.") 1) Das Gesetz will die Presse nur insoweit erfassen, als sie in ihrer Eigenschaft als Träger der öffentlichen Meinung als öffentliches Organ an­ zusehen ist. ES beschränkt sich daher auf die im Reichsgebiet herausgegebenen Zeitungen u. politischen Zeitschriften. Lenz, Preuß. Justiz 1938 S. 506. Schmidt-Leonhardt, Komm. § 1 Anm. 12. la) Zeitschriften unpolitischen Inhalts, insbesondere wiffenschaftliche Zeit­ schriften fallen nicht unter das Schriftleitergesetz. 2) Soweit sie nebenberuflich z. B. durch Lieferung von Aufsätzen, Nachr., Bildern tätig, sind sie nicht Schriftleiter. Hoche, JurW. 62 S. 2569 — Die Zulassung zum Schristleiterberuf wird nach § 8 auf Antrag durch Eintragung in die Berufsliste der Schriftleiter bewirkt. Die un­ befugte Bezeichnung als „Schriftleiter" ist nach $ 42 strafbar. Die Bezeich-

BIII 2.

Schriftleitergesetz §§ 13, 14 u. 20.

451

(2) Aus Zeitungen und Zeitschriften, die im amtlichen Auf­ trage herausgegeben werden, findet das Gesetz keine Anwendung. (3) Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda bestimmt, welche Zeitschriften als politische im Sinne dieses Ge­ setzes anzusehen sind. Betrifft die Zeitschrift ein bestimmtes Fach­ gebiet, so trifft er die Entscheidung mit der zuständigen obersten Reichs- oder Landesbehörde. § 13. Schriftleiter 2) haben die Aufgabe, die Gegenstände, die sie behandeln, wahrhaft darzustellen und nach ihrem besten Wissen zu beurteilen.26) § 14. Schriftleiter sind in Sonderheit verpflichtet, aus den Zeitungen alles fernzuhalten: 1. was eigennützige Zwecke mit gemeinnützigen in einer die Öffent­ lichkeit irreführenden Weise vermengt,2^) 2. was geeignet ist, die Kraft des Deutschen Reiches nach außen oder im Innern, den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes, die deutsche Wehrhaftigkeit, Kultur oder Wirtschaft zu schwächen2 °) oder die religiösen Empfindungen anderer zu verletzen, 3. was gegen die Ehre und Würde eines Deutschen verstößt, 4. was die Ehre oder das Wohl eines andern widerrechtlich verletzt, seinem Rufe schadet, ihn lächerlich oder verächtlich macht, 5. was aus anderen Gründen sittenwidrig ist. § 20. (1) Schriftleiter einer Zeitung2) tragen für deren geistigen Inhalt die berufs-, straf- und zivilrechtliche Verantwortung so weit, als sie ihn selbst verfaßt oder zur Aufnahme bestimmt habend) Die nung „Redakteur" ist gestattet. Die Entscheidung, wer Schriftleiter ist, gehört nicht zur Zuständigkeit der ordentl. Gerichte, sondern der Berufsgerichte der Presse, RArbG. DJust. 1937 S. 976 mit Anm. Dörner. 2a) Verstoß hiergegen Berufsvergehen (§ 31) nur, wenn schuldhaft begangen, vorsätzlich oder fahrlässig. Schmidt-Leonhardt, Komm. Anm. 8 zu § 13. Uber Inhalt u. Grenzen der Pflichten vgl. RG. DJust. 1936 S. 1132. 2b) Z. B. ist es Pflicht, besonders scharf zu prüfen, ob nicht die Ver­ wertung eingesandter Werbeartikel gegen den Zweck der Zeitungsnotizen und -aufsätze verstößt, der nach Kulemann JurW. 1935 S. 2182, a. 9L Schmidt-Leonhardt, Komm. Anm. 3 zu § 14, grundsätzlich ein gemein­ nütziger ist. 2 c) Unter Umständen dürfen auch nähere Tatsachen nicht mitgetellt werden, da höhere Belange der Volksgemeinschaft dem Wunsche nach Voll­ ständigkeit der Berichterstattung vorgehen. RG. DJust. 1936 S. 1131. 3) oder einer politischen Zeitschrift. § 3 Abs. 1. Nicht Schriftleiter eines Korrespondenzbüros, deren Verantwortlichkeit im § 21 geregelt ist. Schmidt.Leonhardt, Komm. Anm. 2 zu 8 20. 4) Schriftleiter u. strafrechtl. verantwort!, sind nicht nur Redakteure, sondern z. B. auch Korrespondenten, Reporter, Gerichtsberichterstatter

452

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

straf- oder zivilrechtliche Verantwortung anderer Personen wird da­ durch nicht ausgeschlossen.5* )*6 *7*8 9 (2) Der Hauptschriftleiter ist für die Gesamthaltung des Text­ teiles der Zeitung verantwortlich/) (3) Der Hauptschristleiter ist verpflichtet: •)

a) dafüx zu sorgen, daß in eine Zeitung nur solche Beiträge ausge­ nommen werden, die von einem Schriftleiter verfaßt oder zur Aufnahme bestimmt sind; b) dafür zu sorgen, daß auf jeder Nummer einer Zeitung der Vor- und Zuname sowie der Wohnort des Hauptschriftleiters und seines Ver­ treters sowie jedes Schriftleiters, dem die Leitung eines bestimm­ ten Teilgebietes der Zeitung übertragen ist, angegeben wird; ’) c) jedem, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, auf Anfrage darüber Auskunft') zu geben, welcher Schriftleiter die Verantwortung für einen Beittag ttägt, soweit sich die Verantwortung nicht aus den Angaben zu b ergibt. $ 21. Schriftleiter, die an der Gestaltung des geistigen Inhalts einer Zeitung durch ihre Tätigkeit an einem Unternehmen der im § 4 bezeichneten Art mitwirken,') sind für den Inhalt im Umfang ihrer Mitwirkung verantwortlich. Schöff.

§ 36. Wer sich als Schriftleiter betätigt, obwohl er nicht in die Berufslisten eingetragen oder obwohl ihm die Berufsausübung vorTheaterkritiker, Musikreferenten, Pressephotographen. Es können auch mehrere Schrift!, nebeneinander die Verantwortung tragen, z. B. neben dem Redakteur, der den Beittag ausgenommen hat, der hauptberufl. Be­ richterstatter, der ihn verfaßt hat. Hoche a. a. O. Die strafrechtl. Verantwortung ist nicht die gleiche wie im § 20 Abs. 2 des Preßges.; diese Erfolgshaftung soll für den Schrift!, nicht weiter be­ stehen. Vielmehr ist er aus allg. sttaftechtl. Grundsätzen nur für schuldhaftes, vorsätzl. oder fahrlässiges Handeln verantwottlich. Ebenso Hoche, a. a. O, 5) Z. B. der Verfasser eines Aufsatzes, der nicht Schrift!, ist. Hier­ her gehört auch die Haftung aus § 21 Preßges. Vgl. dazu § 45 Abs. 2. 6) Diese Verantwortung ist eine rein berufsrechtliche. 7) Ersatz für den nach 8 45 für Ztg. u. pol. Zeitschr. nicht mehr gülttgen § 7 Preßges. § 6 Preßges. findet auch weiter Anwendung. 8) Durch die Auskunftspflicht wird das Zeugnisverweigerungsrecht des Redakteurs (§ 53 Abs. 1 Ziff. 4 StPO.) nicht berührt.. Begr. Die Nichterfüllung der Ausk.pflicht ist nicht unter ©träfe gestellt. Keine Zivilklage auf Auskunftserteilung. Schmidt-Leonhardt, Komm. Anm. 28 § 20. 9) Nach § 4 liegt Mitwirkung an der Gestaltung des geistigen Inhalts auch dann vor, wenn sie nicht im Betriebe einer Zeitung stattfindet, sondern bei einem Unternehmen, das zur Belieferung von Zeitungen mit geisttgem Inhalt (Wort, Nachricht oder Bild) bestimmt ist. Unter Wort ist ein vom Schriftleiter verfaßter Artikel, unter Nachricht die Wiedergabe von Mitteilungen tatsächl. Art zu verstehen. Hillig, JurW. 62 S. 2362.

B III 2. Schristlettergesetz §§ 37—40.

453

läufig untersagt ist, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.9a) § 37. Ein Verleger, der eine nicht in die Berufslisten eingetragene Person oder einen Schriftleiter, dem die Berufsausübung vorläufig untersagt ist, mit den Arbeiten eines Schriftleiters im Hauptberuf betraut oder eine Zeitung unterhält, ohne gemäß § 18 einen Haupt­ schriftleiter 9b) benannt zu haben, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.9*) 10

er.

$ 38. Ein Schriftleiter, der für eine gegen § 13 oder § 14 ver. Schaff, stoßende Handlung") ein Entgelt oder einen anderen Vorteil fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Gefängnis oder mit Geld-

strafe bestraft. § 39.

Wer es unternimmt, einen Schriftleiter oder einen Ver- Schaff,

leger oder dessen Vertreter durch Anbieten, Versprechen oder Ge­ währen eines Vorteils zur Vornahme, Herbeiführung oder Duldung einer gegen § 13 oder § 14 verstoßenden Gestaltung des geistigen Inhalts einer Zeitung zu bestimmen/9*) wird wegen Pressebestechung mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 40. (1) Wer es unternimmt, einen Schriftleiter oder einen Schaff. Verleger oder dessen Vertreter durch Androhung eines Nachteils"b) zur Vornahme, Herbeiführung oder Duldung einer gegen § 13 oder § 14 verstoßenden Gestaltung des geistigen Inhalts einer Zeitung zu be­ stimmen, wird wegen Pressenötigung mit Gefängnis oder mit Geld­

strafe bestraft. (2) Wird die Pressenötigung unter Mißbrauch der durch das An­ gestelltenverhältnis des Schriftleiters bewirkten Abhängigkeit be­ gangen/99) so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.

9 a) Vorsatz erforderlich; dolus eventualis aber ausreichend. 9b) §18: Der Verleger muß einen Hauptschriststeller bestellen und ihn dem zuständigen Landesverband schriftlich benennen. „Bestellen" bedeutet „anstellen". Stritzke, JurW. 62 S. 2364. 10) Täter muß in seiner Eigenschaft als Schriftleiter gehandelt haben. 10 a) Ein solches Unternehmen soll nach OLG. Hamburg DJust. 1937 S. 976 nicht vorliegen, wenn jemand aus persönlichen Gründen die Bericht­ erstattung einer Tageszeitung über eine Hauptverhandlung zu unterbinden sucht, eine Ansicht, die aber abzulehnen ist, vgl. Dremer, DJust. a. a. O. in Anm. zu der Entsch., da nach nat.-soz. Anschauung im Interesse der Wahr­ heitspflicht der Schriftleiter unbeeinflußt bleiben muß von allen irgendwie gearteten Privatinteressen u. -einflüssen. 10b) Der Nachteil muß widerrechtlich sein. Auch nur mittelbar wirkender Nachteil genügt. 10 c) Kein Mißbrauch, wenn Verleger, der zugleich Hauptschristleiter ist, in dieser Eigenschaft die Anweisung gegeben hat. Schmidt-Leonbardt, Komm. Anm. 7 zu § 40.

454 ER.

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

$ 41. In den Fällen der §§ 38 bis 40 kann neben Gefängnis auf Verlust der bürgerlichen Ehremechte erkannt werden. § 42. Wer sich Schriftleiter nennt, obwohl er nicht in die Berufs­

listen eingetragen ist, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark oder mit Haft bestraft. § 43. Einem Verleger, der nach § 37, nach § 39 oder nach $ 40 rechtskräftig verurteilt ist, kann der Gewerbebetrieb durch die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsbehörde untersagt werden?") § 45. (1) Die §§ 7, 8M) des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (Reichsgesetzbl. S. 65) finden auf Zeitungen und poli­ tische Zeitschriften keine Anwendung. (2) Soweit das Reichsgesetz über die Presse im übrigen Bestim­ mungen über den verantwortlichen Redakteur trifft, gilt für Zeitungen und politische Zeitschriften der nach den § 20 Abs. 1, § 21 dieses Ge­ setzes verantwortliche Schriftleiter als verantwortlicher Redakteur. § 47. Zu welchem Zeitpunkt dieses Gesetz in Kraft tritt, be­ stimmt") der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda.

B III3. Gesetz über -ie presse.**) Bom 7. Mai 1874. (RGBl. S. 65.)

I. Einleitende Bestimmungen.

§ 1. Die Freiheit der Presse unterliegt nur denjenigen Be­ schränkungen, welche durch das gegenwärtige Gesetz vorgeschrieben

oder zugelassen sind?) 106) §35 evtl. § 51 Gew.Ord. entsprechend anzuwenden. SchmidtLeonhardt, a. a. O. Anm. 2 zu § 43. 11) Dies gilt auch für den durch das Ges. v. 4. März 31 hinzugefügten Abs. 2 (siehe Anm. 20 unter B III3). Hillig, JurW. 62 S. 2362. 12) Das Ges. ist am 1. Januar 1934 in Kraft getreten. Siehe BO. v. 19. Dezbc. 33 (RGBl. I S. 1085) über Inkrafttreten u. Durchführung des Schriftleitergesetzes nebst ErgänzBO. v. 25. Aug. 36 (RGBl. I S. 651). Zu den nicht abgedruckten §§ 34 u. 46 ist die Berfahrensordnung für die Berufsgertchte der Presse v. 18. Januar 34 (RGBl. I S. 40) erlassen. *) Das Presseges. bleibt neben dem unter BIII2 abgebt. Schriftleiterges. vorerst noch in Kraft. Siehe die Anm. I unter BIII2. 1) Ein Landesgesetz, welches gewisse Ankündigungen (z. B. von Geheim­ mitteln) nicht allgemein, sondern speziell durch die Presse verbietet, verstößt gegen § 1. GA. 39 S. 196, 197. Das Gleiche gilt auch von einer polizeilichen

454 ER.

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

$ 41. In den Fällen der §§ 38 bis 40 kann neben Gefängnis auf Verlust der bürgerlichen Ehremechte erkannt werden. § 42. Wer sich Schriftleiter nennt, obwohl er nicht in die Berufs­

listen eingetragen ist, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark oder mit Haft bestraft. § 43. Einem Verleger, der nach § 37, nach § 39 oder nach $ 40 rechtskräftig verurteilt ist, kann der Gewerbebetrieb durch die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsbehörde untersagt werden?") § 45. (1) Die §§ 7, 8M) des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (Reichsgesetzbl. S. 65) finden auf Zeitungen und poli­ tische Zeitschriften keine Anwendung. (2) Soweit das Reichsgesetz über die Presse im übrigen Bestim­ mungen über den verantwortlichen Redakteur trifft, gilt für Zeitungen und politische Zeitschriften der nach den § 20 Abs. 1, § 21 dieses Ge­ setzes verantwortliche Schriftleiter als verantwortlicher Redakteur. § 47. Zu welchem Zeitpunkt dieses Gesetz in Kraft tritt, be­ stimmt") der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda.

B III3. Gesetz über -ie presse.**) Bom 7. Mai 1874. (RGBl. S. 65.)

I. Einleitende Bestimmungen.

§ 1. Die Freiheit der Presse unterliegt nur denjenigen Be­ schränkungen, welche durch das gegenwärtige Gesetz vorgeschrieben

oder zugelassen sind?) 106) §35 evtl. § 51 Gew.Ord. entsprechend anzuwenden. SchmidtLeonhardt, a. a. O. Anm. 2 zu § 43. 11) Dies gilt auch für den durch das Ges. v. 4. März 31 hinzugefügten Abs. 2 (siehe Anm. 20 unter B III3). Hillig, JurW. 62 S. 2362. 12) Das Ges. ist am 1. Januar 1934 in Kraft getreten. Siehe BO. v. 19. Dezbc. 33 (RGBl. I S. 1085) über Inkrafttreten u. Durchführung des Schriftleitergesetzes nebst ErgänzBO. v. 25. Aug. 36 (RGBl. I S. 651). Zu den nicht abgedruckten §§ 34 u. 46 ist die Berfahrensordnung für die Berufsgertchte der Presse v. 18. Januar 34 (RGBl. I S. 40) erlassen. *) Das Presseges. bleibt neben dem unter BIII2 abgebt. Schriftleiterges. vorerst noch in Kraft. Siehe die Anm. I unter BIII2. 1) Ein Landesgesetz, welches gewisse Ankündigungen (z. B. von Geheim­ mitteln) nicht allgemein, sondern speziell durch die Presse verbietet, verstößt gegen § 1. GA. 39 S. 196, 197. Das Gleiche gilt auch von einer polizeilichen

B in 3. Preßgesetz §§ 2—5.

455

| r. Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Er­ zeugnisse der Buchdruckerpresse, sowie auf alle anderen, durch mecha­ nische oder chemische Mittel bewirkten, zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungen von Schriften und bildlichen Darstellungen') mit oder ohne Schrift, und von Musikalien mit Text oder Erläuterung n. Was im folgenden von „Druckschriften" verordnet ist, gilt für alle vorstehend bezeichneten Erzeugnisse.

§ 3. Als Verbreitung') einer Druckschrift im Sinne dieses Gesetzes gilt auch das Anschlägen, Ausstellen*) oder Auslegen der­ selben an Orten, wo sie der Kenntnisnahme durch das Publikum zu­ gänglich ist. | 4. Eine Entziehung der Befugnis zum selbständigen Betriebe irgend eines Preßgewerbes oder sonst zur Herausgabe und -um Ver­ triebe von Druckschriften kann weder im administrativen, noch im richterlichen Wege stattfinden. Im übrigen sind für den Betrieb der Preßgewerbe die Be­

stimmungen der Gewerbeordnung maßgebend.')

i

5. Die nichtgewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druck­ schriften kann durch die Ortspolizeibehörde denjenigen Personen ver­ boten werden, welchen nachj57 Ziff. 1, 2, 4; §57», 57b Ziff. 1 u. 2 der Gewerbeordnung ein Legitimationsschein versagt werden darf. Verfügung. OLG. DIZ. 36 S. 1260. Doch schließt § 1 nicht aus, daß Rechtshandl, die Preßerzeugniffe -um Gegenstände haben, durch Landesgesetze mit Strafe bedroht werden. E. 37 S. 50. Zu einem Präventivverbot gegenüber Druckschriften ist die Polizei nicht befugt. OLG. JurW. 57 S. 440. Über die Behandlung von Preßstrefsechen siehe Richtlinien für das Straf­

verfahren AB. v. 13. April 35 Nr. 306—319. 2) Betroffen sind hier alle Vervielfältigungsmethoden, auch die Photo­ graphie. E. 4 S. 362. Hierunter fallen nicht mittels einer Schreibmaschine her­ gestellte Durchschläge. Marienwerder LZ. 12 ©.462; überhaupt nicht Ver­ vielfältigungen mittels eines zur Massenherstellung ungeeigneten technischen Verfahrens. Dresden JurW. 60 S. 483; auch nicht Rundfunkdarbietungen; wohl aber Münzen, die nicht Wertträger sind. OVG. JurW. 57 S. 2110. Hand- oder maschinenschriftlich zugesetzte Anschrift oder Anrede oder gering­ fügiger derartiger Zusatz ändern nicht den Charakter als Druckschrift bei Ver­ vielfältigungen von Werdeschreiben NG. JurW. 1934 S. 2152. 3) Verbreiten ist diejenige Tättgteit, durch welche die Druckschrift einem größeren, wenn auch nach Zahl oder Individualität der Personen begrenzten Kreise zugänglich wird. E. 36 S. 331. ES genügt die Mitteilung an eine Person, wenn dieselbe mit dem Bewußtsein geschieht, daß durch die letztere eine weitere Verbreitung erfolgen werde. R. 6 S. 525. Verbreitung ist gesunden worden in der Aushändigung einiger Exemplare von Druckschriften an den Dersaffer. E. 2 S. 270. versuch der Verbreitung ist undenkbar. 4) Eine kinematographische Aufführung fällt nicht hierunter. OVG. v. 21. Juni 09, GA. 58 S. 210. 5) Siehe §§ 14, 42, 43, 56 u. 143 GewO.

456

B m. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Zuwiderhandlungen gegen ein solches Verbot werden nach J 148 der Gewerbeordnung bestraft/)

II. vrLrmng der Presse. § 6. Aus jeder im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druckschrift*) muß der Name und Wohnort8) des Druckers») und, wenn

sie für den Buchhandel, oder sonst zur Verbreitung bestimmt ist,10) 6) Vgl. Ges. betr. die Stimmzettel für öffentliche Wahlen v. 12. März 84 (RGBl. S. 17). Dasselbe lautet: „Stimmzettel, welche im Wege der Vervielfältigung hergestellt sind und nur die Bezeichnung der zu wählenden Personen enthalten, gelten nicht als Druckschriften im Sinne der Reichs- und der Landesgesetze." 7) Für den Begriff der Druckschrift ist entscheidend, ob sie ausschließlich den Zwecken des Gewerbes dient, oder aber ob sie daneben noch andere Zwecke verfolgt. GA. 51 S. 60. Als Druckschrift ist auch anzusehen ein Kalender, der alS Gratisbeilage einer Zeitung dient. Hamm v. 5. Septbr. 12, DIZ. 19 S. 176. Der Begriff deS Erscheinens deckt sich nicht mit dem der Verbreitung. Galli, Recht 10 S. 82. Aus Druckschriften, deren Inhalt nicht strafbar ist, bei denen vielmehr nur gegen formale Vorschriften des Preßges. verstoßen ist, findet der § 41 deS StGB, keine Anwendung. R. 4 S. 235. 8) Als Wohnort des Verlegers ist dessen geschäftliche Niederlassung zu be­ trachten und, wenn der Verleger den Verlag nicht gewerbsmäßig betreibt, dessen Wohnsitz. Stenglein, Nebengesetze Anm. 7. 9) Drucker ist der gewerbliche Unternehmer der Druckerei, resp, der Ge­ schäftsführer, wenn er vollständiger Vertreter ist. E. 16 S. 144. Bei Benutzung einer einem anderen gehörigen Handpresse ist die Angabe deS Eigentümers der letzteren nicht unbedingt erforderlich. Recht 15 Nr. 2494. Sind bei Herstellung einer Druckschrift mehrere Trucker selbständig beteiligt, so muß Namen und Wohn­ ort eines jeden auf der Druckschrift genannt werden. E.21 S. 361. Wird eine

Bilderbeilage für verschiedene Zeitungen von einem selbständigen Druckerei­ unternehmen hergestellt, so ist auf ihr der Drucker zu vermerken. KG. DIZ. 32 S. 1560; aber nicht, wenn Drucker des Hauptblatts und der Beilage der gleiche ist. Die Zufügung als Drucker ist nicht erforderlich, wenn es sich schon aus den Umständen ergibt. JFG. Erg.-Bd. 9 S. 352. Für die richtige Angabe des Druckers ist nicht nur der Inhaber der Druckerei, sondern jeder verantwortlich, der die Unterlassung der Angabe oder die unrichtige Angabe vorsätzlich bewirkt hat. R. 4 S. 212 u. 438; also auch jeder nicht selbständige Vertreter deS Druckers u. des Verlegers — aber nicht der Redakteur —. E. 27 S. 246; ebenso der Herausgeber als Teilnehmer. DRZ. 22 Nr. 761; jedoch nicht jeder, der nur eine Druckschrift in die Druckerei befördert oder in Bestellung gibt. GA. 46 S. 25. 10) Es ist hier nicht bloß die gewerbsmäßige Verbreitung, sondern über­ haupt jede Verbreitung gemeint. E. 20 S. 63. Es genügt, wenn eine ge­ schlossene Personenmehrheit Kenntnis vom Inhalt der Druckschrift nehmen kann. KG. DIZ. 37 S. 741. Keine Verbreitung liegt in der Inumlaufsetzung eines Rundschreibens bei Vertrauensleuten eines Verbandes. Königsberg JurW. 60 S. 1935. Das Erscheinen ist die erste Verbreitungshandlung, weitere Verbreitung ist straflose Nachtat, OLG. Karlsruhe, BadRspr. 1936, 38. Für die Vorschrift, daß Name und Wohnort des Druckers genannt sein müssen, ist öffentl. Verbreitung aber nicht Voraussetzung. Hamburg LZ. 23 S. 512.

Bill3. Preßgesetz 8 7.

457

der Name und Wohnort des Verlegers,") oder — beim Selbstveitriebe der Druckschrift — des Verfassers oder Herausgebers genannt [ein.11)12 An 13 14 Stelle 15 des Namens des Druckers oder Verlegers genügt die Angabe der in das Handelsregister eingetragenen Firma. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die nur zu den Zwecken des Gewerbes") und Verkehrs,") des häuslichen und geselligen Lebens

dienenden Druckschriften, als: Formulare, Preiszettel, Visitenkarten und dergleichen, sowie Stimmzettel für öffentliche Wahlen, sofern sie nichts weiter als Zweck, Zeit und Ort der Wahl und die Bezeichnung der zu wählenden Personen enthalten. § 7.

Zeitungen und Zeitschriften,") welche in monatlichen oder

11) Der Drucker haftet für Nennung deß Verfassers oder Verlegers, wenn er gewußt hat, daß die Druckschrift zur Verbreitung bestimmt ist. GA. 26 S. 354. E. 39 S. 202. Die Angabe eines falschen Verlegers ist nur strafbar, wenn sie dolo oder culpa bewirkt worden ist. E. 16 S. 144. Das bloße Ver­ breiten einer Druckschrift, auf welcher Drucker und Herausgeber nicht genannt sind, ist nicht strafbar. E. 16 S. 409. KG. DIZ. 12 S. 242. 12) Herausgeber ist derjenige, der ein Werk nicht oder doch nicht vollständig verfaßr hat u. dem Verleger gegenüber den zu druckenden Stoff sammelt und ordnet. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. Die Benennung des Druckers, Verlegers oder Herausgebers muß mit ausdrücklichen Worten und außerhalb des Contextes der Druckschrift geschehen. Stenglein, Nebengesetze Anm. 9; und zwar so deutlich, daß die Entzifferung für jedermann möglich ist. JurW. 1929 S. 3013. Ist der Verleger eine juristische Person, so genügt es, daß diese angegeben wird. KG. JurR. 2 Nr. 903; anders im Kalle des Herausgebers. Hamburg GA. 41 S. 435. Bezeichnung von Drucker und Verfasser mit „Pfarr­ amt N." statt Namen verstößt gegen § 6, es sei denn, daß es sich nur um eine amtliche Mitteilung des betr. Pfarramts handelt, OLG. München, JurW. 1937 S. 2705. 13) Druckschriften dienen nur dann den Zwecken des Gewerbes im Sinne dieses Paragraphen, wenn sie denselben ausschließlich dienen und dies sofort aus der Druckschrift erkennbar ist. DaS Motiv des Verlegers ist ohne Belang. R. 8 E. 14 S. 279. GA. 51 S. 59. Diese Ausnahme hat nicht alle mit irgend welchen Zwecken des Gewerbes zusammenhängenden, sondern nur die dem regelmäßigen geschäftlichen Leben dienenden Druckschriften zum Gegenstände. E. 20 S. 65. So gehört zu den Ausnahmen auch die Geschäftsreklame, sofern sie ausschließlich gewerblichen Zwecken dient und dieser aus der Beschaffenheit der Druckschrift als solcher hervorgeht, KG. HNR. 1937 Nr. 1283. Ansichtspostkarten, welche einen politischen oder sozialen Inhalt haben, fallen nicht unter diese Ausnahme. DIZ. 6 S. 462 und auch E. 36 S. 11; wohl aber in der Regel solche, die nur LandschaftS- oder Architekturbilder ent­ halten. KG. v. 11. Dezbr. 08, GA. 56 S. 240. 14) Dem Verkehr dienen u. a. Druckschriften, welche den Straßenverkehr zu regeln bestimmt sind, wie Automobilwarnungstafeln, ferner Telegramm- u. Postkartenformulare. 15) Zum Begriff der Zeitung ist wesentlich, daß dieselbe periodisch erscheint, dagegen ist nicht erforderlich, daß eine unbegrenzte Dauer in Aussicht genommen ist, es genügt vielmehr, daß das Erscheinen zu einem bestimmten Zweck und für

458

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

kürzeren, wenn auch unregelmäßigen Fristen erscheinen") (periodische Druckschriften im Sinne dieses Gesetzes), müssen außerdem auf jeder Nummer, jedem Stücke oder Hefte den Namen und Wohnort") des verantwortlichen 9tebaltcut3ie) enthalten. Die Benennung mehrerer Personen als verantwortliche Redakleute") ist nur dann zulässig, wenn aus Form und Inhalt der Benennung mit Bestimmtheit zu ersehen ist, für welchen Teil der Druckschrift jede der benannten Personen die Redaktion besorgt. § 8") Verantwortliche Redakteure periodischer Druckschriften dürfen nur Personen sein, welche verfügungsfähig,") im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind und im Deutschen Reiche ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Wer nach gesetzlicher Vorschrift nicht oder nur mit besonderer Zu­ stimmung oder Genehmigung verfolgt werden kann, darf nicht ver­ antwortlicher Redakteur einer periodischen Zeitschrift fein.10)

§ 9 Von jeder Nummer (Heft, Stück) einer periodischen Druck­ schrift muß der Verleger, sobald die Austeilung oder Versendung beginnt, cm Exemplar gegen eine ihm sofort zu erteilende Beschei­ nigung an die Polizeibehörde des Ausgabeortes unentgeltlich ab­ liefern.^) einen im voraus begrenzten Zeitraum beschränkt wird. Siehe R. 8 S. 483. Zeitschriften sind solche Schriften, die ihrem Plane nach nicht dazu bestimmt sind, ein in sich geschloffenes Ganzes zu bilden. Dresden JurW. 60 S. 483. Verschiedenheit des Titels u. deS Erscheinungsortes bedingt auch bet Überein­ stimmung des Inhalts der mehreren periodischen Druckschriften u. bet Identität der an ihr beteiligten Personen eine Mehrheit der strafbaren Kundgebungen. Sogen. Kopfblätter sind vom Hauptblatt verschiedene Druckschriften. Recht 28 Nr. 1618. Hierunter fallen auch wiederholt erscheinende VereinSnachrichten. KG. HRR. 1929 Nr. 1888. 16) Es kommt auf den Willen deS Herausgebers an, der dahin gehen muß, daß die Zeitschrift mindestens monatlich erscheinen soll. Gleichgültig ist dabei, wenn eine Monatsnummer ausfällt oder zwei ihrer Monatsnummern zu einer Doppelnummer vereinigt werden. KG. v. 20. Novbr. 24, GA. 70 S. 81. Erscheint die einzelne Nummer in getrennten Teilen (Hauptblatt und Beiblatt), so braucht der Redakteur doch nur einmal genannt zu sein. E. 7 S. 45. 17) Wohnort ist nicht gleichbedeutend mit Erscheinungsort der Zeitung (Zeitschrift). E. 39 S. 105. 18) Die §§ 7 u. 8 sind nach § 45 Abs. 1 des Schriftleiterges. unter BIII2 auf Zeitungen und politische Zeitschriften nicht mehr anwendbar; für § 7 tritt § 20 Abs. 3 b des Schriftleiterges. Hiernach hat die Rechtspr. für § 7 im wesentl. ihre Bedeutung verloren u. ist Weggelaffen. 19) D. h. voll geschäftsfähig Stettin v. 22. April 33 (ungedruckt). Die Benennung einer unfähigen Person ist nach § 19 strafbar. Vgl. E. 16 S. 16. 20) Abs. 2 beruht auf dem Ges. v. 4. Mär- 1931 (RGBl. 1 S. 29). 21) Die Druckschrift muß mit allen Beilagen eingeliefert werden. GA. 26 S. 543. Die Vorschrift bezieht sich auch auf Extrablätter. Die Ablieferung kann

B m 3. Preßgesetz §§ 10 u. 11.

459

Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Druckschriften, welche ausschließlich Zwecken der Wissenschaft, der Kunst, des Gewerbes oder der Industrie dienen. sltt) 5 10- Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druck­ schrift, welche Anzeigen aufnimmt, ist verpflichtet, die ihm von öffent­ lichen Behörden milgeteilten amtlichen Bekanntmachungen") aus deren Verlangen,"') gegen Zahlung der üblichen Einrückungsgebühren in eine der beiden nächsten Nummern des Blattes aufzunehmen."")

5 11.

Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druck-

rrhrift*18)* *ist 21 verpflichtet,") 22 eine Berichtigung88) der in letzterer mitge-

durch die Post oder Einwerfen des Exemplars in das Postschließfach der Be­ hörde nur dann erfolgen, wenn der Verleger die Gewißheit hat, daß die Be­ hörde in der Lage ist, zur Zeit des Beginns der Auslieferung der Zeitschrift von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Naumburg DRZ. 23 Nr. 619. 21 a) Es kommt auf den Gesamtinhalt des Blattes an. KG. JurW. 58 S. 1499 u. DRZ. 21 Nr. 427. 22) Dahin gehört auch die Bekanntmachung eines gegen den Red. selbst ergangenen Urteils. KG. JurW. 62 S. 482. 22 a) Eine bes. Form ist nicht vorgeschrieben. KG. JurW- 62 S. 482. 22 b) Die Aufnahme in den redakttonellen Teil kann nicht gefordert werden. § 10 gilt nur für die Jnseratenpresse. KG. JurW. 58 S. 2367 u. 2368. ■23) Große Bedeutung kommt heute der Berichtigungspflicht des 8 H nicht mehr zu, da Verstöße gegen die Wahrheitspflicht durch Schriftleiter von den Berufögerichten der Presse geahndet werden und unter diesem Einfluß stets die wahrheitsgemäße Darstellung oder Klarstellung erreicht werden kann. Grenze der Berichtigungspflicht besteht überall da, wo durch die etwaige Berichtigung Interessen der Allgemeinheit verletzt werden. Die Pflicht zur Berichttgung liegt dem verantwortlichen Redakteur ob. Vgl. E. 21 S. 23; und zwar dem Redak­ teur derjenigen Nummer deö Blattes, in welche die Berichtigung aufzunehmen ist. Celle GA. 63 S. 155. Die Pflicht entsteht mit dem Zugang. Ein an die Firma der Druckschrift adressiertes Berichtigungsschreiben ist nicht ohne weiteres dem Schriftleiter zugegangen. Frankfurt JurW. 60 S. 1934, jedoch das an die Redaktion gerichtete. Dresden LZ. 26 S. 124; anders Frankfurt JurW. 61 S. 894. 24) Berichtigen bedeutet nichts weiter als eine veröffentlichte Tatsache anders darstellen. Ob dies „Anders darstellen" wirklich ein Rtchtigstellen ist, ist für den Berichtigungszwang ohne Bedeutung. Born, RPG S. 72. Daher kann eine Berichtigung nicht aus dem Grunde abgelehnt werden, weil sie eine Unwahrheit enthalte. E. 24 S. 278. Sie hat auch in den Fällen zu erfolgen, in denen sich der Redakteur auf einen objektiv gehaltenen Bericht über Angaben tatsächlicher Art beschränkt hat. Die Berichtigung selbst muß unterzeichnet sein, nicht lediglich daS Er­ suchungsschreiben. KG. GA. 49 S. 339. (A. M. BayObLG. LZ. 18 S. 132. Breslau JurW. 57 S. 369. Stettin v. 16. Mai 31 — ungedruckt); die Be­ richtigung seitens einer Behörde handschriftlich von ihrem Leiter. Königsberg JurW. 56 S. 1601. Unterschrift eines Bevollmächtigten genügt nicht. Naum­ burg HRR. 1928 Nr. 2338. KG. JurW 58 S. 1258. Die Berichtigung muß druckferttg abgefaßt sein. E. 44 S. 5; auch in sich verständlich sein. KG. GA. 96

460

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

teilten Tatsachen auf Verlangen einer beteiligten öffentlichen Behörde oder Privatperson 24 * *a 25 *) * 26 *ohne * * * * Einschaltungen * oder Weglassungen aus­ zunehmen, sofern die Berichtigung von dem Einsender unterzeichnet ist, keinen strafbaren Inhalt hat und sich auf tatsächliche Angaben^) beschränkt.")

Der Abdruck muß in der nach Empfang der Einsendung nächst­ folgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer und S. 190. Als Adreffat des Ersuchungsschreibens kann die Redaktion bezeichnet werden. Frankfurt JurW. 56 S. 133. -Auf Verlangen ist die Berichtigung in deutscher Sprache aufzunehmen. Posen GA. 56 S. 117. 24 a) Es muß sich um eine die einzelne Persönlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit handeln im Gegensatz zu Interessen, die einem unbegrenzten Personenkreis gemeinsam sind. KG. GA. 59 S. 475. Frankfurt JurW. 61 S. 894. BayObLG. LZ. 27 S. 1262. Zur Privatperson gehören alle nicht mit juristischer Persönlichkeit ausgestatteten Vereine. Vgl. Breslau GA. 42 S.303. Hüfner, LZ.22 S.585(589). A. M. Frankfurt JurW. 61 S. 894. Beteiligt ist auch eine örtliche Gruppe eines Verbandes. Hamburg JurW. 56 S. 1601. A.M. KG. JurW. 59 S.1756. 25) Unter tatsächlichen Angaben sind bejahende oder verneinende Mit­ teilungen über äußere mit den Sinnen wahrnehmbare Ereignisse (in die äußere Erscheinung getretene Vorkommnisse, nicht reine Ergebnisse des Denkprozesses) verstanden worden. Celle GA. 41 S. 72, Hamburg GA. 42 S. 303. Die Unterscheidung zwischen rein äußerlich wahrnehmbaren Tatsachen und sog. inneren Tatsachen (Beweggründen, Absichten, Zielen) ist unhaltbar und nicht gerechtfertigt. Hamburg GA. 46 S. 392. KG. GA. 69 S. 323. Jedenfalls verliert eine Berichtigung die Bedeutung einer Kundgebung tatsächlicher Angaben nicht dadurch, daß die im ganzen auf bestimmte erkennbare Vorgänge sich beziehenden tatsächlichen Angaben zum Teil äußerlich in urteilende Form gekleidet sind. BayObLG. DIZ. 32 S. 1562. Eine zuverlässige Grundlage für die Frage, ob die Berichtig, auf tatsächl. Angaben beschränkt ist, bietet der Vergleich der Mitteilung, gegen die sich die Berichtig, richtet, mit Wortlaut und Sinn der Bericht, selbst. KG. JurW. 59 S. 1755. Der Zusatz: „Der Inhalt des Artikels ist frei erfunden" überschreitet das Gebiet des Tatsächlichen. KG. DIZ. 36 S. 637. Enthält die Berichtigung teils Tatsächliches, teils Nichttatsächliches, so ist der Redakteur nicht verpflichtet, ersteres auszusondern und aufzunehmen. Hamburg LZ. 21 S. 1428. Mit­ teilungen über erst zukünftig zu erwartende Ereignisse sind nicht berichtigungs­ fähig. Breslau JurW. 57 S. 369. Auf Inserate bezieht sich der Berichtigungs­ zwang nicht. Breslau DIZ. 15 S. 1416. Im Übrigen kommt es aber für den Berichtigungszwang nicht darauf an, in welchem Teil einer Zeitung die zu berichtigenden Tatsachen gebracht sind und ob sie nur die Mitteilung eines Dritten oder ein Gerücht wiedergeben. Naumburg HNR. 1930 Nr. 86. Vgl. auch BayObLG. JurW. 59 S. 1314. 26) Erfolgt die durch ein Strafurteil angeordnete Aufnahme der Berich­ tigung nicht, so ist eine neue Bestrafung zulässig. ObTrib. v. 13. Septbr. 77, GA. 25 S. 591. Eine Zwangsvollstreckung im Berichtigungsverfahren gibt es nicht. Horn in GA. 58 S. 129ff., insbes. 359. Die Verjährung beginnt mit dem Erscheinen der nach Empfang des Be­ richtigungsverlangens nächstfolgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer. KG. DIZ. 6 S. 143. BayObLG. JurW. 60 S. 1929.

461

Bin3. Preßgesetz 88 12—15.

zwar in demselben Teile der Druckschrift und mit derselben Schrift, wie der Abdruck des zu berichtigenden Artikels geschehen. Die Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Entgegnung den Raum der zu berichtigenden Mitteilung überschreitet; für die über

dieses

Maß hinausgehenden Zeilen sind die

üblichen

Einrückungs­

gebühren zu entrichten.")

§ lg.

Auf die von den deutschen Reichs-, Staats- und Gemeinde­

behörden, von dem Reichstage oder von der Landesvertretung eines

deutschen Bundesstaats ausgehenden Druckschriften finden, soweit sich ihr

Inhalt

auf

amtliche

Mitteilungen

beschränkt,

die

Vorschriften

der §§ 6—11 keine Anwendung.

§ 13.

Die auf mechanischem oder chemischem Wege vervielfäl­

tigten periodischen Mitteilungen (lithographierte, autographierte, metallo-

graphierte, durchgeschriebene Korrespondenzen) unterliegen, sofern sie ausschließlich an Redaktionen verbreitet werden, den in diesem Gesetze

für periodische Druckschriften getroffenen Bestimmungen nicht?')

§ 14

Ist

erscheinenden

gegen eine Nummer (Stück, Heft) einer im Auslande

periodischen

Druckschrift

binnen

Jahresfrist

zweimal

eine Verurteilung auf Grund der §§ 41 und 42 des Strafgesetzbuchs

erfolgt, so kann der Reichskanzler innerhalb zwei Monaten nach Ein­ tritt der Rechtskraft des letzten Erkenntnisses das Verbot der ferneren Verbreitung dieser Druckschrift bis aus zwei Jahre durch öffentliche

Bekanntmachung aussprechen.") Die in den einzelnen Bundesstaaten auf Grund der

Landes­

gesetzgebung bisher erlassenen Verbote ausländischer periodischer Druck­

schriften treten außer Wirksamkeit.

§ 15

(Aufgehoben durch § 19 d. Ges. v. 3. Juni 14, RGBl. S. 195.)

27) Überschreitet die Berichtigung den Umfang deS Artikels, so berechtigt dieser Umstand den Redakteur nicht, die Aufnahme zu verweigern. Vgl. GA. 25 S. 352. Eine Vorausbezahlung der Jnsertionsgebühren kann der Redakteur nicht verlangen. GA. 42 S. 306; es sei denn, daß er notorisch vermögenslos ist.

28) Der § 13 bezieht sich nicht bloß auf lithographierte re. Korrespon­ denzen, sondern auch auf gedruckte der hier bezeichneten Art. KG. Johow 5 S. 292. Diese Ausnahmevorschrift gilt nicht gegenüber solchen gesetzt. Be­ stimmungen, die diese Vorschrift nicht übernommen haben. RG. v. 29. Mai 31, Janich, DO. v. 4. Febr. 33 S. 114. 29) Da8 Verbot erstreckt sich nicht bloß auf die nach dem Verbot erschienenen Nummern, sondern überhaupt aus Verbreitung der Druckschrift. S ten gl e in, Nebenges. Anm. 2 zu 8 14. E. 36 S. 413. Mit dem Verbot ist auch der Post­ debit entzogen. S t e n g l e i n, Nebenges. Anm. 6. Eine unter einem neuen Titel und neuer äußerer Einrichtung erscheinende periodische Druckschrift kann als Fortsetzung einer verbotenen Druckschrift erachtet werden. R. 1 S. 66. — An die Stelle deS Reichskanzlers ist der Reichsminister deS Innern getreten.

462

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

§ 16.

Öffentliche Aufforderungen mittels der Presse") zur Auf­

bringung der wegen einer strafbaren Handlung erkannten Geldstrafen") und Kosten, sowie öffentliche Bescheinigungen mittels der Presse über den Empfang der zu solchen Zwecken gezablten Beiträge

sind verboten"*). I 17. Die Anklageschriften oder andere amtliche Schriftstücke") eines Strafprozesses") dürfen durch die Presse nicht eher veröffentlicht tocrben,11) als bis dieselben in öffentlicher Verhandlung") kund­ gegeben worden sind oder das Verfahren sein Ende erreicht hat?*) 30) Und zwar nicht bloß durch periodische Druckschriften (Zeitungen), Stenglein, Nebenges. Sinnt. 1.

31) Daö sind wirkliche Strafen' die Buße gehört nicht hierher. E. 26 S. 91. Auf die Geldstrafe muß rechtskräftig erkannt sein. Vgl. Appellus a. a. O. S. 66. Öffentl. Sammlungen für die in Not geratenen Familien­ angehörigen eines Verurteilten sind nicht verboten. Siehe hierzu Guillaume, DIZ. 38 S. 228.

31a) Nach früherem Abs. 2 deS § 16 war baS zufolge solcher Aufforde­ rungen Empfangene der Ortsarmenkaffe für verfallen zu erklären. Durch LO. v. 3. Sept. 36 (RGBl. I. S. 715) — s. unter A 5 — Ist Abs. 2 aufgehoben und daS Einzuziehende gehört der ReichSkaffe. 32) Unerheblich, ob eS sich um ein wichtiges oder unwichtiges Schriftstück handelt. Naumburg DRZ. 23 Nr. 375. Dahin gehören die in einem Straf­ prozeß ergangenen schriftlichen Gutachten. E. 9 S. 193. Dagegen gehören nicht hierher verkündete Strafurteile. KG. DIZ. 18 S. 170; oder Mitteilungen über erfolgte prozeffualische Vorgänge und strafbare Handlungen. E. 22 S. 273; oder Abschrift einer demnächst der Staatsanwaltschaft einzuretchenden Strafanzeige. E. 25 S. 330. Aber auch die auszugsweise Veröffentlichung eines amtl. Schrift­ stückes ist strafbar, unter Umständen selbst dann, wenn sie in Form einer Kritik erscheint. R. 8 S. 570 u. E. 26 S. 79. LZ. 14 S. 928. Macht der Täter solche Mitteilungen gleichzeitig in verschiedenen Zeitungen, so bildet jede Veröffent­ lichung für sich ein besonderes Delikt und tritt also mehrfache Bestrafung ein. R. 8 S. 570. E. 14 S. 340. Vgl. auch E. 28 S. 411. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung wird dadurch nicht beseitigt, baß die Schriftstücke wahrheits­ getreue Berichte über die Gerichtsverhandlung enthalten. OR. 17 S. 598. So­ bald aber die Verlesung einzelner Teile in öffentlicher Sitzung stattgefunden hat, ist deren Veröffentlichung erlaubt. E. 15 S. 253; Stenglein, Nebenges. Anm. 6. DaS Schriftstück muß in der Kundgebung als amtliches erkennbar ge­ macht sein. GA. 55 S. 110.

33) Der Ausdruck „Strafprozeß" umfaßt nicht auch daö ehrengerichtliche und daS Disziplinarverfahren. E. 3 S. 42; wohl aber das staatsanwalüiche oder polizeiliche Vor- oder Ermittelungsverfahren. E. 22 S. 272; auch die polizeiliche Strafverfügung. E. 28 S. 141, sowie Vorgänge über die Bestellung eines Verteidigers. Naumburg DRZ. 23 Nr. 375; Beschlüsse Über einen Ent­ haftungsantrag. GA. 44 S. 55; und daö sog. objekttve Verfahren gemäß § 42 StGB. E. 44 S. 279. 34) Die Strafbestimmung richtet sich nicht nur gegen den Redakteur, sondern gegen jedermann. E. 40 S. 360. ES ist ohne Bedeutung, ob die Veröffentlichung in einer periodischen oder nicht periodischen Druckschrift erfolgt und ob sie von

BH!3. Preßgesetz § 18.

463

$ 18. Mit Geldstrafe oder mit Hast oder mit Gefängnis bis zu er. sechs Monaten werden bestraft: 1. Zuwiderhandlungen gegen die in den $5 14, 16 und 17 ent­ haltenen Verbote;") 2. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen ") der §§ 6, 7,") welche durch falsche Angaben mit Kenntnis der Unrichtigkeit begangen einer Person auSgeht, die sich an der Fertigstellung der Druckschrift beteiligt hat. E. 47 S. 243. 35) Ist überhaupt nicht öffentlich verhandelt worden und hat also eine öffentliche Kundgebung der amtlichen Schriftstücke überhaupt nicht stattgefunden, so ist eine Publikatton der letzteren jedenfalls bis dahin ausgeschlossen, wo das Verfahren sein Ende erreicht hat. E. 15 S. 253. 36) DaS Verfahren hat aber erst sein Ende erreicht mit der rechtskräftigen Beendigung. E. 35 S. 275. DaS Verfahren ist noch nicht beendet, wenn daS Verfahren wegen Unbrauchbarmachung der Exemplare noch schwebt. Recht 12 Nr. 3373. Die Vorschrift deS 8 17 setzt ein subjettiveS Verschulden deS Täters voraus, aber zur Verübung deS Delikts genügt dolos eventualis. Doch findet auch hier die Präsumtion der Täterschaft seitens deS Redakteurs einer periodischen Druckschrift, wenn dieselbe nicht durch besondere Umstände ausgeschlossen ist, An­ wendung. R. 8 S. 560. Auf ein bloß fahrlässiges Verschulden findet dagegen der § 17 keine Anwendung, E. 9 S. 269; wohl aber dann, wenn eS sich um die im § 21 Abs. 1 bezeichneten Personen handelt. Diese Personen sind nach §21 straf­ bar, wenn die Beröffenllichung unter dem Einfluß eineS tatsächlichen Irrtums auS Fahrlässigkeit erfolgt. E. 36 S. 191.

37) Auf Unbrauchbarmachung einer Druckschrift, die nur ordnungswidrig ist, darf nicht erkannt werden. E. 4 S. 135. Der Tatbestand dieser Delikte setzt ein vorsätzliches Handeln voraus, eine bloß fahrlässige Verschuldung genügt nicht. E. 23 S. 117. Dagegen Appeliuö S. 106. 38) Hier wird im Gegensatze zu § 19 Nr. 1 nur die wissentlich falsche Benennung unter Strafe gestellt. Vgl. Dresden v. 14. Dezbr. 26, JurW. 56 S. 1599. 39) bezüglich § 6: Urheber der Zuwiderhandlung ist derjenige, welcher durch sein schuldhaftes Verhalten den Tatbestand, welchen daS Gesetz reprobiert, verwirklicht hat; es kann dieS auch eine zum Druckerpersonal gehörige Person sein, E. 16 S. 144. Recht 8 S. 318 u. GA. 51 S. 354. Die straftechtliche Verantwortung deS Druckergehilfen wird nicht dadurch beseittgt, daß er kraft Vertrages den Weisungen seines Auftraggebers zu folgen hat. Recht 8 S. 318. S t e n g l e i n, Nebenges. Anm. 2Ba. Der Redakteur aber haftet als solcher für die Zuwiderhandlungen gegen den § 6 nicht. E. 27 S. 246. Wird bei dem Vorhandensein mehrerer Drucker nur einer auf der Druckschrift genannt, so liegt darin ein Verstoß gegen den § 6. E. 21 S. 360. Bezüglich beß § 7: Ist der wirkliche Redatteur ein anderer als der auf der Druckschrift Genannte, so liegt eine falsche Angabe vor, die den wirklichen Redakteur nicht von seiner Verantwortung befreit und die den Staat nicht zwingt, sich an den Schein- oder Sitzredatteur zu halten. E. 27 S. 246. Dagegen legen E. 23 S. 9 u. E. 25 S. 180 daS entscheidende Gewicht auf die Nennung deS Redakteurs. Der vorgeschobene (sog. Sitz-) Redakteur kann Täter, Mittäter oder Gehilfe sein. Auch der fälschlich alS Redakteur Bezeichnete, der die falsche Bezeichnung nicht verhindert hat, kann strafbar sein. E. 58 S. 244.

464

ER.

B in. Schutz der öffentlichen Ordnung.

werden,") sowie vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen die Bestim­ mungen deS § 8.10) Dieselbe Strafe trifft den Verleger einer periodischen Druckschrift auch dann, wenn er wissentlich geschehen läßt, daß auf derselben eine Person fälschlich oder im Widerspruch mit § 880b) als Redakteur be­ nannt wird. ’*) J 19. Mit Geldstrafe bis zu einhundert und fünfzig Reichsmark oder mit Haft werden bestraft: 1. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 6, 7 und 8, welche nicht durch $ 18 Ziffer 2 getroffen sind;") 2. Zuwiderhandlungen gegen den $ 9; 3. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 10 und 11. In den Fällen der Ziffer 3 tritt die Verfolgung nur auf An­ trag") ein, und hat das Strafurteil zugleich die Aufnahme des ein­ gesandten Artikels in die nächstfolgende Nummer anzuordnen.") Ist die unberechtigte Verweigerung im guten Glauben") geschehen, so ist unter Freisprechung von Strafe und Kosten lediglich die nach­ trägliche Ausnahme anzuordnen. III. Verantwortlichkeit für die durch die Presse begangenen strafbaren Handlungen.

§ 20. Die Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Strafbarkeit durch den Inhalt einer Druckschrift begründet wird,") bestimmt sich nach den bestehenden allgemeinen Strafgesetzen. 40) Diese Zuwiderhandlung kann nur durch positive unrichtige Angaben nicht durch bloße Unterlassung der vorgeschriebenen Angaben verübt werden E. 6 S. 367 u. Meves in GA. 39 S. 26. 41) Der Drucker handelt schuldhaft, Wenner eine period. Druckschrift in Druck nimmt, obwohl ihm ein verantw. Schriftleiter nicht genannt wird, und er die fertige Schrift dem Besteller ohne Angabe des v. Schrift!, ausliefert. KG. Recht 33 Nr. 2284. Der Verfasser einer Druckschrift ist nicht schon durch die Verbreitung der Druckschrift für ihr Erscheinen ohne Druckangabe verant­ wortlich. OLG. Karlsruhe, BadRspr. 1936 S. 38. Mit Berg, aus § 20 besteht für 8 19 Ziff. 1 Tateinheit. E. 63 S. 340. 42) Nicht nur desjenigen, dessen Berichtigungsverfahren abgelehnt wird, sondern jedes Beteiligten, den die Aufnahme der Berichtigung persönlich nahe anging. KG. Recht 34 Nr. 1187. 43) Die Anordnung richtet sich gegen denjenigen, der z. Zt. der Be­ richtigungsaufnahme v. Redakteur war. KG. DIZ. 33 S. 1554. 44) Als guter Glaube ist nur der entschuldbare Irrtum über Tatsachen anzusehen z. B. über die Eigenschaft des Einsenders. E. 24 S. 278; über den aufzunehmenden Text als amtl. Bekanntmachung, über seine Stellung als v. Red. KG. JurW. 62 S. 482. Nach KG. GA. 59 S. 475 ist guter Glaube auch der entschuldbare Rechtsirrtum über die Grenze zwischen Rechts- und Talsachenirrtum. 45) Es müssen in der Druckschrift diejenigen Tatbestandsmerkmale ent-

B Hl 3

465

Preßgesetz § 21.

Ist die Druckschrift eine periodische,") so tjl46a) der verantwort­

liche Redakteur als Täter zu bestrafen,"") wenn nicht durch besondere

Umstände die Annahme seiner Täterschaft ausgeschlossen wird.

§ 21.

Begründet der Inhalt einer Druckschrift den Tatbestand

einer strafbaren Handlung, so sind") halten sein, in deren Kundgebung die Begehungshandlung besteht. S tenglein, Nebenges. Vorbemerk. zu § 20. Solche Delikte scheiden daher ans, deren Tatbestand erst durch das Eintreten eines weiteren, von der Wirkung deS gedruckten Wortes abhängigen Erfolges vollendet werden kann wie z. B. bei der Körperverletzung. OLG. Hamm DIZ. 14 S. 374, bei der Erpressung. E. 33 S. 230. Ferner scheiden aus Handlungen, deren Strafbarkeit nicht in der Beschaffenheit deS In­ halts der Druckschrift, sondern in anderweitigen Momenten ihren Grund hat, z. B. Nachbildungen von Warenzeichen. E. 42 S. 67. Ein Unterschied zwischen im Jnlande oder im Auslande begangenen Preßvergehen wird nicht gemacht. E.61 S. 22. Auch Mittäterschaft deS RedatteurS neben dem Derfaffer ist möglich. E. 9 S. 186. JurW. 56 S. 1489. Einsender von Material ist Mittäter oder Gehilfe. KG. DIZ. 37 S. 174. Der Verleger ist als Verbreiter eines Be­ richtes über Beschimpfung nur dann strafbar, wenn er erkennbar die beschimp­ fenden Äußerungen sich derart zu eigen macht, daß er durch die Verbreitung selbst beschimpft. E. 64 S. 55. — Drucker, Verleger oder Schriftleiter sind nicht schon strafbar, wenn sie die Veröffentlichung von Aufsätzen alS möglich voraussehen und in ihren Willen aufnehmen, die irgendwelche Gesetzesver­ letzungen enthalten können. E. 65 S. 67. Die Nichtschuld des Verfasiers begründet nicht notwendig die Nichtschuld des Redakteurs; so kann dem ersteren der § 193 des StGB, zur Seite stehen, dem letzteren dagegen nicht. E. 24 S. 304 u. E. 26 S. 18. 45 a) Diese gesetzt. Täterschaftsvermutung für den v. Red. trifft nach In­ krafttreten deS Schriftleiterges. (B III2) nur für unpolitische Zeitschriften zu. Damit ist die umfangreiche Rechtspr. für § 20 Abs. 2 in der Hauptsache be­ deutn, lgsloS geworden u. nicht mehr berücksichtigt. 45 b) Voraussetzung ist, daß der Inhalt der per. Druckschr. eine strafbare Handlung begründet. Handelt es sich um eine preßgesetzl. Ordnungsvorschrift (z. B. unvollständige Angabe des Impressums), so sind die Schrift!, nur dann als Täter zu belangen, wenn ihnen eine schuldhafte Verursachung der Vorschrtftswidrigkeit tatsächl. nachgewiesen wird. Dresden DRZ. 25 Nr. 72. 46) Erfordernis ist nur, daß der Inhalt der Druckschrift den äußeren Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet. E. 5 S. 354/6. Die dem Urheber der Veröffentlichung zur Seite stehenden Schuld- u. Strafausschließungs­ gründe hindern nicht die Verfolgung aus 8 21. E. 59 S. 181; auch nicht der Um­ stand, daß der Verfasser sich auf §193 StGB, berufen kann. Das Fahrlässigkeits­ vergehen des § 21 schließt überhaupt die Anwendung des § 193 StGB. aus. E. 64 S. 134. Hier handelt es sich nicht um fahrlässige Begehung deS durch den Inhalt der Druckschrift begründeten Delikts resp, um Teilnahme an einem solchen, vielmehr wird hier ein dem Preßrecht eigentümliches Fahrlässigkeitsdelikt ge­ schaffen. E. 18 S. 293 u. E. 38 S. 379. Die Fahrlässigkeit muß nachgewiesen werden. E. 59 S. 181. Eine Fahrlässigkeit kann darin gesunden werden, daß der Redakteur keine Anordnung gettoffen hat, die ein Nachprüfen der Korrektur­ bogen sicherstellt. GA. 62 S. 325; oder daß er für den Fall seiner vorüber­ gehenden Abwesenheit die Stellvertretung dem Verleger überlassen hat. JurW. 61 S. 1897. Düsseldorf JurR. 2 Nr. 231. Auch starke, die Prüfung der Druck-

Dal ck e, Sttafrecht. 30. Aust.

30

Schön,

466

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung. der verantwortliche Redakteur," •) der Verleger, der Drucker,

derjenige, welcher die Druckschrift gewerbsmäßig vertrieben oder sonst öffentlich verbreitet hat (Verbreiter),

soweit sie nicht nach § 20 als Täter oder Teilnehmer zu bestrafen sind,

wegen Fahrlässigkeit mit Geldstrafe oder mit Hast

oder mit

Festungshaft oder Gefängnis bis zu einem Jahre zu belegen, wenn sie nicht die Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt oder Umstände nachweisen, welche diese Anwendung unmöglich gemacht haben.

Die Bestrafung bleibt jedoch für jede der benannten Personen auSgeschloffen, wenn sie als den Verfasser oder den Einsender,"") mtt dessen Einwilligung die Veröffentlichung geschehen ist, oder, wenn es

sich um eine nicht periodische Druckschrift handelt, als den Herausgeber derselben, oder als einen der in obiger Reihenfolge vor ihr Benannten eine Person biS zur Verkündigung des ersten Urteils nachweist,47 * *) * * * * * * * * * * * * * * schriften unmöglich machende Arbeitslast kann den A. nicht entlasten. JurW. 60 S. 1927. A. M. Erk. v. 5. Febr. 07, Stenglein, Nebengesetze Anm. 7 6. Der § 21 betrifft alle Druckschriften, nicht bloß die periodischen. R. 9 S. 572. Eine bestimmte Persönlichkeit, nicht bloß der in der Druckschrift Benannte, also auch der Vertreter muß festgestellt werden. JurW. 58 S. 1032. Derjenige, welcher einen Verlag kauft, soll nach E. 19 S. 357 aus 8 21 verantwortlich sein, wenn er sich über den Inhalt der verlegten Werke nicht unter­ richtet. Vgl. auch R. 3 S. 826. Der Verleger kann sich von der Verantwort­ lichkeit aus § 21 durch die Bestellung eines zuverlässigen Redakteurs befreien, namentlich wenn das Unternehmen ein sehr umfangreiches ist. E. 23 S. 275. Die Bestrafung aus § 21 erfolgt wegen einer dem Preßgewerbe eigentüm­ lichen Fahrlässigkeit, nicht wegen der in der Druckschrift enthaltenen strafbaren Handl. E. 66 S. 31 (33). Die Bestrafung aus § 20 schließt die Bestrafung aus § 21 aus. Ist dem Täter der Vorsatz bei dem durch den Inhalt der Druckschrift begründeten Delikt nachgewiesen, dann ist die Annahme ausgeschloffen, daß er die Verbreitung aus Fahrlässigkeit herbeigeführt habe. Daher ist auch eine Bestrafung aus § 21 nicht um deswillen statthaft, weil eine Bestrafung nach den allgemeinen Strafgesetzen mangels eines Strafantrages nicht möglich ist. E. 41 S. 49. 46a) Nicht aber der Schriftleiter; vgl. Schmidt-Leonhardt, Komm. Anm. 9 zu 8 20. 46 b) Die Benennung deS Einsenders liegt nicht in der Angabe des Red., er habe den Aufsatz im Wege des Matern-Austausches von einer anderen Zei­ tung erhalten. E. 66 S. 31. 47) Den Bormann nachweisen bedeutet erheblich mehr, als ihn bloß namhaft machen oder bezeichnen, vielmehr muß die Verantwortlichkeit des Bormanns durch liquide Beweismittel klar gestellt oder doch bescheinigt sein. E. 24 S. 391. Die Anwendung des Abs. 2 wird aber durch die rechtskräftige Freisprechung des Bormanns nicht ausgeschlossen. E. 39 S. 408. Entscheidend ist der Zeitpunkt deS Nachweises; die Benennung des Vormanns ist also un­ wirksam, wenn dieser in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der Druckschrift und dem Nachweise sich der Strafverfolgung entzogen hat. E. 24 S. 321. Nach

467

B III 3. Preßgesetz § 22.

welche in dem Bereich der richterlichen Gewalt eines deutschen Bundes­ staats sich befindet, oder falls sie verstorben ist, sich zur Zeit der Ver­ öffentlichung befunden hat; hinsichtlich des Verbreiters ausländischer Druckschriften außerdem,") wenn ihm dieselben im Wege des Buch­ handels zugekommen find.")

§ 22.

IV. Verjährung.»») Die Strafverfolgung61) von Vergehen62), welche durch die

JurW. 60 S. 1927 ist zu prüfen, ob ein unmittelbares Vorgehen gegen die bezeichnete Person gerechtfertigt gewesen wäre. Dem Nachweise steht der Fall gleich, wenn der Vormann der Strafverfolgungsbehörde auf andere Weise be­ kannt geworden ist; es ist nicht notwendig, daß dies in einem gegen den Nach­ mann schwebenden Verfahren geschehen ist. E. 22 S. 431 u. E. 24 S. 321. Die im 8 21 Abs. 2 unter den dort angegebenen Voraussetzungen ein­ tretende Straflosigkeit bezieht sich nur auf die Fahrlässigkeitsstrafen, nicht aber auf die Fälle der wissentlichen Beihilfe zu dem durch die Presse verübten Delikt. GA. 23 S. 452. Im Falle einer Beleidigung darf die Strafe des § 200 StGB. (Veröffentlichung) nicht verhängt werden, wenn nur wegen des im 8 21 vorgesehenen Fahrlässigkeitsdeliktes erkannt ist. E. 13 S. 319, doch ist 8 41 StGB, anwendbar. E. 66 S. 31. 48) Unter dem Verbreiter, dem die ausländischen Schriften im Wege des Buchhandels zugekommen sind, ist nicht auch der zu verstehen, der, ohne selbst Buchhändler zu sein, die ausländische Schrift vom Buchhändler bezieht oder dem sie vom Buchhändler in Ausübung seines Gewerbes zur Verbreitung über­ geben wird. E. 23 S. 110. 49) Bezüglich des örtlichen Gerichtsstandes siehe 8 7 Abs. 2 StPO. 50) Fassung des 8 22 beruht auf dem Gesetz zur Änderung des Straf­ gesetzbuches v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). Nur die Verfolgung der straf­ baren Handlung verjährt, nicht die des Urhebers. E. 22 S. 431. E. 59 S. 181. Voraussetzung ist eine vollendete Preßstraftat. E. 61 S. 28. Im 8 22 ist die Frage der Verjährung generell dahin geregelt, daß alle Vergehen (nicht Verbrechen), welche durch die Presse verübt werden, der einjährigen Ver­ jährung unterliegen, und zwar nicht bloß die Verstöße gegen preßpolizeiliche Vorschriften, sondern auch diejenigen, deren Strafbarkeit durch den Inhalt der Druckschrift begründet wird, so daß also die einjährige Verjährung im Falle der Verübung durch die Presse auch da eintritt, wo sonst die fünfjährige Verjährung Platz greifen würde; so z.B. auch bei Verbreitung staatsfeindlicher Hchriften, soweit dieses ausnahmsweise kein Verbrechen ist, Erl. d. RIM. v. 18. Mai 36, abgedr. bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, NachtragS.69. Nach eingetretener Verjährung kann auch die strafrechtliche Verfolgung nicht wegen Vergehen gegen 8184 Abs. 1 Nr. 1 StGB, eintreten. E. 38 S. 70. HRR. 1930 Nr. 1581. Stenglein, Nebengesetze Anm. 3. Auch das in der Einsendung des Manuskripts liegende Vergehen gegen 6 186 StGB, unterliegt der kurzen Verjährung des 8 22. Königsberg JurW. 60 S. 486. Die kurze Berjährungsftist gilt auch für strafbare Handlungen, die durch Veröffentlichung in der aus­ ländischen Presse begangen sind. E. 61 S. 19 (27). Die Verjährung beginnt mit dem Tage der Verbreitung (Veröffent­ lichung) und zwar dem Zeitpunkt des ersten Aktes der Verbreitung, KG. HRR. 1987 Nr. 1283. Die einzelnen sukzessiven Akte, welche durch Verlag und Vertrieb einer Druckschrift bedingt sind, können als eine einzige Handlung aufgefaßt werden. 30*

468

BIIL Schutz der öffentlichen Ordnung.

Verbreitung von Druckschriften strafbaren Inhaltes6,Ä) begangen werden, sowie der nach §§ 18 und 21 dieses Gesetzes strafbaren Vergehen ver­

jährt in einem Jahr. V. Beschlagnahme.-)

§ 23.

Eine Beschlagnahme von Druckschriften54) ohne richterliche

Anordnung findet nur statt: In diesem Falle beginnt die Verjährung mit dem letzten BerbreitungSakte. R. 9 S. 483. E. 32 S. 69. A. M. Dresden JurW. 60 S. 967. Bei den Zuwider­ handlungen gegen die §§ 6, 7 u. 8 des Gesetzes beginnt die Verjährung mit dem ersten BerbreitungSakte, mit dem auch die Tat abgeschlossen ist. E. 24 S. 350. § 22 setzt voraus, daß das Berg, ausschließlich durch Verbreitung von Druckschrift begangen ist, daß der Inhalt der Druckschrift als solcher die straf­ bare Handlung erkennen läßt. Jena JurW. 59 Nr. 1759. HRR. 1933 Nr. 458. Die kurze Verjährung greift nicht Platz, wenn durch Versendung der gedruckten Prospekte eine Ausspielung veranstaltet ist, da die Durch­ führung des Spielunternehmens nicht auf der Druckschrift beruht. E. 63 S. 322; auch nicht, wenn die in Betracht kommende Straftat schon vor der Verbreitung der Druckschrift vollendet ist (Gebrauch eines Warenzeichens in einer Annonce). E. 40 S. 270. Sie gilt auch nicht, wenn die Veröffentlichung in der Presse vom Täter beabsichtigt und eingeleitet wurde, aber gegen seinen Willen nicht erfolgt ist. E. 61 S. 19. Auf die Verbreitung solcher Gegenstände, die durch die Verbindung einer Druckschrift mit einer anderen Sache, die keine Druckschrift ist, findet § 22 nur dann Anwendung, wenn eS sich um ein Preß­ erzeugnis (nicht z. B. um Etikette auf Zigarrenkisten) handelte. E. 42 S. 87. BayObLG. LZ. 26 S. 1315. Auch bei strafbarem Nachdruck findet die Ver­ jährungsfrist aus diesem § keine Anwendung. E. 20 S. 181; ebensowenig bei Betrug. HRR. 1933 Nr. 458; wohl aber bei § 40 Nr. 2 PatGes. BayObLG. JurW. 58 S. 1492 u. bei § 4 UWG. E. 53 S. 276. E. 66 S. 145. A. M. Jena HRR- 1930 Nr. 1580. Keine Anwendung bei Wiederholung gedruckten unwahren Geschäftsberichtes des Aufsichtsratsvorsitzenden einer Genossenschaft in der Generalversammlung durch einen Dritten mit seinem Wissen und Wollen. RG. JurW. 1934 S. 563. 51) Über Bearbeitung des Verfahrens siehe die in Anm. 1 angeführte AV. v. 13. April 35 (Richtlinien für das Strafverfahren). 52) Aber nur Vergehen; die Übertretungen, auch die im 8 19 erwähnten,

verjähren nach 8 67 Abs. 3 StGB, in drei Monaten. Mot. S. 20. Die Verj. wird, wie nach 8 68 StGB, nicht durch eine Handl., die erst die Ermittlung des Täters zum Ziele hat, unterbrochen. DIZ. 34 S. 376. 52 a) Strafb. Inhalt ist das, was nach dem Tatbestände der jeweils in Frage kommenden Zuwiderhandlung zu deren Verwirklichung Gegenstand der Mitteilung sein muß. E. 66 S. 145. 53) Es wird hier nur die polizeiliche Beschlagnahme geregelt, bezüglich der richterlichen bewendet cs bei den allgemeinen Vorschriften der StPO., aber auch für letztere sind die 8827 u.28 diesesÄes. maßgebend. Appelius S. 219. Siehe jetzt 8 8 VO. v. 4. Febr. 33 (unter B I 9). Eine Beschlagnahme kann immer erst vorgenommen werden, wenn bereits die Veröffentlichung stattgefunden hat. Appelius S. 225. A. M. Stenglein, Nebengesetze Anm. 2. 54) Die Beschlagnahme ist auch vor Stellung des Strafantrages zuläffig. Siehe Anm. zu 8 94 StPO.

1. wenn eine Druckschrift den Vorschriften der §§ 6 und 7 nicht entspricht, oder den Vorschriften des § 15 64a) zuwider verbreitet wird, 2. (gegenstandslos geworden),

3. wenn der Inhalt einer Druckschrift den Tatbestand einer der in den §§ 85, 9a,64 b) 111, 130 oder 18464 c) des deutschen Straf­ gesetzbuchs mit Strafe bedrohten Handlungen begründet, in den Fällen der §§ 111 und 130 jedoch nur bann, wenn dringende Gefahr besteht, daß bei Verzögerung der Beschlagnahme die Aufforderung ober Anreizung ein Verbrechen ober Vergehen unmittelbar zur Folge haben werde. § 24. Über die Bestätigung ober Aushebung der vorläufigen Beschlagnahme hat das zuständige Gericht zu entscheiden.66) Diese Entscheidung muß von der Staatsanwaltschaft binnen vier­ undzwanzig Stunden nach Anordnung der Beschlagnahme beantragt und von dem Gericht binnen vierundzwanzig Stunden nach Empfang des Antrags erlassen werden. Hat die Polizeibehörde die Beschlagnahme ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft verfügt, so muß sie die Absendung der Verhand­ lungen an die letztere ohne Verzug und spätestens binnen zwölf Stun­ den bewirken. Die Staatsanwaltschaft hat entweder die Wiederauf­ hebung der Beschlagnahme mittels einer sofort vollstreckbaren Ver­ fügung anzuordnen, ober bie gerichtliche Bestätigung binnen zwölf Stunden nach Empfang der Verhandlungen zu beantragen. Wenn nicht bis zum Ablaufe des fünften Tages nach Anordnung der Beschlagnahme der bestätigende Gerichtsbeschluß der Behörde, welche die Beschlagnahme angeordnet hat, zugegangen ist, erlischt bie letztere und muß bie Freigabe der einzelnen Stücke erfolgen. § 25 Gegen den Beschluß des Gerichts, welcher bie vorläufige Beschlagnahme aufhebt, findet ein Rechtsmittel nicht statt.06) § 26. Die vom Gericht bestätigte, vorläufige Beschlagnahme ist 54 a) An Stelle des aufgehobenen § 15 ist sachlich § 10 deS Ges. v. 3. Juni 14 (abgedruckt in Anm. 11 zu § 92 StGB.) getreten. 54 b) Gegenstandslos geworden. 54c) auch den Tatbestand des § 184b, aber nicht den deS § 184a. Älefoto, StPO. Anm. 3 zu Z 23 Preßges. 55) Zuständig ist vor Erhebung der öffentl. Klage der Amtsrichter deS Bezirks, in welchem die Beschlagnahme stattgefunden hat, nach Erhebung der ö. Kl. der jeweilig mit der Sache befaßte Tatrichter. Stenglein, Neben­ gesetze Anm. 1 Abs. 3. 56) Jedoch § 8 VO. v. 4. Febr. 33 (unter B 1 9). Der die Beschlagnahme bestätigende Beschluß kann aber mit der einfachen Beschwerde angefochten werden.

470

B HI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

wieder aufzuhebeu,8?) wenn nicht binnen zwei Wochen nach der Be­ stätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet worden tft89) § 27. Die Beschlagnahme von Druckschriften trifft die Exemplare nur da, wo dergleichen zum Zwecke der Verbreitung sich befinden.8?) Sie kann sich aus die zur Vervielfältigung dienenden Platten und Formen erstrecken; bei Druckschriften im engeren Sinne hat auf An­ trag des Beteiligten statt Beschlagnahme des Satzes das Ablegen des letzteren zu geschehen. Bei der Beschlagnahme sind die dieselbe veranlaffenden Stellen der Schrift unter Anführung der verletzten Gesetze zu bezeichnen.88) Trennbare Teile der Druckschrift (Beilagen einer Zeitung rc.), welche nichts Strafbares enthalten, sind von der Beschlagnahme auszuschließen.

ER.

§ 28.

Während der Dauer der Beschlagnahme 8l) ist die Ver­

breitung der von derselben betroffenen Druckschrift oder der Wieder­ abdruck der die Beschlagnahme veranlaffenden Stellen unstatthaft,88) Wer mit Kenntnis88) der verfügten Beschlagnahme dieser Be­ stimmung entgegeuhandelt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. § 29. Zur Entscheidung über die durch die Presse begangenen Übertretungen sind die Gerichte auch in denjenigen Bundesstaaten (Ländern)

ausschließlich zuständig, wo zur Zett noch deren Aburteilung den Ver­

waltungsbehörden zusteht.") 57) Der § findet nur auf die vorläufige, nicht aus die gerichtliche Beschlag­ nahme Anwendung. E. 30 S. 323 (324). 58) d. h. wenn nicht die Eröffnung der Voruntersuchung oder des HauptversahrenS beschlofien ist. S te n g le in, Nebengesetze Anm. 2. 59) Die in den Privatbesitz übergegangenen Exemplare dürfen nicht be­ schlagnahmt werden, auch nicht die, welche in den Lesezimmern geschloffener Ge­ sellschaften ausliegen, wohl aber die, welche sich in öffentlichen Lokalen befinden, zu denen jedermann Zuttitt hat. Avvelius S.235. Häntzschel Anm.3 b. 60) Ist dies nicht geschehen, so ist zwar die Verbreitung und Vervielfältigung des ganzen Inhalts der Druckschrift unstatthaft und strafbar, dagegen fällt der Abdruck einzelner Stellen nicht unter § 28, da ja nicht feststeht, welche Stellen inkriminiert worden find. OTr. GA. 24 S. 633. 61) Die Wirksamkeit der Beschl. beginnt mit der Anordnung und dauert, bis sie aufgehoben wird oder erlischt. Stengle in, Nebengesetze Anm. 1. E. 37 S. 254. 62) Ob dies Verbot sich auch auf die Druckschriften bezieht, welche wegen Überttetung der Ordnungsvorschriften beschlagnahmt sind, ist bestritten, die Frage wird aber, da das Gesetz keinen Unterschied macht, zu bejahen sein. Der Wieder­ abdruck einer beschlagnahmten Schrift in Form eines Berichts über eine Ge­ richtsverhandlung, auch wenn dieselbe dort verlesen ist, ist sttafbar. München

GA. 26 S. 229. 63) Es genügt, daß der A. auf irgend einem Wege — auch durch irgend eine gelegentl. Mitteilung — von der polizeil. oder gerichtl. Beschlagnahme Kenntnis erlangt hat. JurR. 3 Nr. 564. Recht 31 Nr. 770. 64) Polizeiliche Sttafversügungen sind daher in Preßsachen nicht zulässig

Bin 3. Preßgesetz §§ 30 u. 31.

471

VI. Schlutzbestimmnnge». § 30.

Die für Zeiten der Kriegsgefahr, des Krieges, deS erklärten

Kriegs- (Belagerungs-) Zustandes oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in bezug auf die Presse bestehenden besonderen gesetzlichen Bestimmungen

bleiben auch diesem Gesetze gegenüber bis auf weiteres in Kraft. Das Recht der Landesgesetzgebung,'®6) Vorschriften über das öffent­

liche Anschlägen, Anheften, AuSstellen, sowie die öffentliche, unentgeltlldje87) Verteilung von Bekanntmachungen, ^Iahten68 * *) *und * * 66 Aufrufen 67 zu

erlassen, wird durch diese- Gesetz nicht berührt. Dasselbe gilt von den Vorschriften der LaudeSgesetze über Abgabe von Freiexemplaren an Bibliotheken und öffentliche Sammlungen.

Vorbehaltlich der auf den Laudesgesetzen beruhenden allgemeinen

Gewerbesteuer findet eine besondere Besteuerung der Presse und der einzelnen Preßerzeugniffe (Zeituugs- und Kalenderstempel, Abgaben

von Inseraten rc.) nicht statt. § 31 nicht mehr beachtlich. Dresden JurW. 58 S. 1072. Karlsruhe JurW. 61 S. 1768. Stenglein, Nebengesetze Anm. zu § 29. Die Nichtigkeit der Strafverfügung kann durch daS nachfolgende gerichlliche Verfahren behoben werden. Dresden HRR. 1931 Nr. 479. — Der Abs. 2 des § 29 hat seine Bedeutung durch § 143 GVG. verloren und ist daher fortgelassen. 66) Die 88 9,10,41 des pr. Preßgesetzes v. 12. Mai 51 sind durch Ges. v. 28. Novbr. 25 (GS. S.169) ausgehoben. Die landesrechtl. Regelung deS Plakatwesens wird aber dadurch nicht berührt. KG. JurW. 55 S. 2222. Dresden GA. 76 S. 249. Eine PBO., die das Anschlägen von Anzeigen auf bestimmte örtlichkeiten beschränkt, ist rechtsgültig. KG. JurR. 3 Nr. 784; nicht solche, die den Schutz des Säulenmonopolinhabers zum Gegenstand nehmen. KG. GA. 72 S. 197; auch nicht solche, die das Verteilen von Reklameschristen von polizeil. Genehmigung abhängig machen. KG. DIZ. 35 S. 1130. 67) Wenn Verteiler vom Empfänger keine Bezahlung erhält. KG. I o h o w 41 S. 406 u. JurW. 53 S. 328. 68) Plakat ist jedes öfstl. angeschlagene Schriftstück. Daher gehören dahin ZeitungSteile, nicht ganze Zeitungen. BayObLG. JurR. 2 Nr. 2422. Auch sog. Wanderplakatc, die zwecks Verbreitung von Personen getragen oder auf Fahr­ zeugen mitgeführt werden. BayObLG. DIZ. 34 S. 1622.

472

B HI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Bill4. Gesetz über die Feiertage. Vom 27. Februar 1934. (RGBl. I S. 129). § 1. Der nationale Feiertag des deutschen Volkes ist der 1. Mai. § 2. Der 5. Sonntag vor Ostern (Reminiszere) ist Heldengedenktag. § 3. Der 1. Sonntag nach Michaelis ist Erntedanktag. § 4. Außer den in den 1 bis 3 bestimmten nationalen Feier­ tagen und den Sonntagen sind Feiertage: 1. der Neujahrstag, 2. der Karfreitag, 3. der Ostermontag, 4. der Himmelfahrtstag, 5. der Pfingstmontag, 6. der Bußtag am Mittwoch vor dem letzten Trinitatissonntag, 7. der erste und der zweite Weihnachtstag. § 5. (1) Außer den im § 4 genannten Feiertagen ist in Gemeinden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung das Reformationsfest, in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung der Fronleich­ namstag entsprechend dem bisherigen Brauch Feiertag. (2) Der Reichsminister des Innern oder die von ihm beauftragten Behörden bestimmen, in welchen Gemeinden die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen. § 6. Die durch dieses Gesetz erschöpfend festgelegten Feiertage sind Fest- oder allgemeine Feiertage im Sinne reichs- oder landes­ rechtlicher Vorschriften. § 7. (1) Der Reichsminister des Innern wird ermächtigt, im Ein­ vernehmen mit dem Reichsminister für Volksausklärung und Propa­ ganda Vorschriften über den Schutz der Sonn- und Feiertage, auch der rein kirchlichen Feiertage, zu erlassen. (2) Die Bestimmungen über die Gestaltung der nationalen Feier­ tage (§§ 1 bis 3) erläßt der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern.

Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage. Vom 16. März 1934 (RGBl. I S. 199) in der Fassung der VO. vom 1. Apnl 1935.

§ 1. Die in dem Gesetz über die Feiertage anerkannten Feiertage und Sonntage sind, soweit über die Zeitdauer des Schutzes nichts anderes bestimmt ist, von Polizeistunde zu Polizeistunhe nach Maß­ gabe folgender Vorschriften geschützt.

B III 4. Gesetz über die Feiertage §§ 2—4.

473

§ 2. Verboten sind*) alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten*»), die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu beeinträchtigen **>), sofern ihre Ausführung nicht nach Reichsrecht besonders zugelassen ist. Weiter­ gehende reichsrechtliche Verbote werden hiervon nicht berührt.

§ 3.

Das Verbot des § 2 Satz 1 gilt nicht:

1. Für den Betrieb der Deutschen Reichspost und der Deutschen Reichsbahn*«) sowie sonstiger Eisenbahnunternehmungen;

2. für unaufschiebbare Arbeiten, die zur Befriedigung häuslicher oder landwirtschaftlicher Bedürfnisse, zur Abwendung eines erheblichen Schadens an Gesundheit oder Eigentum, im In­ teresse öffentlicher Einrichtungen oder Anstalten, zur Verhü­ tung eines Notstandes") oder zur Vorbereitung der am fol­ genden Tage stattfindenden Märkte erforderlich sind: 3. für leichtere Arbeiten in Hausgärten oder diesen gleichzuachten•ben Gärten, die von den Besitzern selbst oder ihren Angehö­ rigen vorgenommen werden.

§ 4. (1) Mährend der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes sind verboten: 1. Öffentliche Versammlungen, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird; 2. alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen, sofern nicht ein höheres Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung oder ein politisches Interesse vorliegt; 3. Auf- und Umzüge, sportliche und turnerische Veranstaltungen

1) Strasvorschrift: § 366 Nr. 1 StGB, (unter A 2). la) Arbeiten, die von unbestimmt welchen und wievielen Personen wahr­ genommen wurden oder hätten wahrgenommen werden können, wenn die Personen ihr Augenmerk darauf gerichtet hätten. OLG. München in JurM. 1935 S. 2985. Zu den bemeckb. Arbeiten gehört auch das fortgesetzte ge­ schäftige Ziehen von einem Haus zum anderen mit einer Mappe, die mit zu vertteibenden Broschüren — wenn auch religiösen Inhalts — gefüllt ist, unter Anpreisung auf den Fluren unverschlossener Häuser. KG. DIZ. 38 S. 1566. Id) Geräuschentwicklung ist nicht erforderlich; es genügt jede äußer­ lich wahrnehmbare Erscheinung, die unter Berücksichttgung von Ort und Zeit der Vornahme (z. B. Verkauf von Zeitungen an Kirchenbesucher in unmittelbare Nähe der Kirche. KG. JFGErg. 14, S. 133 u. 136) auf die allgemeine sonntagl. Stimmung und innere Sammlung ärgerniserregend einwirkt. lc) Ohne Rücksicht datauf, ob der Betrieb zum Nutzen der Bahn und der Fahrgäste oder einzelner Beamter, ob er entgelttich oder unent­ geltlich erfolgt. KG. in JFGErg. 14 S. 138. ld) Notstand ist ein durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis geschaffener Zustand der Gefahr des Einttitts eines unverhältnis­ mäßig hohen, insbes. wirtschaftlichen Schadens. OLG. München in JurW. 1935 S. 2985.

474

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

sowie Hetz- und Treibjagden auf Wild, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört toirb.2)3) (2) Die Reichsminister des Innern und für Volksaufklärung und Propaganda sowie die obersten Landesbehörden können aus wichtigen Gründen Ausnahmen zulassen. § ö. Am Karfreitag und am Bußtag sind, abgesehen von den Vor­ schriften der §§ 2 bis 4, verboten: 1. Sportliche und turnerische Veranstaltungen gewerblicher Art und ähnliche Darbietungen sowie sportliche und turnerische Veranstaltungen nicht gewerblicher Art, sofern sie mit Auf­ oder Umzügen, mit Unterhaltungsmusik oder Festveranstal­ tungen verbunden sind; 2. in Räumen mit Schankbettieb musikalische Darbietungen jeder Art3»); 3. alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veran­ staltungen, sofern bei ihnen nicht der diesen Tagen entspre­

chende ernste Charakter gewahrt ist.4)5 § 6. Am Heldengedenktag sind, abgesehen von den Vorschriften

der §§ 2 bis 4, verboten: 1. In Räumen mit Schankbettieb musikalische Darbietungen

jeder Art3»); 2. alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veran­ staltungen, sofern bei ihnen nicht der diesem Tage entsprechende ernste Charakter gewahrt ist. § 7. (1) Am Vorabend des Oster- und Weihnachtsfestes/) sind öffentliche Tanzlustbarkeiten verboten. 2) Das Verbot von Hetz-und Treibjagden während des Gottesdienstes ist jetzt ohne sachliche Änderung ersetzt durch § 35 Nr. 15, § 60 Abs. 2 Nr. 8 NJagdges. (unter ß X 1). 3) Nicht nur regelrechte Treibjagden im engsten waidmännischen Sinn, sondern jede Jagd, bei der eine größere Anzahl von Jägern oder Treibern sich beteiligt und bei der die Treiber Lärm verursachen, um das Wild aufzuscheuchen, an der willkürlichen Fortbewegung zu verhindern und zum Anlauf bei den Schützen zu veranlassen. BayObLG. in JurW. 1934 S. 2709. 3a) Güt nur für öffentlich zugängliche Veranstaltungen (RdErl. d. RF^uChdDtPol. v. 10. März 37, RMBliV. S. 395). 4) Kleinkunstbühnen und ähnliche Unternehmungen, die der Unter­ haltung dienen, fallen auch dann unter Ziff. 3, wenn sie nebenher Gast­ stättenbetrieb haben (RdErl. des RuPrMdJ. v. 6. Novbr. 34 — MMiB. S. 1421 —). 5) Der Vorabend des Weihnachtsfestes umfaßt nur die Abendstunden des 24. Dezbr. (RdErl. des RuPrMdJ. v. 14. Dezbr. 34 — MBUV. S. 1525 —).

B III 4. Gesetz über die Feiertage §§ 8 u. 9.

475

(2) Als öffentliche Tanzlustbarkeiten gelten nicht Veranstaltungen, bei denen ausschließlich deutsche Volkstänze getanzt werden.

§ 8. (1) Zum Schutze staatlich nicht anerkannter kirchlicher Feier­ tage können die obersten Landesbehörden für Gemeinden mit über­ wiegend evangelischer Bevölkerung Bestimmungen für evangelische kirchliche Feiertage, für Gemeinden mit überwiegend katholischer Be­ völkerung Bestimmungen für katholische kirchliche Feiertage erlassen. Die Bestimmungen haben sich im Rahmen der §§ 2 bis 4, für kirchliche Totengedenktage außerdem im Rahmen des § 6 zu halten.

(2) Als Orte mit überwiegend evangelischer oder katholischer Be­ völkerung gelten die Gemeinden, in denen nach der letzten Volks­ zählung die evangelische oder katholische Bevölkerung mehr als die Hälfte der Bevölkerung zählt. § 9. Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt treten entgegenstehende landesrechtliche Vorschriften über den Schutz der Sonn- und Feiertage außer Kraft.

Preußische Verordnung über den Schutz der kirchlichen Feiertage. Vom 19. Mai 1934 (GS. S. 301) in der Fassung vom 24. Juli 1935 (GS. S. 108). Aus Grund des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1. Juni 31 (GS. S. 77) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 der Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 16. März 34 (RGBl. I S. 191) wird im Einvernehmen mit dem Reichsmiuister des Innern für das Land Preußen folgende Polizeiverordnung erlassen:

§ 1. In Gemeinden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung sind die staatlich nicht anerkannten evangelischen kirchlichen Feiertage, in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung die staatlich nicht anerkannten, katholischen kirchlichen Feiertage von Polizeistunde zu Polizeistunde nach Maßgabe der folgenden Vorschriften geschützt. § 2. Verboten sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten, die ge­ eignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu beeinträchtigen, sofern ihre Ausführung nicht an Sonntagen nach Reichsrecht besonders zu­ gelassen ist.

§ 3. Das Verbot des § 2 gilt nicht: (folgt wörtlich Ziff. 1—3 der VO. vorstehend unter b)). § 4. (1) Während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes sind verboten:

476

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

1. öffentliche Versammlungen, sofern hierdurch der Gottesdienst

unmittelbar gestört wird, 2. Auf- und Umzüge, sportliche und turnerische Veranstaltungen sowie Hetz- und Treibjagden auf Wild/) sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird. (2) Die Landespolizeibehörden können aus wichtigen Gründen Ausnahmen zulassen.

§ 6. In überwiegend evangelischen Gemeinden sind am Toten­ sonntag, in überwiegend katholischen Gemeinden am Allerseelentag verboten: 1. in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen aller Art; 2. alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veran­ staltungen, sofern bei ihnen nicht der diesem Tage entsprechende ernste Charakter gewahrt ist.

§ 6. Am Tage vor Weihnachten und in der Woche vor Ostern') sind öffentliche Tanzlustbarkeiten untersagt. § 7. Als Orte mit überwiegend evangelischer oder katholischer Bevölkerung gelten die Gemeinden, in denen nach der letzten Volks­ zählung die evangelische oder katholische Bevölkerung mehr als die Hälfte der Bevölkerung zählt. § 8. Wer den Vorschriften der §§ 2 bis 6 dieser Verordnung zu­ widerhandelt, wird gemäß § 366 Ziffer 1 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 150 RM. oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft. § 9. Diese Polizeiverordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffent­ lichung in Kraft. 6) Der Schutz kirchlicher Feiertage ist jetzt, soweit es sich um Hetz- oder Treibjagden handelt, ohne sachliche Änderung geregelt in 8 35 Abs. 3 der ABO. zum RJagdges. v. 27. März 35, RGBl. I S. 431. 7) Dazu gehört nicht der Palmsonntag, sondern nur die darauffolgenden Wochentage. (RdErl. d. RuPrMdJ. v. 22. März 36, RMBlB. S. 403.)

B III 5. Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen §§ 5 u. 6.

477

BIII5. Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen. Vom 1. Juli 1937. (RGBl. I S. 725.)

(Auszug.) AussVO. v. 14. November 1935 (RGBl. I S. 1341) i. d. F. v. 17. März 1936 (RGBl. I S. 178). Siehe ferner AB. v. 3. April 1936 — DJust. S. 593 — betr. das Kärntner Kreuz und die Tiroler Landesdenkmünze, AB. v. 4. September 1936 — DJust. S. 1359 — betr. Stahlhelm­ traditionsabzeichen und AB. v. 29. Oktober 1936 — DJust. S. 1674 — betr. Schlesisches Bewährungsabzeichen.

§ 5. (1) Außer den nach Maßgabe dieses Gesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen verliehenen Orden und Ehrenzeichen dürfen nur die nachstehend aufgeführten staatlichen oder staatlich an­ erkannten Orden und Ehrenzeichen getragen werden: a) Orden und Ehrenzeichen, die von einem ehemaligen Landes­ herrn, eitier Landesregierung oder mit deren Genehmigung bis zum 16. November 1935 verliehen sind; b) Orden und Ehrenzeichen'), die von der Reichsregierung oder der Negierung eines ehemals verbündeten Landes für Ver­ dienste im Weltkriege verliehen sind, sowie das Schlesische Bewährungsabzeichen (Schlesischer Adler) und das Balten­ kreuz;

c) Orden und Ehrenzeichen, die von einem ausländischen Staats­ oberhaupt oder einer ausländischen Regierung verliehen sind, wenn die Genehmigung zur Annahme erteilt worden ist; d) das Ehrenzeichen des Deutschen Noten Kreuzes; e) die vom Reichspräsidenten oder vom Führer und Reichs­ kanzler seit dem 7. April 1933 gestifteten oder mit seiner Ge­ nehmigung, Ermächtigung oder Zustimmung geschaffenen Orden und Ehrenzeichen;

f) die von der Reichsregierung genehmigten Sportehrenzeichen. (2) Die Ehrenzeichen der werden hierdurch nicht berührt.

nationalsozialistischen

Bewegung

§ 6. (1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, 1) Dazu gehört auch das Verwundetenabzeichen, § 4 der AussVO. v. 14. Novbr. 35. Vgl. dazu VO. über das Verwundetenabzeichen v. 30. Jan. 36 (NGBl. I S. 47).

478 Schöff.

B in. Schutz der öffentlichen Ordnung.

a) wer unbefugt inländische oder ausländische Amts- oder Dienst­ bezeichnungen,^) Titels oder Würden führte) 2) In Betracht kommen nur die auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhenden Amts- und Dienstbezeichnungen, und zwar sowohl die staat­ lichen Amts titel, die zur Kennzeichnung eines dem Träger übertragenen Amtes dienen, wie die durch gesetzliche Vorschrift bestimmten (nichtstaatl.) Berufen vorbehaltenen Berufsbezeichnungen wie Rechtsanwalt, An­ waltsassessor (§ 10 Abs. 2 der ReichsrechtsanwaltsO.), Bauassessor (§ 26 Anl. I zur VO. v. 4. Aug. 36, RGBl. I S. 585), vereidigter und öffentlich bestellter Versteigerer (§ 19 der VO. v. 30. Oktbr. 34, RGBl. I S. 1091), Prozeß­ agent (Breslau GA. 49 S. 328), Rechtsbeistand (§ 4 der VO. v. 3. April 36, RGBl. I S. 359), Devisenberater (§ 13 der VO. v. 29. Juni 36, RGBl. I S. 524). Eine ausländische Amtsbezeichnung darf von ihrem Träger im In­ land nur geführt werden, wenn deutlich gemacht wird, daß es sich um ein ausländisches Amt handelt. Ein Beamter im Ruhestand darf seine letzte Amts­ bezeichnung mit dem Zusatz a. D. führen, ein entlassener Beamter nur, wenn ihm die Erlaubnis erteilt worden ist (§ 37 DBG.)- im übrigen darf ein ebemaliger Beamter die Amtsbezeichnung auch nicht mit dem Zusatz „früherer" führen. Uber Verlust der Befugnis zur Führung einer früheren militärischen Dienstbezetchnung vgl. Ges. v. 26. Juni 35 (RGBl. I S. 829), nach dessen § 4 auch die Führung einer Bezeichnung, die die Tatsache der früheren Zu­ gehörigkeit zur alten oder neuen Wehrmacht in irgendeiner Form aus­ drückt, als unbefugte Führung einer Dienstbezeichnung odereines Titelst. S. des § 6 des Ges. v. 1. Juli 37 gilt. Frühere Rechtsanwälte dürfen die Bezeichnung „Rechtsanwalt" mit einem auf das Erlöschen der Zulassung hin­ weisenden Zusatz nur führen, wenn ihnen dies von dem Reichsjustizmintster im Einzelfall gestattet worden ist (§ 28 Abs. 2 ReichsrechtsanwaltsO.). Der von der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossene darf sich nicht Gerichtsassessor a. D. nennen. Hagemann TRZ. 23 S. 327, OLG. Celle JurW. 1937 S. 185; a. M. OLG. Köln HRR. 1932 Nr. 76 (s. dazu auch AD. v. 14. Juni 37, DJust. S. 914, zu A II13, wonach die Bezeichnung „Notariatsassessor" auch nicht mit einem auf das Ausscheiden hinweisenden Zusatz geführt werden darf). Der Verzicht auf den Titel ist zulässig und bedarf nicht der Annahme KG. JurW. 1932 S. 2917. Kein Titel ist Handelsanwalt. KG. DIZ. 20 S. 721; oder Steuershndikus. Kiel HRR. 1935 Nr. 255. Ob Diplom­ kaufmann ein Titel ist, ist fraglich. BayObLG. DIZ. 30 S. 442. Für eine Reihe von Berufsbezeichnungen gelten Sondervorschriften, vgl. § 148 Nr. 9c GewO. (Meistertitel), § 16 der Neichsärzteordnung (Arzt), § 16 der Reichstierärzteordnung (Tierarzt), §§ 2, 23 der Reichsapothekerordnung (Apotheker), § 52 des Patentanwaltgesetzes v. 28. Septbr. 33 (RGBl. I S. 669) (Patent­ anwalt), § 42 des Schriftleiterges. (Schriftleiter). 3) Unter Titel sind hier — im Gegensatz zu den Amtstiteln — in erster Linie die Ehrentitel zu verstehen, die als Auszeichnung verliehen werden. Auch die früher verliehenen Ehrentitel sind geschützt. Das unbefugte Führen eines Hoflieferantentitels ist heute noch strafbar. KG. JFGErg. 6 S. 392. Ferner gehören zu den Titeln die akademischen Grade, einschl. des Dr. b. c. OLG. Frankfurt DJust. 1937 S. 1580. Uber die Führung akademischer Grade siehe PrVO. v. 30. Septbr. 24 (GS. S. 605), KG. GA. 70 S. 208 (die Rechtsgültigkeit dieser VO. unterliegt nach KG. JFGErg. 11 S. 398 Be­ denken; soweit darin die Befugnis zur Führung ausländischer akad. Grade von einer Genehmigung abhängig ist, bestehen gegen die Gültigkeit keine Ve-

B III 6. Luftschutzgesetz §§ 2, 4 u. 5.

479

b) wer unbefugt inländische oder ausländische Orden oder Ehren­ zeichen trägt") oder wer Abzeichen, die nach ihrer äußeren Form oder Tragweise den im § 5 genannten Orden und Ehren­ zeichen ähnelns, trägt, herstellt, anbietet, feilhält, verkauft oder sonst in den Verkehr bringt. (2) Die Bestimmungen des Absatzes lb finden auch auf die Ehrenzeichen der nationalsozialistischen Bewegung Anwendung.

BIII6. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935. (RGBl.I S. 827.)

(Auszug.) 1., 2. u. 3. DurchfVO. v. 4. Mai 1937 (NGBl. I S

559 u. 566.

§ 2. (1) Alle Deutschen sind zu Dienst- und Sachleistungen sowie zu sonstigen Handlungen, Duldungen und Unterlassungen ver­ pflichtet, die zur Durchführung des Luftschutzes erforderlich sind (Luftschutzpflicht). (2) und (3) § 4. Umfang und Inhalt der Luftschutzpflicht werden in den Durchführungsbestimmungen festgelegt. . J) § 5. Tie Heranziehung zur Luftschutzpflicht erfolgt, soweit die denken, weil jedenfalls insoweit die VO. v. 7. April 1897 eingreift. KG. JFGErg. 14 S. 228 und OLG. Frankfurt DJust. 1937 S. 1580). Die ungenehmigte Führung eines ausl. Doktortitels ist strafbar, selbst wenn er den Ursprung der Verleihung erkennen läßt. GA. 74 S. 281; BayObLG. JurW. 60 S. 1498. Diplomingenieur ist eine akademische Würde. Recht 12 Nr. 3366. 4) Das Fähren eines Titels usw. setzt eine eigene Tätigkeit des A. voraus, ein bloßes Dulden der Anrede genügt nicht. E. 33 S. 305. Es ist Vorsatz erforderlich. Dresden LZ. 27 S. 1041. Eine Annahme liegt in der Verwendung eines Gummistempels. Dresden JurW. 58 S. 1894. Es genügt ein einmaliger Gebrauch, wenn dadurch bei anderen der Glaube erweckt werden soll, daß dem des Titels sich Bedienenden der Titel zukomme. Celle DIZ. 12 S. 226. KG.GA. 71 S. 227. 4a) „Tragen" ist ein Sammelbegriff. Daher nur eine Tat, wenn der Täter mehrfach unbefugt ein Ehrenzeichen trägt. NG. D. Just. 1936 S. 258. 5) Dies ist nicht der Fall bei Abzeichen, die durch die Art ihres Tragens (etwa in Form von Nadeln) zu Verwechslungen mit Orden keinen Anlaß geben, wie Tagungsabzcichen, Schühenabzeichen. Das Tragen, Herstellen usw. von sog. Kotillonorden ist nicht sttafbar, da Träger nicht den Anschein erwecken will, als sei er Träger einer staatlich verliehenen Auszeichnung. 1) Vgl. dazu §§ 7 u. 9 der 1. DurchfVO.

B III 6. Luftschutzgesetz §§ 2, 4 u. 5.

479

b) wer unbefugt inländische oder ausländische Orden oder Ehren­ zeichen trägt") oder wer Abzeichen, die nach ihrer äußeren Form oder Tragweise den im § 5 genannten Orden und Ehren­ zeichen ähnelns, trägt, herstellt, anbietet, feilhält, verkauft oder sonst in den Verkehr bringt. (2) Die Bestimmungen des Absatzes lb finden auch auf die Ehrenzeichen der nationalsozialistischen Bewegung Anwendung.

BIII6. Luftschutzgesetz. Vom 26. Juni 1935. (RGBl.I S. 827.)

(Auszug.) 1., 2. u. 3. DurchfVO. v. 4. Mai 1937 (NGBl. I S

559 u. 566.

§ 2. (1) Alle Deutschen sind zu Dienst- und Sachleistungen sowie zu sonstigen Handlungen, Duldungen und Unterlassungen ver­ pflichtet, die zur Durchführung des Luftschutzes erforderlich sind (Luftschutzpflicht). (2) und (3) § 4. Umfang und Inhalt der Luftschutzpflicht werden in den Durchführungsbestimmungen festgelegt. . J) § 5. Tie Heranziehung zur Luftschutzpflicht erfolgt, soweit die denken, weil jedenfalls insoweit die VO. v. 7. April 1897 eingreift. KG. JFGErg. 14 S. 228 und OLG. Frankfurt DJust. 1937 S. 1580). Die ungenehmigte Führung eines ausl. Doktortitels ist strafbar, selbst wenn er den Ursprung der Verleihung erkennen läßt. GA. 74 S. 281; BayObLG. JurW. 60 S. 1498. Diplomingenieur ist eine akademische Würde. Recht 12 Nr. 3366. 4) Das Fähren eines Titels usw. setzt eine eigene Tätigkeit des A. voraus, ein bloßes Dulden der Anrede genügt nicht. E. 33 S. 305. Es ist Vorsatz erforderlich. Dresden LZ. 27 S. 1041. Eine Annahme liegt in der Verwendung eines Gummistempels. Dresden JurW. 58 S. 1894. Es genügt ein einmaliger Gebrauch, wenn dadurch bei anderen der Glaube erweckt werden soll, daß dem des Titels sich Bedienenden der Titel zukomme. Celle DIZ. 12 S. 226. KG.GA. 71 S. 227. 4a) „Tragen" ist ein Sammelbegriff. Daher nur eine Tat, wenn der Täter mehrfach unbefugt ein Ehrenzeichen trägt. NG. D. Just. 1936 S. 258. 5) Dies ist nicht der Fall bei Abzeichen, die durch die Art ihres Tragens (etwa in Form von Nadeln) zu Verwechslungen mit Orden keinen Anlaß geben, wie Tagungsabzcichen, Schühenabzeichen. Das Tragen, Herstellen usw. von sog. Kotillonorden ist nicht sttafbar, da Träger nicht den Anschein erwecken will, als sei er Träger einer staatlich verliehenen Auszeichnung. 1) Vgl. dazu §§ 7 u. 9 der 1. DurchfVO.

480

ER.

Schöff.

Schoss.

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Durchführungsbestimmungen nichts anderes vorschreiben, durch poli­ zeiliche Verfügung. § 7. (Betr. Verschwiegenheitspflicht der im Luftschutz tätigen Personen.) § 8. Wer Geräte oder Mittel für den Luftschutz vertreiben oder über Fragen des Luftschutzes Unterricht erteilen, Vorträge halten, Druckschriften veröffentlichen oder sonst verbreiten, Bilder oder Filme öffentlich vorführen oder Luftschutzausstellungen veranstalten will, bedarf der Genehmigung des Reichsministers der Luftfahrt oder der von ihm bestimmten Stellen. § 9. (1) Wer den Bestimmungen der §§ 2 oder 8 oder den darauf beruhenden Nechtsverordnungen oder Verfügungen zuwiderhandelt,?) wird, wenn nicht andere Gesetze schwerere Strafen androhen, mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark bestraft. (2) Wer die Tat begeht, nachdem er bereits wegen Zuwider­ handlung gegen §§ 2 oder 8 rechtskräftig bestraft worden ist, oder wer gegen die Bestimmung des § 7 verstößt, wird mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen bestraft. § 10. Wer die Erfüllung der einem anderen nach den §§ 2, 7 oder 8 obliegenden Pflichten hindert oder zu hindern sucht oder zu einer Zuwiderhandlung nach § 9 öffentlich ausfordert oder anreizt, wird, wenn nicht andere Gesetze schwerere Strafe androhen, mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen bestraft. In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus erkannt werden.

1. Durchführungsverordnung. Vom 4. Mai 1937. (RGBl.1 S. 559.)

§ 17.8) Die Polizeibehörden können wegen der in ihrem Bezirk verübten Übertretungen des § 9 des Luftschutzgesetzes die Strafe durch polizeiliche Strafverfügung festsetzen und eine etwa verwirkte Ein­ ziehung verhängen. In leichteren Fällen ist von einer polizeilichen Strafverfügung abzusehen. Statt oder neben einer polizeilichen Strafverfügung kann eine gebührenfreie Verwarnung erteilt werden. Die Bestrafung von Übertretungen des § 2 des Luftschutzgesetzes und der darauf beruhenden Rechtsverordnungen und Verfügungen setzt das Vorliegen einer polizeilichen Verordnung oder unanfechtbar ge­ wordenen polizeilichen Verfügung voraus. Die §§ 413 bis 418 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend. 2) Fahrlässigkeit genügt. OLG. Königsberg JurW. 1936 S. 3492. 3) Vgl. hierzu § 7 der 3. DurchfVO. betr. polizeil. Strafverfügungen bei Verstößen gegen die Entrümpelungsvorschriften.

B III 7. Rennwett- und Lottertegesetz §§ 1—3.

481

BIII7. Rennwett- und Lotteriegesetz. Vom 8. April 1922. (RGBl. S. 893)').

§ 1. Das Unternehmen eines Totalisators kann aus Anlaß öffentlicher Pferderennen und anderer öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde durch die Landeszentralbehörde zugelassen werden. Die Erlaubnis ist alljährlich einzuholen,' sie kann von Bedin­ gungen abhängig gemacht, für bestimmte Renntage erteilt und jeder­ zeit beschränkt oder widerrufen werden. Die Erlaubnis darf nur solchen Vereinen erteilt werden, welche die Sicherheit bieten, daß sie die Einnahmen ausschließlich zum Besten der Landespferdezucht verwenden. § 2. Wer gewerbsmäßig-) Wetten bei öffentlichen Leistungs­ prüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der Landeszentralbehörde oder der von ihr be­ zeichneten Behörde. Die Erlaubnis darf nur an deutsche Reichsangehörige erteilt werden. Die Erlaubnis kann jederzeit beschränkt oder widerrufen werden. Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Diese Personen wie der Buchmacher selbst haben bei Ausübung der Wettätigkeit ein Abzeichen zu tragen, dessen Form die Landeszentralbehörde bestimmt. Die Landeszentralbehörde oder die von ihr bezeichnete Behörde darf die Erlaubnis nur für die Örtlich­ keiten ihres Landesgebiets erteilen. Die Erteilung der Erlaubnis ist zu veröffentlichen. § 3. Der Reichsminister der Finanzen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen Totalisatorunternehmen zuge­ lassen werden dürfen. Er bedarf der Zustimmung des Reichsrats. 1) Hierzu sind ergangen die AusführungSbestimm. des RM. d. Jin. v. 16. Junt 22 (Zentralbl. f. d. D. R. S. 351) u. die pr. Ausf.-Anw. v. 21. Juli 22 (MBl. für Landw. u. Forst. S. 509). — Kein Steuergesetz. E. 60 S. 40. Als Rennen sind alle Veranstaltungen anzusehen, bei denen Pferde eine bestimmte Strecke zurückzulegen haben und dem Vergleich ihrer Leistungen in erster Linie die zur Bewältigung dieser Strecken gebrauchte Zeit zugrunde gelegt wird. KG. JFG. Erg. 11 S. 407. Rennwetten sind Spielverträge, bestehend in der Erkaufung einer Gewinn­ möglichkeit gegen Zahlung eines Einsatzes, wobei der Gewinnfall von dem noch ungewissen Eintritt oder Ausfall eines bestimmten Ereignisses abhängen soll. Betrug möglich. E. 62 S. 415. 2) Vgl. Anm. 73 zu § 218 StGB, unter A 2.

Dalcke. Strafrecht.

30. Aufl.

31

482

Schaff.

ER.

B HI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

§ 4. Der Unternehmer des Totalisators und der Buchmacher haben über die Wette eine Urkunde (Wettschein) auszustellen. Bei Buchmachern ist statt dessen auch die Eintragung der Wette in ein amtlich geliefertes Wettbuch zulässig. In welchen Fällen die Ein­ tragung in das Wettbuch genügt, sowie welche Angaben der Wettschein und die Einttagung im Wettbuch enthalten muß, bestimmt der Reichs­ minister der Finanzen. Ist der Wettschein ausgehändigt oder die Wette in das Wettbuch eingettagen, so ist die Wette für den Unternehmer des Totalisators und den Buchmacher verbindlich. Ein von den Wettenden gezahlter Einsatz kann nicht unter Berufung auf § 762 BGB. zurückverlangt werden. Soweit der Einsatz nicht gezahlt ist, kann er von dem Gewinn abgezogen werden. Im übrigen bleiben die Vorschriften des BGB. unberührt. Auf den Rennplätzen ist den Buchmachern nur das Legen von Wetten zu festen Odds gestattet. Auf den Rennplätzen dürfen von den Buchmachern nur Wett­ sätze im Bettage von mindestens dreißig Reichsmark angenommen werden. § 5. Wer ohne Erlaubnis ein Totalisatorunternehmen betreibt oder gewerbsmäßig') Wetten abschließt oder vermittelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft;3 4)5daneben 6 ist auf Geldstrafe zu erkennen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er­ kannt werdend) Die empfangenen Einsätze oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären/) § 6. Wer gewerbsmäßig zum Abschluß oder zur Vermittlung von Wetten auffordert oder sich erbietet oder Angebote zum Abschluß 'oder zur Vermittlung solcher Wetten entgegennimmt, wird mit Geldsttafe und mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit einer dieser Sttafen bestraft. Unter dieses Verbot fallen nicht Aufforderungen, Erbieten und Angebote der zugelassenen Wettunternehmer sowie der 3) Das gewerbsmäßige Spiel am Totalisator ist nicht strafbar. E. 46 S. 170. 4) Zwischen den Vergehen der §§ 5 u. 6 und Rennwettsteuer-Hinterztehung liegt Tateinheit vor. KG. DIZ. 30 S. 439. Ebenso E. 60 S. 39. Siehe auch Schnetdewin, JurR. 2 S. 413. Bezügl. der SteuerzuwiderHandl. ist auf eine des. Geldstrafe (tz 418 RAbgO) zu erkennen, falls nicht die Strafklage wegen der Steuerzuwiderhdl. verbraucht ist. KG. Recht 32 Nr. 2390. 5) Der bisherige Satz 2 ist gestrichen durch Ges. v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213) 6) Keine Nebenstrafe. HRR. 1929 Nr. 280. Neben der Derfallerklärung kann auf Einziehung erkannt werden. Stenglein Nebenges. Anm. 7 Abs. 4, Bd. II S. 377.

BIII 7. Rennwett- und Lotteriegesetz §§ 7—9.

483

Personen, deren sich die Wettunternehmer mit Genehmigung der Landeszenttalbehörde zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen, soweit diese Personen bei der Abwicklung von Wettgeschäften im Aufttag des Wettunternehmers handeln. Die empfangenen Einsätze oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären. § 7. Der Buchmacher und die Personen/) deren er sich zum ER. Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedient, werden, wenn sie außerhalb der gemäß § 2 genehmigten Örtlichkeiten Wetten ver­ mitteln oder abschließen oder Angebote dazu entgegennehmen/) mit Geldstrafe und mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit einer dieser Strafen bestraft.') § 8. Wer an einem Totalisatorunternehmen, das im Inland nicht ER. erlaubt ist, oder bei einem Buchmacher, der im Inland nicht zugelassen ist, wettet oder einen Antrag zum Abschluß einer Wette stellt, oder wer zum Abschluß oder zur Vermittlung einer solchen Wette einen Aufttag erteilt, wird mit Geldstrafe bestraft. Die empfangenen Gewinne oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären. § 9. Mit Geldstrafe, im Unvermögenssalle mit Gefängnis bis Schölf. zu sechs Monaten wird bestraft: 1. wer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften oder anderen Darstellungen, ohne zugelassener Unternehmer eines Totalisators oder zugelassener Buchmacher zu sein, zum Ab­ schluß von Wetten außerhalb der Örtlichkeiten des Totalisator­ unternehmens oder außerhalb der im § 2 Abs. 2 bezeichneten Örtlichkeiten des Buchmachers anreizt/') 2. wer gewerbsmäßig Voraussagen über den Ausgang von Rennen verbreitet,") 7) § 7 bezieht sich nur auf die nach § 6 Satz 2 zugelassenen Hilfspersonen, auf diese aber auch bann, wenn sie nicht gewerbsmäßig handeln. E 70 S. 394. 8) Dies braucht nicht durch den Buchmacher oder seinen Gehilfen persön­ lich zu geschehen. OLG. Dresden 1926 LZ. S. 502. 9) Nach § 6 Abs. 2 der Ausf.-Beftimm. darf der Buchmacher innerhalb der Örtlichkeit, in der ihm der Abschluß oder die Vermittelung von Wetten

gestattet ist, Wetten für alle im Deutschen Reiche u. im Auslande laufenden Rennen abschließen oder vermitteln, sofern nicht für alle Buchmacher gemeinsam geltende Beschränkungen bestimmt sind. 10) Strafbar ist das außerhalb der bezeichneten Örtlichkeiten erfolgende Anreizen. Es braucht sich nicht aus ein bestimmtes Rennen zu beziehen. E. 70 S. 116. Wegen der Bedeutung des „Anreizens" vgl. Anm. 26 zu § 112 StGB.; Einzelbeispiele in E. 70 S. 117. Zum inneren Tatbestand gehört Vorsatz einschl. des bedingten V. RG. a. a. O. 11) Es muß sich um eine Voraussage über bestimmte oder doch bestimm­ bare Rennen handeln, d. h. die Beziehung bestimmter Pferde zu einem Rennen

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B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

3. wer in seinen Räumen den Abschluß oder die Vermittlung von Wetten duldet, ohne daß die Räume für das Unternehmen eines Totalisators oder eines Buchmachers zugelassen sind. Straffrei sind redaktionelle Veröffentlichungen in einer periodisch erscheinenden Druckschrift, sofern diese nicht ausschließlich oder über­ wiegend der Verbreitung von Voraussagen bient.12)

B III8. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen. Vom 9. Juni 1884. (RGBl. S. 61.)

§ 1. Die Herstellung, ’) der Vertrieb ’) und der Besitzs) von Sprengstoffen *) sowie die Einführung derselben aus dem Auslande erkennbar sein. Zum Begriff der Voraussage gehört eine eigene mehr oder weniger bestimmte Äußerung über den Ausgang des RennenS; nicht genügt die Nebeneinanderstellung unbestimmter Möglichkeiten, von denen sich der Erklärungs­ empfänger nach eignem Urteil die beste aussuchen möge. E. 70 S. 113. Die Voraussage darf auch nicht in Fachzeitschriften geschehen. Ein Irrtum hierüber ist bedeutungslos. Recht 30 Nr. 700.

12) Abs. 2 bezieht sich auch auf § 9 Abs. 1 Rr. 1 mit der Maßgabe, daß die Straffreiheit entfällt, wenn die periodische Druckschrift ausschließlich oder überwiegend der Verbreitung des Anreizens dient. Für den Begriff des „Über­ wiegens" ist nicht entscheidend, in welchem räumlichen Verhältnis der der strafbaren Verbreitung dienende Inhalt zum Gesamtinhalt steht, sondern wel­ chem Teil der Druckschrift das Schwergewicht zukommt. E. 70 S. 113. 1) Damit ist die tatsächliche Herstellung gemeint. Hersteller ist derjenige, unter dessen persönlicher Leitung der Sprengstoff fabriziert wird. Reskr. v. 28. März 85, VMBl. S. 104. 2) ES braucht dies nicht notwendig ein Gewerbebetrieb zu sein. Voraus­ setzung aber ist, daß derjenige, welcher in den tatsächlichen Besitz gesetzt wird, den Sprengstoff auch erwerben will. E. 15 S. 237. 3) Unter Besitz ist lediglich daS tatsächliche Verhältnis der Jnnehabung zu verstehen. E. 12 S. 257. GA. 54 S. 291. Besitz hat der, der die tatsächliche Herrschaft ausüben kann, auch wenn er den Gegenstand aus der Hand legt, aber dauernd unter unmittelbarer Bewachung behält. E. 43 S. 10. HRR. 1932 Nr. 1113. Besitzer ist daher auch der Untergebene, der Sprengstoff von seinem Arbeitgeber lediglich zur Aufbewahrung und nachfolgenden Aushändigung an einen anderen erhält. DIZ. 33 S. 182.

4) Als Sprengstoff ist jeder explosive d. h. jeder Stoff anzusehen, der bei

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B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

3. wer in seinen Räumen den Abschluß oder die Vermittlung von Wetten duldet, ohne daß die Räume für das Unternehmen eines Totalisators oder eines Buchmachers zugelassen sind. Straffrei sind redaktionelle Veröffentlichungen in einer periodisch erscheinenden Druckschrift, sofern diese nicht ausschließlich oder über­ wiegend der Verbreitung von Voraussagen bient.12)

B III8. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen. Vom 9. Juni 1884. (RGBl. S. 61.)

§ 1. Die Herstellung, ’) der Vertrieb ’) und der Besitzs) von Sprengstoffen *) sowie die Einführung derselben aus dem Auslande erkennbar sein. Zum Begriff der Voraussage gehört eine eigene mehr oder weniger bestimmte Äußerung über den Ausgang des RennenS; nicht genügt die Nebeneinanderstellung unbestimmter Möglichkeiten, von denen sich der Erklärungs­ empfänger nach eignem Urteil die beste aussuchen möge. E. 70 S. 113. Die Voraussage darf auch nicht in Fachzeitschriften geschehen. Ein Irrtum hierüber ist bedeutungslos. Recht 30 Nr. 700.

12) Abs. 2 bezieht sich auch auf § 9 Abs. 1 Rr. 1 mit der Maßgabe, daß die Straffreiheit entfällt, wenn die periodische Druckschrift ausschließlich oder überwiegend der Verbreitung des Anreizens dient. Für den Begriff des „Über­ wiegens" ist nicht entscheidend, in welchem räumlichen Verhältnis der der strafbaren Verbreitung dienende Inhalt zum Gesamtinhalt steht, sondern wel­ chem Teil der Druckschrift das Schwergewicht zukommt. E. 70 S. 113. 1) Damit ist die tatsächliche Herstellung gemeint. Hersteller ist derjenige, unter dessen persönlicher Leitung der Sprengstoff fabriziert wird. Reskr. v. 28. März 85, VMBl. S. 104. 2) ES braucht dies nicht notwendig ein Gewerbebetrieb zu sein. Voraus­ setzung aber ist, daß derjenige, welcher in den tatsächlichen Besitz gesetzt wird, den Sprengstoff auch erwerben will. E. 15 S. 237. 3) Unter Besitz ist lediglich daS tatsächliche Verhältnis der Jnnehabung zu verstehen. E. 12 S. 257. GA. 54 S. 291. Besitz hat der, der die tatsächliche Herrschaft ausüben kann, auch wenn er den Gegenstand aus der Hand legt, aber dauernd unter unmittelbarer Bewachung behält. E. 43 S. 10. HRR. 1932 Nr. 1113. Besitzer ist daher auch der Untergebene, der Sprengstoff von seinem Arbeitgeber lediglich zur Aufbewahrung und nachfolgenden Aushändigung an einen anderen erhält. DIZ. 33 S. 182.

4) Als Sprengstoff ist jeder explosive d. h. jeder Stoff anzusehen, der bei

BIII8. Gesetz gegen den verbrech. Gebrauch v. Sprengstoffen § 1.

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ist unbeschadet der bestehenden sonstigen Beschränkungen nur mit polizeilicher Genehmigung zulässig. °)

Wer sich mit der Herstellung oder dem Vertriebe von Spreng­ stoffen befaßt, hat ein Register zu führen, aus welchem die Mengen der hergestellten, aus dem Auslande eingeführten oder sonst zum Zweck des Vertriebes angeschafften Sprengstoffe, sowie die Bezugs­ quellen und der Verbleib derselben ersichtlich sein müssen. Dieses Register ist der zuständigen Behörde auf Erfordern jederzeit vorzulegen.*)

Auf Sprengstoffe, welche vorzugsweise als Schießmittel gebraucht werden, finden vorbehaltlich abweichender landesrechtlicher Vorschriften die Bestimmungen des ersten und des zweiten Absatzes keine Anwen­ dung. Die Bezeichnung dieser Stoffe erfolgt durch Beschluß des Bundesrats.')

der Entzündung eine gewaltsame Ausdehnung von elastischen Flüssigkeiten oder Gasen hervorruft, die als Sprengmittel sich eignet. Die Art, wie die Entzün­ dung herbeigeführt wird, ist für den Begriff „Sprengstoff" ganz gleichgültig. GA. 46 S. 203. Doch muß die Auslösung der Explosion durch Entzündung — nicht durch Überdruck — bewirkt werden. E. 67 S. 35. Auch solche Sprengstoffe fallen hierunter, bei denen die Entzündung nur in einer ganz bestimmten Weise herbeigeführt werden kann. DStZ. 8 S. 244. Ebenso ist es gleich­ gültig, ob der Sprengstoff in der Praxis als solcher bezeichnet und als Spreng­ mittel verwendet wird. E. 48 S. 72. E. 67 S. 35. Ein Stoff, welcher die Sprengfähigkeit nicht bloß vorübergehend verloren hat, fällt nicht unter das Gesetz. GA. 50 S. 141 in Verbindung mit E. 45 S. 383. Schwarzpulver ist Sprengstoff, wenn es zur Sprengung dienen soll. Recht 22 Nr. 1748. Der Begriff Sprengstoff unterliegt nicht der richterlichen Prüfung. E. 43 S. 10. Übrigens kommt es auf die Quantität des hergestellten Sprengstoffes nicht an, auch die kleinste Quantität genügt. E. 17 S. 278. Bef. Bestimmungen für Sprengstoffe, die dem Ges. unterliegen und nicht unterliegen, in der Sprengstoffverkehrsordnung v. 4. Septbr. 35 (GS. S. 119) §§ 25 ff.

5) Die Genehmigung zum Vertriebe schließt nicht ohne weiteres die Ge­ nehmigung zur Herstellung in sich und ebensowenig berechtigt die Genehmigung zur Einführung aus dem Auslande zum Vertriebe, wohl aber zum Besitz. Stenglein, Nebengesetze Anm. 9. Siehe auch 8 4 der PVO. v. 15. Juli 24 (HMVl. S. 198). Die Genehmigung zur Herstellung und zum Vertriebe be­ rechtigt noch nicht zur Heranziehung von Hilfskräften. E. 13 S. 90.

