Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen [36., völlig neubearb. und erw. Aufl., Reprint 2020] 9783112313671, 9783112302408


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German Pages 1722 [1728] Year 1955

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Erklärung der Abkürzungen
A. Allgemeines Strafrecht und Recht der Ordnungswidrigkeiten
A 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch
B 2. Strafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 i.d.F.d.Bek. vom 25. August 1953. Part I.
B 2. Strafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 i.d.F.d.Bek. vom 25. August 1953. Part II.
A 3. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen
A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 177)
B. Strafrechtliche Nebengesetze
I. Schutz der Person
II. Schutz der öffentlichen Ordnung
III. Handels- und Gewerberecht
IV. Wirtschaftsrecht
V. Arbeits- und Sozialrecht
VI. Steuerrecht
VII. Lebensmittelrecht
VIII. Verkehrsrecht
IX. Jagd-, Naturschutz- und Fischereirecht
C. Strafverfahrensrecht
I. Gerichtsverfassung
II. Strafverfahrensordnung
D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze
E. Landesgesetze
F. Anhang
Sachregister
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Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen [36., völlig neubearb. und erw. Aufl., Reprint 2020]
 9783112313671, 9783112302408

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DALCKE S t r a f r e c h t und

Strafverfahren

Strafrecht und Strafverfahren Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens mit Erläuterungen

begründet von

Dr. A. Dalcke weiland Generalstaatsanwalt

Sechsunddreißigste, völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage

Dr. Ernst Fuhrmann

und

Oberstaatsanwalt a. D. in Berlin

Dr. Karl Schäfer Senatspräsident am Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

1955

J. S C H W E I T Z E R

VERLAG,

BERLIN

Satz, Druck und Bindearbeiten: Dr. F. P. Datterer & Cie. - Inhaber Sellier - Freising Alle Rechte, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage Ohne daß es in meiner Absicht liegen konnte, mit den größeren selbständigen Kommentaren über das Strafgesetzbuch und über die Strafprozeßordnung in Konkurrenz zu treten, oder eine vollständige Sammlung der noch neben dem Strafgesetzbuche . . . geltenden Strafgesetze zu liefern, so sollte doch so viel Material geboten werden, um in der weitaus größten Mehrzahl der Fälle die Zurhandnahme noch anderer Bücher entbehrlich zu machen. Aber der Wunsch, recht viel zu geben, mußte seine natürliche Einschränkung in der Rücksicht finden, daß dem Buche nicht durch einen zu großen Umfang die handliche Form geraubt werden dürfe, welche für ein Vademekum des Kriminalisten, wie es hier geschaffen werden sollte, ganz unerläßlich erschien. Marienwerder, im Mai 1879

A. Dalcke

Vorwort zur 36. Auflage Die im Februar 1950 erschienene 35. Auflage stand im Zeichen der nach dem Zusammenbruch 1945 in Westdeutschland eingetretenen Rechtszersplitterung und Rechtsungewißheit. Das überkommene Reichsrecht war z. T. durch Zonenund Landesrecht abgelöst, die Weitergeltung und Tragweite unverändert gebliebener Vorschriften oft zweifelhaft. So mußte in einem ausführlichen Vorwort zunächst das Prinzip, das für die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts maßgebend war, gerechtfertigt und dem Leser eine Gebrauchsanweisung geboten werden, mit welchen Vorbehalten er von diesem Wortlaut ausgehen müsse. Schritt für Schritt ist in den seither verflossenen Jahren in der Bundesrepublik die verlorene Rechtseinheit wieder hergestellt und ein fester Rechtsboden geschaffen worden. Verfasser und Verlag haben der Versuchung, die an sich notwendig gewordene Neuauflage schon mitten im Verlauf der gesetzgeberischen Erneuerungsarbeiten herauszubringen, widerstanden und durch eine Reihe von Nachträgen die Benutzbarkeit des Werkes einigermaßen zu erhalten versucht. Erst als im August 1953 mit dem 3. Strafrechtsänderungsgesetz, dem Jugendgerichtsgesetz und der Neufassung von StVO. und StVZO. das Erneuerungswerk im großen und ganzen zum Abschluß gekommen war, schien der richtige Zeitpunkt für die Neuauflage gekommen. In der vorliegenden Auflage ist — Wünschen aus Leserkreisen entsprechend •— die Zahl der aufgenommenen und erläuterten Vorschriften gegenüber der 35. Auflage erheblich vermehrt worden. Und zwar einerseits durch Wiederaufnahme von Gesetzen, die das Werk vor der 35. Auflage enthielt, deren Bedeutung aber vorübergehend zurückgetreten war, wie z. B. der Gewerbeordnung, der ZugabeVO., des Auslieferungsgesetzes, der AusländerpolizeiVO., andererseits durch Neuaufnahme einer Reihe für die Praxis wichtiger strafrechtlicher Nebengesetze aus älterer und neuester Zeit, wie z.B. aus älterer Zeit des Rabattgesetzes, des Kreditwesengesetzes, des Sammlungsgesetzes, des Rechtsberatungsmißbrauchsge-

VI

Vorwort

setzes, aus neuer und neuester Zeit der Gesetze zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit und gegen jugendgefährdende Schriften, des Paßgesetzes, des Versammlungsgesetzes, des Betriebsverfassungsgesetzes usw. Weiterhin wurde die Kommentierung gegenüber den Vorauflagen erweitert. Dabei wurde an dem — nach Äußerungen aus der Praxis — für eine rasche Orientierung bewährten Prinzip des Notenkommentars zwar festgehalten, aber, soweit angebracht, bei einer Reihe von Vorschriften — z. B. bei dem Ordnungswidrigkeitengesetz oder der Gnadenordnung — durch mehr oder weniger umfangreiche Vorbemerkungen die Entstehungsgeschichte, die allgemeine Bedeutung und ähnliche Dinge, die bei der Notenkommentierung nicht zwangslos untergebracht werden können, vorweg behandelt. Es muß dabei freilich betont werden, daß die Verfasser nicht den Ehrgeiz haben konnten, den hergebrachten Charakter des Werkes als eines Mittels zu schneller Unterrichtung in der täglichen Praxis aufzugeben. Der Umfang des Buches ist durch die geschilderten Erweiterungen beträchtlich vergrößert worden. Gleichwohl glauben die Verfasser, sich in der durch die enorme Ausweitung des Rechtsstoffes gegenüber dem Jahre 1879 gebotenen Weise an die im Vorwort zur 1. Auflage ausgesprochenen Bearbeitungsrichtlinien des ersten Herausgebers gehalten zu haben, einerseits ein „Vademekum des Kriminalisten" anzustreben, das ,,in der weitaus größten Mehrzahl der Fälle die Zurhandnahme noch anderer Bücher entbehrlich macht", andererseits bei der Begrenzung des Umfangs das Erfordernis der Handlichkeit im Rahmen des Möglichen zu respektieren. Satz und Druck des Werkes haben sich angesichts seines Umfanges über einen verhältnismäßig langen Zeitraum erstreckt. Soweit drucktechnisch möglich, ist es noch während des Satzes dem jeweiligen Stand von Gesetzgebung und Rechtsprechung angepaßt worden. In den ersten Teilen, bei denen Umbruch und Ausdrucken am frühesten Ergänzungen ausschlössen, entspricht das Werk etwa dem Stand vom Mai 1954. Es haben bearbeitet: Dr. Fuhrmann: B I 6, B I I 1, 2, 7, 8, 9, 12, B I I I 1, 2, 6 bis 12, B IV 4—6,

9, B V 5 , 6, 7, B VI, B VII, B V I I I ; C I , C II, D 1—3, 5—9, E 4; Dr.Schäfer:

A, B I 1—5, B II 3—6, 10, 11, 13, 14, B III 3—5, 13—15, B IV 1—3, 7, 8, B V 1—4, B IX, D 4, E 1—3, 5, F.

Daß die neue Auflage sich in gleicher Weise wie ihre Vorgängerinnen als ein brauchbares Rüstzeug für die tägliche Arbeit erweisen möge, ist Wunsch und Hoffnung der Verfasser. B e r l i n und F r a n k f u r t a . M . , im November 1954. Dr. E. Fuhrmann

Dr. K. Schäfer

Inhaltsverzeichnis Vorwort Erklärung der Abkürzungen

V XII

A. Allgemeines Strafrecht und Recht der Ordnungswidrigkeiten 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870 2. Strafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 i.d.F.d.Bek. vom 25. August 1953 § 48 des Gesetzes über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 PolizeiVO. über Verfahren, Mittel und Gegenstände zur Unterbrechung und Verhütung von Schwangerschaft vom 21. Januar 1941 Berliner Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 14. Juni 1951 3. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen vom 3. September 1936 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 25. März 1952 .

1 2 181 219 241 390 391

B. Strafrechtliche Nebengesetze I. Schutz der Person 1. Personenstandsgesetz vom 3. November 1937 i.d.F. vom 15. Januar 1951 (Auszug) 2. Reichsgesetz für Jugend Wohlfahrt vom 9. Juli 1922 (Auszug) . 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 23. Juli 1953 4. Impfgesetz vom 8. April 1874 5. Arzt- und Apothekerrecht a) Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 (§ 16) . . . . b) Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde vom 31. März 1952 (§§ 1, 13, 14, 18—20) c) Reichstierärzteordnung vom 3. April 1936 (§§ 13, 16) . . . d) Reichsapothekerordnung vom 18. April 1937 (§ 23) . . . e) Krankenpflegeordnung vom 28. September 1938 (§§ 16—18) f) Heilpraktikergesetz vom 17. Februar 1939 (§§ 1, 5, 6) . . . 6. Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) vom 10. Dezember 1929 i.d.F. der Gesetze vom 22. Mai 1933 und vom 9. Januar 1934 sowie der VO. vom 12. Juni 1941 (Auszug) VerschreibungsVO. vom 19. Dezember 1930 II. Schutz der öffentlichen Ordnung 1. Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) vom 24. Juli 1953 2. Gesetz über die Presse vom 7. Mai 1874 Gesetz Nr. 5 der AHK. vom 21. September 1949 über die Presse, den Rundfunk, die Berichterstattung und die Unterhaltungsstätten

439 441 444 461 464 464 466 467 467 468 469 470

473 486 487

VIII

Inhaltsverzeichnis 3. VO. über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 16. März 1934 i.d.F. der VO. vom 1. April 1935 4. Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 1. Juli 1937 §§ 5, 6 5. Gesetz über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939. (§§ 2—6) 6. Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 i.d.F. des Ges. vom 10. April 1933 (§§ 1, 2, 4—9) 7. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884 8. Tierschutzgesetz vom 24. November 1933 9. Verordnung zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände vom 25. Juni 1938 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit vom 4. Dezember 1951 11. Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften vom 9. Juni 1953. (§§ 1—7, 11, 18, 19, 21) 12. Gesetz über das Paßwesen vom 4. März 1952 13. Gesetz über Personalausweise vom 19. Dezember 1950 . . . . 14. Gesetz zur Regelung der öffentl. Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 5. November 1934 i. d. F. vom 26. September und vom 23. November 1941 . .

503 507 508 509 512 517 522 525 534 539 546

548

III. Handels- und Gewerberecht 1. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juni 1869 . . Zündwarenmonopolgesetz vom 29. Januar 1930 Hebammengesetz vom 21. Dezember 1938 2. Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 3. Aktiengesetz vom 30. Januar 1937 i.d.F. von § 84 des Ges. vom 11. Oktober 1952, §§ 294—304 4. Gesetz, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20. April 1892 i.d.F. der Ges. vom 25. März 1930, 26. Mai 1933 und 26. Februar 1935, §§ 64, 71, 81a—84 5. Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 20. Mai 1898, §§ 99, 118, 140, 146—154 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 i. d. F. des Ges. vom 26. Februar 1935 7. Gaststättengesetz vom 28. April 1930 VO. über Speiseeiswirtschaften vom 16. Juli 1934 8. Maß- und Gewichtsgesetz vom 13. Dezember 1935 (Auszug) . . 9. Patentgesetz vom 5. Mai 1936 i.d.F. vom 18. Juli 1953 . . . 10. Warenzeichengesetz vom 5. Mai 1936 i.d.F. vom 18. Juli 1953 . Gütezeichen VO vom 9. April 1942 Madrider Abkommen vom 21. März 1925 13. Regelung des Zugabewesens. VO. vom 9. März 1932, Erster Teil, Art 1 i.d.F. der Ges. vom 12.Mai 1933 und vom 20. August 1953 14. Gesetz über Preisnachlässe (Rabattgesetz) vom 25. Nov. 1935 15. Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung vom 13. Dezember 1935 AusfVOen dazu

554 562 740 650 664

668 670 674 695 707 712 720 722 723 734 746 750 754 760

Inhaltsverzeichnis IV. Wirtschaftsrecht 1. Börsengesetz i.d.F. vom 8./27.Mai 1908 und des Ges. vom 26. Mai 1933, § 95 2. Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 4. Februar 1937 3. Gesetz über das Kreditwesen vom 25. September 1939 (Auszug) 4. Konkursordnung vom 10. Februar 1877 i.d.F. des Ges. vom 17. Mai 1898 (Auszug) Gesetz über Sicherung der Bauforderungen vom 1. Juni 1909 5. Vergleichsordnung vom 26. Februar 1935 (Auszug) 6. Verordnung über die Auskunftspflicht vom 13. Juli 1923 . . . 7. Wirtschaftsstrafgesetz a) Gesetz zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1949/52) vom 26. Juli 1949 i.d.F.d.Bek. vom 25. März 1952 und des Ges. vom 17. Dezember 1952 . . b) Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) vom 9. Juli 1954 8. Devisenbewirtschaftung und Regelung des Güterverkehrs a) Gesetz Nr. 53 (Neufassung) der amerik. und brit. Zone, MilRegVO Nr 235 des franz. Hohen Kommissars vom 18. September 1949 b) Gesetz Nr. 33 der AHK. vom 2. August 1950 betr. Devisenbewirtschaftung 9. Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen i.d.F. vom 22. Mai 1943 V. Arbeits- und Sozialrecht 1. Reichsversicherungsordnung i.d.F. vom 15. Dezember 1924, 9. Januar 1926, 17. Dezember 1934, 15. Juni 1942 (Auszug) . . 2. Reichsknappschaftsgesetz i.d.F. vom 1. Juli 1926 (Auszug) . . 3. Angestelltenversicherungsgesetz i. d. F. vom 28. Mai 1934, 21. Dezember 1937 (Auszug) 4. Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung i.d.F. vom 12. Oktober 1929 und vom 29. März 1951 (Auszug) . 5. Arbeitszeitordnung vom 30. April 1938 mit Ausführungsverordnung vom 12. Dezember 1938 Gesetz über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 29. Juni 1936 6. Jugendschutzgesetz, Gesetz über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit der Jugendlichen vom 30. April 1938 7. Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 (Auszug) VI. Steuerrecht Reichsabgabenordnung vom 13. Dezember 1919 i. d. F. der VO. vom 22. Mai 1931 Steueranpassungsgesetz vom 16. Oktober 1934 Gesetz über Aus- und Einfuhrverbote vom 25. März 1939 . . VO. über Durchfuhrverbote vom 14. Mai 1940 Gesetz des Wirtschaftsrats vom 20. April 1949 Tabaksteuergesetz vom 6. Mai 1953

IX

763 764 771 773 776 783 784

787 810

819 830 830

833 837 837 837 838 839 858 870

877 882 887 887 891 892

X

Inhaltsverzeichnis VII. Lebensmittelrecht 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) vom 5. Juli 1927 i.d.F. vom 17. Januar 1936 nebst Änderung vom 14. August 1943 . . . . 2. Weingesetz vom 25. Juli 1930 i.d.F. vom 15. Juli 1951 . . . . 3. Milchgesetz vom 31. Juli 1930 i.d.F. vom 2. und 23. März, 11. Mai und 20. Juli 1933 und vom 28. Februar 1951 . . . .

922 938 948

VIII. Verkehrsrecht 1. Straßenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1952 956 2. Straßenverkehrsordnung i.d.F. vom 24. August 1953 . . . . 967 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung i.d.F. vom 24. August 1953 1003 4. Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 i.d.F. vom 6. Dezember 1937 und 16. Januar 1952 1032 Straßenbahn-Bau- u. Betriebsordnung vom 13. November 1937 i.d.F. vom 14. August 1953 (§§ 41—43) 1036 5. Güterkraftverkehrsgesetz vom 17. Oktober 1952 1037 6. Gesetz über die Fernmeldeanlagen vom 3. Dezember 1927 i.d.F. vom 14. Januar 1928 . . . . . . . 1057 IX. J a g d - , Naturschutz- und Fischereirecht 1. Bundesjagdgesetz vom 29. November 1952 1064 Verordnung über Jagd- und Schonzeiten vom 20. März 1953 1080 2. Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Mai 1935 i.d.F. d. Ges. vom 29. September 1935, 1. Dezember 1936 und 20. Januar 1938 . 1090 3. Verordnung zum Schutze der wildwachsenden Pfanzen und der nichtj agdbaren wildlebendenTiere (NaturschutzVerordnung) vom 18. März 1936, mit Änderungen vom 21. Januar 1938 und vom 16. März 1940 . . 1097 4. Gesetz über Fischereischein vom 19. April 1939 . 1111

C. Strafverfahrensrecht I. Gerichtsverfassung 1. Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 17. Januar 1877 i.d.F. des Ges. vom 12. September 1950 . . . 2. Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 i.d.F.d. Ges. der Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12. September 1950 . . . . 3. Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20.März 1935 i. d. F. d. Ges. zurWiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 4. Gesetz, betr. die unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindenden Gerichtsverhandlungen vom 5. April 1888 i.d.F. der VO. vom 9. März 1932 5. Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 1953 mit Änderung durch § 28 des Ges. v. 17. 7. 1954

1113

1114 1165 1168 1169

Inhaltsverzeichnis 6. Verordnung zur D u r c h f ü h r u n g des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- u n d Amtshilfe in Strafsachen vom 23. Dezember 1953 . . .

XI

1178

II. Strafverfahrensordnung 1. Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung vom 1. F e b r u a r 1877 i . d . F . des Gesetzes vom 12. September 1950 2. S t r a f p r o z e ß o r d n u n g v o m 1. F e b r u a r 1877 i . d . F . des Gesetzes v o m 12. September 1950 Zuständigkeitsergänzungsgesetz vom 7. August 1952 (Auszug) 3. Jugendgerichtsgesetz vom 4. August 1953

1181 1182 1189 1434

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengesetze 1. Gesetz, betr. die E n t s c h ä d i g u n g der im W i e d e r a u f n a h m e v e r fahren freigesprochenen Personen v o m 20. Mai 1898 2. Gesetz betr. die E n t s c h ä d i g u n g f ü r unschuldig erlittene Unters u c h u n g s h a f t vom 14. Juli 1904 3. Strafvollstreckungsordnung. AV. vom 7. Dezember 1935 i . d . F . der AV. vom 21. J a n u a r 1942 4. Gnadenrecht a) Gnadenordnung. AV. v o m 6. F e b r u a r 1935 b) A n o r d n u n g des Bundespräsidenten über die A u s ü b u n g des Begnadigungsrechts des Bundes v o m 10. Dezember 1952 . . 5. Gesetz über beschränkte A u s k u n f t aus dem Strafregister und die Tilgung von S t r a f v e r m e r k e n v o m 9. April 1920 6. Strafregisterverordnung vom 8. März 1926 i.d. F. v o m 17. F e b r u a r 1934 7. E i n r i c h t u n g einer gerichtlichen Erziehungskartei. AV. vom 16. Dezember 1943 (Auszug) 8. Deutsches Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929 . . . . 9. Ausländerpolizeiverordnung vom 22. August 1938 (Auszug) .

1491 1494 1498 1526 1546 1548 1553 1564 1566 1583

E. Landesgesetze 1. Preuß. Gesetz betr. den Forstdiebstahl vom 15. April 1878 i . d . F . des Ges. v o m 14. Dezember 1920, 1. 7. 1923 u n d der VO. vom 12. März 1924 2. Preuß. Feld- u n d Forstpolizeigesetz v o m 1. April 1880 i . d . F . d. B e k a n n t m a c h u n g vom 21. J a n u a r 1926 u n d des Gesetzes vom 29. März 1933 3. Preußisches Fischereigesetz vom 11. Mai 1916 (Auszug) . . . . 4. Die Bestimmungen der P r e u ß . Schiedsmannsordnung über die Sühneverhandlung vom 29. März 1879 (Auszug) 5. Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz v o m 1. J u n i 1931 . . .

1589

1600 1623 1630 1635

F. Anhang Gesetz Nr. 13 der A H K . betr. Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten vom 25. N o v e m b e r 1949

Sachregister

1660

1665

Abkürzungsverzeichnis A. ABl. (oderAmtsbl) AG. AGG. AHK. AR. AZO. A.M. AO. AV. BAnz. BayObLG. BayObLGSt BBG. BFH. BGB. BGBl. B G H S t . oder E. BGHZ. BJG. BJM. BVerfG. BVerwG. DAG. Das R e c h t DAutoR. DJZ.

DJDR. DRpfleger DRM. DStR. DRdK. DRZ. DRiZ. DRZ. DStZ. DVB1. E. EB. EG. Erbs. Erl. EZ. FDG. FFPG. Frank

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Angeklagter. Amtsblatt. Ausführungsgesetz oder Amtsgericht. Arbeitsgerichtsgesetz v. 3. 9. 1953 Alliierte Hohe Kommission. Amtsrichter Arbeitszeitordnung v. 30. 4. 1938. Anderer Meinung. Anordnung. Allgemeine Verfügung. Bundesanzeiger. Bayerisches Oberstes Landesgericht. Entscheidungen des B a y O b L G . in Strafsachen. Bundesbeamtengesetz v. 14. 7. 1953. Bundesfinanzhof. Bürgerliches Gesetzbuch. Bundesgesetzblatt. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen. Bundesjagdgesetz v. 29. 11. 1952. Bundesjustizminister. Bundesverfassungsgericht. Bundesverwaltungsgericht. Deutsches Auslieferungsgesetz v. 23. 12. 1929. Monatsbeilage der Deutschen Justiz (1935—1945). Deutsches Autorecht. Deutsche Juristenzeitung (bis 1934). Deutsche Justiz, amtliches B l a t t der deutschen Rechtspflege (bis 1945). Deutsches R e c h t (s. u n t e r JW.). Der deutsche Rechtspfleger. Deutsches Recht, Monatsausgabe. Deutsches Strafrecht, E r g ä n z u n g s b l a t t der „ D e u t s c h e n J u s t i z " , F o r t s e t z u n g von GA (bis 1945). Das R e c h t des K r a f t f a h r e r s . Deutsche Richterzeitung (bis 1935). Deutsche Richterzeitung (seit 1951). Deutsche Rechtszeitschrift (1946 bis 1950). Deutsche Strafrechtszeitung. Deutsches Verwaltungsblatt. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. Eröffnungsbeschluß. Einführungsgesetz. Strafrechtl. Nebengesetze (Loseblattsamml.). 1953. Erlaß. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. Preuß. Forstdiebstahlsgesetz. P r e u ß . Feld- u n d Forstpolizeigesetz. Strafgesetzbuch von R. F r a n k . 18. Aufl., 1931.

Abkürzungsverzeichnis Frank Nachtrag GA. GBl. GerS. Gew.Arch. GewO. GG. GKG. GnO. GrSSt. GS. GStA. GVB1. GVG. HannRpfl. HansJVBl. H E St. HGB. h. M. HöchstRR. HRR. HV. i.d.F. JFGErg. JGG. JMB1. JMB1.NRW. JR. JW. JWG. JZKG. KGB1. K G J . o d . K G . Johow KMR. KO. Kohlrausch-Lange KontrRG.od.KRG. Krug-SchäferStolzenburg LK. Löwe (-Rosenberg)

Löwe N a c h t r a g

XIII

Die Strafgesetzgebung der J a h r e 1931—1935, b e a r b e i t e t v o n E. Schäfer u n d H. von Dohnanyi, 1936. Goltdammers Archiv f ü r Strafrecht. Gesetzblatt. Der Gerichtssaal. Gewerbearchiv. Gewerbeordnung Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Gerichtskostengesetz. Gnadenordnung. Großer Senat des B G H . f ü r Strafsachen. Preußische Gesetzsammlung. Generalstaatsanwalt. Gesetz- und Verordnungsblatt. Gerichtsverfassungsgesetz. Hannoversche Rechtspflege Hanseatisches Justizverwaltungsblatt. Höchstrichterliche Entscheidungen in Strafsachen (Samml. von Entscheidungen der Oberlandesgerichte). Handelsgesetzbuch, herrschende Meinung. Höchstrichterliche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Strafrechts (Beilage zu Bd. 46—48 der ZStW.). Höchstrichterliche Rechtsprechung (zunächst Beilage zur J R , später zur D J . ) . Hauptverhandlung. in der Fassung E r g ä n z u n g zu K G J . Jugendgerichtsgesetz v. 4. 8. 1953. Justizministerialblatt. Justizministerialblatt f ü r Nordrhein-Westfalen. Juristische R u n d s c h a u (von 1925—1934, d a n n wieder a b 1947). Juristische Wochenschrift (seit April 1939 DR.). Reichsjugendwohlfahrtsgesetz v. 9. 7. 1922. Juristenzeitung seit 1951. Kammergericht. Blätter f ü r Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts. J a h r b u c h f ü r Entscheidungen des Kammergerichts, herausgegeben von Johow und Ring. K o m m e n t a r zur S t P O von Kleinknecht, Müller, Reitberger 3. Auflage 1954. Konkursordnung. K o m m . z. S t G B . 39. u. 40. Aufl. 1950. Kontrollratsgesetz. Strafrechtliche Verwaltungsvorschriften des R J M . , 3. Aufl. 1942. Leipziger K o m m e n t a r z. StGB, von Ebermayer, Lobe, Rosenberg. 6. u. 7. Aufl. 1951—1954, herausgegeben von Nagler. K o m m e n t a r z. Strafprozeßordnung u. Gerichtsverfassungsgesetz. 19. Aufl., herausgegeben von Gündel, H ä r t u n g , Lingemann, N i e t h a m m e r ; 20. Aufl., herausgegeben von Niethammer, Geier, Jagusch, Kohlhaas, Sarstedt, K. Schäfer, Tillmann, seit 1953 in Lieferungen erscheinend. N a c h t r a g z. 19. Aufl. 1935.

XIV Löwe Erg. Erg. I I LVG.

Abkürzungsverzeichnis

= E r g ä n z u n g s b a n d 1936. E r g ä n z u n g s b a n d 1940. = Preuß. Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung (oder Landesverwaltungsgericht). LZ. = Leipziger Zeitschrift f ü r Deutsches Recht. MBliV. = (Preuß.) Ministerialblatt f ü r die innere Verwaltung. MDR. = Monatsschrift f ü r Deutsches R e c h t (seit 1947). MRG. = Militärregierungsgesetz. Mitteilungsverf. = Mitteilungen in Strafsachen. AV. des R J M . vom 21. M a i l 9 3 5 ( l i l a 18355/35). NdsRpfl. = Niedersächsische Rechtspflege. nF. = Neue Fassung. NJ. Neue Justiz (Zeitschr. der Sowjetzone). NJW. = Neue Juristische Wochenschrift (seit 1947). NRW. = Nordrhein-Westfalen. OGH.(od.OGH.BZ.) = Oberster Gerichtshof f ü r die britische Zone. OGHSt. = E n t s c h e i d u n g des O G H . B Z . in Strafsachen. OLG. = Oberlandesgericht. Olshausen = Strafgesetzbuch von Olshausen. 11. Aufl. 1927, 12. Aufl. (bis § 246) 1942 ff. OlshausenNachtrag = E r g ä n z u n g s b a n d zur 11. Aufl. des K o m m e n t a r s von Olshausen, bearbeitet von Freiersleben, Kirchner, Niethammer, 1936. OR. Oppenhoff, Rechtsprechung des preußischen Obertribunals. OStA. Oberstaatsanwalt. OVG. Oberverwaltungsgericht (ohne weiteren Zusatz = (ehem.) PreußOVG). OWiG. Ges. über Ordnungswidrigkeiten v. 25. 3. 1952. Pr. Justiz Preußische Justiz Nr. 40 bis 46 des J a h r g a n g s 95 des P r . Justizministerialblatts, von Nr. 47 ab „ D e u t s c h e J u s t i z " (siehe darunter). PV.G. Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz v. 1. 6. 1931. PVO. oder PolVO. Polizeiverordnung. R. Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen, herausgegeben von den Mitgliedern der Reichsanwaltschaft. RA. Rechtsanwalt. RAbgO. Reichsabgabenordnung. RdErl. Runderlaß. RdK. R e c h t des K r a f t f a h r e r s (Zeitschrift). R e c h t oder Das R e c h t „ D a s R e c h t " (Zeitschrift), seit 1935 Monatsbeilage der „Deutschen Justiz". RegBl. Regierungsblatt. Reger, Entsch. Entscheidungen der Gerichte u n d Verwaltungsbehörden aus dem Gebiete der inneren Verwaltung. Begründet von Reger, herausgegeben von R. Oeschey. RFB1. A m t s b l a t t der Reichsfinanzverwaltung. RFH. Reichsfinanzhof. RG. Reichsgericht. RGBl. Reichsgesetzblatt. Richtlinien Richtlinien f ü r das Strafverfahren. Amtliche Sonderveröffentlichungen der Deutschen Justiz N r 7, 1935. R i S t V . oder Richtlinien 1953 von den Landesjustiz Verwaltungen vereinbarte Richtlinien f ü r das Strafverfahren, in K r a f t seit 1. 10. 1953. RJGG. Reichsj ugendgerichtsgesetz. Reichsjustizminister. RJM.

Abkürzungsverzeichnis RMB1. RMBliV.

XV

= Reichsministerialblatt. = Ministerialblatt des Reichs- u n d Preuß. Ministeriums des Innern. RMdl. = Reichsminister des Innern. RV. = Rundverfügung. RVB1. = Reichsverwaltungsblatt. RVerwG. = Reichsverwaltungsgericht. RVG. = Rechtsvereinheitlichungsgesetz v. 12. 9. 1950. RVKB1. = Reichsverkehrsblatt. RVM. = Reichsverkehrsminister. RVO. = Reichsversicherungsordnung. RZB1. = Reichszollblatt. SchlHA. = Schleswig-Holsteinsche Anzeigen. Schönke = Schönke, K o m m e n t a r zum Strafgesetzbuch, 6. Aufl 1952. Schwarz = K o m m . z. S t G B . 17. Aufl. 1954, zur StPO. 17. Aufl. 1954. SchwG. = Schwurgericht. SJZ. = Süddeutsche Juristenzeitung (1946—1951). StA. = S t a a t s a n w a l t bzw. S t a a t s a n w a l t s c h a f t . Stenglein = Stenglein, K o m m e n t a r zu den strafrechtlichen Neben= gesetzen. 5. Aufl. m i t E r g ä n z u n g s b a n d . StGB. = Strafgesetzbuch f ü r das Deutsche Reich i.d.F. v. 25. 8. 1953. StPO. = Strafprozeßordnung, str. = streitig. StrafrVerwVorschr. = Strafrechtliche Verwaltungsvorschriften, herausgegeben von Krug, Schäfer, Stolzenburg, 3. Aufl. 1942. StrK. = Strafkammer. StrVO. = Strafvollstreckungsordnung. StVG. = Straßenverkehrsgesetz. StVO. = Straßenverkehrsordnung. StVZO. = Straßenverkehrszulassungsordnung. UH. = Untersuchungshaft. UR. = Untersuchungsrichter. UVollzO. = Untersuchungshaftvollzugsordnung. UWG. = Gesetz gegen den unlauteren W e t t b e w e r b . VerkBl. (od.VKBl.) = Verkehrsblatt, Veröffentlichungsorgan der Verwaltung f ü r Verkehr des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, a b 1949 des Bundesverkehrsministers. Verkr. Abh. = Verkehrsrechtliche Abhandlungen u n d Entscheidungen. VGG. = Verwaltungsgerichtsgesetz. VGH. = Verwaltungsgerichtshof. VO. = Verordnung. VRS. = Verkehrsrechtssammlung. VU. = Voruntersuchung. WiGBl. = Gesetzblatt des W i r t s c h a f t s r a t s f ü r das Vereinigte Wirtschaftsgebiet (1947—1949). WiStG. = Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG 49/52 = v. 26. 7. 1949 i. d. F . v. 25. 3. 1952; W i S t G 54 = v. 9. 7. 1954). ZAkadDR. = Zeitschrift der Akademie f ü r Deutsches Recht. Zentralbl. = Z e n t r a l b l a t t f ü r das Deutsche Reich. ZfZR. = Zeitschrift f ü r Zollwesen u n d Reichssteuern. ZJA. = Zentral]ustizamt f ü r die britische Zone. ZJB1. = Zentraljustizblatt, Veröffentlichungsorgan des Z J A . ZPO. = Zivilprozeßordnung. ZVOB1. = Zentralverordnungsblatt (für die sowj. Besatzungszone). ZStW. = Zeitschrift f ü r die gesamte Strafrechtswissenschaft.

A. Allgemeines Strafrecht und Recht der Ordnungswidrigkeiten A 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Vom 31. Mai 1870 (BGBl. 1870 S. 195.)

§ 1. Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) tritt im ganzen Umfange des Bundesgebietes mit dem 1. Januar 1872 (1871) in Kraft 1 ). § 2 . (1) Mit diesem Tage tritt das Reichs- (Bundes-) und Landesstrafrecht, insoweit dasselbe Materien1) betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) sind, außer Kraft 2 ). (2) In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Reichs- (Bundes-) und Landesstrafrechts, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-3), Forst- und Feldpolizei-Gesetze4), und über den Holz- (Forst-) Diebstahl4). (3) 4 ) § 3. Wenn in Landesgesetzen auf strafrechtliche Vorschriften, welche durch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, so treten die entsprechenden Vorschriften des letzteren an die Stelle der ersteren. Zu § 1: 1) Nach Art. 74 Nr. 1, 125 GG. i s t das E S t G B . und das S t G B , allgemeines Bundesrecht. Nach Art. 74 Nr. 1 GG. steht dem Bund auf dem Gebiet des „Strafrechts" die konkurrierende Gesetzgebung zu. Der Begriff des Strafrechts i. S. dieser Bestimmung ist streitig. Mit Dreher N J W . 52, 1282 ist davon auszugehen, daß 2 Fälle zu unterscheiden sind: a) Die Strafnorm enthält in sich eine abschließende Regelung des Rechtsgebiets, wie etwa die Strafdrohungen gegen Diebstahl, Raub usw. (selbständige Strafrechtsnormen); sie fällt dann unter Art. 74 Nr. 1 GG.; b) Die Strafnorm bildet lediglich einen Bestandteil einer umfassenden Regelung eines im übrigen außerstrafrechtlichen Rechtsgebiets, das in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fällt (unselbständige Strafrechtsnorm); sie fällt dann nicht unter Art. 74 Ziff. 1 GG., sondern ihre Aufstellung im Rahmen der Gesamtregelung ist Sache des Landesgesetzgebers. Zum Strafrecht gehört auch das Recht, Ordnungswidrigkeiten mit nichtkrimineller Geldbuße zu bedrohen, das sich historisch aus dem Strafrecht entwickelt hat (vgl. Ges. über Ordnungswidrigkeiten v. 25. 3 . 1 9 5 2 — A 4 —). Im übrigen umfaßt das Strafrecht i. S. des Art. 74 Ziff. 1 GG. nicht nur das Recht zur Androhung von Haupt- und Nebenstrafen j sondern auch zur Normierung von Sicherungs- und Besserungsmaßnahmen und Nebenfolgen. Dreher aaO. Zu § 2 . 1) Eine Materie ist Gegenstand des S t G B . , wenn das fragliche Rechtsgebiet in ihm nach dem Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt ist. Die a l l g e m e i n e n Bestimmungen des S t G B , sind nicht Materie. E . 45, 53. § 2 verbietet auch den Erlaß entsprechenden neuen Landesstrafrechts. E . 10, 223 2) § 270 des früheren preuß. StGB. betr. Abhalten von Bietern bei öffentlichen Versteigerungen gilt noch. E. 37, 139. 3) § 2 Abs. 2 ist, soweit er die Jagd betrifft, am 1. 4 . 1935 außer Kraft getreten (§ 71 Reichsjagdges.), in der US-Zone durch die Aufhebung des R J G . (MilRegGes. Nr. 13) wiederhergestellt und durch § 4 6 B J G . — B I X 1 — erneut außer Kraft gesetzt. 4) Abs. 3 — betr. Konkursstrafrecht — ist gegenstandslos. 1

Dalcke, S t r a f r e c h t .

36. Aufl.

2

A 2.

Strafgesetzbuch. § 1

§ 4 . Bis zum Erlasse der in den Artikeln 61 und 68 der Verfassung des Deutschen Reichs (Norddeutschen Bundes) vorbehaltenen Reichs- (Bundes-) gesetze sind die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323 und 324 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Verbrechen mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Teile des Bundesgebietes, welchen der Kaiser (Bundesfeldherr) in Kriegszustand (Art. 68 der Verfassung) erklärt hat, oder während eines gegen das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplatz begangen werden 1 ).

§ 5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) sind, darf nur Gefängnis bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Ämter angedroht werden1). § 6. (1) Vom 1. Januar 1872 (1871) ab darf nur auf die im Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) enthaltenen Strafarten erkannt werden1). (2) Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängnis- oder Geldstrafe Forstoder Gemeindearbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden. § 7. Vom 1. Januar 1872 (1871) ab verjähren Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren 1 ). § 8. Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Übergangsbestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Landesstrafgesetze mit den Vorschriften des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) in Übereinstimmung zu bringen.

A 2. Strafgesetzbuch Vom 15. Mai 1871 i. d.Fa s.d.Bek. v. 25. 8.1953 (BGBl. I S.1083)*) Einleitende Bestimmungen * § 1. [Dreiteilung der Straftaten] (1) Eine mit Zuchthaus1) oder mit Einschließung von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung2) ist ein Verbrechen3). Zu § 4 :

1) gegenstandslos.

Z u § 5 : 1) § 5 gilt nicht, wenn ein späteres Reichs(Bundes)gesetz den Landesgesetzgeber zu Abweichungen ermächtigt. Vgl. z. B . für Geldstrafen Art. V I I I der VO. v. 6. 2. 1924, für das Landessteuerrecht § 19 Abs. 2 des Finanzausgleichges. v. 27. 4. 1926 ( R G B l . I S. 203 und § 25 EinfG. RealStG. v. 1. 12. 1936 ( R G B l . I S. 961), wonach die strafrechtlichen Vorschriften der RAbgO. (auch soweit sie über den Rahmen des § 5 E G S t G B . hinausgehen) für anwendbar erklärt werden können. § 5 bezieht sich nur auf das S t r a f e n s y s t e m des Landesrechts. Andere Maßnahmen, z. B . polizeilicher Art, Haftbarerklärung Dritter sind dem Landesstrafrecht nicht verwehrt. Z u § 6 : 1) Wo also z. B. ein preuß. Ges. eine „polizeiliche Gefängnisstrafe bis zu 6 Wochen" androht, ist jetzt auf Haft zu erkennen. E . 13, 93; 59, 160. Zu § 7 : 1) Auch bei Übertretungen, z. B . Portohinterziehung (§ 27 PostGes.) R G . D R . 41, 2292. Zu A 2 : *) Die neue Fassung gilt auch in Berlin (vgl. Ges. v. 10. 8. 1953, GVB1. S. 758). Vorschriften des StGB., die durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S.735) eingefügt oder geändert worden sind, sind durch * vor der Paragraphenziffer gekennzeichnet. Zu § 1: 1) In zahlreichen Vorschriften verwenden S t G B . (vgl. §§ 2 0 a Abs. 1, 43, 4 9 , 49a, 67, 74, 257) und StPO. (z. B . §§ 112, 153) sowie andere Gesetze die Begriffe Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Was darunter zu verstehen ist, besagt § 1. Die Aus-

Einleitende Bestimmungen. § 1

3

(2) Eine mit Einschließung bis zu fünf Jahren, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Geldstrafe schlechthin bedrohte Handlung ist ein Vergehen. (3) Eine mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark bedrohte Handlung ist eine Übertretung. legung der Vorschrift ist streitig. Nach der herrschenden Auffassung richtet sich, ob eine Tat Verbrechen, Vergehen oder Übertretung ist, stets nach der in dem o r d e n t l i c h e n Strafrahmen a n g e d r o h t e n Höchststrafe (nicht nach der im Einzelfall verwirkten Strafe), ohne Rücksicht darauf, ob bei mildernden Umständen ein milderer, bei besonders schweren Fällen ein schwererer Strafrahmen vorgesehen ist. Vergehen wie Betrug und Untreue bleiben danach auch dann Vergehen, wenn ein besonders schwerer, mit Zuchthaus bedrohter Fall angenommen wird. E. 69, 49, oder wenn die Tat, weil der Täter gefährlicher Gewohnheitsverbrecher ist, nach § 20a mit Zuchthaus zu ahnden ist. E. 74, 65 ( a b s t r a k t e Betrachtungsweise). Bei wahlweiser Androhung mehrerer Strafarten („Zuchthaus oder Gefängnis") entscheidet die schwerste angedrohte Strafe. Nur beim Vorliegen „benannter", d. h. genauer bestimmter, zu Tatbestandsmerkmalen gestalteter (und deshalb tatbestandsändernder) und nicht — wie etwa im Fall des § 51 Abs. 2 — aus der Person des Täters entnommener Strafschärfungs- oder -milderungsgründe (z. B. der erschwerenden Umstände der §§ 243, 244 oder der Privilegierungsmerkmale des § 370 Ziff. 5) folgt der Deliktscharakter dem besonderen Strafrahmen. Die in der neueren und neuesten Gesetzgebung (vgl. insbes. die auf dem 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 beruhenden §§ 90 Abs. 3, 90a Abs. 2, 91 Abs. 3, 92 Abs. 3, 100 d Abs. 4, 129 Abs. 2, 316 b Abs. 3, 317 Abs. 3) in zunehmendem Maße erfolgte Einführung u n b e n a n n t e r Strafschärfungs- („in schweren Fällen", „in besonders schweren Fällen") und Strafmilderungsgründe („in minderschweren Fällen", „in leichten Fällen", „in Fällen von geringerer Bedeutung"), von wahlweiser Androhung verschiedener Strafarten („mit Zuchthaus oder Gefängnis nicht unter sechs Monaten") und von Verbindungen benannter und unbenannter Schärfungsgründe in einer Vorschrift (vgl. z. B. § 241a Abs. 4 : „Wird in der Anzeige . . . . eine unwahre Behauptung aufgestellt oder ist die T a t in der Absicht begangen . . . . oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall v o r " oder § 30 Abs. 2 NaturschutzVO. v. 18. 3. 1936: „Wird die T a t gewohnheitsmäßig oder gewerbsmäßig begangen oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall vor") h a t Gegnerschaft gegen die „abstrakte Betrachtungsweise" hervorgerufen. Nach der „ k o n k r e t e n Betrachtungsweise" (OLG. F r a n k f u r t SJZ. 46, 231 — anders jedoch SJZ. 48, 683 — ; KG. DRZ. 47, 99 und 162 und J R . 47, 124 — aber nur für die Fälle wahlweiser Androhung verschiedner Strafarten — ; OLG. Halle J R . 47, 120; AG. Pfullendorf N J W . 48, 393) ist die konkrete T a t (nach Maßgabe der zu erwartenden Strafe) die Handlung im Sinne des § 1; danach ist z. B. der Betrug ein Vergehen, ein besonders schwerer Fall eines Betruges (§ 263 Abs. 4) dagegen ein Verbrechen und bei wahlweiser Androhung verschiedener Strafarten entscheidet die für die vorliegende Tat zu erwartende bzw. die endgültig erkannte Strafe darüber, welche Deliktsart vorliegt. Eine gesetzliche Anerkennung der konkreten Betrachtungsweise sah man — so Rietzsch DR. 42, 98 — in § 21 der — inzwischen aufgehobenen — VerbrauchsregelungsstrafVO. i. d. F. v. 26. 11. 1941 (RGBl. I S. 734), die gewisse mit Übertretungsstrafe bedrohte „leichte Fälle" von Vergehen ausdrücklich als Übertretungen bezeichnete und umgekehrt bestimmte, daß mit Vergehensstrafe bedrohte „schwere Fälle" von Übertretungen wie Vergehen verjähren. In E. 77, 188 äußerte auch das RG. Bedenken gegen die abstrakte Betrachtungsweise, ließ die Frage aber unentschieden und leitete aus § 21 VerbrRStVO. nur die Folgerung ab, daß jedenfalls bei Kriegsgesetzen die Verjährungsdauer sich nach der für die besonders schweren Fälle angedrohten Strafe richte. Folgerichtig durchgeführt müßte die konkrete Betrachtungsweise dazu führen, daß auch die Annahme mildernder Umstände den Deliktscharakter ändert, ein Totschlag unter den Voraussetzungen des § 213 also ein Vergehen und der Totschlagsversuch dann, weil nicht ausdrücklich mit Strafe bedroht, straflos wäre; diese Folgerung wird kaum je gezogen (vgl. z. B. Schönke zu § 213; s. aber Nüse J R . 49, 7). V e r m i t t e l n d e Auffassungen zwischen extrem abstrakter und extrem konkreter Betrachtungsweise stellen die „konkretere" Betrachtung (Rietzsch D J . 43, 312; Kohlrausch [38 I I ] zu § 1 — anders Kohlrausch-Lange [39/40] V —) und die „spezialisierende Methode" (Engisch SJZ. 46, 232; 48, 660; zustimmend Schönke II 3) dar. Nach ersterer ändern Strafschärfungen und -milderungen aus der P e r s o n des Täters (z. B. Gefährlichkeit nach § 20a) sowie mildernde Umstände nichts an der Einstufung; bedeutsam sind nur solche Änderungen der Strafdrohung, die, wie bei den besonders schweren und besonders leichten Fällen, einer Änderung des T a t bestandes durch Schaffung „abgestufter Wertgruppen" entsprechen. Die „spezialisierende Methode" läßt j e d e n mit einer besonderen Strafandrohung versehenen Strafänderungsgrund für die Einreihung entscheidend sein, ohne Unterschied zwischen benannten und unbenannten, l»

4

A 2. Strafgesetzbuch. § 1

persönlichen und objektiven Strafänderungsgründen, während sie bei lediglich wahlweiser Androhung verschiedener Strafarten, wie die abstrakte Betrachtungsweise, die höchste angedrohte Strafe für maßgebend erklärt (einschränkend jedoch Engisch SJZ. 48, 663). Umgekehrt bewirken nach Lange MDR. 48, 310 Strafschärfungen für „besonders schwere Fälle" und ähnliche Gruppen keine Änderung der aus der Normalstrafe für den Grundtatbestand sich ergebenden Deliktsqualität; dagegen bestehen nach Lange bei wahlweiser Androhung verschiedener Strafarten mehrere ordentliche Strafrahmen, von denen jeder für die von ihm erfaßten Fälle den Deliktscharakter bestimmt. Aber Lange muß zugeben, daß eine mit H a f t (also Übertretungs-)strafe geahndete Beleidigung oder üble Nachrede (§§ 185, 186) ein Vergehen ist. Mit Recht hält daher der BGH. JZ. 51, 754 mit zust. Anm. von Welzel; St. 2, 393 an der Auffassung fest, daß bei wahlweiser Androhung verschiedener Strafarten die schwerste Strafart die Deliktsnatur aller unter die Strafdrohung fallenden Fälle bestimmt. Auch bei den „besonders schweren Fällen" haben die unverkennbaren praktischen Schwierigkeiten der konkreten Betrachtungsweise, die — z. B. bei der Frage, ob Verjährung eingetreten, ob der Versuch strafbar ist oder ob § 49 a Anwendung findet — die Entscheidung von der zu erwartenden Strafe abhängig macht, obwohl diese ohne richterliche Entscheidung nach völliger Sachaufklärung nicht abschließend bestimmt werden kann, die Praxis veranlaßt, an der abstrakten Betrachtungsweise festzuhalten (BGHSt. 2, 181 — betr. besonders schwere Fälle von Vergehen —, BGHSt. 3, 47; BayObLG. N J W . 52, 988 — betr. besonders schwere Fälle von Übertretungen —, ferner OLGe Braunschweig N J W . 48, 192; Celle NdsRpfl. 47, 129; Oldenburg NdsRpfl. 48, 134; Düsseldorf H E S t . 1, 232; Gera zit. nach N J W . 48, 311; OLGe Hessen (Kassel) N J W . 49, 159, und Frankfurt SJZ. 48, 683); auch im Schrifttum (vgl. Niethammer DRZ. 47, 100; Welzel JZ. 51, 754; Schwarz N J W . 53, 1617) wird weitgehend diese Auffassung gebilligt. BGHSt. 2, 181 ist dabei der Auffassung, daß die gesetzliche Bestimmtheit der Strafbarkeit (Art. 103 Abs. 2 GG.), z. B. für Versuch und Beihilfe nur gesichert sei, wenn b e n a n n t e Schärfungs- oder Milderungsgründe die Deliktszuteilung bestimmten. Inzwischen hat sich aber der Gesetzgeber bezüglich der Abgrenzung der Straftaten von den Ordnungswidrigkeiten bei den sog. Mischtatbeständen für die konkrete Betrachtungsweise entschieden, indem § 1 Abs. 3 OWiG. — A 4 — auf die Umstände des Einzelfalles abstellt (vgl. Anm. 5 zu § 1 OWiG.). Erwägt man, daß z. B. die Abgrenzungsmerkmale des § 6 WiStG. — B IV 7 —, nicht anders als bei den „besonders schweren Fällen", auf eine richterliche Wertung abstellen, deren Ergebnis nicht von vornherein übersehbar ist, so nötigt dies zu einer erneuten Überprüfung, ob wirklich dem von der Rechtspr. betonten Gesichtspunkt der Bestimmtheit ex ante entscheidende Bedeutung zukommt. Zu erwägen ist auch: wo, wie in § 129 Abs. 2 oder § 241a Abs. 4, zunächst benannte Strafschärfungsgründe angeführt werden und ihnen dann jeder bes. schw. Fall gleichgestellt wird („oder liegt sonst ein bes. schw. Fall vor"), so muß die abstrakte Betrachtungsweise folgerichtig bei Vorliegen der benannten Schärfungsgründe eine Änderung der Deliktsnatur annehmen, die sie dem vom Gesetzgeber gleichgewerteten bes. schw. Fall versagt (so ausdrückl. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 54, 18). Bedroht umgekehrt ein Ges. den bes. schw. Fall mit erhöhter Strafe und hebt er dabei beispielshalber, a b e r z w i n g e n d , bestimmte benannte Merkmale hervor („In bes. schw. Fällen, insbesondere, wenn . . . ."), so bleibt die Tat auch beim Vorliegen der benannten Merkmale innerhalb des bes. schw. Falles Vergehen. Ein innerer Grund für eine solch unterschiedliche Behandlung ist aber kaum erkennbar, da es oft mehr oder weniger vom Zufall abhängt, ob die eine oder die andere Fassung gewählt wird. Vor allem aber bleibt die gesetzgeberische Absicht, dem benannten Schärfungsgrund jeden anderen bes. schw. Fall gleichzuwerten, unberücksichtigt, wenn der bes. schw. Fall nur als Strafzumessungsgrund behandelt wird. Besteht die angedrohte Strafe in dem Einfachen oder Mehrfachen eines bestimmten Geldbetrages, so entscheidet die im Einzelfall zulässige höchste Geldstrafe. 2) Handlung = körperliches, vom Willen beherrschtes Verhalten (Tun oder Unterlassung). Die allgemeinen Merkmale, die jede Handlung aufweisen muß, um als Verbrechen, Vergehen oder Übertretung bestraft werden zu können, sind Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld. T a t b e s t a n d s m ä ß i g k e i t bedeutet, daß sämtliche in einer Strafvorschrift als Voraussetzung der Strafbarkeit geforderten Umstände vorliegen. Diese Voraussetzungen zerfallen in die Tatbestandsmerkmale, die schuldhaft verwirklicht sein müssen, und in die sog. objektiven Bedingungen der Strafbarkeit (z. B. die Begehung einer Straftat in §§ 143, 330 a), auf die sich die Schuld nicht zu erstrecken braucht; mitunter ist zweifelhaft (so z. B. bei der Scheidung der Ehe in § 172), ob ein gesetzliches Erfordernis Bedingung der Strafbarkeit oder lediglich Prozeßvoraussetzung ist, deren Vorliegen (wie beim Strafantrag, § 61, oder der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts in § 90a Abs. 3) die Verfolgung der bereits tatbestandsmäßigen Tat erst ermöglicht. Verwirklicht sind die Tatbestandsmerkmale durch die Handlung, wenn Kausalzusammenhang besteht (darüber näheres in Anm.4 zu § 222); bei den unechten Unterlassungsdelikten wird der Tatbestand verwirklicht, wenn eine Pflicht zum Handeln unerfüllt bleibt (vgl. Anm. l a zu § 47). R e c h t s w i d r i g ist die Tatbestandsverwirk-

Einleitende Bestimmungen. § 2

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* § 2. [Nulla poena sine lege. Zeitliche Geltung] (1) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde 1 ). (2) Die Strafe bestimmt sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat 2 ) gilt. lichung, wenn dem Täter ein Recht, so zu handeln nicht zur Seite steht. Die Verwirklichung des Tatbestandes begründet die Vermutung der Rechtswidrigkeit; sie entfällt in der Regel nur dann, wenn eine Gegennorm (ein Rechtfertigungsgrund), wie z. B. Notwehr, Amtspflicht, beachtliche Einwililigung des Verletzten — § 226 a —, übergesetzlicher Notstand die T a t erlaubt. Von den Rechtfertigungsgründen zu unterscheiden sind die Entschuldigungsgründe, die die Rechtswidrigkeit unberührt lassen (z. B. Notstand, § 54). Die Rechtswidrigkeit beurteilt sich nach der objektiven Rechtslage, so daß auch der Schuldunfähige rechtswidrig handeln kann, doch ist mitunter die Rechtswidrigkeit von subjektiven Elementen abhängig (z. B. Notwehr erfordert nicht nur eine Notwehrlage, sondern auch einen Verteidigungswillen oder es kann eine im Rahmen eines dem Täter zustehenden Züchtigungsrechts ausgeübte Züchtigung deshalb rechtswidrig sein, weil der Täter nicht in erzieherischer Absicht, sondern aus anderen Gründen handelt). Wo die Rechtswidrigkeit im gesetzlichen Tatbestand erwähnt wird, bedarf es der Prüfung, ob sie — wie etwa der Ausdruck „unbefugt" — Tatbestandsmerkmal ist (so in § 123) oder lediglich ein Hinweis des Gesetzgebers auf das allgemeine Verbrechensmerkmal der Rechtswidrigkeit (wie in § 240). Über S c h u l d vgl. die Anm. zu § 59. Wo das Gesetz Rechtsfolgen an die rechtswidrige Tatbestandsverwirklichung ohne Schuld (die Verwirklichung des sog. äußeren Tatbestandes) knüpft, spricht es von einer „mit Strafe bedrohten Handlung" (vgl. z. B. §§ 42b, 48, 49, 49a, 143); wenn es auch in diesen Fällen keiner Schuld im technischen Sinn bedarf, ist doch die „natürliche" Willensrichtung des Handelnden von Bedeutung (näheres Anm. 1 zu § 42 b, Anm. 5 zu § 330 a). 3) Im nichttechnischen Sinn wird der Ausdruck „Verbrechen" als Sammelbegriff zur Abgrenzung der Straftaten (Verbrechen, Vergehen und Übertretungen i. S. des § 1) gegenüber sonstigem normwidrigen Verhalten, das anders als mit Kriminalstrafe geahndet wird, verwendet. Ein materielles Unterscheidungsmerkmal ist insoweit nur der Idee nach gegeben; das geltende Recht führt die Abgrenzung nach formalen Merkmalen (nämlich nach der Art der angedrohten Ahndung) durch (näheres Vorbem. vor § 1 OWiG. — A 4 —). Zu § 2: 1) a) § 2 Abs. 1 wiederholt den Art. 103 Abs. 2 GG., der seinerseits auf Art. 116 Weim. Verf. zurückgreift. Dabei bedeutet „Strafbarkeit" — entgegen der Auslegung des Art. 116 Weim. Verf. in E. 56, 318 — nicht nur die Möglichkeit einer Bestrafung überhaupt, sondern bezieht sich auch auf Art und Maß der Strafe. BayObLG. N J W . 52, 274; BGH. N J W . 53, 72. b) Verboten ist danach die s t r a f b e g r ü n d e n d e Analogie in dem Sinne, daß eine Tat, die von dem Wortlaut eines Strafgesetzes, dessen Sinn gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist, nicht u n m i t t e l b a r erfaßt wird, doch mit der Begründung für strafbar erklärt wird, der Grundgedanke der Vorschrift fordere ihre Bestrafung. Wie die strafbegründende Analogie, so ist auch die Bildung strafbegründenden G e w o h n h e i t s r e c h t s ausgeschlossen (Schönke MDR. 47, 86; a. M. Mayer SJZ. 47, 12, 19). c) Zulässig ist dagegen «) die den Täter b e g ü n s t i g e n d e Analogie (zweifelnd E. 74, 45; dagegen mit Recht Mezger ZAkadDR. 40, 133); so entnahm z. B. die Rechtspr. (E. 70, 208; BGH. N J W . 53, 74) aus §§ 247, 263 Abs. 5 StGB., daß nach dem Willen des Gesetzes auch Untreue (§ 266) von Angehörigen nur auf Antrag verfolgt werden dürfe (vgl. jetzt § 266 Abs. 3). Ebenso ist zulässig s t r a f b e s e i t i g e n d e s Gewohnheitsrecht. ß) die von jeher auch auf dem Gebiet des Strafrechts als zulässig anerkannte a u s d e h n e n d e A u s l e g u n g von Gesetzen. Beispiele: Tateinheit liegt nach dem Wortlaut des § 73 vor, wenn dieselbe Handlung m e h r e r e Strafgesetze verletzt (ungleichartige Idealkonk.); sie muß aber auch angenommen werden bei mehrfacher Verletzung des g l e i c h e n Strafgesetzes durch dieselbe Handlung (der Täter verletzt durch denselben Schlag mehrere Personen, gleichartige Idealkonk.). Oder: „Briefe" i. S. des § 354 sind auch Postkarten, Postpaketadressen usw. (s. Anm. 2 zu § 354); „vergiftete Sachen" (§ 324) sind auch Stoffe, die im wesentlichen aus Gift bestehen. E. 67, 360. Bei Auslegungszweifeln gilt der Grundsatz: in dubio pro reo nicht; dieser beschränkt sich auf die Beweiswürdigung. E. 62, 372. 2) Zeit der Tat ist nur die Zeit, zu der der Täter gehandelt h a t oder (bei Unterlassungen) hätte handeln sollen; auf den Zeitpunkt des Erfolgseintritts, wenn Tätigkeit und Erfolg zeitlich auseinanderfallen, kommt es hier nicht an. E. 57, 195. Begangen ist die Tat mit dem Abschluß der Tätigkeit. Dies gilt auch bei der fortgesetzten Handlung. RG. JW. 37, 133028

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A 2. Strafgesetzbuch.

§2b

Bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der begangenen Handlung bis zu deren Aburteilung3) ist das mildeste Gesetz anzuwenden4). (8) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit5) erlassen ist, ist auf die während seiner Geltung begangenen Straftaten auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. (4) Über Maßregeln der Sicherung und Besserung ist nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt6). § 2 W) Verschärft das neue Gesetz die auch schon bisher für die T a t allgemein angedrohte Strafe für einen bestimmten besonders erschwerten Fall, so kann es nur dann auf die fortgesetzte Handlung bezogen werden, wenn nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes wenigstens eine Einzelhandlung unter den Erschwerungsvoraussetzungen begangen ist. R G . D J . 37, 246. 3) Auch das Revisionsgericht ist gemäß § 354 a StPO. zur Anwendung des nach der letzten Tatsacheninstanz in Kraft getretenen mildesten Gesetzes verpflichtet. B G H . N J W . 53, 1800; 54, 4 0 ; a. M. B G H . N J W . 54, 39, das aus dem vom 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 nicht geänderten Wortlaut des § 3 5 4 a entnimmt, daß das Rev.Gericht nach freiem Ermessen zur Anwendung des mildesten Gesetzes berechtigt, aber nicht verpflichtet sei. — Auch Gesetzesänderungen, die nur in der Zeit nach Tatbegehung und vor Aburteilung galten (sog. Zwischengesetze), sind zu berücksichtigen. 4) Geldstrafe ist gegenüber einer Freiheitsstrafe stets das geringere Übel. E . 57, 193. Zu prüfen ist durch Vergleichung nicht allein der gesetzlichen Strafdrohung, sondern des gesamten Rechtszustandes zur Tatzeit und zur Zeit der Aburteilung, welches Gesetz für den vorliegenden Fall die mildeste Beurteilung, z. B . bei Berücksichtigung von mildernde Umstände zulassenden oder ausschließenden Tatsachen oder weil die Verjährung früher eintritt usw., zuläßt. E . 77, 221. Ergibt sich danach kein Unterschied zwischen altem und neuem Recht, so ist das zur Tatzeit geltende Gesetz anzuwenden. B G H . J R . 53, 109. Fordert das neue Gesetz im Gegensatz zum bisherigen einen S t r a f a n t r a g , so ist eine weitere Verfolgung nur zulässig, wenn dieser gestellt wird. Dies ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 2, sondern daraus, daß der Strafantrag eine Verfahrensvoraussetzung darstellt, deren Fehlen in jedem Stadium des Verfahrens von Amtswegen zu berücksichtigen ist. R G . D R . 40, 1671; 43, 1178. Umgekehrt ist, wenn das neue Recht im Gegensatz zum bisherigen keinen Antrag mehr fordert, die Verfolgung der vorher begangenen T a t nach dem Wegfall des Antragserfordernisses ohne Antrag zulässig. E . 77, 106. Unzulässig ist es, teils das alte, teils das neue Gesetz auf dieselbe T a t gleichzeitig anzuwenden. E . 77, 221. Ist die Tat zur Zeit der Entscheidung nicht mehr mit Strafe bedroht, so ist eine Bestrafung ausgeschlossen und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Aufhebung des Gesetzes auf geläuterter Rechtsüberzeugung beruhte oder das Gesetz wegen besonderer tatsächlicher Verhältnisse erlassen worden war und wegen Wegfalls dieser Verhältnisse außer Kraft getreten ist. Die früher anzutreffende, aber auch jetzt noch gelegentlich (vgl. z. B. OLG. Oldenburg N J W . 53, 1642) vertretene gegenteilige Auffassung verkennt die Bedeutung des Abs. 3, der die einzige Ausnahme von dem Grundsatz des Abs. 2 enthält. Erforderlich ist aber nach der Rechtsprechung des R G . (E. 51, 153; R G . D J . 43, 223), daß der Strafsatz als solcher aufgehoben wird; es genügt danach nicht, daß nur die tatsächlichen oder sonstigen außerstrafrechtlichen Verhältnisse, auf denen seine Anwendbarkeit beruht, sich ändern (Beispiel: keine Anwendung des Abs. 2, wenn lediglich die Zollpflicht für bestimmte Waren aufgehoben wird, die Strafvorschrift gegen Zollzuwiderhandlungen aber unberührt geblieben ist). Gegen diese mit Wortlaut und Sinn des Abs. 2 unverträgliche Einschränkung mit Recht OLGe Hessen (Kassel) S J Z . 49, 647; Frankfurt N J W . 49, 911; K G . J R . 50, 404; Kiel H E S t . 2, 182. Wegen des Falles, daß ein Straftatbestand nach Tatbegehung zur Ordnungswidrigkeit umgestaltet wird, vgl. Anm. l a zu § 9 OWiG. — A 4 — . Die mit dem Inkrafttreten des Besatzungsstatuts (1. 1. 1950) außer Kraft getretene AllgAnw. an Richter Nr. 1, in der die Besatzungsmächte angeordnet hatten, daß Verschärfungen der vor dem 30. 1. 1933 geltenden Höchststrafe durch nach diesem Zeitpunkt erlassene Gesetze bei der Strafzumessung unberücksichtigt zu bleiben hätten, war kein Gesetz i. S. des § 2. B G H S t . 1, 42, 59. Für verfahrensrechtliche Vorschriften gilt § 2 Abs. 2 nicht; neues Verfahrensrecht ist vielmehr, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit seinem Inkrafttreten auch ohne weiteres in anhängigen Verfahren anzuwenden (s. das vorstehend über den Strafantrag Gesagte). E . 75, 311. 5) Ohne Rücksicht darauf, ob die Geltungsdauer von vornherein kalendermäßig bestimmt oder das Gesetz wegen außergewöhnlicher Verhältnisse nur für eine bestimmte Zeit erlassen ist. E . 74, 301; OLG. Frankfurt N J W . 49, 911. Aus Anlaß und für die Dauer des Krieges erlassene Gesetze sind nicht ohne weiteres Zeitgesetze. OLG. Kiel H E S t . 1, 212. Über die

Einleitende Bestimmungen. § 2 b

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Fragen, die sich aus der Aufhebung der Bewirtschaftungs- und Preisbestimmungen nach der Währungsreform von 1948 ergaben, vgl. OLGe. Hessen (Kassel) MDR. 49, 58 mit Anm. V. Weber, Hamburg MDR. 49, 700; Brost MDR. 49, 454; Paul, N J W . 49, 417. 6) Abs. 4 gilt nicht nur für die in § 42a bezeichneten Maßregeln, sondern für alle eine Sicherung oder Besserung bezweckenden Maßregeln. Die Mehrerlösabführung (§ 49 WiStG. — B IV 7 —) gehört nicht hierher. Jung, N J W . 53, 653. „Entscheidung" = Aburteilung i. S. des Abs. 2. Zu § 2 b : 1) § 2 b, welcher lautete: „ S t e h t fest, daß jemand gegen eines von mehreren Strafgesetzen verstoßen hat, ist aber eine Tatfeststellung nur wahlweise möglich, so ist der Täter aus dem mildesten Gesetz zu bestrafen," war eingefügt durch Ges. v. 28.6.1935 (RGBl. 1 S. 839) und ist durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946 aufgehoben worden. Damit ist die a l l g e m e i n e Zulassung von Wahlfeststellungen weggefallen; sie können aber weiterhin in dem Umfang getroffen werden, in dem sie vor dem Ges. v. 28. 6. 1935 zulässig waren. Allg. M.; vgl. z. B. BGHSt. 1, 127, 275; OLGe. Celle DRZ. 47, 64; Freiburg DRZ. 47, 65. Während damals im Schrifttum z. T. die Zulässigkeit von Wahlfeststellungen ohne Einschränkungen bejaht wurde (Nachweise bei Schönke Anm. II 3), ließ sie das RG. zunächst nur bei verschiedenen gleichartigen Ausführungsarten derselben Straftat zu (z. B. schwerer Diebstahl mittels Einsteigens oder unter Anwendung falscher Schlüssel. E. 54, 44, oder Hehlerei durch Verheimlichen oder Ansichbringen. E. 56, 61). Schließlich lehnte es in der noch vor dem Ges. v. 28. 6. 1935 ergangenen Plen. E. 68, 261 zwar eine allgemeine Freigabe der Wahlfeststellungen ,,mit Rücksicht auf die Sicherheit der Urteilsfindung und auf die Gerechtigkeit der Urteilswirkung" ab, ließ sie aber für die Fälle zu, in denen die Bedenken gegen die Wahlfeststellung, insbes. die Einbuße des Urteils an Eindringlichkeit und die Belastung des Verurteilten mit Möglichkeiten, hinter denen keine Wirklichkeit steht, nicht bestehen oder nur sehr gering sind, z. B. bei Diebstahl und Hehlerei. Wahlfeststellung ist danach zulässig, wenn die mehreren in Betracht kommenden Tatbestände innerlich miteinander verw a n d t und die möglichen Verhaltensweisen rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind. Darüber hinaus ist aber — entgegen einer viel vertretenen Auffassung, die die Wahlfeststellung auf diese Fälle beschränken will — mit BGH. N J W . 53, 1721 (vgl. dazu Nüse GA. 1954, 22). die Wahlfeststellung im Interesse der materiellen Gerechtigkeit überall als zulässig anzusehen, wo sie berechtigte Belange des Verurteilten nicht verletzt und die Sicherheit der Rechtsfindung und die Gerechtigkeit des Urteilsspruchs gewährleistet bleibt. Zulässig sind danach Wahlfeststellungen z. B. zwischen schwerem Diebstahl und Hehlerei. OLG. Hamm H E S t . 3, 54 und zwischen § 370 Nr. 5 und § 259. OLG. Neustadt N J W . 53, 1443; Diebstahl und Unterschlagung; Unterschlagung und Untreue. OLG. Braunschweig MDR. 51, 181; Raub und räuberische Erpressung, BGH. N J W . 54, 521; § 174 Nr. 1 und § 173 Abs. 1, wenn nicht feststellbar ist, ob der Angeklagte, der dem mißbrauchten Kind gegenüber als Vater auftrat, sein leiblicher Vater ist oder nur nach § 1591 BGB. als solcher zu gelten hat, ohne Erzeuger zu sein, RG. D J . 36, 1126; Abs. 1 und Abs. 2 des § 173, wenn nicht feststellbar ist, ob der Stiefvater der leibliche Vater ist. RG. H R R . 36 Nr. 1377; Selbsttäterschaft und Anstiftung, z. B. beim Diebstahl. B G H S t . 1, 127; mittelbarer Täterschaft und Mittäterschaft. BGH. DRiZ. 51, 45 Nr. B 5. Nicht ausgeschlossen ist auch in geeigneten Fällen eine Wahlfeststellung zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Tatbegehung, z. B. zwischen Meineid und fahrlässigem Falscheid. BGH. N J W . 53, 1721; s. auch RG. D S t R . 38, 57, Zeiler, JW. 38, 150; und Nüse, D J . 37, 1185. Wegen der Zulässigkeit einer Wahlfeststellung zwischen Volltrunkenheit (§ 330 a) und der im Rausch begangenen Tat, wenn nicht feststellbar ist, ob der Täter noch zurechnungsfähig war oder nicht, siehe Anm. 4 zu § 330a. Dagegen k e i n e W a h l f e s t s t e l l u n g : zwischen Täterschaft und Beihilfe. E. 71, 364, ob eine Erschwerung eines bestimmten Grundtatbestandes vorliegt oder nicht, also z. B. keine Wahlfeststellung zwischen einfachem und schwerem Diebstahl, wenn die Voraussetzungen des § 243 nicht eindeutig festgestellt oder verneint werden können, RG. D J . 37, 286, ferner nicht zwischen Mord und Nichtanzeige (§ 138). Wahlfeststellung ist ferner möglich, wenn der Täter durch eine von m e h r e r e n Handlungen gegen e i n Gesetz verstoßen h a t und nicht festgestellt werden kann, durch welche der Handlungen es geschehen ist (Beispiel: der Täter beschwört im 2. Rechtszug das Gegenteil des im 1. Rechtszug Beschworenen; welcher Eid falsch ist, ist nicht festzustellen). E. 72, 339; B G H S t . 2, 351. Wahlweise Feststellung ist nur zulässig, wenn es trotz sorgfältigsten Bemühens um die Wahrheitserforschung völlig unmöglich ist, zur Überzeugung zu gelangen, daß nur ein Verstoß in der einen Richtung begangen ist. E. 70, 326. So rechtfertigt z. B. die Überzeugung, daß jemand auf unrechtmäßige Weise in den Besitz von Geld gekommen sei, nicht eine Wahlfeststellung zwischen einigen Möglichkeiten unrechtmäßigen Erwerbs, wenn weitere Erwerbsmöglichkeiten nicht ausgeschlossen sind. OLG. München D J . 36, 1499. Wahlfeststellung ist ausgeschlossen, wenn von den zwei zur Wahl stehenden Straftaten eine unter ein Straffreiheitsgesetz fällt. E. 71, 269.

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A 2.

Strafgesetzbuch.

§3

* § 3. [Räumliche Geltung für Deutsche] (1) Das deutsche Strafrecht gilt für die Tat eines deutschen Staatsangehörigen1), einerlei, ob er sie im Inland 2 ) oder im Ausland3) begeht. (2) Für eine im Ausland begangene Tat, die nach dem Recht des Tatorts Bei Wahlfeststellung ist der Täter aus dem mildesten Gesetz zu bestrafen. Das ergibt sich schon aus dem Grundsatz: in dubio pro reo, so daß die Aufhebung des § 2 b hieran nichts geändert hat. § 267 b a. F. StPO. schrieb vor, daß auch nur das mildeste Gesetz in der Urteilsformel zu erwähnen sei. Nach Aufhebung dieser Vorschrift besteht über die Behandlung der Wahlfeststellung in der Urteilsformel Streit: teils wird die Auffassung vertreten, daß nur das mildeste Gesetz zu erwähnen sei (so OLGe Hessen-Kassel N J W . 48, 696; Hamburg M D R . 50, 57, Neustadt N J W . 53, 1443; Schönhe III), teils wird Aufnahme der Wahlfeststellung in die Formel gefordert (OGHSt. 2, 89; OLG. Celle NdsRpfl. 47, 4 8 ; Hamm MDR. 50, 57), während B G H S t . 1, 304 es im Hinblick auf § 260 Abs. 4 Satz 4 StPO. (Ermessensfreiheit des Gerichts bei der Fassung des Urteilsspruchs) für z u l ä s s i g erklärt, nur das mildeste Gesetz zu erwähnen. Dem Zweck der Urteilsformel, Auskunft über die Rechtsgrundlage des Schuld- und Strafausspruchs zu geben, wird nur die erstgenannte Auffassung gerecht; § 267b a. F. enthielt eine der Natur der Sache entsprechende Bestimmung, so daß deren Aufhebung an der Fassung des Tenors nichts geändert hat. Im übrigen bedeutet die Erwähnung des schwereren Gesetzes in der Urteilsformel auch eine Schlechterstellung des Angeklagten. Schönke S J Z . 50, 56. Welches Gesetz das mildeste ist, ergibt sich nicht allein aus der Vergleichung der Strafrahmen. Vielmehr ist zunächst festzustellen, welche Strafe für jede einzelne der in Betracht kommenden Straftaten angemessen wäre, wenn sie allein zweifelsfrei festgestellt wäre; dabei darf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß der Angeklagte einen anderen in die Wahlfeststellung einbezogenen schwereren Tatbestand verwirklicht hat, nicht zur Strafverschärfung beitragen. E . 71, 4 4 . Unter den so festgestellten Strafen ist auf die mildeste zu erkennen, wobei es keine Rolle spielt, ob die festgestellte Tat später rückfallbegründend wirken könnte. Staks J W . 35, 2939; a. M. OLG. Hamm MDR. 50, 57 und anscheinend B G H . N J W . 53, 1721 (aber es geht zu weit, daß der Richter schon die Möglichkeit künftiger gleichartiger Rechtsbrüche zugunsten des Verurteilten berücksichtigen soll). Hält das Gericht für alle in Betracht kommenden Straftaten die gleiche Strafe für angebracht, so hat es freie Hand, welches Gesetz es als angewandt bezeichnen will; dabei ist demjenigen der Vorzug zu geben, dessen Verletzung in der allgemeinen Anschauung weniger schlimm gewertet wird (vgl. dazu Bruns, D S t r R . 36, 277). Mehrere Teilnehmer können infolgedessen aus verschiedenen Vorschriften bestraft werden. E . 69, 369. Für die Frage des gleichartigen Rückfalls, der Anwendung eines Amnestiegesetzes usw. ist die in der Urteilsformel bezeichnete Straftat maßgebend (a. M. für den gleichartigen Rückfall OLG. Hamm MDR. 50, 57, für die Amnestie Bruns, a.a.O.). Kann nicht festfestellt werden, ob eine Handlung e i n e Diebstahlshandlung im Rahmen eines fortgesetzten Diebstahls oder aber gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei darstellt, so ist die Strafe für den fortgesetzten Diebstahl auf der einen Seite und die Gesamtstrafe für die in Fortsetzungszusammenhang begangenen übrigen Diebstähle und gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei auf der anderen Seite zu vergleichen und die danach mildeste Strafe festzusetzen. E . 70, 281. Zu § 3 : 1) Entscheidend ist nur die formelle Staatsangehörigkeit. Art. 116 GG. enthält eine Bestimmung des Begriffs „Deutscher" im Sinne des GG., die auch für das S t G B , verwendbar ist. OLG. Stuttgart MDR. 51, 118; München B a y J M B l . 51, 45. Wegen der Staatsangehörigkeit von Österreichern, die durch die Eingliederung i. J . 1938 Reichsdeutsche geworden waren, vgl. OLG. Frankfurt N J W . 53, 1567. 2) Die sowj. Besatzungszone ist deutsches „Inland". BVerfG. N J W . 52, 1129; BGHN J W . 52, 1146 Nr. 26; ebenso das Saargebiet (vgl. dazu LG. Mannheim N J W . 53, 1798). Zum Inland gehören außer dem Staatsgebiet die deutschen Küstengewässer, d. i. die Meeresküste auf drei Seemeilen Entfernung, der gesamte Luftraum über Land und Küstengewässer — also auch fremde Schiffe in deutschen Gewässern und fremde Flugzeuge im deutschen Luftraum — (vgl. dazu Mettgenberg D J . 40, 641) und deutsche Schiffe und Luftfahrzeuge, gleichviel wo sie sich befinden (§ 5 StGB.). Auch die Wohnung eines bei der inländischen Regierung beglaubigten Gesandten ist Inland. E. 69, 55. Bei einer Verschiedenheit des materiellen Strafrechts innerhalb Deutschlands ist nicht (wie OGHBZ DRZ. 60, 258 will) das am Gerichtsort geltende, sondern nach den Regeln des i n t e r l o k a l e n Strafrechts grundsätzlich das materielle Recht des T a t o r t s anzuwenden. E . 74, 219; 75, 104, 385; 76, 97; B G H S t . 2, 308, es sei denn, daß dessen Anwendung nicht den rechtlichen und sittlichen Grundsätzen des Landes widerspricht, dessen Gericht aburteilt. B G H . N J W . 52, 1146 Nr. 26 (vgl. dazu Ges. über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen v. 2. 5. 1953, B G B l . I S. 161, — C I 2 —). Dagegen richtet sich die Frage,

Einleitende Bestimmungen. § 4

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nicht mit Strafe bedroht ist 4 ), gilt das deutsche Strafrecht nicht, wenn die Tat wegen der besonderen Verhältnisse am Tatort kein strafwürdiges Unrecht ist 5 ). (3) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln sollen oder an dem der Erfolg eingetreten ist 6 ) oder eintreten sollte").

* § 4. [Räumliche Geltung für Ausländer] (1) Das deutsche Strafrecht gilt auch für Taten, die ein Ausländer 1 ) im Inland begeht. (2) Für eine von einem Ausländer im Ausland begangene Straftat gilt das deutsche Strafrecht, wenn sie durch das Recht des Tatorts mit Strafe bedroht 2 ) oder der Tatort keiner Strafgewalt unterworfen ist und wenn 1. der Täter die deutsche Staatsangehörigkeit nach der Tat erworben hat oder inwieweit Verfahrenshindernisse (einschl. der Verjährung) der Verfolgung entgegenstehen, ausschließlich nach dem Recht des Gerichtsorts. BGHSt. 2, 308. Wegen der Wirkungen einer Landesamnestie für die Gerichte anderer Länder vgl. BGHSt. 3, 134. Liegt der Tatort in verschiedenen Rechtsgebieten (bei Fortsetzungszusammenhang, Mittäterschaft oder Distanzdelikten), so ist unter Heranziehung des Grundsatzes des § 73 StGB, das strengere Strafgesetz anzuwenden. E. 75, 385; Schönke DR. 42, 265; a. M. E. 75, 104: bei Distanzverbrechen sei das am Tatort „im engsten Sinn" geltende Recht maßgebend. Bei Auslandstaten eines Deutschen wendet das Gericht, vor dem der Täter abgeurteilt wird, das in seinem Bezirk geltende Strafrecht an. 3) Ausland sind alle Gebiete, die nicht zum Inland (vgl. Anm. 2) gehören. Wegen Durchbrechung des Verfolgungszwangs bei Auslandstaten vgl. § 153 b StPO. 4) Vgl. Anm. 2 zu § 4. 5) Z. B. Teilnahme an einem am Tatort erlaubten Glückspiel. 6) Die Handlung ist danach auch dann im Inlande verübt, wenn nur ein Teil der Tätigkeit im Inlande erfolgt und der Erfolg im Auslande eingetreten ist. E. 13, 337. Vgl. E. 41, 37. Oder: Die Versendung einer nach § 184 Nr. 1 strafbaren Druckschrift in das Ausland ist strafbar, wenn auch die Ankündigung dort straflos ist. E. 48, 60. Alle Mittäter handeln im Inlande, wenn nur einer von ihnen dort tätig wird. DRZ. 24, 448. Die im Inlande geleistete Beihilfe zu einem im Auslande verübten Verbrechen ist nach inländischem Recht zu bestrafen, so als fiele auch die H a u p t t a t unter die deutschen Gesetze. RG. J W . 36, 2655; BGH. N J W . 53, 1840. Ebenso ist die im Auslande geleistete Beihilfe und die dort erfolgte Anstiftung zu der im Inlande begangenen Tat nach inländischem Gesetz zu bestrafen. E. 25, 424 ; 74, 59. Bei mittelbarer Täterschaft ist Tatort sowohl der Ort des Tätigwerdens des mittelbaren Täters wie der des Werkzeugs. E. 67, 138; der mittelbare Täter hat daher die Tat im Inland begangen, auch wenn sie im Ausland, wo das Werkzeug sie ausführte, nicht strafbar ist. E. 51, 9. Eine fortgesetzte Handlung, deren Einzelhandlung teils im Inland, teils im Ausland begangen wurde, ist in vollem Umfang nach deutschem Recht zu bestrafen. RG. D J . 37, 1004. Tatort ist nicht der Ort, wo der Verletzte nur Kenntnis von der T a t erhielt; Tatort bei einer Beleidigung durch schlüssige Handlung (z. B. des Ehemannes durch Unterhalten ehewidriger Beziehungen zur Ehefrau) ist also der Ort der Vornahme, nicht auch der Ort, an dem der Beleidigte davon Kenntnis erhält. RG. Recht 43 Nr. 2492. 7) Gilt für den Versuch. Zu § 4 : 1) d. i. jeder nichtdeutsche Staatsangehörige, also auch der Staatenlose. Bei Taten von Ausländern auf einem ausländischen Schiff oder Luftfahrzeug im Inland ist der Verfolgungszwang durchbrochen (§ 153b Nr. 2 StPO.). Wegen der Einschränkung der Deutschen Gerichtsbarkeit gegenüber Ausländern vgl. Ges. Nr. 13 der AHK. — unter F —. 2) Unter welchem rechtl. Gesichtspunkte die T a t im Auslande strafbar ist, ist unerheblich. RG. D J . 40, 515. Es ist nicht erforderlich, daß die Strafbarkeitsmerkmale nach dem deutschen und dem ausländischen Recht völlig übereinstimmen; auch ist es bedeutungslos, ob der Strafverfolgung im Ausland ein Verfahrenshindernis entgegensteht. B G H S t . 2, 160. Im Urteil müssen die Tatbestandsmerkmale nicht nur des inländischen, sondern auch des ausländischen Rechts festgestellt werden. Recht 9, 139. Der deutsche Richter ist zur Anwendung der fremdländischen Grundsätze über Verbrechenskonkurrenz nicht verpflichtet. E. 42, 330. Das Zivilrecht des Auslandes ist auch für Entscheidung einer privatrechtlichen Vorfrage maßgebend. E. 27, 135.

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A 2.

Strafgesetzbuch. §§ 5—7

2. die Straftat gegen das deutsche Volk3) oder gegen einen deutschen Staatsangehörigen gerichtet ist oder 3. der Täter im Inland betroffen und nicht ausgeliefert wird 4 ), obwohl die Auslieferung nach der Art der Straftat zulässig wäre5). (3) Unabhängig von dem Recht des Tatorts gilt das deutsche Strafrecht für folgende Straftaten, die ein Ausländer im Ausland begeht: 1. Straftaten, die er als Träger eines deutschen staatlichen Amtes oder gegen Träger eines solchen Amtes während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht; 2. hoch- oder landesverräterische Handlungen 6 ) gegen die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder und Verbrechen des Verfassungsverrats 7) ; 3. Sprengstoffverbrechen 8 ); 4. Kinderhandel und Frauenhandel; 5. Verrat eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses eines deutschen Betriebes 9 ) ; 6. Meineid in einem Verfahren, das bei einem deutschen Gericht oder einer anderen zur Abnahme vonEiden zuständigen deutschen Stelle anhängig ist 10 ); 7. Münzverbrechen und Münzvergehen11); 8. unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln; 9. Handel mit unzüchtigen Veröffentlichungen. § 5. [Auf Schiffen und Luftfahrzeugen] Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig von dem Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem deutschen Schiff1) oder Luftfahrzeug begangen werden. § 6. [Übertretungen] Im Auslande begangene Übertretungen 1 ) sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder durch Verträge angeordnet ist. * § 7. [Anrechnung von Auslandsstrafen] Eine im Auslande vollzogene Strafe 1 ) ist, wenn wegen derselben Handlung 2 ) 3) d. h. gegen das gesamte deutsche Volk oder größere Teile davon. 4) Aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen, z. B. weil mit dem ausländischen Staat keinAuslieferungsvertragbestehtodereinAuslieferungsantragnichtgestelltwird. BGHSt. 2,160. 5) wenn also die §§ 2, 3 DAG. — D 8 — einer Auslieferung nicht entgegenstehen. 6) §§ 80—84, 100—lOOf. 7) § 89. Ausländer, die die Tatbestände der §§ 90—97 im Ausland verwirklichen, sind nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 nach deutschem Recht strafbar. 8) Vgl. § 12 Sprengstoffges. (unter B I I 7). 9) Vgl. § 20a UnlWG. (unter B I I I 5). 10) E s kommt nur darauf an, ob das Verfahren vor einem deutschen Gericht oder einer deutschen Stelle a n h ä n g i g ist; dagegen ist es ohne Bedeutung, ob der Meineid (§ 154) vor einer deutschen oder einer ausländischen Behörde geleistet wird. Wegen der Zuständigkeit zur Eidesabnahme vgl. Anm. 2, 3 zu § 154. 11) §§ 146, 147, 149 StGB. Z u § 5 : 1) Ohne Rücksicht auf Art und Größe des Schiffes und ohne Rücksicht darauf, wo sich Schiff oder Luftfahrzeug zur Tatzeit befinden. „Deutsch" ist ein Schiff, wenn es zur Führung der Bundesflagge berechtigt ist (Flaggenrechtsges. v. 8. 2. 1951, BGBl. I S. 79). Z u § 6 : 1) Ob eine Übertretung vorliegt, ist nach inländischem Recht zu entscheiden. E. 18, 298. Z u § 7: 1) Vollzogen ist eine Strafe, wenn der Täter das Straf übel wirklich erlitten hat (also z. B. nicht, wenn ein Dritter für den Täter eine Geldstrafe gezahlt hat). BayObLG. N J W . 51, 370. 2) „Dieselbe Handl". = derselbe historische Vorgang (wie in § 264 StPO.) BayObLG.

Einleitende Bestimmungen. §§ 8—11

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im Inland abermals eine Verurteilung erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen3). §

81)

§

91)

§

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1

* § II ). [Abgeordnetenindemnität] Mitglieder eines Gesetzgebungsorgans eines zur Bundesrepublik Deutschland gehörigen Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder einem ihrer Ausschüsse2) getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen3). N J W . 51, 370. Dabei ist nicht erforderlich, daß derselbe Vorgang im Ausland rechtlich in gleicher Weise wie nach deutschem Recht und als Angriff auf das gleiche Rechtsgut gewertet wird. BGH. N J W . 53, 1522. 3) Die Anrechnung ist zwingend vorgeschrieben; Art und Umfang bestimmt der Richter nach seinem Ermessen. E. 35, 41. H a t der ausländische Richter auf eine Gesamtstrafe erkannt, ohne Einzelstrafen festzusetzen, so muß die im Ausland erkannte Strafe auf die einzelnen Straf fälle nach dem Ermessen des inländischen Richters verteilt werden. E. 35, 41. Ist wegen einer von mehreren Handlungen eine Strafe im Auslande verbüßt, so ist die ausländische Strafe auf die im Inlande verhängte Einzelstrafe anzurechnen. DRZ. 28 Nr. 820. Vgl. noch § 153b Nr. 3 StPO. (Möglichkeit des Absehens von Verfolgung, wenn wegen der Tat schon im Ausland eine Strafe gegen den Täter vollstreckt worden ist). Die Aburteilung durch ein Besatzungsgericht hindert nicht die Aburteilung derselben Tat durch das deutsche Gericht unter einem vom Besatzungsgericht unberücksichtigt gelassenen Gesichtspunkt. HM.; vgl. BayObLG. N J W . 50, 358. Für solche Fälle ist § 7 nicht entsprechend anzuwenden, die besatzungsgerichtliche Bestrafung vielmehr nur strafmindernd zu berücksichtigen. BayObLG. N J W . 53, 1682 (str.). — Wegen der Anrechnung einer in der Ostzone verbüßten Strafe, wenn wegen der Tat in der Westzone ein neues Verfahren eingeleitet wird, vgl. § 11 des Ges. über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe inStrafsachen v. 2. 5. 1953 (BGBl. I S. 161) — C I 2 —. Z u § 8: 1) Gestrichen durch VO. v. 6. 5. 1940 (RGBl. I S. 754). Z u § 9: 1) § 9 betr. Verbot der Auslieferung Deutscher an das Ausland wurde aufgehoben durch Art. I des KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946 und ist ersetzt durch Art. 16 Abs. 2 GG.: „Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden." Keine Auslieferung ist die Zulieferung strafrechtlich verfolgter Personen an die Strafverfolgungsbehörden der Ostzone; vgl. dazu Ges. über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen v. 2. 5. 1953 (BGBl. I S. 161) — C I 2 —. Z u § 10: 1) § 10 betr. Anwendung des StGB, auf Wehrmachtsangehörige ist aufgehoben durch Art. I des KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. Wegen der Anwendbarkeit des (durch Art. I I I KontrRG. Nr. 34 aufgehobenen) MilStGB. auf die z. Zt. seiner Geltung verübten Taten vgl. OLGe. Koblenz N J W . 50, 614, Hessen H E S t . 2, 175. § 47 MilStGB. ist jetzt noch auf die unter seiner Geltung begangenen Straftaten anwendbar. § 122 Abs. 1 Nr. 2 MilStGB. ist nicht anwendbar auf Taten, die nach dem 8. 5. 1945 (z. B. in ausländischen Kriegsgefangenenlagern) begangen wurden, weil mit der Auflösung der deutschen Wehrmacht der Täter nicht mehr im Sinne des MilStGB. Wehrmachtsangehöriger war. BGHSt. 2, 12. Z u § 11: 1) Art. 46 Abs. 1 GG. bestimmt: „Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen." § 11 trifft eine entsprechende Regelung für die Mitglieder der Landesgesetzgebungsorgane. Ob in den Ländern außer den Landtagen (Bürgerschaften der Hansestädte) weitere Gesetzgebungsorgane bestehen, bestimmt sich — wie in §§ 97, 106 a u. b — nach Landesrecht. Die Indemnität ist ein persönlicher Strafausschließungsgrund. Gegenstand der Indemnität sind Straftaten, die durch mündliche oder schriftliche Äußerungen begangen werden, in erster Linie Beleidigungen, aber auch alle sonstigen durch Äußerungen begangene Straftaten. Entsprechend dem Grundgedanken des § 11 (Schutz der parlamentarischen Redefreiheit) muß es sich um Äußerungen aus Anlaß oder im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen handeln; § 11 ist daher z. B. unanwendbar, wenn ein Abgeordneter einen anderen im Sitzungssaal

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A 2. Strafgesetzbuch. § 12. — l.Teil. I.Abschnitt. Strafen. §§ 13—15

* § 121). [Indemnität der Parlamentsberichte] Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen der in § 11 bezeichneten Gesetzgebungsorgane oder ihrer Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei. ERSTER

TEIL

Von d e r B e s t r a f u n g d e r V e r b r e c h e n , V e r g e h e n u n d Ü b e r t r e t u n g e n im allgemeinen 1. Abschnitt.

Strafen

§ 131). [Todesstrafe]

§ 14. [Zuchthausstrafe, Dauer] (1) Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslange oder eine zeitige. (2) Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist fünfzehn 1 ) Jahre, ihr Mindestbetrag ein Jahr. (3) Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrücklich als eine lebenslange androht, ist dieselbe eine zeitige. § 15. [Zuchthausstrafe, Vollzug] (1) Die zur Zuchthausstrafe Verurteilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten 1 ). ohne Zusammenhang mit den in diesem Zeitpunkt stattfindenden Verhandlungen beleidigt. Der besondere Rechtfertigungsgrund des § 100 Abs. 3 gilt nur für Bundestagsabgeordnete (vgl. Anm. 5 zu § 100). Nicht zu verwechseln mit der Indemnität ist die Immunität der Abgeordneten (vgl. Art. 46 Abs. 2 GG., § 152 a StPO.); sie stellt lediglich ein Verfolgungshindernis dar. 2) d. h. in einer Sitzung der Körperschaft oder eines Ausschusses der Körperschaft, gleichviel ob es sich um eine öffentl. oder nicht öffentl. Sitzung handelt. Fraktionssitzungen gehören nicht hierher (zweifelnd Dreher JZ. 53, 423). 3) Verleumderische Beleidigungen sind außer den Vergehen nach §§ 187, 187a Abs. 2, 103 auch Verunglimpfungen durch Verleumdung (§ 95 Abs. 3, § 97); dagegen fällt (verleumderische) Verunglimpfung des Andenkens eines Verstorbenen nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht unter § 11. Zu § 12: 1) Nach Art. 42 Abs. 3 GG. bleiben wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse von jeder Verantwortlichkeit frei. § 12 enthält die entsprechende Vorschrift für Berichte über Sitzungen der Landesparlamente. Wegen des Rechtszustandes vor Inkrafttreten des § 12 n. F. vgl. OLG. Braunschweig N J W . 53, 516. Das Privileg des Art. 42 Abs. 3 GG. und des § 12 stellt einen Rechtfertigungsgrund, nicht nur einen Strafausschließungsgrund dar; h. M.; vgl. OLG. Braunschweig a. a. O. mit Nachweisen. „Bericht" = schriftliche oder mündliche Mitteilungen über den Verlauf der Sitzung oder einzelner in sich geschlossener Teile, z. B. die Beratung eines bestimmten Gesetzes, wenn in der Sitzung mehrere Gesetze beraten wurden. Die Wiedergabe lediglich einzelner Reden oder gar einzelner Äußerungen ist dagegen kein Bericht über die Sitzung. E. 18, 207. Wörtliche Wiedergabe von Reden usw. ist nicht erforderlich, auch eine inhaltliche abgekürzte Wiedergabe genügt, falls dadurch nicht ein falscher Eindruck über den wirklichen Vorgang hervorgerufen wird. Zu § 13: 1) Nach Abschaffung der Todesstrafe durch Art. 102 GG. (in West-Berlin durch Ges. v. 9. 1. 1951, VOB1. S. 57) ist § 13 förmlich aufgehoben durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Zu § 14: 1) Es kann auf mehr als 15 Jahre erkannt werden, wenn mehrere Verbrechen , aber nicht die Voraussetzungen des § 79 vorliegen. E. 4, 53. Zu § 15: 1) Der Vollzug der Freiheitsstrafen ist geregelt in der VO. v. 14. 5. 193 4 (RGBl. I S. 383) und der StrafvollzugsO. d. RJM. v. 22. 7. 1940 (Amtl. Sonderveröffentl. der

1. Teil. i . Abschnitt.

Strafen.

§§ 16—19

13

(2) Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, insbesondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden.

* § 16. [Gefängnisstrafe] (1) Der Höchstbetrag der Gefängnisstrafe ist fünf Jahre, ihr Mindestbetrag ein Tag 1 ). (2) Die zur Gefängnisstrafe Verurteilten können in einer Gefangenenanstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen. (3) Eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt (§ 15) ist nur mit ihrer Zustimmung zulässig.

* § 17. [Einschließung1)] (1) Der Höchstbetrag der Einschließung ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag ein Tag. (2) Die Strafe der Einschließung besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise der Gefangenen. Sie wird in besonderen Anstalten oder in besonderen Abteilungen von Anstalten vollzogen.

§ 18. [Haft] (1) Der Höchstbetrag der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindestbetrag ein Tag (2) Die Strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung 1 ).

§ 19. [Berechnung und Bemessung der Strafen] (1) Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet. (2) Die Dauer einer Zuchthausstrafe darf nur nach vollen Monaten, die Dauer einer anderen Freiheitsstrafe nur nach vollen Tagen bemessen werden1). D J . Nr. 21). In den Ländern sind z.T. die StrafvollzugsO. ändernde Bestimmungen ergangen (vgl. z. B. SchlHA. 48, 179). Zu § 16: 1) Bei Gesamtstrafen ist das Höchstmaß 10 Jahre (§ 74 Abs. 3). Gegen Heranwachsende kann statt auf Zuchthaus auf Gefängnis bis zu 15 Jahren erkannt werden. § 106 J G G . Bei Jugendstrafe ist das Höchstmaß 10 Jahre, das Mindestmaß 6 Mon. (§§ 18, 105 Abs. 2 JGG.). Zu § 17: 1) Die Bezeichnung „Einschließung" für die bisherige Festungshaft ist dem StGB.-Entw. 1927 (§ 34) entnommen. Die Entschließung ist custodia honesta (vgl. § 20). • Zu § 18: 1) Bei Realkonkurrenz 3 Monate (§§ 77, 78). 2) Arbeitszwang ist nur im § 362 vorgesehen. Vgl. aber §§ 67, 162 der StrafvollzugsO. Zu § 19: 1) Auch bei Bildung einer Gesamtstrafe aus mehreren Zuchthausstrafen darf nicht unter einen vollen Monat Zuchthaus herabgegangen werden. R . 5, 63. Wenn aber neben einer Zuchthausstrafe auf eine Gefängnisstrafe erkannt wird, die zur Bildung einer Gesamtstrafe auf Zuchthaus zurückzuführen ist, so kann auch die Zuchthausstrafe nach Tagen bemessen werden. E . 4, 161. Eine Bemessung der Strafe nach Bruchteilen eines Tages, Monats oder Jahres ist nicht zulässig (also nicht: 7 % Mon. Gef., sondern: 7 Mon. u. 14 Tage) RG. J W . 38, 3104. Wenn der niclitbeitreibbure Rest einer Geldstrafe nach dem im Urteil festgesetzten Umwandlungsmaßstab der Ersatzfreiheitsstrafe nicht einem Zeitraum von ganzen Tagen entspricht, haben die Vollstreckungsbehörden nach § 38 StrVollstrO. v. 7. 12. 1935 (abgedr. D 3) — vorbehaltlich einer abweichenden gerichtl. Entsch. — die restliche Ersatzfreiheitsstrafe in vollem Umfang zu vollstrecken, auch wenn der Rest weniger als 24 Stunden beträgt. Dazu Schäfer, D J . 33, 704. Bei Unterbrechung der Vollstreckung bleibt für den Lauf der ganzen Strafzeit der Tag des ersten Strafantritts dergestalt maßgebend, daß dem ohne die Unterbrechung rechnungs-

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A 2.

Strafgesetzbuch. §§ 20, 20a

*§ 20. [Wahl zwischen Zuchthaus und Einschließung] Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus und Einschließung gestattet 1 ), darf auf Zuchthaus nur dann erkannt werden, wenn festgestellt wird, daß die strafbare Handlung einer ehrlosen Gesinnung entsprungen ist 2 ).

§20a. [Gewohnheitsverbrecher, Strafschärfung] (1) Hat jemand, der schon zweimal rechtskräftig verurteilt worden ist, durch eine neue vorsätzliche Tat 1 ) eine Freiheitsstrafe verwirkt und ergibt die Gesamtwürdigung 2 ) der Taten, daß er ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher 3 ) ist, so ist, soweit die neue Tat nicht mit schwererer Strafe bedroht ist, auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren und, wenn die neue Tat auch ohne diese Strafschärfung mäßigen Schlußtermine ebensoviel Tage und Stunden hinzuzurechnen sind, als die Unterbrechung gedauert hat. OLGe. Breslau GA. 49, 301; KG. J R . 25 Nr. 430; Bremen N J W . 51, 84. Vgl. aber §§ 21, 24 der StrVollstr.O. (unter D 3). Zu § 20: 1) vgl. §§ 105, 106. Die Wahl zwischen Gefängnis und Einschließung (vgl. § 345 Abs. 2, § 21 Preßges.) richtet sich nach den allgemeinen Strafzumessungsgrundsätzen. 2) mit dieser Regelung kehrt § 20 n. F. zu der ursprünglichen Fassung des § 20 zurück. Die T a t muß sich als Ausfluß einer bestimmten, mehr oder weniger d a u e r n d e n inneren Einstellung des Täters kennzeichnen, die nach der allgemeinen Auffassung der Rechtsgenossen sittlich auf tiefster Stufe steht (vgl. die bei Frank I wiedergegebenen Begriffsbestimmungen). Die ehrlose Gesinnung kann aus der Art der Tatausführung oder aus den Beweggründsn entnommen werden. Zu § 20 a: 1) § 20a beruht auf dem Ges. v. 24. 11. 1933 (RGBl. I S. 995). Richtlinien über die Anwendung der §§ 20a, 42e enthält die AV. d. RJM. betr. Strafsachen gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher vom 3. 3. 1938 (DJ. 323). 2) § 20a Abs. 1 setzt 3 Verurteilungen voraus, denen jeweils eine nach der vorausgegangenen früheren Verurteilung begangene T a t zugrunde liegt; es genügt nicht, d a ß 3 Verurteilungen vorliegen, wenn aus ihnen oder aus 2 davon eine Gesamtstrafe zu bilden ist. E. 68, 150; RG. J W . 39, 619; a. M. Rietzsch, Dringende Fragen der Sicherungsverw. S. 41 und Fuchs D J . 38, 1793. Die Straftaten brauchen weder gleichartig zu sein noch dieselbe Richtung aufzuweisen. RG. a. a. O. Besteht jedoch die neue Tat aus mehreren strafbaren Handlungen, so ist bei jeder besonders zu prüfen, ob sie den Täter als gefährlichen Gewohnheitsverbrecher kennzeichnet, und die Strafschärfung tritt nur bei denjenigen Handlungen ein, bei denen dies zu bejahen ist; ein rückfälliger Dieb muß also wegen einer etwa gleichzeitig abzuurteilenden Beleidigung nicht notwendig mit Zuchthaus bestraft werden. E. 70, 214. Die neue Tat muß nach Sinn und Zweck der Vorschrift ein Verbrechen oder Vergehen — nicht nur eine Übertretung — darstellen. E. 73, 321, und an sich strafbar sein; der s t r a f l o s e V e r s u c h eines Vergehens genügt nicht. E. 70, 289. Bei der G e s a m t w ü r d i g u n g der Taten genügt es nicht, in den Urteilsgründen nur den Zeitpunkt früherer Urteile, die Art der Straftaten und die Höhe der Strafen anzugeben, vielmehr müssen, wenn auch nur in Kürze, nähere Feststellungen über Umfang, Ursache und sonstige Einzelheiten der früheren Straftaten getroffen werden. BGH. N J W . 53, 673; dazu müssen die Feststellungen der früheren Urteile erforderlichenfalls ergänzt werden, jedoch dürfen nicht widersprechende tatsächliche Feststellungen getroffen und eine abweichende rechtliche Würdigung der abgeurteilten Straftaten vorgenommen werden. RG. JW. 38, 165. Infolgedessen kann bei einem früheren Freispruch wegen Zurechnungsunfähigkeit die Tat nicht mit der Begründung berücksichtigt werden, der Täter sei damals doch zurechnungsfähig gewesen. RG. Recht 43 Nr. 2493. Dagegen können bei der Gesamtwürdigung auch Verfehlungen berücksichtigt werden, die z. Zt. ihrer Begehung noch nicht mit Strafe bedroht waren oder verjährt sind. RG. DR. 45, 18. 3) G e f ä h r l i c h ist ein Gewohnheitsverbrecher, wenn (im Zeitpunkt der Hauptverhandlung. E. 72, 357) mit Rücksicht auf die Häufung der Straftaten und den ihm innewohnenden verbrecherischen Hang (der auch auf Willensschwäche beruhen kann), die W a h r s c h e i n l i c h k e i t besteht, daß er künftig Straftaten von erheblichem Gewicht begehen werde. E. 68, 150; 72, 259, 295; B G H S t . 1, 101. Die Befürchtung e r h e b l i c h e r Straftaten ergibt ich aber nicht nur aus der Größe des angerichteten Schadens; sie kann wegen des hohen Schuldgehalts der T a t daher auch gegeben sein, wenn der Täter es im Einzelfalle nur auf eine Beute von geringem Wert abgesehen hat. RG. DR. 40, 1472; BGHSt. 1, 102. G e w o h n h e i t s v e r b r e c h e r ist, wer infolge eines auf Grund charakterlicher Veranlagung bestehenden oder durch Übung erworbenen inneren Hanges wiederholt Rechts-

I.Teil.

1. Abschnitt.

Strafen. § 2 0 a

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ein Verbrechen wäre, auf Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren zu erkennen4). Die Strafschärfung setzt voraus, daß die beiden früheren Verurteilungen wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens ergangen sind und in jeder von ihnen auf Todesstrafe, Zuchthaus oder Gefängnis von mindestens sechs Monaten erkannt worden ist. (2) Hat jemand mindestens drei vorsätzliche Taten 5 ) begangen und ergibt die Gesamtwürdigung der Taten, daß er ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher bruch begangen h a t u n d zur Wiederholung von Rechtsbrüchen neigt. E . 68, 155; B G H . J Z . 53, 44. Ein auf den Erscheinungen des Rückbildungsalters beruhender H a n g zu Sittlichkeitsverbrechen steht einer charakterlichen Veranlagung gleich. E . 73, 276. Ob die Veranlagung unverschuldet oder durch ein unverschuldetes Leiden noch gesteigert worden ist, ist ohne Bedeutung. E . 69, 129, ebenso, ob derTäter aus innerem Trieb heraus h a n d e l t oder durch ganz bestimmte, von seinem Willen unabhängige Umstände, wobei er nach seinem inneren Wesen keinen Widerstand leistet, zur T a t veranlaßt wird. R G . D J . 35, 302, D R . 39, 1979; ebenso, ob der H a n g zum Verbrechen erst u n t e r Alkoholeinwirkung zutage t r i t t . R G . D R . 40, 1277. Der innere H a n g zum Verbrechen k a n n auch darauf beruhen, daß der T ä t e r willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit (mag sie auf Trunksucht, Spielleidenschaft oder anderen Gründen beruhen) dem Anreiz zum Verbrechen nicht widerstehen kann. E . 73, 46; R G . D R . 44, 231. S t r a f t a t e n , die nicht dem verbrecherischen Hang, sondern ausschließlich oder überwiegend anderen Ursachen entspringen, k o m m e n f ü r die Anwendung des § 20 a nicht in Betracht. Das Gericht m u ß alle U m s t ä n d e die den Täter als gefährlichen Gewohnheitsverbrecher erscheinen lassen, genau und unter eingehender Würdigung aller f ü r und wider sprechenden U m s t ä n d e angeben, d a m i t das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sichere Unterlagen f ü r die Überzeugung des Gerichts vorhanden sind. E . 68, 150. Der Umstand, daß eine T a t im Rückfall begangen ist, allein genügt nicht, u m sie als Ausfluß eines verbrecherischen Hanges anzusehen. E . 68, 174. Auch ein eingewurzelter H a n g zu kleineren Betrügereien (z. B.Zechprellereien) k a n n die Feststellung rechtfertigen. E . 68, 98; a. M. OLG. Bremen D R Z . 50, 330 m i t zust. Anm. von Niethammer. H a t der T ä t e r im Zustand der Erwerbslosigkeit Eigentumsvergehen begangen, so bedarf die Frage, ob seine T a t e n auf verbrecherischen H a n g und nicht vielmehr auf die Erwerbslosigkeit zurückzuführen sind, besonders sorgfältiger P r ü f u n g . R G . J W . 34, 1652. Jedoch k a n n auch, wer in einer Notlage handelt, Gewohnheitsverbrecher sein, wenn die T a t seinem H a n g zum Verbrechen entspringt und der H a n g sich darin zeigt, daß er Versuchungen leichter als andere in dieser Lage nachgibt. E . 72, 295; R G . D J . 38, 1879; OLG. Celle H a n n R p f l . 46, 120 u. 130. §§ 2 0 a und 42e können auch bei Vergehen gegen § 330 a angewandt werden, wenn die R a u s c h t a t auf einem H a n g zum Verbrechen beruht. E . 73, 177. Der gefährliche Gewohnheitsverbrecher ist als solcher in der Urteilsformel zu kennzeichnen. R G . D R . 44, 439. 4) § 2 0 a will die Strafdrohung des an sich anzuwendenden Gesetzes nur erweitern, nicht aber sie in vollem U m f a n g ersetzen. Daher darf nicht u n t e r die in dem an sich anzuwendenden Strafgesetz vorgesehene Mindeststrafe herabgegangen, auch m u ß eine d o r t angedrohte Geldstrafe neben der geschärften Freiheitsstrafe des § 2 0 a verhängt werden. E . 68, 349 u. 364. Auf Zuchthausstrafe ist auch zu erkennen, wenn es sich nur u m Versuch oder Beihilfe handelte. Eine Milderung gemäß § 44 Abs. 3, § 49 Abs. 2 ist unzulässig. E . 71, 15 (doch k a n n der Umstand, daß n u r Versuch oder Beihilfe vorliegt, bei der Strafzumessung im R a h m e n des § 2 0 a berücksichtigt werden. R G . D R . 39, 1979); wohl aber ist eine Milderung gem. §§ 51 Abs. 2, 55 Abs. 2 StGB., § 106 J G G . s t a t t h a f t . E . 72, 326; B G H . JZ. 53, 44. Ist die neue T a t ein Vergehen, so wird sie nach E . 74, 65; B G H . N J W . 53, 1270 (trotz des Gesetzeswortlauts „wenn die neue T a t auch ohne diese Strafschärfung ein Verbrechen wäre") durch die Strafschärfung nach § 2 0 a nicht zum Verbrechen, weil wegen des Erfordernisses der Gesamtwürdigung der Strafschärfungsgrund zu den unbenannten zu rechnen sei (str.; siehe Anm. 2 zu § 1 u n d zu B G H . N J W . 53, 1270 besonders Dreher GAStr. 1953, 129; Schwarz N J W . 53, 1617). 5) Einzelakte einer fortgesetzten H a n d l u n g genügen nicht. E . 68, 297 (anders allerdings E . 77, 24 u. 98) u n d B G H St. 1, 313 (str.). Jedoch wird die Anwendbarkeit des § 2 0 a Abs. 2 nicht dadurch ausgeschlossen, daß die S t r a f t a t e n in zeitlich rascher Folge auf Grund eines einheitlichen Entschlusses begangen wurden; allerdings m u ß in einem solchen Fall besonders sorgfältig geprüft werden, ob die S t r a f t a t e n auf einem eingewurzelten H a n g beruhen. B G H S t . 3, 169 = JZ. 53, 44 mit zust. Anm. von Schafheutie. § 20a Abs. 2 ist sowohl gegeben, wenn noch keine der drei Taten abgeurteilt ist, wie auch dann, wenn eine oder zwei schon abgeurteilt sind (sofern die beiden Verurteilungen nicht die Merkmale des § 2 0 a Abs. 1 erfüllen). E. 77, 99; B G H S t . 1, 317. Ist noch keine der Taten abgeurteilt, so ist nicht erforderlich, daß sie gleich-

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 21—23

ist, so kann das Gericht bei jeder abzuurteilenden Einzeltat die Strafe ebenso verschärfen, auch wenn die übrigen im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. (3) Eine frühere Verurteilung kommt nicht in Betracht, wenn zwischen dem Eintritt ihrer Rechtskraft6) und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. Eine frühere Tat, die noch nicht rechtskräftig abgeurteilt ist, kommt nicht in Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt 7 ) verwahrt wird. (4) Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete Tat auch nach deutschem Recht ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen wäre. *§ 21 [Umwandlungsmaßstab] Achtmonatige Zuchthausstrafe ist einer einjährigen Gefängnisstrafe, achtmonatige Gefängnisstrafe einer einjährigen Einschließung gleichzuachten2). § 22. [Einzelhaft] (1) Die Zuchthaus- und Gefängnisstrafe können sowohl für die ganze Dauer, wie für einen Teil der erkannten Strafzeit in der Weise in Einzelhaft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgesetzt von anderen Gefangenen gesondert gehalten wird. (2) Die Einzelhaft darf ohne Zustimmung des Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen. *§ 23. [Strafaussetzung zur Bewährung*)] (1) Das Gericht kann die Vollstreckung einer Gefängnis- oder Einschließungsstrafe von nicht mehr als neun Monaten oder einer Haftstrafe aussetzen1), damit zeitig abgeurteilt werden, es genügt, wenn festgestellt wird, daß der Täter außer der zur Aburteilung stehenden Tat noch zwei andere begangen habe. E. 75, 381. Unerheblich ist — im Gegensatz zu § 20a Abs. 1 —, in welcher Reihenfolge die 3 Taten begangen worden sind. Die Strafschärfung ist auch zulässig, wenn die 2 weiteren Taten n a c h der jetzt abzuurteilenden Einzeltat begangen und mit einer Gesamtstrafe geahndet worden sind. E. 68, 222. Die Taten müssen Verbrechen oder Vergehen sein. E. 73, 321; doch können auch Taten, die nur mit Geldstrafe geahndet worden sind, berücksichtigt werden. RG. J W . 34, 2691. Erforderlich ist aber immer, daß die Taten noch verfolgbar, also z. B. nicht verjährt sind. E. 75, 381 (vgl. auch § 67 Abs. 5) oder daß bei Antragsdelikten ein wirksamer Strafantrag gestellt ist. BGH St. 1, 386. Das in Anm. 2 am Ende Gesagte gilt auch für Abs. 2. RG. J W . 36, 1971. 6) Der Tag der Rechtskraft wird in die Frist nicht eingerechnet. RG. JW. 35, 521. 7) Z. B. Fürsorgeerziehungsanstalt. RG. J W . 35, 523. Unterbringung in einem Konzentrationslager auf Grund polizeilicher Maßnahmen gehört, auch wenn es sich um kriminelle Häftlinge handelt, nicht hierher, wohl aber die durch gerichtl. Urteil angeordnete Sicherungsverwahrung auch dann, wenn sie ordnungswidrig in einem nicht der JustVerw. unterstehenden KZ. vollzogen wurde. BGHSt. 2, 11. Zu § 21: 1) Anwendungsfälle: §§ 44 Abs. 3, 49 Abs. 2, 49a Abs. 1, 74, 79, 157 Abs. 2, StGB., § 460 StPO., ferner wenn ein rechtskräftiges Urteil nach Strafverbüßung aufgehoben (Wiederaufnahme des Verfahrens) und durch ein Urteil mit strengerer oder milderer Strafart ersetzt wird. E. 77, 178; OLG. Celle N J W . 47, 30 Nr. 12. § 21 gilt nicht für die Anrechnung der Untersuchungshaft (§ 60), die auch auf eine Zuchthausstrafe in voller Höhe (ohne Umwandlung nach § 21) angerechnet werden kann. E. 77, 178. 2) Sind mehrere Zuchthausstrafen unter einem Jahr verwirkt, so ist zunächst die für jeden Fall als angemessen erachtete Zuchthausstrafe in Gefängnis umzuwandeln und aus diesen Gefängniseinzelstrafen die Gesamtstrafe zu bilden. RG. J W . 30, 908. Ein bei der Umwandlung errechneter halber Monat Gefängnis beträgt 14, nicht 15 Tage. RG. JW. 36, 259 Zu § 23: *) Das RStGB. regelte in den §§ 23 bis 26 a. F. lediglich die vorläufige Entlassung von Strafgefangenen nach Verbüßung von drei Vierteln der Strafe, kannte aber nicht

1. Teil. I. Abschnitt. Strafen. § 23

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der Verurteilte durch gute Führung während einer Bewährungszeit Straferlaß erlangen kann (Strafaussetzung zur Bewährung). (2) Strafaussetzung zur Bewährung wird nur angeordnet, wenn die Persönlichkeit des Verurteilten und sein Vorleben in Verbindung mit seinem Verhalten die kriminalpolitisch erwünschte Möglichkeit, in geeigneten Fällen von der Verbüßung einer Strafe von vornherein abzusehen, um dem Verurteilten Gelegenheit zu geben, sich durch gute Führung während einer Probezeit Straferlaß zu verdienen. Diese Lücke wurde im Kampf gegen die kurzfristige Freiheitsstrafe in der Weise ausgefüllt, daß die Träger des Gnadenrechts in den Ländern die Justizverwaltungen durch Übertragung der Ausübung des Gnadenrechts ermächtigten, unter bestimmten Voraussetzungen die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafen auszusetzen und nach Ablauf einer Bewährungszeit die Strafe zu erlassen. Im Laufe der Zeit wurden die Justizverwaltungen ermächtigt, die Ausübung des Gnadenrechts weiter zu übertragen und sie machten — so namentlich in Preußen — von dieser Befugnis durch Übertragung der Ausübung der entsprechenden Gnadenbefugnisse (auch der zur Aussetzung von Strafresten nach Teilverbüßung) auf die Gerichte Gebrauch, die damit als Organe der Justizverwaltung, nicht als Organe der Rechtsprechung, tätig wurden. Durch diese Handhabung hatten die §§ 23ff. StGB, ihre praktische Bedeutung verloren. Seit langem wurde aber in der Öffentlichkeit die Forderung erhoben, das Institut der Strafaussetzung mit Bewährung seines Charakters als einer auf dem Gnadenrecht beruhenden Verwaltungseinrichtung zu entkleiden und zu einem richterlichen Akt, zu einem Bestandteil der richterlichen Strafbemessung umzugestalten. Nachdem diese Forderungen auf dem Gebiet des Jugendstrafrechts durch das Jugendgerichtsges. von 1923 (§§ 10—15) verwirklicht worden waren, sah der StGB.-Entw. 1927 die Verallgemeinerung der Einrichtung in der Form des bedingten Straferlasses vor (§§ 40ff.). An diese Reformbestrebungen knüpfen die §§ 23ff. an. Zulässig ist danach a) die gleichzeitig mit dem Strafausspruch in der Urteilsformel (§ 264 Abs. 4 Satz 2 StPO.) oder im Strafbefehl (vgl. § 408 Abs. 2 Satz 2 StPO.) oder in der amtsrichterlichen Strafverfügung erfolgende Aussetzung der g a n z e n Strafe (Aussetzung eines Teils der Strafe ist nicht zulässig), die ausgesprochen werden kann, ohne Rücksicht darauf, ob der Verurteilte mit ihr einverstanden ist (§23), b) die durch Beschluß (§ 454 StPO.) erfolgende Aussetzung des Restes einer in der Verbüßung begriffenen Strafe (bedingte Entlassung) unter den Voraussetzungen des § 26, die aber nur mit Zustimmung des Verurteilten zulässig ist. Die Aussetzung (bedingte Entlassung) ist grundsätzlich mit Auflagen zu verbinden, die die Erreichung des Zwecks der Bewährungszeit sichern sollen (§ 24, § 26 Abs. 3). Im Anschluß an den durch Beschluß (§ 25 StGB., § 453 StPO.) nach erfolgreichem Ablauf der Bewährungsfrist auszusprechenden Straferlaß kann bei Aussetzung der ganzen Strafe (nicht auch bei Straferlaß nach bedingter Entlassung) das Gericht anordnen, daß aus dem Strafregister über die Verurteilung nur noch beschränkt Auskunft erteilt wird (§ 25 Abs. 1). Durch die Einführung der gerichtlichen Strafaussetzung zur Bewährung ist für die auf dem Gnadenrecht fußende, bisher in §§ 20ff. der Reichsgnadenordnung v. 6. 2. 1935 bzw. den an ihre Stelle getretenen landesrechtlichen Gnadenordnungen (vgl. die Vorbemerkung zu D 1) geregelte bedingte Strafaussetzung als s t ä n d i g e Verwaltungseinrichtung kein R a u m mehr. Bedingte Strafaussetzung im Wege der Gnade wird vielmehr nur noch als e c h t e r Gnadenerweis f ü r besonders liegende Ausnahmefälle in Betracht kommen (vgl. dazu Egner N J W . 53, 1859). Die in der GnadenO. ausgesprochene Ermächtigung der Gnadenbehörden zur Gewährung bedingter Strafaussetzung ist demgemäß z. B. in Hessen durch RdErl. v. 15. 9. 1953 (HessJMBl. S. 72) zurückgenommen worden. Die Gewährung von Strafaussetzung zur Bewährung ist ein Akt der Strafbemessung. Über den materiellen Gehalt der Strafaussetzung läßt sich streiten. Man kann in der Auferlegung einer Strafe unter gleichzeiter Aussetzung auf Bewährung eine eigenartige Strafe sehen, wobei das zum Begriff der Strafe erforderliche Übel für den Verurteilten darin zu sehen wäre, daß er während der Bewährungszeit unter den Druck der drohenden Vollstreckung gestellt ist und daß ihm Pflichten auferlegt werden können, die er als Übel empfindet. Näher liegt es aber, die Gewährung der Aussetzung als bessernde Maßnahme anzusehen, die mit der Auferlegung der Strafe verbunden wird (vgl. dazu Grau-Schäfer, Preuß. Gnadenrecht, 1931, S. 254 f.). Wegen der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung und wegen der Entlassung nach Teilverbüßung vgl. §§ 20ff., 88f. J G G . — C II 3 — und wegen der Beseitigung des Strafmakels durch Richterspruch §§ 97ff. a.a.O. Schrifttum: Lackner JZ. 53, 428; Jagusch JZ. 53, 688. 1) Geldstrafe kann nicht ausgesetzt werden, auch nicht im Falle des § 27 b, wohl aber die Ersatzfreiheitsstrafe. Bei Gefängnis- und Einschließung ist entscheidend, ob die erkannte, 2

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 23

nach der Tat2) oder einer günstigen Veränderung seiner Lebensumstände3) erwarten lassen, daß er unter der Einwirkung der Aussetzung in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird. also die in der Urteilsformel (oder im Strafbefehl oder der amtsrichterlichen Strafverfügung) festgesetzte Strafe neun Monate nicht übersteigt; ein nach Anrechnung von Untersuchungshaft verbleibender Rest von neun Monaten oder weniger einer höheren Strafe ist nicht aussetzungsfähig. Bei Gesamtstrafen entscheidet die Höhe der Gesamtstrafe. Ist neben einer Gefängnisstrafe auf Haftstrafe oder Einschließung erkannt (§§ 75, 77), so kann für jede Strafe Aussetzung gewährt werden, auch wenn ihre Summe 9 Monate übersteigt; das gleiche gilt beim Zusammentreffen von primärer Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe, gleichviel, ob die Geldstrafe wegen einer anderen oder wegen der gleichen Tat neben der Freiheitsstrafe verhängt wird. Wird eine bedingt ausgesetzte Strafe nachträglich mit einer anderen zu einer Gesamtstrafe vereinigt (§ 79 StGB., § 460 StPO.), so entfällt, da die Einzelstrafe ihre rechtliche Bedeutung verliert, die bedingte Aussetzung ohne Rücksicht auf die Höhe der Gesamtstrafe. Der Richter ist dann, wenn die Gesamtstrafe 9 Monate nicht übersteigt, frei in seiner E n t schließung, für die Gesamtstrafe Strafaussetzung zur Bewährung zu erteilen. Gewiß ist, daß er bei einer Gesamtstrafenbildung nach § 460 StPO. die ganze (9 Monate nicht übersteigende) Gesamtstrafe aussetzen kann, wenn für alle Einzelstrafen Strafaussetzung vorher im Urteil usw. gewährt war; er ist aber dazu nicht verpflichtet, wenn er im Hinblick auf die Mehrzahl der Strafen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 nicht mehr als gegeben ansieht. Auch wenn für eine Strafe Strafaussetzung gewährt, für eine andere aber abgelehnt war, entscheidet der Gesamtstrafenrichter völlig frei (vgl. Anm. 1 zu § 79), ob für die Gesamtstrafe Strafaussetzung zu gewähren ist (a. M. Grethlein N J W . 53, 1895); andernfalls müßte, wenn aus einer ausgesetzten Strafe von 8 Monaten Gefängnis und einer nicht ausgesetzten Strafe von 1 Woche Gefängnis eine Gesamtstrafe zu bilden ist, für die Gesamtstrafe von 8 Monaten und 4 Tagen Gefängnis die Strafaussetzung zwangsläufig versagt werden, da ja die Aussetzung eines Teils der Strafe nicht zulässig ist. Ist für keine der Einzelstrafen Strafaussetzung gewährt, so kommt auch für die Gesamtstrafe eine solche nicht in Frage; eine andere Handhabung würde eine über die Aufgabe und Befugnisse des Gesamtstrafenrichters hinausgehende Korrektur der früheren Urteile bedeuten. Da bedingte Aussetzung nur durch Urteil gewährt werden kann (§ 264 Abs. 4 Satz 2 StPO.), ist eine nachträgliche Aussetzung ausgeschlossen; es bleibt hier vielmehr nur der Weg der Gnade. Nebenstrafen, sichernde oder bessernde Maßnahmen, die zugleich mit der Freiheitsstrafe verhängt sind, sowie Bußen usw. können nicht mit der Freiheitsstrafe ausgesetzt werden und werden durch deren Aussetzung nicht berührt. Bei der Festsetzung der angemessenen und gerechten Strafe darf sich der Richter nicht von dem Gedanken an die Strafaussetzung beeinflussen lassen; er darf die Strafe weder höher festsetzen, als er getan haben würde, wenn ihm das Recht zur Strafaussetzung nicht zustünde noch darf er, nur um die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafaussetzung zu schaffen, die Strafe niedriger als schuldangemessen festsetzen. BGH. N J W . 54, 40. Erst nach Festsetzung der schuldangemessenen Strafe ist zu prüfen, ob die Erwartbarkeit gesetzmäßiger Führung (Abs. 2) eine Aussetzung zuläßt oder — wie z. B. häufig bei erstmaligen kurzfristigen Freiheitsstrafen — gebietet. OLG. Braunschweig N J W . 54, 484. Die Entscheidung über die Strafaussetzung ist Sache des Tatrichters. Der Nachprüfung in der Rev.-Instanz unterliegt die Entscheidung in gleichem Umfang wie sonst die Strafzumessung (Rechtsfehler sind z. B. die Nichtbescheidung eines Aussetzungsantrages in den Urteilsgründen — vgl. § 267 Abs. 3 StPO. —•, die Ablehnung der Strafaussetzung aus der Erwägung, daß bei bestimmten Straftaten Strafaussetzung grundsätzlich nicht gewährt werde — vgl. Anm. 6 zu § 27 b und Anm. 7 zu § 51 —). Wird Strafaussetzung nicht gewährt, so bedarf es, wenn kein Aussetzungsantrag gestellt ist, nicht stets einer Erörterung der Aussetzungsfrage in den Urteilsgründen. Wo aber nach Sachlage eine Erörterung naheliegt (z. B. bei Erstbestrafung, bei leichter Fahrlässigkeit usw.), muß sich aus den Urteilsgründen ergeben, daß das Gericht die Frage einer Aussetzung geprüft h a t ; ein Schweigen des Urteils deutet dann darauf hin, daß es sich der Aussetzungsmöglichkeit nicht bewußt gewesen ist und das materielle Recht verletzt hat. A.M. OLG. Braunschweig N J W . 54, 284. Im Rahmen des § 354 Abs. 1 StPO. kann auch das Rev.-Gericht an Stelle des Tatrichters über die Aussetzung entscheiden. BGH. N J W . 53, 1839. 2) insbes. Bemühungen, den angerichteten Schaden wieder gutzumachen. Dagegen rechtfertigt die Tatsache, daß der Täter den Schaden bisher noch nicht ersetzt hat, allein die Versagung nicht (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1); entscheidend ist, ob sich hierin ein Charaktermangel offenbart, der künftig einwandfreies Verhalten nicht erwarten läßt. BGH. N J W . 54, 359. 3) z. B. Verheiratung, Beschaffung einer festen Arbeitsstelle, Aufgabe schlechter Gesellschaft usw.

I. Teil. 1. Abschnitt. Strafen.

§24

(3) Strafaussetzung zur Bewährung darf nicht angeordnet werden, wenn 1. das öffentliche Interesse die Vollstreckung der StraJe erfordert4), oder 2. während der letzten fünf Jahre vor Begehung der Straftat die Vollstreckung einer gegen den Verurteilten im Inland erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung oder im Gnadenwege ausgesetzt5) oder 3. der Verurteilte innerhalb dieses Zeitraumes im Inland zu Freiheitsstrafen von insgesamt mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist 6 ). (4) In den Fällen des Absatzes 3 Nr. 2 und 3 wird in die Frist die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird7). * § 24. [Auflagen] (1) Das Gericht macht dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Auflagen1). Insbesondere kann es ihm auferlegen, 1. den durch die Tat verursachten Schaden wieder gut zu machen, 2. Weisungen zu befolgen, die sich auf Aufenthaltsort, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit beziehen, 3. sich einer ärztlichen Behandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, 4. Unterhaltspflichten nachzukommen, 4) aus Gründen der Gcneralprävention oder mit Rücksicht auf den Verletzten. Ein formelhafter Hinweis auf Abs. 3 Nr. 1 genügt der Begründungspflicht (§ 263 Abs. 3 StPO.) nicht. OLG. Braunschweig N J W . 54, 363. 5) entscheidend ist nicht, ob das Urteil oder der Gnadenakt, durch die Aussetzung gewährt wurde, innerhalb des Zeitraumes von 5 Jahren vor Tatbegehung erging, vielmehr genügt, daß in dieser Zeit eine Bewährungsfrist lief (mag ihr Beginn auch vor der Fünf Jahresfrist liegen); ob die Aussetzung mit Straferlaß oder Widerruf endete oder zur Zeit der Entscheidung noch läuft, ist ohne Bedeutung, OLG. Hamb. NJW. 54, 484. „Aussetzung der Vollstreckung im Gnadenwege" ist die bedingte Strafaussetzung (§§20 ff.) GnadenO.) einschließlich des bedingten Straferlasses nach §§ 26 ff. der Bayer. Bekanntm. über das Verfahren in Begnadigungssachen v. 24.7.1947 (JMB1. S. 23); Aussetzung wegen eines Teils der erkannten Strafe oder einer Ersatzfreiheitsstrafe genügt. Bloßer Strafaufschub im Gnadenwege (§§ 34 ff. GnadenO.) ist keine „Aussetzung". Der Begriff der „ i m I n l a n d " erkannten Strafe ist der gleiche wie in § 244 (s. dort Anm. 1); Freiheitsstrafen sind kriminelle Strafen (§ 1 StGB.), nicht Ungebühr- oder Beugestrafen. 6) bei einer Gesamtstrafe entscheidet deren Höhe; im übrigen wird bei mehreren Strafen deren Dauer — ohne Rücksicht auf die Strafart — zusammengezählt. Ersatzfreiheitsstrafen zählen nicht, auch wenn sie vollstreckt worden sind. Entscheidend ist hier, ob der Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung (oder Entscheidungen) in die Fünf Jahresfrist fällt; ob die Strafe(n) vollstreckt wurde, ist ohne Bedeutung; getilgte Strafen werden nicht gezählt (§ 5 Abs. 2 Straftilgungsges. •— D 5 —). 7) in diesen Fällen verlängert sich also die Fünfjahresfrist um die Dauer der Strafverbüßung oder Anstaltsverwahrung. Die Vorschrift entspricht dem § 20a Abs. 3 Satz 3. Zu § 24: 1) Es sind g r u n d s ä t z l i c h Auflagen zu machen, um die Lebensführung des Verurteilten so zu beeinflussen, daß er künftig ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird (§ 23 Abs. 2); Auflagen dürfen nur unterbleiben, wenn sie zur Erreichung des Zweckes der Aussetzung entbehrlich erscheinen. Die dem Verurteilten gemachten Auflagen sind nicht erzwingbar; kommt der Verurteilte ihnen nicht nach, so können die Bewährungszeit verlängert, die Auflagen verschärft oder neue auferlegt und bei g r ö b l i c h e r Zuwiderhandlung gegen die Bewährungsauflagen die Aussetzung widerrufen werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 2 Nr. 3). Die zulässigen Auflagen sind in Abs. 1 nicht erschöpfend aufgezählt („insbesondere"); die Grenzen der Zulässigkeit ergeben sich aus ihrem Zweck, die Lebensführung g ü n s t i g zu beeinflussen; daher sind Auflagen, die es dem Verurteilten unmöglich machen, günstigere Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten wahrzunehmen, unzulässig (Abs. 2 Satz 2; vgl. Art. 12 GG.). Es ist also zwar zulässig, dem Verurteilten aufzugeben, in einer bestimmten Arbeits- oder Lehrstelle zu verbleiben; weist er aber nach, daß er eine günstigere Arbeitsstelle erlangen kann, ohne daß die Erreichung des Ziels der Bewährungszeit durch den Wechsel beeinträchtigt wird, so muß die Auflage entsprechend geändert werden (Abs. 3). Wenn auch die Erfüllung der Auflage rechtlich nicht erzwingbar ist, so bleibt doch dem Verurteilten 2*

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A 2.

Strafgesetzbuch. § 24a

5. einen G e l d b e t r a g zugunsten einer gemeinnützigen E i n r i c h t u n g zu zahlen 2 ) oder 6. sich der Aufsicht und L e i t u n g eines B e w ä h r u n g s h e l f e r s zu unterstellen. (2) Von der A n o r d n u n g v o n Auflagen k a n n a b g e s e h e n werden, wenn z u e r w a r t e n ist, d a ß der Verurteilte a u c h ohne sie ein g e s e t z m ä ß i g e s u n d g e o r d n e t e s L e b e n führen, v o r allem den d u r c h die T a t v e r u r s a c h t e n S c h a d e n n a c h K r ä f t e n wieder g u t m a c h e n wird. D e r V e r u r t e i l t e d a r f d u r c h eine Auflage n i c h t d a r a n gehindert werden, für ihn günstigere Möglichkeiten d e r Ausbildung oder A r b e i t wahrzunehmen3). (3) E n t s c h e i d u n g e n n a c h den A b s ä t z e n 1 u n d 2 k a n n d a s Gericht a u c h n a c h t r ä g l i c h treffen, ä n d e r n oder aufheben 4 ). (4) Die B e w ä h r u n g s z e i t b e t r ä g t m i n d e s t e n s zwei u n d h ö c h s t e n s fünf J a h r e . Sie beginnt m i t d e r R e c h t s k r a f t d e r E n t s c h e i d u n g über die S t r a f a u s s e t z u n g 5 ) . Sie k a n n n a c h t r ä g l i c h bis auf d a s M i n d e s t m a ß v e r k ü r z t oder v o r i h r e m A b l a u f bis auf d a s H ö c h s t m a ß v e r l ä n g e r t w e r d e n 2 ) . W ä h r e n d d e r B e w ä h r u n g s z e i t r u h t die Verjährung der Strafvollstreckung.

* § 24 a. [Bewährungshelfer]1) D e r B e w ä h r u n g s h e l f e r (§ 2 4 Abs. 1 N r . 6) w i r d v o n d e m Gericht bestellt. E r ü b e r w a c h t n a c h dessen Anweisungen w ä h r e n d der B e w ä h r u n g s z e i t die L e b e n s führung des V e r u r t e i l t e n u n d die E r f ü l l u n g d e r Auflagen. um Straferlaß zu erlangen, nichts übrig, als sich ihr zu unterwerfen, was einen gegenüber einem rechtlichen Zwang kaum wesentlich schwächeren t a t s ä c h l i c h e n Zwang bedeutet, der Auflage nachzukommen. Die Auflage hat daher für ihn regelmäßig eine Beeinträchtigung seiner persönlichen Freiheit in irgendeiner Richtung und insoweit eine Annäherung an den Zustand der Freiheitsentziehung bei Durchführung der Strafvollstreckung zur Folge. Keinesfalls aber darf eine Auflage eine über den Vollzug der Freiheitsstrafe hinausgehende Freiheitsbeschränkung zur Folge haben. Rechte, die durch den Strafvollzug nicht beeinträchtigt werden, können auch im Auflagewege nicht beschränkt werden, wie z. B. die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die ungestörte Religionsausübung (Art. 4 GG.). Nicht zulässig also sind Auflagen, die einen Konfessionswechsel, regelmäßigen Kirchbesuch oder den Beitritt zu einer Vereinigung zum Gegenstand haben, die neben einem bestimmten Zweck (Sport, Bekämpfung des Alkoholmißbrauches usw.) eine bestimmte weltanschauliche Gesinnung pflegen. Unzulässig sind auch Auflagen, die einen mittelbaren Zwang in solchen Angelegenheiten bedeuten, in denen nach dem Willen der Rechtsordnung im Interesse völliger Freiheit der Entschließung jeglicher rechtliche Zwang ausgeschlossen ist, z. B . daß der Verurteilte sich verheirate oder gar, daß er eine bestimmte Person heirate oder nicht heirate (näheres Grau-Schäfer, Preuß. Gnadenrecht S. 289f.). Die Anordnungen erfolgen nach § 268a StPO. durch Beschluß, der zusammen mit dem Urteil, in dem die Strafvollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, zu verkünden ist. In diesem Beschluß (nicht im Urteil) wird auch die Dauer der Bewährungszeit festgesetzt, B G H . N J W . 54, 522. Anfechtbarkeit: § 305a StPO. 2) Die Höhe des Geldbetrages ist gesetzlich nicht begrenzt; er kann z. B. bei einer Übertretung 150 DM übersteigen. Das Höchstmaß ergibt sich im Einzelfall lediglich aus dem Zweck der Auflage und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters. OLG. Stuttgart N J W . 54, 522. Die gemeinnützige Einrichtung ist in dem Auflagebeschluß (§ 268a StPO.) zu bestimmen. 3) Vgl. Anm. 1. Ob günstigere Möglichkeiten vorliegen, entscheidet das Gericht ohne Bindung an die Auffassung der Verurteilten. Eine Arbeitsmöglichkeit ist nicht nur deshalb günstiger, weil ein höherer Arbeitslohn zu erwarten ist; vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. 4) vgl. § 453 StPO. 5) Also mit der Rechtskraft des die Strafaussetzung aussprechenden Urteils (Strafbefehls, amtsrichterl. Straf Verfügung). Zu § 2 4 a : 1) Art. 5 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4 . 8. 1953 (BGBl. I S. 735) bestimmt: „Die Tätigkeit des Bewährungshelfers wird haupt- oder ehrenamtlich ausgeübt. Das Nähere ist durch Landesgesetz zu regeln."

I. Teil. 1. Abschnitt. Strafen. §§ 25, 26

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* § 25. [Straferlaß. Widerruf der Strafaussetzung] (1) Hat der Verurteilte sich bewährt, so wird die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen1). Das Gericht kann anordnen, daß über die Verurteilung nur noch beschränkt Auskunft erteilt wird2). (2) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung 3 ), wenn 1. Umstände bekannt werden, die bei Würdigung des Wesens der Aussetzung zu ihrer Versagung geführt hätten 4 ), 2. der Verurteilte wegen eines innerhalb der Bewährungszeit begangenen Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens im Inland zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird5), 3. er den Bewährungsauflagen gröblich zuwiderhandelt oder 4. sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war. (3) .Leistungen, die der Verurteilte auf Grund von Auflagen erbracht hat, werden nicht zurückerstattet 6 ).

* § 26. [Bedingte Entlassung] (1) Das Gericht kann den zu zeitiger Freiheitsstrafe Verurteilten 1 ) mit seiner Zustimmung bedingt entlassen 2 ), wenn dieser zwei Drittel der Strafe, mindestens Z u § 2 5 : 1) Nach Ablauf der — gegebenenfalls bis zur Höchstdauer verlängerten — Bewährungszeit m u ß das Gericht je nach dem Ergebnis der über die Bewährung angestellten Ermittlungen entweder die Strafe erlassen oder die Aussetzung widerrufen. Der Erlaß erstreck! sich nur auf die ausgesetzte Freiheitsstrafe, nicht auf Nebenstrafen usw., bei Erlaß einer Ersatzfreiheitsstrafe nicht auf die Geldstrafe. Soweit Nebenstrafen, Sicherungsmaßregeln und sonstige Sperrfristen erst nach dem Erlaß der Strafe zu laufen beginnen, ergibt sich aus § 36 Abs. 2, § 421 Abs. 3, §§ 57 Abs. 3, 44a Abs. 3 GewO., § 15 Abs. 2 Nr. 6 des Waffenges, v. 18. 3. 1938 (RGBl. I S. 265), § 6 Abs. 3 Straftilgungsges. — D 5 — , § 95 Abs. 1 J G G . , der allgemeine Rechtsgedanke, daß die Bewährungszeit auf den Lauf der Nebenstrafen usw. angerechnet wird, damit sich der Verurteilte, der Strafaussetzung zur Bewährung erhalten hat, nicht schlechter steht als ein Verurteilter, dessen Strafe alsbald vollstreckt worden ist; dies gilt z. B . für die Sperrfrist nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 B J G . — unter B I X 1 — (vgl. dazu MitzschkeSchäfer, B J G . , Anm. 3 zu § 17). Der Straferlaß tritt mit dem Ergehen des Erlaßbeschlusses (§ 453 StPO.) ein, der nicht anfechtbar ist (§ 453 Abs. 3 Satz 4 StPO.). Einen Widerruf des Erlasses (z. B . weil nachträglich bekannt wird, daß der Verurteilte in der Bewährungszeit erneut straffällig geworden ist) kennt das Gesetz nicht. 2) Die nach Erlaß der Strafe laufende Auskunftsbeschränkungsfrist verkürzt sich gem. § 6 Abs. 3 Straftilgungsges. — D 5 — kraft Gesetzes um die Dauer der Bewährungszeit. Soweit danach noch eine weitere Frist läuft, kann, in Erweiterung des § 8 Straftilgungsges., das Gericht beschränkte Auskunft anordnen; die Einschränkung in § 8 Abs. 1 Halbsatz 2 („wenn dadurch staatliche Interessen nicht gefährdet werden") gilt der Natur der Sache entsprechend auch für das Gericht. § 8 Abs. 4 ist entsprechend anwendbar. 3) S. § 453 Abs. 1, 2 und Abs. 3 Satz 3 StPO. Die sof. Beschwerde unterliegt nicht der Beschränkung des § 453 Abs. 3 Satz 2, sondern führt zu einer Nachprüfung in vollem Umfang. OLG. Braunschweig N J W . 54, 364. 4) Z. B . wenn nachträglich vor der Strafaussetzung begangene Straftaten bekannt werden. 5) Gemeint ist eine rechtskräftige Verurteilung; ist sie bei Ablauf der Bewährungsfrist noch nicht rechtskräftig, so muß das Gericht die Entscheidung über Erlaß oder Widerruf bis zur Rechtskraft aussetzen. „ I m Inland": s. Anm. 5 zu § 23. Ist ein Strafverfahren, z. B . wegen Abwesenheit, nicht durchführbar, so kann Widerruf nach Nr. 4 in Betracht kommen. 6) Grundgedanke: kein Bereicherungsanspruch wegen nachträglichen Wegfalls der Aussetzung. Abs. 3 verbietet demgemäß nicht die Rückforderung eines auflagegemäß geleisteten Schadensersatzbetrages, wenn sie nachträglich herausstellt, daß der Verletzte einen Schaden tatsächlich nicht oder nicht in der behaupteten Höhe erlitten hatte. Zu § 2 6 : 1) Bedingte Entlassung kann auch bei zeitiger (nicht bei lebenslanger, im Gnadenwege in zeitige Strafe umgewandelter) Zuchthausstrafe gewährt werden, ebenso bei Strafen, deren Aussetzung zur Bewährung gemäß § 25 widerrufen worden ist. Die Mindestdauer von 2 / 3 richtet sich nach der im Urteil festgesetzten, nicht nach einer im Gnadenwege geminderten

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A 2. Strafgesetzbuch. § 27

jedoch drei Monate, verbüßt hat und erwartet werden kann, daß er in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen wird. (2) Die Bewährungszeit darf die Dauer des Strafrestes auch im Falle einer nachträglichen Verkürzung nicht unterschreiten3). (3) Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 24, 24 a und des § 25 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sinngemäß4).

* § 27 1 ). [Geldstrafe] (1) Die Geldstrafe ist in Deutsche Mark festzusetzen. (2) Sie beträgt 1. bei Verbrechen und Vergehen, soweit nicht höhere Beträge oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, mindestens fünf8) Deutsche Mark und höchstens zehntausend Deutsche Mark; 2. bei Übertretungen mindestens drei Deutsche Mark, soweit nicht ein-höherer Mindestbetrag angedroht ist oder wird, und höchstens einhundertfünfzig Deutsche Mark. (3) Die Vorschriften des Abs. 2 über Höchstbeträge gelten nicht, soweit die angedrohte Strafe in dem Mehrfachen, dem Einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrages besteht 3 ). Ist dieser nicht auf Deutsche Mark gestellt, so ist er für die Festsetzung der Geldstrafe in Deutsche Mark umzurechnen. Strafhöhe; ist eine Zuchthausstrafe im Gnadenweg in Gefängnis von gleicher Dauer umgewandelt, so genügt die Verbüßung von % dieser Gefängnisstrafe. § 26 fordert nicht, daß die erkannte Strafe mindestens 4 % Monate betrage; vielmehr kommt auch z. B . bei einer Strafe von 4 Monaten Gef. nach Verbüßung von 2/3 bedingte Entlassung in Betracht, aber erst, wenn mindestens 3 Monate verbüßt sind. Angerechnete Untersuchungshaft wird als verbüßte Strafe gerechnet, denn der gesetzgeberische Gedanke, daß das Strafübel durch Vollzug eine gewisse Zeit auf den Verurteilten eingewirkt haben müsse, trifft auch auf die angerechnete U.-Haft zu (dies war für § 23 a. F . streitig; vgl. Frank I I 2). Jedoch müssen mindestens 3 Monate verbüßt, also im eigentlichen Strafvollzug zugebracht sein; es ist daher nicht zulässig, einen zu 21 Monaten Gefängnis unter Anrechnung von 7 Mon. U.-Haft Verurteilten alsbald für den Rest von 7 Mon. bed. zu entlassen, denn die Erwartbarkeit künftiger gesetzmäßiger Führung soll j a in 1. Linie nach der Wirkung des effektiven Strafvollzugs beurteilt werden. A. M. O L G . Köln N J W . 54, 205 mit abl. Anm. von Reh N J W . 54, 484. § 26 findet auch Anwendung, wenn mehrere zeitige Freiheitsstrafen, ohne daß eine Gesamtstrafe in Betracht kommt, in unmittelbaren Anschluß nacheinander zu verbüßen sind; die 2/3 berechnen sich nach der Gesamtdauer der zu verbüßenden Strafen ohne Rücksicht auf die Strafart. 2) Vgl. § 454 StPO. Zum Begriff der Entlassung gehört zwar, daß mit dem Vollzug begonnen und dieser mindestens 3 Monate effektiv gedauert hat (s. Anm. 1). Dagegen ist nicht erforderlich, daß sich der Verurteilte bei Gewährung bed. Entl. in Strafhaft befindet; es genügt, daß eine unterbrochene Strafvollstreckung noch nicht endgültig beendet ist, ohne daß es auf die Dauer der Unterbrechung ankommt (so wohl auch Reh N J W . 54, 4 8 4 ; zu eng OLG. Düsseldorf N J W . 54, 485). 3) Die Höchstdauer beträgt gemäß § 26 Abs. 3, § 24 Abs. 4 5 Jahre, die Mindestdauer zwei Jahre, sofern nicht der noch nicht verbüßte Strafrest höher ist. 4) Unanwendbar ist also — beabsichtigtermaßen — § 25 Abs. 1 Satz 2; dagegen ist § 25 Abs. 3, obwohl nicht angeführt, ebenfalls entsprechend anwendbar, da kein innerer Grund erkennbar ist, Auflageleistungen im Falle des Widerrufs der bedingten Entlassung anders zu behandeln als bei der Aussetzung zur Bewährung. Sinngemäß anwendbar ist auch § 23 Abs. 3 Nr. 1; das Interesse der Allgemeinheit kann wegen der Art der Tat volle Verbüßung fordern, auch wenn von dem Verurteilten bei bedingter Entlassung ein gesetzmäßiges Leben zu erwarten ist. OLG. Bremen MDR. 54, 118. Z u § 27: 1) Gegen Jugendliche keine G e l d s t r a f e , sondern nur Geldbuße als Zuchtmittel (§ 15 J G G . ) . Wegen der Höhe der Geldbuße bei Ordnungswidrigkeiten vgl. § 5 OWiG. - A 4 - . 2) Auch bei Versuch und Beihilfe. E . 18, 125. 3) Besteht eine Strafe in Höhe des Mehrfachen, so darf sie weder höher, noch niedriger als auf das Mehrfache festgesetzt werden. E . 60, 198 u. 389.

I. Teil. 1. A b s c h n i t t . S t r a f e n . §§ 27a, 2 7 b

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§ 27a. [Geldstrafe bei Gewinnsucht] Bei einem Verbrechen oder Vergehen, das auf Gewinnsucht1) beruht, kann die Geldstrafe auf einhunderttausend Deutsche Mark erhöht und auf eine solche Geldstrafe neben Freiheitsstrafe auch in denjenigen Fällen erkannt werden, in denen das Gesetz eine Geldstrafe nicht androht. * § 27b. [Geldstrafe statt Freiheitsstrafe] Ist für ein Vergehen1) oder eine Übertretung, für die an sich eine Geldstrafe überhaupt nicht oder nur neben Freiheitsstrafe zulässig2) ist, Freiheitsstrafe von weniger als drei Monaten3) verwirkt,4) so ist an Stelle der Freiheitsstrafe auf Geldstrafe6) (§§ 27, 27a) zu erkennen, wenn der Strafzweck durch eine Geldstrafe erreicht werden kann 6 ). Z u § 27 a : 1) Gewinnsucht ist die Steigerung des berechtigten Erwerbssinnes auf ein u n gewöhnliches, ungesundes, sittlich anstößiges Maß. E . 60, 306; B G H . N J W . 52, 983. T a t b e s t a n d s m e r k m a l oder qualifizierendes M o m e n t b r a u c h t die Gewinnsucht nicht zu sein. Bei T a t e n , die begrifflich n o t w e n d i g oder t a t s ä c h l i c h f a s t ausschließlich aus Vermögensinteressen begangen werden, ist zur A n w e n d u n g des § 27 a erforderlich, d a ß sich die T a t v o m normalen Bilde eines solchen Delikts in e r k e n n b a r e m Maße ungünstig unterscheidet. R G . D R . 40, 1943. Wegen der „gewinnsüchtigen A b s i c h t " in § 133 Abs. 2 vgl. dort A n m . 10. Z u § 27 b : 1) § 27 b k a n n nicht im Wege erweiternder Auslegung auf Verbrechen angew a n d t werden, a u c h d a n n nicht, wenn wegen A n n a h m e mildernder U m s t ä n d e auf Vergehenss t r a f e e r k a n n t werden k a n n . R G . D J . 38, 831; J W . 39, 623 (s. A n m . 1 zu § 1). 2) § 27 b ist auch a n w e n d b a r , wenn neben Freiheitsstrafe Geldstrafe n u r bei mildernden U m s t ä n d e n zulässig ist u n d diese nicht a n g e n o m m e n werden. E . 58, 106; O L G . B r e m e n N J W . 53, 394; a b e r nicht, wenn Geld- oder Freiheitsstrafe, wie in § 185, wahlweise a n g e d r o h t ist. E . 72, 361. 3) Stehen mehrere T a t e n zur Aburteilung, bei denen G e s a m t s t r a f e n b i l d u n g in F r a g e k o m m t , so ist f ü r jede Einzelstrafe zu p r ü f e n , ob § 2 7 b z u t r i f f t ; bejahendenfalls u n t e r b l e i b t die Gesamtstrafenbildung. E . 59, 21; B G H . N J W . 53, 1271. Bei Tateinheit entscheidet d a s a n z u w e n d e n d e schwerste Gesetz, ob § 2 7 b A n w e n d u n g findet. 4) Die v e r w i r k t e S t r a f e ist in der Urteilsformel auszusprechen ( „ . . . w i r d a n Stelle einer v e r w i r k t e n Gefängnisstrafe von 2 M o n a t e n zu . . . Geldstrafe v e r u r t e i l t " ) , mindestens aber h a b e n sich die Urteilsgründe d a r ü b e r auszusprechen. E i n M a ß s t a b f ü r die R ü c k u m w a n d l u n g bei Uneinbringlichkeit (vgl. § 29 Abs. 4) b r a u c h t nicht b e s t i m m t zu werden. R G . J W . 22, 1049. 5) Die e r k a n n t e Geldstrafe ist eine echte u n d p r i m ä r e Geldstrafe. R G . D R . 40, 634. D a h e r eine G e s a m t s t r a f e unzulässig. E . 59, 21. D a § 2 7 c in d e m K l a m m e r z u s a t z nicht ang e f ü h r t ist, ist eine "Überschreitung des gesetzl. H ö c h s t m a ß e s der Geldstrafe (§ 27c Abs. 3) nicht zulässig. B G H . N J W . 53, 72. 6) Die nicht d e n Schuld-, sondern n u r d e n S t r a f a u s s p r u c h angehende F r a g e n a c h der E r r e i c h b a r k e i t des Strafzwecks k a n n v o m R i c h t e r stets n u r u n t e r W ü r d i g u n g aller U m s t ä n d e des Einzelfalls entschieden werden. Sie ist zu bejahen, wenn der Strafzweck — gerechte Sühne des begangenen Unrechts, Besserung des T ä t e r s u n d Abschreckung a n d e r e r vor gleichen S t r a f t a t e n — in gleicher Weise wie d u r c h eine Freiheitsstrafe erreicht werden k a n n . K a n n a u c h n u r ein Teil des Strafzwecks nicht d u r c h die Geldstrafe erreicht werden, so darf sie n i c h t v e r h ä n g t werden. R G . D R . 43, 138. Auch die W i r k u n g der B e s t r a f u n g auf den Verletzten ist n i c h t a u ß e r A c h t zu lassen. E . 65, 229. Strafzweck ist nicht gleichbedeutend m i t Zweck der Strafvollstreckung. Schon die W i r k u n g der V e r h ä n g u n g der S t r a f e ist zu berücksichtigen. E . 59, 51. § 2 7 b schließt kein Vergehen, a u c h nicht die gegen das Leben, v o n seiner A n w e n d u n g aus. R G . D R . 43, 138. D a h e r ist, wenn die Voraussetzungen des § 2 7 b gegeben sind, ohne R ü c k s i c h t auf die a b s t r a k t e Schädlichkeit der s t r a f b a r e n H a n d l u n g auf Geldstrafe zu erkennen. E . 68, 227. Die Auffassung, d a ß b e s t i m m t e S t r a f t a t e n (z. B. v o n einem Berufsfahrer begangene fahrlässige T ö t u n g oder Beamtenvergehen) ausnahmslos n u r durch eine Freiheitsstrafe gesühnt werden k ö n n t e n , ist m i t § 2 7 b u n v e r e i n b a r . E . 71, 4 6 ; B a y O b L G . V S R . 4, 207. D a s schließt a b e r nicht aus, d a ß b e s t i m m t e allgemeine örtliche oder zeitliche Verhältnisse bei der F r a g e der E r r e i c h b a r k e i t des Strafzwecks berücksichtigt werden. R G . D R . 43, 138. Der U m w a n d l u n g s t e h t n i c h t entgegen Vermögenslosigkeit. H R R . 28 Nr. 787. oder voraussichtliche N i c h t t r a g b a r k e i t einer hohen Geldstrafe. E . 65, 229. N i c h t erreichbar ist der Zweck, wenn zu b e f ü r c h t e n ist, d a ß der B e s t r a f t e d u r c h V e r h ä n g u n g einer Geldstrafe angereizt werde, sich die Mittel zu ihrer Bezahlung d u r c h neue S t r a f t a t e n

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 27c, 28

§ 27c. [ B e m e s s u n g der Geldstrafe] (1) Bei der Bemessung einer Geldstrafe sind die wirtschaftlichen Verhältnisse 1 ) des Täters zu berücksichtigen. (2) Die Geldstrafe soll das E n t g e l t 2 ) , das der Täter für die Tat empfangen, und den Gewinn, den er aus der Tat gezogen hat, übersteigen 3 ). (3) Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so darf es überschritten werden 4 ). * § 28. [Frist und Teilzahlung] (1) Ist dem Verurteilten nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, daß er die Geldstrafe sofort zahlt, so h a t 1 ) ihm das Gericht eine Frist 2 ) zu bewilligen oder ihm zu gestatten, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen 2 ). (2) D a s Gericht kann diese Vergünstigung auch nach dem Urteil bewilligen. E s kann seine Entschließungen nachträglich ändern. Leistet der Verurteilte die Teilzahlungen nicht rechtzeitig, oder bessern sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich, so kann das Gericht die Vergünstigung widerrufen 2 ). (3) Auf die nach Abs. 2 zu treffenden Entscheidungen findet § 462 der Strafprozeßordnung Anwendung. zu beschaffen. HRR. 29 Nr. 669; oder wenn anzunehmen ist, daß ein Dritter die Strafe für ihn bezahlen werde. E. 65, 308. Mit Rücksicht auf § 267 Abs. 3 StPO. (Pflicht zur Begründung der Strafzumessung) muß bei Nichtanwendung des § 27 b die Urteilsbegründung erkennen lassen, daß die Anwendbarkeit des § 27b erörtert und verneint worden ist. OLG.e Frankf. HESt. 3, 66; Bremen NJW. 53, 394 (anders früher RG. JW. 38, 1013). Zu § 27 c: 1) Es kommen hierbei in Betracht neben der Höhe und Art des Einkommens die Familienverhältnisse, Erwerbsfähigkeit, Erwerbsaussichten, Ortsverhältnisse, aber auch die Verbindlichkeiten des Täters, z. B. gesetzliche Unterhaltspflichten. Nicht in Betracht kommt das Einkommen eines Dritten, der die Geldstrafe möglicherweise zahlt. Hamburg HRR. 32 Nr. 1173. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist nicht die Zeit der Tat, sondern der Tag der Urteilsfällung. OLG. Köln HESt. 1, 202. Abs. 1 enthält nur e i n e n der bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte; er hindert die Verhängung einer die wirtschaftlichen Verhältnisse übersteigenden Strafe nicht, wenn andere Strafzumessungsgründe dies erfordern. E. 76, 301; OLG. Köln HESt. 1, 202. 2) Entgelt ist der Vorteil, der für eine Tat (z. B. für eine Beihilfe) gewährt worden ist. OLG. Celle DRZ. 49, 262. 3) Gewinn = Reingewinn. OLG. Celle DRZ. 49, 262. Abs. 2 ist auch dann anzuwenden, wenn der vom Täter gezogene Gewinn zugunsten des Fiskus oder eines Geschädigten anderweit sichergestellt ist, also aus dem Vermögen des Täters wieder ausscheidet (z. B. bei Steuervergehen). E. 76, 301, oder schon bei Aburteilung wieder ausgeschieden ist. RG. DRZ. 27 Nr. 313. Die Tatsache aber, daß der Gewinn kein dauernder gewesen, gehört zu den zu berücksichtigenden Verhältnissen. Abs. 1 geht dem Abs. 2 vor, wenn seine Anwendung ein übermäßig schweres Stiafübel zur Folge haben würde. DRZ. 27 Nr. 313. — Es kommt auch der Gewinn in Betracht, den der Täter nicht für sich selbst, sondern z. B. im Fall des § 396 (359) RAbgO. für einen anderen gezogen hat. Recht 30 Nr. 1531, doch muß es sich immer um einen u n m i t t e l b a r aus der Tat gezogenen Vorteil handeln; eine Ausdehnung auf mittelbare Vorteile ist nicht zulässig. KG. DStR. 38, 136. — Abs. 2 ist auch anwendbar bei Fahrlässigkeitsdelikten. RG. JR. 26 Nr. 1983. 4) Es bestand Streit, ob sich Abs. 3 nur auf Abs. 2 oder auch auf Abs. 1 beziehe. E. 77, 137 hatte die Erstreckung des Abs. 3 auf Abs. 1 bei Verbrechen und Vergehen bejaht, bei Übertretungen abgelehnt, während OLG. Düsseldorf MDR. 52, 180 auch bei Übertretungen eine Höchstmaßüberschreitung mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zuließ. BGH. St. 3, 259 (auf Vorlage gemäß § 121 Abs. 2 GVG.) verneint — unter Hinweis auf § 6 OWiG. (unter A 4) —, der eine Überschreitung des Höchstmaßes der Geldbuße im Hinblick auf die wirtschaftl. Verhältnisse des Betroffenen nicht zuläßt, mit Recht jede Erstreckung des Abs. 3 auf Abs. 1. Zu § 28: 1) Abs. 1 ist im Gegensatz zu Abs. 2 zwingend. E. 64, 208. Die Bewilligung von Zahlungsfristen und Teilzahlungen ist im Urteilssatz auszusprechen. E. 60, 16. Ist eine Freiheitsstrafe im Gnadenwege in eine Geldstrafe umgewandelt, so darf das Gericht

1. Teil. 1. Abschnitt. Strafen. §§ 28 a, 28b, 29

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§ 28 a. [Beitreibung] (1) Soweit die Geldstrafe nicht gezahlt wird, ist sie beizutreiben1). (2) Der Versuch, die Geldstrafe beizutreiben, kann unterbleiben, wenn mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß sie aus dem beweglichen Vermögen des Verurteilten nicht beigetrieben werden kann. * § 28 b. [Tilgung durch freie Arbeit] (1) Die Vollstreckungsbehörde kann dem Verurteilten gestatten, eine uneinbringliche Geldstrafe durch freie Arbeit zu tilgen. (2) Das Nähere regelt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats. Soweit dies nicht geschieht, sind die obersten Landesbehörden ermächtigt, das Nähere zu regeln1). § 2 9 . [Ersatzstrafe] (1) An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe1) tritt bei Verbrechen oder Vergehen Gefängnis oder, wenn neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt wird, Zuchthaus2), bei Übertretungen Haft. Auch bei Vergehen kann die Geldstrafe in Haft umgewandelt werden, wenn Geldstrafe allein oder an erster Stelle oder wahlweise neben Haft angedroht ist. (2) Die Dauer der Ersatzstrafe ist mindestens ein Tag3) und bei Gefängnis und Zuchthaus höchstens ein Jahr, bei Haft höchstens sechs Wochen. Ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe von geringerer Höhe angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen. Die Ersatzstrafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden4). (3) Im übrigen richtet sich das Maß der Ersatzstrafe nach freiem Ermessen des Gerichts. (4) In den Fällen des § 27b ist die Ersatzstrafe die verwirkte Freiheitsstrafe. (Abs. 2) für diese nicht Strafausstand bewilligen. KG. J R . 25 Nr. 333. Bei Verletzung des Abs. 1 hebt das RevGericht den Strafausspruch in vollem Umfang auf, wenn nicht auszuschließen ist, daß die Beachtung des Abs. 1 die Höhe der erkannten Strafe beeinflußt hätte. OLG. Bremen N JW. 54, 222. — Siehe auch §§ 15 und 35 der GnadenO. vom 6. 2. 1935 (D 4); wegen der Verrechnung eingehender Ratenzahlungen auf Strafe und Kosten siehe § 13 der AV. v. 28. 5. 1937 (DJ. S. 840) und Küchler DR. 39, 918. 2) In das Urteil darf eine Verfallklausel nicht aufgenommen werden. KG. J W . 30, 665. Zu § 2 8 a : 1) Vgl. dazu § 36 StrVollstrO. (D 3). Zu § 28 b : 1) Vorschriften der Bundesregierung sind nicht ergangen. Über die Erfahrungen in Württemberg-Baden vgl. Kohlhaas DRZ. 48, 484. Zu § 29: 1) Die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erfolgt im Urteil; bei versehentlicher Unterlassung Nachholung gem. § 459 StPO. Der Umrechnungsmaßstab ist unbeschränkt. Bei Vergehen kann als Satz weniger als 5 DM. zugrunde gelegt werden. Dresden JW. 29, 520. § 29 ist auch in Steuersachen anzuwenden. E. 63, 95 (101), Wird die erkannte Geldstrafe ganz oder zum Teil als durch die erlittene Untersuchungshaft verbüßt erklärt, so ist gleichwohl (mit Rücksicht auf etwaige künftige Amnestiegesetze) für die ganze Strafe eine Ersatzfreiheitsstrafe auszusprechen. RG. D J . 37, 819; J W . 39, 145 (unter Aufgabe von E. 63, 133; 68, 2). Nach OLG. Tübingen MDR. 49, 121 genügt es, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, daß, wäre eine Ersatzstrafe ausgesprochen worden, diese der angerechneten U-Haft entsprochen h ä t t e . Bei nichtbeitreibbaren Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten gibt es keine Umwandlung, vgl. § 69 OWiG. — A 4 — . 2) Ersatzzuchthausstrafe ist nur zulässig, wenn wegen derselben T a t neben Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt wird. E. 62, 125 und 186. Hierher gehört auch der Fall, daß bei Tateinheit die Zuchthausstrafe aus dem schwersten, die Geldstrafe aus einem milderen Gesetz entnommen ist. E. 77, 326; B G H S t . 3, 40; dies gilt auch, wenn das mildere Gesetz ein Steuergesetz und die Geldstrafe gemäß § 418 Abs. 1 RAbgO. — B VI — festzusetzen ist. R G . DR. 44, 536; B G H S t . 3, 40; a. M. E. 67, 99. 3) In einem Tage H a f t besteht die Ersatzstrafe auch dann, wenn die Geldstrafe niedriger als drei Deutsche Mark ist. KG. GA. 71, 20. 4) Es ist nicht von einem Umwandlungsmaßstab auszugehen; für jede einzelne Geld-

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 30—32

(5) Der Verurteilte kann die Vollstreckung der Ersatzstrafe jederzeit dadurch abwenden, daß er den noch zu zahlenden Betrag der Geldstrafe entrichtet 6 ). (6) Kann die Geldstrafe ohne Verschulden des Verurteilten nicht eingebracht werden, so kann das Gericht anordnen, daß die Vollstreckung der Ersatzstrafe unterbleibt 6 ). § 462 der Strafprozeßordnung findet Anwendung.

§ 30. [Vollstreckung in den Nachlaß] In den Nachlaß kann eine Geldstrafe nur dann vollstreckt werden, wenn das Urteil bei Lebzeiten des Verurteilten rechtskräftig geworden war.

* § 31. [Rechtsfolgen der Zuchthausstrafe] (1) Die Verurteilung zur Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter von Rechts wegen zur Folge 1 ). (2) Unter öffentlichen Ämtern im Sinne dieses Strafgesetzes sind die Anwaltschaft und das Notariat, sowie der Geschworenen- und Schöffendienst mitbegriffen.

* § 32. [Ehrverlust] (1) Neben der Zuchthausstrafe kann auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden, neben der Gefängnisstrafe nur, wenn die Dauer der erkannten Strafe 1 ) drei Monate erreicht und entweder das Gesetz den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zuläßt oder die Gefängnisstrafe wegen Annahme mildernder Umstände 2 ) an Stelle von Zuchthausstrafe ausgesprochen wird3). (2) Die Dauer dieses Verlustes beträgt bei zeitiger 4 ) Zuchthausstrafe mindestens zwei und höchstens zehn Jahre, bei Gefängnisstrafe mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre. strafe ist vielmehr die insgesamt an ihre Stelle tretende Ersatzstrafe auszusprechen. E. 60, 245; Tittel, DRZ. 28,478. (also nicht:,,für je 10Mark ein Tag Gefängnis", sondern: ,,300Mark, ersatzweise 30 Tage Gefängnis"). Dagegen KG. J W . 29, 1658; OLG. Hamburg HESt. 1, 239; Schwarz Anm. 3. 5) Ist die Zahlung auf gesetzl. zulässigem Wege nicht möglich (z. B. bei einem von einem ostzonalen Gerichte Verurteilten), so muß die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe unterbleiben. AG. Bremerhaven N J W . 53, 678. 6) Die Uneinbringlichkeit braucht nicht nachträglich eingetreten zu sein, kann vielmehr auch schon z. Zt. der Aburteilung bestanden haben. A. M. OLG. Hamm JZ. 51, 518 mit abl. Anm. von Härtung. Ohne Verschulden: nur besondere Umstände, die die Nichtbeitreibbarkeit bedingen, kommen in Betracht, wie unverschuldete Krankheit; bloße Zahlungsunfähigkeit genügt nicht. Bei Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Verurteilten nach erfolgter Anordnung kann die Geldstrafe beigetrieben werden. § 36 Abs. 3 der StrVollstrO. (unter D 3). Die Anordnung schließt die Vollstreckung der Ersatzstrafe endgültig aus. A. M. Dresden J W . 32, 1764 und Imlau D J . 38, 1759. Zu § 31: 1) öffentl. Ämter sind alle Stellungen, in denen aus der Staatsgewalt abgeleitete und staatlichen Zwecken dienende Aufgaben zu erfüllen sind. E. 62, 26, einschl. der Ämter der Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht, wie die Religionsgesellschaften, andere als staatliche Zwecke verfolgen. E. 47, 51. Zu § 3 2 : 1) Bei Gesamtstrafe die maßgebende Einzelstrafe. RG. Recht 33 Nr. 2260. 2) Nicht wegen Annahme eines „minder schweren Falls". E. 59, 257; BGH. N J W . 53, 1311. Keine Anwendung des § 32, wenn das Gesetz wahlweise Gefängnis neben Zuchthaus androht. E. 25, 408; 70, 220; BGH. NJW. 53, 1311. 3) Bei Meineid (§ 161), schwerer Kuppelei (§ 181) und gewerbsmäßigem Wucher (§ 302d) muß auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Ehrverlust ist auch bei Ausländern und Staatenlosen zulässig. BGH. N J W . 52, 234. 4) Neben lebenslanger Zuchthausstrafe kann Ehrverlust nur auf Lebensdauer, nicht auf Zeit, ausgesprochen werden. BGH. NJW. 54, 360.

1. Teil.

1. Abschnitt.

Strafen.

§§ 33—36

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§ 33. [Dauerwirkungen] Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen 1 ) für den Verurteilten hervorgegangenen Rechte, ingleichen den dauernden Verlust der öffentlichen Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen2). * § 34. [Zeitige Wirkungen] Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt ferner die Unfähigkeit, während der im Urteile bestimmten Zeit 1. öffentliche Ämter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen zu erlangen; 2. in öffentlichen Angelegenheiten1) zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte auszuüben; 8. Zeuge bei Aufnahmen von Urkunden zu sein; 4. Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter oder Mitglied eines Familienrats zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte absteigender Linie handele und das Vormundschaftsgericht oder der Familienrat die Genehmigung erteile. § 35. [Amtsunfähigkeit] (1) Neben einer Gefängnisstrafe, mit welcher die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt hätte verbunden werden können, kann auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. (2) Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter hat den dauernden Verlust der bekleideten Ämter von Rechts wegen zur Folge. § 36. [Beginn der Ehrenminderungen] (1) Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter wird mit der Rechtskraft des Urteils 1 ) wirksam. Ihre Dauer wird von dem Tage ab gerechnet, an dem die Freiheitsstrafe, neben der die Aberkennung ausgesprochen wurde, verbüßt, verjährt oder erlassen ist 2 ). Ist neben der Strafe eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung angeordnet worden, so wird die Frist erst von dem Tage ab gerechnet, an dem auch die Maßregel erledigt ist. (2) Ist nach Ablauf einer Probezeit dem Verurteilten die Strafe ganz oder teilweise erlassen worden3) oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erledigt, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet. Zu § 33: 1) = Wahlen in öffentl. (nicht notwendig staatlichen) Angelegenheiten; dazu gehören auch Betriebsratswahlen und Wahlen in Angelegenheiten der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. 2) Verlust des Amtes tritt nach § 48 B B G . auch ein, wenn ein Bundesbeamter ohne Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zu Zuchthaus oder wegen vorsätzlich begangener 'I'at zu Gefängnis von einem J a h r oder längerer Dauer oder wegen vorsätzl. hoch- oder landesverräterischer Handlung zu Gefängnis verurteilt wird. Entsprechend die Landesgesetze, z. B . § 48 des Hess. Beamtenges, i. d. F. v. 25. 6. 1948 (GVB1. S. 101). Neben Verlust der Ehrenrechte darf nicht gleichzeitig noch auf Unfähigkeit zu öffentlichen Ämtern erkannt werden. E. 21, 264; R G . J W . 28, 3247. Zu § 34: 1)' S. Anm. 1 zu § 33. Zu § 3 6 : 1) Wegen der Folgen bei späterer Aufhebung des Urteils im Wiederaufnahmeverfahren vgl. § 51 B B G . 2) Ohne Rücksicht darauf, ob in diesem Zeitpunkt der Verurteilte aus einem anderen Urteil eine Freiheitsstrafe verbüßt und ob gleichzeitig noch aus einem anderen Urteil gegen ihn eine Ehrverluststrafe läuft. R G . J W . 37, 2643.

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A 2. Strafgesetzbuch. §

§§ 37—40

371)

§ 38. [Polizeiaufsicht] (1) Neben einer Freiheitsstrafe kann in den durch das Gesetz vorgesehenen Fällen auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht 1 ) erkannt werden. (2) Die höhere Landespolizeibehörde 2 ) erhält durch ein solches Erkenntnis die Befugnis, nach Anhörung der Gefängnisverwaltung den Verurteilten auf die Zeit von höchstens fünf Jahren unter Polizeiaufsicht zu stellen 3 ). (3) Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen4) ist. § 39. [Wirkunger] Die Polizeiaufsicht hat folgende Wirkungen 1 ): 1. dem Verurteilten kann der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde untersagt werden; 2.

2

).

3. Haussuchungen unterliegen keiner Beschränkung hinsichtlich der Zeit zu welcher sie stattfinden dürfen. § 40. [Einziehung] (1) Gegenstände 1 ), welche durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen 2 ) hervorgebracht 3 ), oder welche zur Begehung eines vorsätzlichen 3) Gleichviel ob im Gnadenwege oder gem. §§ 23ff. StGB. Z u § 3 7 : 1) Gestrichen durch VO. v. 6. 5. 1940 (RGBl. I S. 754). Z u § 3 8 : 1) PA. gilt als Strafe. RG. J R . 25 Nr. 956. Sie darf nur im allgemeinen für zulässig, nicht ihrer Zeitdauer nach bestimmt werden. RG. J R . 27 Nr. 184. 2) Das ist der RegPräs., in Ländern ohne RegBez. der Innenminister oder die ihm entsprechende Behörde. AV. v. 15. 11. 1937 (DJ. S. 1800). 3) Über Beschwerde gegen Ausübung der PA. (Beginn, A n und Dauer) entscheidet die Verwaltungsbehörde, nicht das ordentliche Gericht. Pr. OVG. GA. 58, 207. 4) Wegen der Anrechnung der Bewährungszeit auf die 5-Jahresdauer (Abs. 2) vgl. Anm. 1 zu § 29. Z u § 39: 1) S. AV. v. 23. 7. 1900 betr. Ausführung der §§ 38, 39 (Pr. JMB1. S. 525) und §42 StrVollstrsO. (D3). 2) Gestrichen durch Gesetz über Reichsverweisungen v. 23. 3. 1934. Z u § 40: 1) „Gegenstände" sind nach dem Sprachgebrauch des StGB, nur körperl. Sachen, nicht auch Rechte. E. 57, 232; B G H S t . 2, 338, daher z. B. nicht Bankguthaben. RG. Recht 23 Nr. 510; a.M. Stählin, D J . 39, 915; LG. Leipzig N J . 48, 195 (auch nicht Gegenstände wie Sparkassenbücher, Hypothekenbriefe usw., die nur die Bedeutung von Beweisurkunden für das Recht haben. E. 52, 201). 2) Es muß der obj. und subj. Tatbestand eines Verbrechens oder Vergehens erfüllt sein, R G H R R . 40 Nr. 35. Die Einziehung ist aber auch zulässig, wenn es nur zu einem Versuch gekommen ist und der Versuch als solcher nicht strafbar ist. E. 36, 145 und 49, 210. A. M. Schönke II. Bei Übertretungen ist § 40 unanwendbar; s. jedoch §§ 360 Abs. 2, 367 Abs. 2. und eine Reihe von Nebengesetzen. Wegen der Einziehung bei Ordnungswidrigkeiten vgl. §§ 17ff. OWiG. — A 4 — . 3) Wie z. B. Falschgeld oder die gefälschte Urkunde. Dagegen keine Einziehung der durch die S t r a f t a t e r l a n g t e n Gegenstände (z. B. der Beute des Diebes oder des Wilderers. E. 70, 94), oder des Erlöses aus ihrem Verkauf. E. 54, 223, sofern nicht das Gesetz es ausdrücklich vorsieht. E. 75, 335. 4) D. h. Gegenstände, die unmittelbar zur Tatbegehung •— nicht nur zu deren Vorbereitung — Verwendung fanden oder finden sollten, daher z. B. nicht (weil nur zur Vorbereitung gebraucht) eine Feile zur Anfertigung eines Dietrichs, E. 59, 250; der Schlüssel, mit dem der R a u m geöffnet wurde, in dem die Brandstiftung erfolgte, RG. ZRpflBay. 1934, 25, wohl aber z. B. die Aktenmappe, in der Diebswerkzeug unauffällig zum Tatort gebracht wurde, RG. H R R . 1926 Nr. 1083; das Kraftfahrzeug, mit dem Fahrerflucht (§ 142) begangen

I. Teil. 1. Abschnitt.

Strafen. § 40

29

Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind 4 ), können, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer5) gehören6), eingezogen werden 7 ). (2) Die Einziehung ist im Urteil auszusprechen8). wurde, KG. VRS. 3, 125; die Waffe, wenn das bewußte Beisichführen einer Waffe ein den Tatbestand eines Verbrechens oder Vergehens begründender oder die Strafbarkeit erhöhender Umstand ist. E. 44, 140; Gelder, die ein Buchmacher auf den Rennplatz in der Absicht mitbringt, mit ihnen die Gewinne auszuzahlen. E. 35, 391 (vgl. E. 39, 78 und Recht 16 Nr. 828); aber nicht gewonnene Wetteinsätze. Recht 8, 340). Erfüllt die Vorbereitung eines Verbrechens den Tatbestand des § 49 a, so kann auch ein dazu gebrauchter oder bestimmter Gegenstand eingezogen werden. OLG. Köln N J W . 51, 612. Nach Tatbegehung benutzte Gegenstände fallen nicht unter § 40, z. B. nicht ein Fahrrad, das dem Täter nur zur Flucht gedient hat. RG. DRZ. 24, 260 und LZ. 24, 701; anders, wenn die Tat rechtlich, aber noch nicht tatsächlich beendet war (Transportmittel z. Wegschaffung der Diebsbeute. E. 73, 106; BGH. N J W . 52,892. § 40 ermöglicht nicht die Einziehung von Gegenständen, a u f d i e s i c h d i e s t r a f b a r e H a n d l u n g b e z i e h t , E. 75, 335, z. B. des Kraftfahrzeugs, das auf öffentlichen Straßen benutzt wird, ohne zum Verkehr zugelassen zu sein. RG. D J . 36, 1856, oder ohne daß der Fahrer einen Führerschein besitzt. OLG. Frankfurt N J W . 54, 652, oder der Gegenstände, die zum unzüchtigen Gebrauch bestimmt sind, wenn sie dem Publikum angekündigt werden. Recht 10, 691, GA. 53, 282. 5) D. h. einem strafbaren Teilnehmer. E. 16, 114. Die Einziehung von Gegenständen, die einem Teilnehmer gehören, als Nebenstrafe, ist in einem nur gegen einen anderen Teilnehmer ergangenen Strafurteil nicht zulässig. GA. 69, 177. Die Einziehung ist unzulässig, wenn der Wille des Täters, dem das Werkzeug gehörte, nicht auf dessen Benutzung ging. GA. 63, 118, ferner, wenn die im Inlande straflose Tätigkeit im Auslande vorgenommen ist. Recht 11, 650. 6) Er muß alleiniger Eigentümer sein; Miteigentumsanteile sind als Rechte (Anm. 1) nicht einziehbar. RG. J W . 33, 174; BGHSt. 2, 337; OLG; Hamburg N J W . 53, 675; a. M. OLG. Köln N J W . 51, 612. Maßgebend ist lediglich ein nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bestehendes, nicht ein sog. wirtschaftl. Eigentum. Eigentümer ist danach auch, wer die Sache unter Eigentumsvorbehalt verkauft oder wer Sicherungseigentum erworben hat. BGHSt. 2, 311. Das Eigentum muß dem Täter oder Teilnehmer im Zeitpunkt der Urteilsfällung zustehen. Durch die Beschlagnahme (§ 94 StPO.) wird zwar eine Veräußerung nach § 931 BGB. nicht ausgeschlossen, doch wirkt die durch die Beschlagnahme entstandene Einziehungsanwartschaft auch gegen den Erwerber (jedenfalls gegen den bösgläubigen), so daß die Einziehung trotz der Veräußerung zulässig ist. OLG. Frankfurt N J W . 52, 1068. Ein Dritter, der den Gegenstand als ihm gehörend in Anspruch nimmt, ist — anders als im selbständigen Verf., § 42 StGB., § 431 Abs. 2 StPO. — nicht am Verf. beteiligt; er hat daher auch gegen die Einziehung kein Rechtsmittel. E. 69, 33; BGH. JZ. 53, 244. 7) Die Einziehung steht im Ermessen des Gerichts; sie ist Nebenstrafe. Keine Strafe ist die Einziehung, wo sie nach gesetzlicher Vorschrift auch zulässig ist, wenn der Gegenstand nicht im Eigentum des Täters oder Teilnehmers steht, denn sonst träfe das in der Eigentumsentziehung liegende Strafübel einen unbeteiligten Dritten. In solchen Fällen eine (polizeiliche) Sicherungsmaßnahme anzunehmen (so z. B. E. 55, 12; 67, 215; OLG. Freiburg H E S t . 2, 140), geht nur da an, wo der Gegenstand an sich gefährlich ist (z. B. § 152, § 245 a Abs. 3, wohl auch § 86 Abs. 1), nicht, wo der Gegenstand vom Täter oder Teilnehmer nur in gefährlicher Weise gebraucht wurde und bei einer Rücknahme durch den unbeteiligten Dritteigentümer Gefahren nicht mehr drohen. B G H S t . 1, 353. Für die ersteren Fälle ist wohl § 86 Abs. 2 — Entschädigungspflicht — als Vorschrift von allgemeiner Bedeutung anzusehen. In den Fällen der letzteren Art ist richtiger von einer Art dinglicher Haftung für fremde (strafrechtl.) Schuld zu sprechen. E. 62, 49, 52; 69, 385, 289. Den unbeteiligten Eigentümer für die Schuld des Täters oder Teilnehmers haften zu lassen, ist aber aus Gründen der Gerechtigkeit und Billigkeit nur dann vertretbar, wenn ein besonderer Rechtfertigungsgrund für eine solche Maßnahme vorliegt, wenn also gegen den Eigentümer zwar kein zur Bestrafung ausreichender, aber doch ein anderer die Einziehung rechtfertigender Vorwurf erhoben werden kann. BGHSt. 1, 353. Auch da, wo nicht schon das Gesetz selbst — wie z. B. in § 295 Abs. 2 StGB. — die Möglichkeit eines Absehens von der Einziehung gegenüber dem tatunbeteiligten Eigentümer vorsieht oder gar — wie vor allem in § 19 OWiG. — A 4 - — die Einziehung verbietet, wenn ihm kein Vorwurf gemacht werden kann, ist deshalb davon auszugehen, daß eine gesetzlich ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse zugelassene oder vorgeschriebene Einziehung im allgemeinen entfällt, wenn den Eigentümer an der Verwendung der Sache bei der Tat kein Verschulden trifft und er auch keinen mit der Tat zusammenhängenden Vorteil gehabt hat; doch können darüber hinaus in Einzelfällen auch weitere Einziehungsrechtfertigungsgründe gegeben sein (vgl. dazu Anm. zu §§ 401, 414 RAbgO. — B VI —).

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A 2.

Strafgesetzbuch.

§§ 41, 42

§ 41 1 ). [Unbrauchbarmachung] (1) Wenn der Inhalt einer Schrift 2 ), Abbildung 3 ) oder Darstellung 4 ) strafbar 1 ) ist, so ist im Urteil auszusprechen, daß alle Exemplare, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. (2) Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die im Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich ausgelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare. (3) Ist nur ein Teil der Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar, so ist, insofern eine Ausscheidung möglich ist, auszusprechen, daß nur die strafbaren Stellen und derjenige Teil der Platten und Formen, auf welchem sich diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind.

§ 42. [Selbständiges Verfahren] Ist in den Fällen der §§ 40 und 41 die Verfolgung oder die Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar 1 ), so können 2 ) die daselbst vorgeschriebenen Maßnahmen selbständig erkannt werden 3 ). Das Eigentum geht mit Rechtskraft des Urteils auf den Fiskus über. Vgl. E . 66, 87 und § 47 StrVollstrO. und jetzt ausdrücklich § 22 OWiG. — A 4 — . Dingliche Rechte Dritter erlöschen, auch wenn sie tatunbeteiligt sind. § 23 OWiG. — A 4 — und § 39 W i S t G . — B I V 7 — sehen die Festsetzung einer Entschädigung im Verfahren über die Einziehung vor. Außerhalb dieser Gesetze steht für Entschädigungsansprüche der durch den Rechtsverlust Betroffenen der ordentl. Rechtsweg offen (Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG.). OLG. Hamburg N J W . 53, 1645. Auch an einer eingezogenen Sache kann durch gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten Eigentum erworben werden (§§ 932ff. B G B . ) . Bei gutgläubiger Verarbeitung oder Vermischung der eingezogenen Sache entsteht eine neue, auf die sich die Einziehung nicht rstreckt. E . 42, 123. Die Vorschriften über Verwendung eingezogener und unbrauchbar zu machender Gegenstände usw. sind in § 6 6 StrVollstrO. (vgl. auch Nr. 219 der „Richtlinien für das Strafverfahren") zusammengefaßt (s. D 3). Ist der beschlagnahmte Gegenstand der Gefahr des Verderbs oder der Wertminderung ausgesetzt oder seine Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so kann er veräußert werden. § 101a StPO. In diesem Falle tritt der Erlös an die Stelle des Gegenstandes, jedoch hat das Urteil auf Einziehung des Gegenstandes (nicht des Erlöses) zu lauten. E . 66, 85 (bestr.). 8) Die einzuziehenden Gegenstände sind genau zu bezeichnen. R G . J W . 35, 949. Ist die Einziehung ohne nähere Bezeichnung ausgesprochen worden, so ist eine Nachholung der Bezeichnung nicht möglich. OLG. Gera N J W 48, 432 Nr. 352. Das Schweigen des Urteilstenors über die Einziehung steht der Ablehnung gleich, auch wenn sie in der Begründung erwähnt wird. D J Z . 12, 460. Zu § 4 1 : 1) Die Unbrauchbarmachung ist im Gegensatz zur Einziehung nicht Nebenstrafe, sondern polizeiliches Vorbeugungsmittel, da sie in den Grenzen des Abs. 2 ohne Rücksicht auf das Eigentum zulässig ist. E . 14, 161; 67, 218. Erforderlich ist nur, daß der obj. Tatbestand einer strafbaren Handlung vorliegt; kann wegen Fehlens des inneren Tatbestandes eine Verurteilung des Täters nicht erfolgen, so kann die U. im obj. Verf. (§42) ausgesprochen werden. E . 38, 100 und 345. 2) Eine Schrift ist die Gesamtheit aller durch Gesicht, Gehör oder Tastsinn wahrnehmbaren körperl. Zeichen, welche unmittelbar Worte vorstellen und dadurch Gedanken zum Ausdruck bringen, auch wenn die Wahrnehmung erst durch Hilfsmittel möglich ist wie bei phonographischen Platten und Walzen. E . 38, 345; R G . J W . 32, 2711. Auf Erzeugnisse der Druckerpresse ist der Begriff nicht beschränkt. Erforderlich ist, daß die Schrift gerade ihres Inhalts wegen (z. B . nach § 184) strafbar ist; § 41 ist unanwendbar, wenn der Vertrieb einer Schrift aus anderen Gründen, z. B. des Presse- oder Gewerberechts, verboten und strafbar ist. Schmidt-Leichner N J W . 53, 716. 3) Dazu gehören auch Lichtbilder, namentlich zu filmischer Wiedergabe. E . 39, 183. 4) Z. B . plastische Erzeugnisse, die einen Gedanken verkörpern. R G . GA. 57, 400. Zu § 42: 1) E s müssen, um das o b j e k t i v e Verfahren (§430 StPO.) durchzuführen, alle Voraussetzungen der §§ 40, 41 vorliegen, mit der einzigen Ausnahme, daß die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person „nicht ausführbar" ist. a) Bei der E i n z i e h u n g (§40) ist ein objektives Verfahren nicht möglich, wenn der

1. Teil. 1 a. Abschnitt. Maßregeln der Sicherung und Besserung. § 4 2 a

1 a. Abschnitt. Maßregeln

der Sicherung

und

31

Besserung*)

§ 42a. [Zulässige Maßregeln] Maßregeln der Sicherung und Besserung sind 1 ): 1. die Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt, 2. die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt, Täter oder Teilnehmer, dem die Sache gehört, wegen Zurechnungsunfähigkeit oder wegen Fehlens des inneren Tatbestandes nicht verurteilt werden kann (s. Anm. 2 zu § 40). E . 29, 130; 25, 167. Trotz Erfüllung des obj. und subj. Tatbestandes eines vorsätzl. Verbrechens oder Vergehens ist die Verfolgung im subjektiven Verfahren nicht ausführbar und deshalb die Einziehung im objektiven Verfahren zulässig, wenn aus tatsächlichen (z. B . Tod des Täters. E . 74, 42, Abwesenheit, nachträglicher Verfall in Geisteskrankheit) oder aus rechtlichen Gründen (Vorliegen eines Verfahrens-Hindernisses, z. B . Verjährung [E. 44, 317] oder Amnestie, soweit diese nicht ausdrücklich auch der Durchführung eines objektiven Verfahrens entgegensteht. E . 69, 368), ein Strafverfahren nicht durchgeführt werden kann. E . 53, 181; R G . J W . 32, 2711. Die Verurteilung ist nicht unausführbar, wenn das Verfahren zeitweilig ruht. R G . Recht 17 Nr. 126; E . 19, 371. Rechtskräftiger Freispruch des Täters. E . 44, 315 und fehlender Strafantrag (nach Ablauf der Antragsfrist). E . 14, 328 (str.; s. auch Anm. 4 zu § 42b) machen auch das objektive Verfahren unzulässig. b) Bei der U n b r a u c h b a r m a c h u n g ist auch trotz Fehlens des inneren Tatbestandes (s. Anm. 1 zu § 41) und des Strafantrags sowie trotz Freispruchs des angebl. Täters das objektive Verfahren zulässig. c) Ob die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar ist, entscheidet grundsätzlich die StA. E . 16, 114. Die von ihr gegebene Begründung unterliegt jedoch der gerichtlichen Nachprüfung; der Einziehungsantrag ist abzulehnen, wenn sich aus der Begründung der StA. Bedenken gegen die Nichtausführbarkeit ergeben. E . 38, 100. Das ist z. B . der Fall, wenn bei einer Mehrzahl von als Tätern in Betracht kommenden Personen die StA. sich auf die Nachprüfung der Verfolgbarkeit einzelner beschränkt hat. OLG. Hamm N J W . 53, 1683. d) Wo — z. B . in § 86, vor allem aber in Nebengesetzen — die materiellen Einziehungsvoraussetzungen abweichend von § 4 0 S t G B , gestaltet sind, wird im allgemeinen die selbständige Einziehung für zulässig erklärt, wenn „keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann". Die Bedeutung dieser letzteren Voraussetzung ist grundsätzlich die gleiche wie die der Nichtausführbarkeit in § 4 2 ; es muß also in der Regel der volle äußere und innere Tatbestand der strafb. Handl. verwirklicht sein. Doch kann, je nachdem welchen Zweck die Einziehung verfolgt, auch schon die Verwirklichung des äußeren bei Fehlen des inneren Tatbestandes die Einziehung rechtfertigen, z. B . wenn es sich um die Wegnahme des durch die Straftat Erlangten, auf das der Täter kein Recht hat, handelt. 2) § 42 begründet keine Ermessensfreiheit des Gerichts. E . 66, 434. Ob die Maßnahme in seinem Ermessen steht oder zwingend vorgeschrieben ist, richtet sich vielmehr nach der für das subj. Verfahren geltenden Grundnorm. Danach ist die Einziehung nach § 40 Ermessenssache, die Unbrauchbarmachung nach § 41 dagegen zwingend vorgeschrieben. B G H S t . 2, 33. 3) Ist die Verfolgung und Verurteilung einer bestimmten Person erfolgt, so ist ein objektives Verfahren — etwa zur Nachholung einer vergessenen Einziehung •— nicht möglich. E . 66, 423. Nach der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. E . 66, 419; B G H . N J W . 53, 874) ist bei der Einziehung ein Übergang vom subjektiven zum objektiven Verfahren nicht zulässig, vielmehr muß ein neues objektives Verfahren eingeleitet werden (auch wenn die selbst. Einz. zwingend vorgeschrieben ist. OLG. Hamm JMB1. N R W . 52, 231); AM. BayObLG. J W . 35, 220. Anders bei der Unbrauchbarmachung. R G . H R R . 26 Nr. 1190. Der selbständige Ausspruch der Unbrauchbarmachung kann im 1. oder 2. Rechtszuge erfolgen. Recht 30 Nr. 1202. *) Der l a Abschnitt ist eingefügt durch Gesetz v. 24. 11. 1933 (RGBl. I S. 995). Über den Vollzug der Maßregeln der Sicherung und Besserung, die mit Freiheitsentziehung verbunden sind, vgl. Nr. 211 ff. der StrafvollzugsO., über den Vollzug der Sicherungsverwahrung die von den Ländern vereinbarten Richtlinien in DRiZ. 51, 144. Daß der Vollzug der SichVerw. weitgehend dem Vollzug der Zuchthausstrafe entspricht, widerspricht weder dem Art. 104 noch dem Art. 3 GG. BVerfG. N J W . 53, 577. Zu § 4 2 a : 1) Da das Gesetz die Anordnung einer Maßregel der Sicherung und Besserung — von § 4 2 b Abs. 1 abgesehen — nur n e b e n einer Strafe zuläßt, ist die Vorbehaltung einer solchen Maßregel bei dem Strafausspruch unwirksam und eine Nachholung nicht möglich. E . 68, 383. — Gegen Jugendliche sind nur die Maßregeln unter Nr. 1 und 7 zulässig (§ 7 J G G . ) .

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A 2. Strafgesetzbuch. § 42b

3. die Unterbringung in einem Arbeitshaus, 4. die Sicherungsverwahrung, 5.»)

6. die Untersagung der Berufsausübung, 7.2) die Entziehung der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen.

*§ 42b. [Heil- oder Pflegeanstalt] (1) Hat jemand eine mit Strafe bedrohte Handlung 1 ) im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit (§ 51 Abs. 1, § 58 Abs. I) 2 ) oder der verminderten Zurechnungsfähigkeit (§ 51 Abs. 2, § 55 Abs. 2) begangen, so ordnet 3 ) das Gericht seine Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt 4 ) an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert 6 ). Dies gilt nicht bei Übertretungen. Bei Heranwachsenden sind alle Maßregeln zulässig, von Sicherungsverwahrung k a n n aber abgesehen werden (§ 106 J G G . ) . 2) Ziff. 5 betr. Entmannung gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher ist aufgehoben durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. Ziff. 7 ist eingefügt durch Art. 2 des Ges. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832). Zu § 4 2 b : 1) Zwischen der Handlung und der Gefahr, die von dem Zurechnungsunfähigen ausgeht, muß ein Zusammenhang bestehen, wobei es genügt, daß die Handlung die Gefahr des Täters für die öffentliche Sicherheit auf irgendeine Weise erkennen läßt. E . 69, 242; B G H . N J W . 54, 280. Um feststellen zu können, ob die mit „Strafe bedrohte Handlung" eines Zurechnungsunfähigen (vgl. dazu Anm. 5 zu § 330a) nach dem verwirklichten äußeren Tatbestand und dem „natürlichen" Tatwillen des Täters Verbrechen, Vergehen oder nur Übertretung ist (vgl. § 4 2 b Abs. 1 Satz 2), muß der innere Tatbestand, soweit dies nach der geistigen Beschaffenheit des Täters überhaupt möglich ist, geprüft werden. R G . J W . 36, 1375 16 . Ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit oder über das Vorliegen einzelner Merkmale des inneren oder äußeren Tatbestandes, der nur durch die Zurechnungsunfähigkeit verursacht ist und bei einem geistig Gesunden nicht hätte aufkommen können (z. B . irrige Annahme einer Notwehrtat oder der Glaube, in Wahrnehmung berechtigter Interessen zu handeln), darf nicht zugunsten des Täters berücksichtigt werden. E. 73, 314; R G . D J . 40, 335; B G H St. 3, 287. 2) Diese Voraussetzung muß festgestellt sein; die Annahme einer bloßen Möglichkeit genügt nicht. E . 70, 127. 3) Liegen von vornherein Anhaltspunkte dafür vor, daß der Täter zurechnungsunfähig war, so kann die Unterbringung selbständig im Sicherungsverfahren angeordnet werden (§ 4 2 9 a StPO.). Ist die mit Strafe bedrohte Handlung ein Antragsvergehen, so ist zur Einleitung des Sicherungsverfahrens ein Strafantrag nicht erforderlich, da es sich nicht um die Belange des Verletzten, sondern den Schutz der Allgemeinheit handelt. B G H . N J W . 54, 280; a. M. E . 71, 218; 73, 155. 4) Die Bezeichnung einer b e s t i m m t e n Heilanstalt im Urteil ist unzulässig. E. 70, 176; ebenso eine Teilung der Maßregel (Anordnung der Unterbringung nur in einer Heil- oder nur in einer Pflegeanstalt). R G . D J . 38, 1796. 5) d. h. wenn die Unterbringung zur Verhütung künftiger nicht unerheblicher Straftaten, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, erforderlich ist; die bloße Möglichkeit künftiger Straftaten genügt — im Gegensatz zu § 4 2 e — nicht. E . 73, 303. B G H . N J W . 52, 836 Nr. 27. Diese Beurteilung kann sich im allgemeinen nicht allein auf die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Straftaten stützen, vielmehr muß die ganze Persönlichkeit des Beschuldigten und auch sein Verhalten vor und nach der Tat gewürdigt werden. B G H . a.a.O.; auch längere Zeit zurückliegende Verurteilungen können berücksichtigt werden. E . 68, 351.Dagegen dient § 4 2 b nicht dazu, geistig Gestörte, die der Umwelt lästig geworden sind (z. B . Querulanten) unterzubringen. R G . J W . 37, 2373; OLG. Tübingen DRZ. 49, 210. Dies gilt indessen bei Querulanten nur, wenn der Wahn lediglich Eingaben an Behörden zur Folge h a t ; dagegen kann die öffentliche Sicherheit gefährdet sein, wenn der Täter sich mit seinen auf Wahnideen beruhenden Erzählungen über angebliche Ungerechtigkeiten an dritte Personen wendet und dadurch das Vertrauen zur Rechtspflege oder sonstigen Behörden beeinträchtigt werden kann. R G . D R . 43, 138; K G . D R Z . 48, 255. Bei Rauschgiftsüchtigen bedeutet schon die Tatsache, daß der Täter durch übermäßigen unberechtigten Bezug von Rauschgift die Regelung der Rauschgiftbewirtschaftung in Unordnung bringen kann, eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit R G . D R . 43, 233; die unbefugte Beschaffung von Betäubungsmitteln lediglich zur Befriedigung der eignen Rauschgiftsucht bedeutet aber im allgemeinen keine empfindliche, die Allgemeinheit berührende Störung der Rechtsordnung.

1. Teil,

l a Abschnitt. Maßregeln der Sicherung usw.

§ 42c

33

(2) Bei vermindert Zurechnungsfähigen tritt die Unterbringung neben die Strafe 6 ).

§ 42 c. [Trinkerheil- oder Entziehungsanstalt] Wird jemand, der gewohnheitsmäßig im Übermaß geistige Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich nimmt 1 ), wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das er im Rausch begangen hat oder das mit einer solchen Gewöhnung in ursächlichem Zusammenhang steht, oder wegen Volltrunkenheit (§ 330a) zu einer Strafe verurteilt und ist seine Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt erforderlich, um ihn an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben zu gewöhnen, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Unterbringung an 2 ). OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 50, 2S5. Die Unterbringung kommt nur für Personen in Betracht, die geistesschwach sind oder an einer mehr oder minder d a u e r n d e n Geistesstörung leiden, nicht aber für solche, bei denen der Zustand (z. B. infolge von Alkoholwirkung) nur vorübergehend war. E . 73, 44. Die Unterbringung kann sich erübrigen, wenn eine psychotherapeutische Behandlung Erfolg verspricht. BGH. N J W . 53, 913; OLG. Stuttgart JZ. 51, 53 mit zust. Anm. von Bader, wenn die Überwachung und Leitung durch einen zu bestellenden geeigneten Vormund oder Pfleger ausreicht. BGH. N J W . 51, 577; OLG. Hamm JMB1. NRW. 51, 80, wenn dritte Personen (z. B . Verwandte) willens und in der Lage sind, eine für die öffentliche Sicherheit ausreichende Betreuung und Überwachung des Täters zu übernehmen. E . 69, 12; BGH. N J W . 52, 836 Nr. 27, oder wenn bei Jugendl. (vgl. § 7 JGG.) vormundschaftgerichtl. Maßnahmen genügen. BGH. N J W . 51, 450. Durch freiwilligen Eintritt in eine Heil- oder Pflegeanstalt kann aber in der Regel die Anordnung der Unterbringung nicht abgewendet werden, weil er einen ausreichenden Schutz der Allgemeinheit meist nicht gewährleistet. E . 76, 134. Der wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochene Angeklagte kann seine Revision auf die Anordnung der Unterbringung beschränken. E . 69, 12 (E. 71, 265 ist infolge der Wiederherstellung des Verbots der ref. i. peius überholt, BGH. N J W . 54, 519. 6) Bei Abs. 2 erfordert die öffentliche Sicherheit die Unterbringung, wenn mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß sich der Täter auch durch eine Bestrafung nicht von der Begehung weiterer erheblicher Straftaten abhalten lassen wird. E . 71, 218. Bei vermindert Zurechnungsfähigen kommt in erster Linie Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt als die mildere Maßregel in Betracht; reicht diese nicht aus, so kann daneben Sicherungsverwahrung angeordnet werden. R G . J W . 37, 1066. Doch ist die Unterbringung in die hauptsächlich mit Geisteskranken belegte Heil- und Pflegeanstalt nicht allgemein wegen der vielleicht besseren Pflege gegenüber der Sicherungsverwahrung als mildere Maßregel anzusehen. Für die Auswahl im Einzelfall kann deshalb in letzter Linie von Bedeutung sein, daß der Allgemeinheit durch die Unterbringung in der Heil- und Pflegeanstalt wahrscheinlich höhere Kosten als durch Sicherungsverwahrung entstehen. RG. J W . 37, 755. Bei einem erheblich vermindert Zurechnungsfähigen, der weder heilbar noch pflegebedürftig ist, ist in der Regel nicht die Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt, sondern die Sicherungsverwahrung anzuordnen, wenn auch sie zulässig ist. E . 72, 151; 73, 103; OLG. Celle J R . 49, 413; a.M. OLG. Freiburg H E S t . 1, 243; OGHSt. 1, 190, wonach SichVerw. nur zulässig ist, wenn Unterbringung in einer HuPflA. nicht ausreicht. Bestehen Zweifel, ob die Unterbringung in Sicherungsverwahrung oder die in einer Heil- oder Pflegeanstalt zweckmäßiger ist, so können beide Maßregeln nebeneinander angeordnet und die Entscheidung, in welche Anstalt der Verurteilte zunächst und in welcher er endgültig unterzubringen ist, kann dem Vollzug überlassen werden. E . 69, 135. Eine selbständige Anordnung der Unterbringung — z. B. weil das Strafverfahren gegen den Täter wegen Amnestie eingestellt wird — ist nicht zulässig. E . 69, 262. Zu § 42 c : 1) D. h. wer infolge eines krankhaften Hanges zum Genuß von Alkohol ständig oder von Zeit zu Zeit, immer wieder Alkohol in Mengen genießt, die das Maß des gesundheitlich Verträglichen übersteigen, so daß es zu Rauschzuständen kommt oder seine Gesundheit geschädigt oder seine Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich herabgesetzt wird. B G H S t . 3, 339. „Andere berauschende Mittel" = Mittel, die ähnlich berauschend oder betäubend wirken wie geistige Getränke, z. B . Äther, Kokain, Haschisch, Opium und Morphin. 2) Es sollen nur schwerere Fälle getroffen werden. RG. J W . 35, 524. 3 Dalcke, S t r a f r e c h t . 86. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 42 d, e

§ 42 d. [Arbeitshaus oder Asyl 1 )] (1) Wird jemand nach § 361 Nr. 3 bis 5, 6a bis 8 zu Haftstrafe2) verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe seine Unterbringung3) in einem Arbeitshaus an, wenn sie erforderlich ist, um ihn zur Arbeit anzuhalten und an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben zu gewöhnen4). (2) Dasselbe gilt, wenn jemand, der gewohnheitsmäßig zum Erwerbe Unzucht treibt, nach § 361 Nr. 6 zu Haftstrafe verurteilt wird. (3) Wegen Betteins ist die Anordnung nur zulässig, wenn der Täter aus Arbeitsscheu oder Liederlichkeit oder gewerbsmäßig gebettelt hat. (4) Arbeitsunfähige, deren Unterbringung in einem Arbeitshaus angeordnet ist, können in einem Asyl untergebracht werden5). § 42 e. [Sicherungsverwahrung] Wird jemand nach § 20a als ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher verurteilt1), so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert2). Zu § 42 d: 1) § 42 d war in der US-Zone in der Zeit vom 1. 4. 49 bis 30. 9. 53 durch MilRegGes. Nr. 14 aufgehoben (vgl. Art. 6 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953, BGBl. I S. 735). 2) Die Unterbringung ist auch zulässig, wenn der Täter wegen eines in Tateinheit mit einer Übertretung nach § 361 Nr. 3 usw. begangenen Verbrechens zu Zuchthausstrafe verurteilt wird. E. 72 S. 107. 3) Die Revision kann auf die Anordnung der Unterbringung beschränkt werden. E. 72, 224 (abw. von RG. J W . 35, 524 20 ); OLG. Hamm JMB1. NRW. 51, 81. 4) Voraussetzung der Anordnung ist also ein gewisser Grad von Arbeitsfähigkeit (s. Anm. 5) und Erziehbarkeit; diese Voraussetzungen können auch bei infolge Schwachsinns vermindert Zurechnungsfähigen gegeben sein. OLG. Düsseldorf SJZ. 50, 294. Daß der Täter ein böswilliger Arbeitsverweigerer ist, ist nicht erforderlich. 5) Abs. 4 läßt die Unterbringung in einem Asyl nur zu, wenn die Arbeitsunfähigkeit erst nach der Anordnung der Unterbringung in einem Arbeitshaus eingetreten oder offenbar geworden ist. Gegen denjenigen, der bereits im Zeitpunkt der Entscheidung dauernd und völlig arbeitsunfähig ist, kann weder Unterbringung in einem Arbeitshaus noch in einem Asyl angeordnet werden (vgl. auch Kayser, D J . 37, 511). Auch die nachträgliche Unterbringung in einem Asyl setzt voraus, daß der Zweck der Unterbringung, nämlich die Gewöhnung an ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben, es erfordert (Begr.). Zu § 42 e: 1) Die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist auch zulässig, wenn das Gericht es versehentlich oder befugtermaßen unterlassen hat, die Strafe nach § 20a Abs. 1 u. 2 zu schärfen. E. 68, 295, 386; 70, 129. Ist die Strafe nach § 20a geschärft worden, so ist eine Beschränkung der Revision auf die Sicherungsverwahrung nicht wirksam, vielmehr ergreift sie auch den Strafausspruch. E. 68, 385. Anders, wenn die Strafschärfung irrtümlich unterblieben ist. RG. D J . 37, 80; dagegen ergreift die Revision auch dann den Strafausspruch, wenn die Strafschärfung versehentlich unterblieben ist, u n d die Revision sich nur gegen die Ablehnung der Sicherungsverwahrung richtet, falls zwischen Strafhöhe und Ablehnung der Sicherungsverwahrung ein innerer Zusammenhang besteht. E. 73, 81. H a t das Gericht die Voraussetzungen der §§ 20a, 42e verneint, so ergreift die Revision wegen Nichtanordnung d e r Sicherungsverwahrung auch den Strafausspruch. RG. JW. 38, 2889. Eine Beschränkung der Revision auf Strafausspruch und Sicherungsverwahrung mit der Wirkung, daß die Schuldfeststellungen nicht berührt werden, ist möglich. E. 68, 385. 2) d . h . wenn die Verhütung künftiger Straftaten auf andere Weise als durch Sicherungsverwahrung nicht zu erreichen ist, eine mildere Maßnahme also, soweit sie s t a t t h a f t ist (z. B. Unterbringung nach § 4 2 b oder c oder polizeil. Überwachungsmaßnahmen) nicht ausreicht. E. 72, 358; BGH. N J W . 51, 203. Keine Sicherungsverwahrung, um zu verhüten, daß der Verurteilte eine gesetzlich erlaubte, wenn auch unerwünschte Ehe schließt. RG. J W . 35, 519. Mehrfache Anordnung von Sicherungsverwahrung gegen denselben Täter in verschiedenen Verfahren ist zulässig. E. 70, 203. Es ist zu prüfen, ob die Gefährlichkeit des Verurteilten im Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft noch besteht oder voraussichtlich noch bestehen wird; dabei sind auch die Verhältnisse zu berücksichtigen, in die der Verurteilte nach der Entlassung zurückkehren wird. E. 68, 150; BGH. N J W . 53, 673. Die Anforderungen dürfen nicht überspannt werden, da eine

l . T e i l . 1 a. Abschnitt. Maßregeln der Sicherung usw. §§ 42 f, g

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* § 42 f. [Dauer; Nachprüfung] (1) Die Unterbringung dauert so lange, als ihr Zweck es erfordert1). (2) Die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt darf nicht länger als zwei Jahre dauern. (3) Die Dauer der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und der Sicherungsverwahrung ist an keine Frist gebunden. Die erste Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl darf nicht länger als zwei Jahre, die wiederholte nicht länger als vier Jahre dauern. Bei diesen Maßregeln hat das Gericht jeweils vor dem Ablauf bestimmter Fristen zu entscheiden2), ob der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Die Frist beträgt bei der Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt und der Sicherungsverwahrung drei Jahre und bei der Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl sechs Monate. Ergibt sich bei der Prüfung, daß der Zweck der Unterbringung erreicht ist, so hat das Gericht die Entlassung des Untergebrachten anzuordnen. (4) Das Gericht kann auch während3) des Laufs der in den Abs. 2 und 3 genannten Fristen t jederzeit prüfen, ob der Zweck der Unterbringung erreicht ist. Wenn das Gericht dies bejaht, so hat es die Entlassung des Untergebrachten anzuordnen. (5) Die Fristen laufen vom Beginn des Vollzugs an. Lehnt das Gericht die Entlassung des Untergebrachten ab, so beginnt mit dieser Entscheidung der Lauf der im Abs. 3 genannten Fristen von neuem. § 42 g. [Nachträgliche Unterbringung] (1) Sind seit der Rechtskraft des Urteils drei Jahre verstrichen, ohne daß mit dem Vollzug der Unterbringung begonnen worden ist, so darf sie nur noch vollzogen werden, wenn das Gericht es anordnet. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn der Zweck der Maßregel die nachträgliche Unterbringung erfordert. (2) In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Unterzubringende eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. auf Überängstlichkeit beruhende Unterlassung der Anordnung nicht wieder gutgemacht werden kann und andererseits § 42 f Abs. 4 die Möglichkeit gibt, die Entlassung anzuordnen, wenn die Gefahr für die öffentliche Sicherheit als beseitigt anzusehen ist. E. 68, 271. Liegen die Voraussetzungen des § 20a Abs. 1 vor, so darf von Sicherungsverwahrung nur abgesehen werden, wenn die Besserung des Angeklagten m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t zu erwarten ist. E. 72, 295, 358; 73, 154; a. M. B G H . N J W . 53, 1559. Und zwar müssen b e s t i m m t e U m s t ä n d e dargetan werden, die mit Wahrscheinlichkeit die Sicherungsverwahrung entbehrlich erscheinen lassen. RG. D J . 39, 1665. Bei verhältnismäßig jungen Tätern ist hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 42 e eine besonders vorsichtige Prüfung geboten. RG. DR. 40, 363. Bei Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe oder zur Strafe von solcher Dauer, daß der Verbrecher bei seiner Entlassung wegen seines Alters nicht mehr gefährlich sein wird, ist die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht erforderlich. Dagegen steht die Unterbringung in einer Arbeitsanstalt der Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht entgegen. E. 68, 358. Bei einem blinden Gewohnheitsverbrecher ersetzt der freiwillige Eintritt in eine Blindenanstalt die Sicherungsverwahrung nicht. RG. DR. 43, 575. Das Erbieten eines Sittlichkeitsgewohnheitsverbrechers, sich freiwillig entmannen zu lassen, macht die Anordnung der Sich.Verw. nicht entbehrlich, da ungewiß bleibt, ob es zur Entmannung kommen wird. B G H S t . 1, 66. Sind die Voraussetzungen des § 42 e gegeben, so muß Sicherungsverwahrung angeordnet werden; nur bei Heranwachsenden hat der Richter Ermessensfreiheit (§ 106 JGG.). Zu § 42 f : 1) Es ist deshalb nicht zulässig, im Urteil die Dauer der Unterbringung zeitlich zu begrenzen. RG. JW. 36, 2993. 3»

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 42h—1

* § 42 h. [Entlassung] (1) Die Entlassung des Untergebrachten gilt nur als bedingte Aussetzung der Unterbringung. Das Gericht kann dem Untergebrachten bei der Entlassung besondere Pflichten auferlegen und solche Anordnungen auch nachträglich treffen oder ändern. Zeigt der Entlassene durch sein Verhalten in der Freiheit, daß der Zweck der Maßregel seine erneute Unterbringung erfordert, und ist die Vollstreckung der Maßregel noch nicht verjährt 1 ), so widerruft das Gericht die Entlassung. (2) Die Dauer der Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt und der erstmaligen Unterbringung in einem Arbeitshaus oder einem Asyl darf auch im Falle des Widerrufs insgesamt die gesetzliche Höchstdauer der Maßregel nicht überschreiten.

§ 42 i. [Vollzug] (1) Die im Arbeitshaus oder in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten sind in der Anstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten, feie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt verwendet werden, müssen jedoch dabei von freien Arbeitern getrennt gehalten werden. (2) Die in einer Heil- oder Pflegeanstalt, einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt Untergebrachten können innerhalb oder außerhalb der Anstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessene Weise beschäftigt werden.

§ 42 k 1 ) § 42 1. [Berufsverbot] (1) Wird jemand wegen eines Verbrechens oder Vergehens, das er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes 1 ) oder unter grober Verletzung der ihm kraft seines Berufes oder Gewerbes obliegenden Pflichten begangen hat, zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten 1 *) verurteilt, so kann 2 ) ihm das Gericht 2) Vgl. § 463 a Abs. 3 StPO. Mündl. Prüfungstermin od. persönl. Anhörung d. Verwahrten durch den Berichterstatter empfiehlt RdErl. d. Hess. JM. v. 25. 8. 49 (JMB1. S. 99). 3) Auch schon vor dem Beginn des Vollzugs kann geprüft werden, ob es der Unterbringung noch bedarf. OLGe München NJW. 49, 598; Köln NJW. 53, 1196. Zu § 42 h: 1) Vgl. § 70 Abs. 2. Zu § 42 k: 1) § 42 k betr. Entmannung gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher ist aufgehoben durch Art. I KontrollRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. Wegen der Zulässigkeit freiwilliger Entmannung vgl. zu § 226 a. Z u § 42 1: 1) Die strafbare Handlung muß sich als ein Ausfluß aus der Berufstätigkeit selbst oder doch wenigstens als ein mit der regelmäßigen Gestaltung der Berufsausübung in Beziehung gesetztes Verhalten darstellen. Daher keine Anwendbarkeit des § 421 auf einen wegen Abtreibung Verurteilten, dessen Hauptbeschäftigung die Herstellung und der Vertrieb von Salben ist, mit der Begründung, daß ihm diese Tätigkeit die Möglichkeit biete, mit Menschen in Berührung zu kommen und an ihnen Abtreibungen vorzunehmen. E. 68, 397. — Ergänzende Vorschriften: §§ 33, 34 WiStG. — B IV 7 —. 1 a) Bei Verurteilung zu einer Gesamtstrafe muß eine der Einzelstrafen mindestens 3 Mon. betragen. BGH. NJW. 53, 1271 (str.). 2) Von der Kannvorschrift muß das Gericht regelmäßig Gebrauch machen, wenn es zum Schutz der Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung erforderlich ist; nur unter besonderen Umständen darf es davon absehen. E. 74, 54. 3) Berufsausübung ist auch die Tätigkeit der Ehefrau oder des Kindes, die gemäß §§ 1356 Abs. 2, 1617 BGB. im Geschäft des Ehemannes oder Vaters mitarbeiten. RG. D J . 40, 458; OLG. Hamm DRZ. 48, 315.

1. Teil. la. Abschnitt. Maßregeln der Sicherung usw. § 42 m

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zugleich auf die Dauer von mindestens einem und höchstens fünf Jahren die Ausübung des Berufs 3 ), Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagen 4 ), wenn dies erforderlich ist, um die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung zu schützen 5 ). (2) Solange die Untersagung wirksam ist, darf der Verurteilte den Beruf, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen. (3) § 36 Abs. 1 gilt entsprechend. Wird die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder einer neben der Strafe erkannten, mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Sicherung und Besserung bedingt ausgesetzt, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet. (4) Das Gericht kann die Untersagung der Berufsausübung wieder aufheben, wenn der Zweck der Maßregel ihre Fortdauer nicht mehr erforderlich erscheinen läßt. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, nachdem die Maßregel ein Jahr gedauert hat. Sie gilt nur als bedingte Aussetzung der Untersagung und kann bis zum Ablauf der im Urteil für ihre Dauer festgesetzten Zeit widerrufen werden; die Dauer der Untersagung darf auch im Falle des Widerrufs insgesamt die im Urteil für ihre Dauer festgesetzte Zeit nicht überschreiten6).

§ 42 m. [Entziehung der Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen1)] (1) Wird jemand wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung2), die er bei 3 ) oder in Zusammenhang4) mit der Führung eines Kraftfahrzeugs oder unter Ver4) Beruf, Gewerbe oder Gewerbezweig sind im Urteil genau zu bezeichnen (vgl. § 260 Abs. 2 StPO.). Die Untersagung „jedweden Handelsgewerbes" ist nicht ausgeschlossen, wenn die Gefahr des Rückfalls allgemein droht, falls der Täter sich irgendeinem Zweige des Handelsgewerbes zuwendet. E . 71, 69. Auch beim Beruf ist die Beschränkung der Untersagung auf einen Zweig oder Teil des Berufs zulässig; sie muß aber so gestaltet sein, daß sie praktisch durchführbar und die Beachtung des Verbotes nachprüfbar ist (unter diesem Gesichtspunkt bedenklich die gegen einen Arzt ausgesprochene Untersagung der Behandlung von „Frauenkrankheiten"). R G . D J . 37, 819. Eine Untersagung darf, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, nicht deshalb unterbleiben, weil das Gericht nicht ein zeitlich beschränktes, sondern ein dauerndes Berufsverbot für erforderlich erachtet. R G . D J . 37, 751, und auch nicht deshalb, weil der Täter den Beruf usw. bereits aufgegeben hat und nicht wieder aufnehmen will. R G . D J . 39, 520, oder weil bereits die Verwaltungsbehörde ein Berufsverbot ausgesprochen hat. R G . D R . 43, 73. 5) Maßgebend ist der Zeitpunkt der Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft. E . 74, 54. Lehnt das Gericht die Untersagung als nicht erforderlich ab, so hindert dies die Verwaltungsbehörde nicht, eine nach gesetzlicher Vorschrift zur Berufsausübung erforderliche Genehmigung zurückzunehmen. PrOVG. J W . 36, 1488. 6) Abs. 4 ist eingefügt durch Art. 12 des Gesetzes v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). Vgl. § 4 6 3 a Abs. 3 StPO.. Zu § 42 m : 1) Der ursprüngliche § 42 m wurde durch das Ges. über Reichsverweisungen v. 23. 3. 1934 gestrichen. Der neue § 42 m beruht auf Art. 2 des Ges. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832), in Berlin übernommen durch Ges. v. 23. 1. 53 (GVB1. S. 69). 2) Der Täter muß entweder den vollen äußeren und inneren Tatbestand eines Verbrechens, Vergehens oder einer Übertretung begangen haben und deswegen zu einer Strafe verurteilt worden sein oder er muß den äußeren Tatbestand mit „natürlichem" Verschulden (vgl. Anm. 1 zu § 42 b) erfüllt haben und von der Anklage lediglich wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochen sein. Dem Freispruch steht die Anordnung der Anstaltsunterbringung (§ 42 b Abs. 1 S t G B . , § 429 a StPO.) gleich. 3) Es kommen in 1. Linie (vorsätzl. oder fahrl.) Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften (StVG., StVO., StVZO.), ferner z. B . Straftaten nach §§ 142, 330a, 3 3 0 c , 315 bis 316, 222 u. 230 S t G B , in Betracht. 4) Ein Zusammenhang zwischen Führen eines Kraftfahrzeugs und einer anderen Straftat besteht, wenn zur Vorbereitung und Ausführung einer Tat oder zur Sicherung von Täter und Verbrechensbeute nach Tatbegehung ein Kraftfahrzeug verwendet worden ist. Z. B . Schmuggel oder Diebstahl mit Hilfe eines Kraftfahrzeugs, sei es, daß der Täter sich mit dem Fahrzeug zum Tatort begeben oder dieses zum Abtransport der Beute oder zur Flucht benutzt

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A 2. Strafgesetzbuch. § 42 m

letzung der dem Führer eines Kraftfahrzeugs obliegenden Pflichten5) begangen hat, zu einer Strafe verurteilt6) oder lediglich wegen Zurechnungsunfähigkeit63) freigesprochen, so entzieht ihm das Gericht7) die Fahrerlaubnis, wenn er sich durch die Tat als ungeeignet zumFühren von Kraftfahrzeugen erwiesen hat3). Gegenüber dem Inhaber eines ausländischen Fahrausweises ist die Entziehung nur zulässig, wenn die mit Strafe bedrohte Handlung einen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften enthält 9 ). (2) Wird die Fahrerlaubnis entzogen, so ist ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein im Urteil einzuziehen10). In ausländischen Fahrausweisen ist die Entziehung zu vermerken. hat, aber auch Betrug, wenn der Zechpreller seine Zahlungsbereitschaft, der Darlehensschwindler seine Kreditwürdigkeit durch Führen eines Kraftfahrzeugs vortäuscht. BGH. N J W . 54,163. Dagegen genügt es nicht, wenn die andere Tat nur bei Gelegenheit der Führung eines Kraftfahrzeugs begangen worden ist (z. B. fahrlässige Verursachung eines Waldbrandes, indem der Fahrer bei der Fahrt durch den Wald eine brennende Zigarette wegwirft). 5) Z. B. durch Verstoß gegen die Vorschriften, die sich auf die verkehrssichere Beschaffenheit des Fahrzeugs oder die nach Beendigung der Fahrt zu treffenden Sicherungsmaßnahmen — Beleuchtung bei Dunkelheit, Sicherung gegen unbefugte Benützung usw. — (§§ 7, 20, 25 StVO.) beziehen. 6) Der Verurteilung zu Jugendstrafe steht die Anordnung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem JGG. gleich. Lackner N J W . 54, 629; LG. Bonn N J W . 54, 653. Wegen der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis vor Abschluß des Strafverfahrens vgl. § l i l a StPO. 6a) einschl. der mangelnden Reife nach § 3 J G G . 7) Wegen des Verhältnisses der gerichtlichen Entziehung zur Entziehung durch die Verwaltungsbehörde vgl. § 4 Straßenverkehrsges. — B VIII 1 —. Die gerichtl. Entziehung ist auch noch nach Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verw.-Beh. zulässig. BGH. N J W . 53, 1719. Dagegen kommt Entziehung begrifflich nicht in Betracht, wenn der Täter überhaupt noch keine Fahrerlaubnis besessen h a t (ebenso LK. 7d, offen gelassen in BGH. a.a.O.; vgl. noch Anm. 10). — Unrichtig ist die häufig anzutreffende Fassung des Urteils, die Fahrerlaubnis werde auf bestimmte Zeit entzogen. Die bestehende Fahrerlaubnis wird vielmehr endgültig entzogen; die Befristung bezieht sich auf die Erteilung einer neuen Erlaubnis. 8) Ungeeignet zum Führen bedeutet nicht nur ungeeignet zum verkehrssicheren Führen, sondern ungeeignet zu einer gesetzlich einwandfreien Führung eines Kraftfahrzeugs. B G H . N J W . 54, 163. Ungeeignet ist der Täter, wenn sich aus der Tat ein solcher Mangel an den erforderlichen körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie an charakterlicher Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewußtsein ergibt, daß, wenn er im Besitz der Fahrerlaubnis bleibt, weitere Straftaten der in Abs. 1 bezeichneten Art zu erwarten sind. Allerdings ist, worauf BGH. N J W . 54, 159 (mit abl. Anm. von Schmidt-Leichner) abstellt, in Abs. 1 nicht ausdrücklich ausgesprochen, daß die Entziehung nur zulässig sei, wenn dies zum Schutz der Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung durch den Täter erforderlich ist; dieses Erfordernis ergibt sich aber schon aus dem Merkmal „ungeeignet" und Abs. 4 („nicht m e h r " ) zeigt deutlich die Auffassung des Gesetzgebers, daß die Entziehung nur in Betracht kommen soll, wenn sie zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist. Die Entziehung setzt deshalb — gegen BGH. N J W . 54, 159 — voraus, daß die Wirkung der Verurteilung und Strafverbüßung zum Schutz nicht ausreicht. OLGe Düsseldorf u. Celle N J W . 54,165, 652; Härtung JZ. 54,138. Die Prüfung der Eignungsfrage verlangt nicht nur eine Würdigung aller Umstände der T a t selbst, sondern auch eine Würdigung der G e s a m t p e r s ö n l i c h k e i t des Täters. BGH. N J W . 54, 159; so können z. B. eine jahrelange einwandfreie Fahrpraxis oder einschlägige Vorstrafen, ferner die Haltung des Täters zur Tat und nach ihr von wesentlicher Bedeutung für die Frage des Verantwortungsbewußtseins sein. OLG. Braunschweig N J W . 53, 1882. Bei schweren Verfehlungen begründet aber in der Regel schon eine einmalige T a t die Annahme, daß dem Täter das erforderliche Verantwortungsbewußtsein fehlt und dadurch der Allgemeinheit Gefahren drohen; sein Vorbringen, durch die Bestrafung genügend für die Zukunft gewarnt zu sein, ist in solchen Fällen unbeachtlich. OLG. Stuttgart N J W . 53, 1882 und im Ergebnis ebenso B G H . N J W . 54, 159. Bedeutungslos für die Frage, ob wegen mangelnder Eignung eine Entziehung geboten ist, sind die aus der Entziehung für den Täter drohenden berufl. und wirtschaftl. Auswirkungen; die Rücksichtnahme auf die Allgemeinheit hat den Vorrang. OLG. Stuttgart a.a.O. 9) Entsprechend dem Art. 24 Abs. 5 des 1949 beschlossenen internatl. Abkommens über den Straßenverkehr (vgl. die amtl. Begr. z. Entw. des Ges. z. Sicherung des Straßenverkehrs v. 19. 12. 1952, BJ.-Drucks. Nr. 2674, abgedr. z. B. bei Floegel-Hartung, Straßenverkehrsrecht,

§ 42n. — l.Teil. 2. Abschnitt. Versuch. § 43

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(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Das Gericht bestimmt im Urteil eine Frist, vor deren Ablauf die Verwaltungsbehörde keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf11). Die Frist beträgt mindestens sechs Monate12) und höchstens fünf Jahre. Sie wird von dem Tage ab berechnet, an dem das Urteil rechtskräftig geworden ist. Das Gericht kann die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis auch für immer untersagen. (4) Erscheint die Maßregel nicht mehr erforderlich, um die Allgemeinheit vor Gefährdung zu schützen, kann das Gericht die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nachträglich durch Beschluß gestatten 13 ).