Die erteilte Erlaubnis zum Besitz von Sprengstoff entfällt nicht ohne weiteres, wenn derselbe für einen anderen als den Betriebszweck verwendet wird. E.33 S.41

6) Für den Transport von Sprengstoffen ist meist besondere Erlaubnis erforderlich. Stenglein, Nebengesetze Anm. 11. 7) Siehe die Bekanntmachung des Reichskanzlers v. 29. April 03 (RGBl. S. 211), v. 20. Juni 07 (RGBl. S. 375), v. 10. April 11 (RGBl. S. 180), abgeändert durch VO. v. 8. März 24 (RGBl. I S. 171) u. Bek. v. 4. März 16

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B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Insoweit Sprengstoffe zum eigenen Gebrauch durch Reichs- oder Landesbehörden von der zuständigen Verwaltung hergestellt, besessen, eingeführt oder vertrieben werden, bleiben die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes ebenfalls ausgeschlossen. §2 Die Zentralbehörden ber Bundesstaaten erlassen die zur Ausführung der Vorschriften in dem $ 1 Absatz 1 und 2, sowie in dem § 15 erforderlichen näheren Anordnungen und bestimmen die Behörden, welche über die Gesuche um Gestattung der Herstellung, des Vertriebes, des Besitzes und der Einführung von Sprengstoffen Ent­ scheidung zu treffen haben.')

Scbw.

5 3. Gegen die versagende Verfügung ist nur die Beschwerde an die Aufsichtsbehörde innerhalb 14 Tagen zulässig. Dieselbe hat keine aufschiebende Wirkung. § 4- Die Erteilung der nach § 1 Abs. 1 erforderlichen Erlaub­ nis erfolgt in widerruflicher Weise. Wegen der Beschwerde gegen die Zurücknahme gilt die Vorschrift des $ 3 des gegenwärtigen Gesetzes. $ ß. Wer vorsätzlich') durch Anwendung von Sprengstoffen") Gefahr") für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines anderen berbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft.") (RGBl. S. 155) u. 31. Juli 25 (RGBl. I S. 184) sowie VO. v. 10. Novbr. 27 (RGBl. I S. 327) u. v. 28. Oktbr. 31 (RGBl. I S. 660). 8) Siehe PVO. v. 14. Septbr. 05 (Handels-MBl. S. 282), obgeändert durch Erlaß v. 8. Dezbr. 22 (ebenda 1923 S. 18), v. 24. Aug. 25 (HMBl. S. 212), v. 9. Aug. 26 (HMBl. S. 208) und Erlaß v. 14. April 04 betr. Führer von Sprengstofftransporten (ebenda S. 110), AB. d. HM. MI. betr. polizei­ liche Genehmigung zur Herstellung, zum Betrieb und Besitz von Sprengstoffen v. 15. Juli 24 (HMBl. S. 201) u. Erlaß deS M. f. H. u. des I. betr. Neu­ regelung des Sprengstoffwesens v. 25. Jan. 23 (HMBl. S. 69). Stehe ferner die Sprengstofflag erB O. v. 17. Novbr. 32 (GS. S. 362) mit Ände­ rungen in der Sprengstoffverkehrsordnung v. 4. Septbr. 35 (GS. S. 119), auch Richtlinien Nr. 396 betr. Bekämpfung von Sprengstoffdelikten. Über die Erfordernisse der von einer Zentralbehörde erlassenen Anordnungen im Sinne des 8 2 dieses Ges. siehe E. 32 S. 39. 9) Zum Vorsatz gehört die Kenntnis davon, daß ein Sprengstoff, d. h. ein Explosivstoff alS Sprengmittel benutzt wird. Bedingter Vorsatz reicht aus. E. 67 S. 35; dagegen nicht sogen, bewußte Fahrlässigkeit. GA. 69 S. 180. E. 59 S. 2. § 5 findet auch Anwendung, wenn vorsätzliche Körperverletzung einer bestimmten Person mittels Sprengstoffes stattfindet. Der Gehilfe braucht die Einzelheiten der Haupttat nicht in seine Vorstellung ausgenommen zu haben. E. 58 S. 113. 9 a) Hierunter sind im Gegensatz zu § 1 Sprengstoffe jeder Art zu verstehen, auch Schießmtttel, wenn sie als Sprengstoffe gebraucht werden. E. 58 S. 276. E. 67 S. 35 (38). 10) Zwischen Mordversuch und Verbrechen gegen § 5 Abs. 1 ist Jdealkonkurrenz sehr wohl denkbar. E. 30 S. 216. Der Tatbestand der §§ 5 oder 6 geht aber in dem des § 311 StGB, nicht auf, wenn es zum Versuch oder Voll­ endung deS Verbrechens gekommen ist. JurW. 53 S. 1878.

B III 8. Gesetz gegen den verbrech. Gebrauch v. Sprengstoffen §§ 6 u.7.

487

Ist durch die Handlung eine schwer? Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren, und wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht

unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein.

Ist durch die Handlung der Tod eines Menschen herbeigeführt worden und hat der Täter einen solchen Erfolg voraussehen können, so ist aus Todesstrafe zu erkennen?') § 6Haben mehrere") die Ausführung einer oder mehrerer nach § 5 zu ahndender strafbarer Handlungen verabredet"°) oder sich

Schw.

zur fortgesetzten Begehung derartiger, wenn auch im einzelnen noch nicht bestimmter Handlungen verbunden, so werden dieselben, auch ohne daß der Entschluß der Verübung des Verbrechens durch Hand­ lungen, welche einen Anfang der Ausführung enthalten, betätigt worden ist, mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.

5 7 Wer Sprengstoffe herstellt,') anschafft, bestellt oder in Gr. strfk. seinem Besitze hat, in der Absicht," b) durch Anwendung derselben Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines anderen ent­ weder selbst herbeizusühren oder andere Personen zur Begehung dieses Verbrechens in den Stand zu setzen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. 11) Die bloß abstrakte Möglichkeit einer Lebens- oder Sachbeschädigung genügt zum Begriffe der Gefährdung nicht, vielmehr muß der Eintritt eines schädigenden Eretgniffes wahrscheinlicher sein als der Nichteintritt. Vgl. R. 6, S. 99. E. 10 S. 173. Der Versuch dieses Gefährdungsverbrcchens ist möglich. Recht 17 Nr. 456. Im Falle der Ausführung des Verbrechens ist der Besitz des Sprengstoffs nicht noch besonders nach § 7 strafbar. E. 58 S. 296.— Nach § 1 des Ges. v. 4. Apr. 33 (NGVl. I S. 162) ist für Verbr. nach Abs. 1 u. 2 auch Todesstrafe angedroht. 12) Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Mord und Totschlag. Siehe über Abs. 3 Sten g le in, Nebengesetze Anm. 17.

13) Auch zwei Personen genügen. In den Verhandlungen muß es zu einer Willenseinigung über die Ausführung des Werks gekommen sein. E. 58 S. 297. 13 a) Verabredung ist eine von der Ausführung unabhängige selbständige komplottmäßige Vereinbarung. JurW. 60 S. 1592. Der politische Umsturz braucht nicht bezweckt zu sein. HRR. 1932 Nr. 416. Eine Verabredung kann schon vorliegen, wenn einer als Führer mit Überragendem Einfluß den Plan entwickelt und die anderen ihm bedingungslos zustimmen. E. 59 S. 214. Daß die Verabredenden an der Ausführung der Tat teilnehmen wollen, ist nicht er­ forderlich. E. 58 S. 393. JurR. 3 Nr. 452.

13 b) Der strafbare Vorsatz ist erst dann erfüllt, wenn der Täter gewußt hat, daß sein Erzeugnis in der von ihm hergestellten Art und Menge sich zur Verwendung als Sprengmittel eigne. Recht 16 Nr. 163. ES genügt die Ab­ sicht ohne bestimmte Richtung, ohne den Nachweis einer nach Zeit, Art und Gegenstand oder Person bestimmten Absicht. JurR. 2 Nr. 232.

488

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Der gleichen Strafe verfällt, wer Sprengstoffe, wissend, daß bte*selben zur Begehung eines in dem $ 5 vorgesehenen Verbrechens bestimmt sind, an andere Personen überläßt?") Gr. Strfk. § 8 Wer Sprengstoffe herstellt, anschafft, bestellt, wissentlich") in seinem Besitze hat oder an andere Personen überläßt unter Um­ ständen, welche nicht erweisen,") daß dies zu einem erlaubten Zweck'") geschieht, wird mit Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis nicht unter einem Jahre bestraft. Diese Bestimmung findet auf die gemäß $ 1 Absatz 3 vom Bundesrat bezeichneten Stoffe nicht Anwendung.") § 9. Wer der Vorschrift in dem ersten Absatz des § 1 zuwider Schöff. es unternimmt/') ohne polizeiliche (gtTn&djtigung19) Sprengstoffe her13 c) Ein Überlassen kann auch im Dulden der Wegnahme liegen.

fliffentliches Zulassen des Wegnehmens.

Ge-

E. 59 S. 214 (217).

14) Das Wort „wissentlich" hat hier keine besondere Bedeutung. Vgl. darüber E. 12 S. 73 u. 12 S. 244. 15) Jedes Anschaffen, Überlassen usw. hat deshalb die Vermutung gegen

sich, daß es zu einem verbrecherischen Zweck geschehen ist. R. 6 S. 762. R. 9 S. 632. Der Mangel des Nachweises der verbrecherischen Absicht schließt die Vermutung ihres Vorhandenseins nicht aus. LZ. 18 S. 646. Wird aber nachgewiesen, daß die verbr. Absicht fehlt, so ist 8 8 unanwendbar. Recht 34 Nr. 722. Der A. braucht den erlaubten Zweck nicht zu beweisen. Zwischen §§ 8 u. 9 besteht keine Jdealkonkurrenz. E. 44 ©. '331.

16) Der Ausdruck „Zweck" ist von dem schließlichen Gebrauch des Spreng­ stoffes durch Verbrauch zu verstehen; daß dieser Zweck ein erlaubter ist, muß zur Abwendung der Strafe festgestellt werden. R. 9 S. 632. Die Absicht, Dynamitpatronen zum Fischen zu verwenden, enthält keinen unerlaubten Zweck. E. 13 S. 305, dagegen die zutreffende Ausführung betr. das Fischen in ge­ schlossenen Gewässern bei Stenglein, Nebengesetze Anm. 2 Abs. 3. Die Anwendung des 8 8 ist überhaupt ausgeschlossen, wenn erwiesen ist, daß der Besitz des Sprengstoffes zu einem anderen Zweck stattfand, als um Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben anderer herbeizuführen. R. 6 S. 762.

17) Polizeiliche Erlaubnis zum Besitz von Sprengstoffen schließt die Be­ strafung aus 8 6 nicht unbedingt aus. 18) Zu dem Begriffe des „Unternehmens" gehört, daß die Absicht des Ver­ kaufs oder der Überlassung sich durch eine in die äußere Erscheinung tretende

Handlung objektiviert und daß der Unternehmer also irgendwelche Anstalten ge­ troffen haben muß, um seine Absicht auszuführen. E. 17 S. 257. 19) Durch die einer bestimmten Person erteilte polizeiliche Erlaubnis ist nicht ohne weiteres auch den Bediensteten dieser Person die Erlaubnis erteilt. E. 13 S. 90. Vgl. GA. 39 S. 48. Der Irrtum hierüber ist unbeachtlich; be­ achtlich aber der Irrtum des Sprengstoffbesitzers, daß ihm selbst die Erlaubnis erteilt sei. Eine Form für die Erlaubnis ist nicht vorgeschrieben. JurW. 60 S. 1590. Der Besitz eines Sprengstoffrestes nach Beendigung der Arbeiten ist kein unerlaubter, wenn die Erlaubnis unbeschränkt erteilt war. E. 55 S. 221.

B III8. Gesetz gegen den verbrech. Gebrauch v. Sprengstoffen § 9.

489

zustellen,"*) vom AuÄande einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst an andere zu überlassen,2*) oder wer im Söefifce21) derartiger Stoffe betroffen wird,22) ohne polizeiliche Erlaubnis22)") hierzu nach­ weisen zu können,") ist mit Gefängnis von drei Monaten bis zu zwei Jahren zu bestrafen.22) 19 a) Bedingter Vorsatz genügt. RG.V. 16.Juni 14,Sten glein,Neben­ gesetze Anm. 7. Der Täter muß das Bewußtsein haben, daß der von ihm her­ gestellte Stoff Sprengstoff im Sinne des Ges. ist. GA. 59 S. 452. 20) Ein Überlassen von Sprengstoffen im Sinne des § 9 umfaßt nicht bloß die Veräußerung derselben, sondern jede tatsächliche Einräumung der Ge­ waltherrschaft über Sprengstoffe. E. 17 S. 258 u. GA. 54 S. 80. Aus­ händigung „von Schlüsseln zum Patronenkasten. Recht 14 Nr. 257. Auf den Zweck des Überlassens und ob dies aus bloßer Gefälligkeit geschehen ist, kommt es nicht an. E. 14 S. 231. Auch die von einem Besitzberechtigten an einen anderen Besitzberechtigten ohne polizeiliche Erlaubnis erfolgte Überlassung fällt unter das Ges. E. 15 S. 387. Gewerbsmäßiges Handeln ist auch hier kein Er­ fordernis. E. 14 S. 231. 21) Siehe Anm. 3 zu § 1. Der wissentliche Besitz von Sprengstoffen ohne Nachweis der polizeilichen Genehmigung genügt. Eine Anzeige an die Polizeibehörde von dem Besitze des Sprengstoffes schließt, wenn die polizei­ liche Erlaubnis nicht erteilt ist, die Bestrafung nicht aus. E. 13 S. 35, E. 28 S. 130. — Nur der wissentliche Besitz macht strafbar, weshalb derjenige straflos bleibt, bei dem Sprengstoffe heimlich niedergelegt sind. E. 12 S. 244. Das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit der Handlung, sei es, daß dar­ unter das Bewußtsein der gestörten Rechtsordnung oder dasjenige der Straf­ barkeit verstanden wird, ist zum Tatbestände des vorsätzlichen Delikts nicht not­ wendig. E. 15 S. 158. E. 13 S. 35. Als Schuldausschließungsgrund kommt nicht schon in Betracht die irrige Annahme, der angewendete Sprengstoff werde vorzugsweise als Schießmittel gebraucht, sondern nur die irrige Annahme, er gehöre zu den von dem Bundesrat (Reichsregierung) bezeichneten Stoffen. Siehe § 1 Abs. 3. DRZ. 17 Nr. 79. 22) Hierzu genügt jedes tatsächliche Verhältnis, jedes wiffentliche Inne­ haben von Sprengstoffen ohne Rücksicht auf die etwaigen rechtlichen Be­ ziehungen des Inhabers zu den Sprengstoffen. E. 13 S. 45. E. 35 S. 46. E. 41 S. 156. Nicht ist Besitzer, wer den„ Sprengstoff zum Zwecke der Ver­ nichtung an sich nimmt. E. 47 S. 150. Überläßt ein Unternehmer zeitweise

sein Geschäft einem Vertreter, der gleichfalls zum Feilhalten ermächtigt ist, so ist er für dessen Handlungen nicht verantwortlich. GA. 48 S. 298. Anstiftung zum unerlaubten Besitz von Sprengstoffen ist möglich. GA. 50 S. 280; wer nicht Besitzer der Sprengstoffe ist, kann nicht als Mittäter in Frage kommen. JurW. 34 S. 764. Strafbar macht sich, wer entgegen der erteilten Genehmi­ gung den Sprengstoff auch nur vorübergehend in seinem Wohnhause anstatt im Sprengstofflager aufbewahrt. KG. JurW. 61 S. 3279. Siehe § 367 Nr. 5 StGB. u. § 30 der SprengstofflagerVO. in Anm. 8. 23) Das bloße Nachsuchen der Erlaubnis in der Erwartung, daß dieselbe erteilt werde, genügt nicht, ebensowenig die Angabe, daß ein Dritter für ihn die Erlaubnis nachgesucht und erhalten habe. E. 13 S. 46 u. S. 22 u. E. 36 S. 158. 24) Anders aber verhält es sich, wenn die Erlaubnis bei einer unzustän­ digen Behörde nachgesucht und von dieser erteilt worden ist; hier tritt Straf-

490

BIII. Schuh der öffentlichen Ordnung.

Gleicher Strafe verfällt, wer die Vorschriften des $ 1 Absatz 2,

die von den Zentralbehörden in Gemäßheit des § 2 getroffenen An-

ordnungen") oder die bereits bestehenden oder noch zu erlassenden sonstigen polizeilichen Bestimmungen8) über den Verkehr mit Spreng­

stoffen,") auf welche § 1 Absatz 1 Anwendung findet, Übertritt.,8)

Schöff.

l

10. Wer öffentlich vor einer Menschenmenge oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von

Schriften oder anderen Darstellungen, oder wer in Schriften oder an­ deren Darstellungen zur Begehung einer der in den §§ 5 und 6 be­ zeichneten strafbaren Handlungen oder zur Teilnahme an denselben

auf'ordert, wird mit Zuchthaus bestraft.88) Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher auf die vorbezeichnete losigkeit ein. R. 7 S. 579, E. 12 S. 431, weil hier § 59 deS StGB, zutrifft. JurW. 32 S. 325. 25) Gelangt jemand durch Diebstahl in den Besitz von Sprengstoffen, so liegt nicht Realtonturrenz von Diebstahl und Verstoß gegen § 9, sondern nur eine Handlung vor. E. 13 S. 145. Wie die WaffenBO. kein die Anwendung des § 9 ausschließendes Sondergesetz war, E. 57 S. 329, so ist es auch nicht das Waffengesetz unter BIII9. 26) Unter diesen Anordnungen sind nur allgem. Polizeiverordnungen zu verstehen, nicht die im Einzelfalle dem Gewerbetreibenden von der Polizeibe­ hörde auferlegten besonderen Verpflichtungen. R.8 S. 538. Wohl aber gehören hierher Polizeiverordnungen, welche Anordnungen treffen über Anschaffung, Transport, Aufbewahrung und Verausgabung des Dynamits und das gilt inSbes. auch von Verordnungen der Bergpolizei. R. 9 S. 681. Ferner gehören hierher die landespolizeilichen Verordnungen über den Transport der Spreng­ stoffe. E. 15 S. 245 u. E. 41 S. 156, sowie die bergpolizeilichen Vorschriften über Verausgabung und Aufbewahrung. E. 41 S. 381; auch die in § 27 der PVO. v. 14. Septbr. 05 (siehe Anm. 8) vorgeschriebene Buchführung über die Verausgabung von Sprengstoffen. GA. 58 S. 175. Ein vorsätzliches Übertreten der polizeilichen Anordnungen ist für die Straf­

barkeit nicht erforderlich. E. 15 S. 245 u. E. 48 S. 316. Fahrlässigkeit ge­ nügt. KG. JurW. 61 S. 3279. Der Irrtum des Täters über die Beschaffenheit des Sprengstoffes ist beachtlich. Recht 13 Nr. 1090. Die Beihilfe zu der Übertretung der polizeilichen Anordnungen ist, weil

es sich hier um den Tatbestand eines Vergehens handelt, strafbar. E. 20 S. 275. 27) Der „Verkehr mit Sprengstoffen" ist nicht gleichbedeutend mit Ver­ trieb von Sprengstoffen, sondern hat einen weiteren umfassenderen Sinn. GA.36 S. 152. E. 34 S. 440. Es ist darunter neben der Herstellung und der Ein­ führung der Sprengstoffe auch deren Besitz und Vertrieb zu verstehen. Recht 10

S. 814. Im übrigen unterliegt der Verkehr mit Sprengstoffen ausschließlich der Vorschrift des §9 und ist § 367 Nr. 5 StGB, insoweit beseitigt. E. 13 S. 22. Ob Sprengkapseln unter § 9 fallen, hängt von deren besonderer Beschaffenheit (Füllung) ab. E. 25 S. 29. 28) lex epecialia. HRR. 1931 Nr. 480. 29) Soweit § 10 anwendbar, ist die Anwendung von § 49 a u. § 111 StGB, ausgeschlossen. Stenglein, Nebengesetze Anm. 3.

BIII6. Gesetz gegen den verbrech Gebrauch v. Sprengstoffen § 11—13.

491

Weise zur Begehung der im Absatz 1 gedachten strafbaren Handlungen insbesondere dadurch anreizt oder verleitet, daß er dieselben anpreist

oder als etwas Rühmliches darstellt.

§ 11.

In den Fällen der §J 6, 6, 7, 8 und 10 kann aus Zu­

lässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. §§ 5, 6, 7, 8 und

In

den Fällen der

in dem Falle einer Anwendung der Strasvor-

schriften des § 9 ist auf Einziehung der zur Zubereitung der Spreng­

stoffe gebrauchten oder bestimmten Gegenstände, sowie der im Besitze des Verurteilten Vorgefundenen Vorräte von Sprengstoffen zu erkennen,

ohne Unterschied, ob dieselben dem Verurteilten gehören oder nichts)

Die Bestimmungen im $ 4 Absatz 2 Nr. 1 des Straf­

i lt.

gesetzbuchs für das Deutsche Reich finden auch auf die in den §§ 6, 6,

7, 8 und 10 dieses Gesetzes vorgesehenen Verbrechen Anwendung.

§ 13.

Der in dem § 139 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche

Reich angedrohten Strafe verfällt, wer von dem Vorhaben eines im § 5 vorgesehenen Verbrechens oder von einer im § 6 vorgesehenen

Verabredung

oder von dem Tatbestände eines im j 7 des gegen­

wärtigen Gesetzes unter Strafe gestellten Verbrechens in glaubhafter

Weise Kenntnis erhält und es unterläßt,

der durch das Verbrechen

bedrohten Person oder der Behörde rechtzeitig Anzeige zu machend"

l 14.”) 30) Sie unterliegen aber nicht der Einziehung, wenn keine Zubereitung durch den Täter stattgefunden hat. E. 49 S. 249.

31) Die Anzeige ist sobald als möglich zu erstatten, d. h. so bald, daß, weiteres verhütet und die Schuldigen noch gefaßt werden können. JurR. 2 Nr. 232. Abweichend vom § 139 des StGB, ist hier nicht erforderlich, daß der Täter Kenntnis erhält zu einer Zeit, in welcher die Verhütung deS Verbrechens noch möglich ist. 32) Die §8 14 und 15 enthalten Übergangsbestimmungen.

Schxv.

492

B III, Schutz der öffentlichen Ordnung.

BIII9. Waffengesetz. Vom 18. März 1938.x) (RGBl. I S. 265.)

Abschnitt I.

Allgemeines. § 1. (1) Schußwaffen?) im Sinne dieses Gesetzes sind Waffen, bei denen ein fester Körper durch Gas- oder Luftdruck?) durch einen Lauf getrieben werden kann. (2) Als Munition im Sinne dieses Gesetzes gilt fertige Munition zu Schußwaffen sowie Schießpulver jeder Art?). (3) Fertige oder vorgearbeitete wesentliche Teile?) von Schuß­ waffen oder Munition stehen fertigen Schußwaffen oder fertiger Munition gleich.

§ 2.

Hieb- oder Stoßwaffen?) im Sinne dieses Gesetzes sind

1) Zu diesem Gesetz sind ergangen die DurchfVO.en v. 19. März u. 23. Mai 38(RGBl.IS.270,597),die Auss.-Best.zu§9 Absatz2 Satz2 und 811 Satz2 der DurchfBO. vom 21. März 38 (RGBl. IS. 276), der RdErl. d.RuPrMdJ. zur Ausführung des Waffengesetzes vom 21. März 38 (RMBliB. S. 458) und die Verordnungen über den Verkehr mit Schußwaffen und Munition in Zollaus­ schlüffen und in den badischen-Zollausschlüffen, beide vom 29. März. 38 (RMBi. S. 276 und 277). Die amtliche Begründung zum Waffengesetz ist veröffent­ licht im Reichsanzeiger Nr. 68 vom 22. März 38. Schrifttum: Hoche in Pfundtner-Neubert l b 42 S. 1 und komm. 3. Waffengesetz, 4. Aufl. 1938; Kunze, Das Waffenrecht im Dritten Reiche, 5. Aufl. 1938. 2) Hierunter fallen Schußwaffen jeder Art, doch sind in der DurchfBO für gewiffe Schußwaffen Ausnahmen von einzelnen Vorschriften zugelaffen (s. Anm. 14, 18 und 31). Unter das Gesetz fallen beschädigte Schußwaffen nicht, wenn infolge erschwerten Gebrauchs eine Gefahr für andere nicht besteht. Naum­ burg HRR. 1933 N. 357.

3) Druckluftwaffen mit einem Kaliber von 7 mm und darunter unterliegen den Vorschriften des Gesetzes mit Ausnahme der §§ 9, 24 und 25 nicht. 4) Gewehrgranaten, Handgranaten und sonstige mit Sprengstoffen gefüllte Nahkampfmittel sowie alle Sprengstoffe außer Schießpulver unterliegen dem Sprengstoffgesetz unter BIII8. Begr. Auch Artilleriemunition fällt nicht unter das Schutzwaff.Ges. Karlsruhe HRR. 1934 Nr. 775. 5) Das sind bei Schußwaffen Lauf, Verschluß, Trommel, bei Munition Hülse, Geschoß (§ 3 DurchfBO.). Der Begriff „vorgearbeitete wesentliche Teile" ist erläutert in 8 3 Abs. 2 DurchfBO.

6) Die Begriffsbestimmung der Hieb- und Stoßwaffen entspricht wörtlich den 8 1 des Waffenmißbrauchsgesetz vom 28. März 31 (RGBl. I S. 77).

B III 9. Waffengesetz § 3.

493

Waffen?), die ihrer Natur nad)7 8)9 dazu bestimmt sind, durch Hieb, Stoß oder Stich Verletzungen beizubringen. Abschnitt II. Herstellung von Schußwaffen und Munition.

§ 3. (1) Wer gewerbsmäßig Schußwaffen oder Munition her­ stellen, bearbeiten oder instand setzen will, bedarf dazu der Erlaubnis8). Als Herstellen von Munition gilt auch das Wiederladen von Patronen­ hülsen. (2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Antrag­ steller die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und im Reichsgebiet einen festen Wohnsitz hat.

(3) Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern Ausnahmen von den Vorschriften des Abs. 2 zulassen. (4) Die Erlaubnis darf ferner nur erteilt werden, wenn der Antragsteller und die für die kaufmännische oder für die technische Leitung seines Betriebes in Aussicht genommenen Personen die 7) Es muß sich also um einen Gegenstand handeln, dessen Bestimmung darin besteht, als Angriffs- oder Verteidigungsmittel zu dienen.

8) Hierher gehören nur solche Gegenstände, denen nach der Art der Anfertigung oder nach der herrschenden Verkehrsauffassung von vorn­ herein der Begriff einer Waffe zukommt — Waffe im technischen Sinne — nicht aber Gegenstände, die nur nach dem Willen des Trägers im Einzelfalle als Waffen bestimmt sind (E. 68 S. 39). Hieb- und Stoßwaffen sind z. B. Stahl­ ruten, Totschläger, Gummiknüppel, sog. Hampelmänner (Gummischläuche), Stricke oder Riemen, die mit Metall- oder anderer Beschwerung versehen sind, Ochsenziemer, Schlagringe usw; auch sog. Waffenringe. E. 68 S. 39. Dagegen nicht: Zierwaffen aller Art, wie Paradeschläger u. sonstige Vereins-, Ausstellungs- u. Dekorationswaffen, ferner nicht Gebrauchsmesser, wie Taschenmeffer, Brotmeffer u. sonstige Küchen- u. Tischmesser, Beile, Äxte, Sensen, Sicheln, Spaten, Spazierstöcke. Inwieweit Messer mit feststehender oder feststellbarer Klinge Waffen i. S. des 8 2 darstellen, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei auch die örtlichen Gepflogenheiten zu berücksichtigen sein werden. Ist ein bei der Berufsarbeit benutztes Meffer seiner Natur nach als Waffe be­ stimmt, so ist es gleichgültig, ob der Täter es als Werkzeug in seinem Beruf gebraucht. NG. JurW. 1932 S. 2723. Ein Meffer mit feststellbarer Klinge ist noch keine Waffe, wohl aber ein dolchartiges. RG. JurW. 1932 S. 952, 953. Das sog. Fahrtenmeffer ist keine Waffe. E. 66 S. 191 u. RdErl. d. RuPrMdJ. vom 21. März 38 (RMBliV. S. 458). 9) Die Erlaubnis wird von der höheren VerwBeh. erteilt (§§ 1, 5 der DurchfBO.).

494

B NI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

für den Betrieb des Gewerbes erforderliche persönliche Zuverlässig­ keit 10) und wenn der Antragsteller oder die für die technische Leitung seines Betriebes in Aussicht genommene Person die für den Be­ trieb des Gewerbes erforderliche sachliche Eignung11) besitzen. (5) Die Erlaubnis darf nicht erteilt werden, wenn der Antrag­ steller und die für die kaufmännische oder für die technische Leitung seines Betriebes in Aussicht genommenen Personen oder einer von ihnen Jude ist. § 4. (1) Bei der Erteilung der Erlaubnis kann eine Frist bis zur Dauer eines Jahres bestimmt werden, innerhalb deren das Ge­ werbe begonnen werden muß, widrigenfalls die Erlaubnis erlischt. Ist eine Frist nicht bestimmt, so erlischt die Erlaubnis, wenn das Gewerbe nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erlaubnis begonnen wird. Die Fristen können verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. (2) Die Erlaubnis erlischt ferner, wenn der Gewerbetreibende das Gewerbe seit einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat, ohne daß ihm darüber hinaus eine Frist gewährt worden ist, innerhalb deren das Gewerbe wieder ausgenommen werden muß. Diese Frist beträgt höchstens ein Jahr; sie kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. (3) Der Gewerbetreibende hat binnen einer Woche schriftlich anzuzeigen, daß er das Gewerbe begonnen hat oder nicht mehr ausübt. § 5. (1) Die Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes ist zurück­ zunehmen, wenn in der Person des Gewerbetreibenden oder des Leiters des Betriebes die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die für die Erteilung der Erlaubnis erforderlich sind.

(2) Soll die Erlaubnis zurückgenommen werden, so kann die Weiterführung des Gewerbebetriebes mit sofortiger Wirkung vor­ läufig untersagt werden. Diese Maßnahme tritt außer Kraft, wenn nicht innerhalb einer Woche der Antrag auf Rücknahme der zustän­ digen Behörde vorgelegt wird, die über die vorläufige Untersagung vorab zu entscheiden hat; gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde nicht zulässig.

§ 6. Ist die Erlaubnis versagt oder zurückgenommen worden, so darf innerhalb zweier Jahre eine neue Erlaubnis nur erteilt werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. 10) Vgl. dazu § 8 der DurchfVO. 11) Vgl. dazu 8 9 der DurchfVO.

B III 9. Waffengesetz §§ 7—10.

495

Abschnitt III.

Handel mit Waffen und Munition.

§ 7.

(1) Wer gewerbsmäßig Schußwaffen oder Munition er­

werben, seilhalten oder anderen überlassen oder wer gewerbsmäßig den Erwerb oder das Überlassen solcher Gegenstände vermitteln oder

sich gewerbsmäßig zu ihrem Erwerb oder Überlassen erbieten will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Tie Vorschriften des § 3 Abs. 2 bis 5 und der §§ 4 bis 6 gelten entsprechend. (3) Eine nach § 3 Abs. 1 erteilte Erlaubnis umfaßt zugleich die Erlaubnis, Schußwaffen und Munition gewerbsmäßig zu erwerben, feilzuhalten oder anderen zu überlassen. § 8. Die Erlaubnis nach § 7 darf Trödlern**) nicht erteilt werden.

§ 9. (1) Verboten ist der Handel mit Schußwaffen oder Munition sowie mit Hieb- oder Stoßwaffen

1. im Umherziehen**),

2. aus Jahrmärkten, Schützensesten und Messen mit Ausnahme der Mustermessen. (2) Nicht unter das Verbot des Abs. 1 Nr. 2 fällt das Feilhalten und Überlassen der bei einem Schützenfest auf dem Schießstande

benötigten Munition.

§ 10. (1) Schußwaffen, die gewerbsmäßig feilgehalten oder anderen überlassen werden, müssen die Firma des Herstellers und eine fortlaufende Herstellungsnummer tragen14 12).13

(2) Schußwaffen, die nicht die Firma eines inländischen Her­ stellers nagen, müssen außer den nach Abs. 1 vorgeschriebetlen Angaben die Firma oder das eingetragene Warenzeichen eines im Inlande wohnenden Händlers tragen. 12) Der Begriff des Trödelhandels ergibt sich aus § 35 Abs. 2 GewO. Trödler sind auch die Althändler, dagegen nicht Antiquitätenhändler.

13) Dgl. § 55 GewO.

14) § 10 gilt nicht für Vorderladerwaffen, Gewehrmodelle biS zum Konstruktionsjahr 1870, Schrechchußwaffen, GaS-, Betäuvungs- und Scheintod­ waffen, Selbstschuß- und Vlehbetäubungdapparate (§ 19 DurchfBO-). Über­ gangsvorschrift in § 30.

496

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Abschnitt IV. Erwerb, Führen, Lefitz und Einfuhr von Waffen und Munition. § 11. (1) Faustfeuerwaffen") dürfen nur gegen Aushändigung eines $Saffcnertuetbfdjein3") überlassen oder erworben") werden.

(2) Der Wasfenerwerbschein gilt für die Dauer eines Jahres vom Tage der Ausstellung an gerechnet. (3) Abs. 1 gilt nicht für"): a) die Überlassung von Faustseuerwasfen auf einem polizeilich ge­ nehmigten Schießstand zur Benutzung lediglich auf diesem Schießstand;

b) die Versendung von Faustseuerwasfen unmittelbar in das Aus­ land");

c) die Übermittlung von Faustfeuerwaffen durch Personen, die gewerbsmäßig") Güterversendungen besorgen oder ausführen, insbesondere durch Spediteure, Frachtführer, Verfrachter eines Seeschiffes, die Deutsche Reichspost oder die Deutsche Reichs­ bahn; d) den Erwerb von Todes wegen-*). 15) Pistolen und Revolver. 16) Zuständig zur Ausstellung ist die in §23 DurchfVO. näher bezeichnete Kreispolizeibehörde. 17) Überlasten ist die Übertragung des Eigentums oder des unmittel­ baren Besitzes, Erwerben ist Erwerb des Eigentums oder des unmittelbaren Besitzes; beide Begriffe sind dinglich zu verstehen, der Abschluß des schuld­ rechtlichen Kaufvertrags genügt nicht (E. 63 S. 69; 66 S. 249). Übergabe zu bloß vorübergehendem Besitz genügt (E. 66 S. 249). Ein nicht abgeleiteter Erwerb (Fund, Diebstahl) fällt nicht unter § 11. Die Behandlung des Erwerbs­ scheins durch den Überlassenden ist in § 28 DurchfVO. geregelt.

18) § 11 Abs. 1 gilt ferner nicht für Vorderladerpistolen und -revolver, Schreckschußwaffen sowie für Gas-, Betäubungs- und ^Lcheintodwaffen mit einem Kaliber von 12 mm und darunter, wenn bei ihnen durch besondere Vor­ richtungen das wirksame Verfeuern einer Kugel- oder Schrotpatrone unmöglich gemacht ist (§ 20 DurchfVO.). Vgl. ferner §§ 12, 18 u. 19 des Gesetzes. 19) Dem Ausland im Sinne dieser Vorschrift ausschlüsse mit Ausnahme von Helgoland und der 2. die Freibezirke und Freizonen (§ 21 DurchfVO.). auch die Verbringung in den Freihafen. OLG. S. 1428.

stehen gleich 1. die Zoll­ Badischen Zollausschlüsse, Unter §11 Abs. 3 b füllt Hamburg JurW. 1933

20) Bei nicht gewerbsmäßiger Beförderung, z. B. durch einen Boten, wird der die Beförderung Ausführende regelmäßig nicht Besitzer, sondern Besitz­ diener sein und deshalb eines Erwerbsscheines nicht bedürfen (Hoche Anm. 7 zu § 11).

21) Nur der Erwerb durch Erbfolge kraft Gesetzes, durch Verfügung von

497

BIII9. Waffengesetz §§ 12—14.

§ 12. Eines Waffenerwerbscheins bedürfen nichts): 1. Behörden des Reichs oder der Länder, die Reichsbank und das Unternehmen „Reichsautobahnen";

2. Gemeinden (Gemeindeverbände), denen die oberste Landes­ behörde den Erwerb ohne Erwerbschein gestattet hat"*); 3. die vom Stellvertreter des Führers bestimmten Dienststellen der Nationalsozialistischen Teutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen");

4. die vom Reichsminister der Luftfahrt bestimmten Dienststellen des Luftschutzes und des Nationalsozialistisen Fliegerkorps;

5. die vom Reichsminister des Innern bezeichneten Dienststellen der Technischen Nothilfe;

6. die in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbetreibenden, die sich durch eine behördliche Bescheinigung ausweisen;

7. Inhaber von Waffenscheinen und Jahresjagdscheinen.

§ 13. (1) Jugendlichen unter 18 Jahren dürfen Schußwaffen und Munition sowie Hieb- oder Stoßwaffen nicht entgeltlich überlassen17) werden. (2) Die zuständige Behörde") kann Ausnahmen zulassen.

§ 14. (1) Wer außerhalb seines Wohn-"), Dienst-") oder Ge­ schäftsraumes") oder seines befriedeten Besitztums") eine SchußTodeswegen oder auf Grund Erbvertrags, bei dem der Erwerber ohne be­ sonderen Erwerbsakt Eigentum und Besitz erwirbt, dagegen nicht der Erwerb auf Grund Vermächtnisses. 22) Vgl. ferner §§ 18,19 des Gesetzes.

22 a) Durch RdErl. d. RnPrMdJ vom 21. März 38 (RMBliV. S. 458) ist den Gemeinden, soweit sie die Ortspolizei auszuüben berechtigt sind, die Ge­ nehmigung zur Beschaffung der zur Ausrüstung der Pol.-Vollzugsbeamten er­ forderlichen Faustfeuerwaffen erteilt worden.

23) Die Dienststellen der der NSDAP, angeschloffenen Verbände sind vom Erwerbsscheinzwang nicht freigestellt. 24) Die KreispolBeh. (§ 27 DurchfVO.) 25) Über den Begriff des Wohnraumes (-Wohnung) vgl. Anm. 69 zu § 123 StGB, (unter A 2). In der Wohnung darf jeder Waffen besitzen, der den Raum als Wohnung, werrn auch nur vorübergehend, zu benutzen berechtigt ist. RG. JurW. 1933 S. 438. OLG. Hamburg JurW. 1931 S. 1633. Außer­ halb der Wohnung führt keine Waffe, wer von seiner Wohnung aus nach außen schießt. E. 65 S. 36. OLG. Hamburg JurW. 1930 S. 2150; selbst wenn er unter der Tür des Hoftors steht. RG. JurW. 1932 S. 3066.

26) Vgl. Anm. 72» zu 8 123 StGB. 27) Vgl. Anm. 70 zu § 123 StGB.

Dalcke, Strafrecht. 30. Aufl.

32

498

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Waffe") führt"), muß einen Waffenschein bei sich tragen31 28).29Als 30 Führen einer Schußwaffe gilt nicht ihr Gebrauch auf polizeilich ge­ nehmigten Schießständen31a). (2) Der Waffenschein ist, sofern seine Geltung nicht ausdrücklich auf einen bestimmten engeren Bezirk beschränkt wird, für das ganze Reichsgebiet gültig. Seine Geltung kann auf bestimmte, ausdrücklich bezeichnete Gelegenheiten oder Örtlichkeiten beschränkt werden.

(3) Der Waffenschein gilt für die Dauer von drei Jahren vom Tage der Ausstellung an gerechnet, soweit nicht eine kürzere Geltungs­ dauer auf ihm vermerkt ist.

§ 15. (1) Waffenerwerbscheine oder Waffenscheine dürfen nur an Personen, gegen deren Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen, und nur bei Nachweis eines Bedürfnisses ausgestellt werden. (2) Die Ausstellung hat insbesondere zu unterbleiben:

1. an Personen unter 18 Jahren; 2. an Entmündigte und geistig Minderwertige; 3. an Zigeuner oder nach Zigeunerart umherziehende Personen; 28) Vgl. Anm. 71 zu § 123 StGB. 29) Der Waffenscheinzwang erstreckt sich auf alle Schußwaffen (vgl. Anm. 2), nicht nur, wie der Waffenerwerbsscheinzwang, auf Faustfeuerwaffen. 30) Hierunter ist nicht jedes Beisichhaben oder -tragen einer Schußwaffe zu verstehen, sondern Führen liegt nur dann vor, wenn das Beisichtragen der Waffe zu dem Zwecke erfolgt, mit ihr ausgerüstet zu sein, d. h. gegebenenfalls von ihr bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen. Die Waffe muß zugriffsund verwendungsbereit fein, d. h. fchußfertig oder leicht schußbereit zu machend. E. 66 S. 193. Daher ist es als Führen n i ch t anzusehen, wenn der Waffenbesitzer oder ein Bote eines Geschäfts die Waffe zwecks Reparatur zur Reparaturwerkstatt trägt (vgl. auch E. 18 S. 367); wenn Munition fehlt. DRZ. 1935 Nr. 43; oder wenn uniformierte Werbebeamte einer Wach- und Schließgesellschaft Gummiknüppel zum Zweck der Reklame tragen. OLG. Dresden JurW. 1933 S. 70.

31) § 14 gilt nicht für Druckluftwaffen mit einem Kaliber von 7 mm und darunter (§ 4 DurchfVO.) und ferner noch § 22 DurchfVO. nicht für a) Vorder­ laderwaffen, b) folgende Hinterladerwaffen; Gewehrmodelle bis zum Konstruktionsjahr 1870, Zimmerstutzen, Floberts (Teschings) mit gezogenem Lauf mit einem Kaliber von 6 mm und darunter sowie Flobertgewehre mit nicht ge­ zogenem Lauf mit einem Kaliber von 9 mm und darunter c) Schreckschußwaffen, d) Gas-, Betäubungs- und Scheintodwaffen mit einem Kaliber von 12 mm und darunter, wenn bei ihnen durch besondere Vorrichtungen das wirksame Verfeuern einer Kugel- oder Schrotpatrone unmöglich gemacht ist, e) Selbstschuß- und Viehbetäubungsapparate. 31 a) Auch das Verbringen einer ungeladenen Schußwaffe vom oder zum Schießstand gilt nicht als Führen (RdErl. d. RuPrMdJ. vom 21. März 38, RMBliV. S. 458).

Bill 9. Waffengesetz §§ 16—18.

499

4. an Personen, gegen die auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht oder Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt worden ist, für die Dauer der Zulässigkeit der Polizeiaufsicht oder des Verlustes der bürgerlichen Ehrenrechte;

5. an Personen, die wegen Landesverrats oder Hochverrats ver­ urteilt sind, oder gegen die Tatsachen vorliegen, die die An­ nahme rechtfertigen, daß sie sich staatsfeindlich betätigen; 6. an Personen, die wegen vorsätzlichen Angriffs auf das Leben oder die Gesundheit, wegen Land- oder Hausfriedensbruchs, wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, wegen eines gemein­ gefährlichen Verbrechens oder Vergehens, wegen einer strafbaren Handlung gegen das Eigentum, wegen eines Jagdvergehens oder wegen eines Fischereivergehens zu einer Freiheitssttafe von mehr als zwei Wochen rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit Verbüßung der Strafe drei Jahre noch nicht verflossen sind. Der Verbüßung der Freiheitssttafe steht ihre Verjährung, ihr Erlaß oder ihre Umwandlung in eine Geldsttafe gleich; in diesem Falle beginnt die dreijährige Frist mit dem Tage, an dem die Freiheitssttafe verjährt oder erlassen oder in eine Geldstrafe um­ gewandelt worden ist. Ist die Sttafe nach einer Probezeit ganz oder teilweise erlassen, so wird die Probezeit auf die Frist an­ gerechnet.

(3) Ausnahmen von Abs. 2 Nrn. 1 und 6 sönnen aus Antrag bewilligt werden^).

§ 16. Für die Ausstellung eines Wasfenerwerbscheins oder eines Waffenscheins werden nach näherer Bestimmung in der Durchfüh­ rungsverordnung Gebühren erhoben"). § 17. Ter Waffenerwerbschein oder der Waffenschein ist zu widerrufen und einzuziehen"), wenn die Voraussetzungen für die Erteilung des Scheines nicht gegeben waren oder nicht mehr vorliegen. § 18. Eines Wasfenerwerbscheins oder eines Waffenscheins be­ dürfen hinsichtlich der ihnen dienstlich gelieferten Schußwaffen nicht:

1. die Angehörigen der Wehrmacht; 2. die Polizeibeamten einschließlich der Bahnpolizeibeamten, die 32) Durch die höhere Verwaltungsbehörde (§ 28 DurchfVO.).

33) Vgl. 8 29 DurchfVO.

34) Zuständig ist die in §30 DurchfVO. näher bezeichnete Kreispolizei­ behörde.

500

3. 4. 5. 6. 7'

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Bahnschutzangehörigen im Bahnschutzdienst und die Postschutz­ angehörigen im Postschutzdienst; die Angehörigen der ^-Versügungstruppe und der U-Totenkopfverbände; die Beamten der Vollzugsanstalten der Reichsjustizverwaltung; die im Grenzaufsichts-, Grenzabfertigungs- und Zollfahndungs­ dienst verwendeten Amtsträger der Reichssinanzverwaltung; die Bediensteten des Unternehmens „Reichsautobahnen", zu deren Aufgabenkreis die Überwachung der Kraftfahrbahnen gehört; die im Forst-, Feld- und Jagdschutz verwendeten Beamten und Angestellten, die entweder einen Diensteid geleistet haben oder aus Grund der gesetzlichen Vorschriften als Forst-, Feld- oder Jagdschutzberechtigte eidlich verpflichtet oder amtlich bestätigt sind, sowie die Fischereibeamten und die amtlich verpflichteten Fischereiaufseher.

§ 19. (1) Eines Waffenerwerbscheins oder eines Waffenscheins bedürfen hinsichtlich der ihnen dienstlich gelieferten Schußwaffen ferner nicht: 1. im Dienste des Reichs, der Länder, der Reichsbank oder des Unternehmens „Reichsautobahnen" verwendete Personen, denen von der zuständigen Reichs- oder Landesbehörde, der Reichsbank oder dem Unternehmen „Reichsautobahnen" das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist; 2. Unterführer"») der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter­ partei vom Ortsgruppenleiter aufwärts, der SA., der und des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps vom Sturmführer aufwärts sowie der Hitlerjugend vom Bannführer aufwärts, denen von dem Stellvertreter des Führers oder der von diesem bestimmten Stelle das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist; ferner die Angehörigen der SA.-Wachstandarte Feldherrnhalle in den Füllen, in denen es der Führer bestimmt; 3. Führer der Technischen Nothilfe, denen vom Reichsminister des Innern das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist; 4. Personen im Luftschutzdienst, denen vom Reichsminister der Luftfahrt oder der von diesem bestimmten Stellen das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist; der Reichsminister der Luftfahrt bestimmt im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern, welche Gruppen von Personen hierfür in Frage kommen;

ff

34a) Wegen der Erteilung von Waffenscheinen für Politische Leiter und Angehörige vvn SA., NSKK. und HI. s. RdErl. d. RMdJ. v. 2. Mai 38 (RMBliB. S. 813).

fj,

B III 9. Waffengesetz §§ 20—23.

501

5. Führer im Nationalsozialistischen Fliegerkorps vom Sturmführer und selbständigen Truppführer aufwärts und selbständige Leiter von Schulen, denen vom Reichsminister der Luftfahrt oder der von diesem bestimmten Stelle das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist.

(2) An die Stelle des Waffenscheins tritt bei ihnen eine ent­ sprechende Bescheinigung, die für die im Abs. 1 Nrn. 1, 3 bis 5 be­ zeichneten Personen von der vorgesetzten Dienst- oder der Aufsichts­ stelle, für die im Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Personen von dem Stellvertreter des Führers oder der von diesem bestimmten Stelle aus­ gestellt wird.

§ 20. Werden den in den §§ 18,19 bezeichneten Personen Schuß­ waffen dienstlich nicht geliefert oder ist das Führen anderer als der dienstlich gelieferten Waffen geboten, so ist die vorgesetzte Dienst­ oder die Aufsichtsstelle, bei der im § 19 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Personen der Stellvertreter des Führers oder die von diesem be­ stimmte Stelle befugt, ihnen eine Bescheinigung auszustellen, aus der das Recht zum Erwerb oder zum Führen einer Schußwaffe er­ sichtlich ist. § 21. Der Jagdschein berechtigt den Inhaber zum Führen von Jagd- und Faustfeuerwaffen. § 22. (1) Der Erwerb von Kriegsgerät ist nur mit Erlaubnis des Oberkommandos der Wehrmacht oder der von ihm bestimmten Stellen zulässig. (2) Der Begriff des Kriegsgeräts bestimmt sich nach den Vor­ schriften des Gesetzes über Aus- und Einfuhr von Kriegsgerät vom 6. November 1935 (RGBl. I S. 1337)").

§ 23. (1) Im Einzelfalle kann einer Person, die sich staatsfeind­ lich betätigt hat oder durch die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten ist, Erwerb, Besitz und Führen von Schuß­ waffen und Munition sowie von Hieb- oder Stoßwaffen verboten werden"). 35) Die Kriegsgeräte, die nach §§ 1 und 2 des Gesetzes über AuS- und Einfuhr von Kriegsgerät vom 6. Novbr. 1935 nur mit Erlaubnis des ReichSkommissars für Aus- und Einfuhrbewilligung zur Aus- und Einfuhr zugelassen sind, ergeben sich aus der Bekanntmachung vom 1. April 38 (Reichsanzeiger Nr. 76 vom 31. März 38). 36) Zuständig zum Erlaß des Verbots und zur Einziehung ist die in § 33 DurchfDO. bezeichnete Kreispolizeibehörde. Die Namen der Betroffenen werden im Deutschen Kriminalpolizeiblatt veröffentlicht (RdErl. d. RuPrMdJ. vom 21. März 1938, RMBliV. S. 458).

502

B HI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

(2) Waffen und Munition, die sich im Besitz der Person befinden, gegen die das Verbot ausgesprochen ist, sind entschädigungslos ein­ zuziehen").

§ 24. (1) Die Einfuhr von Schußwaffen und Munition über die Zollgrenze bedarf der Erlaubnis"). Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn gegen die Zuverlässigkeit des Einführenden Bedenken bestehen. Für die Erteilung und den Widerruf der Erlaubnis gelten sinngemäß die Vorschriften des § 15 Abs. 2, 3 und des § 17. (2) Abs. 1 findet keine Anwendung auf die Einfuhr durch Be­ hörden des Reichs oder der Länder sowie durch die in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbetreibenden, die sich durch eine behördliche Be­ scheinigung ausweisen. (3) Die Vorschriften des Gesetzes über Aus- und Einfuhr von Kriegsgerät vom 6. November 1935 (RGBl. I S. 1337) bleiben un­ berührt.

(4) In den Zollausschüssen und Freibezirken werden Schußwaffen und Munition nach Maßgabe der vom Reichsminister der Finanzen im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern zu erlassenden Vorschriften überwacht").

§ 25. (1) Verboten sind Herstellung, Handel, Führen, Besitz und Einfuhr 1. von Schußwaffen, die zum Zusammenklappen, Zusammen­ schieben, Verkürzen oder zum schleunigen Zerlegen über den für Jagd- und Sportzwecke allgemein üblichen Umfang hinaus be­ sonders eingerichtet oder die in Stöcken, Schirmen, Röhren oder in ähnlicher Weise verborgen sind; 2. von Schußwaffen, die mit einer Vorrichtung zur Dämpfung des Schußknalles oder mit Gewebrscheinwerfern versehen sind; das Verbot erstreckt sich auch auf die bezeichneten Vorrichtungen allein; 3. von Patronen Kaliber -22 (= 5,6 mm) kurz, lang oder lang für Büchsen (Kleinkaliberpatronen) mit Hohlspitzgeschoß (Loch- oder Kerbgeschoß).

(2) Für die Ausfuhr können Herstellung, Handel und Besitz der 37) der Kreispolizeibehörde (vgl. § 34 DurchfVO.; daselbst in Abs. 3 Ausnahmen von dem Erlaubniszwang).

38) Das Nähere ist geregelt in der VO. über den Verkehr mit Schußwaffen und Munition in Zollausschlüffen und der VO. über den Verkehr mit Schuß­ waffen und Munition in den badischen Zollansschlüsseu, beide v. 29. März 1938 (RMBl. S. 276 u. 277).

Bill9. Waffengesetz 8 26.

503

im Abs. 1 bezeichneten Schußwaffen, Vorrichtungen und Pattonen gestattet werden").

Abschnitt V Strafbestimmungen.

§ 26. (1) Mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich" ) oder fahrlässig den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwider

1. Waffen, Munition oder die im § 25 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Vorrichtungen herstellt, bearbeitet, instand setzt, erwirbt, feilhält, anderen überläßt, besitzt oder einführt, den Erwerb oder das Überlassen solcher Gegenstände vermittelt oder sich zu ihrem Er­ werb oder Überlassen erbietet, 2. Schußwaffen füljit39 40).41

(2) Neben der Strafe können die Waffen, die Munition oder die Vorrichtungen, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Rücksicht darauf, ob sie dem Täter gehören, eingezogen werden"). Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen. 39) Durch die höhere Verwaltungsbehörde (§ 35 DurchfVO.).

39 a) Kenntnis der Vorschriften des Waffengesetzes gehört nicht zum Vor­ satz. E. 71 S. 40. 40) Ein sich an den verbotswidrigen Erwerb anschließendes Waffen­ führen stellt sich, wenn es auf Grund eines bes. Vorsatzes erfolgt, als eine selbständige Handlung dar. GA. 77 S. 113. Zwischen dem verbotswidrigen Er­ werb einer Schußwaffe und einer mit der Schußwaffe verübten Straftat liegt regelmäßig Tateinheit nicht vor, weil der strafbare Erwerb bei Begehung der anderen Straftat schon beendet war. E. 71 S. 42. Dagegen kann verbots­ widriges Führen tateinheitlich mit einer anderen Straftat zusammentreffen z. B. mit Totschlag (vgl. E. 59 S. 359), mit Jagdvergehen (vgl. E. 49 S. 272 u. E. 71 S. 42); mit § 250 StGB. (E. 66 S. 177), mit Zuwiderhandlung gegen Sprengstoffgesetz (vgl. E. 57 S. 329), mit schwerem Diebstahl. Recht 33 Nr. 2520 u. 34 Nr. 470; mit Totschlagsversuch dann, wenn der Täter dem von ihm mit Tötungsvorsatz Angegriffenen im Kampf die Pistole entreißt, auf ihn anlegt und abdrückt und sodann auf der Flucht die Waffe wegwirft. DRZ. 22 Nr. 345; aber nicht, wenn der Entschluß, einen Menschen zu töten, erst während des Führens der Waffe gefaßt ist. DRZ. 22 Nr. 344; auch kein Zu­ sammentreffen mit 8 117 StGB. RG JurW. 1930 S. 2963. Der verbotene Erwerb wird durck den sich ihm anschließenden verbotenen Besitz (§ 23) auf­ gezehrt. RG. JurW. 1933 S. 439. 41) Über die Verwertung eingezogener Schußwaffen flehe 8 56 StrVO.

unter D 3.

Schöff.

504

er.

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

§ 27. (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft,

1. wer die nach § 4 Abs. 3 erforderliche Anzeige vorsätzlich oder fahr­ lässig nicht oder nicht rechtzeitig erstattet, 2. wer den zur Durchführung oder Ergänzung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften (§ 24 Abs. 4, § 31) vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt.

Schöff.

(2) Wer den im Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Vorschriften vorsätzlich zuwiderhandelt, nachdem er wegen ihrer vorsätzlichen oder fahrlässigen Übertretung zweimal rechtskräftig verurteilt ist, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn seit der Rechtskraft der letzten Verurteilung bis zur Begehung der neuen Tat mehr als drei Jahre verflossen sind.

Abschnitt VI

Schluß- und Übergangsbestimmungen.

§ 28. Auf die in den §S 3, 7 bezeichneten Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung insoweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetz besondere Bestimmungen getroffen sind.

§ 29. (1) Wer beim Inkrafttreten dieses Gesetzes zum Betrieb eines der in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbebetriebe berechtigt ist, bedarf keiner neuen Erlaubnis aus Grund dieses Gesetzes. Die nach den Vorschriften des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) erteilte Genehmigung ist jedoch bis zum 31. März 1939 zu widerrufen, wenn zu diesem Zeitpunkt die im § 3 Abs. 2 bis 5 bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen. Für Waffenhersteller bedarf es dabei eines Nachweises der fachlichen Eignung dann nicht, wenn sie beim Inkrafttreten dieses Gesetzes ihr Gewerbe ununterbrochen mindestens 5 Jahre lang ausgeübt halwn. Die auf Grund des § 5 des Gesetzes über Schußwaffen und Munition erteilte Genehmigung zum Handel mit Schußwaffen oder Munition kann bis zum 31. März 1939 ferner widerrufen werden, wenn ein Be­ dürfnis für die Aufrechterhaltung dieser Genehmigung örtlich nicht besteht. (2) Bedurfte der Gewerbetreibende bisher keiner Genehmigung, weil es sich um Schußwaffen oder um Munition handelte, die den Vorschriften des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) nicht unterlagen, so ist, wenn die Schußwaffen

B III 9. Waffengesetz §§ 30—33.

505

oder die Munition den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegen, die Erlaubnis nach §§ 3, 7 binnen eines Monats nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu beantragen. (3) Im Falle des Abs. 2 tritt die Strafbarkeit nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 erst mit dem Ablauf eines Monats nach dem Jnkrafttteten dieses Gesetzes oder, falls der Antrag innerhalb dieser Frist gestellt ist, mit Ablauf eines Monats nach seiner endgültigen Ablehnung ein.

§ 30. (1) Schußwaffen, die nicht die im § 10 vorgeschriebene Kennzeichnung tragen, dürfen noch bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gewerbsmäßig feilgehalten ober anderen überlassen werden, wenn ihre Kennzeichnung den Vor­ schriften des § 9 des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) entspricht oder wenn sie diesen Vor-» schriften nicht unterlagen. (2) Bei Schußwaffen, die nicht den Vorschriften des $ 9 des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) unterlagen und bei denen die Firma des Herstellers nicht mehr sestzustellen ist, erloschen ist oder bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Jnkrafttteten dieses Gesetzes erlischt, genügt statt der im § 10 dieses Gesetzes vorgeschriebenen Kennzeichnung die Angabe der Firma oder des eingettagenen Warenzeichens eines im Jnlande wohnenden Händlers auf der Schußwaffe.

§ 31 Der Reichsminister des Innern erläßt die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Er kann für bestimmte Arten von Waffen oder Munition Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetzes zulassen. § 32. Weitergehende landesrechtliche Beschränkungen der Her­ stellung, des Handels, des Erwerbs, des Führens oder des Besitzes von Hieb- oder Stoßwaffen, mit Ausnahme der für Zigeuner oder nach Zigeunerart umherziehende Personen geltenden Vorschriften, treten spätestens sechs Monate nach Jnkrafttteten dieses Gesetzes außer Kraft.

§ 33. (1) Dieses Gesetz tritt am 1. April 1938 in Kraft. (2) Gleichzeitig treten außer Kraft"): 1. das Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143); 42) Soweit vor dem 1. April 1938 begangene Handlungen, die nach bis­ herigem Recht strafbar waren, nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind, wird in Anwendung des 8 2a Abs. 2 StGB, regelmäßig von Bestrafung abzusehen sein. Die in 8 33 Abs. 2 Nr. 4 genannte VO. ist kein Zeitgesetz t. S. des 8 2a Abs. 3 StGG. (a. M. E. 71 S. 41).

506

B UI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

2. die Ausführungsverordnung zu dem Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 13. Juli 1928 (RGBl. I S. 198) in der Fassung der Verordnung vom 2. Juni 1932 (RGBl. I S. 253);

3. das Gesetz gegen Waffenmißbrauch vom 28. März 1931 (RGBl. I S. 77) in der Fassung des § 10 der Verordnung des Reichs­ präsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. De­ zember 1932 (RGBl. I S. 548);

4. Kapitel I (Maßnahmen gegen Waffenmißbrauch) des 8. Teils der Vierten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S. 699, 742); 5. § 56 Abs. 2 Ziffer 8 der Gewerbeordnung. (3) Die Inkraftsetzung dieses Gesetzes für das Land Österreich bleibt Vorbehalten.

B III10. Tierschutzgesetz. Vom 24. November 1933. (RGBl. I S. 9S7.)

Tierquälerei. § 1, (1) Verboten ist, ein Tier unnötig zu quäkn1) oder roh zu mißhandeln. (2) Ein Tier quält, wer ihm länger dauernde oder sich wieder­ holende erhebliche Schmerzen oder Leiden verursacht; unnötig ist

ER

1) § 1 Ms. Ides Ges.v.21.April33 (RGBl.I 6.203) über das Schlachten von Tieren bestimmt: „Warmblütige Tiere sind beim Schlachten vor Beginn der Blutentziehung zu betäuben." Nach § 3 wird, wer vorsätzlich oder fahr­ lässig dieser Vorschrift oder einer auf Grund dieses Ges. erlassenen Bestim­ mung zuwiderhandelt, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geld­ strafe bestraft. BO. v. 21. April 33 (RGBl. I S. 212, mit And. d. § 10 durch VO. v. 14. Nov. 34 (RGBl. I S. 1163) u. in Preußen PBO. über das Schlachten von Tieren v. 28. April 33 (GS. S. 154), abgeändert § 1 durch BO. v. 11. Ocpt. 33 (GS. S. 377). Die vorgenannten Vorschriften sind durch das Tierschutzges. nicht aufgehoben. Schächten ist Zuwiderhandlung gegen §§ 1, 3 d. Ges. v. 21. April 33 in Tateinheit mit Verletzung der §§ 1, 9 Tierschutzges., OLG. Darmstadt, JurW. 1935 S. 722 ;a. A. OLG. Breslau, DStrafr. 1937 S. 269.

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B UI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

2. die Ausführungsverordnung zu dem Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 13. Juli 1928 (RGBl. I S. 198) in der Fassung der Verordnung vom 2. Juni 1932 (RGBl. I S. 253);

3. das Gesetz gegen Waffenmißbrauch vom 28. März 1931 (RGBl. I S. 77) in der Fassung des § 10 der Verordnung des Reichs­ präsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. De­ zember 1932 (RGBl. I S. 548);

4. Kapitel I (Maßnahmen gegen Waffenmißbrauch) des 8. Teils der Vierten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S. 699, 742); 5. § 56 Abs. 2 Ziffer 8 der Gewerbeordnung. (3) Die Inkraftsetzung dieses Gesetzes für das Land Österreich bleibt Vorbehalten.

B III10. Tierschutzgesetz. Vom 24. November 1933. (RGBl. I S. 9S7.)

Tierquälerei. § 1, (1) Verboten ist, ein Tier unnötig zu quäkn1) oder roh zu mißhandeln. (2) Ein Tier quält, wer ihm länger dauernde oder sich wieder­ holende erhebliche Schmerzen oder Leiden verursacht; unnötig ist

ER

1) § 1 Ms. Ides Ges.v.21.April33 (RGBl.I 6.203) über das Schlachten von Tieren bestimmt: „Warmblütige Tiere sind beim Schlachten vor Beginn der Blutentziehung zu betäuben." Nach § 3 wird, wer vorsätzlich oder fahr­ lässig dieser Vorschrift oder einer auf Grund dieses Ges. erlassenen Bestim­ mung zuwiderhandelt, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geld­ strafe bestraft. BO. v. 21. April 33 (RGBl. I S. 212, mit And. d. § 10 durch VO. v. 14. Nov. 34 (RGBl. I S. 1163) u. in Preußen PBO. über das Schlachten von Tieren v. 28. April 33 (GS. S. 154), abgeändert § 1 durch BO. v. 11. Ocpt. 33 (GS. S. 377). Die vorgenannten Vorschriften sind durch das Tierschutzges. nicht aufgehoben. Schächten ist Zuwiderhandlung gegen §§ 1, 3 d. Ges. v. 21. April 33 in Tateinheit mit Verletzung der §§ 1, 9 Tierschutzges., OLG. Darmstadt, JurW. 1935 S. 722 ;a. A. OLG. Breslau, DStrafr. 1937 S. 269.

BIII10. Tierschutzgesetz § 2.

507

das Quälen, soweit es keinem vernünftigen, berechtigten Zwecke dient. Ein Tier mißhandelt, wer ihm erhebliche Schmerzen verursacht; eine

Mißhandlung ist roh, wenn sie einer gefühllosen Gesinnung entspringt?) Vorschriften zum Schutze der Tiere.

§ 2.

Verboten ist,

1?) ein Tier in Haltung, Pflege oder Unterbringung oder bei der Beförderung derart zu vernachlässigen, daß es dadurch erhebliche Schmerzen oder erheblichen Schaden erleidet;^)

2?) ein Tier unnötig zu Arbeitsleistungen zu verwenden/) die offen­ sichtlich seine Kräfte übersteigen, oder die ihm erhebliche Schmerzen bereiten, oder denen es infolge seines Zustandes nicht gewachsen ist; 3. ein Tier zu Abrichtungen, Filmaufnahmen, Schaustellungen oder ähnlichen Veranstaltungen zu verwenden, soweit sie mit erheb­ lichen Schmerzen oder erheblichen Gesundheitsschädigungen für das Tier verbunden sind/) 4. ein gebrechliches, krankes, abgetriebenes oder altes Haustier, für das das Weiterleben eine Qual bedeutet, zu einem anderen Zwecke als zur alsbaldigen schmerzlosen Tötung zu veräußern oder zu

erwerben; 5. ein eigenes Haustier auszusetzen,6a) um sich des Tieres zu ent­ ledigen; 2) z. B. wenn ein lebender Bogel in einen Affenkäfig zur Fütterung des Affen gesetzt wird. Dresden 5. April 33 LZ. 33 S. 871. Auch durch Unter­ lassung kann Tierquälerei begangen werden, wenn Rechtspslicht zum Handeln besteht. Naumburg 14. Juni 33 HNR. 1933 9tr. 1717 — Giese-Kahler, Komm. S. 24 —. Unnötig ist Quälerei nicht nur, wenn boshaft oder ab­ sichtlich, sondern auch wenn gedankenlos begangen. Vgl. die Bemerkungen über die Strafzumessungspraxis bei Tierquälerei von Grau DJust. 1936 S. 1882. 3) Vgl. § 12. 3a) z.B. mangelnde Reinigung, Vernachlässigung oder Mangelhaftigkeit des Huf- und Klauenbeschlags, schlechte Käfige, nicht passendes Zaumzeug; s. Giese-Kahler, Komm. S. 29ff. Auch unvorfchriftsmäßige Verladung auf der Eisenbahn, selbst wenn mit Verladung dritte, aber unzuverlässige Person beauftragt war. KG. JurW. 1936 S. 2249. Vernachlässigung der Fütterung tragender Kübe, so daß Unterernährung eintritt, OLG. Kiel, SchlHolstAnz. 36, 112. Uber die Beförderung von Tieren s. Richtl. im RdErl. des RMdJ. v. 9. Septbr. 37 (RMBliB. S. 1523). 4) Dieser Begriff ist nach dem Gedanken des unnötig Quälens des § 1 zu bestimmen, OLG. Dresden. JurW. 1935 S. 3588. Dabei ist der Zweck der Arbeitsleistung abzuwägen gegenüber dem wohlverstandenen Interesse am Schutz des Tieres. 5) z. B. Tanzbär,Hahnenkämpfe; s. Giese-Kahler, Komm. S.36 «.73. 5a) Ausgesetzt ist ein Tier, wenn es in eine Lage gebracht wird, in Mr

508

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

6. Hunde auf Schärfe an lebenden Katzen, Füchsen oder an anderen Tieren abzurichten oder zu prüfen; 7. einem über zwei Wochen alten Hund die Ohren oder den Schwanz zu kürzen. Das Kürzen ist zulässig, wenn es unter Betäubung*) vorgenommen wird; 8.1) einem Pferd die Schweiftübe zu kürzen (kupieren). Das Kürzen ist zulässig, wenn es zur Behebung einer Untugend oder einer Erkrankung der Schweifrübe durch einen Tierarzt unter Betäu­ bung*) vorgenommen wird; 9. an einem Tier in unsachgemäßer Weise oder ohne Betäubung**) einen schmerzhaften Eingriff vorzunehmen. Die Kastration ist als schmerzhafter Eingriff anzusehen bei Pferden, bei über neun Monate alten Rindern, bei über sechs Monate alten Schweinen und bei geschlechtsreifen Schaf- und Ziegenböcken.*^) Einer Betäubung bedarf es nicht, sofern der mit dem Eingriff ver­ bundene Schmerz nur geringfügig ist oder bei gleichen oder ähn­ lichen Eingriffen am Menschen eine Betäubung in der Regel unterbleibt oder die Betäubung im einzelnen Falle nach tier­ ärztlichem Ermessen nicht durchführbar erscheint; 10. ein in einer Farm gehaltenes Pelztier anders als unter Be­ täubung*) oder sonst schmerzlos zu töten; 11.1) Geflügel durch Stopfen (Nudeln) zur Futteraufnahme zu zwingen; 12. lebenden Fröschen die Schenkel auszureißen oder abzutrennen. § 3.i) Die Einfuhr kupierter Pferde ist verboten. Der Reichs­ minister des Innern kann in besonders begründeten Fällen Aus­ nahmen zulassen.

§ 4. Die Verwendung von Einhufern unter Tag ist nur mit Genehmigung der zuständigen Landesbehörde*) gestattet. es an Leben und Gesundheit gefährdet ist, wenn ihm nicht durch Zufall Hllfe zuteil wird, OLG. Jena HRR. 1935 Nr. 1367. 6) Siehe § 13. 6a) Betäubungen darf nur ein approbierter Tierarzt, nicht ein Kastrierer vornehmen, § 2 der I. AusführungsVO. v. 20. Juni 34 (RGBl. I S. 516); dasselbe gilt für örtliche Betäubungen, KG. JurW. 1935 S. 2076, DStrafr. 1935 S. 215. Der Tierarzt braucht aber nicht persönlich den Betäubungseingriff vorzunehmen, er kann sich dazu einer Hilfsperson bedienen, Dresden SächsA. 1936 S. 126. Betäubung bei Kastrierung von Pferden stets erforderlich, Satz 3 kommt nicht in Frage, Dresden, DStrafr. 1936 S. 183. 6 b) Satz 2 in der Fassung der VO. v. 23. Mai 38 (RGBl. I S. 598). 7) Siehe § 15 Ms. 1. 8) Das ist die Bergbehörde, 2. AusfVO. v. 27. Juni 36 (RGBl. I

BIII10. Tierschutzgesetz §§ 5—7.

509

Versuche an lebenden Tieren.

§ 5. Verboten ist, Eingriffe oder Behandlungen, die mit erheb­ lichen Schmerzen oder Schädigungen verbunden sind, an lebenden Tieren zu Versuchszwecken vorzunehmen, soweit nicht die Vorschriften der §§ 6 bis 8 etwas anderes bestimmen.

$ 6. (1) Der Reichsminister des Innern kann auf Vorschlag der zuständigen Reichs- oder obersten Landesbehörden bestimmten wissenschaftlich geleiteten Instituten oder Laboratorien die Erlaubnis zur Vornahme wissenschaftlicher Versuche an lebenden Tieren erteilen, sofern der wissenschaftliche Leiter über die erforderliche fachmännische Ausbildung und Zuverlässigkeit verfügt, geeignete Einrichtungen für die Vornahme der Tierversuche vorhanden sind und Gewähr für gute Wartung und Unterbringung der Versuchstiere gegeben ist. (2) Der Reichsminister des Innern kann die Erteilung der Er­ laubnis anderen obersten Reichsbehörden überlassen. (3) Die Erlaubnis kann jederzeit ohne Entschädigung zurückgezogen werden. § 7. Bei Ausführung der Tierversuche (§ 5) sind folgende Vor­ schriften zu beobachten: 1. Die Versuche dürfen nur unter voller Verantwortung des wissen­ schaftlichen Leiters oder des von ihm besonders ermächtigten Stellvertreters ausgeführt werden. 2. Die Versuche dürfen nur von wissenschaftlich hierzu vorgebildeten Personen oder unter deren Leitung und nur unter Vermeidung jeder für den Zweck entbehrlichen Schmerzerregung vorgenommen werden. 3. Versuche zu Forschungszwecken sind nur dann zu unternehmen, wenn sie einen bestimmten, bisher von der Wissenschaft noch nicht bestätigten Erfolg erwarten lassen oder soweit sie zur Klärung bisher ungelöster Fragen dienen. 4. Die Versuche sind, sofern nicht nach dem Urteil des wissenschaft­ lichen Leiters der Zweck des Versuches dies unbedingt ausschlieht oder der mit dem Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger ist als die mit einer Betäubung verbundene Beeinträchtigung des Wohlbefindens des Versuchstieres, nur unter Betäubung vor­ zunehmen. An demselben unbetäubten Tier darf nicht mehr als ein schwerer operativer oder schmerzhafter unblutiger Versuch aus­ geführt werden. S. 539), in der auch die Grundsätze für die (Erteilung der Genehmigung festgelegt sind.

510

5.

6.

7. 8.

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Tiere, die nach Beendigung schwerer, insbesondere mit ope­ rativen Eingriffen verbundener Versuche unter erheblichen Schmerzen zu leiden haben, sind, sofern dies nach dem Urteil des wissenschaftlichen Leiters mit dem Zweck des Versuches ver­ einbar ist, alsbald schmerzlos zu töten. Versuche an Pferden, Hunden, Katzen oder Affen dürfen nur dann ausgeführt werden, wenn durch Versuche an anderen Tieren8e) der beabsichtigte Zweck nicht erreicht werden kann. Es dürfen nicht mehr Tiere verwendet werden, als zur Klärung der betreffenden Frage notwendig ist. Tierversuche zu Lehrzwecken sind nur dann gestattet, wenn andere Lehrmittel, z. B. Bild, Modell, Präparat, Film, nicht ausreichen. Über die Art der verwendeten Tiere, den Zweck, die Durch­ führung und das Ergebnis der Versuche sind Aufzeichnungen zu machen.

§ 8. Den Vorschriften der §§ 5 bis 7 unterliegen nicht Tierversuche für Belange der Rechtspflege sowie Impfungen und Blutentnahmen an lebenden Tieren zum Zwecke der Erkennung von Krankheiten der Menschen oder Tiere oder zur Gewinnung oder Prüfung (Wert­ bestimmung) von Seren oder Impfstoffen nach bereits erprobten oder staatlich anerkannten Verfahren. Doch sind auch diese Tiere alsbald schmerzlos zu töten, wenn sie unter erheblichen Schmerzen zu leiden haben und die Tötung mit dem Zwecke des Versuchs vereinbar ist.

Strafbestimmungen. Schoss.

ER.

ER.

$9. (1) Wer ein Tier unnötig quält") oder roh mißhandelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Wer, abgesehen von den Fällen des Abs. 1, ohne die erforder­ liche Erlaubnis einen Versuch an lebenden Tieren (§ 6) vornimmt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (3) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird, soweit die Tat nicht schon unter die Strafdrohung der Abs. 1, 2 fällt, bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. einem der Verbote der §§ 2 bis 4 zuwiderhandelt; 2. einer Vorschrift des § 7 zuwiderhandelt; 8 a) Niederer Gattung und Kaltblütern, die den Schmerz nicht so empfinden. 9) Bejahung der Transportsähigkeit eines kranken Tieres. KG. HRR. 1934 Nr. 993.

Bill 10. Tierschutzgesetz §§ 10—13.

511

3. einer vom Reichsminister des Innern oder von einer Landes­ regierung nach $ 14 erlassenen Vorschrift zum Schutze der Tiere zuwiderhandelt; 4. es unterläßt, Kinder oder andere Personen, die seiner Aussicht unterstehen und zu seiner Hausgemeinschaft gehören, von einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften dieses Gesetzes abzu­ halten. § 10. (1) Neben der wegen einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung auf Grund von § 9 erkannten Strafe kann auf Einziehung oder auf Tötung des Tieres erkannt werden, wenn es dem Verurteilten gehört. Statt der Einziehung kann angeyrdnet werden, daß das Tier auf Kosten des Verurteilten bis zur Dauer von drei Monaten anderweit untergebracht und verpflegt wird. (2) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Tötung des Tieres selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen. § 11. (1) Ist jemand wiederholt wegen einer vorsätzlichen Zu­ widerhandlung auf Grund von § 9 rechtskräftig verurteilt worden, so kann ihm die zuständige Landesbehörde die Haltung von bestimmten Tieren oder die berufsmäßige Beschäftigung oder den Handel mit ihnen auf Zeit oder Dauer untersagen. (2) Nach Ablauf eines Jahres seit der Rechtskraft der Unter­ sagungsanordnung kann die zuständige Landesbehörde die Anordnung wieder aufheben. (3) In der Haltung, Pflege oder Unterbringung schuldhaft er­ heblich vernachlässigte Tiere können durch die zuständige Landes­ behörde ihrem Besitzer fortgenommen und so lange anderweit pfleglich untergebracht werden, bis die Gewähr für eine einwandfreie Tier­ haltung vorhanden ist. Die Kosten dieser Unterbringung sind dem Schuldigen aufzuerlegen. z 12. Ist in einem Strafverfahren zweifelhaft, ob die Tat unter ein Verbot des § 2 Nr. 1 oder 2 fällt, so sollen hierüber in einem mög­ lichst frühen Abschnitt des Verfahrens der beamtete Tierarzt und, soweit es sich um landwirtschaftliche Betriebe handelt, der Reichsnährstand gehört werden. Schlußbestimmungen.

§ 13. Unter Betäubung im Sinne dieses Gesetzes sind alle Ver­ fahren zu verstehen, die allgemein schmerzlos machen oder örtlich die Schmerzempfindung ausschalten?")

10) Welches Verfahren, Ermessen des Tierarztes wissenschaftlichen Leiters (§ 7).

2 Nr. 8) oder des

512

B IV. Handels- und Gewerberecht.

§ 14. Der Reichsminister des Innern kann zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen.") Soweit er von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch macht, können die Landesregierungen die erforderlichen Durchsührungsvorschriften erlassen. § 15. Dieses Gesetz tritt am 1. Februar 1934 in Kraft mit Aus­ nahme des § 2 Nr. 8 und 1111) und des § 3, für die der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Neichsminister für Ernährung und Landwirtschaft den Zeitpunkt des Inkrafttretens festsetzt. Die §§ 145 b und 360 Nr. 13 des Strafgesetzbuches treten am 1. Februar 1934 außer Kraft. Die Bestimmungen des Vogelschutzgesetzes vom 30. Mai 1908 (Reichsgesetzbl. S. 314)12) bleiben unberührt.

iv. Handels- und Grwrrderrcht BIV1. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich.') Vom 21. Juni 1869 in der Fassung v. 26. Juli 1900. (RGBl. S. 871.)

(Auszug.)

Titel I.

Allgemeine Bestimmungen.

§ 1. Der Betrieb eines Gewerbes2*)1 ist jedermann gestettet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen2) vorgeschrieben oder zugelassen sind.2) 11) Erste VO. zur Ausführung des Tierschutzges. v. 20. Juni 34 (NGBl. 1 S. 516). — VO. über das Schlachten und Aufbewahren von lebcnden Fischen und anderen kaltblütigen Tieren v. 17. Jan. 36 (RGBl. I S 13), geänd. d. BO. v. 13. Novbr. 36 (NGBl. I S. 941). — Zu § 4 die 2. Aus'VO. v. 27. Juni 36 (NGBl. I S. 539)zu 8 2 Nr. 11 die 3. AusfBO. v. 11. Scptbr. 36 (NGBl. I S. 735) — Inkrafttreten am 1. Novbr. 36. 12) Aufgehoben; jetzt Naturschutzges. (B X 2), siehe S. 27. 1) Ausf.Anw. z. GO. v. 1. Mai 04 (GMBl. S. 123). 2) Es ist eine fortgesetzte öftere Tätigkeit erforderlich, die erkennbar das Ergebnis eines Entschlusses bildet, derartige Handlungen öfters zum Zweck deS Erwerbes vorzunehmen. In einer Einzelhandlung kann ein Gewerbebitrieb nur dann gefunden werden, wenn sie erkennen läßt, daß andere Handlungen stattgefunden haben oder beabsichtigt werden. KG. v. 13. Febr. 02, Johow 23 S. 93. In jedem Falle aber muß die Tätigkeit auf Erzielung eines Gewnnes gerichtet sein, weshalb Kasinos und dergleichen kein Gewerbe betreiben, auch nicht Konsumvereine. KG. v. 17. Dezbr. 00, Johow 21 A S. 77.

512

B IV. Handels- und Gewerberecht.

§ 14. Der Reichsminister des Innern kann zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen.") Soweit er von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch macht, können die Landesregierungen die erforderlichen Durchsührungsvorschriften erlassen. § 15. Dieses Gesetz tritt am 1. Februar 1934 in Kraft mit Aus­ nahme des § 2 Nr. 8 und 1111) und des § 3, für die der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Neichsminister für Ernährung und Landwirtschaft den Zeitpunkt des Inkrafttretens festsetzt. Die §§ 145 b und 360 Nr. 13 des Strafgesetzbuches treten am 1. Februar 1934 außer Kraft. Die Bestimmungen des Vogelschutzgesetzes vom 30. Mai 1908 (Reichsgesetzbl. S. 314)12) bleiben unberührt.

iv. Handels- und Grwrrderrcht BIV1. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich.') Vom 21. Juni 1869 in der Fassung v. 26. Juli 1900. (RGBl. S. 871.)

(Auszug.)

Titel I.

Allgemeine Bestimmungen.

§ 1. Der Betrieb eines Gewerbes2*)1 ist jedermann gestettet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen2) vorgeschrieben oder zugelassen sind.2) 11) Erste VO. zur Ausführung des Tierschutzges. v. 20. Juni 34 (NGBl. 1 S. 516). — VO. über das Schlachten und Aufbewahren von lebcnden Fischen und anderen kaltblütigen Tieren v. 17. Jan. 36 (RGBl. I S 13), geänd. d. BO. v. 13. Novbr. 36 (NGBl. I S. 941). — Zu § 4 die 2. Aus'VO. v. 27. Juni 36 (NGBl. I S. 539)zu 8 2 Nr. 11 die 3. AusfBO. v. 11. Scptbr. 36 (NGBl. I S. 735) — Inkrafttreten am 1. Novbr. 36. 12) Aufgehoben; jetzt Naturschutzges. (B X 2), siehe S. 27. 1) Ausf.Anw. z. GO. v. 1. Mai 04 (GMBl. S. 123). 2) Es ist eine fortgesetzte öftere Tätigkeit erforderlich, die erkennbar das Ergebnis eines Entschlusses bildet, derartige Handlungen öfters zum Zweck deS Erwerbes vorzunehmen. In einer Einzelhandlung kann ein Gewerbebitrieb nur dann gefunden werden, wenn sie erkennen läßt, daß andere Handlungen stattgefunden haben oder beabsichtigt werden. KG. v. 13. Febr. 02, Johow 23 S. 93. In jedem Falle aber muß die Tätigkeit auf Erzielung eines Gewnnes gerichtet sein, weshalb Kasinos und dergleichen kein Gewerbe betreiben, auch nicht Konsumvereine. KG. v. 17. Dezbr. 00, Johow 21 A S. 77.

613

LIV 1. Gewerbeordnung §§ 2—6.

Wer gegenwärtig zum Betrieb eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er den Er­ fordernissen dieses Gesetzes nicht genügt. § 2. Die Unterscheidung zwischen Stadt und Land in bezug aus den Gewerbebetrieb und die Ausdehnung desselben hört auf. § 3. Der gleichzeitige Betrieb verschiedener Gewerbe sowie des­ selben Gewerbes in mehreren Betriebs- und Verkaufsstätten ist ge­ stattet. Eine Beschränkung der Handwerker auf den Verkauf der selbst­ verfertigten Waren findet nicht statt. § 4. Den Zünften und kaufmännischen Korporationen steht ein Recht, andere von dem Betrieb eines Gewerbes auszuschließen, nicht zu. § 5. In den Beschränkungen des Betriebs einzelner Gewerbe, welche auf den Zoll-, Steuer- und Postgesetzen beruhen, wird durch das gegenwärtige Gesetz nichts geändert. § 6. Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung 8) auf die 3) Eine polizeiliche Regelung des Gewerbebetriebes im Interesse der öffent­ lichen Wohlfahrt ist nicht ausgeschlossen. OBG. Entsch. 75 S. 388; E. 7 S. 309. Landesrecht!. Vorschriften können die Polizei ermächtigen, die Eröffnrmg eineGewerbebetriebes, wenn durch ihn die öffentl. Sicherheit, Ordnung und Ruhe gestört wird, von vornherein für die Dauer der Gefährdung zu untersagen. RG. v. 28. April 36 — IltD 281/35. Gleiches gilt für die Schließung, z. B. eines

Bestrahlungsinstitutes, Hamb. OBG. Reger, Entsch. Bd. 57 S. 145. Landes­ gesetzliche Vorschriften über die Art der Ausübung deS Geschäfts eines Masseurs sind rechtsgültig. E. 37 S. 175. Polizeiliches Einschreiten gegen Schaufensterauöstellungen ist zulässig, wenn durch sie Störungen des Straßenverkehrs her­ beigeführt werden. OBG. DIZ. 35 S. 769. Ausrufen und Anreißen von Waren auf den Straßen ist verboten, vgl. 8 42 RStrO. BO., s. unter BIX 2. Nach § 18 GemeindeO. können die Gemeinden bei dringendem öffentlichen Be­ dürfnis durch Satzung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde für die Grund­ stücke ihres Gebietes den Anschluß an Wasserleitung, Kanalisation, Müllabfuhr, Straßenreinigung und ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen (Anschlußzwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben. In der Satzung können für den Fall der Zu­ widerhandlung ZwangSgelder bis zur Höhe von 1000 Reichsmark angedroht werden. — Vgl. § 3 deS Schußwaffengef. unter B III 9. 4) Verträge, durch welche sich ein Kontrahent dem anderen gegenüber Be­ schränkungen der Gew.Freiheit unterwirft, sind der Regel nach ungültig, doch ist es für statthaft erachtet, daß der eine Kontrahent sich verpflichtet, an einem be­ stimmten Orte und während einer bestimmten Zeit ein Gewerbe nicht zu betreiben, EZ. 1 S. 22, EZ. 53 S. 551 u. Marienwerder v. 9. Oktbr. 05, DIZ. 12 S. 664. Wegen der Überwachung und Regelung des Verkehrs mit Waren s. BO.

über den Warenverkehr v. 4. Septbr. 34 (RGBl. I S. 816). 5) Der Kreis der Ausnahmen ist erschöpfend festgestellt. Dresden JurW. 61 S. 2918. Stenglein Nebenges. Aum. 18. Die Landwirtschaft und die land­ wirtschaftlichen Nebengewerbe fallen nicht unter die Bestimmungen der GO. (z. B. FlachSschwingerei). E. 18 S. 371, E.22 S. 288. Treten aber die Neben­ gewerbe in die Reihe der selbständigen Gewerbebetriebe ein, so findet die GO.

Dalcke, Strafrecht. 80. Aufl.

33

514

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Fischerei/») die Errichtung und Verlegung von Apotheken/) die Er­

ziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen/») die advokatorische und Notariatspraxis, den Gewerbebetrieb der Auswande­ rungsunternehmer und Auswanderungsagenten/) der BersicherungsUnternehmers und der Eisenbahnunternehmungen/) die Befugnis

Anwendung. Vgl. E. 18 S. 371 u. E. 36 S. 305. Nach KG. DIZ. 37 S. 1486 sind Müllerei u. Bäckerei nur dann landwirtschaftliche Nebengewerbe, wenn sich diese Tätigkeiten zu einer allgemeinen Übung in der Landwirtschaft heraus­ gebildet haben. Nach BayObLG. DNZ. 23 Nr. 623 ist gewerbsmäßiger Brot­ verkauf der Landwirte als Selbsterzeuger kein Nebenbetrieb; aber Nebenbetried ist der Verkauf von Fleischwaren in Markthallen durch einen Landwirt. Königs­ berg DRZ. 24 Nr. 237, Köln DRZ. 23 Nr. 625. Vgl. Anm. 26. Rein landwirtschastl. Betriebe wie Gärtnereien unterstehen nicht der GO. HRR. 1932 Nr. 420; wohl aber die gewerbl. betriebenen. § 154. JurW. 51 S. 140, vgl. Anm. 84 zu § 105 b. Bezüglich des Waffenhandels gilt die GewO., soweit nicht in Absch. II u. III des Waffenges. (siehe unter IIIb 9) als Nebengesetz zur GewO, etwas Besonderes bestimmt ist. 5 a) Auch nicht auf den Absatz der gefangenen u. gezüchteten Fische. KG. DIZ. 37 S. 1231. 6) Bezüglich der Anlegung von Apotheken sind die Landesges. maßgebend. GA. 46 S. 58. Bez. Verpachtung und Verwaltung s. Ges. v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1445) nebst VO. v. 26. März 36 (RGBl. I S. 317). Siehe ferner Apotheker-Betriebsordnung v. 18. Febr. 02, MedM. Bl. S. 69, viel­ fach geänd., zuletzt am 17. Aug. 35 (MBliB. S. 1051) u. 27. April 36 (RMBliV. S. 605). 6 a) Darunter fällt nicht die gewerbsm. Erteil, von Unterricht zur Aus­ bild. von Kraftwagenführern. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 838. OLG. Dresden ArchRpflSaTh. 1937, 70. 7) Der Gewerbebetrieb dieser Personen ist geregelt durch das Ges. v. 9. Juni 97 (RGBl. S. 463) nebst VO. v. 14. Febr. 24 (RGBl. I S. 107) u. Bek. v. 1. März 24 (RMBl. S. 97). Dazu Bek. über Auswandererschiffe v. 14. März 98 (RGBl. S. 57), mehrfach geändert, zuletzt am 31.Juli 22 (RGBl. IS. 903). Vgl. ferner VO. über Vermittlung usw. von Arbeitnehmern nach dem Ausland v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 903). Siehe auch E. 43 S. 210. 8) Siehe Ges. v. 6. Juni 31 (RGBl. I S. 315 über die privaten Ver­ sicherungsunternehmungen mit Änd. v. 5. Juni u. 19. Sept. 31 (RGBl. I S. 279, 493) sowie v. 26. Mai 33 (RGBl. I S. 295). Vgl. ferner Ges. über Befugniffe der Bersicherungsaufsichtsbehörden v. 27. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1189). 9) Nach § 16 Abs. 5 des Ges. über die Deutsche Reichsbahngesellschaft v. 13. März 1930 (RGBl. II S. 369) finden auch die Vorschriften der GewO, keine Anwendung auf den Betrieb der Deutschen Reichsbahn. Bahnhofs­ wirtschaften im Bereich der Reichsbahn unterliegen auch nicht den Vorschriften des Gaststättengesetzes (§ 27 unter B IV 8). Verkaufsstände (auch Waren­ automaten) verlieren ihre Eigenschaft als Hilfsbetriebe der Eisenbahn noch nicht durch die bloße Möglichkeit einer Benutzung durch Nichtreisende E. 58 S. 138; jedoch dann, wenn der Verkaufsstand nur zum kleineren Teile zur Be­ friedigung des Kaufsbedürfnisses der Reisenden benutzt wird oder sich auf dem Bahnhofsvorplatz befindet. KG. JFGErg. 5 S. 131. Verneint wurde das Vor­ liegen eines Nebenbetriebes bei einer seitens eines Straßenbahnunterneümens verpachteten Verkaufsstelle für Tabakwaren, die zugleich Wochenkarten für die

B IV 1. Gewerbeordnung § 7.

515

zum Hallen öffentlicher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffs­ mannschaften auf den Seeschiffen.10) — Auf das Bergwesen, die Aus­ übung der Heilkunde, den Verkauf von Arzneimitteln,"«) den Vertrieb

von Lotterielosen und die 23tel)äud)t10 b) findet das gegenwärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe ausdrückliche Bestimmungen darüber enthält.

Durch (Kaiserliche) Verordnung wird bestimmt, welche Apotheker­ waren dem freien Verkehre zu überlassen finb.11)

§ 7. Vom 1. Januar 1873 ab sind, soweit die Landesgesetze solches nicht früher verfügen, aufgehoben: 1. die noch bestehenden ausschließlichen Gewerbeberechtigungen, d. h. die mit dem Gewerbebetriebe verbundenen Berechtigungen, anderen den Betrieb eines Gewerbes, sei es im allgemeinen oder hinsichtlich

der Benutzung eines gewissen Betriebsmaterials, zu untersagen oder

sie darin zu beschränken;12) 2. die mit den ausschließlichen Gewerbeberechtigungen verbundenen Zwangs- und Bannrechte, mit Ausnahme der Abdeckereiberechttgungen:13)

Bahn verkauft, sowie bei einem von einer Privatbahn 50 m von dem Bahn­ hof außerhalb des eingezäunten Bahnsteiges errichteten Verkaufsstande für Süßigkeiten. KG. DIZ. 35 S. 438. Ein Bahnhofsfriseur ist den Best. d. GewO, über Lehrlingswesen unterworfen. Jena JurW. 59 S. 3110. 10) S. die SeemannsO. v. 2. Juni 02 (RGBl. S. 175); geänd. durch Ges., v. 23. März 03, 12. Mai 04 (RGBl. S. 57 bzw. 167), v. 16. Dez. 27 (RGBl. I S. 340), v. 30. Mai u. 24. Dez. 29 (RGBl. II S. 383 u. 759) u. 24. Juli 30 (RGBl. II S. 987). 10 a) Ein nach den Vorschriften des Arzneibuchs u. des Weingesetzes her­ gestellter Kognak ist ein Arzneimittel. KG. v. 21. Septbr. 14, I o-h o w 46 S. 333. 10 b) Zur Viehzucht, die als Urproduktion kein Gewerbe ist, gehört nicht die Kanarienvogelzucht. Hamburg HRR. 1931 Nr. 87 u. 1932 Nr. 419. 11) Siehe VO. betr. den Verkehr mit Arzneimitteln v. 22. Oktbr. 01, v. 31. März 11, v. 18. Febr. 20, v. 21. April 21, v. 31. Juli 22 (Salvarsan), v. 13. Jan. 23, v. 21. Juni 23, v. 16. Novbr. 23, v. 9., v. 24. Dezbr. 24, v. 27. März 25, v. 26. Jan. 29, v. 30. Sept. 32 u. v. 4. Oktbr. 33 (RGBl. S. 380, 181, 253, 490, 710, 68, 511 nebst 634, 1117, 772, 966, 40, 19, 492, 721). Die in der VO. aufgeführten Zubereitungen unterliegen dem Apothekerzwang der VO. nur, wenn sie als Heilmittel feilgehalten oder verkauft werden, nicht wenn sie Desinfektionsmittel sind oder bei gleichzeitiger Verwendung jedenfalls in nennenswertem Umfange Desinfektionsmittel sind, PreußOVG., EPrOVG. 94, 202 u. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 25 (daselbst auch Begriffsbestimmung des Desinfektionsmittels); BadVGH. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 161. 12) Eine PolVerordn., welche jedem von mehreren amtlich bestellten Fleisch­ beschauern eine ausschließliche Gewerbeberechttgung für einen bestimmten Bezirk erteilt, ist ungültig. Johow 2 S. 272, vgl. auch ebenda 1 S. 189. Doch kann eine Gemeindeverwaltung aus gesundheitspolizeilichen Gründen ihren Gemeindemitgliedern die Benutzung gewißer Einrichtungen, w. z. B. bei Fäkalien­ abfuhr, zur Pflicht machen. Rostock GA. 54 S. 104. 13) Siehe Ges. über Aufhebung und Ablösung des AbbeckereiwesenS v.

516

B IV. Handels- und Gewerberecht.

3. alle Zwangs- und Bannrechte, deren Aufhebung nach dem Inhalte der VerlethungSurkuude ohne Entschädigung zulässig ist; 4. sofern die Aufhebung nicht schon infolge dieser Bestimmungen eintritt, oder sofern sie nicht auf einem Vertrage zwischen Berechtigten und Verpflichteten beruhen: a) daS mit dem Besitz einer Mühle, einer Brennerei oder Brenn­ gerechtigkeit, einer Brauerei oder Braugerechtigkeit, oder einer Schank­ stätte verbundene Recht, die Konsumenten zu zwingen, daß sie bei den Berechtigten ihren Bedarf mahlen oder schroten lassen, oder das Ge­ tränk ausschließlich von denselben beziehen (der Mahlzwang, der Branntweinzwang oder der Brauzwang); b) das städtischen Bäckern oder Fleischern zustehende Recht, die Einwohner der Stadt, der Vorstädte oder der sogenannten Bannmeile zu zwingen, daß sie ihren Bedarf an Gebäck oder Fleisch ganz oder teilweise von jenen ausschließlich entnehmen; 5. die Berechtigungen, Konzessionen zu gewerblichen Anlagen oder zum Betriebe von Gewerben zu erteilen, die dem Fiskus, Korpora­ tionen, Instituten oder einzelnen Berechtigten zustehen; 6. vorbehaltlich der an den Staat und die Gemeinde zu ent­ richtenden Gewerbesteuern, alle Abgaben, welche für den Betrieb eines Gewerbes entrichtet werden, sowie die Berechtigung, dergleichen Ab­ gaben aufzuerlegen. Ob und in welcher Weise den Berechtigten für die vorstehend aufgehobenen ausschließlichen Gewerbeberechtigungen, Zwangs- und Bannrechte rc. Entschädigung zu leisten ist, bestimmen die Landes­ gesetze. § 8. Von dem gleichen Zeitpunkt (§ 7) ab unterliegen, soweit solches nicht von der Landesgesetzgebung schon früher verfügt ist, der Ab­ lösung: 1. diejenigen Zwangs- und Bannrechte, welche durch die Be­ stimmungen des § 7 nicht aufgehoben sind, sofern die Verpflichtung auf Grundbesitz haftet, die Mitglieder einer Korporation als solche betrifft, oder Bewohnern eines Ortes oder Distrikts vermöge ihres Wohnsitzes obliegt; 2. das Recht, den Inhaber einer Schankstätte zu zwingen, daß er für seinen Wirtschaftsbedarf das Getränk aus einer bestimmten Fabrikationsstätte entnehme. Das nähere über die Ablösung dieser Rechte bestimmen die Landesgesetze. § 9. Streitigkeiten darüber, ob eine Berechtigung zu den durch

17. Dezdr. 72 (GS. S. 717) u. RG. betr. die Beseitigung von Tterkadavern vom 17. Juni 1911 (RGBl. S. 248). § 16 Anm. 27.

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 10—12.

517

die §§ 7 und 8 aufgehobenen oder für ablösbar erklärten gehört, sind im Rechtswege zu entscheiden. Jedoch bleibt den Landesgesetzen Vorbehalten, zu bestimmen, von welchen Behörden und in welchem Verfahren die Frage zu entscheiden ist, ob oder wie weit eine auf einem Grundstücke haftende Abgabe eine Grundabgabe ist, oder für den Bettieb eines Gewerbes enttichtet werden muß.

§ 10. Ausschließliche Gewerbeberechtigungen oder Zwangs- und Bannrechte, welche durch Gesetz aufgehoben oder für ablösbar erklärt worden sind, können fortan nicht mehr erworben werden. Realgewerbeberechtigungen dürfen fortan nicht mehr begründet werden. § 11. Das Geschlecht begründet in Beziehung auf die Befugnis zum selbständigen Betrieb eines Gewerbes keinen Unterschied.") § 11a. Betreibt eine Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhält­ nisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Jnlande selbständig ein Gewerbe, so ist es auf ihre Geschäftsfähigkeit in Angelegenheiten des Gewerbes ohne Einfluß, daß sie Ehefrau ist. Soweit die Frau infolge des Güterstandes in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt ist, finden die Vorschriften des § 1405 des BGB. Anwendung. Hat die Frau ihren Wohnsitz nicht im Jn­ lande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Ge­ werbes und der Widerruf der erteilten Einwilligung in das Güter­ rechtsregister des Bezirkes einzutragen, in welchem das Gewerbe be­ trieben wird. Betreibt die Frau das Gewerbe mit Einwilligung des Mannes oder gilt die Einwilligung nach § 1405 Abs. 2 des BGB. als erteilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetrieb ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die dem Manne kraft des Güter­ standes zustehenden Rechte; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen. § 12. Die Zulassung einer ausländischen juristischen Person zum Gewerbebetrieb im Inland bedarf der Genehmigung des Reichswirtschastsministers und des sonst zuständigen Reichsministers. Bestim­ mungen in Staatsoerträgen bleiben unberührt.") Diejenigen Beschränkungen, welche in betteff des Gewerbebetriebs 14) Durch Art. 36 bes EG. z. BGB. Ist der Abs. 2 deS 8 11 der GewO, aufgehoben und statt dessen § 11 a eingeschoben. 15) Geänd. durch § 27 EG. z. AktG. v. 30. Jan. 37 (RGBl. I S. 166). Vgl. dazu § 16 d. EG. u. § 292 AktG. Staatsverträge über die Zulassung aus!. Aktiengesellschaften sind bisher nicht vorhanden.

618

B IV. Handels- und Gewerberecht.

für Personen des Soldaten- und Beamtenstandes") sowie deren An­ gehörige bestehen, werden durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt. § 13. Von dem Besitze des Bürgerrechts soll die Zulassung zum Gewerbebetrieb in keiner Gemeinde und bei keinem Gewerbe ab­ hängig sein. Nach dem begonnenen Gewerbebetrieb ist, soweit dies in der be­ stehenden Gemeindeverfassung begründet ist, der Gewerbetreibende auf Verlangen der Gemeindebehörde nach Ablauf von drei Jahren ver­ pflichtet, das Bürgerrecht zu erwerben. Es darf jedoch in diesem Falle von ihm das sonst vorgeschriebene oder übliche Bürgerrechtsgeld nicht gefordert und ebenso nicht verlangt werden, daß er sein ander­ weit erworbenes Bürgerrecht aufgebe.

Titrl n.

Stehender Gewerbebetrieb.

I. Allgemeine Erfordernisse.

§ 14. Wer den selbständigen") Betrieb eines stehenden (Se* werbes") anfängt,"») muß der für den Ort, wo solches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde") gleichzeitig Anzeige davon 16) Siehe Wehrgesetz v. 21. Mai 35 (RGBl. I S. 609) § 28 u. Reichsbeamtenges.v.26.Jan.37 (RGBl.IS.39, Ber.S. 186), 8 10, 158u. Durchf.VO.; für Preußen auch noch § 19 bet GewO. v. 17. Jan. 45 (BMBl. S. 118 u. 153), wonach die OrtSschulzen kein Schankgewerbe betreiben sollen, u. Reskr. v. 19. Mai 79 (BMBl. S. 158) u. AB. v. 6. Juli 23 (JMBl. S. 487) wegen Musikmachens der Beamten. (Betreffs der Reichsbeamten siehe Erl. d. RMJ. v. 1. Novbr. 29 (RMBl. S. 655). 17) Selbständig ist jeder Gewerbebetrieb, welcher für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit betrieben wird, auch wenn der Eigentümer des Lokals dem Gewerbetreibenden bezüglich der Art und des Umfanges des Be­ triebes vertragsmäßig gewiffe Beschränkungen auferlegt haben sollte. I o h o w 7 S. 207. Die Erteilung einer Schankerlaubnis ist für den Begriff nicht be­ stimmend. Posen GA. 60 S. 333. Der Betrieb einer WarenhauSkantine gehört nicht hierher. DIZ. 7 S. 582. Gewerbsmäßiges Vermieten von Wohnungen liegt nicht vor, wenn die Vernietung nur erfolgt, um die Kosten der eigenen Wohnung zu verringern. Hamburg DRZ. 24 Nr. 238. Wer ein Gewerbe ohne Auftrag und ohne Vorwiffen eines anderen betreibt, haftet auch dann alS selbständiger und allein verantworUicher Unternehmer, wenn er den Gewinn diesem anderen zuwendet (Lagerhalter eines Konsumvereins). KG. DIZ. 11 S. 265. Ein Architekt und Bauleiter, der nebenher Grundftücksverwaltungen betreibt, braucht letztere nicht anzumelden. Hamburg OLG. JurW. 1934 S. 1304. 18) Zum Betriebe eines stehenden Gewerbes ist eine Gewerbsanlage nicht erforderlich. E. 11 S. 309. Siehe auch GA. 58 S. 255. und bez. eines Maurers beim Neubau OLG. Kiel, HRR. 1935 Nr. 1722. — Über Bäckerei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb s. OLG. Köln, HRR. 1935 Nr. 1721. 18 a) Der Anfang selbst. Gew.betriebs liegt z. B. in der Zeitungsanzeige des Rechtskonsulenten, in der er sich zur Erledigung von Rechtsgesch. anbietet. Kiel HRR. 1933 Nr. 1631. 19) DaS ist in Preußen die Gemeindebehörde. OR. 14 S. 624.

B IV 1. Gewerbeordnung §8 15 u. 15«.

519

machen.") Diese Anzeige liegt auch demjenigen ob, welcher zum Betrieb eines Gewerbes im Umherziehen (Titel III) befugt ist. Außerdem hat, wer Versicherungen für eine Mobiliar- oder Jmmobiliar-Feuerversicherungs-Anstalt als Agent oder Unteragent vermitteln will, bei Übernahme der Agentur, und derjenige, welcher dieses Geschäft wieder aufgibt, oder welchem die Versicherungsanstalt den Auftrag wieder entzieht, innerhalb der nächsten acht Tage der zu­ ständigen Behörde seines Wohnorts davon Anzeige zu machen. Buchund Steindrucker, Buch- und Kunsthändler, Antiquare, Leihbiblio­ thekare, Inhaber von Lesekabinetten, Verkäufer von Druckschriften, Zeitungen und Bildern haben bei der Eröffnung ihres Gewerbebetriebs

das Lokal desselben sowie jeden späteren Wechsel des letzteren spätestens am Tage seines Eintritts der zuständigen Behörde ihres Wohnorts anzugeben.")

§ 15. Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Emp­ fang der Anzeige. Die Fortsetzung des Betriebs kann polizeilich verhindert wer­ den,") wenn ein Gewerbe, zu dessen Beginn eine besondere Ge­ nehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung begonnen wird.

§ 15a.

Gewerbetreibende, die einen offenen Laden") haben

20) Die Anzeige muß für jeden Gewerbebetrieb besonders gemacht werden und dieser muß selbständig sein, E. 71 S. 190. Auch das BetriebSlokal muß bezeichnet werden. OVG. E. 11 S. 318. Ob bei Erweiterungen deS bestehenden Betriebe- oder Beginn eines zweiten Betriebes Neuanmeldung erforderlich ist, darüber besagt daS Gesetz nichts; jedenfalls dann ist aber keine Neuanmeldung nötig, wenn der Gewerbebetrieb nach außen hin dieselbe Einheit bleibt und der Zusammenhang mit dem bisherigem Betrieb gewahrt bleibt, Hamb. OVG. Reger, Entsch. 1937 Bd. 57 S. 4; dasselbe gilt bei Anfang neuen wesenSverwandten Gewerbezweiges, OLG. Dresden JurW. 1934 S. 996. Anzeige­ pflichtig ist auch daS Gewerbe eines DarlehngeberS. JurW. 57 S. 2637; deSgl. eines auf Gewinn gerichteten freien wissenschastl. Berufs (Einpaukers). Naumburg DNZ. 20 Nr. 864. Ebenso daS Versteigerergewerbe, § 24 Abs. 3 der DurchfBO. z. Bersteigererges. v. 30. Okt. 34 (RGBl. I S. 1091); vgl. Sinnt. 71 zu 8 35. Der Gewerbetreibende, nicht der verantwortl. Letter ist zur Anzeige verpflichtet. Dresden JurW. 61 S. 1672. Nicht anzeigepflichtig ist der verbotene Gewerbebetrieb. Dresden LZ. 27 S. 64. Anmeldepflicht besteht selbständig neben der des835Abs.7BayvbLG. JurW.1934 S. 1178. 21) Der Inhaber eines Vergnügungsetablissements betreibt durch den Verkauf von Ansichtspostkarten kein von seinem Wirtschaftsbetrieb getrenntes Gewerbe. Celle GA. 49 S 356. 22) Siehe über die Wegnahme von Gasthausschildern. OVG...E. 1 S. 319. Auch ein noch nicht begonnener Betrieb kann gehindert werden. Über den von

der Polizeibehörde auSzuübenden Zwang siehe OVG. E. 2 S. 295 u. E. 5 S. 278, sowie E. 32 S. 290, wo die Unzulässigkeit der Verbindung von Zwangs­ mitteln ausgesprochen wird. Ein Zwang durch Versiegelung der Gewerbsräume, nm die Fortsetzung des Betriebes zu hindern, ist statthaft. E. 22 S. 5. 23) Offener Laden setzt ein Geschäftslokal voraus, wo Waren feilgeboten

520

B IV.

Handels- und Gewerberecht.

oder Gast- oder Schankwirtschaft betteiben, sind verpflichtet, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen"») an der Außenseite oder am Eingänge des Ladens") oder der Mrtschaft in deutlich lesbarer Schrift anzubringen."") Kaufleute, die eine Handelsfirma führen, haben zugleich die Firma in der bezeichneten Weise an dem Laden oder der Wirtschaft anzu­ bringen; ist aus der Firma der Familienname des Geschäftsinhabers mit dem ausgeschriebenen Vornamen zu ersehen, so genügt die An­ bringung der Firma.

Auf offene' Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien finden diese Vorschriften mit der Maßgabe Anwendung, daß für die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter gilt, was in betteff der Namen der Gewerbetteibenden bestimmt i|t.Mc) Sind mehr als zwei Beteiligte vorhanden, deren Namen hier­

nach in der Aufschrift anzugeben wären, so genügt es, wenn die Namen von zweien mit einem das Vorhandensein weiterer Beteiligter andeutenden Zusatz ausgenommen werden. Die Polizeibehörde kann im einzelnen Falle die Angabe der Namen aller Beteiligter anordnen. werden und in daS jeder Kauflustige Einlaß erhält, gleichgültig in welchem Stockwerk und ob erst auf Klingeln, gleichgültig auch, auS welchen Personen­ kreisen sich die Kunden rekrutieren. KG. DIZ. 6 S. 215. Desgleichen ein offenes Warenlager, wenn in ihm Waren im Kleinverkehr an jeden Kauf­ lustigen abgegeben werden. BayObLG. JurR. 1 Nr. 1415 (jedoch ist ein unter freiem Himmel befindlicher, lediglich eingezäunter Lagerplatz kein o. L.). Auch das Geschäftslokal eines mit Grabdenkmälern handelten Kaufmanns kann ein Laden sein. KG. DIZ. 17 S. 1413; jedoch nicht ein Haus- oder Treppenauf­ gang. Naumburg HRR. 1931 Nr. 2092.

23 a) Die Inhaber eines fremdsprachlichen VomamenS sind nicht ver­ pflichtet, ihn in deutscher Form zu führen. Marienwerder GA. 51 S. 72. Für den Familiennamen ist maßgebend die ursprüngl. deutsche Namensform, die ev. das Gericht zu ermitteln hat. KG. GA. 77 S. 221. Der jüdische Inhaber einer Firma verstößt gegen §§ 15a, 148 Abs. 1 Nr. 14 wie auch gegen § 4 UnlWG., wenn er um das Publikum über seine Raffezugehörigkeit zu täuschen, zwar die Firmenbezeichnung groß an seinen Laden anbringt, den Familiennamen aber klein und unauffällig, OLG. München, JurW. 1937 S. 2417.

23 b) Die Anschrift darf weder klein und versteckt, noch undeutlich, z. B. aus Pappkarton erfolgen. Erl. d. NWiMin. v. 16. April 31. — HG. 743 Eine Ehefrau darf neben ihrem Namensschild nicht auch noch daS Schild ihres Mannes als des früheren Geschäftsinhabers am Laden belaffen. Dresden LZ. 21 S. 1165. 23 c) Abs. 3 ist auf G. m. b. H. u. die Aktienges. nicht anwendbar. Erl. d. RWiMin. v. 26. Mai 36 — V 8549/36. Hamburg JurW. 58 S. 3030. I urW. 1934 S. 1513. A. A. OLG. Darmstadt HRR. 1934 Nr. 1503. BadVGH., Reger, Entsch. Bd. 57 S. 150.

BIV 1. Gewerbeordnung § 16.

521

II. Erfordernis besonderer Genehmigung. I- Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen.

§ 16. Zur Errichtung von Anlagen,") welche durch die örtliche Lage oder die Beschaffenheit der Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum über­ haupt erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können, ist die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde erforderlich. Es gehören dahin: Schießpulverfabriken,"') Anlagen zur Feuerwerkerei") und zur Bereitung von Zündstoffen"') aller Art, Gasbereitungs- und Gasbe­

wahrungsanstalten, Anstalten zur Destillation von Erdöl, Anlagen zur Bereitung von Braunkohlenteer, Steinkohlenteer und Koks, sofern sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Glas- und Rußhütten, Kalk-, Ziegel- und Gipsöfen, Anlagen zur Gewinnung roher Metalle, Röstöfen, Metallgießereien, sofern sie nicht bloße Tiegelgießereien sind, Hammerwerke, chemische Fabriken aller Art, Schnellbleichen, Firnissiedereien, Stärkefabriken, mit Ausnahme der Fabriken zur Bereitung von Kartoffelstärke, Stärkefirupsfabriken, Wachstuch-, Darmsaiten, Dachpappen- und Dachsilzfabriken, Leim-, 24) Eine Anlage ist nur dann anzunehmen, wenn sie auf eine gewisse längere Dauer einem Gewerbebetriebe zu dienen hat. Eine Ausrüstung mit bestimmten Werkzeugen ist nicht erforderlich. JurW. 53 ©.1171. Durch die Genehmigung der Anlage im Sinne der GewO, wird die Genehmigimg in bau- u. feuerpolizei­ licher Hinsicht nicht erübrigt. EZ. US. 185. Die Genehmigung muß vor Beginn der Herrichtung der Anlage nachgesucht werden; sobald mit der letzteren begonnen, ist die Strafe verwirkt. Stenglein, Nebenges. Sinnt. 5. — § 16 bezieht sich nicht auf Anlagen, die land- und forstwirtschafllichen Zwecken dienen. KG. GewArch. 7 S. 546; wohl aber auf solche Anlagen, die Gemeinden für eigenen Bedarf errichten. OLG. GA. 65 S. 561. 24 a) Siehe § 2 Schußwaffenges. unter B 111 9. Ferner Sprengstoffges., unter BIII 8. 25) Zur Feuerwerkerei gehört auch die Anfertigung von Metallpatronen. Vgl. Erl d. RWiMin. v. 16. Febr. 32 — Illa 2137. 25 a) Nach § 40 des Zündwarenmonopolgesetz, v. 29. Jan. 1930 (RGBl. IS. 11) — DurchfB. v. 27. Mai 30 (RGBl. I S. 176) — wird, wer vorsätzlich, ohne dazu nach diesem Ges. berechtigt zu sein, Zündwaren herstellt oder entgegen diesem Ges. Zündwaren vertreibt oder erwirbt, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Der Versuch ist strafbar. Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Nach § 41 wird mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich einen anderen als den gemäß 8 31 des Ges. festgesetzten Kleinverkausspreis fordert oder sich von einem anderen gewähren oder versprechen läßt. Die Vorschriften der GewO, über die Errichtung und den Betrieb von An­ lagen zur Herstellung von Zündwaren bleiben unberührt; auch int übrigen finden die Vorschriften der GewO, insoweit Anwendung, alS sie nicht den Vor­ schriften dieses Gesetzes entgegenstehen (§ 39).

522

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Tran- und Seifensiedereien, Knochenbrennereien, Knochendarren, Knochenkochereien und Knochenbleichen, Zubereitungsanstalten für Tierhaare, Talgschmelzen, Schlächtereien,'•) Gerbereien, Ab­ deckereien,") Poudretten- und Düngpulverfabriken, Stauanlagen für Wassertriebwerke (§ 23), Hopfenschwefeldörren, Asphaltkochereien und Pechsiedereien, soweit sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Strohpapierstoffabriken, Darmzubereitungsanstalten, Fabriken, in welchen Dampfkessel oder andere Blechgefäße durch Ver­ nieten hergestellt werden,") Kalifabriken und Anstalten zum Impräg­ nieren von Holz mit erhitzten Teerölen, Kunstwollefabriken, Anlagen zur Herstellung von Zelluloid und Dägrasfabriken, die Fabriken, in welchen Röhren aus Blech durch Vernieten hergestellt werden, sowie die Anlagen zur Erbauung eiserner Schiffe, zur Herstellung eiserner Brücken oder sonstiger eiserner Baukonstruktionen, die Anlagen zur Destillation oder zur Verarbeitung von Teer und von Teerwasser, die Anlagen, in welchen au5x Holz oder ähnlichem Fasermaterial auf chemischem Wege Papierstoff hergestellt wird tZellulosefabriken),die Anlagen, in welches Albuminpapier hergestellt wird, die Anstalten zum Trocknen und Ein­ salzen ungegerbter Tierfelle sowie die Verbleiungs-, Verzinnungs­ und Berzinkungsanstalten, die Anlagen zur Herstellung von Gußstahlkugeln mittels Kugelschrotmühlen (Kugelfräsmaschinen), die Anlagen zur Herstellung von Zündschnuren und von elektrischen Zündern. Das vorstehende Verzeichnis kann, je nach (-Eintritt oder Wegfall der im Eingänge gedachten Voraussetzung, durch Beschluß des Bundes­ rats, vorbehaltlich der Genehmigung des nächstfolgenden Reichstags, abgeändert werden?') 26) Eine Schlächterei setzt keine besondere bauliche Anlage voraus. R. 8 S. 764. Der Verkauf selbftgemLsteter u. selbstgeschlachteter Schweine ist ein Nebenbetrieb der Landwirtschaft. Celle JurW. 57 S. 2481. Marienwerder JurW. 61 S. 1595. Braunschweig HRR. 1933 Nr. 1724 (auch Brotbacken). A. M. BayObLG. JurW. 59 S. 2440. Köln DRZ. 23 Nr. 625; nach KG. JFGErg. 9 S. 241 nur dann, wenn bes. Umstände deS Betriebs die Art der Verwertung des Fleisches an Stelle des üblichen Verkaufs deS lebenden Viehs notwendig machen. Nach Üblichkeit zu entscheiden. OLG. Dresden. JurW.

1934 S. 1435. — Fisch- u. Geflügelschlächtereien gehören nicht hierher. OVG. E. 32 S. 248. 27) Abdeckereien sind Anlagen, die zur gewerbsmäßigen Ausnutzung und unschädlichen Beseitigung von Tierkadavern dienen. BayObLG. v. 14. März 07, GewArch. 7 S. 199. Vgl. bez. der Berechtigung von Maßnahmen § 17 Viehseuchenges. v. 26. Juni 09 (RGBl. ©. 519) u. § 3 Ges. betr. Beseitigung von Tierkadavern v. 17. Juni 11 (RGBl. S. 248). 28) Dahin gehören auch Anlagen zur Reparatur von Dampfkefleln durch Vermieten re. KG. v. 17. Juni 95, GA. 43 S. 141. 29) Bezüglich elektrischer Anlagen siehe 8 12 deS Ges. v. 6. April 92 (RGBl. S. 467). Nicht fallen hierunter Sauggasanlagen. DIZ. US. 90.

523

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 17—19a.

Dem Antrag auf die Genehmigung einer solchen Anlage

§ 17.

müssen die zur Erläuterung erforderlichen Zeichnungen und Beschrei­ bungen beigefügt werden.")

Ist gegen die Vollständigkeit dieser Vorlagen nichts zu erinnern,

so wird daS Unternehmen mittels einmaliger Einrückung in das zu den amtlichen Bekanntmachungen der Behörde (§ 16) bestimmte Blatt

zur öffentlichen Kenntnis gebracht, mit der Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die neue Anlage binnen vierzehn Tagen anzu­

bringen.

Die Frist nimmt ihren Anfang mit Ablauf deS Tages, an

welchem das die Bekanntmachung enthaltende Blatt ausgegebeu worden, und ist für alle Einwendungen,

welche nicht

auf

privatrechtlichen

Titeln beruhen,") präklusivisch. § 18.

Werden keine Einwendungen angebracht, so hat die Be­

hörde zu prüfen, ob die Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für das Publikum herbeisühreu könne.

Auf Grund

dieser Prüfung, welche sich zugleich auf die Beachtung der bestehenden

bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften erstreckt, ist die

Genehmigung zu versagen, oder, unter Festsetzung der sich alS nötig

ergebenden Bedingungen, zu erteilen.

Zu den letzteren gehören auch

diejenigen Anordnungen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen Ge­

fahr für Gesundheit und Leben notwendig sind.

Der Bescheid ist

schriftlich auSzuferttgen und muß die festgesetzten Bedingungen ent­

halten; er muß mit Gründen versehen sein, wenn die Genehmigung versagt oder nur unter Bedingungen erteilt wird.

§ 19.

Einwendungen,

welche

auf besonderen

privattechtlichen

Titeln beruhen, sind zur richterlichen Entscheidung zu verweisen, ohne

daß von der Erledigung derselben die Genehmigung der Anlage ab­

hängig gemacht wird. Andere Einwendungen dagegen sind mit den Parteien vollständig zu erörtern.

Nach Abschluß dieser Erörterung erfolgt die Prüfung und

Entscheidung nach den im § 18 enthaltenen Vorschriften.

Der Bescheid

ist sowohl dem Unternehmer als dem Widersprechenden zu eröffnen.

§ 19 ä. In dem Bescheide kann dem Unternehmer auf seine Gefahr, 30) Der Unternehmer, der es fahrlässig unterlassen hat, eine zur Sicher­ heit der Arbeiter erforderliche Schutzvorrichtung anzubringen, kann sich nicht mit dem Einwande schützen, daß die ihm erteilte Konzession die Herstellung einer solchen Vorrichtung nicht vorgeschrieben habe. E. 18 S. 73. Geht die Anlage auf einen neuen Erwerber über und vermietet dieser dieselbe an einen Dritten, so bleibt er für die Innehaltung der Konzessionsbedingungen verantwottlich. KG. GA. 37 S. 455. Die Einwendungen müssen sich gegen die geplante Anlage richten. SächsOVG. v. 31. Dezbr. 02, DIZ. 9 S. 1096. 31) Nicht hierher sind die auf dem Nachbarrecht beruhenden Einwen­ dungen zu rechnen.

524

B IV. Handels- und Gewerberecht.

unbeschadet des Rekursverfahrens (§ 20), die unverzügliche Ausführung der baulichen Anlagen gestattet werden, wenn er dies vor Schluß der Erörterung beantragt. Die Gestattung kann von einer Sicherheits­ leistung abhängig gemacht werden. § 20. Gegen den Bescheid ist Rekurs an die nächstvorgesetzte Be­ hörde zulässig, welcher bei Verlust desselben binnen vierzehn Tagen, vom Tage der Eröffnung des Bescheids an gerechnet, gerechtfertigt

werden muß. Der Rekursbescheid ist den Parteien schriftlich zu eröffnen und muß mit Gründen versehen sein. § 21. Die näheren Bestimmungen über die Behörden und das Verfahren, sowohl in der ersten als in der Rekursinstanz, bleiben den Landesgesetzen Vorbehalten??) Es sind jedoch folgende Grundsätze

einzuhalten: 1. In erster oder in zweiter Instanz muß die Entscheidung durch eine kollegiale Behörde erfolgen. Diese Behörde ist befugt, Unter­ suchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und Sachver­ ständige zu laden und eidlich zu vernehmen, überhaupt den angetretenen

Beweis in vollem Umfange zu erheben. 2. Bildet die kollegiale Behörde die erste Instanz, so erteilt sie ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien, auch in dem Falle, wenn zwar Einwendungen nicht angebracht sind, die Behörde aber nicht ohne weiteres die Ge­ nehmigung erteilen will, und der Antragsteller innerhalb vierzehn Tagen nach Empfang des die Genehmigung versagenden oder nur unter Bedingungen erteilenden Bescheids der Behörde auf mündliche Verhandlung anträgt. 3. Bildet die kollegiale Behörde die zweite Instanz, so erteilt sie stets ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien. 4. Als Parteien sind der Unternehmer (Antragsteller), sowie die­ jenigen Personen zu betrachten, welche Einwendungen erhoben haben. 5. Die Öffentlichkeit der Sitzungen kann unter entsprechender Anwendung der §§ 172—175 des Gerichtsverfassungsgesetzes aus­ geschlossen oder beschränkt werden. § 21a. Die Sachverständigen (§ 21 Ziffer 1) haben über die Tatsachen, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis kommen, 32) Das Kreisgericht, in den einem Landkreise angehörigen Städten mit mehr als 10 000 Einw. der Magistrat, beschließt über Anttäge auf Ge­ nehmigung zur Errichtung oder Veränderung gewerblicher Anlagen. § 109 des Zuständ.Ges. v. 1. August 83 (GS. S. 237), und soweit die Beschluß­ fassung nicht dem Ausschuß resp. Magistrat zusteht, beschließt das Bezirksgericht. § 110 ibid.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 22—24.

525

Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Nachahmung der von dem Unternehmer geheim gehaltenen, zu ihrer Kenntnis gelangten Betriebs­ einrichtungen und Betriebsweisen, solange als diese Betriebsgeheimnisse sind, zu enthalten. § 22. Die durch unbegründete Einwendungen erwachsenden Kosten fallen dem Widersprechenden, alle übrigen Kosten, welche durch das Verfahren entstehen, dem Unternehmer zur Last. In den Bescheiden über die Zulässigkeit der neuen Anlage wird zugleich die Verteilung der Kosten festgesetzt. § 22 a. Anlagen im Sinne des § 16 können von den obersten Landesbehörden genehmigt werden, ohne daß es eines Verfahrens nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 17—21 bedarf, sofern ein öffent­ liches Interesse an der Errichtung der Anlage besteht. *32 a33 ) 34 35 § 23. Bei den Stauanlagen für Wassertriebwerke sind außer den Bestimmungen der §§ 17—22 a82 a) die dafür bestehenden landesgesetz­ lichen Vorschriften anzuwenden.88) Der Landesgesetzgebung bleibt Vorbehalten, die fernere Benutzung bestehender und die Anlage neuer Privatschlächtereien in solchen Orten, für welche öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden sind oder errichtet werden, zu untersagen.84) Soweit durch landesrechtliche Vorschriften Bestimmungen34a) ge­ troffen werden, wonach gewisse Anlagen oder gewisse Arten von An­ lagen in einzelnen Ortsteilen gar nicht oder nur unter besonderen Beschränkungen zugelassen sind, finden diese Bestimmungen auch aus Anlagen der im § 16 erwähnten Arr Anwendung.

§ 24. Die Anlegung und der Betrieb von Dampfkesseln bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Der Reichswirtschafts­ minister erläßt die auf dem Gebiete des Dampfkesselwesens erforder­ lichen Rechts- und Verwaltungsanordnungen.88) Er kann hierbei bestehende landesrechtliche Vorschriften abändern oder aufheben. 32 a) Wortlaut gern. Gesetz zur Änderung der GewO. v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 566). 33) Die Errichtung einer Stauanlage ist strafbar, wenn auch das Wasser­ werk noch nicht in Betrieb gesetzt ist. E. 1 S. 103. Wasserräder u. Turbinen sind Bestandteile der Stauanlage. OVG. GA. 50 S. 418. 34) Vgl. Ges. v. 3. Juni 00 betr. Schlachtvieh- u. Fleischbeschau (RGBl. S. 547) nebst Änderungen v. 15. April 30 (RGBl. I S. 131), 13. Dezbr. 35 (RGBl.IS. 1447) u. preuß.Ausführungsges. dazu v. 28.Juni 02 (GS.S. 229) mit ÄndGes. v. 18. Mai 33 (GS. S. 185). 34 a) Hierzu gehört auch das Naturschutzges. Flächen, die von Industrie und Gewerbe in Betrieb genommen sind, sollen aber nicht beeinträchtigt werden. Erl. d. RuPrWirtschMin. v. 12. Mai 36, Nachr.Bl. f. Naturschutz 1936 Nr. 7 35) § 24 neugefaßt d. BO. v. 30. Septbr. 37 (RGBl. I S. 918). Ein­ richtung einer Reichshauptstelle für technische Überwachung durch BO.

B IV. Handels- und Gewerberecht.

526

Der

Reichswirtschaftsminister

wird

ermächtigt,

entsprechende

Regelungen auch für andere Anlagen zu treffen, die mit Rücksicht auf

ihre für die Allgemeinheit bestehende Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen. Der Reichswirtschaftsminister kann auf dem Gebiete der über­

wachungspflichtigen

technischen

Anlagen

Zusammenschlüsse

bilden

und die Zugehörigkeit zu solchen Zusammenschlüssen anordnen.

§ 25. Die Genehmigung zu einer der in den §§ 16 und 24 be­ zeichneten Anlagen bleibt solange in Kraft, als keine Änderung in der Lage der Beschaffenheit der Betriebsstätte vorgenommen wird,

und bedarf unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht, einer Erneuerung nicht. Sobald aber eine Veränderung der Betriebsstätte vorgenommen wird, ist dazu die Genehmigung der zuständigen Behörde nach Maßgabe der §§ 17

bis 23 einschließlich beziehungsweise des § 24 notwendig. Eine gleiche

Genehmigung ist erforderlich

bei

wesentlichen^») Veränderungen

in dem Betrieb einer der im § 16 genannten Anlagen.

Die zu­

ständige Behörde kann jedoch auf Antrag des Unternehmers von der Bekanntmachung (§ 17) Abstand nehmen, wenn sie die Überzeugung gewinnt, daß die beabsichtigte Veränderung für die Besitzer oder Be­

wohner benachbarter Grundstücke oder das Publikum überhaupt neue

oder größere Nachteile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, nicht herbeiführen werde. Diese Bestimmungen finden auch auf Anlagen^ b) (§§ 16 und 24)

Anwendung, welche bereits vor Erlaß dieses Gesetzes bestanden haben.

§ 26. Soweit die bestehenden Rechte zur Abwehr benachteiligen­ der Einwirkungen, welche von einem Grundstück aus auf ein benach­ bartes Grundstück geübt werden, dem Eigentümer oder Besitzer des letzteren eine Privatklage gewähren, kann diese Klage einer mit obrig­

keitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage gegenüber nie­

mals auf Einstellung des Gewerbebetriebes, sondern nur auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende Einwirkung ausschlicßen,

v. 19. März 38 RGBl. I S. 297). Siehe sonst bisher allgemeine polizeiliche Bestimmungen über die Anlage von Dampfkesseln v. l7.Dezbr. 08 (RGBl. 09 S. 3) bez. Landdampfkessel, vom gleichen Tage (ebenda S. 51) bez. Schiffs­ dampfkessel; Änderungen u. Ergänzungen v. 2. März 12, v. 14. Dezbr. 13, v. 15. Aug. 14 (RGBl. S. 188, 781, 373), v. 25. April 22 (RGBl. 1 S. 469), v. 27. April 23(RGBl. S. 263), v. 14. Dezbr. 23 (RGBl. I S. 1229), v. 22. Dezbr. 2« (RGBl. I 1929 S. 2), v. 23. Febr. 34 (RGBl. I S. 126 u. 127) u. v. 28. Jan. 35 (RGBl. I S. 75, 76) nebst AndBO. v. 27. Aug. 36 (RGBl. I S. 706). 35 a) Wesentl. ist jede Beränder., die gegenüber der erteilt. Konzession sach­ lich die Grenzen der Geringfügigkeit überschreitet. Franks. GA. 49 S. 359. Hamb. OBG. Reger, Entsch. Bd. 55 S. 6. 35b) Nicht nur die gewerblichen, BO. v. 30. Aug. 37 (RGBl. I S. 918).

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 27—29.

527

oder, wo solche Einrichtungen untunlich oder mit einem gehörigen Be­ triebe des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schadloshaltung gerichtet

werden.8") § 27. Die Errichtung oder Verlegung solcher Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusche verbunden ist, muß, sofern sie nicht schon nach den Vorschriften der §§ 16 bis 25 der Genehmigung bedarf, der Ortspolizeibehörde angezeigt werden. Letztere hat, wenn in der Nähe der gewählten Betriebsstätte Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser oder Heilanstalten vorhanden sind, deren bestimmungsmäßige Benutzung durch den Gewerbebetrieb auf dieser Stelle eine erhebliche Störung erleiden würde, die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde darüber einzuholen, ob die Aus­ übung des Gewerbes an der gewählten Betriebsstätte zu untersagen oder nur unter Bedingungen zu gestatten fei.86d) § 28. Die höheren Verwaltungsbehörden sind befugt, über die Entfernung, welche bei Errichtung von durch Wind bewegten Trieb­ werken von benachbarten fremden Grundstücken und von öffentlichen Wegen innezuhalten ist, durch Polizeiverordnungen Bestimmung zu treffen. 2.

Gewerbetreibende, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen.

§ 29. Einer Approbation, welche auf Grund eines Nachweises der Befähigung erteilt wird, bedürfen Apotheker8) und diejenigen Personen, welche sich als Arzte (Wundärzte, Augenärzte, Geburtshelfer,8?) Zahnärzte und Tierärzte)38 * *) * *oder * * 36 37 mit gleichbedeutenden Titeln be35c) § 26 gilt entsprechend für Flughäfen, gleich ob dieser gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dient, § 10 LuftverkehrsGes. v. 21. Aug. 36 (RGBl. I S. 653). 35 d) Unberührt ist das Recht der Polizei, nach Maßgabe des Landesrechts gegen übermäßigen Lärm bei nicht gewerblichen Anlagen einzuschreiten. KayserSteiniger Anm. 7. OBG. GewArch. 4 S. 5.

36) Apotheker unterstehen nicht mehr der GewO. Vgl. §§ 1—4, 27 der ReichsapothekerO. v. 18. April 37 (RGBl. I S. 457); dazu DurchfBO. v. 8. Oktbr. 37 u. BestallungsO. v. 8. Oktbr. 37 (RGBl. I S. 1117, 1118). An die Stelle der Approbation ist die Bestallung getreten. 37) Ärzte unterstehen nicht mehr der GewO. Vgl. tztz 1, 2, 85 der ReichsärzteO v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1433). An die Stelle der Approbation ist bis Bestallung getreten.

38) Auch Zahnärzte und Tierärzte unterstehen nicht mehr der GewO. Auf Zahnärzte findet die ReichsärzteO. v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1433) Anwendung. Für Tierärzte gilt die ReichstierärzteO. v. 3. April 36 (RGBl. I S. 347) nebst DurchfBO. v. 25. Juli 36 u. 5. März 37 (RGBl. I 36 S. 571, 37 S. 278). Bei beiden ist auch an die Stelle der Approbation die Bestallung getreten. Vgl. Anm. 61 zu § 147.

528

B IV. Handels- und Gewerberecht.

zeichnen oder seitens des Staates oder einer Gemeinde als solche anerkannt oder mit amtlichen Funktionen betraut werden sollen?') Es darf die Approbation jedoch von der vorherigen akademischen Doktorpromotton nicht abhängig gemacht werden?') Der Bundesrat bezeichnet mit Rücksicht auf das vorhandene Bedürfnis in verschiedenen Teilen des Reichs die Behörden, welche für das ganze Reich gülttge Approbattonen zu erteilen befugt sind, und erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Befähigung. Die

Namen der Approbierten werden von der Behörde, welche die Approbatton erteilt, in den vom Bundesrate zu bestimmenden amtlichen Blättern veröffentlicht?") Personen, welche eine solche Approbation erlangt haben, sind innerhalb des Reichs in der Wahl des Ortes, wo sie ihr Gewerbe be­ tteiben wollen, vorbehaltlich der Bestimmungen über die Errichtung und Verlegung von Apotheken (§ 6), nicht beschränkt. Dem Bundesrate bleibt Vorbehalten, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Personen wegen wissenschaftlich erprobter Leistungen von der vorgeschriebenen Prüfung ausnahmsweise zu entbinden sind. Personen,welche vor Verkündigung dieses Gesetzes in einem Bundes­ staate die Berechttgung zum Gewerbebettiebe als Ärzte, Wundärzte, Zahnärzte, Geburtshelfer, Apotheker oder Tierärzte bereits erlangt haben, gelten als für das ganze Reich approbiert. § 30. Unternehmer von Privat-Kranken-, Privat-Entbindungsunh Privat-Jrrenanstalten bedürfen einer Konzession der höheren Ver­ waltungsbehörde.") Die Konzession ist nur dann zu versagen: a) wenn Tatsachen") vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit") 39) An sich ist die Ausübung der Heilkunde (mit Ausnahme der Apotheker) freigegeben, nur darf derjenige, der nicht approbiert ist, keine der in diesem § aufgeführten Titel führen. Es kann aber den nicht approbierten Personen durch Pol.Verordn. die Pflicht auferlegt werden, von der Ausübung der Heilkunde dem Kreisarzt Mitteilung zu machen. DIZ. 8 S. 323. 40) Zur gewerblichen Herstellung von Blitzableitern bedarf es keiner Approbatton; aber die Errichtung von Blitzableitern bedarf nach § 80 I 8 ALR. der polizeilichen Genehmigung und wer diese nicht einholt, verfällt der Sttafe aus § 367 Nr. 15 StGB. KG. v. 25. Febr. 95, GA. 43 S. 66. Diese Besttmmung des MR. ist in Kraft geblieben, siehe Art. 89 des AG. z. BGB. 40 a) Die Vorschrift über die Veröffentlichung ist bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Bek. v. 10. April 24 (RGBl. I S. 405). 41) Uber die Anträge entscheidet der Bezirksausschuß. § 115 des ZuständGes. Für einen approbierten Arzt als Unternehmer einer Privatllinik ist fachärztl. Vorbildung nicht erforderl. OLG. v. 6. Novbr. 24, DIZ. 30 S. 590. 42) Dahin gehört auch ein Mangel an Fähigkeit zur Leitung einer solchen Anstalt. OBG. v. 28. Septbr. 78, E. 4 S. 337. Tatsachen sind sowohl Hand­ lungen alS Unterlaffungen. OVG. v. 2. Juli 77, E. 3 S. 237. 43) Die Unzuverlässigkeit braucht nicht in der Leitung der bett. Anstalt

529

BIV 1. Gewerbeordnung § 30 a.

deS Unternehmers in Beziehung auf die Leitung oder 93er* waltung der Anstalt dartun,") b) wenn nach den von dem Unternehmer einzureichenden Be­ schreibungen und Plänen die baulichen und die sonstigen technischen Einrichtungen der Anstalt den gesundheitspolizei­ lichen Anforderungen nicht entsprechen, c) wenn die Anstalt nur in einem Teile eines auch von an­ deren Personen bewohnten Gebäudes untergebracht werden soll und durch ihren Betrieb für die Mitbewohner dieses Ge­ bäudes erhebliche Nachteile oder Gefahren Hervorrufen kann, d) wenn die Anstalt zur Ausnahme von Personen mit an­ steckenden Krankheiten oder von Geisteskranken bestimmt ist und durch ihre örtliche Lage für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke erhebliche Nachteile oder Ge­ fahren Hervorrufen kann. Vor Erteilung der Konzession sind über die Fragen zu c und d die Ortspolizei- und die Gemeindebehörden zu hören. Hebammen bedürfen eines Prüfungszeugnisses") der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde.") § 30a. Der Betrieb des Hufbeschlaggewerbes kann durch die Landesgesetzgebung") von der Beibringung eines Prüfungszeugnisses hervorgetreten zu sein. OVG. v. 12. Mai 80, E. 6 S. 260. Bei Mißbrauch von Rauschgiften. OVG. JurW. 1934 S. 1270. 44) Zu dem Begriff einer Krankenanstalt gehört es, daß Kranke in dazu bereit gestellten Räumen ihren auf eine gewisse Dauer berechneten Aufenthalt nehmen. E. 32 S. 235. KG. v. 2. Mai 95, Iohow 16 S. 341. 45) Die Entsch. E. 15 S. 181, daß Männer, wenn sie sich nicht als appro­ biert bezeichnen, ungestraft als Geburtshelfer fungieren können, ist als forma­ listisch und sinnwidrig abzulehnen. — Eine Niederlassungsgenehmigung für den einzelnen Ort ist nicht erforderlich. OLG. München, HRR. 36 Nr. 318. 46) Nach § 3 des preuß. Ges. über das Hebammenwesen v. 20. Juli 22 (GS. S. 179), geänd. am 31. Dezbr. 22, 15. März 23 (GS. S. 2, 63), ist Frauen, die weder eine ärztliche Approbatwn noch das Prüfungszeugnis (§ 9 des Ges.) besitzen, die Ausübung der Geburtshilfe auch dann untersagt, wenn sie nicht gewerbsmäßig betrieben wird. Notfälle sind ausgenommen. Hebammen ist die Ausübung der Geburtshilfe nur gestattet, wenn sie ein Prüfungszeugnis erhalten oder vom M. f. B. zur Ausübung der Geburtshilfe zugelassen sind, und wenn ihnen eine Niederlassungsgenehmigung erteilt ist (§ 4). Die Vergehen werden mit Geldstrafe oder mit Haft bestraft, sofern nicht nach den bestehenden Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist (8 41). — Ist eine Hebamme wegen unbefugter Gewerbeausübung verurteilt, so schließt das eine neue (Straf­ verfolgung wegen fahrlässiger Tötung aus. R. 5 S. 29. 47) Für Preußen ist das Gesetz betr. den Betrieb des Hufbeschlaggewerbes v. 18. Juni 84 (GS. S. 305) ergangen. Danach ist der Betrieb des Hufbeschlag­ gewerbes von der Beibringung eines Prüfungszeugnisses abhängig gemacht, und zur Erteilung dieses Zeugnisses sind berechtigt:

Dalcke, Strafrecht. SO. Aufl.

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Eß.

MO

BIV. Handel-- und Gewerberecht.

abhängig gemacht werden.

Das erteilte Prüfungszeugnis gilt für

den ganzen Umfang des Reichs. § 30b. Orthopädische Maßschuhe dürfen nur im Handwerksbettiebe eines Schuhmachermeisters angefertigt werden, der eine Zusatzprüfung bestanden hat. Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister und dem Reichs­ minister des Innern die näheren Bestimmungen?") § 30 c ) und die zur Ausführung erforderlichen Bestimmungen erlassen. In die Lohnbücher oder Arbeits­ zettel sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu bevollmächtigten Be­ triebsbeamten einzutragen: 1. der Zeitpunkt der Übertragung von Arbeit, Art und Umfang der Arbeit, bet Akkordarbeit die Stückzahl, 2. die Lohnsätze,69") 3. die Bedingungen für die Lieferung von Werkzeugen und Stoffen zu den Arbeiten, 4. der Zeitpunkt der Ablieferung sowie Art und Umfang der ab­ gelieferten Arbeit, 5. der Lohnbelrag unter Angabe der etwa vorgeuommenen Abzüge, 6. der Tag der Lohnzahlung. Der Bundesrat kann bestimmen, daß in die Lohnbücher oder Arbeitszettel auch die Bedingungen für die Gewährung von Kost und Wohnung eingetragen werden, sofern Kost oder Wohnung als Lohn oder Teil des Lohnes gewährt werden soll. Im Übrigen sind noch solche Eintragungen zulässig, welche sich auf Namen, Firma und Niederlassungsort des Arbeitgebers, Namen und Wohnort des Arbeiters, die übertragenen Arbeiten und die dafür vereinbarten oder gezahlten Löhne beziehen. Die Eintragungen in die Lohnbücher oder Arbeitszettel dürfen 89) Geändert durch Ges. v. 16. Juni 37 (RGBl. I S. 649). 89a) Die Fassung des § 114a sowie die §§ 114b bis 114e beruhen auf dem Ges. v. 27. Dezbr. 11 (RGBl. 12 S. 139). 89 b) Siehe Bet. v. 14. Febr. 13 (RGBl. S. 97) betr. Lohnbücher für die Kleider- und Wäschekonfettion. 89 c) Zum Lohn sind nicht zu rechnen Vereinbarungen über die dem Arbeiter zu gewährende freie Zeit und Über die Erlaubnis, sich Nebenverdienst zu ver­ schaffen. Celle GA. 49 S. 349.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

nicht mit einem Merkmal versehen sein, das den Inhaber günstig oder nachteilig zu kennzeichnen bezweckt. Die Eintragung eines Urteils über die Führung oder die Leistungen des Arbeiters und sonstige durch dieses Gesetz nicht vorgesehene Eintragungen oder Vermerke sind unzulässig?")

§ 114b« Das Lohnbuch oder der Arbeilszettel ist von dem Arbeit­ geber auf seine Kosten zu beschaffen und dem Arbeiter sofort nach Vollziehung der vorgeschriebenen Eintragungen kostenfrei auszuhändigen. Die Eintragungen sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu bevoll­ mächtigten Betriebsbeamten zu unterzeichnen. Der Bundesrat kann bestimmen, daß die Lohnbücher in der Betriebsstätte verbleiben, wenn die Arbeitgeber glaubhaft machen, daß die Wahrung von Fabrikations­ geheimnissen diese Maßnahme erheischt. Den beteiligten Arbeitern ist Gelegenheit zu geben, sich vor Erlaß dieser Bestimmung zu äußern. Sofern nicht der BunbeSrat86bb) anbet§ bestimmt, sind die Ein­ tragungen gemäß § 114 a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 vor oder bei der Übergabe der Arbeit, die gemäß § 114a Abs. 1 Nr. 4 bei der Abnahme der Arbeit, die gemäß § 114 a Abs. 1 Nr. 5, 6 bei der Lohnzahlung mit Tinte zu bewirken und zu unterzeichnen. In den Lohnbüchern sind die §§ 115 bis 119a Abs. 1, § 119b abzudrucken.

§ 114c. Soweit der Bundesrat 88 bb) Bestimmungen auf Grund des § 114 a Abs. 1, 2 nicht erläßt, kann die Landeszentralbehörde oder nach Anhören beteilig!er Gewerbetreibender und Arbeiter die zuständige Polizeibehörde durch Polizeiverordnung sie erlassen. Für diesen Fall kann die Landeszentralbehörde oder die zuständige Polizeibehörde auch Bestimmungen auf Grund des § 114b Abs. 2 erlassen.

§ 1144. Bunbedrat86 bb) und Landeszentralbehörde können die Bestimmungen auf Grund der §§ 114a bis 114c auch für einzelne Bezirke erlassen. § 114e- Für die Bestimmungen des Bundesrats88 bb) gilt § 120 g entsprechend.

§ 115. Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Neichswährung"8) zu berechnen und bar auszuzahlen. 89d) Geänd. durch Ges. v. 16. Juni 37 (RGBl. S. 649). 89 e) Mttnzges. v. 30. August 24 (RGBl. 11 S. 254) i. d. F. d. Ges. v. 5. Juli 34 (RGBl. 1S. 574) nebst DurchfBO. v. 6. Juli 34 (RGBl. I S. 594). 90) Die Zahlung des Lohnes muß unbedingt bar erfolgen, nicht durch Anweisung (Bons), E. 1 S. 386 u. R. 5 S. 18; ebensowenig durch Marken, E. 7 S. 38; auch nicht durch Abzug der Forderung eines Dritten an den Arbeiter für entnommene Waren, GA. 42 S. 46; ferner auch nicht durch Abzug einer persönlichen Forderung, die der Gewerbetreibende oder dessen

B IV 1, Gewerbeordnung § 115 a.

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Sie dürfen den Arbeitern keine Waren kreditieren.") Doch ist es gestattet, den Arbeitern Lebensmittel^) für den Betrag der An­ schaffungskosten,'^) Wohnung und Landnutzung gegen die ortsüblichen Miet- und Pachtpreise, Feuerung, Beleuchtung, regelmäßige Be­ köstigung,") Arzneien und ärztliche Hilfe sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten für den Betrag der durch­ schnittlichen Selbstkosten") unter Anrechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen. Zu einem höheren Preise ist die Verabfolgung von Werkzeugen und Stoffen für Akkordarbeiten zulässig, toeirn derselbe den ortsüblichen nicht übersteigt und im voraus vereinbart ist.")

5 116a« Lohn- und Abschlagszahlungen dürfen in Gast- und Schankwirtschaften oder Verkaufsstellen nicht ohne Genehmigung der unteren Verwaltungsbehörde erfolgen; sie dürfen an Dritte nicht erfolgen auf Grund von Rechtsgeschäften oder Urkunden über RechtsBeauftragter an den Arbeiter hat; E. 26 S. 208; auch nicht durch Wechsel, ausgenommen, wenn der letztere nicht als Zahlung gelten soll, sondern nur zur Sicherung des Lohnes gegeben wird. E. 17 S. 285. Die Anrechnung ist nach § 394 BGB. unzulässig. Einbehaltung von Lohnbeträgen zur Tilgung von Entschädigungsforderungen ist daher nach § 146 1 strafbar. GA. 51 S. 379. Wohl aber ist statthaft, daß der Arbeitgeber Marken als Lohnvorschüffe gibt, daß die Arbeiter diese Marken bei Dritten bei Entnahme von Waren in Zahlung geben und daß der Arbeitgeber später, diese Marken bei den Dritten gegen Bar­ zahlung einlöst. E. 29 S. 95. Die Marken dienen hier nur gewissermaßen als Beweismittel für die von dem Arbeitgeber geleistete Bürgschaft. Vgl. auch E. 29 S. 190. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß den Arbeitern bet der Auszahlung des Lohnes gewisse Abzüge gemacht werden, R. 5 S. 779, und noch weniger fällt es unter dies Gesetz, wenn der Arbeiter den eben empfangenen Lohn unmittelbar darauf im Geschäfte des Arbeitgebers zum Ankauf von Waren verwendet, E. 12 S. 182. 91) Aber sie können den Arbeitern Waren gegen Barzahlung verkaufen. E. 22 S. 177. Die für kreditierte Waren geschuldeten Beträge dürfen von dem Arbeitslöhne auch dann nicht gekürzt werden, wenn dieser zunächst bar bezahlt wird, GA. 38 S. 375. E. 7 S. 197. Es kommt nicht darauf an, ob ein Borg­ verhältnis den Arbeitern und ihren Familien Vorteile gewähren soll u. wirklich gewährt. E. 42 S. 298. 92) Im Übermaß verabfolgter Branntwein ist kein Lebensmittel, E. 20 S. 217; ebensowenig sind dahin Haushaltungsgegenstände zu rechnen, sondern nur Nahrungsmittel. R. 9 S. 289. Vgl. auch E. 30 S. 253. 93) Darunter sind nicht bloß die Einkaufspreise zu verstehen, sondern auch andere Aufwendungen, wie Transportkosten usw. E. 18 S. 224. 94) Sie ist nur dann vorhanden, wenn dem Arbeiter während eines längeren Zeitraums wenigstens eine der üblichen täglichen Mahlzeiten in einer zu sofortigem Genusie geeigneten Weise verabfolgt wird. R. 10 S. 422. 95) Die Selbstkosten decken sich nicht mit den Anschaffungskosten, fonbem umfassen auch die Aufwendungen für Aufbewahrung, Unterhaltung der Waren usw. E. 27 S 321. 96) Die Vorschrift des 8 115 kann auch fahrlässigerweise übertreten werben.

E. 22 S. 43.

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B IV. Handels - und Gewerberecht.

geschäfte, welche nach $ 2 des Gesetzes, betreffend bie Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohns, vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 242) rechtlich unwirksam sind.") § 116. Arbeiter, deren Forderungen in einer dem §115 zu­ widerlaufenden Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Maßgabe des § 115 verlangen, ohne daß ihnen eine

Einrede aus dem an Zahlungsstatt Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hilfskasse zu, welcher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer anderen zum Besten der Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Gemeinde­ behörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Ortsarmenkasse. § 117» Verträge, welche dem § 115 zuwiderlaufen, sind nichtig. Dasselbe gilt von den Verabredungen zwischen Gewerbetreibenden und den von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen sowie überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem anderen Zwecke als zur Beteiligung an Einrichtungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien.") § 118. Forderungen für Waren, welche dem § 115 zuwider kreditiert worden sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt, roch durch Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unter­ schied, ob sie zwischen den Beteiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind. Dagegen fallen dergleichen Forderungen der im § 116 bezeichneten Kasse zu. § 119. Den Gewerbetreibenden im Sinne der §§ 115 bis 118 sind gleich zu achten deren Familienglieder, Gehilfen, Beauftragte,") Geschäftsführer, Aufseher und Faktoren sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. § 119a. Lohneinbehaltungen, welche von Gewerbeunternehmern zur Sicherung des Ersatzes eines ihnen aus der widerrechtlichen Auf­ lösung des Arbeitsverhältnisses erwachsenden Schadens ober einer für diesen Fall verabredeten Strafe ausbedungen werden, dürfen bei den 97) Der zit. § 2 ist durch Ges. v. 24. Oktbr. 34 (RGBl.I S. 1070) außer Kraft gesetzt worden. — Die Lohnauszahlung, auf Grund von Vollmachten, durch die der Verwalter eines kreditgebenden Konsumvereins ein für allemal er­ mächtigt wird, fällige Lohnbeträge für den Arbeiter zu erheben, ist strafbar. E. 27 S. 289. 98) Der § 117 bezieht sich nur auf den § 115, nicht aus ben § 115 a. Siehe E. 27 S. 289 99) Der Wirt der Kantine kann als Beauftragter angesehen werden.

LIV 1. Gewerbeordnung §§ 119b u. 120.

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einzelnen Lohnzahlungen ein Viertel des fälligen Lohnes, im Ge­ samtbeträge den Betrag eines durchschnittlichen Wochenlohnes nicht übersteigen. Durch statutarischeBestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) kann für alle Gewerbebetriebe oder ge­ wisse Arten derselben festgesetzt werden: 1. daß Lohn- und Abschlagszahlungen in festen Fristen erfolgen müssen, welche nicht länger als einen Monat und nicht kürzer als

eine Woche sein dürfen; 2. daß der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an die Eltern oder Vormünder und nur mit deren schriftlicher Zustimmung oder nach deren Bescheinigung über den Empfang der letzten Lohn­ zahlung unmittelbar an die Minderjährigen gezahlt wird; 3. daß die Gewerbetreibenden den Eltern oder Vormündern inner­ halb gewisser Fristen Mitteilung von den an minderjährige Arbeiter gezahlten Lohnbeträgen zu machen haben. § H9b. Unter den in §§ 114 a bis 119a bezeichneten Arbeitern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Ge­ werbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der An­ fertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hüfsstofse selbst beschaffen?") § 120. Die Gewerbeunternehmer smd verpflichtet, ihren Ar­ beitern unter achtzehn Jahren, welche eine von der Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte Unterrichtsanstalt besuchen, hierzu die ersorderlichenfalls von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit zu gewähren?"») Am Sonntage darf der Unterricht nur stattfinden, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, daß 100) Neben § 119 b gilt das Ges. über die Heimarbeit v. 23. März 34 (RGBl. I S. 214). Wer hierunter fällt, ist im Gesetz genau bestimmt; vgl. Anm. 78 zu § 105. 100 a) Es ist nicht erforderlich, daß für den Arbeiter eine Verpflichtung zum Besuch besteht. Stenglein Nebenges. Anm. 8. Der Arbeitgeber hat für rechtzeitige Entlassung des Arbeiters zu sorgen. KG. GA. 45 S. 300. Ein Irrtum über die Schulpflichtigkeit des Arbeiters schützt nicht. KG. GewArch. 6 S. 109. Die Schulpflicht darf der Arbeitgeber durch einen Scheinvertrag nicht aufheben. Braunschweig JurW. 57 S. 2917. Der Besuch einer Fachschule befreit nur dann vom Besuch der Berufsschule, wenn erstere von der Verwaltungsbeh. als ausreichender Ersatz anerkannt ist. KG. Recht 33 Nr. 422. Mit dem Wechsel des Beschäftigungsortes ändert sich auch die Berufsschul­ zugehörigkeit. Der Lehrherr genügt seinen Pflichten, wenn er seinen Lehrling abmeldet. KG. JFGErg. 9 S. 354. Beschäftigt der Lehrherr Lehrlinge außerhalb des Bezirks der Berufsschule auf längere Zeit, so muß er sie bei der Schule des neuen Beschäftigungsortes anmelden. KG. DIZ. 35 S. 438. Der Arbeitgeber hat den Berufsschüler zum pünktlichen und regelmäßigen Schul­ besuch anzuhallen. KG. Recht 33 Nr. 2102.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

die Schüler nicht gehindert werden, den Hauptgottesdienst oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichteten be­ sonderen Gottesdienst ihrer Konfession zu besuchen.') Ausnahmen von dieser Bestimmung kann die Zentralbehörde für bestehende Fort­ bildungsschulen, zu deren Besuche keine Verpflichtung besteht, bis zum 1. Oktober 1894 gestatten. Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser Bestimmung gelten auch Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten erteilt wird. Die Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule kann, soweit sie nicht nach Landesgesetz") besteht, durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) für die im Abs. 1 bezeichneten Arbeiter eingeführt werden. Diese Pflicht besteht dann auch für die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit. Auf demselben Wege können die zur Durchführung dieser Verpflichtung erforderlichen Bestimmungen getroffen werden. Insbesondere können durch statu­ tarische Bestimmung die zur Sicherung eines regelmäßigen Schulbe­ suchs den Schulpflichtigen sowie deren Eltern, Vormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen bestimmt und diejenigen Vor­ schriften erlassen werden, durch welche die Ordnung in der Fort­ bildungsschule und ein gebührliches Verhalten der Schüler gesichert wird. Von der durch statutarische Bestimmung begründeten Verpflich­ tung zum Besuch einer Fortbildungsschule sind diejenigen befreit, welche eine Jnnungs- oder andere Fortbildungs- oder Fachschule be­ suchen, sofern der Unterricht dieser Schule von der höheren Verwal*

ER.

1) Es kommt bei der Beurteilung der Strafbarkeit (wegen Versäumnis deS Unterrichts) nur darauf an, ob der Unterricht während der Zeit des Haupt­ gottesdienstes der Konfession, welcher der Angekl. angehört, stattgefunden hat. Ist dies der Fall, so ist der Angekl. nicht strafbar, gleichviel ob er den Gottes­ dienst besucht hat, oder nicht. KG. v. 21. Jebr. 95, GA. 42 S. 431. la) In Preußen: Nach dem Ges. v. 31. Juli 23 (GS S. 367) mit Änd. v. 26. März 35 (GS. S. 49) können durch Satzung eines Kreises die Jugendlichen unter 18 Jahren zum Besuch der Berufsschule verpflichtet werden. Geldstrafe für Zuwiderhandlungen der zehnfache Betrag des Lohnes, den der Schulpflichtige für den Tag der Versäumnis verdiente (§§ 8,9). Der Strafrahmen beträgt jetzt 1 bis 150 Reichsmark. KG. GA. 69 S. 235. JFGErg. 3 S. 329. Arbeitgeber ist nur derj., von dem oder in dessen Namen mit dem Berufs­ schulpflichtigen oder dessen gesetzl. Vertreter ein Arbeitsdienstvertr. abgeschl. ist. KG. JFGErg. US. 292. Zuwiderhandl. gegen Vorschriften einer nicht statuta­ risch erlassenen Schulordnung können nur disziplinarisch geahndet werden. KG. Recht 32 Nr. 2022. Die Störung des Unterrichts ist auch Verletzung der Schulpflicht. KG. JFGErg. 8 S. 347. Der Berufswechsel befreit nicht von der Teilnahme am Unterricht. KG. Recht 32 Nr. 2021. Der Lehrling, der auf Geheiß des Lehrherrn die Schule versäumt, ist nicht verantwortlich. KG. JFGErg. 8 S. 374.

BIV 1. Gewerbeordnung § 120.

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tungsbehörde als ein ausreichender Ersatz des allgemeinen Fort­ bildungsschulunterrichts anerkannt wird?)

Die im Abs. 3 Satz 1 ausgesprochene Pflicht kann für eine Gemeinde oder einen weiteren Kommunalverband durch Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde eingeführt werden, wenn ungeachtet einer von ihr auf Antrag beteiligter Arbeitgeber oder Arbeiter an die Ge­ meinde oder den weiteren Kommunalverband erlassenen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist das Statut nicht erlassen worden ist. Die im Abs. 3 vorgesehenen Bestimmungen werden in diesem Falle von der höheren Verwaltungsbehörde getroffen. Gegen die Aufforderung und die Anordnungen der höheren Verwaltungsbehörde ist Beschwerde an die Landeszentralbehörde zulässig. 2) Der § 120 findet auch auf Lehrlinge in Handelsgeschäften Anwendung. GA. 43 S. 144; auch von Versicherungsagenturen. KG. JFGErg. 1 S. ICO; auch auf Handwerkslehrlinge, GA. 63 S. 462 (nach KG. JFGErg. 10 S. 371 nicht auf über 18 Jahre alte), sowie auf Lehrlinge aller Gärtnereien. KG. Johow 22 S. 0 16 (abgesehen von denen, die den feldmäßigen Anbau von Gartenfrüchteu betreiben. KG. JurR. 2 Nr. 1223, GA. 71 S.31) Dresden JurW. 61 S. 1594; Breslau GA. 74 S. 149, anders Hamburg JurW. 60 S. 1256 ; aber nicht auf solche Lehrlinge, die hauptsächl. mit landwirtschaftl. Arbeiten beschäftigt werden. KG. Johow 21 S. 6 72; auch nicht auf Volontäre mit Einjährigen­ zeugnis, die ohne Bezahlung Dienste leisten und nicht an die Geschäftszeit gebunden sind. KG., Die Polizei 16 S. 297. Schulpflichtig ist der gewerbl. Lehrling auch in der der Lehrzeit vorangehend. Probezeit. KG. DIZ. 31 S. 602; nicht die Kinder, die den Eltern, in deren Gewerbe gemäß § 1617 BGB. Helsen. KG. GA. 74 S. 298. Auch die Büroangestellten der Rechtsanwälte sind von der durch Orts­ satzung (siehe Anm. la) festgelegten Berufsschulpflicht nicht ausgenommen. KG. GA. 71 S. 27. Der Bürovorsteher ist aber nicht für den Schulbesuch verantwort­ lich. JFGErg. 6S. 361 — Wohl aber der RA. selbst.—KG. JurW. 59 S. 2079; auch nicht der Gutsverwalter. KG. JFGErg. 7 S. 279. Ausländer sind zum Besuch der Fortbildungsschule nicht verpflichtet. Breslau JurW. 55 S. 389. Strafbar ist auch das Versäumen des Turn- und Spiclunterrichts der Fortbildungsschule. LG. Liegnitz, JurW. 51 S. 113. Gewerbliche Arbeiter, denen durch Ortsstatut die Verpflichtung zum Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule am Orte ihrer Beschäftigung auferlegt ist, werden von dieser Verpflichtung nicht deshalb be­ freit, weil sie eine ländliche Fortbildungsschule ihres Wohnortes besuchen. KG. Johow 43 S. 421; auch nicht dadurch, daß sie nur vorübergehend wenige Tage beschäftigt werden. KG. GA. 71 S. 212. Nicht macht sich aber strafbar, wer seine Lehrlinge zur Verrichtung dringender, für das Allgemeinwohl er­ fordert. Arbeiten, Notstandsarbeiten, vom Besuch der Fortbildungsschulen fern­ hält. KG. JFGErg. 1 S. 164. Gesteigerter Weihnachtsverlehr fällt aber nicht darunter. KG. Recht 33 Nr. 665. Überhaupt ist nur der strafbar, der die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt, daher nicht der kaufmännische Direktor, der die Kontrolle des Schulbesuchs einem Prokuristen übertragen hat. KG. GA. 69 S. 233. Die Ortssatzung ist ungültig, falls die beteiligten Arbeiter, Arbeitgeber und deren Berussvertretungen nicht gehört sind. KG. JurW. 58 S. 3398. A. M. mit Recht KG. v. 18. Febr. 30 u. 18. Mai 31 (ungedruckt).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Unterrichtszeiten werden von der hierfür?») nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt und bekanntgemacht.

§ 120a. Die Gewerbeunternehmer-) sind verpflichtet, die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einzu­ richten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebs gestattet?) Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betrieb entstehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen. Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefährliche Berührungen mit Maschinen oder Maschinenteilen oder gegen andere in der Natur der Betriebs­ stätte oder des Betriebs liegende Gefahren, namentlich auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrilbründen erwachsen können, erforder­ lich sind?) Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Be­ triebs und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Siche­ rung eines gefahrlosen Betriebs erforderlich sind. § 120b. Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vor­ schriften über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zu erlassen, welche erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern. Insbesondere muß, soweit eö die Natur des Betriebs zuläßt, bei 2 a) Ist die Bekanntmachung unterblieben, entfällt die Fortbildungsschul­ pflicht. KG. v. 21. Novbr. 24, GA. 69 S. 327. 3) Auf die im 8 6 aufgeführten Gewerbe findet die Vorschrift keine An­ wendung. Kayser-Steiniger Anm. 1. 4) Der Unternehmer kann sich nicht damit entschuldigen, daß der Fabrik­ inspektor den Mangel der betr. Schutzvorrichtung nicht gerügt habe, EZ. 12 S. 46, LZ. 11 S. 1341; auch nicht damit, daß ihm in seiner Kon­ zessionsurkunde die Herstellung der Schutzvorrichtung nicht zur Pflicht gemacht sei. E. 18 S. 73; ebensowenig damit, daß die Herstellung ohne eine Be­ triebsstörung nicht möglich gewesen sei, E. 10 S. 6, daß die polizeilich vor­ geschriebene Schutzvorrichtung in den Unsallvorschriften der Berussgenossenschaft nicht gefordert ist. GA. 68 S. 973. Auch gewisse, nur mittelbar zum Fabrikbetricbe gehörige Vorrichtungen, welche an sich außerhalb des letzteren liegen, fallen unter den 8 120a. E.18 S. 204. Vgl. KG. Johow 24 S. £ 13. 5) Welche Vorrichtungen zur Sicherung gegen Gefahren notwendig, hat zunächst der Gewerbetreibende selbst zu prüfen. Es kommt nicht darauf an, ob er die Notwendigkeit einer Schutzvorrichtung erkannt hat, sondern tust darauf, ob er sie hätte erkennen müssen. E. Z. 12 S. 130.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 120 c u. 120 d.

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der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt werden, sofern nicht die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes durch die Einrichtung des Betriebs ohnehin gesichert ist. In Anlagen, deren Betrieb es mit sich bringt, daß die Arbeiter sich umkleiden und nach der Arbeit sich reinigen, müssen ausreichende, nach Geschlechtern getrennte Ankleide- und Waschräume vorhanden sein. Die Bedürfnisanstalten müssen so eingerichtet sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesund­ heitspflege entsprochen wird und daß ihre Benutzung ohne Verletzung von Sitte und Anstand erfolgen kann.

{ 120o. Gewerbeunternehmer, welche Arbeiter unter achtzehn Jahren beschäftigen, sind verpflichtet, bei der Einrichtung der Betriebs­ stätte und bei der Regelung des Betriebs diejenigen besonderen Rück­ sichten auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind. § 120d. Die zuständigen Polizeibehörden sind befugt, im Wege der Verfügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maß­ nahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der in §§ 120a bis 120c enthaltenen Grundsätze erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen. Sie können anordnen, daß den Arbeitern zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb der Arbeitsräume angemessene, in der kalten Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Soweit die angeordneten Maßregeln nicht die Beseitigung einer dringenden, das Leben oder die Gesundheit bedrohenden Gefahr be­ zwecken, muß für die Ausführung eine angemessene Frist gelassen werden. Den bei Erlaß dieses Gesetzes bereits bestehenden Anlagen gegen­ über können, solange nicht eine Erweiterung oder ein Umbau eintritt, nur Anforderungen gestellt werden, welche zur Beseitigung erheblicher, das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefährden­ der Mißstände erforderlich oder ohne unverhältnismäßige Aufwendungen ausführbar erscheinen.

Gegen die Verfügung der Polizeibehörde steht dem Gewerbeunter­ nehmer binnen zwei Wochen die Beschwerdean die höhere Verwaltungs­ behörde zu. Gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist binnen vier Wochen die Beschwerde an die Zentralbehörde zulässig; diese entscheidet endgültig. Widerspricht die Verfügung den von der zuständigen Berufsgenossenschaft erlassenen Vorschriften zur Verhütung von Unfällen, so ist zur Einlegung der vorstehend bezeichneten Rechts­ mittel binnen der dem Gewerbeunternehmer zustehenden Frist auch der Vorstand der Berufsgenossenschaft befugt.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

§ 120e. Durch Beschluß des Bundesrats") können Vorschriften darüber erlassen werden, welchen Anforderungen in bestimmten Arten von Anlagen zur Durchführung der in den §§ 120a bis 120c ent­ haltenen Grundsätze zu genügen ist6) In diesen Bestimmungen können 5 a) S. Amn. 81 a zu § 41 b. 6) Folgende im RGBl, veröffentlichten Sei. kommen in Betracht: a. v. 6. März 08 (RGBl. S. 172) betr. die Einrichtung von Anlagen zur Herstellung elektrischer Akkumulatoren aus Blei usw. b. v. 16. Mai 07 (S. 233) betr. die Einrichtung u. den Betrieb von An­ lagen zur Herstellung von Alkali-Chromaten. c. v. 27. Jan. 20 (RGBl. S. 109) betr. die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten. d. v. 16. Juni 05 (S. 545) betr. die Einrichtung und den Betrieb der Bleihütten. e. v. 31. Juli 97 (S. 614), v. 5. Juli 07 (S. 405) u. v. 22. Dezbr. 08 (S. 654) betr. die Einrichtung der Buchdruckereien und Schriftgießereien. f. v. 4. Mai 14 (S. 118) u. 21. Oktbr. 14 (S. 446) (siehe E. 48 S. 94 über die Bek. v. 19. Dezbr. 08) betr. den Betrieb der Anlagen der Großeisen­ industrie. g. v. 1. März 02 (S. 59) betr. die Einrichtung und den Betrieb gewerb­ licher Anlagen zur Vulkanisierung von Gummiwaren. h. v. 22. Oktbr. 02 (S. 269) betr. die Einrichtung und den Betrieb der Roß­ haarspinnereien, Haar- und Borstenzurichtereien usw. (Siehe hierzu E. 63 (5.211.) i. v. 8. Dezbr. 09 (S. 969) betr. die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter bei der Bearbeitung von Faserstoffen, Tierhaaren usw. k. v. 25. Rovbr. 09 (S. 965 u. 966) betr. die Beschäftigung von Arbeite­ rinnen in Betrieben zur Herstellung von Gemüse- oder Obstkonserven und in Betrieben zur Herstellung von Fischkonserven. l. v. 27. Mai 30 (RGBl. I S. 183) zum Schutze gegen Bleivergiftung bei Anstricharbeiten. m. v. 31. Mal 09 (S. 471) u. v. 20. Rovbr. 11 (S. 955) betr. die Ein­ richtung und den Betrieb von Steinbrüchen und Steinhauereien. n. v. 30. Jan. u. 30. Septbr. 31 (RGBl. I S. 17 u. 525) betr. Her­ stellung, Verpackung, Lagerung und Einfuhr von Thomasmehl. o. v. 25. Rovbr. 09 (S. 968) betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Anlagen, die zur Herstellung von Zichorie dienen. p. v. 17. Febr. 07 (S. 34) betr. die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Zigarren bestimmten Anlagen. q. v. 13. Dezbr. 12 (S. 564) u. v. 21. Febr. 23 (S. 161) über die Ein­ richtung von Zinkhütten und Zinkrosthütten. r. v. 24. Rovbr. 11 (S. 958) betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Rohzuckerfabriken. s. v. 27. Dezbr. 28 (29 I S. 9) über die Herstellung von Kuallkorken. t. VO. v. 20. Oktbr. 30 (RGBl. I S. 468) über Zellhorn, geändert durch VO. v. 23. März u. 14. Juli 34 (RGBl. I S. 225, 711). u. VO. v. 28. Juni 20 (RGBl. I S. 1357) für Preßluftarbeiten. v. VO. v. 26. März 30 (RGBl. I S. 104) über die Beschäftigung jugend­ licher Arbeiter im Steinkohlenbergbau. w. VO. V..26. März 30 (RGBl. I S. 104) über die Beschäftigung von Arbeitern unter 18 Jahren und von Arbeiterinnen in Walz- und Hammerwerken.

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 120k—121.

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auch Anordnungen über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zum Schutze von Leben und Gesundheit ausgenommen werden. Eine Ab­ schrift oder ein Abdruck der Anordnungen ist an geeigneter, allen be­ teiligten Arbeitern zugänglicher Stelle auszuhängen und in lesbarem Zustand zu erhalten. Soweit solche Vorschriften durch Beschluß des Bundesrats 5a) nicht erlassen sind, können dieselben durch Anordnung der Landes-Zentral­ behörden oder durch Polizeiverordnungen der zuständigen Polizei­ behörden erlassen werden. Vor dem Erlasse solcher Anordnungen und Polizeiverordnungen ist den Vorständen der beteiligten Berussgenossenschasten oder Berufsgenossenschafts-Sekttonen Gelegenheit zu einer gutachtlichen Äußerung zu gebendM). Auf diese finden die Bestimmungen des § 113 Abs. 2, 4 und des § 115 Abs. 4 Satz 1 des Gewerbe-Unsallversicherungsgesetzes (Neichs-Gesetzbl. 1900 S.573,585) Anwendung."»») § 120 f. 6b) *****

§ 120 g. Die Bestimmungen des BundesratsBa) auf Grund der §§ 120 e, 120 f sind durch daS NGBl. zu veröffentlichen und dem Reichstag zur Kenntnisnahme vorzulegen.

II. Verhältnisse der Gesellen und Gehilfen.

§ 121.

Gesellen?) und Gehilfen sind verpflichtet, den Anord­ nungen der Arbeitgeber in Beziehung auf die ihnen übertragenen Arbeiten und auf die häuslichen Einrichtungen Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht verbunden. x. VO. v. 21. März 32 (NGBl. I S. 156) über die Beschäftigung von Arbeitern unter 18 Jahren und Arbeiterinnen in der Glasindustrie. Zu v.—x. vgl. Sinnt. 20 zu § 139 a. 6 a) In der Bekanntmachung braucht dies nicht ausdrücklich erwähnt zu werden. E. 34 S. 368. Es genügt, daß die Vorschriften auf den § 120 o Bezug nehmen. BayObLG. v. 25. Juni 10, Recht 14 S. 583; sie können niemals selbständig Strafen androhen. KG. JFGErg. 7 S. 207. 6aa) Gem. Art. 4 des EtnfGes. zur RVO. jetzt die § 853, 855, 864 Abs. 2 RVO. 6 b) Außer Kraft getreten durch VO. über die neue Fassung der ArbeitszeitVO. v. 26. Juli 34 (RGBl. I S. 803) — abgedr. unter BVI6. — Von den auf Grund des § 120 f, jetzt § 15 Abs. 2, 3 ArbeitszeitVO. (B VI 6), erlassenen Schutzvorschriften zur Arbeitszeit gelten noch folgende: a. Bek. v. 23. Jan. 02 (RGBl. S. 33) über die Beschäftigung von Ge­ hilfen und Lehrlingen in Gast- u. Schankwirtschaften. (Siehe Anm. 32 unter BIV 8.) b. Bek. v. 26. April 99 (RGBl. S. 273) u. v. 15. Novbr. 03 (RGBl. S. 287) über den Betrieb von Getreidemühlen. 7) Geselle ist jeder unselbständige Arbeiter, der weder Lehrling noch lediglich Fabrikarbeiter ist. Zwischen Gesellen und Gehilfen besteht nur ein Unterschied tatsächlicher Natur, bei den letzteren werden keine technischen Kenntnisse erfordert. ROHG. v. 30. April 73, E. 9 S. 306 u. v. 16. Febr. 76, E. 19 S. 382.

592

B IV. Handels- und Gewerberecht.

§ 122 Das Arbeitsverhältnis zwischen den Gesellen oder Ge­ hilfen und ihren Arbeitgebern kann, wenn nicht ein anderes ver­ abredet ist, durch eine jedem Teile freistehende, vierzehn Tage vorher

erklärte Aufkündigung gelöst werden. Werden andere Aufkündigungs­ fristen vereinbart, so müssen sie für beide Teile gleich sein. Verein­ barungen, welche dieser Bestimmung zuwiderlaufen, sind nichtig.

§ 123 Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf­ kündigung können Gesellen und Gehilfen entlassen werden: 1. wenn sie bei Abschluß des Arbeilsvertrags den Arbeitgeber durch Vorzeigung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichtenden Arbeitsverhältnisses in einen Irrtum versetzt tyrten;76) 2. wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unterschlagung, eines Betrugs oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen; 3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den nach dem Arbeitsvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzu­ kommen beharrlich verweigern;*7^)

4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen; 5. wenn sie sich Tätlichkeiten oder grobe8) Beleidigungen gegen den Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter zu Schulden kommen lassen; 6. wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung zum Nachteile des Arbeitgebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig machen; 7. wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Mitarbeiter zu Handlungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten verstoßen; 8. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschreckenden Krankheit behaftet sind. In den unter Ziffer 1 bis 7 gedachten Fällen ist die Entlassung nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber länger als eine Woche bekannt sind. 7 a) Geändert d. Ges. 16. Juni 37 (RGBl. I S. 649). 7 b) Beharrliche Arbeitsverweigerung kein Entlassungsgrund, wenn die Leistung einer Arbeit aus berechtigtem Grund abgelehnt. RArbG. JurW. 1936 S. 1250. 8) Auch daS Verhalten des Beleidigten ist bei Feststellung ber' Beleidigung in Betracht zu ziehen. LAG. Berlin JurW. 57 S. 298.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 124—124 d.

593

Inwiefern in den unter Ziffer 8 gedachten Fällen dem Entlassenen ein Anspruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalte des Ver­

trags und nach den urteilen.

allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu

be­

§ 124« Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf­ kündigung können Gesellen und Gehilfen die Arbeit verlassen: 1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden;

2 wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familien­ angehörigen zu Schulden kommen lassen; 3. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familienange­ hörige derselben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Hand­ lungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit den Familien­ angehörigen der Arbeiter Handlungen begehen, welche wider die Ge­ setze oder die guten Sitten laufen; 4. wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn nicht in der bedungenen Weise auszahlt, bei Stücklohn nicht für ihre aus­ reichende Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich widerrechtlicher Über­

vorteilungen gegen sie schuldig macht; 5. wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesund­ heit der Arbeiter einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrags nicht zu erkennen war. In den unter Ziffer 2 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeiter länger als eine Woche bekannt sind. § 124a. Außer den in §§ 123 und 124 bezeichneten Fällen kann jeder der beiden Teile aus wichtigen Gründen vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses verlangen, wenn dasselbe mindestens auf vier Wochen oder wenn eine längere als vierzehntägige Kündigungsfrist vereinbart ist. § 124b. Hat ein Geselle oder Gehilfe rechtswidrig die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertragsbruchs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen Tagelohns (§ 8 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883, Reichs-Gesetzbl. S. 73") fordern. Diese Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden. Durch ihre Geltendmachung wird der Anspruch auf Erfüllung des Vertrags und aus weiterenSchadensersatzausgeschlossen. Dasselbe Recht steht demGesellen

8

Siehe jetzt 8 149 ff. NDO.

D alcke, Strafrecht.

30. Aug.

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B IV Handels- und Gewerberecht.

oder Gehilfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeilsverhältnisses entlassen worden ist.

i 125. Ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen verleitet, vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit zu verlassen, ist dem früheren Arbeitgeber für den entstandenen Schaden oder den nach § 124 b an die Stelle des Schadensersatzes tretenden Bettag als Selbstschuldner mitverhaftet. In gleicher Weise haftet ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen annimmt, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist. In dem im vorstehenden Absätze bezeichneten Umfang ist auch derjenige Arbeitgeber mitverhaftet, welcher einen Gesellen oder Ge­ hilfen, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist, während der Dauer dieser Verpflich­ tung in der Beschäftigung behält, sofern nicht seit der unrechtmäßigen Lösung des Arbeitsverhältnisses bereits vierzehn Tage verflossen sind. Den Gesellen und Gehilfen stehen im Sinne der vorstehenden Bestimmungen die im $ 119b bezeichneten Personen gleich.

III. Lehrlingsverhältnisse. A. Allgemeine Bestimmungen.

§ 126

Die Befugnis zum Halten oder zur Anleitung von Lehr­ lingen') steht Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, nicht zu. 9) Durch eine Zahlung von Lohn wirb der Begriff nicht berührt. E. 7 S. 105. Es wird als Lehrling jeder jugendliche Arbeiter anzusehen sein, der auf Grund eines Vertragsverhältnistes in einem Gewerbe tätig ist, um das­ selbe zu erlernen. KG. GA. 45 S. 68; auch ohne schriftlichen Vertrag — trotz § 126b — Kiel HöchstRR. 3 S. 35. Allein die Tatsache der Beschäftigung mit fachlichen Arbeiten reicht zur Annahme eines Lehrlingsverhältnisses nicht aus; es ist vielmehr der mit dem Arbeitsverhältniffe verfolgte Zweck maßgeblich KG. DSttafr 1935 S. 456; Entsch. d. KG. JFGErg. 14 S. 164. Die Ausbildung muß Selbstzweck sein und darf nicht zu einem zufälligen Ergebnis der Beschäf­ tigung werden. Hamburg HRR. 1931 Nr. 813. Entscheidend ist, ob das Arbeits­ verhältnis des Lehrlings hauptsächlich zu seiner Ausbildung etngcgaugen ist. Richtlinien f. d. Sttafverfahren. AB. d. RIM. v. 13. April 35 Nr. 404. Das jugendliche Alter ist für den Begriff aber nicht wesentlich. GA. 48 S. 354. OVG. DIZ. 33 S. 1091. Ein Lehrlingsverhältnis liegt nicht vor, wenn keine be­ sondere Unterweisung stattfindet, sondern der Lernende sich allein überlasten bleibt. Dresden HRR. 1929 Nr. 990. Es hört aber nicht dadurch auf, daß der Arbeiter im letzten Abschnitt seiner Ausbildung einer Anleitung nicht mehr bedarf. KG. DIZ. 35 S. 1467. Hausbedarfslehrmädchen, die sich nebenbei einige Kenntnisse im Schneidern erwerben wollen, find keine Schneiderlehrlinge. Naumburg DRZ. 25 Nr. 142. Der Volontär unterscheidet sich vom Lehrling durch die Art und die Dauer und den Zweck seiner Beschäftigung. Dresden DRZ. 25 Nr. 499.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 126 a u. 126 b.

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§ 126 L. Die Befugnis zum Halten und zur Einleitung von Lehrlingen kann solchen Personen ganz oder auf Zeit entzogen werden, welche sich wiederholt grober Pflichtverletzungen gegen die ihnen an­ vertrauten Lehrlinge schuldig gemacht haben, oder gegen welche Tat­ sachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zum Halten oder zur Anleitung von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen. Die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen kann ferner solchen Personen entzogen werden, welche wegen geistiger oder körperlicher Ge­ brechen zur sachgemäßen Anleitung eines Lehrlinges nicht geeignet mit). Die Entziehung erfolgt durch Verfügung der unteren Verwaltungs­ behörde; gegen die Verfügung findet der Rekurs statt. Wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21, soweit nicht landesgesetzlich das Verfahren in streitigen Verwaltungs­ sachen Platz greift.'») Durch die höhere Verwaltungsbehörde kann die entzogene Befug­ nis nach Ablauf eines Jahres wieder eingeräumt werden. § 126 d. Der Lehrvertrag ist binnen vier Wochen10 * *) *nach * * * *Beginn * der Lehre schriftlich abzuschließen. Derselbe muß enthalten: 1. die Bezeichnung des Gewerbes oder des Zweiges der gewerb­ lichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll; 2. die Angabe der Dauer der Lehrzeit; 3. die Angabe der gegenseitigen Leistungen; 4. die gesetzlichen und sonstigen Voraussetzungen, unter welchen die einseitige Auflösung des Vertrags zulässig ist. Der Lehrvertrag ist von dem Gewerbetreibenden oder seinem StellVertreter, dem Lehrling und dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlinges zu unterschreiben und in einem Exemplar dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlinges auszuhändigen. Der Lehrherr ist verpflichtet, der Ortspolizeibehörde auf Erfordern den Lehrvertrag einzureichen. Aus Lehrlinge in staatlich anerkannten Lehrwerkstätten finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Das Gleiche gilt für Ltzhrverhältnisse 9 a) Vgl. Erste VO. über den vorläufigen Aufbau des deutschen Hand­ werks v. 15. Juni 34 (RGBl. I S. 493ff.) § 96 Abs. 3: „Die im tz 126a der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vorgesehene Entziehung der Befug­ nisse zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen erfolgt gegenüber den in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerbetreibenden und den von ihnen mit der Anleitung von Lehrlingen beauftragten Personen durch Entscheidung des Ehrengerichts (§ 64). Die Vorschriften des vierten Teils finden entsprechende Anwendung." 10) Der Nichtabschluß ist nach Ablauf der Frist nicht straflos. Celle GA. 52 S. 105. Auch der Lehrherr, der ohne Befugnis Lehrlinge anleitet, ist zur Abschliehung eines ordnungsmäßigen Lehrvertrages verpflichtet. Celle GA. 63 S. 151.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

zwischen Eltern und Kindern, falls der Handwerkskammer das Bestehen des Lehrverhältnisses, der Tag seines Beginns, das Gewerbe oder der Zweig der gewerblichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll, und die Dauer der Lehrzeit schriftlich angezeigt wird. Der Lehrvertrag ist kosten- und stempelfrei. -

5 127t Der Lehrherr ist verpflichtet, den Lehrling in den bei feinem Betriebe vorkommenden Arbeiten des Gewerbes dem Zwecke der Ausbildung entsprechend zu unterweisen, ihn zum Besuche der Fortbildungs-oder Fachschule anzuhalten 10 * *a*) *und den Schulbesuch zu überwachen. Er muß entweder selbst oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Ausbildung des Lehrlinges leiten, den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anhalten und vor Ausschweifungen bewahren, er hat ihn gegen Mißhandlungen seitens der Arbeits- und Hausgenossen zu schützen und dafür Sorge zu tragen, daß dem Lehrlinge nicht Arbeitsverrichtungen zugewiesen werden, welche seinen körperlichen Kräften nicht angemessen sind. .Er darf dem Lehrlinge die zu seiner Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit nicht entziehen. Zu häuslichen Dienstleistungen dürfen Lehrlinge, welche im Hause des Lehrherrn weder Kost noch Wohnung erhalten, nicht herangezogen werden.

§ 127öt Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen und dem Lehrherrn sowie demjenigen, welcher an Stelle des Lehrherrn die Ausbildung zu leiten"»>) ^t, zur Folgsamkeit und Treue, zu Fleiß und anständigem Betragen verpflichtet. übermäßige und unanständige Züchtigungen sowie jede die Gesundheit des Lehrlinges gefährdende Behandlung sind verboten.

§ 127 b< Das Lehrverhältnis kann, wenn eine längere Frist nicht vereinbart ist, während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch einseitigen Rücktritt ausgelöst werden. Eine Vereinbarung, wo­ nach diese Probezeit mehr als drei Monate betragen soll, ist nichtig. Nach Ablauf der Probezeit kann der Lehrling vor Beendigung der verabredeten Lehrzeit entlassen werden, wenn einer der im § 123 vorgesehenen Fälle aus ihn Anwendung findet oder wenn er die ihm im § 127a auferlegten Pflichten wiederholt verletzt oder den Besuch der Fortbildungs- oder Fachschule vernachlässigt. 10 a) Nicht den über 18 Jahre alten Lehrling, wenn er nicht zum Schul­ besuch bereit ist. Stettin JurW. 58 S. 1073. Unerheblich ist es, ob die Ver­ pflichtung des Lehrherrn durch die Berufsschulsatzung wirksam begründet ist. KG. JurW. 61 S. 3460. 10 b) Kommt der Lehrherr der Verpflichtung nicht nach, so kann ihn die Polizei zur Entlastung anhalten. OVG. JurW. 61 S. 1326.

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 127 c—127 e.

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Von feiten des Lehrlinges kann das Lehrverhültnis nach Ablauf der Probezeit aufgelöst werden, wenn:

1. einer der im § 124 unter Ziffer 1, 3 bis b vorgesehenen Fälle vorliegt; 2. der Lehr Herr seine gesetzlichen Verpflichtungen gegen den Lehr­ ling in einer die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die Aus­ bildung des Lehrlinges gefährdenden Weise vernachlässigt, oder das Recht der väterlichen Zucht mißbraucht, oder zur Erfüllung der ihm vertragsmäßig obliegenden Verpflichtungen unfähig wird. Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlinges aufgehoben. Durch den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Aufhebung binnen vier Wochen geltend gemacht wird.

§ 1276, Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie über sein Betragen ein Zeugnis auszustellen, welches von der Gemeindebehörde kosten- und slempelsrei zu beglaubigen ist. An Stelle dieser Zeugnisse treten, wo Innungen oder andere Vertretungen der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen aus­ gestellten Lehrbriefe.

$ 127 d. Verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht vorgesehenen Falle ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann letzterer den Anspruch auf Rückkehr des Lehrlinges nur geltend machen, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem Falle auf Antrag des Lehrherrn den Lehrling an­ halten, solange in der Lehre zu verbleiben, als durch gerichtliches Urteil das Lehrverhältnis nicht für aufgelöst erklärt ist, oder dem Lehrlinge durch einstweilige Verfügung eines Gerichts gestattet ist, der Lehre fern zu bleiben. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nach dem Austritte des Lehrlinges gestellt ist. Im Falle unbegründeter Weigerung der Rückkehr hat die Polizeibehörde den Lehrling zwangsweise zurückführen zu lassen oder durch Androhung von Geldstrafe ftis zu fünfzig Mark^") oder Haft bis zu fünf Tagen zur Rückkehr anzuhalten.

§ 127 e« Wird von dem gesetzlichen Vertreter für den Lehrling oder, sofern der letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Beruf Übergehen werde, so gilt das Lehr-

11) 1 biS 1000 RM. Art. II BO. v. 6. Febr. 24 (RGBl. I S. 44).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Verhältnis, wenn der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als aufgelöst.") Binnen neun Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben Gewerbe von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren Lehrberrn nicht beschäftigt werden.

§ 127 f. Erreicht das Lehrverhaltnis vor Ablauf der verab­ redeten Lehrzeit sein Ende, so kann von dem Lehrherrn oder von dem Lehrling ein Anspruch auf Entschädigung nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. In den Fällen des § 127b Abs. 1, 4 kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn dieses in dem Lehrvertrag unter Festsetzung der Art und Höhe der Entschädigung vereinbart ist. Der Anspruch der Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb vier Wochen nach Auslösung des Lehrverhältnisses int Wege der Klage oder Einrede geltend gemacht ist. § 127 g. Ist von dem Lehrherrn das Lehrverhältnis aufgelöst worden, weil der Lehrling die Lehre unbefugt verlassen hat, so ist die von dem Lehrherrn beanspruchte Entschädigung, wenn in dem Lehr­ vertrage nicht ein geringerer Betrag ausbedungen ist, aus einen Be­ trag sestzusetzen, welcher für jeden auf den Tag des Vertragsbruchs folgenden Tag der Lehrzeit, höchstens aber für sechs Monate, bis auf die Hälste des in dem Gewerbe des Lehrherrn den Gesellen oder Ge­ hilfen ortsüblich gezahlten Lohnes sich belaufen darf. Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbst!chuldner mit­ verhaftet der Vater des Lehrlinges, sofern er die Sorge für die Person des Lehrlinges hat, sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung eines LehrVerhältnisses noch verpflichtet war. Hat der Entschädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehrverhältnisses von der Person des Arbeit­ gebers, welcher den Lehrling verleitet oder in Arbeit genommen hat, Kenntnis erhalten, so erlischt gegen diese der Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen nach erhaltener Kennt­ nis gellend gemacht ist.

§ 128. Wenn der Lehrherr eine im Mißverhältnisse zu dem Um­ fang oder der Art seines Gewerbebetriebes stehende Zahl*") von Lehr­ lingen hält und dadurch die Ausbildung der Lehrlinge gefährdet er­ scheint, so kann dem Lehrherrn von der unteren Verwaltungsbehörde die Entlassung eines entsprechenden Teiles der Lehrlinge auserlegt und

11a) Die Zahl der Lehrlinge bemißt sich nach der Zahl der Gesellen zur Zeit der Einstellung der Lehrlinge. Königsberg JurW. 60 S. 1257.

B IV 1. Gewerbeordnung § 129.

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die Annahme von Lehrlingen über eine bestimmte Zahl hinaus unter­ sagt werden. Die Bestimmungen des § 126a Abs. 3 finden hierbei entsprechende Anwendung. Unbeschadet der vorstehenden Bestimmung können durch Beschluß des Bundesrats für einzelne Gewerbszweige Vorschriften über die höchste Zahl der Lehrlinge erlassen werden, welche in Betrieben dieser Gewerbs­ zweige gehalten werden darf. Soweit solche Vorschriften nicht er­ lassen sind, können sie durch Anordnung der Landes-Zentralbehörde erlassen werden. B.

Besondere Bestimmungen für Handwerker.

In Handwerksbetrieben steht die Befugnis zurAnleitung"^) von Lehrlingen nur denjenigen Personen zu, welche das 24. Lebens­ jahr vollendet und eine Meisterprüfung (§ 133) bestanden haben. Haben solche Personen die Meisterprüfung nicht für dasjenige Gewerbe oder denjenigen Zweig des Gewerbes bestanden, in welchem die An­ leitung der Lehrlinge erfolgen soll, so haben sie die Befugnis dann, wenn sie in diesem Gewerbe oder Gewerbszweige entweder die Lehr­ zeit (§ 130a) zurückgelegt und die Gesellenprüfung bestanden haben, oder fünf Jahre hindurch persönlich das Handwerk selbständig aus­ geübt haben oder während einer gleich langen Zeit als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen smd."°) $129

llb) Zwischen Halten und Anleiten ist scharf zu unterscheiden. Das Hallen von Lehrlingen ist durch den 8 nicht verboten. KG. JurW. 54 S. 2803; es ist aber aus § 127i. Vbdg. mit § 148Z. 9 strafbar. Dresden HNR. 1928 Nr. 1864. Die Vorschrift des § 129 findet auch auf das Lehrverhältnis zwischen Eltern und Kindern Anwendung. Jena JurR. 2 Nr. 1470. Die Entscheidung darüber, ob ein Lehrling ein kaufmännischer oder gewerblicher ist, hängt nicht von dem Wortlaut des schriftlichen Lehrvertrages ab, sondern davon, ob er überwiegend in kaufmännischer oder gewerblicher Arbeit beschäftigt wird. Ham­ burg DRZ. 19 Nr. 88. Siehe auch Anm. 9. Bildet ein Autohändler junge Leute außer zu Kraftwagenführern auch zu Autoschlossern aus, so sind sie inso­ weit Lehrlinge.,Jena HRR. 1929Nr. 783 ; vgl. ebenso Kiel JurW. 61 S. 1595. Betrieb eines Bildnisbertchterstatters, der sich journalistisch betätigt, ist kein Handwerksbetrieb. KG. JurW. 59 S.419; wohl aber der Betrieb einer Arbeits­ stube für Damenkonfektion. KG. DIZ. 38 S. 112. — Über Anleitung in Hand­ werksbetrieben BayObLG. Dt. Straftecht 1934 S. 350. OLG. Stettin Dt. Straf­ recht 1936 S. 187. KG. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 346. llc) Voraussetzung aber ist, daß der Anleitende überhaupt eine Meister­ prüfung bestanden hat. KG. GA. 70 S. 176. Ist dies nicht der Fall, so darf er die Leitung der Ausbildung einem Dritten übertragen. Dresden JurW. 59 S. 420. A. M. Dresden JurW. 58 S. 2370. Ist einem Lehrherrn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unter der Bedingung der Ablegung der Meister­ prüfung die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilt, so ist er, wenn er die Prüfung bis zu dem Zeitpunkt nicht ablegt, wegen der Weiteranleitung nur strafbar, wenn die Erlaubnis widerrufen ist. KG. JurR. 3 Nr. 2069.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die höhere Verwaltungsbehörde kann Personen, welche diesen Anforderungen nicht entsprechen, die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen widerruflich verleihen. Bor der Entscheidung über die Er­ teilung der Befugnis oder den Widerruf ist die Handwerkskammer und, wenn die Person einer Innung angehört oder an ihrem Wohn­ orte für ihren Gewerbszweig eine Innung besteht, außerdem die Innung zu hören. In Handwerksbetrieben, welche nach dem Tode des Gewerbetreibenden für Rechnung der Witwe oder minderjährigen Erben fortgesetzt werden, sind bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des Lehrherrn als Vertreter (§ 127 Abs. 1) zur Anleitung von Lehr­ lingen auch Personen befugt, welche eine Meisterprüfung nicht bestanden haben, sofern sie im übrigen den Anforderungen des Abs. 1 Satz 2 entsprechen. Die untere Verwaltungsbehörde kann solchen Personen als Vertretern des Lehrherrn auch in anderen Fällen bis zur Dauer eines Jahres die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilen. Die hiernach zulässige Dauer der Vertretung kann von der höheren

Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer entsprechend dem Bedürfnisse des einzelnen Falles verlängert werden. Die Unterweisung des Lehrlinges in einzelnen technischen Hand­ griffen und Fertigkeiten durch einen Gesellen fällt nicht unter die im Absatz 1 vorgesehenen Bestimmungen. Die Zurücklegung der Lehrzeit kann auch in einem dem Gewerbe an­ gehörenden Großbetrieb erfolgen und durch den Besuch einer staatlichen, staatlich unterstützten oder vom Staate anerkannten Lehrwerkstätte oder sonstigen gewerblichen Unterrichtsanstalt ersetzt werden. Bor der Aner­ kennung einer sonstigen gewerblichen Unterrichtsanstalt soll der zu­ ständigen Handwerkskammer Gelegenheit gegeben werden, sich gutacht­ lich zu äußern. Die Landes-Zentralbehörden können den Prüfungszeugnissen von Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder von Prüfungs­ behörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nach­ weise der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Verleihung der im Abs. 1 bezeichneten Befugnis für bestimmte Gewerbszweige beilegen. Der Eintritt dieser Wirkung ist davon abhängig zu machen, daß der Besitzer des Prüfungszeugnisses in dem Gewerbe oder in dem Zweige des Gewerbes, in welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, eine bestimmte, auf nicht mehr als drei Jahre sestzusetzende Zeit hindurch persönlich tätig gewesen ist. Der Bundesrat ist befugt, für einzelne Gewerbe nach Anhörung der Handwerkskammern Ausnahmen von den Bestimmungen im Abs. 1 zuzulassen.

BIV1. Gewerbeordnung §§ 129 a—131.

601

§ 129a. Wer für einen gesondert betriebenen Zweig eines Ge­ werbes den Voraussetzungen des § 129 entspricht, ist berechtigt, auch in den übrigen Zweigen dieses Gewerbes Lehrlinge anzuleiten. Wer für ein Gewerbe den Voraussetzungen des § 129 entspricht, ist berechtigt, auch in den diesem verwandten Gewerben Lehrlinge an­ zuleiten. Welche Gewerbe als verwandte Gewerbe im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, bestimmt die Handwerkskammer. Dem Unternehmer eines Betriebs, in welchem mehrere Gewerbe vereinigt sind, kann die untere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer die Befugnis erteilen, in allen zu dem Betriebe vereinigten Gewerben oder in mehreren dieser Gewerbe Lehrlinge an­ zuleiten, wenn er für eines der Gewerbe den Voraussetzungen des § 129 entspricht. Zu Arbeiten in denjenigen Gewerben seines Betriebs, für welche er zur Anleitung von Lehrlingen nicht befugt ist, darf er die Lehrlinge nur insoweit heranziehen, als es dem Zwecke der Ausbildung in ihrem Gewerbe nicht widerspricht. Das gemäß § 131c Abs. 2 dem Prüfungsausschüsse vorzulegende Lehrzeugnis darf nur für dasjenige Gewerbe ausgestellt werden, für welches der Lehrherr oder sein Vertreter (§ 127 Abs. 1) zur Anleitung von Lehrlingen befugt ist. § 129b. Gehört der Lehrherr einer Innung an, so ist er ver­ pflichtet, eine Abschrift des Lehrvertrags binnen vierzehn Tagen nach Abschluß desselben der Innung einzureichen; er kann hierzu durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden. Die Innungen können bestimmen, daß der Abschluß des Lehr­ vertrags vor der Innung erfolgen soll. In diesem Falle ist dem Lehrherrn und dem Vater oder Vormunde des Lehrlinges eine Ab­ schrift des Lehrvertrags auszuhändigen. § 130. Soweit durch den Bundesrat oder die Landes-Zentral­ behörde auf Grund des § 128 Absatz 2 Vorschriften über die zulässige Zahl von Lehrlingen nicht erlassen sind, ist die Handwerkskammer und die Innung zum Erlasse solcher Vorschriften befugt. $ 130 a. Die Lehrzeit soll in der Regel drei Jahre dauern; sie darf den Zeitraum von vier Jahren nicht übersteigen. Von der Handwerkskammer kann mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde die Dauer der Lehrzeit für die einzelnen Gewerbe oder Gewerbszweige nach Anhörung der beteiligten Innungen und der im § 103a Abs. 3 Ziffer 2 bezeichneten Vereinigungen festgesetzt werden. Die Handwerkskammer ist befugt, Lehrlinge in Einzelfällen von der Innehaltung der festgesetzten Lehrzeit zu entbinden. § 131 Den Lehrlingen ist Gelegenheit zu geben, sieb nach Ab­ lauf der Lehrzeit der Gesellenprüfung (§ 129 Abs. i) zu unterziehen.

602

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Landes-Zentralbehörden können den Prüfungszeugnissen von Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstallen oder von Prüfungsbehörden, welch? vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nachweise der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Zeugnisse über das Bestehen der Gesellenprüfung beilegen. DieAbnadme der Gesellenprüfungen lAbs.1) erfolgt durch Prüfungs­ ausschüsse. Bei jeder Zwangsinnung wird ein Prüfungsausschuß ge­ bildet, bei anderen Innungen nur dann, wenn ihnen die Ermächtigung zur Abnahme der Prüfungen von der Handwerkskammer erteilt ist. Soweit für die Abnahme der Prüfungen für die einzelnen Gewerbe nicht durch Prüfungsausschüsse der Innungen und die im Abs. 2 bezeichneten Lehrwerkstätten, gewerblichen Unierrichtsanstatten und PrüfungsbeHörden gesorgt ist, hat die Handwerkskammer die erforderlichen Prü­ fungsausschüsse zu errichten. § 181a. Die Prüfungsausschüsse bestehen aus einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses wird von der Hand­ werkskammer bestellt. Von den Beisitzern wird bei dem Prüfungsausschuß einer Innung die Hälfte durch diese, die andere Hälfte aus der Zahl der Gesellen, welche eine Gesellenprüfung bestanden haben, durch den Gesellenausschuß bestellt. Bei den von der Handwerks­ kammer errichteten Prüfungsausschüssen werden auch die Beisitzer von der Handwerkskammer bestellt; die Hälfte der Beisitzer muß aus Ge­ sellen bestehen. Die Bestellung der Mitglieder der Prüfungsausschüsse erfolgt in

der Rege! auf drei Jahre. Während der ersten sechs Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen können auch Gesellen (Gehilfen), welche die Gesellen­ prüfung nicht abgelegt haben, gewählt werden, wenn sie eine Lehrzeit von mindestens zwei Jahren zurückgelegt haben. § 131b. Die Prüfung hat den Nachweis zu erbringen, daß der Lehrling die in seinem Gewerbe gebräuchlichen Handgriffe und Fertig­ keiten mit genügender Sicherheit ausübt und sowohl über den Wert, die Beschaffung, Aufbewahrung und Behandlung der zu verarbeitenden Rohmaterialien, als auch über die Kennzeichen ihrer guten oder schlechten Beschaffenheit unterrichtet ist. Im übrigen werden das Verfahren vor dem Prüfungsausschüsse, der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüfungsgebühren durch eine Prüfungsordnung geregelt, welche von der höheren Verwaltungs­ behörde im Einvernehmen mit der Handwerkskammer erlassen wird. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die LandesZentralbehörde.

BIVl. Gewerbeordnung §§ 131 c—133.

603

Durch die Prüfungsordnung kann bestimmt werden, daß die

Prüfung auch in der Buch- und Rechnungsführung zu erfolgen hat. In diesem Falle ist der Prüfungsausschuß befugt, einen besonderen Sachverständigen zuzuziehen, welcher an der Prüfung mit vollem Stimmrechte teilnimmt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Die Kosten der Prüfung werden, sofern diese von dem Prüfungs­ ausschuß einer Innung abgehalten wird, von letzterer, im übrigen von der Handwerkskammer getragen. Diesen fließen die Prüfungs­

gebühren zu.

§ 181 e.

Der Lehrling soll sich nach Ablauf der Lehrzeit der

Gesellenprüfung unterziehen.

Die Innung und der Lehrherr sollen

ihn dazu anhalten. Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung hat der Lehrling an den Prüfungsausschuß zu richten. Dem Gesuche sind das Lehrzeugnis (§ 127 c) und, sofern der Prüfling während der Lehrzeit zum Besuch einer Fortbildungs- oder Fachschule verpflichtet war, die Zeugnisse über

den Schulbesuch beizufügen. Der Prüfungsausschuß hat das Ergebnis der Prüfung auf dem Lehrzeugnis oder Lehrbriefe zu beurkunden. Wird die Prüfung nicht bestanden, so hat der Prüfungsausschuß den Zeitraum zu bestimmen, vor dessen Ablaufe die Prüfung nicht wiederholt werden darf. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stempelsrei.

§ 132. Der Vorsitzende ist berechtigt, Beschlüsse des Prüfungs­ ausschusses mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden. Über die Be­ anstandung entscheidet die Handwerkskammer (§ 103 e Ziffer 6).

§ 132b. Die Landes-Zentralbehörden sind befugt, die Bestellung der Prüfungsausschüsse, das Verfahret! bei der Prüfung, die Gegen­ stände der Prüfung sowie die Prüfungsgebühren abweichend von den Vorschriften der §§ 131 bis 132 zu regeln, dabei darf jedoch hinsicht­ lich der bei der Prüfung zu stellenden Anforderungen nicht unter das im § 131b Abs. 1 bestimmte Maß herabgegangen werden. Illa. Meistertitel. § 133.

Den Meistertitel in Verbindung mit der Bezeichnung

eines Handwerkes dürfen nur Handwerker führen, welche für dieses Handwerk die Meisterprüfung bestanden und das 24. Lebensjahr zurück­

gelegt haben. Die Befugnis zur Führung des Meistertitels in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit im Bau­ gewerbe hinweist, insbesondere des Titels Baumeister und Baugewerks-

604

B IV. Handels- und Gewerberecht.

meister, wird durch den Bundesrat geregelt.*") Bis zum Inkrafttreten des Bundesratsbeschlusses darf ein solcher Titel nur dann geführt werden, wenn die Landesregierung über die Befugnis zu seiner Führung

Vorschriften erlassen hat, und nur von denjenigen Personen, welche diesen Vorschriften entsprechen. Der Bundesrat kann ferner Vorschriften über die Führung des Meistertitels in Verbindung mit sonstigen Be­ zeichnungen erlassen, die auf eine Tätigkeit im Handwerke Hinweisen. Zur Meisterprüfung (Abs. 1) sind in der Regel nur solche Personen zuzulassen, welche eine Gesellenprüfung bestanden haben und in dem Gewerbe, für welches sie die Meisterprüfung ablegen wollen, mindestens drei Jahre als Geselle (Gehilfe) tätig gewesen, oder welche nach § 129 Abs. 6 zur Anleitung von Lehrlingen in diesem Gewerbe befugt sind. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungskommissionen, welche aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern bestehen Die Entscheidung der Prüfungskommission, welche die Zulassung der Meisterprüfung (Abs. 1) ablehnt, kann binnen zwei Wochen durch Beschwerde bei der höheren Verwaltungsbehörde angefochten werden. Diese hat, bevor sie der Beschwerde stattgibt, die Handwerkskammer zu hören.

Die Errichtung der Prüfungskommissionen erfolgt nach Anhörung der Handwerkskammer durch Verfügung der höheren Verwaltungs­ behörde, welche auch die Mitglieder ernennt; die Ernennung erfolgt auf drei Jahre. Die Prüfung hat den Nachweis der Befähigung zur selbständigen Ausführung und Kostenberechnung der gewöhnlichen Arbeiten des Gewerbes sowie der zu dem selbständige n Betriebe desselben sonst notwendigen Kenntnisse, insbesondere auch der Buch- und Rechnungs­ führung, zu erbringen. Das Verfahren vor der Prüfungskommission, der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüfungsgebühren werden durch eine von der Handwerkskammer mit Genehmigung der Landes-Zentralbehörde zu erlassende Prüfungsordnung geregelt. Die Kosten der Prüfungskommissionen fallen der Handwerkskammer zur Last, welcher die Prüfungsgebühren zufließen. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stempelfrei. Der Meisterprüfung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen 11 d) Siehe VO. über die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeich­ nung „Baumeister" (BaumeisterBO.) v. 1. April 31 (RGBl. I S. 131) nebst AbänderungsBO. v. 17. Jan. 34 (RGBl. IS. 33) und DurchfBO. v. 17. Jan. 34 (RGBl. I S. 34); ferner RdErl. v. 30. 7. 1936 u. 22. 7.1937 (FinMBl. 1937 S. 200). Dazu preuß. DurchfBest., zuletzt Erl. v. 6. März 34 MBliB. S. 102).

BIV 1. Gewerbeordnung 88 133 a—133 ao.

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können von der Landes-Zentralbehörde die Prüfungen bei Lehrwerk­ stätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder bei Prüfungsbehörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nachweise der Be­ fähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, gleichgestellt werden, sofern bei denselben mindestens die gleichen Anforderungen gestelli werden wie bei den im Abs. 1 vorgesehenen Prüfungen.

Illb.

Verhältnisse der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker.

$ 183a. Das Dienstverhältnis der von Gewerbeunternehmern gegen feste Bezüge beschäftigten Personen, welche nicht lediglich vor­ übergehend mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder einer Abteilung desselben beauftragt (Betriebsbeamte, Werkmeister12 * *) und ähnliche Angestellte) oder mit höheren technischen Dienstleistungen betraut sind (Maschinentechniker, Bautechniker, Chemiker, Zeichner und dergl.), kann, wenn nicht etwas anderes verabredet ist, von jedem Teile mit Ablauf jedes Kalendervierteljahrs nach sechs Wochen vorher erklärter Aufkündigung aufgehoben werden12a).

$ 138 aa. Wird durch Vertrag eine kürzere oder längere Kündigungsfrist bedungen, so muß sie für beide Teile gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat betragen. Die Kündigung kann nur für den Schluß eines Kalendermonats zugelassen werden. Die Vorschriften des Abs. 1 finden auch in dem Falle Anwen­ dung, wenn das Dienstverhältnis für bestimmte Zeit mit der Ver­ einbarung eingegangen wird, daß es in Ermangelung einer vor dem Ab­ laufe der Vertragszeit erfolgten Kündigung als verlängert gelten soll. Eine Vereinbarung, die diesen Vorschriften zuwiderläuft, ist nichtig. § 133ab Die Vorschriften des § 133aa finden keine Anwen­ dung, wenn der Angestellte ein Gehalt von mindestens fünf­ tausend Reichsmark für das Jahr bezieht. Sie bleiben ferner außer Anwendung, wenn der Angestellte für eine außereuropäische Niederlassung angenommen ist und nach dem Vertrage der Arbeitgeber für den Fall, daß er das Dienstverhältnis kündigt, die Kosten der Rückreise des Angestellten zu tragen hat. $ 133 ao. Wird ein Angestellter nur zur vorübergehenden Aus12) Dies können auch Direktricen eines Konfektionsgeschäfts sein. Dresden v. 25. Septbr. 12. GA. 62 S. 205. 12 a) Vgl. Ges. über die Fristen für die Kündigung von Angestellten v. 9. Sept. 26 (RGBl. I S. 399).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Hilfe genommen, so finden die Vorschriften des $ 133 aa keine An­ wendung, es sei denn, daß das Dienstverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird. Die Kündigungsfrist muß jedoch auch in einem solchen Falle für beide Teile gleich sein.

§ 133b. Jeder der beiden Teile kann vor Ablauf der vertrags­ mäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aus­ hebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Aufhebung rechtfertigender Grund vorliegt. § 133 c. Gegenüber den im § 133 a bezeichneten Personen kann die Aufhebung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangt werden: 1. wenn sie beim Abschlüsse des Dienstvertrags den Arbeitgeber durch Borbringung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen

oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichten­ den Dienstverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben; 2. wennsie im Dienste untreusind oder das Vertrauen mißbrauchen; 3. wenn sie ihren Dienst unbefugt verlassen oder den nach dem Dienstvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen, be­ harrlich verweigern; 4. wenn sie durch anhaltende Krankheit oder durch eine längere Freiheitsstrafe oder Anwesenheit an der Verrichtung ihrer Dienste verhindert werden; 5. wenn sie sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen den Arbeitgeber oder seinen Vertreter zu Schulden kommen lassen; 6. wenn sie sich einem unsittlichen Lebenswandel ergeben.

In dem Falle zu 4 bleibt der Anspruch auf die vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitgebers für die Dauer von sechs Wochen in Kraft, wenn die Verrichtung der Dienste durch unverschuldetes Unglück verhindert worden ist. Jedoch mindern sich die Ansprüche in diesem Falle um denjenigen Betrag, welcher dem Berechtigten aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Krankenversicherung oder Unfallversicherung zukommt. Der Anspruch kann nicht durch Ver­

trag ausgeschlossen oder beschränkt werden.13) § 133d. Die im § 133 a bezeichneten Personen können die Auf­ lösung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangen:

1. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen sie zu Schulden kommen lassen; 2. wenn der Arbeitgeber die vertragsmäßigen Leistungen nicht gewährt; 3. wenn bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses ihr Leben oder 13) Zusatz durch BO. v. 1. Dez. 30 (RGBl. I S. 517 [521]).

BIV 1, Gewerbeordnung §§ 133 e—134.

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ihre Gesundheit einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Dienstverhältnisses nicht zu erkennen war. § 138 e. Auf die im § 133 a bezeichneten Personen finden die Bestimmungen der §§ 124 b und 125 Anwendung, dagegen nicht die Bestimmungen des § 119 a. § 133 f. Eine Vereinbarung zwischen dem Gewerbeunternehmer und einem der im § 133a bezeichneten Angestellten, durch die der Angestellte für die Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird, ist für den Angestellten nur insoweit verbindlich, als die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen überschreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung ist nichtig, wenn der Angestellte zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist.

IV. Besondere Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

§ 133 g. Die Bestimmungen der §§ 133h bis 139aa finden An­ wendung auf Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge und sonstige gewerbliche Arbeiter mit Ausnahme der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker (§§ 133a bis 133k). A. Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden. § 133h. Auf Betriebe, in denen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, finden die nachfolgenden Bestimmungen des § 134 Anwendung.M) Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Arbeits­ bedürfnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden. § 134 Den Unternehmern ist untersagt, für den Fall der rechts» widrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeiter die Verwirkung des rückständigen Lohnes über den Betrag des durchschnittlichen Wochenlohnes hinaus auszubedingen. Auf die Arbeitgeber und Arbeiter in solchen Betrieben finden die Bestimmungen des § 124b keine Anwendung. Den Arbeitern ist bei der regelmäßigen Lohnzahlung ein schrift­ licher Beleg (Lohnzettel, Lohntüte, Lohnbuch usw.) über den Betrag des verdienten Lohnes und der einzelnen Arten der vorgenommenen Abzüge auszuhändigen. 14) Geändert durch § 69 des Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. Januar 34 (RGBl. I S. 45).

608

B IV. Handels- und Gewerberecht.

88 134 a—1341.15 16)* * 19 88 134 g—h aufgehoben.

B.

Bestimmungen für alle Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

§ 1341. Auf Betriebe, in denen in der Regel, mindestens zehn Arbeiter «) beschäftigt werden, finden, unbeschadet des § 133h, die nach­ folgenden Bestimmungen der §§ 135 bis 139aa15B) Anwendung. Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Arbeitsbedürfnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

$ 1S5.) ankündigt,888) ist gehalten, in der Ankündigung den Grund anzugeben, der zu dem Verkauf Anlaß gegeben hat. Betrifft der Ver­ kauf nur einzelne der in dem Geschäftsbetrieb geführten Waren­ gattungen, so sind in der Ankündigung weiterhin die Warengattungen anzugeben, auf die sich der Verkauf bezieht.

§ 7b?8) Die unter §§ 7, 7a fallenden Veranstaltungen sind unter Einhaltung einer durch die höhere Verwaltungsbehörde festzusetzenden Frist vor der Ankündigung bei der von ihr bezeichneten Stelle anzu­ zeigen. Der Anzeige ist ein Verzeichnis der zu verkaufenden Waren nach ihrer Art, Beschaffenheit und Menge beizufügen, dessen Er­ neuerung von den höheren Verwaltungsbehörden für den Fall vor­ gesehen werden kann, daß die Veranstaltung nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht beendigt ist. Die Anzeige muß die im §7 Abs. 2,3, § 7a vorgesehenen Angaben enthalten und den Beginn, das voraus­ sichtliche Ende und den Ort der Veranstaltung bezeichnen. Auf Ver­ langen der Stelle, bei der die Anzeige zu erstatten ist, sind für die den Grund der Veranstaltung bildenden Tatsachen Belege vorzu­ legen. 88 d) Die höhere Verwaltungsbehörde kann zur Ausführung der vor­ stehenden Vorschriften weitere Bestimmungentresfen?") Sie kann ferner Anordnungen über die Dauer der Veranstaltung erlassen. Sie kann Veranstaltungen untersagen, die die zugelassene Dauer überschreiten, die nach der Vorschrift des § 7 Abs. 1 nicht zulässig sind oder die im Falle des § 7a durch den angegebenen Grund nach der Verkehrs­ auffassung nicht gerechtfertigt werden. Vor Erlaß ihrer Anordnungen nur verstärkter Absatz erstrebt, so rechtfertigt die hiermit notwendig verknüpfte Herabminderung des Warenbestandes noch nicht die Annahme einer Räumungs­ absicht. BayObLG. HRR. 1933 Nr. 903. 29 b) Eine Individualisierung oder äußerliche Ausscheidung der Ware ist nicht erforderlich. BayObLG. HRN. 1928 Nr. 1268. 29 c) Geschäftsverlegung ist regelmäßig kein Grund zur Ankündigung eines Räumungsausverk. KG. JurW. 62 S. 68; aber Lagerübcrfüllung u. Platz­ mangel. Dresden DRZ. 25 Nr. 213.

29 d) Auch der Konkursverwalter ist an eine solche Verordnung gebunden. 30) S. RdErl. d. RuPrWM.v. 19.Oktbr. 35 (MBlfWuA. S.293-; da­ nach sind Ausverkäufe nur Verkaufsveranstaltungen, die ihren Grund in der Aufgabe deS gesamten Geschäftsbetriebes oder des Geschäftsbetriebes einer Zweigniederlassung (selbständige Verkaufsstelle) oder einer einzelnen Waren­ gattung haben. — „Veranstaltungen -um Zwecke der Räumung eines be­ stimmten Warenvorrats (z. B. wegen Aufgabe einer unselbständigen Verkaufs­ stelle, Brandschaden, Auseinandersetzung, Geschäftsverlegung) dürfen, auch wenn sie im Wege der Versteigerung vorgenommen werden, nur stattsinden, wenn ein von der Verkehrsauffassung als ausreichend anerkannter Grund vorliegt. Der Grund muß im einzelnen Falle die Veranstaltung rechtfertigen" (§ 7).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

hat sie die zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel,

Handwerk und Jndu'trie zu hören. Die Einsicht in die Anzeige ist jedermann gestattet. Zur Nach­ prüfung der Angaben sind außer den zuständigen Behörden die amt­ lich bestellten Vertrauensmänner der amtlichen Berufsvertretungen

von Handel, Handwerk und Industrie befugt. § 7 c.28) Nach Beendigung eines Ausverkaufs (§ 7) ist es dem

Geschäftsinhaber, seinem Ehegatten und den nahen Angehörigen beider verboten, den Geschäftsbetrieb oder den Teil davon, dessen Aufgabe an­ gekündigt worden war, fortzusetzen30 a), oder vor Ablauf eines Jahres an dem Ort, an dem der Ausverkauf stattgefunden hat, einen Handel mit den davon betroffenen Warengattungen zu eröffnen. Der Fortsetzung des Geschäftsbetriebs oder der Eröffnung eines eigenen Handels steht es gleich, wenn der Geschäftsinhaber, sein Ehegatte oder ein naher An­ gehöriger beider sich zum Zwecke der Umgebung der Vorschrift des Satzes 1 an dem Geschäft eines anderen mittelbar oder unmittelbar beteiligt oder in diesem tätig wird. Als Geschäftsinhaber gilt auch

derjenige, der an einer Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlich­ keit wirtschaftlich maßgebend beteiligt ist oder auf ihre Geschäftsführung maßgebenden Einfluß hat. Nahe Angehörige sind die Verwandten in auf- und absteigender Linie und die voll- und halbbürtigen Geschwister sowie ihre Ehegatten. Nach Beginn eines Ausverkaufs ist es auch anderen als den im Abs. 1 genannten Personen verboten, mit Waren aus dem Bestand des von dem Ausverkauf betroffenen Unternehmens den Geschäfts­ betrieb in denselben oder in unmittelbar benachbarten Räumen aus­

zunehmen. Ist der Verkauf des Warenbestandes einer unselbständigen Ver­ kaufsstelle wegen ihrer Aufgabe gemäß § 7a angekündigt worden, so darf innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Verkaufs keine neue Verkaufsstelle desselben Geschäftsbetriebes am gleichen Orte errichtet

werden. Der Reichswirtschaftsminister kann bestimmen, daß benachbarte Gemeinden als ein Ort im Sinne der Vorschriften der Absätze 1 und 3 anzusehen sind. Die höhere Verwaltungsbehörde kann nach Anhörung der zu­ ständigen amtlichen Berussvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie Ausnahmen von den Verboten in den Absätzen 1, 2 und 3 gestatten. 30a) Gilt auch bei Konkursausverkauf für Gemeinschuldner, dessen Ehefrau und nahe Angehörige RG. JurW. 1937 S. 1356.

B IV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 8—9».

639

§ 8.28) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 1. wer im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs (§ 7 Abs. 1 bis 3) oder eines Verkaufs gemäß § 7a Waren zum Verkauf stellt, die nur.für diese Veranstaltung ^erbeigefcfjafft31) worden sind (sogenanntes Vorschieben oder Nachschieben von Waren); 2. wer den Vorschriften des § 7c Absätze 1—3 zuwiderhandelt.

§ 9.29) Die Vorschriften der §§ 7a, 7b und 8 finden keine An­ wendung auf Verkäufe, die aus Grund allgemeiner Zulassung um die Wende eines Verbrauchsabschnittes stattfinden. Die Zulassung kann durch den Reichswirtschaftsmtnister oder eine von ihm bestimmte Stelle erfolgen. Dabei kann Bestimmung über Zahl, Zeit und Dauer dieser Verkäufe, über die Art ihrer Ankündigung und über die Waren ge­ troffen werden, die darin einbezogen werden dürfend Auch kann das Vor- und Nachschieben von Waren (§ 8 Nr. 1) für diese Verkäufe verboten oder beschränkt werden. Macht der Reichswirtschaftsminister

oder die von ihm bestimmte Stelle von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch, so kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie die Zulassung aussprechen und die näheren Bestimmungen treffen.

§ 9 a.28) Zur Regelung von Verkaufsveranstaltungen besonderer Art, die nicht den Vorschriften der §§ 7 bis 9 unterliegen, kann der

31) § 8 will verhindern, daß der Warenvorrat, dessen Ausverkauf ange­ kündigt wird, mit dem wirklich außbetfausten nicht voll übereinstimmt. Dresden DNZ. 24 Nr. 704. Die strafbare Handlung liegt nicht darin, daß Waren zum Zwecke des Nachschubs bezogen werden, sondern darin, daß solche Waren in den Ausverkauf cinbezogen werden. E. 48 S. 36. Daß sich der Ausverkauf auf diese Waren erstreckt, muß dem Publikum erkennbar fein. DStZ. 1 S. 438. Jede Ergänzung der Waren ist verboten, auch wenn die Ware ohne die Ergänzung unverkäuflich sein würde. E. 44 S. 282; auch wenn die angekaufte Ware den ausschließlichen Gegenstand des Ausverkaufs bildet. E. 45 6.371; auch wenn trotz des Vor- oder Nachschiebens die Ausverkaufsmasse nicht vermehrt, sondern im schließlichen Ergebnisse verringert und der Ausverkauf seinem Ende näher geführt wird. DIZ. 17 S. 163, auch ein Herbeischaffen von Waren aus dem Haupt- in ein Nebengeschäft ist nicht gestattet, doch liegt ein Nachschieben nicht vor, wenn Ersatz für mangelhafte und deshalb zurückgenommene Ware ge­ liefert wird. E. 43 S. 1; auch nicht, wenn ein Großkaufmann, der seine Ge­ schäfte aufgeben will, Ausverkausswaren im Kleinverkauf absetzt. DRZ. 24 Nr. 776; ferner nicht, wenn vorher bestellte Waren selbst vorzeitig zur Liefe­ rung abgerufen werden. BayObLG. DNZ. 25 Nr. 783. Eventualdolus ge­ nügt nicht bezüglich des Herbeischaffens. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. Wer aus einem Ausverkauf einen Warenbestand aufkauft und ihn auf eigene Rechnung durch Ausverkauf weiterveräußert, veranstaltet einen neuen Aus­ verkauf. Dresden JurW. 59 S. 1758.

Schöff.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Reichswirtschastsminister Bestimmungen treffen. Sie sind im Deutschen

Reichsanzeiger bekanutzumachen.

ER.

§ 10.,e) Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Hast wird bestraft:

1. wer es unterläßt, in der Ankündigung eines Ausverkaufs oder eines Verkaufs gemäß § 7a die im § 7 Abs. 2, 3, $ 7a vorgeschriebenen Angaben zu machen; 2. wer den Vorschriften des § 7b oder den auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt oder bei Befolgung der Vorschriften oder Anordnungen unrichtige An­ gaben macht;") 3. wer von dem Reichswirtschastsminister, der von ihm bestimmten Stelle oder der höheren Verwaltungsbehörde auf Grund des § 9 getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 4. wer den von dem Reichswirtschastsminister auf Grund des § 9a getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt. § 11. Durch Beschluß deS Bundesrats kann festgesetzt werden,

daß bestimmte Waren im Einzelverkehre nur in vorgeschriebenen Ein­ heiten der Zahl, des MaßeS oder deS Gewichts oder mit einer auf der Ware oder ihrer Aufmachung anzubringenden Angabe über Zahl, Maß, Gewicht, über den Ort der Erzeugung oder den Ort der Herkunft der Ware gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten werden dürfen.

Für den Einzelverkehr mit Bier in Flaschen oder Krügen kann die Angabe des Inhalts unter Festsetzung angemessener Fehlergrenzen vorgeschrieben werden. Die durch Beschluß des Bundesrats getroffenen Bestimmungen sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage ER. S'chöff.

sogleich oder bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Bundesrats werden mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Haft bestraft. § 12.S3) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geld­ strafe oder mit einer dieser Strafen wird, soweit nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt wird, bestraft, wer im geschäftlichen Verkehre3) zu Zwecken des Wettbewerbes") dem Ange32) Mit der Schutzbehauptung, er habe in Wirklichkeit gar keinen Aus­ verkauf beabsichtigt, ist der A. nicht zu hören. E. 45 S. 45. 33) Sog. Schmiergelderverbot. Das Delikt richtet sich weniger gegen den Dienstherrn des Bestochenen als gegen die Mitbewerber des Bestechen­ den (KommBer. S. 30). Gewährung einer Vergütung für die Bevorzugung bei der Vermietung gewerbl. Räume fällt nicht hierunter. HRR. 1929 Nr. 278. 34) Den Zwecken des Wettbewerbes dient eine Handlung dann, wenn durch sie der eigene Absatz gefördert oder ein ftemder beeinttächtigt, der eigene Kunden­ kreis auf Kosten der Gewerksgenossen erweitert werden soll. Abs. 1 gilt nicht

B IV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 12.

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stellten 84 6) oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs84 b) Geschenke

oder andere Vorteile86) anbietet, verspricht oder gewährt, um durch un­ lauteres Verhalten88') des Angestellten oder Beauftragten bei dem Bezüge von Waren88b) oder gewerblichen Leistungen eine Bevor­ zugung 88‘) für sich oder einen Dritten zu erlangen. beim Bezug von Betriebsmitteln zum eigenen Verbrauch. E. 58 S. 429. Maß­ gebend ist, daß die Vorteile dem Wettbewerb deS Vorteilgebers zu dienen be­ stimmt sind oder daß bei Vorliegen mehrerer Zwecke die Wettbewerbszwecke nicht ganz im Hintergrund stehen. E. 66 S. 81. RG. JurW. 37 S. 686. Der Begriff des Wettbewerbes trifft auch da zu, wo der Täter nicht in eigenem Inter­ esse handelt, sondern einen Dritten begünstigen will. E. 32 S. 27. JurW. 52 S. 196. Kein Wettbewerbszweck bei Hoheitsträgern, RG. RG. GRUR. 1936, 806. 34 a) Die Angelegenheit, in der auf den Angestellten eingewirkt wird, braucht nicht eine ausschließliche des Betriebes zu sein, in dessen Diensten er steht. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob der Bettiebsunternehmer demjenigen, der durch die Einwirkung auf den Angestellten eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten erstrebt, unmittelbar als Vertragsschließender gegenüberstebt. E. 47 S. 184. 34 b) Hierunter fallen auch Betriebe, die rein wohltätige oder soziale Zwecke verfolgen. E. 556.31. RG. Deutsches Strafrecht 1934 S 200, E. 68 S. 74, auch Konsumvereine E. 68 S. 263; jedoch nicht ohne weiteres staatliche oder städtische. HRR. 1932 Nr. 504; doch kann ein städt. Straßenbahnbetrieb mit öffentlich-rechtlichen Zwecken darunter fallen, wenn die Gestaltung des Be­ triebes und wirtschaftliche Betätigung durchaus geschäftlicher Art ist, E. 66 S. 380. Ortskrankenkassen sind, obwohl sie Körperschaften öffentlichen Rechtes sind, nicht zur Erfüllung staatlicher Aufgaben berufen und daher nicht Behörden, sondern wirtschaftliche Verbände im Sinne des § 12, die ihren eigenen wirt­ schaftlichen Interessen im Wege der Selbstverwaltung dienen, E. 62 S. 24, RG. JurW. 1935 S. 1861. Beauftragter ist jeder, der seine Berufung, für den Betrieb tätig zu sein, von einem anderen ableitet und befugtermaßen tätig ist. RG. ^kurW. 1934, 2915; keine einengende Auslegung jedoch; so ohne weiteres Aufsichtsratsmitglied einer Genossenschaft nm dieser Stellung willen, wenn im Rahmen des Geschäftsbetriebes tätig. RG. DRZ. 1934 Nr. 374. E. 68 S. 119, ebenso der geschäftsführende Vorsitzende eines Konsumvereins. E.68 S. 263. Auch Zeitschriftenwerber für Beauftragte, LG. Bielefeld, MuW. 1935 S. 76. 35) Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Geschenke und Vorteile, die aus Höflichkeit oder Erkenntlichkeit gewährt werden, auf Gelegenheitsgeschenke, wie Geburtstags- und Hochzeitsgeschenke, auf Trinkgeld, sofern es nicht in der Absicht gegeben wird, den Angestellten zu einer Bevorzugung zu bestimmen. Wird dies beabsichtigt, ist es unerheblich, daß in dem Handelszweige Ver­ gütungen an Angestellte allgemein üblich sind. E. 63 S. 426. 35 a) Unlauter ist das Verhalten, wenn es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden der nach der Sachlage in Betracht kommenden Verkehrs­ kreise widerspricht. E.48 S. 291. Unlauter ist nicht gleichbedeutend mit pflicht­ widrig. Es kommt weniger daraus an, ob das Verhalten gegenüber dem Dienst­ herrn pflichtwidrig ist als, ob es gegenüber den Mitbewerbern unlauter ist. E. 58 S. 429. E. 66 S. 81. Es wird vorausgesetzt, daß die Bevorzugung durch ein unlauteres Verhalten des Angestellten erreicht wird, und daß ein derartig un-

Dalcke, Strafrecht. 30. Aust.

41

642

B IV. Handels- und Gewerberecht. Die gleiche Strafe86) trifft den Angestellten oder Beauftragten eines

geschäftlichen Betriebs,8") der im geschäftlichen Verkehre Geschenke oder andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, damit er

durch

unlauteres Verhallen

einem

anderen

bei dem Bezüge

von

Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb eine Bevorzugung

verschaffe. Im Urteil ist zu erklären, daß das Empfangene oder sein Wert dem Staate verfallen fei.87)

§ 13.

In den Fällen der §§ 1, 3 kann der Anspruch auf Unter-

laffung von jedem Gewerbetreibenden, der Waren88) oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Ver­

kehr bringt, oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen geltend gemacht werden, soweit die Verbände als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen sönnen.88 e)

Auch können diese Gewerbe­

treibenden und Verbände denjenigen, welcher den §§ 6, 8, 10, 11, 12

zuwiderhandelt, auf Unterlassung in Anspruch nehmen. lauteres Verhalten durch die in Aussicht gestellte Zuwendung bezweckt wird. Hierbei genügt es, wenn der Zuwendende damit rechnen mußte, daß das Ver­ sprechen von Vorteilen ein unlauteres Verhalten des Angestellten beim Vertrieb der Ware nach sich ziehen kann. OLG. Frankfurt, JurW. 1936 S. 2104. Un­ lauter handelt auch der Angestellte, der sich durch Geschenke bestimmen läßt, dem Geber auch weiterhin Aufträge in dem bisherigen Umfange zu gewähren. E. 66 S. 16. Die Mitteilung der bei einer Ware festgestellten Mängel eines Angestellten an den Lieferanten soll nach JurW. 41 S. 961 nicht unlauter sein. Siehe dazu Fuld, Die Rechtsprechung z. d. G. S. 163. Über „Bevor­ zugung" vgl. E. 68 ©J 76. 35 b) Werden nur Muster überschickt, die zur Erforschung fremder Ge­ schäfts- und Betriebsgeheimnisse geeignet sind und dazu dienen sollen, so wird es sich in der Regel nicht um einen Bezug von Waren im Sinne deS 8 12 han­ deln. E. 48 S. 151. § 12 (Abs. 1 u. 2) gilt nicht für den Wettbewerb beim Bezüge von Betriebsmitteln. E. 58 S. 429. JurR. 2 Nr. 129. 36) Die gleichzeitige Anwendung des Abs. 2 u. § 332 StGB, ist unzu­ lässig. E. 58 S. 185. § 312 HGB. schließt auch Abs. 2 aus. E. 66 S. 81 (84). 37) Auch dann, wenn die Bestechungsgelder an den Geschäftsherrn herauSzugeben sind. E. 67 S. 29. KG. JurW. 61 S. 1907 (Nebenstrafe).

38) Gleichartig sind die Waren nicht allein dann, wenn sie aus denselben Stoffen zusammengesetzt oder hergestellt sind, sondern schon, wenn sie nach ihrem äußeren Aussehen übereinstimmen oder verwechslungsfähig sind. P i n n e r Sinnt. 2, z. B. Butter und Margarine, Wolle und Baumwolle. Leistungen verwandter Art sind die des Zahnarztes und Zahntechnikers. JurW. 36 S. 80.

38 a) Das Antragsrecht besteht nicht gegenüber solchen Verfehlungen, deren Verfolgung außerhalb der Verbandszwecke liegt. Im übrigen ist eS unbeschränkt. E. 45 S. 355. Zu den Verbänden gehören auch die Landwirtschaftskammem. GA. 60 S. 73; Zwangsinnungen, aber nicht Krankenkaffen. Fachgruppe Rechtsanwälte im BNSDJ. LG. Dortmund GRUR. 1934 S. 755. LG. Köln. JurW. 1936 S. 62. Vgl. bezügl. der Klageberechtigung der Verbände Ham­ man n, GRUR. 1937, S. 235.

643

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 14.

Zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens

ist verpflichtet: 1.

wer im Falle des § 3 die Unrichtigkeit der von ihm gemachten

Angaben kannte oder kennen mußte.

Gegen Redakteure, Ver­

leger, Drucker oder Verbreiter von periodischen Druckschriften

kann der Anspruch auf Schadensersatz nur gellend

gemacht

werden, wenn sie die Unrichtigkeit der Angaben kannten;

2.

wer gegen die §§ 6,8,10,11,12 vorsätzlich oder fahrlässig verstößt.

Werden in einem geschäftlichen Betriebe Handlungen, die nach

§§ 1, 3, 6, 8, 10, 11, 12 unzulässig sind, von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen,

so ist der Unterlassungsanspruch auch

gegen den Inhaber des Betriebs begründet. § 14.

Wer zu Zwecken deS Wettbewerbes 34) über das Erwerbs­

geschäft") eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters

deS Geschäfts, über die Waren4)

oder gewerblichen Leistungen")

eines anderen Tatsachen4^ behauptet oder verbreitet,

die geeignet

sind, den Betrieb des Geschäftes oder den Kredit des Inhabers zu schädigen,4*) ist, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr finb,42) 39) Unter den Begriff Erwerbsgeschäft fällt jede gewerbliche Tättgkeit ohne Rücksicht auf daS Bestehen eines Geschäftsbetriebes. 40) Der Begriff Tatsache umfaßt auch Urteile, sofern sie die Behauptung konkreter Vorgänge enthalten, nicht aber allgemeine Urteile und Reflexionen. Seifferth Anm. 9. Recht 11 Nr. 2881. Abschwächende Zusätze wie, der Behauptende habe sich sagen laffen u. dergl. sind belanglos, wenn Eindruck eigener Überzeugung hervorgerufen wird. RG. DJust. 1934 S. 872.

Als Behauptungen von Tatsachen sind angesehen z. B. Senf enthalte Kartoffelmehl, ein Restaurateur liefere Margarine anstatt Butter, Kläger sei zur Löschung seines Warenzeichens verurteilt worden. Dem Kläger würden häufig Waren zurück gebracht. Die Konkurrenz überteuere ihre Kunden. Hamburg v. 4. Dezbr. 09, Fuld, Die Rechtsprechung z. d. G. S. 174. Die Ware sei nicht deutsches, sondern ausländ. Fabrikat. Breslau JurW. 58 S. 449. Nicht als Tatsachen sind angesehen: Kläger bediene sich einer niedrigen Kampfesweise, die Waren des Klägers seien zu teuer und schlecht. 41) Die Kreditgefährdung ist schon im § 187 StGB, unter Strafe ge­ stellt, dort aber ist Voraussetzung, daß die Angaben wider besseres Wissen ge­ macht worden sind, während hier nur verlangt wird, daß dieselben nicht erweis­ lich wahr sind. Ferner ist im § 187 nur der Kredit geschützt, während nach diesem § auch der Geschäftsbetrieb geschützt ist und endlich gewährt § 187 nur den Antrag auf Bestrafung, während hier die Schadens- und Unterlassungsklage gegeben werden. Ein Strafverfahren ist hier ausgeschlossen. Siehe auch Anm. 44. 42) Die behaupteten Tatsachen dürfen nicht wahr sein, ist dieö der Fall, dann füllt jeder Anspruch fort. Wird die Unterlassungs- oder Schadensklage angestellt, so hat der Beklagte die Wahrheit der von ihm aufgestellten Be­ hauptung zu beweisen. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so muß er verurteilt werden, guter Glaube schützt ihn nicht.

Schöff.

644

B IV. Handels- und Gewerberecht.

dem Verletzten zum Ersätze des entstandenen Schadens verpflichtet."») Der Verletzte kann auch den Anspruch gellend machen, daß die Be­ hauptung oder Verbreitung der Tatsachen unterbleibe. Handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen") und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist der Anspruch auf Unterlassung nur zulässig, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet sind. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nur geltend gemacht werden, wenn der Mitteilende die Unrichtigkeit der Tatsachen kannte oder kennen mußte. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 15. Wer wider besseres Wissen") über das Erwerbsgeschäft eines anderen, über die Person deS Inhabers oder Leiters deS Ge­ schäfts, über die Waren oder gewerblichen Leistungen eines anderen Tatsachen"') der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet, die ge­ eignet sind, den Betrieb des Geschäfts zu schädigen,") wird mit Ge42 a) Beklagter kann nicht den Rechtsschutz deS Klägers damit bekämpfen, daß dieser selbst bei anderer Gelegenheit sich unlauteren Verhaltens im Ge­ schäftsverkehr schuldig gemacht habe. RG. Deutsche Justiz 1934 S. 872. Es ist unzulässiig, neben § 14 den § 1 anzuwenden, es sei denn eine Schutzeinrede aus § 14 Abs. 2 gegeben, RG. JurW. 1937 S. 310.

43) Die Mitteilungen müssen geschäftlicher Natur sein.

KommBer. S. 38.

44) Von dem Tatbestand des § 14 unterscheidet sich der des § 15 dadurch, daß dort die unwahren Behauptungen gerade zum Zwecke des Wettbewerbes gemacht werden müssen, daß dieS hier aber nicht erforderlich ist, daß sie aber hier, was dort nicht notwendig war, wider besseres Wissen gemacht sein müssen. E. 31 S. 84. Für die Anwendung des § 14 ist der Zweck der Handlung ohne grund­ sätzliche Bedeutung und macht es keinen rechtlichen Unterschied, ob die falsche Behauptung innerhalb oder außerhalb des geschäftlichen Verkehrs aufgestellt wird und an wen dieselbe gerichtet ist. Der Tatbestand kann deshalb auch in einer Anzeige bei der zur Untersuchung der Ware zuständigen Behörde ge­ funden werden. Da es sich ferner im Falle des § 15 abweichend vom § 187 des StGB, nicht um eine Beleidigung handelt, so ist auch hier die Anwendung des § 193 des StGB, ausgeschlossen. E. 31 S. 63. Die Behauptung braucht Überhaupt nicht ehrenkränkender Natur zu sein, es genügt, daß sie Nachteile für die Ausübung der Erwerbstätigkeit bringen kann. GA. 61 S. 119 u. E. 44 S. 158. Die Worte „wider besieres Wissen" haben hier dieselbe Bedeutung wie im § 187 des StGB. Das bloße Bewußtsein von der Möglichkeit der Unwahr­ heit der behaupteten Tatsache (dolus eventualis) genügt nicht. E. 32 S. 302. 44 a) Künftige Ereignisse, die als Folge menschlichen Handelns erst nach Ablauf einer gewissen Zeit eintreten, sind keine Tatsachen. Dresden JurW. 58 S. 3100.

45) Der wirkliche Eintritt nachweisbaren Schadens wird nicht gefordert. — Eine Schädigung deS Geschäftsbetriebes kann in dem Abspenstigmachen von Kunden, Überhaupt in einer Erschwerung des Betriebes liegen. Kahn und Weiß Anm. 6 a.

B IV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 88 16 u. 17.

645

sängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser

Strafen bestraft. Werden die im Abs. 1 bezeichneten Tatsachen in einem geschäft­ lichen Betriebe von einem Angestellten2Ö) oder Beauftragten behauptet oder verbreitet, so ist der Inhaber des Betriebs neben dem Ange­ stellten oder Beauftragten strafbar, wenn die Handlung mit seinem

Wissen geschah. § 16. Wer im geschäftlichen Verkehr2) einen Namen,") eine Firma46 47)48oder die besondere Bezeichnung eines Erwerbsgeschästs, eines gewerblichen Unternehmens oder einer Druckschrift in einer Weise benutzt, welche geeignet ist, Verwechselungen mit dem Namen, der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer besugterweise bedient, kann von diesem auf Unterlassung der Benutzung in Anspruch genommen werden.49)50 Ter Benutzende ist dem Verletzten zum Ersätze des Schadens verpflichtet, wenn er wußte oder wissen mußte, daß die mißbräuchliche Art der Benutzung geeignet war, Verwechselungen hervorzurufen. Der besonderen Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts stehen solche GeschaftSabzcichen und sonstigen zur Unterscheidung des Geschäfts von anderen Geschäften bestimmten Einrichtungen gleich, welche innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Erwerbsgeschästs gelten.49) Auf den Schutz von Warenzeichen und Ausstattungen (§8 1, 15 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894. Reichs-Geietzbl. S. 441) finden diese Vorschriften keine Anwendung. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 17.") Mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder Schoss, mit einer dieser Strafen wird bestrast, wer als Angestellter,") Arbeiters­ oder Lehrlmg eines Geschäftsbetriebs ein Geschäfts- oder Betriebs46) Wer denselben Namen führt, wie ein anderer, macht sich nur dann strafbar, wenn er Manipulationen anwendet, um Verwechselungen herbeizuführen. — Der Gebrauch eines fremden Namens zur Ankündigung einer gleichartigen und deshalb gleichwertigen Herstellung der Ware ist nicht statthaft. E. 30 S. 333.

47) Gleichgültig, ob sie im Handelsregister eingetragen ist oder nicht. A. M. St eng lein, Nebenges. Anm. 5.

48) Der § gewährt nur zivilrechtliche Schutzmittel, die Schadens- und Unterlassungsklage und zwar nach Wahl die eine oder die andere oder auch beide; auch ist der Erlaß einstweiliger Verfügungen möglich gemäß § 25. Eine Be­ strafung kann auch nicht aus tz 14 WZG. eintreten, wenn jemand seine Firma nur deshalb gebraucht, um Verwechselungen mit der Firma eines anderen hervor­ zurufen. E. 40 S. 81. 49) Z. B. Ausstattung der Geschäftswagen, Anbringung von Emblemen, Warenkataloge, Ausstattung der Schaufenster usw. 50) Auch die nur vorübergehend beschäftigten Arbeiter.

646

B V. Handels- und Gewerberecht.

geheirnnis,") das ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut 51) a. Geschäftsgeheimnisse im Gegensatze zu Betriebsgeheimnissen sind solche, welche den Handelsverkehr betreffen, also einen wesentlich kaufmännischen, nicht technischen Charakter tragen und als Geheimnis werden nicht bloß solche geschäftliche Vorkommnisse anzusehen sein, deren Geheimhaltung den Angestellten zur Pflicht gemacht ist, sondern alle, bei denen nach den Umständen ein erkenn­ bares Interesse deS Geschäftsinhabers an der Geheimhaltung anzunehmen ist, und dahin gehört auch die kaufmännische Buchführung. E. 29 S. 426; ferner auch der Plan, in gewisser Art ausgestattete Waren in größerer Menge zu besonders geeigneter Zeit auf den Markt zu werfen. E. 48 S. 12. Der Gegen­ stand des Geheimn. braucht nicht zur Ausüb. Les fragl. Gewerbes zu dienen. Auf welchem Wege die Angestellten von den Tatsachen in dem Geschäftsbetrieb Kenntnis erlangt haben, ist für den Begriff des Geschäftsgeheimnisses bedeu­ tungslos. Recht 14 Nr. 1474. Es ist aber anzuerkennen, daß sich eine scharfe Grenzlinie zwischen der Herstellung und dem Vertrieb der Ware oft gar nicht ziehen läßt und daß es auf diesen Unterschied deshalb nicht wesentlich ankommt, daß vielmehr das Haupt­ gewicht bei beiden Arten von Geheimnissen daraus zu legen ist, daß bei beiden die Verletzung der durch das Dienstverhältnis begründeten Vertragstreue, also wie Treubruch für strafbar erklärt wird. Gegenstand dieser Geheimnisse aber kann alles sein, was der Geschäftsgebarung des Inhabers so eigentümlich ist, daß es in anderen Kreisen nicht bekannt ist und nicht zur Anwendung kommt. E. 31 S. 90. b. Daß die Gegenstände, um die es sich handelt, absolut neu sind, ist nicht erforderlich, es genügt vielmehr, daß dieselben zu der Zeit, in welcher es sich um die Verletzung eines Geheimnisses handelt, ausschließlich in einem bestimmten Fabrikbetriebe bekannt sind. E. 31 S. 90. Auch kann die Anwendung einer an sich bekannten Herstellungsweise ein Betriebsgeheimnis sein, wenn die Firma ein vernünftiges Interesse an dem Nichtbekanntsein hat, daß gerade diese Her­ stellungsweise von ihr benutzt werde. JurN. 3 Nr. 215. Strafbar ist auch die Mitteilung von Musterbogen und Preislisten. DIZ. 6 S. 98 u. GA. 52 S. 87; desgl. von Kundenlisten. E. 39 S. 321; vom Modell einer Zimmereinrichtung. BayObLG. v. 9. März 25, DIZ. 30 S. 825; auch von beabsichttgten Sub­ missionsofferten. GA. 52 S. 241; Agentenverzeichnis. JurR. 3 Nr. 1367. Eine Sammlung von Erzeugnisproben kann Geschäftsgeheimnis sein, auch wenn jedem einzelnen Muster diese Eigenschaft fehlt. NG. v. 8. Mai 23 Stenglein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 3. c. Nicht mehr besteht ein Geheimnis, wenn Muster auf den Markt gebracht und dem Publikum allgemein zugänglich gemacht sind. JurW. 40 S. 869. Zum Begriff des Geheimnisses gehört nicht, daß für Konkurrenten jeder Weg, sich auf erlaubte Weise von dem bezüglichen Verhältnis Kenntnis zu verschaffen, ver­ schlossen ist. Recht 7 S. 406. So steht dem Begriff „Geheimnis" der Um­ stand nicht entgegen, daß der Erwerber einer Maschine sich mit der bei ihr an­ gebrachten Verbesserung durch Zerlegung der Maschine vertraut machen kann, wenn einem Fachmann bei bloßer Besichtigung die Verbesserung nicht erkenn­ bar war. JurW. 58 S. 3087. Doch darf sein Gegenstand für die Konkurrenz nicht offenkundig sein. E. 40 S. 406. Durch die Aufdeckung des Betriebs­ geheimnisses einer beschränkten Anzahl von Personen gegenüber wird der Charakter des Geheimnisses nicht beseitigt. E. 38 S. 108. — Irrtum darüber, was geheim zu halten ist, ist ein tatsächlicher I. Stenglein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 5.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 17.