§ 42 n. [Verbindung von Maßregeln] Maßregeln der Sicherung und Besserung können nebeneinander angeordnet werden. 2. Abschnitt.

Versuch

§ 43. [Begriff] (1) Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens enthalten 1 ), betätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen oder 8. Aufl. S. 757). Verkehrsvorschriften sind die die Sicherheit des Verkehrs auf ö f f e n t l i c h e n Straßen usw. bezweckenden Vorschriften einschl. der §§ 142, 315a, 316 Abs. 2 StGB. (FloegelHärtung S. 758). 10) Die Einziehung des Führerscheins h a t keine selbständige Bedeutung, sondern ist lediglich die Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis. Eine Beschlagnahme des Führerscheins als Einziehungsgegenstand ist aber nicht nur in Verbindung mit einer einstw. Entziehung der Fahrerlaubnis (§ l i l a StPO.) zulässig. Lackner N J W . 53, 1172; LG. Braunschweig N J W . 53, 1238; a. M. Deinhardt N J W . 53, 891. 11) Nur neben einer Entziehung (Abs. 1), also noch nicht, wenn der Täter überhaupt noch keine Fahrerlaubnis gehabt hat (vgl. Anm. 7). Denn die Erteilung einer „neuen" Fahrerlaubnis setzt voraus, daß eine „alte" vorlag; es besteht auch kein Bedürfnis für eine über die Festsetzung der Entziehungsdauer hinausgehende Aberkennung der Fähigkeit zur Erlangung einer Fahrerlaubnis. Nach dem Gesetzeswortlaut darf die VerwBeh. während der Sperrfrist überhaupt keine Fahrerlaubnis erteilen. Es erscheint aber erwägenswert, ob es nicht mit Händel N J W . 54, 139 als zulässig angesehen werden kann, die Sperre gegenständlich zu beschränken, z. B. nur auf Krafträder. 12) Sie kann nicht durch „Anrechnung" der Dauer einer vorläufigen Entziehung (§ l i l a StPO.) gekürzt werden; eine entsprechende Anwendung des § 60 StGB, kommt nicht in Betracht. BGH. N J W . 54, 400. Doch kann wegen der langen Dauer der vorläufigen Entziehung eine noch drohende Gefahr zu verneinen sein, so daß die endgültige Entziehung unterbleibt. OLG. Stuttgart N J W . 54, 164; Schmidt-Leichner N J W . 53, 1851. 13) Vgl. § 463 a Abs. 3 StPO. Die nachträgl. Gestattung bezieht sich sowohl auf zeitige Sperrfristen wie auf die dauernde Untersagung der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis. Sie ist ausnahmsweise auch vor Ablauf der Mindestfrist von 6 Monaten zulässig, da es an einer dem § 42 1 Abs. 4 Satz 2 entsprechender Vorschrift fehlt. Schmidt-Leichner N J W . 53, 1852. Voraussetzung für die nachträgl. Gestattung ist aber stets, daß n a c h Rechtskraft der Entziehungsentscheidung Umstände eingetreten sind, die die bisher von dem Täter drohende Gefährdung ausschließen. Zu § 4 3 : 1) Ein „Anfang der Ausführung" liegt schon in jeder Tätigkeit, die, weil sie notwendig mit einer Tatbestandshandlung zusammengehört, für die natürliche Auffassung — also vom beobachtenden Dritten aus gesehen — als deren Bestandteil erscheint. E. 77, 164 oder — anders ausgedrückt — die nach dem auf unmittelbar sich anschließende Herbeiführung des Enderfolges gerichteten Gesamtplan des Täters bereits eine u n m i t t e l b a r e Gefahr für das geschützte Rechtsgut bildet. E. 68, 340; 69, 327; BGHSt. 2, 380. Z. B.: D i e b s t a h l s versuch, wenn der Täter sich in ein Haus in diebischer Absicht einschleicht. R G D J. 36, 935; aber auch schon, wenn er mit Einbruchsgerät am Tatort eintrifft. BGHSt. 2, 380; oder es ergreift, um mit dem Einbrechen zu beginnen. OLG. Köln JMB1. NRW. 52, 100. T ö t u n g s versuch: das Anlegen einer geladenen Schußwaffe mit ungespanntem Hahn. E. 59, 386; das Lauern auf das Opfer mit angelegter Pistole in der Erwartung, es werde demnächst in die Schußbahn treten. E. 77, 1 und 162; das Ergreifen einer geladenen, wenn auch

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A 2. Strafgesetzbuch. § 44

Vergehen nicht zur Vollendung2) gekommen ist, wegen Versuches zu bestrafen3) . (2) Der Versuch eines Vergehens wird jedoch nur in den Fällen bestraft, in welchen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt.

«§ 441). [Strafe des Versuchs] (1) Das versuchte Verbrechen oder Vergehen kann milder bestraft werden, als das vollendete2). gesicherten Pistole, um sie anzulegen und zu schießen. E. 68, 339, 336. R a u b v e r s u c h , wenn der Täter dem zu Beraubenden auflauert, auch wenn dieser entgegen seinen Erwartungen nicht erscheint. BGH. N J W . 52, 514 (s. aber N J W . 54, 567). B r a n d s t i f t u n g s v e r s u c h : Das Anzünden von Streichhölzern zur Brandstiftung. H R R . 33 Nr. 351. A b t r e i b u n g s v e r s u c h : Die Untersuchung einer Frau nach einer etwa vorhandenen Leibesfrucht durch den zur Abtreibung entschlossenen Arzt. OLG. H a m m DRZ. 50, 236. Ein Versuch, Zahlungsmittel entgegen den d e v i s e n r e c h t l i c h e n Vorschriften ins Ausland zu bringen, liegt in dem Einnähen der Zahlungsmittel in eine in der Wohnung des Täters befindliche Fußmatte, die über die Grenze geschmuggelt werden soll. E. 71, 53, und in der Übergabe der Geldbeträge an einen Dritten mit dem Auftrag, die Zahlungsmittel oder deren Gegenwert selbst oder durch Helfershelfer ins Ausland zu schaffen. E. 74, 6, ein B e t r u g s v e r s u c h in dem Schreiben an einen Dritten, um ihn als Werkzeug für die beabsichtigte Täuschung zu gewinnen. E. 77, 172. Die neuere Rechtsprechung geht erkennbar dahin, den Versuchsbegriff weit auszudehnen. Bei m i t t e l b a r e r Täterschaft ist Versuch nicht stets schon mit der abschließenden Einwirkung des mittelb. Täters auf das Werkzeug, noch stets erst mit der Vornahme einer Ausf.Handl. durch das Werkzeug gegeben. Vielmehr ist die Einwirkung auf den Tatmittler Vorbereitungshandl., wenn erst beim Hinzutreten weiterer Umstände oder nach längerer Zeit eine Auswirkung gewollt war, dagegen Anfang der Ausführung, wenn das Rechtsgut durch die Einwirkung auf das Werkzeug unmittelbar gefährdet ist. B G H . N J W . 53, 1478. Zum Versuch kann bedingter Vorsatz ausreichen. E. 68, 341. Doch ist stets erforderlich, daß der Entschluß zur T a t e n d g ü l t i g gefaßt ist; ein noch von einer Bedingung abhängiger Wille, den Tatbestand zu verwirklichen, ist strafrechtlich bedeutungslos. E. 70, 203; 71, 73. 2) Eine Verurteilung wegen Versuchs setzt nicht den Nachweis voraus, daß das beabsichtigte Verbrechen nicht zur Vollendung gekommen ist. E. 41, 352. Zuweilen kann lediglich die Absicht des Täters den äußeren Tatbestand derart bestimmen, daß nur der^n vollständige Verwirklichung die Vollendung der T a t bedeutet; es hängt z. B. von der Absicht hinsichtlich der geschlechtlichen Erregung ab, ob Greifen unter die Röcke Versuch oder Vollendung des § 174 ist. 3) Der Versuch mit untauglichen Mitteln und am untauglichen Objekt ist nach feststehender Praxis strafbar. PlenEntsch. E. 1, 439; 34, 217; 39, 316 und bezüglich der Strafbarkeit des Versuchs am untauglichen Objekt. E. 1, 451. Versuch durch ein untaugl. S u b j e k t beim Sonderverbrechen (z. B. ein Nichtbeamter, der Beamter zu sein glaubt, will ein echtes Amtsdelikt begehen) wurde vom RG. früher (E. 8, 199) als strafloses Wahnverbrechen angesehen, während neuerdings E. 72, 110 strafb. untaugl. Versuch annimmt (zust. Bruns DStrR. 38, 161; Olshausen 6 a ; a. M. Schönke IV; SchleswHolstOLG., Schl.HA. 49, 297). Zu den Fällen des u. V. gehört auch M a n g e l a m T a t b e s t a n d , wo der Täter scheinbar den erstrebten Erfolg erreicht, indem er irrig ein nicht vorhandenes Tatbestandsmerkmal annimmt (also Diebstahlsversuch, wenn der Täter in Zueignungsabsicht die eigene Sache in der Annahme, sie gehöre einem anderen, wegnimmt). E. 42, 92; 47, 191; 56, 318; 61, 429; B G H S t . 2, 76. Dagegen verneint die Rechtsprechung die Strafbarkeit des mit absurden Mitteln unternommenen, z. B. des sogenannten abergläubischen Versuchs (Totbeten usw.). E. 33, 323; OLG. Hamburg H E S t . 1, 95. S t r a f l o s e s W a h n v e r b r e c h e n und untauglicher Versuch unterscheiden sich im folgenden: Beim W a h n v e r b r e c h e n trifft der vom Täter vorgestellte Sachverhalt zu, nur irrt er über die Straflosigkeit eines solchen Tatbestandes; beim Versuch a. u. O. geht der Täter von der falschen Annahme eines Tatbestandes aus, der, wenn seine irrige Vorstellung richtig war, einen strafbaren Tatbestand verwirklichen würde. E. 72, 112. Z u § 4 4 : 1) in der Fassung des Art. 1 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 341). Der früher bestehende Z w a n g zur milderen Bestrafung des Versuchs und der Beihilfe war bereits durch § 4 der VO. gegen Gewaltverbrecher v. 5. 12. 1939 (RGBl. I S. 2378) durch die Milderungsmöglichkeit ersetzt worden. 2) Auf die Strafe der vollendeten T a t ist etwa zu erkennen, wenn die Willensschuld des Täters der bei vollendeter Tat entspricht und nur äußere, nicht in der Person oder Tätig-

1. Teil. 2. Abschnitt. Versuch.

§§ 45, 46

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(2) Ist das vollendete Verbrechen mit lebenslangem Zuchthaus bedroht, so kann auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren erkannt werden 3 ). (3) In den übrigen Fällen kann die Strafe bis auf ein Viertel4) des Mindestbetrages der auf das vollendete Verbrechen oder Vergehen angedrohten Freiheitsund Geldstrafe ermäßigt werden. Ist hiernach Zuchthausstrafe unter einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des § 21 in Gefängnis zu verwandeln 5 ). § 45. [Nebenstrafen] Wenn neben der Strafe des vollendeten Verbrechens oder Vergehens die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zulässig oder geboten ist, oder auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden kann, so gilt Gleiches bei der Versuchsstrafe. § 46. [Rücktritt. Tätige Reue] Der Versuch als solcher1) bleibt straflos, wenn der Täter 1. die Ausführung der beabsichtigten Handlung aufgegeben 2 ) hat, ohne daß keit des Täters begründete Umstände den Eintritt des Erfolgs vereitelten. Die Möglichkeit der Strafe wie für die vollendete T a t m u ß erörtert werden, wenn nach Sachlage Veranlassung zur Prüfung besteht. RG. D J . 42, 477. Im übrigen muß das Urteil zweifelsfrei ergeben, daß die Möglichkeit erwogen ist, milder als bei Vollendung zu bestrafen und welchem Strafrahmen die Strafe hiernach entnommen ist. BGH. LM. Nr. 4 zu § 267 I I I StPO. 3) Ist wahlweise lebenslanges und zeitiges Zuchthaus angedroht, so steht dem Richter auch bei dem Versuch die Wahl zwischen den Strafen des § 44 Abs. 2 und 4 offen. RG. H R R . 33 Nr. 444. 4) Die Milderungsmöglichkeit bezieht sich nur auf die Hauptstrafe, nicht auf Nebenstrafen usw. Das Viertel einer Mindeststrafe von 3 Mon. Gef. beträgt 23 (nicht 22) Tage, das einer Mindeststrafe von 1 Mon. Gef. 8 Tage und nicht eine Woche, das einer Strafe von einer Woche 2 Tage. RG. GA. 47, 157. 5) Bei Festsetzung der Versuchsstrafe von der Strafe auszugehen, die für das vollendete Delikt angemessen gewesen sein würde und diese Strafe dann zu mildern, ist nur dann zulässig, wenn bereits im wesentlichen feststeht, wie die vollendete Tat ausgesehen haben würde, insbes. bei beendetem oder nahezu beendetem Versuch, wenn die Schwere der vollendeten Tat nach Hergang und Folgen zuverlässig erkennbar ist. Grundsätzlich ist von dem Strafrahmen des Abs. 4 u n m i t t e l b a r auszugehen und innerhalb dieses Rahmens die angemessene Strafe festzusetzen. E. 59, 154; BGHSt. 1, 116. Bei Androhung von Zuchthaus beim vollendeten Delikt ist bei Festsetzung der Versuchsstrafe zu prüfen, in welcher Höhe eine Zuchthausstrafe angemessen ist, die, wenn sie weniger als 1 J a h r beträgt, in Gefängnis umzuwandeln ist. RG. DRZ. 27 Nr. 946. Konkurriert der Versuch eines Verbrechens mit einem Vergehen, so ist zunächst die Strafe des Versuchs selbständig festzusetzen und im Falle einer Umwandlung gemäß § 44 Abs. 3 in Gefängnis in dieser Form als Einzelstrafe zu verwenden. E. 55, 97. Z u § 4 6 : 1) Die Straflosigkeit des Versuchs hindert nicht die Bestrafung einer vollendeten Zuwiderhandlung gegen ein Strafgesetz, das mit der Strafvorschrift für die versuchte Handlung in Gesetzeseinheit steht. RG. J W . 34, 2062, z. B. beim Mordversuch nicht die Bestrafung wegen gefährlicher Körperverletzung. RG. D J . 38, 723. Begeht der Täter nach Scheitern des 1. Versuchs einen neuen Versuch und t r i t t er von letzterem zurück, so erstreckt sich die Wirkung des Rücktritts nicht auf den 1. Versuch. RG. J W . 36, 324 14 . — § 4 6 begründet einen p e r s ö n l . Strafaufhebungsgrund; der Rücktritt des Täters befreit den Teilnehmer nicht von Strafe. E. 56, 209; jedoch kann auch der Teilnehmer zurücktreten. E. 59, 413 (siehe Anm. 2). 2) § 46 Nr. 1 bezieht sich auf den n i c h t b e e n d i g t e n Versuch, d. h. den Fall, daß der Täter noch nicht alle nach seiner Meinung zur Vollendung erforderlichen Schritte getan hat. Der Versuch ist unbeendet, solange der Täter glaubt, durch Fortführung seiner Versuchstätigkeit (Gegensatz: durch Wiederholung eines gescheiterten Versuchs) zum Ziele gelangen zu können. BGH. N J W . 53, 1231. § 46 findet auch auf die Teilnehmer Anwendung; sie sind auch ,,Täter" i. S. des § 46. E. 55, 105. Der zurücktretende Teilnehmer bleibt aber nur dann straflos, wenn entweder

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A 2. Strafgesetzbuch. § 46

er an dieser Ausführung durch Umstände gehindert worden ist, welche von seinem Willen unabhängig waren3), oder 2. zu einer Zeit, zu welcher die Handlung noch nicht entdeckt4) war, den Eintritt des zur Vollendung des Verbrechens oder Vergehens gehörigen Erfolges durch eigene Tätigkeit abgewendet hat 5 ). auch die übrigen Teilnehmer zurücktreten oder dem bereits ins Werk gesetzten Tun des Zurückgetretenen auf andere Weise die Wirkung entzogen wird. RG. DRZ. 34 Nr. 171; z. B., indem der zurücktretende Mittäter den übrigen seinen Rücktritt zur Kenntnis bringt und sie dadurch nötigt, einen neuen selbständigen Entschluß zu fassen. B G H . N J W . 51, 410 oder indem der Anstifter den Angestifteten bestimmt, die Tat zu unterlassen. E. 70, 295. Hängt die Vollendung der H a u p t t a t von einer durch den Gehilfen allein vorzunehmenden Handlung ab, so kann die Unterlassung dieser Handlung genügen. RG. Recht 31 Nr. 2556. Ist der Tatbeitrag des Zurückgetretenen von den übrigen Beteiligten zunächst noch zur Fortsetzung des Versuchs verwendet worden, dann aber die Vollendung der Tat durch ein vom Willen des Zurückgetretenen unabhängiges Ereignis abgewendet worden, so kann sich der zurückgetretene Teilnehmer, der die Verwendung seines Tatbeitrages zur Fortsetzung des Versuchs nicht gehindert hat, auf § 46 nicht berufen. E. 59, 412 (vgl. auch § 49a Abs. 4). Wird eine vorbereitete T a t von zwei Teilnehmern ernstlich aufgegeben, dann aber die gleiche Tat von dem einen abermals beschlossen und ausgeführt, so ist der frühere Gehilfe straffrei. E. 55, 105. Kein Rücktritt vom Versuch, wenn der Täter nicht den Erfolgsvorsatz, sondern nur eine bestimmte Ausführungsweise aufgibt, und dabei entschlossen ist den Erfolg demnächst auf andere Weise zu verwirklichen. E. 72, 349. 3) Der Rücktritt muß ganz aus freiem Willen erfolgt sein, und zwar obschon dem Täter die Ausführung möglich schien. („Ich will nicht, obwohl ich könnte"). Der Täter braucht die beabsichtigte T a t nicht aus Reue aufgegeben zu haben. E. 24, 222; auch Furcht vor Strafe, E. 57, 316, und ähnliche Gründe reichen aus. Auch beim nichtbeendigten Versuch mit untauglichen Mitteln oder am untauglichen Gegenstand ist freiwilliger Rücktritt möglich, wenn der Täter von der Unmöglichkeit der Vollendung nichts weiß. E. 68, 82. Die Freiwilligkeit fehlt nicht nur, wenn ä u ß e r e U m s t ä n d e die Ausführung der T a t unmöglich machen, sie kann vielmehr auch fehlen, wenn i n n e r e H e m m u n g e n der Ausführung der T a t entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn äußere Umstände derart maßgeblich auf den Täter eingewirkt und für seine Willensbildung so wesentlich waren, daß sie nach der Lebenserfahrung das Gefühl freier Wahl aufgehoben haben. Auch die irrige Annahme solcher Umstände genügt. E. 75, 393. In der neueren Rechtsprechung des RG. ist das Bestreben erkennbar, die Freiwilligkeit auch dann zu verneinen, wenn der Entschluß auf einem zwar freigewählten, aber sittlich zu mißbilligenden Beweggrund beruht (vgl. Bockelmann DR. 42, 432). B e i s p i e l e : K e i n freiwilliger Rücktritt, wenn der Dieb bei nur allgemeinem, unbestimmten Wegnahmewillen überhaupt nichts, oder bei einem auf Wegnahme bestimmter Sachen gerichteten Vorsatz keine Sachen dieser Art vorfindet. E. 24, 222; 55, 66, oder wenn er zwar Sachen vorfindet, sie aber als wertlos oder für seine Zwecke unbrauchbar ansieht; z. B. weil er den Gegenstand beim Versuch beschädigt hat. E. 45, 6, oder wenn er die Ausführung unterläßt, weil die vorgefundenen Sachen nach Menge und Art seinen Erwartungen nicht entsprechen. E. 70, 1 (anders E. 55, 66); B G H . N J W . 53, 752; weil er von der Erfolglosigkeit seiner bisherigen Versuche überzeugt ist. E. 52, 181; weil der Versuch sich als unausführbar erwies. E. 65, 149; weil er ungewollt den Erfolg vereitelt hat. E. 68, 381; weil ihn über den bisherigen Erfolg seines Tuns ein solcher Schrecken erfaßte, daß er den Mut verlor, die Tat zu vollenden. E. 68, 238. Der Umstand, daß ein Täter erfährt, ein Mitzeuge habe die Wahrheit bereits zugestanden, schließt den freiwilligen Rücktritt vom Meineidsversuch nicht aus. J R . 26 Nr. 96. Die Furcht vor alsbaldiger Entdeckung kann ein so starker Beweggrund sein, daß sie die Freiwilligkeit aufhebt, wenn nämlich der Täter nach den ganzen Umständen nicht ernstlich bei seinem Entschluß beharren konnte, selbst wenn er es gewollt hätte. E. 65, 149. Ob bei Aufgabe der Tat infolge Ü b e r r e d u n g freiwilliger Rücktritt vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Falles; z. B. keine Freiwilligkeit, wenn beim Notzuchtsversuch die Angegriffene den Täter von weiterer Gewaltanwendung durch das Versprechen abhält, sich ihm bei anderer Gelegenheit freiwillig hinzugeben. E. 75, 393. 4) Entdeckt ist die Handlung, wenn ein anderer wahrgenommen hat, daß eine strafbare Handlung in Frage steht. Er braucht nicht alle Einzelheiten erkannt zu haben, die zu ihrer abschließenden rechtlichen und tatsächlichen Beurteilung erforderlich sind, doch muß die Erkenntnis soweit reichen, daß er den Erfolg der Tat verhindern oder daß auf seine Wahrnehmungen ein strafrechtliches Verfahren gegründet werden kann. Unter dieser Voraussetzung kann der andere auch ein unmündiges Kind sein. E. 71, 242. Wahrnehmung durch

1. Teil. 3. Abschnitt. Teilnahme.

3. Abschnitt.

§ 47

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Teilnahme

§ 47. [Mittäterschaft] Wenn mehrere eine strafbare Handlung gemeinschaftlich ausführen, so wird jeder als Täter 1 ) 2) bestraft. einen Dritten, den der Täter selbst zur Abwendung des Erfolges herbeigerufen hat, genügt nicht. R G . H R R . 29 Nr. 454. 5) § 46 Nr. 2 bezieht sich auf den b e e n d e t e n Versuch, d. h. den Fall, daß der Täter alle Handlungen vorgenommen hat, die nach seiner Meinung zur b e g r i f f l i c h e n Vollendung der Tat gehören. E . 68, 82; während der Erfolg noch nicht eingetreten ist. Auch hier muß der Rücktritt wie in § 46 Nr. 1 ein freiwilliger sein. E. 38, 402. Daher kein Rücktritt, wenn der Täter v e r s e h e n t l i c h die Vollendung vereitelt. E . 63, 159. Ein wirkliches Tun ist erforderlich, ein passives Verhalten genügt nicht. E . 39, 220; 68, 309; daher kein Rücktritt, wenn der Täter nach wirklichem oder irrig angenommenem Fehlschlagen des Versuchs nichts mehr unternimmt. RG. DRZ. 25 Nr. 340; OLG. Braunschw. N J W . 47, 109. Es genügt auch nicht die vom Täter veranlaßte, aber von ihm nicht gewollte Handlung eines Dritten. H R R . 30 Nr. 2182. Die Anwendung des § 46 Nr. 2 ist ausgeschlossen, wenn die Tat entdeckt war, auch wenn der Täter zur Zeit der Erfolgsabwendung noch keine Kenntnis von dem Eintritt der Entdeckung erlangt hat. Recht 34 Nr. 602. Dagegen ist entsprechend § 49a Abs. 4, § 82 Satz 2, § 129 Abs. 4 Satz 2, § 139 Abs. 4 der § 46 Nr. 2 auch anwendbar, wenn der beendete Versuch fehlgeschlagen ist (untauglicher Versuch), der Täter dies aber nicht weiß und deshalb auf Abwendung des Erfolges gerichtete Maßnahmen trifft. LG. Elbing D S t R . 42, 56; Schönke I I I , 1; a. M. E. 68, 310; 77, 2. Zu § 4 7 : 1. a) Täter ist nicht nur der, der die tatbestandsmäßige Handlung unmittelbar ausführt oder mitausführt, sondern jeder, der mit Täterwillen den Erfolg verursacht, indem er eine Bedingung für den Erfolg setzt, sofern er nicht als Anstifter (§ 48) oder Gehilfe (§ 49) zu bestrafen ist. E s ist zu unterscheiden zwischen dem unmittelbar handelnden Täter, dem mittelbaren Täter und dem Mittäter. Täter kann nur eine physische Person sein, bei juristischen Personen ist deren Vertreter verantwortlich (vgl. KG. GA. 69, 454; BavObLG GA. 77, 378). Das schließt nicht aus, daß nach Sondervorschriften die jur. Person für eine durch den Vertreter verwirkte Geldstrafe haftet (vgl. § 416 RAbgO. — B VI —) oder daß gegen sie selbst eine Sühne in Geld festgesetzt werden kann (vgl. dazu § 23 WiStG. — B I V 7). Einen allgemeinen Satz des Inhalts, daß eine gesetzl. Strafandrohung auch dem gelte, der als Organ oder Vertreter für einen anderen handelt, wie ihn die StGB.-Entw. 1935ff. vorsahen, kennt das StGB, nicht, doch zeigt die Rechtspr. das Bestreben, Unbilligkeiten, die sich aus dem Fehlen einer solchen Vorschrift ergeben, zu mildern (vgl. dazu Anm. 8 zu § 259). Schrifttum: Bruns, Über Organ- und Vertreterhaftung i. Strafrecht, JZ. 54, 12. Über Verursachung siehe Anm. 4 zu § 222. Ein Tatbestand, der die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs voraussetzt, kann durch positives Tun wie durch Unterlassung verwirklicht werden (sog. unechtes U n t e r lassungsdelikt). Die Herbeiführung des Erfolgs durch Unterlassung erfüllt den Tatbestand jedoch nur, wenn eine Pflicht zum Handeln bestand. Die Rechtspflicht kann sich aus Gesetz, Gewohnheitsrecht, Amtspflicht oder Vertrag ergeben; ohne Bedeutung ist, ob die vertragliche Rechtspflicht gerade dem Verletzten gegenüber besteht. E . 69, 323. So kann z. B . eine Mutter als Inhaberin der elterlichen Gewalt wie als Haushaltungsvorstand wegen Beihilfe oder Mittäterschaft zum Tötungsverbrechen strafbar sein, wenn sie nicht dem ihr bekannten Vorhaben ihrer minderjährigen, in ihrem Haushalt lebenden Tochter, eine Entbindung ohne jeden Beistand in der Wohnung der Mutter stattfinden zu lassen, damit das Kind in oder gleich nach der Geburt sterbe, nachdrücklich entgegentritt. E . 72, 373. Die eheliche Lebensgemeinschaft begründet für jeden Ehegatten die Pflicht, den anderen von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. BGH. N J W . 53, 591. Ebenso ist zum Handeln verpflichtet, wer durch sein vorgängiges Tun oder Unterlassen, wenn auch ohne Verschulden, die Gefahr eines bestimmten Erfolges herbeigeführt hat; E . 70, 227; BGH. N J W . 53, 551 (betr. Verpflichtung des Gastwirts, der einem Kraftfahrer Alkohol verabreicht hat, ihn am Fahren in Volltrunkenheit zu hindern), sofern das vorgängige Verhalten eine natürliche Verantwortlichkeit für die Entstehung einer Gefahrenlage begründet. BayObLG. N J W . 53, 536. Ist dies der Fall, so besteht die Rechtspflicht zur Abwendung der Gefahr auch dann, wenn sich der Täter dadurch der Verfolgung wegen einer früher begangenen Straftat aussetzt. E . 72, 20; 73, 57. Auch rechtmäßiges Tun, durch das eine Gefahrenlage geschaffen wird, kann zu weiterem Eingreifen verpflichten; doch braucht ein rechtmäßig Handelnder nicht damit zu rechnen, daß auf Grund der von ihm befugtermaßen geschaffenen Sachlage das rechtswidrige Verhalten verantwortlicher Dritter eine Gefahr herbeiführen könnte. B G H S t . 3, 203. Schließlich ergibt sich auch

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A 2.

Strafgesetzbuch. § 47

für Menschen, die in so enger Lebensgemeinschaft verbunden der Außenwelt gegenüberstehen, wie z. B. in der Familie oder der häuslichen Gemeinschaft, die Verpflichtung, den Genossen in Leibes- oder Lebensgefahr beizustehen, wenn diese sich aus eigener Kraft nicht helfen, auch fremde Hilfe nicht herbeirufen können. E . 69, 321; 73, 391; BGHSt.2, 153. Auch sonstige persönliche Beziehungen können eine Fürsorgepflicht begründen, z. B . die des Arztes gegenüber dem Kranken durch die vorangegangene Behandlung. E . 74, 354. Nach E . 74, 189 hat jeder Volksgenosse die Aufgabe, strafbare Handlungen Dritter zu verhindern, soweit das in seinen Kräften steht. Eine moralische Aufgabe dieser Art mag bestehen; eine Rechtspflicht, deren Nichterfüllung eine Haftung für den nichtabgewendeten Erfolg begründet, kann aber, soweit den Unterlassenden nicht besondere Beziehungen zu dem angegriffenen Rechtsgut zur Abwendung verpflichten, nicht anerkannt werden. Dies ergibt sich aus §§ 138, 330c, die eine Abwendungspflicht nur unter besonderen Voraussetzungen begründen, und die Verletzung dieser Pflichten löst nur die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Straffolgen aus und begründet gerade nicht eine strafrechtl. Haftung für den nicht abgewendeten Erfolg. B G H S t . 3, 65. Flüchtige und lose Interessengemeinschaften lösen jedenfalls keine Nothilfepflicht aus; z. B . ist der Teilnehmer an einem Zechgelage nicht in dieser Eigenschaft verpflichtet, einem anderen Teilnehmer in den aus dessen Trunkenheit sich ergebenden Gefahren beizustehen (unbeschadet einer Hilfepflicht aus § 330c). BayObLG. N J W . 53, 556. Über den Fall, daß jemand o h n e Rechtspflicht einen Erfolg abwenden will, von einem Dritten aber rechtswidrig bestimmt wird, es zu unterlassen, s. Zimmermann N J W . 52, 1321. Die besondere Rechtspflicht zum Handeln bei den unechten Unterlassungsdelikten gehört zum Tatbestand, nicht zur Rechtswidrigkeit; ein Irrtum, nicht zum Handeln verpflichtet zu sein, ist deshalb kein Verbotsirrtum, sondern ein Tatbestandsirrtum, der auch dann, wenn er verschuldet ist, den Vorsatz ausschließt. BGH. N J W . 52, 1164 Nr. 21; 53, 591. Der Täter kann in der Regel nicht zugleich als Anstifter oder Gehilfe zu der Tat bestraft werden, weil die geringere Teilnahmeform in der schwereren aufgeht. E . 70, 139. Doch sind Ausnahmen möglich, z. B . bei Straftaten, die ihrer Natur nach den Begriff der Anstiftung oder Beihilfe zu fremder Tat in sich tragen. Unter besonderen Umständen können Täterschaft und Anstiftung tateinheitlich zusammenfallen. So kann z. B . bei Tötung eines Menschen gemeinschaftlicher Mordversuch mit Anstiftung zum Totschlag in Tateinheit stehen, wenn der Anstifter und der Angestiftete gemeinschaftlich den Mord versuchen und der Angestiftete demnächst in Fortwirkung der Anstiftung die Tötung (ohne die Voraussetzungen des § 211 Abs. 2) ausführt. E . 70, 293 oder es kann Gefangenenmeuterei (§ 122 Abs. 1) mit Anstiftung zur schweren Meuterei (§ 122 Abs. 3) tateinheitl. zusammentreffen, wenn der anstiftende Meuterer persönl. an den Gewalttaten nicht teilnehmen wollte. OLG. München J R . 51, 87. b) Mittelbarer T ä t e r ist, wer vorsätzlich veranlaßt, daß eine Straftat durch einen anderen zur Ausführung gelangt, der, wie der Täter weiß oder annimmt, seinerseits nicht zurechnungsfähig (§ 51) oder wegen Irrtums (§ 59), Nötigung (§52), Notstand (§ 54) oder dgl. schuldlos oder der zwar schuldhaft, aber nicht mit Täter-, sondern nur mit Gehilfenvorsatz handelt (sog. doloses Werkzeug). Voraussetzung ist, daß sich der mittelbare Täter durch die eigene Vornahme der Ausführungshandlung in gleicher Weise strafbar machen könnte. E . 63, 313; 64, 425; Jansen D J . 44, 196. S o n d e r d e l i k t e (z. B. Amtsdelikte) können demgemäß in mittelbarer Täterschaft nur von solchen Personen begangen werden, bei denen die besonderen Tatbestandsmerkmale vorliegen. B G H S t . 2, 170 (andernfalls trotz Täterwillens nur Bestrafung wegen Anstiftung oder Beihilfe) und bei den sog. e i g e n h ä n d i g e n D e l i k t e n , bei denen Begehung der Tat in eigener Person erforderlich ist, wie z. B . beim Meineid, ist Begehung in mittelbarer Täterschaft ausgeschlossen. R G . J W . 32, 3068. Die Annahme mittelbarer Täterschaft wird dadurch nicht in Frage gestellt, daß die von dem Täter als Werkzeug in Anspruch genommene Person den gesetzlichen Tatbestand, ohne daß der Täter es weiß, mit eigenem Tätervorsatz verwirklicht (z. B . er bestimmt einen Zurechnungsfähigen, den er für geisteskrank hält, zur Tat). E . 57, 274; a. M. Frank Vorbem. II 2. Die Rechtswidrigkeit der mittelbaren Täterhandlung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das Werkzeug rechtmäßig handelt (z. B. mittelbare Freiheitsberaubung, wenn der Täter durch Erstattung einer falschen Anzeige bewirkt, daß der Angezeigte von der Polizei vorläufig festgenommen wird oder daß Haftbefehl ergeht). B G H S t . 3, 4. c) Die Mittäterschaft setzt voraus, daß jeder Beteiligte den ganzen Erfolg einer Straftat auf Grund eines gemeinschaftlichen Entschlusses und mit vereinten Kräften als e i g e n e n Erfolg verursachen will. Der gemeinschaftl. Entschluß braucht nicht vor Tatbeginn, er kann vielmehr auch während der Ausführung einer Tat gefaßt werden; im letzteren Fall sind dem eintretenden Mittäter die ihm bekannten gesetzlichen Erschwerungsgründe (z. B . der Einbruch beim Diebstahl) auch dann zuzurechnen, wenn sie bereits vorher verwirklicht wurden. B G H S t . 2, 344 (abw. von der Rechtspr. des RG.). Der zur Mittäterschaft erforderliche gemeinschaftliche Entschluß kann auch vorhanden sein, wenn die Beteiligten oder ein Teil von ihnen einander nicht kennen. E. 58, 279. Das Tun eines jeden Mittäters ist eine Kraft, deren der

1. Teil. 3. Abschnitt. Teilnahme.

§47

45

andere sich bedient, um den auch von ihm gewollten Erfolg zu verwirklichen. E. 66, 240, 71, 24. Nicht notwendig ist, daß jeder Täter bei der Ausführung der eigentlichen Tat selbst physisch mitwirkt; es genügt auch die Vornahme einer bloßen Vorbereitungshandlung. E. 71, 24: z. B. durch Beförderung des unmittelbar handelnden Mittäters in die Nähe des Tatortes. RG. HRR. 34 Nr. 147, oder eine bloße g e i s t i g e vorbereitende Mitwirkung, z. B. Erteilung von Rat. E. 53, 138; jedoch genügt nicht die bloße Beteiligung an einer Verabredung, die nicht in irgendeiner Weise stärkend auf den Täterwillen eines anderen wirkt. RG. J W . 36, 1913. Selbst bloße Anwesenheit am Tatort kann Mittäterschaft sein, wenn sie auf Grund früherer Vereinbarung und begleitender Umstände eine geistige Mitwirkung durch Stärkung des verbrecherischen Willens der physisch tätigen Täter bedeutet, die eigener Tätigkeit gleichwertig ist. E. 26, 345; OGH. BZ.NJW.49, 431. Mittäter kann auch sein, wer entgegen einer Rechtspflicht einen anderen nicht von der Begehung einer strafbaren Handlung abhält, z. B. ein Vater, der seinen minderjährigen Sohn nicht von Begehung einer strafbaren Handlung abhält, und die Tat als eigene will. Recht 32 Nr. 415; ebenso die Ehefrau, die die Rechtspflicht hat, den Ehegatten vor Angriffen auf seine persönliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit zu bewahren. LZ. 33, 863. Mittäterschaft ist auch da möglich, wo eine strafbare Handlung durch die einverständliche Unterlassung mehrerer Personen begangen wird. E. 66, 71. Für den Erfolg ist jeder Mittäter — in gleicher Weise wie der Anstifter (s. Anm. 2 Abs. 3 zu § 48) — nur insoweit verantwortlich, als sein Wille reicht; keiner haftet für den Exzeß der anderen. E. 67, 369. Bei den durch den Erfolg qualifizierten Delikten genügt es, wenn für den Mittäter der Erfolg voraussehbar war (§ 56). Die Bestrafung als Mittäter wird gemäß § 50 Abs. 1 nicht dadurch ausgeschlossen, daß einer der Beteiligten zurechnungsunfähig war, gleichviel ob der andere es erkannte. — Mittäter eines Sonderverbrechens kann nur der sein, der sich als Eintäter dieses Verbrechens schuldig machen kann. Daher keine Mittäterschaft eines Nichtbeamten an einem e c h t e n Beamtendelikt. E. 42, 382 (wohl aber Bestrafung wegen Beihilfe). Der Nichtbeamte, der an dem u n e i g e n t l i c h e n Amtsverbrechen eines Beamten teilnimmt, kann Mittäter sein, ist aber (§ 50) nur nach dem Grundtatbestand strafbar. — Zur Feststellung der Mittäterschaft genügt nicht die bloße Wiedergabe stehender Wendungen wie ,,gemeinschaftlich" oder „im bewußten und gewollten Zusammenwirken". E. 71. 365. Bei f a h r l ä s s i g e n Handlungen gibt es keine Mittäterschaft, E. 10, 8 (str.; siehe die Schrifttumsnachweise bei Schönke V). d) N e b e n t ä t e r s c h a f t liegt vor, wenn verschiedene Täter ohne den Willen, zusammenzuwirken, vorsätzlich oder fahrlässig Ursachen setzen, die in ihrer Vereinigung oder für sich allein den Erfolg herbeizuführen geeignet sind. E. 68, 256. So kann z. B. der Gastwirt fahrlässige Tötung begehen, wenn er dem Kraftfahrer Alkohol verabreicht und nicht verhindert, daß dieser in Volltrunkenheit fährt und einen Menschen durch Überfahren tötet (§ 330a). BGH. NJW. 53, 551. e) Sog. n o t w e n d i g e T e i l n a h m e liegt vor, wenn die Verwirklichung eines Tatbestandes b e g r i f f l i c h die Beteiligung mehrerer erfordert. Richtet sich hier die Strafdrohung nur gegen bestimmte Beteiligte, so sind die anderen straflos, soweit ihre Beteiligung sich auf das begriffsnotwendige Verhalten beschränkt (vgl. z. B. Anm. 2 zu § 145c). 2) Als weiteres (meist einschränkendes) Merkmal für die Bestimmung der Tätereigenschaft ist in neuerer Zeit häufiger der Begriff des T ä t e r t y p s verwendet worden (vgl. dazu Schönke Vorbem. 17). Wo das Gesetz bestimmte asoziale Existenzformen treffen will, wie den gefährlichen Gewohnheitsverbrecher (§ 20a) oder den Zuhälter (§ 181a; vgl. dort Anm. 7), spricht man von einem k r i m i n o l o g i s c h e n Tätertyp. Ihm wird der n o r m a t i v e (tatbestandliche) Tätertyp gegenübergestellt. Die Anhänger dieser Lehre gehen davon aus, daß dem Gesetzgeber bei der Aufstellung eines Tatbestandes — sei es in allen oder doch wenigstens in gewissen Fällen — ein bestimmtes Täterbild, eine bestimmte typische Verhaltensweise vorgeschwebt habe, dergestalt, daß trotz Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale nach der inneren und äußeren Tatseite doch der Tatbestand nicht verwirklicht sei, wenn der Täter aus besonderen Gründen dem Tätertyp, den das Gesetz habe treffen wollen, nicht entspreche. Bei der Auslegung grob geschnitzter und weit gespannter Tatbestände, wie sie namentlich das Kriegsstrafrecht brachte, konnte diese Lehre von einigem Wert sein, um die sinnvolle Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschriften zu ermöglichen. Im übrigen ist sie abzulehnen, einmal, weil über das durch die einzelnen Tatbestandsmerkmale umschriebene Bild von Tat und Täter hinaus ein besonderer Tätertyp, der dem Gesetzgeber vorgeschwebt haben könnte, in der Regel nicht erkennbar ist, zum anderen, weil Mängel einer unbestimmten, zu weiten oder zu engen Fassung des Gesetzes mit den üblichen Auslegungsmethoden ausgeglichen werden können und schließlich die Strafzumessung genügend Gelegenheit bietet, dem Unrechtsgehalt der Tat wie dem Maß der kriminellen Schuld voll Rechnung zu tragen (vgl. dazu Anm. 8 zu § 175a und Anm. 2 zu § 211).

46

A 2.

Strafgesetzbuch. § 48

§ 48 1 ). [Anstiftung] (1) Als Anstifter 2 ) wird bestraft, wer einen anderen zu der von demselben begangenen mit Strafe bedrohten Handlung durch Geschenke oder Versprechen, Zu § 48: 1) In der Fassung des Art. 2 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 341). Der Grund für die Bestrafung der Anstiftung liegt nicht darin, daß der Anstifter den Angestifteten in Schuld und Strafe führt, denn der Angestiftete braucht nicht schuldhaft zu handeln und kann deshalb straflos sein (vgl. unten Anm. 2 Abs. 2), sondern darin, daß der Anstifter als entfernter Urheber dazu mitwirkt, daß eine Straftat begangen wird. B G H . N J W . 53, 1878. 2) Die Anstiftung muß sich auf eine bestimmte Handlung beziehen, nicht genügt die Bestimmung, Straftaten überhaupt zu begehen. E . 34, 328. E s ist nicht erforderlich, daß der Anstifter es auf eine bestimmte zu verletzende Person abgesehen hat. E . 34, 328. Es genügt, daß er sich der wesentlichen Punkte der dem Angestifteten angesonnenen T a t bewußt war. R G . J R . 27 Nr. 1611. Strafbare Anstiftung liegt auch dann vor, wenn der Angestiftete nach Mißglücken des ersten Versuchs erneut in Weiterwirken des alten oder auf Grund neuen Vorsatzes zur Tat schreitet. E . 70, 295. Zum Anstiftervorsatz gehört, daß der Angestiftete den Tatbestand einer vollendeten strafbaren Handlung, nicht nur den eines Versuchs, verwirklicht. Daher ist der sog. agent provocateur (s. dazu Stratenwerth JZ. 53, 717) straflos, ferner derjenige, der bewußtermaßen zu einem Versuch mit untauglichen Mitteln anstiftet. E. 15, 315. Will der agent provocateur aber die vollendete Tat, wenn auch nur, um den Angestifteten der Bestrafung zuzuführen, so ist er grundsätzlich strafbar, sofern nicht besondere Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe vorliegen. B G H . N J W . 53, 297 Nr. 2. Der Anstifter braucht nicht die zum Tatbestand erforderliche besondere Absicht zu haben; infolgedessen wird wegen Anstiftung zur Hehlerei auch bestraft, wer nicht seines Vorteils wegen handelt. E . 56, 171; H R R . 33 Nr. 255. Die Bestrafung wegen Anstiftung setzt voraus, daß der Angestiftete r e c h t s w i d r i g die ihm angesonnene Tat ausgeführt hat oder daß es mindestens zu dem äußeren Tatbestand eines strafbaren Versuchs gekommen ist; bei Anstiftung zu Verbrechen braucht die angesonnene Tat nicht einmal in das Versuchsstadium getreten zu sein (§ 4 9 a Abs. 1). S c h u l d h a f t braucht der Angestiftete nicht gehandelt zu haben (vgl. § 50 Abs. 1), B G H . N J W . 53, 1878; von der Schuld abgesehen aber muß die „mit Strafe bedrohte" Handlung den Anforderungen entsprechen, die bei einem schuldhaft handelnden Täter vorliegen müssen, d. h. bei mangelnder Schuld infolge Zurechnungsunfähigkeit muß der Angestiftete mit „natürlichem" Vorsatz gehandelt haben (vgl. Anm. 1 zu § 42b, Anm. 5 zu § 330a) und bei einem aus anderen Gründen (z. B . Irrtum) schuldlosen Angestifteten muß (von der Schuld abgesehen) eine willentliche Verwirklichung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale vorliegen, insbes. eine vom Gesetz geforderte besondere Absicht (die Zueignungsabsicht gem. § 242, die Bereicherungsabsicht gem. § 263) gegeben sein (vgl. dazu Börker und Welzel J R . 53, 166, 186). Ob der Anstifter die bei dem Angestifteten die Schuld ausschließenden Umstände kennt oder nicht, ist ohne Bedeutung. B G H . N J W . 53, 1878; daher liegt Anstiftung auch vor, wenn der Anstifter die Zurechnungsunfähigkeit des Angestifteten kennt. Anstiftung kommt nicht in Betracht, wenn mittelbare Täterschaft (vgl. Anm. l b zu § 47) vorliegt. B G H . N J W . 53, 1878. Das ist der Fall, wenn nach der Vorstellung des Anstifters beim Zurechnungsunfähigen nicht natürlicher Vorsatz, bei anderen schuldlos Handelnden nicht die vorbezeichnete innere Einstellung gegeben ist; dagegen liegt Anstiftung eines schuldlos Handelnden vor, wenn mittelbare Täterschaft ausscheidet, also bei der Bestimmung zu eigenhändigen Delikten und zu Sonderverbrechen, wenn der Anstifter nicht zu dem Personenkreis gehört, die das Sonderverbrechen begehen können. B G H . N J W . 53, 1878. Die Anstiftung zu einem F a h r l ä s s i g k e i t s v e r g e h e n ist rechtlich ausgeschlossen. E . 73, 263; a. M. Schönhe VI und die dort Angeführten. Der Anstifter haftet nicht für den Exzeß des Angestifteten. E . 67, 343, wohl aber bei unwesentlichen oder rechtlich bedeutungslosen Abweichungen von seinem Plan. E . 70, 295, insbesondere auch dann, wenn der Täter gleichwertige Objekte verwechselt. Frank I I I 4 b und d (z.B. statt des A. den B . erschießt); auch für den nicht gewollten Erfolg, wenn für diesen Vorsatz nicht erforderlich ist (z. B . §§ 226, 56), und der Erfolg auch für den Anstifter voraussehbar war. Bleibt die ausgeführte Tat hinter dem Willen des Anstifters zurück, so wird er nur wegen Anstiftung zu der tatsächl. ausgeführten T a t bestraft (vgl. Anm. 3 a zu § 4 9 a ) . Anstiftung d u r c h m e h r e r e P e r s o n e n ist sowohl dergestalt möglich, daß jeder unabhängig von den anderen einen Beitrag zur Weckung des Tatentschlusses liefert und erst die Gesamtheit der Beiträge den Entschluß des Haupttäters auslöst. OLG. Düsseldorf S J Z . 48, 470, wie auch in der Weise, daß mehrere zu einer Anstiftung in der gleichen Weise zusammenwirken wie Mittäter; es ist dann nicht notwendig, daß jeder bei seiner Mitwirkung einen bestimmten Menschen, der angestiftet werden soll, im Auge hat. E . 71, 23. Mehrere Anstiftungen seitens einer Person zu derselben Tat bilden nur e i n e Straftat. Tateinheit liegt

1. Teil. 3. Abschnitt.

Teilnahme.

§ 49

47

durch Drohung, durch Mißbrauch des Ansehens3) oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums oder durch andere Mittel4) vorsätzlich 5 ) bestimmt 6 ) hat. (2) Die Strafe des Anstifters ist nach demjenigen Gesetz7) festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich5) angestiftet hat. § 49 1 ). [Beihilfe] (1) Als Gehilfe wird bestraft, wer dem Täter zur Begehung einer als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedrohten Handlung durch Rat oder Tat wissentlich Hilfe geleistet hat 2 ). vor, wenn der Täter durch e i n e Handlung einen anderen zu mehreren selbständigen oder mehrere andere zu mehreren Straftaten anstiftet. E. 70, 26 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung, die Tatmehrheit annahm). Anstiftung zu einer fortgesetzten T a t ist möglich. R G . H R R . 41 Nr. 727. Fortgesetzte Anstiftung ist gegeben, wenn der Anstifter auf Grund eines einheitlichen Vorsatzes den Täter wiederholt zur öfteren Begehung der T a t bestimmt; daß die Einzelhandlungen des Täters unter sich selbst im Fortsetzungszusammenhang stehen, wie Recht 33 Nr. 2078 verlangte, ist im Hinblick auf die Änderung der Rechtsprechung (vgl. Anm. 1 Abs. 2 zu § 73) nicht mehr erforderlich. E . 70,385. Der Versuch einer Anstiftung ist nur bei Verbrechen gemäß § 49 a strafbar. Beim Zusammentreffen von Anstiftung und Beihilfe liegt Gesetzeskonkurrenz vor, wobei nur wegen der schwersten Beteiligungsform (Anstiftung) bestraft wird. E . 62, 74; 70, 296. Beihilfe zur Anstiftung ist Beihilfe zur Haupttat. E . 59, 396. Anstiftung zur Anstiftung ist mittelbare Anstiftung zur Haupttat. 3) Das Ansehen, das der Dienstherr gegenüber dem Dienstboten genießt, kann auch noch über das Bestehen des Dienstverhältnisses hinaus fortdauern. DStZ. 9, 300. 4) Z. B . Überredung und Erteilung von R a t . E. 25, 234, Erregung von Mitleid. R G . LZ. 18, 638. Auch ein bloßer Wunsch, eine Bitte oder Aufforderung und selbst eine Anregung (z. B . die Äußerung gegenüber dem späteren Brandstifter: „Den Heuhaufen sollte man anzünden") sind geeignete Mittel. R G . H R R . 42 Nr. 741. 5) Bedingter Vorsatz genügt. E . 72, 29; B G H S t . 2, 279. 6) Eine Bestimmung ist nicht mehr möglich, wenn der andere bereits fest zur T a t entschlossen ist (strafbarer [§ 49a] oder strafloser Anstiftungsversuch oder Beihilfe). E . 72, 375. 7) Dies gilt für die Anstiftung zu einem Sonderverbrechen (z. B . einem Amtsverbrechen) auch dann, wenn der Anstifter nicht zu dem Täterkreis gehört, gegen den die Strafdrohung sich richtet. Eine Ausnahme ergibt sich jedoch aus § 50 Abs. 2 für die Fälle, in denen die Sondereigenschaft nicht strafbegründend, sondern strafschärfend oder -mindernd wirkt. Der Nichtbeamte, der einen Beamten zum Verbrechen nach § 348 Abs. 2 anstiftet, ist daher aus § 133 zu verurteilen. E . 63, 31; 75, 289; Jansen D J . 44, 181; a. M. Binter D J . 44, 86. Zu § 4 9 : 1) In der Fassung des Art. 2 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 341). 2) Beihilfe ist Förderung der T a t eines anderen. Sie kann schon durch Förderung des Entschlusses zur T a t begangen werden, soweit nicht ein Bestimmen zur Tat (§ 48) vorliegt. Im übrigen ist Beihilfe jedes Verhalten, durch das der Gehilfe äußere Umstände für die Tat des Haupttäters in irgendeinem Stadium — auch im Vorbereitungsstadium — günstiger gestaltet oder Hindernisse beseitigt oder fernhält. E . 58, 144; B G H S t . 2 , 1 4 8 . Das Charakteristische der Beihilfe im Gegensatz zur Mittäterschaft liegt nicht in der Art der entwickelten Tätigkeit, sondern darin, daß der Gehilfe nicht mit der Willensrichtung des Täters handelt, die Tat also nicht als e i g e n e will, vielmehr nur den Vorsatz hat, einen anderen bei der von diesem gewollten T a t zu unterstützen (sog. s u b j e k t i v e Theorie). Dies gilt nach der weithin (OLGe.Frankfurt SJZ.47, 621; Gera S JZ. 47, 673; Kiel SchlHA. 46, 427; Bremen MDR. 4 8 , 2 8 ; Radbruch S J Z . 47, 621) abgelehnten Rechtsprech. des R G . (E. 74, 85; zust. Rietzsch D J . 43, 311; s. aber auch OGHSt. 1, 102 und B G H . N J W . 51, 120) selbst dann, wenn er in v o l l e m U m f a n g den Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllt, dies aber für einen anderen an der T a t Beteiligten tut, dessen Willen er sich vollständig unterordnet. Ein wesentliches Erkenntnismittel für die Willensrichtung des Täters ist der Grad seines eigenen Interesses an dem Erfolg. E. 74, 85; OLG. Braunschweig N J W . 48, 193. Erforderlich ist, daß der ä u ß e r e Tatbestand einer strafbaren Haupttat vorliegt; es muß also mindestens zu einem strafbaren Versuch der Haupttat gekommen sein. Der Haupttäter muß rechtswidrig, braucht aber nicht schuldhaft gehandelt zu haben, B G H . N J W . 54, 119; doch ist bei fehlender Schuld infolge Zurechnungsunfähigkeit wenigstens „natürlicher" Vorsatz erforderlich (s. Anm. 2 zu § 48). Die Strafbarkeit des Gehilfen wird auch nicht dadurch berührt, daß der an sich schuldhafte Täter aus persönlich strafbefreienden Gründen straflos bleibt.

48

A 2. Strafgesetzbuch.

§49a

(2) Die Strafe des Gehilfen ist nach demjenigen Gesetze festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich Hilfe geleistet hat, kann 3) jedoch nach den über die Bestrafung des Versuches aufgestellten Grundsätzen ermäßigt werden. *§49ar).

[Erfolglose Anstiftung und andere Vorbereitungshandlungen bei Verbrechen] (1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht2), eine als Verbrechen mit Strafe

„ W i s s e n t l i c h " leistet Hilfe, wer vorsätzl. handelt; bedingter Vorsatz genügt. E. 72, 24. Der Wille des Gehilfen muß auf Ausführung einer bestimmten Tat gerichtet sein; er muß also wollen, daß der Erfolg der Tat eintritt. E. 60, 23; B G H S t . 1, 283. Von allen wesentlichen Begriffsmerkmalen muß der Gehilfe Kenntnis haben. Dagegen braucht er die Person des Täters nicht zu kennen und sich die Einzelheiten der Ausführung der H a u p t t a t nicht vorzustellen und es ist ohne Belang, wenn diese von seiner Vorstellung abweichen, sofern die Tat im wesentlichen wie die verläuft, deren Begehung der Gehilfe fördern will. E. 59, 245; 67, 344. Nicht notwendig ist, daß der E r f o l g der H a u p t t a t durch die Gehilfentätigkeit gefördert oder erleichtert wird. RG. DR. 41, 987; OLG. Freiburg H E S t . 2, 365 (a. M. überwiegend die Rechtslehre — Nachweise bei Schönke I I I 1 —, die Mitverursachung des Erfolgs durch die Gehilfentätigkeit fordert). Jedoch muß die H a n d l u n g des Haupttäters zu irgendeinem Zeitpunkt durch das Tätigwerden des Gehilfen tatsächlich gefördert oder erleichtert worden sein; daher keine strafbare Beihilfe, wenn der H a u p t t ä t e r die angebotene Hilfe sofort zurückweist. E. 58, 113. Da der Gehilfe den Erfolg der H a u p t t a t gewollt haben muß, liegt keineBeihilfe vor, wenn derGehilfe dieUntauglichkeit derMittel kennt.E. 60,23; RG. DR.44, 526. Auch wenn die H a u p t t a t rechtlich bereits vollendet ist, kann noch Beihilfe geleistet werden, solange sie nicht tatsächlich beendet ist, OGH. BZ. N J W . 49, 597; die bereits verwirklichten gesetzlichen Erschwerungsgründe einer Tat (z. B. der Einbruch beim Diebstahl) sind dann dem eintretenden Gehilfen zuzurechnen, sofern sie ihm nur bei seiner Tätigkeit bekannt werden. E. 52, 202. Beihilfe kann auch durch Unterlassung geleistet werden, sofern eine Pflicht zum Tätigwerden bestand (vgl. Anm. l a zu § 47). Daher macht sich z. B. ein Gefangenenaufseher strafbar, wenn er die Gefangenen während der Außenarbeit nicht an Begehung von Diebstählen hindert. E. 53, 292; der Vorgesetzte, wenn er auf einer Dienstfahrt den untergebenen Kraftwagenführer nicht zur Erfüllung der aus dem KraftfahrzG. sich ergebenden Pflichten anhält. E. 69, 349; die Schwiegermutter, die dem Mordplan ihrer Tochter gegen den Schwiegersohn, mit dem sie (die SchwM.) in enger Lebensgemeinschaft lebt, nicht entgegentritt. RG. D S t R . 36, 179. Zum Tatbestand der Beihilfe durch Unterlassung ist nicht erforderlich, daß bei pflichtmäßigem Einschreiten die Tat verhindert, vielmehr genügt, daß die Vollendung der T a t erschwert worden wäre. E. 73, 54. Wer durch e i n e Handlung zu mehreren Straftaten Hilfe leistet, ist nur wegen e i n e r T a t zu bestrafen. E. 70, 26. Mehrere Hilfeleistungen zu verschiedenen Taten mehrerer Täter oder desselben Täters können in Fortsetzungszusammenhang stehen. E. 70, 349 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Beihilfe zu Fahrlässigkeitsvergehen gibt es nicht. E. 58, 163 (str.), jedenfalls da nicht, wo zur Vollendung der H a u p t t a t der Eintritt eines bestimmten Erfolges gehört, da der Gehilfe den fahrlässig herbeigeführten Erfolg nicht will. B G H S t . 1, 280 (der „Gehilfe" kann aber selbst wegen fahrlässiger Verursachung des Erfolgs strafbar sein). Bei den durch den Erfolg qualifizierten Delikten ist der Gehilfe für den ungewollten Erfolg der vorsätzl. Tat, zu der er Beihilfe leistet, nur haftbar, wenn dieser auch für ihn voraussehbar war (§ 56). Beihilfe zur Beihilfe ist Beihilfe zur Tat. OLG. Hamburg J R . 53, 27; ebenso ist Beihilfe zur Anstiftung Beihilfe zur Tat. E. 59, 396. 3) Vgl. Anm. 1 zu § 44. Bei der Bestrafung der Beihilfe zum Versuch ist eine doppelte Ermäßigung zulässig. E. 2, 283; 61, 77. Bei Beihilfe zur Beihilfe keine doppelte Ermäßigung. E. 23, 300. Die Strafe des Gehilfen kann die des Täters übersteigen (§ 50). Zu § 49 a: 1) § 49a enthält keinen selbständigen Deliktstatbestand, sondern eine besondere unter Strafe gestellte Vorbereitungshandlung zu Verbrechen mit dem Charakter einer Beteiligung an der Straftat. OLG. Nürnberg H E S t . 2, 226; Versuch, Anstiftung und Beihilfe zu § 49a sind demgemäß nicht strafbar. Schönke VI. Schrifttum: Dreher GA. 1954, 11. 2) § 49a Abs. 1 setzt voraus, daß die Handlung nicht dazu geführt hat, den anderen zur Begehung i. S. des § 48 zu bestimmen, gleichviel, ob diesen der Einwirkungsversuch (z. B. eine schriftliche Aufforderung) nicht erreicht hat, ob er das Ansinnen ablehnte oder aus irgend-

1. Teil. 3. Abschnitt. Teilnahme.

§ 49a

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bedrohte Handlung3) zu begehen, wird nach den für den Versuch des Verbrechens geltenden Vorschriften (§§ 44, 45) bestraft4). (2) Ebenso wird bestraft, wer eine als Verbrechen mit Strafe bedrohte Handlung verabredet5), das Anerbieten einer anderen annimmt6), eine solche Handlung zu begehen, oder sich zu einem Verbrechen bereit erklärt7). welchen Gründen mit der Ausführung nicht begann oder die angesonnene Tat zwar ausführte oder versuchte, aber nicht infolge der Einwirkung, sondern weil er schon vor dem Versuch, ihn zu bestimmen, zur Tat entschlossen war (vgl. Anm. 6 zu § 48). Wird das Verbrechen infolge der Einwirkung versucht oder vollendet, so wird der Auffordernde wegen der Subsidiarität des Gefährdungs- gegenüber dem Verletzungsdelikt nur wegen Anstiftung (§ 48) bestraft, also bei nur versuchtem Verbrechen nur wegen Anstiftung zum Versuch und wenn hinsichtlich eines erschwerenden Merkmals die Ausführung hinter der Aufforderung zurückbleibt (z. B. die Aufforderung zum schweren Kaub führt nur zu einem einfachen Raub), nur wegen Anstiftung zu der tatsächlich begangenen Tat, und nicht etwa wegen Anstiftung zur begangenen Tat in Tateinheit mit einem Verbrechen nach § 49a. Die Inkongruenz, daß bei Nichtausführung der T a t die Aufforderung (aber nur ausnahmsweise, s. Anm. 4) mit der Strafe der Anstiftung zur vollendeten Tat belegt werden kann, muß bei der Strafzumessung ausgeglichen werden. B G H S t . 1, 131. Bei Aufforderung eines Zeugen zu falscher Aussage, erforderlichenfalls zum Meineid, liegt, wenn der Zeuge falsch aussagt, aber unbeeidigt bleibt, Tateinheit zwischen Anstiftung zur falschen Aussage (§ 153) und versuchter Anstiftung zum Meineid (§§ 154, 49a) vor; der vorerwähnte Grundsatz der Subsidiarität des § 49a ist unanwendbar, da Meineid keine qualifizierte uneidliche Falschaussage, sondern eine Straftat eigner Art gegenüber der uneidlichen Aussage ist. BGHSt. 1, 241. Ebenso liegt wegen der Verschiedenartigkeit der bedrohten oder verletzten Rechtsgüter Tateinheit zwischen § 49 a und versuchter Nötigung vor, wenn der Täter einen anderen zu einem Verbrechen auffordert und ihn zugleich mit den Mitteln des § 240 zur Begehung des Verbrechens zu nötigen versucht. B G H S t . 1, 305. 3) Vgl. Anm. 1 zu § 1. Die angesonnene S t r a f t a t muß •— wie bei der Anstiftung (vgl. Anm. 2 zu § 48) — genügend individualisiert sein. Ob das Angriffsobjekt wirklich vorhanden ist (z. B. der Mensch, der getötet werden soll, existiert nicht, oder ist im Zeitpunkt der Aufforderung bereits verstorben), ist bedeutungslos. BGH. N JW. 53, 1760; a. M. OLG. Hamburg MDR. 48, 368, wie es auch im übrigen auf die Ausführbarkeit des Verbrechens nicht ankommt; doch ist die Aufforderung zu einem sog. abergläubischen Versuch (z. B. Totbeten) nicht strafbar. E. 33, 321. Es genügt, wenn die T a t bei einer dem Inhalt der Aufforderungserklärung entsprechenden Ausführung den äußeren Tatbestand eines Verbrechens darstellen würde (vgl. Anm. 1 zu § 42 b); daher fällt auch die Aufforderung eines Geisteskranken unter § 49 a. Hängt die Einreihung der Tat als Verbrechen von bestimmten persönlichen Eigenschaften oder Verhältnissen des Täters ab (z. B. Rückfall, Gewerbsmäßigkeit oder Beamteneigenschaft), so kommt es darauf an, ob sie nach der Vorstellung des Auffordernden in der Person des Aufgeforderten gegeben sind. E. 32, 267 u. RG. DR. 43, 138. Daher ist die Aufforderung zur gemeinschaftlichen Ausführung eines nur auf Seiten des Auffordernden als Verbrechen sich darstellenden einfachen Diebstahls nicht strafbar; wohl aber, -wenn der Aufgeforderte — falls der Auffordernde es weiß oder auch nur billigend damit rechnet — Rückfalldieb ist. Auch die Schwangere, die erfolglos einen Dritten zur Abtreibung (§ 218 Abs. 3) anstiftet, würde sich nach § 49a strafbar machen, wenn nicht ihre mit § 218 Abs. 1 bezweckte Privilegierung (vgl. Anm. 3 zu § 218) einer Bestrafung aus § 49a entgegenstünde. BGH. N J W . 53, 634. — Ein Verbrechen ist auch die Teilnahme an einem Verbrechen. Die erfolglose Beihilfe zu nicht ausgeführten und nicht versuchten Verbrechen ist, abweichend vom bisherigen Recht, nicht mehr strafbar. 4) Die Verhängung der Höchststrafe der ausgeführten Tat oder einer sich ihren nähernden Strafe ist nur ausnahmsweise bei einer ganz außergewöhnlichen Häufung erschwerender Umstände zulässig. B G H S t . 1, 136, 308. 5) Zur Verabredung gehört, daß zwischen den Beteiligten Einverständnis über die Ausf ü h r u n g eines Verbrechens besteht. Bestraft wird nur, wer ernstlich die T a t will; wer nur zum Scheine verabredet, fällt nicht unter § 49a Abs. 2. Jedoch ist, wer ernstlich die Tat verabredet, nach § 50 auch dann strafbar, wenn der andere sich nur zum Schein auf die Verabredung eingelassen h a t (anders E. 58, 393). Die Art der Ausführung braucht noch nicht in ihren Einzelheiten festgelegt zu sein; bedingter Tatvorsatz genügt. E. 68, 360; 69, 165. Das in Anm. 3 Gesagte gilt auch hier. Ob die Verabredenden persönlich an der T a t teilnehmen oder ihre Ausführung einem Dritten überlassen wollen, ist ohne Bedeutung. E. 58, 393; 59, 378; wesentlich ist nur, daß jeder der Verabredenden die Tat fördern will. Abs. 2 findet keine Anwendung, sobald und soweit bei einem Teilnehmer an der Verabredung die Straf4

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

50

A 2. Strafgesetzbuch. § 49 b

(3) N a c h diesen Vorschriften wird nicht bestraft, wer aus freien S t ü c k e n 8 ) 1. eine als Verbrechen m i t Strafe bedrohte H a n d l u n g 9 ) verhindert 1 0 ), n a c h d e m er einen anderen z u dieser H a n d l u n g z u b e s t i m m e n versucht oder das Anerbieten eines anderen hierzu a n g e n o m m e n hat, 2. nach der Verabredung einer als Verbrechen mit Strafe bedrohten H a n d l u n g seine Tätigkeit aufgibt u n d die H a n d l u n g verhindert, 3. seine Erklärung widerruft, durch die er sich z u einem Verbrechen bereit erklärt h a t . (4) Unterbleibt die Tat ohne sein Zutun 1 1 ) oder wird sie u n a b h ä n g i g v o n seinem vorangegangenen Verhalten begangen 1 2 ), so genügt sein freiwilliges u n d ernsthaftes B e m ü h e n , die B e g e h u n g z u verhindern 1 3 ).

§ 49 b 1 ). [Verbindung zum Verbrechen wider das Leben] (1) Wer an einer Verbindung 2 ) t e i l n i m m t 3 ) , die Verbrechen wider das Leb e n ) b e z w e c k t oder als Mittel für andere Zwecke in Aussicht n i m m t , oder wer 4

barkeit des Verabredens mit seiner Strafbarkeit als Täter oder Teilnehmer der infolge der Verabredung ausgeführten Tat zusammentrifft. RG. JW. 33, 2337 (s. Anm. 2). 6) Die Annahme muß ernstlich gemeint sein. Nach früherer Auslegung (vgl. E. 57, 245) war die ernstliche Annahme eines nicht ernstlich gemeinten Erbietens nicht strafbar, weil nicht gefährlich. Da sich aber § 49 a gegen den bösen Willen richtet (vgl. § 50), kann diese Auslegung nicht aufrechterhalten werden; a. M. Schönke IV 3. Strafbar ist auch die Annahme des Erbietens eines Zurechnungsunfähigen. 7) Ohne Rücksicht darauf, ob aus eignem Antrieb (Sicherbieten) oder durch Eingehen auf die Einwirkung eines anderen (Abs. 1), ohne daß es zum Versuch der Ausführung kommt. Die Bereiterklärung muß ernst gemeint sein. E. 63, 199, und zur Kenntnis des Adressaten kommen; ob ein Sicherbieten angenommen wird, ist ohne Bedeutung. Es genügt aber hier nicht die Bereiterklärung zu einer „als Verbrechen bedrohten Handlung", sondern nur zu einem „Verbrechen", also zu einer Handlung, die eine schuldhafte Verwirklichung eines Verbrechenstatbestandes darstellt, da hier nur schuldhaftes Handeln zu einer Bestrafung führen kann (amtl. Begr.). 8) Damit sind die gleichen Voraussetzungen umschrieben wie in § 46 Nr. 1 (ebenso zu dem Begriff „freiwillig" des bisherigen Rechts. OLG. Tübingen DRZ. 49, 44). 9) Da schon der Versuch des angesonnenen Verbrechens ein Verbrechen ist, genügt es nicht, daß der Täter den Erfolg oder die Ausführung abwendet, sondern er muß verhüten, daß es überhaupt zum Versuch kommt. Liegt Versuch vor, so kann der Täter von diesem nur unter den Voraussetzungen des § 46 strafbefreiend zurücktreten. 10) Eine Verhinderung setzt voraus, daß der andere die Aufforderung noch nicht endgültig zurückgewiesen hat, daß er sie vielmehr angenommen hat oder sich abwartend verhält. Das Verhindern erfordert, daß der Täter eine auf seine Einwirkung zurückgehende Tätigkeit des andern unmöglich macht. Hängt das Tätigwerden des anderen von einer vorgängigen Tätigkeit des Bestimmenden ab (z. B. der andere soll einen Meineid leisten, wenn der Bestimmende ihn als Zeugen benennt), so genügt zur Verhinderung die Unterlassung dieser Tätigkeit (der Benennung). BGH. N J W . 53, 1271. 11) Z. B. weil der andere die Begehung der Tat aufgibt oder das Bemühen eines Dritten die Tatbegehung verhindert. 12) Z. B. weil der andere von vornherein zur Tat entschlossen war oder weil er den auf die versuchte Anstiftung gefaßten Entschluß aufgegeben und sich unabhängig von der früheren Beeinflussung erneut selbständig zur Tat entschlossen hatte. 13) Vorausgesetzt ist, daß der Täter bei seinen Bemühungen nicht weiß, daß die Tat unterblieben oder unabhängig von ihm begangen ist. Zu § 49 b: 1) In der Fassung der VO. v. 19. 12. 1932 (RGBl. I S. 548) und Art. 1 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). 2) Siehe Anm. 2 zu § 128 StGB. Die Strafe aus § 49b entfällt bei denjenigen, die an einem Verbrechen wider das Leben teilgenommen haben, gegenüber der Strafe aus dem Tötungsdelikt, sofern dadurch der Zweck der Verbindung erledigt ist. E. 59, 377; RG. JW. 33, 2337; andernfalls kann Tateinheit oder -mehrheit vorliegen. Ein Rücktritt vom Tötungsversuch (§ 46) läßt die Bestrafung aus § 49b unberührt. RG. JW. 33, 2337, soweit sich der Täter nicht auch insoweit nach § 49 b Abs. 3 Straflosigkeit verschafft. 3) §49b dient weniger zum Schutze des Lebens der einzelnen durch Mordpläne be-

1. Teil. 3. Abschnitt. Teilnahme.

§ 50

51

eine solche Verbindung unterstützt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren 5 ). (3) Nach diesen Vorschriften wird nicht bestraft, wer der Behörde oder dem Bedrohten so rechtzeitig Nachricht gibt, daß ein in Verfolgung der Bestrebungen der Verbindung beabsichtigtes Verbrechen wider das Leben verhindert werden kann 6 ).

§ 50*). [Einstehen für eigene Schuld] (1) Sind mehrere an einer Tat beteiligt 2 ), so ist jeder ohne Rücksicht auf die Schuld 3 ) des anderen nach seiner Schuld strafbar. drohten Menschen als vielmehr zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Daher liegt auch dann nur e i n e Straftat vor, wenn die ursprünglich auf die Tötung einer Person gerichtete Verbindung später auf die einer weiteren ausgedehnt wird. E . 69, 164. 4) Es genügt die Verbindung zu e i n e r Einzeltat. E . 68, 361. 5) Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn sich die Tat einigermaßen deutlich von dem gewöhnlichen Bild einer solchen Tat in einer den Täter belastenden Weise unterscheidet, so daß der ordentl. Strafrahmen zur Sühne nicht mehr ausreicht. E . 69, 169; B G H . N J W . 53, 1480. Die Persönlichkeit des Täters und die gesamten Umstände der Tat sind dabei zu berücksichtigen. E . 73, 176. Uber die Begriffe „minderschwerer F a l l " und „mildernde Umstände" s. Anm. 6 zu § 218. 6) Straffreiheit erlangt auch, wer Nachricht gibt, ohne zu wissen, daß bereits ein Dritter Nachricht gegeben hat oder das Verbrechen aus anderen Gründen unausführbar geworden ist (entsprechend §§ 49 Abs. 4, 82 Satz 2, 129 Abs. 4, 139 Abs. 4). Der Verhinderung durch Benachrichtigung steht eine unmittelbare tatsächliche Verhinderung gleich (vgl. § 139 Abs. 4). Zu § 50: 1) In der Fassung von Art. 2 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). Nach der Auslegung der §§ 48, 49 a. F . setzte die Bestrafung als Anstifter oder Gehilfe voraus, daß der Haupttäter nicht nur den ä u ß e r e n (vollendeten oder versuchten), sondern auch den vollen i n n e r e n Tatbestand einer strafbaren Handlung verwirklicht habe, insbesondere daß er bei Begehung der T a t zurechnungsfähig gewesen sei (extreme Akzessorietät). Dieser Auslegung entzog § 50 in Verbindung mit der Neufassung der §§ 48, 49 den Boden; zur Bestrafung des Teilnehmers genügt, daß der Haupttäter (bei Mittäterschaft der Mittäter) eine „mit Strafe bedrohte Handlung" begeht, und § 50 Abs. 1 stellt klar, daß eine „mit Strafe bedrohte Handlung" eine solche ist, die tatbestandsmäßig und rechtswidrig, aber nicht schuldhaft begangen ist (sog. limitierte Akzessorietät), mag der Mangel des Verschuldens auf Zurechnungsunfähigkeit, Strafunmündigkeit, Tatbestandsirrtum oder unverschuldetem Verbotsirrtum beruhen. Die „Schuld" i. S. des § 50 Abs. 1 umfaßt also nur die allgemeinen Schuldelemente. OGH.BZ. N J W . 49, 596; B G H . N J W . 53, 1878. Eine weitergehende Bedeutung, dergestalt, daß unter Schuld das Maß der materiellen Vorwerfbarkeit zu verstehen wäre, hat § 50 Abs. 1 nach seiner Entstehungsgeschichte nicht. Das bedeutet, daß bei dem nicht schuldhaft Handelnden, abgesehen von der Schuld, die innere Tatseite in gleicher Weise beschaffen sein muß wie bei einem schuldhaft Handelnden; der schuldlos Handelnde muß also wenigstens mit natürlichem Vorsatz handeln, er muß also z. B . beim Diebstahl die Zueignungsabsicht, beim Betrug die Bereicherungsabsicht haben (vgl. Anm. 2 zu §§ 48, 49 u. O G H . B Z . N J W . 49, 596). Demgemäß kann z. B . nicht wegen Beihilfe zum Diebstahl bestraft werden, wer einem anderen „Beihilfe" leistet, der nach seiner (des Gehilfen) irrtümlicher Annahme mit Diebstahlsvorsatz handelt, während er tatsächlich nur einen furtum usus begehen will. Ebenso ist § 50 unanwendbar, wenn der Täter fahrlässig, der Gehilfe aber vorsätzlich handelt; a. M. Schönke I (der, z. B. bei fahrlässiger Transportgefährdung, den Gehilfen wegen Beihilfe zu vorsätzl. Transportgefährdung bestrafen will); OLG. Hamm JMB1. N R W . 51, 219. Hier kommt nur u. U. Bestrafung als mittelbarer Täter in Betracht. Lange J R . 49, 166. Ist aber die Schuld des Täters durch Nötigungsstand (§ 52) ausgeschlossen, so ist auch der Anstifter oder Gehilfe, für den § 52 nicht zutrifft, der aber dem Täter nur aus der Not helfen wollte, straflos. Niethammer DRZ. 46, 169. Darüber hinaus verzichtet § 49 a Abs. 1 bei Anstiftung zu V e r b r e c h e n (nicht bei Vergehen und Übertretungen) sogar auf die Verwirklichung des äußeren Tatbestandes. An dem Begriff der mittelbaren Täterschaft (vgl. Anm. l b zu § 47 und 2 zu § 48) hat § 50 nichts geändert. 2) Als Mittäter (z. B . da, wo das Gesetz, wie in § 293, eine gemeinsame Begehung voraussetzt), Anstifter, Gehilfe, Begünstiger oder Hehler. Dies ist bezüglich des Anstifters und 4»

52

A 2. Strafgesetzbuch. § 51

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Eigenschaften oder Verhältnisse 3 ) die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen 4 ), so gilt dies nur für den Täter oder Teilnehmer, bei dem sie vorliegen. 4. Abschnitt.

Gründe, welche die Strafe ausschließen

oder

mildern

1

§ 51 ). [Zurechnungsunfähigkeit. Verminderte Zurechnungsfähigkeit] (1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden 2 ), wenn der Täter zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung 3 ), wegen krankhafter Störung der GeistesGehilfen durch die Neufassung der §§ 48, 49 klargestellt, gilt aber nach Sinn und Wortlaut des § 50 Abs. 1 auch für §§ 257, 259 (s. Anm. 4 Abs. 2 zu § 259). 3) Persönliche E i g e n s c h a f t e n sind Wesensmerkmale eines Menschen, persönliche V e r h ä l t n i s s e Beziehungen des Täters zur Außenwelt, zu Menschen oder Dingen. Streitig ist, ob zum Begriff der persönl. Eigenschaft eine über die Tatzeit hinausgehende bestimmte Dauer gehört (so Olshausen 1; OGH.BZ. N J W . 49, 597; a. M. z. B. Claß N J W . 49, 83). Bejaht man dies, so gehören w e r t b e s t i m m e n d e (qualifizierende oder privilegierende) Motive und Einstellungen des Täters, die einen Bestandteil des inneren Tatbestandes bilden, wie z. B. die gewinnsüchtige Absicht i. F. des § 133 Abs. 2, nicht zu den persönl. Eigenschaften; da sie auch nicht zur Schuld i. S. des Abs. 1 gehören (s. Anm. 1), wäre die Anwendbarkeit des § 50 ausgeschlossen. Indessen findet das Erfordernis einer gewissen Dauer der Eigenschaft weder im Wortsinn noch in Sinn und Zweck des § 50 Abs. 2 eine Stütze (s. Schönke I I I 1 mit Nachweisungen). Doch ist zu beachten, daß die Merkmale des § 211 (grausam, heimtückisch, aus Habgier), an die die Streitfrage hauptsächlich anknüpft, nach richtiger Ansicht keine Qualifizierungsmerkmale des Totschlags, sondern s t r a f b e g r ü n d e n d e Tatbestandsmerkmale des Mordes sind (vgl. Anm. 3 zu § 211); strafbegründende Merkmale fallen aber nicht unter § 50 Abs. 2 (s. u.). Pers. Eigensch. und Verhältnisse sind z. B. die Gewerbs- und Gewohnheitsmäßigkeit in §260. E. 72, 225; die Beamteneigenschaft bei den sog. uneigentlichen Amtsvergehen (§§ 340, 350, 351). E. 65, 105; die Angehörigeneigenschaft (z. B. § 257 Abs. 2); die Rückfälligkeit. E. 2, 261; die Gewohnheitsverbrechereigenschaft. E. 68, 391. Wer also dem Hehler gewerbsmäßig Beihilfe leistet, wird nach §§ 49, 260 bestraft, auch wenn der Hehler nicht gewerbsmäßig handelt. Auf straf b e g r ü n d e n d e Eigenschaften und Verhältnisse (z. B. die Beamteneigenschaft bei den eigentlichen Amtsverbrechen) findet Abs. 2 keine Anwendung; sie werden jedem an der Straftat Beteiligten zugerechnet. B G H . N J W . 53, 1878. Dies gilt auch für die Gewerbs- und Gewohnheitsmäßigkeit, wo sie strafbegründend wirkt, z. B. nach § 180 (Goedel J W . 37, 715). Wer also zur Kuppelei anstiftet, wird nach §§ 48, 180 bestraft, auch wenn er selbst weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz handelt. Anvertrautsein i. S. des § 246 Abs. 2 ist pers. Verh. E. 72, 326; a. M. Schönke III, 1. Die Merkmale des § 6 Abs. 2 WiStG. — B IV 7 — sind s t r a f b e g r ü n d e n d e Tatbestandsmerkmale und fallen deshalb nicht unter § 50 Abs. 2. BGH. MDR. 53, 54. 4) Dazu gehören nicht nur die von vornherein strafausschließenden Eigenschaften und Verhältnisse (z. B. die Angehörigeneigenschaft in § 257 Abs. 2), sondern auch solche, die die bereits begründete Strafbarkeit wieder aufheben (z. B. bei Rücktritt vom Versuch oder tätiger Reue, §46). A l l g e m e i n e (nicht nur persönliche) Strafausschließungsgründe, z. B. Ausschluß der Rechtswidrigkeit durch Einwilligung des Verletzten, fallen nicht unter Abs. 2. Zu § 51: 1) In der Fassung des Ges. v. 24. 11. 1933. 2) Wegen der Strafbarkeit des Anstifters und Gehilfen, wenn der Haupttäter zurechnungsunfähig ist, s. Anm. 1 zu § 50. — Auch im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit, insbesondere in einem Rauschzustande kann eine strafbare Handlung begangen werden, wenn die Ursache zu dem Erfolge in zurechnungsfähigem Zustand gesetzt ist. E. 60, 29 (actio libera in causa). Vgl. Anm. 2 zu § 330a. Eine gesetzliche Vermutung, daß ein Täter bei Tatbegehung zurechnungsfähig gewesen sei, besteht nicht. Ist die Zurechnungsfähigkeit in Zweifel gezogen, so darf eine Verurteilung nur erfolgen, wenn das Gericht die Überzeugung von der Zurechnungsfähigkeit erlangt hat. Es genügt daher, wenn Zurechnungsunfähigkeit vom Täter geltend gemacht wird, nicht die Feststellung, es hätten sich keine Anhaltspunkte für Zurechnungsunfähigkeit ergeben, vielmehr muß positiv festgestellt werden, daß sich der Täter nicht in einem dem § 51 entsprechenden Zustand befunden hat. OLG. Düsseldorf J R . 48, 199. Der aus § 51 Abs. 1 Freigesprochene kann mangels Beschwer durch den entscheidenden Teil des Urteils nicht Rev. mit dem Ziel der Freisprechung aus obj. Gründen einlegen. H. M.;

1. Teil. 4 . Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. § 5 1

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tätigkeit 4 ) oder wegen Geistesschwäche6) unfähig ist, das Unerlaubte 6 ) der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. (2) War die Fähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat aus einem dieser Gründe erheblich vermindert, so kann 7 ) die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden. vgl. E . 69, 12; O L G e Schleswig SchlHA. 49, 3 2 2 ; Celle J R . 49, 3 8 8 ; K G . N J W . 53, 1 9 5 ; a. M. K G . D R Z . 48, 255. 3) Bewußtseinsstörung ist eine erhebliche Trübung oder Beeinträchtigung des normalen B e w u ß t s e i n s ; sie braucht, wie bei Schlaftrunkenheit oder Übermüdung ( R G . H R R . 39 Nr. 1063), n i c h t k r a n k h a f t zu sein. Vorbedachtes und planvolles Handeln ist kein untrügliches Zeichen für Zurechnungsfähigkeit. E . 6 7 , 1 4 9 ; B G H St. 1 , 3 8 4 . B e i einem Rausch liegt Bewußtseinsstörung nicht erst vor, wenn die Trunkenheit bis zur Sinnlosigkeit gesteigert ist, sondern schon bei einer erheblichen, das Geistesleben stark beeinträchtigenden Trübung des Bewußtseins. R G . D J . 38, 1760, oder — t r o t z der noch vorhandenen F ä h i g k e i t des T ä t e r s , die tatsächl. und rechtl. Tragweite seines Verhaltens zu überschauen — bei einem Ausfall des erforderlichen Hemmungsvermögens. B G H S t . 1, 3 8 4 . Zur Ausschließung des § 51 Abs. 1 genügt deshalb nicht, sinnlose Trunkenheit zu verneinen. R G . J\V. 36, 2 9 9 4 . E i n e Bewußtseinsstörung kann auch auf einer besonders schweren u n v e r s c h u l d e t e n Zornaufwallung beruhen. O G H S t . 3, 23, 8 2 ; B G H S t . 3, 199. 4) Hierunter fallen nicht nur Geisteskrankheit im psychiatrischen Sinn, sondern alle krankhaften F ä l l e geistiger und seelischer Abartigkeit (dauernde oder vorübergehende), die nicht bloße Charaktermängel oder sittliche Schwächen sind, einschließlich der verschiedenen F o r m e n der Psychopathie. R G . J W . 39, 987, und einschließlich der nicht den Geisteskrankheiten zuzurechnenden Krankheitszustände (z. B . Fieberwahn, Schwangerschaftswahn), die vorübergehend die Geistestätigkeit entscheidend beeinträchtigen. Die k r a n k h a f t e Störung kann sich auf die D e n k t ä t i g k e i t oder auf das Willens-, Gefühls- oder Triebleben beziehen. E . 73, 121. Unfähigkeit zu moralischen Vorstellungen aus pathol. Ursache oder aus fehlerhafter seelischer Organisation genügt. R G . J W . 39, 988. 5) Geistesschwäche unterscheidet sich von der krankhaften Störung der Geistestätigkeit nur dem Grad, nicht der A r t nach. E s empfiehlt sich regelmäßig, bei Erörterung des § 51 auch zur F r a g e der Geistesschwäche Stellung zu nehmen. E . 73, 122. 6) Der Begriff des Unerlaubten ist weiter als der des Unrechtmäßigen, e r f a ß t Verstöße sowohl gegen das R e c h t als auch gegen das Sittengesetz. E s k o m m t mithin darauf a n , ob der T ä t e r fähig war, zu erkennen, daß seine T a t rechtlich oder sittlich verboten war. E . 68, 173. 7) Die Strafmilderung steht im Ermessen des R i c h t e r s ; das Urteil muß aber, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 vorliegen, zur Milderungsfrage Stellung nehmen. O L G . Düsseldorf N J W . 4 8 , 199. Nach ärztlicher Erfahrung ist es verfehlt, Psychopathen durchweg milder zu behandeln als Gesunde. Der geistig minderwertige Mensch muß sich bemühen, seine gemeinschaftsgefährlichen Anlagen durch besondere Anstrengungen auszugleichen; eine strenge Strafe kann geeignet sein, ihn auf diese Notwendigkeit besonders hinzuweisen. R G . D J . 43, 1 7 1 ; O G H S t . 1, 1 3 3 ; O L G . Nürnberg H E S t . 2, 199. E i n e Nichtherabsetzung ist aber nicht nur (wie R G . D J . 35, 1590 und J W . 35, 3379 annimmt) zulässig, wenn sonst der Zweck, den T ä t e r von einer Wiederholung solcher S t r a f t a t e n abzuhalten, nicht erreicht würde, sondern stets, wenn ausreichende Gründe dazu vorhanden sind. E . 69, 3 1 4 ; B G H S t . 3, 179, z. B . bei selbstverschuldeter Trunkenheit (Schäfer, J W . 35, 3 3 8 0 ; B a y O b L G . N J W . 53, 1523). Daher war u . U . sogar die Todesstrafe gegen einen gemindert Zurechnungsfähigen zulässig, obwohl sie auf ihn nicht erzieherisch wirken konnte. E . 71, 179. Die Strafmilderung ist auch zulässig, wenn ihre Voraussetzungen zwar nicht nachgewiesen, aber möglicherweise gegeben sind. E . 70, 127. Unzulässig wäre es, für Strafen bestimmter Art (z. B . in selbstverschuldeter T r u n k e n h e i t verübte Körperverletzungen) grundsätzlich eine Strafmilderung abzulehnen. B G H . N J W . 53, 1760. Auch wenn die Strafe nach § 51 Abs. 2 gemildert wird, k a n n das Gericht nochmals den Geisteszustand des T ä t e r s als mildernden Umstand berücksichtigen, wenn die anzuwendende Strafvorschrift mildernde U m s t ä n d e vorsieht. E . 68, 2 9 4 . B e i Versuch ist doppelte E r m ä ß i g u n g zulässig. B G H . N J W . 54, 5 2 0 . Die Berufung wegen verminderter Zurechnungsfähigkeit kann auf das S t r a f m a ß beschränkt werden. R G . J W . 34, 2 9 1 4 . E b e n s o ist eine Revision, die nur auf Verletzung des § 51 Abs. 2 gestützt wird, auf den Strafausspruch beschränkt. E . 6 9 , 1 1 0 . Wie bei der Milderung gemäß § 4 4 (vgl. dort Anm. 5) darf auch bei einer Milderung gemäß § 51 Abs. 2 die Strafbemessung nicht in der Weise erfolgen, daß die ohne Milderung verwirkte S t r a f e b e s t i m m t und davon ein Abzug gemacht wird, vielmehr ist die Strafe innerhalb des Milderungsstrafrahmens frei zu bemessen. O G H S t . 1, 190. H a t der T ä t e r nach der ü b e r -

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A 2. Strafgesetzbuch. § 52

* § 52 [Nötigungsstand] (1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden1), wenn der Täter durch unwiderstehliche Gewalt2) oder durch eine Drohung, welche mit einer gegenwärtigen3), auf andere Weise nicht abwendbaren Gefahr4) für Leib5) oder Leben seiner selbst oder eines Angehörigen verbunden war, zu der Handlung genötigt worden ist 6 ). (2) Als Angehörige im Sinne dieses Strafgesetzes sind anzusehen Verwandte') und Verschwägerte8) auf- und absteigender Linie, Adoptiv- und Pflegeeltern und -kinder, Ehegatten und deren Geschwister, Geschwister9) und deren Ehegatten, und Verlobte10). zeugung des Gerichts Zuchthaus unter einem Jahre verwirkt, so ist diese gemäß § 19 Abs. 2 zunächst nach vollen Monaten festzusetzen und dann gemäß § 21 in eine GefStr. umzuwandeln. E. 69, 29; a. M. OLG. Jena, J W . 36, 3011. Z u § 5 2 : 1) Nötigungsstand beseitigt nicht die Rechtswidrigkeit des Handelns, sondern nur die Schuld. E. 66, 226; RG. J W . 36, 388 17 ; OLG. Tübingen N J W . 48, 701; OGH. BZ. DRZ. 49, 137. 2) Gemeint ist Einwirkung auf den W i l l e n (vis compulsiva, seelische Gewalt), z. B. durch Prügeln, Einsperren. Körperliche Gewalt (vis absoluta) — jemand f ü h r t dem sich Sträubenden die Hand bei der Anfertigung der gefälschten Urkunde — fällt nicht unter § 52, weil es bei dem zum Schreiben Gezwungenen an einer Handlung fehlt. Unwiderstehlichkeit setzt nicht voraus, daß der Wille des Vergewaltigten v ö l l i g ausgeschlossen ist. E. 64, 31; eine bloße Zwangslage genügt aber nicht. E. 67, 264. Für Handlungen, die der Täter auf Weisung seiner Vorgesetzten begangen hat, bleibt er strafrechtlich verantwortlich, wenn für ihn erkennbar war, daß sie den Strafgesetzen zuwiderliefen (§ 56 BBG.; s. auch § 47 MStGB.). Vgl. auch E. 54, 337; BGH. N J W . 52, 834. 3) Gegenwärtig ist eine Gefahr, wenn die zur Abwendung des drohenden Schadens erforderlichen Maßnahmen alsbald getroffen werden müssen. E. 66, 226. 4) Die Gefahr braucht nicht unverschuldet zu sein. Auch eine ernstliche Selbstmorddrohung eines Angehörigen kann daher Nötigungsstand begründen. RG. H R R . 37 Nr. 133. Anders beim Notstand, weil dort eine unverschuldete Gefahr verlangt wird (s. Anm. 5 zu § 54). Bei verschuldeter Gefahr können aber u. U. dem Täter andere Auswege als bei unverschuldeter Gefahr zur Abwehr der Gefahr zugemutet werden. OGHSt. 2, 225. 5) s. Anm. 6 zu § 54. 6) Zum „Nötigungsstand" gehört eine gewisse Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere der Gefahr und der Schwere der in der Abwehrhandlung gelegenen Rechtsgüterverletzung. E. 66, 397. Das Übel muß mit der Drohung zeitlich in einem so nahen Zusammenhang stehen, daß der Wille des Täters durch die Furcht vor Verwirklichung der Drohung ausschließlich beherrscht wird. KG. D J Z . 07, 430. Gewalt und Drohung müssen die Mittel gewesen sein, um den Täter zu der ihm zugemuteten T a t willig zu machen; kein Nötigungsstand, wenn dem Täter bei Nichtausführung der Handlung eine Gefahr für Leib oder Leben zwar drohte, aber nicht diese Gefahr, sondern andere Erwägungen sein Handeln bestimmten. B G H S t . 3, 271, oder wenn der Täter durch Drohungen nur gereizt worden ist. E. 61, 309. 7) Strafrechtlicher Begriff; die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§ 1589 BGB.) sind nicht maßgebend. Es fallen darunter die Personen, die nach der natürlichen Abstammung als Eltern und Kinder in Betracht kommen, also auch die unehelichen Kinder, wenn ihre Abstammung feststeht. E. 72, 324. 8) Das zwischen Verschwägerten auf- und absteigender Linie (z. B. zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern) bestehende Verhältnis der Angehörigkeit erlischt nicht durch den Tod des einen Ehegatten. E. 5, 200 (vgl. § 1590 Abs. 2 BGB.). Es genügt auch das Verwandtschaftsverhältnis zu einem Ehegatten, der in nichtiger Ehe lebt. RG. Recht 26 Nr. 1465. Zwischen den Ehegatten von Geschwistern (z. B. den Ehemännern zweier Schwestern) besteht keine Schwägerschaft. E. 15, 78. Daß die zwischen einem Ehegatten und den Geschwistern des anderen bestehende Schwägerschaft ein Angehörigenverhältnis i. S. des Abs. 2 begründe, war bisher schon anerkannt. RG. DR. 41, 2179; B G H . LM. Nr. 2 zu § 157 und ist jetzt durch die Ergänzung des Abs. 2 ausdrücklich ausgesprochen. 9) Zusammengebrachte Kinder sind keine Geschwister und nicht Angehörige. Das Angehörigenverhältnis erstreckt sich nicht auf die Abkömmlinge der Geschwister, daher kein Angehörigkeitsverhältnis zwischen Onkel und Neffe. RG. JW. 35, 3467. 10) Zur Verlobung gehört nicht unbedingt ein zivilrechtlich gültiges Verlöbnis, entscheidend ist, ob ein ernstliches, nicht von der Rechtsordnung mißbilligtes Eheversprechen

1. Teil. 4. Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen.

§ 53

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§ 531). [Notwehr] (1) Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn die Handlung durch Notwehr geboten war 2 ). (2) Notwehr ist diejenige Verteidigung3), welche erforderlich ist 4 ), um einen vorliegt. Es ist daher unerheblich, ob die Verlobten noch minderjährig sind und ob sie in diesem Fall die Einwilligung ihrer Eltern erlangt haben. E. 38, 242. Das Eheversprechen eines Verheirateten kann kein Verlöbnis begründen. RG. JW. 37, 3302; eine Ausnahme mag gelten, wenn der Verheiratete offensichtlich Grund zur Ehescheidung hat und diese bereits gerichtlich eingeleitet ist. LG. Duisburg NJW. 50, 714. Ungültig ist auch das Verlöbnis eines Mannes, der bereits mit einer anderen Frau verlobt ist. E. 71, 152. Keine gültige Verlobung, wenn nur der eine Teil das Eheversprechen ernsthaft meint, während der andere Ernsthaftigkeit nur vortäuscht. RG. DR. 39, 712; BGHSt. 3, 215. Ist aber einmal ein wirksames Verlöbnis begründet worden, so endet es nicht dadurch, daß der eine Teil einmal oder eine Zeitlang innerlich entschlossen ist, den anderen nicht zu ehelichen, solange er diesem seine Absicht nicht kundgegeben hat. E. 71, 152; OLG. Kiel DStR. 37, 62; anders bei endgültiger Aufgabe der Heiratsabsicht. E. 75, 290. Zu § 53: 1) Über S e l b s t h i l f e siehe §§ 229 ff. BGB. Aus dem Gedanken der Güterund Pflichtabwägung ergibt sich, daß das Selbsthilferecht nicht ausgeübt werden darf, wenn es sich nur um einen Anspruch im Werte weniger Pfennige handelt. E. 69, 308. Das Recht der Festnahme (§ 230 Abs. 3 BGB.) umfaßt nur die Befugnis zur Freiheitsberaubung und Nötigung, sowie zu Mißhandlungen, die damit notwendig verbunden sind, aber nicht die Befugnis zur vorsätzlichen oder fahrlässigen Tötung. E. 69, 308. § 859 Abs. 2 BGB. gewährt dem Besitzer nicht die Befugnis, jedes Mittel zu ergreifen, um dem Täter die von ihm weggenommene Sache wieder abzunehmen. RG. DJZ. 07, 361. Die Wahrung der zeitlichen Schranken des hier gewährten Selbsthilferechts erfordert trotz des Ausdrucks ,,sofort" nicht ein blitzschnelles Handeln. RG. GA. 51, 191. 2) Auch schon die bloße Möglichkeit, daß der Täter in Notwehr gehandelt hat, führt zur Freisprechung. RG. JR. 26 Nr. 534. Das Vorliegen einer Notwehrlage ist auch dann zu prüfen, wenn der A. die Tat als solche bestreitet. RG. JW. 32, 3070. 3) Erforderlich ist ein Verteidigungswille. Daher keine Notwehr, wenn jemand einen anderen verletzen will und dadurch unwissentlich einen Angriff abwehrt. E. 54, 199; BGHSt. 2, 114. Daß der Angegriffene außer zur Verteidigung noch aus anderen Gründen, z. B. zur Wiedervergeltung oder aus Zorn, handelt, schließt Notwehr nicht aus, sofern die Verteidigungsabsicht nicht nur von ganz nebensächlicher Bedeutung ist. E. 60, 262; BGHSt. 3, 198. Auch ein Gegenangriff kann Verteidigung sein. E. 16, 69. Geraten zwei gleichermaßen zum Raufen Entschlossene aneinander, nachdem die Absicht eines jeden dem anderen erkennbar geworden ist, so kann keiner sich auf Notwehr berufen. E. 72, 183. Auch die Verteidigung gegen einen verschuldeten Angriff ist Notwehr, jedoch nicht, wenn jemand die Abwehrhandlung eines anderen hervorruft, um unter dem Schein der Notwehr seinen Angriffswillen zu betätigen. RG. DR. 39, 364; OLG. Celle HannRpfl. 47, 15. Auch für solche Handlungen, welche die Abwehr eines erwarteten Angriffs bloß vorbereiten sollen, kann die Rechtswidrigkeit entfallen, wenn nur so dem Angriff wirksam entgegengetreten werden kann. RG. JW. 32, 1971 ; OLG. Naumburg DRZ. 32 Nr. 678. Die Verteidigung kann durch Legen von Selbstgeschossen und anderen mechanisch wirkenden selbständigen Schutzanlagen vorbereitet werden, falls nicht die Voraussetzungen des § 367 Nr. 8 vorliegen. OLG. Stuttgart JW. 31, 2651. Bei solchen Sicherungsanlagen kann jedoch in der Regel keine Differenzierung der Abwehr je nach der Stärke des Angriffs (vgl. Anm. 4) eintreten. Es fragt sich daher, ob der Inhaber der Anlage sie, falls andere Verteidigungsmöglichkeiten nicht gegeben sind, auf den schwersten zu erwartenden Angriff abstellen darf und daher den durch die Auslösung der Anlage eingetretenen Erfolg auch dann nicht zu verantworten hat, wenn sich nachträglich herausstellt, daß die Abwehr im konkreten Fall über das erforderliche Maß hinausgegangen ist (bejahend LK. I H d ; zweifelnd OLG. Braunschweig MDR. 47, 205). Die Frage ist zu bejahen, wenn der Inhaber alles nach den Umständen Mögliche getan hat, um zu erwartende leichtere Angriffe auf andere Weise (z. B. durch Hinweise auf die Gefährlichkeit der Schutzanlage) auszuschließen. 4) Die Abwehrmittel bestimmen sich grundsätzlich nach der Stärke des Angriffs, nicht nach dem bedrohten Rechtsgut. E. 55, 86. Auch ein Rechtsgut von geringem Wert kann mit den schärfsten Mitteln gegen einen anders nicht abwendbaren Angriff geschützt werden. Die neuere Rechtsprechung ist bemüht, Überspitzungen dieses Grundsatzes auszuschließen. Bei einem ganz geringwertigen Gegenstand (z. B. mit einem Wert von 10 Pfennigen), besteht kein Recht, den fliehenden Dieb in Notwehr zu töten. OLG. Stuttgart SJZ. 48, 400 mit

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A 2.

Strafgesetzbuch. § 53

gegenwärtigen5), rechtswidrigen6) Angriff 7 ) von sich oder einem anderen 8 ) abzuwenden. (3) Die Überschreitung 9 ) der Notwehr ist nicht strafbar 10 ) wenn der Täter in Bestürzung, Furcht oder Schrecken über die Grenzen der Verteidigung hinausgegangen ist 11 ). zustimmender A n m . von Gallas D R Z . 49, 4 3 (s. a u c h A n m . 1). W ö r t l i c h e geringfügige Beleidigungen eines B e t r u n k e n e n d ü r f e n nicht tätlich, sondern n u r d u r c h eine E r w i d e r u n g mit W o r t e n a b g e w e h r t werden. B G H S t . 3, 217. Ferner ist der Angegriffene nicht berechtigt, da, wo er ein der A r t oder d e m Maße nach geringeres Mittel anwenden k a n n , ohne Nachteile bef ü r c h t e n zu müssen, sofort das n a c h der einen oder a n d e r e n R i c h t u n g schwerere Mittel zu gebrauchen. R G . D J . 39, 1120. Sich d e m Angriffe durch schimpfliche F l u c h t zu entziehen, ist er nicht verpflichtet. W o er aber einem Angriff, ohne sich etwas zu vergeben u n d ohne G e f ä h r d u n g eigener oder f r e m d e r berechtigter Interessen ausweichen k a n n — namentlich d u r c h I n a n s p r u c h n a h m e der Hilfe D r i t t e r —, darf er nicht zur gewaltsamen Abwehr schreiten, insbesondere nicht einen Menschen töten. E . 71, 133; 72, 58; dies gilt insbesondere, wenn er den Angriff selbst vers c h u l d e t h a t . O L G . Kiel SchlHA. 48, 110. Ein im Dienst befindlicher Vorgesetzter, der von einem Untergebenen angegriffen wird, ist nicht n u r befugt, auf seinen persönlichen Schutz bed a c h t zu sein, sondern auch berechtigt u n d verpflichtet, das Ansehen u n d die Belange der in i h m v e r k ö r p e r t e n Befehlsgewalt zu verteidigen. E . 69, 179; ebenso m u ß ein U n i f o r m t r ä g e r (z. B. ein Polizeibeamter) a u c h das Ansehen seiner U n i f o r m wahren. E . 72, 383. Ob die A r t der Verteidigung zur Abwehr geboten war, ist n a c h der o b j e k t i v e n Sachlage, nicht nach der s u b j e k t i v e n A n s c h a u u n g des H a n d e l n d e n zu beurteilen; s. a b e r A n m . 11 Abs. 2 5) Gegenwärtig ist ein Angriff, sobald er u n m i t t t e l b a r b e v o r s t e h t . E . 53, 132, u n d solange er noch nicht abgeschlossen ist. D a h e r ist es noch N o t w e h r , w e n n der J a g d s c h u t z b e a m t e auf den Wilderer schießt, der auf Anruf nicht das Gewehr ablegt, weil d a m i t die A n n a h m e eines u n m i t t e l b a r e n b e v o r s t e h e n d e n Angriffs b e g r ü n d e t ist. E . 67, 339, ferner, wenn er auf den f l ü c h t e n d e n Dieb schießt, u m B e u t e a b z u n e h m e n . E . 55, 82. 6) Rechtswidrig ist ein solcher Angriff, zu dessen D u l d u n g der Angegriffene nicht verp f l i c h t e t ist. D a h e r k a n n der Angriff auch von einem Unzurechnungsfähigen oder von einem in schuldlosen I r r t u m H a n d e l n d e n ausgehen. E . 27, 44. Keine N o t w e h r gegen Angriff von Tieren. E . 34, 295. A. M. L K . A n m . I I 2 , doch k a n n N o t s t a n d (§ 54; s. a u c h § 228 B G B . ) vorliegen. E . 36, 230. E i n e zu U n r e c h t erhobene Zivilklage ist kein rechtswidriger Angriff; der Bekl. k a n n sich ihrer n u r m i t den in der ZPO. zugelassenen Mitteln erwehren. Klee J W . 39, 129. 7) Der Wille, zum Angriff überzugehen, ist nicht schon ein Angriff. R G . J W . 33, 428. D e r Angriff b r a u c h t nicht u n m i t t e l b a r gegen die Person gerichtet zu sein, sondern es g e n ü g t jeder Eingriff in die R e c h t s s p h ä r e eines anderen, z. B. ein Angriff auf seine E h r e . Auch gegen rechtswidrige A m t s h a n d l u n g e n ist N o t w e h r zulässig. B e i s p i e l s w e i s e k ö n n e n N o t w e h r h a n d l u n g e n r e c h t f e r t i g e n : gewaltsame Störungen der Berufsarbeit. O L G . H a m m GA. 60, 155; d a s E i n d r i n g e n in eine Versammlung, u m zu stören. R G . J W . 30, 1211; eine rechtswidrige P f ä n d u n g . E . 3, 222; die Überschreitung der Amtsbefugnisse eines Polizeibeamten. R G . H R R . 31 Nr. 263; Beleidigungen. E . 21, 168; 29, 240; B G H S t . 3, 218; grober U n f u g . B a y O b L G . J W . 32, 3775; Verletzung des Besitzes. E . 60, 278; oder des J a g d r e c h t s . E . 55, 167. N o t w e h r ist n u r gegen d e n A n g r e i f e r zulässig. Eingriffe in die R e c h t s s p h ä r e unbeteiligter D r i t t e r k ö n n e n nicht als Notwehr, sondern n u r gegebenenfalls als N o t s t a n d (§ 54) straflos sein. So ist z. B. ein P o s t b e a m t e r n i c h t zur Verletzung des Postgeheimnisses berechtigt, wenn er G r u n d zur A n n a h m e h a t , d a ß ein der P o s t a n v e r t r a u t e r Brief eine ihn beleidigende K u n d gebung e n t h a l t e . R G . J W . 28, 662. Die B e s t r a f u n g wegen fahrlässiger Verletzung von Rechtsgütern u n b e t e i l i g t e r D r i t t e r wird d e m g e m ä ß d u r c h N o t w e h r nicht ausgeschlossen. E . 58, 27. N o t w e h r gegen eine r e c h t m ä ß i g e N o t w e h r h a n d l u n g gibt es nicht. E . 66, 288; wohl a b e r gegen P u t a t i v n o t w e h r . R G . H R R . 28 Nr. 287. Keine N o t w e h r gegenüber in übergesetzlichem N o t s t a n d (Anm. 1 zu § 54) begangenen H a n d l u n g e n . K G . J W . 32, 1406. 8) Ein a n d e r e r ist auch (in Ausnahmefällen) der S t a a t . (Staatsnotwehr) E . 63,215 (str.); eine S t ö r u n g der öffentlichen O r d n u n g i m a l l g e m e i n e n berechtigt aber den einzelnen, solange n i c h t zugleich seine eigenen R e c h t e verletzt werden, nicht zum Einschreiten k r a f t Nothilfe. B G H . N J W . 54,438. Kein Nothilferecht, wenn der Angegriffene selbst einen Angriff auf Rechtsgüter, über die zu verfügen er berechtigt u n d fähig ist, nicht abwehren will. B G H . a.a.O. 9) E s m u ß also eine wirkliche N o t w e h r l a g e b e s t a n d e n h a b e n . E . 53, 37; R G . D S t R . 39, 172. 10) Die H a n d l u n g bleibt rechtswidrig, gegen sie ist N o t w e h r zulässig. E . 66, 288. 11) Die A u f z ä h l u n g der Geisteszustände im Abs. 3 ist abschließend und eine e n t s p r e c h e n d e Anwendung, z. B. auf bloße E r r e g u n g , ausgeschlossen. R G . J W . 32, 2432. E s k o m m t nicht darauf an, ob der H a n d e l n d e noch fähig war zu erwägen, welche Maßregeln zur Abwehr

1. Teil. 4. Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. § 54

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§ 54 1 ). [Notstand] Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn die Handlung außer dem Falle der Notwehr in einem unverschuldeten 2 ), auf andere Weise nicht zu beseitigenden Notstande 3 ) zur Rettung aus einer gegenwärtigen 4 ) Gefahr 6 ) für Leib 6 ) oder Leben des Täters oder eines Angehörigen begangen worden ist. erforderlich waren. E . 56, 33; z. B . ob ein weniger energisches Abwehrmittel ausreichend gewesen. Recht 32 Nr. 672; oder ob ein solcher Grad der genannten Geisteszustände gerechtfertigt war. H R R . 29 Nr. 670. Selbst bei Überschreitung der Notwehrgrenzen mit Wissen und Willen ist Abs. 3 anwendbar. R G . J W . 35, 431 (str.). Abs. 3 setzt nicht notwendig einen überraschenden Angriff voraus. — Abs. 3 betrifft nur Überschreitung der Notwehr dem Maß oder Art nach, nicht aber auch die zeitliche Überschreitung. E . 62, 76; R G . J W . 35, 2960. Von der Überschreitung der Notwehr ist die vermeintliche Notwehr ( P u t a t i v n o t w e h r ) zu unterscheiden. Sie liegt vor, wenn der Täter irrtümlich glaubt, daß seine Handlungsweise durch Notwehr geboten sei. Beruht die Annahme der Notwehrvoraussetzungen auf einem Sachverhaltsirrtum, so findet § 5 9 Anwendung; beim Verbotsirrtum gilt das in Anm. 1 d zu § 59 Gesagte. § 53 Abs. 3 findet hier keine Anwendung. R G . J W . 36, 512 1 0 . Zu § 54: 1) Auch wenn es sich nicht um die Rettung von Leib und Leben des Täters oder eines Angehörigen handelt, kann die Strafbarkeit wegen ü b e r g e s e t z l i c h e n Notstandes entfallen, wenn die mit Strafe bedrohte Handlung das e i n z i g e Mittel ist, um ein höheres Rechtsgut zu schützen. E. 62, 138; 63, 226; 64i 101; 74, 353. Das gefährdete Rechtsgut muß gegenüber dem angegriffenen einen so erheblichen Mehrwert besitzen, daß dem Täter die Unterlassung der Tat nicht zugemutet werden kann. E. 77, 116. Die Notlage muß, wie beim eigentl. Notstand (§ 54) unverschuldet sein. K G . J W . 38, 745. Übergesetzl. Notstand schließt, anders als der eigentl. Notstand, nicht die Schuld, sondern die Rechtswidrigkeit aus. Voraussetzung für die Anerkennung eines Handelns in übergesetzl. Notstand ist a) daß der Täter auf Grund gewissenhafter Prüfung in sorgfältiger Abwägung aller in Betracht kommenden Möglichkeiten gehandelt hat (bei unterlassener oder mangelhafter Prüfung bleibt die Tat rechtswidrig, selbst wenn obj. die Voraussetzungen für ein Tätigwerden im übergesetzl. Notstand vorlagen). B G H S t . 2, I I I ; 3, 7 und b) daß der Täter gerade in Berücksichtigung des Widerstreites und nicht aus anderen Gründen, etwa nur zu seinem eigenen Vorteil die Tat beging. R G . J W . 35, 2637; OGHBZ. N J W . 50, 236. Irrige Annahme eines Sachverhalts, der, wenn er der Vorstellung entspräche, die Merkmale des übergesetzl. Notstandes aufweist, ist Sachverhaltsirrtum i. S. des § 59; irrige Annahme der rechtlichen Vorausetzungen des übergesetzl. Notstands (z.B. ein Irrtum über das Erfordernis einer gewissenhaften Prüfung) dagegen Verbotsirrtum. B G H S t . 3, 7. Eine Berufung auf übergesetzlichen Notstand kommt z. B. bei der medizinisch gebotenen Unterbrechung der Schwangerschaft durch einen Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zur Rettung von Leben und Gesundheit der Mutter in Frage, soweit nicht § 14 des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses eingreift (vgl. Anm. l b zu §218). Die Zuwiderhandlung gegen Preisvorschriften kann ausnahmsweise durch ü. N. gerechtfertigt sein, wenn der Täter eine Stillegung seines Betriebes und damit den Verlust einer größeren Zahl von Arbeitsplätzen verhüten will. OLG. Hamm N J W . 52, 838 Nr. 30. Für eine Pflichtenund Güterabwägung ist kein Raum, wenn bei Nichterfüllung einer Pflicht Leben und Gesundheit anderer gefährdet würden. Daher darf sich ein Arzt, der schnell zu einem Schwerkranken fahren will, nicht über Verkehrsvorschriften hinwegsetzen, wenn er dadurch das Leben anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet. OLG. München D R . 40, 25. Ist das bedrohte und das angegriffene Rechtsgut — wie das Menschenleben — gesetzlich gleichwertig, so ist eine Berufung auf übergesetzl. Notstand stets a u s g e s c h l o s s e n , z. B. auch wenn der Täter e i n e n Menschen opfert, um eine Mehrzahl zu retten, die sonst verloren wären. OGH. St. 1, 334; 2, 117; B G H . N J W . 53, 513 (str.) In solchen Fällen ist die Tat rechtswidrig, es liegt aber ein übergesetzlicher Entschuldigungsgrund vor. Welzel MDR. 49, 374; E b . Schmidt S J Z . 49, 569. (nach OGH. BZ. a.a.O.) ein persönl. Strafausschließungsgrund; s. dazu Peters J R . 49, 496). Verneint man das, so bedarf zum mindesten das Unrechtsbewußtsein besonders sorgfältiger Prüfumg. B G H . N J W . 53, 513. Übergesetzlicher Notstand kommt auch beim Vorliegen eines S t a a t s n o t s t a n d e s in Betracht. E . 63, 226; 64, 104. 2) Erforderlich ist, daß nicht nur die Gefahr für Leib und Leben, sondern auch die L a g e nicht schuldhaft verursacht ist, die zur Rettung nur den Weg des Eingriffs in fremde Rechte läßt. E . 72, 249. Als verschuldet kann nur eine wenigstens pflichtwidrige Herbeiführung der Notstandslage angesehen werden. E . 54, 340; OLG. Freiburg DRZ. 49, 423. Droht die Gefahr einem Angehörigen, so kommt es auf sein Verschulden, nicht auf das des Täters an (str.; a. M. z. B. OLG. Köln N J W . 53, 116). 3) Notstand läßt die Rechtswidrigkeit der Handlung (anders als der übergesetzl. Notstand, Anm. 1) unberührt, ist aber s c h u l d b e f r e i e n d . E . 64, 31. Infolgedessen sind auch

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A 2. Strafgesetzbuch. § 55

* § 55. [Taubstummheit] (1) Ein Taubstummer 1 ) ist nicht strafbar, wenn er in der geistigen Entwicklung zurückgeblieben 2 ) und deshalb unfähig ist, das Unerlaubte 3 ) der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. (2) War die Fähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, zur Zeit der Tat aus diesem Grunde erheblich vermindert, so kann 4 ) die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden. die Teilnehmer nicht strafbar. E . 60, 88. N o t s t a n d ist auch z. B. möglich bei Meineid. E . 66. 98, 222, 397; bei unerlaubtem W a f f e n f ü h r e n . K G . J W . 32, 1770. Mißhandlungen der Kinder durch den Lehrer kann den Eltern das Recht geben, die Kinder vom Schulbesuch fernzuhalten. K G J . 53, 416. Sind verschiedene Rettungsmöglichkeiten, Übel von verschiedener Größe, so darf nur das kleinere gewählt werden. E . 66, 227; B G H S t . 2, 245. E s m u ß eine gewisse Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere des drohenden Schadens u n d dem durch die Abwehrhandlung verletzten Rechtsgut bestehen. E . 66, 397. Denn wenn auch N o t s t a n d — anders als der übergesetzliche N o t s t a n d — nicht voraussetzt, daß ein höheres Rechtsgut auf Kosten eines geringeren geschützt wird, so ist doch eine Güterabwägung für die Frage von Bedeutung, inwieweit es dem T ä t e r zuzumuten war, die Gefährdung hinzunehmen, ohne wichtige fremde Rechtsgüter zu verletzen. Maßgebend ist dabei, was man von einem durchschnittlichen, sittlich eingestellten Rechtsgenossen verlangen k a n n ; heldenhafte Aufopferungsbereitschaft darf nicht erwartet werden. OLG. Tübingen N J W . 48, 701. Auf N o t s t a n d kann sich nicht berufen, wessen Beruf oder Dienst gerade darin besteht, u n t e r Einsatz von Leib u n d Leben t ä t i g zu werden, wie Polizeibeamte, Feuerwehrmänner, W e t t e r m ä n n e r in Bergwerken. E . 72, 246; Bergführer. OLG. Freiburg D R Z . 49, 423; f ü r die übrigen Beamten ( z . B . einen Landrat) gilt dies nicht. OLG. Tübingen N J W . 48, 701. Ebenso kein N o t s t a n d gegenüber rechtmäßigem Zwang zur D u r c h f ü h r u n g behördlicher Anordnungen. E . 41, 215 und OLG. H a m b u r g M D R . 47, 74. Ob N o t s t a n d vorlag, ist von A m t s wegen zu prüfen, auch wenn der T ä t e r sich nicht darauf b e r u f t . OLG. Tübingen N J W . 48, 701. P u t a t i v n o t s t a n d (unverschuldete irrtüml. A n n a h m e von T a t u m s t ä n d e n , bei deren Vorliegen N o t s t a n d gegeben wäre) wirkt ebenfalls schuldausschließend. E . 66, 227; a. M. O G H . BZ. H E S t . 2, 3, wonach ein solcher I r r t u m n u r erheblich ist, wenn N o t s t a n d Rechtfertigungs- (nicht n u r Schuldausschließungs-)grund wäre. 4) Siehe Anm. 3 zu § 52. Gegenwärtig k a n n auch eine Gefahr sein, die in einem Zustande von längerer Dauer liegt. E . 59, 69. Z. B. durch die allgemeine Gefährlichkeit eines Menschen. E . 60, 318, oder f ü r die Familie durch T r u n k s u c h t des Vaters. R G . H R R . 34 Nr. 215. 5) Gefahr ist ein Zustand, der durch ein vom Betroffenen nicht gewolltes, ihm von außen drohendes Übel begründet wird. Daher ist der ernstliche E n t s c h l u ß eines Angehörigen, Selbstmord zu begehen, keine Gefahr. R G . D R Z . 28 Nr. 646. N o t s t a n d k a n n auch vorliegen, wenn die Gefahr einem größeren Personenkreis (Theaterbrand, Schiffsuntergang), ja sogar, wenn sie großen Bevölkerungsteilen gleichmäßig d r o h t . Bei Gefahr des Verhungerns oder unmittelbarer Gefahr der E n t s t e h u n g erheblicher oder gar tödlicher E r k r a n k u n g e n infolge Nahrungsmittelnot ist daher auch B e r u f u n g auf N o t s t a n d gegenüber Wirtschaftsbestimmungen, die eine gleichmäßige Verteilung der unzureichenden Vorräte bezwecken, möglich. OLGe. Kiel MDR. 47, 209; S t u t t g a r t D R Z . 49, 93; von Weber M D R . 47, 78 und S J Z . 47, 675; ebenso in Zeiten der Wohnungsnot gegenüber M a ß n a h m e n der Wohnungsbehörden bei individueller Notlage. OLG. N e u s t a d t N J W . 51, 852 a. M. OLG .Celle H a n n . R p f l . 46, 153, weil sonst jede Ordnung aufgelöst würde. 6) Die Leibesgefahr darf nicht ganz unerheblich sein. E. 66, 397. Auch eine langdauernde Freiheitsentziehung k a n n eine erhebl. Leibesgefahr darstellen. OLG. Freiburg H E S t . 2, 200. Z u § 5 5 : 1) E s k o m m t n u r solche T a u b s t u m m h e i t in Betracht, die entweder angeboren i s t oder so f r ü h eintritt, daß sie als Ursache für den Mangel geistiger Reife noch wirken k a n n . E. 57, 239. 2) d. h. wenn die Verstandestätigkeit gestört ist oder wenn eine durch die T a u b s t u m m h e i t bedingte Störung des Willens-, Gefühls- oder Trieblebens vorliegt und diese Mängel Ausfluß einer geistigen oder sittlichen U n r e i f e sind. E . 76, 394. 3) Vgl. Anm. 6 zu § 51 4) Vgl. Anm. 7 zu § 51. Keine doppelte Ermäßigung, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 u n d des §55 Abs. 2 zusammentreffen, d a beide Milderungsmöglichkeiten auf demselben Grundgedanken beruhen. B G H . N J W . 54, 520.

1. Teil. 4. Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. §§ 56—59

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* § 56. [Höhere Strafe bei besonderen Tatfolgen]r) Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der T a t eine höhere Strafe, so trifft diese den Täter nur, wenn er die Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat.

§§ 57, 58i) § 59 1 ). [Irrtum] (1) Wenn jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung das Vorhandensein von Tatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Tatbestand gehören oder die Strafbarkeit erhöhen, so sind ihm diese Umstände nicht zuzurechnen. Zu § 56: 1) Bei den sog. durch den Erfolg qualifizierten Delikten (vgl. z. B. §§ 224, 226) genügte nach bisheriger h. M., daß der Täter den Erfolg objektiv v e r u r s a c h t hatte, während Verschulden insoweit nicht erforderlich war (vgl. 35. Aufl. Anm. 1 zu § 226). Im Anschluß an § 21 Entw. 1927 fordert § 56 zum mindesten Fahrlässigkeit. Selbstverständlich ist auch der vorsätzl. herbeigeführte Erfolg, soweit dadurch nicht schon der Tatbestand eines schwereren Delikts erfüllt wird, ebenso zu vertreten wie ein als möglich vorhersehbarer („wenigstens Fahrlässigkeit"). Beispiel: bedingt vorsätzlich begangene schwere Körperverletzung (§ 224), die nicht unter § 225 fällt, da dort bedingter Vorsatz nicht genügt. Auch der Teilnehmer haftet für den ungewollten Erfolg der vorsätzlichen Haupttat nur, wenn dieser auch für ihn voraussehbar war (teilweise a. M. Ziege NJW. 54, 179). § 56 ist unanwendbar, wenn die Tat überhaupt nur beim Eintritt eines besonderen Erfolges strafbar ist (z. B. in § 227 Abs. 1 und in § 326, soweit es sich um die Verursachung eines Schadens — nicht des Todes — handelt), denn in diesen Fällen kommt nicht die Verhängung einer höheren Strafe, sondern die Möglichkeit einer Bestrafung überhaupt in Betracht. Der besondere Erfolg ist dort —• nicht anders als etwa in §§ 143, 330a — objektive Bedingung der Strafbarkeit. Zu §§ 57, 58: 1) §§ 55 bis 57 a.F. sind durch das Jugendgerichtsgesetz 1923 aufgehobenVgl. jetzt JGG. 1953 (unter C II 3). § 58 a.F. ist jetzt § 55; § 56 ist neu eingefügt. Z u § 59: 1) Die Schuldformen des geltenden Rechts sind V o r s a t z und F a h r l ä s s i g k e i t la. V o r s ä t z l i c h handelt, wer den Tatbestand der strafbaren Handlung mit Wissen und Willen verwirklicht. Der Täter muß sich also die den Tatbestand erfüllenden Folgen und anderen Umstände seiner Tat nicht nur vorstellen, sondern auch den Willen haben, unter diesen Umständen den zum Tatbestand gehörigen Erfolg herbeizuführen. Dazu gehört, daß der Täter die nach Gegenstand, Zeit und Ort bestimmte Zuwiderhandlung wenigstens mit allen wesentlichen Beziehungen, wenn auch nicht mit allen Einzelheiten der Ausführung in seinen Willen und Vorstellung aufgenommen hat; unerhebliche Abweichungen von dem vorausgesetzten Tatverlauf hindern die Zurechnung zum Vorsatz nicht. E. 70, 258. Vorsätzlich handelt auch, wer mit bedingtem V o r s a t z handelt. Bedingter Vorsatz besteht darin, daß der Täter sich den Erfolg nicht als sichere oder notwendige, sondern nur als mögliche Folge seines Tuns vorstellt, die Möglichkeit aber bewußt in Kauf nimmt und so den Erfolg für den Fall seines Eintritts innerlich billigt. E. 72, 43. Bedingt ist hier also nur die Zurechnung des Erfolgs durch seinen Eintritt; der Wille zum Handeln dagegen darf nicht bedingt sein (vgl. Anm. 1 Abs. 2 zu § 43). b) Der Vorsatz ist nach § 59 Abs. 1 ausgeschlossen bei Unkenntnis von „Tatumständen, welche zum gesetzl. Tatbestand gehören oder die Strafbarkeit erhöhen", also von Tatbestandsmerkmalen (sog. Tatbestands- oder Sachverhaltsirrtum). Bei unverschuldeter Unkenntnis tritt, weil es am Verschulden fehlt, Straflosigkeit ein, während verschuldete Unkenntnis zur Bestrafung wegen Fahrlässigkeit führt, aber nur da, wo das Gesetz auch die fahrlässige Begehung unter Strafe gestellt hat (Abs. 2). Nicht geregelt ist in § 59 die Bedeutung des Irrtums über die Rechtswidrigkeit, über das Verbotensein der tatbestandsmäßigen Handlung (sog. Verbotsirrtum). Nach der von jeher bestrittenen Rechtspr. des RG. (vgl. z. B. E. 58, 249; 62, 296) war zwischen Tat- und Rechtsirrtum zu unterscheiden. Unter Tatirrtum verstand es den Irrtum über diejenigen Tatumstände des gesetzl. Tatbestandes, die „tatsächlicher" Natur sind einschl. der rechtfertigenden (der sog. negativen) Tatumstände (z. B. irrtümliche Annahme einer Notwehrlage, s. Anm. 11 zu § 53), unter Rechtsirrtum jeden Irrtum über Rechtssätze und -begriffe. Bei dem Rechtsirrtum unterschied es zwischen Strafrechtsirrtum — Irrtum über das im Strafgesetz enthaltene Verbot, irrige Annahme einer nicht bestehenden rechtfertigenden Norm und Irrtum über die r e c h t l i c h e n Grenzen eines im Strafrecht ge-

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A 2. Strafgesetzbuch. § 59

regelten Rechtfertigungsgrundes — und a u ß e r s t r a f r e c h t l . Irrtum, d. h. dem Irrtum über diejenigen gesetzl. Tatbestandsmerkmale, die in Rechtsbeziehungen und Rechtsverhältnissen des außerstrafrechtlichen Gebiets (z. B. des Zivil-, Staats- oder Verwaltungsrechts) bestehen, ferner dem Irrtum über die rechtl. Grenzen eines außerhalb des Strafrechts geregelten Rechtfertigungsgrundes und Irrtum über Blankettstrafgesetze ausfüllende Normen (Übersicht über die Rechtspr. im einzelnen in der 35. Aufl. Anm. 4 zu § 59). Den außerstrafrechtl. Irrtum stellte das R G . dem Tatsachenirrtum i. S. des § 59 gleich, den Strafrechtsirrtum erklärte es für unbeachtlich. Das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit war danach für die Bestrafung wegen vorsätzl. T a t entbehrlich, ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit bedeutungslos. Eine Prüfung des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit erübrigte sich daher; nur wo das Erfordernis der Rechtswidrigkeit ausdrückl. in den gesetzl. Tatbestand aufgenommen ist, mußte nach der Rechtspr. des R G . dem Täter das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit nachgewiesen werden. E . 73, 278 (doch war der Irrtum auch hier nur in dem gleichen Umfang wie bei anderen Tatbestandsmerkmalen erheblich). Den Strafrechtsirrtum für unbeachtlich zu erklären, ließ sich innerlich nur rechtfertigen, soweit und solange die Erwartung begründet war, daß jedermann die dem Strafgesetz zugrunde liegende Norm kenne oder doch kennen müsse. Diese Erwartung jedenfalls entfiel, als die in politischer und sozialer Beziehung verhältnismäßig ausgeglichenen Zeiten der 2. Hälfte des 19. Jahrh. im 20. Jahrh. durch Zeiten mit raschem und tiefeingreifendem Wechsel der politischen und sozialen Verhältnisse abgelöst wurden, vor allem aber, als im Lauf der letzten Jahrzehnte die Gesetzgebung ein Lebensgebiet nach dem anderen ordnend ergriff und die Zahl der in den strafrechtlichen Nebengesetzen aufgestellten Straftatbestände die der eigentlichen Kriminaltatbestände überstieg. Nachdem schon sämtliche StGB.-Entwürfe seit 1911 eine von der Rechtspr. des R G . abweichende Regelung der Behandlung des Rechtsirrtums vorgeschlagen und auf Teilgebieten (§ 395 RAbgO., § 71 Abs. 2 Devisenges. 1938, § 31 W i S t G . 1949) der Gesetzgeber die Reformvorschläge in wechselnder Ausgestaltung verwirklicht hatte, hat neuestens § 12 O W i G . — A 4 — für das Gebiet der Ordnungswidrigkeiten eine allgemeine Regelung des Verbotsirrtums gebracht. Ein durchgreifender Grund, den Verbotsirrtum auf dem Gebiet des Kriminalunrechts anders zu behandeln als auf dem des Ordnungsunrechts besteht schon deshalb nicht, weil heute noch in weitestem Umfang Tatbestände, die nach ihrem Wesensgehalt dem Ordnungsunrecht zuzuordnen wären, wegen der Androhung von Übertretungs- und geringen Vergehensstrafen zum Kriminalunrecht gehören. Nachdem bereits nach 1945 eine Reihe von OLGen (s. aus neuerer Zeit etwa OLGe Tübingen DRZ. 50, 211, Oldenburg S J Z . 50, 843, Stuttgart M D R . 50, 689; Frankfurt v. 14. 2. 51 — Ss 351/50 — ; weitere Ubersicht in der 35. Aufl. Anm. 1 zu § 59) in Übereinstimmung mit der im Schrifttum von jeher überwiegend vertretenen Auffassung dem R G . die Gefolgschaft versagt hatten, hat der Gr. Sen. f. Strafsachen des B G H . in dem Beschluß v. 18. 3. 1952 (BGH St. 2, 194) die Folgerungen aus der gesetzvertretenen Auffassung dem R G. die Gefolgschaft versorgt hatten, hat der Gr. Sen. f. Strafsachen des B G H . in dem Beschluß v. 18. 3. 1952 ( B G H S t . 2, 194) die Folgerungen aus der gesetzgeberischen Behandlung des Verbotsirrtums in § 12 OWiG. in der Weise gezogen, daß er — mit einer noch darzustellenden Ausnahme, s.u. zue) — dieser Regelung auch allgemein auf dem Gebiet des Kriminalstrafrechts maßgebliche Bedeutung beimaß. Und zwar hat sich der B G H . — entgegen der sog. V o r s a t z t h e o r i e (vgl. z. B . Mezger N J W . 53, 2), nach der das Bewußtsein der Unrechtmäßigkeit der T a t oder wenigstens das Bewußtsein der Möglichkeit der Unrechtmäßigkeit zum Vorsatz gehört — auf den Boden der sog. S c h u l d t h e o r i e (vgl. insbes. Welzels finale Handlungslehre) gestellt. Danach ist das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit, soweit letztere nicht ausnahmsweise besonderes Tatbestandsmerkmal, sondern allgemeines Verbrechensmerkmal ist, ein vom Vorsatz getrenntes selbständiges Element der zur Bestrafung erforderlichen strafrechtlichen S c h u l d . Vorsätzlich handelt, wer mit Wissen und Willen die Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht; wegen vorsätzlicher Begehung bestraft wird aber nur, wer entweder das Unrecht (die Vorwerfbarkeit) dieser Tatbestandsverwirklichung kennt oder bei der ihm zuzumutenden Sorgfalt und Gewissensanspannung hätte erkennen können. Wer also das Unrecht nicht erkennt, aber hätte erkennen können, wird wegen vorsätzlicher Begehung bestraft; doch kann die Strafe gemildert werden (s. unten zu e). Nur wenn der Verbotsirrtum unverschuldet war, bleibt der Täter straflos. Dieser allgemeine Grundgedanke, der auch im Schriftum überwiegend und mit Recht Zustimmung gefunden hat (kritisch dagegen z. B . Bindokat J Z . 53, 71), ist im Verlauf der seit dem Beschluß des GrSen. verstrichenen, verhältnismäßig kurzen Zeit bei seiner praktischen Durchführung in Einzelfällen ausgestaltet worden. Mancher Zweifel ist dabei zutage getreten. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. c) Der Vorsatz muß sich auf alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes beziehen, gleichviel ob diese rein tatsächlicher Natur sind oder Rechtsbeziehungen und -Verhältnisse zum Gegenstand haben, wie z. B . die Fremdheit der Sache beim Diebstahl, die Zuständigkeit der

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Behörde bei Meineid oder falscher eidesstattl. Versicherung (vgl. Anm. 3 zu § 154) oder die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils bei Betrug oder Erpressung (vgl. Anm. 9 zu § 253). Und zwar gehört bei diesen letzteren (normativen) Tatbestandsmerkmalen zur Kenntnis des Täters nicht eine förmliche rechtlich richtige Subsumtion, deren er in der Regel gar nicht fähig ist, sondern nur eine „Parallelwertung in der Laiensphäre" des Täters (BGH. N J W . 53, 113), eine Erfassung „des Bedeutungssinns des Tatumstands im sozialen Leben" (BGH. N J W . 53, 1681). Die irrige Annahme, einer dieser Tatumstände liege nicht vor, ist Tatbestandsirrtum und nach § 59 zu beurteilen. Welzel N J W . 53, 486. Denn der Täter hält hier sein Tun für erlaubt, weil er nicht weiß, was er t u t . Hier erhebt sich aber die schwierige und bestrittene Frage, wie die Grenze zwischen einem Sachverhaltsirrtum über ein durch rechtliche Wertung bestimmtes Tatbestandsmerkmal und einem Verbotsirrtum infolge Verkennens der Verbotsnorm (s. unten zu d) zu ziehen ist. Die Rechtspr. ist uneinheitlich: Der Irrtum über den Begriff „Beiseiteschaffen" in § 348 ist nach B G H S t . 3, 90 Sachverhaltsirrtum; dagegen wird der Irrtum über den Begriff „Dieselbe Rechtssache" in § 356 als Verbotsirrtum angesehen (s. Anm. 5 zu § 356) und als ausreichend für die vorsätzl. Verwirklichung des Begriffs „Amtshandlung" in § 331 nimmt BGH. N J W . 52, 1222 die Kenntnis der Tatumstände an, die die Handlung zur Amtshandlung machen. d) Ein V e r b o t s i r r t u m liegt vor, wenn der Täter sein Tun, obwohl er weiß, was er t u t , irrigerweise für erlaubt hält: 1. weil er die Tat infolge Unkenntnis oder Verkennung der Verbotsnorm für schlechthin erlaubt hält, oder 2. zwar das Verbot kennt, aber glaubt, es sei in seinem Falle durch eine Gegennorm gerechtfertigt, wobei der Irrtum entweder darin bestehen kann, daß er das Vorhandensein einer solchen Gegennorm irrig annimmt oder ihre rechtlichen Grenzen verkennt. Über die Zurechnung zum Sachverhaltsirrtum oder zum Verbotsirrtum im einzelnen gilt folgendes: In der Regel wird das allgemeine Verbrechensmerkmal der R e c h t s w i d r i g k e i t in der Verbotsnorm nicht erwähnt. In einzelnen Vorschriften wird aber die Rechtswidrigkeit im Tatbestand hervorgehoben. Geschieht dies, um ein einzelnes Tatbestandsmerkmal zu charakterisieren (wie z. B. bei dem rechtswidrigen Vermögensvorteil in § 263), so ist die Rechtswidrigkeit besonderes Tatbestandsmerkmal, auf das sich der Vorsatz erstrecken muß; ein Irrtum darüber ist Sachverhaltsirrtum. BGHSt. 3, 101, 123; a. M. Härtung N J W . 53, 553 (Verbotsirrtum). Wo aber das Gesetz allgemein eine rechtswidrige Tatbestandsverwirklichung fordert (vgl. z. B. §§ 239, 240, 253, 303), ist damit nicht ein besonderes Tatbestandsmerkmal aufgestellt, sondern lediglich auf das allgemeine Verbrechensmerkmal der Rechtswidrigkeit hingewiesen, sei es, daß stilistische Gründe die Hervorhebung empfahlen, sei es, daß dem Gesetzgeber ein Hinweis an den Richter angemessen schien, daß der Prüfung der Rechtswidrigkeit wegen der naheliegenden Möglichkeit von Rechtfertigungsgründen besondere Aufmerksamekit zuzuwenden sei; hier ist ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit nur unter dem Gesichtspunkt des Verbotsirrtums beachtlich. Die „Pflichtwidrigkeit" in § 356 Abs. 1 ist Tatbestandsmerkmal, nicht allgemeines Verbrechensmerkmal (vgl. dort Anm. 5). Bei den u n e c h t e n U n t e r l a s s u n g s d e l i k t e n (vgl. Anm. l a zu § 47) gehört zum Tatbestand, daß der Täter durch Nichterfüllung einer Pflicht zum Handeln den Erfolg herbeiführt. Die Pflicht zum Handeln ist also Tatbestandsmerkmal, ein Irrtum über das Bestehen der Pflicht daher kein Verbots-, sondern Sachverhaltsirrtum. BGHSt. 3, 89; Mezger N J W . 53, 5. Beim Irrtum über n e g a t i v e T a t u m s t ä n d e — irrtüml. Annahme eines die Tatbestandsverwirklichung rechtfertigenden Gegengrundes — ließ BGHSt. 2, 211 noch offen, ob er Sachverhalts- oder Verbotsirrtum sei. Mit der inzwischen wohl einhellig gewordenen Rechtspr. ist zu unterscheiden: Der Irrtum ist Sachverhaltsirrtum, wenn er sich auf die t a t s ä c h l i c h e n Grundlagen des Rechtfertigungsgrundes bezieht, denn dieser Irrtum hindert den Täter, die Gefahr eines Rechtsverstoßes überhaupt zu erkennen, so daß ihm, entsprechend dem Grundgedanken des § 59, nicht die wirkliche, sondern zu seinen Gunsten die irrig angenommene Sachlage zuzurechnen ist. Dagegen ist ein Irrtum über die r e c h t l i c h e n Voraussetzungen und Grenzen des Rechtfertigungsgrundes Verbotsirrtum. B G H S t . 3, 196 (betr. Irrtum über das Maß der erforderlichen Verteidigung infolge Verkennung der Nachhaltigkeit und Stärke des Angriffs); 3, 105 (betr. Irrtum über das Züchtigungsrecht); 3, 271 (betr. Irrtum über die Gültigkeit einer obrigkeitlichen Anordnung); Mezger N J W . 53, 6; a. M. Härtung N J W . 51, 209 u. Niese DRiZ. 53, 20 (stets Verbotsirrtum). An der bisherigen Rechtspr., daß die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung in § 113 eine obj. Bedingung der Strafbarkeit, ein Irrtum darüber also bedeutungslos und nicht als Verbotsirrtum zu behandeln ist, hat BGH. N J W . 53, 1032 mit gutem Grunde festgehalten (vgl. Anm. 3 II zu § 113). e) Neben dem Tatvorsatz muß der Täter das Bewußtsein haben oder haben können, mit der Tatbestandsverwirklichung U n r e c h t zu tun. Kenntnis oder Kennenmüssen der S t r a f b a r k e i t ist heute so wenig wie nach der Rechtspr. des RG. erforderlich. BGHSt. 2, 202. Andererseits genügt es für das Unrechtsbewußtsein noch nicht, daß der Täter sich bewußt ist, sein Tun sei sittlich verwerflich. BGH. a.a.O. Auf den Verstoß gegen das Sittengesetz

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abzustellen, würde, wie schon in der Begr. zu § 20 StGB.-Entw. 1927 dargelegt ist, zu einer Verwischung der Grenzen zwischen Recht und Moral führen, wobei hinzu käme, daß die Auffassungen darüber, was unmoralisch ist, vielfach schwankend und verschieden sind. Unrecht ist vielmehr weniger weit als unerlaubt i. S. des § 51 (vgl. dort Anm. 6) und bedeutet: dem Sinn und Zweck der Rechtsordnung widersprechend, wobei jeder Widerspruch mit der Rechtsordnung genügt, gleichviel, ob es sich um gesetztes oder nicht gesetztes und ob es sich um öffentliches Recht oder um einen anderen Rechtszweig handelt (vgl. die angeführte Begr. des S t G B . - E n t w . 1927 zum Begriff „Unrechtmäßig"). Wer die Vorstellung hat, möglicherweise Unrecht zu tun und diese Möglichkeit in seinen Willen aufnimmt, hat das Unrechtsbewußtsein. B G H . J R . 52, 285. Auch bei Kenntnis der Verbotsnorm kann ein Verbotsirrtum in Betracht kommen, z. B . weil der Täter sie wegen eines Widerspruchs mit dem GG. für ungültig hält; doch muß und wird in solchen Fällen der Täter im allgemeinen damit rechnen, daß er mit dieser Auffassung nicht durchdringt, seine T a t also möglicherweise eine Zuwiderhandlung ist und wird diese Möglichkeit in seinen Willen aufnehmen. B G H . N J W . 53, 431. Das Unrechtsbewußtsein ist bei einer Tat, die mehrere Rechtsgüter verletzt, jedenfalls dann u n t e i l b a r , wenn die verletzten Rechtsgüter eine gewisse innere Verwandtschaft aufweisen, und zwar schon deshalb, weil zu ihr nicht die Vorstellung •gehört, in welcher Weise die Rechtsordnung das durch die Tat begangene Unrecht ahndet. So hat z. B . der Stiefvater, der während Bestehens der Ehe mit der Stieftochter Blutschande (§ 173 Abs. 2 Satz 2) begeht, auch bzgl. der Blutschande, die sich gegen die Reinerhaltung des Familienlebens richtet, und eines etwa tateinheitlich damit zusammentreffenden Verbrechens nach § 174 Nr. 1, das den Mißbrauch des durch die Stellung des Täters in der Familie begründeten Obhutsverhältnisses zum Strafgrund hat, das Unrechtsbewußtsein, weil er weiß, daß er mit dem Ehebruch Unrecht begeht. B G H S t . 3, 342. Anders liegt es bei dem zeitlichen Zusammentreffen innerlich beziehungsloser Gesetzesverletzungen, z. B . wenn jemand unter Verletzung gewerberechtl. Vorschriften am Sonntag Ware verkauft und dabei die lebensmittelrechtl. Vorschriften über die Kennzeichnung der Waren verletzt; das Bewußtsein, durch den Verkauf am Sonntag Unrecht zu tun, begründet noch nicht den Vorwurf des Unrechtsbewußtseins bzgl. des Verstoßes gegen die KennzeichnungsVO. Warda N J W . 53,1052. Mangelndes Bewußtsein des Unrechts steht dem Unrechtsbewußtsein gleich, wenn, mit den Worten von B G H S t . 2, 201, 209, der Täter es „bei gehöriger Anspannung des Gewissens" hätte haben können. Bei der Gewissensanspannung ist nicht, wie die Ausführungen des B G H . gelegentlich mißverstanden worden sind, an das Gewissen im engeren Sinn (das sittliche Gewissen) zu denken, so daß eine Gewissensanspannung bei ethisch indifferenten Zuwiderhandlungen nicht in Betracht käme. Anspannung des (rechtlichen) Gewissens bedeutet vielmehr, daß der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte und alle seine sittlichen Wertvorstellungen einzusetzen hat. B G H . N J W . 53, 431. Bei Tatbeständen, die nicht zu den ethisch fundierten gehören, sondern formale Ordnungsvorschriften aus Zweckmäßigkeitsgründen darstellen, liegt der Nachdruck der Gewissensanspannung mehr nach der Seite der Erkundigungspflicht. Das Maß der Gewissensanspannung, das der Richter verlangen darf, richtet sich nach den Umständen des einzelnen Falles und dem Lebens- und Berufskreis des einzelnen. B G H S t . 2, 201, 209. Grundsätzlich sind die Anforderungen an die Gewissensanspannung höher als an die Sorgfaltspflicht, die zur Vermeidung des Vorwurfs fahrlässiger Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist. B G H . N J W . 53, 1151. Besonders strenge Anforderungen sind bei einem Rechtskundigen zu stellen, da von ihm angenommen werden muß, daß er die Tragweite gesetzlicher Ge- und Verbote auf Grund seiner Vorbildung und Berufsausübung wenigstens in der Regel erkennen kann. B G H S t . 3, 105, 108; N J W . 53, 428. Andere Personen werden ihrer Erkundigungspflicht vielfach dadurch genügen, daß sie Auskünfte von Rechtskundigen oder anderen sachkundigen Stellen einholen. Wer aber im Gefühl der Bedenklichkeit seines Tuns nur darauf aus ist, durch eine Lücke des Strafgesetzes schlüpfen zu können, wird der ihm zumutbaren Gewissensanspannung nicht gerecht, wenn er lediglich eine Rechtsauskunft einholt, um sich darauf berufen zu können. B G H S t . 3, 101. Ein Fall des verschuldeten Verbotsirrtums ist die sog. R e c h t s b l i n d h e i t , bei der sich der Täter zur Begründung seines fehlenden Unrechtsbewußtseins auf eine Einstellung beruft, die im Gegensatz zu den Auffassungen und Wertmaßstäben der Rechtsgemeinschaft steht. Die Schuld des Überzeugungstäters liegt z. B . darin, daß er bewußt an die Stelle der Wertordnung der Rechtsgemeinschaft, in der er lebt, seine eigene oder die eines fremden Kulturkreises setzt und von dieser her im Einzelfall falsch wertet, während bei dem abgestumpften Gewohnheitsverbrecher der Verlust der Fähigkeit, durch Gewissensanspannung zur Unrechtserkenntnis zu gelangen, die Folge seiner strafbaren Lebensführung (Lebensführungsschuld) ist. B G H S t . 2, 208; N J W . 53, 431. — ü b e r Irrtumsfragen im S t e u e r strafrecht s. Welzel u. Glöggler N J W . 53, 486. Auch für den Verbotsirrtum gilt anerkanntermaßen, wie für den Sachverhaltsirrtum, der Grundsatz: in dubio pro reo. Härtung N J W . 53, 764.

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(2) Bei der Bestrafung fahrlässig begangener Handlungen gilt diese Bestimmung nur insoweit, als die Unkenntnis selbst nicht durch Fahrlässigkeit verschuldet ist. Bei verschuldetem Verbotsirrtum kann die Strafe der vorsätzlichen Begehung nach den für den Versuch geltenden Vorschriften (§ 44 Abs. 2, 3) gemildert werden. Diese Abweichung von § 12 0WiG. rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß nach dem System des Aufbaues der Strafrahmen allgemeine Milderungsgründe grundsätzlich nur zu einer Bestrafung im Strafrahmen des Versuchs führen (vgl. §§ 49, 49a, 51, 111 Abs. 2); B G H S t . 2, 210; a. M. Schwarz N J W . 52, 1081 (Milderung nach freiem Ermessen entsprechend § 12 OWiG., § 26a WiStG.). f) U n z u m u t b a r k e i t ist — anders als bei der Fahrlässigkeit, vgl. unten 2) — bei vorsätzlicher Tatbestandsverwirklichung grundsätzlich kein allgemeiner Schuldausschließungsgrund. BGH. N J W . 53, 513 (str.; s. die dortigen Schrifttumsnachweise); so entfällt z. B. die Strafbarkeit einer Steuerhinterziehung nicht, weil der Täter bei richtiger Angabe seines Einkommens strafb. Handl., auf denen es beruht, hätte offenlegen müssen. OLG. Frankfurt N J W . 53, 557. Doch hat die Rechtsprechung des RG. bei Unterlassungsdelikten die Unzumutbarkeit der Schädigung eigener billigenswerter Interessen als Schuldausschließungsgrund anerkannt (Nachweise bei Schönke Vorbem. VII 2). 2. F a h r l ä s s i g k e i t . Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist und infolgedessen den eingetretenen Erfolg nicht vorausgesehen hat, obwohl er ihn voraussehen konnte. Man unterscheidet: 1. bewußte Fahrlässigkeit: der Täter hält den Eintritt des Erfolges für möglich, vertraut jedoch mit mangelnder Sorgfalt darauf, daß er nicht eintritt. E. 56, 349 ; 58, 134; 2. unbewußte Fahrlässigkeit: der Mangel an Sorgfalt besteht darin, daß der Täter die Möglichkeit, den strafbaren Erfolg herbeizuführen, überhaupt nicht in Betracht gezogen hat. E. 67, 18. Die Voraussehbarkeit wird nicht schon immer dann ausgeschlossen, wenn der unvorsichtig handelnde Täter nicht alle Einzelheiten des tatsächlichen Ursachenverlaufs in den Kreis seiner Vorstellungen aufnehmen konnte, falls nur ganz allgemein ein Erfolg wie der eingetretene voraussehbar war. RG. D J . 39, 522; sie entfällt aber, wenn der tatsächl. Ablauf so sehr außerhalb aller Lebenserfahrung liegt, daß der Täter nicht mit ihm zu rechnen brauchte. BGH. N J W . 52, 1184. Trotz Voraussehbarkeit des Erfolges entfällt der Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit, wenn die Ergreifung der notwendigen Maßregeln zur Abwendung des Erfolges dem Täter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zuzumuten war, z. B. wenn ein Vater aus sittlich zu billigenden Gründen sich nicht entschließen kann, sein krankes Kind rechtzeitig ins Krankenhaus zu bringen und es infolgedessen — voraussehbar — verstirbt. E. 36, 81, oder wenn die genaue Beobachtung der nötigen Vorsichtsmaßregeln dem Pflichtigen die rechtzeitige Erfüllung seiner Obliegenheiten so erschweren würde, daß ihm wegen nicht gehöriger Ausführung der ihm erteilten Weisungen Entlassung und damit der Verlust von Arbeit und Brot droht. E. 30, 25 (Leinenfängerfall); 74, 96; OLG. Hamm H E S t . 2, 284. Einzelheiten Anm. 2 zu § 222. Der Grad der Fahrl. ist in der Regel nur für die Strafzumessung von Bedeutung. Ausnahmsweise fordert das Gesetz g r o b e Fahrlässigkeit (so z.B. § 3 Abs. 2 des Ges. über Personalausweise v. 19. 12. 1950, BGBl. I S. 807); diese wird in anderen Vorschriften als Leichtfertigkeit bezeichnet (so z. B. §§ 138 Abs. 3, 164 Abs. 5). 3. V e r b r e c h e n sind nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar. Auch bei V e r g e h e n wird im allgemeinen nur bei vorsätzlicher Begehung bestraft, soweit nicht Fahrlässigkeit ausdrücklich unter Strafe gestellt oder ihre Strafbarkeit aus Zusammenhang oder — wie insbes. bei sog. Polizeistraftaten — Sinn und Zweck der Vorschrift zu entnehmen ist. RG. DR. 40, 29; OLG. Gera N J . 47, 136. Dagegen ist bei Ü b e r t r e t u n g e n , sofern das Gesetz über die erforderliche Schuldform schweigt, stets nach Natur und Zweck zu prüfen, ob auch bei Fahrlässigkeit nach dem Willen des Gesetzgebers bestraft werden soll. E. 48, 321 (vgl. dazu Vorbem. 4 vor § 1 OWiG. — A 4 — ) . 4. I r r t u m i m G e g e n s t a n d (error in objecto) liegt vor bei einer Verwechslung desAngriffsr gegenständes. Sind diese rechtlich gleichwertig (Beispiel: A will B töten, tötet aberden C, den ein der Dunkelheit für B hält), so ist der Irrtum bedeutungslos. E. 18, 338; 19, 179. 5. F e h l g e h e n d e r T a t (aberratio ictus) liegt vor, wenn ohne Verwechslung des Angriffsgegenstandes und vom Täter nicht gewollt die Tat an einem anderen als dem in Aussicht genommenen Angriffsgegenstand sich auswirkt (Beispiel: A will B töten, schießt aber daneben und trifft C tötlich). Hier liegt nur versuchte vorsätzliche Tötung des B vor, gegebenenfalls in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung des C. E. 58, 28 (str.). 6. Auch der m i t t e l b a r e Täter muß die T a t nach allen für den Tatbestand wesentlichen Merkmalen erfassen; er muß nicht alle Einzelheiten der Ausführung kennen, aber eine Vorstellung von den besonderen Umständen haben, die der Tat ihr strafrechtlich bedeutsames Gepräge geben. E. 69, 285.

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A 2.

Strafgesetzbuch. § 60

§ 60*). [Anrechnung d e r U n t e r s u c h u n g s h a f t ] Eine erlittene Untersuchungshaft 1 ) oder einstweilige Unterbringung 2 ) kann 3 ) Fällung des Urteils auf die erkannte Strafe 5 ) ganz oder teilweise angerechnet werden 6 ). bei 4 )

Zu § 6 0 : *) Schrifttum: Niederreuther D J . 40, 611; Ackermann N J W . 50, 367. 1) Der Begriff der Untersuchungshaft deckt sich nicht mit dem der §§ 112ff. StPO., sondern umfaßt jede Freiheitsentziehung durch eine Behörde zum Zweck der Sicherung und Durchführung der Strafverfolgung einschließlich einer Unterbringung nach § 81 StPO. B G H . N J W . 53, 1679 und der während der Dauer eines Auslieferungsverfahrens im Ausland erlittenen Sicherungshaft. E . 38, 182; auch eine wegen der Tat von der Besatzungsmacht verhängte Internierungshaft. OLG. Hamm H E S t . 1, 256; OGH. BZ. N J W . 49, 189 u. DRZ. 49, 139; OLG. Hessen (Kassel) S J Z . 49, 423 (nach OLG. Freiburg DRZ. 48, 260 aber nicht ohne deren Einverständnis). Einzelheiten über die Berechnung der Strafzeit in § 23 StrVollstrO. (unter D 3). Grundsätzlich ist nur die im Zeitpunkt der Urteilsfällung bereits erlittene, nicht die noch zu erleidende Untersuchungshaft anzurechnen. J R . 27 Nr. 2057; H R R . 32 Nr. 692; war jedoch der Angeklagte vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden, so kann auch die zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils liegende Untersuchungshaft angerechnet werden. LG. München D J . 39, 925. Auch ein Bruchteil eines Tages kann als erlittene Untersuchungshaft angerechnet werden. E . 41, 318. Bleibt nach Anrechnung der Untersuchungshaft Zuchthausstrafe unter einem J a h r übrig, so findet eine Umrechnung in Gefängnis nicht statt, Politische Sühr.emaßnahmen (Arbeitslager) sind nicht anrechenbar. OLG. Frankfurt N J W . 49, 678; BayObLG. J Z . 51,25. Wird irrtümlich eine längere Untersuchungshaft als tatsächlich erlitten angerechnet, so ist dies für den überschießenden Teil wirkungslos. E . 59, 411. Untersuchungshaft ist keine vorweggenommene Strafhaft. R G . D R . 41, 2177. § 21 S t G B , findet auf Untersuchungshaft keine Anwendung. E . 77, 178; so auch (für die Strafberechnung) § 25 Abs. 2 StrVollstrO. (D 3). Die Anrechnung erfolgt vielmehr nach freiem Ermessen, doch kann eine längere Freiheitsstrafe nicht durch eine kürzere Untersuchungshaft für verbüßt erklärt werden. E. 59, 412. Vermögensnachteile, die der Besch, im Gefolge der Sicherung einer Untersuchungshaft erlitten hat, können nicht angerechnet werden. DStZ. 17 Nr. 15. 2) Vgl. § 126a StPO. 3) Für die Ausübung des pflichtmäßigen Ermessens sind die allgemeinen Grundsätze über die Strafzumessung maßgebend. Unzulässig ist es, s c h e m a t i s c h dem Geständigen nur wegen des Geständnisses die UH. anzurechnen, dem Leugnenden nur wegen seines Leugnens die Anrechnung zu versagen, weil dies im Ergebnis als unzulässiger Druck auf den Angekl. (§ 136a StPO.) wirken könnte: Vielmehr können Geständnis und Leugnen nur als Indiz für das Maß der persönl. Schuld und der Gefährlichkeit berücksichtigt werden. B G H S t . 1, 105. Grundlose Einlegung von Rechtsmitteln kann danach die Ablehnung der Anrechnung rechtfertigen. R G . J W . 38, 29, ebenso grundloses, das Verfahren verzögendes Leugnen. Kann durch Abstreiten des i n n e r e n Tatbestandes das Verfahren nicht verzögert werden, so besteht kein Anlaß zur Nichtanrechnung. R G . D R . 43, 234. Ein Antrag auf Anrechung der Untersuchungshaft muß im Urteil in irgendeiner Form (nicht notwendig ausdrücklich in den Urteilsgründen) beschieden werden; das Schweigen des Urteils deutet darauf hin, daß das Gericht versehentlich die Anrechnung zu erwägen unterlassen hat, worin eine Verletzung des § 60 liegt. R G . D J . 39, 1665. Selbst wenn kein Antrag gestellt ist, muß das Urteil erkennen lassen, daß die Anrechnung erwogen worden ist und das Gericht seine Anrechnungsbefugnis beachtet hat; daher bedeutet Nichterörterung der Anrechnung einen Verstoß gegen § 60. Allg. M.; vgl. z. B. OGH. BZ. N J W . 49, 189; B G H . N J W . 53, 232 Nr. 22. Anders nur bei einer sehr kurzen UH., bei der anzunehmen ist, daß das Gericht die Ablehnung der Anrechnung nicht für erwähnenswert hielt. OLG. München N J W . 51, 85. 4) Nach der Verkündung des Urteils kann durch eine Nachtragsentscheidung die Untersuchungshaft nicht mehr angerechnet werden. E . 71, 141. Anrechnung kann nicht nur durch den Tatrichter, sondern für die nach dem angefochtenen Urteil erlittene Untersuchungshaft auch durch das Rev.-Gericht erfolgen. Allg. M.; vgl. z. B. B G H . J Z . 51, 151; OLGe Kiel N J W . 48, 390; Hamburg MDR. 49, 238; Frankfurt H E S t . 2, 194; BayObLG. N J W . 50, 116. Erfolgt die Entscheidung über die Rev. durch Beschluß (vgl. § 349 Abs. 2 StPO.), so kann auch die Anrechnung der Untersuchungshaft durch Beschluß geschehen. OLG. Kiel a.a.O. S. noch § 450 StPO. 5) Anrechnung ist nur möglich auf zeitige Freiheitsstrafen (also nicht auf lebenslange Zuchthausstrafe. OGHSt. 2, 173), auf eine Geldstrafe und auf den Wertersatz nach § 401 RAbgO.

1. Teil. 4. Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. § 61

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§ 61 x ). [Strafantragsfrist] Eine Handlung, deren Verfolgung nur auf Antrag 2 ) eintritt ist nicht zu verfolgen, wenn der zum Antrag Berechtigte 3 ) es unterläßt, den Antrag binnen E. 68, 37, dagegen nicht auf Nebenstrafen und Nebenfolgen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe kann durch eine kürzere Untersuchungshaft nicht für völlig verbüßt erklärt werden. E. 54, 24. Ist die erkannte Geldstrafe durch die Untersuchungshaft für verbüßt erklärt, so muß gleichwohl eine Ersatzstrafe ausgesprochen werden, die ebenfalls durch die Anrechnung der Untersuchungshaft getilgt wird. (RG. D J . 37, 819 unter Aufgabe der früheren Rechtspr. E. 68, 1) ; zum mindesten muß sich die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe aus den Urteilsgründen ergeben. OLG. Tübingen MDR. 49, 121. Wird gleichzeitig auf Geld- neben Freiheitsstrafe erkannt, so steht es im Ermessen des Gerichts, auf welche Strafart es die U.-Haft anrechnen will. OLG. Tübingen MDR. 49, 121. Sind mehrere Personen als Gesamtschuldner zu Wertersatz verurteilt, so wirkt die Anrechnung auf die Untersuchungshaft bei einem von ihnen nicht zugunsten der übrigen. E. 68, 37. Wegen der Anrechnung von U.-H. auf Jugendarrest und Jugendstrafe vgl. § 52 JGG. 6) Wenn mehrere strafbare Handlungen vorliegen, so setzt eine Anrechnung der Untersuchungshaft voraus, daß diese Gegenstand d e r s e l b e n Untersuchung gewesen sind; dagegen ist für die Zulässigkeit der Anrechnung ohne Bedeutung, ob die Untersuchungshaft wegen einer oder aller verhängt war und ob die Strafe gerade wegen der Tat verhängt wird, die nach dem Inhalt des Haftbefehls zur Anordnung der Untersuchungshaft geführt hat. E. 71, 140. Die Anrechnung ist unzulässig, wenn die Haft bereits beendet war, b e v o r die jetzt zur Aburteilung stehende Tat begangen war. E. 71, 143. Laufen dagegen mehrere selbständige UntersVerf., so kann das Gericht jeweils nur die Untersuchungshaft anrechnen, die der A in dem Verf., in dem das Urteil ergeht, erlitten hat, und zwar auch dann, wenn gemäß § 79 eine Gesamtstrafe gebildet wird. Die Notierung von Überhaft in anderer Sache bewirkt nicht, daß der Besch, auch in dem anderen Verf. Untersuchungshaft erleidet. RG. D J . 39, 661 (unter Aufgabe von J W . 39, 31 Nr. 5). Im Falle einer Gesamtstrafe ist auf diese die Untersuchungshaft, nicht auf die Einzelstrafen, anzurechnen. E. 66, 351. Zu § 61: 1) Neben dem Strafantrag des Verletzten kennt die Gesetzgebung die Möglichkeit, die Durchführung eines Strafverfahrens davon abhängig zu machen, daß eine Behörde oder Stelle die Anordnung (§ 353b Abs. 4 Satz 2, § 353c Abs. 6), die Zustimmung (§ 353b Abs. 4 Satz 1) oder die Ermächtigung (§§ 95 Abs. 4, 97 Abs. 2, 100c Abs. 2, 197, 353aAbs. 2) dazu erteilt. Dadurch soll den betr. Behörden und Stellen, die den besten Überblick über die Notwendigkeit gerichtlicher Ahndung haben, ermöglicht werden, die Fälle, in denen das öffentliche Interesse eine gerichtliche Strafverfolgung verlangt, von denjenigen abzugrenzen, die leichter liegen und bei denen sich eine öffentliche Sühne erübrigt. Dieses Einwirkungsrecht unterliegt nicht den §§ 61 ff., insbesondere ist es nicht an die Frist des § 61 gebunden. E. 75, 365; 76, 55 (vgl. dazu Anm. 9 zu § 95). Man unterscheidet a b s o l u t e und r e l a t i v e Antragsdelikte; letztere sind nicht schlechthin antragsbedürftig, sondern nur beim Vorliegen bestimmter Beziehungen, z. B. wenn Täter ein Angehöriger ist (s. §§ 247, 263 Abs. 5). 2) Der Antrag ist nach der neueren Rechtsprechung lediglich Verfahrensvoraussetzung, nicht auch zugleich Bestandteil des materiellen Rechts. RG. DR. 41, 2181. Sein Vorhandensein ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Er kann noch in der Rev.Instanz gestellt werden. E. 68, 124 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung, daß er spätestens im Berufungsverfahren gestellt werden müsse); BGHSt. 3, 74. In dem A n t r a g e braucht die Tat nur im allgemeinen bezeichnet zu werden, eine Bezeichnung der Person des Täters ist nicht notwendig, außer bei r e l a t i v e n Antragsdelikten. E. 25, 176. Maßgebend ist, welche Handlung oder Handlungen der Antragsteller erkennbar strafrechtlich verfolgt wissen will. E. 65, 358. Auch ein Antrag, der nicht die Bestrafung, sondern nur Unterbringung des als zurechnungsunfähig bezeichneten Täters in einer Heil- und Pflegeanstalt (§ 42b Abs. 1) bezweckt, ist wirksamer Strafantrag. E. 71, 321, ebenso die Erklärung des Verletzten, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen. OLG. Stuttgart DR. 39, 1148, aber nicht das Gesuch um Bewilligung des Armenrechts zwecks Erhebung der Privatklage. KG. Recht 33 Nr. 1350. Strafanzeige wegen eines Offizialdelikts kann Strafantrag sein, wenn sich daraus der Wille des Anzeigenden ergibt, daß die Tat nach allen rechtl. und sachl. Beziehungen strafrechtl. verfolgt werde; so kann z. B. die Anzeige wegen Notzuchtversuchs einen Strafantrag wegen tätl. Beleidigung enthalten. BGH. NJW. 51, 368. In dem an den Vorgesetzten gerichteten Ersuchen um Stellung des Antrags liegt kein eigener Antrag. RG. J W . 28, 806; wohl aber in der Bitte an den Vorges., die Angelegenheit der StA. zu übergeben. E. 67, 125. 5

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2.

Strafgesetzbuch. § 61

drei Monaten 4 ) zu stellen. Diese Frist beginnt mit dem Tage, seit welchem der zum Antrag Berechtigte von der Handlung und von der Person des Täters Kenntnis gehabt hat 5 ). Der gegen eine Firma gestellte Antrag genügt zur strafrechtlichen Verfolgung des Inhabers. R G . GA. 42, 38; D J Z . 07, 1148. Bei einer fortgesetzten Handlung begründet der Strafantrag die Verfolgbarkeit aller nachfolgenden Einzelhandlungen, wenn nur die fortgesetzte Handlung schon vor dem Strafantrag begonnen hatte. E . 38, 40. Eine fortgesetzte Handlung, deren Einzelakte zum Teil von Amtswegen, zum Teil nur auf Antrag verfolgbare Vergehen darstellen, ist in vollem Umfang von Amtswegen zu verfolgen. R G . J W . 37, 2698. Der Strafantrag ist (nach Streichung der §§ 63, 64 Abs. 2) sowohl persönlich wie sachlich b e s c h r ä n k b a r . Der Berechtigte kann also z. B. lediglich gegen den Anstifter oder einen von mehreren Mittätern Strafantrag stellen. Unterläßt er eine solche Beschränkung, so richtet sich der Antrag gegen alle Beteiligte, d. h. gegen alle, auf deren Mitwirkung der Erfolg zurückzuführen ist. E . 74, 188. Infolge der sachlichen Beschränkbarkeit kann der Antrag auf einen Teil von mehreren in einem Schriftstück enthaltenen, gegen die gleiche Person gerichteten Beleidigungen oder auf eine von mehreren selbständigen, wenn auch innerlich zusammenhängenden Handlungen. E . 74, 188, oder bei Tateinheit auf eine einzelne Gesetzesverletzung. OLG. Frankfurt N J W . 52, 1388, beschränkt werden. An B e d i n g u n g e n darf der Antrag nicht geknüpft werden. E . 74, 188. A u f l ö s e n d e Bedingungen sind unbeachtlich. E . 14, 96; a u f s c h i e b e n d e machen den Antrag unwirksam. E . 74, 188; OLG. Oldenburg NdsRpfl. 53, 208. Das Strafantragsrecht ist verzichtbar. A. M. OLG. Hamburg D S t R . 35, 158, jedoch nicht durch Verzeihung oder Verzichterklärung gegenüber dem Täter, sondern nur durch Erklärung gegenüber einer Stelle, die im staatl. Behördenaufbau sich mit dem Straffall zu befassen hat. E . 76, 345; 77, 158; ein studentisches Ehrengericht gehört nicht dazu. R G . D J . 38, 1727. Ein Verzicht kann z. B . in der bei einer polizeilichen Vernehmung abgegebenen Erklärung liegen, ein Strafantrag werde nicht gestellt (OLG. Düsseldorf N J W . 53, 236), vorausgesetzt, daß die Erklärung dahin zu verstehen ist, der Verletzte wolle nicht nur im Augenblick, sondern auch künftig keinen Antrag stellen. In der Regel hat die Erklärung, ein Strafantrag werde nicht gestellt, eine so weittragende Bedeutung nicht. OLG. Hamm JMB1. NRW. 53, 35; J Z . 53, 91. Nach Stellung des Strafantrags kann der Verzicht nur gegenüber der Strafverfolgungsbehörde oder dem Gericht erfolgen. E . 76, 346. Jeder nicht auszuräumende Zweifel schließt die Annahme eines Verzichts aus. OLG. Hamm R d K . 53, 20. Eine außergerichtl. Einigung über Nichtsteilung oder Zurücknahme des Strafantrages ist danach für den Strafrichter bedeutungslos, doch ist Klage auf Zurücknahme des Antrags möglich. Wegen der Form und der Anbringung des Antrags vgl. § 158 Abs. 2 StPO. 3) B e r e c h t i g t ist der durch die Straftat Verletzte. E . 68, 305. E r verliert das einmal durch die Verletzung in seiner Person entstandene Antragsrecht nicht dadurch, daß er aufhört, Inhaber der Rechte zu sein, die durch die Straftat verletzt worden sind. E . 71, 137. Bei der Stellung des Strafantrags ist S t e l l v e r t r e t u n g nicht nur in der Erklärung, sondern —• wenigstens bei vermögensrechtlichen Verletzungen — auch im Willen zulässig. Der Auftrag kann mündlich und stillschweigend erteilt sein; es genügt, daß er zur Zeit der Antragstellung vorliegt. E . 68, 263. Der Nachweis für die Bevollmächtigung kann nachträglich dem Gericht erbracht werden. E . 68, 265. A. M. K G . D J Z . 26, 177 und K G . J W . 27, 925. Ein Antrag kann auch durch einen vom Berechtigten hierzu ermächtigten Dritten wirksam gestellt werden, auch wenn dessen Wille, für den Berechtigten zu handeln, aus dem Antrag nicht hervorgeht. E . 61, 45; und wenn nicht angegeben wird, für welchen von mehreren Vertretenen der Antrag gestellt ist. R G . J W . 31, 1561, so, wenn die Inanspruchnahme der Strafverfolgungsbehörde in den Rahmen der Geschäftsbesorgung fällt. H R R . 30 Nr. 566. Ein Generalbevollmächtigter ist bei Verletzung materieller Rechtsgüter zur Stellung berechtigt. E . 1, 387; 2, 145 — die aus der Vollmacht des Geschäftsherrn sich ergebende Vermutung für die Antragsberechtigung kann aber widerlegt werden. GA. 52, 82 —, auch unter Umständen der Pfleger eines Nachlasses. E . 8, 112, sowie der Pfleger des Verletzten. GA. 37, 438; auch der Gesellschafter einer in Liquidation befindlichen OHG. E. 41, 377; desgl. ein Prokurist. E . 15, 144; aber nur, wenn eine besondere Bevollmächtigung vorliegt. OLG. Dresden J W . 32, 2639; ein Anwalt, der Generalvollmacht zur Verfolgung aller Ansprüche eines Gl. hat, bei Vollstreckungsvereitelung. Recht 33 Nr. 2503; der Vorstand einer städt. Sparkasse (neben dem Bürgermeister der Stadt) bei Vollstreckungsvereitelung, wenn der vereitelte Anspruch im Betriebe der Sparkasse entstanden ist. E . 68, 305. Antragsberechtigt sind die zur Vertretung des rechtsfähigen Vereins nach außen ermächtigten Vorstandsmitglieder. E . 42, 216. Bei kumulativer Antragsberechtigung mehrerer Miteigentümer oder Gebrauchsberechtigter hat

1. Teil. 4. Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. §62

§ 62. [Mehrere Antragsberechtigte] Wenn von mehreren zum Antrag Berechtigten1) einer die dreimonatige Frist versäumt, so wird hierdurch das Recht der übrigen nicht ausgeschlossen1). jeder das Antragsrecht. KG. J R . 25 Nr. 1595. Bei Sachbeschädigung einer in ein Grundstück eingefügten Sache ist vor der Abnahme auch der Hersteller antragsberechtigt. E. 63, 76. 4) Ein schriftlicher Antrag, der am letzten Tage der Frist nach Schluß der üblichen Dienststunden in den Briefkasten der zuständigen Dienststelle gelegt wird, ist nicht rechtzeitig gestellt. OLG. Celle J R . 27 Nr. 653. Der Antrag ist auch dann „schriftlich" und fristgemäß bei der StA. (§ 158 StPO.) gestellt, wenn von der bei der vorgesetzten Behörde des Verletzten eingereichten Urschrift mit dessen Willen eine Abschrift gefertigt und diese rechtzeitig an die StA. weitergeleitet wird. E. 71, 358. 5) Die Antragsfrist läuft nicht, wenn der Berechtigte tatsächlich (z. B. durch Krankheit) oder rechtlich (geisteskrank) behindert war, den Antrag zu stellen. E. 71, 39; B G H St. 2, 124. Die Frist ist daher nicht beendet, wenn der Antragsteller innerhalb der Frist brieflich den Antrag gestellt hat und erst nach Fristablauf erfährt, daß dieser ohne sein Verschulden nicht angekommen ist. RG. DR. 45, 19. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonn- oder Feiertag, so endigt sie nach dem einem a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsatz enthaltenden § 193 BGB. mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. KG. GA. 72, 350; OLGeDüsseldorf u. Frankfurt N J W . 53, 37, 1235 (str.). Der „zum Antrage Berechtigte", dessen Kenntnis für den Fristbeginn maßgebend ist, ist nur der Verletzte oder derjenige, der K r a f t Gesetzes befugt ist, ihn zu vertreten, nicht ein bloßer Bevollmächtigter. E. 36, 416. Bei einer jur. Person ist Kenntnis aller Vorstandsmitglieder nötig, soweit sie nur gesamtvertretungsberechtigt sind. E. 68, 265; bei einer Behörde Kenntnis dessen, der sie vertritt. RG. GA. 56, 316. Der Tag, an welchem der Antragsberechtigte von der Handlung und der Person des Täters Kenntnis erhalten, ist in die Frist einzurechnen, so daß diese mit dem Ablauf des Tages endet, der dem dem Tage der Kenntnisnahme entsprechenden Tage vorhergeht. E. 71,359. Erreicht der Verletzte während der seinem Vertreter noch laufenden Frist das 18. Lebensjahr, so beginnt für ihn eine neue dreimonatliche Frist. E. 69, 378, auch wenn der Verletzte schon vor Erreichung des 18. Lebensjahres von der Straftat Kenntnis erlangt hat. Für einen zur Antragstellung bestellten Pfleger läuft die Frist nicht vor dessen Bestellung. RG. D J . 36, 609. Sind bei einer Straftat mehrere Personen beteiligt, so beginnt die Frist mit dem Tage, an welchem der Berechtigte von der T a t und Person auch nur eines Beteiligten Kenntnis erlangt hat. E. 9, 390. Wenn also der Berechtigte zuerst von der Person und Tätigkeit des Gehilfen Kenntnis erlangt, dann erst von dem Haupttäter, so läuft die Frist von dem ersteren Zeitpunkte ab. E. 25, 107. Vgl. hierzu E. 40, 331. Die Frist läuft nicht von dem Zeitpunkte, in welchem sich der Berechtigte Kenntnis von der Person des Täters hätte verschaffen können, sondern erst von dem, in welchem er diese Kenntnis wirklich erlangt hat. E. 27, 34. Bei Erfolgsdelikten läuft die Frist erst mit der Kenntnis vom Erfolg, z. B. im Falle des § 230 mit der Kenntnis von der Gesundheitsschädigung. E. 61, 299. Doch ist eine frühere Stellung des Antrages nicht ausgeschlossen. E. 38, 434 und GA. 60, 438, sowie LK. VII 2; A. M. E. 45, 128. Bei einer fortgesetzten Handlung läuft die Frist von der Kenntnis der letzten Einzelhandlung, auch wenn der Berechtigte von anderen Einzelhandlungen schon früher Kenntnis gehabt hat. E. 61, 303. Kenntnis ist mehr als Tatverdacht. E. 45, 128, und bedeutet Fürwahrannehmen, das sich auf bestimmte Tatsachen stützt. An Gewißheit nahe grenzender dringender Verdacht steht zuverlässiger Kenntnis gleich. E. 75, 300. Der Täter ist bekannt, wenn er im Strafantrag individuell erkennbar gemacht werden kann. E. 27, 34. Die Kenntnis der Tat braucht sich nur auf ihre wesentlichen Bestandteile zu beziehen. E. 51, 63; H R R . 33 Nr. 899, d. h. auf die Tatsachen, die den objektiven und subjektiven Tatbestand der Handlung als einer strafbaren darstellen und die Verletzung seiner Person ergeben. Dazu gehört auch Kenntnis vom Erfolg. E. 61, 302, Kenntnis der inneren Tatseite. E. 69, 378 und Kenntnis der w e s e n t l i c h e n Umstände, so daß der Verletzte bei verständiger Überlegung beurteilen kann, ob er Strafantrag stellen soll. E. 74, 50. Werden wesentliche Umstände nachträglich bekannt, so beginnt eine neue Antragsfrist. E. 75, 301. Das Antragsrecht geht auf die Erben nicht über. E. 11, 53, doch das eingeleitete Strafverfahren kann nach dem Tode des Berechtigten fortgeführt werden. KG. D J Z . 03, 275. Es genügt Abgabe der Erklärung bei Lebzeiten, Zugang des Antrages bei der Behörde kann nach dem Tode erfolgen. L K . V I I I d. Z u § 6 2 : 1) Mehrere sind antragsberechtigt, wenn durch die T a t mehrere verletzt wurden, ferner z. B. gemäß §§ 65, 195. Sie sind selbständig nebeneinander antragsberechtigt, 5*

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A 2. Strafgesetzbuch. §§63—65

§ 63 Unteilbarkeit des Antrags — (gestrichen durch Art. 3 der VO. v. 29. 5. 1943, RGBl. I S. 339).

§ 64. [Zurücknahme] Die Zurücknahme des Antrages ist nur in den gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen und nur bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urteils 1 ) zulässig 2 ).

§ 65. [Antragsmündigkeit] (1) Der Verletzte, welcher das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist selbständig zu dem Antrag auf Bestrafung berechtigt. Solange er minderjährig ist, hat unabhängig von seiner eigenen Befugnis auch sein gesetzlicher Vertreter 1 ) das Recht, den Antrag zu stellen. (2) Ist der Verletzte geschäftsunfähig 2 ) oder hat er das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist sein gesetzlicher Vertreter 3 ) der zur Stellung des Antrages Berechtigte. so daß für jeden die Frist von seiner Kenntnis ab läuft. E. 46, 203. H a t von mehreren durch dieselbe Tat Verletzten nur einer Strafantrag gestellt, so deckt dieser Antrag nicht die fehlenden Anträge der anderen Berechtigten und die Verurteilung darf nicht auf die Verletzung derjenigen erstreckt werden, die keinen Antrag gestellt haben. E. 72, 44. Z u § 6 4 : 1) Bis zum Beginn der Verkündung des Urteils. E. 57, 268, dem die Zustellung des Strafbefehls nicht gleichsteht. OLGe. Dresden J W . 28, 3013; Celle J W . 29, 1504. Einem auf Strafe lautenden Urteil steht ein Urteil gleich, das wegen Unzurechnungsfähigkeit des Täters an der Stelle der Strafe gemäß § 4 2 b Abs. 1 StGB, die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt anordnet. E. 72, 353. 2) Mit der Urteilsverkündung erlischt das Recht zur Zurücknahme und lebt mit der Aufhebung des Urteils auch nicht wieder auf. E. 2, 420; OLG. Jena J W . 38, 29; selbst dann nicht, wenn das Urteil die Handlung nicht als Antragsdelikt ansieht. Dresden J W . 30, 944. Ist das Urteil nur gegen einen von mehreren Beteiligten verkündet, so kann der Antrag noch gegenüber den übrigen Beteiligten zurückgenommen werden (anders früher wegen des Grundsatzes der Unteilbarkeit, § 63. E. 64, 392). Die Zurücknahme ist an keine Form gebunden. E. 8, 79; sie muß gegenüber der Dienststelle erklärt werden, die mit der Strafverfolgung befaßt ist. E. 52, 200; 55, 22. Eine nur bedingt ausgesprochene Zurücknahme ist wirkungslos. E. 48, 195. A. M. L K . Anm. 3. Der volljährig gewordene Verletzte kann den von seinem Vertreter gestellten Antrag zurücknehmen. E. 22, 256. Die Zurücknahme kann nicht widerrufen werden, auch nicht von einem hierzu bestellten Pfleger. E. 36, 64. Der zurückgenommene Antrag kann auch innerhalb der Antragsfrist nicht rechtswirksam von neuem gestellt werden. E. 36, 64 (str.). Eine Anfechtung der Zurücknahme wegen Drohung ist nicht zulässig. KG. J W . 31, 227. Die Zurücknahme einer Privatklage bedeutet im Zweifel Zurücknahme des Antrags E. 19, 284, sie hindert aber die weitere Verfolgung des Antragdeliktes nur dann, wenn das Gesetz die Zurücknahme des Strafantrages ausdrücklich gestattet. E. 8, 207, anders Dresden LZ. 30, 1274. Z u § 6 5 : 1) Der gesetzliche Vertreter h a t sowohl im Falle des Abs. 1 wie des Abs. 2 nur ein formell selbständiges Antragsrecht; materiell übt er das A.-Recht des Verletzten aus; daher erlischt das A.-Recht des Vertreters mit dem Tode des Vertretenen. E. 57, 241; RG. J W . 30, 1003; Härtung N J W . 50, 670 (str.). Wer gesetzlicher Vertreter ist, bestimmt sich nach BGB. Es sind dies der Vater bzw. die Mutter, bei geschiedener Ehe der Personensorgeberechtigte Elternteil, jedenfalls soweit sich die Straftat gegen die Person richtet, der Vormund oder der Pfleger. Ein gemäß § 1687 BGB. der Mutter ,,für alle Angelegenheiten" bestellter Beistand ist nicht gesetzlicher Vertreter. E. 50, 156. Unterläßt es der Vater pflichtwidrig, den Strafantrag zu stellen oder ist er selbst der Täter, so kann den Antrag ein gemäß §§ 1909, 1666 BGB. bestellter Pfleger stellen; die Antragsfrist beginnt dann erst mit dessen Bestellung. E. 73, 113. Eine Nachprüfung, ob der Pfleger zu Recht bestellt ist, steht dem Strafrichter nicht zu. E. 50, 156. 2) Der Vormund eines wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht Entmündigten ist nicht antragsberechtigt. E. 34, 98; D J Z . 03, 250. Für den gemäß § 104 Nr. 2 BGB. geschäftsunfähigen Volljährigen kann zwecks Strafantragsstellung ein Pfleger

1. Teil. 4. Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. §§ 66, 67

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* § 66. [Verjährung] Durch Verjährung wird die Strafverfolgung und die Strafvollstreckung ausgeschlossen a). * § 67 1 ). [Verfolgungsverjährung] (1) Die Strafverfolgung von Verbrechen verjährt 2 ), wenn sie mit lebenslangem Zuchthaus bedroht sind, in zwanzig Jahren; wenn sie im Höchstbetrage mit einer Freiheitsstrafe von einer längeren als zehnjährigen Dauer bedroht sind, in fünfzehn Jahren; wenn sie mit einer geringeren Freiheitsstrafe bedroht sind, in zehn Jahren. (2) Die Strafverfolgung von Vergehen, die im Höchstbetrage mit einer längeren als dreimonatigem Gefängnisstrafe bedroht sind, verjährt in fünf Jahren, von anderen Vergehen in drei Jahren. (3) Die Strafverfolgung von Übertretungen verjährt in drei Monaten. (4) Die Verjährung beginnt mit dem Tage3), an welchem die Handlung begangen ist 4 ), ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges5). bestellt werden; für diesen beginnt die Antragsfrist in dem Zeitpunkt, in dem er in seiner Eigenschaft als Pfleger von T a t und Täter Kenntnis erlangt hat RG. JW. 35. 1786. 3) Im Fall des § 1846 BGB. auch der Yormundschaftsrichter. E. 75, 146. Zu § 66: 1) Die Verjährung hat — ebenso wie der Strafantrag — keine sachlichrechtliche, sondern nur verfahrensrechtliche Bedeutung; sie tilgt das staatl. Bestrafungsrecht nicht, sondern schafft nur ein Hindernis, das der Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens entgegensteht. E. 76, 160; BGHSt. 2, 305. Eine gesetzl. Verlängerung der Verjährungsfrist nach Tatbegehung verletzt demgemäß das Verbot rückwirkender Bestrafung (Art. 103 Abs. 2 GG.) nicht. BGH. a.a.O. Als Verfahrenshindernis ist die Verj. in jeder Lage des Verfahrens zu beachten und führt nicht zur Freisprechung, sondern zur Einstellung des Verfahrens. E. 76, 160. Bei interlokaler (vgl. Anm. 2 zu § 3) Verschiedenheit der Verjährungsvorschriften im Gebiet des Tatorts und des aburteilenden Gerichts richtet sich die Verj. nach dem Recht des Gerichtsorts. BGHSt. 2, 305. Verjährung geht einer Amnestie vor. E. 53, 276. Eine Revision wegen nicht richtiger Anwendung der Verjährungsvorschriften führt ohne weiteres auch zur Nachprüfung der sachlichrechtl. Würdigung des festgestellten Sachverhalts, da die Frage, ob die Tat verjährt ist, sich nach § 67 danach richtet, mit welcher Strafe die Tat bedroht ist und diese Frage sich erst bei rechtl. zutreffender Einordnung der Tat beantworten läßt. BGHSt. 2, 385. Voraussetzung für die Nachprüfung in der Rev.-Inst., ob das angefochtene Urteil wegen Verjährung nicht hätte ergehen dürfen, ist aber eine zulässige (d. h. form- und fristgerechte) Rev.; dagegen findet bei Eintritt der Verj. nach dem angefochtenen Urteil die Einstellung in der Rev.-Inst. auch bei nicht formgerechter Rev. statt. BayObLG. N J W . 53, 1402. Zu § 67: 1) § 67 gilt auch für Nebenges., soweit sie nicht abw. Bestimmungen enthalten. E. 52, 42, wie z. B. § 22 Preßges., § 145 Abs. 2 GewO. Auch Straftaten Jugendlicher verjähren nach allgemeinem Recht (§ 4 JGG.). Über den Ausschluß der Verjährung bei Taten, die aus politischen Gründen in der Zeit von 1933—45 nicht verfolgt wurden, sind landesrechtl. Vorschriften ergangen (Zusammenstellung bei Schönke II 3 zu § 69). Solche Vorschriften verstoßen weder gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG.) noch gegen das Verbot der Rückwirkung von Strafgesetzen. BGH. N J W . 52, 271, 1386 Nr. 24. 2) Die Verjährungsfrist läuft weiter, wenn infolge Beschränkung des Rechtsmittels auf das Strafmaß zwar über die Schuldfrage, aber noch nicht über die Straffrage rechtskräftig entschieden ist. RG. DRZ. 31 Nr. 39. 3) Der Tag der Begehung der Tat ist in die Verjährungsfrist mit einzurechnen. R. 8, 493; RG. J R . 26 Nr. 980. Vgl. E. 65, 290. Eine am 1. 7. begangene Übertr. verjährt also mit dem 30. 9. 4) d. h. die Tat durch Erfüllung aller zum gesetzlichen Tatbestand gehörigen Umstände einschl. des Erfolgs vollendet ist. Bei fahrl. Körperverletzung beginnt demgemäß die Verjährung mit dem Eintritt der Verletzung. RG. JW. 35, 704, beim Betrug mit dem Eintritt des Vermögensschadens; bei der Abtreibung mit der Tötung der Leibesfrucht RG. DR.43,577 (str.; a. M. Frank, Komm. S. 215, wonach der Abschluß der Tätigkeit des Täters entscheidend

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A 2.

Strafgesetzbuch. § 68

(5) Mit der Verjährung der Strafverfolgung erlischt auch die Befugnis, auf Grund der Tat Maßregeln der Sicherung und Besserung anzuordnen6). § 68 1 ). [Unterbrechung] (1) Jede Handlung des Richters2), welche wegen der begangenen Tat3) gegen den Täter gerichtet ist 4 ) unterbricht die Verjährung. ist). Bei Zuständsdelikten ( d . h . S t r a f t a t e n , die das Bestehen eines rechtswidrigen Zustandes zum Gegenstand haben), beginnt die Verjährung erst mit dem Aufhören dieses Zustandes. Liegt aber die Strafbarkeit in der Herstellung eines Zustandes gegen ein bestimmtes Verbot, so beginnt die Verjährung schon mit der Beendigung der Herstellungshandlung. E. 3, 382; R. 3, 117. Bei einem fortgesetzten Delikt beginnt die Verjährung mit der letzten Fortsetzungshandlung. E . 62, 214; B G H S t . 1, 91, bei einem Dauerdelikt (vgl. Anm. 2 d zu § 73) mit dem Aufhören der schuldhaften Willensbetätigung. R G . D R . 40, 1672, bei Unterlassungsdelikten mit der E r füllung der Verpflichtung oder deren Wegfall. E . 44, 428; 59, 6, bei fahrl. Dauervergehen durch Unterlassung, wenn eine Besinnung auf die Pflicht infolge Zeitablaufs nicht mehr zu erwarten ist. E . 75, 34. Bei E h e b r u c h beginnt die V e r j ä h r u n g mit der R e c h t s k r a f t des Ehescheidungsurteils. E . 15, 261, beim R e n t e n b e t r u g nicht schon mit der Erlangung des Rentenanspruchs durch den erschlichenen Rentenbescheid, sondern erst mit der letzten Rentenabhebung. R G . DRM. 40 Nr. 105 (vgl. auch Anm. 11 zu § 263). Bei Versuch, Anstiftung und Beihilfe berechnet sich die Verjährungsfrist nach der Strafandrohung f ü r die vollendete H a u p t t a t . E . 75, 52. Die V e r j ä h r u n g gegen den Teilnehmer beginnt mit der Beendigung der H a u p t t a t . R G . D J . 36, l l 2 5 . Beschränkt sich bei einer fortgesetzten H a n d l u n g oder D a u e r s t r a f t a t die Beihilfe auf einen Teilakt, so beginnt die Verjährung gegen den Gehilfen schon in dem Zeitpunkt, in dem der betreffende Teil der fortges. oder D a u e r s t r a f t a t abgeschlossen ist. E . 65, 361. Bei Tateinheit l ä u f t die V e r j ä h r u n g f ü r jedes der verletzten Strafgesetze gesondert nach dessen Grundsätzen. O G H . BZ. M D R . 49, 83. 5) Das ist nicht der zum T a t b e s t a n d des vollendeten Delikts erforderlicher Erfolg — insoweit s. Anm. 4 —, sondern ein zu einem vollendeten Delikt hinzutretender weiterer strafschärfender Erfolg, z. B. der Tod i. F. des § 226. Schönke I I . 6) In der Fassung des Ges. v. 24. 11. 1933 (RGBl. I S. 995) und § 7 Ziff. 4 des Ges. v. 23. 3. 1934 (RGBl. I S. 213). Auch Nebenfolgen, die im Urteil ausgesprochen werden, verjähren mit der Strafverfolgung. Das gleiche gilt für den Anspruch auf B u ß e ; § 852 B G B . ist insoweit unanwendbar. E . 44, 298 (str.). Z u § 6 8 : 1) Auf rechtzeitige Unterbrechung der V e r j ä h r u n g ist während der ganzen D a u e r des Verfahrens B e d a c h t zu nehmen. I s t das Verfahren jedoch wegen Abwesenheit des Beschuldigten oder aus sonstigen Gründen vorläufig eingestellt, so ist eine w a h l l o s e Unterbrechung mit dem Grundgedanken der V e r j ä h r u n g nicht vereinbar (Näheres in Nr. 23 der „Richtlinien f ü r das Strafverfahren"). 2) N u r Handlungen eines deutschen Richters kommen in B e t r a c h t . B G H S t . 1, 325. Unterbrechend wirkt jede Maßnahme des Richters, die er als S t r a f r i c h t e r vorgenommen hat, u n d die darauf gerichtet ist, den Fortgang des Strafverfahrens zu fördern u n d der Aburteilung näher zu bringen, soweit sie nicht gesetzlich unzulässig ist. E . 65, 82, 374. Eine Richtung gerade gegen den T ä t e r b r a u c h t sie nicht zu enthalten. B a y O b L G . N J W . 53, 353. Ob sie geeignet ist, das Verf. zu fördern, ist bedeutungslos (str.; Übersicht über den Meinungsstreit bei OLG. N e u s t a d t N J W . 53, 316). Auch eine H a n d l u n g des Untersuchungsrichters gemäß § 191 Abs. 1 S t P O . E . 71, 100, sowie eine gemäß § 162 StPO. beantragte Untersuchungshandl. unterbrechen. Wegen der U n t e r b r e c h u n g im Steuerstrafbescheidsverfahren vgl. § 419 Abs. 2 RAbgO. — B V I — ; andere als die d o r t genannten Untersuchungshandl. des FinA. unterbrechen die Verj. nicht; richterl. Unterbrechungshandl. kommen grundsätzl. nicht in B e t r a c h t . Härtung, Steuerstrafrecht S. 171. Zu den u n t e r b r e c h e n d e n Handlungen gehören z. B . : ein die Berichtigung des Sitzungsprotokolls aussprechender Beschluß. B a y O b L G . N J W . 53, 837; a. M. K G . J W . 32, 2740; die Bestellung des Berichterstatters durch den Vorsitzenden im Berufungs- u. Rev.-Verfahren. R G . H R R . 40 Nr. 1420; B a y O b L G . N J W . 53, 837; Beschlüsse auf vorläufige Einstellung des Verfahrens R G . D J . 38, 425 (nicht die endgültige Einstellung. B a y O b L G . LZ. 29, 963; K G . D J Z . 29, 1138); auf Aussetzung des Verfahrens nach § 262 Abs. 2 S t P O . B a y O b L G . LZ. 33, 1095; Richterselbstablehnungen. (§ 30 StPO.). J e n a D J Z . 30, 618; Gerichtsbeschlüsse, durch die ein Mitangeklagter vom Erscheinen befreit wird. B a y O b L G . D R Z . 30 Nr. 135; Maßregeln des Vorsitzenden, die die A n b e r a u m u n g einer anderweiten H a u p t v e r h a n d l u n g bezwecken. E . 24, 330; (Terminsaufhebung unterbricht ohne

1. Teil. 4. Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. § 68

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weiteres nicht. KG. GA. 63, 335); „Aktenrückfordern", wenn die Rückforderung zum Zwecke der Terminsanberaumung erfolgte. D J Z . 06, 205; Mitteilung an den AA. von der Einspruchseinlegung. BayObLG. D J Z . 26, 1426, auch KG. Recht 30 Nr. 2562; die Verfügung des Richters: „der beantragte Strafbefehl wird erlassen" (aber nicht: „Herrn . . . zum Entw. d. Stb.". KG. J F G E r g . 4, 226). KG. D J Z . 14, 941; Anfrage an den Verteidiger, ob Einspruch gegen Strafbefehl aufrecht erhalten wird. Dresden DRZ. 32 Nr. 832; ein schriftlicher Hinweis des Richters auf die bei der Durchführung des Verfahrens entstehenden Kosten. Dresden DRZ. 28 Nr. 748; Anordnung der Einforderung eines Strafregisterauszugs. BGH. N J W . 53, 1680; u. U. auch die Einforderung der für die Entscheidung erforderlichen Rechtsquellen von dritter Seite, die dem Richter nicht zur H a n d sind. BayObLG. N J W . 53, 353. Streitig ist, ob die Einforderung von Straf- oder Zivilprozeßakten, die für das vorliegende Strafverfahren von Wert sein können, unterbricht. Die Frage ist zu bejahen, da es sich um eine den Fortgang des Verfahrens unmittelbar fördernde Maßnahme handelt. RG. GA. 27, 452; OLG. Köln N J W . 53, 757, und nicht nur um eine Maßnahme, die ein sachliches Vorgehen erst vorbereitet (so KG. D J Z . 26, 601; DStrR. 34, 296). Ebenso wirken auch Ersuchen um Mitteilungen über den Stand des anderen Verfahrens unterbrechend, mag die Anfrage an das andere Gericht, oder an die StA., oder an diese mit dem Ersuchen um Nachforschung nach dem Verfahrensstand gerichtet sein. OLGe Dresden LZ. 27, 1163; Köln a.a.O. Den Sichtvermerk des Vors. auf einer Rev.-Begründung sah E. 63, 320 als unterbrechend an, weil er bezeuge, daß der Vors. die Voraussetzungen des § 346 StPO. geprüft und verneint habe, so daß das Verf. nach § 347 StPO. fortzusetzen sei (ebenso OLG. Stuttgart MDR. 52, 55); demgegenüber ist mit BGH. N J W . 53, 993 davon auszugehen, daß nur eine Maßnahme unterbricht, deren rechtl. Bedeutung aus ihr selbst oder aus den Umständen zweifelsfrei hervorgeht und daß der bloße Sichtvermerk des Vors. diesem Erfordernis nicht genügt. Streitig ist schließlich, ob die StA. im vorbereitenden Verfahren eine Unterbrechung dadurch herbeiführen kann, daß sie (nur zum Zweck der Verjährungsunterbrechung) bei dem Amtsrichter die Vornahme von Maßnahmen beantragt, die sie ebensogut selbst vornehmen könnte, z. B. Antrag an den Amtsrichter, er möge die Polizei um Vernehmungen ersuchen oder er möge einen Strafregisterauszug einfordern. E. 41, 356; 65, 82 u. BGH. N J W . 53, 1680 bejahen mit Recht die unterbrechende Wirkung einer vom AR. antragsgemäß vorgenommenen Unters.-Handlung, weil der AR. nach § 162 Abs. 2 StPO. verpflichtet ist, jede von der StA. beantragte, nicht gesetzlich unzulässige Unters.-Handlung vorzunehmen (ebenso OLGe Naumburg DRZ. 31 Nr. 434; DR. 39, 233; F r a n k f u r t N J W . 53, 1488). Demgegenüber verneinte bisher ein Teil der OLGe die unterbrechende Wirkung, weil hier der Richter, ohne daß eine sachliche Förderung gerade durch richterliche Handlung bezweckt wird, lediglich zum Zweck der Verjährungsunterbrechung praktisch Botendienste für die StA. leiste (vgl. KG. GA. 73, 21; 74, 120; OLG. Düsseldorf D R . 39, 1145; BayObLG. LZ. 30, 538; OLG. Köln N J W . 53, 756). Dagegen unterbricht nicht, wenn der Richter das Ersuchen der StA. um eine Handlung, die die StA. selbst vornehmen könnte (z. B. Beiziehung von Akten), dadurch erledigt, daß er die StA. um die Maßnahme ersucht. OLGe Köln u. Neustadt N J W . 53, 157, 316; Braunschweig N J W . 54, 45. Richterl. Handlungen sind auch die Maßnahmen eines mit der Wahrnehmung richterl. Geschäfte zulässigerweise beauftragten Referendars. B G H S t . 2, 55; OLG. Schleswig SchlHA. 53, 29. Es u n t e r b r e c h e n n i c h t : in der StPO. nicht vorgesehene Handlungen. KG. Recht 33 Nr. 1689; Akte der richterlichen Verwaltungstätigkeit. RG. JW. 31, 882; bloße Wiedervorlageverfügungen. E. 21, 308; (wohl aber, wenn sie den Fortgang des Verfahrens in kurzer Zeit sicherstellen sollen. E. 62, 425; 65, 84; OLG. Dresden D J Z . 33, 1297; a. M. OLG. Köln N J W . 53, 758); richterliche Strafvollstreckungsverfügungen. KG. D J Z . 14, 942; Einziehung der Kosten. Dresden DRZ. 31 Nr. 196; der die Anberaumung der Hauptverhandlung ablehnende Beschluß. GA. 49, 143; Rostock H R R . 29 Nr. 2053; die schriftl. Vollziehung des Urteils. Dresden J W . 28, 2801; Naumburg DRZ. 28 Nr. 679; Anordnungen an die Geschäftsstelle. Dresden LZ. 29, 860; eine Terminsaufhebung. KG. D J Z . 09,149; Verfügung des Richters, durch die dem A nahegelegt wird, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzunehmen. KG. D J Z . 26, 318; Rückgabe der Akten an die StA., um einen Irrtum zu beseitigen. KG. GA, 42, 265; die richterliche Verf. auf Zustellung der Revisionseinlegungsschrift. KG. J W . 29, 1497; Auskunft des Richters über ein früheres Verfahren. H R R . 29 Nr. 1268; eine Mitteilung des Richters an die StA., er habe Bedenken gegen den Erlaß des Strafbefehls. OLGe Celle J R . 27 Nr. 654; Oldenburg MDR. 51, 757; an Verteidiger über Stand des Verf. Dresden J W . 30, 3434. Nach Trennung mehrerer bisher verbundener Sachen wird durch richterliche Handlungen wegen des einen abgetrennten Straffalles die Verj. hinsichtlich der anderen nicht dadurch unterbrochen, daß deren weitere Verhandlung bis zur Erledigung des ersten Falles ausgesetzt ist. E. 40, 88. 3) Bestimmtes geschichtliches Vorkommnis. H R R . 30 Nr. 1551. 4) Die richterliche Handlung muß sich gegen einen individuell bestimmten Täter richten; Ermittlungen gegen „Unbekannt" genügen nicht. RG. H R R . 33 Nr. 73; B G H S t . 2, 55.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 69, 70

(2) Die Unterbrechung findet nur rücksichtlich desjenigen statt 5 ), auf welchen die Handlung sich bezieht. (3) Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung8). § 69. [Ruhen] (1) Die Verjährung ruht während der Zeit, in welcher auf Grund gesetzlicher Vorschrift1) die Strafverfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Ist der Beginn oder die Fortsetzung eines Strafverfahrens von einer Vorfrage abhängig, deren Entscheidung in einem anderen Verfahren erfolgen muß2), so ruht die Verjährung bis zu dessen Beendigung. (2) Ist zur Strafverfolgung ein Antrag oder eine Ermächtigung nach dem Strafgesetz erforderlich, so wird der Lauf der Verjährung durch den Mangel des Antrags oder der Ermächtigung nicht gehindert. *§ 70. [Vollstreckungsverjährung] (1) Die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafe1) verjährt, wenn 1. auf lebenslangem Zuchthaus erkannt ist, in dreißig Jahren; 2. auf Zuchthaus oder Einschließung von mehr als zehn Jahren erkannt ist, in zwanzig Jahren; 3. auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Einschließung von fünf bis zu zehn Jahren oder Gefängnis von mehr als fünf Jahren erkannt ist, in fünfzehn Jahren; 5) Sie wirkt also höchstpersönlich. J R . 26 Nr. 1087. Dem Teilnehmer gegenüber wird die Verjährung selbständig unterbrochen ohne Rücksicht darauf, ob die Unterbrechung auch gegenüber dem Täter wirkt. E. 41, 17. Die Unterbrechung wirkt auch gegenüber Teilnehmern, wenn die richterliche Handlung die Verfolgung aller Beteiligten ins Auge faßt. RG. J W . 38, 1584; aber nicht gegen den subsidiär Haftbaren. E. 6, 335; auch nicht bei Fahrlässigkeitsdelikten gegen Mitschuldige. J R . 26 Nr. 2394. 6) Die neue Verjährung beginnt mit dem Tage der Unterbrechung und endet mit dem Beginn des dem Anfange entsprechenden Kalendertages. E. 13, 57. Z u § 69: 1) D. h. einer für die deutschen Gerichte verbindlichen Vorschrift. Ausländische Vorschriften hindern die Verfolgung nicht. E. 40, 402. Ohne Bedeutung ist es, ob das gesetzl. Hindernis die Verfolgung im einzelnen Fall unmöglich macht (z.B. im Fall des § 191) oder ob es eine Strafverfolgung allgemein ausschließt, wie während der Schließung der deutschen Gerichte gemäß MilRegGes. Nr. 2. B G H S t . 1, 88; 2, 54 (vgl. auch Art. VIII MilRegGes. Nr. 2 u. Art. 10 des Ges. Nr. 13 der A H K . — unter F). Bei rein tatsächlichen Hinderungsgründen (Geisteskrankheit, Abwesenheit) ruht die Verjährung nicht. E. 52, 36. Gegen Abgeordnete ruht die Verjährung während der Sitzungsperiode, gleichviel ob der Staatsanwalt die Genehmigung zur Strafverfolgung nachgesucht h a t oder nicht. E. 27, 10. (Siehe Art. 46 GG. und § 152 a StPO.) § 69 findet keine Anwendung, wenn die Rechtskraft eines Urteils wegfällt (Wiederaufnahme des Verfahrens, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf einer Rechtsmittelfrist). Hier kann vom Eintritt der Rechtskraft bis zu deren Wegfall eine Verjährung nicht stattfinden, weil nur ein noch nicht rechtskräftiger Strafanspruch der Verjährung unterliegt. Die neue Verfolgungsverjährung beginnt mit dem Wegfall der Rechtskraft. E. 76, 48. 2) Z. B. in §§ 164, 170, 172, 238. Es ruht aber nicht das Steuerstrafverfahren, so lange das Steuerfestsetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (§ 468 RAbgO.). E. 66, 376, auch nicht ein Strafverfahren bei Vorlage an den BGH. gemäß § 121 Abs. 2 GVG. oder an das BVerfG. gemäß Art. 93, 100 GG. Seibert N J W . 52, 1361. Z u § 70: 1) Nebenstrafen, die einer besonderen Vollstreckung bedürfen und Bußen verjähren mit der Hauptstrafe. E. 44, 298 (anders bezüglich der Buße Schwarz 2: Verj. gem. § 218 BGB.). Die Vollstr. von Jugendarrest verjährt in einem Jahr (§ 87 Abs. 4 J G G . — Ausschlußfrist —).

1. Teil. 5. Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. §§ 71—73

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4. auf Einschließung oder Gefängnis von zwei bis zu fünf J a h r e n erkannt ist, in zehn J a h r e n ; 5. auf Einschließung oder Gefängnis bis zu zwei J a h r e n oder auf Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Deutsche Mark erkannt ist, in fünf J a h r e n ; 6. auf Haft oder auf Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark erkannt ist, in zwei J a h r e n . (2) Die Vollstreckung einer rechtskräftig angeordneten Maßregel der Sicherung und Besserung verjährt in zehn J a h r e n . Ist die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt oder erstmalig die Unterbringung in einem Arbeitshaus angeordnet, so beträgt die Frist fünf J a h r e . (3) Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem das Urteil rechtskräftig geworden ist.

§ 71. [Bei doppelter Strafe] Ist auf Freiheitsstrafe und Geldstrafe zugleich oder neben einer Strafe auf eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erkannt, so verjährt die Vollstreckung der einen Strafe oder Maßregel nicht früher als die der anderen.

§ 72. [Unterbrechung] (1) J e d e auf Vollstreckung der Strafe oder Maßregel gerichtete Handlung 1 ) derjenigen Behörde, welcher die Vollstreckung obliegt 2 ), sowie die zum Zwecke der Vollstreckung erfolgende F e s t n a h m e des Verurteilten unterbricht die Verjährung. (2) Nach der Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe oder Maßregel beginnt eine neue Verjährung.

5. Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen § 73. [Tateinheit] Wenn eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt 1 ), so kommt nur dasjenige Gesetz, welches die schwerste 2 ) Strafe, und bei ungleichen Strafarten dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafart androht, zur Anwendung 3 ). Zu § 72: 1) Die Handlungen müssen die Tendenz haben, die Vollstreckung der Strafe herbeizuführen, entweder unmittelbar wie Ladung zum Strafantritt, oder mittelbar durch Beseitigung rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse, die der Vollstreckung entgegenstehen. Bewilligung von Strafaufschub oder -Unterbrechung unterbricht daher nicht, es sei denn, daß der Aufschub zeitlich begrenzt ist, um in Vollstreckung überzugehen. Olshausen Anm. 5. Dagegen unterbricht der Antrag der StA. gemäß § 462 StPO. BayObLG. DRZ. 29 Nr. 307. Nach § 24 Abs. 3, § 26 Abs. 3 StGB., § 22 Abs. 2, § 88 Abs. 5 JGG. r u h t während der Strafaussetzung zur Bewährung und während der bedingten Entlassung die Strafvollstreckungsverjährung. Mit Rücksicht darauf erscheint es richtig, auch bei den entsprechenden, im Wege der Gnade getroffenen Maßnahmen ein Ruhen der Strafvollstreckungsverjährung anzunehmen. Bisher wurde die bedingte Strafaussetzung gewöhnlich unter dem Gesichtspunkt der U n t e r b r e c h u n g erörtert. Die Bewilligung bed. Strafaussetzung unterbricht aber nicht. OLG. Darmstadt HRR. 27, 17 und zwar schon deshalb nicht, weil sie, auch wenn von der Strafvollstreckungsbehörde verfügt, von dieser nicht im Zuge der Strafvollstreckung, sondern kraft Übertragung der Ausübung des Gnadenrechts gewährt wird. Dagegen wurde den Maßnahmen der Strafvollstreckungsbehörde während der Bewährungsfrist unterbrechende Wirkung beigemessen. KG. J W . 28, 2800; a. M. Dresden HRR. 28 Nr. 1764. 2) Die Zuständigkeit ergibt sich aus der StrafvollstreckungsO. (D 3). Zu § 73. 1) „Handlung" umfaßt auch die Unterlassung gebotenen Tuns. E. 76, 143. E i n e Handlung verletzt mehrere Gesetze, wenn die Ausführungshandlung für die mehreren

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Delikte ganz oder teilweise identisch ist und hinter dieser Handlung ein einheitlicher Wille steht. E . 32, 139; 59, 318; 72, 123. Mehrere an sich selbständige Handlungen bilden eine strafrechtl. Einheit, wenn jede von ihnen mit e i n e r anderen Tat, fortgesetzten Handlung oder Dauerstraftat in Tateinheit steht. E . 68, 216; B G H S t . 3, 23 (27). Dies gilt indessen nicht, wenn diese andere Tat minder schwer ist als die an sich selbständigen Handlungen ; daher z. B . keine Tateinheit zwischen fahrlässiger Körperverletzung und anschließender Fahrerflucht, die ein Kraftfahrer bei Fahren mit unbeleuchtetem Kraftfahrzeug — Dauerübertretung nach § 24 StVO. — begeht oder zwischen selbständigen Tötungsversuchen an verschiedenen Personen und einem und demselben dabei versuchten schweren Raub. B G H S t . 1, 67 (vgl. dazu Reinicke N J W . 53, 1007); 2, 246; B G H . N J W . 52, 795; OLG. Bremen J Z . 51, 20. Besteht zwischen e i n e m Einzelakt einer fortgesetzten Handl. Tateinheit mit einem schwereren Delikt (z. B. zwischen einem Einzelakt eines fortgesetzten Vergehens gegen §§ 1, 16 Nr. 1 UnedlMG. — B I I I 11 — [gewerbsmäßiger Erwerb unedl. Metalle ohne behördl. Erlaubnis] und einer Hehlerei), so ist nach B G H S t . 3, 165 (vgl. dazu die krit. Würdigung von Reinicke N J W . 53, 1004) zwar Tateinheit zwischen dem schwereren Delikt und dem Einzelakt, aber nicht Tateinheit (sondern Tatmehrheit) mit dem schwereren Delikt und der fortgesetzten Handl. anzunehmen, so daß die rechtskr. Aburteilung des fortges. Delikts der Aburteilung des vorher nicht bekannten schwereren Delikts nicht entgegensteht. Der Einzelakt scheidet damit aus der fortges. Handl. aus. Einheit der Handlung ist auch gegeben, wenn zwar mehrere gleichartige körperliche Betätigungen vorliegen, diese aber räumlich und zeitlich in so engem Zusammenhange stehen, daß sie der natürlichen Betrachtung als Einheit erscheinen (sog. n a t ü r l i c h e Handlungseinheit). E . 76, 143. Die gleichzeitige U n t e r l a s s u n g mehrerer durch verschiedene Gesetze geforderter Handlungen stellt wegen mangelnder Gleichartigkeit keine natürliche Handlungseinheit dar. E . 65, 144; das gleiche gilt beim Zusammentreffen eines Handlungs- mit einem echten Unterlassungsdelikt. E . 68, 315; OLG. Frankfurt N J W . 53, 557. Mehrere Strafgesetze sind auch dann verletzt, wenn durch eine Handlung d a s s e l b e Strafgesetz mehrfach verletzt ist (sog. gleichartige Idealkonkurrenz) E . 72, 342, z . B . e i n Schuß verletzt mehrerePersonen oder jemand versucht durch gleichzeitige Aufforderung zwei Kinder zur VerÜbung unzüchtiger Handlungen zu verleiten. Daß das mehrfach verletzte Strafgesetz ein sog. höchstpersönl. Rechtsgut schützt (s. Anm. 2 c zu § 74), ist dabei ohne Bedeutung B G H S t . 1, 20. Bei dem unselbständigen Teilnehmer ist als „Handlung" i. S. der §§ 73, 74 dessen Tatbeitrag, nicht die Haupttat anzusehen (s. dazu Härtung D J . 36, 1804). Wird durch e i n e Handlung zu einer Mehrheit selbständiger Handlungen angestiftet oder Beihilfe geleistet, so ist daher nur wegen e i n e r T a t zu bestrafen. E . 70, 26. Ebenso liegt Tateinheit auch vor, wenn die Mitwirkung eines M i t t ä t e r s bei strafbaren Handlungen verschiedener Täter nur in e i n e r einheitlichen Vorbereitungshandlung für die mehreren Straftaten bestanden hat, da Mittäterschaft, Anstiftung und Beihilfe, die sich nur nach der Willensrichtung unterscheiden, nicht verschieden behandelt werden können. E . 76, 357. Umgekehrt können mehrere Hilfeleistungen zu e i n e r T a t eine Tatmehrheit bilden. R G . J W . 37, 3301. Diese Grundsätze gelten auch für die mittelbare Täterschaft; hier ist nicht die Ausführung der Tat durch das gutgläubige Werkzeug, sondern die Einwirkung des Täters auf dieses die „Handlung". E . 70, 385; B G H . N J W . 53, 1070. Tateinheit kommt nicht in Betracht bei sog. G e s e t z e s k o n k u r r e n z , d . h . bei S p e z i a l i t ä t , K o n s u m t i o n ( A u f z e h r u n g ) und S u b s i d i a r i t ä t . S p e z i a l i t ä t liegt vor, wenn mehrere Strafgesetze den Grundtatbestand gemeinsam haben, und das eine Gesetz durch Einfügung besonderer (privilegierender oder qualifizierender) Begriffsmerkmale den Tatbestand enger begrenzt (Beispiel: Mundraub — § 370 Nr. 5 — ist Spezialfall des § 242). K o n s u m t i o n liegt vor, wenn durch die Erfüllung eines Tatbestandes der eines anderen Gesetzes zwar nicht beriffsnotwendig, aber regelmäßig erfüllt wird (Beispiel: Einbruchs diebstahl — § 243 Abs.g Nr. 2 -— erfüllt in der Regel die Tatbestandsmerkmale des Hausfriedensbruches oder der Sachbeschädigung) ; ferner, wenn jemand an der gleichenTat mehrfach •— z. B . als Anstifer und als Gehilfe — beteiligt ist. S u b s i d i a r i t ä t ist gegeben, wenn von mehreren Gesetzen das eine nur zur Anwendung kommen soll, falls nicht bereits ein anderes Platz greift. Die Subsidiarität kann im Gesetz ausdrücklich angeordnet sein (Beispiel: wegen Erschleichens des Eintritts ist nach § 265 a nur zu strafen, wenn nicht die T a t in einem anderen Gesetz — etwa in § 263 — mit schwererer Strafe bedroht ist), oder sich aus Zweck und Zusammenhang der Vorschriften ergeben. So ist grundsätzlich die Gefährdung eines Rechtsguts gegenüber der Verletzung und die (selbständig unter Strafe gestellte) Vorbereitung gegenüber Versuch und Vollendung nur subsidiär strafbar. Bei Spezialität ist nur aus dem speziellen Gesetz, bei Konsumtion nur aus dem die schwerere Strafe androhenden Gesetz zu bestrafen; doch bleibt, wie bei der Tateinheit (s. Anm. 2), eine erhöhte Mindeststrafe des verdrängten milderen Gesetzes maßgebend. B G H S t . 1, 152 und es ist wohl auch auf eine in dem allgemeineren Gesetz neben der Freiheitsstrafe zwingend vorgeschriebene Geldstrafe zu er-

1. Teil. 5. Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. § 74

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* § 74 1 ). [Tatmehrheit] (1) Gegen denjenigen, welcher durch mehrere selbständige Handlungen2) kennen, wenn das spezielle (nicht privilegierende) Gesetz eine solche nicht oder nur wahlweise androht. Bockelmann JZ. 53, 233. Bei Subsidiarität ist grundsätzlich aus dem primär anwendbaren Gesetz zu strafen; das subsidiäre Gesetz kommt aber zur Anordnung, wenn trotz Verwirklichung des Tatbestands eine Bestrafung aus dem primären Gesetz nicht erfolgen kann oder wenn das subsidiäre Gesetz eine schwerere Strafandrohung enthält. Ein Anwendungsfall der Gesetzeskonkurrenz ist ferner die straflose Nachtat (s. Anm. 2 a zu § 74). Wegen des tateinheitl. Zusammentreffens von Straftat und Ordnungswidrigkeit vgl. § 4 OWiG. — A 4 —. Wegen des Zusammentreffens von Gesetzesverletzungen, deren Aburteilung teils den Besatzungsgerichten, teils den deutschen Gerichten zusteht, vgl. Anm. 3 zu § 7. 2) Es kommt darauf an, welches Gesetz im E i n z e l f a l l die Verhängung der nach Art und Maß schwersten Strafe gestattet. E. 75, 19. Drohen beide Vorschriften Gefängnisstrafe von gleicher Dauer an, so ist die härtere die, welche daneben auch Geldstrafe androht. Die Strafandrohung beim Vorhandensein mildernder Umstände bleibt beim Vergleich außer Betracht; dagegen sind z. B. jugendliches Alter und benannte Milderungsgründe — z. B. § 157 — zu berücksichtigen. RG. J W . 38, 2947. Droht ein Gesetz für besonders schwere Fälle Zuchthaus an, so ist diese Strafart nur zu berücksichtigen, wenn ein besonders schwerer Fall vorliegt. E. 75, 14, 10, unter Aufgabe der in der früheren Rechtsprechung — zuletzt RG. DR. 39, 1849 — gebilligten a b s t r a k t e n Vergleichung; ebenso Härtung DR. 39, 1487; Nüse D J . 39, 1631, s. auch Mittelbach D R . 40, 1492. Sind die Hauptstrafen im Höchstmaß gleich, so kommt es auf die Nebenstrafen an. E. 69, 385. Nach der früheren Rechtsprechung war die Mindeststrafe des milderen Gesetzes dann nicht maßgebend, wenn das härtere Gesetz eine geringere Mindeststrafe kennt. Ebenso durften danach die lediglich in dem milderen Gesetz angedrohten Nebenstrafen und Nebenfolgen neben dem schwereren nicht zur Anwendung kommen. E. 69, 388. Diese Rechtsprechung h a t das RG. (Gr. StrSen. E. 73, 148) unter allseitiger Zustimmung aufgegeben (s. B G H S t . 1, 156). Ist in dem milderen Gesetz neben Freiheitsstrafe Geldstrafe vorgeschrieben oder zugelassen, so muß oder kann demgemäß neben der im schwereren Gesetz allein angedrohten Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkannt werden. E . 75, 190. Auf die in dem milderen Gesetz vorgesehenen sichernden und bessernden Maßregeln, z. B. die in § 42a bezeichneten Maßregeln der Sicherung und Besserung, auf polizeiliche Einziehung, Eidesunfähigkeit und Buße, Abführung von Mehrerlös (§ 49 WiStG. — B IV 7 —) kann ebenfalls erkannt werden. E. 72, 107. 3) In der Urteilsformel ist, soweit nicht die Allgemeinverständlichkeit des Urteilsspruches (vgl. § 260 Abs. 4 StPO.) dadurch beeinträchtigt wird, das Schuldig wegen aller ideell konkurrierenden Delikte auszusprechen; die Feststellung in den Gründen genügt nicht. E. 27, 86. Eine besondere Freisprechung von einem nach der erhobenen Beschuldigung ideell konkurrierenden Delikt hat aber zu unterbleiben. E. 52, 190. Unzulässig ist ein Ausspruch des Gerichts, es würde auf die gleiche Strafe auch erkannt haben, wenn es statt Tateinheit Tatmehrheit angenommen hätte, da die Strafe dem Gesamtverhalten entsprechen muß, wie es tatsächlich festgestellt und rechtlich beurteilt worden ist. E. 70, 403. Z u § 7 4 : 1) Wegen der Behandlung der Tatmehrheit bei Jugendlichen s. § 31 JGG. (Einheitsstrafe). 2) a) Erforderlich ist eine Mehrheit wenigstens in gewissem Umfang zeitlich getrennter Handlungen, von denen jede für sich allein bereits begrifflich einen Deliktstatbestand verwirklicht. Realkonkurrenz kann auch vorliegen, wenn die Handlungen innerlich durch E n t schluß, Ziel oder Zweck des Täters miteinander verbunden sind, z. B. wenn die eine Tat verübt wird, um eine andere vorzubereiten oder zu ermöglichen. E. 56, 59. Straflose V o r t a t liegt vor, wenn die Tat nach natürl. Auffassung mit der H a u p t t a t zu einer Einheit verschmilzt. S t r a f l o s e N a c h t a t liegt vor, wenn die Strafbarkeit einer T a t durch die Strafe für das voraufgegangene Delikt konsumiert wird, weil durch beide Taten dieselbe Person oder dasselbe Rechtsgut verletzt wird und durch die nachfolgende T a t das vorangegangene Unrecht in d e r s e l b e n R i c h t u n g ausgewertet oder gesichert wird, so daß der durch die zweite Tat angerichtete Schaden mit dem durch die erste T a t verursachten zusammenfällt. E. 49, 16; 64, 283; 68, 229; OLG. Hessen (Frankf.) N J W . 48, 392. Daher ist die an einer gestohlenen Sache begangene Sachbeschädigung straflose N a c h t a t ; dagegen liegt ein selbständiger Betrug vor, wenn der Dieb die gestohlene Sache einem gutgläubigen Dritten verkauft, weil neben dem Eigentümer auch der Käufer verletzt ist. Straflose Nachtat kommt nicht nur bei Vermögensdelikten, sondern auch bei Angriffen auf andere Rechtsgüter in Frage, z. B. Eingriff in die geordnete Warenverteilung durch Beiseiteschaffen von Bezugsberechtigungen (§ 2

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WiStG.) und deren nachfolgende Verwertung. OLG. Kiel N J W . 48, 393; a. M. OLGe Hessen (Frankf.) N J W . 48, 392; Hamm MDR. 48, 188. Uber das Verhältnis von Sicherungsbetrug und -erpressung ( = Betrug zur Sicherung strafbar erlangten Gutes) zur Vortat s. noch Schröder MDR. 60, 398. b) Bedroht das Gesetz, um die Verwirklichung eines bestimmten strafbaren Erfolges zu verhindern, schon die Herbeiführung einer Gefahrenlage mit Strafe, die zu dem Eintritt des Erfolges führen kann, so ist derjenige, der die Gefahrenlage schafft und auch den Erfolg verwirklicht, nur aus dem letzteren Grunde, nicht auch wegen Schaffung der Gefahrenlage strafbar (Subsidiarität). E . 68, 148, vorausgesetzt, daß beide Strafvorschriften das gleiche Rechtsgut schützen. E . 70, 402 (vgl. Anm. 1 Abs. 3 zu § 73). c) Die Voraussetzung des § 74, eine Mehrzahl s e l b s t ä n d i g e r Handlungen, fehlt bei der fortgesetzten Handlung; diese ist im Rechtssinne e i n e Handlung. Der Begriff der F o r t s e t z u n g verlangt E i n h e i t l i c h k e i t des V o r s a t z e s . Der Vorsatz muß nach der insbes. vom RG. vertretenen und vom BGH. geteilten Auffassung von vornherein die mehreren in Aussicht genommenen Akte strafbarer Tätigkeit als ein einheitliches Ganzes, als eine einzige, in ihrer wesentlichen Gestaltung abgegrenzte Straftat umfassen, dergestalt, daß die einzelnen Tätigkeitsakte als unselbständige Ausführungsakte einer Straftat erscheinen. Der G e s a m t v o r s a t z muß sich von vornherein auf einen bezügl. des zu verletzenden Rechtsguts, seiner Träger, ferner bezügl. Ort, Zeit und ungefährer Art der Begehung der Tat in gewisser Weise vorgestellten, nach und nach (stoßweise) zu verwirklichenden Gesamterfolg richten. B G H S t . 1, 315 (wie z. B . wenn der Täter sich entschließt, fortlaufend Fahrräder auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu stehlen und aus dem Verkaufserlös seine Existenz zu bestreiten. RG. ZAkadDR. 43, 59); der allgemeine unbestimmte Entschluß, bei künftiger Gelegenheit gleiche oder ähnliche, in ihrer tatsächlichen Gestalt noch gar nicht vorgestellte Straftaten zu begehen, genügt nicht. RG. D J . 36, 728; 38, 2038; B G H S t . 2, 167; ebensowenig ein allgemeiner Entschluß, zahlreiche Straftaten bis zur Erlangung von Verbrechensbeute in einem bestimmten Gesamtwert zu begehen, deren Ausführung nach Ort, Zeit und Art noch ungewiß ist. E . 72, 42. Größere zeitl. Abstände zwischen den Einzelhandl. sprechen vielfach gegen einen Gesamtvorsatz. Die z. T. im Schrifttum vertretene Auffassung, es bedürfe nicht eines von vornherein auf den Gesamterfolg gerichteten Gesamtvorsatzes, vielmehr genüge für die Einheitlichkeit des Vorsatzes, wenn der Täter jeweils in Fortsetzung des vorausgegangenen einen gleichen neuen Entschluß fasse (sog. Fortsetzungsvorsatz), ist abzulehnen, da sie den Begriff der Fortsetzungstat zu stark ausweitet. Die gewisse Inkongruenz, daß u. U. der Gesamtvorsatz, obwohl er einen schwereren Schuld Vorwurf begründet, zu einem günstigeren Schuldspruch (eine Tat statt Tatmehrheit) führen kann, läßt sich bei der Strafzumessung ausgleichen. BGH. N J W . 53, 1112. Außer der Einheit des Vorsatzes ist G l e i c h a r t i g k e i t der B e g e h u n g s f o r m . RG. D J . 39, 307 und I d e n t i t ä t des R e c h t s g u t s erforderlich; Verschiedenheit der Träger des Rechtsguts ist ohne Bedeutung. E . 70,146. Die Zusammenfassung zu einer fortgesetzten Tat ist ausgeschlossen, wenn sich die verschiedenen Einzelhandlungen gegen besonders bedeutsame Rechtsgüter richten und die Annahme einer fortgesetzten Handlung dem natürlichen R e c h t s e m p f i n d e n widerspricht. Dies ist insbesondere der Fall bei Angriffen gegen die sog. h ö c h s t p e r s ö n l i c h e n R e c h t s g ü t e r , wie Leben, Gesundheit, Freiheit, sittliche Reinheit oder Ehre verschiedener Personen. E . 73, 18. Daher k e i n e fortgesetzte Handlung, wenn an verschiedenen Kindern unzüchtige Handlungen vorgenommen sind. Gr. Sen. E. 70, 243 (Annahme einer natürlichen Handlungseinheit ist möglich. RG. J W . 29, 514); bei Abtreibungshandlungen an verschiedenen Frauen. E. 59, 98, OLG. Kiel N J W . 48, 195; wenn verschiedenen Frauen Abtreibungsmittel verschafft werden. E . 68, 13; bei aktiver Bestechung (§ 333) mehrerer Beamter. E . 72, 174; bei Unzucht (§ 175) mit mehreren Männern. E . 70, 282, wohl aber im Falle des Vergehens gegen § 183. RG. H R R . 35 Nr. 217, oder gegen § 181a. E . 70, 150. An der Gleichartigkeit der Begehungsform f e h l t es beim Zusammentreffen von Täterschaft und Beihilfe. E . 67, 130, 139; BGH.LM. Nr. 2 zu § 331 StPO., an der Identität des Rechtsguts, wenn v e r s c h i e d e n e S t r a f g e s e t z e verletzt sind. E. 64, 279. Dasselbe Strafgesetz ist auch verletzt, wenn die Einzelhandlungen teils versucht, teils vollendet sind oder wenn straferschwerende oder strafmindernde Merkmale bei einzelnen Handlungen hinzutreten. E . 67, 63; B G H S t . 1,381. Dagegen kein Fortsetzungszusammenhang: zwischen §§ 185 und 187. KG. D J Z . 29, 1420; zwischen Meineid und eidesstattlicher Versicherung. R G . J W . 31, 2820; E . 67, 168; zwischen Diebstahl und Unterschlagung. E . 58, 228; zwischen Unterschlagung und gewerbsmäßiger Hehlerei. J R . 2 7 Nr. 186; zwischen Hehlerei und Begünstigung. DRZ. 31 Nr. 277; zwischen einfacher und Amtsunterschlagung. Recht 32 Nr. 2609, 2610; zwischen § 306 Nr. 2 und § 308. RG. D J . 38, 1190. Zwischen verschiedenen Steuerzuwiderhandlungen kann Fortsetzungszusammenhang nur bestehen, wenn sie sich auf die gleiche oder nahe verwandte Steuerarten beziehen, also nicht, wenn Umsatz-, Einkommen- und Vermögenssteuer zusammentreffen. RG. J W . 36, 1677 16 , (aber Tateinheit, wenn die Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung erfolgen, RG. DR. 39, 235). Dagegen Fortsetzungszusammenhang, wenn die gleiche Steuer gegenüber verschiedenen

1. Teil. 5. Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. § 74

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mehrere Verbrechen oder Vergehen3), oder dasselbe Verbrechen oder Vergehen mehrmals begangen und dadurch mehrere zeitige Freiheitsstrafen4) verwirkt hat, ist auf eine Gesamtstrafe zu erkennen, welche in einer Erhöhung der verwirkten schwersten Strafe besteht 6 ). Steuerhoheitsträgern (z. B. die gleiche Gemeindesteuer gegenüber verschiedenen Gemeinden) hinterzogen wird. E. 76, 195. Erfüllen die Einzelakte der fortgesetzten Handlung teils den Tatbestand des vollendeten, teils den des versuchten Delikts, so ist nur wegen fortgesetzter vollendeter T a t zu verurteilen. Denn die fortgesetzte Handlung bildet im Rechtssinne nur e i n e Tat, die nicht gleichzeitig vollendet und nur versucht sein kann. RG. J W . 36, 16771*. Ebenso findet Verfolgung der ganzen fortgesetzten Handlung von Amtswegen statt, wenn die Einzelakte zum Teil von Amts wegen, zum Teil nur auf Antrag verfolgbare Zuwiderhandlungen darstellen. E. 71, 286. Bei f a h r l ä s s i g e n Handlungen ist mangels eines Gesamtvorsatzes ein Fortsetzungszusammenhang nicht möglich. E. 76, 70; BayObLG. N J W . 51, 493; OLG. Hamm JMB1. NRW. 51, 219; a. M. OGH. St. 1, 347; KG. J R . 50, 405, ebenso nicht bei vorsätzlichen und fahrlässigen Handlungen. E. 73, 230; B G H . J R . 52, 445; OLG. Köln N J W . 53, 676 (sie können aber eine natürliche Handlungseinheit, bei Unterlassungen ein Dauerdelikt bilden. RG. D J . 39, 1284; E. 73, 230. Die rechtskräftige Verurteilung wegen fortges. H. konsumiert auch die Strafbarkeit bei der Aburteilung nicht bekannter Einzelakte. Ist ein Einzelakt fälschlich als selbständige Tat abgeurteilt, so hindert dies die Aburteilung der übrigen Einzelakte als fortges. H. nicht; es darf bei der späteren Aburteilung der übrigen Einzelhandlungen die abgeurteilte Einzeltat nicht in die fortgesetzte Handlung einbezogen werden. RG. D J . 36, 728; und ist nur Berücksichtigung bei der Strafzumessung möglich. OLG. München N J W . 48, 392. Aus dem Wesen der fortgesetzten Handlung als e i n e r T a t ergibt sich, daß, wenn das Gericht einzelne Handlungen als nicht erwiesen ansieht, eine Freisprechung insoweit nicht erfolgt. Dies gilt auch, wenn die Anklage Tatmehrheit angenommen hat, während das Gericht eine fortgesetzte Handlung als vorliegend ansieht und eine oder mehrere Einzelhandlungen für nicht erwiesen hält. RG. GA. 46, 109; OLG. H a m m H E S t . 1, 187 (str.). Sieht aber das Gericht von mehreren angekl. Einzelhandl. nur e i n e als erwiesen an, so ist wegen der übrigen freizusprechen. — Mit der Rechtskraft des Urteils wird der Fortsetzungszus. unterbrochen. E. 66, 48. d) Den Begriff eines einheitlichen „Massenverbrechens", der eine unfaßbar große Zahl gleichförmiger Gesetzesverletzungen zu einer natürlichen Handl. zusammenfassen soll, gibt es neben der fortgesetzten Handl. nicht. B G H St. 1, 219; N J W . 51, 666. e) Als D a u e r s t r a f t a t werden die Fälle strafbaren Verhaltens zu e i n e r T a t zusammengefaßt, in denen der mit Strafe bedrohte Tatbestand durch eine schuldhafte Willensbetätigung des Täters — Handlung oder Unterlassung — erfüllt wird, die u n u n t e r b r o c h e n während eines gewissen Zeitraumes fortdauert, während im Gegensatz dazu bei den sog. Z u s t ä n d s delikten durch eine e i n m a l i g e schuldhafte Handlung ein fortdauernder rechtswidriger Zustand erzeugt wird. RG. DR. 40, 1672. f) In denjenigen Fällen, in denen die gewerbs-, gewohnheits- oder geschäftsmäßige Begehung ein strafschärfendes oder strafbegründendes Tatbestandsmerkmal darstellt, bildeten nach der früheren Rechtsprechung mehrere Einzelhandlungen materiellrechtlich und verfahrensrechtlich e i n e Straftat (ein sog. S a m m e l v e r b r e c h e n ) . Diese Rechtsprechung h a t das RG. angesichts der Nachteile für die Verbrechensbekämpfung, zu denen sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht führte, in E. 72, 164; s. auch E. 72, 257, 285, 313, aufgegeben und ausgesprochen, daß die gewerbs-, gewohnheits- oder geschäftsmäßige Begehung der Einzeltat die Eigenschaft einer s e l b s t ä n d i g e n Handlung nicht nimmt, wenn sich die Strafvorschrift gegen die aus strafwürdigem Willen heraus begangene Einzeltat richtet, und zwar ohne Unterschied, ob die Gewerbsmäßigkeit usw. strafbegründend oder strafschärfend wirkt; doch schließen sich gewerbsmäßige Begehung und Fortsetzungszusammenhang nicht aus. E. 58, 19. Diese Rechtsprechung h a t ihre Bedeutung behalten. B G H S t . 1, 42; OLGe. Braunschw. MDR. 47, 136; Kiel N J W . 48, 195; KG. J R . 51, 213. 3) Nicht: Übertretungen. 4) Freiheitsstrafen, welche an die Stelle von Geldstrafen treten, dürfen nicht zu einer Gesamtstrafe vereinigt werden. R. 4, 326 (§ 78), auch nicht die Freiheitsstrafen, an deren Stelle Geldstrafen treten (§ 27b). E. 59, 21. Aus den Entscheidungsgründen müssen sich die verhängten Einzelstrafen entnehmen lassen. E. 52, 253. 5) Die Erhöhung darf nicht schematisch in der Weise stattfinden, daß die Einzelstrafen nach einem gleichen Verhältnis gekürzt und darauf der Einsatzstrafe zugezählt werden. E . 44, 302; OLG. Bremen H E S t . 2, 232. Bei dem Zusammentreffen mehrerer mit Zuchthaus

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 75—78

(2) Bei dem Zusammentreffen ungleichartiger Freiheitsstrafen tritt diese Erhöhung bei der ihrer Art nach schwersten Strafe ein. (3) Das Maß der Gesamtstrafe darf den Betrag der verwirkten Einzelstrafen nicht erreichen und fünfzehnjähriges Zuchthaus, zehnjähriges Gefängnis oder fünfzehnjährige Einschließung nicht übersteigen. * § 75. [Sonderung bei Einschließung] (1) Trifft Einschließung nur mit Gefängnis zusammen, so ist auf jede dieser Straf arten gesondert zu erkennen. (2) Ist Einschließung oder Gefängnis mehrfach verwirkt, so ist hinsichtlich der mehreren Strafen gleicher Art so zu verfahren, als wenn dieselben allein verwirkt wären. (8) Die Gesamtdauer der Strafen darf in diesen Fällen fünfzehn Jahre nicht übersteigen. § 76 1 ). [Nebenstrafen] Neben der Gesamtstrafe müssen oder können Nebenstrafen 2 ) und Nebenfolgen verhängt und Maßregeln der Sicherung und Besserung angeordnet werden, wenn das auch nur wegen einer der Gesetzesverletzungen vorgeschrieben oder zugelassen ist. § 77. [Sonderung bei Haft] (1) Trifft Haft mit einer anderen Freiheitsstrafe zusammen, so ist auf die erstere gesondert zu erkennen. (2) Auf eine mehrfach verwirkte Haft ist ihrem Gesamtbetrage nach, jedoch nicht über die Dauer von drei Monaten zu erkennen. § 78. [Mehrere Geldstrafen] (1) Sind mehrere Geldstrafen verwirkt, so ist auf jede gesondert zu erkennen 1 ). (2) Das gleiche gilt von den Freiheitsstrafen, die an die Stelle uneinbringlicher Geldstrafen treten 1 ). Ihre Gesamtdauer darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Gesamtdauer mehrerer zusammentreffender Haftstrafen darf drei Monate nicht übersteigen. zu bestrafender Verbrechen muß die Einsatzstrafe mindestens um einen vollen Monat erhöht werden. E. 8, 26. — Treffen ungleichartige Freiheitsstrafen zusammen, so sind zunächst die milderen in die schwereren umzuwandeln. Das Maß der Gesamtstrafe darf den Betrag der danach ermittelten Einzelstrafen nicht erreichen. R. 6, 388. Es ist aber nicht erforderlich, daß die einzelnen Gefängnisstrafen ausdrücklich in ziffermäßige Zuchthausstrafen umgewandelt werden. E. 36, 88. Siehe auch Anm. 2 zu § 21. Eine Zusammenziehung lebenslanger Zuchthausstrafe mit zeitiger Freiheitsstrafe ist unzulässig. RG. JW. 24, 300. Die Einzelstrafen haben, solange die Gesamtstrafe besteht, keine selbständige Bedeutung. E. 60, 207. Aufhebung der Gesamtstrafe durch das Rev.-Gericht bewirkt nicht auch Aufhebung der Einzelstrafen. Plen.-Beschl. E. 25, 297. Besteht eine Einzelstrafe nur in einem Tag Gefängnis, so wird die Einsatzstrafe nicht erhöht. E. 30, 141. Zu § 76: 1) I. d. F. des Gesetzes v. 24. 11. 1933 (RGBl. I S. 995) und des Gesetzes v. 23. 3. 1934 (RGBl. I S. 213). 2) Die Dauer der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte darf auch bei einer Gesamtstrafe niemals über 10 Jahre betragen. E. 68, 176. Die Ehrenstrafe ist nur neben der Gesamtstrafe, nicht neben den Einzelstrafen zu verhängen. RG. a.a.O. Zu § 78. 1) Die einzelnen Geld- wie auch Ersatzstrafen sind gesondert im Tenor aufzuführen. RG. DJ. 34, 1407. — Sind für mehrere Ordnungswidrigkeiten mehrere Geldbußen verwirkt, so ist ebenfalls auf jede gesondert zu erkennen. § 16 OWiG. — A 4 —.

1. Teil. 5. Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. § 79

79

§ 79. [Nachträgliche Gesamtstrafenbildung] Die Vorschriften der §§ 74 bis 78 finden auch Anwendung, wenn, bevor eine erkannte Strafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist 1 ), die Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung erfolgt, welche vor der früheren Verurteilung2) begangen war. Zu § 79. 1) Daß diese Voraussetzung gegeben, muß in dem Urteil festgestellt werden. RG. H R R . 38 Nr. 1316. Entscheidend für die Frage der V e r b ü ß u n g usw. ist der Tag der Verkündung des l e t z t e n in der neu abgeurteilten Sache ergehenden t a t r i c h t e r l i c h e n Urteils. E. 74, 391; B G H S t . 2, 230 (str.). Ist also in erster Instanz die Bildung einer Gesamtstrafe unterblieben, so darf das BG. eine inzwischen bereits völlig verbüßte Strafe nicht berücksichtigen; die darin für den Angekl. Hegende H ä r t e ist bei der Strafzumessung auszugleichen. BGH. N J W . 53, 1879. Ebenso ist, wenn das eine Gesamtstrafe gemäß § 79 aussprechende Urteil 1. Instanz in der Rev.-Instanz aufgehoben wird und bis zur erneuten Aburteilung die 1. Strafe in der Zwischenzeit verbüßt ist, die Bildung einer Gesamtstrafe ausgeschlossen. Erfolgt aber die Aufhebung eines Urteils wegen fehlerhafter Unterlassung der Gesamtstrafenbildung, so ist die GesStr. auch dann zu bilden, wenn in diesem Zeitpunkt die frühere Strafe verbüßt ist, denn die Nachholung der GesStr.-Bildung ist keine Verurteilung i. S. des § 79. BGH. N J W . 54, 119. E r l a s s e n ist eine Strafe erst mit dem endgültigen Erlaß; also noch nicht, wenn nur die Vollstreckung bedingt mit Bewährungsfrist ausgesetzt ist, auch nicht bei Erlaß unter der aufschiebenden Bedingung, daß die Vollstreckung nicht angeordnet wird. OLG. H a m m JMB1. NRW. 52, 35. Ist, nachdem bereits auf eine Gesamtstrafe erkannt war, die Bildung einer neuen Gesamtstrafe erforderlich, so ist von den der 1. Gesamtstrafe zugrunde liegenden Einzelstrafen auszugehen. Die neue Gesamtstrafe darf den Betrag der neuen Einzelstrafe und den der früheren Gesamtstrafe nicht übersteigen. RG. D R . 40, 1417. A. M. LK. Anm. 8. Sollen bei Bildung einer Gesamtzuchthausstrafe mit früher erkannten Gefängnisstrafen die davon bereits verbüßten Teile auf die Gesamtstrafe angerechnet werden, so muß die Anrechnung auf den Teil der Strafen ausgedehnt werden, den der Angeklagte zu der Zeit verbüßt hat, zu welcher der Ausspruch der nunmehrigen Gesamtzuchthausstrafe rechtskräftig wird. RG. JW. 31, 2573. Die in dem früheren Urteil ausgesprochene Anrechnung der Untersuchungshaft kann in der Urteilsformel wiederholt werden. LK. Anm. 10. Bei Bildung der Gesamtstrafe fallen N e b e n s t r a f e n , die früher neben rechtskräftigen Einzelstrafen verhängt wurden, mit deren Einbeziehung in die Gesamtstrafe weg; das Gericht muß daher prüfen, ob neben der Gesamtstrafe eine solche Nebenstrafe zu verhängen ist, wobei es durch die Rechtskraft der früheren Entscheidung nicht gebunden ist. E. 74, 5; RG. J W . 37, 2380. Ist neben mehreren Freiheitsstrafen auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt, so empfiehlt sich bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe (§ 462 StPO.) nicht die vielfach übliche Wendung, daß es bei dem Ehrverlust ,,sein Bewenden habe", vielmehr ist die darin steckende Unklarheit des Spruchs durch ausdrückliche Bildung einer neuen Ehrverluststrafe zu beseitigen. OLG. Dresden DStR. 38, 430. Auch die Aufrechterhaltung der in einem früheren Urteil angeordneten M a ß r e g e l n d e r S i c h e r u n g u n d B e s s e r u n g ist bei Bildung der Gesamtstrafe neu zu prüfen. RG. DR. 39, 1506. So ist z. B. neben Sicherungsverwahrung die Aufrechterhaltung von Polizeiaufsicht aus einem anderen Urteil zwecklos. E. 75, 212. Andererseits kann das Gericht neben der Gesamtstrafe eine solche Maßregel, auch Sicherungsverwahrung, auch dann noch anordnen, wenn eine solche in den rechtskräftigen Urteilen über die Einzelstrafen nicht angeordnet war. RG. D J . 41, 925. Nicht aufgenommen zu werden brauchen Nebenstrafen und Maßregeln, die bereits durch Vollzug erledigt sind wie z. B. eine Einziehungsanordnung, nachdem das Eigentum am Einziehungsgegenstand auf den Fiskus übergegangen ist. OLG. Köln N J W . 53, 1564. 2) Die „frühere Verurteilung" ist erfolgt mit der Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils. § 79 findet also Anwendung, wenn der Täter nach Verurteilung in 1. Instanz Berufung einlegt und vor der Verkündung des Berufungsurteils eine neue T a t begeht, dagegen nicht, wenn er in der Zeit nach Verkündung des letzten tatrichterlichen Urteils, aber vor E i n t r i t t der Rechtskraft — also während des ungenutzten Ablaufs einer Rechtsmittelfrist oder nach Einlegung der Revision — sich erneut strafbar macht. E. 53, 145; 60, 384. § 79 ist auch anwendbar, wenn nach Aufhebung eines Urteils in der Revisionsinstanz eine erneute Aburteilung stattfindet und der Täter zwischen Verkündung des 1. und des 2. tatrichterlichen Urteils eine neue T a t beging. E. 33, 231; 53, 145. Anders, wenn im Wiederaufnahmeverfahren eine Wiederholung der Hauptverhandlung stattfindet; hier sind Taten, die in der Zeit zwischen Verkündung des 1. und des im Wiederaufnahmeverfahren ergehenden neuen Urteils begangen wurden, nicht zu berücksichtigen. R. 8,252. Unanwendbar ist §79 auch, wenn der Täter in der

80

2. Teil. 1. Abschnitt. Hochverrat. § 80

ZWEITER

TEIL

Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung 1. Abschnitt*).

Hochverrat

§ 80. [Hochverrat] BGH

(l) Wer es unternimmt 1 ), mit Gewalt2) oder durch Drohung mit Gewalt3) 1. die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland oder der Verfassung eines ihrer Länder beruhende verfassungsmäßige Ordnung4) zu ändern8),

Zeit zwischen der ersten Verurteilung und der jetzt gemäß § 79 erfolgenden Bildung einer Gesamtstrafe mit der Strafe für eine vorher begangene Tat wieder straffällig geworden ist. RG. H R R . 31 Nr. 633; OLG. Stuttgart N J W . 50, 316 (wegen der Behandlung einer dementgegen unzulässig gebildeten Gesamtstrafe, wenn eine neue Gesamtstrafenbildung erforderlich wird, vgl. E. 46, 181). Erfolgt die spätere Verurteilung wegen eines fortgesetzten Delikts und liegt ein Teil der Handlungen vor der ersten Verurteilung, so darf eine Gesamtstrafe nicht gebildet werden. E. 59, 168. Voraussetzung für die Anwendung des § 79 ist die Rechtskraft des ersten Urteils. RG. J W . 25, 57; zweifelnd H R R . 38 Nr. 1317. Ist das frühere Urteil noch nicht rechtskräftig, so muß die Entscheidung über die Gesamtstrafe einem späteren Verfahren (§ 460 StPO.) vorbehalten werden. War das frühere Urteil rechtskräftig und dem Gericht bekannt, so m u ß grundsätzlich auf eine Gesamtstrafe erkannt werden; nur aus triftigen Gründen darf sie dem Beschlußverfahren vorbehalten werden. E. 64, 413; RG. H R R . 38 Nr. 1317. Die Nichtberücksichtigung des § 79, wenn die frühere Verurteilung bekannt war, ist Revisionsgrund. E. 64, 413. (Die Rechtsprechung der Senate des BGH. ist uneinheitlich, vgl. B G H S t . 2, 388; 3, 280 und Heußler N J W . 53, 452.) War das frühere Urteil dem Gericht unbekannt, so gibt die unterlassene Anwendung des § 79 keinen Revisionsgrund. R. 7, 186, ebensowenig, wenn die Vorstrafakten noch nicht vorlagen. E. 34, 267. § 79 ist unanwendbar bei früherer Verurteilung durch ein ausländisches Gericht. E. 75, 256; OLG. H a m m JMB1 N R W . 50, 144; einschl. eines Gerichts der Besatzungsmacht B G H . LM. Nr. 1 zu § 335; OLG. Bremen N J W . 50, 918. Z u m 1. A b s c h n . : *) Die §§ dieses Abschnitts sind anstelle der durch KontrRGes. Nr. 11 v. 30. 1.1946 aufgehobenen §§ 80—87 a. F. eingefügt durch das 1. Strafrechtsänderungsgesetz v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739) — in Berlin übernommen durch Ges. v. 30. 10. 1952 (GVB1. S. 994) —. Z u § 80: 1) Vgl. § 87. 2) Gewalt ist Entfaltung physischer Kraft zur Überwindung eines geleisteten oder Ausschaltung eines erwarteten Widerstandes gegen die Durchführung des Hochverrats. Die Gewalt kann sich gegen Personen oder Sachen richten (vgl. Anm. 3 zu § 240. 3) Vgl. Anm. 4 zu § 240. 4) § 81 StGB. 1871 und § 80 StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934 sprachen — ebenso wie § 86 StGB.-Entw. 1927 — von der Änderung der „Verfassung des Reichs" (oder eines Landes). Dabei waren unter „Verfassung" die Grundlagen des staatlichen Lebens, gleichviel ob in der Verfassungsurkunde oder an anderer Stelle geordnet, zu verstehen. E. 41, 138. Wenn jetzt § 80 im Anschluß an Art. 143 GG. und an § 87 RegEntw. 1950 als Schutzobjekt die „verfassungsmäßige Ordnung" bezeichnet, so bedeutet dies keine sachliche Änderung. Die verfassungsmäßige Ordnung beschränkt sich nicht etwa auf die in § 88 Abs. 2 bezeichneten Verfassungsgrundsätze. Vielmehr sind „unter verfassungsmäßiger Ordnung die Grundlagen des staatlichen Zusammenlebens zu verstehen, also in erster Linie die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 18 GG., die grundlegenden politischen Staatseinrichtungen und ihr ordnungsgemäßes Funktionieren, wie auch die Aufrechterhaltung des Systems von mindestens zwei politischen Parteien (vgl. Art. 21 GG., der von einer Mehrheit von Parteien ausgeht). Ob diese Grundlagen des staatlichen Lebens in dem GG. oder in den Landesverfassungen geregelt sind oder ihre Gültigkeit aus anderen Rechtsgrundlagen herleiten, ist dabei ohne Belang" (amtl. Begr. zu § 87 RegEntw. 1950). Auch die erst im Rechtsausschuß

2. Teil. 1. Abschnitt. Hochverrat § 8 1

81

2. das Bundesgebiet einem fremden Staate einzuverleiben oder einen Teil des Bundesgebietes loszureißen, 3. das Gebiet eines Landes ganz oder teilweise einem anderen Lande der Bundesrepublik einzuverleiben oder einen Teil eines Landes von diesem loszureißen, wird wegen Hochverrats, wenn sich das Unternehmen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen das Bundesgebiet (Nr. 1, 2) richtet, mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren, wenn sich das Unternehmen gegen das Gebiet eines Landes (Nr. 3) richtet, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft6). (2) Sind mildernde Umstände 7 ) vorhanden, so kann bei Taten nach Abs. 1 Nr. 1 oder 2 auf Zuchthaus, bei Taten nach Abs. 1 Nr. 3 auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden.

§ 81. [Vorbereitung des Hochverrats] (1) Wer ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen die verfassungs- BGH. mäßige Ordnung oder gegen das Bundesgebiet (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 2) vorbereitet1), wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Gefängnis nicht unter einem Jahre erkannt werden. (2) Wer ein bestimmtes hochverräterisches Unternehmen gegen das Gebiet eines Landes (§ 80 Abs. 1 Nr. 3) vorbereitet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. erfolgte Einfügung der Worte „auf dem Grundgesetz . . . . beruhende" kann nicht die Bedeutung haben, als ob nur unmittelbar im GG. geregelte Einrichtungen Gegenstand des Strafschutzes seien, sondern will offenbar nur klarstellen, daß grundgesetzwidrige (landesverfassungswidrige) Einrichtungen nicht unter § 80 fallen. Auch eine durch einfaches, aber in Übereinstimmung mit GG. oder Landesverfassung zustandegekommenes Bundes- oder Landesgesetz geschaffene wesentliche Grundlage des staatlichen Lebens „beruht" auf dem GG. oder der Landesverfassung. 5) Es genügt also nicht der lediglich auf eine Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung gerichtete Vorsatz. E. 56, 261. 6) Zwischen dem Unternehmen des Hochverrats und anderen damit verbundenen Straftaten besteht keine Gesetzeseinheit. E. 69, 57, insbesondere nicht mit strafbaren Handlungen, die sich gegen Privatpersonen richten. E. 58, 2. 7) Vgl. Anm. 6 zu § 218. Z u § 81: 1) I m Gegensatz zu Art. 143 Abs. 2 GG. und dem früher geltenden Recht verzichtet § 81 darauf, einzelne Fälle der Hochverratsvorbereitung beispielshalber oder durch Androhung erhöhter Mindest- und Höchststrafen hervorzuheben. Strafbar ist auch die entfernteste Vorbereitungshandlung, soweit sie nicht nur unter die §§ 89—97, lOOd Abs. 2, 3 fällt. Soweit die Vorbereitungshandlung in der Verabredung eines hochverräterischen Unternehmens besteht, ist § 81 in Verb, mit § 82 lex specialis gegenüber § 49 a. Mittel der Vorbereitung kann z. B. auch die geistige oder seelische Beeinflussung der Bevölkerung des Staates sein, gegen den das Unternehmen geplant ist. B G H . v. 8. 4. 1952 — StE. 3/52 —. § 81 weicht von dem Wortlaut der entsprechenden früheren Bestimmungen dadurch ab, daß er eine auf ein b e s t i m m t e s Unternehmen sich beziehende Vorbereitungshandlung fordert. Sachlich entspricht dies aber der Auslegung des früheren Hechts (vgl. LK., 3. Aufl. [1925] Anm. 1 zu § 86 und 6. Aufl. [1944] Anm. I I 1 zu § 83). Die Bestimmtheit des Unternehmens erfordert, daß der hochverräterische Gedanke des Täters sich in einem irgendwie greifbaren Plan verkörpert hat, dergestalt, daß Angriffsgegenstand und Angriffsziel feststehen und dieVerwirklichung des Angriffsplanes nicht in ungewisser und unabsehbar weiter Ferne liegt. Nicht ist erforderlich, daß in der Vorstellung der bei der Vorbereitung Tätigen das hochverräterische Unternehmen eine nach allen Richtungen bestimmte Gestaltung angenommen hat, daß die Einzelheiten bekannt sind. E. 5, 215; 16, 165; 41, 138; BGH. v. 8. 4. 1952 — StE. 3/52 —. Tateinheit ist u. a. mit § 93 möglich. BGH. a.a.O. 6

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

82

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 82, 83

§ 82.

[Tätige Reue]

Das Gericht kann 1 ) die in den §§ 80, 81 angedrohte Mindeststrafe unterschreiten 2 ), auf die nächstmildere Strafart erkennen3) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften 4 ) absehen 5 ), wenn der Täter aus freien Stücken seine Tätigkeit aufgibt und den Erfolg abwendet. Unterbleibt der Erfolg ohne Zutun des Täters, so genügt sein ernstliches Bemühen, den Erfolg abzuwenden8).

§ 83. [Hochverräterischer Anschlag und hochverräterischer Zwang1)] (1) Wer einen Angriff auf Leib oder Leben 2 ) des Bundespräsidenten begeht, wird wegen hochverräterischen Anschlags mit Zuchthaus bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. (2) Wegen hochverräterischen Zwanges wird ebenso bestraft, wer den Bundespräsidenten seiner verfassungsmäßigen Befugnisse beraubt 3 ) oder mit Gewalt4) oder durch rechtswidrige Drohung4) nötigt oder hindert, seine veriassungsmäßigen Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben. Zu § 8 2 : 1) Nach pflichtmäßigem Ermessen. Macht das Gericht von den Möglichkeiten des § 82 keinen Gebrauch, so müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, ob sich das Gericht der Möglichkeiten bewußt gewesen ist; wird von Strafe abgesehen oder entgegen einem in der Verhandl. gestellten Antrag nicht abgesehen, so muß dies in den Urteilsgründen begründet werden (§ 267 Abs. 3 StPO).. 2) Eine Unterschreitung kommt nur in Betracht, wo e r h ö h t e Mindeststrafen (z. B . Zuchthaus nicht unter 10 Jahren, § 80 Abs. 1, oder Gefängnis nicht unter 1 Jahr, § 81 Abs. 1 Satz 2) angedroht sind. Hier kann auf das gesetzliche Mindestmaß der angedrohten Strafart zurückgegangen werden; dagegen ermächtigt § 82 nicht, auf Zuchthaus von weniger als einem J a h r zu erkennen. 3) Gegenüber Zuchthaus ist Gefängnis, gegenüber Gefängnis Einschließung und Haft die nächstmildere Strafart. Auf Geldstrafe kann deshalb nicht gemäß § 82, sondern nur im Fall des § 81 Abs. 2 unter den Voraussetzungen des § 27 b erkannt werden. Das Höchst- und Mindestmaß der Strafe richtet sich nach der angewandten Strafart. 4) Eine nach anderen Vorschriften verwirkte Strafe bleibt also unberührt. 5) Bis zum Beginn der Hauptverhandlung erfolgt das Absehen von Strafe durch Absehen von der Erhebung der öffentl. Klage oder Einstellung des Verf. (§ 153a StPO.); von da ab durch Urteil nach durchgeführter Hauptverhandl. unter Schuldigsprechung des Angekl. (§ 260 Abs. 4 Satz 2 StPO.). Kosten: § 465 Abs. 1 Satz 2 StPO. 6) Vgl. Anm. 8, 10, 11, 13, zu § 49a. Zu § 8 3 : 1) § 83 Abs. 1 knüpft an § 94 S t G B . i. d. F . der VO. v. 19. 12. 1932 (RGBl. I S. 548), Abs. 2 an § 81 S t G B . i. d. F . v. 24. 4. 1934 an. 2) Der Bundespräsident muß zur Tatzeit im Amt gewesen sein. Leib und Leben = körperliche Unversehrtheit (einschl. Freiheitsberaubung), wobei die Leibesgefahr keine ganz unerhebliche sein darf. E . 66, 397 (zu § 54 StGB.). Die T a t ist mit dem Angriff vollendet; daß der Angriff zu einer Verletzung geführt hat, ist nicht erforderlich (z. B . bei einem fehlgegangenen Schuß). Ob der Täter ein politisches Ziel verfolgt, ist für Abs. 1 bedeutungslos (Schafheutie J Z . 51, 610). 3) „berauben" ist nicht im technischen Sinn (§ 249), sondern im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauchs zu verstehen; es genügt daher auch ein Ausschluß von der Ausübung der verfassungsmäßigen Befugnisse durch Anwendung von List. Ob es sich um eine endgültige oder nur vorübergehende Entziehung der Befugnisse handelt, macht keinen Unterschied (amtl. Begr. zu § 86 Entw. 1927). 4) S. Anm. 3 und 4 zu § 240. Zur Rechtswidrigkeit der Drohung ist nicht die Drohung mit einem rechtswidrigen Tun oder Unterlassen erforderlich, vielmehr ist jede Drohung rechtswidrig, die als Mittel zur Nötigung oder Hinderung des Bundespräsidenten anzuwenden der Täter kein Recht hat (vgl. Anm. 2 zu § 114).

2. Teil. 1. Abschnitt. Hochverrat. §§84, 85

83

§ 84. [Fahrlässige Verbreitung hochverräterischer Schriften] Wer 1. Schriften 1 ), Schallaufnahmen 2 ), Abbildungen3) oder Darstellungen4), deren StrafK. Inhalt den äußeren Tatbestand der §§ 80, 81 oder 83 erfüllt 5 ), herausgibt 6 ), herstellt 7 ), verbreitet 8 ) oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält 9 ), 2. Äußerungen10) oder Darstellungen solchen Inhalts durch Film, Funk oder sonst durch technische Vervielfältigung verbreitet, obwohl er deren hochverräterischen Inhalt hätte erkennen müssen 11 ), wird mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist.

§ 85. [Nebenstrafen] Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden neben den Strafen aus den §§ 80, 81 Abs. 1 und § 83 auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe; neben den Strafen aus § 81 Abs. 2 und § 84 auf Geldstrafe; neben einer wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter1) und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit 2 ) Zu § 8 4 : 1) Nicht nur Druckschriften. Über den Begriff Schrift vgl. Anm. 2 zu § 41. 2) Z. B . Schallplatten, Tonbänder. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 41. 4) Vgl. Anm. 4 zu § 41. 5) Der Inhalt muß also so beschaffen sein, daß ein schuldfähiger Mensch nach den §§ 80, 81, 83 strafbar wäre, wenn er die Schrift usw. in Kenntnis und in Erkenntnis ihres Inhalts verbreiten würde. Amtl. Begr. zu § 89 RegEntw. 1950 im Anschluß an E . 65, 145. A. M. von Weber MDR. 1951, 518: es müsse eine hochverräterische Zielsetzung aus dem Inhalt der Schrift usw. erkennbar sein. 6) Der Begriff des Herausgebens ist der gleiche wie in § 6 des Reichspresseges. — B I I 2 — (vgl. dort Anm. 6). 7) Vgl. Anm. 11 zu § 184. 8) Vgl. Anm. 4 zu § 110. 9) Vgl. Anm. 12 zu § 184. 10) Die Äußerung braucht hier nicht im Sinne der Ziff. 1 verkörpert zu sein (z. B. eine im Rundfunk gehaltene Ansprache). 11) Es wird also vorausgesetzt, daß die Herausgabe, Herstellung usw. vorsätzlich erfolgt, der Täter den hochverräterischen Inhalt jedoch nicht erkannt hat, den er hätte erkennen m ü s s e n , wenn er die Sorgfalt angewandt hätte, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Erfahrungen verpflichtet und in der Lage war. Auch dann ist § 85 anwendbar, wenn der Täter zwar den hochverräterischen Inhalt erkannt, aber nicht den Vorsatz des Hochverrats oder der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens hatte. R G DRechtspfl. 1936 Nr. 429. § 85 a. F. lautete: „ obwohl er bei sorgfältiger Prüfung der Schrift den hochverräterischen Inhalt hätte erkennen können". Die Worte „bei sorgfältiger Prüfung der Schrift" sind jetzt weggelassen, um einer Überspannung der Prüfungspflicht vorzubeugen und das Mißverständnis auszuschließen, „daß hierdurch z. B. für den Buchhändler eine über die allgemeinen Sorgfaltspflichten hinausgehende besondere Pflicht zur sorgfältigen Lesung aller von ihm gehandelten Schriften selbst dann gefordert werden sollte, wenn weder Verfasser, Gegenstand noch Inhaltsverzeichnis noch sonstige Anhaltspunkte auf die Möglichkeit eines hochverräterischen Inhalts hinweisen" (amtl. Begr. zu § 89 RegEntw. 1950).

Zu § 8 5 : 1) Vgl. Anm. 1 zu § 31. 6*

84

A 2. Strafgesetzbuch. § 86

sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen2) hervorgegangenen Rechte; neben jeder wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Freiheitsstrafe auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht.

§ 86. [Einziehung und Unbrauchbarmachung] (1) Gegenstände, die durch eine in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohte Handlung hervorgebracht oder zu ihrer Begehung gebraucht oder bestimmt sind, können eingezogen1) oder unbrauchbar gemacht werden. Den Gegenständen stehen Vermögenswerte gleich, die an ihre Stelle getreten sind2). (2) 3) Gehörten die Gegenstände zur Zeit der Tat4) weder dem Täter noch einem Teilnehmer, so ist dem Eigentümer angemessene Entschädigung aus der Staatskasse zu gewähren, es sei denn, daß er sich im Zusammenhang mit der Tat auf andere Weise strafbar gemacht hat. (3) Hat der Täter für die Begehung einer in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlung ein Entgelt empfangen, so ist das Entgelt oder ein ihm entsprechender Geldbetrag einzuziehen5). (4) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden6). 2) Vgl. Anm. 1 zu § 33 und Anm. 1 zu § 34. Zu § 86: 1) Auch bei der Fahrlässigkeitstat des § 84 und ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse (abw. von § 40). Der Grundsatz, daß eine in das Ermessen des Gerichts gestellte, ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse mögliche Einziehung da nicht zulässig ist, wo nicht gegenüber dem tatunbeteiligten Eigentümer ein besonderer Rechtfertigungsgrund besteht (vgl. Anm. 7 zu § 40), gilt hier nicht, wie sich aus Abs. 2 ergibt. 2) Die Vorschrift ist neu. Eine Ersatzeinziehung in Form der Einziehung des (dinglichen) S u r r o g a t s ist dem bisherigen Recht unbekannt; es kennt nur in Einzelfällen die Ersatzeinziehung in Form der Auferlegung einer V e r m ö g e n s s t r a f e , die dem Wert des Gegenstandes entspricht, dessen Einziehung oder Verfallerklärung nicht mehr möglich ist (s. § 401 RAbgO. — B VI —, § 20 OWiG. — A 4 — und § 335 StGB.). 3) Auch diese Vorschrift, die auf das Vorbild des StGB.-Entw. 1930 zurückgeht, ist neu. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, daß eine Einziehung, die als Sicherungsmaßregel den an der Tat völlig unbeteiligten Eigentümer trifft, eine Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit darstellt, die nach Art. 14 GG. nur gegen Entschädigung zulässig ist. Der Entschädigungsanspruch ist nur ausgeschlossen, wenn er sich im Zusammenhang mit der T a t auf andere Weise (z. B. durch eine Begünstigung oder unterlassene Anzeige, § 138) strafbar gemacht h a t ; es genügt also zum Ausschluß der Entschädigung nicht, daß er die Straftat, zu der sein Eigentum gebraucht wurde oder bestimmt war, kennen mußte oder von der T a t einen für ihn erkennbaren Vorteil gehabt hat, sofern er sich nicht im Zusammenhang mit der Tat strafbar gemacht hat. E s ist nicht erkennbar, daß dieser Regelung Erwägungen zugrunde liegen, die nur für den Fall des Hochverrats zutreffen; § 85 Abs. 2 enthält daher einen Rechtsgedanken von allgemeiner Bedeutung, der demgemäß überall als anwendbar erscheint, wo das Gesetz die Einziehung als Sicherungsmaßregel ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse zwingend vorschreibt oder zuläßt und keine Rücksichtnahme auf den tatunbeteiligten Eigentümer ermöglicht. 4) Also kein Entschädigungsanspruch bei Eigentumserwerb nach der Tat, auch wenn der Erwerber gutgläubig war. 5) Eine entsprechende Vorschrift enthielt schon § 93a Abs. 2 StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934, aber nur für den Landesverrat. Die Vorschrift, die dem Täter den aus der T a t gezogenen Gewinn nimmt, h a t etwa in der Abführung des Mehrerlöses bei Wirtschaftsvergehen (§ 49 WiStG.) eine Parallele. Die Ersatzeinziehung (d. h. Auferlegung einer Vermögensstrafe in Höhe des dem Entgelt entsprechenden Geldbetrages) setzt nicht voraus, daß die Einziehung des Entgelts nicht ausführbar ist. Die Einziehung des an die Stelle des Entgelts getretenen Vermögenswertes ist — anders als in Abs. 1 — nicht zulässig. 6) Nach dem Zweck der Vorschrift genügt auch für die Einziehung Verwirklichung des äußeren Tatbestandes (vgl. Anm. l d zu § 42).

§ 87. — 2. Teil. 2. Abschnitt. Staatsgefährdung. §§ 87, 88

85

§ 87. [Begriff des Unternehmens] Unternehmen im Sinne des Strafgesetzbuchs ist die Vollendung und der Versuch 1 ). 2. Abschnitt.

Staatsgefährdung

Vorbemerkung Die Strafvorschriften dieses Abschnitts sind durch das 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739) aus der Erwägung geschaffen, daß nach den Erfahrungen der neueren und neuesten Zeit Staatsumwälzungen nicht mehr unbedingt mit den klassischen Mitteln des Hochverrats — Gewalt und Drohung mit Gewalt — erfolgen, sondern daß neben den „Kalten Krieg" die „Kalte Revolution" getreten ist, deren Methoden darin bestehen, daß „sie die Gewaltanwendung zunächst ausschließen und ein System von Einzelakten entwickelt wird, von denen jeder einzelne an sich mehr oder weniger harmlos erscheint, die aber durch das Zusammenspiel aller, die von den verschiedensten Ansatzpunkten aus das gemeinsame Ziel fördern, eine Situation schaffen können, die schließlich die Staatsumwälzung unausweichlich macht und sie wie eine reife Frucht gewinnen l ä ß t " (Abg. Dr. Wahl in der 158. Sitzung des B T . v. 9. 7. 1951, Prot. S. 6304). Die schwierige Grenzlinie zwischen erlaubter Opposition und strafbarer Staatsgefährdung hat das Gesetz in der Weise gezogen, daß es in der Regel eine staatsgefährdende A b s i c h t fordert, so daß „das Bewußtsein (des Täters), daß sein aus anderen Motiven geführter politischer Kampf unter Umständen eine Staatsgefährdung zur Folge haben könne oder müsse, keinesfalls zur Bestrafung ausreicht" (Abg. Dr. Wahl a.a.O.) und daß es den Inhalt der geforderten Absicht durch Legaldefinitionen umschreibt (§ 88).

§ 88. [Begriffsbestimmungen] (1) Im Sinne dieses Abschnitts ist eine Handlung auf die Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet, wenn sie darauf hinzielt, die Bundesrepublik Deutschland ganz oder teilweise unter fremde Botmäßigkeit zu bringen 1 ), ihre Selbständigkeit sonst zu beseitigen 2 ) oder einen Teil des Bundesgebietes loszulösen. Als Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland im Sinne dieses Abschnitts gilt nicht die Teilnahme an einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung, auf die die Bundesrepublik Deutschland Hoheitsrechte überträgt oder zu deren Gunsten sie Hoheitsrechte beschränkt 3 ). (2) Verfassungsgrundsätze im Sinne dieses Abschnitts sind 1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen 4 ), 2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht 5 ), Zu § 87: 1) § 87 entspricht wörtlich dem § 87 i. d. F. v. 24. 4. 1934. Aus dem Begriff des Unternehmens scheiden also die Vorbereitungshandlungen aus und der Versuch wird ohne Milderungsmöglichkeit (§ 44) wie die vollendete Tat bestraft. Zu § 88: 1) „sie also zu einem Satellitenstaat zu machen" (Abg. Dr. Wahl, Prot. S. 6304). 2) „etwa durch Auflösung des Bundesstaats in seine einzelnen Bestandteile" (Abg. Dr. Wahl a.a.O.). 3) Satz 2 zieht die Folgerung aus Art. 24 GG., wonach der Bund durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen und sich zur Wahrung des Friedens unter freiwilliger Beschränkung seiner Hoheitsrechte einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen kann. 4) Vgl. Art. 20, 28, 38 GG. (Schutz des Volksstaats und des Grundsatzes der Gewaltenteilung). 5) Vgl. Art. 20 Abs. 3 GG. (Schutz des Rechtsstaats).

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A 2. Strafgesetzbuch. § 89 3. das R e c h t auf die verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition 6 ), 4. die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung 7 ), 5. die Unabhängigkeit der Gerichte 8 ), 6. der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft 9 ).

§ 89. [Verfassungsverrat] (1) W e r es unternimmt, befugnissen 2 )

durch Mißbrauch oder Anmaßung von

Hoheits-

1. den B e s t a n d der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder 2. einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen 3 ) oder außer Geltung zu setzen 4 ), wird wegen Verfassungsverrates mit Zuchthaus bestraft. In besonders schweren Fällen kann auf lebenslanges Zuchthaus erkannt werden. (2) W e r ein bestimmtes Unternehmen des Verfassungsverrats vorbereitet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf J a h r e n bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten erkannt werden. (3) Die Vorschrift des § 82 über die tätige Reue gilt entsprechend. 6) Vgl. Art. 21 GG. (Schutz der Stellung des Parlaments). 7) Vgl. Art. 65, 67, 68 GG. (Schutz der Stellung des Parlaments). Gemeint ist damit „die Gesamtheit aller das Verhältnis zwischen Regierung und Parlament betreffenden Rechtsgrundsätze und nicht etwa bloß die Ausgestaltung des Mißtrauensvotums in der einen oder anderen Form" (Abg. Dr. Wahl, 158. Sitzung, Prot. S. 6305). Vgl. dazu Schafheutie JZ.51, 613. 8) Vgl. Art. 97 GG. (Schutz des Rechtsstaates). 9) Ziff. 6 enthält im Grunde keinen positiven Verfassungsgrundsatz, sondern will einen besonders bedeutsamen negativen Zustand, die Gewalt- und Willkürherrschaft, kennzeichnen, durch den die verfassungsmäßige Ordnung und die Freiheit des Individuums am empfindlichsten getroffen wird, so daß der Ausschluß dieses Zustandes einem positiven Verfassungsgrundsatz an Bedeutung gleichzuachten ist. Bei der Beratung des Gesetzes im Bundestag ging man davon aus, daß der Begriff der „Gewalt- und Willkürherrschaft" von der Rechtsprechung des früheren OGHBrZ. zum Kontrollratsges. Nr. 10 (vgl. OGHSt. Bd. 1 S. 15; Bd. 2 S. 96, 233 u. a.) genügend deutlich umrissen sei; er soll — nach den Worten des Abg. Dr. Arndt in der 3. Lesung vom 11. Juli 1951 (Prot. S. 6479) — „das Regime der Konzentrationslager", „eine Unordnung, in der die Unmenschlichkeit zum System und zur Struktur gehört", kennzeichnen. S. auch §§ 234 a und 241a, wo von „Gewalt- und Willkürmaßnahmen", die „im Gegensatz zu rechtsstaatlichen Grundsätzen" ergriffen werden, die Rede ist. Zu § 89: 1) Nach § 82 Abs. 2 StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934 wurde bestraft, „wer zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens . . . . die ihm anvertraute öffentliche Macht mißbraucht. . . .". 2) § 89 will — mit den Worten des Berichterstatters Abg. Dr. Wahl, Prot. S. 6305 — „den S t a a t s s t r e i c h von oben ponälisieren, der sich nicht des Mittels der Gewalt, sondern legaler Mittel bedient, nämlich der Hoheitsbefugnisse, die mißbraucht werden oder die sich der betreffende Täter anmaßt". Den Ausgangspunkt für § 89 bildet der § 90 Abs. 2 des Reg.Entw. 1950, der eine „in Ausübung des öffentlichen Dienstes (§ 359)" begangene „Verfassungsstörung" mit erhöhter Strafe bedrohen wollte. Die amtl. Begr. zu dieser Vorschrift verweist auf die amtl. Begr. zu Art. 275 des i. J . 1949 eingebrachten Entw. über eine Teilrevision des schweizerischen StGB.: „Eine moderne Revolution wird nicht mehr durch einen Barrikadenkampf und die gewaltsame Vertreibung der Regierung oder des Parlaments eingeleitet, sondern nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan . . . . vorbereitet, insbesondere durch Unterbringung kommunistischer oder nationalsozialistischer Gesinnungsgenossen in die wirtschaftlichen und politischen Schlüsselstellungen, durch . . . . Bewaffnung einzelner Gruppen." 3) d. i. ihre rechtliche Existenz zu vernichten. 4) d. h. zu bewirken, daß sie, wenn auch nur zeitlich oder örtlich beschränkt, tatsächlich nicht mehr angewendet und nicht mehr befolgt werden (Schafheutie JZ. 51, 614).

2. Teil. 2. Abschnitt. Staatsgefährdung. §§ 90, 90a

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§ 90. [Staatsgefährdende Sabotage in öffentlichen Betrieben] (1) Wer in der Absicht,

StrafK.

den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oddr eine solche Bestrebung zu fördern, 1. eineEisenbahn 2 ) 3 ), diePost 3 ) oder dem öffentlichen Verkehr dienende Unternehmen3) oder Anlagen, 2. eine öffentlichen Zwecken dienende Fernmeldeanlage 4 ), 3. eine der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Licht, Wärme 3 ) oder Kraft dienende Anlage oder einen für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtigen Betrieb 3 ) oder 4. der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienende Dienststellen 5 ), Einrichtungen, Anlagen oder Gegenstände durch Aussperrung6), Streik) 6 , Störmaßnahmen 7 ) oder sonstige Handlungen, die nicht nach den §§ 316b, 317 strafbar sind 7 ), ganz oder teilweise außer Tätigkeit setzt oder den bestimmungsmäßigen Zwecken entzieht, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Vorschriften des § 49 a über die Bestrafimg der erfolglosen Anstiftung und anderer Vorbereitungshandlungen bei Verbrechen gelten entsprechend 8 ). (4) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. (5) Bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Beteiligung an einer solchen Tat von untergeordneter Bedeutung ist, kann von Strafe abgesehen werden9).

§ 90a. [Staatsgefährdende Vereinigungen]1) (1) Wer eine Vereinigimg2) gründet 3 ), deren Zwecke oder deren Tätigkeit sich StrafK. gegen die verfassungsmäßige Ordnung4) oder gegen den Gedanken der VölkerZu § 90: 1) Abs. 1 i. d. F. von Art. 2 Nr. 8 des Ges. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832). § 90 bedroht die Sabotage lebenswichtiger Betriebe, wenn sie a) in staatsgefährdender Absicht und b) mit bestimmten, nicht den Tatbestand der §§ 316b, 317 StGB, erfüllenden Mitteln erfolgt. Erfolgt die Sabotage mit den in den letzteren Vorschriften unter Strafe gestellten Mitteln, so wirkt die Begehung in staatsgefährdender Absicht nach § 94 strafschärfend. 2) = Schienenbahn auf besonderem Bahnkörper i. S. des § 315 Abs. 1. 3) Vgl. Anm. 2—6 zu § 316b. 4) Vgl. Anm. 2 zu § 317. 5) Z. B. der Polizei, des Bundesgrenzschutzes, der Feuerwehr. 6) Aussperrung (Massenentlassung für die Dauer des Arbeitskampfes) und Streik (gemeinsame Arbeitseinstellung) sind hier nicht Maßnahmen im Arbeitskampf, sondern Mittel zur Verwirklichung staatsgefährdender Absichten. Es kommt deshalb, wenn diese Absicht vorliegt, nicht darauf an, ob Streik und Aussperrung an sich (als Einrichtung) zulässig oder von der Rechtsordnung verboten sind (nach Art. 29 HessVerf. wird z. B. das Streikrecht anerkannt, aber nur, wenn die Gewerkschaften den Streik erklären; die Aussperrung ist rechtswidrig) und ob sie, wenn als Rechtseinrichtung zulässig, unter Beobachtung etwa vorgeschriebener arbeitsrechtlicher Formen herbeigeführt sind. Täter kann nicht nur sein, wer den Streik herbeiführt, sondern auch der einzelne Streikende, vorausgesetzt, daß auch er in der in Abs. 1 geforderten Absicht handelt (vgl. den für solche Fälle geschaffenen Abs. 5). 7) Störmaßnahmen: Z. B. die Besetzung durch Störtrupps. Sonstige Handlungen: Z. B. Liefersperren. Die §§ 316b, 317 StGB, sind leges speciales gegenüber § 90. 8) Entsprechend, da Zuwiderhandlungen gegen Abs. 1 Vergehen sind, während § 49 a für Verbrechen gilt. 9) Vgl. Anm. 5 zu § 82. Zu § 90 a : 1) Nach Art. 9 GG. sind Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit a) den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich b) gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder

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A 2. Strafgesetzbuch. § 9 0 a

Verständigung richten, oder wer die Bestrebungen einer solchen Vereinigung als Rädelsführer5) oder Hintermann6) fördert, wird mit Gefängnis bestraft. (2) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. Daneben kann Polizeiaufsicht zugelassen werden. (8) Ist die Vereinigung eine politische Partei im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes, so darf die Tat erst verfolgt werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, daß die Partei verfassungswidrig ist 7 ). c) gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten. Weiterhin bestimmt Art. 21 GG., daß p o l i t i s c h e P a r t e i e n , die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik zu gefährden, verfassungswidrig sind, daß aber über die Frage, ob eine solche Verfassungswidrigkeit im Einzelfall vorliegt, das Bundesverfassungsgericht ausschließlich zur Entscheidung zuständig ist. Aus diesen Vorschriften des GG. zieht § 90a die strafrechtlichen Folgerungen, soweit es sich um Vereinigungen mit den zu b) und c) bezeichneten Zielen handelt. Mit den auf die Begehung strafbarer Handlungen gerichteten Vereinigungen befaßt sich § 129 (s. auch § 129 a). 2) Der dem GG. entnommene Begriff „Vereinigung" ist dem S t G B , bisher unbekannt; dieses spricht von „Verbindungen" (vgl. z. B . §§ 49b, 128). E s handelt sich dabei aber nur um eine Verschiedenheit des Ausdrucks, ohne daß damit ein sachlicher Unterschied verbunden wäre. Unter Vereinigung ist daher — entsprechend der für die „Verbindung" entwickelten Begriffsbestimmung — ein organisierter Zusammenschluß mehrerer Menschen von einer gewissen Dauer zu verstehen, der die Unterordnung der Mitglieder für die Dauer der Mitgliedschaft voraussetzt (vgl. Anm. 2 zu § 128 S t G B . ) . 3) § 90 a beschränkt sich auf die Bestrafung der Gründer, der Rädelsführer und Hintermänner, während das formale Mitglied nicht getroffen wird, weil bei solchen Organisationen meist nur die „Drahtzieher" wissen, worum es sich handelt und was sie tun. Vgl. aber § 129a und, soweit es sich um politische Parteien handelt, unten Anm. 7. 4) Vgl. Anm. 4 zu § 80. Vereinigungen, die eine Verfassungsreform mit verfassungsmäßigen Mitteln — abgesehen also von den in Art. 79 Abs. 3 GG. für unabänderlich erklärten Normen des GG. — erstreben, fallen nicht unter § 90a, „weil diese sich Reformtätigkeit nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, die sie vielmehr selbst zuläßt" (Abg. Dr. Wahl, 160. Sitzung, Prot. S. 6483). 5) Rädelsführer (vgl. §§ 115, 125 StGB.) sind Personen, die, selbst der Vereinigung angehörend, darin eine führende Rolle spielen (vgl. Anm. 5 zu § 115 StGB.). 6) Der Hintermann — der Begriff ist in der Gesetzessprache neu — ist im Gegensatz zum Rädelsführer nicht Mitglied der Vereinigung, sondern trägt im Verborgenen, aus der Entfernung, Wesentliches für die Tätigkeit der Vereinigung bei (vgl. Begr. zu § 129 RegEntw. 1950). 7) Politische Partei ist ein auf die Dauer berechneter organisatorischer Zusammenhalt einer durch die Gemeinsamkeit politischer Auffassungen geeinten Personengruppe, die auf die politische Willensbildung im Staat auf Grund ihres politischen Programms durch Beteiligung an Wahlen Einfluß nimmt. Geiger, Komm. z. Ges. über das BVerfG. (1952) S. 158. Die Frage, ob eine politische Partei unter § 90 a Abs. 1 fällt, fällt praktisch weitgehend mit der Frage zusammen, ob sie verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 GG. ist. Da eine E n t scheidung über die letztere Frage nur durch das Bundesverfassungsgericht getroffen werden kann, so bestimmt § 90 a Abs. 3, daß die Gründung einer politischen Partei, deren Zwecke oder Tätigkeit sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten, sowie die Förderung ihrer Bestrebungen durch Rädelsführer oder Hintermänner erst verfolgt werden dürfen, nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, daß die Partei verfassungswidrig ist. Solange die Verfassungswidrigkeit nicht in dieser Weise festgestellt ist, besteht ein Verfahrenshindernis; Abs. 3 stellt also eine Vorentscheidung als Prozeßvoraussetzung auf (BundesjustMin. Dr. Dehler, 158. Sitzung, Prot. S. 6314). Sobald sie vorliegt, kann auch die vor der Feststellung erfolgte Gründung und Förderung bestraft werden; eine durch § 2 S t G B , verbotene Rückwirkung des Strafgesetzes liegt darin nicht, da j a die Strafbarkeit schon vor der Feststellung begründet war und lediglich der Verfolgung der T a t ein Hindernis entgegenstand, solange das Bundesverfassungsgericht nicht die ihm allein zustehende Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit getroffen hatte. Selbstverständlich setzt eine Verurteilung voraus, daß der Täter die in § 9 0 a Abs. 1 bezeichnete Art der Zwecke oder der Tätigkeit der Partei gekannt und erkannt hat; die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts hat für den Strafrichter, der nach § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 243) an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gebunden ist, nur die Bedeutung, daß o b j e k t i v die Verfassungswidrigkeit

2. Teil. 2. Abschnitt. Staatsgefährdung. § 91

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§ 91. [Staatsgefährdende Zersetzung]1) (1) Wer auf Angehörige einer Behörde oder eines öffentlichen Sicherheits- StrafK. organs2) in der Absicht einwirkt3), die pflichtmäßige Bereitschaft zum Schutze des Bestandes oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder der verfassungsmäßigen Ordnung4) des Bundes oder eines Landes zu untergraben5), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (8) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. der Partei feststeht, enthebt ihn aber nicht der Prüfung, ob der Täter vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz genügt. Gerade wegen der Schwierigkeiten einer solchen Schuldfeststellung h a t sich § 90a darauf beschränkt, nur die „Drahtzieher" unter Strafe zu stellen, die Mitläufer aber straflos zu lassen. Keine „Parteien" sind politische Gruppen, die sich nicht als politische Partei organisiert haben und Nebenorganisationen von Parteien. BVerfG. N J W . 52, 1407. Aus Abs. 3 ist zu entnehmen, daß Selbstauflösung der Partei die Entscheidung des BVerfG. nicht erübrigt (BVerfG. a.a.O. befaßte sich nur mit der Frage, ob die im gegebenen Fall erfolgte „Selbstauflösung" rechtswirksam war). Ergänzt wird § 90a durch §§ 129, 129a sowie durch die §§ 46, 47 des Ges. über das Bundesverfassungsgericht v. 12. 3. 1951. Nach § 46 dieses Ges. hat das BVerfG. mit der Feststellung, daß eine Partei verfassungswidrig ist, ihre Auflösung und das Verbot, eine Ersatzorganisation zu schaffen, zu verbinden. Nach § 47 in Verbindung mit § 42 werden vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder gegen die im Vollzug der Entscheidung getroffenen Maßnahmen mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft Auf die Ersatzorganisation der aufgelösten Partei ist Art. 21 Abs. 2 GG. unanwendbar. OVG. Lüneburg DVB1. 53, 727. Danach ergibt sich folgendes Bild: Ist eine politische Partei durch das Bundesverfassungsgericht aufgelöst, so wird jeder, der der ihm bekannten Auflösungsanordnung zuwiderhandelt, also auch derjenige, der sich an ihr als Mitglied beteiligt oder sie sonst unterstützt, schon deswegen mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft, während der „Mitläufer" vor der Auflösungsanordnung nicht strafbar ist. Wer aber die Bestrebungen der aufgelösten Partei als Rädelsführer oder Hintermann fördert, begeht eine Zuwiderhandlung gegen § 90 a StGB, in Tateinheit mit einem Vergehen nach § 47 des Ges. v. 12. 3. 1951; der Strafrahmen reicht daher von der in § 47 angedrohten Mindeststrafe von 6 Monaten Gefängnis bis zu der in § 90 a Abs. 2 StGB, für besonders schwere Fälle angedrohten Zuchthausstrafe bis zu 5 Jahren. Dem Rädelsführer oder Hintermann, der die Auflösung kennt, braucht die zur Bestrafung nach § 90 a erforderliche Kenntnis der verfassungswidrigen Zwecke oder Tätigkeit der Partei nicht nachgewiesen zu werden; kannte er —• war nur in Ausnahmefällen denkbar ist — die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht, so kann er, da diese ja nur objektive Verfolgungsvoraussetzung ist, gleichwohl aus § 90a (aber nicht aus § 47 des Ges. v. 12. 3. 1951) bestraft werden, wenn er Zwecke und Tätigkeit der Partei als unter § 90a Abs. 1 fallend erkannt hat. Zu § 91: 1) Früheres Recht: § 83 Abs. 3 Ziff. 2 StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934. 2) Behörde: s. Anm. 3 zu § 164; öffentl. Sicherheitsorgan: s. Anm. 7 zu § 316b. Die Einwirkung auf einen einzelnen Angehörigen genügt. 3) Einwirkung ist jede auf Beeinflussung gerichtete Tätigkeit. Die Einwirkung ist also psychischer Art, z. B. indem der Täter den Angehörigen durch Überlassung staatsfeindlicher Propagandavorschriften für umstürzlerische Ideen zu gewinnen sucht oder ihm für den Fall einer Änderung der politischen Verhältnisse schwere Nachteile androht. LG. Bamberg N J W . 53, 675. Ob die Einwirkungstätigkeit Erfolg hat, ist bedeutungslos. Staatsgefährdende Absicht i. S. des § 88 ist nicht erforderlich. Zur Vollendung gehört, daß der Beeinflussungsakt den Behördenangehörigen erreicht (ein Brief an ihn gelangt, ein Ruf in sein Ohr dringt). B G H . N J W . 53, 1358. 4) Vgl. Anm. 4 zu § 80. 5) Vgl. Anm. 6 zu § lOOd. Untergrabungsabsicht liegt z. B. vor, wenn in einem polit. Strafprozeß die Bereitschaft der Richter und StAnwälte, das Gesetz gegen den Schuldigen anzuwenden und auf diese Weise den Staat in seinem Bestand zu schützen, durch Demonstrationen aufgehoben werden soll. BGH. N J W . 53, 1358.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 92, 93

§ 92. [Staatsgefährdender Nachrichtendienst] StrafK.

(1) W e r in der Absicht,

den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern, für eine Dienststelle, eine Partei oder eine andere Vereinigung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, für eine verbotene Vereinigung oder für einen ihrer Mittelsmänner über Verwaltungen, Dienststellen, Betriebe, Anlagen, Einrichtungen, Vereinigungen oder Personen, die sich im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes befinden, Nachrichten 1 ) sammelt oder zu diesem Zwecke einen Nachrichtendienst betreibt 2 ), für eine solche Tätigkeit anwirbt 3 ) oder sie unterstützt, wird mit Gefängnis bestraft 4 ). (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden.

*§ 93. [Herstellung und Vertrieb staatsgefährdender Schriften] StrafK.

(1) Wer Schriften 1 ), Schallaufnahmen 2 ), Abbildungen 3 ) oder Darstellungen 4 ), durch deren Inhalt Bestrebungen herbeigeführt oder gefördert werden sollen5), die darauf gerichtet sind, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder zur Unterdrückung der demokratischen Freiheit 6 ) einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben, Z u § 92: 1) Es braucht sich nicht etwa um Nachrichten über geheim zu haltende Tatsachen zu handeln; das Sammeln von Staatsgeheimnissen fällt unter die Vorschriften gegen Landesverrat. Das Strafwürdige der T a t besteht vielmehr darin, daß auswärtige Stellen oder inländische verbotene Vereinigungen für ihre umstürzlerischen Ziele mit dem Material versehen werden sollen, das ihnen z. B. die Anknüpfung von Beziehungen, ihre Planungen für ein bestimmtes Vorgehen usw. ermöglichen oder erleichtern soll. Bei den Organisatoren des Nachrichtendienstes (Anm. 2) wird in der Regel Vorbereitung zum Hoch- oder Verfassungsverrat vorliegen. § 92 ermöglicht eine Bestrafung der Helfer, bei denen, weil sie in die Gesamtplanung nicht eingeweiht sind, der Vorsatz des Hochverratsvorbereitung oft nicht nachgewiesen werden kann. S. noch § 241a Abs. 3 StGB. 2) D. h. eine Organisation unterhält, die auf das planmäßige Sammeln und Weitergeben von Nachrichten gerichtet ist, ohne daß der Vorsatz der Vorbereitung zum Hochverrat nachweisbar ist. 3) Der Begriff ist der Rechtssprache geläufig (vgl. § 82 Abs. 2 a.F., § 141a a. F. StGB.) und bedeutet die Herstellung eines vertragsmäßigen oder vertragsähnlichen Verhältnisses. 4) Tateinheit mit § 241a StGB, ist möglich. Z u § 93: 1) S. Anm. 2 zu § 84. 2) S. Anm. 3 zu § 84. 3) S. Anm. 3 zu § 41. 4) S. Anm. 4 zu § 41. 5) Es kommt nicht darauf an, ob die Schriften usw. nach ihrem Inhalt objektiv geeignet sind, umstürzlerische Bestrebungen herbeizuführen oder zu fördern. Maßgebend ist vielmehr, daß der Inhalt auf solche Zwecke gerichtet ist. Der Vorsatz des Täters muß sich auf die Kenntnis des Inhalts und Zweckes und die Verbreitungsabsicht erstrecken; es ist aber nicht erforderlich, daß er selbst bei der Herstellung usw. in Verbreitungsabsicht staatsgefährdende Zwecke verfolgt. Auch wer z. B. nur aus Gewinnsucht im Auftrag Dritter, die importiertes umstürzlerisches Propagandamaterial verbreiten wollen, einführt, fällt unter die Vorschrift. An die Stelle der sonst geforderten eigenen staatsgefährdenden Absicht tritt hier das Handeln in Kenntnis der staatsgefährdenden Absicht anderer. Fahrlässige Unkenntnis dieses Zweckes genügt nicht. — Die Einfuhr von Schriften hochverräterischen Inhalts fällt unter §§ 81, 84.

2. Teil. 2. Abschnitt. Staatsgefährdung. § 94

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1. herstellt'), vervielfältigt 8 ) oder verbreitet 9 ) oder 2. zur Verbreitung oder Vervielfältigung vorrätig hält 10 ), bezieht11) oder in den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes einführt 12 ), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

§ 94. [Strafschärfung für allgemeine Straftaten bei staatsgefährdender Absicht]1) (1) Wird eine Tat 2 ), die nach den Vorschriften über StrafK. Angriffe gegen die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte oder Widerstand gegen die Staatsgewalt (§§ 106 bis 122b), Angriffe gegen die öffentliche Ordnung (§§ 123 bis 189), Störung des Gottesdienstes (§ 167), Körperverletzung (§§ 223 bis 229), Vorbereitung einer Verschleppung, Freiheitsberaubung, Nötigung, Bedrohung oder politische Verdächtigung (§§& 34a Abs. 3, 239 bis 241a), Begünstigung (§§ 257, 257a), Urkundenfälschung (§§ 267 bis 275, 281), Sachbeschädigung (§§ 303 bis 305), gemeingefährliche Handlungen (§§ 308, 311, 315, 315a Abs. 1 Nr. 1, §§ 316b, 317, 321, 324) oder Verletzung der Amtspflicht (§§ 332 bis 336, 340 bis 355, 357) strafbar ist, in der Absicht begangen, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben oder eine solche Bestrebung zu fördern, so kann 3 ), soweit die Tat nicht mit schwererer Strafe bedroht ist, auf Zuchthaus 6) Durch die Worte „Zur Unterdrückung der demokratischen Freiheit" soll klargestellt werden, daß legale, auf Verfassungsänderung gerichtete Bestrebungen, die mit der demokratischen Grundstruktur der Bundesrepublik vereinbar sind, nicht getroffen werden (vgl. Abg. Dr. Arndt u. Dr. Kopf, 269. Sitzung v. 10. 6. 53, Prot. S. 13265f.). 7) Vgl. Anm. 11 zu § 184. Die Herstellung muß zum Zweck der Verbreitung erfolgen. 8) Ebenso wie die handschriftliche Herstellung e i n e s Exemplars einer Schrift genügt, genügt auch zur Vervielfältigung die einmalige Abschrift einer Schrift mit der Hand oder Schreibmaschine (in Verbreitungsabsicht). 9) Vgl. Anm. 4 zu § 110. 10) Vgl. Anm. 12 zu § 184. 11) „Bezieht" ist nicht das gleiche wie „sich verschafft" oder „erlangt". Der Begriff des Beziehens ist der gleiche wie etwa in § 1 der (aufgehobenen) VerbrauchsregelungsstrafVO. i. d. F. v. 26. 11. 41 (RGBl. I S. 734). Zum Beziehen gehört das vertragsmäßige Erlangen der tatsächlichen Verfügungsgewalt, d. h. die Möglichkeit, unmittelbar, wenn auch nicht allein auf die Sache einzuwirken. E . 74, 300 (302). R G . H R R . 1942 Nr. 125, 451; OGHSt. 1, 83, z. B . auch Tauschen. Diebstahl oder sonstige ohne Abgabe erfolgende Aneignung ist daher kein Beziehen. E . 77, 118, 398. 12) Vgl. dazu Nr. 268 RiStV. Zu § 94: 1) Eingefügt durch das 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739); Abs. 1 i. d. F. von Art. 2 Nr. 9 des Ges. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832). 2) Auch Versuch und Beihilfe. 3) § 94 gibt dem Richter die Befugnis, nach seinem Ermessen die Strafe zu verschärfen, so daß er, wenn er von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch macht, die Strafe aus dem Grundtatbestand entnehmen kann, von Weber, MDR. 1951, 644; Schönke I I , Nüse J R . 53, 154. Es kann also da, wo im Grundtatbestand Geldstrafe wahlweise neben Freiheitsstrafe oder bei mildernden Umständen angedroht ist (vgl. z. B. §§ 107b, 110, 111, 113 Abs. 2, 114 Abs. 2, 116), auch dann, wenn die Tat in staatsgefährdender Absicht begangen ist, auf Geldstrafe erkannt werden.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 95

bis zu fünf Jahren oder auf Gefängnis und, wenn die Tat auch ohne diese Strafschärfung ein Verbrechen wäre, auf Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren erkannt werden4). (2) Wird eine Tat nach den in Absatz 1 bezeichneten Vorschriften nur auf Antrag verfolgt, so entfällt unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 das Erfordernis des Strafanträges5). § 95. [Öffentliche Verunglimpfung des Bundespräsidenten] 1 ) StrafK.

(1) Wer öffentlich2), in einer Versammlung3) oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen4) den Bundespräsidenten5) verunglimpft6) oder dazu auffordert7), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. 4) Werden Taten, die Vergehen sind, in staatsgefährdender Absicht begangen, so sind sie wegen der wahlweise angedrohten Zuchthausstrafe Verbrechen. Die staatsgefährdende Absicht ist ein benannter Strafschärfungsgrund des besonderen Teils, so daß die bei § 20 a insoweit bestehenden Zweifel (vgl. dort Anm. 4) hier nicht auftauchen. B G H . N J W . 53, 1270. Es ist daher auch der Versuch strafbar und § 49a StGB, findet Anwendung. Schafheutie JZ. 1951, 615; von Weber MDR. 1951, 644. Die im übrigen zu § 20a entwickelten Rechtsgrundsätze, wonach die erhöhte Mindesstrafe des Grundtatbestandes erhalten bleibt und auf dort vorgesehene Nebenstrafen und -Folgen erkannt werden kann oder muß (vgl. Anm. 4 zu § 20 a), sind auch hier maßgebend. § 27 b ist, da es sich um Verbrechen handelt, unanwendbar. Die staatsgefährdende Absicht ist persönlicher Strafschärfungsgrund i. S. des § 50. 5) Das Strafantragserfordernis entfällt stets bei staatsgefährdender Absicht, also auch dann, wenn der Richter von der Strafschärfungsbefugnis keinen Gebrauch macht. Dagegen sind Vorschriften, die eine Ermächtigung zur Strafverfolgung fordern (s. § 353 a) oder die Verfolgung von einer behördlichen Anordnung abhängig machen (s. §§ 353b, 353c) weiter anwendbar, da diese Strafverfolgungsvoraussetzungen auf anderen Erwägungen beruhen als das Strafantragserfordernis (vgl. Anm. 5 zu § 100c und 4 zu § 353a). Unberührt bleiben auch Vorschriften, die beim Grundtatbestand ein Absehen von Strafe zulassen (vgl. § 129 Abs. 3, § 129a Abs. 2) oder bei tätiger Reue Straflosigkeit eintreten lassen (§ 129 Abs. 4, § 129a Abs. 2). Zu § 95: 1) Früheres Recht: § 94 Abs. 2 StGB. i. d. F. der VO. v. 19. 12. 1932 (RGBl. I S. 548). 2) S. Anm. 2 zu § 200 StGB. 3) Ohne Rücksicht darauf, ob diese als öffentliche oder nichtöffentliche durchgeführt wird und ob sie einen politischen Zweck verfolgt oder nicht. Unter „Versammlung" ist dabei ein geplantes (also nicht bloß zufälliges) Zusammensein einer größeren Zahl von Personen zu dem Zwecke der Erörterung gemeinsamer Angelegenheiten oder des Beitrags zur Erreichung eines bestimmten Zieles zu verstehen. E. 21, 73; Zusammenkünfte, die lediglich p e r s ö n l i c h e Interessen der einzelnen Teilnehmer befriedigen sollen, also namentlich Zusammenkünfte zum Zweck der Belehrung oder Unterhaltung, Bälle, Theatervorstellungen usw., sind keine Versammlungen. E. 38, 184; doch kann eine dort erfolgende Verunglimpfung „öffentlich" geschehen. 4) S. Anm. 9 und 1 bis 4 zu § 93. 5) Während seiner Amtszeit. E. 57, 415. Staatspräsidenten der Länder sind, abweichend von § 99 Abs. 1 Ziff. 2 RegEntw. 1950, nicht geschützt. Falls sie nach Landesverfassungsrecht Regierungsmitglieder sind, regelt sich ihr Ehrenschutz nach § 97, sonst nach § 187a. 6) S. Anm. 2 zu § 189 StGB. Zum Begriff des Verunglimpfens wurde in der bisherigen Auslegung eine Kränkung von (nach Inhalt oder Form) besonderer Schwere gefordert, so daß zwischen Beschimpfen und Verunglimpfen kaum ein praktischer Unterschied bestand. Indem aber § 96 in Abs. 1 Ziff. 1 von Beschimpfen, in Abs. 1 Ziff. 2 dagegen von Verunglimpfen spricht, geht er von einer Verschiedenheit des Sinnes aus, die nur darin gefunden werden kann, daß Beschimpfen die schwerere Form der Ehrenkränkung ist, Schafheutle JZ. 51, 616, Verunglimpfen also eine Mittelstellung zwischen Beleidigung und Beschimpfung einnimmt. LG. Bamberg N J W . 53, 675. Unter „Verunglimpfung" fallen danach einfache Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung, wobei Kundgebungen der Mißachtung von geringer Bedeutung ausgeschlossen sind. Die Verunglimpfung braucht nicht aus politischen Beweggründen (d. h. aus Beweggründen, die mit der Stellung des Bundespräsidenten im öffentlichen Leben zusammenhängen) erfolgt zu sein. § 193 StGB, kann bei übler Nachrede anwendbar sein (s. Anm. 1 Abs. 2 zu § 193). 7) S. Anm. 9 zu § 110 StGB.

2. Teil. 2. Abschnitt. Staatsgefährdung. § 96

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(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann das Gericht die Mindeststrafe unterschreiten 8 ), wenn nicht die Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 187 a erfüllt sind. (3) Ist die Tat eine Verleumdung oder ist sie in der Absicht begangen. Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten. (4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung 9 ) des Bundespräsidenten verfolgt.

§ 96. [öffentliche Beschimpfung des Staates und seiner Symbole. Flaggenfrevel]1) (1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen2) 1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung3) beschimpft 4 ) oder böswillig verächtlich macht 5 ), 8) D. h. auf Gefängnis bis zu einem Tag herabgehen (aber nicht auf die nächstmildere Strafart erkennen — Gegenschluß aus § 82 —) und Geldstrafe unter den Voraussetzungen des § 27 b StGB, verhängen. 9) Die Ermächtigung (s. § 197 StGB.) unterscheidet sich von dem Strafantrag insbesondere dadurch, daß ihre Erteilung nicht an eine Frist gebunden ist. (E. 33, 69.) Sie ist nicht zurücknehmbar (Gegenschluß aus § 104 a Satz 2), aber, wie der Strafantrag, sachlich und persönlich teilbar. In einem Strafantrag liegt eine Ermächtigung (s. Anm. 3 zu § 197). Zu § 96: 1) Früheres Recht: Zu Abs. 1 § 134a StGB. i. d. F . der VO. v. 19. 12. 1932 (RGBl. I S. 548), zu Abs. 2 der durch Art. 2 Ziff. 5 des 1. Strafrechtsänderungsges. aufgehobene § 135 StGB. 2) Vgl. Anm. 2 bis 4 zu § 95. 3) Vgl. Anm. 5 zu § 80. 4) Beschimpfen (vgl. z. B . § 168 StGB.) bedeutet die Kundgabe der Mißachtung in roher Weise oder besonders verletzender Form. Vgl. auch Anm. 6 zu § 95. 5) Verächtlichmachen i. S. des § 96 erfordert — anders als nach §§ 131, 186 — nicht, daß der Täter das geschützte Rechtsgut als sittlich wertlos oder sittlich minderwertig, und nicht nur als unvernünftig oder zweckwidrig, erscheinen lassen müsse, vielmehr fallen (entspr. dem früheren § 5 des Ges. z. Schutz der Republik v. 25. 3. 1930) darunter Äußerungen jeder Art (auch Werturteile und formal herabsetzende Kundgebungen), durch die die Bundesrepublik oder ein Land als der Achtung der Staatsbürger unwert bezeichnet und als unwürdig hingestellt sind, sei es, weil sie mit einem sittlichen Makel behaftet seien oder die Achtung aus einem anderen Grunde nicht verdienen. B G H S t . 3, 346 (betr. Vergleich der Bundesrep. mit einer „frisch gestrichenen Coca-Cola-Bude"). Eine ernstliche Gefährdung des Staates in seiner verfassungsmäßigen Ordnung ist nicht erforderlich. Die einer zu weitgehenden Ausdehnung der Strafvorschrift entgegenwirkende Einschränkung liegt in dem die Willensrichtung des Täters kennzeichnenden Erfordernis der Böswilligkeit. Böswillig handelt (vgl. z. B . die früheren §§ 103a, 135, ferner § 134 StGB.), wer die Tat aus Feindseligkeit gegen das angegriffene Gut begeht, in der Absicht, zu hetzen (BGH. a.a.O.). Böswillig geht über absichtliches, überlegtes Handeln hinaus, während andererseits, im Gegensatz zu § 134a a. F., nicht gefordert wird, daß die böswillige Verächtlichmachung mit Überlegung geschieht. Eine kränkende Behauptung kann auch dann böswillig aufgestellt werden, wenn der Behauptende von ihrer Richtigkeit überzeugt ist, E . 66, 139. Durch das Erfordernis der Böswilligkeit ist, worauf die amtl. Begr. zu J 99 RegEntw. hinweist, gewährleistet, daß „nicht jede abfällige Bezeichnung, verächtliche Äußerung oder sonstige Kundgebung, welche die geringschätzige Bewertung zum Ausdruck bringt, für sich allein schon ausreichend ist, namentlich, wenn sie lediglich mutwillig geschieht".

StrafK.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 96

2. ihre Farben, ihre Flagge, ihr Wappen oder ihre Hymne 6 ) verunglimpft7) oder dazu auffordert8), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge 9 ) der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Zeichen der Hoheit 10 ) der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt11), zerstört12), beschädigt13) oder unkenntlich macht14) oder wer beschimpfenden Unfug daran verübt15). Der Versuch ist strafbar. 6) Die Hymne der Bundesrepublik ist das Deutschlandlied. 7) Vgl. Anm. 6 zu § 95. 8) Vgl. Anm. 7 zu § 95. 9) § 135 StGB., an dessen Stelle § 96 Abs. 2 getreten ist, schützte lediglich die öffentlichen ( = öffentlich gezeigten) H o h e i t s z e i c h e n (vgl. dazu unten Anm. 10) von Bund oder Land und entsprach insoweit dem zweiten Teil des § 96 Abs. 2. Als Hoheitszeichen wurde auch die Bundes- oder eine Staatsflagge (Flagge = Fahne; vgl. Art. 22 GG.: „Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold") angesehen, wenn sie auf einem der Bundes- oder Staatsgewalt unterworfenen Gebäude gehißt wurde, soweit sie nicht lediglich der Ausschmückung diente, E. 63, 286. § 135 StGB, umfaßte also nicht die Fälle, daß die Bundes(Landes-)-Flagge von einer Behörde nur zur Ausschmückung verwendet wurde oder daß eine Privatperson eine Bundesoder Landesflagge hißte. Demgegenüber schützt § 96 Abs. 2 jede öffentlich gezeigte Flagge des Bundes oder eines Landes, gleichviel zu welchem Zweck und von wem sie öffentlich gezeigt wird. „Öffentlich gezeigt" ist eine Flagge nicht nur dann, wenn sie an einem öffentlichen Platze oder einer öffentlichen Straße gezeigt wird, sondern wenn sie so gezeigt wird, daß sie von jedermann gesehen werden kann. Zum Begriff des „Zeigens" gehört ein Zurschaustellen in der Absicht, daß die Flagge gesehen werden soll. Daß der Täter selbst, wie es Abs. 1 verlangt, öffentlich handelt, ist nicht erforderlich. Auch z. B. das Niederholen einer Flagge zur Nachtzeit, wenn der Täter in der Erwartung handelt, er könne von niemandem beobachtet werden, ist nach § 96 Abs. 2 strafbar. 10) Hoheitszeichen sind Zeichen, die das Bestehen der Staatsgewalt zum Ausdruck bringen sollen, E. 63, 286, und zwar entweder, indem sie den Gegenstand oder die Stelle, an der sie angebracht sind, als der Staatsgewalt unterworfen kennzeichnen, z. B. ein Grenzpfahl, ein mit dem Bundes- oder Landeswappen versehenes Amtsschild, oder indem sie eine Person, die es trägt, als Repräsentanten des Staates, als Träger von Staatshoheitsbefugnissen ausweisen, wie z. B. eine auf Grund öffentlichrechtl. Vorschriften angebrachte Kokarde an einer Dienstmütze eines Beamten. OLG. Braunschweig N J W . 53, 875. öffentlich angebracht ist ein Hoheitszeichen, wenn es für jedermann sichtbar angebracht ist, auch wenn zur Tatzeit niemand zugegen ist, der es sehen könnte, wenn er anwesend wäre. OLG. Braunschweig a.a.O. Wegen der Verletzung ausländischer Hoheitszeichen vgl. § 104. 11) Anders als das bisher in § 135 StGB, geforderte Wegnehmen, zu dem, wie in § 242 StGB., Begründung eignen Gewahrsams gehörte, begnügt sich § 96 mit dem Entfernen, das nur eine Aufhebung des räumlichen Zusammenhangs fordert, so daß es z. B. genügt, wenn eine gehißte Flagge niedergeholt und auf den Boden gelegt wird. Während weiter § 135 forderte, daß der Täter böswillig handelte, d. h. seine feindselige Gesinnung zum Ausdruck brachte (vgl. oben Anm. 5), verzichtet § 96 Abs. 2 auf eine besondere innere Einstellung des Täters, so daß auch bloßer Mutwille genügt. 12) Zerstört (vgl. § 303 StGB.) ist eine Sache, wenn ihre Brauchbarkeit gänzlich aufgehoben ist; teilweise Zerstörung kann Beschädigung, aber auch Zerstörung sein. 13) Vgl. Anm. 4 zu § 303 StGB. Die Wegnahme des an einer Fahnenstange befestigten Fahnentuches kann als Entfernung, aber auch, da es sich um eine sog. zusammengesetzte Sache handelt, als Beschädigung angesehen werden. 14) = der Wahrnehmung entzieht, sei es durch Verminderung der Substanz (vgl. Anm. 10 zu § 274), sei es auf andere Weise, z. B. durch Beschmieren mit Farbe oder Verhängen mit einem Tuch (vgl. über den ähnlichen Begriff des „Verunstaltens" Anm. 3 zu § 134 StGB.). 15) Jede Handlung, die in roher Form — dem Täter bewußt — Mißachtung gegen das staatliche Symbol und den dadurch symbolisierten Staat zum Ausdruck bringt (vgl. auch Anm. 12 zu § 166 StGB.). Beispiel: Der Täter berührt die Kokarde mit den Bundesfarben an einer Dienstmütze (s. Anm. 10) und bezeichnet die Farben dabei als „schwarz-rot-mostrich". OLG. Braunschweig N J W . 53, 875.

2. Teil. 2. Abschnitt. Staatsgefährdung. § 97

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(3) Hat der Täter eine der in Absatz 1 und 2 genannten Taten in der Absicht begangen, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. § 97. [öffentliche staatsgefährdende Verunglimpfung wichtiger Staatsorgane] 13 ) (1) Wer in der Absicht, Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik strafK. Deutschland oder gegen einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu fördern, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen1) ein Gesetzgebungsorgan2), die Regierung3) oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landes4) insgesamt oder in einem ihrer Mitglieder als verfassungsmäßiges Organ5) in einer Zu § 9 7 : l a ) § 97 stellt einen Strafschärfungsgrund für die nach §§ 196, 197 S t G B , strafbaren Ehrenkränkungen dar. 1) Vgl. Anm. 2 bis 4 zu § 95. 2) Gesetzgebungsorgane sind in der Bundesrepublik der Bundestag und der Bundesrat. Welches die Gesetzgebungsorgane der Länder sind, bestimmt sich nach Landesverfassungsrecht. 3) Die Bundesregierung besteht nach Art. 62 GG. aus dem Bundeskanzler und aus den Bundesministern. Wer Mitglied einer Landesregierung ist, regelt sich nach dem Verfassungsrecht des Landes. Der Staatspräsident eines Landes fällt, falls er nicht nach Landesverfassungsrecht Regierungsmitglied ist, nicht unter § 97 (vgl. Anm. 5 zu § 95). Geschützt wird nach § 97 die Regierung oder das einzelne Regierungsmitglied gegen Verunglimpfungen während ihrer Amtstätigkeit. 4) Wegen des Bundesverfassungsgerichtes vgl. Ges. v. 12. 3. 1951 (BGBl. I S. 243). Die Aufzählung ist abschließend. § 99 Abs. 1 Ziff. 3 RegEntw. 1950 wollte neben den Gesetzgebungsorganen allgemein die Organe der R e c h t s p r e c h u n g des Bundes oder der Länder in den Strafschutz einbeziehen. Dem Bundestagsausschuß erschien dies mit dem Gedanken, den Staat nur in bestimmten lebenswichtigen Organen gegen Verunglimpfung zu schützen, zu weitgehend; doch sollten nach dem Ausschußentw. neben den Verfassungsgerichten auch noch das (noch nicht errichtete) Oberste Bundesgericht (Art. 95 GG.) und die oberen Bundesgerichte (Art. 96 GG.) geschützt werden. Auch dies wurde im Plenum als zu weitgehend fallen gelassen. Daraus ergibt sich, daß Verunglimpfungen anderer als der in § 97 aufgezählten Staatsorgane nicht unter dem Gesichtspunkt der (mittelbaren) Beschimpfung von Bund oder Land (§ 96) bestraft werden können. 5) Die Worte „als verfassungsmäßiges Organ" sollen einschränkend wirken. Die Bedeutung dieser Worte ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach den Vorschlägen des Rechtsausschusses des Bundestages sollte bestraft werden, wer ein Gesetzgebungsorgan oder eines seiner Mitglieder, „in Beziehung auf diese Eigenschaft" und wer die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landes oder eines der Mitglieder „in Beziehung auf seine dienstliche Stellung" verunglimpft. Bei den Beratungen im Plenum des Bundestags in 2. Lesung wurden gegen die vom Ausschuß vorgeschlagene Fassung Bedenken geäußert. (Abg. Dr. Arndt, Ewers und Dr. Kopf in der 158. Sitzung v. 8. 7. 1951, Prot. S. 6317ff.) Es wurde geltend gemacht, daß der Gesetzgeber mit einem so gestalteten Schutz der Staatsorgane praktisch in den politischen Meinungskampf, in den „Meinungsstreit zwischen der demokratischen Mehrheit und der demokratischen Minderheit" eingreife, indem die Vorschrift so verstanden werden könne, daß auch die Kritik eines Anhängers der (demokratischen) Opposition an der jeweiligen Politik der Mehrheit darunter falle; das dürfe aber nicht sein, da „kein Richter zu beurteilen vermag, ob eine Kritik sachlich oder unsachlich, gerechtfertigt oder ungerechtfertigt, positiv oder negativ, vernünftig oder hetzerisch i s t " (Abg. Dr. Arndt, aaO.). Getroffen werden müsse vielmehr, wer als Staatsgegner das Organ „allgemein" angreife, weil es ihm „überhaupt nicht darauf ankomme, in den politischen Meinungskampf einzugreifen, sondern schlechthin die Legitimität des aus Regierung und Opposition bestehenden Ganzen anzugreifen, es zu beseitigen und abzuschaffen"; es müsse sich um Äußerungen handeln, „die das ganze Regime verwerfen, einerlei, wer regiert". Diesen Bedenken sollte die jetzt Gesetz gewordene Fassung Rechnung tragen; sie soll •— mit den Worten des Abg. Dr. Arndt, (160. Sitzung, Prot. S. 6480) — klarstellen, daß § 97 die Abwehr solcher Verunglimpfungen bedeutet, „die sich gegen das Ganze des Staates richten und darauf abzielen, unabhängig von jeweiligen

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A 2. Strafgesetzbuch. § 98

das Ansehen des Staates gefährdenden Weise verunglimpft 6 ) oder dazu auffordert 7 ), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist 8 ). (2) Die Tat wird nur mit Ermächtigung 9 ) des betroffenen Staatsorgans oder Mitglieds10) verfolgt.

§ 98. [Nebenstrafen] (1) Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden neben der Strafe aus § 89 auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe; neben den Strafen aus den §§ 90 bis 97 auf Geldstrafe; neben einer Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichenWahlen hervorgegangenen Rechte; neben jeder Freiheitsstrafe aus den §§ 89 bis 94 auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. (2) § 86 gilt entsprechend.

3. Abschnitt.

Landesverrat

Vorbemerkung Die auf dem 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30.8.1951 (BGBl. I S.739) beruhenden Strafvorschriften gegen Landesverrat, also gegen schwerste Angriffe gegen den ä u ß e r e n Bestand des Staates, schließen sich in weitem Umfang an das frühere, bis zur Aufhebung durch das Mehrheiten und Minderheiten die Menschen überhaupt der demokratischen Staatsidee zu entfremden." Die Worte „als verfassungsmäßiges Organ in einer das Ansehen des Staates gefährdenden Weise" sollen den Strafrichter dazu zwingen, „sich in jedem Einzelfall darüber klar zu werden, daß hier nicht ein im politischen Tageskampf zwischen Regierung und Opposition erlaubter Angriff vorliegt, sondern daß das Ansehen des Staates als eines Ganzen, zu dessen Funktionieren die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition gehört, in Gefahr geraten sein m u ß " (Abg. Dr. Wahl, 160. Sitzung, Prot. S. 6484) .Verunglimpfungen von Mitgliedern der genannten Organe sind nach § 97 nur strafbar, wenn sie nicht gegen das Mitglied in seiner Eigenschaft als Privat- oder Einzelperson gerichtet sind, sondern wenn in dem Mitglied das Organ als solches getroffen wird, die Verunglimpfung muß also „in Beziehung" auf die Eigenschaft als Organmitglied erfolgen. Verunglimpfungen eines Mitglieds, die hiernach nicht unter § 97 fallen, können nach § 187a strafbar sein. 6) Vgl. Anm. 6 zu § 95. Die Verunglimpfung muß also nicht nur in staatsgefährdender A b s i c h t erfolgen, sondern sie muß auch objektiv das Ansehen des Staates gefährden und der Täter muß sich dieser Wirkung bewußt sein. Mit diesem einschränkenden Merkmal sollte die schwierige Feststellung erleichtert werden, wo im politischen Meinungsstreit das „Verunglimpfen" anfange (vgl. Abg. Ewers, 158. Sitzung, Prot. S. 6318). Eine Verunglimpfung der Bundesregierung stellt z. B . ihre Bezeichnung als „Rasselbande", „Lügnerpack" oder „Verbrecherbande" dar. LG. Bamberg N J W . 53, 675. 7) Vgl. Anm. 7 zu § 95. 8) Z. B . in § 187a Abs. 2. 9) Vgl. Anm. 9 zu § 95. 10) Bei Verunglimpfung eines Mitglieds ist die Entschließung über die Strafverfolgung in sein Ermessen gestellt, obwohl der Grund der Bestrafung darin liegt, daß in dem Mitglied das Organ selbst verunglimpft wird. Demgemäß genügt zur Strafverfolgung die Ermächtigung des Organs nicht, wenn ein Mitglied verunglimpft ist.

2. Teil. 3. Abschnitt. Landesverrat. § 99

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Kontrollratsgesetz Nr. 11 geltende Recht (§§ 88—93 StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934) an. I m Gegensatz zum zuletzt geltenden Recht (vgl. §§ 89 Abs. 2, 90f, 901) wie auch zum RStGB. von 1871 (vgl. dort § 87) macht das Gesetz keinen Unterschied mehr, ob der Täter ein Deutscher oder ein Ausländer ist. Eine Reihe von Tatbeständen des früheren Rechts — z. B. § 90b StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934 (Gefährdung des Staatswohls durch öffentliche Mitteilung oder Erörterung f r ü h e r e r Staatsgeheimnisse), § 90f (landesverräterische Bestechung), § 91b (Feindbegünstigung) sind nicht aufgenommen. Während die früheren Vorschriften den Schutz des Staates gegenüber einer „ a u s l ä n d i s c h e n R e g i e r u n g " zum Gegenstand hatten, spricht das Gesetz jetzt, den besonderen tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragend, von einer „fremden Regierung" (§§ 99, lOOf) oder von „einer Regierung (oder auch .einem Gebiet') außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes" (§§ 100b, lOOd, lOOe) und setzt der „fremden Regierung" teils, die moderne völkerrechtliche Entwicklung berücksichtigend, eine „Staatengemeinschaften oder eine zwischenstaatliche Einrichtung" (§§ 100b, lOOf), teils „eine Partei, eine andere Vereinigung oder eine Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes" (§§ lOOd, lOOe) gleich.

§ 99. [Begriffsbestimmungen] 1 ) (1) Staatsgeheimnisse2) im Sinne dieses Abschnitts sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse3), insbesondere Schriften, Zeichnungen, Modelle oder Formeln, oder Nachrichten4) darüber, deren Geheimhaltung vor einer fremden Regierung5) für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. (2) Verrat im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer vorsätzlich6) ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten7) gelangen läßt oder es öffentlich 8) bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet. Zu § 99: 1) Früheres Recht: § 88 i. d. F. v. 24. 4. 1934. 2) Die Begriffsbestimmung des Abs. 1 entspricht sachlich dem früheren Recht (§ 88 i.d. F. v. 24. 4. 1934). Zum Begriff des Staatsgeheimnisses gehört, daß die Tatsache usw. nur innerhalb eines bestimmten Personenkreises bekannt ist und ihr Bekanntwerden über diesen Kreis hinaus dem Willen der Regierung widerspricht. RG. J R . 1927 Nr. 1159. Auch ein Betriebsgeheimnis einer Privatfirma kann darunter fallen. ZAkadDR. 1937, 410. Über „illegale" Geheimnisse s. Anm. 4 zu § 100. 3) Der Deutlichkeit halber ist klargestellt, daß „Erkenntnisse" — gedacht ist z. B. an die Ergebnisse von naturwissenschaftlichen Forschungen, die neue technische Einsichten und Möglichkeiten ergeben —, die an sich wohl unter den Begriff „Tatsachen" fallen, Staatsgeheimnisse darstellen können; deshalb sind die auf diesem Gebiet bedeutsamen Modelle und Formeln (z. B. chemische oder mathematische Formeln) besonders hervorgehoben. 4) Die Eigenschaft einer geheimen Nachricht kann die Zusammenstellung bekannter Nachrichten dann annehmen, wenn dadurch unbekannte Beziehungen aufgedeckt oder Einzelheiten in ein anderes Licht gerückt werden, so daß eine von den bisherigen verschiedene neue Nachricht vorliegt. DRZ. Bd. 16, 391. 5) S. Vorbem. vor § 99. Die Fassung „fremde Regierung" stellt klar, daß es einen strafbaren Verrat im Verhältnis eines Bundeslandes zu einem anderen Bundesland (einen sog. „innerstaatlichen Landesverrat") nicht gibt (Abg. Ewers, 158. Sitzung, Prot. S. 6324; Abg. Neumayer, 160. Sitzung, Prot. S. 6484). Der RegEntw. (§ 94) hatte vorgeschlagen, auch solche Tatsachen usw. als Staatsgeheimnisse zu schützen, deren Geheimhaltung für das Wohl einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung, an der die Bundesrepublik beteiligt ist (s. Anm. 3 zu § 88), erforderlich ist. Der Bundestag h a t diesen Gedanken abgelehnt (vgl. 158. Sitzung, Prot. S. 6321), weil eine solche Staatengemeinschaft noch nicht bestehe, die Entwicklung nicht übersehbar sei und auch die ausländische Gesetzgebung keine entsprechende Vorschrift kenne. 6) Der Vorsatz muß sich sowohl auf die Weitergabe wie auf die Gefährdung des Staatswohls erstrecken. Bedingter Vorsatz genügt. S. aber § 100c. 7) Das frühere Recht (§§ 88 Abs. 2) sprach von dem Gelangenlassen „an einen anderen, insbesondere an eine ausländische Regierung oder an jemand, der für eine ausländische Regierung tätig ist". Wenn § 99 Abs. 2 jetzt den Ausdruck „Unbefugter" (d. i. jemand, vor dem das Geheimnis geheimzuhalten ist) gebraucht, so bedeutet dies keinen sachlichen Unterschied, es sollte vielmehr klargestellt werden, daß ein Verrat nicht vorliegt, wenn dem „anderen" gegenüber eine Offenbarungspflicht besteht, die auf internationalem Recht und 7

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 100

§ 100. [Verrat und Ausspähung von Staatsgeheimnissen] 1 ) BGH.

(1) Wer ein Staatsgeheimnis verrät 2 ), wird wegen Landesverrates mitZuchthaus bestraft. (2) Wer sich ein Staatsgeheimnis verschafft 3 ), um es zu verraten, wird wegen Ausspähung von Staatsgeheimnissen mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (3) 4) Ein Abgeordneter des Bundestages, der nach gewissenhafter Prüfung der Sach- und Rechtslage und nach sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden nach der derzeitigen Lage auch auf Besatzungsrecht beruhen kann (Abg. Neumayer, 160. Sitzung, Prot. S. 6484). Die Bundesregierung hatte zu der Frage, ob die Weitergabe von Staatsgeheimnissen an die Alliierte Hohe Kommission (AHK.) oder ihre künftigen Rechtsnachfolger nach § 99 bestraft werden könne, bei der Zuleitung des RegEntw. an den Bundestag ausgeführt: „Wenn die Besatzungsbehörden auf Grund der ihnen zustehenden Rechte zur Anforderung und Überprüfung von Auskünften auf den ihnen vorbehaltenen Gebieten sich Mitteilungen über Vorgänge beschaffen, die anderen Stellen oder Personen gegenüber Staatsgeheimnisse sind, so kann derjenige, der die Auskunft gewährt, nicht wegen Landesverrats bestraft werden, da das Besatzungsrecht in diesen Fällen die Pflicht aufhebt, solche Vorgänge gegenüber den Besatzungsbehörden geheimzuhalten." Diese Klarstellung genügte indessen den Besatzungsmächten nicht. Die AHK. erließ vielmehr am 30. August 1951 das Gesetz Nr. 62 (ABl. S. 1106), in dem bestimmt wird: „Weder das deutsche Strafgesetzbuch noch sonstige strafrechtliche Bundes- oder Landesgesetze finden Anwendung in Bezug auf a) Informationen jeder Art, die den Regierungen der Vereinigten Staaten, der Französischen Republik oder des Vereinigten Königreiches, deren Besatzungsbehörden oder deren Besatzungsstreitkräften gegeben werden oder bestimmt sind, ihnen gegeben zu werden, b) die Aufnahme oder Unterhaltung von Beziehungen zu den (zu a) genannten) Regierungen, deren Besatzungsbehörden oder deren Besatzungsstreitkräften." Das Gesetz bezweckt, Personen, die für die westl. Besatzungsmächte tätig werden, von den Strafvorschriften über das Sichverschaffen von Staatsgeheimnissen und über die Weitergabe von Staats- und Amtsgeheimnissen (§§ 353b, c) freizustellen. Dagegen wird nach deutschem Recht bestraft, wer sich ein Staats- oder Amtsgeheimnis zwecks Weitergabe unter Verletzung solcher Vorschriften verschafft, die nicht zum Schutze der Staats- und Amtsgeheimnisse als solche erlassen sind, also z. B. durch Diebstahl, Hehlerei oder Bestechung. BGH St. 3, 317. 8) Vgl. Anm. 2 zu § 95 und § 100 Abs. 3. Zu § 100: 1) Früheres Recht: bei Abs. 1 § 89 StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934, bei Abs. 2 § 90 i. d. F. v. 1934; Abs. 3 ist neu. 2) Der frühere § 89 bedrohte — wie das vorl. Gesetz beim Hochverrat — das Unternehmen, also Vollendung und Versuch mit der gleichen Strafe, während sich jetzt die Strafbarkeit des Versuchs aus § 43 StGB, ergibt. Mithin gelten auch für den Rücktritt vom Versuch die allgemeinen Vorschriften (§ 46). Vorbereitungshandlungen sind — auch insoweit anders als beim Hochverrat — nicht grundsätzlich strafbar, doch stellen sich eine Reihe der folgenden Tatbestände des Abschnitts als selbständig strafbare Vorbereitungshandlungen zum Landesverrat dar. 3) Ein Staatsgeheimnis verschafft sich auch, wer davon ohne Verratsabsicht Kenntnis erlangt hat, sich dann aber zu Verratszwecken schriftliche Aufzeichnungen macht. ZAkadDR. 1937, 410. Versuch der Ausspähung liegt z. B. vor, wenn sich der Täter an Auskunftspersonen heranmacht, auch wenn diese nichts über die begehrten Staatsgeheimnisse wissen; der Versuchstatbestand ist aber auch schon erfüllt, wenn der Täter derart in die unmittelbare Nähe der Ausspähungsobjekte gelangt ist, daß sich das Sichverschaffen der Staatsgeheimnisse unmittelbar und ohne umständliche weitere Vorbereitungen anschließen kann. D J . 1937, 198. — Materiell stellt sich die Ausspähung als eine selbständig strafbare Vorbereitung des Verrats (Abs. 1) dar. Verrät der Täter das ausgespähte Staatsgeheimnis, so wird wegen der Subsidiarität der Vorbereitungs- gegenüber der Ausführungshandlung nur wegen des Verrats bestraft. Da die T a t mit dem Sichverschaffen vollendet ist, ist die Aufgabe der Verratsabsicht rechtlich bedeutungslos. 4) Der besondere Rechtfertigungsgrund des Abs. 3 ist erst zwischen der 2. und 3. Lesung des Gesetzes im Plenum eingefügt worden. Das RG. (E. 62, 65) hatte ausgesprochen, d a ß auch die Bekanntgabe gesetzwidriger Zustände an eine ausländische Regierung Landes-

2. Teil. 3. Abschnitt. Landesverrat. § 100 a

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Interessen sich für verpflichtet hält, einen Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes oder eines Landes im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse zu rügen, und dadurch ein Staatsgeheimnis. öffentlich bekanntmacht, handelt nicht rechtswidrig5), wenn er mit der Rüge beabsichtigt, einen Bruch des Grundgesetzes oder der Verfassung eines Landes abzuwehren.

§ 100 a. [Landesverräterische Fälschung]1) (1) Wer durch Fälschung2) oder Verfälschung3) Schriften, Zeichnungen oder andere Gegenstände, die im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären, herstellt4), um sie in einer das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdenden Weise zu verwenden5), wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, Gegenstände oder Nachrichten darüber, die falsch, verfälscht oder unwahr sind, aber im Falle der Echtheit oder Wahrheit Staatsgeheimnisse wären, vorsätzlich8) als echt oder wahr an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet. (3) Wer Gegenstände, die falsch oder verfälscht sind, aber im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären, sich verschafft6), um sie in einer das Wohl der Bundesverratung sein könne. Im Gegensatz zu dieser Auffassung war bei den parlamentarischen Erörterungen beantragt worden, im Wortlaut des § 100 zum Ausdruck zu bringen, daß nur der Verrat eines „mit der verfassungsmäßigen Ordnung vereinbaren" Staatsgeheimnisses strafbar sei (Abg. Dr. Arndt, 158. Sitzung, Prot. S. 6325). Dem Bedenken, daß es nicht der E n t scheidung des einzelnen überlassen sein könne, ob ein Staatsgeheimnis mit der verfassungsmäßigen Ordnung vereinbar ist — eine Bestrafung würde dann oft daran scheitern, daß die Einlassung des Angeklagten, er habe die den Gegenstand des Staatsgeheimnisses bildenden Tatsachen für grundgesetzwidrig gehalten — hat dazu geführt, daß die ö f f e n t l i c h e Rüge geheim gehaltener Tatsachen als gesetzwidrig nur den Bundestagsabgeordneten zusteht, die „berufen und verpflichtet sind, Hüter der demokratischen Grundordnung zu sein und die ihnen anvertrauten Rechte der Bevölkerung nicht preiszugeben" (Abg. Dr .Arndt, 160. Sitzung, Prot. S. 6480). Die nichtöffentliche Rüge der sog. illegalen Staatsgeheimnisse durch Angehen der zuständigen Stellen und der Volksvertretung (vgl. Art. 17 GG.) ist aber zulässig und als Landesverrat nicht strafbar, da die Mitteilung nicht an einen „Unbefugten" erfolgt. Schafheutle J Z . 1951, 617. 5) Eine Strafverfolgung wäre schon nach Art. 46 Abs. 1 GG. ausgeschlossen. § 100 Abs. 3 stellt darüber hinaus klar, daß eine strafbare Handlung nicht vorliegt. Ob der Gegenstand der Rüge wirklich einen Gesetzesverstoß darstellt, ist bedeutungslos; entscheidend ist, ob der Abgeordnete nach gewissenhafter Prüfung, wenn auch irrtümlich, einen Gesetzesverstoß als gegeben ansah (Schafheutie aaO. nimmt einen schuldausschließenden Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes an). Zu § 1 0 0 a : 1) § 100a entspricht im wesentlichen dem § 9 0 a S t G B . i. d. F. v. 24. 4. 1934, der seinerseits auf § 94 S t G B . = Entw. 1927 zurückgeht. 2) Fälschung = Anfertigung des Gegenstandes, indem ihm der Schein verliehen wird, als rühre er von einem anderen als dem wirklichen Hersteller her. 3) Verfälschung (s. dazu Anm. 5 a zu § 267 StGB.) = Veränderung eines Gegenstandes, indem ihm der Schein verliehen wird, als sei er von Anfang so gewesen, wie er sich jetzt darstellt. 4) Mit der Herstellung der Schrift usw. ist die Tat vollendet; Aufgeben der Verwendungsabsicht ist daher bedeutungslos. Verwendet sie der Hersteller entsprechend der mit der Herstellung verfolgten Absicht, so wird nur aus Abs. 2 bestraft (vgl. Anm. 3 zu § 100). 5) D. h. um sie mit Gefährdungsvorsatz hinsichtlich des Staatswohls als echt an einen Unbefugten gelangen zu lassen oder öffentlich bekannt zu machen (s. Abs. 2). Eine bloße „Verwendung im Innern des Landes" genügt — dies gegen Schmidt-Leichner N J W . 1951, 861 — nicht. An Stelle von „um sie . . . . zu verwenden" hieß es nämlich in § 90a i. d. F . v. 24. 4. 1934: „um sie zu verraten". Die neue Fassung, die zu der Formulierung des § 94 StGB.-Entw. 1927 zurückkehrt, bedeutet demgegenüber keine Änderung des Sinnes, sondern trägt den im Bundestag geäußerten Bedenken (Abg. Ewers 158. Sitzung, Prot. S. 6324) Rechnung, daß man eine Fälschung nicht „verraten" könne. 6) Zum Vorsatz gehört Kenntnis der Unechtheit; bedingter Vorsatz genügt. 7*

BGH.

100

A 2. Strafgesetztbuch. § 1 0 0 b

republik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdenden Weise zu verwenden, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (4) Falschen, verfälschten oder unwahren Tatsachen, Gegenständen oder Nachrichten darüber (Absätze 2 und 3) stehen Staatsgeheimnisse gleich, die der Täter irrtümlich für falsch, verfälscht oder unwahr hält 7 ).

§ 100 b. [Landesverräterische Beweisvernichtung]1) BGH.

(l) Wer ein Beweismittel über eine Tatsache 2 ), die für die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland oder einem ihrer Länder einerseits3) und einem fremden Staate, einem Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung4) andererseits von Bedeutung ist, fälscht5), verfälscht6), vernichtet 7 ), beschädigt8), beseitigt9), unterdrückt 10 ) oder sonst in seiner Verwendbarkeit beeinträchtigt und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet11), wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. 7) Dem „Verrat" und der „Ausspähung" unechter Staatsgeheimnisse steht es also gleich, wenn Gegenstand der Tat e c h t e Staatsgeheimnisse sind, die der Täter irrtümlich für unecht hält. Der Fall, daß der Täter gefälschte und erdichtete „Staatsgeheimnisse" irrtümlich für echt hält, bedurfte keiner besonderen Regelung; hier kann ohne weiteres wegen Versuchs des Verrats oder der Ausspähung bestraft werden. Zu § 100b: 1) Früheres Recht: § 90h S t G B . i. d. F. v. 24. 4. 1934. 2) § 100 b bringt eine Erweiterung gegenüber dem früheren Recht, das nur Beweismittel über ein Rechtsverhältnis schützte. Wegen des Begriffs Tatsache s. Anm. 3 zu § 186 S t G B . Beweismittel ist alles, was als Mittel dazu dienen kann (geeignet ist), die Tatsache zu beweisen, also z. B . mündliche Aussagen, Urkunden, Augenscheinsobjekte. Zum Begriff des Beweismittels ist nicht erforderlich, daß eine Beweisbestimmung, sei es von vornherein, wie etwa bei Absichtsurkunden, sei es ad hoc mit Rücksicht auf ein schwebendes oder bevorstehendes Rechtsverfahren oder Verhandlungen bereits erfolgt ist, vielmehr genügt es, daß der Gegenstand objektiv zum Beweis geeignet ist. Zum inneren Tatbestand gehört aber nicht nur, daß der Täter dies weiß, sondern auch, daß er sich bewußt ist, die Beweismöglichkeiten im etwa auftretenden Bedarfsfall zum Nachteil des Bundes oder eines Landes zu verschlechtern; er muß also die (nicht nur ganz entfernte) Möglichkeit einer Verwendung zu Beweiszwecken in den Vorsatz aufgenommen haben. 3) §100b bezieht sichalso nicht auf Beweismittel für die Beziehungen zwischen dem Bund und einem Bundesland oder zwischen verschiedenen Ländern des Bundes, wie es j a auch einen Landesverrat im Verhältnis zwischen dem Bund und einem Land oder zwischen verschiedenen Ländern untereinander nicht gibt (vgl. Anm. 3 zu § 99). 4) Vgl. Anm. 3 zu § 88. 5) Ein Beweismittel wird gefälscht, wenn es vom Täter erst geschaffen wird (z.B. Erzeugung von Fußspuren zum Nachweis von Grenzverletzungen). 6) D. h. ein bereits vorhandenes Beweismittel derart verändert, daß dadurch den daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen eine andere Richtung gegeben wird. 7) D. h. dem Beweismittel den ihm innewohnenden Beweiswert völlig nimmt. 8) Vgl. Anm. 9 zu § 133 und Anm. 5 zu § 274 S t G B . 9) D. h. dem Bund oder dem Land der Verwendung als Beweismittel tatsächlich, wenn auch nur vorübergehend entzieht. Der Begriff des Beseitigens entspricht dem des im S t G B , im allgemeinen verwendeten des Beiseiteschaffens (vgl. §§ 133, 137, 170a, 288). 10) Vgl. Anm. 6 zu § 274 S t G B . 11) Eine A b s i c h t , das Staatswohl durch die Verschlechterung der Beweislage zu gefährden, ist nicht erforderlich, auch nicht die Absicht oder das Bewußtsein, die fremde Macht dadurch zu begünstigen.

2. Teil. 3. Abschnitt. Landesverrat. §§ 100 c, d

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§ 100 c. [Fahrlässiger Landesverrat] 1 ) (1) Wer vorsätzlich ein Staatsgeheimnis an einen Unbefugten gelangen läßt BGH. oder es öffentlich bekanntmacht und dadurch fahrlässig2) das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Wer fahrlässig3) ein Staatsgeheimnis, das ihm kraft seines Amtes oder seiner dienstlichen Stellung oder eines von einer Dienststelle erteilten Auftrages zugänglich4) war, an einen Unbefugten gelangen läßt und dadurch das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Die Tat wird nur mit Ermächtigung6) der Regierung des Bundes oder des Landes verfolgt, dessen Wohl gefährdet worden ist. § 100 d. [Agententätigkeit] 1 ) (1) Wer in der Absicht, einen Krieg, ein bewaffnetes Unternehmen2) oder Abs. 1: Zwangsmaßregeln gegen die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder B G H herbeizuführen oder zu fördern3), zu einer Regierung, einer Partei, einer anderen Z u § 100c: 1) Früheres Recht: §§ 90d und 90e StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934. 2) Vom Landesverrat (§ 100) unterscheidet sich dieser Fall dadurch, daß der Täter zwar vorsätzlich das Geheimnis weitergibt, daß ihm aber der zum Verrat erforderliche Vorsatz hinsichtlich der Gefährdung des Staatswohls fehlt. Beispiel: Der Täter plaudert das Staatsgeheimnis einem vertrauten Freunde gegenüber aus, ohne daran zu denken, daß er dadurch das Staatswohl gefährden könne, weil er darauf vertraut, daß der Empfänger Stillschweigen bewahren werde; dieser aber plaudert selber und mit dieser Möglichkeit hätte der Täter bei vernünftiger Überlegung rechnen müssen. Für Geheimnisse, die keine Staatsgeheimnisse sind, vgl. §§ 353 b und 353 c StGB. 3) Im Gegensatz zu Abs. 1 müssen hier sowohl das Gelangenlassen an einen Unbefugten wie die Gefährdung des Staatswohls fahrlässig erfolgen. Beispiele: Ein Beamter läßt seine Aktentasche, die ein geheimes Schriftstück enthält, versehentlich im Eisenbahnabteil liegen oder er vergißt, den Panzerschrank, in dem das Schriftstück liegt, zu verschließen, so daß ein Dritter Kenntnis von dem Staatsgeheimnis erlangt oder Kenntnis nehmen kann. 4) Vgl. Anm. 3 zu § 353 b StGB. 5) Vgl. Anm. 9 zu § 95. Zweck: Bei Fällen von geringer Schuld und unbedeutenden Tatfolgen die Bestrafung auszuschließen, insbesondere aber auch zu verhindern, daß das Staatsgeheimnis erst durch das Strafverfahren einer größeren Personenzahl bekannt wird. Z u § lOOd: 1) Die im § lOOd unter Strafe gestellte Tätigkeit bezeichnet das Gesetz selbst als „Agententätigkeit" (vgl. § 74a Abs. 1 GVG.). § lOOd knüpft an § 91 StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934 an, betritt dabei aber auch juristisches Neuland. 2) D. h. — vgl. § 92c StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934 — ein militärisches Unternehmen fremder Streitkräfte, die nicht als kriegsführende Macht anzusehen sind (Bandenkrieg). 3) Förderung (vgl. die entsprechenden Begriffe in § 90 a Abs.l, §92 Abs. 1, §§93,94 Abs. 1) = Unterstützung fremder Tätigkeit. Während die Herbeiführung eines Krieges usw., von der § 91 a F.allein sprach, begrifflich einen künftigen Krieg usw. zum Gegenstand hat, bezieht sich die Förderung eines Krieges usw. (nicht: die Förderung seiner Herbeiführung) nach dem Wortsinn sowohl auf einen künftigen wie auf einen schon ausgebrochenen Krieg, auf schon begonnene bewaffnete Unternehmen und auf schon ergriffene Zwangsmaßregeln ( = Sanktionen). Das käme, soweit es sich um einen ausgebrochenen Krieg handelt, auf die Feindbegünstigung hinaus, die in § 91b StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934 unter Strafe gestellt war. Daß die Erweiterung des § lOOd auf den Fall der Feindbegünstigung beabsichtigt sein könnte, erscheint indessen unwahrscheinlich. Denn die Strafdrohung des früheren § 91 a richtete sich nur gegen den Täter, der im Inland oder als Deutscher im Ausland handelte (Verletzung der Gast- und Treupflicht), während § 100 d sich im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Nr. 2 StGB. (i. d. F. von Art. 2 Nr. 1 d e s l . Strafrechtsänderungsges.) auch gegen den im Ausland tätig werdenden Ausländer richtet. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Förderung der Herbeiführung in dem Sinne gleichgesetzt ist, daß beide Tätigkeitsformen einen künftigen, einen herbeizuführenden Krieg usw. zum Gegenstand haben. Und „Förderung eines Krieges" bedeutet nach dem Zweck der Vorschrift, die sich gegen die Konspiration richtet, nicht eine Unterstützung des Konspirationsgegners, die sich bei der Durchführung eines künftigen Krieges zu seinen Gunsten auswirken soll —

102

A 2. Strafgesetzbuch.

§100e

Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes oder zu einer Person, die für eine solche Regierung tätig ist, Beziehungen aufnimmt4) oder unterhält, wird mit Zuchthaus bestraft. Abs.2,3: (2) 5 ) Handelt der Täter in der Absicht, sonstige Maßnahmen oder Bestrebungen StrafK. einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes herbeizuführen oder zu fördern, die darauf gerichtet sind, den Bestand (§ 88 Abs. 1) oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben6), so ist die Strafe Gefängnis. Der Versuch ist strafbar. (3) Wer in der Absicht, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Maßnahmen oder Bestrebungen herbeizuführen oder zu fördern, unwahre oder gröblich entstellte Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet 7 ), wird mit Gefängnis bestraft. Der Versuch ist strafbar. (4) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 kann auf lebenslanges Zuchthaus, in besonders schweren Fällen der Absätze 2 und 3 auf Zuchthaus erkannt werden.

§ 100 e. [Landesverräterische Konspiration]1) BGH.

(1) Wer zu einer Regierung, einer Partei, einer anderen Vereinigung oder einer Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes oder zu einer Person, die für eine solche Regierung, Partei, Vereinigung oder Einrichtung tätig ist, Beziehungen aufnimmt2) oder unterhält3), welche die Mitteilung von das liefe wieder auf die Feindbegünstigung hinaus — sondern den Ausbruch des Krieges begünstigen (ebenso Schönke I I 3c). 4) Vgl. Anm. 2 zu § lOOe. 5) Abs. 2 knüpft an Art. 266 bis des Schweiz. S t G B . i. d. F. der Novelle v. 5. 10. 1950 (vgl. Schneider J Z 1951, 660) an. Während Abs. 1 einen Angriff auf die ä u ß e r e Sicherheit im Keime abwehren will, richtet sich Abs. 2 gegen die einen Umsturz im I n n e r e n mit a u s w ä r t i g e r Hilfe bezweckende Agententätigkeit. E s handelt sich also im Grunde hier um eine Ergänzung der Strafvorschriften gegen Staatsgefährdung (§§ 88ff.). Der Gesetzgeber hat geglaubt, mit Rücksicht auf die Willensrichtung des Täters in Abs. 2, die gegenüber der des Täters aus Abs. 1 mehr umstürzlerischer als landesverräterischer Natur ist, eine mildere Regelstrafe (Gefängnis) vertreten zu können. Auch die Aburteilungszuständigkeit ist in Abs. 1 und 2 verschieden. 6) Über „Beseitigen" und „außer Geltung setzen" s. Anm. 3, 4 zu § 89. Untergraben ist jede Tätigkeit, die auf Beseitigung, Änderung oder auch nur Erschütterung eines Zustandes gerichtet ist. B G H . N J W . 53, 1358, z. B. durch Zerstörung der Bereitwilligkeit bei den Rechtsunterworfenen zur Befolgung der Verfassungsgrundsätze. Das bloße Sympathisieren mit auswärtigen Staaten, Parteien usw. fällt nicht unter die Strafdrohung, auch nicht die Zustimmung zu einer Kritik des Auslandes an den Verhältnissen der Bundesrepublik. 7) Die Fassung „unwahre tatsächliche A r t " ist aus § 90f. StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934 übernommen. Eine „Behauptung tatsächlicher A r t " aufstellen = eine Tatsache behaupten i. S. des § 186 S t G B . (s. Anm. 3, 4 und 8 Abs. 2 zu § 186). „Verbreiten" s. Anm. 5 aaO. Die „Lügenpropaganda" kann innerhalb oder außerhalb der Bundesrepublik erfolgen; sie braucht nicht öffentlich zu geschehen. Welchen Gegenstand die Behauptung hat, ist an sich bedeutungslos; doch ergibt sich eine inhaltliche Begrenzung aus der in Abs. 3 geforderten Absicht, denn es muß sich der Natur der Sache nach um Behauptungen handeln, die zur Erreichung der Absicht — wenigstens nach der Vorstellung des Täters — geeignet sind. Fehlt es an der staatsgefährdenden Absicht, so können §§ 131, 187a S t G B , anwendbar sein. Zu § lOOe: 1) Früheres R e c h t : § 90c i. d. F . v. 24. 4. 1934. 2) = eine Fühlungnahme herbeiführt, ohne daß es zu Verhandlungen gekommen zu sein braucht, z. B . auch dadurch, daß der Täter dem anderen Teil eine Zusammenkunft zur Erörterung vorschlägt. 3) Es ist nicht erforderlich, daß der Täter Staatsgeheimnisse kennt oder wirklich verräterische Absichten verfolgt; es genügt, daß die Beziehungen, rein äußerlich betrachtet, die

2. Teil. 3. Abschnitt. Landesverrat. §§ 100 f, 101

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Staatsgeheimnissen oder eine der in § lOOd Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen zum Gegenstand haben 2 ), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer für eine Regierung, eine Partei, eine andere Vereinigung oder eine Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes tätig ist und Beziehungen der in Absatz 1 bezeichneten Art zu einem anderen aufnimmt oder unterhält.

§ 100 f. [Landesverräterische Untreue] (1) Ein Beauftragter der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder, B G H der ein Staatsgeschäft 2 ) mit einer fremden Regierung 3 ;, einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung 1 ) vorsätzlich zum Nachteil 5 ) seines Auftraggebers führt, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.

§ 1011). [Nebenstrafen und Sicherungsmaßregeln] (1) Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlungen kann erkannt werden neben den Strafen aus den §§ 100 bis 100 b, 100 d Abs. 1, 100 f auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe; neben den Strafen aus den §§ 100 c, 100 d Abs. 2, 3 und 100 e auf Geldstrafe; neben einer wegen einer vorsätzlichen Tat verhängten Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten Mitteilung echter Staatsgeheimnisse (nicht auch falscher i. S. des § 100a) zum Gegenstand haben. E. 50, 423; D J . 1938, 829; BayObLG. N J W . 53, 1074. Deshalb fällt auch der sog. Spionagebetrug — der Täter täuscht Verratsabsicht vor, um Geld zu erlangen — unter § lOOe. Recht 32 Nr. 692. Selbst Simulation auf beiden Seiten genügt. Ein „Unterhalten von Beziehungen" kann z. B. dadurch erfolgen, daß der Täter Neuigkeiten irgendwelcher nicht geheimer Art dem fremden Agenten zur Aufrechterhaltung der angeknüpften Beziehungen übermittelt oder in Aussicht stellt, D J . 1938, 829. H a t der Täter Landesverrats- oder Ausspähungsabsicht, so stellt § lOOd, falls nicht Versuch aus § 100 vorliegt, eine V o r b e r e i t u n g s h a n d l u n g zu den Straftaten des § 100 Abs. 1 und 2 unter Strafe; im Fall des § lOOd Abs.l ermöglicht er eine Bestrafung in den Fällen, in denen dem Täter die Absicht, einen Krieg usw. herbeizuführen oder zu fördern, nicht nachzuweisen ist oder sogar feststeht, daß er eine solche Absicht nicht hatte (Agentenbetrug) oder noch nicht gefaßt hatte, sondern z. B. seine Entschließung von dem Ergebnis von Erörterungen und Verhandlungen abhängig machen wollte (im letzteren Falle wäre die Tat eine nach § 100 e strafbare Vorbereitung eines gemäß § 101 d Abs. 1 strafbaren Verbrechens). Z u § lOOf: 1) Früheres Recht: § 90g StGB. i. d. F. v. 24. 4. 1934. Vgl. noch § 353a. 2) Staatsgeschäft ist jede Angelegenheit, die in staatl. Auftrag betrieben wird und staatl. Interessen angeht. 3) Vgl. Anm. 5 zu § 99. 4) Vgl. Anm. 3 zu § 88. 5) Nachteil = jede Beeinträchtigung der staatl. Interessen, nicht nur vermögensrechtl. Nachteile. Zur Vollendung gehört der Eintritt des Nachteils. Der innere Tatbestand erfordert Vorsatz einschl. des bedingten; eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Wie bei der Untreue (vgl. Anm. 11 zu § 266) wird ein Handeln zum Nachteil nicht dadurch ausgeschlossen, daß das Verhalten dem Auftraggeber gewisse Vorteile verschafft; jedoch liegt kein Handeln zum Nachteil vor, wenn ein Vorteil nur auf dem Weg über einen geringeren Nachteil erreichbar ist. Z u § 101: 1) Vgl. die Anm. zu § 85.

104

A 2. Strafgesetzbuch. §§102—104

für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter und den Verlust des Wahl- und Stimmrechts und der Wählbarkeit sowie auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte; neben jeder Freiheitsstrafe aus den §§ 100 bis 100 b, 100 d, 100 e auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. (2) § 86 gilt entsprechend. 4. Abschnitt. Handlung gegen ausländische

BGH.

Staaten

* § 102. [Anschlag gegen ausländische Staatsmänner] Wer einen Angriff auf Leib oder Leben1) eines ausländischen Staatsoberhauptes 2 ) , eines Mitglieds einer ausländischen Regierung3) oder eines im Bundesgebiet beglaubigten Leiters einer ausländischen diplomatischen Vertretung begeht, während sich der Angegriffene in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält 4 ), wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. * § 103. [Beleidigung ausländischer Staatsmänner] Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt1), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. * § 104. [Verletzung ausländischer Hoheitszeichen] (1) Wer eine auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigte Flagge eines ausländischen Staates 1 ) oder wer ein Hoheitszeichen2) eines solchen Staates, das von einer anerkannten Vertretung Zu § 102: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 83. 2) Staatsoberhaupt = höchster Repräsentant der Staatsgewalt. 3) Wer Regierungsmitglied ist, richtet sich nach dem Verfassungsrecht des betreffenden Staates; im allgemeinen sind es die Ministerpräsidenten und Minister (die Kabinettsmitglieder). 4) aufhält = befindet, auch wenn lediglich auf der Durchreise. In amtl. Eigenschaft = zur Erfüllung von Aufgaben seines Amtes. Zu § 103: 1) Nur bei den Mitgliedern ausl. Reg. ist Voraussetzung, daß sie sich zur Tatzeit im Inland aufhalten, nicht bei ausl. Staatsoberhäuptern und den beglaubigten Gesandten. Beleidigung: §§ 185—187, nicht aber §§ 187a, 189. Die sonstigen Vorschriften des 14. Abschnitts finden keine Anwendung; vgl. vielmehr § 104a, 104b Abs. 2. Soweit § 103 keine Anwendung findet, bleiben die Vorschriften des 14. Abschnitts unberührt, z. B. wenn ein ausländischer Gesandter als Privatperson Strafantrag stellt. Tateinheit mit §§ 185ff. ist möglich, z. B. wenn ein ausl. RegMitglied mit Bezug auf seine Stellung und zugleich als Privatperson beleidigt wird. Z u § 104: 1) Bei den Flaggen kommt es, im Gegensatz zu den Hoheitszeichen, nicht darauf an, wer sie öffentlich zeigt, sondern daß sie nach Rechtsvorschriften (z. B. nach zwischenstaatl. Abkommen über das Flaggenführungsrecht von Schiffen) oder nach einem auch im Inland anerkannten Brauch öffentlich gezeigt werden. Nach anerkanntem Brauch werden z. B. bei internationalen Sportveranstaltungen, Ausstellungen usw. die Landesflaggen der Teilnehmer oder Gäste öffentl. gezeigt. Vgl. im übrigen Anm. 9 zu § 96. 2) = Zeichen, das die Regierungsgewalt des betreffenden Staates zum Ausdruck bringen soll. E. 31, 14 (vgl. Anm. 10 zu § 96).

2. Teil. 4. Abschn. Handlung usw. §§ 104 a, b. — 5. Abschn. Verfahren u. Vergehen usw.

dieses Staates öffentlich angebracht worden ist, entfernt, zerstört, beschädigt oder unkenntlich macht oder wer beschimpfenden Unfug daran verübt 3 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. * § 104 a. [Verfolgungsvoraussetzungen] Die Vergehen dieses Abschnitts werden nur verfolgt, wenn die Bundesrepublik zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält, die Gegenseitigkeit verbürgt ist und auch zur Zeit der Tat verbürgt war, ein Strafverlangen1) der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung2) zur Strafverfolgung erteilt. Die Ermächtigung kann zurückgenommen werden. * § 104 b. [Nebenstrafen] (1) Im Falle des § 102 gelten die Vorschriften der §§ 85 und 86 entsprechend mit der Maßgabe, daß neben den Strafen auf Geldstrafe erkannt werden kann. (2) In den Fähen der §§103 und 104 ist die Vorschrift des § 200 über die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung entsprechend anzuwenden, wenn die Tat öffentlich oder in einer Versammlung1) begangen worden ist. An die Stelle des Beleidigten tritt der Staatsanwalt.

5. Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte * § 105. [Parlamentsnötigung] (1) Wer es unternimmt 1 ), ein Gesetzgebungsorgan2) des Bundes oder eines Landes auseinander zu sprengen3), zur Fassung oder Unterlassung von Beschlüssen zu nötigen4) oder Mitglieder aus ihnen gewaltsam5) zu entfernen, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Einschließung von gleicher Dauer bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Einschließung nicht unter einem Jahre ein. * § 106. [Stimmhinderung] (1) Wer ein Mitglied einer der bezeichneten Versammlungen durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Handlung1) verhindert, sich an den 3) Vgl. Anm. 11—15 zu § 96. Unterbleibt eine Verfolgung aus § 104, weil die Voraussetzungen des § 104 a fehlen, so bleibt Verfolgung wegen Sachbeschädigung möglich. Auch Tateinheit mit Sachbesch, ist möglich, z. B. wenn die Flagge einer Privatperson gehört. Zu § 1 0 4 a : 1) Das Strafverlangen hat mit dem Strafantrag (§§61 ff.) nichts zu tun; es ist an keine Frist gebunden, frei zurücknehmbar und sachlich wie persönlich teilbar. 2) Vgl. Anm. 9 zu § 95. Zu § 1 0 4 b : 1) Vgl. Anm. 2, 3 zu § 95. Zu § 105: 1) Vgl. § 87. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 97. 3) Sprengen = die Teilnehmer zwingen, den Versammlungsort zu verlassen. Nicht sprengt, wer lediglich die Abhaltung einer Sitzung durch Tumult und Zwischenrufe unmöglich macht. 4) Durch Gewalt oder Androhung von (unmittelbarer) Gewalt, also z. B. nicht durch Streik. Sax N J W . 53, 368 (str.). 5) Durch Anwendung oder Androhung von Gewalt. Z u § 106: 1) = m i t Strafe bedrohteHandlungi.S. des §42b. Bedrohung: s. Anm. 2 zu § 2-41.

106

A 2. Strafgesetzbuch. §§106a, b

Ort2) der Versammlung zu begeben oder zustimmen 3 ), wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Einschließung von gleicher Dauer bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Einschließung bis zu zwei Jahren ein.

* § 106 a. [Bannkreis]1)

(1) Wer innerhalb des befriedeten Bannkreises2) um das Gebäude eines Gesetzgebungsorgans3) des Bundes oder eines Landes sowie des Bundesverfassungsgerichts an öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel4) oder Aufzügen5) teilnimmt6) und dadurch vorsätzlich Vorschriften verletzt, die über den Bannkreis erlassen worden sind7), wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Wer zu Versammlungen oder Aufzügen auffordert8), die unter Verletzung der im Absatz 1 genannten Vorschriften innerhalb eines befriedeten .Bannkreises stattfinden sollen, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

§ 106 b. [Betreten von Parlamentsgebäuden] (1) Wer vorsätzlich gegen Anordnungen verstößt, die ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes oder dessen Präsident über das Betreten des Gebäudes des Gesetzgebungsorgans oder des dazu gehörenden Grundstücks oder über das Verweilen oder die Sicherheit und Ordnung im Gebäude oder auf dem Grundstück allgemein oder im Einzelfall erläßt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist1). Die Tat wird nur mit Ermächtigung2) des Präsidenten des Gesetzgebungsorgans verfolgt. 2) Nicht nur der Versammlungsraum, sondern auch die Gemeinde, in der er liegt. 3) d. h. überhaupt zu stimmen oder in einem bestimmten Sinne zu stimmen. Zu § 106a: 1) Die §§ 106a und 106b sind durch das 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739) eingefügt; die Fassung des § 106a Abs. 1 beruht auf dem 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Die Vorschriften bezwecken, die Freiheit der Entschließung der Gesetzgebungsorgane vor Beeinträchtigungen und Störungen zu schützen. 2) Vorausgesetzt wird, wie sich aus § 16 Abs. 2 des Versammlungsges. v. 24. 7. 1953 — B II 1 — ergibt, daß durch bundes- bzw. landesrechtl. Vorschriften außerhalb des StGB, ein befriedeter Bannkreis bestimmt ist (vgl. z. B. BayVO. v. 17. 7. 1952 — GVB1. S. 240 —; Berl. Ges. i. d. F. v. 30. 12. 1952 — GVB1. S. 993, 1064 —). Eine gesetzl. Bestimmung über einen Bannkreis für den Bundestag und das Bundesverfassungsgericht fehlt bisher. 3) Vgl. Anm. 2 zu § 97. 4) Über den Begriff „Versammlung" s. Anm. 3 zu § 95. Öffentlich ist eine Versammlung, wenn sie einem größeren, durch persönliche Beziehungen nicht verbundenen Personenkreis zugänglich ist. Sie findet unter freiem Himmel statt, wenn der Versammlungsort unbedacht ist. PrOVG. GA. 52, 410; OLG. Köln JMB1. NRW. 52, 15. Ihr Zweck braucht kein politischer zu sein. 5) Aufzug ist eine zu einem bestimmten Zweck vereinigte Versammlung von Menschen, die sich in der Öffentlichkeit bewegt, um die öffentl. Aufmerksamkeit auf den verfolgten Zweck zu lenken. E. 44, 370. 6) Vgl. Anm. 5 zu § 125. 7) Nach § 16 des VersammlGes. v. 24. 7. 1953 — B II 1 — sind öffentl. Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge innerhalb des befriedeten Bannkreises verboten (Ausnahme: § 17 a.a.O.). 8) Vgl. Anm. 9 zu § 110. Ob die Versammlung oder der Aufzug tatsächlich stattfindet, ist ohne Bedeutung. Die Aufforderung braucht nicht öffentlich zu erfolgen. Zu § 106b: 1) § 106b ist lex specialis gegenüber § 123 Abs. 1, dessen Höchststrafe er übernimmt. An die Stelle des Strafantrags (§ 123 Abs. 3) ist die Ermächtigung (§ 106b Abs. 1 Satz 2) getreten. Infolge der Subsidiaritätsklausel bleibt z. B. § 123 Abs. 2 unberührt und die Ahndung der Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift erfordert einen Strafantrag (§ 123 Abs. 3). 2) Vgl. Anm. 9 zu § 97.

2.Teil. 5. Abschn. Verbrechen u. Vergehen in Beziehung a. d. Ausübg. usw. §§ 107,107a

107

(2) Die Strafvorschrift des Absatzes 1 gilt bei Anordnungen eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder des Bundestages noch für die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre Beauftragten, bei Anordnungen eines Gesetzgebungsorgans eines Landes oder seines Präsidenten weder für die Mitglieder der Gesetzgebungsorgane dieses Landes noch für die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten. * § 107. [Wahlhinderung 1 ) ] (1) Wer mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt eine Wahl oder die Feststellung ihres Ergebnisses2) verhindert oder stört, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. * § 107a. [Wahlfälschung] (1) Wer unbefugt wählt1) oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt2) oder das Ergebnis verfälscht3), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer das Ergebnis einer Wahl unrichtig verkündet oder verkünden läßt4). (3) Der Versuch ist strafbar. Zu § 107: 1) Die §§ 107—109a sind an Stelle der bisherigen §§ 107—109 durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) eingefügt. § 107 a. F. war bereits durch § 30 des Versammlungsges. v. 24. 7. 1953 (BGBl. I S. 684) — B II 1 — aufgehoben und durch § 21 a.a.O. ersetzt. § 107 n. F., der an § 109 StGB.-Entw. 1927 anknüpft, will den reibungslosen Ablauf von Wahlen als Gesamtvorgang schützen. Die Einwirkung auf den einzelnen Wähler fällt unter § 108. „Mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt": s. Anm. 3, 4 zu § 84. 2) D. h. die an den eigentlichen Wahlvorgang sich anschließende amtl. Feststellung ihres Ergebnisses. Zu § 107a: 1) unbefugt = ohne das angemaßte Wahlrecht zu besitzen, z. B. weil er nicht im Besitz der bürgerl. Ehrenrechte ist (§ 34), weil ihm das Wahl- und Stimmrecht aberkannt ist (§§ 85, 98, 101), weil er sein Wahlrecht bereits ausgeübt h a t oder weil er unter falschem Namen für einen anderen wählt, auch wenn dieser einverstanden ist und falls er selbst gewählt hätte, in gleicher Weise wie der Unbefugte gewählt hätte. KG. JW. 29, 1145. W ä h l e n ist der Vorgang, durch den der Wähler nach Maßgabe der jeweils geltenden Wahlvorschriften (Kennzeichnung eines Wahlvorschlags usw.) sein Wahlrecht ausübt. E. 20, 420; 63, 382. Verstöße gegen die jeweilige Wahlordnung nehmen der Wahlhandlung nicht ihren Charakter. E. 64, 302. 2) Ein u n r i c h t i g e s E r g e b n i s ist h e r b e i g e f ü h r t , wenn in der äußerlichen Form einer gesetzmäßigen Wahl die Wahl ungesetzlich erfolgte und dadurch ein anderes Ergebnis als bei ordnungsmäßiger Wahl herausgekommen ist. E. 63, 386. Und zwar genügt es, daß ein unrichtiges Stimmenverhältnis herbeigeführt ist; die Person des Gewählten braucht dadurch nicht verändert zu sein. E. 5, 49. Beispiele: Ein Mitglied des Wahlvorstandes wirft abgegebene Wahlzettel nicht in die Wahlurne oder kreuzt Namen von Wählern, die noch nicht gewählt haben, an zum Zeichen, daß sie gewählt hätten und hindert sie so an der Wahlteilnahme. RG. J R . 26 Nr. 874. Das E r g e b n i s der Wahl liegt vor, sobald die Ausübung der Wahl durch die Wähler beendet ist, also schon bevor der Ausgang der Wahl durch Zählung der Stimmen ermittelt und beurkundet ist. E. 62, 7. 3) Das Ergebnis v e r f ä l s c h t , wer ein ordnungsmäßig zustande gekommenes Ergebnis nach Abschluß der eigentlichen Wahlhandlung unbefugt ändert, z. B. durch falsches Zählen der Stimmen. E. 20, 420; durch falsche amtl. Protokollierung. E. 56, 387; durch heimliches Unterschieben gültiger an Stelle ungültiger Stimmzettel. RG. Recht 26 Nr. 1320; durch heimliches Hinzufügen von Stimmzetteln. RG. J W . 05, 747. 4) Verkündung ist nur die amtliche Verlautbarung über Wahlergebnisse (Abg. Dr. Schneider 265. Sitzung des BT., Prot. S. 12995). Täter ist hier also derjenige, zu dessen amtl. Aufgaben es gehört, das Ergebnis zu verkünden oder verkünden zu lassen; dagegen erstreckt sich Abs. 2 nicht auf die Verbreitung eines unrichtig verkündeten Ergebnisses (etwa durch die Presse) noch auf die unrichtige Wiedergabe eines richtig verkündeten Ergebnisses.

108

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 107 b, c, 108

* § 107 b. [Wahlkarteifälschung] 1 )

Wer 1.2j seine Eintragung in die Wählerliste (Wahlkartei) durch falsche Angaben erwirkt, 2.3) einen anderen als Wähler einträgt, von dem er weiß, daß er keinen Anspruch auf Eintragung hat, 3. die Eintragung eines Wahlberechtigten als Wähler verhindert 4 ), obwohl er dessen Wahlberechtigung kennt, 4. sich als Bewerber für eine Wahl aufstellen läßt, obwohl er nicht wählbar 5 ) ist, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist. * § 107c. [Verletzung des Wahlgeheimnisses] 1 ) Wer einer dem Schutze des Wahlgeheimnisses dienenden Vorschrift 2 ) in der Absicht3) zuwiderhandelt, sich oder einem anderenKenntnis davon zu verschaffen, wie jemand gewählt hat, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. * § 1081). [Wahlzwang] (1) Wer mit Gewalt, durch rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel2), durch Mißbrauch3) eines beruflichen oder wirtschaftlichen AbhängigkeitsZu § 107 b: 1) § 107 b trifft Vorbereitungshandl. zur Wahlfälschung (§ 107 a), die bisher nur in § 21 des Wahlges. zum 1. Bundestag der Bundesrepublik v. 15. 6. 1949 (BGBl. S. 21) unter Strafe gestellt waren. 2) Täter ist hier, wer seine Eintragung in die Wählerliste herbeiführt, obwohl er nicht wahlberechtigt ist; wer lediglich durch falsche Angaben bewirkt, daß er zu Recht eingetragen wird, fällt nicht unter Ziff. 1. 3) Täter kann nicht nur der Karteiführer, sondern jeder sein, der tatsächlich in der Lage ist, die Eintragung zu bewirken. Es trägt auch ein, wer — abgesehen von Nr. 1 — die Eintragung durch den gutgläubigen Karteiführer bewirkt (mittelbare Täterschaft). Keinen Anspruch auf Eintragung hat, wer im Zeitpunkt der Wahl, für die die Liste aufgestellt wird, nicht wahlberechtigt ist. Zum Vorsatz gehört positives Wissen um die im Zeitpunkt der Wahl fehlende Wahlberechtigung; bedingter Vorsatz genügt nicht. 4) Hierunter fällt nicht nur, wer verhindert, daß die Eintragung erfolgt, sondern auch, wer durch Streichung einer erfolgten Eintragung verhindert, daß sie noch im Zeitpunkt der Wahl vorhanden ist. 5) Weil ihm das passive Wahlrecht fehlt, sei es, daß es nach den die Wählbarkeit regelnden Vorschriften nicht oder noch nicht besteht (z. B. mangelndes Alter) oder die Wählbarkeit durch strafgerichtliche Verurteilung verloren gegangen ist (vgl. z. B. § 34 Nr. 4, §§ 85, 98, 101). Zu § 107c: 1) § 107c übernimmt den § 110 StGB-Entw. 1927. 2) Der Wahlgesetze oder Wahlordnungen. 3) Absicht i. techn. Sinn ist erforderlich, d. h. es muß dem Täter darauf ankommen, sich oder einem anderen die bezeichnete Kenntnis zu verschaffen. Das ist auch der Fall, wenn der Täter einen weiteren Zweck verfolgt, z. B. sich eine Belohnung für die Weitergabe der erlangten Kenntnis zu verschaffen, oder dem Wähler ob seiner Wahl Vorwürfe zu machen oder ein Parteimitglied zu kontrollieren, ob es auch den von der Partei aufgestellten Kandidaten gewählt hat usw. Zu § 108: 1) § 108 ist lex specialis gegenüber § 240. 2) Vgl. Anm. 3—5 zu § 240. Die Rechtswidrigkeit der Drohung ist hier (wie in §§ 240, 253; vgl. BGHSt. 2, 194) nicht besonderes Tatbestandsmerkmal, sondern allgemeines Verbrechensmerkmal: Ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist also nicht Tatbestands-, sondern Verbotsirrtum. Die Anwendung wahladäquater, im politischen Leben als üblich und angemessen angesehener Drohungen (z. B. daß als interesseloses Parteimitglied angesehen werde, wer seiner Wahlpflicht nicht nachkomme) ist überhaupt nicht rechtswidrig. 3) Vgl. Anm. 5 zu § 175a.

2. Teil. 5. Abschn. Verbrechen u. Vergehen in Beziehung usw. §§ 108 a, b, 109, 109 a

109

Verhältnisses oder durch sonstigen wirtschaftlichen Druck einen anderen nötigt oder hindert, zu wählen oder sein Wahlrecht in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (2) Der Versuch ist strafbar. * § 108 a. [Wahltäuschung] 1 ) (1) Wer durch Täuschung bewirkt, daß jemand bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt 2 ) oder gegen seinen Willen nicht3) oder ungültig wählt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. * § 108 b. [Wahlbestechung] 1 ) (1) Wer einem anderen dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle2), Geschenke oder andere Vorteile3) anbietet 4 ), verspricht oder gewährt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt 5 ). (3) Das Entgelt oder dessen Wert kann im Urteil eingezogen werden6). * § 109. [Nebenstrafe] In den Fällen der §§ 107, 107a, 108 und 108b kann neben einer Gefängnisstrafe auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. * § 109 a. [Geltungsbereich] Die Vorschriften der §§107 bis 109 gelten für Wahlen zu den Volksvertretungen und für sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes1) im Bund, in den Ländern, Zu § 108a: 1) Die Vorschrift knüpft an § 105 StGB-Entw. 1927 an. 2) D. h. seine Stimme unter der Einwirkung der Täuschung in einem anderen Sinne abgibt, als er tatsächlich wollte, z. B. indem der Täter dem Wähler vortäuscht, wenn er den Kandidaten einer bestimmten Partei wählen wolle, müsse er den Stimmzettel an einer anderen als der richtigen Stelle ankreuzen, oder es wird ihm ein schon gekennzeichneter, seinen Wählabsichten widersprechender Stimmzettel in die Hand gespielt (vgl. E. 63, 382). Nicht getroffen wird der Fall des Motivirrtums: Der Wähler wird durch Täuschung dazu veranlaßt, sich für einen bestimmten Kandidaten zu entscheiden, den er dann auch wählt, aber bei Kenntnis des Sachverhalts nicht gewählt hätte. 3) Z. B. durch Täuschung über den Tag der Wahl. Zu § 108b: 1) Bisher § 109 StGB. 2) § 108 b trifft nicht den Fall, daß dem Wähler ein Vorteil dafür gewährt wird, daß er überhaupt stimmt (seiner Wahlpflicht genügt) oder daß er dafür ein Entgelt fordert (so schon nach bisherigem Recht RG. GA. 51, 415). „Nicht wähle" = an der Wahl nicht teilnehme. „In einem bestimmten Sinne wähle": § 108b findet auch Anwendung, wenn der Wähler auch ohne das Versprechen in gleichem Sinne stimmen würde, insbes. verlangt § 108 b nicht, daß der Wähler bestimmt werden soll, gegen seine Überzeugung zu wählen. E. 9, 197. Eine Wahl „in einem bestimmten Sinne" ist auch eine bewußt ungültige Wahl. 3) Vgl. Anm. 6, 7 zu § 331. 4) Vgl. Anm. 3 zu § 333. 5) Vgl. Anm. 8, 9 zu § 331. 6) Vgl. Anm. 1 zu § 335. Zu § 109a: 1) § 107a. F. bezog sich auf Wahlen „in Ausübung staatsbürgerlicher Rechte" die §§ 108, 109 a. F. dagegen auf Wahlen „in einer öffentlichen Angelegenheit" (vgl. dazu

110

A 2. Strafgesetzbuch.

§110

Gemeinden und Gemeindeverbänden. Einer Wahl oder Abstimmung steht das Unterschreiben eines Wahlvorschlages 2 ) oder das Unterschreiben für ein Volksbegehren 3 ) gleich.

6. Abschnitt.

Widerstand

gegen die

Staatsgewalt

§ HO1). [Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze] Wer öffentlich 2 ) vor einer Menschenmenge 3 ), oder wer durch Verbreitung 4 ) oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen Darstellungen zum Ungehorsam gegen Gesetze 6 ) oder rechtsgültige •) Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit 7 ) innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen 8 ) auffordert 9 ), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Anm. 1 zu § 34). § 103 S t G B . - E n t w . 1927 sah die Anwendbarkeit der Vorschriften über W a h l delikte einheitlich für alle Wahlen auf Grund reichs- oder landesrechtl. Vorschriften „in öffentlichen Angelegenheiten" vor und § 109 RegEntw. 1950 des Strafrechtsänderungsges. wollte ihm darin folgen. Der B T . war demgegenüber der Auffassung, daß der Geltungsbereich der §§ 107 ff. „eng abzugrenzen ist und daß die Strafvorschriften nur bei den im Vordergrund des öffentlichen Interesses stehenden allgemeinen Wahlen und Abstimmungen angewendet werden sollen" (Abg. Dr. Schneider, 265. Sitzung v. 1 2 . 5 . 1953, Prot. S. 12995). Die Worte „des Volkes" bringen demnach zum Ausdruck, daß es sich — wie bei den Wahlen zu den Volksvertretungen — um a l l g e m e i n e Wahlen handeln muß, an denen die ganze Bevölkerung innerhalb der Gebietskörperschaft, soweit wahlberechtigt, teilzunehmen berechtigt ist, also um Wahlen zu den Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen usw. Dagegen gehören nicht hierher die Wahlen zu Ortskrankenkassen, Betriebsräten, öffentlich-rechtlichen Berufs- und Standesorganisationen und kirchliche Wahlen. A b s t i m m u n g e n „des Volkes" sind nicht die Abstimmungen der Volks- und Gemeindevertreter innerhalb der Volks- und Gemeindevertretungen, sondern Abstimmungen, an denen nach gesetzlicher Vorschrift — wie bei den Wahlen — das „ V o l k " , d. h. die Gesamtheit der Abstimmungsberechtigten der ganzen B e völkerung innerhalb der Gebietskörperschaft teilzunehmen berechtigt ist. 2) Nach Maßgabe der Wahlgesetze und Wahlordnungen. 3) Das GG. kennt kein Volksbegehren (Einbringung einer Gesetzesvorlage durch das Volk), wohl aber die Landesverfassungen (vgl. z. B . Art. 71 Hess. Verf.). Gedacht ist an den Fall, daß nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zum Volksbegehren die Unterschrift einer bestimmten Zahl von Stimmberechtigten in ausgelegten Listen usw. erforderlich ist. Ein etwa durch das Volksbegehren ausgelöster Volksentscheid ist eine Abstimmung. Z u § 1 1 0 : 1) Während § 111 die Aufforderung zu einer einzelnen bestimmten Straft a t bedroht, bedroht § 110 die Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz im allgemeinen, zur grundsätzlichen Auflehnung gegen die im Gesetz enthaltenen Grundlagen der Rechtsordnung oder zur Sabotierung obrigkeitlicher Anordnungen, E . 63, 326. 2) S. Anm. 2 zu § 200. 3) Die Aufforderung muß v o r einer Menschenmenge erfolgt, kann aber auch an eine einzelne Person gerichtet sein. Der Begriff der Menge fordert eine größere Anzahl von Personen. E . 9, 143, aber nicht eine ungeordnete und zusammengewürfelte Mehrheit (vgl. noch Anm. 1 zu § 124). Die Arbeiterschaft einer Fabrik kann eine Menge darstellen. E . 40, 76. 4) Verbreiten bedeutet: einem größeren Personenkreis zugänglich machen. Weitergabe an eine einzige Person genügt, jedoch nur, wenn der Empfänger sie einem größeren Personenkreis zugänglich machen will oder wenn der Weitergebende damit rechnet, daß der Empfänger sie weitergeben werde. E . 16, 2 4 5 ; R G . D J . 35, 1192. Die Weitergabe muß k ö r p e r l i c h erfolgen. E . 47, 2 2 6 ; bloßes Vorlesen oder sonstige Mitteilung genügt nicht. E . 15, 118. 5) Gesetze jeder Art einschließlich der Vorschriften des Zivilrechts. E . 21, 2 9 9 ; 54, 2 6 6 ; z. B . auch das Impfgesetz. B a y O b L G . R e c h t 30 Nr. 123, und Gesetzesbestimmungen, welche die Einhaltung der vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeiter vorschreiben. R e c h t 7, 366. — Ein Irrtum über die Rechtsgültigkeit des Gesetzes ist bedeutungslos, wenn nach dem Sinn des § 110 formal einwandfrei verkündete Gesetze stets den Schutz der Vorschrift genießen, ohne Rücksicht darauf, ob sie ordnungsmäßig zustande gekommen oder ihrem Inhalt nach rechtswirksam sind (so in der T a t Schönke I I 1). Indessen muß davon ausgegangen werden, daß ein ungültiges Gesetz keinen Gehorsam beanspruchen kann und daß

2. Teil. 6. Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt. §§111

111

* § 111. [Aufforderung zu Straftaten] (1) Wer auf die vorbezeichnete Weise zur Begehung einer strafbaren Handlang 1 ) auffordert, ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn die Aufforderung infolgedessen weder die Nichtbefolgung eines solchen Gesetzes gesetzwidrig sein kann noch die Aufforderung zum Ungehorsam beachtliche Belange beeinträchtigt. In einer Zeit, in der die Anrufung von Landesstaatsgerichtshöfen und des Bundesverfassungsgerichts wegen der Ungültigkeit von Landes- und Bundesgesetzen zu den alltäglichen Vorgängen gehört, ist die Auffassung nicht vertretbar, daß jedes Gesetz bei Strafe solange zu respektieren sei, als es nicht authentisch für ungültig erklärt sei. Es kann deshalb für Gesetze nicht anders gelten als für VOen, die § 110 ausdrücklich nur schützt, wenn sie rechtsgültig sind. Eine andere Frage ist, welche Bedeutung dem Irrtum über die Gültigkeit zukommt. Bei VOen ist nach E. 64, 76 die Gültigkeit als obj. Bedingung der Strafbarkeit anzusehen — ebenso wie die Rechtsmäßigkeit der Amtsausübung i. F. des § 113 —, so daß sich der Vorsatz nicht auf die Gültigkeit zu erstrecken braucht. Das gleiche muß für Gesetze gelten. 6) Die Rechtsgültigkeit der VO. ist kein besonderes Tatbestandsmerkmal (vgl. Anm. 5), vielmehr liegt — ebenso wie bei der Hervorhebung der Rechtswidrigkeit in § 240 (vgl. dort Anm. 6) ein Hinweis des Gesetzgebers vor, daß gerade bei VOen eine Prüfung der Rechtsgültigkeit besonders geboten sei. 7) Obrigkeit sind nur solche Organe der Staatsgewalt, welche in einem gewissen Umfange die Staatsgewalt selbständig ausüben und zum Erlaß allgemein verpflichtender Anordnungen berufen sind. E. 55, 8; z. B. auch die Versorgungsverbände auf dem Gebiet der Milchwirtschaft. RG. H R R . 36 Nr. 768; dagegen nicht bloße Vollzugsorgane für einen konkreten Fall. E. 55, 8; OLG. Braunschweig N J W . 53, 714. 8) Hierher gehören auch solche Anordnungen der Behörden, welche einen bestimmten Fall betreffen, generell verpflichtende Anordnungen werden nicht vorausgesetzt. E. 8, 321; z. B. ein Verbot des Ministeriums, Wahlen vorzunehmen. E. 55, 8. Auch bloße Verwaltungsmaßnahmen gehören hierher. E. 63, 326; doch muß sich die Anordnung stets an einen etwas größeren Kreis außerhalb der Behördenorganisation wenden. Daher gehört nicht hierher die Anordnung einer Regierungsstelle, die sich nur an den Kreis der ihr untergeordneten Beamten wendet und lediglich von diesen ein bestimmtes dienstliches Verhalten fordert. E. 65, 260. Die Z u s t ä n d i g k e i t der anordnenden Stelle ist nicht Tatbestandsmerkmal, sondern Bedingung der Strafbarkeit. E. 40, 64 ; 63, 329. 9) Aufforderung ist jede Kundgebung mit der Absicht, auf den Willen anderer einzuwirken. E. 63, 173. Sie kann ausdrücklich oder durch schlüssige Handlung erfolgen. E. 47, 413, und sie braucht nicht zur Kenntnis des Aufgeforderten gelangt zu sein. E. 58,198 (anders in § 112: E. 5, 71). Sie kann vorliegen, auch wenn zum Schein eine Aufforderung ausdrücklich abgelehnt wird. D J Z . 23, 175. Auffordern ist mehr als anreizen. E. 63, 170. Nicht ist erforderlich, daß dem Aufgeforderten angesonnen wird, b e w u ß t gesetzwidrig zu handeln. E. 59, 149. Es muß stets zum Ungehorsam gegen ein bestimmtes Gesetz oder eine bestimmte Anordnung der Obrigkeit aufgefordert werden; die Aufforderung, allgemein den Gesetzen nicht zu gehorchen, genügt nicht. R. 6, 433. Doch ist die Anführung des konkreten Gesetzes nicht erforderlich, es genügt, daß der Hörer versteht, welcher Gesetzesvorschrift nach dem Willen des Täters Ungehorsam geleistet werden soll. E. 72, 339. Aufforderung zum versteckten Widerstand genügt. LZ. 23, 652. Zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes genügt das Bewußtsein des Auffordernden, daß seine Aufforderung auf die Verletzung des Gesetzes abzielt. Z u § 111; 1) § 110 hat die Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz als solches zum Gegenstand, während § 111 die Aufforderung zu einer bestimmten strafb. Handl. trifft. E. 63, 328. Strafb. Handlung sind nur kriminell strafb. Handlung i.S. des § 1, nicht auch die Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 1 OWiG. — A 4 —). Unter „strafb. Handlung" ist eine mit Strafe bedrohte Handlung (vgl. Anm. 1 zu § 42b) zu verstehen. Auch Unterlassungen sind Handlungen. E. 4, 109. Die Handlung muß wenigstens derart bestimmt bezeichnet werden, daß bei Begehung einer strafbaren Handlung deren Zusammenhang mit der Aufforderung erkannt werden kann. E. 39, 387: 65, 200. Gleichgültig ist, ob der Aufgeforderte ohnehin zum Handeln entschlossen war. Recht 11 Nr. 3727. Der Zusammenhang zwischen der Aufforderung und der Tat braucht kein unmittelbarer zu sein; es genügt, daß die Tat die Folge der durch die Aufforderung verursachten gemeinsamen Erregung war. E. 57, 285. Zum inneren Tatbestand gehört nicht das Bewußtsein, daß die Handl. strafbar sei. E. 40, 363; OLG. Braunschweig N J W . 53, 714.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§112,113

die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge gehabt hat. (2) Dasselbe gilt, wenn die Aufforderung ohne Erfolg geblieben ist. Die Strafe kann nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs gemildert werden2). §

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* § 1131). [Widerstand gegen die Staatsgewalt] (1) Wer einem Beamten 2 ), welcher zur Vollstreckung von Gesetzen, von Befehlen und Anordnungen der Verwaltungsbehörden oder von Urteilen und Verfügungen der Gerichte berufen ist, in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes3) durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet 4 ), Tateinheit zwischen § 110 und § 111 ist möglich. E. 63, 328. 2) Daß § 44 nur die Milderung bei Versuch von Verbrechen und Vergehen regelt, bedeutet nicht, daß die erfolglose Aufforderung zu einer Übertretung nicht mehr strafbar sein solle (Dreher JZ. 53, 425), aber auch nicht, daß hier § 111 Abs. 2 Satz 2 unanwendbar sei; vielmehr ist § 44 Abs. 1 sinngemäß dahin anzuwenden, daß innerhalb des Übertretungsstrafrahmens die erfolglose Aufforderung milder beurteilt werden kann als bei einer ausgeführten Übertretung. Zu § 112: 1) § 112 — Aufwiegelung von Soldaten — ist aufgehoben durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946 Zu § 113: 1) § 113 schützt die Tätigkeit, § 114 die Willensfreiheit der Beamten. § 113 bezieht sich auf eine die Amtshandlung hemmende, § 114 auch auf eine sie herbeiführende Tätigkeit. Vgl. im übrigen wegen des Verhältnisses der beiden Vorschriften Anm. 1 zu § 114. 2) V o l l s t r e c k u n g s b e a m t e r braucht nicht immer ein sog. Exekutivbeamter zu sein, erforderlich aber ist, daß er im konkreten Falle zur Vollstreckung von Gesetzen, Befehlen usw. berufen gewesen ist. Im einzelnen sind außer Polizeibeamten hierher gerechnet: Forstschutzbeamte der Privaten. E. 2, 306; Feldhüter R. 3, 341; Bürgermeister R. 1, 575, Nachtwächter GA. 22, 638, Bahnsteigschaffner D J Z . 05, 172; ein vom Bürgermeister angestellter, vom Landrat bestätigter Gemeindediener. OLG. Naumburg J R . 26 Nr. 194; Gewerbepflegerin. KG. D J Z . 27 Nr. 534; Volksschullehrer. E. 25, 89; 35, 185. Dammeister. OLG. Breslau GA. 74, 395. Gerichtsvollzieher (s. unten 3 a). Kommunale Vollziehungsbeamte müssen n a c h OLG. H a m m H E S t . 2, 216 im Geltungsbereich der preuß. VO. über das VerwZwangsverf. v. 15. 11. 1899, auch wenn sie auf dem Gebiet der Wohnungsbewirtschaftung tätig werden, beeidigt sein; a.M. (wohl mit Recht) OLG. Frankf. N J W . 51, 852. Auch der Widerstand gegen einen Richter, der eine von ihm getroffene Anordnung der Sitzungspolizei selbst vollstreckt, fällt unter § 113. E. 15,27. Anders aber, wenn dem Richter bei einer sonstigen Amtshandlung (Zeugenvernehmung) Widerstand geleistet wird. E. 14, 259; 31, 77. 3) I. Z u r R e c h t m ä ß i g k e i t der Amtsausübung gehört, daß der Beamte a) s a c h l i c h zuständig war und b) die vorgeschriebenen w e s e n t l . Formen beobachtet hat. Ob auch ö r t l i c h e Zuständigkeit erforderlich ist, ist str., aber mit E. 66, 339; BGH. N J W . 53, 1031 zu bejahen. Dabei ist indes zu beachten, daß die örtliche Zuständigkeit nicht notwendig an den dem Beamten zugewiesenen Dienstbezirk gebunden ist. Bei Polizeibeamten ergibt sich z. B. aus der allgemeinen Aufgabe der Polizei, strafbare Handlungen zu verhindern, daß ein Polizeibeamter überall innerhalb des Landes, dem er angehört (vgl. § 167 GVG.), zur Erfüllung dieser Aufgabe einzuschreiten befugt ist; die Zuweisung zu einem bestimmten Dienstbezirk hat insoweit nur innerdienstl. Bedeutung. RG. DR. 42, 1782; BGH. N J W . 53, 1031. Außerhalb ihres Landes und über § 167 GVG. hinaus in einem anderen Lande einzuschreiten, sind Polizeibeamte nur befugt, wenn Landesvereinbarungen oder Landesgesetze — wie in NordrheinWestfalen — das Tätigwerden fremder Polizeibeamter gestatten; E. 71, 122 h a t mit der Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse seine Bedeutung verloren. OLG. H a m m N J W . 54, 240. Bei E r m e s s e n s h a n d l . ist der Beamte in r e c h t m ä ß i g e r Amtsausübung, wenn er sein Ermessen p f l i c h t g e m ä ß ausübt; ob das Ergebnis seiner Prüfung in tatsächl. oder rechtl. Hinsicht sachlich richtig oder falsch ist, berührt die Rechtm. der Amtshandlung nicht. E. 72, 311. Ein Irrtum des Beamten über die seiner Befugnis zugrunde liegenden t a t s ä c h l i c h e n Voraussetzungen ist, wenn unverschuldet, für die Rechtm. der Amtshandlung bedeutungslos. R 7, 238; GA. 63, 440; E. 61, 297; H R R . 32 Nr. 1895. Sieht der Beamte aber aus Unkenntnis oder

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oder wer einen solchen Beamten während der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes tätlich angreift 6 ), wird mit Gefängnis von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren bestraft. Verkennung der R e c h t s l a g e sein Recht zum Handeln als gegeben an, so ist seine Amtshandlung unrechtmäßig. Die Gültigkeit von Gesetzen und Verordnungen nachzuprüfen, ist der VollstrBeamte nicht berufen; nicht wesentlich ist es daher, ob die PolVO., wegen deren Übertretung der Polizeibeamte einschreitet, gültig ist. J R . 25 Nr. 1828. Dem Beamten, der einen B e f e h l oder eine Anordnung a u s f ü h r t , liegt eine Prüfung der Rechtm. des Befehls (der Anordnung) grundsätzlich ebenfalls nicht ob. E. 58, 195; BGH. N J W . 53, 1032. Er darf nur dann den Befehl nicht befolgen, wenn seine Ausführung für ihn erkennbar den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde (§ 56 BBG.). Seine Handlung ist daher z. B. auch dann rechtsm., wenn die anordnende Behörde sich in einem tatsächlichen Irrtum befand. Im übrigen ist zu beachten, daß fehlerhafte Verwaltungsakte in der Regel nicht nichtig, sondern nur anfechtbar sind und daß sich der Betroffene ihrer nur mit den vorgeschriebenen Rechtsmitteln in den vorgeschriebenen Verfahren erwehren kann. OLG. Braunschweig MDR. 51, 629; LG. Hamburg DVB1. 52, 314; s. auch BGH. N J W . 53, 1032. Die Vollstreckung eines rechtskräftigen gerichtlichen — auch eines falschen — Urteils ist für den Vollstreckungsbeamten immer rechtmäßig. OLG. Kiel MDR. 47, 73. Im einzelnen a) S a c h l i c h e Z u s t ä n d i g k e i t : Ist der Beamte im allgemeinen für Amtshandl. dieser Art zuständig, so schadet es nicht, wenn er für die Maßnahme, die er in gesetzlicher Form ausführt, im Einzelfalle unzuständig war. E. 2, 411. Doch darf der Befehl (Auftrag) nicht außerhalb des Rahmens der wirklichen Befugnisse liegen. E. 55, 163. KG. J F G E r g . 5, 188; J W . 30, 758. (Siehe Anm. 3 zu § 137). Ein Polizeibeamter verliert die sachliche Zuständigkeit nicht dadurch, daß er dienstfrei ist und nicht die vollständige Dienstausrüstung trägt. RG. DR. 43, 1783. In rechtmäßiger Ausübung des Berufs befinden sich P o l i z e i b e a m t e , wenn sie eine Person, welche sich der Zeugnispflicht entziehen will, zwecks Feststellung der Persönlichkeit festnehmen. E. 13, 426; wenn sie jemanden, obwohl die Voraussetzungen des § 127 StPO. nicht vorliegen, zur Wache mitnehmen, weil die Feststellung seiner Persönlichkeit auf offener Straße unangemessen erscheint. RG. J W . 35, 3393, wenn sie die Vorladung des einer Straftat Verdächtigen gemäß §§ 17, 40 pr. PolVerwGes. zwangsweise durchführen. E. 67, 351, wenn sie einen Festgenommenen bei Fluchtverdacht fesseln. Recht 26 Nr. 1731; wenn sie eine dritte Person sistieren sollen und zu diesem Zwecke die Wohnung eines Dritten betreten. E. 2, 263; wenn sie einen die Polizeistunde Überschreitenden gewaltsam entfernen. E. 42, 16; ein Gendarm, der im Brandschutz mitwirkt. KG. J W . 31, 958; oder der vom Landrat mit der Durchführung einer Fürsorgemaßnahme beauftragt ist. KG. J W . 31, 1723. Dagegen ist der Beamte n i c h t in rechtmäßiger Ausübung seines Amtes, wenn er ohne die Voraussetzungen des § 16 pr. PolVerwGes. aus präventivpolizeilichen Gründen zur Nachtzeit in das Besitztum eines Dritten eindringt. E. 31, 307, oder wenn er einen Gefangenen entgegen den bestehenden Vorschriften fesselt. D J Z . 13, 168; oder wenn er den ihm zur Durchführung eines privatrechtlichen Anspruches erteilten Befehl ausführt. E. 29, 199; 40, 212; auch nicht ein Polizeibeamter, der zwangsweise Anordnungen durchführen will, die Polizeibehörden unbefugt auf dem Gebiet der Wohnungswirtschaft getroffen haben. DRZ. 29 Nr. 574; KG. Recht 31 Nr. 459. Bei Überschreitung seiner Amtsbefugnisse befindet sich der Beamte erst wieder in rechtmäßiger Amtsausübung, wenn er äußerlich erkennbar seine Tätigkeit mit erlaubten Mitteln wieder aufgenommen hat. OLG. Oldenburg N J W . 52, 1189. D e r G e r i c h t s v o l l z i e h e r ist bei einer Zwangsvollstreckung in rechtmäßiger Ausübung seines Amtes, auch wenn die Vollstreckungsklausel nicht zu Recht erteilt ist. R. 4, 418 (a. M. Frank IV 1); oder wenn er eine Wohnung durchsucht, die er irrtümlich für die des Schuldners hält. E. 61, 297. Er ist befugt, bei Zwangsvollstreckungen die Taschen der Kleidungsstücke, die der Schuldner auf dem Leibe trägt, zu durchsuchen. E. 16, 218. Auch bei Vornahme von Zustellungen auf Betreiben der Parteien ist er Vollstreckungsbeamter. E. 41, 82. Dagegen befindet sich ein Gerichtsvollzieher nicht in der rechtmäßigen Ausübung, wenn er den Schuldner zwingt, ihm beim Aufsuchen der Pfandsache behilflich zu sein. Dresden H R R . 28 Nr. 186. b) F ö r m l i c h k e i t e n : nur der Mangel w e s e n t l i c h e r Förmlichkeiten berührt die Rechtmäßigkeit E. 12, 261; 22, 227. So ist ein Beamter, welcher eine Handlung nur im Beisein anderer Personen vornehmen darf, nicht in rechtmäßiger Ausübung, wenn er sie allein vornimmt. R. 5, 4, wie z. B. ein Gerichtsvollzieher, der bei Widerstand gegen eine Vollstrekkungshandl. nicht Zeugen zuzieht (§ 759 ZPO.). BGH. N J W . 54, 200. Doch ist eine Durchsuchung rechtmäßig, wenn die Zuziehung anderer Personen den Erfolg anderer Durchsuchungen in Frage gestellt hätte. KG. J W . 32, 65. Zu den wesentl. Förmlichkeiten kann 8

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre oder Geldstrafe ein. (3) Dieselben Strafvorschriften treten ein, wenn die Handlung gegen Personen, welche zur Unterstützung des Beamten zugezogen waren6), oder gegen Mannschaften der bewaffneten Macht, oder gegen Mannschaften einer Gemeinde-, Schutz- oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird.

* § 114. [Beamtennötigung] (1) Wer es unternimmt 1 ), durch Gewalt oder Drohung2) eine Behörde 3 ) auch das Tragen vorgeschriebener Abzeichen gehören, die den Träger als Inhaber von Hoheitsbefugnissen kennzeichnen sollen (vgl. Mitzschke-Sckäfer Anm. 3 zu § 25 B J G . betr. Abzeichen der Jagdschutzberechtigten). I I . Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein, daß der Beamte eine Amtshandlung vornimmt. Die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung ist nicht Tatbestandsmerkmal, sondern lediglich Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz nicht zu erstrecken braucht; daß der Täter sich der Rechtmäßigkeit bewußt gewesen, ist daher nicht nötig, und seine irrige Annahme, die Amtsausübung sei unrechtmäßig, ist bedeutungslos. An dieser vom R G . (E. 71, 122) in ständiger Rechtspr. vertretenen und vom B G H . ( N J W . 53, 1032) übernommenen, auch vom Schrifttum allgemein geteilten Auffassung hat sich — entgegen der Annahme von OLG. Hamm JMB1. N R W . 53, 8 ; Welzel J Z . 52, 19; Härtung N J W . 52, 763; Heitzer N J W . 52, 729 — durch den Wandel der Rechtspr. über den Verbotsirrtum (s. Anm. 1 zu § 59) nichts geändert. Denn die Würdigung der Rechtmäßigkeit als obj. Bedingung der Strafbarkeit trägt zwingenden praktischen Bedürfnissen Rechnung. B G H . St. 4, 1 6 1 ; daß sie mit dem Grundgedanken der Schuldlehre nicht unvereinbar ist, zeigt § 149 Abs. 3 StGB-Entw. 1927, der die bisherige Rechtspr. förmlich legalisieren wollte, obwohl die dort vorgesehene Behandlung des Verbotsirrtums (vgl. § 20) den jetzt von der Rechtspr. entwickelten Grundsätzen entspricht. Notwehr ist dem in rechtmäßiger Ausübung seines Amtes befindlichen Beamten gegenüber nicht gegeben. E . 22, 300; 25, 150; Recht 31 Nr. 1517, wohl aber gegenüber dem rechtswidrig handelnden Beamten, z. B. wenn er o f f e n s i c h t l i c h ohne (sachl. oder örtl.) Zuständigkeit oder willkürlich vorgeht oder e r s i c h t l i c h eine Straftat begeht. B G H . N J W . 53, 1032. Auch auf Vorschriften in Landesverfassungen, daß jedermann zum Widerstand gegen verfassungswidrig ausgeübte Gewalt berechtigt und verpflichtet sei, kann sich der Täter nicht berufen, da nach dem Sinn solcher Vorschriften der einzelne gegen verfassungswidrige Verw.-Akte nur auf dem hierfür eingerichteten Rechtsweg vorgehen kann. B G H . N J W . 53, 1639. 4) Gewalt erfordert k ö r p e r l i c h e Kraftäußerung gegen die Person des Beamten, die von ihm als körperl., nicht bloß seelischer Zwang empfunden wird und wobei eine mittelbare Einwirkung auf die Person durch Gewalt gegen Sachen genügt. E . 52, 35; 54, 90. Ein rein passives Verhalten ist nicht ausreichend. R . 3, 12; 7, 280, sofern nicht darin ein Widerstand liegt, dessen Überwinden eine besondere Kraftanstrengung des Beamten erfordert. E . 2, 411. Beispiele für Gewaltanwendung: Einsperren. E . 27, 405; BayObLG. DRZ. 32 Nr. 520; Davonfahren mit einem Kraftwagen, während der Beamte auf dem Trittbrett steht. R G . RD. 42, 1756; Vorbeifahren mit dem Kraftwagen an dem zum Halten auffordernden Polizeibeamten, so daß dieser ausweichen muß, B G H . D A R . 52, 93; N J W . 53, 672; doch nicht ein Verschließen der Türe des Hauses vor dem Beamten. Recht 14 Nr. 1306; Schäfer J W. 37,1790. 5) Tätlicher Angriff ist eine in feindseliger Absicht gewollte Einwirkung auf den Körper des Beamten (z. B . Ausholen zu einem Schlage) ohne Rücksicht auf der Erfolg. E. 59, 265. Der Angriff braucht sich nicht g e g e n die Amtshandlung zu richten ( „ w ä h r e n d der Ausübung . . .") GA. 46, 214. 6) In der Zahl und Wahl der zu seiner Unterstützung beizuziehenden Personen ist der Beamte nicht beschränkt. E . 25, 253. Nach § 2 der VO. v. 5. 12. 1939 ( R G B l . I S. 2378), die durch KontrRBestimmungen und sonstige spätere Gesetzgebung nicht aufgehoben ist und insoweit noch gilt (OLG. Dresden N J W . 48, 396) genießt, wer sich bei der Verfolgung eines Verbrechers für dessen Ergreifung persönlich einsetzt, auch wenn er nicht von einem Polizeibeamten hinzugezogen wird, sondern aus eignem Antrieb handelt, den gleichen strafrechtl. Schutz wie eine „hinzugezogene" Person. Zu § 114: 1) Vgl. § 87. § 114 ist bei Vollstreckungsbeamten nur anwendbar, wenn bei Tatbegehung die Amtshandlung noch nicht begonnen hatte oder bereits vollendet war. War die Amtshandlung in der Vollstreckung begriffen, so kommt § 113 als lex specialis zur Anwendung. R G . J W . 38, 2195. Tateinheit zwischen §§ 113, 114 kommt nun in Betracht, wenn der Täter durch sein

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oder einen Beamten zur Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung4) zu nötigen, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe ein. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. § 115. [Aufruhr] (1) Wer an einer öffentlichen1) Zusammenrottung2), bei welcher eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften begangen Verhalten gleichzeitig eine spätere Wiederholung der Amtshandl. verhindern will. BGH. N J W . 53, 672. 2) Es genügt die Ankündigung eines jeden Übels, durch das der Bedrohte nach der Vorstellung des Täters in seinen rechtlichen Interessen, z. B. seiner Ehre beeinträchtigt werden soll. RG. J W . 35, 864, auch eines Übels, das sich aus einer an sich berechtigten Handlung des Drohenden für den Bedrohten ergeben kann. E. 60, 343; dagegen fällt nicht unter § 114 die Androhung eines Übels, mit dem der Drohende nach der Verkehrsauffassung zulässigerweise auf die Entschließung der Behörde (des Beamten) einwirken darf, z. B. die Androhung einer Dienstaufsichtsbeschwerde zur Herbeiführung einer anderen Entscheidung. RG. JW. 28, 799, oder einer Regreßklage, wenn der Täter sie für begründet hält. LZ. 16, 1036. Die Ankündigung, den Fall ,,in die Presse zu bringen", geht über die Androhung eines verkehrsmäßigen Übels hinaus. OLG. Frankf. N J W . 53, 1363; a. M. LG. Hannover N J W . 53, 1362. Eine W a r n u n g enthält eine Drohung, wenn sie sich als Ankündigung eines vom Warnenden selbst zu verwirklichenden Übels für den Gewarnten darstellt, also nicht, wenn der Warnende vor Gefahren warnt, die ohne sein Zutun von dritter Seite drohen. E. 54, 236; RG. H R R . 42 Nr. 675. Die Ankündigung einer S t r a f a n z e i g e ist eine unzulässige Drohung, wenn der Täter nicht bloß eine Bestrafung des Anzuzeigenden, sondern die Zufügung von Nachteilen für den Beamten persönlich oder die von ihm zu wahrenden Dienstbelange erstrebt. RG. DR. 42, 1757. Es muß immer festgestellt werden, worin das Übel für den Bedrohten besteht (daher nicht ausreichend die Androhung „sehr unangenehmer Maßnahmen". RG. J W . 35, 864), wobei es genügt, daß es in der Vorstellung des Bedrohenden vorhanden war. E. 56, 46. Die Nachteile brauchen aber keine persönlichen zu sein, vielmehr kommen auch solche Nachteile in Betracht, durch die das Wohl und die Sicherheit der Allgemeinheit geschädigt und gefährdet wird, jedenfalls dann, wenn dem Beamten die Durchführung der ihm obliegenden Dienstgeschäfte erschwert würde und der Drohende aus diesem Grunde das angedrohte Übel für geeignet hält, den Willen des Beamten zu beugen. RG. J W . 30, 2960; 32, 3102; wie z. B. Gefangene drohen dem Strafanstaltsleiter, die Arbeit einzustellen. E. 55, 37; RG. J W . 22, 711. 3) Über den Begriff der Behörde siehe Anm. 3 zu § 164, des Beamten Anm. zu § 359. 4) d. h. einer Handlung, die von der Behörde (dem Beamten) vermöge ihrer Amtsmacht und innerhalb ihrer Zuständigkeit vorzunehmen ist. E. 56, 22; RG. DR. 42, 1757, z . B . Amtsniederlegung. E. 56, 22; Verhandl. der Bundesbahn über Entschädigungansprüche Dritter aus Eisenbahnunfällen. Naumburg LZ. 31, 1276. Auf die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung kommt es, anders als in § 113, nicht an. Erforderlich ist ein Zusammenhang zwischen der Drohung und einer bestimmten Amtshandlung. E. 34, 266; OLG. Celle H R R . 28 Nr. 1257. Zu § 115: 1) Entscheidend ist nicht die Wahrnehmbarkeit für eine unbestimmte Zahl von Personen, sondern die Möglichkeit der Beteiligung für eine solche. E. 51, 422; BGH. N J W . 53, 1031, selbst wenn die Beteiligung Dritter von den Tätern nicht gewünscht wird. OGH. BZ. N J W . 50, 236. Auch die Zusammenrottung der Arbeiterschaft eines größeren Betriebes kann öffentlich sein. E. 54, 88. Die Öffentlichkeit und allgemeine Zugänglichkeit des Tatortes bedingt noch nicht notwendig auch die Öffentlichkeit der dort vorgenommenen Zusammenrottung GA. 41, 42; J W . 31, 1564 (20); LZ. 32, 42. 2) Zusammenrottung ist eine Vereinigung mehrerer zu einem gemeinschaftlichen ungesetzlichen Handeln. Erforderlich ist, daß' sie sich räumlich zusammenhalten und (durch geschlossenes Auftreten, gemeinsames Vorgehen) als eine vereinte Macht erkennbar sind. E. 56, 281; BGH. N J W . 53, 1031. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Kreis der Personen ein geschlossener ist. JW. 31, 1564 (20); aber dann nicht, wenn die Zusammenrottung auf einen abgeschlossenen, engen Kreis bestimmter Personen beschränkt bleiben sollte und geblieben ist. RG. DRZ. 31 Nr. 437. Eine Menschenmenge ist nicht erforderlich; die Teilnehmerzahl muß nur so groß sein, daß dadurch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung erwächst. Ob die Rotte unorganisiert bleibt oder sich ordnet und bestimmten Führern Gehorsam 8*

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A 2. Strafgesetzbuch. §116

wird 3 ), teilnimmt 4 ), wird wegen Aufruhrs mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft 4 3 ). (2) Die Rädelsführer 5 ), sowie diejenigen Aufrührer, welche eine der in §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen begehen, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft 6 ); auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. § 116. [Auflauf] Wird eine auf öffentlichen 1 ) Wegen, Straßen oder Plätzen versammelte Menschenmenge 2 ) von dem zuständigen Beamten 3 ) oder Befehlshaber der bewaffneten Macht aufgefordert, sich zu entfernen 5 ), so wird jeder der Versammelten, welcher nach der dritten Aufforderung 4 ) sich nicht entfernt 5 ), wegen Auflaufs mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist bei einem Auflauf gegen die Beamten oder die bewaffnete Macht mit vereinten Kräften tätlicher Widerstand geleistet oder Gewalt verübt worden, so treten gegen diejenigen, welche an diesen Handlungen teilgenommen haben, die Strafen des Aufruhrs ein. leistet, ist ohne Bedeutung. E. 60, 332; OGHSt. 2, 209; OLG. Hessen (Kassel) HESt. 1, 270. Eine zu einem erlaubten Zweck zusammengekommene Vereinigung von Personen wird zur Zusammenrottung, wenn die Teilnehmer in dem Bewußtsein zusammenbleiben, nunmehr gemeinschaftlich in bedrohlicher oder gewalttätiger Weise zu handeln. BGH. NJW. 53, 1031. Aufruhr kann sich zum Auflauf gestalten, wenn die zusammengerottete Menge in ihrer Zusammensetzung, ihren Zwecken und durch Verdrängung an einen anderen Ort Änderungen erfahren hat. Recht 30 Nr. 949. 3) Die Begehung einer der in §§ 113, 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften ist Bedingung der Strafbarkeit für die Bestrafung der Teilnahme an der öff. Zusammenrottung. Eine Begehung „mit vereinten Kräften" ist bei der Widerstandshandlung auch nur eines Teilnehmers gegeben, wenn die anderen die Begehung einer solchen Handlung in den Kreis ihrer Vorstellung vom Verlauf der Sache aufgenommen und durch ihr Verharren bei der Zusammenrottung bewußtermaßen gefördert haben. RG. JW. 33, 429. 4) Teilnehmer ist jeder, der sich mit Kenntnis von dem strafbaren Zweck der Menge körperl. und räuml. anschließt oder in ihr verbleibt. E. 55, 248; 56, 281; auch wenn er an den Gewalttätigkeiten nicht teilnimmt, E. 54, 299, oder ihnen sogar widerstrebt. E. 60, 331. Es ist nicht erforderlich, daß er noch zu der Zeit teilnimmt, in der die Gewalttätigkeit begangen wird. E. 54, 301. 4a) §§ 115 und 125 können in Tateinheit begangen werden. E. 29, 11. 5) Rädelsführer sind Personen, welche, selbst an der Zusammenrottung teilnehmend, innerhalb dieser eine führende Rolle spielen, indem sie die Menge zusammentreiben oder anführen oder ihr die Richtlinien ihres Vorgehens geben oder psychisch oder physisch sich in besonderer Weise als führende Kräfte hervortun. OLG. Frankfurt HESt. 1, 33; die Aktion führend in die Wege leiten, auch wenn sie sie nicht bis zum Schluß (DRZ. 32 Nr. 51) oder innerlich überhaupt nicht billigen. OLG. Frankfurt aaO.; nicht aber solche Personen, die nur allgemeine, bei künftigen, noch völlig ungewissen Gelegenheiten anzuwendende Richtlinien geben. RG. JW. 33, 429. 6) Versuch des Verbrechens nach Abs. 2 ist möglich (str.). Zu § 116: 1) Öffentl. = t a t s ä c h l i c h für den Verkehr freigegeben, auch wenn im Privateigentum stehend. E. 21, 13; 33, 373. 2) Hier muß die Aufforderung (abweichend von § 110) an eine Menschenmenge gerichtet sein. E. 12, 426; LK. Anm. 4. Eine v. M. ist anzunehmen, wenn die Ansammlung so groß ist, daß sie eine Gefährdung der öffentl. Ordnung und Sicherheit in sich schließt. GA. 48, 351. Die Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks, oder auch nur ein inneres Zusammenhalten wird nicht vorausgesetzt. HRR. 32 Nr. 204. 3) Ob ein Beamter zuständig, hängt von seinem amtlichen Aufgabenkreis ab. Polizeibeamte und Gendarmen sind zuständig. E. 6, 91; 12, 426. Die Zuständigkeit des Beamten ist, wie die Rechtmäßigkeit seiner Aufforderung, nicht Tatbestandsmerkmal, sondern Bedingung der Strafbarkeit. BGH NJW. 54, 438. 4) Der Täter braucht die Aufforderung selbst nicht gehört zu haben; es genügt auch die auf andere Weise erlangte Kenntnis. E. 21, 154. § 116 gilt auch für Passanten. LZ. 25, 213. 5) sich entfernen = auseinandergehen, räumlich von der Menge trennen. BGH NJW. 54, 438.

2. Teil. 6. Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt. § 117

117

* § 117. [Forst-, Jagd- und Fischereiwiderstand]1) (1) Wer einem Forst-, Jagd- 2 ) oder Fischereibeamten, dem Eigentümer eines Waldes oder eines Fischgewässers, einem Forst- oder Fischereiberechtigten, einem Jagd- 3 ) oder Fischereiausübungsberechtigten oder einem von diesen bestellten 4) Aufseher in 5 ) der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes oder Rechtes 6 ) durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer eine dieser Personen während der Ausübung ihres Amtes oder Rechtes tätlich angreift 7 ), wird mit Gefängnis von vierzehn Tagen bis zu drei Jahren bestraft. (2) Ist der Widerstand oder der Angriff unter Drohung mit Schußwaffen 8 ), Z u § 117. 1) Die Fassung beruht auf dem Gesetz v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). § 117 gewährt den darin bezeichneten Personen einen gegenüber § 113 erhöhten Strafschutz. Personen, die zur Unterstützung zugezogen worden sind, fallen unter § 113 Abs. 3 E. 29, 310; 43, 362. 2) Jagdbeamte sind die J a g d s c h u t z b e a m t e n ; dazu gehören gemäß § 25 Abs. 1 BJagdges. die Polizeibeamten, wenn sie zu Zwecken des Jagdschutzes eingesetzt sind. OLG. Stuttgart N J W . 48, 636 mit Anm. Frank. Ein Privatförster wird Jagdbeamter durch die gemäß § 25 Abs. 1 B Jagdges. erfolgte Bestätigung als Jagdaufseher. Forstschutzbeamte werden von der Regierung angestellt. Recht 30 Nr. 1832. 3) d. i. der Jagdausübungsberechtigte im Sinne des § 25 BJagdges. Seine Befugnisse ergeben sich aus den zur Ausführung des BJagdges. ergangenen landesrechtl. Vorschriften. Jagdgäste sind nach den landesrechtl. Vorschriften (vgl. Mitzschke-Schäfer, Anm. l b zu § 25 BHG.) im allgemeinen nicht Jagdausübungsberechtigte. 4) Hierher gehören nicht nur die bestätigten Jagdaufseher im Sinne des § 25 BJagdges., sondern auch die vom Jagdberechtigten formlos bestellten Jagdaufseher. E. 36, 393; OLG. Düsseldorf H E S t . 1,269. 5) „in", nicht „während". GA. 52, 250. „ I n " Ausübung seines Amtes befindet sich auch der Beamte, dessen Amtshandlung unmittelbar bevorsteht. OLG. Stuttgart N J W . 48, 636. 6) Die Befugnisse der Jagdschutzberechtigten sind, soweit sie sich nicht aus den allgemein geltenden Vorschriften (z. B. § 127 StPO.) ergeben, landesrechtl. geregelt (vgl. MitzschkeSchäfer zu § 25 BJG.). Während bei den Jagdpolizeibeamten die Amtsausübung dadurch nicht unrechtmäßig wird, daß sie sich über die ein Einschreiten rechtfertigenden tatsächlichen Verhältnisse irren. J W . 26, 2693; Recht 33 Nr. 1889, muß die Rechtsausübung der Nichtbeamten objektiv rechtmäßig sein; R. 5, 377; LK. Anm. 3b. Ihr guter Glaube kann daher auch den Mangel der örtlichen Zuständigkeit nicht ersetzen. Recht 12 Nr. 3355. Bei einem Privatforstbeamten kommt nur die Ausübung eines Rechts, nicht eines Amts in Frage. DStZ. 2, 83. Hier muß dem Täter das Bewußtsein von der Rechtmäßigkeit der Rechtsausübung der Nichtbeamten nachgewiesen werden. BayObLG. J W . 25, 2252; H R R . 31 Nr. 157. Die Befugnisse der nicht jagdschutzberechtigten Personen ergeben sich insbes. aus § 127 StPO. OLG. Düsseldorf H E S t . 1,269. § 117 ist auch anwendbar auf die von den genannten Personen außerhalb des Reviers vorgenommenen Amtshandlungen, welche innerhalb ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit liegen. E. 23, 337; J W . 95, 584; GA. 77, 108; dagegen nicht, wenn der Forstbeamte, der bei einer in seinem Revier stattfindenden Schlägerei eingreift, angegriffen wird. E. 66, 339. Durch die Preuß. V. d. MdJ. betr. die Handhabung des Jagdschutzes v. 12. 1. 1900 (VMB1. S. 128) ist bestimmt, daß die Verpflichtung zur Ausübung des Forst- und Jagdschutzes sich auf sämtliche angrenzende Schutzbezirke erstreckt. E. 43, 215. Siehe auch die RdErl. v. 5. 4.1935 (PrLwMBl. S. 232) und v. 22. 2. 1936 (PrLwMBl. S. 114). Soweit Forstschutzbeamte und Jagdschutzberechtigte Hilfsbeamte der StA. sind (vgl. § 25 BJagdges. — B I X 1 •—), ist der ihnen bei der Durchsuchung geleistete Widerstand nach §113 StGB, zu bestrafen. E. 37, 33; LZ. 31, 986; auch dann, wenn sie außerhalb ihres Bereiches wegen Diebstahls oder wegen einer Schlägerei einschreiten. E. 66, 339; KG. D J Z . 32, 1158. Ein Forstbeamter ist berechtigt zu gebieten, daß der Forstfrevler das durch verbotene Eigenmacht dem Waldeigentümer weggenommene Holz im Walde belasse, und dieses Gebot mit Gewalt durchzusetzen. (§§ 858, 859 BGB.) Recht 11, 391. Er ist ferner berechtigt, einer beim unbefugten Sammeln von Pilzen betroffenen Person die Pilze wegzunehmen. GA. 50, 278. 7) S. Anm. 5 zu § 113. Uber das Waffengebrauchsrecht der Forst- und Jagdschutzberechtigten sowie der Fischereibeamten und Fischereiaufseher vgl. Ges. v. 26. 2. 1935 (RGBl. I S. 313) nebst Durchf.VO. v. 7. 3. 1935 (RGBl. I S. 377), an dessen Stelle z. T. landesrechtl. Vorschriften getreten sind (z. B. BayGes. v. 22. 11. 1950, GVB1. S. 239); Brem. Ges. v. 19. 2.1954, GBl. S. 25). 8) E s muß mit gegenwärtigem Schießen gedroht werden. E. 28, 314; geladen braucht

118

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 118, 119, 120

Äxten oder anderen gefährlichen Werkzeugen erfolgt, oder mit Gewalt an der Person 9) begangen worden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. (3) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt in den Fällen des Absatz 1 Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre, in den Fällen des Absatz 2 Gefängnisstrafe nicht unter einem Monat ein 10 ). § 118 1 ). [Schwerer Widerstand] (1) Ist durch den Widerstand oder den Angriff eine Körperverletzung 2 ) dessen, gegen welchen die Handlung begangen ist, verursacht 3 ) worden, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. § 119. [Gemeinschaftlicher Widerstand] Wenn eine der in den §§ 117 und 118 bezeichneten Handlungen von mehreren gemeinschaftlich 1 ) begangen worden ist, so kann die Strafe bis um die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages, die Gefängnisstrafe jedoch nicht über fünf Jahre erhöht werden. § 120 x ). [Gefangenenbefreiung] (1) Wer einen Gefangenen 2 ) aus der Gefangenenanstalt oder aus der Gewalt der bewaffneten Macht, des Beamten oder desjenigen 3 ), unter dessen Beaufsichtigung, Begleitung oder Bewachung er sich befindet, vorsätzlich befreit 4 ) oder die Waffe nicht zu sein. E. 9, 176. Daß der Besitz und das Führen von Schußwaffen gegen Strafvorschriften der Besatzungsmächte verstößt, schließt die Bestrafung nach Abs. 2 nicht aus. OLG. Stuttgart N J W . 48, 696 (vgl. dazu Anm. 1 zu § 7). 9) Gewalt a n der Person fordert, daß eine unmittelbar gegen den Körper des Beamten usw. gerichtete Handung unmittelbar auf den Körper eingewirkt h a t ; ein fehlgegangener Schuß genügt daher nicht. E. 16, 172; GA. 60, 71. 10) Siehe auch § 14 des Preuß. Feld- und Forstpol.Ges., unter E 2 . Zu § 118: 1) § 118 bezieht sich nur auf § 117, nicht auf § 119. E. 23, 69. 2) Der Begriff ist der gleiche wie in § 223. E. 11, 24. 3) Vgl. § 56. Tateinheit mit Körperverletzung ist möglich; wegen der Körperverletzung darf nach den allgemeinen Vorschriften auf Buße erkannt werden. E. 42, 317. Zu § 119: 1) d. h. als Mittäter. E. 28, 98. (S. aber § 50 und dort Anm. 2). Zu § 120: 1) Vgl. dazu § 76 des Ges. f. Jugendwohlfahrt v. 9. 7. 1922, unter B I 2. Die PolVO. über den Verkehr mit Gefangenen v. 20. 2. 1941 (RGBl. I S. 104) ist noch geltendes Recht. BayObLG. MDR. 52, 119; OLG. Oldenburg NJW. 53, 1318. 2) Gefangener ist jeder, der durch ein berechtigtes Organ der Staatsgewalt bei H a n d habung der Polizei- und Strafgewalt in H a f t genommen ist. E. 73, 347 Äußere Rechtmäßigkeit der Gefangennahme ist nicht erforderlich. E. 39,189. Ein dem Transporteur übersehener Gefangener verliert diese Eigenschaft nicht dadurch, daß ihn der Transporteur auf einige Zeit frei läßt. GA.37,433. Behördlich in einer Irrenanstalt untergebrachte gemeingefährliche Geisteskranke sind nicht Gefangene, sondern fallen unter § 122 b. Der von einem Förster, der nicht Forstschutzbeamter ist, oder von einer Privatperson gemäß § 127 StPO. vorläufig Festgenommene ist kein Gefangener. Recht 8, 340; E. 67, 299, ferner nicht, wer gemäß § 13 der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge als hilfsbedürftig in Anstaltspflege oder in einem Arbeitshaus untergebracht ist. E. 73, 347. Fürsorgezöglinge sind nur dann Gefangene i. S. der §§ 120—122, wenn sie sich kraft Polizei- oder Strafgewalt (z. B. auf Transport in die Fürsorgeerziehung) in H a f t befinden. E. 73, 347. Personen, die Jugendarrest verbüßen, sind Gefangene. 3) Vgl. Anm. 1 zu § 121. 4) Z.B. durch körperlicheGewalt, durchTäuschung oder Bedrohung eines Beamten. E. 34, 8.

2. Teil. 6. Abschnitt. Widerstand gegen die Ssaatsgewalt. §§ 121, 122

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ihm zur Selbstbefreiung vorsätzlich behilflich ist 5 ), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar6).

§ 121. [Entweichenlassen von Gefangenen] (1) Wer vorsätzlich einen Gefangenen, mit dessen Beaufsichtigung oder Begleitung er beauftragt ist 1 ), entweichen läßt 2 ) oder dessen Befreiung befördert, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. (2) Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert worden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten oder Geldstrafe ein.

§ 122. [Gefangenenmeuterei] (1) Gefangene1), welche sich zusammenrotten2) und mit vereinten Kräften3) die Anstaltsbeamten oder die mit der Beaufsichtigung Beauftragten angreifen, denselben Widerstand leisten oder es unternehmen4), sie zu Handlungen oder Unterlassungen zu nötigen 5 ), werden wegen Meuterei mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. (2) Gleiche Strafe tritt ein, wenn Gefangene sich zusammenrotten und mit vereinten Kräften einen gewaltsamen Ausbruch unternehmen6). 5) Die Selbstbefreiung ist allgemein wieder straflos nach Aufhebung des entgegenstehenden Landesrechts, vgl. Art. 8 Nr. 16,18 des3. Strafrechtsänderungsges. v. 4 . 8 . 1 9 5 3 - B G B l . I S.735 - ; das bayer. Ges. betr. Bestrafung der Entweichung von Gefangenen v. 28. 10. 1946 (GVB1. 47, 11) ist durch Ges. v. 31. 7. 1952, S. 239, aufgehoben worden. Straflos ist ebenso die Anstiftung zur Selbstbefreiung. E. 25, 65; dagegen ist die Anstiftung zur Befreiung auch für den Gefangenen selbst strafbar. E. 57, 417; 61, 31. A.M. Frank Anm. VI. Strafbar ist auch intellektuelle Beihilfe zur Selbstbefreiung. E. 25, 65. Tateinheit zwischen § 120 und § 257 ist möglich. E. 57, 301. 6) auch dann, wenn das Vergehen durch Beihilfe zur Selbstbefreiung begangen wird. RG. JW. 35, 2053. Zu § 121: 1) Ohne Beamter zu sein (§ 347), z. B. die Privatperson, die auf Ersuchen eines Beamten die vorläufige Bewachung übernimmt. E. 7, 103, wie ein Krankenwärter. E. 19, 332. 2) Entweichen bedeutet nicht Selbstbefreiung, sondern lediglich: tatsächliche Erlangung der Freiheit, ohne Rücksicht darauf, ob der Gefangene darum weiß oder die durch Aufhebung der Gefangenschaft erlangte Freiheit zur Flucht benutzt. E. 57, 75. Ein Entweichenlassen liegt daher schon vor, wenn ein Gefangener ohne Bewachung gelassen wird. Zu § 122: 1) Zwei Gefangene genügen. E. 13, 17. Dagegen nicht die Vereinigung e i n e s Gefangenen mit Nichtgefangenen. E. 73, 349. Daß die Mehrheit von Gefangenen sich als eine für das Haftpersonal gefährliche Macht darstellt, ist nicht erforderlich. E. 57, 67. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 115. Keine Zusammenrottung, wenn von zwei Gefangenen der eine nur zum Schein mitmacht. OLG. Hamm JZ. 53, 342. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 115. 4) Vgl. § 87. 5) Jedwede die Willensfreiheit des Anstaltsbeamten beschränkende unbefugte Zwangsausübung ist ausreichend; Gewalt oder Drohung ist nicht erforderlich. Daher genügt z. B. Arbeitsverweigerung bei der Außenarbeit. E. 58, 77; BGH. N J W . 51, 160. 6) A u s b r u c h ist die Aufhebung des Zusammenhangs der Abschließungsvorrichtungen, die die Gefangenen von der Freiheit trennen. Es genügt auch die Überwindung mittelbarer Abschließungsvorrichtungen (z. B. Erbrechung einer Bodenkammer, in der die zur Flucht benötigten Zivilkleider verwahrt werden). E. 49, 430. Die Absicht, sich dauernd der Gefangenschaft zu entziehen, gehört nicht zum Begriff des Ausbruchs. E. 41, 357. G e w a l t s a m ist der Ausbruch, wenn zur Uberwindung des durch die Abschließungsvorrichtung gebildeten Widerstandes körperliche Kraft entfaltet wird, ohne daß es sich um außergewöhnl. Anstrengungen zu handeln braucht. RG. GA. 56, 86. Unternehmen: s. § 87. Unmittelbare körperliche Beteiligung jedes einzelnen ist nicht erforderlich. Doch muß bei jedem außer der Teilnahme an der Zusammenrottung noch das Unternehmen des gewalt-

120

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 122 a, b, 123

(3) Diejenigen Meuterer, welche Gewalttätigkeiten gegen die A n s t a l t s b e a m t e n oder die m i t der Beaufsichtigung B e a u f t r a g t e n v e r ü b e n 7 ) , werden m i t Z u c h t h a u s bis zu zehn J a h r e n b e s t r a f t ; a u c h k a n n auf Zulässigkeit v o n Polizeiaufsicht e r k a n n t werden. § 122 a . [ B e f r e i u n g

Untergebrachter]

In den F ä l l e n der §§ 1 2 0 bis 122 s t e h t einem Gefangenen gleich, wer in Sicherungsverwahrung 1 ) oder in einem A r b e i t s h a u s 2 ) u n t e r g e b r a c h t ist. § 122 b (1) W e r , abgesehen v o n den Fällen der §§ 120, 121, 1 2 2 a , vorsätzlich j e m a n d , der auf behördliche Anordnung in einer A n s t a l t u n t e r g e b r a c h t ist 1 ), aus der Verwahrung befreit oder ihm d a s E n t w e i c h e n erleichtert, wird m i t Gefängnis bis zu zwei J a h r e n oder m i t Geldstrafe b e s t r a f t . (2) D e r Versuch ist s t r a f b a r . (3) Die Strafverfolgung t r i t t nur auf A n t r a g der B e h ö r d e ein, welche die Verwahrung bewirkt h a t . 7. Abschnitt.

Verbrechen

und

§ 123.

Vergehen

wider

die öffentliche

Ordnung

[Hausfriedensbruch]

(1) W e r in die W o h n u n g 1 ) , in die G e s c h ä f t s r ä u m e 2 ) oder in d a s befriedete B e s i t z t u m 3 ) eines anderen oder in abgeschlossene R ä u m e 4 ) , welche z u m öffentsamen Ausbruchs hinzukommen. Auch ein in derselben Gemeinschaftszelle untergebrachter Mitgefangener kann danach u. U. nur Gehilfe sein. RG. D J . 37, 199. Wenn mehrere Gefangene, die räumlich getrennt untergebracht sind, vereinbarungsgemäß den Ausbruch durch gemeinschaftliche Beschädigung der trennenden Zellenwand vorbereiten, so liegt lediglich gemeinschaftliche Sachbeschädigung vor. E . 54, 313. Verurteilung aus § 122 schließt Bestrafung wegen Sachbeschädigung aus. Recht 25 Nr. 2483. 7) Nur diejenigen, die selbst, in eigner Person Gewalttätigkeiten verüben, nicht auch, wer zwar Mittäter des eine Gewalttätigkeit verübenden Meuterers ist, aber selbst keine Gewalttätigkeit verübt. E . 69, 289. Gewalttätigkeit: s. Anm. 3 zu § 124. Gewalttätigkeiten verübt, wer körperlichen äußerlichen Zwang gegen den Beamten in Bewegung setzt; es braucht aber keine Verletzung des Körpers eingetreten zu sein und der Beamte die Gewaltanwendung nicht empfunden zu haben (z. B . A schleppt den von B niedergeschlagenen bewußtlosen Beamten ab und sperrt ihn ein). BGH. N J W . 53, 350. Täter aus Abs. 1 können daneben Anstifter zu der Tat des Abs. 3 sein. OLG. München N J W . 50, 879. Zu § 122 a : 1) Vgl. § 42 e. 2) Hier kommen nur die gemäß § 42d Untergebrachten in Betracht. E . 73, 348; in einem Asyl Untergebrachte (vgl. § 42 d Abs. 4) fallen unter § 122 b. Zu § 122b: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 120 und Anm. 2 zu § 122a. Auch Fürsorgezöglinge fallen unter § 122b; vgl. ergänzend § 76 J W G . — B I 2 —. Zu § 123: 1) Wohnung ist der einer Einzelperson oder einer Personenmehrheit (Familie) zum selbständigen Aufenthalt dienende Inbegriff von Räumlichkeiten. Die Bestimmung des Raumes auch zum Nächtigen ist nicht begriffsnotwendig. Ebensowenig muß es sich um zu längerem Aufenthalt bestimmte Räumlichkeiten handeln; infolgedessen ist auch ein auf Stunden oder wenige Tage gemietetes Hotel- oder Gasthauszimmer Wohnung. Die Wohnung umfaßt auch die Nebenräume, Hausflur, Treppen usw. E . 1, 121; J R . 27 Nr. 1355. Der Umfang einer Mietwohnung bestimmt sich nach dem Inhalt des Mietvertrages. Olshausen Anm. 3. Auch bewegliche Wohnungen und Geschäftsräume, wenn sie zur Wohnung von Menschen dienen, sind Wohnungen, z. B . ein Wagen herumziehender Künstler, ein bewohntes Schiff, aber nicht der Wagen eines Lohnfuhrmannes. 2) Abgeschlossene Räume, die hauptsächlich und für eine gewisse Zeitdauer zum Betrieb von Geschäften bestimmt sind. E . 32, 371, auch bewegliche, z. B . auch eine Baubude, die zum Auszahlen der Löhne dient. GA. 49, 147. 3) Befriedetes Besitztum ist nur unbewegliches Gut. E . 32, 371. B e f r i e d e t ist das

2. Teil. 7. A b s c h n i t t . Verbrechen u. Vergehen wider die öffentliche O r d n u n g § 123

121

liehen Dienst 5 ) oder Verkehr bestimmt sind 6 ), widerrechtlich eindringt7), oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt 8 ), auf die Aufforderung9) des BeBesitztum, wenn es v o m Berechtigten in äußerlich e r k e n n b a r e r Weise d u r c h Schutzvorrichtungen gegen willkürliches B e t r e t e n d u r c h a n d e r e gesichert ist; eine räumliche V e r b i n d u n g m i t einem b e w o h n t e n H a u s ist n i c h t erforderlich. Inwieweit R i n n e n und Gräben eine genügende Absperrung e n t h a l t e n , h ä n g t v o n den U m s t ä n d e n ab. E . 20, 154. E i n m i t einem G e b ä u d e nicht in V e r b i n d u n g stehender r i n g s u m z ä u n t e r Kirchhof ist ein befriedetes B e s i t z t u m . K G . H R R . 26, 189 u n d H a m m H R R . 28 Nr. 688. Liegt ein Z u s a m m e n h a n g m i t einem Gebäude vor, wie bei H a u s g ä r t e n u n d H o f p l ä t z e n , so bedarf es keiner besonderen E i n h e g u n g ; z. B. genügt eine Rinne, die einen e r k e n n b a r e n Abschluß bildet. E . 20, 150. u n d a u c h ohne genügende Abgrenzung k ö n n e n solche Orte als Zubehör der W o h n u n g geschützt sein. E . 20, 154. Befriedetes B e s i t z t u m k a n n a u c h ein N e u b a u bilden, wenn er gegen das beliebige B e t r e t e n d u r c h andere in äußerlich e r k e n n b a r e r Weise gesichert ist. R . 10, 638. D a s u n b e f u g t e Verweilen auf einem u n b e f r i e d e t e n G r u n d s t ü c k u n d dessen u n b e f u g t e s B e t r e t e n ist s t r a f b a r n a c h § 7 P r e u ß . F F P G . Vgl. a u c h § 368 N r . 9. 4) Abgeschlossen ist ein R a u m , wenn er baulich begrenzt ist; a u c h ein beweglicher. E . 28, 192. 5) Zum öffentlichen Dienst b e s t i m m t sind R ä u m e , in denen auf öffentlichem R e c h t ber u h e n d e H a n d l u n g e n v o r g e n o m m e n werden. Hierzu gehört z. B. ein W a h l r a u m . E . 46, 405; eine Kirche. K G . D S t Z . 2, 560. I n einem G e s c h ä f t s r a u m , den ein Arbeitgeber seinen Arbeitern als W a h l r a u m f ü r eine Betriebsratswahl zur Verfügung gestellt h a t , b e h ä l t auch er das H a u s recht. E . 61, 34. 6) H i e r u n t e r fallen z. B. Personenabteile in Eisenbahnzügen, Postomnibusse, S t r a ß e n b a h n w a g e n . E . 75, 357, ein Passagierdampfer, es sei denn, d a ß er zu P r i v a t z w e c k e n g e c h a r t e r t ist. K G . D R Z . 27 Nr. 511. 7) a) E i n d r i n g e n b e d e u t e t E i n t r i t t u n t e r Ü b e r w i n d u n g eines W i d e r s t a n d e s ; er k a n n heimlich oder offen, m i t oder ohne G e w a l t a n w e n d u n g erfolgen. Der W i d e r s t a n d k a n n a u c h rein psychischer A r t sein, nämlich wenn der E i n t r i t t g e g e n den dem T ä t e r b e k a n n t e n oder von ihm v e r m u t e t e n Willen des Berechtigten erfolgt. E . 5, 110; 12, 132. E s genügt d a h e r n i c h t die Feststellung, d a ß der T ä t e r sich sagen m u ß t e , ein Eindringen in d a s Gastlokal werde keinesfalls v o n dem W i r t gebilligt werden (bloße Fahrlässigkeit). R e c h t 12 Nr. 897. D a s B e t r e t e n gewisser R ä u m e o h n e die erforderliche E i n t r i t t s k a r t e k a n n E i n d r i n g e n sein. Frank I I 1. „ E i n d r i n g e n " e r f o r d e r t nicht, d a ß der T ä t e r m i t seinem ganzen K ö r p e r in die f r e m d e W o h n u n g gelangt i s t ; es genügt, wenn ein Teil des K ö r p e r s h i n e i n k o m m t . E . 39, 440. S t ö r u n g der H a u s r u h e v o n a u ß e n her, z. B. d u r c h Klopfen a n die T ü r oder d u r c h häufige fernmündliche Anrufe, die n u r in der Absicht erfolgen, den W o h n u n g s i n h a b e r zu ärgern, ist kein Eindringen. AG. Leipzig D J . 38, 1125. b) W i d e r r e c h t l i c h ist das Eindringen, wenn es u n t e r Verletzung f r e m d e n H a u s r e c h t s geschieht u n d d e m Eindringenden nicht ein stärkeres, d a s Eindringen rechtfertigendes R e c h t zur Seite s t e h t . E . 12, 134; 28, 269. Die Widerrechtlichkeit des e r s t r e b t e n Zweckes m a c h t d a s Eindringen noch nicht ohne weiteres widerrechtlich. E . 20, 150; andererseits schließt ein e r l a u b t e r Zweck — z. B. M a h n u n g wegen einer Schuld — die Widerrechtlichkeit n i c h t aus. Die Widerrechtlichkeit e n t f ä l l t insbesondere d u r c h Einwilligung des I n h a b e r s des H a u s rechts, es sei d e n n , d a ß sie d u r c h T ä u s c h u n g erschlichen ist. R G . GA. 47, 284. D a s Bewußtsein der Widerrechtlichkeit gehört zum Vorsatz. E . 19, 301. Einzelheiten: D i e n s t b o t e n sind, solange das V e r t r a g s v e r h ä l t n i s besteht, zum B e t r e t e n der ihnen zum W o h n e n und zur Arbeit zugewiesenen R ä u m e berechtigt. E . 13, 189. Der E h e m a n n , dessen F r a u zulässigerweise selbständig ein Gewerbe betreibt, darf gegen deren Willen die d e m Gewerbebetrieb dienenden R ä u m e nicht b e t r e t e n . E . 35, 395. Die g e t r e n n t lebende E h e f r a u darf die W o h n u n g des E h e m a n n s n u r zum Zweck der F o r t s e t z u n g des ehelichen Lebens b e t r e t e n . E . 6, 14; der Gemeinschuldner seine R ä u m e nicht, wenn i h m dies v o m K o n k u r s v e r w a l t e r u n t e r s a g t ist. Vgl. LZ. 30, 28. W e r eine b e s c h r ä n k t e Befugnis zum B e t r e t e n einer W o h n u n g oder zum Verweilen darin h a t , fällt u n t e r § 123, wenn er zu a n d e r e n Zwecken in sie eindringt. R . 6, 332. D e r Vermieter h a t nicht d a s Recht, die W o h n u n g des Mieters ohne dessen Willen zu b e t r e t e n . E . 15, 319 u n d dazu E . 4, 124; 36, 322. Widerrechtlich ist das B e t r e t e n des Begräbnisplatzes einer Kirchengemeinde zwecks H a l t e n s einer Laienrede gegen ihr V e r b o t . Celle D R Z . 26 Nr. 333; K G . J F G E r g . 4, 377; L G . Braunschweig N d s R p f l . 51, 111, oder gegen das V e r b o t der Mitwirkung eines Geistlichen einer a n d e r e n Konfession. R e c h t 31 Nr. 2059. 8) Ohne Befugnis = widerrechtlich. Beendigung eines vertraglichen B e n u t z u n g s r e c h t s m a c h t das Verweilen noch nicht ohne weiteres z u m u n b e f u g t e n . Der Mieter, der n a c h Beendigung des Mietverhältnisses u n d t r o t z R ä u m u n g s a u f f o r d e r u n g in der W o h n u n g bleibt, verweilt, d a er im rechtlich geschützten Besitz verbleibt u n d das H a u s r e c h t b e h ä l t , nicht

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A 2. Strafgesetzbuch. § 124

rechtigten10) sich nicht entfernt11), wird wegen Hausfriedensbruchs mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. (2) Ist die Handlung von einer mit Waffen12) versehenen Person oder von mehreren gemeinschaftlich13) begangen worden, so tritt Geldstrafe oder Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre ein. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag14) ein. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. § 124. [Schwerer Hausfriedensbruch] Wenn sich eine Menschenmenge1) öffentlich zusammenrottet2) und in der Absicht, Gewalttätigkeiten3) gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften unbefugt. E. 36, 322. Wird einem Angestellten fristlos zu Unrecht gekündigt, so verbleibt ihm das Verweilungsrecht, soweit es zur Verwirklichung seiner Ansprüche aus dem Vertrag (z. B. bezgl. einer Schlafgelegenheit) notwendig ist; dagegen h a t er kein Verweilungsrecht zwecks Erfüllung einer Vertragspflicht (z. B. zum Betreten des Arbeitsraums). E. 5, 235 (anders bei Betriebsratsmitgliedern. OLG. H a m m JMB1. N R W . 52, 12). Ein Gast, welcher ein Schanklokal befugterweise betreten, verwirkt die Befugnis zum weiteren Verweilen durch ungebührliches Benehmen. E. 4, 322; J W . 31, 887; Recht 8, 172; auch der Besucher eines Rennplatzes, der am Tage vorher Störungen verursacht hat. BayObLG. LZ. 26, 753. Zum Vorsatz gehört — wie bei der Widerrechtlichkeit des Eindringens — das Bewußtsein der mangelnden Befugnis zum Verweilen; bedingter Vorsatz genügt. 9) Eine einmalige Aufforderung genügt. E. 5, 110; R. 6, 25. Sie kann in einer schlüssigen Handlung liegen. RG. GA. 57, 404. 10) Berechtigter ist, wem die Verfügung über die Räumlichkeiten zusteht, in der Regel das Familienoberhaupt, GA. 49, 308, bei mehreren Mitinhabern der Wohnung jeder einzelne, E. 72, 57 (ob der eine Wohnungsinhaber berechtigt ist, Familienmitglieder des anderen auszuweisen, denen dieser den Aufenthalt gestattet hat, hängt von dem Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Berechtigten ab), auch Dienstboten, denen bestimmte Räume überwiesen sind. Bei Abwesenheit des Berechtigten dessen Stellvertreter, Ehefrau, Kinder, Prokuristen usw. E. 12, 133; Olshausen Anm. 18. Auch der vom verstorbenen Inhaber beauftragte Dritte. Recht 27 Nr. 575. Ferner der Einberufer und Leiter einer politischen Versammlung, dem ein Gastwirt einen Raum für die Abhaltung der Versammlung zur Verfügung gestellt hat. E . 2 4 , 194; in den dem Eisenbahnverkehr dienenden Räumen der Bundesbahn der Polizeibeamte der Bahnhofswache, der Bahnhofswirt oder der ihn vertretende Kellner. Dresden LZ. 29, 1086; auch jeder vom Bahnhofsvorsteher ermächtigte Beamte. KG. J W . 31, 1979. Das Hausrecht an der Kirche h a t die Kirchengemeinde, vertreten durch den Gemeindekirchenrat. KG. Recht 32 Nr. 1164. Ein durch § 123 geschütztes Hausrecht gewährt schon der ungestörte unmittelbare Besitz als solcher. E. 57, 139. 11) Die Entfernung braucht nicht gerade eine sofortige und augenblickliche zu sein. R. I, 689; 6, 25. 12) „ W a f f e n " = alle gefährlichen Werkzeuge. E. 8, 44. Bewußtes Führen der Waffe — auch nicht sichtbares. E. 30, 79 — genügt; die Absicht, sie evtl. zu gebrauchen, ist nicht erforderlich. D J Z . 11, 708 (vgl. aber Anm. 22 zu § 243). Die Waffe unterliegt der Einziehung. E. 44, 142. 13) Bloß gleichzeitiges Eindringen oder Verweilen genügt nicht, vielmehr muß — wie bei der Mittäterschaft — eine gemeinsame Willensvereinigung vorliegen. E. 3, 7; 7, 395. Ist die Tat gemeinsam gewollt, so ist nicht erforderlich, daß alle Täter in den Raum eindringen. E. 55, 60. 14) Antragsberechtigt ist grundsätzlich der Träger des Hausrechts. KG. JW. 31, 1979. Z u § 124: 1) Nicht die Zahl ist entscheidend, sondern ob die Ansammlung nach Zeit und Örtlichkeit, nach ihrer Zusammensetzung, nach der Möglichkeit von Zuzug und den zu Gebote stehenden Polizeikräften eine Gefahr für die öffentliche Ordnung bedeutet. RG. GA. 48, 351; H R R . 33 Nr. 440; OLG. Frankf. H E S t . 1, 180. Doch muß die Zahl so groß sein, daß es auf das Hinzukommen oder Weggehen eines einzelnen nicht mehr ankommt; das ist jedenfalls nicht der Fall, wenn man die Zahl sofort auf den ersten Blick feststellen kann. OGHSt. 1, 244. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 115. 3) Gewalttätigkeiten sind Störungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unter Gefährdung von Personen oder Sachen durch Gewaltanwendung. E. 55, 180; ein verletzender

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentl. Ordnung. § 125

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zu begehen, in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, so wird jeder, welcher an diesen Handlungen teilnimmt 4 ), mit Gefängnis von einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft.

§ 125. [Landfriedensbruch] (1) Wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet1) und mit vereinten Kräften 2 ) gegen Personen3) oder Sachen Gewalttätigkeiten 4 ) begeht, so wird jeder, welcher an dieser Zusammenrottung teilnimmt 5 ), wegen Landfriedensbruchs mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Die Rädelsführer6), sowie diejenigen, welche Gewalttätigkeiten7) gegen Personen begangen oder Sachen geplündert8), vernichtet oder zerstört9) haben 10 ), Erfolg braucht nicht eingetreten zu sein. E. 47, 178. Gewalttätigkeit gegen eine Person erfordert die E n t f a l t u n g physischer Kraft, die von dem Betroffenen körperlich empfunden wird; eine unmittelbare Einwirkung auf den Körper ist aber nicht nötig. OGH. BZ. J R . 49, 221. Beispiele: Vorrücken der Menge gegen Polizeibeamte. E. 54, 89, ein fehlgegangener Steinwurf. E. 52, 35, Wegnahme von Sachen. E. 52, 34, gewaltsames Eindringen in ein Haus. OGHBZ. N J W . 49, 355. 4) Es nimmt teil, wer sich dem Zusammenrotten u n d Eindringen räumlich anschließt. E r braucht nicht selbst mit einzudringen; es genügt, daß er das Eindringen anderer mit Täterwillen fördert. E. 55, 35; KG. J W . 33, 1659. Zu § 125: 1) Zusammenrottung liegt auch dann vor, wenn die Menschenmenge, die ursprünglich zu einem erlaubten Zwecke zusammengetreten ist, zusammenbleibt, um Gewalttätigkeiten der im § 125 bezeichneten Art zu begehen. RG. Recht 7, 216. — §§ 124 und 125 können in Tateinheit, aber auch in Tatmehrheit zusammentreffen. E. 37, 28; 55, 41. 2) Vgl. Anm. 3 zu § 115. Es genügt, wenn nicht die Menge als solche, sondern einzelne Personen nacheinander gewalttätig vorgehen. E. 52, 119. 3) Auch gegen eine einzelne Person. E. 55, 101. 4) Vgl. Anm. 3 zu § 124. 5) Teilnehmer ist jeder, der, auch ohne besondere Abrede und ohne auch nur die Absicht, Gewalttätigkeiten zu begehen, sich tatsächlich der Menge angeschlossen hat. E. 52, 118. Es genügt das Bewußtsein des Täters, daß er sich in einer zusammengerotteten Menschenmenge befinde, die gegen Personen oder Sachen Gewalttätigkeiten begeht, verbunden mit dem Willen, in dieser Menge als ein Teil davon zu bleiben, auch wenn nur als Zuschauer und aus Neugierde. E. 20, 403 und 405; GA. 64, 368; E. 51, 422. Der Teilnehmer muß sich bewußt sein, durch seine Anwesenheit die Gefährlichkeit der Zusammenrottung für die öffentliche Ordnung zu erhöhen. RG. J W . 31, 3666. auch wenn er die Gewalttätigkeiten mißbilligt. E. 55, 248. und sich nicht daran beteiligt. E. 60, 331. Auch Pressevertreter, die sich in der Menge befinden, können sich strafbar machen. E. 55, 249. Nicht ist erforderlich, daß der Täter gerade in dem Augenblick an der Zusammenrottung teilgenommen hat, als zu Gewalttätigkeiten übergangen wurde. E. 36, 174; vielmehr ist es ausreichend, wenn er sich nach Begehung, aber vor einer möglichen Erneuerung der Gewalttätigkeiten anschließt. E. 54, 85. Wer nicht an der Zusammenrottung körperlich teilnimmt, kann nicht Mittäter nach Abs. 1 oder 2 sein; der dem Zusammenrottungsort fernbleibende Befehlsleiter oder Organisator ist daher höchstens Anstifter oder Gehilfe. OGH St. 2, 209. Soweit Teilnehmer an der Straftat des Abs. 1 nicht Teilnehmer nach Abs. 2 sind, kann sich der Teilnehmer, der von einem anderen Teilnehmer eine bei derselben Begebenheit geplünderte Sache erwirbt, der Hehlerei schuldig machen. E. 58, 207. 6) Siehe Anm. 5 zu § 115. 7) Die Gewalttätigkeiten müssen mit vereinten Kräften begangen sein. E, 47, 178. 8) Plünderung ist die unter Ausnutzung der Störung der öffentlichen Ordnung und des dadurch verursachten Schreckens in der Absicht rechtswidriger Zueignung erfolgte Wegnahme oder Abnötigung von Sachen. E. 52, 34; H R R . 32 Nr. 394; OGHSt. 2, 209. Bestrafung aus §§ 242, 370 Nr. 5 durch Gesetzeseinheit ausgeschlossen. Recht 26 Nr. 1017. Nicht ist erforderlich, daß der Täter in Person das fremde Gut wegnimmt. LZ. 25, 152; es genügt Mitnahme der von anderen auf die Straße geworfenen Sachen. LK. Anm. 4. 9) Zerstört ist eine Sache, wenn sie durch eine wesentliche Beschädigung für ihren Zweck unbrauchbar wird (so wohl auch OGHSt. 2, 94). Unter dieser Voraussetzung genügt Zerstörung eines Teils der Sache (str.; vgl. E. 39, 223). Bloße Beschädigung genügt nicht. E. 47, 180.

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A 2. S t r a f g e s e t z b u c h . §§ 126—128

werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. § 126.