647

worden oder zugänglich geworden ijt,62) während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses") unbefugt an jemand63a) zu Zwecken des Wettbewerbes") oder aus Eigennutz oder in der Absicht,"') dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzufügen, mitteilt.") Ebenso wird bestraft,"*) wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheim­ nis,'2) dessen Kenntnis er durch eine der im Abs. 1 bezeichneten Mittei­ lungen oder durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten')") der52) Personen, die im Dienste einer Fabrik stehen und im Interesse der letzteren und mit deren Mitteln Versuche zur Verbesserung von Fabrikations­ methoden machen, werden dadurch nicht Herren der von ihnen dabei gemachten Erfindungen und Entdeckungen, vielmehr werden diese Eigentum des Fabrik­ herrn und müssen als dm Angestellten infolge des Dienstverhältnisses anvertraut angesehen werden. E. 32 S. 136 u. 218. Zugänglich geworden vermöge des Dienstverhältnisses ist ein Geheimnis auch dann, wenn der Angestellte eS durch Bestechung eines Mitangestellten in Erfahrung gebracht hat. E. 40 S. 355. Hinsichtlich der Mitglieder des Vertrauensratts würde die unbefugte Offen­ barung von Betriebs- und Geschästsgeheimnissen auch ein von den sozialen Ehrengerichten zu ahndender Verstoß gegen die soziale Ehre sein, § 36 Ziff. 4 AVG. 53) Die Schweigepflicht besteht so lange, als daS Dienstverhältnis rechtl i ch besteht. Sie kann vertraglich über die Dauer desselben ausgedehnt werdm. 53 a) Auch an eine ausschnüffelnde Mittelsperson. B a u m b a ch a. a. O. S. 41 III. Auch an in leitender Stellung befindlichem Angestellten, wenn ihm das Betriebsgeheimnis nicht zugänglich gemacht ist. RG.JurW. 1936 S. 2081. 54) Voraussetzung für die Annahme des Wettbewerbs ist, daß die Aus­ beutung eines Geheimnisses zum Schaden des Berechttgten erfolgen muß und zwar entweder dadurch, daß der Verrat an einen Konkurrenten des Berechttgten erfolgt oder daß der in Len Besitz des Geheimnisses Gelangte dieses selbst un­ befugt ausbeutet. E. 33 S. 6. Diese Voraussetzung entfällt, wenn jemandem von dem Berechttgten selbst das Geheimnis mitgeteilt ist und demselben nochmals von einem Dritten, der weiß, daß er das Geheimnis kennt, Mitteilung gemacht wird. GA. 45 S. 286. Der Zweck eigener wissenschaftlicher Ausbildung ist mit dem Zwecke des Wettbewerbes nicht unvereinbar. E. 51 S. 184. Kein Zweck des Wettbew., wo das fremde Geheimnis ausschließlich als Grundlage für die Entscheidung weiter verwendet werden soll, eigene Versuche als nutzlos abzubrechen. DIZ. 37 S. 1150. 54a) Eventualdolus genügt nicht. Stenglein, Nebengesetze Anm. 8 (früher anders). 55) In welcher Weise die Mitteilung erfolgt, ist gleichgülttg, sie kann schrift­ lich, mündlich, auch durch bloße Gestattung von Einsicht in Bücher und Schrift­ stücke geschehen. Daß ein Wettbewerb gerade von feiten desjmigen, dem die Mitteilung zunächst und unmittelbar gemacht wird, in Aussicht genommen ist, ist nicht erforderlich. E. 39 S. 33. Darauf, ob der Empfänger die Fähigkeit hat, das Mttgeteilte selbst zu benutzen, kommt es nicht an. E. 51 S. 184. 55 a) Keine Tateinheit im Verhältnis v. Abs. 1 u. 2. E. 60 S. 53. 56) Es ist also nicht schlechthin das unbefugte Verwerten fremder Geschäfts­ geheimnisse mit Strafe bedroht, vielmehr tritt Strafbarkeit nur ein, wenn die Art und Weise, wie der Täter in den Besitz des Geheimnisses gelangt ist, eine verwerfliche, den Vorschriften des § widersprechende ist. Die Strafbarkeit fällt fort, wenn der Täter durch Zufall (durch versehentliches Öffnen eines an eine

648

Schöff.

B IV, Handels- und Gewerberecht.

stoßende eigene Handlung erlangt hat, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz unbefugt verwertet•••) oder an jemand mitteilt.") Weiß der Täter bei der Mitteilung, daß das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll, oder verwertet er es selbst im Ausland,87a) so kann auf Gefängnis bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Vorschriften der Abs. 1 bis 3 gelten auch dann, wenn der Empfänger der Mitteilung, ohne daß der Täter dies weiß, das Ge­ heimnis schon kennt oder berechtigt ist, es kennenzulernen. § 18.") Mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Sttafen wird bestraft, toer57t>) die ihm im ge^ schäftlichen Verkehr anverttauten Vorlagen88) oder Vorschriften technischer Art, insbesondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz andere Adresse gerichteten Briefes) Kenntnis erlangt hat. E. 30 S. 251 Vgl. insbesondere auch E. 33 S. 62 u. E. 61 S. 273. Ob die Anfertigung von Aufzeichnungen über Betriebsgeheimnisse gegen die guten Sitten verstößt, hängt von der Att der Dinge, von denen Aufzeichnungen gemacht werden, und von dem Inhalt des Dienstverttags ab. E. 61 S. 418. 56 ») In der bloßen Aufzeichnung zu dem Zweck, die erlangte Kenntnis zu erhalten, liegt noch keine Verwertung. Verwertung heißt: den Wert aus der Sache ziehen, sie irgendwie wirtschaftlich nutzen. E. 63 S. 205. 57) Die Strafbarkeit des Dritten ist, abgesehen von dem Umstande, daß er auf eine unerlaubte Weise in den Besitz des Geheimnisses gelangt sein muß, aber auch noch weiter davon abhängig, daß er dasselbe zu Zwecken des Wettbewerbes verwertet oder anderen mitteilt. Die Absicht, Schaden zuzufügen, genügt hier nicht, ebensowenig wie eine Verwertung zu nicht geschäftlichen Zwecken. Die Strafbarkeit setzt ferner ein doloses Handeln voraus, Fahrlässigkeit genügt nicht und § 59 StGB, kommt dem Täter zustatten, er muß also wissen, daß es sich um ein Geheimnis handelt. Der Umstand aber, daß er bei der Aus­ kundschaftung des letzteren seine Handlung nicht für ungesetzlich oder unmoralisch gehalten hat, kann ihm selbstverständlich nicht zustattenkommen. Doch ist dolus eveiitualis ausreichend. Es genügt, wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, daß ihm die Mitteilung zu Zwecken deS Wettbewerbs gemacht ist. GA. 56 S. 221; oder wenn er jemand das Geheimnis mitteilte in der irrigen An­ nahme, der Mitteilungsempfänger kenne das Geheimnis nicht oder sei nicht be­ rechtigt, es kennen zu lernen. C a l l m a n n Anm. 11. 57 a) Auch die Mitteilung an ein in Deutschland befindliches Unternehmen fällt unter Abs. 3. Callmann a. a. O. Anm. 28. 57 b) Hierunter fallen nur die Nichtangestellten des Verletzten, nicht die int § 17 genannten Angestellten. E. 44 S. 152. 58) Hierunter fallen nur solche Gegenstände, die bei der Herstellung neuer Sachen als Vorbilder benutzt werden. E. 45 S. 385. Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn Vorlagen usw. einer Persönlichkeit anvertraut sind, die gar nicht selbst gewerblich ausführen soll, sondern nur damit betraut worden ist, die Ausführung technisch oder juristisch vor Behörden usw. vorzubereiten oder zu vermitteln. KommBcr. S. 68. Immer wird aber ein beiderseits ge­ schäftsmäßiges Handeln innerhalb der Beziehungen von Geschäft zu Geschäft vorausgesetzt. E. 48 S. 76.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 19—22.

649

unbefugt verwertet oder an jemand mitteilt. § 17 Abs. 4 gilt ent­ sprechend. § 19. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§ 17, 18 verpflichten außerdem zum Ersätze des entstandenen Schadens. Mehrere Verpflichtete hasten als Gesamtschuldner. § 20.") Wer") zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz jemand zu einem Vergehen gegen die §§ 17 oder 18 zu verleiten sucht

Schöff.

oder das Erbieten eines anderen zu einem solchen Vergehen annimmt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbes oder

aus Eigennutz sich zu einem Vergehen gegen die §§ 17 oder 18 erbietet oder sich auf das Ansinnen eines anderen zu einem solchen Vergehen bereit erklärt. § 20a.") Auf die Vergehen gegen die §§17,18 und 20 findet die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich Anwendung, wenn sich die Tat gegen das Geheimnis eines inländischen Geschäfts oder Betriebs richtet. § 21. Die in diesem Gesetze bezeichneten Ansprüche auf Unter­ lassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rück­ sicht aus diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Hand­ lung an. bo)

Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Laus der Ver­

jährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem ein Schaden entstanden ist. § 22. Die Strafverfolgung«") tritt, mit Ausnahme der in den §§ 4, 6, 10, 11 bezeichneten Fälle, nur auf Antrag ein.62 59) 60 In 61 den 59) Durch den § wird die erfolglose Anstiftung unter Strafe gestellt. Ist die Anstiftung von Erfolg gewesen, so wird sie nach § 48 des StGB, mit der Strafe des Täters belegt und also aus 8 17 des Ges. bestraft. Die zu verleitende Person braucht nicht eine individuell bestimmte Person zu sein. E. 33 S. 355. Der Wettbewerbszweck braucht kein unlauterer zu sein. E. 45 S. 256. Es genügt auch die beabsichtigte Förderung fremden Wettbewerbs. E. 47 S. 128. 60) Die hier für die Verjährung gegebenen Vorschttften beziehen sich nur auf die Zivilklagen, bezüglich der Sttafverfolgung kommen die Bestimmungen deS StGB, zur Anwendung. 61) Über die Verfolgung des uni. Wettbew. durch die StA. siehe Nr. 414 der Richtlinien für das Strafverfahren. 62) Wer einen Strafantrag stellen will, ist verpflichtet, seine Berechtigung dazu nacbzuweisen, da eben nicht quisque ex populo zu demselben berechtigt ist, aber auch abweichend von sonstigen allgemeinen Bestimmungen, das Recht nicht auf den unmittelbar Verletzten beschränkt ist. Zur Stellung des Antrages sind die Ärztekammern berechtigt. E. 35 S. 268 u. E. 37 S. 173. Vertretung des Vorstandes ist hierbei statthaft E. 44 S. 348. Über die Wirksamkeit des vom Bevollmächtigten eines anttagsbercchtigten Vereins gestellten Antrags RG.

Schöff.

650

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Fällen der §§ 8, 12 hat daS Recht, den Strafantrag zu stellen, jeder der im § 13 Abf. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig.

Wegen der nach § 4 strafbaren Handlungen ist ebenso wie bei den nur aus Antrag verfolgbaren Handlungen (§§ 8, 12) neben dem Verletzten (§ 374 Abs. 1 Nr. 7 der Strafprozeßordnung) jeder der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände zur Privatklage") berechtigt." *) § 23. Wird in den Fällen der §§ 4, 6, 8, 12 aus Strafe erkannt,

so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung aus Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen sei.") Wird in den Fällen des § 15 auf Strafe erkannt, so ist zugleich

dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung inner68 S. 263. Es bedarf nicht deS Nachweises, daß der Strafantrag dem bewußten Willen des Vorstandes entsprochen hat. E. 58 S. 203. Nach RG. Recht 10 S. 260 haben die Ärzte (auch Kreisärzte. Recht 18 Nr. 3078) das Antrags­ recht gegenüber jedem, der den Kundenkreis der Arzte durch seine unrichtigen An­ gaben schmälert. Bestimmtheit des Antrages ist auch hier nicht erforderlich. JurW. 40 S. 513. Ein Verein, dessen ausschließlicher Zweck die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist, kann Strafantrag in allen Fällen stellen. Recht 20 Nr. 2178. Die Berechtigung der Verbände zur Stellung des Strafantrages ist davon abhängig, daß sie zurzeit derjenigen Handlung, deren Strafverfolgung sie betreiben, schon bestanden haben. E. 46 S. 324. Der wegen einer fortgesetzten Straftat gestellte Antrag umfaßt auch die vor Eintragung des Vereins begangenen Einzelhandlungen. E. 49 S. 66. Ein Dritter, der ein durch Verrat eines Angestellten zu seiner Kenntnis ge­ langtes fremdes Geschäftsgeheimnis zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt ver­ wertet, kann nicht ohne weiteres als ein an dem Verrate des Angestellten „Be­ teiligter" verfolgt werden, wenn nur gegen den Angestellten ein Strafantrag ge­ stellt ist. E. 31 S. 33. 63) Die von mehreren Geschäftsführern einer G. m. b. H. erhobene Privatklage ist verspätet, wenn einer der Geschäftsführer schon länger als drei Monate vor Stellung des Strafantrages von der Handlung Kenntnis hatte. BayObLG. v. 13. Jan. 07, DIZ. 13 S. 432. — Der Verurteilte ist verpflichtet, dem Nebenkläger auch jbie auf die Anschaffung von Beweisgegenständen erwachsenen Auslagen zu erstatten. 63 a) In Ansehung zu § 4 ist der Verbraucher nicht verletzt. Hamburg JurW. 58 S. 1258. 64) Die Publikation hängt hier lediglich vom Ermessen des Gerichts ab, es darf aber nicht die Entscheidung darüber dem Antragsteller überlassen. DIZ. 8. S. 502. Zu berücksichtigen ist, ob die beanstandete Ankündigung den Geschäfts­ kreis der ehrlichen Konkurrenten erheblich gefährdet hat. KG. v. 5. März 10, Fuld, Die Rechtsprechung z. d. G. S. 241. Stehl der für den Verurteilten mit der Veröffentlichung verbundene Nachteil in keinem Verhältnis zu der begangenen Rechtsverletzung, so darf die Veröffentl. nicht erfolgen. Recht 33 Nr. 1603. Der Verkauf des Geschäfts beseitigt nicht den Anlaß zur Veröffent­ lichung. Hamburg v. 5. Juli 12, Fuld a. a. O. S. 243. Veröffentlichung k.;nn auch zu Abwehrzwecken erfolgen. RG. Mitt. 1934 S. 320.

LIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 24—27.

651

halb bestimmter Frist auf Kosten deS Verurteilten öffentlich bekannt

zu machen. Auf Antrag des freigefprochenen Angeschuldigten kann daS Gericht die öffentliche Bekanntmachung der Freisprechung anordnen; die Staats­ kasse trägt die Kosten, insofern sie nicht dem Anzeigenden oder dem Privatkläger auferlegt worden sind. Ist auf Grund einer der Vorschriften dieses Gesetzes auf Unter­ lassung Klage erhoben, so kann in dem Urteile der obsiegenden Partei die Befugnis zugesprochen werden, den verfügenden Teil des Urteils

innerhalb bestimmter Frist auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen. § 24.

Für Klagen aus Grund dieses Gesetzes ist ausschließlich

zuständig das Gericht, in dessen Bezirke der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. Für Personen, die im Jnlande weder eine gewerbliche Niederlaffung noch einen Wohnsitz haben, ist ausschließlich zuständig das Gericht des

inländischen Aufenthaltsorts, oder wenn ein solcher nicht bekannt ist, das Gericht, in dessen Bezirke die Handlung begangen ist.

§ 25. Zur Sicherung der in diesem Gesetze bezeichneten An­ sprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen erlassen

werden, auch wenn die in den §§ 935, 940 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen. Zuständig ist auch das Amtsgericht, in dessen Bezirke die den Anspruch begründende Handlung begangen ist; im übrigen finden die Vorschriften des § 942 der Zivil­ prozeßordnung Anwendung.

§ 26. Neben einer nach Maßgabe dieses Gesetzes verhängten Strafe kann auf Verlangen des Verletzten6Ö) auf eine an ihn zu er­ legende Buße*") erkannt werden. Für diese Buße haften die dazu Verurteilten als Gesamtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus. § 27.

Bürgerliche Ncchtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage

sein Anspruch aus Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, gehören, sofern in erster Instanz die Landgerichte zuständig sind, vor die Kammern für Handelssachen. 65) Jnteressenverbände haben keinen Anspruch auf Buße. E. 48 S. 327. — Auf Butze kann auch erkannt werden, wenn wegen Betruges auS § 263 StGB. inJdealkonkurrenz mit § 7 (jetzt § 15) verurteilt ist. Recht 12 Nr. 3206. Solange der Strafanspruch besteht, ist auch keine Verjährung des Bußanspruchs eingetreten. E. 44 S. 294. 66) Von 3 bis zu lOuOO Reichsmark. Art. IV der VO. v. 6. Febr. 1924 (RGBl. I S. 44).

652

BIV. Handels- und Gewerberecht.

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiteu, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht ist,, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen.

§ 27 a.,e) Die obersten Landesbehörden können anordnen, daß bei den amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und In. dustrie sowie deren öffentlich-rechtlichen Verbänden oder bei einzelnen von ihnen Einigungsämter •’) eingerichtet werden, die bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus § 13, soweit die Wettbewerbshandlungen den Einzelverkaus an den letzten Verbraucher betreffen, von jeder Partei zum Zwecke einer Aussprache mit dem Gegner über den Streitfall angerufen werden können. Für die Zuständigkeit der Einigungsämter gelten die Bestimmungen des $ 24 entsprechend. Die Einigungsämter sind mit einem Rechtskundigen, der die Befähigung zum Richteramt hat, als Vorsitzenden und mindestens zwei sachverständigen Gewerbetreibenden als Beisitzern zu besetzen. Das Einigungsamt kann das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen und im Falle unentschuldigten Ausbleibens Ordnungsstrafen in Geld gegen sie festsetzen. Gegen die Straffestsetzung findet die sofortige Beschwerde an das für den Sitz des Einigungsamts zuständige Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fehlt, Zivilkammer) statt. Die Ordnungsstrafen werden auf Veran. lassung des Einigungsamts durch die amtliche Berussvertretung nach den Bestimmungen über die Einziehung der Beiträge zu der amtlichen Berufsvertretung beigetrieben.

Das Einigungsamt hat einen gütlichen Ausgleich anzustreben: Kommt ein Vergleich zustande, so findet auf ihn die Vorschrift des § 1044a ZPO. Anwendung. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so kann das Einigungsamt sich in einem gutachtlichen Spruch über den Streitfall äußern. Das Einigungsamt kann, wenn es den geltend gemachten Anspruch von vornherein für unbegründet oder sich selbst für unzuständig erachtet, die Einleitung von Einigungsverhandlungen ohne weiteres ablehnen. Ist ein Rechtsstreit der im Abs. 1 bezeichneten Art ohne vorherige Anrufung des Einigungsamts anhängig gemacht worden, so kann das Gericht auf Antrag den Parteien unter Anberaumung eines neuen Termins aufgeben, vor diesem Termin das Einigungsamt zur Herbei67) In Preußen VO. über Einigungsämter für Wettbewerbsstreitigkeiten v. 16. Juli 32 (GS. S. 249). Siehe a. 8 2 d. Ges. v. 12. Mai 33 (RGBl. I S. 264).

BIV 6. Unlauterer Wettbewerb §§ 28 u. 29. BIV 7. Zugabewesen § 1.

führung eines gütlichen Ausgleichs anzugehen.

653

In dem Verfahren

über den Antrag aus Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist diese Anordnung nur zulässig, wenn die Gegenpartei zustimmt.

Die zur Durchführung der vorstehenden Vorschriften erforderlichen Bestimmungen werden von der obersten Landesbehörde getroffen. § 28. Wer im Inland eine Hauptniederlassung nicht besitzt, hat aus den Schutz dieses Gesetzes nur insoweit Anspruch, als in vem Staate, in welchem seine Hauptniederlassung sich befindet, nach einer

im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Gewerbe­ treibende einen entsprechenden Schutz genießen?*) § 29. Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeich­

nung höhere Verwaltungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes zu ver­ stehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaats bestimmt.

B IV 7. Regelung Les Zugabewesens. Notverordnung zum Schutz der Wirtschaft. Vom 9. März 1932. Erster Teil.

Art. I.

Geändert durch das Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 (RGBl. 1932 I S. 121, 1933 I S. 264)*) (Auszug.)

§ 1. Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehr neben einer SBare1) oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung)^) an-

68) Nach dem Ges. zur Ausf. der rev. Pariser Übereinkunft zum Schutze des gewerbl. Eigentums v. 31. März 13 (RGBl. S. 236) findet dieser § auf Reichsangehörige keine Anwendung. Vgl. Anm. 1 unter B IV 12. ♦) Entsprechend dem Verbot von Zugaben mit Regelung der Aus­ nahmen in obiger VO. ist auch ein Verbot von Preisnachlässen mit Regelung besttmmter Ausnahmen durch das Rabatts es. v. 25. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1011) ergangen. Vgl. über das Verhältnis KG. JFG. Erg. 16 S. 167. Danach dürfen bet Veräußerung von Waren des täglichen Bedarfs im Einzel­ verkauf an den letzten Verbraucher oder Ausführung entsprechender gewerb­ licher Leistungen Preisnachlässe (Rabatte) zu Zwecken des Wettbewerbs nur nach den Vorschriften des Ges. angekündigt oder gewährt werden. Als solche Preisnachlässe gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer an­ kündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörig­ keit zu besttmmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden (§ 1). Strafvorschrift enthält § 11: „Wer vorsätzlich oder

BIV 6. Unlauterer Wettbewerb §§ 28 u. 29. BIV 7. Zugabewesen § 1.

führung eines gütlichen Ausgleichs anzugehen.

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In dem Verfahren

über den Antrag aus Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist diese Anordnung nur zulässig, wenn die Gegenpartei zustimmt.

Die zur Durchführung der vorstehenden Vorschriften erforderlichen Bestimmungen werden von der obersten Landesbehörde getroffen. § 28. Wer im Inland eine Hauptniederlassung nicht besitzt, hat aus den Schutz dieses Gesetzes nur insoweit Anspruch, als in vem Staate, in welchem seine Hauptniederlassung sich befindet, nach einer

im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Gewerbe­ treibende einen entsprechenden Schutz genießen?*) § 29. Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeich­

nung höhere Verwaltungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes zu ver­ stehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaats bestimmt.

B IV 7. Regelung Les Zugabewesens. Notverordnung zum Schutz der Wirtschaft. Vom 9. März 1932. Erster Teil.

Art. I.

Geändert durch das Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 (RGBl. 1932 I S. 121, 1933 I S. 264)*) (Auszug.)

§ 1. Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehr neben einer SBare1) oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung)^) an-

68) Nach dem Ges. zur Ausf. der rev. Pariser Übereinkunft zum Schutze des gewerbl. Eigentums v. 31. März 13 (RGBl. S. 236) findet dieser § auf Reichsangehörige keine Anwendung. Vgl. Anm. 1 unter B IV 12. ♦) Entsprechend dem Verbot von Zugaben mit Regelung der Aus­ nahmen in obiger VO. ist auch ein Verbot von Preisnachlässen mit Regelung besttmmter Ausnahmen durch das Rabatts es. v. 25. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1011) ergangen. Vgl. über das Verhältnis KG. JFG. Erg. 16 S. 167. Danach dürfen bet Veräußerung von Waren des täglichen Bedarfs im Einzel­ verkauf an den letzten Verbraucher oder Ausführung entsprechender gewerb­ licher Leistungen Preisnachlässe (Rabatte) zu Zwecken des Wettbewerbs nur nach den Vorschriften des Ges. angekündigt oder gewährt werden. Als solche Preisnachlässe gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer an­ kündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörig­ keit zu besttmmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden (§ 1). Strafvorschrift enthält § 11: „Wer vorsätzlich oder

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

zubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Das gleiche gilt, wenn zur Verschleierung der Zugabe eine Ware oder Leistung mit einer anderen Ware oder Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewährt wird. Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht: a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Werte, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeich­ nung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder geringwertige Kleinigkeiten gewährt werden; 3* )2 b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbettage besteht; c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf be­ stimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; e) —gestrichen —. f) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Rat­ schlägen besteht; g) wenn zugunsten der Bezieher einer Zeitung oder Zeitschrift Versicherungen bei beaufsichtigten Versicherungsunterneh­ mungen oder Versicherungsanstalten abgeschlossen werden. fahrlässig einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, wird mit Geldsttafe besttaft. Ist der Täter wegen Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz bereits wiederholt rechtskräftig verurteilt worden, so kann auf Ge­ fängnis erkannt werden." Zusammenstellung neuester Rechtsprechung zum Nabattges. s. JurW. 1937 S. 2721. Zu 81:1) Nebenleistung ist also ausdrücklich an die Abgabe einer Ware gebunden, vgl. OLG. Jena JurW. 1937 S. 2772; zwischen dieser u. der Zugabe mutz Zusammenhang bestehen u. irgendwie erkennbar in Erscheinung getteten sein, RG., OLG. Stettin JurW. 1936 S. 713, 2027. Zusammen­ hang zwischen Haupt- u. Nebenleistung kann auch bestehen, wenn die Zugabe in der Erwartung („moralischer Zwang" durch Lieferung eines Gesellschafts­ spieles) gewährt wird, daß Bestellung u. Lieferung einer Hauptleistung folgen werde, KG. JurW. 1937 S. 2702 mit krit. Anm. daselbst. 2) Es muß sich um eine weitere Vermögenswerte Ware oder Leistung handeln, RGZ. 154 S. 28; OLG. Karlsruhe JurW. 1935 S. 718; KG. JurW. 1937 S. 2775. Von Zugabe kann nur da gesprochen werden, wo der Verkäufer mehr leistet, als zur Deckung des Bedarfs des Käufers geleistet werden soll, mehr als der Käufer kaufen will, KG. JurW. 1937 S. 323,2773. Ob Preisausschreiben Zugabe s. OLG. Breslau JurW. 1937 S. 3034. 3) Auch Anbieten u. Ankündigen solcher geringwertiger Kleinigkeiten ist nicht verboten, OLG. Naumburg JurW. 1936 S. 2246; KG. JurW. 1936 S. 2657. — Was geringwertige Kleinigkeiten sind, darüber vgl. Zusammen­ stellung neuester Rechtsprechung in JurW. 1937 S. 2719.

BIV 7. Regelung des Zugabewesens §§ 2—4.

655

Bei dem Angebot, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk u. dgl.) zu bezeich­ nen oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen. § 2. Wer den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, kann von jedem, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Haupt- oder Zugabeware oder Haupt- oder Zugabeleistung her­ stellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, sowie von Verbänden zur Forderung gewerblicher Interessen, soweit sie als solche in bürger­ lichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist die Zuwiderhandlung im Geschäftsbetriebe von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen worden, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften des § 1 ver­ stößt, ist zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens verpflichtet. Ansprüche, die wegen der Gewährung von Zugaben auf Grund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet sind, bleiben unberührt. Die in den Abs. 1, 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Handlung an. Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Verjährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem der Schaden entstanden ist. § 3. Wer vorsätzlich den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Geldstrafe bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Das Recht, den Strafantrag zu stellen, hat selbständig jeder der im § 2 Abs. 1 bezeich­ neten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des An­ trages ist zulässig. Wird auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. § 4. Vergehen gegen § 3 können im Wege der Privatklage ver­ folgt werden. Die allgemeinen Vorschriften über die Privatklage finden Anwendung.

ER.

656

B IV, Handels- und Gewerberecht.

B IV 8. Gaststättengesetz. Vom 28. April 1930?) (RGBl. I S. 146.)

I. Erlaubnis zum Gewerbebetriebe. § 1. Wer*') Gastwirtschaft,Schankwirtschaft*) oder Kleinhandel^) mit Branntweins betreiben will, bedarf dazu der Erlaubnis/) 1) Geändert durch Ges. v. 9. Ott. 34 (RGBl. I S. 913). Ferner sind ergangen im Reich Ausführ.VO. v. 21. Juni 30 (RGBl. I S. 191) mit zusätzl. BO. v. 21. Juni 33 (RGBl. I S. 392) u. v. 19. Jan. 38 (RGBl. I S. 37) u. in Preußen Durchführ.BO. v. 18. Juni 30 (GS. S. 117), geändert durch BO. v. 30. März 33 (GS. S. 106) u. BO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59).

1 a) Derj., für dessen Rechnung und unter dessen Verantwortung die Schankwirtschaft geführt wird. Hamburg DRZ. 25 Nr. 144. Nur der selbständige Unternehmer. OLG. Dresden, Dt. Strafrecht 1934 S. 300. 2) Gastwirtschaft besteht in der Beherbergung und Verpflegung fremder und einheimischer Gäste. KG. Johow 1 S. 181. Frankfurt GA. 42 S. 284. OLG. Dresden JurW. 1934 S. 2087. Der Vertrieb von Getränken ist nicht erforderlich. Ungedr. KG. v. 28. April 30. Das Lokal muß jeder­ mann zugänglich fein; es liegt keine Gastwirtschaft vor, wenn es an einer hotelmäßigen Unterbringung fehlt. Stuttgart JurW. 59 S. 1239, oder wenn es sich nur um Unterbringung und Verpflegung bestimmter Per­ sonen handelt. Rostock GA. 40 S. 194. Uber Unterschied zwischen Gast­ wirtschaft u. bloßem Zimmervermieten s. KG. JFG. Erg. 15 (1937) S. 133. Auch keine Gastwirtschaft, wenn nur Personen beherbergt werden, die dem Inhaber der Räume von Gastwirten überwiesen werden und er nur von diesen Bezahlung erhält. Köln JurW. 58 S. 3261. Das Vermieten an Sommergäste kann nicht ohne weiteres als Gastwirtschaft angesehen werden. Hamburg GA. 46 S. 58; BayObLG., DStraft. 1934 S. 297; ebensowenig das Vermieten von Schlafstellen mit Verpflegung. KG. Johow 11 S. 227. Auch nicht Aufnahme in Privatkliniken. Von Nohrsch eidt, Gaststättengesetz S. 8, wohl auch nicht die Einrichtung eines Absteigequartiers. Vgl. auch OVG. DIZ. 1934 Nr. 937.

3) Schankwirtschaft besteht in der gewerbsmäßigen Verabfolgung von Getränken jeder Art und nicht bloß geistigen Getränken und zwar gleichviel ob in Flaschen oder Gläsern zum Genuß auf der Stelle. OVG. E. 2 S. 233. Celle GA. 48 S. 147. BayObLG. JurW. 60 S. 1971. Dresden JurW 60 S. 1984. Dazu gehört der Gassenschank. Stuttgart JurW. 61 S. 66. Aus­ schank von Kaffeewasser fällt aber nicht hierunter. OLG. Düsseldorf JurW. 1934 S. 625. Die Getränke brauchen nicht in geschlossenen Räumen genossen zu werden. OVG. E. 2 S. 336. Betreffs des Ausschanks von Milch siehe § 9. Schankwirtschaft ist auch die unentgeltliche Verabreichung von Ge­ tränken an Geschäftskunden in den großen Warenbazaren und kaufmännischen Geschäften. KG. GA. 46 S. 366; JFG. Erg. 4 S. 180. Es liegt aber nicht ohne weiteres der Betrieb einer Schankwirtschaft vor, wenn der Vermieter an seine Mieter Getränke verabfolgt. E. 27 S. 173. Überhaupt sind die tat­ sächlichen Verhältnisse des Einzelfalls maßgebend, ob ein Verkauf im Rahmen

B IV 8. Gaststättengesetz § 1. Die Erlaubnis

kann

auch

657

juristischen Personen sowie nichtrechts-

fähigen Vereinen*) erteilt werden. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn ein Bedürfnis

nachgewiesen ist. Die Reichsregierung kann mit Zustimmung des Reich-rat- die Vor­

aussetzungen bestimmens) des Schankbetriebes vorliegt. OBG. E. 80 S. 386. Nicht gehört zum Begriff der Schankwirtschaft, daß die Getränke an jedermann verabfolgt und auf Vorrat gehalten werden. E. 35 S. 175 u. 335. Es ist nicht erforderlich, daß der Platz, auf dem das Getränk genossen wird, dem Ausschenker gehört, oder daß ihm die Veräußerungsgewall über diesen Platz zusteht. Rostock GA. 43 S. 142, BayObLG. HRR. 1930 Nr. 191, OLG. Karlsruhe JurW. 1934 S. 1196. Schankwirtschaft treibt auch der Krämer, der duldet, daß die Konsumenten das gekaufte Bier auf dem Haus­ flur austrinken. KG. Johow 14 S. 294. Beihilfe des Verzehrens in nicht erlaubtem Schankbetrieb ist möglich, aber nur, wenn der Gast über die not­ wendige Mitwirkung hinaus Teilnahmehandlungen begeht. E. 70 S. 233. Die Gewerbsmäßigkeit einer Schankwirtschaft setzt voraus, daß eine fort­ gesetzte, auf Erzielung des Vermögensvorteils gerichtete Tättgkeit vorliegt und ein offenes Lokal gehalten wird, das allgemein zugänglich ist. KG. GA. 38 S. 457. Es genügt die Erzielung eines mittelbaren Gewinns. KG. Johow 1 S. 178, 180; und zwar durch die Möglichkeit, sich im geschäftl. Wettbewerb Kunden zu erhalten und zu gewinnen. Königsberg DIZ. 37 S. 1488. Auf die Zahl der Handlungen kommt eS nicht an; eS kann unter Um­ ständen ein Ausschank an einem Tag genügen. St eng lein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 4. Selbst die unentgeltliche Verabreichung von Getränken schließt die GewerbDmäßtgkeit nicht aus, z. B. wenn ein Kaufmann oder Speisewirt nur die Waren und Speisen, nicht aber die Getränke besonders berechnet. KG. Johow 1 S. 178. So kann auch die unentgeltliche Abgabe von Kaffee­ kostproben gewerbsm. Ausschank sein, wenn sie eine gewisse Zeit hindurch fortgesetzt wird, um den Betrieb zu heben. KG. DIZ. 34 S. 248, JurW. 1936 S. 622, a. M. Jena DNZ. 25 Nr. 216. Die Vorschriften der Abschnitte I u. II über Schankwirtschaften sind entsprechend auf Speiseeiswirtschaften (Eisdielen) anzuwenden, VO. über Speiseeiswirtschaften, s. unter Anm. 34 a. 4) Als Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßige und in den Fällen de- § 23 Abs. 1 auch die nicht gewerbsmäßige Abgabe einer Menge von nicht mehr alS 3 Liter Branntwein an Verbraucher (§ 9 d. VO. v. 21. Juni 30 — Anm. 1). 5) Dazu gehört auch der unverarbeitete Branntwein. Begr. S. 11, aber nicht der vergällte. § 27 Ziff. 4. 6) Wegen der zuständigen Behörde siehe in Preußen DurchführungsBO. v. 18. Juni 30 i. d. F. d. VO. v. 30. März 33 (GS. S. 106) 1,1 u. der VO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59) in Verbindung mit dem Erl. d. MdI. v. 9. Febr. 35 (MBliB. S. 209). 7) Nicht offenen Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften. Sie erstteckt sich beim Verein dann nicht nur auf die Mitglieder, sondern auch auf Gäste, die von diesen mitgebracht und freigehalten werden. OLG. Dresden, Dt. Straftecht 1934 S. 300. 8) §§ 1—5 VO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1). 42 Dalcke. ©frafrecfit 30 Aust.

658

BIV. Handels- und Gewerberecht. a) unter denen ein Bedürfnis') (Abs. 2) für die Erlaubniserteilung

anzuerkennen oder zu verneinen ist, b) unter denen der Handel mit Branntwein als Kleinhandel") im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. Soweit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlassen hat, können die obersten Landesbehörden sie erlassen.

$ 2. Wird ein Bedürfnis nachgewiesen (§ 1 Abs. 2), so ist die Er­ laubnis nur zu versagen, 1. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antrag­

steller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässig­ keit") nicht besitzt, insbesondere dem Trünke ergeben ist oder daS Gewerbe zur Förderung der Schlemmerei/') der VölIeret,18) des Glücksspiels, der Hehlerei, unlauterer Handels­ geschäfte oder der Unsittlichkeit oder zur Ausbeutung Uner­ fahrener, Leichtsinniger oder Wittensschwacher, zur sittlichen oder gesundheitlichen Schädigung Jugendlicher oder zum Ver­ triebe gesundheitsschädlicher, verfälschter oder verdorbener Nahrungs- oder Genußmittel mißbrauchen wird, 2. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die Vorschriften über die Beschäftigung von Arbeitern und Angestellten nicht einhalten wird, insbesondere wenn der Antragsteller wegen Verstoßes gegen diese Vorschriften erheb­ lich vorbestraft ist, 3. wenn die zum Betriebe des Gewerbes oder die zum Aufent­ halte der Arbeiter und Angestellten des Betriebs bestimmten

9) §§ 1—5 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1). 10) §Z S—9 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1). 11) Die Mittellosigkeit deS Antragstellers kann unter Berücksichtigung deS Charakters und der Fähigkeiten deS Antragstellers als Tatsache gewertet werden, auS der sich die Zuverlässigkeit deS Antragstellers ergibt. Michel, Gaststättengesetz S. 60. Über die Prüfung der persönl. Zuverlässigkeit siehe § 2 MErl. v. 5. Juni 30 (Anm. 1). 12) ES kommt hierbei auf die Ungewöhnlichkeit des Genusses und seine Mißbilligung durch welle Teile der Bevölkerung an. Michel, a. a. O. S. 61. Schl, bedeutet daS Schwelgen in verschiedenen ausgewählten Genußmitteln (qualitatives Übermaß). Bon Rohrscheidt a. a. O. S. 43. 13) Hierunter ist nicht bloß ein Genuß geistiger Getränke bis zu einem das Bewußtsein' oder die freie Willensbestimmung in erheblichem Grade beeinträchttgendemMaße, sondern auch die bloße Gewohnheit, unmäßig zu essen oder zu trinken, und auch ein Genuß, der die gesetzmäßigen Schranken über­ schreitet, zu verstehen. Landmann-Rohmer Anm. 7 zu § 33 GewO, (quanlltatives Übermaß). BayBGR. Neger, Entsch. Bd. 57 (1937) S. 20. Auch der Betrieb von Animierkneipen gehört hierher. Stenglein Nebenges. Anm. 6.

B IV 8. Gaststättengesetz §§ 3 u. 4.

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Räume") wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den Polizeilichen Anforderungen nicht genügen, 4. wenn die Verwendung der Räume für den Betrieb des Ge­ werbes dem öffentlichen Interesse") widerspricht, 5. wenn die zum Betriebe bestimmten Räume in der in Ziffer 1 genannten Art mißbraucht worden sind, sofern nicht anzu­ nehmen ist, daß der Betrieb ordnungsmäßig geführt werden wird. Bei juristischen Personen oder bei nichtrechtsfähigen Vereinen gelten als Antragsteller im Sinne des Abs. 1 Ziffer 1 und 2 die ver­ tretungsberechtigten Personen. § 3. Die Erlaubnis ist bei Gast- und bei Schankwirtschaften für eine bestimmte Betriebsart,") für bestimmte Arten von Getränken"*) und für bestimmte Räume zu erteilen. In der Erlaubnis zum Betrieb einer Gastwirtschaft oder zum Ausschank geistiger Getränke ist die Er­ laubnis zum Ausschank nichtgeistiger Getränke enthalten"). Die Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein ist für bestimmte Räume zu erteilen. Sie kann mit der Beschränkung erteilt werden, daß der Kleinhandel mit Branntwein dem Antragsteller nur im Be­ trieb eines von ihm in einer offenen Verkaufsstelle geführten Geschäfts bestimmter Art erlaubt wird. Die Erlaubnis zum Ausschank von Branntwein schließt die Er­ laubnis zum Kleinhandel ein. Die Erlaubnis darf weder auf Zeit noch auf Widerruf erteilt werden, soweit nicht dieses Gesetz es zuläßt. § 4. Bei der Erteilung der Erlaubnis kann eine Frist bis zur Dauer eines Jahres bestimmt werden, innerhalb deren der Betrieb 14) Hierunter sind sämtliche für den Gewerbebetrieb benutzten Räume sowohl in Häusern wie tm Freien zu verstehen. Begr. S. 12. 15) ES ist hierbei insbesondere an das infolge derWohnungsnvt bestehende Bedürfnis nach Wohnraum gedacht. Begr. S. 12. 16) Der Begriff der Betriebsart richtet sich nach den jeweiligen tatsäch­ lichen Verhältnissen. Siehe § 3 MinErl. v. 5. Juni 30 (Anm. 1). Jede Änderung der Betriebsart bedarf der Erlaubnis. Es ist daher die Umwandelung einer gewöhnlichen Schankwirtschäft In eine Ltkörstube ohne Erlaubnis nicht gestattet. 16 a) Z. B. geistige Getränke: Bier, Wein, Branntwein. Eine Unterscheidung innerhalb derselben Getränkeart ist nicht zulässig. Breslau JmW. 62 S. 1542. Michel, Komm. Anm. 2 zu § 3. A. A. z. B. bez. Ab­ gabe von Flaschenbier u. Faßbier BayVGH. Neger, Entsch. Bd. 57 (1937) S. 165. Erlaubnis zum Betriebe einer Gastwirtschaft umfaßt Ermächtigung zum Ausschank geistiger Getränke als Zubehör. OVG. JurW. 1934 S. 647. 17) Das Bereithalten nichtgeistiger Getränke kann dem Schankwirt vor­ geschrieben werden (§ 11). Die Nichteinhaltung dieser Vorschrift ist strafbar nach § 29 Ziff. 1.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

begonnen sein muß, widrigenfalls die Erlaubnis erlischt. Ist eine Frist nicht bestimmt, so erlischt die Erlaubnis, wenn der Inhaber den Be­ trieb nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erlaubnis•) be­ ginnt. Die Fristen können verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Erlaubnis•) erlischt ferner, wenn der Inhaber seinen Betrieb seit einem Jahre nicht mehr ausgeübt hat, ohne daß ihm darüber hinaus eine Frist gewährt worden ist, innerhalb deren der Betrieb wieder ausgenommen werden muß. Diese Frist beträgt höchstens ein Jahr; sie kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Inhaber einer Erlaubnis hat binnen einer Woche der zu­ ständigen Behörde") schriftlich anzuzeigen, daß er seinen Betrieb be­ gonnen hat oder nicht mehr ausübt. § 5. Die einer juristischen Person oder einem nichtrechtsfähigen Verein erteilte Erlaubnis erlischt mit dem Ablauf von 30 Jahren nach der Erteilung. Erlaubnisse, die vor dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt worden sind, erlöschen mit dem Ablauf von 30 Jahren nach diesem Tage. Ist die Erlaubnis in einem dieser Fälle erloschen, so kann die zu­ ständige Behörde") die Fortsetzung deS Gewerbes bis zu Erteilung einer neuen Erlaubnis auf Widerruf zulassen. § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 findet Anwendung. § 6. Die Ausübung der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe durch einen ©tellbertreter") ist nur mit besonderer Erlaubnis (Stell­ vertretungserlaubnis) der für die Erteilung der Erlaubnis zum Ge­ werbebetriebe zuständigen Behörde8) gestattet. Die Erlaubnis8) wird für einen bestimmten Stellvertreter erteilt. Die Vorschriften des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 und des § 4 gelten ent­ sprechend. Die Stellvertretungserlaubnis ist natürlichen Personen zu er­ teilen, wenn 1. nach Erteilung der Erlaubnis zum Betriebe des Gewerbes Umstände eingetreten sind, die den Inhaber hindern, das Gewerbe 18) Ortspollzeibehörde. DurchführungSVO.v.l8.Juni80(Anm.l,6) 1,2 — Strafbestimmung § 29 Biff. 9. 19) Unter Stellvertreter ist eine Person zu verstehen, welche auf Grund vertraglicher oder gesetzlicher Vollmacht den Betrieb im Namen und für Rech­ nung des Inhabers, im übrigen aber unter eigner Verantwortung selbständig führt, und die sich einerseits von dem Gehilfen oder Geschäftsführer, der das Gewerbe oder einzelne Zweige desselben unter Aufsicht und Leitung deS In­ habers verwaltet, andererseits von dem Pächter der Gewerbseinrichtung unterscheidet, der das Gewerbe auf eigene Rechnung und im eigenen Namen ausübt. Begr. S. 13. Siehe auch MinErl. v. 5. Juni 80 (Anm. 1).

B IV 8. GaststLttengesetz §§ 7—9.

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persönlich auszuüben, insbesondere, wenn er in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt worden ist; 2. der Betrieb nach dem Ableben des Inhabers für seine Witwe während ihres Witwenstandes oder für seine minderjährigen Erben oder bis zur Beendigung einer Nachlaßauseinandersetzung fortgeführt werden soll. Sie ist zu versagen, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Juristische Personen und nichtrechtsfähige Vereine bedürfen einer Stellverttetungserlaubnis gemäß Abs. 1 nur, wenn sie den Betrieb durch andere Personen als die Antragsteller (§ 2 Abs. 2) führen. § 7. Die zuständige Behörde18) kann Personen, die einen der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe von einem anderen übernehmen, zur Ausübung des Gewerbes bis zur Erteilung der Erlaubnis auf Widerruf zulassen. Die Zulassung soll nicht für eine längere Zeit als 3 Monate erfolgen; diese Frist kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Entscheidungen sind endgültig. Die Vorschrift des Abs. 1 findet auf die vorläufige Zulassung eines Stellvertreters entsprechende Anwendung. § 8. Bei einem vorübergehenden Bedürfnis88) kann der Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft vorübergehend auf Widerruf ge­ stattet") werden?8) Dabei sind ortsansässige Inhaber einer Erlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 1 in der Regel vor anderen zu berücksichtigen. Dem Betriebsinhaber können Auflagen gemacht werden. Ein vorübergehendes Bedürfnis ist für den Ausschank geistiger Getränke bei Schul-und Jugendfesten sowie bei Sportfesten, an denen überwiegend Jugendliche beteiligt sind, nicht anzuerkennen. Die oberste Landesbehörde kann die näheren Anordnungen treffen.

§ 9. Der Ausschank von Milch in Räumen, die dem Milchverkaufe dienen, bedarf während der für den Milchverkauf festgesetzten Ver­ kaufszeit keiner Erlaubnis.") 20) Z. B. bei einem außergewöhnlichen Zustrom von Fremden. 21) Für den Kleinhandel mit Branntwein gilt die Ermächtigung nicht. Begr. S. 14. 22) Eine erlaubnispflichtige Schankwirtschaft ist aber der gewerbsmäßige Ausschank von Kaffee und Milch, und zwar von Milch jedenfalls dann, wenn sie nicht als Heilmittel oder nicht als selbstgewonnenes Erzeugnis im landwirtschaftl. Nebenbetrieb vom Erzeuger am Gewinnungsort abgegeben wird, gleichviel ob der Ausschank ein selbständiger Hauptbetrieb oder ein unselbst­ ständiger Hilfsbetrieb eines Bäckerei- oder Konditoreigeschäfts ist. BayObLG. JurW. 60 S. 1971. Auch Milchabgabe vom stehenden Milchwagen oder Milchhäuschen, räumlich entfernt und getrennt vom Milchausschank selbst, ist genehmigungspflichtig. Soweit Gast- und Schankwirte innerhalb des ord­ nungsmäßigen Gast- und Schankwirtschaftsbetriebes Milch abgeben, finden die Vorschriften der §§ 8 (Kennzeichnung der Gefäße), 11 (Schutz vor nach-

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Der Erlaubnis bedarf ferner nicht der Ausschank von Milch bei außergewöhnlichen Gelegenheiten.

$ 10. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr beauftragte Behörde kann bestimmen, daß der Ausschank selbsterzeugten Weines oder Apfelweins für die Daueis von höchstens 4 Monaten und, wo dies bisher nach Landesrecht zulässig war, von höchstens 6 Monaten, und zwar zusammenhängend oder in zwei Zeitabschnitten im Jahre keiner Erlaubnis bedarf.'") Personen, die nach Maßgabe des Abs. 1 selbsterzeugten Wein oder Apfelwein ausschenken wollen, haben der Ortspolizeibehörde die Menge des selbsterzeugten und zum Ausschank bestimmten Weines oder Apfelweins sowie den Zeitraum, während dessen der Ausschank erfolgen soll, anzumelden.

§ 11. Dem Inhaber einer Gast- oder Schankwirtschaft können von der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde') bei Er­ teilung oder auf Antrag der Polizeibehörde nach Erteilung der Erlaubnis Auflagen gemacht werden:") a) zum Schutze der Gäste, Angestellten und Arbeiter gegen Ge­ fahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit, b) zum Schutze der Bewohner des Grundstücks und der Nachbar­ grundstücke sowie der Bevölkerung gegen erhebliche Nachteile oder Belästigungen.") Ist in einem Betriebe der Ausschank geistiger Getränke gestattet, so hat der Betriebsinhaber auch nichtgeistige Getränke bereit zu halten." ') II. Verlust der Gewerbebefugnis.

§ 12. Die Erlaubnis') zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 be­ zeichneten Gewerbe oder zur Ausübung des Gewerbes durch einen Stellvertreter muß von der für die Erlaubrüserteilung zuständigen teiliger Beeinflussung) u. 14 (Erlaubnis der zuständigen Behörde) des Milch­ gesetzes keine Anwendung. § 19 Milchges. Nach §§ 14,17 dieses Gesetzes ist das Unternehmen zur Abgabe von Milch genehmigungspflichtig. BayObLG. DNZ. 25 Nr. 217. Der Milchausschank bet außergewöhnlichen Gelegenheiten bedarf keiner Genehmigung, Michel, Komm. § 9 Anm. II. 22a) Uber die Voraussetzungen der Straußwirtschaft im Sinne des § 10 vgl. RdErl. d. RuPrMdJ. v. 19. Jan. 35 (MBliB. S. 119). 23) Durch einen im Verwaltungsrechtsweg anfechtbaren Bescheid (§ 18). Uber förmliche und sachliche Erfordernisse der Auflage BayObLG. JurW. 1934 S. 2267. 24) Die Begründung S. 14 erwähnt Küchenlärm, Musik, Gesang u. a. und verweist auf § 906 BGB. 24a) Z. B. in den sog. Straußwirtschaften. Eine bes. Erlaubnis ist nicht erforderlich. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 856.

BIV 8. Gastftättengesetz § 13.

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Behörde«) zurückgenommen werden, wenn sie der Betriebsinhaber vorsätzlich durch unrichtige Angaben") erwirkt hat.

Die Erlaubnis kann zurückgenommen werden: 1. wenn der für die Zurücknahme zuständigen Behörde Tatsachen

bekannt werden, welche die Versagung der Erlaubnis nach $ 2

Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 rechtfertigen würden,"») 2. wenn sie der Betriebsinhaber durch Angaben erwirkt hat, deren

Unrichtigkeit er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt

hätte kennen müssen,

3. wenn die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt geändert wird, oder wenn andere als die zuge­

lassenen Getränke ausgeschenkt oder andere als die zugelassenen Räume zum Betriebe verwendet werden,

4. wenn der Betriebsinhaber seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter führen läßt, 5. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter die gemäß § 11 gemachten Auslagen nicht vollzieht,

6. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter in dem Betriebe Personen beschäftigt, von denen er weiß oder den

Umständen nach annehmen muß, daß ihre Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 untersagt ist. § 13.

Der Kleinhandel") mit Bier oder Wein sowie der Aus­

schank von Milch im Falle des § 9 können untersagt werden«), wenn

der Gewerbetreibende den Betrieb einer Schankwirtschaft oder den Kleinhandel mit Branntwein ohne Erlaubnis ausgeübt hat und des­

halb innerhalb der letzten 3 Jahre rechtskräftig bestraft worden ist. 25) Unrichtige Angaben, auf die es bei der Erlaubniserteilung nicht an­ kam, fallen nicht hierunter. Begr. S. 15. 25a) Vgl. hierzu NotVO. des RPräf. zum Schutze des deutschen Volkes v. 4. Febr. 33 (RGBl. I S. 35) § 23 Abs. 3 und 5; Abs. 3 lautet: „Handelt es sich um eine Gast- oder Schankwirtschaft, so kann die Erlaubnis zum Betriebe von der Ortspolizeibehörde bis zur Dauer von einem Jahr entzogen werden"; Abs. 5 lautet: „Wer eine nach Abs. 1 bis 3 polizeilich geschlossene Räumlichkeit vor Aufhebung der Schließung benutzt oder anderen zur Benutzung überläßt, wird mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft. Bei Gast- oder Schank­ wirten, die wegen Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift rechtskräftig ver­ urteilt worden sind, kann die höhere Verwaltungsbehörde mit Wirkung für das Reichsgebiet aussprechen, daß sie für eine bestimmte Zeit oder für die Dauer nicht die Zuverlässigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gaststättenges. v. 28. April 30 (RGBl. I S. 146) besitzen." Vgl. ferner Art. I § 7 Abs. 2 des Ges. zum Schutze des Einzelhandels v. 12. Mai 33, s. unter BIV 2. 26) AIS Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßige und in den Fällen des § 23 Abs. 1 auch die nichtgewerbSmäßtge Abgabe von Bier oder Wein un­ mittelbar an Verbraucher. § 10 VO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1).

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B IV. Handels- und Gewerberecht. Die zuständige Behördew) kann die Wiederaufnahme des Ge­

werbebetriebs gestatten, wenn seit der Untersagung mindestens ein

Jahr verflossen ist. Die Reichsregierung kann mit Zustimmung des NeichSrats die Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Handel mit Bier oder Wein als Kleinhandel im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. So­ weit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlassen hat,

können die obersten Landesbehörden sie erlassen. Ille Umfang der GewerbebefugmS.

§ 14. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde hat Bestimmungen über die Festsetzung und Handhabung der Polizeistunde in Gast- oder Schankwirtschaften nach Anhörung der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Gast- und Schankwirtschaftsgewerbes zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist. Dabei ist anzuordnen, wann die Polizeistunde be­ ginnt und wann sie endet, unter welchen Voraussetzungen sie ver­ längert oder verkürzt werden darf und wie ihre Einhaltung zu über-

wachen ist."») Die äußerste Grenze für die Festsetzung der Polizeistunde ist 1 Uhr nachts, sofern nicht besondere örtliche Verhältnisse eine Aus­ nahme rechtfertigen/") worüber die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde entscheidet. Der Ausschank von Branntwein in Gast- oder Schankwirtschaften sowie der Kleinhandel mit Branntwein darf nicht vor 7 Uhr früh beginnen. § 15. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Be­ hörde kann den Ausschank von Branntwein und den Kleinhandel mit Trinkbranntwein für bestimmte Morgenstunden 27 * *a*) *sowie * an höchstens zwei Tagen in der Woche, insbesondere an Lohn- oder Gehalts­ zahlungstagen, Wahltagen für den Reichstag, den Landtag oder die

Gemeindevertretung, ganz oder teilweise verbieten oder beschränken. Weitergehende landesrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt. § 16. Verboten ist: 1. an Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet 26a) Die früheren erlassenen polizeilichen Anordnungen gelten nur dann fort, wenn sie mit diesem Gesetz in Einklang gesetzt sind. KG. GA. 75 C. 145. Uber die Regelung der Polizeistunde sür Eisdielen, Trinkhallen u. Getränkewagen s. RdErl. d. RWiM. v. 30. April 34 — IIIA 7444 — u. für Preußen RdErl. d. RuPrMdJ. v. 21. Jan. 35 (MBliB. S. 120). Vgl. auch Anm. 34a. 27) Diese Festsetzung ist als Richtlinie anzusehen. Siehe hierzu VO. v. 18. Juni 30 (Anm. 1). 27 a) Dazu ist in Preußen ergangen VO. v. 25. Nov. 30 (GS. S. 290) über das Verbot des Ausschanks für die Stunden vor 9 Uhr.

B IV. Gaststättengesetz § 17.

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haben, Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Ge­ nußmittel im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder im Kleinhandel zu eigenem Genusse zu verabreichen;88) 2. an Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Abwesenheit des zu ihrer Erziehung Berechtigten88) oder seines Vertreters auch andere geistige Getränke oder Tabak­ waren im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschast zu eigenem Genusse zu verabreichen; 3. geistige Getränke im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder im Kleinhandel an Betrunkene88) zu verabreichen; 4. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genuß­ mittel888) durch Automaten feilzuhalten; 5. das Verabfolgen voy Speisen88^) in Gast- oder Schankwirt­ schaften von der Bestellung von Getränken abhängig zu machen oder bei der Nichtbestellung von Getränken eine Er­ höhung der Preise eintreten zu lassen; 6. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genußmittel auf Turn-, Spiel-, Sport-Plätzen oder -Hallen zu verabreichen. Landesrechtliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend, die über die Ziffern 1 und 2 des Abs. 1 hinausgehen, bleiben unberührt.888)

§ 17. Die Beschäftigung einer Person bei der Leitung oder Be­ aufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe kann von der zuständigen Behörde8) untersagt") werden, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß die Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht 28) Gleichgültig, ob entgeltlich oder unentgeltlich. 29) Dazu gehören auch solche Personen, welche den Jugendlichen mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung seines gesetzt. Vertreters als Erzieher, Lehrer oder Lehrmeister oder in einem ähnlichen Verhältnis in ihre Obhut genommen haben. Begr. S. 16. 30) Betrunkener ist der, bei dem eine auf Genuß geistiger Getränke zu­ rückzuführende akute Lähmung von Gehirnpartten besteht. Celle HRR. 1928 Nr. 1686. PolizeiVO., durch die eine Slbgabe von geistigen Getränken an Trunksüchtige verboten wird, sind ungültig, NdErl. d. RuPrMdJ. v. 29. Mürz 35 (MBliV. S. 509). 30 a) Darunter können auch ausländische Süßweine fallen. Hamburg DNZ. 23 Nr. 626. 30b) Das sind aber nicht nur solche Lebensrnittel, die einer besonderen Zubereitung bedürfen. St eng lein Nebenges. Anm. 7. A. M. Michel a. a. O. S. 166. 30c) Abgesehen von den Ausnahmen des Abs. 2 sind die Verpflichtungen der Gastwirte abschließend in § 16 geregelt; daraus ergibt sich, daß z. B. PolVO., die die Abgabe von geistigen Getränken an Trunksüchtige verbieten, nicht rechtsgültig sind, s. Anm. 30. 31) Die Untersagung kann sowohl dem Betriebssührer wie dem An­ gestellten gegenüber ausgesprochen werden. Begr. S. 16.

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B IV. Handels- und Gcwerberecht.

besitzt, insbesondere, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 gegeben sind. Die zuständige öe^örtie18) kann die Wieder­ beschäftigung gestatten, wenn seit der Untersagung unndestens ein

Jahr verflossen ist. Über die Zulassung, das Verhalten und die Art der Entlohnung weiblicher Arbeitnehmer in Gast- oder Schankwirtschaften sind von der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde Bestimmungen zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist.") IV» Verfahren.

§ 18. Die oberste Landesbehörde bestimmt die zuständigen Be­

hörden und regelt das Verfahren. Dabei muß das Verfahren bei der Erteilung (§§ 1 und 6) oder Zurücknahme der Erlaubnis (§ 12), bei der Erteilung von Auflagen (§ 11) und bei der Untersagung (§ 13) folgende Grundsätze einhalten: 1. Der Bescheid muß schriftlich erteilt werden; er muß mit Gründen und einer Belehrung über die zulässigen Rechtsmittel ver­ sehen sein, es sei denn, daß die Erlaubnis zur Weiterführung eines bestehenden Betriebs erteilt wird. In dem Bescheide, durch den die Erlaubnis zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe erteilt wird, müssen die Betriebsart, die zugelassenen Räume sowie die dem Betriebsinhaber etwa ge­ machten Auflagen und bei Gast- oder Schankwirtschaften die Arten der zugelassenen Getränke bezeichnet sein. 2. Das Verfahren muß, soweit in Ziffer 1 nichts anderes bestimmt ist, den Vorschriften der §§ 20, 21, 21a der Gewerbeordnung genügen; soweit ein Verwaltungsstreitverfahren stattfindet, unterliegt auch der Nachweis des Bedürfnisses (§ 1 Abs. 2) der

gerichtlichen Nachprüfung. Ist die Entscheidung erster Instanz von einem Kollegium getroffen, so muß die Anfechtungsbefugnis auch einem Vertreter des öffentlichen Interesses zustehen. § 19. Vor der Erteilung der Erlaubnis (§ 1) sind die örtliche Polizeibehörde und die Gemeindebehörde, vor ihrer Zurücknahme ist 32) S. in Preußen DurchfBO. v. 18. Juni 30 in der Fassung der VO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59), vgl. Sinnt. 1 zu § 1, Strafbestimmung III Ziff. 15 u. die Genehmigungspflicht vorschreibende VO. über die Beschäfti­ gung von weiblichen Arbeitnehmern in Schankstätten v. 27. Mai 33 (GS. S. 213); über die Auslegung der letzteren vgl. KG. DStrafr. 1935 S. 455, 1936 S. 106 U. JurW. 1936 S. 2247. Bezüglich der Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen in Gast- und Schankwirtschaften ist die Bek. v. 23. Jan. 02 (RGBl. I S. 33) in Kraft geblieben, vgl. auch § 15 Abs. 2, 3 ArbeitszeitVO. (B VI6). Zu den Arbeitnehmern gehören Lehrmädchen, Serviermädchen. KG. JurW. 61 S. 2097.

BIV 8. Gaststättengesetz §§ 20 u. 21.

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die örtliche Polizeibehörde zu hören. Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, daß auch der Gewerbeaufsichtsbeamte, das Wohlfahrtsamt, gemeinnützige Vereine sowie die örtliche oder bezirksweise Berufsvertretung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der beteiligten Gewerbe gehört werden. Vor Erteilung der Erlaubnis für neu zu errichtende Betriebe mit Ausschank geistiger Getränke oder für die Ausdehnung bestehender Betriebe auf den Ausschank von Branntwein sind, vorbehaltlich der Vorschrift in Abs. 1, das Jugendamt und die für die Gemeinde oder den Bezirk bestehende wirtschaftliche Vereinigung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe zu hören. Wird die Erlaubnis erteilt, so ist der Bescheid diesen Stellen mitzuteilen; sie können gegen den Bescheid die zulässigen Rechtsmittel mit der Begrün­ dung einlegen, daß ein Bedürfnis (§ 1 Abs. 2) nicht vorhanden ist. Sind in einer Gemeinde oder einem Bezirke mehrere wirtschaftliche Ver­ einigungen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer im Gast- und Schank­ wirtschaftsgewerbe vorhanden, so bestimmt die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde die im Sinne dieser Vorschrift zuständige Vereinigung.

§ 20. Ist die Erlaubnis mangels eines Bedürfnisses versagt wor­ den, so darf innerhalb dreier Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung die Erlaubnis für denselben oder einen gleichartigen Betrieb auf dem­ selben Grundstück nur erteilt werden, wenn sich die Verhältnisse in­ zwischen wesentlich geändert haben.

§ 21. Die zur Erteilung der Erlaubnis zuständige Behörde hat über die von ihr gemäß § 1 Abs. 1 erteilten Erlaubnisse ein Verzeichnis zu führen. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann, wenn nach ihrem Ermessen die Zahl der nach § 1 Abs. 1 erlaubnis­ pflichtigen Betriebe in einem Bezirke das Bedürfnis übersteigt, für längstens 3 Jahre anordnen, ”R) daß in dem Bezirk Erlaubnisse für neu zu errichtende Betriebe nicht oder nur mit ihrer Genehmigung erteilt werden dürfen. Das gleiche gilt für Erlaubnisse zur Ausdehnung bestehender Betriebe aüf nicht zugelassene Arten von Getränken oder auf nicht zugelassene Räume. Die Anordnung kann wiederholt werden. 32 a) Bis zum 31. März 40 dürfen in Preußen Erlaubnisse für neu zu errichtende Gast- oder Schankwirtschaften grundsätzlich nicht erteilt werden. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Regierungspräsidenten. Preuß. BO. v. 9. März38 (GS. S. 25). Bez. Fremdenheime s. RdErl. v. 23.März37 (RMBliB. S. 493).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Gegen eine Anordnung nach Abs. 2 oder die Versagung der in ihr vorgeschriebenen Genehmigung findet kein Rechtsmittel statt, soweit die Maßnahme von der obersten Landesbehörde getroffen ist. Ist die Maßnahme dagegen von einer von der obersten Landesbehörde be­ stimmten Stelle getroffen, so ist die Beschwerde an die vorgesetzte Dienststelle zugelassen. § 22. Die zuständige Behörde 18) kann die Fortsetzung des Betriebs einer Gast- oder Schankwirtschaft und des Kleinhandels mit Brannt­ wein durch unmittelbaren oder mittelbaren Zwang verhindern, wenn der Betrieb ohne Erlaubnis begonnen oder die Erlaubnis erloschen, widerrufen oder zurückgenommen ist. Dasselbe gilt, wenn der Kleinhandel mit Bier oder Wein oder der Ausschank von Milch untersagt worden ist. In den Fällen des § 12 kann die zuständige Seljörbe18) den Betrieb vorläufig schließen. Sie hat in diesem Falle unverzüglich bei der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde8) die Zurücknahme der Erlaubnis zu beantragen. Wird der Antrag nicht innerhalb einer Woche gestellt, so tritt die Schließung außer Kraft. Die zuständige Behörde8) hat über die vorläufige Schließung vorab zu entscheiden. Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt.

V, Anwendungsbereich.

z 23. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf Vereine und Gesellschaften Anwendung, auch ohne daß ein Gewerbebetrieb vor­ liegt, wenn sie Getränke ausschenken oder Branntwein im kleinen absetzen; dies gilt nicht für den Ausschank von Getränken und den Absatz von Branntwein im kleinen an Angestellte oder Arbeiter dieser Vereine oder Gesellschaften. Die Bestimmungen über die Polizeistunde (§ 14) finden auf Zu­ sammenkünfte von Vereinen88") und geschlossenen Gesellschaften nurAnWendung, wenn sie in einer Gast- ober Schankwirtschaft oder in Räu­ men, die mit einer solchen verbunden sind und in denen Schankwirt­ schaft betrieben wird, stattfinden. Die oberste Landesbehörde kann diese Bestimmungen auch auf Zusammenkünfte in Räumen ausdehnen, die im Eigentume dieser Vereine ober Gesellschaften stehen ober ihnen mietweise, leihweise ober aus einem anderen Grunde überlassen worden sind, soweit in diesen Räumen Getränke ausgeschenkt werden.88) 32 b) Ist der Schankraum an einen Verein dauernd vermietet, so scheidet er als Schankraum des Gastwirts aus und es ist unerheblich, ob er mit an­ deren Räumen in Verbindung steht. KG. IurW. 61 S. 1771. 33) Unerheblich, ob gewerbsmäßig oder nicht gewerbsmäßig. Vegr.S.18.

B IV 8. Gaststättengesetz §§ 24—26.

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§ 24. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auch auf Real­ gewerbeberechtigungen Anwendung, mit Ausnahme der Vorschriften über den Bedürfnisnachweis (§ 1 Abs. 2), über die Lage der Räume (§ 2 Ziffer 3) und über das öffentliche Interesse hinsichtlich der Ver­ wendung der Räume (§ 2 Abs. 1 Ziffer 4); auch di'ese Vorschriften finden jedoch Anwendung, falls die Gast- oder Schankwirtschast binnen der der Stellung des Antrags vorhergehenden letzten 3 Jahre nicht betrieben worden ist. Die Frist kann von der Erlaubnisbehörde*) auf Antrag verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, daß auch die im Abs. 1 ausgenommenen Vorschriften Anwendung finden, wenn die Erlaubnis auf Grund einer Realgewerbeberechtigung für ein Grund­ stück nachgesucht wird, auf welchem die Erlaubnis auf Grund dieser Realgewerbeberechtigung bisher nicht ausgeübt wurde.'") Eine nach Abs. 1 oder Abs. 2 erfolgende Beschränkung der Real­ gewerbeberechtigung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung. § 25. Die Vorschriften des § 13 Abs. 1 und 2, der §§ 14, 17 und des § 22 Abs. 1 finden auf Speisewirtschasten") entsprechende An­ wendung. Die Reichsregierung kann bestimmen, daß auch andere Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung finden'"). § 26. Durch Landesgesetz kann angeordnet werden, daß die Be­ stimmungen dieses Gesetzes, welche für die im § 1 Abs. 1 bezeichneten 33a) Geschehen unterIVderDurchführungsVO. v. 13. Juni 30(Anm.l). 34) Dies sind Wirtschaften, die sich auf den Verkauf zubereiteter Speisen zum Genuß auf der Stelle beschränken. Begr. Untersagung nicht durch Polizeiverfügung, sondern im Verfahren gem. § 18. OVG. DIZ- 1934 S. 937, JurW. 1934 S. 1814. Auch Eisdielen sind Speisewirtfchaften. RAG. JurW. 37 S. 2862. 34a) Satz 2 etngefügt durch Ges. zur Änderung des Gaststättenges. v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 567). Gilt insbesondere auch für Strafvorschriften. Hierzu ergangen BO. über Speiseeiswirtschaften v. 16. Juli 34 (RGBl. I S. 709) nebst DurchführungsRdErl. d.RWiM. v. 19. Sept. 34 —V 2393 —. Nach § 1 ist Genehmigung zum Betriebe einer Speisewirtschaft — Eisdiele — (bez. Definition s. OLG. Dresden JurW. 1934 S. 625) erforderlich. Die Strafvorschriften §§ 3 u. 4 lauten: § 3. Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. den Betrieb einer Speiseeiswirtschaft unbefugt ausübt, 2. eine Speiseeiswirtschaft unbefugt durch einen Stellvertreter betreibt. Wer eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig begeht, wird mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen besttaft. § 4. Mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer l.,als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter die nach § 11 Abs. 1 des Gaststättenges. gemachten Auflagen nicht vollzieht,

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Betriebe gelten, ganz oder teilweise für den Kleinhandel mit Bier Anwendung finden. §27. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung : 1. auf die Kantinen, Kameradschaftsheime oder Ofsiziersheime der Wehrmacht sowie ihre Messen an Bord, deren Betrieb sich auf den Kreis der Wehrmacht beschränkt;") 2. aus die Kantinen, Kameradschaftsheime oder Offiziersheime der Polizei, deren Betrieb sich auf den Kreis der Polizei beschränkt;") i 3. auf Bahnhofswirtschaften,"*) Speisewagen, Kantinen und FahrPersonalküchen, soweit diese nach § 16 Abs. 5 des Gesetzes über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft vom 30. August 1924 (Reichsgesetzbl. II S. 272)") den Bestimmungen der Ge­ werbeordnung nicht unterliegen; 4. aus die Erfrischungsanstalten der Reichspost, deren Betrieb sich auf den Kreis der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Reichspost beschränkt; 5. auf die Kantinen der Unterkünfte des Arbeitsdienstes, deren Betrieb sich auf den Kreis des Arbeitsdienstes beschränkt;*") 6. auf die Kantinen der dem Chef des Ausbildungswejens 2. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter bei der Leitung oder Be­ aufsichtigung einer Speiseeiswirtschaft Personen beschäftigt, deren Be­ schäftigung nach § 17 Ms. 1 des Gaststättenges. untersagt ist, 3. in einer Speiseeiswirtschaft als Stellvertreter tätig ist, obwohl die Er­ laubnis hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist, 4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung einer Speiseeis­ wirtschaft wissentlich fortsetzt, nachdem seine Beschäftigung untersagt worden ist, 5. die nach § 4 Ms. 3 des Gaststättenges. erforderliche Anzeige nicht oder nicht rechtzeitig macht, 6. als Gast in einer Speiseeiswirtschaft verweilt, die unbefugt betrieben wird. 35) ES kommt nicht darauf an, ob der Betrieb im Namen und für Rech­ nung der Heeres- und Polizeiverwaltung (Regiebetrieb) oder von einem Pächter auf eigene Rechnung ausgeführt wird. Es genügt, daß der Betrieb mit Genehmigung der zuständigen Militär- bzw. Polizeidienststelle in deren Betrieb errichtet ist und sich auf den Kreis der Wehrmacht- und Polizciangehörigen beschränkt, wobei nickt ausgeschlossen sein soll, daß Getränke und Speisen auch gelegentlich an Gäste von Wehrmacht- oder Polizetangehörigen verabfolgt werden. Begr. S. 19. 35a) Die Vorschriften über die Polizeistunde gelten auch nicht für solche Bahnhofswirtschaften, die von Pächtern auf eigene Rechnung be­ trieben werden, und auch nicht, wenn die Gäste Nichtreisende sind. BayObLG. DIZ. 37 S. 560. 36) Neue Fassung v. 19. März 30 (RGBl. II S. 369). 36 a) Eingefügt durch Ges. v. 9. Ott. 34 (RGBl. I S. 913).

unterstehenden Sportschulen und Sportlager, deren Betrieb sich auf den Kreis der Sportschüler und Lagerinsassen be­ schränkt; 7. auf den Vertrieb von vergälltem Branntwein. Die Reichsregierung kann bestimmen, daß die Vorschriften dieses Gesetzes auch auf Bahnhofswirtschaften, Speisewagen, Kantinen und Fahrpersonalküchen der Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs, die nicht von der Deutschen Reichsbahn betrieben werden, ganz oder teil­ weise keine Anwendung finden.") Die im Satz 1 genannten Betriebe, die bei den daselbst erwähnten Eisenbahnen zur Zeit des Inkraft­ tretens dieses Gesetzes vorhanden sind, können, wenn der Bettiebsinhaber binnen Monatsfrist seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Erteilung der Erlaubnis beantragt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag fortgeführt werden. § 28. Soweit bisher in Bayern der Ausschank selbsterzeugter Getränke*") ohne Erlaubnis statthaft war, bedarf es einer solchen auch in der Folge nicht. Für die Schließung eines solchen Betriebs gelten die Vorschriften des § 12 Abs. 2 Ziffer 1, 3 bis 6 entsprechend.

VI. Strafvorschriften.

§ 29. Mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünszig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter die nach § 11 gemachten Auflagen") nicht vollzieht, 2. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Be­ triebe Personen beschäftigt,") deren Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 untersagt, ist, 3. in einem der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe als Stellver­ treter tätig ist, obwohl die Erlaubnis hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist, 37) Grundsätzlich unterliegen also die im Bereich einer Privatbahn er­ richteten Bahnhofswirtschaften und die sonstigen im Abs. 2 genannten Be­ triebe den Vorschriften dieses Ges. Die Ausnahmen bestimmt die VO. v. 1. Juli 30 (RGBl. I S. 201). 37a) Selbsterzeugter Wein (s. BahObLG. JurW. 1934 S. 434, Reger, Entsch. Bd. 56 S. 197) wie in den übrigen Ländern; daneben aber in Bayern — außer der Pfalz — auch selbstgebrautes Bier; für dessen Ausschank gilt noch Art. 9b Nr. 1 des Bay. Gewerbeges. v. 30. Jan. 68 (GBl. 1866/69 S. 309). 38) Eine Nachprüfung der Zweckmäßigkeit einer wirksam angeordneten Auflage steht dem Strafrichter nicht zu. Michel a. a. O. S. 237. 39) Eine Beschäftigung mit untergeordneten, nicht leitenden Diensten begründet keine Strafbarkeit. Michel a. a. O. S. 172 u. 238.

ER.

672

B IV. Handels- und Gewerberecht.

4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe wissentlich fortsetzt, nachdem

seine Beschäftigung untersagt worden ist (§ 17 Abs. 1), 5. den auf Grund des § 17 Abs. 240)41oder 42 43den 44 vor dem Inkraft­ treten dieses Gesetzes auf Grund des Gesetzes über weibliche Angestellte in Gast- und Schankwirtschaften vom 15. Januar 1920 (Reichsgesetzbl. S. 69)"') erlassenen Bestimmungen zu­ widerhandelt, 6. als Oafl*1) in einer Schankwirtschaft, den Schankräumen einer Gastwirtschaft, in einer Speisewirtschaft oder an einem öffent­ lichen Vergnügungsort über die Polizeistunde") hinaus ver­ weilt, obwohl der Inhaber oder dessen Vertreter oder ein Polizeibeamter ihn aufgefordert hat, wegzugehen,")

7. als Inhaber einer Gast- oder Schank- oder Speisewirtschaft oder eines öffentlichen Vergnügungsorts oder als Vertreter des In­ habers duldet,") daß ein Gast über die Polizeistunde hinaus in den Schankräumen oder an dem Vergnügungsorte verweilt,"') 40) Dgl. für Preußen DurchfVO. v. 18. Juni 30 (Sinnt. 32). S. ferner Anm. 22 40 a) Aufgehoben durch § 33 Ziff. 5. 41) Gast ist die Person, die der Betriebsinhaber in seine Schankräume zu verkehrsüblicher Benutzung der Einrichtungen und in Erwartung ange­ messenen Verzehrs ausgenommen hat, auch wer nach Eintritt der Polizei­ stundenichts mehr verzehrt. Hamburg JurW. 60 S. 904, OLG. DüsseldorfDRZ. 1934 Nr. 317,1935 Nr. 313; wer noch vor seinem nicht ausgetrunkenen Glase Bier schlafend sitzt. KG. Recht 34 Nr. 1179; oder wer in den Schankräumen ausschließl. Billard spielt. KG. DRZ. 24 Nr. 314; oder sich sonst unterhält. Dresden GA. 77 S. 58; überhaupt jeder, dessen Verweilen der Wirt aus geschäftl. Rücksichten duldet. KG. GA. 75 S. 177, aber nicht derjenige, der lediglich zu geschäftlichen Besprechungen mit dem Wirt im Schankraum ver­ weilt. Dresden GA. 73 S. 220. Gast ist auch nicht der Privatgast des Wirts (d. h. daß persönliche Gründe den ausschließlichen oder vorherrschenden Be­ weggrund zur unentgeltlichen Bewirtung bilden, OLG. Dresden DStrafN. 1936 S. 57) oder der, welcher sich gegen den Willen des Wirts in den Räumen aufhält. Michel a. a. O. S. 241. 42) Dem Gast ist aber zum Austrinken und Bezahlen eine angemessene Frist zu gewähren. KG. GA. 26 S. 538. Michel a. a. O. S. 243. Stenglein Nebenges. Anm. 24. BayObLG. JurW. 60 S. 956. A.M. Dresden HRR. 1929 Nr. 2067. 43) Die bloße Erklärung des Wirts, es sei Feierstunde, genügt nicht, ebensowenig Einstellung des Ausschanks. KG. LZ. 8 S. 311. A.M. im ersten Falle Braunschweig. GA. 43 S. 61. Nach Stenglein Nebenges. Anm. 25 kann die Aufforderung durch schlüssige Handl., wie Zusammenrücken der Sitz« gelegenheiten geschehen. Nach Dresden LZ. 25 S. 1271 ist der Verkehrs­ sitte ein ausschlaggebendes Moment betzumessen. 44) Die bloße Aufforderung zum Verlassen genügt nicht. Eine gewaltsame Entfernung der Gäste kann allerdings dem Wirt nicht zugemutet werden.

B IV 8. GaftftLttengesetz § 30.

673

8. den auf Grund deS $ 15 oder des $ 23 Abs. 2 Satz 2 erlassenen Bestimmungen oder den Vorschriften des $ 14 Abs. 2 Satz 2 oder des § 16 zuwiderhandelt, 9. die nach § 4 Abs. 3 erforderliche Anzeige nicht oder nicht recht-

zeitig macht,") 10. als Gast in einer Gast- oder Schankwirtschaft verweilt, die un­ befugt betrieben wird/«) 11. einer Vorschrift zuwiderhandelt, die für bestimmte Anlässe das Verabreichen geistiger Getränke verbietet. § 80. Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft,") wer vorsätzlich 1. den Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschast oder den Kleinhandel mit Branntwein unbefugt««) ausübt/')

Michela, a. O. S. 244; jedoch liegt ein strafbares Dulden vor, wenn der Schankwirt die ihm zur Abwickelung des Verkehrs wie zur Abrechnung eingeräumte Schonfrist ungenutzt verstreichen läßt, anstatt die zur Räumung zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden wie Fenster öffnen, Beleuchtung löschen usw. KG. GA. 77 S. 218. OLG. Dresden DJust. 1935 S. 1461. Das Dulden kann fahrlässig begangen werden. OLG. Düsseldorf DRZ. 1934 Nr. 317. Schankgast kann nach der Polizeistunde u. U. Privatgast des Wirtes sein. KG. DRZ. 1934 Nr. 251, DStrafr. 1936 S. 57. Er bleibt aber, wenn er nicht durch besondere Umstände Privatgast wird, auch dann Schankgast, wenn er bezahlt hat, nichts mehr verzehrt und nur noch zur Unterhaltung mit anderen Gästen verweilt. KG. JFGErg. Bd. 12 S. 281. OLG. Düsseldorf, DRZ. 1935 Nr. 313. Zum Begriffe des Gastes gehört aber die Inanspruch­ nahme der spezifischen Gastlichkeit der Schankstätte; so ist z. B. der Wttt heim Weiterverweilen eines Gastes nach der Polizeistunde in den Gasträumen nicht sttafbar, wenn höhere Gewalt, z. B. Sturm, Regengüsse u. dgl., ein Fortgehen unmöglich machen und nur ein Obdach, etwa bis zum ersten Morgenzuge gewährt wird, KG. DSttafr. 1935 S. 454. Die Verant­ wortlichkeit des Vertreters entfällt bei Anwesenheit des Inhabers der Schank­ wirtschaft. Königsberg JurW. 60 S. 1987. Nach erfolgter Räumung darf die Wirtschaft nicht zu einer Zeit wieder eröffnet werden, wo Leben und Verkehr noch nicht wieder erwacht ist. Dresden LZ. 22 S. 1496. Über­ haupt muß der Gastwirtschaftsbetrieb während der Polizeistunde ruhen. KG. JurW. 62 S. 2022. 44a) Ein Gast verweilt auch dann über die Polizeistunde, wenn er in die schon geschlossene Wirtschaft nach Beginn der Polizeistunde hinetngelassen wird. KG. Deutsches Strafrecht 1934 S. 66. 45) Keine Anwendung de- §161 GewO, auf Stellvertreter und leitende Angestellte. Michel a. a. O. S. 246. A. M. KG. DRZ. 23 Nr. 629. 46) Sofern, der Gast den verbotenen Charatter entweder könnt oder kennen muß. Begr. S. 20. 47) DaS Vergehen unterliegt nicht der kurzen Verjährung des § 145 Abs. 2 GewO., sondern der ordentl. von 5 Jahren. KG. DIZ. 81S. 90 u. JürR. 2 Nr. 133. 48) Bewußt rechtswidrig. Hamburg DRZ. 25 Nr. 144. Der AuSfchank selbsterzeugten Meines ist nicht erlaubnispflichtig. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 500. 43 Dalcke, Strafrecht, so. Aufl.

er.

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ER.

B IV. Handels- und Gewerberecht.

2. Gast- oder Schankwirtschaft oder Kleinhandel mit Branntwein unbefugt durch einen Stellvertreter betreibt,"), 3. den Kleinhandel mit Bier oder Wein, den Ausschank von Milch oder den Betrieb einer Speisewirtschaft trotz Untersagung sortsetzt. Ebenso wird bestraft, wer wegen Übertretung der Vorschriften des $ 16 Ziffer 1 oder 2 wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist und innerhalb der auf die letzte Verurteilung folgenden nächsten drei Jahre diesen Vorschriften vorsätzlich zuwiderhandelt. Wer eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig") be­ geht, wird mitHaft und mit Geldstrafe bis zu einhundertsünszigReichsmark oder mit einer dieser Strafen bedroht.

VII. Übergangs- und Schlußvorschriften. 5$ 81—84 nicht abgedruckt. 5 85. Aus die im § 1 Abs. 1 erwähnten Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetze besondere Bestimmungen getroffen sind. ! 86. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1930 in Kraft. 49) Alt unerlaubte BetrlebSau-übung Und auch die im § 8 gekennzeich­ neten Überschreitungen der Erlaubnis anzusehen. Begr. S. 21; GA. 76 S. 216; auch schon daS Feilhallen. Jena DRZ. 23 Nr. 901; auch der Absatz durch Vermittlung einer nicht konzessionierten Abgabestelle, die den eigent­ lichen Verkehr mit den Beziehern führt. OLG. Düsseldorf DRZ. 1934 Nr. 131; ebenso die Ausübung als Beauftragter eines Vereins, der die Schankerlaubnis nicht besitzt. Irrtum hierüber Strafirrtum, es bleibt vor­ sätzliches Tun. OLG. Dresden JurW. 1934 S. 548; nicht aber die Abgabe von Getränken lediglich zur Probe. Jena DRZ. 25 Nr. 216. DaS Mit­ wirken von Gästen ist notwendige Teilnahme, die aber nicht strafbar ist, da daS Ges. nur den Betreibenden, den Wirt, unter Strafe stellt; BeihUfe kann aber vorliegen, wenn die Gäste über die notwendige Mitwirkung hinaus an der verbotenen Tätigkeit des Wirtes teilnehmen. RG. v. 4. Juni 36 — 5 D 383/36. — Gewerbsmäßiges Handeln liegt nicht vor, wenn die Absicht deS BetriebSinhabers nicht auf die Erzielung eigenen Gewinnes gerichtet ist, sondern für einen anderen; Kantinenbetriebe, die auch der Förderung des FabrtkbetriebeS dienen und Aufschlag auf die Selbstkostenpreise der Gettänke nehmen, sind aber erlaubnispflichtig. BayObLG. HRR. 1935 Nr. 411. 60) ES betreibt nur, wer selbständiger Unternehmer ist. OLG. Dresden, Dt. Strafrecht 1934 S. 300. Der Stellvertreter ist strafbar nach 5 29 Ztff. 3. 61) Fahrlässigkeit in bezug auf Gewerbsmäßkgkeit des Ausschanks ist ausgeschlossen. Sie kann vorliegen, wenn der Verabreicher der Getränke irrigerweise annimmt, daß er die gewerbepoliz. Erlaubnis -um Betrieb einer Schankwirtschast besitzt. BayObLG. GA. 77 S. 62.

B IV 9. Gesetz über den Verkauf von Waren auS Automaten §§ 1—3.

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B IV 9. Ersetz über den Verkauf von Waren aus Automaten. Vom 6. Juli 1934.

(RGBl. I S. 585.) § 1. Ist jetzt § 24 Abs. 4 der Arbeitszeitordnung, s. unter B VI 6. § 2. Betrifft Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß am 24. Dezember vom 13. Dezember 1929 (RGBl. I S. 219). § 3. Ist neuer Abs. 3 des § 41a der Gewerbeordnung, s. unter B IV 1.

I. AusführungöVO. zum Gesetz über den Verkauf von Waren aus Warenautomaten. Vom 14. August 1934.

(RGBl. I S. 814.) Auf Grund des § 9 Abs. 5 der Verordnung über die Regelung der Arbeitszeit der Angestellten vom 18. März 1919 (Reichsgesetzbl. S. 315),*) des Artikels I Abs. 3 des Gesetzes über den Ladenschluß am vierundzwanzigsten Dezember vom 13. Dezember 1929 (Reichsgesetzbl. I S. 219) und des § 41a Abs. 3 der Gewerbeordnung, sämtlich in der Fassung des Gesetzes über den Verkauf von Waren aus Auto­ maten vom 6. Juli 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 685), wird hiermit im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister verordnet: Der Verkauf von Waren aus Automaten während der allgemeinen Ladenschlußzeiten nach Maßgabe der eingangs angeführten Vor­ schriften ist nur unter folgenden Bedingungen zulässig: 1. Es dürfen nur solche Waren abgegeben werden, die für die zugehörige offene Verkaufsstelle fachüblich*) sind und aus-

,za)

b)

c)

d) e)

1) Jetzt § 24 Abs. 5 AZV. 2) Fachüblich sind nach der 2. AusfVO. v. 22. Aug. 36 (RGBl. I S. 645): Tabakwaren u. Streichhölzer, außer in Tabakwarenfachgeschäften, in Kolonialwarengeschäften, Lebensmittel (Obst, Gemüse, Konserven, Wurst usw.), außer in Lebensmtttelfachgeschäften, in Feinkost-, Kolonialwaren- u. Gemischtwaren­ geschäften, Süßwaren u. Konfitüren, außer in Süßwaren- u. Konfitürengeschäften, in Feinkost-, Kolonialwaren, u. Gemischtwarengeschäften u. in offenen Verkaufsstellen, in denen Konditorwaren abgegeben werden, Filme, außer in Fotohandlungen, in Drogerien u. optischen Geschäften, Rasierklingen in Eisen- u. Stahlwarengeschäften, Seifen- u. Par­ fümeriegeschäften, Drogerien u. offenen Verkaufsstellen von Friseuren."

676

B IV. Handels- und Gewerberecht.

2.

3. 4.

5.

schließlich oder in erheblichem Umfange8) in der offenen Ver­ kaufsstelle selbst geführt werden. Welche Waren fachüblich sind, bestimmt im Zweifelsfall der Reichsarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister oder die vom Reichsminister beauftragte Stelle. Waren, die in Handwerksbettieben geführt werden, ohne in diesen Bettieben hergestellt oder be- oder verarbeitet zu werden, dürfen nicht abgegeben werdend) Der Verkauf muß ausschließlich auf Rechnung des Inhabers der offenen Verkaufsstelle erfolgen. Warenhäuser, Kleinpreisgeschäfte, Serienpreisgeschäfte und andere durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeichnete Geschäfte sowie Verteilungsstellen von Konsumvereinen und Werkkonsumanstalten sind vom Verkauf ausgeschlossen. Es bleibt Vorbehalten, die Zahl der in räumlichem Zusammen­ hang mit der gleichen offenen Verkaufsstelle aufzustellenden Automaten zu beschränken oder den Verkauf bestimmter Waren zu untersagen.

Diese Aufzählung ist keine erschöpfende; es ist Raum für Einzel­ entscheidungen der Aufsichtsbehörden, Neitzel in Pfundtner-Reubert III c 16 S. 9. 3) Erheblicher Umfang liegt vor, „wenn die offene Verkaufsstelle in diesen Waren oder in der entsprechenden Warengattung ein vollständiges Lager unterhält", 2. AuZfVO. v. 22. Aug. 36 (RGBl. I S. 645), Ziff. 2; daselbst auch nähere Bestimmung des vollst. Lagers u. besondere Vorschrift hinsichtlich Tabakwaren.) 4) Ziff. 2 findet „keine Anwendung auf offene Verkaufsstellen, die zwar mit einem Handwerksbettieb verbunden, jedoch nicht als dessen Hilfsbettteb anzusehen sind, u. auf Bettiebe, bei denen der Hauptzweck der Warenverkauf aus dem Ladengeschäft ist u. eine handwerkliche Tätigkeit nur nebenbei aus­ geübt wird. Abweichend hiervon gilt das Abgabeverbot der Ziffer 2 der AusfBO. ti 14. Aug. 34 in vollem Umfang für Friseure, sofern sie nicht neben dem Handwerk eine selbständige offene Verkaufsstelle betteiben, die von der Werk­ statt räumlich gettennt tst." Ziff. 3 der 2. AusfVO. v. 22. Aug. 36 (RGBl. I S. 645).

B IV 10. Maß- und Gewichtsgesetz §§ 1, 8 u. 9.

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B IV 10. Maß- und Gewichtsgesetz. Vom 13. Dezember 1935.*) (RGBl. I S. 1499.)

(Auszug.)

I. Gesetzliche Einheiten. § 1. (1) Die gesetzlichen Einheiten der Länge und der Masse sind das Meter und das Kilogramm. (2) u. (3) . . . § 8. (1) Alle Leistungen nach Maß und Gewicht innerhalb des Deutschen Reichs dürfen nur nach den gesetzlichen Einheiten oder den daraus abgeleiteten (Sin^etten1) angeboten, verkauft und berechnet werden. (2) Davon ausgenommen ist der Verkehr von und nach dem Aus­ land. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, weitere Ausnahmen zuzulassen.

II. Eichung und Beglaubigung. A. Eichpfiichk. 1. Üeueichung.

a) Meßgeräte im öffentlichen Verkehr.

§ 9. (1) Der Eichpflicht unterliegen die folgenden Meßgeräte,*) wenn sie im öffentlichen Verkehr zur Bestimmung des Umfanges von Leistungen angewendet oder bereit gehalten werden: *) Schrifttum: Mülle tu Pfundtner-Neubert, Das neue deutsche Reichsrecht Ille 19. — AusfVO. v. 20. 6.1936 (RGBl. I S. 459) nebst ErgVO. v. 11. März 37 (RGBl. I S. 296), 2. AusfVO. v. 17. Juni 37 (RGBl. I S. 651) u. 3. AusfVO. v. 26. Febr. 38 (RGBl. I S. 225). Danach müssen Meßgeräte in Verkaufsstellen vollkommen frei und übersichtlich auf­ gestellt werden- Waagen, Gewichte und sonstige Meßgeräte müssen dauernd in sauberem Zustande sein; an geeichten Meßgeräten dürfen nicht nachträg­ lich Maße, Teilungen oder Nebeneinrtchtungen angebracht werden; ferner besteht Auskunftspflicht bei polizeilicher Nachschau (§§ 1, 3, 6, 7); Zuwider­ handlungen strafbar nach § 74. — Im übrigen ist in der VO. die Durchfüh­ rung der Eichung sowie die Maß- und Gewichtspolizei geregelt worden. Ferner sind Einzelausführungen zum Gesetz gegeben. Die technischen Fragen der Eichung sind in der Eichordnung v. 8. Novbr. 111. d. Fassung v. 21. Febr. 30 (RGBl. I S. 39) mit Änderungen v. 27. April 31 (RGBl. I S. 143), v. 10. Mai 32 (RGBl.I S. 247), v. 14. Dezbr. 33(RGBl.I S.1123), v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 855), v. 27. Jan. 36 (RGBl. I S. 42), V. 9. März 37 (RGBl. I S. 317), v. 18. Juni 37 (RGBl. I S. 745) u. v. 12. Septbr. 37 (RGBl. I S. 1021) geregelt. Zu § 8. 1) Vgl. hierüber AusfVO. v. 20. 6. 1936 (RGBl. I S. 459) §§ 32, 33.

Zu § 9. 1) Nähere Begriffsbestimmungen s. §§ 34—37 d. AusfV.

678

B IV. Handel-- und Gewerberecht.

1. die zum Messen der Länge, der Fläche oder des Raumes dienenden Maße, Meßwerkzeuge und Meßmaschinen, auch die Weg« streckenmesser an Kraftfahrzeugen und die Fahrpreisuhren an Kraftdroschken, 2. die Gewichte und Waagen einschließlich der Zählwaagen, Wägeund Abfüllmaschinen, 3. die Getreideprober, 4. die Meßgeräte für wissenschaftliche und technische Unter* suchungen, die zur Gehaltsermittlung dienen. (2) Eichpflichtig sind auch die Meßgeräte, 1. mit denen Lieferungen für An- oder Verkauf geprüft werden, 2. die zur Ermittlung deS Arbeitslohnes oder der Überprüfung von Arbeit angewendet oder bereit gehalten werden, 3. mit denen Sachentschädigungen gewogen oder gemessen werden. $ 10. (1) Meßgeräte, die im öffentlichen Verkehr bei der entgelt­ lichen Abgabe von Gas, Wasser und Elektrizität angewendet oder bereit gehalten werden, müssen geeicht sein. (2) Welche Arten von Meßgeräten für die Abgabe von Elektrizität unter Abs. 1 fallen, bestimmt der Reichswirtschaftsminister im Einver­ nehmen mit dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volks­ bildung. (3) Der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern bestimmen, daß diese Abgabe nur unter Ver­ wendung von Meßgeräten geschehen darf.

$ 11. Fässer, in und mit denen Bier, Wein, verstärkter Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhalttge Gettänke, Trinkbranntwein aller Art, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost, Obstsaft oder alkoholfreie kohlensaure Gettänke verkauft werden, müssen auf ihren Raumgehalt geeicht sein, nicht aber wenn die Erzeugnisse aus dem Ausland eingeführt sind und in Gebinden des Ursprungslandes in den Verkehr kommen. § 12. (1) Zum öffentlichen Verkehr') gehört auch Zu § 12.1) Der Begriff „öffentlicher Verkehr" setzt nicht Veräußerung an einem öffentlichen Orte, etwa auf öffentlichem Markt oder sonst an einer offenen Verkaufsstelle voraus, sondern nur, daß dem einzelnen Privaten ein beliebiger, unbestimmter, bisher möglicherweise unbekannter Dritter, dessen Person ledig­ lich auS dem Geschäftsbedürfnis ohne Rücksicht auf persönliche Verhältnisse sich ergibt und in diesem Sinne die Gesamtheit deS Publikums, also die Öffentlich­ keit, entgegentritt. KG. JurR. 1 Nr. 1955 und OBG. in RDBl. 1934 S. 882; Backstubenwaage. KG. JurW. 61 S. 352. Im Gegensatz dazu steht der innere Verkehr im einzelnen Betriebe oder der einseitige Privatgebrauch.

BIV 10. Maß- und GewichtSgesetz tt 13,14,16 u. 17.

679

1. der Handelsverkehr in nicht offenen Verkaufsstellen, besonders der Geschäftsbetrieb von Vereinen und Genossenschaften, auch dann, wenn er sich auf die Mitglieder beschränkt,

2.

der geschäftliche Verkehr landwirtschaftlicher und gärtnerischer Betriebe, 3. die Ermittlung der Fracht und der Beförderungsgebühren durch die Verkehrsunternehmungen. (2) Bereit gehalten ist ein Gegenstand, wenn die äußeren Um­

stände erkennen lassen, daß er ohne besondere Vorbereitung in Ge­ brauch genommen werden kann.

b) Meßgeräte im Gesundheitswesen.

$ 18. Der Eichpflicht unterliegen ferner: Personenwaagen, die 1. von Ärzten und anderen Personen, die die Heilkunde, Kranken­ pflege, Geburtshilfe und Gesundheitspflege berufsmäßige auSüben, angewandt oder bereit gehalten werden, 2. in Krankenanstalten, Sanatorien und ähnlichen der Wieder­ herstellung der Gesundheit dienenden öffentlichen und privaten Anstalten aufgestellt sind, 3. sich in Schwimmbädern, Sportfeldern und ähnlichen der Volks­ gesundheit dienenden Anstalten befinden.

§ 14.

(1) Fieberthermometer dürfen nur nach amtlicher Prüfung verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden. Für den Vertrieb im Inland müssen sie geeicht sein.

(2—6) . . .

2. Üacheichuug.

§ 16.

Die eichpflichtigen Gegenstände sind innerhalb bestimmter Fristen zur Nacheichung zu bringen, verspätet vorgelegte gelten als ungeeicht.

§ 17. (1) Die Nacheichfrist beträgt 1. zwei Jahre für alle eichpflichtigen Gegenstände, für die dieses Gesetz nicht ausdrücklich eine andere Frist festsetzt, 2. drei Jahre a) bei den Waagen und Wägemaschinen für eine Höchstlast von 3000 Kilogramm und darüber, b)

bei den Fässern für Wein, verstärkten Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke, Trinkbranntwein

Daher kein üffenllicher Verkehr bet Deputatentlohnung. Celle JurW. 54 S. 2276. A. M. Naumburg JurW. 59 S. 1238. Hamm JurW. 61 S. 8779.

680

B IV. Handels- und Gewerberecht.

aller Art, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obst­ süßmost und Obstsaft. (2) Die Nacheichfrist für Gasmesser, Wassermesser und Elekttizitätszähler bestimmt der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern.

§ 18. (1) Die Nacheichfrist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzte Eichung vorgenommen worden ist. (2) Bei den im §17 Nr. 2b genannten Fässern endet die Frist erst mit der Entleerung. B. Eichung.

1. Prüfung uud Stempelung. § 25. Als geeicht dürfen nur Gegenstände bezeichnet werden, die von der Eichbehörde geprüft und gestempelt worden sind. 1

3. Verkehr-richtigkeit.

§ 31. Gegenstände, die der Eichpflicht unterliegen, müssen auch nach der Eichung richtig bleiben, sonst ist ihre Anwendung und Bereit­ haltung im eichpflichtigen Verkehr untersagt. Sie gelten als unrichtig, wenn sie über die Verkehrsfehlergrenze hinaus von ihrem Nennwert abweichen. C« Beglaubigung.

a) Beglaubigungspflicht. § 34. Eichamtlich müssen beglaubigt sein 1. Meßgeräte, die auf anderen als den gesetzlichen Einheiten be­ ruhen und deshalb nach diesem Gesetz nicht eichfähig, aber nach § 20 Nr. 2 zur Anwendung und Bereithaltung im eichpflichtigen Verkehr zugelassen sind;

2. die nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 zugelassenen, an eichfähigen Meßgeräten angebrachten ausländischen Nebenteilungen; 3. wenn keine Eichung in Bettacht kommt, die Meßgeräte a) für steueramtliche Zwecke, b) die zur Schiffsvermessung dienen, c) die von der Polizei bei der Verkehrsüberwachung zur Er­ mittlung der Achsdrucke an Fahrzeugen verwandt werden; 4i nach näherer Bestimmung der Physikalisch-Technischen Reichs­ anstalt die von der Industrie zur Herstellung und Berichtigung von Meßgeräten verwendeten Normale, Normalgeräte und Prüfungshilfsmittel;

B IV 10. Maß- und GewtchtSgesetz ft 35 u. 36, 45—48.

681

5. die von den Eichbehörden zur vorschriftsmäßigen Prüfung ver­

wendeten Gebrauchsnormale, Prüfnormale und PrüfungShilfsmittel. § 35. Die eichamtliche Beglaubigung ist innerhalb der für ent­ sprechende geeichte Meßgeräte vorgeschriebenen Nacheichfrist zu wieder­ holen. Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt ist ermächtigt, in be­

sonderen Fällen die Geltungsdauer der Beglaubigung anders festzusetzen. § 36. Der $ 31 gilt sinngemäß für die nach § 34 beglaubigungs ­ pflichtigen Meßgeräte.

III. SchauKgrfaße. § 45. Schankgefäße sind Gläser, Krüge, Flaschen, Karaffen, Kan­ nen und ähnliche Gefäße, die zur Verabreichung von Getränken in Gast-, Schank- oder Speisewirtschaften oder ähnlichen Einrichtungen dienen und erst bei eintretendem Bedarf gefüllt *) werden. Dabei ist es gleichgültig, ob das Getränk innerhalb oder außerhalb dieser Stätten genossen wird. § 46. Schankgefäße für Bier, Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke, Trinkbranntwein aller Art, Traubenmost, Obst­ most, Traubensüßmost, Obstsüßmost, alkoholfteie kohlensaure Gettänke, Limonaden und diesen ähnliche Getränke, für Milch, Milcherzeugnisse und Milchmischgetränke müssen mit einem Füllstrich von mindestens 1 cm Länge und in der Nähe des Füllstriches mit der Bezeichnung des Inhaltes nach Litermaß versehen sein. $ 47. Der Strich und die Bezeichnung sind durch Schnitt, Schliff Ätzung, Brand, Einpressen, Einblasen oder Anblasen auf dem Schank

gefäß anzubringen und müssen leicht erkennbar sein. § 48. (1) Zugelassen sind nur 1. für Trinkbranntwein aller Art Schankgefäße mit einem Inhalt von 2, 2,5, 4,5 und 10 Zentilitern. Der Zahl ist die abgekürzte Bezeichnung „cl“ zuzusetzen (z. B. 2 cl, 2,5 cl). Bei Gläsern von 10 cl, 5 cl und 4 cl kann noch ein Füllsttich zur Bezeichnung des halben Inhaltes ohne Maßangabe angebracht werden; 2. für Bier Schankgefäße mit einem Inhalt von 0,21,0,251,0,31, 0,4 1, 0,5 1,11 oder Mengen, die vom Liter aufwärts um je

Vt Liter höher sind; 3. für Wein, dem Wein ähnliche Gettänke, weinhaltige Gettänke, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost, alkoholZu § 45. 1) Gleichgültig, ob unmittelbar vor Verabreichung des Ge tränke- oder vorratweise eingefüllt.

BIV. Handels- und vewerberecht. freie kohlensaure Getränke, Limonaden und diesen ähnliche Gettänke, Milch, Milcherzeugnisse und Milchmischgetränke

Schankgefäße von einem Liter Inhalt oder aufwärts um je Vi Liter größere und vom Liter abwärts um je Vie Liter kleinere. Außerdem sind Gesäße von V< Liter mit der Bezeich­ nung l/< Liter zugelassen; 4. Flaschenkannen sind nur zugelassen für einen Flüssigkeitsinhalt

von 0,6 1, 11, 1,5 1, 2 1, 3 1 und 5 1. (2) Die Teile deS Liters nach Nr. 2., 3. oder 4. deS Absatzes 1 dürfen nut in Zehnerbrüchen angegeben werden, die abgekürzte Be-

zeichnung „I" muß dahinterstehen. § 49. (1) Der Abstand deS FüllstricheS vorn oberen Rande der

Schankgefäße muß 1. bei Gefäßen mit verengtem Halse zwischen 2 und 6 Zentimeter, 2. bei Schankgefäßen für Schaumwein und Bier zwischen 2 und

4 Zentimeter, 3. bei anderen Gefäßen zwischen 1 und 3 Zentimeter betragen. (2) Bei Gesäßen mit verengtem Halse soll der Füllstrich auf dem Hals angebracht sein. Bei Flaschenkannen mit Brustwölbung darf er auch auf der Brust unmittelbar oder bis zu 3 Zentimeter unterhalb des unteren Ansatzes der Halswulst, bei Flaschenkannen in Kegelform darf er unmittelbar oder bis zur 2 Zentimeter über dem oberen Rande der Rille für das Oberband angebracht sein. § 60. Der durch den Füllstrich begrenzte Raumgehalt eines Schankgefäßes darf 1. bei Gefäßen mit verengtem Hals und bei

Flaschenkannen ........................................ höchstens i/40, 2. bei anderen Gefäßen mit einem Sollinhalt von 0,1 Liter (--- 10 Zentilitern) und darüber tt V ro, 3. bei Steinzeugkrügen ff l! SO/ 4. bei den Gefäßen mit einem Sollinhalt unter 0,1 Liter 10 Zentilitern) ff V so geringer sein als der angegebene Flüssigkeitsinhalt.

§ 51. Schankgefäße unterliegen nicht der Eichpflicht, wenn sie als Maße nach § 9 verwendet werden.

IV. Flaschen. § 52. Die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes neu hergestellten Flaschen für die im § 54 genannten Lebensmittel müssen mit einer Bezeichnung deS Raumgehaltes (Nenninhaltes) nach Litermaß und

B IV10. Maß- und GewichtSgesetz §§ 53—60.

683

mit einer Fabrikmarke versehen sein und den im § 54 bezeichneten Maßgrößen entsprechen. § 53. Die Bezeichnung des Raumgehaltes ist außen am Flaschen­ boden oder auf dem Zylindermantel in der Nähe des Bodens durch Schnitt, Schliff, Ätzung, Brand, Einpressen, Einblasen oder Anblasen anzubringen und muß leicht erkennbar sein. §§ 54—55. (Hier nicht abgedruckt, enthalten Einzelangaben über die Maßgrößen der Flaschen.)

§ 56. Unter die §§ 52 bis 55 fallen auch die vom Ausland einge­ führten ungefüllten Flaschen, die im Reichsgebiet gefüllt und in den Verkehr gebracht werden. § 57. Die §§ 52 bis 56 gelten nicht für Flaschen, die leer oder gefüllt zur Ausfuhr bestimmt sind. § 58. Die im § 52 genannten Flaschen sind nicht eichpflichtig, auch wenn sie bei der Füllung als Maße nach § 9 verwendet werden. § 59. Der Reichswirtschaftsminister ist ermächtigt, im Einver­ nehmen mit dem Reichsminister des Innern die §§ 54 und 55 zu er­ gänzen oder zu ändern. *)

V. Strafbestimmungen. § 60. (1) Mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark oder mit Haft wird bestraft, wer in einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit 1. den §§ 8 bis 13, 16 bis 18, 25, 31 und 34 bis 36 zuwiderhandelt, 2. den nach §§ 20 und 37 erlassenen Anordnungen des Reichswirt­ schaftsministers zuwiderhandelt, 3. vorsätzlich nicht eichfähige Geräte als eichfähig bezeichnet, 4. als Wirt im Sinne des § 45 den §§ 46 bis 50 zuwiderhandelt, 5. ein von der Eich- oder der Polizeibehörde beanstandetes Meß­ gerät in vorschriftswidrigem Zustand auch nach einer zur Be­ richtigung aufgegebenen Frist im eichpflichtigen Verkehr an­ wendet oder bereit hält, 6. ein geeichtes oder beglaubigtes Meßgerät, das er wesentlich geändert hat oder hat ändern lassen, weiter im eichpflichtigen Verkehr anwendet oder bereit hält, 7. Schankgefäße herstellt oder in Verkehr bringt, die nach diesem Gesetz nicht zulässig sind, 8. vorsätzlich Flaschen, die diesem Gesetz nicht entsprechen, zur Ver­ wendung im Reichsgebiet herstellt, herstellen läßt oder einführt. (2) In den Fällen 4 bis 8 kann neben der Strafe zugleich auf EinZu § 59. 1) Neue Fassung der §§ 54—55 durch BO. v. 18. 5. 86 (RGBl. I S. 452).

ER.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

ziehung^) Unbrauchbarmachung oder Vernichtung der vorschrifts­ widrigen Meßgeräte, Schankgefäße und Flaschen erkannt werden, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Kann dabei keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung Unbrauchbarmachung oder Vernichtung selbständig erkannt werden. § 61. (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen § 14 verstößt und nach anderen Gesetzen keine höheren Strafen verwirkt, wird mit Ge­ fängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser (Strafen bestraft. Der Versuch ist strafbar. (2) Neben der Strafe kann auf Einziehung, Unbrauchbarmachung oder Vernichtung der Röhren, Haarröhrchen und Thermometer erkannt werden, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Kann dabei keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung, Unbrauchbarmachung oder Vernichtung selbständig er­ kannt werden. (3) Dem Hersteller von Fieberthermometern nach § 14 kann außer­ dem die Herstellung und der Handel damit untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß ihm die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.

VII. Schlußbesttmmungen. §§ 68—70.') $ 71. (1) Dieses Gesetz tritt am 1. April 1936 in Kraft.

(2) Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, zur Durch­ führung dieses Gesetzes Rechtsverordnungen und allgemeine Ver­ waltungsvorschriften zu erlassen?) Zu § 60. 1) Uber die Verwertung eingezogener Meßgeräte vgl § 65 StrafvollstreckungsO., abgedruckt unter D 3. Zu §§ 68—70. 1) Die Schlußbesttmmungen enthielten die Aufzählung der außer Kraft getretenen und derjenigen auf Grund der Maß- und GewichtsO. v. 30. Mai 08 (RGBl. S. 349) ergangenen und zunächst aufrechter­ haltenen Vorschriften. Hinsichtlich der Eichordnung v. 8. Novbr. 11 (RGBl. S. 960), mehrfach geändert, siehe Anm. * vor § 1. Zu § 71. Vgl. Anm. 1 zu § 20.

B IV 11. Patentgeletz §§ 6 u. 7.

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B IV 11. patentgesetz. Vom 5. Mai 1936.

(RGBl. II S. 117.) (Auszug.)

§ 6. Das Patent hat die Wirkung, daß allein der Patentinhaber befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Ist das Patent für ein Verfahren erteilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse. § 7. Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung ge­ nommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Tie Be­ fugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der Patenterteilung Vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maß­ nahmen nach Satz 1 berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung getroffen hat. Gegenüber dem Reich und den selbständigen Verkehrsanstalten tritt die Wirkung des Patents auch dann nicht ein, wenn die Erfindung zur Zeit der Anmeldung bereits derart in einem amtlichen Schrift­ stück ihrer Verwaltung ausgezeichnet war, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich erscheint. Das Reich und die Reichsverkehrsanstalten sind befugt, die Erfindung selbst oder für ihre Zwecke durch andere zu benutzen. Die Wirkung des Patents wird nicht beschränkt, wenn die Aufzeichnung aus einer Mitteilung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers oder von Personen beruht, die außer­ halb der Verwaltung stehen. Steht dem Patentinhaber nach einem Staatsverttag ein Priori­ tätsanspruch (§ 27) oder nach dem Gesetz, betteffend den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf Ausstellungen, vom 18. März 1904 (RGBl. S. 141) ein zeitweiliger Schutz zu, so ist an Stelle der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Anmeldung die voran­ gegangene ausländische Anmeldung oder der Beginn der Schau­ stellung der Erfindung maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für An­ gehörige eines ausländischen Staates, der hierin keine Gegenseittgkeit gewährt.

686

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, die nur vorübergehend ins Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht. $ 8. Die Wirkung des Patents tritt insoweit nicht ein, als die Erfindung nach Bestimmung der Reichsregierung zur Förderung des Wohles der Volksgemeinschaft benutzt werden soll. Sie erstreckt sich ferner nicht auf eine Benutzung der Erfindung, die auf Anordnung oder im Auftrage des zuständigen Reichsministers oder der ihm Nach­ geordneten zuständigen Behörde für Zwecke der Landesverteidigung erfolgt. Doch hat der Patentinhaber in diesen Fällen gegen das Reich Anspruch auf angemessene Vergütung, die in Ermangelung einer Ver­ ständigung im Rechtswege festgesetzt wird. Eine Bestimmung der Reichsregierung nach Satz 1 ist dem in der Rolle (§ 24) als Patent­ inhaber Eingetragenen vor Benutzung der Erfindung mitzuteilen. Erlangt die Stelle von der eine Anordnung,oder ein Auftrag nach Satz 2 ausgeht, Kenntnis von der Erstehung eines Vergütungs­ anspruchs nach Satz 3, so hat sie dem als Patentinhaber Einge­ tragenen davon Mitteilung zu machen. § 46. Die Gerichte sind verpflichtet, dem Reichspatentamt Rechts­ hilfe zu leisten. Strafen gegen Zeugen und Sachverständige, die nicht erscheinen oder ihre Aussage oder deren Beeidigung verweigern, setzen die Gerichte auf Ersuchen des Reichspatentamts fest. Ebenso ist die Vorführung eines nicht erschienenen Zeugen anzuordnen. Schoss. § 49. Wer vorsätzlich den Bestimmungen der §§ 6, 7 und 8 zuwider eine Erfindung benutzt, wird mit Gefängnis bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Der Antrag kann nicht zurückgenommen werden. Wird auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Be­ fugnis zuzusprechen, die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekanntzumachen, wenn er ein berechtigtes Interesse daran dartut. Umfang und Art der Bekanntmachung werden im Urteil be­ stimmt. Die Befugnis erlischt, wenn die Entscheidung nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft bekanntgemacht wird. § 50. Statt jeder aus diesem Gesetz entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Geschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße erkannt toetben1). Für die Buße haften die dazu Verurteilten als Gesamtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus. Zu 8 50:1) In Höhe von 3 bis 10000 RM. (Art. IV der BO. v. 6. Febr. 24) (RGBl. I S. 44).

BIV 12. Warenzeichengesetz §§ 1 u. 2.

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BIV12. Waren;eichengeseh. Vom 5. Mai 1936?) (RGBl, n S. 184.)

§ 1. Wer sich in seinem Geschäftsbetrieb zur Unterscheidung seiner Waren von den Waren anderer eines Warenzeichens') bedienen will, kann dieses Zeichen zur Eintragung in die Zeichenrolle anmelden. § 2. (1) Die Zeichenrolle wird beim Reichspatentamt geführt. Die Anmeldung eines Warenzeichens ist dort schriftlich einzureichen. Jeder Anmeldung muß die Bezeichnung des Geschäftsbetriebs, in dem das Zeichen verwendet werden soll, ein Verzeichnis der Waren, für die es bestimmt ist, sowie eine deutliche Darstellung und, soweit er­ forderlich, eine Beschreibung des Zeichens beigefügt sein?) 1) Das Warenzeichenges. v. 12. Mai 94 (RGBl. S. 441) ist am 30. Septbr. 36 außer Kraft getreten und an seiner Stelle giltseit l.Oktbr. 36 das Ges. v. 5. Mai 36. Es enthält eine Reihe von Änderungen, durch die eine An­

passung an die nat.-soz. Rechtsanschauung sowie eine Beseitigung von Unstimmig­ keiten mit internationalen Regelungen unter gleichzeitiger völliger Neufassung vorgenommen ist. Ausführungsbestimmungen enthalten die §§ 23 ff. d. BO. über d. Reichspatentamt v. 6.7.36 (RGBl. 11 ©.219). Das Grs. wird ergänzt durch den Pariser Unionsvertrag v. 20. März 83, rev. am 2. Juni 11 (RGBl. 1913 S. 209) u. am 6. Novbr. 25 (RGBl. II1928 S. 193) und durch das Madrider Abkommen v. 14. April 91 (RGBl. 1922 S. 669), revidiert am 6. Novbr. 25 (RGBl. II 1928 S. 193), dazu das Gesetz v. 31. März 28 (RGBl. II S. 175). Siehe Anm. 48. Die Anwendung dieses Ges. schließt die Anwendung des Ges. gegen den unlauteren Wettbewerb nicht aus. Auch unter dem scheinbaren Schutz des Zeichenrechts kann sich ein unlauterer Wettbewerb vollziehen. E. 41 S. 81. Das Gesetz bezieht sich nur auf Waren, die im neuzeitlichen Gewerbe­ betriebe hergestellt sind, nicht aber auf Altertümer. E. 43 S. 314. 2) Warenzeichen sollen ihrer Bestimmung nach im Interesse des Berechtigten dazu dienen, daß das Publikum Waren, die bereits ftüher im Geschäftsverkehr bezogen wurden, vermittels des Zeichens leicht und schnell als die gewünschten erkennt. E. 40 S. 244. Maßgeblich für Bestimmung des Inhaltes einer Warenbezeichnung ist die Auffassung des Verkehrs, nicht der Wille des Zeichennhabers. RG GRUR. 1934 S. 738. Phantasielos angreifende Worffolgen in Nennform und in Proia (z. B. „kleine Geräte — große Hilfen") sind nicht schutzfähig, RPA. JurW. 1955 S. 2855. Ein Zeitungstttel ist kein Warenzeichm. E. 28 S. 275. Siehe auch E. 40 S. 343. Das ausgestanzte Mittelstück einer Rasierklinge ist wegen des technischen Zweckes wie auch als Aus­ stattung kein Warenzeichen. RPA., Milt. 1934 S. 384. Eine plastische Dar­ stellung kann niemals Gegenstand eines Warenzeichens sein, eine körperliche Ge­ staltung. z. B. ein beigeflochtener sog. Gütefaden zur Kennzeichnung, nicht Zeichenschutz genießen — RGZ. 155 S. 108 — mit guten Gründen a. A. Elster GRM. 1937 S. 827. 3) Ein Geschäststreibender kann auch mehrere Zeichen eintragen lassen selbst für dieselben Waren zu gleichzeittger wahlweiser Verwendung. Ob aber die mehreren Zeichen einzeln oder nur in ihrer Bereinigung (Kollettivzeichen)

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

(2) Der Präsident des Reichspatentamts erläßt Bestimmungen über die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung. (3) 4* )*5 6 § S. (1) Die Zeichenrolle soll enthalten: 1. den Zeitpunkt des Einganges der Anmeldung, 2. die nach § 2 Absatz 1 der Anmeldung beizufügenden Angaben, 3. Namen und Wohnort des Zeicheninhabers und seines etwa bestellten Vertreters (§ 35 Abs. 2) sowie Änderungen in der Person, im Namen oder im Wohnorte des Inhabers oder des Vertreters, 4. Verlängerungen der Schutzdauer, 5. den Zeitpunkt der Löschung des Zeichens. (2) Die Einsicht der Zeichenrolle steht jedermann frei. (3) Jede Eintragung und jede Löschung wird vom Reichspatent­ amt in regelmäßig erscheinenden Übersichten veröffentlicht (Waren­ zeichenblatt).

§ 4. (1) Freizeichen4) können nicht in die Rolle eingetragen werden. (2) Ferner sind von der Eintragung solche Zeichen ausgeschlossen, 1. die keine Unterscheidungskraft haben oder ausschließlich aus Zahlen, Buchstaben oder solchen Wörtern bestehen,4) die An­ den Schutz des Gesetzes genießen, hängt nicht sowohl von der Absicht des An­ meldenden als von der Art der Eintragung ab. R. 4 S. 155. 4) (3) vis (6) detr. Gebühren. 5) Freizeichen sind Zeichen, die an sich den Anforderungen des Ges. an Schutzfähigkeit eines Zeichens genügen, sich aber für bestimmte Waren im freien Gebrauch einer größeren Anzahl von inländischen Gewerbetreibenden befinden, die ohne Beziehung zu einander find, derart, daß dadurch das Zeichen für diese Waren nicht mehr als Kennzeichen der Ware eines bestimmten Geschäfts­ betriebes zu wirken vermag. Pinzgeru. Heinemann, D. deutsche Waren­ zeichenrecht 1926 S. 62. Freizeichen können durch Zusätze zu neuen, schutzberech­ tigten Zeichen gemacht werden. R. 1 S. 175. Es besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Freizeichen und nicht eintragungsfähigen Warenzeichen nach Abs. 2 Zifs. 1. Wenn letztere aber infolge Durchsetzung im Verkehr doch ein­ getragen werden, erstreckt sich Schutz sowohl auf die Benutzung gleicher, wie gleichartiger Waren. RG. MuW. 37, 171. Preismedaillen sind keine Frei­ zeichen, sie können aber durch Verbindung mit Worten zu Warenzeichen werden. E. 7 S. 214. Die Schutzbehauptung des A., das von ihm benutzte Zeichen sei ein Freizeichen, hat das Gericht selbständig zu prüfen, wenn dies Zeichen mit dem angeblich verletzten, eingetragenen Zeichen verwechslungsfähig ist. E. 44 S. 192. Ist das Freizeichen eingetragen, so darf sich ein Dritter ebensowenig dieses, wie eines mit ihm im Sinne von § 20 verwechselbaren Zeichens bedienen. E. 48 S. 398. Den Einwand, das Freizeichen sei nicht eintragungsfähig gewesen, kann der Angeklagte nicht erheben. GA. 45 S. 433. 6) In ein Kombinationszeichen könnet! Zahlen oder Buchstaben ausge­ nommen werden. E. 7 S. 214. Büchertitel können als WZ. dann angesehen

B IV 12. Warenzeichengesetz § 4.

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gaben über Art, Zeit und Ort der Herstellung, über die Be­ schaffenheit, über die Bestimmung, über Preis-, Mengen­ oder Gewichtsverhältnisse der Waren enthalten,

2. die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes, eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten, 3. die amtliche Prüf- und Gewährzeichen enthalten, die nach einer Bekanntmachung im Reichsgesetzblatt im Inland oder in einem ausländischen Staate für bestimmte Waren ein­ geführt sind/») 4. die ärgerniserregende Darstellungen oder solche Angaben enthalten, die ersichtlich den tatsächlichen Verhältnissen nicht ent­ sprechen und die Gefahr einer Täuschung begründen,")

5. die nach allgemeiner Kenntnis innerhalb der beteiligten in­ ländischen Verkehrskreise bereits von einem anderen als Warenzeichen für gleiche oder gleichartige Waren benutzt werden.") (3) Die Eintragung wird jedoch in den Fällen der Nr. 1 zu­ gelassen, wenn sich das Zeichen im Verkehr als Kennzeichen der Waren des Anmelders durchgesetzt hat.

(4) Die Vorschriften der Nrn. 2 und 3 gelten nicht für einen An­ melder, der befugt ist, in dem Warenzeichen das Hoheitszeichen oder das Prüf- und Gewährzeichen zu führen, selbst wenn es mit dem eines werden, wenn der gedankliche Inhalt der Bücher gegenüber ihrer vom Her­ gebrachten abweichenden Gestalt oder Einrichtung zurücktritt. GA. 53 S. 74. Über Schutzfähigkeit einer aus fremdsprachigen Bestandteilen zusammengesetzten wissenschaftlichen Bezeichnung. RPA. JurW. 1934 S. 1877. Ein Wortzeichen ist eintragungsfähig, wenn es sich als Kennzeichen der betr. Ware längst durch­ gesetzt hat. RG. JurW. 1934 S. 2408. Nicht schutzfähig z. B. die Bezeich­ nung „ReichSsuper" für ein Rundfunkgerät, RPA. JurW. 1935 S. 1366, „Chronolog" als Beschaffenheitsangabe für einen Zeitmeffer, RPA. MuW. 1935 S. 78 ; wohl aber die Wortbildung „Tastlicht" für elektt. Tisch- und Stehlampen, RPA. JurW. 1935 S. 1265.

6 a) Bek. v. 15. 9. 36 (RGBl. II S. 307) u. v. 3. 6. 37 (RGBl. II S. 169). 6 b) Verwendung der Darstellung regierender Personen beim Rasieren alS Kennzeichnung für Rasierklingen ist Ärgernis erregend. RPatA. JurW. 1936 S. 2110.

6 c) In Verb, mit § 31 soll durch Ziff. 5 bereits jeder Versuch verhindert werden, die an notorisch eine bekannte Marke mehr oder weniger ohne jedoch vollständige Nachahmung sich anlehnenden Warenzeichen eintragen zu lassen, Kühnemann, DJust. 1936 S. 858. Dalcke, Strafrecht. 30. Aust. 44

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B IV. Handels- und GewerLerecht.

anderen Staates im Verkehr verwechselt werden kann. Die Vor­ schrift der Nr. 3 gilt ferner insoweit nicht, als die Waren, für die das Zeichen angemeldet ist, weder gleich noch gleichartig mit denen sind, für die das Prüf- und Gewährzeichen eingeführt ist. (5) Die Vorschrift der Nr. 6 wird nicht angewendet, wenn der Anmelder von dem anderen zur Anmeldung ermächtigt worden ist. z 5. (1) Erachtet das Reichspatentamt, daß ein zur Anmeldung gebrachtes Warenzeichen mit einem anderen für gleiche oder gleichartige Waren früher angemeldeten Zeichen übereinstimmt, so macht es dem Inhaber dieses Zeichens hiervon Mitteilung. Erhebt er nicht innerhalb eines Monats nach der Zustellung Widerspruch gegen die Eintragung des neu angemeldeten Zeichens, so wird es eingetragen. Im anderen Fall entscheidet das Reichspatentamt durch Beschluß, ob die Zeichen übereinstimmen. In dem Beschluß kann das Reichspatent, amt nach freiem Ermessen bestimmen, inwieweit einem Beteiligten die durch eine Anhörung oder eine Beweisaufnahme verursachten Kosten zur Last fallen. Diese Bestimmung kann auch getroffen werden, wenn die Anmeldung oder der Widerspruch ganz oder teilweise zurück­ genommen wird. Die Kostenentscheidung ist für sich allein nicht an­ fechtbar, auch wenn sie den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildet. (2) Aus dem Unterbleiben der Mitteilung nach Abs. 1 erwächst kein Ersatzanspruch. $ 6. (1) Verneint das Reichspatentamt durch den Beschluß 5 6 Abs. 1) die Übereinstimmung der Zeichen, so wird das neu an­

gemeldete Zeichen eingewagen. (2) Stellt es die Übereinstimmung der Zeichen fest, so wird die Einwägung versagt. Sofern der Anmelder geltend machen will, daß ihm kotz der Feststellung des Reichspatentamts ein Anspruch auf die Eintragung zustehe, hat er den Anspruch im Wege der Klage gegen den Widersprechenden zur Anerkennung zu bringen. Die Einwägung auf Grund einer Entscheidung, die zu seinen Gunsten ergeht, wird unter dem Zeitpunkt der ursprünglichen Anmeldung bewirkt. $ 7. Für jedes Zeichen ist vor der Einwägung eine Einwägung-, gebühr nach dem Tarif und ein Druckkostenbeiwag zur Deckung der Kosten zu enwichten, die durch die vorgeschriebenen Veröffentlichungen (§ 3 Abs. 3) entstehen. Die Höhe des Beitrags wird nach Stufen berechnet, die der Präsident des Reichspatentamts nach dem Umfang der Veröffentlichungen allgemein festfetzt. Die Berechnung ist un­ anfechtbar.