[Landzwang]

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Wer durch Androhung ) eines gemeingefährlichen Verbrechens den öffentlichen Frieden2) stört, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. § 127. [Bildung bewaffneter Haufen] (1) Wer unbefugterweise einen bewaffneten Haufen1) bildet oder befehligt oder eine Mannschaft, von der er weiß, daß sie ohne gesetzliche Befugnis gesammelt ist, mit Waffen2) oder Kriegsbedürfnissen versieht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. (2) Wer sich einem solchen bewaffneten Haufen anschließt3), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. § 128. [Geheimbündelei] 1

(1) Die Teilnahme ) an einer Verbindung2), deren Dasein, Verfassung oder Zweck vor der Staatsregierung geheim gehalten werden soll, oder in welcher 10) Sie S t r a f s c h ä r f u n g setzt voraus, d a ß der Teilnehmer an der Z u s a m m e n r o t t u n g t a t sächl. als T ä t e r oder M i t t ä t e r eine der in Abs. 2 bezeichneten G e w a l t t ä t i g k e i t e n begangen h a t ; bloßer Versuch einer Gewalttätigkeit f ü h r t n u r zur B e s t r a f u n g aus Abs. 1, nicht wegen Versuchs aus Abs. 2. B G H S t . 2, 284. Z u § 1 2 6 : 1) E s k a n n u n t e r U m s t ä n d e n genügen, wenn die A n d r o h u n g n u r gegenüber einem einzelnen erfolgt. E . 7, 394. Gemeingefährliche Verbrechen sind n i c h t n u r die in §§ 306 ff. g e n a n n t e n , sondern alle schweren Verbrechen, sofern d a d u r c h G e f a h r f ü r Leib, Leben oder E i g e n t u m eines größeren Bevölkerungskreises hervorgerufen wird. Schönke I I . 2) Der öffentliche Friede b e s t e h t in d e m Gefühl der Rechtssicherheit bei den Volksgenossen. E r wird gestört, wenn wenigstens bei einem Teil der Bevölkerung das Gefühl der Rechtssicherheit e r s c h ü t t e r t wird. E . 15, 117; K G . J W . 35, 2657. Auf Seiten des T ä t e r s m u ß d a s Bewußtsein v o r h a n d e n gewesen sein, d a ß seine D r o h u n g geeignet sei, den öffentlichen F r i e d e n der G e s a m t h e i t zu stören. E . 7, 393. Z u § 127: 1) D e r H a u f e n ist b e w a f f n e t , wenn die m i t g e f ü h r t e n W a f f e n m i t Wissen u n d Willen der Teilnehmer den Zwecken des Zusammenschlusses dienen u n d diesem ein die öffentliche O r d n u n g u n d Sicherheit gefährdendes Gepräge geben. D S t Z . 7, 376. E s genügt, d a ß eine erhebliche Anzahl der T e i l n a h m e r ü b e r W e f f e n v e r f ü g t . R G . J W . 31, 1565. 2) W a f f e ist hier im techn. Sinne zu verstehen (vgl. A n m . 2 zu § 223a), also als Werkzeug, das b e s t i m m u n g s g e m ä ß zum Angriff u n d zur Verteidigung dient u n d zur Beibringung v o n Verletzungen geeignet ist; solche E i g e n s c h a f t k a n n es d u r c h s p ä t e r e besondere B e s t i m m u n g des Trägers erhalten. R G . J W . 31, 1565; d u r c h U m g e s t a l t u n g z. B. eines Stück Brennholzes in eine Keule. H R R . 32 Nr. 1996. Steine, Z a u n l a t t e n , abgebrochene Stuhlbeine ( = gefährl. Werkzeuge i. S. des § 223a) sind keine W a f f e n . R G . J W . 33, 442. Der u n g e n e h m i g t e Besitz von Schußwaffen u n d von milit. Hieb- u n d Stichwaffen ist d u r c h Ges. Nr. 24 der A H K . v. 30. 3. 1950 (ABl. S. 251), das a n die Stelle des K o n t r R G . Nr. 4 3 getreten ist, verboten. 3) Der T ä t e r m u ß sich zum Teil der Menge m a c h e n ; bloße Teilnahme im Sinne des § 47 genügt nicht. E . 56, 281. Der T ä t e r b r a u c h t selbst nicht b e w a f f n e t zu sein. E . 30, 391 . Z u § 128: 1) Teilnehmen = Mitglied, Stifter oder Vorsteher der V e r b i n d u n g sein. E . 6, 216; 24, 328. D e r B e i t r i t t als Mitglied k a n n a u c h d u r c h schlüssige H a n d l u n g e n erfolgen. R G . J W . 31, 3667. Mitglied ist a b e r nur, wer über seine formale Mitgliedschaft hinaus sich b e w u ß t f ü r die Zwecke der Verb, b e t ä t i g t . R G . H R R . 28 Nr. 689. 2) „ V e r b i n d u n g " ist jede organisierte Vereinigung von einer gewissen D a u e r , welche die U n t e r o r d n u n g der Mitglieder u n t e r den Gesamtwillen f ü r die D a u e r der Mitgliedschaft voraussetzt. V e r b i n d u n g k a n n auch der F u n k t i o n ä r k ö r p e r einer v e r b o t e n e n P a r t e i sein. D J Z . 28, 1019. Die V e r b i n d u n g m u ß eine E i n w i r k u n g auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken, b r a u c h t a b e r nicht auf einen s t r a f b a r e n oder sonst v e r b o t e n e n Zweck gerichtet zu sein. E . 35, 177, 195;

2. Titel. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentl. Ordnung. §§ 129,129a

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gegen unbekannte Obere Gehorsam oder gegen bekannte Obere unbedingter Gehorsam versprochen wird, ist an den Mitgliedern mit Gefängnis bis zu sechs Monaten, an den Stiftern und Vorstehern 3 ) der Verbindung mit Gefängnis von einem Monat bis zu einem Jahre zu bestrafen. (2) Gegen Beamte kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden.

§ 129. [Vereinigungen zur Begehung strafbarer Handlungen]1) (1) Wer eine Vereinigung2) gründet 3 ), deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf StrafK. gerichtet sind, strafbare Handlungen zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt 3 ), sie sonst unterstützt oder zu ihrer Gründung auffordert 4 ), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Gehört der Täter zu den Rädelsführern5) oder Hintermännern 6 ) oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall vor, so kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. Daneben kann Polizeiaufsicht zugelassen werden. (3) Bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, kann von Strafe abgesehen werden7). (4) Nach diesen Vorschriften wifd nicht bestraft, wer das Fortbestehen der Vereinigung verhindert oder von ihrem Bestehen einer Behörde so rechtzeitig Anzeige erstattet, daß eine den Zielen der Vereinigung entsprechende Straftat noch verhindert werden kann. Dies gilt auch für den, der sich freiwillig und ernstlich bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, wenn nicht sein Bemühen, sondern ein anderer Umstand dies erreicht 8 ).

§ 129a. [Fortführung verbotener Vereinigungen]1) (1) Hat das Bundesverwaltungsgericht oder das oberste Verwaltungsgericht StrafK.. eines Landes festgestellt, daß eine Vereinigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des GrundRG. J W . 34, 232. Die Angelegenheiten brauchen nicht solche der Bundesrepublik oder eines Landes zu sein. E. 41, 264. Hat eine Verbindung, die ihren Sitz im Auslande hat, Mitglieder im Inlande, so hat sie auch im Inlande Bestand und Dasein. E. 16, 165; vgl. E. 24, 328. 3) Stifter = Gründer i. S. des § 129. Vorsteher = an der Leitung der Verbindung Beteiligter. RG. D J . 34, 129. Stifter und Vorsteher brauchen nicht Mitglieder zu sein. E.6,215. Zu § 129: 1) I. d. F. des 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739). Nach Art. 9 Abs. 2 GG. sind Vereinigungen, deren Zwecke oder Tätigkeit a) den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich b) gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder c) gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten. Die Gründung von Vereinigungen zu b) und c) und deren Förderung durch Rädelsführer und Hintermänner ist in § 90 a unter Strafe gestellt. § 129 n. F. ,der in gewisser Weise an § 175 des StGB.-Entw. 1927 anknüpft, stattet ergänzend den Art. 9 Abs. 2 GG. bezüglich der zu a) bezeichneten Vereinigungen mit Strafschutz aus. Dabei ist Art. 9 GG. dahin verdeutlicht, daß Zwecke oder Tätigkeit einer Vereinigung den Strafgesetzen zuwiderlaufen, wenn sie auf die Begehung strafbarer Handlungen g e r i c h t e t sind, „so daß weder Fahrlässigkeitstaten noch gelegentliche vorsätzliche Delikte für die Anwendung des § 129 ausreichen", Schafheutie JZ. 1951, 619. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 90 a. 3) Es muß dem Täter daran gelegen sein, die Zwecke der Vereinigung durch seine Handlung zu fördern, so daß bedingter Vorsatz hinsichtlich des Erfolgs nicht genügt. RG. J W . 1932, 2810. 4) Vgl. Anm. 9 zu § 110. 5) Vgl. Anm. 5 zu § 90a. 6) Vgl. Anm. 5 zu § 90a. 7) Vgl. Anm. 5 zu § 82. 8) Vgl. Anm. 8, 10, 12 zu § 49 a StGB. Zu § 129a: 1) Eingefügt durch das 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739). Bei Vereinigungen, die sich nach Zweck oder Betätigung gegen die verfassungs-

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A 2. Strafgesetzbuch. § 130

satorischen Zusammenhalt auf andere Weise weiter aufrechterhält2), sich an ihr als Mitglied beteiligt oder sie sonst unterstützt, mit Gefängnis bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist3), gesetzes verboten ist, so wird jeder, der die Vereinigung fortführt, den organi(2) § 129 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. (8)4) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet auf Antrag der Bundesregierung, das oberste Verwaltungsgericht eines Landes auf Antrag der Landesregierung. § 130. [Anreizung zum Klassenkampf] Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise1) verschiedene mäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten, werden nach § 90a nur die Gründer sowie die Rädelsführer und Hintermänner, nicht die einfachen Mitglieder, die „Mitläufer", bestraft (vgl. Anm. 3 zu § 90a). Hat aber das Bundesverwaltungsgericht oder das oberste Verwaltungsgericht eines Landes festgestellt, daß die Vereinigung nach Art. 9 Abs. 2 GG. verboten ist, so wird nach § 129a jede Form der Fortführung und Beteiligung mit Gefängnis bestraft. Daß jetzt auch die einfachen Mitglieder bestraft werden, beruht auf der Erwägung, daß es vor der verwaltungsgerichtlichen Feststellung für sie schwierig gewesen sein mag, den verbotenen Charakter der Vereinigung zu erkennen, während nach der Entscheidung eines obersten Verwaltungsgerichts die Kenntnis von der ergangenen Feststellung genügt. Die oberstverwaltungsgerichtliche Feststellung ist also nicht Bedingung der Strafbarkeit, sondern Tatbestandsmerkmal. Auch für die in § 129 bezeichneten, auf die Begehung strafbarer Handlungen gerichteten Vereinigungen hat § 129 a Bedeutung. Denn solange eine oberstverwaltungsgerichtliche Feststellung nicht getroffen ist, setzt die Bestrafung eines Mitglieds aus § 129 voraus, daß ihm die Kenntnis von dem auf Begehung von Straftaten gerichteten Ziel der Vereinigung nachgewiesen wird; im Fall des § 129a aber genügt zur Bestrafung die Kenntnis von der verwaltungsgerichtlichen Feststellung. 2) D. h. an einer Ersatzorganisation teilnimmt. 3) Rädelsführer und Hintermänner von Vereinigungen der in § 90 a Abs. 1 bezeichneten Art, unterliegen der erhöhten Strafdrohung des § 90a Abs. 2; für politische Parteien mit solcher Zielrichtung gilt nicht § 129a, sondern § 90a Abs. 3 in Verbindung mit §§ 46, 47 des Ges. über das Bundesverfassungsgericht v. 12. 3. 1941 (s. Anm. 7 zu § 90a). 4) Vgl. § 9 Abs. ld, §§ 77, 78 des Ges. über das Bundesverwaltungsgericht v. 23. 9. 1952 (BGBl. I S. 625). Der Antrag einer Landesregierung beim obersten Verwaltungsgericht ihres Landes ist nur zulässig, wenn sich die Vereinigung auf das Gebiet des Landes beschränkt (§ 78 Abs. 1 a.a.O.). Die Kenntnis einer solchen Entscheidung genügt aber für die Strafbarkeit einer Fortführung der Vereinigung usw. im Gebiet eines anderen Landes. Das Bundesverwaltungsgericht kann auf Antrag einstweilige Anordnungen treffen (§§ 30, 77): die Zuwiderhandl. dagegen begründet keine Strafbarkeit. Zu § 130: 1) Das ist sowohl der Fall bei Gefährdung des Gefühls der öffentlichen Sicherheit in seinem Bestände, wie bei Bedrohung des Z u s t a n d e s der allgemeinen Rechtssicherheit durch die — wenn auch entfernte — Gefahr der Entstehung von Unruhen oder Rechtsbrüchen. E. 34, 268; 71, 248; RG. J W . 37, 699. Eine bloße Beunruhigung des Gewissens der einzelnen Hörer genügt nicht. RG. JW. 38, 501. 2) Klassen sind gesellschaftlich abgegrenzte Teile der Bevölkerung und zwar die auf dem Boden der Gesellschaft emporgewachsenen, nach Besitz und Beruf, Beschäftigung und Gewerbe, Bildung und Herkommen usw. geschiedenen natürlichen Gliederungen des Volksorganismus. E. 22, 294; erforderlich ist eine auf dauernder Gleichheit beruhende Übereinstimmung der Lebens- und sozialen Verhältnisse. E. 35, 98; a. M. OLG. Dresden N J . 48, 191: nicht nur soziologisch abgegrenzte Bevölkerungsgruppen, sondern auch schon v o r ü b e r gehende Gruppierungen, die in p o l i t i s c h e n Meinungsverschiedenheiten ihren Grund haben können. Klassen sind z. B. Agrarier und Arbeiter. E. 50, 324; die Bauern eines kleinen Bezirks. J R . 25 Nr. 435; besitzlose Großstadtbevölkerung und Bauern; die Juden. E. 32, 352; OLG. Neustadt HESt. 2, 273. Keine Klassen dagegen Regierende und Regierte. E. 22, 295, Brotverteuerer und Brotverzehrer. E. 26, 63. 3) Das Gesetz erfordert weder den Anreiz zu b e s t i m m t e n Gewalttätigkeiten. E. 50, 324, noch zu sofortigen Gewalttätigkeiten. S. Anm. 3 zu § 124.

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentl. Ordnung. §§ 130a—132

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Klassen2) der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten3) gegeneinander öffentlich4) anreizt6), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. § 130 a. [Kanzelmißbrauch] Aufgehoben durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4.8.1953 (BGBl. I S. 735). § 131. [Staatsverleumdung] Wer erdichtete oder entstellte Tatsachen1), wissend, daß sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich2) behauptet3) oder verbreitet4), um dadurch Staatseinrichtungen6) oder Anordnungen der Obrigkeit6) verächtlich zu machen7), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. * § 132!). [Amtsanmaßung] Wer unbefugt2) sich mit Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt3) oder 4) S. Anm. 2 zu §200. Beispiel: Auslegung von Druckschriften zu jedermanns Einsicht im Laden. RG. Recht 9, 200. 5) Anreizung ist die mittelbare Beeinflussung des Willens anderer, die — wenn auch versteckte •— Einwirkung auf Sinne und Leidenschaften, die einen Reiz zum Handeln wecken und den Angereizten kraft eignen Entschlusses, sei es sofort, sei es bei einer erst künftig sich bietenden Gelegenheit, zum Handeln bringen soll. E. 63,173, z. B. durch Erregung von Wünschen, die auf friedlichem Wege nicht erfüllbar sind, RG. GA. 60, 412. Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein, daß die Äußerung geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören, eine hierauf gerichtete Absicht ist nicht erforderlich. E. 54,27. Eine Anreizung zum Klassenkampf kann auch dadurch begangen werden, daß der eine solche enthaltende Aufruf als Teil des Berichtes über eine Gerichtsverhandlung veröffentlicht wird, in der der Verfasser wegen des Aufrufs verurteilt ist. E. 39, 87; 62, 145. S. hierzu Bewer, DRZ. 28, 307. Z u § 131: 1) S. Anm. 3 zu §186. Tatsache ist nur eine Begebenheit, ein konkreter Vorgang, der in der Vergangenheit oder Gegenwart in die Erscheinung getreten und dadurch Gegenstand der Wahrnehmung geworden ist. Innere Vorgänge, deren Dasein und Art dargetan und damit wahrnehmbar gemacht werden kann, sind Tatsachen, nicht aber Ergebnisse abstrakter Schlußfolgerungen. E. 22, 158; 24, 300; 41, 193. Bloße verdächtigende allgemeine Kritiken und Urteile über politische, soziale usw. Verhältnisse, die sich nicht auf konkrete Vorkommnisse, sondern auf Beobachtungen und Schätzungen gründen, gehören nicht hierher. E. 22 158; 24, 387. 2) S. Anm. 2 zu § 200. 3) S. Anm. 4 zu § 186. 4) S. Anm. 5 zu § 186. 5) Staatseinrichtungen sind die bleibenden dauernden Bestandteile der Verfassung und Verwaltung, mit welchen der jeweilige Staat sich einrichtet, also die auf Erfüllung des Staatszwecks hinzielenden, für die Dauer bestimmten organischen Schöpfungen auf irgend einem Gebiete der staatlichen Tätigkeit. E. 22, 253 z. B. die Zivilehe, das Regierungssystem, aber nicht allgemeine Einrichtungen, wie die E h e als solche oder das Privateigentum. Außerdeutsche Staatseinrichtungen und solche einer vergangenen Zeit gehören nicht hierher, E. 16, 368. Angriffe gegen die Regierung fallen nur dann unter § 131, wenn sie diese in ihrer Eigenschaft als Staatseinrichtung treffen, nicht wenn es sich bloß um einen Angriff gegen einzelne Beschlüsse und Maßnahmen handelt. E. 29, 318. 6) Dahin gehören neben Gesetzgebungsakten auch Verwaltungsakte, die einen einzelnen Fall oder eine bestimmte Person betreffen. E. 16, 368, sofern sie einen in das öffentliche Leben eingreifenden hoheitlichen Charakter, nicht nur innerdienstliche Bedeutung haben. E. 23, 151. Nicht geschützt werden Anordnungen, die nur noch historische Bedeutung haben. RG. J W . 05, 749. Bloße Unterlassungen gehören nicht hierher. E. 30, 263. 7) d. h. als sittlich minderwertig oder sittenwidrig, nicht nur als unvernünftig oder zweckwidrig erscheinen zu lassen. E. 11, 161; a. M. Schönke I I I 2c. Die Absicht der Verächtlichmachung genügt, eine objektive Eignung der behaupteten Tatsachen hierzu ist nicht erforderlich. R. 4, 232 (str.). Zu § 132: 1) § 132 dient nach seiner Stellung im 7. Abschnitt dem Schutz der Autorität des Staates und seiner Behörden, nicht auch dem Schutz von Privatpersonen vor Übergriffen. E. 58, 176; BGHSt. 3, 241. 2) D. h. verbotenerweise, weil ohne die erforderliche Erlaubnis. Schönke, DRZ. 48, 67.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 132 a

eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf 4 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

* § 132 a 1 ). [Unbefugte Titelführung; unbefugtes Tragen von Uniformen usw.] (1) Wer unbefugt 2 ) 1. inländische oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen 3 ), Titel 4 ) oder Würden 6 ) führt 6 ), 3) Bei der unbefugten Ausübung eines öff. A. gibt sich der Täter entweder als Inhaber eines ö. A. aus, das er in Wirklichkeit nicht bekleidet und nimmt auf Grund dieser Vortäuschung eine Handl. vor, die zum Geschäftsbereich irgendeines ö. A. gehört, E. 68, 77, oder er bekleidet zwar ein ö. A., darf es aber — wie ein dienstenthobener Beamter E. 76,25 — nicht ausüben. Dagegen gibt sich bei dem 2. Tatbestand (Anm. 4) der Täter nicht als Beamter aus, sondern setzt seine Handl. an die Stelle einer Amtshandl. OLG. Freiburg DRZ. 48, 66. Die unbefugte Ausübung eines ö. A. liegt nach OLG. Freiburg aa..O. (zustimmend Schönke, Anm. daselbst) auch vor, wenn der Täter die Übertragung des ö. A. (die Anstellung) durch Täuschung erschlichen hatte. Dem ist nicht zuzustimmen; ebenso OLG. Braunschweig NdsRpfl. 50, 127. Die erschlichene Anstellung kann zwar für nichtig erklärt oder zurückgenommen werden (§§ 11, 12 BBG.), dadurch wird aber die vorher erfolgte Ausübung des übertragenen Amtes nicht rückwirkend zu einer unbefugten, wie ja auch durch die Nichtigkeitserklärung an der Wirksamkeit der Amtshandlungen nichts geändert wird (§ 14 BBG.). Beide Tatbestände des § 132 können auch von einem Beamten verwirklicht werden; z.B. dann, wenn zwar die Behörde, aber ein anderer Beamter zuständig ist. E. 76, 62; (Tätigwerden eines Polizeibeamten in einem fremden Bezirk. OLG. Hamm N JW. 51, 245); doch genügt die Überschreitung lediglich innerdienstl. Zuständigkeitsvorschriften nicht. E. 58, 175. Eine nach außen hin zulässige Amtshandl. fällt nicht deshalb unter § 132, weil der Beamte treuwidrig seine Amtsbefugnisse ausnutzt, z. B. eine (an sich zulässige) Beschlagnahme vornimmt, um die beschlagnahmte Sache sich zuzueignen. BGHSt. 3, 241; a. M. OLG. Hamm NJW. 51, 245. Ein beurlaubter Beamter macht sich durch Ausübung seiner Amtstätigkeit nicht nach § 132 schuldig. E. 67, 226. Ö. A. ist ein aus der Staatsgewalt abgeleitetes Amt (s. § 31 Abs. 2 StGB.). Kirchenämter gehören nicht hierher. E. 47, 50. Auch nicht der Prüfungsausschuß nach § 131 GewO. E. 36,434. Ein „ S i c h b e f a s s e n " liegt in jeder Handl., die allgemein in den Rahmen der Aufgaben und Befugnisse des angemaßten Amtes fällt, auch wenn ein wirkl. Amtsträger seine Befugnisse überschritte und seine Handl. bei Beachtung der maßgebl. Bestimmungen keinen Erfolg hätte. OLG. Celle HESt. 2, 234. Liegt die Handl. völlig außerhalb der Zuständigkeit des angemaßten Amtes, so genügt es, daß sie den Charakter einer in den Kreis eines anderen Amtes einschlagenden Amtshandlung annimmt. RG. JW. 33, 3140. Es ist nicht erforderlich, daß es die dem angemaßten Amt beigelegte Bezeichnung überhaupt gibt. E. 68,81. Es genügt, daß der Täter sich so gebärdet, daß ein mit den Verhältnissen nicht näher Vertrauter den Eindruck erhalten muß und soll, der Täter sei Inhaber eines ö. A. Die Tat kann nur „eigenhändig" begangen werden; ein Teilnehmer, der nicht ein eigenes Amt vortäuscht, ist nur Gehilfe, nicht Mittäter. RG. HRR. 36 Nr. 305; OGH. BZ. NJW. 49, 354. — Beispiele: Auftreten als Rechtsanwalt (vgl. § 31 Abs. 2). RG. GA. 37, 58; OLG. Celle HESt. 2, 235; als Gerichtsarzt LZ. 27, 1137; die Scheinfestnahme durch eine sich als Polizeibeamten ausgebende Privatperson (trotz der Befugnis des § 127 StPO.). KG. DJZ. 28, 1687; eine Fleischuntersuchung, die sich als die eines beamteten Fleischbeschauers hinstellt, GA. 56, 82. 4) Es ist gleichgültig, ob die Handlung an sich berechtigt gewesen wäre, wenn ein Beamter sie vorgenommen hätte. R. 9, 6. Beispiele: Unbefugte Ausstellung von Kirchenattesten. R. 5, 56, die mittels Nötigung betätigte Absetzung eines Beamten. Recht 26 Nr. 137, das von einer Privatperson an Stelle des Wahlvorstehers vorgenommene Schütteln einer Wahlurne. E. 46, 183. Dagegen gehört nicht hierher: die Zusendung einer privaten Zahlungsaufforderung an den Schuldner, die in der äußeren Form einem Zahlungsbefehl ähnlich ist, der aber wesentliche Erfordernisse eines solchen fehlen. E. 68, 77; die Tätigkeit eines Versteigerers E. 17, 291; die Abnahme eines Eides in der Form des § 66c StPO. durch eine Privatperson. E. 34, 289. Bedeutungslos ist, daß der andere den wahren Sachverhalt erkennt, oder doch in der Lage ist, ihn zu durchschauen. Recht 13 Nr. 182; GA. 66, 507. Auch hier ist nur „eigenhändige" Begehung möglich (s. Anm. 3). E. 55, 265. Zu § 132a: 1) § 132a ist in seiner ursprüngl. Fassung an Stelle des früheren § 360 Nr. 8 durch Ges. v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839) eingefügt. Die jetzige Fassung, die um den bisher

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die offentl. Ordnung. § 132a

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2. inländische oder ausländische Uniformen 7 ), Amtskleidungen 8 ) oder Amtsabzeichen 9 ) trägt 1 0 ) oder 3. eine Berufstracht oder ein Berufsabzeichen für Betätigung in der Krankenoder Wohlfahrtspflege trägt, die im Inland staatlich anerkannt oder genehmigt sind 11 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft 12 ). in § 6 Abs. l a des Ges. über Titel, Orden und Ehrenzeichen v. 1. 7. 1937 ( R G B l . I S. 725) geregelten Tatbestand erweitert ist, beruht auf dem 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Unbefugt = ohne dazu berechtigt zu sein. Die Tat kann nur vorsätzlich begangen werden. R G . GA. 39, 173; OLG. Dresden LZ. 33, 1041; bedingter Vorsatz genügt. E . 61, 9. Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein, ohne Befugnis zu handeln. 3) In B e t r a c h t kommen nur die auf öffentlichrechtl. Vorschriften beruhenden Amtsund Dienstbezeichnungen. Amtsbezeichnungen sind die A m t s t i t e l , die zur Kennzeichnung eines dem Träger übertragenen öffentl. Amtes dienen, Dienstbezeichnungen die durch gesetzl. Vorschrift bestimmten (nichtstaatl.) Berufen vorbehaltenen Berufsbezeichnungen wie Rechtsanwalt, Anwaltsassessor, Bauassessor (§ 26 Anl. I zur VO. v. 4. 8. 1936, R G B l . I S. 585), vereidigter und öffentl. bestellter Versteigerer (§ 19 der VO. v. 30. 10. 1934, R G B l . I S. 1091), Prozeßagent. OLG. Breslau GA. 49, 328; Rechtsbeistand (§ 4 der VO. v. 3. 4. 1936, R G B l . I S. 359), Heilpraktiker (§ 1 Abs. 3 des Ges. v. 17. 2. 1939, R G B l . I S. 251). Eine ausländische Amtsbezeichnung darf von ihrem Träger im Inland nur geführt werden, wenn deutlich gemacht wird, daß es sich um ein ausl. Amt handelt. Nach den Vorschriften der Beamtengesetze (vgl. § 81 B B G . ) darf ein Beamter im Ruhestand seine letzte Amtsbezeichnung mit dem Zusatz „ a . D . " führen, ein entlassener Beamter nur, wenn ihm die Erlaubnis erteilt worden ist. Nach § 10 des Ges. zu Art. 131 GG. v. 11. 5. 1951 — B G B l . I S. 307 — führen nicht wieder in Dienst gestellte Beamte ihre letzte Amtsbezeichnung mit dem Zusatz „z.Wv.". Der von der Rechtsanwaltschaft Ausgeschlossene darf sich nicht (Gerichts-)Assessor a.D. nennen. Hagemann DRZ. 31, 327; OLG. Celle J W . 37, 185; K G . D S t r R . 38, 395; a. M. OLG. Köln H R R . 32 Nr. 76 (s. dazu auch AV. v. 14. 6. 1937, D J . S. 914, zu A I I 13, wonach die Bezeichnung Notariatsassessor auch nicht mit einem auf das Ausscheiden hinweisenden Zusatz geführt werden darf). Kein Titel ist Handelsanwalt. K G . D J Z . 15, 721, oder Steuersyndikus. OLG. Kiel H R R . 35 Nr. 255, doch kann die mißbräuchliche Verwendung des Wortes „Anwalt" (z. B . Fachanwalt für Verwaltungsrecht durch einen Verwaltungsrechtsrat) unter § 3 UWG. fallen. OLG. Celle N J W . 49, 267. 4) Titel sind — im Gegensatz zu den Amtsbezeichnungen (Amtstiteln) — in 1. Linie die Ehrentitel, die als Auszeichnung verliehen werden. Auch die früher verliehenen Ehrentitel sind geschützt. Verzicht auf den Titel ist zulässig und bedarf nicht der Annahme. K G . J W . 32, 2917. 5) Würden sind auf öffentlichrechtl. Vorschriften beruhende Ehrenstellungen, die vom Staat oder von öffentlichrechtl. Körperschaften unter staatl. Autorität verliehen werden. Z. B . Ehrenbürger der Gemeinde X , Ehrensenator der Universität Y . Akademische Grade (z. B . die Doktorwürde) gehören nicht hierher, vgl. vielmehr Ges. über die Führung akademischer Grade v. 7. 6. 1939 — B I I 5 — . 6) Das Führen eines Titels usw. erfordert, daß der Täter den Titel usw. als ihm zukommend in Anspruch nimmt. R G . D R . 39, 370, setzt also eine eigene Tätigkeit des Täters voraus, ein bloßes Dulden der Anrede genügt nicht. E . 33, 305. Ein Führen liegt z. B . in derVerwendung eines Gummistempels. Dresden J W . 29, 1894. E s genügt ein einmaliger Gebrauch, wenn dadurch bei anderen — d. h. gegenüber einer Mehrzahl von Personen, nicht nur gegenüber einer bestimmten Person — der Glaube erweckt werden soll, daß dem des Titels sich Bedienenden der Titel zukomme. Celle D J Z . 07, 226; K G . GA. 71, 227; OLG. Hamburg D S t R . 38, 140. Führen ist ein Sammelbegriff, der alle Einzelakte umfaßt, wenn der Täter sich einmal die Befugnis zum Führen angemaßt hat (vgl. R G . D J . 36, 258). 7) Uniform ist jede auf Grund öffentlichrechtlicher Bestimmungen eingeführte einheitl. Tracht (auch einzelne Bekleidungsteile, z. B . Mützen), sofern die Befugnis zum Anlegen dieser Tracht durch öffentlichrechtliche Vorschriften geregelt ist (z. B . durch polizeil. Vorschriften geregelte Einheitskleidung für Taxichauffeure, Dienstmänner usw., RdErl. v. 11. 11. 1938, RMBliV. S. 1853). Historische Uniformen, die für die Gegenwart ohne jede Bedeutung sind, gehören nicht hierher. Unberührt bleiben private Phantasieuniformen und Einheitstrachten (z. B . von Jugendverbänden), bei denen eine Verwechslung mit öffentlichrechtl. geregelten Uniformen nicht in Betracht kommen kann; vgl. aber § 3 des Versammlungsges. v. 24. 7. 1953 — Bill—, 9

D a l c k e , S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 133

(2) Den in Absatz 1 Nr. 1 bis 8 genannten Bezeichnungen, Titeln, Würden, Uniformen, Kleidungen, Trachten oder Abzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind 1 3 ). (3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten auch für Amtsbezeichnungen, Titel, Würden, Amtskleidungen 1 4 ) und Amtsabzeichen der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie für Berufstrachten und Berufsabzeichen der v o n ihnen anerkannten religiösen Vereinigungen oder religiösen Genossenschaften.

§ 133. [Gewahrsamsbruch] 1

(1) Wer ) eine Urkunde 2 ), ein Register 3 ), Akten oder einen sonstigen Gegenstand 4 ), welche sich zur amtlichen Aufbewahrung an einem dazu bestimmten Orte befinden 6 ), oder welche einem B e a m t e n oder einem Dritten amtlich über8) Durch öffentlichrechtliche Vorschriften eingeführte Trachten, die — im Gegensatz zur Uniform — nicht ständig, sondern nur bei bestimmten Amtshandlungen getragen werden (z. B. die Roben der Richter, der Staatsanwälte und Rechtsanwälte). 9) Zeichen, die, ohne zur Tracht ( = Bekleidung) zu gehören, den Träger als Inhaber eines bestimmten Amtes kenntlich machen, wie z. B. die bei der Ausübung des Jagdschutzes nach Landesrecht zu tragenden Jagdschutzabzeichen. 10) Die Absicht, Dritte über die Person des Trägers oder über seine Befugnis zum Tragen der Uniform usw. zu täuschen, ist nicht erforderlich. Kein Tragen i. S. des § 132 a, wenn die Uniform im Rahmen der Verkehrssitte bei Aufführungen und Maskeraden getragen wird. — Tragen ist, wie Führen (s. Anm. 6), ein Sammelbegriff. 11) Vgl. Bekanntmachung v. 21. 12. 1918 (Zentralbl. f. d. Deutsche Reich, S. 1154) nebst Änderungen (s. u. a. Bek. v. 31. 1. 1942, RMB1. S. 80). S. auch § 17 Abs. 2 der KrankenpflegeVO. v. 28. 9. 1938 (RGBl. I S. 1310), abgedr. zu B I 5e; eine dem § 17 Abs. 2 a.a.O. entsprechende Strafvorschrift gilt für das unbefugte Tragen von Berufstrachten und -abzeichen der „Säuglings- und Kinderschwestern" (§ 18 der VO. v. 15. 11. 1939, RGBl. I S. 2239) und von Berufsabzeichen für medizinisch-technische Gehilfinnen oder Assistentinnen (§ 20 der VO. v. 17. 2. 1940, RGBl. I S. 371; RdErl. v. 14. 2. 1942, MBliV. S. 439). 12) § 132 a gilt nicht, soweit in Sondervorschriften mit § 132 a übereinstimmende oder davon abweichende Strafdrohungen enthalten sind (vgl. § 46, 110 der Handwerksordnung v. 17. 9. 1953 (BGBl. I S. 1411) — Meistertitel —, § 16 ReichsärzteO. — Arzt —, §§ 2, 23 ReichsapothekerO. — Apotheker —, § 16 ReichstierärzteO. — Tierarzt —, § 52 des Patentanwaltes. v. 28. 9. 1933, RGBl. I S. 609 — Patentanwalt —). 13) Ob andere die Abweichung von der richtigen Uniform usw. erkannt und ob sie sich über die Befugnis ihres Trägers haben täuschen lassen, ist bedeutungslos. E. 61, 7. 14) Dazu gehören auch die Ordensgewänder der kath. Kirche (Art. 10 des Konkordats v. 12. 9. 1933, RGBl. II S. 679). BayObLG. JW. 35, 960. Zu § 133: 1) Auch der Eigentümer des Gegenstandes kann Täter sein. E. 47, 393; 57, 371; ebenso der Beamte oder Dritte, dem der Gegenstand amtlich übergeben worden ist, wenn ihm kein Verfügungsrecht zusteht. BGH. NJW. 54, 281. 2) Eine beweiserhebliche Urkunde i. S. des § 267 wird nicht gefordert; es genügt jedes Schriftstück, das einen gedankl. Inhalt hat. E. 63. 32; RG. HRR. 42 Nr. 828, z. B. eine Postpaketadresse schon mit der Aufgabe des Gegenstandes zur Post. RG. GA. 60, 424. 3) Auch wenn sie keine Urkunden und nur für den inneren Dienst bestimmt sind. E. 67, 228. 4) Körperliche Gegenstände, gleichviel, ob in fester, luftförmiger oder flüssiger Gestalt. RG. GA. 66, 569, z. B. bei behördl. Genehmigungen die dafür entrichteten, bestimmungsgemäß auf der Urschrift aufgeklebten und entwerteten Gebührenmarken. BGH. St. 3, 290. 5) Daß die Aufbewahrung von einem Beamten oder kraft eines Staats- oder öffentlichen Amtes erfolgt, ist nicht notwendig. Es genügt, daß die Verwahrung in Verwaltung eines Kreises gewisser den öffentlichen Nutzen angehender Geschäfte unter Verantwortung des Staates oder von ihm betreuter Selbstverwaltungsorgane erfolgt. E. 29, 321; 53, 219; OGHBZ. DRZ. 49, 524. Nicht ist erforderlich, daß der Gegenstand zur Tatzeit sich noch an dem zur Aufbewahrung bestimmten Ort befindet; vielmehr hat er dadurch, daß er in amtl. Aufbewahrung

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentl. Ordnung. § 133

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geben worden sind 6 ), vorsätzlich7) vernichtet, beiseite schafft 8 ) oder beschädigt 9 ), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Ist die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht 10 ) begangen, so tritt Gefängnisstiafe nicht unter drei Monaten ein; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. gelangt ist, den besonderen Schutz des Gesetzes erhalten, der bis zur Erfüllung des Zweckes oder bis zur anderweitigen Verfügung fortdauert. E. 33, 415 (str.; a. M. z. B. Schönke II 2a); auch ist nicht erforderlich eine allzeit äußerlich erkennbare Verfügungsgewalt der Behörde. Eine aus dem Eisenbahnwagen gefallene, aber auf dem Eisenbahngelände liegengebliebene Sache befindet sich daher noch im amtlichen Gewahrsam der E.-Verwaltung. RG. Recht 24 Nr. 2959; OGHBZ. DRZ. 49, 524; OLG. Hamburg J R . 53, 27. Auf die Zuständigkeit der aufbewahrenden Amtsstelle kommt es nicht an. J R . 25 Nr. 1181; wohl aber auf den Willen der Amtsstelle, amtlichen Gewahrsam zu begründen. D J Z . 30, 496. Es gehören hierher: der zur amtlichen Beförderung bestimmte Gegenstand. E. 51, 416; die für den Adressaten bestimmte Abschrift einer Zustellungsurkunde, solange sie sich noch in den Händen des Postboten befindet. E. 33, 413; Briefe in einem Postbrief kästen. RG. J R . 27 Nr. 188. 6) Die amtliche Übergabe muß in der Absicht erfolgen, die amtliche Verfügungsgewalt zu begründen oder aufrecht zu erhalten. Daher fallen nicht unter § 133 Sachen, die zum Geoder Verbrauch bei amtlichen Stellen vorhanden sind oder jemandem dazu amtlich übergeben werden, wie Einrichtungsgegenstände, Brenn-, Beleuchtungs- und Schreibstoff, z. B. zur Heizung einer Lokomotive bestimmte Kohlen. E. 51, 226, oder das Briefpapier, das einem Gefangenen von der Anstaltsverwaltung zum Briefschreiben überlassen worden ist. E. 72, 172. Die amtliche Übergabe an einen Beamten kann erfolgen kraft Amtes des Übergebenden oder durch einen Dritten (auch einen Nichtbeamten) mit Rücksicht auf das Amt des Empfängers. E. 43, 246 (z. B. Übergabe eines Wechsels an einen Notar zur Protestierung). Die Übergabe an einen Dritten (Nichtbeamten) ist dagegen nur dann amtliche Übergabe, wenn sie auf Grund amtlicher Anordnung erfolgt, also durch einen Beamten oder in seinem Auftrag, sofern erkennbar ist, daß die amtliche Aufbewahrung fortdauern soll (z. B. Aushändigung eines amtlichen Schriftstücks zum Durchlesen). E. 54, 244. Das ist z. B. nicht der Fall, wenn eine zuzustellende Urkunde statt an den Adressaten im Wege der Ersatzzustellung einem Dritten ausgehändigt wird, da hier mit der Aushändigung die amtliche Verfügungsgewalt enden soll. E. 35, 28. § 133 ist mangels Fortdauer der amtlichen Verfügungsgewalt auch nicht anwendbar, wenn der Inhaber eines amtlichen Ausweises oder ähnlicher Urkunden darauf befindliche amtliche Vermerke unkenntlich macht, z. B. auf einem Führerschein die Klassenbezeichnung oder auf einer Steuerkarte amtliche Eintragungen. 7) Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein von der amtlichen Aufbewahrung (Übergabe) aber nicht die Absicht oder das Bewußtsein, gegen die öffentliche Ordnung zu verstoßen; daher bedeutungslos die irrige Meinung des Täters, die Akten seien schon zum Einstampfen bestimmt. E. 23, 283. Glaubt sich der Täter, z. B. als Eigentümer zur T a t befugt, so gelten die allgemeinen Grundsätze betr. den Irrtum über negative Tatumstände (vgl. Anm. 1 d zu §59). 8) d. h. den amtlichen Gewahrsam aufhebt, indem die Sache von der Stelle, wo sie amtlich aufbewahrt wurde, entfernt wird. RG. Recht 22 Nr. 446. Vorübergehende Entfernung genügt. RG. H R R . 42 Nr. 828; Entfernung aus dem Aufbewahrungsraum ist nicht erforderlich. E. 22, 242. Die Entfernung muß gegen den Willen des Verfügungsberechtigten erfolgen; daher keine Beiseiteschaffung, wenn der Berechtigte durch Täuschung zur Herausgabe veranlaßt wird. E. 56, 118, wohl aber, wenn sie einem Dritten durch Täuschung entzogen wird. E. 12, 67. Unter § 133 fällt z. B. die Wegnahme einer Postkarte, die der Täter schon in einen Briefkasten gesteckt hatte, aus der Tasche des Postboten. E. 22, 204. Tateinheit mit § 242 ist möglich. RG. D J . 36, 1812, ebenso mit § 370 Nr. 5 OLG. Hamburg J R . 53, 27; dagegen nicht zwischen § 133 Abs. 1 und § 348 Abs. 2 (letzterer ist lex specialis), wohl aber zwischen § 133 Abs. 2 und § 348 Abs. 2. RG. H R R . 42 Nr. 828. 9) Beschädigung erfordert nicht eine Verletzung oder Veränderung der Substanz, es genügt Minderung der Brauchbarkeit, z. B. bei Urkunden durch unbefugte Änderung eines Wortes. RG. GA. 37, 283, oder durch Überkleben, wenn der Text schwer entzifferbar wird. Recht 19 Nr. 270. Die Einwirkung muß sich aber stets auf den in der Urkunde bereits verkörperten Gedankeninhalt beziehen; es genügt z. B. nicht, daß ein Register, ohne daß sein bereits vorher vorhandener Inhalt berührt wird, zu einer Eintragung benutzt wird, für die es nicht bestimmt ist. E. 67, 230. 10) d. h. in der Absicht, irgendeinen materiellen (nicht notwendig Vermögens-) Vorteil zu erreichen. E. 43, 176, und zwar für sich oder einen Dritten. E. 56, 244. A. M. BGHSt. 1, 388; OGHSt. 2, 372; OLG. Hamm N J W . 49, 191, die Gewinnsucht i. S. des § 27a (vgl. 9»

132

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 134—136

§ 134. [Beschädigung amtlicher Bekanntmachungen] Wer öffentlich angeschlagene Bekanntmachungen1), Verordnungen, Befehle oder Anzeigen von Behörden oder Beamten böswillig2) abreißt3), beschädigt oder verunstaltet 4 ), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. §§ 134a u. b1) § 135. [Verletzung von Hoheitszeichen] (Aufgehoben durch Art. II Nr. 2 des 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8.1951 (BGBl. I S. 789) und ersetzt durch § 96 Abs. 2 StGB.) § 136. [Siegelbruch] Wer unbefugt ein amtliches Siegel1), welches von einer Behörde oder einem Beamten angelegt ist, um Sachen zu verschließen, zu bezeichnen oder in Beschlag zu nehmen, vorsätzlich erbricht, ablöst oder beschädigt oder den durch ein solches Siegel bewirkten amtlichen Verschluß aufhebt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. dort Anm. 1) fordern. In gewinnsüchtiger Absicht handelt auch, wer einen schon erlangten Vorteil sichern will, z. B. den gefährdeten Gewinn aus Vortaten durch Verschwindenlassen der Akten. RG. Recht 31 Nr. 732, und zwar auch dann, wenn der schon erlangte Vorteil sachlich gerechtfertigt war. RG. Recht 33 Nr. 2505. Keine gewinnsüchtige Absicht, wenn der Täter die Entdeckung einer Vortat verhindern und sich selbst oder einen Angehörigen der Bestrafung entziehen will. E. 70, 19, oder wenn nur der alsbaldige Verbrauch von beiseite geschafften Lebens- oder Genußmitteln in Frage steht (im Hinblick auf den Privilegierungsgedanken des § 370 Nr. 5). E. 43, 175; 50, 397; 55, 256. Zu § 134: 1) Bekanntmachung einer Behörde ist eine von einer Behörde im Zusammenhang mit ihrem Aufgabenbereich ausgehende Bekanntmachung gesetzmäßigen Inhalts; dazu gehören z. B. auch propagandistische Verlautbarungen eines Ministeriums zur Förderung der politischen Ziele der Regierung. OLG. Hamburg MDR. 53, 247. Öffentlich angeschlagen: zur Wahrnehmbarkeit durch unbestimmt welche und wieviele Personen angebracht; z. B. auch durch die ständigem Wechsel unterliegende Belegschaft eines großen Fabrikbetriebes. Bay. ObLGSt. 52, 112. 2) d. h. aus verwerflicher Gesinnung, insbes. aus feindseliger Gesinnung oder Mißachtung gegenüber der Behörde oder der dahinter stehenden Staatsgewalt; Mutwille oder Übermut als Tatmotiv genügen nicht. E. 48, 174; RG. JW. 36, 2229; OLGe. Dresden JW. 32, 959; Hamburg MDR. 53, 247; BayObLGSt. 52, 112. 3) Das Abreißen braucht nicht gewaltsam zu geschehen, es genügt jede die Vereitelung des Aushanges bezweckende Beseitigung. E. 36, 183. 4) Verunstalten heißt unkenntlich machen, z. B. Verhängen der Bek. mit einem Sack. OLG. Dresden JW. 32, 959. Beschädigen: s. Anm. 4 zu § 303. Zu § 134a u. b: § 134a (Beschimpfen des Reiches und der Wehrmacht) und § 134b (Beschimpfung der NSDAP.) sind aufgehoben durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. Zu § 136: 1) Das Siegel ( = Siegelabdruck) muß von einem örtlich und sachlich zuständigen Beamten in Ausübung seines Amtes angelegt sein. E. 8, 35; er muß das Recht, Siegel anzulegen, gerade auf dem Gebiet besitzen, auf dem er tätig geworden ist. BayObLGSt. 50/51, 612. Dagegen ist nicht erforderlich, daß im Einzelfall die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Siegelung vorlagen. E. 34, 398; 36, 155; KG. HRR. 31 Nr. 2084. Siegel sind z. B. Siegelmarken. R. 2, 663; die mit dem Siegel des Gerichtsvollziehers versehene Pfändungsanzeige. E. 18, 388 und GA. 51, 181; Bahnplomben, GA. 39, 166; Plomben eines städtischen Elektrizitätswerks. Dresden DRZ. 30 Nr. 680; oder eines Feuermelders. E. 65, 133. § 136 ist unanwendbar, wenn es an einer „Anlegung" des Siegels fehlt (z. B. der Gerichtsvollzieher hat eine Siegelmarke lose in die Schublade des zu pfändenden Tisches gelegt). RG. DR. 41, 847. Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein des amtlichen Verschlusses usw. und der mangelnden Befugnis zur Ablösung des Siegels. E. 26, 308; RGHRR. 38 Nr. 1564, dagegen nicht das Bewußtsein von der Rechtswirksamkeit der Beschlagnahme.

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u.Vergehen wider die öffentl. Ordnung. §137

§ 137.

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[Verstrickungsbruch]

Wer 1 ) Sachen2), welche durch die zuständigen Behörden3) oder Beamten gepfändet 4 ) oder in Beschlag genommen6) worden sind, vorsätzlich8) beiseite Z u § 137: 1) Als Täter kommt nicht nur der Eigentümer der Sache, sondern jeder Dritte in Frage, der tatsächlich in der Lage ist, die gepfändeten Sachen der Verstrickung zu entziehen. Hamburg LZ. 28, 576; Dresden LZ. 33, 198. Auch der Beamte, der gepfändet (vgl. Anm. 8) oder beschlagnahmt hat, kann Täter sein, wenn ihm eine Befugnis zur E n t scheidung über die Freigabe nicht oder nicht mehr zusteht. Solange ihm diese zusteht, ist auch die pflichtwidrige Freigabe oder die Zueignung durch ihn selbst nicht Verstrickungsbruch (vgl. aber § 133). BGH. N J W . 54, 239. 2) Körperl. Sachen, daher nicht Forderungen. Plen.Entsch. E. 24, 40 (dagegen neuestens wieder Röther N J W . 52, 1403); wohl aber der Hypothekenbrief bei Pfändung einer Hypothekenforderung als deren Zubehör. E. 24, 161. 3) Es genügt, daß der Beamte zu einer Beschlagnahme der fragl. Art im allgemeinen zuständig ist; die Zuständigkeit im Einzelfall braucht nicht gegeben zu sein. E. 28, 383; RG. DRZ. 34 Nr. 485. Die Polizei ist im Rahmen des § 14 des PolVerwGes. zur Beschlagnahme befugt, um eine Sache bis zur Klärung eines streitig gewordenen Eigentumsverhältnisses sicher zu stellen. E. 63, 347. Wohnungen darf sie nicht auf Grund der Gesetzgebung über die Wohnungswirtschaft beschlagnahmen. JW. 30, 758; sondern nur im Falle eines Notstandes (§ 21 PolVerwGes.). E . 63, 360. Die Zuständigkeit der Vollziehungsbeamten im ehem. Preußen wird gemäß § 6 Abs. 3 VO. v. 15. 11. 1899 (GS. S. 545) durch deren eidliche Verpflichtung bedingt. E. 39, 95. 4) Die Pfändung braucht nicht materiellrechtl. wirksam zu sein. E. 9, 403 (Pfändung nicht dem Schuldner gehöriger Sachen), E. 10, 425 (Pfändung unpfändbarer Sachen), E. 61, 367 (Pfändung von Grundstückszubehör trotz § 865 Abs. 2 ZPO.), R G . J W . 31, 2127 (Pfändung von Sachen im Gewahrsam eines widersprechenden Dritten, wenn der Gerichtsvollzieher nach pflichtm. Prüfung irrtüml. Gewahrsam des Schuldners annimmt). Sie muß aber formell ordnungsmäßig erfolgt sein, d. h. die wesentl. Formerfordernisse erfüllen, die Verabsäumung unerheblicher, bloß innerdienstlicher Vorschriften macht die Pfändung nicht ungültig. R . 8, 391. Die gepfändete Sache muß also in Besitz genommen werden (§ 808 ZPO.). R. 3, 552, und der Gerichtsvollzieher muß sie entweder aus dem Gewahrsam des Schuldners wegschaffen oder die Pfändung äußerlich kenntlich machen; eine bloße Erklärung des Beamten, daß die Sachen gepfändet seien, genügt nicht. E. 36,135; 61, 101. Die Kenntlichmachung — bloße Entdeckbarkeit genügt nicht. RG. J R . 27 Nr. 429 — kann durch Anlegung von Siegeln oder auf andere Weise, z. B. Anbringen einer Pfandanzeige, erfolgen. E. 36, 165; R G . DR. 41, 847. Bei Pfändung von in einem Regal befindlichen Sachen genügt eine an das Regal angebrachte Bezeichnung und die Zahl der Pfandstücke. DRZ. 27 Nr. 952. Eine im übrigen formell und materiell wirksame Beschlagnahme ist nicht deshalb unwirksam, weil der Beamte den Gegenstand rechtswidrig für sich verwenden will. OLG. Braunschweig Nds. Rpfl. 48, 146. 5) Beschlagnahme ist die zwangsweise Bereitstellung einer Sache zur Verfügung einer Behörde zwecks Sicherung öffentlicher oder privater Belange. E. 65, 249. Nicht notwendig ist, daß die Stelle, zu deren Gunsten sie erfolgt, tatsächlich oder symbolisch Besitz an der Sache erlangt, E. 9, 121; 63, 350, es genügt die Begründung eines rechtlichen Gewaltverhältnisses, vermöge dessen dem bisher Berechtigten durch amtliche Weisung die Verfügung ganz oder teilweise entzogen und einer amtlichen Stelle übertragen wird. Doch muß sich in der Regel die Weisung (Benachrichtigung) an den unmittelbaren (nicht nur an den mittelbaren) Besitzer der Sache richten. OLG. F r a n k f u r t N J W . 49, 726. Es kommen z. B. in Betracht der Beschlagnahmebeschluß gemäß § 20 ZwGes., wenn auch der Schuldner in beschränktem Umfang über einzelne Sachen innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft verfügen kann. E. 65, 248; das Verfügungsverbot der Steueroder Zollbehörde. KG. D J Z . 32, 1426; OLG. Stuttgart MDR. 51, 692; die Konkurseröffnung hinsichtlich des der Zwangsvollstreckung unterliegenden Vermögens des Schuldners. E. 14, 286; 41, 256 (dazu gehört auch der Erlös für einen im Auftrag des KonkVerwalters veräußerten Massebestandteil. E. 63, 338); eine Sequestrierung auf Grund einer einstw. Verfügung. B G H S t . 3, 306; aber nicht ein Veräußerungsverbot gemäß § 106 KO. E. 20, 244. Die Beschlagnahme von Überführungsstücken erfordert außer der Anordnung noch einen Ausführungsakt, der in einem bloßen amtlichen Verbot bestehen k a n n ; einer Besitzergreifung bedarf es nicht. E. 9, 121. Eine vollzogene Beschlagnahme liegt z. B. schon vor, wenn der Milchkontrollbeamte den Milch-

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A 2. Strafgesetzbuch. § 138

schafft, zerstört7) oder in anderer Weise der Verstrickung ganz oder teilweise entzieht 8 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft 9 ). * § 1381). [Nichtanzeige drohender Verbrechen] (1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung2) eines Hochverrates (§§ 80, 81 Abs. 1, 83), einesVerfassungsverrates (§ 89), eines Landesverrates (§§ 100, 100a, lOOd Abs. 1, lOOf), eines Mordes, eines Totschlags3), eines Münzverbrechens, eines Verteiler auffordert, die Milch zur Prüfungsstelle zu fahren. OLG. H a m b u r g D S t R . 36, 107. Die Beschlagnahme ist, soweit das Gesetz iricht besondere Vorschriften enthält, an keine Formvorschriften gebunden. E. 18, 71; 52, 117. Eine den Verkauf einer Sache verbietende einstw. Verf. (ohne Sequestrierung) bewirkt keine Beschlagnahme. KG. GA. 57, 231. Wohl aber ist Gegenstand des Arrestbruchs das von einem Fleischbeschauer beschlagnahmte Fleisch. E . 39, 367; KG. J F G E r g . Bd. 9, 373; der von einem autorisierten Hundefänger beschlagnahmte Hund. E. 22, 364. Die Beschlagnahme eines Grundstücks erlischt nicht bereits mit der Erteilung des Zuschlags, sondern erst mit der vollständigen Beendigung des Verfahrens und der endgültigen Übergabe des Grundstücks an den Ersteher. Recht 8, 110; OLG. Dresden J W . 32, 203. 6) Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein, daß die Sache gepfändet worden und durch die Handlung der Verstrickung entzogen wird. E. 63, 351. Bedingter Vorsatz genügt. OLG. Braunschweig NdsRpfl. 48, 146. Das Bewußtsein des Täters muß sich auch auf die Zuständigkeit des die Pfändung oder Beschlagnahme bewirkenden Beamten (Behörde) und auf die Wirksamkeit der Pfändung selbst erstrecken. Bloße Zweifel an der Zuständigkeit des Beamten und der Rechtmäßigkeit der Pfändung schließen aber die Strafbarkeit nicht aus. Verbotsirrtum (vgl. Anm. 1 zu § 59) liegt vor, wenn der Täter die Pfändung aus sachlichen Gründen für unberechtigt oder materiell unwirksam (vgl. Anm. 4) hält, Tatbestandsirrtum dagegen ist z. B. der gute Glaube des Täters, daß die Verstrickung durch Befriedigung des Gläubigers aufgehoben und eine förml. amtliche Aufhebung der Pfändung nicht mehr notwendig sei. E. 26, 308. 7) beiseiteschafft: vgl. Anm. 8 zu § 133. Zerstört: vgl. Anm. 4 zu § 303. Beschädigung genügt nicht. R. 7, 572. 8) Darunter ist eine Handlung zu verstehen, durch welche die Pfändung ganz oder teilweise dauernd oder vorübergehend unwirksam gemacht wird. Voraussetzung ist, daß die beschlagnahmte Sache körperlich der amtlichen Verfügungsgewalt entzogen wird. BayObLG. J W . 30, 2231; so wenn die Sache an einen Ort gebracht ist, an dem der Pfändungsbeamte seine Verfügungsgewalt nicht ausüben kann. D J Z . 31, 168. Der Gerichtsvollzieher macht sich strafbar, der die von ihm gepfändete Sache ohne Ermächtigung des Gerichts und ohne Auftrag des Gl. freigibt. E. 44, 41, oder der die auf Grund einstw. Verfügung sequestrierte Sache ohne Einverständnis des Gl. dem Schuldner zur Benutzung herausgibt, mag er ihn auch unter Aufsicht behalten. B G H S t . 3, 306, ferner wer beschlagnahmte Hölzer in ein Gebäude verbaut. Recht 11, 523; GA. 54, 300; der Schuldner, der rechtlich zur Vorsorge für das ihm belassene Pfandstück verpflichtet ist und den Verkauf zuläßt. E. 61, 367. Zur Vernichtung der Verstrickung kann auch Täuschung des Vollstreckungsbeamten, H R R . 28 Nr. 570, JW..30, 2787; KG. J W . 32, 678; oder des Gewahrsamsinhabers. E. 58, 353, ausreichen. Auch eine bloße Veränderung des Aufbewahrungsortes des beschlagnahmten Gegenstandes kann unter § 137 fallen; die Entziehung kann daher auch im Rahmen eines ordnungsmäßigen Umzugs erfolgen. RG. J W . 39, 31. Überläßt der Pfandgläubiger es dem Schuldner, die auf dem Halm gepfändete Frucht für ihn abzuernten, so entzieht sie der Schuldner der Verstrickung, wenn er sie für eigene Rechnung verkauft. Recht 18 Nr. 549. 9) Tateinheit mit § 133 und § 288 ist möglich. E. 17, 42; 54, 244. Z u § 138: 1) Nach Aufhebung des § 138 a.F. (Verletzung der Dingpflicht) durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) hat der bisherige § 139 durch das gleiche Gesetz in geänderter Fassung die Paragraphenzahl 138 erhalten. 2) Ein Vorhaben liegt vor, wenn das Verbrechen geplant ist und sich noch im Vorbereitungsstadium befindet; eine Ausführung, wenn das Vorhaben ins Versuchsstadium getreten, der Erfolg aber noch nicht eingetreten ist. Ein Vorhaben liegt auch vor, wenn die Durchführung des Planes nur bedingt beschlossen wurde. E. 60, 254; es muß sich aber um ein zur Ausführung reifes Vorhaben handeln. RG. J W . 32, 57. Auch d a s Vorhaben eines Zurechnungsunfähigen ist anzeigepflichtig, da ein solches Vorhaben nicht minder gefährlich ist als das eines Zurechnungsfähigen. 3) Nicht § 216, da es hier an einem ohne seine Kenntnis Bedrohten fehlt; auch § 217 soll nach den parlamentarischen Erörterungen (gl. Abg. Dr. Schneider, 265. Sitzung des BT.

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentl. Ordnung. § 139

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Raubes, einer räuberischen Erpressung, eines Menschenraubes4), einer Verschleppung6) , einer erpresserischenKindesentführung6), einesMädchenhandels7) oder eines gemeingefährlichen Verbrechens8) zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt9) und es unterläßt10), der Behörde11) oder dem Bedrohten rechtzeitig12) Anzeige zu machen, wird mit Gefängnis bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren. (3)13) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem verbrecherischen Vorhaben glaubhaft erfahren hat, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

* § 139. [Ausnahmen. Straffreiheit. Absehen von Strafe] (1) Ist in den Fällen des § 138 die Tat nicht versucht worden, so kann von Strafe abgesehen werden1). v. 12. 5. 1953, Prot. S. 12996) von der Anzeigepflicht nicht erfolgt werden; die insoweit bestehende Zweifelsfrage des bisherigen Rechts, die an die Fassung „Verbrechen wider das Leben" anknüpfte, ist durch die neue Fassung erledigt. 4) §§ 146, 147, 234, 249, 255. 5) § 234 a. 6) § 239 a. 7) § 48 des Ges. über das Auswanderungswesen, abgedr. Anm. 1 zu § 180. 8) §§ 306 ff. Wegen der Anzeigepflicht bei Sprengstoffverbrechen vgl. § 13 Sprengstoffges. — B II 7 —. Bei gemeingefährlichen Verbrechen besteht die Anzeigepflicht, solange der durch Begehung des Verbrechens hervorgerufene Zustand der Gefahr dauert. E. 14, 215. Ist bei einer Brandstiftung die Inbrandsetzung bewirkt, so besteht aus § 138 keine Anzeigepflicht mehr. E. 63, 105 (vgl. aber § 330c). 9) Zur glaubhaften Kenntnis gehört, daß der Anzeigepflichtige an die Ernstlichkeit des Vorhabens geglaubt hat. RG. GA. 42, 394. E r muß mit der Ausführung der Tat gerechnet haben; es genügt nicht, daß er damit h ä t t e rechnen müssen. E. 64, 370. 10) § 138 bezieht sich nur auf die Unterlassung der Anzeige von dem Vorhaben anderer, deshalb ist derjenige, der selbst an der T a t beteiligt ist, nicht nach § 138 strafbar. Dies gilt auch dann, wenn jemand sich völlig wirkungslos an der bloßen Vorbereitung des Verbrechens beteiligte, z. B. mit einem anderen ein Verbrechen verabredete, aber später zurücktrat. E. 60, 256; 73, 60. Aus § 138 kann auch nicht verurteilt werden, wessen Beteiligung an der T a t zwar nicht festgestellt, der einer solchen aber unwiderlegbar verdächtig ist. E. 73, 58. Das bloße stillschweigende Einverständnis und das in keiner Weise betätigte eigene Interesse an der Tat schließt die Anzeigepflicht nicht aus. RG. J R . 25 Nr. 1464. Der Umstand, daß der Anzeigepflichtige die Absicht hatte, demnächst bei Begehung des Verbrechens selbsttätig einzugreifen, steht der Verurteilung nicht entgegen. Recht 24 Nr. 1425. Die durch das Verbrechen unmittelbar bedrohte Person ist anzeigepflichtig. RG. J W . 32, 57. 11) Bei Verbrechen, die aus dem Gesichtspunkte der Allgemeingefahr mit Strafe bedroht sind, muß die Anzeige immer der Behörde erstattet werden. E . 9, 384; RG. J W . 32, 57. 12) d. h. zu einer Zeit, zu der die Verhütung des Verbrechens oder die Erfolgsabwendung noch möglich ist. 13) Abs. 3 knüpft an § 199 Abs. 2 StGB.-Entw. 1927 an. Leichtfertig = aus grober Fahrlässigkeit (vgl. Anm. 17 zu § 164). Die Leichtfertigkeit bezieht sich nur auf die Unterlassung der Anzeige (z. B. der Täter vergißt, die Anzeige abzusenden); dagegen muß er auch hier von dem Vorhaben glaubhafte Kenntnis i. S. von Anm. 9 haben. „Vorhaben" umfaßt hier die in Abs. 1 zur Klarstellung ausdrücklich neben dem Vorhaben genannten Ausführung des bereits begonnenen Vorhabens. Zu § 139: l)Nur wenn die T a t nicht versucht worden ist, kann von Strafe abgesehen werden (vgl. dazu Anm. 5 zu § 82); ist es dagegen zum äußeren Tatbestand eines Versuchs gekommen, so ist der Nichtanzeigende unabhängig davon strafbar, ob der Täter wegen Zurechnungsunfähigkeit nicht bestraft werden kann oder ob er sich durch Rücktritt vom Versuch Straffreiheit verschafft hat.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 140

(2) Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet, anzuzeigen, was ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden ist2). (3)3) Wer eine Anzeige unterläßt, die er gegen einen Angehörigen (§ 52) erstatten müßte, ist straffrei4), wenn er sich ernstlich bemüht hat, ihn von der Tat abzuhalten5) oder den Erfolg abzuwenden6), es sei denn, daß es sich um einen Mord oder Totschlag handelt. Unter denselben Voraussetzungen ist ein Rechtsanwalt, Verteidiger oder Arzt nicht verpflichtet, anzuzeigen, was ihm in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist 7 ). (4) Straffrei ist, wer die Ausführung oder den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige abwendet. Unterbleibt die Ausführung oder der Erfolg der Tat ohne Zutun des zur Anzeige Verpflichteten, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein ernstliches Bemühen, den Erfolg abzuwenden8). * § 140.1) [Belohnung oder Verherrlichung von schweren Verbrechen] (1) Wer eine der in § 138 Abs. 1 genannten oder eine der in §§ 5 und 6 des Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen mit Strafe bedrohten Handlungen2) belohnt3) oder öffentlich billigt4), 2) Abs. 2 ist aus § 199 StGB.-Entw. 1927 übernommen und fand sich schon in § 2 Abs. 2 des Ges. zum Schutz der Republik v. 25. 3. 1930. G e i s t l i c h e sind die Religionsdiener, die von einer Religions- oder Glaubensgemeinschaft zur Vornahme gottesdienstlicher oder entsprechender kultischer Handlungen bestimmt sind; unter den Begriff fallen also nicht n u r Geistliche der mit öffentlichrechtl. Korporationsrechten ausgestatteten christl. Kirchen. Schönke I zu § 130a. Durch die Fassung ,,in seiner Eigenschaft als Seelsorger" ist klargestellt, daß die E n t b i n d u n g von der Anzeigepflicht sich nicht auf Tatsachen erstreckt, die dem Geistlichen n u r g e l e g e n t l i c h der Ausübung der Seelsorge a n v e r t r a u t worden sind, u n d ebensowenig auf die Tatsachen, die er zwar im Zusammenhang mit seinem geistlichen Amt, aber nicht gerade in seiner Eigenschaft als Seelsorger erfahren hat, wie z. B. bei der Betätigung in karitativen Organisationen usw. „ A n v e r t r a u t " : s. Anm. 3 zu § 300. 3) Auch Abs. 3 k n ü p f t an § 199 Abs. 5 StBG.-Entw. 1927 u n d §2 Abs. 3 RepSchG. 1930 an. 4) Persönl. Strafausschließungsgrund. 5) Durch Einwirkung auf den Angehörigen. Gelingt es nicht, den Angehörigen abzuhalten oder bleibt die von ihm geleistete Förderung zur T a t trotzdem wirksam, so m u ß der Pflichtige sich auch noch ernstlich u m die Abwendung des Erfolges bemühen. 6) D. h. auf andere Weise als durch Anzeige, z. B. durch unmittelbare tatsächliche Verhinderung. 7) Vgl. Anm. 2, 3, 4, 8, 11 zu § 300. Die Aufzählung ist abschließend; sie u m f a ß t nicht sonstige Personen, denen eine Berufsverschwiegenheitspflicht obliegt, z. B. nicht Zahnärzte oder Patentanwälte. Auch auf die Gehilfen des Arztes usw. erstreckt sich die Vorschrift nicht. 8) Vgl. A n m . 10, 12 zu § 49 a. Z u § 140: 1) Die Vorschrift k n ü p f t an § 10 Abs. 2 Sprengstoffges. — B I I 7 — u n d an § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 4 des Republikschutzges. v. 25. 3. 1930 an. Grund der Strafdrohung ist die Gefahr, daß Anerkennungskundgebungen D r i t t e zur Begehung gleichartiger T a t e n anreizen. 2) Es genügt also die Erfüllung des äußeren Tatbestandes der vollendeten T a t oder eines Versuchs mit natürlichem Tatwillen (s. Anm. 1 zu § 42b), also auch die von einem Zurechnungsunfähigen begangene T a t . 3) d. h. irgendeinen Vorteil (vgl. Anm. 6 und 7 zu § 331) gewährt, der den Tätern u n d Teilnehmern der genannten S t r a f t a t e n unmittelbar oder mittelbar (z. B. Zuwendungen an Angehörige oder ihnen sonst nahestehende Personen) zugute k o m m t , wobei zwischen Geber u n d Nehmer Einverständnis besteht, daß d a m i t die begangene T a t vergütet werden soll. Billigung der T a t gehört begrifflich nicht zum Belohnen. Vorherige Belohnung oder Versprechen einer Belohnung kann Verabredung, Anstiftung oder Beihilfe zur T a t sein. Das bloße nachträgliche Versprechen einer Belohnung ist nicht s t r a f b a r . Tateinheit mit B e günstigung ist möglich. 4) d. h. sie gutheißt, sie etwa als politisch notwendig oder als berechtigt oder als sittlich u n d moralisch einwandfrei hinstellt; eine sachliche rechtliche Kritik, etwa an einem auf Strafe lautenden Urteil allein ist keine Billigung. Auf das Motiv (menschliches Mitgefühl, persönliche

2. T eil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentl. Ordnung. §§ 141, 142

137

nachdem sie begangen oder ihre Begehung versucht worden ist 5 ), wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist 6 ), mit Gefängnis bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (2) In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren. § 1411). [Anwerben Deutscher zum ausländischen Wehrdienst] (1) Wer im Inland 2 ) oder als Deutscher 2 ) im Ausland2) zugunsten einer ausländischen Macht 3 ) einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt 4 ) oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt 5 ), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft 6 ). (2) Der Versuch ist strafbar. § 1421). [Verkehrsunfallflucht] (1) Wer 2 ) sich nach einem Verkehrsunfall 3 ) der Feststellung 4) seiner Person*), seines Fahrzeugs oder der Art seiner Beteiligung 6 ) an dem Unfall vorsätzlich 7 ) oder politische Sympathie, Agitationsabsicht, Absicht auf die an der Strafverfolgung Beteiligten einzuwirken usw.) kommt es nicht an; daß der Täter die Tat innerlich billigt, ist nicht erforderlich. Öffentlich: Vgl. Anm. 2 zu § 200. 5) Gleichviel, ob die Tat abgeurteilt ist oder nicht. 6) Vgl. § 10 Abs. 2 Sprengstoffges. — B II 7 —. Zu § 141: 1) Eingefügt — an Stelle des durch KontrRGes. Nr. 11 v. 30. 1. 1946 aufgehobenen § 141a a. F. — durch das 2. Strafrechtsänderungsges. v. 6. 3. 1953 (BGBl. I S. 42), in Kraft seit 8. 3. 1953. In Berlin übernommen durch Ges. v. 10. 3. 1953 (GVB1. S. 168). 2) Vgl. Anm. 1—3 zu § 3. 3) nicht: einer fremden Regierung. Infolgedessen fällt die Anwerbung zugunsten des Saargebiets oder der Sowjetzone, die zum Inland gehören, nicht unter § 141. Die Anwerbung erfolgt aber auch dann zugunsten einer ausländischen Macht, wenn der Anzuwerbende nicht in der Armee dieser Macht, sondern in einer anderen Armee dienen soll, falls die Verstärkung dieser Armee im Interesse der ausländischen Macht liegt. 4) Vgl. Anm. 3 zu § 92. Der Werber braucht nicht geschäftsmäßig zu handeln, auch nicht Mittelsperson der ausländischen Macht zu sein. Mit dem Abschluß des Werbevertrages ist die Tat vollendet; ob es zum Wehrdienst kommt, ist bedeutungslos. 5) Zuführen bedeutet, den Anzuwerbenden derart mit den Werbern oder dem Wehrdienst in Verbindung bringen, daß diese unmittelbar ihre werbende Tätigkeit entfalten können. Ob eine Anwerbung oder ein Diensteintritt wirklich erfolgt, ist ohne Bedeutung. 6) Tateinheit mit § 234 ist möglich. Zu § 142: 1) Eingefügt als § 139a an Stelle des § 22 Kraftfahrzeugges. durch VO. v. 2. 4. 1940 (RGBl. I S. 606). Schrifttum: Rietzsch D J . 40, 532. Amtl. Begr.: D J . 40, 508. Die jetzige Paragraphenbezifferung beruht auf dem 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Im Gegensatz zu dem früheren §22 Kraftfahrzeugges. kann Täter j e d e r Verkehrsteilnehmer sein, der als Verursacher oder Mitverursacher eines Verkehrsunfalls in Frage kommt, also z. B. der Kraftfahrer, der Insasse des Kraftwagens, RG. D J . 41, 995, der Radfahrer oder Fußgänger. Voraussetzung ist, daß er sich an der Unfallstelle befindet; § 139a gilt z. B. nicht für den Autoschlosser, der weitab von der Unfallstelle, durch eine schlecht ausgeführte Reparatur den Unfall verursacht h a t (Rietzsch D J . 40, 535). 3) Verkehrsunfall ist jedes — auch ein vorsätzlich verursachtes — Ereignis, das m i t dem Verkehr und seinen Gefahren in ursächlichen Zusammenhang steht und zu einem Personen- oder Sachschaden geführt hat, z. B. auch ein von einem Dritten vorsätzlich herbeigeführter Sturz aus einem fahrenden Verkehrsmittel. E. 75, 360. Der Umfang des Schadens ist gleichgültig. RG. D J . 39, 875; ein Sachschaden darf aber nicht ganz unerheblich sein. RG. D J . 41, 963; BGH. VSR. 52, 55. Kein Unfall ist danach: unbedeutende Schrammen, RG. a.a.O.; OLG. H a m m N J W . 53, 37; wohl aber: Anfahren eines Hundes. OLG. Braunschweig VSR. 52, 121. Abw. hiervon erklärt BGH. VRS. 51, 262 es für belanglos, ob t a t -

138

A 2. Strafgesetzbuch. § 142

durch Flucht entzieht 8 ), obwohl nach den Umständen in Frage kommt, daß sein Verhalten zur Verursachung des Unfalls beigetragen hat 9 ), wird mit Gefängnis sächlich bei dem Unfall ein Unfallschade eingetreten sei; aber der Eintritt eines Schadens gehört zum Begriff des Unfalls. § 142 findet auch Anwendung, wenn der Täter als alleiniger Verursacher des Unfalls allein einen Schaden erlitten hat, sofern er sich im Zusammenhang mit der Verursachung des Unfalls durch verkehrswidriges Verhalten (z. B . Fahren unter Alkoholeinwirkung) strafbar gemacht haben kann. OLG. Köln N J W . 51, 729; a. M. BayO b L G S t . 50/51,602. 4) Ein sich der Feststellung Entziehen setzt nach der Rechtspr. des R G . voraus, daß jemand — nicht notwendig ein zur Untersuchung berufener Beamter — am Unfallort (oder doch in unmittelbar erreichbarer Nähe) anwesend oder in Kürze zu erwarten ist, der Feststellungen zu treffen fähig und gewillt ist. R G . D R . 42, 1140. Diese Auslegung (dagegen schon OLG. Düsseldorf N J W . 48, 348) wird den Bedürfnissen einer nachhaltigen Bekämpfung der Verkehrsdelikte nicht gerecht; sie führt dazu, daß gerade bei schweren Verkehrsunfällen, wenn der Verletzte tot oder bewußtlos ist, § 142 entfallen und nur eine Bestrafung aus § 330c übrig bleiben kann. B G H S t . 4, 144 hat sich deshalb mit Recht von ihr abgewandt. Sinn des § 142 ist, daß der unfallbeteiligte Verkehrsteilnehmer grundsätzlich abzuwarten hat, bis Personen erscheinen, die Feststellungen zu treffen bereit und imstande sind; je nach Lage des Falles muß das Eintreffen der Polizei abgewartet werden. Wie lange der Verkehrsteilnehmer zu warten hat, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, wobei u. a. die Schwere des Unfalls, die Frage, ob nach der Stärke des Verkehrs auf der Straße überhaupt in absehbarer Zeit das Eintreffen von Personen zu erwarten ist, die Notwendigkeit, eigene erhebliche Verletzungen ärztlich versorgen zu lassen usw. in Betracht kommen. Die Hilfepflicht aus § 330c bleibt bestehen, doch ist der Verkehrsteilnehmer, soweit er sich zu diesem Zweck entfernen muß, zur sofortigen Rückkehr an den Unfallort verpflichtet. B G H . a.a.O. Ist dies zwecklos, weil nach den Umständen dort keine Feststellungen über den Unfall mehr möglich sind (z. B . weil Regen alle Unfallspuren am Unfallort vernichtet hat), so entspricht es dem Sinn des § 142, daß er den Unfall alsbald der Polizei zu melden hat, ohne sich im übrigen selbst einer Straftat bezichtigen zu müssen. B G H . N J W . 54, 400. 5) Zur Feststellung der Person kann Vorlage von Ausweispapieren gefordert werden; auf Verlangen ist das Eintreffen eines Polizeibeamten zwecks Feststellung am Unfallort abzuwarten. Rietzsch a.a.O. 6) Z. B . ob er unter Alkoholeinwirkung stand (Blutprobe!). 7) Zum Vorsatz gehört die Kenntnis des Täters, daß ein Unfall sich ereignet hat, daß er als Verursacher oder Mitverursacher nach den Umständen in Frage kommt und daß er sich gleichwohl den Feststellungen entzieht. Bedingter Vorsatz genügt hinsichtl. aller Tatbestandsmerkmale; h. M.; vgl. B G H . V R S . 53, 4 1 ; BayObLG. DAR. 52, 109; OLGe Braunschweig N J W . 52, 949, Hamm N J W . 53, 37. Bezgl. des Unfalls genügt (und gehört) demnach, daß der Täter mit der — wenn auch nur unbedeutenden — Verletzung eines Menschen oder einem — nicht ganz unerheblichen — Sachschaden rechnet. B G H . V S R . 52, 55. A. M. (von seiner in Anm. 3 abgelehnten Auffassung aus) B G H . V R S . 51, 262: es genüge die Kenntnis des Täters „von dem wenigstens möglicherweise eingetretenen Verkehrsunfall"; es komme aber nicht darauf an, ob er sich vorgestellt habe, es sei kein Schaden eingetreten. Der Vorsatz der Entziehung kann fehlen, wenn der Beteiligte in völliger Kopflosigkeit die Unfallstelle verläßt, z. B . weil er infolge Angetrunkenheit, Krankheit, Verletzung usw. die klare Überlegung gänzlich verloren hatte; im übrigen schließt Kopflosigkeit den Fluchtvorsatz nicht aus. R G . H R R . 37 Nr. 356; J W . 37, 2645; D J . 37, 83; K G . D S t R . 35, 455. Auch dann kann der Fluchtvorsatz fehlen, wenn z. B. die beiden an einem Autounfall beteiligten Fahrer sich nach Aussprache über die Bedeutungslosigkeit des Unfalls im Klaren waren, im übrigen aber schimpften und dann der eine Fahrer weiterfuhr; hier muß der Fluchtvorsatz sorgfältig geprüft werden. R G . D J . 39, 875. 8) Die Entziehung erfolgt durch Verlassen der Unfallstelle vor erfolgter Feststellung, auch bei Zurücklassung des Fahrzeugs oder bei nur vorübergehendem Anhalten, um Dritten die Notierung der Fahrzeugnummer zu ermöglichen. OLG. Braunschweig N J W . 52, 949. Ob durch die Flucht der beabsichtigte Zweck erreicht wird, ist gleichgültig, ebenso ob der Täter sich weit entfernt oder nur ein gewisses Stück, wo er unter der Einwirkung von Zurufen usw. die Flucht beendet. E . 63, 18; R G . D J . 37, 83. Die Entziehung kann nicht nur am Ort des Unfalls, sondern später an einem anderen Orte begangen werden, wenn der Täter erst hier sieht oder damit rechnet, daß er als Verursacher oder Mitverursacher eines Unfalls in Frage kommt. R G . D R . 39, 1435. Der Feststellung seiner Person entzieht sich auch durch Flucht, wer falsche Angaben macht und sich dann entfernt. R G . J W . 32, 2037; OLG. Hamm DRpfl. 37,297. Wer sich aus Furcht vor tätl. Angriffen der Beteiligten oder zur Versorgung eines verletzten Mitfahrers entfernt, muß alsbald zur Ermöglichung von Feststellungen zum

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentl. Ordnung. § 143

139

bis zu zwei Jahren oder mit Haft und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft 1 0 ). (2) Der Versuch ist strafbar 11 ). (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten oder Zuchthaus.

*§143 1 ). [Mangelnde Beaufsichtigung Jugendlicher] (1) Wer einen noch nicht Achtzehnjährigen, dessen Beaufsichtigung ihm obliegt, nicht gehörig beaufsichtigt 2 ), wird mit Gefängnis bis einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft, wenn der zu Beaufsichtigende eine als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedrohte Handlung begeht 3 ), die der Aufsichtpflichtige durch gehörige Aufsicht hätte verhindern können. Dies gilt nicht, soweit in sonstigen Vorschriften eine andere Strafe angedroht ist 4 ). (2) Aufsichtspflichtig im Sinne dieser Vorschrift ist derjenige, dem die Sorge für die Person des Kindes oder des Jugendlichen obliegt 8 ), oder dem das Kind Unfallort zurückkehren. BGH. VRS. 52, 54. Ein Alkoholverdächtiger muß grundsätzlich bis zur Blutprobeentnahme am Tatort verweilen. OLG. Celle NdsRpfl. 52, 75. § 142 ist unanwendbar, wenn der Täter durch andere Mittel als durch Flucht (z. B. durch Beseitigung von Spuren) die Feststellungen verhindert. 9) Auf ein Verschulden an der Verursachung kommt es nicht an. Der T ä t e r braucht auch nicht wirklich verursacht zu haben; es genügt, wenn nach der Auffassung eines vernünftigen Beurteilers die Möglichkeit besteht, daß er den Unfall verursacht (mitverursacht) hat. RG. D J . 41, 995 (s. auch Anm. 2). Mitverursacher ist z. B. auch der Insasse eines Kraftfahrzeugs, der den angetrunkenen Fahrer zu der Fahrt überredet hat. B G H . VRS. 53, 42. Der bloße Zeuge eines Unfalls fällt nicht unter § 142. 10) Tateinheit mit § 330c ist möglich. E. 75, 360. Auch bei Führen eines Fahrzeugs in trunkenem Zustand — Dauerdelikt nach § 2, 71 StVZO. — besteht in der Regel Tateinheit mit § 142. BGH. N J W . 52, 795; OLG. Braunschweig N J W . 54, 45 (durch die Subsidiaritätsklausel in § 71 i. d. F. v. 24. 8. 1953, BGBl. I S. 1166 hat sich daran nichts geändert. BayObLG. N J W . 54, 403; Str.). 11) Versuch kann z. B. bei irriger Annahme eines Verkehrsunfalls vorliegen. BayObLG. R d K . 53, 48. Zu § 143: 1) Die ursprünglich in § 4 der VO. v. 4. 10. 1940 (RGBl. I S. 1336) enthaltene Vorschrift ist durch § 3 der VO. v. 6. 11. 1943 (RGBl. I S. 635) als § 139b in das StGB, eingefügt worden. Durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) ist unter Erhöhung der Strafdrohung der Anwendungsbereich der Vorschrift eingeengt und die Paragraphenzahl geändert worden. Schrifttum: Niederreuther D J . 43, 114. 2) Gehörig ist die dem Aufsichtspflichtigen nach seinen Verhältnissen zumutbare und nach der Eigenart des Jugendlichen erforderliche Aufsicht. RG. D J . 42, 675. Ob Ermahnungen zu einwandfreiem Verhalten ausreichen, richtet sich danach, ob der Jugendl. bisher gehörig und folgsam war oder schon Erziehungsschwierigkeiten bereitet hat. Fahrlässigkeit ist nach dem Zweck der Vorschrift ausreichend. OLG. Frankfurt v. 31. 1. 51 — Ss. 303/50 — ; sie wird sogar regelmäßig als Schuldform in Frage kommen, da bei Vorsatz im allgemeinen mittelbare oder Mittäterschaft anzunehmen ist. 3) Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich die Schuld nicht zu erstrecken braucht. Die Handlung, die den äußeren Tatbestand eines Verbrechens oder Vergehens erfüllen muß, muß rechtswidrig, braucht aber nicht schuldhaft begangen zu sein (s. Anm. 1 zu § 42 b). Es ist daher bedeutungslos, ob der zu Beaufsichtigende auch bestraft werden kann oder straflos ausgeht, weil er strafunmündig ist oder die nach § 3 JGG. erforderliche Einsicht fehlt oder weil ein etwa nötiger Strafantrag nicht gestellt wird. Für den Fall, daß die von dem Jugendl. begangene Handl. nur als Übertretung strafbar ist, gilt § 361 Nr. 9 n. F. Für die Nichtverhinderung von Ordnungswidrigkeiten — s. A 4 —- fehlt es an einer entsprechenden allgemeinen Vorschrift. 4) § 143 ist auch unanwendbar, wenn das andere Gesetz eine mildere Strafe androht (vgl. z. B. § 30 Abs. 4 NatSchVO. — B I X 3 — und dort Anm. 4). 5) Eltern, uneheliche Mutter, Vormund, Pfleger usw. (§§ 1627f., 1684, 1707, 1738, 1765, 1793 BGB.).

140

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 144—145b

oder der J u g e n d l i c h e zur E r z i e h u n g oder P f l e g e g a n z oder überwiegend a n v e r traut ist8). (3) Gesetzliche V o r s c h r i f t e n ü b e r die H a f t b a r k e i t v o n P e r s o n e n für die einen anderen treffenden Geldstrafen oder sonstigen Geldleistungen bleiben u n b e r ü h r t 7 ) . §

144. [Betrügerische Verleitung zur

Auswanderung]

W e r es sich z u m G e s c h ä f t e m a c h t ) , D e u t s c h e ) u n t e r Vorspiegelung f a l s c h e r T a t s a c h e n oder wissentlich m i t u n b e g r ü n d e t e n A n g a b e n oder durch andere a u f T ä u s c h u n g b e r e c h n e t e M i t t e l zur A u s w a n d e r u n g 3 ) zu v e r l e i t e n 4 ) , wird m i t G e f ä n g n i s v o n e i n e m M o n a t bis zu zwei J a h r e n b e s t r a f t . 1

§ 145.

2

[Verstöße gegen

Seeverkehrsordnung]

W e r die v o m K a i s e r 1 ) zur V e r h ü t u n g des Z u s a m m e n s t o ß e n s der Schiffe auf S e e , ü b e r d a s V e r h a l t e n der Schiffer n a c h einem Z u s a m m e n s t o ß e v o n Schiffen a u f S e e oder in b e t r e f f der N o t - u n d L o t s e n s i g n a l e für S c h i f f e auf See u n d a u f den Küstengewässern erlassenen V e r o r d n u n g e n 2 ) ü b e r t r i t t 3 ) , wird m i t Geldstrafe b e s t r a f t . § 145 a1). [Unbefugte A u s g a b e von

Inhaberpapieren]

(gestrichen) §

145b1)

6) Vgl. Anm. 2 bis 6 zu § 174. Auf die Dauer des Anvertrautseins kommt es nicht an. 7) Z. B. §§ 11, 12 PrFDG., § 3 P r F F P G . (E. 1. 2). „Sonstige Geldleistungen": z. B. Wertersatz, Prozeßkosten. Zu § 144: 1) d. h. in der Absicht handelt, die Tätigkeit in gleicher Weise für die Dauer auszuüben, sie zu einem dauernden, regelmäßigen Bestandteil der Beschäftigung zu machen. RG. J W . 30, 1871. 2) Vgl. Anm. 1 zu § 3. 3) Gesetz über das Auswanderungswesen v. 9. 6. 1897 (RGBl. S. 463) — § 48 ist Anm. 1 zu § 180 abgedruckt — und VO. gegen Mißstände im AW. v. 14. 2. 1924 (RGBl. I S. 107). Zum Begriff des Auswanderns gehört das Verlassen des deutschen Landes in der Absicht, den Wohnsitz im Inland dauernd aufzugeben. Aufgabe der deutschen Staatsangehörigkeit ist dagegen nicht begriffswesentlich. E . 51, 351. 4) Zum Begriff des Verleitens vgl. Anm. 1 zu § 160, Anm. 13 zu § 176. Ein Erfolg der auf Verleitung gerichteten geschäftsmäßigen Tätigkeit ist nicht erforderlich. Der bereits zur Auswanderung Entschlossene kann nicht mehr verleitet werden. Zu § 145: 1) Der Reg.-Entw. des 3. Strafrechtsänderungsges. 1953 sah eine Anpassung an die derzeitigen staatsrechtl. Verhältnisse in der Weise vor, daß er hinter „Kaiser" einfügen wollte: „vom Reichspräsidenten oder von der Bundesregierung". Der Bundesrat vertrat demgegenüber die Auffassung, daß die Ermächtigung des Reichspräsidenten nach Art. 129 Abs. 3 GG. erloschen sei und daß § 145 außerdem dem Art. 80 GG. nicht genüge. Der Bundestag beschloß, die staatsrechtl. Frage, ob die Bundesreg. zum Erlaß seerechtl. VOen ermächtigt sei, offen zu lassen und sah deshalb von einer Änderung des § 145 ab (vgl. Abg. Dr. Schneider, 265. Sitzung des B T . v. 12. 5. 1953, Prot. S. 12993). 2) Die Seestraßenordnung v. 5. 2. 1906 (RGBl. S. 120), sowie VO. v. 15. 8. 1876, 16. 10. 1900, 18. 10. 1903, 7. 2. 1907 (RGBl. S. 189, 1003, 283, 27). VO. über Lotsensignalordnung v. 27. 10. 1933 (RGBl. I I S. 909). Das Gesetz über den Zusammenstoß von Schiffen v. 7. 1. 1913 (RGBl. S. 90) gehört nicht hierher. L K . Anm. 2. 3) Fahrlässigkeit genügt, soweit nicht etwas anderes in den VOen bestimmt ist. E . 45, 395. Zu § 145a: 1) § 145a ist durch § 17 des Ges. über den Kapitalverkehr v. 15. 12. 1952 (BGBl. I S. 801) gestrichen und durch § 13 a.a.O. (Ordnungswidrigkeit) ersetzt. Zu § 1 4 5 b : 1) Die auf Grund des Gesetzes v. 26. 5. 1933 (RGBl. I S. 995) erlassene Vorschrift ist aufgehoben durch das Tierschutzgesetz v. 24. 11. 1933 (unter B I I 8).

2. Teil. 7. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die öffentliche Ordnung. §§ 145c, d

141

§ 145c 1 ). [Unbefugte Berufsausübung] Wer ) einen Beruf oder ein Gewerbe ausübt oder ausüben läßt, solange ihm dies nach § 421 3 ) untersagt ist, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 2

§ 1 4 5 d [ V o r t ä u s c h u n g einer Straftat] Wer einer Dienststelle des Staates2) wider besseres Wissen3) die Begehung einer Straftat vortäuscht4) oder die Dienststelle über die Person eines an einer Straftat Beteiligten zu täuschen sucht 5 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, soweit die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist 6 ). Z u § 145c: 1) Eingefügt durch Gesetz v. 24. 11. 1933. 2) Die Personen, mit denen der Verurteilte bei der verbotenen Ausübung in geschäftliche Beziehungen tritt, sind als sog. notwendige Teilnehmer nicht wegen Beihilfe strafbar, wenn ihr Handeln nur im Rahmen dessen bleibt, was zur notwendigen Teilnahme gehört. E. 70, 233, z. B. die Kunden, die sich auf die Entgegennahme von Leistungen beschränken. Frank, Nachtr. Anm. 1. 3) Zuwiderhandl. gegen das nach § 33 WiStG. — B IV 7 — ausgesprochene Berufsverbot sind nach § 5 WiStG. strafbar. Z u § 145 d : 1) Eingefügt durch Art. 6 der VO. v. 29. 5.1943 (RGBl. I S. 339). Die Vorschrift ergänzt den § 164. Nach § 164 ist nur strafbar, wer einen b e s t i m m t e n anderen Menschen fälschlich anschuldigt. § 145 d trifft auch die Fälle, in denen 1. eine nicht begangene S t r a f t a t ohne den Hinweis auf einen bestimmten Täter vorgetäuscht wird, oder 2. in denen zwar eine S t r a f t a t begangen ist, der Anzeigende aber wider besseres Wissen über die Person eines Beteiligten zu täuschen sucht, indem er s i c h s e l b s t bezichtigt (z. B. um sich ein Alibi zu verschaffen) oder eine n i c h t v o r h a n d e n e Person verdächtigt (z. B. der wirkliche Dieb bezichtigt einen erdichteten Unbekannten des Diebstahls). In beiden Fällen liegt ein Angriff auf die Rechtspflege vor, der die Gefahr nach sich zieht, daß ein Unschuldiger verfolgt wird oder (bei der falschen Selbstbezichtigung) die Verfolgung des Schuldigen unterbleibt. Darüber hinaus werden aber auch nicht der Rechtspflege dienende Dienststellen vor Irreführung geschützt. Unter § 145 d fällt z. B. auch, wer die Erteilung eines Waffenscheines bei einer VerwBeh. mit der Begründung beantragt, er sei überfallen worden. OLG. Oldenburg N J W . 52, 1225. 2) „Dienststelle des Staates" ist dasselbe wie „Behörde" in § 164 (siehe dort Anm. 3). Es fallen darunter auch Dienststellen der Gemeinden und öffentl. rechtl. Körperschaften, wenn sie aus der Staatsgewalt abgeleitete Aufgaben erfüllen. OLG. Oldenburg N J W . 52, 1225. 3) Siehe Anm. 6 zu § 164. 4) Straftat = mit krimineller Strafe, aber wohl auch die mit Geldbuße — § 1 OWiG. (A 4) — bedrohte Tat. Disziplinarverfehlungen genügen nicht. Daß der behauptete Vorfall eine Straftat darstellt, braucht der Täter nicht zu wissen. Eine Straftat täuscht auch vor, wer zugleich die Rechtswidrigkeit ausschließende Umstände (z. B. eine Tötung in Notwehr) vortäuscht. OLG. Oldenburg N J W . 52, 1225. Als T ä u s c h u n g s h a n d l . genügt schon die Behauptung, daß eine Straftat begangen worden sei. OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 51, 132. Ob eine solche Behauptung glaubhaft ist, ist — von offensichtlich sinnlosen Darstellungen abgesehen, die von vornherein zu keinerlei Maßnahmen Veranlassung geben können — bedeutungslos. OLG. Oldenburg a.a.O. § 145d gilt auch, wenn über eine wirklich begangene Straftat täuschende Angaben gemacht werden, z. B. die Menge des gestohlenen Gutes doppelt so hoch angegeben wird, um eigene Unregelmäßigkeiten des bestohlenen Anzeigers zu verdecken. OLG. Gera N J W . 48, 433 Nr. 415. 5) Sucht = versucht. Eine Straftat muß tatsächlich, nicht nur nach der irrtüml. Annahme der Täuschenden oder der verfolgenden Behörde begangen sein. OLG. Hamburg H E St. 1, 276. Unanwendbar ist § 145 d, wenn A, demFahren eines Kraftfahrzeugs ohne Führerschein vorgeworfen wird, behauptet, nicht er, sondern der im Besitz eines Führerscheins befindl. B habe den Wagen gefahren, oder wenn B dies behauptet. Denn hier wird zwar versucht, die Behörde über die Beteiligung des A an einer Straftat zu täuschen, aber nicht dadurch, daß ein anderer als der Täter bezeichnet wird, sondern indem ein Sachverhalt behauptet wird, der überhaupt keine Straftat darstellt. So auch im Ergebnis OLG. Köln N J W . 53, 596. 6) Z. B. bei falscher Anschuldigung (§ 164). Soweit § 145d nicht subsidiär ist, ist Tateinheit mit anderen Straftatbeständen möglich. BGH. LM. Nr. 1 zu § 257. Tateinheit mit

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 146, 147 8. Abschnitt.

Münzverbrechen

und

Münzvergehen*)

§ 146. [Geldfälschung oder Verfälschung] (1) W e r inländisches oder ausländisches Metallgeld oder Papiergeld 1 ) n a c h m a c h t 2 ) , um das n a c h g e m a c h t e Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in Verkehr zu bringen 3 ), oder wer in gleicher Absicht echtem Gelde durch Veränderung an demselben den Schein eines höheren W e r t e s 4 ) oder verrufenem Gelde 6 ) durch Veränderung an demselben das Ansehen eines noch geltenden gibt, wird m i t Zuchthaus nicht unter zwei J a h r e n b e s t r a f t ; auch ist Polizeiaufsicht zulässig. (2) Sind mildernde U m s t ä n d e vorhanden, so t r i t t Gefängnisstrafe

ein 6 ).

* § 147. [Inverkehrbringen falschen Geldes] Dieselben Strafbestimmungen finden auf denjenigen Anwendung, welcher das von ihm ohne die vorbezeichnete Absicht n a c h g e m a c h t e oder verfälschte Begünstigung (§ 257) liegt vor, wenn der Täuschende eine nicht vorhandene Person bezichtigt, um den wirklichen Täter der Verfolgung zu entziehen. Bei e i g e n n ü t z i g e r Begünstigung (Strafdrohung: Gefängnis bis zu 5 Jahren) ist § 145d, da subsidär, unanwendbar. Ist die eigennützige Begünstigung als Selbstbegünstigung straflos, so bleibt § 145 d anwendbar. OLG. Oldenburg MDR. 49, 308. Die Anwendbarkeit des § 145 d entfällt nur dann, wenn die schwerere Strafbarkeit der Tat nach einem anderen Gesetz feststeht, nicht, wenn sie nur möglich, aber nicht erweislich ist. OLG. Köln NJW. 53, 1843. *) Vgl. Nr. 208ff. der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). Zu § 146: 1) Geld ist jedes vom Staat oder von einer durch ihn dazu ermächtigten Behörde als Wertträger beglaubigte, zum Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmte Zahlungsmittel ohne Rücksicht auf die Annahmepflicht, daher auch Notgeld. E. 58, 255; RG. JW. 37, 2381. 2) Nachmachen heißt ein falsches Geld herstellen, dem der Schein echten Metall- oder Papiergeldes beiwohnt und das geeignet ist, den Arglosen im Verkehr zu täuschen. E. 58, 352. Es genügt zur Täuschungseignung, wenn auch weniger aufmerksame oder geschäftsgewandte Personen getäuscht werden können. BGH. N J W . 54, 564. Vollendet ist die Tat, sobald ein tatsächlich geeignetes Falschstück vorliegt; daß der Täter selbst es für geeignet hält, ist nicht erforderlich. E. 69, 3. Ob sich echtes Geld dieser Art im Umlauf befindet, ist unerheblich. E. 58, 351; J W . 29, 444; desgl. ob Geld oder Geldpapiere gleichen Wertes als Vorbild gedient haben. RG. J W . 26, 169. Banknoten können dadurch nachgemacht werden, daß Stücke echter Noten zusammengesetzt werden. J R . 27 Nr. 2246; JW. 28, 660. Nicht § 146, sondern § 151 ist anwendbar, wenn die Falschstücke nur als Probe dienen sollen. E. 69, 3. Zum V e r s u c h des Nachmachens ist erforderlich, daß über die in § 151 bezeichneten Vorbereitungshandlungen hinausgegangen worden ist, derart daß der in den Zustand der Verwechselungsfähigkeit zu bringende Stoff selbst bereits irgendwie körperlich in Bearbeitung genommen worden ist. E. 65, 203. 3) Gebrauchen: z. B., wenn das gefälschte Geld nur dazu benutzt wird, um es (zur Erlangung von Kredit usw.) vorzuzeigen. E. 14, 161. Inverkehrbringen: s. Anm. 3 zu § 147. Verausgabt der Täter das nachgemachte oder verfälschte Geld und begeht er dadurch eine andere Straftat, z. B. Betrug oder — bei Einwurf des Falschgeldes in einen Warenautomaten — Diebstahl, so liegt (tatsächl. Handlungseinheit) Tateinheit zwischen § 146 und §§ 242, 263 vor. E. 60, 315; BGH. DRspr. I I I 320 Bl. 1002. 4) Keine Münzfälschung, wenn an der Münze keine Wert-, sondern Formänderungen vorgenommen werden, um sie zu anderen Zwecken als zur Täuschung über den Wert zu gebrauchen. E. 68, 69. 5) = nicht mehr geltendes Geld. E. 55, 232. Verrufenem Gelde kann das Ansehen eines, geltenden auch dann gegeben werden, wenn echte Stücke von der Werthöhe des Falschstückes überhaupt nie ausgegeben sind. H R R . 33 Nr. 347. 6) Polizeiaufsicht ist dann nicht zulässig. E. 38, 215.

2. Teil. 8. Abschnitt. Münzverbrechen u. Münzvergehen. §§ 148, 149

143

Geld als echtes in Verkehr bringt1), sowie auf denjenigen, welcher nachgemachtes oder verfälschtes Geld sich verschafft 2 ) und solches entweder in Verkehr bringt3) oder zum Zwecke der Verbreitung aus dem Ausland einführt 4 ).

§ 148. [Abschieben falschen Geldes] (1) Wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echtes empfängt 1 ) und nach erkannter2) Unechtheit als echtes in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft3). (2) Der Versuch ist strafbar.

* § 149. [Papiergeldgleiche Wertpapiere] Dem Papiergelde werden gleich geachtet die auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertretende Interimsscheine oder Quittungen, sowie die zu diesen Papieren gehörenden Zins-, Gewinnanteils- oder Erneuerungsscheine, welche von einem Staate oder von einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Stelle ausgestellt sind1). Zu § 147: 1) Inverkehrbringen: s. Anm. 3. § 147 ist unanwendbar, wenn der Hersteller das Falschgeld einem Mittelsmann überläßt, damit dieser es als echt an Gutgläubige weitergibt; hier kommt § 49 a oder Teilnahme an dem von dem Mittelsmann begangenen Verbrechen gegen § 147 in Betracht. E. 69, 3. Tateinheit zwischen § 147 und Betrug ist möglich. BGHSt. 3, 154 (156). 2) „Sich verschaffen" ist jede Handlung, durch welche jemand falsches Geld mit Kenntnis der Falschheit an sich bringt (auch Unterschlagung oder Betrug, aber auch bloße Annahme dargebotenen Geldes). E. 59, 79; B G H S t . 2, 116. Notwendig ist aber Erlangung eigner Verfügungs- oder Mitverfügungsgewalt, daher kein Sich verschaffen, wenn jemand das Geld nur entgegennimmt, um es als Bote einer anderen weiterzugeben (Betrug). B G H S t . 3, 154. Die Absicht, das Geld in den Verkehr zu bringen oder in das Inland einzuführen, braucht bei der Anschaffung nicht vorzuliegen. RG. J W . 37, 3301. Das Anschaffen mit der Absicht, es als echt in den Verkehr zu bringen, ist Versuch. RG. GA. 58, 187. Bezgl. der Falschheit des Geldes genügt bedingter Vorsatz. BGHSt. 2, 116; a. M. Schönke III. 3) Inverkehrbringen ist der Vorgang, durch den der Täter das falsche Geld derart aus seinem Gewahrsam entläßt, daß ein anderer tatsächlich in der Lage ist, sich des falschen Geldes zu bemächtigen und mit ihm nach seinem Belieben umzugehen, es insbesondere weiter zu leiten. E. 67, 167. Das ist auch bei Rückgabe an den Vorbesitzer der Fall. BGHSt. 1, 145, ebenso bei Einwurf in einen Automaten. BGH. DRspr. I I I 320 Bl. 1002. Es kommt hier nicht darauf an, ob das Geld als echtes in den Verkehr gebracht wird; daher genügt auch Weitergabe an einen Eingeweihten, wenn das Falschgeld im weiteren Verlauf seines Weges nach dem Willen des Täters als echt in den Verkehr gelangen soll. RG. J W . 34, 2850; BGHSt. 1, 143; dies gilt auch dann, wenn der Nehmer insgeheim die (jederzeit abänderbare und deshalb bedeutungslose) Absicht hat, das Geld in Wirklichkeit nicht abzusetzen, sondern z. B. der Polizei abzuliefern. OLG. Düsseldorf N J W . 50, 918. Es ist ohne Belang, daß der Empfänger des falschen Geldes es als solches erkennt und sofort zurückgibt. E. 67, 167. Weitergabe an Sammler genügt. L K . Anm. 7 zu § 146. Mittäter kann nur der sein, der auch das „Sichverschaffen" des falschen Geldes mit verwirklicht hat. E. 59, 79. 4) Einführen heißt: das Geld aus dem Auslande über die deutsche Grenze bringen. Ob das Geld im Inlande oder Auslande verbreitet werden soll, ist gleichgültig. E. 6, 441. Zu § 148: 1) Hierunter fällt auch der nicht abgeleitete Erwerb (durch Fund, Diebstahl und dergl.). E. 67, 294. 2) Bedingter Vorsatz ist möglich. LG. Aachen N J W . 52, 314; Doli N J W . 52, 289; a. M. B G H S t . 2, 118. 3) Tateinheit mit Betrug ist möglich. E. 67, 297; BGHSt. 3, 156. Gibt der Täter das Geld einem Bösgläubigen zur Weitergabe an einen Arglosen, so ist § 148 mit der Weitergabe an den Arglosen vollendet. OLG. Hamm H E S t . 2, 240. Zu § 149: 1) Hierzu gehören auch die von Rentenbanken der pr. Provinzen ausgestellten Rentenbriefe. Sie können durch Veränderung des Ausstellungsjahrs verfälscht werden. H R R . 30 Nr. 1290. Inhaberaktien können dadurch nachgemacht werden, daß überzählige, noch nicht ausgegebene Stücke unbefugt mit Nummern versehen werden. E. 48, 125. —

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A 2. Strafgesetzbuch. §§150—152

§ 150. [Münzverringerung] (1) W e r e c h t e , z u m U m l a u f b e s t i m m t e M e t a l l g e l d s t ü c k e d u r c h B e s c h n e i d e n , A b f e i l e n o d e r a u f a n d e r e A r t v e r r i n g e r t u n d a l s vollgültig in V e r k e h r b r i n g t , o d e r w e r s o l c h e v e r r i n g e r t e M ü n z e n g e w c h n h e i t i m ä ß i g 3 ) oder im E i n v e r s t ä n d n i s s e m i t d e m , w e l c h e r sie v e r r i n g e r t h a t , als v o l l g ü l t i g in V e r k e h r b r i n g t , wird m i t G e f ä n g n i s b e s t r a f t , n e b e n w e l c h e m a u f G e l d s t r a f e , sowie a u f V e r l u s t d e r b ü r g e r lichen E h r e n r e c h t e erkannt werden k a n n . (2) D e r V e r s u c h i s t s t r a f b a r .

§ 151. [Vorbereitung eines Münzverbrechens] W e r S t e m p e l , Siegel, S t i c h e , P l a t t e n 1 ) oder andere zur Anfertigung von M e t a l l g e l d , P a p i e r g e l d o d e r d e m l e t z t e r e n gleich g e a c h t e t e n P a p i e r e n d i e n l i c h e 2 ) F o r m e n 3 ) zum Zwecke eines Münzverbrechens a n g e s c h a f f t 4 ) oder angefertigt h a t 5 ) , w i r d m i t G e f ä n g n i s bis zu zwei J a h r e n b e s t r a f t .

§ 152. [Einziehung] A u f die E i n z i e h u n g d e s n a c h g e m a c h t e n o d e r v e r f ä l s c h t e n G e l d e s , sowie d e r i m § 1 5 1 b e z e i c h n e t e n G e g e n s t ä n d e i s t zu e r k e n n e n , a u c h w e n n die V e r f o l g u n g oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht stattfindet1). Gesetz über den S c h u t z des zur Anfertigung von S c h u l d u r k u n d e n des Reichs und der Länder verwendeten P a p i e r s gegen unbefugte Nachahmung v. 3. 7. 1925 ( R G B l . I S. 93). Bek. v. 4. 4. 1951 (BAnz. Nr. 68/51) über das Schuldurkurder.papier der Bundesrepublik. Zu § 1 5 0 :

1) Vgl. Anm. 2 zu § 260.

Z u § 1 5 1 : 1) Hierzu gehört nicht ein photographisches Negativ zur Herstellung eines Klischees. R G . LZ. 22,163. Die zunächst hergestellte Platte braucht selbst nicht dazu bestimmt zu sein, Falschstücke herzustellen, die an Stelle von echten in den Verkehr gebracht werden sollen; es genügt, daß das Ziel des Tuns im ganzen die Begehung eines Münz Verbrechens ist. E . 69, 303. 2) D. h. geeignete Formen, auch wenn das von der Platte gekommene Falschstück noch weiter bearbeitet werden muß, um zur Täuschung geeignet zu sein. E . 69, 305. 3) E s kommt nicht darauf an, ob die Stempel nach den Umständen des Falles auch sofort in Gebrauch gencmmen werden können. E . 48, 161; immerhin müssen sie im wesentlichen gebrauchsfertig sein und keiner weiteren Verarbeitung mehr bedürfen. E . 55, 283; 65, 203; J W . 33, 2143. Rücktritt vcm Versuch des Münzverbrechens schließt Verurteilung aus § 151 nicht aus. R G . Recht 28 Nr. 360; J W . 24, 1525. § 151 ist nicht anwendbar, wenn es zu vollendetem oder versuchtem Münzverbrechen kommt. R G . J W . 34, 2850. 4) E s genügt, daß der Täter den Allein- oder Mitbesitz durch andere erlangt, wenn dies m i t seinem Wissen und Willen zum Zwecke des Münzverbrechens geschieht. R G . J R . 26 Nr. 982. 5) Es ist nicht erforderlich, daß sämtliche für den Druck erforderlichen Formen angeschafft sind. E . 55, 283. Z u § 1 5 2 : 1) Die Verurteilung oder Freisprechung einer bestimmten Person steht einem nachträglichen Einziehungsverfahren nicht entgegen. E . 14,161. §152 setzt nicht voraus, daß wenigstens der äußere Tatbestand eines Münzverbrechens festgestellt wird. R G . a. a. O. A. M. Frank I 2, Olshausen Anm. 2. Auf § 150 bezieht sich § 152 nicht; insoweit gelten §§ 40, 42. — Die Einziehung im Weg des gerichtlichen Verfahrens ist nicht unbedingt notwendig. Das letztere wird entbehrlich, wenn der Inhaber des Falschstückes in die Herausgabe willigt und auch sonst Ansprüche nicht erhoben werden. Nr. 218 der „Richtlinien für das Strafverfahren" 1953.

2. Teil. 9. Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid. § 153

9. Abschnitt.

145

Falsche uneidliche Aussage und Meineid

* § 153. [Falsche uneidliche Aussage] Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle2) als Zeuge3) oder Sachverständiger uneidlich vorsätzlich falsch aussagt 4 ), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, in schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. Z u § 153: 1) Eingefügt durch Art. 7 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339) nach dem Vorbild von § 199 a öStGB. Unberührt bleiben Strafvorschriften betr. Bestrafung unwahrer uneidl. Angaben gegenüber Stellen, die nicht zu eidl. Vernehmung befugt sind, z. B. im arbeitsa m « . Verfahren gem. §§ 171, 260a AVAVG. 2) Siehe Anm. 2 und 3 zu § 154. Maßgebend ist nur. ob die Stelle im a l l g e m e i n e n zur eidl. Vernehmung zuständig ist — bei den Gerichten trifft dies immer zu und eine Stelle, die nicht dazu befugt ist, ist jedenfalls kein Gericht i. S. des § 153. OLG. Hamburg N J W . 53, 476 —, nicht auch, ob nach den Verfahrensvorschriften die uneidl. Aussage h ä t t e beeidigt werden können; daher ist auch die uneidl. f. Aussage im Armenrechtsprüfungsverfahren strafbar, obwohl hier (§ 118a ZPO.) eine eidl. Vernehmung ausgeschlossen ist. OLG. Frankfurt N J W . 52, 902 Nr. 53. Die Stelle muß selbst zur eidl. Vernehmung befugt sein; es genügt nicht, daß sie — wie z. B. die VerwBeh. gemäß § 35 OWiG. — A 4 — oder der Spruchausschuß des Arbeitsamts gemäß § 171 AVAVG. ein Gericht um eidl. Vernehmungen ersuchen kann. OLG. Hamburg N J W . 53, 476. 3) Die vorsätzlich falsche P a r t e i a u s s a g e ist nicht nach § 153 strafbar, kann aber als Betrug bestraft werden (siehe Anm. 5 zu § 263). 4) Siehe Anm. 4 zu § 154. Eine Aussage ist auch die Erstattung eines schriftl. Sachverständigengutachtens. Vollendet ist die Aussage mit dem Abschluß der Bekundung, ohne Rücksicht auf die Möglichkeit, daß der Zeuge demnächst nochmals hervorgerufen wird. LG. Göttingen NdsRpfl. 51, 40 und auch bei ausdrückl. Vorbehalt einer späteren Entscheidung über die Beeidigung. OGHSt. 2, 161; a. M. Meister J R . 50, 389: Vollendung erst bei Abstandnahme von Beeidigung kraft Gerichtsbeschlusses. Die Nichtbeeidigung der Aussage ist eine obj. Bedingung der Strafbarkeit für das Vergehen aus § 153. Geht eine uneidliche falsche Aussage in eine eidliche über, so entfällt mit dem Wegfall der Strafbarkeitsbedingung die Strafbarkeit der uneidl. Aussage und zwar gleichviel, ob der Täter die falsche Aussage mit einem falschen Eid bekräftigt (dann nur Bestrafung aus § 154) oder ob er — freiwillig oder unfreiwillig — vor Beginn der Eidesleistung (wenn auch nach dem Beschluß über die Beeidigung) die Aussage richtig stellt und nunmehr einen wahren Eid leistet (dann völlige Straflosigkeit). BGH. N J W . 53, 151, 1191. Tatmehrheit zwischen § 153 und § 154 kommt demnach nur in Betracht, wenn der Zeuge nach abgeschlossener uneidl. Vernehmung bei späterer eidl. Vernehmung (in einem späteren Termin oder einer späteren Instanz) die falsche Aussage mit einem falschen Eid bekräftigt oder erst einen Meineid leistet und bei einer späteren Vernehmung entsprechend nur uneidlich falsch aussagt. BGHSt. 1, 380; 2, 233. Nicht abgeschlossen in diesem Sinne ist die uneidl. Vernehmung jedenfalls so lange, als der Richter zu erkennen gibt, daß er über den Vernehmungsgegenstand von dem Zeugen noch weitere Auskünfte erwartet. BGH. N J W . 53, 1191. Bei Vernehmung durch den ersuchten Richter im Zivilprozeß ist die uneidl. Vernehmung erst abgeschlossen, wenn auf Anordnung des Prozeßgerichts der Zeuge unbeeidigt bleibt. BGH. N J W . 54, 80. Kommt es nicht zur Beeidigung, so entfällt bei Berichtigung (ob freiwillig oder unfreiwillig) vor Abschluß der Vernehmung die Strafbarkeit aus § 153; nach Abschluß der Vernehmung bleiben die Möglichkeiten aus § 158. Fortsetzungszusammenhang zwischen Meineid und uneidl. falscher Aussage ist nicht möglich, da es an der Gleichartigkeit der Begehungsform fehlt (Meineid ist keine qualifizierte falsche uneidl. Aussage, sondern dieser gegenüber eine selbständige Straftat). BGHSt. 1, 380; 2, 233; OLGe Hamm H E S t . 1, 279; Kiel SchlHA. 49, 42; Mezger N J W . 50, 358; a. M. Lange N J W . 49, 492; OLG. Oldenburg NdsRpfl. 50, 163). Dagegen können mehrere uneidl. Falschaussagen in demselben Verfahren — ebenso wie mehrere Meineide — in Fortsetzungszusammenhang stehen" E. 66, 36; 68, 356; B G H S t . 1, 382; OLG. Hamm N J W . 50, 358. Wie beim Haupttäter, so entfällt auch beim Teilnehmer die Strafbarkeit aus § 153 mit dem Übergang der uneidl. in die eidl. Aussage, so daß er, wenn sein Vorsatz den falschen Eid umfaßte, nur wegen Teilnahme am Meineid strafbar ist. BGHSt. 4, 244. Dagegen wird der Anstifter, dessen Vorsatz die spätere Eidesleistung nicht umfaßte, wegen Anstiftung aus § 153 10

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 154

* § 154!). [Meineid] 2

(1) Wer vor Gericht ) oder vor einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle 3 ) vorsätzlich4) falsch schwört 6 ), wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten. (nicht aus § 159) bestraft (vgl. BGHSt. 1, 382). Stiftet er zur uneidl. Aussage an mit der Aufforderung, die Aussage erforderlichenfalls zu beschwören, so liegt, wenn die Beeidigung unterbleibt, Tateinheit zwischen Anstiftung zur uneidl. Aussage und erfolglose Anstiftung zum Meineid (§§ 49a, 154) vor. BGHSt. 1, 241. Die erfolglose Anstiftung zur uneidl. falschen Aussage ist nach § 159 strafbar. Zu § 154: 1) I. d. F. der VO. v. 20. 1. 1944 (RGBl. I S. 41). 2) Jedes in den staatlichen Organismus eingegliederte Gericht, gleichviel ob ordentliches oder besonderes, ob Zivil-, Straf- oder Verwaltungsgericht, das nach gesetzlicher Vorschrift zuständig ist, den Eid zur Bekräftigung der Wahrheit von Behauptungen und Aussagen entgegenzunehmen. Auch das Gericht muß — wie die „andere Stelle" — zur Abnahme von Eiden zuständig sein. Erforderlich ist aber nicht die konkrete Zuständigkeit zur Abnahme gerade des geleisteten Eides, vielmehr genügt, wenn das betr. Gericht allgemein zur Abnahme derartiger Eide zuständig ist. E. 29, 343; BGHSt. 3, 238. Die Zuständigkeit ist also nur dann nicht gegeben, wenn in dem betr. Verf. ein Eid dieser Art gesetzl. überhaupt nicht zulässig ist. B G H S t . 3, 248; 310, wie etwa der Eid eines Angekl. im Strafverfahren (vgl. OLG. Bamberg N J W . 49, 876). Private Schiedsgerichte gehören nicht hierher (§ 1035 Abs. 2 ZPO.), wohl aber ausländische Gerichte (auch solche einer Besatzungsmacht); Schönhe S JZ. 47, 73 (wegen der Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Verfolgung von Meineiden, die vor Gerichten der MilReg. geschworen wurden, siehe jedoch DRZ. 48, 173). Bei der Abnahme des Eides muß das Gericht durch eine Person vertreten sein, die zu einem solchen Amtsgeschäft berufen ist; daher kein Meineid, wenn der Eid vor einem in der Ausbildung befindlichen Referendar, der keinen besonderen Auftrag hatte, geleistet wurde. E. 65, 206. Dagegen ist ohne Bedeutung, ob das Gericht nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften den Eid nicht hätte abnehmen sollen oder dürfen. E. 70, 144. Daher ist Meineid auch möglich, wenn der Täter nach § 60 StPO., § 393 ZPO. nicht beeidigt werden durfte, weil er eidesunmündig (noch nicht 16 Jahre alt). E. 36, 278 (str.; siehe Schönke Vorbem. IV 1 vor § 153; die Frage dürfte jetzt aber durch § 157 Abs. 2 in bejahendem Sinn entschieden sein, der nur bei uneidlichen falschen Aussagen Eidesunmündiger eine Strafmilderungsmöglichkeit vorsieht) ; gemäß § 161 StGB, eidesunfähig. E. 1,217, oder als tat- oder teilnahmeverdächtig nach § 60 Nr. 3 StPO. von der Eidesleistung ausgeschlossen war. E. 25, 31, oder wenn dem Offenbarungseid nicht gemäß § 807 ZPO. eine fruchtlose Vollstreckung vorausgegangen war. E. 76, 236 oder wenn Urteil auf Auskunftserteilung, das nach § 888 ZPO. zu vollstrecken wäre, wie ein auf Leistung des Offenbarungseides nach § 260 BGB. lautendes Urteil vollstreckt wird oder wenn statt des Prozeßgerichts (LG.) der Vollstreckungsrichter (AG.) einen Offenb.-Eid gem. § 260 BGB. abnimmt. BGHSt. 3, 239. Wer dagegen von Wesen und Bedeutung des Eides keine genügende Vorstellung hat (§ 60 Nr. 1 StPO., § 393 Nr. 1 ZPO.), kann keinen Eid und damit auch keinen Meineid leisten. E. 28, 87. 3) Die Stelle muß nach gesetzlicher Vorschrift im allgemeinen zur Abnahme derartiger Eide berufen sein. E. 16, 186; im Einzelfall kann dann die Zuständigkeit fehlen. E. 29, 337. Auch ausländische Behörden gehören hierher. E. 3, 70. Die Ableistung eines falschen Eides vor einer unzuständigen Behörde, die der Täter irrigerweise für zuständig hält, ist als Versuch strafbar. E. 72, 80; OLG. Hamburg H E S t . 1, 41. Denn die Zuständigkeit ist nicht, wie dies für § 156 angenommen wurde, als dort der Versuch noch mit Strafe bedroht war, Bedingung der Strafbarkeit (so z. B. Niese N J W . 49, 812; OLG. Stuttgart (Karlsruhe) N J W . 51, 414) oder ein nach den Grundsätzen des Verbotsirrtums zu behandelndes Rechtspflichtmerkmal (so Welzel JZ 52, 133), sondern — nicht anders als etwa die Fremdheit der Sache beim Diebstahl — Tatbestandsmerkmal. B G H S t . 3, 248; N J W . 53, 994. 4) Bedingter Vorsatz, d. h. Leistung des Eides auf die erkannte Gefahr hin, möglicherweise etwas Falsches zu beschwören, genügt. E. 70, 267. Sind die beschworenen Tatsachen teils vorsätzlich, teils fahrlässig falsch, so ist nur wegen Meineids, nicht auch in Tateinheit wegen fahrlässigen Falscheids zu bestrafen. E. 60, 58. 5) Es müssen die wesentlichen Förmlichkeiten der Eidesleistung beachtet sein, d. h. die Förmlichkeiten, deren Fehlen dem Eid die Eigenschaft einer bewußten, feierlichen, z. T. formelhaften Bekräftigung der Wahrnehmung nehmen. E. 62, 149. Kein wesentlicher Mangel,

2.Teil. 9. Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid. § 154

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•wenn s t a t t des vorgeschriebenen Nacheides ein Voreid abgenommen wurde. E. 70, 366; oder beim Zeugen- oder Parteieid eine von §§ 392, 452 Abs. 2 ZPO. abweichende Fassung gewählt wird. B G H S t . 3, 309; oder die Zuziehung des Urkundsb. der GeschStelle zur Verhandlung unterlassen war. E. 65, 207, oder die Protokollierung, Vorlesung und Genehmigung der Aussage entgegen §§ 160 bis 162 ZPO. unterblieben ist. OLG. Hamm H E S t . 1, 280 (s. aber unten a Abs. 1). Die wichtigsten Eide sind der Eid des Zeugen und Sachverständigen, die eidliche Parteivernehmung (§ 452 ZPO.), die Offenbarungseide (§§ 807, 883 ZPO., § 125 KO., § 69 VerglO. usw.), ferner der Verklarungseid des Schiffers (§ 525 HGB.). E. 61, 226. Unter § 154 fällt auch wohl der in einem Sühnetermin zur Beilegung eines Rechtsstreits vereinbarte sog. Kompromißeid (Mezger DR. 42, 332; a. M. E. 5, 94; offengelassen in E. 76, 24). Ob der Eid auf Grund einer Verpflichtung oder freiwillig geleistet wird, ist ohne Bedeutung, daher fällt auch ein freiwillig vor dem Nachlaßgericht geleisteter falscher Offenbarungseid nach §§ 79, 163 F F G G . unter § 154. E. 76, 21. a) Z e u g e n e i d . Die Zeugenaussage h a t T a t s a c h e n (äußere wie innere, z. B. eine bestimmte Kenntnis oder Absicht) zum Gegenstand. Den Tatsachen stehen gleich allgemein bekannte R e c h t s b e g r i f f e wie Kauf, Darlehen, Ehebruch, sofern nicht gerade die rechtliche Qualifikation den Gegenstand des Streites bildet, sowie allgemein anerkannte W e r t u r t e i l e z. B. über Charaktereigenschaften usw. RG. J R . 25 Nr. 525; OLGe Braunschw. JB1. Braunschw. 47, 218; Oldenburg NdsRpfl. 50, 163; daher Meineid bei Ableugnung ehewidriger Beziehungen trotz begangenen Ehebruchs. OLG. Braunschw. a. a. O. Ein Zeugnis liegt nur dann vor, wenn die Aussage unter verantwortlicher Mitwirkung des zur Vernehmung berufenen Beamten zustande gekommen ist. E. 65, 273. Der Zeugeneid bezieht sich auch auf die Personalfragen; doch bedarf es in der Regel ausdrückl. Feststellung, daß die Erstreckung des Eides auf diese Angaben dem Zeugen bekannt war. BGH. N J W . 53, 1033; und für Zeugen besteht keine Rechtspflicht, ungefragt (vgl. § 68 a Abs. 2 StPO; § 395 Abs. 2 ZPO.) mitzuteilen, daß er eidesunfähig (vgl. § 161) sei. BGH. N J W . 53, 1922. Ist die Aussage protokolliert, vorgelesen, genehmigt (§§ 160—162 ZPO.) und dann beeidet, so ist in der Regel anzunehmen, daß die Aussage in der protokollierten Form beeidet ist; trotzdem kann der Eid sich auch dann auf Bekundungen erstrecken, die — etwa aus Versehen — nicht protokolliert sind. OLG. Hamm H E S t . 1, 280. F a l s c h ist der Eid, wenn die beschworene Aussage mit dem o b j e k t i v e n Sachverhalt nicht übereinstimmt (sog. objektive Eidestheorie) RG. JW. 36, 881; E. 76, 96 (siehe aber auch RG. DR. 44, 722); BGH. LM. Nr. 6 zu § 153. Wer etwas objektiv Wahres beschwört, aber glaubt, es sei unwahr, ist danach nicht — wie die s u b j e k t i v e Theorie, die auf die Auffassung des Schwörenden vom obj. Sachverhalt abstellt, annimmt — wegen vollendeten, sondern nur wegen v e r s u c h t e n Meineids zu bestrafen. RG. J W . 33, 2703. Falsch sagt dagegen aus, wer, ohne von dem wirklichen Sachverhalt abweichen zu wollen, ein in Wirklichkeit nicht vorhandenes eigenes Wissen vortäuscht, z. B. wer ungefähre Zahlen angibt, ohne genügende Anhaltspunkte für seine Schätzung zu besitzen, mag er auch ungefähr das Richtige (durch Zufall) treffen. BGH. LM. Nr. 2 zu § 3. Für die Auslegung der eidlichen Aussage ist Art und Stand des gerichtlichen Verfahrens, in dem der Eid geleistet ist, bedeutungsvoll. RG. J W . 29, 2714. H a t der Täter als Zeuge in einem Anfechtungsprozeß beschworen, er habe nicht die Absicht gehabt, seine Gläubiger zu benachteiligen, so ist bei der Zweifelhaftigkeit dieses Rechtsbegriffs besonders sorgfältig zu prüfen, wie der Wortlaut der Aussage zustande gekommen ist und welchen Sinn der Schwörende mit ihm verbunden hat. RG. D S t R . 37, 159. Beim Zeugeneide h a t der Schwörende die Pflicht, nichts zu verschweigen, was nach dem Gegenstande der Vernehmung für ihn erkennbar von Belang ist. E. 57, 152; JW. 36, 1909. Im Zivilprozeß h a t der Zeuge alles anzugeben, was erkennbar mit der B e w e i s f r a g e in untrennbarem Zusammenhang steht und für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich ist. Die Beweisfrage wird zunächst durch den Beweisbeschluß und sonstige Fragen und Vorhalte umgrenzt. BGHSt. 1, 22; 2, 90. Über diesen Rahmen hinaus h a t der Zeuge ohne ausdrückliche Fragen weitere für die Entscheidung erhebliche Angaben nur zu machen, wenn sie mit der Beweisfrage — nicht mit dem Rechtsstreit oder dem Streitstoff im ganzen — in erkennbarem Zusammenhang stehen; wird also z. B. im Unterhaltsprozeß des unehelichen Kindes die Kindesmutter als Zeugin nur .über ihren Mehrverkehr mit bestimmten Männern gehört, so macht sie sich nicht strafbar, wenn sie einen Mehrverkehr mit anderen Männern, nach dem sie nicht gefragt war, verschweigt. BGHSt. 3, 221. Ist die Aussage falsch, so kommt es auf ihre Erheblichkeit für die Entscheidung nicht an. E. 42, 103. Ein Irrtum darüber macht den Zeugen nicht straffrei. E. 60, 407. Aber Meineid liegt nicht vor, wenn das mangelnde Bewußtsein der Erheblichkeit einer falschen Angabe zu der irrigen Annahme geführt hat, daß sich der Eid auf diese Angabe nicht beziehe. E. 61, 429. Ein Verschweigen ohne Befragen 10«

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A 2. Strafgesetzbuch. § 154

fällt regelmäßig nur unter § 154, wenn der Täter die nach dem Gegenstand der Vernehmung erhebliche Tatsache mit dem Bewußtsein ihrer Erheblichkeit verschwiegen hat. RG. DR. 39, 1066; jedoch kann andernfalls fahrl. Falscheid vorliegen. BGHSt. 2, 92. Auch das wahrheitswidrige Verschweigen einer vom Zeugen selbst begangenen Straftat macht das Zeugnis falsch. RG. J W . 27, 991. Der Leumundzeuge ist verpflichtet, die ihm bekannten Tatsachen anzugeben, die den Leumund ausmachen. J R . 27 Nr. 875. Strafbar ist auch der Zeuge, der es vorsätzlich oder fahrlässig unterläßt, eine Berichtigung herbeizuführen, wenn die Niederschrift über seine Vernehmung die Aussage unrichtig widergibt. RG. J W . 32, 3073. Auch wenn eine Zeugenaussage rein wörtlich genommen nicht mit der Wahrheit in Widerspruch steht, kann doch in dem geflissentlichen Gebrauch solcher Ausdrücke, die dem Schwörenden eine spätere Ausflucht offen halten sollen, ein Meineid gefunden werden. E. 59, 343; so bei dem Zusatz „soviel ich weiß". DJZ. 33, 694. Ist das Zeugnis in verschiedenen Punkten falsch, so liegt doch eine einheitliche Tat vor. E. 61, 225. b) S a c h v e r s t ä n d i g e n e i d . Der Sachverständige schwört vorsätzlich falsch, wenn sein Gutachten seiner inneren Überzeugung nicht entspricht, mag es auch objektiv richtig sein. RG. J W . 33, 1070. Im Gegensatz zum Zeugeneid umfaßt der Sachverständigeneid nicht die Personalien. E. 20,235. Der Zeugeneid umfaßt auch die Pflicht, ein etwa sich anschließendes Gutachten gewissenhaft abzugeben. E. 55, 183. Ein nach § 189 GVG. beeidigter D o l m e t s c h e r begeht einen Meineid nach § 154, wenn er bewußt unrichtig überträgt. BGH. NJW. 53, 1033. c) P a r t e i v e r n e h m u n g . Die Partei, die sich vernehmen läßt, hat wie der Zeuge alles, was ihr von dem Gegenstand der Vernehmung bekannt ist und mit dem Beweisthema in erkennbarem Zusammenhang steht, lückenlos anzugeben. E. 76, 319. Zwischen Haupt- und Nebenpunkten wird nicht unterschieden. E. 63, 50 (siehe aber zu a). Ist die Aussage nicht eindeutig, so ist ihr objektiver Sinn durch Auslegung zu ermitteln. RG. J W . 36, 512. d) O f f e n b a r u n g s e i d . Die Offenbarungspflicht aus §807 ZPO. erstreckt sich auf das wirklich vorhandene Aktivvermögen des Schuldners, das allgemein einer Zwangsvollstreckung zugänglich ist (einschließlich der Gegenstände, die gemäß §§ 811, 850 ZPO. von der Pfändung ausgenommen sind. E. 71, 300). Der Offenbarungseid umfaßt daher nur die Vollständigkeit des Offenbarungspflichtigen Vermögens, dagegen nicht sonstige Abgaben über die Vermögensverhältnisse. Daher kein vollendeter Meineid, wenn der Täter seine Schulden falsch angibt oder wenn er vorsätzlich der Zwangsvollstreckung nicht unterliegende Gegenstände (abgesehen von §§ 811, 850 ZPO.) verschweigt. E. 76, 238; oder erdichtete Vermögensstücke angibt. RG. D J . 37, 1315; BGHSt. 2, 74. Die richtige Angabe der Schulden und der Pfändung nicht unterliegender Gegenstände ist jedoch dann erforderlich, wenn der Gläubiger den wahren Bestand an Verbindlichkeiten oder unpfändbaren Gegenständen des Schuldners kennen muß, um sich über künftige Vollstreckungsmaßregeln sachgemäß entschließen zu können. E. 76, 235. Im einzelnen erstreckt sich die Offenbarungspflicht auf überschuldete Grundstücke. GA. 60, 88; auf Eigentümergrundschulden. E. 45,429; J W . 31, 2129; auf nur zur Sicherung übergebene Gegenstände. E. 64, 417 (auch wenn der Betrag der Schuld, für die die Sachen übereignet waren, zu hoch angegeben wird. DRZ. 32 Nr. 749); auf den Anspruch auf Rückgewährung durch Sicherungsübereignung veräußerter Sachen. RG. J W . 34, 2692, oder sicherungshalber abgetretener Forderungen E. 71, 228 (in diesen Fällen erstreckt sich die Offenbarungspflicht auch auf die Höhe der Schuld an den Gläubiger, E. 71, 228; ist jedoch der Anspruch auf Rückgewährung bei Leistung des Offenbarungseides erloschen, weil der Sicherungsnehmer vertragsgemäß bei Fälligkeit der Schuld die Gegenstände an sich genommen und entweder behalten oder zwar veräußert hat, ohne jedoch einen die Schuld übersteigenden Erlös zu erzielen, so braucht der Rückgewähranspruch nicht erwähnt zu werden. BGH. N J W . 52, 1023 Nr. 17); auf Waren, an denen sich der Verkäufer das Eigentumsrecht vorbehalten hat. J W . 31, 2130; 33, 2971; auf Gegenstände, die sich, wenn auch nicht im Eigentum, so doch im Eigenbesitz des Schuldners befinden, wenn dieser Eigenbesitz einen wirtschaftl. Vermögenswert bedeutet. OLG. Braunschweig MDR. 51, 52; auf bestrittene, unsichere Forderungen. E. 60, 37; J W . 31, 2129; auch auf Forderungen, deren Bestand oder Höhe aus rechtl. oder tatsächl. Gründen zweifelhaft ist. BGH. N J W . 53, 390 (aber nicht auf wirtschaftlich offensichtlich wertlose Forderungen. RG. J W . 34, 2412. Dies gilt auch für den Offenbarungseid gemäß § 69 Abs. 2 VerglO. RG. a. a. O.); auch auf den Lohnanspruch ohne Rücksicht auf die Fälligkeit. E. 62, 185; auf Wiederkaufsrechte. LZ. 32, 400; auch auf von einer Gegenleistung abhängige (E. 71,228) und auf künftige Forderungen, soweit sie pfändbar sind. E. 71, 300. Völlig wertlose Gegenstände brauchen im Verzeichnis nicht angeführt zu werden. BGH. NJW. 52, 1023 Nr. 17; auch nicht eine Hypothek, die wegen Nichtigkeit der Forderung Eigentümergrundschuld geworden ist. E. 60, 69; nicht bloße Erwerbsmöglichkeiten, wie ein Geschäft ohne pfändbare Vermögensgegenstände oder die Kundschaft oder eine Schankkonzession. E. 42, 424; R G . D J . 36, 1731; nicht die zum eingebrachten Gut gehörigen Gegenstände, die keine Früchte abwerfen können. E. 67, 107. Bei Leistung des Offenbarungseides aus § 883 ZPO. hat der Schwörende alles,

2. Teil. 9. Abschnitt. Falsche eunidliche Aussage und Meineid. § 154

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was ihm über den Verbleib der Sache bekannt ist, anzugeben, ohne Rücksicht darauf, ob er weiß, an welchem bestimmten Orte sich die Sache zur Zeit der Eidesleistung befindet. RG. D R . 39, 363. Meineid liegt auch vor, wenn zwar das Vorhandensein eines Vermögensstückes richtig angegeben, aber sein Aufenthaltsort zur Irreführung des Gläubigers falsch bezeichnet wird. RG. D J . 36, 186. Eine Verpflichtung, sich über zivilrechtliche Fragen zu erkundigen, besteht nur beim Auftauchen besonderer Zweifel. J R . 27 Nr. 1613. Beim Offenbarungseid nach § 125 KO. schwört der Schuldner, daß er außer den vom Verfahren schon erfaßten Vermögensstücken kein weiteres für die Befriedigung der Gläubiger bestimmtes Vermögensstück anzugeben imstande ist. LZ. 28, 63; anfechtbare Rechtsgeschäfte braucht er nicht anzugeben. BayObLG. DRZ. 33 Nr. 116. Ein vom Gemeinschuldner außer dem Offenbarungseid nach § 125 KO. geleisteter Eid, daß er Fragen des Gläubigerausschusses wahrheitsgemäß beantwortet habe, ist ein (als Zeugen- oder Parteieid) zulässiger Eid. BGH. N J W . 53, 151 Nr. 19. Beim Offenbarungseid nach § 260 BGB. liegt Meineid nur vor, wenn die Angaben des Schwörenden der normierten Eidesformel widersprechen, selbst wenn er erkennt, daß der Richter und der Gegner den Eid zu Unrecht auf schon vorher gemachte (aber nicht in die Eidesformel aufgenommene) unrichtige Angaben beziehen. B G H S t . 3, 240. Bei mehrdeutigem Inhalt der Eidesformel ist der Eid nicht vorsätzl. falsch, wenn der Schwörende überzeugt ist, daß die Eidesformel seine unrichtigen Angaben nicht mitumfaßt. B G H S t . 1, 148. Der Offenbarungseid gemäß § 260 BGB. über den Bestand eines Nachlasses (§ 2027 Abs. 2 BGB.) betrifft nur den Aktivbestand, nicht auch die Schulden. E. 71, 360. V o l l e n d e t ist der Meineid erst, wenn der ganze Eid einschließlich der Beteuerungsformel geleistet ist, also z. B. nicht, wenn die Worte: „ I c h schwöre" noch nicht gesprochen sind. RG. J W . 33, 2143. V e r s u c h liegt erst vor, wenn mit der Leistung des Eides der Anfang gemacht ist. E. 54, 117; B G H S t . 1, 244. Ob Vorhaltungen des Richters für den Angeklagten so zwingend waren, daß sie seinem Widerruf die Eigenschaft des freiwilligen Rücktritts nahmen, ist Tatfrage. DRZ. 29 Nr. 287. Mahnungen, die in dem Täter das Gefühl der Reue erwecken sollen, haben diese Wirkung nicht, auch wenn sie möglichst dringend waren. RG. JW. 30, 634. — B e i s p i e l e für strafb. Versuch: irrtüml. Annahme der Zuständigkeit einer nicht zur Eidesabnahme zuständigen Stelle (s. oben Anm. 3); beim Offenbarungseid: wenn der Schuldner ein erdichtetes Vermögensstück angibt oder über nicht der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögenswerte falsche Angaben macht, falls er glaubt, daß seine Eidespflicht sich auch hierauf erstrecke. RG. D J . 37, 1315; BGHSt. 2, 74, ferner Berufung auf einen früher geleisteten Offenbarungseid. E. 67, 331; beim Zeugeneid: Verschweigen einer Tatsache in der irrtüml. Annahme, zur Angabe verpflichtet zu sein. B G H . N J W . 52, 1383 Nr. 19. T e i l n a h m e : a) Mittäterschaft ist nicht möglich. RG. J W . 29, 2370; H R R . 32 Nr. 1616. b) I m Zivilprozeß macht sich der Beihilfe zum Zeugenmeineid schuldig, wer den Zeugen in die Gefahr des Meineids gebracht hat und ihn, obwohl er dazu imstande wäre, nicht durch Aufdeckung der Wahrheit davon abhält. Es muß sich aber um eine besondere, prozeßunangemessene Gefahr der Falschaussage handeln und mit einer solchen Gefahr ist im allgemeinen nur zu rechnen, wenn eine wahrheitsgemäße Aussage ernste Nachteile für den Zeugen h ä t t e und die Furcht davor für den Entschluß des Zeugen nach allgemeiner Lebensauffassung von entscheidender Bedeutung sein kann. B G H S t . 1, 27. In Meineidsgefahr bringt insbesondere noch nicht, wer den Zeugen nur für eine wahre oder für wahr gehaltene Tatsache benennt und ihn lediglich nicht von einer falschen Aussage abhält, denn durch die Benennung wird der Zeuge keiner besonderen, prozeßunangemessenen Gefahr der Falschaussage ausgesetzt. Auch aus § 138 ZPO. (Wahrheitspflicht) läßt sich eine Abwendungspflicht, deren Verletzung wegen Beihilfe strafbar macht, nicht folgern. B G H S t . 2,129. Sie kann auch nicht für Rechtsanwälte oder andere Prozeßbevollmächtigte aus § 138 ZPO. abgeleitet werden, ohne den Prozeßbevollmächtigten häufig in einen unzumutbaren Interessenkonflikt zu bringen. B G H . N J W . 53, 1720; a. M. E. 70, 82. Eine besondere Gefahr des Meineids kann die Partei z. B. schaffen, wenn sie einen Zeugen für eine bewußt unwahre Behauptung benennt und erkennt, daß dieser die Behauptung eidlich bestätigen will. E. 74, 285; BGHSt. 1, 27; oder wenn sie wider besseres Wissen bestreitet und den vom Gegner benannten Zeugen dessen bewußt wahrheitswidrige Aussage beschwören läßt. E. 75, 271; BGHSt. 3, 18; N J W . 53, 1193; a. M. OLG. H a m m MDR. 48, 92; Maurach SJZ. 49, 541; insbes. wenn während eines Ehescheidungsprozesses der Ehegatte das Liebesverhältnis, das er wahrheitswidrig bestreitet, mit dem von dem anderen Ehegatten benannten Zeugen fortsetzt. B G H S t . 2, 129. Beihilfe begeht ferner eine Prozeßpartei, die der Vernehmung des Zeugen beiwohnt, auf Befragen dessen falsche Aussage bekräftigt, und während der folgenden Eidesbelehrung und Vereidigung des Zeugen schweigt. E. 74, 38. Für den Ehemann folgt die Pflicht zur Verhinderung eines Meineids der Ehefrau aus der ehelichen Beistandspflicht (§ 1353 BGB.). E. 74, 285. Im S t r a f v e r f a h r e n macht sich der Beschuldigte der Beihilfe schuldig, wenn er die Vernehmung des meineidigen Zeugen durch falsche Angaben veranlaßt hat. RG. DR. 43, 748; OLG. Hamm H E St. 2, 242.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 155, 156

§ 155. [Dem Eide gleichgeachtete Versicherungen] Der Ableistung eines Eides wird gleichgeachtet, wenn 1. ein Mitglied1) einer Religionsgesellschaft, welcher das Gesetz den Gebrauch gewisser Beteuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, eine Erklärung unter der Beteuerungsformel seiner Religionsgesellschaft abgibt; 2. derjenige, welcher als Partei, Zeuge oder Sachverständiger einen Eid geleistet hat, in gleicher Eigenschaft eine Versicherung unter Berufung auf den bereits früher in derselben Angelegenheit 2 ) geleisteten Eid abgibt 3 ), oder ein Sachverständiger, welcher als solcher ein für allemal vereidet ist, eine Versicherung auf den von ihm geleisteten Eid abgibt 4 ); 3. ein Beamter eine amtliche Versicherung unter Berufung auf seinen Diensteid abgibt 6 ). * § 156. [Falsche Versicherungen an Eides Statt] Wer von einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde 1 ) eine solche Versicherung 2 ) wissentlich falsch 3 ) abgibt 4 ) c) Beihilfe zum Parteimeineid. Eine Prozeßpartei macht sich nicht dadurch der B e i h i l f e zum Meineid des Gegners schuldig, daß sie diesen nicht von der Eidesleistung abhält, obwohl sie es durch Benennung von Zeugen über den wahren Sachverhalt tun könnte, weil sie sich hierdurch keiner Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig macht; wohl aber kann Beihilfe vorliegen, wenn sie durch unberechtigtes Bestreiten der Klagebehauptung den Meineid des Gegners herbeiführt und sich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen ihrer Aussage und dem Meineid vor der Eidesleistung bewußt ist. RG. D S t R . 37, 300. Z u § 155: 1) Der Aussagende braucht nicht wirklich der Religionsgesellschaft anzugehören, als deren Mitglied er sich bezeichnete. E. 75, 125. 2) „Dieselbe Angelegenheit" ist nicht ein bestimmtes Beweisthema, sondern dasselbe Verfahren. RG. J W . 38, 2197. § 155 Nr. 2 kommt für den Offenbarungseid nicht in Frage. E. 67, 333. 3) Vgl. §§ 67, 72 StPO., §§ 398 Abs. 3, 402, 451 ZPO. Die Berufung braucht nicht mit den Worten des § 67 StPO. zu erfolgen. RG. J W . 34, 2850; oder des § 398 ZPO. E. 58, 302, aber es genügt nicht der bloße Hinweis des Richters auf den geleisteten Eid. RG. J W . 34, 2850. § 155 Nr. 2 findet auch Anwendung, wenn die Abgabe der Versicherung an Stelle der ordentlichen Eidesleistung nach § 67 StPO. unzulässig war, z. B. wenn der im Vorverfahren eidlich vernommene Zeuge in der Hauptverhandlung, s t a t t erneut beeidigt zu werden, die Versicherung abgibt; dagegen ist § 155 Nr. 2 unanwendbar, wenn die Versicherung in einem Falle abgegeben wird, für den das Gesetz — wie z. B. beim Offenbarungseid — die Möglichkeit, eine nochmalige förmliche Eidesleistung durch eine Versicherung zu ersetzen, überhaupt nicht kennt. E. 67, 333. 4) Vgl § 79 Abs. 3 StPO., § 410 Abs. 2 ZPO. Eine allgemeine gerichtliche Vereidigung von Sachverständigen für gerichtliche Angelegenheiten ist nach Aufhebung des § 20 der VO. v. 20. 3. 1935 (RGBl. I S. 403) durch Art. 8 II Nr. 7 des Rechtsvereinheitl.Ges. v. 12. 9. 1950 wieder möglich. Möglich ist auch eine allgemeine Beeidigung durch staatliche Organe außerhalb der Justizverwaltung (vgl § 36 GewO.). 5) Vgl. § 386 Abs. 2 ZPO. und § 3 Abs. 3 EGStPO. Gibt ein Beamter eine solche Versicherung in einem Falle ab, in dem dies unzulässig war, so macht er sich nicht wegen vollendeten Meineids, E. 25, 96, wohl aber u. U. wegen Versuchs strafbar (vgl. E. 67, 333). Z u § 156: 1) Die Behörde braucht nicht ausdrücklich durch Gesetz zur Abnahme von e. V. ermächtigt zu sein; es genügt, daß sich die Zuständigkeit aus der Behördenorganisation und den diese regelnden Vorschriften ergibt. E. 38, 210. Das ist der Fall, wenn das Gesetz einer Behörde ein förmliches Beweisverfahren als Grundlage ihrer Entscheidung übertragen hat. B G H S t . 2, 220; N J W 53, 994. Eine Behörde, die zur Abnahme von Eiden zuständig ist, kann in der Regel auch e.V. entgegennehmen — aber nicht etwa ohne weiteres statt eines Eides eine e.V. BGH. N J W . 54, 200 —; aber auch Behörden, die zur Eidesabnahme nicht befugt sind, können zur Entgegennahme von e.E. zuständig sein. Dagegen begründet — entgegen der von einzelnen OLGen in der Zeit nach 1945 vertretenen Ansicht — der Umstand, daß die e.V. ein geeignetes Mittel ist, der Behörde die zur Erfüllung ihrer Auf-

2. Teil. 9. Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid. § 156

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gaben erforderliche Aufklärung zu verschaffen, keine Zuständigkeit, auch dann nicht, wenn andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen. Eine solche Erweiterung würde dazu führen, daß das in § 156 aufgestellte einschränkende Erfordernis der Zuständigkeit praktisch aufgegeben würde und eine uferlose Vermehrung und damit Entwertung der e.V. einträte B G H St. 2, 218; N J W 53, 994 (mit Nachw. über den Stand der Meinungen). Erforderlich ist a) daß die Behörde im a l l g e m e i n e n zur Entgegennahme von e. V. zuständig ist, b) daß eine e. V. über den G e g e n s t a n d , auf den sie sich bezieht, an sich gesetzlich zulässig ist, c) daß in dem V e r f a h r e n , in dem sie erfolgt, die Abgabe einer e.V. an sich zulässig ist, d) daß die e.V. rechtlich nicht völlig wirkungslos ist. E. 75, 399; B G H S t . 1 16; 2, 222; Schönke SJZ. 48, 299. Dagegen ist nicht erforderlich, daß die e.V. im konkreten Fall sachlich geboten oder angemessen ist, daß also der Strafrichter ihre Abnahme im Einzelfall als berechtigt anerkennt. E. 36, 1; 47, 37; dies gilt jedoch nicht, wenn die Entgegennahme der e.V. sich als Mißbrauch der Zuständigkeit darstellt, z. B. wenn die Behörde über die eidesstattl. versicherten Tatsachen bereits volle Gewißheit h a t und die e.V. nur erfordert, um den Versichernden Strafgerichte Verfolgung auszusetzen. KG. DRZ. 48, 67; BGH. N J W . 53, 994. Die Zuständigkeit fehlt danach, wenn einer e.V. nach den Verfahrensvorschriften keine Beweiskraft zuerkannt werden kann. E. 73, 147. Im Strafverfahren sind e. V. vom Beschuldigten schlechthin und von Zeugen insoweit unzulässig, als sie Tatsachen betreffen, die für die Entscheidung der Schuldfrage unmittelbar von Bedeutung sind. E. 70, 268; a. M. für e. V. des Besch. Stutzer und Clemens D S t r R . 39, 193 und 197. Im übrigen ist auch im Strafverfahren eine e. V. nicht nur da zulässig, wo die StPO. ein Glaubhaftmachen vorschreibt, sondern allgemein, wenn es sich nicht um die endgültige Feststellung der den Gegenstand des Verf. bildenden T a t handelt, z. B. e. V. von Zeugen, um die Aussetzung eines gegen einen Besch, schwebenden Strafverf. herbeizuführen. E. 70, 268. Im Zivilprozeß ist der Prozeßrichter zur Entgegennahme von e.V. zuständig: Plen. Entsch., E. 19,414, jedoch nicht, wenn eine P a r t e i im ordentl. Streitverfahren eine t a t sächliche Behauptung durch eine e.V. bekräftigen will. E. 73, 144 (anders RG. DR. 44, 440: da konkrete Zuständigkeit nicht erforderlich, genüge auch die von der Partei zum Beweis einer Tatsache abgegebene e.V., wenn insoweit die e.V. eines Zeugen (gem. § 377 Abs. 3, 4 ZPO.) zulässig sei) oder wenn ein Zeuge ohne die Voraussetzungen des § 377 ZPO. zu Beweiszwecken eine e.V. abgibt. OLG. Celle NdsRpfl. 52, 107, wohl aber z. B. bei e.V., die im bürgerlichen Rechtsstreit ein Zeuge der Partei übergibt, wenn diese sie auf Anfordern dem Gericht vorlegt. E . 67, 408 — auch für Bewilligung des Armenrechts. E. 73, 144; oder die im Ehescheidungsprozeß ein Dritter einreicht zur Unterstützung des Antrages auf nochmalige Vernehmung eines Zeugen unter Vorbehalt der e.V. E. 59, 176; i.F. des § 272b ZPO. JW. 34, 300. Zuständig ist auch das ersuchte AG., wenn der Zeuge, statt auszusagen eine e.V. über den Beweispunkt abgibt. H R R . 29 Nr. 455. Ein AG., bei dem nicht selbst ein Verfahren anhängig ist, wird nicht dadurch zur Entgegennahme einer e.V. zuständig, daß eine andere Behörde es darum ersucht. BGH. N J W . 53, 994, (vgl. dazu Anm. 7 b zu § 35 OWiG. — A 4 — ) . Ferner sind zuständig: Standesämter. E. 13, 161; 18, 309; Hauptzollämter, GA. 60, 70; die Finanzämter gemäß §§ 174, 201, 209 RAbgO., aber nur bei Wahrung der Förmlichkeiten des § 174 RAbgO., also nicht, wenn der Steuerpflichtige die e. V. ohne Aufforderung abgibt. E. 73, 349, und nur hinsichtlich der Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen, nicht eines Bürgen. H R R . 28 Nr. 483," der Landrat in dem Verfahren über Genehmigung der Auflassung, Recht 28 Nr. 236; die Notare, soweit sie nach gesetzt. Vorschrift zuständig sind, z. B. bei der Erbeslegitimation gemäß § 2356 BGB., dagegen nicht im Auseinandersetzungsverfahren zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten. E. 74, 125. (§ 24 Abs. 2 ReichsnotarO. v. 13. 2. 1937, RGBl. I S. 191 h a t hieran nichts geändert, denn er regelt nur die Zuständigkeit zur Beurkundung von e. V., nicht die Frage, inwieweit der Notar zust. Behörde i. S. der §§ 156, 163 StGB, ist. E. 74, 175. Die Strafbarkeit einer falschen e. V. wird übrigens dadurch nicht berührt, daß der Notar nach §§ 15, 17 RNotarO. von ihrer Beurkundung ausgeschlossen war. E. 76, 136); Gemeinden, soweit ihre Beamten zur Feststellung ihres Ruhegehaltes e.V. abgeben. GA. 74, 18; die Universitätsfakultäten für die e.V. über die Urheberschaft eingereichter Doktordissertationen. RG. DR. 41, 987; die Gerichtskassen, soweit sie als Vollstreckungsbehörden im Zwangsverfahren den gerichtl. gleichstehn. E. 24, 377; das P a t e n t a m t im Nichtigkeitsverfahren. E. 69, 26; das Oberversicherungsamt im Berufungsverfahren (§ 1675 RVO.). E. 71, 172; Ehrengericht der Rechtsanwaltskammer. E. 70, 266; die Landesversicherungsanstalten im Renten verfahren. BGHSt. 2, 218. K e i n e Zuständigkeit besitzen: die Staatsanwaltschaft. E. 37, 209 (auch nicht, wenn die e.V. zunächst vor einem Notar abgegeben war. E. 47, 156); der Präsident einer Rechtsanwaltskammer. E. 47, 394; Dienstvorgesetzte. KG. J W . 32, 3121; der Rechtspfleger. KG. J R . 25 Nr. 1395; LG. Lüneburg MDR. 53, 309 (betr. Kostenfestsetzungsverfahren); die Polizei. BGH. N J W . 53, 994; städtische Fürsorgeämter. OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 51, 274.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 157

oder unter Berufung5) auf eine solche Versicherung wissentlich falsch aussagt, wird mit Gefängnis von einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.

§ 157 1). [Strafermäßigung bei Eidesnotstand] (1) Hat ein Zeuge2) oder Sachverständiger sich eines Meineides3), einer falschen Versicherung an Eides Statt oder einer falschen uneidlichen Aussage Hält der Täter eine unzuständige Behörde für zuständig, so ist nach Streichung des § 156 Abs. 2, der den Versuch mit Strafe bedrohte, durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4.8.1953 (BGBl. I S. 735) die T a t straflos, da die Zuständigkeit Tatbestandsmerkmal ist (vgl. Anm. 3 zu § 154); das gleiche gilt, wenn der Täter eine zuständige Behörde für unzuständig hält. 2) Die Worte „ a n Eidesstatt" oder „eidesstattlich" brauchen nicht verwendet zu sein; entscheidend ist, ob die Erklärung äußerlich und inhaltlich einwandfrei erkennen läßt, daß der Aussteller sie an Eidesstatt abgeben will. Bloßes Erbieten zum Eide genügt nicht. E. 70, 267. Gegenstand einer e. V. können auch Urteile über geläufige Rechtsbegriffe sein wie z. B. Eigentum. RG. J W . 27, 1641. 3) Eine e. V. kann auch dann falsch sein, wenn sie zwar ihrem Wortlaut nach der Wahrheit entspricht, aber eine wesentliche Tatsache geflissentlich verschweigt. E. 63, 232. Jedenfalls dann, wenn durch Offenbarung des Verschwiegenen die Bedeutung des Ausgesagten völlig geändert würde. RG. D R . 44, 441. Wissentlich = vorsätzlich. Bedingter Vorsatz (vgl. Anm. 4 zu § 154) genügt. E. 70, 266. 4) Abgegeben ist die falsche Versicherung erst dann, wenn sie in die Hände der zuständigen Behörde (z. B. des Richters) gelangt. E. 70, 269. Auch dann, wenn der Erklärende die Frage des Richters bejaht, ob er seine Erklärung an Eides s t a t t versichere und der sich anschließenden Errichtung einer Niederschrift hierüber anwohnt. RG. J W . 31, 1567. Die Kenntnisnahme von dem Inhalt der Versicherung ist nicht erforderlich. E. 49, 47; LZ. 28, 1336. Wird sie von mehreren abgegeben, so liegen mehrere selbständige Vergehen vor. E. 37, 92. Mittäterschaft liegt nicht vor, wenn jemand die e. V. eines anderen bei einer Behörde (selbst zu eigenem Nutzen) einreicht. H R R . 30 Nr. 1291. Die Einreichung der Abschrift der e. V. ist nicht nach § 156 StGB, strafbar; doch kann Betrug vorliegen. E. 70, 130 (anders bei der notariellen Ausfertigung einer e. V. E. 74, 177). Die Abgabe einer e. V. liegt nicht vor, wenn ein Anwalt den Inhalt einer schriftlichen Versicherung mündlich vorträgt. E. 32, 436; oder wenn ein anderer ohne den Willen des Versichernden das Schriftstück vor einer Behörde zur Beweisführung benützt. RG. D J . 37, 1005, wohl aber dann, wenn sie von dem Bevollmächtigten geschrieben und mit dem Namen des Vollmachtgebers unterzeichnet ist. GA. 73, 350 und E. 69, 117. 5) Eine „Berufung" liegt nur vor, wenn der Täter seine neue Aussage unter die Beteuerung stellt, dagegen nicht, wenn er eine gewöhnl. nichteidl. Aussage abgibt und dabei lediglich den Tatsachengehalt einer e. V. zum Inhalt der Aussage macht. RG. D J . 37, 1005. Zu § 157: 1) I. d. F. von Art. 7 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). 2) § 157 gilt nach seinem Wortlaut nur für Zeugen und Sachverständige. Eine a n a l o g e Anwendung auf den Meineid der P a r t e i scheidet aus, weil hier der aus der Eidespflicht ohne Zutun des Schwörenden sich ergebende Notstand fehlt. E. 74, 44. Das gilt nicht nur für den Parteieid nach § 452 ZPO., BGH. N J W . 51, 809, sondern nach E. 74, 44; BGH. N J W . 53, 390 auch für den Offenbarungseid nach § 807 ZPO (aM. mit beachtlichen Gründen SchmidtLeichner N J W . 53, 390) und nach § 883 ZPO. OLG. Frankf. N J W . 50, 615. Ebenso ist § 157 unandwendbar bei Personen, die als Partei oder anderweitig „freiwillig" — d. h. ohne unter Zeugniszwang zu stehen — eine eidesstattl. Versicherung abgeben. RG. D J . 38, 866. § 157 kommt ferner nur dem Täter, nicht auch dem Gehilfen oder Anstifter zugute, weil bei diesen die aus der Aussage- und Eidespflicht für den Zeugen sich ergebende Zwangslage fehlt. Das gilt auch, wenn Anstifter und Gehilfen in der in § 157 bezeichneten Absicht handeln, wenn also z. B. der Anstifter den Zeugen zu einem Meineid bestimmt, weil eine wahrheitsgemäße Aussage des Zeugen eine strafbare Handlung des Anstifters offenbaren würde. E. 71, 118; RG. D R . 44, 367; B G H St. 1, 28 u. N J W . 53, 20 (str.). Auch auf die P a r t e i als Teilnehmer am Zeugenmeineid usw. (z. B. durch Unterlassung der gebotenen Berichtigung von Zeugenerklärungen oder wenn die Partei den Ehebruchzeugen zum Meineid anstiftet, um sich der Strafverfolgung wegen dieses Ehebruchs zu entziehen, ist § 157 unter allen Umständen unanwendbar. E. 75, 41; B G H St. 1, 28; 3, 320; OGHSt. 2, 161; s. auch BGH. N J W . 53,152Nr.20). 3) oder Meineidsversuch. E. 63, 174. Dagegen kommt nicht in Betracht fahrl. Eidesverletzung. D J Z . 10, 148 und fahrl. falsche e. V. E. 36, 49; H R R . 33 Nr. 546.

2. Teil. 9. Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid. § 157

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schuldig gemacht, so kann 4 ) der Richter die Strafe nach pflichtgemäßem Ermessen mildern5) und im Falle uneidlicher Aussage auch ganz von Strafe absehen 6 ;, wenn der Täter die Unwahrheit gesagt hat, um 7 ) von einem Ange4) Nach pflichtmäßigem Ermessen. Liegen die Voraussetzungen des § 157 vor und sieht das Gericht, ohne § 157 zu erwähnen, von einer Milderung der Strafe unter den Mindestsatz des § 153 ab, so ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß es die Milderungsbefugnis übersehen h a t ; darauf kann die Rev. gestützt werden. OLG. Braunschweig H E S t . 1, 36. Bestehen nicht ausschließbare Zweifel, ob der Täter zur Abwendung einer Bestrafungsgefahr gehandelt hat, so sind (in dubio pro reo) die Milderungsvoraussetzungen zu seinen Gunsten anzunehmen. OLG. H a m m H E S t . 2, 254 5) D. h. er kann auf jede im Strafensystem des StGB, vorgesehene Strafe erkennen. E. 77, 222. 0) S. Anm. 5 zu § 82. 7) Nach § 157a. F. setzte die Strafermäßigung voraus, daß die Angabe der Wahrheit gegen den Täter eine Verfolgung wegen eines Verbrechens oder Vergehens nach sich ziehen konnte. Diese Vorschrift wurde in der, wenngleich nicht unbestrittenen, Rechtsprechung des RG. dahin ausgelegt, daß o b j e k t i v die Gefahr einer Verfolgung bestehen mußte. E. 77, 222. Es genügte nicht, daß der Schwörende irrtümlich eine Verfolgungsgefahr angenommen hatte; es war andererseits aber auch nicht erforderlich, daß er sich der Gefahr bewußt gewesen wäre und sich durch sie zur falschen Aussage hätte bestimmen lassen, ja selbst seine irrige Auffassung, eine Strafverfolgung sei n i c h t zu erwarten, wurde für bedeutungslos erklärt. RG. DR. 42, 1784. I m Gegensatz dazu setzt § 157 voraus, daß der Schwörende — wenn auch irrtümlich — eine bei Offenbarung der Wahrheit ihm selbst oder einem Angehörigen drohende Gefahr einer gerichtlichen Bestrafung angenommen oder doch für möglich gehalten und daß er die Unwahrheit in der Absicht gesagt hat, diese Gefahr abzuwenden. E. 77, 221. B G H S t . 2, 379. Und zwar genügt es, wenn er befürchtet, daß die Angabe des wahren Sachverhalts trotz seiner Unschuld den Verdacht einer strafbaren Handlung erregt hätte. E. 75, 278. Es ist nicht erforderlich, daß die wahrheitsgemäße Aussage a l l e i n die Gefahr einer Bestrafung herbeigeführt hätte, vielmehr genügt, daß die Angabe der Wahrheit im Zusammenhang mit der übrigen gegebenen Sachlage eine Strafverfolgung nach sich ziehen konnte. E. 75, 278 z. B. dadurch, daß sie den Tatbestand eines bereits bekannten Antragsdelikts verstärkt und, wie der Schwörende befürchtet, dadurch den Verletzten zum Strafantrag veranlassen könnte. E. 74, 206. Der Gefahr einer bevorstehenden Bestrafung dürfte nach bereits erfolgter rechtskräftiger Bestrafung die Befürchtung gleichstehen, sich die Möglichkeit, gegen die Bestrafung (etwa durch Wiederaufnahme) anzugehen, zu nehmen. OLG. Hamburg N J W . 52, 634. Der Tatbestand, der die Gefahr der Verfolgung begründet, darf nicht erst durch die unwahre Aussage geschaffen werden, sondern muß ihr als selbständige Handlung vorausgegangen sein. E. 75, 277; § 157 ist also unanwendbar, wenn jemand einen anderen durch eine bewußt unwahre Aussage begünstigt und diese im unmittelbaren Anschluß daran beeidigt (Tateinheit zwischen Begünstigung und Meineid). Ebenso genügt es nicht, wenn der Täter glaubt, eine Bestrafung wegen falscher uneidlicher Aussage nur dadurch abwenden zu können, daß er diese Aussage beschwört. BGH. N J W . 54, 648. Die Angabe der Wahrheit muß u n m i t t e l b a r die Gefahr der Verfolgung begründen; es genügt also nicht die Befürchtung, daß ein Dritter, dem die wahrheitsgemäße Aussage lästig oder ärgerlich ist, den Schwörenden wegen einer sonstigen Straftat zur Anzeige bringen werde. E. 64, 104. Ob die Bestrafung wegen der Vortat aus rechtlichen Gründen, etwa wegen Ablaufs der Strafantragsfrist oder Verjährung ausgeschlossen ist, ist bedeutungslos, wenn der Schwörende die Wirkung dieses Grundes nicht kannte. § 157 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Aussagende sich durch eine falsche Darstellung der von ihm begangenen Straftat einer gleichwertigen strafbaren Handlung bezichtigt. E. 67, 44, wohl aber, wenn er die strafbare Handlung zugibt, jedoch in einem —• für ihn erkennbar — für die Strafverfolgung bedeutungslosen P u n k t unwahr aussagt; z. B. der verheiratete Zeuge gibt im Unterhaltsprozeß den außerehelichen Verkehr mit der Kindesmutter zu (Ehebruch), nennt aber wahrheitswidrig einen Zeitpunkt außerhalb der E m p fängniszeit. E. 73, 310. Bei Meineid in mehreren Punkten einer Aussage gilt § 157 für die ganze Aussage, wenn seine Voraussetzungen auch nur für einen Teil der Aussage vorliegen. E. 61, 225; SchleswHolst. OLG. H E S t . 2,253, ebenso bei fortgesetztem Meineid, wenn sie bei e i n e r Teilhandlung vorliegen. RG. J W . 29, 256 und 898. Die Strafmilderung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Zeuge oder Sachverständige die Zwangslage vermeiden, z. B. die Aussage ablehnen konnte. E. 59, 62. Die Absicht, die Bestrafungsgefahr abzuwenden, braucht nicht Endzweck (z. B. der Täter wendet die Bestrafungsgefahr von seinem Vater nur seiner Mutter zuliebe ab. BGH. N J W . 53, 1479) und braucht nicht der alleinige oder auch nur der hauptsächliche Beweggrund zu sein; es genügt, daß er mitbestimmend ist. RG. DR. 45, 20; B G H S t . 2, 379.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 158

hörigen 8 ) oder von sich selbst die Gefahr 9 ) einer gerichtlichen Bestrafung 10 ) abzuwenden. (2) Der Richter kann auch dann die Strafe mildern oder ganz von Strafe absehen, wenn ein noch nicht Eidesmündiger 11 ) uneidlich falsch ausgesagt hat 12 ). § 158

. [Strafermäßigung bei Berichtigung]

(1) Der Richter kann Eides Statt oder falscher messen mildern oder von rechtzeitig berichtigt 3 ). (2) Die Berichtigung

die Strafe wegen Meineides2), falscher Versicherung an uneidlicher Aussage nach seinem pflichtgemäßen ErStrafe absehen, wenn der Täter die falsche Angabe ist verspätet, wenn sie bei der Entscheidung 4 ) nicht

8) Siehe § 52 Abs. 2. 9) Eine naheliegende Gefahr wird nicht vorausgesetzt, jedoch genügt nicht eine sehr fernliegende, eben noch denkbare Möglichkeit. RG. D J . 37, 80. 10) „Gerichtliche Bestrafung" = kriminelle Bestrafung, auch (im Gegensatz zum früheren Hecht) wegen einer Übertretung. Jedoch muß bei solch leichten Verfehlungen der Richter prüfen, ob die Eidesnot für den Täter so erheblich war, daß sie eine Strafermäßigung rechtfertigt. Die Gefahr dienststrafrechtlicher Verfolgung oder der Ahndung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach dem OWiG — A 4 — oder der Unehre ist nicht ausreichend. 11) Vgl. § 60 Nr. 1 StPO., § 393 Nr. 1 ZPO. 12) Die Milderung oder das Absehen von Strafe ist hier also nicht davon abhängig, ob der Täter sich im Eidesnotstand befand. Zu § 158: 1) I. d. F. des Art. 7 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). § 158 a. F. sah Strafermäßigung zwingend vor. 2) Im Gegensatz zu § 157 gilt § 158 auch für den Meineid der Partei. RG. H R R . 38 Nr. 343; er gilt auch beim Versuch, soweit nicht schon § 46 Nr. 1 eingreift. BGH. N J W . 53, 1191. Die Wirkung der Berichtigung kommt als persönl. Rechtswohltat nur dem berichtigenden Täter, nicht seinen Teilnehmern zugute. Entsprechend dem Zweck des § 158, einen Anreiz zur Richtigstellung falscher Aussagen zu gewähren, kann aber der Teilnehmer sich die Rechtswohltat des § 158 verschaffen, wenn er selbst die falsche Aussage des Haupttäters berichtigt. BGH. N J W . 51, 727; 53, 1191; a. M. RG. D J . 36, 290 und J W . 37, 1329, oder die Berichtigung durch den H a u p t t ä t e r herbeiführt. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 52, 60. Soll der Zweck des § 158 erreicht werden, so muß sich die Milderungsmöglichkeit auch auf die Strafe wegen einer mit dem Meineid tateinheitlich zusammentreffenden Tat (z. B. Begünstigung, falsche Anschuldigung) beziehen. Lange N J W . 49, 493; LG. Göttingen NdsRpfl. 51, 40. 3) Die ,,Berichtigung" entspricht sachlich dem „Widerruf" des §158 a. F.; es gelten daher auch für ihn die in der früheren Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (a. M. anscheinend RG. DR. 44, 440: zu einer Berichtigung gehöre mehr als zu einem Widerruf; umgekehrt Kohlrausch 1947 S. 73: nicht mehr Widerruf sei nötig, Berichtigung,.genüge"). Eine Berichtigung ist danach jede Erklärung, durch die der Täter die früher von ihm abgegebene Erklärung als unrichtig anerkennt. E. 64, 216; die Angabe der richtigen Tatsachen wird auch jetzt nicht als erforderlich anzusehen sein. E. 61, 194. Die 2. Erklärung muß stets auf die 1. Bezug nehmen; läßt sie die 1. unberührt, so liegt ein Widerspruch, aber keine Berichtigung vor. RG. J W . 37, 1329. Eine Berichtigung liegt nicht vor, wenn die frühere falsche Erklärung durch eine andere bewußt falsche Erklärung ersetzt wird. E. 59, 87. Die Berichtigung erfordert keine bestimmte Form. E. 24, 259; sie kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Selbst Stillschweigen auf einen Vorhalt des Richters kann genügen. RG. JW. 37, 1329. Sie braucht auch nicht persönlich zu erfolgen. E. 28, 162. Es genügt stillschweigende Billigung der durch einen anderen erfolgten Berichtigung. RG. JW. 28, 800. Freiwilligkeit ist nicht erforderlich. E. 60, 160; BGH. N J W . 53, 1191. Ob der Widerruf mit der Wirkung zurückgenommen werden kann, daß die Ermäßigung des § 158 entfällt, ist zweifelhaft; jedenfalls müßte eine solche Zurücknahme bei der in § 158 bezeichneten Behörde geschehen. RG. J W . 35, 938. Eine Erklärung, eine uneidlich falsche Aussage nicht beschwören zu wollen, ist jedenfalls keine Ber., muß aber, da sie das Gewicht der falschen Aussage mindert, bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. RG. DR. 44, 440. 4) Gemeint ist nicht die letzte in der Sache mögliche, sondern eine die Instanz a b s c h l i e ß e n d e Entscheidung. OLG. Hamm H E S t . 2, 256 und N J W . 50, 358. Ein bereits ergangener Beweisbeschluß oder eine andere vorbereitende Entscheidung oder eine Einstel-

2. Teil. 9. Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid. § 159

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mehr verwertet werden kann oder aus der Tat ein Nachteil 5 ) für einen anderen entstanden ist oder wenn schon gegen den Täter eine Anzeige6) erstattet oder eine Untersuchung eingeleitet 7 ) worden ist. (3) Die Berichtigung kann bei der Stelle, der die falsche Angabe gemacht worden ist, oder die sie im Verfahren zu prüfen hat, sowie bei einem 8 ) Gericht, einem 8 ) Staatsanwalt oder einer 8 ) Polizeibehörde erfolgen 9 ). * § 1591). [Erfolglose Anstiftung zur falschen uneidlichen Aussage und eidesstattlichen Versicherung] Die Vorschriften über die Bestrafung der erfolglosen Anstiftung 2 ) bei Verbrechen (§ 49 a Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4) gelten entsprechend für die Fälle lungsverfügung der StA. BGH. N J W . 53, 1923, stehen der Rechtzeitigkeit der Berichtigung also nicht entgegen, wohl aber ein Urteil, mag auch dieses gegen ein Rechtsmittel zulässig sein. 5) Der Begriff des ,,Nachteils" ist der gleiche wie der des Rechtsnachteils in § 158 a. F. Unter einem Nachteil versteht man alle nachteiligen materiellen Folgen. Ein Vermögensnachteil wird nicht erfordert. RG. JW. 34, 559. Eine bloße Gefährdung genügt nicht. E. 36, 240; auch nicht eine bloß ideelle Benachteiligung. R. 9, 281. Ein Nachteil entsteht z. B. durch Erlaß eines Zwangsvollstr.-Einstellungsbeschlusses. RG. JW. 31, 2130; durch Zurücknahme einer Klage. RG. J W . 30, 555; durch die Erhebung von Beweisen, die durch den Meineid veranlaßt ist. RG. JW. 34, 559 — aber nicht durch Verschlechterung der Beweislage. Dresden DRZ. 30 Nr. 205; — durch Ausstellung eines Erbscheins. E. 39, 225; durch Erlaß einer einstw. Verfügung. GA. 56, 74. Schwört der Ehebruchszeuge in einem Scheidungsprozeß den Meineid ab, so besteht der Nachteil, wenn die Ehe aus anderen Gründen geschieden wird, für den Kläger darin, daß er keine Strafanzeige wegen Ehebruch erstatten und die Eheschließung zwischen den Ehebrechern nicht verhindern kann. OLG. Gera H E S t . 1, 20. Ein „Nachteil für einen anderen" liegt auch in jeder Beeinträchtigung des Strafanspruchs des Staates, also nicht nur in einem unrichtigen Freispruch, sondern auch schon in jeder sonstigen, der vollkommenen und unverzüglichen Verwirklichung des Strafanspruchs entgegenstehenden Maßnahme wie Einleitung und Durchführung eines Wiederaufnahmeverfahrens, Aufschub und Unterbrechung der Strafvollstreckung. RG. DR. 39, 1309. Ein Nachteil ist aus der falschen Aussage selbst dann entstanden, wenn das durch sie veranlaßte Strafverfahren auch ohne ihren unrichtigen Inhalt eingeleitet wäre. Recht 30 Nr. 1207; aber nicht dann, wenn der Rechtsnachteil mit der Aussage nicht in ursächlichem Zusammenhange steht. RG. H R R . 28 Nr. 2236. 6) D. h. eine Strafanzeige i. S. des § 158 StPO. E. 62, 303; Selbstanzeige genügt nicht. E. 67, 88. Die Berichtigung ist auch dann verspätet, wenn der Täter bei der Berichtigung von der inzwischen erfolgten Erstattung der Anzeige oder Einleitung der Untersuchung nichts wußte. 7) Eine Untersuchung ist eingeleitet, sobald das amtliche Einschreiten einer zur Verfolgung strafbarer Handlungen zuständigen Behörde in der äußerlich erkennbaren Absicht erfolgt, evtl. eine Bestrafung herbeizuführen. E. 62, 303; wenn z. B. der Meineidige in der Hauptverhandlung auf Antrag des StA. oder in einem bürgerlichen Rechtsstreit gemäß § 183 GVG. durch Gerichtsbeschluß vorläufig festgenommen ist. Es genügt schon der bloße Antrag des StA. auf Festnahme, auch die Beurkundung der falschen Aussage in der Niederschrift auf Antrag des StA., wenn dieser zum Einschreiten entschlossen ist und dies zum Ausdruck bringt. E. 73, 335. Eine bloße Vorbereitung der Entschließung, ob eine Untersuchung eingeleitet werden soll oder nicht, genügt nicht, auch nicht, wenn der Vorsitzende an Hand von herbeigeschafften Strafakten Vorhaltungen macht. RG. JW. 24, 1602. Unter Abs. 2 fallen nicht Untersuchungshandlungen, die auf Grund der den Widerruf enthaltenden Selbstanzeige des Meineidigen vorgenommen werden. E. 67, 81. 8) D. h. bei j e d e m Gericht, j e d e m Staatsanwalt, und j e d e r Polizeibehörde, auch wenn diese mit dem Verfahren in dem der Meineid usw. geleistet wurde, in keiner Weise befaßt war. 9) Die Berichtigung ist erfolgt, sobald das betr. Schriftstück vom Täter der Behörde zugänglich gemacht ist. Es braucht nicht an einen zur Vertretung der Behörde berufenen Beamten gelangt zu sein. Es genügt Einwerfen in einen von der Behörde angebrachten Briefkasten. E. 61, 123. Zu § 159: 1) Für die erfolglose Anstiftung zum Meineid (Verbrechen) und für andere Vorbereitungshandlungen zum Meineid gilt § 49a. § 159 erstreckt den § 49a Abs. 1 (aber — in Einschränkung des § 159 a F. i. d. F. v. 20. 1. 1944, RGBl. I S. 41 — nicht den Abs. 2) auf

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A 2. Strafgesetzbuch. § 160

der falschen uneidlichen Aussage3) und der wissentlichen Abgabe einer falschen Versicherung an Eides Statt 4 ).

§ 160. [Verleitung zum Falscheid] (1) Wer einen anderen zur Ableistung eines falschen Eides verleitet 1 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, und wer einen anderen zur Ableistung uneidl. Falschaussage und falsche e.V., also auf Vergehen, für die § 49a sonst nicht gelten würde. Die e n t s p r e c h e n d e Anwendung des § 49a führt dazu, daß die erfolglose Anstiftung so bestraft wird, als sei es zu einem strafbaren Versuch aus §§ 153, 156 gekommen, obwohl der Versuch nach diesen Vorschriften nicht mehr strafbar ist. 2) Eine erfolglose Anstiftung liegt auch vor, wenn der Täter sich einer Mittelsperson bedient, gleichviel ob sie die verbrecherische Absicht des Täters erkennt oder nicht. E. 59 370; RG. J W . 33, 2589; jedoch nur straflose Vorbereitungshandl., wenn der Täter einen Dritten zu dem Anzustiftenden entsendet, um diesen zur Rücksprache zu laden. E. 67, 191. § 159 ist auch anwendbar, wenn der Täter erfolglos einen anderen auffordert, daß dieser einen Dritten zur uneidl. Falschaussage anstifte. OLG. Tübingen DRZ. 49, 44. E s genügt, daß die Aussage in einem erst anhängig zu machenden Privatklageverfahren geleistet werden soll Recht 34 Nr. 187; der Täter braucht bei dem Beeinflussungsversuch noch nicht fest entschlossen zu sein, ein entsprechendes Verfahren anhängig zu machen. RG. H R R . 30 Nr. 676. Aus welchem Grunde der beabsichtigte Anstiftungserfolg nicht eingetreten ist, ist gleichgültig, deshalb ist § 159 auch anwendbar, wenn der Aufgeforderte lediglich einen (straflosen) Versuch begeht oder gutgläubig, wenn auch fahrlässig, falsch aussagt. E . 64, 223 ; 70, 267 oder zur Tat schon entschlossen ist. E. 74, 304, ferner, wenn der die Aufforderung enthaltende Brief nicht (E. 59, 370) oder erst nach der Vernehmung eintrifft. E. 59, 272, oder wenn die von dem Täter für falsch gehaltene Aussage objektiv richtig war. E. 64, 224. Mehrere Einwirkungsversuche auf denselben Zeugen und dieselbe Aussage können in Tatmehrheit stehen. RG. J R . 27 Nr. 2060. Keine „fortgesetzte" Verleitung, wenn auf mehrere Personen eingewirkt wird. E . 70, 334. Keine erfolglose, sondern eine nach §§ 48, 50 strafbare Anstiftung liegt vor, wenn der andere wegen Zurechnungsunfähigkeit nicht bestraft werden kann, aber mit „natürlichen" Vorsatz falsch ausgesagt hat. 3) (Erfolglose) Anstiftung liegt auch vor, wenn der Täter die Tatsache zwar für wahr hält, aber den Zeugen, der kein eigenes Wissen oder keine Erinnerung mehr besitzt, veranlassen will, so auszusagen, als bekunde er die Tatsache auf Grund eigener Wahrnehmung und eigener Erinnerung. E. 68, 278. Der Versuch, einen Zeugen zum Verschweigen einer Tatsache zu bestimmen, ist nach § 159 strafbar, wenn der Täter weiß, daß jene Tatsache für den Gegenstand der Vernehmung erheblich ist. oder daß der Zeuge ausdrücklich über sie befragt werden wird. E. 42, 103; 53, 220. Stiftet der Täter den Zeugen erfolglos an, uneidl. falsch auszusagen und dies erforderlichenfalls zu beschwören, so liegt nicht Tateinheit zwischen § 159 und § 49a, sondern nur ein Verbrechen nach § 49 a vor. 4) Und zwar vor einer zuständigen Behörde (§ 156). Sowohl der Auffordernde selbst wie nach seiner Vorstellung der Andere muß die Behörde für zuständig halten; ob sie wirklich zuständig ist, ist ohne Bedeutung. E. 72, 80; 73, 312. Daher keine strafbare Handlung, wenn der Auffordernde sich bewußt war, daß die betreffende Behörde (z. B. die Polizei) zur Abnahme einer e. V. unzuständig ist. RG. J R . 27 Nr. 1967. Zu § 160: 1) I. d. F. des Art. 7 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). § 160 betrifft, von der Annahme ausgehend, daß es eine mittelbare Täterschaft beim Meineid nicht gebe, den Fall, daß nach der Vorstellung des Verleitenden der falsche Eid von dem Schwörenden g u t g l ä u b i g , wenn auch vielleicht fahrlässig, geleistet werden soll. E. 64, 225. Dagegen ist § 49 a anwendbar, wenn dem Schwörenden ein Meineid angesonnen wird, er aber fahrlässig falsch schwört. E. 64, 223. Dem Schwörenden, falls er bisher ein anderes „bestes Wissen" gehabt hat, muß die Uberzeugung von der Wahrheit der falschen Aussage suggeriert sein. RG. D J Z . 07, 640. V e r l e i t e n = einen anderen durch Einwirkung auf seinen Willen bestimmen, daß er die von dem Verleitenden gewollte Tat als eigene verwirklicht. Zur Vollendung gehört die wirkliche Ableistung des Eides. E. 12, 254; 15, 148. Ob der Verleitete sich strafbar macht oder nicht, ist gleichgültig. RG. GA. 64, 370. Zum inneren Tatbestand genügt bedingter Vorsatz. BGH. N J W . 53, 1559. E r f o l g l o s e Verleitung ist nur als Versuch strafbar. E. 11, 418. Sie liegt auch vor, wenn der andere Teil bewußt die Unwahrheit sagt. RG. J W . 34, 1175; a. M. Schönke IV. Anstiftung und Beihilfe sind möglich.

2. Teil. 9. Abschnitt. Falsche uneidliche Aussage und Meineid. §§ 161, 162

157

einer falschen Versicherung an Eides Statt oder einer falschen uneidlichen Aussage verleitet 2 ), wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar3).

§ 161. [Nebenstrafen] (1) Bei jeder Verurteilung wegen Meineides1), mit Ausnahme der Fälle in den §§ 157 und 158, ist auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte2) und außerdem auf die dauernde Unfähigkeit des Verurteilten, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden3), zu erkennen. (2)4) In den Fällen der §§ 153, 156 bis 159 kann neben der Gefängnisstrafe auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§ 162. [Gidesbruch] (Aufgehoben durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953, BGBl. I S. 735.)

*§ 163!). [Fahrlässiger Falscheid] (1) Wenn eine der in §§ 154 bis 156 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit 2 ) begangen worden ist, so tritt Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre ein. (2) Straflosigkeit tritt ein, wenn der Täter die falsche Angabe rechtzeitig berichtigt. Die Vorschriften des § 158 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend. 2) Auch hier muß der Täter wollen, daß der andere g u t g l ä u b i g falsch uneidl. aussagt oder versichert. Die Verleitung kann z. B. darin bestehen, daß der Täter einen anderen veranlaßt, eine Schrift zu unterzeichnen, von der er nicht weiß, daß sie eine e. V. dieses Inhalts enthält. E. 34, 298. Der Verleitete muß zum mindesten wissen und damit einverstanden sein, daß die e. V. bei einer Behörde eingereicht wird, mag er auch nicht wissen oder sogar darüber getäuscht sein, daß sie zuständig i. S. des § 156 ist. RG. J W . 38, 1159. 3) Versuch kann .schon die Einwirkung auf eine Mittelsperson sein; a.M. E. 45, 286. Zu § 161: 1) D. h. in den Fällen der §§ 154, 155. Auch wenn gemäß § 154 Abs. 2 auf Gef. erkannt wird, die §§ 157 und 158 aber nicht angewendet werden, muß Eidesunfähigkeit und Ehrverlust ausgesprochen werden. E. 77, 223; RG. DR. 44, 231; B G H . N J W . 61, 206. 2) Der Ehrverlust ist hier zwingend vorgeschrieben; er ist nicht zulässig bei Jugendl., vgl. § 6 JGG. Auch bei Versuch, Beihilfe und erfolgloser Anstiftung (§ 49a) ist Ehrverlust obligatorisch (vgl. §§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 2, 45). 3) Auf Eidesunfähigkeit ist auch zu erkennen gegen den Anstifter. E. 4, 377; B G H S t . 1, 156, 245; gegen Jugendliche R G . J W. 28, 912 und bei Strafmilderung gem. § 51 Abs. 2. E. 69, 29. Bei Versuch und Beihilfe ist sie, da diese mit der Strafe der vollendeten T a t belegt werden können, jedenfalls zulässig. R G D R . 43, 894; B G H S t . 1, 156. Nach Schönke I I 3; OLG. H a m m H E S t . 2, 256 ist sie wegen „der grundsätzlichen Gleichstellung des Versuchs und der Beihilfe mit der vollendeten T a t " zwingend geboten (offengelassen in B G H S t . 1, 156) ; die Zulassung der Strafmilderung auf die Versuchsstrafe bewirkt aber bei dem Mangel einer dem § 45 entsprechenden Vorschrift für die Eidesunfähigkeit, daß bei Anwendung des Versuchsstrafrahmens die Eidesunfähigkeit nicht geboten ist. Bei erfolgloser Anstiftung zum Meineid war nach der Auslegung (vgl. B G H S t . 1, 241; OLG. Celle NdsRpfl. 50, 164) unter der Herrschaft des § 159a F., der den Fall der erfolglosen Verleitung zum Meineid mit aufzählte, Eidesunfähigkeit ausgeschlossen, weil § 161 Abs. 2 eine abschließende Regelung der Nebenstrafen usw. für den Fall des § 159 enthalte. Diese schon damals angreifbare, weil sehr formale Begründung, hat mit der Neufassung des § 159 ihre Grundlage verloren. Die jetzt in § 49 a vorgeschriebene Bestrafung nach den für den Versuch geltenden Vorschriften muß dazu führen, daß wie bei dem Versuch Eidesunfähigkeit zulässig, aber nicht zwingend vorgeschrieben ist. Die Unfähigkeit ist keine Nebenstrafe, sondern eine polizeiliche Sicherheitsmaßregel. E. 73, 256; B G H . N J W . 53, 1195. Auch wenn die Strafermäßigungsgründe (§§ 157, 158) unrichtigerweise zugebilligt sind, darf auf dauernde Unfähgikeit nicht erkannt werden. RG. J R . 27 Nr. 1692. 4) Abs. 2 i. d. F. der VO. v. 20. 1. 1944 (RGBl. I S. 41). Zu § 163: 1) Abs. 1 i. d. F. der VO. v. 20. 1. 1944 (RGBl. I S. 41), Abs. 2 i. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Zu unterscheiden ist (vgl. RG. J W . 36, 260) zwischen dem E i d d e r P a r t e i und

158

A 2. Strafgesetzbuch. §164

10. Abschnitt. Falsche § 164

Anschuldigung*)

. [Falsche Anschuldigung]

(1) Wer einen anderen 2 ) bei einer Behörde 3 ) oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten 4 ) oder militärischen Vorgesetzten oder öffentdem Z e u g e n e i d . Die P a r t e i hat, insbesondere bei der eidlichen Parteivernehmung (RG. H R R . 38 Nr. 631) und beim Offenbarungseid (RG. H R R . 38 Nr. 1077) die Pflicht, vor der Eidesleistung Nachforschungen anzustellen und ihr Gedächtnis in geeigneter Weise aufzufrischen. Schuldhafte Verletzung der Pflicht begründet Fahrlässigkeit, wenn die Aussage dadurch falsch wird. Beim Z e u g e n hingegen besteht keine Vorbereitungspflicht, vielmehr wird von ihm nur verlangt, daß er ein nach seiner Vorstellung sicheres Erinnerungsbild richtig (d. h. seiner Vorstellung entsprechend), ein unsicheres Erinnerungsbild aber unter Kennzeichnung der Unsicherheit widergibt. Fahrlässigkeit des Zeugen ist danach möglich a) wenn er ohne weiter nachzudenken und sich zu besinnen, vorschnell und leichtfertig seine Aussagen macht. E. 42, 236; b) wenn der wahre Hergang seinem Gedächtnis völlig entschwunden ist und er, da bloße Gedächtnisanspannung allein nicht hilft, es unterläßt, zur Verfügung stehende Hilfsmittel — ggb. mit Vorsicht —, zu benutzen, durch die er sich von der Unrichtigkeit seines Erinnerungsbildes überzeugen oder doch wenigstens Zweifel an dessen Richtigkeit bekommen könnte. Ist in einem Zeugen ein Irrtum festgewurzelt, so müssen greifbare Tatsachen nachgewiesen werden, die in ihm Zweifel gegen die Treue seines Erinnerungsbildes hervorzurufen geeignet waren. E. 63, 370. Bei unwesentlichen Punkten wird sich häufig Fahrlässigkeit nicht nachweisen lassen. RG. J W . 30, 3401. Fahrlässigkeit liegt auch darin, daß ein Zeuge beim Verlesen des Protokolls nicht aufpaßt und seine falsche Aussage nicht berichtigt. GA. 52, 391, oder sie zwar berichtigen will, aber dies vergißt. E. 45, 151. Auf den sonstigen Gang der Hauptverhandlung und die Aussagen der anderen Zeugen braucht er aber nicht zu achten. GA. 50, 399. Die für die Zeugen maßgebenden Grundsätze gelten auch für die eidliche P a r t ei Vernehmung w ä h r e n d der Vernehmung (RG. H R R . 38 Nr. 631). Ein S a c h v e r s t . schwört fahrlässig falsch, wenn er bei der ihm zugänglichen Kenntnis der Unterlagen und der ihm eigenen Sachkunde zu einer anderen Überzeugung hätte kommen müssen. RG. JW. 33, 1007. Fahrlässiger Falscheid kann auch dadurch begangen werden, daß der Täter vorsätzlich falsch aussagt, aber glaubt, die falsche Angabe (z. B. über seine Personalien) werde von dem Eid nicht u m f a ß t ; in diesem Falle ist Tateinheit zwischen § 163 und vorsätzl. uneidl. Aussage (§ 153) möglich. BGH. N J W . 53, 1113. — Fahrlässige Abgabe einer e i d e s s t a t t l i c h e n V e r s , kann z. B. dadurch begangen werden, daß derjenige, welcher ein Schriftstück mit einer e. V. unterschrieben hat, es gar nicht gelesen h a t und nicht weiß, daß es eine solche Versicherung enthält. E. 70, 267; selbst dann, wenn der Erklärende den falschen Teil seiner Erklärung gar nicht als e. V. abgeben wollte. J R . 26 Nr. 333; E. 34, 298; oder daß jemand seinen Namen auf ein leeres Papier setzt und es einem anderen mit der Anweisung aushändigt, eine e. V. bestimmten Inhaltes darüber zu setzen. GA. 57, 396 und Recht 14 Nr. 1044. Wahlfeststellung zwischen vorsätzl. und fahrl. T a t ist möglich. BGH. N J W . 53, 1721. *) Schutzobjekt des 10. Abschnitts ist die Rechtspflege gegen Irreführung, daneben der fälschlich Angeschuldigte gegen Angriffe auf seine Ehre und gegen ungerechtfertigte behördl. Maßnahmen. BGH. N J W . 52, 1385. Daraus folgt, daß die E i n w i l l i g u n g des Verdächtigten die Rechtswidrigkeit nicht ausschließt (E. 59, 95; BGH. N J W . 54, 201; s. aber Anm. 1 zu §165). Wer eine den Tatsachen entsprechende Anzeige erstattet, um eine Verurteilung des Angezeigten in einem gerichtlichen Verfahren herbeizuführen, fällt niemals unter § 164. Er kann aber auch, wenn das Gericht ein dem Gesetz entsprechendes Urteil fällt, sich nicht der in mittelbarer Täterschaft herbeigeführten Freiheitsberaubung (bei einem auf Freiheitsstrafe lautenden und vollstreckten Urteil) schuldig machen, denn die Rechtsmäßigkeit der im Urteil ausgesprochenen Unrechtsfolgen kann denkgesetzlich für den Richter, die Strafverfolgungsbehörde und den wahrheitsgemäß Anzeigenden nur gleichmäßig und einheitlich beantwortet werden. Ein Urteil kann aber wegen Verletzung anerkannter Grundsätze staatlichen Strafens, z. B. wegen Verletzung des ungeschriebenen Grundsatzes des deutschen, wie jedes anderen Kulturstrafrechts, das grausame oder übermäßig harte Strafen verbietet, rechtswidrig sein. Wegen Herbeiführung der Folgen eines solchen Urteils ist der Anzeigende nur schuldig, wenn sein (unbedingter oder bedingter) Vorsatz auch die Möglichkeit eines der wahren Rechtslage widersprechenden Urteils umfaßt. BGHSt. 3, 110; N J W . 53, 793.— Sondervorschrift für die polit. Verdächtigung in § 241a. Vgl. noch Nr. 221 der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). Zu § 164: 1) I. d. F. des Ges. v. 26. 5. 1933 (RGBl. I S. 298). 2) Die Beschuldigung muß sich gegen eine bestimmte vorhandene und erkennbare

2. Teil. 10. Abschnitt. Falsche Anschuldigung. § 164

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lieh5) wider besseres Wissen6) einer strafbaren Handlung7) oder der Verletzung einer Amts- 8 ) oder Dienstpflicht 9 ) in der Absicht10) verdächtigt11), ein behördPerson richten. E. 70, 368, wobei es genügt, daß der Verdächtige so bezeichnet ist, daß seine Ermittlung möglich ist. E. 42, 18. Nicht unter § 164 fällt die falsche Selbstbezichtigung („einen anderen"). E. 59, 34, die falsche Anschuldigung eines Verstorbenen. RG. DR. 42, 1756 und die Bezichtigung einer erdichteten (nicht vorhandenen) Person. E. 71, 306. Falsche Selbstbezichtigung und Beschuldigung nicht vorhandener Personen (Vortäuschung einer strafbaren Handlung) sind jedoch nach § 145 d, die falsche Beschuldigung Verstorbener nach § 189 strafbar. Sind in einer Eingabe mehrere Beschuldigungen gegen mehrere Personen erhoben worden, so liegt nur e i n Vergehen gegen § 164 vor. RG. Recht 43 Nr. 272. 3) Behörde ist ein, sei es aus einer, sei es aus mehreren Personen bestehendes Organ der Staatsgewalt, das dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität nach eigenem Ermessen für die Herbeiführung der Zwecke des Staates tätig zu sein, wobei das Organ oder Amt als solches unabhängig von dem Vorhandensein, dem Wechsel des Beamten besteht. E. 54, 150; RG. D J . 35, 1636. Z. B. ein Forstmeister. E. 41, 442; der Präsident einer Rechtsanwaltskammer. RG. J W . 36, 1604. Keine Behörden sind öffentlich-rechtliche Körperschaften, die nicht für Zwecke des Staates, sondern lediglich für ihre eigenen Zwecke — Betreuung ihrer Mitglieder — tätig sind wie Ortskrankenkassen und Berufsgenossenschaften. RG. D S t R . 37, 51, und Provinzialfeuersozietäten. OLG. Marienwerder. D S t R . 37, 173. Soweit Schutzobjekt die Rechtspflege ist, würden an sich nur d e u t s c h e Behörden in Betracht kommen. E. 60, 312 (einschl. der deutschen Behörden der Ostzone. OLG. Köln N J W . 52, 117). Weil Schutzobjekt zugleich aber auch der fälschlich Angeschuldigte ist, müssen jedenfalls auch Anzeigen bei den Besatzungsbehörden mit Sitz in Deutschland unter § 164 fallen, BGH. N J W . 52, 1385; OLG. Celle H E S t . 1, 42; v. Weber DRZ. 49, 20. Die Behörde braucht nicht zur Verfolgung strafbarer Handlungen, nicht einmal zur Bearbeitung der Angelegenheit oder auch nur zur Empfangnahme der Anzeige zuständig oder zur Weitergabe an die zuständige Stelle verpflichtet zu sein. RG. D J . 37, 943. Doch fällt eine mißbräuchliche Inanspruchnahme der Zivilrechtspflege nicht unter § 164. RG. D J . 38, 1917. Rein kirchliche Ämter gehören nicht hierher. E. 47, 49. Es genügt die Anzeige bei einer Privatperson, wenn diese sie erwartungsgemäß an die Behörde gelangen läßt. E. 33, 383. Bei Zurücknahme oder Widerruf der Anzeige, bevor sie an die Behörde gelangt, liegt § 164 nicht vor. BayObLG. DRZ. 27 Nr. 968, auch wenn trotzdem die Anzeige weitergegeben wird. RG. GA. 52, 246. 4) Siehe § 158 StPO. 5) Siehe Anm. 2 zu § 200. 6) Wider besseres Wissen handelt nur, wer von dem Gegenteil der behaupteten Tatsache überzeugt ist, nicht auch, wer nicht von der Wahrheit der Behauptung überzeugt ist (bedingter Vorsatz genügt nicht). E. 71, 34. § 164 ist nicht erfüllt, wenn jemand eine Anschuldigung, an deren Richtigkeit er glaubt, durch bewußt unzutreffende Beweismittel oder -anzeigen zu belegen versucht. RG. DR. 42, 1141; OLGe Frankfurt H E S t . 2, 258; Köln N J W . 52, 117. Da mehrere falsche Angaben bei einer Vernehmung nur e i n e n Meineid darstellen, verdächtigt der Anzeigende nicht wider besseres Wissen des Meineids, wenn er wenigstens in einem Punkt eine bewußt falsche Aussage für gegeben ansieht, auch wenn er bezgl. der übrigen Angaben wider besseres Wissen des Meineids bezichtigt. BGH. N J W . 53, 353. § 193 ist unanwendbar, und zwar auch, soweit falsche Anschuldigung in Tateinheit mit übler Nachrede begangen ist. E. 71, 34. „Wider besseres Wissen" bezieht sich nur auf den Inhalt der Verdächtigung; für die Tatbestandsmerkmale Behörde, Zuständigkeit des Beamten, Strafbarkeit der angezeigten Handl. genügt bedingter Vorsatz. LK. 4 c ; OLG. Köln N J W . 53, 1843. 7) D. h. einer mit Kriminalstrafe bedrohten Handlung. E. 32, 77. Ergibt sich aus der Anzeige gleichzeitig ein Schuld- oder Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrund oder ein die Strafverfolgung endgültig ausschließendes Hindernis, so liegt eine falsche Anschuldigung nicht vor, z. B. nicht, wenn ein Ehegatte den andern eines Diebstahls bezichtigt (§ 247 Abs. 2). E. 21, 101, oder bei einer Beleidigung ohne weiteres die Anwendbarkeit des § 193 klar ist. Recht 30 Nr. 1538; oder Verjährung eingetreten ist. E. 23, 371. Falsche Anschuldigung liegt aber vor, wenn ein solcher Grund wissentlich verschwiegen wird, z. B. Verjährung. E. 23, 371; JW. 34, 169; Notwehr. Recht 33 Nr. 1691. Die falsche Anschuldigung kann auch darin bestehen, daß der Verdächtigte, der wirklich eine strafbare Handlung begangen hat, einer anderen (schwereren) Tat bezichtigt wird. Bloße Übertreibungen, die für die Strafzumessung, aber nicht für die rechtliche Beurteilung der tatsächlich begangenen T a t wesentlich sind, fallen nicht unter § 164, Straube D J . 40, 645, z. B. wenn der Anzeigende mehrere An-

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A 2. Strafgesetzbuch. § 164

liches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird wegen falscher Anschuldigung mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft12). (2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der im Abs. 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art 13 ) aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen14) gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. (3) Ist die Tat in der Absicht begangen, sich oder einem Dritten einen Vorteil15) zu verschaffen, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. (4) Neben der Strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden 16 ). (5) Ist die falsche Anschuldigung (Abs. 1, 2) nicht wider besseres Wissen, aber vorsätzlich oder leichtfertig17) begangen, so ist die Strafe Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geldstrafe 18 ). gaben einer Zeugin bei ihrer eidl. Vernehmung als wahrheitswidrig bezeichnet, während die Meineidsanzeige nur hinsichtl. e i n e r Angabe begründet ist, da die falsche Aussage bei derselben Vernehmung ohne Rücksicht auf die Zahl der tatsächl. Angaben nur e i n Meineidsverbrechen bildet. BGH. N J W . 53, 353. 8) Vgl. 52 ff BBG. und die entsprechenden Vorschriften der Landesbeamtengesetze. 9) Dienstpflichtverletzung kommt in Frage, wenn bei einem Nichtbeamten die Verletzung gesetzlich geregelter Berufspflichten durch ehrengerichtliches Verfahren geahndet wird, z. B. bei Rechtsanwälten. RG. J W . 36, 1604. 10) Bedingter Vorsatz genügt nicht. RG. J W . 35, 864. In der Absicht handelt auch, wer die Verfolgung auf die Spur eines anderen lenkt, um den Verdacht von sich selbst abzuwenden. E. 69, 173. 11) D. h. durch eine Behauptung tatsächl. Art den Verdacht auf eine bestimmte andere Person hinlenkt oder den etwa schon vorhandenen falschen Verdacht verstärkt. Die Behauptung kann nicht nur durch mündliche oder schriftliche Mitteilungen, sondern auch z. B. durch fälschliche Zuschiebung von Beweismitteln erfolgen. Eine einseitige, aus eigenem Antriebe des Anzeigenden hervorgegangene Mitteilung an die Behörde ist nicht nötig; es genügt auch, wenn der Mitteilende durch eine amtliche Vernehmung zu der Aussage veranlaßt worden ist. E. 69, 173. Bei Verdächtigung mehrer Personen in einem Schriftstück kann Tatmehrheit oder Tateinheit nach den für die Beleidigung aufgestellten Rechtsgrundsätzen (vgl. Anm. 3 zu § 185) vorliegen. RG. DR. 39, 623. 12) Tateinheit zwischen §§ 164 und 187 möglich. E. 53, 206. 13) „Sonstige" Behauptung = eine nicht unter Abs. 1 fallende Behauptung. Den Gegensatz zur „Behauptung tatsächl. A r t " bilden bloße Werturteile, die nicht unter Abs. 2 fallen. OLG. Celle HannRpfl. 47, 79; vgl. Anm. 3 zu § 186. 14) Darunter ist jede behördliche Maßregel zu verstehen, die irgendeinen Nachteil für die von der tatsächlichen Behauptung betroffene Person herbeiführt oder zur Folge haben kann. Einfache Zurückweisung genügt nicht. OLG. Dresden J W . 34, 309. 15) Der Begriff ist der gleiche wie z. B. in § 259 (siehe dort Anm. 1); es genügt daher auch ein nichtwirtschaftlicher Vorteil. RG. J W . 38, 501, z. B. Abwendung eines Verdachts. E. 72, 388. Abs. 3 gilt nicht f ü r die Fälle des Abs. 5. RG. D R . 41, 1402. 16) Gilt nur f ü r Abs. 1—3, nicht für Abs. 5. RG. J W . 36, 2715. 17) D. h. grob fahrlässig. E. 71, 176. Leichtfertig handelt, wer bei gewissenhafter, ihm möglicher und zumutbarer P r ü f u n g h ä t t e erkennen m ü s s e n , daß die Unterlagen, die ihm zur Verfügung stehen, unzuverlässig oder unzulänglich sind. E. 74, 257; wie z. B. wenn er angebliche Geschehnisse, die ihm durch haltlose Gerüchte oder Vermutungen zugetragen sind, als Tatsachen hinstellt. RG. D J . 37, 785. Ist auch nur mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Behauptung wahr ist, so ist sie nicht leichtfertig unwahr aufgestellt. E. 71, 173. Grundsätzlich besteht also eine Erkundigungspflicht. Doch dürfen die Ansprüche nicht überspannt werden. Von einem Laien kann nicht verlangt werden, daß er vorher selbst Ermittlungen über die Wahrheit einer Behauptung anstellt, weil er dazu ohne behördliche Machtmittel in der Regel nicht in der Lage ist. E. 71, 37. Lag bei dem Täter ein festeingewurzeltes Erinnerungsbild vor, so muß festgestellt werden, daß ihm geeignete Hilfsmittel zur Verfügung standen, um die Unrichtigkeit der Anschuldigung zu erkennen. RG. DR. 39, 988. § 164 Abs. 5 findet keine Anwendung, wenn der Anzeigende die Tatsachen, aus denen er den Verdacht schöpft, richtig anzeigt und daraus nur leichtfertig folgert, daß sie seinen (unbegründeten)

§165. — 2. Teil. 11. Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen. §166

161

(6) Solange ein infolge der g e m a c h t e n Anzeige eingeleitetes Verfahren a n h ä n g i g 1 9 ) ist, soll mit dem Verfahren und m i t der Entscheidung über die falsche Anschuldigung inne gehalten werden.

§ 165. [Urteilsbekanntmachung] (1) W i r d wegen falscher Anschuldigung auf Strafe e r k a n n t , so ist zugleich dem V e r l e t z t e n 1 ) die Befugnis 2 ) zuzusprechen, die Verurteilung auf K o s t e n des Schuldigen öffentlich b e k a n n t z u m a c h e n . Die Art der B e k a n n t m a c h u n g , sowie die F r i s t zu derselben, ist in dem Urteil zu bestimmen. (2) D e m Verletzten ist auf K o s t e n des Schuldigen eine Ausfertigung des Urteils zu erteilen.

11. Abschnitt.

Vergehen,

welche sich auf die Religion

beziehen

§ 166. [Gotteslästerung. Beschimpfung von Religionsgesellschaften] W e r dadurch, daß er öffentlich 1 ) in beschimpfenden 2 ) Äußerungen G o t t 3 ) l ä s t e r t 4 ) , ein Ärgernis g i b t 5 ) , oder wer öffentlich eine der christlichen K i r c h e n 4 ) Verdacht rechtfertigen. E. 71, 167; OLG. Düsseldorf NJW. 53, 1685. Abs. 5 kann auch durch eine dienstliche Mitteilung eines Beamten an einen anderen Beamten verwirklicht werden. E. 72, 96. 18) Tateinheit mit § 186 ist möglich. Die Strafe ist im Hinblick auf § 165 aus § 164 Abs. 5 zu entnehmen. RG. D J . 38, 867. § 193 findet keine Anwendung. E. 72, 96. 19) Dahin gehört schon das staatsanwaltliche Ermittelungsverfahren. E. 8, 184; ist gegen seine Einstellung Beschwerde eingelegt, so ist es noch so lange anhängig, als auf die Beschwerde noch kein endgültiger ablehnender Bescheid ergangen ist. RG. GA. 39, 235; vgl. E. 31, 231 und GA. 57, 221. Die Einleitung des Verfahrens ist nicht schon mit dem Eingange der Anzeige anzunehmen; es muß vielmehr erst eine einleitende Verfügung ergangen sein. Recht 6, 536. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Präsident der Rechtsanwaltskammer einem Rechtsanwalt eine gegen ihn eingegangene Beschuldigung zur Äußerung zuleitet. OLG. Köln J W . 36, 2486. Gemeint ist in Abs. 6 nur ein Verfahren, in dem es sich um die Feststellung der Tatfrage handelt; Abs. 6 findet deshalb in der Revisionsinstanz keine Anwendung. E. 26, 365. — Abs. 6 ist — im Gegensatz zu § 191 — eine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung die Revision nicht begründet. OLG. Celle HESt. 1, 46; KG. N J W . 53, 916; a. M. RG. in stand. Rechtspr., z. B. DR. 41, 1403. Zu § 165: 1) Dem Vorgesetzten eines verletzten Beamten kann — abweichend von §§ 196, 200 — die Befugnis nicht zugesprochen werden. E. 72, 169. Einwilligung des Verdächtigten in die falsche Anschuldigung schließt zwar nicht die Rechtswidrigkeit (vgl. Anm. * vor § 164), wohl aber die Zuerkennung der Veröffentlichungsbefugnis aus. BGH. NJW. 54, 201. 2) Vgl. Anm. 3 zu § 200. Zu § 166: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 200. 2) Beschimpfung ist die nach Form oder Inhalt besonders rohe und verletzende Kundgabe der Mißachtung. Sie kann im Ausdruck liegen, auch wenn Schimpfworte nicht gebraucht werden. E. 31, 307, in der Behauptung schimpflicher Tatsachen. E. 28, 403, oder in schwer herabsetzenden Werturteilen (,,vorbestraft durch die Taufe"). E. 67, 373, auch in einem rohen Vergleich. E. 61, 151, oder in bildlichen Darstellungen. E. 64, 121. Beschimpfend ist z. B. die Bezeichnung der Kirche als Verdummungsanstalt. RG. J W . 11, 237; die Ausstellung religiöser Schriften in der Abt. „Schundliteratur". BayObLG. J W . 26, 1994; die Bezeichnung der Geistlichen als „das schwarze Gesindel". BayObLG. LZ. 33, 605. Nicht ist notwendig, daß der Täter den Zweck verfolgt, seine Mißachtung zum Ausdruck zu bringen, es genügt vielmehr das Bewußtsein, daß die Handlung sich objektiv als Ausdruck der Mißachtung erweist. Recht 13 Nr. 3494. Bloßer Spott, geringschätzige, leichtfertige und frivole Redensarten genügen nicht. E. 10, 146; 27, 284. Die Wiedergabe von Äußerungen Dritter ist nur Beschimpfen, wenn der Wiedergebende sie sich zu eigen macht. E. 46, 356. Beschimpfung kann durch Gutgläubigkeit ausgeschlossen werden. E. 63, 20; aber nicht dadurch, daß die Äußerung der Ausdruck der Überzeugung des Täters ist. R G . J W . 29, 3385; oder daß der Täter an sich berechtigte Zwecke verfolgt oder sich bei seinen bildlichen Darstellungen einer künstlerischen Form bedient. E. 64, 121. 11

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

162

A 2. Strafgesetzbuch. § 166

oder eine andere im Staate bestehende Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechtes7), oder ihre Einrichtungen8) oder Gebräuche9) beschimpft2), ingleichen wer in einer Kirche10) oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte11) beschimpfenden Unfug verübt12), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. 3) D. i. der Gottesbegriff, wie er in den Bekenntnissen der christlichen Kirche niedergelegt ist. E, 6, 77. Auch eine Lästerung Christi gehört hierher. E. 64, 123. 4) Gott lästert, wer in schmähsüchtiger Weise etwas Verächtliches über Gott aussagt und so der Ehre u n d Heiligkeit Gottes Abbruch t u t . E. 61, 153. Die Leugnung der Existenz Gottes ist allein keine Gotteslästerung. 5) Es genügt nicht, daß die Handlung objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen, d. h. das religiöse Gefühl zu verletzen, sondern es muß mindestens e i n e Person in ihrem religiösen Gefühl verletzt worden sein und deshalb Anstoß genommen haben. Bei mündlichen Äußerungen muß mindestens einer der dabei Anwesenden Ärgernis genommen haben; es genügt nicht, daß erst durch die Weitergabe der Äußerung Ärgernis gegeben wird. E. 16, 245; 40 262. 6) D. h. die in einem deutschen Land mit öffentlich-rechtlichen Korporationsrechten versehenen Kirchen. E. 5, 188. Im Schrifttum (vgl. Schönke I I I 1) wird vielfach eine unmittelbar gegen die Kirche gerichtete Beschimpfung verlangt, mittelbare Beschimpfung — durch Beschimpfung einzelner Lehr- und Glaubenssätze oder hervorragender Persönlichkeiten — für nicht ausreichend erklärt. Nach der Rechtsprechung des RG. genügen solche Beschimpfungen, aber nur, wenn sie sich tatsächlich auch gegen die Kirche richten. Beispiele: Die Beschimpfung Luthers als Stifter der evangelischen Kirche kann zugleich deren Beschimpfung enthalten. R. 5, 676; R. 7, 664. Eine Beschimpfung der Bibel enthält nur dann einen Angriff gegen die christliche Kirche, wenn die Bibel als solche und als dogmatische Grundlage des christlichen Glaubens angegriffen ist. E. 40, 262. Ebenso liegt in der Beschimpfung der Unfehlbarkeitsdogmas nicht ohne weiteres eine Beschimpfung der katholischen Kirche selbst. E. 26, 294. 7) Dahin gehören z. B. die Altkatholiken. OR. 18, 644. Unerheblich, ob innerhalb der Religionsgesellschaft eine große Reihe von Sekten mit verschiedenen Lehren besteht. Recht 32 Nr. 2184. 8) Das sind allgemeine Ordnungen, die von befugter kirchlicher Stelle für die äußere und innere Verfassung sowie für die Religionsübung geschaffen sind. Frank II 2. Dazu gehören n i c h t eine einzelne Kirche als sichtbare Form. OLG. Dresden LZ. 28, 1113; die zehn Gebote, E. 26, 435, die Kanzel, E. 26, 39; wohl aber: die Taufe. E. 67, 373; Papsttum und römische Kurie. Dresden LZ. 26, 1154; das Priestertum (nicht der Priesterstand) als Einrichtung der katholischen Kirche. E. 27, 284; Meßopfer und Beichte. E. 33, 221; BayObLG. DRZ. 28 Nr. 939; ferner das lutherische Predigtamt. R. 5, 676; die Sonntagsheiligung und das geistliche Lehramt. R. 8, 692; das Vaterunser. Recht 19 Nr. 2614; das apostolische Glaubensbekenntnis. J R . 25 Nr. 178; R. 3, 755; Kirchenlieder und Responsorien. RG. GA. 37, 362; H R R . 28 Nr. 1063; der „englische Gruß" Ave Maria. Recht 16 Nr. 1722; GA. 60, 80; Fastenhirtenbriefe. DRZ. 32 Nr. 521. 9) Gebräuche sind a l l g e m e i n e tatsächliche Übungen, z. B. Hauskollekte, R. 2, 582, geistliche Amtstracht, E. 6, 88, in der katholischen Kirche die Ausstellung von Reliquien. E. 22, 238; 24, 12; der Segen. H R R . 32 Nr. 1272; Einweihung einer Kirche. GA. 45, 45; bei Beerdigungen übliche Gebete. E. 31, 133. Richtet sich die Beschimpfung zunächst gegen eine einzelne Handlung (Versehgang des Pfarrers), so ist festzustellen, ob der Täter mit der Beschimpfung über den einzelnen Fall hinaus den Gebrauch selbst h a t treffen wollen. E. 45, 11. 10) Auch wenn ihrer Religionsgesellschaft die Korporationsrechte fehlen oder sie zur Tatzeit nicht besucht ist. E. 32, 212. Zur Kirche gehören Sakristei. E. 45, 243, und Vorhalle. Recht 9, 171. 11) Die Bestimmung des Ortes zu religiösen Versammlungen muß seine w e s e n t l i c h e Bestimmung sein; daher fällt nicht unter § 167 eine öffentliche Straße während der Dauer einer Prozession. E. 28, 303; 29, 334, wohl aber Kapellen, Kulträume, Friedhöfe. E. 27, 296; H R R . 32 Nr. 576; dagegen nicht ein Grundstück, das erst zu einem Kirchhof bestimmt ist. GA. 42, 250. Ein Gebäude verliert dadurch, daß es während eines Umbaues unbenutzbar ist, nicht seine Eigenschaft. Recht 15 Nr. 3137. Ob an dem Ort gerade eine religiöse Versammlung stattfindet, ist unerheblich. E. 32, 12. 12) Jede Handlung, die durch ihre Roheit das religiöse Gefühl anderer zu verletzen geeignet ist und — dem Täter bewußt — Mißachtung gegen die Heiligkeit des Ortes zum Ausdruck bringt. E. 43, 201. Z. B. Beischlafvollziehung auf einem Kirchhof. R. 7, 195; Ausstoßen von religionsfeindlichen Kampfrufen auf einem Kirchhof. H R R . 32 Nr. 576.

2. Teil. 11. Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen. §§ 167, 168

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§ 167. [Störung des Gottesdienstes] Wer durch eine Tätlichkeit oder Drohung jemand 1 ) hindert, den Gottesdienst 2 ) einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft3) auszuüben, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte 4 ) durch Erregung von Lärm 5 ) oder Unordnung 6 ) den Gottesdienst oder einzelne gottesdienstliche Verrichtungen 7 ) einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft vorsätzlich verhindert 8 ) oder stört 9 ), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. * § 168. [Leichendiebstahl. Störung der Totenruhe] (1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten eine Leiche1), Leichenteile ) oder die Asche eines Verstorbenen wegnimmt 3 ), wer daran oder an einer Beisetzungsstätte beschimpfenden Unfug verübt 4 ) oder wer eine Beisetzungsstätte 2

Zu §167: 1) Den Gottesdienst übt der aus, dessen Mitwirkung nach der Ordnung der betreffenden Religionsgemeinschaft wesentlich ist, nicht jeder Teilnehmer (str.). 2) Gottesdienst besteht in der Vereinigung der Mitglieder einer Kirche oder Religionsgesellschaft zur religiösen Erbauung durch Verehrung und Anbetung Gottes in dem dazu bestimmten Räume und gemäß den Vorschriften und Gebräuchen der kirchlichen Gemeinschaft. R. 7, 363. P e r Gemeindegesang ist Gottesdienst. GA. 62, 328. 3) Korporationsrechte braucht sie — im Gegensatz zu § 166 — nicht zu haben. E s gehören hierher z. B. auch die Heilsarmee. E. 39, 388, die „Gemeinde der evangelischen Gemeinschaft". E. 34, 264. 4) Vgl. Anm. 10 und 11 zu § 166. 5) Der Lärm braucht nicht in der Kirche oder unmittelbar an dem Orte selbst verübt zu werden. E. 5, 258 (Lärm von außen). Der Erfolg der Störung muß in der Kirche eingetreten sein. E. 37, 150. 6) Erregung von Unordnung liegt vor, wenn die äußere Ordnung des Gottesdienstes beeinträchtigt ist; nicht, wenn nur eine rein psychische Wirkung hervorgerufen ist. E. 37, 147. 7) Das sind dem Ritus entsprechende unter Assistenz eines Geistlichen erfolgende Akte der Religionsausübung, die neben dem eigentlichen Gottesdienst dem religiösen Bedürfnis einzelner dienen, z. B. in der katholischen Kirche die Einführung eines Kirchenvorstehers, E. 23, 199, eine Prozession, OLG. Tübingen DRZ. 48, 398; in der evangelischen Kirche die Bestattungszeremonie auf dem Kirchhofe, E. 27, 296; 34, 265. 8) Auch eine vorübergehende Hinderung genügt. R. 9, 169. 9) Daß die ganze Gemeinde gestört wird, ist nicht erforderlich; es genügt eine allgemeine Störung, aber nicht die einer einzelnen Person. E. 17, 316. Die R e c h t s w i d r i g k e i t kann ausgeschlossen sein z. B. durch erlaubten Gewerbebetrieb. E. 37, 151, oder durch Notwehr gegen Beleidigungen durch den Geistlichen. E. 21, 168. Zu § 168: 1) Leiche ist der tote menschliche Körper, solange der Zusammenhang nicht durch Verwesung oder auf andere Weise vollständig aufgehoben ist, auch die Totgeburt, wenn die Frucht ausgetragen ist, oder wenigstens außerhalb des Mutterleibes h ä t t e leben können. E. 69, 288, aber nicht der unentwickelte Fötus. 2) Bisher Übertretung nach § 367 Nr. 1. Fremde Bestandteile, die in einen menschl. Körper in trennbarer Weise eingefügt sind, wie Zahnprothesen, sind als solche keine Leichenteile (vgl. dazu Anm. 3 zu § 242 und unten Anm. 4). 3) Gewahrsam = tatsächliches Obhutsverhältnis. Wegnimmt = das Obhutsverhältnis bricht. OLG. Hamburg J R . 28, 151. Vor der Bestattung ist Gewahrsamsberechtigter der Bestattungspflichtige oder derjenige, der die Obhut übernommen hat (Krankenhaus, Friedhof, Leichenhalle usw.). An den in einem pathologischen Institut aufbewahrten Leichen hat der Institutsleiter Gewahrsam. OLG. Hamburg J W . 28, 2285; s. dazu Schläger J R . 28, 151. Bei bestatteten Leichen hat der Eigentümer des Friedhofs Gewahrsam. E. 28, 139. 4) Beschimpfender Unfug ist eine grobe, rohe Handlung, die die dem Toten geschuldete Pietät mißachtet und den Frieden des Toten, seiner Asche und seiner Ruhestätte stört. E. 39, 156; 48, 299. Die Tat kann sich gegen den unbestatteten Leichnam usw. oder gegen die Beisetzungsstätte richten. Im ersteren Fall handelt es sich meist um Handlungen, die, an einem Lebenden begangen, als Körperverletzung, Beleidigung, Unzucht usw. strafbar wären (Leichenschändung) ; darunter fällt z. B. auch das Herausreißen von Zahnprothesen oder Zähnen mit Edelmetallplomben. Im zweiten Falle muß sich die Tat gegen die Beisetzungsstätte 11*

164

A 2. Strafgesetzbuch. § 169

zerstört oder beschädigt 6 ), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (2) Der Versuch ist strafbar. 12. Abschnitt. Straftaten

gegen den Personenstand,

die Ehe und die

Familie*)

§ 169. [Veränderung oder Unterdrückung des Personenstandes] (1) Wer ein Kind unterschiebt oder voraätzlich verwechselt, oder wer auf andere Weise den Personenstand 1 ) eines anderen vorsätzlich verändert oder unterdrückt 2 ), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren, und, wenn die Handlung (Grab, Beisetzungsort einer Aschenurne) selbst richten; es genügt nicht, daß sie in unmittelbarer Nähe eines Grabes und mit Beziehung darauf vorgenommen wird (str.). Beschimpfender Unfug an einer Beisetzungsstätte kann danach liegen in der unbefugten Entfernung des Sargdeckels aus dem Grabe. E. 12, 168; in dem Beschädigen (Herausreißen und Wegwerfen) der auf ein Grab gepflanzten oder in Töpfen eingegrabenen Gewächse. R. 9, 399. J W . 14, 365; in der Beschädigung des Grabsteins. E.39,155, dagegen nicht in dem einfachen Abpflücken von Blumen, E. 7, 191, im Wegnehmen von lose auf das Grab gelegten Kränzen. E. 21, 178, in unflätigen Äußerungen oder im Absingen gemeiner Lieder am Grabe. E. 48, 299. Es ist bedeutungslos, ob in der Beisetzungsstätte ein Familienmitglied des Täters oder ein Fremder bestattet ist. Recht 7, 133; H R R . 27, 66, ebenso ob der Täter darüber verfügungsberechtigt ist (Ehemann am Grabe der Ehefrau.) E. 42, 145. 5) Bei Bestattung der Leiche oder der Asche in der Erde ist Beisetzungsstätte die Stelle im Erdreich, wo sie ordnungsgemäß bestattet sind, einschließlich dessen, was damit in festem Zusammenhang steht. E. 39, 155. Zu einer Beisetzungsstätte wird der ausgegrabene Schacht erst dann wenn ein Toter mit dem Sarge darin versenkt worden ist. Herausnehmen der Leiche aus einem offenen Grabe ist Zerstörung der Beisetzungsstätte. E. 28, 139. Bei einem Erbbegräbnis ist Beisetzungsstätte der ganze eingefriedete Raum, auch wenn es erst zum Teil belegt ist. RG. GA. 60, 66. Eine Beschädigung ist das Öffnen der Beisetzungsstätte auch dann, wenn sie danach ordnungsgemäß wieder hergerichtet werden soll. Auch nahe Angehörige dürfen sie nicht öffnen RG. DRZ. 27 Nr. 814. Ein auf Pietätsverletzung gerichteter Wille ist hier nicht erforderlich (Handeln aus Zorn gegen Lebende). E. 42, 145. *) Die Fassung des 12. Abschnitts beruht auf der VO. v. 18. 3. 1943 (RGBl. I S. 169) ; sie hat die §§ 1—4 der VO. zum Schutz von Ehe, Familie und Mutterschaft als §§ 170a—d in das StGB, eingefügt, die §§ 171, 172 aus dem 13. in den 12. Abschnitt übernommen und dem 12. Abschnitt die neue Überschrift gegeben. § 170a Abs. 2 beruht auf dem 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Z u § 169: 1) Personenstand ist das familienrechtliche Verhältnis zwischen verschiedenen Personen, wie es besonders durch die Abstammung von bestimmten Eltern begründet wird. Uneheliche Vaterschaft begründet einen Personenstand des Kindes. E. 34, 427. Ein totgeborenes Kind hat keinen Personenstand. E. 43, 402. 2) Die V e r ä n d e r u n g des Personenstandes besteht in der Herbeiführung eines Zustandes, kraft dessen wenigstens tatsächlich für die Allgemeinheit oder doch für solche Personen, welche zur Ermittlung der Persönlichkeit das Recht und die Pflicht haben, das familienrechtliche Verhältnis sich anders darstellt, als es wirklich ist. RG. D J . 37, 1680, während die U n t e r d r ü c k u n g des Personenstandes darin besteht, daß ein tatsächlicher Zustand herbeigeführt wird, durch welchen verhindert oder doch erschwert wird, daß das wirklich vorhandene familienrechtliche Verhältnis einer Person zur Geltung kommt. E. 77, 52. Die Herbeiführung eines dauernden Zustandes ist nicht erforderlich, sofern nur der Wille des Erklärenden auf eine dauernde Verdunklung gerichtet ist. E. 70, 18. § 169 findet Anwendung, wenn der Vater bei der Anmeldung eines unehelichen Kindes die Mutter als seine Ehefrau bezeichnet. RG. D J . 37, 1680; wenn jemand seine Konkubine als Ehefrau ausgibt. Recht 25 Nr. 2912; wenn eine Frau dem Vormundschaftsgericht gegenüber eine falsche Person als Vater ihres unehelichen Kindes angibt. E. 41, 301; oder unwahr angibt, sie könne den Vater nicht nennen, weil sie in der Empfängniszeit mit mehreren Männern geschlechtlich verkehrt habe. E. 70, 18.; oder sie habe in der Empfängniszeit nur mit dem als Vater bezeichneten Manne verkehrt. RG. D J . 37, 80; wenn sie ihr uneheliches Kind unter Verschweigung des Namens zu ihr unbekannten Leuten bringt, um sich der Pflichten gegen das Kind zu entschlagen. RG. GA. 39, 421; wenn jemand das von einem anderen erzeugte Kind anerkennt.

2. Teil. 12. Abschnitt. Straftaten gegen den Personenstand usw. § 169

165

in gewinnsüchtiger Absicht 3 ) begangen wurde, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft 4 ). (2) Der Versuch ist strafbar5). RG. D J . 37, 1743, besonders dann, wenn er nach Eintragung des Anerkenntnisses in das Geburtenbuch die Kindesmutter heiratet, um dadurch den Anschein einer Legitimation durch nachfolgende Ehe (§§ 1719f. BGB.) zu erwecken. E. 70, 237; wenn jemand durch falsche Angaben die Todeserklärung eines anderen herbeiführt. OLG. Hessen (Kassel) H E S t . 2, 259. Durch Feststellung der Vaterschaft in einem Unterhaltungsprozeß wird der Personenstand des Kindes nicht verändert, wohl aber stellen falsche Aussagen im Unterhaltsprozeß ein „Unterdrücken" dar. E. 77, 51, ebenso das Vorschieben eines anderen bei der Blutentnahme zwecks Blutgruppenuntersuchung. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 51, 37. Schon durch die bloße Anmeldung zum polizeilichen Melderegister kann § 169 verwirklicht werden, ebenso durch unrichtige Angaben gegenüber einem Versorgungsamt oder einer anderen Behörde, die auf Grund eines bestimmten Familienstandes zu besonderen Leistungen verpflichtet ist. RG. D J . 37, 1680; ferner durch falsche Angaben gegenüber einer anderen Stelle oder Person, wenn sie durch diese mit Willen des Täters dem (Prozeß- oder Vormundschafts-) Gericht zugehen. RG. D J . 36, 1693. Nach E. 72, 214 liegt zwar schon darin, daß die uneheliche Mutter den Names des Erzeugers des Kindes verschweigt, eine Unterdrückung des Personenstandes des Kindes (a. M. Bepler DR. 39, 1487, weil eine Rechtspflicht der Mutter zur Nennung des Erzeugers nicht bestehe); dies gilt aber nicht, wenn sie nach gesetzlicher Vorschrift (z. B. § 384 Nr. 2 ZPO., § 15 FGG.) das Recht hat, die Auskunft über den Kindesvater vor Gericht zu verweigern. Darüber hinaus h a t der Gedanke Anerkennung gefunden, daß es überhaupt nicht angebracht ist, das bloße Verschweigen des Erzeugers unter Strafe zu stellen, weil eine solche Weigerung häufig auf achtenswerten Beweggründen beruht (vgl. dazu und wegen der in solchen Fällen der Strafverfolgungsbehörde obliegenden Berichtspflicht die RV. d. RJM. v. 21. 10. 1938 — 4032/1 l i l a 4 1540 —, abgedruckt bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, Strafrechtliche Verwaltungsvorschriften, 3. Auflage S. 428). Durch RdErl. d. RMdl. v. 9. 1. 1939 (RMBliV. S. 61) sind die Jugendämter angewiesen, von einer Anzeige gegen die Kindesmutter grundsätzlich dann abzusehen, wenn sich ihre Tat in dem bloßen Verschweigen des Namens des Erzeugers erschöpft. § 169 ist kein Dauer-, sondern ein Zustandsdelikt. Bei der Veränderung ist mit der Erfüllung des Tatbestandes das Delikt vollendet, aber noch nicht beendet, so daß weitere Handl. zu dem Zweck, die Täuschung aufrecht zu erhalten, eine Fortsetzung des Delikts darstellen. OLG. Nürnberg MDR. 51, 119, während das Unterdrücken wiederholt werden kann. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 51, 37. Ist also die T a t verübt durch unrichtige Eintragung eines Kindes in das Geburtenbuch, so wird kein zweites selbständiges Vergehen dadurch verübt, daß dieselbe unrichtige Eintragung in dem Sterbebuch bewirkt wird. E. 25, 188; siehe auch Recht 6, 106. Wohl aber kann, nachdem eine unrichtige Eintragung in das Geburtenbuch erfolgt ist, noch Beihilfe zu diesem Vergehen durch Herbeiführung der Taufe des Kindes auf einen falschen Namen geleistet werden. E. 23, 292. Tatmehrheit, wenn der Täter wahrheitswidrig die Vaterschaft eines unehelichen Kindes anerkennt und später auf Grund neuen Entschlusses dessen Ehelichkeitserklärung beantragt. RG. D J . 37, 1743. Der V o r s a t z muß auf Veränderung oder Unterdrückung des Personenstandes und damit auf Herbeiführung eines Zustandes gerichtet sein, der einem durch den Personenstand begründeten Rechtsverhältnis widerstreitet; es genügt z. B. nicht der Wunsch, rechtlich begründete oder nichtbegründete Unterhaltsbeiträge durchzusetzen. E. 72, 114. 3) Gewinnsüchtige Absicht liegt vor, wenn die Tat auf ein übermäßiges, ungesundes anstößiges Streben nach Gewinn zurückzuführen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die uneheliche, in schlechten Vermögensverhältnissen lebende Mutter für ihr Kind einen Unterhaltsbeitrag zu erlangen sucht. RG. D S t R . 36, 100; ebenso nicht, wenn eine Frau, deren Kind aus blutschänderischem Verkehr stammt, einen anderen als Vater angibt, um der Bestrafung zu entgehen. E. 70, 18; oder wenn der Täter dem als ehelich angemeldeten Kind den Makel der Unehelichkeit nehmen wollte. RG. D J . 37, 1680. 4) Die Verjährung beginnt erst mit dem Aufhören des rechtswidrigen Zustandes. R. 5, 740 und E. 36, 137. 5) Versuch liegt z. B. schon vor, wenn eine Frau wahrheitswidrig der Hebamme versichert, sie habe geboren. DStZ. 6, 62, oder wenn jemand mit wahrheitswidrigen Angaben die Todeserklärung eines anderen beantragt. OLG. Hessen (Kassel) DRZ. 49, 262. Nur Vorbereitungshandlung liegt vor, wenn die Täterin dem angeblichen Erzeuger ein von einer anderen Frau geborenes Kind als von ihr geboren vorzeigt. GA. 50, 102. Mit dem Gelingen der Täuschung ist die Kindeszuschiebung vollendet. Recht 14 Nr. 1690.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 170, 170 a

§ 170. [Ehebetrug] (1) Wer bei Eingehung einer Ehe dem anderen Teile ein gesetzliches Ehehindernis arglistig verschweigt1), oder wer den anderen Teil zur Eheschließung arglistig mittels einer solchen Täuschung verleitet, welche den Getäuschten berechtigt, die Gültigkeit der Ehe anzufechten2), wird, wenn aus einem dieser Gründe die Ehe aufgelöst worden ist3), mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des getäuschten Teiles ein4). * § 170 a 1 ). [Verschleuderung der Familienhabe] (1) Ein Ehegatte 2 ), der Familienhabe3) böswillig4) oder aus grobem Eigen5 nutz ) veräußert 6 ), zerstört oder beiseite schafft 7 ) und dadurch den anderen EheZu § 170: 1) Die Tatbestände des Ehegesundheitsges. v. 18. 10. 1935 (RGBl. I S. 1246) sind, auch soweit es nicht aufgehoben ist, keine Ehenichtigkeitsgründe mehr, da nach §§ 16, 23 Eheges. 1946 eine Ehe nur in den Fällen der §§ 17 bis 22 Eheges. für nichtig erklärt (,,aufgelöst") werden kann. LG. Bielefeld N J W . 47, 105. Arglistig verschweigt, wer sich der in § 263 bezeichneten Täuschungsmittel bedient; ein weitergehender Wille, dem anderen Teil Arges anzutun, ist nicht erforderlich. 2) § 33 Eheges. 3) Durch Nichtigkeits- oder Aufhebungsurteil (§§ 23, 29 Eheges.). Die Auflösung ist — wie in § 172 (vgl. dort Anm. 2) — Verfahrensvoraussetzung. 4) Vgl. Anm. 4 zu § 172. Zu § 170a: 1) Eingefügt durch § 1 der VO. v. 18. 3. 1943 (RGH1. 1. S. 169); Abs. 2 i. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Schon nach seinem Wortlaut setzt § 170a eine zur Tatzeit noch bestehende Ehe voraus. BayObLG. N J W . 53,156. Die gegenteilige Meinung von Kretschmer N J W . 53, 692, die T a t könne auch noch Ehescheidung bis zur Auseinandersetzung des Hausrats begangen werden, ist unvereinbar mit dem Zweck der Vorschrift (Schutz gegen Verschleuderung der Gegenstände, die die äußere Voraussetzung für das Zusammenleben der Familie bilden). Eine bestehende Ehe liegt auch bei einer Doppelehe vor, solange sie nicht für nichtig erklärt worden ist. OLG. München MDR. 50, 370. 3) Familienhabe sind nicht nur alle in der ehelichen Wohnung befindlichen Gegenstände der Ehegatten, die dem Gebrauch der in der Familie zusammenlebenden Familienmitglieder dienen, z. B. Möbel, Wäsche, Geschirr, aber auch Bücher, Eßvorräte usw. RG. D J . 44, 173, auch wenn sie, wie z. B. Kleider u. Leibwäsche, ausschließlich von einem Familienmitglied gebraucht werden. BayObLG. N J W . 53, 874, sondern auch andere Gegenstände, auf deren Besitz das Zusammenleben der Familienmitglieder sich aufbaut, besonders wenn sie am Ort dieses Zusammenlebens gemeinschaftlich gebraucht oder genutzt werden, wie z. B. bei einem mittleren Bauernhof im allgemeinen der Viehbestand, ohne Unterschied zwischen unmittelbar für die Hauswirtschaft genutzten Tieren und der zum Verkauf bestimmten Aufzucht. B G H S t . 3.277. Inwieweit bewohnte Grundstücke hierhergehören, kann zweifelhaftsein, jedenfalls fällt gewerbliches Vermögen im allgemeinen nicht darunter, BGH. a.a.O., wie z.B. ein Geschäftsgrundstück mit Laden und Werkstatt, auch wenn es Wohnzwecken dient, weil sonst die Bewegungsfreiheit des Verfügungsberechtigten zu sehr eingeschränkt würde. OLG. Kiel SchlHA. 47, 103. Der Begriff der Familienhabe beschränkt sich nicht auf das für die Aufrechterhaltung des Familienlebens Unentbehrliche (Rietzsch D J . 43, 229). Auch ein kinderloses Ehepaar ist eine „Familie" in diesem Sinne. Ob im Zeitpunkt der T a t die eheliche Gemeinschaft noch besteht, ist ohne Bedeutung. Bedeutungslos ist auch, in wessen Eigentum die Familienhabe steht. Infolgedessen kann die T a t auch derjenige Ehegatte begehen, der ausschließlich ihm gehörige Sachen beiseiteschafft. RG. D J . 44, 173., 4) Böswillig bedeutet: aus verwerflicher Gesinnung in der Absicht, zu kränken oder zu schädigen. Böswillig handelt der Ehegatte, der sich von Haß, W u t oder Rachsucht leiten läßt. RG. D J . 44, 173; Bay. ObLG. N J W . 53, 874, oder dem es aus anderen niedrigen Beweggründen Befriedigung bereitet, dem anderen Ehegatten oder den Kindern zu schaden. Die Annahme des Täters, er dürfe seine eigne Sache dem anderen Ehegatten gegen dessen Willen entziehen, auch wenn er ihn dadurch schädige, ist Verbotsirrtum. 5) Eigennutz liegt vor, wenn das Streben nach eignem Vorteil (nicht notwendig Vermögen svorteil) ein ungesundes, sittlich anstößiges Maß erreicht (vgl. Anm. 4 zu § 180). 6) Vgl. Anm. 6 zu § 288.

2. Teil. 12. Abschnitt. Straftaten gegen den Personenstand usw. § 170b

gatten oder einen unterhaltsberechtigten8) Abkömmling schädigt 9 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein10). Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

§ 170 b. [Verletzung der Unterhaltspflicht] (1) Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht 1 ) vorsätzlich2) entzieht 3 ), so daß der Lebensbedarf4) des Unterhaltsberechtigten gefährdet5) ist oder ohne 7) Beiseiteschaffen ist jede Handlung, durch die Familienhabe dem Gebrauch der übrigen Familienangehörigen ohne deren Willen tatsächlich entzogen wird. Die Entfernung braucht weder heimlich noch nachhaltig zu geschehen; Beiseiteschaffen liegt daher auch vor, wenn der andere Ehegatte durch Anrufung des Gerichts oder in anderer Weise den Gebrauch der Sache wiedererlangen kann. RG. D J . 44, 173. S. noch Anm. 7 zu § 288. 8) Vgl. §§ 1601 ff., 1708 BGB. 9) D. h. irgendeinen, auch einen nicht vermögensrechtlichen Nachteil zufügt, z. B. durch Anrichtung von Verwirrung und Unordnung. Nicht jedes Beiseiteschaffen schließt eine Schädigung in sich. RG. D J . 44, 173. A. M. anscheinend Rietzsch aaO.: die Schädigung bestehe schon darin, daß dem anderen Ehegatten oder dem Abkömmling die bisher übliche und gewohnte Mitbenutzung entzogen werde. 10) Vor der Neufassung des Abs. 2 war ein Antrag nicht erforderlich. BGHSt. 3, 277. Antragsberechtigt ist der geschädigte Ehegatte oder Abkömmling. Zu § 170 b : 1) Nur die Verletzung g e s e t z l i c h e r , nicht auch die vertraglich übernommener Unterhaltspflichten ist strafbar. Wann eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, richtet sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts (vgl. insbes. §§ 1601 ff. BGB.); sie obliegt auch dem Erzeuger gegenüber dem unehelichen Kind (§ 1708 BGB.). Unterhaltspflichtig ist auch der Ehemann bezüglich der in der Ehe geborenen, nicht von ihm erzeugten Kinder, wenn eine Anfechtung der Ehelichkeit unterblieben ist. OLG. Naumburg JW. 37, 2397. Ein den Unterhaltsanspruch feststellendes oder abweisendes rechtskräftiges Zivilurteil ist für den Strafrichter nicht verbindlich. BGH. N J W . 54, 81; bei einem nach Auffassung des Strafrichte'rs die Unterhaltspflicht zu Unrecht verneinenden Zivilurteil wird aber in der Regel die innere Tatseite nicht nachweisbar sein. Der geschuldete Unterhalt umfaßt nur vermögensrechtl. Leistungen; die Nichterfüllung anderer Sorgepflichten fällt unter § 170d. 2) Zum Vorsatz gehört, daß der Pflichtige seine Unterhaltspflicht kennt und weiß, daß ohne seine Leistung der Lebensbedarf des Berechtigten gefährdet ist oder ohne fremde Hilfe gefährdet wäre. Bedingter Vorsatz genügt. 3) Der Unterhaltspflicht entzieht sich, wer trotz tatsächlicher Leistungsfähigkeit (vgl. § 1603 BGB.) den geschuldeten Unterhalt nicht erbringt. Eine feindselige Einstellung oder verwerfl. Gesinnung oder besondere Vereitelungsmaßnahmen werden nicht gefordert. OLGe H a m m JMB1. N R W . 52, 183; Köln N j W . 53, 517; Düsseldorf N J W . 53, 1805. Tatsächl. Leistungsfähigkeit besteht nicht während unverschuldeter Arbeitslosigkeit, Krankheit und Strafhaft. Der U-Pflichtige muß seine Arbeitskraft sachgemäß einsetzen. OLG. Köln N J W . 53, 517; er muß jede Arbeit annehmen, die ihm Erwerb schaffen kann. BayObLG. N J W . 53, 1927; OLG. Karlsruhe N J W . 54, 84. Notfalls muß er auch, sofern dies zumutbar ist, einen Berufswechsel vornehmen. KG. D S t R . 37, 176, und sich zur Erlangung seiner Arbeitsfähigkeit einer Operation unterziehen, wenn sie nicht mit nennenswerten Schmerzen verbunden ist, wesentliche Besserung verspricht und der Unterhaltsberechtigte die nennenswerten Kosten übernimmt. Königsberg J W . 28, 3064; Schläger LZ. 31, 680. Leistungsfähigkeit ist auch gegeben, wenn der Verpflichtete nur einen Teil des erforderlichen Unterhalts gewähren kann. Düsseldorf DRZ. 34 Nr. 305. Die Leistungsfähigkeit richtet sich nach dem jeweiligen Einkommen des Unterhaltspflichtigen. KG. D S t R . 38, 429. Leistungsfähig ist auch, wer die Mittel zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht durch Inanspruchnahme der Erwerbslosenfürsorge aufbringen kann. Jena J R . 27 Nr. 884. Die Unterhaltspflicht gegenüber minderj. unverheirateten ehel. Kindern wird begrenzt durch das Existenzminimum, das dem Pflichtigen verbleiben muß (§ 1603 Abs. 2 BGB.) OLG. Celle NdsRpfl. 52, 76; gegenüber unehel.Kindern kommt eine strafb. Verletzung der U-Pflicht erst in Betracht wenn der Verpflichtete imstande ist, mehr als den notwendigen Unterhalt für sich, seine Frau und seine ehelichen Kinder zu verdienen (§ 850d ZPO.) OLG. Oldenburg N J W . 53, 917; BayObLG. N J W . 53,1927.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 170 c, d

öffentliche Hilfe oder die Hilfe anderer 6 ) gefährdet wäre, wird mit Gefängnis bestraft 7 ). (2) Der Versuch ist strafbar. § 170 c . [Verlassen Schwangerer] Wer einer von ihm1) Geschwängerten2) gewissenlos3) die Hilfe 4 ) versagt, deren sie wegen der Schwangerschaft oder der Niederkunft bedarf, und dadurch Mutter oder Kind gefährdet 6 ), wird mit Gefängnis bestraft 8 ). § 170 d 1 ). [Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber Kindern] Wer2) das körperliche oder sittliche Wohl eines Kindes3) dadurch gefährdet 4 ), daß er in gewissenloser Weise6) seine Fürsorge- oder Erziehungspflichten gröblich 4) Nicht nur der n o t d ü r f t i g e Lebensbedarf, sondern alles, was der Berechtigte zum Leben braucht, (einschl. Kleidung, Wohnung usw.) dergestalt, daß er beim Ausbleiben des geschuldeten Unterhalts fremde Hilfe in Anspruch nehmen muß. 5) Der Berechtigte braucht noch nicht in Not geraten zu sein; es genügt, daß ihm Mangel droht oder nur durch fremde Hilfe erspart bleibt. 6) Fremd ist jede Hilfe, die dem Unterstützungsbedürftigen nicht von dem an erster Stelle Unterhaltspflichtigen zukommt. OLG. Breslau. D S t R . 35, 458; BayObLG. J W . 32, 1395; also auch die der Kindesmutter. KG. JW. 31, 1024. § 170b ist unanwendbar, wenn der Pflichtige nur deshalb keinen Unterhalt leistet, weil ein anderer freiwillig Unterhalt versprochen hat und gewährt. OLG. Neustadt N J W . 53, 1805. 7) Tateinheit mit § 361 Abs. 1 Nr. 5 ist möglich. RG. DR. 45, 18 (wichtig wegen § 42 d). Mehrere (gegenüber verschiedenen Berechtigten bestehende) Unterhaltspflichten können t a t einheitl. verletzt werden. OLG. Braunschweig N J W . 53, 558. Die Tat dauert solange, als der Täter der U-Pflicht nicht nachkommt (Dauerdelikt). Zu § 170 c: 1) Die Vorschrift trifft sowohl den Ehemann, wie den außerehelichen Schwängerer. 2) Die T a t kann auch noch begangen werden, wenn die Geschwängerte bereits niedergekommen ist. Die Feststellung, daß die Schwangerschaft (nur) auf die Beiwohnung des Täters zurückzuführen ist, trifft der Strafrichter selbständig, ohne an zivilrechtl. Fiktionen und Vermutungen gebunden zu sein. 3) Vgl. Anm. 5 zu § 170d. Die Gewissenlosigkeit kann z. B. fehlen, wenn der Schwängerer sich wegen des anstößigen Lebenswandels der Geschwängerten nicht mehr um sie kümmert. 4) Die Hilfsbedürftigkeit m u ß ihren Grund in der Schwangerschaft oder der Niederkunft, also in den besonderen seelischen und körperlichen Anforderungen haben, die an die Frau gestellt werden, wenn sie sich Mutter fühlt, die Geburt herannaht, sich vollzieht und ihre Wirkungen ausübt. Welcher Hilfe die Geschwängerte bedarf, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Sie kann in der Leistung der in § 1715 BGB. bezeichneten Unterhalts* und Entbindungskosten bestehen, doch kann darüber hinaus weitere Hilfe, z. B. Zuspruch, Verschaffung einer Unterkunft, Handreichungen, Aussöhnung mit den Eltern der Geschwängerten usw. erforderlich sein. Die Hilfe versagen = die dem Täter mögliche u n d zumutbare Hilfe nicht leisten. 5) Eine Gefährdung kann vorliegen, wenn das Nötige fehlt, um Leben und Gesundheit von Mutter oder Kind zu erhalten oder wenn die Mutter in ihrer Verlassenheit den E n t s c h l u ß zum Selbstmord oder zur Abtreibung faßt. Die Gefährdung m u ß vorsätzlich herbeigeführt sein; bedingter Vorsatz genügt, Gewissenlosigkeit ist insoweit nicht erforderlich. 6) Tateinheit mit § 221 (Aussetzung) oder § 170b (Verletzung der Unterhaltspflicht) ist möglich. Zu § 170d: 1) § 170d ergänzt die §§ 221, 223b StGB., denen gegenüber er subsidär ist. Schrifttum: Rietzsch D J . 43, 241. 2) Die Strafdrohung richtet sich gegen den Fürsorge- oder Erziehungspflichtigen. Die Pflicht kann durch Gesetz (z. B. bei Eltern), Vertrag (z. B. bei Pflegeeltern) oder freiwillige Übernahme (z. B. bei einem Stiefelternteil) begründet sein. 3) Kind = Person unter 14 Jahren. BGH. N J W . 54, 119; OLG. Braunschweig H E S t . 1, 47; BayObLG. H E S t . 2, 260. A. M. Luther N J W . 54, 493. 4) Das Wohl des Kindes gefährdet, wer durch schädliche Einwirkungen oder deren Nichtfernhaltung eine Gefahr für die regelmäßige und ungehemmte Entwicklung setzt, so d a ß

2. Teil. 12. Abschnitt. Straftaten gegen den Personenstand usw. § 171

vernachlässigt6), insbesondere das Kind ohne ausreichende Nahrung oder Wartung läßt, wird mit Gefängnis bestraft, soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe7) bedroht ist. § 171. [Doppelehe] (1) Ein Ehegatte, welcher eine neue Ehe e i n g e h t , bevor seine Ehe aufgelöst2) oder für nichtig3) erklärt worden ist, ingleichen eine unverheiratete Person, welche mit einem Ehegatten, wissend, daß er verheiratet ist, eine Ehe eingeht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. eine Schädigung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. BGH. N J W . 52, 831. Eine n a h e Gefahr ist nicht erforderlich. Eine Gefährdung des k ö r p e r l i c h e n Wohls liegt vielmehr schon vor, wenn das Wohlbefinden des Kindes dauernd und nachhaltig gestört und dadurch der regelmäßigeAblauf seiner Entwicklung in Frage gestellt wird. E. 77, 217. Zur Gefährdung des s i t t l i c h e n Wohls genügt noch nicht die Möglichkeit, daß das Kind eine nicht dem Recht oder den guten Sitten entsprechende Tat der Eltern bemerken könnte. RG. Recht 44 Nr. 749, auch nicht schon jede Möglichkeit, daß das Kind einen sittlichen Schaden erleiden könnte; vielmehr muß bei natürlicher Weiterentwicklung der gegebenen Sachlage nach menschlicher Erfahrung die Möglichkeit einer Verwahrlosung naheliegen. R G D R . 44, 529 Nr. 7; B G H St. з, 256. Die sittliche Gefährdung eines 5jährigen Kindes kann z.B. darin bestehen, daß Eltern in der gemeinsamen Wohnung wochenlang ihr Bett mit Personen anderen Geschlechts teilen und dadurch möglicherweise verhindern, daß das Kind die grundlegende Vorstellung vom Wesen der Einehe in sich ausbildet; die sittliche Gefährdung eines 9jährigen Knaben kann bei solchen Umständen, auch wenn er nicht Zeuge eines Geschlechtsverkehrs wurde, auch darin bestehen, daß bei seiner späteren geschlechtlichen Aufklärung wahrscheinlich seine Vorstellungen über die gesetzmäßige Ordnung und das sittliche Wesen der ehelichen Gemeinschaft sich verwirren. B G H S t . 3, 256. Schon bei einem im 4. Lebensjahr stehenden Kind liegt es nahe, daß es aus Wahrnehmungen von besonderer Eindringlichkeit bleibende, für seine sittjiche Entwicklung nachteilige Eindrücke behält. BayOLG. N J W . 52, 988. 5) Gewissenlos handelt, wer sich über die Bedenken, die sich aufdrängen oder aufdrängen müßten, aus mißbilligenswerten (z. B. eigensüchtigen) Beweggründen leichtfertig hinwegsetzt, indem er das Verantwortlichkeitsgefühl entweder bewußt unterdrückt oder infolge besonders leichtfertigen Auffassung von seiner Pflicht gar nicht aufkommen läßt. BGHSt. 2, 348; BGH. N J W . 53, 74 (z. B. eine Mutter läßt ihren Säugling ohne ausreichende Nahrung и. Wartung, um ihrer Vergnügungssucht und ihrem Hang zu bequemen Lebenswandel besser nachgehen zu können. BGH. N J W . 51, 282). 6) Eine Vernachlässigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß sich Dritte freiwillig des Kindes angenommen haben. E. 77, 216. 7) Z. B. in §§ 221, 223b. Zu § 171: 1) Vollendet ist die Tat mit dem formell gültigen Abschluß der neuen Ehe. E. 55, 279; 61,197. Versuch liegt vor, sobald der Standesbeamte mit der Frage nach § 14 Eheges. begonnen hat. E. 9, 84; das bloße Erscheinen der Eheleute vor dem Standesbeamten zwecks Abgabe der Erklärung nach § 13 Eheges. ist — ebenso wie die Herbeiführung des Aufgebots. RG. GA. 53, 79; OLG. Gera NJ. 48, 231. — Vorbereitungshandl. (vgl. aber § 49 a Abs. 2). Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein von dem Fortbestehen der ersten Ehe. E . 4, 38. Ein Irrtum (auch Rechtsirrtum) über das Fortbestehen der ersten Ehe schließt den Vorsatz, aus. E. 9, 84. Bedingter Vorsatz genügt. OLG. Freiburg N J W . 49, 185; dies gilt auch für den unverheirateten Teil. 2) § 171 ist anwendbar, so lange der verheiratete Teil in einer formell gültigen Ehe lebt. E. 55, 279, mag sie auch materiell nichtig oder aufhebbar sein. E. 60, 248. Aufgelöst wird die Ehe durch Tod oder Scheidung und Aufhebung durch Urteil (§ 29 Eheges. 1946). Dem Tod steht die Todesvermutung k r a f t Todeserklärung (§ 9 des Verschollenheitsges.) oder Feststellung der Todeszeit (§ 39 VerschGes.) gleich. E. 57, 277, wenn auch die alte Ehe erst durch die Wiederverheiratung aufgelöst wird (§ 38 Eheges.); Art. 3 § 1 des Verschollenheitsänderungsges. v. 15. 1. 1951, BGBl. I S. 59). Der wieder heiratende Ehegatte, der die Unrichtigkeit der Todeserklärung kennt, ist trotz Auflösung der 1. Ehe durch die neue Eheschließung nach § 171 strafbar. BGH. N J W . 53, 591, OLG. Frankfurt N J W . 51, 414. 3) Vgl. §§ 16ff. Eheges.

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A 2, Strafgesetzbuch. §§ 172, 173

(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. (3) Die Verjährung der Strafverfolgung beginnt mit dem Tage, an welchem eine der beiden Ehen aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist 4 ).

§ 172. [Ehebruch] (1) Der Ehebruch1) wird, wenn wegen desselben die Ehe geschieden ist 2 ), an dem schuldigen Ehegatten, sowie dessen Mitschuldigen mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft 3 ). (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein 4 ). 13. Abschnitt.

Verbrechen und Vergehen wider die

Sittlichkeit*)

* § 173. [Blutschande] (1) Der Beischlaf 1 ) zwischen Verwandten2) auf- und absteigender Linie wird an den ersteren mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, an den letzteren mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. 4) Bei Versuch, begangen dadurch, daß der Täter seine 1. Ehe fortbestehend glaubt, während sie schon v o r Schließung der 2. Ehe durch Tod gelöst ist, beginnt die Verjährung mit Schließung der 2. Ehe. OLG. Köln H E St. 2, 263. Zu § 172: 1) Ehebruch erfordert Beischlafsvollziehung, d. h. Vereinigung der Geschlechtsteile. Sonstiger unzüchtiger Verkehr genügt nicht; doch kann in einem solchen u. U. eine Beleidigung des Ehemannes erblickt werden. E. 70, 173. Die Strafbarkeit des Ehebruchs entfällt nicht deshalb, weil der andere Ehegatte zugestimmt hat. RG. GA. 54, 305 (wird praktisch, wenn die Zustimmung im Ehescheidungsprozeß nicht vorgebracht worden ist). Eine materiell gültige Ehe wird nicht vorausgesetzt; formelle Gültigkeit genügt. E. 60, 250. Bei vollendetem Ehebruch wird durch die Sonderregelung des § 172 die Bestrafung des schuldigen Ehegatten und des Dritten wegen Beleidigung (§ 185) ausgeschlossen. E. 75, 259, es sei denn, daß sich eine Ehrenkränkung aus besonderen, den Ehebruch begleitenden Umständen ergibt. E. 75,151; 77, 181, wie z. B. bei wochenlangem gemeinsamen Zusammenwohnen unter Vortäuschung eines ehelichen Verhältnisses. E. 77, 161 ; die Frist für den Strafantrag wegen Beleidigung läuft dann nicht früher ab als die Antragsfrist für den Ehebruch. RG. DR. 44, 611. Bei bloß ehewidrigem, aber nicht ehebrecherischem Verhalten dagegen ist der Dritte wegen Beleidigung des Ehemannes strafbar (vgl. Anm. 1 d Abs. 2 zu § 185). E. 76, 381. 2) Die Richtigkeit des Scheidungsurteils ist nicht nachzuprüfen ; es genügt, daß die Ehe wegen dieses Ehebruchs geschieden ist. E. 14, 202. Wohl aber h a t der Strafrichter selbständig zu prüfen, ob der Angeklagte den Ehebruch wirklich begangen h a t ; er kann das Ehescheidungsurteil durch Feststellung der Person des Ehestörers selbständig ergänzen. Recht 7, 297. Das Erfordernis der Ehescheidung ist weder Tatbestandsmerkmal noch Bedingung der Strafbarkeit, sondern Verfahrensvoraussetzung. E. 74, 382; fehlt es, ist auf Einstellung zu erkennen. E. 22, 135. Bestrafung wegen fortgesetzten Ehebruchs ist auch dann möglich, wenn die Ehe nur wegen eines Einzelfalls geschieden ist. KG. GA. 69, 450. 3) Das Recht, die Strafverfolgung zu beantragen, geht weder durch Verzeihung noch durch Verzicht verloren. E. 14, 202; DStZ. 9, 54. 4) Die Verjährung des Ehebruchs beginnt erst mit dem Tage der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils. E. 15, 261. Die Antragsfrist beginnt mit der Kenntnis von der Rechtskraft. E. 37, 372. Daraus folgt aber nicht, daß der Antrag wirkungslos ist, der ohne diese Kenntnis, aber in Kenntnis des Ehebruchs gestellt ist und zu einer die Strafverfolgung zulassenden Zeit durch den Eingang bei der StA. rechtliche Bedeutung erlangt hat. E. 38, 272. *) Vgl. Nr. 222ff. der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). Zu § 173: 1) Wirklicher Beischlaf, d . h . Vereinigung der Geschlechtsteile. RG. JW. 30, 916, nicht bloß unzüchtige Handlung, ohne Rücksicht darauf, ob diese mehr oder weniger beischlafsähnlich ist. E. 73, 114 (es kann aber strafbare Beleidigung vorliegen). Der weibliche Partner braucht noch nicht geschlechtsreif zu sein. E. 71, 130. § 173 trifft sowohl den ehelichen wie den außerehelichen Beischlaf. E. 5, 159; DRZ. 26 Nr. 643. 2) Entscheidend ist die Blutsverwandtschaft, die voll nachgewiesen sein m u ß ; daher ist auch der uneheliche Vater mit seinem unehelichen Kinde verwandt. E. 71, 138. Hält

2. Teil. 13. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. §174

' (2) 3 ) Der Beischlaf zwischen Geschwistern4) wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Ebenso wird der Beischlaf zwischen Verschwägerten5) auf- und absteigender Linie bestraft, wenn die Ehe, auf der die Schwägerschaft beruht, zur Zeit der Tat besteht. (3) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (4) Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie bleiben straflos, wenn sie das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet haben 6 ). (5) Im Falle des Beischlafes zwischen Verschwägerten kann das Gericht von Strafe absehen7), wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten zur Zeit der Tat aufgehoben war. Die Tat wird nicht mehr verfolgt, wenn Befreiung vom Eheverbot der Schwägerschaft erteilt worden ist 8 ).

§ 1741). [Unzucht unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses] Mit Zuchthaus oder mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten wird bestraft. 1. 2 ) wer einen seiner Erziehung 3 ), Ausbildung 4), AufsichtB) oder Betreuung 6) anvertrauten Menschen unter einundzwanzig Jahren 7 ) oder der Täter die voreheliche Tochter seiner Ehefrau für seine eheliche Tochter, so liegt Versuch des Verbrechens aus Abs. 1 vor. E . 47, 189; dagegen ist aus § 173 Abs. 2 zu bestrafen, wenn der Täter die Tochter seiner Ehefrau, die möglicherweise seine leibliche Tochter ist, nur als seine Stieftochter angesehen hat. E . 71, 138 (vgl. dazu Zeüer J W . 37, 1758). Wahlfeststellung zwischen § 173 Abs. 1 und Abs. 2 ist möglich. R G . H R R . 36 Nr. 1377. Blutschande mit mehreren Töchtern kann eine fortgesetzte Handlung darstellen. R G . D S t R . 36, 232. 3) Die Abs. 2 und 5 beruhen auf dem 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735); der materiell den § 173 Abs. 2 a. F. abändernde § 4 der VO. v. 23. 4. 1938 (RGBl. I S. 417) ist nunmehr in § 173 eingearbeitet. 4) Dazu gehören auch Halbgeschwister, die nur einen Elternteil gemeinsam haben, also auch uneheliche Kinder verschiedener Mütter, aber desselben Vaters. 5) Vgl. Anm. 8 zu § 52. Nach der bisherigen Rechtspr. des R G . zur Irrtumslehre war Schwägerschaft ein strafrechtl. Begriff. R G . J W . 36, 2995, unbeachtl. Strafrechtsirrtum daher die Annahme, Schwägerschaft setze ehel. Geburt voraus. E. 20, 239, oder Schwägerschaft sei kein Ehehindernis und der Beischlaf nach der Eheschließung straflos. Recht 15 Nr. 2775. Nunmehr ist die Schwägerschaft Tatbestandsmerkmal, die vom Vorsatz im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre" umfaßt sein muß (vgl. Anm. l c zu § 59). Begeht der Stiefvater mit der Stieftochter während der Ehe Blutschande, so genügt wegen der Unteilbarkeit des Unrechtsbewußtseins (vgl. Anm. 1 e zu § 59) zum Bewußtsein der Rechtswidrigkeit bzgl. der Blutschande schon das Bewußtsein, einen Ehebruch zu begehen. B G H . N J W . 52, 671; 53, 471. Die Tochter, die den Ehemann ihrer Mutter für ihren leiblichen Vater hält, macht sich gleichwohl, wenn diese Eigenschaft nicht festgestellt werden kann, nach § 173 Abs. 2 strafbar. E . 71, 140. Der Stiefvater, der mit seinem Stiefkinde den Beischlaf ausübt, kann Blutschande in Tateinheit mit Verbrechen aus § 174 Nr. 1 begehen. R G . H R R . 36 Nr. 1377; B G H . N J W . 53, 471. 6) Das Lebensalter von 18 Jahren ist Tatbestandsmerkmal, das jüngere Alter nicht etwa persönlicher Strafausschließungsgrund. E . 19, 391 (str.). Wer den Jugendlichen zur Blutschande bestimmt, macht sich daher nicht der Anstiftung, sondern höchstens der Beihilfe zur Tat des anderen Partners schuldig. R G . GA. 51, 177. 7) Vgl. Anm. 5 zu § 82. 8) Vgl. § 4 Eheges. 1946. Zu § 1 7 4 : 1) i. d. F . des Art. 8 der VO. v. 29. 5. 1943 ( R G B l . I S. 339). Der Tatbestand ist gegenüber dem früheren Recht durch Beseitigung der Kasuistik vereinfacht. Bei der Auslegung der Vorschrift, die Überordnungs- und Betreuungsverhältnisse von geschlechtlichen Einflüssen freihalten und die geschlechtliche Freiheit abhängiger Pers. vor Angriffen bewahren will, ist zu beachten, daß das neue Recht nirgends hinter dem früheren zurückbleiben, vielmehr den Mißbrauch des Abhängigkeitsverhältnisses soweit wie möglich er-

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A 2. Strafgesetzbuch. § 174

fassen, die bisher dem Strafschutz gezogenen Grenzen also erweitern will. RG. D J . 44,173; BGH St. 1, 57. 2) Unter Ziff. 1 fällt grundsätzlich jeder, der — allein oder mit anderen — die Lebensführung eines Menschen unter 21 Jahren, namentlich seine sittliche Haltung und geistige Entwicklung zu überwachen und zu leiten und ihn zu behüten hat, weil der Minderj. dem Täter a n v e r t r a u t ist. Anvertrautsein liegt vor, wenn zwischen dem Täter und dem Minderj. ein Verhältnis persönl. Natur besteht, auf Grund dessen sich der Täter für die Lebensführung des Minderj. verantwortlich fühlt. Anvertrauung erfordert nicht, daß eine andere Person dem Täter die Erziehung usw. übertragen hat, kann vielmehr unmittelbar — wie z. B. bei den Eltern — durch Gesetz B G H S t . 1, 343, auch durch einseitigen Aufnahmeakt (vgl. Anm. 6) erfolgt sein. Im übrigen entscheidet sich, ob Anvertrauung vorliegt, nicht in erster Linie nach dem Zustandekommen und dem Inhalt eines darauf gerichteten Vertrages, sondern ob nach der Gesamtheit aller Umstände und der natürlichen Lebensanschauung ein auf Vertrauen beruhendes Abhängigkeitsverhältnis besteht, aus dem sich die Pflicht zur Beaufsichtigung und Erziehung ergibt. RG. D J . 44, 173 und D R . 45, 20. Es ist nicht notwendig, daß ein Mißbrauch des Verhältnisses, z. B. durch Verleitung, Drohung, Ausnutzung der Überlegenheit usw. festgestellt wird. RG. DR. 40, 1513; BGH. N J W . 51, 726, Ziff. 1 ist daher in der Regel auch verwirklicht, wenn der Minderjährige sich freiwillig hingegeben oder selbst die Initiative ergriffen hat, B G H . N J W . 53, 1599; unter allen Umständen gilt dies, wenn dem Minderj. infolge seines jugendl. Alters die Erkenntnis von Wesen und Bedeutung der Geschlechtsehre abgeht, wie z. B. einem 14jähr. Mädchen. BGHSt. 1, 71. Zur inneren Tatseite genügt, daß der Täter die Tatsachen gekannt h a t , aus denen sich die Anvertrauung zur Erziehung usw. ergibt. E. 76, 393. 3) Die Erziehung ist anvertraut u . a . den l e i b l i c h e n Eltern; h. M., vgl. B G H S t . 1, 343 mit Nachw. und zwar auch dem Elternteil, dem nach Scheidung der Ehe nicht das Personensorgerecht übertragen ist, BGH. a . a . O . , ferner A d o p t i v - u n d P f l e g e e l t e r n gegenüber ihren Kindern, wenn ein Verhältnis ähnlich dem zwischen leiblichen Eltern und Kindern mitAusübung maßgebender Gewalt besteht. E. 70,324. Dem S t i e f v a t e r istdasStiefkind nicht schon anvertraut, wenn es in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen ist,sondern wenn er kraft seiner tatsächlichen Stellung in der Familiengemeinschaft dem Stiefkind so übergeordnet ist, daß er als für seine Erziehung und Betreuung verantwortlich angesehen werden m u ß . R G . DR.45,20;OLG.Braunschweig H E S t . 2 , 5 3 . Erzieher ist ferner z.B. der V o r m u n d (aber nicht der der Mutter bestellte Beistand. E. 44, 183), jede andere Person, die eine v o r m u n d s ä h n l i c h e S t e l l u n g einnimmt (z. B. ein Angestellter, der die Geschäfte des Amtsvormunds führt), ferner Geistliche (bei der Erteilung von Konfirmanden- usw. -Unterricht) und L e h r e r , und zwar der beamtete Leiter oder Lehrer einer Schule selbst dann, wenn er die betreffenden Schüler nicht unterrichtet. RG. J W . 36, 327. Darüber hinaus ist als Erzieher jeder anzusehen, der eine auf eine gewisse Dauer berechnete Stellung gegenüber einer minderjährigen Person ähnlich der eines Vaters oder Vormundes einnimmt und auf Grund der ihm zustehenden Autorität die Lebensführung des Minderjährigen namentlich in s i t t l i c h e r Beziehung zu überwachen und zu lenken hat. E. 68, 20; 76, 392. Erzieher ist demnach nicht, wer sich lediglich verpflichtet hat, w i r t s c h a f t l i c h für einen Minderjährigen zu sorgen. RG. JW. 37, 1330 (doch kann Anvertrauung zur Betreuung vorliegen). Erzieher ist z. B. eine Hausfrau gegenüber d e m weiblichen Hausarbeits-Lehrling und ihr Ehemann, auch wenn er sich an der Lehrtätigkeit seiner Ehefrau nicht zu beteiligen hat, aber sich nach den Umständen für die Lebensführung des Lehrlings verantwortlich fühlen muß. E. 76, 391. E. 71, 274; die Hausfrau und ihr Ehemann gegenüber einem „Ferienkind". E. 71, 362. Wo n u r die V e r w e r t u n g der Arbeitskraft in Frage steht, liegt keine Anvertrauung zur Erziehung vor. Erzieher ist daher nicht der Betriebsführer gegenüber nicht mehr jugendlichen weiblichen Betriebsangehörigen. E. 72, 396; auch nicht ohne weiteres die Hausfrau und ihr Ehemann gegenüber einer jugendlichen, in die Familie aufgenommenen Hausangestellren. RG. DR. 41, 2289, sondern nur dann, wenn besondere Umstände bewirken, daß der Haushaltungsvorstand als verpflichtet anzusehen ist, allein oder mit anderen Erziehungsberechtigten die gesamte Lebensführung der Hausgehilfin zu überwachen. RG. D J . 43, 173. Das ist z. B. der Fall wenn die Jugendliche wegen ihres Alters und ihrer Trennung vom Elternhaus in ihrer Lebensführung noch gestützt und geleitet werden muß. RG. D J . 44, 173; B G H S t . 1, 58. Kein Erziehungsverhältnis besteht zwischen einer 19jährigen Landwirtschaftsgehilfin, die in geschlechtlicher Hinsicht ihrem Alter weit voraus und hemmungslos ist, und ihrem Arbeitgeber, weil hier erzieherische Einwirkung nicht mehr möglich ist und der Grundgedanke des § 174, abhängige Personen zu schützen, nicht eingreift, wenn diese nicht nur die Initiative ergreifen, sondern darüber hinaus selbst Angreifer sind. RG. DR. 44, 832. 4) Die A u s b i l d u n g ist jedem anvertraut, der einem anderen in irgend einem Wissenszweig oder Lebensgebiet oder einer künstlerischen, kaufmännischen oder technischen Fertigkeit bei geistiger oder sittlicher Unterordnung des Lernenden Unterricht erteilt, z. B. dem

2. Teil. 13. A b s c h n i t t . Verbrechen u . Vergehen wider die Sittlichkeit, § 174

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2. 8 ) wer unter Ausnutzung seiner Amtsstellung 9 ) oder seiner Stellung10) in einer Anstalt für Kranke 11 ) oder Hilfsbedürftige einen anderen zur Unzucht mißbraucht12). L e h r h e r r n gegenüber d e m Lehrling, einem Ballettmeister gegenüber seinen Schülerinnen. E . 67, 390, d e m Handlungsgehilfen, der L e h r m ä d c h e n ausbildet. E . 62, 33; R G . J W . 34, 2772; d e m Z a h n a r z t , der eine zahnärztliche Helferin u n t e r r i c h t e t . R G . H R R . 34 Nr. 1420, d e m Geistlichen, der schulentlassene Jugendliche in „ J u g e n d k r e i s e n " in christl. H a n d e l n u n d Denk e n unterweist. B G H . N J W . 53, 1311. Der L e h r v e r t r a g b r a u c h t nicht rechtsgültig zu sein. E . 57, 383. E s genügt a u c h ein vorübergehendes Lehrverhältnis, das d e m T ä t e r d u r c h die A u s ü b u n g einer L e h r - u n d E r z i e h u n g s t ä t i g k e i t eine gewisse H e r r s c h a f t geistiger A r t vers c h a f f t . R G . J W . 31, 1569; 33, 2519. Der I n h a b e r oder Mitinhaber eines Gesamtbetriebes ist grundsätzlich u n d ohne R ü c k s i c h t auf den Abschluß eines L e h r v e r t r a g s Ausbilder der in d e m Betriebe lernenden Personen, es sei denn, d a ß er sich eigener ausbildender Tätigkeit völlig e n t h ä l t u n d diese in ihrer Gesamtheit a n d e r e n ü b e r t r a g e n h a t . E . 72, 396; B G H . N J W . 53, 1599. E b e n s o ist ein L e h r h e r r d a n n nicht als Ausbilder anzusehen, wenn er die Ausbildung des Lehrlings vollständig einem V e r t r e t e r ü b e r t r ä g t . R e c h t 32 Nr. 175 u n d 176; J W . 30, 3098. Der Geschäftsinhaber wird in diesem Falle nicht d a d u r c h zum Ausbilder, d a ß er durch einzelne Anweisungen in die Ausbildung eingreift. H R R . 39 Nr. 259. Belanglos ist, ob von vornherein unzüchtige Beziehungen zwischen Ausbilder u n d Schülerin v e r e i n b a r t w u r d e n . D J Z . 23, 246, oder schon vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses b e s t a n d e n . B G H . N J W . 53, 1599. D u r c h ein sich zwischen Ausbilder u n d Schüler entwickelndes F r e u n d s c h a f t s - oder Liebesverhältnis wird das U n t e r o r d n u n g s v e r h ä l t n i s nicht beseitigt. R G . D R . 40, 1513 (einschränkend Bruns A n m . a.a.O.); O L G . S t u t t g a r t H E S t . 1, 290. Vgl. noch Nr. 222 der „Richtlinien f ü r das S t r a f v e r f a h r e n " 1953 ( E r m i t t l u n g e n wegen sittlicher Verfehlungen eines L e h r e r s gegenüber Schülern). 5) A n v e r t r a u u n g zur Aufsicht setzt das Vorliegen von B i n d u n g e n u n d Beziehungen persönl. A r t voraus, die dem T ä t e r eine V e r a n t w o r t u n g a u c h f ü r die L e b e n s f ü h r u n g , die seel. H a l t u n g u n d die geistige E n t w i c k l u n g des A n v e r t r a u t e n auferlegen. E i n Arbeitsverhältnis, d a s ledigl. Beziehungen, wie sie üblicherweise bei j e d e m Arbeitsverhältnis bestehen, b e g r ü n d e t , reicht a u c h bei sehr großer J u g e n d der Arbeitnehmerin n i c h t zur A n n a h m e eines Aufsichtsoder Betreuungsverhältnisses aus. B G H S t . 1, 231; 2, 157. E i n e m L e h r h e r r n bleibt aber, a u c h wenn er die A u s b i l d u n g k a u f m ä n n i s c h e r Lehrlinge einem S t e l l v e r t r e t e r überläßt, gem. § 76 Abs. 3 H G B . der Lehrling regelmäßig zur Aufsicht a n v e r t r a u t . B G H S t . 2, 157. Anvert r a u u n g zur Aufsicht liegt ferner z. B. vor bei dem Leiter eines J u g e n d h e i m e s gegenüber den Insassen. O L G . H a m b u r g H E S t . 1, 56. 6) A n v e r t r a u u n g zur B e t r e u u n g ( = B e w a c h u n g u n d Beschützung, Sorge f ü r das Wohl) e r f o r d e r t keine Ü b e r t r a g u n g der Sorgepflicht d u r c h den Erziehungsberechtigten, sondern k a n n auch d u r c h eignen Willensentschluß b e g r ü n d e t werden (z. B. A u f n a h m e eines seinen E l t e r n entlaufenen sorgebedürftigen Minderjährigen). B G H S t . 1, 292. Auch der Betreuer m u ß aber verantwortlich (oder wenigstens mitverantwortlich) sein f ü r die gesamte Lebensf ü h r u n g des B e t r e u t e n ; das ist z. B. nicht der Fall bei einer einmaligen B e h a n d l u n g einer m i n d e r j . P a t i e n t i n d u r c h den Arzt. O L G . München M D R . 51, 52. 7) Ohne R ü c k s i c h t d a r a u f , ob der Minderjährige etwa bei Vollendung des 18. Lebensj a h r e s f ü r volljährig e r k l ä r t worden ist. 8) Ziff. 2 ersetzt die Ziff. 2 u n d 3 des § 174 a. F . , geht aber weit d a r ü b e r h i n a u s , i n d e m er e r f a ß t a) alle A m t s t r ä g e r , die irgendwie u n t e r A u s n u t z u n g ihrer Amtsstellung einen a n d e r e n zur U n z u c h t m i ß b r a u c h e n ; b) alle in einer A n s t a l t f ü r K r a n k e oder Hilfsbedürftige tätigen Personen, die eine darin a u f g e n o m m e n e Person u n t e r A u s n u t z u n g ihrer Stellung zur U n z u c h t m i ß b r a u c h e n . 9) Als T ä t e r wird hier der Träger eines A m t e s (s. A n m . zu § 359) vorausgesetzt, d e r das dienstliche Verhältnis, in das ihn die A u s ü b u n g seines A m t e s zu einem anderen g e b r a c h t h a t , dazu a u s n u t z t , u m m i t oder a n diesem U n z u c h t zu verüben. A u s n u t z e n bedeut e t , d a ß er b e w u ß t die d u r c h die A m t s s t e l l u n g in gewissem U m f a n g b e g r ü n d e t e A u t o r i t ä t und Abhängigkeit des a n d e r e n von i h m u n d die d a r a u s sich ergebende Neigung zur Nachgiebigkeit sich zunutze m a c h t . D a r ü b e r hinaus soll die Allgemeinheit a b e r auch darauf v e r t r a u e n können, d a ß der B e a m t e frei von R ü c k s i c h t n a h m e auf geschlechtliches E n t g e g e n k o m m e n von seinen Machtbefugnissen Gebrauch m a c h t , wenn die Sachlage es erfordert. Zum „ A u s n u t z e n " genügt d e m g e m ä ß , d a ß die Amtsstellung d e m T ä t e r Gelegenheit zu u n züchtigem Treiben bietet u n d d a ß er sie u n t e r Verletzung seiner Amtspflicht b e w u ß t b e n u t z t . E s ist also nicht erforderlich, d a ß der B e a m t e seine A u t o r i t ä t als D r u c k m i t t e l b e n u t z t oder

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A 2. Strafgesetzbuch. § 175

§ 1 7 5 1 ) . [Unzucht zwischen Männern] (1) Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt 2 ) oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt 3 ), wird mit Gefängnis bestraft 4 ). gar auf den anderen durch Verleitung, Drohung oder Nötigung einwirkt, vielmehr kann ein „Ausnutzen" auch vorliegen, wenn der andere selbst die Initiative ergreift. H. M.; vgl. BGHSt. 1, 71, 122 mit Nachw.; 2, 93. Nr. 2 ist danach, wie nach früherem Recht, anwendbar, wenn der Beamte mit Personen, gegen die er eine Untersuchung führt oder die seiner Obhut anvertraut sind, d. h. in einem gewissen persönlichen Schutz-, Aufsichts- und Abhängigkeitsverhältnis zu ihm stehen oder wenn ein Strafanstaltsbeamter mit einem Gefangenen Unzucht begeht. § 174 Nr. 2 ist aber — über das frühere Recht hinaus — z. B. auch dann verwirklicht, wenn ein Gerichtsvollzieher auf das Anerbieten des Schuldners eingeht, sich zur Unzucht herzugeben, falls er von der Vollstreckung absehe oder wenn ein Finanzbeamter mit der steuerpflichtigen Frau Unzucht treibt, die sich ihm während eines schwebenden Steuerverfahrens hingibt in der Erwartung, daß er ihr bei der Steuerfestsetzung entgegenkomme usw. Die T a t kann sich auch gegen einen bei der gleichen Behörde beschäftigten Untergebenen des Täters richten. OLG. München, bay. JMB1. 51, 66. — Es ist nicht erforderlich, daß die Unzucht an dem Ort, an dem der Amtsträger seine dienstliche Tätigkeit entfaltet oder bei Gelegenheit einer dienstlichen Tätigkeit stattfinde. Andererseits wird der Tatbestand auch nicht dadurch erfüllt, daß der Amtsträger den Ort seiner dienstlichen Tätigkeit zur Unzucht mit jemandem benutzt, mit dem er k r a f t dienstlichen Auftrags nichts zu tun hat. Tateinheit zwischen § 174 Nr. 2 und § 332 ist möglich. OLG. H a m m DRZ. 48, 449. 10) Welche Stellung der Täter in der Anstalt hat, ob er Verwaltungsbeamter, Arzt oder Krankenpfleger ist, ist ohne Bedeutung. Entscheidend ist, daß er auf Grund seiner Stellung in der Anstalt in einem gewissen Überordnungs- (Autoritäts-) Verhältnis zu den aufgenommenen Personen steht. Geschützt ist nach § 174 Nr. 2 nicht nur die geschlechtliche Freiheit und E h r e der einzelnen in die Anstalt aufgenommenen Person, sondern allgemein die sittliche Sauberkeit des Verhältnisses zwischen den Beamten, Ärzten usw. und den Kranken und sonstigen Anstaltsinsassen. Es ist demnach nicht erforderlich, daß der Täter den Kranken, mit dem er die unzüchtige Handlung vornimmt, zu betreuen hat. E. 72, 296; 76, 149, auch nicht, d a ß er eine Abhängigkeit ausnutzt oder daß eine solche auch nur tatsächlich besteht. Daher ist § 174 Nr. 2 auch dann anwendbar, wenn zwischen dem Arzt usw. und einer Kranken schon vor deren Aufnahme in das Krankenhaus geschlechtliche Beziehungen bestanden haben. E. 76, 149. Unanwendbar ist § 174 Nr. 2 gegenüber Personen, die in die Anstalt nicht „aufgenommen", sondern darin beschäftigt sind, z. B. gegenüber einer Hausgehilfin oder einer Assistenzärztin. Es wäre nicht einzusehen, weshalb z. B. das Küchenmädchen in einem privaten Krankenhaus einen anderen Strafschutz genießen soll als das Küchenmädchen in einem anderen Betrieb. 11) Gleichviel ob es sich um eine öffentliche, d. h. aus öffentlichen Mitteln unterhaltene oder eine private Anstalt handelt. 12) = eine unzüchtige Handlung mit oder an dem anderen vornimmt. B G H . LM. Nr. 2 zu § 174 Nr. 1, einschl. des Falles, daß der Täter die Vornahme unzüchtiger Handl. an seinem Körper durch den Schützling duldet. BGH. N J W . 54, 519. Siehe Anm. 11, 12 zu § 176. Für die Anwendung des § 185 ist neben § 174 Nr. 1 regelmäßig kein Raum. E.68, 25, ausnahmsweise aber dann, wenn der Täter über die unzüchtige Handlung hinaus eine nur unter § 185 fallende Willensbetätigung vornimmt. RG. J W . 37, 2380. Tateinheit ist möglich mit §§ 175, 175a, 176. Z u § 175: 1) Die §§ 175 bis 175b beruhen auf dem Ges. v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). § 175 verstößt weder gegen Art. 2 GG. (Grundsatz der freien Entfaltung der Persönlichkeit). BGH. N J W . 52, 796, noch gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 (Abs. 2, 3) GG. BGH. N J W . 51, 810; OLG. Braunschweig N J W . 53, 1929. 2) § 175 a. F. bedrohte die widernatürliche Unzucht zwischen Männern und zwischen Menschen und Tieren. Unter widernatürlicher Unzucht zwischen Männern waren nach der Rechtsprechung des RG. (E. 69, 273) nur beischlafsähnliche Handlungen zu verstehen. Als solche kamen, wie das RG. nach der Verkündigung der Novelle v. 28.6.1935 (E. 69,273 u. R G . J W . 3 6 , 260, 1972) in Abkehr von der früheren Rechtsprechung. (E. 23, 289) entschied, alle Handlungen in Frage, die eine geschlechtliche Befriedigung entsprechend der mit dem natürlichen Beischlaf verbundenen herbeiführen sollen, also auch gegenseitige Onanie; ein Einführen des männlichen Gliedes in den Körper eines anderen Mannes war nicht erforderlich. Rechtsgrundsätze zur Frage der Beischlafsähnlichkeit in E. 71, 281. Die Rechtspr. des RG. zu § 175 n. F. verstand unter „Unzuchttreiben" dasselbe, was in § 174 mit „Mißbrauch zur Unzucht" und in § 176 mit „Vornahme unzüchtiger Handlungen" bezeichnet wird, d. h. eine auf Erregung oder Befriedigung der eigenen oder fremder Geschlechtslust gerichtete Handlung.

2. Teil. 13. A b s c h n i t t . Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. § 175

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(2) Bei einem Beteiligten, der zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war, kann das Gericht in besonders leichten Fällen von Strafe absehen 6 ). die geeignet ist, das allgemeine Scham- u n d Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher H i n sicht zu verletzen. U n z u c h t m i t einem anderen Mann bedeutete, d a ß dabei der T ä t e r den K ö r p e r des a n d e r e n Mannes als Mittel f ü r die E r r e g u n g oder Befriedigung der Wollust ben u t z t . W e d e r b r a u c h t e der K ö r p e r des einen Mannes m i t dem Glied des anderen in B e r ü h r u n g g e k o m m e n zu sein, noch war eine E i n w i r k u n g auf den u n b e k l e i d e t e n K ö r p e r erforderlich. Ü b e r h a u p t b r a u c h t e eine körperliche B e r ü h r u n g nicht s t a t t z u f i n d e n . E i n B e t r a c h t e n des e n t b l ö ß t e n K ö r p e r s des a n d e r e n oder die V o r n a h m e unzüchtiger H a n d l u n g e n a m eigenen K ö r p e r in seiner Gegenwart genügten jedoch nicht ohne weiteres, auch nicht die A u f f o r d e r u n g , eine unzüchtige E n t b l ö ß u n g anzusehen. E . 74, 77, wohl aber z. B., wenn der T ä t e r den anderen v e r a n l a ß t , seinen Körper, n a m e n t l i c h den Geschlechtsteil, unzüchtigen Blicken preiszugeben oder b e s t i m m t e Stellungen einzunehmen. E . 73, 78. F e r n e r k a m e n z. B. in B e t r a c h t das Anfassen des Geschlechtsteils ü b e r den Kleidern oder ein „ Z u n g e n k u ß " . E . 70, 224. Der B G H . h a t a n dieser Rechtspr. nicht in vollem U m f a n g festgehalten. E r ist allerdings m i t R e c h t dabei verblieben, d a ß „ U n z u c h t " in § 175 das gleiche sei wie U n z u c h t in § 174 oder unzüchtige H a n d l . in § 176 u n d h a t d a m i t sowohl die Auffassung, d a ß n u r beischlafähnliche H a n d l u n g e n in B e t r a c h t k ä m e n (so Kohlrausch-Lange I I I ) , wie auch die A n n a h m e , d a ß n u r eine auf Befriedigung (nicht auch eine auf Erregung) der f r e m d e n oder eigenen Wollust abzielende H a n d l u n g s t r a f b a r sei (so O L G . H a m b u r g M D R . 48, 186) a b g e l e h n t . B G H S t . 1, 80, 107, 295. E i n e Einengung gegenüber der Rechtspr. des R G . ergibt sich jedoch d a r a u s , d a ß B G H S t . 1, 293 in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit der neueren Rechtspr. der O L G e (Zit. a.a.O.) aus dem W o r t s i n n von U n z u c h t t r e i b e n gefolgert hat, d a ß d a m i t —• im Gegensatz zur bloßen V o r n a h m e einer unz. H a n d l u n g — eine unzüchtige B e t ä t i g u n g von einer gewissen S t ä r k e u n d D a u e r u n d d a m i t Gefährlichkeit gefordert werde. D a s ist jedenfalls d a n n nicht der Fall, wenn die unzüchtige H a n d l u n g n u r das W e r k eines Augenblicks ist, wie z. B. der Griff nach dem Geschlechtsteil des anderen oder dessen kurzes Berühren u n d Anfassen. U n t e r § 175 fallen z.B. gegenseitige Befriedigung (Onanie) oder Reiben a m Glied des anderen, a u c h wenn es nicht zum Samenerguß k o m m t , m e h r f a c h e wechselseitige B e r ü h r u n g e n der Geschlechtsteile, wenn a u c h über der Kleidung. B G H S t . 1, 80. E i n (gewöhnlicher) K u ß ist nach B G H S t . 1, 298 überh a u p t keine u n z ü c h t i g e H a n d l u n g , noch weniger die A u f f o r d e r u n g zum Küssen, a u c h nicht eine geringfügigere u n a n s t ä n d i g e H a n d l . u n d eine kurze handgreifl. Zudringlichkeit zwischen erwachsenen M ä n n e r n , die ihrer A r t n a c h noch nicht unzüchtig ist. B G H . N J W . 52, 796, wobei nicht ausgeschlossen ist, d a ß eine solche H a n d l u n g , gegenüber einem Kind o d e r einem m i n d e r j . Abhängigen vorgenommen, unzüchtig ist. B G H S t . 1, 83; N J W . 52, 796. „ M i t einem a n d e r e n M a n n " wird — n a c h der insoweit mit d e m R G . ü b e r e i n s t i m m e n d e n R e c h t s p r . des B G H . — U n z u c h t getrieben, wenn die unzüchtige H a n d l u n g auf die B e n u t z u n g des f r e m d e n männlichen Körpers als Mittel zur E r r e g u n g oder Befriedigung der Geschlechtslust abzielt. B G H S t . 1, 295 u n d N J W . 52, 796. Diese B e n u t z u n g des f r e m d e n Körpers b r a u c h t auch n a c h der R e c h t s p r . des B G H . ( N J W . 53, 1761 m i t A n m . von Schmidt-Leichner) nicht d u r c h dessen Berühren zu erfolgen, es genügt z. B. die Veranlassung des anderen, seinen K ö r p e r unzüchtigen Blicken preiszugeben oder sich selbst zu befriedigen oder in Gegenwart des T ä t e r s m i t einem D r i t t e n U n z u c h t zu t r e i b e n (Triolenverkehr). B G H . N J W . 54, 519. E i n e B e n u t z u n g des f r e m d e n Körpers d u r c h B e r ü h r e n n i m m t B G H S t . 1, 107 an, wenn der T ä t e r onaniert u n d dabei b e w u ß t den K ö r p e r des anderen, wenn auch nur a n der Kleidung b e r ü h r t , falls er sich dabei der inneren Beziehung seines U n z u c h t t r e i b e n s zu dem K ö r p e r des a n d e r e n Mannes b e w u ß t ist. E i n v e r s t ä n d n i s des a n d e r e n mit der V o r n a h m e der unzüchtigen H a n d l u n g an seinem K ö r p e r ist nicht erforderlich. R G . J W . 37, 1797; B G H S t . 1, 296; bei fehlendem E i n v e r s t ä n d n i s ist T a t e i n h e i t mit § 185 möglich. O L G . München D S t R . 37, 59. 3) Zur U n z u c h t l ä ß t sich m i ß b r a u c h e n , wer die a k t i v e T ä t i g k e i t des U n z u c h t t r e i b e n d e n (Anm. 2) a n sich geschehen l ä ß t u n d hierbei die eigne oder die f r e m d e Sinnenlust erregen oder befriedigen will. B G H S t . 2, 40. 4) Mehrere Z u w i d e r h a n d l u n g e n gegen § 175 k ö n n e n nicht in F o r t s e t z u n g s z u s a m m e n h a n g stehen, wenn d e r T ä t e r sie mit v e r s c h i e d e n e n a n d e r e n Männern b e g e h t . E . 70, 282 (die a b w e i c h e n d e E n t s c h e i d u n g E . 70, 145 ist d u r c h E . 70, 243 ü b e r h o l t ) ; O L G . H a m m H E S t . 1, 294. 5) Vgl. A n m . 5 zu § 82. E i n Absehen von der E r h e b u n g der Klage (§ 153 a StPO.) e m p f a h l Nr. 3 3 9 a R i S t V . 1935 i n d e r R e g e l bei unzüchtigen H a n d l u n g e n , die nicht beischlafsähnlich waren, also nicht in E i n f ü h r u n g des Geschlechtseils des einen Mannes in eine Körperhöhle des anderen b e s t a n d e n ; in die R i S t V . 1953 ist diese Vorschrift nicht ü b e r n o m m e n . § 175 Abs. 2 ist u n a n w e n d b a r , soweit § 176 Abs. 1 Nr. 3 eingreift. E . 71, 246.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 175 a

§ 175 a1). [Schwere Unzucht zwischen Männern] Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter drei Monaten wird bestraft: 1. ein Mann, der einen anderen Mann2) mit Gewalt3) oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben 4 ) nötigt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen; 2. ein Mann, der einen anderen Mann2) unter Mißbrauch6) einer durch ein Dienst-, Arbeits- oder Unterordnungsverhältnis6) begründeten Abhängigkeit bestimmt 7 ), mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen; 3. ein Mann über einundzwanzig Jahre 8 ), der eine männliche Person unter einundzwanzig Jahren 9 ) verführt 10 ), mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen; Zu § 175a: Zwischen einem v e r s u c h t e n Verbrechen nach Nr. 1—3 und § 175 ist Tateinheit möglich; dagegen zehrt das vollendete Verbrechen das Vergehen auf. RG. J W . 38, 1015; B G H . LM. Nr. 10 zu § 73. 2) Jede männliche Person, ohne Rücksicht auf das Alter. E. 70, 197. 3) Siehe Anm. 1 zu § 249; auch hier genügt (gewaltlose) Anwendung von Betäubungsmitteln. BGH. N J W . 53, 351. 4) Siehe Anm. 4 zu § 252. 5) Es genügt also —• im Gegensatz zu § 174 Nr. 1 — nicht, daß ein Gewaltverhältnis besteht, sondern der Täter muß es b e n u t z t haben, um auf den anderen einzuwirken. E. 71, 8. 6) Gleichviel, ob das Unterordnungsverhältnis auf freiwilliger Unterordnung beruht oder nicht. Eine bloße tatsächliche Einflußmöglichkeit genügt nicht. RG. D J . 37. 245 und Recht 41 Nr. 4448. Ein Unterordnungsverhältnis besteht z. B. zwischen einem 20jähr. Lagerleiter und 15jähr. Schülern als Teilnehmer eines zwischen ihnen mit Zustimmung der Sorgeberechtigten vereinbarten privaten Zeltlagers, auch wenn es den Teilnehmern freisteht, das Lager beliebig zu verlassen. B G H . LM. Nr. 1 zu § 175a Nr. 2. 7) Der Begriff des ,,Bestimmens" ist der gleiche wie in § 48 (Anstiftung). E r ist weiter als der des Verführens in Nr. 3, indem auch ein unter Drohung oder aus Furcht vor Nachteilen widerwillig geschehendes Handeln oder Dulden genügt. RG. D S t R . 36, 431. 8) Maßgebend ist nur das ziffernmäßige Alter; auf die geistige und körperliche E n t wicklung kommt es nicht an. Dem Typ eines Jugendverderbers braucht der Täter nicht zu entsprechen. E. 76, 77. 9) Zum inneren Tatbestand gehört, daß der Täter (anders als im Falle des § 176 Abs. 1 Nr. 3; vgl. dort Anm. 10) sich über das Alter seines Opfers Gedanken gemacht und es wenigstens für möglich gehalten und diese Möglichkeit in seinen Willen aufgenommen h a t , es habe das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet. RG. H R R . 42 Nr. 742. 10) Verführung bedeutet Einwirkung auf den Willen des Minderjährigen, um diesen zur Unzucht geneigt zu machen und dabei seine geschlechtliche Unerfahrenheit oder geringere Widerstandsfähigkeit auszunutzen. E. 71, 47. Keine Verführung, wenn der Minderjährige o h n e Beeinflussung seines Willens zur Unzucht bereit gewesen ist. E. 70, 199. Der Verführte braucht die Unzüchtigkeit der ihm angesonnenen Handlung nicht erkannt zu haben. R G . J W . 39, 30. Unbescholtenheit des Verführten ist nicht erforderlich; doch kann daraus, daß der Jugendliche selbst gleichgeschlechtlich veranlagt ist und sittlich bereits vorher verdorben war, u. U. geschlossen werden, daß er von sich aus zur Unzucht ohne Beeinflussung seines Willens bereit gewesen ist. E. 70, 199. Die Tat kann gegen denselben Jugendlichen sowohl in Tatmehrheit wie in Fortsetzungszusammenhang begangen werden, doch muß besonders sorgfältig geprüft werden, ob die folgende Einzeltat noch eine Verführung darstellt oder ob der bereits Verführte nunmehr von sich aus zur Unzucht bereit war. E. 71, 111. Liegt bei den folgenden Einzeltaten keine Verführung mehr vor, so daß sie den Tatbestand des § 175 erfüllen, so kann gleichwohl eine fortgesetzte Handlung gegeben sein, die dann als e i n Verbrechen gegen § 175a Nr. 3 erscheint. RG. D J . 39, 619. § 175a Nr. 3 ist unanwendbar, wenn der Täter den Minderjährigen durch Verleitung zum Alkoholgenuß oder durch Hypnose in einen willen- oder bewußtlosen Zustand versetzt und dann, vorgefaßter Absicht entsprechend, zur Unzucht mißbraucht. E. 72, 50 und 352. Ein vollendetes Verbrechen nach Nr. 3 setzt voraus, daß der Jugendl. selbst den Tatbestand des § 175 nach der äußeren und inneren Tatseite erfüllt. BGHSt. 2, 40; OLG. Hamm JMB1. NRW. 50, 131; Oldenburg SJZ. 50, 921. Bei einem strafunmündigen oder gemäß

2. Teil. 13. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. §§ 175 b, 176

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4. ein Mann, der gewerbsmäßig11) mit Männern Unzucht treibt oder von Männern sich zur Unzucht mißbrauchen läßt oder sich dazu anbietet. § 175 b. [Unzucht mit Tieren] Die widernatürliche Unzucht1), welche von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. * § 176 x ). [Nötigung und Mißbrauch zur Unzucht] (1) Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. mit Gewalt2) unzüchtige Handlungen3) an4) einer Frau vornimmt5) oder dieselbe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung unzüchtiger Handlungen nötigt; § 3 JGG. oder aus anderen Gründen strafrechtlich nicht verantwortl. Jugendl. genügt, daß er in einer seinem Lebensalter entsprechenden Weise geschlechtl. Empfindungen entweder bei sich oder dem Verführer bewußt hervorrufen will. BGH. a.a.O. Tateinheit zwischen Nr. 3 und § 176 Abs. 1 Nr. 3 ist möglich. RG. HRR. 41 Nr. 219. Zum V e r s u c h genügt, daß der Täter damit gerechnet hat, der Minderjährige werde nicht ohne weiteres zur Unzucht bereit sein und demgemäß mit der Einwirkung begonnen hat. E. 70, 199; OLG. Düsseldorf J R . 47, 170. Ein Versuch kann z. B. schon darin liegen, daß der Täter dem Minderj. unzüchtige Handl. mit anderen Jugendl. schildert und ihn auffordert, mit ihm zu gehen. BayObLGSt. 50/51 S. 243. Die Einwirkung kann sich auch in zeitl. getrennten Handl. vollziehen, die nicht notwendig in unmittelbarem Zusammenhang vorgenommen zu sein brauchen. BayObLG.bay. JMB1. 51, 48. 11) Vgl. Anm. 1 zu § 260. Trotz der Wendung ,,mit Männern" ist nicht erforderlich, daß der Täter mit einem individuell nicht bestimmten Kreis von Männern Unzucht getrieben hat oder treiben will, vielmehr genügt Unzucht mit einem bestimmten Manne in Widerholungsabsicht zum Zweck der Schaffung einer Einnahmequelle von gewisser Dauer, RG. DStR. 38, 58 und Niederreuther, D J . 37, 994; a. M. RKG. 1, 270. Wegen Beihilfe nach § 175a Nr. 4 kann nach § 50 — jedenfalls bei den beiden ersten Begehungsformen — nur bestraft werden, wer selbst gewerbsmäßig handelt. E. 71, 72. Anders bei der 3. Begehungsform (sich anbieten), wo die Gewerbsmäßigkeit nicht strafschärfend, sondern strafbegründend wirkt (Goedel, J W . 37, 715). Die Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs oder eines Sammelverbrechens ist ausgeschlossen, wenn der Täter mit verschiedenen Männern Unzucht getrieben hat. E. 72, 257. Zu § 175 b : 1) D. h. beischlafsähnliche Handlungen. Dazu gehört, daß der Täter seinen Geschlechtsteil an den Körper (After oder Geschlechtsteil) des Tieres heranbringt — Vereinigung der Geschlechtsteile bzw. Einführung in den After ist nicht erforderlich — und ähnlich wie bei der natürl. Beischlafsvollziehung verwendet. E. 48, 235; BGHSt. 2, 270; a.M.E.71, 350, wonach jede an oder mit dem Tier vorgenommene Handlung genügt, durch die der Täter bei sich oder dem Tier eine geschlechtliche Befriedigung entsprechend der mit dem natürlichen Beischlaf verbundenen herbeiführen will, also auch das Reiben am Geschlechtsteil des Tieres. § 175 b ist unanwendbar, wenn der Täter nur die Geschlechtslust des Tieres, nicht seine eigene befriedigen will. E. 73, 88. Eine aus Sinnenlust begangene nicht in beischlafsähnlichen Handlungen bestehende Tierquälerei fällt nicht unter § 175b. Schäfer, JW. 37, 1352. Zu § 176: 1) Zwischen § 176 Nr. 1, 2 und 3 und § 185 liegt in der Regel Gesetzeskonkurrenz vor, bei der die Sondervorschrift des § 176 vorgeht. E. 71, 376; 73, 211. 2) Anwendung körperlicher Kraft, um den vorliegenden oder erwarteten Widerstand gegen Vornahme der unzüchtigen Handlung zu brechen. Seelische Einwirkung genügt nicht. E. 64, 113. Wo die Überwindung eines zu erwartenden Widerstandes entfällt, ist Nr. 1 unanwendbar, z. B. wenn der sich verborgen haltende Täter einen überraschenden Schlag auf den entblößten Körper einer Frau führt. E. 77, 81. 3) Siehe Anm. 11. Beischlaf zwischen Ehegatten ist auch dann keine unzüchtige Handlung, wenn er entgegen berechtigter Weigerung der Frau mit Gewalt vorgenommen wird (nur Nötigung, § 240). Dagegen können über den Beischlaf hinausgehende geschlechtliche Handlungen zwischen Ehegatten, die das allgemeine Scham- und Sittlichkeitsgefühl ver12

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 176

2. eine in einem willenlosen6) oder bewußtlosen Zustande befindliche oder eine geisteskranke7) Frau zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht8), oder 3. mit Personen9) unter vierzehn Jahren 10 ) unzüchtige Handlungen11) letzen, wie besonders schamlose oder scheußliche Verirrungen, unzüchtig i. S. des § 176 sein. E . 71, 109. Hat der Täter die unzüchtige Handlung nur zur Vorbereitung und Durchführung des außerehelichen Beischlafs vorgenommen, so wird § 176 Nr. 1 durch §§ 177, 43 aufgezehrt; dagegen Tateinheit, wenn die Handl. aus mehreren Einzelbetätigungen besteht, von denen ein Teil nur den Tatbestand des § 177, ein anderer nur den des § 176 Nr. 1 erfüllt, weil letztere unmittelbar der Befriedigung der Wollust des Täters dienen sollen B G H S t . 1, 152. Ein freiwillig aufgegebener Notzuchtsversuch (§ 177) kann Verbrechen gegen § 176 Nr. 1 sein. E . 23, 225; B G H S t . 1, 156. 4) ,,an", nicht, wie in Nr. 3, , , m i t " einer Frau. E s muß daher der Körper der Frau berührt werden. E . 26, 280; die Nötigung zur Vornahme unzüchtiger Handlungen genügt nicht R G . H R R . 40 Nr. 280. Frau ist jede weibliche Person ohne Rücksicht auf das Alter. 5) Der Täter muß selbst die Gewalt anwenden; hat ein Dritter unabhängig vom Täter gegen die Frau Gewalt angewandt, so fällt die Vornahme einer unzüchtigen Handlung an der Frau durch den diesen Zustand ausnützenden Täter nicht unter Nr. 1. E . 27, 422. Gewalthandlung und unzüchtige Handlung müssen äußerlich auseinanderfallen; die Gewalthandlung also vorausgehen. E . 63, 227. Ziff. 1 ist unanwendbar, wenn die Gewalttätigkeit selbst die unzüchtige Handlung bildet (Sadismus). R G . J W . 25, 2135; E . 77, 81. 6) Willenlosigkeit liegt vor, wenn die Frau (aus psychischen oder physischen Gründen) keinen Willen hat oder ihn nicht zu äußern vermag, aber auch, wenn sie ihren Willen zwar äußern, aber (z. B . wegen Fesselung) nicht geltend machen kann. LG. Amberg J W . 36, 3013 und Schäfer a.a.O. (str.). Willenlosigkeit ist schließlich auch anzunehmen, wenn eine Frau sich in einer Lage befindet, in der sie weder erwarten noch erkennen kann, daß sie zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht werden soll und in diesem Zustand so plötzlich überrumpelt wird, daß sie ihren Willen nicht äußern kann. E . 73, 271. 7) Darunter fallen auch g e i s t e s s c h w a c h e Frauen, jedoch nur, wenn sie infolge ihres Geisteszustandes außerstande sind, zwischen einer dem Sittengesetz entsprechenden und ihm widerstreitenden Befriedigung des Geschlechtstriebes zu unterscheiden, während es bei g e i s t e s k r a n k e n Frauen nicht darauf ankommt, ob sie infolge ihrer Krankheit außerstande sind, Bedeutung, Folgen und sittliche Wertung eines Geschlechtsverkehrs zu erkennen. E . 70, 32; B G H S t . 2, 58. Bei geistesschwachen Frauen ist aber besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Täter deren Unfähigkeit, ihr Geschlechtsverhalten sittlich zu beurteilen und nach sittl. Einsicht zu lenken, erkannt hat. B G H . a.a.O. 8) Der Mißbrauch liegt in dem Gebrauch der willenlosen usw. Frau zum außerehel. Beischlaf. Kein Mißbrauch, wenn sie vor Eintritt der Willen- oder Bewußtlosigkeit in die Tat eingewilligt hat oder der Täter ihrer Zustimmung sicher sein durfte. OLG. Hamm H E S t . 2, 270. Täter kann nur ein Mann sein; die Frau, die einen ihr erkennbar geisteskranken Mann zur Tat veranlaßt, ist nicht mittelbare Täterin, sondern Anstifterin (str.). Mittäterschaft zwischen zwei Männern ist möglich, auch wenn nur einer den Beischlaf vollzieht; in der Regel ist aber der andere nur Gehilfe. E. 71, 364. 9) Auf das Geschlecht kommt es nicht an; Tateinheit mit § 175 ist möglich, wenn das mißbrauchte Kind ein Knabe ist. E . 71, 246. 10) Bedingter Vorsatz hinsichtl. des Alters genügt. R G . J W . 33, 2059. E s ist dabei dem praktischen Bedürfnis entsprechend, nicht erforderlich, daß der Täter über Alter des Kindes Erwägungen anstellt; es genügt, daß er die T a t ohne Rücksicht auf Alter will. E . 75, 127. a.M. B G H . N J W . 53, 152, wonach der Täter sich die Möglichkeit eines Alters von noch nicht 14 Jahren vorgestellt haben muß. 11) Unzüchtige Handlungen sind solche, die o b j e k t i v das allgemeine Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzen und s u b j e k t i v auf die Erregung oder Befriedigung der eignen oder fremden Geschlechtslust gerichtet sind. E . 71, 109; 76, 165; B G H S t . 1,291. Daß die Befriedigung der Sinnenlust der alleinige Zweck des Handelns ist, ist nicht erforderlich R G . J W . 3 7 , 7 5 6 . Schamlose Handlungen aus anderen Beweggründen, z.B.aus Spaß, Wut oder weil der Täter von der abergläubischen Vorstellung beherrscht ist, daß die Vornahme der Handlung zur Heilung von einer Geschlechtskrankheit führen könne. E . 57, 239, sind keine unzüchtigen Handlungen. Unzüchtig ist eine das Scham- und Sittlichkeitsempfinden verletzende Handlung schon dann, wenn sie auch nur bei einem der an ihr Beteiligten geschlechtliche Empfindungen hervorzurufen bestimmt ist. E. 63, 12. Nicht kommt es darauf an, daß die Sinnenlust in der äußeren Erscheinungsform der Handlung erkennbar hervortritt, maßgebend ist vielmehr der Eindruck, den ein Zuschauer hätte, wenn ihm nicht nur das äußere

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Erscheinungsbild, sondern auch Gesinnung und Willensrichtung des Täters bekannt wären. E . 67, 110; B G H S t . 2, 167. Ob eine Handlung unzüchtig ist, richtet sich auch nach den Sitten und Gebräuchen der Volkskreise, in denen sich der Vorgang abgespielt hat. R G . J W . 36, 1972. Unbedeutende auf Sinnenlust beruhende oder darauf abzielende Berührungen und handgreifl. Zudringlichkeiten sind im allg. keine unz. Handl. E . 67, 170, B G H . N J W . 54, 120, z. B. nicht ein Kuß, das Streicheln der Wangen oder Beine oder die einfache Umarmung eines Kindes (nur Beleidigung). R G . D R . 42, 1785. Anders jedoch, wenn der Täter bereits nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 vorbestraft ist. R G . D R . 40, 1825, entsprechend dem Grundsatz, daß eine geschlechtlich nicht völlig beziehungslose, unter anderen Umständen aber harmlose oder nur unanständige Handlungsweise durch die vom Täter beabsichtigte Erregung seiner Sinnenlust zur unzüchtigen werden kann. B G H S t . 2, 213 (mit abl. Anm. von Schmidt-Leichner NJW. 52, 712). Eine Handlung, die als solche hiernach nicht unzüchtig ist, wird es nicht dadurch daß ein katholischer Geistlicher sie unter Verletzung des Keuschheitsgelübdes vornimmt. R G . J W . 37, 2385. Dagegen kann unzüchtige Handlung sein: ein Kuß auf das Gesäß eines Mädchens. GA. 60, 428; Stockschläge auf das (entblößte oder nicht entblößte) Gesäß. E . 67, 110; R G . J W . 37, 756; die Beibringung von Wunden am Unterleib, Geschlechtsteil oder ähnlichen Körperstellen. R G . J W . 39, 4 0 0 ; ein „Zungenkuß". R G . J W . 38, 1878; OGH. BZ. DRZ. 50, 162; u. U. schon eine auf geschlechtliche Sinneslust abzielende schamlose E n t kleidung, auch wenn sie den nackten Körper noch nicht zum Vorschein kommen läßt. E . 33,429. 12) Eine Berührung des Körpers des Kindes ist nicht erforderlich; es genügt, daß der Körper des Kindes insofern in Mitleidenschaft gezogen wird, als der Täter ihn als Mittel benutzt, Wollust zu erregen oder zu befriedigen. E . 76 165, z. B . durch Hochheben seines Rockes. R G . J W . 30, 1593. Das Kind selbst braucht die Handlung als unzüchtig nicht erkannt zu haben, es genügt, daß der Täter aus Wollust handelt. E . 22, 33; B G H S t . 2, 212. Vornahme einer unzüchtigen Handlung ist es auch, wenn ein Mann aus Geilheit duldet, daß ein Mädchen an ihm Unzüchtiges vornimmt. R G . J W . 33, 2058. Durch u n z ü c h t i g e R e d e n und Überlassung unzüchtiger Schriften zum Lesen wird der Tatbestand nicht erfüllt, da der Körper des Kindes nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. E . 76, 165; OLG. Frankfurt N J W . 49, 32. Ging jedoch der Vorsatz des Täters dahin, daß das Kind, durch die unzüchtigen Reden oder die unzüchtige Lektüre angeregt, selbst eine unzüchtige Handlung vornehme — wobei schon das g e f l i s s e n t l i c h e Anhören der Reden oder Weiterlesen eine u. H. ist —• so liegt ein Verleiten zur VerÜbung einer unzüchtigen Handlung (Anm. 13b) vor, wenn das Kind die unzüchtige Handlung vornimmt, sonst strafbarer Versuch. Versuch liegt vor, wenn die schon begangenen Handlungen zwar unzüchtig sind, als solche aber noch nicht der Befriedigung der wollüstigen Absicht des Täters dienen sollten. E . 47, 74; 58, 277. Dieser Fall ist aber selten; in der Regel ist das Tun des Täters in seiner Gesamtheit von geschlechtlicher Lust beherrscht und es ist dann ohne Belang, wenn er nicht soweit gekommen ist, wie er eigentlich wollte. E . 69, 143. Daher ist schon Greifen unter die Kleidung und Berühren der Oberschenkel regelmäßig eine vollendete unzüchtige Handlung. R G . J W . 39, 789. 13) Verleiten bedeutet eine Einwirkung auf den Willen in irgend einer Form B G H . N J W . 53, 710, z. B . durch Versprechungen, Vorspiegelungen, Drohungen, aber auch durch einfache Aufforderung. E . 73, 246 oder Erregung der Neugierde, mag auch bei dem Kind schon eine gewisse allgemeine Neigung vorhanden gewesen sein. R G . J W . 36, 260. Jedoch keine Verleitung, wenn die Anregung zu der unzüchtigen Handlung von dem Kind ausgeht. R G . D S t R . 35, 492. Das Kind braucht die Unzüchtigkeit der Handlung, zu deren Duldung oder VerÜbung es verleitet wird, nicht zu erkennen; es ist nicht nötig, daß bei ihm Wollust oder sinnliche Erregungen erweckt werden oder erweckt werden sollen, vielmehr genügt es (ist aber auch erforderlich), wenn der Verleitende selbst aus Sinnenlust handelt. E . 73, 246 (ständige Rechtsprechung) Die abw. Entscheidung OGH. BZ. MDR. 48, 4 8 0 : die Schutzfunktion von § 176 Nr. 3 erfordere, daß eine objektiv unzüchtige Handlung genüge; auf die wollüstige Absicht des Täters komme es nicht an; ist als zu weitgehend mit Recht von allen Seiten abgelehnt worden (vgl. B G H S t . 1, 291; Schönke MDR. 48, 481; Niethammer S J Z . 49, 286; Bohne S J Z . 50, 297). — Z u m Verleiten genügt bedingter Vorsatz. B G H . N J W . 53, 1559. Tateinheit mit § 183 ist möglich. B G H . N J W . 53, 710. a) V e r l e i t e n z u r D u l d u n g : Dulden ist gleichbedeutend mit Erdulden und setzt die Vornahme der unzüchtigen Handlung am Körper des Kindes voraus. R G . J W . 36, 260. Die Verleitung zur Duldung einer unzüchtigen Handlung hat keine besondere rechtliche Bedeutung, wenn sie mit der unzüchtigen Handlung selbst u n m i t t e l b a r zusammenfällt. E . 69, 141. b) V e r l e i t e n z u r V e r ü b u n g : Hier ist nicht erforderlich, daß das Kind bestimmt werde, die unzüchtige Handlung an sich selbst oder an oder mit dem Körper des Verleitenden oder eines Dritten vorzunehmen, vielmehr genügt jegliche Art einer unzüchtigen Handlung. Unter § 176 Nr. 3 fallen: die Verleitung eines Kindes, sich nackt den Blicken des Täters 12*

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A 2. Strafgesetzbuch. § 177

vornimmt12) oder dieselben zur Verübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen verleitet13) 14). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. * § 177. [Notzucht] (1) Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch2 Gewalt1) oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben ) eine Frau3) zur Duldung des 4 außerehelichen Beischlafs nötigt ) oder wer eine Frau zum außerehelichen Beiauszusetzen. H R R . 35 Nr. 147; seinen Geschlechtsteil betrachten zu lassen. B G H S t . 1, 172; oder Schlüpfer und Unterkörper zu zeigen. BGHSt. 2, 212; den entblößten Geschlechtsteil des Täters oder eine vom Täter an seinem eigenen Körper vorgenommene unzüchtige Handlung g e f l i s s e n t l i c h (also nicht arglos) anzuschauen. E. 73, 249; BGHSt. 1, 171; Abbildungen nackter Geschlechtsteile. E. 70, 316, oder nackter Menschen unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtlichkeit. BGHSt. 1, 291, sonstige unzüchtige Abbildungen. RG. D S t R . 38, 134, oder die Vortäuschung schamlosen Treibens (Stellung des Fingers in der Hosentasche, als handle es sich um den Geschlechtsteil des Täters) geflissentlich zu betrachten. E. 73, 211; a. M. Schönke IV 2c. Sieht das Kind, nachdem es erkannt hat, welcher Anblick ihm gewährt wird, weg, so liegt V e r l e i t u n g s v e r s u c h vor. RG. J W . 36, 260. Kommt es dem Täter nur darauf an, daß das Kind den Geschlechtsteil a r g l o s ansieht oder will er durch bloßes Zeigen seine Geschlechtslust befriedigen, so ist § 183 anwendbar. BGH. N J W . 53, 710; OLG. Hamburg H E S t . 1, 61. Die gleichen Grundsätze gelten für die Verleitung eines Kindes zum a u f m e r k s a m e n (geflissentlichen) Anhören unzüchtiger Reden. BGHSt. 1, 168; a. M. OLG. Braunschweig SJZ. 50, 597 und zur a u f m e r k s a m e n Lektüre unzüchtiger Schriften. E. 76, 165; OLG. Frankfurt N J W . 49, 32, da es sich dabei um eine dem Betrachten eines unzüchtigen Vorganges gleich gefährliche Anteilnahme handelt. — Daß der Täter bei der Vornahme der unzüchtigen Handlung zugegen sei, ist nicht erforderlich. Nr. 3 ist daher auch anwendbar, wenn der Täter das Kind durch unzüchtige Reden usw. in geschlechtliche Erregung versetzt zu dem Zweck und mit der Wirkung, daß es in Abwesenheit des Täters unzüchtige Handlungen vornimmt. RG. Recht 1928 Nr. 1170; BGHSt. 1, 172. Versuch aus Nr. 3 kann schon darin liegen, daß das Kind von dem Täter veranlaßt wird, ihm an einen bestimmten Ort zu folgen, wo er unzüchtige Handlungen vornehmen will. E. 52, 184; 69, 141. 14) Kein Fortsetzungszusammenhang bei wiederholter Verletzung des § 176 Nr. 3, wenn sich die Handlungen gegen verschiedene Kinder richten (höchstpersönl. Rechtsgüter) E. 70, 243. Dagegen natürliche Handlungseinheit, wenn der Täter durch e i n e Handlung (einmaliges Zeigen des Geschlechtsteils) mehrere Kinder verleitet. RG. D J . 37, 1086. Soweit Fortsetzungszusammenhang in Betracht kommt (bei Handl. gegen dasselbe Kind), ist zu beachten, daß eine auf e i g n e r Sinnenlust beruhende unz. Handl. regelmäßig nicht einem früher gefaßten Gesamtvorsatz, sondern jeweils einer neuen plötzl. Eingebung des Geschlechtstriebs entspringt. BGHSt. 2, 167. Zu § 177: 1) Die Gewaltanwendung braucht nicht unmittelbar den Beischlaf zu ermöglichen; es genügt, wenn sie das Opfer nur zur Aufgabe des Widerstands bewegen soll. RG. J W . 35, 2734; BGH. N J W . 53, 1070; a. M. (vereinzelt) OGHSt. 3, 96. Ausreichend ist auch ein solches Maß von Gewalt, dessen die Angegriffene sich erwehren könnte. Zum inneren Tatbestand genügt bedingter Vorsatz, der in der Regel nur fehlt, wenn sich der Täter vor dem 2) AktVgl. über die Einwilligung der Angegriffenen Gewißheit verschafft hat. RG. Anm. 4 zu § 252. Andere Drohmittel (z. B. mit einem Verbrechen odera.a.O. Vergehen) genügen nicht. RG. D J . 38, 154; E. 73, 358 (vgl. vielmehr § 240); ebenso nicht Täuschungshandlungen (z. B. die Beiwohnung sei zur Erreichung eines Heilerfolges erforderlich). RG. H R R . 42 Nr. 457. 3) Auch ein noch nicht geschlechtsreifes Kind. E. 71, 130. 4) Vollendet ist die Notzucht, sobald der Täter mit seinem Glied in die Scheide der Angegriffenen einzudringen beginnt. RG. J W . 37, 756; immissio seminis ist nicht erforderlich. Der Widerstand braucht nicht bis zur Beendigung des Beischlafs angedauert zu haben. Die Strafbarkeit eines Notzuchtsversuchs wird nicht dadurch aufgehoben, daß die Angegriffene den Widerstand aufgibt und in den Beischlaf willigt. Bloßes Dulden infolge der Gewalt bedeutet kein Einverständnis. RG. J W . 35, 2734. Täter kann hier — anders als bei § 176 Nr. 2 — auch eine Frau sein, da der Nötigende und der den Beischlaf Vollziehende verschiedene Personen sein können. Frank 1; LK. 2. § 177 ist lex specialis gegenüber § 185. RG. J W . 38, 168.

2. Teil. 13. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. §§ 178—180

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schlafe mißbraucht, nachdem er sie zu diesem Zwecke in einen willenlosen oder bewußtlosen Zustand versetzt hat. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Jahre ein. § 178. [Strafschärfung bei Todesfolge] Ist durch eine der in den §§ 176 und 177 bezeichneten Handlungen1) der Tod der verletzten Person verursacht2) worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslange Zuchthausstrafe ein. * § 179. [Grschleichung des außerehelichen Beischlafs] (1) Wer eine Frau zur Gestattung des Beischlafs dadurch verleitet, daß er eine Trauung vorspiegelt, oder einen anderen Irrtum in ihr erregt oder benutzt, in welchem sie den Beischlaf für einen ehelichen1) hielt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein2). § 180!). [Kuppelei] (1) Wer2) gewohnheitsmäßig3) oder aus Eigennutz 4 ) durch seine Vermittelung6) oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit6) der UnZu § 178: 1) Auch wenn es nur zu einem Versuch gekommen ist. E. 69, 332. 2) Vgl. § 56. Nicht § 178, sondern Sittlichkeitsverbrechen in Tateinheit mit Tötungsdelikt, wenn der Täter, veranlaßt durch das Sittlichkeitsdelikt u. im Anschluß an dieses das Opfer vorsätzl. tötet. OGHSt. 3, 96. Zu § 179: 1) Es genügt also nicht, wenn der Täter durch Vorspiegelung der Heiratsabsicht ein Mädchen zur Gestattung des außerehelichen Beischlafs verleitet. E. 73, 358; hier kommt gegebenenfalls Beleidigung in Frage. E. 70, 249. 2) Nur die verletzte Frau ist zum Antrage brechtigt. E. 19, 250. Der Ehemann kann den Antrag auch nicht wegen eigner Beleidigung (vgl. Anm. l d zu § 185) stellen, da § 179 Sondergesetz gegenüber § 185 ist. E. 19, 250; 68, 338; a. M. E. 24, 201. Zu § 180: l a ) Einen Fall der Kuppelei stellt auch § 4 8 des Gesetzes v. 9. 6. 1897 über das Auswanderungswesen (RGBl. S. 463) unter Strafe. Er bestimmt: „Wer eine Frauensperson zu dem Zwecke, sie der gewerbsmäßigen Unzucht zuzuführen, mittels arglistiger Verschweigung dieses Zweckes zur Auswanderung verleitet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann zugleich auf Geldstrafe sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Dieselben Strafvorschriften finden auf denjenigen Anwendung, welcher mit Kenntnis des vom Täter in solcher Weise verfolgten Zweckes die Auswanderung der Frauensperson vorsätzlich befördert; sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein, neben welcher auf Geldstrafe erkannt werden kann." Gegen Mißstände im Auswanderungswesen ist erlassen die VO. v. 14. 2. 1924 (RGBl. I S. 107). b) Kuppelei ist begrifflich Teilnahme an fremder Unzucht. Soweit die Unzucht als solche nicht strafbar ist (wie bei außerehelichen geschlechtlichen Beziehungen zwischen Personen verschiedenen Geschlechts oder bei Unzucht zwischen Frauen; vgl. E. 48, 197), begründet § 180 die Strafbarkeit der Teilnahme. Soweit die Unzucht strafbar ist (z. B. bei Unzucht zwischen Männern), bildet § 180 einen selbständigen Straftatbestand, der mit der nach anderen Vorschriften strafbaren Teilnahme an fremder Unzucht in Tateinheit verwirklicht werden kann. 2) Selbstverkuppelung ist nicht strafbar. E. 66, 378. 3) Vgl. Anm. 2 zu § 260. Bei einer Mehrheit von Kuppeleihandlungen liegt kein Sammelverbrechen vor (vgl. Anm. 2f zu § 74). 4) D. h. in der Absicht, unter Außerachtlassung der gebührenden Rücksichtnahme auf die Interessen anderer, sich einen materiellen (nicht notwendig Vermögens-)Vorteil zu ver-

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A 2. Strafgesetzbuch. § 180

zucht 7 ) Vorschub leistet 8 ), wird wegen Kuppelei mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft; auch kann zugleich auf Geldstrafe, auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Gefängnisstrafe bis auf einen Tag ermäßigt werden. schaffen. E. 16, 56; 41, 225, z. B. auch die Möglichkeit zur Fortsetzung der eigenen Unzucht. RG. JW. 39, 90, oder die Erhaltung der Gunst einer Person, mit der der Täter günstige Geschäfte abzuschließen pflegt. OLG. Oldenb. JB1. Old. 47, 50. Daß der erstrebte Vorteil wirklich erreicht wird, ist nicht erforderlich. 5) Vermittelung ist eine Tätigkeit, die die persönliche Annäherung der Unzuchtspartner zum Zwecke der Ausübung der Unzucht ermöglicht. E. 29, 108. Daher fällt nicht darunter der Verkauf oder das Verleihen von Gegenständen, die durch Anreizung der Sinne eine gesteigerte Geneigtheit zu Unzuchtshandlungen hervorrufen können. RG. D J . 37, 897. 6) Ein bloßes Anbieten der Gelegenheit genügt nicht, es muß auch angenommen sein. E. 2, 259; R. 9, 371. Beispiele: Nachweis oder Zurverfügungstellung von Räumen; Hingabe von Geld an einen Mann, um ein Mädchen bezahlen zu können. E. 51, 46. 7) Über den Begriff „ U n z u c h t " vgl. Anm. 11 zu § 176. Der bloße Anblick von Nackttänzerinnen ist keine Unzucht i. S. des § 180. E. 25, 287. Nach E. 71, 13 ist der Beischlaf zwischen Verlobten s t e t s Unzucht, die Duldung durch die Brauteltern stets schwere Kuppelei. Diese Auffassung hat im Schrifttum durchweg Ablehnung gefunden (vgl. Schönke III; Wolf ZAkadDR. 37, 151 und DR. 39, 1146; Schäfer D J . 37, 316; Grau D J . 37, 1320) und ist vom RG. später aufgegeben (siehe RG. DR. 39, 1145 und E. 77, 128). Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Frage, ob Geschlechtsverkehr zwischen Verlobten Unzucht ist, nicht für alle Fälle im gleichen Sinne beantwortet werden kann, sondern daß die Umstände des einzelnen Falles unter Berücksichtigung der Anschauungen der betreffenden Bevölkerungskreise, soweit sie nicht Mißbilligung verdienen, maßgebend sind. RV. d. R J M . v. 21. 3. 1939 — 4032/2 IIa 1 , 219/39 — D S t R . 39, 214; BGH. LM. Nr. 2 zu § 180; OLGe Düsseldorf N J W . 50 958; Braunschweig NdsRpfl. 53, 11. OLG. Dresden JW. 37, 900 bezeichnet den Geschlechtsverkehr der Brautleute zwar stets als Unzucht, sieht aber in der gegenteiligen, auf den Anschauungen ihres Gesellschaftskreises beruhenden Annahme der Eltern einen strafausschließenden Irrtum. Als Umstände, die den Geschlechtsverkehr unzüchtig erscheinen lassen, können z. B. in Betracht kommen, daß es sich nicht um eine wohlerwogene Verbindung gereifter Menschen zu demnächstiger Lebensgemeinschaft, sondern — namentlich bei sehr jugendl. Verlobten — um ein leichtsinnig begonnenes oberflächliches Verhältnis handelt, das praktisch ausschließlich oder im wesentlichen nur der geschlechtlichen Befriedigung dient. E. 77, 128; RG. DR. 39, 1145; OLG. Tübingen DRZ. 50, 163; daß eine Eheschließung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen überhaupt oder in absehbarer Zeit nicht möglich ist, so daß das „Verlöbnis" in Wirklichkeit nur die Befriedigung der Sinnenlust ermöglichen oder erleichtern soll. RG. DR. 39, 1309; BayObLG. N J W . 51, 573; 53, 1196, oder daß zwar ernstlich eine alsbaldige eheliche Verbindung angestrebt wird, der Geschlechtsverkehr aber nach den besonderen Umständen des Falles sittlich anstößig ist, z. B. wenn der Mann ein innerlich völliges unreifes ihm höriges Mädchen zum Geschlechtsverkehr veranlaßt. BayObLG. N J W . 53, 1195 oder wenn der Geschlechtsverkehr in Gegenwart Dritter stattfindet. RG. J W . 37, 2386. 8) Vorschubleistung erfordert eine wirkliche Förderung der Unzucht durch Schaffung günstigerer Bedingungen für die Ausübung der Unzucht; diese braucht aber nicht wirklich verübt zu werden. E. 44, 176. Daher begeht z. B. ein Gastwirt Kuppelei durch Veranstaltung einer geschlossenen Gesellschaft für Homosexuelle, auch wenn unz. Handl. unmittelbar bei dieser Veranstaltung nicht festgestellt sind. OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 50, 81. Vorschub leistet auch, wer fremde Unzucht in der Absicht eigener geschlechtlicher Befriedigung fördert (Betrachtung des unzüchtigen Treibens. — Triolenverkehr). E. 66, 378. Bedingter Vorsatz genügt. RG. D J Z . 12, 224. Vorschubleisten kann z. B. geschehen: durch Überführen einer Lohndirne aus einem Bordell in ein anderes, R. 8, 300; Anwerbung von Mädchen für Bordelle. E. 15, 361 (siehe auch E. 20, 201); Überlassen eines Hausschlüssels seitens der Hausfrau an ein Dienstmädchen, damit es nachts zu Unzuchtzwecken das Haus verlassen kann. J R . 27 Nr. 972. Auch ein U n t e r l a s s e n ist Vorschubleisten, wenn der Unterlassende die Rechtspflicht und die Machtmittel hat, die Unzucht zu verhindern. RG. J W . 35, 2136. Daher Kuppelei, wenn ein Ehemann die von seiner Ehefrau betriebene Bordellwirtschaft gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz duldet. GA. 41. 274; oder wenn er seine Ehefrau vom Geschlechtsverkehr mit anderen Männern nicht zurückhält. E. 73, 19; BGH. LM. Nr. 3 zu § 180; s. auch N J W . 53, 74 Nr. 18. Der Vater ist als Inhaber des Hausrechts verpflichtet, auch dem unzüchtigen Treiben v o l l j ä h r i g e r Kinder (Söhne oder Töchter) in der elterlichen Wohnung entgegen-

2. Teil. 13. A b s c h n i t t . Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. § 180

(2) Als Kuppelei gilt insbesondere die Unterhaltung eines Bordells oder eines bordellartigen Betriebs 9 ). (3) Wer einer Person10), die das 18. Lebensjahr vollendet hat, Wohnung gewährt11), wird auf Grund des Absatzes 1 nur dann bestraft, wenn damit ein Ausz u t r e t e n . R G . J W . 37, 2386; B a y O b L G . M D R . 52, 312. Bei minderjährigen Kindern ergibt sich die Rechtspflicht der E l t e r n zum Einschreiten aus dem Sorgerecht. Doch dürfen die A n f o r d e r u n g e n a n die Pflicht z u m Einschreiten nicht ü b e r s p a n n t werden. R G . J W . 39, 400. So ist z. B. der E h e m a n n nicht genötigt, auf den mit der E h e f r a u U n z u c h t treibenden Mann einzuwirken, wenn er erhebliche Nachteile b e f ü r c h t e n m u ß . E . 58, 97. I m Wege der Klage vorzugehen, ist i h m n i c h t z u z u m u t e n . E . 58, 226, ebensowenig brauchen in der Regel wegen des W i d e r s t r e i t s gegen die Pflichten aus dem Familienverhältnis E l t e r n die Polizei gegen ihre K i n d e r in A n s p r u c h zu n e h m e n . E . 77, 127 oder sonstige behördl. M a ß n a h m e n wie e t w a Fürsorgeerziehung zu veranlassen. K G . J R . 50, 407. Die Pflicht des E h e m a n n e s zum Einschreiten e n t f ä l l t bei N o t s t a n d (§ 54); die B e f ü r c h t u n g , von der F r a u wegen eines f r ü h e r begangenen Verbrechens angezeigt zu werden, b e g r ü n d e t aber keinen N o t s t a n d . E . 73, 19. Auch die E h e f r a u m a c h t sich neben dem E h e m a n n s t r a f b a r , wenn sie als Leiterin des H a u s wesens nicht verhindert, d a ß im H a u s e U n z u c h t getrieben wird. R G . J W . 37, 2386; ebenso der Leiter einer G a s t w i r t s c h a f t , selbst wenn er nicht Konzessionsinhaber ist, falls er n i c h t f ü r Sitte u n d O r d n u n g sorgt. H R R . 29 Nr. 262. Beihilfe zur gewohnheitsmäßigen K u p p e l e i erfordert, d a die Gewohnheitsmäßigkeit hier s t r a f b e g r ü n d e n d e s T a t b e s t a n d s m e r k m a l ist, nicht, d a ß der Gehilfe selbst gewohnheitsm ä ß i g h a n d e l t . R e c h t 7, 84 (vgl. A n m . 3 zu § 50). Beihilfe leistet z. B., wer einem D r i t t e n die zum E r w e r b u n d Betrieb eines Bordells nötigen Geldmittel zur V e r f ü g u n g stellt u n d die kreditweise L i e f e r u n g v o n W e i n zusagt. E . 39, 44. Beihilfe k a n n a u c h der leisten, dessen eigene U n z u c h t u n t e r s t ü t z t werden soll, jedoch n u r d u r c h H a n d l u n g e n , die ü b e r d a s bloße U n z u c h t t r e i b e n hinausgehen. R G . H R R . 39 Nr. 1379. 9) B. ist ein auf Gewinn gerichtetes U n t e r n e h m e n , bei d e m der I n h a b e r Dirnen, die in einem wirtschaftlichen A b h ä n g i g k e i t s v e r h ä l t n i s stehen, in dem Bordellbetrieb R ä u m e zur A u s ü b u n g der U n z u c h t zur V e r f ü g u n g stellt. E . 62, 341. F ü r den Begriff des bordellartigen Betriebs ist ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis nicht erforderlich. E . 6 4 , 1 1 0 . E s m u ß a b e r eine auf F ö r d e r u n g der U n z u c h t abzielende E i n r i c h t u n g des Gesamtbetriebes (z. B. d u r c h D a u e r b e l e u c h t u n g des T r e p p e n h a u s e s u n d Offenlassen des H a u s e s a u c h zur N a c h t z e i t , Bestellung einer ständigen Aufsichtsperson) u n t e r einer A r t v o n L e i t u n g seitens des Vermieters vorliegen (organisierte räumliche Z u s a m m e n f a s s u n g der Dirnen). R G . D S t R . 37, 205; die T a t s a c h e , d a ß sämtliche R ä u m e eines Hauses a n D i r n e n v e r m i e t e t sind, genügt allein nicht. R G . J W . 36, 261 2 a . Abs. 2, der im engsten Z u s a m m e n h a n g e zu Abs. 3 steht, v e r l a n g t n i c h t eine Ausbeutungsabsicht. E . 62, 339. 10) Auch männlichen oder weiblichen Personen, die n i c h t gewerbsmäßig U n z u c h t treibenE . 71, 293.' 11) Abs. 3 ist in das S t G B , a u f g e n o m m e n , u m der Dirne ein d a u e r n d e s U n t e r k o m m e n zu ermöglichen u n d zu v e r h i n d e r n , d a ß die U n z u c h t auf der S t r a ß e oder in der Familie getrieben werde. E r bezieht sich lediglich auf die Fälle, in denen n u r d u r c h die Gewährung der W o h n u n g Gelegenheit zur U n z u c h t gegeben wird. D R Z . 30 Nr. 407; B a y O b L G . J W . 31, 1619. E i n e V e r k u p p e l u n g seitens solcher Personen, die n i c h t W o h n u n g s g e w ä h r e r sind, bleibt daher s t r a f b a r . R G . J W . 30, 918; E . 64, 110. Gewährung einer W o h n u n g liegt vor, wenn der R a u m n i c h t n u r zur vorübergehenden A u s ü b u n g des Geschlechtsverkehrs (Absteigequartier), sondern allgemein als U n t e r k u n f t überlassen wird, m a g es sich a u c h n i c h t u m eine ständige Niederlassung h a n d e l n . O L G . B r e m e n M D R . 51, 53. Dagegen ist G e w ä h r u n g eines Absteigequartiers s t r a f b a r . E . 62, 221; B a y O b L G . D R Z . 28 Nr. 835; OLG. Oldenburg JB1. Old. 47, 50. E b e n s o ist Abs. 3 u n a n w e n d b a r , wenn der W o h n u n g s g e w ä h r e n d e über die W o h n u n g s g e w ä h r u n g u n d ü b e r übliche Nebenleistungen, die m i t dem Gewähren von W o h n u n g in Z u s a m m e n h a n g stehen, h i n a u s der U n z u c h t Vorschub leistet, z. B. wenn der in die W o h n u n g a u f g e n o m m e n e n Dirne zu i h r e m u n z ü c h t i g e m Treiben die ganze W o h n u n g zur V e r f ü g u n g gestellt wird. R G . D R . 43, 483. oder wenn ihr außer dem von ihr b e w o h n t e n Zimmer ein R a u m als „ W a r t e r a u m " f ü r „ F r e i e r " überlassen wird. B a y O b L G S t . 50/51 S. 488. Abs. 3 gilt nicht n u r zugunsten dessen, der der Dirne u n m i t t e l b a r als ihr Vertragsgegner W o h n u n g gewährt, sondern auch f ü r den, der seinerseits d e m Vermieter die Möglichkeit hierzu v e r s c h a f f t . E . 64, 280. U n a n w e n d b a r ist Abs. 3, wenn E l t e r n ihren m i n d e r j ä h r i g e n K i n d e r n W o h n u n g g e w ä h r e n , weil sich hier die Pflicht z u m Einschreiten aus ihrer Sorgepflicht ergibt. B a y O b L G . M D R . 52, 312, ebenso bei G e w ä h r u n g der W o h n u n g zur A u s ü b u n g der U n z u c h t zwischen M ä n n e r n (§ 175). L K . 5.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 181

beuten12) der Person, der die Wohnung gewährt ist, oder ein Anwerben13) oder ein Anhalten14) dieser Person zur Unzucht verbunden ist.

§ 181. [Schwere Kuppelei] (1) Die Kuppelei1) ist, selbst wenn sie weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz2) betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wenn 1. um der Unzucht Vorschub zu leisten, hinterlistige Kunstgriffe 3 ) angewendet werden, oder 2. der Schuldige zu der verkuppelten Person4) in dem Verhältnisse des Ehemanns zur Ehefrau 6 ), von Eltern 8 ) zu Kindern 7 ), von Vormündern 12) Ausbeuten ist die bewußte Ausnutzung, der bewußte Mißbrauch einer Person oder eines Verhältnisses zu Erwerbszwecken. RG. J W . 29, 3008. Schon die bloße Überschreitung des angemessenen Mietzinses ist regelmäßig eine Ausbeutung. RG. D S t R . 37, 205. Die das gewöhnliche Maß übersteigenden Erwerbskosten eines Hauses, die ihren Grund in der Verwendung eines der Räume zum Bordell haben, dürfen nicht in Ansatz gebracht werden. E. 63, 166. Es darf überhaupt nicht ein besonderes Entgelt für eiae uneingeschränkte Zulassung des Unzuchtbetriebes gefordert werden. H R R . 29 Nr. 1702, wohl aber ein Unbequemlichkeitszuschlag. RG. D S t R . 37, 204 (ein solcher kommt bei Mietern, die nicht gewerbsmäßig Unzucht treiben, nicht in Betracht. E. 71, 294). Ein Ausbeuten kann auch nicht um deswillen verneint werden, weil Dirnen in solcher Gegend keine billigeren Wohnungen erhalten können. Recht 33 Nr. 1365. Gleichgültig ist es, ob der überhöhte Mietzins von der unzuchttreibenden Mieterin selbst oder für sie von ihren Liebhabern gezahlt wird. BayObLG. St. 50/51 S. 616. Unerheblich ist es, ob die ausgenutzte Person sich als ausgebeutet betrachtet, oder ob sie sich in einer Zwangslage befindet. RG. D S t R . 37, 205. 13) = Abschluß eines Vertrages, durch den sich jemand zur Unzucht für längere Zeit verpflichtet. LK. 5. 14) Anhalten ist eine nachdrückliche und anhaltende Beeinflussung des anderen, Unzucht zu treiben (vgl. OLG. Bremen MDR. 51, 53). Kein Anhalten ist das Fordern eines überhöhten Mietzinses im Hinblick auf die Unzuchtausübung. „Anhalten" erfordert vielmehr eine andere Form der Willensbeeinflussung, als sie im „Ausbeuten" beruht. BayObLG. St. 50/51 S. 616. Zu § 181: 1) § 181 ist nicht ein erschwerter Fall des § 180, sondern ein selbständiger Tatbestand. Die Einschränkung in § 180 Abs. 3 gilt nicht für § 181. RG. J W . 35, 2136; OLG. Tübingen DRZ. 50, 163. 2) Gewohnheitsmäßigkeit und Eigennutz können als Strafzumessungsgründe in Betracht kommen. 3) Hinterlistige Kunstgriffe sind geschickt getroffene Vorkehrungen oder eine schlaue Benutzung gegebener Verhältnisse, wenn der Täter mit Vorbedacht und unter Verdeckung seiner wahren Absicht verfährt, um den unvorbereiteten Zustand eines anderen zur Verwirklichung seines Planes zu benutzen. E. 22, 311; J W . 30, 1593. 4) Verkuppelt ist eine Person, deren Unzucht Vorschub geleistet worden ist; eine besondere Einwirkung auf sie seitens des Kupplers durch Zureden oder Mißbrauch eines bestehenden Gewaltverhältnisses ist nicht erforderlich. OLG. Tübingen DRZ. 50, 163. Es genügt, daß das Verhältnis zu e i n e r der an der Unzucht beteiligten Personen besteht. BGH. N J W . 54, 519. Der Teilnehmer wird auch dann nach § 181 bestraft, wenn er selbst zu den verkuppelten Personen nicht in einem der hier bezeichneten (strafbegründenden) Verhältnisse steht. E. 22, 51. 5) Seine Ehefrau verkuppelt auch, wer ihr Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr verschafft, den sie selbst für ehelich hält. E. 63, 401. Unerheblich ist es, ob die von der Ehefrau getriebene Unzucht eine widernatürliche ist. E. 48, 196. Tateinheit mit §181a ist möglich, wobei die Strafe aus § 181 zu entnehmen ist. E. 71, 199 (im Gegensatz zu der bisherigen Rechtspr. RG. JW. 35, 525 und 938.); OGHSt. 3, 150; B G H . N J W . 52, 796 Nr. 24. § 181 Abs. 1 Nr. 2 ist nach RG. DR. 43, 578 nicht anwendbar, wenn die Ehefrau den Ehemann verkuppelt. Diese Auffassung ist jetzt mit dem Gleichberechtigungsgrundsatz (Art.,3, 117 GG.) nicht mehr vereinbar und durch den Gesetzeswortlaut nicht zwingend geboten. 6) Hierher gehören auch Stiefeltern bis zur Auflösung der Ehe. E. 62, 114, Pflegeeltern, E. 46, 150; RG. DR. 42, 1646, die leiblichen Eltern auch, wenn die Ehe f ü r nichtig erklärt ist. GA. 61, 509, die uneheliche Mutter, E. 21, 257, aber nicht Schwiegereltern, E. 36, 184;

2. Teil. 13. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. § 1 8 1 a

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zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern8) zu den von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen steht 9 ). (2) Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann zugleich auf Geldstrafe, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. (3) Sind im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein, neben welcher auf Geldstrafe erkannt werden kann. * § 181a. [Zuhälterei] (1) Eine männliche Person, welche von einer Frau, die gewerbsmäßig Unzucht treibt1), unter Ausbeutung2) ihres unsittlichen Erwerbes ganz oder teilweise den Lebensunterhalt bezieht3), oder welche einer solchen Frau gewohnheitsmäßig4) oder aus Eigennutz5) in bezug auf die Ausübung des unzüchtigen Gewerbes Schutz RG. DR. 44, 232. Wegen der Duldung des Geschlechtsverkehrs zwischen Verlobten vgl. Anm. 7 zu § 180. 7) Ohne Rücksicht, ob minder- oder volljährig, BGH. N J W . 54, 519 (vgl. Anm. 8 zu § 180). Die Billigung eines Verhältnisses der volljährigen Tochter durch die Eltern ist keine Kuppelei. Recht 19 Nr. 1442. 8) Über Geistliche, Erzieher, Lehrer usw. siehe die Anm. 3, 4 zu § 174. 9) Versuch kann schon liegen in der Aufforderung eines Ehemannes an Dritte, mit seiner Frau oder in der Aufforderung an die Ehefrau, mit Dritten geschlechtlich zu verkehren. RG. JW. 35, 2134; BGHSt. 1, 115. Zu § 181a: 1) Nicht: betrieben h a t ; daher nicht ausreichend, daß die Dirne aus den Erträgnissen der früheren (nicht mehr betriebenen) Unzucht den Täter unterhält. Gew.U. kann auch bei einem sog. festen Verhältnis vorliegen. E. 45, 264; 48, 426. 2) Das ist die bewußte Ausnutzung der Prostituierten als einer Erwerbsquelle für den Lebensunterhalt. E. 62, 345, und zwar für eine gewisse Dauer. RG. DR. 40, 495. Sie liegt nicht vor, wenn der Täter nur gelegentlich Gelder aus dem Unzuchtsverdienst annimmt. RG. JW. 36, 390; oder wenn die Dirne und der Täter zu dem gemeinsam geführten Haushalt beitragen und seine Beiträge hinter dem von ihm bezogenen Unterhalt nicht zurückbleiben. E. 71, 279; BGH. N J W . 53, 1560 (die abw. Entsch. BGH. N J W . 52, 892 Nr. 41 mit abl. Anm. von Schmidt-Leichner u. von Bohne JZ. 52, 533 ist aufgegeben), oder wenn die Dirne dem Täter hin und wieder Summen zuwendet, die nur einen Bruchteil der vom Täter für gemeinsame Zechen aufgewandten Kosten ausmachen. E. 73, 183. Ausbeutung der Ehefrau durch ihren Mann liegt vor, wenn dieser es duldet, daß die Frau ihren Unzuchtsverdienst zur Bestreitung der Kosten des gemeinschaftlichen Haushalts verwendet. BayObLG. DRZ. 31 Nr. 524; Dresden DRZ. 33 Nr. 551; der Mann kann sich nicht auf einen ihm gegen die Frau zustehenden Unterhaltsanspruch oder auf das Recht zur Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes berufen. RG. D S t R . 37, 432 (Tateinheit mit § 181, vgl. dort Anm. 5). § 181a verlangt weder Notlage, Leichtsinn oder Unerfahrenheit der Prostituierten. RG. GA. 51, 43, noch ein Anhalten zur Unzucht. RG. JW. 34, 170. Die Erlangung einstweiliger Vorteile ist ausreichend. GA. 58, 448. Die Entgegennahme der Erfüllung berechtigter Forderungen (z. B. des Arztes oder Rechtsanwaltes) ist kein Ausbeuten, dagegen schließt das Bestehen einer Geldforderung gegen die Dirne und die Verrechnung der von ihr geleisteten Zahlungen auf diese Forderung das Merkmal der Ausbeutung nicht ohne weiteres aus. RG. D J . 38, 994. 3) L e b e n s u n t e r h a l t ist die Gesamtheit der Aufwendungen, die im allgemeinen von einem Mann zur Bestreitung seiner gewöhnlichen Lebensbedürfnisse gemacht werden. E. 35, 92. E s muß sich um einen auf — wenn auch kurze — Dauer berechneten Empfang handeln. RG. JW. 36, 390. B e z i e h e n von Lebensunterhalt setzt nicht voraus, daß die Dirne den Täter unterhalten will. Beziehen liegt daher auch vor, wenn der Zuhälter das ihm von der Dirne lediglich zur Aufbewahrung übergebene Geld rechtswidrig für sich verbraucht. E. 41,340' Beziehen ist auch der Empfang eines Darlehns. E. 45, 264, oder von Vermögensvorteilen, die nicht aus dem Unzuchtgewerbe erlangt sind. E. 57, 58. Daß der Täter auch seinerseits einen gewissen Beitrag zu den Unterhaltungskosten leistet, ist unerheblich. Recht 13 Nr. 3252 (s. aber Anm. 2). Ein Radiogerät kann zum Lebensunterhalt gehören, nicht aber ein Photoapparat. RG. ZAkadDR. 40, 321. 4) Vgl. Anm. 2 zu § 260. 5) Vgl. Anm. 4 zu § 180.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 182

gewährt oder sonst förderlich6) ist (Zuhälter)7), wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft 8 ). (2) Bei mildernden Umständen ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten8). (3) Neben der Strafe kann auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden8). § 182. [Verführung] (1) Wer ein unbescholtenes1) Mädchen2), welches das sechzehnte3) Lebensjahr nicht vollendet hat, zum Beischlafe verführt4), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. 6) Schutz gewährt = durch sein Verhalten der Dirne das Gefühl größerer Sicherheit bei Ausübung ihres Gewerbes gibt, z. B. durch Warnung vor der Polizei. Sonst förderlich ist = die Bedingungen für die Gewerbsausübung der Dirne günstiger zu gestalten bestrebt ist, z. B. durch Anlocken von Männern, Besorgung von Unterkunft. Der Ehemann einer Dirne kann ihr dadurch förderlich sein, daß er sie nicht von der Unzucht abhält, obwohl ihm dies möglich und zuzumuten ist. RG. v. 11.6. 1936 — 3 D 357/36 —. Vgl. Anm. 8 zu § 180. 7) Der Täter muß in seinem Wesen und in der Art seiner Beziehungen zu der Dirne dem (kri minologisch en) , ,T ä t e r t y p" des Zuhälters entsprechen; es müssen also die Umstände festgestellt werden, die ihn nach seiner Persönlichkeit als,, Z u h ä l t e r " im gemeinverständlichen Sinn kennzeichnen. E. 73, 183 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung (E. 34, 72; 35, 60), nach der das Wort ,,Zuhälter" nicht die Bedeutung eines Tatbestandsmerkmals hat. Arbeitsscheu und Liederlichkeit sind besonders kennzeichnende, aber nicht unbedingt erforderliche Merkmale des Zuhälters. Auch der regelmäßig arbeitende und gut verdienende Mann kann u. U. eine Dirne ausnutzen, um seine Lebenshaltung zu verbessern. Ein ernstgemeintes Verlöbnis kann der Annahme des Tätertyps entgegenstehen. RG. ZAkadDR. 40, 321, ebenso ein Liebesverhältnis zur Pflege geschlechtl. Beziehungen, bei dem die Zuwendungen der Dirne nicht den eigentlichen Inhalt der Verbindung bilden. BGH. NJW. 53, 1923. Ferner muß stets festgestellt werden, daß eine persönliche Beziehung des Täters zu einer bestimmten Frau vorliegt, aus der erkennbar wird, daß er im Hinblick auf ihr unzüchtiges Gewerbe zu ihr hält. Daran fehlt es, wenn der Täter sich in Gastwirtschaften die tägliche Zeche von den gerade anwesenden Dirnen bezahlen läßt. E. 72, 49, oder wenn ein Gefangener sich von einer Dirne aus ihrem Unzuchtserlös Zuwendungen machen läßt. E. 72, 126. Nicht erforderlich ist, daß der Zuhälter die Prostituierte an ihrem Treiben festhält. Recht 7, 508. Wird die zuhälterische Tätigkeit mehreren Frauenspersonen gegenüber ausgeübt, so kann Fortsetzungszusammenhang vorliegen. E. 70, 150. Die Zuhälterei, begangen durch Unterhaltung eines Bordells, ist nur nach § 180 strafbar. Hamburg JW. 29, 2763; dagegen nimmt E. 63, 88 Tateinheit an. 8) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 24. 11. 1933. Zu § 182: 1) Unbescholtenheit fordert Unversehrtheit der Geschlechtsehre. R. 3, 168. Unbescholtenheit ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Jungfräulichkeit. Eine Geschwängerte kann unbescholten, eine Jungfrau bescholten sein. RG. GA. 49, 134; JW. 12, 929. Aber nicht nur eine freiwillige und bewußte Hingabe zum außerehelichen Beischlaf, sondern auch ein sonstiges in der sittenlosen Gesinnung des Mädchens wurzelndes unzüchtiges Treiben begründet geschlechtliche Bescholtenheit. E. 37, 94, jedoch nicht leichtfertiges und unvorsichtiges Verhalten. JW. 10, 672. Ein Mädchen, das von zwei Männern unmittelbar nacheinander gebraucht ist, kann auch zur Zeit der zweiten Beischlafsvollziehung noch als unbescholten gelten. GA. 52, 94. Ein schon einmal verführtes Mädchen ist in der Regel nicht mehr unbescholten; anders jedoch, wenn es sich nur unter dem Druck der Abhängigkeit oder aus Angst vor wesentlichem Schaden hat verführen oder dazu nur hat überrumpeln lassen. RG. JW. 38, 168. Auch monatelange Duldung unzüchtiger Berührungen schließt Unbescholtenheit nicht aus, wenn die Berührungen schon die Verführung einleiteten. BGH. NJW. 51,530. Verurteilung wegen zweier Vergehen gegen § 182 in bezug auf dasselbe Mädchen ist unter besonderenUmständen möglich. HRR. 28 Nr. 1767. Die Unbescholtenheit wird bis zum Beweis der Bescholtenheit als vorhanden angenommen BGH. NJW. 51, 530. Der Vorsatz wird nur durch die bestimmte Annahme der Bescholtenheit ausgeschlossen, bloße Zweifel genügen nicht. RG. JW. 38, 525. 2) Beischlaf älterer Frauen mit m ä n n l i c h e n Jugendlichen unter 16 Jahren ist regelmäßig als Beleidigung des Jugendlichen (§ 185) strafbar. E. 74, 224. 3) Daß es das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist nicht notwendig, E. 71, 130. Zum Vorsatz gehört Kenntnis des Alters. Strafbar ist auch, wer erst während der Vollziehung

2. Teil. 13. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. §§ 183, 184

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(2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern 5 ) oder des Vormundes der Verführten ein.

§ 183. [öffentl. Erregung eines Ärgernisses] (1) Wer durch eine unzüchtige Handlung 1 ) öffentlich 2 ) ein Ärgernis gibt 3 ), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. des Geschlechtsakts von dem Mädchen erfährt, daß es unter 16 Jahren alt ist und ihn trotzdem fortsetzt. J R . 27 Nr. 1616. 4) Vgl. Anm. 10 zu § 175a. Täuschungsmittel und Kunstgriffe brauchen nicht angewandt, auch ein besonderer Widerstand nicht überwunden zu sein. R G . J W . 35, 525. Siehe auch GA. 56, 220. (Verführung durch Ausnutzung der psychischen Stimmung.) Schon die — wenn auch nur durch stillschweigende Bezugnahme erfolgende — Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses als Dienstbote kann ohne besondere Verführungskünste Verführung sein. E . 53, 130. Die Anwendung einer gewissen Gewalt schließt Verführung nicht aus. GA. 48, 451. Erforderlich ist, daß der Beischlaf wirklich vollzogen ist, der bloße Versuch reicht nicht aus. GA. 40, 39. Tateinheit mit tätlicher Beleidigung ist möglich. E . 75, 301, ferner mit einfacher Beleidigung, begangen gegen den Vater des Mädchens. OLG. München D S t R . 37, 57 (vgl. Anm. l d zu § 185). Eine fortgesetzte Handlung ist regelmäßig ausgeschlossen, weil sich jede Wiederholung regelmäßig nicht mehr gegen ein unbescholtenes Mädchen richtet. E . 71, 111. Täter kann nur sein, wer selbst den Beischlaf vollzogen hat; ein Dritter, der die Verführte dazu bestimmt hat, ist Kuppler oder Gehilfe (h. M.). 5) Beide Eltern, sowohl der Vater als die Mutter, sind antragsberechtigt. E . 18, 101; (auch nach dem Tode des Kindes) und ohne Rücksicht darauf, ob sie gesetzliche Vertreter sind; auch die uneheliche Mutter. E . 3, 89, und Stiefeltern. K G . D S t R . 37, 169. Zu § 183: 1) D. i. eine das Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzende Handlung. E . 70, 159, z. B . eine Entblößung der Geschlechtsteile aus geschlechtl. Gründen, auch wenn sie bei Verrichtung der Notdurft erfolgt. B G H . N J W . 54, 520. Auch mündliche unzüchtige Äußerungen. E . 70, 160, insbesondere auch Vorträge von Gedichten unzüchtigen Inhalts. Recht 24 Nr. 1752. A. M. Frank 1; jedoch genügen Handgreiflichkeiten und Zudringlichkeiten leichter Art nicht. R G . D R . 43, 578 (siehe auch Anm. 11 zu § 176). Daß die Handlung die Erregung der Geschlechtslust bezweckt hat, oder aus wollüstiger Absicht entsprungen ist, ist hier nicht notwendig; der Täter braucht sich nur der geschlechtlichen Beziehung der begangenen Schamlosigkeit bewußt zu sein. E . 70, 159. Die Ausübung der sog. Nacktkultur ist strafbar, wenn besondere Umstände eine geschlechtliche Beziehung annehmen lassen. J e n a J R . 27 Nr. 431. 2) i. S. des § 183 ist eine unzüchtige Handlung öffentlich begangen, wenn sie in einer Art und Weise vorgenommen wird, daß sie nach den örtlichen Verhältnissen von unbestimmt welchen und von unbestimmt vielen Personen wahrgenommen wird oder wahrgenommen werden kann, o h n e d a ß d i e s e u n b e s t i m m t e V i e l h e i t v o n P e r s o n e n z u r S t e l l e s e i n m ü ß t e ; es genügt, wenn sie nach den örtlichen Verhältnissen im Augenblick zur Stel'e sein könnte, ohne daß der Täter in der Lage wäre, dies zu hindern. E . 73, 90; B G H . LM. Nr. 1, (anders die frühere Rechtspr., die „öffentl." i. S. des allg. strafrechtl. Öffentlichkeitsbegriffes [s. Anm. 2 zu § 200] verstand). Keine öffentl. Begehung, wenn die Handlung nur zudringlichen Blicken bei besonderer Bemühung zugänglich ist. B G H . JZ. 51, 339. Der Täter muß das Bewußtsein der Öffentlichkeit der Handlung haben; bedingter Vorsatz genügt. R G . J W . 37, 166. 3) Vgl. Anm. 5 zu § 166. Nehmen mehrere Personen an derselben Handl. Ärgernis, so liegt, da geschütztes Rechtsgut das Scham- und Sittlichkeitsgefühl der Allgemeinheit ist, nicht gleichartige Tateinheit, sondern nur e i n e Tat vor. B G H . N J W . 53, 1559. Zeitlich getrennte u. H., an denen je eine andere Person Ärgernis nahm, können eine fortgesetzte Handlung bilden. E . 70, 149. Mit Beleidigung kann (auch bei Fortsetzungszusammenhang) Tateinheit gegeben sein. E . 75, 208. Zum inneren Tatbestand gehört nicht das Bewußtsein der Ärgerniserregung, sondern nur das der M ö g l i c h k e i t , daß Ärgernis genommen werde. E . 70, 161. Zu § 184: 1) Betr. Bekämpfung unzüchtiger Schriften, Abbildungen und Darstellungen siehe Nr. 224ff. der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). Schrifttum: Peters J R . 50, 97. Ergänzend: Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften v. 9. 6. 1953

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A 2. Strafgesetzbuch. § 184

§ 184

[Unzüchtige Schriften und Gegenstände]

(1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. unzüchtige2) Schriften 3 ), Abbildungen4) oder Darstellungen5) feilhält 6 ), verkauft 7 ), verteilt, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, aus— B I I 11 — . Nach § 18 dieses Ges. werden Schriften, die durch rechtskräftige gerichtl. Entscheidung für unzüchtig i. S. der §§ 184, 184a S t G B , erklärt worden sind, ohne weiteres in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen; der Verkehr mit solchen Schriften unterliegt den Beschränkungen der §§ 3 bis 6 und Zuwiderhandlungen sind strafbar nach §21. 2) U n z ü c h t i g ist eine Schrift usw., wenn sie o b j . geeignet ist, das normale, dem Durchschnittsempfinden der Gesamtheit entsprechende Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung zu verletzen. E . 56, 176; B G H S t . 3 , 2 9 5 . Eine subj. auf Erregung des Geschlechtstriebes gerichtete Absicht des Herstellers oder Verbreiters der Schrift usw. ist weder erforderlich E . 24, 365; 31, 260, noch ausreichend, sofern sie nicht in dem obj. Inhalt der Schrift erkennbaren Ausdruck gefunden hat. E . 35, 133. Ob die Schrift usw. geeignet ist, geschlechtliche Lüsternheit zu erregen, ist bedeutungslos. E. 44, 178; sie kann sogar Widerwillen und Abscheu erregen. E . 31, 261. Eine g r ö b l i c h e Verletzung des Schamgefühls ist nicht erforderlich. E . 32, 418. Maßgebend ist der Standpunkt eines unbefangenen Dritten E . 44, 178; ein Gedicht, das bei dem Durchschnittsleser einer Zeitung keinen Anstoß erregt, weil sein Sinn ihm nicht verständlich ist, ist nicht unzüchtig. R G . J W . 26,2182. Technische Vollkommenheit und künstlerische Darstellung schließen die obj. Unzüchtigkeit nicht aus. E . 37, 315. Einem an sich anstößigen Stoff kann aber die Eigenschaft des Unzüchtigen dadurch genommen werden, daß durch die künstlerische Form der Stoff derart veredelt, durchgeistigt oder verklärt wird, daß für das natürliche Gefühl die sinnliche Empfindung durch die interesselose Freude an der rein künstlerischen Gestaltung zurückgedrängt wird. E . 56, 176; KG. D J Z . 29, 1553. Andrerseits können Nachbildungen eines an sich einwandfreien Originals unzüchtig sein, z. B . bei technisch unvollkommener oder absichtlich vergröberter Wiedergabe, so daß die Vergeistigung des Stoffs durch die Kunst entfällt. R G . LZ. 2 2 , 1 6 4 . Mitunter hängt es von den begleitenden Umständen ab, ob die Schrift usw. unzüchtigen Charakter hat (sog. relative Unzüchtigkeit), z. B. von dem Leserkreis, an den sich die Schrift wendet (Verbreitung die Homosexualität verherrlichender Schriften bei Gästen eines Verkehrslokals Homosexueller nimmt aber einer Schrift nicht den unzüchtigen Charakter. B G H S t . 3, 295), oder wenn ein an sich einwandfreies Original als Reproduktion in Form von Ansichtspostkarten als Massenartikel verbreitet, R G . Recht 10, 812, oder ein Artikel über den Zeugungsakt in einer Tageszeitung veröffentlicht wird. E . 27, 1 14, oder wenn ein an sich einwandfreies Werk in Kreisen verbreitet wird, die nur den erotischen Zweck ausnutzen. E . 21, 306; 37, 314, oder wenn Aktphotographien mit Erzählungen gewagten Inhalts in kolportagehafter Aufmachung verbunden werden, während Photographien u. Erzählungen je für sich allein nicht unzüchtig wären. OLG. Neustadt J R . 52, 287. Einzelne an sich unzüchtige Stellen eines Buches können den Charakter des unzüchtigen durch die einwandfreie Tendenz des Werkes verlieren, E . 29, 133; 32, 418, z. B. unzüchtige Stellen im Rahmen einer kulturhistorischen Darstellung. E . 23, 390, oder in einer politischen Schrift, die bestimmte Zustände kennzeichnen will; es ist dann bedeutungslos, ob diese Stellen für die Zwecke der Darstellung entbehrlich wären. R G . LZ. 33, 331. Doch können auch Schriften im wissenschaftl. oder künstl. Gewand unzüchtig sein, wenn sie vorwiegend den geschlechtlichen Reiz zu erwecken geeignet sind. E. 37, 315. Auch Prospekte wissenschaftlicher Werke können unzüchtig sein. Recht 17 Nr. 292. Plakate, in welchen Waren zum Kauf ausgeboten werden, sind ohne Rücksicht auf den sittl. anstößigen Zweck der Waren, nur unzüchtige Schriften, wenn ihr Wortlaut selbst Scham- und Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzt. R G . GA. 39, 430. Siehe noch Anm. 4. 3) Siehe Anm. 2 zu § 41. Schallplatten sind Schriften oder Darstellungen. E . 47, 223, 405. 4) Z. B . auch Filmstreifen, die zur kinematographischen Vorführung unzüchtiger Vorgänge bestimmt sind. E . 47, 408; ferner sog. Klappbilder. GA. 31, 344. Die Abbildung des nackten menschlichen Körpers enthält an sich nicht die Beziehung zum Geschlechtlichen, es müssen besondere Umstände hinzutreten, wodurch die geschlechtliche Beziehung erkennbar und die natürliche Erscheinung schamlos wird, z. B . wenn sich der Dargestellte reihenweise in verschiedenen Stellungen aufnehmen läßt. J R . 26 Nr. 1198; oder wenn der Gesichtsausdruck eine Bereitwilligkeit des Dargestellten zu geschlechtlicher Preisgabe zeigt, oder bei starker Betonung der Geschlechtsteile usw. E . 61, 382 oder wenn die Abbildung nach den Umständen erkennbar (z. B . in stark verkleinerter Form) dazu bestimmt ist, von den Erwerbern nur in

2. Teil. 13. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die Sittlichkeit. §184

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stellt 8 ) oder anschlägt 9 ) oder sonst verbreitet 10 ), sie zum Zwecke der Verbreitung herstellt 11 ) oder zu demselben Zwecke vorrätig 12 ) hält, ankündigt oder anpreist 13 ); 2. unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen einer Person unter sechzehn Jahren gegen Entgelt 14 ) überläßt 15 ) oder anbietet; Beziehung auf das Geschlechtliche betrachtet zu werden. BGH. N J W . 54, 520. Wegen Aktaufnahmen von Kindern u. Jugendl. s. Peters JZ. 53, 207 (210). Bei Vorführung von Lichtbildern zwecks geschlechtlicher Aufklärung kommt es darauf an, ob die Wirkung stark genug ist, geschlechtliche Reize zu verdrängen, oder ob sie im wesentlichen den Zweck hatten, solche hervorzurufen. E. 48, 230. 5) Siehe Anm. 4 zu §41. 6) = Bereithalten zum Verkauf an unbestimmte Käufer. E. 4, 274. 7) = entgelt. einem anderen überläßt. Bloßer Abschluß eines Kaufvertrages (ohne Erfüllung) genügt nicht, noch weniger die bloße Vermittlung eines Kaufes. RG. GA. 51, 52. Schon der Verkauf eines Stückes an e i n e Person genügt, wenn es dadurch einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden kann, also nicht bei v e r t r a u l i c h e r Überlassung an eine bestimmte Person. E. 36, 330. Abonnementsverträge sind Kaufverträge. RG. Recht 30 Nr. 1539. 8) = sie der Substanz nach dem Anblick einer unbestimmten Mehrheit von Personen zugänglich macht, z. B. mittels Vorführung von Filmen. E. 39, 183; Vorzeigen unzüchtiger Bilder in einer Gaststube an die dort anwesenden Gäste, R. 9, 196; aber nicht durch Vorlesen oder Spielenlassen eines Stücks auf dem Grammophon. E. 47, 226. Ausstellen liegt nur vor, wenn das Publikum dadurch die Möglichkeit erlangt, von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen, also nicht, wenn bloß der Titel einer unzüchtigen Schrift ausgestellt wird. R. 8, 607. 9) Z. B. indem das unzüchtige Bild an ein Haus gezeichnet wird. R. 6, 751. 10) Siehe Anm. 4 zu § 110. Erforderlich ist — im Gegensatz zum Ausstellen oder Anschlagen — Weitergabe der S u b s t a n z an einen größeren Personenkreis, z. B. durch Abgabe an die Mitglieder eines Vereins. RG. DStZ. 9, 243, geschäftsmäßiges Verleihen. RG. D J . 37, 897, dagegen nicht durch bloßes Vorzeigen, da dadurch die Substanz nicht weitergegeben wird. RG. GA. 60, 67; E. 36, 330; 71, 347. Zum Vorsatz genügt Bewußtsein von dem unzüchtigen Charakter der Schrift usw. E. 37, 315. Motiv und Zweck der Verbreitung sind gleichgültig. E. 27, 114. Bedingter Vorsatz ist ausreichend. E. 43, 147. 11) Hersteller ist in der Regel der Verfasser oder Verleger, während der Drucker mangels eigner Verwertungsabsicht meist nur Gehilfe sein wird. E. 35, 317. Gleichgültig ist es, ob die Verbreitung im In- oder Auslande bezweckt wird. GA. 59, 130. Die Herstellung muß in V e r b r e i t u n g s a b s i c h t erfolgen; ob die Absicht ausgeführt wird, ist bedeutungslos. Die Verbreitungsabsicht muß aber bei Beendigung der Herstellung noch bestehen; es genügt z. B. nicht die Anfertigung von Aktphotos, um sie im Falle der Eignung zu verbreiten, wenn die fertigen Photos sich als ungeeignet erweisen. OLG. Bamberg J R . 51, 505. 12) Vorrätighalten erfordert nicht den Besitz einer Mehrzahl von Stücken gleicher Art; der Besitz e i n e s zur Verbreitung bestimmten Exemplars genügt. E. 42, 209. Es genügt auch die Absicht, mit dem e i n e n Exemplar Bestellungen aufzusuchen. E. 62, 396. 13) A n k ü n d i g u n g ist der Hinweis an das Publikum —• im Gegensatz zu einem individuell bestimmten Personenkreis — auf die Gelegenheit zum Bezug einer Sache; A n p r e i s u n g die dem Publikum gegenüber erfolgende Anregung der Lust durch Lob oder Empfehlung, die Sache zu erwerben. E. 34, 81; 37, 143. Die Kundgabe kann sich auch an bestimmte Ausschnitte aus dem Publikum richten. RG. GA.55, 309; z. B. nur an Verheiratete. E. 46, 6, oder an bestimmte Berufskreise, wie an eine Anzahl von Ärzten und Apothekern. RG. Recht 8, 455, oder an die Bezieher eines Fachblatts für Frisöre. RG. Recht 9,653. Ob die Kundgebung auf einmal allen zugänglich gemacht wird oder nach und nach zur Wahrnehmung der einzelnen Personen gelangt ist, ist belanglos. J R . 27 Nr. 323. Aus der Ankündigung braucht nicht erkennbar zu sein, daß es sich um eine unzüchtige Schrift handelt. E. 57, 359. Daher genügt die Ankündigung eines nur teilweise unzüchtigen Buches, auch wenn auf den unzüchtigen Teil nicht hingewiesen wird. E. 4, 319, selbst der Hinweis auf ein Buch, in dem die unzüchtigen Schriften angezeigt sind. E. 38, 16. 14) Entgelt ist jeder Vorteil, auch ein Nichtvermögensvorteil. § 176 Abs. 1 Nr. 3 greift ein, wenn der Täter unzüchtige Abbildungen Kindern unter 14 Jahren — auch ohne Entgelt — überläßt, um sie zum geflissentlichen Betrachten zu veranlassen (vgl. Anm. 13 zu § 176). § 21 des Ges. über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (s. oben Anm. 1) greift ein, wenn der Täter a) eine durch rechtskräftige gerichtl. Entscheidung für unzüchtig

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3. Gegenstände 193 , die zu unzüchtigem Gebrauche bestimmt sind16), an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt17) oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt oder anpreist18); 3a. in einer Sitte oder Anstand verletzenden Weise19) Mittel, Gegenstände oder Verfahren193), die zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten dienen20), öffentlich ankündigt, anpreist oder solche Mittel oder Gegenstände an einem dem Publikum zugänglichen Orte ausstellt; (oder schamlos i. S. des § 184a) erklärte Schrift oder b) eine Jugendliche offensichtlich schwer gefährdende Schrift einem Jugendlichen unter 18 Jahren — auch ohne Entgelt — feilbietet oder zugänglich macht. 15) D. h. die tatsächliche Verfügungsgewalt einräumt, auch z. B. leihweise. 16) Unzüchtig ist der Gebrauch eines Gegenstandes, wenn er den Geschlechtstrieb in einer gegen Zucht und Sitte verstoßenden Weise zu erregen oder zu befriedigen helfen soll, wenn also der Gebrauch mit einer unzüchtigen Handlung in unmittelbarem äußerlichen Zusammenhang steht. E. 46, 117; GA. 60 279. B e s t i m m t ist der Gegenstand zu solchem Gebrauch nicht, wenn er im Einzelfall unzüchtigen Zwecken dienen soll, sondern wenn er nach Beschaffenheit und allgemeiner Gebrauchsbestimmung sich dazu eignet und erfahrungsgemäß dazu verwendet wird, mag er auch gleichzeitig sich zu nicht unzüchtigen Zwecken eignen und dazu verwendet werden (wie Empfängnisverhütungsmittel beim ehelichen neben dem unehelichen Beischlaf). E. 46, 6. Es kommt nicht darauf an, ob es nach der Meinung des Ankündigers zu einem unzüchtigen Gebrauch des Gegenstandes kommen soll. RG. GA. 57, 180. Nach OLG. Koblenz JZ. 53,181 (mitAnm. von Bohne) ist jedoch einEmpfängnisverhütungsmittel, das, wie ein vom Arzt einzusetzender Pessar, erfahrungsgemäß in der Regel nur von verheirateten Frauen (also in der Ehe) benutzt wird, kein zu unzüchtigem Gebrauch bestimmter Gegenstand, auch wenn er gelegentlich an unverheiratete Frauen verkauft wird. Gegenstände die zur Verhütung der Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten dienen, fallen nicht unter Ziff. 3, sondern unter Ziff. 3 a, und zwar auch dann, wenn sie zugleich der Empfängnisverhütung dienen. KG. GA. 75, 385; lediglich der Empfängnisverhütung dienende Gegenstände fallen unter Ziff. 3. Gegenstände, die gattungsmäßig zur Gesundheitspflege bestimmt sind (z. B. Irrigatoren), fallen nicht unter Nr. 3, mögen sie auch zu unzüchtigen Gebrauch verwendet werden können. E. 57, 175; wohl aber, wenn der Gegenstand eine eigenartige Gestaltung aufweist, die seine weitere Zweckbestimmung zur Verhütung der Empfängnis erkennbar macht. RG. DRZ. 27 Nr. 317. Unerheblich ist es, ob für den Gegenstand ein Warenzeichen eingetragen worden ist; vertraut der Täter darauf, so liegt ein nach den Grundsätzen über den Verbotsirrtum zu behandelnder Irrtum über einen neg. Tatumstand vor (vgl. Anm. 1 zu § 59). 17) S. Anm. 8. Nicht erforderlich, daß dem Beschauer die Gebrauchsbestimmung zur Unzucht erkennbar wird. RG. JW. 32, 3348. 18) S. Anm. 13. Nicht ist erforderlich, daß die Ankündigung selbst unzüchtig ist. E. 34, 285. Es genügt, daß nur wenige Leser den wahren Sinn und Zweck der Ankündigung erkennen mußten. DStZ. 8, 58. Strafbare Ankündigung liegt auch vor, wenn auf Grund strafloser Inserate dem bestellenden Publikum Preisverzeichnisse über zum unzüchtigen Gebrauch bestimmte Gegenstände zugeschickt werden. E. 40, 159. Die Ankündigung eines Buches schließt auch die Ankündigung der in dem Buch enthaltenen Inserate ein. E. 34, 317. In Kartons befindliche Gegenstände sind nicht ausgestellt, aber angekündigt. Recht 7, 162; GA.50,137. Eine,, Anpreisung" wird nicht durch die Wissenschaftlichkeit der Darstellung des Gegenstandes ausgeschlossen. E. 37, 142; 40, 159. 19) Z. B. durch wahllose oder aufdringliche Reklame für Präservative. E. 67, 65. 19 a) Über die Begriffe Mittel, Gegenstand, Verfahren s. Anm. 2 zu § 219. 20) Gleichbedeutend mit ,,im allgemeinen Gebrauch sein." E. 62, 400. Nach KG. JW. 33, 2472 dient das Mittel zur Verhütung, wenn es diesem Zweck gewidmet ist. Ein Mittel dient nicht zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten, wenn es lediglich als Empfängnisverhütungsmittel im Gebrauch ist. LZ. 31, 1202. Ausschlaggebend ist die allgemeine Eignung. H R R . 32 Nr. 577. Nr. 3 a findet auch dann ausschließlich Anwendung, wenn das Mittel zugleich Gegenstand unzüchtigen Gebrauchs (Verhinderung oder Erschwerung der Empfängnis) ist. E. 65, 17. Nr. 3 a — nicht Nr. 3 — ist anwendbar, wenn ein (auch) zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten dienendes Mittel als empfängnisverhütend öffentlich angekündigt wird, weil eine solche Ankündigung Sitte und Anstand verletzt. KG. JW. 37, 1799. Für Nr. 3 a ist es ohne Bedeutung, ob ein zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten dienender Gegenstand mit oder ohne die nach § 20 Geschlechtskrankheitenges — B. I 3 — erforderliche Genehmigung in den Verkehr gebracht ist. Fehlt die Genehmigung, so liegt Tat-

§§ 184 a, b. — 2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. § 185

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4. öffentliche Ankündigungen erläßt, welche dazu bestimmt sind, unzüchtigen Verkehr herbeizuführen 21 ). (2) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. § 184a 1 ). [Schamlose Schriften] Wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl1) gröblich verletzen, einer Person unter sechzehn Jahren gegen Entgelt überläßt 2 ) oder anbietet, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. § 184 b. [Ärgerniserregende Berichterstattung] Mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten wird bestraft, wer aus Gerichtsverhandlungen 1 ), für welche wegen Gefährdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war 2 ), oder aus den diesen Verhandlungen zugrunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich 3 ) Mitteilungen macht, welche geeignet sind, Ärgernis zu erregen 4 ).

14. Abschnitt.

Beleidigung*)

§ 185. [Beleidigung] Die Beleidigung1) wird mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Gefängnis mehrheit zwischen § 20 a.a.O. u. Nr. 3 a vor, wenn das Inverkehrbringen der Ankündigung usw. vorangegangen ist oder nachfolgt. 21) Die Ankündigung muß diesen Zweck mit Bewußtsein des Täters erkennen lassen. E. 36, 388. Maßgebend ist ihr obj. Sinn. OLG. Hamburg H R R . 32 Nr. 1175. Andeutung genügt. DStZ. 1, 619. Unerheblich ist, ob der Urheber der Ankündigung den Zweck in Wirklichkeit verfolgt hat. E. 39, 313. Durch die Aufnahme der Zeitungsanzeige begeht der Herau sgeber der Zeitung noch keine Kuppelei. Recht 25 Nr. 2073. Zu § 184a: 1) also das Schamgefühl in anderer als geschlechtlicher Hinsicht (andernfalls greift § 184 Nr. 2 ein). Beispiel: Schriften, die sich auf Urinieren, Fäkieren usw. beziehen. L K . 1. Ergänzende Vorschriften: für jugendgefährdende Schriften und Abbildungen das Ges. über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften v. 9. 6. 1953 — B II 11 —, für Schriften oder Bildwerke, die, ohne unzüchtig oder schamlos zu sein, sittliches oder religiöses Ärgernis zu geben geeignet sind, die §§ 42 a, 43, 148 Nr. 5 und 7 a, 149 Nr. 2 GewO. 2) S. Anm. 14 u. 15 zu § 184. Zu § 184 b: 1) Nur aus solchen Teilen der Verhandlung, für welche die Öffentlichkeit ausgeschlossen gewesen, dürfen keine Mitteilungen gemacht werden. Mitteilungen aus den öffentlich verkündeten Urteilsgründen fallen nicht unter § 184b, selbst wenn sie geeignet sein sollten, Ärgernis zu erregen. E. 21, 135. In welcher Weise der Täter die Kenntnis von dem Mitgeteilten erlangt hat, ist gleichgültig. GA. 37, 299. "2) § 172 GVG. 3) Der Begriff ist der gleiche wie in § 183 (s. dort Anm. 2). E. 73, 90. 4) Nur auf die Eignung kommt es an, nicht darauf, ob wirklich Ärgernis erregt worden ist. RG. GA. 37, 291. Die Mitteilung braucht nicht unzüchtig zu sein. E. 21, 398. Der Täter muß sich der Eignung, Ärgernis in geschlechtlicher Hinsicht zu erregen, bewußt sein. E. 24, 4. *) Vgl. dazu Nr. 206, 234ff. der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). Zu § 185: 1 a) Äußerer Tatbestand. Beleidigung ist ein Angriff auf die E h r e eines anderen durch eine vorsätzliche und rechtswidrige Willensäußerung — auch z. B. eine Geste (symbolische Beleidigung). E. 67, 173 — w e l c h e geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, es wolle der Täter dem anderen seine Geringschätzung oder Mißachtung ausdrücken. E. 71, 160. Es ist also nicht erforderlich, daß der Täter Geringschätzung oder Mißachtung zum Ausdruck bringen wollte oder daß der Verletzte die Tat so empfunden hat, es genügt, daß das Verhalten nach den Umständen des Falles im allgemeinen als Mißachtungskundgebung z u

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A 2. Strafgesetzbuch. § 185

verstehen ist. B G H . N J W . 51, 368. N u r Lebende, nicht auch Verstorbene können beleidigt werden (vgl. § 189). E . 13, 95; die Beleidigung einer Person, die der Täter für verstorben hält, ist demgemäß nicht aus § 185 (sondern evtl. aus § 189) s t r a f b a r . E . 26, 33. Die E h r e eines Menschen, die den Gegenstand des Strafschutzes bildet, ist nicht sein innerer Wert, seine Würdigkeit, sondern sein Anspruch auf Achtung seiner Persönlichkeit, B G H S t . 1, 289, seine Geltung innerhalb der menschlichen Gesellschaft. RG. J W . 32, 1742. Deshalb erfüllt nicht n u r der Vorwurf moralischer Mängel, sondern auch der Vorwurf mangelnder geistiger Eigenschaften den Tatbestand der Beleidigung, falls die abgesprochene Eigenschaft für die Geltung des betreffenden Menschen u n t e r seinen Mitmenschen von Belang ist (z. B. die Äußerung, es fehlten einem Richter die zur Bekleidung seines Amtes erforderlichen Fähigkeiten). R G . D R . 43, 189. D a der Charakter einer Kundgebung als Beleidigung von den Umständen des Einzelfalles abhängen kann, kann dieselbe Äußerung u n t e r gewissen Verhältnissen eine schwere Beleidigung sein, während sie unter anderen Umständen nichts Beleidigendes enthält. Zum Begriff der Beleidigung gehört, daß die bewußt an einen anderen gerichtete und gewollte ehrverletzende Kundgebung zur Kenntnis eines anderen gelangt ist, wobei es gleichgültig ist, ob sie an den, f ü r den sie bestimmt ist, oder an einen anderen gelangt. E . 71, 159, z. B. an den nach D i k t a t Schreibenden. R G . J W . 24, 111; oder dadurch, daß die Postbehörde die Briefe öffnet. Dresden D R Z . 28 Nr. 964. Eine Sinnesänderung des Täters vor Kenntnisn a h m e der Beleidigung durch Dritte, aber nach erfolgter E n t ä u ß e r u n g ist bedeutungslos. E . 57, 193. Beleidigung liegt mangels einer gewollten Kundgebung an einen anderen nicht vor, wenn der Täter beleidigende Äußerungen in einem Selbstgespräch m a c h t oder in sein Tagebuch einträgt, mag auch ein anderer durch Zufall oder Fahrlässigkeit des Äußernden davon Kenntnis erlangen. E . 71, 159; jedoch genügt bezgl. des Gelangens der Kundgebung an einen anderen bedingter Vorsatz. B a y O b L G S t . 50/51 S. 455. Streitig ist, ob auch (mündliche oder schriftliche) vertrauliche Äußerungen über Dritte im engsten Familienkreis (z. B. zwischen Eltern und Kindern oder zwischen Ehegatten) eine strafbare Beleidigung darstellen können. Bejahend E . 71, 159; OLG. H a m m H E S t . 2, 273 u n d Goedel Z S t r W . 57, 37, weil es keinen rechtlichen Unterschied begründen könne, wem gegenüber die beleidigende Äußerung gem a c h t werde; Straflosigkeit sei n u r nach § 193 möglich. Doch erscheint es richtiger, die Frage zu verneinen, weil sich in solchen Fällen die H a n d l u n g nicht gegen die Geltung des Beleidigten in der Gemeinschaft richtet (Mezger J W . 37, 2332) Leppin, J W . 37, 2886; Schönke II 2). — Die F ü h r u n g des W a h r h e i t s b e w e i s e s ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen. E. 64, 10. E r kann für die Strafbemessung erheblich sein u n d ist ferner zulässig, wenn n u r dem Beleidigten gegenüber konkrete ehrverletzende Tatsachen i. S. des § 186 b e h a u p t e t werden. Dagegen ist bei Werturteilen, die nicht durch konkrete tatsächliche Behauptungen belegt werden, der Wahrheitsbeweis begrifflich ausgeschlossen, soweit es sich u m die S c h u l d f r a g e handelt. R G . J W . 34, 692. Soweit der Wahrheitsbeweis zulässig ist, gelten die Beweisregeln des § 186. K G . J R . 26 Nr. 1438. B e w u ß t s e i n d e r E h r v e r l e t z u n g auf Seiten des Gekränkten ist nicht erforderlich. Daher können auch Kinder u n d Geisteskranke beleidigt werden. R G . J W . 35, 526; z . B . ein 12jähriges Mädchen durch die Z u m u t u n g eines fremden Mannes, sich mit ihm (an sich nicht unzüchtige) Bilder nackter Frauen anzusehen, wenn er damit seine Auffassung zu erkennen gibt, das Kind besitze so wenig Schamgefühl, daß m a n ihm eine solche H a n d l u n g zutrauen könne. B G H S t . 1, 288. Vgl. aber Anm. 1 zu § 176. Die Rechtswidrigkeit kann durch Einwilligung des Verletzten ausgeschlossen sein. Das Einverständnis noch nicht 18jähriger Personen mit der Verletzung ihrer Geschlechtsehre ist regelmäßig unbeachtlich, es sei denn, daß a u s n a h m s w e i s e der Jugendliche nicht bloß die Bedeutung einer T a t als unzüchtige Handlung, sondern auch den Begriff der Geschlechtsehre erfaßt h a t und sich dessen bewußt ist, daß die Duldung der unzüchtigen Handlung die Preisgabe der Geschlechtsehre in sich schließen kann. E . 71, 349. Irrige Annahme der Einwilligung des Jugendlichen ist n u r dann beachtlich (§ 59), wenn der Täter einen solchen Ausnahmefall als gegeben ansieht. R G . a.a.O. Nach R G . D S t R . 38, 291 (das aber mit der sonstigen Rechtsprechung nicht voll in Einklang steht) weiß ein normales 16jähriges Mädchen in der Regel, daß ein außerehelicher Beischlaf notwendigerweise die Preisgabe der Geschlechtsehre bedeutet (ebenso R G . D R . 39, 233 bei 17 jährigen Mädchen). Bei Mädchen u n t e r 16 J a h r e n ist Einverständnis grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn das Mädchen nicht mehr unerfahren oder gar verdorben ist, da sich hieraus noch kein Verständnis f ü r den W e r t der Geschlechtsehre ergibt. E . 60, 34 ; 75, 181; ebenso bei einem Geisteskranken. H R R . 30 Nr. 2183. Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn wesentlich ältere Frauen m i t m ä n n l i c h e n Jugendlichen unter 16 J a h r e n den Beischlaf vollziehen. E . 74, 224. Dagegen k a n n die Einwilligung des urteilsfähigen erwachsenen Betroffenen die Rechtswidrigkeit nehmen, falls er sich des ehrverletzenden Charakters der Kundgebung bewußt war. R G . D J . 37, 751; dies ist nicht der Fall, wenn der Beleidigte irrtümlich die innere Willensrichtung des Täters nicht erkannte, die dessen T u n als Ehrenkränkung erscheinen läßt. E . 69, 378.

2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. § 185

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b) Innerer Tatbestand. Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein des Täters, daß seine Äußerung (Handlung) objektiv geeignet ist, die Ehre eines anderen zu kränken, d.h. das Bewußtsein, daß seine Äußerung von den Hörern als Ausdruck der Mißachtung des anderen aufgefaßt werden könne. E. 76,229; BGHSt. 1, 291. Deshalb kann selbst dann, wenn er nicht die A b s i c h t zu beleidigen gehabt hat, z. B. wenn er im Scherze gehandelt, doch Bestrafung wegen Beleidigung eintreten, wenn die Äußerung an sich ehrenkränkend und er sich des Umstandes bewußt war. E. 12, 140; Dresden DRZ. 29 Nr. 1154; ebenso wenn er eine solche Äußerung in einem eigenartigen, von der allgemeinen Auffassung abweichenden nicht geringschätzigen Sinne gebraucht, sich aber dessen bewußt ist, daß die Äußerung von den Empfängern in ihrer regelmäßigen ehrenrührigen Bedeutung verstanden werde. E. 65, 21. Eine bloße Absicht, zu beleidigen ohne einen objektiv ehrverletzenden Akt ist keine Beleidigung. Selbstgebildete Fremdworte können nur dann beleidigen, wenn es möglich ist, ihnen einen objektiven Inhalt zu geben. KG. JW. 28, 3002. c) Einzelheiten. Aus der Rechtsprechung ist hervorzuheben: Eine an sich statthafte Äußerung kann durch die Art ihrer Kundgebung ehrenkränkenden Charakter erhalten. Hamburg. LZ. 23, 237, z. B. durch abfälligen Ton. Dresden J W . 30, 948. Ein verheirateter Mann, der ein Mädchen dadurch zur Gestattung des Geschlechtsverkehrs veranlaßt, daß er ihr vorspiegelt, er wolle sie heiraten und sei unverheiratet, begeht .Beleidigung, wenn er weiß, daß sie sich bei Kenntnis des wahren Sachverhalts ihm nicht hingegeben hätte. E. 70, 249. Bei mündlichen oder schriftlichen Äußerungen entscheiden regelmäßig in erster Linie Sinn und Absicht ihres Urhebers darüber, ob sie eine Beleidigung objektiv darstellen. E. 41, 49. So ist eine ironische Äußerung strafbar, wenn sie die Mißachtung einer bestimmten Person enthält. Dresden J W . 29, 276. Beleidigung kann ferner sein: eine Fopperei, falls sie die Ansicht von der Minderwertigkeit des Gefoppten ausdrückt, RG. JW. 36, 2995; der höhnische Gebrauch an sich nicht beleidigender Worte (Junker!). RG. J W . 12, 933; die Zumutung homosexueller Betätigung, wenn der andere Teil keine Veranlassung gegeben hat, ihn als Homosexuellen zu behandeln. J R . 26 Nr. 2171; sich als Anhänger der Nacktkultur nackt Vorübergehenden zeigen. Dresden HRR. 29 Nr. 1882; auch Unterlassungen, z. B. Weglassung des Wortes „Herr". Recht 19 Nr. 1448; aber nicht Abschlagung einer Bitte, der zu entsprechen die Höflichkeit erfordert, z. B. um Feuer, um die Uhrzeit oder Angabe des Weges. Dresden LZ. 29, 208. Politische Satire und Karikatur sind keine Mittel, um Verspottungen eines anderen, die durch sonstige Äußerungsformen nicht erlaubt sind, rechtlich zulässig zu machen. Recht 28 Nr. 73; LZ. 28, 981; doch darf eine satirische Darstellung nicht nur nach ihrem Wortsinn beurteilt werden. E. 62, 183. Beleidigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Inhalt der ehrenkränkenden Mitteilung als zweifelhaft hingestellt wird. GA. 47, 293, oder daß der Äußerung eine Form gegeben wird, die eine mehrfache Deutung zuläßt, wenn der Urheber sich bewußt ist, daß Dritte sie in einem strafrechtlich zu wertenden Sinne verstehen werden. E. 63, 115. Für die von ihrem Anwalt im vorber. Schriftsatz ausgesprochene Beleidigung ist die Partei verantwortlich, wenn sie ihm Anweisung gegeben hat. KG. Recht 33 Nr. 143. Die angegriffene Person muß erkennbar sein. DRZ. 32 Nr. 223. Nicht verfolgbar ist daher „eine gegen die Organe des Reichsinnenministers" gerichtete Äußerung. J W . 32, 3267Verwechselung der Person ist unerheblich, wenn die Kundgebung für den wirklich Getroffenen gleichfalls beleidigend ist. KG. Recht 33 Nr. 1696. d) Beleidigung von Gemeinschaften. Die frühere Rechtsprechung (E. 68, 123) entnahm im Wege des Umkehrschlusses aus §§ 196, 197 (Beleidigung von Behörden und politischen Körperschaften), daß sonst nur Einzelpersonen beleidigt werden könnten. In Abkehr von dieser Auffassung hat E. 70, 140 „zum mindesten die Personenmehrheiten, die das Recht anerkennt und die mit staatlicher Billigung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu dienen bestimmt sind" als durch §§ 185ff. geschützt angesehen. An der Auffassung, daß Gemeinschaften beleidigungsfähig sind, ist festzuhalten. A. M. BGH. NJW. 51, 531, betr. Familienehre, s. u., dessen Gründe — Abwendung von der Überbewertung der Gemeinschaften, Rückung des Menschen als Persönlichkeit in den Mittelpunkt in der Gesetzgebung seit 1945 — schon wegen der Erweiterung des Organehrenschutzes durch die neueste Gesetzgebung (s. §§ 96, 97) wenig überzeugend sind. Gegen den BGH. auch Welzel MDR. 51, 500; Mezger JZ. 51, 520; Maurach Bes. T. S. 104); zweifelnd OLG. Frankf. NJW. 50, 438. Allgemein wird man sagen können, daß beleidigungsfähig alle diejenigen von Gemeinschaftswillen getragenen — nicht nur vorübergehenden — Zusammenschlüsse von Personen, sind, an deren Achtung wegen ihrer die Öffentlichkeit angehenden Aufgaben der Allgemeinheit gelegen ist. Auf die Rechtsform, in der die Gemeinschaft besteht, kommt es nicht an. Juristische Personen sind aber nicht schon wegen ihrer Rechtsfähigkeit Gegenstand des Ehrenschutzes (Schönke I I I 1 u. LK. II 2, jeweils vor § 185). Sachwertgesamtheiten wie die Kapitalgesellschaften des Handelsrechts, Stiftungen usw. sind keine Gemeinschaften in diesem Sinne und genießen daher 13

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 185

als s o l c h e nicht strafrechtlichen Ehrenschutz. RG. DR. 41, 2125 (betr. Erwerbsgesellschaften); OLG. Düsseldorf DRpfl. 36 Nr. 164 (betr. G.m.b.H.); a. M. Gerland GerS. 110 S. 20, 27. Als hiernach schutzwürdige Gemeinschaften kommen z. B. in Betracht das Deutsche Rote Kreuz, die Betriebsgemeinschaft eines Unternehmens, eine Ortskrankenkasse usw. E. 74, 268. Ein Stand als solcher (z. B. der Anwaltsstand) stellt keinen von Gemeinschaftswillen getragenen Zusammenschluß dar. Bockelmann N J W . 53, 554; a. M. LG. Ravensburg J W . 37, 181; L K I I 2 vor § 185. Keinen Gemeinschaftsehrenschutz genießen Stammtischrunden, Skatklubs usw. Gemeinschaften, die einen der Rechts- und Sittenordnung zuwiderlaufenden Zweck verfolgen, können nicht Träger einer eigenen Ehre sein. Auch die F a m i l i e ist eine echte Gemeinschaft mit eigener Ehre und kann als solche beleidigt werden, zum mindesten insoweit, als sie sich auf den Kreis der Eltern und minderj. Kinder beschränkt (str., bejahend u. a. Schönke I I I 2 vor § 185, Welzel ZStrW. 57, 49; LG. Limburg DR.43,576; verneinend BGH. N J W . 51, 531 (s. oben); Gerland a.a.O. S. 39ff., 53). Beleidigungen eines Ehegatten oder etwa der minderjährigen Tochter treffen daher, soweit sie, wie insbesondere Angriffe auf die Geschlechtsehre, als ein der Familie angetaner Schimpf empfunden werden, die Gemeinschaft; der natürlichen Ordnung entsprechend wird in erster Linie der Ehemann und Vater berufen sein, solche Ehrenkränkungen abzuwehren. Die Rechtssprechung kommt zu diesem Ergebnis z. T. unter dem Gesichtspunkt der m i t t e l b a r e n Beleidigung. Sie ist aber nicht enheitlich. Nach E. 70, 94 und 173 beleidigt, wer die Ehre einer E h e f r a u verletzt, damit zugleich den Ehemann. (A. M. OLG. Freiburg DRZ. 47, 416: Beleidigung des Ehemanns nur, wenn er durch die Art der Kundgabe der Mißachtung oder nach den besonderen Umständen der Tat selbst in seiner Ehre angegriffen worden ist, z. B. wenn die mit dem Ehemann zusammenlebende Ehefrau als „Hure" bezeichnet wird). Dies soll auch dann gelten, wenn die Ehrverletzung mit ihrem Einverständnis und deshalb ihr gegenüber straffrei erfolgt. Wer mit einer Ehefrau Ehewidrigkeiten begeht, beleidigt nach E. 70, 98 in der Regel, d. h. wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalles eine derartige Annahme ausschließen, den Ehemann. (Wegen der Beleidigung durch Ehebruch siehe Anm. 1 zu § 172.) Trifft dies zu, so muß angesichts des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3, 117 Abs. 3 GG.) eine Beleidigung der Ehefrau angenommen werden, wenn jemand den Ehemann beleidigt oder mit ihm Ehewidrigkeiten begeht. Dagegen haben bei Beleidigung einer minderjährigen oder zwar volljährigen, aber wegen ihres Geisteszustandes pflegebedürftigen T o c h t e r durch unzüchtige Handlungen E. 70, 245 und D J . 37, 585 — im Gegensatz zu OLG. München J W . 37, 180 — eine ohne weiteres zugleich den Vater treffende Beleidigung abgelehnt, jedoch anerkannt, daß unter besonderen Umständen der Vater (und das gleiche muß für die Mutter gelten) durch eine der Tochter zugefügte Beleidigung unm i t t e l b a r beleidigt werden könne, z. B. durch Vornahme unzüchtiger Handlungen in der Wohnung der Eltern oder in Gegenwart eines Elternteils oder trotz Kenntnis ihrer Sorge um das sittliche Wohl der Tochter. RG. DR. 39, 233 — zumal wenn der Täter verheiratet ist. RG. J W . 38, 790 —, oder wenn die jugendl. Tochter in häuslicher Gemeinschaft mit den Eltern lebt. RG. J W . 39, 543; OLGe Celle HESt. 1, 303; Stuttgart MDR. 51, 244. Von diesem Standpunkt aus bedeutet umgekehrt eine unzüchtige Annäherung an eine Mutter vor den Augen ihrer 10 und 14 Jahre alten Kinder eine unmittelbare Beleidigung der Kinder. RG. DR. 44, 232. Keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Familienehre, wenn ein Familienmitglied selbst der Täter ist. E. 73, 113 (a. M. Engisch ZAkadDR. 39, 569). e) Kollektivbeleidigung. Soweit ein Schutz einer Gemeinschaftsehre nicht in Betracht kommt, kann in dem Angriff auf eine Mehrheit von Personen eine Beleidigung jeder einzelnen unter den Sammelbegriff fallenden Person gefunden werden, wenn sich die Kundgebung erkennbar und nach dem Bewußtsein des Täters auf alle von dem Sammelbegriff erfaßten Personen bezieht. E. 66, 128; 68, 120. Voraussetzung ist, daß die Personenmehrheit so deutlich aus der Allgemeinheit hervortritt, daß der Kreis der beteiligten Einzelpersonen scharf umgrenzt ist. Läßt sich ein solcher Kreis nicht zweifelsfrei feststellen, so ist mangels einer sicheren Zuordnung des einzelnen in Wirklichkeit keine Person verletzt, z. B. nicht bei einem Angriff „auf alle aktiv an der Entnazifizierung beteiligten Personen". BGHSt. 2, 38; oder auf die Nichtvertrauenswürdigen unter den Patentanwälten. BayObLG. N J W . 53, 554 mit abl. Anm. von Bockelmann. Dagegen ist nicht erforderlich, daß die einzelnen Personen hervorgehoben und einzeln erkennbar bezeichnet werden; es genügt, daß die Gesamtbezeichnung in ihrer allgemeinen Fassung erkennen läßt, auf welche Einzelpersonen sie sich bezieht, wobei der Täter selbst diese Personen gar nicht zu kennen und sie sich vorzustellen braucht. E. 23, 246; RG. J W. 28, 806. Eine Kollektivbeleidigung ist z.B. bejaht worden bei Angriffen auf: den Richterstand. E. 7, 170. (das Mitglied eines Kollegialgerichts durch einen Angriff auf das Urteil dieses Gerichts. KG. J W . 30, 1097); die Justiz. J W . 30, 918; alle deutschen Ärzte. J W . 32, 3113; die deutschen Rechtsanwälte. LG. Hannover N J W . 48, 349 mit Anm. von Müller-, die Juden OGHSt. 2, 291; BGHSt. 2, 39; N J W . 52, 1183; die Widerstandskämpfer des 20. 7. 1944. BGH. N J W . 52, 1183. Keine Kollektivbeleidigung, wenn der Kreis der Be-

2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. § 186

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bis zu einem Jahre und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit2) begangen wird, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft 3 ).

§ 186!). [Üble Nachrede] Wer in Beziehung auf einen anderen2) eine Tatsache 3 ) behauptet 4 ) oder verbreitet 5 ), welche denselben verächtlich zu machen 4 ) oder in der öffentlichen teiligten keinen Ausschnitt aus der Allgemeinheit darstellt, sondern sich mit ihr deckt, z. B . bei einem Angriff auf „die Deutschen" OLG. Neustadt H E S t . 2, 272. 2) Zur tätlichen Beleidigung gehört eine Einwirkung auf den Körper des Beleidigten. E . 70, 250, z. B . Raub eines Kusses, Abschneiden des Bartes, Bespritzen mit Wasser. Breslau DRZ. 30 Nr. 139; Dresden LZ. 30, 275, aber nicht Ausspucken vor einem Anderen. Recht 10, 674. 3) Sind in e i n e m Schreiben mehrere Personen beleidigt, so kann Tatmehrheit vorliegen, wenn sich die Äußerungen an verschiedenen Stellen des Schriftstückes befinden und nur in einem losen Zusammenhang miteinander stehen. E . 66, 1; R G . J W . 38, 855. Zu § 186: 1) Zu § 185 besteht Gesetzeskonkurrenz; § 186 schließt grundsätzlich den § 185 aus. Idealkonkurrenz, wenn in einer längeren Erklärung an der einen Stelle eine formelle Beleidigung, an einer anderen Stelle, in sich abgeschlossen und ohne unmittelbaren inneren Zusammenhang mit der ersteren, eine strafbare Behauptung von Tatsachen enthalten ist. Dienen dagegen Schimpfworte nur der Unterstreichung ehrenrühriger Behauptungen, so ist lediglich aus § 186 zu bestrafen. E . 65, 358; R G . J W . 35, 2496. Siehe noch Anm. 2. 2) Beleidigter und Empfänger der Mitteilung müssen also verschiedene Personen sein; erfolgt die Erklärung gegenüber dem Beleidigten selbst, so ist nur § 185 anwendbar. E . 29, 40. E s genügt aber, daß die Tatsachenbehauptung sich zwar unmittelbar an den Beleidigten richtet, jedoch mit Wissen des Täters gleichzeitig oder später zur Kenntnis eines Dritten gelangt. R G . J W . 37, 2390. In diesem Falle können §§ 185 und 186 in Tateinheit oder -Mehrheit stehen. E . 41, 61 und 286; J W . 30, 270 und 3401; ebenso wenn die beleidigende Kundgebung sich an Dritte richtet, der Beleidiger aber erwartet, daß sie dem Beleidigten zur Kenntnis kommen werde. R G . J W . 34, 1418. Die bloße Möglichkeit, daß dritte Personen außer dem Beleidigten von der Beleidigung Kenntnis erhalten, genügt zur Anwendung des § 186 nicht. E . 41, 64. 3) Tatsache ist ein Ereignis oder Geschehnis, das sinnlich wahrnehmbar und daher dem Beweise zugänglich ist, einschließlich i n n e r e r Vorgänge (Beweggrund, Absicht), wenn sie zu äußeren Erscheinungen in Beziehung treten. E . 55, 129. Gegensatz: Werturteile, d. h. Ansichten, Meinungen, die nicht durch Tatsachen belegt werden, E . 68, 121, oder bei denen ein tatsächliches Vorbringen gegenüber dem Werturteil so sehr zurücktritt, daß es nur dazu dient, dieses näher zu erläutern und zu begründen. OGHSt. 2, 291, z. B . allgemeine Beschuldigungen wie Gauner, Lump, oder die Behauptung, die Einnahmen eines Unternehmens beruhten auf „Nepp". E . 64, 12. Auch der allgemeine Vorwurf der Korruptheit kann hierher gehören. OLG. Celle H E S t . 1, 45. Zu den Tatsachenbehauptungen gehören dagegen auch Äußerungen, die in der Form eines Werturteils die Behauptung einer konkreten Tatsache enthalten. E. 35, 227, und allgemeine Bezeichnungen, wenn sie zu bestimmten Vorkommnissen in Beziehung gesetzt sind. R G . D R . 39, 1980. Beispiele: die Behauptung der Parteilichkeit. R . 9, 179, der Zahlungsunfähigkeit eines Kaufmanns, E . 2, 309 (aber nicht in Zeiten einer Wirtschaftskrise. K G . GA. 76, 237); jemand sei ein durch das Parteibuch hochgekommener Beamter. J W . 32, 1743; oder ein Dieb. K G . Recht 33 Nr. 144; auch die Voraussage eines bevorstehenden Ereignisses, da hieraus die Behauptung von Tatsachen entnommen werden kann, aus denen die Voraussage hergeleitet wird. E . 67, 2. Keine Tatsachen sind Äußerungen anderer in Beziehung auf den Verletzten, sondern nur seine eigenen Handlungen, Unterlassungen und Eigenschaften. DRZ. 28 Nr. 724. Durch die Zweideutigkeit der Kundgebung wird die Anwendung des § 186 nicht ausgeschlossen. BayObLG. DRZ. 29 Nr. 1010. § 186 setzt aber immer voraus, daß die Äußerung erkennbar auf konkrete, dem Wahrheitsbeweis zugängliche Vorgänge sich bezieht; daher keine üble Nachrede, wenn jemand erklärt, er werde auspacken, auch wenn er damit zum Ausdruck bringen will, es seien irgendwelche Unregelmäßigkeiten vorgekommen. R G . J W . 35, 2370. § 186 ist auch unanwendbar, wenn es sich offensichtlich um einen frei erfundenen Witz handelt. R G . J W . 33, 959. 4) D. i. Hinstellen einer Tatsache als Gegenstand eigenen Wissens oder eigener Überzeugung. E . 38, 368; K G . Recht 33 Nr. 1366. Dies kann auch versteckt durch Aussprechen eines Verdachts oder Stellung einer Frage geschehen. E . 60, 373; oder dadurch, daß jemand 13*

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A 2. Strafgesetzbuch. § 186

Meinung herabzuwürdigen geeignet ist 7 ), wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr 8 ) ist, wegen Beleidigung mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich 9 ) oder durch Verbreitung 10 ) von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zwei Jahren bestraft. — dem Hörer oder Leser erkennbar — eine Tatsache durch Schlußfolgerung aus bestimmten Unterlagen, die er kennt oder zu kennen meint, als wahr hinstellt. E . 67, 268. 5) D. h. Weitergabe einer von einem anderen erhaltenen Mitteilung als Gegenstand fremden Wissens oder fremder Überzeugung. E . 38, 368, auch durch Vorlesen einer Schrift, R . 4, 291. Verbreiten liegt auch in dem Erwähnen eines Gerüchts, selbst wenn es als grundlos bezeichnet wird. E . 22, 221; 38, 368, oder als Verdacht, der sich nicht bestätigt habe. OLG. Hamm N J W . 53, 596. Nicht ist erforderlich, daß die Mitteilung an weitere Kreise gelangt oder gelangen soll. E . 30, 224; daher fällt auch eine Mitteilung unter Auferlegung der Verschwiegenheitspflicht unter § 186 (wegen vertraulicher Äußerungen im engsten Familienkreis s. Anm. l a Abs. 2 zu § 185). Nicht verbreitet, wer eine Zeitung mit beleidigendem Inhalt weitergibt, ohne zum Ausdruck zu bringen, daß er sich den Inhalt zu eigen macht. K G . J W . 30, 1239. Durch das Verbot des Verbreitens wird das Recht der Presse zur Berichterstattung über strafbare Handlungen eingeschränkt. E . 65, 359. Siehe Anm. 3 c letzter Abs. zu § 193. 6) E s ist nicht erforderlich, daß jeder sittliche Wert abgesprochen wird, auch seine erhebliche Herabsetzung macht verächtlich. E . 35, 126. 7) Wenn der Betreffende mit Rücksicht auf die behauptete Tatsache der von ihm eingenommenen Stellung in Staat oder Gesellschaft unwert erscheint. H R R . 33 Nr. 348. 8) Bei Beweis der Wahrheit ist die T a t nicht rechtswidrig. E . 65, 425, und zwar auch dann, wenn der Täter die Erweislichkeit seiner Behauptung zur Tatzeit nicht kannte. OLG. Naumburg J W . 39, 337. Die Nichterweislichkeit ist objektive Bedingung der Strafbarkeit; der Vorsatz braucht sich also auf sie nicht zu erstrecken. E. 65, 425. Guter Glaube an die Wahrheit der Tatsache ist für die Schuldfrage bedeutungslos und gegebenenfalls nur für die Strafzumessung von Belang. Der Beweisantritt darf nicht deswegen abgelehnt werden, weil dem Täter § 193 zugute komme. R G . H R R . 37 Nr. 530 oder weil doch immer eine Bestrafung nach § 185 gerechtfertigt sei. R G . J R . 27 Nr. 657; J W . 31, 938; K G . H R R . 30 N. 461. Wird also z. B . jemand als Dieb bezeichnet, so muß der Beweis zugelassen werden, daß er gestohlen habe; anders nur, wenn es sich um allgemeine Ausdrücke, wie Schweinehund usw. handelt, die sich auf die Gesamtpersönlichkeit beziehen. K G . Recht 33 Nr. 144. Wahrheitsbeweis für eine getilgte Strafe ist zulässig. BayObLG. DRZ. 30 Nr. 140. Vgl. auch Nr. 2 3 6 der „Richtlinien für das Strafverfahren" (Einschränkung des Wahrheitsbeweises, wenn der Beleidiger den Beleidigten dadurch bloßstellen will, daß er mit der beleidigenden Tatsache nicht unmittelbar zusammenhängende Tatumstände aus dem Leben des Beleidigten unter Beweis stellt). Bei erweislich wahrer Behauptung bleibt Beleidigung aus § 185 möglich (§ 192). R G . J W . 28, 2094. E s muß von Amts wegen festgestellt werden, daß die üble Nachrede objektiv nicht erweislich wahr ist, auch wenn der Angeklagte keinen Versuch des Beweises macht; ihn trifft für das Vorliegen der Erweislichkeit keine Beweislast. R G . D J . 37, 163. Für den Beweis der Wahrheit kommt es nicht auf den Wortlaut, sondern auf den Sinn der Äußerung an. GA. 47, 175. Der Beweis der Wahrheit ist geführt, wenn die Behauptung sich auch nur im wesentlichen mit den erwiesenen Tatsachen deckt. OLG. München J W . 35, 2851. Bei Gesamtbehauptungen brauchen also nicht alle behaupteten Einzelheiten als wahr bewiesen zu werden; es genügt, daß der erhobene Gesamtvorwurf sich im Kern als berechtigt erweist. E . 64, 284. Beweisanträgen ist nur zu entsprechen bei Identität der behaupteten und der zu beweisenden Tatsachen. E . 62, 95, so daß Beweisanträge abzulehnen sind, die darauf abzielen, den Verletzten aus anderen Gründen als nicht ehrschutzwürdig und die T a t in milderem Licht erscheinen zu lassen. Ausnahmsweise kann das Gelingen des Wahrheitsbeweises wegen der Bedeutungslosigkeit für die Straffrage dahin gestellt bleiben. J W . 26, 2184. Das gutgläubige Festhalten an der Behauptung darf nicht als Grund für die Strafschärfung (hartnäckiges Leugnen) in Betracht kommen. E . 38, 207. Kann sich der Täter für seine unrichtige Behauptung auf eine (unzutreffende) Auskunft einer zuständigen Amtsstelle stützen, so liegt unverschuldeter Verbotsirrtum vor. E . 73, 67. 9) Vgl. Anm. 2 zu § 200. 10) Vgl. Anm. 4 zu § 110.

2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. §§ 187, 187 a

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§ 187. [Verleumdung] (1) Wer wider besseres Wissen 1 ) in Beziehung auf einen anderen 2 ) eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist 3 ), wird wegen verleumderischer Beleidigung mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn die Verleumdung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft 4 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf einen Tag Gefängnis ermäßigt oder auf Geldstrafe erkannt werden.

§ 187a. [Verstärkter Ehrenschutz im politischen Leben stehender Personen]1) (1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person 2 ) öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften, Schallaufnahmen, Zu § 187: 1) Siehe Anm. 6 zu § 164. 2) Die Gefährdung des Kredits von K r e d i t i n s t i t u t e n ist strafbar nach § 47 des Gesetzes über das Kreditwesen v. 25. 9. 1939 (RGBl. I S. 1955) — B IV 3 —. 3) Kreditgefährdung besteht in der Gefährdung des Vertrauens, das ein anderer hinsichtlich der Erfüllung seiner vermögensrechtlichen Verbindlichkeiten genießt. RG. GA. 52, 104. Die unwahre Tatsache braucht nicht kränkend zu sein. E. 44, 158. 4) § 193 ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Anm. 1 zu § 193). Das gilt auch, wenn der Täter wissentlich unwahre Behauptungen zur Herbeiführung eines Strafverfahrens gegen sich selbst aufstellt, um in diesem Verfahren den Beweis für die wissentlich unwahre Behauptung anzutreten. E. 58, 39. Es genügt auch nicht, daß die verleumderische Behauptung im staatlichen Interesse zwecks Beseitigung eines vermeintlich ungeeigneten Beamten erfolgt ist. Recht 23 Nr. 831. Ein Beschuldigter, der einen anderen wissentlich falsch beschuldigt, um den Verdacht von sich abzuwenden, ist nach § 164 strafbar (vgl. dort Anm. 10). Zu § 187a: 1) § 187a ist an die Stelle der §§ 1 bis 3 von Kap. I I I Teil 8 der NotVO. v. 8. 12. 1931 (RGBl. I S. 742) getreten, über deren Auslegung und Weitergeltung Zweifel bestanden (vgl. 35. Aufl. Anm. 1 bis 3 a.a.O. u. BGH. N J W . 1952, 194)). Die Bedeutung des § 187 a besteht in der Verschärfung der sonst bei übler Nachrede und Verleumdung angedrohten Strafen und zwar bei Verleumdung in einer Verschärfung der Mindeststrafe. Die Einreihung der Vorschrift in den 14. Abschnitt „Beleidigung" des StGB, hat zur Folge, daß die Tat — abweichend vom bisherigen Recht — nur auf Antrag und, wenn nicht die Staatsanwaltschaft die Verfolgung im öffentlichen Interesse übernimmt, im Wege der Privatklage (§ 374 StPO.) verfolgt wird und daß § 193 StGB. (Wahrnehmung berechtigter Interessen) Anwendung findet. Schrifttum: Härtung J R . 51, 677. Vgl. Nr. 206 RiStV. 1953. 2) Der tragende Gedanke des § 187 a ist, daß Personen des politischen Lebens im politischen Tageskampf in erhöhtem Maße Angriffen ausgesetzt sind, durch die ihre Tätigkeit erheblich erschwert werden kann und daß sie deshalb eines erhöhten Strafschutzes bedürfen. „Politisch" ist nicht im Sinne von „parteipolitisch" zu verstehen; „politisch" — der Ausdruck findet sich z. B. vielfach in Amnestiegesetzen, die von Straftaten aus „politischen Beweggründen" sprechen —, ist nicht jede das öffentliche Interesse irgendwie angehende Angelegenheit, sondern eine solche, die den Staat, seine Gesetzgebung und Verwaltung u n m i t t e l b a r berührt, die also nicht nur mittelbar für den Staat, seinen Bestand, sein Gedeihen und seine Form von Bedeutung ist und an denen er darum Interesse nimmt (E. 58, 415; RG. H R R . 1934 Nr. 777 u. 848). Im politischen Leben steht, wer sich auf eine gewisse Dauer mit Angelegenheiten befaßt, die in diesem Sinn politisch sind. BGH. N J W . 53, 1722. I m politischen Leben des V o l k e s (d.h. des deutschen Volkes, von Weber MDR. 51, 43) stehen bedeutet nicht, daß der Verletzte unmittelbar (durch allgemeine Wahl) oder mittelbar (durch staatlichen Auftrag) vom Volk in seine Stellung berufen sein müsse, sondern daß seine politische Tätigkeit das Volk (in seiner Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil) betrifft und für das Volk (d. h. im Rahmen der Gesetze) entfaltet wird. Im politischen Leben stehen z. B. die Abgeordneten des Bundestages und der deutschen Landtage. B G H S t . 3, 74, der Kandidat einer politischen Partei, der Redakteur einer politischen Zeitung, Beamte, die selbständig politische Entscheidungen von Bedeutung zu treffen haben, die Richter des Bundesverfassungsgerichts. BGH. N J W . 53, 1722, aber auch die Richter anderer Gerichte, deren Entscheidungen unmittelbare Auswirkungen auf den Staat, seine Verfassung, Gesetzgebung und Verwaltung haben, ferner Führer von

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A 2. Strafgesetzbuch. § 188

Abbildungen oder Darstellungen3) eine üble Nachrede (§ 186) aus Beweggründen4) begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist dieTat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren,5) so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten6). (2) Eine Verleumdung (§ 187) wird unter den gleichen Voraussetzungen mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. § 188. [Buße] (1) In den Fällen der §§ 186 und 1871) kann auf Verlangen des Beleidigten, wenn die Beleidigung nachteilige Folgen2) für die Vermögens Verhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt, neben der Strafe auf eine an den Beleidigten zu erlegende Buße3) erkannt werden. (2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus 4 ). Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und wirtschaftlichen Interessenvereinigungen, falls ihre Tätigkeit der wirtschafte und sozialen Ordnung als Bestandteil der Gesamtverfassung des Volkes gilt. Schönke I I . Ob sich der Verletzte im Sinne der jeweils herrschenden Regierungspolitik oder einer gesetzmäßigen Opposition betätigt, ist selbstverständlich ohne Bedeutung. Zu beachten ist, daß jedenfalls die enge Auslegung, die unter der Herrschaft der NotVO. 1931 der Begriff der „im öffentl. Leben" stehenden Personen in der Rechtspr. des RG. fand (vgl. darüber die 35. Aufl. S. 137), nicht den mit § 187a verfolgten Zwecken entspricht (vgl. die amtl. Begr. zu § 187a des RegEntw. 1950). Der Verletzte muß zur Zeit der Tat noch im politischen Leben stehen. 3) S. Anm. 2 bis 4 zu § 95. 4) Der Beweggrund muß mit der Stellung des Beleidigten im öffentl. Leben „zusammenhängen", braucht aber nicht selbst ein politischer zu sein; vielmehr ist ohne Bedeutung, welches Endziel der Täter verfolgt. Ein solcher Zusammenhang ist vielmehr z. B. auch gegeben, wenn der Herausgeber einer Zeitschrift einen Politiker beleidigt, weil er sich davon eine der Verbreitung seiner Zeitschrift dienliche Sensation verspricht. B G H . N J W . 53, 869. Diese Beweggründe brauchen nicht die einzigen und nicht einmal die vorherrschenden, sie müssen aber mitbestimmend für die Begehung der Tat gewesen sein. Daß die üble Nachrede (oder Verleumdung, Abs. 2) nach ihrem Inhalt mit der Stellung des Verletzten im öffentlichen Leben zusammenhängt, also sich auf seine politische Betätigung bezieht, ist nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift, die die üble Nachrede schlechthin als Kampfmittel gegen den politischen Gegner diskriminieren will, nicht erforderlich. Es genügt also z. B. eine üble Nachrede aus dem Familien- oder sonstigen Privatleben des Beleidigten. BGH. N J W . 53, 869. 5) Für die Eignung zur erheblichen Erschwerung kommt es nur auf den Inhalt der Verleumdung oder üblen Nachrede an, während die begleitenden Umstände (geringe Größe der Versammlung, mangelnde persönl. Bedeutung des Äußernden usw.) keine Rolle spielen. BGH. N J W . 54, 649. § 187a ist unanwendbar, wenn von mehreren behaupteten Tatsachen nur eine erweislich wahr ist, diese aber für sich allein schon ein öffentl. Wirken unmöglich macht. BayObLG. St. 1, 423. 6) Wegen des Verhältnisses zu § 95 s. § 95 Abs. 2. § 97 ist, soweit es sich um üble Nachrede handelt, lex specialis gegenüber § 187a, BGH. N J W . 53, 1722; soweit es sich um Verleumdung handelt, droht § 187 a die schwerere Strafe an, so daß § 97, der sich nur subsidiäre Bedeutung beilegt, unanwendbar ist. Z u § 188: 1) Einschl. der § 187 a, denn hier handelt es sich nur um mit erhöhter Stufe bedrohte Fälle der §§ 186, 187. 2) Der Schaden braucht nicht vermögensrechtlich und auch noch nicht eingetreten zu sein. Recht 34 Nr. 450; ein ziffernmäßiger N a c h w e i s des Schadens wird nicht verlangt. E. 17, 190. Hierunter fallen nicht die dem Beleidigten durch fruchtlose Verfolgung der Beleidigung im Privatklageverfahren erwachsenen Kosten. E. 42, 166. 3) und zwar von 3 bis 10000 DM. Art. IV der VO. v. 6. 2. 1924 (RGBl. I S. 44). Die beanspruchte Buße muß ziffernmäßig vom Nebenkläger angegeben werden. (§404 Abs. 1, § 406d StPO.). Auf Buße in Form einer Rente kann nicht anerkannt werden. E. 17, 178. Die Buße ist keine Strafe, sondern zivilrechtliche Entschädigung. 4) Auch eine im Zivilprozesse erstrittene Entschädigung schließt die Zuerkennung einer Buße insoweit aus, als es sich um den gleichen Vermögensschaden handelt, da nach § 406d in Verb, mit § 403 Abs. 1 StPO ein Bußanspruch nur geltend gemacht werden kann, soweit

2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. §§ 189—191

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§ 1891). [Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener] (1) Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft2), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern, der Kinder, des Ehegatten3) oder der Geschwister des Verstorbenen ein.

§ 190. [Wahrheitsbeweis bei Behauptung einer strafbaren Handlung] Ist die behauptete oder verbreitete Tatsache eine strafbare Handlung, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung rechtskräftig verurteilt1) worden ist. Der Beweis derWahrheit ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung vor der Behauptung oder Verbreitung rechtskräftig freigesprochen worden ist2).

§ 191. [Verfahrensaussetzung nach Strafanzeige] Ist wegen der strafbaren Handlung1) zum Zwecke der Herbeiführung eines Strafverfahrens2) bei der Behörde Anzeige3) gemacht, so ist 4 ) bis zu dem Beschlüsse, daß die Eröffnung der Untersuchung nicht stattfinde, oder bis zur Beendigung der eingeleiteten Untersuchung mit dem Verfahren und der Entscheidung über die Beleidigung inne zu halten 5 ). er noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht ist; dagegen kann noch Buße wegen eines im Zivilprozeß nicht verfolgbaren im materiellen Schadens begehrt werden. E. 9, 223. Die Zuerkennung einer Buße kann durch Vergleich ausgeschlossen werden. E. 31, 334. Zu § 189: 1) I. d. F. d. Art. 9 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). § 189 a. F. bedrohte nur die Verleumdung Verstorbener mit Strafe. Abs. 3 betr. Verunglimpfung Gefallener ist aufgehoben durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. 2) Verstorben ist auch der für tot Erklärte; ein Verschollener dagegen ist ein Lebender, auch wenn eine Lebensvermutung für ihn nicht besteht. Die Verunglimpfung kann erfolgen durch Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung. Doch genügt nicht jede Beleidigung, vielmehr gehört zum Verunglimpfen — wie beim Beschimpfen (vgl. Anm. 2 zu § 166) — eine besond. schwere Kränkung, wobei sich die Schwere insbes. aus dem Inhalt und der Form, daneben aber auch aus anderen Umständen, etwa dem Beweggrund oder der Gelegenheit der Kundgabe ergeben kann. BayObLG. St. 50/51 S. 455. 3) Auch des wiederverheirateten Verwitweten, aber nicht eines geschiedenen Ehegatten. Zu § 190: 1) Eine rechtskräftige Verurteilung ist auch die Schuldigsprechung unter Absehen von Strafe (§ 260 Abs. 4 Satz 2, § 465 Abs. 1 Satz 2 StPO.). Auch die Belegung mit Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 1 OWiG. — A 4 —) ist wohl Verurteilung wegen einer strafb. Handl. Ob die Verurteilung vor oder nach der Äußerung ausgesprochen oder rechtskräftig geworden ist, ist ohne Bedeutung. § 190 gilt auch, wenn im Fall des § 185 ein Wahrheitsbeweis in Betracht kommt (vgl. Anm. l a Abs. 2 zu § 185). KG. H R R . 26 Nr. 1438 (str.). 2) Die Rechtskraft des Freispruchs muß also vor der Behauptung oder Verbreitung eingetreten sein. Straffreierklärung oder Einstellung wegen Verjährung usw. hat nicht diese Wirkung. Zu § 191: 1) § 191 gilt auch für §§ 185, 189. KG. Recht 29 Nr. 644; BayObLG. J W . 31, 1619; a. M. OLG. Frankfurt JW. 27, 1599. 2) Gilt nicht für Dienststrafverfahren. E. 10, 381, wohl aber für das Bußgeldverfahren des OWiG. (vgl. Anm. 1 zu § 190). 3) Anzeige ist jede Mitteilung einer angeblichen strafbaren Handlung an die zur Strafverfolgung berufene Behörde. RG. GA. 46, 46; JW. 27, 2218; auch die Privatklage. Königsberg J W . 30, 2585. 4) § 191 ist unanwendbar, wenn die Anzeige offensichtlich unbegründet ist und nur auf Verschleppung des Verfahrens abzielt. OLG. Düsseldorf DR. 42, 437. 5) Während der Innehaltung ruht auch die Verjährung (§ 69). Bei Ermittlungen der StA., die nicht auf Grund einer Anzeige erfolgen, ist Innehaltung mit dem Bel.Verf. nicht vorgeschrieben und § 69 mithin unanwendbar. E. 66, 328. Sind mehrere Personen durch den Vorwurf einer strafbaren Handlung beleidigt, wird aber nur gegen einzelne davon Strafanzeige

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 192, 193

§ 192. [Formale Beleidigung] Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder verbreiteten Tatsache 1 ) schließt die Bestrafung nach Vorschrift des § 185 nicht aus, wenn das Vorhandensein 2 ) einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder Verbreitung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht 3 ).

§ 1931). [Wahrnehmung berechtigter Interessen] Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen 2 ), ingleichen Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen 3 ) gemacht werden, erstattet, so hindert das gegen diese anhängige Strafverfahren die Durchführung des Verfahrens wegen Beleidigung der übrigen nicht, infolgedessen auch insoweit die Verjährung nicht; anders, wenn die Beleidigung aller durch dasselbe Schriftstück oder Preßerzeugnis erfolgte. E . 59, 197. Zu § 1 9 2 : 1) Wird die behauptete Tatsache bewiesen, so kann nicht aus §§ 186, 187, 187 a, sondern ggbf. (s. Anm. 2) nur wegen formaler Bei. verurteilt werden. Der beantragte Wahrheitsbeweis muß daher erhoben und darf nicht mit der Begr. abgelehnt werden, daß doch nach § 185 zu bestrafen sei. E . 64, 11. Wenn auch § 192 in erster Linie für §§ 186, 187 von Bedeutung ist, so kommt er doch auch bei § 185 in Betracht (vgl. Anm. l a Abs. 2 am Ende zu § 185). K G . J W . 30, 2579; OLG. Dresden H R R . 32 Nr. 73. Das muß dann aber auch für § 189 gelten, da es auch dort für die Strafzumessung von Bedeutung sein kann, ob die verunglimpfende Äußerung, wenn sie die Behauptung einer Tatsache enthält, wahr oder gar wider besseres Wissen aufgestellt ist; a. M. Schönke I I . 2) D. h. wenn die A b s i c h t , zu beleidigen, vorliegt; die Form der Kundgebung und die Umstände sind nur Beweisanzeichen für die Beleidigungsabsicht. E . 40, 318. Dagegen sind nach R G . D R . 44, 768 und Frank I Form und Umstände Tatbestandsmerkmale; der Täter braucht dann nur sich bewußt zu sein, daß die Art der wahrheitsgemäßen Äußerung ungebührlich ist und die Grenzen überschreitet, die dem Recht, die Wahrheit zu sagen, gesetzt sind. 3) S. Anm. 7 zu § 193. Für Anwendung des § 193 ist dann kein Raum. R G . J W . 32, 409; a. M. Weber J W . 27, 2674; OLG. Braunschweig N J W . 52, 237. Zu § 1 9 3 : 1) Über die allg. Rechtfertigungsgründe — z. B . Notwehr — hinaus bringt § 193 für das Gebiet der Beleidigung weitere R e c h t f e r t i g u n g s g r ü n d e . § 193 setzt voraus, daß der obj. und subj. Tatbestand einer Beleidigung vorliegt. R G . J W . 36, 2079 und 3461, Die Beleidigung ist aber beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 193 nicht strafbar, sei es. daß man das Handeln zu berechtigten Zwecken als Rechtswidrigkeitsausschließungsgrund (so E . 59, 415; 65, 335) oder als Schuldausschließungsgrund (so E . 64, 23; J W . 39, 400) ansieht. Die Straflosigkeit entfällt aber, wenn der Täter über das Bewußtsein von dem obj. beleidigenden Charakter der Kundgebung hinaus eine auf Zufügung einer Beleidigung gerichtete A b s i c h t hat, die sich aus der Form der Äußerung oder den Begleitumständen ergeben muß. R G . J W . 36, 1909. § 193 gilt in erster Linie für § 186. Für wörtliche Beleidigungen nach § 185 ist § 193 nur anwendbar, wenn sie durch ihren Inhalt beleidigend sind; bei rein formalen Beleidigungen ergibt sich die Unanwendbarkeit aus den Schlußworten des § 193. E . 60, 335. Auch bei tätlichen Beleidigungen kommt § 193 in Frage. OLG. Stuttgart GA. 70, 56; a. M. OLG. Celle GA. 60, 483. Bei Verleumdungen (§ 187), gibt es grundsätzlich keine Berufung auf § 193. R G . D J . 36, 517 und 825; ausnahmsweise aber z. B . dann, wenn ein Angeklagter sich damit verteidigt, daß er durch Leugnen von Tatsachen — ohne gegen § 164 zu verstoßen —• andere verleumdet. E . 34, 222; 63, 94; H R R . 40 Nr. 1180. Auch bei § 189 kann — nach der Erweiterung des Tatbestandes — § 193 anwendbar sein. Dagegen ist er unanwendbar, wenn die Beleidigung mit einer anderen strafbaren Handlung tateinheitlich zusammentrifft, z. B . mit § 164. E . 74, 261; OLG Oldenburg NdsRpfl. 51, 50 oder § 267. E . 39, 182; J W . 30, 918. Zwischen Beleidigungen, die z. T. unter § 193 fallen, z. T. nicht, kann Fortsetzungszusammenhang nicht bestehen. Bay. ObLG. LZ. 25, 49. 2) Darunter fällt nicht die Dienstführung öffentlicher Behörden. H R R . 30 Nr. 1776; auch nicht die Tätigkeit des Anwalts. LG. Berlin J W . 31, 3585. A. M. L K . I I I l e zu § 185. — Bei der Beurteilung einer wissenschaftlichen Leistung läßt sich die sachliche und persönliche Seite nicht trennen. BayObLG. J W . 31, 1496. 3) a) E s handelt sich hier um einen Fall der Güter- und Pflichtenabwägung; es ist das Interesse des Täters an der Aufdeckung der von ihm behaupteten Tatsachen gegen das des

2. Teil 14. Abschnitt. Beleidigung. § 193

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Beleidigten am Schutz seiner Ehre abzuwägen. RG. D J . 36, 825. Berechtigtes Interesse liegt vor, wenn das Interesse sich bei billiger, verständiger Beurteilung der Sachlage als ein gerechtfertigtes darstellt. Das Interesse kann ein privates oder ein öffentliches sein. Ein privates Interesse setzt voraus, daß es entweder den Täter persönlich berührt oder zwar eine dritte Person angeht, er aber nahe persönliche Beziehungen zu dem fremden Interesse hat. Um für öffentliche Belange einzutreten, ist ein besonderes Verhältnis des Täters zu der Angelegenheit erforderlich, vermöge dessen sie ihn persönlich nahe angeht. E. 59, 414 (Näheres unter c). Das Vorhandensein b. I. ist ausgeschlossen, wenn diese gegen das Recht oder die guten Sitten verstoßen, wenn z. B. Arbeitswillige beleidigt werden, um sie zum Anschluß an den Ausstand zu bestimmen. E. 46, 213; oder wenn die Beleidigung zur Erzwingung der Klageerhebung oder sonstigen Einschreitens erfolgt. E. 74, 261. Ebensowenig kommt der Schutz des § 193 dem zustatten, der einen anderen beleidigt zwecks Herbeiführung eines Strafverfahrens gegen sich selbst. E. 74, 261, oder dem, der mit der Strafanzeige kein anderes Ziel verfolgt, als seine feindselige Gesinnung gegen einen anderen im Wege der Ehrenkränkung zu befriedigen. Recht 11, 391. Anonymen Anzeigen ist § 193 grundsätzlich nicht versagt. E. 22, 329. b) § 193 setzt gemäß § 59 nicht voraus, daß die gutgläubig erhobenen Vorwürfe objektiv wahr sind. E. 59, 414. Jedoch kommt § 193 dem nicht zugute, der leichtfertig, oder auf haltlose Vermutung hin ehrenrührige Behauptungen verbreitet. E. 63, 92 und 202; R G . D J . 36, 825. Der Täter muß vielmehr die Behauptung sorgfältig auf ihre Richtigkeit nachprüfen; keine Wahrnehmung b. J., wenn er bei gewissenhafter, ihm mögl. und zumutbarer Prüfung erkennen kann, daß die Unterlagen für seine Behauptung unzuverlässig oder unzulänglich sind. E. 74, 257; OLGe Hamb. N J W . 52, 903; H a m m H E S t . 2, 273. § 193 ist also z. B. unanwendbar, wenn er statt Augen- und Ohrenzeugen zu hören, sich mit Mitteilungen Dritter begnügt, die ihr Wissen nur vom Hörensagen hatten. OLG. Düsseldorf DRechtspfl. 36 Nr. 433, oder eine amtlich widerlegte Behauptung wiederholt. RG. J W . 33, 961. Dies trifft besonders bei öffentlichen Beleidigungen zu. BGHSt. 3, 75. Geringere Anforderungen an die Pflicht zur Nachprüfung der Richtigkeit sind nach E. 66, 1 bei Anzeigen strafbarer Handlungen von Beamten an die zur Untersuchung zuständigen Behörden zu stellen, jedoch gilt dies nur mit der Einschränkung, die sich jetzt aus § 164 Abs. 5 ergibt. RG. D J . 36, 1126. Auch wenn der Täter gutgläubig ist und an die Richtigkeit seiner Behauptung glauben durfte, kann die Anwendbarkeit des § 193 entfallen, wenn der eingeschlagene Weg billigerweise nicht als a n g e m e s s e n e s M i t t e l zur Wahrung der Interessen angesehen werden kann und der Täter hinsichtlich der Zulässigkeit seines Vorgehens nicht gutgläubig war. So, wenn er einen gegen Beamte erhobenen Vorwurf dienstlicher Verfehlungen statt bei den zuständigen Stellen bei Dritten angebracht oder wenn ein Beamter, statt den vorgeschriebenen Dienstweg zu beschreiten, sich an eine außenstehende Stelle gewandt hat. RG. D J . 36, 828, oder wenn ein Berufsgenosse, der das berufliche Verhalten eines anderen tadelt, sich nicht an die Standesorganisation, sondern an die Öffentlichkeit wendet. RG. D J . 36, 1269. Einem ö f f e n t l i c h Angegriffenen steht aber zum Schutz seiner Ehre nicht lediglich die Strafanzeige oder Privatklage zur Verfügung, er kann sich, wenn dieser Weg zu langwierig ist, u. U. auch öffentlich zur Wehr setzen. OLG. Braunschweig MDR. 48, 186. In jedem Falle muß der Täter die Wahrnehmung ber. Interessen wirklich gewollt haben; es genügt nicht, daß die Wahrnehmungsvoraussetzungen vorlagen, ein Wahrnehmungswille aber fehlte. Ob er daneben noch von anderen, nicht berechtigten oder sogar verwerfliche Interessen verfolgenden Beweggründen (z. B. Rachsucht) sich leiten läßt, ist ohne Bedeutung. E. 66, 3; RG. D J . 37, 784. Die Äußerungen müssen objektiv oder wenigstens nach der Auffassung des Täters geeignet sein, seinen Zwecken zu dienen, es muß mithin zwischen der Äußerung und dem verteidigten Rechte ein ursächlicher Zusammenhang vorliegen. E. 23, 422. Daß sich der Täter auf § 193 beruft, ist nicht erforderlich. RG. JW. 31, 1094. c) Die Wahrnehmung von f r e m d e n oder a l l g e m e i n e n (öffentlichen) Interessen ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Doch muß eine so nahe persönliche Beziehungen zu den fremden oder allgemeinen Interessen bestehen, daß es nach billiger und vernünftiger Beurteilung der Verhältnisse als gerechtfertigt erscheint, sich zu ihrem besonderen Verfechter aufzuwerfen. E. 63,229. Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn ein Zusammenschluß von Anhängern der Naturheilkunde Ärzte wegen ihrer Berufsausübung angreift. RG. a.a.O., wohl aber wenn jemand einen anderen, den er durch eine Straftat verletzt oder bedroht glaubt, über die Person des vermeintlichen Täters aufklärt. KG. H R R . 29 Nr. 777, oder wenn der Täter mit dem, dessen Belange er wahrnehmen will, nah verwandt oder eng befreundet oder — wie ein Angestellter gegenüber seinem Arbeitgeber — eng mit dessen Interessen verbunden ist. OLGe Braunschweig MDR. 48, 186; Düsseldorf J R . 48, 351. Eine nahe persönliche Beziehung liegt insbesondere vor, wenn jemand k r a f t B e r u fsfremde Interessen zu vertreten hat, wie der Vormund oder Anwalt. E. 30, 41; OLG. Hamb. N J W . 52, 903. Die Beziehung ist aber bei einem Anwalt nicht hinsichtlich jeder Angelegenheit begründet, die das Gericht betrifft, bei dem er tätig

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A 2. Strafgesetzbuch. § 193

ist. E. 47. 170. § 193 ist zugebilligt der Auskunftei. E. 37, 104; 38, 131; dem Detektiv, wenn es den Interessen des Auftraggebers entspricht. Celle H R R . 28 Nr. 2064. Als berechtigte Interessen gelten ferner auch die Interessen eines größeren, jedoch gegen die Allgemeinheit fest abgegrenzten, der Zahl nach übersehbaren Personenkreises, dem der Täter angehört. OLG. Kiel H R R . 27 Nr. 18. Unter diesem Gesichtspunkt darf auch das Mitglied einer politischen Partei der Parteileitung von dem parteiabträglichen Verhalten eines anderen Mitglieds Kenntnis geben. KG. (West) JZ. 53, 91; OLG. Hamm H E S t . 2, 273. Den einzelnen Glaubensgenossen als solchen ist jedoch nicht gestattet, das allgemeine Interesse der Angehörigen der Konfession an einem Vorgang des öffentlichen Lebens durch beleidigende Angriffe wahrzunehmen; auch nicht einem Geistlichen. BayObLG. LZ. 27, 182. — Hält der Täter sein Vorgehen im Interesse des Dritten für erforderlich, so ist § 193 nicht deshalb unanwendbar, weil der Dritte selbst dem Vorgehen widersprochen hatte. OLG. Düsseldorf J R . 48, 351. Als den Täter nahe angehende ö f f e n t l i c h e Interessen sind anerkannt z . B . daß der Ortspostbetrieb sich ordnungsmäßig abwickelt. L K . I I I 2; daß das Reisegepäck pünktlich befördert werde. Dresden J W . 29, 2836; daß das Ansehen des Pfarrers der eigenen Kirchengemeinde nicht herabgewürdigt werde. RG. J W . 29, 2354. Jeder Staatsbürger ist berechtigt, strafbare Handlungen und Verfehlungen von Beamten, auch wenn sie nicht ihn selbst oder ihm nahestehende Personen betreffen, bei den zuständigen Behörden anzuzeigen. RG. D J . 37, 199 (s. oben b. Abs. 1). Die gleichen Grundsätze gelten bei vermuteten Verfehlungen von Angestellten des öffentl. Dienstes. KG. DRZ. 50, 418 (mit Anm. von Schönke) und von sonstigen im öffentlichen Leben stehenden Personen (z. B. von Abgeordneten). BayObLGSt. 50/51 S. 417. Auch ein den allgemeinen Staatszwecken zuwiderlaufendes Verhalten eines Beamten gibt jedem Staatsbürger ein solches Anzeigerecht. Dagegen ist er nicht befugt, beliebigen Dritten gegenüber oder öffentlich unter Berufung auf das allgemeine Interesse an der Reinhaltung der Politik oder des Beamtentums die Ehre anderer im öffentlichen Leben oder im öffentl. Dienst stehender Personen anzugreifen. RG. D J . 36, 825; BayObLGSt. 50/51 S. 417. Vgl. noch KG. J W . 28, 825 und 20, 2580 (Wahrnehmung allgemein-deutscher Interessen). B e d e u t u n g d e s § 1 9 3 f ü r d i e P r e s s e . Nach der Rechtsprechung vor 1933 gewährt § 193 dem Redakteur kein weitergehendes Recht zur Berufung auf Wahrnehmung b. I. als jeder Privatperson. Die I. der Allgemeinheit oder der Leser gehen ihn nur dann persönlich nahe an, wenn er selbst als Gemeindebürger usw. persönlich beteiligt ist oder einen besonderen Auftrag hat. E. 65, 360. Ein allgemeines Recht der Presse, vermeintliche Übelstände öffentlich zu rügen, ist danach nicht anzuerkennen, ebensowenig ein Recht des Redakteurs, lediglich aus sittlichen Motiven die Rechte dritter Personen in einer Sache wahrzunehmen, zu der er nicht in besonderer Beziehung steht. E. 25, 67. Diese Rechtspr., der LG. NürnbergF ü r t h ; MDR. 51, 565 u. wohl auch Neumann-Duesberg, Presseberichterstattung (1949) S. 24ff. zustimmen, h a t überwiegend und angesichts der heutigen Bedeutung der Presse mit Recht Widerspruch gefunden; s. Schönke I I I 3 b ; OLG. Celle NdsRpfl. 48, 236; Koebel N J W . 50, 673, LG. Rottweil DRZ. 50, 421 und OLGe H a m m MDR. 53, 310 und Tübingen DRZ. 48, 498, wonach „der Tagespresse als einem Organ der öffentl. Meinung im heutigen demokratischen Staat eine Stellung zukommt, die sie zur Kritik an Dingen u. Vorgängen des öffentl. Lebens besonders legitimiert". Besteht ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Presseberichterstattung über bestimmte Vorgänge und Ereignisse, so umfaßt nach OLG. Celle N J W . 53, 1764 § 193 auch Mitteilungen (z. B. über private Verhältnisse einer Beteiligten), die an sich nicht Gegenstand des öff. Int. sind, aber mit dem Hauptthema zusammenhängen. Art. 5 Abs. 2 GG. hebt lediglich hervor, daß das Recht der Meinungsäußerung seine Schranke in dem Recht der persönlichen Ehre finde. Dagegen handelt nach § 3 Abs. 3 des Bay. Presseges. v. 3. 10. 1949 die Presse, soweit sie die ihr gesetzl. zugewiesenen Aufgaben und eingeräumten Rechte wahrnimmt, in Wahrung berechtigter Interessen. Damit geht in Bayern das Anwendungsgebiet des § 193 über die Grenzen der Rechtspr. des RG. hinaus; doch bleibt es auch nach dieser Vorschrift Sache der richterl. Entscheidung, ob im Einzelfall der Schutz des § 193 zu gewähren ist. Bay. ObLG. Bay. JMB1. 52, 44. Soweit danach der Presse die Wahrnehmung allgemeiner Belange zusteht, bleibt sie an die allgemeinen Schranken der W. b. J. (oben zu a und b) gebunden; insbes. muß der Redakteur prüfen, ob der Angriff auf die Ehre eines anderen ein angemessenes Mittel zur Wahrnehmung der öffentl. Interessen ist oder ob der Zweck durch andere weniger gefährl. Maßnahmen erreicht werden kann und er muß sich, wenn er den Angriff wählt, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln vergewissern, ob seine Behauptungen wahr sind. BayObLG. a.a.O. E s genügt z. B. nicht, daß sich ein Redakteur nur auf Informationsblätter einer polit. Partei verläßt, ohne Nachforschungen über Person und Zuverlässigkeit des Gewährsmannes und die Art seiner Kenntniserlangung zu treffen. BGH. N J W . 53, 1722. Aus der früheren Rechtsprechung ist hervorzuheben: Die Beauftragung des Redakteurs durch den Verfasser reicht zur Anwendung des § 193 nicht aus. D J Z . 32, 1422. W. b. J . ist gegeben, wenn die öffentliche Besprechung in der Presse als der einzige Weg erachtet wird, Ubelstände zur allgemeinen Kenntnis zu bringen und dadurch ihre Abhilfe

2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. § 193

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sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen4) oder Urteile von Seiten eines Beamten und ähnliche6) Fälle sind nur insofern strafbar 9 ), als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht 7 ). herbeizuführen. E . 15, 19; DRZ. 28 Nr. 289. Jedenfalls ist es ausreichend, wenn der Schriftleiter mit der Wahrnehmung fremder Interessen besonders betraut worden ist. Recht 17 Nr. 785; wenn es sich um den Redakteur einer Fachzeitung handelt. KG. J W . 29, 1257. Ist eine Zeitung nach Abrede mit einem Verein zum offiziellen Organ gemacht, so sind die Belange des Vereins gleichzeitig solche, die auch die Zeitung nahe angehen. DRZ. 24, 261. Zuzubilligen ist dem Redakteur der Schutz des § 193 nicht deshalb, weil er damit die Zeitung und sein eignes Einkommen vor Rückgang bewahren wollte. E . 38, 251. 4) Auch nicht erweislich wahre Anschuldigungen in vertraulichen Dienstberichten dürfen nicht leichtfertig erhoben werden. KG. Recht 34 Nr. 922 (s. auch Anm. 17 am Ende zu § 164). 5) Z. B . Rügen des Lehrherrn oder der Dienstherrschaft. Frank Anm. I I I 5; Zeugenaussagen. E . 41, 254; Erteilung von Auskunft an Personen und Stellen, die zwar keinen gesetzl. Anspruch auf Auskunft, aber ein berechtigtes Interesse an Anstellung von Ermittlungen haben, wie bei Fragen des Stoff zu seiner Verteidigung sammelnden Beschuldigten. E . 59, 174, oder bei Anfragen einer polit. Partei über den Ruf eines in Aussicht genommenen Wahlkandidaten. BayObLG. N J W . 53, 1361; vertrauliche Mitteilungen an Privatpersonen, die ein berechtigtes Interesse daran haben, ohne um Auskunft gebeten zu haben. OLG. Celle GA. 69, 477; a. M. KG. D J Z . 26, 90; Äußerungen, die bei vertraulicher Besprechung im Familienkreise fallen. BayObLG. DRZ. 32 Nr. 213, eidesstattliche Versicherungen. KG. J R . 27 Nr. 2159; Bericht eines Vereinsvors. über im Verein vorgekommene Veruntreuungen. Hamburg LZ. 28, 1000. Dagegen fällt nicht darunter die Kritik der Befähigung eines Beamten. E . 39, 311; H R R . 30 Nr. 1776. 6) Sind m e h r e r e T ä t e r vorhanden, so kann einem der Schutz aus § 193 zugebilligt, dem anderen versagt werden. E . 24, 304, insbesondere kann der Einsender eines Artikels straffrei bleiben, während der Schriftleiter bestraft wird. E . 25, 355; E . 26, 18; 29, 6. Ist der Täter durch § 193 gerechtfertigt, so kann der Anstifter oder Gehilfe nicht strafbar sein. E . 64, 23. 7) Die Absicht zu beleidigen (s. Anm. 1) muß zugleich entweder aus der Form der Äußerung oder den sie begleitenden Umständen hervortreten. RG. J W . 36, 1909. a) Aus der F o r m der Äußerung geht sie hervor, wenn diese Form tatsächlich nicht erforderlich war, um den zur Interessenwahrung vorgebrachten sachlichen Gedankeninhalt angemessen auszudrücken und wenn der Täter sich dessen auch bewußt und mithin von der Absicht geleitet war, dem Gegner eine Ehrenkränkung zuzufügen. Bei der Würdigung der gewählten Ausdrucksform sind die Persönlichkeit des Täters, seine durch Bildungsgrad und Lebensverhältnisse bedingte gewöhnliche Ausdrucksweise, ein durch den Anlaß der Interessenwahrung hervorgerufener besonders erregter Eifer und alle sonstigen Umstände des Falles in Betracht zu ziehen. RG. J W . 38, 1805. Der Gebrauch eines Schmähwortes wird häufig auf die Absicht der Beleidigung hinweisen; doch ist dies keineswegs stets der Fall. KG. J W . 31, 2623. Dresden J W . 31, 1626, z. B . nicht bei Ausdrücken wie „Lüge" oder „ v ö l l i g unglaubhaft" zur Kennzeichnung einer unrichtigen Behauptung. OLG. Hamburg N J W 52, 903. Ebenso kann der überlaute Ton, in dem eine Äußerung erfolgt, die Absicht der Beleidigung ergeben. E . 54, 289; GA. 56, 66. Auch kann aus der besonders verletzenden Form der Äußerung der Schluß gezogen werden, daß der Täter die Wahrnehmung b. I. gar nicht beabsichtigt hat. Recht 13 Nr. 3495. Eine Beleidigungsabsicht fehlt, wenn der Täter die Vorwürfe in der gewählten Form in der Überzeugung erhoben hat, diese Ausdrucksform sei nötig, um den Gedankeninhalt zum Ausdruck zu bringen und das Ziel der Interessenwahrung zu erreichen. R G . J W . 38, 1805, insbesondere bei Übertreibungen und Verallgemeinerungen. RG. D J . 37, 163. b) U m s t ä n d e , aus denen die Bei. Absicht hervorgeht, sind nur solche, die die beleidigende Äußerung begleiten, also räumlich und zeitlich mit ihr in so naher Verbindung stehen, daß sie gleichzeitig mit der Äußerung auf den Hörer einwirken und dadurch den Eindruck beeinflussen können, den dieser von dem Sinn und Inhalt der Äußerung empfängt. E . 21, 157; 34, 80; GA. 41, 128; H R R . 31 Nr. 1988, also z. B . nicht mangelndes Interesse des Adressaten der Äußerung. KG. Recht 33 Nr. 2519. Innere Vorgänge, z. B. der Mangel des Glaubens

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 194—196

§ 194. [Strafantrag] Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag ein 1 ). Die Zurücknahme des Antrages (§§ 185—193) ist zulässig.

§ 195. [Antragsrecht des Ehemannes] (Aufgehoben durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8.1953 (BGBl. I S. 735).