§ 8. (1) Das durch die Anmeldung oder Einwägung eineWarenzeichenS begründete Recht geht auf die Erhen über und kann

B IV 12. Darenzeichengesetz Z 9.

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auf andere übertragen werden?) DaS Recht kann jedoch nur mit dem Geschäftsbetrieb oder dem Teil des Geschäftsbetriebs, zu dem das Warenzeichen gehört, aus einen anderen übergehen. Eine Ver­ einbarung, die eine andere Übertragung zum Gegenstand hat, ist un­ wirksam. Der Übergang wird auf Antrag des Rechtsnachfolgers in der Zeichenrolle vermerkt, wenn er dem Reichspatentamt nach­ gewiesen^) wird. Mit dem Antrag ist eine Gebühr nach dem Tarif zu zahlen; wird sie nicht gezahlt, so gilt der Antrag als nicht gestellt. (2) Solange der Übergang in der Zeichenrolle nicht vermerkt ist, kann der Rechtsnachfolger sein Recht aus der Eintragung deS Waren­ zeichens nicht geltend machen?) (3) Verfügungen und Beschlüsse des Reichspatentamts, die einer Zustellung an den Inhaber des Zeichens bedürfen, sind stets an den als Inhaber Eingetragenen zu richten. Ergibt sich, daß dieser ver­ storben ist, so kann daS Reichspatentamt nach seinem Ermessen die Zustellung als bewirkt ansehen oder zum Zwecke der Zustellung an die Erben deren Ermittlung veranlassen.

$ 9. (1) Der Schutz des eingetragenen Zeichens dauert zehn Jahre, die mit dem Tag beginnen, der auf die Anmeldung folgt. (2) Die Schutzdauer kann um jeweils zehn Jahre verlängert werden. Die Verlängerung wird dadurch bewirkt, daß nach Ablauf von neun Jahren seit dem Tage der Anmeldung oder, bei Zeichen, deren Schutzdauer bereits verlängert worden ist, seit der letzten Ver­ längerung eine Verlängerungsgebühr und für jede Klasse oder Unter­ klasse, für die weiterhin Schutz begehrt wird, eine Klassengebühr nach dem Tarif entrichtet wird. § 2 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die 7) Während im deutschen Recht bisher das Warenzeichen nur mit dem ganzen Geschäftsbetriebe übertragen werden konnte, ist dies jetzt auch mit einem Teil deS Geschäftsbetriebes möglich (Satz 2). Dabei kann es sich auch gerade um den im Inland gelegenen Teil eines in mehreren Ländern ansässigen Unter­ nehmens handeln, Kühnemann, DJust. 1936 S. 858. Dem Erwerbe des Rechts steht nicht entgegen, daß sich die Bezeichnung der Firma in der Zeichen­ rolle mit der im Handelsregister nicht vollständig deckt. E. 41 S. 422. — Wegen der unlösbaren Verbundenheit des Zeichens mit dem bestimmten Ge­ schäftsbetriebe kann nur der Rechte aus der Eintragung deS Zeichens geltend machen, der zugleich damit Schutz des hinter dem Zeichen stehenden Unter­ nehmens erstrebt. RG. JurW. 1935 S. 2274. Bei Verpachtung eines Ge­ schäftsbetriebes kann nicht der Pächter, sondern nur der BetxiebSinhaber das Zeichen auS eigenem Recht geltend machen. RG. MuW. 37, 209. 8) Die Unterschrift deS Berechtigten muß beglaubigt sein. 9) ES handelt sich hierbei nur um die Frage der formalen Legitimation. Nur die Ausübung, nicht die Entstehung deS Rechts ist an die Eintragung ge­ knüpft. E. 58 S. 349. Der Rechtsnachfolger kann Strafantrag stellen, wenn das Recht durch Vertrag auf ihn übergegangen ist. C. 34 S. 34.

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BIV. Handels- und Gewerberecht.

Gebühren sind bis zum Ablauf zweier Monate nach Beendigung der Schutzdauer zu entrichten. Nach dieser Zeit gibt das Reichspatentamt dem Zeicheninhaber Nachricht, daß das Zeichen gelöscht wird, wenn die Gebühren mit dem tarifmäßigen Zuschlag für die Verspätung der Zahlung nicht binnen einem Monat nach Zustellung der Nachricht ent­ richtet werden. (3) Ä)as Reichspatentamt kann die Absendung der Nachricht aus

Antrag des Zeicheninhabers hinausschieben, wenn er nachweist, daß ihm die Zahlung nach Lage seiner Mittel zur Zeit nicht zuzumuten ist. Es kann die Hinausschiebung davon abhängig machen, daß inner­ halb bestimmter Fristen Teilzahlungen geleistet werden. Erfolgt eine Teilzahlung nicht fristgemäß, so benachrichtigt das Reichspatentami den Zeicheninhaber, daß das Zeichen gelöscht wird, wenn der Rest­ bettag der Gebühren und der nach ihm berechnete tarifmäßige Zu­ schlag nicht binnen einem Monat nach Zustellung gezahlt werden. (4) Ist ein Antrag, die Absendung der Nachricht hinauszuschieben, nicht gestellt worden, so können Gebühren und Zuschlag beim Nachweis, daß die Zahlung nicht zuzumuten ist, noch nach Zustellung der Nach­ richt gestundet werden, wenn dies binnen vierzehn Tagen nach Zu­ stellung beanttagt und die bisherige Säumnis genügend entschuldigt wird. Die Stundung kann auch unter Auferlegung von Teilzahlungen bewilligt werden. Mrd ein gestundeter Bettag nicht rechtzeitig ent­ richtet, so wiederholt das Reichspatentamt die Nachricht, wobei der gesamte Restbettag eingefordert wird. Nach Zustellung der zweiten Nachricht ist eine weitere Stundung unzulässig. (5) Die Nachricht, die auf Anttag hinausgeschoben worden ist (Abs. 3) oder die nach gewährter Stundung erneut zu ergehen hat in der Unterlassung der Berichtigung einer unvoll­ ständigen Auskunft des Konkursverwalters sowie in der Entfernung bereits einem Gläubiger wirksam zur Sicherung übereigneter Sachen (Verheimlichutig des Anspruchs auf Rückgewähr). JurR. 3 Nr. 2260 u. 2259; nicht in dem Verschweigen einer Vollmacht zu Verfügungen über den Gegenstand (Grundstück) eines Dritten. JurW. 63 S. 2559. 7) Darunter ist eine Tätigkeit zu verstehen, die ein Vermögenostück aus seiner bisherigen Lage oder seinem nalürltchen Verlaus in eine andere Lage und in einen anderen Verlauf versetzt. E. 64 S. 138. Beiseite geschafft werden können auch Forderungen durch Abtretung an einen anderen. Erk. v. 27. Oktbr. 27, Steng lein Nebenges. Aum. 6; desgl. unbewegliche Sachen. E. 2 S. 118, sofern der durch die Veränderung erzielte Gegenwert keinen ent­ sprechenden Ausgleich bietet. — Versuch kann in der Auslassung (ohne Ein­ tragung) liegen. E. 61 S. 107. Die bloße Tatsache der Eintragung, gleich­ viel wann ein Antrag gestellt ist, kann schon vollendete BeiseitesLaffung sein. E. 62 S. 152. Sie liegt auch in der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des durch den Kaufvertrag begründeten Auflassungsansvruchs. DRZ. 26 Nr. 315; oder darin, daß der Eigentümer durch Erteilung der Löschungs­ bewilligung zur Löschung der ihm zustehenden Grundschuld mitwirkt. E. 62 S. 277; auch in der Belasiung eines Grundstücks mit Pfandrechten zugunsten Dritter. E. 66 S. 130. Hierher gehören nicht Sachen, die der Zwangs­ vollstreckung gemäß § 811 ZPO. entzogen sind. GA. 47 S. 158. Wenn bei einer Handelsgesellschaft nur über das Gesellschaftsvermügen der Kon­ kurs eröffnet ist, so kann der einzelne Teilhaber nicht Privatvermögensstücke beiseite schaffen. GA. 37 S. 314. — Zerstören einer Sache fällt unter den Begriff des Beiseiteschaffens. OlShaus en Anm. 8; auch das Verschleudern von Vermögensstücken. DRZ. 20 Nr. 826; ferner die Veräußerung, sofern sie außerhalb des Rahmens ordnungsmäßiger Wirtschaft fällt. E. 62 S. 277 (278); aber nicht ein Verbrauch von Geld oder anderen Gegenständen zum Lebensunterhalt. E. 66 S. 88.

756

B V. Wirtschaftsrecht. 2. Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt haben, welche ganz oder teilweise erdichtet finb,8)

3. Handelsbiicher 9) zu führen unterlassen haben,9^) deren güf)rung10) ihnen gesetzlich oblag,ll) oder 8) Es genügt die Anerkennung und Aufstellung solcher simulierter Ge­ schäfte, dieselben brauchen zum Zweck der Benachteiligung der Gläubiger nicht geltend gemacht zu sein. DNZ. 21 Nr. 193, anders E. 2 S. 338. Es genügt nicht die bloße Unterlasiung der zulässigen Nechtsbehelfe. Der Grund der Unterlasiung muß festgcstellt werden. DIZ. 33 S. 665. Anerkennen liegt in dem Bestätigen der Schuld dem Konkursverwalter gegenüber. JurR. 2 Nr. 220L Die Anerkennung braucht nicht im Kkverfahren zu erfolgen. Es ist auch nicht eine Geltendmachung der erdichteten Forderung nötig. E.62 S. 287. Recht 33 Nr. 854. Die buchmäßige Vortäuschung eines Darlehns und seiner Rück­ zahlung ist keine Aufstellung einer erdichteten Forderung. HRR 1928 Nr. 1548. — Hiermit kann ein Offenbarungsmeineid in Tateinheit stehen. E. 64 S. 42. 9) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Handelsbücher zu führen, 8 38 HGB.; diese Vorschrift findet aber nach § 4 ibid. auf Handwerker sowie auf Personen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinaus­ geht, keine Anwendung. Die Grenze des Kleingewerbes kann durch die Landes­ gesetzgebung gezogen werden. Nach § 2 HGB. erlangt aber auch Kaufmanns­ qualität der, dessen gewerbliches Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und dessen Firma in das Handelsregister eingetragen ist. Für die Abgrenzung des Fabrikbetriebes vom Handwerksbetrieb ist neben der Größe deS durch Verkauf der Produkte er­ zielten Umsatzes an erster Stelle die ganze Art u. Einrichtung deS Geschäfts­ betriebes maßgebend. E. 35 S. 288. Ob Iabnk- oder Handwerksbetrieb anzu­ nehmen ist, hängt davon ab, ob solche Momente u. charakteristische Merkmale vorhanden sind, die, wenn auch nicht einzeln, so doch in ihrem Zusammenhänge als Grundlage für die Annahme eines fabrikmäßigen Betriebs im Gegensatz zu bloß handwerksmäßigem Betriebe dienen können. E. 36 S. 37. Durch die Ver­ bindung von zwei Geschäftszweigen zu einem Unternehmen kann das Gesamt­ unternehmen einen Umfang erhalten, der über den eines Kleingewerbes hinauSgeht. HRR. 1932 Nr 218. Eine offene Handelsgesellschaft ist zur Führung von Büchern verpflichtet, auch wenn sie zeitweilig nur Geschäfte von geringem Umfang zu erzielen vermag. GA. 60 S. 76. Bloße Notizbücher sind keine Handelsbücher. R. 3 S. 304 ; auch nicht Ge­ heimbücher, die mit den Geschäftsbüchern in keinem Zusammenhang stehen. Recht 11 Nr. 2658; ebensowenig genügt eine Buchführung auf losen Blättern. E. 17 S. 301. E. 50 S. 131. 9 a) Ein Unterlassen der Führung von Handelsbüchern liegt nur dann vor, wenn überhaupt keine Handelsbücher geführt sind. Recht 10 S. 569. Die nach­ trägliche Anlegung neuer Bücher ist aber keine Buchführung. E. 39 S. 217. Die unterlassene Führung von Handelsbüchern wird auch durch einen Irrtum des A. über die Beschaffenheit seines Geschäfts nicht entschuldigt. N. 8 S. 421. R. 5 S. 425. Vgl. dazu LZ. 25 S. 42. Ebensowenig durch die persönliche Un­ fähigkeit, Bücher zu führen. GA. 48 S. 362. 10) Für die Verpflichtung zur Buchführung kommt es wesentlich auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung an. E. 26 S. 385. Nach RG. JurW 1934 S. 841 ist es belanglos, ob die Buchführungspflicht gerade im Zeitpunkt der Zahlungseinstellung noch bestand. Eine kaufmännische Buchführung wird ange­ nommen werden dürfen, wenn eine Buchführung angewendet worden ist, welche

LV 8. Konkursordnung 8 239.

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4. ihre Handelsbücher berntdjtet12) oder verheimlicht oder so gedurch ihre Form und die bei ihrer Handhabung festgehaltenen besonderen Regeln und Grundsätze das durch eines der geltenden besonderen Systeme der kauf­ männischer Buchführung verbürgte Ergebnis ebenfalls erreicht. E. 25 S. 36. Die Buchführung muß nicht nur den rein rechnungsmäßigen Aktiv- oder Passiv­ bestand des Vermögens ergeben, sondern sie muß auch für jeden beliebigen Zeit­ punkt der Vergangenheit eine Übersicht des Vermögenszustandes gewähren. DIZ. 16 S. 820. Aus den Büchern eines Einzelkaufmanns muß hervorgehen, ob er Dermögensstücke besitzt, die nicht den Zwecken seines Handelsgewerbes dienen. Über sein Privatvermögen braucht er aber Bücher nicht zu führen. E. 41 S. 41. Das Fehlen einzelner Bestandteile derselben kommt nur als un­ ordentliche Buchführung in Betracht. E. 30 S. 170. Die Pflicht, die Bücher zu führen, dauert so lange, bis die Lösung der in dem Geschäft übernommenen Verbindlichkeiten erfolgt ist. E. 4 S. 41. Sie trifft stets nur den wirklichen Geschäftsherrn. E. 26 S. 187; den Kaufmann, nicht den stillen Teilhaber. DIZ. 34 S. 1416. Ein Gesellschafter kann nicht durch Vertrag von der Buch­ führung entbunden werden. JurW. 37 S. 604. 11) Über die Verpflichtung Bücher zu führen, siehe hinsichtlich eines Apo­ thekers E. 24 S. 426, Bäckers E. 24 S. 356, Barbiers E. 34 S. 101, Brauers R. 5 S. 488, Kürschners R. 6 S. 294, Schlächters E. 31 S. 178, Schneiders E. 21 S. 209, GA. 59 S. 461, Uhrmachers E. 8 S. 148, Vieh­ händlers GA. 57 S. 217, Wirts E. 4 S. 281. Ein Handelsmäkler, der Voll­ kaufmann ist, muß neben fernem Tagebuch auch Handelsbücher führen. E. 46 S. 102. Auch der tatsächliche Leiter einer GmbH., der nicht eingetragener Ge­ schäftsführer, ist verantwortlich. RGSt. 71, 112. Bauunternehmer sind zur Führung von Handelsbüchern nicht ver­ pflichtet, E. 19 S. 363, E. 52 S. 292, aber nach 8 2 b. Gesetz vom 1. Juni 09 (RGBl. S. 449) über die Sicherung der Banforderitngen zur Führung eines Baubuchs. §6 dieses Ges brummt; Zur Führung eines Baubuchs verpflichtete Personen.*) welche ihreZahlungen eingestellt haben oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, und deren Im §2 Abs. 3 Ziffer 1 bezeichnete Gläubiger zur Zeit der Zahlungseinstellung oder der Konkurseröffnung benachteiligt sind, werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn sie das vorgeschriebene Vaubuch**) zu führen Unterlasten, öderes verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben, daß es keine genügende Übersicht, insbesondere über die Verwendung der zur Bestrei­ tung der Baukosten zugesicherten Mittel, gewährt. 12) Es ist gleichgültig, ob der Täter zur Führung der Bücher verpflichtet war oder nicht. E. 16 S. 429. E. 42 S. 285. JurW. 63 S. 616. A. M. LK. Anm. 14. Die Vernichtung eines einzelnen Handelsbuches soll nur für die An*) Als Bauunternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige anzusehen, in besten Namen die Herstellung des Neubaus erfolgt und der hierdurch in seiner Person Träger der aus der Bauausführung entstandenen Rechte und Verbind­ lichkeiten geworden ist. E. 46 S. 10. Auch der Generalunternehmer ist zur Füh­ rung eines Baubuchs verpflichtet. E. 46 S. 305. Übernimmt von mehreren Per­ sonen jeder eine besondere Gruppe von Bauarbeiten, so ist jeder zur Führung eines Baubuchs verpflichtet. E. 47 S. 181. **) Nur ein für die Reihenfolge seiner Eintragungen Gewähr bietendes, festgebundenes Buch erfüllt die Erforderniste des Baubuches. JurW. 63 Nr. 1124. Die Führung von Handelsbüchern ersetzt nicht das Baubuch. GA. 61 S. 350.

Schaff.

758

B V. Wirtschaftsrecht. führt oder verändert haben, daß dieselben keine Übersicht deS Vermögenszustandes gewähren.")

Sind mildernde Umstände vorhanden,

so tritt Gefängnisstrafe

nicht unter drei Monaten ein.

Schöff.

§ 240.

Schuldner,14 * *)15 * 13 welche 16 17 * ihre Zahlungen eingestellt haben,

oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, werden wegen einfachen Bankrotts ,B) mit Gefängnis bestraft, wenn siel9) 1. durch Aufwand,") Spiel") oder Wette oder durch Differenz­

nahme einer unordentlichen Buchführung von Bedeutung sein. GA. 58 S. 170. Nach Ablauf der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist ist die Vernichtung straflos. LK. Anm. 15. A. M. Olsha u s e n Anm. 27. 13) Die Bücher müssen die Übersicht über das Vermögen unmöglich machen, eine bloße Erschwerung genügt nicht, R. 2 S. 417, wohl aber eine wesentliche Erschwerung. E. 47 S. 311. Z. B. das Aufführen eines vorgeschobenen Gläubigers. JurR. 2 Nr. 1468. Daß die Übersicht mit Hilfe deS Schuldners gewonnen werden kann, genügt nicht. E. 4 S. 120; ebensowenig, daß die Buch­ eintragungen nur den Buchunierlagen entsprechen. Die aus den Büchern sich ergebende Vermögenslage muß die wahre Vermögenslage des Schuldners darsteven. Erk. v. 30. April 26, Olshausen S. 2158. Die Unmöglichkeit der Übersicht muß stets mit der Zahlungseinstellung zeitlich zusammentreffen. E. 5 S. 415. 14) Siehe Anm. 2 u. 10. Des Vergehens gegen Nr. 3 und 4 kann sich auch ein über 7 Jahre alter Geschäftsführer schuldig machen. E. 58 S. 304; auch ein sog. Strohmann. HNN. 1936 Nr. 653. Nicht strafbar macht sich ein Gesellschafter, der nach außen hin nur die Stellung eines Geschäftsführers ein­ nimmt. HNN. 1929 Nr. 1 984; auch nicht der stille Gesellschafter. RGSt. 70,260, wohl aber eine Person, die im Handelsregister als Prokurist auf den Namen einer anderen Person lautenden Einzelfirma eingetragen ist, tatsächlich aber vollberechtigter Mitinhaber ist. E. 65 S. 411. 15) Hinsichtlich der Frage, ob die einfache Bankrotthandlung ein Ver­ schulden verlange, hat das RG. mehrfach geschwankt. Anfänglich (E. 4 S. 418, E. 5 S. 407) wurde angenommen, daß es sich bet § 240 um ein reines Formal­ delikt handle, bei dem nicht einmal Fahrlässigkeit zu verlangen sei. Seit der Plen.Entsch. E. 13 S. 235 wurde der Grundsatz befolgt, daß der einfache Bankrott zwar weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit im technischen Sinne, wohl aber ein schuldhaftes Verhalten erfordere. In R. 10 S. 487 ist dann aber auch wieder ausgesprochen, daß das Vergehen des § 240 sowohl vorsätzlich als fahrlässig begangen werden könne, aber Beihilfe nur im ersten Fall denkbar feLSiehe hierüber E. 45 S. 88. HRR. 1930 Nr. 1304. LZ 25 S. 42. LK. zu § 240 Nr. 3. Anm. 18. 16) Über ideale Konkurrenz zwischen bettügerischem und einfachem Bankrott siehe oben Anm. 5 zu 8 239 und über reale Konkurrenz zwischen einfachem Bankrott und der Anstiftung zu § 243. E. 29 S. 305. 17) Aufwand ist jede übertriebene d. h. daS Maß des Notwendigen und Üblichen in den Lebens- und Geschäftsverhältnissen des Täters übersteigende Aufwendung. E. 15 S. 309 (312). DNZ. 21 Nr. 194. E. 70, 260. Bet Be­ urteilung der Frage, welche Ausgaben für den Haushalt als übermäßig anzu­ sehen sind, ist auf die soziale Stellung des Schuldners nur mit Einschränkung Rücksicht zu nehmen. Zur Aufrechterhaltung des Kredits dürfen übermäßige Ausgaben nicht gemacht werden. E. 29 S. 347. Ausgaben für Lebensversiche-

B V 8. Konkursordnung § 240.

759

handell8 * *»)* *mit * * Warenie) oder Börsenpapieren übermäßige §um= men 19‘) verbraucht haben oder schuldig geworden sind; 2. in der Absicht, die Eröffnung des Konkursverfahrens hinaus­ zuschieben, Waren oder Wertpapiere auf Kredit entnommen19 b) und diese Gegenstände erheblich unter dem Werte10 c) in einer den An­ forderungen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst weggegeben haben;20) 3. Handelsbücher zu führen unterlassen haben/9) n) deren Führung ihnen gesetzlich oblag, oder dieselben2') verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben,22) daß sie keine Übersicht ihres Vermögenszustandes gewähren,22 a) oder rungen fallen nicht ohne weiteres hierunter JurW. 63 S. 2472. Der Aufwand des Gemeinschuldners hat sich nach seiner gesamten Vei-mögenslage zu richten. Nur nach ihr kann sich die Angemessenheit oder Übermäßigkeit ergeben. E. 70, 260. — Auf die Motive des Aufwands kommt es nicht an. E. 15 S. 309. Kaufmännische Spekulationen fallen der Regel nach nicht unter den Begriff des Aufwandes. R. 9 S. 400. 18) Unter Spiel ist das gewöhnliche Karten- und Wlirfelspiel einschließlich des Spieles in der Lotterie — E. 27 S. 180 — zu verstehen, nicht auch das Börsenspiel. E. 15 S. 277. DaS verspielte Geld muß zur Konkursmaffe gehört haben. Es darf nicht erst nach der K. Eröffnung erworben sein. E. 55 S. 30. 18 a) Differenzhandel liegt nur vor, wenn dem späteren Kridar eS schon beim Verrragsschluß lediglich auf die Zahlung der Differenz am Stichtage, nicht auf die Lieferung der Ware ankam. GA. 60 S. 442. Die Prolongation eines Differenzgeichäfts ist wieder Differenzgeschäst. Recht 21 Nr. 323. 19) Darunter können auch ausländische Geldsorten fallen. DRZ. 24 Nr. 466. 19 a) Das sind solche, welche die durch den Umfang und die Leistungs­ fähigkeit des Geschäfts gezogenen Grenzen überschreiten und zu dem tatsächlich vorhandenen Geschäftsvermögen nicht In angemessenem Verhältnis stehen. DRZ. 21 Nr. 194. ES bedarf der Feststellung, in welchem Umfang die ver­ brauchten Summen übermäßig waren. JurW. 56 S. 1380. Einer speziellen Feststellung, welche einzelnen Ausgaben übermäßige ge­ wesen sind, bedarf es nicht, R. 6 S. 470; auch braucht nicht das Bewußtsein des Schuldners von der Übermäßigkeit der Ausgaben festgestellt zu werden. E. 14 S. 80, R. 9 S. 546. 19 b) Entnahme bedeutet Besitzübernahme und Empfang der Waren, nicht deren Bestellung E. 62 S. 257. 19 c) Hierunter ist der laufende Marktpreis zu verstehen, den die Waren zur Zeit der Weiterveräußerung hatten. E. 47 S. 61. 20) Veräußerung ist das gänzliche Aufgeben der Verfügungsgewalt, Weg­ geben die teilweise Entäußerung dieser Verfügungsgewalt, wie z. L. Lombar­ dierung. E. 48 S. 217. Die Bestimmung der Ziff. 2 gilt nicht für Waren, die dem Schuldner unter Eigentumsvorbehalt geliefert waren. E. 66 S. 175. 21 „Dieselben" bedeutet die gesetzl. zu führenden Handelsbücher, nicht auch solche, die der Schuldner tatsächlich geführt hat. E. 57 S. 361. 22) Der Mangel eines Kopterduches begründet nur dann die Strafbarkeit, wenn die übrige Buchführung eine unordentliche ist. R. 6 S. 595 u. R. IO S. 585. Unordentliche Buchführung liegt tnsbes. in der Unterlaffung der Eintragung von Geschäften oder in der Eintragung erdichteter unwahrer Vorgänge, GA. 26

760

B V. Wirtschastsrecht. 4. es gegen die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs unterlassen haben, die Bilanz ") ihres Vermögens in der vorgeschriebenen Zeil"») zu ziehen.

S. 68. E. 15 S. 174; in der Falschbuchung derart, daß anstelle der wirklichen Gläubiger andere als angebliche Gläubiger aufgeführt sind. JurW.57 S. 814; oder in der wissentlich falschen Bewertung von Vermögensstücken. E. 39 S. 222; oder in der Buchung der Geschäftsvorfälle am Ende längerer Zeiträume. E. 39 S. 217; in der Unterlassung der Buchung eines einzigen erheblichen Postens. R. 3 S. 304; in Mängeln der Bilanz. LZ. 26 S. 685. Die Bücher müssen auch über die Lage des Vermögens Aufschluß geben, welches der Kaufmann außerhalb des seine Eigenschaft als Bollkaufmann begründenden Geschäfts be­ sitzt. E. 5 S. 407. Auch die Privatschulden eines Einzettaufmanns müssen aus den Büchern ersichtlich sein. GA. 46 S. 438. Das Mitglied einer offenen Handelsges. ist für die unordentliche Buchführung verantwortlich, wenn der mit der Führung beauftragte Mitgesellschafter sich hartnäckig der Erfüllung feiner Pflicht weigert. E. 45 S. 387. Die Pflicht zur Buchführung beginnt erst mit dem tatsächlichen Betriebe des Handelsgeschäfts. GA. 39 S. 46. Für ver­ schiedene Zeiträume kann unterlassene und unordentliche Buchführung festgestellt werden. E. 49 S. 277. 22 a) D. h. eine Übersicht über den Vermögenszustand z.Zt. der Zahlungs­ einstellung oder Konkurseröffnung gänzlich unmöglich macht oder bis zu einem dem gleichkommenden Grade erschwert. DIZ. 35 S. 564; oder infolge der Mangelhaftigkeit der Führung der Bücher nur mit erheblicher Mühewaltung und beträchtl. Zeitverlust sich gewinnen läßt. DRZ. 24 Nr. 853. JurW. 63 S. 369. 23) Über den Begriff der Bilanz siehe § 39 HGB. E. 36 S. 436 u. E. 41 S. 294. JurW. 56 S. 1761. Ein Zusammenhang zwischen der unterbliebenen Bilanzziehung und der Konkurseröffnung ist nur insoweit erforderlich, als erstere nicht außer Beziehung zu demjenigen Vermögen stehen darf, welches den Gegen­ stand der späteren Konkurseröffnung bildet. GA. 48 S. 452 u. Recht 10 S. 1212. Auch wer ein Verkaufskommissionsgeschäft beginnt, ist zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet. GA. 38 S. 351. Ebenso muß bei dem Be­ ginn des Handelsbetriebes einer offenen Handelsgesellschaft selbst dann eine Er­ öffnungsbilanz aufgestellt werden, wenn kein Gesellschaftsvermögen (weder Aktiva noch Passiva) vorhanden ist. GA. 39 S. 46. Durch die bei dem Beginn des Handelsgewerbes erfolgte Eintragung des Einlagekapitals wird die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz nicht ersetzt. E. 22 S. 439. Eine Eröffnungsbilanz ist auch dann notwendig, wenn ein Kaufmann, der bisher Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft war, dies Geschäft erwirbt und für eigene Rechnung unter der alten Firma weiter führt. E. 26 S. 222. Desgleichen ist sie notwendig, wenn ein Handelsgewerbe, das sich bis dahin in den Grenzen des handwerks­ mäßigen Betriebes gehalten hat, von einem gewissen Zeitpunkt ab über diesen Umfang hinausgeht und nunmehr nach Art und Umfang einen kaufmännischen Betrieb erfordert. Recht 10 S. 260 u. DIZ. 13 S. 875. Die Vorstandsmit­ glieder einer eingetragenen Genossenschaft sind zur Aufstellung einer Eröffnungs­ bilanz verpflichtet. E. 40 S. 242. Auch der kauftnännisch nicht ausgebildete Geschäftsinhaber, der die Buchführung geeigneten Personen übertragen hat, hat dafür zu sorgen, daß die Bilanz gezogen wird, GA. 48 S. 364. Auch hat er die Bilanz zu unterzeichnen. Recht US. 780 doch stellt die Unterlassung der Unterschrift der Bilanz nicht ohne weiteres eine Unterlassung der Bilanzziehung dar. E. 8 S. 424. E. 7 S. 87; nach BahObLG. DIZ. 34 S. 926 ist die

B V 8. KonkurSordnung § 241.

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Neben Gefängnisstrafe kann in den Fällen der Nr. 1, 2 auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe erkannt werden. § 241. Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, werden mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie, ob­ wohl sie ihre Zahlungsunfähigkeit kannten,28b) einem Gläubiger ") in der Absicht,2^ ihn vor den übrigen Gläubigern2e) zu begünstigen Unterschrift für den Begriff der Bilanz nicht absolut wesentlich. Irrtum über die Verpflichtung zur Bilanzziehung ist Strafrechtsirrtum. DIZ. 16 S. 219. Auf einen bevormundeten Minderjährigen findet die Strasvorschrift keine An­ wendung. E. 36 S. 357. Nach erreichter Volljährigkeit ist er aber zur Auf­ stellung der Eröffnungsbilanz verpflichtet. E. 45 S. 4. Ist die Bilanz so mangelhaft, daß sie keine Übersicht über das Vermögen gewährt, so gilt sie alS überhaupt nicht gezogen. R. 4 S. 592 u. E. 15 S. 174. LZ. 26 S. 685. JurW. 1935 S. 2061. Daß die einzelnen in der Bilanz aufgeführten Aktiv- und Passivposten spezifiziert werden, ist nicht erforderlich. JurW. 34 S. 761. Die unrichtige Aufstellung einer nur für steuerliche Zwecke dorgeschriebenen Bilanz verstößt nicht zugleich gegen die Bestimmung deS HGB. und § 240. E. 61 S. 275. Handelsgebräuche können bei Beurteilung einer Bilanz und zur Recht­ fertigung von Mängeln derselben nicht berücksichtigt werden. GA. 45 S. 364. Die Nichtaufbewahrung der Bilanzen und Inventare stellt den Tatbestand des Deliktes nur dann dar, wenn darin eine Vernichtung oder unordentliche Führung von Handelsbüchern zu finden ist. R. 5 S. 226. 23 a) Die Jahresbilanz muß innerhalb der einem ordnungsmäßigen Ge­ schäftsgang entsprechenden Zeit gezogen werden. E. 34 S. 38. Es kommt hierbei auf die Umstände des einzelnen Falles an. DRZ. 23 Nr. 717. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Tag der Eintragung der für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz maßgebende Zeitpunkt. E. 29 S. 222. 23 b) Keine Strafbarkeit bei irrtüml. Annahme. Die Zahlungsunfähigkeit muß wirklich vorgelegen haben. Zahlungsunfähig ist der Schuldner erst dann, wenn er andauernd nicht mehr imstande ist, die Mittel bereit zu stellen, die zur Begleichung seiner sofort zu erfüllenden Geldschulden erforderlich sind. JurR. 2 Nr. 221. 24) Der Gläubiger, der die Beftiedigung annimmt, macht sich nicht straf­ bar. E. 2 S. 439. Entwickelt der Gläubiger eine weitergehende Tätigkeit, so kann er wegen Beihilfe oder Anstiftung bestraft werden. E. 48 S. 18. E. 61 S. 314. DRZ. 26 Nr. 294. A. M. Olshausen Anm. 11. 25) Es muß festgestellt werden, daß der Schuldner sich bewußt gewesen, den Gläubiger in einer Weise zu begünstigen, auf welche dieser keinen Anspruch hatte. R. 6 S. 708; E. 24 S. 7 u. S. 255. Die Feststellung der Beg.absicht bedarf einer bes. eingehenden Begründung, wenn die Möglichkeit besteht, daß der vom Schuldner erstrebte Erfolg mit dem Ergebnis zusammenfallen könnte, das im gesetzmäßigen Wege zu erzielen war. JurW 1934 S. 2923. Der bloße Eventualdolus genügt nicht. JurW. 31 S. 308. Der gute Glaube des Schuld­ ners, daß der begünstigte Gläubiger die ihm gewährte Leistung zu beanspruchen

sehnst,

762

B V. Wirtschaftsrecht.

eine Sicherung oder Befriedigung gewährt habens') welche derselbe nicht habe, schließt die Strafbarkeit aus. R. 5 S. 90. Gläubigerbegünstigung liegt daher nicht ohne weiteres vor, wenn bei Begründung der Schuld vereinbart ist, der Schuldner solle, wenn er bei Fälligkeit die Schuld nicht in Geld zahlen könne, dem Gläubiger Ware geben. E. 63 S. 78. § 241 setzt nicht voraus, daß durch die Begünstigung des einen Gläubigers anderen Gläubigern ein Schaden erwachsen ist. E. 30 S. 261. 26) Dies brauchen keine Konkursgläubiger zu sein, vielmehr sind alle Gläubiger hierher zu rechnen. E. 16 S. 402; auch Masiegläubiger und solche Gläubiger, von denen im Sinne des 8 17 KO. nicht feststeht, ob ihre Forderungen von dem Konkursverfahren überhaupt unberührt bleiben werden. E.40S. 105. Die Forderung muß vor der Befriedigung bereits bestanden haben. E. 35 S. 127. Der Tatbestand des § 241 kann auch dann vorliegen, wenn Gläubigern in der Absicht, dieselben vor einem einzigen Gläubiger zu begünstigen, Siche­ rung oder Befriedigung gewährt worden ist. R. 8 S. 617. Recht 8 S. 503. Die Begünstigung zweier Gläubiger durch einen zahlungsunfähigen Schuldner bildet nur eine einheitliche Straftat und keinen realen Zusammenfluß. R. 6 S. 640. R. 7 S. 517.

27) Hierher gehören alle Arten einer Sicher st ellung, sofern der Gläubiger diese nicht schon rechtlich zu beanspruchen hatte, und alle Rechtshandlungen, welche die Befriedigung eines Gläubigers bewirken, ohne daß derselbe auf die geschehene Art oder auf die Zeit der Befriedigung einen rechtlichen Anspruch gehabt hätte. Mot. zu 8 23 Nr. 2 (8 30 Nr. 2) KO.: Erfüllung einer suspensiv bedingten Forderung oder einer überhaupt nicht klagbaren Forderung, Abkürzung der Verfallzeit, Herbeiführung der Kompensabilität einer Forderung des Gläubigers durch Abschließung eines Rechtsgeschäfts, Einräumung eines vollstreckbaren Schuldtitels. E. 4 S. 61, E. 5 S. 116, E. 30 S. 46; auch die Hingabe der Akzepte Dritter an Zahlungsstatt an einen Geldgläubiger. JurR. 2 Nr. 2202; ferner Gewährung einer Hypothek. R. 2 S. 626; auch durch Bestellung einer erst nach der KE. eingetragenen Buchhypothek. E. 65 S. 416; unerheblich ist es, daß das verpfändete Grundstück über seinen Wert hinaus belastet ist. E. 30 S. 261. Eine widerrechtliche Sicherung liegt ferner vor, wenn auf Grund einer Ver­ einbarung mit dem Gläubiger das Konkursverfahren nicht beantragt wird, obwohl es beantragt werden mußte. E. 48 S. 19; oder wenn ein Schuldner die auf Grund eines nicht gültigen Zwangsvollstreckungstitels erwirkte Zwangsver­ steigerung im Einverständnis mit dem Gläubiger geschehen läßt. GA. 45 S. 427.

Darin, daß der Schuldner sich von einem Gläubiger, der eine fällige Forderung hat, verklagen und demnächst abpfänden läßt, ist die Gewährung einer Sicherung oder Befriedigung nicht zu finden. (5.17©. 220; ebensowenig in der Gewährung eines bloßen Titels zur Zwangsvollstreckung. E. 20 S. 301. Eine Sicherung ist dann dem Gläubiger nicht gewährt, wenn ihm vom Schuldner an dessen Grundstück eine Briefhypothek bestellt, der Brief aber nicht übergeben ist. E. 34 S. 171. GA. 60 S. 284. Einen Anspruch auf Sicherstellung hat z. B. die Ehefrau wegen ihres eingebrachten Gutes. 8 1391 BGB. Dresden LZ. 23 S. 209.

Das „Gewähren" kann nicht schon durch eine einseitige Willenserklärung des Darbieters oder Gebers erfüllt werden, sondern setzt eine Zustimmung oder Annahme aus Seiten des Empfängers voraus. E. 29 S. 413. Vgl. auch E. 30 S. 46.

B V 8. Konkursordnung §§ 242 u. 243.

oder nicht in der 9lrt28) oder nicht

zu der Zeit zu

763

beanspruchen

hatte.28) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe er­ kannt werden.

§ 242. Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. im Interesse eines Schuldners, welcher seine Zahlungen ein­ gestellt hat, oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Vermögens stücke desselben verheimlicht oder

Schöff.

beiseite geschafft fyxt,30) oder 2. im Interesse eines solchen Schuldners, oder, um sich oder einem anderen Vermögensvorteil zu verschaffen, in dem Verfahren30 *) erdichtete Forderungen30 b) im eigenen Namen oder durch vorge­ schobene Personen gellend gemacht hat.38«) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe oder Geldstrafe ein.

§ 243.

Ein Gläubiger, welcher sich von dem Gemeinschulduer

oder anderen Personen besondere Vorteile30 d) dafür hat gewähren oder 28) Dies ist der Fall, wenn der Schuldner einem Gläubiger, der nur eine Geldsorderung hat, Mobilien oder Waren zu seiner Beftiedigung gibt. E. 5 S. 116. E. 6 S. 149 u. DIZ. 32 S. 1104. Ob die Lieferung der unfertigen Stücke eines Wertes durch den Unternehmer eine solche Befriedigung bildet, hängt von dem Grade der Herstellung des versprochenen Werkes ab. E. 67 S. 1. In der Ausstellung eines Wechsels für die Forderung liegt weder eine Sicherstellung noch Befriedigung. GA. 39 S. 230. 29) Dem Inhaber eines in blanco ausgestellten Wechselakzepts, welcher sich als Aussteller bezeichnen sollte, steht ein Anspruch auf Sicherheit nicht zu. E. 26 S. 257. Wegen einer möglicherweise begründeten Anfechtbarkeit kann der An­ spruch auf Beftiedigung nicht geleugnet werden. E. 66 S. 88. Das Vergehen der Begünstigung aus § 241 kann mit dem Vergehen des einfachen Bankrotts nur ideal zusammentrefsen. R. 6 S. 570, 633 u. R. 7 S. 399. Jdealkonkurrenz mit § 239 liegt vor, wenn der begünstigte Gläubiger mehr bekommen hat, als seine Forderung beträgt. R. 5 S. 518. Auch ideale Konkurrenz mit dem Vergehen aus § 288 StGB, kann vorliegen. E. 20 S. 214. 30) Z. B. Verschleuderung von Waren. HRR. 1935 Nr. 158. Eine nach § 242 Nr. 1 strafbare Handlung kann auch mit Beihilfe zum betrüg; lichen Bankrott in ideale Konkurrenz treten. E. 21 S. 291. 30 a) Es muß sich um ein durch einen gerichtlichen Eröffnungsbeschluß be­ dingtes Verfahren handeln. LK. Anm. 6. Vgl. E. 38 S. 275. Die Geltend­ machung in dem Verfahren geschieht dadurch, daß der Anspruch gegenüber dem Verwalter erhoben wird. E. 64 S. 311; die Geltendmachung in einem Zwangs­ versteigerungsverfahren genügt nicht. DIZ. 35 S. 1466. 30 b) Hierzu gehören auch dinglich-rechtl. Ansprüche. E. 64 S. 311. 30 c) Es genügt, daß die Forderung gegenüber dem Konkursverw. vor­ gebracht wird. DRZ. 25 Nr. 571. 30 d) und zwar Vermögensrecht!. LZ. 8 S. 1053; a. M. Stenglein, Nebenges. Anm. 4.

Schott,

764

B V. Wtrtschastsrecht.

versprechen lassen, daß er bei den Abstimmungen der Konkursgläubiger in einem gewissen Sinne stimme,81) wird mit Geldstrafe

oder mit

Gefängnis bis zu Einem Jahre bestraft.

Gr. strfk. § 244. Die Strafvorschristen der §§ 239—241 finden gegen die octer Schöff. Mitglieder des Vorstandes82) einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genosseuschast82 e) und gegen die Liquidatoren88) einer Handelsgesellschaft

oder eingetragenen Genossenschaft, welche ihre Zahlungen eingestellt hat, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden

ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten

Handlungen begangen haben.84) M) 31) Kein „Stimmen", wenn der Gläubiger sich verpflichtet, sich der Abgabe der Stimmen zu enthalten. Aber § 317 HGB. Auch der Gemeinschuldner kann sich durch Anstiftung(Stimmenkäufer) beteiligen. E.29 S.304, auchKiesow, Vergleichsordnung 4. Aufl. S. 617. — Über Realkonkurrenz zwischen §§ 240 und 243 Anm. 16.

32) Wegen unterlassener Buchführung oder Bilanzziehung sind nur die­ jenigen Mitglieder verantworllich, denen diese Pflicht nach dem Gesellschaftsvertrage obliegt. E. 12 S. 73. Abweichend E. 13 ©, 235, welches sämtliche Mit­ glieder des Vorstandes verantworllich macht. Der Umstand, daß die Wahl eines Mitgliedes des Vorstandes keine ordnungsmäßige und den Vorschriften des Statuts nicht entsprechende gewesen, schließt die strafrechtliche Verantwortlich­ keit nicht aus. E. 16 S. 269. Die bloße Verteilung der Geschäfte unter den Mit­ gliedern einer offenen Handelsgesellschaft, durch welche keines von der Geschäfts­ führung ausgeschloffen ist, befreit kein Mitglied von der Verantwortlichkeit für ordnungsmäßige Buchführung. R. 8 S. 331.

32 a) Die strafrechtl. Verantwortlichkeit eines Vorstandsmitgliedes hängt nicht von der Rechtswn ksamkeit seiner Bestellung ab. E. 64 S. 81. JurW. 1935 S. 2640. Die Vorstandsmitglieder sind zur Aufftellung einer Eröffnungs­ bilanz verpflichtet. E. 40 S. 242.

33) m. b. H. 34) papieren

Diese Strafvorschrift bezieht sich auch auf die Liquidatoren einer G. E. 41 S. 309. Vgl. § 37 des Ges. über die Verwahrung und Anschaffung von Wert­ v. 4. Febr. 37 (RGBl. I S. 171), abgedruckt unter B V 4.

35) 88 64, 71, 83, 84 des Ges. hetr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v. 20. April 92 (RGBl. S. 477) in der Fassung v. 10. Mai 97 (RGBl. S. 437), des Ges. v. 26. Mai 33 (RGBl. I S. 295), §§ 64, 71 u. 84 in der Fassung v. 25. März 1930 (RGBl. 1 S. 93): § 64 Abs. 1. Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig, so haben die Ge­ schäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber zwei Wochen nach Ein­ tritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Konkursverfahrens oder die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen; entsprechendes gilt, wenn sich bet*) der Aufftellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Eine schuldhafte Verzögerung des Antrags liegt nicht vor, wenn die Geschäftsführer die Er­ öffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens mit der Sorgfalt eines ordent­ lichen Geschäftsmanns betreiben. *) JurW. 1934 S. 3134.

B V 8. Konkursordnung § 244.

765

§ 71. Ergibt sich die Zahlungsunfähigkeit der aufgelösten Gesellschaft, so haben die Liquidatoren die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen; dasselbe gilt, wenn sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischen­ bilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Sie haben sofort bei Beginn der Liquidation und demnächst in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. Im übrigen haben die Liquidatoren die aus §§ 36, 37, § 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1, 2 und 4, § 49 Abs. 1 und 2, § 64 Abs. 2 sich ergebenden Rechte und Pflichten der Geschäftsführer. § 83. Die Strafvorschriften der §§ 239 bis 241 der Konkursordnung finden gegen die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche ihre Zahlungen eingestellt hat oder über deren Vermögen das Konkurs­ verfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben. § 84.*) Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe werden bestraft: 1. die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn entgegen der Vorschrift des § 64 Abs. 1 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens unter­ lassen ist; 2. die Liquidatoren einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn ent­ gegen der Vorschrift des 8 71 Abs. 1 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens unterlassen ist. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geld­ strafe ein. Straflos bleibt derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, daß der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichs­ verfahrens ohne sein Verschulden unterblieben ist.

*) Entsprechende Bestimmungen finden sich a) in 8 315 des Handelsgesetzbuches in der Fassung des Ges. v. 25. März 30 (RGBl. I S. 93); b) in § 297 Ziff 2 u. 3 des Ges. über Aktiengesellschaften Kommandit­ gesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) v. 30. Jan. 37 (RGBl. I S. 107) — unter B IV 3 —; c) in § 84 des Reichsgesetzes betr. die Erwerbs- und WirtichaftSgenossensch-ft-nv.-^^S (RGBl, in der Fassung des ®ef. 6.25. März 30) (RBBl. I S. 93) — unter B IV 5 —.

ER.

766

B VI. Arbeits- und Soztalrecht.

B V9. Vergleichsordnung. Bom 26. Februar 1935 (RGBl. I S. 321).

(Auszug.) Gr. strfk.

§ 122 *) Wenn in einem Verfahren auf Herbeiführung eines Vergleichs zur Abwendung des Konkurses erdichtete Forderungen geltend macht, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft.

Schöff.

§ 123 2) Wer sich besondere Vorteile dafür versprechen oder ge­ währen läßt, daß er bei der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag in einem bestimmten Sinne stimmt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

VI. Arbeits- und Sozialrecht. B VI1. Gesetz jur Ordnung der nationalen Ärbeit. Vom 20. Januar 1934. (BGBl. I S. 45.)

(Auszug.)

§ 22. Strafen. er.

Wer schriftlichen allgemeinen Anordnungen des Treuhänders der Arbeit, die dieser in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erläßt*), wiederholt vorsätzlich zuwiderhandelt,?) wird mit Geldstrafe bestraft; in besonders schweren Fällen kann an die Stelle der Geldstrafe oder Zu B V 9. 1) Entspricht § 242 Abs. 1 Ziff. 2 KO. unter B V 8. 2) Entspricht 8 243 KO. unter BV8.

Zu B VI 1. 1) Z. B. Tarifordnungen. 2) Z. B. durch Unterschreiten der tariflichen Lohnsätze oder falsche Tarif­ einstufung durch Nichtberücksichtigung vorgeschriebener Arbeitsmerkmale. Nur wiederholte vorsätzliche Zuwiderhandlung macht straftechtlich verant­ wortlich, OLG. Düsseldorf DRechtspfl. 1936 S. 458. Wiederholte Zuwider­ handlung z. B. schon anzunehmen, wenn Betriebsführer einem größeren Teil der Gefolgschaft den zustehenden Urlaub versagt. Der Begriff der fortgesetzten Handlung ist dabei für die Beurteilung der Wiederholung unerheblich, OLG. Darmstadt HRR. 1935 Nr. 1573.

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B VI. Arbeits- und Soztalrecht.

B V9. Vergleichsordnung. Bom 26. Februar 1935 (RGBl. I S. 321).

(Auszug.) Gr. strfk.

§ 122 *) Wenn in einem Verfahren auf Herbeiführung eines Vergleichs zur Abwendung des Konkurses erdichtete Forderungen geltend macht, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft.

Schöff.

§ 123 2) Wer sich besondere Vorteile dafür versprechen oder ge­ währen läßt, daß er bei der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag in einem bestimmten Sinne stimmt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

VI. Arbeits- und Sozialrecht. B VI1. Gesetz jur Ordnung der nationalen Ärbeit. Vom 20. Januar 1934. (BGBl. I S. 45.)

(Auszug.)

§ 22. Strafen. er.

Wer schriftlichen allgemeinen Anordnungen des Treuhänders der Arbeit, die dieser in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erläßt*), wiederholt vorsätzlich zuwiderhandelt,?) wird mit Geldstrafe bestraft; in besonders schweren Fällen kann an die Stelle der Geldstrafe oder Zu B V 9. 1) Entspricht § 242 Abs. 1 Ziff. 2 KO. unter B V 8. 2) Entspricht 8 243 KO. unter BV8.

Zu B VI 1. 1) Z. B. Tarifordnungen. 2) Z. B. durch Unterschreiten der tariflichen Lohnsätze oder falsche Tarif­ einstufung durch Nichtberücksichtigung vorgeschriebener Arbeitsmerkmale. Nur wiederholte vorsätzliche Zuwiderhandlung macht straftechtlich verant­ wortlich, OLG. Düsseldorf DRechtspfl. 1936 S. 458. Wiederholte Zuwider­ handlung z. B. schon anzunehmen, wenn Betriebsführer einem größeren Teil der Gefolgschaft den zustehenden Urlaub versagt. Der Begriff der fortgesetzten Handlung ist dabei für die Beurteilung der Wiederholung unerheblich, OLG. Darmstadt HRR. 1935 Nr. 1573.

B VI 2. Reichsversicherungsordnung § 533.

767

neben sie Gefängnisstrafe treten?) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Treuhänders der Arbeit ein4). Die Verfolgung der mit öffentlicher Strafe bedrohten Handlung als Verletzung der sozialen Ehre wird durch die Verurteilung zu öffent­ licher Strafe nicht ausgeschlossen.

B VI 2. Reichsversicherungsordnung. i. d. F. vom 15. Dezember 1924. (RGBl. I S. 779.)

(Auszug.)

§ 533. Arbeitgeber*) werden mit Gefängnis bestraft-), wenn sie Beitragsteile, die sie den Beschäftigten einbehalten*) oder von ihnen erhalten4) haben, der berechtigten Kasse vorsätzlich^) vorenthalten4). 3) Die Möglichkeit einer ehrengerichtlichen Bestrafung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 3 bleibt durch Bestrafung nach § 22 unberührt. 4) Hierzu vgl. AV. d. RIM. v. 15. Juni 36 (DJust. S. 914). 1) Als Arbettgeber ist anzusehen, wem bas Verfügungsrecht über die Ar­ beitskraft der Arbeiter zusteht und auf dessen Rechnung der Arbeitslohn gezahlt wird. Hierzu gehört nicht der Treuhänder. Hamburg HRR. 1931 Nr. 815. E. 26 S. 120. E. 41 S. 406. E. 42 S. 5. 2) Fortsetzungszusammenhang mit § 1492 kann bestehen. E. 65 S. 301. Tateinheit mit § 1492 ist nach Königsberg JurW. 59 S. 3653 ausgeschlossen. Siehe auch § 73 Anm. 97 Abs. 2 a. E. A. M. Dresden DRZ. 24 Nr. 777 (auch mit § 270 AVG.) u. JurW. 61 S. 3465. 3) Einbehalten bedeutet Abzug vom Lohn, Kürzung der Lohnbeträge. E. 39 S. 333. Die zur Zeit der Fälligkeit nur zum Teil entrichteten Löhne sind gekürzte Löhne. KG. DRZ. 23 Nr. 225. E. 65 S. 398. Gutschreibung des Nettolohns ist keine Lohnzahlung. Dresden DRZ. 23 Nr. 64. Trinkgelder sind fein Lohn. E. 36 S. 30. Einbehaltung liegt auch dann vor, wenn aus­ drücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist, daß der Arbeitgeber mit eigenen Mitteln auch die Arbeitnehmerbeitragsanteile zu tragen hat. JurW. 58 S. 1472. Frankfurt JurW. 61 S. 1260. Kein Einbehalten, wenn die Mittel des Arbeitgebers so erschöpft sind, daß er aus ihnen den Lohnforderungen der Arbeiter nur in einem Maße Genüge leisten kann, das den Lebensbedarf nicht übersteigt. RG. in HRR. 1932 Nr. 1016. BayObLG. LZ. 27 S. 53. A. M. Darmstadt, in JurW. 1934 S. 624. Beachtlicher Irrtum liegt vor, wenn der Arbeitgeber nicht erkennt, daß er trotz Auszahlung des vollen Barlohns noch Beitragsteile von dem Arbeitnehmer einbehält. JurW. 61 S. 1255, anders KG. GA. 76 S. 333. 4) Das ist nur der Fall, wenn der Beschäftigte (Hausangestellte, Kellner) Sachbezüge (Kost, freie Wohnung) erhält. 5) Vorsätzlich handelt der Arbeitgeber nicht nur, wenn er schon beim Ein­ halten der Beitragsteile voraussah oder auf die erkannte Gefahr hin handelte,

Schöff.

B VI 2. Reichsversicherungsordnung § 533.

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neben sie Gefängnisstrafe treten?) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Treuhänders der Arbeit ein4). Die Verfolgung der mit öffentlicher Strafe bedrohten Handlung als Verletzung der sozialen Ehre wird durch die Verurteilung zu öffent­ licher Strafe nicht ausgeschlossen.

B VI 2. Reichsversicherungsordnung. i. d. F. vom 15. Dezember 1924. (RGBl. I S. 779.)

(Auszug.)

§ 533. Arbeitgeber*) werden mit Gefängnis bestraft-), wenn sie Beitragsteile, die sie den Beschäftigten einbehalten*) oder von ihnen erhalten4) haben, der berechtigten Kasse vorsätzlich^) vorenthalten4). 3) Die Möglichkeit einer ehrengerichtlichen Bestrafung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 3 bleibt durch Bestrafung nach § 22 unberührt. 4) Hierzu vgl. AV. d. RIM. v. 15. Juni 36 (DJust. S. 914). 1) Als Arbettgeber ist anzusehen, wem bas Verfügungsrecht über die Ar­ beitskraft der Arbeiter zusteht und auf dessen Rechnung der Arbeitslohn gezahlt wird. Hierzu gehört nicht der Treuhänder. Hamburg HRR. 1931 Nr. 815. E. 26 S. 120. E. 41 S. 406. E. 42 S. 5. 2) Fortsetzungszusammenhang mit § 1492 kann bestehen. E. 65 S. 301. Tateinheit mit § 1492 ist nach Königsberg JurW. 59 S. 3653 ausgeschlossen. Siehe auch § 73 Anm. 97 Abs. 2 a. E. A. M. Dresden DRZ. 24 Nr. 777 (auch mit § 270 AVG.) u. JurW. 61 S. 3465. 3) Einbehalten bedeutet Abzug vom Lohn, Kürzung der Lohnbeträge. E. 39 S. 333. Die zur Zeit der Fälligkeit nur zum Teil entrichteten Löhne sind gekürzte Löhne. KG. DRZ. 23 Nr. 225. E. 65 S. 398. Gutschreibung des Nettolohns ist keine Lohnzahlung. Dresden DRZ. 23 Nr. 64. Trinkgelder sind fein Lohn. E. 36 S. 30. Einbehaltung liegt auch dann vor, wenn aus­ drücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist, daß der Arbeitgeber mit eigenen Mitteln auch die Arbeitnehmerbeitragsanteile zu tragen hat. JurW. 58 S. 1472. Frankfurt JurW. 61 S. 1260. Kein Einbehalten, wenn die Mittel des Arbeitgebers so erschöpft sind, daß er aus ihnen den Lohnforderungen der Arbeiter nur in einem Maße Genüge leisten kann, das den Lebensbedarf nicht übersteigt. RG. in HRR. 1932 Nr. 1016. BayObLG. LZ. 27 S. 53. A. M. Darmstadt, in JurW. 1934 S. 624. Beachtlicher Irrtum liegt vor, wenn der Arbeitgeber nicht erkennt, daß er trotz Auszahlung des vollen Barlohns noch Beitragsteile von dem Arbeitnehmer einbehält. JurW. 61 S. 1255, anders KG. GA. 76 S. 333. 4) Das ist nur der Fall, wenn der Beschäftigte (Hausangestellte, Kellner) Sachbezüge (Kost, freie Wohnung) erhält. 5) Vorsätzlich handelt der Arbeitgeber nicht nur, wenn er schon beim Ein­ halten der Beitragsteile voraussah oder auf die erkannte Gefahr hin handelte,

Schöff.

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B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

Daneben kann auf Geldstrafe und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe er­ kannt werden. SchÖff. § 1492. Arbeitgeber*) werden mit Gefängnis bestraft, wenn sie vorsätzlich Beittagsteile, die sie den Beschäftigten vom Lohn ab­ gezogen^) oder von ihnen erhalten haben, nicht für die Versicherung verwenden. Daneben kann auf Geldsttafe und Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden. Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldsttafe er­ kannt werden. § 1495. Wer Quittungskarten mit unzulässigen Einttagungen oder mit besonderen Merkmalen versieht, kann vom Versicherungsamt (Rentenausschusse VfA.) mit Ordnungsstrafe in Geld bestraft werden. Mit der gleichen Sttafe kann bestraft werden, wer in Quittungs­ karten den Vordruck fälschlich ausfüllt oder die zur Ausfüllung des Vordrucks eingetragenen Worte oder Zahlen verfälscht oder wissent­ lich eine solche Karte gebraucht. ER. Wer die Einttagungen, Merkmale oder Fälschungen in der Ab­ sicht macht, den Inhaber Arbeitgebern gegenüber kenntlich zu machen, wird mit Geldsttafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten besttaft. Bei mildernden Umständen kann statt der Gefängnisstrafe auf Haft erkannt werden. Eine Verfolgung wegen Urkundenfälschung (§§ 267, 268 StGB.) daß er zur rechtzeitigen Entrichtung der einbehaltenen Beträge an die Kranken­ kasse nicht in der Lage sein werde. Es genügt vielmehr auch die Betätigung eines erst nach der Einbehaltung entstandenen Vorsatzes; z. B. wenn der Arbeit­ geber die einbehalrenen Beträge ohne sofortige Ersatzmöglichkeit zur Tilgung anderer Zahlungsvervflichtungen verwendet, die hinter der Ablieferung der ihm zu treuen Händen überlassenen Lohnanteile zurückirehen müssen. RG. JurW. 1936 S. 515; oder wenn er sich der Pflicht der Abführung der fälligen Beitrags­ anteile bewußt ist und die Zahlung trotzdem schuldhaft d. h. ohne einen das Ver­ schulden ausschließenden Grund (unerwarteter Antrag auf Zwangsverwaltung) unterläßt. JurW. 1929 S. 1472. Dagegen fehlt der Vorsatz, wenn unvorher­ gesehene Umstände (Ausbleiben sicher erwarteter Eingänge) dem Beittagsab­ führungswillen entgegenstehen. E. 28 S. 254. 6) Vorenthalten bedeutet seinem Wesen nach nichts anderes als das Unter­ lassen der Abführung der Leistung an die Kasse, die Nichterfüllung der Zahlungs­ pflicht. E. 50 S. 133. Um dieser Pflicht nachzukommen, darf der Arbeitgeber von seinen Barmitteln den Arbeitnehmern nur so viel auszahlen, daß der dem bezahlten Lohne entsprechende Kassenbeittag in seinen Händen bleibt. E. 30 S. 161. E. 40 S. 235. RG. in JurW. 1934 S. 2692. § 366 BGB. findet bei der Lohnsteuer Anwendung. Hamburg LZ. 26 S. 910; sonst ohne Be­ deutung. KG. GA. 74 S. 53.

BVI2. Reichsversicherungsordnung. — B VI3. ReichSknappschaftSgesetz. 769 tritt nur gegen Personen ein, welche die Fälschung in der Absicht be­ gangen haben, sich oder anderen einen Vermögensvorteil zu ver­ schaffen oder anderen einen Schaden zuzufügen. § 1496. Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, neben dem Schöff. auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wird bestraft, wer Marken fälschlich anfertigt, oder verfälscht um sie als echte zu verwenden, oder wer zu demselben Zwecke falsche Marken sich verschafft, verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt*). $ 1497. Mit der gleichen Strafe (§ 1496) wird bestraft, wer Schöff. wissentlich») bereits verwendete Marken wieder verwendet oder zur Wiederverwendung sich verschafft»), feilhält oder in Verkehr bringt. Bei mildernden Umständen darf auf Geldstrafe oder Haft erkannt werden. § 1498. In den Fällen der §§ 1496, 1497 ist zugleich auf Ein­ ziehung der Marken zu erkennen, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Das muß auch geschehen, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.

B VI 3. NeichsKnappschaftsgeseh. I. d. F. vom 1. Juli 1926. (RGBl. I S. 369.)

(Auszug.)

§ 233. (1) Die Vorschriften der zz . . . . der Reichsversicherungs­ ordnung (unter B VI2) gelten entsprechend. (2) Außerdem gelten entsprechend die Vorschriften der §§ 529 bis 536 der Reichsversicherungsordnung . . . für die Krankenversicherung §§ 1487 bis 1490, 1492 bis 1494 der Reichsversicherungsord­ nung für die Pensionsversicherung und für die Invalidenver­ sicherung. 7) Es ist nicht erforderlich, daß. die Marken dem Publikum zugänglich gemacht sind, sondern eS genügt jedes Überlassen an einen andern zu einer ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechenden Benutzung. DIZ. 18 S. 1444. GA. 60 S. 444. 8) Es genügt das Bewußtsein der erfolgten Verwendung. Breslau JurW. 1929 S. 1071. 9) Sichverschaffen und das Wiederverwenden steht in Tatmehrheit, doch ist Fortsetzungszusammenhang möglich. Zwischen § 1497 und § 348 Abs. 2 StGB, kann Tateinheit bestehen. E 71 S. 205 (unter Aufgabe bet früheren Rechtspr. HRR. 1931 Nr. 904). ttrcfrf'*

30. 91uR.

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BVI2. Reichsversicherungsordnung. — B VI3. ReichSknappschaftSgesetz. 769 tritt nur gegen Personen ein, welche die Fälschung in der Absicht be­ gangen haben, sich oder anderen einen Vermögensvorteil zu ver­ schaffen oder anderen einen Schaden zuzufügen. § 1496. Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, neben dem Schöff. auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wird bestraft, wer Marken fälschlich anfertigt, oder verfälscht um sie als echte zu verwenden, oder wer zu demselben Zwecke falsche Marken sich verschafft, verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt*). $ 1497. Mit der gleichen Strafe (§ 1496) wird bestraft, wer Schöff. wissentlich») bereits verwendete Marken wieder verwendet oder zur Wiederverwendung sich verschafft»), feilhält oder in Verkehr bringt. Bei mildernden Umständen darf auf Geldstrafe oder Haft erkannt werden. § 1498. In den Fällen der §§ 1496, 1497 ist zugleich auf Ein­ ziehung der Marken zu erkennen, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Das muß auch geschehen, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.

B VI 3. NeichsKnappschaftsgeseh. I. d. F. vom 1. Juli 1926. (RGBl. I S. 369.)

(Auszug.)

§ 233. (1) Die Vorschriften der zz . . . . der Reichsversicherungs­ ordnung (unter B VI2) gelten entsprechend. (2) Außerdem gelten entsprechend die Vorschriften der §§ 529 bis 536 der Reichsversicherungsordnung . . . für die Krankenversicherung §§ 1487 bis 1490, 1492 bis 1494 der Reichsversicherungsord­ nung für die Pensionsversicherung und für die Invalidenver­ sicherung. 7) Es ist nicht erforderlich, daß. die Marken dem Publikum zugänglich gemacht sind, sondern eS genügt jedes Überlassen an einen andern zu einer ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechenden Benutzung. DIZ. 18 S. 1444. GA. 60 S. 444. 8) Es genügt das Bewußtsein der erfolgten Verwendung. Breslau JurW. 1929 S. 1071. 9) Sichverschaffen und das Wiederverwenden steht in Tatmehrheit, doch ist Fortsetzungszusammenhang möglich. Zwischen § 1497 und § 348 Abs. 2 StGB, kann Tateinheit bestehen. E 71 S. 205 (unter Aufgabe bet früheren Rechtspr. HRR. 1931 Nr. 904). ttrcfrf'*

30. 91uR.

49

770

B VI, Arbeits- und Sozialrecht.

B VI4. ÄngekeUtenversicherungsgefeh. I. d. F. vom 28. Mai 1924. (RGBl. I S. 663.)

(Auszug.)

§ 338. (Entspricht wörtlich dem § 1492 RVO.; unter B VI 2.) § 344. (Betr. Eintragungen und Fälschungen in Versicherungs­ karten; entspricht im übrigen wörtlich dem § 1495 Abs. 3, 4 RVO.) §§ 350—352. (Entsprechen wörtlich den §§ 1496—1498 RVO.)

B VI 5. Gesetz über ÄrbeitslosenvermitUung und Ärbeitslosenversicherung I. d. F. vom 12. Oktober 1929. (RGBl. I S. 162.)

(Auszug.)

§ 270.

(Entspricht wörtlich dem § 533 RVO., unter B VI 2.)

B VI6. ArdeitsMor-nullg. Vom 26. Juli 1934. Erster Abschnitt.

(RGBl. I S. 803.)*)

Allgemeine Vorschriften?)

§ 1. Sachlicher Geltungsbereich. (1) Die Arbeitszeitordnung gilt 1. für die Arbeiter in gewerblichen Bettieben einschließlich der Berkehrsgewerbe (ohne Seeschiffahrt und Luftfahrt) und des Bergbaus und in landwirtschaftlichen Nebenbetrieben gewerb­ licher Art, in Betrieben des Reichs, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände auch dann, wenn die Betriebe nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden; 2. für die mit kaufmännischen oder mit technischen Diensten oder mit Schreib-, Rechen- oder ähnlichen Arbeiten beschäftigten An*) Die Arbeitszeitordnung ist in neuer Fassung bekannt gemacht durch VO. v. 30. April 38 (RGBl. I S. 446, 447); die Neufassung tritt am 1. Jan. 39 in Kraft (Nr. 6 der BO.). Zu § 1: 1) Vgl. bez. Ausführungsbestimmungen § 31, Anm. 3 zu § 15 u. GewO. (BIV1) Anm. 20 zu § 139a, 6b zu § 120t u. 87 zu § 154. Schrift­ tum: Erdmann-Meissinger, Komm. 5. Aufl. 34; Rohmer, Komm. 34.

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B VI, Arbeits- und Sozialrecht.

B VI4. ÄngekeUtenversicherungsgefeh. I. d. F. vom 28. Mai 1924. (RGBl. I S. 663.)

(Auszug.)

§ 338. (Entspricht wörtlich dem § 1492 RVO.; unter B VI 2.) § 344. (Betr. Eintragungen und Fälschungen in Versicherungs­ karten; entspricht im übrigen wörtlich dem § 1495 Abs. 3, 4 RVO.) §§ 350—352. (Entsprechen wörtlich den §§ 1496—1498 RVO.)

B VI 5. Gesetz über ÄrbeitslosenvermitUung und Ärbeitslosenversicherung I. d. F. vom 12. Oktober 1929. (RGBl. I S. 162.)

(Auszug.)

§ 270.

(Entspricht wörtlich dem § 533 RVO., unter B VI 2.)

B VI6. ArdeitsMor-nullg. Vom 26. Juli 1934. Erster Abschnitt.

(RGBl. I S. 803.)*)

Allgemeine Vorschriften?)

§ 1. Sachlicher Geltungsbereich. (1) Die Arbeitszeitordnung gilt 1. für die Arbeiter in gewerblichen Bettieben einschließlich der Berkehrsgewerbe (ohne Seeschiffahrt und Luftfahrt) und des Bergbaus und in landwirtschaftlichen Nebenbetrieben gewerb­ licher Art, in Betrieben des Reichs, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände auch dann, wenn die Betriebe nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden; 2. für die mit kaufmännischen oder mit technischen Diensten oder mit Schreib-, Rechen- oder ähnlichen Arbeiten beschäftigten An*) Die Arbeitszeitordnung ist in neuer Fassung bekannt gemacht durch VO. v. 30. April 38 (RGBl. I S. 446, 447); die Neufassung tritt am 1. Jan. 39 in Kraft (Nr. 6 der BO.). Zu § 1: 1) Vgl. bez. Ausführungsbestimmungen § 31, Anm. 3 zu § 15 u. GewO. (BIV1) Anm. 20 zu § 139a, 6b zu § 120t u. 87 zu § 154. Schrift­ tum: Erdmann-Meissinger, Komm. 5. Aufl. 34; Rohmer, Komm. 34.

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B VI, Arbeits- und Sozialrecht.

B VI4. ÄngekeUtenversicherungsgefeh. I. d. F. vom 28. Mai 1924. (RGBl. I S. 663.)

(Auszug.)

§ 338. (Entspricht wörtlich dem § 1492 RVO.; unter B VI 2.) § 344. (Betr. Eintragungen und Fälschungen in Versicherungs­ karten; entspricht im übrigen wörtlich dem § 1495 Abs. 3, 4 RVO.) §§ 350—352. (Entsprechen wörtlich den §§ 1496—1498 RVO.)

B VI 5. Gesetz über ÄrbeitslosenvermitUung und Ärbeitslosenversicherung I. d. F. vom 12. Oktober 1929. (RGBl. I S. 162.)

(Auszug.)

§ 270.

(Entspricht wörtlich dem § 533 RVO., unter B VI 2.)

B VI6. ArdeitsMor-nullg. Vom 26. Juli 1934. Erster Abschnitt.

(RGBl. I S. 803.)*)

Allgemeine Vorschriften?)

§ 1. Sachlicher Geltungsbereich. (1) Die Arbeitszeitordnung gilt 1. für die Arbeiter in gewerblichen Bettieben einschließlich der Berkehrsgewerbe (ohne Seeschiffahrt und Luftfahrt) und des Bergbaus und in landwirtschaftlichen Nebenbetrieben gewerb­ licher Art, in Betrieben des Reichs, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände auch dann, wenn die Betriebe nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden; 2. für die mit kaufmännischen oder mit technischen Diensten oder mit Schreib-, Rechen- oder ähnlichen Arbeiten beschäftigten An*) Die Arbeitszeitordnung ist in neuer Fassung bekannt gemacht durch VO. v. 30. April 38 (RGBl. I S. 446, 447); die Neufassung tritt am 1. Jan. 39 in Kraft (Nr. 6 der BO.). Zu § 1: 1) Vgl. bez. Ausführungsbestimmungen § 31, Anm. 3 zu § 15 u. GewO. (BIV1) Anm. 20 zu § 139a, 6b zu § 120t u. 87 zu § 154. Schrift­ tum: Erdmann-Meissinger, Komm. 5. Aufl. 34; Rohmer, Komm. 34.

B VI6. ÄrbritS-eitordnung § 2.

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gestellten in Betrieben und Verwaltungen aller Art ohne Rück­ sicht darauf, ob sie mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden. Ausgenommen sind die Angestellten in den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und ihren Nebenbetrieben ge­ werblicher Art und die Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken. (2) Für die Bäckereien und Konditoreien und die ihnen gleich­ gestellten Anlagen gilt an Stelle des Ersten Abschnitts dieser Ver­ ordnung die Verordnung über die Arbeitszeit in den Bäckereien und Konditoreien vom 23. November 1918 (RGBl. S. 1329) in ihrer durch spätere Gesetze und Verordnungen abgeänderten Fassung*); die übrigen Abschnitte der Arbeitszeitordnung sind, soweit die ge­ nannte Verordnung nichts Abweichendes bestimmt, sinngemäß an­ zuwenden. Für das Pflegepersonal und die ihm gleichgestellten Be­ schäftigten in Krankenpflegeanstalten bewendet es bei der Ver­ ordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. Fe­ bruar 1924 (RGBl. I S. 66, 154). $ 2. Persönlicher Geltungsbereich. (1) Als Arbeiter oder Angestellte gelten auch Lehrlinge, die sich in einer geregelten Ausbildung zu einer der nach § 1 Abs. 1 unter die Arbeitszeitordnung fallenden Beschäftigungen befinden. (2) Als Angestellte gelten auch Büroangestellte, die für Büros einfache oder lediglich mechanische Dienste leisten. (3) Betriebsbeamte, Werkmeister und Techniker in gewerblichen und diesen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 gleichgestellten Betrieben gelten im Sinne des § 10 Abs. 2, des $ 12, des § 15 Absätze 1 bis 3, des § 19 Abs. 2, des § 20 Abs. 1 und des § 21 Absätze 1 und 2 nicht als Angestellte sondern als Arbeiter. (4) Die Arbeitszeitordnung gilt nichts für 1. Generalbevollmächtigte und die im Handelsregister oder Ge­ nossenschaftsregister eingetragenen Vertreter eines Unternehmens; 2. sonstige Angestellte in. leitender Stellung, die Vorgesetzte von in der Regel mindestens zwanzig Angestellten oder fünfzig Be2) Jetzt Ges. v. 29. Juni 36 nebst DurchfBO. v. 30. Juni 36 (RGBl. I S. 521, 627). Nach Z 13 dieses Ges. gelten von der AZO. für Bäckereien und Konditoreien nur die §§ 16 Abs. 1—5, 17, 19, 20 Abs. 2, 21 Abs. 2—4, 22, 23,26 Abs. 2—4, 27 soweit es sich um Verstöße gegen die Bestimmungen handelt, 29. 8 15 des Ges. enthält Strafvorschrift wegen Verstöße gegen die Vorschriften de- Ges. v Zu § 2:1) Keine Anwendungnußer den unter Ziff. 1 u. 2 Genannten für die öffentlichen Beamten (510), die Angestellten land- u. forstwirtschaft­ licher Betriebe (§ 1 Abs. 1 Ziff. 2) sowie für die Hausangestellten, wie sich sinngemäß auS § 1 ergibt. Ist daS Arbeitsverhältnis teils hauSwirtschaftlicher, teils gewerblicher Art, so ist maßgebend, welche Beschäftigung überwiegt.

49*

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B VI. Arbeit-- und Sozlalrechl.

schäfttgten sind oder deren Jahresarbeitsverdienst die im Bersicherungsgesetze für Angestellte für die Versicherungspflicht jeweils bestimmte Höchstgrenze übersteigt.

§ S. Regelmäßige Arbeitszeit.

(1) Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit der Beschäftigten darf ausschließlich der Pausen die Dauer von acht Stunden nicht über­ schreitend) (2) Im Steinkohlenbergbau gilt als regelmäßige tägliche Arbeits­ zeit die Schichtzeit; sie wird gerechnet vom Beginn der Seilfahrt bei

der Einfahrt bis zum Wiederbeginn bei der Ausfahrt oder vom Ein­ tritt des einzelnen Arbeiters in das Stollenmundloch bis zu seinem Wiederaustritt. § 4. Andere Verteilung der Arbeitszeit.

Der an einzelnen Werktagen für den Betrieb oder eine Betriebs­

abteilung einttetende Ausfall von Arbeitsstunden kann durch Mehr­ arbeit an den übrigen Werktagen der gleichen oder der folgenden Woche ausgeglichen werden?) § 5. Arbeitsbereitschaft.

Für Gewerbezweige oder Gruppen von Beschäftigten, bei deren regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft vorlügt, kann durch eine Tarifordnung oder, soweit eine solche nicht besteht

oder doch Arbeitsverhältnisse dieser Art nicht berücksichtigt, durch )en Reichsarbeitsminister oder den Treuhänder der Arbeit eine wm § 3 Abs. 1 und § 4 abweichende Regelung getroffen werden. § 6.

Bor- und Abschlußarbeiten.

Die für den Gesamtbetrieb zulässige Dauer der Arbeitszeit drrf um höchstens zwei Stunden täglich in folgenden Fällen überschritten werdend) 1. bei Arbeiten zur Bewachung der Betriebsanlagen, zur Reinigmg und Instandhaltung, durch die der regelmäßige Fortgang les eigenen oder eines fremden Bettiebes bedingt ist; 2. bei Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrehterhaltung des vollen Bettiebes arbeitstechnisch abhängt;

Zu 8 3:1) Die Fortbildungsschulzeit ist keine Arbeit-zeit u. in die aytstündige Arbeitszeit nicht einzurechnen, Rohmer, Komm. 34 Anm. 1 Abs 2 zu § 53 u. das. ztt. Entsch. Zu 8 4:1) Der Ausgleich darf nicht für den einzelnen Beschäftigten, smdern nur für den ganzen Betrieb oder wenigstens eine Betriebsabteilung er­ folgen. E. 63 S. 266; dabei muß der Rahmen der ArbeitSstundenwohe (48 oder 94 als Doppelwoche) gewahrt bleiben. Zu 8 6: 1) Bez. der Jugendlichen u. Frauen vgl. 8 17 Abs. 2.

8 VIS. Srbelt-zeltordnung 5§ 7—9.

773

3. bei Arbeiten -um Be- und Entladen von Schiffen im Hafen und zum Be- und Entladen sowie zum Verschieben von Eisen­ bahnwagen, soweit die Mehrarbeit zur Vermeidung oder Be­ seitigung von Verkehrsstockungen oder zur Innehaltung der ge­ setzten Ladefristen notwendig ist; 4. bei der Beaufsichtigung der vorstehend unter Nr. 1 bis 3 auf­ geführten Arbeiten.

§ 7. Allgemein zulässige Mehrarbeit. Die Beschäftigten eines Betriebes oder einer Betriebsabteilung dürfen über die im § 3 Abs. 1 und § 4 vorgeschriebene Höchstarbeitszeit hinaus an dreißig der Wahl deS Unternehmers überlassenen Tagen im Jahre mit Mehrarbeit bis zu zwei Stunden täglich beschäftigt werden.

$ 8. Zulassung von Mehrarbeit durch Tarifordnung. (1) Wird durch Tarifordnung die Arbeitszeit über die im § 3 Abs. 1 und z 4 festgesetzten Grenzen ausgedehnt^) so gelten für die Beschäftigten, für die die Tarifordnung verbindlich ist, deren Be­ stimmungen an Stelle der Vorschriften des § 3 Ads. 1 und des § 4. Die Ausnahmen der §§ 6,7 und 11 gelten auch neben Tarifordnungen. (2) Die von einem Reichsminister gemäß § 16 Abs. 2 des Gesetzes zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Be­ trieben vom 23. März 1934 (RGBl. I S. 220) erlassene gemeinsame Dienstordnung steht im Sinne dieser Verordnung der Tarifordnung gleich.

$ 9. Behördliche Genehmigung von Mehrarbeit.*)

(1) Soweit die Arbeitszeit nicht in einer Tarifordnung geregelt ist, kann auf Antrag des Unternehmers der zuständige Gewerbe­ aufsichtsbeamte oder Bergaufsichtsbeamte für einzelne Betriebe oder Betriebsabteilungen eine vom § 3 Abs. 1 undH 4 abweichende Regelung der Arbeitszeit widerruflich zulassen, sofern sie aus bettiebstechnischen Gründen, insbesondere bei Betriebsunterbrechungen durch Natur­ ereignisse, Unglücksfälle oder andere unvermeidliche Störungen oder aus allgemein wirtschaftlichen Gründen geboten ist. Für den Bereich mehrerer Gewerbeaufsichtsämter oder Bergaufsichtsämter sowie für ganze Gewerbezweige oder Berufe steht die gleiche Befugnis der obersten Landesbehörde, für Fälle, die sich auf mehrere Länder er­ strecken, dem Reichsarbeitsminister zu. Gegen den Bescheid ist, soweit Zu § 8: 1) Zulässig durch Tarifordnung des Treuhänders der Arbeit, § 32 AOG. Zu § 9: 1) Vgl. Spinnstoffes. v. 6. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1411) nebst DurchfBO. v. 6. Jan.. 14. Juli u. 29. Septbr. 36 (RGBl. I S. 4, 553, 852).

774

B VI. Arbeit-- und Gozialrecht.

er nicht von einer obersten Reichs- oder Landesbehörde erlassen ist, jederzeit die Beschwerde an die vorgesetzte Behörde zulässig, die end­ gültig entscheidet. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. (2) Wird nachträglich eine Regelung in einer Tarifordnung ge­ troffen, so tritt diese ohne weitere- an die Stelle der behördlichen Genehmigung.

z 10. Sonderregelung für öffentliche Betriebe und Ver­ waltungen.

(1) Für Betriebe und Verwaltungen deS Reichs (auch der Deut* schon Reichsbahngesellschaft, deS „Unternehmens Reichsautobahnen" und der ReichSbank) und der Länder und für Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände können die diesen Betrieben oder

Verwaltungen vorgesetzten Dienstbehörden die für Beamte gültigen Dienstvorschriften über die Arbeitszeit auf die Arbeiter und Ange* stellten der genannten Betriebe und Verwaltungen übertragen. (2) Soweit von Körperschaften des öffenllichen Rechts Ange* stellte gemeinsam mit Beamten beschäftigt werden, sind für die Arbeitszeit dieser Angestellten mangels' abweichender Einzelabrede, Dienstordnung oder Tarifordnung die für die Beamten gültigen Dienstvorschriften auch ohne ausdrückliche Übertragung gemäß Abs. 1

maßgebend. 5 11. Außergewöhnliche Fälle.

(1) Die nach den §§ 3 biS 15 dieser Verordnung sich ergebenden Beschränkungen der Arbeitszeit finden keine Anwendung auf vor­ übergehende Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen; die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitserzeugnisse zu mißlingen drohen. (2) Das gleiche gilt, wenn eine geringe Zahl von Arbeitern oder Angestellten über sechzehn Jahren an einzelnen Tagen mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeit ge» fährden oder einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schaden zur Folge haben würde, und wenn dem Unternehmer andere Vor* kehrungen nicht zugemutet werden können. §12. Ununterbrochene Arbeit. In Betrieben, deren Natur eine Unterbrechung nicht gestattet oder bei denen eine ununterbrochene Sonntagsarbeit im öffentlichen Interesse nötig ist, dürfen zur Herbeiführung eines regelmäßigen wöchentlichen Schichtwechsels männliche Arbeiter über sechzehn Jahren innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen einmal zu einer

B VI6. Arbeitszeitordnung § 13.

775

Arbeit von höchstens sechzehnstündiger Dauer einschließlich der Pausen herangezogen werden, sofern ihnen in diesen drei Wochen zweimal eine ununterbrochene Ruhezeit von je vierundzwanzig Stunden ge­ währt wird.

§ 13. Höchstgrenze für Arbeitszeitverlängerungen. (1) Die Arbeitszeit darf bei Anwendung der in den §§ 6, 7, 8, 9 und 15 Abs. 1 bezeichneten Ausnahmen zehn Stunden täglich nicht überschreiten; eine Überschreitung dieser Grenze ist nur in Aus­

nahmefällen aus dringenden Gründen des Gemeinwohls mit bestiftetet Genehmigung der im § 9 bezeichneten Behörden zulässig. Eine Überschreitung ist ferner zulässig bei folgenden Vorbereitungs­ und Ergänzungsarbeiten, wenn sie nicht unter § 15 Abs. 1 fallen, eine Vertretung des Beschäftigten durch andere Beschäftigte des Be­ triebes nicht möglich ist und die Heranziehung betriebsfremder Be­ schäftigter dem Unternehmer nicht zugemutet werden kann:

1. Bedienung von Kraft-, Beleuchtungs-. Heizungs- und AufzugSanlagen, Öfen und ähnlichen Betriebseinrichtungen sowie Pflege von Arbeitstieren, soweit die Arbeit außerhalb der in dem Be­ triebe oder der Betriebsabteilung allgemein bestehenden Arbeits­ zeit erforderlich ist, um den vollen Betrieb in der nächsten Schicht aufzunehmen, einschließlich der Beaufsichtigung dieser Arbeiten; 2. Vorbereitung von Hilfsstoffen und Instandsetzung von Hilfsgeräten und sonstigen Betriebseinrichtungen, soweit sich die Arbeit während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unter­ brechung oder erhebliche Störung aussühren läßt und soweit sie erforderlich ist, um den vollen Betrieb in der nächsten Schicht auf­ zunehmen, einschließlich der Beaufsichtigung dieser Arbeiten; 3. Reinigung und Instandhaltung von Betriebsräumen, Maschinen, Ofen und anderen Betriebseinrichtungen, soweit sich die Arbeit während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen läßt, einschließlich der Be­ aufsichtigung dieser Arbeiten; 4. Arbeiten von Vorarbeitern, Werkführern und sonst bei Beauf­ sichtigung der Beschäftigten oder des Arbeitsvorganges Betei­ ligten, soweit ihre Tätigkeit unerläßlich ist, um die Arbeiten vor­ zubereiten oder abzuschließen oder die Arbeit zweier unmittel­ bar aufeinanderfolgender Schichten zu verbinden. (2) Die unter Nrn. 1 bis 4 angeführten Arbeiten sind nur infotoeit1) Zu § 13:1) Andernfalls verlieren sie den Charakter von VorbereitungSu. Ergänzungsarbeiten im Sinne des § 13 u. bedürfen der befristeten Ge­ nehmigung gern. § 9.

776

B VI. ArbeitS- und Sozialrecht.

als Vorbereitungs- und Ergänzungsarbeiten anzusehen, als sie ins­ gesamt die Dauer von einer Stunde täglich oder, sofern es sich um Arbeiten auf Grund der Nr. 1 oder 2 allein oder im Zusammentreffen mit Ausnahmen uf Grund einer der übrigen Nummern handelt, die Dauer von zwei Stunden täglich nicht überschreiten. (3) Der Reichsarbeitsminister kann ergänzende oder vom Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 und vom Abs. 2 abweichende Bestimmungen darüber erlassen, welche Arbeiten als Vorbereitungs- und Ergänzungsarbeiten

anzusehen sind.

$ 14. Mehrarbeitsvergütung. (1) Wird auf Grund der §§ 7, 8, 9 oder 11 Mehrarbeit geleistet, so haben die Beschäftigten mit Ausnahme der Lehrlinge für die über die Grenzen des § 3 Abs. 1 und des § 4 hinausgehende Arbeitszeit Anspruch auf eine angemessene Vergütung über den Lohn für die regelmäßige Arbeitszeit hinaus, und zwar auch dann, wenn in diesen Fällen gemäß § 13 länger als zehn Stunden gearbeitet wird. Dies gilt nicht, soweit die Mehrarbeit auch nach den §§ 5 oder 6 zulässig wäre oder lediglich infolge von Notfällen, Naturereignissen, Unglücks­ fällen oder anderen unvermeidlichen Störungen erforderlich ist. (2) Als angemessene Vergütung gilt, wenn nicht die Beteiligten eine andere Regelung vereinbaren oder besondere Umstände eine solche rechtfertigen oder der Reichsarbeitsminister oder der Treuhänder der Arbeit eine abweichende Regelung trifft, ein Zuschlag von fünf­ undzwanzig vom Hundert. (3) Wird in Gewerben, die ihrer Art nach in gewissen Zeiten des Jahres regelmäßig zu erheblich verstärkter Tätigkeit genötigt sind, in diesen Zeiten über die Grenzen des § 3 Abs. 1 und des § 4 hinaus gearbeitet, so kann der Reichsarbeitsminister bestimmen, daß die Vorschriften der Absätze 1 und 2 keine Anwendung finden, soweit die Mehrarbeit durch Verkürzung der Arbeitszeit in den übrigen Zeiten

des Jahres ausgeglichen wird.

Zweiter Abschnitt.

Erhöhter Achutz, insbesondere für Linder, Jugendliche und Frauen.

§ 15. Arbeitszeit bei gefährlichen Arbeiten. (1) Eine Überschreitung der im § 3 Abs. 1 und § 4 festgesetzten

Grenzen auf Grund einer Tarifordnung nach § 8 oder einer behördlichen Genehmigung nach § 9 ist für Gewerbezweige oder Gruppen von Ar­ beitern/) die unter besonderen Gefahren für Leben oder Gesundheit Zu § 15: 1) Nur Arbeiter, nicht Angestellte- Betriebsbeamte sind aber nach § 2 Abs. 3 als Arbeiter anzusehen.

B VI6. ArbeitSzeitordnung § 15.

777

arbeiten, insbesondere für Arbeiter im Steinkohlenbergbau unter Tage sowie für Arbeiter, die in außergewöhnlichem Grade der Ein­ wirkung von Hitze, giftigen Stoffen, Staub und dergleichen oder der Gefährdung durch Sprengstoffe ausgesetzt sind, nur zulässig, wenn die Überschreitung aus Gründen des Gemeinwohls dringend er­

forderlich ist oder wenn sie sich in langjähriger Übung als unbedenk­ lich erwiesen hat und eine halbe Stunde nicht übersteigt. Der Reichsarbeitsminister bestimmt, für welche Gewerbezweige oder Gruppen von Arbeitern diese Beschränkung Platz greift.') (2) Für solche Gewerbe, in denen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, kann der Reichsarbeitsminister und, soweit er nicht Bestimmungen erläßt, die oberste Landesbehörde oder nach Anhören beteiligter Unternehmer und Arbeiter die zuständige Polizeibehörde durch Polizeiverordnung Dauer, Beginn und Ende der zulässigen täglichen Arbeitszeit der Arbeiter und der zu gewährenden Pausen regeln und die zur Durchführung erforderlichen Anordnungen erlassen.') (3) Soweit Bestimmungen nach Abs. 2 nicht erlassen sind, kann aus Antrag oder nach Anhören des Gewerbeaufsichtsbeamten und nach Anhören beteiligter Unternehmer und Arbeiter die zuständige Polizeibehörde für einzelne Betriebe, in denen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, im Wege der Verfügung Anordnungen dieser Art erlassen. Die Vorschrift des § 1206 Abs. 4 der Gewerbeordnung über die Beschwerde gilt entsprechend. (4) Im Bergbau unter Tage ist für Betriebspunkte mit einer Wärme über 28 Grad Celsius durch die zuständige Bergbehörde eine 2) Vgl. die auf Grund des § 7 Abs. 1 der früheren ArbeitszeitBO. er­ lassenen Verordnungen: a) BO. über die Arbeitszeit in Kokereien und Hochofenwerken v. 20. Jan. 25 (RGBl. I S. 5). b) BO. über die Arbeitszeit in Gaswerken v. 9. Febr. 27 (RGBl. I S. 59). c) BO. über die Arbeitszeit in Metallhütten v. 9. Febr. 27 (RGBl. I S. 59). d) BO. über die Arbeitszeit in Glashütten und GlaSschleifereien v. 9. Febr. 27 (RGBl. I S. 60). e) BO. über die Arbeitszeit in Stahlwerken und anderen Anlagen der Großeisenindustrie v. 16. Juli 27 (RGBl. I S. 221). f) BO. über die Arbeitszeit in der Zementindustrte v. 26. März 29 (RGBl. I S. 82). . g) BO. über die Herstellung, Verpackung, Lagerung u. Einfuhr von Thomasmehl v. 30. Jan. 31 (RGBl. I S. 17), § 6. 3) Wegen der früher auf Grund des § 120e GewO, erlassenen BO. vgl. § 120e GewO, nebst Anmerkungen.

778

B VI. ArbeltS- und Sozialrecht.

Verkürzung der Arbeitszeit der Beschäftigten anzuordnen. Weiter­ gehende bergpolizeiliche Bestimmungen bleiben unberührt.

$ 16. Beschäftigungsverbote. (1) In Betrieben, in denen in der Regel mindestens zehn Ar­ beiter beschäftigt werden, dürfen Kinder unter dreizehn Jahren als 9lt6eitet1)2 nicht 3 beschäftigt werden; Kinder über dreizehn Jahren dürfen nur beschäfttgt werden, wenn sie nicht mehr zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind. Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Arbeitsbedürfnis einttitt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden. (2) Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten in Ziegeleien und über Tage betriebenen Brüchen und Gruben auch dann, wenn in diesen Bettieben in der Regel mindestens fünf Arbeiter beschäftigt werden. Sie gelten auch bei noch geringerer Zahl der Arbeiter in Bergwerken, Salinen, Ausbereitungsanstalten und unterirdisch bettiebenen Brüchen und Gruben, in Hüttenwerken, in Zimmerplätzen und anderen Bau­ höfen, in Werften, in Werkstätten der Tabakindusttie sowie in Werk­ stätten, in denen durch elementare Kraft (Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elekttizität usw.) bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend verwendet werden. (3) Auf andere Werkstätten, in denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, und auf Bauten, bei denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäfttgt werden, kann der Reichs­ arbeitsminister die Vorschriften des Absatzes 1 ganz oder in sachlicher oder räumlicher Begrenzung ausdehnen?) (4) Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten nicht für Apotheken und Handelsgeschäfte (mit Ausnahme der Herstellung oder Bearbei­ tung von Waren in einem zu dem Handelsgeschäfte gehörigen Be­ triebe), für Heilanstalten und Genesungsheime, für Musikauffüh­ rungen, Schaustellungen, theattalische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, für Gärtnereien, für das Gast- und Schankwirtschafts­ gewerbe und für die Verkehrsgewerbe?) (5) Wegen des Verbots der Beschäfttgung jugendlicher Arbeiter in der für den Unterricht in Fortbildungs- und Fachschulen und den kirchlichen Vorbereitungsunterricht erforderlichen Zeit bewendet es Zu § 16: 1) Der Zusatz „als Arbeiter" zeigt, daß im Unterschied zum Kinderschutzges., s. unter BVI7, nur Kinder im Arbeitsverhältnis erfaßt werden sollen. 2) S. § 17 Anm. 3. 3) Die Ausnahmen des § 154 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 GewO, werden nicht am geführt, weil die Vorschrift nur für „Arbeiter" gilt, Amtl. Erläuterungen.

B VI6. ArbeitSzeltordnung § 17.

779

bei den Vorschriften der §§ 120, 1391 und 136 Abs. 4 der Gewerbe­ ordnung. (6) Arbeiterinnen dürfen in Bergwerken, Salinen, Aufberei« tungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben nicht unter Tage, ferner bei der Förderung, mit Ausnahme der Auf­ bereitung (Separation, Wäsche), bei dem Transport und der Ver­ ladung auch nicht über Tage beschäftigt werden. Sie dürfen ferner nicht in Kokereien und nicht mit der Beförderung von Materialien bei Bauten aller Art beschäftigt werden/) wenn für den Betrieb die Vorschriften des Absatzes 1 gelten. (7) Durch Verordnung des Reichsarbeitsministers kann unter zeit­ licher und, soweit erforderlich, räumlicher Begrenzung die Beschäf­ tigung von jugendlichen Arbeitern bis zu sechzehn Jahren und von Arbeiterinnen für gewisse Gewerbezweige, die mit besonderen Ge­ fahren für Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, in Betrieben, für welche die Vorschriften des Absatzes 1 gelten, gänzlich untersagt oder von besonderen Bedingungen abhängig gemocht werden?)

$ 17. Höchstarbeitszeit. (1) Weibliche Beschäftigte sind auf ihren Wunsch während der Schwangerschaft und der Stillzeit von einer die Grenzen des § 3 Abs. 1 und des § 4 überschreitenden Arbeit zu befreien?) (2) In den Fällen der Vor- und Abschlußarbeiten des § 6 darf die für den Gesamtbetrieb zulässige Dauer der Arbeitszeit bei jugend­ lichen und weiblichen Beschäftigten um höchstens eine Stunde überschritten werden. (3) In Betrieben, für welche die Vorschriften des § 16 Abs. 1 gelten, dürfen Kinder unter vierzehn Jahren, die nicht mehr zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind, nicht länger als sechs Stunden und jugendliche Arbeiter zwischen vierzehn und sechzehn Jahren auch in den Fällen der §§ 4 bis 11,13 und 15 nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden. Der § 16 Abs. 3 findet entsprechende An­ wendung. (4) Die Vorschriften des Absatzes 3 gelten nicht für männliche jugendliche Arbeiter, die in Bäckereien und solchen Konditoreien, in 4) Das Verbot beschränkt sich nicht auf schwere Arbeiten, s. NG. zu dem entsprechenden früheren § 137 Ziff. 7. E. 48 S. 281. Materialien sind alle Stoffe u. Gegenstände, die beim Bau vorkommen, z. B. auch Bau­ gerüste u. Erbmassen. OLG. Breslau GA. 71 S. 391. 5) Vgl. § 17 Anm. 2. Zu § 17: 1) Vgl. auch Ges. über die Beschäftigung yor und nach der Niederkunft v. 16. Juli 27 (RGBl. I S. 184), geändert durch Ges. v. 29. Oktbr. 27 (RGBl. I S. 325).

780

B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

denen neben den Konditorwaren auch Bäckerwaren hergestellt werden, unmittelbar bei der Herstellung von Waren beschäftigt sind, es sei denn, daß eS sich um Betriebe handelt, die in regelmäßigen Tag- und Nachtschichten arbeiten. (6) In Betrieben, für welche die Vorschriften deS § 16 Abs. 1 gelten, dürfen Arbeiterinnen auch in den Fällen der 8 4 bis 11, 13 und 16 nicht länger als zehn Stunden, an den Tagen vor Sonn- und Festtagen nicht länger als acht Stunden täglich beschäftigt werden. Der i 16 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. (6) Durch Verordnung des Reichsarbeitsministers') können unter zeitlicher und, soweit erforderlich, räumlicher Begrenzung für An­ lagen, die mit ununterbrochenem Feuer betrieben werden oder die sonst durch die Art des Betriebes auf eine regelmäßige Tag- und Nachtarbeit angewiesen sind, und für Anlagen, deren Betrieb eine Einteilung in regelmäßige Arbeitsschichten von gleicher Dauer nicht gestattet oder seiner Natur nach auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist, in den Grenzen deS ersten Abschnitts dieser Verordnung Aus­ nahmen von den Vorschriften der Absätze 3 und 5 zugelassen werden. Hierbei darf die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit für Kinder sechsunddreißig Stunden, für jugendliche Arbeiter bis zu sechzehn Jahren sechzig, für Arbeiterinnen achtundfünfzig Stunden nicht überschreiten. Die Nachtarbeit darf in vierundzwanzig Stunden die Dauer von zehn Stunden nicht überschreiten und muß in jeder Schicht durch eine oder mehrere Pausen in der Gesamtdauer von mindestens einer Stunde unterbrochen sein. Die Tagschichten und die Nachtschichten müssen wöchentlich wechseln. (7) Durch Verordnung des Reichsarbeitsministers können, auch unter räumlicher Begrenzung, für bestimmte Arten von Werkstätten, in denen durch elementare Kraft bewegte Triebwerke verwendet werden (§ 16 Abs. 2), in den Grenzen des ersten Abschnitts dieser Verordnung Ausnahmen von den Vorschriften der Absätze 3 und 5 zugelassen werden?) (8) Durch Verordnung des Reichsarbeitsministers ^) können unter zeitlicher und, soweit erforderlich, räumlicher Begrenzung für Ge­ werbezweige, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Ärbeitsbedürfnis eintritt, in den Grenzen des ersten

Abschnitts dieser Verordnung Ausnahmen von den Vorschriften des Absatzes 6 mit der Maßgabe zugelassen werden, daß die tägliche 2) Vgl. Anm. 20 zu § 139a u. Sinnt. 6 zu § 120e GewO. (BIV 1). 3) Dgl. GewO. § 154 Anm. 87. 4) Die Vorschrift entspricht dem früheren § 139 Abs. 1 GewO. Darauf gestützte sowie neue BO. z. Zt. nicht in Kraft.

vVIS. ArbeitSzeitorbmmg § 18.

781

Arbeitszeit zwölf Stunden, an Sonnabenden acht Stunden nicht überschreitet. Die Erlaubnis zur Mehrarbeit darf für höchstens vierzehn Tage im Kalenderjahr erteilt werden; für mehr als vierzig, jedoch höchstens fünfzig Tage kann die Erlaubnis nur dann erteilt werden, wenn die Arbeitszeit so geregelt wird, daß ihre tägliche Dauer im Durchschnitt der Betriebstage des Jahres die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet. (9) Durch Verordnung des Reichsarbeitsministers») können unter zeitlicher und, soweit erforderlich, räumlicher Begrenzung für Arbeiterinnen über sechzehn Jahren in Gewerbezweigen, in denen die Ver­

richtung der Nachtarbeit zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen oder des Mißlingens von Arbeitserzeugnissen dringend erforderlich erscheint, in den Grenzen des ersten Abschnitts dieser Verordnung Ausnahmen von den Vorschriften des Absatzes 5 zugelassen werden.

§ 18. Mitgabe von Arbeit nach Hause. (1) In Betrieben, für welche die Vorschriften des $16 Abs. 1 gelten, darf jugendlichen Arbeitern bis zu sechzehn Jahren und Arbeiterinnen für die Tage, an denen sie in dem Betriebe über die gesetzlich zu­ lässige Arbeitszeit hindurch beschäftigt waren, Arbeit zur Verrich­ tung außerhalb des Betriebes weder vom Unternehmer selbst übertragen noch für Rechnung Dritter überwiesen werden. (2) Für die Tage, an denen die jugendlichen Arbeiter oder die Arbeiterinnen in dem Betriebe kürzere Zeit beschäftigt waren, ist diese Übertragung oder Überweisung nur in dem Umfange zulässig, in dem Durchschnittsarbeiter ihrer Art die Arbeit voraussichtlich in dem Betriebe während des Restes der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit würden herstellen können, und für Sonn- und Festtage überhaupt nicht. (3) Bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Ab­

satzes 2 kann die zuständige Polizeibehörde auf Antrag oder nach Anhörung des zuständigen Gewerbeaufsichtsbeamten im Wege der Verfügung für einzelne Betriebe die Übertragung oder Überweisung

solcher Arbeit entsprechend dem Absatz 2 beschränken oder von be­ sonderen Bedingungen abhängig machen. Vor Erlaß solcher Ver­ fügungen hat der Gewerbeaufsichtsbeamte den beteiligten Unternehmern und Arbeitern Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (4) Gegen die Verfügung nehmer binnen zwei Wochen waltungsbehörde zu. Gegen Wochen die Beschwerde an die

der Polizeibehörde steht dem Unterdie Beschwerde an die höhere Ver­ deren Entscheidung ist binnen vier oberste Landesbehörde zulässig; diese

entscheidet endgültig. 5) Früher § 139a GewO. z. Zt. keine DO. in Kraft.

782

B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

$ 19. Nachtarbeitsverbot. (1) In Betrieben, für welche die Vorschriften des § 16 Abs. 1 gelten, dürfen jugendliche Arbeiter bis zu sechzehn Jahren und Ar­ beiterinnen nicht in der Nachtzeit von acht Uhr abends bis sechs Uhr morgens, Arbeiterinnen, mit Ausnahme solcher in Badeanstalten, auch nicht an den Tagen vor Sonn- und Festtagen nach fünf Uhr nachmittags Beschäftigt1) werden. Der § 16 Abs. 3 und der § 17 Abs. 4 finden entsprechende Anwendung. (2) Arbeiterinnen über sechzehn Jahren dürfen in mehrschichtigen Bettieben bis zehn Uhr abends beschäftigt werden, wenn ihnen nach Beendigung der Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von min­ destens sechzehn Stunden gewährt wird. (3) Ausnahmen von den Vorschriften des Absatzes 1 für jugend­ liche Arbeiter können unter entsprechender Anwendung des § 17 Absätze 6 und 7, solche von den Vorschriften des Absatzes 1 für Ar­ beiterinnen unter entsprechender Anwendung des § 17 Absätze 6 bis 9 zugelassen werden.1) (4) Wenn die Natur des Betriebes oder Rücksichten auf die Arbeiter in einzelnen Anlagen es erwünscht erscheinen lassen, daß die Arbeitszeit der jugendlichen Arbeiter oder der Arbeiterinnen ab­ weichend von der Vorschrift des Absatzes 1 geregelt wird, so kann der Reichsarbeitsminister auf Anttag im Einzelsall eine anderweite Regelung gestatten. Jedoch gelten in diesen Fällen die Vorschriften des § 21 Abs. 2. Vor Erlaß einer solchen Verfügung ist den Arbeitern Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (5) Die nach § 9 zuständige Behörde kann die Beschäftigung von Arbeiterinnen über sechzehn Jahren, die kein Hauswesen zu besorgen haben und keine Fortbildungsschule besuchen, in Abweichung von der Vorschrift des Absatzes 1 an den Tagen vor Sonn- und Festtagen nach fünf Uhr nachmittags, jedoch nicht über acht Uhr abends hinaus, gestatten. Voraussetzung ist, daß die Beschäftigung nur mit Arbeiten stattfindet, die nach § 105c Abs. 1 Nr. 3 oder 4 der Gewerbeordnung nicht unter das Verbot der Sonntagsarbeit fallen, und daß die Ar­ beiterinnen am folgenden Sonn- oder Festtage arbeitsftei bleiben.

$ 20. Ununterbrochene Ruhezeiten. (1) Den Angestellten ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrocheneRuhezeit von mindestens elsStunden zu gewähren. Zu § 19: 1) Zur Beschäftigung gehört auch die Reinigung der Kontor­ räume in der Fabrik. E. 38 S. 381. Auch das AuSttagen der Sachen durch das Laufmädchen fällt hierunter. OLG. Celle GA. 53 S. 454. Vgl. aber Abs. 5 von § 19. 2) Vgl. I 17 Anm. 2.

B VI6. Arbeitszeitordnung § 21

783

(2) In Betrieben, für welche die Vorschriften-des § 16 Abs. 1 gelten, ist den jugendlichen Arbeitern bis zu sechzehn Jahren und den Arbeiterinnen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine un­ unterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren. Der § 16 Abs. 3 und der § 17 Abs. 4 und, soweit es sich um Arbeite­ rinnen über sechzehn Jahren handelt, der § 17 Absätze 8 und 9 finden entsprechende Anwendung. Jedoch darf bei Anwendung des § 17 Abs. 8 die ununterbrochene Ruhezeit, in der die Stunden zwischen zehn Uhr abends und fünf Uhr morgens liegen müssen, nicht weniger als zehn Stunden betragen und bei Anwendung des § 17 Abs. 9 die ununterbrochene Ruhezeit an höchstens sechzig Tagen im Kalender­ jahr bis auf achteinhalb Stunden täglich herabgesetzt werden. (3) In offenen Verkaufsstellen und den dazu gehörenden Schreib­ stuben (Kontoren) und Lagerräumen, auch soweit es sich um Ge­ schäftsbetriebe von Konsum- und anderen Vereinen handelt, ist den Sli&citetn1) nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens zehn Stunden zu gewahren. (4) Die Vorschrift des Absatzes 3 findet keine Anwendung 1. auf Arbeiten, die zur Verhütung des Verderbens von Waren unverzüglich vorgenommen werden müssen; 2. für die Aufnahme der gesetzlich vorgeschriebenen Inventur sowie bei Neueinrichtungen und Umzügen; 3. außerdem an jährlich höchstens dreißig von der Ortspolizei­ behörde allgemein oder für einzelne Geschäftszweige zu be­ stimmenden Tagen.

§ 21. Arbeitspausen. (1) Den Angestellten ist, sofern ihre tägliche Arbeitszeit mehr als sechs Stunden beträgt, innerhalb der Arbeitszeit eine mindestens halbstündige Pause zu gewähren. Liegt das Ende der Arbeitszeit nach vier Uhr nachmittags, so muß die Pause für die Angestellten, die ihre Hauptmahlzeit außerhalb des die Arbeitsstätte enthaltenden Gebäudes einnehmen, auf mindestens anderthalb Stunden verlängert werden. (2) Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern, die höchstens vier Stunden täglich beschäftigt werden, braucht keine Pause gewährt zu werden. Bei einer täglichen Beschäftigungszeit von mehr als vier, aber nicht mehr als sechs Stunden ist eine viertelstündige Pause/) Zu 8 20: 1) Hat entgegen früherem § 139c GewO, nur noch für Arbeiter Gültigkeit; für Angestellte s. § 20 Abs. 1. Zu 8 21: 1) Es genügt nicht, daß während der Pause keine Arbeit ver­ langt wird, es darf tatsächlich keine Arbeit erfolgen; bereits fahrlässiges Zu­ lassen von Arbeit macht strafbar. E 27 S. 139.

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B VI. ArbeitS- und Sozialrecht.

bei einer täglichen Beschäftigungszeit von mehr als sechs, aber nicht mehr als acht Stunden sind eine halbstündige oder zwei viertelstündige Pausen zu gewähren. Bei einer längeren Beschäftigungszeit ist den jugendlichen Arbeitern mindestens mittags eine einstündige sowie vor­ mittags und nachmittags je eine halbstündige Pause, den Arbeite­ rinnen eine mindestens einstündige Mittagspause zu gewähren. In den Fällen des § 19 Abs. 2 sind die Pausen aus die Dauer der Arbeits­ zeit anzurechnen. (3) Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Beschäftigung im Betriebe überhaupt nicht und der Aufenthalt in den Arbeitsräumen nur dann gestattet werden, wenn der Betrieb in den Teilen, in denen jugendliche Arbeiter beschäftigt sind, für die Zeit der Pausen völlig eingestellt wird oder wenn der Aufenthalt im Freien nicht tunlich oder andere geeignete Aufenthaltsräume ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten nicht beschafft werden können. (4) In Betrieben, für welche die Vorschriften des § 16 Abs. 1 gelten, sind Arbeiterinnen, die ein Hauswesen zu besorgen haben, auf ihren Anttag eine halbe Stunde vor der Mittagspause zu ent­ lassen, sofern diese nicht mindestens anderthalb Stunden bettägt. Der § 16 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. (5) In offenen Verkaufsstellen und den dazu gehörenden Schreib­ stuben lKontoren) und Lagerräumen, auch soweit es sich um Geschäftsbettiebe von Konsum- und anderen Vereinen handelt, ist den Arbeitern eine angemessene Mittagspause zu gewähren. Der Ab­ satz 1 Satz 2 und der § 20 Abs. 4 gelten entsprechend.

§ 22. Mehrarbeit wegen Arbeitshäufung. (1) In den Grenzen des ersten Abschnitts dieser Verordnung kann in Betrieben, für welche die Vorschriften des § 16 Abs. 1 gelten, wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit auf Anttag des Unter­ nehmers die nach $ 9 Abs. 1 zuständige Behörde auf die Dauer von zwei Wochen die Beschäftigung von Arbeiterinnen über sechzehn Jahren bis neun Uhr abends an den Wochentagen außer Sonnabend unter der Voraussetzung gestatten, daß die tägliche Arbeitszeit zwölf Stunden nicht überschreitet und die zu gewährende ununterbrochene Ruhezeit nicht weniger als zehn Stunden bettägt. Innerhalb eines Kalenderjahres darf die Erlaubnis einem Unternehmer für seinen Betrieb oder für eine Abteilung seines Bettiebes für mehr als vierzig Tage nicht erteilt werden. (2) Für eine zwei Wochen übersteigende Dauer und für mehr als vierzig Tage, jedoch nicht für mehr als fünfzig Tage im Jahre, kann die gleiche Erlaubnis nur dann ertellt werden, wenn die Arbeits-

785

B VI 6. Arbeitszeitordnung §§ 23 u. 24.

zeit für den Betrieb oder die betreffende Abteilung des Betriebes so geregelt wird, daß die tägliche Dauer im Durchschnitt der Betriebstage des Jahres die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1) nicht überschreitet.

§ 23. Mehrarbeit in außergewöhnlichen Fällen. In den Grenzen des ersten Abschnitts dieser Verordnung können in Betrieben, für welche die Vorschriften des § 16 Abs. 1 gelten, wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Betrieb einer Anlage unterbrochen haben oder einzutreten drohen, Ausnahmen von den Vorschriften des § 17 Absätze 3, 5, des § 19 Abs. 1, des § 20 Abs. 2 und des § 21 Abs. 3 auf die Dauer von vier Wochen durch die nach § 9 Abs. 1 zuständige Behörde, auf längere Zeit nur durch den Reichsarbeitsminister zugelassen werden. Vor Erlaß einer Verfügung ist den Arbeitern Gelegenheit zur Äußerung zu geben,

vrittrr Abschnitt.

Werktäglicher Ladenschluß.

§ 24. Offene Verkaufsstellen. (1) Von sieben Uhr abends bis sieben Uhr morgens müssen offene Verkaufsstellen/) auch solche von Konsum- und anderen Ver­ einen, jedoch mit Ausnahme der Apotheken, für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein?) Die beim Ladenschlüsse schon anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden. (2) Nach sieben Uhr abends, jedoch bis spätestens neun Uhr, dürfen Verkaufsstellen an jährlich höchstens zwanzig von der OrtsPolizeibehörde zu bestimmenden Tagen für den geschäftlichen Verkehr geöffnet sein. (3) Vor sieben Uhr morgens, jedoch nicht vor fünf Uhr, dürfen Lebensmittelgeschäfte nach näherer Besttmmung der Ortspolizei­ behörde geöffnet sein. (4) Die Ortspolizeibehörden haben vor der Genehmigung der Ausnahmen die Äußerung des zuständigen Aufsichtsbeamten (§ 29) einzuholen und diesem die erteilte Ausnahmegenehmigung in AbZu § 24: 1) Vgl. Anm. 80 zu $ 41a GewO. 2) Bezüglich des Ladenschlusses am 24. Dezbr. s. Ges. v. 13. Dezbr. 29 RGBl. I S. 219). — Ist ein Wirtschaftsbetrteb mit Kleinhandel verbunden, so muß letzterer während des Ladenschlusses ruhen. Bezüglich Rauchwaren­ verkauf nach Ladenschluß s. Anm. 4 zu § 27. Der sog. Gassenschank (Verkauf von Bier u. Wein über die Straße) ist als Ausfluß des SchankwtrtsgewerbeS, nicht als Kleinhandel anzusehen u. deshalb bei den Schankwirtschaftsbetrieben auch nach Ladenschluß zulässig,' in Preußen wird jedoch der Berkaus von Bier u. Wein in Flaschen nicht hierunter gefaßt, sondern als Kleinhandel nicht zugelassen (Erl. v. 16. März 31, MBliB. S. 255). Dalcke, Strafrecht.

30. Aufl.

50

786

B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

schrift mitzuteilen. Hält der Aufsichtsbeamte die Ausnahmegenehmigung für nicht vereinbar mit dem Schutze der Angestellten, so hat er unverzüglich die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde herbeizuführen. (5) Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 4 finden keine An­ wendung auf den Verkauf von Waren aus selbsttätigen Verkaufs­ einrichtungen (Warenautomaten), die von dem Inhaber einer zum dauernden Betrieb eingerichteten offenen Verkaufsstelle in räum­ lichem Zusammenhang mit dieser aufgestellt und in denen nur Waren feilgeboten werden, die auch in der offenen Verkaufsstelle selbst ge­ führt werden?) Die Wartung der Warenautomaten darf nur innerhalb der nach den Absätzen 1 bis 4 für den Verkauf aus offenen Verkaufs­ stellen an Werktagen allgemein zulässigen Zeit erfolgen. Der Reichsarbeitsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschafts­ minister Näheres bestimmen. $ 25. Sonstige Verkaufsstellen.

Während der Zeit, in der nach § 24 die Verkaufsstellen geschlossen sein müssen, ist das Feilbieten von Waren auf öffentlichen Wegen, Sttaßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne vor­ herige Bestellung von Haus zu Haus, im stehenden Gewerbebetriebe sowie im Gewerbebetriebe im Umherziehen (§ 42 b Abs. 1 Ziffer 1 und § 55 Abs. 1 Ziffer 1 der Gewerbeordnung) verboten. Aus­ nahmen können von der Ortspolizeibehörde zugelassen werden. Der Reichsarbeitsminister kann über die Voraussetzungen und Bedin­ gungen für die Zulassung von Ausnahmen Bestimmungen erlassen.

Vierter Abschnitt.

Aurchfiihrungsvorschriftrn:

J 26. Aushänge und Anzeigen. (1) Anfang und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen sind in allen Betrieben durch Aushang bekanntzumachen?) (2) Sollen in Bettieben, für welche die Vorschriften des § 16 Abs. 1 gelten, Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, so hat der Unternehmer vor dem Beginn der Beschäftigung der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen. In der Anzeige sind der Betrieb, die Wochentage, an denen die Beschäftigung stattfinden soll, Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen sowie die Art der Beschäftigung anzugeben. Eine Änderung hierin 3) Vgl. hierzu Ges. über den Verkauf von Waren aus Automaten v. 6. Juli 34 nebst AusfVO., s. unter B IV 9. Zu § 26: 1) Bereits durch § 68 Abs. 2 des Ges. z. Ordn. d. nat. Arbeit eingeführt.

B VI 6. Aröeltszeltordnung § 27.

787

darf, abgesehen von Verschiebungen, die durch Ersetzung behinderter Arbeiter für einzelne Schichten notwendig werden, nicht erfolgen, bevor der Behörde eine entsprechende weitere Anzeige gemacht ist. Der § 17 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung. (3) In jedem Betriebe, für den Absatz 2 gilt, hat der Unter­ nehmer dafür zu sorgen, daß in den Räumen, in denen jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, an einer in die Augen fallenden Stelle ein Verzeichnis der jugendlichen Arbeiter unter Angabe ihrer Ar­ beitstage sowie des Beginns und Endes ihrer Arbeitszeit und der Pausen ausgehängt ist. Ebenso hat er dafür zu sorgen, daß in den betreffenden Räumen eine Tafel ausgehängt ist, die in der von der obersten Landesbehörde zu bestimmenden Fassung und in deutlicher Schrift einen Auszug aus den Bestimmungen über die Beschäftigung der jugendlichen Arbeiter und der Arbeiterinnen enthält. (4) Ist eine Erlaubnis zur Beschäftigung von Arbeiterinnen an den Tagen vor Sonn- oder Festtagen gemäß $ 19 Abs. 5 erteilt, so ist eine Abschrift in den Raumen, in denen die Arbeiterinnen beschäftigt werden, an einer in die Augen fallenden Stelle auszuhängen.

§ 27. Strafvorschriften?) (1) Wer es unterläßt, den durch § 26 für ihn begründeten Ver­ pflichtungen nachzukommen, wird mit Geldstrafe bis zu einhundert­ fünfzig Reichsmark bestraft. (2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 3, den auf Grund des § 15 Abs. 2 oder des § 17 Abs. 3, 5, 6, 7 oder 8 erlassenen Be­ stimmungen^) oder den auf Grund des § 15 Abs. 2 oder 3, des § 18 Abs. 3, des $ 19 Abs. 4 oder 5, des § 22 Abs. 1 oder 2 oder des $ 23 endgültig erlassenen') Verfügungen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft. (3) Ein Unternehmer, der dem $ 16 Abs. 1, 2, 3 oder 6, dem § 17 Abs. 3 oder 5, dem § 18 Abs. 1 oder 2, dem § 19 Abs. 1, dem § 20 Abs. 2 oder 3 oder dem § 21 Abs. 3, 4 oder 6 oder den auf Grund des § 15 Abs. 2, des § 16 Äbs. 7 oder des § 17 Abs. 3, 5, 6, 7 oder 8

erlassenen Bestimmungen') insoweit zuwiderhandelt, als danach die Zu l 27:1) Zuwiderhandlungen gegen § 27, insbesondere Abs. 3 Sah 2 (Verstöße gegen die Regelung des Achtstundentages), können nur vom Unternehmer, nicht auch vom Arbeitnehmer begangen werden, vgl. Rohmer, Komm. 5 27 Anm. 1 Abs. 3. Der Arbeiter kann auch nicht auf den gesetzlichen Schutz verzichten und etwa freiwillig Mehrarbeit leisten; die Strafbarkeit des Unternehmers bleibt trotzdem bestehen, so auch OLG. Hamburg HRR. 1935 Nr. 1204. 2) Im Gegensatz zu §§ 146,147 GewO, sind hier unter „Bestimmungen" nur Verordnungen,- nicht Verfügungen zu verstehen. 3) D. h. rechtskräftig gewordenen, Amtl. Erläuterungen zu § 27.

788

B VI. SrbeitS- und Sozialrecht.

Verwendung der Arbeiter zu bestimmten Beschäftigungen untersagt, oder Arbeitszeit, Nachtruhe oder Pausen geregelt sind, wird mit Geldstrafe bestraft. In gleicher Weise wird ein Unternehmer bestraft, der unter Zuwiderhandlung gegen sonstige nicht in den Absätzen 1 bis 3 genannte Vorschriften dieser Verordnung oder auf Grund ihrer erlassenen Bestimmungen Personen beschäftigt oder Verkaufsstellen geöffnet hält.') (4) Wer wegen einer der im Absatz 3 unter Strafe gestellten Handlungen bestraft worden ist und darauf vorsätzlich abermals eine dieser Handlungen begeht,') wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (5) Die Vorschriften des $ 151 der Gewerbeordnung über die Verantworllichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines Betriebsteils oder zm Beaufsichtigung bestellten Personen finden entsprechende Anwendung.

$ 28. Zwangsmaßnahmen. Im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die auf Grund des § 15 Abs. 2, des § 16 Abs. 7 oder des § 17 Abs. 6 oder 8 erlassenen Bestimmungen oder gegen die auf Grund des § 15 Abs. 2 oder 3, des $ 18 Abs. 3, des § 19 Abs. 4 oder des $ 23 erlassenen Verfügungen*) kann die Polizeibehörde bis zur Herstellung des den Bestimmungen*) oder der Verfügung entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebes, soweit er durch die Bestimmungen oder die Verfügung gettoffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführen geeignet wäre.

§ 29. Arbeitsaufsicht und Behördenzuständigkeit. (1) Die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften dieser Verordnung und der auf Grund ihrer erlassenen Bestimmungen ob­ liegt ausschließlich oder neben den ordentlichen Polizeibehörden den Gewerbeaufsichtsbeamten (§ 139b der Gewerbeordnung). An die Stelle der Gewerbeaufsichtsbeamten treten bei bergbaulichen Be­ ttieben die Bergaufsichtsbeamten. Die Aufsicht hinsichtlich der An­ gestellten in Betrieben und Verwaltungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts steht den die allgemeine Dienstaufsicht ausübenden Behörden zu. (2) Hinsichtlich der Befugnisse und der Obliegenheiten der Auf-

4) Vgl. § 41a Gew.O. mit Anm. 6) Gleichgültig, welche Zeit seit der ersten Sttaftat verflossen ist. Zu § LS: 1) Rechtskraft der Verfügungen ist nicht erforderlich, Amtl. Erläuterungen zu § 28. 2) Dgl. r 27 Anm. 2.

B VI 6. Lrbeitszeitordnung §§ 30—32.

789

sichtsbeamten gelten die Vorschriften des § 139 b, hinsichtlich der Be­ hördenzuständigkeit die des $ 165 Abs. 2 der Gewerbeordnung ent­ sprechend. (3) Der Reichsarbeitsminister und die obersten Landesbehörden sind ermächtigt, die ihnen durch diese Verordnung überttagenen Be­ fugnisse auf eine andere Stelle zu übertragen. Für die im § 10 Abs. 1 genannten öffentlichen Betriebe und Verwaltungen steht die Aus­ übung der durch diese Verordnung dem Reichsarbeitsminister oder anderen Behörden überttagenen Befugnisse den diesen Bettieben oder Verwaltungen vorgesetzten Dienstbehörden zu, die Verordnungs­ befugnis jedoch nur, wenn es sich um oberste Reichs- oder LandeSbehörden handelt. z 80. Allgemeine Ausnahmebewilligungen.

Die obersten Landesbehörden sind befugt, nach Anhörung der Aufsichtsbeamten und Aufsichtsbehörden (§ 29 Abs. 1) widerruflich weitergehende Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung oder anderen Arbeitsschutzvorschriften, als die in den Vorschriften dieser Verordnung oder der anderen Gesetze vorgesehenen, abgesehen von Arbeitszeitverlängerungen, zu ertellen, wenn diese Ausnahmen im öffenllichen Interesse, insbesondere zur Bekämpfung der Arbeits­ losigkeit oder zur Sicherstellung der Volksernährung, dringend nötig werden. Abschriften der erteilten Genehmigungen sind dem Reichs­ arbeitsminister nach dessen näherer Bestimmung einzureichen.

§ 31. Ausführungsbestimmungen. Der Reichsarbeitsminister ist ermächtigt, Ausführungsbestimmungen zu dieser Verordnung zu erlassend) z 32. Aufrechterhaltung von Vorschriften.

Die in anderen Reichs- und Landesgesetzen enthaltenen Vor­ schriften und die auf Grund solcher Gesetze erlassenen Bestimmungen über den Schutz der Beschäftigten, insbesondere der Kinder, Jugend­ lichen und Frauen, bleiben unberührt. Auch sonstige gesetzliche Vor­ schriften finden im bisherigen Umfang soweit Anwendung, als sie nicht der Aröeitszeitordnung zuwiderlaufen. Zu § 31:1) BO. v. 11. Septbr. 34 (RGBl. IS. 828) bett, die Fleischerei­ betriebe. Verordnungen, die auf Grund der Verordnung über die Arbeitszeit in ihrer früheren Fassung oder auf Grund einer der gemäß Nr. 2 aus der Gewerbeordnung in die Arbeitszeitordnung übernommenen Vorschriften erlassen sind, bleiben in Kraft, solange sie nicht durch neue Ausführungs­ verordnungen geändert oder aufgehoben werden. (BO. über die neue Fassung der Arbettszeitordnung vom 26. Juli 34 (RGBl. I S. 803)). S. dazu Sinnt. 20 zu § 139 GewO, unter BIV 1.