§ 196. [Beleidigung von Behörden und Beamten] Wenn die Beleidigung gegen eine Behörde 1 ), einen Beamten 2 ), einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind 3 ), oder in Beziehung auf ihren Beruf begangen ist 4 ), so haben außer den unmittelbar Beteiligten auch deren amtliche Vorgesetzte 5 ) das Recht, den Strafantrag zu stellen 6 ). an die Begründetheit der Vorgänge, können die Wahrnehmung b. I. als ausgeschlossen erscheinen lassen, sind aber keine äußeren Umstände. GA. 54, 485; BayObLG. DRZ. 32 Nr. 53. Als begleitender Umstand kann nicht verwertet werden die feindliche Gesinnung oder das gespannte Verhältnis des Beleidigers zum Beleidigten. RG. J R . 27 Nr. 324. Zu § 194: 1) Antragsberechtigt ist grundsätzlich der Beleidigte (Ausnahmen §§ 189, 195, 196). Bei Beleidigung einer Gemeinschaft ist deren Haupt, bei Beleidigung einer Mehrheit von Personen unter einer Sammelbezeichnung (vgl. Anm. l e zu § 185) ist jeder einzelne antragsberechtigt. Der Schriftleiter einer Zeitung ist als solcher zum Strafantrage wegen Beleidigung der Zeitung nicht ohne weiteres berechtigt. E. 13, 126. Zu § 196: 1) Siehe Anm. 3 zu § 164. Auch kirchliche Behörden gehören hierher. E. 23,202. 2) S. Anm. zu § 359. § 196 bezieht sich nur auf lebende, nicht auch auf bereits verstorbene Beamte. E. 13, 95, wohl aber auf ausländische, E. 4, 40, ebenso auf verabschiedete Beamte, wenn ihnen die Beleidigung während der Dienstzeit zugefügt ist. GA. 43, 127. H a t die Beleidigung erst nach der Verabschiedung stattgefunden, so kann der Vorgesetzte nicht mehr den Strafantrag stellen. E. 27, 193. Wegen der Stellung des Strafantrags bei Beleidigung von Justizbeamten vgl. Nr. 238 der „Richtlinien für das Strafverfahren" 1953. 3) Es ist nicht erforderlich, daß der Täter örtlich und zeitlich der Berufsausübung p e r s ö n l i c h beiwohnen müßte; § 196 ist deshalb auch anwendbar, wenn eine s c h r i f t l i c h e Beleidigung einen Beamten an seiner Dienststelle während seiner Amtsausübung erreicht. E. 76, 367. 4) § 196 ist auch anwendbar, wenn dem Beamten der Vorwurf gemacht wird, daß er sich durch sein außeramtliches Verhalten seines Berufes unwürdig gemacht habe. E. 44, 191, oder wenn ihm eine für seinen Beruf wesentliche Charaktereigenschaft abgesprochen, z. B einem Offizier der Vorwurf der Feigheit in einer außerdienstlichen Angelegenheit gemacht wird. Erst recht findet § 196 Anwendung, wenn sich der Vorwurf gegen ein berufliches, wenn auch außeramtliches Verhalten des Beamten richtet, z. B. wenn einem beamteten Arzt Unzuverlässigkeit bei der Ausübung seiner Privatpraxis vorgeworfen wird. E. 76, 367. Ob der Täter sich in solchen Fällen klar gemacht hat, daß die Beleidigung den Beamten auch in bezug auf seinen Beruf treffe, ist ohne Bedeutung. RG. a.a.O. 5) Vorgesetzter ist derjenige, dem nach den organisatorischen Bestimmungen das Recht und die Pflicht zur Aufsicht über das amtliche Verhalten des Beleidigten übertragen ist, so daß er berufen erscheint, zu prüfen, ob das öffentliche Interesse die Strafverfolgung gebietet. E. 30, 171. Bei Amtswechsel der Vorgesetzte z. Zt. der Beleidigung. E. 19, 23. Bei mehreren, verschiedenen Sachgebieten angehörigen Vorges., stellt derjenige den Strafantrag, dessen Gebiet betroffen ist. E.7, 80; 59, 135. Daneben aber auch der allgemeine Dienstvorgesetzte, dem der Beleidigte in seiner gesamten dienstlichen Stellung untersteht. LZ. 24, 826. Daß dem Vorgesetzten eine Disziplinargewalt über den beleidigten Beamten

2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. §§ 197, 198

205

* § 197. [Beleidigung politischer Körperschaften] Eines Antrages bedarf es nicht, wenn die Beleidigung gegen ein Gesetzgebungsorgan1) des Bundes oder eines Landes, oder gegen eine andere politische Körperschaft2) begangen worden ist. Dieselbe darf jedoch nur mit Ermächtigung3) der beleidigten Körperschaft verfolgt werden. § 198. [Wechselseitige Beleidigungen] Ist bei wechselseitigenx) Beleidigungen von einem Teile auf Bestrafung angetragen worden, so ist der andere Teil bei Verlust seines Rechtes verpflichtet, den Antrag auf Bestrafung spätestens vor Schluß2) der Verhandlung in erster Instanz zu stellen, hierzu aber auch dann berechtigt, wenn zu jenem Zeitpunkte die dreimonatige Frist bereits abgelaufen ist3). zusteht, ist nicht notwendig. E. 4, 220; GA. 47, 159. Der Sachbearbeiter der Sache, deren Behandlung durch den Beleidigten Anlaß zur Beleidigung gegeben hat, ist als solcher nicht befugt, bei Stellung von Strafanträgen den Behördenleiter zu vertreten. E. 67, 47. Aus der Rechtsprechung ist hervorzuheben: Es können den Antrag stellen: der Reg.-Präsfür die Landräte. E. 21, 430; die Landräte für die Bürgermeister. E. 41, 439; sowie für das Mieteinigungsamt eines Kreises. H R R . 28 Nr. 1533; die Studiendirektoren für die Lehrer. R. 9, 307; die Konsistorien für die Geistlichen. R. 7, 222; GA. 73, 19; der Bischof (nicht der Kirchenvorstand) für den katholischen Pfarrer. DRZ. 32 Nr. 368; die Bundesbahndirektion für die ihr unterstellten Beamten. BayObLG. DRZ. 31 Nr. 43; der Bürgermeister für die städtischen Beamten. D JZ. 08,763; der Landgerichtspräsident für alle Beamte des Landgerichts und der Amtsgerichte seines Bezirks, R. 4, 208; auch für das Schwurgericht. GA. 54, 422; der Forstmeister für den in seiner Eigenschaft als Hilfsbeamter der StA. beleidigten Forstbeamten. E. 23, 357 (jedoch nicht für den Forstfiskus. KG. JW. 32, 958); das Versicherungsamt für den Leiter der Ortskrankenkasse. E. 74, 268; der Leiter für die Beamten der Krankenkasse. KG. J W . 32, 3373; der Landrat nach preuß. Recht für die Mitglieder der örtlichen Feuerwehr. OLG. Stettin D J . 36, 420; dagegen nicht: der Finanzamtsvorsteher für die Mitglieder eines Steuerausschusses. Breslau JW. 28, 2374; die Ärztekammer für Ärzte. E. 37, 37; der aufsichtführende Amtsrichter für einen anderen Richter des Amtsgerichts. E. 7, 404. 6) Das Antragsrecht des Vorgesetzten ist selbständig u. wird durch Zurücknahme des Strafantrags seitens des Beleidigten nicht berührt. R. 5, 270. Voraussetzung ist aber, daß ein Antragsrecht des unmittelbaren Beteiligten entstanden war. RG. JW. 32, 3267. Der Antrag kann formgültig auch durch Einreichung einer beglaubigten Abschrift gestellt werden. RG. J W . 39, 145. Zu § 197: 1) S. Anm. 2 zu § 197. 2) Politische Körperschaften sind nicht solche, die sich mit „Politik" — im engeren Sinne — befassen, sondern solche, die — ohne Behörden zu sein — an ihrem Teil zur Erreichung des Staatszweckes mitzuwirken haben. E. 33, 66. Ein Staatsministerium ist keine pol. K „ sondern eine Behörde. E. 15, 85; RG. GA. 21, 527. 3) Vgl. Anm. 9 zu § 95. In einem Strafantrag liegt die Ermächtigung. D J Z . 04, 459. Zur Verfolgung einer gegen die einzelnen Mitglieder einer Körperschaft begangenen Beleidigung genügt nicht die Ermächtigung der Körperschaft. E. 40, 184. Zu § 198: 1) Wechsels. Bei. liegen vor, wenn zwei Personen gegeneinander strafb. Beleidigungen begangen haben. K G J . 38 C 8. Sie brauchen —• im Gegensatz zu § 199 — weder in zeitl. noch in ursächl. Zusammenhang zu stehen. E. 2, 87; OLG. Hamburg LZ. 28, 76 {str.). § 198 gilt nicht für Gegenbeleidigungen, die erst während der Verhandlung begangen werden. BayObLG. LZ. 22, 234. 2) D. h. bis zur Beendigung der Schluß vortrage (§ 258 StPO.). L K . Anm. 2. 3) Die Antragsfrist darf aber nicht zur Zeit der Begehung der späteren Beleidigung schon abgelaufen gewesen sein. E. 44, 161; KG. GA. 58, 231; Celle GA. 60, 483. A. M. Düsseldorf GA. 60, 498. Ist im Privatklageverfahren eine Widerklage zulässig (§ 388 StPO.), so braucht der Antrag gleichwohl nicht in Form der Widerklage gestellt zu werden. KG. GA. 63, 341; OLGe Freiburg H E S t . 1, 307; Düsseldorf N J W . 54, 123. Denn § 198 setzt nicht voraus, daß über die wechseis. Bei. gleichzeitig entschieden werden kann.

206

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 199, 200

§ 199. [Straffreierklärung] Wenn eine Beleidigung auf der Stelle 1 ) erwidert2) wird, so kann 3 ) der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären 4 ).

§ 200[Urteilsbekanntmachung] (1) Wird wegen einer öffentlich 2 ) oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Beleidigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Beleidigten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung auf Zu § 199: 1) Eine Erwiderung „auf der Stelle" kann auch nach längerer Zeit erfolgen, sofern die durch die erste Beleidigung herbeigeführte Erregung fortdauert. E. 70, 331 ; OLGe Braunschweig MDR. 48, 186; Oldenburg NdsRpfl. 51, 50. 2) Auch der, der die erste Beleidigung ausgesprochen hat, kann für straffrei erklärt werden, doch bedarf es sorgfältiger Prüfung, ob wegen der von dem Verletzten geübten Selbstvergeltung kein dringendes Bedürfnis für Bestrafung besteht. E. 70, 331. Beiderseits obj. und subj. strafb. Beleidigung müssen sich gegenüberstehen. RG. J W . 30, 919; a. M. Schönke II bez. der subj. Tatseite. Daher keine Aufrechnung bei einer wegen Notwehr oder nach § 193 straflosen Beleidigung. RG. DStR. 37, 159, oder wenn der Erstbeleidigte geisteskrank oder strafunmündig war. KG. GA. 74, 124 (anders, wenn der Beleidigte davon keine Kenntnis hatte. RG. GA. 47, 300) oder wenn der Gegner in einem früheren Verf. rechtskräftig freigesprochen war. Schwarz 1 B ; a. M. Dresden GA. 63, 470; Darmstadt 74, 155. Dagegen wird die Aufrechnung nicht dadurch ausgeschlossen, daß die erste Beleidigung mangels rechtzeitig gestellten Strafantrags nicht mehr verfolgbar ist. OLG. Braunschweig MDR. 48,186. Beide Beleidigungen müssen in ursächlichem Zusammenhang stehen und grundsätzlich zwischen denselben Personen gewechselt sein. Haben mehrere Mittäter eine Mehrzahl von Personen gemeinschaftlich durch eine einheitliche Tat beleidigt, so ist Straffreierklärung nur statthaft, wenn jeder der Verletzten die Beleidigung erwidert hat. E. 70, 331. Doch tritt auch Aufrechnung ein, wenn ein Mann die seiner Begleiterin oder ein Ehegatte die dem anderen Ehegatten zugefügten Beleidigungen erwidert. KG. J W . 30, 1316 und 3002; Hamburg LZ. 31, 1011; Düsseldorf DRZ. 33 Nr. 624; a. M. Hamm J W . 32, 3123. Die Erwiderung braucht nicht unmittelbar gegenüber dem Erstbeleidiger, sie kann auch gegenüber einem Dritten mit Bezug auf den Erstbeleidiger erfolgen. OLG. Braunschweig MDR. 48, 186. Dagegen ist § 199 unanwendbar, wenn der Beleidigte mit der Beleidigung eines Dritten, wenn auch einer dem Erstbeleidiger nahestehenden Person, erwidert. OLG. Hamm JMB1. NRW. 51, 141. 3) Nach pflichtmäßigem Ermessen des Richters; wird ein entsprechender Antrag gestellt, so muß er sich darüber aussprechen. E. 31, 347. Die Ermessensentscheidung ist mit der Revision nicht angreifbar, außer wenn der Tatrichter die Voraussetzungen des § 199 infolge Rechtsirrtums verkannt hat. OLG. Braunschweig HESt. 1, 310. 4) Die Straffreierklärung entspricht sachlich dem Absehen von Strafe (vgl. §§ 82, 89 Abs. 3, 129 Abs. 3 u. a.), enthält also wie diese (vgl. § 260 Abs. 4 StPO.) eine Schuldfeststellung. Wegen der Belastung des für straffrei Erklärten mit den Verfahrenskosten vgl. § 468 StPO. Auf Buße (§ 188), Veröffentlichungsbefugnis (§ 200) und Einziehung (§ 40) kann, da diese die Verhängung einer Strafe erfordern, nicht erkannt werden. Für straffrei erklärt werden kann nur, wer auch bestraft werden könnte. Ist also gegen den Privatkläger nicht rechtzeitig Strafantrag gestellt und keine Widerklage (§ 388 StPO.) erhoben, so kann nur der Angekl. für straffrei erklärt werden. Zu § 200: 1) Vgl. dazu Nr. 237 der „Richtlinien für das Strafverfahren" 1953. § 200 gilt für alle im 14. Abschn. geregelten Beleidigungen, auch für § 189. BayObLGSt. 50/51 S. 455. § 200 gilt auch bei Straftaten Jugendlicher, da § 6 JGG. (vgl. auch §§ 2, 81) keine Einschränkung vorsieht. A. M. Schönke I. 2) Für den Begriff der Öffentlichkeit nicht maßgebend, daß die Handlung an einem öffentlichen Ort vorgenommen ist, sondern daß sie unbestimmt von welchen und wievielen Personen wahrgenommen werden konnte. E. 63, 43; RG. J W . 39, 400. Das ist —• im Gegensatz zu der Auslegung des Begriffs „öffentlich" in § 183 (s. dort Anm. 2) — nur dann der Fall, wenn Menschen sich so nahe befanden, daß sie das, was geschah, mit ihren Sinnen wirklich wahrnahmen oder doch wahrnehmen konnten, wenn sie darauf achteten. RG. J W . 35, 2369 ; 39, 400. Die Personenmehrheit, deren Wahrnehmung die Äußerung zugänglich war, muß jedoch eines inneren Bandes von wechselseitigen persönlichen, eine gewisse Vertrautheit begründenden Beziehungen entbehren. E. 58, 53. In der Annahme eines die Öffentlichkeit ausschließenden geschlossenen Kreises darf jedoch nicht zu weit gegangen werden. So kann

2. Teil. 14. Abschnitt. Beleidigung. § 200

207

Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen3). Die Art der Bekanntmachung sowie die Frist zu derselben ist in dem Urteil zu bestimmen4). (2) Erfolgte die Beleidigung in einerZeitung oder Zeitschrift, so ist der verfügende Teil des Urteils auf Antrag des Beleidigten durch die öffentlichen Blätter bekannt zu machen 5 ), und zwar wenn möglich durch dieselbe Zeitung oder Zeitschrift und in demselben Teile und mit derselben Schrift, wie der Abdruck der Beleidigung geschehen. der Auffassung von RG. J R . 26 Nr. 2423, daß die Kinder einer Schulklasse einen geschlossenen Personenkreis bilden, schwerlich gefolgt werden. Die in einem Eisenbahnwagen getane Äußerung ist öffentlich, wenn die Möglichkeit der Erweiterung des Personenkreises durch den Zutritt anderer besteht. E. 65, 112. Die Beleidigung auf einer Postkarte ist öffentlich. RG. DR. 44, 833; HRR. 32 Nr. 1798; Kiel J W . 31, 2523. Eine nichtöffentlich schriftliche Beleidigung wird nicht dadurch zu einer öffentlichen, daß sie h i n t e r h e r von anderen gelesen und so der Öffentlichkeit bekannt wird. RG. JW. 38, 2892. Wegen der Verbreitung von Schriften usw. vgl. Anm. 1, 3, 4, 7 zu § 93. 3) Die Rechtsnatur der Veröffentlichungsbefugnis ist streitig. Die neuere Rechtsprechung ist nicht einhellig. Nach RG. D J . 38, 1687, das der h. M. (vgl. Schäfer, D J . 37, 708) folgt, ist sie nicht Nebenstrafe, sondern Genugtuung für den Verletzten. Dagegen ist sie nach E. 73, 24; OLG. Nürnberg N J W . 51, 124, sowohl Nebenstrafe wie Genugtuung. Bei tateinheitl. Zusammentreffen mit einer mit schwererer Strafe bedrohten Tat kann auf Veröffentlichungsbefugnis erkannt werden (vgl Anm. 2 zu § 73); bei der Veröffentl. darf jedoch das andere verletzte Gesetz in keiner Weise kenntlich gemacht werden. BGHSt. 3, 377 (wegen des Falles der Gesamtstrafe s. u. Anm. 5). Die Befugnis muß auch dem amtlichen Vorgesetzten zugesprochen werden, der den Strafantrag gestellt hat. E. 14, 327; nicht daneben auch dem Beleidigten. BayObLG. DRZ. 28 Nr. 942; außer, wenn er Nebenkläger ist. E. 60, 80; oder Strafantrag gestellt hat. E. 43, 173; J W . 32, 3456. Nach dem Grundsatz, daß durch eine Beleidigung der Ehefrau stets auch der Ehemann verletzt wird (vgl. Anm. 1 d Abs. 2 zu § 185), ist bei Beleidigung einer Ehefrau nicht nur dieser, sondern auch dem Ehemanne die Befugnis zuzuerkennen. Sind durch dieselbe Tat mehrere Personen verletzt, so kann nicht jeder die Befugnis zur Bekanntmachung der gesamten Verurteilung, sondern nur zu der des ihn betreffenden Teiles zuerkannt werden. RG. D J . 39, 1284. Die Erben des Verletzten haben die Veröffentl.Befugnis nicht, auch wenn sie dem Erblasser rechtskr. zuerkannt war; hatte aber dieser gemäß Abs. 2 den Antrag auf Veröffentl. gestellt, so erfolgt diese auch nach seinem Tod. E. 16, 73. Im Fall des § 189 (vgl. Anm. 1) ist aber Verletzter nicht der Verstorbene, sondern der antragstellende Angehörige. Der Beleidigte erlangt im Falle des Abs. 1 — anders als im Falle des Abs. 2 (vgl. Anm. 5) — nur das Recht, die Verurteilung selbst bekannt zu machen, nicht aber das Recht, die Bekanntmachung durch das Gericht zu verlangen. RG. GA. 26, 515. Die Vollstreckungsbehörde hat lediglich dafür zu sorgen, daß dem Berechtigten eine Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils auf Kosten des Verurteilten zugestellt wird. Nr. 366 Abs. 4 der „Richtl. für das Strafverfahren" 1935 wies die Staatsanwaltschaft an, in den Fällen des § 196 StGB, auf Antrag die Bekanntmachung zu veranlassen; eine entsprechende Vorschrift enthalten die RiStV. 1953 nicht mehr. 4) Die Art der Bekanntmachung (im Urteil oder Strafbefehl, § 407 Abs. 2 StPO.) umfaßt auch die genaue Bezeichnung der Zeitung, in der die Veröffentlichung erfolgen darf; die Bestimmung kann nicht dem Verletzten überlassen werden. RG. J R . 27 Nr. 756. Die Bekanntmachungsfrist wird zweckmäßig so bestimmt, daß sie erst mit der Zustellung der Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils an den Bekanntmachungsberechtigten zu laufen beginnt. —• Die Unterlassung der Fristbestimmung führt zur Aufhebung des Urteils. R. 10, 569; Dresden LZ. 31, 195. In der Rev.-Instanz kann auf Veröffentlichungsbefugnis erkannt werden, wenn das Rev.-Gericht die Form wählt, die den Angekl. am wenigsten beschwert. BGH. LM. Nr. 4 zu § 354 StPO. mit Anm. von Neumann. 5) Während Abs. 1 den Veröffentlichungsanspruch des Beleidigten behandelt, setzt Abs. 2 einen Ansprach des Staates fest. Die Vollstreckung dieser Maßregel liegt dem Gericht als Strafvollstreckungsbehörde ob. Hamburg LZ. 28, 427. Im Gnadenwege kann die Urteilsveröffentlichung, da Genugtuung für den Verletzten, nach richtiger Ansicht nicht erlassen werden. Grau-Schäfer, Pr. Gnadenrecht S. 143; DJZ. 28, 1163. Die Art der Bek. unterliegt dem Ermessen des Richters. Er darf aus Zweckmäßigkeitsgründen von Abs. 2 abweichen. E. 5, 281. Er kann die Veröffentlichung der Gründe anordnen. E. 20, 1; auch die mehrmalige Veröffentlichung in derselben Zeitung. R. 3, 26. Bei einer Gesamtstrafe, von der nur einzelne Strafen der Veröffentlichungsbefugnis unterfallen, sind nur diese Einzelstrafen zu veröffentlichen. J R . 25 Nr. 1076. Nach J R . 27 Nr. 191 ist, wenn wegen mehrerer Beleidigungen verurteilt ist, von denen nur eine öffentlich

208

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 201—204

(3) D e m Beleidigten ist auf K o s t e n des Schuldigen eine Ausfertigung des Urteils zu e r t e i l e n 6 ) . 15. Abschnitt.

Zweikampf

* § 201. [Herausforderung und Annahme] Die Herausforderung 1 ) zum Zweikampf 2 ) m i t tödlichen W a f f e n 3 ) sowie die A n n a h m e einer solchen Herausforderung wird mit Einschließung bis zu sechs Monaten bestraft.

* § 202. [Herausforderung in Tötungsabsicht] Einschließung von zwei Monaten bis zu zwei J a h r e n t r i t t ein, wenn bei der Herausforderung die Absicht 1 ), daß einer von beiden Teilen das L e b e n verlieren soll, entweder ausgesprochen ist oder aus der gewählten Art des Zweikampfes erhellt.

* § 203. [Kartellträger] Diejenigen, welche den Auftrag zu einer Herausforderung übernehmen und ausrichten (Kartellträger), werden m i t Einschließung bis zu sechs Monaten bestraft1).

§ 204. [Rücktritt]

Die S t r a f e der Herausforderung und der A n n a h m e derselben, sowie die Strafe der K a r t e l l t r ä g e r fällt weg, wenn die P a r t e i e n den Zweikampf vor dessen B e g i n n 1 ) freiwillig aufgegeben h a b e n 2 ) . begangen, wegen dieser aber keine besondere Strafe ausgesprochen ist, die Veröffentlichungsbefugnis ohne Einschränkung gestattet. 6) Abs. 3 findet auf alle Beleidigungen, nicht bloß auf die in Abs. 1 und 2 erwähnten Anwendung. Olshausen Anm. 14. Zu § 201: 1) Schon die Frage, ob Genugtuung gegeben werde, kann Herausforderung sein. Hamburg Recht 31 Nr. 2570. 2) Zweikampf ist ein verabredeter Kampf zweier Personen mit tödlichen Waffen nach vereinbarten oder hergebrachten Regeln. E. 52, 64. Die Austragung eines Ehrenhandels ist für den Begriff nicht wesentlich. E. 63, 7. Tödliche Waffen sind Waffen im techn. Sinn (vgl. Anm. 1 zu § 223a), d. h. solche, die a l l g e m e i n dazu bestimmt sind, tödliche oder doch lebensgefährliche Verletzungen hervorzurufen. Zweikampf mit tödl. Waffen bedeutet daher: lebensgefährlicher Zweikampf; infolgedessen fallen nicht darunter studentische Bestimmungsmensuren mit Schlägern unter Vorkehrungen, die bestimmt und geeignet sind, gegen lebensgefährl. Verletzungen zu schützen. Die dabei zugefügten Verletzungen sind gem. § 226a straflos. BGH. N J W . 53, 473 (abw. von der später durch § 210a gegenstandslos gewordenen Rechtspr. des RG., die Zweikampf mit tödl. Waffen annahm, weil es nur darauf ankomme, ob die Waffe an sich zur Beibringung tödl. Verletzungen geeignet sei. E. 60, 257). Ein vereinbarter Kampf ohne tödl. Waffen wird nach den allgemeinen Strafvorschriften (§§ 212, 223ff.) beurteilt. BGH. N J W . 53, 912. Das sog. amerik. Duell (Losung um die Selbstmordverpflichtung) ist überhaupt kein Kampf und als solches straflos. L K . Vorbem. II 2 vor § 201. 3) Ob die Herausforderung auf einen Zweikampf mit tödlichen Waffen gerichtet war, ist aus den Umständen zu entnehmen. E. 22, 139. Zu § 202: 1) Absicht ist nicht im techn. Sinn, sondern als unbedingter Vorsatz zu verstehen. LK. 2 (str.). Zu § 2 0 3 : 1) Der Kartellträger wird, auch wenn es zum Zweikampf gekommen ist, immer nur aus § 203 und nicht als Gehilfe bestraft. E. 6, 780. Kartellträger ist nicht, wer im Auftrage des Geforderten die Annahme der Forderung erklärt (Beihilfe zur Annahme nach § 201). LK. Anm. 1. Zu § 204: 1) Begonnen und vollendet ist der Zweikampf, sobald die Beteiligten zum Kampfe angetreten sind und der eine von ihnen mit dem Angriff begonnen hat. E. 52, 64. Schießen bei einem Pistolenduell beide Gegner absichtlich in die Luft, so liegt kein Zweikampf vor. E. 21, 146.

2. Teil. 15. Abschnitt. Zweikampf. §§ 205—210 * § [205.

209

Zweikampf]

Der Zweikampf wird m i t Einschließung von drei Monaten bis zu fünf J a h r e n bestraft1). * § 206. [Tötung i m Zweikampf] W e r seinen Gegner im Zweikampf t ö t e t 1 ) , wird mit Einschließung nicht unter zwei J a h r e n , und wenn der Zweikampf ein solcher war, welcher den T o d des einen von beiden herbeiführen sollte, m i t Einschließung nicht unter drei J a h r e n bestraft. * § 207. [Vorsätzliche Übertretung der Kampfesregeln] I s t eine Tötung oder Körperverletzung mittels vorsätzlicher Übertretung der vereinbarten oder hergebrachten Regeln des Zweikampfes bewirkt worden, so ist der Übertreter, sofern nicht nach den vorhergehenden Bestimmungen eine härtere Strafe verwirkt ist, nach den allgemeinen Vorschriften über das Verbrechen der Tötung oder der Körperverletzung zu bestrafen. § 2 0 8 . [Zweikampf ohne

Sekundanten]

H a t der Zweikampf ohne Sekundanten stattgefunden, so kann die verwirkte Strafe bis um die Hälfte, jedoch nicht über fünfzehn J a h r e erhöht Werden. § 209. [Straflose

Gehilfen]

Kartellträger, welche ernstlich bemüht gewesen sind 1 ), den Zweikampf zu verhindern, S e k u n d a n t e n 2 ) , sowie zum Zweikampf zugezogene Zeugen, Ärzte und W u n d ä r z t e sind straflos. § 210. [Anreizung z u m

Zweikampf]

W e r einen anderen zum Zweikampf mit einem Dritten absichtlich, insonder2) Freiwillige Aufgabe liegt n i c h t vor, wenn sie infolge Einschreitens der Behörde geschehen, R.7, 603, wenn keine Einigung über die Bedingungen zu erzielen gewesen. GA. 38,447, wenn der Zweikampf infolge Spruchs eines Ehrengerichts unterblieben ist, dem sich zu fügen die Gegner vorher verabredet hatten. GA. 54, 474; wenn beide Gegner in die Luft schießen, jeder von ihnen aber glaubt, daß der andere einen ernstlichen Kampf beabsichtigt. GA. 58, 199; wenn der Geforderte das Ansinnen des Zweikampfs von vornherein ablehnt. Recht 28 Nr. 363. Es genügt das freiwillige Abstehen auch nur einer Partei. E. 34, 200. Freiwillige Aufgabe hat auch Straflosigkeit der Kartellträger zur Folge. E. 35, 260. Zu § 205: 1) Die Mitwirkung bei einem Ehrengericht kann Beihilfe zum Zweikampf sein. R. 8, 63. Z u § 206: 1) Der Tod muß Folge einer Kampfhandlung sein; es genügt also z. B. nicht, wenn während einer Kampfpause ein Teilnehmer durch unvorsichtiges Hantieren mit der Waffe den Gegner tötet. E. 63, 6; Kein Töten im,, Zweikampf", wenn die im Zweikampf beigebrachte ungefährliche Wunde nur dadurch zum Tode führt, daß der Verletzte selbst oder ein Dritter fahrlässig oder vorsätzlich in den Heilverlauf störend eingreift. E. 64, 143. Zur inneren Tatseite genügt der auf Zufügung der Verletzung gerichtete Vorsatz, wenn der Tod als deren Folge voraussehbar ist (§ 56). Zu § 209: 1) Die sofortige Ablehnung des Zweikampfes durch den Herausgeforderten, die die beabsichtigten Bemühungen des Kartellträgers ausschließt, macht § 209 unanwendbar. Auch genügt nicht der Rat, von der Herausforderung abzustehen, oder die Erwartung, daß der Herausgeforderte sie ablehnen werde. E. 22, 218. 2) Die Straflosigkeit bezieht sich nur auf die Tätigkeit der Sekundanten bei Ausführung des Zweikampfes. E. 25, 81. 14

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

210

A 2. Strafgesetzbuch. § 210 a

heit durch Bezeigung oder Androhung von Verachtung anreizt1), wird, falls der Zweikampf stattgefunden hat, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. § 210 a1) 16. Abschnitt.

Verbrechen und Vergehen wider das Leben

* § 211 1 ). [Mord] (1) Der Mörder ) wird mit lebenslangem Zuchthaus bestraft. 2

(2) Mörder ist, wer3) aus Mordlust)3®, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs4), aus Habgier5) oder sonst aus niedrigen Beweggründen 6 ); Z u § 210: 1) z. B. durch Mitteilung einer beleidigenden Äußerung a n einen Dritten, v o n welcher der Überbringer weiß, daß sie zum Zweikampfe f ü h r e n muß, E . 18, 239. Z u § 2 1 0 a : 1) Der durch Ges. v. 26. 5. 1933 geschaffene § 210a, betr. Straflosigkeit des Zweikampfs mit Schlägern unter Vorkehrungen, die bestimmt u n d geeignet sind, gegen Lebensgefahr zu schützen, sowie der Herausforderung zu einem solchen Zweikampf u n d deren Annahme, ist aufgehoben durch Art. I K o n t r R G . Nr. 11 v. 30. 1. 1946. Die Entscheidung der Frage, ob die Bestimmungsmensur unter die Vorschriften des 15. Abschn. fällt, ist dadurch wieder der Auslegung überlassen worden (vgl. dazu Anm. 2 zu § 201). Z u § 211:1) Die jetzige Fassung der §§ 211, 212 StGB, beruht auf dem Gesetz v.4.9.1941 (RGBl. I S. 549) u n d dem 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Bei Taten aus der Zeit vor dem Ges. v. 4. 9. 1941 ist gemäß § 2 S t G B zu prüfen, ob die T a t sowohl die Tatbestandsmerkmale des alten wie die des neuen Rechts aufweist. OGH. BZ. N J W . 50, 793; B G H . N J W . 52, 834 Nr. 25. 2) Nach früherem Recht war Mord die mit Überlegung, Totschlag die ohne Überlegung ausgeführte vorsätzliche T ö t u n g eines Menschen. An Stelle dieser Abgrenzung, die verstandesmäßige Erwägungen u n d Vorstellungen maßgebend sein ließ, ist die sittliche Bewertung der T a t als Unterscheidungsmerkmal getreten. Mord ist die nach Zweck, Beweggrund oder Ausführung besonders verwerfliche (vorsätzliche) T ö t u n g eines Menschen. Daß der T ä t e r über die Erfordernisse des Abs. 2 hinaus einem besonderen T ä t e r t y p des Mörders entspreche, ist nicht erforderlich (h. M.; vgl. E . 76, 299; O G H S t . 1, 74, 81, 89; B G H . N J W . 51, 204; Stock S J Z . 47, 529; Härtung S J Z . 49, 68; Str.). Streitig ist dagegen, ob trotz Vorliegens der Merkmale des Abs. 2 eine Würdigung der T a t als Mord unterbleiben kann, weil sie mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des T ä t e r s u n d seine Beweggründe nicht als besonders verwerflich anzusehen ist. Die Frage ist — gegen Schönke V — zu verneinen. O G H S t . 1, 77; B G H . N J W . 51, 204; St. 3, 330. Bei den Tatbeweggründen („aus Mordlust . . . oder sonst aus niedrigen Beweggründen") ist die Würdigung der Persönlichkeit u n d der Beweggründe schon bei der Feststellung dieser Merkmale nach der äußeren u n d inneren Tatseite geboten. Bei den Begehungsweisen („heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln") u n d bei den T a t zwecken (Ermöglichung oder Verdeckung einer anderen Straftat) spielt dagegen die Täterpersönlichkeit grundsätzlich keine Rolle. Ob der T ä t e r bei der Ausführung der T a t mit oder ohne Überlegung handelt, ist bedeutungslos; auch eine A f f e k t t a t kann aus verwerflicher Gesinnung i. S. des Abs. 2. E. 77, 45, oder in verwerflicher Art (z. B. heimtückisch) begangen sein, sofern der T ä t e r trotz des Affektzustandes sich des verwerflichen Beweggrundes oder der verwerflichen T a t a u s f ü h r u n g bewußt war. O G H S t . 2, 173 (s. Anm. 7). 3) Das f ü r die Bestrafung des T e i l n e h m e r s bedeutsame Verhältnis zwischen Mord u n d Totschlag ist nach richtiger Auffassung dahin zu bestimmen, daß Mord nicht ein qualifizierter Fall des Totschlags, Totschlag nicht ein minder schwerer Fall des § 211 ist, sondern d a ß es sich u m zwei selbständige T a t b e s t ä n d e mit verschiedenem Unrechtsgehalt handelt; die Merkmale des § 211 Abs. 2 sind demgemäß s t r a f b e g r ü n d e n d e Tatbestandsmerkmale u n d nicht persönliche, die Strafe schärfende besondere persönliche Eigenschaften oder Verhältnisse i. S. des § 50 Abs. 2, noch Schulderhöhungsmerkmale, die in Anwendung des § 50 Abs. 1 eine verschiedene Bestrafung von T ä t e r u n d Teilnehmer rechtfertigen könnten. Daraus folgt, daß der Teilnehmer aus § 211 zu bestrafen ist, wenn er weiß, daß bei dem H a u p t t ä t e r die Merkmale des § 211 Abs. 2 vorliegen, auch wenn sie bei dem Teilnehmer fehlen (z. B. weil er nicht aus niedrigen Beweggründen handelt) u n d daß umgekehrt der Teilnehmer am Totschlag aus § 212

2. Teil. 16. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider das Leben. § 211

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heimtückisch7) oder graus am 8) oder mit gemeingefährlichen Mitteln 9) oder um eine andere Straftat zu ermöglichen10) oder zu verdecken 11 ); einen Menschen12) tötet 13 ). zu bestrafen ist, auch wenn bei ihm (z. B . weil er aus niedrigen Beweggründen handelt) die Merkmale des § 211 Abs. 2 gegeben sind. B G H St. 1, 368; 2, 255; B G H . N J W . 53, 513; OGHSt. 1, 103; OLGe Braunschweig N J W . 48, 272; Frankfurt H E S t . 2, 222. Die Auffassungen im Schrifttum weichen davon z.T. ab. (Übersicht in der 35.Aufl. Anm. 3 zu § 211 und SchönkeVII.) Von mehreren Mittätern einer Tötung kann der eine aus § 211, der andere (weil er die Merkmale des § 211 Abs. 2 bei dem ersten nicht kennt oder sein Mittäterwille deren Verwirklichung nicht mitumfaßt) aus § 212 strafbar sein. R G . D R . 44, 147. 3 a) = aus unnatürlicher Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens, wobei es bedeutungslos ist, auf welche seelischen Grundlagen solche abartige innere Genugtuung zurückzuführen ist. B G H . N J W . 53, 1440. 4) D. h. um sich durch die T a t mittelbar oder unmittelbar geschlechtliche Befriedigung zu verschaffen („Lustmord"); keine Tötung „zur Befriedigung des Geschlechtstriebs", wenn der Täter erst bei der aus anderem Grunde verübten Tat in Geschlechtserregung gerät. B G H S t . 2, 62, wohl aber, wenn er tötet, um sein Ziel durch eine Betätigung an der Leiche zu erreichen. OGHSt. 2, 339; N J W . 50, 711. 5) D. h. aus hemmungsloser Sucht nach (rechtswidrigem) Gewinn. OLG. Hamburg N J W . 48, 350, aus Streben nach Gewinn um jeden Preis unter Mißachtung der Rechte und Interessen Dritter. OGHBZ. S J Z . 49, 54. Der erstrebte Gewinn kann auch in der Verbesserung einfacher Lebensverhältnisse bestehen. OGHSt. 1, 133. Die Habgier braucht nicht der einzige Tatbeweggrund zu sein. OGHBZ. N J W . 49, 910. Habgier liegt z. B. nicht vor, wenn ein Gläubiger, der einen klagbaren Anspruch hat, seinen Schuldner tötet, um sich durch gewaltsame Wegnahme anderer Sachen für seine Forderung bezahlt zu machen. OLG. Hamburg N J W . 48, 350, wohl auch nicht, wenn der Schuldner seinen Gläubiger tötet, um sich von seiner Schuld zu befreien, v. Weber S J Z . 49, 59. Wegen des Verhältnisses von Mord und Raub beim Raubmord siehe Anm. 4 zu § 251. 6) Niedrig sind solche Beweggründe, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, durch ungehemmte, triebhafte Eigensucht bestimmt und deshalb besonders verwerflich, j a verächtlich sind. B G H S t . 3, 132. Niedrige Beweggründe sind, da nicht eigensüchtig, nicht solche, die durch die Interessen der Allgemeinheit bestimmt werden, selbst wenn diese im einzelnen falsch gesehen oder beurteilt werden. OGHSt. 1, 95. Kein niedriger Beweggrund liegt z. B . vor, wenn der Täter sich der Unterhaltspflicht entziehen will, dabei aber nicht aus Gier nach wirtschaftlich nicht unbedingt benötigten Vorteilen handelt, sondern unter dem starken Druck einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage. OGHSt. 1, 87. Ebenso ist Angst vor gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Diffamierung kein niedriger Beweggrund. OLG. Frankf. S J Z . 47, 629, wohl aber, wenn die Geliebte eines Ehemannes dessen Ehefrau tötet, um den Mann endgültig für sich zu gewinnen. OLG. Kiel SchlHA. 4 8 , 1 2 9 , oder wenn der Ehemann die Ehefrau tötet, weil sie der Fortsetzung eines ehebrecherischen Verhältnisses im Wege steht. OGHBZ. N J W . 50, 357 oder durch Unterhaltsansprüche die angestrebte Ehe mit einer anderen gefährdet. B G H S t . 3, 132. Eifersucht als Tatmotiv ist nicht einheitlich zu bewerten. Hemmungslose Eifersucht, der der Täter nicht den nötigen und ihm möglichen Widerstand entgegensetzt, kann verächtlich sein, z. B . wenn ein Mann ein Mädchen vorbedacht aus der Erwägung tötet, wenn er sie nicht haben könne, solle sie auch kein anderer haben; anders dagegen z. B., wenn die Tat einer raschen Aufwallung und einer plötzlichen schweren Demütigung und Enttäuschung liebenden Vertrauens entsprungen ist. B G H S t . 3, 180. Ein niedriger Beweggrund ist ferner: Wut und Enttäuschung über verweigerten außerehelichen Geschlechtsverkehr. B G H S t . 2, 60; politische Unduldsamkeit gegenüber politischen Gegnern oder die Absicht, diese abzuschrecken. B G H S t . 2, 254. Wegen Tötung aus politischen Beweggründen siehe noch Zinn S J Z . 48, 141; Radbruch S J Z . 48, 311; OGHSt. 2, 179; OLG. Frankf. S J Z . 47, 629; Jagusch S J Z . 49, 325; Eb. Schmidt DRZ. 49, 243. Zur inneren Tatseite genügt, daß der Täter die Umstände kennt, die seinen Beweggrund als niedrig kennzeichnen; der Erkenntnis, daß der Beweggrund niedrig i. S. des § 211 Abs. 2 sei, bedarf es nicht. 7) Hierzu ist nicht erforderlich, daß der Täter seinem Charakter und seiner allgemeinen Gesinnung nach heimtückisch und die Tat ein Ausdruck dieses Charakters ist; entscheidend ist nur, daß die konkrete T a t heimtückisch ausgeführt worden ist. B G H S t . 2, 63. Heimtückisch handelt, wer bewußt die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers zu einem unvermuteten Angriff ausnutzt. E . 77, 4 4 ; B G H S t . 2, 60, ohne daß es darauf ankommt, ob derTäter glaubte, sein Ziel an sich auch anders erreichen zu können, oder ob das Opfer der offen begangenen Tat 14*

212

A 2. Strafgesetzbuch. § 2 1 1

Widerstand hätte entgegensetzen können. B G H S t . 2, 253, oder ob der Täter aus vielleicht sogar menschlich noch begreiflichen Gründen zur Tat und zu dieser Art der Tatausführung gelangt ist. B G H S t . 3, 183. Damit ist das z. T. in der Rechtspr. der OLGe geforderte einschränkende Merkmal, daß der Täter das Opfer durch sein Verhalten arglos gemacht oder in seiner Arglosigkeit bestärkt oder daß dieses sich — wie die Ehefrau dem Ehemann, der Patient dem Arzt usw. — arglos seiner Obhut oder Behandlung vertraut habe (so z. B . OLGe Kiel M D R . 47, 70; SchlHA. 47, 102; Braunschweig JVB1. Braunschw. 46, 124; Frankf. S J Z . 47, 628; Anklänge auch in OGHBZ. MDR. 49, 117 u. OGHSt. 1, 143) oder daß der Täter „irgendwie List, Falschheit oder Berechnung aufwendet, um an das Opfer heranzukommen" (OGHSt. 1, 87), aufgegeben. Danach ist es also schon heimtückisch, wenn der Täter das ahnungslose Opfer hinterrücks erschießt oder im Schlafe tötet. Der Grund für die Qualifizierung einer solchen Tötung liegt darin, daß das Opfer bei einem offen gezeigten Tötungsvorhaben die Tötung durch Verteidigungs- oder mindestens Fluchtversuche, Hilferufe oder Gegenvorstellungen möglicherweise hätte abwenden können. B G H S t . 2, 60, 253. Ein Kleinkind ist, da seine Wahrnehmungsfähigkeit noch nicht ausgebildet ist, stets arglos und infolge seines Zustandes wehrlos; seine Tötung ist nicht schon deshalb heimtückisch, vielmehr kommt Heimtücke nur in Betracht, wenn die Arglosigkeit der Aufsichtsperson oder eines hilfsbereiten Dritten ausgenützt wird. OGHSt. 2, 173; B G H S t . 3, 330 u. N J W . 53, 633 (z. B . Weglocken der Kindesmutter, um das schutzlose Kind ungehindert zu vergiften). Ein länger erwogener Tatplan oder längere Überlegung gehört nicht zum Begriff der Heimtücke. B G H S t . 2, 60. Auch Handeln im Affekt kann heimtückisch sein. OGHSt. 1, 143; jedoch kann entschuldbare Gemütsbewegung durch außerhalb der Tat liegende Umstände oder sonst eine erhebliche Erregung beachtlich sein, weil sie die planmäßige Ausnutzung der Arglosigkeit ausschließen kann. OGHBZ. S J Z . 49, 55; OGHSt. 2, 113. Auch wird heimtückische Ausführung der Tötung grundsätzlich nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Täter aus nicht besonders verwerflichen, vielleicht sogar menschlich noch begreiflichen Gründen handelt. B G H S t . 3, 184, 330 (wobei offen bleibt, ob nicht in ganz seltenen Ausnahmefällen „vielleicht gewisse sittlich anerkennenswerte Beweggründe" ausnahmsweise die Kennzeichnung der Tötung als heimtückisch ausschließen können: B G H S t . 3, 330; vgl. dazu OGHSt. 1, 327 betr. „barmherzige Tötung"), denn andernfalls würde an Stelle der G l e i c h s e t z u n g der verwerflichen Begehungsweise mit dem verwerflichen Beweggrund die vom Gesetz nicht geforderte Häufung der beiden Tatmerkmale treten. Heimtückisch handelt auch, wer das Opfer in eine heimtückisch gestellte Falle lockt und den nach Mißlingen des ersten Angriffs Hilflosen, wenn auch auf Grund neugefaßten Vorsatzes später tötet. OGHBZ. H E S t . 2, 6. — Zum inneren Tatbestand gehört (und genügt) Kenntnis der die Heimtücke begründenden Umstände. B G H S t . 2, 60. 8) Grausam = unter Zufügung besonders starker oder langdauernder körperlicher Schmerzen oder seelischer Qualen, die nicht erforderlich waren, um den Tod herbeizuführen, und zwar aus Lust am Leiden des Opfers oder aus besonders gefühlloser und unbarmherziger Gesinnung. B G H S t . 3, 180, 264, (weitergehend OGHSt. 1, 95: bei Schmerzunempfindlichkeit infolge Bewußtlosigkeit könne auch ein „Wüten gegen den Körper" des Opfers grausam sein). Die Grausamkeit kann in Umständen begründet sein, die vor der Tötungshandlung liegen, z. B . Erregung langdauernder Todesangst durch Ankündigung demnächstiger Tötung. B G H . N J W . 51, 666. Die verwerfl. Gesinnung braucht nicht im Wesen des Täters zu wurzeln; es genügt, daß sie ihn bei der Tat beherrscht. Daß der Täter sonst ein weicher Mensch ist, schließt demgemäß nicht aus, daß er bei der Tat grausam gehandelt hat. E. 77, 45. Eine Tötung ist, weil nicht aus gefühlloser Gesinnung entsprungen, z. B. nicht grausam, wenn der Täter bei der Tat nur ungenügende Werkzeuge hatte und zu der grausam erscheinenden Ausführungsart nur gegriffen hat, um die Qualen des Opfers abzukürzen, oder wenn er zur Tat durch entschuldbare heftige Gemütsbewegung (z. B. begründete Eifersucht) hingerissen wurde. E . 76, 299. Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein, dem Opfer übermäßige Körper- oder Seelenqualen zuzufügen; unerheblich ist, ob der Täter selbst sein Verhalten für grausam hält. B G H S t . 3, 264. 9) D. h. mit Mitteln, die eine Gefahr nicht nur für das Opfer, sondern für eine unbestimmte Vielzahl von Menschen in sich bergen, z. B . mittels Sprengstoffen oder Brand. Eine Straftat nach dem 27. Abschnitt braucht aber nicht vorzuliegen. Gemeingefährliches Mittel ist daher auch eine Maschinenpistole in der Hand eines mit der Waffe nicht vertrauten und ungeübten Schützen. OLG. Dresden N J W . 48, 274. 10) Das Verbrecherische der T a t liegt hier darin, daß der Täter, um eine Straftat von regelmäßig geringerem Unrechtsgehalt zu begehen, unbedenklich einen Menschen beseitigt, wie er jedes andere Hindernis beseitigen würde, um zu seinem Ziel zu gelangen. Die andere Tat braucht noch nicht begonnen zu sein, auch nicht später begangen zu werden. Daß die Tötung nötig oder geeignet ist, die andere Tat zu ermöglichen, ist nicht erforderlich. Zwischen der Tötung und der anderen Tat kann Tateinheit oder Tatmehrheit bestehen. B G H . LM. Nr. 10.

2. Teil. 16. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider das Leben. § 212

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* § 212. [Totschlag] (1) Wer einen Menschen vorsätzlich tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) Iii besonders schweren Fällen ist auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen. 11) D. h. um die Entdeckung oder Aufklärung der T a t zu verhindern (z. B . durch Beseitigung von Tatzeugen oder Verfolgern). Die zu verdeckende Straftat kann auch eine Übertretung, OGH. 1, 78 oder ein strafbarer Versuch eines Verbrechens oder Vergehens sein. OGHSt. 2, 19; ob sie wegen eines Prozeßhindernisses oder aus anderen Rechtsgründen nicht verfolgbar ist, ist ohne Bedeutung. Der Täter muß sich der Strafbarkeit der zu verdeckenden T a t bewußt gewesen sein. OGH. BZ. N J W . 50, 195. Daß es sich um eine von dem Tötenden selbst begangene Straftat handeln müsse, fordert § 211 (im Gegensatz zu § 214 a. F. — „um sich der Ergreifung . . . zu entziehen" —) nach Sinn und Wortlaut nicht. Das Verbrecherische der Tat liegt hier darin, daß der "Täter, um sich oder einen anderen einem befürchteten, möglicherweise ganz geringfügigen Strafübel zu entziehen oder sich oder einem anderen die Verbrechensbeute zu erhalten, bedenkenlos ein Menschenleben opfert und damit zu erkennen gibt, daß er rücksichtslos jedes Mittel anzuwenden willens ist, um eigenützige Zwecke zu erreichen. Ist dies der Strafgrund, so muß es genügen, wenn die zu verdeckende Straftat nicht tatsächlich, sondern nur nach der irrigen Vorstellung des Tötenden begangen ist (ein Wahnverbrechen genügt freilich nicht). A. M. OGHSt. 1, 190 (nur Mordversuch); Eb. Schmidt DRZ. 49, 246 (weder vollendeter noch versuchter Mord). Sind Tat und Täter bekannt, so geschieht die Tötung des Verfolgers (z. B . eines festnehmenden Polizeibeamten), um sich der Festnahme zu entziehen, nicht in Verdeckungsabsicht, wohl aber, wenn zwar die Tat, aber noch nicht der Täter bekannt ist, ebenso, wenn sich der Täter der Festnahme wegen eines verhältnismäßig harmlosen Vorfalls entziehen will, weil er im Zusammenhang damit die Aufklärung früherer Straftaten befürchtet. OGH. BZ. J R . 50, 117; B G H . N J W . 52, 431. Die Verdeckungsabsicht braucht nicht das ausschließl. Tatmotiv zu sein. OGH. BZ. N J W . 49, 910. Zwischen dem Mord und der anderen Straftat kann Tatmehrheit oder Tateinheit bestehen. OGHSt. 1, 365. 12) Mensch ist jede Leibesfrucht vom Beginn der zur Ausstoßung führenden Wehen. E . 26, 178, bis zum Eintritt des Todes. Auch eine in der 27. Schwangerschaftswoche ausgestoßene Frucht, die kurze Zeit außerhalb des Mutterleibes gelebt hat, ist ein Mensch, ohne Rücksicht auf ihre Lebensfähigkeit. R G . D R . 39, 365. Daß der Getötete im Zeitpunkt der Tötung dem Tode verfallen war (z. B . Tötung eines Menschen, der sonst zum Tode verurteilt und hingerichtet worden wäre), ist bedeutungslos. OLG. Stuttgart S J Z . 47, 204. Auch Euthanasie (Sterbehilfe), d. h. die Abkürzung der Leiden des durch tödliche Verwundung oder unheilbare, qualvolle und todbringende Krankheit dem sicheren Tod Geweihten durch Tötung ist selbst schon bei ganz nahe bevorstehendem Tod nicht zulässig. OLG. Frankfurt S J Z . 47, 623. Dagegen kann die Abkürzung des Todeskampfes (Agonie) dem A r z t gestattet sein. Schönke I I I vor § 211; anderen Personen ist sie auf jeden Fall verboten. OLG. Kiel SchlHA. 48, 146. Vgl. zu dem Fragenkomplex Engisch, Euthanasie und Vernichtung lebensunwerten Lebens in strafrechtlicher Beleuchtung (1948); Brenske J R . 52, 275 und Lang J R . 53, 54. 13) Vollendete Tötung liegt auch vor, wenn der Täter die von ihm mit Tötungsvorsatz verletzte Person, die er für tot hält, beiseite schafft, z. B . ins Wasser wirft oder den vermeintlich Toten, um Selbstmord vorzutäuschen, aufhängt, und dadurch den Tod, der sonst nicht eingetreten wäre (an sich fahrlässig), herbeiführt, weil es sich hierbei um eine unerhebliche Abweichung gegenüber dem vom Täter vorgestellten Verlauf handelt. E . 67, 258; OGH. BZ. S J Z . 49, 62 und N J W . 50, 315; zweifelnd Härtung S J Z . 49, 68. War für den Tod nicht die dem Opfer zugefügte Verletzung, sondern der Umstand ursächlich, daß der Täter es hilflos verließ, so liegt vorsätzliche Tötung nur vor, wenn auch das Verlassen mit Tötungsvorsatz geschah. E . 70, 258. V e r s u c h kann in der Beibringung eines Betäubungsmittels liegen. E . 59, 157; im Anlegen einer Schußwaffe mit noch nicht gespanntem Hahn. E . 59, 386; in dem drohenden Gegenübertreten mit erhobenem Beil. Recht 31 Nr. 741, auch in dem Warten auf das Opfer mit angelegter Pistole in der Annahme, daß dieses demnächst in die Schußbahn trete. E . 77, 1. Tötungsversuch konsumiert (Gesetzeskonk.) in der Regel die etwa zugefügte Körperverletzung; das gilt auch, wenn der Täter sowohl hinsichtlich der Tötung wie der Körperverletzung mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. OGHSt. 3, 57. Anders (Tateinheit) beim Zusammentreffen von bedingtem Tötungsvorsatz mit unbed. Verletzungsvorsatz. OLG. Kiel M D R . 47, 70. A. M. OGH. BZ. DRZ. 49, 332 und N J W . 50, 756, wonach der Körperverletzungsvorsatz auch den bedingten Tötungsvorsatz notwendig ausschließt.

214

A 2. Strafgesetzbuch. §§213—216

§ 213. [Totschlag in Erregung] War der Totschläger ohne eigene Schuld1) durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung2) von dem Getöteten zum Zorne gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen8) worden, oder sind andere mildernde Umstände 4) vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein 5 ).

§ 214 (Gestrichen durch § 2 des Ges. v. 4. 9. 1941, RGBl. I S. 549).

§ 215 (Gestrichen durch § 2 des Ges. v. 4. 9. 1941, RGBl. I S. 549).

* § 216. [Tötung auf Verlangen] (1) Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen1) des Getöteten zur Tötung 2 ) bestimmt worden, so ist auf Gefängnis nicht unter drei Jahren zu erkennen. Zu § 213: 1) Eigene Schuld liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter dem anderen überhaupt einen Anlaß zur Mißhandlung gegeben hat, sondern erst, wenn der Anlaß genügend war. RG. J W . 36, 2998. Wie zwischen Reizung und Tat (vgl. Anm. 3) muß auch zwischen der eigenen Schuld des Täters an dem Verhalten des Getöteten ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Das Verhalten des Täters in der Vergangenheit ist nur von Bedeutung, wenn er in Verbindung mit seinem Verhalten im gegebenen Augenblick dem Getöteten schuldhaft genügende Veranlassung zur Mißhandl. oder Beleidigung gegeben hat. OGH. BZ. N J W . 50, 315. 2) Nicht Bei. im technischen Sinne. Jede schwere Kränkung genügt (z. B. auch Bedrohung mit einem Feuerhaken. RG. HRR. 1935 Nr. 312). Nicht ist erforderlich, daß die einem Angehörigen zugefügte Beleidigung auch von diesem als schwer empfunden wurde. E. 66, 159. Auch fortlaufende, sich immer mehr steigernde leichte Kränkungen können in ihrem Zusammenwirken eine schwere Beleidigung darstellen. HRR. 32 Nr. 1176. Irrige Annahme einer Mißhandlung oder Kränkung genügt nicht, BGHSt. 1, 203 (a.M. E. 69, 314), doch kann Handeln in solchem Irrtum einen „anderen mildernden Umstand" bilden. 3) Das ist nicht örtlich, sondern zeitlich zu verstehen. Daß der Zorn den Täter zur Zeit der Tat noch vollständig beherrscht, ist nicht erforderlich. RG. DR. 39, 364. Ein gewisser zeitlicher Zwischenraum zwischen Reizung und Tötung schließt die Anwendung des § 213 nicht aus, wenn nur der Reiz noch ursächlich fortgewirkt hat. E. 69, 314. 4) Es kommen alle Umstände in Betracht, die die Tat in einem so milden Licht erscheinen lassen, daß die Strafe des § 212 zu hart sein würde. Solche Umstände können auch bei einer mit Vorbedacht (also nicht im Affekt) ausgeführten Tat vorliegen, z. B. auch bei Tötung eines neugeborenen Kindes einige Zeit nach der Geburt durch die uneheliche Mutter. OLG. Hessen (Kassel) S JZ. 48, 543. Es genügt z. B. nicht das bloße Vergrämen eines Rehbocks. RG. J W . 39, 147. 5) Auch bei Reizung zum Zorn liegt wegen des wertungsbedürftigen Charakters dieses Milderungsgrundes nach h. M. kein privilegierendes Tatbestandsmerkmal, sondern nur ein das Strafmaß berührender mildernder Umstand vor. E. 69, 318; BGH. N J W . 53, 1270. Trotz der Gefängnisstrafe bleibt daher die Tat Verbrechen. Der Versuch ist also strafbar. E. 59, 24. Bürgerliche Ehrenrechte können aberkannt werden. E. 14, 298. Zur Verneinung der Frage nach der Reizung zum Zorn usw. ist eine Zweidrittel-Mehrheit erforderlich (§ 263 I StPO.). E. 14, 298; 33, 323 und ein Zweifel, ob die Voraussetzungen einer Reizung zum Zorn vorliegen, wirkt zugunsten des Täters. OGH. BZ. NJW. 50, 315. Zu § 216: 1) Bloßes Einverständnis genügt nicht; erforderlich ist vielmehr, daß der Getötete auf den Täter eingewirkt und den Entschluß zur Tat hervorgerufen hat. Auch wenn ein Verlangen vorliegt, ist § 216 unanwendbar, wenn der Täter ohnedies zur Tötung entschlossen war, da er dann nicht durch das Verlangen bestimmt worden ist. E. 68, 306. Ein beachtliches Verlangen liegt nicht vor, wenn der Verlangende wegen mangelnder Verstandesreife — Geisteskrankheit, jugendliches Alter — keine hinreichende Einsicht in die Bedeutung des Rechtsguts hat, dessen Verletzung er verlangt. Jugendliche Personen unter 18 Jahren besitzen in der Regel noch kein hinreichendes Urteil über Wert und Unwert des Lebens.

2. Teil. 16. Abschnitt, Verbrechen u. Vergehen wider das Leben. § 217

215

(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten. (8) Der Versuch ist strafbar.

* § 217 1 ). [Kindestötung] (1) Eine

Mutter2),

welche ihr uneheliches3) Kind 4 ) in

B)

oder gleich nach

R G . D J . 39, 53. § 216 nicht anwendbar, wenn der Täter das Verlangen des Getöteten erschlichen hat. R G . J W . 33, 961. 2) § 216 war nach der Rechtsprechung zu §§ 211, 212 a. F . selbständiger Tatbestand gegenüber Mord und Totschlag. E . 53, 293. Diese Auffassung zwang unter der Herrschaft des § 216 in seiner ursprüngl. Fassung zu der Folgerung, daß der Versuch straflos und ein Herabgehen auf die Mindeststrafe des § 213 Abs. 2 ausgeschlossen sei. E . 53, 293. Durch die Einfügung des Abs. 2 (durch Art. 4 der VO. v. 29. 5. 1943, R G B l . I S. 339) und 3 (durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953, B G B l . I S. 735) sind die wesentlichen praktischen Bedenken gegen die Lehre von der Sonderdeliktsnatur beseitigt. An ihr ist festzuhalten. Da eine Tötung auf Verlangen die Merkmale des § 211 Abs. 2 erfüllen, sich also an sich, wenn auch nicht so häufig wie nach § 211 a. F., tatbestandsmäßig als Mord darstellen kann, besteht auch heute noch eine Bedeutung des § 216 darin, daß er lex specialis gegenüber § 211 ist. B G H S t . 2, 258 und die im Schrifttum überwiegende Auffassung, vgl. Schönke I mit Nachw; a. M. Eb. Schmidt DRZ. 49, 241. Soweit eine Tötung auf Verlangen die Merkmale des § 212 aufweist, besteht die Bedeutung des § 216 in der Aufstellung eines wesentlich milderen NormalStrafrahmens. Die Teilnahme am Selbstmord, solange sie nicht in Täterhandl. (einschl. mittelbarer Täterschaft, z. B . durch Zwang zum Selbstmord, OGH. BZ. N J W . 49, 598) übergeht, ist mangels einer strafb. Haupttat straflos. E . 70, 313; B G H S t . 2, 152; OLG. Kiel SchlHA. 48,196. Liegt aber eine über die Nothilfepflicht aus § 330c (s. dort Anm. 2) hinausgehende besondere Rechtspflicht zur Verhinderung oder Abwendung des Selbstmords vor — z. B. bei Ehegatten aus § 1353 B G B . , bei Eltern gegenüber Kindern aus der Sorgepflicht — , so begeht der Pflichtige bei schuldhafter Unterlassung vorsätzl. oder fahrl. Tötung. B G H S t . 2, 150. L i t . : Meister GA. 1953, 166. Zu § 2 1 7 : 1) § 217 war unter der Herrschaft der §§ 211, 212 a. F. nach der Rechtspr. des R G . (zuletzt D R . 44, 685) lex specialis gegenüber §§ 211ff., sodaß § 211, aber auch Abs. 2 des § 213 unanwendbar war. E . 59, 8 (letzteres schon damals streitig). Seit der Neufassung der §§ 211, 212 durch das Ges. v. 4 . 9. 1941 gingen die Auffassungen über die Bedeutung des § 216 auseinander: vereinzelt sah man in ihm einen Privilegierungstatbestand lediglich gegenüber § 212, so daß einerseits unter die Mindeststrafe des § 217 bis auf die Mindeststrafe des § 213 Abs. 2 herabgegangen werden konnte, andererseits aber, wenn die Kindestötung die Merkmale des § 211 erfüllt, auch wegen Mordes zu strafen war (so Eb. Schmidt DRZ. 49, 241; 50, 546); überwiegend wurde § 217 als Privilegierung gegenüber §§ 211, 212 gewürdigt, so daß § 213 Abs. 2 anwendbar blieb, eine Anwendung des § 211 aber ausgeschlossen ist (Schönke I mit Schrifttumsnachw.). Demgegenüber ist die Praxis ( B G H S t . 1, 235; OGH St. 2, 387; B a y O b L G S t . 50/51, 126; OLGe Frankfurt (GrSen) N J W . 50, 157, Koblenz S J Z . 50, 292) der Rechtspr. des R G . gefolgt. Mit der Neufassung des Abs. 2 durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) haben sich die Bedenken gegen diese Rechtsprechung, soweit es sich um die Unanwendbarkeit des § 213 Abs. 2 handelt, erledigt. Soweit sie dahin geht, daß auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 211 Abs. 2 eine Bestrafung der unehel. Mutter wegen Mordes durch § 217 ausgeschlossen ist, ist ihr mit der durchaus h. M. zuzustimmen, denn die unzweifelhafte Absicht bei Schaffung des § 217 ging dahin, den vermuteten (und in der Regel auch tatsächlich vorhandenen) Erregungszustand der unehelich Gebärenden auch dann zu privilegieren, wenn er im Einzelfall nicht vorhanden sein sollte; an dieser Situation hat sich durch die veränderte Normierung des § 211 nichts geändert. 2) Dritte Personen, welche Mittäter oder Teilnehmer sind, werden gemäß den allg. Grundsätzen über die Teilnahme am unechten Sonderdelikt nach dem Grunddelikt, also nach §§ 211 und 212 bestraft, B G H S t . 1, 240, so z. B . die Mutter als Inhaberin der elterlichen Gewalt wie als Haushaltungsvorstand, wenn sie nicht dem ihr bekannten Vorhaben ihrer minderjährigen, in ihrem Haushalt lebenden Tochter, eine Entbindung ohne jeden Beistand in der Wohnung der Mutter stattfinden zu lassen, damit das Kind in oder gleich nach der Geburt sterbe, nachdrücklich entgegentritt. E . 72, 373. Eine Bestrafung des Anstifters oder Gehilfen nach § 211 setzt aber voraus, daß ausnahmsweise in der Person der unehel. Mutter die Merkmale des § 211 Abs. 2 erfüllt sind und der Teilnehmer ihren seelischen Zustand richtig beruteilt hat. OGHSt. 3, 115; B G H . N J W . 53, 1440.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 218

der Geburt6) vorsätzlich tötet 7 ), wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten 8).

§ 2181). [Abtreibung] (1) Eine Frau, die ihre Leibesfrucht abtötet 2 ) 3 ) oder die Abtötung durch einen anderen zuläßt 3 ), wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. 3) Unehelich (strafrechtl. Begriff!) ist ein Kind, wenn seine Eltern weder zur Zeit der Zeugung noch der Geburt in formell gültiger Ehe miteinander verheiratet waren. Ein im Ehebruch gezeugtes Kind ist also unehelich, auch wenn seine Ehelichkeit nicht angefochten wird. LK. II 1. Hält die Mutter das uneheliche Kind für ehelich, so entfällt die Privilegierung nach § 217; hält sie ein eheliches für unehelich, so kommt ihr der Irrtum zugute (str.). 4) Der Schutz des § 217 erstreckt sich auf den ganzen Geburtsakt von dessen Beginn an. Vom Anfange der Geburt, d. h. vom Beginn der schließlich zur Ausstoßung führenden Wehen, an gilt das Kind als Mensch. E. 26, 178. 5) Dazu ist nicht nötig, daß das Kind schon zu einem gewissen Teile aus dem Mutterleibe herausgetreten ist; es genügt, daß das Kind gelebt hat. E. 1, 446; 9, 131. 6) Das ist der Fall, wenn die Tötung zu einer Zeit erfolgt, in der die Mutter unter der Einwirkung der durch den Geburtsakt veranlaßten Gemütsbewegung steht, in der Regel auch noch etwa 1 y2 Stunden nach der Geburt. RG. DR. 44, 657. 7) Die Tötung kann auch dadurch begangen werden, daß die Mutter, damit das Kind nicht lebend zur Welt komme, es vor der Geburt unterläßt, für Beistand bei dieser zu sorgen. J R . 27 Nr. 977; E. 62, 199. Das Verbrechen des Kindesmordes und der Aussetzung (§ 221) können weder bei bedingtem noch bei unbedingtem Tötungsvorsatz ideell konkurieren, da nach allgemeinen Grundsätzen das Verletzungsdelikt (§ 217) das Gefährdungsdelikt (§ 221) konsumiert. E. 68, 407 unter Aufgabe von E. 25, 321. Bei Nichterweislichkeit vorsätzl. Kindestötung kann fahrlässige Tötung in Betracht kommen. E. 59, 83; BGH. DRspr. I I I 327 Bl. 1005. 8) Bei Anwendung des § 51 Abs. 2 kann der Geisteszustand nachmals als mildernder Umstand gewertet werden. OLG. Frankfurt N J W . 51, 42 (s. Anm. 7 zu § 51). Zu § 218: 1) a) I. d. F. von § 5 der VO. v. 9. 3. 1943 (RGBl. I S. 140), der durch § 2 der VO. v. 18. 3. 1943 (RGBl. I S. 169) in das StGB, übernommen wurde. Abs. 3 Satz 2 ist gestrichen durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). b) Nach der Rechtsprechung des RG. war eine durch den Arzt ausgef. ärztl. als einziges Mittel zur Abwendung einer ernsten Gefahr für Leben und Gesundheit der Mutter gebotene und mit Einwilligung der Schwangeren erfolgende Unterbrechung der Schwangerschaft (sog. medizinische Indikation) unter dem Gesichtspunkt des übergesetzlichen Notstandes (vgl. Anm. 1 zu § 54) nicht rechtswidrig E. 61, 242; 62, 137. Diese Rechtsprechung wurde durch § 14 des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses v. 14. 7. 1933 i. d. F. v. 24. 6. 1935 legalisiert; danach ist die Schwangerschaftsunterbrechung zulässig, wenn ein Arzt sie nach den Regeln der ärztl. Kunst zur Abwendung einer ernsten Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Mutter und mit deren Einwilligung vollzieht. Dieser § 14 mit den dazu gehörigen Bestimmungen der 4. AusfVO. v. 18. 7. 1935 (RGBl. I S. 1035) ist z. T. aufrecht erhalten worden (so Württemberg-Baden, Ges. v. 24. 7. 1946, RegBl. S. 207; brit. Zone, BGHSt. 1, 329; 2, 382), z. T. mit der vollständigen Aufhebung oder Suspendierung des Sterilisationsgesetzes beseitigt worden. Wo letzteres geschehen ist (z. B. Hessen VO. v. 16. 5. 1946, GVB1. S. 117; Bayern Ges. v. 20. 11. 1945, GVB1. 46 S. 1) hat die alte Rechtsprechung wieder ihre Bedeutung gewonnen. Wo § 14 ErbgesG. gilt, ist danach die Zulässigkeit der Schwangerschaftsunterbrechung durch einen Arzt nur nach dieser Vorschrift zu beurteilen. BGHSt. 1, 329. Wo die Vorschrift nicht mehr gilt, sind die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 a.a.O. die Mindestvoraussetzungen für eine Schwangerschaftsunterbrechung in übergesetzl. Notstand. BGHSt. 2, 114. Die Unterbrechung ist also, auch wenn ohne sie objektiv ernste Lebens- oder Gesundheitsgefahr besteht, rechtswidrig, wenn sie nicht durch einen Arzt, sondern einen Laien ausgeführt wird. BGHSt. 2, 242 (wegen der erhöhten Gefährdung der Mutter durch eine solche Behandlung) oder zwar durch einen Arzt, der aber den Gesundheitszustand der Schwangeren nicht erkannte und daher nicht auf Grund gewissenhafter Abwägung der wider-

2. Teil. 16. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider das Leben. §218

(2) Der Versuch ist strafbar 4 ). (3) Wer sonst die Leibesfrucht einer Schwangeren abtötet 3 ) 5), wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen 6 ) mit Gefängnis bestraft 7 ). streitenden Interessen, sondern aus anderen Beweggründen handelte. BGH St. 2, 111 (vgl. dazu Anm. 1 zu § 54). Die Regeln der ärtzl. Kunst verlangen grundsätzlich, daß die Frucht und die Nachgeburt durch eine tunlichst kurze operative Behandl. in einer Krankenanstalt beseitigt werden. BGHSt. 1, 331; 2, 115. Ernsthafte Drohungen der Schwangeren mit Selbstmord können eine ernste Lebensgefahr begründen, E. 61, 242; BGHSt. 2, 115. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn sie auf eine geistige Störung zurückzuführen sind. Bei einer Zurechnungsfähigen dagegen bestehen Zweifel an der Ernstlichkeit der Selbsttötungsabsicht; auch kann zu erwarten sein, daß verständige Gegenvorstellungen oder andere Maßnahmen die Gefahr beseitigen (wobei sich die Frage erhebt, ob überhaupt eine willkürlich selbst geschaffene Notstandslage die Verletzung des geschützten Rechtsguts rechtfertigt. BGHSt. 3, 7). — Eine Unterbrechung aus anderen Gründen als der ernsten Gefahr für Leben oder Gesundheit der Schwangeren ist nach geltendem Recht nicht zulässig, also werden bei sozialer oder eugenischer noch bei sog. ethischer Indikation (Unterbrechung einer durch Sittlichkeitsverbrechen — §§ 176, 177 — verursachten Schwangerschaft). BGHSt. 2, 383. 2) Die Schwangere kann die Frucht auch durch einen Selbstmordversuch töten, wenn sie sich dabei bewußt war, daß durch den Selbstmord auch die Leibesfrucht getötet würde. OGH. BZ. N J W . 50, 195. 3) Das Verhältnis des Abs. 1 zu Abs. 3 ist streitig. Die vom RG. (E. 72, 402: 74, 21) zuletzt vertretene Ansicht sah in der sog. Eigenabtreibung (Abs. 1) und der Fremdabtreibung (Abs. 3) zwei verschiedene, von einander unabhängige Straftaten. Mit BGHSt. 1, 139 ist davon auszugehen, daß es sich um e i n e n gemeinschaftl. Angriff auf dasselbe Rechtsgut, um e i n e Straftat handelt. Die Begünstigung der Schwangeren (Vergehensstrafe) gegenüber der Fremdabtreibung (Verbrechensstrafe) trägt der besonderen psychologischen Situation der Schwangeren Rechnung; die Schwangerschaft ist demgemäß eine strafmildernde, persönliche Eigenschaft i. S. des § 50 Abs. 2. Daraus folgt, daß die Strafe der Schwangeren immer nur aus Abs. 1 zu entnehmen ist (also auch, wenn sie einen Dritten zur Abtötung anstiftet), während ein Dritter, mag er an der Tat der Schwangeren nach Abs. 1 oder an der eines anderen nach Abs. 3 (als Anstifter, Mittäter, Gehilfe) teilnehmen, aus dem Strafrahmen des Abs. 3 bestraft wird. BGHSt. 1, 139 (betr. Beihilfe, die sowohl die die Tötung zulassende Schwangere wie den abtötenden Dritten fördert); B G H S t . 1, 249 (betr. Beihilfe zur Selbstabtötung der Schwangeren); BGH. N J W . 53, 32 (betr. Anstiftung der Schwangeren zur Selbstabtreibung oder Zulassung der Abtreibung durch einen anderen). Wie die Anstiftung der Schwangeren, so ist auch ihre erfolglose Anstiftung durch einen Dritten zur Selbstabtötung oder Zulassung der Abtötung nach § 218 Abs. 3, § 49a strafbar. B G H S t . 3, 228 (a. M. Dreher N J W . 53, 313: die erfolglose Teilnahme an der T a t des § 218 Abs. 1 sei in § 218 Abs. 4 abschließend — unter Ausschluß des § 49a — geregelt), während umgekehrt die Schwangere bei erfolgloser Anstiftung eines Dritten straflos bleibt. B G H . N J W . 53, 634. Die Anstiftung eines Dritten zur Abtreibung (Abs. 3) und die ebenfalls aus dem Strafrahmen des Abs. 3 strafbare Anstiftung der Schwangeren zur Zulassung dieser Abtreibung können zwei selbständige Handlungen darstellen. E. 62, 74 (s. Anm. 1 Abs. 2 zu § 73) — Der Ehemann, der die Ehefrau, der Verlobte, der die Braut nicht von der beabsichtigten Abtreibung abhält, sind wegen Beihilfe strafbar. BGH. N J W . 53, 591; OLG. Oldenburg NdsRpfl. 51, 74; LG. Weimar J W . 38, 3031 (a. M. E. 56, 169; s. auch § 170c). Die Abhaltungspflicht besteht auch Kraft des Sorgerechts bei Eltern gegen minderj. Kindern und bei gesetzl. Vertretern, aber nicht bei dem Arbeitgeber gegenüber einer minderj. Hausangestellten. OLG. Schleswig N J W . 54, 285. 4) Versuch liegt z. B. vor, wenn eine Nichtschwangere, die sich für schwanger hält, Abtreibungshandlungen vornimmt (untauglicher Versuch, s. Anm. 3 zu § 43), oder wenn die Frucht infolge einer von der Abtreibung unabhängigen Todesursache verstorben ist. Versuch der Zulassung der Tötung liegt vor, wenn die Zulassung eingestellt wird, bevor der beabsichtigte Eingriff durchgeführt ist oder wenn der Eingriff den gewünschten Erfolg nicht gehabt hat. E* 61, 360. 5) Täter nach Abs. 3 ist auch, wer der Schwangeren ein Abtreibungsmittel verschafft, falls diese es anwendet und er die Tat als eigne will. (Vgl. Anm. 7.) Abs. 3 setzt nicht voraus, daß die Schwangere die Tötung ihrer Frucht überlebt hat. E. 67, 206; BGHSt. 1, 278, 280; a. M. E. 41, 328. Beihilfe zum Selbstmord einer Schwangeren fällt daher unter Abs. 3. RG. DR. 40, 26. — Abtreibungshandlungen an v e r s c h i e d e n e n Frauen oder an derselben Frau bei verschiedenen Schwangerschaften können nicht in Fortsetzungszusammenhang stehen. E. 68, 14; RG. DR. 43, 579; OLG. Kiel N J W . 48, 195. Bei v o r s ä t z l . Tötung einer Schwangeren wird § 218 durch die §§ 211, 212 konsumiert. OGH. BZ. N J W . 50, 195; BGHSt. 1, 280. Tateinheit mit fahrlässiger Tötung ist möglich,

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A 2. Strafgesetzbuch. § 219

(4) 8 ) Wer einer Schwangeren ein Mittel oder einen Gegenstand9) zur Abtötung der Leibesfrucht verschafft10), wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft.

§ 2191). [Vertrieb von Abtreibungsmitteln] (1) Wer zu Zwecken der Abtreibung Mittel, Gegenstände oder Verfahren öffentlich ankündigt oder anpreist2) oder solche Mittel oder Gegenstände an BGHSt. 1, 278. Dagegen kann vollendete Abtreibung weder mit vorsätzlicher noch mit fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit stehen (Gesetzeseinheit). RG. J W . 37, 1332. 6) „Minderschwer" deckt sich nicht mit „mildernden Umständen", sondern ist ein engerer Begriff. Bei den mildernden Umständen sind alle Umstände, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, heranzuziehen, gleichviel, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten oder ihr vorausgehen oder nachfolgen. E. 48, 308; 59, 237. Ein minderschwerer Fall dagegen liegt vor, wenn die (äußeren oder inneren) Tatumstände selbst die Tat mildern und deshalb einen außerordentlichen Strafrahmen angezeigt erscheinen lassen. Umstände, die vor der Tat liegen (Mitleid, Not usw.), sind dabei nur zu berücksichtigen, wenn sie den Willen des Täters beeinflußt haben und Schlüsse auf das Maß seiner Schuld zulassen. Umstände nach der Tat (z. B. Reue) kommen nur als Beweisanzeichen für das Maß seiner Schuld in Betracht. BGH. N J W . 53, 635. 7) Auch bei minder schweren Fällen ist der Versuch strafbar. OLGe Hamm MDR. 48, 485, Frankfurt SJZ. 48, 683 (was nur vom Standpunkt der konkreten Betrachtungsweise — Anm. zu § 1 — der Hervorhebung bedarf). — Versuch aus Abs. 3 liegt z. B. schon vor, wenn der abtreibungsbereite Arzt die Frau auf das Vorhandensein einer Schwangerschaft untersucht. OLG. Hamm DRZ. 50, 236. Keine Aberkennung der bürgerl. Ehrenrechte bei Annahme eines minderschweren Falles (vgl. Anm. 2 zu § 32). 8) Abs. 4 bezweckt, den Verschaffenden auch dann bestrafen zu können, wenn die Schwangere das Mittel nicht gebraucht, weil schon die Möglichkeit, daß sie es gebrauchen könne, eine Gefährdung des Rechtsgutes darstellt. E. 68, 13; 69. 86, Abs. 4 betrifft demgemäß den Fall, daß die Abtreibung überhaupt nicht oder unabhängig von der Verschaffung ausgeführt wird; kommt es der Vorstellung des Verschaffenden gemäß zum Beginn der Ausführung so entfällt die Strafbarkeit der Gefährdungshandlung (Abs. 4) gegenüber derjenigen aus dem Verletzungsdelikt (Abs. 3). BGHSt. 1, 249; a. M. OGHSt. 3, 14. 9) Das Mittel muß, um aus Abs. 4 strafen zu können, tauglich sein, weil es sonst an der Gefährlichkeit der Tat, die den Strafgrund des Abs. 4 bildet, fehlt (str.; verneinend Rietzsch D J . 43, 242; Schröder MDR. 49, 392; bejahend Schönke X I 3; BGHSt. 1, 250 (nebenbei); OGHSt. 3, 16; OLG. Hamburg MDR. 48, 26 und Meister Anm. daselbst). Hält der Verschaffende das Mittel irrtüml. für tauglich, so ist der darin liegende Versuch aus Abs. 4 straflos; denn die Tat des Abs. 4 ist eine wegen ihrer besond. Gefährlichkeit verselbständigte Vorbereitungshandlung zur Abtreibung; den nicht gefährl. Versuch einer solchen Vorbereitungshandlung zu strafen, geht über den rechtspolit. Zweck des Abs. 4 hinaus. Schönke X I 5. Macht die Schwangere von dem untaugl. vom Verschaffenden für tauglich gehaltenen Mittel seiner Vorstellung entsprechend Gebrauch, so ist er wegen Beihilfe zum untaugl. Versuch des Abs. 1 aus Abs. 3 zu bestrafen. 10) Die Schwangere braucht im Augenblick der Verschaffung nicht den Willen zu haben, ihre Frucht abzutreiben. Wohl aber muß der Täter in der Erwartung handeln, daß nach der Verschaffung die Abtreibung vorgenommen werde. E. 69, 303. „Verschafft" ist der Gegenstand, wenn die Schwangere die Verfügungsgewalt darüber erlangt hat. E. 69, 86. Es genügt zur V o l l e n d u n g aber auch schon, wenn eine Mittelsperson das Werkzeug mit dem Willen der Schwangeren erwirbt, um es ihr zur Abtreibung auszuhändigen oder nach ihren Weisungen zu verfügen, wenn der Verkäufer weiß (oder doch damit rechnet und einverstanden ist), daß das Werkzeug ihrem Willen entsprechend in ihre Verfügungsgewalt kommt. Daß die Schwangere selbst die Anregung zu dem Erwerb gegeben habe, ist nicht erforderlich. E. 69, 86. Das Angebot eines Abtreibungsmittels gegenüber der Schwangeren ist Vorbereitungshandlung. RG. D J . 35,1419. Wendet der Täter gleichzeitig bei der Schwangeren das Mittel an und wird dadurch die Frucht getötet, so ist er nur wegen vollendeter Abtreibung (Abs. 3) zu strafen. E. 68, 60. (vgl. Anm. 7). Zu § 219: 1) Durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) ist die frühere, auf dem Ges. v. 26. 5. 1933 (RGBl. I S. 295) beruhende Fassung des § 219 wieder hergestellt worden; die damit abgelöste Fassung beruhte auf § 7 der VO. v. 9. 3. 1943 (RGBl. I S. 140), durch § 2 der VO. v. 18. 3. 1943 (RGBl. I S. 169) in das StGB, eingefügt. Durch die

2. Teil. 16. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider das Leben. § 219

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einem allgemein zugänglichen Ort ausstellt3), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Vorschrift des Absatzes 1 findet keine Anwendung, wenn Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zu ärztlich gebotenen Unterbrechungen der Schwangerschaft4) dienen, Ärzten oder Personen, die mit solchen Mitteln oder Gegenständen erlaubter Weise Handel treiben, oder in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachzeitschriften6) angekündigt oder angepriesen werden. Neufassung nicht berührt ist die Frage, inwieweit die nachstehend abgedr. reichsministerielle PolizeiVO. noch gilt. PolizeiverOrdnung über V e r f a h r e n , Mittel und Gegenstände zur U n t e r b r e c h u n g u n d V e r h ü t u n g v o n S c h w a n g e r s c h a f t e n . V. 21. 1. 1941 (RGBl. I S. 63). § 1. E s ist verboten, die nachstehenden Mittel und Gegenstände zu geschäftlichen Zwecken herzustellen, aus dem Ausland einzuführen, anzukündigen, anzupreisen, zum Verkauf vorrätig zu halten, zu verkaufen, abzugeben oder sonstwie in den Verkehr zu bringen: 1. Mutterrohre (für sich allein oder in Verbindung mit Spritzen, Irrigatoren usw.), sofern sie nicht einen Durchmesser von mindestens 12 mm besitzen und mit einem nicht unter 15 m m starken, abgerundeten oder olivartig erweiterten Mundstück mit mindestens sechs Öffnungen vorhanden sind, 2. Intrauterinpessare jeder Art, auch Steriletts und Silkwormpessare, 3. Stoffe und Zubereitungen in Form von Fertigwaren, die zur Einführung in die Scheide bestimmt und zur Verhütung der Schwangerschaft geeignet sind. Das [Reichs]gesundheitsamt entscheidet, welche Mittel im einzelnen unter die Bestimmungen dieser Vorschrift (Nr. 3) fallen. § 2. Die im § 1 bezeichneten Mittel oder Gegenstände dürfen weder durch Ärzte noch durch andere Personen bei Frauen eingesetzt, eingelegt, eingeführt oder in anderer ihrer Bestimmung entsprechenden Weise angewandt werden. § 3. Es ist verboten, zum Zwecke der Empfängnisverhütung Bestrahlungen oder Injektionen zu verabfolgen sowie sonst geeignet erscheinende Behandlungen durchzuführen, es sei denn, daß es sich um gesetzlich ausdrücklich erlaubte oder angeordnete Maßnahmen handelt. § 4. Die im § 1 bezeichneten Mittel und Gegenstände fallen auch dann unter die Vorschriften dieser Polizeiverordnung, wenn sie künftig andere Zwecke erfüllen sollen, obwohl sie bisher vorwiegend der Schwangerschaftsverhütung dienten. § 5. Wer vorsätzlich dieser Polizeiverordnung zuwiderhandelt, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Geldstrafe bis zu 150 DM oder mit H a f t bis zu sechs Wochen bestraft. Diese VO. ist in einigen Ländern durch neue Vorschriften ersetzt (SchlHVO. über Verf.. Mittel und Gegenstände zur Unterbrechung und Verhütung von Schwangerschaft v. 15. 101949 — GVB1. S. 219 — ; Hamb. Ges. über Schwangerschaftsverhütungsmittel v. 28. 7. 1949 — GVB1. S. 129 —, Brem. Ges. über Verf., Mittel und Gegenstände zur Verhütung von Schwangerschaften v. 26. 9. 1950 — GBl. S. 103 — i. d. F. v. 20. 3. 1951 — GBl. S. 33 — Niedersächs. ÄnderungsVO. v. 21. 1. 1949 — GVB1. S. 32). In Württemberg-Baden ist § 1 Ziff. 3 der PolVO. durch VO. v. 16. 1. 1947 (RegBl. S. 28) aufgehoben. Soweit die PolVO. nicht förmlich aufgehoben oder abgeändert ist, ist sie noch als geltend anzusehen. Die VO. v. 14. 11. 1938 (RGBl. I S. 1582), die die Grundlage für den Erlaß der PolVO. bildete, ist zwar weggefallen; dadurch ist aber die Weitergeltung der PolVO. nicht berührt worden. B G H . N J W . 53, 1802. Gegen die Auffassung von OLG. Nürnberg SJZ. 49, 789, die Weitergeltung von § 1 Ziff. 3 sei unvereinbar mit der Aufhebung des § 226b durch KontrRG. Nr. 11, mit Recht Sauer SJZ. 49, 790. (OLG. Tübingen N J W . 49, 957 läßt die Frage der Weitergeltung insoweit offen.) Auch die Weitergeltung der PolVO. über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens v. 29. 9. 1941 (RGBl. I S. 587) ist zu bejahen. BGH. N J W . 53, 1802 u. OLG. Braunschweig N J W . 54, 443. 2) Vgl. Anm. 13 zu § 184. Öffentlich: s. Anm. 2 zu § 200. Gegenstand ist eine mechanisch, Mittel eine auf andere Art wirksame Sache. Verfahren: Folge von bestimmten Tätigkeiten. „Zu Zwecken der Abtreibung": Mittel usw., die zur Abtreibung geeignet sind und erfahrungsgemäß dazu verwendet werden, auch wenn auf den Verwendungszweck nicht ausdrücklich hingewiesen wird, ferner Mittel usw., die der Täter, wenn auch zu Unrecht, als abtreibungsgeeignet bezeichnet. 3) Vgl. Anm. 8 zu § 184. 4) Vgl. Anm. 1 zu § 218. 5) Auch in der Form der Beifügung von Reklamezetteln zu Fachzeitschriften.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 220, 221

§ 220. [Erbieten zur Abtreibung] Wer öffentlich 1 ) seine eigenen oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung von Abtreibungen anbietet, wird mit Gefängnis bis zu zwei J a h r e n oder mit Geldstrafe bestraft 2 ).

§ 221. [Aussetzung] (1) Wer eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlichkeit oder K r a n k h e i t 1 ) hilflose 2 ) Person aussetzt 3 ), oder wer eine solche Person, wenn dieselbe unter seiner Obhut s t e h t 4 ) oder wenn er für die Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme derselben zu sorgen h a t 5 ) , in hilfloser Lage vorsätzlich verläßt 6 ), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Zu § 220: 1) S. Anm. 2 zu § 200. Nichtöffentliches Anbieten fällt unter § 49a Abs. 2, § 218 Abs. 3; daß der Strafrahmen des § 49a weiter ist als der des § 220, nötigt — gegen Rüdlin MDR. 51, 470 — nicht zu tatbestandl. Einschränkungen, sondern nur zu einer sinnvollen Strafzumessung (vgl. dazu Anm. 4 zu § 49 a). 2) Kommt es auf Grund des Erbietens zu einer Abtreibungshandlung, so liegt Tatmehrheit vor; denn § 220 ist keine Vorbereitungshandlung zu einer bestimmten Abtreibungshandlung, sondern richtet sich gegen die Gefahr einer Vielzahl von Abtreibungshandlungen. Zu § 221: 1) Jugendl. Alter umfaßt keine bestimmte Altersgrenze; es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Gebrechlichkeit = Beeinträchtigung der körperlichen Funktionen, die mit Behinderung der Bewegungsfreiheit verbunden ist (z. B. bei Altersschwäche oder Taubstummheit). Krankheit = jede pathologische Störung der körperlichen oder geistigen Gesundheit ohne Rücksicht auf Dauer und Heilbarkeit. Hierunter fällt auch starke Trunkenheit. E. 5, 393; BayObLG. NJW. 53, 556 sowie der Zustand einer Gebärenden. E. 54, 273. Dagegen ist Schwangerschaft als natürlicher Zustand keine Krankheit und begründet keine Gebrechlichkeit. E. 77, 70. Der Umstand, daß die Person z. Z. der Aussetzung bereits eine tödliche Gesundheitsbeschädigung erlitten hat, schließt eine weitere Lebensgefährdung nicht aus. RG. JW. 31, 1482. 2) Hilflos ist, wer sich nicht aus eigener Kraft helfen kann und an Leben oder Gesundheit gefährdet ist, falls nicht ein rettender Zufall eintritt. E. 71, 202. Ob die Hilflosigkeit dauernd oder vorübergehend ist, ist ohne Bedeutung. RG. D J . 38, 2041. Hilflosigkeit kann z. B. bei vielstündigem Alleinsein kleiner Kinder im Alter bis zu 2 Jahren gegeben sein. RG. DR. 42, 1646. 3) Aussetzen bedeutet: eine Person durch positive Tätigkeit aus einem Verhältnis, in dem ihr Schutz und Hilfe zuteil wird, in eine hilflose Lage (Anm. 2) versetzen. RG. D J . 38, 2041; das Bestehen einer rechtlichen Verpflichtung zur Fürsorge ist nicht Voraussetzung. E. 31, 165. Der Täter muß sich bewußt sein, daß er durch sein Verhalten den Hilflosen gefährdet. RG. JW. 38, 2983. Aussetzung kann auch auf einer Straße erfolgen, auf der regelmäßig Menschen verkehren, denn es hängt vom Zufall ab, ob jemand helfen will oder kann. RG. JW. 38, 2334. Keine Aussetzung, wenn der Täter in der Nähe bleibt und wartet, bis Hilfe kommt. R. 7, 250. Eine rein psychische Einwirkung, z. B. Aufforderung, das Haus zu verlassen, ist Aussetzung, wenn diese Einwirkung ursächlich für das sich Begeben in die hilflose Lage ist, nicht aber, wenn der Aufgeforderte aus eigner Entschließung weggeht. RG. GA. 45, 357. 4) Es genügt vertragsmäßige Obhut. E. 8, 205. 5) Die Sorgepflicht ergibt sich nicht nur aus geschriebenen Rechtssätzen, sondern auch aus den sittlichen Anforderungen, die aus einer engen Lebensgemeinschaft und ähnlichen Verhältnissen erwachsen (vgl. Anm. l a zu § 47). Täter kann danach z. B. der außereheliche Erzeuger sein, der die Geschwängerte zum Gebären an eine einsame Stelle geführt hat und das Kind nach der Geburt auf der Erde hilflos liegen läßt. E. 66, 71, nicht aber der Teilnehmer an einem Zechgelage, der einen anderen, durch Trunkenheit gehunfähig gewordenen Teilnehmer liegen läßt. BayObLG. NJW. 53, 556 (aber § 330c). 6) Verlassen in hilfloser Lage bedeutet nach der früheren Rechtsprechung des RG. ein Sichentfernen, eine räumliche Trennung, eine Änderung oder Lockerung der örtlichen Beziehungen zwischen dem Hilfebedürftigen und dem zur Obhut Verpflichteten durch dessen Handeln oder pflichtwidriges Unterlassen. RG. D J . 38, 2041. Dieser Standpunkt ist mit Recht in DR. 41, 193 aufgegeben und für ausreichend erklärt, daß der Täter ohne räumliche Entfernung sich geistig außerstande setzt (z. B. indem er sich schlafen legt), die gebotene Hilfe zu leisten (a. M. — nicht überzeugend — Mezger, Anm. a.a.O.). Liegt keine Hilflosigkeit oder kein Verlassen vor, so kann § 170d eingreifen.

2. Teil. 16. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider das Leben. § 222

(2) Wird die Handlung von leiblichen Eltern 7 ) gegen ihr Kind begangen, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. (3) Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung der ausgesetzten oder verlassenen Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod verursacht 8 ) worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein.

§ 222 Wer durch mit Gefängnis bestraft.

. [Fahrlässige Tötung]

Fahrlässigkeit2)

den Tod eines Menschen3) verursacht 4 ), wird

7) auch der uneheliche Vater und die uneheliche Mutter. 8) Vgl. § 56. Liegt (unbedingter oder bedingter) Tötungsvorsatz vor, so ist § 221 unanwendbar, weil das Gefährdungsdelikt durch das Verletzungsdelikt aufgezehrt wird. E. 68, 407. Liegt dagegen nur (unbedingter oder bedingter) Körperverletzungsvorsatz vor, so geht § 221 weiter, weil er den Lebensgefährdungsvorsatz trifft; es besteht Tateinheit. BGH. N J W . 53, 1070. Zu § 222: 1) I. d. F. der VO. v. 2. 4. 1940 (RGBl. I, 606). Durch diese VO. ist der frühere Abs. 2, der erhöhte Strafe bei Außerachtlassung der durch Amt, Beruf oder Gewerbe besonders geforderten Aufmerksamkeit vorsah, gestrichen worden. Damit sollte selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden, daß diesen Gesichtspunkten im Rahmen der Strafzumessung besondere Bedeutung beigelegt wird. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 59. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter bei Aufwendung gehöriger Aufmerksamkeit und Vorsicht den Tod als erfahrungsmäßig mögliche Folge voraussehen konnte; das Bewußtsein der bloßen Gefährdung fremden Lebens genügt nicht. E. 57, 172. Vermochte der Täter die Möglichkeit der tödlichen Verletzung überhaupt zu erkennen, so ist es gleichgültig, ob er auch die Besonderheiten kannte oder vorhersehen konnte, die im gegebenen Fall den ursächlichen Verlauf nachteilig beeinflußten, vorausgesetzt, daß diese innerhalb des Rahmens der täglichen Erfahrung gelegen haben. Seine strafrechtliche Verantwortlichkeit entfällt nur für solche Ereignisse, die so sehr außer aller Lebenserfahrung liegen, daß er sie auch bei sorgfältigster Überlegung nicht in Rechnung zustellen brauchte. E.56-, 343; 73, 370; BGHSt. 3, 62. Die Vorhersehbarkeit ist z. B. durch außergewöhnliches und daher aus dem Rahmen der Lebenserfahrung fallendes Verhalten des Getöteten oder eines Dritten ausgeschlossen. RG. J W . 31, 3373; BGH. NJW. 53, 36. Ebenso, wenn der Erfolg nur auf einer ungewöhnlichen Verkettung von ursächlichen, wenn auch an sich voraussehbaren Umständen beruht; so ist z. B. für den, der durch verkehrswidriges Verhalten einen Unfall erleidet, nicht als Folge dieses Vorfallens voraussehbar, daß ein ihm Hilfe Leistender dabei durch einen Dritten fahrlässig angefahren und getötet werden könnte. BGHSt. 3, 62. Dagegen ist es z. B. voraussehbar, daß bei einem Verkehrsunfall ein mitgefährdeter, aber unverletzt gebliebener Passant vor Schreck einen Nervenschock erleidet. OLG. Hamm VR S. 52, 275. Fahrlässig tötet auch, wer fahrlässig für den vorsätzlich Handelnden das Werkzeug beschafft, E. 64, 370. Zur Fahrlässigkeit genügt an sich nicht, daß der Täter gegen polizeiliche oder sonstige Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat, vielmehr ist erforderlich, daß er den Erfolg seiner Handlung als mögliche Folge seines Verhaltens voraussehen konnte. E. 71, 187; jedoch wird sich der Täter bei einem derartigen Verstoß inder R e g e l nicht darauf berufen können, der Erfolg sei nicht voraussehbar gewesen. E. 73. 373. Andererseits schließt die Befolgung polizeilicher Vorschriften die Fahrl. nicht unbedingt aus. E. 65, 158; BayObLG. NJW. 54, 121. Genehmigung einer gewerblichen Anlage schützt nicht. GA. 37, 202. Hat ein Gewerbetreibender einen selbständig handelnden Stellvertreter bestellt, so kann dadurch seine eigne Verantwortlichkeit entfallen. GA. 44, 398. Ein Betriebsleiter braucht nicht alle Verrichtungen seiner Gehilfen unausgesetzt zu überwachen; es genügt, wenn er bei der Auswahl der bestellten Personen die erforderliche Sorgfalt anwendet und sich durch Stichproben von ihrer dauernden Zuverlässigkeit überzeugt. E. 57, 148; OLG. Hessen (Kassel) NJW. 48, 350. Wer eine wegen kindlichen Alters unerfahrene Person zu einer gefährlichen Verrichtung bestellt, hat die Rechtspflicht zur Abwendung des ihr drohenden Schadens. J R . 27 Nr. 82. Eine fahrlässige Tat verliert den Charakter einer strafb. Handlung nicht dadurch, daß der Täter bei vorsätzl. Begehung straflos gewesen wäre. Tötung durch Warnschüsse kann z. B. auch dann fahrl. Tötung sein, wenn der Beamte nach den Waffengebrauchvorschriften, statt zu warnen , die Waffe unmittelbar gegen den Gewarnten hätte gebrauchen dürfen. OLG. Frankfurt NJW. 50, 119.

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A §. Strafgesetzbuch. § 222

E i n z e l f ä l l e : Fahrlässige Tötung kann begehen, wer einem anderen Gelegenheit gibt, eine so große Menge Alkohol zu genießen, daß infolgedessen der Tod eintritt. GA. 39, 213, wenn der Bewirtende erkennt, daß der Bewirtete die eigene Beherrschung und das erforderliche Augenmaß nicht besitzt. RG. JW. 32, 3720. Fahrlässige Tötung kann ein sinnlos Betrunkener begehen, der sich in diesen Zustand versetzt h a t trotz des Bewußtseins, daß er darin zu Ausschreitungen neigt. RG. J W . 29, 2711. Wegen der Haftung des Gastwirts, der einem angetrunkenen Kraftfahrer Alkohol verabreicht, für die von diesem verursachten Verkehrsunfälle vgl RG. J W . 38,1241 und Anm. 5 a. E. zu § 330a. Ein Bademeister ist verpflichtet, jedem Hilferuf eines Badenden nachzugehen, auch wenn er ihn für einen Scherzruf hält. Recht 33 Nr. 650. Die gebotene Nichtzuziehung eines Arztes kann auch dann fahrlässig sein, wenn der Kranke einen Arzt nicht h a t haben wollen. RG. D J . 35, 1591. Ausnahmefall: E. 36, 78. Ein Krankenhausarzt, der einer Schwester die dem Kranken zu verabreichenden Medikamente angibt, muß sich vergewissern, ob sie seine Anordnungen richtig niedergeschrieben hat. Soweit ein Arzt die Durchführung angeordneter Maßnahmen einer geprüften Medizinalperson überläßt, darf er im allgemeinen davon ausgehen, daß sie das Maß von Kenntnissen besitzt, die in der Prüfung nachzuweisen sind; besondere Umstände, z. B. Kenntnis lückenhafter Ausbildung der Medizinalperson, können aber eine Erkundigungs- und Überwachungspflicht des Arztes bedingen. Bei Vornahme eines nicht unerheblichen Eingriffes muß der Arzt eine eigene Diagnose stellen und darf sich nicht auf bloßes Hörensagen verlassen. B G H St. 3, 91. Die Beschleunigung des Todes ist fahrlässige Tötung auch dann, wenn der tödliche Ausgang der Krankheit unabwendbar war. R. 10, 493; es genügt die Feststellung einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, daß das Leben bei sachgemäßer Behandlung verlängert worden wäre. E. 51, 127. Schonungslose Aufklärung eines gefährlichen Erkrankten kann u. U. ein ärztlicher Kunstfehler sein. E. 66, 181. Der Heilpraktiker (vgl. § 1 des Heilpraktikerges. v. 17. 2. 1939 — B I 5f —) muß eine gewissenhafte Selbstprüfung vornehmen, ob die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausreichen werden, die angetragene Aufgabe zu erfüllen; an die Erfüllung dieser Pflicht sind von der Rechtsprechung strenge Anforderungen zu stellen. RG. J W . 37, 2390. Wer die Heilung eines Kranken übernommen hat, sich aber nicht zurückzieht, wenn er sieht, daß durch seine Behandlung der Tod beschleunigt wird, macht sich strafbar, auch wenn der Kranke (bei einem Kinde dessen Eltern RG. J W . 32, 3349) mit der Behandlung einverstanden war. E. 50, 37. (Über einem die nicht approbierten Heilbehandler obliegenden Pflichten siehe E. 67, 12 und RG. D S t R . 36, 175). Ein nichtärztl. Heilbehandler ist nicht verpflichtet, ein allgemein als wirksam geltendes Heilmittel (Serum) anzuwenden, wenn seine persönliche Uberzeugung mit der überwiegenden Mehrheit nicht übereinstimmt. E. 64, 263. Anders, wenn bei einer Krankheit ein bestimmtes Mittel besonders wirksam ist, hinter das alle anderen Heilmittel erkennbar weit zurücktreten, wie z. B. Lebertherapie bei perniziöser Anämie. E. 74, 60, oder Serumbehandl. bei Diphtherie. OLG. Dresden H R R . 42 Nr. 827; OLG. Braunschweig NdsRpfl. 48, 92. Bei ernstlichen Erkrankungen darf sich ein Heilbehandler nicht mit unzureichenden Erkenntnisquellen, wie z. B. der Irisdiagnose, begnügen. RG. D R . 42, 1785. Die berufs- oder gewerbsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne ärztl. Approbation oder Heilpraktikererlaubnis ist strafbar nach § 5 Heilpraktikerges. — B I 5f —. Auch in der (nicht unter das Heilpraktikerges. fallenden) Übernahme einer Krankenbehandlung durch Gesundbeten kann Fahrlässigkeit liegen, wenn hierdurch der notwendige ärztliche Beistand ferngehalten wird. E. 59, 355. Fahrlässige Tötung durch K r a f t f a h r z e u g f ü h r e r wird regelmäßig mit Zuwiderhandlung gegen Vorschriften der StVO. u. StVZO. zusammentreffen; es wird deshalb in 1.Linie auf die Erläuterungen zu diesen Vorschriften verwiesen. Beispielshalber sei aus der umfangreichen Rechtspr. hervorgehoben: Die Fahrlässigkeit kann darin liegen, daß er in angetrunkenem Zustande oder im Zustande der Überanstrengung die Fahrt antritt. RG. JW. 31, 803; 36, 48 16 ; daß er die Lenkung auf verkehrsreichen Straßen übernimmt, ohne als Führer gep r ü f t zu sein. H R R . 30 Nr. 1558—dagegen ist derNichtbesitz des Führerscheins allein nicht maßgebend. RG. JW. 31, 886 — ; daß er die erforderliche Übung und geistige Fähigkeit. J W . 06, 607; oder wegen hohen Alters die nötige Spannkraft nicht besitzt. Dresden DRZ. 31 Nr. 442; daß er den Anforderungen der Geistesgegenwart nicht gewachsen ist. DRZ. 29 Nr. 879 — dieser Zustand muß ihm zum Bewußtsein gekommen sein. J W . 30. 1970. — oder daß er im selbstverschuldeten Schlaf den Wagen weiterführt. E. 60, 29; oder es unterläßt, mit einem unverständigen oder verkehrswidrigen Benehmen anderer Personen auf der Straße zu rechnen, jedoch nur, wenn er bei verständiger Überlegung aller gegebenen Umstände triftige Veranlassung hat, damit zu rechnen. E. 70, 71; 72, 55, insbesondere bei kleinen Kindern. RG. J W . 35, 3311 22 . RG. DR. 44, 443, und bei offensichtlich unachtsamen u. erkennbar gebrechlichen oder körperbehinderten Personen. BGHSt. 2, 229; 3, 49. Kopflosig keit braucht er nicht in Rechnung zu stellen. Kiel J W . 29, 2839 und 2840, Hamburg LZ. 31, 52; auch nicht mutwillige Herbeiführung des Zusammenstoßes. RG. J W . 32, 799; oder außerhalb der allgemeinen Erfahrung liegende Unbesonnenheiten, RG. JW. 36, 452, z. B. daß erwachsene Personen die Fahrbahn betreten, ohne sich vorher nach nahenden Fahrzeugen

2, Teil. 16. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider das Leben. § 222

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umgesehen zu haben. E . 70, 74; oder daß ein Kraftfahrer eine Geschwindigkeit beibehalte, bei der der Anhalteweg länger ist als die Sichtweite. B G H . V R S . 53, 44. Jedoch muß der Kraftfahrer auf einen Verkehrsteilnehmer, dessen verkehrswidriges Verhalten offen zutage liegt, Rücksicht nehmen. E . 71, 28. Der Vorfahrsberechtigte kann sich grundsätzlich darauf verlassen, daß der Vorfahrtspflichtige seine Pflicht erfüllt, wenn nicht aus besonderen Umständen erkennbar ist, daß der Pflichtige die Vorfahrt nicht einräumen will. R G . J W . 36, 461. Der Benutzer der Vorfahrtstraße (§ 13 Abs. 2 StVO.) braucht daher bei der Zufahrt auf eine Kreuzung seine Geschwindigkeit nicht deshalb herabzusetzen, weil er infolge des Häuserbestandes die Nebenstraße nicht einsehen kann. B G H . N J W . 53, 593. Der Vorfahrtpflichtige darf nicht ohne besonderen Anlaß annehmen, der Vorfahrtberechtigte werde freiwillig von seinem Vorfahrtrecht abstehen. E . 71, 80 und 164; er darf das Vorfahrtrecht des anderen nur dann unbeachtet lassen, wenn er die Sicherheit hat, den Schnittpunkt der Fahrbahnen bereits hinter sich zu haben, wenn der andere ihn erst erreicht. R G . J W . 37, 2400, wobei er bei einem übermäßig schnellfahrenden Vorfahrtberechtigten nicht ohne weiteres darauf vertrauen darf, dieser werde seine Geschwindigkeit rechtzeitig herabsetzen. B G H S t . 3, 54. Das Offenstehen einer Eisenbahnschranke befreit nicht von der Pflicht, sich umzusehen wie bei sonstigen Kreuzungen und sich im Rahmen dieser Umsicht zu vergewissern, ob kein Zug naht. E . 74, 320; im übrigen kann man sich auf Richtigkeit der Schrankenstellung verlassen. R G . D J . 38, 1881 mit Anm. Fritsch. Der Kraftfahrer, der auf der Autobahn ü b e r h o l e n will, hat sich rechtzeitig vor dem Wechsel auf die linke Seite zu vergewissern, ob sich nicht hinter ihm ein schnelleres Fahrzeug in Überholungsabsicht nähert, dessen Fahrer seinerseits auf eine etwaige Uberholungsabsicht des vor ihm Fahrenden zu achten hat. B G H . N J W . 54, 481. Fahrlässigkeit kann ferner darin liegen, daß der Fahrer nicht mit Scheu werden von Tieren rechnete. LZ. 30, 260; daß er sein Augenmerk nur auf eine Seite, nicht auf die ganze Breite der Fahrstraße. E . 70, 71, oder nicht auf die sich seitwärts der Fahrbahn abspielenden Vorgänge richtet. DRZ. 29 Nr. 579; daß er sich nicht einen Überblick über alle in Betracht kommenden Gefahrenquellen verschafft hat. Recht 32 Nr. 2004; oder Radfahrer und andere Wegbenutzer in einem seitlichen Abstand von nur 30 cm überholt. R G . J W . 35, 1909; — ein durch den Uberholenden gebildeter Engpaß von 1,30 m Breite ist aber im allgemeinen für einen erwachsenen verkehrssicheren Radfahrer nicht gefährlich. B G H S t . 1, 195 — . Beim Rückwärtsausfahren aus einem Grundstück auf die Straße muß der Kraftfahrer einen „Einwinker" zuziehen, wenn er nicht die Gewähr hat, die Fahrbahn in vollem Umfang zu übersehen. B G H S t . 2, 226. Ist die Sicht durch Nebelbildung, mangelnde Beleuchtung usw. beeinträchtigt, so muß der Fahrer die Geschwindigkeit so herabmindern, daß seine Bremsstrecke nicht größer ist als die übersichtliche Strecke der Fahrbahn. E . 76, 42; R G . D J . 40, 1091, 1171 (Ausnahmen kommen z. B . in Betracht bei Straßenbahnen in Außenbezirken von Städten auf eigenen Bahnkörpern. R G . a.a.O.). Doch dürfen die Anforderungen nicht so verschärft werden, daß damit praktisch der Gebrauch eines Kraftfahrzeugs zwecklos wird; es kann z. B . nicht verlangt werden, daß in geschlossenen Ortschaften auch bei Vorhandensein von Vorgärten und Zäunen die Geschwindigkeit grundsätzlich auf 10 km und weniger herabgesetzt werde, weil mit überraschendem Überqueren der Straße durch herauskommende Kinder zu rechnen sei. OLG. München N J W . 50, 556. Auch auf der Bundesautobahn muß der Fahrer mit dem plötzlichen Auftauchen unbeleuchteter Hindernisse rechnen und seine Fahrweise danach einrichten. E . 74, 73. Die sog. S c h r e c k s e k u n d e , Überraschungszeit, eine Zeitspanne, bis zu der eine Maßnahme getroffen werden kann, ist nur gegenüber einem nicht zu vermutenden Ereignis zuzugestehen. E . 65, 142; R G . J W . 34, 1656 (daher z. B . nicht, wenn während einer Fahrt bei Nacht Menschen auf der Straße vor ihm in seinen Gesichtskreis treten, weil damit immer zu rechnen ist. R G . D R . 39, 1714 oder wenn er schon vorher verkehrswidrig zu schnell gefahren ist OLG. München N J W . 50, 556). Hinzukommt die Reaktionszeit (0,4 bis 0,5 Sek.): Zeitablauf vom Erkennen der Gefahr bis zur Betätigung der Bremse. R G . J W . 33, 851 und 1661. Sie kommt auch dem zugute, der vorher unvorschriftsmäßig fuhr, denn auch der reaktionsbereite Fahrer braucht eine solche Überlegungszeit. OLG. München N J W . 50, 556. Rechtzeitig vor Eintritt der sog. B l i n d Sekunde, in der die Beleuchtung durch die Beleuchtung eines kreuzenden Kraftfahrzeugs absorbiert wird, muß der Fahrer Vorkehrungen treffen, um nach ihrem Ablauf gegebenenfalls vor einem etwa plötzlich sichtbar werdenden Hindernis rechtzeitig anhalten zu können. E . 70, 50; B G H S t . 2, 189; dagegen Müller, J W . 34, 1656. E r muß dabei auch mit der Möglichkeit rechnen, daß das begegnende Fahrzeug vorzeitig aufblendet. B G H S t . 1, 312 und daß Fußgänger sich verkehrswidrig auf der Fahrbahn aufhalten. OLG. Hamm JMB1. N R W . 52, 190. Der Beifahrer eines Lastkraftzuges ist zwar nicht für die Verkehrsicherheit des Wagens, wohl aber für die Beachtung der allgemeinen Verkehrssorgfaltspflicht verantwortlich. R G . Recht 42 Nr. 3870, dagegen nicht der Mitfahrer oder Bremser eines Anhängewagens. K G . J W . 27, 926. Dagegen ist der Fahrlehrer für Fahrlässigkeit des Fahrschülers verantwortlich. Fahrlässig handeln auch Führer von Kraftwagen der Feuerwehr, die keine Rücksicht auf andere Wegebenutzer nehmen.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 223

17. Abschnitt. § 223.

Körperverletzung*)

[Körperverletzung]

(1) Wer vorsätzlich einen anderen1) körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt2), wird wegen Körperverletzung mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen. E . 65, 158. D e r K r a f t f a h r z e u g h a l t e r k a n n fahrl. T ö t u n g d a d u r c h begehen, d a ß er das F a h r z e u g einer Person ohne Führerschein ü b e r l ä ß t . O L G . Oldenburg N J W . 50, 555, d a ß er beim Besuch einer G a s t s t ä t t e pflichtwidrig keine M a ß n a h m e n t r i f f t , seinen F a h r e r v o m Alkoholgenuß a b z u h a l t e n . B G H S t . 3, 175; d a ß er, wenn er m i t f ä h r t , den F a h r e r nicht zur Verl a n g s a m u n g der überschnellen F a h r t a n h ä l t . R G . GA. 53, 175; B a y O b L G . J W . 30, 2876 (doch ist er nicht verpflichtet, die einzelnen M a ß n a h m e n des F a h r e r s zu überwachen u n d auf die Strecke u n d Hindernisse aufzupassen. R G . GA. 62, 117; B G H . N J W . 53, 779), d a ß er sich nicht überzeugt, ob der F a h r e r zum verkehrssicheren F a h r e n körperlich i m s t a n d e ist. E . 71, 124. E i n Abweichen v o n der StraßenverkO. (z. B. d u r c h Rechtsüberholen) ist u n t e r b e s o n d e r e n U m s t ä n d e n n i c h t fahrlässig, wenn es nach menschlichem Ermessen völlig gefahrlos geschehen k a n n . R G . J W . 35, 3108; E . 73, 241. Die S t r a ß e n b a h n h a t zwar kein V o r f a h r t s r e c h t ; bewegliche Verkehrsteilnehmer müssen aber R ü c k s i c h t darauf nehmen, d a ß sie schwer beweglich ist u n d ihre Aufgabe, dem städtischen Massenverkehr nach festem F a h r p l a n zu dienen, nicht genügen k a n n , wenn sie sich auf belebten S t r a ß e n stets a n den G r u n d s a t z halten m ü ß t e , d a ß die Fahrgeschwindigkeit sich n a c h dem Bremsweg richten m u ß . B G H S t . 1, 192 (vgl. § 8 Abs. 6 StVO.). 3) A n m . 12 zu § 211. 4) Ursache des Erfolgs ist jede H a n d l u n g , die nicht w e g g e d a c h t werden k a n n , o h n e d a ß der Erfolg entfällt, gleichviel, ob neben ihr noch andere Bedingungen zur E r r e i c h u n g des Erfolgs mitgewirkt h a b e n (sog. Bedinungstheorie). E . 64, 316; B G H S t . 2, 24. Der ursächliche Z u s a m m e n h a n g wird d a h e r d u r c h ein Mitverschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Verletzten oder eines D r i t t e n nicht ausgeschlossen. R G . D R . 40, 1233, also z. B. nicht d a d u r c h , d a ß der Verletzte eine Operation verweigert. R G . J W . 30, 2962; 31, 940, d a ß der V a t e r des verletzten Kindes nicht rechtzeitig f ü r ärztliche Hilfe sorgt. R G . H R R . 27 Nr. 2249, oder d a ß d u r c h einen K u n s t f e h l e r des behandelnden Arztes die Verletzung zum T o d e f ü h r t . Verurs a c h u n g liegt selbst vor, wenn der Erfolg n u r d u r c h Z u t r i t t ganz ungewöhnlicher, a u ß e r h a l b jeder Berechnungsmöglichkeit liegender U m s t ä n d e z u s t a n d e k o m m t , z. B. der Verletzte wird a m T a t o r t , von d e m er sich nicht fortbewegen k a n n , v o m Blitz erschlagen, B G H S t . 1, 334); Anders nur, wenn eine Ursachenreihe nicht zur Auswirkung k o m m t , weil eine neue Ursachenreihe, u n a b h ä n g i g von der T ä t e r h a n d l u n g , selbständig den Erfolg bewirkt, O G H S t . 3, 99, z. B. A h a t dem B in Tötungsabsicht Gift beigebracht, aber noch bevor es zu wirken beginnt h a t , wird B von C getötet. OLG. Braunschweig. S J Z . 49, 131. Die bloße Möglichkeit, d a ß der Erfolg auch bei p f l i c h t g e m ä ß e m Verhalten aus a n d e r e n G r ü n d e n eingetreten wäre, schließt den Ü r s a c h e n z u s a m m e n h a n g n i c h t aus. E . 63, 211; B G H S t . 2, 24. U r s a c h e n z u s a m m e n h a n g zwischen einer U n t e r l a s s u n g u n d dem rechtsverletzenden Erfolg liegt vor, wenn die U n t e r lassung nicht h i n z u g e d a c h t werden k a n n , ohne d a ß der Erfolg m i t e i n e r a n S i c h e r h e i t g r e n z e n d e n W a h r s c h e i n l i c h k e i t entfiele. E . 75, 50. H a t die V o r n a h m e der unterlassenen H a n d l u n g i m a l l g e m e i n e n n u r b e s c h r ä n k t e Aussichten auf A b w e n d u n g des eingetretenen Erfolges (z. B. die A n w e n d u n g gewisser Heilmethoden f ü h r t n a c h ärztlicher E r f a h r u n g n u r bei einem Teil der K r a n k e n zur R e t t u n g ) , so m u ß der Richter prüfen, ob im E i n z e l f a l l die A b w e n d u n g des Erfolges m i t a n Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich gewesen wäre. E . 75, 372. Die A n f o r d e r u n g e n an die „ a n Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" d ü r f e n a b e r n i c h t ü b e r s p a n n t werden. Jedenfalls m u ß der, der fahrlässig die Möglichkeit der R e t t u n g eines Menschenlebens vernichtet, f ü r den eingetretenen Erfolg h a f t b a r g e m a c h t werden, w e n n eine n a c h L e b e n s e r f a h r u n g wohlbegründete Wahrscheinlichkeit besteht, d a ß die s c h u l d h a f t e Unterlassung den Erfolg herbeigeführt h a t . E . 75, 324. Die Unterlassung m u ß a b e r eine Rechtswidrigkeit gegenüber dem Verletzten e n t h a l t e n . E . 63, 392 (vgl. A n m . I a zu § 47). *) Vgl. Nr. 240ff. der „Richtlinien f ü r d a s S t r a f v e r f a h r e n " (1953). Z u § 2 2 3 : 1) Siehe A n m . 12 zu § 211. 2) a) M i ß h a n d l u n g ist jede n i c h t unerhebliche S t ö r u n g des körperlichen Wohlbefindens oder Beeinträchtigung der körperlichen U n v e r s e h r t h e i t d u r c h unangemessene

2. Teil. 17. Abschnitt. Körperverletzung. § 223

225

Einwirkung auf den Körper; Erregung von Schmerz, z. B . wegen Gefühllosigkeit des Mißhandelten, ist nicht erforderlich. E . 19, 136. Beispiele: gänzliche Vernachlässigung Pflegebefohlener. Recht 32 Nr. 1177; Beischlafsvollziehung mit einem jungfräulichen Mädchen. E . 56, 64; entstellendes Abschneiden der Haare odes des Bartes. B G H . N J W . 53, 1440 (die abw. E . 29, 58 ist durch die spätere Rechtspr. überholt); Erregung von Ekel durch Anspeien usw. GA. 58, 184; Recht 14 Nr. 2419. b) G e s u n d h e i t s b e s c h ä d i g u n g ist die Hervorrufung einer Krankheit (eines körperlichen Leidens) oder deren Verschlimmerung. E . 19, 226, und die Aufrechterhaltung von Schmerzen durch pflichtwidrige Unterlassung. E . 75, 165, z. B . die Versetzung in einen Rausch- oder Betäubungszustand, bei dem das Bewußtsein verloren geht, ohne Rücksicht auf die Dauer dieses Zustandes. R G . D R . 42, 333; B G H . N J W . 53, 952. Gesundheitsbeschädigung kann auch durch psychische Einwirkung verursacht werden, soweit sie eine innere Lebensfunktion stört und das körperliche Wohlbefinden beeinträchtigt, insbesondere soweit die Nerven in einen krankhaften Zustand versetzt werden (Versetzen in Willenlosigkeit). E . 64, 119. c) Tatbestandsmäßige Körperverletzung ist nach der Rechtsprechung des R G . E . 73, 257 auch die angemessene Z ü c h t i g u n g durch Erziehungsberechtigte (a. M. Würtenberger DRZ. 48, 291); die R e c h t s w i d r i g k e i t ist aber ausgeschlossen, wenn dem Täter ein Z ü c h t i g u n g s r e c h t zusteht. Art und Umfang des Züchtigungsrechts werden durch das allgemeine Sittengesetz, daneben gegebenenfalls noch durch Rechtsnormen (Gesetz- oder Verwaltungsvorschrift) bestimmt. Das Sittengesetz läßt keine quälerische, gesundheitsschädliche, das Anstands-, Ehr- oder Sittlichkeitsgefühl verletzende Behandlung zu; das Züchtigungsrecht endet, wo es mit dem Zweck der Erziehung nicht mehr vereinbar ist. E . 73, 257; OLG. Köln N J W . 52, 479. So ist z. B . sinnloses unbeherrschtes Prügeln unerlaubt, weil es die Persönlichkeit des Bestraften mißachtet und dem Erzieher die sittliche Überlegenheit nimmt. B G H . St. 3, 105; bei Minderj. im Alter von 19 oder mehr Jahren verbietet die Rücksichnahme auf ihr Ehrgefühl körperl. Züchtigung. OGHSt. 3, 152. Durch Rechtsnormen, die den Umfang des Züchtigungsrechts bestimmen, können die durch das Sittengesetz gezogenen Grenzen eingeschränkt, aber nicht erweitert werden. E . 73, 257. Im übrigen sind die Grenzen des Züchtigungsrechts nach der besonderen Lage jedes Einzelfalles zu bestimmen. E s kommt darauf an, ob die jeweilig gewählte Art und das angewendete Maß der Züchtigung sich innerhalb der Grenzen einer väterlichen Zucht gehalten hat. K G . GA. 61, 122. Das Züchtigungsrecht der E l t e r n (§ 1634 B G B . ) ist ein höchst persönliches. Stiefeltern haben kein eigenes Züchtigungsrecht. E . 42, 347. Ob einem E r w a c h s e n e n das Recht zusteht, f r e m d e Kinder, wenn ein Erziehungsberechtigter nicht anwesend ist, statt seiner bei Ungezogenheiten auf der Stelle zu züchtigen, ist streitig. R G . verneint und erkennt weder ein aus dem Recht der Eltern abgeleitetes Züchtigungsrecht. E . 76, 6 ; R G . D R . 44, 612, noch ein Züchtigungsrecht als Ausfluß des öffentlichen Rechts an. E . 61, 191. D a g e g e n überwiegend die OLGe. So unter dem Gesichtspunkt des a b g e l e i t e t e n Z ü c h t i g u n g s r e c h t s z. B . Naumburg J R . 25 Nr. 64. Nach Dresden, J W . 31, 1392 ist Voraussetzung für ein solches Recht, daß der Täter Grund zur Annahme hat, er handele im Sinne der Eltern und daß die Züchtigung nicht über das Maß einer vernünftigen Erziehungsmaßregel hinausgeht. Ebenso Hamm J W . 24, 137; Kiel J W . 25, 2159; K G . GA. 74, 300 (im Anschluß an eine Ungezogenheit oder strafbare Handlung oder zwecks Abwendung eines Notstandes). Ein Züchtigungsrecht als Ausfluß des öffentlichen Rechts bejahen OLG. Jena GA. 60, 498; K G . J W . 31, 1392. Das Züchtigungsrecht des L e h r e r s (vgl. dazu Redeiberger N J W . 52, 1158) ergibt sich unmittelbar aus dem Recht und aus der Pflicht der Erziehung; einer ausdrücklichen gesetzlichen Zulassung bedarf es nicht. E . 45, 1. Ist die Vornahme einer Züchtigung dem Lehrer durch Gesetz oder Verwaltungsanordnung verboten oder nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gestattet, so ist die bewußte Zuwiderhandlung vorsätzliche Körperverletzung ( § 340) R G . D R . 43, 580. Das Züchtigungsrecht der Volksschullehrer ist z.T. gesetzlich dahin geregelt, daß die Schulzucht niemals in einer Weise ausgeübt werden darf, die der Gesundheit des Kindes auch nur auf entfernte Art schädlich werden kann. E . 43, 281; K G . J W . 31, 1392 (38). Für höhere Lehranstalten fehlt es an Vorschriften solcher Art. Soweit nicht Verwaltungsvorschriften bestehen, richtet sich daher der Umfang des Züchtigungsrechts der Lehrer nach den allgemeinen Grundsätzen. Gegenüber Schülern höherer Klassen (z. B . Untersekundanern) steht es ihnen unbedingt nicht zu. E . 42, 142; 43, 277. Die Züchtigung ist jedenfalls dann nicht rechtswidrig, wenn der Lehrer von den Eltern hierzu ermächtigt wird. E . 61, 191. Ob der durch die objektiv feststehenden Handlungen zur Züchtigung Berechtigte v o m e r z i e h e r i s c h e n S t a n d p u n k t Anlaß zur Züchtigung überhaupt oder in dem angewendeten Maße gehabt hat, darüber entscheidet nicht der Strafrichter, sondern die Schulaufsichts- oder die Disziplinarbehörde. E . 65, 265. — G e i s t l i c h e haben Unterrichtsteilnehmern gegenüber kein Züchtigungsrecht. E . 67, 324; auch eine stillschweigende Übertragung des Züchtigungsrechts der Eltern auf den Konfirmanden- usw. Unterricht erteilenden Geistlichen ist nicht anzunehmen, weil es mit dem 15

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

226

A 2. Strafgesetzbuch. § 223 a

§ 223 a. [Gefährliche Körperverletzung] Ist die Körperverletzung mittels einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges 1 ), oder mittels eines hinterlistigen Überfalls 2 ), oder von mehreren gemeinschaftlich 3 ), oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung 4 ) begangen, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter zwei Monaten ein. Wesen der kirchlichen Tätigkeit unvereinbar wäre. E. 76, 3. Dagegen sind züchtigungsberechtigt Lehrer an den gewerblichen Fortbildungsschulen. E. 45, 1. Über das Züchtigungsrecht des Leiters einer Privaterziehungsanstalt gegenüber den ihr überwiesenen Fürsorgezöglingen siehe E. 42, 347. Der D i e n s t h e r r s c h a f t steht gegen die Dienstboten kein Züchtigungsrecht zu, Art. 95 EG. BGB. § 127a GewO., der dem L e h r h e r r n gegen die Lehrlinge ein Züchtigungsrecht in den Grenzen der väterlichen Zucht gewährte, ist durch Ges. v. 27. 12. 51 (BGBl. I S. 1007) aufgehoben. Irrt der Züchtigungsberechtigte über die tatsächlichen Voraussetzungen seines Züchtigungsrechts, so liegt nicht ein Verbots-, sondern ein Sachverhaltsirrtum (§ 59 StGB) vor, bei fahrlässigem Irrtum ist er daher nur wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar; irrt er dagegen über Bestand oder über Art und Umfang seines Züchtigungsrechts, so liegt ein Verbotsirrtum vor, und bei vermeidbarem Irrtum ist wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu strafen. B G H S t . 3, 165. d) Nach der Rechtsprechung des RG. stellt auch ein ä r z t l i c h e r E i n g r i f f , selbst wenn er nach allen Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen worden ist, objektiv eine Körperverletzung dar, deren Rechtswidrigkeit regelmäßig nur durch Einwilligung (§ 226 a) entfällt. E. 74, 91, 352; insbesondere bei Ausübung des zahnärztlichen Berufs, GA. 51, 69; beim homöopathischen Heilbehandler. JW. 30, 1595 (vgl. Anm. 2 zu § 222). Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Einwilligung (z. B. wegen Bewußtlosigkeit) nicht eingeholt werden kann und Gefahr im Verzuge ist. RG. D J . 36, 1502. Mit Frank S. 459 und LK. I I I 2 ist anzunehmen, daß der nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommene Eingriff weder Mißhandlung noch Gesundheitsbeschädigung sein kann, daß sich der Arzt aber u. U. wegen Nötigung strafbar macht. Siehe auch Anm. 1 zu § 226 a. e) Ist eine Festnahme (§ 127 StPO.) nicht ohne Körperverletzung erreichbar, so ist die körperliche Einwirkung nicht rechtswidrig, wenn sie steh innerhalb der durch die Sachlage gezogenen Grenzen hält. E. 65, 392; 69, 311. Auch ein P o l i z e i b e a m t e r h a t nicht das Recht, bei einer Festnahme jede Art und jedes Maß von Gewalt anzuwenden. RG. J W . 13, 157. § 223 a: 1) Waffe ist hier nicht im techn. Sinn ( = Gegenstand, der seiner Art nach zur Verwendung bei Angriff und Verteidigung geeignet und allgemein dazu bestimmt ist — Schuß-, Hieb- und Stoßwaffe —) zu verstehen, sondern umfaßt auch das „gefährliche Werkzeug". Gef.Werkz. ist eine bewegliche Sache, die durch menschliche Körperkraft (gegen den Körper des anderen) in Bewegung gesetzt wird, wenn sie nach ihrer objektiven Beschaffenheit und der Art ihrer Benutzung geeignet ist, erheblichere Körperverletzungen hervorzurufen. E. 24, 372, gleichgültig ist, ob die verletzende Einwirkung auf mechanischem oder chemischen Wege (z. B. bei Begießen mit ätzender Säure) erfolgt. BGHSt. 1, 2 (in Abkehr von der Rechtspr. des RG. das mechanische Verletzung forderte. RG. DR. 40, 1937). Beispiele: ein Schuh am Fuß, ein Teppichklopfer. RG. DR. 43, 754, siedend heißes Wasser. RG. J R . 26 Nr. 1785, ein Stock. BGH. N J W . 53, 754; ein Gummiknüppel; ein Weinschlauch, wenn er zu Schlägen gegen bes. verletzliche od. empfindl. Organe oder Körperteile verwendet wird. BGHSt. 3,109. Wegen Gaspistolen s. BGH. N J W . 53, 952. Gleichgültig ist, ob das Werkzeug an den Verletzenden geführt, oder ob der zu Verletzende an das Werkzeug gebracht wird, z.B. durch Stoßen an ein Faß. Recht 7, 269. Ein gehetzter Hund gehört nicht hierher, da nicht durch menschl. Körperkraft in Bewegung gesetzt; es kann aber eine das Leben gefährdende Behandlung vorliegen. R. 8, 724; OLG. Köln JMB1. NRW. 52, 81. 2) Überfall ist ein überraschender, unvermuteter Angriff. E. 65, 66. E r ist hinterlistig, wenn der Täter unter Verdeckung seiner wahren Absicht mit List handelt. E. 22, 311; indem er z. B. Friedfertigkeit vortäuscht. Hinterlistig ist aber der Überfall nicht schon um deswillen, weil er von hinten ausgeführt ist. E. 65, 65. Handeln im Affekt schließt im allgemeinen Hinterlist aus. OLG. Hamm H E S t . 2, 293. 3) Mittäterschaft von mindestens 2 Personen ist erforderlich; Anstiftung und Beihilfe zur Tat eines anderen genügen nicht. BGH. LM. Nr. 2 zu § 223 a; OLG. Hessen (Kassel)

2. Teil. 17. Abschnitt. Körperverletzung. § 223b

227

§ 223b 1 ). [Mißhandlung Pflegebefohlener] (1) Wer Kinder, Jugendliche oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit Wehrlose2), die seiner Fürsorge oder Obhut s ) unterstehen oder seinem Hausstand 4) angehören oder die von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder durch ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis von ihm abhängig sind, quält 6 ) oder roh mißhandelt 6 ) oder wer durch böswillige7) Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt8), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. H E S t . 2, 181. Eine vorausgegangene Abrede ist nicht nötig, der einzelne muß sich nur bewußt sein, daß mehrere zusammenwirken. R . 4, 715. Eine bloß gleichzeitige Begehung genügt nicht. E . 23, 196. — Die Annahme einer gemeinschaftlichen Körperverletzung bedingt nicht notwendig die Anwendung desselben Strafgesetzes, es kann vielmehr der eine Täter aus § 223 a, der andere aus § 224 bestraft werden. E . 21, 267. Siehe auch E . 44, 321. 4) Nicht der eingetretene Erfolg, sondern die Art und Weise der VerÜbung der T a t ist entscheidend. E s genügt daher, daß die Behandlung objektiv (wegen ihrer allgemeinen Gefährlichkeit) g e e i g n e t war, das Leben — nicht nur die Gesundheit — zu gefährden; es braucht nicht tatsächlich eine Lebensgefahr vorgelegen zu haben. R G . H R R . 29 Nr. 1799; J W 32, 3350; B G H St. 2, 163; str. Zum Vorsatz gehört die Kenntnis der Umstände, aus denen sich objektiv die Gefährdung ergibt, dagegen ist das Bewußtsein der Lebensgefährdung nicht erforderlich. R G . J W . 32, 3350. Eine lebensgefährdende Behandlung kann z. B . in der Verleitung eines Schwerkranken durch einen Heilbehandler liegen, eine sachgemäße und wirksame Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen. R G . J W . 35, 2735. Zu § 2 2 3 b : 1) Eingefügt durch Gesetz v. 26. 5. 1933-(RGB1. I S. 295). § 223b ist ein qualifizierter Fall der Körperverletzung, nicht ein selbständiger besonderer Tatbestand (str.; die Streitfrage hat aber durch die Neufassung des § 228 wesentlich an Bedeutung verloren). 2) Kind, Jugendl.: siehe § 1 J G G . ; Gebrechlichkeit, Krankheit: siehe Anm. 1 zu § 221. Wehrlos ist, wer sich gegen eine Mißhandlung überhaupt nicht oder nicht mit genügender Stärke wehren kann. Wehrlos und hilflos (§ 221) sind verschiedene Begriffe: wer sich einer Mißhandlung durch Flucht entziehen kann, ist nicht hilflos, kann aber wehrlos sein. 3) Der F ü r s o r g e des Täters untersteht das Opfer, wenn es von dem Täter abhängig und dieser für sein Wohl zu sorgen verpflichtet ist. Der O b h u t untersteht es, wenn der Täter die Pflicht zur unmittelbaren körperlichen Beaufsichtigung hat: Stiefeltern obliegt eine Sorgepflicht gegenüber den Stiefkindern, wenn sie die Fürsorge für diese übernommen haben. OLG. Celle D J . 39, 572. 4) Der Täter muß Haushaltungsvorstand sein. Das kann auch die Ehefrau sein, wenn sie tatsächlich die maßgebende Person im Haushalt ist. E . 73, 391. 5) Quälen bedeutet Verursachung länger dauernder oder sich wiederholender erheblicher körperlicher oder seelischer Schmerzen und Leiden, worauf es dem Täter besonders ankommt. R G . DR. 45, 23; OLG. Kiel D J . 34, 582. § 223b fordert Vorsatz. R G . J W . 35, 527. 6) Roh ist die Mißhandlung, welche einer gefühllosen, gegen die Leiden des Opfers gleichgültigen Gesinnung entspringt. Die gefühllose Gesinnung braucht keine dauernde Charaktereigenschaft zu sein, kann vielmehr auch vorliegen, wenn der Täter gereizt und dadurch zu dem Vorgehen gegen den Mißhandelten hingerissen worden ist. R G . DR. 40, 26; anders, wenn der Täter in augenblicklicher Aufwallung über eine ihm zugefügte Kränkung R G . D R . 44, 330 oder bei Ausübung des Züchtigungsrechts in großer Erregung über schwere Ungehörigkeiten des Gezüchtigten handelt. B G H S t . 3, 109. Die Verwendung besonders gefährlicher Werkzeuge macht allein die Mißhandlung nicht zu einer rohen. R G . D R . 44, 724. Die Mißhandlung braucht keine grobe. OLG. Kiel D J . 34, 582; der zugefügte Schmerz also nicht erheblich zu sein. Schönke IV 2; a. M. R G . D R . 44, 330. Vgl. § 1 des Tierschutzgesetzes, unter B I I 8. 7) Böswillig handelt, wer trotz klarer Erkenntnis seiner Pflicht den Fürsorgeberechtigten aus verwerflichem Beweggrund (z. B . Haß, Bosheit, Lust an fremden Leid, Geiz, Eigennutz, Gewissenlosigkeit) an der Gesundheit schädigt, dagegen nicht, wer seine Pflicht aus Schwäche, Gleichgültigkeit, Gefühlskälte oder Sorge um die Erhaltung der eignen Existenz verletzt. E . 72, 118; 73, 391; B G H S t . 3, 20. Hinsichtlich der Gesundheitsschädigung genügt bedingter Vorsatz. R G . a.a.O. 8) Gesundheitsschädigung liegt schon vor, wenn die gesunde Entwicklung des Kindes beeinträchtigt oder gehemmt wird. E. 76, 371. Tritt keine Gesundheitsbeschädigung ein, so kann § 170d anwendbar sein. Vgl. noch § 24 Abs. 3 des Jugendschutzgesetzes, unter B . V 6 . 15*

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A 2. Strafgesetzbuch. § 224

(2) In besonders schweren Fällen 9 ) ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren.

§ 224. [Schwere Körperverletzung] Hat die Körperverletzung zur Folge 1 ), daß der Verletzte ein wichtiges Glied2) des Körpers, das Sehvermögen auf einem oder beiden Augen 3 ), das Gehör4), die Sprache6) oder die Zeugungsfähigkeit6) verliert, oder in erheblicher Weise dauernd entstellt 7 ) wird, oder in Siechtum 8 ), Lähmung9) oder Geisteskrankheit10) 9) Es bedarf einer Wertung der Tat in ihrer Gesamtheit; dazu gehört in allen Fällen die Würdigung der Persönlichkeit des Täters und der Verhältnisse, die ihn zu seiner T a t gef ü h r t haben. RG. D J . 38, 378. Wegen des Verhältnisses zu § 224 siehe dort Anm. 1 am Ende. Z u § 224: 1) Der schwere Erfolg muß durch eine vorsätzl. Körperverletzung verursacht (vgl. Anm. 4 zu § 222) und er muß als Folge dieser Körperverletzung mindestens vorhersehbar gewesen sein (§ 56; vgl. dazu Anm. 1 zu § 222). Der Teilnehmer an der Körperverletzung haftet für den schweren Erfolg nur, wenn für ihn der eingetretene Erfolg mindestens voraussehbar war. Die aufgeführten Zustände müssen zwar zur Zeit der Urteilsfällung bereits eingetreten sein, brauchen aber zu dieser Zeit nicht noch fortbestehen. E. 44, 59 und J R . 26 Nr. 110. — Zu § 223a und § 223b besteht Gesetzeskonkurrenz. RG. D J . 39, 1085. Liegen die Voraussetzungen des § 223b Abs. 2 vor, so darf der Richter bei der Strafzumessung aus § 224 nicht hinter der Mindeststrafe des § 223b Abs. 2 zurückbleiben. RG. a.a.O. 2) Als Glied kommt nur ein in sich abgeschlossener Körperteil in Betracht, der eine selbständige Funktion im Organismus hat. R. 3, 126; E. 52, 92. Ob das Glied wichtig ist, hängt davon ab, welche Bedeutung es im allgemeinen für den Gesamtorganismus hat. E. 6, 346; nicht davon, welchen Wert es für den Verletzten nach seinen individuellen Lebensumständen besaß. E. 64, 201. Wichtige Glieder sind nicht: zwei Glieder eines Fingers. R. 5, 403 und GA. 52, 91; auch nicht der rechte Goldfinger. E. 62, 161; wohl aber der rechte oder linke Daumen, oder ein Glied davon, wenn die ganze Hand gebrauchsunfähig wird. Recht 10» 65; GA. 53, 74. Verlust bedeutet: völlige Lostrennung vom Körper. E. 3, 33. 3) Sehvermögen ist die Fähigkeit, mittels des Auges Gegenstände, wenn auch nur auf kurze Entfernung, wahrzunehmen. E. 58, 173. Eine, wenn auch schwere Herabminderung der Sehschärfe genügt nicht. E. 71, 119. Jedoch ist Herabminderung des Sehvermögens auf einen praktisch bedeutungslosen Bruchteil (V«o) der Erblindung gleichzusetzen; aber nur, wenn der Zustand einen längeren Zeitraum (nicht nur drei Monate und weniger) hindurch besteht und seine Heilung sich entweder überhaupt nicht oder doch nicht der Zeit nach bestimmen läßt. E. 72, 321. § 224 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß möglicherweise die Sehkraft durch Operation wiederhergestellt werden kann. E. 27, 80. 4) Gehör ist die Fähigkeit, artikulierte Laute zu verstehen; sie muß auf beiden Ohren fehlen. 5) Sprache ist die Fähigkeit zu a r t i k u l i e r t e m Reden. 6) Die Zeugungsfähigkeit umfaßt die Empfängnisfähigkeit der Frau. RG. J W . 33, 2911. 7) Erhebliche Entstellung liegt vor, wenn die äußere Gesamterscheinung wesentlich verändert ist. Sie kann sich aus der Änderung der normalen Lage eines Körperteils ergeben, besonders, wenn dadurch das Gesicht betroffen wird. RG. J W . 32, 1744. Auch eine wesentliche Steigerung der vorhandenen Unschönheit der Gesamterscheinung ist Entstellung. E. 39, 417. Beispiele: Verletzung des Unterkiefers. RG. J W . 28, 2232; Narbenbildung am Halse. H R R . 33 Nr. 1057; Verlust eines größeren Teils der Ohrmuschel. LZ. 33, 1339; oder mehrerer Vorderzähne. RG. D J . 38, 427. Möglichkeit der Verdeckung durch künstliche Mittel ist unerheblich. E. 14, 344; R G H R R . 33 Nr. 1507; Schönke DRZ. 50, 570. 8) Siechtum erfordert einen chronischen Krankheitszustand, welcher, den Gesamtorganismus des Verletzten ergreifend, eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, ein Schwinden der Körperkräfte und Hinfälligkeit zur Folge hat, dessen Heilung überh a u p t oder doch der Zeit nach sich nicht bestimmen läßt. E. 72, 321, 346; auch Schwinden der Geisteskräfte, wenn dadurch ein Zustand der Hinfälligkeit hervorgerufen wird. DRZ. 29 Nr. 881. Vgl. Anm. 10. Völliger Verlust der Arbeitsfähigkeit kann als Verfall in Siechtum angesehen werden. E. 72, 345. 9) Lähmung erfordert die Störung einer wichtigen Funktion in dem Bewegungsapparate des Körpers, eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit, die den ganzen Körper in Mitleidenschaft zieht. R. 6, 565; RG. J W . 29, 2270. Lähmung eines Knies genügt nicht. Recht 28 Nr. 75. Doch kann bei einem Handwerker völlige Bewegungslosigkeit des rechten Armes „ L ä h m u n g " bedeuten. RG. JW. 30, 1596. Unheilbarkeit ist nicht

2. Teil. 17. Abschnitt. Körperverletzung. §§ 225—226b

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verfällt, so ist auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis nicht unter einem Jahre zu erkennen11). § 225. [Absichtliche schwere Körperverletzung] War eine der vorbezeichneten Folgen beabsichtigt1) und eingetreten, so ist auf Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren zu erkennen. § 226. [Körperverletzung mit tödlichem Ausgang] Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden1), so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängnis2) nicht unter drei Jahren zu erkennen. § 226 a. [Einwilligung des Verletzten] Wer eine Körperverletzung1) mit Einwilligung2) des Verletzten3) vornimmt, erforderlich; es genügt ein lange andauernder Krankheitszustand, dessen Beseitigung sich entweder gar nicht oder doch der Zeit nach nicht bestimmen läßt. E . 21, 223; RG. J W . 32, 1744. 10) Auch die Geisteskrankheit (vgl. Anm. 4 zu § 51) braucht nicht unheilbar zu sein. E . 27, 93; sie braucht auch nicht zur Zeit der Aburteilung noch fortzudauern. E . 44, 59. A. M. Frank XI 7; sie darf aber nicht nur kurz vorübergehend sein. 11) Einen Versuch dieses Verbrechens gibt es nicht. E . 9, 67. Zu § 2 2 5 : Nicht Absicht im technischen Sinn; Vorsatz (mit Ausschluß des bedingten) genügt. Versuch ist möglich und braucht nicht zu einer vollendeten einfachen Körperverletzung geführt zu haben. E . 61, 180. Wenn die Verstümmelung auf Verlangen des Verletzten erfolgt, so kann bei diesem Anstiftung vorliegen. RG. DRZ. 32 Nr. 444 (vgl. § 226 a). Zu § 226: 1) Der Vorsatz des Täters darf sich nur auf die Körperverletzung, nicht auf die Todesfolge beziehen; der Tod muß aber als Folge der Körperverletzung voraussehbar gewesen sein (§ 56). Auch Teilnehmer an der Körperverletzung (Mittäter, Anstifter, Gehilfen) werden aus § 226 nur bestraft, wenn der Tod als Folge der Körperverletzung für sie voraussehbar war, und zwar auch dann, wenn zwar der Teilnehmer, nicht aber der Haupttäter bezgl. der Todesfolge fahrlässig gehandelt hat (§50 Abs. 1). Hat der zur Körperverletzung Angestiftete, über die Vorstellung des Anstifters hinaus, vorsätzlich getötet, so ist der Anstifter nach § 226 strafbar, wenn der Anstiftungsexzes für ihn voraussehbar war. Verursachen: s. Anm. 4 zu § 222. Wird nicht durch die vorsätzliche Körperverletzung, sondern durch eine andere, wenn auch damit in Zusammenhang stehende Handlung, der Tod verursacht, so entfällt § 226. (Beispiel: A versetzt dem B mit einem geladenen Gewehr lediglich einen Stoß. Dabei gerät er versehentlich an den Abzug, der Schuß löst sich und tötet B). E. 44, 137; OGHSt. 2, 335; es kann dann, wenn bezgl. der Tötung Fahrlässigkeit gegeben ist, Tateinheit oder Tatmehrheit zwischen Körperverletzung und § 222 vorliegen. — Tateinheit von § 226 mit § 222 ist ausgeschlossen, da § 226 ein qualifizierter Fall des § 222 ist (Gesetzeskonk.). Auch zu § 223a besteht Gesetzeskonkurrenz. E . 36, 277; 70, 359; OHGSt. 1, 113; ebenso zu § 223b. E . 70, 359, und zwar auch, wenn die Tat durch seelisches Quälen begangen wird (Verursachung des Selbstmords des Gequälten) RG. D R . 45, 22. — Verursacht der Täter durch die Körperverletzung fahrlässig oder unverschuldet Todesgefahr für den Verletzten und unterläßt er auf Grund neuen Entschlusses vorsätzlich Rettungsmaßnahmen, so liegt Tatmehrheit zwischen Körperverletzung und dem Tötungsdelikt vor. 2) Neben Gefängnis kein Ehrverlust. R G . DRZ. 32 Nr. 363. Zu § 2 2 6 a : 1) § 226a bezieht sich auf a l l e vorsätzlichen und fahrlässigen Körperverletzungen; nicht nur auf die leichten vorsätzlichen des § 223. Bei fahrl. Tötung gibt es (arg. § 216) keine Einwilligung. B G H . N J W . 53, 912. 2) Die Einwilligung muß vor der Tat erteilt sein; braucht aber nicht ausdrücklich erklärt zu werden. Begr. z. Entw. StGB. 27, 134. Eine rechtswirksame Einwilligung kann nur erklären, wer volle Einsicht in die Bedeutung der vorzunehmenden Körperverletzung hat, also in der Regel nicht der Geisteskranke, während jugendliches Alter eine wirksame Einwilligung nicht ohne weiteres ausschließt (siehe dazu Anm. 1 zu § 216). Eine rechtswirksame Einwilligung ist aber auch ausgeschlossen, wenn der Verletzte, ohne daß Zurechnungsunfähigkeit vor-

230

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 226 b, 227

handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten 4 ) verstößt.

§ 226 b1) § 227. [Schlägerei] Ist durch eine Schlägerei1) oder durch einen von mehreren gemachten Anliegt, aus anderen Gründen (z. B. infolge Angetrunkenheit oder weil er sich einer Zwangslage entziehen will) nicht die nötige Urteilskraft oder Gemütsruhe besitzt, um die Tragweite seiner Erklärung zu erkennen und das Für und Wider frei und verständig abzuwägen. BGH. N J W . 53, 912, 1072. Unbeachtlich ist weiter eine durch Täuschung erschlichene oder durch Drohung herbeigeführte Einwilligung, Eine rechtswidrigkeitsausschließende Einwilligung setzt im übrigen voraus, daß der Einwilligende eine zutreffende Vorstellung vom voraussichtl. Verlauf und den möglichen Folgen des zu erwartenden Eingriffs hatte; die Einwilligung deckt nur Eingriffe, die sich nach Art und Maß in deren Rahmen halten. BGH. a.a.O. Hat der Arzt vor der Operation mit dem Leidenden in großen Zügen den Eingriff, wie er ihn auf Grund des festgestellten Befundes erwarten darf, und seine Folgen besprochen, und dieser sich einverstanden erklärt, so darf der Arzt das Einverständnis mit allem annehmen, was dem mit der Operation verfolgten Ziele entspricht und mit den Regeln der ärztl. Kunst vereinbar ist. RG. DR. 40, 684. Die Teilnahme an einer von einem angetrunkenen Kraftfahrer ausgeführten Autofahrt bedeutet allein keine stillschweigende Einwilligung in die dabei durch Unfälle verursachte fahrl. Körperverletzung des Teilnehmers. OLG. Hamm JMB1. N R W . 51196. 3) Oder seines gesetzlichen Vertreters. 4) Entscheidend ist nicht, ob die Einwilligung, sondern ob die T a t gegen die guten Sitten verstößt. RG. DR. 43, 579. Die guten Sitten decken sich mit dem Anstandsgefühl aller gerecht und billig Denkenden. RG. JW. 38, 30. Die Tat verstößt, da das unbestimmte Merkmal aus rechtsstaatlichen Gründen zugunsten des Täters eng ausgelegt werden muß, nur dann gegen die guten Sitten, wenn sie nach dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden z w e i f e l l o s s t r a f w ü r d i g e s Unrecht ist. BGH. N J W . 53, 473. Wirkungslos ist danach die Einwilligung eines Masochisten in die Körperverletzung. RG. J W . 29, 1015; H R R . 31 Nr. 1611; eines dem Knabenalter entwachsenen Jugendlichen in die Züchtigung durch Schläge auf das entblößte Gesäß. RG. DR. 43, 234, einer Frau zur Vornahme ärztlicher Handlungen an ihrem Geschlechtsteil, die für den erstrebten Heilerfolg nicht unabweisbar notwendig sind. E. 74, 91, eines Süchtigen in die medizinisch nicht gebotene Verschreibung schädigender Betäubungsmittel durch einen Arzt. E. 77, 20. Dagegen ist bei Bestimmungsmensuren mit Schlägern die Einwilligung beachtl. BGH. N J W . 53, 473. Über Einwilligung in Verletzungen beim Sport siehe Becker, D J . 38, 1720. Ein polizeilich genehmigter Boxkampf ist an sich nicht sittenwidrig. E r — sowie jeder andere an sich zulässige — Sportkampf wird aber sittenwidrig, wenn es zu groben Verstößen gegen die anerkannten Sport- oder Kampfregeln kommt. Sittenwidrig ist erst recht ein Kampf, der von vornherein ohne Beachtung irgendwelcher Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt werden soll. BGH. N J W . 53, 912. Körperliche Auseinandersetzungen, bei denen nicht die Kräfte und Geschicklichkeiten nach Art eines Sportkampfs gemessen, sondern lediglich Feindseligkeiten ausgetragen werden sollen, sind grundsätzlich sittenwidrig. BGH. a.a.O. Ein Irrtum über Vorhandensein, Umfang und rechtliche Bedeutung einer Einwilligung ist nach den Umständen Tatbestands- oder Verbotsirrtum. B G H . a.a.O. (vgl. Anm. 1 zu § 59). Z u § 226 b : 1) § 226 b betr. die Zerstörung der Zeugungs- und Gebärfähigkeit bei sich selbst oder bei einem anderen mit dessen Einwilligung, beruhte auf § 6 der VO. v. 9. 3. 1943 (RGBl. I S. 140) und war durch § 3 der VO. v. 18. 3. 1943 (RGBl. I S .169) in das StGB, eingefügt. Aufgehoben durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. Die Zulässigkeit einer Sterilisation (Kastration) mit Einwilligung des Betroffenen zu Heilzwecken bemißt sich jetzt nach § 14 ErbgesGes., soweit es noch gilt (vgl. Anm. 1 zu § 218), sonst nach § 226a. Als zulässiger Eingriff zu Heilzwecken ist mit Eb. Schmidt JZ. 51, 65 ff. auch die mit Einwilligung des Betroffenen erfolgende Entfernung der Keimdrüsen zur Beseitigung eines entarteten Geschlechtstriebes anzusehen. Ebenso ermöglicht § 226 a die eugenische Sterilisation eines Einwilligenden, falls er an einer schweren Erbkrankheit leidet oder Anlageträger einer solchen ist u. nach den Lehren der ärztl. Wissenschaft bei seiner Nachkommenschaft mit größter Wahrscheinlichkeit schwere körperl. od. geistige Erbschäden vorauszusehen sind. Ob u. inwieweit § 226 a eine Sterilisation aus sozialen Gründen (zur Verhinderung von Nachkommenschaft wegen ernster wirtschaftlicher Notlage der Eltern) zuläßt, ist zweifelhaft (vgl. Eb. Schmidt a.a.O.) Z u § 227: 1) Schlägerei ist ein Streit mit gegenseitigen Körperverletzungen, an dem mindestens 3 Personen teilnehmen. RG. J W . 38, 3157. Daß jeder der Beteiligten Tätlichkeiten

2. Teil. 17. Abschnitt. Körperverletzung. § 227

231

griff 2 ) der Tod eines Menschen3) oder eine schwere Körperverletzung (§ 224) verursacht4) worden, so ist jeder, welcher sich an der Schlägerei oder dem Angriffe beteiligt 6 ) hat, schon wegen dieser Beteiligung mit Gefängnis bis zu drei Jahren zu bestrafen, falls er nicht ohne sein Verschulden6) hineingezogen worden ist. (2) Ist eine der vorbezeichneten Folgen mehreren Verletzungen zuzuschreiben, welche dieselbe nicht einzeln, sondern nur durch ihr Zusammentreffen verursacht haben7), so ist jeder, welchem eine dieser Verletzungen zur Last fällt, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen8). zufügt oder davon betroffen wird, ist nicht erforderlich. E. 59, 107. Mehrere Einzelakte bilden eine einheitliche Schlägerei, wenn sie im wesentlichen gleichartige Auswirkungen derselben Erregung sind. RG. GA. 68, 275; die mehreren Einzelakte brauchen sich dann nicht am gleichen Ort und zur gleichen Zeit abzuspielen. E. 3, 236; RG. JW. 32, 948. 2) Angriff ist eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung. E. 59, 264. Bloßes Drohen (z. B. durch Abgabe eines Schreckschusses in die Luft) genügt nicht. R. 10, 505; es ist aber nicht erforderlich, daß einer der Angreifer den Gegner körperlich verletzt hat. Handlungen nach Beendigung des Angriffs fallen nicht hierunter, auch wenn sie ohne den Angriff nicht geschehen wären. E. 61, 272. Der Angriff muß durch mehrere gemeinschaftl. erfolgen; er kann sich gegen einen einzelnen Menschen richten und aus äußerlich und zeitlich getrennten Einzelnhandlungen bestehen, sofern Einheitlichkeit des Angriffs, des Angriffsgegenstandes und des Angriffswillens der Angreifer besteht. B G H S t . 2, 162. 3) Gleichviel ob des Angreifers, des Angegriffenen oder eines unbeteiligten Dritten. E. 9, 148. 4) Verschulden eines Beteiligten ist nicht erforderlich. § 56 ist hier unanwendbar, da Tod oder schwere Körperverletzung Bedingung der Strafbarkeit der Beteiligung, nicht Strafschärfungsgrund ist. Es genügt, daß der Tod oder die Verletzung mit der Schlägerei in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Deshalb findet § 227 auch Anwendung, wenn ein Beteiligter durch eigenes Versehen seinen Tod oder seine Verletzung herbeigeführt hat. E. 11, 237. 5) Teilnahme im Sinne des § 47 ist nicht erforderlich. E. 59, 265. Beteiligt an einer Schlägerei ist jeder, der anwesend war und physisch oder geistig bei dem Schlagen mitgewirkt hat. E. 5, 170; entsprechendes gilt für die Beteiligung beim Angriff. B G H S t . 2, 163. Auf die Art der entfalteten Tätigkeit kommt es nicht an. E. 3, 265; R. 5, 447; auch das freiwillige Verbleiben mit dem Willen, die eigene Partei durch sein Dasein zu unterstützen, ist Beteiligung. RG. J W . 32, 948. Beteiligt am Raufhandel ist auch, wer erst eingreift, nachdem das Opfer die tödliche Wunde schon empfangen hat, falls die Vorgänge, an denen der Täter teilnimmt, mit den vorangegangenen eine Einheit bilden. E. 72, 73. Dagegen ist nicht nach § 227 strafbar einer von drei Beteiligten, der seine Beteiligung an einer Schlägerei aufgibt, bevor die Tötung oder Körperverletzung verursacht worden ist. RG. J W . 38, 3157. Die bloße Abwehr des lediglich Angegriffenen ist keine Beteiligung. R. 9, 584. 6) Trotz der negativen Fassung ist die positive Feststellung erforderlich, daß der Täter schuldhaft in den Raufhandel hineingezogen wurde. R. 9, 584; E. 65, 340. Z. B. indem er durch aufreizendes Verhalten den Angriff des Gegners herausforderte. RG. H R R . 33 Nr. 441. Nicht ist genügend die Feststellung, daß der Angeklagte die Schlägerei „ m i t veranlaßt habe". Recht 11, 465. Ohne sein Verschulden in die Schlägerei hineingezogen ist der, den wegen seiner Beteiligung an der Schlägerei von ihrem Anfange bis zum Ende keine Schuld trifft. E. 30, 281; auch der, der aus gerechtfertigter Ehren-Notwehr mit den Tätlichkeiten beginnt. J R . 27 Nr. 85, oder unter dem Gesichtspunkt der Nothilfe oder der vermeintlichen Nothilfe eingreift. RG. J W . 34, 763; oder einem auf öffentlicher Straße drohenden Angriff nicht ausgewichen ist. E. 65, 163. Der schuldhaft Beteiligte kann sich wegen seiner Beteiligung nicht auf Notwehr berufen, wohl aber hinsichtlich anderer Straftaten (Totschlag, Körperverletzung), die er während der Schlägerei aus Notwehr begeht. E. 32, 33; 59, 266. Wer seinen Willen kundgegeben hat, sich an dem Raufhandel nicht mehr zu beteiligen und trotzdem angegriffen wird, ist von diesem Augenblick an schuldlos hineingezogen und kann sich auch wegen seiner Beteiligung auf Notwehr berufen. E. 73, 341. Tateinheit mit §§ 224, 226 ist möglich. 7) Es muß sich um vorsätzliche Verletzungen durch verschiedene Täter handeln. E. 59,111; die Strafschärfung setzt nach § 56 voraus, daß der einzelne Täter den Tod oder eine schwere Körperverletzung als Folge seiner Tat in Verbindung mit schon erfolgten oder gleichzeitig erfolgenden Verletzungen durch andere oder daß er nachfolgende, zusammen mit seiner T a t zu dem schweren Erfolg führende Körperverletzungen anderer voraussehen konnte. 8) Strafschärfung bei staatsgefährdender Absicht gem. § 94. Tateinheit ist möglich zwischen Abs. 2 u. §§ 211, 212, 223, 223a. E. 32, 35, 59, 110; 67, 370. Gegenüber §§ 224, 226 i s t Abs. 2 lex specialis (bisher Str.).

232

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 228—229

* § 228. [Mildernde Umstände] Sind mildernde U m s t ä n d e vorhanden, so ist in den Fällen des § 228 Abs. 2 und der §§ 2 2 3 a und 228 b A b s . 1 auf Gefängnis bis zu drei J a h r e n oder Geldstrafe, in den Fällen der §§ 224 und 227 A b s a t z 2 auf Gefängnis nicht unter einem Monat und im Falle des § 226 auf Gefängnis nicht unter drei Monaten zu erkennen 1 ).

§ 229. [Giftbeibringung] (1) Wer vorsätzlich einem anderen, u m dessen Gesundheit zu beschädigen 1 ), Gift oder andere S t o f f e 4 ) beibringt 3 ), welche die Gesundheit zu zerstören geeignet sind, wird mit Zuchthaus bis zu zehn J a h r e n b e s t r a f t 4 ) . (2) I s t durch die H a n d l u n g eine schwere Körperverletzung v e r u r s a c h t 5 ) worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter fünf J a h r e n und, wenn durch die H a n d lung der T o d verursacht 6 ) worden, auf Zuchthaus nicht unter zehn J a h r e n oder auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen.

§ 230 *). [Fahrlässige Körperverletzung] Wer durch F a h r l ä s s i g k e i t 2 ) die Körperverletzung eines anderen verursacht 3 ), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei J a h r e n b e s t r a f t . Zu § 228: 1) Trotz Zubilligung mildernder Umstände braucht nicht unter die Mindeststrafe des normalen Strafrahmens herabgegangen zu werden. OGH. BZ. DRZ. 49, 333. Zu § 229: 1) Die beabsichtigte Gesundheitsbeschädigung braucht keine dauernde zu sein; auch vorübergehende Beschädigung (z. B. der Täter beabsichtigt eine vorübergehende Ohnmacht) genügt. E. 53, 210. Zum Vorsatz gehört außer der Beschädigungsabsicht das Wissen um die Eignung der herbeigebrachten Menge zur Gesundheitszerstörung, auch wenn der Täter eine solche nicht will. OGHSt. 3, 90; OLG. Hamm HESt. 2, 292. Ein unbedingter Tötungsvorsatz schließt die Anwendung des § 229 aus. E. 44, 323, dagegen ist bei bedingtem Tötungsvorsatz Tateinheit mit §§ 211 f möglich. E. 42, 215. Tritt aber bei unbedingtem Tötungsvorsatz der Täter vom Tötungsversuch zurück, und ist er insoweit nach § 46 Nr. 2 straflos, so bleibt § 229 anwendbar. E. 59, 1. 2) G i f t ist jeder Stoff, der unter bestimmten Bedingungen lediglich durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkungen die Gesundheit zu zerstören vermag. Dazu gehört auch Fliegenpilz. RG. DStR. 35, 490. Andere S t o f f e : mechanisch wirkende Stoffe, z. B. zerstoßenes Glas. Die Eignung zur Gesundheitszerstörung, die auch das Gift haben muß, muß im E i n z e l f a l l nach Art und Menge des Giftes (Stoffes), der Körperbeschaffenheit des Opfers und der Art der Anwendung gegeben sein. BGH. NJW. 53, 1441. Zerstörung der Gesundheit: völlige oder in erhebl. Umfang erfolgende Aufhebung wesentl. körperl. Funktionen auf nicht nur vorübergehende Zeit. BGH. NJW. 53, 1441, z. B. auch eine tiefe mehrtägige Bewußtlosigkeit durch eine Uberdosis von Schlafmitteln. OGHSt. 3, 34. 3) Beigebracht ist das Gift, wenn es mit dem Körper in eine derartige Verbindung gebracht ist, daß es seine gesundheitzerstörende Wirkung entfalten kann. Bloßes Einnehmen in den Mund (ohne Herunterschlucken) ist noch kein vollendetes Beibringen. E. 53, 210. Ein vollendetes Verbrechen liegt nur dann vor, wenn das beigebrachte Gift nach Menge und Anwendungsform zur Gesundheitszerstörung geeignet war; andernfalls liegt ein (relativ untauglicher) strafbarer Versuch vor. RG. DStR. 36, 289. Die Bereitstellung eines giftigen Tranks kann Versuch sein. E. 59, 1, auch schon die Beimischung von Gift in ein zur Zubereitung durch Kochen bereitgestelltes Essensgericht. RG. DStR. 35, 490. 4) Strafschärfung bei staatsgefährdender Absicht s. § 94. 5) s. § 56. Zu § 230: 1) I. d. F. der VO. v. 2. 4. 1940 (RGBl. I S. 606). Der frühere Abs. 2 des § 230, der erhöhte Strafe vorsah, wenn der Täter die Aufmerksamkeit außer acht ließ, zu der er durch Amt, Beruf oder Gewerbe besonders verpflichtet war, wurde gestrichen und damit die strafrechtliche Sonderstellung des sog. „Berufsfahrers" beseitigt. Doch kann auch jetzt noch bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, daß der Täter besondere durch Beruf oder Gewerbe vermittelte Spezialkenntnis der Gefahren hatte, deren Nichtberücksichtigung die Körperverletzung zur Folge hatte (AV. d. RJM. v. 23. 4. 1940, D J . S. 509).

2. Teil. 17. Abschnitt. Körperverletzung. §§ 231, 232

233

§ 231. [Buße] 1

(1) In allen ) Fällen der Körperverletzung kann 2 ) auf Verlangen des Verletzten neben der Strafe auf eine an denselben zu erlegende Buße 3 ) erkannt werden. (2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus 4 ). (3) Für diese Buße haften die zu derselben Verurteilten als Gesamtschuldner 5). • § 232

[Strafantrag]

(1) Die Verfolgung leichter vorsätzlicher sowie aller durch Fahrlässigkeit verursachter Körperverletzungen (§§ 223, 230) tritt nur auf Antrag ein, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten erachtet 2 ). 2) Siehe Anm. 2 zu § 222. 3) Siehe Anm. 4 zu § 222. Z u § 23X: 1) Also auch bei fahrlässiger Körperverletzung. E. 9, 223. Beim Raufhandel kann auf Buße gegen jeden daran Beteiligten erkannt werden, auch wenn er nicht an der Verletzung beteiligt war. E. 30, 367. Bei Giftbeibringung (§ 229) ist Buße nur möglich, wenn eine Körperverletzung eingetreten ist. 2) Auf Verlangen m u ß der Richter dem Antr. stattgeben. RG. J W . 32, 3080. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 188. Ob der Verletzte nach den Vorschriften des Zivilrechts einen Entschädigungsanspruch hat, ist ohne Bedeutung. E. 55, 188. Daher kann auf Buße auch erkannt werden, wenn der Verletzte keinen Vermögensschaden, sondern nur ideellen Schaden erlitten hat. E. 15, 354. 4) Vgl. Anm. 4 zu § 188. 5) Eine Verurteilung mehrerer Personen kommt bei Mittäterschaft. E. 7, 12, aber auch bei fahrlässiger Nebentäterschaft (vgl. Anm. l d zu § 47) in Betracht. E. 9, 227. Z u § 2 3 2 : 1) Abs. 1 i.d.F. der VO. v. 2. 4. 1940 (RGBl. I S. 606). 2) Die Entscheidung, ob ein besonderes öffentliches Interesse am Einschreiten vorliegt, trifft ausschließlich die StA.; sie ist einer Nachprüfung durch das Gericht entzogen. E. 77, 20. Ein b e s o n d e r e s öffentliches Interesse kommt z. B. in Betracht bei einschlägigen Vorstrafen, bei besonders leichtfertigem Handeln, bei Verkehrsdelikten insbes. bei Tatbegehung in Trunkenheit und bei erheblichen Unfallfolgen für andere. Andererseits kann auch der Umstand von Bedeutung sein, daß der Verletzte auf Bestrafung keinen Wert legt und daß er — bei Verkehrsdelikten — ein Angehöriger des Täters ist. Nr. 241, 251 RiStV. 1953. Vgl. dazu Mühlhaus JZ. 52, 170. Eine schematische Annahme des bes. ö. I., z. B. bei allen durch Verkehrsdelikte herbeigeführten fahrl. Körperverl., entspricht nicht dem Sinn des § 232. OLG. Köln N J W . 52, 1307. Unberührt bleibt das Recht der StA., bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses (nicht: eines b e s o n d e r e n öffentlichen Interesses) die Strafverfolgung nach § 376 StPO. zu übernehmen, wenn ein Strafantrag vorliegt. Liegt kein gültiger Strafantrag vor (z. B. weil der gestellte Antrag verspätet war), so ergibt sich aus der Anklageerhebung allein noch nicht, daß die StA. die Verfolgung wegen des b e s o n d e r e n öffentlichen Interesses für geboten hält. Es bedarf dann vielmehr einer besonderen Erklärung in der Anklageschrift oder in der Hauptverhandlung. OLG. Hamburg H E St. 1, 99; die Erklärung kann auch noch in der Rev.-Instanz abgegeben werden. OLGe Oldenburg N J W . 52, 989; Köln N J W . 52, 1307. A. M. KG. DRspr. I I I 328 Bl. I I : die Anklageerhebung allein rechtfertige schon den Schluß, daß die StA. ein bes. ö. I. bejaht habe (Nr. 241 Abs. 2 RiStV. 1953 schreibt der StA. die Feststellung des bes. ö. I. in der Anklageschrift vor). Erachtet die Strafverfolgungsbehörde, nachdem sie die Verfolgung übernommen hatte, später ein besonderes öffentliches Interesse nicht mehr für gegeben, so sind für die Einstellung des Verfahrens, falls ein wirksamer Strafantrag vorliegt, die §§ 153, 156 StPO. maßgebend. E. 77, 72; fehlt es an einem Strafantrag, so ist das Verfahren einzustellen. OLG. Düsseldorf N J W . 53, 236. Daß die StA., wenn sie ein bes. ö. I. bejaht, die Anklage nicht binnen der nur für den Verletzten laufenden Antragsfrist zu erheben braucht, versteht sich von selbst. OLG. Hamm MDR. 52, 245. H a t die StA. Anklage aus einem schwereren Gesetz (z. B. aus § 223a) erhoben, während das Gericht nur einfache Körperverletzung annimmt, so h a t es davon auszugehen, daß die

234

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 233, 234

(2) Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen3) verübt, so ist die Zurücknahme des Antrags zulässig4). (3) Die in den §§ 196 und 198 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. § 233. [Straffreierklärung] Wenn leichte Körperverletzungen1) mit solchen, Beleidigungen2) mit leichten Körperverletzungen oder letztere mit ersteren auf der Stelle erwidert werden3), so kann der Richter für beide Angeschuldigte 4) oder für einen derselben eine der Art oder dem Maße nach mildere oder überhaupt keine Strafe eintreten lassen5).

18. Abschnitt.

Verbrechen und. Vergehen wider die -persönliche Freiheit § 234. [Menschenraub]

Wer sich eines Menschen durch List1), Drohung2) oder Gewalt3) bemächtigt4), um ihn in hilfloser Lage auszusetzen6) oder in Sklaverei, Leibeigenschaft6) oder in auswärtige Kriegs- oder Schiffsdienste zu bringen, wird wegen Menschenraubes mit Zuchthaus bestraft. StA. deren Strafverfolgung wegen besonderen öffentlichen Interesses für geboten erachtet, solange die StA. nicht das Gegenteil erklärt. E. 75, 341; 76, 8. 3) Vgl. § 52 Abs. 2. 4) Die Zurücknahme ist zulässig gegenüber dem Täter, aber nicht dem Begünstiger gegenüber, der ein Angehöriger ist. E. 28, 125. Zu § 233: 1) L e i c h t e Körperverletzungen sind nur die vorsätzlichen nach §223 Abs. 1, 2 und alle fahrlässigen, die nicht die schweren Folgen des § 224 haben. E. 39, 286. Bei §§ 223a, 223b, 224, 226, 340 ist § 233 unanwendbar. E. 14, 360; 61, 192. Bei fortgesetzter Körperverletzung ist Ausgleich auch gegen e i n e n Körperverletzungsakt möglich. KG. Recht 33 Nr. 2084. Die Handlungen müssen (wie bei § 199) auf beiden Seiten rechtswidrig und schuldhaft sein; daran fehlt es bei einer in Notwehr begangenen Tat. RG. LZ. 23, 404 und bei Handlungen Strafunmündiger. KG. H R R . 29 Nr. 1800; a. M. OLGe. Dresden JW. 31, 1392, Naumburg DRZ. 26 Nr. 538. Einstellung des Privatklageverfahrens wegen Geringfügigkeit gemäß § 383 StPO. schließt Benutzung zur Aufrechnung nicht aus. BayObLG. 32, 52. 2) Beleidigungen, die nicht nach § 199 aufgerechnet werden können (vgl. Anm. 2 zu § 199) fallen auch nicht unter § 233. 3) Vgl. Anm. 1 zu § 199. 4) „Angeschuldigter" ist nicht im techn. Sinn (§ 157 StPO.) zu verstehen, sondern bedeutet lediglich Täter. Wie in § 199 (vgl. dort Anm. 4) ist zur Anwendbarkeit des § 233 nicht erforderlich, daß gegen beide Täter Strafantrag gestellt und Anklage erhoben ist. Bay. ObLG. 5, 36; 21, 353. 5) „keine Strafe eintreten lassen" = für straffrei erklären i. S. des § 199 (s. dort Anm. 4). Wegen der Strafmilderung vgl. Anm. 5 zu § 157. Zu § 234: 1) List ist nicht nur die Ausführung eines schlauen, auf Täuschung berechneten Anschlags. R. 8, 465; BayObLG. JW. 28, 3054, sondern auch ein geflissentliches Verbergen der verfolgten Absicht oder Verheimlichen des wirklichen Sachverhalts ohne die Hervorrufung irriger Vorstellungen. E. 17, 90; B G H S t . 1, 201, 366 (str.). Ganz einfache Täuschungsmaßnahmen genügen nicht. OLG. Hamburg H E S t . 2, 300. 2) Siehe Anm. 2 zu § 114. 3) Siehe Anm. 4 zu § 113. 4) = Die physische Herrschaft oder tatsächl. Verfügungsgewalt begründet. 5) Vgl. Anm. 2, 3 zu § 221. 6) Sklaverei (vgl. Ges. betr. Bestrafung des Sklavenraubes v. 28. 7. 1895) und Leibeigenschaft sind nur im Ausland denkbar.

2. Teil. 18. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die persönl. Freiheit. §§ 234a, 235

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§ 234 a 1 ). [Verschleppung] (1) Wer einen anderen durch List2), Drohung2) oder Gewalt2) in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbringt 3 ) oder veranlaßt, sich dorthin zu begeben, oder davon abhält/von dort zurückzukehren, und dadurch der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen4) Schaden an Leib oder Leben5) zu erleiden, der Freiheit beraubt6) oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird wegen Verschleppung mit Zuchthaus bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. (3) Wer eine solche Tat vorbereitet, wird mit Gefängnis bestraft 7 ). § 235. [Kindesraub (Muntbruch)] (1) Wer eine minderjährige Person durch List, Drohung oder Gewalt ihren Eltern 1 ), ihrem Vormund2) oder ihrem Pfleger entzieht 3 ), wird mit Gefängnis bestraft 4 ). Z u § 234a: 1) Eingefügt durch Ges. v. 15. 7.1951 (BGBl. I S. 448). Amtl. Begr. im Bundesanzeiger Nr. 122 v. 28. 6. 1951 = DRiZ. 1951, 162. Schrifttum: Maurach, N J W . 1952, 163. Für Berlin gelten §§ 2, 3 des Ges. zum Schutze der persönl. Freiheit v. 14. 6. 1951, abgedr. Anm. 1 zu § 241a. 2) Vgl. Anm. 1 bis 3 zu § 234. 3) unter Begründung eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses über das Opfer. 4) Vgl Anm. 9 zu § 88 und BGH. N J W . 1952, 111. 5) Vgl. Anm. 2 zu § 83. 6) Vgl. Anm. 3, 4 zu § 239. 7) S. aber § 94. Abs. 3 tritt zurück, soweit § 49a Abs. 2 Anwendung findet. Z u § 235: 1) § 235 schützt Eltern, Vormund und Pfleger gegen die Beeinträchtigung des ihnen kraft Gesetzes (§§ 1627 ff., 1684ff., 1793 ff., 1909, 1915 BGB) zustehenden, in §§ 1631 ff. BGB. umschriebenen Rechts zur S o r g e f ü r d i e P e r s o n des Minderjährigen. B G H S t . 1, 364. Auch Stief- und Pflegeeltern sind geschützt, soweit ihnen von dem gesetzlich Sorgeberechtigten die Ausübung des Sorgerechts überlassen ist; ein bloßes tatsächliches Pflegeverhältnis genügt nicht. E. 48, 198; RG. J W . 38, 1388. Täter kann auch ein Elternteil gegenüber dem anderen sein, z. B. wenn einem der Eltern die Sorge für die Person des Kindes durch einstweilige Anordnung (§ 627 ZPO.) oder gem. § 74 Eheges. übertragen ist. E. 48, 325, 427. § 235 schützt auch die durch § 75 des Ehegesetzes dem geschiedenen nicht nichtpersonensorgeberechtigten Ehegatten vorbehaltene Befugnis persönlichen Verkehrs mit dem Kinde. E. 66, 254. 2) Beim unehelichen Kinde steht grundsätzlich der Mutter, nicht dem Vormund, das Personensorgerecht (vgl. Anm. 1) zu (§ 1707 BGB). Dies gilt auch für das Jugendamt als Amtsvormund (§ 35 JWG).; das Aufsichtsrecht des Jugendamts über noch nicht 14 Jahre alte unehel. Kinder (§ 24 JWG.) steht ihm nicht als Amtsvormund, sondern als Organ des Pflegekinderschutzes zu und ist durch § 235 nicht geschützt. BGHSt. 1, 364. 3) Entziehung liegt vor, wenn das Erziehungs- und Aufsichtsrecht des Sorgeberechtigten während einer gewissen (nicht ganz unerheblichen) Dauer tatsächlich unwirksam gemacht oder so wesentlich beeinträchtigt wird, daß es nicht ausgeübt werden kann. RG. JW. 38, 1388; BGHSt. 1, 199 (eine Woche ist keinesfalls eine unerhebliche Dauer). Es genügt nicht eine kurze Störung, nicht eine vorübergehende, dem väterlichen Willen widersprechende Unterbringung. RG. J W . 35, 3108. Die Begründung eines neuen Abhängigkeitsverhältnisses über die entzogene Person ist nicht erforderlich. E. 18, 273. Die Tat kann durch bloßes Versteckthalten begangen werden. E. 17, 90; auch durch Unterlassung, z. B. wenn eine zur Auskunft über den Aufenthalt des Kindes verpflichtete Person die Auskunft verweigert. E. 37, 165. Die sichere Erwartung der Genehmigung des Berechtigten schließt den Vorsatz aus. RG. GA. 60, 82, aber nicht im Falle des Abs. 3, weil eine solche Genehmigung unsittlich und unwirksam wäre. RG. DR. 42, 438.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 236, 237

(2) Sind mildernde U m s t ä n d e vorhanden, so k a n n auf Geldstrafe erkannt werden. (3) Geschieht die H a n d l u n g in der Absicht, die Person z u m B e t t e l n oder z u g e w i n n s ü c h t i g e n 5 ) oder unsittlichen Zwecken®) oder B e s c h ä f t i g u n g e n zu gebrauchen, so tritt Z u c h t h a u s bis z u zehn Jahren ein.

• § 236. [Entführung wider Willen] (1) Wer eine Frau 1 ) wider ihren Willen 2 ) durch List, D r o h u n g oder Gewalt entführt 3 ), u m sie zur U n z u c h t z u bringen 4 ), wird m i t Zuchthaus bis z u zehn Jahren und, w e n n die E n t f ü h r u n g begangen wurde, u m die E n t f ü h r t e zur E h e z u bringen, m i t Gefängnis bestraft. (2) D i e Verfolgung tritt nur auf A n t r a g ein 5 ).

* § 237. [Entführung Minderjähriger] (1) Wer eine minderjährige, unverehelichte 1 ) Frau mit ihrem Willen 2 ), jedoch Wer mit dem Minderjährigen die Entziehung geplant und ihm die Mittel zur Selbstentziehung verschafft hat, ist Täter und nicht bloß Gehilfe. RG. JW. 38, 1388. Tateinheit mit §§ 236, 237 ist möglich. E. 18, 234; BGHSt. 1, 203. Die Entziehung dauert so lange, als der Minderjährige der gesetzlichen Beaufsichtigung und Einwirkung entrückt ist. RG. D R . 42, 438. 4) Siehe auch §76 JWG., abgedruckt unter B I 2. 5) Die gewinnsüchtige Absicht allein (z. B. die Absicht, von den Eltern des entführten Kindes ein Lösegeld zu erpressen) genügt nicht. E. 70, 136; vgl. aber § 239a. 6) Nicht nur unzüchtiges, sondern jedes grob gegen gute Sitten und Anstand verstoßende Verhalten. RG. JW. 38, 1388. Zu § 236. 1) Jedes weibliche Wesen, ohne Rücksicht auf Alter, Familienstand, geschlechtliche Unbescholtenheit. 2) Willigt die Frau in die Entführung ein, war sie gar der betreibende Teil, so liegt keine Entführung vor. RG. JW. 09, 297. Eine die Anwendung des § 236 ausschließende Einwilligung der Entführten muß sich aber nicht nur auf die Entführung als solche, sondern auch auf den Zweck der Entführung (Verbringung zur Unzucht oder zur Ehe) beziehen; BGHSt. 1, 201; OLG. Celle J R . 48, 349. § 236 bleibt anwendbar, wenn die Einwilligung rechtlich bedeutungslos ist, wie z. B. die einer Geisteskranken oder sonst Unzurechnungsfähigen oder eine durch Täuschung bewirkte Einwilligung. BGHSt. 1, 201. 3) Entführt ist eine Frau, wenn sie aus ihren Lebensverhältnissen herausgenommen und an einen Ort gebracht wird, wo sie dem ausschließlichen oder überwiegenden Einfluß des Täters und seiner darauf beruhenden Verfügungsmacht preisgegeben ist; eine Aufhebung der persönl. Freiheit gehört (außer bei Gewaltanwendung) nicht zum Begriff der Entführung. BGHSt. 1, 201. Auf die Dauer dieses Zustandes kommt es nicht an. E. 29, 404; OLG. Celle NdsRpfl. 47, 64. Ein bloßes Überreden, psychisches Beeinflussen ist kein Entführen. RG. Recht 9, 436; GA. 52, 399. Nicht erforderlich ist, daß der Aufenthaltswechsel durch Verbringung von einer Ortschaft in eine andere erfolgt; ein Aufenthaltswechsel innerhalb der gleichen Ortschaft genügt. E. 29, 404. Zurückhaltung am bisherigen Aufenthaltsort ist keine Entführung. Bei Entführung mit Gewalt ist, da Gesetzeseinheit mit § 239 besteht, nur aus § 236 zu bestrafen, es sei denn, daß der Antrag (§ 236 Abs. 2) fehlt (dann Bestrafung aus §239). RG. JW. 34, 2919. 4) Gleichgültig ist es, ob der Täter den mit der Entführung verfolgten Zweck verwirklicht, sei es, daß es ihm nicht gelingt, die Entführte zur Unzucht zu bringen oder daß er seinen Sinn ändert. RG. JW. 32, 2722. 5) Antragsberechtigt ist die Entführte oder ihr gesetzlicher Vertreter (§ 65), dagegen weder die Eltern als solche noch der Ehemann einer entführten Ehefrau. E. 18, 285. Zu § 237: 1) Auch die Entführung einer minderjährigen verheiratet gewesenen Frau (Witwe, geschiedene Ehefrau) ist aus § 237 nicht strafbar. Frank I 2. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 236.

2. Teil. 18. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die persönl. Freiheit. §§238,239

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ohne Einwilligung ihrer Eltern, ihres Vormundes oder ihres Pflegers entführt3), um sie zur Unzucht4) oder zur Ehe zu bringen5), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein6).

§ 238!). [Straflosigkeit bei Heirat] Hat der Entführer die Entführte geheiratet, so findet die Verfolgung nur statt, nachdem die Ehe für nichtig erklärt worden ist.

§ 239. [Freiheitsberaubung] (1) Wer vorsätzlich1) und widerrechtlich2) einen Menschen einsperrt3) oder 3) Anm. 3 zu § 236. Die Entführung muß zwar mit Willen der Frau erfolgen; betreibender Teil muß aber der Entführer sein. E. 19, 159; BayObLG. NJW. 53, 1195. 4) Das ist nicht nur den Fall, wenn die Entführte erst zur Unzucht verführt, sondern auch dann, wenn ein begonnenes unzüchtiges Verhältnis fortgesetzt werden soll. E. 16, 391. Die Entführte braucht nicht geschlechtlich unbescholten zu sein. E. 29, 404. ß) Auch dann, wenn die beabsichtigte Eheschließung nach Erreichung der Volljährigkeit der Entführten erfolgen soll. E. 58, 276. 6) Antragsberechtigt ist hier der Gewalthaber, nicht die Entführte. Da es sich um ein Dauerdelikt handelt, beginnt die Verjährung erst mit der Wiederherstellung der Möglichkeit, die Gewalt als Eltern usw. wieder auszuüben oder mit Eintritt der Volljährigkeit der Frau. E. 43, 285. Zu § 238: 1) § 238 bezieht sich auf die §§ 236, 237, nicht auf § 235. R. 10, 692. Zu § 239: 1) Eine schuldlose oder (straflose) fahrlässige Freiheitsberaubung kann in eine vorsätzliche übergehen, wenn der Täter, nachdem er von der Freiheitsberaubung Kenntnis erlangt hat, nicht unverzüglich die zu ihrer Beseitigung erforderlichen Maßnahmen trifft. E. 25, 339. Ist z. B. jemand auf die Strafanzeige eines anderen verhaftet, so macht sich der Anzeigende strafbar, wenn er es unterläßt, von der Beseitigung der Verdachtsgründe Mitteilung zu machen. D JZ. 03, 154, oder die falschen Angaben zu berichtigen, auch wenn er sich dabei der falschen Anschuldigung schuldig bekennen muß. RG. HRR. 35 Nr. 471. 2) Die Rechtsprechung des RG., die zur Bestrafung wegen vorsätzlicher Tat das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit grundsätzlich nicht für erforderlich hielt, machte in den Fällen eine Ausnahme, in denen die Widerrechtlichkeit im Tatbestand besonders erwähnt wurde; danach gehörte zum Vorsatz der Freiheitsberaubung das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit. E. 41, 82; OGH. BZ. NJW. 50, 435. Vom Boden der „Schuldtheorie" aus (vgl Anm. 1 zu § 59)kann diese Auffassung nicht aufrecht erhalten werden; die Rechtswidrigkeit ist auch liier nicht besonderes Tatbestandsmerkmal, sondern —ebenso wie in § 240; vgl. BGHSt. 2, 195 — allgemeines Verbrechensmerkmal* und die besondere Erwähnung verfolgt mit Rücksicht auf die bei diesem Tatbestand besonders häufigen Rechtfertigungsgründe nur den Zweck, auf die Notwendigkeit einer Prüfung besonders hinzuweisen (offen gelassen in BGHSt. 3, 71). Wer sich auf einen Rechtfertigungsgrund beruht, ist schuldlos, wenn er •— wenn auch verschuldet —• irrigerweise Tatsachen annahm, die (wenn vorliegend) einen Rechtfertigungsgrund begründen; beruht die Annahme eines Rechtfertigungsgrundes dagegen auf einer Verkennung der rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Eingriffs in die persönl. Freiheit, so liegt ein Verbotsirrtum (vgl Anm. 1 zu § 59) vor. BGHSt. 3, 357. Mit dieser Auffassung ist es wohl kaum in Einklang zu bringen, wenn nach BGHSt. 3, 110 (124, 126), falls die Rechtswidrigkeit davon abhängt, ob obrigkeitliche Anordnungen gültig sind, die bejahendenfalls einen Rechtfertigungsgrund enthalten, der Täter sich bewußt sein muß, daß sie keinen Rechtfertigungsgrund enthalten (die Anordnungen also nicht rechtmäßig sind) oder daß er mindestens damit rechnen und seinen Tatbeitrag auch für diesen Fall wollen muß. Die Widerrechtlichkeit kann auch durch pflichtwidriges Unterlassen begründet sein. Der Inhaber des Hausrechts ist verpflichtet, strafbare Handlungen in seiner Wohnung zu verhindern; duldet er, daß jemand von einem Dritten in seinen Räumen eingesperrt wird, so kann er sich daher der Beihilfe schuldig machen. Ist die Freiheitsberaubung, weil Rechtfertigungsgründe vorliegen, objektiv berechtigt, so wird sie nicht dadurch widerrechtlich, daß ein anderer durch Täuschung usw. veranlaßt wird, sie auszuführen. Daher handelt, wer zum Zwecke der Feststellung der Person einen andern, den er als Zeugen für einen Vorfall benennen will, zur Polizei sistieren läßt, auch dann nicht widerrechtlich, wenn er diese Sistierung durch Täuschung eines Beamten bewirkt. R. 8, 204. Soweit der Vermieter nach § 561 BGB. die Entfernung der Sachen verhindern darf, ist auch notfalls eine vorübergehende Freiheitsbeschrän-

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A 2. Strafgesetzbuch. § 239 a

auf andere Weise des Gebrauches der persönlichen Freiheit beraubt4), wird mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Wenn die Freiheitsentziehung über eine Woche 5) gedauert hat, oder wenn eine schwere Körperverletzung des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsentziehung oder die ihm während derselben widerfahrene Behandlung verursacht6) worden ist, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Monat ein. (3) Ist der Tod des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsentziehung oder die ihm Während derselben widerfahrene Behandlung verursacht6) worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. * § 239a 1 ). [Erpresserische Kindesentführung] (1) Wer ein fremdes2) Kind entführt3) oder der Freiheit beraubt4), um5) für dessen Herausgabe ein Lösegeld zu verlangen6), wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft. kung durch Einsperrung statthaft. RG. Recht 9, 684; J W . 08, 581. Auf die besonderen Zwecke, welche er sonst dabei verfolgt hat, kommt es nicht an. R. 6, 481. Dagegen handelt rechtswidrig, wer einen Geisteskranken einsperrt, statt seine Unterbringung in einer Anstalt zu veranlassen. RG. J W . 28, 2233; E. 62, 160. 3) Einsperren bedeutet: Festhalten in einem R a u m durch äußere Vorrichtungen, so daß der Eingesperrte objektiv gehindert ist, sich frei von einer Stelle zur anderen zu bewegen. E. 61, 239, oder seine Bewegungsfreiheit nur nach Überwindung besonderer Schwierigkeiten wieder erlangen kann. Eine ohne Schwierigkeit zu überwindende Beschränkung oder bloß augenblickliche Verhinderung der freien Bewegung genügt nicht. E. 6, 231; 8, 210; BayObLG. DRZ. 32 Nr. 681. Das Bewußtsein des Betroffenen von der Freiheitsberaubung ist nicht erforderlich. E. 61, 239. Doch ist gegen ein Kleinstkind oder einen Bewußtlosen, die keinen Fortbewegungswillen haben können, Freiheitsberaubung nicht möglich. BayObLGSt. 50/51 S. 525. Einsperrung kann danach vorliegen, wenn der dem Betroffenen bekannte Ausgang verschlossen ist, auch wenn noch ein weiterer, ihm nicht bekannter und auch nicht ohne weiteres erkennbarer Ausgang vorhanden ist. RG. JW. 29, 2729, oder wenn jemand eine Tür, die sich öffnen läßt, nicht öffnen kann, weil er das Funktionieren des Schlosses nicht kennt. E. 27, 360, oder wenn er zwar einen Ausweg sieht, diesen aber wegen seiner Gefährlichkeit oder weil er anstößig ist, nicht benutzen kann. E. 8, 210. Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft begeht auch, wer durch Täuschung eine Freiheitsentziehung durch rechtmäßige behördliche Maßnahme herbeiführt, z. B. durch eine falsche Anzeige eine vorläufige Festnahme oder Verhaftung. BGHSt. 3, 4 (s. auch oben Anm. 1). 4) Z. B. durch Hypnose, Festhalten, Verhinderung des Fahrgasts am Verlassen eines Wagens durch zu schnelles Fahren. E. 25, 147, oder Wegnahme der Kleider eines Badenden, so daß es ihm ohne Verletzung der Sitte nicht möglich ist, den Aufenthaltsort zu verlassen. E. 6, 231. Die Aufhebung der persönlichen Freiheit muß eine vollständige sein. E. 6, 231. Eine bestimmte Dauer der Freiheitsentziehung ist nicht erforderlich, doch genügt eine nur ganz vorübergehende Hinderung der freien Bewegung nicht. Siehe E. 2, 292; 33, 234; DRZ. 29 Nr. 60. 5) Insoweit ist Vorsatz erforderlich. H a t die Freiheitsentziehung nicht über eine Woche gedauert, war aber der Vorsatz auf solche Dauer gerichtet, so ist wegen Versuchs zu bestrafen. E. 61, 179; RG. JW. 36, 129615. 6) Siehe §56. Z u § 239a: 1) Der durch Gesetz v. 22. 6. 1936 (RGBl. I S. 493) eingefügte § 239a ist durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) umgestaltet worden. 2) Fremd ist ein Kind, das nicht unmittelbar vom Täter abstammt; ein adoptiertes Kind ist aber auch den leiblichen Eltern ein fremdes. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 236. Die Entführung braucht nicht durch List, Drohung oder Gewalt zu erfolgen; ob der E n t f ü h r t e einverstanden ist, ist ohne Bedeutung. 4) Vgl. Anm. 3 und 4 zu § 239. 5) Die Absicht muß bei Begehung der Tat gegeben sein; ob der Täter sie später verwirklicht oder aufgibt, ist bedeutungslos. 6) „Lösegeld" ist jeder Vermögensvorteil, nicht nur Geld; wem er zufließen soll, ist ohne Bedeutung. Der Begriff „Lösegeld" beinhaltet die Vorstellung, daß wenn das Lösegeld nicht

2. Teil. 18. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die persönl. Freiheit. § 240

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(2) Kind im Sinne dieser Vorschrift äst der Minderjährige unter achtzehn Jahren.

* § 240 1 ). [Nötigung] (1) Wer einen anderen ) rechtswidrig 3 ) mit Gewalt 4 ) oder durch Drohung 5 ) mit einem empfindlichen Übel 6 ) zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung 2

erbracht, das Kind also nicht auf diese Weise aus der Herrschaft des Entführers ge- oder erlöst werde, dies mit Schaden für das körperliche, geistige oder sittliche Wohl des Kindes verbunden sei. Das besonders Strafwürdige der Tat besteht gerade darin, daß der Täter die Tat begeht, um diese Besorgnis des Sorgeberechtigten oder sonst Obhutpflichtigen (vgl. § 143 Abs. 2) zur Erzielung vermögensrechtlicher Vorteile auszunutzen. Daraus folgt, daß von einem Lösegeld da nicht gesprochen werden kann, wo, wie dem Sorgeberechtigten usw. bekannt, dem Kind zweifellos keinerlei Schaden der bezeichneten Art droht, auch wenn der Täter die Vorenthaltung des Kindes als Druckmittel benutzen will, den Sorgeberechtigten zu einer vermögensrechtlichen Leistung zu zwingen, wie etwa bei einem Streit zwischen Verwandten um den Besitz des Kindes; für solche Fälle genügen die §§ 240, 253. Der Reg.-Entw. des 3. Strafrechtsänderungsges hatte diesen Gedanken dadurch zum Ausdruck bringen wollen, daß er die Absicht verlangte, „die Besorgnis des Aufsichtpflichtigen [§ 143 Abs. 2] oder eines Angehörigen, das körperliche, geistige oder sittliche Wohl des Kindes könne im Zusammenhang mit der Tat Schaden erleiden, zu einer Erpressung auszunutzen." Die jetzige Fassung beruht auf dem Bestreben, den Gesetzeswortlaut ohne Sinnesänderung zu vereinfachen (vgl Abg. Dr. Schneider, 265. Sitzung des BT. v. 12. 5. 1953, Prot. S. 12996). Ob der Täter nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf die erstrebte Vermögensleistung hat, ist gleichgültig; auch eine geschuldete Erfüllung wird zum Lösegeld, wenn sie den Preis für die Herausgabe des Kindes darstellen soll. Zu§ 240: 1) In der Fassung der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339 und des 3.Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Der andere braucht nicht ausdrücklich genannt zu sein, muß jedoch so genau gekennzeichnet werden, daß zweifelsfrei beurteilt werden kann, ob er in den Kreis derjenigen fällt, die der Täter nötigen will. RG. JW. 31, 942. 3) Die Rechtswidrigkeit ist hier kein besonderes Tatbestandsmerkmal; es liegt nur eine Hervorhebung des allg. Verbrechensmerkmals vor. BGHSt. 2, 195. 4) Gewalt ist Entfaltung körperlicher Kraft (vis absoluta und compulsiva; vgl. Anm. 2 zu § 52) zur Überwindung eines erwarteten Widerstandes. Daß tatsächlich Widerstand geleistet und von dem Täter gebrochen wird, ist nicht erforderlich. Die Gewalt braucht nicht unwiderstehlich zu sein; ob der Genötigte sie hätte überwinden oder sich ihr hätte entziehen können, ist unerheblich. E. 13, 49. Eine unmittelbare Einwirkung auf den Körper wird nicht vorausgesetzt; es genügen vielmehr alle Handlungen, die von der Person, gegen die sie unmittelbar oder mittelbar gerichtet sind, als nicht nur seelischer, sondern körperlicher Zwang empfunden werden. E. 61, 156. Die Gewalt kann sich u n m i t t e l b a r oder m i t t e l b a r gegen die Person des Genötigten richten und zwar mittelbar a) durch Gewalt gegen S a c h e n , wenn sie geeignet ist, mittelbar auf die Person zu wirken. RG. D J . 38, 1501, z. B. der Vermieter schafft die Sachen des Mieters aus der Wohnung, um ihn zum Ausziehen zu veranlassen. E. 61, 156, b) durch Gewalt gegen einen D r i t t e n , falls der Genötigte ihm so nahe steht, daß er sich dadurch beeinflussen läßt. E. 17, 82. Gewalt ist auch hier die Anwendung eines betäubenden Mittels (Anm. 1 zu § 249). Beispiele: Gewalt ist gefunden in dem Versperren eines Weges durch Einschlagen von Pfählen. DRZ. 32 Nr. 752; in der Abgabe von Schüssen aus einer Schreckschußpistole. E. 60, 157; in dem Ausheben der Fenster einer Wohnung durch den Vermieter, um den der Zugluft ausgesetzten Mieter zum Ausziehen zu veranlassen. E. 7, 269; in dem Absperren des Zugangs zu vermieteten Räumen. BayObLG. LZ. 29, 1220; in der Entfernung der Sicherung aus dem Zähler der elektrischen Lichtleitung, um deren Benutzung unmöglich zu machen. Danzig LZ. 28, 922. Keine Gewalt liegt in der Erweckung von Ekel oder Abscheu; also keine Gewalt, wenn ein Vermieter in der Absicht, einem Mieter die Benutzung des gemeinsamen Brunnens zu verekeln, Petroleum in den Brunnen gießt. RG. JW. 30, 3403. 5) Ob die Bedrohung ernstlich gemeint oder ausführbar war, ist unerheblich. Es genügt die Annahme des Drohenden, daß der Bedrohte sie für ernstlich gemeint halten könne. E. 12, 198; OLG. Hamburg HESt. 2, 293. Das Bewußtsein des Täters, daß die Drohung geeignet gewesen sei, vom Bedrohten für ernstlich gemeint gehalten zu werden, bedarf einer besonderen Feststellung nur dann, wenn es ausdrücklich bestritten ist. E. 32, 102. Das angedrohte Übel kann sich gegen den Bedrohten oder gegen einen Dritten richten, muß aber stets für den Bedrohten ein Übel darstellen. E. 17, 82. Die Drohung kann auch durch

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A 2. Strafgesetzbuch. §241

nötigt7), wird wegen Nötigung mit Gefängnis oder mit Geldstrafe, in besonders schweren Fällen8) mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. (2) Rechtswidrig9) ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. (3) Der Versuch ist strafbar.

§ 241. [Bedrohung] Wer einen anderen mit der Begehung eines Verbrechens1) bedroht2), wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. die Ankündigung einer von einem Dritten auszuführenden Handlung bewirkt werden. E. 27, 307, falls der Drohende in der Lage ist, auf den Dritten eine Einwirkung auszuüben. E. 24, 151. Nicht droht, wer nur w a r n t , also nur auf eine vom Willen des Täters unabhängige Folge eines gewissen Tuns hinweist, (vgl. Anm. 2 zu § 114). 6) Empfindlich ist ein Übel, das für den Betroffenen eine so erhebliche Beeinträchtigung bedeutet, daß seine Ankündigung geeignet ist, einen in solcher Lage befindl. besonnenen Durchschnittsmenschen in seiner Entschließung unfrei zu machen, z. B. die Androhung, private Vorgänge an die Öffentlichkeit zu bringen. OLG. München N J W . 50, 714. S. weiter Anm. 4 zu § 253. 7) Nötigung ( = dem anderen seinen Willen aufzuzwingen, so daß er das ihm Angesonnene tut) ist auch gegeben, wenn der Bedrohte sich erst nach Überlegung der Drohung fügt. E. 64,16. Auch ein Befehl unter Überschreitung der an sich gegebenen Befehlsgewalt kann Nötigung sein. B G H S t . 1, 84. Handelt der andere freiwillig ohne Rücksicht auf den Zwang, so liegt Versuch vor. E. 15, 333. 8) Hier kommt insbesondere die Nötigung unter Mißbrauch der Amtsgewalt (früher § 339) in Betracht. 9) Grundgedanke: auch der e r l a u b t e Zweck rechtfertigt nur die Anwendung a n g e m e s s e n e r Mittel; die Anwendung unangemessener Mittel ist auch bei berechtigtem Zweck stets rechtswidrig, selbst wenn das Mittel, für sich allein betrachtet, rechtmäßig ist. Der durch eine Straftat Verletzte darf wohl den Täter durch Androhung einer Strafanzeige zum Schadenersatz veranlassen, soweit nicht ausnahmsweise ein Mißverhältnis zwischen Zweck und Drohung vorliegt. Anders aber, wenn die den Gegenstand der Anzeige bildende Straftat zu dem verfolgten Zweck in keiner inneren Beziehung steht. BGH. N J W . 54, 565. Es ist also nicht zulässig, daß der Gläubiger dem säumigen Schuldner, um ihn zur Rückgabe des fälligen Darlehens zu veranlassen, die Erstattung einer Strafanzeige wegen einer (tatsächlich von ihm begangenen) Straftat androht, wenn diese T a t mit der Säumnis in keinerlei Zusammenhang steht (vgl. OLG. Hamburg H E S t . 2, 293). Unzulässig ist die Androhung einer Strafanzeige, wenn das Strafverfahren nicht oder nicht nur zur Erfüllung berechtigter Schadenersatzansprüche, sondern zu einer vermeidbaren Schädigung oder Vernichtung des anderen benutzt werden soll. Rechtswidrig ist auch, statt einer Strafanzeige die Bloßstellung durch öffentliche Mitteilung der Straftat anzudrohen. B G H . N J W . 54, 565. Gewalt anzuwenden ist z. B. zulässig, um einen Selbstmord oder eine strafbare Handlung zu verhindern; dagegen darf der Vermieter den Mieter nach Beendigung des Mietvertrages nicht dadurch zur Räumung zwingen, daß er ihm Fenster und Türen aushängt oder eigenmächtig seine Möbel auf die Straße stellt. Die Rechtswidrigkeit der Androhung oder Gewaltanwendung ist o h n e w e i t e r e P r ü f u n g ausgeschlossen, wenn die Rechtsordnung sie ausdrücklich als Mittel zur Erreichung des erstrebten Zweckes zuläßt, z. B. bei Notwehr, erlaubter Selbsthilfe usw. Als rechtswidrig hatte Abs. 2 in der ursprüngl. Fassung die Anwendung von Gewalt oder Drohung dann bezeichnet, wenn ihre Anwendung zu dem angestrebten Zweck „dem gesunden Volksempfinden widerspricht". Der Reg.-Entw. des 3. Strafrechtsänderungsges. hatte, ohne eine Sinnesänderung zu beabsichtigen, die letztere Wendung durch „gegen die guten Sitten verstößt" ersetzen wollen. Im BT. stieß dieser Vorschlag auf das Bedenken, daß damit auch Verhaltensweisen erfaßt werden könnten, die nicht strafwürdig seien; die jetzt gewählte Fassung soll also den Kreis der mißbilligten Verhaltensweisen einengen (vgl Abg. Dr. Schneider, 265. Sitzung des BT. v. 12. 5. 53, Prot. S. 12996). „Verwerflich" bedeutet aber nichts anderes als „sittenwidrig", sodaß d e r Wechsel im Ausdruck lediglich einen Hinweis auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung bedeutet, ob wirklich ein sittenwidriges, sozial verwerfliches Verhalten vorliegt. Z u § 241: 1) Der Drohende braucht nicht zu wissen, daß die angedrohte strafbare Handlung rechtlich als Verbrechen (§ 1 Abs. 1) zu würdigen ist.

2. Teil. 18. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen wider die persönl. Freiheit. § 241 a

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§ 241a 1 ). [Politische Verdächtigung] (1) Wer einen anderen durch eine Anzeige2) oder eine Verdächtigung3) der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im 2) Der Drohende muß das Bewußtsein haben, seine Drohung könne die Befürchtung ihrer Verwirklichung hervorrufen (so z. B . der Schuß mit einer Scheintodpistole. BayObLG. DRZ. 33 Nr. 692), doch ist nicht erforderlich, daß der Bedrohte sich tatsächlich in seiner Rechtssicherheit gefährdet glaubt (siehe Anm. 5 zu § 240). Bloße Verwünschungen sind keine Drohungen. E . 32, 102. Ebensowenig genügt die Ankündigung eines nur mit Hilfe übersinnlicher Kräfte zu begehenden Verbrechens. K G . J W . 30, 3433. Eine Drohung k a n n auch durch schlüssige Handlungen zum Ausdruck gebracht werden; sie kann auch bedingt sein. Ist das angedrohte Verhalten zwar tatbestandsmäßig ein Verbrechen, wäre es aber im Falle seiner Verwirklichung rechtmäßig (z. B . Drohung, in Ausübung des Notwehrrechts jemand erschießen zu wollen), so entfällt § 241. R G . GA. 49, 265. Die Drohung muß stets zur Kenntnis des Bedrohten gelangen; und zwar mit dem Willen des Drohenden. K G . D J Z . 25, 1747. Z u § 2 4 1 a : 1) § 2 4 1 a beruht auf dem Gesetz v. 15. 7. 1951 (BGBl. I S. 4 4 8 ) ; s. Anm.l zu § 234 a. In Berlin gilt an Stelle der §§ 234 a, 2 4 1 a das nachstehende Berliner Ges. zum Schutz der persönl. Freiheit v. 14. 6. 1951 (GVB1. S. 417): § 1. (1) Wer einen anderen durch eine Anzeige oder Verdächtigung der Gefahr aussetzt, aus politischen Gründen verfolgt zu werden und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seinem Vermögen, seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird wegen politischer Verdächtigung mit Gefängnis bestraft. (2) Im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen steht insbesondere ein nicht rechtsstaatlich geordnetes oder geführtes Verfahren oder die Verhängung einer unmenschlichen oder grob ungerechten oder im Gesetz nicht vorgesehenen Strafe oder Maßnahme. (3) Ebenso wird bestraft, wer eine Mitteilung über einen anderen macht oder übermittelt und ihn dadurch der in Absatz 1 bezeichneten Gefahr einer politischen Verfolgung aussetzt. (4) Der Versuch ist strafbar. (5) Wird in der Anzeige, Verdächtigung oder Mitteilung gegen den anderen eine unwahre Behauptung aufgestellt oder ist die Tat in der Absicht begangen, eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen herbeizuführen, oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall vor, so kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden. § 2. (1) Wer einen anderen durch List, Drohung oder Gewalt in ein Gebiet außerhalb des Bereiches der in Berlin geltenden Gerichtsverfassung verbringt oder veranlaßt, sich dorthin zu begeben, oder davon abhält, von dort zurückzukehren und dadurch der Gefahr aussetzt, verfolgt zu werden, und hierbei im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seinem Vermögen, seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird wegen Verschleppung mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Hat der Täter aus Gewinnsucht oder in der Absicht gehandelt, eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen herbeizuführen, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren, in minder schweren Fällen auf Gefängnis nicht unter sechs Monaten zu erkennen. (3) Hat der Verschleppte im Zusammenhang mit einer T a t nach Absatz 1 den Tod erlitten und mußte der Täter den Umständen nach hiermit rechnen, so kann auf lebenslanges Zuchthaus erkannt werden. (4) Wer eine Handlung nach Absatz 1 bis 3 vorbereitet, wird mit Gefängnis bestraft. § 3. Wer von dem Vorhaben einer Verschleppung (§ 2) glaubhafte Kenntnis erhält und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten hiervon zur rechten Zeit Anzeige zu machen, wird nach Maßgabe des § 139 S t G B bestraft. § 4. In den Fällen des § 2 Abs. 3 ist das Schwurgericht zuständig. 2) Anzeige und Verdächtigung müssen an einer Stelle angebracht werden, die die Verfolgung herbeiführen kann. Die Anzeige braucht — anders als nach § 164 — weder eine strafbare Handlung noch eine Amts- oder Dienstpflichtverletzung zu behaupten noch eine Behauptung tatsächlicher Art aufzustellen; sie braucht auch nicht wider besseres Wissen oder leichtfertig zu erfolgen; der Täter kann vielmehr von der Richtigkeit seiner Anzeige überzeugt sein und sie kann auch objektiv richtige Angaben enthalten (vgl Abs. 4). Entscheidend ist vielmehr, daß der Täter den anderen vorsätzlich der Gefahr aussetzt, aus nicht rein sachlichen (z. B . rein kriminellen) Gründen verfolgt und dabei rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwider schadenbringenden Gewalt- und Willkürmaßnahmen unterworfen zu werden (vgl. Anm. 9 zu § 88 StGB). 16

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

242

A 2. Strafgesetzbuch. § 242

Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen durch Gewalt- oder Willkürmaßnahmen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, der Freiheit beraubt oder in seiner beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung empfindlich beeinträchtigt zu werden, wird wegen politischer Verdächtigung mit Gefängnis bestraft 4 ). (2) Ebenso wird bestraft, wer eine Mitteilung über einen anderen macht5) oder übermittelt 6 ) und ihn dadurch der in Absatz 1 bezeichneten Gefahr einer politischen Verfolgung7) aussetzt 8 ). (3) Der Versuch ist strafbar. (4) Wird in der Anzeige, Verdächtigung oder Mitteilung gegen den anderen eine unwahre Behauptung 9 ) aufgestellt oder ist die Tat in der Absicht 10 ) begangen, eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen herbeizuführen, oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall 11 ; vor, so kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden. 19. Abschnitt.

Diebstahl und

Unterschlagung

§ 242. [Diebstahl] (1) Wer eine fremde 1 ) bewegliche 2 ) Sache 3 ) einem anderen 4 ) in der Absicht 3) Vgl. Anm. 1 und Anm. 11 zu § 164. 4) Möglichkeit der Strafschärfung nach § 94. 5) Z. B. über seinen Aufenthalt, so daß er ergriffen werden kann. Die Mitteilung muß an die in Anm. 1 bezeichnete Stelle gerichtet oder jemandem in der Erwartung der Weitergabe an diese gemacht werden. 6) Die Mitteilung eines anderen der zuständigen Stelle (Anm. 2) überbringt oder sonst für ihre Weitergabe an diese sorgt. 7) Also der Gefahr, bei der politischen Verfolgung rechtsstaatswidrigen Gewalt- und Willkürmaßnahmen ausgesetzt zu sein. 8) Tateinheit mit § 164 ist möglich (bedeutsam im Hinblick auf § 165), ebenso mit § 92. 9) Da eine Behauptung tatsächlicher Art nicht gefordert wird (vgl Anm. 2), genügen hier Werturteile. 10) Es muß hier also dem Täter darauf ankommen, den im Gesetz bezeichneten Erfolg herbeizuführen, während sonst Vorsatz (einschließlich des bedingten) genügt. 11) Vgl. Anm. 5 zu § 49 b. Die T a t nach Abs. 4 ist Verbrechen, soweit sie durch Aufstellung unwahrer Behauptungen oder in der in Abs. 4 bezeichneten Absicht begangen wird, im übrigen (vom Standpunkt der h. M.) Vergehen (vgl. Anm. 1 zu § 1). Z u § 2 4 2 : 1) Wegen der strafbaren Wegnahme eigener Sachen siehe § 289. Ob die Sache eine fremde oder Eigentum des Täters ist, entscheiden die Vorschriften des Zivilrechts. Der Eigentümer kann an den Früchten seines verpachteten Gutes einen Diebstahl verüben (vgl. § 956 BGB.); ebenso der Miteigentümer an der gemeinschaftlichen Sache. R. 6, 239, und der einzige Gesellschafter einer Einmann-GmbH. am Eigentum der GmbH. E. 71, 355. Auch dem Dieb gegenüber ist Diebstahl hinsichtlich der gestohlenen Sache möglich. E. 70, 9; BGH. N J W . 53, 1358. Sobald über das Diebsgut verfügt ist, kann auch der Diebsgenosse den Dieb hinsichtlich seines Anteils bestehlen. OLG. Dresden D S t R . 36, 295. Wer einem anderen eine Sache in Zueignungsabsicht wegnimmt, die er ihm unter Eigentumsvorbehalt bis zur Zahlung des Kaufpreises übertragen hat, ist nach § 289 zu bestrafen. Bei derelinquierten Sachen ist Diebstahl ausgeschlossen, z. B. an Hausmüll, sofern sich die Hausbewohner an ihm des Eigentums begeben haben. E. 48, 121. 2) Hierher gehören auch Bestandteile unbeweglicher Sachen, die durch Abtrennung zwecks Wegnahme beweglich gemacht worden sind. 3) „Sache" ist jeder körperliche Gegenstand ohne Rücksicht auf den Aggregatzustand und auf seinen Wert, also auch Sachen ohne Vermögenswert. OLG. Kiel SchlHA. 48, 159. Beispiele: Wasser in einer Röhrenleitung. E. 47, 324; Leuchtgas. R. 3, 14 (Diebstahl durch vertragswidrige Umgehung des Zählers. Recht 26 Nr. 1021); die aus einem Eisenbahnwagen tropfende Flüssigkeit. DStZ. 8, 245; Eis in einem öffentlichen Wasserlauf, KG. GA. 52, 96; Schriftstücke, Schuldscheine usw. ohne eigenen Substanzwert. RG. GA. 64, 373. Über Abund Rückleitung von Heizdampf siehe E. 44, 335. Eine Leiche ist keine Sache; von ihr abgetrennte, dem Körper zu Lebzeiten eingefügte Gegenstände (z. B. Goldzähne) dagegen sind

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 242

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Eigentum der Erben des Verstorbenen oder unterliegen wenigstens ihrem ausschließlichem Aneignungsrecht. LG. Köln MDR. 48, 365; OLG. Gera H E S t . 2, 296; vgl. auch E. 64, 313 und Anm. 4 zu § 168. Anders mag es liegen, wenn bei Auflassung eines Grabe nach Ablauf der Liegezeit kein Erbe da ist, der sich um den Verbleib der Überreste kümmert; hier kann Herrenlosigkeit angenommen werden (vgl Dotterweich J R . 53, 174). Die Entziehung elektrischer Energie ist strafbar nach § 248 c. 4) Die Sache muß aus dem G e w a h r s a m e i n e s a n d e r e n weggenommen werden. Gewahrsam ist t a t s ä c h l i c h e V e r f ü g u n g s g e w a l t und ist nicht gleichbedeutend mit Besitz im Sinne des BGB. E. 52, 143. Auch der Besitzdiener (§ 855 BGB.) kann eigenen Gewahrsam haben. Der Besitzer h a t Gewahrsam oder wenigstens Mitgewahrsam, wenn er trotz Einschaltung eines Besitzdieners nach der Lebensanschauung die Herrschaftseinwirkung auf die Sache hat. E. 60, 272; OLG. Hamburg MDR. 47, 35. Bei Mitgewahrsam kann jeder Mitgewahrsamsinhaber gegenüber den anderen Diebstahl begehen. E. 77, 38. Der Gewahrsam geht solange nicht verloren, als der Inhaber den Willen hat, ihn festzuhalten und auch in der Lage ist, die tatsächliche Herrschaft in der der Gewohnheit des Lebens entsprechenden Wiese auszuüben. BGH. N J W . 53, 1271. Das Bewußtsein der Sachherrschaft ist zur Aufrechterhaltung des Gewahrsams nicht erforderlich; eine vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der tatsächl. Gewalt bedeutungslos. BGH. N J W . 53, 1400. Gewahrsam besteht z. B. an dem auf dem Feld zurückgelassenen Ackergerät, an liegengebliebenen Patronenhülsen auf dem Schießplatz. E. 39, 26 (anders an seit Jahren verlassen liegendem Wehrmachtgerät auf früherem Kampfgelände. BGH. N J W . 53, 1271), an vom Gewahrsamsinhaber versteckten Sachen. E. 53, 175, an nur verlegten oder vergessenen ( = versehentlich liegen gelassenen) Sachen, wenn dem Inhaber der Verbleib nicht entschwunden ist. E. 38, 444; BGH. N J W . 53, 1272. Gewahrsam behält, wer Geld zum Wechseln auf den Ladentisch legt. RG. GA. 74, 205, ferner der Verkäufer beim Handkauf an der auf den Ladentisch gelegten Ware bis zur Zahlung des Kaufpreises. OLG. Hamm JMB1. NRW. 50, 48. An verlorenen Sachen ist auch der Gewahrsam verloren. Frank Anm. V. Der Besitzer bleibt Gewahrsamsinhaber, wenn der beauftragte Besitzdiener sich mit der Sache auf vorgeschriebenem Wege zu einem leicht erreichbaren Ziel entfernt. Der Besitzdiener, der eine Sache auswärts für seinen Herrn erhält, hat in der Regel bis zur Ablieferung Alleingewahrsam. OLG. Hamburg MDR. 47, 35. Der Gewahrsam an einem beweglichen verschlossenen Behältnis schließt nicht ohne weiteres den Gewahrsam an dessen Inhalt in sich, sondern nur, wenn der Besitzer des Behältnisses die tatsächliche Möglichkeit hat, über Behältnis und I n h a l t zu verfügen. Übergibt jemand ein bewegliches verschlossenes Behältnis unter Zurückbehaltung des Schlüssels zur Aufbewahrung, so h a t gleichwohl nur der Aufbewahrende Gewahrsam, falls er die tatsächliche Möglichkeit hat, auch ohne Eröffnung des Behältnisses über dieses und seinen Inhalt (z. B. durch Verkauf a l s g a n z e s ) zu verfügen. Anders, wenn eine Verfügung über das Behältnis a l s g a n z e s nicht möglich ist, z. B. wenn das Behältnis mit einem Gebäude fest verbunden ist. E . 47, 210. Der Inhaber einer Wohnung begeht somit Diebstahl, wenn er aus dem dort aufgestellten Gasautomaten Geld entwendet. E. 45, 249. An dem Schließfach einer Bank h a t der Kunde, wenn ihm vereinbarungsgemäß der jederzeitige Zutritt zu dem Behältnis und seinem Inhalt gestattet ist, auch dann Mitgewahrsam, wenn er nur unter Mitwirkung der Bank an sein Schließfach gelangen kann, während die Bank ohne Mitwirkung des Kunden tatsächlich Zutritt hat. RG. D J . 38, 44. Der Mieter eines möblierten Zimmers h a t an den darin befindlichen Sachen Gewahrsam, sofern sich nicht der Vermieter die Mitbenutzung vorbehält oder tatsächlich ausübt. Bei Vermietung durch Gastwirte ist die Absicht, Mitgewahrsam zu behalten, anzunehmen. LK. X 2b. An einer zu einem Nachlaß gehörigen Sache ist ein Diebstahl nur dann möglich, wenn sie sich zur Zeit der Wegnahme im Gewahrsam eines Dritten befindet. § 857 BGB. ist für die Anwendung des § 242 bedeutungslos. E. 34, 252. Entlaufene H a u s t i e r e sind so lange noch Gegenstand des Diebstahls, als der Eigentümer die Möglichkeit hat, die tatsächliche Gewalt über sie auszuüben; so bei Katzen. E. 50, 183; bei zugeflogenen Hühnern. LZ. 19, 603. Tauben, die während der Frühjahrs- und Herbstbestellung auf Feldern und Gärten angetroffen werden, kann sich der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte des Grundstücks sowie der Jagdberechtigte aneignen. Preuß. VO. v. 4. 3. 1933 (GS. S. 64) in der Fassung der VO. v. 13. 12. 1934 (GS. S. 464). Siehe hierzu Gutachten des KG. v. 30. 9. 1932 (JMB1. 33 S. 122). Dies gilt nicht für Brieftauben (§ 8 des Brieftaubengesetzes v. 1. 10. 1938, RGBl. I S. 1335, an dessen Stelle in Rheinl.-Pf. das Landesgesetz über Brieftauben v. 8.10.1950, GVB1. S. 281, getreten ist). Ob die Wegnahme von Wild aus Gehegen Diebstahl oder Jagdvergehen ist, hängt von den tatsächliche Verhältnissen ab. E. 26, 218 und Mitzschke-Schäfer, RJagdges. 3. Aufl. Anm. 10 zu § 1. Bei Tiergärten kommt es nicht auf die Größe an, sondern darauf, ob das Gebiet derart fest umhegt ist, daß dem Wilde der Wechsel in andere Bezirke unmöglich gemacht wird. E. 42, 75; BayObLG. DRZ. 30 Nr. 29; sowie darauf, daß das Einhegen sich als eine dem Eigentumserwerb dienende Besitz16»

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A 2. Strafgesetzbuch. § 242

wegnimmt 5 ), dieselbe sich 6 ) rechtswidrig zuzueignen 7 ), wird wegen Diebstahls 8 ) mit Gefängnis bestraft. ergreifung aller eingeschlossenen Tiere darstellt, nicht lediglich dem Waldeigentümer die künftige Ergreifung erleichtern soll. E . 60, 273; J W . 34, 3204. Siehe auch Celle GA. 62, 202. Der Jagdberechtigte erlangt Gewahrsam an einem in der Falle gefangenen Tier mit dem Augenblick des Fangens, ohne daß er davon weiß. Mitzschke-Schäfer, Anm. 2 zu § 1; E. 29, 216. Die Aneignung von Abwurfstangen ist nach § 292 strafbar (§ 1 BJagdges. — B I X 1 —). Steht das Wild aber bereits (in einem Tiergarten) im Eigentum, so gehen auch die abgeworfenen Stangen ohne besonderen Aneignungsakt in das Eigentum des Jagdeigentümers über. K G . D J Z . 11,221. Dienstboten begehen an den Sachen der Herrschaft, welche sich in den ihnen zugewiesenen Räumen befinden, Diebstahl, R . 3, 711; ebenso der Verkäufer an den im Laden befindlichen Waren. E . 77, 37; der Handlungsgehilfe durch Wegnahme der von ihm vereinnahmten Gelder aus der Ladenkasse, E . 30, 88 (jedoch begeht die Kassiererin eines Warenhauses durch Entwendung von Geld aus der Kasse Unterschlagung. Rostock H R R . 28 Nr. 572). Diebstahl begeht ferner der Förster an geschlagenem Holze aus dem seiner Aufsicht anvertrauten Walde. E. 5, 181; der Arbeiter an dem im Arbeitsraume befindlichen Arbeitsmaterial, R . 7, 303. An Sachen, die jemand in einem dem Verkehr gewidmeten Raum (z. B . in einer Gastwirtschaft. Recht 7, 216) oder in den Räumen oder dem sonstigen Herrschaftsbereich einer Behörde ( z . B . auf dem Bahnsteig oder der Bahnstrecke. E . 54, 231; Recht 25 Nr. 1527) verliert, erlangt der Inhaber des Hausrechts bzw. die Behörde Gewahrsam; Wegnahme durch Unbefugte ist daher Diebstahl. 5) Wegnahme bedeutet: Bruch des fremden und Begründung des eigenen Gewahrsams durch den Dieb. Gewahrsamsbruch liegt immer vor, wenn der Gewahrsam ohne Einverständnis des Gewahrsamsinhabers aufgehoben wird. E s genügt, daß der Täter einen anderen veranlaßt und in Stand setzt, die Sache unmittelbar zu ergreifen, z. B. indem er sie an einen gutgläubigen Dritten verkauft, der sie dann an sich nimmt (zugleich Betrug gegenüber dem Dritten). E . 70, 212; 73, 61. V o l l e n d e t ist die Wegnahme (und damit der Diebstahl), sobald der Täter nach der Anschauung des täglichen Lebens die tatsächliche Herrschaft über die Sache erlangt hat. Wegschaffung oder Sicherung der erlangten Herrschaft ist nicht erforderlich. E . 69, 102; 76, 133. Die Wegnahme kann vollendet sein, auch ohne daß eine Entfernung der Sache aus den Räumen des bisherigen Inhabers stattfindet, falls der Täter in der Lage ist, mit Ausschluß des bisherigen Inhabers tatsächlich über die ergriffene Sache zu verfügen. E . 52, 75; 76,133. Die Beiseitelegung einer dem Inhaber weggenommenen Sache ist solange keine vollendete Wegnahme, als dieser trotzdem in der Lage bleibt, selbst oder durch einen anderen die Verfügung des Täters über die Sache zu verhindern. E . 66, 394; R G . J W . 34, 1358 (Versuch, da die Diebe an der ungestörten Wegbringung der Sachen aus dem Raum, in den sie eingedrungen waren, durch eine Alarmvorrichtung verhindert wurden) . D a ß der Täter bei der Wegnahme von dem Eigentümer oder einem Dritten beobachtet wird, schließt eine vollendete Wegnahme nur aus, wenn der Beobachter die Möglichkeit und den Willen hat, die Verfügung des Täters zu verhindern und auf die Erhaltung des Gewahrsams des bisherigen Inhabers hinzuwirken. E . 76, 133. OLG. Hamm N J W . 54, 523. Daher nur Versuch, wenn dem vermuteten Dieb unter polizeil. Beobachtung Gelegenheit zur Wegnahme gegeben wird und er sie ausnutzt. B G H . N J W . 53, 1271. Siehe noch OLG. Tübingen S J Z . 47, 556 mit Anm. von Sachs: vollendete Wegnahme, wenn der Dieb das im Hausflur abgestellte Fahrrad auf den Bürgersteig gebracht hat, auch wenn er es auf den Anruf des aus dem Fenster blickenden Eigentümers wegwirft, ferner OLG. Bamberg H E S t . 2, 18: Diebstahl eines lebenden Tieres, das Widerstand leistet. Keine Wegnahme (trotz Rechtswidrigkeit der Zueignung) liegt vor bei Einverständnis des Gewahrsamsinhabers. Daher kein Diebstahl gegenüber dem Eigentümer von Waren, wenn der Fuhrmann, der sie transportiert (Besitzdiener) und die tatsächliche Verfügungsgewalt hat, einem Dritten die Wegnahme gestattet. R G . GA. 4 4 , 43. Auch dann liegt keine Wegnahme vor, wenn die Besitzaufgabe durch Täuschung herbeigeführt worden ist (Betrug). Bewirkt aber die Täuschung keine Aufgabe, sondern nur eine Lockerung des Besitzes (z. B . der Täter veranlaßt durch Vorspiegelung der Kaufabsicht den Kaufmann, die Ware auf den Ladentisch zu legen und nimmt sie an sich, s. oben Anm. 4 Abs. 2), so Hegt Wegnahme vor. Ebenso liegt Wegnahme vor, wenn der Besitzer die von dem Schwindler, der sich als Kriminalbeamter ausgibt, ausgesprochene „Beschlagnahme" nur hinnimmt, sei es, daß er sich lediglich passiv verhält, sei es, daß er die Sache zwar selbst hingibt, aber nicht auf Grund eignen Entschlusses, sondern lediglich unter dem Druck der Vorstellung, daß Widerstand untunlich und zwecklos sei. Nur wenn die Duldung der Wegnahme oder die Herausgabe auf einem durch

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 242

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Irrtum erzeugten, im übrigen aber innerlich freiem Willensentschluß beruht, liegt nicht Diebstahl, sondern Betrug vor. BGH. NJW. 52, 782 und 796; 53, 73. Über die Abgrenzung von Diebstahl und Betrug s. weiter Anm. 7 Abs. 7 zu § 263. Bewirkt dagegen die Täuschung entsprechend der Vorstellung des Täters, daß der Getäuschte (z. B. ein Dieb oder ein Schmuggler) unter Preisgabe der Ware flieht, so ist die Inbesitznahme keine Wegnahme (es kommt § 253 in Betracht). BGH. N J W . 53, 753. 6) Die Absicht, die Sache sich zuzueignen, ist nicht gegeben, wenn der Täter über die fremde Sache nicht im eignen Namen und zu eignem Nutzen, sondern namens eines Dritten und zu dessen Nutzen verfügt (str.; wie hier E. 67, 266; RG. DR. 43, 756; OLGe Bremen MDR. 48, 260; Köln JMB1. NRW. 54, 27; a. M. Schönke V I I 2d). Doch wird ein Sichzueignen nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Täter mit dem Endzweck handelt, die Sache alsbald einem Dritten zu übergeben. (Siehe Anm. 7.) 7) Die Wegnahme muß in der A b s i c h t r e c h t s w i d r i g e r Zueignung geschehen sein. Zueignung bedeutet, daß die Sache selbst oder doch der in ihr verkörperte Sachwert vom Täter dem eigenen Vermögen einverleibt wird. E. 61, 233. Die Wegnahme eines Sparkassenbuches, um das Guthaben ganz oder teilweise abzuheben, ist daher auch dann Diebstahl, wenn der Täter von vornherein die Absicht hat, das Buch wieder zurückzugeben. E. 55, 59. Der Täter kann die Sache ihrem Sachwert nach seinem Vermögen zuführen, indem er sie unmittelbar nach der Wegnahme einem Dritten zur eigentumsgleichen Nutzung übergibt. E. 61, 233. Auch wenn dies unentgeltlich geschieht, eignet der Täter sich zu, wenn er von der Weitergabe, wenn auch nur mittelbar, einen Nutzen oder Vorteil im weitesten Sinne hat; z. B. besteht bei Verschenken der Nutzen in der Freigebigkeit unter Ersparung einer Aufwendung aus dem eigenen Vermögen. BGH. NJW. 53, 1151. Zueignung einer Sache, z. B. eines Kraftwagens liegt auch vor, wenn der Täter sie nach Gebrauch an beliebiger Stelle zurücklassen und dem Zugriff jedes Dritten preisgeben will. E. 64, 259 und BGH. N J W . 53, 1880. — Diebstahl begeht auch, wer eine fremde Sache verarbeitet und dadurch vollständig vernichtet, um daraus Gegenstände für seinen eigenen Bedarf herzustellen, wenn er auch letztere nach Benutzung im Gewahrsam des Eigentümers der ursprünglichen Sache zu lassen gedenkt. RG. J R . 27 Nr. 1866. Eine besondere Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. E. 25, 172; 67, 266. Daher auch Diebstahl, wenn der Gegenwert in Geld zurückgelassen oder eine Sache zur Befriedigung wegen einer Geldforderung weggenommen wird. E. 1, 193; 25, 272. K e i n e Zueignung ist eigenmächtiges Verfügen über eine fremde Sache ohne Überführung in das Vermögen des Täters, z. B. wenn die Wegnahme lediglich in der Absicht erfolgte, die Sache zu vernichten. E. 35, 355; J R . 27 Nr. 193; OLG. Köln N J W . 50, 959 (doch können beide Absichten nebeneinander bestehen. E. 64, 250); wenn der Täter nur weggenommen hat, um sich sofort selbst anzuzeigen und in das Gefängnis zu kommen. R. 6, 536, oder um die Sache als Pfand bis zur Befriedigung wegen einer Forderung zurückzubehalten. E. 12, 88; wenn die Wegnahme nur zum Zwecke des Gebrauchs und nicht in der Absicht erfolgte, dem Eigentümer die Verfügung zu entziehen (furtum usus) E. 24, 22 (über den unbefugten Gebrauch von Kraftfahrzeugen siehe § 248 b); wenn der Täter die Sache (ohne sie zu gebrauchen oder zu vernichten) nur dem Eigentümer entziehen will. OLG. München D J . 38, 1530. Die Verfügung, die der Täter mit der gestohlenen Sache vornimmt, z. B. Verkauf oder Beschädigung, ist straflose Nachtat, es sei denn, daß der Täter in andere strafrechtlich geschützte Rechtsgüter der nämlichen oder einer anderen Person eingreift. E. 60, 371; 54, 80. Daher keine straflose Nachtat, wenn eine gestohlene Sache betrügerisch als Eigentum des Diebes weiterverkauft wird. HRR. 33 Nr. 550 (Betrug gegenüber dem Käufer) oder wenn eine gestohlene Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr verfälscht wird. R e c h t s w i d r i g ist die Zueignung, wenn nicht ein Anspruch auf Herausgabe gegeben ist. Daher kein Diebstahl, wenn ein fälliger Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der konkreten Sache besteht. E. 64, 210; a. M. Schönke VII 2b. Anders bei Gattungsschulden; Wegnahme von Geld zur Befriedigung wegen einer fälligen Geldforderung ist (objektiv) Diebstahl. E. 25, 172. Ein Volksgebrauch schließt die Rechtswidrigkeit nicht aus. BayObLG. GA. 73, 381. Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Zueignung genügt bedingter Vorsatz. E. 49, 140. Das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit wird durch die Wertlosigkeit der Sache nicht ohne weiteres ausgeschlossen. E. 44, 208. 8) Eine Verurteilung wegen Diebstahls ist ausgeschlossen, soweit Sondergesetze eine mildere Beurteilung unter einem anderen Gesichtspunkt vorschreiben. Dies ist der Fall, wenn die Voraussetzungen der §§ 248a, 370 Nr. 5 StGB., des § 30 Abs. 3 der NaturschutzVO. v. 18. 3. 1936 (RGBl. I S. 181) oder der landesrechtlichen feld- und forstpolizeilichen Gesetze (z. B. des preuß. Forstdiebstahlges. oder des FFPG.) zutreffen. (Die VO. über Feld- und Forstdiebstähle v. 20.9. 1942 [RGBl. I S. 558] und die z. T. nach 1945 an ihre Stelle getretenen

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A 2. Strafgesetzbuch. § 243 (2) Der Versuch ist strafbar 9 ).