790

B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

B VI7. Gesetz betr. Kinderarbeit in gewerblichen Setrieben. *) Born 30. März 1903, geändert durch Ges. v. 31. Juli 25. (RGBi. S. 113, I Z. 162).

I. Siuleiteutze vestimmuuge». § 1.

Auf die Beschäftigung von Kindern in Betrieben, welche

als gewerbliche im Sinne der Gewerbeordnung auzusehen sind,*l)2 finden neben den bestehenden reich-rechtlichen Vorschriften u) die folgerten Be­ stimmungen Anwendung, und zwar auf die Beschäftigung fremder

Kinder die §§ 4 bi- 11, auf die Beschäftigung eigener Kinder die 88 12 bi- 17. 8 2

(Kinder im Sinne diese- Gesetze-.)

Al- Kinder im Sinne diese-

Gesetze- gelten Knaben und Mädchen unter dreizehn Jahren sowie solche Knaben und Mädchen über dreizehn Jahre., welche noch zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind. ■)

8 3.

(Eigene, fremde Kinder.)

Im Sinne diese- Gesetze- gelten al-

eigene Kinder: 1. Kinder, die mit demjenigen, welcher sie beschäftigt, oder mit

dessen Ehegatten bi- zum dritten Grade verwandt sind,

2. Kinder, die von demjenigen, welcher sie beschäftigt, oder dessen Ehegatten an Kinde- Statt angenommen oder bevormundet sind, Kinder, die demjenigen, welcher sie zugleich mit Kindern der

unter 1 oder 2 bezeichneten Art beschäftigt, zur gesetzlichen

Zwangserziehung (Fürsorgeerziehung) überwiesen sind,

sofern die Kinder zu dem Hau-stande desjenigen gehören, welcher sie beschäftigt.

Kinder, welche hiernach nicht al- eigene Kinder anzusehen sind, gelten al- fremde Kinder.

Die Vorschriften über die Beschäftigung eigener Kinder gelten auch für ♦) Vgl. die zur Ausführung deS Ges. in Preußen erl. Anweisungen v. 3. Mai 26 (HMBl. S. 125) und v. 24. Juni 26 (HMBl. S. 170). DaS Ge­ setz tritt am 31. Dez 38 außer Kraft und wird ersetzt durch daS Jugendschutz­ gesetz v. 30. April 38, RGBl. I S. 437 (vgl. daselbst §§ 29, 30 Abs. 2). 1) DaS Gesetz bezieht sich also nicht auf die in der Landwittschaft und im Gesindedienst beschäftigten Kinder, wohl aber auf die in der Hausindusttie be­ schäftigten Kinder. 1 a) Dieses Ges. bietet also keine erschöpfende Regelung. Daneben gelten die besonderen Bestimmungen der AZO., Tit. VII der GewO, mit Ausnahme der £§ 105 b—i (die durch 8 9 dieses Ges. ersetzt find), die auf Grund der §§ 120 e, 139 GewO, erlassenen Vorschriften, § 13 HeimarbeitSGes. nebst den dazu bestehenden und auftecht erhaltenen BO., 8 7 Abs. 2 SeemannSO. v. 30. Mai 29 (RGBl. H S. 383. 2) Siehe 8 3 des Ges. unter E. 5.

B VI7. Ges. best. Kinderarbeit In gewerbl. Betrieben §§ 4 u. 5.

791

die Beschäftigung von Kindern, welche in der Wohnung oder Werkstätte einer Person, zu der sie in einem der im Abs. 1 bezeichneten Verhältviffe stehen und zu deren Hausstande sie gehören, für Dritte beschäftigt werden, n. § 4.

Beschäftigung fremder Kinder.

(Verbotene Beschäftigungsarten.)

Bet Bauten') aller Art, tat

Betriebe derjenigen Ziegeleien und über Tage betriebenen Brüche und Gruben, auf welche die Bestimmungen der §§ 134 bis 139 b der Ge­

werbeordnung keine Anwendung finden, und der in dem anliegenden Verzeichnis aufgeführten Werkstätten, sowie beim Stetnklopfen, tat Schornsteinsegergewerbe,

in dem mit dem Speditionsgeschäfte ver­

bundenen Fuhrwerksbetriebe, beim Mischen und Mahlen von Farben, beim Arbeiten in Kellereien') dürfen Kinder nicht beschäftigt werden. Der Bundesrat") ist ermächtigt, weitere ungeeignete Beschäftigungen

zu untersagen und daS Verzeichnis abzuänderu. °)

Die beschlossenen

Abänderungen sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage sofort oder, wenn derselbe nicht versammelt ist, bei

seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnisnahme vorzulegen.

§ 5.

(Beschäftigung im Betriebe von Werkstätten, im Handelsgewerbe und

in Berkehrsgewerben.)

Im Betriebe von Werkstätten (§ 18), in denen

die Beschäftigung von Kindern nicht nach § 4 verboten ist, im HandelSgewerbe (§ 105 b Abs. 2, 3 der Gewerbeordnung) und in Verkehrs­

gewerben (§ 105i Abs. 1 a. a. O.) dürfen Kinder unter zwölf') Jahren nicht beschäfttgt werden.?) 3) Unter Bauten aller Art sind nicht nur Hochbauten, sondern auch Tief-, Wege- und Eisenbahnbauten zu verstehen. Kindern ist jede Arbeit, die sich aus Instandhaltung oder Ausbesserung dieser Bauten bezieht, sowie jede Mitwirkung bei diesen Arbeiten verboten. (Mot.) 4) Unter Arbeiten in Kellereien sind nicht alle Kellerarbeiten zu verstehen. Es kommt hierbei auf die Lage und Umfang deS gewerblichen Raums an. So ist z. B. das Flaschenspülen der Kinder in Brauereien verboten, aber nicht kleine Dienste, zu denen ein Materialwarenhändler seine Kinder verwendet. Rohr­ scheid t, Anm. 6 zu diesem §. 4 a) Jetzt Reichsregierung. 5) Bek. v. 17. Dezbr. 03 (RGBl. S. 312 Nr. 3004) v. 11. Juli 04 (RGBl. S. 305 Nr. 3063) u. v. 1. Juli 07 (RGBl. S. 404). Durch letztere ist die Beschäftigung von Kindern bei der Reinigung von Dampfkesseln verboten. 6) Nach § 13 des Ges. über Heimarbeit v. 13. März 34 (RGBl. I S. 214) kann der Reichsarbeitsminister die Beschäftigung von eigenen oder ftemden Kindern von der Vollendung eines höheren Lebensalters abhängig machen oder ganz verbieten. 7) Als Beschäftigung gilt jede Tätigkeit, die zu einem gewerblichen Bettieb gehört und ein gewisses Maß von Arbeit verlangt. Celle v. 11. Mai 11, GA. 60 S. 145. Rein gelegentliche vorübergehende Dienste, die ein Kind zu seinem Vergnügen oder auS Gefälligkeit einem Gewerbegehilfen leistet, fallen nicht unter daS Gesetz. E. 41 S.^244. Regelmäßigkeit der Beschäftigung ist andererseits

792

B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

Die Beschäftigung von Kindern über zwölf Jahre darf nicht in der Zeit zwischen acht Uhr abend- und acht Uhr morgen- und nicht vor dem Vormittagsunterrichte stattfinden.

Sie darf nicht länger als

drei Stunden und während der von der zuständigen Behörde bestimm­

ten Schulferien nicht länger al- vier Stunden täglich dauern.

Um

Mittag ist den Kindern eine mindesten- zweistündige Pause zu ge­ Am Nachmittage darf die Beschäftigung erst eine Stunde

währen. ®)

nach beendetem Unterrichte beginnen?') § 6.

(Befestigung bei öffentlichen theatralischen Vorstellungen und anderen

öffentlichen Schaustellungen.) Bei öffentlichen theatralischen Vorstellungen und

anderen öffeuUicheu Schaustellungen dürfen Kinder nicht beschäftigt werden. Bei solchen Vorstellungen und Schaustellungen,®'') bet denen ein

höhere- Jutereffe der Kunst oder Wissenschaft®) obwaltet, kann die

untere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Schulaufsichtsbehörde

Ausnahmen zulaffeu. § 6 a. nahmen.)

(Befestigung bei öffentlichen und nichtöffentlichen Lichtfpielauf.

Zu Lichlspielaufnahmen dürfen Kinder nicht herangezogen

werden?') Die untere Verwaltungsbehörde kann bei Kindern über drei Jahre

im Eiuzelfall Au-nahmeu zulassen, wenn weder durch den Gegenstand der Aufnahme noch durch die Tätigkeit des Kinde- oder die Verhält-

niffe, unter denen die Aufnahme stattfindet, Schädigungen de- Kindes in sittlicher, geistiger oder gesundheitlicher Hinsicht oder eine Über­

reizung seiner Phantasie zu besorgen sind.

Vor Erteilung der Er­

laubnis soll die untere Verwaltungsbehörde das Jugendamt und, so­

weit es sich um schulpflichtige Kinder handelt, die Schulaufsichtsbehörde oder die von dieser bezeichnete Stelle anhören.

Die Erlaubnis ist an

Bedingungen zum Schutze der Gesundheit, der Sittlichkeit und, soweit es sich um schulpflichtige Kinder handelt, des unterrichtlichen Erfolges zu knüpfen. aber auch nicht erforderlich. Ob da- Kind eine Vergütung empfängt oder ob es die Arbeit als Vergnügen ansieht, ist unerheblich. KG. v. 6. Jan. 08, GewArch. Bd. 7 S. 533. 8) „Um Mittag" bedeutet nicht Punkt 12 Uhr. Die Pause kann früher, aber auch später beginnen. Siehe die Ausführungen beiRohrscheidt Anm. 4 Abs. 4 u. 5. 8 a) Satz 4 kommt nur bei geteiltem Schulunterricht in Frage. Kiel JurW. 59 S. 425. 8 b) Auf Muflkausführungen ist § 6 nicht zu beziehen. Stenglein Nebenges. Anm. 5. 9) Spezialitäten-, Akrobaten- und Artistenvorstellungen, sowie Zirkusauf­ führungen fallen nicht darunter. (Mot.) 9 a) Die Aufnahme darf ohne Erlaubnis (Abs. 2) auch nicht auf der Sttaße oder in Kindergärten erfolgen. Stenglein Nebenges. Anm. 1.

B VI 7. Ges. betr. Kinderarbeit In gewerbl. Betrieben §§ 7—9.

793

Bei Kindern bis zu drei Jahren sind Ausnahmen nur zulässig, wenn ein Interesse der Kunst oder Wissenschaft sie erforderlich macht

und nachweislich besondere Vorkehrungen zum Schutze der Gesundheit und

für

sachkundige Pflege

und

Beaufsichtigung

des

Kinde-

ge­

troffen sind.

§ 7.

(Beschäftigung im Beiriede von Gast- und von Schantwirtschaften.)

Im Betriebe von Gast- und von Schankwirtschasten dürfen Kinder

unter zwölf Jahren überhaupt nicht und Mädchen (§ 2) nicht bei der

Bedienung der Gäste beschäftigt werden.10)11 Im übrigen finden auf die Beschäftigung von Kindern über zwölf Jahre die Bestimmungen des

§ 5 Abs. 2 Anwendung. § 8. gängen.)

(Beschäftigung beim AuStragen von Waren und bei sonstigen Boten,

Auf die Beschäftigung von Kindern beim AuStragen von

Waren und bei sonstigen Botengängen") in den ht §§ 4 biS 7 bezeich­

neten und in anderen gewerblichen Betrieben finden die Bestimmungen

des § 5 entsprechende Anwendung. Für die ersten zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses GesetzeS

kann die untere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Schulauf­ sichtsbehörde für ihren Bezirk oder Teile desselben allgemein oder für

einzelne Gewerbszweige gestatten, daß die Beschäftigung von Kindern über zwölf Jahre bereits von sechseinhalb Uhr morgeuS an und vor dem Vormittagsunterrichte stattfindet; jedoch darf sie vor dem Vor­

mittagsunterrichte nicht länger als eine Stunde dauern. § 9.

(Sonntagsruhe.)

An Sonn- und Festtagen (§ 105 a Abs. 2

der Gewerbeordnung) dürfen Kinder, vorbehaltlich der Bestimmungen in Abs. 2, 3, nicht beschäftigt werden"»).

Für die öffentlichen theatralischen Vorstellungen und sonstigen öffentlichen Schaustellungen bewendet eS auch an Sonn- und Festtagen bet den Bestimmungen des § 6.

Für das AuStragen von Waren sowie für sonstige Botengänge bewendet es bei den Bestimmungen des § 8.

Jedoch darf an Sonn-

und Festtagen die Beschäftigung die Dauer von zwei Stunden nicht überschreiten und sich nicht über ein Uhr nachmittags erstrecken; auch 10) Die Beschäftigung von Kegeljungen ist auch dann verboten, wenn die Jungen nicht vom Schankwitt, sondern von einem Britten angenommen sind. E. 37 S. 213. Dresden v. 15. Juni 26, HöchstRR. 2 S. 339. 11) Dazu gehört auch schon die Entgegennahme etwaiger Aufttäge. Kiel JurW. 59 S. 425; aber nicht das Umherlaufen von Kindern zu Reklame­ zwecken (lebendes Plakat). Atenglein a. a. O. Anm. 2.

11a) Siehe allg. BeschästigungSverbot ftemder Kinder an Sonn- u. Fest­ tagen in § 136 GewO. Abs. 2 u. 3 von § 9 bieten Ausnahmen. Für Anwen­ dung der §§ 105b—105i GewO, insoweit kein Raum mehr, Rohmer, AZBO. § 9 Anm. 1.

darf sie nicht in der letzten halben Stunde vor Beginn des HauptgotteSdieusteS und nicht während desselben stattfiuden. § 10. (Anzeige.) Sollen Kinder beschäftigt werden, so hat der Arbeitgeber vor dem Beginne der Beschäftigung der Ortspolizcibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen. In der Anzeige sind die Betriebs­ stätte des Arbeitgebers sowie die Art des Betriebs anzugeben. Die Bestimmung des Abs. 1 findet keine Anwendung aus eine bloß gelegentlicheie) Beschäftigung mit einzelnen Dienstleistungen. § 11. (Arbeitskarte.) Die Beschäftigung eines Kindes ist nicht gestattet, wenn dem Arbeitgeber nicht zuvor für dasselbe eine Arbeits­ karte eingehändigt ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung aus eine bloß gelegentliche Beschäftigung mit einzelnen Dienstleistungen. Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters durch die Ortspolizeibehörde desjenigen Ortes, an welchem daS Kind zuletzt seinen dauernden Aufenthaltsort gehabt hat, kosten- und stempelftei ausgestellt; ist die Erklärung des gesetzlichen Vertreters nicht zu beschaffen, so kann die Gemeindebehörde die Zu­ stimmung ergänzen. Die Karlen haben den Namen, Tag und Jahr der Geburt des Kindes sowie den Namen, Stand und letzten Wohnort des gesetzlichen Vertreters zu enthalten. Der Arbeitgeber hat die Arbeitskarte zu verwahren, auf amtliches Verlangen vorzulegen und nach rechtmäßiger Lösung des Arbeitsverhältniffes dem gesetzlichen Vertreter wieder auszuhändigen. Ist die Wohnung des gesetzlichen Vertreters nicht zu ermitteln, so erfolgt die Aushändigung der Arbeitskarte an die im Abs. 2 bezeichnete Orts­ polizeibehörde. Die Bestimmungen des § 4 des Gewerbegerichtsgesetzes vom 29. September 1901 (Reichs-Gesetzbl. S. 353) über die Zuständigkeit der Gewerbegerichte für Streitigkeiten hinsichtlich der Arbeitsbücher finden entsprechende Anwendung "*). III. Beschäftigung eigener Kinder.

8 12. (Verbotene Beschäftigungsarten.) In Betrieben, in denen ge­ mäß den Bestimmungen des § 4 fremde Kinder nicht beschäftigt werden dürfen, sowie in Werkstätten, in welchen durch elementare Krast (Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elektrizität usw.) bewegte Trieb­ werke nicht bloß vorübergehend zur Verwendung kommen, ist auch die Beschäftigung eigener Kinder untersagt. 12) „Gelegentlich" bedeutet nicht regelmäßig wiederkehrend (KommBer. S. 27). Die Zeitdauer ist an sich ohne Bedeutung, vielmehr nur, ob die Be­ schäftigung für eine gewiffe bestimmbare, wenn auch kurze Zeit gedacht war. GA. 58 S. 475. 12 a) Jetzt ArbGerGes. § 2 Abs. 1 Nr. 1.

B VI 7. Ges. betr. Kinderarbeit in gewerbl. Betrieben §§ 13—15.

§ 13.

795

(Beschäftigung im Betriebe von Werkstätten, im Handel-gewerbe und

in Verkehr-gewerben.)

Im Betriebe von Werkstätten, in denen die Be­

schäftigung von Kindern nicht nach § 12 verboten ist, im Handels­ gewerbe und in Verkehrsgewerbeu dürfen eigene Kinder unter zehn

Jahren überhaupt nicht, eigene Kinder über zehn Jahre nicht in der Zett zwischen acht Uhr abends und acht Uhr morgens und nicht vor dem Vormittagsunterrichte beschäftigt werden.

Um Mittag ist den Kindern

eine mindestens zweistündige Pause zu gewähren. Am Nachmittage darf die Beschäftigung erst eine Stunde nach beendetem Unterrichte beginnen.

Eigene Kinder unter zwölf") Jahren dürfen in der Wohnung oder Werkstätte einer Person, zu der sie in einem der im § 3 Abs. 1 be­ zeichneten Verhältnisse stehen, für Dritte nicht beschäftigt werden.

An Sonn- und Festtagen dürfen auch eigene Kinder im Betriebe

von Werkstätten und im Handelsgewerbe fowie im Verkehrsgewerbe

nicht beschäftigt werden. § 14.

(Besondere Befugnisse deS Bundesrats.)

Der BundeSrat4e) ist er­

mächtigt, für die ersten zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Ge­ setzes für einzelne Arten der im § 12 bezeichneten Werkstätten, in denen

durch elementare Kraft bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend zur Verwendung kommen, und der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Werkstätten

Ausnahmen von den daselbst vorgesehenen Bestimmungen zuzulaffen. Nach Ablauf dieser Zeit kann der Bundesrat für einzelne Arten

der im § 12 bezeichneten Werkstätten mit Motorbetrieb die Beschäfti­ gung eigener Kinder nach Maßgabe der'Bestimmungen im § 13 Abs. 1

unter der Bedingung gestatten, daß die Kinder nicht an den durch die Triebkraft bewegten Maschinen beschäftigt werden dürfen.

Auch kann

der Bundesrat für einzelne Arten der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Werkstätten Ausnahmen von dem Verbote der Beschäftigung von Kin­

dern unter zehn Jahren zulassen, sofern die Kinder mit besonders

leichten und ihrem Alter angemessenen Arbeiten beschäftigt werden; die Beschäftigung darf nicht in der Zeit zwischen acht Uhr abends und acht Uhr morgens stattfiuden; um Mittag ist den Kindern eine min­

desten- zweistündige Pause zu gewähren, am Nachmittage darf die

Beschäftigung erst eine Stunde nach beendetem Unterrichte beginnen. Die Ausnahmebestimmungen können allgemein oder für einzelne Be­ zirke erlassen werden. § 15.

(Beschäftigung bei öffentlichen theatralischen Borstellungen und anderen

öffentlichen Schaustellungen.)

Auf die Beschäftigung eigener Kinder bet

öffentlichen theatralischen Vorstellungen und anderen öffentlichen Schau­

stellungen finden die Bestimmungen des § 6 Anwendung. 13) Siehe Anm. 6.

796

B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

§ 15 Ä.

(Beschäftigung

bei öffentlichen und nichtöffentlichen Lichtspielauf.

Auf die Heranziehung eigener Kinder zu Lichtspielaufnahmen

nahmen.)

finden die Bestimmungen des § 6 » Anwendung.

§ 16.

(Beschäftigung im Betriebe von Gast- und von Schankwirtschaften.)

Im Betriebe von Gast- und von Schankwirtschaften dürfen Kinder

unter zwölf Jahren überhaupt nicht, und Mädchen (§ 2) nicht bei der Bedienung der Gäste beschäftigt werden.

Die untere Verwaltungs­

behörde ist befugt, nach Anhörung der Schulaufsichtsbehörde in Orten,

welche nach der jeweilig letzten Volkszählung weniger als zwanzig­

tausend Einwohner haben, für Betriebe, in welchen in der Regel aus­ schließlich zur Familie de- Arbeitgebers gehörige Personen beschäftigt

werden, Ausnahmen zuzulaffeu.

Im übrigen finden auf die Beschäf­

tigung von eigenen Kindern die Bestimmungen des § 13 Abs. 1 An­ wendung.

§ 17. gängen.)

(Beschäftigung beim AuStragen von Waren und bei sonstigen Boten,

Auf die Beschäftigung beim AuStrageu von Zeitungen, Milch

und Backwaren finden die Bestimmungen im § 8, § 9 Abs. 3 dann

Anwendung, wenn die Kinder für Dritte w) beschäftigt werden.

Im übrigen ist die Beschäftigung von eigenen Kindern beim Austragen von Waren und bei sonstigen Botengängenl

798

B VL Arbeits- und Sozialrecht.

2. wer den auf Grund des § 20 hinsichtlich der Beschäftigung ftemder Kinder endgültig ergangenen Verfügungen zuwiderhandelt.

Im Falle gewohnheitsmäßigerie) Zuwiderhandlung kann auf Haft

erkannt werden. ER.

§ 25.

Mit Geldstrafe bis zu eiuhundertfünfzig Reichsmark wird

bestraft:

1. wer den §§ 12 biS 16, § 17 Abs. 1 zuwiderhaudelt; 2. wer den auf Grund deS § 20 hinsichtlich der Beschäftigung

eigener Kinder endgültig ergangenen Verfügungen oder den

auf Grund deS § 17 Abs. 2 erlassenen Vorschriften zuwider­ handelt. Im Falle gewohnheitsmäßiger Zuwiderhandlung kann auf Hast

erkannt werden. er.

§ 26. Mit Geldstrafe bis zu einhuudertfünszig Reichsmark werden Arbeitgeber bestraft, welche es unterlassen, den durch § 10 für sie begründeten Verpflichtungen nachzukommen.

§ 27.

Mit Geldstrafe bis zu einhuudertfünszig Reichsmark wird

bestraft:

1. wer entgegen der Bestimmung des § 11 Abs. 1 ein Kind in Beschäftigung nimmt oder behält;

2. wer der Bestimmung des § 11 Abs. 3 in Ansehung der Arbeits­ karten zuwiderhandelt. § 28.

Die Strafverfolgung der im § 24 bezeichneten Vergehen

verjährt binnen drei Monaten. § 29.

Die Bestimmungen deS § 151 der Gewerbeordnung finden

Anwendung.

VI. Schlrrtzbeftimmrrngen. § 30.

Die vorstehenden

Bestimmungen stehen weitergehenden

landesrechtltchen Beschränkungen der Beschäftigung von Kindern in gewerblichen Betrieben nicht entgegen. KG. v. 2. März 96, Johow 18 S. 320. Nicht gibt Beschäftigung, wer sie verbietet oder verhindert. Siehe Sinnt. 83 a ju B IV 1 § 105 b. 19) Auch bei fahrlässiger Verletzung der §§ 23, 24 kann Gewohnheits­ mäßigkeit angenommen werden. Jena DIZ. 10 S. 79.

B VI8. 1. DurchfBO. zum Ges. über die Einführung eines Arbeitsbuchs.

799

B VI8.1. Durchführungsverordnung znm Gesetz «der die Einführung eines Arbeitsbuchs. Vom 26. Februar 1935 «RGBl. I S. 311); vom 16. Mai 1935 «RGBl. I S. 602)1).

(Auszug.)

§ 16. Mit Gefängnis bis zu einem Jahr wird bestraft, sofern nicht nach anderen Strafgesetzen eine schwerere Strafe verwirkt ist:. 1. wer wissentlich von einem für einen anderen ausgestellten Arbeitsbuch, als ob es für ihn ausgestellt wäre, Gebrauch macht, 2. wer ein für ihn ausgestelltes Arbeitsbuch einem anderen zum Gebrauch überläßt, 3. wer unbefugt mehrere Arbeitsbücher sich ausstellen läßt oder führt.

Schoff.

§ 17. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft, sofern nicht nach anderen Strafgesetzen eine schwerere Strafe verwirkt ist: 1. wer die vom Arbeitsamt verlangten Angaben über seine Person und sein Berufsleben (§ 3) unrichtig oder unvollständig macht, 2. wer als Unternehmer unrichtige Eintragungen in das Arbeits­ buch macht oder es unterläßt, unverzüglich die vorgeschriebenen Eintragungen in das Arbeitsbuch zu machen oder die vor­ geschriebenen Anzeigen an das Arbeitsamt zu erstatten (§ 4 Abs. 3, § 6), 3. wer als Unternehmer das Arbeitsbuch oder Eintragungen in das Arbeitsbuch mit unzulässigen Merkmalen versieht (§ 7), 4. wer als Unternehmer das Arbeitsbuch dem Arbeiter oder An­ gestellten unbefugt vorenthält, 5. wer unbefugt Eintragungen in das Arbeitsbuch macht, 6. wer vorsätzlich ein für ihn ausgestelltes Arbeitsbuch beseitigt oder unbrauchbar macht. 1) Die auf Grund dieses Gesetzes ausgestellten Arbeitsbücher fallen nicht unter § 363 StGB. (vgl. dort Anm. 86a).

ER.

800

B VII. Steuerrecht.

vn. Steurrrecht. B VII1. Vorschriften der Veichsabgabenordnung über Strafrecht unb Strafverfahren. Dom 13. Dezember 1919. (RGBl. S. 1993.)

In der Fassung der BO. v. 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161).

Erker Abschnitt. Strafrechts) § 391 (355).

DaS Strafgesetzbuch gilt, soweit die Steuergesetze

nichts Abweichende- vorschreibeu.

§ 392 (356).

Steuerzuwiderhandlungen im Sinne dieses Gesetzes

sind strafbare Verletzungen'») von Pflichten, die die Steuergesetze') im Interesse der Besteuerung auferlegen.

Als Steuerzuwiderhandlung gilt auch eine dem Täter oder Teil­

nehmer gewährte Begünstigung.

§ 393 (357).

Wenn in Betrieben von juristischen Personen oder

Personenvereinigungeu

Steuerzuwiderhandlungen

begangen

werden,

kann da, wo daS Gesetz die Strafe für verwirkt erklärt, ohne daß ein VerschuLen einer natürlichen Person festgestellt zu werden braucht, die Geldstrafe gegen die juristische Person oder Personenvereinigung selber

erkannt und diese in die Kosten des Strafverfahrens verurteilt werden?) § 394 (357 a). Mit Genehmigung deS Finanzamts können Betriebs­

inhaber, die den Betrieb nicht selbst leiten, für die Verbrauchssteuern die strafrechtliche Verantwortlichkeit auf den Betriebsleiter (§ 190)3 1»)2 übertragen. Durch die Übertragung wird die im § 416 vorgesehene 1) Der Anwendungsbereich der RAbgO. ergibt sich aus den §§ 1—8». Er erstreckt sich neuerdingS nach Art. III des Wandergewerbesteuerges. v. 10. Dezbr. 37 (RGBl. I S. 1349) auf oie Wandergewervesteuer. — Für LandeSabgaben und andere ösfentl.-rechtl. Abgaben Preußens gelten nicht die sachlichen Vor­ schriften deS Steuerstrafrechts der RAbgO. RG. JurW. 1937, 1349. la) Darunter fällt Bruch deS Steuergeheimnisses. E. 65 S. 47; ferner die Anstiftung zur Verletzung deS Steuergeheimnisses. E. 71, 74. 2) Nicht unter den § fallen Vorschriften nahrungsmittelpolizeilicher Natur, auch wenn sie in einem Steuergesetz enthalten sind. Rüde-Mühe-Hauser, RAbgO. Sinnt. 1. 3) Der § findet in erster Linie Anwendung aus Ordnungsstrafen aus § 377, die ein Verschulden nicht vorauSsetzen. Ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit deS Vertreters nachweisbar, so ist dieser zu bestrafen. Seine strafrechtliche Verant­ wortlichkeit ist durch § 357 nicht ausgeschlossen öder eingeschränkt. Die juristische Person haftet auS § 381. E. 61 S. 92 (97). 3 a) §190. Inhaber von Betrieben oder Unternehmen, die der Steueraufsich unterliegen, haben die Verpflichtungen, die ihnen gegenüber der Steuerver­ waltung obliegen, selbst zu erfüllen oder, wenn sie den Betrieb oder daS Unter-

B VH 1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 395 u. 396. Haftung des Betriebsinhabers nicht berührt.

801

Das Finanzamt kann

die Genehmigung jederzeit widerrufen.

§ 395 (358). (1) Straffrei bleibt, wer in unverschuldetem Irrtum,b) über das Bestehen oder die Anwendbarkeit steuerrechtlicher Vorschriften4*)*5 *6 die Tat für erlaubt gehalten hat. (2) ♦*) Wer aus Mangel an der Sorgfalt, zu der er nach den Um­

ständen verpflichtet und nach feinen persönlichen Verhältnissen fähig war, die Tat für erlaubt gehalten hat, wird wegen Fahrlässigkeit bestraft. § 396 (359). Wer zum eigenen Vorteil4 b) oder zum Vorteil eines anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erschleichtö) oder vorsätzlich4) nehmen nicht selbst leiten, hierfür einen geeigneten Betriebsleiter zu bestellen. Die Bestellung eines Betriebsleiters ist dem Finanzamt anzuzeigen. 3 b) In u. I. befindet sich nicht der Kaufmann oder Gewerbetreibende, der eS unterlassen hat, sich über die bestehenden Vorschriften auf dem des. Gebiete, auf dem er sich betätigt, zu unterrichten. E. 53 S. 4. § 395 schließt nicht aus und ersetzt nicht den § 59 StGB. Karlsruhe JurR. 1 Nr. 464; Dresden JurW. 62 S. 343; vielmehr kommt er erst in Frage, wenn § 59 nicht schon vorliegt. E. 61 S. 238. JurW. 60 S. 2305. Z. B. darüber, von welchem Betrag ab das Vermögen der Steuer unterworfen ist. JurW. 62 S. 2008. Ein I. i.S. deS § 59 ist der über steuerrechtl. Vorschriften, die sich nicht als solche des Steuer­ strafrechts darftellen. E. 64 S 25. JurW. 60 S. 2303; ferner der über den Umfang der Lohnsteuerabzugspflicht und ihr Verhältnis zur Vorauszahlungs­ pflicht auf die Einkommensteuer. JurR. 3 Nr. 1084; auch dann, wenn der Steuerpflichtige unverschuldet annimmt, nicht vermögenssteuerpflichtig zu sein. Recht 31 Nr. 2099. Der Nachweis dafür, daß der Täter sein Verhalten infolgeu. I. für erlaubt gehalten hat, muß geführt sein. JurW. 63 S. 2155. Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 395 ist die Ordnungsstrafe aus § 413 ausgeschloffen. Recht 30 Nr. 992. 4) Hierzu gehören auch die Vorschriften des Steuerstrafrechts. E. 69 S. 195 (200). 4 a) Beruht auf Z 21 deS SteueranpaffungSges. v. 16.Oktbr. 34 (RGBl. I S. 925). 4 b) Z. e. V. ist bereits dann gegeben, wenn für den Fall der NichtauSführung der Tat ein Ausfall entstehen würde. RG. JurW. 1936 S. 3200 Anm. 5) Erschleichen setzt voraus, daß der Steuerpflichtige durch trügerische Machenschaften einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erstrebt. E. 60 S. 97 u. 182. JurW. 57 S. 966. Gleichzeitige Bestrafung auS § 263 StGB, nur, wenn auch andere Vorteile (Lohnvorteile) erstrebt werden. E. 60 S. 161, nicht bei Monopolhinterztehung. E. 63 S. 139.

6) Dolus eventualis genügt. Erforderlich ist das Bewußtsein der Tat­ sachen, die das Verhalten des Täters als steuerwidrig kennzeichnen. KG. JurR. 3 Nr. 995. E. 61 S. 186; das Bewußtsein, daß Steuern geschuldet sind. JurW. 57 S. 967; die Vorstellung, für ihre Entrichtung haftbar zu fein. E. 62 S. 322 (328). JurW. 60 S. 313. Der Wille, die Steuerbeträge dem Reiche endgültig vorzuenthalten, gehört nicht zum Hinterziehungsvorsatz. JurW. 1936 S. 515. Die Vermutungstatbestände der Verbrauchssteuergesetze sind nur anwend­ bar, soweit der Vorsatz nicht festgestellt werden kann. RG. JurW. 1937 S. 2401. Dalcke, Strafrecht. 30. Aufl.

61

Schoss,

802

B VII. Steuerrecht.

bewirkt, *) daß Steuereinnahmen verkürzt8) werden, wird wegen Steuer­ hinterziehung8) mit Geldstrafe bestraft. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt. Bei Zöllen und Verbrauchsabgaben 8 B) ist die Geldstrafe mindestens aus das Vierfache des hinterzogenen Betrags zu bemessen, falls der Betrag der Steuerverkürzung oder des Steuervorteils fest7) Wer die Steuererklärung nicht rechtzeitig abgibt, ist nicht wegen Steuer­ hinterziehung strafbar. KG. JurR. 2 Nr. 215. Überhaupt ist ein rein negatives

Verhalten keine Hinterziehungshandlung. (5.60 S. 184. JurW. 62 S. 336. Hin­ zutreten muß eine Steuerunehrlichkeit, insbesondere ein Verschweigen der Steuer­ pflichtigkeit. E. 61 ©.84u. 188. 6.71,216. Täuschung der Steuerbehörde ist zur Vollendung der Steuerhinterziehung nicht nötig. E. 59 S. 90. Auch die absicht­ liche Unterlassung der vorgeschriebenen Steuererklärung kann genügen. Becker, RAbgO. 7. Aufl. Anm. 2 S. 928. Rechtspflicht zur Abgabe der Steuererklärg., auch wenn durch sie frühere Steuerhinterziehungen aufgedeckt werden. HRR. 1935 Nr. 643. Steuerhinterziehung kann auch durch Unterlassung der Ab­ führung der als Steuerabzug vom Arbeitslohn einbehaltenen Beträge an die Finanzkasse begangen werden. JurW. 60 S. 313. HRR. 1935 Nr. 96. Reichen die vorhandenen Mittel zur Zahlung deS vollen Lohnes nicht aus, so muß der Lohn entsprechend gekürzt werden und von dem herabgesetzten Betrag die diesem entsprechende Steuer abgezogen und an die Steuerbehörde abge­ führt werden. JurW. 61 S. 417. Einkommensteuerhinterziehung durch buch­ mäßige Verschleierung des Eingangs einer Brandentschädignngssumme. JurW. 1934 S. 2341. Der Drittschuldner, der den ihm vom Finanzamt zuge­ stellten Pfändungs- u. Überweisungsbeschl. nicht befolgt, kann sich der versuchten Steuerhinterziehung schuldig machen. E. 62 S. 329. Ein Betriebsinhaber, der weiß, daß sein mit der Erledigung der Steueranqelegenheiten Beauftragter eine Steuerverkürzung bewirkt, diese seiner Rechtspflicht zuwider nicht verhindert, ist nach § 396 strafbar. GA. 75 S. 89. Zur Mittäterschaft gehört keineswegs, daß der Mittäter bei Abgabe der Umsatzsteuererklärung mitgewirkt hat. Doch ist der Steuerberaier nicht mit­ schuldig, der die Beratung fortsetzt. E. 68 S. 411. Vgl. Anm. 14. 8) Vermögensbeschädigung im Sinne des § 263 StGB, gehört nicht zum Begriff der Verkürzung. JurR. 2 Nr. 1324. Eine Verkürzung kann auch dadurch bewirkt werden, daß infolge schuld­ hafter Unterlassung der gebotenen Offenbarungspflicht steuerrechtl. erheblicher Tatsachen die Steuerbehörde in Unkenntnis von dem Steuerschuldner oder der Steuerschuld erhalten wird, so daß dadurch die rechtzeitige Veranlagung vereitelt wird. E. 60 S. 307 (309). Naumburg HRR. 1929 Nr. 1810 Steuerverkür­ zung ist auch wahrheitswidrige Angabe von Nebenverdiensten. JurW. 62 S. 336. Steuerhinterziehung kann auch noch im Beitreibungsoerfahren tnsbes. durch Erschleichen der Freigabe von Pfandstücken und Hinauszögerung der Beitreibung begangen werden. RG. Jur W. 1937 S. 171. Keine Hinterziehung, wenn die Verkürzung gewaltsam herbeigeführt wird. E. 70 S. 10. 9) Auch bei Kirchensteuerhinterziehung findet die RAbgO. Anwendung, siehe Anm. 33 a; jedoch nicht bet Haüszinssteuerhinterz., soweit sie durch Er­ schleichung von Stundungen begangen werden. E. 69 S. 220. — Kein Fort­ setzungszusammenhang bei Einkommen- u. Vermögenssteuerhinterziehung. E. 59 S. 262 JurW. 1935 S. 954; 1936 S. 1678. 9 a) Materialsteuer. JurW. 60 S. 2307.

B VII1. Vorschriften der ReichSabgaLenordnung § 396.

803

gestellt werden Iann.9b) Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu zwei Jahren erkannt werden.

Der Steuerhinterziehung macht sich auch schuldig, wer Sachen, für die ihm (Steuerbefreiung oder Steuervorteile gewährt sind, zu einem Zwecke verwendet, der der Steuerbefreiung oder dem Steuer­ vorteile, die er erlangt hat, nicht entspricht, und es zum eigenen Vor­

teil oder zum Vorteil eines anderen vorsätzlich unterläßt, dies dem Finanzamt vorher rechtzeitig anzuzeigen. Es genügt, daß infolge der Tat ein geringerer Steuerbetrag fest­ gesetzt oder ein Steuervorteil zu Unrecht gewährt oder belassen ist; ob der Betrag, der sonst festgesetzt wäre, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden müssen oder der Vorteil aus anderen Gründen hätte

beansprucht werden können, ist für die Bestrafung ohne Bedeutung.9 bb) Eine Steuerumgehung9 e) ist nur dann als Steuerhinterziehung strafbar, wenn die Verkürzung der Steuereinnahmen oder die Erzielung der ungerechtfertigten Steuervorteile dadurch bewirkt wird, daß der Täter vorsätzlich Pflichten verletzt, die ihm tm Interesse der Ermitt­

lung einer Steuerpflicht obliegen. Die Vorschriften der Zoll- und Verbrauchsabgabengesetze, nach denen eine Bestrafung wegen Steuerhinterziehung eintritt, ohne daß der Vorsatz der Hinterziehung sestgestellt zu werden braucht, bleiben

unberührt. Aus Gefängnis darf jedoch nur erkannt werden, wenn der Vorsatz der Hinterziehung festgestellt wird. Steuerhinterziehung kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.9*) 9 b) Siehe Ads. 6 dieses § und VZG. unter B VII 2. 9 bb) Hiernach darf sich kein Steueipfl. nachträglich darauf berufen, der Wert des verschwiegenen VermögenLstücks werde durch nicht gemachte, aber zulässig gewesene Abschreibungen ans der Echuldseite wieder ausgeglichen. E. 70 S. 3. 9 c) tz 6 des Steueranpassungsges. v. 1 6. O k t b r. 34 (R G B l. I S. 9 2 5). (1) Durch Mißbrauch von Formen und Gestaltunaomöglichkeiien deS bürgerlichen Rechtes kann die Sleuerpflicht nicht umgangen oder gemindert werden. (2) Liegt ein Mißbrauch vor, so sind die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschanlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältniffen angemesienen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. (3) Steuern, die auf Grund der für unwirksam zu erachtenden Maßnahmen etwa entrichtet worden sind, werden auf den Betrag, der nach Absatz 2 zu ent­ richten ist, unb auf andere Rückstände des Steuerpflichtigen angerechnet und, so­ weit eine solche Anrechnung nicht möglich ist, erstattet. Nach Ablauf deS Jahrs, das auf die enbaültige Feststellung der Unwirksamkeit folgt, kann der Steuer­ pflichtige die Anrechnung oder Erstattung nicht mehr verlangen. 9d) Fassung beruht auf VO. d. RP. v. 18. März 33 (RGBl. I S. 109—112—).

804

B VII. Steuerrecht.

8 397 (3M. Der Versuch10) der Steuerhinterziehung ist strafbar. Die für die vollendete Tat angedrohte Strafe gilt auch für den Versuch; Geldstrafen die auf ein Vielfaches des hinterzogenen Betrags zu bestimmen sind, sind nach der Steuerverkürzung oder dem Steuer­ vorteile zu bemessen, die bei der Vollendung der Tat eingetreteu wären. Ausländer, die sich an dem Schmuggel ins Inland vorsätzl. derart betelligen, daß sie die Ware an die Grenze schaffen, ohne diese zu über­ schreiten, sind Mittäter oder Gehilfen (RFM. bei Kautz, Handbuch derReichszollverwaltg. Bd. 2 a S. 219). Die Zollhinterz, ist nicht mit der Überschreitung der Zollgrenze vollendet und abgeschlossen, vielmehr gehören dazu auch solche Handlungen, die, der Überschreitung der Grenze zeitlich nachfolgend, dazu dienen sollen, die Ware der nachträgl. von der Zollstelle aus oder sonst im Inland versuchten Verzollung und der Zollbeschlagnahme zu entziehen und sie in Sicherheit zu bringen. RGSt. 48 S. 104 (107); 52, S. 23 (26), 55 S. 137 (140), 67 S. 356. — Vgl. Anm. 1 zu § 134 VZG. unter B VII 2. — Bei geflissentl. Falschwiegen ist sie erst beendet, nachdem die Zollabfertigung auf Grund des falschen Verwiegens abgeschlossen und die Ware zum freien Jnlandsverkehr zugelassen ist. (Alsdann ist keine strafbare Tellnahme mehr möglich). RG. bei Kautz ebenda; ebenso bei falschen Erklärungen zu Täuschungszwecken RG. 23. Febr. 11, Zeitschr. f. Zollr. 1911 S. 152. In der Empfangnahme falsch deklarierter, aber zollfrei gelassener Ware am Bestimmungsort liegt keine Betelligung an der Zollhinterziehung mehr. RG. 3. Dezbr. 01 Zeitschr. f. Zollr. 1902 S. 28. Der Begriff der Hinterziehung erfordert nicht die persönl. Zahlungs­ pflicht des Täters. RGSt. 67 S. 356. Wer den Zoll für einen Teil einer Sendung hinterzieht, macht sich der Hinterziehung bez. der ganzen Sendung schuldig und hat die Einziehung der ganzen Sendung verwirkt. RG. 22. Dezbr. 05, Zeitschr. f. Zollr. 1906 S. 190. Vgl. auch RGSt. 54, S. 116. Bei unter­ lassener Vorführung der Ware wird die Strafe nicht nach dem Vertrag, son­ dern nach dem autonomen Satz berechnet. RGSt. 65 S. 310. Der Beihilfe zum Schmuggeln kann sich ein Schiffsoffizier durch Dulden des von der Schiffsmannschaft begangenen Schmuggels schuldig machen. E. 71 S. 176. Tateinheit besteht zwischen Zollhinterziehung und Paßvergehen. RG. bei Kautz ebenda; zwischen Bandenzollhinterziehung (§ 146 VZG.) und Urkundenfälschung. RG.RZBl. 1934 S. 632 und Devisenvergehen. HRR.1936 Nr. 1408. Schmuggel (Zollhinterziehung) und die Zahlung der Schmuggel­ waren (Devisenvergehen) sind gewöhnlich getrennte Handlungen, die sich zu keinem Telle decken. Ausnahmsweise können sie in natürlicher Handlungs­ einheit oder in Tateinheit verbunden sein. Bei solchen Fortsetzungstaten ist aus besonderem Grunde tateinheitliches Zusammentreffen möglich. Vorteilsbeihllfe und einfache Beihilfe können in Fortsetzungszusammenhang stehen. RG. HRN. 1937 Nr. 493. 10) Versuch kann begangen werden durch Vorlegung eines den Kaufpreis zu niedrig angebenden Grundstückskaufvertrages behufs Berechnung der Grund­ erwerbssteuer durch die Steuerbehörde. E. 56 S. 316. E. 58 S. 54. E. 62 S. 362. Das gilt aber nicht ohne weiteres von dem Abschluß eines derartigen Vertrages u. von seiner gerichtl. oder notariellen Beurkundung. LZ. 19 S. 47. Wer in der irrigen Meinung, steuerpflichtig zu sein, die vermeintlich geschuldete Steuer zu hinterziehen versucht, begeht ein strafloses Wahnverbrechen. JurW. 60 ©. 317. Das Bestehen eines Steueranspruchs wird nicht vorausgesetzt. JurW. 59 S. 2303.

B VII1. Vorschriften der ReichSabgabenordmmg §§ 398—401.

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Wer in dem Bewußtsein, daß infolge seines Verhalten- eine Ver­

kürzung von Einnahmen an Vermögenssteuer oder Realsteuer10 a) eintreten kann, es unternimmt, die mit der Wertermittlung befaßten Behörden irrezusühren, wird bestraft, wie wenn er den Versuch einer Steuerhinterziehung begangen hätte. § 398 (361). Die Strafe für die Tat gilt auch für eine Beihilfe oder Begünstigung, die jemand feines SSorteild n)4b) wegen begeht. § 399 (363). Wenn wegen Steuerhinterziehung aus eine Geldstrafe von mehr als fünfhundert Reichsmark oder neben Geldstrafe aus Ge­ fängnis erkannt wird, kann im Straferkenntnis (Urteil, Strafbescheid,

Niederschrift über eine Unterwerfungsverhandlung) angeordnet werden, daß die Bestrafung auf Kosten des Verurteilten bekanntzumacheu ist.11“) § 400 (364). Wird wegen Steuerhinterziehung auf eine Gefäng­ nisstrafe von mindestens drei Monaten erkannt, so kann zugleich aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. § 401 (365)11 •). Bei Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (§ 396) ist neben der Geld- oder Freiheitsstrafe aus Einziehung 12) der steuerpflichtigen Erzeugnisse und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer die Hinterziehung begangen worden ist, sowie der Beförderungsmittel,"») die der Täter12 b) zur Begehung der Tat benutzt hat,"°) zu erkennen. Der 10 a) Fass, des Ges. v. 1. Dezbr. 36 (RGBl. I S. 961) Abschn. III —. 11) Es genügt, wenn der Gehilfe für sich einen mittelbaren Vorteil erstrebt. E. 58 S. 15. Der ohne eigenen Vorteil handelnde Gehilfe ist aus § 391 in Verbindung mit § 49 StGB, strafbar. E. 57 S. 162; auch aus § 257 StGB., jedoch ist die Sicherung des wirtschaft!. Erfolges nicht ausreichend. RG. JurW. 1936, 3200. Beihilfe leistet auch der Notar, der wissentlich einen zu niedrigen Kaufpreis beurkundet. E. 60 S. 6. Vgl. § 403. 11 aa) Hierauf hat sich das Urteil zu beschränken. Vgl. § 474 Abs. 2. HRR. 1935 Nr. 998. 11 a) Fassung beruht auf § 3 des 2. Teils VO. d. RP. v. 23. Dezbr. 31 (NGBl. 1 S. 779). 12) Nur zulässig bei Hinterziehung von Zöllen u. Verbrauchsabgaben. Siehe § 406; auch bei Versuch anwendbar. KG. Recht 31 Nr. 2100. E. 63 S. 278 (285). E. 66 S. 431. Der Einz. stehen §§ 57 ff. des RErbhofges. nicht entgegen JurW. 1935 S. 600. Einziehung ist Strafe. E. 66 S. 427. E. 68 S. 11, 12, 181, 183. AB. v. 13. Aug. 35 (DJust. S. 1175) über Verwertung der in gericht­ lich entschiedenen Steuerlrrafsachen eingezogenen Gegenstände; v. 30. Juni 36 (DJust. S. 992; über Verwertung dem Reiche gehöriger Wertpapiere. 12 a) z. B. Tiere oder Fahrzeuge, nicht Umhüllungen wie Rucksäcke, die selbst mitbefördert werden. E. 68 S. 44. Die Einz. ist dann nicht zulässig, wenn der Täter die hinterzogenen Gegen­ stände auf Grund eines mit einem gutgläubigen Dritten abgeschloffenen Wertvert. hat befördern lassen. E. 71 S. 58. 12 b. Auch der Gehilfe ohne Rücksicht darauf, ob er seines Vorteils wegen gehandelt hat oder nicht. E. 68 S. 11. 12 c) Dazu gehören nicht Schiffe, wenn der schmuggelnde Passagier die

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B VII. Steuerrecht.

Einziehung nach Satz 1 unterliegen nicht solche Beförderungsmittel, die dem allgemeinen Verkehr dienen."d) und unabhängig von den Weisungen des Fahrgastes oder Benutzers verkehren.bi)12 * *a13 *) * * * * * * * * Kann die Einziehung der Erzeugnisse und Waren nicht vollzogen

werden,"») anderenfalls ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerdegertchte vorzulegen. Die vorstehenden Bestimmungen finden auch aus die Entscheidungen des Amtsrichters im Vorverfahren, des beauftragten oder ersuchten Richters und des Untersuchungsrichters. Anwendung. § 307 (349). Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt. Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht an­ ordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen sei. § 308 (350). Das Beschwerdegericht kann dem Gegner des Be­ schwerdeführers die Beschwerde zur schriftlichen Gegenerklärung mit­ teilen; es kann etwa erforderliche Ermittlungen anordnen oder selbst vornehmen. § 309 (351). Die Entscheidung über die Beschwerde erfolgt ohne vorgängige mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach An­ hörung der Staatsanwaltschaft. Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Veschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung. 10 b) § 310 (352). Beschlüsse, welche von dem Landgericht in der Beschwerdeinstanz erlassen sind, können, insofern sie Verhaftungen oder die einstweilige Unterbringung °») betreffen, durch weitere Beschwerde angefochten werden.") Unterzeichnung der Vers. „Berufung einlegen" genügt nicht. KG. JurW. 59 S. 1102. Eine Anmeldung mittels Fernsprechers ist nicht statthaft. E. 38 S. 282. Naumburg DRZ. 21 Nr. 1174. A. M. Maschke DRZ. 22 S. 14. Die Beschwerdeschrift gegen Entscheidungen der auswärtigen Strafkammer (§78 GVG.) kann auch beim LG. eingebracht werden. Vgl. R. 2 S.30. A. M. Schwarz a. a. O. Anm. zu §341. 10 a) Entscheidungen, die entweder unanfechtbar oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind, können grundsätzlich nicht zurückgenommen werden. Löwe Anm. 5 a. Vgl. E. 55 S. 235. Ausnahmen hiervon sind da zulässig, wo eS sich darum handelt, daß formales, prozesiuales Unrecht im Interesse'der Gerechtigkeit wieder beseitigt werden muß. BayOdLG. GA. 77 S. 297. E. 37 S. 114. Vgl. auch Naumburg HRR. 1932 Nr. 1229. 10 b) Gegenstand der Entsch. kann nur eine Vorfrage, nicht das Verfahren als Ganzes sein. Dresden DNZ. 24 Nr. 768. 11) Der w. B. unterliegen nicht solche Entscheidungen, die zwar mit Ver­ haftungen im Zusammenhänge stehen, die aber nur die Ausführung von Ver­ haftungen oder die Modalitäten der Ausführung betreffen. (Verbringung in ein Krankenhaus.) Stuttgart DStZ. 1 S. 539; a. M. Hamburg JurW. 60 S. 2860; oder Anordnungen auf Grund des § 148 Abs. 3. KG. DIZ. 34 S. 1620; Berechnung der Strafzeit. Breslau DNZ. 24 Nr. 153; richterl. Vers, gemäß § 116 Abs. 5 StPO. BayObLG. DIZ. 37 S. 1232. Gegen die

CII 2. Strafprozeßordnung §§ 311 u. 312.

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Im übrigen findet eine weitere Anfechtung der in der Beschwerde­ instanz ergangenen Entscheidungen nicht statt.")

§ 311 (353). Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. Die Beschwerde ist binnen der Frist von einer Sßocfye,121) welche mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung beginnt, einzulegen. Tie Einlegung bei dem Beschwerdegerichte genügt zur Wahrung der Frist, auch wenn der Fall für dringlich nicht erachtet wird. Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. 3. Abschnitt. Lerusung. § 312 (354). Die Berufung findet statt gegen die Urteile des Amtsrichters und des Schöffengerichts."^ Kap. I, Art. 2 § 1 d. VO. d. RP. v. 14. Juni 32 (RGBl. I 8. 285) bestimmt: § 1. Die Rechtsmittel in Strafsachen, die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehören, werden wie folgt beschränkt: 1. Gegen die Urteile des Amtsrichters und des Schöffengerichts findet, vorbehaltlich der Bestimmung des § 313 der Straf­ prozeßordnung, nach Wahl des Berechtigten die Berufung an das Landgericht oder die Revision an das Oberlandesgericht statt. Wer Berufung eingelegt hatte, darf nicht mehr Revision gegen das Berufungsurteil einlegen.12 * *c) * * * * * * * * * zur Erzwingung des Zeugnisses angeordnete Hast ist w. B. nicht zulässig. KG. GA. 53 S. 180, auch nicht bei Verhaftung zum Zwecke der Strafvollstreckung. Königsberg GA. 68 S. 315; nicht gegen den die Genehmigung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe während der Untersuchungshaft bestätigenden Beschl. KG. Recht 33 Nr. 690; ebensowenig gegen Disziplinarstrafen eines Untersuchungsgef. Breslau JurR. 2 Nr. 1896; BayObLG. DRZ. 21 Nr. 1017; gegen Entsch. des LG., die den Verfall einer Sicherheit (§ 122) zum Gegen­ stand haben. Königsberg JurW. 56 S. 3064. KG. Recht 34 965 Danzig JurW. 60 S. 1139. BayObLG. DIZ 38 S. 1203. A. M. KG. DRZ. 18 Nr. 252. 12) Nicht Im Kostenerstattungsverfahren. GA. 51 S. 417, nicht, wenn die Beschwerde über Ablehnung der Einleitung einer Privatklage verworfen ist. E. 28 S. 31, nicht, wenn der in der Beschwerdeinstanz erlassene Beschluß, durch den dem Privatkläger das Armenrecht bewilligt Ist, vom Besch, angefochten wird. BayObLG. JurW. 1935 S. 369. 12 a) Die Frist gilt auch für die Begründung der Beschwerde. Breslau DRZ. 21 Nr. 87. A.M. Löwe Anm.6. Hans. OLG. HRR. 1936 Nr. 1263. 12b) Auch soweit Arbeitgeber wegen Verstoßes gegen §13 des Schw. Besch. Ges. mit Buße belegt sind. KG. JurW. 61 S. 1168. 12 c) Er kann aber Rev. einlegen, wenn nur von der anderen Seite Ber. eingelegt war. JurW. 62 S. 1069. Koffka-Schäfer, Vorschriften über

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C II. Strafverfahrensordnung.

1 a.12cc) Die Staatsanwaltschaft kann, ohne an die Schranken der Nr. 1 gebunden zu sein, Revision einlegen, wenn sie geltend macht, daß in dem angefochtenen Urteil die entsprechende Anwendung eines Strafgesetzes (§ 2 des Strafgesetzbuchs) zu Unrecht erfolgt oder nicht erfolgt sei. 2. Soll ein Urteil des Amtsrichters oder des Schöffengerichts angefochten werden, so hat der Anfechtungsberechtigte bei dem Gericht erster Instanz binnen einer Woche nach Ver­ kündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich die Erklärung abzugeben, daß er das Urteil an­ ficht. 12 d) Hat die Verkündung des Urteils nicht in An­ wesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für ihn die Frist mit der Zustellung. 3. Der Beginn der Frist zur Anfechtung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß gegen ein auf Ausbleiben des Angeklagten ergangenes Urteil die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachgesucht werden kann. Stellt der Angeklagte ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so wird die Frist für die Anfechtung dadurch gewahrt, daß die Anfechtung für den Fall der Ver­ werfung jenes Gesuchs rechtzeitig erklärt wird. Die weitere Verfügung in bezug auf die Anfechtung bleibt dann bis zur Strafrechtspflege S. 35 vgl. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 642, 643. Hat er aber Ber. eingelegt, so steht ihm Rev. auch dann nicht zu, wenn die gleichzeitige Der. der StA. zur Strafschärfung geführt hat. Dresden JurW. 62 S. 468. Kiel HNN. 1933 Nr. 1293. KG. JurW. 63 S. 308. Oldenburg HRR. 1934 Nr. 243. BreSlau DRZ. 26 Nr. 562. Düsseldorf DRechtspfl. 1936 Nr. 338. A. M. Naumburg DRZ. 26 Nr. 57 u. JurW. 1935 S. 2078; wenn daS Ber.ger. das Urt. zu seinem Nachteil geändert hat. Jena DRechtspfl. 1936 Nr. 339; oder wenn er seinerseits die Ber. zurückgenommen hat. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 281. Celle HRR. 1933 Nr. 1990. KG- HRR. 1934 Nr. 550; oder wenn seine Ber. durch Beschl. als verspätet verworfen ist. Königsberg GA. 77 S- 234. Finanz(Hauptzoll)amt als Nebenkläger kann Rev. gegen ein die Ber. der StA. ver­ werfendes Urt. des LG. einlegen. Kiel HRR. 1936 Nr. 786. A. M. Köln HRR. 1934 Nr. 1656. Hat nur ein Ber. gegen ein Amtsrichterurteil Berufung ein­ gelegt, so steht dem anderen Berechtigten, der das Urteil nicht angefochten hat, die Rev. gegen das Urt. d. LG. nicht zu, wenn dieses Urt. für ihn keine neue Benachleilg. bringt. Düsseldorf DJust. 1937 S. 1157. 12 cc) Fassung des Ges. v. 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 844). 12 d) Bezeichnet der Beschwerdeführer schon hierbei das von ihm er­ wählte Rechtsmittel, so kann er die Wahl bei der Erklärung Ziff. 4 wieder ändern, es sei denn, daß die Anfechtungsfrist schon mit der Zustellung des in seiner Abwesenheit verkündeten Urteils begonnen hat. Koffka-Schäfer S. 37. Die als Rev. bezeichnete Anfechtung ist als Berufung zu behandeln, wenn die Rev. nicht begründet wird. Dresden JurW. 62 S. 2164; oder wenn die Rcv.-Begr. unzureichend ist. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 138.

C II 2. Strafprozeßordnung § 312.

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Erledigung des Gesuchs um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgesetzt. Die Anfechtung ohne Verbindung mit dem Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt als Verzicht auf die Wiedereinsetzung. 4. Binnen einer Woche nach Ablauf der Frist für die Anfechtung oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zugestellt war, nach dessen Zustellung, hat der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich zu erklären, ob seine Anfechtung als Berufung oder als Revision behandelt werden soll. Soll das Rechtsmittel als Revision behandelt werden, so müssen die Erklärungen in der im § 345 Abs. 2 der Straf­ prozeßordnung vorgeschriebenen Form abgegeben und die Revisionsanträge und ihre Begründung (§§ 344, 345 der Straf­ prozeßordnung) innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 ange­ bracht werden.12 * *e) * * * * * * * * Gibt der Beschwerdeführer innerhalb der Frist des Abs. 1 eine Erklärung nicht ab oder entspricht die Erklärung nicht den Vorschriften der §§ 344, 345 der Strafprozeßordnung, so wird die Anfechtung als Berufung behandelt. Haben mehrere Beteiligte12 f) das Urteil angefochten und hat sich ein Beteiligter für die Revision und ein anderer für die Berufung entschieden, so werden, so lange die Berufung nicht zurückgenommen ist oder als zurückgenommen gilt oder als unzulässig oder nach §§ 329, 391 Abs. 3 der Strafprozeß­ ordnung oder nach Artikel 10 Abs. 3 dieses Kapitels12 8) verworfen ist, alle Rechtsmittel als Berufung behandelt.12 h) 12 e) Für die Wahlrevision gilt nicht die Unzulässigkeit von Prozeßrügen, die für die Sprungrev. gilt. E. 67 S. 57. KG. GA. 77 S. 126. Jena HRR. 1933 Nr. 1722. Celle HRR. 1933 Nr. 1989. Dresden DRZ. 25 Nr. 776. BayObLG. HRR. 1934 Nr. 1000. A. M. Düsseldorf DRZ. 24 Nr. 850 u. DRechtspfl. 1936 Nr. 529. Stuttgart JurW. 62 S. 1611. Köln HRR. 1033 Nr. 1904. Hamm JurW. 1935 S. 147. 12 f) Den verschiedenen Beteiligten steht auch derj. gleich, der als A. Rev. u. als Nebentl. Berufung einlegt. BayObLG. HRR. 1934 Nr. 1507; selbst wenn Rev -u.Berufgssührer dieselbe Person ist. OLG. München JurW. 1936 S. 1393. 12 g) Abgedruckt tn Anm. 7 c zu tz 383. 12 h) Die nur zulässige Rev. bleibt, selbst wenn ein anderer Beteiligter Berufung eingelegt hat. BayObLG. LZ. 27 S. 795. DaS Rechtsmittel der Rev. bleibt dem gewahrt, dessen Rev. auf Grund der Berufungseinlegung durch einen Beteiligten als Berufung behandelt wird. BayObLG. DRZ. 26 Nr. 58. KG. DJust. 1934 S. 679. Nach München HRR. 1936 Nr. 234 ist die Rev. gg. ein Berufgsurteil nach Zurücknahme der Rev. gg. das ersttnstanzl. Urteil zulässig.

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C II. Strafverfahrensordnung.

§ 313. Ein Urteil12 f) des Amtsrichters kann nicht mit der Be­ rufung angefochten werden, wenn eS ausschließlich Übertretungenl3) zum Gegenstände hat und der Angeklagte entweder freigesprochen l3e) oder ausschließlich ") zu Geldstrafe verurteilt worden ist. § 314 (355). Die Berufung muß bei dem Gericht erster Instanz,0) binnen einer Woche 14 *)* nach Verkündung14b) des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle"") oder schriftlich eingelegt toerben.16) 12 i) Hierunter ist die Gesamtentscheidung, nicht der Einzelausspruch zu verstehen. Dresden LZ. 19 S. 1102. 13) Für die Unzulässigkeit der Berufung ist maßgebend, wie die Tat vom erkennenden Gericht — bei richtiger Rechtsanwendung. KG. Recht 32 Nr. 711 u. JurW. 1937, 1360. Dresden JurW. 61 S. 963 — auf Grund des. ErgebnisieS der Hauptverhandlung beurteilt ist, also die Verurteilung wegen Über­ tretung, nicht der Eröffnungsbeschluß oder Strafbefehl. KG. GA. 70 S. 144, Jena DRZ. 23 Nr. 286, Breslau GA. 75 S. 307. Braunschweig HNR. 1933 Nr. 1554. Naumburg DRZ. 24 Nr. 765. Feisenberger Anm. 3. A. M. BayObLG. LZ. 18 S. 782 und mehrere Oberlandesgerichte. Grundsätzlich maßgebend ist der Urt.Tenor KG. DRZ 38 S. 569. Ist gleichzeitig wegen Übertretung und Vergehens abgeurteilt, so ist Berufung zulässig, auch wenn daS Rechtsmittel des StA. auf die Übertretung beschränkt ist. KG. GA. 70 S.117. Rostock u. Köln HRR.3S.215. Vgl. BayObLG. HRR. 1935 Nr. 912. A. M. Kiel JurW. 59 S. 2598. Naumburg HNR. 1932 Nr. 1184. § 313 gilt auch für den Fall des § 412. BayObLG. DRZ. 18 Nr. 1102 u. LZ. 25 S. 1092. KG. GA. 69 S. 394 zu 4. Breslau DRZ. 22 Nr. 40. Naumburg GA.74 S. 317. Rostock HNR. 1929 Nr. 360. Hamburg HRN. 1932 Nr. 2332. Nach Hamm HRR. 2 S. 305, Breslau DIZ. 32 S. 754, Kiel GA. 74 S. 319 und Stettin JurW. 59 S. 2600 findet Berufung statt. — Die Zulässigkeit der Ber. ist auch vom Rev.-Gericht von Amtswegen zu prüfen. HRR. 1933 Nr. 899, 13 a) Der Freisprechung steht Straffreierklärung, aber nicht Einstellung gleich. Recht 29 S. 65. BayObLG. GA. 69 S. 246. Gutachten des KG. V. des KGP. v. 22. April 25, mitgeteilt in JurR. 1 S. 495. GA. 69 S. 394. Hinsichtlich der Einstellung gleicher Ansicht Düsseldorf GA. 69 S. 205 und Breslau GA. 69 S. 339. 14) Ausschließlich auf Geldstrafe ist auch erkannt, wenn diese an Stelle der verwirkten Freiheitsstrafe getreten ist. Kiel v. 9. April 24, JMBI. S. 285. Bejaht wird allgemein die Zulässigkeit der Berufung, wenn neben Geld­ strafe auf Nebenstrafen oder Nebenfolgen erkannt ist (Veröffentlichungsbefugnis, Einziehung, Verfallerklärung, bei Jugendl. Crziehungsmaßregel. KG. DStrafr. Bd. 2 S. 456, Buße), auch vom KG., das nur bei Wertersatz u. Einziehung in Forstdiebstahlsachen die Berufung ausschließt. Vgl. das in Anm. 13 n erwähnte Gutachten und KG. JurW. 59 S. 1322, dagegen Breslau GA. 70 S. 348. Berufung auch nicht statthaft, wenn vom AG. auf eine mildere Strafe als Geldstrafe (Verwarnung) erkannt ist. Celle JurR. 3 Nr. 889. 14 a) Es ist nicht erfordert., daß der Eingang der Ber.-Schrift durch Be­ urkundung festgestellt ist. Er kann auf jede Art nachgewiesen werden. JurW. 58 S. 1054. Die Frist ist gewahrt, wenn ein Beamter die Schrift nach Dienst­ schluß entgegennimmt. Hamburg HRR. 1929 Nr. 2061. E. 60, 32. 14 b) Hatte sich der A. bei Verkündung der Urteilsgründe entfernt, so be­ ginnt die Frist erst mit Zustellung deS Urteils. Celle GA. 71 S. 69. Dresden DRZ. 20 Nr. 970. 14 c) Auch zum Sitzungsprotokoll. Rostock HRR. 1930 Nr. 1901.

CII 2. Strafprozeßordnung §§ 315 u. 316,

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Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des An­ geklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zu­ stellung?^

§ 315 (356). Der Beginn der Frist zur Einlegung der Berufung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß gegen ein auf Ausbleiben des Angeklagten ergangenes Urteil eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachgesucht werden kann. Stellt der Angeklagte ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so wird die Berufung dadurch gewahrt, daß sie sofort für den Fall der Verwerfung jenes Gesuchs rechtzeitig eingelegt wird. Tie weitere Verfügung in bezug aus die Berufung bleibt dann bis zur Erledigung des Gesuchs um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgesetzt. Die Einlegung der Berufung ohne Verbindung mit dem Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt als Verzicht auf die letztere.

§ 316 (357). Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils, soweit es angefochten ist, gehemmt. Dem Beschwerdeführer, welchem das Urteil mit den Gründen noch nicht zugestellt war, ist es nach Einlegung der Berufung sofort zuzustellen.^) 15) Unterschrift ist kein wesentl. Erfordernis der Schriftlichkeit. Aus der Berufungöschrift muß aber in einer jeden Zweifel ausschließenden Welse ersichtl. sein, von wem die Erklärung herrührt. E 67 S. 385. HRR. 1934 Nr. 698. A. M. KG. DIZ. 10 S. 126. Die Unterschrift braucht nicht handschriftlich hergestellt zu sein. E. 63 S. 246. Auch unleserliche Unterschrift schadet nicht. KG. JurW. 58 S. 2768. Eine ohne Unterschrift von dem Beamten der StA. drahtlich eingelegte Berufung genügt nicht. Reichsdisziplinarhof Recht 32 Nr. 2646. Der zuständige Beamte muß die Aufgabedepesche unterzeichnen. KG. JurW. 59 S. 1102 A. M. Hamm JurW. 60 S. 1641. — Auch ein Dritter kann an Stelle des Beschwerdeführers das Schriftstück unter­ schreiben. Vollmacht ist dann innerhalb der Rechtsmittelfrist beizubringen. KG. Johow 53 S. 327. — Eingegangen bei Gericht ist die Berufungsschrift, sobald sie an einen zu ihrer Empfangnahme befugten Beamten gelangt, wenn der Bors, des gemeinschaftl. SchG, sie am Sitz des eigenen Gerichts in Empfang nimmt, auch wenn dieses nicht Sitz des SchG. ist. E. 60 S. 329. Die Niederlegung des Schriftsatzes im verschlossenen Arbeitszimmer der Ge­ schäftsstelle genügt nicht, das Schriftstück muß vielmehr in die Hände des zur Empfangnahme berufenen Beamten gelangt sein. GA. 39 S. 187. Dieses ist, wenn ein LGD. Vorsitzender des auswärtigen Schöffengerichts ist, die Geschäfts­ stelle, welche die Geschäfte des Schöffengerichts bearbeitet. Königsberg JurW. 57 S. 840. 16) Dasselbe gilt für die Verwaltungsbehörde (§ 429) und den Neben­ kläger. E. 6 S. 28. Bestritten für den Privatkläger. Siehe Anm. 18 zu § 391. Ein Verzicht auf die Zustellung ist nicht statthaft. R. 1 S. 118. 17) Richtlinien Nr. 244—246. — Wegen der Zustellung siehe § 36. Be­ hauptet der A., das Urteil nicht erhalten zu haben, so ist dieser Behauptung nach-

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C II. Strafoerfahrensordnung.

§ 317 (358). Die Berufung kann binnen einer weiteren Woche nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zugestellt war, nach dessen Zu­ stellung bet dem Gericht erster Instanz zu Protokoll der Geschäfts­ stelle oder in einer Beschwerdeschrift gerechtfertigt werden. § 318 (359). Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerde­ punkte beschränkt l8 * *) * werden. Ist dies nicht geschehen oder eine Recht­ fertigung überhaupt nicht erfolgt,18 Ä) so gilt der ganze Inhalt des Ur­ teils als angefochten.

§ 319 (360). Ist die Berufung verspätet eingelegt, so hat daS Gericht erster Instanz das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen.19) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung deS Beschlusses auf die Entscheidung 19 *) des Berufungsgerichts antragcn. zugehen. Hamburg DRZ. 24 Nr. 766. Bei Unzulässigkeit der Ber. darf von der Zust. nur bei verspäteter Beruf., nicht aber bei anderen Unzulässigkeits­ gründen abgesehen werden. E. 62 ©. 250. 18) Die Berufung kann nicht auf die Strafart beschränkt werden. JurR.3 Nr. 667; auch nicht auf die einzelnen Teile einer fortgesetzten Straftat. JurW. 61 S. 60, ebensowenig bei Hehlerei auf Gewerbsmäßtgkett. E. 64 S. 151. Eine Beschränkung ist auch nicht in der Weise zulässig, daß die tatsächl. Feststellungen unangefochten bleiben u. nur die rechll. Würdigung bemängelt wird. JurW. 57 S. 2270, wohl aber auf den Ausspruch der Anrechnung der U.haft. HRN. 30 Nr. 952. Auch im Rahmen der Straffrage kann noch eine weitere Beschränkung auf einzelne Teile der Straffestsetzung eintreten. E. 42 S. 30; so auf Neben­ strafen, insbes. Aberkennung der Ehrenrechte. E. 65 S. 296. Die Beschränkung braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, kann sich aus der Rechtfertigung ergeben. Recht 33 Nr. 1179. JurW. 60 S. 2830. KG. JurW. 58 S. 2991. Für die Frage, inwieweit ein Rechtsmittel beschränkt ist, kommt die Rechts­ kenntnis u. etwaige des. Fähigkeit des Erklärenden in Betracht. Dresden LZ. 22 S. 1646. In der Fassung der Berufung „wegen zu hoher Strafe" liegt eine Beschränkung auf das Strafmaß. JurR. 3 Nr. 668, auch wenn im Falle der Bemessung der Strafe nach dem Vielfachen eines Betrages die Be­ rufung auf die Strafhöhe beschränkt ist. DRZ. 21 Nr. 1006. Die Feststellung des LG., daß die Berufung auf daS Strafmaß beschränkt ist, ist für daS Revisions­ gericht nicht bindend. E. 62 S. 13. KG. GA. 72 S. 141; jedenfalls dann nicht, wenn die Auölegungsgrundsätze unrichtig angewandt sind. BayObLG. GA. 75 S. 265. Bei Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß ist die Zurechnungs­ fähigkeit des A. nicht von neuem zu prüfen. DRZ. 22 Nr. 225; wohl aber ist zu prüfen, ob Strafantrag gestellt ist. E. 65 S. 150. Ist Ber. vom A. wegen des SchuldausspruchS, vom StA. nur wegen des Strafmaßes eingelegt worden, so muß das BG. die Schuld- wie die Straffrage selbständig u. uneingeschränkt aburtetlen. E. 62 S. 216. Vgl. Anm. 20. 18 a) Die StA. hat die Berufung zu rechtfertigen. Richtlinien Nr. 247. 19) Gegen diesen Beschluß ist die sofortige Beschwerde unzulässig. Löwe Anm. 2. KG. Recht 31 Nr. 517. 19 a) Diese Entsch. ist nicht mit Beschwerde anfechtbar. KG. GA. 69 S. 188. BayObLG. HRR. 1933 Nr. 1394. Löive Anm. 5. A. M. Celle GA. 63 S. 151. Fetsenberger Anm. 4.

C II 2. Strafprozeßordnung §§ 320—324.

1261

In diesem Falle sind die Akten an das Berufungsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. § 320 (361). Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt, so hat nach Ablauf der Frist zur Rechtfertigung die Geschäftsstelle ohne Rück­ sicht daraus, ob eine Rechtfertigung stattgefunden hat oder nicht, die Akten der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Diese stellt, wenn die Be­ rufung von ihr eingelegt ist, dem Angeklagten die Schriftstücke über Einlegung und Rechtfertigung der Berufung zu.19 * *aa*) * * * * * *

§ 321 (362). Die Staatsanwaltschaft übersendet die Elften 19 ttaa) an die Staatsanwaltschaft bet dem Berufungsgerichte. Diese übergibt die Akten binnen einer Woche dem Vorsitzenden des Gerichts.

§ 322 (363). Erachtet das Berufungsgericht die Bestimmungen über die Einlegung der Berufung nicht für beobachtet, so kann es das Rechts­ mittel durch Beschluß"^) als unzulässig verwerfen. Anderenfalls ent­ scheidet es darüber durch Urteil. Der Beschluß kann durch sofortige Beschwerde angefochten werden?9") § 323 (364). Auf die Vorbereitung der Hauptverhandlung finden die Vorschriften der §§ 214, 216—225 Anwendung In der Ladung ist der Angeklagte aus die Folgen des Ausbleibens ausdrücklich hinzuweisen. Die Ladung der in erster Instanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen kann nur dann unterbleiben, wenn deren wiederholte Vernehmung zur Aufklärung der Sache nicht erforderlich erscheint. Neue Beweismittel sind zulässig. Bet der Auswahl der zu ladenden Zeugen und Sachverständigen ist auf die von dem Angeklagten zur Rechtfertigung der Berufung benannten Personen Rücksicht zu nehmen. § 324 (365). Nachdem die Hauptverhandlung nach Vorschrift des § 243 Abs. 1 begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Ver­ fahrens. Das Urteil erster Instanz ist stets zu verlesen?9 ) Der Privatkläger kann binnen einer Woche nach der Versäumung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den in den §§ 44,

45 bezeichneten Voraussetzungen beanspruchen.l9 * *)20 18

§ 392 (432).

Die zurückgenommene Privatklage kann nicht von

neuem erhoben werden."*) § 393 (433).

Der Tod des PrivatklägerS hat die Einstellung

des Verfahrens zur Folge.'9) War jedoch die Privatklage darauf gestützt, daß der Beschuldigte

wider besseres Wissen in Beziehung auf den anderen eine unwahre

Tatsache behauptet oder

verbreitet habe,

welche

ihn

verächtlich zu

machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigeu geeignet ist,

so kann die Klage nach dem Tode des Klägers von den Eltern, den Kindern oder dem Ehegatten10 B) des letzteren fortgesetzt werden.10 b)

Die Fortsetzung ist von dem Berechtigten bei Verlust deS Rechtes binnen zwei Monaten, vom Tode des PrivatklägerS an gerechnet, bei

Gericht zu erklären. § 394 (434).

Die Zurücknahme der Privatklage und der Tod

deS PrivatklägerS sowie die Fortsetzung der Privatklage sind

dem

Beschuldigten bekanntzumachen.

2. Abschnitt. § 395 (435).

Lrbeuktage.

Wer nach Maßgabe der Bestimmung deS § 374

als Privatkläger aufzutreten berechtigt ist, kann sich der erhobenen

öffentlichen Klage in jeder Lage des

Verfahrens

als

Nebenkläger

Eine die Einstellung des Verf. androhende Verf. braucht die Ladung nicht zu enthalten. Naumburg DRZ. 22 Nr. 159. 18 b) Hat der Privatkl. u. der A. Berufung eingelegt, so kann eine Ver­ werfung der Berufung des nicht erschienenen Privatkl. nicht erfolgen. KG. Recht 34 Nr. 1900. Siehe Anm. 14. 19) Die Frist ist von dem Zeitpunkt deS Nichterscheinens an zu berechnen. Löwe Anm. 11. A. M. Celle. GA. 38 S. 456. 19 a) Auch nicht vom Privatkläger, der die von ihm im früheren Ver­ fahren erhobene Widerklage -urückgenommen hat. Frankfurt IurR. 3 Nr. 772. 20) Damit ist auch die Verfolgung der Sache durch den StA. ausgeschloffen, vgl. Anm. 100 zu § 377. Beim Tode deS A. findet keine Einstellung statt. Königsberg JurW. 53 S. 1789. KG. GA. 75 S. 67. A. M. Dresden JurW. 59 S. 1109. Wegen der Kosten fiehe Anm. 15 zu § 471. 20 a) Die Ehefrau auch dann, wenn der Ehemann aus eigenem Recht

geklagt hat. Löwe Anm. 3 a. 20 b) Die Vorschrift ist aus den Fall deS Untergangs einer juristischen Perfon infolge Fusion nicht anwendbar. KG. Recht 33 Nr. 1750.

C n 2. Strafprozeßordnung § 395.

anschließen.")

Der Anschluß kann behufs Einlegung

1299 von Rechts­

mitteln auch nach ergangenem Urteil geschehen. ”) 21) Der Anschluß ist schon dann als zulässig anzusehen, wenn auch nur die Möglichkeit gegeben ist, daß je nach der Gestaltung des Verhandlungsergebnisses Verutteilung wegen einer Straftat in Frage kommt, bei der nach den gesetzt. Bestimmungen eine Nebenklage statthaft sein würde. E. 43 S. 260. E.59 S. 102. Ist daher das Verfahren aus § 230 Abs. 2 StGB, eröffnet, so genügt zum An­ schluß die bloße Möglichkeit der Verutteilung auS Abs. 1. Diese Möglichkeit ist aber auch in den Fällen gegeben, in denen das Privatklagedelikt notwendig von dem Delikt, wegen dessen die öffentliche Klage erhoben ist, in seinem Tatbestände mitumfaßt wird. Naumburg HRR. 1931 Nr. 390. KG. HRR. 1928 Nr. 1069. A. M. Königsberg HRR. 1929 Nr. 1982. Es ist dieS nicht der Fall, wenn der Sttafanttag nicht rechtzeitig gestellt ist. E. 41 S. 168 (176). E. 69 S. 244. Köln JurW. 58 S. 286. Die uneheliche Mutter hat die Berechtigung nicht. E. 53 S. 214; auch nicht der Ehemann bei schwerer Körperverletzung seiner Ehefrau (wohl aber bei fahr!. Tötung der Ehefrau. München DRZ. 21 Nr. 621), auch nicht der Baler eines fahrlässig getöteten Kindes. BayObLG. GA. 73 S. 380. KG. JurW. 62 S. 1607 (auch bei 20 jährig.). Bei Ideal­ konkurrenz zwischen Notzucht und Körperverletzung ist Nebenklage zulässig. BayObLG. JurW. 55 S. 2207, Dresden JurW. 58 S. 2773, auch im Fall der Gesetzeskonkurrenz (§§ 340, 223 StGB.). Hamburg Recht 32 Nr. 718. Immer muß gefordert werden, daß der Anschl. gerade zum Zwecke einer Ver­ folgung deS A. aus jenem rechtl. Gesichtspunkte begehtt werde, der allein das Recht zum Anschl. gibt; die Zulassung muß erkennbar zur Wahrnehmung der hierauf bezüglichen Verfolgungsinteressen des Anttagstellers beansprucht werden. E. 69 S. 244. Ist die Anschiußertlärung erfolgt, so darf das Gettcht nicht noch vor Entscheidung über die letztere verschiedene Prozcßhandlungen vornehmen. E. 25 S. 186. — Der Verletzte kann sich dem von der StA. zu ungunsten deS freigespr. A. beanttagten Wiederaufnahmeverfahren als Nebenkl. anschließen. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 354. Der Nebenkläger gehört nicht zu den Personen, die in der Hauptverhandlung anwesend sein müssen und deren Abwesenheit die Verhandlung unmöglich macht. Er ist nicht ein dem öffentl. Kläger gleichstehender Mitkläger, sondern eine in besttmmten Schranken zur Geltendmachung besonderer Interessen zu­ gelassene Nebenpattei. E. 28 S. 220. Auf daS Recht der Nebenklage kann er formlos verzichten. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 750. Die gesetzwidrige Ablehnung einer Zulassung und die zu Unrecht angeordnete Zulassung der Nebenklage kann das Urteil zum Nachteil des A. beein­ flussen. E. 59 S. 100. E. 66 S. 346. 22) Ein Mitangeklagter kann gegen den anderen als Nebenkläger in der Hauptverhandlung zugelassen werden. E. 22 S. 421. Im sog. objektiven Verfahren ist ein Anschluß deS Nebenklägers nur dann möglich, wenn er berechttgt ist, Buße zu verlangen. DIZ. 7 S. 52; im Derf. bei amtsttchterl. Sttafbefehlen erst dann, wenn Einspruch erhoben ist. Kiel JurW. 62 S. 2077. Löwe Anm. 2d. — Handlungsunfähige Personen müssen sich durch ihre gesetz­ lichen Vettreter vettreten lassen. E. 9 S. 125 u. E. 37 S. 63. Die Nebenklage Minderjähriger ist wegen mangelnder Prozeßfähigkeit unwittsam. DRZ. 17 Nr. 302. Die nachttägliche Genehmigung des Vettreters genügt nicht. BayObLG. HRR. 1928 Nr. 1264. DaS Recht deS gesetzt. Vertreters erlischt mit dem Tode deS Verletzten. E. 57 S. 240. Recht 32 Nr. 484. A. M. KG. DIZ. 31 S. 242. Der dem Nebenkläger zugeordnete Vettreter bedarf keiner schttftlichen Vollmacht. E. 26 S. 97. vgl. Anm. 26 a. E.

1300

C n.

Strafverfahrensordnung.

Die gleiche Befugnis steht dem zu, welcher durch einen Antrag

auf gerichtliche Entscheidung (§ 172) die Erhebung der öffentlichen Klage herbeigeführt hat,

wenn die strafbare Handlung gegen fein Leben,

seine Gesundheit, seine Freiheit, seinen Personenstand oder seine Ver­ mögensrechte gerichtet war.")

§ 396 (436).

Die Anschlußerklärung ist bei dem Gerichte schrift­

lich einzureichen.")

DaS Gericht hat über die Berechtigung des Nebenkläger- "•) zum Anschluß nach Anhörung der Staatsanwaltschaft zu entscheiden.")

Zu einer Sicherheitsleistung ist der Nebenkläger nicht verpflichtet.

§ 397 (437). Der Nebenkläger hat nach erfolgtem Anschluß“•) die Rechte de- PrivatklägerS.") 23) Dies können auch fahrlässig verübte Straftaten sein. E. 62 S. 209. R. 10 S. 419. Nach letzterem Erk. stellt sich als eine gegen die Freiheit gerichtete strafbare Handl, auch ein Meineid dar, auf Grund besten jemand zur Freiheits­ strafe verurteilt wurde. A. M. KG. GA. 63 S. 342. Auch gegen die Sittlich­ keit gerichtete strafbare Handl, sind hierher zu rechnen. E. 24 S. 187. 24) Jede schriftliche Erklärung, aus welcher die Absicht, sich der öffentlichen Klage als Nebenkläger anschließen zu wollen, genügt. R. 4 S. 42. Insbe­ sondere liegt in der Einlegung des Rechtsmittels eine Anschlußerklärung. R. 4 S. 273, dazu R.9S.283. Eine Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle ist unstatthaft. R. 1 S. 520, ebenso eine in der mündlichen Verhandlung abgegebene mündliche Erklärung. E. 36 S. 246, es sei denn, daß sie unterschrieben ist. E. 6 S.139. E. 9 S. 223; desgl. genügt eS, wenn die an die StA. gerichtete An­ schlußerklärung von jener an das Gericht weiter gegeben wird. GA. 56 S. 227, Recht 13 Nr. 1438. Als Unterschrift deS die Anschlußerklärung einer Lerwaltungsbehörde enthaltenden Telegramms genügt nicht die bloße Bezeichnung der Behörde. E. 24 S.283. 24 a) Mit dem Rechtsmittelverzicht der StA. findet die Anschlußberechtigung ihre zeitliche Grenze. R. 9 S. 283. DRZ. 19 Nr. 967. E. 66 S. 393. Ham­ burg DRZ. 19 Nr. 610. Dresden JurW. 61 S. 1782. A. M. Oetker, JurW. 57 S. 175. Düsteldorf GA. 72 S. 380. Hamm JurW. 61 S. 964; jedoch nicht, wenn A. Berufung eingelegt hat. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 710. 25) Und zwar nur auf Grund der z. Zt. der Anschlußerklärung vor­ liegenden Tatsachen u. Behauptungen. KG. JurW. 57 S. 2288. Über die

Berechttgung zum Anschluß als Nebenkläger u. zwar vor jeder weiteren Ver­ änderung der Prozeßklage ist ein Beschluß zu erlassen. E. 25 S. 186. Zu­ stellung des Beschlustes an den Verteidiger ist nicht erforderlich. E. 51 S. 129. Gegen den Beschluß hat der A. Beschwerde. Bei Ablehnung der Zulassung hat auch StA. daS Beschwerderecht. Kastel DRZ. 22 Nr. 223. 25 a) Der Anschluß ist erfolgt, wenn das Gericht ihn zugelasten hat. GA. 53 S. 291; jedoch hat die Zulassung bei Einlegung eines Rechtsmittels rück­ wirkende Kraft. DRZ. 24 Nr. 845. E. 66 S. 393. Hamburg HRR. 1928 Nr. 1680, Dresden JurW. 60 S. 3580. Die Zulastung hat vom Rechtsmittel­ gericht zu erfolgen. E. 69, 244. 26) Dem Nebenkläger muß nach Schluß der Beweisaufnahme neben dem Staatsanwalt auch ohne seinen Antrag das Wort erteilt werden. E. 16 S. 253. Der A. aber hat bei Verletzung dieser Vorschrift kein Beschwerderecht. GA. 58 S. 440. Der Nebenkläger kann auch als Zeuge vernommen werden, Pleu.Trk.

C II 2. Strafprozeßordnung §§ 398—400.

§ 398 (438).

1301

Der Fortgang deS Verfahrens wird durch den

Anschluß nicht aufgehalten.27 * *) * * * * * * * * * * * * * * *

Die bereit- anberaumte Hauptverhandlung sowie andere Termine

finden au den bestimmten Tagen statt, auch wenn der Nebenkläger wegen

Kürze der Zett nicht mehr geladen oder benachrichtigt werden konnte.28)29 30 § 399 (439).

Entscheidungen, welche schon vor dem Anschluß

ergangen und der Staatsanwaltschaft bekanntgemacht waren, bedürfen

keiner Bekanntmachung an den Nebenkläger. Die Anfechtung solcher Entscheidungen steht auch dem Nebenkläger

nicht mehr zu, wenn für die Staatsanwaltschaft die Frist zur An­

fechtung abgelaufen ist.28‘) § 400 (440).

Ist in der Hauptverhandlung weder der Neben­

kläger noch ein Anwalt deS Nebenklägers erschienen,28) so wird das

Urteil dem ersteren zugestellt.80) E. 2 S. 384; auch alS Sachverständiger. JurW. 51 S. 1392; und wird er vernommen, so kann er nur aus einem gesetzlichen Grunde unbeeidet bleiben. E. 3 S. 47. Das Gericht kann den Nebenkl. von der Verhandlung nicht aus­ schließen, wenn auch zu befürchten steht, daß ein Zeuge in feiner Gegenwart die Wahrheit nicht sagen werde. E. 25 S. 177; oder auch, wenn er als Zeuge vernommen werden soll. JurW. 60 S. 2505. Wegen Zahlung eines Gebühren­ vorschusses siehe Anm. 7 e zu 8 383. Beim Ausbleiben des Nebenklägers (Finanz­ amtes) ist seine Berufung zu verwerfen. E. 60 S. 283; jedoch nicht, wenn sein in der Hauptverhandlung erschienener Vertreter sich auS ihr vor Beendi­ gung der Schlußvorträge entfernt hat. E. 63 S. 53. Auch für die Behörde, die sich als Nebenkläger angeschlossen hat, besteht in der Rev.-Jnstanz Anwalts­ zwang. KG. Recht 33 Nr. 188. Vgl. E. 36 S. 75. Der Nebenkläger hat auch das dem StA. zustehende Rügerecht. BayObLG. JurW. 59 S. 3430; z. B. wenn das Finanzamt ein Rechtsmittel darauf stützt, daß die Zuziehung eines Nedenbeteiligten zu Unrecht unterblieben ist. E. 69 S. 32. — Schriftl. Voll­ macht bedarf der Vertr. des Nebenkl. nur für die Hauptverh., sonst genügt mündl. Ermächttgung. HRR. 1933 Nr. 899.

27) Das Gericht kann eine Beweisaufnahme wegen der Buße beschließen. N. 10 S. 169; 28) Trotzdem er nicht geladen und nicht erschienen ist, kann doch auf eine Buße für ihn erkannt werden. E. 9 S. 223. Liegt der AuSnahmefall deS Abs. 2 nicht vor, so liegt in der Nichtzuziehung des Nebenklägers ein prozessualer Ver­ stoß, der zur Aufhebung des Urteils fühtt. Recht 10 S. 67. 28 a) Oder die StA. verzichtet hat. JurW. 57 S. 175. E. 66 S. 129 u. 393. Hamm GA. 72 S. 380 (73 S. 34). Siehe hierzu Anm. 25. Eine Wieder­ einsetzung kommt nicht in Frage. KG. GA. 73 S. 292. 29) DaS Ausbleiben deS Nebenklägers und seines VertteterS in der Hauptverhandl. gilt nicht als Zurücknahme der Klage. E. 7 S. 376. Eine Wieder­ einsetzung in den vor. Stand gegen die Fristvers, gibt eS nicht. RG. DRechtspfl. 1937 Nr. 244. 30) Dem Nebenkläger, der bei der Verkündung des Urteils weder selbst er­ schienen noch durch einen Anwalt vertteten gewesen ist, läuft die Frist zur Ein­ legung der Revision erst von Zustellung deS Utteils an ihn. E. 6 S. 28.

1302

C II. EtrafversahrenSordnung.

§ 401 (441).

Der Rechtsmittel kann sich der Nebenkläger unab­

hängig von der StaatSanwaltschast bedienen.81) u) Wird auf ein nur von dem Nebenkläger") eingelegte- Rechts­ mittel ") die angefochtene Entscheidung aufgehoben, so liegt der Betrieb

der Sache wiederum der StaatSanwaltschast ob. § 402 (442).

Die Auschlußerklärung verliert durch

Widerruf

sowie durch den Tod deS Nebenkläger- ihre Wirkung.")

§ 403 (443).

Die Befugnis, sich einer öffentlichen Klage nach

den Bestimmungen der §§ 395 bis 402 al- Nebenkläger anzuschließen,88)

steht auch dem zu, welcher berechtigt ist, die Zuerkennung einer Buße zu verlangen.88) 31) Dem Nebenkl. steht die unöeschräntte Ber. zu, auch wenn die Der. deS StA. den Schuldspruch nicht ergreifen kann. HRR. 1932 Nr. 496. Wenngleich der Nebenkläger sich zur Stützung seines Rechtsmittels nur auf die Gesichts­ punkte der Tat berufen darf, wegen der ihm die Anschlußberechtigung verliehen ist, so gilt doch im Falle der Tateinheit die Entscheidung in ihrem vollen Umsang als angefochten und unterliegt ohne Einschränkung der Prüfung des RechtsmittelgerichtS. E. 65 S. 60 u. 125 (die teilweise abweichende Ansicht in E. 63 S. 67 ist aufgegeben). Anders wenn der Nebenkläger wegen deS allein der Nebenklage zugänglichen Vergehens, wegen desien Verurteilung erfolgte, nicht beschwert war. E. 61 S. 349. Der StA. hat kein Beschwerderecht wegen unrichtiger Behandlung eines Rechtsmittels des Nebenklägers. E. 59 S. 63, jedoch kann er zu dessen Gunsten (Kostenttagung) Revision einlegen. E. 60 S. 189. Die StA. kann ein Urt. d. LG. mit Rev. anfechten, wenn nur Finanzamt als Nebenkl. beschwert ist. E. 71, 74. Der Nebenkl. kann der gegen den A. ergangenen Kostenentscheidung Beschwerdegründe nicht entnehmen. DRZ. 23 Nr. 544. 32) Trotz der Zulassung als Nebenkläger ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen, wenn sich herauSstellt, daß die Voraussetzungen für Erhebung der Nebenklage fehlten. E. 64 S. 72 (74). 33) Der Nebenkläger kann zum Kostenpunkte allein die Revision einlegen. R. 4 S. 388. Ihm steht das Rechtsmittel der Revision wegen Abweisung des Anspruchs auf Buße selbständig zu, auch wenn über die Strafe rechtskräftig entschieden ist. R. 4 S. 662. Ob ihm auch daS Recht -usteht, die Wiederauf­ nahme des Verfahrens zu verlangen, ist streitig. Löwe Anm. 6 bejaht. 34) Der Widerruf kann auch in der Rev.instanz erfolgen. E. 67 S. 322; er hindert die Erneuerung des Anschlusses nicht, ausgenommen im Falle des § 404 Abs. 2. E. 8 S. 384. Löwe Anm. 2. BreSlau JurW. 57 S. 429, früher a. M. GA. 59 S. 173. Verzicht auf das Nebenklagerecht im SitzungSprotokoll ist wirksam. BayObGL. JurW. 60 S. 225. Ist auf ein vom Nebenkl. eingelegtes Rechts­ mittel ein Urteil ergangen, gegen das der A. Rev. eingelegt hat, so ist der Tod des Nebenkl. auf das Revisionsverfahren ohne Einfluß. E. 64 S. 60. Dazu Anm. 41. 35) Auch nach Verkündung des Urteils und nach Verlust deS Bußanspruchs kann die Anschließung noch erfolgen. So ständig RG. E.41 S. 168, E. 65,130. Hamm GA. 72 S. 71. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 78 u. JurW. 60 S. 225. Kassel JurW. 59 S. 2081. Dresden DRZ. 26 Nr. 121. KG. HRR. 1928 Nr. 583. A. M. KG. JurW. 61 S. 3127. Düsseldorf DRZ. 24 Nr. 63. Breslau DRZ. 22 Nr. 751. Königsberg GA. 75 S. 119. 36) Der Verzicht auf Zuerkennung der Buße ist gemäß § 119 BGB.

1303

CII 2 Strafprozeßordnung 88 404 u. 405.

Wer die Zuerkennung einer Buße in einem auf erhobene öffent­ liche Klage anhängigen Verfahren beantragen will, muß sich zu diesem

Zwecke der Klage als Nebenkläger anschließen.") § 404 (444).

Der Antrag ") auf Zuerkennung einer Buße kann

bis zur Verkündung des Urteils erster Instanz gestellt werden.")

Der

Antrag

kaun

bis

zur

Verkündung

des

Urteils

zurück­

genommen, 40) ein zurückgenommener Antrag nicht erneuert werden. Wird der Angeklagte freigesprochen oder daS Verfahren eingestellt

oder die Sache ohne Urteil erledigt, so gilt auch der Antrag ohne weitere Entscheidung für erledigt. Der Anspruch aus Buße kann von den Erben deS Verletzten nicht

erhoben oder fortgesetzt werden.")

§ 405 (445).

Der Nebenkläger hat den Betrag, welchen er alS

Buße verlangt, anzugeben.48) anfechtbar. Siecht 8 S. 456 u. schließt den Anschluß als Nebenkläger nicht auS. BayObLG. JurW. 60 S. 225; ebensowenig der Umstand, daß der Verletzte auf zivilrechtl. Gebiet schadlos gestellt ist, KG. DIZ. 37 S. 1553 u.RG. HRR. 1935 Nr. 1114. — Wegen einer durch Vergleich erledigten Beleidigung kann ein Bußanspruch nicht mehr erhoben werden. E. 66 S. 30. Der Bußanspruch wird durch die Vorschriften der RBO. (§ 898) beseitigt oder modifiziert. Frank Anm. III zu § 231 StGB. Die Buße verjährt gleichzeitig mit dem Strafanspruch. E. 44 S. 294. 37) Minderjährige können sich wegenZuerkennung einer Buße nicht selbständig als Nebenkläger anschließen. GA. 38 S. 455; auch nicht der Ehemann der Verletzten. E. 30 S. 77. Celle GA. 61 S. 368. 38) Der Antrag ist an keine Form gebunden und kann schriftlich und münd­ lich gestellt werden. R. 7 S. 616 E. 13 S. 186. Es genügt schriftl. Antrag, der in der Hauptverh. zu verlesen u. über den zu entscheiden ist, auch wenn Antrag steller ausbleibt. E. 32, 346. Der Strafrichter kann in der Hauptsache erkennen und die Entscheidung über die Buße im Strafverfahren unterlassen, wenn diese letztere Angelegenheit noch nicht spruchreif ist. R. 4 S. 223. Die Ablehnung des Antrages kann er­ folgen, wenn die Sache spruchreif ist, die Unterlagen für die Bemessung deS An­ spruchs aber noch nicht gegeben sind. E.6 S.398. E. 60,12. Löwe Anm. 2 Abs. 2. Aber er kann den Anspruch nicht lediglich aus dem Grunde ablehnen, weil die Höhe des Schadens nicht habe zuverlässig festgestellt werden können. R. 4 S. 590. Ablehnung ist zu begründen. JurW. 61 S. 3080. 39) Der Antrag kann auch noch gestellt werden, wenn das Urteil in einerhöheren Instanz aufgehoben und die Sache in die erste Instanz zurückgewiesen ist. E. 15 S. 439; auch im Wiederaufnahmeverfahren. E. 41 S. 104. Der Buß­ antrag, der vom AG. übergegangen ist, kann vor dem Ber.-Ger. wiederholt werden, auch wenn deswegen keine Berufung eingelegt ist. BreSlau HRR. 1928 Nr. 2163. 40) Die Zurücknahme fordert eine ausdrückliche Erklärung. E. 7 S. 376. 41) Die Verurteilung des Angekl. zur Zahlung einer Buße an den Neben», wird hinfällig, wenn der Neben», stirbt, bevor das Urteil rechtskräftig wird. E. 64 S. 348. Der Vater kann als Vertreter seines Sohnes dessen An­ sprüche nach dem Tode desselben nicht mehr geltend machen. E. 29 S. 140. 42) Die ziffermäßige Begrenzung, die nur durch den Neben», oder seinen Der-

Auf einen höheren Betrag der Buße als den beantragten) die eine Strafaussetzung betreffen (§§ 10 bis 15), findet, wenn sie für sich allein angefochten werden, die so41b) AIS solche kann weitere schlechte Führung des Beschuldigten an­ gesehen werden. Francke Anm. III Abs. 3. 42) Hierhin gehören Beweisaufnahmen über den Geisteszustand des Jugend!., über die persönl. Verhältnisse seiner Familienmitglieder, tnsbes. in fittl. Beziehung oder auch Erörterungen über die Tat selbst, z. B. wenn es sich um ein dem Jugendl. zur Last gelegtes Sittlichkeitsverbrechen handelt. Begr. zu $ 31. 43) Aber nur dann, wenn das Urteil erster Instanz vom Jugendgericht erlassen ist. Begr. zu § 32. Ist bad Urteil im ordentl. Verfahren ergangen, so sind die allgemeinen Vorschriften maßgebend. Francke S. 99. Dresden JurW. 56 S. 1223. A. M. Kiesow Anm. la, der den Jugendrichter auch in diesem Fall für zuständig hält; desgl. KG. JurW. 61 S. 962 und auch wohl RG. JurW. 54 S. 996. 44) Außerdem die StA., der Verurteilte und sein gesetzl. Vertreter. 44a) Ist durch Urteil die Fürsorgeerziehung angeordnet, so hat die StA. der zur Ausführung der Fürsorgeerziehung zuständigen Stelle das rechtskräfttge Urteil mit Gründen mitzuteilen. § 16 Mitteilungsverf. 44b) Dies sind sachliche Entscheidungen, zu denen eine Unzuständigkeits­ erklärung nicht gehört. HRR. 1929 Nr. 891.

1348

C IT. Strafverfahrensordnung.

f ortige Beschwerde statt; das gleiche gilt, wenn ein Urteil nur deshalb angefochten wird, weil die Vollstreckung der Strafe nicht ausgesetzt worden ist Die Entscheidungen über die Dauer der Probezeit, die für ihre Dauer getroffenen besonderen Anordnungen (§ 12 Abs. 2) sowie die Entscheidung, daß sich das Gericht einer Entscheidung über die Fortdauer der Strafaussetzung enthalte ($ 13 Abs. 5), sind nicht anfechtbar.") 5 36. Die Strafvollstreckung steht dem Jugendrichter") zu. DaS gleiche gilt von der Ausführung einer Erziehungsmahregel, die das Gericht angeordnet hat,") sofern es sich nicht um Fürsorgeerziehung oder um Schutzaufsicht über einen Minderjährigen handelt. Gegen die Entscheidungen des Jugendrichters findet sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung statt. § 37. Gegen Fürsorgezöglinge" ft) sollen Freiheitsstrafen nur nach Anhörung der Fürsorgeerziehungsbehörde vollstreckt werden. § 38. Privatklage gegen einen Jugendlichen ist unzulässig. "b) Dies steht der Erhebung einer Widerklage nicht entgegen. Wegen einer strafbaren Handlung, die nach den allgemeinen Vorschriften im Wege der Privatklage verfolgt werden könnte, wird gegen einen Jugendlichen die öffentliche Klage auch dann erhoben, wenn ein berechtigtes Inter­ esse des Verletzten dies rechtfertigt.") 45) Unanfechtbar sind die Entscheidungen aber nur dann, wenn — ohne daß ein Streit darüber besteht, ob überhaupt eine bedingte Strafaussetzung zu gewähren ist — nur die Dauer der Probezeit oder die für ihren Lauf ge­ troffenen Anordnungen angefochten werden. E. 58 S. 200. 46) Nicht dem Rechtspfleger. AD. v. 1. März 28 (JMBl. S. 140). Siehe auch Anm. 79 zu § 451 StPO. AB. v. 6. Febr. 35 (DJust. S. 202). 47) Der Jugendrichter ist zuständig ohne Rücksicht darauf, welches Ge­ richt die Anordnung getroffen hat. Kiesow Anm. 1. Nach Francke Anm. I dagegen regelt sich, wenn die Entscheidung nicht im Jugendoerfahren getroffen ist, die Strafvollstreckung, soweit auf Strafe erkannt ist, nach § 451 StPO.; soweit auf Erziehungsmaßregeln erkannt ist, erfolgt die Ausführung nicht durch den mit der Sache nicht befaßten Jugendrichter, sondern durch das Gericht erster Instanz, dasselbe Gericht, das auch die bet der Strafvollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen erlassen hat. Eine solche Regelung mag zweckmäßig sein, entspricht aber wohl nicht dem Gesetz. — Zuständig ist nach Berlin, DIZ. 29 S. 467,30 S. 734, der Dors, des gr. IG., wenn dieses von dem kleinen IG. des Wohnsitzes des Jugendl. einen ver­ schiedenen Sitz hat. 47a) Diese Bezeichnung ist zu vermeiden und dafür die Berufsbezeichnung zu wählen. Vgl. Richtlinien Nr. 159. 47b) Sie wird aber zulässig, wenn der Besch, noch während der Antrags­ frist das 18. Jahr vollendet. KG. HRN. 1928 Nr. 1790. 48) Die Entscheidung hierüber steht im Ermessen des StA., daher hat auch hier der Verletzte nicht die Rechtsbeschwerde aus § 172 StPO. KG. DIZ. 38 S. 914 (Siehe Anm. 41.)

C II3. Jugendgerichtsgesetz §§ 39—42.

1349

§ 212 der Strafprozeßordnung findet gegenüber Jugendlichen eine Anwendung."»)

§ 39. In einem Strafbefehle") darf gegen einen Jugendlichen nur Geldstrafe, die an Stelle der Geldstrafe tretende Freiheitsstrafe sowie Einziehung ausgesprochen werden. § 40. In einer Strafverfügung") darf gegen einen Jugend­ lichen nur Geldstrafe und Einziehung festgesetzt werden. Darüber, wie die Geldstrafe in Haft umgewandelt werden soll, entscheidet") auf Antrag der Polizeibehörde, welche die Strafe fest­ gesetzt hat, der Jugendrichter, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand für die Übertretung begründet gewesen wäre.

Die §§ 14 und 15 finden Anwendung. Vor der Entscheidung sind der Jugendliche und, wenn dies ohne Verzögerung geschehen kann, das Jugendamt zu hören. Gegen den Beschluß steht der Polizeibehörde und dem Jugendlichen die sofortige Beschwerde zu. Ist eine durch Strafbescheid festgesetzte Geldstrafe in Freiheits­ strafe umzuwandeln, so finden die §§ 14 und 15 Anwendung.

§ 41. Ein Angeklagter, gegen den gemäß § 6 und § 9 Abs. 4 von Strafe abgesehen worden ist, steht für die Pflicht") zur Tragung der Auslagen einem Angeklagten gleich, der zu Strafe verurteilt worden ist.

§ 42. Die Jugendämter") haben die Tätigkeit, die ihnen dieses Gesetz zuweist (Jugendgerichtshilse), im Benehmen mit den Vereim48a) Ist der Paragraph doch unzulässigerweise angewendet, so ist in der Nechtsmittelinstanz das Verfahren einzustellen. KG. JurW. 55 S. 2228. 49) Erziehungsmaßregeln dürfen im Strafbefehl nicht angeordnet wer­ den. Erscheint dem StA. für die Straftat des Jugendlichen eine Verwarnung angezcigt, so kann er bei dem IN., falls dieser als VR. örtlich zuständig ist, be­ antragen, gemäß § 32 Abs. 2, nach Erteilung einer Verwarnung dem Absehen von Klageerhebung zuzustimmen. Francke II. Es empfiehlt sich den Straf­ befehl dem Jugendlichen auf dem Gericht in eindrucksvoller Weise zuzustellen. Lemser DRZ. 21 S. 417. 50) Siehe § 59 Polizeiverwaltungsgesetz unter E 7. 51) Vollstreckungsbehörde ist für die Geldstrafe die Polizei, für die Ersatz­ strafe der JR. § 3, StrVO. unter D 3 u. zwar derjenige JR., der zur Zeit des Antrages als Vormundschaftsrichter berufen wäre. Karlsruhe JurW. 55 S. 2234. Leistet der Bestrafte nach Abgabe der polizeil. StV. noch Zahlung, so hat die Polizei sofort dies dem zust. AG. mitzuteilen. NdErl. d. M. d. I. v. 22. Oktbr. 29 (JMBl. S. 328). Nach NdErl. d. MdI. v. 15. Febr. 33 (MBl. i. B. S. 168) zu II ist bei Jugendl. von der Festsetzg. der Zwangshaft Abstand zu nehmen. 52) Nur dann, wenn der A. auf Grund einer Hauptverhandlung für schuldig befunden ist (Begr. zu § 39), also nicht im Falle des § 32. Gl. A. wohl auch Kiesow Anm. zu § 41. A. M. Hellwig Anm. 41. 53) über die Zusammensetzung der Jugendämter stehe §§ 3 ff. des Ges. v. 29. März 24 (GS. S. 180).

1350

C II. Strafverfahrensordnung.

gungen auszuüben, die sich mit der Jugendfürsorge beschäftigen. Über das Zusammenwirken der Jugendämter mit diesen Vereinigungen können die Landesregierungen nähere Vorschriften erlassen.

Dritter Abschnitt.") $ 45. Gegen Personen, die zur Zeit der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt waren, dürfen Strafen nicht vollstreckt werden. Vermerke über Verurteilungen solcher Personen sind im Strafregister zu tilgen; soweit der Vermerk zu tilgen ist, findet § 5 des Gesetzes Über be­ schränkte Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Straf­ vermerken vom 9. April 1920 (Reichsgesetzbl. S. 507) Anwendung. Gegen Personen, die zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt waren, darf die Landespolizeibehörde die Befug­ nisse aus der Überweisung an die Landespolizeibehörde nicht mehr ausüben. Ein gegen solche Personen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung festgesetzter Verweis wird nach den bisherigen Vorschriften vollstreckt.

CH4. Gesetz über die Vereidigung durch die Parteigerichte. Vom 30. September 1936. (RGBl. I S. 853.)**)

Im Verfahren vor den Parteigerichten der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei können Zeugen und Sachverständige durch Parteirichter, die nach dem Gerichtsverfassungsgesetz die Fähigkeit zum Richteramt haben, vereidigt werden. Ein solcher Eid steht dem vor einer zur Abnahme von Eiden zu­ ständigen Behörde geleisteten Eid gleich. 54) Der dritte Abschnitt, dessen Paragraphen übergangsbesttmmungen und Gesetzesänderungen enthalten, ist bis auf § 45 fortgelassen. Die Ände­ rungen sind beim GVG., StGB. u. StPO, berücksichtigt. *) Dazu Vorläufige Richtlinien über das Verfahren bet der Abnahme des Eides vor dem Parteigerichte und die Beschränkung der Vernehmung in DJust. 1936 S. 1774.

1350

C II. Strafverfahrensordnung.

gungen auszuüben, die sich mit der Jugendfürsorge beschäftigen. Über das Zusammenwirken der Jugendämter mit diesen Vereinigungen können die Landesregierungen nähere Vorschriften erlassen.

Dritter Abschnitt.") $ 45. Gegen Personen, die zur Zeit der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt waren, dürfen Strafen nicht vollstreckt werden. Vermerke über Verurteilungen solcher Personen sind im Strafregister zu tilgen; soweit der Vermerk zu tilgen ist, findet § 5 des Gesetzes Über be­ schränkte Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Straf­ vermerken vom 9. April 1920 (Reichsgesetzbl. S. 507) Anwendung. Gegen Personen, die zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt waren, darf die Landespolizeibehörde die Befug­ nisse aus der Überweisung an die Landespolizeibehörde nicht mehr ausüben. Ein gegen solche Personen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung festgesetzter Verweis wird nach den bisherigen Vorschriften vollstreckt.

CH4. Gesetz über die Vereidigung durch die Parteigerichte. Vom 30. September 1936. (RGBl. I S. 853.)**)

Im Verfahren vor den Parteigerichten der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei können Zeugen und Sachverständige durch Parteirichter, die nach dem Gerichtsverfassungsgesetz die Fähigkeit zum Richteramt haben, vereidigt werden. Ein solcher Eid steht dem vor einer zur Abnahme von Eiden zu­ ständigen Behörde geleisteten Eid gleich. 54) Der dritte Abschnitt, dessen Paragraphen übergangsbesttmmungen und Gesetzesänderungen enthalten, ist bis auf § 45 fortgelassen. Die Ände­ rungen sind beim GVG., StGB. u. StPO, berücksichtigt. *) Dazu Vorläufige Richtlinien über das Verfahren bet der Abnahme des Eides vor dem Parteigerichte und die Beschränkung der Vernehmung in DJust. 1936 S. 1774.

6115. Ges. ü. die Dcinehm. v. Angel) d. NLDAP. u. ihrer Glüderungen. 1351

CII5. Gesetz über die Vernehmung von Angehörigen -er Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen.*) Vom 1. Dezember 1936.

(RGBl. I S. 994.) § 1.

(1) Unterführer der Nationalsozialistischen Deutschen Ar­

beiterpartei und ihrer ©iiebeningen1), die die Amtstätigkeit eines

Stützpunktleiters, eine dieser gleichstehende oder eine höhere Amts­ tätigkeit au3tibenla), dürfen über Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur

Amtsverschwiegenheit?) bezieht), als Zeugen oder Sachverständiges

nur mit Genehmigung^) vernommen werben«). *) Sonderveröffenllichung der DIust. Nr. 15.

Zu § 1. 1) § 2 der DurchfVO. vom

25

I S. 5.02 .

la) Das sind die in § 1 der AusfVO. vom 2. Dezbr. 36 (NGVl. I S. 997) Genannten. 2) Grundlage der Schweigepflicht ist die unter Nr. 1 der 1. Dienst­ anweisung des Stellvertr. des Führers vom 2. Dezbr. 36 (DIust. S. 1834) getroffene Anordnung. 3) Geheimhallungsbedürftige Tatsachen, die die Unterführer usw. auf Grund ihrer Stellung erfahren haben. Amt!. Erläuterung in DIust. 1936 S. 1833. 4) Die Vernehmung Beschuldigter ist nicht geregelt. Als Zeugenver­ nehmung ist auch die Anhörung und die dienstliche Äußerung von Auskunfts­ personen jeder Art anzusehen. Amtl. Erl. 5) Bestehen Zweifel über die Grenzen der Verschwiegenheitspflicht (Nr. 1 und 2 der 1. Dienstanweisung), so ist unverzüglich, jedenfalls möglichst noch vor Verhandlung in der der Zeuge oder Sachverständige vernommen werden soll, unter Darstellung des Sachverhalts die Stellungnahme der zur Erteüung der Genehmigung berufenen Stelle (Stellvertr. des Führers oder Gauleiter — § 3 der AusfVO. —, Neichsschatzm. u. Chef des Sicherh.hauptamts — 2. Dienstanweisung vom 22. Septbr. 37, DIust. S. 1598 —) durch die vernehmende Stelle einzuholen (vgl. § 2 des Ges.). Diese wird die Auf­ fassung, daß die Genehmigung erforderlich ist, daß also die Verschwiegenheits­ pflicht sich auf den Gegenstand der Vernehmung bezieht, zu beachten haben. AusfVO. vom 2. Dezbr. 36 (DIust. S. 1833). Dies ist für die Entscheidung des Stellvertr. des Führers in Nr. 2 Abs. 4 letzter Satz besonders aus­ gesprochen. 6) Das Gesetz güt für Vernehmungen durch sämtl. staallichen Behörden (Gerichte aller Art, StA., Polizei) und sonstige Stellen, die Zeugen und Sach­ verständige vernehmen können (Fürsorge- u. a. Wohlfahrtsstellen) — vgl. Anm. 4. —, jedoch nicht für Parteigerichte und die Parteistellen selbst, deren Verfahren innere Parteiangelegenheit ist (Amtl. Erl.).

1352

C II. Strafverfahrensordnung.

(2) Dasselbe gilt für Angehörige der Parteigerichte') und des Sicherheitsdienstes der SS.°). (3) Angehörige der Nationalsozialistischen Teutschen Arbeiter­ partei oder ihrer Gliederungen dürfen als Zeugen oder Sachverstän­ dige nur mit Genehmigung vernommen werden, soweit sie über dienst­ liche schriftliche oder mündliche Anordnungen, Verhandlungen oder Mitteilungen') aussagen sollen, die im Einzelfall von der zuständigen (Steife10 78 ) 9 bei der Bekanntgabe als geheim oder vertraulich bezeichnet worden sind11).12 (4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten auch nach dem Ausscheiden aus der Partei, der Gliederung oder dem Amt.") § 2. (1) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Ablegung des Zeugnisses oder die Abgabe des Gutachtens dem Wohl des Reiches Nachteile bereiten würde.1) 7) Angehörige der Parteigerichte sind die Vorsitzenden, Beisitzer und Hilfsbeisitzer, § 4 Abs. 1 der AusfBO. 8) Angehörige des Sicherheitsdienstes sind diejenigen, welche auf Grund eines Ausweises ihrer Dienststelle die Dienstkleidung mit dem Kennzeichen SD. zu tragen berechtigt sind. § 4 Abs. 2 der AusfVO. 9) Es ist zu unterscheiden zwischen den privaten Beobachtungen und Wahrnehmungen des Zeugen oder Sachverständigen u. dem, was er dienstlich über den Vorfall erfahren hat. Amtl. Erl. Tie Tatsache allein, daß ein Angehöriger der Partei oder einer Gliederung aussagen soll, macht einen Vorgang nicht zum dienstlichen, wenn der Vorgang im übrigen dem Privat­ leben angehört. Nr. 2 Abs. 3 der 1. Dienstanweisung. 10) Die Stellen sind in § 2 der AusfVO. aufgeführt. Diese Stellen können auch dienstliche Vorgänge aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes (4. Dezbr. 36) als geheim oder vertraulich be­ zeichnen. § 2 Abs. 2 AusfVO. 11) Sinnt, io Ms. 2 Nach Nr. 2 Abs. 1 Ziff. 3 der 1. Dienstanweisung kommen noch solche dienstlichen Vorgänge aus der Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes hinzu, mit deren Geheim- oder Vertraulicherklärung zu rechnen ist. Eine allgemeine Vertraulichkeitserklärung für gewisse Personengruppen und Angelegenheiten, die sich nicht auf bestimmte Vorgänge bezieht, ist un­ zulässig. Nr. 4 Ms. 3 der 1. Dienstanweisung. 12) Dies ergibt sich aus der Natur der Verschwiegenheitspflicht, die als Treupflicht zeitlich nicht beschränkt sein kann. Amtl. Erl. Zu 8 2. 1) Das Gesetz stellt es in das pflichtmäßige Ermessen der zur Entschei­ dung berufenen Stelle, nach Prüfung des Sachverhalts und der Begleit­ umstände über die Erteilung und den Umfang der Genehmigung zu befinden. Aus der Einheit von Staat und Partei folgt, daß dabei das Wohl der Partei dem Wohle des Reiches gleichzuachten ist (Amtl. Erl.). Vor der Entscheidung über die Genehmigung oder vor der Stellung­ nahme zur Frage, ob eine Genehmigung erforderlich ist, sind beteiligte Dienst­ stellen der Partei oder ihrer Gliederungen von der zur Erteilung der Ge­ nehmigung berufenen Stelle zu hören. Nr. 6 der 1. Dienstanweisung und AB. v. 2. Dezbr. 36 letzter Msatz. Gehört ein zu Vernehmender mehreren

CII5. Ges. ü. die Vernehm, v. Ängeh. d. NSDAP. ll. ihr^r Gliederungen.

1353

(2) Die Genehmigung ist durch die vernehmende Stelle einzu­ holens, soweit sie nicht schon von dem Zeugen oder Sachverständigen beigebracht ist,-') ihre Erteilung ist dem Zeugen oder Sachverständigen vor der Vernehmung bekanntzugeben.

§ 3. Der Stellvertreter des Führers erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz die zur Ausführung dieses Gesetzes er­ forderlichen Vorschriften und Übergangsbestimmungen. Er bestimmt

insbesondere, für welche Unterführer die §§ 1 und 2 gelten, welche

Stellen über die Genehmigung entscheiden und welche Stellen dienst­ liche Anordnungen, Verhandlungen oder Mitteilungen als geheim oder vertraulich bezeichnen sönnen.1) Tätigkeitsbereichen der Partei, ihrer Gliederungen oder Verbänden an, so ist die zur Entscheidung über die Aussagegenehmigung berufene Stelle in der Lage, die Aussage in derartigen Fällen für genehmigungsbedürftig zu er­ klären. Amtl. Erl. Die Versagung der Genehmigung durch den Gauleiter kann durch Be­ schwerde an den Stellvertr. des Führers angefochten werden, der nach Nr. 2 Abs. 4 der 1. Dienstanweisung Bericht verlangt, wenn keine einheilliche Auf­ fassung erzielt wird. In diesen Fällen ist auch an RIM. auf dem Dienstwege zu berichten, ebenso wenn sich bei der Durchführung des Gesetzes Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten ergeben. AB. v. 2. Dezbr. 36. 2) Soweit die allgemeinen Gerichte in Frage kommen, hat der Ge­ richtsvorsitzende, nicht der StA. die Genehmigung einzuholen. 3) Die Parteidienststellen wirken darauf hin, daß die Zeugen und Sach­ verständigen sich schon vor der Vernehmung um die Entscheidung über die Genehmigung bemühen und eine vorher erteilte schriftliche Genehmigung bei der Vernehmung oder mit dem Gutachten der vernehmenden Stelle vor­ legen. Nr. 7 der Dienstanweisung. Ebenso wird die vernehmende Stelle darauf zu sehen haben, daß die etwa erforderliche Genehmigung rechtzeitig erteilt wird. Soweit der Zeuge und Sachverständige zur Vernehmung geladen oder bestellt wird, ist, wenn die Aussagegenehmigung in Frage kommt, darauf hinzuweisen, daß die Ge­ nehmigung nachzusuchen sein wird, oder dem Vernehmenden aufzugeben, solche Umstände rechtzeitig mitzuteilen, die die Genehmigung erforderlich machen sollten.

Zu 8 3. 1) AusfVO. v. 2. Dezbr. 36 (RGBl. I S. 997).

1354

C II. Strafverfahrensordnung.

CH6. Auszug aus dem Einführungsgesetz zur MiMärstrafgerichlsordnung. Vom 29. September 1936. (RGBl. I S. 751.) t) § 1. Die Militärgerichtsbarkeit wird am 1. Januar 1934 allgemein wieder eingeführt*). An diesem Tage tritt die Militärstrasgerichtsordnung in der nachfolgenden Fassung in Kraft. § 2. (1) Die an diesem Tage bei den allgemeinen Strafverfol­ gungsbehörden und Gerichten anhängigen Strafverfahren, die unter die Militärstrafgerichtsordnung fallen, gehen in der Lage, in der sie sich befinden, auf die militärischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte fttier.1) (2) Ist jedoch in einem solchen Strafverfahren bereits ein Urteil, ein amtsrichterlicher Strafbefehl oder eine polizeiliche Strafverfügung ergangen, so bleiben für das weitere Verfahren die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung maßgebend. Dasselbe gilt für anhängige Privatklageverfahren, auch wenn noch kein Urteil ergangen ist.2) (3) Ist in den nach Abs. 1 auf die militärischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte übergehenden Strafverfahren bereits ein Be­ schluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens ergangen, so tritt er Schrifttum: Dietz-Hülle, Die MStGO., 2. Aufl. 1937.

Zu§ 1.

1) Die MStGO. v. 1. Dezbr. 98 (RGBl. S. 17 9hm 20

galt nach Aufhebung 1579

— RGBl. S. und 11. Marz 21 229 BO. v. 27. Oktbr. 23 — RGBl. I S. 999 —) nur noch für das Strafverfahren in Kriegszeiten und gegen die Angehörigen der Reichsmarine, die an Bord von in Dienst gestellten Kriegsschiffen eingeschifft sind (§ 434 StPO. a. F.). Sie wurde durch das Ges. v. 22. Febr. 26 (RGBl. I S. 103) und durch die Marinestrafvollstreckungsordnung v. 28. Dezbr. 26 (RGBl. 1927 I S. 1) ergänzt. Nach § 1 des Ges. v. 12. Mai 33 (RGBl. I S. 264) ist die Militärge­ richtsbarkeit auf der Grundlage der alten MStGO. allgemein wieder einge­ führt worden. Der Wortlaut der MStGO. und dessen EinfGes. sind am 4. Novbr. 33 (RGBl. I S. 921) bekannt gemacht worden; dazu kamen AusfBest. v. 21. Novbr. 33 (RGBl. I S. 989). Die MStGO. ist durch Ges. v. 23. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1165) und v. 9. Oktbr. 35 (RGBl. I 5. 1223) geändert worden. Die vorliegende Fassung des Ges. beruht auf der in § 2 des Ges. über die Wiedereinrichtung eines Obersten Gerichtshofs der Wehrmacht v. 26. Juni 36 (RGBl. I S. 517) erteilten Ermächtigung. der Militärstrafgerichtsbarkeit (Ges. v.

Zu 8 2. 1) Haftbefehle sind neu zu erlassen, Anklageschriften zu fertigen. 2) Siehe aber 8 5 Abs. 2 MStGO. unter C II 7.