§ 243*). [Schwerer Diebstahl] (1) Auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn 1. aus 1 ) einem zum Gottesdienste bestimmten Gebäude Gegenstände gestohlen werden, welche dem Gottesdienste gewidmet 2 ) sind; 2. aus 3 ) einem Gebäude 4 ) oder umschlossenen Räume 5 ) mittels Einbruchs 6 ), Einsteigens 7 ) oder Erbrechens 8 ) von Behältnissen 9 ) gestohlen wird 1 0 ); landesrechtl. Vorschriften sind durch Art. 8 Nr. 10, 15, 19, 20, 21 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 — BGBl. I S. 735 — aufgehoben). Forstdiebstahl (§ 1 PrFDG.) und gewöhnlicher Diebstahl können in Fortsetzungszusammenhang miteinander stehen. RG. HRR. 36 Nr. 502; die Tat ist dann (infolge Absorbierung der milderen Strafdrohung) lediglich aus § 242 zu bestrafen. OLG. Köln NJW. 53, 1762. 9) Versuch liegt vor, sobald eine Gefährdung des fremden Gewahrsams eingetreten ist. RG. JW. 36, 1974. Das Eindringen in ein befriedetes Besitztum ist noch kein Versuch, falls dem Täter der bestimmte Wille, zu stehlen, fehlt. E. 54, 182, wohl aber, wenn er mit Diebstahlsvorsatz in ein Haus einschleicht, auch wenn sein Wille noch nicht auf bestimmte Dinge gerichtet ist. E. 70,202. Versuch liegt schon vor, wenn der Täter das einem unmittelbaren Zugriff sich entgegenstellende Hindernis beseitigt, z. B. wenn er versucht, den Pförtner zu bestechen, um Einlaß zu gewinnen. E. 55, 191, oder den Wachhund fortführt. E. 53, 217; wenn er auf das Trittbrett eines fahrenden Güterwagens springt. E. 54, 328; aber nicht, wenn er das Dach eines fremden Hauses besteigt, um von dort aus auf das Dach eines anderen Hauses, aus dem gestohlen werden soll, zu gelangen. HRR. 29 Nr. 1537. Versuch liegt auch vor, wenn der Täter ihm zur Ansicht vorgelegte Gegenstände in die Hand nimmt, um einen davon zu stehlen. E. 55, 244. Das Einverständnis des Gewahrsaminhabers mit der Wegnahme schließt den Versuch nicht aus, wenn es dem Täter unbekannt war (untaugl. Versuch). E. 53, 336. Strafb. untaugl. Versuch liegt auch vor, wenn der Täter beim Betreten des Raumes, in dem er stehlen wollte, sofort auf einen Bewohner stößt. RG. JW. 36, 1974. Zu § 243: *) § 243 regelt kasuistisch eine Reihe von Erschwerungsgründen: erhöhte Bedeutung des Gegenstandes (Nr. 1), besondere Schutzwürdigkeit infolge erhöhter Gefährdung (Nr. 4), erhöhte verbrecherische Energie bei der Überwindung von Hindernissen (Nr. 2, 3), besonders strafwürdige oder gefährliche Ausführungsart (Nr. 5—7). Die Kasuistik kann im Einzelfall zu unangemessenen Ergebnissen führen. Dem Bestreben des Schrifttums, durch ausdehnende Auslegung Lücken zu schließen, zeigt sich die Rechtspr. im allgemeinen wenig geneigt (vgl. z. B. BGH. NJW. 53, 1880). Ergänzende Vorschriften: § 17 Unedel-Metallges. — B III 13 — und § 4 Edelmetallges. — B III 12 —. Liegen mehrere Strafschärfungsgründe des § 243 vor, so ist nicht Tateinheit, sondern ein schwerer Diebstahl gegeben. E. 55, 144; BGH. NJW. 53, 592. Bei Fortsetzungszusammenhang von einfachem und schwerem Diebstahl ist die Tat als schwerer Diebstahl zu bestrafen. RG. GA. 46, 453; OLG. Köln NJW. 53, 1762. 1) Der Dieb braucht das Gebäude nicht betreten zu haben. E. 29, 70. — Die an eine Kirche angebaute Sakristei ist Bestandteil der Kirche. E. 45, 243. 2) Hierzu gehören Altarkerzen und ewige Lampe in kathol. Kirchen. E. 53, 144; GA. 67, 444. 3) Aus einem Gebäude usw.: Beim Diebstahl mittels Einbruchs oder Einsteigens muß der Täter von außen in das Gebäude oder den umschlossenen Raum einbrechen oder einsteigen. E. 30, 122; BGHSt. 1, 160; beim Diebstahl mittels Erbrechens von Behältnissen muß sich das Behältnis in dem Gebäude usw. befinden. Daß die Diebsbeute auch aus dem Gebäude usw. herausgebracht wird, ist zum Begriff des schweren Diebstahls nicht erforderlich. 4) Gebäude ist ein unbewegliches mit dem Erdboden — wenn auch nur durch die eigne Schwere — in fester Verbindung stehendes, durch Wände und Dach umschlossenes Bauwerk, das nach seinem räumlichen Umfang den Eintritt von Menschen gestattet und Unbefugte abhalten soll. E. 70, 361; BGHSt. 1, 163. Ein Neubau, dem die Bedachung sowie Fenster und Türen fehlen, ist kein Gebäude. E. 49, 51; BGHSt. 3, 300, auch nicht ein unbewohnter Neubau, dem nur noch Fenster und Türen fehlen (vgl. OLG. Hamm NJW. 53, 78 Nr. 25). Die Verbindung mit dem Erdboden braucht keine dauernde zu sein. Beispiele: ein Zirkuszelt. E. 10, 103; eine Bahnhofshalle (selbst mit durchgehenden Geleisen). E. 55, 153; eine in die Umfassungsmauer eingebaute Warenauslage. E. 54, 211. Aus einem Gebäude stiehlt auch, wer aus einer offenen Veranda stiehlt. RG. D J . 38, 1918. Es ist unerheblich, ob der Dieb in dem Gebäude, aus dem er gestohlen hatte, Wohnung hatte. E. 39, 104. Vgl. Anm. 28.

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 243

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5) Umschlossener Raum war nach der Rechtsprechung des R G . ein S t ü c k der E r d b o d e n f l ä c h e , wenn es mit einer Einfriedigung versehen ist, die bestimmt und geeignet ist, das unbefugte Eindringen dritter Personen abzuhalten. E . 54, 20. Kein umschlossener Raum waren danach ein umschlossener Teil eines Gebäudes, z. B. ein umschlossener Raum im Innern eines Gebäudes. R G . D J . 38, 1918, und, weil nicht Teil der Erdoberfläche, Beförderungsmittel wie ein Schiff. E . 70, 360 oder ein Wohnwagen. Von dieser viel bekämpften Auffassung (Nachweise in der 35. Aufl. Anm. 5) hat sich der B G H . (St. 1, 158 — GrSen. — und 2, 214) mit Recht abgewandt. Umschlossener Raum ist danach jedes Raumgebilde, das nicht Gebäude (Anm. 4) oder Behältnis (Anm. 9) ist, das (mindestens auch) dazu bestimmt ist, von Menschen betreten (wenn auch nicht bewohnt) zu werden, und das mit (mindestens teilweise künstlichen) Vorrichtungen umgeben ist, die das Eindringen von Unbefugten verhindern sollen, also auch umschlossene Abteilungen eines Gebäudes (z. B . einzelne Wohnungen oder Zimmer), Wohnwagen, Bürowagen, Kraftfahrzeuge. B G H S t . 2, 214 (ein Lieferkraftwagen jedoch nur, wenn er im Einzelfall, sei es auch nur zum Be- oder Entladen, von Menschen betreten werden soll. B G H . N J W . 53, 592), Eisenbahnwagen, Schiffe, ferner unter Tage liegende Teile eines Bergwerks. B G H . N J W . 52, 984. Eine Pferdekoppel ist umschlossener Raum, wenn die Umwehrung unbefugte Dritte abhalten soll. Recht 25 Nr. 1738, aber nicht, wenn die Umwehrung lediglich den Zweck hat, das Ausbrechen des Viehs zu verhindern. DStZ. 9, 177. Ein Fischbehälter ist, da er nicht der Fernhaltung Unbefugter dient, kein umschlossener Raum. E . 50, 73. Ein umschlossener Raum liegt auch vor, wenn Lücken in einer Umwehrung sind, ihr Passieren aber nur mit Gefahr oder Überwindung von Hindernissen möglich ist. E . 54, 20. Daß ein Zugang zur Tatzeit unverschlossen ist, ist bedeutungslos, wenn er verschließbar und sonst regelmäßig — insbes. bei Nacht — verschlossen ist. E . 32, 141. Eine Umschließungsvorrichtung ist auch ein natürlicher Flußlauf, wenn er durch künstliche Vorrichtungen ergänzt wird. R G . GA. 47, 437. Ob der Täter wußte, daß zur Zeit der Tat ein Eingang unverschlossen war, ist gleichgültig. E . 7, 263, ebenso, ob er glaubte, ein Verschlußmittel sei nicht befestigt und lasse sich ohne Kraftanwendung beseitigen. R . 10, 253. Kein umschlossener Raum ist dagegen — entsprechend der bisherigen Auslegung. E . 50, 76 — ein Raum, der so klein ist, daß ein Mensch nicht hinein kann. 6) E i n b r u c h ist eine mit Gewalt bewirkte Öffnung einer dem Eintritt entgegenstehenden Umschließung. Eine Zerstörung oder Beschädigung der Substanz ist nicht erforderlich. E . 4, 353, auch nicht eine beträchtliche, sondern nur eine dem Hindernis angemessene Kraftanstrengung. OLG. Hamm J R . 52, 287. Fordert aber die Eröffnung überhaupt keinen Kraftaufwand, so liegt kein Einbruch, wie z. B . beim Zurückschieben des Riegels durch Einfügen eines Messers ohne Anwendung von Gewalt und Beschädigung der Verschlußmittel. R . 7, 724. Wohl aber ist Einbruch das gewaltsame Aufbrechen einer unverschlossenen Tür. R . 5, 387; und das Erzwingen des ordnungsmäßigen Zugangs (z. B . durch Beseitigung der Latten, mit denen eine Tür vernagelt ist). GA. 54, 70. Einbruch liegt auch vor, wenn der Täter die äußere Umschließung von innen gewaltsam eröffnet, aber die Wegnahme der Sache von außen durch die hergestellte Öffnung ausführt. E. 41, 66. Der Dieb braucht den Raum nicht zu betreten, selbst Hineinlangen ist nicht erforderlich, wenn z. B . das angelockte Tier selbst durch die Öffnung ins Freie kommt. E. 56, 48. Dagegen ist Nr. 2 nicht gegeben, wenn der Dieb in einem Gebäude unter Anwendung des richtigen Schlüssels, den er vorher in einem andern Gebäude mittels Einbruchs gestohlen hat, einen Diebstahl begeht. E . 40, 94 (vgl. Anm. 11); auch nicht, wenn der Dieb, um sich den Ausgang zu ermöglichen, eine ins Freie führende Tür erbricht. E . 55, 210. Zur Bestrafung wegen versuchten Einbruchsdiebstahls ist nur erforderlich, daß mit der Ausführung der Tat begonnen ist, auch wenn mit dem Einbrechen selbst noch nicht begonnen war. OLG. Köln JMB1. N R W . 52, 100. 7) E i n s t e i g e n bedeutet, daß der Täter von außen in das Innere des Gebäudes oder umschlossenen Raumes auf zum Eintritte regelmäßig nicht bestimmtem Wege unter Überwindung von Hindernissen gelangt. R G . J W . 38, 2949; B G H . N J W . 52, 984. Einsteigen setzt nicht notwendig eine steigende Tätigkeit der Füße voraus; daher ist auch ein E i n k r i e c h e n ,, Einsteigen", wenn sich aus der Lage, den Größen Verhältnissen oder anderen Eigenschaften der Öffnung Schwierigkeiten ergeben. E . 13, 258; B G H . N J W . 53, 992. Auf ein bestimmtes Maß der durch die Überwindung eines Hindernisses bedingten Schwierigkeit des Eintritts kommt es nicht an. R G . J W . 24, 1736. Einsteigen liegt auch vor, wenn der Dieb durch ein Fenster einsteigt, das der Bestohlene selbst gelegentlich als Notzugang benutzt. E. 59, 171. Der Täter muß sich nach Überwindung des Hindernisses mit seinem ganzen Körper innerhalb des Raumes befinden. OLG. Kiel SchlHA. 47, 30. Daher ist das bloße Emporsteigen an einem Gebäude und Hineinlangen, um zu stehlen, kein Einsteigen. E . 4, 175. Ob das Gebäude (der Raum) zur Zeit des Einsteigens unverschlossen gewesen, ist bedeutungslos. R . 5, 516. Diebstahl mittels Einsteigens kann nur eigenhändig, nicht in mittelbarer Täterschaft begangen werden. Läßt der Täter einen ohne Vorsatz handelnden Dritten einsteigen und bewirkt

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A 2. Strafgesetzbuch. § 243

3. der Diebstahl dadurch bewirkt wird, daß zur Eröffnung11) eines Gebäudes oder der Zugänge eines umschlossenen Raumes, oder zur Eröffer durch dessen Vermittelung den Diebstahl, so kann er selbst nicht wegen Diebstahls mittels Einsteigens, sondern nur wegen einfachen Diebstahls bestraft werden. E. 52, 128 (str.). 8) Erbrechen ist der gleiche Begriff wie Einbruch. Erbrechen liegt auch vor, wenn das Behältnis unbeschädigt geblieben ist. E. 44, 74. Erforderlich ist aber entweder eine Gestaltveränderung oder die Aufhebung eines mehr oder weniger festen Zusammenhanges. GA. 53, 66. Bedeutungslos ist, ob das Erbrechen die naturgemäße Eröffnungsart ist. GA. 57, 203. Erbrechen liegt in dem gewaltsamen Heben des Deckels eines verschlossenen Korbes. GA. 42, 35; in dem gewaltsamen Beiseiteschieben eines die Türöffnung versperrenden Schranks. E. 60, 378; in dem Abreißen der Drahtplombe des Münzgasmessers. Recht 33 Nr. 151; in dem gewaltsamen Lösen von Verschlußschrauben einer Gasleitung. Recht 31 Nr. 1529; ja selbst in dem Auftrennen der Naht eines Kleidungsstückes. GA. 41, 287. 9) B e h ä l t n i s ist ein zur Aufnahme (Aufbewahrung) von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde, das nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden. B G H S t . 1, 163, gleichviel ob beweglich oder unbeweglich, aber — abw. von der Rechtspr. das RG. (s. oben Anm. 5) — nicht ein abgeschlossener Raum im Innern eines Gebäudes. Beispiele: ein zugebundener Sack. R. 1, 832; eine zugeknöpfte Gesäßtasche. D J Z . 13, 356; GA. 60, 277; eine Lohntüte, D J Z . 14, 101; ein Briefumschlag, RG. J W . 37, 2391; eine Wasserleitungsröhre, E. 30, 288. Kein Behältnis ist, da nicht der Aufbewahrung dienend, ein Bettkissen bezüglich der Federn, E. 20, 165, ein Bilderrahmen bez. des Bildes. E. 30, 207. Ob das Behältnis ganz von dem Gebäude umschlossen wird, oder ob ein Teil aus dem Gebäude hervorragt (z. B. ein Gasrohr), ist unerheblich. R. 6, 587. Ein vor dem Laden angebrachter, nicht eingemauerter Schaukasten befindet sich nicht innerhalb des Gebäudes. RG. J W . 30, 920. (Siehe Anm. 4.) Nach der früher überwiegend vertretenen Auffassung muß das Behältnis im I n n e r n des Gebäudes usw. — wenn auch nach Verbindung in einen anderen Teil des Gebäudes usw. — erbrochen werden; wer dagegen das ganze Behältnis mitnimmt und es außerhalb des Gebäudes erbricht, soll nur einfachen Diebstahl begehen. E. 7, 419; 40, 94. Diese durch den Wortlaut nicht zwingend gebotene Auslegung widerspricht dem Grundgedanken der Ziff. 2, daß der besonders betonte und betätigte Besitzwille stärker geschützt wird; bei der danach gebotenen, auch nach Aufhebung des § 2 n. F. zulässigen erweiternden Auslegung ist Ziff. 2 jedenfalls dann anwendbar, wenn das Erbrechen außerhalb des Gebäudes im unmittelbaren Anschluß an die Wegnahme erfolgt und das Behältnis den darin befindlichen Gegenständen ähnlichen Schutz verleiht, wie er an Sachen besteht, an die der Dieb nur durch Einbruch oder Einsteigen gelangen kann. Schäfer J W . 37, 1800; Schönke I I I 2 c ; OLG. München SJZ. 49, 201 mit zust. Anm. Schoetensack. Dagegen ist Nr. 2 nicht anwendbar auf Fälle,: n denen es der Überwindung eines nicht die Sache umschließenden Hindernisses bedarf, um die Sache wegnehmen zu können (z. B. Erbrechen des Schlosses, mit dem ein Fahrrad in einem Hausflur an einen Fahrradständer angeschlossen ist). Schäfer, J W . 37, 3216. 10) Ziff. 2 setzt voraus, daß der Einbruch usw. gerade (wenn auch nicht ausschließlich. E. 53, 262) zum Zweck des Diebstahls erfolgte; einfacher Diebstahl liegt vor, wenn der Täter erst nach dem aus anderen Gründen erfolgten Einbruch den Diebstahlsvorsatz faßt. E. 14, 312. Wenn also der Täter die Scheibe eines Kraftfahrzeugs einschlägt, um es (mit Inhalt) wegfahren zu können (Einbruch in einen umschlossenen Raum), sich dann aber auf Grund neuen Entschlusses mit der Wegnahme von Sachen aus dem erbrochenen Fahrzeug begnügt, so liegt nur einfacher Diebstahl vor. B G H . N J W . 52, 1184. Versuchter schwerer in Tateinheit mit vollendetem einfachem Diebstahl, wenn der Dieb ein Behältnis zu erbrechen versucht, dann den Schlüssel dazu findet und so den Inhalt entwendet. E. 15, 281; 53, 284; B G H . N J W . 52, 1184 Nr. 21. Wer einbricht, um eine bestimmte Sache zu stehlen, dann aber eine andere Sache wegnimmt, begeht wegen Gleichartigkeit des Schutzobjekts schweren Diebstahl. E. 14, 317. Wegen des Verhältnisses zwischen § 370 Nr. 5 und § 243 Nr. 2, wenn die Absicht des einbrechenden Diebes zunächst nur auf einen Mundraub gerichtet ist und er nach dem Einbruch statt dessen oder daneben andere Gegenstände wegnimmt, vgl. E. 55, 198 und Anm. 18 zu § 370. — Dem nach Vollendung der Erschwerungsmerkmale eintretenden Teilnehmer kann der Erschwerungsgrund zugerechnet werden (s. Anm. l c zu § 47). 11) Der Diebstahl braucht nicht a u s einem Gebäude usw. zu erfolgen. Es genügt, daß bei Begehung des Diebstahls der falsche Schlüssel usw. das Mittel zur Ausführung des dadurch geförderten (erleichterten oder ermöglichten) Diebstahls gewesen ist, z. B. indem Sachen außerhalb eines Gebäudes dadurch gestohlen werden, daß sich der Täter den Zugang durch Eröffnung eines Gebäudes verschafft. E. 40, 153 oder daß ein verschlossenes Kraftfahrzeug (umschlossener Raum) in der Weise gestohlen wird, daß der Täter die Tür mit falschem Schlüssel öffnet und damit wegfährt. BGH. N J W . 53, 1880. Vorausgesetzt wird ein Verschluß

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 243

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nung der im Innern befindlichen Türen oder Behältnisse falsche Schlüssel12) oder andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werkzeuge 13 ) angewendet werden; 4. auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze 14 ), einer Wasserstraße15) oder einer Eisenbahn 16 ), oder in einem Postgebäude 17 ) oder dem dazu gehörigen Hofraume, oder auf einem Eisenbahnmittels einer Vorrichtung, die ordnungsgemäß mit einem bestimmten Schlüssel oder anderen Werkzeug geöffnet werden soll; daher gehören nicht hierher ein mit der bloßen Hand zu bewegender Riegel. R. 6, 516; das Eröffnen eines Fasses mit einem Bohrer. Recht 7, 23; die Entwendung aus Automaten durch Einwurf von Metallstücken statt Geld. E. 34, 45, oder durch Zurückbiegen der Sperrfeder. Recht 11, 71. 12) Ein falscher Schlüssel ist jeder, welcher zur Zeit der T a t vom Berechtigten nicht zur Eröffnung des Schlosses bestimmt ist, E. 52, 84. Ein „echter" Schlüssel wird zu einem falschen, wenn ihm die Bestimmung vom Berechtigten ausdrücklich oder stillschweigend entzogen und die Entziehung nach außen erkennbar gemacht wird. RG. GA. 59, 455. Auch ein gestohlener Schlüssel, namentlich wenn er von dem Eigentümer nur vermißt wird, wird erst ein „falscher", wenn die Entziehung der Bestimmung — z. B. durch Anschaffen eines neuen Schlüssels. LZ. 18, 572 — durch den Berechtigten erfolgt ist. E. 52, 84, a. M. LG. Leipzig N J . 48, 84, wonach ein gestohlener Schlüssel immer ein falscher ist, auch wenn der Eigentümer den Verlust noch nicht bemerkt hat. Ein neben dem Hauptschlüssel vorhandener Ersatzschlüssel ist ebenfalls kein falscher. OLG. Celle HannRpfl. 46, 121. Ein Irrtum des Täters, die Bestimmung sei dem Schlüssel noch nicht entzogen, ist nach § 59 beachtlich. E. 52, 85. Ein falscher Schlüssel ist ferner das zweite Exemplar eines Schlüssels, welchen der Eigentümer bei Vermietung eines verschlossenen Raumes ohne Wissen des Mieters zurückbehalten hat. E. 11, 436. Siehe auch E. 40, 80 und RG. D J . 38, 44. Nicht nur der Eigentümer, sondern auch der berechtigte Inhaber einer Wohnung kann einem verlorenen Schlüssel die Bestimmung entziehen. E. 53, 101. Dies ist aber nicht der Fall, wenn ein nicht berechtigter Inhaber (z. B. Geselle im Gegensatz zum Arbeitgeber) den Schlüssel ersetzt. D J Z . 05, 1172. —• Ein sog. Hauptschlüssel ist, wenn er auch mit f ü r das geöffnete Schloß bestimmt war, kein falscher Schlüssel. GA. 39, 57; auch nicht der Schlüssel zu dem eigenen Vorhängeschloß des Diebes, das er anstatt des bisherigen angebracht hat. RG. J W . 24, 306. Diebstahl mittels falscher Schlüssel liegt auch dann vor, wenn der Dieb zunächst mit Hilfe eines falschen Schlüssels ein Behältnis öffnet, aus diesem den Schlüssel entnimmt und damit das Behältnis öffnet, aus dem er Geld stiehlt. E. 40, 153. Mittelbarer Nachschlüsseldiebstahl (der Täter läßt den falschen Schlüssel durch einen gutgläubigen Dritten anwenden) ist •—- anders als beim Einsteigen, Anm. 7 — möglich. E. 53, 181. 13) Erforderlich ist eine Einwirkung auf den Schließmechanismus eines Schlosses oder einer schloßartigen Vorrichtung, wenn auch nicht gerade unter Benutzung des Schlüssellochs. E. 27, 286; 52, 321; 53, 277, z. B. mittels Dietrichs, einer Kneifzange, die den von innen steckenden richtigen Schlüssel umdreht. E. 29, 388, eines Schraubenschlüssels zum Aufdrehen eines Leitungshahnes. RG. GA. 49, 128. Dagegen ist Nr. 3 mangels einer Betätigung des Schließmechanismus unanwendbar, wenn der Dieb von außen den von innen steckenden richtigen Schlüssel mit einem Draht oder dergleichen herausstößt, unter der Tür hervorholt und diese damit von außen öffnet; a. M. OLG. H a m m DRZ. 49, 70. 14) „Öffentlich" sind Wege usw., wenn die t a t s ä c h l i c h für den allgemeinen Verkehr freigegeben und dem Publikum zugänglich sind; daher ist auch ein im Privatbesitze befindlicher Platz öffentlich, wenn dem Publikum allgemein der Zutritt gestattet ist. R. 6, 149. Siehe auch Anm. 1 zu § 116 und E. 21, 370. 15) Offene See ist keine Wasserstraße. E. 33, 57, aber ein dem öffentlichen Verkehr dienender Landsee. Recht 25 Nr. 1532. Ob ein Gewässer (Hafen) als Wasserstraße anzusehen, hängt davon ab, ob der Verkehr auf ihm allgemein freigegeben ist. E. 33, 371; Hamburg LZ. 30, 207. 16) d. h. solche, die — wenn auch Privatpersonen gehörig — dem allgemeinen öffentlichen Verkehr dienen, dagegen nicht Privatanschlußgleise. E. 48, 285; auch nicht Verladestellen, die Private unterhalten. Recht 22 Nr. 1632. Elektrische Straßenbahn ist Eisenbahn. Nr. 4 ist auch anwendbar, wenn Reisegepäck in der Bahn weggenommen und in nächster räumlicher Nähe des Bahnbereichs erbrochen wird. RG. DR. 43, 756 (s. Anm. 9). 17) Hierzu gehören auch solche Gebäude, in denen einzelne bestimmte Räume dem Postbetrieb unmittelbar dienen. E. 49, 279. Wird in einem Postgebäude ein Diebstahl dadurch

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A 2. Strafgesetzbuch. § 243

hofe 18 ) eine zum Reisegepäck 19 ) oder zu anderen Gegenständen der Beförderung gehörende Sache 20 ) mittels Abschneidens oder Ablösens der Befestigungs- oder Verwahrungsmittel 21 ), oder durch Anwendung falscher Schlüssel oder anderer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmter Werkzeuge gestohlen wird; 5. der Dieb oder einer der Teilnehmer am Diebstahle bei Begehung der Tat Waffen bei sich führt 2 2 ); v e r ü b t , d a ß die als U m h ü l l u n g von Sachen dienende Leinwand zerschnitten wird, so t r e f f e n sowohl Nr. 2 als Nr. 4 zu. R . 8, 536. 18) Eisenbahnhof = alle zum B a h n b e t r i e b verwendeten Gebäude m i t den d a r i n befindl. Schienensträngen, soweit sie, wie die E i s e n b a h n , f ü r den allgemeinen öffentl. Verkehr b e s t i m m t sind. J W . 24, 1737; a u c h W a r t e s ä l e . O L G . H a m b u r g H E S t . 2, 28. 19) Zum Reisegepäck gehören alle Sachen, die ein auf der Reise begriffener Mensch in der Absicht m i t sich f ü h r t , d a ß sie ebenfalls b e f ö r d e r t werden. E . 6, 394; R G . D R . 43, 756, gleichviel ob sie d e m Reisenden oder der T r a n s p o r t p e r s o n ( F u h r m a n n usw.) gehören. E . 6, 394. Hierzu gehört auch der Reiseproviant. E . 43, 317, aber nicht Sachen, die j e m a n d a m Leibe m i t sich f ü h r t , wie z. B. Geld in einer Geldtasche. E . 67, 262. 20) Dazu gehört jeder Gegenstand, der sich zum Zwecke d e r W e i t e r b e f ö r d e r u n g an einem der in Nr. 4 g e n a n n t e n Orte befindet. E . 13, 243; auch w ä h r e n d des Auf- u n d Abiadens. E . 56, 98. U n d zwar fallen d a r u n t e r nicht n u r die Sachen, die bis zu einem b e s t i m m t e n Ziel t r a n s p o r t i e r t u n d d a n n abgeladen werden sollen, sondern alle Sachen, die w ä h r e n d des Transp o r t s dem B e f ö r d e r u n g s m i t t e l a n v e r t r a u t sind, d. h. mit ihm befördert werden. O L G . B r a u n schweig N J W . 52, 837 Nr. 28, z. B. a u c h das Geld, das der K u t s c h e r eines Milchwagens v e r e i n n a h m t h a t . R . 4, 693. Die T r a n s p o r t m i t t e l , mit denen eine B e f ö r d e r u n g a u s g e f ü h r t wird u n d ihre Bestandteile (wie z. B. die a n den Achsen befindlichen Reifen eines K r a f t f a h r z e u g s ) sind selbst nicht Gegenstände der Beförderung, wohl aber ihr Zubehör, wie Ersatzreifen eines K r a f t f a h r z e u g s . E . 54, 194; B G H S t . 3, 312, 314; O L G e Braunschweig a.a.O., H a m m M D R . 49, 766; das im E i s e n b a h n w a g e n m i t g e f ü h r t e R e t t u n g s g e r ä t . R G . J W . 29, 2059; ein Bootsplan eines Motorboots. R G . D R . 42, 1273. Bei Diebstahl des Beförderungsmittels selbst ist Nr. 4 u n a n w e n d b a r (dagegen k a n n N r . 3 a n w e n d b a r sein, vgl. A n m . 11), u n d zwar auch d a n n , wenn der T ä t e r nachträglich auf G r u n d vorgefaßten Entschlusses von oder aus dem Beförderungsmittel Gegenstände der Beförderung stiehlt, z. B. den gestohlenen K r a f t w a g e n erbricht ( = die Befestigungs- oder Verwahrungsmittel ablöst, s. A n m . 21) u n d d a r a u s stiehlt. B G H . N J W . 52, 1184. 21) B e f e s t i g u n g s m i t t e l sind alle Vorrichtungen zur Befestigung der V e r b i n d u n g zwischen d e m Beförderungsgegenstand u n d d e m Beförderungsmittel. E . 35, 432. V e r w a h r u n g s m i t t e l sind Vorrichtungen zum Schutz gegen äußere E i n w i r k u n g oder gegen Auseinanderfallen, wie Säcke, P a p i e r u m h ü l l u n g . Verwahrungsmittel ist auch ein fest verschlossener K r a f t w a g e n oder ein E i s e n b a h n w a g g o n hinsichtlich der d a r i n befindlichen G e g e n s t ä n d e ; wer a u s einem auf offener S t r a ß e p a r k e n d e n verschlossenen K r a f t w a g e n d u r c h Aufschneiden des Verdecks, a u s e i n e m E i s e n b a h n w a g g o n n a c h Ablösung des D r a h t v e r schlusses G e g e n s t ä n d e stiehlt, ist d a h e r n a c h N r . 4 zu b e s t r a f e n . E . 71, 198; O L G . H a m b u r g H E S t . 2, 21. D a s E r b r e c h e n der T ü r e n des p a r k e n d e n verschlossenen K r a f t w a g e n s ist ein „Ablösen der Befestigungsmittel". R G . J W . 39, 401. A b l ö s e n b e d e u t e t , d a ß der Zus a m m e n h a n g zwischen dem Verwahrungs- oder Befestigungsmittel irgendwie z u m Zwecke der A u s f ü h r u n g des Diebstahls aufgehoben w i r d ; der Begriff setzt weder G e w a l t a n w e n d u n g noch Verletzung der S u b s t a n z voraus. B G H . N J W . 53, 754. E s genügt d a h e r das Ablösen einer G e p ä c k m a r k e d u r c h A n f e u c h t u n g , das bloße A u f b i n d e n der Befestigungsmittel u n d das bloße Abstreifen des B i n d f a d e n s von einem P a k e t e . E . 5, 157; 6, 177; 21, 429; 52, 322. Beispiele f ü r Ziff. 5: Zerschneiden eines Sackes. R . 3, 699; A n b o h r e n eines Fasses. R e c h t 13 Nr. 2863; Z e r t r ü m m e r n einer Fensterscheibe des Eisenbahnpostwagens. R e c h t 25 Nr. 1531; Zurückbiegen der H a l t e k l a m m e r a n dem G e p ä c k t r ä g e r eines F a h r r a d s . B G H . N J W . 53, 754. Z u m Diebstahl m i t t e l s Abschneidens oder Ablösens gehört nicht, d a ß die W e g n a h m e erst d u r c h Abschneiden oder Ablösen ermöglicht wird, vielmehr genügt, d a ß die Beseitigung der Befestigungs- u n d V e r w a h r u n g s m i t t e l u n d der Diebstahl innerhalb der in Nr. 4 bezeichneten befriedeten Bereiche erfolgen. Die Beseitigung k a n n also der Gewahrsamserlangung vorangehen oder nachfolgen; es genügt z. B., wenn der T ä t e r in einem Bahnhof ein P a k e t stiehlt u n d a n anderer Stelle des B a h n h o f s die U m h ü l l u n g beseitigt. B G H S t . 2, 260, oder wenn er ein auf öffentl. S t r a ß e stehendes K r a f t f a h r z e u g w e g n i m m t , in eine andere S t r a ß e v e r b r i n g t u n d dort die Ersatzreifen (s. A n m . 20) ablöst. 22) W a f f e ist nicht im technischen Sinn zu verstehen; es genügt jedes gefährliche Werkzeug, d. h. jeder Gegenstand, der zum Angriff u n d zur Verteidigung geeignet ist. E . 68,238

2. Teil. 19. A b s c h n i t t . D i e b s t a h l u n d U n t e r s c h l a g u n g .

§ 243

251

6. zu dem Diebstahle mehrere 2S) mitwirken24) welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden26) haben; oder 7. der Diebstahl zur Nachtzeit 26 ) in einem bewohnten Gebäude27), in welches sich der Täter in diebischer Absicht eingeschlichen28), oder in (s. A n m . 1 zu § 223a). Die W a f f e m u ß zum Gebrauch bereit sein. Dazu ist bei Schußwaffen nicht erforderlich, d a ß sie geladen sind; es genügt, d a ß der T ä t e r f ü r eine ungeladene W a f f e Munition bei sich h a t , mit der er die W a f f e alsbald schußfertig m a c h e n k a n n . Schußwaffen, f ü r die keine Munition m i t g e f ü h r t wird, sind nicht z u m Gebrauch (als Schußwaffe) bereit, k ö n n e n aber als W a f f e im untechnischen Sinn (zum Schlagen) gebrauchsbereit sein. Keine G e b r a u c h b e r e i t s c h a f t liegt vor, wenn die ungeladene S c h u ß w a f f e n u r als D r o h m i t t e l verwenb a r ist. B G H S t . 3, 229; es liegt d a n n nicht anders, als wenn der T ä t e r einen Gegenstand bei sich f ü h r t , der einer S c h u ß w a f f e n u r ähnlich sieht. B G H . N J W . 53, 952. Z u m F ü h r e n genügt bei (gebrauchsbereiten) W a f f e n i. techn. Sinn, d a ß der T ä t e r bei T a t b e g e h u n g die W a f f e in seinem H a n d b e r e i c h h a t u n d sich dessen b e w u ß t ist. E . 55, 17. Die Absicht, gegebenenfalls von der W a f f e gegen Menschen Gebrauch zu machen, ist nicht notwendig; die Gefahr, d a ß d e r ü b e r r a s c h t e oder auf W i d e r s t a n d s t o ß e n d e Dieb zur W a f f e greifen könnte, bildet den G r u n d f ü r die S t r a f s c h ä r f u n g n a c h Ziff. 5. E . 29, 228; O L G . Kiel SchlHA. 48, 191 (str.). Bei W a f f e n im n i c h t t e c h n . Sinn (z. B. bei einer n u r zum Schlagen verwendbaren ungeladenen Schußwaffe) m u ß der T ä t e r sich auch der E i g n u n g des Gegenstandes als Waffe, also der Möglichkeit der V e r w e n d u n g bei der T a t zu Angriff oder Verteidigung b e w u ß t gewesen sein. B G H S t . 2, 229. Bei Gegenständen, die viele üblicherweise bei sich tragen, z. B. bei einem einfachen Taschenmesser, m u ß m a n d a r ü b e r hinaus verlangen, d a ß der T ä t e r wenigstens mit d e r Möglichkeit gerechnet habe, den Gegenstand bei der T a t als W a f f e zu verwenden. E . 68, 239; O L G e H a m m H E S t . 2, 23; Celle J R . 50, 216; s. auch B G H S t . 3, 233; N J W . 53, 754, 952. E i n e W a f f e f ü h r t auch bei sich, wer sie erst a m T a t o r t sich verschafft. E . 68, 239. Unerheblich ist es, ob der T ä t e r zum W a f f e n t r a g e n b e f u g t ist. E . 54, 195. Denjenigen Teilnehmern, die keine W a f f e n f ü h r e n , ist der E r s c h w e r u n g s g r u n d der Nr. 5 n u r zuzurechnen, wenn ihr Vorsatz d a s W a f f e n f ü h r e n des a n d e r e n Teilnehmers u m f a ß t ; bedingter Vorsatz genügt. B G H S t . 3, 229, 234. Zwischen § 243 Nr. 5 u n d § 26 Waffengesetz b e s t e h t Tateinheit. D R Z . 30 Nr. 344. 23) Zwei Personen genügen. E . 16, 173. 24) Mitwirken ist enger als Teilnahme (§§ 47ff.) u n d e r f o r d e r t ein zeitliches u n d örtliches Z u s a m m e n w i r k e n mehrerer Mitglieder der B a n d e bei der A u s f ü h r u n g des einzelnen Diebstahls. E i n e von der Tätigkeit der übrigen, bei der A u s f ü h r u n g anwesenden Bandenmitglieder g e t r e n n t e geistige oder körperliche T e i l n a h m e k a n n n i c h t n a c h § 243 Abs. 1 Nr. 6, aber als Teilnahme (§§ 47ff.) a m (einfachen oder d u r c h andere Merkmale als die B a n d e n m ä ß i g k e i t erschwerten) Diebstahl s t r a f b a r sein. E . 73, 322. E i n n a c h Nr. 6 „ M i t w i r k e n d e r " ist immer T ä t e r , auch wenn er mit seinem T u n n u r die T ä t i g k e i t eines a n d e r e n Mitwirkenden fördern will. B G H S t . 3, 4 0 (45). Beihilfe zum B a n d e n d i e b s t a h l k a n n n u r leisten, wer der V e r b i n d u n g nicht angehört. 25) Die V e r b i n d u n g m u ß zur VerÜbung einer Mehrzahl von im einzelnen nach Zahl, O r t und A u s ü b u n g s a r t noch u n b e s t i m m t e n R a u b h a n d l u n g e n u n d Diebstählen erfolgt sein. E . 47, 340; 52, 211. Kein B a n d e n d i e b s t a h l , w e n n die Diebe sich n u r zu einem einzigen in F o r t s e t z u n g s z u s a m m e n h a n g begangenen D i e b s t a h l v e r b u n d e n h a b e n . E . 56, 90 ; 66, 236; J W . 34, 1238. I n d e s genügt schon die V e r b i n d u n g f ü r eine gewisse, a u c h kürzere Zeit, z. B. f ü r einen J a h r m a r k t s t a g . R . 5, 776 u n d GA. 38, 187. — E s genügt a u c h die Vereinigung der T ä t e r zu einer b e s t i m m t e n A r t v o n Diebstählen. E . 47, 341. B a n d e n d i e b s t a h l gegen denselben E i g e n t ü m e r (z. B. gegen den S t a a t , S t a d t g e m e i n d e usw.) ist möglich. E . 52, 211. D u r c h die b a n d e n m ä ß i g e Begehung verlieren die einzelnen Diebstähle n i c h t ihre Selbständigkeit (§ 74). R G . J W . 39, 33. 26) N a c h t z e i t ist die Zeit der D u n k e l h e i t ; sie ist nicht auf die Zeit der nächtlichen R u h e b e s c h r ä n k t . E . 3, 209; a. M. OLG. Celle M D R . 52, 312: ortsübliche Zeit der N a c h t r u h e . 27) Auch ein Häuserblock in seiner G e s a m t h e i t k a n n e i n Gebäude sein. R G . D J . 39, 571. 28) U n t e r Einschleichen ist sowohl ein h e i m l i c h e s E i n t r e t e n zu v e r s t e h e n , das Geräusch v e r m e i d e t und absichtlich der W a h r n e h m u n g a n d e r e r entzogen wird, wie auch das Verschaffen des o f f e n e n Z u t r i t t s , wenn es u n t e r einem listigen Vorwand, e t w a einer T ä u schung eines H a u s b e w o h n e r s . E . 73, 9, oder d a d u r c h geschieht, d a ß ein ungetreuer W ä c h t e r den T ä t e r gerade zum Zwecke des Stehlens einläßt. R G . D R . 42, 1646. D a ß zwischen d e m Einschleichen u n d der A u s f ü h r u n g der T a t ein gewisser Zwischenraum liegt, ist nicht n o t wendig. E . 4, 127; O L G . Kiel SchlHA. 47, 247, auch nicht das Abpassen einer besonderen Gelegenheit z u m Einschleichen. R . 7, 302. E i n Einschleichen innerhalb des Gebäudes gen ü g t nicht, wenn der Z u t r i t t nicht in diebischer Absicht geschehen war. R e c h t 15 Nr. 1846.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 244 welchem er sich in gleicher Absicht verborgen h a t t e 2 9 ) , begangen wird, auch wenn zur Zeit des Diebstahls Bewohner in dem Gebäude nicht anwesend sind. Einem bewohnten Gebäude werden der zu einem bewohnten Gebäude gehörige umschlossene R a u m 3 0 ) und die in einem solchen befindlichen Gebäude jeder Art, sowie Schiffe, welche bewohnt werden, gleichgeachtet.

(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt unter drei Monaten ein 3 1 ).

Gefängnisstrafe nicht

§ 244. [Rückfallsdiebstahl] (1) Wer im Inland 1 ) als Dieb 2 ), Räuber oder gleich einem Räuber oder als Hehler bestraft 3 ) worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen begangen Auch ein Hausbewohner kann Diebstahl mittels Einschleichens verüben. Recht 7, 242; OLG. Kiel SchlHA. 47, 247, jedenfalls kann sich ein Bewohner des Nebengebäudes in das Hauptgebäude einschleichen. E. 55, 170. Ziff. 7 ist auch anwendbar, wenn das Einschleichen zum Zwecke einer Entwendung (§ 370 Nr. 5) geschieht und dann andere Sachen gestohlen werden. E. 9, 297. — Das Einschleichen in diebischer Absicht ist Versuch, nicht Vorbereitungshandlung. E. 38, 177. Einschleichen kann wie Einsteigen (s. Anm. 7) nicht in mittelbarer Täterschaft begangen werden. 29) Siehe Anm. 6 zu § 250. 30) Der Begriff des umschlossenen Raumes ist hier, dem Zweck der Vorschrift entsprechend, insofern weiter als in Ziff. 2, als nicht Verschließbarkeit und regelmäßiges Verschlossensein der Zugänge gefordert wird, vielmehr genügt, daß der Zugang (z. B. ein Hoftor in einem Zaun) geschlossen ist, so daß Unbefugte ihn unbemerkt nur unter Vermeidung des sonst entstehenden Geräusches öffnen und passieren können. OLG. Düsseldorf NJW. 53, 876. 31) Für Beihilfe ist die Mindeststrafe 23 Tage Gefängnis. E. 46, 303. Zu § 244: 1) D. h. durch Urteil oder Strafbefehl eines deutschen Gerichts ohne Rücksicht auf den Tatort, also auch durch Urteile deutscher Gerichte in der sowj. Besatzungszone. Lag der Ort, als das Gericht die Entscheidung fällte, innerhalb des damaligen Reichsgebiets, so ist die Verurteilung auch dann im „Inland" erfolgt, wenn er später zum Ausland kam. E. 57, 374; BGH. NJW. 53, 1680 (Verurteilungen in Österreich während dessen Zugehörigkeit zum Reichsgebiet). Verurteilungen durch deutsche Gerichte (z. B. Militärgerichte) im Ausland sind Inlandsverurteilungen. E. 54, 48. Das Saargebiet gehört. OLG. Frankfurt NJW. 51, 932 und gehörte auch vor 1935 zum Inland. E. 63, 395. Verurteilungen durch Gerichte der Besatzungsmächte begründen, auch wenn sie deutsches Strafrecht anwenden, keinen Rückfall. BGH. NJW. 52, 151; OLGe Hamm MDR. 50, 56; Celle NJW. 51, 85; a. M. OLG. Frankfurt NJW. 51, 372. 2) Wegen vollendetem Diebstahls oder Versuchs, wegen Anstiftung, Beihilfe (einschl. der nach § 257 Abs. 3 als Beihilfe zu bestrafenden Begünstigung) oder wegen nach § 49 a strafbarer Handlungen bezgl. eines schweren Diebstahls. BGHSt. 2, 360. Verurteilung in Tateinheit genügt, selbst wenn die Strafe einem anderen Gesetz entnommen ist. E. 27, 86. Vorbestrafungen aus §§ 248 a, 3706 oder aus laudesrechtl. Feld- und Forstpolizei- und Forstdiebstahlsgesetzen begründen nicht den Rückfall. 3) Sofern die Strafe verbüßt oder erlassen ist (§ 245). Infolgedessen begründet eine Schuldfeststellung nach § 27 JGG. nicht den Rückfall, ebenso bildet eine Verurteilung unter Aussetzung zur Bewährung erst nach Straferlaß eine Rückfallsvoraussetzung. Anrechnung der Untersuchungshaft ist mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft desUrteils (Teil-)Strafverbüßung. E. 52, 191 (und zwar auch dann, wenn die angerechnete Untersuchungshaft wegen einer anderen als der abgeurteilten Tat verhängt war. E. 76, 87), ebenso Tilgung der Strafe durch freie Arbeit, § 28b. Die Verurteilung gilt nicht mehr im Sinne des § 244 als Bestrafung, wenn der Vermerk über die Verurteilung im Strafregister getilgt oder tilgungsreif geworden ist (vgl. § 5 des Ges. v. 9. 4. 1920, abgedr. unter D 5). Die Erklärung des Strafmakels als beseitigt bei Jugendstrafe (§ 100 JGG.) hat diese Wirkung nicht (vgl. § 101 JGG.). Jugendarrest ist keine Strafe und begründet keinen Rückfall (§ 13 Abs. 3 JGG.). Bildung einer Einheitsstrafe gemäß §§ 31, 66 JGG. aus mehreren Diebstahlsstrafen eines Jugendlichen bewirkt, daß nur eine Vorstrafe vorliegt. OLG. Hamm NJW. 52, 1028 Nr. 25.

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 245

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hat und wegen derselben bestraft worden ist 4 ), wird, wenn er einen einfachen Diebstahl (§ 242) begeht, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn er einen schweren Diebstahl (§ 243) begeht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahrenbestraft 5 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt beim einfachen Diebstahl Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten, beim schweren Diebstahl Gefängnisstrafe nicht unter einem J a h r e ein.

§ 245. [Rückfallsverjährung] Die Bestimmungen des § 244 finden Anwendung, auch wenn die früheren Strafen 1 ) nur teilweise verbüßt 2 ) oder ganz oder teilweise erlassen 3 ) sind, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung 4 ) oder dem Erlasse der letzten Strafe 6 ) bis zur Begehung des neuen Diebstahls zehn Jahre verflossen sind 6 ). 4) Zur Feststellung des Rückfalles genügt die Angabe mit den Worten des Gesetzes nicht, die einzelnen Vorbestrafungen müssen vielmehr im Urteil angegeben werden. RG. J W . 37, 1802. Es genügt auch nicht die Feststellung, daß der Täter wegen Rückfalldiebstahls bestraft ist. Vgl. Dresden LZ. 32, 1381. Eines Hinweises auf den Rückfall in die Urteilsformel bedarf es nicht. HRR. 33 Nr. 631. Die materielle Richtigkeit der Vorbestrafungen hat der später erk. Richter nicht nachzuprüfen. HRR. 33 Nr. 1625. Dies gilt indessen nur uneingeschränkt, wenn infolge Anwendung des gleichen Rechts und infolge gleichmäßiger Vorbildung der Richter eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleistet ist. Bei Urteilen sowjetzonaler Gerichte ist wegen der z. T. andersartigen Vorbildung der Richter eine Nachprüfung zulässig und die Verwertung als Rückfallsvoraussetzung ausgeschlossen, wenn begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des Urteils bestehen. Bünemann NJW. 52, 1359 (entspr. den Grundsätzen, die während der Zugehörigkeit Österreichs zum Reichsgebiet für die Berücksichtigung österr. Urteile aus der Zeit vor dem Zusammenschluß aufgestellt worden sind. E. 73, 379; s. auch Ges. über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen v. 2. 5. 1953 — C I 2 —). Eine fortgesetzte Handlung ist auch dann nach der Verbüßung der Strafe wegen des ersten Diebstahls begangen, wenn die Einzelakte teils vor, teils nach der Verbüßung liegen. E. 47, 308; OLG. Köln NJW. 53, 637. Der rückfällige Dieb kann nur bestraft werden, wenn er bei der Regelung das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen gekannt hat; denn die Rückfallsvoraussetzungen sind Tatbestandsmerkmale und keine bloße Bedingung der (erhöhten) Strafbarkeit. E. 54, 274; BGH. NJW. 53, 1358, a. M. LK. I 3b; KG. DRZ. 28 Nr. 216 und Hamburg DRZ. 27 Nr. 745. Infolgedessen ist § 244 unanwendbar, wenn der Täter irrtümlich angenommen hat, die früheren Verurteilungen seien bereits im Strafregister getilgt. OLG. Hamm NJW. 50, 958; Härtung NJW. 50, 939; a. M. BGH. NJW. 52, 230. 5) Die Beschränkung eines Rechtsmittels auf die Strafzumessung ohne Anfechtung der Rückfallfrage ist zulässig. BGH. NJW. 54, 441. Zu § 245: 1) Nur Hauptstrafen kommen hier in Betracht. E. 68, 181; BGHSt. 1, 247. 2) Teilverbüßung einer Diebstahlsstrafe liegt auch vor, wenn eine z. T. verbüßte Strafe wegen einer nicht den Rückfall begründenden Tat (z. B. Unterschlagung) mit einer Diebstahlsstrafe gemäß § 79 zu einer Gesamtstrafe vereinigt und auf diese der verbüßte Teil der ersteren angerechnet worden ist, da jeder Teil der Gesamtstrafe zugleich ein Teil der Diebstahlsstrafe ist, E. 77, 151. Eine Geldstrafe ist nur bei Zahlung des gesetzlichen Mindestbetrages teilverbüßt. BGH. NJW. 53, 1760. 3) Gleichviel ob im Gnadenwege (Einzelgnadenerweis oder Amnestie) oder durch Richterspruch (§§ 25, 26 StGB., §§ 26, 58, 88, 89 JGG.), bei einem bedingten Erlaß erst mit Eintritt der Bedingung). Der Erlaß der ersten Strafe muß der zweiten Tat vorangegangen sein. Siehe E. 54,274. 4) Die Strafe muß gänzlich verbüßt sein; Teilverbüßung setzt die Rückfallverjährungsfrist nicht in Lauf. BGHSt. 2, 273. Bei Verbüßung einer Gesamtstrafe ist auch die darin einbezogene Diebstahlsstrafe erst mit dem Ende der Gesamtstrafe verbüßt. E. 60, 206. Bei nachträgl. Herabsetzung einer schon verbüßten Strafe im Wiederaufnahmeverfahren rechnet die Verbüßung schon von dem Zeitpunkt, in dem die herabgesetzte Strafe verbüßt gewesen wäre, OLG. Hamm NJW. 53, 1765. 5) Bei der Strafaussetzung zur Bewährung beginnt die Verjährung erst mit dem Akt. durch den die Strafe endgültig erlassen wird. RG. D J . 37, 399. 6) Es kommt, um die Anwendung des § 244 auszuschließen, nur darauf an, daß zwischen der letzten Strafe und dem neu abzuurteilenden Diebstahle mehr als zehn Jahre liegen.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 245 a

§ 245a 1 ). [Besitz von Diebeswerkzeug] (1) W e r D i e b e s w e r k z e u g 2 ) in B e s i t z o d e r G e w a h r s a m 3 ) h a t oder v o n e i n e m a n d e r e n für sich v e r w a h r e n l ä ß t , n a c h d e m e r wegen schweren D i e b s t a h l s , Diebs t a h l s im R ü c k f a l l , R a u b e s , g e w e r b s - oder g e w o h n h e i t s m ä ß i g e r Hehlerei oder Hehlerei im R ü c k f a l l (§§ 2 4 3 bis 2 4 5 , 2 4 9 bis 2 5 2 , 2 6 0 , 2 6 1 ) r e c h t s k r ä f t i g v e r u r t e i l t w o r d e n ist, wird m i t Gefängnis n i c h t u n t e r drei M o n a t e n b e s t r a f t 4 ) , sofern sich n i c h t aus den U m s t ä n d e n e r g i b t , d a ß d a s W e r k z e u g n i c h t z u r V e r wendung bei s t r a f b a r e n H a n d l u n g e n b e s t i m m t i s t 8 ) . (2) W e r Diebeswerkzeug für einen a n d e r e n in V e r w a h r u n g n i m m t o d e r einem a n d e r e n ü b e r l ä ß t 6 ) , obwohl er weiß oder den U m s t ä n d e n n a c h a n n e h m e n m u ß 7 ) , d a ß d a s W e r k z e u g z u r V e r w e n d u n g bei s t r a f b a r e n H a n d l u n g e n b e s t i m m t ist, wird, sofern die T a t n i c h t n a c h a n d e r e n V o r s c h r i f t e n m i t schwererer S t r a f e b e d r o h t i s t 8 ) , m i t Gefängnis b e s t r a f t . (3) D a s Diebeswerkzeug ist einzuziehen, a u c h w e n n es d e m T ä t e r n i c h t gehört9). ( 4 ) 1 0 ) In den F ä l l e n des A b s . 1 k o m m t eine frühere V e r u r t e i l u n g n i c h t in Die Zwischenräume zwischen den früheren Vorstrafen sind gleichgültig. E . 1, 246. Bei einer fortgesetzten Tat läuft die Frist bis zur Begehung der ersten Einzelhandlung. E . 50, 243. In die zehnjährige Frist — entspr. § 2 0 a Abs. 3, § 23 Abs. 4, § 2 4 5 a Abs. 4, § 296 Abs. 4 — die Zeit nicht einzurechnen, während deren der Täter keine Gelegenheit gehabt hat, sich zu bewähren, weil ihm zufolge behördlicher Anordnung (z. B. wegen Verbüßung einer Freiheitsstrafe) die Freiheit entzogen war (so E . 77, 177 und Nagler L K . Anm. 3) erscheint nicht angängig, weil es im Ergebnis auf eine nach Art. 103 Abs. 3 GG. verbotene Rechtsanalogie hinausliefe. B G H S t . 1, 245; OLGe Stuttgart S J Z . 49, 287; Hamm N J W . 53, 1765. Zu § 2 4 5 a : 1) Eingefügt durch Ges. v. 2 4 . 1 1 . 1 9 3 3 ( R G B l . I S. 995). 2) Werkzeuge, welche ausschließlich oder vorwiegend zur Verwendung bei Einbruchsdiebstählen angefertigt sind, ferner solche Werkzeuge, die an sich nicht zu rechtswidriger Verwendung hergestellt sind, die aber in Verbrecherkreisen üblicherweise als Einbruchwerkzeuge verwendet zu werden pflegen oder bei denen sich aus anderen Umständen diese Zweckbestimmung ergibt, z. B . aus der besonderen Zusammenstellung einer Sammlung von Werkzeugen oder daraus, daß ihr Besitzer keine redliche Tätigkeit ausübt, für die sie verwendet werden können. E. 68, 324. Auch Handschuhe zur Vermeidung von Fingerabdrücken. E. 69, 91; ferner ein Schraubenzieher, wenn der Besitzer eine redliche Tätigkeit, bei der er ihn hätte verwenden können, nicht betreibt. OLG. Hamburg D J . 35, 71. 3) Der Begriff ist der gleiche wie in § 246. E . 68, 324. Der Wille, die Sache als eigene zu besitzen, ist zum Gewahrsam nicht erforderlich. Mitgewahrsam genügt. E. 69, 80. 4) Zwischen dem Besitz von Diebeswerkzeug und dem mit dem Werkzeug begangenen Einbruchsdiebstahl besteht nicht Gesetzeseinheit, sondern je nach Lage des Falles Tateinheit oder -mehrheit. E . 69, 91. 5) Zum Begriff des Diebeswerkzeugs gehört zwar nicht nur die objektive Eignung zur VerÜbung von Einbrüchen, sondern auch, daß die Gegenstände nach dem Willen einer maßgeblichen Person — des Besitzers oder eines anderen — bei irgendwelchen bestimmten oder unbestimmten Diebstählen verwendet werden sollen. Zur Bestrafung genügt aber der Besitz in Kenntnis der objektiven Eignung, während die subjektive Zweckbestimmung vom Vorsatz des Besitzers nicht umfaßt zu sein braucht. Sie wird vielmehr — dies ist der Sinn der Wendung: „sofern sich nicht ergibt. . . bestimmt ist" — so lange unwiderlegbar vermutet, als der Richter nicht die v o l l e Überzeugung erlangt hat, daß ein Verwendungswille (des Gewahrsamsinhabers oder eines Dritten) nicht bestand. E . 69, 80. 6) Entgeltl. oder unentgeltl. (Begr.). 7) Vgl. Anm. 3 zu § 259. 8) Wer Diebeswerkzeug für einen anderen in Verwahrung genommen und dadurch Gewahrsam daran erlangt hat, ist, sofern er im Sinne des Abs. 1 vorverurteilt ist, nach Abs. 1 zu bestrafen. 9) Und zwar — wegen seiner obj. Gefährlichkeit — auch dann, wenn es einem redlicheD Dritten gestohlen worden ist. Schäfer D J . 36, 1474. A. M. Weimar J R . 34, 119. Etwaige Unbilligkeiten müssen im Gnadenwege ausgeglichen werden; entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 2 (s. dort Anm. 3) erscheint erwägenswert. 10) Vgl. Anm. 6 und 7 zu § 2 0 a .

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 246

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Betracht, wenn zwischen dem Eintritt ihrer Rechtskraft und der Tat des Abs. 1 mehr als fünf J a h r e verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete T a t nach deutschem Recht ein Verbrechen der im Abs. 1 genannten Art wäre.

§ 246. [Unterschlagung] fremde 1 )

(1) Wer eine bewegliche Sache 2 ), die er in Besitz oder Gewahrsam 3 ) hat, sich 4 ) rechtswidrig zueignet 5 ), wird wegen Unterschlagung mit Gefängnis Zu § 246: 1) Siehe Anm. 1 zu §242. Bei einer Barkaution zur Sicherung künftiger Ersatzforderung wird in der Regel der Gläubiger Eigentümer des Geldes. E. 64, 88. Eine zur Sicherung übereignete Sache ist für den Veräußerer eine fremde, mag er auch für sie die Gefahr zu tragen haben. E. 61, 65; Recht 32 Nr. 1432 oder bei einer Mehrzahl übereigneter Sachen nach teilweiser Befriedigung des Sicherungsnehmers Freigabe eines Teils der Sachen verlangen können. BGHSt. 1, 263. Eine Sache, die der Täter durch anfechtbares Rechtsgeschäft erworben hat, ist bis zur Anfechtung keine fremde. KG. JW. 30, 943. Wer eine ihm unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sache einem Dritten zur Sicherheit übereignet, begeht, wenn die Übereignung wirksam erfolgt, Unterschlagung, wenn sie nicht wirksam erfolgt, versuchte Unterschlagung oder Betrug, je nach dem der Täter an die Rechtswirksamkeit der Übertragung glaubt oder nicht. GA. 77, 282. Der geheime Wille, die zum Inkasso empfangenen Gelder für sich zu verwenden, schließt den Eigentumsübergang auf den Geschäftsherrn nicht aus. RG. JW. 31, 1702. Siehe Abs. 2. Der, dem der Eigentümer gemäß § 956 BGB. gestattet hat, sich Erzeugnisse oder Bestandteile einer Sache anzueignen, darf dies Recht, sofern es nicht ausgeschlossen ist, auch dann weiter übertragen, wenn ihm der Besitz der Sache nicht überlassen ist. Der erste Aneignungsberechtigte kann aber als Besitzmittler für den Zessionar das Eigentum an den Erzeugnissen erwerben und durch Aneignung derselben Unterschlagung begehen. E. 63, 319. Die Zueignung einer fremden Sache nimmt vor: der Gesellschafter nach Auflösung einer offenen Handelsgesellschaft an von ihm eingebrachten Sachen, wenn er vor der endgültigen Auseinandersetzung über sie verfügt. E. 27, 11; der öffentlich bestellte Versteigerer, der das von den Ansteigerern bezahlte Geld für sich verwendet. E. 57, 247; der Verkaufskommissionär am Erlöse aus den für den Kommittenten verkauften Gegenständen. JW. 30, 2708; der Empfänger einer Zahlung, wenn der Zahlende sich über den Wert der in Zahlung gegebenen Stücke geirrt hatte, indem er z. B. statt eines Hundert- einen Tausendmarkschein gegeben. R. 8, 43; GA. 45, 266; der mit der Einlösung eines sogenannten Kassenschecks Beauftragte, wenn er das erhaltene Geld für sich verwendet. E. 54, 185; DRZ. 24, 322; der Kellner, der für seinen Dienstherrn eingenommenes Geld sich aneignet, GA. 50, 288; Köln DRZ. 27 Nr. 874. (Nach E. 34, 39 auch der Kellner, der das Bier auf eigene Rechnung verkauft. A. M. Frank Anm. II 2c). Der Empfänger einer Geldzahlung wird Eigentümer, wenn es mit dem Willen, das Eigentum daran auf ihn zu übertragen, gezahlt wird und er es mit dem Willen, es für sich zu erwerben, in Empfang genommen hat. Das Eigentum an mittels Postanweisung übersandtem Geld erlangt der, an den es die Post nach dem ihr erkennbaren Willen des Absenders auszahlen sollte. E. 26, 398. Deshalb kann der von einem anderen zur Empfangnahme von Geldern Ermächtigte an dem Gelde, das ihm eine Bank für den Vollmachtgeber durch die Post zusendet, nicht Unterschlagung (wohl aber Untreue) begehen, falls die Bank den Empfänger zum Eigentümer machen wollte (ohne Rücksicht auf einen entgegenstehenden Willen des Vollmachtgebers). E. 63, 406. An einer gestohlenen Sache kann gegenüber dem Dieb Unterschlagung verübt werden. E. 70, 8. Dagegen keine Unterschlagung an herrenlosen Sachen; eine von einem Diebe versteckte Sache ist keine herrenlose. Recht 15 Nr. 1452. Die Besitznahme eines Schatzes durch den Entdecker (§ 984 BGB.) stellt sich hinsichtlich der ganzen Sache als Unterschlagung dar. A. M. Olshausen Anm. 8. Betr. Aneignung von Bernstein siehe Pr. Ges. v. 11. 2. 1924 (GS. S. 106) und den noch gültigen § 2 Art. IV des Ges. v. 22. 2. 1867 (GS. S. 272), der die Nichtablieferung von gefundenem Bernstein unter Strafe stellt. KG. JFG. Erg. 10, 420, und betr. Gewinnung und Aneignung von Mineralien. Pr. Ges. v. 26. 3. 1856 (GS. S. 203). Sonderbestimmungen bestehen für die Nichtablieferung von Versicherungsbeiträgen (siehe die unter B V 1—3 abgedr. Vorschriften) und für die sog. Depotunterschlagung (§ 34 des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren v. 4. 2. 1937; unter B IV 2).

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A 2. Strafgesetzbuch. § 246

2) Siehe Anm. 2, 3 zu § 242. 3) Zum Tatbestande der Unterschlagung gehört, daß der Täter die Sache im Zeitpunkt der Zueignung in B e s i t z oder G e w a h r s a m (vgl. dazu Anm. 4 zu § 242) hat. HM. (vgl. B G H S t . St. 2, 317 mit Nachw.); die Gegenmeinung, wonach § 246 sich auf jede Zueignung fremder Sachen bezieht, die nicht ein anderer in Besitz oder Gewahrsam hat, ist mit Sinn und Wortlaut des § 246 nicht vereinbar. Daraus folgt aber nicht, daß die Besitzerlangung der Zueignung vorangehen müsse (so noch E. 53, 302), sie können vielmehr zeitlich zusammenfallen. RG. D J . 38, 1880; OLG. Bremen MDR. 48, 260; BGH. LM. Nr. 3 zu § 246 (offen gelassen in B G H S t . 2, 320). Übergabe des Konnossements gewährt für sich allein noch nicht Gewahrsam im strafrechtlichen Sinne. GA. 61, 126. Der Vorgesetzte eines Kassenführers erlangt nicht dadurch Gewahrsam an den Kassengeldern, daß er infolge der Willfährigkeit des Kassenführers mit den Geldern nach seinem Belieben schalten kann. H R R . 29 Nr. 2149. Auch der mittelbare Besitzer (§ 868 BGB.) kann Besitzer i. S. des § 246 sein. R G . JW. 37, 1334. 4) Siehe Anm. 6 zu § 242. Ein Sichzueignen liegt auch in einer unentgeltlichen Verfügung über die Sache zugunsten eines Dritten, gleichviel ob der Täter zu dem Dritten in nahen oder weniger nahen Beziehungen steht. OLG. Braunschw., JB1. Braunschw. 47, 269 und 316, z. B. indem der Täter die fremde Sache einem Dritten schenkt. RG. JW. 36, 659, oder diesem die Wegnahme gestattet. R. 4, 129. Nicht eignet sich der Täter zu, wenn er namens und in Vertretung eines Dritten und zu dessen Nutzen verfügt, z. B. der Geschäftsführer einer GmbH, für diese E. 67, 266; 68, 304, wohl aber wenn er, obschon nicht in eignem Namen handelnd, zum eigenem Nutzen verfügt (z. B. Geschäftsführer einer GmbH., der deren Geschäfte in seinem Interesse führt. E. 67, 266), oder wenn er durch die Tat zugleich seine Interessen wahrt, B G H . N J W . 53, 1151, wie z. B. der Angestellte eines Geschäfts, der Sohn eines der Geschäftsinhaber ist, und mit den Familieninteressen seine eigenen verfolgt. RG. D J . 36, 1126, oder der Prokurist einer GmbH., der an deren Erhaltung ein Interesse hat. E . 74, 1. 5) D i e r e c h t s w i d r i g e Z u e i g n u n g (vgl. Anm. 7 zu § 242) erfordert keine körperliche Verfügung über die Sache, vielmehr genügt es, daß die Absicht des Täters, die Sache seinem Vermögen einzuverleiben, über die Sache gleich dem berechtigten Eigentümer und mit dessen Ausschluß die Herrschaft auszuüben, in einer Handlung oder Unterlassung äußerlich erkennbar zum Ausdruck kommt. E. 73, 254; B G H S t . 1, 264, z. B. in der Ausnutzung des Sachwerts einer Urkunde (Schecks). DStZ. 3, 180; in der Ausnutzung des wirtschaftlichen Werts. E. 67, 266; H R R . 31 Nr. 1407. Pflichtwidrige Eigenmächtigkeit ist noch keine Zueignung. E. 61, 234; 67, 334. E s genügt der Abschluß eines Kaufvertrages, ja schon das bloße Verkaufsangebot. E . 73, 254; der Verkaufsauftrag. E . 58, 230. Verpfändung (oder Zulassung der Pfändung im Wege der Zwangsvollstreckung wegen einer eignen Schuld. OLG. Oldenburg N J W . 52, 1267) ist nur dann keine Zueignung, wenn der Täter in der Lage ist, aus sofort bereiten Mitteln die Sache jederzeit wieder einzulösen und auch gewillt ist, das zu tun, sobald der Eigentümer die Sache benötigt. R G . JW. 37, 2391. Unter diesen Umständen auch keine Zueignung des Erlöses, wenn die Geldstücke in das Eigentum des Verpfänders übergehen. RG. H R R . 34 Nr. 1328. Unerheblich ist es, ob die Verpfändung auf den Namen des Eigentümers erfolgt. GA. 47, 244; oder ob sie zivilrechtlich unwirksam ist. Hamburg JW. 31, 2179. In dem Verkauf eines Pfandscheins liegt noch keine Verfügung über die Sache selbst. E. 31, 437. Zueignung kann ferner die Vermischung fremden Geldes mit dem eigenen sein, wenn sich mit der Handlung die Absicht verbindet, über die fremden Gelder wie über eigene zu verfügen und der Täter das Bewußtsein hat, daß er damit in die Rechtssphäre des Eigentümers eingreift. E. 71, 96. Ist eine Trennung der vermischten Geldstücke nicht möglich, so entsteht nach §§ 947 Abs. 1, 948 B G B . Miteigentum, und es kann sich der Inhaber des Mischbestandes der Unterschlagung schuldig machen, wie jeder Miteigentümer, der über die gemeinsame Sache mit Ausschluß der übrigen Miteigentümer verfügt oder der seinen Anteil bewußt überschreitet. RG. H R R . 37 Nr. 533. So der RA., der nicht über greifbare Mittel verfügt, aus denen er jederzeit den Betrag zahlen kann. H R R . 29 Nr. 1413. Eine Zueignung kann auch darin liegen, daß der Täter über eine Sache, die ihm zu bestimmungsgemäßem Verbrauch überlassen ist, bestimmungswidrig verfügt, z. B. der Beamte, der das ihm lediglich zur Heizung seiner Dienstwohnung mit dem Verbot des Verkaufs übergebene Deputatholz verkauft, E . 1, 75. Bloße V e r n i c h t u n g einer Sache ist auch dann keine Zueignung, wenn sie im wirtschaftl. Interesse des Täters erfolgt (z. B. Vernichtung einer Urkunde zum Zwecke der Beseitigung eines Beweismittels). RG. GA. 42, 29. Eine Zueignung ist dagegen das Verzehren oder die sonstige Vernichtung einer Sache durch Verbrauch. Die Zueignung kann darin liegen, daß ein Straßenbahnschaffner, der einem Fahrgast einen bereits abgefahrenen Fahrschein verabfolgt, das empfangene Fahrgeld in die amtliche Geldtasche legt in der Absicht, später einen entsprechenden Betrag zurückzubehalten. R G . D J . 35, 1768; daß der Täter aus einer Gesamtheit vertretbarer Sachen Teile zum Kauf anbietet, die der Menge nach bestimmt, aber von dem Rest noch nicht abgesondert sind.

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 247

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bis zu drei Jahren und, wenn die Sache ihm anvertraut ist 6 ), mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft 7 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe erkannt werden. (3) Der Versuch ist strafbar.

§ 247. [Haus- und Familiendiebstahl] (1) Wer einen Diebstahl1) oder eine Unterschlagung gegen Angehörige2), Vormünder oder Erzieher 3 ) begeht, oder wer einer Person, zu der er im LehrlingsE. 73, 253 (unter Aufgabe von J W . 34. 614) und OLG. Braunschweig N J W . 47, 109; oder daß er die gebotene Meldung und Ablieferung einer Sache unterläßt, z. B . ein beamteter Geldzähler, der einen überzähligen Geldschein beiseite legt. E . 63, 376. Eine rechtswidrige Zueignung kann in der Diskontierung eines Wechsels liegen, wenn diese ausdrücklich untersagt war. R . 1, 808; auch in dem Abschluß eines Sicherungsübereignungsvertrages, selbst wenn dieser nicht zur Eigentumsübertragung geführt hat. H R R . 31 Nr. 902. Der Zueignungsakt kann auch in einer bloßen entsprechenden Erklärung gefunden werden, z. B . „die fremde Sache sei Eigentum des Täters." R G . J W . 31, 1037 (aber nicht, wenn er diese Erklärung in einem Ermittlungsverfahren gegen ihn abgibt, um sich gegen den Vorwurf des Diebstahls zu verteidigen. OLGe Frankfurt S J Z . 47, 676; Hamm JMB1. N R W . 52, 14). In dem Verschweigen des Besitzes liegt noch keine Zueignung, wohl aber in dessen Ableugung. E . 72, 382. Auch die bloße Nichtablieferung eingezogenen fremden Geldes ist keine Zueignung; es müssen Umstände hinzutreten, aus denen die Absicht, über das Geld gleich dem berechtigten Eigentümer zu verfügen, äußerlich erkennbar hervortritt. Recht 02, 244, 619; das gleiche gilt für die bloße Nichtanzeige (§ 965 Abs. 2 B G B . ) eines Fundes. OLG. Hamm JMB1. N R W . 52, 14. Der Vorsatz besteht in der Absicht der Zuführung der Sache in das eigene Vermögen unter Ausschluß des Eigentümers von der Verfügungsgewalt mit dem Bewußtsein, daß die Sache eine fremde und die Zueignung eine rechtswidrige ist. E. 3, 184. Bedingter Vorsatz der Entziehung genügt nicht, R G . D J Z . 34, 342. Der Vorsatz fehlt, wenn sich der Täter irrtümlich zur Aufrechnung für berechtigt hielt. D J Z . 07, 540, oder annahm, der Eigentümer sei mit der Aneignung einverstanden. E. 21, 364. Eine solche Annahme setzt die Möglichkeit und die Bereitschaft zu sofortigem Ersatz voraus; die bloße Absicht, Ersatz zu leisten, schließt den Vorsatz nicht aus. E . 60, 312; 65, 215; R G . J W . 35, 455; H R R . 37 Nr. 533 und 1562. Zum Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gehört nicht die Vorstellung, gegen ein im Interesse der Gesamtheit erlassenes Verbot zu verstoßen. E . 61, 207. Mittäter einer Unterschlagung kann nur sein, wer selbst Mitbesitz oder Mitgewahrsam an der Sache hat; es genügt nicht, daß nur einer Besitz oder Gewahrsam hat und alle zur gemeinsamen Aneignung mitwirken. E . 53, 163; 73, 327; OLG. Hessen (Kassel) H E S t . 1, 236; OGHSt. 1, 259; B G H S t . 2, 317; a. M. BayObLG. GA. 74, 312; OLG. Bremen S J Z . 50, 357; Nürnberg MDR. 50, 627. Begeht der Gewahrsamsinhaber Unterschlagung durch Verkauf einer fremden Sache, so ist der bösgläubige Käufer Gehilfe; ist die Aneignung dem Verkauf vorausgegangen, so ist er Hehler. E . 5 5 , 1 4 5 ; 58, 230; 67, 70; OLG. Braunschweig N J W . 49,477. 6) A n v e r t r a u t sind Sachen, deren Besitz oder Gewahrsam jemand mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zurückzugeben oder einem Dritten abzuliefern. E . 4, 386. Der Anvertrauende braucht nicht der Eigentümer zu sein. Das Anvertrauen darf aber nicht dem Recht des Eigentümers zuwiderlaufen; daher ist nicht anvertraut eine Sache, die der Dieb in der Absicht späterer Veräußerung einem andern zur Aufbewahrung übergeben hat. E . 40, 222. Anvertraut sind z. B . Gelder, welche ein zum Verkauf Bevollmächtigter als Kaufpreis erhebt, das Mündelvermögen, das der Vormund zur Verwaltung erhalten hat. E . 9, 337. „Anvertrautsein" bildet ein persönliches Verhältnis i. S. des § 50 und kann dem Teilnehmer, bei dem der Umstand nicht vorliegt, nicht zugerechnet werden. E . 72, 326. 7) Tateinheit zwischen § 246 und § 266 ist möglich. E . 69, 63. Zu § 2 4 7 : 1) Auch schweren und Rückfalldiebstahl. Siehe E . 43, 363. 2) Nur wenn der Angehörige (§ 52 Abs. 2) allein verletzt ist, bedarf es eines Strafantrags; nicht, wenn noch andere Personen verletzt sind, wie z. B . , wenn der Angehörige Eigentümer, ein anderer Gewahrsamsinhaber ist. E . 74, 169. Stiehlt also ein Angehöriger des Diebes diesem die gestohlene Sache, so bedarf es zur Verfolgung des ersteren keines Antrags. E . 73, 153. Der Angehörige braucht im Antrag nicht ausdrücklich bezeichnet zu werden. Recht 25 Nr. 2684. Der Irrtum, daß die gestohlene Sache Eigentum eines Angehörigen sei, ist bedeutungslos. E . 73, 153. 17

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§248, 248a

Verhältnis s t e h t 4 ) , oder in deren häuslicher G e m e i n s c h a f t 6 ) er als Gesinde 8 ) sich b e f i n d e t 7 ) , Sachen v o n u n b e d e u t e n d e m W e r t e 8 ) stiehlt oder unterschlägt, ist nur auf A n t r a g zu verfolgen. D i e Zurücknahme d e s Antrages ist zulässig. (2) E i n D i e b s t a h l oder eine Unterschlagung, welche v o n V e r w a n d t e n aufsteigender Linie g e g e n Verwandte absteigender Linie oder v o n einem E h e g a t t e n g e g e n den anderen b e g a n g e n worden ist, bleibt straflos 9 ). (3) D i e s e B e s t i m m u n g e n finden auf Teilnehmer oder Begünstiger, welche nicht in einem der vorbezeichneten persönlichen Verhältnisse stehen, keine Anwendung10).

§ 248. [Nebenstrafen] N e b e n der w e g e n D i e b s t a h l s oder Unterschlagung erkannten Gefängnisstrafe k a n n auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, u n d n e b e n der w e g e n Diebstahls erkannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit v o n Polizeiaufsicht erkannt werden.

§ 248a 1 ). [Notdiebstahl] 2

(1) Wer aus N o t ) geringwertige 3 ) Gegenstände e n t w e n d e t 4 ) oder unterschlägt, wird m i t Geldstrafe oder m i t Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. 3) Der Begriff des Erziehers ist der gleiche wie in § 174 Nr. 1 (vgl. dort Anm. 3). E. 46,344. 4) Lehrlinge sind auch Handlungslehrlinge. E. 22, 243, auch wenn sie zugleich Stadtreisende sind. Recht 10, 66. Siehe auch §§ 126ff. GewO. Das Alter des Lehrlings ist ohne Belang. GA. 48, 354. 5) Erforderlich ist familienähnl. Zusammen wohnen mit Verpflegung im Haushalt oder in der Wirtschaft des Arbeitgebers; Wohnung unter demselben Dach ist weder erforderlich noch genügend. E. 74, 374. 6) Das sind Personen, die ihre Arbeitskraft zu persönlichen, häuslichen oder niederen landwirtschaftlichen Verrichtungen auf eine bestimmte Zeit gegen Lohn verdingen einschließlich der landwirtschaftlichen Arbeiter (z. B. auch ein Hirte oder Melker), dagegen nicht gewerbl. Gesellen und Gehilfen oder landwirtschaftliche Angestellte höherer Art. E. 74, 374, auch z. B. nicht eine Hausnäherin. GA. 56, 89. 7) Nur wenn der Diebstahl gegen den Dienstherrn oder dessen Angehörige (Ehefrau) selbst verübt ist, bedarf es eines Strafantrags, nicht wenn eine in der häuslichen Gemeinschaft des letzteren befindliche Person bestohlen ist. E. 40, 1, 187. A. M. Frank Anm. I I 2. Vgl. dazu Schorn, JR. 34, 112. 8) S. Anm. 16 zu § 370. Grundsätze für die Wertbemessung in E. 74, 375. Es kommt nicht einseitig auf die Vermögenslage des Lehrherrn oder des Lehrlings an. E. 22, 243. Ist die Straftat gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begangen, so ist sie Antragsdelikt ohne Rücksicht auf den Wert. 9) Jedoch ist Bestrafung wegen anderer tateinheitl. zusammentreffender Vergehen, z. B. Untreue (siehe dazu § 266 Abs. 3) oder wegen Verschleuderung der Familienhabe (§ 170a) möglich. R. 9, 635. Abs. 2 steht der Bestrafung nicht entgegen, wenn der Verletzte nicht zugleich Eigentümer und Gewahrsamsinhaber ist (siehe Anm. 2). RG. DR. 43, 513. 10) Auch nicht auf Hehler. E. 4, 83. Zu § 248 a: 1) § 248a ist, wie § 370 Nr. 5, lex specialis gegenüber §§ 242ff., schließt also z. B., wenn durch Einbruch begangen, die Anwendbarkeit des §243 aus. RG. JW. 38, 2892. In der Regel kein Fortsetzungszusammenhang bei Notdiebstahl. KG. DJZ. 27, 752. 2) Aus Not entwendet, wer unter dem Druck wirtschaftlicher Bedrängnis zur Befriedigung eines dringenden Lebensbedürfnisses handelt. RG. DR. 40, 793. Verzichtbare Genüsse (Alkohol, Tabak) gehören nicht zu den dringenden Lebensbedürfnissen. RG. GA. 60, 417. Not liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Mittel zur Fristung seines Lebens mehr in Händen hat, sondern erst, wenn er sie sich auch nicht in redlicher Weise, insbesondere nicht durch eigene Arbeit verschaffen kann. E. 69, 313. Wer weiß, daß er nur die Hand auszustrecken braucht, um Unterhalt zu erlangen, befindet sich nicht in Not. RG. GA. 61, 117. Auch selbstverschuldete Not genügt. E. 69, 313. Es muß sich um eine wirtschaftliche Not, nicht um eine sog. Ehrennot handeln. Recht 20 Nr. 1045; GA. 63, 117. Aus Not handelt auch, wer, ohne tatsächlich in wirtschaftlicher Bedrängnis zu sein, durch die Vorstellung, er sei in Not, zu seinem Handeln bestimmt wird. Recht 19 Nr. 264; GA. 62, 324. Daß der Täter nur aus Not gehandelt hat, ist nicht erforderlich. RG. JW. 32, 1749. Not der eigenen Kinder genügt. LZ. 22, 355. Nicht

2. Teil. 19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. § 248 b

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(2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. (3) Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos.

* § 248 b1). [Unbefugter Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern] (1) Wer2) ein Kraftfahrzeug3) oder ein Fahrrad 4 ) gegen den Willen6) des Berechtigten9) in Gebrauch nimmt7), wird, sofern die Tat nicht nach anderen Voraus Not handelt, wer seine Notlage nicht empfunden hat. Recht 18 Nr. 145. Eine Notlage, die nicht individuell den Täter, sondern gleichmäßig die gesamte Bevölkerung trifft, kommt nicht in Betracht. E. 52, 297 (vgl. dazu Anm. 5 zu § 54). 3) Vgl. Anm. 2 zu § 264 a . Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob entwendete Beträge geringwertig sind, ist die Größe der Not und der Umfang des Bedürfnisses, dessen Befriedigung im Hinblick auf die Erhaltung des Täters und seiner Familie geboten ist. GA. 61, 114; Recht 17 Nr. 1235. Nicht notwendig ist es, daß der Gegenstand geeignet ist, unmittelbar der Not abzuhelfen. E. 46, 265. Auch ist es unerheblich, wenn bei der Teilung auf den einzelnen Teilnehmer nur ein geringer Wert entfällt. Recht 18 Nr. 144. Keine Geringwertigkeit, wenn der Wert des Gegenstandes über den Mindestsatz der dem Täter für eine Woche zustehenden Erwerbslosenunterstützung hinausgeht. RG. J W . 37, 2510; OLG. Schleswig NJW. 53, 234; a. M. OLG. Stuttgart NJW. 53, 600: mehr als 10 DM ist nicht geringwertig (auch BGH. N J W . 54, 239 äußert Bedenken, ob nicht mit dem Wochensatz die obere Grenze zu hoch gesteckt ist). Bei Mangelware in Zeiten der Warenverknappung entscheidet der wirtschaftliche, nicht der Geldwert. Daher sind z.B. 14 Liter Vollmilch i. J . 1947 nicht geringwertig. OLG. Freiburg DRZ. 48, 448. 4) Der Versuch ist straflos, doch muß der Vorsatz von vornherein auf Entwendung eines geringwertigen Gegenstandes gerichtet gewesen sein. E. 46, 265; Karlsruhe JW. 33, 2847. Siehe Anm. 18 Abs. 2 zu § 370 Nr. 5 sowie Recht 33 Nr. 153. Zu § 248b: 1) Durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) ist die VO. des Reichspräsidenten v. 20. 10. 1932 (RGBl. I S. 496) ohne sachl. Änderung als § 248b übernommen worden. Schrifttum: Wagner, Komm. 1932; Floegel-Hartung, Straßenverkehrsrecht, 8. Aufl. S. 795ff. 2) Täter kann jeder außer dem Berechtigten (Anm. 6) sein. Mittäter kann auch der bloße Mitfahrer sein, der sich an der Führung des Kraftfahrzeugs nicht beteiligt. OLG. München D J . 38, 378; vgl. auch E. 76, 176. 3) S. Abs. 5. 4) Fahrrad ist jedes auf Rädern — zu Wasser oder Land — laufende Fahrgerät, das durch T r e t e n fortbewegt wird (mag es auch mit einem Hilfsmotor versehen sein), nicht an Geleise gebunden und zur raschen Fortbewegung im Verkehr bestimmt ist. Nicht hierher gehören z. B. ein Artisteneinrad, fahrbare (meist durch Armbewegung betriebene) Krankenfahrstühle, das als Spielzeug benutzte Kinderdreirad, die schienengebundene Draisine. 5) Nicht nur „ohne seine Einwilligung". Der entgegengesetzte Wille muß also vorhanden, braucht aber nicht geäußert worden zu sein. 6) D. h. der zum Gebrauch Berechtigten, z. B. des Eigentümers, Halters, Mieters, Nießbrauchers, bei jur. Personen des Vertretungsberechtigten. Der Besitzdiener (§ 855 BGB., z. B. der angestellte Kraftwagenführer) ist nicht Berechtigter. 7) Ingebrauchnehmen bedeutet die Benutzung des Fahrzeugs als Beförderungsmittel unter Anmaßung der Gebrauchsgewalt. Hierzu ist die Begründung einer gewissen tatsächlichen Herrschaftsmacht erforderlich. Es fällt daher nicht unter diese Vorschrift der in einem Autobus fahrende blinde Passagier noch der in einem parkenden Fahrzeug Nächtigende. Vgl. Wagner a.a.O. S. 43ff., noch der Kraftwagenführer, der verbotswidrig einen Dritten mitfahren läßt. Wagner, J R . 1932, 253; jedoch derj., welcher sich von einem anderen mit einem fremden Kraftwagen fahren läßt und zu diesem Zwecke die Fahrt veranlaßt. E. 76, 176. Die Tat ist vollendet, sobald die Einwirkung der bestimmungsmäßigen Triebkräfte auf das Fahrzeug einsetzt. Wagner a.a.O. S. 56 (Anm. 4) ; also wenn der Motor zum Fahren in Gang gebracht ist, und dauert so lange fort, als unberechtigt gefahren wird. E. 68, 216. Die Tatbestandsmerkmale des § 1 müssen beim „Ingebrauchnehmen", also beim Beginn des Gebrauchs erfüllt sein; § 1 ist unanwendbar, wenn der Gebrauch befugt begonnen, aber unbefugt fortgesetzt wird. BayObLG. N J W . 53, 193. Die Tat kann nur vorsätzlich (einschl. des bedingten Vorsatzes) begangen werden; der Täter muß den entgegenstehenden Willen des Berechtigten gekannt oder damit gerechnet 17*

260

A 2. Strafgesetzbuch. § 248 c

Schriften mit schwererer Strafe bedroht ist8), mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. (4) Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos9). (5) Kraftfahrzeuge im Sinne dieser Vorschrift sind die Fahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden10), Landkraftfahrzeuge11) nur insoweit, als sie nicht an Bahngleise gebunden sind.

* § 248 c 1 ). [Entziehung elektrischer Energie] (1) Wer einer elektrischen Anlage oder Einrichtung fremde elektrische Energie mittels eines Leiters entzieht, der zur ordnungsmäßigen Entnahme von Energie aus der Anlage oder Einrichtung nicht bestimmt ist2) wird, wenn er die Handlung in der Absicht begeht, die elektrische Energie sich rechtswidrig zuzueignen3), mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen beund die Tat auch für diesen Fall gewollt haben. Irrige Annahme (auch schuldhaft irrige) des Einverständnisses des Berechtigten schließt also eine Bestrafung aus; a. M. Floegel-Hartung S. 796 Anm. 8, wonach die Worte „gegen den Willen des Berechtigten" nur eine Umschreibung des allgemeinen Verbrechensmerkmals der Widerrechtlichkeit darstellen und zur Bestrafung wegen vorsätzl. Handelns auch Fahrlässigkeit bei Annahme des Einverständnisses des Berechtigten genügt. 8) Z. B . bei Diebstahl. Tateinheit ist möglich z.B. mit §§ 23, 24 StVG. - unter B V I I I 1 mit fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung. E. 68, 216. Wer bei der unbefugten Benutzung eines Kraftfahrzeugs den darin befindlichen Treibstoff verbraucht, ist — ohne Rücksicht auf dessen Menge — nicht wegen Diebstahls oder Unterschlagung des Treibstoffs, sondern nur aus § 1 zu bestrafen. OLG. Celle N J W . 53, 37 (str.). Darüber, wann unbefugter Gebrauch in Diebstahl übergeht, vgl. Anm. 7 zu § 242 StBG. 9) Vgl. § 247 Abs. 2. 10) Land-, Luft- und Seekraftfahrzeuge. 11) Also nur insoweit, als sie unter das StVG. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 837) fallen. (§ 1 Abs. 2 a.a.O.), mithin nicht Eisen-, Straßen-, Feld-, Schwebe- und Seilbahnen. Zu § 2 4 8 c : 1) Der durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) eingefügte § 248c hat das Ges. betr. die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit v. 9. 4. 1900 (RGBl. I S. 288) ohne sachliche Änderung übernommen. 2) Mittels eines Leiters entzieht elektrische Energie, wer einen zur Aufnahme und Fortpflanzung der elektrischen Spannung geeigneten Körper entweder mit der elektrischen Anlage oder Einrichtung metallisch verbindet oder zur Erzeugung von Induktionsströmen in räumliche Beziehung zu ihr bringt und dadurch elektrische Energie ableitet. E . 39, 436; RG. GA. 63, 123. Die Bestimmung eines Leiters zur ordnungsmäßigen Entnahme trifft der, der über die Abgabe des Stromes verfügt, d. h. das Stromlieferwerk. E . 74, 243. Entziehung mittels eines nicht zur ordnungsmäßigen Entnahme bestimmten Leiters liegt z. B . vor, wenn einer der von der Stromleitung zum Zähler führenden Drähte von dem Zähler ausgeschaltet und unmittelbar in die vom Zähler abgehende Verbrauchsleitung eingeschaltet wird und infolgedessen der Zähler den entnommenen Strom nicht oder nicht richtig angibt. RG. Recht 32 Nr. 967 (vgl. dazu RG. J R . 27 Nr. 1989). Dagegen ist § 248c unanwendbar, wenn Strom auf andere Weise als mittels eines nicht zur ordnungsmäßigen Entnahme bestimmten Leiters unrechtmäßig entnommen wird. E . 35, 311. So fällt z. B. bloßes Bremsen oder Anhalten des Zählers nicht unter § 248c (Betrug). E. 74, 243; auch nicht das Erschleichen der Leistung eines Münzfernsprechers (vgl. vielmehr § 265 a). E . 68, 65. Der Schwarzhörer entzieht der Sendestation keine Elektrizität. Böhm D J Z . 26, 512; Graßhof D J Z . 33, 1537 (vgl. vielmehr § 15 des Fernmeldeges. — B V I I I 6 —). 3) Es eignet sich die Kraft zu, wer sie entnimmt; die Zueignung ist rechtswidrig; wenn sie ohne Recht oder entgegen den Bestimmungen des Liefervertrags erfolgt. E . 45, 230; ob der Täter die entnommene Energie im eignen oder fremden Interesse verwenden will, ist ohne Bedeutung. RG. GA. 54, 78; E. 42, 20.

2. Teil. 20. Abschnitt. Raub und Erpressung. § 249

261

s t r a f t . Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen E h r e n r e c h t e e r k a n n t werden. (2) D e r Versuch ist strafbar. (3) W i r d die im A b s a t z 1 bezeichnete Handlung in der Absicht begangen, einem anderen rechtswidrig Schaden 4 ) zuzufügen, so ist auf Geldstrafe oder auf Gefängnis bis zu zwei J a h r e n zu erkennen. Die Verfolgung t r i t t n u r auf A n t r a g ein.

20. Abschnitt.

Raub

und

Erpressung

§ 249. [Raub] Gewalt1)

(1) W e r m i t gegen eine Person oder u n t e r Anwendung von Drohungen m i t gegenwärtiger Gefahr für L e i b oder L e b e n 2 ) eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht w e g n i m m t 3 ) , sich dieselbe rechtswidrig zuzueignen 4 ), wird wegen R a u b e s m i t Z u c h t h a u s b e s t r a f t . (2) Sind mildernde U m s t ä n d e u n t e r sechs Monaten ein.

vorhanden,

so t r i t t

Gefängnisstrafe

nicht

4) Hier ist vorausgesetzt, daß der Täter ohne Zueignungsabsicht (Abs. 1) handelt. Der Schaden wird in der Regel, muß aber nicht notwendig vermögensrechtlicher Art sein. Zu § 2 4 9 : 1) Gewalt und Drohung müssen das Mittel der Wegnahme gewesen sein. R. 4, 288. Daher kein Raub, wenn der Entschluß zur Wegnahme erst nach der Gewaltanwendung gefaßt wird oder erst nach der Wegnahme Gewalt oder Drohung angewendet wird. RG. J W . 32/2433 (siehe aber § 252). Gewaltanwendung liegt vor, wenn der Täter durch körperliche Handlung die Ursache^dafür setzt, daß der geleistete'oder erwartete Widerstand des Gewahrsamsinhabers oder eines zum Schutz der Sache verpflichteten oder bereiten Dritten durch ein unmittelbar auf dessen Körper einwirkendes Mittel gebrochen oder von vornherein verhindert wird, ohne Rücksicht auf das Maß der gebrauchten Körperkraft; daher genügt auch die (ohne Gewalt erfolgende) Anwendung eines Betäubungsmittels. B G H S t . 1, 145; N J W . 53, 351 (in Abkehr von der Rechtsprechung des RG. E . 58, 98; 72, 349, das die Anwendung körperlicher Kraft zur Überwindung oder Ausschaltung von Widerstand forderte). Kommt es auf das Maß der gebrauchten Körperkraft nicht an, so begeht auch der „Handtäschchenräuber" Raub, der schnell und mit geringstem Kraftaufwand dem ahnungslosen Opfer die Handtasche aus der Hand oder unter dem Arm wegnimmt, noch bevor dieses an Widerstand denken kann; so schon LG. Köln D J . 44, 206 und Sommer Anm. a.a.O.; anders früher E . 46, 403. Beispiele für Gewaltanwendung: überraschendes Niederschlagen eines Ahnungslosen; Fesselung eines Schlafenden. E. 67, 183; 73, 344; Verbringung eines Bewußtlosen an einen zur Ausraubung geeigneten Ort. BGH. N J W . 53, 1400, Einschließung des zu Beraubenden. E . 69, 330; Abgabe eines Schusses aus einer Schreckpistole. E . 66, 353; wohl auch Anwendung von Hypnose. Zur Mittäterschaft ist erforderlich, daß jeder Mittäter sich selbst die Sache mit zueignen will. Recht 30 Nr. 684. Raub in Mittäterschaft an zwei zusammengehenden Personen ist in T a t e i n h e i t begangen. RG. D J . 35, 1460. Raubtaten gegenüber verschiedenen Personen können nicht in Fortsetzungszusammenhang stehen, da sich die Tat auch gegen die Entschließungsfreiheit (höchstpersönl. Rechtsgut) richtet. OLG. Braunschweig H E S t . 2, 32. Soweit die Gewaltanwendung den Tatbestand einer strafb. Handlung erfüllt (z. B . § 223a), besteht — unbeschadet des § 251 — Tateinheit mit Raub. B G H S t . 3, 297; OLG. Oldenburg NdsRpfl. 49, 183; vgl. noch Anm. 4 zu § 251. 2) Siehe Anm. 4 zu § 252. 3) Siehe Anm. 5 zu § 242. Die Wegnahme ist auch beendet, wenn die Sache sich zwar noch in Reichweite des Angegriffenen befindet, er aber nur mit Gewalt den Willen, über die Sache zu verfügen, durchsetzen könnte. RG. J W . 33, 962; sie ist begonnen (Versuch), sobald der fremde Gewahrsam beeinträchtigt ist, z. B . dadurch, daß ein Begleiter des zu Beraubenden gewaltsam verjagt wird. B G H S t . 3, 297. 4) Vgl. Anm. 6 und 7 zu § 242. Gebrauchsanmaßung genügt auch hier nicht. H R R . 32, Nr. 580. Zu § 242 besteht Gesetzeskonkurrenz; dagegen ist, soweit nicht § 250 Platz greift, Tateinheit mit § 243 möglich, so daß § 244 Anwendung findet. RG. J W . 38, 831; OLG. Hamburg DRspr. I I I 331 Bl. 6.

262

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 250, 251

§ 250. [Schwerer Raub] (1) Auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen1), wenn 1. der Räuber oder einer der Teilnehmer am Raube bei Begehung der Tat Waffen bei sich führt 2 ); 2. zu dem Raube mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben 3 ); 3. der Raub auf einem öffentlichen Wege4), einer Straße5), einerEisenbahn 4 ), einem öffentlichen Platze 9 ), auf offener See oder einer Wasserstraße begangen wird; 4. der Raub zur Nachtzeit 7 ) in einem bewohnten Gebäude (§243Nr. 7 8 )) begangen wird, in welches sich der Täter zur Begehung eines Raubes oder Diebstahls eingeschlichen9) oder sich gewaltsam Eingang verschafft 10 ) oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen11) hatte, oder 5. der Räuber bereits einmal als Räuber oder gleich einem Räuber im Inland bestraft worden ist. Die in § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Jahre ein.

§ 251. [Raub mit Marterung oder schweren Folgen] Mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslangem Zuchthaus wird der Räuber bestraft, wenn bei dem Raube ein Mensch1) gemartert 2 ), oder durch die gegen ihn verübte Gewalt eine schwere Körperverletzung3) oder der Tod 4 ) desselben verursacht worden ist. Z u § 250: 1) Zu § 243 besteht, soweit die Erschwerungsmerkmale sich decken, Gesetzeskonkurrenz, andernfalls ist Tateinheit mögl. (s. Anm. 4 zu § 249) 2) Siehe Anm. 22 zu § 243. Auch hier gilt, daß eine Waffe nicht führt, wer den Besitz einer Waffe lediglich vortäuscht, BGH. N J W . 53, 952, z. B. wenn der Täter sein Opfer in der Dunkelheit mit einer umgedrehten Tabakspfeife bedroht, die dieses für eine Pistole halten soll und hält. OLG. Hamburg NJW. 48, 699. 3) Siehe Anm. 25 zu § 243. 4) Der „Eisenbahnhof" ist — im Gegensatz zu § 243 Nr. 4 — nicht genannt. Daher gehört ein Bahnhofswartesaal nicht hierher. OLG. Hamburg HE St. 2, 28. Nr. 3 ist verwirklicht, wenn die Wegnahmehandlung, sei es auch nur zum Teil, auf einem öffentl. Weg usw. geschehen ist. BGHSt. 3, 297, z. B. bei einem auf der Straße begonnener, aber erst auf privatem Grund und Boden vollendetem Raub. RG. GA. 49, 133. 5) Hierunter fällt auch ein Raub, wenn er in einer von der Straße aus offenen Hausnische begangen wird. RG. J W . 30, 3407. 6) Siehe Anm. 14 zu § 243. 7) Siehe Anm. 26 zu § 243. 8) Die Verweisung umfaßt auch den Satz 2 der Nr. 7. OLG. Hamburg HESt. 2, 310. 9) Vgl. Anm. 28 zu § 243. 10) Wird die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen, so genügt es, wenn einer der Mittäter den Erschwerungsgrund in seiner Person verwirklicht. E. 54, 247. 11) Verbergen erfordert lediglich, daß der Täter sich dort aufhält, wo man ihn nicht erwarten kann, und daß die Örtlichkeit ihn dem Gesehenwerden entzieht. So kann sich auch ein Hausgenosse in dem von ihm bewohnten Gebäude verbergen. E. 32, 310; RG. DRZ. 31 Nr. 443. Zu § 251: 1) Dies braucht nicht der zu sein, den der Täter beraubt hat oder berauben wollte. E. 75, 54. 2) Martern: Zufügung von besonders starken körperlichen Schmerzen aus Bosheit und Lust am Leiden des andern. E. 49, 391. 3) I. S. des § 224. Vgl. § 56. Hat der Täter bezüglich der Körperverletzung vorsätzlich gehandelt, so ist Tateinheit mit § 224 möglich. RG. J W . 37, 1328. Der Erfolg darf aber nicht lediglich durch seelische Einwirkungen (Schrecken) herbeigeführt sein. Recht 28 Nr. 1598. Keine Haftung bei nicht voraussehbarem Expreß des Mittäters. RG. H R R . 32 Nr. 1523.

2. Teil. 20. Abschnitt. Raub und Erpressung. §§ 252, 253

263

§ 252. [Räuberischer Diebstahl] Wer, bei einem Diebstahl 1 ) auf frischer Tat betroffen 2 ), gegen eine Person Gewalt verübt 3 ) oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben 4 ) anwendet, um sich im Besitze des gestohlenen Guts zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen 8 ).

* § 253!). [Erpressung] (1) Wer einen

anderen 2 )

rechtswidrig3) mit Gewalt 4 ) oder durch Drohung

4) Tateinheit mit § 226 ist möglich, wenn die Körperverletzung vorsätzlich verursacht wurde. R G . J W . 37, 1328. Ist der erfolgte Tod vorsätzlich herbeigeführt, so liegt Tateinheit zwischen §§ 211 und 251 vor, wenn die Wegnahme der Sache zu Lebzeiten oder unmittelbar nach dem Tode des Opfers erfolgt, weil dann die Wegnahme bereits mit der zur Tötung führenden Gewaltanwendung begonnen hat. E . 60, 166; OGHSt. 1, 81, 133; B G H . N J W . 51, 120. Liegt jedoch zwischen der Tötung und der Wegnahme ein zeitlicher Abstand, so ist § 249 unanwendbar, da'der Tote keinen Gewahrsam hat, ihm also nichts weggenommen werden kann (Tatmehrheit von § 211 und § 246). E . 59, 273. § 251 ist anwendbar auch bei versuchtem Raube. E. 62, 422 und R G . v. 10. 10. 1935 — 3 D 705/35 — . Zu § 2 5 2 : 1) E s handelt sich um einen Sondertatbestand, der den Diebstahl und die Gewalthandlung zu einer einheitlichen neuen Tat zusammenfaßt, nicht um einen bloßen Erschwerungsgrund des Diebstahls. E . 66, 355; R G . D J . 38, 1189 (str.) § 252 findet auch Anwendung bei sog. privilegiertem Diebstahl (Mundraub, Entwendung von Feldfrüchten). H. M.; vgl. E . 66, 353; B G H S t . 3, 76. Der Diebstahl muß vollendet sein („um sich im Besitz des gestohlenen Guts zu erhalten") OGHSt. 2, 19, 323, auch wenn er noch nicht beeendet ist. 2) betroffen = bemerkt, wahrgenommen. Auch der Gewahrsamsinhaber, dem die Sache aus dem Anzug oder aus der Hand weggenommen wird, kann den Täter „betreffen". E . 73, 343. Zum „Betreffen" ist nicht erforderlich, daß der Dieb gesehen wird; es genügt, wenn seine Anwesenheit auf andere Weise wahrgenommen wird, z. B . daß er Geräusch verursacht oder ein ihn wahrnehmender Hund anschlägt. B G H . DRspr. I I I 331 Bl. 1002b. Auf frischer Tat ist der Täter betroffen, wenn er am Tatort oder ganz in der Nähe bei oder unmittelbar nach Verübung der Tat wahrgenommen wird; unter dieser Voraussetzung genügt es, wenn die Anwendung von Gewalt oder Drohungen erst bei der sofort sich anschließenden Nacheile erfolgt. E . 60, 67; B G H S t . 3, 76; OLG. Hamm H E S t r . 2, 24; Oldenburg Nds. Rpfl. 49, 183. Dagegen genügt nicht, daß der schon erheblich vom Tatort entfernte Täter erst jetzt (zufällig oder auf der Verfolgung) wahrgenommen wird, mag er auch die Tat erst kurz vorher verübt haben; a. M. OLG. Celle H E S t . 1, 16. 3) Den Vorsatz der Gewaltanwendung braucht der Täter noch nicht beim Diebstahl zu haben; es genügt, wenn er ihn nachträglich zur Besitzerhaltung faßt. B G H S t . 3, 76. Gewaltanwendung ist z. B . das Festhalten der Tür, die den Täter von den Verfolgern trennt. OLG. München MDR. 50, 627. 4) d. i. eine Drohung, deren Ausführung geeignet ist, eine wenn auch nur vorübergehende Beschädigung der leiblichen Unversehrtheit oder Gesundheit zu bewirken. E . 29, 77. Der Begriff ist hier weiter als in § 52, doch genügen nicht Drohungen mit einer völlig unerheblichen Handlung. E . 72, 229. Ob die Drohung ausführbar war, ist bedeutungslos. § 252 ist daher auch anwendbar, wenn der Täter sein Opfer mit einer vorgetäuschten Waffe (z. B . einer umgedrehten Tabakspfeife) bedroht, die dieses für eine Waffe hält. OLG. Hamburg N J W . 48, 699. Vgl. im übrigen Anm. 4 zu § 240. 5) Zu §§ 242, 243, 244 besteht Gesetzes-, nicht Tateinheit. R G . D J . 38, 1189, anders E . 60, 380 (siehe Anm. 1). Der Strafrahmen der §§250, 251 ist anwendbar, wenn die dort bezeichneten erschwerenden Umstände gegeben sind. Dabei ist nicht erforderlich, daß sowohl der Diebstahl wie die Nötigung unter demselben straferhöhenden Umstände begangen werden. Aus § 250 Abs. 1 Nr. 3 ist z. B . zu bestrafen, wenn der Diebstahl in einem Hofe, die Nötigung dagegen auf einer Straße geschah. E . 71, 65. Ein Versuch des räuberischen Diebstahls kommt nur bei Versuch der Gewaltanwendung in Betracht. Z u § 2 5 3 : 1) I. d. F. des Art. 3 der Vo. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 341 und des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Die Drohung oder Gewalt muß gegen denjenigen gerichtet sein, von dessen Willen die Gewährung des Vorteils abhängt; doch brauchen der Genötigte und der durch die Leistung Geschädigte — wie beim Betrug — nicht personengleich zu sein. E s genügt wenn der Bedrohte die Willensbestimmung des Dritten, der den Vorteil gewähren soll, maßgebend z. B . infolge eines Autoritätsverhältnisses, zu beeinflussen vermag. E. 63, 164.

264

A 2. Strafgesetzbuch. § 253

mit einem empfindlichen Übel 6 ) zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch6) dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt 7 ), um 8 ) sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern9), wird wegen 3) Die Rechtswidrigkeit ist auch hier, wie in § 240 (vgl. dort Anm. 3) nicht Tatbestands-, sondern allgemeines Verbrechensmerkmal, das allerdings nach der Regel der Abs. 2 einer konstitutiven Feststellung durch die richterl. Wertung bedarf. Welzel N J W . 53, 652. 4) Siehe Anm. 4 zu § 240. Physische Gewalt gegen die Person fällt jedoch unter § 255. 5) Siehe Anm. 5, 6 zu § 240. Es genügt die Drohung mit dem Fortbestehenlassen eines Übels oder einem sonstigen U n t e r l a s s e n , wenn die Unterlassung zugleich die gewollte Verletzung einer Pflicht zum Handeln enthält. E. 63, 424. Beispiele für Drohung: A n k ü n d i g u n g der Veröffentlichung eines Vorganges in der Zeitung (Chantage). RG. J W . 37, 2644; einer an sich begründeten Strafanzeige. E. 4, 279; einen gestellten Strafantrag entgegen einer übernommenen Verpflichtung nicht zurückzunehmen, selbst wenn die Zurücknahme gesetzlich u n s t a t t h a f t ist. GA. 40, 54; eines Prozesses, namentlich wenn die Forderung unbegründet ist. GA. 41, 39; einer Zwangsvollstr., E. 26, 305, oder der Ausführung der Zwangsvollstreckung. E. 34, 279; eines Konkurrenzkampfes. RG. JW. 09, 515; der Kündigung eines Kapitals. GA. 46, 318; einer politischen Anschwärzung bei einer Partei. RG. DR. 41, 2178. Mit der Anordnung eines angebl. Polizeibeamten ist unausgesprochen die Drohung verknüpft, bei Nichtbefolgung polizeil. Zwangsmittel anzuwenden. OLG. Braunschweig NdsRpfl. 47, 24. Über die Strafbarkeit des sog. „Spritzens" oder „Trampeins" siehe Anm. 7 Abs. 2 zu § 263. 6) Zwischen der durch Gewalt oder Drohung herbeigeführten Handlung und dem zugefügten Vermögensnachteil muß Kausalzusammenhang bestehen. 7) „Dem Vermögen Nachteil zufügen" ist dasselbe wie „ d a s Vermögen schädigen" in § 263. Siehe dort Anm. 7. 8) Die hier geforderte Absicht braucht sich nur auf die unrechtmäßige Bereicherung zu beziehen; für die Tatbestandsmerkmale der Nötigung und Nachteilszufügung genügt vorsätzliches Handeln. Die Bereicherungsabsicht braucht nicht der einzige Beweggrund zu sein. BGH. N J W . 53, 1400. — Dem erstrebten Vermögensvorteil muß der zugefügte Vermögensnachteil gegenüberstehen. E. 67, 201 (,,Stoffgleichheit von Schaden und Nutzen"). Es genügt also z. B. nicht, daß jemand eine Nötigungshandlung vornimmt und Schaden zufügt, um dafür von einem Dritten belohnt zu werden. Daß der erstrebte Vermögensvorteil erworben wird, ist nicht erforderlich. 9) § 253 a. F. verlangte die Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen; rechtswidrig war nach der Rechtspr. jeder Vermögensvorteil, auf den ein Rechtsanspruch nicht besteht. E. 64, 379. Dem gegenüber stellt § 253 n. F. darauf ab, ob „zu Unrecht" eine Bereicherung erstrebt wird. B e r e i c h e r u n g ist jede günstigere Gestaltung der Vermögenslage; die Bereicherung entspricht also dem Vermögensvorteil i. S. des § 263 (s. dort Anm. 4). Eine Bereicherung stellt z. B. dar die Erlangung eines Beweismittels (Schuldscheins) für eine Forderung. RG. GA. 44, 396, oder die Erlangung des Zwangsvergleichs im Konkurs. R. 8, 136. Bei der Auslegung des Begriffs „zu U n r e c h t " ist zu berücksichtigen, daß er anstelle von „rechtswidrig" gewählt wurde, um die (nach der Rechtspr.) lediglich formalrechtliche Abgrenzung durch eine materielle Bewertung zu ersetzen (vgl. Dahm S. 464, Kohlrausch S. 493 in Gürtner, Kommendes Deutsches Strafrecht, Besond.Teil, 2. Aufl., 1936). Wer lediglich das erstrebt, was der andere ihm zu leisten verpflichtet ist, will sich nicht zu Ünrecht bereichern. Der Bestohlene, der den Dieb durch Androhung einer Strafanzeige zwingen will, ihm Schadensersatz zu leisten, begeht keine Erpressung, es sei denn, daß er eine den wirklichen Schaden übersteigende Entschädigung verlangt. RG. D J . 40, 1061. Es kann aber sein, daß trotz fehlenden Rechtsanspruchs der erstrebte Vorteil dem Recht nicht zuwiderläuft. Es ist demgemäß zu prüfen, ob die Bereicherung für das natürliche Rechtsempfinden als Unrecht erscheint, gleichgültig ob und wie das im bürgerlichen Recht zum Ausdruck kommt. OLG H. H a m m E S t . 2, 33. Der Bestohlene, der z. B. den Vater des Diebes durch Androhung der Anzeige des Sohnes nötigt, ihm Schadensersatz zu leisten, will sich nicht „zu Unrecht" bereichern, ebenso wenig nach OLG. Celle J R . 50, 120 ein Bekl., der im Recht zu sein glaubt und unnötige Kosten vermeiden will, wenn er dem Kl. mit Enthüllungen aus seinem Privatleben droht, falls er die Klage nicht zurücknehme. „Zu Unrecht" ist — anders als „rechtswidrig" in Abs. 1 — nicht allgemeines Verbrechensmerkmal, sondern besonderes Tatbestandsmerkmal. Wer — gleichviel ob aus Rechts- oder aus Tatirrtum — glaubt, einen Rechtsanspruch zu besitzen, will sich nicht zu Unrecht bereichern. BGH. N J W . 53, 834 {Welzel N J W . 53, 652, der im Gegensatz dazu „zu Unrecht" als allgemeines Verbrechensmerkmal ansieht, kommt zum gleichen Ergebnis, indem er einen Sachverhaltsirrtum bezgl. der Nachteilszufügung annimmt).

§§254—256. — 2. Teil. 21. Abschnitt. Begünstigung U.Hehlerei. §257

265

Erpressung mit Gefängnis nicht unter zwei Monaten, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft 10 ). (2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist11). (3) Der Versuch ist strafbar.

§ 254. [Schwere Erpressung] (gestrichen durch Art. 12 der VO. vom 29. Mai 1943, RGBl. I S. 339.)

§ 255. [Räuberische Erpressung] Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen 1 ).

§ 256. [Nebenstrafen] Neben der wegen Erpressung erkannten Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben der wegen Raubes oder Erpressung erkannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

21. Abschnitt.

Begünstigung und Hehlerei x

§ 257 ). [Begünstigung] (1) Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens2) dem Täter oderTeilnehmer3) wissentlich 4) Beistand leistet 6 ), um4) denselben der Bestrafung 6 ) 10) Tateinheit zwischen Erpressung und Betrug ist möglich, wenn der Entschluß des Bedrohten auch durch Täuschung über anderweite, mit dem in Aussicht gestellten Übel nicht zusammenhängende Tatsachen herbeigeführt wurde; anders, wenn der Täter durch Täuschung nur seine Drohung wirksamer erscheinen lassen will. RG. D R . 40, 27. 11) Vgl. Anm. 9 zu § 240. Es k o m m t also darauf an, ob die Nötigungsmittel als sozialadäquate Mittel zur Erlangung des mit Vermögensschädigung verbundenen erstrebten Vorteils anzusehen sind. § 253 (Versuch) ist z. B. anwendbar, wenn ein Kauflustiger den anderen Teil, der einen gegen Preisvorschriften verstoßenden Überpreis fordert, durch Bedrohung mit einer Anzeige wegen des Preisverstoßes dazu veranlassen will, ihm die Sache zu einem niedrigeren Preis zu überlassen, auf die er, da ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen ist, keinen Anspruch hat. OLG.Kiel SchlHA.48,115. Dagegen fällt z.B. nicht unter § 253 der Mieter, der mit Kündigung droht, wenn er eine unbillige Herabsetzung des Mietzinses erreichen will, ebenso nicht der Käufer, der dem Verkäufer mit Abbruch der geschäftlichen Beziehungen droht, wenn dieser eine vielleicht unbegründete Mängelrüge nicht anerkennen oder eine verlangte Gewährung von Ratenzahlung nicht bewilligen will. Aber auch die verkehrsübliche Abkehr von geschäftlichen Beziehungen kann'rechtswidrig'sein, wenn sie nur aus Schikane (§ 226 BGB.) erfolgt. E . 72, 75. Z u § 2 5 5 : 1) Zwischen § 249 und § 255 besteht grundsätzlich Gesetzeseinheit; Tateinheit nur ausnahmsweise, z. B. wenn der Täter zur Duldung der Wegnahme und außerdem zu einer Handlung, namentlich zur Herausgabe noch anderer Sachen nötigt. Die Erschwerungsgründe der §§ 250, 251 gelten auch für § 255. E. 55, 239. Tateinheit mit §§ 211 f. ist möglich. E . 44, 344. Z u § 257: 1) Die Begünstigungshandlung ist eine zur selbständigen S t r a f t a t erhobene Versuchshandlung. E. 50, 366. Angegriffenes Rechtsgut ist bei der p e r s ö n l . Begünstigung (Anm. 7) die staatliche (inländische) Rechtspflege. E . 76, 123; Strafgrund der s a c h l . Begünstigung (Anm. 8) ist die Aufrechterhaltung des durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Zustandes; angegriffenes Rechtsgut ist aber auch hier die Rechtspflege, weil der Begünstiger sie hemmt, indem er die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes verhindert. B G H S t . 2, 363.

266

A 2. Strafgesetzbuch. § 257

2) Im Sinn des § 1. E . 75, 234. Nicht hierher gehören Übertretungen und Ordnungswidrigkeiten (§ 1 Abs. 1 OWiG. — A 4 —), es sei denn, daß es sich um Mischtatbestände handelt (§ 1 Abs. 3 OWiG.) und Kriminalstrafe in Betracht kommt (vgl. Anm. 5 zu § 1 OWiG.). Verbr. oder Verg. ist auch der strafbare Versuch und die Teilnahme an einem Verbr. oder Vergehen. Bei einem vollendeten Delikt muß die Vortat nicht nur rechtlich vollendet, sondern auch tatsächl. beendet sein; daher keine Begünstigung, sondern Mittäterschaft oder Beihilfe, wenn z. B . der Beistand dem fliehenden Dieb geleistet wird. E . 71, 193; B G H St. 3, 43; doch ist Begünstigung auch bei einem noch nicht beendeten Dauervergehen möglich. E . 58, 13. Die s a c h l . Beg. ist auch dann strafbar, wenn der Vortäter rechtswidrig, aber nicht schuldhaft handelte (z. B . wegen Zurechnungsunfähigkeit oder Strafunmündigkeit), da der Strafgrund des § 257 — Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes — auch hier eingreift (entsprechend der Regelung der §§ 4 8 — 5 0 für die Teilnahme). H. M.; s. z. B. B G H St. 1, 47. Die einem solchen Vortäter gewährte p e r s ö n l . Beg. ist, da ein staatl. Strafanspruch nicht vereitelt wird, straflos (s. Anm. 6), es sei denn, daß der Begünstiger den Entschuldigungsgrund des Vortäters nicht kennt, diesen also für strafbar hält. Härtung N J W . 49, 324 (str.). Verurteilung wegen Begünstigung kann auch dann erfolgen, wenn der Vortäter rechtskräftig freigesprochen ist, da das freisprechende Urteil nicht bindet. E . 58, 290. Entzieht dagegen der Begünstiger den Vortäter der Vollstreckung einer rechtskräftigen Strafe, so ist eine Nachprüfung der Richtigkeit des Urteils ausgeschlossen. E . 73, 331. Zum inneren Tatbestand gehört die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen für den Begünstigten das Vorliegen des Tatbestandes i r g e n d e i n e s Vergehens oder Verbrechens (i. S. einer „Parallelwertung in der Laiensphäre") zu entnehmen ist; bedingter Vorsatz genügt. E . 71, 152. Nicht ausreichend ist jedenfalls die ganz verschwommene Vorstellung einer „nicht unbedeutenden Straftat", so daß offenbleibt, ob nicht lediglich eine Übertretung oder Ordnungswidrigkeit vorliegt. OLG. Hamb. N J W . 53, 1153. Von der Art des von dem Begünstigten verübten Vergehens oder Verbrechens braucht der Begünstiger keine Kenntnis zu haben. E . 76, 33. Ein Irrtum über die Art der Vortat ist gleichgültig, wenn auch eine der Vorstellung des Begünstigers entsprechende Tat Verbrechen oder Vergehen wäre. B G H . N J W . 53, 1194. 3) Die persönliche (Anm. 7) — nicht auch die sachliche (Anm. 8) — S e l b s t b e g ü n s t i g u n g ist, soweit sie nicht einen anderen Strafbestand (einschließlich den des § 257 Abs. 3. E. 76,190) als den des § 257 erfüllt, straflos; auch wenn der Begünstiger zu Unrecht Bestrafung wegen der Vortat fürchtet. E . 70, 392; B G H S t . 2, 378. Dies gilt auch dann, wenn gleichzeitig noch ein anderer vor Strafe geschützt werden soll. E . 71, 281; B G H . a.a.O., und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Hauptzweck die Begünstigung des anderen ist. E . 73, 268; B G H . N J W . 52, 754, und ob es sich für beide um die gleiche oder um verschiedene Vortaten handelt. E . 63, 233, 240. Die Selbstbegünstigung ist auch dann eine persönliche, wenn die Strafe in der Einziehung des durch die Straftat erlangten Vorteils besteht. E . 71, 280. Der Mittäter der Vortat macht sich, wenn er persönliche Begünstigung l e d i g l i c h zugunsten eines anderen Mittäters begeht, nach § 257 strafbar. E . 21, 375; 60, 3 4 8 ; 63, 375 (str.). Die Teilnahme an einer Begünstigung ist, auch wenn sie für den Teilnehmer Selbstbegünstigung ist, strafbar. E . 50, 365; 60, 346; B G H . N J W . 54, 281. Dies ist auch dann der Fall, wenn Anstifter und Angestifteter Teilnehmer an derselben Vortat sind. E . 63, 373. 4) Nur die Beistandshandlung als solche muß wissentlich ( = vorsätzl. mit Ausnahme des bed. Vors.) erfolgen; bezgl. des Vorliegens einer Straftat, der drohenden Bestrafung und der erlangten Vorteile genügt bedingter Vorsatz (s. Anm. 2). Der Täter muß in der Absicht der Strafentziehung oder Vorteilssicherung handeln. E . 40, 15. Bloßes Bewußtsein, daß die Beistandleistung zur Entziehung oder Sicherung führt oder führen kann, genügt nicht. B G H S t . 2, 364; OLG. Hamm JMB1. N R W . 50, 253. Doch braucht der beabsichtigte Erfolg nicht der einzige Zweck des Handelns zu sein; vielmehr genügt, daß es dem Täter auf diesen Erfolg zur Erreichung eines weiteren Erfolges ankam. E . 32, 24, z. B . auf die Erlangung des Fahrlohns nach der üblichen Taxe, wenn die Beistandsleistung in der Ausführung einer Fahrt bestand. B G H . N J W . 53, 835. 5) Beistand leistet, wer eine auf Unterstützung abzielende Handlung (Rat oder T a t ) vornimmt. Daß der Vortäter dadurch wirklich gefördert wird, ist nicht erforderlich (h. M. z. B . E . 50, 364; a. M. Frank Anm. V ) ; jedoch muß die Handlung tatsächlich (nicht nur in der Vorstellung des Begünstigers) g e e i g n e t sein, den erstrebten Erfolg herbeizuführen, B G H . N J W . 53, 1194; es muß eine, wenn auch nur entfernte Möglichkeit bestanden haben, den Vortäter der Bestrafung zu entziehen. E . 76, 123; B G H S t . 2, 376. Die Begünstigung kann ohne und selbst gegen den Willen des zu Begünstigenden stattfinden. Recht 7, 109. Beistand kann geleistet werden durch p o s i t i v e T ä t i g k e i t — z. B. jemand gibt dem Diebe die Mittel zur Schadloshaltung des Bestohlenen, damit die Strafverfolgung unterbleibe. E . 9, 242 — wie durch U n t e r l a s s u n g v o n H a n d l u n g e n , zu deren Vornahme eine Rechtspflicht besteht — z. B . ein Ehemann duldet, obwohl er es hindern könnte, daß seine Frau ge-

2. Teil. 21. Abschnitt. Begünstigung u. Hehlerei. § 257

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zu entziehen 7 ) oder um ihm die Vorteile8) des Verbrechens oder Vergehens zu sichern9), ist wegen Begünstigung mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn er diesen Beistand seines Vorteils wegen leistet, mit hehlte Waren in der ehelichen Wohnung unterbringt. RG. DR. 43, 234. Ein Rechtsanwalt als Verteidiger ist, obwohl als „Diener am Recht" verpflichtet, der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu dienen, nicht gehalten, seine Kenntnis von der Straftat des Verteidigten zu offenbaren, da insoweit seine Verschwiegenheits- und Treupflicht vorgeht. E. 70, 39; er darf auch bei Kenntnis der Schuld seines Mandaten dessen Freispruch anstreben, solange er sich auf verfahrensrechtl. erlaubte Mittel beschränkt und sich jeder Verdunkelung des Sachverhalts enthält. B G H S t . 2, 375. Dem Vermieter obliegt keine Rechtspflicht, die Unterbringung gestohlener Sachen in den Mieträumen zu verhindern. E. 57, 242. Beistand leistet z. B , wer beim Absatz des Diebsguts mitwirkt (s. Anm. 9); der Gastwirt, der seine Räume den Dieben und den Hehlern zum Handeln mit Diebsgut zur Verfügung stellt. RG. DRZ. 24, 391; siehe auch E. 53, 179; (unter Umständen auch der Hauseigentümer. Recht 33 Nr. 385); oder wer das Aufkommen eines Verdachts durch Täuschungshandlungen verhindert. RG. J W . 28, 1939. Will der Vortäter sich selbst anzeigen, so ist der Rat, dies nicht zu tun, keine Beg., da die Möglichkeit der Strafverfolgung dadurch nicht zum Vorteil des Vortäters beeinflußt wird. BGHSt. 2, 375. Mehrfacher Beistand kann mehrfache Begünstigungen darstellen. E. 57, 306. Siehe auch Anm. 10 a. E. zu § 259. Wird demselben Täter hinsichtlich der gleichen Tat Beistand in persönlicher und sachlicher Beziehung geleistet, so liegt nicht notwendig nur e i n e Begünstigung vor. H R R . 28 Nr. 1771. 6) Darunter fällt sowohl die Verurteilung als die Strafvollstreckung. E. 73, 332; auch die Verurteilung zu einer milderen Strafe. RG. DRZ. 29 Nr. 185. Keine Begünstigung, wenn ein staatlicher Kriminalstrafanspruch gegenüber dem Vortäter versagt, z. B. solange der für die Bestrafung der Vortat erforderliche Antrag fehlt. E. 57, 81; 75, 234 (anders bei der sachlichen Begünstigung, Schönke II 4) oder die Vortat verjährt ist. E. 76, 122 (siehe aber Anm. 2). Bestrafung ist auch die Verhängung von Nebenstrafen; dagegen genügt die Absicht, die instrumenta sceleris vor der Beschlagnahme zu sichern, nicht. RG. J R . 25 Nr. 1839. 7) P e r s ö n l i c h e B e g ü n s t i g u n g . Beispiele: Bezahlung einer Geldstrafe f ü r den Verurteilten. E. 30, 232 (aber nicht, wenn diesem das Geld hierzu geliehen oder geschenkt ist. Frank V a); Einreichung eines auf wissentlich falsche Angaben gestützten Gnadengesuchs zugunsten des Verurteilten. E. 35, 128; Verschaffung von Bargeld zur Verdeckung von Veruntreuungen. H R R . 30 Nr. 1559; wissentlich falsche Zeugenaussagen im Ermittlungsverfahren zugunsten des Beschuldigten. RG. D J . 37, 668. Begünstigung begeht auch: der Auswanderungsagent, wenn er weiß, daß durch die Auswanderung die Vollstreckung der Strafe vereitelt wird. R. 3, 778; wer auf einen anderen einwirkt, überhaupt keine Angaben. LZ. 23, 172; oder unwahre Angaben zugunsten des Täters zu machen. J R . 27 Nr. 327; wer dem Täter von der ihm drohenden Untersuchung Mitteilung macht und ihm zur Flucht rät. E. 36, 76. Ein Entziehen kann auch in der durch eine Täuschung herbeigeführten Erwirkung eines Strafaufschubs für den Verurteilten liegen. E. 16, 204. Dagegen liegt Begünstigung nicht darin, daß jemand den Antragsberechtigten zu bestimmen sucht, die Stellung des Strafantrages zu unterlassen. RG. D S t R . 37, 368. 8) S a c h l i c h e B e g ü n s t i g u n g . Nicht nur Vermögensvorteile, sondern Vorteile jeder Art. E. 54, 134 (str.). Die Art des Vorteils braucht der Täter nicht zu kennen. Nach der Rechtsprechung des RG. ist hierunter nur die Sicherung der vom Vortäter u n m i t t e l b a r durch die Vortat erlangten Vorteile zu verstehen. E. 39, 236; 55, 18; 57, 129; nicht auch solcher, die aus der Verwertung der unmittelbaren Vorteile (Preis für gestohlene Sachen, Umwechslung von unterschlagenem Geld) erlangt sind. E. 58, 117. Der Gesetzeswortlaut zwingt nicht zu einer Auslegung, die so unbillige Ergebnisse zeitigt (ebenso Schönke IV 2b). E. 70, 384; 76, 32 u. BGHSt. 2, 362 (s. aber Anm. 9) lassen dahingestellt, ob an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei. I m übrigen warnt das RG. selbst davor, den Begriff des unmittelbar durch die Vortat erlangten Vorteils zu eng zu nehmen. Besteht z. B. der Vorteil in der Gutschrift eines Betrages auf ein Bankkonto, so ist der abgehobene Barbetrag immer noch unmittelbar durch die Tat erlangt. E. 76, 32; OLG. H a m m H E S t . 2, 35. Begünstigung liegt nicht vor, wenn jemand im Auftrag des bestohlenen Eigentümers den Dieb gegen Gewährung einer Entschädigung zur Herausgabe des gestohlenen Gutes veranlaßt, um es dem Eigentümer gegen vereinbarte Belohnung wieder auszuhändigen. E. 40, 15. 9) Eine Vorteilssicherung liegt nur vor, wenn die Beistandsleistung bezweckt, die E n t z i e h u n g des Vorteils durch den Verletzten oder zu seinen Gunsten zu verhindern. Ausreichend ist dabei die Absicht, dem Berechtigten den Zugriff auf die Beute zu e r s c h w e r e n . RG. H R R . 34 Nr. 1422. Nach der Rechspr. des RG. (E. 58, 129) konnte eine Beistandleistung zur Vorteilssicherung nicht durch Mitwirkung beim Absatz der gestohlenen Sache begangen

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A 2. Strafgesetzbuch. § 257 a

Gefängnis zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte 10 ). (2) Die Begünstigung 11 ) ist straflos, wenn dieselbe dem Täter oder Teilnehmer von einem Angehörigen gewährt worden ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. (3) Die Begünstigung ist als Beihilfe 12 ) zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der Tat zugesagt worden ist. Diese Bestimmung leid,et auch auf Angehörige Anwendung.

§ 257 a 1 ). [VollstreckungVereitelung bei Sicherungsmaßregeln] (1) Wer, abgesehen von den Fällen der §§ 120, 121, 122a, 122b, vorsätzlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen rechtskräftig angeordneten Maßregel werden, weil durch den Absatz der Vorteil — die gestohlene Sache — dem V o r t ä t e r nicht erhalten, sondern entzogen wurde. Diese zu enge Auffassung h a t der B G H . m i t R e c h t aufgegeben und sieht als „ V o r t e i l " die angemaßte Eigentümerstellung an. Beistandleistung liegt demgemäß vor, wenn die Mitwirkung beim Absatz bezweckt, durch schnelles Absetzen der Diebesbeute den V o r t ä t e r gegen die Entziehung zugunsten des Bestohlenen zu sichern und ihm den wirtschaftl. W e r t zu erhalten. B G H S t . 2, 362, aber auch, wenn der T ä t e r nach den Weisungen des V o r t ä t e r s die S a c h e unentgeltlich einem Dritten überläßt. B G H . N J W . 53, 996. Dagegen genügt eine Beistandsleistung, die nur der E r h a l t u n g der durch die S t r a f t a t erlangten Sache gegenüber Naturgewalten, rechtswidrigen Angriffen usw. oder ihrer Verwertung oder Ausnutzung dient, nicht. E . 76, 33. Begünstigung b r a u c h t daher nicht vorzuliegen, wenn der V a t e r der T o c h t e r zur Aufbewahrung gestohlener Kleidungsstücke einen Schrank zur Verfügung stellt. R G . R e c h t 14 Nr. 813, oder wenn die Ehefrau von dem E h e m a n n gestohlene Stoffe verarbeitet. E . 26, 119, oder von ihm gewildertes W i l d zubereitet. R G . D R Z . 16, 708. Dagegen liegt sachliche Begünstigung vor, wenn durch B e - oder Verarbeitung Änderungen an der Sache vorgenommen werden, um die Feststellung ihrer Wesensgleichheit mit der durch die V o r t a t erlangten S a c h e zu vereiteln oder zu erschweren. R G . D R . 43, 5 8 1 . I s t die V o r t a t ein Antragsdelikt, so h ä n g t die Verfolgung wegen sachlicher Begünstigung nicht von der Stellung des Antrages a b (h. M . ; siehe Schöntie Anm. I I 4 ; anders bei der persönlichen Begünstigung, siehe Anm. 6). 10) D a b e i ist der Strafrahmen für die V o r t a t als solche zu ermitteln, ohne R ü c k s i c h t auf die den Begünstigten im Einzelfall nach seinen persönlichen Verhältnissen treffende Strafe. E . 54, 96. 11) Der Strafausschließungsgrund des Abs. 2 u m f a ß t auch die Teilnahme an der von einer dritten Person dem Angehörigen des Teilnehmers gewährten Begünstigung. R G . J W . 36, 1606. § 257 Abs. 2 ist unanwendbar, wenn der T ä t e r neben dem Angehörigen auch einen Dritten der Bestrafung entziehen will und die Begünstigung des Dritten nicht ledigl. das notwendige und unvermeidl. Mittel zur Begünstigung des Angehörigen ist. R G . a.a.O. Wegen des Begriffs „Angehöriger" vgl. Anm. 7 ff zu § 52. D a ß sich der Begünstiger für einen Angehörigen hält, ist ohne B e d e u t u n g ; maßgebend ist der tatsächlich bestehende Rechtszustand. E . 71, 155. 12) Die vor Begehung der T a t zugesagte Begünstigung ist durch Abs. 3 aus dem T a t b e s t a n d der Begünstigung ausgeschieden und ist rechtlich eine wirkliche Beihilfe und nicht etwa eine Begünstigung, die nur m i t der Strafe der Beihilfe zu ahnden ist. E . 76, 1 9 2 ; B G H . N J W . 5 1 , 4 5 1 . Daraus folgt, daß dem Begünstiger erschwerende T a t u m s t ä n d e , die der H a u p t t ä t e r verwirklicht h a t , ebenso wie dem Gehilfen gem. § 5 0 nur zugerechnet werden können wenn er sie beiVornahme der Begünstigungshandlung gekannt hat. B G H . N J W . 53, 992. Die Zusage muß vor Beendigung der zu begünstigenden Tätigkeit erfolgt sein. H a t der seine Begünstigung Zusagende den V o r t ä t e r zur T a t bestimmt, so ist nur wegen Anstiftung zu bestrafen. E . 16, 375. I m F a l l e des Abs. 3 k o m m t straflose Selbstbegünstigung nicht in B e t r a c h t , da die Zwangslage, die den Grund für die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung bildet, im Zeitpunkt der Zusage nicht vorlag. E . 76, 192. Tateinheit zwischen Abs. 3 und § 2 5 8 ist möglich. E . 57, 347. Z u § 2 5 7 a : 1) I n der Fassung des Gesetzes v. 24. 11. 1933 ( R G B l . I S. 995) in Verbindung m i t dem Gesetz v. 23. 3. 1934 ( R G B l . I S. 213).

2. Teil. 21. Abschnitt. Begünstigung u. Hehlerei. §§ 258, 259

269

der Sicherung und Besserung 2 ) ganz oder zum Teil vereitelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft 3 ). (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Wird die T a t zugunsten eines Angehörigen begangen, so tritt Straffreiheit ein.

§

258[Personenhehlerei]

(1) Wer seines Vorteils wegen 2 ) sich einer Begünstigung schuldig macht, wird als Hehler 3 ) bestraft, wenn der Begünstigte 1. einen einfachen Diebstahl 4 ) oder eine Unterschlagung 6 ) begangen hat, mit Gefängnis; 2. einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen begangen hat, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein. (3) Diese Strafvorschriften finden auch dann Anwendung, wenn der Hehler ein Angehöriger ist.

§ 259. [Sachhehlerei]1) (1) Wer seines Vorteils1®) wegen Sachen, von denen er weiß 2 ), oder den Umständen nach annehmen muß 3 ), daß sie mittels einer strafbaren Handlung 4 ) 2) Es kommen nur die in § 42 a bezeichneten Maßregeln in Betracht. Die Untersagung der Berufsausübung und die Entziehung der Fahrerlaubnis fallen nicht darunter, da sie einer Vollstreckung nicht bedürfen. 3) Soweit Handlungen darauf abzielen, den Täter vor rechtskräftiger Anordnung oder Zulassung der Maßregel dem Verfahren zu entziehen, ist nach § 257 zu bestrafen. Zu § 258: 1) § 258 ist kein erschwerter Fall der Begünstigung, sondern ein Sonderdelikt (str.); § 258 und § 257 Abs. 3 können daher in Tateinheit verwirklicht werden. E. 57, 347; OGHSt. 2, 277; BGH. NJW. 51, 451; Lange DR. 43, 569; Mezger NJW. 48, 490; a. M. OLG. Düsseldorf NJW. 48, 490. Die Grundsätze über die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung (Anm. 3 zu § 257) gelten auch hier. OLG. Tübingen DRZ. 48, 257. 2) Wird einem Ehemann und Familienvater Begünstigung von einem Familienmitglied gewährt, um ihn der Bestrafung mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu entziehen (§ 257 Abs. 2), so genügt die Erkenntnis, daß die Bestrafung zu großen Nachteilen für das Fortkommen und den Unterhalt der Familie führen wird, allein nicht, um ein Handeln „seines Vorteils wegen" anzunehmen. RG. D J . 36, 1440. Vgl. im übrigen Anm. l a zu § 259. 3) Der Vorsatz des Hehlens und der des Begünstigens können gleichzeitig nebeneinander vorhanden sein. Recht 17 Nr. 898; E. 47, 220. 4) §§ 248a, 370 Nr. 5 und Eingriffe in fremde Aneignungsrechte -wie Jagdvergehen, E. 5, 277, gehören nicht hierher. 5) Hierher gehört auch Amtsunterschlagung (§ 350), dagegen nicht §§ 248a, 370® und § 15 Pr. FFPG. E. 58, 334. Der Diebstahl oder die Unterschlagung brauchen nicht vollendet zu sein. E. 31, 40. Zu § 259: 1) Die Hehlerei ist begrifflich keine Beteiligung an der Vortat, sondern ein delictum sui generis (h. M.). Im übrigen besteht über das Wesen der Hehlerei Streit (eigennützige Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage — so die bisher h. M. — oder (wohl richtiger) eingenützige Beteiligung an der Frucht der Vortat?); s. BGHSt. 1, 50. Wegen der praktischen Bedeutung der Frage vgl. z. B. Anm. 8 Abs. 2. t» la) Der Täter muß einen eignen Vorteil erstreben, nicht den eines Dritten. E. 27, 342; daß der erstrebte Vorteil erreicht wird, ist nicht erforderlich. RG. DR. 39, 1980. „Vorteil" ist jede irgendwie geartete günstigere Gestaltung der persönl. Verhältnisse, nicht nur ein Vermögensvorteil, sondern z. B. auch die Hebung des Ansehens des Täters, E. 77, 117, oder ein bloß sinnlicher Genuß, R. 2, 240; DJZ. 21, 494. Die Erzielung eines außergewöhnlichen Vorteils wird nicht vorausgesetzt, es genügt der übliche Geschäftsverdienst. E. 58, 122; RG. JW.

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35, 126. Seines Vorteils wegen handelt auch, wer sein bisheriges Einkommen für die Zukunft erhalten will, sofern er sonst nach den Umständen mit einer Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Lage rechnet. BGH. N J W . 54, 480. Ein eigener Vorteil ist auch der mittelbare Vorteil, z. B. wenn ein Unterhaltsberechtigter die Einnahmen eines Unterhaltungsverpflichteten oder die Ehefrau die des Ehemannes erhöhen will, um auch sich eine bessere Lebenshaltung zu ermöglichen. RG. J W . 34, 39; 35, 527. Auch der mit festem Gehalt Angestellte kann seines Vorteils wegen handeln, wenn er im Interesse der Erhaltung und Festigung seiner Stellung und der Sicherung seiner Lohnansprüche eine Erhöhung des Umsatzes des Geschäftsherrn anstrebt. KG. N J W . 53, 558. Das Streben nach Vorteil muß im Zeitpunkt des Ansichbringens der Sache gegeben sein; wer sich also zum Erwerbe der gestohlenen Sache nur durch Furcht bestimmen ließ, später aber die Sache für sich verwendete, macht sich nicht strafbar. E. 54, 65. Einzelbeispiele : Ein Gastwirt handelt seines Vorteils wegen, wenn er den von ihm wahrgenommenen Handel mit gestohlenem Gut duldet, um sich die Kundschaft der Diebe zu erhalten. E. 53, 179. Vorteil ist auch die schnellere Befriedigung wegen einer zu Recht bestehenden Forderung. RG. GA. 65, 544. Annahme der gestohlenen Sache als Pfand ist allein noch kein Vorteil. E. 54, 338. Die Sicherung einer Darlehnsforderung durch Pfand kann aber einen Vorteil darstellen, wenn die Verpfändung auch zur Sicherung des durch das Darlehnsgeschäft erstrebten Vorteils dienen sollte. E. 66, 63, oder wenn der Gläubiger damit rechnet, daß der Schuldner sein Pfand überhaupt nicht einlösen wird. RG. JW. 24, 409. 2) Bedingter Vorsatz genügt. E. 39, 6; B G H S t . 2, 118. 3) Diese Worte bedeuten nicht die Zulassung der Fahrlässigkeit als Schuldform, sondern nur eine gesetzliche Beweisregel: wenn die Umstände so lagen, daß für jeden Einsichtigen der strafbare Erwerb der Sache erkennbar war, so wird k r a f t Gesetzes — widerlegbar — vermutet, daß auch der Täter um den strafbaren Erwerb tatsächlich gewußt hat. E. 55, 204; BGHSt. 2, 146. Nach der T a t liegende Umstände und eigene Handlungen des Täters scheiden an sich als Grundlage der Beweisregel aus. E. 55, 206; BGH. N J W . 53, 552. Das hindert aber nicht, eigene, nach der Tat liegende Handlungen des Täters als Beweisanzeichen f ü r seine Kenntnis von der strafbaren Herkunft der Sachen zu verwerten. RG. J W . 24, 1163; E. 64, 4. Die das Annehmenmüssen begründenden Umstände müssen im Urteil festgestellt sein. E. 55, 214. Die bloße Tatsache, daß eine Ware auf dem Schwarzen Markt zum Verkauf gelangt, ist kein Umstand, aus dem entnommen werden kann, sie sei durch strafbare Handlung erworben. OLG. Kiel SchlHA. 49, 173, ebensowenig die bloße Tatsache, daß ein Gegenstand aus der Ost- in die Westzone hinübergeschafft worden ist. OLG. Braunschw. NdsRpfl. 48, 96. Fahrlässigkeit genügt nach § 18 des Unedelmetallgesetzes und § 5 des Edelmetallgesetzes. Auch beim Gehilfen des Hehlers ist die Beweisregel des § 259 anwendbar, wenn er durch Annahme der Sache vom Dieb die Tätigkeit entfaltet, bei der die „Umstände" i. S. des § 259 zutreffen, z. B. wenn der Gehilfe die Sache für den H a u p t t ä t e r ankauft. BGHSt. 2, 146; Walter N J W . 51, 636. 4) Auch Übertretungen, auch ein strafbarer Versuch eines Verbrechens oder Vergehens, soweit er bereits zur Erlangung der Sache geführt hat. OLG. Braunschweig. N J W . 49, 477. Die Vortat muß mit Verletzung der V e r m ö g e n s r e c h t e eines anderen verbunden, die Sache mit dem Makel eines straf rechtswidrigen Erwerbs behaftet sein. E. 70, 385. Daher keine Hehlerei bei den durch Betteln erlangten Sachen. Plen. Entsch. E. 6, 218; an dem mit Verletzung jagdpolizeilicher Vorschriften erlegten Wilde. E. 7, 91; an durch Zollhinterziehung erlangten Waren. E. 67, 359; an Gegenständen, die in Zeiten der Warenverknappung unter Verletzung der Kontingentierungsvorschriften erworben sind. E. 75, 29; OLGe Kiel SchlHA. 48, 105; Freiburg H E S t . 1, 10; a. M. LG. Bonn N J W . 48, 530 (mit der nicht haltbaren Begründung, in Zeiten der Bewirtschaftung sei der Staat „vorherrschender Vermögensträger der bewirtschafteten Erzeugnisse"); an entgegen den Naturschutzvorschriften gefangenen Tieren. E. 37, 230; an dem durch Unzucht erworbenen Gelde, R. 6, 793; an Gegenständen, die der Vortäter durch Umarbeitung einer e i g e n e n Sache mittels einer strafbaren Handlung h e r v o r g e b r a c h t hat. E. 70, 385. Der Vortäter muß grundsätzlich den inneren und äußeren Tatbestand einer strafbaren Handlung verwirklicht haben; die Vortat muß also, wenn nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar, vorsätzlich begangen sein, während fahrlässige Begehung nur ausreicht, wo auch diese strafbar ist. B G H . N J W . 53, 794 Gleichgültig ist, ob der Vortäter nur wegen mangelnder Verfolgungsvoraussetzungen wie fehlender Strafantrag. GA. 65, 532, oder Verjährung nicht verfolgt werden kann oder ob p e r s ö n l i c h e Strafausschließungsgründe (vgl. z. B. § 247 Abs. 2) vorliegen. Fehlte es beim Vortäter an der Schuld, sei es, daß er schuldunfähig war (Zurechnungsunfähigkeit, Strafunmündigkeit), sei es, daß er in einem Tatbestands- oder unverschuldeten Verbotsirrtum handelte, so schließt dies eine Bestrafung wegen Hehlerei nicht aus. H.M.; vgl. z. B. B G H S t . 1, 47; N J W . 54, 119. Die abweichende frühere Rechtspr. (E. 52, 197) h a t durch § 50 Abs. 1 ihre Bedeutung verloren, ebenso wie § 4 J G G . 1923 (selbständige Strafbarkeit des Hehlers bei Vortaten Strafunmündiger) schon in das R J G G . 1943

2. Teil. 21. Abschnitt. Begünstigung u. Hehlerei. § 259

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erlangt sind 6 ), verheimlicht 6 ), ankauft 7 ), zum Pfände nimmt oder sonst an sich als gemäß § 50 StGB, entbehrlich nicht übernommen wurde. In diesen Fällen muß aber der Vortäter mit natürl. Vorsatz oder, wo fahrl. Begehung ausreicht, mit natürl. Fahrlässigkeit (vgl. Anm. 1 zu § 42b) gehandelt haben. B G H . N J W . 53, 794. Ob der Hehler den Mangel der Zurechnungsfähigkeit usw. erkannt hat, ist bedeutungslos. OLG. Oldenburg N J W . 53, 1237 (vgl. dazu Anm. 2 zu § 48). Zu den strafbaren Handlungen gehören z. B. Bankrott, E. 25, 43, Untreue. GA. 60, 422; betrügerisches Spiel. GA. 61, 335; Unterschlagung. E. 58, 230; ein Vergehen gegen § 137 StGB, nur, wenn es sich zugleich gegen fremde Vermögensrechte richtet. DRZ. 32 Nr. 371; Pfandentziehung (§ 289). Düsseldorf DRZ. 33 Nr. 123; Hehlerei (denn § 259 erfordert nicht, daß der Hehler die Sachen von demjenigen erwirbt, der sie sich unmittelbar von dem rechtmäßigen Besitzer rechtswidrig verschafft hat). B G H . LM. Nr. 2. Eine gestohlene Sache verliert diese Eigenschaft nicht durch bloßes Einschieben eines gutgläubigen Zwischenverkäufers. Recht 28 Nr. 483. — Die Feststellung, daß die Sachen „auf nicht ehrliche Weise" erlangt sind, D J Z . 8, 250, oder „aus dunklen Kanälen stammen", OLG. F r a n k f u r t N J W . 49, 599, genügt nicht. Der Hehler braucht aber die konkrete strafbare Handlung des Vortäters nicht zu kennen. OLG. Dresden LZ. 31, 794. Bezüglich des durch Forstdiebstahl Erlangten siehe § 5 pr. FDG. Nach dem Wortlaut des § 259 kann Hehlerei nur an einer Sache begangen werden, die durch eine strafbare Handlung erlangt ist, dagegen — nach der bisherigen Auslegung. E. 57, 159 — nicht an dem Erlös, der aus dem Verkauf der strafbar erlangten Sache erzielt wurde, es sei denn, daß damit eine neue Straftat begangen wurde, und nicht an einer neuen Sache, die aus dem Stoff der durch die strafbare Vortat unmittelbar erlangten Sache durch Verarbeitung oder Umbildung derart hergestellt wurde, daß der Hersteller gemäß § 950 BGB. Eigentum erwarb. Die sog. Ersatzhehlerei wurde aber unter der Herrschaft des § 2 i. d. F. des Ges. v. 28. 6. 1935 entsprechend § 259 bestraft. — Der Strafgrund des § 259 — eigennützige Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage — trifft auch hier zu, da die Ersatzsache nicht nur bei natürlicher Betrachtungsweise, sondern weitgehend auch nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (Anspruch des geschädigten Eigentümers auf Herausgabe der Ersatzsache nach §§ 823, 249, 281 und § 816 Abs. 1 BGB.) an die Stelle der durch die Straftat erlangten Sache tritt. Ist dieses Ergebnis nur mit Hilfe der Analogie zu gewinnen, so ist ihm der Boden entzogen; so in der T a t z. B. OLG. Braunschweig N J W . 52, 557 (betr. Geld, das durch Wechseln an die Stelle gestohlenen Geldes getreten ist). Schon früher wurde aber im Schrifttum (Nachweise bei Schönke IV 4) die durch den Wortlaut —- geschweige denn durch den Sinn — des § 259 nicht zwingend gebotene Auslegung des RG. als formalistisch abgelehnt. Mit H. Mayer S JZ. 47, 17 und Schönke IV 4 ist davon auszugehen, daß eine (nichtverbotene) ausdehnende Auslegung die Strafbarkeit der Ersatzhehlerei ermöglicht. Auch von diesem Standpunkt aus ist strafbar aber nur eine hehlerische Handlung, die sich in den Tatformen des § 259 vollzieht und an ein Ersatzgut gebunden ist, dessen Beschaffung zeitlich, örtlich und nach den sonstigen Umständen noch in so naher Bezeihung zu der Straftat steht, daß nach vernünftiger Auffassung der Ersatzsache noch der Makel anhaftet, mit dem die zunächst erworbene Sache behaftet gewesen ist; sittlicher Makel genügt. RG. DR. 42, 131. Dies trifft jedenfalls zu bei Ersatzsachen, die der Vortäter selbst mit dem Erlös aus den durch die Vortat erlangten Sachen gekauft hat. E. 72, 146; a. M. Kohlrausch D S t R . 39, 113. Besteht die strafbar erlangte Sache in G e l d , und verwertet der Vortäter dieses im Einverständnis mit dem Hehler wirtschaftlich (z. B. durch Ankauf von Gegenständen) , so liegt nicht Ersatzhehlerei, sondern ohne weiteres aus § 259 strafbare Mitwirkung beim Absatz vor (vgl. Anm. 9 Abs. 1 am Ende). Zum i n n e r e n Tatbestand genügt bei Ersatzhehlerei, daß der Täter weiß oder den Umständen nach annehmen muß, es handle sich um eine Ersatzsache in diesem Sinn. RG. D J . 39, 1119; die irrtümliche Annahme, es handle sich um den Gegenstand der Vortat selbst, ist unschädlich. E. 72, 148. 5) Das Erlangen der Sache muß als a b g e s c h l o s s e n e (wenn auch nicht notwendig vollendete, s. Anm. 4) Vortat der hehlerischen Handlung, sei es auch nur zeitlich unmittelbar vorausgehen. E. 72, 328; OLGe Braunschw. N J W . 47, 109; Düsseldorf N J W . 50, 715. Dazu genügt, falls der Vortäter schon Gewahrsam an der Sache hatte, deren Unterschlagung. E. 58, 230. Fällt aber die Erlangung durch die Vortat mit dem Ansichbringen zeitlich zusammen, so liegt nicht Hehlerei, sondern u. U. Beihilfe zum Diebstahl oder zur Unterschlagung vor. E. 67, 72 (str.). 6) Das Verheimlichen erfordert eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, dem Berechtigten die Auffindung der Sache zu erschweren oder unmöglich zu machen; der Hehler muß dabei im ausdrücklichen oder stillschweigend vorausgesetzten Einverständnis mit dem Vortäter handeln, jedoch ist nicht erforderlich, daß das Verheimlichen zugleich auch dem Vortäter zugute kommt. E. 72, 380. Verheimlichung liegt z. B. in der Ableugnung des Besitzes. E. 57,

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A 2. Strafgesetzbuch. §259

bringt8) oder zu deren Absätze bei anderen mitwirkt 9 ), wird als Hehler10) mit Gefängnis bestraft. (2)11) Der Versuch ist strafbar. 159; 72, 380. Verheimlichung ist keine Unterart des Ansichbringens. Daher kann auch verheimlichen, wer keine Verfügungsgewalt über die Sache hat, z. B. durch Ableugnen des Aufbewahrungsort der gestohlenen Sachen gegenüber dem zuständigen Beamten. E. 57, 159. Die Nachforschung des Berechtigten braucht im Zeitpunkt des Verheimlichens noch nicht eingesetzt zu haben. RG. J W . 34, 1359. Es gehört hierher auch eine Äußerung, die dahin zielt, die Aufmerksamkeit der Behörden abzulenken. Recht 13 Nr. 1429. Bloßes U n t e r l a s s e n entgegen einer Rechtspflicht (z. B. einer vorgeschriebenen Anzeige) ist noch kein Verheimlichen, außer wenn dadurch die Entdeckung verhindert werden sollte. RG. GA. 65, 548; H R R . 40 Nr. 1213. Auch der gutgläubige Erwerber, bei dem der Eigentumserwerb gemäß § 935 BGB. ausgeschlcssen ist, macht sich der Partiererei schuldig, wenn er die Sache verheimlicht, nachdem er erfahren, daß der Erwerb fehlerhaft war. E. 72, 380, wenn er sie also nicht nur behält, sondern eine auf Verhinderung der Entdeckung gerichtete Tätigkeit entfaltet. B G H S t . 2, 138. (Anders bei dem gutgläubigem Erwerber eines durch unberechtigtes Jagen erlangten Wildes. GA. 53, 450.) Vernichten ist kein Verheimlichen (aber gegebenenfalls Begünstigung, wenn ein Beweismittel damit beseitigt werden sollte). OLG. Tübingen DRZ. 48, 257. 7) Ankauf ist Unterart des Ansichbringens. E. 64, 21. Es muß ein durch Übergabe (also Verschaffung der tatsächl. Verfügungsgewalt) erfüllter Kaufvertrag vorliegen; der bloße Abschluß eines obligatorischen Kaufvertrages genügt nicht. R. 10, 33 (offengelassen vom RG. D J . 36, 74); OLG. Düsseldorf N J W . 50, 715. 8) Ansichbringen bedeutet nach der Rechtspr. des RG. (E. 56, 212; 64, 326; ebenso OLG. Hamburg MDR. 48, 286) Erlangung e i g n e r tatsächl. Verfügungsgewalt durch abgeleiteten Erwerb zu e i g n e n Zwecken des Täters dergestalt, daß ihm eigne selbständige Verfügung ermöglicht wird; Ansichbringen liegt danach nicht vor, wenn der Täter durch abgeleiteten Erwerb eine f r e m d e Verfügungsgewalt begründet (z. B. der Gewerbegehilfe zugunsten des Geschäftsherrn, die Ehefrau zugunsten des Ehemannes u. dessen Geschäftsbetrieb) . Von dieser zu engen, durch den Gesetzeswortlaut nicht gebotenen Auslegung h a t sich der BGH. (St. 2, 262, 355) mit Recht abgewandt und läßt Begründung fremder Verfügungsgewalt durch abgeleiteten Erwerb genügen; Voraussetzung ist, daß der Täter beim Ansichbringen eine selbständige Tätigkeit entfaltet, gleichviel worauf diese Selbständigkeit im Einzelfall beruht, ob auf Übertragung durch den vorübergehend abwesenden Geschäftsherrn, auf Arbeitsteilung im Betrieb oder auch auf eignem Entschluß, selbst wenn er Weisungen des Geschäftsherrn zuwiderläuft. Ein eigenmächtiges auftragswidriges Fürsichbehalten ist, da es an einer Erlangung der Verfügungsgewalt durch abgeleiteten Erwerb fehlt, kein Ansichbringen. RG. JW. 24, 1739, ebensowenig die auftragswidrige Veräußerung zu eigenem Nutzen. E. 70, 7. Ein vom Hehler bloß vermutetes Einverständnis des Vortäters genügt nicht; E. 73, 151. Wer den Gewahrsam erlangt, ohne Kenntnis davon zu haben (wie z. B. der Haushaltungsvorstand hinsichtlich der von den Kindern ohne sein Wissen in den Haushalt zugetragenen Sachen), bringt sie erst an sich, wenn er sich seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt bewußt wird und sie fortbestehen läßt. E. 55, 220. Doch genügt es, daß ein Geschäftsinhaber mit dem Erwerb strafbar erlangter Sachen durch seine Angestellten im voraus einverstanden ist. E. 59, 204; 64, 21. Der Erwerb eines Pfandscheines über eine gestohlene Sache ist ein „Ansichbringen" der Sache. E. 70, 37. Ein Übertragungsakt an den Ehemann kann darin gefunden werden, daß die Ehefrau die von ihr gestohlenen Sachen in den gemeinsamen Haushalt überführt, ohne daß der Mann, wie es seine Rechtspflicht wäre, widerspricht. RG. GA. 59, 353; OLG. Celle H E S t . 1, 107, ebenso bei den von Kindern gestohlenen Sachen. E. 59, 204. Der gutgläubige Pfandbesitzer macht sich der Hehlerei schuldig, wenn er sich die Sache nach erlangter Kenntnis von der fehlerhaften Herkunft an Zahlungs Statt überweisen läßt. E. 55, 87. M i t g e n u ß strafbar erlangter Sachen ist vom [Standpunkt der herrschenden „Perpetuierungs"-Theorie aus kein Ansichbringen, wenn keine neue selbständige Verfügungsgewalt des Mitgenießenden durch abgeleiteten Erwerb begründet wird. E. 55,181; 71,341; BGH. N J W . 52, 754; OLG. H a m m DRZ. 47, 416. Eine Ehefrau bringt danach die vom Ehemann gestohlenen Sachen, die ihr dieser zur Zubereitung und Verzehr im gemeinschaftl. Haushalt überläßt, nicht an sich. OLGe Kiel H E S t . 1, 108; Saarbrücken DRZ. 48, 68; OGHSt. 1, 178; anders, wenn der Ehemann der Ehefrau die Sachen übergibt, damit sie damit frei schaltet und waltet, OLG. Kiel SchlHA. 47, 29; oder wenn er ihr einen größeren Vorrat übergibt, dessen Einteilung und Verwaltung Sache der Frau ist. OLG. Hessen (Darmstadt) MDR. 48, 487. Sieht man aber mit OLGe Düsseldorf MDR. 48, 486; Koblenz DRZ. 50, 69; Mezger SJZ.49, 208,

2. Teil. 21. Abschnitt. Begünstigung u. Hehlerei. § 259

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den Strafgrund des § 259 nicht nur in der Aufrechterhaltung des durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Zustandes, sondern auch in der eigennützigen Beteiligung an der Frucht der Vortat, so kann auch eigennütziger Mitgenuß ohne Erlangung einer Verfügungsgewalt Hehlerei sein; strafbarer Eigennutz liegt aber auch nach dieser Ansicht nicht vor, wenn der Mitgenuß der Ehefrau an der Diebesbeute des Ehemannes sich im Rahmen des diesem obliegenden notwendigen Lebensunterhaltes hält. 9) „Mitwirken zum Absatz" ist ein Zusammenwirken mit dem V e r ä u ß e r e r oder ein Tätigwerden für ihn mit dem Ziel, die Sache durch Übertragung an einen Dritten wirtschaftlich zu verwerten. E . 69, 200; eine einseitig dem E r w e r b e r geleistete Unterstützung ist kein Mitwirken zum Absatz, kann aber Beihilfe zur Hehlerei des Erwerbers sein. E . 58, 263; OLG. Düsseldorf N J W . 48, 491. Das Mitwirken setzt kein Einverständnis mit dem Diebe voraus. E . 44, 249. Der Absatz braucht nicht wirklich erfolgt zu sein. E . 56, 191.BGHSt. 2, 136 (str.). Und zwar genügt jede auf eine entgeltliche Veräußerung — Verschenken ist kein Absatz. E . 32, 214 — gestohlener Sachen gerichtete Tätigkeit, wie z. B . die Ermittlung des Werts der gestohlenen Sache zum Zwecke des Verkaufs.; auf Ermittlung eines Abnehmers gerichtetes Verhalten. DStZ. 8, 177; Wechseln gestohlenen Geldes, GA. 48, 450; die Herbeiführung zwangsweiser Versteigerung gestohlener Gegenstände, die durch Täuschung des Gerichtsvollziehers mit erschlichenen Schuldtiteln herbeigeführt wird, E . 67, 430; Verabfolgen einer Verkleidung, um unauffälligen Verkauf zu erleichtern. GA. 62, 148; Dulden eines Gastwirts, daß in seinen Schankräumen gestohlene Sachen zum Verkauf ausgestellt werden. E . 58, 300; 53, 179. Die bloße Inverwahrungsnahme im Hinblick auf eine künftige Verwertung ist nur Vorbereitungshandlung. H R R . 34 Nr. 151; B G H St. 2, 135; (a. M. H R R . 25 Nr. 1840; zweifelnd R G . J W . 34, 560); dies gilt auch dann, wenn die Inverwahrungsnahme unter dem (nichtgehaltenen) Versprechen erfolgt, sich nach einem Abnehmer umzusehen. R G . GA. 49, 274; B G H S t . 2, 135. Dagegen liegt eine „Mitwirkung zum Absätze" vor, wenn die Unterbringung zur Vorbereitung eines bestimmt geplanten Absatzes an eine bestimmte Person erfolgt. R G . J W . 34, 560; B G H S t . 2, 137, oder wenn die gestohlene Ware zum Verkauf in Kommission übernommen wird, auch wenn der Übernehmer später keine entsprechende Tätigkeit entfaltet. E. 55, 5 8 ; B G H S t . 2, 137. Zum Absatz durch strafbare Handlung erlangten G e l d e s kann mitwirken, wer dabei hilft, es durch Ankauf von Waren und durch Bezahlung von Schulden wirtschaftlich zu verwerten; die Mitwirkung kann schon darin gesehen werden, daß der Hehler dem Vortäter angibt, in welcher Weise er das Geld ausgeben soll, oder daß er bei der Entstehung von Schulden mitwirkt, die der Vortäter mit dem Geld bezahlen soll. E . 72, 87. Auch wer die gestohlene Sache an sich gebracht hat, kann noch zu ihrem Absatz mitwirken, aber nur, wenn er bei dem Ansichbringen nicht die alleinige Verfügungsgewalt erhalten hat. E . 69, 200. 10) Der Dieb oder Mittäter des Diebstahls kann nicht zugleich wegen Hehlerei an der gestohlenen Sache bestraft werden; die Verwertung der Sache ist lediglich Verwirklichung der Zueignungsabsicht, derentwegen der Dieb bereits bestraft wird. E . 73, 322. Dies gilt auch, wenn nach Aufteilung der Diebesbeute unter den Mittätern eines Diebstahls einer von ihnen die Anteile der anderen an sich bringt. E . 34, 304, denn hier fehlt es auch an der den Strafgrund der Hehlerei bildenden Aufrechterhaltung und Vertiefung des durch die Vortat geschaffenen Zustandes, da die Sache den Bereich der Vortäter nicht verläßt. A. M. B G H S t . 3, 191 mit der Begründung, so gut der Dieb einen erneuten Diebstahl begehe, wenn er die an einen Dritten veräußerte Diebesbeute diesem stehle, so gut müsse er auch wegen Hehlerei bestraft werden, wenn er die neue Verfügungsgewalt über die Sache nicht durch Diebstahl, sondern durch eine die Merkmale des § 259 erfüllende Handlung erlange. Aber der Dieb bricht mit der neuen T a t in einen fremden Rechtskreis ein; nicht so der Mittäter des Diebstahls, wenn er die Verfügungsgewalt in vollem Umfang erlangt, wegen deren Entziehung er bestraft wird. Gegen den B G H . auch Mayer J Z . 53, 86. Streitig ist, ob der Anstifter oder Gehilfe des Diebes noch wegen Hehlerei bestraft werden können; R G . (E. 73, 323) bejahte in ständiger Rechtsprechung (ebenso OLG. Celle H E S t . 1, 14) unter Hinweis auf die Selbständigkeit der Hehlerei gegenüber der Anstiftung zur Vortat; von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles hänge es ab, ob Tatmehrheit oder Tateinheit in Frage komme. E . 32, 394; 51, 100. Verneinend dagegen (straflose Nachtat) bezgl. des Anstifters mit Recht B G H S t . 2, 315; denn es wäre unbillig den Anstifter schärfer zu bestrafen, als den Mittäter; das gilt auch, wenn der Anstifter zum Diebstahl die Beute gewerbsmäßig (§ 260) verwertet. B G H . N J W . 53, 633. Folgerichtig ist dann auch der Anstifter zum Diebstahl nicht noch wegen Anstiftung zur Hehlerei zu bestrafen, wenn er gleichzeitig den einen zum Diebstahl, den anderen in seinem Interesse zur Hehlerei anstiftet. OLG. Nürnberg N J W . 49, 874. Dagegen Tatmehrheit, wenn der Gehilfe beim Diebstahl Hehlerei an der Diebsbeute begeht. OLG. Hamburg N J W . 53, 1604. Begünstigung kann mit Hehlerei einheitlich zusammentreffen. E . 47, 220; B G H S t . 2, 363, 18

D a l c k e , Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. §260

* § 260. [Gewerbsmäßige Hehlerei] (1) Wer die Hehlerei gewerbs-1) oder gewohnheitsmäßig2) betreibt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. aber wegen der Verschiedenheit des Rechtsguts nicht in Fortsetzungszusammenhang stehen. RG. J W . 37, 1334. — In bezug auf dieselbe Sache können von demselben Täter mehrere selbständige Hehlereien begangen werden. E. 50, 194. 11) Abs. 2 ist eingefügt durch Art. 4 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). Versuch liegt z. B. vor, wenn eine Vortat fehlt, der Nachtäter aber irrtümlich eine Vortat annimmt. E. 64, 130; die Beweisregel des Abs. 1 (Annehmenmüssen) spielt dann keine Rolle, vielmehr muß die irrtüml. Annahme des Täters festgestellt werden. OLG. Oldenburg N J W . 53, 1404. Versuch des Ansichbringens kann schon in der Aufforderung an den Vortäter liegen, die Sache dem Nachtäter zu überlassen, z. B. in der Aufforderung eines Gläubigers an seinen Schuldner, mit dem von einem Dritten durch Betrug erlangten Geld seine Schulden zu bezahlen. OLG. Hamm MDR. 48, 487. Solange ein Vortat nicht (wirklich oder in der Vorstellung des Täters) begangen ist, ist Hehlereiversuch nicht möglich. OLG. Hamburg N J W . 52, 636. Z u § 260: 1) Gewerbsmäßiges Handeln liegt vor, wenn die T a t in der Absicht begangen wird, sich durch wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle (d. h. eine Einnahmequelle von einer g e w i s s e n Dauer; dauernd braucht sie nicht zu sein. RG. D J . 37, 1086) zu verschaffen. E . 68, 14. Daß der Täter aus der Hehlerei ein „kriminelles Gewerbe" gemacht habe, daß er als „typischer" gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Hehler aufgetreten sein müsse (so z . B . OLG. H a m m DRZ. 49, 571; Kohlrausch-Lange I I ; die Bemühungen, den Anwendungsbereich des § 260 einzuschränken, haben aber mit der Zulassung mildernder Umstände durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 — BGBl. I S. 735 — ihren Anlaß verloren), ist nicht erforderlich. BGHSt. 1, 383; N J W . 53, 955; ebenso nicht, daß erhebliche Einnahmen erzielt oder erstrebt werden. RG. DRechtspfl. 36 Nr. 434. Es ist auch nicht erforderlich, daß unmittelbar ein Gewinn erzielt wird; die Absicht, durch unmittelbare Verwendung des Erlangten eigne Bedürfnisse zu befriedigen, die Ausgabe von Geld oder geldwerten Gütern zu ersparen, genügt. E. 54, 184; RG. Recht 44 Nr. 766. Die Erwerbsabsicht braucht nicht der einzige und auch nicht der Hauptgrund des Handelns zu sein. RG. J W . 39, 691. Eine Einzelhandlung kann genügen, wenn sie in Wiederholungsabsicht begangen wird. RG. J W . 23, 195. Zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit können auch einzelne nicht feststellbare, aber aus der gesamten Sachlage zu folgernde Fälle herangezogen werden. RG. DRechtspfl. 36 Nr. 434. Eine Handlung verliert dadurch, daß sie gewerbsmäßig begangen wird, nicht die Eigenschaft einer selbständigen Handlung; die frühere Rechtsprechung (E. 68, 14), daß die einzelnen Handlungen eine Sammelstraftat bilden und daher nur wegen e i n e s Verbrechens zu verurteilen sei, ist aufgegeben (Anm. 2f zu § 74). Gewerbsmäßigkeit und Fortsetzungszusammenhang können gleichzeitig gegeben sein. E. 58, 19. Bei fortgesetzter Begehung wird sogar r e g e l m ä ß i g der Vorsatz gewerbsmäßiger Begehung vorliegen. RG. D S t R . 36, 104. Der Gehilfe des einfachen oder gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Hehlers ist aus § 260 nur strafbar, wenn er selbst gewerbs- oder gewohnheitsmäßig handelt (§ 50) B G H . N J W . 52, 1304 Nr. 17. Die Mindeststrafe für Beihilfe aus Abs. 1 beträgt 4 Monate 14 Tage Gefängnis. RG. J W . 24, 1471. 2) „Gewohnheitsmäßig" setzt eine mehrmalige Vornahme der Handlung mit der Geneigtheit, dieselbe auch fernerhin zu wiederholen, also einen Hang zur Straftat, voraus. Eine einmalige Vornahme der Handlung reicht deshalb zur Feststellung der Gewohnheitsmäßigkeit nicht aus, E. 70, 340; auch nicht das einfache Vorliegen einer Mehrzahl gleichartiger Hehlereifälle. Recht 23 Nr. 680. Es ist also zweierlei erforderlich: einmal die wiederholte Verübung des bestimmten Vergehens und sodann die gerade dadurch erworbene, bleibende Seelenverfassung des Täters, die ihn zu einer ständigen Wiederholung derselben Straftat führt. E. 59, 142. Der Hang zur Straftat muß durch die fortgesetzte Nachgiebigkeit, die der Täter ihm gegenüber walten ließ, zu einer den Täter beherrschenden Macht geworden sein, die ihn von sich aus immer wieder dahin gelangen läßt, neue Gelegenheiten für seine Betätigung wahrzunehmen. RG. J W . 23, 195; oder dergegenüber Hemmungsvorstellungen wie Reue, Furcht vor Strafe sich nicht gebildet haben. E. 58, 25. Eine etwaige spätere Ablegung des Hangs entkleidet die begangene Handlung noch nicht der Gewohnheitsmäßigkeit. Olshausen Anm. 3.

2. Teil. 22. Abschnitt. Betrug u. Untreue

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§ 261 1 ). [Rückfallshehlerei] (1) Wer im Inland wegen Hehlerei2) einmal und wegen darauf begangener Hehlerei zum zweiten Male bestraft worden ist, wird, wenn sich die abermals begangene Hehlerei auf einen schweren Diebstahl8), einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen bezieht4), mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Jahre ein. (2) Bezieht sich die Hehlerei auf eine andere strafbare Handlung, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein 6 ). (3) Die in § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung.

§ 262. [Nebenstrafen] Neben der wegen Hehlerei erkannten Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben jeder Verurteilung wegen Hehlerei auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

22. Abschnitt. Betrug und, Untreue

* § 263!). [Betrug] (1) Wer in der Absicht2), sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen3) Vermögensvorteil4) zu verschaffen, das Vermögen eines anderen6) dadurch Zu § 2 6 1 : 1) Vgl die Anm. zu §§ 244, 245. 2) Auch Bestrafungen wegen fahrlässigen Vergehens gegen §§ 18 und 5 der Metallgesetze (unter B I I I 10,11) begründen den Rückfall. Schumann, J W . 24, 281. 3) Dazu gehört auch ein Diebstahl i. S. des § 17 UnedlMetallges. B G H . N J W . 54, 401. 4) E s genügt nicht, daß sich objektiv die Hehlerei auf einen schweren Diebstahl usw. bezieht, es muß vielmehr die Kenntnis des Hehlers von der tatsächlichen Beschaffenheit der Haupttat festgestellt werden. E . 15, 364. 5) Bei gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Hehlerei darf aber die Mindeststrafe des § 260 Abs. 2 nicht unterschritten werden. Zu § 2 6 3 : 1) Sondervorschriften: § 48 des Gesetzes über das Kreditwesen — B I V 3 — (Kreditbetrug gegenüber Kreditinstituten), § 396 RAbgO. unter B V I (Steuerbetrug), §27 Postges. (Portohinterziehung). § 396 RAbgO. ist, wenn lediglich ein ungerechtfertigter Steuervorteil erstrebt wird, gegenüber § 263 lex specialis. Dagegen Tateinheit, wenn auch andere Vorteile (Lohnvorteile) erstrebt werden. E . 60, 161. § 48 Kreditges. ist subsidiär gegenüber § 263. E . 73, 229. § 27 Postges. ist lex specialis gegenüber § 263. E . 75, 302. Wegen des Verhältnisses von § 263 zu § 352 vgl. dort Anm. 7. Vgl. noch Würtenberger, Betrug durch Schweigen im Kunsthandel N J W . 51, 176. Zum Grundgedanken des § 263 gehört die Vermögensbeschädigung in Bereicherungsabsicht. § 263 ist daher weder anwendbar bei einer Vermögensschädigung ohne Bereicherungsabsicht noch bei Täuschungshandlungen in Bereicherungsabsicht, aber ohne Vermögensschädigung wie z. B . Erschleichung einer behördlichen Zulassung. R G . H R R . 41 Nr. 568. 2) Für die gewinnsüchtige Absicht genügt bedingter Vorsatz nicht. E . 30, 334; J W . 33, 1592 (siehe Anm. 3). Die Absicht des Täters muß darauf gerichtet sein, den Vermögensvorteil aus dem Vermögen dessen, der durch die Vermögensverfügung des Getäuschten geschädigt ist, zu erlangen. E . 64, 433; daher kein Betrug, wenn Täuschung und Vermögensschädigung begangen werden, um von einem Dritten belohnt zu werden. E . 5, 277. 3) Rechtswidrig ist ein Vermögensvorteil, auf den der Täter keinen Rechtsanspruch hat. E . 11, 155; B G H . St. 3, 101; Die Durchsetzung eines Anspruchs auf Leistung mit ordnungswidrigen Mitteln macht die Leistung nicht zu einem rechtswidrigen Vermögensvorteil. E . 64, 344; auch nicht beim Erschleichen eines (materiell richtigen) Urteils durch falsches Vorbringen (siehe Anm. 5). Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils genügt bedingter Vorsatz. E . 55, 257. Die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils 18»

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ist hier Tatbestandsmerkmal, ein Irrtum darüber Sachverhalts-, nicht Verbotsirrtum (siehe Anm. 1 zu § 59). Es fehlt also am Vorsatz bezgl. des rechtsw. Vermögensvorteils, wenn der Täter glaubt, auf den erstrebten Vorteil ein Recht zu haben. B G H . N J W . 53, 1479. A.M. Welzel N J W . 53, 652, der die Rechtswidrigkeit hier als allgemeines Verbrechensmerkmal ansieht, § 59 aber anwenden will, weil derjenige, der einen ihm vermeintlich zustehenden Anspruch durchsetzen will, über das Tatbestandsmerkmal der Schadenszufügung irre. 4) Vermögensvorteil (VV.) ist jede Verbesserung der Vermögenslage. Diese liegt nicht bloß vor, wenn das Vermögen (über diesen Begriff s. Anm. 7 Abs. 3) vermehr wird, sondern auch, wenn das vorhandene Vermögen gesichert und dessen Verwertung erleichtert wird. R. 2, 599. Der Vermögensverbesserung steht die Abwendung der Vermögenseinbuße gleich. E . 33, 333; GA. 74, 70. Der Besitz einer Sache, zumal wenn, sich damit die Möglichkeit nutzbringenden oder sonst vorteilhaften Gebrauchs verbindet, kann Vermögensvorteil sein. E . 17, 233. In Zeiten der Warenverknappung kann der Besitz einer Ware oder ein Bezugsschein dafür ein Vermögensvorteil sein, der den Vermögenswert des Kaufpreises übersteigt. RG. DR. 40, 789; E . 74, 383, namentlich in Zeiten der Geldentwertung. OLGe. Gera N J . 47, 192 und Hamm H E S t . 1, 113. Vermögensvorteil ist auch Erlangung und Erhaltung einer Kundschaft. E . 34, 15; die Erlangung von Kredit. E . 12, 395 (siehe Erich, GA. 72, 312ff.; § 48 des Ges. über Kreditwesen v. 25. 9. 1939 — B IV 3 — ) ; die Erlangung einer Mitgift. BayObLG. D JZ. 31, 1523; die Abwendung einer Geldstrafe. RG. J W . 34, 2977 u. GA. 49, 131; A. M. E . 71, 280 u. E . 76, 279; die Erlangung einer Stundung. E . 3, 332; aber nicht die Erleichterung der Möglichkeit, zu stehlen. E . 63, 255. Kein Vermögensvorteil ist die durch Täuschung erlangte Leistung auf einen bestehenden und fälligen Anspruch. E . 77, 184 (anders, wenn der Anspruch nur bedingt ist. RG. D R . 42, 1781). Dagegen liegt nach E . 57, 370; 77, 185 ein rechtsw. VV. vor, wenn der Gl. nicht unmittelbar die Befriedigung seiner Forderung herbeiführt, sondern sich auf dem Weg über ein anderes Rechtsgeschäft (z. B . durch Täuschung erreichte Gewährung eines Darlehens oder einer Warenlieferung unter Verschweigung der Aufrechnungsabsicht und anschließende Aufrechnung) Befriedigung verschafft. Indessen ist die Erlangung der Befriedigung auf eine bestehende Forderung grundsätzl. für den Gl. kein rechtsw. VV., für den Schuldner kein Vermögensschaden (anders bei Verzicht auf die Aufrechnung). B G H . N J W . 53, 1479. Betrug entfällt nicht dadurch, daß der Täter einen Anspruch gegen den Geschädigten hat, mit dem er gegen die durch den Betrug entstehende Forderung des Geschädigten aufrechnen konnte. Vgl. E . 60, 294. Ist der Betrug vollendet, so sind spätere Handlungen straflose Nachtat, falls sie nur den gleichen Vermögenswert des gleichen Verletzten schädigen, z. B . Vernichtung der durch Betrug erlangten Urkunde oder Verbrauch des erschwindelten Geldes. R G . J W . 34, 906. 5) Getäuschter (Verfügender) und Geschädigter können verschiedene Personen sein. E . 73, 384, doch muß der Getäuschte (mindestens tatsächlich) die schädigende Vermögensverfügung zu treffen in der Lage sein. E . 58, 216. Ein Straßenbahnschaffner, der schon abgefahrene Fahrscheine nochmals an Fahrgäste verkauft, kann Betrug gegenüber diesen und der Straßenbahn begehen. E . 64, 391. Zwischen Täuschung und Vermögensschädigung muß K a u s a l z u s a m m e n h a n g bestehen. Es ist aber nicht nötig, daß die Täuschung allein oder hauptsächlich die Ursache für die schädigende Vermögensverfügung gewesen ist, vielmehr genügt, daß sie überhaupt e i n e Bedingung dieses Erfolges war. E . 76, 87. Prozeßbetrug. Das einseitige wissentlich falsche Parteivorbringen in einem Z i v i l p r o z e ß , d a s n i c h t d u r c h t ä u s c h e n d e B e w e i s m i t t e l u n t e r s t ü t z t wird , warnach der früheren Rechtsprechung kein Betrug, wenn der Richter daraufhin eine den Gegner schädigende Entscheidung trifft, weil das RG. annahm, daß die Tatbestandsfeststellung in gewissem Umfang nicht von der Überzeugung des Richters, sondern von der Verfügung der Parteien abhänge und demgemäß auch ein Irrtum des Richters über die wirkliche Sachlage für das Urteil ohne Bedeutung sei. E . 20, 391; 63, 391. Diese Rechtsprechung wurde bei Einführung des § 138 ZPO., (Wahrheitspflicht der Parteien), aufgegeben. RG. J W . 37, 2392. Wenn das Parteivorbringen nicht durch täuschende Beweismittel gestützt wurde, verneinte das RG. früher den ursächlichen Zusammenhang, weil nicht die falsche Vorspiegelung, sondern die Pflichtwidrigkeit des Richters ursächlich für die Vermögensbeschädigung sei. In E . 69, 44; J W . 37, 2392 hat das RG. jedoch zutreffend diese Erwägung als unvereinbar mit der „Bedingungstheorie" bezeichnet und nimmt ursächlichen Zusammenhang zwischen Täuschung und Vermögensschädigung ohne Rücksicht darauf, ob die Behauptung durch falsche Beweismittel gestützt wurde, immer an, wenn die falsche Behauptung irgendwie das Gericht in seiner Entscheidung beeinflußt hat, auch wenn dieses ihr unter Verletzung der Verfahrensvorschriften ohne Beweiserhebung geglaubt hat. Über E. 69, 48 hinaus ist nach E . 72, 113 vollendeter Betrug auch anzunehmen, wenn der Klage auf bewußt falsche Parteibehauptung hin durch V e r s ä u m n i s u r t e i l stattgegeben wird. Ursächlicher Zusammenhang ist in E . 69, 44

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beschädigt 6 ) 7 ), daß er durch Vorspiegelung falscher 8 ) oder durch Entstellung auch bejaht, wenn die Entscheidung auf einer unwahren Zeugenaussage beruht, die der Richter unter Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften verwendet hat. Die Partei, die an die Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs glaubt aber einen unwahren Sachverhalt vorträgt, weil sie annimmt, bei Vortrag des wahren Sachverhalts dieselbe Entscheidung nicht oder nicht mit derselben Sicherheit erreichen zu können, hat nicht die Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. BGHSt. 3, 160 (abw. von E. 72, 133, wonach der Vermögenswert eines streitigen Anspruchs nicht unabhängig von der jeweiligen Verfahrenslage gewertet werden kann; es handelt sich dabei aber um eine vereinzelte, von anderen Senaten des RG. nicht geteilte Auffassung. Härtung NJW. 53, 552). Meineid in Tateinheit mit Betrugsversuch liegt vor, wenn die Partei bei der eidlichen Vernehmung falsch aussagt. E. 69, 191, wobei die Strafe dem § 263 zu entnehmen ist. E. 72, 117. Auch der Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigter ist kraft der Wahrheitspflicht verpflichtet, bestimmte Fragen des Richters richtig und vollständig zu beantworten. Seine Offenbarungspflicht tritt aber gegenüber seiner Verschwiegenheitspflicht zurück, wenn er sich durch Offenbarung des wahren Sachverhalts in Widerspruch zu vorangegangenen Behauptungen seines Auftraggebers setzen, ihn dadurch des Prozeßbetruges bezichtigen und ihm die Möglichkeit strafbefreienden Rücktritts (§ 46) abschneiden würde. BGH. NJW. 52, 1148 Nr. 28. Betrug ist ferner möglich: bei Erschleichung des Armenrechts durch bewußt unwahre Angaben über die Grundlagen der geltend gemachten Forderung in dem Armenrechtsgesuch. RG. D J . 36, 825; durch Verschweigen eines Vermögenswerts im Armutszeugnis. Naumburg. DRZ. 29 Nr. 1167; durch falsche Angaben bei der Unfalluntersuchung (§§ 1559ff. RVO.). E. 63, 391; durch Täuschung des Gerichtsvollziehers. E. 39, 143; des Grundbuchrichters, z. B. durch den in Gütergemeinschaft lebenden Ehemann, der behauptet, Alleineigentümer des Grundstücks zu sein. E. 66, 371; des Konkursverwalters. E. 36, 86; des Nachlaßrichters. GA. 63, 429; des Vormundschaftsrichters. Recht 17 Nr. 627; des Versteigerungsrichters. E. 69, 101; ferner durch Erwirkung eines Arrestes durch Täuschung des dabei tätigen Beamten. GA. 46, 49; durch Erwirkung eines Zahlungs- oder Vollstreckungsbefehls. E. 59,104; 65, 33 (anders E. 42, 410; 69, 48); durch Simulierung eines Rechtsstreits zur Erlangung eines Urteils. GA. 47, 432. V o l l e n d e t ist der Prozeßbetrug durch jede Entscheidung des Richters, durch die eine Prozeßpartei dem Willen des Täters entsprechend geschädigt wird, z. B. auch durch den Erlaß eines Beweisbeschlusses, auf Grund dessen der Gegner des Täters einen Vorschuß für Zeugengebühren zahlt. RG. JW. 38, 1316, und im Falle eines Urteils schon mit dessen Erlaß, nicht erst mit Eintritt der Rechtskraft. E. 75, 399. 6) Das ungeschriebene Erfordernis, der Vermögensverfügung (VVfg.) bedeutet, daß durch den vom Täter erregten Irrtum der Getäuschte zu einem rechtsgeschäftlichen Handeln bestimmt wird, das rechtlich in den Vermögensbestand eines anderen eingreift. E. 64, 226. In E. 49, 16 ist wegen Fehlens einer, .Verfügung" Betrug verneint, wenn ein Nichtberechtigter eine fremde Sache an einen gutgläubigen Dritten veräußert, weil der Erwerber Eigentum erlange, also keinen Schaden erleide, der bisherige Eigentümer sein Eigentum aber nicht durch eine „Verfügung" des getäuschten Erwerbers verliere; dieser Standpunkt ist seit E. 64, 226 aufgegeben und anerkannt, daß trotz gutgläubigen Erwerbs auch der Erwerber geschädigt ist (vgl. Anm. 7 Abs. 7). Entsprechend der wirtschaftlichen Natur des Begriffs der Vermögensschädigung reicht auch zur VVfg. jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen aus, das eine Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinn bedingt; die durch den Irrtum veranlaßte Willensbetätigung braucht keine unmittelbar rechtliche Wirkung zu haben und keine Willenserklärung im privatrechtlichen Sinn zu sein. RG. JW. 26, 586; E. 64, 226. So nimmt z. B. der, der über einen ihm zustehenden Anspruch in Unkenntnis gelassen wird, eine VVfg. vor, wenn er infolge der Irreleitung die Forderung einzuklagen unterläßt. E. 70, 227. Betrug wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Getäuschte sich der nachteiligen Wirkung seiner W f g . bewußt gewesen ist. E. 70, 255, insbesondere dann nicht, wenn der Verfügende durch die Irrtumserregung in eine Zwangslage versetzt worden ist, in der er die VVfg. — trotz inzwischen erlangter Kenntnis von der Täuschung — vornehmen mußte. E. 76, 87. Infolgedessen ist auch der sog. Bettelbetrug (Almosen- und Spendenerschieichung) Betrug, wenn der Geber durch die falschen Angaben des Bittenden zum Geben veranlaßt wird RG. DR. 42, 1647 (z. B. indem in einer Spendenliste erfundene hohe Beträge eingetragen werden, um dadurch andere zu veranlassen, einen ihrem freien Willen und ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Betrag zu spenden. BayObLG. NJW. 52, 798), während kein Betrug vorliegt, wenn der Geber den üblichen Angaben des Bittenden kein Gewicht beilegt. Vgl noch BGH. NJW. 53, 592 (Ankündigung einer Ware als „Blindenware", um den Käufer zu veranlassen, nicht die bei sonstigen Einkäufen übliche Prüfung des Wertes der Ware vorzunehmen). 7) Die Vermögensbeschädigung (VSch.) liegt vor, wenn das Vermögen nach und infolge der durch die Täuschung hervorgerufenen Verfügung einen geringeren Wert als vorher

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hat, sei es durch Verminderung der Aktiven ihrem Wert nach, sei es durch Belastung mit neuen Verbindlichkeiten, denen kein entsprechender Erwerb gegenübertritt. Plen.Entsch. E. 16, 1. Bei einem Betrug, der bei E i n g e h u n g eines V e r t r a g e s begangen wird („Eingehungsbetrug"), ergibt sich der VSch. durch Vergleichung des Vermögensstandes v o r dem Vertragsabschluß und dem durch den Vertragsschluß herbeigeführten. E. 69, 377, wobei lediglich der Zeitpunkt der W f g . , nicht die spätere Entwicklung der Vermögenslage maßgebend ist. E. 74, 129. Daher wegen mangelnder VSch. kein Betrug, wenn der Getäuschte nicht die Gegenleistung erhält, die er erstrebte, die erbrachte Gegenleistung aber nach ihrem Wert objektiv seiner Leistung entspricht (vgl. dazu Mezger, J W . 37, 1291). Doch dürfen Leistung und Gegenleistung nicht losgelöst von den besonderen Umständen, unter denen sie vereinbart worden sind, verglichen werden, wenn diese Umstände für die vermögensrechtliche Bewertung (nach obj. Grundsätzen) von Bedeutung sind. RG. DR. 42, 1647. Bei der Bemessung des objektiven Wertes sind auch die individuellen Verhältnisse zu berücksichtigen E. 42, 49; auch subjektive Elemente, d. h. das, was die Parteien bezweckt haben, können herangezogen werden. RG. HRR. 37 Nr. 731. Wenn also der Käufer erkennbar eine ganz bestimmte Ware erwartet und für eine andere keinerlei Verwendung hat, wird er, wenn er durch Täuschung zum Abschluß eines Kaufvertrages über eine andere als die gewünschte Ware veranlaßt wird, auch dann an seinem Vermögen geschädigt, wenn der Kaufpreis für diese angemessen ist. BGH. NJW. 53, 836. Eine A u s n a h m e von dem Grundsatz, daßTkein Betrug vorliegt, wenn der Getäuschte für seine Leistung eine objektiv gleichwertige Gegenleistung erlangt, gilt ferner, wenn die Besteller sich wegen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht auf so kostspielige Bestellungen einlassen können. RG. DR. 39, 1509, wenn sie durch die übernommene, für ihre wirtschaftl. Verhältnisse erhebl. Geldleistung für lange Zeit mehr oder weniger in ihrer wirtschaftl. Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. RG. DR. 42, 1145 — bei einem Betrug von etwa 4 DM ist diese Voraussetzung selbst bei einem in sehr schlechten Vermögensverhältnissen Befindlichen nicht gegeben. BGHSt. 3, 99 — oder wenn ein durch Täuschung zum Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages veranlaßter Versicherungsnehmer keine Lebensversicherung genommen hätte, weil ihm seine wirtschaftlichen Verhältnisse die Aufwendungen für die Prämienzahlung nicht gestatten, oder weil er für die Gegenleistung keine Verwendung hat, da er niemanden hat, für den er sein Leben zu versichern brauchte. E. 76, 49; zweifelnd OLG. Hamm HESt. 1, 114. Das vor der Währungsreform 1948 häufige,.Trampeln"oder „Spritzen" auf dem Schwarzen Markt — der Täter veranlaßt den Besitzer einer Mangelware, sie ihm zu überlassen, gegen das stillschweigende oder ausdrückliche Versprechen eines den gesetzlich zulässigen Höchstpreis übersteigenden Schwarzmarktpreises, gibt ihm nach Erlangung der Ware aber, vorgefaßtem Plan entsprechend, nur den zulässigen Höchstpreis oder einen höheren, aber hinter dem üblichen oder vereinbarten Schwarzmarktpreis zurückbleibenden Geldbetrag — ist Betrug, da der Sachwertbesitz wirtschaftlich mehr wert war als der zulässige Höchstpreis in entwerteter Währung. OLGe. Kiel SchlHA. 47, 271; Oldenburg DRZ. 47, 418; Dresden N J W . 48, 531; Celle NdsRpfl. 47, 25; KG. N J . 48, 232; Wimmer DRZ. 48, 116 und N J W . 48. 252 (weitere Zit. NJW. 48, 241 Anm. 1); aM. Bockelmann JZ. 52, 461. Daß der Getäuschte selbst gegen das Gesetz verstoßen wollte, ist bedeutungslos OGH. BZ. DRZ. 50, 44 (siehe unten Abs. 5). Nötigt der „Trampler" den Schwarzhändler durch Drohung mit der Polizei, ihm die Ware zu belassen, so liegt außerdem Erpressung vor. OLG. Celle NdsRpfl. 47, 25. Vermögen ist die Summe alles dessen, was für eine Person einen in Geld ausdrückbaren wirtschaftlichen Wert hat, nach Abzug der Verbindlichkeiten. BGHSt. 3, 99. Der Begriff ist wesentlich wirtschaftlicher Art und nicht an die durch das Privatrecht gezogenen Grenzen gebunden. E. 66, 337. Es gehören daher nicht nur Rechte, sondern auch tatsächl. Verhältnisse, die einen wirtschaftl. Wert besitzen, zum Vermögen. Bei Ansprüchen ist Einklagbarkeit nicht erforderlich; auch verjährte Forderungen und Naturalobligationen (aus Spiel oder Wette) sind bei wirtschaftl. Wert Vermögen. BGHSt. 2, 364 (wegen der Forderungen aus nichtigen Geschäften s.u.). Unbestimmte Aussichten und Hoffnungen bilden keinen Vermögenswert. Dagegen stellt die Entziehung einer A n w a r t s c h a f t , die mit Wahrscheinlichkeit einen Vermögenszuwachs erwarten läßt, einen Vermögensschaden dar. E. 73, 384, z. B. Entziehung der Kundschaft eines Gewerbetreibenden. E. 74, 317 (dagegen nicht Bekanntgabe der Lieferanten eines Kaufmanns. RG. a.a.O.), oder des Zuschlags bei einer Ausschreibung, den ein Bewerber zum Nachteil der anderen durch irreführende Angebote herbeiführt. E. 73, 382, oder des Anrechts auf bezugsscheinpflichtige Ware in Zeiten der Warenverknappung. RG. D J . 40, 1196. Bewirbt sich jedoch eine Vielzahl von Personen um Zuteilung eines Bezugscheins, von denen keine besondere Zuteilungsaussichten hat, so ist die bloße unbestimmte Zuteilungsmöglichkeit für den einzelnen Bewerber nach OLG. Braunschweig NdsRpfl. 48, 94 kein Vermögensbestandteil, so daß es an einem Vermögensschaden auch dann fehlt, wenn feststeht, daß der Gegenstand, dessen Zuteilung der Täter erschlichen hat, sonst einem der Bewerber zugefallen wäre (bedenklich; da einem der Bewerber der Gegenstand zugeteilt

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worden wäre, so ist d i e s e m — mag er auch der Person nach nicht feststellbar sein — die Anwartschaft entzogen worden). Eine Vermögensschädigung stellt auch die Vermögensgefährdung dar. E . 73, 63. Vermögensbeschädigung liegt auch vor, wenn jemand durch das vorgespiegelte Versprechen, einen nach § 138 B G B n i c h t i g e n Vertrag zu erfüllen, zur Bewirkung der Gegenleistung veranlaßt worden; daß die Rechtsordnung das Rechtsgeschäft mißbilligt, schließt nicht aus, daß der rechtswidrige Angriff auf das Vermögen des Getäuschten strafbar ist. E . 44, 230 (Plen.Entsch.; seitdem ständige Rechtspr.). Daher vollendeter Betrug bei Bezahlung des Kaufpreises für ein untaugl. Abtreibungsmittel oder für harmlose Bücher, die als unzüchtig angepriesen werden. Gegenstand einer Vermögensschädigung können auch Werte sein, die der Geschädigte auf Grund unsittlicher, gesetzwidriger oder gar strafbarer Handlungen besitzt. Daher ist Betrug mögl. gegen den Dieb. E . 44, 252, und gegen den Betrüger. E . 65, 3. Und zwar ist es ohne Bedeutung, ob es sich um einen gesetz- oder sittenwidrig erworbenen Sachwert oder eine mit solchem Makel behaftete Forderung handelt, falls diese — was sorgfältiger Prüfung bedarf — nach den besonderen Umständen des Falles einen wirtschaftl. Wert besitzt. OGHSt. 2, 193, 200ff.; B G H S t . 2, 364 (abw. E . 65, 99). Die Hingabe einer Dirne ist weder für sie noch für den Partner ein Vermögenswert; daher kein Betrug, wenn jemand die Dirne um den Lohn prellt. B G H . N J W . 53, 1839. Vermögensschädigung kann im übrigen liegen in der Übernahme einer rechtlichen Verbindlichkeit — auch wenn sie nicht klagbar ist. E . 68, 380, nicht aber in einer bloßen Kontogutschrift. R G . J W . 34, 1498 — ; insbes. einer Wechselverpflichtung. E. 66, 409 oder einer Scheckverpflichtung, B G H S t . 1, 92; in der durch Vertragsabschluß herbeigeführten vorläufigen Gebundenheit des Verkäufers. Recht 34 Nr. 459; in der Prolongation eines Wechsels. R G . J W . 34, 3063; in der Belastung der durch Kaufvertrag erworbenen Einrichtungsgegenstände aus einer Mietwohnung mit dem Vermieterpfandrecht. E . 71, 85; in der Notwendigkeit, einen Rechtsstreit durchführen zu müssen. R . 6, 784; in der Erschleichung eines Schuldscheins über ein gegebenes Darlehn. J R . 27 Nr. 1484; desgl. eines Blankoakzepts. R G . J W . 37, 3002; in dem wiederholten Verkauf einer Forderung. E . 41, 27; in der bloßen Übertragung eines Sparkassenbuchs, wenn der Empfänger die Absicht hatte, Geld für sich zu erheben. GA. 55, 324; in der Begehung eines abredewidrig ausgefüllten Blankoakzepts. E . 51, 166; in dem Verkauf einer Ware zu Großhandelspreisen infolge der Vorspiegelung, der Käufer sei ein Zwischenhändler. E . 66, 337 und R G . D R . 44, 444 (Irrtum über die Grundlagen des Geschäfts, die für den gemeinen Handelswert der verkauften Waren maßgebend waren); in der Lieferung verbilligter Deputatware (z. B . Hausbrand-Kohle an einen Bergmann) zur Verwendung im eignen Haushalt infolge Verschweigens der Absicht, sie vertragswidrig zu veräußern. B G H S t . 2, 325 = N J W . 52, 894 Nr. 13 (mit abl. Anm. Bockelmann); in der Hergabe eines Darlehns infolge der Täuschung, daß es für einen Dritten bestimmt sei, GA. 43, 31; in der durch Täuschung bewirkten Darlehnshingabe, wenn die gebotenen Sicherheiten dem Gläubiger nicht ermöglichen, bei Fälligkeit ohne besondere Schwierigkeiten und Aufwendungen alsbald zu seinem Gelde zu kommen. E . 74, 129; in der erschlichenen Erteilung eines Erbscheines. E . 53, 261 oder einer Vollmacht. J R . 27 Nr. 195; in der Verringerung der einem Lotteriespieler als Vertragserfüllung gebührenden Gewinnmöglichkeit. E . 62, 396; in dem Abschluß eines Spielvertrages, wenn der Gewinnfall nicht mehr ungewiß ist. E . 62, 415; in dem durch falsche Angaben bewirkten Abschluß eines Dienstvertrages. E . 54, 37, und zwar selbst dann, wenn der Arbeitnehmer keine Gelegenheit gehabt haben würde, seine Arbeitskraft anderweit gewinnbringend zu verwerten. E . 68, 379; in der betrügerischen Erschleichung einer Anstellung als Beamter oder der Einstellung als Angestellter oder Arbeiter durch eine Person, die mangels genügender Vorbildung die Stelle nicht ausfüllen kann. B G H S t . 1, 14, aber auch dann, wenn sie trotz fachlich ordnungsmäßiger Leistungen nach ihrer Persönlichkeit, ihrem Charakter und ihrem Vorleben für die Stellung unwürdig und untauglich ist. E . 65,281; 73,268; R G . J W . 38, 2901; OLG. Braunschweig NdsRpfl. 47, 47; K G . H E S t . 1, 112. A. M. v. Weber S J Z . 47, 214, z. B . durch Verschweigung von Vorstrafen, die die mangelnde charakterliche Eignung für die erschlichene Stellung dartun, oder ergeben, daß die erfolgte Betrauung mit der Verwaltung von Geldern eine Vermögensgefährdung des Dienstherrn bedeutet. OLG. Celle S J Z . 47, 212, oder durch Verschweigung von Tatsachen, die zeigen, daß der Täter nicht die völlig einwandfreie Persönlichkeit ist, der allein die in ganz besonderem Maße Zuverlässigkeit und Vertrauen erfordernde Stellung zukommen sollte. E . 75, 8. In der Erschleichung einer Stellung kann, wenn die Zahl der Bewerber größer ist als die der vorhandenen Stellen, auch ein Betrug zum Nachteil der übrigen qualifizierten Bewerber liegen. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 48, 95 (betr. Erschleichung einer Lehrerstelle). In der Erschleichung der Zulassung als R e c h t s a n w a l t sieht OLG. Celle NdsRpfl. 47, 65 eine Vermögensschädigung der zugelassenen Anwälte, denen die dem neu zugelassenen Anwalt übertragenen Armensachen entgingen. VSch. liegt ferner in der Eingehung eines Vertrages, den zu erfüllen der Täter nicht willens und imstande ist. R G . J W . 38, 503 (anders, wenn der Schuldner

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zahlungsunwillig, aber -fähig ist. R G . J W . 34, 615; in diesem Falle keine VSch., wenn der Erfüllungsanspruch gegen den säumigen oder böswilligen Schuldner ohne Schaden für den Gläubiger alsbald verwirklicht werden kann. R G . D R . 43, 74) ; in der Verwendung zweckgebundener Gelder zu anderen Zwecken. E . 70, 33. Beim sog. E r f ü l l u n g s b e t r u g durch Lieferung vertragswidriger Ware liegt VSch. vor, wenn der Berechtigte eine Ware erhält, für die er keine Verwendungsmöglichkeit hat, oder die nach seinen besonderen Bedürfnissen oder den besonderen Umständen des Falles minderwertig ist. Bei Irrtumserregung über die Herstellerfirma liegt VSch. vor, wenn die gelieferte Ware der versprochenen an Güte nicht gleichsteht; rein innere Empfindungen des Getäuschten haben dabei außer Betracht zu bleiben. E . 73, 382. Die unentgeltliche Hingabe von Vermögenswerten ist VSch., wenn der Spender durch wissentlich unwahre Angaben dazu veranlaßt worden ist (Bettelbetrug; s. oben Anm. 6). VSch. kann ferner darin liegen, daß jemand infolge einer Täuschung von einem ihm zustehenden Ansprüche keine Kenntnis erlangt. E. 70, 228; in einer unnützen Ausgabe. Dresden LZ. 32 Nr. 125; Karlsruhe J W . 32, 3124. Betrug kann auch begehen, wer einen gutgläubigen Dritten durch Täuschung zum Ankauf unterschlagener Sachen bestimmt. Obwohl dieser Eigentümer wird, kann er an seinem Vermögen beschädigt sein, weil er möglicherweise einem mit Opfern an Geld, Zeit und Nervenkraft verbundenen Rechtsstreit ausgesetzt und an der Verwertung des Gegenstandes gehindert und vielleicht auch nach den Umständen veranlaßt ist, die Sache dem früheren Eigentümer ohne Rücksicht auf die Rechtslage zurückzugeben; überdies macht der sittliche Makel die Leistung auch als Vermögensstück minderwertig. E . 73, 61 (unter Abkehr von E . 49, 16) ; aM. OLG Hamburg N J W . 52, 439. Entsprechendes gilt für die Verpfändung einer fremden unterschlagenen Sache unter Vorspiegelung des Eigentums an einen gutgläubigen Dritten. B G H S t . 3, 370 und für die entgeltliche Weitergabe eines durch Betrug erlangten Schecks an einen gutgläubigen Dritten, wenn der Aussteller, obwohl scheckmäßig verpflichtet und zahlungsfähig, die Einlösung des Schecks verhindert. B G H S t . 1, 92 und für die Diskontierung eines unter unbefugter Ausfüllung eines Blankoakzepts hergestellten Wechsels an einen Gutgläubigen. E . 64, 226. Wer einen Gegenstand wegnimmt, nachdem er die Wegnahmemöglichkeit durch Täuschung geschaffen hat, begeht je nach den Umständen des Falles nur Diebstahl oder Betrug neben Diebstahl. Nur Diebstahl begeht, wer den Gewahrsamsinhaber durch falsche Angaben von der Sache weglockt und sie dann wegnimmt. RG. LZ. 20, 614; 24, 299, weil durch die VV. (die Ermöglichung der Wegnahme) noch keine u n m i t t e l b a r e VSch., auch noch keine unmittelbare Vermögensgefährdung eingetreten ist. Anders, wenn der Täter einen Kaufmann durch die Vorspiegelung, eine Sache kaufen zu wollen, veranlaßt, sie auf den Ladentisch zu legen und sie dann an sich nimmt und ohne Bezahlung verschwindet; er begeht Betrug neben Diebstahl; denn hier ist durch die Täuschung bereits eine unmittelbare Vermögensgefährdung bewirkt worden, neben der der Gewahrsamsbruch selbständig steht. KG. D S t R . 37, 57. Über die Abgrenzung des Diebstahls von Betrug und Erpressung s. Fischer ZStrW. 41, 33ff und Anm. 5 Abs. 2 zu § 242. Die durch Täuschung erlangte Bewilligung der Hinausschiebung einer Zwangsvollstreckung bedeutet nicht notwendig eine VSch. RG. J W . 30, 152; ebensowenig der erschlichene Preisnachlaß. E . 64, 181 ; die Nichteinhaltung einer beim Verkauf von Waren gegen Barzahlung versprochenen kurzen Lieferungsfrist. E. 69, 354; die Gewährung eines Darlehns ohne Sicherheitsbestellung. J R . 26 Nr. 430; die bloße Stundung einer Forderung (außer wenn dadurch die Einbringlichkeit der Forderung vereitelt oder vermindert oder in höherem Grade gefährdet wird, als es ohne die Stundung der Fall gewesen sein würde.) B G H S t . 1, 264. 8) Vorspiegelung falscher Tatsachen bedeutet die Aufstellung bewußt unwahrer tatsächl. Behauptungen. Der Begriff „Tatsache" ist der gleiche wie in § 186 (vgl. dort Anm. 3). Die Vorspiegelung kann auch durch schlüssige Handlungen erfolgen. Der Gast, der, ohne die Mittel zur Zahlung, in einer Gastwirtschaft Speisen bestellt und verzehrt, begeht Betrug, weil nach der Verkehrsauffassung in einem solchen Verhalten die Erklärung zu erblicken ist, er sei zahlungswillig und -fähig. Durch Unterlassung kann die Tat begangen werden, wenn jemand in gewinnsüchtiger Absicht seiner Rechtspflicht zuwider das betrügerische Verhalten seiner Angestellten duldet. Recht 28 Nr. 1600. Die bestimmte Kenntnis von der Unwahrheit der behaupteten Tatsache ist nicht erforderlich. Es genügt bedingter Vorsatz. Bei sog. i n n e r e n T a t s a c h e n (z. B . einer bestimmten Absicht des Täters) kommt bedingter Vorsatz nicht in Frage. E . 30, 334. Im einzelnen ist eine Vorspiegelung falscher Tatsachen gefunden: im entgeltlichen Kartenlegen. DStZ. 4, 169; Hamburg Recht 31 Nr. 2577; in der sog. Zechprellerei. R. 2, 690; 4 , 8 9 ; LZ. 32, 1153 (anders bei der Inanspruchnahme eines Nachtquartiers. Dresden H R R . 28 Nr. 2149); ferner in der Bestellung von Waren seitens eines Kaufmanns, der nicht die Absicht zu zahlen hat, sondern sich demnächst durch Konkurs seiner Verbindlichkeiten zu entledigen gedenkt. R . 2, 629; in dem Abruf bestellter Waren nach Übertragung der Ge-

2. Teil. 22. Abschnitt. Betrug u. Untreue. § 263

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oder Unterdrückung9) wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält 10 ), schäftsaktiven. TW. 31, 2810; in der Abhebung einer versehentlich dem Postscheckkonto gutgebrachten Uberweisung. KG. GA. 75, 260, in der Einziehung von Kaufgeldern durch Provisionsreisende, wenn die Inkassovollmacht widerrufen ist. BayObLG. DRZ. 33 Nr. 346. Kurstreiberei kann Betrug sein, wenn Mittel angewandt werden, die nach der Verkehrsanschauung unzulässig sind. R G . J W . 31, 203. Die Lieferung vertragswidriger Ware enthält eine Vorspiegelung einer falschen Tatsache nur dann, wenn sie unter der ausdrücklichen Versicherung des Verkäufers erfolgt, daß die Ware vertragsmäßig sei. E. 14, 310; Jena H R R . 30 Nr. 1072. Ebenso ist die bewußte Forderung eines höheren als des angemessenen Preises allein noch keine Täuschungshandlung. R G . D J . 40, 1014. Eine Täuschung kann aber darin liegen, daß höhere als behördlich festgesetzte Preise gefordert werden, z. B . wenn ein Apotheker Preise für Arzneien, welche die Taxe überschreiten. E. 42, 147 oder ein bahnamtl. Spediteur ein höheres als das tarifmäßige Rollgeld fordert. BGH. DRspr. I I I 334 Bl. 22. Die Abgabe unrichtiger W e r t u r t e i l e über eine Ware kann Behauptung falscher T a t s a c h e n sein (z. B. gangbar, verkaufsfähig). RG. J R . 26 Nr. 2306. Bei einem Viehhandel ist es nicht notwendig, daß die Vorspiegelung eine Gewähschaftsklage begründet. E . 24, 171. Wechsel- und Scheckbetrug. Eine Täuschung kann liegen in der Hingabe von Wechseln zum Diskont, wenn der Bankier in den Glauben gesetzt wird, daß die Wechsel sog. Kundenwechsel seien. E . 25, 13. (abweichend aber E . 27, 75); in der Einkassierung eines mit einem gefälschten Indossament versehenen Inhaberschecks. Recht 26 Nr. 1221 (vgl. hierzu Nr. 1222); oder eines auftragswidrig ausgefüllten Schecks. RG. J W . 24, 1168; DRZ. 24, 89. (s. Anm. 7 Abs. 7). Die Hingabe eines ungedeckten Schecks gegen Ware braucht nicht immer Betrug zu sein. Vielmehr ist Tatfrage, ob damit vorgespiegelt wird, der Scheck sei bereits bei der Hingabe gedeckt und ob dadurch das Vermögen des Empfängers geschädigt wird. BGHSt. 3, 69 (str.). Liegt in der Hingabe nur die Erklärung, daß bei Vorlage Deckung vorhanden sei, so zwingen die Bedürfnisse des redlichen Verkehrs zu einer sorgfältigen Prüfung, ob die Einlassung des Schuldners, er habe das Vorhandensein von Deckung annehmen dürfen, zutrifft. Die Abhebung des Guthabens auf ein gestohlenes oder unterschlagenes S p a r k a s s e n b u c h enthält keine Vorspiegelung gegenüber den Sparkassenbeamten, da er sich im Hinblick auf § 808 B G B . über die Legitimation zur Abhebung keine Vorstellungen bildet. Betrug kann liegen in der Über- und Doppelversicherung. E . 48, 186. 9) Unterdrücken w a h r e r Tatsachen setzt eine positive, auf Täuschung angelegte Tätigkeit voraus; bloßes Verschweigen genügt nur, wenn die Offenbarung durch eine Rechtspflicht geboten ist. Eine solche Rechtspflicht kann sich nach der neueren Rechtsprechung des RG. auch — und zwar besonders bei den auf gegenseitigem Vertrauen beruhenden Vertragsverhältnissen, aber auch außerhalb von Vertragsverhältnissen — aus den Grundsätzen über Treu und Glauben ergeben. E . 70, 151, 227 (vgl. auch Härtung D J . 36, 330). Bei Begründung von Vertragsverhältnissen kann eine Rechtspflicht zur Offenlegung der Umstände bestehen, die für den Vertragsgegner bestimmend sind. E. 70, 156. Insbesondere ist der Schuldner nach Treu und Glauben verpflichtet, dem Bürgen seine Vermögensverhältnisse wahrheitsgemäß anzugeben. RG. J W . 34, 1418; der Verkäufer muß den Käufer über die Herkunft der Ware aufklären, wenn diese für den Käufer von Bedeutung ist. E. 69,283; wer einen wegen Zahlungsunfähigkeit der Wechselverpflichteten wertlosen Wechsel zum Diskont anbietet, muß über die Wertlosigkeit aufklären. E . 70, 151. Der Käufer, der mit dem Verkäufer in regelmäßiger Geschäftsverbindung steht und stets kurze Zeit nach Lieferung bar bezahlt hat, muß sich dem Verkäufer vor weiterer Lieferung offenbaren, wenn er zur alsbaldigen Barzahlung nicht mehr in der Lage ist. RG. J W . 36, 3001. Eine ü b e r s c h u l d e t e Bank muß, wenn sie nach ihren Geschäftsbedingungen berechtigt ist, Kaufaufträge ihrer Kunden auf Stückekonto entgegenzunehmen, im Einzelfall bei Entgegennahme des Auftrags den Kunden über die ihm bei dieser Art der Ausführung drohenden Gefahren unterrichten. E . 70, 45. Betrug begeht u. U. der Mieter, der verschweigt, daß die eingebrachten Sachen ihm nicht gehören und daß somit dem Vermieter kein Vermieterpfandrecht zusteht. In dem Besteigen eines Eisenbahnwagens ohne Fahrschein liegt noch kein Unterdrücken einer Tatsache (a. M. E . 4, 295; vgl. aber § 265a. Der blinde Passagier ist auch strafbar nach § 123). Betrug durch Unterdrückung liegt ferner in der Annahme der Erfüllung durch den bisherigen Gläubiger nach Abtretung der Forderung. E . 19, 161 (siehe auch RG. J W . 37, 2644); in der wissentlichen Unterlassung der Anzeige von der Übernahme entlohnter Arbeit seitens des Arbeitslosunterstützten. E . 64, 209; KG. J W . 31, 1252, oder der Verschweigung von Einnahmen durch Wohlfahrtsempfänger (einschließlich eines durch Betrug erlangten Darlehens). E . 73, 392; in dem Verschweigen der Absicht, auf Abzahlung gekaufte Waren alsbald zu verpfänden. E. 42, 181—die nachfolgende Unterschlagung ist straflose Nachtat. Recht 34 Nr. 1609 — ; in der Erhebung der Brandentschädigung unter Verschweigung der Tatsache, daß der Versicherte den Brand selbst verursacht hat. R . 10, 51; ferner darin, daß der Versicherte es wider

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A 2. Strafgesetzbuch. § 263

wird wegen Betrages mit Gefängnis bestraft 11 ), sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, Geldstrafe erkannt werden. (3) Der Versuch ist strafbar 12 ). (4) In besonders schweren Fällen tritt an Zuchthaus bis zu zehn Jahren 18 ).

neben welchem auf Geldstrafe erkannt werden kann. so kann ausschließlich auf die die Stelle der Gefängnisstrafe

Treu und Glauben unterläßt, dem Versicherer die nachträgliche Auffindung von Sachen mitzuteilen, die er gutgläubig als verbrannt gemeldet hatte uüd die ihm ersetzt worden waren. E . 70, 225. In der Bestellung von Waren durch jemanden, dem seine Zahlungsunfähigkeit bekannt ist, liegt nicht ohne weiteres ein Betrug; es gehört dazu, daß er überhaupt nicht die Absicht gehabt hat, die Waren zu bezahlen. E . 24, 216. Diese Absicht kann aber daraus entnommen werden, daß der Täter sicher weiß, zur Bezahlung nicht imstande zu sein. R G . J W . 34, 1052. Ferner Betrug, wenn aus der Bestellung das Versprechen des Bestellers, die Waren fristgemäß zu bezahlen, entnommen werden kann. Hamburg J W . 31, 3148. Vgl. auch Anm. 8 Abs. 2. In der wissentlichen Annnahme einer irrtümlich geleisteten Zahlung liegt nicht ohne weiteres ein Unterdrücken, E . 25, 95; auch nicht in der bloßen Nichterfüllung einer vertraglichen Mitteilungspflicht. E . 37, 61, oder in dem bloßen Verschweigen derTatsache, daß der Schwamm in dem verkauften Hause; es muß vielmehr noch eine die Verheimlichung des Schwammes bezweckende Tätigkeit hinzukommen. E . 20, 144; GA. 41, 143. (Ob die vorgenannten E n t scheidungen durchweg noch als zutreffend anzuerkennen sind, bedarf nach dem in Anm. 9 Abs. 1 Ausgeführten der Nachprüfung.) Keine Unterdrückung mangels einer Aufklärungspflicht, wenn der Kläger bei der Widerspruchsklage (§ 771 ZPO.) verschweigt, daß die an ihn erfolgte Übereignung des Pfandstücks zum Zwecke der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen ist und demzufolge der Anfechtung unterliegt. R G . D J . 37, 1288. 10) Unterhalten bedeutet, daß der Täter den (auch den von ihm nicht herbeigeführten) Irrtum aufrecht erhalten hilft. E . 39, 80. In der bloßen Benutzung des Irrtums eines anderen liegt, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung nicht bestand und auch keine auf Erhaltung des Irrtums hinzielende Tätigkeit hinzukommt, noch kein Unterhalten. E . 25, 95; B G H . N J W . 53, 1924. 11) Die Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Eintritt des Vermögensschadens. E . 42, 172. Verwirklicht sich der schädigende Erfolg erst nach und nach, so ist der Betrug erst mit dem letzten Teilerfolg vollendet. E . 62, 418, beim sog. Rentenbetrug also nicht schon mit dem Ergehen des erschlichenen Rentenbescheids, sondern erst mit der letzten Rentenabhebung. AM. OLG. Stuttgart MDR. 51, 373 mit abl. Anm. von Kohlhaas. Besteht dagegen der Betrug in der Erschleichung einer Anstellung, so beginnt die Verjährung mit der Anstellung. E . 64,37. 12) Zum Versuch genügt, daß der Täter mindestens mit der Täuschungshandlung begonnen und dabei die Vorstellung gehabt hat, er verwirkliche, wenn der erstrebte Erfolg erzielt werde, auch die übrigen Tatbestandsmerkmale des Betrugs. R G . D R . 40, 789. E s genügt also z. B . ,daß eine — wenngleich in Wirklichkeit nicht mögliche — Vermögensbeschädigung von dem Vorspiegelnden irrigerweise als möglich angenommen wurde und von ihm auch für diesen Fall gewollt war. R G . J W . 36, 513. Das Angebot eines — wegen Zahlungsunfähigkeit der Wechselverpflichteten — wertlosen Wechsels zum Diskont ist schon Betrugsversuch, da dabei die Rechtspflicht zur Offenbarung der Verhältnisse verletzt ist. E . 70, 157. Vollendeter — nicht nur versuchter — Betrug liegt in dem Augenblick vor, in dem der Täter durch Täuschung (z. B . Vorzeigen einer Bahnsteigkarte an der Sperre) erreicht, daß er eine Eisenbahnfahrt antreten kann, ohne daß ihr eine durch Lösung und ordnungsmäßige Lochung einer Fahrkarte begründeter Beförderungsvertrag zugrunde liegt. E . 77, 32. Betrugsversuch ist es auch schon, wenn der Kohlenhändler Säcke mit Mindergewicht zur Ausführung von Kundenbestellungen auf das Transportmittel zur Ablieferung auflädt. OLG. Köln N J W . 52, 1067. Dagegen ist das Beiseiteschaffen gegen Diebstahl versicherten Eigentums, um zwecks Erlangung der Versicherungssumme einen Diebstahl zu melden, noch Vorbereitungshandl. B G H . N J W . 52, 430. 13) Vgl. Anm. 5 zu § 49 b. Der bisherige Satz 2 des Abs., der beispielhaft Fälle aufführte, in denen ein besonders schwerer Fall anzunehmen sei, ist — ebenso wie in § 266 Abs. 2 — durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) gestrichen worden. Daraus darf aber nicht gefolgert werden, daß in den erwähnten Beispielen (besondere Größe des verschuldeten Schadens, besonders arglistiges Handeln des Täters) ein bes. schw. F. nicht mehr angenommen werden dürfe. Zur Begründung eines besonders schweren Falles dürfen keine Umstände herangezogen werden, die zu den Tatbestandsmerkmalen einer mit dem Betrug tateinheitlich zusammentreffenden T a t gehören. R G . D R . 43, 757.

2. Teil. 22. Abschnitt. Betrug u. Untreue. §§ 264, 264a 265

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(5) Wer einen Betrug gegen Angehörige u ) , Vormünder oder Erzieher 1 5 ) begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen 1 8 ). Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

§ 264. [Rückfallsbetrug] (1) Wer im Inland wegen Betruges 2 ) einmal und wegen darauf begangenen Betruges zum zweiten Male bestraft worden ist, wird wegen abermals begangenen Betruges mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein, neben welcher zugleich auf Geldstrafe erkannt werden kann. (3) Die in § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung.

§ 264a. [Notbetrug] (1) Wer aus N o t 1 ) sich oder einem Dritten geringwertige 2 ) Gegenstände 8 ) zum Schaden eines anderen durch Täuschung (§ 263 Abs. 1) verschafft, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. (4) Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder g e g e n seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos.

§ 265[Brandversicherungsbetrug] (1) Wer 2 ) in betrügerischer Absicht 3 ) eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache 4 ) in Brand s e t z t 5 ) , oder ein Schiff, welches als solches oder in seiner 14) Siehe § 52 Abs. 2. Wegen der Gültigkeit des Verlöbnisses mit einem Heiratsschwindler s. Anm. 10 zu § 52. 15) S. Anm. 3 zu § 174. 16) Abs. 5 findet Anwendung, wenn der Angehörige usw. in seinem Vermögen geschädigt worden ist, ohne Rücksicht darauf, ob er oder ein anderer getäuscht wurde. E. 74, 167. Abs. 5 gilt nicht für den Teilnehmer, der zu dem Beschädigten nicht in demselben persönlichen Verhältnisse steht wie der Täter. GA. 38, 194. Die Vorschrift bezieht sich auch auf den Rückfallsbetrug. RG. DR. 40, 2061. Z u § 264: 1) Siehe Anm. zu § 244. 2) Nur Vorstrafen aus § 263 kommen in Betracht, nicht solche aus §§ 264a, 265. E. 56, 96. Es genügt, wenn wegen Betrugs in Tateinheit mit einer schwereren Straftat verurteilt wurde. E. 18, 193. Ein fortgesetzter Betrug, dessen Einzelhandlungen teils vor, teils nach einer Bestrafung wegen Betrugs ausgeführt wurden, ist nach dieser Bestrafung begangen. E. 47,308. Zu § 264a: 1) Siehe Anm. 2 zu § 248a. 2) Hierbei ist zunächst ein objektiver Maßstab anzulegen, daneben sind die wirtschaftl. Verhältnisse der an der Straftat Beteiligten, auch des Verletzten zu berücksichtigen. E. 48, 52; BGH. NJW. 54, 239. Entzieht der Täter dem anderen nur geringwertige Gegenstände, bewirkt er aber, daß der andere mit weitgehenden Verpflichtungen belastet wird, so ist § 263 anwendbar. BayObLG. DJZ. 30, 440. Vgl. im übrigen Anm. 3 zu § 248a. 3) Darunter sind nach überwiegender Meinung nur bewegliche Sachen, nicht andere Vermögenswerte wie Rechte und Leistungen zu verstehen. E. 63, 153. Dem Zweck der Vorschrift, die aus Not und um geringe Werte begangenen Betrug zu privilegieren, wird aber die erweiternde Auslegung (KG. JW. 30, 1317; BayObLG. NJW. 53, 837; BGH. NJW. 54, 239) eher gerecht. Zu § 265: 1) Vgl. dazu Nr. 250, 251 der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). 2) Nicht nur der Versicherte, sondern auch ein Dritter kann die Tat verüben. E. 23, 352, 426; unter Umständen selbst ohne Wissen und Willen des Versicherten. E. 59, 220 und RG. JW. 35, 941, 2817; siehe Anm. 3. 3) d. h. in der Absicht, sich (wenn Täter der Versicherte ist) oder einem Dritten, nämlich

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A 2. Strafgesetzbuch. § 265 a

Ladung oder in seinem Frachtlohn versichert ist, sinken oder stranden macht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein, neben welcher auf Geldstrafe erkannt werden kann.