6116. EiuführungSges. zur Mllitärstrafgerichtsordn. §§ 3, 5, 8—10.

1355

für das weitere militärgerichtliche Verfahren an die Stelle der An­ klageverfügung.») § 3. Für die Wiederaufnahme eines vor dem Inkrafttreten der Militärstrafgerichtsordnung (§ 1) durch rechtskräftiges Urteil ge­ schlossenen Verfahrens gelten die Vorschriften der Militärstrafgerichts­ ordnung, wenn das rechtskräftig? Urteil im militärgerichtlichen Ver­ fahren ergangen war?) § 5. (1) Das Oberst? Gericht der Wehrmacht heißt Reichskriegs­

gericht?) (2) Im übrigen führen in Ausübung der Militärgerichtsbarkeit die Gerichtsherrn mit den ihnen zugeordneten richterlichen Militär­ justizbeamten C 10 der Militärstrafgerichtsordnung) die Bezeichnung „Gericht" mit Angabe der militärischen Dienststelle?) Das Nähere bestimmt der Reichskriegsminister?) § 8. Einer richterlichen Handlung im Sinn des § 68 des Straf­ gesetzbuchs steht gleich jede Handlung, die ein militärisches Gericht (§ 5) oder ein Untersuchungsführer oder Vertreter der Anklage wegen der begangenen Tat gegen den Täter gerichtet hat. $ 9. (1) Wer die ihm nach § 238 der Militärstrafgerichtsordnung auferlegte Pflicht der Geheimhaltung durch unbefugte Mitteilung verletzt, wird mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Gegen Soldaten tritt Freiheitsstrafe ($ 16 des Mlitärstrafgesetzbuchs) bis zu sechs Monaten ein. (2) Soweit im militärgerichtlichen Verfahren die Öffentlichkeit

wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen war (§ 234 Ais. 1 der Militärstrafgerichtsordnung), dürfen Berichte über die Ver­ handlung nicht durch die Presse veröffentlicht werden. Das gleiche gilt arch nach Beendigung des Verfahrens für die Veröffentlichung der ArNageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke des Verfahrens. Zrwiderhandlungen unterliegen der im Abs. 1 bestimmten Strafe. § 10. Bis auf weiteres stehen den Steuerzuwiderhandlungen im Snn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Militärstrafgerichtsordnung gleich

3) Vgl. dazu § 5 Abs. 3 MSLGO. Zu § 3. 1) Es kommen für die Zeit bis 1. Jan. 34 nur Urteile des Gerichts des aten Heere- und der Reichsmarine in Frage (vgl. Anm. zu § 1). Die allge­ meinen Gerichte bleiben zuständig, auch wenn ihr Urteü nach dem 1. Jan. 34 rehtskräftig geworden ist. In solchen Fällen haben die allgemeinen Gerichte üler die Zulässigkeit der WA. zu befinden; die erneute Hauptverhandlung fndet vor dem Kriegsgericht statt. SM 5. 1) Es hat seinen Sitz in Berlin. § 39 MStGO. 2) Insoweit zeichnet der richterliche Beamte: Im Auftrage. 9) Bgl. dazu die AuSfBest. v. 21. Novbr. 33 (RGBl. I S. 989).

1356

C IL Strafverfahrensordnung.

1. Devisenzuwiderhandlunge n, 2. Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz gegen Verrat der deut­ schen Volkswirtschaft vom 12. Juni 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 360).') § 11 In den Fällen, in denen nach § 42 des Strafgesetzbuchs oder nach anderweiten gesetzlichen Bestimmungen aus Einziehung, Ver­ nichtung oder Unbrauchbarmachung von Gegenständen selbständig erkannt werden kann, gelten, wenn im Fall der Verfolgung einer be­ stimmten Person die Militärgerichtsbarkeit begründet sein würde, die Bestimmungen der §§ 430 bis 432 der Strafprozeßordnung. Den Antrag hat der Gerichtsherr') bei dem Gericht zu stellen, in dessen Bezirk die strafbare Handlung begangen ist oder sich die Gegenstände befinden.

§ 12. (1) Für die Berufstätigkeit der im militärgerichtlichen Ver­ fahren austretenden Rechtsanwälte (§ 291 Abs. 1 Nr. 4 der Militärstrafgerichtsordnung) gelten § 150 der Strafprozeßordnung') und die Gebührenordnung für Rechtsanwälte') entsprechend. (2) Im Sinn der §§ 63, 67 der Gebührenordnung für Rechts­ anwälte') steht das Reichskriegsgericht den dort genannten höheren Gerichten gleich. § 13. Geht nach den gesetzlichen Bestimmungen die Vollstreckung einer militärgerichtlichen Freiheitsstrafe gegen einen Soldaten oder Wehrmachtbeamten auf die allgemeinen Behörden über,') so ist für die

Strafvollstreckung zuständig die Staatsanwaltschaft bei dem Land­ gericht, zu dessen Bezirk der Standort des Verurteilten gehört. Be­ findet sich der Verurteilte in Haft, so hat auf Ersuchen des Gerichts­ herrn die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht die Vollstreckung zu übernehmen, zu dessen Bezirk der Haftort des Verurteilten gehört. Befindet sich ein Verurteilter nicht im Inland, so ist die Staatsanwalt­ schaft zuständig, die mit dem geringsten Aufwand an Überführungs­ kosten erreicht werden kann. Gerichtsherr.

Die Bestimmung hierüber trifft der

ZuH 1) Vgl. dazu § 2 MStGO. Zu § 11. 1) Der Antrag ist vom richterlichen Militärjustizbeamten mitzuunter­ zeichnen. § 17 Abs. 2 MStGO.

Zu § 12. 1) Es handelt sich nur um zum Verteidiger bestellte Rechtsanwälte. Die Kosten für den Wahlverteidiger hat der Beschuldigte selbst zu tragen. § 431 Abs. 2 MStGO. 2) GebO. v. 5. Juli 1917 (RGBl. I S. 152). Zu § 13. 1) Siehe § 416 Ws. 2 MStGO. u. § 70 StVO, unter D 3.

CII6. EinführungSgef. zur MllitärstrafgerichtSordn. 88 14 u. ,16

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§ 14. Ordnungsstrafen und Zwangsmaßnahmen, die gegen An­

gehörige der Wehrmacht als Zeugen oder Sachverständige nach §§ 51, 70, 77 der Strafprozeßordnung oder nach §§ 380, 390, 409 der Zivil­ prozeßordnung erforderlich werden/) sind von den allgemeinen Ge­ richten festzusetzen und, soweit sie nicht in Freiheitsentziehung be­ stehen/) zu vollstrecken; anderenfalls haben sie die Militärbehörden2) um die Vollstreckung zu ersuchen. Rechtshilfe.

§ 16. (1) In Strafsachen haben die allgemeinen Gerichte den militärischen (Steri^ten1) und diese jenen Rechtshilfe2) zu leisten.2) (2) Das Rechtshilfeersuchen eines militärischen Gerichts ist an das Amtsgericht zu richten, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorge­ nommen werden soll.4) (3) Das Rechtshilfeersuchen eines allgemeinen Gerichts ist an das militärische Gericht zu richten, in dessen Bezirk die Amtshandlung vor­

genommen werden soll. Besteht kein örtlicher Bezirk, so ist das Er­ suchen an das militärische Gericht zu richten, das der zu vernehmenden Person oder dem Ort, wo die auszusührende Handlung vorzunehmen ist, am nächsten ist. (4) Das Ersuchen darf nur abgelehnt werden, wenn das ersuchte Gericht nicht zuständig oder die vorzunehmende Handlung nach dem Recht der ersuchten Stelle verboten ist?) Lehnt ein Amtsgericht ab, kann Beschwerde an das Oberlandesgericht, lehnt ein militärisches Gericht ab, kann Beschwerde an das nächsthöhere Gericht, im mobilen Verfahren an das Reichskriegsgericht, eingelegt werden. Erklärt das

Zu § 14. 1) Dazu kommen die nach §§ 177, 178 GBG- festzusetzenden Strafen, von denen die Haftstrafe auch vom allgemeinen Gericht zu vollstrecken ist. Hülle, DRG. 1935 S. 175 und Dietz-Hülle Anm. 2. 2) Ausfbest. v. 21. Novbr. 33 (RGBl. I S. 989). Zu § 16. 1) Vgl. § 5. 2) Die Rechtshilfe umfaßt alle gesetzlich zulässigen Amtshandlungen, gleichviel, ob sie zur eigenen sachlichen Zuständigkeit der ersuchenden Behörde gehören (Rechtshilfe i. S. des § 156ff. GVG.) oder nicht (sog. Amtshilfe) RGSt. 52, 20. 3) Ausfbest. v. 21. Novbr. 33 (RGBl. I S. 989). 4) Bestimmt in §§ 68 Abs. 3, 96, 97, 101, 173, 174, 206, 207, 219, 220, 330, 403 MStGO. Rechtshilfeersuchen an die StA. ist in § 85 (Bewirkung einer Zustellung) und in § 96 vorgesehen. 5) Die Amtshandlung (auch Zwangsgewalt) hat nach dem Verfahrens­ recht des ersuchten Gerichts zu erfolgen.

1358

C II. SkasversahrenSordnung.

Beschwerdegericht die Rechtshilfe für unzulässig, so kann weitere Be­ schwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts an das Reichs­ gericht, gegen die Entscheidung des Oberkriegsgerichts an das Reichs­ kriegsgericht eingelegt werden. Die Entscheidungen ergehen ohne mündliche Verhandlung. (5) Kosten der Rechtshilfe werden von der ersuchenden Stelle nicht erstattet.

§ 17. (1) Ist ein Angeklagter sowohl durch ein militärisches wie durch ein allgemeines Gericht in einer denselben Gegenstand betreffenden Strafsache abgeurtellt worden, so gilt das Urteil,1) das zuerst die Rechtskraft erlangt hat. (2) Ist in einer bei einem militärischen Gericht anhängigen Unter­ suchung durch nicht mehr anfechtbare Entscheidung die Unzuständigkeit der militärischen Gerichte ausgesprochen worden, weil die Sache zur Zuständigkeit der allgemeinen Gerichte gehöre,1) so dürfen sich diese in der Sache nicht mehr deshalb für unzuständig erklären, weil die Militärgerichtsbarkeit Platz greife. (3) Das entsprechende gilt für die militärischen Gerichte, wenn allgemeine Gerichte durch nicht mehr anfechtbare Entscheidungen die Unzuständigkeit ausgesprochen haben, weil die Sache zur Zuständigkeit der militärischen Gerichte gehöre1). § 18. (1) Soll ein Wehrmachtangehöriger auf Ersuchen einer ausländischen Regierung zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung ausgeliefert oder durch das Gebiet des Deutschen Reichs durchgeliefert werden, so übernimmt die im Deutschen Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929 (Reichsgesetzbl. 1929 I S. 239; 1930 I S. 28; 1933 I S. 618)1) dem Oberreichsanwalt und dem Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht zugewiesenen Aufgaben der Oberreichskriegsanwalt. Die im Deutschen Auslieferungsgesetz vorgesehenen richterlichen Auf­ gaben erledigt an Stelle des Oberlandesgerichts und des Reichs­ gerichts das Reichskriegsgericht, an Stelle des Vorsitzenden des Strassenats des Oberlandesgerichts der Präsident des zuständigen Senats des Reichskriegsgerichts, an Stelle des Amtsrichters der zuständige richterliche Militärjustizbeamte. Zu § 17. 1) Strafverfügung — polizeiliche (§ 413 StPO.) oder des Gerichts­ herrn (§ 300 MStGO.) — und Strafbefehl (§ 407 StPO.) genügen nicht. 2) Die gewöhnlichen Etnstellungsverfügungen des- Gerichtsherrn ge­ hören nicht hierher. 3) In den Fällen der §§ 204, 210, 270, 328, 355, 383 StPO. Zu § 18. 1) Abgedruckt unter D 7.

C II 7. Auszug aus der Militärstrafgerichtsordnung § 1.

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(2) Das gleiche gilt für die Herausgabe von Gegenständen, wenn sich die Gegenstände im Gewahrsam einer Dienststelle der Wehrmacht oder eines Wehrmachtangehörigen befinden, und für die sonstige Rechtshilfe in Strafsachen, wenn sie durch eine Dienststelle der Wehr­ macht zu leisten ist. § 19. Der Reichskriegsminister kann den richterlichen Militärjustizbeamten auch außerhalb der Militärstrafrechtspflege dienstliche Verrichtungen rechtlicher Art in Angelegenheiten der Wehrmacht übertragend)

CII7. ÄuöMg aus der Militarftrafgerichtsordnmly*). Vom 29. September 1936. (RGBl. I S. 755)

§ 1. Der Militärgerichtsbarkeit*) sind, soweit dieses Gesetz nicht anders bestimmt, wegen aller strafbaren Handlungen-) unterstellt?) 1. die Soldaten*) und Wehrmachtbeamten;*)*) Zu § 19. 1) AusfBest. v. 21. Novbr. 33 (RGBl. I S. 989) und Nr. 21 MilDGO Rechtliche Stellung der Militärjustizbeamten Nr. 4 ff. MllDGO. ♦) Siehe Anm. 1 zu 8 1 des EinfGes. zur MStGO. unter CII6.

Zu§l. 1) Die Militärgerichte sind Sondergerichte. Soweit die Wehrmachts­ angehörigen nicht Beschuldigte sind, haben sie ihrer Erscheinungs-, Aussageund Eidespflicht vor den allgemeinen Gerichten und ihrer Gestellungspflicht vor den Polizeibehörden zu genügen. 2) Hinsichtlich Ordnungsstrafen und Zwangsmaßnahmen sind auch andere Behörden zuständig. § 14 EinfGes. 3) Die Zuständigkeit ist Prozeßvoraussetzung und somit in jeder Lage des Verfahrens (§§ 96 Abs. 4, 278, 356) von Amts wegen zu prüfen. RMG. 15, 145. RGSt. 68, 120. Zuständigkeitsstreit § 17 EinfGes. Das Verfahren gegen Abwesende, die sich nach §§ 140,140a und 140b StGB, der Wehrpflicht entzogen haben, ist in § 434ff. StPO, behandelt. 4) Das sind die im aktiven Wehrdienst (§ 7 Abs. la Wehrges. v. 21. Mai 35 — RGBl. I S. 609 —) stehenden Offiziere, Unteroffiziere und Mann­ schaften. § 21 Abs. 2 a. a. O. Die Dauer der aktiven Dienstpflicht beträgt 2 Jahre. Erl. v. 24. Aug. 36 (RGBl. I S. 706). Den Vorschriften für Soldaten kann der Reichskriegsminister die im Bereich der Wehrmacht angestellten Privatpersonen unterwerfen. § 35 Wehrges.

C II 7. Auszug aus der Militärstrafgerichtsordnung § 1.

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(2) Das gleiche gilt für die Herausgabe von Gegenständen, wenn sich die Gegenstände im Gewahrsam einer Dienststelle der Wehrmacht oder eines Wehrmachtangehörigen befinden, und für die sonstige Rechtshilfe in Strafsachen, wenn sie durch eine Dienststelle der Wehr­ macht zu leisten ist. § 19. Der Reichskriegsminister kann den richterlichen Militärjustizbeamten auch außerhalb der Militärstrafrechtspflege dienstliche Verrichtungen rechtlicher Art in Angelegenheiten der Wehrmacht übertragend)

CII7. ÄuöMg aus der Militarftrafgerichtsordnmly*). Vom 29. September 1936. (RGBl. I S. 755)

§ 1. Der Militärgerichtsbarkeit*) sind, soweit dieses Gesetz nicht anders bestimmt, wegen aller strafbaren Handlungen-) unterstellt?) 1. die Soldaten*) und Wehrmachtbeamten;*)*) Zu § 19. 1) AusfBest. v. 21. Novbr. 33 (RGBl. I S. 989) und Nr. 21 MilDGO Rechtliche Stellung der Militärjustizbeamten Nr. 4 ff. MllDGO. ♦) Siehe Anm. 1 zu 8 1 des EinfGes. zur MStGO. unter CII6.

Zu§l. 1) Die Militärgerichte sind Sondergerichte. Soweit die Wehrmachts­ angehörigen nicht Beschuldigte sind, haben sie ihrer Erscheinungs-, Aussageund Eidespflicht vor den allgemeinen Gerichten und ihrer Gestellungspflicht vor den Polizeibehörden zu genügen. 2) Hinsichtlich Ordnungsstrafen und Zwangsmaßnahmen sind auch andere Behörden zuständig. § 14 EinfGes. 3) Die Zuständigkeit ist Prozeßvoraussetzung und somit in jeder Lage des Verfahrens (§§ 96 Abs. 4, 278, 356) von Amts wegen zu prüfen. RMG. 15, 145. RGSt. 68, 120. Zuständigkeitsstreit § 17 EinfGes. Das Verfahren gegen Abwesende, die sich nach §§ 140,140a und 140b StGB, der Wehrpflicht entzogen haben, ist in § 434ff. StPO, behandelt. 4) Das sind die im aktiven Wehrdienst (§ 7 Abs. la Wehrges. v. 21. Mai 35 — RGBl. I S. 609 —) stehenden Offiziere, Unteroffiziere und Mann­ schaften. § 21 Abs. 2 a. a. O. Die Dauer der aktiven Dienstpflicht beträgt 2 Jahre. Erl. v. 24. Aug. 36 (RGBl. I S. 706). Den Vorschriften für Soldaten kann der Reichskriegsminister die im Bereich der Wehrmacht angestellten Privatpersonen unterwerfen. § 35 Wehrges.

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C II. Strafverfahrensordnung.

2. die Schiffsangestellten (§ 166 ALs. 1 des Militärstrafgesetzbuchs); 3. die an Bord eines Schiffes dienstlich eingeschifften Personen, solange sich das Schiff im Kriegszustand befindet (§ 166 Abs. 2 des Militärstrafgesetzbuchs); 4.75) 6in Kriegszeiten außerdem: a) die Angehörigen des Gefolges (§§ 155, 157 Abs. 2 des Militärstrafgesetzbuchs); b) die zur kriegführenden Wehrmacht zugelassenen auslän­ dischen Offiziere (§ 157 Abs. 1 des Militärstrafgesetzbuchs), wenn der Führer und Reichskanzler nicht anders be­ stimmt hat; c) die Kriegsgefangenen (§ 158 des Militärstrafgesetzbuchs). § 2. (1) Den allgemeinen Behörden bleibt die Untersuchung und Entscheidung^) überlassen: 1. wegen Steuerzuwiderhandlungen (einschließlich Zollzuwiderhandlungen/) und der mit ihnen rechtlich zusammentreffenden strafbaren Handlungen gegen die allgemeinen Strafgesetze; 2. wegen Zuwiderhandlungen gegen sonstige Finanzgesetze/) gegen Polizei-/) Jagd-/) Fischereigesetze/)7) wenn sie nur 5) Wehrmachtsbeamte sind Reichsbeamte, die dem Reichskriegsminister unterstehen und einen militärischen Rang haben. Vgl. § 7 Abs. la Ziff. 3 und 4, § 34 Wehrges. 6) Soldaten und Wehrmachtsbeamte sind Angehörige der Wehrmacht. § 21 Abs. 1 Wehrges. Uber die Dauer ihrer Zugehörigkeit zur Wehrmacht siehe § 21 Abs. 3 a. a. O. 7) Zu diesen unter Ziff. 1 bis 4 aufgeführten der militärischen Befehls­ gewalt unterworfenen Personen kommen noch die in §§ 4 und 7 genannten, auf die sich die Militärgerichtsbarkeit erstreckt; ferner sind durch Erl. des RKM. u. ObBefehlsh. d. WM. v. 15. Juni 37 (AB. d. RIM. v. 8. Dez. 37 — DJust. S. 1946 —) die Angestellten der Wehrmacht, die verab­ schiedete Offiziere oder Offiziere des Beurlaubtenstandes sind, wegen aller strafbaren Handlungen, die sie vor ihrer Anstellung in der Wehrmacht begangen haben oder während des Angestelltenverhältnisses begehen, der Militärgerichtsbarkeit unterworfen.

Zu 8 2. 1) Auch die Strafvollstreckung, soweit auf Geldstrafe und Einziehung erkannt wird. Hinsichtlich des Vollzugs der verwirkten Freiheitsstrafe gilt § 416. 2) Siehe § 392 RAbgO. und §§ 134 VZG. Denen stehen die in § io EinfGes. aufgeführten Zuwiderhandlungen gleich. 3) Finanzgesetze behandeln die öffentlichen Abgaben oder sonstige ledig­ lich geldliche Belange von Reich, Staat oder Gemeinde. RMG. 9, 138. 4) In Polizeigesetzen sind nur formelle Zuwiderhandlungen, die sich gegen Ordnung und Sicherheit richten, mit Strafe bedroht. Gleichgültig ist, welches Gesetz die Strafbestimmungen enthält. 5) Reichsjagdgesetz unter 8X1. 6) Preuß. Fischereigesetz unter E 3.

C II 7. Auszug aus der Militärstrafgerichtsordnung § 3.

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mit Geldstrafe*) und Einziehung oder mit einer dieser Strafen bedroht sind. (2) Die Zuständigkeit der allgemeinen Gerichte entfällt für die im Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Zuwiderhandlungen, wenn mit ihnen eine strafbare Handlung gegen das Militärstrafgesetzbuch, für die im Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Zuwiderhandlungen, wenn mit ihnen eine andere strafbare Handlung gegen die allgemeinen Strafgesetze oder eine strafbare Handlung gegen das Militär­ strafgesetzbuch rechtlich zusammentrifft.') § 3. (1) Haben sich bei einer Zuwiderhandlung gegen die all­ gemeinen Strafgesetze mehrere Personen, von denen die eine der militärischen, die andere der bürgerlichen Gerichtsbarkeit unterstellt ist, als Täter, Teilnehmer/) Begünstiger oder Hehler beteiligt/) oder sind zwischen solchen einer verschiedenen Gerichtsbarkeit unterstellten Personen wechselseitige Beleidigungen oder Körperverletzungen*) vorgekommen/) so kann*) die der Militärgerichtsbarkeit unterworfene Person dem allgemeinen Gericht zur Untersuchung und Aburteilung des Falles übergeben werden?) Wird ein Fall übergeben, so sind die allgemeinen Gerichte auch für die mit den genannten Zuwiderhand­ lungen rechtlich zusammentreffenden strafbaren Handlungen gegen die allgemeinen Strafgesetze zuständig. 7) Hierzu gehören auch Rechtsverordnungen. Dietz-Hülle, Die Militärstrafgerichtsordnung, 2. Ausl., Anm. 2 c. 8) Die allgemeine Zuständigkeit bleibt, auch wenn Freiheitsstrafe ersatz­ weise für Geldstrafe angedroht ist. 9) d. h. in Tateinheit. Bei Tatmehrheit ist getrennt zu verfahren. Dietz-Hülle a. a. O. Anm. 3. Zu 8 3. 1) Teilnehmer ist jeder, der in strafbarer Weise bei dem fraglichen Vor­ gänge und in derselben Richtung wie der andere mitgewirkt hat. RGSt. 64, 296. Fahrlässigkeit genügt. RGSt. 64, 377. Insoweit kommt auch Über­ weisung im Falle des § 230 StGB, in Frage. 2) Hierüber entscheidet der Gerichtsherr unter Mitzeichnung des Kriegs­ gerichtsrats (§ 17 Abs. 2). 3) Nicht bloß aus §§ 223, 233, sondern auch aus §§ 223 a, 224, 226, 227 StGB. 4) Auf militärische Belange kommt es an. 5) Darin liegt der Verzicht auf die Müitärgerichtsbarkeit. Die StA. und das allgemeine Gericht ist an die Beurteilung des Gerichtsherrn (Anm. 2) nicht gebunden. Die Zuständigkeit der allgemeinen Behörden bleibt, auch wenn das Verfahren gegen die Zivilpersonen eingestellt ist; sie entfällt nur im Falle des Abs. 2 oder wenn das allgemeine Gericht seine Zuständigkeit verneint. § 17 Abs. 3 EinfGes. Ebenso sind die allgemeinen Behörden für das weitere Verfahren (Wiederaufnahme, Strafvollstreckung) ausschließlich zuständig. Dalcke, Strafrecht.

30. Thifl.

86

C II. StrafverfahrenSordnung.

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(2) Die Zuständigkeit der allgemeinen Gerichte entfällt, wenn mit den Zuwiderhandlungen eine strafbare Handlung gegen das Militär­ strafgesetzbuch rechtlich zusammentrifst. § 4. Der Militärgerichtsbarkeit sind ferner Ausländer und Deutsche wegen der in den §§ 160,161 des Militärstrafgesetzbuchs bezeichneten strafbaren Handlungen und wegen der mit ihnen rechtlich zusammen­ treffenden strafbaren Handlungen gegen die allgemeinen Strafgesetze unterworfen. § 5. (1) Die Soldaten und Wehrmachtbeamten*) sind, abgesehen von den Fällen des Absatzes 2, der Militärgerichtsbarkeit auch wegen der strafbaren Handlungen unterworfen, die sie vor dem Eintritt des sie begründenden Dienstverhältnisses begangen haben. (2) Die allgemeinen Strasversolgungsbehörden und Gerichte bleiben wegen dieser strafbaren Handlungen zuständig, wenn vorher ein amtsrichterlicher Strafbefehl oder eine polizeiliche Strafverfügung zugestellt oder ein Urteil ergangen war?) Dasselbe gilt für anhängige Privatklageverfahren, auch wenn noch kein Urteil ergangen ist. (3) Wird die Militärgerichtsbarkeit begründet, so tritt ein bereits über die Eröffnung des Hauptvers ährens ergangener Beschluß für das weitere militärgerichtliche Verfahren an die Stelle der Anklageverfügung?) Wird in einem solchen Fall das die Militärgerichtsbarkeit begründende Dienstverhältnis vor Zustellung einer Strafverfügung oder vor der Aburteilung in erster Instanz wieder beendet/) so werden die allgemeinen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in jedem Fall wieder zuständig. § 6. (1) Wird das Verhältnis beendigt, das die Militärgerichts­ barkeit begründet/) so bleibt wegen der vorher begangenen strafbaren Handlungen die militärgerichtliche Zuständigkeit bestehen. (2) Sie erlischt, wenn es sich nur um Straftaten gegen die all­ gemeinen Strafgesetze handelt?) Dies gilt nicht, wenn durch die Tat

Zu 8 5. 1) Für Wehrpflichtige des Beurlaubtenstandes gilt § 7. 2) Die allgemeinen Gerichte bleiben auch für das Rechtsmittel- unt Wiederaufnahmeverfahren wie für die Strafvollstreckung (§ 416) zuständig. 3) Der Eröffnungsbeschluß kann auf Grund neuer Tatsachen zurück­ genommen werden. § 222. Die Anklageschrift der StA. verliert jede Bedeutung, eine neue ist vom Kriegsgerichtsrat anzufertigen und zu unterzeichnen (§ 205 Abs. 2). Haft­ befehle sind zu erneuern. 4) Enllassung aus besonderen Gründen. § 24 Wehrges.

Zu 8 6. 1) Siehe Anm. 4 zu § 5 und § 21 Abs. 3 Wehrges. 2) Nunmehr sind neue Haftbefehle von der StA. zu erwirken, die recht zeitig von dem Erlöschen der Militärgerichtsbarkeit zu verständigen ist.

C U 7. Auszug aus der MilitärsirafgerichtSordnung §§ 7 u. 6.

1363

oder im Zusammenhang mit ihr eine militärische Dienstpflicht verletzt

worden ist, oder wenn bereits die Anklage erhoben (§ 208) oder eine Strafverfügung zugestellt war (§§ 300 bis 302). § 7. (1) Zum aktiven Wehrdienst einberufene Wehrpflichtige des Beurlaubtenstands*1)2 und die ihnen gesetzlich gleichstehenden Per­ sonen^) sind der Militärgerichtsbarkeit wegen aller strafbaren Hand­ lungen unterstellt, außer denen, die sie vor dem Tag begangen haben, zu dem sie einberufen finb.3)4 (2) Nicht zum aktiven Wehrdienst einberufene Wehrpflichtige des Beurlaubtenstands und die ihnen gesetzlich gleichstehenden Personen sind der Militärgerichtsbarkeit unterstellt 1. wegen aller strafbaren Handlungen, die sie begehen a) während der Dauer einer Wehrversammlung, zu der sie einberufen sind,3) b) während der Zeit, in der sie sich in einer militärischen Straf­ anstalt in Untersuchungshaft oder in Strafhaft (einschließ­ lich Disziplinarstrafhaft) befinden; 2. wegen Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen, denen sie nach den §§ 6a bis 6c des Militärstrafgesetzbuchs unter­ worfen sind; 3. wegen Zuwiderhandlungen gegen die allgemeinen Straf­ gesetze über Zweikamps mit tödlichen Waffen, Herausforderung oder Annahme der Herausforderung zu solchem Zweikamps und Kartelltragen.3) (3) Bei den im Abs. 2 Nr. 2 und 3 aufgesührten Zuwiderhand­ lungen erstreckt sich die militärgerichtliche Zuständigkeit auch auf alle mit ihnen rechtlich zusammentreffenden sttafbaren Handlungen gegen die allgemeinen Sttafgesetze. § 8. (1) Die Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstands und die ihnen gesetzlich gleichstehenden Personen (§ 7 Abs. 1 und 2) sönnen1) den allgemeinen Gerichten zur Untersuchung und Aburteilung über­ geben werden,3) wenn es sich lediglich um Straftaten gegen die allZu 8 7. 1) Stehe § 7 Abs. la Ziff. 4 Wehrges., ferner BO. über die Wehrüberwachung v. 24. Nov. 37 (RGBl. I S. 1273). 2) z. B. die zum Kriegsdienst einberufenen Landsturmpflichtigen. 3) Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Einberufung. Ob ihr gefolgt ist, erscheint gleichgültig. 4) Damit ist die Müitärgerichtsbarkeit für alle deutschen Männer im Alter von 19—45 Jahren (§ 4 Wehrges.) begründet, die sich am Zweikampf beteiligen. Zu 8 8. 1) Bgl. Anm. 4 zu § 3. 2) Bgl. Anm. 5 zu § 3.

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C II. Strafverfahrensordnung.

gemeinen Strafgesetze handelt und wenn durch die Tat oder im Zu­ sammenhang mit ihr keine militärische Dienstpflicht verletzt worden ist.8) (2) Die Zuständigkeit der allgemeinen Gerichte entfällt, wenn sich ergibt, daß mit den Zuwiderhandlungen eine strafbare Handlung gegen das Militärstrafgesetzbuch rechtlich zusammentrifft.

§ 9. Während der Dauer einer Dienstleistung der zum aktiven Wehrdienst einberusenen Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstands und der ihnen gesetzlich gleichstehenden Personen dürfen die allgemeinen Behörden ohne Zustimmung der keine Unter­ suchungshaft gegen sie verfügen8) und Hauptverhandlung nur ab­ halten, wenn sie von der Verpflichtung entbunden sind, in ihr zu er­ scheinen. § 94. (1) Anzeigen strafbarer Handlungen sowie Anträge aus Strafverfolgung gegen Personen, die der Müitärgerichtsbarkeit unter­ stehen, sind von Soldaten bei ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten, von Wehrmachtbeamten bei der vorgesetzten Dienststelle des Be­ schuldigten anzubringen. (2) Für die Anbringung solcher Anzeigen und Anträge durch andere als die im Abs. 1 bezeichneten Personen sind die Vorschriften der allgemeinen Gesetze maßgebend. Es genügt jedoch auch das An­ bringen bei der vorgesetzten Dienststelle des Beschuldigten oder beim Gerichtsherrn. § 95. Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur aus Anttag einttitt, muß der Anttag aktenkundig gemacht werden. § 96. (1) Anzeigen und Anträge, die bei den Staatsanwalt­ schaften, den Amtsgerichten und den Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes angebracht werden, sind sofort an die vorgesetzte Dienstbehörde des Beschuldigten abzugeben. (2) Der militärische Vorgesetzte hat über die ihm angezeigten oder sonst zu seiner Kenntnis gelangten strafbaren Handlungen seiner Unter­ gebenen, soweit die Handlungen gerichtlich zu verfolgen sind, einen die Verdachtsgründe und Beweismittel umfassenden Tatbericht auf­ zustellen und ihn an den Gerichtsherrn einzusenden. Enthält die An3) Hierunter ist jede vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung gegen die auf einer allgemeinen oder einer besonderen Dienstvorschrift oder einem Dienstbefehl beruhenden Dienstobliegenheiten und jede vorsätzliche oder fahr­ lässige Zuwiderhandlung gegen die militärische Zucht und Ordnung zu ver­ stehen. RG. HRR. 1931 Nr. 1203.

Zu § 9. 1) AusfBest. v. 21. Novbr. 1933 (RGBl. I S. 989) zu § 14 EinfGes. 2) Verfügen umfaßt die Erwirkung und die Vollziehung der Unter­ suchungshaft, a. M. Dietz-Hülle a. a. O. Anm. 2.

C II 7. Auszug aus der MilitärstrafgerichtSordnung 88 97 u. 98.

1365

zeige die erforderlichen Angaben, so genügt ihre Vorlage an den Ge­ richtsherrn. (3) Die Staatsanwaltschaften, die Amtsgerichte, die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes sowie der mili­ tärische Vorgesetzte haben bis zum Einschreiten des Gerichtsherrn alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Ver­ dunkelung der Sache zu verhüten. Erscheint die schleunige Vornahme einer richterlichen Untersuchungshandlung erforderlich, so ist sie von dem nächsten richterlichen Militärjustizbeamten oder Amtsrichter auf Er­ suchen des militärischen Vorgesetzten, der Staatsanwaltschaft oder der Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes, äußer­ stenfalls ohne solches Ersuchen, vorzunehmen. Die Verhandlungen sind sofort an den Gerichtsherrn abzugeben.

(4) Erachtet sich der angegangene Gerichtsherr für unzuständig, oder ergibt sich seine Unzuständigkeit im Lauf des Ermittlungsver­ fahrens, so hat er die Sache an die zuständige Stelle abzugeben.

§ 97. (1) Sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß ein Soldat oder WehrmachtLeamter eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, oder wird der Leichnam eines unbekannten Soldaten oder Wehrmacht­ beamten gefunden, so sind die Polizei- und Gemeindebehörden zur sofortigen Anzeige mt die nächste Militärbehörde verpflichtet. (2) Die Bestattung ist nur auf Grund einer schriftlichen Genehmi­ gung eines richterlichen Militärjustizbeamten, im Notfall des Amts­ richters, zulässig.

§ 98. (1) Besteht der Verdacht, daß an dem Tode einer Zivil­ person eine unter Militärgerichtsbarkeit stehende Person in strafbarer Weise beteiligt ist, so sind die Zivilbehörden zur Anzeige an die Militär­ behörde verpflichtet. (2) Ist in einem solchen Fall der Verdacht, daß die unter Militär­ gerichtsbarkeit stehende Person den Tod verursacht hat, dringend, so ist die Feststellung des Sachverhalts, namentlich die richterliche Leichen­ schau- und -öffnung, dem militärischen Gericht zu überlassen. Ist der Verdacht nicht dringend, so haben zunächst die Zivilbehörden die er­ forderlichen Ermittlungen vorzunehmen, dem militärischen Gericht jedoch tunlichst Gelegenheit zur Teilnahme eines richterlichen Militär­ justizbeamten an der Leichenschau, der Leichenöffnung und der Orts­ besichtigung zu geben.

(3) In entsprechender Weise haben die Militärbehörden zu ver­ fahren, wenn der Verdacht besteht, daß an dem Tode eines Soldaten oder Wehrmachtbeamten eine unter der allgemeinen Strafgerichts­ barkeit stehende Person in strafbarer Weise beteiligt ist.

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C II. Strafverfahrensordnung.

$ 100. Der mit der Führung des Ermittlungsverfahrens beauf­ tragte richterliche Militärjustizbeamte (Untersuchungsführer) hat bei Erforschung des Sachverhalts nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Enttastung dienenden Umstände zu ermitteln und die Erhebung aller Beweise herbeizuführen, deren Verlust zu besorgen ist, oder deren Aufnahme zur Vorbereitung der Verteidigung des Beschuldigten er­ forderlich erscheint. Auch soll er die Umstände feststellen, die für die Sttafbemessung und für die Anordnung von Maßregeln der Sicherung und Besserung von Bedeutung sind. $ 101. (1) Zu dem im § 100 bezeichneten Zweck kann der Untersuchungsführer Ermittlungen jeder Art einschließlich richterlicher Unter­ suchungshandlungen vornehmen. (2) Zu demselben Zweck kann von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangt werden. (3) Die Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen kann durch Ersuchen eines anderen Gerichtsherrn oder des Amtsrichters des Bezirks, wo die Handlung vorzunehmen ist, herbeigeführt werden. Der Ersuchte hat zu prüfen, ob die beantragte Handlung nach den Um­ ständen des Falls gesetzlich zulässig ist. (4) Die Ersuchungsschreiben an einen anderen Gerichtsherrn haben in der Regel der Gerichtsherr und der Untersuchungsführer zu unterzeichnen. Sonstige Ersuchungsschreiben unterzeichnet der Unter­ suchungsführer in der Regel allein. § 102. Die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicher­ heitsdienstes sind verpflichtet, Ersuchen des Untersuchungsführers um Ausführung einzelner Maßregeln oder um Vornahme von Ermitt­ lungen zu genügen.

§ 122. (1) Die Befugnis zur vorläufigen Festnahme steht zu: den militärischen Vorgesetzten, den militärischen Wachen und dem Untersuchungsführer, wenn die Voraussetzungen eines Haft­ befehls oder eines Unterbringungsbefehls vorliegen; den Polizei- und Sicherheitsbeamten in den Fällen des § 116 Nrn. 1, 2, 4 oder § 121 Abs. 1, wenn Gefahr im Verzug und ein militärischer Vorgesetzter des Beschuldigten oder eine militärische Wache nicht erreichbar ist. (2) Wird eine der Militärgerichtsbarkeit unterstellte Person bei Verübung eines Verbrechens oder Vergehens auf frischer Tat be­ troffen oder verfolgt, so kann, wenn sie der Flucht verdächtig oder ihre Persönlichkeit nicht sofort feststellbar ist, die vorläufige Festnahme durch jedermann geschehen. (3) Bei einem im Osfizierrang stehenden und in entsprechender Uniform befindlichen Anaeböriaen der Wehrmacht oder des Beur-

C II 7. Auszug auS d. MilitärstrafgerichtSordn. 88 123,124,173,174. 1367 laubtenstands ist die Annahme ausgeschlossen, daß er der Flucht ver­ dächtig sei, oder daß seine Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden könne, es sei denn, daß er bei der Begehung eines Verbrechens auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird.

§ 123. Der Festgenommene ist unverzüglich, wenn er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, an die nächste Militärbehörde abzuliefern. Diese hat den Festgenommenen sofort zu vernehmen und, wenn sie nicht die Freilassung verfügt, dem zuständigen Gerichtsherrn zu über­ weisen. § 124. (1) Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, ist weder die vorläufige Festnahme noch die Ver­ haftung von der Stellung eines solchen Antrags abhängig. (2) Ist der Beschuldigte vor der Stellung des Antrags verhaftet, so ist der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer, sofort von der Verhaftung in Kenntnis zu setzen. Der Verhaftete ist freizu­ lassen, wenn nicht spätestens binnen einer Woche seit der Verhaftung ein Strafantrag eingegangen ist.

§ 173.1) (1) Ist ein Soldat oder Wehrmachtbeamter nicht auf natürlichem Wege gestorben, so hat der Gerichtsherr, in dringenden Fällen jeder militärische Befehlshaber, der die Anzeige oder Meldung von dem Todesfall erhält, die Leichenschau zu veranlassen. Die Leichenschau ist durch einen richterlichen Militärjustizbeamten oder in Ermangelung eines solchen durch den zunächst erreichbaren Amts­ richter unter Zuziehung eines Sanitätsoffiziers oder, wenn ein solcher nicht erreichbar ist, eines als Sachverständiger zu vereidigenden anderen Arztes vorzunehmen. (2) Ist nach den bekanntgewordenen Tatsachen die Annahme be­ gründet, daß der Tod durch Selbstmord, durch einen Unfall oder sonst ohne Verschulden eines anderen herbeigeführt ist, so bedarf es der Zu­ ziehung eines Arztes zur Leichenschau nicht. (3) Die Umstände, unter denen die Leiche gesunden und der Tod eingetreten ist, sind sorgfältig zu untersuchen und zu Protokoll zu ver­ zeichnen. In allen Fallen des Selbstmordes sind die Beweggründe tunlichst aufzullären. § 174. (1) Liegt Verdacht einer strafbaren Handlung vor und steht die Todesursache nach der Leichenschau nicht einwandfrei fest, so ist die Leiche im Beisein eines richterlichen Militärjustizbeamten oder Amtsrichters und eines Urkundsbeamten von zwei Ärzten, tunlichst Sanitätsoffizieren, zu öffnen. In allen Fällen soll einer der Ärzte ein Zu § 173. 1) Dazu Nr. 40 MllDGO.

1368

C II. Strafverfahrensordnung.

Sanitätsoffizier mindestens vom Rang eines Stabsarztes oder ein Gerichtsarzt sein. Demjenigen Arzt, der den Verstorbenen in der dem Tode unmittelbar vorausgegangenen Krankheit behandelt hat, ist die Leichenöffnung nicht zu übertragen. Er kann jedoch aufgefordert werden, der Leichenöffnung beizuwohnen, um aus der Krankheits­ geschichte Aufschlüsse zu geben. (2) Im mobilen Verfahren genügt es, wenn die Leichenöffnung lediglich von einem Sanitätsoffizier vorgenommen wird. Die Ein­ schränkungen im Abs. 1 gelten nicht.

§ 175. Eine schon beerdigte Leiche darf zur Besichtigung oder Öffnung ausgegraben werden. § 176. Vor der Leichenöffnung ist, wenn nicht besondere Hinder­ nisse entgegenstehen, die Persönlichkeit des Verstorbenen, namentlich durch Befragen von Personen, die den Verstorbenen gekannt haben, festzustellen. Ist ein Beschuldigter vorhanden, so ist ihm die Leiche, sofern dies ausführbar, zur Anerkennung vorzuzeigen.

§ 177 (1) Die Leichenöffnung muß sich, soweit der Zustand der Leiche dies gestattet, stets auf die Öffnung der Kopf-, Brust- und Bauch­ höhle erstrecken. (2) Bei Öffnung der Leiche eines neugeborenen Kindes ist die Untersuchung namentlich auch darauf zu richten, ob es nach oder während der Geburt gelebt hat, und ob es reif oder wenigstens fähig gewesen ist, das Leben außerhalb des Mutterleibes fortzusetzen. § 190. Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf eine andere begangene strafbare Handlung hindeuten, so sind sie einstweilen zu beschlagnahmen. Der Militärbehörde oder der zu­ ständigen Staatsanwaltschaft ist hiervon Kenntnis zu geben. § 219. (1) Verlangt der Angeklagte vor dem Termin die Gestel­ lung oder Ladung von Zeugen oder Sachverständigen oder die Herbei­ schaffung anderer Beweismittel zur Hauptverhandlung, so hat er unter Angabe der Tatsachen, über die der Beweis erhöben werden soll, seine Anträge, soweit sie nicht bereits zu Protokoll erklärt sind (§ 206 Abs. 1), an den Gerichtsherrn zu richten. Soldaten können die Anträge auch zu Protokoll des nächsten mit Disziplinarstrafgewalt versehenen Vor­ gesetzten erklären. (2) Angeklagte, die sich nicht auf freiem Fuß befinden, können die Erklärung außerdem zu Protokoll des Offiziers oder Beamten geben, der die Aussicht über die Anstalt führt, wo sie verwahrt werden, ferner zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk diese Anstalt liegt.

CII 7. Auszug aus der Militärstrafgerichtsordnung §§ 220,238,416.

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(3) Die Verfügung des Gerichtsherrn ist dem Angeklagten be­ kanntzumachen. (4) Den Anträgen des Angeklagten ist zu entsprechen, wenn sie begründet erscheinen, den Anträgen auf Ladung von Personen, die nicht Soldaten oder Wehrmachtbeamte sind, als Zeugen oder Sach­ verständige auch dann, wenn der Angeklagte den Betrag der gesetz­ lichen Entschädigung für Reisekosten und Versäumnis bei der Geschäfts­ stelle des Militärgerichts hinterlegt. (5) Ergibt sich in der Hauptverhandlung, daß die Vernehmung einer auf Kosten des Angeklagten geladenen Person (Abs. 4) zur Auf­ klärung der Sache dienlich war, so hat das erkennende Gericht auf

Antrag anzuordnen, daß dem Angeklagten die hinterlegte Summe zurückzugeben ist. § 220. (1) Stehen dem Erscheinen eines Zeugen oder Sach­ verständigen in der Hauptverhandlung für eine längere oder unge­ wisse Zeit Krankheit oder Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseiti­ gende Hindernisse entgegen, oder ist ihm das Erscheinen wegen des damit verbundenen Zeitverlustes oder wegen der Schwierigkeit der Verkehrsverhältnisse nicht zuzumuten, so kann der Gerichtsherr seine Vernehmung durch einen richterlichen Militärjustizbeamten oder einen Amtsrichter herbeiführen. (2) Der Zeuge ist, wenn keine gesetzlichen Hindernisse entgegen­ stehen, eidlich zu vernehmen. Der Vernehmende kann jedoch von der Vereidigung absehen, wenn er die Aussage für unerheblich oder für offenbar unglaubwürdig hält und auch unter Eid keine erhebliche oder wahre Aussage erwartet. Der Gerichtsherr und jedes Mitglied des erkennenden Gerichts, bei Unterlassen der Vereidigung wegen Un­ erheblichkeit auch der Vertreter der Anklage, der Angeklagte und sein Verteidiger, können jedoch die Vereidigung verlangen. Der Grund einer Nichtvereidigung ist im Protokoll anzugeben. (3) Der Sachverständige kann unvereidigt bleiben, wenn nicht der Gerichtsherr, das erkennende Gericht, der Vertreter der Anklage, der Angeklagte oder sein Verteidiger die Vereidigung verlangt. § 238. Ist die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicher­ heit oder eines Betriebs-, Geschäfts, Kunst- oder Erfindungsgeheim­ nisses ausgeschlossen, so kann das Gericht den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, die durch die Verhandlung, durch die Anklageverfügung oder -schrift oder durch andere amtliche Schriftstücke des Prozesses zu ihrer Kenntnis gelangen, zur Pflicht machen. Der Beschluß ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen.

§ 416. (1) Hat ein Soldat vor oder nach seinem Diensteintritt oder ein Wehrmachtbeamter vor oder nach seiner Anstellung eine Freiheits-

C n. Strafverfahren-ordnung.

1370

strafe verwirkt, so wird sie von den Militärbehörden vollzogen^) Gleiches gilt für die Vollstreckung, wenn eine der im § 1 Nrn. 2, 3, 4b und c und der im $ 7 Abs. 1 und 2 bezeichneten Personen militär» gerichllich zu einer Freiheitsstrafe verurteilt toirb.8) (2) Ist die Ehrenstrafe der Dienstentlassung verwirkt, oder wird das Wehrpflichtverhaltnis durch die Ehrenstrase des Verlustes der Wehr­ würdigkeit oder durch Verurteilung zu Zuchthaus oder aus einem anderen Grund aufgelöst,8) so geht die Vollstreckung auf die allgemeinen Behörden über.8) (3) Ist gegen einen Wehrpflichtigen des Beurlaubtenstands oder eine gesetzlich gleichstehende Person (§ 7 Abs. 1 und 2) eine Gesamt­ strafe8) zu vollziehen, der Strafen des Militärgerichts und eines anderen Gerichts zugrunde liegen, so vollstreckt die für letzteres zuständige Be­ hörde. (4) Ist nach den Vorschriften des Deutschen Strafgesetzbuchs eine Beschäftigung des Verurteilten zulässig8) oder geboten, so findet sie bei Strafvollstreckung durch die Militärbehörde zu militärischen Zwecken und unter mllitärischer Aufsicht statt; die zu Gefängnis verurteilten Unteroffiziere und Mannschaften können auch ohne ihre Zustimmung außerhalb der Anstalt beschäftigt werden. § 417. Ordnet das Gericht Maßregeln der Sicherung und Besse­ rung an, so geht die Vollstreckung des Urteils in jedem Fall auf die allgemeinen Behörden über. § 424. (1) Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden, und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 79 des Strafgesetzbuchs, § 54 des Militärstrafgesetzbuchs) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen auf eine Gesamtstrafe zurückzusühren?) Zu § 416. 1) Dazu Strafvollstreckungsvorschrift für Reichsheer und Reichsmarine v. 27. Novbr. 33 (RGBl. II S. 979) mit AnderungsBO. v. 5. Oktbr. 35 (RGBl. II S. 745). 2) Vgl. § 68 StBO. unter D 3. Die gegen die Angehörigen des Ge­ folges (§ 1 Ziff. 4a) und gegen Ausländer und Deutsche aus § 5 militär­ gerichtlich erkannten Freiheitsstrafen vollstrecken die allgemeinen Behörden. 3) Dem steht gleich, daß das Dienstverhältnis zur Zeit der Entscheidung oder ihrer Rechtskraft bereits aufgelöst war. 4) In den allgemeinen Strafanstalten wird der mllitärische Arrest voll­ zogen. Die Kosten der durch die allgemeinen Behörden bewirkte Vollstreckung trägt der Verurteilte. § 431 Ms. 3. 5) Gesamtstrafenbildung nach §§ 460, 462 StPO, und § 424. 6) §§ 15,16 StGB.

Zu § 424. 1) Beim Zusammentreffen von Gefängnis- und Arreststrafen sind beide

C II 7. Auszug aus der MilitärstrafgerichtSordnung §§ 425 u. 431.

1371

(2) Die Entscheidung steht dem Gericht zu, das die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art die höchste Strafe erkannt hat, falls hiernach aber mehrere Gerichte zuständig sein würden, demjenigen, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht höherer Instanz erlassen, so setzt das Gericht erster Instanz die Gesamtstrafe fest. (3) Die Entscheidung wird ohne mündliche Verhandlung getroffen; vor ihr ist dem Vertreter der Anklage und dem Verurteilten Gelegen­ heit zu geben, Anttäge zu stellen und zu begründen. § 425. (1) Geld- und Vermögensstrafen werden im Verwaltungs­ zwangsverfahren durch die militärischen Verwaltungsbehörden beigetrieben. (2) Bußen werden nach den Vorschriften über die Vollstreckung der Urteile in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten beigetrieben. § 431. (1) Die Kosten des militärgerichtlichen Verfahrens und der durch die Militärbehörden bewirkten Strafvollstreckung fallen der Militärjustizverwaltung zur Last. (2) Diese Bestimmung gilt nicht für die durch die Wahl eines 93erteidigers entstandenen Kosten. (3) Die Kosten der durch die allgemeinen Behörden bewirkten Vollstreckung von Strafen und Maßregeln der Sicherung und Besse­ rung hat der Verurteilte zu tragen. Strafarten gleichwertig. S. 269.

RMG. 3 S. 154, 156ff.; 12 S. 53. RGSt. 70

D. Strasorrfahrensrechtliche Urbengesehe. D 1. Gesetz, betr. die Entschädigung der im Wieder­ aufnahmeverfahren freizefprochenen Personen. Vom 20. Mai 1898. (RGBl. S. 345.)

§ 1. Personen,') welche im Wiederaufnahmeverfahren steigesprachenltt) oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes') mit einer geringeren Strafe belegt werden, können Entschädigung"») aus der Staatskasser»») verlangen, wenn die stüher erkannte Strafe") ganz oder teilweise gegen sie vollstreckt") worden ist. Das Wiederauf­ nahmeverfahren muß die Unschuld') des Verurteilten bezüglich der ihm zur Last gelegten Tat oder bezüglich eines die Anwendung eines 1) Für das objektive Verfahren findet das Gesetz keine Anwendung, la) Es muß eine Freisprechung erfolgt sein, eine bloße Einstellung des Verfahrens wegen mangelnden Strafantrages, Verjährung, Verbrauchs der Strafklage usw. oder Strafsteierklärung ist nicht ausreichend; auch nicht auf Grund eures Straffreiheitsges. siehe Anm. 16. 2) Eine geringere Bestrafung unter Anwendung desselben Gesetzes ge­ nügt also nicht, es muß vielmehr ein anderes als das früher angewandte, mildere Gesetz zur Anwendung kommen. 2a) Für die Prüfung der Entschädigungsansprüche sind Grundsätze in der AV. v. 12. Juli 35 (DJust. S. 1021) aufgestellt.

2aa) Jetzt Reichskaffe. AV. in Anm. 2a. 2b) Auch eine Gesamtstrafe, wenn sie zu teilweiser Freisprechung geführt u. die nunmehr erkannte Strafe geringer als die bereits vollstreckte ist. Burlage, Die Entschädigung der unschuldig Verhafteten u. der unschuldig Be­ straften S. 124. 2 c) Hierher gehört auch die Vollstreckung einer Nebenstrafe. RGZ. 62 S. 155. Ein Akt der Vollstreckung ist auch Dienstentlassung. Erk. v. 13. März 16, JMBl. S. 139. 3) Es bedarf nicht des positiven Beweises, daß die Tat entweder gar nicht oder von einem andern verübt bzw. von dem Angekl. unmöglich verübt sein kann. Es genügt, wenn der vorhanden gewesene Verdacht völlig beseitigt ist. Siehe auch Anm. 18.

D 1.

Entschädig, d. im Wiederaufnahmeverf. freigespr. Pers. § 2.

1373

schwereren Strafgesetzes«) begründenden Umstandes ergeben, oder doch

dargetan haben, daß ein begründeter Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr vorliegt. ®) Wird im Wiederaufnahmeverfahren eine vom Gericht ange­ ordnete Maßregel der Sicherung und Besserung, nachdem sie ganz

oder teilweise vollstreckt worden oder wirksam geworden ist, aufgehoben, weil das Verfahren die Unschuld des Verurteilten bezüglich einer ihm zur Last gelegten Tat oder die Unrichtigkeit der Feststellung einer früheren Verurteilung ergeben oder doch dargetan hat, daß ein be­ gründeter Verdacht gegen ihn nicht mehr vorliegt, so kann der Verurteilte eine Entschädigung aus der Staatskasse-") verlangen. Dies gilt nicht, wenn das Gemeinwohl unabhängig von der Tat oder der

Verurteilung die Maßregel erfordert hättet») Außer dem Verurteilten haben diejenigen, denen gegenüber er kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war, Anspruch *b) auf Entschädigung.64) 5 Der Anspruch auf Entschädigung ist ausgeschlossen, wenn der Verurteilte die frühere Verurteilung vorsätzlich herbeigeführt oder

durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet hat. Die Versäumung der Einlegung eines Rechtsmittels ist nicht als eine Fahrlässigkeit zu erachten. § 2. Gegenstand des dem Verurteilten zu leistenden Ersatzes ist der für ihn durch die Strafvollstreckung entstandene Vermögens­ schaden. 7)

4) Das ist der Fall, wenn festgestellt ist, daß ein das schwerere Strafgesetz begründender erschwerender Umstand nicht vorgelegen hat. 5) Ob dies der Fallist, läßt sich immer nur im Einzelfalle feststellen. Vgl. darüber Wo ermann, Das Wiederaufnahmeverfahren und die Entschädigung unschuldig Berurteitter. 5 a) Die Fassung beruht auf Art. 5 d. AusfGes. z. Ges. v. 24. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1000). 5 b) Der Anspruch ist ein rein privatrechtlicher, auf den die Vorschriften des BGB. Anwendung finden. Kahler, Die Entschädigung für Strafe u. Untersuchungshaft S. 11 ff. 6) Welchen Personen gegenüber der Verurteilte unterhaltungspflichtig ist, bestimmt sich jetzt nach den Vorschriften des BGB. §§ 1601 ff. Jedenfalls muß die Unterhaltungspflicht immer auf einem Gesetz, nicht aus Vertrag beruhen. Auch das Hastpflichtges. v. 7. Juni 1871 gehört hierher. 7) Das ist nach den Mot. jede Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, welche sich in Geldwert ausdrücken läßt. Auch hier sind die Bestimmungen des BGB., §§ 249 ff., maßgebend. Es kommt hier aber immer nur ein Dermögensschaden in Betracht, aber nicht ein solcher, der dmch die Verurteilung allein hervorgerufen ist. Recht 11 S. 390. War eine Geldstrafe verhängt, so kann die Entschädigung nicht bloß in der Zurückzahlung derselben bestehen, vielmehr wird unter Umständen ein wetterer Schaden z. B. dmch Verlust der Zinsen nachgewiesen werden können und ist dann auch dieser zu ersetzen. Vgl. Wo er mann a. a. O. Aus den Vermögens-

1374

D. StrasverfahrenSrechtliche Nebengesetze.

Unterhaltsberechtigten ist insoweit Ersatz zu leisten, als ihnen ourch die Strafvollstreckung der Unterhalt entzogen worden ist. Über einen Kapitalbetrag von fünfundsiebzigtausend Reichsmark oder einen Rentenbetrag von jährlich viertausendfünfhundert Reichs­ mark hinaus wird dem Verurteilten und den Unterhaltsberechtigten kein Ersatz geleistet. Reicht der Höchstbetrag für die Ersatzleistung an den Verurteilten und die Unterhaltsberechtigten nicht auS, so ver­ ringern sich die einzelnen Entschädigungen in dem Verhältnis, in welchem ihr Gesamtbettag zu dem Höchstbettag steht?*)

§ 3. Die Entschädigung wird aus der Kasse desjenigen Bundesstaats gezahlt, bei dessen Gerichte das Strafverfahren in erster Instanz anhängig war? M)

Bis zum Betrage der geleisteten Entschädigung tritt die Kasse in die Rechte ein, welche dem Entschädigten gegen Dritte um deswillen zustehen, weil durch deren rechtswidrige Handlungen seine Verur­ teilung herbeigeführt war?) z 4. Über die Verpflichtung der Staatskasse"**) zur Entschädigung wird durch besonderen Beschluß') des im Wiederaufnahmeverfahren erkennenden Gerichts Bestimmung getroffen.10 * *)11 89 Der Beschluß ist von dem Gerichte 10B) gleichzeitig mit dem Urteile zu fassen, aber nicht zu verkünden, sondern durch Zustellung bekannt zu machen.u)11B) Der Beschluß unterliegt nicht der Anfechtung durch schaden kann der Gefangenenarbeitsverdienst nicht angerechnet werden. Burlage a. a. O. S. 130. Kähler a. a. O. S. 47.

8) Siehe §§ 823ff. BGB.

9) Hierauf macht StA. beim Schlußvorttag aufmerksam. Richtlinien Nr. 216. 10) Die Beschlußfassung erfolgt von Amts wegen. Er erfordett keine Begründung und ist, da er „besonders" ergeht, Weberin das Protokoll über die Hauptverhandlung aufzunehmen, noch auch mit dem Urteil zu verbinden; er ist zu erlassen, wenn ein freisprechendes oder milderes Urteil ergeht u. eine Sttaf­ vollstreckung stattgefunden hat. Burlage a. a. O. S. 132, aber auch dann, wenn die Verpflichtung zur Entschädigung verneint wird. Celle GA. 58 S. 48. Ist die Beschlußfassung in diesem Falle unterblieben, so ist Beschwerde zulässig. Löwe 16. Aufl. S. 1161. Schwarz StPO. 4. Aufl. Anm. IB. Celle GA. 59 S. 480. Hamm JurW. 58 S. 2774, a. M. Kassel GA. 51 S. 416. 10a) Vom letzten Tattichter.

E. 67 S. 317.

11) Zuzustellen ist der Beschluß den Freigesprochenen u. im Falle des § 371 StPO, den Personen, welche den Anttag auf Wiederaufnahme des Ver­ fahrens gestellt haben, aber nicht den UnterhaltungSberechttgten. Siehe Woermann a. a. O. 11a) Nach Grau, DSttafr. 1 S. 25 kann auch das Berufungöger., das den Freispruch bestätigt, jedoch im Gegensatz zur ersten Instanz die Unschuld feststellt, die Entschädigung zubllligen.

D 1. Entschädig. b. im Wiederaufnahmeverf. freigespr. Pers. §§ 5 u. 6.

1375

Rechtsmittel. "b) Er tritt außer Kraft, wenn das Urteil aufgehoben toitb.nc) § 6. Wer aus Grund des die Verpflichtung der )

Ve Beschwerden. § 37. (1) Über Beschwerden gegen ablehnendere) Bescheide nach

§ 17 entscheidet, wenn der Oberstaatsanwalt Gnadenbehörde ist, der Generalstaatsanwalt, in den übrigen Fällen der Reichsminister der Justiz.S1) (2) Im Falle der Ablehnung von bedingter Strafaussetzung oder von Strafausstand (Abschnitt III, IV) entscheidet über Beschwerden der Oberstaatsanwalt, wenn der Amtsrichter, der Generalstaatsanwalt, wenn der Oberstaatsanwalt die Ablehnung ausgesprochen hat. Ist der Generalstaatsanwalt oder der Oberreichsanwalt Gnadenbehörde (Vollstreckungsbehörde), so entscheidet der Reichsminister der Justiz.

VL Geschäftliche Behandlung von Gnadensachen. § 38. Registerführung. (1) Die Geschäftsstelle der Gnadenbehörde, mit Ausnahme des

Amtsrichters als Vollstreckungsbehörde, führt für Gnadensachen ein Register nach dem Muster der Anlage C (nicht abgedruckt). (2) In das Register werden alle bei der Gnadenbehörde ein­ gehenden Gnadengesuche und alle sonstigen von der Gnadenbehörde zu bearbeitenden Gnadensachen eingetragen. Gesuche um Strasausstand,"4) Gesuche, die lediglich Gerichtskosten betreffen, sowie Nieder­ schlagungsgesuche werden nicht eingetragen.

50 b) Wegen der Gewährung von Strafaufschub für Wehrpflichtige bei Strafen von nicht mehr als 3 Monaten, die sie vor dem Diensteintritt erlitten haben, vgl. AB. d. RIM. v. 17. Juli 36, DJust. S. 1109; wegen Strafauf­ schub für Angehörige des Reichsarbeitsdienstes bei Sttafen von nicht mehr als 3 Monaten s. II der AB. d. RIM. v. 6. Mai 36, DJust. S. 709. 50c) Keine Beschwerde gegen die Bewilligung bed. Aussetzung. Erl. d. RIM. v. 16. Dez. 35 — II a 16734/35 —. 51) Eine etwa eingelegte wettere Beschwerde ist dem ReichsjnstMin. vorzulegen (RB. d. RIM. v. 9. Marz 35 — Illa 15436 —) und zwar be­ richtet der OStA., wenn dieser Beschwerdeinstanz war, durch die Hand des GStA., der seine eigene Stellungnahme beifügt. RB. v. 8. Jan. 37 — Ha4 44/37 —. Dgl. auch Anm. 30, 43 und 44. 51a) Gesuche um bed. Strafaussetzung werden eingettagen. RB. d. RIM. v. 10. April 85 — Via 12614 —.

1438

D. Strafverfahrenkrechtliche Nebengesetze.

(3) Für jeden Verurteilten wird eine besondere Nummer des Registers benutzt, auch wenn von mehreren Verurteilten oder für mehrere Verurteilte ein gemeinschaftliches Gnadengesuch gestellt wird. In diesem Falle werden die Kontrollvermerke in Spalte 7, wenn nicht eine getrennte Behandlung für jeden Verurteilten eingeleitet wird, nur bei einer Nummer gemacht, auf die bei den anderen verwiesen wird. (4) Weitere Gesuche, die dieselbe Person und dieselbe Verurteilung einschließlich der Kosten betreffen, sind nicht besonders einzutragen, wenn sie vor endgültiger Erledigung des ursprünglichen Gesuchs ein­ gehen. Wird eine von einer Gnadenbehörde getroffene Entscheidung beanstandet, so gilt sie nicht als endgültige Erledigung. Erfolgt nach diesen Regeln eine Neueintragung, so wird bei der früheren Eintragung in Spalte 7 auf die neue Nummer verwiesen. (5) Zu dem Register wird ein alphabetisches, auf die laufenden Nummern des Registers verweisendes Namenverzeichnis nach den Namen der Verurteilten geführt.

§ 39. Aktenführung. (1) Gnadenvorgänge werden nicht in die Akten eingeheftet, sondern in einem für jeden Verurteilten anzulegenden Gnadenhefte gesondert bei den Akten verwahrt." b) Bei Versendung der Akten sind die Gnadenhefte grundsätzlich zurückzubehalten. Zu dem Gnadenheft, das für das erste Gnadengesuch gebildet worden ist, werden alle späteren Vorgänge über denselben Fall und denselben Verurteilten auch dann genommen, wenn eine erneute Eintragung in das Register erfolgt. (2) Gnadengesuche, in denen lediglich um Strafausstand gebeten wird, sowie Niederschlagungsgesuche werden zu den Hauptakten ge­ nommen. Gesuche, die lediglich Gerichtskosten betreffen, gehören nur dann zu den Gnadenakten, wenn sie mit einem noch nicht erledigten Gesuch um Straferlaß oder einen sonstigen Gnadenerweis in Zu­ sammenhang stehen. (3) Auf der ersten Umschlagseite des Gnadenhefts werden Name, Stand und Wohnung des Verurteilten sowie das Aktenzeichen ange­ geben. Hat der Reichsminister der Justiz Berichterstattung angeordnet, so wird ein entsprechender Vermerk auf der ersten Umschlagseite auf­ fällig angebracht. (4) Das Aktenzeichen des Heftes wird mit der letzten Eintragungs­ nummer gebildet; sobald ein Heft eine neue Nummer erhält, wird die frühere Nummer auf der Hülle des Heftes durchstrichen. Das Heft 51b) Dies gilt auch dann, wenn der Amtsrichter Bollstreckungs-, aber nicht Gnadenbehörde ist. Die Überwachung der Führung während einer bewilligten Bewährungsfrist obliegt aber auch in diesem Falle grundsätzlich der Gnadenbehörde. Erl. d. RIM. v. 6. März 36 — Ila 15275/36 —.

D 4. Verordnung über d. Verfahren in Gnadensachen §§ 40—42.

1439

wird nach Erledigung des Gnadenverfahrens bei den Strafakten auf­ bewahrt. (5) Gnadenakten sind vertraulich zu behandeln. (6) Tie Gnadenhefte werden mit den Hauptakten vernichtet. § 40. Geschäftsberichte.^) (1) Tie Oberstaatsanwälte stellen nach Ablauf eines jeden Ge­ schäftsjahres über die Ergebnisse ihrer Tätigkeit in Gnadensachen eine Übersicht auf und reichen sie bis zum 15. Januar dem Generalstaats­ anwalt ein. Die Generalstaatsanwälte stellen die ihnen übermittelten Zahlen für den Oberlandesgerichtsbezirk zusammen, fügen die Zahlen über ihre eigene Tätigkeit in Gnadensachen bei und reichen die Über­ sicht der Kalkulatur des Reichsjustizministeriums bis zum 1. Februar ein. Für die Übersichten wird ein Formblatt nach dem Muster der Anlage D (nicht ab gedruckt) verwendet. (2) Der Oberreichsanwalt reicht über seine Tätigkeit in Gnaden­ sachen eine entsprechende Übersicht bis zum 1. Februar der Kalkulatur des Reichsjustizministeriums ein. § 41. Zählung der bedingten Strafaussetzungen. Nach Ablauf eines jeben Halbjahres sind die Ergebnisse der be­ dingten Aussetzung aus dem abgelaufenen Halbjahr nach dem Muster der Anlage E (nicht abgedruckt) mitzuteilen. Der Amtsrichter als Gnadenbehörde hat diese Mitteilung dem Oberstaatsanwalt bis zum 15. Januar und 15. Juli zu machen. Der Oberstaatsanwalt stellt die Zahlen zusammen und übermittelt die Zusammenstellung nebst einer Mitteilung der Ergebnisse der bedingten Aussetzung, soweit seine Zu­ ständigkeit gegeben ist, bis zum 1. Februar und 1. August dem General­ staatsanwalt, der die Zahlen für den Oberlandesgerichtsbezirk zusammenstellt und sie der Kalkulatur des Neichsjustizministeriums bis zum 15. Februar und 15. August mitteilt.

VIL Schluß- und Übergangsbestimmungen.

§ 42. (1) Durch diese Verordnung werden die bisher für das Verfahren in Gnadensachen im Bereich der Justizverwaltung geltenden Vorschriften gegenstandslos. (2) Soweit ein Wechsel in der Zuständigkeit eintritt, sind an­ hängige Gnadensachen in der Lage, in der sie sich befinden, an die nach dieser Verordnung zuständigen Behörden abzugeben. Die bisher zu52) Erläuterungen der Vorschrift geben die RV. d. RIM. v. 18. März 1935 — IIa 15418/35 — und v. 30. April 1935 — Via 15645/35 —. sowie der Erl. v. 3. März 36 — Via 15203/36 —. 53) Entschädigung gemäß §§ 10, 11 JGG. sind nicht aufzunehmen. NB. v. 20. Novbr. 37 — Illa41312/37 —. Die Fälle der Sp. 21 (Geld­ strafen) sind auch in den Spalten 18 bis 20 mitzuzählen. Erl. d. RIM. V. 11. Septbr. 35 — III a 16304/35 —.

1440

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

ständigen Behörden werden jedoch ermächtigt, solche im Zeitpunkt der Verkündung der Gnadenordnung bei ihnen anhängigen Gnadensachen zu erledigen, bei denen nach ihrer Auffassung ein Abschluß der Bearbeitung unmittelbar bevorsteht. § 43. (1) Bei einer nach den bisherigen Vorschriften gewährten bedingten Strafaussetzung richtet sich die Zuständigkeit zur Über­ wachung und zu den sonst zu treffenden Maßnahmen nach den Vor­ schriften der Gnadenordnung. Soweit sich die oberste Landesjustiz, behörde, die Landesregierung oder ein Reichsstatthalter durch besondere Anordnung im Einzelfall die Entschließung über den Widerruf oder die Schlußentscheidung nach Ablauf der Bewährungsfrist vorbehalten hat, trifft die Entschließung der Reichsminister der Justiz. (2) Ein nach den bisherigen Vorschriften gewährter bedingter Straferlaß gilt, soweit er nicht von dem Reichspräsidenten oder dem Führer und Reichskanzler bewilligt ist, als bedingte Strafaussetzung; die Vorschriften der Gnadenordnung finden Anwendung.

D 5. Gesetz öder beschränkte Auskunft aus -em Strafregister und die Tilgung von Strafoermerken?) Vom 9. April 1920. (RGBl. E. 507.)

§ 1.

Über Verurteilungen, die in das Strafregister ausgenommen

sind, ist nach Ablauf einer bestimmten Frist nur noch beschränkt Aus­ kunft zu erteilen. Ist nach Eintritt des Zeitpunkts, von dem ab nur beschränkt Auskunft zu erteilen ist, eine weitere Frist abgelaufen, so wird der Vermerk im Strafregister getilgt. Diese Vorschriften gelten nicht für Verurteilungen zum Tode und zu Zuchthaus. Sie gelten ferner nicht für Urteile, durch die die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, die Sicherungsver1) Hinsichtlich der militärischen Listen vgl. Heeresdiensworschrift Nr. 215 v. 31. Jan. 22 u. Erlaß d. Reichswehrministers (Marineleitung) v. 6. Jan. 22, abgedruckt bei H a r t u n g, das Strafregister S. 287 flg.; hinsichtlich der polizei­ lichen Listen vgl. Erl. d. M. d. I. v. 17. Mai 26 (MBIiD. S. 472) sub. IX nebst Berichtigung durch Erl. v. 2. Juni 26 (MBliV. S. 541) u. v. 23. Mat 30 (MBliB. S. 507). Schäfer-Hellwig, Straftilgungsgesetz u. Strafregifterverordnung S. 361. Über die Behandlung von Anträgen auf Tilgung

von Strafvermerken, Anordnung der Auskunftsbeschränkung u. Wiederverleihung von Ehrenrechten durch die Polizeibehörden siehe Rd. Erl. d. RuPrMdJ. v. 31. Mai 35 (MBliV. S. 711, 712, 714).

1440

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

ständigen Behörden werden jedoch ermächtigt, solche im Zeitpunkt der Verkündung der Gnadenordnung bei ihnen anhängigen Gnadensachen zu erledigen, bei denen nach ihrer Auffassung ein Abschluß der Bearbeitung unmittelbar bevorsteht. § 43. (1) Bei einer nach den bisherigen Vorschriften gewährten bedingten Strafaussetzung richtet sich die Zuständigkeit zur Über­ wachung und zu den sonst zu treffenden Maßnahmen nach den Vor­ schriften der Gnadenordnung. Soweit sich die oberste Landesjustiz, behörde, die Landesregierung oder ein Reichsstatthalter durch besondere Anordnung im Einzelfall die Entschließung über den Widerruf oder die Schlußentscheidung nach Ablauf der Bewährungsfrist vorbehalten hat, trifft die Entschließung der Reichsminister der Justiz. (2) Ein nach den bisherigen Vorschriften gewährter bedingter Straferlaß gilt, soweit er nicht von dem Reichspräsidenten oder dem Führer und Reichskanzler bewilligt ist, als bedingte Strafaussetzung; die Vorschriften der Gnadenordnung finden Anwendung.

D 5. Gesetz öder beschränkte Auskunft aus -em Strafregister und die Tilgung von Strafoermerken?) Vom 9. April 1920. (RGBl. E. 507.)

§ 1.

Über Verurteilungen, die in das Strafregister ausgenommen

sind, ist nach Ablauf einer bestimmten Frist nur noch beschränkt Aus­ kunft zu erteilen. Ist nach Eintritt des Zeitpunkts, von dem ab nur beschränkt Auskunft zu erteilen ist, eine weitere Frist abgelaufen, so wird der Vermerk im Strafregister getilgt. Diese Vorschriften gelten nicht für Verurteilungen zum Tode und zu Zuchthaus. Sie gelten ferner nicht für Urteile, durch die die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, die Sicherungsver1) Hinsichtlich der militärischen Listen vgl. Heeresdiensworschrift Nr. 215 v. 31. Jan. 22 u. Erlaß d. Reichswehrministers (Marineleitung) v. 6. Jan. 22, abgedruckt bei H a r t u n g, das Strafregister S. 287 flg.; hinsichtlich der polizei­ lichen Listen vgl. Erl. d. M. d. I. v. 17. Mai 26 (MBIiD. S. 472) sub. IX nebst Berichtigung durch Erl. v. 2. Juni 26 (MBliV. S. 541) u. v. 23. Mat 30 (MBliB. S. 507). Schäfer-Hellwig, Straftilgungsgesetz u. Strafregifterverordnung S. 361. Über die Behandlung von Anträgen auf Tilgung

von Strafvermerken, Anordnung der Auskunftsbeschränkung u. Wiederverleihung von Ehrenrechten durch die Polizeibehörden siehe Rd. Erl. d. RuPrMdJ. v. 31. Mai 35 (MBliV. S. 711, 712, 714).

D 5. Gesetz über beschränkte Auskunft aus d. Strafregister usw. §§2—4. 1441

Wahrung oder die Entmannung angeordnet wird. des § 8 bleiben unberührt?»)

Die Vorschriften

§ 2. Bei mehreren Verurteilungen einer Person ist über alle Verurteilungen unbeschränkt Auskunft zu erteilen, solange über eine der Verurteilungen unbeschrankt Auskunft erteilt werden muß. Die Tilgung eines Vermerkes im Strafregister darf bei mehreren Ver­ urteilungen einer Person erst erfolgen, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Lautet die Verurteilung, über die unbeschränkt Auskunft erteilt werden muß oder die im Straftegister noch nicht getilgt werden kann, nur [auf Verweis ober] auf Geldstrafe,Id) allein oder in Verbindung miteinander oder mit Nebenstrafen, so finden die Vorschriften des

Abs. 1 keine Anwendung.*) § 3. Hat der Verurteilte die bürgerlichen Ehrenrechte oder einzelne Rechte oder Fähigkeiten verloren, so kommen ihm die Ver­ günstigungen des § 1 nicht zugute, solange er diese Rechte und Fähig­ keiten nicht wiedererlangt hat. Das gleiche gilt, solange über einen Verurteilten eine Steckbrief­ nachricht im Straftegister niedergelegt ist. Die Vergünstigungen des § 1 kommen einem Verurteilten für

eine Verurteilung solange nicht zugute, als sich aus dem Inhalt des Straftegisters ergibt, daß die Vollstreckung noch nicht erledigt ist. § 4. Über Verurteilungen, die der beschränkten Auskunft unter­ liegen, wird nur den Gerichten, den Behörden der Staatsanwalt­ schaft, auf ausdrückliches Ersuchen den obersten Reichs- und Landes­ behörden *») und, soweit in einem Prozeßverfahren wegen Steuer­ oder Monopolzuwiderhandlungen um Auskunft ersucht ist, auch den 1 a) Die Fassung bericht auf dem Aussührungsges. z. Ges. gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher vom 24. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1000) in Verb, mit § 8 des Ges. über Reichsverweisungen, abgcdruckt unter I) 8. Id) Dazu Klee, DJust. 1934 S. 24. Bei Geldstrafen, die schon vor dem 1. Mai 23 in das Strafregister ausgenommen worden sind, berechnen sich die Fristen so, wie wenn das Ges. v. 9. April 20 schon zur Zeit der Auf­ nahme des Vermerks in das Register in Kraft gewesen wäre. Art. X VO. v. 6. Febr. 24 (RGBl. I S. 44). 2) Die Ausnahme trifft dann nicht zu, wenn die geringfügige Strafe an sich tilgungsreif ist, dagegen andere Strafen noch nicht. In diesem Falle dient auch die an sich tilgungsreife Strafe zur Begründung des Rückfalls. E. 56 S. 279. DIZ. 27 S. 630. Jena DRechtspflege 1937 Nr. 1. Siehe auch Anm. 4. 2 a) Auch den obersten Stellen der Parteileitung der NSDAP, (der ReichSleitung u. dem Verbindungsstab) Rdschr. d. RIM. v.29.Jan.u. 14. Novbr. 34 (DJust S. 208 u. 1433); dazu Ches der Kanzlei des Führers. AB. v. 1. Juli 37 (DJust. S. 1029); dagegen nicht dem Jugendamt. Schäfer, DJust. 1933 S. 683.

Dalcke, Strafrecht. 30. Aufl.

91

1442

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

Ftnanzbehörden Auskunft erteilt.1®)

Ist hiernach Auskunft zu er­

teilen, so ist darin besonders hervorzuheben, daß die Verurteilung der

beschränkten Auskunft unterliegt. Soweit über eine Verurteilung, die der beschränkten Auskunft unterliegt, keine Auskunft erteilt werden darf, sind Anfragen in

gleicher Weise zu beantworten wie in den Fällen, in denen ein Ver­

merk nicht vorhanden ist. Diese Vorschriften gelten entsprechend für die Auskunft aus den

polizeilichen Listen; bei der Ausstellung polizeilicher Führungszeugnisse bleiben Verurteilungen, die der beschränkten Auskunft unterliegen, außer Betracht. § 5. Ein Vermerk, der im Straftegister zu tilgen ist,3)4wird aus dem Register entfernt und vernichtet; enthält das Register außerdem Vermerke, die bestimmungsgemäß darin verbleiben müssen, so wird der zu tilgende Vermerk unkenntlich gemacht. Ebenso wird der Ver­ merk über die Verurteilung aus den polizeilichen Listen entfernt oder

darin unkenntlich gemacht. Ist der Vermerk über eine Verurteilung im Straftegister getilgt worden, so gilt die Verurteilung nicht mehr als Bestrafung im Sinne solcher Vorschriften, die für den Fall, daß der Täter bereits bestraft ist, eine schwerere Strafe oder andere Rechtsnachteile androhen/) 8 6.

Die Frist, nach deren Ablauf beschränkt Auskunft zu er­

teilen ist, beträgt 3) Zu tilgen sind Vermerke über Verurteilungen Jugendlicher unter 14 Jahren. § 45 JGG. Ist eine Gesamtstrafe über Straftaten eingetragen, von denen eine vor, eine nach vollendetem 14. Lebensjahr verübt ist, so wird die Einzelstrafe für die erste Straftat in voller Höhe von der Gesamtstrafe zu tilgen sein. Die Entscheidung hierüber hat das Gericht I. Instanz zu treffen. Moericke, DIZ. 30 S. 1259. Vgl. § 25 StrafregVO. 4) Demgemäß schließt der § 5 Abs. 2 nur eine Berücksichtigung der Vorstrafen beim sog. strafschärfenden Rückfall u. In den sonstigen Fällen aus, in welchen auf Grund besonderer Vorschrift eine Verhängung von Rechtsnachteilen zulässig ist, die gegenüber Unbestraften nicht in Frage kommen, nicht aber eine Berück­ sichtigung bei der gewöhnlichen Strafzumessung. E. 60 S. 287. DRZ. 21 Nr. 408. HRN. 1935 Nr. 162. Dresden HNR. 1931 Nr. 1425. Die Frage, ob die Tilgung erfolgt ist, bedarf der Prüfung und Ent­ scheidung. DStZ. 9 S. 118. Bei Zweifel über die Tilgung der Vorstrafe ist der Tatrichter zur Erkundigung bei der Registerbehörde verpflichtet. KG. DStZ. 9 S. 245. Nach E. 56 S. 75 ist entscheidend der Vollzug der Tilgung, doch wird im E. 56 S. 68 u. E. 64 S. 146 wohl mit Recht schon die Tilgungs­ reife als maßgebend angesehen. So auch HNR. 1934 Nr. 697. Dresden JurW. 59 S. 2583. Hartung a.a.O.S.92. Mit dem Ende der Tilgungs­ reife ist die rückfallbegründende Wirkung der Verurteilung beseitigt, auch wenn die neuen Straftaten schon vor diesem Zeitpunkt begangen sind. E. 64 S. 147. Die Löschung des Vermerks steht der Tilgung nicht gleich. E. 64 S. 147. HRR. 1935 Nr. 162.

D 5. Gesetz über beschränkte Auskunft aus b. Strafregister usw. §§ 7 u. 8. 1443 1. fünf Jahre, wenn auf Geldstrafe oder auf Freiheitsstrafe von höchstens drei Monaten, allein oder in Verbindung miteinander

oder mit Nebenstrasen, erkannt worden ist, mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Maßregel der Sicherung und Besserung

angeordnet oder auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden ist,1») 2. zehn Jahre in allen übrigen Fällen.

Die Frist der Nr. 1 beginnt mit dem im Strafregister vermerkten Tage der Verurteilung. Die Frist der Nr. 2 beginnt mit dem Tage, an dem die Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist; ist auf eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung oder auf die Zulässigkeit von Polizeiaussicht erkannt worden, so beginnt die Frist erst, wenn diese Maßregeln erledigt sind. Ist nach Ablauf einer Probe­ zeit dem Verurteilten die Strafe ganz oder teilweise erlassen worden oder die Maßregel erledigt, so wird die Probezeit auf die Frist der

Nr. 2 angerechnet.1») War der Verurteilte zur Zeit der Tat noch nicht achtzehn Jahre alt, so verkürzt sich die Frist von fünf Jahren aus drei Jahre und die Frist von zehn Jahren aus sechs Jahre.

§ 7.

Tie Frist, nach deren Ablauf ein Vermerk zu tilgen ist, beträgt

1. fünf Jahre, wenn auf Geldstrafe oder auf Hast oder auf Ge­ fängnis oder Festungshaft von höchstens einer Woche, allein oder in Verbindung miteinander oder mit Nebenstrasen, erkannt worden ist, mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Maßregel der Sicherung und Besserung angeordnet oder aus die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden ist;1») 2. zehn Jahre in allen übrigen Fällen. Die Frist beginnt mit dem Tage, von dem ab nur noch beschränkte

Auskunft zu erteilen ist. War der Verurteilte zur Zeit der Tat noch nicht 18 Jahre alt, so verkürzt sich die Frist von fünf Jahren auf drei Jahre und die Frist von zehn Jahren auf sechs Jahre.1») § 8. Die Landesiustizverwaltung °) kann in Fällen, in denen die Voraussetzungen der beschränkten Auskunft oder der Tilgung nicht vor­ liegen, diese Maßnahmen anordnen, wenn dadurch staatliche Interessen

nicht gefährdet werden?)

5) Jetzt Reichsminister d. Justiz. 6) Dazu Nr. 38 der preuß. Ausfühnmgsverf. zur StrafregVO. v. 14. April 26 (JMBl. S. 138) in der Fassung v. 9. Juli 34 (DJust. S. 885) u. Erlaß d. M. d. I. v. 31. Mai 35 in Sinnt. 1. Jetzt auch AD. v. 3. Dezbr. 35 DJust. S. 1754).

1444

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

Hat der Verurteilte die bürgerlichen Ehrenrechte oder einzelne Rechte oder Fähigleiten verloren, so sollen die Maßnahmen nicht an­ geordnet werden, solange er diese Rechte und Fähigkeiten nicht wieder­

erlangt hat. Zuständig für die Anordnung ist die oberste IustizverivaltungSbehörde des Landes, in dessen Bezirk das Strafregister geführt wird, und für das Register, das beim Reichsjustizministerium geführt wird, der Reichsminister der Äustiz.')')

Wird angeordnet, daß eine Verurteilung der beschränkten Auskunft unterliegen soll, so beginnt die Frist sür die Tilgung des StrafvermerkeS mit dem Tage der Anordnung. § 9. Vermerke über Verurteilungen im Ausland sind im Sinne dieses Gesetzes Vermerken über Verurteilungen im Inland gleichzuachten. § 10. Bei der Verwertung von Auszügen auS ausländischen Strafregistern ist so zu verfahren, wie wenn die in dem Auszug ent­ haltenen Vermerke in einem inländischen Straftegister enthalten wären. Die Vorschriften des § 11 Abs. 2 sind entsprechend anzuwenden. § 11. Das Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1920 in Kraft. Bei Verurteilungen, die schon vor dem Jnkrasttreten dieses Gesetzes in das Strafregister ausgenommen worden sind, berechnen sich die Fristen so, wie wenn das Gesetz schon zur Zeit der Aufnahme des Vermerkes in das Register in Kraft gewesen wäre?) Ist in den Fällen des § 6 Nr. 2 aus dem Register nicht zu ersehen, wann die Strafe vollstreckt worden ist, so ist die Frist vom Tage der Ver­ urteilung an zu berechnen; sie verlängert sich jedoch in diesem Falle um die Dauer der erkannten Freiheitsstrafe. Das gleiche gilt in den Fällen des § 6 Nr. 2, wenn nach dem Inhalt des Registers anzu­ nehmen ist, daß eine Strafe erst nach einer Probezeit erlassen worden ist, und die Dauer dieser Probezeit aus dem Register nicht zu ersehen

ist. Ist aus dem Register nicht zu ersehen, ob der Verurteilte zur Zeit der Tat schon achtzehn Jahre alt war, so sind die kürzeren Fristen anzuwenden, wenn der Verurteilte zur Zeit der Verurteilung noch nicht neunzehn Jahre alt war; andernfalls greifen die längeren Fristen Platz. Verurteilungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes im Straftegister gelöscht worden sind, unterliegen der beschränkten Auskunft.

Die Frist für ihre Tilgung beginnt mit dem Tage, an dem die Löschung angeordnet worden ist.

7) Gegenstandslos geworden. 8) Maßgebend für die Rückfallsbegründung ist hier der Fristenablauf, die Tilgungsreife. E. 57 S. 390. E. 64 S. 146.

D 6. Strasrrgiperverordnimg §§ 1—2.

1445

D 6. AtrafregisterverorLnung. Bom 8. März 1926 (RGBl. I S. 157 u. 254)l)2 in 3 4 der Fassung vom 17. Februar 1934 (RGBl. I S. 140)?»)

I. Atrafregisterbehördell. § 1. Tas Strafregister für eine Person wird in dem Bezirke geführt, in dem ihr Geburtsort liegt. Die Landesregierungen"») be­

stimmen, welche Behörden die Strafregister führen?) Die Aufsicht und Leitung steht der Landesjustlzverwaltung oder der von ihr be­ stimmten Behörde zu. Über Personen, deren Geburtsort außerhalb des Reichsgebiets gelegen, zweifelhaft oder nicht zu ermitteln ist, sowie über juristische Personen und Personenvereinigungen wird das Strafregister bei dem Reichsjusttzministerium oder der von ihm bestimmten Behörde geführt? b) Die Leitung und Aufsicht hat der Reichsminister der Justiz oder die von ihm bestimmte Behörde. Der Reichsminister der Justiz wird bekanntmachen, welche Be­ hörden die Strafregister führen?)

Liegt ein Ort zum Teil im Inland und zum Teil im Ausland, so kann der Reichsminister der Justiz im Einvernehmen mit der betei­

ligten Landesjustizverwaltung bestimmen, bei welcher Strasregisterbehörde das Strafregister für die in dem Orte geborenen Personell zu führen ist.

§ 2.

II. Mitteilungen an das Zirasregister. Dem Strafregister*») sind die Verurteilungen*) mitzuteilen,

die wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung durch Urteil oder Straf­ befehl eines deutschen Gerichts oder von einer deutschen Verwaltungs­ behörde durch Strafverfügung oder Strafbescheid oder im Unterwerfungs­ verfahren^) ausgesprochen sind.

1) Hierzu die Preuß. Ausführungsverfügung vom 14. April 26 (JMBl. S. 138), in der Fassung v. 9. Juli 34 (DJuft. S. 885). 1 a) Dazu Rdschr. b. RIM. v. 13. März 34 (DJust. S. 338). 1 b) Jetzt Reichsminister der Justiz. 2) Zusammenstellung i. d. Bekm. des RIM. v. 20. März 25 (JMBl. S. 152). 2 a) Wenn der Verurteilte Mitgl. einer zur Reichskulturkammer ge­ hörenden Kammer ist, ist auch dem Bors, dieser Einzelkammer Mitteilg. zu machen. § 36 der Mitteilungsvers. 2 b) Nunmehr wird das Strafreg. bei der StA. beim KG. geführt. AB. b. 10. März 37 (DJust. S.415), dazu AB. v. 2. Juni 36 (DJust. S. 882), auch für die in Danzig und Memel Geborenen. AB. v. 23. Dezbr^ 36 (DJust. 1937,24). 3) Erziehungsmaßregeln auf Grund der §§ 5 ff. JGG. sind keine Strafen und nicht registerpflichtig. AB. v. 17. Juli 23 (JMBl. S. 542). 4) § 445 (410) RAbgO. (unter B VII1).

1446

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

Die Vorschrift des Abs. 1 gilt nicht für Verurteilungen auf Grund des § 413 der Reichsabgabenordnung vom 22. Mai 1931 oder des § 144 des Branntweinmonopolgesetzes vom 8. April 1922. Sie gilt ferner nicht für Verurteilungen zu Geldstrafe wegen Vergehen gegen Vorschriften des Landessteuerstrafrechts, die dem Vergehen gegen § 413 der Reichsabgabenordnung entsprechen. Die nähere Bezeichnung dieser Vergehen bleibt Vorbehalten; soweit dies nicht geschieht, können die Landesregierungen diese Vergehen für ihren Dienstbereich näher be­

zeichnen/») Verurteilungen zu Geldstrafe wegen einer Übertretung sind nur mitzuteilen, wenn es sich um Zuwiderhandlungen gegen die §§ 361, 363 des Strafgesetzbuchs handelt. °) Mitzuteilen sind alle Hauptstrasen sowie alle in der Entscheidung neben einer Hauptstrafe oder Freisprechung oder selbständig angeord­ neten oder zugelassenen Nebenstrafen, Nebensolgen und Maßregeln der Sicherung und Besserung. Ist auf eine Geldstrafe erkannt, so ist auch die im Falle der Uneinbringlichkeit an ihre Stelle tretende Ersatzfteiheitsstrase öder die in den Fällen des § 27 b des Strafgesetzbuchs an sich verwirkte Freiheitsstrafe mitzuteilen. Enthält eine Entscheidung mehrere Verurteilungen einer Person, von denen nur ein Teil registerpflichtig ist, so sind alle Verurteilungen

mitzuteilen. Dem Strafregister sind ferner mitzuteilen Entscheidungen, durch die eine Gesamtstrafe gebildet wird. Dabei sind für die in die Gesamt­ strafe einbezogenen Einzelstrasen das Gericht, das die Einzelstrafen er­ kannt hat, der Tag, an dem die Strafen erkannt sind, und die Akten­ zeichen anzugeben. Mitteilungen über Verurteilungen im Ausland sind ohne Rücksicht aus Art und Höhe der Strafe in die Strafregister aufzunehmen, wenn sie sich auf Deutsche oder auf solche Ausländer beziehen, die im Reichs­

gebiete geboren sind oder wohnen. § 3. Dem Strafregister sind die Verfügungen der Verwaltungs4 a) Hierzu ist ergangen Preuß. VO. v. 7. Mai 34 (GS. S. 336). 5) Geldstrafen wegen anderer Übertretungen find auch dann nicht register­ pflichtig, wenn die Verurteilung wegen einer Straftat erfolgt, die im Rückfall mit besonderer Strafe bedrobt ist (z. B. Felddiebstahl, Forstdtebstahl, abge­ sehen von den Fällen der §§ 6, 8 des FDG. u. d. §§ 17, 18 des FFPG). Besteht die angedrohte Strafe in dem mehrfachen, dem einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrags (z. B. bei Forstdiebstahl, abgesehen von den genannten erschwerten Fällen, Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei auf Grund von Reichssteuergesetzcn nach § 404 (369) RAbgO., so kommt es auf die im Einzelfall zulässige höchste Geldstrafe an ; beträgt sie mehr als 150 RM., so ist die Straftat als Vergehen anzusehen und die erkannte Geldstrafe ist dem­ gemäß registerpflichtig.

D 6. Strafregisterverordnung §§ 4—5a.

1447

behörden mitzuteilen, durch die ein Ausländer aus dem Reichsgebiete verwiesen wird.

Auch die Aushebung einer solchen Verfügung ist dem Strafregister mitzuteilen.

§ 4. Ist auf Gefängnis oder Festungshaft von mehr als drei Monaten oder neben einer Strafe auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte oder einzelner Rechte oder Fähigkeiten oder aus eine Maßregel der Sicherung und Besserung oder auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkarmt, so ist dem Strafregister der Tag mitzuteilen, an dem die Strafe oder bei bedingtem Erlaß eines Strasrestes der nicht erlassene Teil der Strafe verbüßt oder die an Stelle einer Freiheitsstrafe oder L>es Restes einer Freiheitsstrafe auferlegte Geldstrafe bezahlt ist, In anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen ist bei registerpflichtigen Verurteilungen dem Strafregister Mitteilung zu machen, wenn sich die Strafvollstreckung infolge Strafaufschubs oder aus anderen Gründen so lange verzögert, daß nur noch drei Monate dis zu dem Zeitpunkt fehlen, von dem ab über die Verurteilung nur noch beschränkt Auskunft zu erteilen wäre. Erledigt sich später die Vollstreckung, so ist dies ebenfalls dem Strafregister mitzuteilen. Ist auf eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erkannt, so ist der Tag mitzuteilen, an dem die Maßregel erledigt ist.

§ 5. Dem Strafregister ist Mitteilung zu machen, wenn dem Verurteilten eine Bewährungsfrist bewilligt worden ist, und zwar unter Angabe des Tages der Bewilligung und des Beginns der Betoährungsfrist, oder wenn die Bewährungsfrist verlängert oder wider­ rufen worden ist oder in anderer Weise als durch Erlaß oder Milderung der Strafe sich erledigt.

Dies gilt auch für Verurteilungen, die nicht registerpflichtig sind. Dem Strafregister kann Mitteilung gemacht werden, wenn die Entscheidung über die Bewilligung einer Bewährungsfrist Vorbehalten wird. Ist eine solche Mitteilung gemacht, so ist dem Strafregister auch dann weitere Mitteilung zu macken, wenn eine Bewährungsfrist nicht bewilligt wird.

§ 5a. Ist auf eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erkannt, so ist dem Strafregister der Hag mitzuteilen, an dem der Verurteilte aus der Verwahrungsanstalt mit der Wirkung entlassen wird, daß die Maßregel nach § 42 h des Straf­ gesetzbuchs als bedingt ausgesetzt gilt.

Wird die Untersagung der Berufsausübung (§ 421 des Straf­ gesetzbuchs) aufgeschoben oder ausgesetzt, so ist davon dem Strafregister

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

1448

Mitteilung zu machen, und zwar unter Angabe der Dauer des Auf­ schubs oder der Aussetzung. In den Fällen des Abs. 1 und 2 ist auch der Widerruf der Ent­ lassung, des Aufschubs oder der Aussetzung mitzuteilen. § 6. Dem Strafregister ist Mitteilung zu machen, wenn der Ver­ urteilte aus Grund des § 23 deS Strafgesetzbuchs vorläufig entlassen worden ist, und zwar unter Angabe des Tages der Entlassung, oder wenn die vorläufige Entlassung widerrufen worden ist. § 7. Dem Strafregister ist Mitteilung zu machen: 1. wenn eine registerpflichtige Strafe erlassen oder gemildert worden ist, oder wenn einem Verurteilten die bürgerlichen Ehrenrechte oder einzelne Rechte oder Fähigkeiten, die er infolge der Verurteilung verloren hat, wieder verliehen worden sind; 2. wenn eine registerpflichtige Verurteilung infolge Wiederauf­ nahme des Verfahrens rechtskräftig aufgehoben worden ist. § 7a. Hat die Vollstreckungsbehörde festgestellt, daß die Voll­ streckung einer Strafe, die unter § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über beschränkte Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Strafvermerken vom 9. April 1920 (Reichsgesetzbl. S. 507) fällt, oder die Vollstreckung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Sicherung und Besserung verjährt ist, so ist hiervon dem Straf­ register unter Angabe des Tages der Verjährung Mitteilung zu machen.

§ 8.

Dem Strafregister ist Mitteilung zu machen: 1. wenn auf Grund des § 8 des Gesetzes über beschränkte Aus­ kunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Strafver­ merken angeordnet worden ist, daß über eine Verurteilung

nur noch beschränkt Auskunft zu erteilen ist; 2. wenn aus Grund des genannten § 8 die Tilgung eines Vermerks

angeordnet worden ist.

§ 9.

Dem Strafregister sind mitzuteilen: 1. Entscheidungen eines deutschen Gerichts, durch die ein Zurechnungsunfühiger (§ 51 Abs. 1, § 58 Abs. 1 des Strafgesetz­ buchs) außer Verfolgung gesetzt oder, ohne gleichzeitig zur Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt verurteilt zu werden, freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Zurechnungsunfähigkeit des Beschuldigten abgelehnt wird, oder durch die ein Strafverfahren vorläufig eingestellt wird, weil der Beschuldigte nach der Tat in Geisteskrankheit verfallen ist, sowie Verfügungen einer deutschen Strafverfolgungsbehörde, durch die ein Strafverfahren wegen Zurechnungsunfähtgkeit des Beschuldigten eingestellt wird;

2. Entscheidungen eines deutschen Gerichts, durch die jemand

D 6. Strafregisterverordnung §§ 9a—14.

1449

wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche oder Trunksucht ent­ mündigt wird; 3. tue Aufhebung der Entmündigung auf Anfechtungsklage (§§ 672, 684 der Zivilprozeßordnung); 4. die Wiederaufhebung der Entmündigung nach §§ 675, 679, 685, 686 der Zivilprozeßordnung. § 9 a. Dem Strafregister ist Mitteilung zu machen, wenn durch Anordnung einer Verwaltungsbehörde jemand die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes untersagt oder die erteilte Erlaubnis zur Aus­ übung eines Berufs oder Gewerbes zurückgenommen wird. Wird die Anordnung ausgehoben, so ist dies bcm Strafregister ebenfalls mitzuteilen?») § 10. Tie Landesregierungen^) können die Behörden ihres Landes

anweisen, den Strafregistern zu Zwecken der Strafrechtspflege oder der Polizei noch andere Mitteilungen zu machen. Ter Reichsminister der Justiz und die Lande^ustizverwaNungen lb) können anordnen, daß die Strafregisterbehörden ihres Tienstbereichs solche Mitteilungen in das Strafregister aufzunehmen und über diese Vermerke nach den allgemeinen Vorschriften Auskunft zu erteilen haben. 8 11. Zur Mitteilung ist verpflichtet: 1. bei Entscheidungen und sonstigen Nachrichten in Strafsachen die Behörde, welche die Strafvollstreckung zu veranlassen hat, oder nach näherer Bestimmung der Landesregierung die Staats­ anwaltschaft; 2. in den Fällen des § 3 die Verwaltungsbehörde, welche die Verfügung getroffen oder ausgehoben hat; 3. in den Füllen des § 9 Nr. 1 die Strafverfolgungsbehörde; 4. in den Fällen des 8 9 Nr. 2 bis 4 das Gericht; 5. in den Fällen des 8 9 a die Behörde, welche die Anordnung getroffen oder wieder aufgehoben hat. Die Mitteilungen geschehen bei Entscheidungen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft und, soweit die Entscheidung einer Rechtskraft nicht fähig ist, binnen zwei Wochen nach ihrem Er­ lasse, bei anderen Tatsachen binnen zwei Wochen nach ihrem Eintritt. §§ 12, 13 (Vordrucke und deren 2U?füHiing) wcggelassen.

8 14. Führt der Betroffene befugt oder unbefugt mehrere Familiennamen, so ist für jeden Namen eine Mitteilung zu machen. Kann der richtige Name des Verurteilten festgestellt werden, so 5 a) In Bettacht kommen u. a. hauptsächl. § 20 der VO. über Handelsbe­ schränkungen v. 13. Juli 23 (RGBl. S. 706), §§ 33a Abs. 3, 35, 3Gb, 59 a GewO. (BIV 1), §§ 12, 13 des Gaststättenges. (B IV 8), 8 H des Tierschutzgef. (BIII12). Dazu Nderl. d. MfWuA. v. 24. Mai 34 (DJust. S. 820). Vgl. auch § 22 Abs. 5 u. 6 des Sprengstoffges. (B III 8).

1450

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

ist im Strafregister unter dem falschen Namen auf die Stelle zu ver­ weisen, wo Vermerke für den Verurteilten unter seinem richtigen Namen einliegen. Wetter eingehende Mitteilungen sind dorthin abzu­ geben. Unter dem richtigen Namen ist zu vermerken, welche Namen der Verurteilte zu Unrecht führt. Bestehen Zweifel über die Richtigkeit des in die Mitteilung auf­ genommenen Geburtsorts oder handelt es sich um einen Zigeuner, so ist außer der Mitteilung an das Strafregister des Geburtsorts eine zweite Mitteilung an das Strafregister zu senden, das bei dem Reichsjustizministerium geführt wird. Auf jeder Mitteilung ist anzugeben, für welchen anderen Namen oder wohin weitere Mitteilungen gemacht worden sind. § 15. Wird der Familienname einer über 14 Jahre alten Per­ son in anderer Weise als durch Eheschließung geändert, so ist dies dem Strafregister mitzuteilen. Das gleiche gilt, wenn der Vorname einer solchen Person geändert wird. Die Landesregierungen bestimmen, wer die Mitteilungen nach

Abs. 1 zu machen hat?") Enthält das Strafregister einen Vermerk über die Person, deren Name geändert worden ist, so ist für jeden Namen ein Vermerk in das Strafregister einzulegen. Auf jedem Blatte ist anzugeben, für welchen andern Familiennamen oder Vornamen ein Vermerk eingelegt ist. Nach Erledigung der im Abs. 3 vorgeschriebenen Ergänzung des Strafregisters ist die nach Abs. 1 eingegangene Mitteilung zu ver­ nichten. Das gleiche gilt, wenn das Strafregister einen Vermerk über die Person, deren Name geändert worden ist, nicht enthält. § 16. Stellt sich in einem gerichtlichen Verfahren oder bei einer Strafversolgungsbehörde heraus, daß der Name einer Person in einer

registerpflichtigen Entscheidung falsch angegeben ist oder daß register­ pflichtige Vorgänge in das zuständige Strafregister nicht ausgenommen sind, so ist alsbald zu veranlassen, daß das Strafregister ergänzt oder berichtigt wird.

III. Führung der Strafregister. 88 17 bis 31 (nicht abgedruckt).

IV. Auskunft aus dem Strafregister. § 32 Gerichten, Strafverfolgungsbehörden, höheren Verwaltungs­ behörden und Polizeibehörden ist über den Inhalt des Strafregisters

auf jedes Ersuchen, das Auskunft zu erteilen. °)

eine bestimmte Person betrifft, kostenfrei

5 b) z. T. daS Büro des Amtsgerichts, z. T. der Standesbeamte. Nr. 2 Abs. 7 der AusfVerf. in Anm. 1. 6) In geringfügigen Strafsachen wird von der Erhebung der Vorstrafen

D 6. Strafregisterverordnung § 33.

1451

Welche Behörden als höhere Verwaltungsbehörden und als Polizei­ behörden im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind, bestimmen die Landesregierungen, bei Reichsbehörden der Reichsminister der Justiz. Der Reichsminister der Justiz kann im Einvernehmen mit -en be­ teiligten Landesregierungen bestimmen, daß auch anderen Behörden oder Stellen Auskunft aus dem Strafregister zu erteilen ist. Der Reichsminister der Justiz wird die Behörden und Stellen bekannt­ machen, denen hiernach Auskunft aus den Strafregistern zu erteilen ist ’). Bei der Auskunstserteilung sind Verurteilungen im Ausland nur zu berücksichtigen, wenn sie nach Art und Höhe der Strafe register­ pflichtig wären. § 33. Das Ersuchen (§ 32) ist auf einem Vordruck F an das

zuständige Strafregister zu richten. Das Strafregister erteilt die Auskunft durch Ausfüllung des Vordrucks. Abweichungen in den Angaben über die Person sind auf Grund des Strafregisters mit roter Tinte zu berichtigen, fehlende Angaben zu ergänzen. Ersuchen, die nicht auf dem vorgeschriebenen Vordruck gestellt werden, können zurückgewiesen werden. Die Urschrift des Strafregisters darf nicht versandt werden. Wird ein dem Straf­ register übersandter Vordruck F mit Maschinenschrift ausgefüllt, so kaun die Einteilung des Vordrucks in Spalten unbeachtet bleiben, wenn

hierdurch die Klarheit der Mitteilung nicht beeinträchtigt wird; die

Angaben sind hierbei in der Reihenfolge der Spalten über die ganze Mitteilung hinweg einzutragen. Anfragen, die zur Zuständigkeit eines anderen Strafregisters ge­ hören, sind an dieses abzugeben. Ist das zuständige Strafregister nicht bekannt, so ist die Anfrage mit einer kurzen Bemerkung zurück­ zusenden. Auf Verlangen ist die Auskunft telegraphisch zu erteilen. Sind Vorstrafen telegraphisch mitgeteilt, so ist eine schriftliche Auskunft nach­

zusenden. In dringenden Füllen darf die Auskunft durch Fernsprecher erfordert und erteilt werden. Soll die Auskunft durch Fernsprecher erteilt werden, so soll sie dem Anrnfenden nicht unmittelbar, sondern nur durch neuen Anruf, der von dem angerufenen Strafregister auszugehen hat, erteilt meist überhaupt abgesehen werden können. Amtsanwälte haben auf ihren Er­ suchen um Mitteilung der Vorstrafen stets kenntlich zu machen, ob,die Auskunft zu einer Verbrechens- oder Vergehenssache oder ob sie zu einer Übertretungs­ sache erfordert wird. I Nr. 1 d. AusfVerf. in Anm. 1. 7) Bet. des RIM. über die Behörden und Stellen, denen Auskunft zu er­ teilen ist, v. 13. Ott. 36 (DJust. S. 1553) mit Änderungen in AB. v. 25. März 37 (DJust. S. 484). Die Leitung der Auslandsorganisation der NSDAP, ist eine Gauleitung. AB. v. 2. Oktbr. 35 (DJust. S. 1430).

1452

D. StrasverfahrenSrechtliche Nebengesetze.

werden. Der Leiter der Strasregisterbehörde kann an Stelle dieser Sicherungsmaßregel andere Vorkehrungen treffen, die einen Mißbrauch der Einrichtung ausschließen. Enthält eine durch Fernsprecher erteilte Auskunft Angaben über Verurteilungen oder sonstige Registervermerke, so ist unter Bezugnahme auf das Ferngespräch eine schriftliche Auskunft nachzusenden. Wird die Auskunft gemäß Abs. 4, 5 durch Telegramm oder durch Fernsprecher erteilt, so hat die ersuchende Stelle dem Strafregister die ihm entstehenden Telegramm- oder Fernsprechgebühren zu erstatten, soweit nicht die Landesjustizverwaltung für die in ihrem Bezirke geführten Strafregister oder der Reichsminister der Justiz für das im § 1 Abs. 2 bezeichnete Strafregister etwas anderes bestimmen; Ge­

bühren für Orts- und Vorortsgespräche werden nicht erstattet. Für den Vordruck F gilt § 13 entsprechend.

§ 34. Vermerke nach § 9 Nr. 1, 2 und § 21a werden nur den Gerichten, den Behörden der Staatsanwaltschaft, den obersten Reichs­ und Landesbehörden und den Polizeibehörden milgeteilt. Anderen Be­ hörden oder Stellen, denen Auskunft aus dem Strafregister zu er­ teilen ist, können solche Vermerke mit Genehmigung des Leiters der Strasregisterbehörde mitgeteilt werden, wenn ein berechtigtes Inter­ esse an der Erlangung der Auskunft dargelegt ist. Soweit hiernach Vermerke nach § 9 Nr. 1, 2 und § 21a nicht mitgeteilt werden dürfen, sind die Anfragen in gleicher Weise zu beantworten wie in den Fällen, in denen ein Vermerk nicht vorhanden ist. Vermerke nach § 21a werden dadurch mitgeteilt, daß unter den Vermerken über Verurteilungen die Sätze angesügt werden: „Der Verurteilte ist kriminalbiologisch untersucht. Die kriminalbiologische Sammelstelle bei (Name der Strafanstalt) erteilt nähere Auskunft."

§ 35. Ist eine Person wegen eines Vergehens, das mit keiner schwereren Straft als mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten be­ droht ist, oder wegen einer Übertretung wiederholt verurteilt,^) so

brauchen von jeder Art dieser strafbaren Handlung nur die drei letzten Verurteilungen in die Auskunft ausgenommen zu werden, sofern nicht die ersuchende Behörde ausdrücklich einen vollständigen Auszug verlangt. Bei den übrigen gleichartigen Verurteilungen genügt die Angabe ihrer Zahl. Ist aus Unterbringung im Arbeitshaus oder auf die Zulässigkeit

von Polizeiaufsicht erkannt, so ist die Verurteilung stets vollständig in den Auszug aufzunehmen. 8) Vgl. Sinnt. 15 der AusfVerf. in Sinnt. 1.

D 6. Strafrcgisterverordnung §§ 35a—38.

1453

§ 35 a. Ergibt sich aus dem Ersuchen um Auskunft, daß diese zu einer Übertretungssache verlangt wird, so genügt die Mitteilung der Verurteilungen wegen Übertretungen und die Mitteilung der Gesamtzahl der Verurteilungen wegen Verbrechen und Vergehen, so­ fern nicht die ersuchende Behörde ausdrücklich einen vollständigen

Auszug verlangt.

§ 36. Privatpersonen wird Auskunft aus dem Strafregister nicht erteilt. Der Leiter der Strafregisterbehörde kann genehmigen, daß einer Privatperson aus ihr Verlangen über den sie betreffenden Inhalt des

Strafregisters Auskunft erteilt wird. Die Genehmigung soll nur erteilt werden, wenn ein polizeiliches Führungszeugnis nicht erlangt werden kann oder sonst ein berechtigtes Interesse an der Erlangung der Aus­ kunft dargelegt ist.

§ 37. Inwieweit ausländischen oder solchen Behörden oder Stellen, die von der Teutschen Regierung gemeinsam mit aus­ ländischen Regierungen eingerichtet sind, kostenfrei oder gegen eine Gebühr Auskunft aus dem Strafregister zu erteilen ist, bestimmt, soweit nicht in Gesetzen oder Vereinbarungen des Reichs Bestimmung getroffen ist, der Reichsminister der Justiz?) Soweit Behörden oder Stellen der im Abs. 1 bezeichneten Art

Auskunft aus dem Strafregister gegeben wird, sind in die Auskunft auch solche Verurteilungen aufzunehmen, die bereits der beschränkten

Auskunft unterliegen. In der Auskunft ist hervorzuheben, daß die Verurteilung nach den deutschen Vorschriften der beschränkten Auskunft unterliegt; bei Vermerken, die vor dem 1. Juli 1920 im Strafregister gelöscht sind, ist die Tatsache der Löschung zu

vermerken. V. Äuslan-tsche Strafakten.

§ 38. Für die Anwendung der Vorschriften über die Erteilung von Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Straf­ vermerken sind bei Verurteilungen im Ausland die ausländischen Strafarten der deutschen Strafart gleichzustellen, der sie nach ihrer Stellung in dem fremden Strafendstem am meisten entsprechen. Die Vorschrift des Abs. 1 gilt entsprechend für Maßregeln der Sicherung und Besserung. 9) Zusammenstellung in der AV. v. 10. Dez. 28 (JMBl. S. 461); ab­ geändert durch AV. v. 23. Jan. 30 (JMBl. S. 23) u. v. 21. Oktbr. 31 (JMBl. S. 334). In Polen wird das Strafreg. v. Justizministerium geführt. AB. v. 25. Dez. 36 (DJust. 1937 S. 24). Siehe auch Richtlinien über den RechtsKilfeverkehr mit dem Ausland in Strafsachen (Sonderveröffentlichung der DJust. Nr. 3) Nr. 240 ff.

1454

D. StrafderfahrenSrechtliche Nebengesetze.

Der Reichsmiuister der Justiz kann hierüber nähere Bestimmungen

erlassen.,0) VI. Ltrckbriesuachrichteu und LuchvrnurrKr. § 39. Im Strafregister können Steckbriefnachrichteu (Muster G) niedergelegt werden. n) Die §§ 13 bis 15 gelten entsprechend. Erledigt sich der Steckbrief, so ist dies dem Strafregister mitzuteilen. 8 40 weggelassen.

§ 41. Solange der Aufenthalt des Verfolgten nicht bekannt ist, wird die Steckbriefnachricht im Strafregister ausbewahrt. Sie wird vernichtet, wenn eine Mitteilung über die Erledigung deS Steckbriefs eingehl. Bei der Mitteilung der Erledigung einer Steckbriefnachricht ist der Grund der Erledigung und, wenn möglich, der Aufenthaltsort oder Haftort des Gesuchten anzugeben. Sind seit der Niederlegung der Steckbriefnachricht drei Jahre

verflossen, so wird sie zurückgesaudt.

§ 42. Behörden und Stellen, denen Auskunft aus dem Straf­ register zu erteilen ist, dürfen Suchvermerke im Strafregister nieder­ legen. “) Im Suchvermerk ist anzugeben, aus welchem Grunde der Be­ troffene gesucht wird. Auf Suchvermerke finden die Vorschriften der §§ 39 bis 41 über Sleckbriesuachrichten entsprechende Anwendung.

VH. Vordrucke. § 43.

(Nicht abgedruckt.)

VIII. Lchlußbestimmullgeu. § 44. Alle Mitteilungen an das Straftegister, alle Ersuchen um Auskunft aus dem Register sowie die zu erteilenden Auskünfte sind verschlossen zu versenden. 8 45.

(Gestrichen.)

88 46—49.

(Nicht abgedruckt.)

10) Vgl. den Erlaß deS Reichsministers der Justiz v. 12. Juni 20 (I MBl. S. 340). Ersuchen ausländischer in Deutschland zugelaffener Konsuln um Auskunft auS dem Strafregister sind nur mittels Berichts an IM. zu erledigen. AB. v. 11. Juni 28 (JMBl. S. 295). 11) AD. v. 30. Novbr. 37 (DJust. S. 1872) über Einrichtung eines kriminalbiologischen Dienstes. 12) Dazu deutsch-schweizerisches Abkommen v. 31. Aug. 28 (RGBl. II S. 603).

D 7. Deutsches Auslieserungsgesetz § 1.

1455

D 7. Deutsches Äuslieferuugsgesetz. *) Vom 23. Dezember 1929 (RGBl. I S. 239). Erster Abschnitt.

Auslieferung und Durchlieferung. § 1. Ein Ausländer/) der von der Behörde eines ausländischen Staates wegen einer strafbaren Handlung verfolgt wird oder ver­ urteilt worden ist, kann der Regierung dieses Staates auf Ersuchen einer zuständigen*) Behörde zur Strafverfolgung*) oder Strafvoll, streckung ausgeliefert*) werden. ♦) Das Gesetz hat nur Bedeutung, soweit das Deutsche Reich dem Auslande Rechtshilfe gewahrt, scheidet also die Fragen aus, die mit der In­ anspruchnahme ausländischer Rechtshilfe durch Deutschland Zusammenhängen, abgesehen von § 54. E. 70 S. 286. 1) D. h. jeder Nichldcutsche, also auch der Staatenlose. Stettin JurW. S. 2872. Dresden JurW. 60 S. 2873. Über Polen deutscher Reichsangehörig!eit E. 68 S. 125. 2) Die Zuständigkeit wird sich meist aus den Vereinbarungen ergeben. Mettgenberg, Deutsches Auslieferungsges. S. 162. Verzeichnis der Ver­ träge und Vereinbarungen über die Auslieferung, ebenfalls bearbeitet von Mettgenberg, im Heft 4 der „Rechtsverträge des Deutschen Reichs"; ferner Mettgenberg, Internationales Strafrecht auf See in derZeitschr. f. ges. Strafrechtswissenschaft Bd. 52 S. 802; von Ammon, das AG. in der deutschen Rechtsprechung, DStrafr. 1 S. 46 u. 100. Sammlung der Deut­ schen Rechtsprechung in Auslieferungssachen in D. Just. 1934 S. 1540,1936 S. 556. Die Auslieferungsverträge gehen dem DAG. vor. DRZ. 24 Nr. 161; sie bleiben durch das Ges. unberührt. E. 70 S. 286. Seit" dem 3o. Jan. 34, als das Ges. über den Wiederaufbau des Reichs (RGBl. I S. 75) in Kraft trat, sind die Ausl.verträge und Nechtshilfeabmachungen der einstigen deutschen Länder mit dem Auslande hinfällig ge­ worden. E. 70 S. 286. Zusammenstellung der Erklärungen ausländ. Regierungen sowie Verträge u. Vereinbarungen mit ausländ. Regierungen über den zwischenstaatl. Rechts­ hilfeverkehr in Strafsachen (Sonderdruck Nr. 4). AV. d. RIM. v. 25. Juli 34 (DJust. S. 958), dazu Mettgenberg in DJust. 1934 S. 964. Richtlinien für den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in Strafsachen (Sonderdruck Nr. 3), dazu AV. v. 3. April u. 23. Juni 34 (DJust. S. 438, 820) und v. 16. Jan. 35 (DJust. S. 93). Zusammenstellung der für den Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr bestimmten Grenzbehkrden im Sonderdruck Nr. 3 S. 44. 3) Strafverf. ist jede Maßnahme einer dafür zuständigen Behörde, die darauf gerichtet ist, ein gegen den Verfolgten geführtes Strafverfahren zu fördern, es seinem Ziele, der Aburteilung des Verfolgten, näher zu bringen. E. 65 S. 374. 4) Auslieferung bedeutet, wenn der Verfolgte auS dem Bereich der deutschen Gerichtsbarkeit heraus einer ausländischen Gerichtsgewalt zur

1456

D. Strasverfahrensrechtliche Nebengesetze.

§ 2. (1) Die Auslieferung ist nur wegen einer $at zulässig, die nach deutschem Rechte ein Verbrechen oder Vergehen ist.41) (2) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn die Tat nach deut­ schem Rechte nur nach den Militärstrafgesetzen4*)5 * strafbar *6 7 ist oder nur mit einer Vermögensstrafe geahndet wird, die nicht in eine Freiheits­ strafe umgewandelt werden kann. § 3. (1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn die Tat, welche die Auslieferung veranlassen soll, eine politische") ist oder mit einer politischen Tat derart im Zusammenhänge steht, daß sie diese vor­ bereiten, sichern, decken oder abwehren sollte.4) (2) Politische Taten sind die strafbaren Angriffe, die sich unmittelbar gegen den Bestand oder die Sicherheit) des Staates, gegen das Oberhaupt oder gegen ein Mitglied der Regierung des Staates als solches, gegen eine verfassungsmäßige Körperschaft, gegen die staatsbürgerlichen Rechte bei Wahlen oder Abstimmungen oder gegen die guten Beziehungen zum Ausland richten. (3) Die Auslieferung ist zulässig, wenn sich die Tat als ein vorStrafverfolgung oder Strafvollstreckung von Amts wegen überantwortet wird, gleichgültig, ob dies auf deutschem Boden oder im Ausland geschieht. Begr. Auslieferung ist auch die unter der Zusage der Rücklieferung begehrte Überführung einer im Inland befind!. Person an die Behörde eines ausl. Staats, wenn sie verlangt wird, um der ausl. Behörde zu ermöglichen, den Überführten als Beschuldigten zu vernehmen oder als Beschuldigten anderen Personen gegenüberzustellen. E. 65 S. 374. Die Gesetzmäßigkeit des von dem ausliefernden Staat beobachteten Verfahrens unterliegt ebensowenig einer Nachprüfung der inländischen Gerichte wie die sachl. Rechtmäßigkeit der Aus­ lieferung. E. 70 S. 286. 4 a) Voraussetzg. ist, daß die erforderl. Unterlagen wie über Zeit u. Be­ gehungsort beschafft werden. Köln DJust. 1934 S. 1559. 5) Es ist daher die Auslieferung wegen rein militärischen Straftaten, wie Wachvergehen, Feigheit, Ungehorsam, Fahnenflucht usw. unzulässig, zulässig dagegen die Auslieferung wegen der Straftaten des allgemeinen Strafrechts, die aus militärischen Gründen umgestaltet sind, wie z. B. Miß­ handlung Untergebener, Diebstahl oder Unterschlagung zum Nachteil von Kameraden. Begr. Kiel DJust. 1934 S. 1550. 5 a) Die Frage, ob eine Tat „politisch" ist, kann nur aus der Ge­ stattung der Tat selbst beantwortet werden. Die Tatsache, daß der aus­ ländische Richter sie als politisch angesehen hat, ist ohne Belang. — Wider­ stand gegen Beamte ist kein politisches Delitt. E. 67 S. 150. 6) Es kommt also auf den Zweck an, den der Täter zu der Tat ver­ anlaßte. Begr. E. 67 S. 150 (159). Der Zweckzusammenhang zwischen der politischen und gemeinen Tat muß erkennbar und feststellbar sein. Mettgenberg a. a. O. S. 226 u. 234. JurW. 62 S. 980. Nach Hamm DJust. 1936 S. 576 muß die gemeine Tat zur Förderung der politischen Haupttat begangen sein, anders Schmidt ebenda. Zusammenhangstaten i. Ggs. zu isolierten Taten. E. 67 S. 150 (160). 7) §§ 81ff. StGB.

1457

D 7. Deutsches AuSIieferungSgesetz §§ 4 u. 5.

sätzliches Verbrechen gegen das Leben darstellt, es sei denn, daß sie im offenen Kampfe begangen*) ist.

§ 4. Die Auslieferung ist nicht zulässig:•)*) 1. wenn die Gegenseitigkeit•*) nicht verbürgt ist; 2. wenn die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung wegen der Tat nach deutschem Rechte**) infolge Verjährung"*) oder Gnadenerlassesu) oder aus anderen Gründen unzulässig sein würde; 3. wenn für die Tat die deutsche Gerichtsbarkeit begründet und gegen den Verfolgten von deutschen Behörden ein Urteil18) erlassen oder die Eröffnung des Hauptversahrens abgelehnt ist.

§ 5. Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn ein Haftbefehl"*) oder das vollstreckbare Straferkenntnis einer zuständigen Behörde des ausländischen Staates wegen der Tat vorgelegt ist.") 8) Dies ist dann der Fall, wenn sie entweder bei offenem Kampf­ zustand im Zusammenhang mit den Kämpfen oder selbst als offene Kampf­ handlung verübt ist. Mcttgenberg a. a. O. S. 233. Sog. Attentats­ klausel. 9) Dies ist eine Rechtsfrage, die aus dem internationalen Recht zu beantworten ist. R. 3 S. 457 (460). 9 a) d. h. die Ankündigung, daß sich jeder vertragschließende Teil Lei seinem Verhallen nach der Rechtslage u. dem Verhalten auf der anderen Seite richten werde. Mettgenberg, DJust. 1934 S. 1554. Vgl. Anm. 38 a. 10) Damit ist nur das materielle Recht gemeint. Die Rechtskraft eines wegen der Tat gegen den Verfolgten im Auslande erlaffenen Urteils steht der Auslieferung nicht entgegen, wenn das Verfahren durch rechtskräftige Entschei­ dung der zuständ. ausl. Behörde wieder ausgenommen ist. E. 65 S. 269. 10a) KG. DJust. 1934 S. 1549. Bei der Frage der Verjährung ist besonders zu beachten, daß die Verträge vielfach selbst einen Zeitpunkt be­ stimmen, nach dem die Verjährungsfrage beurteilt werden soll. Mettgen­ berg a. a. O. S. 256. Ein allgemein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts, daß die Auslieferung wegen solcher Straftaten unrechtmäßig sei, die nach dem Rechte des ausliefernden, nicht aber nach dem des ersuchenden Staates ver­ jährt sind, besteht nicht. E. 70 S. 286. 11) Der auch die Niederschlagung umfaßt. KG. DJust. 1934 S. 1553. 12) Rechtskraft ist nicht erforderlich. — Unzulässig ist die Ausl, wegen sirafb. Handl., die mit anderen im Deutschen Reich begangenen und rechts­ kräftig abgeurteilten Straftaten im Fortsetzungszusammenhange stehen. JurW. 60 S. 249. Ein schwebendes Verfahren schließt die Auslieferung nicht aus. Begr. Siehe §§ 154 a u. 456 a StPO. 12 a) Dem jede Urk. gleichsteht, die die ausdrückl. Aufforderung zur Fest­ nahme des Verfolgten enthält. Kiel DJust. 1934 S. 1550. 13) Der Nachweis, daß der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat in einem bestimmten Grade verdächtig oder überführt ist, ist nicht erforder­ lich. Stuttgart JurW. 62 S. 986, 992. Die Besttmmung darüber, ob Haftbefehl oder Straferkenntnis (Urteil, Strafbefehl oder Strafbescheid) einen besttmmten Inhalt haben müssen, oder wie sonst die ersuchende Dalcke, Strafrecht.

30. Aufl.

92

1458

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

§ 6. Die Auslieferung ist nur zulässig,") wenn Gewähr dafür besteht,") daß der Ausgelieferte in dem Staate, an den er ausgeliefert worden ist, ohne deutsche Zustimmung weder wegen einer vor der Auslieferung begangenen Tat, für welche die Auslieferung nicht be­ willigt ist, zur Untersuchung gezogen, bestraft oder an einen dritten Staat weitergeliefert noch aus einem anderen, vor der Auslieferung eingetretenen Rechtsgrund in seiner persönlichen Freiheit beschränkt wird, es sei denn, daß er das Gebiet der ausländischen Regierung innerhalb eines Monats nach dem Tage seiner Freilassung nicht ver­ läßt oder daß er, nachdem er es verlassen hat, zurückkehrt oder von einer dritten Regierung von neuem ausgeliefert wird. § 7. Die Auslieferung darf nur bewilligt werden, wenn das Gericht sie für zulässig oder der Verfolgte sich zu Protokoll eines Richters mit ihr einverstanden erllärt") hat. § 8. (1) Der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgerichte bereitet die Entscheidung über die Auslieferung vor und führt die bewilligte Auslieferung durch."») (2) Für die gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung ist das Oberlandesgericht17) zuständig. § 9. (1) Örtlich zuständig sind der Staatsanwalt und das Ober­ landesgericht, in deren Bezirk der Verfolgte ergriffen") oder, falls eine Ergreifung nicht erfolgt, ermittelt wird. (2) Werden mehrere Personen, die wegen Täterschaft, Teilnahme, Begünstigung oder Hehlerei bei derselben Tat ausgeliefert werden sollen, in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte ergriffen oder ermittelt, so haben der Staatsanwalt oder das Oberlandesgericht die Sache zu bearbeiten, die zuerst mit ihr befaßt werden.") Regierung die zur Prüfung des Auslieferungsersuchens unentbehrlichen Angaben über den Verfolgten, die Straftat u. die Strafbestimmungen zu machen hat, bleibt den Verträgen überlassen. Begr. 14) Grundsatz der Spezialität. E. 65 S. 106 (111). E. 66 S. 346. 15) Tatsächliche Übung genügt nicht. — Es ist ein Zwischenbeschluß zulässig, durch welchen eine Erllärung der fremden Regierung für er­ forderlich erllärt wird, sie werde gemäß § 6 verfahren. BayObLG. JurW. 59 S. 2610. 16) Anfechtung wegen Irrtums oder arglistischer Täuschung ist aus­ geschlossen. Mettgenberg a. a. O. S. 278. 16 a) Zuständigkeit bei Auslieferung Wehrmachtsangehöriger § 18 EMStGO. (abgedruckt unter C II 6). 17) Siehe § 48. 18) Die Ergreifung muß zum Zwecke der Durchführung des Auslteferungsbegehrens erfolgt sein. Mett gen berg a. a. O. S 282. A. M. Stuttgart JurW. 60 S. 2878. 19) Bei Meinungsverschiedenheiten bestimmt das RG. das zuständige Gericht (§ 14 StPO.).

D 7. Deutsches Auslieferungsgesetz §§ 10—13.

1459

(3) Ist der Aufenthalt des Verfolgten nicht bekannt, so bestimmt das Reichsgericht den Staatsanwalt und das Oberlandesgericht, welche die Sache zunächst zu bearbeiten haben. Wird der Verfolgte ergriffen oder ermittelt, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit für das weitere Verfahren nach Abs. 1.

§ 10. (1) Ein Ausländer kann zum Zwecke der Auslieferung an eine ausländische Regierung nach dem Eingang des Ersuchens um Aus­ lieferung in Haft genommen werden, wenn die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsversahren oder der Durchführung der Aus­ lieferung entziehen werde, oder wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß er in dem gegen ihn schwebenden Strafverfahren die Wahrheitsermittlung erschweren werde; diese Tatsachen sind akten­ kundig zu machen (Auslieferungshaft). Dies gilt nicht, wenn die Aus­ lieferung von vornherein unzulässig erscheint. (2) Die Auslieferungshast kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 schon vor dem Eingang des Ersuchens um Auslieferung ange­ ordnet werdens«) wenn eine zuständige Behörde") des ausländischen Staates darum ersucht oder wenn ein Ausländer einer Tat, für welche die Auslieferung zulässig ist, dringend verdächtig erscheint (vorläufige Auslieferungshaft). § 11. Über die Anordnung, Aufrechterhaltung, Vollstreckung oder Aufhebung der Auslieferungshaft und der vorläufigen Aus­ lieferungshaft entscheidet das Oberlandesgericht.")

§ 12. (1) Die Auslieserungshaft und die vorläufige Auslieferungs­ haft werden durch schriftlichen Haftbefehl angeordnet. (2) In dem Haftbefehl ist der Verfolgte und der Grund der Ver­ haftung zu bezeichnen. Auch ist anzugeben, an welchen Staat und wegen welcher Tat") der Verfolgte ausgeliefert werden soll. § 13. (1) Der Haftbefehl ist dem Verfolgten, wenn möglich, bei der Verhaftung bekanntzumachen. Geschieht dies durch Verkündung, so ist der Verfolgte darauf hinzuweisen, daß ihm auf Verlangen eine Abschrift erteilt wird. Ist die Bekanntmachung bei der Verhaftung 20) Voraussetzung ist nicht, daß Ort und Zeit der Straftat sowie die Person des Verletzten bekannt sind. Recht 34 Nr. 2127. 21) Hier ist — im Gegensatz zu der für das Ersuchen um Ausliefe­ rung zust. Stelle — jede Behörde anzusehen, die unmittelbar mit der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung befaßt ist, z. B- Untersuchungs­ richter. Naumburg HRR. 1930 Nr. 1718. 22) Dem AG. liegt nur die Vernehmung ob (§§ 14, 21 Abs. 2). Eine Entscheidung hat es nur in den Fällen der §§ 15 Abs. 3 u. 21 Albs. 2 zu treffen. 23) Die Tat muß hier nach Zeit, Ort und gesetzl. Merkmalen der Handl, umschrieben werden. Naumburg HRR. 1930 S. 1718.

1460

D. Strasversahrensrechtliche Nebengesetze.

nicht erfolgt, so ist dem Verfolgten der Grund der Verhaftung vor­ läufig mitzuteilen. Die Bekanntmachung des Haftbefehls ist in diesem Falle unverzüglich nachzuholen. (2) Dem Verfolgten ist Gelegenheit zu geben, Angehörige, und, soweit er daran ein wesentliches Interesse hat, andere Personen von der Verhaftung zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Haft dadurch nicht gefährdet wird.

§ 14. Der Verfolgte ist unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem nächsten") Amtsrichter vorzuführen. Der Richter hat ihn unverzüglich, spätestens am nächsten Tage, zu vernehmen. § 15. (1) Bei der Vernehmung sind die persönlichen Verhältnisse des Verfolgten, insbesondere seine Staatsangehörigkeit, zu ermitteln; es ist ihm Gelegenheit zu geben, sich zu der gegen ihn erhobenen An­ schuldigung zu äußern. (2) Bei der Vernehmung ist der Verfolgte ferner zu befragen, ob er Einwendungen gegen den Haftbefehl erhebe, und gegebenenfalls aufzufordern, die Tatsachen geltend zu machen, die gegen den Haftbefehl oder seine Vollstreckung sprechen. (3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Haftbefehl aufge­ hoben oder der Ergriffene nicht der in dem Haftbefehle bezeichnete Verfolgte ist,"») so ist der Ergriffene unverzüglich freizulassen. § 16. (1) Über die Einwendungen des Verfolgten gegen den Haftbefehl entscheidet das Oberlandesgericht. (2) Das Oberlandesgericht kann anordnen, daß die Vollstreckung des Haftbefehls unterbleibt, wenn der Verfolgte Sicherheit dafür geleistet hat, daß er sich dem Auslieserungsverfahren und der Durch­ führung der Auslieferung nicht entziehen werde. (3) Die §§ 118 bis 121 und § 122 Abs. l,"b) Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend. (4) Die Entscheidungen sind dem Verfolgten bekanntzumachen.

§ 17. (1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, wenn der angegebene Grund der Verhaftung weggefallen ist oder wenn die Auslieferung für unzulässig erklärt wird. 24) Das ist der am schnellsten erreichbare, wobei auf die Verkehrs­ möglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist. Mettgenberg a. a. O. S- 300. 24a) Kann eine einwandfreie Feststellg. nicht getroffen werden, so ist die endgültige Feststellg. der verfolgenden ausländischen Behörde zu über­ lassen. KG. DJust. 1934 S. 1545. 24b) Die Sicherheit verfällt, wenn der Auszuliefernde sich der Durch­ führung der Auslieferung auch nur zeitweilig entzieht, um sich dann in einem selbstgewählten Zeitpunkt im Ausland zu stellen. Karlsruhe DRZ. 25 Nr. 290.

D 7. Deutsches AuslieferungSgeseb §§ 18—21.

1461

(2) Der Haftbefehl ist ferner aufzuheben, wenn der Staatsanwalt es beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann der Staatsanwalt die Freilassung des Verfolgten anordnen.

§ 18. (1) Befindet sich der Verfolgte in vorläufiger Auslieferungs­ haft, so hat das Oberlandesgericht nach Eingang des Ersuchens um Auslieferung unverzüglich über die Fortdauer der Auslieferungshast zu beschließen. (2) Der Staatsanwalt beantragt die Aufhebung des Haftbefehls, wenn der Verfolgte sich seit dem Tage") der Verhaftung zwei Mo­ nate "•) in vorläufiger Auslieferungshaft befunden hat, ohne daß ein Beschluß des Oberlandesgerichts über die Fortdauer der Hast er­ gangen ist.") (3) Das Oberlandesgericht kann auf Antrag des Staatsanwalts die Dauer der vorläufigen Auslieferungshaft um zwei Monate "*) ver­ längern, soweit ein außereuropäischer Staat um die Festnahme ersucht hat. (4) Die Entscheidungen sind dem Verfolgten bekanntzugeben.

$ 19. Ist die vorläufige Auslieferungshast infolge Fristablauss nach § 18 Abs. 2 und 3 aufgehoben worden, so darf sie nicht von neuem angeordnet werden. § 20. Befindet sich der Verfolgte in Auslieferungshaft, so hat das Oberlandesgericht vor Ablauf von je zwei Monaten seit dem Tage") der Verhaftung oder seit dem Tage des letzten, die Fortdauer der Aus­ lieferungshaft anordnenden Beschlusses von Amts wegen zu ent­ scheiden, ob die Auslieferungshaft aufrecht zu erhalten ist. § 21. (1) Liegen die Voraussetzungen der vorläufigen Auslieferungshaft oder der Auslieferungshaft vor, so kann der Staats­ anwalt und jeder Beamte des Polizei- und Sicherheitsdienstes einen Ausländer festnehmen oder sestnehmen lassen; unter den Voraus25) Das ist der Tag des Erlasses des Haftbefehls. E. 65 S. 79; nach Hamburg JurW. 1931 S. 2878, Mettgenberg a. a. O. S. 311, 638 der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Haftbefehls; nach KG. JurW. 60 S. 256 u. Breslau JurW. 60 S. 2879 bereits der Tag der vorläufigen Festnahme. 25a) Die Fassung beruht auf dem Ges. zur Änderung des DAG. v. 12. Septbr. 33 (RGBl. I S. 618). 26) Enthalten die Vereinbarungen mit ausländischen Regierungen kürzere Fristen für die Höchstdauer der Verpflichtung, den Verfolgten in vorläufiger Auslieferungshaft zu halten, oder abweichende Besttmmungen für die Berechnung der Fristen, so wird es von den Weisungen abhängen, die dem StA. erteilt werden, ob er gegebenenfalls vor Ablauf der gesetzl. Frist die Aufhebung des HB. beantragt. Begr. DaS OLG. kann den Haft­ befehl auch von Amtswegen ohne Antrag des StA. aufheben. Dörf fler, JurW. 60 S. 2879.

1462

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

setzungen des § 127 Abs. 1 der Strafprozeßordnung ist jedermann zur Festnahme berechtigt. (2) Die §§ 14 und 15 Abs. 1 und 2 gelten entsprechend. Ergibt sich bei der Vernehmung, daß das Festnahmeersuchen zurückgenommen oder daß der Festgenommene nicht die in dem Ersuchen bezeichnete Person ist, so ist er unverzüglich freizulassen. (3) Über die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft oder der Auslieferungshaft entscheidet das Oberlandesgericht. § 22. (1) Für die vorläufige Auslieferungshaft und die Auslieferungshast sowie für die Haft nach § 21 gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft entsprechend. (2) Der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht bestimmt die Anstalt, in welcher der Verfolgte zu verwahren ist. (3) Die erforderlichen richterlichen Verfügungen trifft der Vor­ sitzende des Gerichts.

§ 23. (1) Ist die vorläufige Auslieferungshaft oder die Aus­ lieferungshaft angeordnet, der Aufenthalt des Verfolgten aber nicht bekannt, so kann der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht einen Steckbrief erlassen. (2) Der Steckbrief soll, soweit dies möglich ist, eine Beschreibung des Verfolgten enthalten und den Grund der Verhaftung angeben. (3) Wird der Verfolgte auf Grund des Steckbriefs ergriffen, so richtet sich das weitere Verfahren nach den §§ 13 bis 15. § 24. Nach dem Eingang des Ersuchens um Auslieferung be­ antragt der Staatsanwalt bei dem nach § 162 der Strafprozeßordnung zuständigen Amtsrichter die Vernehmung des Verfolgten. Bei der Vernehmung ist dem Verfolgten Gelegenheit zu geben, sich zu dem Ersuchen zu äußern. Er ist auch zu befragen, ob er sich mit der Aus­ lieferung einverstanden erklärt?')

§ 25. (1) Hat sich der Verfolgte nicht zu Protokoll eines Richters mit der Auslieferung einverstanden erklärt, so beantragt der Staats­ anwalt die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Aus­ lieferung zulässig ist.27 28) 27) Uber die rechtliche Bedeutung der Erklärung ist der Verfolgte zu belehren. Seine Erklärung ist in das Protokoll aufzunehmen. 28) Der Mangel einer Verfahrensvoraussetzung ist von Amtswegen zu prüfen. Hierbei ist daS Gericht verpflichtet auf den gesamten Inhalt der Akten zu achten und überhaupt alle ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisquellen zu benutzen. E. 64 S. 183 (187). Bei der Prüfung der Voraus­ setzungen der Auslieferung ist die zur Zeit des Beschlusses bestehende Sach­ lage zugrunde zu legen; bis dahin eingetretene Änderungen der ursprüng-

D 7. Deutsches Auslieferungsgesetz §§ 26 u. 27.

1463

(2) Der Staatsanwalt kann die Entscheidung des Oberlandes­ gerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der Aus­ lieferung einverstanden erklärt hat.

§ 26. (1) Das Oberlandesgericht kann vor der Entscheidung den Verfolgten vernehmen und Beweise über die Zulässigkeit der Aus­ lieferung erheben;") es kann die Vernehmung und die Beweiserhebung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter veranlassen. Es kann auch eine mündliche Verhandlung anordnen. (2) Von Ort und Zeit der Beweiserhebung oder der mündlichen Verhandlung sind der Staatsanwalt, der Verfolgte und sein Rechts­ beistand zu benachrichtigen. Ist der Verfolgte nicht auf freiem Fuße, so ist er zu der Beweiserhebung oder der mündlichen Verhandlung vorzuführen, es sei denn, daß er auf die Anwesenheit verzichtet oder daß der Vorführung weite Entfernung oder Krankheit des Verfolgten oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen. (3) Bei der mündlichen Verhandlung muß der Staatsanwalt anwesend sein. Wird der Verfolgte zur mündlichen Verhandlung nicht vorgeführt, so muß ein Rechtsbeistand seine Rechte wahrnehmen. Den Beteiligten ist in der Verhandlung Gelegenheit zu geben, sich zur Sache zu äußern. Der § 245 Abs. 1 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend; im übrigen bestimmt das Gericht Art und Umfang der Beweisaufnahme, ohne durch Anträge, Verzichte oder frühere Be­ schlüsse gebunden zu sein. Über die Verhandlung ist ein Protokoll

aufzunehmen.

§ 27. (1) Hält das Oberlandesgericht eine Entscheidung des Reichsgerichts für geboten, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, oder will es von einer nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangenen Entscheidung des Reichsgerichts über eine Rechtsfrage in Auslieferungssachen abweichen, so begründet es seine Auffassung und holt die Entscheidung des Reichsgerichts über die Rechtsfrage ein. (2) Die Entscheidung des Reichsgerichts wird auch eingeholt, wenn der Oberreichsanwalt oder der Staatsanwalt sie zur Klärung einer Rechtsfrage beantragen.^) llchen Verhältnisse, z. B. Wechsel der Staatsangehörigkeit des Verfolgten, Eintritt der Verjährung, die Zurücknahme des Strafantrags u. dgl. sind zu berücksichtigen. Begr. Wiederholte Entscheidung ist zulässig (§ 29). Der StA. kann den Antrag jederzeit zurücknehmen. Mettgenberg a. a. O. S. 331. 29) Z. B. zwecks Ermittelung des ausländ. Rechts durch Einholung von Gutachten oder Auskünften. Recht 15 Nr. 2267. 30) Auch noch nach Zurücknahme des Antrags.

1464

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

(3) Die Entscheidung des Reichsgerichts ist in der Sache für das Oberlandesgericht bindend. Sie ergeht ohne mündliche Verhandlung.

$ 28. Der Beschluß über die Zulässigkeit der Auslieferung ist zu begründen. Er ist nicht anfechtbar. Er wird dem Staatsanwalt und dem Verfolgten bekanntgemacht.

§ 29. (1) Treten, nachdem das Gericht die Auslieferung für zu­ lässig erklärt hat. Umstände ein, die es zweifelhaft erscheinen lassen, ob die Voraussetzungen der Zulässigkeit noch so hat das Gericht auf Antrag des Staatsanwalts oder des Verfolgten über die Zulässigkeit der Auslieferung aufs neue zu beschließen. (2) Das Gericht kann einen Aufschub der Durchführung der Aus­ lieferung anordnen. (3) Für das Verfahren gelten die §§ 26 bis 28. § 30. Ist der Verfolgte auf freiem Fuße, so kann") der Staatsanwalt gegen ihn zum Zwecke der Durchführung der Auslieferung einen Vorführungs- oder Haftbefehl erlassen. Entzieht sich der Ver­ folgte der Durchführung der Auslieferung, so kann der Staatsanwalt auch einen Steckbrief erlassen.

§ 31. (1) Ist die Auslieferung durchgeführt und ersucht die aus­ ländische Regierung um die Zustimmung zur Strafverfolgung, Straf­ vollstreckung oder Weiterlieferung wegen einer Tat, für welche die Aus­ lieferung nicht bewilligt ist, so darf die Zustimmung nur erteilt werden, wenn die Auslieferung des Verfolgten wegen der Tat zulässig sein würde und der Ausgelieferte sich zu Protokoll eines Richters des aus­ ländischen Staates mit der beabsichtigten Maßnahme einverstanden erklärt oder das Gericht entschieden hat, daß die Auslieferung zulässig sein würde?") (2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird von dem Staatsanwalte gestellt, der mit der Auslieferung befaßt gewesen ist. Die gerichtliche Entscheidung kann auch dann herbeigeführt werden, wenn 31) Ereignisse, die schon vor Erlaß des früheren Beschlusses statt­ gefunden haben, aber erst nachträglich dem Gericht mitgeteilt werden, kommen nicht in Betracht. Hamm JurW- 59 S- 2610. 32) Der StA. kann auch von der Festnahme absehen u. dem Verfolgten gestatten, sich selbst zu dem für die Überantwortung bestimmten Ort zu begeben. — Befindet sich der Verfolgte in Auslieferungshaft, so hat ihn der StA. durch Polizeibeamte an den zur Übergabe an die ausländischen Be­ hörden bestimmten Ort führen u. dort ausliefern zu lassen. Begr. 32a) Bei einem Ersuchen um Zustimmung zur Weiterlieferung stehen sich der Staat, der weiterliefern will, u. der Ursprung!. Asylstaat als er­ suchender u. ersuchter Teil gegenüber, während der Staat, an den die Weiterlieferung erfolgen soll, unmittelbar an dem Rechtshilfegeschäft nicht beteiligt ist. Reisner, DJust. 1934 S. 1561.

D 7. Deutsches AuSlieferungSgesetz §§ 32 u. 33.

1465

das Einverständnis des Ausgelieferten mit der beabsichtigten Maß. nähme vorliegt. (3) Für das Verfahren gelten die §§ 26 bis 29 entsprechend mit der Maßgabe, daß die Vernehmung oder Vorführung des Ausgelieferten nur mit Zustimmung des Staatsanwalts angeordnet werden kann.

§ 32. (1) Der Verfolgte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Rechtsanwalts oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule bedienen. Die Wahl des Rechtsbeistandes ist dem Staatsanwalte bei dem Oberlandesgericht anzuzeigen. (2) Hat das Oberlandesgericht nach § 26 Abs. 1 eine mündliche Verhandlung angeordnet, so hat der Vorsitzende des Gerichts gleich, zeitig dem Verfolgten, der noch keinen Rechtsbeistand gewählt hat, für die Verhandlung einen Rechtsanwalt als Rechtsbeistand beizuordnen. (3) Der Rechtsbeistand kann die dem Gerichte vorliegenden Men über das Auslieferungsverfahren einsehen. Ihm ist schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem verhafteten Verfolgten gestattet. Der Vorsitzende des Gerichts kann bis zur Anordnung einer mündlichen Verhandlung schriftliche Mitteilungen zurückweisen, wenn deren Einsicht ihm nicht gewährt wird. Er kann bis zur Anordnung einer mündlichen Verhandlung anordnen, daß Unterredungen mit dem Rechtsbeistand in seiner Gegenwart oder in Gegenwart eines beauf. fragten oder ersuchten Richters stattfinden.

(4> Der beigeordnete Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Beistandsleistung zu übernehmen. § 33. (1) Ein Ausländer, der von der Behörde eines ausländischen Staates wegen einer strafbaren Handlung verfolgt wird oder ver­ urteilt worden ist, kann auf Ersuchen einer zuständigen Behörde dieses Staates durch das Gebiet des Deutschen Reichs durchgeliefert werden, wenn die Auslieferung des Verfolgten zulässig sein würde (§§ 1 bis 6). (2) Für das Verfahren gelten die §§ 8,32 Abs. 1 und 3 entsprechend mit folgender Maßgabe:"")

1. Einer gerichtlichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Aus­ lieferung bedarf es nicht. Auf Antrag des Staatsanwalts hat das Oberlandesgericht über die Zulässigkeit der Auslieferung zu beschließen. Die §§ 26 bis 31 gelten entsprechend; die Ver. nehmung oder Vorführung des Verfolgten kann nur mit Zu. stimmung des Staatsanwalts angeordnet werden. 32 b) Die Durchlieferungshaft ist Verwaltungs- (Polizei-)haft. Karls­ ruhe DJust. 1934 S. 1562.

1466

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

2. Die Reichsregierung regelt") mit Zustimmung des Reichsrats die örtliche Zuständigkeit des Staatsanwalts und des Ober­ landesgerichts. (3) Die Durchlieferung darf nicht bewilligt werden, wenn das Gericht erklärt hat, daß die Auslieferung unzulässig sein würde.

Zweiter Abschnitt.

Herausgabe von Gegenständen.") § 34. (1) Auf Ersuchen einer zuständigen Behörde eines aus­ ländischen Staates können der Regierung dieses Staates herausgegeben werden: 1. Gegenstände, die als Beweismittel für ein ausländisches Straf­ verfahren von Bedeutung sein können," •) 2. Gegenstände, die in einem ausländischen Strafverfahren der Einziehung oder Verfallerllärung unterliegen,

3. Gegenstände im Besitze des Verfolgten, die er oder ein Teil­ nehmer im Ausland durch die strafbare Handlung, wegen deren er verfolgt wird, oder als Entgelt für solche Gegenstände erlangt hat/')

4. Gegenstände, die bei einer Durchlieferung mit dem Verfolgten übernommen werden. (2) Die Herausgabe ist nur zulässig, wenn die- Gegenseitigkeit verbürgt ist und in dem Strafverfahren, für das die Herausgabe ge33) Die BO. v. 6. März 30 (RGBl. I S. 33) bestimmt:

Art. 1. Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Durchlteferung durch das Gebiet deS Deutschen Reichs und zur Durchführung der be­ willigten Durchlieferung ist örtlich zuständig: 1. Der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht, in dessen Bezirk der Verfolgte nach Bewllligung der Durchlieferung beim Eintritt in das Reichsgebiet die deutsche Land- oder Seegrenze überschreiten soll; 2. Der Staatsanwalt bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg, soweit eine Zuständigkeit nach Nr. 1 nicht begründet ist. Art. 2. Die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur gericht­ lichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Durchlieferung bestimmt sich nach der örtlichen Zuständigkeit des Staatsanwalts. 34) Die Vorschriften gelten grundsätzlich auch dann, wenn die Heraus­ gabe neben einer Auslieferung gewährt werden soll. Begr.

34 a) Nicht „ist". Stuttgart JurW. 62 S. 990. 35) Das sind sowohl Gegenstände, die der Verfolgte Unmittelbar mit Mitteln, die durch eine strafbare Handlung erlangt sind, erworben hat, sowie auch die, welche mittelbar wiederum mit diesen Mitteln angeschafft sind. Hamburg, JurW. 60 S. 2880.

D 7. Deutsches AuSliefenmgSgesetz §§ 35—39.

1467

schehen soll, eine Auslieferung nach den §§ 2, 3 und 4 Nr. 2 und 3 zu­ lässig sein würde.") § 35. (1) Die Herausgabe ist nur zulässig, wenn die ausländische Regierung verpflichtet ist, die Rechte dritter Personen unberührt zu lassen und im Falle eines bei der Übergabe gemachten Vorbehalts die herausgegebenen Gegenstände auf Verlangen unverzüglich zurück­ zugeben. (2) Soll die Herausgabe ohne Zusammenhang mit der Aus­ lieferung oder Durchlieferung eines Verfolgten geschehen, so ist sie nur zulässig, wenn ein Beschlagnahmebeschluß") vorliegt, der von einer zuständigen Behörde des ausländischen Staates erlassen ist § 36. Bei der Herausgabe ist Beteiligter, wer an dem Gegen­ stand ein Recht 87 •) geltend macht.

§ 37. (1) Der Staatsanwalt bei dem Oberlandesgerichte bereitet die Entscheidung über die Herausgabe vor und führt die bewilligte Herausgabe durch. (2) Das Oberlandesgericht entscheidet über die Zulässigkeit der Herausgabe, wenn der Staatsanwalt oder ein Beteiligter es beantragt. (3) Erklärt das Gericht die Herausgabe für zulässig, so kann das Gericht dem Beteiligten, der die gerichtliche Entscheidung beantragt hat, die der Staatskasse erwachsenen Kosten auferlegen. § 38. (1) Örtlich zuständig sind, wenn die Herausgabe im Zu­ sammenhänge mit der Auslieferung oder Durchlieferung eines Ver­ folgten geschehen soll, der Staatsanwalt und das Oberlandesgericht, die in dem Verfahren über die Auslieferung oder Durchlieferung zu­ ständig sind, wenn die Herausgabe ohne Zusammenhang mit einer Auslieferung oder Durchlieferung geschehen soll, der Staatsanwalt und das Gericht, in deren Bezirk sich die begehrten Gegenstände be­ finden. Wird die Herausgabe mehrerer Gegenstände begehrt, die sich in verschiedenen Bezirken befinden, so haben der Staatsanwalt und das Gericht die Sache zu bearbeiten, die zuerst mit der Sache befaßt werden. (2) Die §§ 26 bis 29 und 32 Abs. 1 und 3 Satz 1 gelten entsprechend; an die Stelle des Verfolgten treten die Beteiligten. § 39. (1) Gegenstände, deren Herausgabe an eine ausländische Regierung zulässig ist, können nach Eingang des Ersuchens um Heraus­ gabe sichergestellt oder beschlagnahmt werden. 36) Die Herausgabe kann auch dann gewährt werden, wenn da- aus­ ländische Strafverfahren gegen Reichsangehörige betrieben wird. Begr. 37) Der nähere Inhalt des Beschlusses ist den Vereinbarungen über­ lassen. Begr. 37 a) Z. B. Eigentumsvorbehalt. BahObLG. JurW. 62 S. 991.

1468

D. Strafverfahrensrechtliche Neben gesetze.

(2) Die Entscheidungen nach § 159 des Gerichtsverfassungs­ gesetzes erfolgen auf Antrag des Staatsanwalts bei dem Oberlandes­ gerichte. § 40. Die Herausgabe darf nicht bewilligt werden, wenn das Gericht sie für unzulässig erklärt hat.

Dritter Abschnitt. Sonstige Rechtshilfe in Strafsachen.")

§ 41. (1) Rechtshilfe in Strafsachen ist auch in anderer Weise als durch Auslieferung, Durchlieferung oder Herausgabe von Gegen­ ständen zulässig, wenn eine zuständige Behörde eines ausländischen Staates darum ersucht und die Gegenseitigkeit verbürgt ist888) (2) Auf Antrag des Staatsanwalts entscheidet das-Oberlandesgericht darüber, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Die Vorschriften der § 26 Abs. 1 Satz 1, §§ 27 bis 29 gelten entsprechend. Die Rechts­ hilfe darf nicht gewährt werden, wenn das Gericht sie für unzulässig erklärt hat. (3) Rechtshilfe kann insbesondere88) dadurch gewährt werden, daß 1. behördliche Auskunft, namentlich Auskunft aus dem Straf­ register/8) erteilt wird, 2. die ein Strafverfahren betreffenden Schriftstücke zugestellt und Ladungen") bewirkt werden, 3. Untersuchungshandlungen vorgenommen werden, namentlich die Vernehmung von Beschuldigten, Zeugen und Sach­ verständigen, die Beschlagnahme und Durchsuchung und die Einnahme des richterlichen Augenscheins, 38) Die Rechtshilfe dieses Abschnitt« (Rechts- u. Amtshilfe) setzt nicht voraus, daß die Auslieferung des Beschuldigten oder Verurteilten in dem Strafverfahren, für das Rechtshilfe geleistet wird, zulässig sein würde; auch hier ist nicht die Bedingung, daß das Strafverf. nicht gegen einen Reichsang'eh. gerichtet ist. Begr. Amtshilfe siehe Dietz-Hülle, MStGO. S. 32. 38 a) Die Gegenseitigkeit ist verbürgt, wenn im Einzelfalle die rechtlich begründete Gewähr, eine zuverlässige Sicherheit dafür besteht, daß bei sinn­ gemäßer Umkehrung der Sachlage der ersuchte Staat die gleiche Leistung begehren könnte und der ersuchende sie gewähren müßte. E. 70 S. 304. 39) Hierher gehören auch Ersuchen um Auskunft aus deutschen Straf­ akten, um Überlastung solcher Akten oder von Teilen der Akten in Ur- oder Abschrift. E. 65 S. 341; ferner Ausschreibungen in Fahndungsblättern, Niederlegung von Suchvermerken, Vollstreckung von Urteilen. Kein Rechtshilfeers. ist ausländischer Antrag aus Strafverfolgung. Mettgenberg a. a. O. S. 411/2. 40) Siehe § 37 Strafregisterordnung unter D 6. 41) Ladung, die einer Gestellung nahe kommt, ist nur zur Ver­ nehmung als Zeuge oder Sachverst., nicht als Beschuldigter zulässig. Mettgenberg a. a. O. S. 410.

D 7. Deutsches Auslieferungsgesetz §§ 42—44

1469

4. verhaftete Personen ausländische^ Behörden zugeführt werden, damit sie als Zeugen") vernommen oder anderen Personen gegenübergestellt werden. § 42. Die zur Leistung der Rechtshilfe berufene Behörde") hat dem Ersuchen zu entsprechen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen von ihr eine deutsche Behörde Rechtshilfe beanspruchen könnte. Die Entscheidungen nach § 159 des Gerichtsverfassungsgesetzes erfolgen auf Antrag des Staatsanwalts bei dem Oberlandesgerichte.

§ 43. (1) Die Ladung von Zeugen oder Sachverständigen zum Erscheinen vor ausländischen Behörden ist nur zulässig, wenn diese verpflichtet sind, die geladenen Personen ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit weder wegen Täterschaft, Teilnahme, Hehlerei oder Begünstigung bei der den Gegenstand der Untersuchung bilden­ den oder einer anderen vor der Ausreise aus dem Gebiete des Deut­ schen Reichs begangenen Straftat zu verfolgen oder zu bestrafen noch aus einem sonstigen vorher eingetretenen Rechtsgrund in ihrer per­ sönlichen Freiheit zu beschränken, es sei denn, daß diese innerhalb einer Woche nach dem Tage, an dem sie entlassen werden und die Ausreise möglich ist, das Gebiet der ausländischen Regierung nicht verlassen. (2) Die Zuführung einer verhafteten Person ist nur unter ent­ sprechenden Bedingungen zulässig. Vierter Abschnitt.

Schlußbestimmungen.

§ 44. (1) Zur Entscheidung über die Ersuchen der ausländischen Regierungen ist die Reichsregierung zuständig. (2) Die Rcichsregierung kann die Ausübung ihrer Befugnisse den Landesregierungen übertragen.") Diese haben das Recht der weiteren Übertragung. 42) Die unter der Zusage der Rücklieferung begehrte Überführung einer Person, um sie als Beschuldigten zu vernehmen oder sie anderen Personen gegenüber zu stellen, ist keine Rechtshilfemaßnahme i. S. des dritten Abschnitts, sondern Auslieferung. E. 65 S. 374. 43) Danach regelt sich auch die Zuständigkeit der StA. Mettgen­ berg a. a. O. S. 408. 44) Geschehen durch VO. der Reichsregierung v. 11. März 30 (JMBl. S. 87). Der Reichsminister der Justiz hat sich durch AB. v. 18. Dezbr. 34 (DJust. S. 1613) die Entscheidung über Ers. ausl. Regierungen Vorbe­ halten u. nur seine Befugnisse in den Fällen der §§ 34—40, 43 und bei Ers., die die Übersendung gerichtl. (ftaatsanwaltlicher) Akten jeder Art betreffen, auf

den GStA., in Fällen der Aus- und Durchlieferung, wenn um die vorl. Inhaftnahme ersucht ist, u. der sonstigen Rechtshilfe auf die OStA. übertragen.

1470

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

§ 45. Kosten der Rechtshilfe in Strafsachen, die bei deutschen Behörden entstehen, können deutscherseits übernommen werden, wenn die Gegenseitigkeit verbürgt ist. § 46. (1) Vereinbarungen mit ausländischen Regierungen über die Rechtshilfe in Strafsachen bedürfen nicht der Zustimmung des Reichstags, wenn sie den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechen. (2) Die Vereinbarungen sind im Reichsgesetzblatt zu veröffent­ lichen und dem Reichstag bei seinem nächsten Zusammentritt zur Kenntnis zu bringen. § 47. Für das Verfahren nach diesem Gesetze gelten, soweit es nicht anderes bestimmt, die Vorschriften des Gerichtsverfassungs­ gesetzes und der Strafprozeßordnung. 5 48. Die in diesem Gesetze dem Reichsgericht oder den Ober­ landesgerichten zugewiesenen Geschäfte erledigt der Strafsenat, die dem Vorsitzenden des Gerichts zugewiesenen Geschäfte der Vorsitzende des Strafsenats.

§ 49. Durch die Gesetzgebung eines Landes, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, können die nach diesem Gesetze den Oberlandesgerichten und den bei diesen bestehenden Staatsanwalt­ schaften zugewiesenen Aufgaben ausschließlich einem der Oberlandes­ gerichte und der bei diesem bestehenden Staatsanwaltschaft oder an deren Stelle dem Obersten Landesgericht und der bei diesem bestehen­ den Staatsanwaltschaft übertragen werden. $ 50.«) $ 51 (nicht abgedruckt). § 52. Die Bestimmungen des Gesetzes über vorübergehende Rechtspflegemaßnahmen im Hinblick auf das Saargebiet vom 10. März 1922 (Reichsgesetzbl. I S. 241) bleiben unberührt. § 53. Der Reichsminister der Justiz kann bestimmen, daß die Zu­ lässigkeit der Rechtshilfe im Verhältnis zu einzelnen ausländischen Regierungen von weiteren Voraussetzungen abhängig ist. Er kann auch für die Tätigkeit der Gerichtsbehörden Gebühren bestimmen. Werden ausländische Dienststellen innerhalb des Deutschen Reichs zur Grenzabfertigung des Personen- oder Warenverkehrs zugelassen, so kann der Reichsminister der Justiz bestimmen, daß im Nahmen der durch die ausländischen Dienststellen erfolgenden Grenzabfertigung auf einzelne Voraussetzungen der Rechtshilfe verzichtet und ein von den gesetzlichen Vorschriften abweichendes Verfahren eingeschlagen wird. Darauf, daß die Auslieferung oder Durchlieferung auf Aus45) Die durch diesen § eingestellten §§ 154a u. 456 a StPO, sind bei der StPO. (CII2) berücksichtigt.

D 8. Gesetz über Reichsderwelsungen §§ 1 u.2.

1471

länder beschränkt ist, kann auch in diesem Falle nicht verzichtet werden.26 *)

§ 54. Hat eine ausländische Negierung bei der Bewilligung von Rechtshilfe in Strafsachen die Verwertung der Rechtshilfe an eine Bedingung geknüpft, so ist die Bedingung im inländischen Verfahren zu beachten.") § 55.

Dieses Gesetz tritt am 1. April 1930 in Kraft.

D 8. Gesetz über Reichsoerweisungen. *) Vom 23. März 1934.

(RGBl. I S. 213.)

§ 1. (1) Die Verweisung eines Ausländers aus dem Reichsgebiet (Reichsverweisung) enthalt das Gebot des Verlassens und das Verbot des Wiederbetretens des Reichsgebiets. (2) Eine Verweisung aus dem Gebiet eines Landes findet nicht mehr statt. § 2. Ein Ausländer kann aus dem Reichsgebiet verwiesen werden, 1. wenn gegen ihn im Inland wegen eines Verbrechens oder wegen eines Vergehens oder im Ausland wegen einer Tat, die nach deutschem Recht als Verbrechen oder Vergehen gilt, rechtskräftig auf Strafe erkannt uwrden ist; 2. wenn gegen ihn im Inland oder im Ausland durch rechts­ kräftige Verfügung einer Behörde eine mit Freiheitsent­ ziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung oder seine Unterbringung in eine Fürsorgeerziehungsanstalt oder seine Entmannung angeordnet ist; 46) Auch dann, wenn der A. auf die Beachtung verzichtet. Der Verurteilung eines ausgelieferten A. auf Grund eines anderen als des in dem Auslieferungsersuchen und dem Auslieferungsbescheid angeführten Strafgesetzes steht nichts im Wege, sofern nicht im gegebenen Fall der Veränderung des recht!. Gesichtspunkts durch die Bestimmungen des Auslieferungsbescheids oder des Auslieferungsvertrages Schranken gesetzt sind. 8 6 steht dem nicht entgegen. E. 64 S. 183. E. 66 S. 172. 1) Vgl. dazu AusführungsBO. v. 29. Mai 34 (RGBl. I S. 467). Durch das Reichsverweisungsges. sind die auf die Aufenthaltserlaubnis der Aus­ länder sich beziehenden polizeilichen Vorschriften der Länder (§§ 10, 47 der pr. AuslPolVO. v. 27. April 32, GS. S. 179) nicht berührt worden. KG. JFGErg. 14 S. 219).

D 8. Gesetz über Reichsderwelsungen §§ 1 u.2.

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länder beschränkt ist, kann auch in diesem Falle nicht verzichtet werden.26 *)

§ 54. Hat eine ausländische Negierung bei der Bewilligung von Rechtshilfe in Strafsachen die Verwertung der Rechtshilfe an eine Bedingung geknüpft, so ist die Bedingung im inländischen Verfahren zu beachten.") § 55.

Dieses Gesetz tritt am 1. April 1930 in Kraft.

D 8. Gesetz über Reichsoerweisungen. *) Vom 23. März 1934.

(RGBl. I S. 213.)

§ 1. (1) Die Verweisung eines Ausländers aus dem Reichsgebiet (Reichsverweisung) enthalt das Gebot des Verlassens und das Verbot des Wiederbetretens des Reichsgebiets. (2) Eine Verweisung aus dem Gebiet eines Landes findet nicht mehr statt. § 2. Ein Ausländer kann aus dem Reichsgebiet verwiesen werden, 1. wenn gegen ihn im Inland wegen eines Verbrechens oder wegen eines Vergehens oder im Ausland wegen einer Tat, die nach deutschem Recht als Verbrechen oder Vergehen gilt, rechtskräftig auf Strafe erkannt uwrden ist; 2. wenn gegen ihn im Inland oder im Ausland durch rechts­ kräftige Verfügung einer Behörde eine mit Freiheitsent­ ziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung oder seine Unterbringung in eine Fürsorgeerziehungsanstalt oder seine Entmannung angeordnet ist; 46) Auch dann, wenn der A. auf die Beachtung verzichtet. Der Verurteilung eines ausgelieferten A. auf Grund eines anderen als des in dem Auslieferungsersuchen und dem Auslieferungsbescheid angeführten Strafgesetzes steht nichts im Wege, sofern nicht im gegebenen Fall der Veränderung des recht!. Gesichtspunkts durch die Bestimmungen des Auslieferungsbescheids oder des Auslieferungsvertrages Schranken gesetzt sind. 8 6 steht dem nicht entgegen. E. 64 S. 183. E. 66 S. 172. 1) Vgl. dazu AusführungsBO. v. 29. Mai 34 (RGBl. I S. 467). Durch das Reichsverweisungsges. sind die auf die Aufenthaltserlaubnis der Aus­ länder sich beziehenden polizeilichen Vorschriften der Länder (§§ 10, 47 der pr. AuslPolVO. v. 27. April 32, GS. S. 179) nicht berührt worden. KG. JFGErg. 14 S. 219).

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D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze.

3. wenn er sich staatsfeindlich gegen das Reich betätigt oder betätigt hat, oder wenn sonst sein Verbleiben int Inland geeignet sein würde, die innere oder äußere Sicherheit des Reichs zu gefährden; 4. wenn sein Verhalten geeignet ist, die Beziehungen des Reichs zum Ausland zu gefährden; 5. wenn er gegen Vorschriften des Steuerrechts (einschließlich des Zollrechts), des Monopolrechts oder des Devisenrechts oder gegen Einfuhr- oder Ausfuhrverbote wiederholt oder schwer verstoßen hat, insbesondere wenn er die Pflicht zur Zahlung von Steuern (Zöllen) oder zur Anbietung von Devisen wieder­ holt oder schwer vernachlässigt hat; 6. wenn er gegen die Bestimmungen des § 1 der Verordnung über die Bestrafung von Zuwiderhandlungen gegen die Paß­ vorschriften v. 6. April 23 (RGBl. I S. 249) verstoßen hat; 7. wenn er sich nach den ausländerpolizeilichen Bestimmungen unbefugt im Inland aufhält; 8. wenn er gegen die Meldepolizeivorschriften wiederholt oder schwer verstoßen hat; 9. wenn sein Verhalten die öffentliche Gesundheit oder Sittlich­ keit gefährdet; 10. wenn er von der zuständigen Behörde wegen Inanspruch­ nahme der öffentlichen Fürsorge aufgefordert wird, in den außerdeutschen Staat abzureisen, dessen Übernahmeverpflich­ tung ohne weiteres feststeht oder in einem förmlichen Ver­ fahren anerkannt worden ist, und er dieser Aufforderung nicht nachkommt; 11. wenn er im Inland gewerbs- oder gewohnheitsmäßig bettelt oder als Landstreicher umherzieht. § 3. (1) Von der Reichsverweisung soll in der Regel abgesehen werden,

1. wenn der Ausländer das fünfzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, 2. wenn der Ausländer sich fünf Jahre seit der Beendigung der Strafvollstreckung wegen eines Vergehens (§ 2 Nr. 1) oder, falls die Strafe nicht vollstreckt worden ist, seit der Verurteilung im Inland ununterbrochen aufhält und während dieser Zeit wegen eines Verbrechens oder Vergehens nicht wieder ver­ urteilt worden ist, 3. wenn bet letzte der Verstöße gegen die im § 2 Nr. 6 und 8 erwähnten Vorschriften zwei Jahre zurückliegt und sich der Ausländer seitdem unbeanstandet im Inland aufgehalten hat.

D 8. Gesetz über Reichsverweisungen §§ 4—6.

1473

(2) Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung, wenn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit die Reichsverweisung erfordert.

§ 4. Die Reichsverweisung wird von der Landespolizeibehörde angeordnet, in deren Bezirk sich der Ausländer aushält oder sich die Notwendigkeit zu polizeilichem Eingreifen gegen ihn ergibt. § 5. (1) Wer aus dem Reichsgebiet oder vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf Grund landesrechtlicher Vorschriften aus dem Gebiet eines deutschen Landes verwiesen ist, wird, wenn er ohne Erlaubnis zurückkehrt,*) mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Die gleiche Strafe trifft einen Ausländer, gegen den auf Grund landesrechtlicher Vorschriften ein Aufenthaltsverbot für das Gebiet eines Landes verhängt worden ist, und der ohne Erlaubnis das Land betritt. § 6. Ausländer im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, der die Reichs­ angehörigkeit nicht besitzt. 2) Sichtvermerk auf Reisepaß ist keine Rückkehrerlaubnis. KG. DRZ. 18 Nr. 238. JurW. 60 S. 153 (§ 1 Nr. 1 der PaßBO. nicht anwendbar). Der Begriff „Rückkehr" wird dadurch nicht ausgeschloffen, daß der Be­ treffende, ohne Aufenthalt zu nehmen, durch das Land reist. Colmar GA. 37 S. 372. Dagegen und mit Recht KG. v. 11. Jan. 04, DIZ. 9 S. 366. Auch das weitere Verweilen nach vorangegangener Bestrafung ist strafbar. Breslau v. Ib.Febr. 10, GA. 58 S. 235. A.M. Frank H. Das Vergehen ist kein Dauerdelikt. Die Verjährung beginnt mit der Rück­ kehr. Hamburg GA. 38 S. 217.

Dalcke, Strafrecht. 30. Aust.

93

Schöff.

E. Anhang: Preußische Gesetze. E 1. Preuß. Gesetz, betr. dm Forstdiebstahl.*) Som 15. April 1878. (GS. S. 222.) § 1.

Forstdiebstahl') im Sinne dieses Gesetzes ist der in einem

Forst oder aus einem anderen hauptsächlich zur Holznutzung bestimmten

Grundstückes verüble Diebstahl:') *) Ausf. Erl. v. 2. April 37 (DJust. S. 532). Vgl. ferner Gesetz gegen Waldverwüstung v. 18. Januar 34 (RGBl. I S. 37) nebst DurchführungsVO. v. 24. Febr. 34 (GS. S. 70). 1) Nicht Holzdiebstahl, vgl. § 1 Nr. 4.

2) Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Forstdiebstahl vorliegt, kommt es wesentlich auf den Ort, nämlich darauf an, ob das betreffende Grundstück zur Holznutzung bestimmt ist, nicht darauf, ob daS gestohlene Holz der Holz­ nutzung wegen gezogen war. Wer z. B. wilde Rosenstöcke auS einem Walde entwendet, ist unbedingt wegen Forstdiebstahls zu bestrafen. Ein waldartiger Park, bet dem die Durchforstung nur insoweit erfolgt, als die Zwecke der Ver­ schönerung und Erhaltung seiner Bestimmung es erfordern, gehört nicht hierher. Recht 24 Nr. 3557. 3) Also Diebstahl. Die Absicht einer rechtswidrigen Zueignung ist auch hier notwendig. Die Wegnahme und Aneignung von Baumstämmen, welche die Forstver­ waltung nach Absägen der Kronen zu Markpfählen und Einfriedigungen bestimmt hat, ist nicht Diebstahl, sondern nur Forstdiebstahl. E. 9 S. 72. Die Wegnahme von Weiden, welche aus einer durch eine strombauliche Anlage entstandenen An­ landung gewachsen sind, ist nicht unter allen Umständen alS Diebstahl anzusehen, sondern kann auch als Forstdiebstahl erachtet werden. E. 18 S. 436.

Werden Weidenruten von Anpflanzungen auf Anlandungen der Flußufer entwendet, so kommt nicht § 15 deS F. u. FPG. zur Anwendung, sondern es liegt entweder ein gewöhnlicher Diebstahl oder, wenn die Weiden zugleich als Holznutzung dienen, ein Forstdiebstahl vor. E. 20 S. 11. DaS Abhauen und Entwenden von Ästen bereits gefällter Bäume im Walde, mit deren Zubereitung noch nicht begonnen worden, ist gemeiner, nicht Forstdieb­ stahl. E. 25 S. 393. Wenn der Holzdieb daS ihm vom Förster abgenommene Holz sich später

E 1. ForstdiebstahlSgesetz § 1.

1475

1. an Holz, welches noch nicht vom Stamme oder vom Boden getrennt ist; *) 2 an Holz, welches durch Zufall abgebrochen oder umgeworsen, und mit dessen Zurichtung noch nicht der Anfang gemacht

worden ist;5*)* * 4 3. an Spänen,5) Abraums oder Borke,5)7 8 sofern dieselben noch nicht in einer umschlossenen Holzablage9) sich befinden, oder noch nicht geworben oder eingesammelt sind; 4. an anderen Walderzeugnissen,9») insbesondere10)11Holzpflanzen, Gras, Haide, Plaggen, Moos, Laub,9») Streuwerk, Nadelholz­ zapfen, Waldsämereieu, Baumsast und Harz,") sofern dieselben noch nicht geworben oder eingesammelt sind. doch wieder zueignet, so begeht er einen neuen selbständig strafbaren Diebstahl. R. 7 S. 597. GA. 44 S. 50. Diebstahl an Holz, welches ein Holzdieb im Walde zurückgelassen, ist ge­ meiner Diebstahl. OTr. GA. 16 S. 148. Geschieht das Abhauen der Bäume aber nicht in der Absicht rechtswidriger Zueignung, sondern aus Rache, so liegt Sachbeschädigung vor. R. 3 S. 67. Der im Staatsdienste angestellte Förster, welcher in dem seiner Obhut an­ vertrauten Walde Holz schlagen läßt und sich zueignet, begeht keine Unterschlagung, sondern einen gemeinen Diebstahl oder Forstdiebstahl, je nachdem er die Absicht zu stehlen erst nach dem Schlagen deS Holzes oder schon bei dem Fällen desselben gehabt hat. E. 14 S. 305. KG. JFGErg. Bd. 8 S. 335. 4) Wesenllich ist also die Trennung vom Stamme. Dazu gehören daher Zweige, aber nicht Blätter und Nadeln. KG. JFGErg. 6 S. 333. 5) Also z. B. Windbruch, Lagerholz, Raff- und Leseholz rc. Ob der Anfang mit der Zurichtung gemacht worden, ist reine Tatstage. GA. 18 S. 121. Es soll genügen, wenn ein Forstbeamter eine Nummer ans das Holz geschrieben hat. 6) Hierzu gehören auch die sog. Felgenspähne. OTr. GA. 5 S. 682. 7) Unter Abraum sind Abfälle geringen Wertes zu verstehen, die in abge­ holzten Schlägen zurückgelaffen sind, welche der Waldeigentümer noch nicht als bereits gewonnene Objekte seiner Nutzungsberechtigung betrachtet, zum Verar­ beiten oder zur Verwertung eingesammelt, zusammengebunden, zusammenge­ schichtet hat. E. 35. S. 161. Hierunter kann auch zum Verkauf bestimmter Reisig fallen. DStZ. 1 S. 275. — Abraum gehört zum Begriff deS Raff- und Lese­ holzes im Sinne § 215 I Tit. 22 ALR. GA. 60 S. 423. 8) Hierher gehört nicht solche Borke, welche vom Berechtigten im wirtschaft­ lichen Verfahren behufS bestimmter Verwendung abgelöst wird. GA. 3 S. 254. 9) Darunter ist kein umschloffener Raum im Sinne des StGB, zu ver­ stehen, sondern jeder Ort, wohin bestimmungsmäßig geschlagenes Holz zur vor­ läufigen Aufbewahrung und späteren Fortschaffung gebracht wird, Groschuff Anm. 10 c.

9a) Soweit es sich um Schmuckreisig handelt, gegenstandslos geworden, s. 8 10 NaturschutzVO. (unter BX3). 10) ES sind hier nur Beispiele aufgeführt. 11) In diesen Fällen kann ideale Konkurrenz mit § 26 Nr. 5 des F. u. FPG. vorliegen.

1476

E. Anhang: Preußische Gesetze.

Das unbefugte Sammeln von Kräutern, Beeren und Pilzen") unterliegt forstpolizeilichen Bestimmungen.

ER.

§ 2.") Der Forstdiebstahl"-) wird mit einer Geldstrafe vom ein­ fachen bis zum fünffachen Werte") deS Entwendeten, jedoch niemals unter einer Reichsmark bestraft?8) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf eine Reichsmark ermäßigt werden, wenn der Wert des Entwendeten höher ist.

ER-

§ 3.") Der Forstdiebstahl wird mit einer Geldstrafe vorn zweifachen bis zum zehnfachen Werte des Entwendeten,8»») jedoch niemals unter zwei Reichsmark bestraft. . . .

1. wenn der Forstdiebstahl an einem Sonn- oder Festtage oder in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang begangen ist; 2. wenn der Täter Mittel angewendet hat, um sich unkenntlich zu machen; 3. wenn der Täter dem Bestohlenen oder der mit dem Forstschutz betrauten Person seinen Namen oder Wohnort anzugeben sich geweigert hat,") oder falsche Angaben über seinen oder seiner Gehilfen Namen oder Wohnort gemacht,") oder auf Anrufen des Bestohlenen oder der mit dem Forstschutz betrauten Person, stehen zu bleiben,1®) die Flucht ergriffen oder fortgesetzt hat; 4. wenn der Täter in den Fällen Nr. 1—3 § 1 zur Begehung

des Forstdiebstahls sich eines schneidenden Werkzeuges, insbe­ sondere der Säge, der Schere oder des Messers bedient hat; ") 12) Diese Bestimmung gilt aber nur für den Umfang der Im § 1 dieses Ges. bezeichneten Grundstücke. 13) Der Wortlaut beruht auf dem Ges. v. 14. Dezember 1920 (GS. 1921 S. 103) und der BO. v. 12. März 24 (GS. S. 127). 14) Kann der Wert nicht ermittelt werden, so ist auf mindestens eine Reichsmark zu erkennen. G r o s ch u f f, Nebenges. Anm. 4. Siehe Anm. 29 a. 15) Bei mehreren selbständigen Forstdiebstählen ist für jeden einzelnen die volle Strafe zu erkennen. Wegen der Erfatzfreiheitsstrafe siehe § 13. 16) Das Wort „hat" beruht hier auf einem Redaktionsfehler, auch die falschen Angaben rc. müssen dem Bestohlenen oder Forstschutzbeamten gegenüber gemacht sein. Oehlschläger und Bernhardt 5. Aufl. S. 11. 17) Die Angabe des falschen Namens kann nicht selbständig als Über­ tretung des § 360 Nr. 8 StGB, bestraft werden, dieselbe kommt hier vielmehr nur als erschwerender Umstand in Betracht. OTr. Dgl. GA. 5 S. 562, LK. Anm. 16 zu 8 3608. A. M. E. 48 S. 177. Auch der Vorname muß richtig angegeben sein, Groschuff Anm. 4k. 18) Die Flucht für sich allein ist kein erschwerender Umstand, es muß vor­ her der Anruf des Forstschutzbeamten (Bestohlenen) erfolgt sein. 19) Der Gebrauch des schneidenden Werkzeuges kommt als erschwerender Umstand, also nur bei dem eigentlichen Holz diebstahl in Betracht, nicht auch bei der Entwendung anderer Waldprodukte. Die Axt ist, toeil ihr Gebrauch weithin erschallt, kein schneidendes Werkzeug im Sinne dieses §. KG. Johow 3

E 1. ForstdiebstahlSgesetz § 4.

1477

5. wenn der Täter die Ausantwortung der zum Forstdiebstahl bestimmten Werkzeuge verweigert;-") 6. wenn zum Zwecke des Forstdiebstahls") ein bespanntes Fuhr­ werk, ein Kahn oder Lasttier mitgebracht ist; 7. wenn der Gegenstand der Entwendung in Holzpflanzen be­ steht;--) 8. wenn Kien, Harz, Saft, Wurzeln, Rinde--a) oder die Haupt-

(Mittel-) Triebe von stehenden Bäumen entwendet sind;

9. wenn der Forstdiebstahl in einer Schonung, in einem Pflanz­ garten oder Saatkampe begangen ist.--) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf

zwei Reichsmark ermäßigt werden, wenn der zweifache Wert des Ent­ wendeten höher ist.

§ 4. Der Versuch-*) des Forstdiebstahls und die Teilnahme (Mit­

täterschaft, Anstiftung,--) Beihilfe) an einem Forstdiebstahl oder an einem Versuche desselben werden mit der vollen--) Strafe des Forsldiebstahls bestraft--) S. 354 u. GA. 45 S. 310. Erg. 10 S. 352.

Auf die Benutzung kommt es an. KG. JFG.

20) Die einfache Weigerung genügt. Widerstand wird nach den §§ H7ff. des StGB, geahndet. Daß die Werkzeuge auch zur Tat benutzt find, ist nicht Voraussetzung. 21) DaS Fuhrwerk rc. muß also ausdrücklich zu dem Zwecke mitgebracht sein, die gestohlenen Gegenstände fortzuschaffen. KG. JFG. Erg. 10 S. 352. 22) Hierher gehören auch die wilden Schößlinge, nicht bloß die gezogenen Pflanzen. 22 a) Eine erhebliche Entrindung, die den Baum schwer beschädigt, verstößt aber auch zugleich gegen § 303 StGB. Görcke, Zeitschr. f. Forst- u. Jagdw. 56 S. 559. 23) Hier bildet der Ort, an welchem gestohlen ist, das erschwerende Moment. Objekt des Diebstahls aber muß selbstverständlich immer eines der § 1 genannten sein, wenn ein Forstdiebstahl vorliegen soll. Ob also die Baum­ pflanzen in dem Pflanzgarten ausschließlich den Zwecken der Waldkultur dienen oder behufs anderweiter Verwendung dort vorläufig untergebracht sind (tote GA. 12 S. 773 unterschieden wurde), ist gleichgültig. 24) Hier ist abweichend von den Vorschriften des StGB, also auch der Versuch einer Übertretung unter Strafe gestellt. Die Frage, ob ein strafbarer

Versuch anzunehmen, ist auch hier nach den Vorschr. des StGB, zu entscheiden. 25) Die Absicht deS Täters bei der Anstiftung ist entscheidend für die Frage, ob gemeiner oder Forstdiebstahl vorliegt. 26) § 44 des StGB bleibt also ausgeschloffen. Über die Frage, wie der Wert im Falle des Versuchs der Teilnehmer rc. festzuftellen, siehe oben Anm. 14 zu 8 2. Es ist hier auch stets auf Ersatz deS Werts zu erkennen. Johow 3 S. 351. 27) d. h. jeder wird mit der vollen Strafe belegt, die seine Tat trifft, nicht alle mit der gleichen, was von Wichtigkeit ist, wenn sich der eine im Rückfalle

1478 er.

E. Anhang: Preußische Gesetze.

§ 5.u) Wer sich in Beziehung aus einen Forstdiebstahl der Begünstigung") oder der Hehlerei") schuldig macht, wird mit einer Geldstrafe vom einfachen bis zum fünffachen öertc,,a) des Entwendeten, jedoch niemals unter einer Reichsmark bestraft.") Sind mildernde Um­ stände vorhanden, so kann die Strafe bis aus eine Reichsmark ermäßigt werden, wenn der Wert des Entwendeten höher ist. Die Bestimmungen des § 257 Abs. 2 und 3 des Reichs-Strafgesetzbuchs finden Anwendung.

eb.

§ 6. Neben der Geldstrafe sann’1) aus Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten erkannt werden:

1. wenn der Forstdiebstahl von drei oder mehr Personen in gemein­ schaftlicher Ausführung begangen ist; 2. wenn der Forstdiebstahl zum Zwecke der Veräußerung des Ent­ wendeten oder daraus hergestellter Gegenstände begangen ist;32) befindet, der andere nicht, oder wenn nur gegen einen Teilnehmer erschwerende Umstände vorliegen, die der andere nicht zu verantworten hat. 28) Der Begriff der Begünstigung ergibt sich aus § 257 des StGB. Daß der Begünstigte ermittelt und bestraft ist, ist nicht notwendig. OR. 10 S. 313. Eine Begünsttgung zum Zwecke, den Täter der Bestrafung zu entziehen, setzt nicht mit Notwendigkeit voraus, daß die Haupttat vollendet ist. Siehe GA. 7 S. 823. Die Strafe des Begünstigers tritt auch dann ein, wenn der Be­ günstigte (z. B. weil er strafunmündig, oder weil die Tat verjährt) nicht bestraft werden kann. 29) Darunter sind beide Fälle der Hehlerei sowohl die aus § 258 als die (Partiererei) auS § 259 des StGB, zu verstehen. Siehe auch E. 20 S. 209. — Die Ehefrau, die von ihrem Ehemann gestohlenes Holz im Haushalt ver­ wendet, begeht keine Hehlerei. Siehe Anm. 30 zu § 259 StGB. Der Umstand, daß der A. mit der mangelnden Berechtigung des Verkäufers der Bäume rechnete, schließt nicht aus, daß er im übrigen an die Vcrfügungsberechtigung glaubte. Annahme des sog. Eventualdolus kann die Feststellung der Absicht der rechtswidrigen Zueignung nicht ersetzen. KG. v. 9. Tezbr. 09, DIZ. 15 S. 262 und Recht 14 S. 213.

29 a) Beträgt der Wert des Entwendeten vervielfältigt mit dem angedrohten höchsten Mehrfachen über 150 Reichsmark, liegt ein Vergehen vor. KG. v. 25. Novbr. 24, DIZ. 30 S. 349 und v. 28. August 25, JurW. 54 S. 2808. 30) Den Hehler trifft die Strafe der Hehlerei nur aus derjenigen straf­ baren Handlung, auf welche sich sein Wiffen bezogen hat. GA. 14 S. 363. 31) Die Verhängung der zusätzlichen Gefängnisstrafe ist also in das Ermessen des Richters gestellt. § 27 b StrGB. ist nicht anwendbar. KG. JFGErg. 6 S. 333 u. 9 S. 350. Übrigens findet die Bestimmung des § 6 auch bei Begünsti­

gung zu § 6 Anwendung. KG. JFGErg. 11 S. 354; sowie in den Fällen der §§ 7 u. 8. Die Zusatzstrafe ist neben der für den einzelnen Fall angedrohten Geldstrafe zu verhängen. Ergibt sich eine Mehrheit von Zusatzstrafen, so ist § 74 StGB, anzuwenden. KG. DIZ. 9 S. 269. Siehe § 13. 32) Es ist unerheblich, daß der entwendete Baum von dem Täter vor dem Fällen bereits verkauft ist. KG. v. 21. März 07, DIZ. 12 S. 661.

E 1. ForstdiebstahlSgefetz §§ 7—9.

1479

3. wenn die Hehlerei gewerbs- oder gewohnheitsmäßig betrieben worden ist.") § 7. Wer, nachdem er wegen Forstdiebstahls oder Versuchs eines solchen, oder wegen Teilnahme (§ 4), Begünstigung oder Hehlerei in Beziehung aus einen Forstdiebstahl von einem preußischen Gerichte rechtskräftig verurteilt worden") ist, innerhalb der nächsten zwei Jahre abermals eine dieser Handlungen begeht, befindet sich im Rückfalle")und wird mit einer Geldstrafe vom zweifachen bis zum zehnfachen Werte des Entwendeten, jedoch niemals unter zwei Reichsmark bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis aus zwei Reichsmark ermäßigt werden, wenn der zweifache Wert des Entwendeten höher ist. § 8. Neben der Geldstrafe ist36 33)37 34 auf 38 35 39 Gefängnis bis zu zwei Jahren zu erkennen, wenn der Täter sich im dritten oder ferneren Rückfalle befindet. Beträgt die Geldstrafe weniger als zehn Reichsmark, so kann statt der Gefängnisstrafe auf eine Zusatzstrafe bis zu ein­ hundert Reichsmark erkannt werden. § 9. In allen $äHcnS7) ist neben der Strafe die Verpflichtung des Schuldigen zum Ersätze des Wertes des Entwendeten an den Bestohlenen") auszusprechen.") Der Ersatz des außer dem Werte des 33) Vgl. die Anmerkungen zu § 260 deS StGB. 34) Es kommt also nur auf die rechtskräftige Verurteilung au. Ob dieselbe mittels Strafbefehls oder Urteils erfolgt ist, ist gleichgülttg. 35) Zur Kontrolle des Rückfalls ist Nachricht zum Strafregister zu geben, § 2 der Strafreg.BO. (D 6); soweit es sich um Verurteilungen zu Geld­ strafe handelt, nur wegen Vergehen. Zur Feststellung des dritten Rückfalles kommt eS nur darauf an, ob die avzuurteilende Tat innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren seit der letzten Verurteilung liegt und ist es völlig gleichgülttg, wann die früheren Vorstrafen ergangen sind. Bezüglich dieser ist nur not­ wendig, daß die Tat nach Eintritt der Rechtskraft des vorangegangenen Urteils begangen war. KG. Johowl8S. 297 u. KG. GA. 45 S. 310. 36) In diesem Falle muß auf eine zusätzliche Gefängnisstrafe erkannt werden, wenn die Geldstrafe mindestens 10 Reichsmark beträgt. Siehe § 13. 37) In „allen" Fällen, also auch in den Fällen der §§ 6 bis 8 und bei dem bloßen Versuche. Siehe oben Sinnt. 26. Nach Eichhorn bei Groschuff (Sinnt. 4) ist auch im Falle des § 5 gegen den Begünstiger oder Hehler auf Wertersatz zu erkennen. Abweichend und mit Recht R o tering S. 57. 38) oder an den Geschädigten, z. B. wenn der Käufer eines Stubbens noch nicht Eigentum an diesem erlangt hat. Görcke a. a. O. (Sinnt. 22a) S. 564. VO. v. 3. Septbr. 36 (RGBl. I S. 715) betr. Vereinnahmung straf­ gerichtlich erkannter Geldstrafen findet hier keine Anwendung, da Folgen der Straftat nicht von der VO. erfaßt. 39) Auf den Wertersatz ist zu erkennen ohne Rücksicht darauf, ob der Dieb das gestoblene Objekt mit sich genommen oder ob er es im Walde hat liegen lassen. R 7 S. 252; oder sich mit dem Bestohlenen geeinigt hat. KG. v. 7. Jan. 21, DStZ. 8 S. 180; oder letzterer das Entwendete zurückerhalten hat. KG. JFGErg. 6 S. 332.

ER.

E. Anhang: Preußische Gesetze.

1480

Entwendeten verursachten Schadens kann nur im Wege des Zivil-

Prozesses geltend gemacht werden. Der") Wert des Entwendeten wird sowohl hinsichtlich der Geld­ strafe als hinsichtlich des Ersatzes nach der von der Bezirrsreglenmg auf­ gestellten Forstlaxe abgeschätzt.") § 10.

Soweit

dieses Gesetz nicht

abweichende

Bestimmungen

enthält, unterliegen die darin mit Strafe bedrohten Handlungen den Bestimmungen deS Strafgesetzbuchs

und

des

ersten Abschnitts des

Jugendgerichtsgesetzes.")

§ ^1.

Für die Geldstrafe, den Wertersatz und die Kosten, zu

denen Personen verurteilt worden/') welche unter der Gewalt/')

der Aussicht oder im Dienst eines anderen stehen und zu dessen Haus­ genossenschaft") gehören, ist letzterer im Falle des Unvermögens der

Verurteilten") für haftbar zu erklären, und zwar unabhängig von der etwaigen Strafe, zu welcher er selbst aus Grund dieses Gesetzes oder

des § 361 Nr. 9 des Strafgesetzbuchs verurteilt totrb.46) Handelt es sich aber um mehrere Mittäter, so ist nicht jeder von ihnen zum Wertersatze zu verurteilen, vielmehr werden nur alle gemeinschafllich, aber unter solidarischer Haftung zum einmaligen Ersatz des Wertes verurteitt. I o h o w 5 S 331. KG. JFG. Erg. 10 S. 352. Wertersatz ist keine Strafe. KG. DRZ. 17 Nr. 26, jedoch eine Nebenfolge i. S. des § 313 StPO. Breslau JurW. 55 S. 2231. 40) Die Forsttare wird jetzt vom Landforstmeister festgesetzt. Besteht für ,die entwendeten Walderzeugniffe keine Taxe, so ist der örtliche, wie sonst fest­ zusetzende Preis maßgebend. KG. JZGErg. 6 S. 333. 41) Fassung beruht auf dem Ges. v. 1. Juli 23 (GS. S. 291). Nach der Begr. sollen die Änderungen bewirken, daß auch Forstdiebstahlssachen im Rahmen des 8 17 JGG. abgeurteilt werden. Siehe AB. v. 28. Juni 23 (JMBl. S. 473), nach welcher Forstdiebstahlssachen unter denselben Voraussetzungen wie andere Strafsachen vor die Jugendgerichte gehören; vgl. jetzt Sinnt. 63. 42) Die Haftbarkeit der dritten Personen trifft alle Fälle des Forstdieb­ stahls, auch die in den §§ 6—8 aufgeführten. GA. 2 S. 108. 43) Nicht mehr die Eheftau. Eichhorn bei Groschuff Anm. 3, sowie das von letzterem zit. ungedruckte Erk. d. KG. v. 4. Aug. 98. Im übrigen wird nur ein tatsächlich bestehendes Gewalts- und resp. Aufstchtsverhältnis voraus­ gesetzt. Vgl. die Ausführung in GA. US. 338. 44) Es genügt, wenn die bediensteten Personen auf demselben Hofe (z. B. Im Pferdestall) Wohnung und Schlafraum haben. KG. v. 9. April 00, Gro­ schuff Anm. 2 Abs. 3. 45) Voraussetzung der Haftbarkeit ist also hier die Erhebung der Anklage gegen den Gewalttnhaber. KG. JurR. 3 Nr. 2076; außerdem tritt sie nur eventuell ein, während sie im Falle des 8 12 für den Fall der Freisprechung eintritt und eine Prinzipale ist. 46) Die Haftbarkeitserklärung hat Strafnatur und kann daher nur gegen Personen ergehen, gegen die sich die Strafverfügung richtet. KG. v. 14. Jan. 27, DIZ. 32 S. 535. Die Haftbarkeit wird durch die Verhängung anderer Strafen, also z. B. der wegen Mittäterschaft oder wegen Vernachlässigung der Aufsicht, nicht absorbiert.

E 1. ForstdiebstahlSgesetz §§ 12—14.

1481

Wird festgestellt, daß die Tat nicht mit seinem Wissen verübt ist, oder daß er sie nicht verhindern konnte, so wird die Haftbarkeit nicht ausgesprochen. § 12. Hat der Täter noch nicht daS vierzehnte Lebensjahr voll­ endet, so wird derjenige, welcher in Gemäßheil des § 11 haftet, zur Zahlung der Geldstrase, des Wertersatzes und der Kosten als un­

mittelbar haftbar verurteilt.") Dasselbe gilt, wenn der Täter zwar daS vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, jedoch deshalb nicht strafbar ist, weil er zur Zeit der Tat nach seiner geistigen oder sittlichen Ent­

wicklung unfähig war, das Ungesetzliche seiner Tat einzusehen oder seinen Willen dieser Einsicht gemäß zu bestimmen, oder wenn der­ selbe wegen eines seine freie Willensbestimmung ausschließenden Zu­ standes ") strafftet bleibt. § 13.") An die Stelle einer Geldstrafe, die wegen Unvermögens des Verurteilten und des für haftbar Erklärten nicht beigetrieben werden

kann,") tritt Haftstrafe Ma) oder, wenn neben der Geldstrafe gemäß den §§ 6 oder 8 aus Gefängnis erkannt worden ist, Gefängnisstrafe. Freiheitsstrafe kann vollstreckt werden, ohne daß der Bersucb einer Beitreibung der Geldstrafe gegen den für haftbar Erklärten gemacht ist. sofern dessen Zahlungs­

unfähigkeit gerichtskundig ist.

Der Mindestbetrag der an die Stelle der Geldstrafe tretenden Frei­ heitsstrafe ist ein Tag, ihr Höchstbetrag bei Hast sechs Wochen, bet Ge­ fängnis sechs Monate. Kann nur ein Teil der Geldstrafe beigetrieben

werden, so tritt für den Rest derselben nach dem in dem Urteile festge­ setzten Verhältnisse die Freiheitsstrafe ein. Gegen die gemäß §§ 11 und 12 für haftbar erklärten tritt an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe nicht ein. § 14. Statt der in dem § 13 vorgesehenen Freiheitsstrafe ") kann während der für dieselbe bestimmten Dauer der Verurteilte, auch ohne tu einer Gefangenanstalt etngeschlossen zu werden, zu Forst- oder Ge-

47) Hier wie im Falle deS Abs. 2 dieses § kommt auch der Schlußsatz des § 11 über den Wegfall der Haftbarkeit zur Anwendung. Vgl. OehlschlägerBernhardt a. a. O. S. 38. 48) Es kommt hier nur bet § 51 des StGB, in Bettacht. Über die Straf­ barkeit deS Teilnehmers an der Tat des nicht strafbaren Jugendl. siehe Anm. 7 zu 8 4 JGG. 49) Gegen den Verurteilten muß der Versuch der Beitreibung ge­ macht werden, gegen den Haftbaren nicht. Schönfeld a. a. O. S.48. Vgl. §28 u Abs. 2 BGB. 50) Nicht auch an die Stelle der in den §§ 6 u. 8 angedrohten Prinzipalen Gefängnisstrafe. Diese letztere muß als Freiheitssttafe verbüßt und kann durch Forst- und resp. Gemeindearbeit nicht ersetzt werden. Jedoch 8 28d StGB. 51) Andere Arbeiten als Forst- und Gemeindearbeiten dürfen nicht auf­ gegeben werden.

1482

E. Anhang: Preußische Gesetze.

meinbearbeiten,61) welche seinen Fähigkeiten und Verhältnissen ange­ messen sind, angehalten werben.62) Die näheren Bestimmungen wegen der zu leistenden Arbeiten

werden mit Rücksicht auf die vorwaltenden Lohn- und örtlichen Ver­

hältnisse von dem Regierungspräsidenten in Gemeinschaft mit dem

GeneralstaatSanwatt beim Oberlandesgerichte erlassen.

Dieselben sind

ermächtigt, gewiffe Tagewerke dergestalt zu bestimmen, daß die Ver­ urteilten, wenn sie durch angestrengte Tätigkeit mit der ihnen zugewie­ senen Arbeit früher zustandekommen, auch früher entlassen werden.6S)

§ 15

Äxte, Sägen, Messer und andere zur Begehung deS Forst­

diebstahls geeignete Werkzeuge,26) welche der Täter bei der Zuwider­ handlung bei sich geführt hat, können 13) eingezogen werden,66) ohne

Unterschied, ob sie dem Schuldigen gehören oder nicht.66) Die Tiere, und andere zur Wegschaffung des Entwendeten dienenden Gegenstände, welche der Täter bei sich führt, unterliegen nicht der Einziehung.67)

§ 16. Wird der Täter bei Ausführung eines Forstdiebstahls, oder gleich nach6") derselben betroffen oder verfolgt, so sind die zur Begehung des Forstdiebstahls geeigneten Werkzeuge,66) welche er bei sich führt66a) (§ 15), in Beschlag66) zu nehmen.66)66)

52) Über Aufgabe der Arbeit Art und Durchführung vgl. § 5 der AD. v. 2. April 37 (DJust. S. 532). 53) Ein Arbeitstag steht einem Tage Gefängnis gleich, § 5 Ziffer 5 d. AD. v. 2. April 37 (DJust. S. 532). 54) Der Umstand, daß sie zu der Tat haben dienen können, genügt; daß sie zu derselben wirklich gebraucht sind ober gewöhnlich gebraucht werden, ist nicht notwendig. 55) § 42 des StGB, findet auch hier Anwendung. Über die Verwertung der den Holzdieben abgenommenen Gegenstände siehe § 54 Abs. 3 StrafvollstrO. (Anhang la). 56) Wem das Eigentum zusteht, ist gleichgültig. 57) Weil der Wert derselben mit der Erheblichkeit des Straffalles regel­ mäßig in keinem Verhältniffe steht. 57 a) Gleichbedeutend mit „auf frischer Tat". JurW. 60 S. 2643. 58) Transportmittel können nicht beschlagnahmt werden. Gr osch uff Nebenges. Anm. Id. Oe hlschläg er-Bernhardt S. 48. 58 a) Mit denen er unterwegs ist. LZ. 25 S. 986. 59) Eine Bestätigung der Beschlagnahme durch den Richter ist hier nicht erforderlich. 60) Diese Bestimmung soll nach Oehlschläger-Bernhardt S. 49 ausdrücken, daß, im Falle der Täter bei Ausführung eines Forstdiebstahls oder gleich nachher betroffen oder verfolgt wird, die der Einziehung unterliegenden Werkzeuge auch durch einen Nichtbeamten in Beschlag genommen werden dürfen, während in jedem anderen Falle die allgemeinen Bestimmungen der StPO. §§ 94 ff. zu beobachten sind. Insbesondere also kann in dem Falle deS § 16 auch der Waldeigemümer die Beschlagnahme bewirken. Ebenso Schön-

1483

E 1. ForstdlebstahlSgesetz §§ 17—21. § 17.

Wird in dem Gewahrsam eineS innerhalb der letzten zwei

Jahre wegen einer Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz rechtskräftig Verurteilten frisch gefälltes, nicht forstmäßig zugerichtetes Holz ge­

funden, so ist gegen den Inhaber auf Einziehung

des

gefundenen

Holzes zu erkennen, sofern er sich über den redlichen Erwerb Holzes nicht ausweisen kann.

des

Die Einziehung erfolgt zugunsten der

Armenkasse des Wohnorts des Verurteilten.") § 18.

Die Strafverfolgung")

von Zuwiderhandlungen gegen

dieses Gesetz verjährt, sofern nicht einer der Fälle der §§ 6 und 8

vorliegt, in sechs Monaten.

§ 19 ")

Für die Zuwiderhandlungen gegen diese- Gesetz sind

die Amtsgerichte zuständig.

Dieselben verhandeln und

entscheiden

ohne die Zuziehung von Schöffen.") DaS Amt des

AmtSanwalts kann verwaltenden Forstbeamten

übertragen werden.

Für die Verhandlung und Entscheidung über daS Rechtsmittel

der Berufung") ist die kleine Strafkammer zuständig. § 20.

Für das Verfahren gelten, soweit nicht in diesem Gesetze

abändernde Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften der Straf­

prozeßordnung über das Verfahren vor dem Amtsrichter1$) und den­ jenigen des zweiten Abschnittes des Jugendgerichtsgesetzes.") § LI. Der Gerichtsstand ist nur bei demjenigen Amtsgerichte be­

gründet, in dessen Bezirke die Zuwiderhandlung begangen ist.

selb a. a. O. S. 55. Auch nach Ansicht des RG. sind der Walbeigentümer resp. Privatforstaufseher zu Beschlagnahmen nach § 16 berechtigt. E. 11 S. 321. Dagegen steht biesen Personen bas Recht zu Haussuchungen, mag es sich auch nur um bie Beschlagnahme ber zur Begehung bes HolzbiebstahlS geeigneten Werkzeuge hanbeln, nicht zu, vielmehr kommen in dieser Beziehung bie Vor­ schriften ber StPO. (§ 105) zur Anwendung. E. 13 S. 270. 61) Jetzt zugunsten ber Reichskasse, VO. v. 3. Septbr. 36 (RGBl. I S. 715), vgl. Anm. 82. Wegen bes GerichtsstanbeS siehe § 21 Abs. 3. DaS Verfahren stützt sich auf § 42 beS StGB. 62) Nicht bie Strafvollstreckung. In beit Fällen ber §§ 6 u. 8 verjährt die Strafverfolgung also erst in fünf Jahren (§ 67 bes StGB.). Im übrigen finben wegen des Beginnes ber Verjährung und ber Unterbrechung berselben bie all­ gemeinen Bestimmungen beS StGB. Anwendung. 63) In Jugendsachen entscheidet ebenfalls der Jugendrichter allein ohne Schöffen. VO. v. 14. Juni 32 S. 363; auch im Falle bes 8 8. KG. JurR. 3 Nr. 1884. 64) Nach § 313 StPO, ist bie Berufung ausgeschlossen, wenn eine Über­ tretung vorliegt und wegen ber Tat freigesprochen ober ausschließlich auf Geld­ strafe erkannt ist In Forstsachen Ist Ber. auch ausgeschlossen, wenn auf Einziehung und Wertersatz erkannt Ist. Gutachten ber 3 Strafsenate bes KG. V. bes KG. v. 22. April 25. JurR. 1 S. 495. A. M. Breslau GA. 70 S. 348 und DRZ. 20 Nr. 851. Über bie Behandlung ber Rechtsmittel vgl. Anm. 95 unter XXI

u. VO. v. 14. Juni 32 auf S. 213.

1484

E. Anhang: Preußische Gesetze.

Ist der Ort der begangenen Zuwiderhandlung nicht zu ermitteln,

oder ist die Zuwiderhandlung außerhalb des preußischen Staatsge­ biets begangen, so bestimmt der Gerichtsstand sich nach den Vorschriften

der Strafprozeßordnung. Im Falle des § 17 ist der Gerichtsstand bei demjenigen Amts­ gerichte begründet, in dessen Bezirke das Holz gefunden worden ist. § 22. In dem Verfahren vor dem Amtsgerichte") werden sämt­ liche Zustellungen") durch den Amtsrichter unmittelbar veranlaßt. Die Formen für den Nachweis der Zustellungen werden durch die Justizverwaltung bestimmt.88) § 23. Personen, welche mit dem Forstschutze betraut sind, können, sofern dieselben eine Anzeigegebühr nicht empfangen, ein- für allemal gerichtlich beeidigt werden,8') wenn sie

1. Beamte sind,") oder 2. vom Waldeigentümer aus Lebenszeit, oder nach einer vom Landrat (Amtshauptmann, Oberamtmann) bescheinigten drei­ jährigen tadellosen Forstdienstzeit aus mindestens drei Jahre mittels schriftlichen Vertrages angestellt finb88a, oder 3. zu den für den Forstdienst bestimmten, oder mit Forstver­ sorgungsschein entlassenen Militärpersonen gehören. In den Fallen der Nr. 2 und 8 ist die Genehmigung des BezirksratS erforderlich. In denjenigen Landesteilen, in welchen das Gesetz vom 26. Juli 1876 (GS. S. 297) nicht gilt, tritt an die Stelle des BezirksratS die Regierung (Landdrostei).")

§ 24. Die Beeidigung erfolgt bei dem Amtsgerichte, in dessen Bezirk der zu Beeidigende seinen Wohnsitz hat, dahin:'8) daß er die Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz, welche den seinem Schutze gegenwärtig anvertrauten oder künftig anzuver65) Über das Verfahren bei Zustellungen gelten nach § 37 StPO, die Bestimmungen der §§ 166 ff. ZPO. 66) Siehe Anm. zu § 37 StPO. 67) Darüber, ob die Voraussetzungen einer generellen Beeidigung vor­ liegen, entscheidet das Amtsgericht (§ 24). Reskr. v. 24. Febr. 91, VMBl. S. 47. 68) Welche Staatsbeamte den Forstschutz ausüben, ist angegeben bei Dalcke-Delius S. 119. Bettauung mit dem Jagdschutz genügt nicht. Wagemann Anm. 2. 68 a) Die Voraussetzung ist stets auch dann gegeben, wenn der Forstschutz­ beamte auf drei Jahre fest mit der Maßgabe angeftellt ist, daß sich die Vertrags­ dauer nach Ablauf dieser Zeit jeweils um ein Jahr verlängert, wenn keine Kündigung eintritt. 69) Jetzt der Reg.-Präs. (Ges. v. 15. Dezbr. 33, GS. S. 479). 70) Dieser Eid ersetzt nicht den Amtseid, die Leistung desselben ist aber von Erheblichkeit für das Recht des Waffengebrauchs der Forst- und Jagd­ beamten. Siehe § 1 d. Ges. v. 26. 2. 1935 (RGBl. I S. 313); auch für die Bestellung als Hilfsbeamte der StA. AB. v. 17. Okt. 33 (Pr. Justiz S. 528).

E 1. ForstdiebstahlSgesetz §§ 25—27.

trauenden Bezirk betreffen,

1485

gewissenhaft anzeigen, bei seinen

gerichtlichen Vernehmungen über dieselben nach bestem Wiffen

die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hin­ zusetzen, auch die ihm obliegenden Schätzungen unparteiisch und

nach bestem Wissen und Gewissen bewirken werde. Eine Ausfertigung des Beeidigungsprotokolls wird den Amts­

gerichten mitgeteilt, in deren Bezirke der dem Schutze des Beeidigten anvertraute Bezirk liegt.

§ 25.

Ist eine in Gemäßheit der vorstehenden Bestimmungen

oder nach den bisherigen gesetzlichen Vorschriften zur Ermittelung von

Forstdiebstählen beeidigte Person als Zeuge oder Sachverständiger zu vernehmen, so wird es der Eidesleistung gleichgeachtet?') wenn der

zu Vernehmende die Richtigkeit feiner Aussage unter Berufung aus

den ein für allemal geleisteten Eid versichert?*) Diese Wirkung der Beeidigung hört aus, wenn gegen den Be­ eidigten eine die Unfähigkeit zur Bekleidung

öffentlicher Ämter nach

sich ziehende Verurteilung ergeht, oder die in Gemäßheit deS § 23

erteilte Genehmigung zurückgezogen wird.

§ 26.

Die mit dem Forstschutze betrauten Personen erstatten

ihre Anzeigen

an

den Amtsanwalt schriftlich

und

haben zu diesem Zwecke Verzeichnisse zu führen,

periodisch.

Sie

in welchen die ein­

zelnen Fälle unter fortlaufenden Nummern zusammeuzustellen sind. Die Berzeichniffe werden dem Amtsanwalt in zwei Ausfertigungen eingereicht.

In diese Verzeichnisse können von dem Amtsanwalt auch

die anderwärts 7S 71)76 72eingehenden 73 74 Anzeigen eingetragen werden. Die näheren Vorschriften über die Ausstellung und die Einreichung

der Verzeichnisse werden von der Justizverwaltung erlassen.")

§ 27. Der Amtsanwalt erhebt die öffentliche Klage, indem er bei Überreichung einer Ausfertigung des Verzeichnisses (§ 26) den Antrag auf Erlaß eines richterlichen Strafbefehls stellt und die be­

antragten Strafen nebst Werlersatz neben den einzelnen Nummern

des Verzeichniffes vermerkt.") Der Erlaß eines Strafbefehls ist für jede Geldstrafe und die dafür

71) Es bleibt aber dem Richter unbenommen, wenn er dies aus beson­ deren Gründen für erforderlich erachtet, ihnen den vollständigen Eid abzunehmen. A. M. Wagemann Anm. 1. 72) Die Versicherung hat der Vernehmung vorauszugehen. 73) d. h. Anzeigen, die von anderen Personen als den Forstschutzbeamten gemacht sind.

74) Vgl. über die Aufstellung und Einreichung der ForftdiebstahlSverzeichnisie AV. v. 2. April 37 (DJust. S. 532). 76) Die Vorschriften der StPO, finden hier keine Anwendung.

1486

E. Anhang: Preußische Gesetze.

im Unvermögenssalle festzusetzende Haftstrase,

sowie für den Wert­

ersatz und die verwirkte Einziehung zulässig.

Der Strafbefehl muß die Eröffnung enthalten, daß er vollstreckbar

werde, wenn der Beschuldigte nicht binnen einer Woche nach der Zu­ stellung bei dem Amtsgerichte schriftlich oder zu Protokoll der Geschäfts­ stelle Einspruch erhebe?')

Die in dem Strafbefehle getroffene Festsetzung ist von dem Amts­ richter neben jeder Nummer des Verzeichnisses einzutrageu und dem

Angeklagten mit einem Auszuge auS dem Verzeichniffe zuzustellen. § 28.18) Aus den Einspruch kann vor Ablauf der Frist verzichtet werden.

§ 29 ")

Mehrere Einsprüche, die dasselbe Verzeichnis betreffen,

können zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung ver­ bunden werden.

§ 30.

In den Fällen der §§ 6 und 8 findet der Erlaß eine-

Strafbefehls nur nach den Bestimmungen der Strafprozeßordnung und

deS § 39 des Jugendgerichtsgesetzes statt.

Dem Antrag auf Erlaß

des Strafbefehls oder der Anklageschrift ist ein Auszug aus dem Ver­

zeichniffe (§ 26) beizufügen.")

Die Hauptverhaudlung kann ohne An­

wesenheit des Angeklagten erfolgen.'") § 31.")

Wird — abgesehen von den Fällen deS § 30 — gegen

ein von dem Amtsrichter erlassenes Urteil die Berufung ’8*)* *eingelegt, **** so sind zum Zwecke der Bildung besonderer Akten durch den Urkunds­ beamten der Geschäftsstelle beglaubigte Auszüge aus den Akten erster Instanz zu fertigen.

§ 32.")

Die Revisionfindet nur statt, wenn eine der in den

§§ 6 und 8 vorgesehenen strafbaren Handlungen den Gegenstand der

Untersuchung bildet.88)

§ 33.

Die Vollstreckung der Strafbefehle und der Urteile erfolgt

durch den Amtsrichter.8*) 77) Die §§ 232 u. 234 der StPO, finden hier keine Anwendung, die Ver­ handlung erfolgt in Abwesenheit des Angellagten ohne Rücksicht auf die Höhe der Strafe. 78) Siehe Anm. 29 a u. 64. 79) Über die Frage, ob die Revision zulässig, vgl. AuSf. in Anm. 95 unter E 1. Auch der Haftbare wird zur Einlegung der Revision berechtigt sein. Siehe E. 8S. 363. 80) Bei Übertretungen (Anm. 29 a) findet keine Revision statt. KG.

v. 28. Aug. 25, JurW. 54 S. 2808. Zuständig für die Revision ist das KG. 8 50 AG. GVG. Ist die Revision unzulässig, so' ist die Sache an daS Rev.Gericht abzugeben. Eine Zustellung gemäß § 343 Abs. 2 StPO, findet nicht statt. KG. JFGErg. 3 S. 318. 81) Die Strafvollstreckung gegen Jugendliche steht dem Jugendrichter zu. § 36 JGG. unter CIII3.

E 2. Feld- und Forstpolizeigesetz § 1

1487

§ 34. Eine aus Grund dieses Gesetzes ausgesprochene und ein­ gezogene Geldstrafe fließt dem Beschädigten zu.8t) Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf eine im Falle des § 8 erkannte Zusatzstrafe. Weist der Beschädigte im Falle der Nichteinziehbarkeit der Geld­ strafe Arbeiten, welche den Erfordernissen des § 14 entsprechen, der Behörde nach, so soll der Verurteilte zu deren Leistung angehalten werden.88) Diese Nachweisung ist nicht mehr zu berücksichtigen, so­ bald mit der anderweiten Vollstreckung der Strafe begonnen ist. § 35. Der Amtsrichter ist befugt, wenn der Verurteilte zu der Gemeinde gehört, welcher die erkannte Entschädigung") und Geld­ strafe zufällt, die Beitreibung dieser Entschädigung und Geldstrafe nebst den Kosten der Gemeindebehörde in der Art aufzutragen, daß sie die Einziehung auf dieselbe Weise zu bewirken hat, wie die Ein­ ziehung der Gemeindegefälle.88) Es dürfen jedoch dem Verurteilten keine Mehrkosten erwachsen.

§ 36. Steht mit einer Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz ein nach § 361 Nr. 9 des Strafgesetzbuches strafbares Nichtabhalten von der Begehung von Forstdiebstählen im Zusammenhänge, jo findet auch aus diese Übertretung das in diesem Gesetze vorgeschriebene Verfahren Anwendung. §§ 37—39 jetzt bedeutungslos.

E 2. Feld- und Forstpolizeigesetz. Vom 1. April 1880 (GS. S. 230) in der Fassung der Bekannt­

machung vom 21. Januar 1926 (GS. S. 83) und des Gesetze- vom 29. März 1933 (GS. S. 251). 1. Titel.

Strafbestimmungen.

§ 1. Die in diesem Gesetze') mit Strafe bedrohten Handlungen unterliegen, soweit dasselbe nicht abweichende Vorschriften enthält, den 82) Geändert durch VO. v. 3. Septbr. 36 (RGBl. I S. 715) — f. unter A 5 —; danach fließen die strafgerichtlich erkannten Geldstrafen grundsätzlich der Reichskasse zu; gleiches gilt für eingezogene Gegenstände. 83) Ob notwendige Voraussetzung ist, daß der Richter aus Zulassung von Arbeit erkannt hat, darüber siehe Sinnt. 52 zu 8 14. 84) d. h. den Wertersatz. 85) BO. v. 15. Novbr. 99 (GS. S. 545). 1) DaS Gesetz findet aus städtische wie aus ländliche Grundstücke Anwendung, nicht auf Wasserflächen. Daube, Feld- u. Forstpolizeigesetz, 6. Aufl., S. 22.

E 2. Feld- und Forstpolizeigesetz § 1

1487

§ 34. Eine aus Grund dieses Gesetzes ausgesprochene und ein­ gezogene Geldstrafe fließt dem Beschädigten zu.8t) Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf eine im Falle des § 8 erkannte Zusatzstrafe. Weist der Beschädigte im Falle der Nichteinziehbarkeit der Geld­ strafe Arbeiten, welche den Erfordernissen des § 14 entsprechen, der Behörde nach, so soll der Verurteilte zu deren Leistung angehalten werden.88) Diese Nachweisung ist nicht mehr zu berücksichtigen, so­ bald mit der anderweiten Vollstreckung der Strafe begonnen ist. § 35. Der Amtsrichter ist befugt, wenn der Verurteilte zu der Gemeinde gehört, welcher die erkannte Entschädigung") und Geld­ strafe zufällt, die Beitreibung dieser Entschädigung und Geldstrafe nebst den Kosten der Gemeindebehörde in der Art aufzutragen, daß sie die Einziehung auf dieselbe Weise zu bewirken hat, wie die Ein­ ziehung der Gemeindegefälle.88) Es dürfen jedoch dem Verurteilten keine Mehrkosten erwachsen.

§ 36. Steht mit einer Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz ein nach § 361 Nr. 9 des Strafgesetzbuches strafbares Nichtabhalten von der Begehung von Forstdiebstählen im Zusammenhänge, jo findet auch aus diese Übertretung das in diesem Gesetze vorgeschriebene Verfahren Anwendung. §§ 37—39 jetzt bedeutungslos.

E 2. Feld- und Forstpolizeigesetz. Vom 1. April 1880 (GS. S. 230) in der Fassung der Bekannt­

machung vom 21. Januar 1926 (GS. S. 83) und des Gesetze- vom 29. März 1933 (GS. S. 251). 1. Titel.

Strafbestimmungen.

§ 1. Die in diesem Gesetze') mit Strafe bedrohten Handlungen unterliegen, soweit dasselbe nicht abweichende Vorschriften enthält, den 82) Geändert durch VO. v. 3. Septbr. 36 (RGBl. I S. 715) — f. unter A 5 —; danach fließen die strafgerichtlich erkannten Geldstrafen grundsätzlich der Reichskasse zu; gleiches gilt für eingezogene Gegenstände. 83) Ob notwendige Voraussetzung ist, daß der Richter aus Zulassung von Arbeit erkannt hat, darüber siehe Sinnt. 52 zu 8 14. 84) d. h. den Wertersatz. 85) BO. v. 15. Novbr. 99 (GS. S. 545). 1) DaS Gesetz findet aus städtische wie aus ländliche Grundstücke Anwendung, nicht auf Wasserflächen. Daube, Feld- u. Forstpolizeigesetz, 6. Aufl., S. 22.

1488

E. Anhang: Preußische Gesetze.

Bestimmungen des Strafgesetzbuchs

und des

ersten Abschnitts des

Jugendgerichtsgesetzes.

§ 2. Für die Strafzumessung wegen Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz kommen als Schärfungsgründe tu Betracht: 1. wenn

die Zuwiderhandlung an

einem

Sonn-

oder

Festtag

oder in der Zeit von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang

begangen ist;

2. wenn der Zuwiderhandelnde Mittel angewendet hat, um sich unkenntlich zu machen; 3. wenn der Zuwiderhandelnde dem Feld- oder Forsthüter oder

einem anderen zuständigen Beamtens) dem Beschädigten oder

dem Psändungsberechtigten seinen Namen oder Wohnort anzu­

geben sich geweigert oder

falsche Angaben über seinen oder

seiner Gehilfen Namen oder Wohnort gemacht oder aus An­

rufen der vorstehend genannten Personen, stehenzubleiben, die

Flucht ergriffen oder fortgesetzt hat;*) 4. wenn der Täter die Aushändigung der zu der Zuwiderhandlung bestimmten Werkzeuge oder der

mitgeführten Waffen^)

ver­

weigert °) hat.

§ 3

Für die Geldstrafe, den Wertersatz 6) (§64) und die Kosten,

zu denen Personen verurteilt werden, welche unter der Gewalt oder der Aufsicht eines anderen stehen und zu dessen Hausgenossenschaft

gehören, ist letzterer im Falle des Unvermögens der Verurteilten für

haftbar zu erklären, und zwar unabhängig von der etwaigen Strafe,

zu welcher er selbst auf Grund dieses Gesetzes oder des § 361 Nr. 9

deS Strafgesetzbuchs verurteilt wird.

Wird sestgestellt, daß die Tat

nicht mit seinem Wissen verübt ist oder daß er sie nicht verhindern

konnte, so wird die Haftbarkeit nicht ausgesprochen.

Hat der Täter noch nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet, so

wird

derjenige,

welcher

in

Gemäßheit

der

vorstehenden

Be­

stimmungen haftet, zur Zahlung der Geldstrafe, des Werlersatzes und der Kosten als unmittelbar haftbar verurteilt.

Dasselbe gilt, wenn

2) Das ist der, welchem ein Recht zusieht, nach dem Namen zu fragen. E. 17 S. 224. 3) Vgl. Anm. 17 und 18 unter E 1. Waffen sind gefährliche Werkzeuge, mittels deren mechanischer Einwirkung auf den Körper eines anderen deffen Verletzung herbeigeführt werden kann, z. B. eine Latte. E. 8 S. 44. 4) Unter Mitführung ist die bewußte Jnnehabung zu verstehen. 5) Die einfache Weigerung genügt. Ist tätlicher Widerstand damit ver­ bunden, so kommt § 14 oder die §§ 113 ff. StGB, zur Anwendung. 6) Wettersatz ist keine Strafe. KG. v. 5. April 24, DRZ. 17 Nr. 26; vgl. Anm. 95.

1489

E 2. Feld- und Forstpolizeigesetz §§ 4—6.

der Täter zwar das vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebens­

jahr vollendet hatte, jedoch deshalb nicht strafbar ist, weil er zur Zett der Tat nach seiner geistigen oder sittlichen Entwicklung unfähig war,

das Ungesetzliche der Tat einzusehen oder seinen Willen dieser Einsicht gemäß zu bestimmen,

oder wenn derselbe wegen eines seine freie

Willensbestimmung ausschließenden Zustandes straffrei bleibt.

Gegen die in Gemäßheit der vorstehenden Bestimmungen als haftbar Erklärten tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe nicht ein.

§ 4. Entwendungen sowie rechtswidrig und vorsätzlich be­ gangene Beschädigungen (§ 303 des Strafgesetzbuchs) und Begünstigung7 8)9 in Beziehung auf solche Entwendungen oder Beschädigungen unter­ liegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nur dann, wenn der Werl8)

des Entwendeten oder der angerichtete Schaden zehn Reichsmark8») nicht

übersteigt.

§ 5. Der Versuch einer nach diesem Gesetze strafbaren Ent­ wendung ist strafbar. Jedoch ist der Versuch milder zu bestrafen als die vollendete Tat; die Strafe kann bis auf ein Viertel des Mindest­

betrags der für diese angedrohten Strafe ermäßigt werden.

§ 6. Die Beihilfe zu einer nach diesem Gesetze strafbaren Ent­ wendung oder vorsätzlichen Beschädigung sowie die Begünstigung in Beziehung auf eine solche Entwendung oder Beschädigung sind strafbar.

Die Strafe ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, das aus die

Handlung Anwendung findet, aus die sich die Beihilfe oder die Be­ günstigung bezicht, jedoch nach den über die Bestrafung deS Versuchs aufgestellten Grundsätzen (§ 5) zu ermäßigen.

7) Die Entwendung von Feldfrüchten, die sich an einem auf dem Acker belegenen Orte zur Aufbewahrung befinden, ist Diebstahl. Daher ist Diebstahl die Wegnahme von Kartoffeln aus der Miete. E. 5 S. 385; selbst dann, wenn die Kartoffeln auf demselben Acker, auf dem sie geerntet sind, in die Miete eingeheimst sind. Recht 21 Nr. 304; aber nicht die Wegnahme von Kartoffeln, die auf dem Felde bereits in Säcke gefüllt, behufs demnächstiger Fortschaffung stehen. E. 41 S. 159. 8) Nicht Hehlerei. 9) Bei Berechnung deS Werts kommt der etwa durch die Entwendung an dem Holzbestande angerichtete Schaden nicht in Betracht. E. 36 S. 311. Siehe auch Recht 16 Nr. 3315. Beim Diebstahl von Bäumen eines Parks ist der Wert lediglich des HolzeS, nicht der Wert der Bäume als Bestandteile des Parkes maßgebend. DIZ. 13 S. 429. Bei Obstbäumen kommt auch der Wert in Be­ tracht, den sie in dieser Eigenschaft im Zeitpunkt der Tat haben. E. 54 S. 243. Für die Wertfeststellung ist lediglich der Zeitpunkt der Entwendung maßgebend. Recht 11 S. 323. Bei gemeinschaftlichem oder fortgesetztem Diebstahl ist der Gesamtwert des Entwendeten entscheidend. KG. v. 19. Mai 13, DIZ. 18 S. 1389. GA. 61 S. 366. 9a) Bis zu 20 RM. ist jetzt nach § 30 Abs. 3 der NaturschutzVO. (unter L X 3) zu strafen; § 4 insoweit überholt.

Dalcke, Strafrecht. 30. Ausl.

94

1490

E Anhang: Preußische Gesetze.

Die Bestimmungen des § 257 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs finden Anwendung. ER.

§ 7. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Hast bis zu drei Tagen wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen des § 123 des Strafgesetzbuchs, von einem Grundstück, aus dem er ohne Befugnis sich befindet, auf die Aufforderung des Be­ rechtigten sich nicht entfernt oder dem an ihn ergangenen Verbote des Berechtigten zuwider an demselben oder an dem folgenden Tage das Grundstück unbefugt betritt.,0) Die Verfolgung tritt nur aus Anttag ein.

ER.

§ 8. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Hast biS zu drei Tagen wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen des § 368 Nr. 9 des Strafgesetzbuchs, unbefugt10 lI)12über 13 Grund­ stücke 11 a) reitet, karrt, fährt, Vieh treibt, Holz schleift, den Pflug wendet oder über Äcker, deren Bestellung vorbereitet oder in Angriff genommen ist, geht.")

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.

Der Zuwiderhandelnde bleibt straflos, wenn er durch die schlechte Beschaffenheit eines an dem Grundstücke vorüberführeuden und zum gemeinen Gebrauche bestimmten Weges oder durch ein anderes aus dem Wege befindliches Hindernis zu der Übertretung genötigt

worden ist.

ER.

§ 9. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Haft bis zu drei Tagen wird bestraft, wer außerhalb eingeftiedigter Grundstücke sein Vieh (Pferde, Esel, Maulesel, Maultiere, Rindvieh, Schweine, Ziegen, Schafe, Stallkaninchen, Gänse, Enten, Puten, Hühner oder Perlhühner)") ohne gehörige Aufsicht oder ohne genügende Sicherung läßt. Diese Bestimmung kann durch Polizeiverordnung abgeändert werden. Eine höhere als die vorstehend festgesetzte Strafe darf jedoch nicht angedroht werden. 10) Das widerrechtliche Eindringen auf unbefriedete Grundstücke ohne vorangegangenes Verbot ist nicht mit Sttafe bedroht. 11) Die Vorschrift darf nicht durch PVO. abgeändert werden.

KG. v.

14. Juni 09, DIZ. 14 S. 1270.

Ein Polizei- oder Sicherheitsbeamter (Fischerei-, Forstbeamter), der einen flüchtigen Verbrecher verfolgt und dabei fremde Grundstücke betritt, handelt nicht unbefugt, auch nicht der Postwagen, § 17 des RGes. v. 28. Oktbr. 71 (RGBl. S. 347). 11a) Wege sind keine Grundstücke. Recht 31 Nr. 2302. 12) Das bloße Gehen über unbestellte Äcker ist überhaupt nicht strafbar.

Ebensowenig ist daS Befahren von Privatgewäffern strafbar. 13) Tauben sind nicht mit aufgesührt.

E 2. Feld- und Forstpolizeigesetz §§ 10—13

1491

Die Bestrafung tritt nicht em, wenn nach den Umständen die Gefahr ") einer Beschädigung Dritter nicht anzunehmen ist. § 10. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder

er.

mit Haft bis zu drei Tagen wird der Hirte bestraft, welcher das ihm zur Beaufsichtigung auvertraute Vieh (§ 9 Abs. 1) ohne Aussicht oder

unter der Aufsicht einer hierzu untüchtigen Person läßt. § 9 Abs. 3 findet Anwendung. § 11. Die Ausübung der Nachtweide, deS Einzelhütens sowie der Weide durch Gemeinde- und Genossenschastsherden wird durch Polizei­

verordnung geregelt.16 14) 15 § 12. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt auf einem Grundstücke16') Vieh (§ 9 Abs. 1) weidet. Die Strafe ist verwirkt, sobald das Vieh die Grenzen deS Grund­ stücks, auf welchem es nicht geweidet werden darf, überschritten hat, sofern nicht festgestellt wird, daß der Übertritt von der für die Beauf­

er.

sichtigung des Viehes verantwortlichen Person nicht verhindert werden

konnte.16) Die Bestimmung des Abs. 2 firidet, wo eine Verpflichtung zur

Einfriedigung von Grundstücken besteht oder wo die Einftiedigung landesüblich ist, keine Anwendung. § 13. Geldstrafe von fünf bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder Haft tritt ein, wenn der Weidefrevel (§ 12) begangen wird: 1. auf Grundstücken, verboten ist;

deren Betreten durch Warnungszeichen17)18

2. auf eingesriedigien Grundstücken, sofern nicht eine Verpflichtung zur Einfriedigung der Grundstücke besteht oder die Einfriedigung der Grundstücke landesüblich ist; 3. auf solchen Dämmen und Deichen, welche von dem Besitzer selbst noch mit der Hütung verschont werden; 4. aus bestellten") Äckern oder auf Wiesen, in Gärten, Baum14) Nur eine relativ nahe Gefahr, die eine nicht unvernünftige Besorgnis erregt, kann Beachtung finden. Rotering, Feld- u. Forstpolizeiges.S. 18. 15) Die nunmehr zu erlassenden Polizeiverordnungen können nurZwangSgeld androhen. § 33 PVG. unter E8. 15 a) Das Weiden auf Chausseeböschungen ist nach Ziff. 12 der zusätzl. Vorschriften zum Chausseegeidtarif v. 29. Febr. 1840 (GS. S. 94) strafbar. KG. DIZ. 31 S. 1045. Auf Weiden auf Kanalufern findet § keine Anwendung. KG. Recht 34 Nr. 1192. 16) Daß das Vieh wirklich geweidet hat, ist nicht notwendig. 17) Gräben, Kreuze, Schlagbäume, Tafeln, Strohwische je nach OrtSgebrauch, der dem Täter bekannt sein muß. Solche Warnungszeichen kann jede Privatperson ausstellen. GA. 24 S. 470. 18) Bestellte Äcker find solche, die bereits besäet oder bepflanzt sind; die

er.

1492

E. Anhang: Preußische Gesetze.

schulen, Weinbergen, auf mit Rohr bewachsenen Flachen, aus Weidenhegern, Dünen, Buhnen, Deckmerken, gedeckten Cand-

flächen oder anderen in Kultivierung oder Verjüngung befind­ lichen Flächen, Graben- oder Kanalböschungen, in Forstkulturen,

Schonungen, Pflanz- oder Saatkämpeu;")

5. auf Forstgrundstücken mit Pferden oder Ziegen.

ER.

§ 14. Mit Geldstrafe bis zu eiuhundertsünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft: 1. wer eine rechtmäßige Pfändung (§ 73) vereitelt oder zu ver­

eiteln versucht;2^

2. wer, abgesehen von den Fällen der §§ 113 und 117 des Straf­ gesetzbuchs, dem Pfändenden in der rechtmäßigen Ausübung

seines Rechtes (§ 73) durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet oder den Pfändenden während der rechtmäßigen Ausübung seines Rechtes tätlich angreist; 3. wer, abgesehen von den Fällen der §§ 137 und 289 des Straf­

gesetzbuchs, Sachen, welche rechtmäßig in Pfand genommen sind (§ 73), dem Pfändenden in rechtswidriger Absicht roegnimmt;21 * *)22 19 23 20

4. wer vorsätzlich eine unrechtmäßige Pfändung (§ 73) bewirkt.

ER.

§ 15. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünszig Reichsmark oder mit Hast wird bestraft, wer Gartensrüchte, Feldsrüchte ”) oder andere Bodenerzeugnisse")

aus

Gartenanlagen")

aller Art,

Weinbergen,

bloße Beackerung für die Saat genügt nicht. OTr. b. 19. Febr. 68, GA. 16 S. 375. 19) Anlagen, welche ausschließlich zur Erziehung von Holzpslanzen durch Saat dienen, und zwar behufs Verpflanzung auf zu kultivierenden Flächen oder Baumschulen. 20) Wer einen anderen durch Bedrohung mit einem Verbrechen oder Ver­ gehen widerrechtlich nötigt, von der Pfändung abzustehen, ist nach § 240 StGB, und nicht aus 8 14 dieses Ges. zu bestrafen. E. 7 S. 116. Die Mög­ lichkeit einer Jdealkonkurrenz besteht nur zwischen § 240 StGB, und § 14 Nr. 2 dieses Ges. 21) Die eigenmächtige Wegnahme des durch Private auf Grund deS F. u. FPGes. gepfändeten Viehes durch den Eigentümer ist nicht nach § 289 StGB., sondern nach tz 14 Nr. 3 zu bestrafen. E. 7 S. 302, E. 5 S. 66. Nach dem (ungedruckten) Urteil des KG. v. 8. Dezbr. 13 ist aber diese Strafvorschrift nur anwendbar, wenn die Voraussetzungen der §§ 137, 289 StBG. nicht ge­ geben sind. Ebenso E. 32 S. 14. 22) Die zum Genusse bestimmt sind. KG. JFGErg. Bd. 8 S. 331. 23) Hierzu gehören auch Pflanzen, die aus anderem Boden übertragen und eingepflanzt sind. E. 23 S. 269. Jedoch genügt nicht der bloße Zweck, der Pflanze durch Unterbringung in den Boden Ernährung zuzuführen. E. 35 S. 67. Als Bodenerzeugnis ist auch das Pflanzengebilde selbst anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob aus ihm die Erzielung eines Fruchtgenusses oder einer sonstigen wirtschaftlichen Nutzung überhaupt möglich ist oder nicht. E. 45 S. 200. Weidenzweige sind auch hierher zu rechnen. KG. v. 29. Oktbr. 94,

E2. Feld- u. Forstpollzeigesetz §§ 16 u. 17.

1493

Obstanlagen, Baumschulen, Pflanz- oder Saatkämpen,") von Äckern,") Wiesen,") Weiden, Plätzen, Gewässern,

Wegen oder Gräben

ent­

wendet.^^)

§ 16. Geldstrafe von fünf bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder Hast tritt ein, wenn die nach § 15 strafbare Entwendung be­

er.

gangen wird: 1. unter Anwendung eines zur Fortschaffung größerer Mengen geeigneten Gerätes, Fahrzeugs oder Lasttiers; 2. unter Benutzung von Äxten, Sägen, Messern, Spaten oder

ähnlichen Werkzeugen") oder Sprengstoffen; 3. aus einem umschlossenen Raume mittels Einsteigens; 4. von drei oder mehr Personen in gemeinschaftlicher Ausführung; 5. an Kien, Harz, Saft, Wurzeln, Rinde, Mittel- (Haupt-) Trieben stehender Bäume oder an Waidbaumfrüchten stehender Bäume, die als Samenträger kenntlich gemacht sind, sofern die Ent­ wendung nicht als Forstdiebstahl strafbar ist.

§ 17. Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre tritt ein, wenn die nach § 15 strafbare Entwendung begangen wird: 1. unter Mitführung von Waffen;^) 2. aus einem umschlossenen Raume mittels Einbruchs; 3. dadurch, daß zur Eröffnung der Zugänge eines umschlossenen Raumes falsche Schlüssel oder andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werkzeuge angewendet werden; GA. 42 S. 440: ferner Weidenkätzchen. KG. JFGErg. Bd. 8©. 331; Busch­ werk im Werte unter 10 Reichsmark, welches auf dem Felde gewachsen und niedergehauen dort lagert. R. 3 S. 357. Torf ist kein Bodenerzeugnis, sondern Bodenbestandteil. Die Entwendung desselben fällt unter § 370 Nr. 2 StGB. Ist der entwendete Torf bereits ge­ stochen, so liegt gemeiner Diebstahl vor. E. 21 S. 27. Ebensowenig fällt die Entwendung von Weidenruten von Anpflanzungen auf Anlandungen unter § 15. E. 20 S. 11. Siehe auch Anm. 3 zu § 1 des Forstdiebstahlsgesetzes.

24) Städtische Parkanlagen, auch Kirchhöfe. E. 29 S. 138. Sind Blumen von einer Grabstätte entwendet, so ist die Anwendung des F. u. FPGes. nicht auSgeschloffen, wenn festgestellt werden kann, daß die Grabstätten gartenähnlich angelegt sind. R. 5 S. 30, E. 7 S. 190. Topfpflanzen, welche in Garten­ anlagen ausgestellt sind, sind, wenn sie auch früher nicht in Töpfen gestanden haben, keine Bodenerzeugnisie im Sinne deS § 15. E. 26 S. 101. 25) Die Entwendung muß von den Äckern selbst geschehen, nicht auS Meten, Diemen, Schobern usw. E. 9 S. 163. 26) Unter Wiese ist eine Bodenfläche zu verstehen, welche eine wiederholte Grasnutzung gestattet und zu einer solchen bestimmt ist. GA. 41 S. 440. 27) 8 252 StGB, findet auch auf den Fall der Entwendung im Sinne dieses § Anwendung. E. 13 S. 391. Die §8 15, 16 gehen nach § 2 Abs. 2 EG. z. StGB. § 370 Nr. 5 StGB. vor. KG. DIZ. 34 S. 1688. 28) z. B. Beil, Hacke.

er.

1494

E. Anhang: Preußische Gesetze.

4. durch Wegnahme stehender Bäume, Frucht- oder Ziersträucher sofern die Entwendung nicht als Forstdiebstahl strafbar ist;'")

5. von dem Aufseher in dem seiner Aufsicht unterstellten Grundstücke; 6. zum Zwecke der Veräußerung'") deS Entwendeten. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe er­ kannt werden. ER.

§ 18. Aus Gefängnisstrafe vou einer Woche bis zu zwei Jahren ist zu erkennen: 1. wenn die Entwendung von drei oder mehr Personen gemein­ schaftlich unter Milführung von Waffen *) begangen ist; 2. wenn im Falle einer Entwendung der Schuldige sich im Rück­ salle befindet. Im Rückfälle befindet sich der Schuldige, wenn er zur Zeit der

Tat oder war nach

bereits zweimal wegen Entwendung (§§ 15 bis 18) vom Gericht durch polizeiliche Strafverfügung rechtskräftig verurteilt worden und die den Gegenstand der zweiten Verurteilung bildende Tat der Rechtskraft der ersten Verurteilung begangen hatte.

§ 19. Bei Entwendungen (§§ 15 bis 18) finden die Bestimmungen des § 247 des Strafgesetzbuchs entsprechende Anwendung. § 20.

In den Fällen der §§ 15 bis 18 sind neben der Geld­

strafe oder der Freiheitsstrafe die Waffen (§ 17), welche der Täter bei der Zuwiderhandlung bei sich geführt hat, einzuziehen, auch wenn sie weder dem Täter noch einem Teilnehmer gehören.81) In denselben Fällen können die zur Begehung der strafbaren Zuwiderhandlung geeigneten Werkzeuge, welche der Täter bei der Zuwiderhandlung bei sich geführt hat, eingezogen werden, auch wenn sie weder dem Täter noch einem Teilnehmer gehören. Die Tiere und anderen zur Wegfchaffung des Entwendeten dienenden Gegenstände, welche der Täter bei sich führt, unterliegen nicht der Einziehung.

ER.

§ 21. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünszig Reichsmark oder mit Haft bis zu drei Tagen wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen der §§ 15 und 26, unbefugt 29) § 1 Nr. 1 Forstdiebstahlsgesetz. 30) Auch ein Tausch kann als V. angesehen werden. KG.Recht33Nr.1406. Zum Zwecke der V. sind auch Wachholderstöcke entwendet, wenn erst die aus ihnen zu fertigenden Körbe verkauft werden sollen. KG. DIZ. 34 S. 992. 31) Die Einziehung der Waffen muß erfolgen; bezüglich der im Abs. 2 ge­ dachten Werkzeuge unterliegt die Einziehung dem richterlichen Ermessen, Tiere und Transportmittel dürfen nicht eingezogen werden. Der § 42 StGB, (selbständige Einziehung ohne Verfolgung einer bestimmten Person) findet hier gleichfalls Anwendung und zwar nicht bloß bei dem Vergehen aus den §§ 17 und 18, sondern auch in den Fällen der §§ 15, 29, 32 Nr. 1, 36 Nr. 1. Daude, Feld- und Forstpolizeiges. Sinnt. 1 Abs.3 S.41. Verfahren § 430ff., 463 StPO. A. M. Wagemann, F. u. FPGes. Anm. 2.

E 2. Feld- u. Forstpolizeigesetz §§ 22—24.

1495

1. das auf oder au Grenzramen, Wegen, Tristen oder an oder in Gräben") wachsende Gras oder sonstige Viehfutter ab­

schneidet oder abrupft, 2. von Bäumen, Sträuchern"*) oder Hecken Laub abpflückt oder Zweige abbricht, insofern dadurch ein Schaden entsteht.")

§ 22

Mit Geldstrafe bis zu einhuudertsünfzig Reichsmark oder

ER.

mit Hast bis zu einer Woche wird bestraft, wer unbefugt 1. Dungstoffe von Äckern, Wiesen, Weiden, Gärten, Obstanlagen oder Weinbergen aufsammelt,84) 2. Knochen ") gräbt oder sammelt, 3. Nachlese hält.") § 23. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt ’7) 1. abgesehen von den Fällen des § 366 Nr. 7 des Strafgesetz­ buchs, Steine, Scherben, Schutt oder Unrat auf Grundstücke

ER.

wirst oder in dieselben bringt,") 2. Leinwand, Wäsche oder ähnliche Gegenstände zum Bleichen, Trocknen oder anderen derartigen Zwecken ausbreitet oder

uiederlegt, 3. tote Tiere liegen läßt, vergräbt oder niederlegt, 4. Bienenstöcke aufstellt. § 24. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfüufzig Reichsmark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft, wer unbefugt 1. fremde, auf dem Felde zurückgelaffene Ackergeräte gebraucht, 2. die zur Sperrung von Wegen oder Eingängen in eingestiedigte Grundstücke dienenden Vorrichtungen ") öffnet oder offen stehen läßt, 3. Gruben40) auf fremden Grundstücken anlegt. 32) nicht Gras von Wiesen, insoweit findet § 15 Anwendung. 33) Gegenstandslos geworden durch § 10 NaturschutzVO. (unter B X 3). 34) Nur das Aussammeln des auf den Feldern, zerstreut umherliegenden Düngers fällt unter diesen §. Die Wegnahme von Dünger, der in zusammen­ gefahrenen Haufen auf dem Felde liegt, ist Diebstahl. E. 21 S. 245. Vgl. GA. 45 S. 430. 35) Dahin gehört nicht das Sammeln abgeworfencr Wildstangen. KG. v. 13. Dezbr. 97, Johow 18 S. 282. 36) Nachlese ist das unbefugte Auffammeln von Feldfrüchten nach völlig beendeter Ernte. Steht das Getteide noch in Sttegen auf dem Felde, so fällt das Ährenlesen unter § 15. 37) Unbefugt kann auch der Eigentümer gegenüber dem Nutzungsberech­ tigten handeln. LG. Aachen v. 21. Dezbr. 95, GA. 53 S. 306. 38) Das Aussäen größerer Unkrautmengen kann hierunter fallen und zu­ gleich auch Sachbeschädigung sein. KG. v. 28. Septbr. 14, I o h o w 46 S. 368. 39) Gatter, Pforten. 40) Kartoffel-, Fanggruben.

ER.

1496 er.

E. Anhang: Preußische Gesetze.

§ 25. Mit Geldstrafe bis zu emhuudertsünfzig Reichsmark oder mit Hast wird bestraft, wer, 4l) abgesehen von den Fällen des Z 367 Nr. 12 des Strasgesetzbuchs, den Anordnungen der Behörden zuwider es

unterläßt,") 1. Steinbrüche, Lehm-, Sand-, Kies-, Mergel-, Kalk- oder Ton­ gruben, Bergwerksschächte, Schürslöcher oder die durch Stock­

roden entstandenen Löcher, zu deren Einfriedigung oder Zuwerfung er verpflichtet ist, einzustiedigen oder zuzuwerfen, 2. Öffnungen, welche er in Eisflächen gemacht hat,") durch deut­

liche Zeichen zur Warnung vor Annäherung zu verwahren. er.

§ 26. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft, wer unbefugt44)

1. abgesehen von den Fällen des § 305 des Strafgesetzbuchs, fremde Privatwege oder deren Zubehörungen beschädigt oder verunreinigt oder ihre Benutzung in anderer Weise erschwert,") 2. aus ausgebauteu öffentlichen46) oder Privatwegeu die Bankette4?) befährt,") ohne dazu genötigt zu sein (§ 8 Abs. 2), Holz auf ausgebauten Wegen schleift oder die zur Bezeichnung der Fahr­ bahn gelegten Steine, Faschinen oder sonstigen Zeichen entfernt oder in Unordnung bringt, 3. abgesehen von den Fällen des § 274 Nr. 2 des Strafgesetz­ buchs, Steine, Pfähle, Tafeln, Stroh- oder Hegewische, Hügel, Gräben oder ähnliche zur Abgrenzung, Absperrung oder Ver­ messung ") von Grundstücken oder Wegen dienende Merk- oder 41) Der Eigentümer als solcher ist nicht unbedingt verantwortlich. E. 18 S. 58. 42) Hierunter sind auch die im Einzelfalle erlassenen Verfügungen der zu­ ständigen Behörden zu verstehen. OTr. v. 21. Febr. 77, JMBl. 77 S. 72. Eine PVO. über Einzäunung eines Steinbruchs darf keine Sttafandrohung enthalten. KG. GA. 72 S. 304. 43) Wuhnen. 44) Es genügt Fahrlässigkeit. KG. v. 20. Juni 81, Johow 2 S. 251. 45) Die Zerstörung einer Drücke fällt unter § 305 StGB., wenn dieselbe auch Zubehör eines Privatweges und von einfachster Konstruktion ist. R. 5 S. 383. 46) Dahin gehören auch Chausseen. Groschuff, Anm. 5, vgl. KG. v. 9. Dezbr. 95, Johow 17 S. 400. 47) B. ist der nicht zum befestigten Teil eines Planums gehörige übrige Teil eines Weges, der zur Niederlegung des Unterhaltungsmaterials oder für die Fußgänger bestimmt ist. Ungedr. Erk. d. KG. v. 3. Mai 09. 48) Das Reiten ist nur strafbar nach Nr. 12 der zusätzlichen Vorschriften des Chausseegeldtarifs. 49) Dahin gehören die ttigonomettischen Zeichen. Preuß. Ges. v. 7. Oktbr. 65 tGS. S. 1033) u. Ges. v. 7. April 69 (GS. S. 729) nebst Erl. v. 1. Juli 24 (MBliV. S. 709) u. v. 5. April 27 (MBliV. S. 391).

E 2. Feld- und Forstpollzelgesetz §§ 27 u. 28.

1497

Warnungszeichen, desgleichen Merkmale, die zur Bezeichnung eines Wasserstandes bestimmt finb,60) sowie Wegweiser fort-

nimmt, vernichtet, umwirst, beschädigt oder unkenntlich macht, 4. Einfriedigungen,6I) Geländer oder die zur Sperrung von Wegen oder Eingängen in eingefriedigte Grundstücke dienenden Vor­ richtungen beschädigt oder vernichtet,**) 5. abgesehen von den Fällen des § 304 des Strafgesetzbuchs, stehende Bäume, Sträucher, Pflanzen oder Feldfrüchte, die zum Schutze von Bäumen dienenden Pfähle oder sonstigen Vor­ richtungen beschädigt. Sind junge stehende Bäume, Frucht­

oder Zierbäume oder Ziersträucher beschädigt, so darf die Geld­ strafe nicht unter zehn Reichsmark betragen.BS)

§ 27.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder

er.

mit Haft wird bestraft, wer, abgesehen von den Fällen der §§ 321 und 326 des Strafgesetzbuchs, unbefugt das zur Bewässerung von Grundstücken dienende Wasser ableitet, oder Gräben, Wälle, Rinnen oder andere zur Ab- und Zuleitung des Wassers dienende Anlagen herstellt, verändert, beschädigt oder beseitigt.5