* § 265 a 1 ). [Automatenbetrug] (1) Wer die Leistung eines Automaten, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht2), das Entgelt nicht zu entrichten, wird, soweit die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist 3 ), mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. dem Versicherten (wenn Täter ein anderer ist), eine Brandentschädigung zu verschaffen, die dem Versicherten überhaupt nicht oder nicht in der Höhe zusteht, deren Geltendmachung der Täter sich zum Ziele setzt. Der Versicherungsnehmer, der einen Dritten von der Inbrandsetzung nicht zurückhält, begeht Beihilfe, da er aus dem Versicherungsverhältnis (§ 62 VVG.) verpflichtet ist, den drohenden Eintritt des Versicherungsfalls zu verhindern. B G H . N J W . 51, 204. Setzt ein anderer als der Versicherte, ohne daß dieser beteiligt ist, die Sache in Brand, so findet — da j a der Versicherte Anspruch auf vertragsmäßige Brandentschädigung hat — § 265 nur bei Überversicherung Anwendung. E . 62, 298; 69, 2. E s genügt nicht, daß der ohne Wissen des Versicherten handelnde Brandstifter zwar kein Recht auf die Versicherungssumme hat, aber an Erlangung und Verwendung der Versicherungssumme wirtschaftlich in 1. Linie interessiert ist, wie z. B., wenn der Sohn den Hof bewirtschaftet, der Vater aber noch Eigentümer ist B G H S t . 1, 209 (str.; aM. z . B . OLG. Celle S J Z . 50, 682; Welzel N J W . 53, 653; die abweichende E . 75, 60 beruhte auf dem damals geltenden § 2 S t G B ) . ; anders nur, wenn der Täter Repräsentant des Versicherten oder der wahre wirtschaftlich Versicherte ist. Bockelmann S J Z . 50, 682 (offengelassen in B G H S t . 1, 209). Der Täter muß sich einen, wenn auch unrichtigen, Sachverhalt vorstellen, der zu einer betrügerischen Schädigung des Versicherers führen soll, z. B . er hält einen Nichteigentümer für den Eigentümer und Versicherten und will diesem im Einverständnis mit ihm die Versicherungssumme verschaffen. E . 68, 436. Und zwar muß die betrügerische Absicht des Brandstifters auf die Verschaffung der Versicherungssumme für die von ihm angezündete Sache gerichtet sein; es genügt also nicht, wenn er versicherte Sachen anzündet, auf die sich die betrügerische Absicht nicht bezieht. R G . D J . 36,824, oder wenn er nur einem anderen wegen Brandstiftung Verurteilten zur Wiederaufnahme des Verfahrens und zu einer Entschädigung für unschuldig erlittene Haft verhelfen wollte. E . 69, 1. Auch wird ein auf Erlangung der Mobiliarversicherungssumme abzielender Versicherungsbetrug durch Inbrandsetzung des Gebäudes nicht vollendet. R G . J W 33, 779. Ob der Versicherungsvertrag anfechtbar ist oder nicht, ist gleichgültig. E . 59, 247. 4) Darunter fallen auch die für die Zeit der Leistungsfreiheit des Versicherers von dem an sich fortbestehenden Versicherungsvertrage mitumfaßten Gegenstände. E . 67, 108. 5) Vgl. Anm. 2 zu § 306. Zwischen § 265 und dem Betrug durch Geltendmachung und Erlangung der Versicherungssumme besteht Tatmehrheit (keine straflose Nachtat). E . 48, 186; B G H . N J W . 51, 204. Zwischen §§ 265 und 306 ist Idealkonkurrenz möglich. E . 60. 129; B G H S t . 1, 209. Tätige Reue nach § 310 ist für § 265 bedeutungslos. E . 56, 95. Zu § 2 6 5 a : 1) Eingefügt durch Gesetz v. 28. 6. 1935 ( R G B l . I S. 839). 2) Erschleichen = die Leistung usw. erreichen durch Erweckung des Anscheins, das Entgelt sei entrichtet. Automaten können Leistungs- (z. B. Wiegeautomaten, Münzfernsprecher) oder Warenautomaten sein (wegen letzterer vgl. aber Anm. 3). Die Leistung eines Münzfernsprechers erschleicht auch, wer, um kostenlos bei dem angerufenen Teilnehmer das Läuten hervorzurufen, nach Herstellung der Fernsprechverbindung ohne rechtfertigenden Grund wieder anhängt und dadurch die Rückgabe der Gebühr bewirkt. AG. Leipzig D J . 38, 341. 3) Demnach ist der Mißbrauch von Warenautomaten (z. B . durch Einwurf von Falschgeld), soweit er den Tatbestand des § 242 erfüllt, als Diebstahl zu bestrafen. B G H . MDR. 52, 563 (wegen des Verhältnisses zur Geldfälschung vgl Anm. 3 zu § 146). Für Funkschwarzhörer gilt § 15 des Fernmeldegesetzes v. 14. 1. 1928 (B V I I I 6). Der blinde Passagier ist, wenn die Voraussetzungen des Betrugs vorliegen, aus § 263 zu bestrafen usw. Aus der Subsidiarität des § 265 a gegenüber der Strafdrohung gegen Betrug und Diebstahl folgt, daß, soweit die Erschleichung den Tatbestand des § 242 oder des § 263 erfüllt, auch die Privilegierungen nach §§ 247, 248a, 264a, 370 Nr. 5 anzuwenden sind.

2. Teil. 22. Abschnitt. Betrug u. Untreue. § 266

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(3) Wer die T a t gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen 4 ). Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

* § 266 1 ). [Untreue] (1) Wer vorsätzlich die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag 2 ) oder Rechtsgeschäft 3 ) eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen 4 ) oder einen anderen zu verpflichten 5 ), mißbraucht 6 ) oder die ihm kraft Gesetzes 7 ), 4) § 264 a (Abs. 4) ist entsprechend anwendbar. Zu§ 266: 1) Die Fassung beruht auf den Gesetzen v. 26. 5. 1933 (RGBl. I S. 295) und (Abs. 2, 3) v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Ein behördlicher Auftrag kann sich auch aus den Amtspflichten des Beamten ergeben. Jedoch begründet das allgemeine Treueverhältnis aller Beamten zum Staat nicht ohne weiteres ein Treueverhältnis im Sinne des § 266; dies ist nur bei bestimmten Beamten der Fall, deren besonders gestaltete Amtspflichten die Befugnis zur Verfügung über staatliche Gelder und die Pflicht zur Wahrnehmung staatlicher Vermögensinteressen umfassen, wobei es ohne Bedeutung ist, ob die Veruntreuung bei der Ausübung staatshoheitlicher Befugnisse oder bei der Vertretung des Fiskus begangen wird. E. 69, 336. Ein solches besonderes Treueverhältnis besteht z. B. zwischen dem Gerichtsvollzieher und der Staatskasse hinsichtlich der beigetriebenen Gebühren und Auslagen des Vollstreckungsverfahrens. RG. v. 31. 3. 1936 — 1 D 722/35 —, ebenso zwischen dem Gerichtsvollzieher und dem Gläubiger hinsichtlich der vom Schuldner eingenommenen Gelder. RG. DStR. 36, 233, sowie zwischen dem Fleischbeschauer und der Staatskasse hinsichtlich des dem Staat zustehenden Gebührenanteils. RG. DR. 40, 1419. Ein N o t a r , der als Beamter tätig wird, ist nicht verpflichtet, allgemein die Vermögensinteressen dessen wahrzunehmen, der seine amtliche Tätigkeit in Anspruch nimmt; vielmehr besteht diese Pflicht nur für die besonderen Rechtsangelegenheiten, mit denen der Notar befaßt wird. Hat er z. B. einen Grundstückskaufvertrag und die Auflassungserklärungen beurkundet, so hat er den Beteiligten gegenüber die Pflicht, zur Erfüllung des Kaufvertrages nach der grundbuchrechtlichen Seite tätig zu sein und damit ihre Vermögensinteressen wahrzunehmen; diese Pflicht verletzt er, wenn er die grundbuchrechtliche Erledit gung des Kaufvertrages zu hintertreiben sucht. E. 70, 166. Untreue zum Nachteil des Staates kann ein Beamter auch im Rahmen einer amtlichen Tätigkeit begehen, von der er krafGesetzes ausgeschlossen ist (z. B. ein Grundbuchbeamter, der sein eigenes Grundstück betreffende Anträge bearbeitet und keine Gebühren und Auslagen in Ansatz bringt). E. 72, 347. Zwischen § 266 und §§ 350, 351 besteht Tateinheit, wobei die Strafe aus § 266 zu entnehmen ist. E. 69, 340. 3) Durch Rechtsgeschäft ist auch eingeräumt die Befugnis der satzungsmäßig zur Vertretung einer juristischen Person berufenen Personen. Das Vermögen bleibt für sie Vermögen eines „anderen" auch dann, wenn sie selbst Aktionäre oder sonst anteilsberechtigt sind. Deshalb schließt das Einverständnis der Gesellschafter eine Untreue gegenüber der GmbH, nicht aus. BGHSt. 3, 25, 39 und es kann auch der Alleingesellschafter einer Ein-Mann-GmbH. Untreue gegenüber der GmbH, begehen. E. 71, 353; die Ehefrau eines solchen Alleingesellschafters kann, wenn sie sich am Vermögen der GmbH, vergreift, sowohl dem Ehemann als auch der GmbH, gegenüber Untreue begehen. RG. DR. 44, 232. Ob das Rechtsgeschäft nach bürgerlichem Recht gültig ist, ist ohne Bedeutung. RG. JW. 35, 3389. Untreue (in Tateinheit mit Diebstahl) begeht ein Ladenverkäufer durch unberechtigte Eingriffe in den Warenbestand. E. 77, 37. 4) Verfügen ist nicht im Sinne des BGB. zu verstehen, derart, daß der Täter eine dingliche Rechtsänderung an dem fremden Vermögen vornehmen müßte. Vielmehr genügt jede — auch eine nur tatsächliche — Einwirkung auf das fremde Vermögen. RG. D J . 38, 231. Die Verfügung muß aber getroffen sein auf Grund einer B e f u g n i s , wobei jedoch ein noch so beschränkter Auftrag genügt. OLG. Braunschweig NJW. 47, 71. Daher keine Untreue, wenn der Täter nicht eine Verfügungsbefugnis, sondern eine tatsächliche Verfügungsmöglichkeit zu einer Verfügung mißbraucht, auch wenn sie infolge der Vorschriften des bürgerlichen Rechts zum Schutze gutgläubiger Dritter rechtsbeständig ist. RG. JW. 35, 2637. Eine zum Einkassieren von Geldern ermächtigte Person, die die sofort in das Eigentum des Auftraggebers übergehenden Geldbeträge einzuziehen, zu verwahren und abzuliefern hat, ist nicht zur Verfügung darüber berechtigt. E. 69, 59. Fremd ist ein Vermögen, das dem Verfügenden r e c h t l i c h nicht gehört. BGHSt. 1, 186. 5) Z. B. durch Ausstellung eines Wechsels, Übernahme einer Bürgschaft. 6) Der Täter muß einen Gebrauch von seiner Befugnis machen, der eine Verletzung seiner Pflichten enthält. Es ist gleichgültig, ob der Täter sich im Rahmen der ihm erteilten generellen Weisungen des Vollmachtgebers gehalten oder sie überschritten hat; es genügt.

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behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts8) oder einesTreuverhältnisses9) obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen10), verletzt11) und dadurch daß er zu der Handlung nach außen hin bevollmächtigt war. Auch Duldungen und Unterlassungen fallen hierunter, wenn sie pflichtwidrig sind. Der Vater kann sich z. B . einer Untreue dadurch schuldig machen, daß er es unterläßt, einen dem Kind zustehenden Anspruch geltend zu machen, so daß der Anspruch infolgedessen verjährt oder eine seinem Kind gehörende Sache von einem anderen ersessen wird; ein Sparkassenleiter dadurch, daß er es unterläßt, für gefährdete Forderungen Sicherheiten hereinzuholen. R G . D J . 38, 231, ein Gläubiger dadurch, daß er den Diskonterlös eines ihn vom Schuldner übergebenen Prolongationswechsels auf seinem Bankkonto beläßt, wo er zur Verminderung seiner Schuld verrechnet wird, statt sofort den Erlös zur Einlösung der Erstwechsel zu verwenden. B G H . N J W . 63, 457. Bei dem Mißbrauch einer Verfügungsbefugnis braucht die Handlung nicht in einer Verfügung über Vermögensstücke zu bestehen; es genügt z. B . auch die vertragswidrige Benutzung einer Sache, über die der Täter nach außen zu verfügen berechtigt ist. E . 68, 273. Zum i n n e r e n Tatbestand gehört Bewußtsein von der Pflichtwidrigkeit der Handlungsweise; bedingter Vorsatz genügt. R G . J W . 36, 2101. Das Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit fehlt, wenn der zum Ersatz fähige und bereite Täter das Einverständnis des Betroffenen annehmen durfte und angenommen hat. R G . D R . 41, 492; B G H . N J W . 53, 457. 7) Darunter fallen auch z. B . die Treuhänder gemäß § 138 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen v. 6. 6. 1931 ( R G B l I S. 315). Dem Notar liegt kraft Gesetzes die Pflicht ob, bei der Ablieferung eines staatlichen Gebührenanteils die Vermögensinteressen des Staates wahrzunehmen. E . 71, 295. Dagegen wird durch die gesetzl. Verpflichtung des Arbeitgebers, die Lohnsteuer seiner Arbeitnehmer einzubehalten und abzuführen, kein besonderes auf die Wahrnehmung der staatl. Steuerinteressen gerichtetes Treueverhältnis des Arbeitgebers zum Staat begründet. B G H S t . 2, 388. 8) Die Pflicht kann auch durch Vertrag zugunsten eines Dritten begründet sein. B G H S t . 2, 324. 9) Darunter ist zu verstehen ein rein tatsächliches Verhältnis, das nur auf Vertrauen beruht, wie z. B . dann, wenn das Rechtsgeschäft, durch das eine Vermögensfürsorgepflicht begründet werden sollte, nichtig ist (Nichtigkeit einer Vollmacht, der Bestellung eines Vorstandsmitglieds usw.). Das Merkmal des Treueverhältnisses bereitet wegen seiner Unbestimmtheit der Auslegung Schwierigkeiten; die von OLG. Kiel N J W . 49, 797 daraus gezogene Folgerung, rein tatsächl. Treueverhältnisse seien aus dem Untreuetatbestand auszuscheiden, ist aber nicht haltbar. Bei Annahme eines solchen Verhältnisses, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere auch die Übungen und Gebräuche, wie sie sich für die Verhältnisse im täglichen Leben herausgebildet haben. E . 69, 16. E s muß sich um ein Verhältnis handeln, das Verpflichtungen erzeugt, die i h r e m W e s e n n a c h Treuverpflichtungen sind; die a l l g e m e i n e Pflicht aus einem Vertragsverhältnis, nach Treu und Glauben zu handeln (wie z. B . bei einem Werkvertrag über die Instandsetzung von Sachen) genügt nicht. E . 77, 150. Ein tatsächliches Treueverhältnis liegt z. B. vor bei Hingabe eines Sparbuches zur Verwahrung, verbunden mit der Ermächtigung, nach Bedarf Geld für den Auftraggeber abzuheben. R G . J W . 37, 1804, wenn ein Beamter aus einem von ihm falsch verstandenen behördlichen Auftrag die Befugnis zur Wahrnehmung der Belange seines Dienstherrn herleitet. OLG. Dresden. D S t R . 37, 172; bei Unterstellung von geretteten Sachen Bombengeschädigter. R G . D R . 45, 23. Eheleute sind durch das eheliche Treueverhältnis verpflichtet, die Vermögensinteressen des anderen Ehegatten zu betreuen. Dies gilt namentlich auch für die Ehefrau, wenn der Ehemann wegen Geistesschwäche entmündigt ist. E . 70, 208. Dagegen begründen sonstige verwandtschaftl. Beziehungen, noch weniger Schwägerschaft oder gar nur alte Bekanntschaft allein kein Treueverhältnis. R G . H R R . 39 Nr. 1385; 42 Nr. 612. Der Rechts- und Sittenordnung widersprechende Beziehungen begründen grundsätzlich kein Treueverhältnis. E . 70, 9 ; OLG. Braunschweig N J W . 50, 656; daher keine Untreue, wenn der Hehler entgegen der mit dem Dieb getroffenen Abrede sich die gestohlene Sache zueignet, E . 70, 9. Dagegen kann ein Rechtsanwalt, der entgegen § 32 RAO. gesetzwidrige Aufträge entgegennimmt, Untreue begehen, wenn er über die ihm zu diesem Zweck zur Verfügung gestellten Vermögenswerte des Auftraggebers für eigne oder fremde Zwecke verfügt, da seine Berufspflichten (§ 31 RAO.) ihn zur Rückgabe der anvertrauten Werte verpflichten. E . 73. 157. 10) Eine Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen setzt Pflichten oder Pflichtenkreise voraus, die sich ihrer Dauer nach über eine gewisse Zeit oder ihrem Umfang nach über bloße Einzelhandlungen hinaus erstrecken, so daß der Verpflichtete eine gewisse Selbständigkeit bei ihrer Erfüllung hat. E . 69, 63; B G H S t . 3, 293. Das ist z. B . der Fall bei

2. Teil. 22. Abschnitt. Betrug u. Untreue. § 266

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dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt12), wird wegen Untreue 13 ) mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft. Daneben kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. einem als Schätzer bestellten Sachverständigen, der falsche Gutachten zum Nachteil seines Auftraggebers erstattet. RG. Recht 44 Nr. 768; oder bei einem Poststelleninhaber, der Gelder zur Weitersendung entgegennimmt. E. 72, 194. Keine Untreue in der Regel, wenn dem Verpflichteten eine rein „mechanische" Tätigkeit obliegt, wie bei bloßer Tätigkeit als Bote (ausgenommen die eines Kassenboten) oder Schreibkraft oder bei der Erledigung untergeordneter Einzelaufträge. E. 69, 58, 279; BGHSt. 3, 293. Die Pflicht, einen Vertrag zu erfüllen, ist nicht gleichbedeutend mit der Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, vielmehr setzt § 266 voraus, daß die Verpflichtung zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen den w e s e n t l i c h e n I n h a l t des Rechtsgeschäfts bildet, durch das sie begründet wird. E. 71, 90, wie z. B. in der Regel beim Auftrag, bei der Spedition oder Kommission. BGHSt. 1, 189. Auch die ausdrückliche Vereinbarung in einem Vertrag, der seinem Wesen nach keine Treueverpflichtung begründet, die Interessen des anderen Teils wahrzunehmen, kann keine Anwendbarkeit des § 266 bewirken. E. 73, 299. Ein Reisevertreter, der den Kundenkreis des Unternehmers zu pflegen hat, begeht hiernach Untreue, wenn er mit der Stammkundschaft Geschäfte für sich selbst abschließt. E. 71, 333 — wobei es nicht des Nachweises der Vereitelung eines bestimmten einzelnen Geschäfts bedarf; es genügt, wenn er die Stammkundschaft durch sein Gebaren darauf hinweist, daß er selbst gleichartige Waren führe. RG. DR. 39, 1982 — oder wenn er Kunden durch sein Verhalten (z. B. unsittliche Zumutungen) vertreibt (Schwinge, J W . 37, 380). Auch bei Sicherungsübertragung kann je nach der Ausgestaltung der rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen für Sicherungsgeber und -nehmer die Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensbelange des anderen Teils bestehen. E. 74, 3. Ebenso kann, wenn der Verkäufer sich bei der Abnahme von Bestellungen den Kaufpreis im voraus zahlen läßt mit dem Versprechen, das Geld zum Einkauf der bestellten Ware zu verwenden, die Pflicht, die Vorauszahlungen bestimmungsgemäß zu verwenden, je nach den Umständen des Falles eine Treupflicht begründen, z. B. wenn der Verkäufer sein Unternehmen überwiegend erst durch Vorauszahlungen von Bestellern finanzieren muß. E. 77, 391; BGHSt. 1,188 (in Einschränkung von E. 69, 146). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter die mit dem Baukostenzuschuß des Mieters finanzierte Wohnung ihm nicht überläßt, sondern selbst bezieht. OLG. Braunschw. NJW. 53, 1604. Dagegen keine Untreue, wenn der Mieter den Mietgegenstand, der Arbeitnehmer die ihm kraft des Arbeitsvertrags zugängl. Sachen des Arbeitgebers sich zueignet. E. 71, 91; BGH. N J W . 53, 1272; oder wenn ein Beauftragter, der den ihm anvertrauten Gegenstand fahrlässig aus der Hand gegeben hat, es unterläßt, den Schaden zu beseitigen, obwohl es ihm möglich wäre, da sich seine Betreuungspflicht in der Pflicht zur Durchführung des Auftrags erschöpft. E. 71, 272 oder wenn ein Schuldner gegen Treu und Glauben von seinen Einnahmen so viel für seine Lebenshaltung verbraucht, daß er den Verpflichtungen gegenüber dem kreditierenden Gläubiger nicht nachkommen kann. E . 73, 299, oder wenn jemand ein vereinbarungsgemäß erst nach Beendigung des Dienstvertrages in Kraft getretenes Wettbewerbsverbot verletzt. E. 75, 79. Ein G e r i c h t s v o l l z i e h e r , der mit der Vollstreckung in bewegliche körperliche Sachen des Schuldners beauftragt ist, ist nicht verpflichtet, bei fruchtloser Pfändung den Gläubiger auf nichtkörperliche Vermögenswerte den Schuldner, z. B. Forderungen, aus denen er sich befriedigen könnte, hinzuweisen, wohl aber auf solche körperlichen Gegenstände, die wie ihm bekannt, der Schuldner verbirgt. E. 71, 31. Wegen der aus den amtlichen Aufgaben des N o t a r s sich ergebenden Pflichten vgl. Anm. 2. Neben seinen amtlichen Pflichten können andere Verpflichtungen gegenüber seinem Auftraggeber bestehen, die ihn nicht als Notar, sondern als Rechtskundigen treffen, insbesondere die Verpflichtung, seinen Auftraggeber nicht zu übervorteilen; die Verletzung dieser Pflicht ist nach § 266 strafbar. E. 71, 298. Bewußte Vernachlässigung der Pflicht zur Kontrolle ist Untreue, wenn der Täter erkennt, daß daraus unmittelbar nachteilige Folgen entstehen oder daß sie —• nicht nur möglicherweise, sondern mehr oder weniger bestimmt — entstehen können und er dies billigt und in Kauf nimmt. E. 76, 115. 11) Auch durch tatsächliche Einwirkung. Z. B. Vormund, der ein Vermögensstück seines Mündels verderben läßt oder Beauftragter, der eine geordnete Buchführung pflichtwidrig unterläßt und dadurch dem Treugeber die Übersicht über den wahren Vermögensstand nimmt. RG. DR. 43, 513; E. 73, 283 (betr. Rechtsanwalt). Ein Justizbeamter, der dafür zu sorgen hat, daß Geldstrafen und Prozeßkosten zugunsten der Gerichtskasse eingenommen werden, verletzt seine Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensbelange des Fiskus, wenn er von den Schuldnern Bargeld statt Kostenmarken entgegennimmt und das Bargeld für

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(2) In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefängnisstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren 14 ). sich verwendet. E . 73, 6; ebenso ein Beamter, der Urkunden, die zur Aufdeckung von ihm begangener Veruntreuungen dienen können, beiseite schafft, um das erlangte Geld zu behalten. E . 72, 195; 73, 6; desgleichen ein in bedrängter wirtschaftlicher Lage befindlicher Rechtsanwalt, der nicht durch Anlage eines Sonderkontos verhindert, daß ihm übergebene Fremdgelder von seinen persönlichen Gläubigern angegriffen werden. R G . J W . 37, 3092. Wegen des inneren Tatbestandes vgl. Anm. 6 a. E . 12) Nachteil ist gleichbedeutend mit Vermögensbeschädigung. Vermögensgefährdung kann genügen. Eine solche liegt z. B . für den Staat vor, wenn staatliche Gelder unter Nichtachtung der haushaltsrechtlichen Überwachungsvorschriften einer Sonderkasse zugeführt. E . 71, 155, oder zweckgebundene öffentliche Mittel fehlgeleitet werden. R G . J W . 38, 793; OLG. Stuttgart S J Z . 46, 237. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch strafbar, wer amtlich gelieferte Mangelware, die er an einen bestimmten Personenkreis verteilen soll, wenn auch zum festgesetzten Preis an Dritte verkauft. E . 73, 213; OLG. Kiel SchlHA. 48, 148; L G . Hamburg D R . 43, 235. Dies gilt selbst dann, wenn der Täter die Mangelware unentgeltlich verteilen soll, sie aber unentgeltlich an andere als die bestimmten Personen abgibt. OLG. Celle MDR. 48, 306. Ein Nachteil für das Vermögen liegt nicht nur dann vor, wenn beispielsweise der Vormund einen zum Mündelvermögen gehörenden Gegenstand im Namen des Mündels zu dessen Nachteil veräußert und dadurch den Aktivbestand des Vermögens mindert oder wenn er zum Nachteil des Mündels einen Wechsel zeichnet oder eine Hypothek aufnimmt und dadurch die Schulden des Vermögens vermehrt, sondern auch schon dann, wenn er z. B . durch Aufgabe eines Pfandrechts die Sicherheit einer zum Mündel gehörenden Forderung vermindert. Ein Beauftragter (Rechtsanwalt), der Gelder für seine Auftraggeber vereinnahmt und für sich verbraucht oder zurückhält und mit eigenem Gelde vermischt, benachteiligt seine Auftraggeber — auch wenn er sich in guten Vermögensverhältnissen befindet — falls er nicht einen dem Eingang entsprechenden Betrag zur s t e t e n Auszahlung in seiner Kasse, bei einer Bank oder sonstwo bereithält. E . 73, 283. Darauf, ob der Täter den Nachteil wieder ausgleichen will oder kann, kommt es nicht an; doch kann das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit fehlen, wenn der Täter auf Grund seines Ersatzwillens und seiner Ersatzfähigkeit das Einverständnis des Betroffenen mit der benachteiligenden Handlung annahm. R G . J W . 36, 934 23 . Die Benachteiligung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß das unredliche Verhalten für den Treugeber gewisse Vorteile erwarten läßt. E . 71, 344; jedoch kein Nachteil, wenn ein Vorteil nur auf dem Wege über einen geiingeren Nachteil erreichbar ist. E . 75, 230. Unter Umständen wird sich nach § 266 auch strafbar machen der auf Kosten der Gesellschaft im Überfluß lebende Generaldirektor, der sich von der selbst dividendenlos bleibenden oder gar notleidenden Gesellschaft übermäßig hohe Honorare bewilligen und zahlen läßt. Schäfer, D J Z . 33, 789. Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. E i n Gläubiger, der die Grundschulden oder Hypotheken, die ihm der Schuldner zur Sicherung bestellt oder abgetreten hat, vor Fälligkeit seiner Forderung ohne Wissen des Schuldners für seine eignen Schulden einem Dritten verpfändet, fügt dem Schuldner dadurch auch dann einen Nachteil zu, wenn der Dritte die treuhänderische Verpflichtung kannte und die Verfügungsbeschränkung gegen sich gelten lassen muß, denn in einem Rechtsstreit hat der Schuldner die Beweislast für die Bösgläubigkeit des Dritten. E . 69, 223. Wird dem Verwahrer eine Sache gestohlen oder geht sie veiloren, so fügt er durch Unterlassung der Anzeige bei der Polizei dem Eigentümer im allgemeinen keinen Schaden zu, weil bei kleineren Werten die Möglichkeit, die Sache so wieder zu erlangen, verschwindend gering ist. R G . D R . 43, 514. Ist in Zeiten der Warenverknappung die Eigenschaft von Geld als Tauschmittel nur noch beschränkt, so kann Hingabe von Sachwerten gegen Geld einen Nachteil darstellen. B G H . LM. Nr. 1 zu § 335. 13) Vgl. hierzu auch § 34 des Gesetzes über Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren v. 4. 2. 1937 (unter B I V 2). § 294 Aktiengesetz (B I I I 3) schließt die Anwendung des § 266 aus. E . 69, 337, ebenso § 8 1 a GmbHGes. (B I I I 4) B G H St. 3, 24, § 95 des Börsengesetzes (B IV 1). E . 61, 341; OLGe Dresden D J . 36, 1579; Hamm JZ. 53, 233, § 146 GenG. ( B I I I 5), K G . H R R . 37 Nr. 842; und § 23 Abs. 2 RVO. R G . J W . 36, 1976. Das gleiche gilt für § 153 Knappschaftsges. und § 268 des AVAVG v. 12. 10. 29 — B V 4—, Erwägenswert erscheint aber die Auffassung von Bockelmann J Z . 53, 233, daß da, wo das spezielle (nicht privilegierende) Sondergesetz Geldstrafe neben Freiheitsstrafe nicht oder nicht zwingend vorschreibt, auf die insoweit strengere Strafdrohung des § 266 zurückzugreifen sei. Mehrere Vergehen, die teils gegen § 266 StGB., teils gegen § 8 1 a GmbH.-Gesetz verstoßen, können zu e i n e r Fortsetzungstat zusammengefaßt werden. R G . D R . 39, 1310. Zwischen §§ 266 und 263 ist Tateinheit möglich. H R R . 28 Nr. 2150; ebenso zwischen § 2 6 6 und §246. E . 69, 63; zwischen § 266 u. § 348. R G . D J . 37, 1117 und zwischen § 266 und §§ 350, 351. E . 70, 55.

2. Teil. 23. Abschnitt. Urkundenfälschung. §267

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(3) Wer die Tat gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig15). 23. Abschnitt. § 267.

Urkundenfälschung

[ Urkundenfälschung]

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr2) eine unechte4) Urkunde3) 14) Vgl. Anm. 15) Vgl. § 263 richtet, steht es im der Strafzumessung

13 zu § 263. Abs. 5. Bei Untreue, die sich gegen Angehörige und Nichtangehörige Ermessen des Richters, wie weit er die Schädigung der Angehörigen bei berücksichtigen will. E. 75, 243.

Zu § 267: 1) Die Fassung des § 267, der die Tatbestände der §§ 267 bis 270 a. F. in sich vereinigt, beruht auf Art. 11 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). 2) Der Vorsatz des Täters muß schon bei der Herstellung der unechten oder Verfälschung der echten Urkunde dahin gehen, daß von der Urkunde — wenn auch nur im Bedarfsfalle BGHSt. 2, 52, NJW. 54, 320 — Gebrauch gemacht werde (s. Anm. 6), dergestalt daß durch ihren gedanklichen Inhalt irgend jemand im Glauben an die Echtheit der Urkunde getäuscht und durch den Irrtum zu einem r e c h t l i c h e r h e b l i c h e n Verhalten bestimmt werde, zu dem er nach der Meinung des Täters ohne die Täuschung nicht oder doch nicht so sicher gelangt wäre. E. 68, 2. Die Absicht, einen materiell rechtswidrigen Erfolg herbeizuführen, ist nicht erforderlich. E. 35, 117. Die Anwendung des § 267 wird daher nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein falsches Beweismittel zur Geltendmachung eines begründeten Anspruchs geschaffen, oder daß die gefälschte Urkunde nur bei einer Verteidigung zum Beweis der tatsächlich vorhandenen Nichtschuld gebraucht wird. GA. 40, 53; GA. 28, 153; R. 1, 350; oder daß der Täter aus Scherz handelt. GA. 58, 447 und DJZ. 10, 883 (z. B. bei Aufgabe einer Todesanzeige mit falschen Namen, LZ. 20, 661). Strafbar macht sich auch, wer, obschon er wegen Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts keine Verbindlichkeit hat, mit einem gefälschten Scheck zahlt, z. B. einen gefälschten Scheck an eine Dirne als Zahlung für Gestattung des Beischlafs übergibt. RG. J W . 24, 1793. Unanwendbar ist § 267, wenn zwar durch die Urkunde getäuscht, aber kein rechtlich erhebliches Verhalten herbeigeführt werden soll, z. B. wenn der Täter nur eine schlechte Meinung über einen anderen hervorrufen. RG. J W . 28, 2984, oder in einem anderen lediglich einen für sein weiteres Verhalten belanglosen Irrtum über den Aussteller der Urkunde hervorrufen wollte. RG. J W . 31, 660; 35, 945 (der Vorleger eines Inhaberschecks quittiert bei dessen Einlösung über den Empfang des Scheckbetrages mit falschem Namen) oder wenn die Braut, ihren Taufschein nur fälscht, um aus Eitelkeit ihrem Bräutigam gegenüber jünger zu erscheinen. R. 7, 681. 3) a) Urkunde ist jeder von Menschen gefertigte, sinnlich wahrnehmbare Gegenstand, der nach Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung der Beteiligten dazu bestimmt und geeignet ist, über sein körperliches Dasein hinaus eine Gedankenäußerung eines b e s t i m m t e n Urhebers darzustellen und für bestimmte rechtliche Beziehungen Beweis zu erbringen. E. 76, 206. Zum Begriff der Urkunde ist nicht erforderlich, daß der Gegenstand eine Unterschrift trägt oder sonst für sich allein den Aussteller ergibt; es genügt, wenn dieser mit Hilfe von Umständen, auf die die Urkunde hinweist, für die Beteiligten erkennbar ist. E. 76, 207. Zu den Urkunden gehören mithin nicht nur Schriftstücke, sondern auch die sog. Beweiszeichen, d. h. mit einem körperlichen Gegenstand fest verbundene Zeichen, die geeignet und bestimmt sind, als gedankliche Äußerungen eines bestimmten Ausstellers zu gelten, wie unzusammenhängende Wörter, Nummern, Ziffern, Zeichen usw., z. B. die Löcher in der Steckuhr, die Erkennungsnummer eines Kraftwagens. E. 72, 369, Nummernschilder für Fahrräder. E.40, 169; Siegelabdrücke. E.41, 316, unter Umständen auch Plombenverschlüsse. E. 50, 191. b) Ohne Bedeutung ist es, ob dem Gegenstand die Beweisbestimmung schon bei seiner Entstehung beigelegt wurde, wie z. B. bei einem Schuldschein oder einer Quittung (sog. Absichtsurkunde) oder ob sie diese erst später erhalten hat, z. B. ein Liebesbrief dadurch, daß er im Ehescheidungsprozeß als Beweismaterial vorgelegt wird (sog. Zufallsurkunde). RG. DR. 44, 833. c) K e i n e Urkunde ist das bloße U n t e r s c h e i d u n g s z e i c h e n (Erkennungs- oder Identitätszeichen), z. B. die bloße Numerierung an einzelnen Holzstapeln zur Unterscheidung von anderen. GA. 62, 420; DRZ. 32 Nr. 373; auf Frachtstücken angebrachte Zeichen. RG. JW. 24, 975; die mit Abstempelung versehene Durchlochung einer Bahnsteigkarte. E. 29, 19

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 267

118 (vgl. aber RG. JW. 35, 2966). P l o m b e n v e r s c h l ü s s e sind Urkunden, wenn sie über den Verschlußzweck hinaus nach den Umständen geeignet und bestimmt sind, eine Gedankenäußerung darzustellen und für bestimmte rechtliche Beziehungen den Beweis zu erbringen. E. 64, 48 ; 75, 306. Keine Urkunden sind ferner: Bruchstücke einer Urkunde, wenn diese keinen selbständigen Gedankeninhalt in sich tragen, wie Teilstücke eines Wechsels. E. 36, 318; der Geschoßeinschlag auf einer Scheibe. E. 42, 97; Dienststempel an fiskalischen Gegenständen. GA. 77, 282; Wagenschilder von Kraftfahrzeugen. E. 55, 39; die an letzteren angebrachten Kilometerzähler. J W . 31, 1967; durch Poststempel entwertete Briefmarken. DJZ. 22, 325; Fahrkarten mit getilgtem Tagesstempel. Recht 28 Nr. 1176; Zeitstempel auf Papierstreifen einer Kontrolluhr, wenn keine Beziehung zu der die Stempelung verursachenden Person erkennbar ist (wohl aber der durch Uhrwerk beim Betreten oder Verlassen der Fabrik auf der Lohnkarte bewirkte Zeitstempelaufdruck. E. 75, 314). E. 64, 97; auch nicht Spielmarken ohne Kennzeichen der Ausgabestelle (Chips). E. 55, 97, oder der Feingehaltsstempel auf Geld- und Silberschmucksachen, weil der Aussteller nicht erkennbar ist. E. 76, 205. A b s c h r i f t e n von U. sind im allg. nicht selbst U., weil ihnen die Fähigkeit fehlt.U.Beweis zu erbringen und weil sie — als Abschriften — keine bestimmte Person als ihren Hersteller erscheinen lassen. Das gleiche gilt für Photokopien. BGH. N JW. 54, 608. Anders, wenn die Abschrift von einem bestimmten, aus ihr ersichtl. Aussteller hergestellt, oder doch mit seinem Willen in den Rechtsverkehr gelangt erscheint. BGHSt. 2, 50 oder wenn die Abschrift nach dem Willen des Ausstellers bestimmt und auch geeignet ist, die Urschrift zu vertreten und die völlige Übereinstimmung mit ihr zu beweisen. BGHSt. 2, 38. Vgl. weiter unten Anm.4e. d) Eine G e s a m t - U r k u n d e liegt vor, wenn mehrere Schriftstücke durch eine gewisse feste Verbindung äußerlich zu einem Ganzen vereinigt sind und die auf Gesetz, Geschäftsgebrauch oder Vereinbarung der Beteiligten berufende Vereinigung zu einer Gesamterklärung eine selbständige Gedankenäußerung verkörpert dergestalt, daß die Gesamturkunde gewisse fortdauernde oder wiederkehrende Geschäftsbeziehungen in einer einheitlichen Übersicht erschöpfend erfassen soll; die Zusammenfassung soll nach dem Willen der Beteiligten nicht nur das Zustandekommen der in ihr enthaltenen Rechtsvorgänge beweisen, sondern auch das Nichtzustandekommen der nicht aufgenommenen Vorgänge. E. 60, 17; BGH. NJW. 53, 514, 711. z. B. Depotbuch einer Sparkasse. E. 63, 259; Posteinlieferungsbuch. RG. LZ. 31, 259. Handelsbücher eines Kaufmanns. E. 50, 421; 69, 398; Sparkassenbuch. RG. J W . 27, 1376; das Trödlerbuch nach § 6 UnedlMetallges. — B I I I 11 —, BGH. NJW. 54, 609; dagegen nicht die Handakten eines Rechtsanwalts. E. 48, 408; BGHSt. 3, 395, oder eine Postanweisung. BGH. NJW. 53, 719. e) Die Urkunden zerfallen in ö f f e n t l i c h e und p r i v a t e Urkunden. Diese Unterscheidung hat für § 267 keine Bedeutung mehr, wohl aber z. B. für §§ 271, 348 u. a. A. öffentliche Urkunden sind solche, welche (vgl. § 415 ZPO.) zu Beweiszwecken von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichen Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form (Namensunterschrift bzw. Siegel der Behörde) aufgenommen sind. E. 72, 378. Auch öffentliche Urkunden des Auslandes. E. 68, 301. Wird die vorgeschriebene Form in einem wesentlichen Punkte nicht gewahrt, so liegt eine öffentliche Urkunde nicht vor. RG. DR. 43, 75. Zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört in der Regel die Unterschrift des ausstellenden Beamten. Die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde geht dadurch nicht verloren, daß lediglich für den inneren Dienst bestimmte, nicht wesentliche Vorschriften verletzt sind. E. 58, 280; anders HRR. 33 Nr. 1626; doch muß erkennbar sein, welche Behörde die Urkunde ausgestellt hat. E. 66, 124. Soweit eine Form nicht vorgeschrieben ist, genügt, daß die übliche Form gewahrt ist. LZ. 31, 1204. Eine Privaturkunde wird dadurch nicht ohne weiteres zu einer öffentlichen, daß ein zuständiger Beamter sie mit dem Prüfungsvermerk versieht. E. 51, 119. Die Eigenschaft als ö. U. fehlt von Behörden und Beamten errichteten Urkunden insbes. dann, wenn sie nicht zum Beweis zu öffentl. Glauben (wenn auch über privatrechtl. Beziehungen, wie z. B. von städt. Sparkassen ausgestellte Sparbücher. E. 71, 103), sondern für innerdienstliche Zwecke ausgestellt sind. Zu den öffentlichen Urkunden gehören: Die von einer öffentlichen Behörde mit Beweiskraft ausgestellten Bescheinigungen über dienstliche Verhältnisse ihrer Beamten. E. 63, 74; die bei der Eichung an Meßwerkzeugen für Flüssigkeiten angebrachte Plombierung. RG. J W . 31, 2499; Eisenbahnfahrkarten R. 5, 369 (nicht jedoch Expreßstammkarten der Bundesbahn. RG. HRR. 36 Nr. 311), Fahrscheine einer städtischen Straßenbahn. BayObLG. DJZ. 28, 251; Ausweise von Fürsorgestellen zur Erlangung von Fahrpreisermäßigung. J R . 27 Nr. 2160; Entwertungsvermerk auf einer Stempelmarke, wenn durch ihn der Zeitpunkt der Verwendung der Marke bewiesen werden soll, E. 39, 370; der einem Frachtbrief oder Frachtbriefdoppel aufgedrückte Annahmestempel der Abfertigungsstelle. E. 63, 352; Eintragung der

2. Teil. 23. Abschnitt. Urkundenfälschung. § 267

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Frachtgebühren auf dem Frachtbrief, E. 65, 433; Gepäckscheine, E. 37, 318; Kontrollkarten des Arbeitsamts. RG. JW. 37, 2393; Kraftwagenzulassungsbescheinigungen für Probefahrten. E. 65, 316; Ladungen im Strafverfahren, E. 18, 76; mit dem Tagesstempel versehener Lastschriftzettel des Postscheckamts. GA. 77, 111; auch der in Urschrift zugestellte Zahlungsbefehl. HRR. 32 Nr. 490; für den Postscheckkunden bestimmter Zahlkartenabschnitt. E. 67, 90; ein von einem Landbriefträger ausgestellter Einlieferungsschein (Zwischenschein). E. 69, 28; Sammelakte des Notars. Recht 33 Nr. 1909; Bescheinigung über Patentanmeldung. Recht 32 Nr. 1434; Pfandscheine der städtischen Leihämter. E. 36, 363; Protokolle der Gerichtsvollzieher über Vollstreckungshandlungen. R. 4, 361; Sparkassenbücher der ehemaligen preußischen Kreissparkassen. E. 71, 101; Steuerkarte. E. 60, 161; von der Steuerbehörde mit ihrem Siegel versehene Flaschen. E. 41, 317; mit Stempel versehene Eintrittskarte zu öffentlicher Vergnügungsveranstaltung. RG. JW. 31, 60; Tauf- und Trauungsscheine der Geistlichen, RG. DR. 39, 162; Vergällungsabfertigungen. E. 62, 410; Versteigerungsbekanntmachungen. R. 6, 613; Viehursprungsatteste. E. 2, 376; Wandergewerbeschein. E. 42, 249; polizeiliche Aufenthaltsgenehmigung für Ausländer. E. 68, 251; amtliche Kraftfahrzeugkennzeichen, soweit sie mit dem Kraftfahrzeug verbunden sind. E. 72, 369; polizeiliche Beglaubigung einer Unterschrift. E. 71, 193, Messungsschriften der vereideten Landmesser. RG. D J . 37, 818; Steuerbescheid. E. 72, 378; von den Marktvereinigungen der Viehwirtschaftsverbände herausgegebene Bezugsmarken. RG. JW. 37, 3303; Verwiegungsbescheinigung eines Fleischbeschauers oder einer „Amtsperson" nach dem Schlachtsteuergesetz. E. 74, 370. Wegen Telegramme siehe Anm. 3f. N i c h t öffentliche Urkunden sind beglaubigte Bestellvermerke auf Postpaketkarten. E. 53, 224; die auf einen Briefumschlag aufgedruckten Stempel, E. 30, 381; ein Bericht des Richters über eine Notarrevision. E. 26, 138; der Stamm der von einem Eisenbahnschaffner im Zug ausgestellten Fahrkarte. RG. DRZ. 34 Nr. 175; bahnamtliche Vernehmungsprotokolle. Recht 27 Nr. 1190; Gutachten von Dampfkesselüberwachungsvereinen. Recht 33 Nr. 655; der Vermerk des Absenders in dem Kopf des Formulars einer Postzustellungsurkunde. E. 40, 265; Impfscheine. E. 28, 332; die vom Einkommensteuergesetz vorgeschriebenen Mitteilungen von Finanzamt zu Finanzamt. HRR. 33 Nr. 1626; die vom Gerichtsvollzieher ausgestellten Quittungen über seine Gebühren und Auslagen. R. 4, 631; Benachrichtigung der Geschäftsstelle gemäß §693 ZPO. Recht 32 Nr. 1436; die von Gemeindebehörden oder sonstigen Behörden, die zur öffentlichen Beglaubigung nicht ermächtigt sind, erteilte Beglaubigung von Abschriften öffentlicher Urkunden. E. 60, 209; 63, 148; RG. D J . 38, 2039; RG. DR. 39, 712; ein von einem Gestütswärter ausgestellter Deckschein. Recht 16 Nr. 3159; GA. 60, 270; der Kraftfahrzeugbrief, der nur eine verwaltungsmäßige Urk. ohne öff. Glauben darstellt. BGH. VRS. 53, 135. Die Bestätigung der in einer Privaturkunde enthaltenen Angaben durch einen zuständigen Beamten in der vorgeschriebenen Form macht die Privaturkunde nicht zu einer öffentlichen Urkunde; lediglich der Bestätigungsvermerk ist öffentliche Urkunde. E. 34,114. Eine öffentliche Urkunde kann, wenn die darin beurkundete Erklärung von dem Erklärenden unbefugt mit einem fremden Namen unterschrieben ist, zugleich eine fälschlich angefertigte Privaturkunde enthalten. E. 39, 346. B. Privaturkunden. Als Privaturkunden sind anzusehen: Absendervermerke auf Briefumschlägen. GA. 51, 185; auf Postpaketadressen. E. 42, 226; Recht 33 Nr. 156; auf Zahlkartenabschnitten. RG. D J . 35, 1193; auf Frachtbriefen. OLG. Hamm JMB1. NRW. 50, 222; Paketanschriften selber. E. 55, 269; Anschriften auf Beklebezetteln an Fracht- und Expreßgütern. E. 76, 385; Adresse eines eingeschriebenen Briefs, R. 7, 180; ein schriftlicher Auftrag an das Postamt, Postsendungen auf der Post lagern zu lassen. DRZ. 31. Nr. 206; beleidigender Brief mit falscher Unterschrift. E. 8, 187; Recht 30, Nr. 687 und 1549; ärztliche Rezepte. R. 10, 563 und Zeugnisse E. 37, 378; Aufschriften auf Eisenbahnwagen. DJZ. 20, 784; Auskunft eines gewerbsmäßigen Auskunftsbureaus. E. 31, 59; LZ. 26, 2155; Bierbuch. E. 51, 36; geschäftliche schriftliche Empfehlungen. R. 8, 298; Empfehlungsbriefe zur Erlangung einer Stelle. E. 44, 369; 62, 218; Briefausgangstagebuch. E. 67, 245; Fabriknummer, Motornummer und Typenschild an einem Kraftfahrzeug. E. 68, 94; RG. 35, 2636; Frachtbriefe. E. 52, 195; wegen des Stempels. E. 46, 290; Namenszüge und Künstlerzeichen auf Gemälden, auch wenn es sich um einen erdichteten Malernamen handelt. E. 76, 28 (dagegen sind Autogramme als solche mangels Beweisbestimmung keine Urkunden. RG. a.a.O.); Handelsbriefabschriften. E. 35, 145; Handelsbücher. RG. JW. 36, 1538 (nicht Handakten eines Anwalts. E. 48, 406); verfahrensrechtliche Handlungen einer Partei wie die Klageschrift. RG. JW. 31, 1814, die Klagezurücknahme, GA. 41, 37, auch solche im Strafprozeß wie Strafanzeigen. E. 53,267, Zurücknahme eines Strafantrags (auch wenn kein Antragsvergehen vorlag). E. 24, 210 oder ein Strafaufschubs gesuch. GA. 46, 29; Kontoauszug des Postscheckamtes. RG. D J . 38,78; Duplikate von Konnossementen. HRR. 31 Nr. 1276. Kontrollnummern auf Fabrikpackungen. HRR. 29 Nr. 1973; Kontrollstreifen einer Registrierkasse. E. 55, 107; 19*

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A 2. Strafgesetzbuch. §267

herstellt 4 ), eine echte Urkunde verfälscht6) oder eine unechte oder verfälschte Kopierbücher, wenn sie ordnungsmäßig geführt sind (doch E. 43, 62); Lohnlisten. GA. 64, 366; LZ. 17, 65; polizeilicher Meldeschein. E. 74,292 (doch öffentliche Urkunde die Meldebescheinigung. J R . 26Nr. 1577); Plomben, die an Zählern angebracht werden. E. 50, 191; Rechnungen. R. 10, 205; GA. 39, 229; ein mit dem Vordruck einer Person oder Firma versehenes Rechnungsformular. Recht 30 Nr. 969; Rechnungsstreifen einer Additionsmaschine. Düsseldorf DRZ. 32 Nr. 526; Schulversäumnisentschuldigungsschreiben der Eltern. E. 21, 187; Klausurarbeiten in der Referendarpriifung. E. 68, 240; RG. JW. 34, 2148; Speisekarten. E. 52, 179; die am Totalisator ausgegebenen Tickets. E. 26, 302; Wahlversammlungseinladungskarten, JW. 13, 939; ausgefüllte Wahlzettel, sobald sie in die Urne gelegt sind (sie lassen zwar den Aussteller nicht erkennen, aber das Gesetz verbietet hier die Kenntlichmachung des Ausstellers). E. 22,.182; OLG. Stuttgart NJW. 54, 486; a. M. Bruns NJW. 54, 456 (mit Nachw.); mit einem Waldhammer bewirkte Anschläge, wenn sie den Eigentumsübergang bekunden sollen. E. 25, 244 (aber keine Urkunde der von einem staatlichen Förster bewirkte Anschlag. DRZ. 32 Nr. 373); Warenbestellzettel. E. 8, 351; Warenhausverkaufs- und Kassenzettel. GA. 47, 436; Recht 23 Nr. 1729; Zifferblätter auf Kontrolluhren. E. 34, 435; die Taxe eines Grundstückes. E. 24, 114; auch dann, wenn sie nur ein privates Gutachten ist, sofern sie nur für den Beweis von Rechtsansprüchen von Bedeutung ist. GA. 51, 410; unter den gleichen Voraussetzungen auch ein privates Zeugnis oder Gutachten. E. 62, 218; 67, 117; eine Bescheinigung, die dazu bestimmt ist, einer Behörde (z. B. Polizei) als Ausweis zu dienen. E. 36, 400; ein mit der Unterschrift des Postboten versehener Vermerk „Adressat verstorben". E. 26, 118; desgl. die vom Absender selbst bewirkte Eintragung der Einlieferung einer Postsendung im Einlieferungsbuch. E. 35, 218 (vgl. E. 42, 237); die Anzeige an das Vormundschaftsgericht, daß eine Person gestorben und die Einleitung einer Vormundschaft notwendig geworden sei. E. 27, 239; die Verlobungsanzeige an eine Behörde. DJZ. 08, 1108; das Markenprüfzeichen auf Briefmarken. RG. JW. 39, 624, ein Korken mit Aufdruck oder Brand „Originalabfüllung" oder dgl. in Verbindung mit der gefüllten Flasche. E. 76, 186; das Originaleinwickelpapier einer bestimmten Herstellerfirma in Verbindung mit der darin verpackten Ware. OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 51, 207. Keine beweiserhebliche Urkunde ist z. B. ein Hotelfremdenbuch. Königsberg J R . 26 Nr. 433; der Vermerk des Ausstellers eines Postschecks auf dem Lastschriftzettel. E. 67, 431; ein sogenanntes Autogramm, E. 76, 30. f) Die Aufgabe gefälschter Telegramme ist Urkundenfälschung. E. 8, 92; (wobei nicht nur der übermittelnde Telegraphenbeamte, sondern auch der Empfänger getäuscht wird), auch wenn das Telegramm durch Fernsprecher vom Täter übermittelt wird. E. 57, 321; und auch dann, wenn hierbei der Aufgebende die Nummer des Fernsprechanschlusses bewußt unrichtig und sich selbst urkundlich als Absender bezeichnet. E. 66, 365. Das Ankunftstelegramm zerfällt in die Mitteilung des Absenders und stellt insoweit eine beweiserhebliche Privaturkunde dar, und die den Charakter einer öffentlichen Urkunde tragenden Vermerke des Telegraphenamtes über Zeit, Ort usw. RG. JW. 37, 1067. g) Zum Begriff der Urkunde gehört, daß sie dazu bestimmt ist, für bestimmte rechtliche Beziehungen Beweis zu erbringen, daß sie, wie §267 a. F. es ausdrückte, „zum Beweis von Rechten oder Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit" ist. Die Urkunde braucht aber nicht für sich allein vollständig beweisend zu sein. Es ist auch nicht notwendig, daß sie gerade für den Gebrauchszweck des Fälschers beweisend ist, es genügt vielmehr, daß sie im Falle ihrer Echtheit irgendein Rechtsverhältnis beweisen würde. E. 19, 113; 40, 80. Sie braucht auch nicht zum Beweise des Rechtsverhältnisses von Erheblichkeit zu sein, welches in ihr zum Ausdruck gebracht ist. E. 17, 103; 40,78; 52, 179; 67, 246. Ebenso braucht das Rechtsverhältnis, für welches die Urkunde beweisend ist, nicht in seinem vollen Umfange und seinen Einzelheiten aus dem Schriftstücke hervorgehen. GA. 41, 403. Die Beweiserheblichkeit einer Privaturkunde wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß sie vom Aussteller nicht unterschrieben, sondern nur mit seinem Namensstempel oder mit einer gedruckten Unterschrift versehen ist. GA. 44, 388; R. 7, 728; oder auch nur mit einem Handzeichen. Recht 24 Nr. 1432; E. 62, 261; oder mit unleserlicher Unterschrift. RG. D J . 36, 1892. Keine Urkunde liegt jedoch vor, wenn nur unter Zuhilfenahme völlig außerhalb des Inhalts liegender Tatsachen der Aussteller feststellbar ist. E. 40, 217; oder wenn er zwar der Art nach, aber nicht als bestimmbare Persönlichkeit erkennbar wird. E. 46, 103. Daß das Rechtsverhältnis, für das die Urkunde beweisend ist, z i v i l r e c h t l i c h ungültig ist, ist für die Urkundeneigenschaft unerheblich. E. 26, 302 (nichtige Auslobung); E. 56, 66. 4) a) Die Herstellung einer unechten Urkunde (früher: fälschliche Anfertigung) besteht darin, daß der Täter der Urkunde den Schein verleiht, als rühre sie von einem anderen als dem her, der sie wirklich ausgestellt hat. RG. D J . 36, 1892. Bei Beweiszeichen liegt die Herstellung einer unechten Urkunde vor, wenn es von dem Gegenstand, mit dem es verbunden ist, entfernt oder anderweitig verwendet wird, z. B. wenn von einem zollamtlichen

2. Teil. 23. Abschnitt. Urkundenfälschung. § 267

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Verschluß die Plombe abgetrennt und an einem anderen Gegenstand verwendet wird. Eine unechte Urkunde stellt auch her, wer mittels untergelegten Blauzettels verursacht, daß ohne Wissen des Ausstellers noch eine zweite Unterschrift hervorgebracht wird. E. 73, 245. Es genügt auch die Unterzeichnung mit dem Namen einer gar nicht existierenden Person, E. 35, 117; GA. 50. 286. Auch in der Unterzeichnung mit dem eigenen Namen kann eine Fälschung liegen, jedoch nur, wenn dadurch der Anschein erweckt wird, ein anderer sei Aussteller der Urkunde. E. 48, 342; 55, 173, z. B. durch absichtl. unleserl. Schrift. BGH. NJW. 53, 1358, durch Zufügung einer falschen Anschrift. RG. JW. 31, 2498, oder Beilegung eines falschen Titels. RG. JW. 32, 417, oder Angabe eines falschen Personenstandes, z. B. wenn eine unverheiratete Frau sich als Ehefrau bezeichnet. E. 30, 43 (anders, wenn eine geschiedene Frau mit ihrem Mädchennamen unterzeichnet. OLG. Dresden JW. 28, 3063). Dagegen wird eine unechte Urkunde nicht hergestellt, wenn der Aussteller nicht über seine Identität, sondern nur über seinen Namen. E. 48, 238; BGHSt. 1, 121, seine Stellung, seinen Personenstand usw. einen Irrtum erregen will; es liegt dann insoweit nur eine schriftliche Lüge — siehe unten f — vor. Also keine Urkundenfälschung, wenn der zur Vertretung nicht mehr Befugte ein Schriftstück durch Benutzung des Firmenstempels unter Beifügung seines eigenen Namens unterzeichnet. RG. JW. 33, 436 (Täuschung über die Vertretungsbefugnis), oder wenn ein entlassener Behördenangestellter Briefbogen mit dem Briefkopf seiner früheren Behörde benutzt und mit ,,I. A." und dem eigenen Namen unterzeichnet, um den Anschein zu erwecken, als sei er noch bei der Behörde beschäftigt und zu deren Vertretung befugt. OLG. Kiel SchlHA. 47, 256 (anders, wenn der Täter dem Empfänger weder persönlich noch dem Namen nach bekannt war, der Name also für den Empfänger ohne Bedeutung und dessen Vorstellungen über den Aussteller durch Zusätze zur Unterschrift bestimmt werden; hier schließt die Verwendung des eignen Namens nicht aus daß er einen Identitätsirrtum hervorrufen wollte. OLG. Bremen NJW. 50, 880); oder, wenn eine ledige Frau, die als „Frau X " unterschreibt, nur verdecken will, daß sie mit X in wilder Ehe lebt. RG. JW. 34, 3064. b) Ob die errichtete unechte Urkunde inhaltlich falsch ist oder nicht, ist bedeutungslos; daher begeht z. B. auch Urkundenfälschung, wer über eine tatsächlich gezahlte Schuld eine unechte Quittung herstellt, um sie als Beweismittel zu verwenden. c) Die Herstellung einer unechten Urkunde liegt nicht vor, wenn jemand zulässigerweise eine Urkunde mit Ermächtigung eines Dritten mit dessen Namen unterzeichnet. Voraussetzung ist a) daß sich der Namensträger in der Unterzeichnung v e r t r e t e n lassen will, b) daß der Unterzeichner den Namensträger vertreten will und c) daß er befugt ist, ihn zu vertreten. E. 76, 126. Erforderlich ist, daß der Namensträger nicht nur seinen Namen hergibt, sondern daß auch die in der Urkunde verkörperte Erklärung auf seinen Willen zurückgeht. RG. D J . 38, 1917; beruht die Ermächtigung auf einem dem Täter bekannten Willensmangel, so kann er sich nicht darauf berufen. E. 75, 285. Der Umstand, daß der Täter als Geschäftsführer ohne Auftrag handelt, beseitigt die Rechtswidrigkeit nicht. Nur irrige Annahme des Einverständnisses schließt die Schuld aus, nicht aber die Annahme, der wirkliche Namensträger werde die Zustimmung nachträglich erteilen. RG. D J . 35, 1193. Im r e c h t s g e s c h ä f t lichen Verkehr darf der Vertreter regelmäßig mit dem Namen des Vertretenen unterzeichnen. E. 69, 117. Vertretung in der Unterschrift ist nicht zulässig bei solchen urkundlichen Erklärungen, bei denen nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder nach ihrer Eigenart eigenhändige Unterschrift geboten, z. B. eidesstattliche Versicherungen zur Glaubhaftmachung E. 69, 117; eigenhändige Testamente (körperliche Hilfe zulässig, wenn die Federführung von der Willkür des Testators abhängig bleibt. RG. DRZ. 29 Nr. 187); ein sog. eigenhändiger Lebenslauf als Anlage zu einem Einsteilungsgesuch an eine Behörde. OLG. Oldenburg J R . 52, 410; sogenannte bestimmende Schriftsätze wie Klage und Rechtsmittelschriften usw. im Zivilprozeß. RG. JW. 36, 1757 (wegen der Strafbarkeit des Rechtsanwalts, der solche Schriftsätze von seinem Büropersonal mit seinem Namenszug unterzeichen läßt, vgl. E. 44, 60) oder Erklärungen in Ausübung öffentlich-rechtlicher Befugnisse (z. B. Kassenausgabeanweisungen eines Beamten). E.75,214.Bei Anträgen an Behörden in Ausübung öffentlich-rechtlicher Befugnisse (z.B. auf Gewährung eines Bezugscheins in Zeiten der Warenkontingentierung) kann, wenn für die Entscheidung die besonderen Verhältnisse des Antragstellers maßgebend sind, die Behörde ein Interesse daran haben, zu wissen, ob der Antragsteller in Person oder ein Vertreter auftritt. In diesen Fällen darf der Vertreter nur mit dem Namen des Vertretenen unterzeichnen, wenn er das Vertretungsverhältnis erkennbar macht. E. 76, 125. Auch wenn Vertretung bei der Unterschrift zulässig ist, ist die Zustimmung zur Unterzeichnung mit dem fremden Namen belanglos, wenn sie nur zum Gebrauche der Täuschung eines Dritten über die Person des Ausstellers erteilt ist. E. 68, 242. Dagegen liegt Urkundenfälschung nicht 9chon deshalb vor, weil die Ermächtigung des Namensträgers dazu benutzt wird, eine strafbare Handlung (z. B. Betrug durch unwahren Inhalt der Urkunde) zu begehen. E. 75, 46. d) Ein Fall der Herstellung einer unechten Urkunde ist auch die früher in § 269 besonders

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A 2. Strafgesetzbuch. § 267

mit Strafe bedrohte Blankettfälschung, BGH. NJW. 54, 608; sie liegt dann vor, wenn jemand einem mit der Unterschrift eines anderen versehenen Papier ohne dessen Willen oder dessen Anordnungen zuwider einen urkundlichen Inhalt gibt. 1. Blankettfälschung liegt vor, wenn die Ausfüllung des Blanketts an Bedingungen geknüpft war, die nicht eintraten. E. 63, 39. Wer eine Urkunde mit strafbarem oder sittenwidrigem Inhalt herstellt, handelt nur dann mit Willen des Namensträgers, wenn dieser vorher wenigstens in großen Umrissen von dem beabsichtigten Inhalt gewußt hat. E. 74, 210. § 267 ist unanwendbar, wenn ein dem Betrag nach unausgefüllter Wechsel weitergegeben wird unter Täuschung des Nehmers über den Betrag, bis zu welchem er nach dem Willen des Ausstellers die Wechselsumme eintragen darf, falls der gutgläubige Nehmer den Wechsel, der Täuschung entsprechend, später ausfüllt. E. 62, 222. Die Tat kann auch dadurch begangen werden, daß von einer Urkunde der Text abgeschnitten und über die Unterschrift ein urkundlicher Inhalt gesetzt wird. E. 40, 53; oder daß jemand einen nur den Namen eines anderen tragenden Papierstreifen an ein Papier mit urkundlichem Inhalt anklebt. RG. J W . 30, 3411. Dagegen ist § 267 unanwendbar, wenn der Täter den von einer Urkunde abgeschnittenen Teil mit Unterschrift und notarieller Unterschriftsbeglaubigung lose mittels Büroklammer an ein anderes Schriftstück anklammert. RG. JW. 37, 1067, ebenso, wenn jemand eine Urkunde, ohne sie zu lesen, im Vertrauen auf die Angaben eines anderen unterschreibt, die einen anderen als den von ihm angenommenen Inhalt hat. E. 73, 244. 2. Die Unterschrift auf dem Papier kann mechanisch hergestellt sein; sie kann auch über dem Text stehen. Es genügt sogar, wenn bei Fehlen einer Unterschrift der Aussteller sich aus anderen Umständen eindeutig ergibt. RG. DR. 41, 2290. Erforderlich ist die bewußte Unterschrift des Namensträgers. E. 50, 179; J W . 31, 2248. Abschrift der Unterschrift genügt nicht. Recht 6, 153. Es ist nicht erforderlich, daß das mit der Unterschrift eines anderen versehene Papier überhaupt noch keinen urkundlichen Inhalt hat, es genügt vielmehr, daß es noch nicht die Angaben enthält, die es bei vollständiger Ausfüllung enthalten würde. E. 15, 67. e) Durch Herstellung der (beglaubigten oder nichtbeglaubigten) Abschrift einer gefälschten Urkunde oder der inhaltlich unrichtigen Abschrift einer Urkunde oder der angeblichen Abschrift einer nicht vorhandenen Urkunde kann regelmäßig Urkundenfälschung nicht begangen werden. Läßt die Abschrift keine bestimmte Person als ihren Aussteller erscheinen, so ist sie keine Urkunde. BGHSt. 2, 50; ist der Aussteller der Abschrift aus ihr erkennbar, so ist die inhaltlich unwahre Urkunde echt. RG. J W . 37, 1227; BGHSt. 1, 117; 2, 37. Das gleiche gilt für die Ü b e r s e t z u n g einer gefälschten ausländischen Urkunde. RG. DR. 43, 582. Ausnahmsweise kann aber auch die Herstellung einer Abschrift Urkundenfälschung sein, nämlich wenn sie kraft gesetzlicher Vorschrift an die Stelle der Urschrift tritt (z. B. die beglaubigte Abschrift einer zu den Akten eingereichten Klage. E. 59, 13), oder wenn sie als die von dem angeblichen Aussteller herrührende Urschrift ausgegeben oder unter Umständen verwendet wird, die den Anschein erwecken können und sollen, als sei sie von dem Aussteller oder doch wenigstens mit seiner Zustimmung dazu hergestellt, im Rechtsleben als Ersatz der Urschrift zu dienen. E. 76, 332; OLG. Oldenburg NdsRpfl. 48, 113. So ist z. B. eine als Abschrift einer nicht vorhandenen Urschrift fälschlich angefertigte Sammelliste (,,gez. Name") Urkunde, wenn der Anschein erweckt wird, daß die Abschrift nach dem Willen des angeblichen Ausstellers als Originalsammelliste gelten sollte. OLG. Jena DRpfl. 36 Nr. 494. Das sind aber Ausnahmen E 69, 229; 70, 133 Durch den Vermerk „gez." vor der Namensunterschrift soll nicht stets, namentlich nicht im geschäftlichen Verkehr der Anschein einer Abschrift erweckt werden. E. 57, 11. Anders als die Abschrift ist eine D u r c h s c h r i f t (d. h. eine mittels Durchschreibens der Urschrift und mit ihr zugleich hergestellte Zweitschrift) regelmäßig — ebenso wie die Urschrift selbst — eine Urkunde, da sie eine eigene schriftliche Erklärung des Ausstellers verkörpert. RG. D J . 37, 1681; DR. 45, 23. f) S c h r i f t l i c h e L ü g e , d. h. die Errichtung einer unwahren U r k u n d e ohne Täuschung über den Aussteller ist keine Urkundenfälschung. E. 48, 406. Es handelt sich auch nur um eine schriftliche Lüge, wenn der Buchführer hinter den endgültig fertig gestellten Bucheinträgen Abschreibungen hinzufügt. RG. JW. 33, 2522. Siehe ferner E. 53, 141 (Eintragung eines falschen Namens in ein Geschäftsbuch). 5) a) Verfälschung ist jede Veränderung des Inhalts einer Urkunde, durch die ihr der Schein verliehen wird, als sei sie von Anfang an so gewesen, wie sie sich nach der Veränderung darstellt. RG. J W . 35, 2966. Verfälschung liegt nicht vor bei Beseitigung oder Beschränkung ihres ursprünglichen Beweisinhalts, sondern nur bei Veränderung der Beweisrichtung, d. h. es muß die Urkunde infolge der Veränderung eine andere Tatsache zu beweisen scheinen als vorher. E. 62, 11. Daher ist nicht jeder zusätzliche Vermerk auf einer Urkunde eine Verfälschung, sondern nur ein solcher, durch den ihr Gedankeninhalt eine andere Bedeutung

2. Teil. 23. Abschnitt. Urkundenfälschung. § 267

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Urkunde gebraucht 6 ), wird wegen Urkundenfälschung mit Gefängnis bestraft 7 ). erlangt. E. 59, 323. Verfälschung einer Urkunde liegt auch dann vor, wenn eine der behördlichen Unterschrift nachfolgende Eintragung von einem Unbefugten bewirkt wird. E. 43, 140. Auch eine verfälschte Urkunde kann weiter verfälscht werden. Die Wiederherstellung des ursprünglichen Inhalts der gefälschten Urkunde ist keine Verfälschung. Recht 12 Nr. 1306. Die Zeitkarte einer Straßenbahn kann dadurch verfälscht werden, daß das auf ihr befestigte photographische Bildnis des Inhabers durch das einer anderen Person ersetzt wird. E. 46, 412; eine Eisenbahnfahrkarte durch unbefugte Lochung. RG. JW. 35, 2966. Eine B e s c h ä d i g u n g einer Urkunde ist nur dann Verfälschung, wenn dadurch ihr gedanklicher Inhalt geändert wird. Keine Verfälschung ist daher die unvollkommene Beseitigung des Datumstempels auf einer Fahrkarte. LZ. 24, 756; DRZ. 29 Nr. 291; oder Unleserlichmachen von Poststempeln. HRR. 33 Nr. 1151 (jedoch § 348). Die in der Durchstreichung des Auszahlungsvermerks in einem Sparkassenbuch liegende Beschädigung kann Verfälschung sein, wenn der gedankliche Gesamtinhalt des Buches sich dadurch ändert. Recht 31 Nr. 483; desgl. auch Abschneiden eines Teils der Urkunde. Siehe Anm. 5 zu § 274. Keine Verfälschung ist das widerrechtliche Anbringen des echten Kennzeichens eines zugelassenen Kraftfahrzeugs an einem nicht zugelassenen. BayObLG. JW. 33, 853, oder, wenn ein falscher Teil mit einem echten Teil einer Urkunde nicht fest verbunden, sondern lose so zusammengefügt wird, als gehörten sie zusammen (z. B. durch Einlegen eines gefälschten Teils in ein echtes Deckblatt). E. 76, 79; oder wenn bei einer Eisenbahnmonatsfahrkarte das ihr lose beigefügte richtige Lichtbild aus dem amtlichen Verschlußrahmen entfernt und durch ein Lichtbild einer anderen Person ersetzt wird. E. 65, 49. Erst recht ist es keine Verfälschung, wenn ohne Änderung der Urkunde der Gegenstand, auf den sie sich bezieht und mit dem sie nicht fest verbunden ist, geändert oder durch einen anderen ersetzt wird, z. B. wenn die dem ärztl. Bericht über die Entnahme einer Blutprobe beigefügte Blutprobe durch die Blutprobe eines anderen Menschen ersetzt wird. BGH. NJW. 54, 281. b) Die Abänderungsbefugnis hat der Aussteller, solange die Urkunde nicht von Dritten eingesehen, E. 51, 340, oder sonstwie in denVerkehr gegeben. E. 69, 28; oder ihm nicht durch Begründung eines fremden Rechts auf Unversehrtheit der Urkunde die rechtliche Verfügungsgewalt entzogen ist. Dieses Recht kann sich z. B. aus § 810 BGB. (Einsichtsrecht) ergeben. E. 69, 396; oder aus der Schließung der Geschäftsbücher im Konkurs gemäß § 122 KO. RG. JW. 36, 1538 1 ', oder aus dem amtlichen Verfügungsrecht einer Behörde über die von ihren Beamten errichteten Urkunden. E. 74, 343. 6) Der Gebrauch der falschen oder gefälschten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr kann erfolgen durch den Hersteller oder Verfälscher der Urkunde, wenn er erst später den Täuschungsvorsatz faßt oder durch einen Dritten mit oder ohne Wissen und Willen des Fälschers. § 267 umfaßt insoweit den früheren § 270 (Gebrauch falscher Urkunden). Macht der Fälscher, der in Täuschungsabsicht die unechte Urkunde hergestellt oder die echte verfälscht hat, vorgefaßter Absicht entsprechend von der Urkunde Gebrauch, so tritt das Gefährdungsdelikt des Herstellens hinter das Verletzungsdelikt des Gebrauchmachens zurück. Niese DRiZ. 51, 177. Andere Auffassungen: Gebrauchmachen sei straflose Nachtat (so OLG. Nürnberg MDR. 51, 53; Düsseldorf JMB1. NRW. 51, 208); Fälschung und Gebrauchmachen seien Begehungsakte einer UrkF. (so BGH. NJW. 54, 608; OGHSt. 1, 161; OLGe Bamberg HESt. 2, 235; Oldenburg NdsRpfl. 51, 227). Wird durch das Gebrauchmachen eine weitere Straftat (z. B. Betrug begangen, so liegt bei Annahme einer straflosen Nachtat Tatmehrheit, nach den beiden anderen Auffassungen Tateinheit zwischen UrkF. und der anderen Tat vor. Wird die zu bestimmten Täuschungszwecken hergestellte U. demnächst auf Grund neuen Vorsatzes vom Täter zu anderen Täuschungszwecken gebraucht, so ist Tatmehrheit gegeben. BGH. NJW. 54, 608. a) Zum G e b r a u c h m a c h e n gehört, daß die falsche Urkunde selbst dem zu Täuschenden zugänglich gemacht, d. h. daß ihm ermöglicht wird, sie sinnlich wahrzunehmen. So liegt z. B. in dem Benutzen eines Kraftwagens mit verfälschtem Kennzeichen im öffentlichen Verkehr ein Gebrauchmachen von dem Kennzeichen (öffentliche Urkunde), weil Verkehrsteilnehmer und Polizei davon Kenntnis nehmen können. E. 72, 369. Daß sie ihm zu Gesicht kommt, ist nicht erforderlich. E. 69, 228. Insbesondere liegt auch in dem Vorlesen des gefälschten Schriftstückes der zu täuschenden Person gegenüber ein Gebrauchmachen, E. 15, 110; ferner in der Vorlegung einer von der falschen U. angefertigten Photokopie. E. 69, 228; BGH. NJW. 54, 608, oder darin, daß die gefälschte U. zur Kenntnis des zu Täuschenden bereitgelegt wird, falls ihm ohne weiteres der Zugriff darauf offen steht. E. 72, 370. Vgl. ferner E. 41, 144; 58, 17 und DJZ. 08, 596 (Unterschiebung eines gefälschten Testaments unter die Papiere des Erblassers); E. 57, 235 (Verwahrung des vom Täter geschriebenen eigenhändigen Testaments durch den Erblasser); E. 64, 394 (Legen des verfälschten Fahrberichts des Schaffners an den dafür bestimmten, dem Aufsichtsbeamten zugänglichen Platz). Die bloße

296

A 2. Strafgesetzbuch. §267 (2) Der Versuch ist strafbar 8 ). (3) In schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus.

Überreichung der Abschrift der gefälschten Urkunde und die Bezugnahme auf das Original ist nicht ausreichend, wenn nicht gleichzeitig auch die Originalurkunde dem zu Täuschenden zugänglich gemacht ist. BGHSt. 2, 52; auch nicht, wenn die Abschrift beglaubigt ist. Recht 17 Nr. 438, anders aber, wenn die Übergabe der beglaubigten Abschrift zum Zwecke der Zustellung erfolgt. E. 35, 337. Ebensowenig ist Gebrauchmachen die bloße Behauptung, eine Urkunde, durch welche sich das behauptete Rechtsverhältnis beweisen lasse, in Händen zu haben, selbst wenn sich eine solche falsche Urkunde in den Händen des Behauptenden befindet. R. 1, 513. Gebrauchmachen ist auch möglich durch pflichtwidriges Geschehenlassen und Nichthindern des Gebrauchmachens durch Dritte. JR. 25 Nr. 1591. Ein „Gebrauchmachen" liegt auch vor, wenn die Vorlegung nicht freiwillig, sondern in Erfüllung einer Rechtspflicht erfolgt. E. 70, 16. b) Der Gebrauch muß zur Täuschung im Rechtsverkehr erfolgen, d. h. in der Absicht, denjenigen, dem gegenüber von der Urkunde Gebrauch gemacht wird, durch ihren gedanklichen Inhalt zu einem rechtlich erheblichen Verhalten zu veranlassen (siehe dazu Anm. 2). Ein Gebrauchmachen zum Zweck der Täuschung liegt daher nicht vor, wenn der Täter die gefälschte Urkunde jemanden zeigt, damit dieser die Tatsache, die der Täter beweisen will, einem Dritten weiter berichte, auch wenn die Absicht des Täters dahin geht, auf diese Weise den Dritten zu einem rechtlich erheblichen Verhalten durch Täuschung zu veranlassen. E. 46, 224. Der täuschende Gebrauch braucht sich nicht gerade auf das aus der Urkunde hervorgehende Rechtsverhältnis zu beziehen. Urkundenfälschung begeht also auch, wer einen gefälschten Schuldschein vorlegt, in welchem er als Gläubiger auftritt, um sich dadurch bei einem Dritten Kredit zu verschaffen. E. 5, 438. Jedoch liegt ein Gebrauchmachen zum Zweck der Täuschung nur vor, wenn über solche rechtserhebliche Tatsachen getäuscht werden soll, die durch die Urkunde selbst im Fall ihrer Echtheit würden erwiesen werden können, nicht aber, wenn ein Irrtum über außerhalb des Urkundeninhalts liegende Tatsachen erregt werden soll. Ein Gebrauchmachen zum Zweck der Täuschung liegt also nicht vor, wenn ein dem Betrag nach unausgefüllter Blankowechsel dem Nehmer unter Täuschung über den Betrag weitergegeben wird, bis zu welchem er nach dem Willen des Ausstellers die Wechselsumme eintragen darf, denn hier wird ein solcher Irrtum durch Urkundeninhalt nicht hervorgerufen. E. 62, 222. Dagegen Urkundenfälschung, wenn jemand eine verfälschte Urkunde vorlegt, um nur durch ihren unverfälschten Teil Beweis zu erbringen. E. 53,343. Die Täuschungsabsicht fehlt, wenn die Person, deren Namen mißbraucht wird, nach Entdeckung der Fälschung die Urkunde weitergibt, E. 48, 43, oder wenn die gefälschte Urkunde durch den Druck veröffentlicht wird. E. 23, 249. 7) Tateinheit ist hauptsächlich möglich zwischen Urkundenfälschung und dem mit Hilfe der Täuschung verübten Betrug. E. 72,205. Straflose Nachtat kann die Urkundenfälschung niemals sein. E. 60, 273; 63, 192 (siehe dazu Anm. 2a zu § 74). Sondervorschriften. Wegen der Fälschung der Quittungskarten und Marken der Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung sowie der Angestelltenversicherung siehe B V 1, 3. Verfälschen oder fälschliches Anbringen von Fleischbeschaustempeln und Verkauf von Fleisch mit solchen gefälschten Kennzeichen ist durch § 26 Nr. 3 des Fleischbeschaugesetzes v. 29. 10. 1940 (RGBl. I S. 1463) unter müdere Strafe gestellt (lex specialis gegenüber § 267). E. 74, 30. Portohinterziehung durch Angabe eines anderen (portobegünstigten) Absenders ist nur nach § 27 Postgesetz strafbar. E. 75, 302. Für das widerrechtliche Versehen von Waren mit einem geschützten Warenzeichen ist § 24 WZG. lex specialis; Tateinheit mit § 267 kann vorliegen, wenn der Täter außer dem Warenzeichen noch Erklärungen des angeblichen Erzeugers mit Urkundeneigenschaft, z. B. eine Kontrollnummer, auf der Ware anbringt. BGHSt. 2, 370. Wegen der Fälschung von Bezugsberechtigungen und des Gebrauchs gefälschter Bezugsberechtigungen s. § 2 WiStG. 1949 — B IV 7 —. 8) Versuch ist schon mit dem Beginn der Fälschungshandlung gegeben, wenn diese zum Zweck der Täuschung im Rechtsverkehr, also zum Zweck des späteren Gebrauchmachens erfolgt. Die Täuschung bestimmter Personen braucht bei der Fälschungshandlung noch nicht beabsichtigt zu sein; es genügt, wenn der Gebrauch nur für den Fall des noch ungewissen künftigen Eintritts bestimmter tatsächlicher Voraussetzungen geplant ist. Dagegen straflose Vorbereitungshandlung, wenn der Täter sich bei der Fälschung die Entscheidung, ob überhaupt von der gefälschten Urkunde Gebrauch gemacht werden soll, noch vorbehalten hat. E. 75, 25. Versuch liegt auch vor, wenn der Täter eine beweiserhebliche Urkunde herstellen will, diese aber aus irgendwelchen Gründen (z. B. ein eigenhändiges Testament wegen fehlender Ortsangabe) ungültig und daher nicht beweiserheblich ist. RG. HRR. 36 Nr. 774.

2. Teil. 23. Abschnitt. Urkundenfälschung. §§ 268—271

297

§ 268 (— Schwere Urkundenfälschung — gestrichen durch Art. 11 der StrafrechtsangleichungsVO. v. 29. Mai 1943, RGBl. I S. 339).

§ 269 (— Blankettmißbrauch — gestrichen durch Art. angleichungsVO. v. 29. Mai 1943, RGBl. I S. 339).

11 der

Strafrechts-

§ 270 (— Gebrauch falscher Urkunden — gestrichen durch Art. 11 der StrafrechtsangleichungsYO. v. 29. Mai 1943, RGBl. I S. 339).

§ 271 x ). [Mittelbare Falschbeurkundung] Wer vorsätzlich bewirkt2), daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind3), in öffentlichen Urkunden4), Büchern oder Registern 6 ) als abgegeben oder geschehen Zu § 2 7 1 : 1) Die §§ 271—273 behandeln die mittelbare Falschbeurkundung (sog. intellektuelle Urkundenfälschung). Im Falle des § 271 erfüllt der Täter mit Hilfe eines gutgläubigen, d. h. ohne Vorsatz handelnden Beamten einen Tatbestand, der bei vorsätzlichem Handeln des Beamten nach § 348 Abs. 1 strafbar wäre. E. 13, 67. § 271 ist also die Umkehrung von § 348 Abs. 1 E. 66, 137. Die Regel ist, daß der Täter in unmittelbare Beziehung zu dem Urkundsbeamten tritt. E. 9, 288. Doch kann er sich auch der Mitwirkung einer Mittelsperson bedienen. E. 55, 282. Ergänzende Vorschriften: §§ 11, 12 des Ges. über das Paßwesen v. 4. 3. 1952 — B IX 12 — betr. falsche Angaben zur Erschleichung von Reisepässen und anderen Grenzübertrittspapieren und § 3 des Ges. über Personalausweise v. 19. 12. 1950 — B II 13 — betr. falsche Angaben beim Antrag auf Ausstellung eines Personalausweises. 2) „Bewirken" umfaßt jede vorsätzliche Handlung, durch welche die unwahre Beurkundung verursacht wird. R. 5, 331. Das einfache Geschehenlassen der falschen Beurkundung ist ein Bewirken selbst dann nicht, wenn die Täuschung des Urkundsbeamten beabsichtigt war. RG. GA. 52, 93. Grob fahrlässiges Handeln des Beamten schließt ein Bewirken nicht aus. Recht 33 Nr. 1376. Die Überzeugung von der Unrichtigkeit dessen, was beurkundet wird, ist nicht erforderlich; bedingter Vorsatz genügt. E. 18, 309. Der Täter muß sich bewußt sein, daß die unrichtig beurkundete Tatsache für Rechte von Erheblichkeit ist. E. 66, 356. 3) Auf das Maß der Erheblichkeit kommt es nicht an. E. 5, 175; auch nicht darauf, zu welchen Zwecken im Rechtsverkehr die Urkunde gebraucht werden sollte, und in welcher Vorstellung der beurkundende Beamte gehandelt hat. E. 66, 132. 4) Vgl. Anm. 3 e A zu § 267. Hierher gehören z. B. Reiselegitimationskarten (§ 44 GewO.) — und zwar in Tateinheit mit § 148 Ziff. 6 GewO. — E. 63, 363; polizeiliche Unterschriftsbeglaubigung, weil diese nach ständ. Verwaltungspraxis im Verkehr anerkannt wird. E. 71, 193; OLG. Frankfurt HESt. 2, 50; die Ursprungszeugnisse nach dem Viehseuchengesetz GA. 62, 483; Tauglichkeitsstempel des Fleischbeschauers (der infolge Täuschung gutgläubig nichttaugliches Fleisch als tauglich abstempelt). E. 74, 30; amtl. Gewichtsvermerke auf Frachtbriefen. BGH. NJW. 53, 1840; amtl. Kennkarten, die nicht nur dem Identitätsnachweis dienen, sondern die Wahrheit der verzeichneten Personalangaben beurkunden. OLG. Freiburg. HESt. 1, 274. § 271 ist unanwendbar, wenn der Täter bewirkt, daß ein s a c h l i c h unzuständiger Beamter gutgläubig eine Falschbeurkundung in der Form einer öffentlichen Urkunde vornimmt, z. B. daß der Bürgermeister einer Landgemeinde die (falsche) Abschrift eines gerichtlichen Urteils oder eine PolBeh. die (falsche) Abschrift eines Doktordiploms beglaubigt, da in diesen Fällen mangels Zuständigkeit des Beamten oder der Behörde z. Begl. eine öffentliche Urkunde nicht vorliegt. E. 72, 201; RG. D J . 38, 2039; OLGe. Oldenburg MDR. 48, 30; Frankfurt HESt. 2, 50; a. M. Arndt MDR. 48, 31. 5) Öffentliche Register sind z. B. Familien-, Geburten- und Sterbebuch (§ 1 des Personenstandsges. v. 3. 11. 1937); wegen der Beweiskraft der Eintragungen vgl. §60 a.a.O. Ebenso haben die Taufregister auch nach dem Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes v. 6. 2. 1875 und noch heute die Eigenschaft von öffentlichen Registern. E. 22, 118; desgl. die Gefangenenbücher (Nr. 36 Abs. 2, 47 der StrafVollzugsVO. v. 22. 7. 1940). E. 24, 308;

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 272, 273

beurkundet werden 6 ), während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft 7 ).

§ 272. [Schwere mittelbare Falschbeurkundung] (1) Wer die vorbezeichnete Handlung in der Absicht begeht, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil 1 ) zu verschaffen oder einem anderen Schaden zuzufügen 2 ), wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft, neben welchem auf Geldstrafe erkannt werden kann. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein, neben welcher auf Geldstrafe erkannt werden kann.

§ 273. [Gebrauch unrichtiger Urkunden] Wer wissentlich von einer falschen Beurkundung der im § 271 bezeichneten Art 1 ) zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht 2 ), wird nach Vorschrift jenes Paragraphen und, wenn die Absicht dahin gerichtet war, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder einem anderen Schaden zuzufügen, nach Vorschrift des § 272 bestraft. Recht 33 Nr. 2091 (auch polizeiliche). E. 49, 62. N i c h t : Handelsregister. E. 18, 179; Vereinsregister. E. 61, 304, oder polizeiliches Melderegister. E. 74, 291; OLG. Hamburg J R . 50, 629. 6) Die Strafbestimmung dient dem Schutz der Beweiskraft ö f f e n t l i c h e r Urkunden usw. und ergreift daher nur solche Eintragungen, für die die Urkunde usw. Beweis für und gegen jedermann zu erbringen bestimmt ist. E. 66, 407; 75, 206; also z. B. nicht solche, die nur dem inneren Dienst einer Behörde dienen. Beispiele: es fallen nicht unter § 271 die Anzeige eines Polizeibeamten, welche durch unwahre Angaben einer Person bewirkt worden ist. R. 5, 724; die falsche Namensangabe in einer Zivilprozeß- und Strafverhandlung, da sich die Beweiskraft der Niederschrift über die Verhandlung nur auf die Beobachtung der Förmlichkeiten bezieht. E. 59, 19 (anders bei Aufnahme eines gerichtlichen Vergleichs [§ 794 Nr. 1 ZPO.], da es sich hier um die Beurkundung eines Rechtsgeschäfts handelt. E. 72, 226); die falsche Namensangabe eines Beschuldigten bei seiner polizeilichen Vernehmung. E. 10, 243; 41, 201; die falsche Namensangabe gegenüber einem staatl. Gesundheitsamt anläßlich einer Blutentnahme für eine Blutgruppenuntersuchung, da die aufgenommene Niederschrift lediglich dem inneren Dienst dient. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 51, 37; die Eintragung im Geburtenbuch über die (wissentlich unrichtige) Anerkennung der unehelichen Vaterschaft, da eine gemäß § 1720 Abs. 2 BGB. aufgenommene öffentliche Urkunde nur die Vaterschaftsanerkennung, nicht die Vaterschaft selbst beweist (wohl aber u.U. § 169) E. 70, 237. Die Beweiskraft der Niederschrift über die Aufgebotsbestellung umfaßt nur die Identität der erschienenen und erklärenden Personen, nicht z. B. ihren Familienstand oder den Beruf ihrer Eltern; das gleiche gilt für die Eintragung im Familienbuch. BGH. N J W . 52, 1424 Nr. 19. 7) Die Verjährung beginnt mit dem Abschluß der Beurkundung, nicht schon mit dem Abschluß der Tätigkeit des Täuschenden. E. 21, 228; 40, 405. Z u § 2 7 2 : 1) Vgl. Anm. 4 zu § 263. Vermögensvorteil ist auch die Erhaltung eines bereits erlangten, aber gefährdeten Vorteils, RG. D J . 36, 1812, und die Abwendung eines drohenden Vermögensnachteils; daher auch die Abwendung eines mit Einkommenverlust verbundenen Strafurteils, E. 73, 394, dagegen nicht die sonstige Abwendung der strafrechtlichen Folgen strafbaren Tuns. E. 74, 174, 344. Der Vorteil kann auch in der für die Begehung der Tat versprochenen oder gegebenen Belohnung bestehen. E. 18, 145. 2) Vgl. Anm. 4 zu § 274. Z u § 273: 1) Die Erschleichung der Beurkundung braucht nicht nach § 271 strafbar zu sein. Auch wer eine ausländische öffentliche Urkunde im Ausland erschlichen hat, ist nach § 273 strafbar, wenn er davon im Inland Gebrauch macht. E. 68, 301. 2) Der spätere Gebrauch einer gefälschten Urkunde, der nicht von Anfang an ins Auge gefaßt war, kann außer gegen § 271 auch noch gegen § 273 verstoßen. E. 58, 34.

2. Teil. 23. Abschnitt. Urkundenfälschung. § 274

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§ 274. [Urkundenvernichtung. Grenzverrückung] (1) Mit Gefängnis, neben welchem auf Geldstrafe erkannt werden kann, wird bestraft, wer 1. eine Urkunde 1 ), welche ihm entweder überhaupt nicht oder nicht ausschließlich gehört 2 ), in der Absicht 3 ), einem anderen Nachteile 4 ) zuzufügen, vernichtet, beschädigt 5 ) oder unterdrückt 6 ), oder 2. einen Grenzstein 7 ) oder ein anderes zur Bezeichnung einer Grenze 8 ) oder eines Wasserstandes 9 ) bestimmtes Merkmal in der Absicht 3 ), einem Zu § 274: 1) Hier wird nicht eine beweiserhebliche Urkunde i. S. des § 267 vorausgesetzt, es genügt vielmehr jede zum Beweise von T a t s a c h e n geeignete oder bestimmte Urkunde, für Rechte und Rechtsverhältnisse braucht sie nicht beweiserheblich zu sein, E. 22, 182 (Wahlzettel); DJZ. 10, 708 (Plakate mit der Aufschrift: ,,Zu vermieten durch"); Kontobuch. RG. JW. 27, 2430; nicht aber Erkennungszeichen (vgl. Anm. 3c zu §267), wie z. B. Stempel auf fiskalischem Eigentum. RG. JW. 32, 3087. Die Nichtigkeit eines Testaments beseitigt die Urkundeneigenschaft nicht. DStZ. 4, 303. 2) Eine Urk. gehört dem Täter überhaupt nicht, wenn ein anderer Eigentümer ist; sie gehört ihm nicht ausschließlich, wenn er nur Miteigentümer oder wenn er zwar Alleineigentümer ist, ein anderer aber an der Urk. ein dingliches Recht hat. E. 38, 37. Dagegen „gehört" die Urk. dem Alleineigentümer auch dann, wenn er einen Dritten gegenüber nur auf Grund eines persönlichen ( = nicht dingl.) Anspruchs herausgabe- oder vorlegungspflichtig ist. E. 33, 288 (str.; a. M. z. B. Schönke II lb). Eisenbahnfahrkarten gehören dem, der sie gelöst hat. RG. LZ. 22, 335. Ein gemeinschaftliches Testament gehört nach dem Tode des einen Ehegatten dem andern nicht ausschließlich. RG. GA. 56, 217. 3) Zur Absicht genügt das Bewußtsein, daß die Tat notwendig einen Nachteil für einen anderen herbeiführen muß, verbunden mit dem Willen, sie gleichwohl aus irgendwelchen Beweggründen auszuführen. RG. HRR. 36 Nr. 1026; BGH. NJW. 53, 1924 (dagegen ist nach Schönke Anm. II 3 unter Absicht der unmittelbar auf den Erfolg gerichtete Wille zu verstehen). 4) Nachteil ist jede Beeinträchtigung fremder Belange, nicht nur vermögensrechtlicher. E. 55, 76, z. B. auch Erregung seelischen Unlustgefühls durch Vorenthalten von Briefen. E. 50, 213, oder Verschlechterung der Beweislage. E. 22, 283. Die Absicht muß stets darauf gerichtet sein, durch Vereitelung der Benutzung des gedanklichen I n h a l t s der Urkunde Nachteil zuzufügen; die unmittelbare Einwirkung auf die Urkunde ist nicht schon für sich allein ein Nachteil. E. 31, 149. Der zu Benachteiligende braucht nicht der Eigentümer der Urkunde zu sein. E. 39, 80. 5) Beschädigung ist auch die Beeinträchtigung der Beweiskraft der Urkunde, z. B. durch Durchstreichen des Namens. R. 2, 135. Es kommt nicht darauf an, ob das Recht, welches durch die Urkunde in ihrer ursprünglichen Gestalt bewiesen wurde, wirklich bestand und mit Erfolg geltend gemacht werden konnte. R. 8, 722. Soll die Beschädigung dazu dienen, ein falsches Beweismittel herzustellen, so greift § 267 ein. E. 20, 413; HRR. 27 Nr. 6; z. B. Abtrennung eines mitaddierten Teils eines Rechnungsstreifens. OLG. Düsseldorf DRZ. 32 Nr. 526. 6) Jede (ohne Zueignungsabsicht erfolgende) vorsätzliche Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung, durch die dem Berechtigten die Benutzung der Urkunde —• wenn auch nur zeitweilig — entzogen oder vorenthalten wird. RG. JW. 37, 1336. Unterdrücken erfordert nicht ein gewisses Maß von Heimlichkeit. RG. JW. 37, 1336, auch nicht — anders als das Beiseiteschaffen nach § 348 — eine Ortsveränderung. BGH. NJW. 53, 1924. Eine Urkundenunterdrückung begeht der Vertrauensmann, der einen ihm übergebenen Wahlvorschlag an den Wahlvorstand nicht abliefert. E. 55, 74. Die Unterdrückung kann nicht nur gegenüber dem erfolgen, der ein Recht an ihr erlangt hat, sondern auch gegenüber dem, für den sie bestimmt ist (Bestellschein). E. 10, 391; 39, 406. Die Rücksendung einer für den inzwischen ausgezogenen Untermieter bestimmten Postkarte an den Absender durch den bisherigen Vermieter, in dessen Hände sie gelangt ist, stellt keine Urkundenunterdrückung gegenüber dem Adressaten dar. OLG. Dresden JW. 34, 2640; a. M. Rilk Anm. a.a.O., ebensowenig die vorübergehende Rückgabe eines Schriftstücks an den Einsender zwecks Verbesserung, Ergänzung oder Berichtigung. RG. DStR. 37, 52. Handelt der Täter in Zueignungsabsicht, so sind §§ 242, 246 StGB, anwendbar. Will er zugleich vorenthalten und zueignen, so liegt Tateinheit zwischen Diebstahl und Urkundenunterdrückung vor. RG. HRR. 42 Nr. 669. 7) Grenzsteine sind endgültig aufgestellte Steine, die zur Bezeichnung der privaten Eigentumsgrenze oder öff.-rechtl. Gewaltverhältnisse (z. B. Landesgrenzsteine) dienen.

300

A 2. Strafgesetzbuch. §275

anderen Nachteil4) zuzufügen, wegnimmt, vernichtet, macht 10 ), verrückt oder fälschlich setzt 11 ). (2)12) Der Versuch ist strafbar.

unkenntlich

* § 275. [Wertzeichenfälschung] Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten wird bestraft, wer 1. wissentlich von falschem oder gefälschtem Stempelpapier1), von falschen oder gefälschten Stempelmarken2), Stempelblanketten, Stempelabdrükken3) oder Postwertzeichen4) Gebrauch macht5), 2. unechtes Stempelpapier, unechte Stempelmarken, Stempelblankette oder Stempelabdrücke für Spielkarten, Pässe oder sonstige Drucksachen oder Schriftstücke, ingleichen wer unechte Postwertzeichen in der Absicht anfertigt, sie als echt zu verwenden6), oder E . 48, 252. Steine, die der Setzende auf die Richtigkeit ihrer Lage erst nachprüfen will, gehören nicht hierher. RG. Recht 25 Nr. 2929. Ob der Stein die Grenze objektiv richtig bezeichnete oder nicht, ist für seinen strafrechtlichen Schutz ohne Bedeutung. E. 48, 254; die Benachteiligungsabsicht wird infolgedessen nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Täter in der Annahme, der Grenzstein stehe an falscher Stelle, ihn an die angeblich richtige Stelle setzen will. GA. 46, 51. 8) Darunter fallen alle endgültigen oder vorläufigen Grenzzeichen, die bestimmt sind, das Eigentum oder dingliche Rechte an Grund und Boden abzugrenzen, z. B. auch eine Hecke, LZ. 14, 88. Dagegen gehören Merkzeichen, durch welche nur persönliche Rechte äußerlich erkennbar gemacht werden, nicht hierher, R. 5, 251, 292; 6, 809; auch nicht die gemäß § 5d preuß. Enteignungsgesetz v. 11. 6. 1874 angebrachten Merkmale. J W . 06, 789. Es gehören nur solche Grenzzeichen hierher, die entweder von Alters her als solche bestehen oder von den Beteiligten anerkannt oder von der zuständigen Behörde festgestellt sind, R. 6, 49; das einseitige Errichten durch einen Beteiligten genügt grundsätzlich nicht. E. 3, 410; 16, 280; 41, 94. Wird ein Grenzrain durch Abpflügen usw. seiner Bestimmung als Grenze entzogen, so liegt Tateinheit mit § 370 Nr. 1 vor. E. 22, 286. 9) Nicht gehört hierher ein Stein, der nur die künftige Bezeichnung eines Wasserstandes vorbereiten soll. E. 31, 143. 10) Einen Grenzst. macht unkenntlich, wer ihn durch Verm-'nderung der Substanz der Wahrnehmung entzieht. GA. 42, 406. 11) d. h. ein äußerlich als Grenzmal erscheinendes Zeichen errichtet, um den Anschein zu erwecken, als handle es sich um ein richtiges Grenzmerkmal. E. 16, 280. 12) Abs. 2 ist eingefügt durch Art. 4 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339). Z u § 275: 1) Stempelpapier = jeder Stoff zur Anbringung von Stempeln. Falsch ist ein Stempelpapier, dem der Schein eines echten gegeben ist; es genügt ein solcher Grad von Ähnlichkeit, daß eine Täuschung möglich ist. GA. 39, 236. 2) Geschützt werden nur die zum Schutze fiskalischer Interessen unter öffentlicher Autorität ausgestellten Wertzeichen, die die Entrichtung gewisser Steuern, Gebühren usw. erleichtern und überwachen, z. B. Verwaltungsgebührenmarken der Polizeibehörden. E. 63, 380. Stempelmarken verlieren ihre Eigenschaft nicht dadurch, daß sie als Ursprungszeug nisse verwendet werden. E. 38, 263. Banderolen für Zigaretten sind keine Stempelmarken, R e c h t 26 Nr. 352 (vgl. §405 RAbgO.), wohl aber Steuermarken zur Entrichtung der Lustbarke ltssteuer. E. 57, 286; auch Gerichtskostenmarken. E. 59, 321. Vgl. noch (lex specialis) § 1496 RVO. — B V 1 —, § 350 Angestelltenversicherungsges. — B V 3 —. 3) Strafbar ist nur der Gebrauch von unechten Abdrücken, nicht von unrichtigen, „hierür nicht bestimmten" E. 52, 257. 4) Auch ausländische Postwertzeichen. E. 6, 387; 55, 81. Vgl. noch § 27 Abs. 1 Nr. 3, § 28 Postges. 5) Gebrauchmachen (von Stempel-usw.-Marken) ist nicht nur die bestimmungsgemäße Verwendung, sondern auch das Inverkehrbringen auf andere Weise, z. B. durch Verkauf an Dritte. Die falsche oder gefälschte Marke muß aber in dieser Eigenschaft in den Rechtsverkehr gebracht werden; der Gebrauch als Ware (Veräußerung von Briefmarken an Sammler) fällt nicht unter § 275. E. 24, 111. 6) Es genügt die Absicht, die Sache einem anderen zu übergeben, damit dieser sie als echt verwende. E. 56, 276.

2.Teil. 23. Abschnitt. Urkundenfälschung. §§276,277

301

3. echtes Stempelpapier, echte Stempelmarken, Stempelblankette, Stempelabdrücke oder Postwertzeichen in der Absicht verfälscht, sie zu einem höheren Werte zu verwenden6).

§ 276. [Wiederverwendung von Wertzeichen] (1) Wer wissentlich schon einmal zu stempelpflichtigen Urkunden, Schriftstücken oder Formularen verwendetes Stempelpapier oder schon einmal verwendete Stempelmarken oder Stempelblankette, ingleichen Stempelabdrücke, welche zum Zeichen stattgehabter Versteuerung gedient haben, zu stempelpflichtigen Schriftstücken verwendet, wird, außer der Strafe, welche durch die Entziehung der Stempelsteuer begründet ist, mit Geldstrafe bestraft 1 ). (2) Gleiche Strafe2) trifft denjenigen, welcher wissentlich schon einmal verwendete Postwertzeichen nach gänzlicher oder teilweiser Entfernung des Entwertungszeichens zur Freimachung benutzt 3 ). Neben dieser Strafe ist die etwa wegen Gebührenhinterziehung begründete Strafe verwirkt.

§ 277. [Fälschung von Gesundheitszeugnissen] Wer unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt1) oder als eine andere approbierte Medizinalperson2) oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen3) ein Zeugnis über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand ausstellt 4 ) oder ein derartiges echtes Zeugnis v e r f ä l s c h t u n d davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht 6 ), Wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. Z u § 276: 1) Schon einmal verwendet ist eine Marke nach ordnungsmäßiger Entwertung. E. 30, 384. Erfolgt die Gewinnung der verwendeten Marken durch eine Straftat, z. B. durch eine Zuwiderhandlung gegen § 348 Abs. 2, so steht § 276 mit dieser Zuwiderhandlung in Tatmehrheit. E. 68, 204 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung); BGHSt. 3, 289. 2) lex specialis gegenüber § 263. E. 68, 302. 3) Vollendet ist die Tat erst, wenn der freigemachte Brief in den Bereich der Postverwaltung gelangt ist. E. 68, 382. Unter Abs. 2 fällt auch Abstempelung schon einmal verwendeter Postwertzeichen, durch die die alte Entwertung unkenntlich gemacht wird, durch einen zur Führung des Poststempels befugten Beamten. RG. H R R . 37 Nr. 211; GA. 77, 200. Z u § 277: 1) Hier bedient sich also der Täter seines richtigen Namens, aber einer ihm nicht zustehenden Bezeichnung. Die Befugnis zur Bezeichnung als Arzt ist geregelt in §§ 2, 11 der R-Ärzteordnung v. 13. 12. 1935 (vgl. die Erläuterungenunter B I 5a), für Zahnärzte durch Ges. v. 31. 3. 1952 — B I 5 b —. 2) Dazu gehören auch Hebammen (§ 4 des Hebammenges, v. 21. 12. 1938 —• RGBl. I S. 1893), Heilpraktiker (§ 1 des Heilpraktikerges. v. 17. 2. 1939, abgedr. B I 5 f), Krankenpfleger und -Schwestern (VO. v. 28. 9. 1938 abgedr. B I 5 e); Säuglings- und Kinderschwestern (§ 17 der VO. v. 15. 11. 1939, RGBl. I S. 2239); med.-techn. Gehilfinnen und Assistentinnen (§ 27 der VO. v. 17. 2. 1940, RGBl. I S. 371). 3) Hier bedient sich also der Täter des Namens und der Bezeichnung einer wirklichen Medizinalperson. 4) Hierher gehören auch Zeugnisse über frühere durchgemachte Krankheiten. L K . Anm. II A 1. Vgl. Anm. 2 zu § 278. Das Zeugnis braucht nicht inhaltlich unrichtig zu sein. E. 20, 138. Zum Ausstellen muß das Gebrauchmachen treten. 5) Verfälschen muß von dritter unbefugter Hand erfolgt sein; Unbefugter ist aber auch der Arzt usw. selbst nach Begebung des Zeugnisses. Celle H R R . 33 Nr. 786. 6) Behörde: s. Anm. 3 zu § 164. Nach dem Zweck der Vorschrift kommen nur deutsche Behörden in Betracht. Zur Täuschung Gebrauch macht: vgl. Anm. 6 zu § 267. Eine Täuschung über den Gesundheitszustand braucht nicht beabsichtigt. E. 30, 140, die Täuschung nicht gelungen zu sein. Gegenüber § 267 ist § 277 lex specialis. E. 31, 296; vgl. aber E. 67, 117. T a t einheit ist möglich mit § 263 und mit Zuwiderhandlung gegen die in Anm. 12 zu § 132 angeführten Vorschriften zum Schutz der Bezeichnung approbierter Medizinalpersonen.

302

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 278—281

§ 278. [Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse] Ä r z t e u n d a n d e r e a p p r o b i e r t e Medizinalpersonen, welche ein u n r i c h t i g e s 1 ) Zeugnis 2 ) ü b e r den G e s u n d h e i t s z u s t a n d eines Menschen z u m G e b r a u c h e bei einer B e h ö r d e oder Versicherungsgesellschaft wider besseres Wissen 3 ) ausstellen, w e r d e n m i t Gefängnis v o n einem M o n a t bis zu zwei J a h r e n b e s t r a f t .

§ 279. [Gebrauch falscher Gesundheitszeugnisse] Wer, u m eine B e h ö r d e oder eine Versicherungsgesellschaft ü b e r seinen o d e r eines a n d e r e n G e s u n d h e i t s z u s t a n d zu t ä u s c h e n , v o n einem Zeugnisse der in §§ 277 u n d 278 b e z e i c h n e t e n A r t 1 ) G e b r a u c h m a c h t , wird m i t Gefängnis bis zu einem J a h r e b e s t r a f t .

§ 280. [Nebenstrafen] N e b e n einer n a c h Vorschrift der §§ 267, 274, 275, 277 bis 279 e r k a n n t e n G e f ä n g n i s s t r a f e k a n n auf Verlust der bürgerlichen E h r e n r e c h t e e r k a n n t w e r d e n .

§ 2811). [Mißbrauch von Ausweispapieren] (1) W e r ein Ausweispapier 2 ), d a s f ü r einen a n d e r e n ausgestellt ist, v o r sätzlich zur T ä u s c h u n g im R e c h t s v e r k e h r 3 ) g e b r a u c h t 4 ) , oder wer zur T ä u s c h u n g i m R e c h t s v e r k e h r einem a n d e r e n ein Ausweispapier ü b e r l ä ß t 8 ) , d a s n i c h t f ü r Zu § 278: 1) Hier wird im Gegensatz zu § 277 ein von einer befugten Person ausgestelltes, aber inhaltlich unrichtiges Zeugnis verlangt. Unrichtig auch ist ein Zeugnis, in dem der Arzt einen Befund bescheinigt, ohne eine Untersuchung vorgenommen zu haben, auch wenn der bezeugte Gesundheitszustand der Wirklichkeit zufällig entspricht. RG. DR. 40, 1516; OLG. München NJW. 50, 796. 2) Dahin gehören auch ein Impfschein. E. 24, 284 oder ein Gutachten über den Blutalkoholgehalt im Zeitpunkt eines Verkehrsunfalls. BGH. NJW. 54, 281. Auch die Würdigung des Befundes fällt unter den Begriff des Zeugnisses. E. 33, 294. Ein Zeugnis über die Todesursache ist kein Gesundheitszeugnis. E. 65, 78. 3) Hinsichtlich der Gebrauchsbestimmung genügt bedingter Vorsatz. Zu § 279: 1) d. h.von einem objektiv unrichtigen Zeugnis; es braucht nicht wider besseres Wissen ausgestellt zu sein. E. 32, 295. Tateinheit mit Betrug ist möglich. E. 61, 1. Zu § 281: 1) Eingefügt zwecks schärferer Bekämpfung des Mißbrauchs von Ausweispapieren, insbes. des Handels damit (an Stelle des früheren § 363 Abs. 2) durch § 4 des Ges. v. 4. 9. 1941 (RGBl. I S. 549). Wegen des Verhältnisses zu § 3 des Ges. über Personalausweise v. 19. 12. 1950 vgl. die Erl. unter B II 13. Tateinheit mit § 263 ist möglich. 2) Es muß sich um ein e c h t e s Ausweispapier handeln. Der Mißbrauch g e f ä l s c h t e r Ausweispapiere ist ausschließlich nach §§ 267 ff. strafbar. Ausweispapiere sind solche, die dazu bestimmt sind, die Person des Inhabers auszuweisen oder über gewisse persönliche Verhältnisse des Inhabers Auskunft zu geben. E. 75, 23, z. B. Wandergewerbeschein, Führerschein (auch nach Entfernen des Lichtbildes. OLG. Hamm VRS. 53, 619). 3) Vgl. Anm. 2 zu § 267. 4) = Gebrauch macht i. S. des § 267. OLG. Hamm HESt. 2, 331; vgl. Anm. 6 zu § 267. Das Gebrauchmachen muß stattfinden zu dem Zweck, den Täter als den berechtigten Inhaber des Ausweispapieres erscheinen zu lassen. Der Täter muß also eine von dem Berechtigten verschiedene Person sein; die Benutzung eines gerade für den Benutzer, aber unter falschem Namen ausgestellten Ausweispapiers fällt nicht unter § 281; E. 10, 262, ebenso nicht, wenn der sonstige Inhalt des Ausweispapiers falsch ist. E. 42, 79 (hier können aber §§ 271 oder 348 anwendbar sein). Gebrauchmachen liegt nach OLG. Hamm Rpfleger 49, 407 schon darin, daß der Täter, dem bei polizeilicher Durchsuchung der Ausweis abgenommen wird, sich untätig verhält. 5) d. h. die Möglichkeit des Gebrauchs eröffnet, ohne daß es — wie bei der Übergabe — der Herstellung unmittelbarer tatsächlicher Verfügungsgewalt bedarf. KG. NJW. 53, 1274. Ob das Ausweispapier für den Uberlassenden oder einen anderen ausgestellt ist, ist ohne Bedeutung, ebenso ob der Dritte tatsächlich davon zur Täuschung Gebrauch macht.

2. Teil. 24. Abschn. Bankrott. — 25. Abschn. Strafb. Eigennutz u. Verletzg. usw. § 284

303

diesen ausgestellt ist, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft. Der Versuch ist strafbar 6 ). (2) Einem Ausweispapiere stehen Zeugnisse und andere Urkunden gleich, die im Verkehr als Ausweis verwendet werden 7 ). 24. Abschnitt. 25. Abschnitt.

Strafbarer Eigennutz

Bankrott*) und Verletzung fremder

Geheimnisse

1

§ 284 ). [Glücksspiel] (1) Wer ohne behördliche Erlaubnis 2 ) öffentlich 3 ) ein Glücksspiel 4 ) veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu 8) bereitstellt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit Geldstrafe bestraft. 6) Versuch ist schon das Angebot, ein Ausweispapier zu kaufen oder verkaufen. KG. N J W . 53, 1274. 7) In Betracht kommen Zeugnisse und Urkunden, die nicht dazu bestimmt sind, als Ausweis zu dienen, deren Besitz aber nach der Verkehrsanschauung einen hinreichenden Ausweis darstellen kann, z. B. ein Steuerbescheid. *) Die §§ 282—283 sind durch die KO. außer Kraft gesetzt und durch deren §§ 239 bis 244 ersetzt. Siehe B IV 4. Z u § 284: 1) Vgl. dazu Nr. 247, 248 der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). 2) Wegen Erteilung der Spielerlaubnis s. Bek. v. 27. 7. 1920 (RGBl. S. 1482), die nach § 14 der DVO. zu § 33d GewO. v. 22. 5. 1935 (RGBl. I S. 683) i. d. F. v. 27. 4. 1954 (BGB1.I S. 112) insoweit gilt, als es sich um Spiele und Spieleinrichtungen handelt, die nicht nach § 1 Abs. 1 oder 2 dieser VO. zulassungspflichtig sind. Nach § 1 der VO. 1935 bedürfen der Zulassung durch die Phys.-Techn. Bundesanstalt mechanisch betriebene Spiele oder Spieleinrichtungen und andere eine Gewinnmöglichkeit bietende Spiele können als zulassungspflichtig bezeichnet werden. Zur Aufstellung der zugelassenen Typen im Einzelfall bedarf es gemäß § 33 d GewO. der ortspol. Genehmigung. Über das (streitige) Verhältnis der §§ 33 d, 146 Abs. 1 Nr. 5 GewO. zu § 284 StGB. vgl. OLG. Karlsruhe N J W . 53, 1642. Siehe ferner Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken v. 14. 7. 1933 (RGBl. I S. 480) i. d. F. des Ges. v. 23. 3. 1934 (RGBl. I S. 213) u. VO. v. 27. 7. 1938 (RGBl. I S. 955). 3) Öffentliches Glücksspiel ist eine Veranstaltung, die dem Publikum als solchem, also einem unbestimmten, nicht festgeschlossenen Personenkreis zugänglich gemacht ist. E. 57, 193. Auf die öffentliche Wahrnehmbarkeit kommt es nicht an. DStZ. 9, 306; Recht 25 Nr. 1537; auch genügt es nicht, daß das Spiel an einem öffentlichen Versammlungsort veranstaltet wird. KG. Recht 33 Nr. 2276. Spiel in einem geschlossenen Eisenbahnabteil ist nicht öffentlich. DRZ. 29 Nr. 292 (anders bei einem ganzen Eisenbahnwagen, innerhalb dessen die Mitfahrenden ihre Plätze wechseln können. H R R . 29 Nr. 1272). 4) Das sind Spiele um Vermögenswerte, bei denen Gewinn und Verlust allein oder in der Hauptsache vom Zufall abhängen, d. h. auf dem Wirken unberechenbarer (weil mehr oder weniger nicht erkennbarer), dem Einfluß der Beteiligten ganz oder überwiegend entzogener Ursachen beruhen. E. 62, 165; BGHSt. 2, 140, 274; oder doch die Wahrscheinlichkeit, auf den Ausgang des Spiels durch Geschicklichkeit oder Berechnung einzuwirken, nach der Anlage des Spiels so gering ist, daß in der großen Mehrzahl der Einzelspiele mit dieser Fähigkeit oder Geschicklichkeit der Spieler überhaupt nicht zu rechnen ist (wie z. B. bei den meisten Geldspielautomaten). E. 41, 218, 331; 43, 155; BGHSt. 2, 276. Ist die E n t scheidung über Gewinn und Verlust für den Durchschnittsspieler vom Zufall abhängig, so stellt sich das Spiel auch den übrigen Spielern gegenüber als Glückspiel dar. JW. 30, 2551; BGHSt. 2, 277. Erlauben die Spielregeln verschiedene Spielweisen (Setzarten), von denen nur einige Glücksspiel sind, so ist das ganze Spiel Glücksspiel. BGHSt. 2, 274. Die Natur des Glücksspiels wird nicht beseitigt durch den geheimen Vorbehalt und das darauf abzielende Verhalten des einen Vertragsteils, die Entscheidung mittels eines dem anderen Teile nicht erkennbaren Kunstgriffs herbeizuführen. E. 61, 12. — Ein Spiel, das an sich Geschicklichkeitsspiel ist, kann im einzelnen Falle als Glücksspiel angesehen werden. E. 25, 192. Es hängt dies von der Beschaffenheit des Apparats (z. B. Bajazzoapparat) und von den Eigenschaften der Spieler ab. H R R . 28 Nr. 190; E. 62, 163. (Hubertus-Schießautomat). JW. 28, 2241. Daß um Gewinne von unerheblicher geldlicher Bedeutung gespielt ist, schließt den Begriff des Glücksspiels nicht aus. R. 7, 636; E. 6, 70. Es ist auch nicht erforderlich, daß jeder Spieler die Gefahr eines Vermögensverlustes trägt. E. 45, 424. Wetten auf Rennplätzen, die von dem

304

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 284 a, b

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten s ) auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften 7 ), in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

§ 284a. [Beteiligung am Glücksspiel] Wer sich an einem öffentlichen Glücksspiel (§ 284) beteiligt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 284b. [Einziehung] In den Fällen der §§ 284, 284a 1 ) sind die Spieleinrichtungen und das auf dem Spieltisch oder in der Bank befindliche Geld einzuziehen, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören2). Andernfalls können die Gegenstände eingezogen werden. Vertreter eines Konzerns abgeschlossen werden, sind Glücksspiele, für die der Vertreter als Spieler verantwortlich ist. E. 57, 190. Ein Spiel, das zur Aufstellung an öffentlichen Orten auf Grund des § 33d GewO. und der DurchfVO. v. 22. 5. 1935 (RGBl. I S. 683) zugelassen ist, ist kein Glücksspiel i. S. des § 284 StGB. (AV. d. RJM. v. 14. 8. 1934 — DJ. S. 1044 —). Vgl. Anm. 2. Ob ein Spiel als Glücksspiel anzusehen ist, hängt von der Art des Spiels ab, z. B. beim Mauscheln, E. 61, 355; GA. 52, 267; DStZ. 3, 255; desgl. beim écarté mit chouette. HRR. 28 Nr. 189. (Unerheblich, ob der Pointeur seinen Spielerfolg hauptsächlich durch geschicktes Spiel bestimmt. GA. 75, 18). Kümmelblättchen bleibt Glücksspiel, auch wenn die Parteien den Gewinn lediglich von ihrer Geschicklichkeit abhängig machen wollen, GA. 50, 112; KG. Recht 32 Nr. 1189; und zwar in Tateinheit mit Betrug. E. 61, 12. Siehe aber JW. 28, 2236 und KG. JW. 29, 275, wo dieses Spiel lediglich als Betrug angesehen ist. Klabberjaß zu zweien ist Glücksspiel, KG. Recht 32 Nr. 2378; desgl. Rommé. KG. HRR. 29 Nr. 1803. Daß Pokern Glücksspiel ist, wird vom RG. nicht verneint. RG. JW. 06, 789. Auch Ringwerfen ist ein Glücksspiel. Recht 10, 760; ebenso Tivolibillard. R. 7, 17; Spiralo-Apparat. JW. 33, 2147; Spiralo-Roulette. BGHSt. 2, 274. Das Würfelspiel um Geld in den Glücksbuden ist Glücksspiel und nicht Lotterie. GA. 41, 283. Falls bei einem Spielapparat der Gewinn in Marken besteht, für die der Spieler Getränke usw. bekommt, so kann Glücksspiel oder Ausspielung vorliegen, je nach dem die Marken als Zahlungsmittel oder als Gegenleistung für den Empfang von Waren gelten sollen. E. 64, 219. Über Rennwetten als Glücksspiele siehe Rennwettgesetz, abgedr. B II 6. Vergehen gegen § 284 wie auch gegen §§ 284 a, 285, 286 können nur vorsätzlich begangen werden. E. 62, 172 ; BayObLG. JW. 28, 256. Die irrige Annahme des Täters, er habe eine polizeiliche Erlaubnis oder es komme bei dem Spiel vorwiegend auf die Geschicklichkeit der Spieler an, ist strafausschließender Sachverhaltsirrtum i. S. des § 59. RG. JW. 30,3875; 31, 2791. Dagegen ist ein Irrtum über den Rechtsbegriff des Glücksspiels, über die Notwendigkeit der behördl. Erlaubnis oder darüber, ob die vereinbarten Gewinne einen Vermögenswert darstellen, usw. ein Verbotsirrtum. 5) Spieleinrichtungen sind nicht nur Gegenstände, die i h r e r N a t u r nach dazu bestimmt sind, gerade beim Spiel benutzt zu werden (wie Spieltische und -karten), sondern auch Gegenstände, die ohne Rücksicht auf ihre sonstige Verwendung im Einzelfall zur Veranstaltung des Glücksspiels dienen. E. 56, 117 (str.), z. B. ein gewöhnlicher, Haushaltungszwecken dienender Tisch. OLG. Hamburg LZ. 22, 428, jedoch nicht die Räume, die sonst anderen Zwecken dienen (vgl. auch § 284b). OLG. Rostock HRR. 29 Nr. 2056. 6) Die Ausnahmevorschrift ist nicht anwendbar auf § 286 und andere Gesetze, in denen die Öffentlichkeit von Ausspielungen usw. Tatbestandsmerkmal ist. JW. 31, 2812. 7) Eine (geschl.) Gesellschaft ist schon dann vorhanden, wenn sich die Teilnehmer mit einer gewissen Regelmäßigkeit zusammenlinden, ohne daß ein Statut besteht. DStZ. 9, 306. Zu § 284a: 1) Es beteiligt sich, wer selbst spielt, z. B. auch, wer durch Geldeinsätze in das vom Kartenspieler geführte Spiel eintritt. KG. Recht 32 Nr. 2387. Das Spiel braucht nicht von einem anderen als dem Spieler veranstaltet zu sein. Zu § 284b: 1) Bei Verurteilungen aus diesen Paragraphen; eine selbständige Einziehung ist nicht möglich. E. 66, 419. 2) Der Einziehungszwang beschränkt sich auf die von vornherein als Gegenstände des Spielbetriebs kenntlichen Gelder. Dazu gehört auch das in einem Bajazzoapparat (s. Anm. 4

2. Teil. 25. Abschnitt. Strafb. Eigennutz u. Verletzg. fremd. Geheimnisse. §§ 285—286

305

§ 285. [Gewerbsmäßiges Glücksspiel] Wer aus dem Glücksspiel ein Gewerbe macht 1 ), wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe, bei mildernden Umständen mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit Geldstrafe bestraft 2 ). § 2 8 5 a 1 ) . [Nebenstrafen] (1) In den Fällen der §§ 284, 284a und 285 kann neben Gefängnis auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. (2) Neben der Strafe kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen ist. § 286. [Lotterie und Ausspielung] (1) Wer ohne obrigkeitliche Erlaubnis 1 ) öffentliche2)

Lotterien 3 )

ver-

zu § 284) befindliche Geld. HRR. 28 Nr. 691. Die Einziehung ist in diesem Falle Sicherungsmaßregel. E. 63, 379. 3) Das nicht auf dem Spieltisch oder in der Bank befindliche Geld kann unter den Voraussetzungen des § 40 ausgezogen werden (vgl. E. 57, 127). Zu § 285: 1) Täter i. S. des § 285 kann nur sein, wer den Spielvertrag im eigenen Namen abschließt, also sich am Gewinn und Verlust beteiligt. E. 64, 358; 65, 56. Wer, ohne am Spiel teilzunehmen, gewerbsmäßig gegen § 284 verstößt, wie z. B. der Spielklubleiter, ist nicht nach § 285 strafbar. E. 63, 44; a. M. OLG. Breslau J R . 26 Nr. 1993; Schönke III. Der gewerbsmäßige Spieler fällt auch dann unter § 285, wenn das Glücksspiel nicht öffentlich ist und selbst dann, wenn es behördlich genehmigt ist. E. 65, 55 G e w e r b s m ä ß i g handelt, wer sich durch fortgesetztes Spiel einen Erwerb verschaffen will, E. 58, 19, gleichviel, ob im übrigen der Beweggrund Spielleidenschaft oder Gewinnsucht ist, E. 33, 237; schon aus einem einzigen Spiel kann eine solche Absicht hervorgehen. E. 12, 388. Gewerbsmäßigkeit ist, auch wenn die Voraussetzungen des § 284a gegeben sind, nicht straferhöhendes, sondern stets strafbegründendes Merkmal, E. 59, 140, daher braucht der Gehilfe (vgl. §50) nicht selbst gewerbsmäßig zu handeln, vielmehr genügt, wenn er die Gewerbsmäßigkeit des Haupttäters kennt. Beihilfe kann z. B. durch Gewährung von Darlehen an Mitspieler begangen werden. GA. 55, 232. Ein Schankwirt kann durch Nichtverhindern des Spiels Beihilfe begehen. Dresden J W . 24, 1787. 2) Tateinheit zwischen § 285 und §§ 284, 284a ist möglich. E. 64, 361. Zu § 285a: 1) Die Fassung beruht auf dem Gesetz v. 24. 11. 1933; der frühere Abs. 2ist gestrichen durch Gesetz über Reichsverweisungen v. 29. März 1934. Zu § 286: 1) Die Zuständigkeit zur Erteilung der Erlaubnis ist geregelt in der Lotterieverordnung v. 6. 3. 1937 (RGBl. I S. 283). 2) Eine „öffentliche" Lotterie liegt vor, wenn das Anbieten von Losen sich nicht auf einen begrenzten Kreis von Teilnehmern beschränkt, sondern an eine Mehrzahl unbestimmter Personen erfolgt ist. R. 3, 320; 8, 460. Den Gegensatz bilden der Privatzirkel, d. h. der festabgeschlossene Personenkreis, dessen Mitglieder durch Beruf, gemeinsame Interessen oder in ähnlicher Weise innerlich miteinander verbunden sind und zu dem auch der Veranstalter gehört. E. 59, 349. Die Nichtzugehörigkeit des Veranstalters zu dem Personenkreis macht die Ausspielung (Abs. 2) aber noch nicht zu einer öffentlichen. OLG. Dresden JW. 29, 276. 3) Zum Begriff der Lotterie gehört ein von einem Unternehmer festgesetzter Spielplan, der den Einsatz bestimmt und Art, Zahl und Größe der Gewinne sowie das Verfahren bei der Gewinnermittelung regelt. E. 27, 47 und 94; 34, 448. Der E i n s a t z muß in einem Vermögenswert bestehen, der bewußt für die Eröffnung einer Gewinnaussicht geopfert wird, E. 60, 128; er kann auch in versteckter Form geleistet werden, und liegt z. B. im Kaufpreis, wenn ein Kaufmann zu Reklamezwecken den Käufern seiner Ware Freilose gibt. E. 60, 127; 64, 1; 65, 195. Keine Lotterie, wenn es an einem objektiven Einsatz fehlt, z. B., wenn die Kosten ausschließlich von dem Veranstalter in der Hoffnung einer Umsatzsteigerung getragen werden. („Gratisausspielungen"), oder wenn der Mitspieler in der vom Veranstalter gelieferten Ware mindestens einen objektiven Wert von der Höhe des zu zahlenden Kaufpreises erhält. E. 65, 194. Der Gewinn muß bei der Lotterie stets in Geld bestehen. Nicht erforderlich ist, daß alle Spieler einen Einsatz leisten oder die gleichen Gewinnaussichten haben. LK. Anm. 3 a, 20

Dalcke, S t r a f r e c h t .

36. Aufl.

306

A 2. S t r a f g e s e t z b u c h . §287

anstaltet 4 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Den Lotterien sind öffentlich veranstaltete Ausspielungen6) beweglicher oder unbeweglicher Sachen gleichzuachten. § 287 (Ersetzt d u r c h § 14 des Gesetzes v. 30. N o v e m b e r 1874 über den Markenschutz, a n dessen Stelle j e t z t die §§ 24 u n d 25 des Warenzeichengesetzes v . 5. Mai 1936, R G B l . I I S. 134, get r e t e n sind, a b g e d r u c k t B ) . auch nicht, d a ß die E r m i t t e l u n g des Gewinns durch Losziehung vor sich geht, E . 27, 47; oder, d a ß die Einzahlenden sich in ihren Gewinnaussichten gegenseitig beschränken. GA. 58, 194. Erforderlich ist aber, d a ß die E n t s c h e i d u n g über Gewinn oder Verlust ganz oder hauptsächlich v o m Zufall a b h ä n g t . E . 65, 195; 67, 398; u n d d a ß dies f ü r den Spielenden e r k e n n b a r ist. E . 60, 385; a. M. B a y O b L G . D J Z . 27, 754. Der Zufall entscheidet auch, wenn nach d e m Spielplan der U n t e r n e h m e r willkürlich über die Verteilung des Gewinns entscheidet. E . 27, 94. Der L o t t e r i e v e r t r a g verliert nicht d a d u r c h seinen Charakter, d a ß er m i t einem a n d e r e n Vertrage v e r b u n d e n wird. E . 36, 123. Die V e r a n s t a l t u n g einer Lotterie k a n n auch a n eine schon bestehende Lotterie in der Weise g e k n ü p f t werden, d a ß der U n t e r n e h m e r die E n t scheidung über seine Verpflichtung zur Gewinnauszahlung von dem Ergebnis der Losziehung in der a n d e r e n Lotterie abhängig m a c h t . K G . J W . 31, 1926. E i n e Lotterie liegt z. B. vor, wenn ein K a u f m a n n verspricht, denjenigen, die a n einem b e s t i m m t e n nach seinem Belieben festzustellenden u n d s p ä t e r b e k a n n t zu m a c h e n d e n Tage W a r e n in seinem Geschäfte g e k a u f t h a b e n , den d a f ü r gezahlten Preis z u r ü c k z u e r s t a t t e n . R G . GA. 46, 199; wenn ein K a u f m a n n W a r e n u n t e r d e m Versprechen öffentlich ausbietet, d a ß einzelnen Abnehmern, die d u r c h die Reihenfolge des E i n g a n g s der Bestellung b e s t i m m t werden, eine P r ä m i e gewährt wird, GA. 45, 278; wenn eine Sportzeitschrift zur B e a n t w o r t u n g der F r a g e einladet, welche F u ß b a l l vereine bei bevorstehenden Wettspielen als Sieger hervorgehen werden, u n d auf die richtigen Lösungen Geldpreise aussetzt, die a n eine begrenzte Zahl von Einsendern verteilt werden sollen. B a y O b L G . D R Z . 30 Nr. 415. Lotterie ist ferner das Ausschreiben von Preisrätseln, deren Gewinne f ü r die sich beteiligenden Zeitungsabonnenten durch den Zufall b e s t i m m t werden, E . 25, 256; 60, 286; oder der Verkauf v o n W a r e n , denen Anweisungen auf Gewinne beiliegen, R . 9, 300. W ü r f e l n u m einen Geldbetrag ist keine Lotterie. GA. 39, 336. 4) Veranstalter ist, wer den Spielplan aufstellt u n d den Personen, die als Teilnehmer zu gewinnen hoffen, zugänglich m a c h t . E . 59, 352. Veranstalter ist i m m e r n u r der U n t e r n e h m e r , n i c h t derjenige, der den Verkauf der Lose ü b e r n i m m t . Düsseldorf GA. 60, 152. 5) Vgl. R d E r l . des M d l . v. 14. 3. 1934 (MBliV. S. 473) betr. Richtlinien f ü r die Ausspielung geringwertiger Gegenstände bei Volksbelustigungen. Die Ausspielung unterscheidet sich von der Lotterie, deren Wesensmerkmale sie im übrigen aufweisen muß, d a d u r c h , d a ß der Gewinn nicht in Geld, sondern in beweglichen oder unbeweglichen Sachen oder geldwerten Leistungen, z. B. einer Erholungsreise besteht. E . 64, 219; 67, 398. Auch der bloße Besitzerwerb a n einer Sache, j a der Z e i t p u n k t des Besitz- u n d Eigentumserwerbes k a n n Gegenstand der Ausspielung sein (Fahrradhilfe). E . 59, 347. D a s Ausspielen wird zur Lotterie, wenn d e r Gewinner nach seiner W a h l entweder die ausgespielte Sache oder einen Geldbetrag erhält. E . 3, 123. Öffentliche Ausspielung ist z. B. die Aufstellung eines W ü r f e l a u t o m a t e n zur B e n u t z u n g der Gäste in einem Schanklokale, E . 29, 66; oder eines K u g e l s t e c h a p p a r a t e s (RdErl. d . BWiMin. v. 30. 1. 1951 — N r . I I 3 1 9 4 2 5 / 5 0 — ) ; ein öffentliches P r e i s - R a d w e t t f a h r e n . Dresden GA. 63, 472; ein Preiskegelschieben, wenn der Erfolg der W ü r f e überwiegend ein W e r k des Zufalls ist. GA. 45, 58; D S t Z . 2, 555; die sogenannten H y d r a - oder Schneeballgeschäfte, bei denen jeder K ä u f e r einer Sache Preisnachlaß erhält, wenn er dem Verkäufer weitere Verkäufer z u f ü h r t , wobei der verlorene Einsatz des K ä u f e r s darin besteht, d a ß er einen höheren als den v o m Verkäufer berechneten D u r c h s c h n i t t s k a u f p r e i s bezahlt, wenn es i h m nicht gelingt, K u n d e n zu werben (progressive Kundenwerbung). E . 60, 250; 61, 281; B G H S t . 2, 79, 139. Vgl. Nr. 248 R i S t V . 1953 (str.; s. Härtung N J W . 54, 393). Keine Ausspielung, weil es a n einem Spieler fehlt, wenn der Veranstalter gegen E n t g e l t Lose an Geschäftsinhaber mit der Auflage abgibt, diese zu Werbezwecken unentgeltlich u n t e r die Besucher der Geschäfte zu verteilen. E . 67, 398. Bei Scheinausspielungen (Auslosung von Gewinnen f ü r die Lösung kinderleichter Rätsel in der E r w a r t u n g , d a ß der Einsender auf G r u n d mißverständlicher Mitteilung des Veranstalters seine Beteiligung a n der Auslosung d a v o n abhängig w ä h n t , d a ß er W a r e bestellt), liegt zwar mangels eines Einsatzes keine Ausspielung vor. E . 5 5 , 2 7 1 ; B G H S t . 3, 103, doch k a n n § 4 U W G . a n w e n d b a r sein. Bockelmann N J W . 52, 855.

2. Teil 25. Abschnitt. Strafbarer Eigennutz u. Verletzung fremder Geheimnisse. § 288

307

§ 288. [Vollstreckungsvereitelung] (1) Wer ) bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung2) in der Absicht 3 ), die Befriedigung des Gläubigers4) zu vereiteln, Bestandteile seines Vermögens5) 1

Zu § 288: 1) Täter kann jeder sein, der aus irgendeinem sachlichrechtlichen Grunde eine Zwangsvollstreckung in Bestandteile seines Vermögens zu dulden hat, also auch die in allgemeiner Güterschaft lebende Ehefrau, wenn persönliche Gläubiger des Ehemannes in das Gesamtgut vollstecken wollen. E. 68, 108. H a t der Schuldner einen gesetzl. Vertreter (Vormund, Organ einer jur. Person), so kann dieser, wenn er Bestandteile des von ihm betreuten Vermögens beiseiteschafft, nach der Rechtsprechung des RG. (E. 16, 121) nicht nach § 288 bestraft werden, der Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH selbst dann nicht, wenn er der (einzige) Gesellschafter ist. E. 60, 234. Dieser unbilligen und durch den Gesetzeswortlaut nicht zwingend gebotenen Auffassung kann nicht zugestimmt werden; ebenso Schönke VI; LK. II 2 (vgl. dazu Anm. l a Abs. 1 zu § 47). 2) Die Zwangsvollstreckung droht, wenn nach den Umständen des Falles angenommen werden kann, daß der Berechtigte den ernstlichen Willen hat, seinen Anspruch nötigenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung zu verwirklichen, wenn zu erwarten ist, daß die Verwirklichung in nahe Aussicht gerückt ist. BayObLG. J W . 32, 3188. Es ist nicht erforderlich, daß der Gläubiger Klage erhoben oder seine Absicht, seine Forderung zwangsweise zu verwirklichen, zu erkennen gegeben hat. E. 24, 238; JW. 31, 2134. Insbesondere kann beim Vorliegen eines Anfechtungsanspruchs ein Drohen der Zwangsvollstreckung aus der Natur der konkreten Forderung oder aus den besonderen Umständen des Falles angenommen werden. E. 63, 341. Die Zwangsvollstreckung droht nicht, wenn ein materiellrechtlicher Anspruch nicht besteht. E. 31, 22; 44, 251. Das gilt nicht nur, solange überhaupt noch kein Vollstreckungstitel vorliegt, sondern auch, wenn ein nur vorläufig vollstreckbares Urteil vorliegt. E. 13, 292; RG. JW. 37, 1336; a. M. Schönke II 2 (siehe Anm. 3, 4). Die Vollziehung eines Arrestes ist keine Zwangsvollstreckung im Sinne des § 288, weil sie nicht der Befriedigung, sondern nur der Sicherung des Gläubigers dient. E. 26, 9; a. M. LG. Köslin D J . 35, 1676; wohl aber die Zwangsverwaltung. LK. II 5. Auch eine bereits eingeleitete Zwangsvollstreckung droht solange, als noch nicht alle Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abgeschlossen sind, E. 17, 42; 35, 62, also auch dann noch, wenn Pfändung und Überweisung der Hypothekenforderungen bereits erfolgt ist und nur noch die Hypothekenbriefe wegzunehmen sind. GA. 55, 115. 3) Erforderlich ist der bestimmte auf die Herbeiführung des bezeichneten Erfolges gerichtete Wille, bedingter Vorsatz genügt nicht; aber gewollt ist der Erfolg schon dann, wenn der Täter ihn als notwendige und unvermeidliche Folge vorausgesehen. E. 27, 241; 59, 314. Die Absicht braucht nicht darauf gerichtet zu sein, die Befriedigung des Gläubigers überhaupt unmöglich zu machen, es genügt, daß die drohende Vollstreckungsmaßregel wirkungslos gemacht werden soll. R. 1, 560. Der beabsichtigte Erfolg braucht nicht eingetreten zu sein. E. 38, 233. Erforderlich ist das Bewußtsein, dem Gläubiger ein vorhandenes Befriedigungsmittel zu rauben. E. 59, 315. Daran fehlt es, wenn an Stelle des veräußerten Gegenstandes ein entsprechender Gegenwert in das Vermögen des Schuldners gelangt. E. 71, 230; oder der Gläubiger aus anderen Vermögensobjekten sich befriedigen kann. E. 8, 50; DRZ. 30 Nr. 267. Ob ein entsprechender Gegenwert an den Schuldner gelangt, ist aber wirtschaftlich (vom Standpunkt des Gläubigers aus) zu werten. So ist z. B. ein Bargelderlös, den der unredl. Schuldner verprassen will und verpraßt, kein entsprechender Gegenwert, da die Befriedigungsmöglichkeit des diese Absicht nicht kennenden Gl. verringert oder ausgeschlossen wird. BGH. N J W . 53, 1152. § 288 ist unanwendbar, wenn die T a t begangen wird, um einen anderen Gläubiger wegen einer f ä l l i g e n Forderung zu befriedigen (kongruente Deckung). E. 71, 230. Zum Vorsatz gehört ferner das Bewußtsein der drohenden Zwangsvollstreckung. Dazu genügt das Bewußtsein des Täters, daß der Gläubiger überhaupt mit Zwangsvollstreckung gegen ihn vorgehen will; nicht notwendig ist das Bewußtsein, daß der Gläubiger gerade den verheimlichten Gegenstand pfänden will. RG. JW. 05, 754. Die Kenntnis des Täters vom Vorhandensein eines vorläufig vollstreckbaren Urteils genügt regelmäßig nicht, wenn über seine Einwendungen noch nicht rechtskräftig entschieden ist. RG. JW. 30, 1405. Das Bewußtsein der drohenden Zwangsvollstreckung entfällt ferner, wenn der Täter weiß, daß dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus rechtlichen Gründen versagt ist. E. 38, 224; oder wenn er sie aus wirtschaftlichen Gründen für unmöglich hält. E. 59, 314. 4) Gläubiger ist nur der, dem ein sachlich begründeter vollstreckungsfähiger Anspruch im Zeitpunkt der Vereitelungshandlung zusteht. Eine vollstreckbare Urkunde, der kein 20*

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A 2. Strafgesetzbuch. §288

veräußert6) oder beiseite schafft 7 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Gläubigers ein 8 ). sachlicher Anspruch zugrunde liegt, genügt nicht. RG. JW. 37, 1336. Daß der Täter dem Gläubiger s c h u l d r e c h t l i c h verpflichtet, ist nicht erforderlich. Der Anspruch braucht nicht fällig zu sein, ein aufschiebend bedingter Anspruch genügt nicht. RG. DRZ. 34 Nr. 113. Der Kostenanspruch des Fiskus gegen einen Beschuldigten entsteht nicht erst mit dem Strafurteil, sondern schon mit dem Zeitpunkte, in welchem staatliche Organe zum Zwecke der Strafverfolgung in Tätigkeit treten. E. 13, 138; 15, 164; 21, 54. 5) Soweit sie Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, also nicht die einzelnen wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks, E. 42, 62; auch nicht unpfändbare Sachen. E. 71, 218. Vermögensbestandteil ist auch eine künftig entstehende Forderung, wenn sie schon genügend bestimmt ist, E. 71, 230, ferner der Besitz der vom Schuldner herauszugebenden Sachen (§ 883 ZPO.). E. 61, 407. Ein Grundstück scheidet als Gegenstand der Zwangsvollstreckung nicht schon deshalb aus, weil die Belastung den geschätzten Versteigerungswert erreicht. RG. JW. 32, 3625. Zum Vermögen des Schuldners gehören nicht die Gegenstände, die wirtschaftlich einem anderen zukommen, z. B. eine Forderung, die ihm nur zur Einziehung abgetreten ist. E. 72, 252. 6) Eine Veräußerung liegt in jeder (rechtlichen) Verfügung desSchuldners über sein Vermögen, die die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers beeinträchtigt, z. B. in der Bestellung einer Hypothek, E. 38,227; in der Eintragung einer Auflassungsvormerkung, E. 59, 314; in der Abtretung einer Forderung, E. 7, 237; im Verzicht auf einen Nießbrauch, RG. GA. 40, 165; in einer Verpachtung, weil sie dem Pächter das Eigentum an den gezogenen Früchten verschafft, E. 6, 101; in der kaufweisen Übereignung einer Sache auch dann, wenn der Verkäufer sich das Eigentum an den verkauften Sachen bis zur vollständigen Bezahlung des Preises vorbehalten hat. Recht 10 Nr. 150. Keine Veräußerung enthält die Ausschlagung der Erbschaft. LK. Anm. I I 4; a. M. Recht 6, 328; sowie der bloße Abschluß eines Kaufvertrages ohne Übergabe. E. 32, 20, und das bloße Vermieten oder Verleihen, da hier der Rückgabeanspruch gepfändet werden kann (siehe aber Anm. 7). Wer sich vom Vollstreckungsschuldner auf dessen Grundstück eine Scheinhypothek eintragen läßt und sie zum Vorteil des Schuldners versilbert, ist als Gehilfe strafbar. E. 63, 133. 7) Beiseiteschaffen ist jede Handlung, durch die ein Vermögensbestandteil der Zwangsvollstreckung t a t s ä c h l i c h entzogen wird. Eine dauernde Entziehung ist nicht erforderlich. Ein bloß passives Verhalten des Schuldners genügt nicht; erforderlich ist eine Maßnahme, durch die die Vollstreckung unmöglich gemacht oder doch erschwert wird, RG. J W . 33, 2592, z. B. eine vorläufige Unterbringung des Gegenstandes an einer Stelle, wo ihn die Gläubiger nicht vermuten, RG. D J . 34, 450, eine Verdunkelung der Rechtslage, so daß der Gläubiger das Forderungsrecht seines Schuldners nicht erkennt, E. 35, 62; wie die Vereinbarung des Schuldners mit seiner Firma, daß er den pfändungsfreien Teil des Reingewinns, seine Ehefrau den Rest erhalten solle. Dresden JW. 30, 1101. Ein Beiseiteschaffen liegt auch in der Zerstörung einer Sache, E. 19, 25 (aber nicht in der Beschädigung. E. 27, 122); in der Abhebung eines Sparkassenguthabens durch die Ehefrau und Übergabe an den Ehemann, GA. 49, 128; in einem Scheinverkauf mit nachfolgender Ableistung des Offenbarungseides, E. 27, 213; JW. 24, 567; in der Ausstellung einer nicht ernstlich gemeinten Zessionsurkunde, wenn dadurch der Zwangsvollstreckung Erschwernisse bereitet werden, GA. 46, 122; in der vorzeitigen Einziehung einer (noch nicht fälligen) Forderung, E. 71, 229; aber nicht in dem beschleunigten Einziehen f ä l l i g e r Forderungen, RG. a.a.O.; auch nicht in einem bloßen Verheimlichen, z. B. darin, daß der Schuldner Beweisurkunden über ihm zustehende Forderungen vor dem Gerichtsvollzieher verborgen hält, E. 26, 9; oder daß er nach dem Offenbarungseid der Auflage des Richters, die Namen seiner Schuldner nachzubringen, nicht nachkommt. E. 71, 229. 8) Antragsberechtigt ist nur der Gläubiger, dessen Befriedigung vereitelt werden sollte, R. 1, 152. Ist der Fiskus Gläubiger, so sind die ihn vertretenden Behörden je für ihren Geschäftsbereich zuständig, bei Durchführung der Besteuerung z. B. das Finanzamt, OLG. Celle J R . 27 Nr. 1080; und zwar sowohl das ersuchende wie das ersuchte Finanzamt, RG. J W . 29, 2429. Der Konkursverwalter ist berechtigt, wegen einer die Masse benachteiligenden Straftat Antrag zu stellen, E. 33, 433, aber nicht an Stelle des benachteiligten Gläubigers. JW. 11, 509. Das Recht des Gläubigers, den Strafantrag zu stellen, wird dadurch nicht beeinträchtigt, daß über sein Vermögen der Konkurs eröffnet ist. E. 23, 221.

2. Teil. 25. Abschnitt. Strafbarer Eigennutz u. Verletzung fremder Geheimnisse. § 289

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§ 289. [Pfandkehr] (1) Wer seine eigene bewegliche Sache, oder eine fremde bewegliche Sache zugunsten des Eigentümers derselben, dem Nutznießer, Pfandgläubiger oder demjenigen, welchem an der Sache ein Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrecht zusteht 1 ), in rechtswidriger Absicht 2 ) wegnimmt 3 ), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Der Versuch ist strafbar 4 ). (4) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein 8 ). (5) Die Bestimmungen des § 247 Abs. 2 und 3 finden auch hier Anwendung. Zu § 289: 1) Es kann sich um vertragl. oder gesetzl. Pfandrechte handeln. Von letzteren kommt insbes. das Pfandrecht des Vermieters an den eingebrachten Sachen des Mieters (§ 559 BGB.) wegen der Forderungen aus dem Mietverhältnis in Betracht. Die Vermutung des § 1362 BGB. gilt nicht für das Strafrecht. E. 36, 332. Das Pfandrecht des Vermieters erstreckt sich gemäß § 559 BGB. nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen. Wegen des Pfandrechts des Verpächters siehe § 585 BGB. Die Entfernung von Früchten, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb des Pächters erfolgt, ist nach §§ 560 S. 2, 581 Abs. 2 zulässig. RG. GA. 53, 172. Nutznießer ist, wer ein absolutes Recht hat, die Nutzungen einer Sache zu ziehen, wie der Nießbraucher oder die Eltern am Kindesvermögen. Gebrauchsberechtiger ist, wer ein dingl. oder persönl. Recht hat, die Sache zu gebrauchen, wie der Mieter, Pächter oder E n t leiher einer Sache. Auch der Käufer, dem die Kaufsache unter Eigentumsvorbehalt übergeben worden ist, hat ein Recht zum Gebrauch der Sache und genießt in dieser Eigenschaft (nicht unter dem Gesichtspunkt der Anwartschaft auf das Eigentum, so Schönke II 5) den Schutz des § 289. Die Voraussetzungen, unter denen ein Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t k r a f t Gesetzes zur Entstehung gelangt, regelt § 273 BGB. Das Zurückbehaltungsrecht kann auch durch Vertrag, wenn auch ohne dingliche Rechtsfolgen bestellt und auf die gemäß § 811 ZPO. von der Pfändung ausgenommenen Sachen ausgedehnt werden. E. 35, 150; 37, 118; a. M. LK. I 2. Der Eigentümer darf demjenigen, dem das Zurückbehaltungsrecht von einem Nichteigentümer der Sache eingeräumt war, den Besitz entziehen. E. 63, 209. 2) d. h. der Täter muß bezwecken, die Rechte des Pfandgläubigers, Nutznießers usw. zu verletzen; der Absicht einer Schadenszufügung bedarf es nicht. Bloßer (unbedingter oder bedingter) Vorsatz, d. h. das bloße Bewußtsein des Täters, daß seine Handlung eine Verletzung dieser Rechte zur Folge habe oder haben könne, genügt nicht. E. 21, 312; 25, 154. Wer aus der Wohnung eines anderen dessen Sachen wegschafft, um sie für sich zu verwenden, ist nur dann strafbar, wenn er nicht bloß im eigenen, sondern auch im Interesse des Mieters dem Vermieter gegenüber handelte. RG. GA. 41, 413; JW. 31, 542. 3) Wegnehmen bedeutet Vereitelung des dem Berechtigten zustehenden Gebrauchsusw. -rechts durch Bruch seines Gewahrsams oder — wo das Recht auch ohne Gewahrsam besteht, wie beim gesetzlichen Pfandrecht des Vermieters — durch Bruch des besitzähnlichen Verhältnisses des Berechtigten zu der Sache. E. 25, 117; 27, 222; 37, 126; 38, 174. An einem solchen besitzähnlichen Verhältnis fehlt es, wenn der Gerichtsvollzieher gepfändete Sachen im Gewahrsam des Schuldners beläßt, E. 64, 77; hier greift § 137 ein. Mit der vollendeten Entfernung der Sachen des Mieters von dem Mietgrundstück ist die Möglichkeit einer weiteren Wegnahme durch Dritte ausgeschlossen. GA. 47, 287. Eine Wegnahme liegt auch vor, wenn die im gemeinsamen Gewahrsam des Eigentümers und des Gebrauchsberechtigten befindlichen Sachen von dem ersteren in seinen alleinigen Gewahrsam gebracht werden. E. 17, 358. Die Zerstörung oder Beschädigung der Sache ist keine Wegnahme. E. 15, 434; RG. GA. 41, 56. 4) Ein Versuch der Wegnahme liegt nicht schon in dem Abschluß eines Kaufvertrages über Früchte auf dem Halm, die dem Pfandrecht des Verpächters bei ihrer Trennung unterfallen. GA. 48, 127. 5) Verletzter ist derjenige, dessen Rechtsausübung vereitelt wird. Bei Verletzung des Vermieterpfandrechts ist nicht nur der Vermieter, sondern auch sein Bevollmächtigter antragsberechtigt, z. B. der Verwalter eines Hauses, R. 3, 770; aber nicht der Hypothekengläubiger, GA. 46, 340.

310

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 290—292

§ 290. [Pfandmißbrauch] öffentliche x) Pfandleiher, welche die von ihnen in Pfand genommenen Gegenstände unbefugt in Gebrauch nehmen 2 ), werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre, neben welchem auf Geldstrafe erkannt werden kann, bestraft. §

§ 2921)2).

29P)

[Jagdwilderei]

(1) Wer unter Verletzung fremden Jagdrechts 3 ) dem Wilde 4 ) nachstellt 6 ), Zu § 2 9 0 : 1) Das sind nicht bloß Pfandleiher mit Konzession (§ 34 GewO.), sondern alle Pfandleiher, die das Gewerbe offenkundig betreiben. E. 8, 269. 2) Darunter fällt nicht bloß ein körperlicher Gebrauch, sondern auch eine Weiterverpfändung mit der Absicht der Wiedereinlösung, E. 8, 269. Erhebt der Pfandleiher Geld auf ein verpfändetes Sparkassenbuch, so liegt Unterschlagung vor. E . 15, 147. Zu § 2 9 1 : 1) § 291 — betr. widerrechtliche Zueignung verschossener Munition — ist aufgehoben durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. Zu § 292: 1) Vgl. dazu Nr. 249 der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). 2) Die §§ 292 bis 296 beruhen auf Art. 10 des Gesetzes v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). 3) Vgl. § 1 Abs. 1 BJagdges. — B I X 1 —. Für die unbefugte Jagdausübung auf solchen Grundstücken, auf denen die Jagd ruht, d.h. auf befriedeten und zu keinem Jagdbezirk gehörenden Grundflächen (§ 6 B Jagdgesetz) gilt folgendes: Ein Dritter, der unerlaubt jagt, macht sich der Wilderei schuldig, da auch im Falle des Ruhens der Jagd ein Jagdausübungsrecht besteht und nur dessen Verwirklichung verboten ist. Dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten kann nach Maßgabe der landesrechtl. Ausführungsvorschriften dort die Jagdausübung in beschränktem Umfang gestattet werden (z. B. auf Kaninchen u. Raubwild). Übt er die Jagd ohne solche Gestattung oder über ihren Umfang hinaus aus, so begeht er nicht Wilderei, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 B J G . , da er nicht in das Jagdausübungsrecht eines anderen eingreift. Läßt die Jagdgenossenschaft die Jagd auf dem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gemäß § 10 Abs. 2 B Jagdgesetz ruhen, so macht sich auch der einzelne Grundstückseigentümer, der auf seinem zum gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörigen Grundstück jagt, in gleicher Weise strafbar, wie wenn die Jagd verpachtet wäre, denn die Jagdruhe des § 10 Abs. 2 ist nicht ein Jagdausübungsverbot, sondern lediglich ein Unterlassen der Jagdausübung, das am Bestand des der Jagdgenossenschaft verbliebenen Jagdausübungsrechts nichts ändert (MitzschkeSchäfer l c zu § 10). Die Jagd muß auf einem Gebiet — auch in einem Gebäude (vgl. § 6 BJagdgesetz) — ausgeübt sein, auf welchem einem anderen ein Aneignungsrecht an dem dort vorhandenen Wild zusteht. Wer sich also auf einem fremden Revier aufstellt, um auf dem eigenen das Wild zu erlegen (Anstand), macht sich nicht strafbar. E . 6, 375. Daran hat sich durch die Neufassung des § 292 nichts geändert, da der auf fremdem Jagdgebiet in das eigene Revier Schießende kein fremdes Jagdausübungsrecht verletzt (a. M. Steiner, DRZ. 35, 250). Strafbar macht er sich aber dann, wenn er seinen Hund auf ein fremdes Revier schickt, um ihm Wild zuzutreiben. E. 20, 98. Ebenso macht sich strafbar, wer von einem fremden Reviere dem Jäger, der auf seinem eigenen Revier geblieben ist, Wild zutreibt, selbst wenn er nicht im Einverständnis mit dem Jäger handelt. R . 10, 565. Der Jäger ist nur strafbar, wenn ihm das Wild mit seinem Einverständnis zugetrieben wird. D J Z . 13, 1077. Das Aufstellen auf dem eigenen Revier, um das austretende Wild auf dem fremden zu erlegen, fällt unter § 292. R . 3, 409; 8, 420; BayObLG. LZ. 25, 1281. Der Jagdpächter ist nicht mehr jagdausübungsberechtigt, wenn der Pachtvertrag rechtskräftig für nichtig erklärt oder gemäß § 13 BJagdgesetz erloschen ist. Dagegen liegt nur eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 B J G . vor, wenn der Jagdpächter während der Dauer eines Rechtsstreits über die Nichtigkeit jagt. Keine unberechtigte Jagdausübung im Sinne des § 292 liegt vor, wenn der Jagdberechtigte die ihm durch die Jagdgesetzgebung auferlegten Beschränkungen nicht innehält, z.B. Wild über den Abschußplan hinaus oder während der Schonzeit abschießt. Solche Verstöße sind in §§ 38, 39 B J G . mit Strafe oder als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbuße bedroht. Der Jagdgast bedarf bei mehreren Mitpächtern der Erlaubnis aller. OLG. Hamm D J . 37, 1160. 4) d. h. jagdbaren Tieren (vgl. § 2 BJagdgesetz). 5) § 1 Abs. 4. BJagdges. zählt neben dem Nachstellen auch das Aufsuchen von Wild als Inhalt der Jagdausübung auf. Aufsuchen bezeichnet aber lediglich eine Tätigkeit, die bereits

2. Teil. 25. Abschnitt. Strafbarer Eigennutz u. Verletzung fremder Geheimnisse. §292

311

es fängt 6 ), erlegt oder sich zueignet'), oder eine Sache 8 ), die dem Jagdrecht unterliegt, sich zueignet, beschädigt oder zerstört, wird mit Gefängnis bestraft 9 ). im Begriff des Nachstellens enthalten ist. Darunter fallen alle Handlungen, die die Aneignung der dem Jagdrecht unterliegenden Tiere (§ 2 BJagdgesetz) bezwecken. Daß dieser Zweck erreicht wird, ist nicht notwendig; es genügt also bloßes Durchstreifen des Forstes mit schußfertigem oder jederzeit schußfertig zu machendem Gewehr, E . 20, 4 ; das Stehen auf dem Anstände schon dann, wenn das Gewehr noch gar nicht geladen war, E. 20, 4 ; auch das Nichtzurückrufen eines jagenden Hundes, R G . GA. 52, 426 (vgl. auch Recht 13 Nr. 1081: Jagenlassen eines abgerichteten Hundes); das Auslegen von vergiftetem Köder, E. 14, 419; H R R . 27 Nr. 438; das Aufstellen von Schlingen, E . 22, 115; auch das bloße Aufsuchen von geeigneten Orten, um dort Schlingen zu legen, E. 70, 220. Kein Nachstellen ist es, wenn das Wild lediglich, um bei einer künftigen Jagd bessere Ausbeute zu sichern, auf das Nachbargebiet getrieben wird. R G . GA. 48, 366; a. M. Steiner, DRZ. 35, 340. Über die Bedeutung des Herüberlockens von Wild aus dem Nachbarrevier vgl. Steiner a.a.O. Hat ein gefangener Fuchs sich mit dem Fangeisen auf fremdes Jagdgebiet geflüchtet, so begeht der Fallensteller ein Jagdvergehen, wenn er ihn dort abholt. K G . J R . 26 Nr. 1443. Jedoch können nach E. 63, 35 das Wild, von dem jemand befugt oder unbefugt Besitz ergriffen hat, oder Teile eines Tieres, die künstlich vom Tierkörper abgetrennt und entfernt sind, nicht Gegenstand der Jagdausübung sein (zweifelhaft und streitig). Ob der Nachstellende das erlegte Wild für sich haben will, oder um es dem Jagdberechtigten abzuliefern, ist gleichgültig. Der früher mitunter vertretene Satz, die Tötung weidwunden Wildes sei zulässig, wenn der Täter in der Absicht handele, es dem Jagdberechtigten auszuhändigen (so z. B . Frank [18] S. 144) kann in dieser Allgemeinheit gegenüber dem B J a g d gesetz keine Geltung beanspruchen. KG. J F G E r g . Bd. 14, 188. Der Jagdangestellte, der sich auftragswidrig das erlegte Wild aneignet, macht sich der unberechtigten Jagdausübung, nicht der Unterschlagung schuldig. BayObLG. J W . 32, 1065. Es ist unerheblich, ob die Ausübung der Jagd nur zu dem Zwecke geschah, um Schaden (Wildschaden) von sich abzuwenden, E . 14, 419; 22, 115; wer aber Wild nur beim Verscheuchen verletzt oder (ohne Erlegungsabsicht) tötet, begeht nur eine Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 9 B J G . Über das Recht, Tiere zur Abwehr einer Gefahr zu töten, siehe Anm. 6 zu § 53. 6) Ohne Bedeutung ist es, ob der Täter das gefangene Wild nicht behalten, sondern z. B . jemanden zeigen will, denn das Fangen wird neben dem Zueignen besonders mit Strafe bedroht. 7) Daher ist das Wegnehmen von Wild, das sich in einer von einem Dritten aufgestellten Schlinge gefangen hat, nicht Diebstahl, sondern Jagdvergehen. E . 23, 80; K G . J F G . Erg. 9, 311; BayObLG. D J Z . 28, 1688. Ist die Fangvorrichtung vom Jagdberechtigten gestellt, so begeht der Wilderer Diebstahl (vgl. Anm. 4 Abs. 4 zu § 242). Die bloße Nichtablieferung (ohne Zueignungsabsicht) von Wild, an dem ein Nichtberechtigter Besitz oder Gewahrsam erlangt hat, ist nur nach Maßgabe landesrechtl. Ausführungsvorschriften zum B J G . als Ordnungswidrigkeit oder als Übertretung strafbar. 8) Die Aneignung von sog. Fallwild (d. h. von Wild, dessen Tod auf natürliche Ursachen wie Krankheit, Alter, Hunger, Kälte zurückzuführen ist) und von verendetem Wild (d. h. von Wild, daß durch äußere Einwirkungen, sie mögen von Menschen ausgehen oder nicht, verendet ist) ist danach Jagdausübung (§ 1 Abs. 5 BJagdgesetz), es sei denn, daß es, weil vollständig in Verwesung übergegangen, nicht mehr als Jagdobjekt angesehen wird. R . 5, 126; doch kommt es darauf, ob der Täter es für wertlos gehalten hat, und ob er die Absicht hatte, es für sich zu behalten, nicht an. R G . DRZ. 21, 596. Muß die Jagd auf dem Grundstück ruhen, dann darf der Grundstückseigentümer sich Fallwild und verendetes Wild, das dort gefunden wird, aneignen. Mitzschke-Schäfer Anm. 2a zu § 6 BJagdgesetz. Erfolgt die Aneignung in eingefriedetem Tierpark, so liegt Diebstahl vor. KG. D J Z . 11, 221; DRZ. 26 Nr. 734. Wilderei ist ferner die durch einen Nichtberechtigten erfolgende Aneignung von Abwurfstangen und von Eiern jagdbarer Vögel (auch von verdorbenen Eiern. K G . D J . 36, 189) und die Zerstörung ihrer Gelege und Nester (§ 1 Abs. 5 BJagdgesetz). 9) Zum Vorsatz gehört, daß der Täter sich bewußt ist, fremdes Jagdrecht zu verletzen. Befindet sich der Jagende in einem Irrtum über seine Berechtigung zum Jagen, gleichviel ob infolge eines tatsächlichen Irrtums — der Jagdgast irrt über die Reviergrenzen — oder aus Verkennung der Rechtslage — er hält eine Jagderlaubnis für gültig, obwohl sie nicht von allen Jagdmitpächtern erteilt ist — so handelt er nicht vorsätzlich. Dagegen ist ein Irrtum über den Begriff Wild — er hält ein jagdbares Tier für nicht jagdbar oder glaubt, Fallwild könne sich jeder aneignen — Verbotsirrtum (wegen der früheren Rechtspr. vgl. E. 10, 234; KG. J W . 35, 2386; OLG. Hamm D J . 37, 1160). Der Treiber, der im Einverständnis mit dem Jäger handelt, ist nicht Gehilfe, sondern Mittäter. R G . GA. 54, 480; vgl. Stuttgart J W . 31, 3469. Das Jagdrecht ist kein höchst persönliches Rechtsgut; daher können wiederholte Verletzungen verschiedener Jagdberechtigungen ein fortgesetztes Vergehen bilden. R G . GA. 59,142.

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A 2. Strafgesetzbuch. §293

(2) In besonders schweren Fällen, insbesondere 10 ) wenn die Tat zur Nachtzeit ), in der Schonzeit 1 2 ), unter Anwendung von Schlingen oder in anderer nicht weidmännischer Weise 1 3 ) oder von mehreren mit Schußwaffen ausgerüsteten Tätern gemeinsam 1 4 ) begangen wird, ist auf Gefängnis nicht unter drei Monaten zu erkennen. 11

(3) Wer die T a t gewerbs- 1 6 ) oder gewohnheitsmäßig 1 6 ) begeht, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, in besonders schweren Fällen 1 7 ) mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.

§ 293 x ). [Fischwilderei] (1) Wer unter Verletzung fremden Fischereirechts 2 ) fischt 3 ) oder eine Sache 4 ), die dem Fischereirecht unterliegt, sich zueignet, beschädigt oder zerstört, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer wildert, ohne einen Jagdschein zu besitzen, macht sich der Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 4 B J G . nicht schuldig, da der Wilderer nicht die Jagd ausübt. E. 70, 220 (unter Aufgabe von E. 22, 234). Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Waffe ist möglich, nicht dagegen Tateinheit mit Erwerb einer Schußwaffe ohne Waffenerwerbsschein, wenn der Erwerb bei Beginn des Jagdvergehens schon beendet war. E. 71, 41. Wegen Entziehung des Jagdscheins durch das wegen Wilderei verurteilende gerichtliche Erkenntnis vgl. § 41 BJagdgesetz. 10) Die Bedeutung des Abs. 2 besteht darin, daß bei Vorliegen der dort aufgezählten Erschwerungsgründe („insbesondere, wenn") ein besonders schwerer Fall angenommen werden muß. H. M. BGH. NJW. 54, 567; a.M. OLG. Koblenz NJW. 53, 797. Wenn diese nicht vorliegen, so kann ein besonders schwerer Falla ngenommen werden, z. B. wenn es sich um eine größere Zahl von Tätern (RG. DJ. 37, 80) oder um eine besonders schwere Schädigung des Wildbestandes handelt. Kein besonders schwerer Fall nur deshalb, weil auf Kaninchen mit Frettchen und Fallnetzen gewildert wird. KG. D J . 37, 980 (zust. Mitzschke a.a.O.). 11) Nachtzeit ist die Zeit der Dunkelheit. KG. JW. 37, 763. Siehe auch Anm. 26 zu § 243. Abs. 2 findet auch Anwendung, wenn der Täter sich Fallwild zur Nachtzeit zueignet. KG. JW. 37, 763. 12) Vgl. § 22 B Jagdges. u. die dort abgedr. VO. über Jagd- und Schonzeiten v. 20. 3. 1953 (Bundesanzeiger Nr. 66 v. 8. 4. 1953). Die Strafschärfung des Abs. 2 tritt nicht ein, wenn der Täter sich Fallwild in der Schonzeit zueignet. E. 15, 268; KG. JW. 37, 763. Der Vorsatz muß das Bewußtsein umfassen, es werde zu gesetzlicher Schonzeit gejagt. 13) Unweidmännisch im Sinne des § 292 Abs. 2 ist die Tat, wenn sie gegen die auch für den Jagdausübungsberechtigten verbindlichen gesetzlichen Vorschriften (§ 19 BJagdgesetz) verstößt. Dagegen fällt ein sonstiges zwar nicht waidgerechtes, aber nicht gesetzlich verbotenes Verhalten nicht unter die zwingenden bes. schw. Fälle, also z. B. nicht das Erlegen von Hasen oder Kaninchen durch einen Schlag mit einer Peitsche oder einer Heugabel. LG. Torgau D J . 37, 45 mit Anm., LG. Freiburg D J . 37, 586. 14) Erforderlich ist, daß mindestens 2 Teilnehmer sich der Wilderei als Mittäter schuldig machen und daß jeder von ihnen mit einer Schußwaffe versehen ist. RG. D J . 37, 80 (siehe aber Anm. 10). Gemeinschaftliche Wilderei liegt daher nicht vor, wenn von zwei Jagenden der eine jagdausübungsberechtigt oder im guten Glauben war. E. 17, 413 (anders bei Zurechnungsunfähigkeit des einen, vgl. § 50 Abs. 1). Der zum Jagen Berechtigte macht sich nicht nach § 292 Abs. 2 strafbar, wenn er bewußt mit mehreren Nichtberechtigten gemeinschaftlich jagt. OLG. Hamburg GA. 44, 402. 15) Vgl. Anm. 1 zu § 260. Es genügt, daß der Täter das Wild in seinem Haushalte verbrauchen will. RG. JW. 36, 3003. 16) Vgl. Anm. 2 zu § 260. 17) Auch die erschwerenden Umstände des Abs. 2 können den besonders schweren Fall begründen; doch ist nicht jeder besonders schwere Fall im Sinne des Abs. 2 stets auch ein solcher im Sinne des Abs. 3. E. 70, 92. Zu § 293: 1) I. d. F. des Ges. v. 28. 10. 1935 (RGBl. I S. 839). 2) Der Umfang des Fischereirechts bestimmt sich nach Landesrecht (vgl. z. B. § 4 des pr. Fischereigesetzes v. 11. 5. 1916 — GS. S. 55 —, für Bayern § 1 der VollzugsVO. z. Fischereiges. v. 18. 3. 1909 i. d. F. v. 21. 3. 1951, GVB1. S. 41). Unberechtigt fischt, wer weder eine Fischereiberechtigung noch ein Fischerei-Pachtrecht oder eine Fischerei-Erlaubnis hat, oder wer Umfang und Inhalt des ihm übertragenen Fischereirechts überschreitet. KG. JW.

2. Teil 25. Abschn. S t r a f b . E i g e n n u t z u. Verletzung f r e m d e r Geheimnisse.

§§294,295

313

(2)6) In besonders schweren Fällen ist auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt namentlich vor, wenn die Tat zur Nachtzeit 6 ), in der Schonzeit, durch Anwendung von Sprengstoffen7) oder schädlichen Stoffen begangen oder wenn der Fischbestand eines Gewässers durch den Fang von Fischen gefährdet wird, die das für die Ausübung des Fischfangs festgesetzte Mindestmaß noch nicht erreicht haben. (3) Wer die Tat gewerbs- oder gewohnheitsmäßig begeht, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. * § 294!). [Strafantrag] In den Fällen des § 292 Absatz 1 und des § 293 Absatz 1 wird die Tat nur auf Antrag des Verletzten verfolgt, Wenn sie von einem Angehörigen2) oder an einem Orte begangen worden ist, wo der Täter die Jagd oder die Fischerei in beschränktem Umfang ausüben durfte3). Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. §295*). [Einziehung] (1) Jagd- oder Fischereigeräte2), Hunde oder andere Tiere3), die der Täter 32, 1589. Zum subjektiven T a t b e s t a n d gehört Vorsatz; I r r t u m über den U m f a n g der Fischereiberechtigung ist T a t b e s t a n d s i r r t u m (nach bisheriger Rechtspr. ein außerstrafrechtlicher u n d daher beachtlicher R e c h t s i r r t u m . K G . D J . 35, 1532). Fischen mit Fischereiberechtigung, a b e r ohne Fischereischein v e r s t ö ß t gegen § 4 des Gesetzes über den Fischereischein v. 19. 4.1939 (unter B I X 4), w ä h r e n d , wer unberechtigt u n d ohne Fischereischein fischt, n u r nach § 293 b e s t r a f t wird (vgl. A n m . 9 Abs. 2 zu § 292). 3) „ F i s c h e n " ist jede auf Erlegung oder F a n g eines d e m Fischereirecht unterliegenden Wassertieres gerichtete Tätigkeit. E . 17, 161. Zum „ F i s c h e n " gehört also auch das „ K r e b s e n " . W e g n a h m e von Fischen aus Teichen u n d a n d e r e n geschlossenen Privatgewässern ist im Hinblick auf § 960 B G B . Diebstahl. Geschlossenes Privatgewässer ist ein solches, das wie ein Teich auf natürliche A r t oder d u r c h gleichwirkende Sicherungsmittel gegen jeden Fischwechsel abgesperrt ist und in seinem ganzen U m f a n g ein u n d demselben E i g e n t ü m e r gehört. K G . D J . 37, 1363. 4) Dazu gehören neben verendeten Wassertieren andere Tiere, Muscheln, Pflanzen u n d sonstige Gegenstände nach Maßgabe der landesrechtlichen Fischereigesetze. 5) Abs. 2 in der F a s s u n g der VO. v. 23. 1. 1943 (RGBl. I S. 67). Amtliche B e g r ü n d u n g D J . 43, 124. 6) Vgl. A n m . 11 zu § 292. Fischen zur Nachtzeit liegt a u c h vor, wenn das Einlegen der Netze bei Tage erfolgt ist, die Netze aber z u m Zwecke des Fischfangens bei N a c h t im Wasser belassen sind. E . 37, 117; L K . V I I 1. 7) — Stoffe, die sich bei E n t z ü n d u n g u n t e r V e r ä n d e r u n g ihrer F o r m ausdehnen, auch Benzin, nicht aber W a s s e r d a m p f . E . 22, 305. § 5 Abs. 1(,,Gefahr f ü r das E i g e n t u m " ) u n d § 8 Sprengstoffges. — B I I 7 — finden hier keine A n w e n d u n g . E . 13, 305. Bezüglich § 9 Sprengstoffges. liegt in der Regel T a t m e h r h e i t vor, dagegen Tateinheit, wenn sich der T ä t e r den Sprengstoff gerade f ü r das Fischen v e r s c h a f f t h a t . R G . GA. 55, 332; R e c h t 12 Nr. 3191. Z u § 294: 1) Vgl. A n m . 2 zu § 292. Satz 2 ist eingefügt durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Vgl. § 52 Abs. 2. 3) W i e etwa in dem Falle, d a ß der J a g d a u s ü b u n g s b e r e c h t i g t e einem J a g d g a s t n u r die Erlegung b e s t i m m t e r W i l d a r t e n oder einer b e s t i m m t e n Stückzahl von Wild g e s t a t t e t h a t u n d dieser d a r ü b e r hinausgeht. E . 43, 439. Ebenso, w e n n die mehreren Mitpächter einer J a g d sich u n t e r e i n a n d e r d a h i n geeinigt h a b e n , d a ß jeder n u r auf einem b e s t i m m t e n Teilgebiet jagen d ü r f e u n d d a ß der Verstoß dagegen eine Überschreitung der Grenzen seines J a g d ausübungsrechts darstelle. E . 2 4 , 1 2 2 . E i n e solche Vereinbarung ist auch nach d e m B Jagdgesetz zulässig ( P f u n d in „ W i l d u n d H u n d " 35 Umschl. S. 918; a. M. anscheinend O L G . H a m m D J . 37, 1160, ferner Stelling J W . 35, 2263 u n d 2536). U n a n w e n d b a r ist § 294 in den Fällen des § 6 Satz 2 B J G (vgl. A n m . 3 zu § 292). Z u § 2 9 5 : 1) Vgl. A n m . 2 zu § 292. 2) H i e r u n t e r sind n a c h der bisher h. M. im Anschluß a n E . 22, 15 solche leblosen Ger ä t s c h a f t e n zu verstehen, die n a c h ihrer Beschaffenheit a n sich zur Verwendung bei der J a g d oder Fischerei geeignet u n d dazu d a u e r n d b e s t i m m t sind, wie z. B. Jagdschlitten, nicht a b e r

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 296, 296 a

oder ein Teilnehmer zur Jagd oder Fischerei bei sich geführt 4 ) oder verwendet hat, sind 6 ) einzuziehen, auch wenn sie keinem von ihnen gehören. (2) Von der Einziehung kann abgesehen werden, wenn die Sache ohne Schuld des Eigentümers zur Tat benutzt worden ist oder die Einziehung eine unbillige Härte für den Betroffenen bedeuten würde 6 ). [Besitz von Wildereigerät] (1) Wer Jagdgerät oder Fischereigerät in Besitz oder Gewahrsam hat oder von einem anderen für sich verwahren läßt, nachdem er wegen gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Wilderei (§ 292 Absatz 3, § 293 Absatz 3) oder mehr als einmal wegen Wilderei (§ 292 Absatz 1, 2, § 293 Absatz 1, 2) rechtskräftig verurteilt worden ist, wird mit Gefängnis bestraft, sofern sich nicht aus den Umständen ergibt, daß das Gerät nicht zur Verwendung bei der Wilderei bestimmt ist. (2) Wer Jagd- oder Fischereigerät für einen anderen in Verwahrung nimmt oder einem anderen überläßt, obwohl er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß das Gerät zur Verwendung bei der Wilderei bestimmt ist, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. (3) Das Jagd- oder Fischereigerät ist einzuziehen, auch wenn es dem Täter nicht gehört. (4) § 245a Abs. 4 gilt entsprechend. § 2961).

§ 296 a. [Fischen in Küstengewässern] (1) Ausländer J ), welche in deutschen Küstengewässern 2 ) unbefugt 3 ) fischen 4 ), werden mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. ein gewöhnl. zum Transport dienendes Fahrzeug (insoweit nur Einziehung nach § 40 StGB.) Weitergehend, mit Rücksicht auf den Wandel in der Technik der Wilderer, jetzt — wohl mit Recht — OLG. Stuttgart N JW. 53, 354 (mit zust. Anm. v. Milzschke): alle leblosen Gegenstände, die im Einzelfall oder für eine Mehrzahl von Einzelfällen als Jagdwerkzeug vorgesehen sind und aus diesem Grunde mitgeführt werden, z. B. ein Kraftwagen, der beim Wildern zum Blenden des Wildes durch Scheinwerferlicht verwendet wird, Ferngläser, Rucksäcke usw. 3) Nicht nur typische Fangtiere, wie z. B. Frettchen oder Jagdfalken, sondern Tiere jeder Art. OLG. Stuttgart N J W . 53, 354. Die Einziehung der (dem Jagdberechtigten gebührenden) Jagdbeute ist nicht zulässig. E. 70, 94. 4) Geht der Täter von befugter Jagdausübung zum Wildern über (z. B. der Jäger verfolgt das im eignen Revier angeschossene Wild unberechtigterweise auf das Nachbarrevier und eignet sich dort das verendete Wild zu), so sind Gewehr, Hund usw. auch dann einzuziehen, wenn der Täter sie beim Wildern auf dem eignen Revier zurückgelassen hat, da er sie auch dann für Zwecke der Jagd bei sich geführt, d. h. in seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt gehabt hat. OLG. Breslau GA. 38, 368 und Dalcke-Delius S. 369. 5) Hier m u ß (abweichend von der allgem. Vorschrift des § 40) auf Einziehung erkannt werden und zwar auch, wenn die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung wegen Unbestimmtheit des Gegenstandes oder aus anderen Gründen zweifelhaft erscheint. KG. DJ. 34, 1287. Wegen der Verwendung eingezogener Jagdwaffen und Jagdgerätschaften und der Jagdhunde vgl. § 54 der StrVollstrO. (D 3). 6) Vgl. Anm. 7 zu § 40. Zu § 296: 1) Vgl. Anm. 1 zu §292 und die Erläuterungen zu §245a. Zu § 296a: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 4. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 3. 3) Durch § 296 a ist im Interesse der deutschen Volkswirtschaft der Gemeingebrauch der Küstengewässer durch Fischen den deutschen Staatsangehörigen vorbehalten worden. Der Ausländer fischt danach dort unbefugt, wenn es ihm nicht durch Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörde oder durch Staatsvertrag erlaubt ist. Bei irrtümlicher Annahme der Befugnis gelten die Grundsätze über den Irrtum über negative Tatumstände (vgl. Anm. 1 zu § 59). 4) Vgl. Anm. 3 zu § 293. Gegenstand des Fischens sind hier alle nutzbaren Wassertier.e

2. Teil. 25. Abschn. Strafb. Eigennutz u. Verletzung fremder Geheimnisse. §§ 297—299

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(2) Neben der Geld- oder Gefängnisstrafe ist auf Einziehung der Fanggeräte, welche der Täter bei dem unbefugten Fischen bei sich geführt hat, ingleichen der in dem Fahrzeug enthaltenen Fische zu erkennen, ohne Unterschied, ob die Fanggeräte und Fische dem Verurteilten gehören oder nicht.

§ 297. [Schiffsgefährdung durch Konterbande] Ein Reisender 1 ) oder Schiffsmann 2 ), welcher ohne Vorwissen 3 ) des Schiffers 4 ), ingleichen ein Schiffer, welcher ohne Vorwissen des Reeders Gegenstände an Bord nimmt, welche das Schiff 5 ) oder die Ladung gefährden, indem sie die Beschlagnahme oder Einziehung des Schiffes oder der Ladung veranlassen können 6 ), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

§ 2981). [Entlaufen mit der Heuer] Ein Schiffsmann, welcher mit der Heuer entläuft 2 ), oder sich verborgen hält, um sich dem übernommenen Dienste zu entziehen, wird, ohne Unterschied, ob das Vergehen im Inland oder im Ausland 3 ) begangen worden ist, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.

§ 299. [Verletzung des Briefgeheimnisses] (1) Wer einen verschlossenen Brief 1 ) oder eine andere verschlossene Urkunde» die nicht zu seiner Kenntnisnahme bestimmt ist, vorsätzlich und unbefugterZ u § 297: 1) Reisender ist nicht nur, wer einen Beförderungsvertrag (vgl. § 664 HGB.) abgeschlossen hat, sondern auch der blinde Passagier. 2) Jedes Mitglied der Schiffsbesatzung ohne Rücksicht auf die Art der Tätigkeit mit Ausnahme des Schiffers. 3) d. i. der Führer des Schiffs oder sein Stellvertreter (§§ 511, 516 HGB.). 4) Vorwissen = Wissen. 5) Schiffe jeder Art, nicht nur Seeschiffe. 6) d. h. Gegenstände, die entweder wegen Verletzung von Ein- und Ausfuhrverboten oder wegen Hinterziehung von Zollgebühren der Beschlagnahme und Einziehung unterliegen (Zollkonterbande) oder die während eines Krieges von einem kriegführenden Staat nach Völkerrecht als Prisen beschlagnahmt und eingezogen werden können (Kriegskonterbande). Zur Tatbestandserfüllung genügt die Möglichkeit einer Beschlagnahme oder Einziehung dieser Gegenstände nicht, vielmehr muß sie auch für das Schiff oder die übrige Ladung (ganz oder teilweise) bestehen. Der Vorsatz muß das Bewußtsein der Gefährdung von Schiff oder Ladung umfassen. E. 41, 70; 43, 383. Vollendet ist die Tat, sobald die Gegenstände an Bord gebracht sind. E. 42, 294. Beihilfe kann durch Lieferung von Schmuggelwaren geleistet werden. E. 41, 70. Zu § 298: 1) § 298 ist durch § 93 Abs. 3 der Seemannsordnung v. 2. 6. 1902, der eine entsprechende Bestimmung für deutsche Käuffahrteischiffe enthält, sehr stark in seinem Anwendungsgebiet eingeschränkt. Er gilt, von inländischen Staatsschiffen abgesehen, noch für die Mannschaften ausländischer Schiffe sowie derjenigen Schiffe, die nicht unter die SeemannsOrdnung fallen, wie Privatyachten. Für B i n n e n s c h i f f e gilt § 298 nicht (str.). 2) d. h. mit der vorausbezahlten und noch nicht abverdienten Heuer ( = Lohn). 3) Die Erfassung des Ausländers, der zur Besatzung eines ausl. Schiffs gehört und die T a t im Ausland begeht, entspricht nicht dem Sinn der Vorschrift. Zu § 299: 1) Verschlossen ist ein Brief, wenn an ihm selbst ein Verschluß, d. h. eint d i e Öffnung hindernde Vorrichtung, angebracht ist. Ein Brief, der unter Verschluß aufbewahre wird, wird dadurch nicht zu einem verschlossenen; daher ist §299 unanwendbar, wenn ohne Öffnung des Briefes nur das Behältnis, in dem er sich befindet (z. B. ein Hausbriefkasten) eröffnet wird. OLG. Jena, DStR. 37, 60. 2) Unbefugt ist die Eröffnung, wenn der Täter kein Recht hat, den Brief ohne Zustimmung des Verfügungsberechtigten (s. Anm. 4) zu eröffnen. Die Befugnis kann sich z. B. aus dem Erziehungsrecht (§ 1626 BGB.) ergeben. Der Ehegatte als solcher hat kein Recht, die Briefe des anderen Teils zu öffnen. Dresden GA. 65, 178. Doch kann u. U. die Befugnis unter dem Gesichtspunkte der auftraglosen Geschäftsführung begründet sein. GA. 61, 339.

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A 2. Strafgesetzbuch. §300

weise 2 ) eröffnet 3 ), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein4).

* § 3001). [Verletzung des Berufsgeheimnisses] (1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart 2 ), das ihm in seiner Eigenschaft 3 ) 1. als Arzt4), Zahnarzt5), Apotheker 6 ) oder Angehöriger eines anderen Heilberufs, der eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert7), 3) D a s bloße Öffnen genügt, Lesen ist n i c h t notwendig. D a s Öffnen b r a u c h t n i c h t m i t Schwierigkeiten v e r b u n d e n zu sein. E . 16, 284; eine Verletzung des Verschlusses ist n i c h t notwendig. E . 20, 376. 4) Antragsberechtigt ist bei Briefen w ä h r e n d der B e f ö r d e r u n g in der Regel der Absender, nach Ü b e r g a n g des E i g e n t u m s auf ihn der Adressat. R G . GA. 61, 339; LZ. 14, 193; O L G . Colmar GA. 51, 204. Z u § 300: 1) Die auf dem 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) b e r u h e n d e F a s s u n g des § 300 h a t gegenüber § 300 a.F. eine Einbeziehung des bis dahin in einer Reihe von Nebengesetzen geregelten Geheimnisschutzes u n d d a r ü b e r hinaus auch eine E r w e i t e r u n g des Kreises den bei Strafe Geheimhaltungspflichtigen gebracht. U n d zwar regelt § 300 die Fälle, in denen der Geheimhaltungspflichtige von dem Geheimnis auf der Grundlage eines im allgemeinen frei gewählten Vertrauensverhältnisses K e n n t n i s erlangt h a t . Die Fälle, in denen ein D r i t t e r vermöge seiner Stellung mehr oder weniger zwangsläufig von geheimh a l t u n g s b e d ü r f t i g e n T a t s a c h e n K e n n t n i s erlangt h a t , sind in Sondervorschriften geregelt (wie bei B e a m t e n — §§ 353a u n d b —, Angestellten von Behörden u n d Organisationen, deren sich der S t a a t f ü r seine Zwecke bedient — § 1 der BestechungsVO. v. 2 2 . 5 . 1 9 4 3 , u n t e r B I V 9, vgl. ferner z.B. § 16 Geschlechtskrankheitenges. — B I 3 — § 1 7 U W G . — B I I I 6 —, § 21 GewO., § 141 RVO., § 345 Angestelltenversicherungsges.). 2) Ein fremdes G e h e i m n i s (vgl. dazu A n m . 2 zu § 99 u. A n m . 4 zu § 353b) ist eine n u r einem b e s c h r ä n k t e n Personenkreis b e k a n n t e Tatsache, a n deren Geheimhaltung ein anderer als der T ä t e r (regelmäßig zur Vermeidung der bei B e k a n n t w e r d e n drohenden Nachteile) ein Interesse h a t u n d die er deshalb w ü n s c h t . Die T a t s a c h e b r a u c h t sich nicht auf Dinge des Privatlebens des a n der Geheimhaltung Interessierten (des sog. Geheimnisträgers) zu beziehen ; auch Amtsgeheimnisse werden geschützt. Geheimnisträger u n d A n v e r t r a u e n d e r (s. A n m . 3) b r a u c h e n nicht personengleich zu sein. O f f e n b a r e n b e d e u t e t n i c h t : Preisgabe an die Allgemeinheit, vielmehr genügt jede Mitteilung an einen anderen. E . 26, 5, a u c h z. B. durch G e w ä h r u n g von Akteneinsicht. Ob dem anderen das Geheimnis bereits b e k a n n t ist, ist f ü r den Begriff des Offenbarens bedeutungslos, denn auch d a n n k a n n das Geheimnis weiter beeinträchtigt werden (str.; vgl. dazu Schneider D R Z . 50, 251). U n b e f u g t ist jede Offenbarung, die nicht a) mit Z u s t i m m u n g des Geheimnisträgers oder des A n v e r t r a u e n d e n (siehe dazu § 19 der Reichsnotarordnung) oder ohne solche b) in E r f ü l l u n g eines gesetzl. R e c h t s oder c) einer gesetztl. Pflicht erfolgt. Die Z u s t i m m u n g zur O f f e n b a r u n g ( E n t b i n d u n g von der Schweigepflicht) ist ein höchstpersönliches R e c h t des A n v e r t r a u e n d e n ; es ist nicht vererblich, so d a ß nach dem Tod des A n v e r t r a u e n d e n eine O f f e n b a r u n g n u r zur E r f ü l l u n g einer Offenbarungspflicht oder W a h r n e h m u n g eines Offenbarungsrechts (b) u. c)) erfolgen darf. E . 71, 21; K.Schäfer D S t R . 37, 198. E i n gesetzl. O f f e n b a r u n g s r e c h t ist a u c h a n z u n e h m e n , wenn der Schweigepflichtige in E r f ü l l u n g einer sittlichen Pflicht oder sonst zu einem nach allgemeinem sittl. E m p f i n d e n berechtigten Zweck h a n d e l t u n d das im Falle des Schweigens b e d r o h t e R e c h t s g u t überwiegt, so d a ß sich die O f f e n b a r u n g als das angemessene Mittel zur E r r e i c h u n g eines berechtigten Zweckes darstellt. Dieser Gedanke h a t t e , wenn auch in wechselnder Fassung, in § 13 Abs. 3 der ReichsärzteO. v. 13. 12. 1935, § 24 Abs. 3 der ReichsapothekerO. v. 18. 4. 1937 u n d § 19 Abs. 3 der KrankenpflegeO. v. 28. 9. 1938 gesetzliche A n e r k e n n u n g gefunden u n d gilt, auch n a c h d e m die g e n a n n t e n P a r a g r a p h e n mit Rücksicht auf die zusammenfassende Regelung in § 300 aufgehoben worden sind (vgl. A r t . 7 des 3. Strafrechtsänderungsges.), ohne ausdrückliche gesetzliche A n e r k e n n u n g der N a t u r der Sache noch als allgemeiner G r u n d s a t z weiter. So ist z. B. ein R e c h t s a n w a l t oder Arzt zur O f f e n b a r u n g befugt, wenn er sonst nicht in der Lage wäre, seine H o n o r a r f o r d e r u n g im Zivilprozeß geltend zu m a c h e n oder sich in einem S t r a f v e r f a h r e n sachgemäß zu verteidigen. B G H S t . 1, 366, w ä h r e n d ein Arzt, der seine E h e f r a u b e h a n d e l t hat, nicht b e f u g t ist, die i h m d a d u r c h a n v e r t r a u t e n T a t s a c h e n im Ehescheidungs-

2. Teil. 25. Abschn. S t r a f b . E i g e n n u t z u. Verletzung f r e m d e r Geheimnisse. § 3 0 0

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2. als Rechtsanwalt8), Patentanwalt9), Notar10), Verteidiger in Strafsachen11) Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer (vereidigter Bücherrevisor) oder Steuerberater12), anvertraut worden oder bekannt geworden ist3), wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. prozeß zu verwerten. B G H . N J W . 53, 1878. Bei E r f ü l l u n g einer R e c h t s p f l i c h t zur Offenb a r u n g (z. B. g e m ä ß § 138) k o m m t eine G ü t e r a b w ä g u n g nicht in B e t r a c h t . Die Aussage in einem Zivil- oder S t r a f p r o z e ß u n t e r Verzicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht n a c h § 53 S t P O . , § 383 ZPO. m a c h t allein die O f f e n b a r u n g noch nicht zu einer b e f u g t e n , sondern n u r , wenn im Einzelfall die Pflicht, zur A u f k l ä r u n g der W a h r h e i t im gerichtl. V e r f a h r e n beizutragen, d e m Zeugen n a c h gewissenhafter A b w ä g u n g als die höhere Pflicht gegenüber der Schweigepflicht erscheint. E . 71, 22; O L G . H a m b u r g D S t R . 36, 437; K. Schäfer D J . 36, 376 u n d D S t R . 37, 200; Schönke I I I ; anders f r ü h e r E . 19, 364; 66, 275. N a c h § 139 sind Rechtsanwalt, Verteidiger u n d Arzt zur Anzeige eines drohenden anzeigepflichtigen Verbrechens (außer bei Mord u n d Totschlag) nicht verpflichtet, wenn sie sich ernstlich bem ü h t haben, den T ä t e r von der T a t a b z u h a l t e n . Zur E n t f a l t u n g solcher B e m ü h u n g e n ist der RA. usw. nicht verpflichtet. U n t e r l ä ß t er sie, z. B. weil er sie f ü r aussichtslos oder ihren Erfolg f ü r zweifelhaft hält, so ist er zur Anzeige verpflichtet. H a t er dagegen sich b e m ü h t , so d a ß er zur Anzeige nicht verpflichtet ist, so ist er straffrei, wenn er, z. B. weil seine Bem ü h u n g e n erfolglos waren oder weil er eine A b k e h r des T ä t e r s von seinem Vorhaben nicht f ü r sicher hält, die V e r h ü t u n g des Verbrechens n a c h A b w ä g u n g der U m s t ä n d e f ü r wichtiger h ä l t als seine Schweigepflicht. 3) A n v e r t r a u t ist ein Geheimnis, wenn der Schweigepflichtige T a t s a c h e n d u r c h eine Mitteilung oder a u c h n u r d u r c h G e w ä h r u n g der Gelegenheit zu W a h r n e h m u n g e n u n d Beoba c h t u n g e n erfahren hat, deren Geheimhaltung verlangt oder stillschweigend e r w a r t e t wird. E . 13, 60; 66, 274; R G . D R Z . 32 Nr. 535. B e k a n n t g e w o r d e n ist ein Geheimnis, wenn der Schweigepflichtige ohne einen dahingehenden Anvertrauungswillen d u r c h seine Berufsa u s ü b u n g d a v o n K e n n t n i s erlangt h a t . Die Schweigepflicht b e s t e h t aber n u r bei Geheimnissen, die dem Arzt usw. gerade d u r c h seine B e r u f s a u s ü b u n g ( = „in seiner Eigenschaft als . . .") u n d nicht n u r gelegentlich seiner B e r u f s a u s ü b u n g b e k a n n t geworden sind (vgl. dazu A n m . 2 zu § 139). 4) D a s sind diejenigen Personen, die zur A u s ü b u n g des ärztlichen Berufs u n t e r der Bezeichnung als Arzt in Deutschland b e f u g t sind (vgl. dazu A n m . 1 zu § 16 RÄrzteO. — B I 5 a —). Die Schweigepflicht erstreckt sich z. B. a u c h auf Verletzungen, die der Arzt bei U n t e r s u c h u n g einer Person w a h r g e n o m m e n h a t . Wegen der in der § 23 Abs. 4 ReichsmeldeO. v. 6. 1. 1938 (RGBl. I S. 13) bzw. den a n ihre Stelle getretenen landesrechtl. Meldevorschriften b e g r ü n d e t e n Meldepflichten im Verhältnis zur ärztl. Schweigepflicht vgl. Eb. Schmidt D R Z . 50, 172; s. auch Hoßmann u. Gönnewein D R Z . 50, 463. 5) Vgl. Ges. v. 31. 3. 1952 — B I 5 b —. 6) = wer als Apotheker n a c h den Vorschriften der ReichsapothekerO. v. 18. 4. 1937 ( B l ö d ) bestellt ist. 7) Heilberuf = Beruf, der die Heilung u n d L i n d e r u n g menschlicher K r a n k h e i t e n zum Gegenstand hat, daher nicht Tierärzte (vgl. § 13 der ReichstierärzteO. v. 3. 4. 1936, R G B l . I S. 347 — u n t e r B I 5 c —), soweit sie nicht a u c h als Ärzte bestellt sind (§ 1 der VO. v. 30.3.1936, R G B l . I S. 338). Der Heilberuf m u ß eine staatlich g e r e g e l t e Ausbildung erfordern; es genügt also nicht, d a ß er, wie der des H e i l p r a k t i k e r s (vgl. § 1 des Heilpraktikerges. v. 17. 2. 1939 — B I 5 f —) lediglich staatlich a n e r k a n n t ist. U n t e r § 300 fallen z. B. H e b a m m e n (Ges. v. 21. 12. 1938 — R G B l . I S. 1893 —), Krankenpfleger u n d Krankenschwestern, Säuglings- u n d Kinderschwestern, medizinisch-technische Gehilfinnen u n d Assistentinnen (vgl. die A n m . 12 zu § 132 a a n g e f ü h r t e n VOen). 8) W e r R e c h t s a n w a l t ist, b e s t i m m e n die ReichsrechtsanwaltsO. v. 21. 2. 1936 (RGBl. I S. 107) bzw. die a n ihre Stelle getretenen landesrechtlichen R e c h t s a n w a l t s o r d n u n g e n . D e m R A . stehen die Personen gleich, die, ohne R A . zu sein, a m t l . zu seiner V e r t r e t u n g bestellt sind. P r o z e ß a g e n t e n (§ 157 ZPO.) u n d R e c h t s b e i s t ä n d e (vgl. R e c h t s b e r a t u n g s m i ß b r a u c h g e s . v. 13. 12. 1935, R G B l . I S. 1478) gehören nicht hierher. 9) Vgl. P a t e n t a n waltsges. v. 28. 9. 1933 (RGBl. I S. 669). P a t e n t a n w ä l t e fielen nicht u n t e r § 300 a. F. 10) Vgl. § 19 der ReichsnotarO. v. 13. 2. 1937 (RGBl. I S. 191); hiernach k a n n ausnahmsweise auch die Aufsichtsbehörde von der Schweigepflicht entbinden. 11) und zwar sowohl der gewählte (§§ 138, 139 StPO.) wie der von Amtswegen bestellte

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A 2. Strafgesetzbuch. § 300

(2) Den im Absatz 1 Genannten stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen13) und die Personen gleich, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen. Dasselbe gilt für denjenigen, der nach dem Tode des zur Wahrung des Geheimnisses nach Absatz 1 Verpflichteten das von dem Verstorbenen oder aus dessen Nachlaß erlangte Geheimnis unbefugt veröffentlicht 14 ). (3) Handelt der Täter gegen Entgelt 1 5 ) oder in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen 16 ) oder jemandem einen Nachteil zuzufügen 17 ), so ist die Strafe Gefängnis. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (4) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein 18 ). Verteidiger (§ 142 StPO.). Dies gilt auch für die in § 142 Abs. 2 StPO. bezeichneten Personen (str.), denn es kommt nicht darauf an, ob sie berufsmäßig Verteidiger sind, sondern ob sie im Einzelfall das Amt des Verteidigers in einer Strafsache ausgeübt haben. Verteidiger in „ S t r a f s a c h e n " sind wohl auch die im Bußgeld verfahren (§ 45 OWiG. — A 4 —) zugelassenen Verteidiger. 12) Vgl. die Erl. zu § 53 StPO. u. Ges. über Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen v. 17. 7. 1952 (BGBl. I S.385). Steuerhelferund Steuerbevollmächtigte fallen nicht unter §300. 13) Berufsmäßig tätig ist ein Gehilfe, den der Geheimhaltungspflichtige bei der Ausübung seines Berufes hinzugezogen hat. Es braucht sich also nicht um Personen zu handeln, die die Gehilfentätigkeit als Beruf betreiben wie der Bürovorsteher des Rechtsanwalts, die Sprechstundenhilfe des Arztes, vielmehr ist Gehilfe auch, wer, wie etwa die Ehefrau des Arztes oder Rechtsanwalts, nur gelegentlich zugezogen worden ist. Dies war für § 300 a. F. streitig (vgl. L K . I 5 zu § 300). In § 5 3 a Abs. 1 StPO. ist freilich nur von den „Gehilfen" des Arztes usw. die Rede; die Worte „berufsmäßig tätig", die der RegEntw. auch hier vorsah, fehlen in dem Gesetz gewordenen Text. Aus der Entstehungsgeschichte des § 300 n. F. S t G B , und des § 5 3 a StPO. ergibt sich aber, daß die unterschiedliche Fassung keinen sachlichen Unterschied bewirken soll. Denn dem zu § 5 3 a StPO. gestellten Antrag, die Worte „berufsmäßig tätig" zu streichen, weil sonst der Geheimnisschutz nicht gewährleistet sei (Abg. Dr. Arndt, 265. Sitzung v. 12. 5. 1953, Prot. S. 13020), wurde von Regierungsseite (BundesjustMin. Dr. Dehler a.a.O.) mit dem Hinweis widersprochen, daß in § 300 S t G B , wie in § 5 3 a StPO. ein berufsmäßig tätiger Gehilfe jeder von dem Geheimhaltungspflichtigen bei der Ausübung seines Berufs zugezogener sei. Nicht berufsmäßig tätig sind demnach solche Gehilfen, die nicht bei der unmittel baren Berufsausübung hinzugezogen sind, sondern diese nur mittelbar unterstützen, wie das Hauspersonal, die Reinigungsfrau usw. „Zur Vorbereitung auf den Beruf teilnehmen": sie unterscheiden sich von den Gehilfen dadurch, daß ihre Teilnahme an der Berufsausübung der in Abs. 1 genannten Personen nicht deren Unterstützung, sondern ihre eigene Ausbildung auf einen Beruf bezweckt, wie z. B . der dem Rechtsanwalt zur Ausbildung überwiesene Referendar oder der Lehrling im Anwaltsbüro. Auch ihnen muß das Geheimnis in dieser ihrer Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden sein. 14) Abs. 2 Satz 2 ist aus § 13 Abs. 2 der ReichsärzteO. übernommen; er hat u. a. die Veröffentlichung von Memoiren zum Gegenstand. „Dasselbe gilt": sie werden, obwohl ihnen das Geheimnis nicht anvertraut oder durch Berufsausübung bekannt geworden ist, hinsichtl. der Offenbarung durch Veröffentlichung wie der Verstorbene bei jeder Form der Offenbarung behandelt. Veröffentlicht = öffentlich mitteilt. Von dem Verstorbenen ist das Geheimnis erlangt, wenn dieser es — befugt oder unbefugt — zu seinen Lebzeiten dem Täter mitgeteilt hat. Aus dem Nachlaß kann das Geheimnis nur in verkörperter Form erlangt sein, wobei vorausgesetzt ist, daß der Täter rechtmäßig (als Erbe, Vermächtnisnehmer, durch Kauf von diesen) die Verfügung darüber erlangt hat; eine unrechtmäßige Besitzergreifung (etwa Diebstahl) ist kein Erlangen „aus dem Nachlaß". 15) Vgl. Anm. 2 zu § 27c. 16) Vgl. Anm. 2 bis 4 zu § 263. 17) Vgl. Anm. 3, 4 zu § 274. 18) Antragsberechtigt ist der Anvertrauende, E. 13, 63; 56, 148 und, falls er mit diesem nicht personengleich ist, auch der Geheimnisträger (s. Anm. 5; str.). Der Anvertrauende hat das Antragsrecht nicht, wenn er als bloßer Bote einen fremden Willen zum Ausdruck gebracht hat. Frank VI. Bei Verletzung der Schweigepflicht nach dem Tode des Anvertrauenden steht das Antragsrecht seinen nächsten Angehörigen (vgl. § 189 Abs. 3) zu. Schäfer, D S t R . 37, 199; a. M. (Erlöschen des Antragsrechts mit dem Tode) L K . V.

2. Teil. 25. Abschn. S t r a f b . E i g e n n u t z u. Verletzg. f r e m d . Geheimnisse. §§ 301, 301 a, 302a

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* § 301. [Ausbeutung Minderjähriger] (1) Wer in gewinnsüchtiger Absicht 1 ) und unter Benutzung des Leichtsinns 2 ) oder der Unerfahrenheit 3 ) eines Minderjährigen 4 ) sich von demselben Schuldscheine, Wechsel, Empfangsbekenntnisse, Bürgschaftserklärungen oder eine andere, eine Verpflichtung enthaltende Urkunde ausstellen5) oder auch nur mündlich ein Zahlungsversprechen erteilen läßt 6 ), wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein 6 ). § 302 J ). [Schwere Ausbeutung Minderjähriger] (1) Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung des Leichtsinns 2 ) oder der Unerfahrenheit 3 ) eines Minderjährigen sich von demselben unter Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Versicherungen oder Beteuerungen die Zahlung einer Geldsumme oder die Erfüllung einer anderen, auf Gewährung geldwerter Sachen gerichteten Verpflichtung aus einem Rechtsgeschäfte versprechen läßt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher sich eine Forderung, von der er weiß, daß deren Berichtigung ein Minderjähriger in der vorbezeichneten Weise versprochen hat, abtreten läßt. (4) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. § 302a. [Kreditwucher] Wer unter Ausbeutung 1 ) der Notlage 2 ), des Leichtsinns 3 ) oder der UnZ u § 301. 1) d. h. in Bereicherungsabsicht. Dazu genügt z. B. die Absicht, d u r c h den Wechsel, zu dessen A n n a h m e ein Minderjähriger ohne Rechtspflicht v e r a n l a ß t worden, eine a n sich b e g r ü n d e t e F o r d e r u n g zu sichern. E . 6, 48. 2) Siehe Anm. 2 zu § 302. 3) Siehe A n m . 3 zu § 302. 4) E i n e nachträgliche Genehmigung d u r c h den V a t e r oder V o r m u n d schließt die S t r a f b a r keit nicht aus. E . 6, 48. 5) E s l ä ß t sich ausstellen, wer die U r k u n d e e n t g e g e n n i m m t . Die u r k u n d l . Verpflichtung k a n n auf Zahlung wie auf andere Leistungen lauten. 6) E i n Zahlungsversprechen liegt auch schon in dem Eingehen einer Schuld, z. B. in der E m p f a n g s n a h m e eines Darlehens oder der A n n a h m e bestellter W a r e n auf Kredit, wenn d a r a u s das Versprechen zur Zahlung schlüssig hervorgeht. E . 31, 118. 7) Die A n t r a g s f r i s t b e g i n n t erst, sobald dem Minderjährigen zum Bewußtsein k o m m t , d a ß eine s t r a f b . A u s n u t z u n g seines Leichtsinns vorliegt. E . 6, 48. Z u § 3 0 2 : 1) Der Unterschied zwischen §§ 301 u n d 302 besteht darin, d a ß es sich in § 302 u m Versprechen von Geldsummen oder geldwerter Sachen h a n d e l t und d a ß besondere B e s t ä r k u n g s m i t t e l (Ehrenwort, Eid) vorliegen müssen. 2) Leichtsinnig handelt, wer den Folgen seiner H a n d l u n g e n aus Sorglosigkeit oder u n genügender Überlegung die ihnen z u k o m m e n d e B e d e u t u n g nicht beilegt. E . 27, 18; 60, 223. Der Leichtsinn m u ß sich nicht in der sonstigen Lebensweise, sondern gerade in seinem Verh a l t e n bei den in Frage stehenden Rechtsgeschäften und deren Eingehung b e k u n d e n . R e c h t 8 , 1 9 9 . 3) U n e r f a h r e n h e i t ist der Mangel a n Geschäftskenntnis u n d Lebenserfahrung, der die Fähigkeit zur W a h r n e h m u n g oder zutreffenden Beurteilung wirtschaftlicher Zustände u n d rechtsgeschäftlicher Vorgänge ausschließt oder beeinträchtigt. Sie k a n n schon vorliegen, wenn der Verletzte die Gelegenheit nicht k e n n t , sich zu billigeren Bedingungen Geld zu verschaffen. E . 25, 315; 37, 205. Z u § 302 a : 1) A u s b e u t u n g ist die b e w u ß t e A u s n u t z u n g der N o t usw. zur Erzielung eines übermäßigen Gewinns. R G . D S t R . 39, 55. Die A u s b e u t u n g wird n i c h t d a d u r c h ausgeschlossen, d a ß sich der Gläubiger m i t den i h m von dem Schuldner selbst angebotenen Bedingungen einverstanden erklärt. E . 3, 218.

320

A 2. Strafgesetzbuch. § 302 a

erfahrenheit 4 ) eines anderen 6 ) mit Bezug auf ein Darlehn 6 ) oder auf die Stundung einer Geldforderung oder auf ein anderes zweiseitiges Rechtsgeschäft, welches denselben wirtschaftlichen Zwecken dienen soll 7 ), sich oder einem Dritten 8 ) Vermögensvorteile 9 ) versprechen 10 ) oder gewähren läßt 11 ), welche den üblichen Zinsfuß 12 ) dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des 2) Siehe Anm. 2 zu § 248 a. Notlage bedeutet ein dringendes und unaufschiebbares Bedürfnis nach Geldmitteln zur Bestreitung des Lebensunterhalts des Darlehensnehmers und seiner Familie, das nicht anders als durch Inanspruchnahme des Kredits oder sonstiger Hilfe Dritter zu befriedigen ist. Eine Notlage liegt auch vor, wenn der Darlehensnehmer zwar noch verwertbare, insbesondere werbende Vermögensanlagen besitzt, durch deren Veräußerung oder Beleihung er sich die erstrebten Geldmittel beschaffen könnte, wenn ihm aber deren Verwertung nicht zugemutet werden kann, weil er dadurch seine Erwerbsquellen verschütten oder sonst die Grundlagen seiner wirtschaftlichen Existenz gefährden würde oder wenn er die erstrebten Mittel zur Erhaltung dieser Existenzgrundlage benötigt und sie anders als im Kreditwege nicht aufbringen kann. E . 71, 325. Nicht befindet sich in einer Notlage, wer Opfer bringen muß, um einen Gewinn zu realisieren. E . 28, 288. Die Notlage muß objektiv vorhanden sein; eingebildete Not genügt nicht. E . 12, 304. Sie ist aber nicht notwendig nach den außerhalb seiner Person liegenden Umständen zu beurteilen, sondern kann auch aus Umständen entnommen werden, welche in seiner Person liegen, z. B . wenn er nicht weiß, daß ihm Mittel zur Verfügung stehen. R . 6, 106. Ob die Not unverschuldet ist oder nicht, ist ohne Bedeutung. R G . J W . 08, 587. Hinsichtlich der die Notlage begründenden Umstände genügt bedingter Vorsatz. R G . D S t R . 39, 55. 3) Siehe Anm. 2 zu § 302. 4) Siehe Anm. 3 zu § 302. 5) Der andere braucht nicht der Geldzusuchende selbst zu sein, sondern z. B . ein Bevollmächtigter oder ein Bürge. L ä ß t sich der Schuldner vertreten, so bemißt sich die Notlage nach der Person des Vertretenen, Leichtsinn und Unerfahrenheit aber auch aus der Person des Vertreters. R G . Recht 15 Nr. 736. Der andere kann auch eine juristische Person sein. E . 38, 365. 6) Es handelt sich lediglich um Gelddarlehen. E. 28, 137. Zwischen dem Darlehen usw. und den versprochenen oder gewährten Vorteilen muß ein erkennbarer Zusammenhang bestehen. E. 27, 190; daß die Zusicherung der Vorteile eine Bedingung für die Hingabe des Darlehns bildet, ist nicht erforderlich. R G . Recht 16 Nr. 709. 7) Entscheidend ist, welchen Zweck der Empfänger (der Bewucherte, nicht der Wucherer) mit dem Geschäft bei dessen Abschluß verfolgt; ob er später diesen Zweck erreicht, ist ohne Bedeutung. E . 39, 127. In Betracht kommen z. B . der Kauf einer Forderung gegen bare Valuta. E. 35, 111; der Kauf von Gegenständen auf Kredit zwecks Barverkaufs oder Verpfändung. E . 39, 126; der Kauf einer Erbschaft. R G . Recht 15 Nr. 737. 8) Der Vermittler kann weder Täter noch Mittäter, wohl aber Gehilfe sein. E..36, 226; Recht 13 Nr. 3693. Dagegen ist § 302a anwendbar, wenn das Geld für das Darlehen aus Mitteln eines Dritten stammt und der Täter nicht nur Vermittler, sondern bevollmächtigter Vertreter des Dritten ist. R G . J W . 36, 3003. 9) Der Vermögensvorteil (vgl. Anm. 4 zu § 263) braucht nicht in Geld zu bestehen, muß aber in Geld schätzbar sein. E. 20, 279. Auch bedingt zugesicherte Vorteile sind hierher zu rechnen; ihr Wert ist nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu berechnen. E. 20, 279. 10) Ob das Versprechen nur nach § 138 Abs. 2 B G B . nichtig, oder auch schon aus anderen Gründen (z. B. mangelnde Genehmigung des gesetzl. Vertreters) unwirksam oder nach §§ 119ff. B G B . anfechtbar ist, ist bedeutungslos. E. 15, 333, 35, 111. Es ist nicht erforderlich, daß der Bewucherte über die rechtliche und wirtschaftliche Seite im klaren ist. R G . GA. 60, 439. Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit dem Sichversprechenlassen. Stellen sich aber Versprechen und Leistung (Sichgewährenlassen) als Ausfluß einer und derselben Ausbeutung dar, so beginnt die Verjährung erst mit der Annahme. 11) Sich-gewähren-lassen: Annahme von Vorteilen, welche vorher nicht versprochen sind. E. 32, 145. Verjährung beginnt mit der Annahme der Leistung. E. 38, 426. 12) Maßgebend ist, welcher Zinsfuß nach den Orts- und Zeitverhältnissen, wozu auch die allgemeinen Kreditverhältnisse gehören, sowie nach der objektiven Natur und dem Zwecke des Geschäftes gewöhnlich, E . 60, 218, im redlichen Geschäftsverkehr üblich ist. R G . D S t R . 39, 53. Die Bestimmungen über den Zinsfuß für Pfandleiher (Ges. v. 17.3. 1881) sind hier nicht maßgebend. E. 23, 121.

2. Teil. 21.Abschn. Strafb. Eigennutz u. Verletzung fremder Geheimnisse. §§ 302 b—e

321

F a l l e s die V e r m ö g e n s v o r t e i l e in auffälligem M i ß v e r h ä l t n i s 1 3 ) zu der L e i s t u n g s t e h e n , wird wegen W u c h e r s m i t G e f ä n g n i s bis zu s e c h s M o n a t e n u n d zugleich m i t Geldstrafe b e s t r a f t . A u c h k a n n a u f V e r l u s t der bürgerlichen E h r e n r e c h t e e r k a n n t werden.

§ 302 b. [Schwerer Kreditwucher] W e r sich oder einem D r i t t e n die w u c h e r l i c h e n V e r m ö g e n s v o r t e i l e (302 a) v e r s c h l e i e r t 1 ) oder w e c h s e l m ä ß i g 2 ) oder u n t e r V e r p f ä n d u n g der E h r e , a u f E h r e n wort, eidlich oder u n t e r ä h n l i c h e n V e r s i c h e r u n g e n oder B e t e u e r u n g e n versprec h e n l ä ß t 8 ) , wird m i t G e f ä n g n i s bis zu einem J a h r e u n d zugleich m i t Geldstrafe b e s t r a f t . A u c h k a n n a u f V e r l u s t der bürgerlichen E h r e n r e c h t e e r k a n n t werden.

§ 302 c. [Nachwucher] D i e s e l b e n S t r a f e n (§ 3 0 2 a , § 3 0 2 b ) t r e f f e n d e n j e n i g e n , welcher m i t K e n n t n i s des S a c h v e r h a l t s eine F o r d e r u n g der v o r b e z e i c h n e t e n A r t e r w i r b t 1 ) u n d e n t weder dieselbe w e i t e r v e r ä u ß e r t oder die wucherlichen V e r m ö g e n s v o r t e i l e geltend macht.

* § 302 d 1 ). [Gewerbsmäßiger Kreditwucher] (1) W e r den W u c h e r (§§ 3 0 2 a bis 3 0 2 c ) gewerbs- oder g e w o h n h e i t s m ä ß i g 2 ) b e t r e i b t , wird m i t Gefängnis n i c h t u n t e r drei M o n a t e n u n d zugleich m i t Gelds t r a f e b e s t r a f t 3 ) . A u c h ist a u f Verlust der bürgerlichen E h r e n r e c h t e zu e r k e n n e n . (2) I n besonders schweren F ä l l e n ist a u f Z u c h t h a u s bis zu zehn J a h r e n u n d Geldstrafe in u n b e s c h r ä n k t e r H ö h e zu e r k e n n e n .

§ 302 e. [Gewerbsmäßiger Sachwucher] D i e s e l b e S t r a f e (§ 3 0 2 d ) t r i f f t d e n j e n i g e n , w e l c h e r m i t B e z u g auf ein R e c h t s geschäft anderer als der im § 3 0 2 a b e z e i c h n e t e n A r t 1 ) gewerbs- oder g e w o h n h e i t s 13) Es kommt nur auf die dem Gläubiger, nicht auf die dem Schuldner erwachsenen Vorteile an. E . 39, 126; 60, 219; BayObLG. DRZ. 33 Nr. 265; RG. J W . 35. 126. Ist der Zinssatz zur Zeit, wo er versprochen wurde, nicht wucherisch, ändern sich aber die wirtschaftlichen Verhältnisse derart, daß er nunmehr wucherisch ist, so ist ein späteres Sichgewährenlassen des Zinssatzes als solches selbständig strafbar. RG. J R . 26 Nr. 1444. Zu § 302 b : 1) durch unwahre, den Wucher verhüllende Form, E. 60, 223, z . B . wenn bei der Beurkundung eines Darlehns nicht zu erkennen gegeben wird, daß gleich die Zinsen auf eine gewisse Zeit vorweg in Abzug gebracht sind, R. 4, 385, oder wenn bei einem Darlehn Waren statt baren Geldes gegeben werden. E . 10, 432. Eine Täuschung des Schuldners ist nicht notwendig. E . 18, 332. Der Wucherer muß sich der Verschleierung bewußt sein, E . 2 1 , 4 3 4 ; es bedarf aber weder bei ihm einer besonderen Verschleierungsabsicht, E. 18, 332 noch einer beiderseitigen Willensübereinstimmung. 2) Die Wechselform muß dazu dienen, um die in der Wechselsumme enthaltenen wucherischen Vorteile zu erlangen. Dies ist nicht der Fall, wenn zwar über das Darlehn ein Wechsel ausgestellt worden ist, die wucherischen Vorteile dagegen in der Zahlung unverhältnismäßig hoher Zinsen bei Prolongation des Wechsels bestehen. R. 7, 486. 3) Es genügt, daß die betreffende Versicherung überhaupt mit dem Wuchergeschäft in Verbindung gebracht ist. Zu § 3 0 2 c : 1) Auch wenn die wucherische Forderung von Todes wegen erworben ist. E . 36, 374. Z u § 302 d : 1) I. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 2) Vgl. Anm. 1 und 2 zu § 260. Keine Sammelstraftat. E. 73, 216. 3) Treffen § 302 b u. § 302 d nebeneinander zu, so wird § 302 b aufgezehrt. RG. J W . 35 528. Zu § 302 e: 1) Der Gegensatz zwischen § 302 a und e ist nicht „Kreditwucher und Sachwucher", sondern es kommt darauf an, ob das Geschäft der Befriedigung eines augenblicklichen Geldbedürfnisses diente — dann ist § 302 a anwendbar — oder ein anderer wirtschaftl. Zweck von dem ausgebeuteten Teil verfolgt wird. E . 35, 111; 45, 199. Es kommen hier Rechtsgeschäfte jeder Art inBetracht, z.B. dieLeistungen eines Rechtsberaters. E . 45,197 ;Mietverträge. E . 53, 285; Dienst- und Werkverträge. RG. DR. 44, 903. Schrifttum: Groebe, D J . 37, 853. 21

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

322

A 2. Strafgesetzbuch. § 303

mäßig unter Ausbeutung der Notlage 2 ), des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines anderen sich oder einem Dritten Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, welche den Wert der Leistung3) dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Vermögensvorteile in auffälligem Mißverhältnis zu der Leistung stehen. 26. Abschnitt.

Sachbeschädigung*)

§ 303. [Sachbeschädigung] (1) Wer vorsätzlich und rechtswidrig1) eine fremde2) Sache3) beschädigt oder zerstört,4) wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. 2) „Notlage" (siehe Anm. 2 zu § 302a) ist eine nur den Ausgebeuteten treffende wirtschaftliche Bedrängnis, nicht eine Einschränkung, die das Volk im ganzen trifft (wie z. B. Lebensmittelknappheit während eines Krieges). E. 76, 193; OLG. Stuttgart JZ. 51, 88. 3) Grundsätze über die Bildung des gerechten Preises bei Kaufverträgen in E. 74, 346. *) Eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung ist ausgeschlossen, wenn Sondergesetze eine mildere oder schwerere Beurteilung unter einem anderen Gesichtspunkt vorschreiben. Mildere Beurteilung ist z. B. vorgesehen in § 30 Abs. 3 der NaturschutzVO. v. 18. 3. 1936 (B I X 3) oder in den landesrechtl. feld- und forstpolizeilichen Gesetzen, schwerere Beurteilung z. B. in § 170a. Strafschärfung bei staatsgefährdender Absicht: § 94. Z u § 303: 1) Die Rechtswidrigkeit ist auch hier kein besonderes Tatbestandsmerkmal, sondern allgemeines Verbrechensmerkmal (vgl. Anm. 3 zu § 240). Durch Einwilligung des Eigentümers wird die Rechtswidrigkeit ausgeschlossen, selbst wenn in beiderseitigem Einverständnis mit der Beschädigung der Sache ein rechtswidriger Zweck verfolgt wird. E. 27, 420. Nicht widerrechtlich handelt, wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt. § 229 BGB. Das Recht der Jagdschutzberechtigten, wildernde Hunde und Katzen zu töten, ist in den landesrechtl. Ausführungsvorschriften zu § 23 BJagdgesetz geregelt. Betr. Tauben siehe Anm. 4 Abs. 4 zu § 242 StGB. Nach § 8 des Brieftaubengesetzes v. 1. 10. 1938 (RGBl. I S. 1336) finden die landesrechtl. Vorschriften, nach denen im Freien betroffene Tauben getötet werden dürfen, auf Brieftauben keine Anwendung. Nach § 9 des Gesetzes wird, wer fremde Brieftauben vorsätzlich oder fahrlässig tötet oder verletzt, mit Gefängnis bis zu 2 Jahren oder mit H a f t oder mit Geldstrafe bestraft, soweit die T a t nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. 2) Siehe Anm. 1 zu § 242. 3) körperliche Sache (siehe Anm. 3 zu § 242), beweglich oder unbeweglich. Keine Sache ist der menschliche Leichnam. E. 64, 313. 4) B e s c h ä d i g u n g ist jede nicht ganz unerhebliche körperliche Einwirkung auf die Sache, durch die deren stoffliche Zusammensetzung verändert oder sonst ihre Unversehrtheit derart aufgehoben wird, daß die Brauchbarkeit für die ihr gegebene Zweckbestimmung herabgemindert ist. E. 74, 14. Auch eine Einwirkung, die zwar keine stoffliche Verringerung oder Verschlechterung, wohl aber eine belangreiche Veränderung der äußeren Erscheinung und Form mit sich bringt, genügt (z. B. Beschmieren eines Denkmals, Versenken eines Fahnentuchs in einen Fluß). E. 64, 250 ; 66, 203. Sachbesch, kann z. B. dadurch begangen werden, daß Schmutz in den Brunnen geworfen, R..9, 171; saubere Wäsche mit ö l und Asche befleckt. GA. 49, 301, Trinkwasser durch Seife verunreinigt. Dresden DRZ. 31 Nr. 208; eine Litfaßsäule mit Petroleum begossen, E. 66, 203; eine Maschine durch Bereitung eines Hindernisses in ihrem Betriebe gehemmt wird, E. 20, 182; ferner durch äußere und innere Verunreinigung eines Briefkastens, BayObLG. DRZ. 30 Nr. 687; Einschneiden von Namen in Ruhebänke, GA.43, 134 und 135; Herausheben eines Merkpfahles, E. 31, 329; Werfen oxydierender Gegenstände ins Wasser, RG. D J Z . 04, 508; GA. 51, 182; Aussäen größerer Unkrautmengen KG. Johow 46, 368. Siehe Anm. 2 zu § 23 F F P G . unter E 2 . Bei Tieren kann Sachbeschädigung durch übermäßige nachteilige Einwirkung auf das Nervensystem (Kitzligmachen eines Pferdes) begangen werden. E. 37, 412. Z e r s t ö r t ist eine Sache, wenn sie durch eine wesentliche Beschädigung für ihren Zweck unbrauchbar geworden ist. Bei sog. z u s a m m e n g e s e t z t e n S a c h e n liegt Sachbeschädigung schon vor, wenn einzelne Teile beiseite geschafft und das einheitliche Ganze dadurch gebrauchsunfähig gemacht wird; daß die weggenommenen Teile selbst zerstört oder beschädigt werden, ist nicht erforderlich, z. B. wenn der Täter von einer Fahnenstange das Fahnentuch (ohne Zueignungsabsicht oder Beschädigung) wegnimmt, E. 65, 356, oder von den an einem Grabe niedergelegten Kränzen die Schleifen entfernt. OLG. Dresden, LZ. 29, 1216.

2. Teil. 26. Abschnitt. Sachbeschädigung. § 304

323

(2) Der Versuch ist strafbar. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein 5 ). (4) Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme des Antrages zulässig.

§ 3041). [Beschädigung öffentlicher Gegenstände] (1) Wer vorsätzlich und rechtswidrig Gegenstände2) der Verehrung einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft3), oder Sachen, die dem Gottesdienste gewidmet sind 4 ), oder Grabmäler5), öffentliche Denkmäler6), Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind,oderGegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen'), oder zur Verschönerung öffentlicher Wege 8 ), Eine Entziehung der Sache, die nicht mit einer Einwirkung auf die Sache im Sinne der vorstehenden Ausführungen verbunden ist, ist straflos. Das in diesem Zusammenhang häufig verwendete Schulbeispiel des Fliegenlassens eines fremden Stubenvogels ist freilich angreifbar. Kohlrausch-Lange I I I sehen in dem Fliegenlassen eines Vogels ohne weiteres eine Sachbeschädigung. Siehe auch OLG. München D J . 38, 1530. Keine Sachbeschädigung ist das Versiegenlassen einer Wasserleitung durch Abgraben der Quellen. E. 39, 328. 5) Antragsberechtigt ist nicht bloß der Eigentümer, sondern auch jeder andere, der nur ein persönliches Recht an der Sache hat (z. B. der Mieter und zwar auch dann, wenn der Mietvertrag nach der T a t endet. E. 71, 137); oder der die Verantwortung für die Sache trägt, E. 63, 76; 65, 354, aber nicht der nur mittelbar verletzte Versicherer. RG. GA. 42, 50 ; 50, 287. Zu Strafanträgen wegen einer gegen den Fiskus gerichteten Sachbesch, sind die zur Verwaltung der beschädigten Sache berufenen Behörden für ihren Geschäftsbereich zuständig. E. 65, 357. Zu § 304: 1) Sondervorschrift: §21 Naturschutzgesetz (unter B I X 2). 2) Die Sache braucht hier nicht fremd zu sein. E. 43, 240. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 167. 4) Vgl. Anm. 2 zu § 243. 5) Grabmäler sind die einen Teil des Grabes bildenden Zeichen zur Erinnerung an den Verstorbenen. RG. GA. 53, 441. 6) Denkmäler sind Erinnerungszeichen, die das Andenken an Personen, Begebenheiten oder frühere Kulturzustände wachzuhalten bestimmt sind, z. B. auch ein Haus, E. 43, 241, oder ein Hünengrab. RG. GA. 51, 49; siehe auch Recht 9, 285. Öffentl. ist ein Denkmal, das nach seiner Zweckbestimmung der Öffentlichkeit gewidmet ist, also unmittelbar zugängl. ist. E. 43, 240, auch wenn es sich nicht an öffentl. Wegen, Straßen oder Plätzen befindet. 7) Ein Gegenstand dient zum öffentlichen Nutzen, wenn sein Nutzen nach seiner Zweckbestimmung der Volksgemeinschaft u n m i t t e l b a r zugutekommt. E. 72, 1. „Unmittelb a r " bedeutet dabei, daß jedermann aus dem Publikum, wenn auch erst nach Erfüllung bestimmter Bedingungen, ohne Vermittlung dritter, zu beliebiger Auswahl der Teilnehmer befugter Personen aus dem Gegenstand, seinen Erzeugnissen oder Wirkungen Nutzen ziehen kann. E. 58, 346; 66, 203; es genügt nicht, daß der Gegenstand in irgendeiner Beziehung zum Nutzen des Publikums steht; a. M. Schönke I I I 2c; E. 31, 146. Der Zustand braucht keine bestimmte Dauer zu haben. E. 64, 250. a. M. Celle GA. 60, 301. Es gehören hierher z. B. Straßenbahnen, E. 34, 1; Anschlagsäule, E. 66, 203; ein erst im Bau befindliches Schulgebäude, Celle H R R . 30 Nr. 1889; von Menschenhand hergestellter Weg, E. 28, 117; Wahlurnen, E. 55, 61; Glasscheibe am Feuermelder, Stuttgart H R R . 27, 101; Dresden LZ. 30, 5443; Plombensiegel des Feuermelders, E. 65, 133; Postbriefkasten, BayObLG. JW. 31, 1620; trigonometrische Marksteine, E. 39, 206; a. M. L K . I I ; die Masten einer für jedermann bestimmten Lichtleitung und zwar schon vor Anbringung der Drähte. RG. J R . 26 Nr. 2308. Wasserstandsmerkmale, E. 31, 143. Eingriffe in die Grundlagen der Ernährungswirtschaft, die diese fühlbar beeinträchtigen, bedeuten in Zeiten der Nahrungsmittelverknappung und -bewirtschaftung eine Beeinträchtigung der Volksgemeinschaft (Vernichtung einer großen Zahl von Bienenvölkern, E. 72, 1; Herbeiführung des Eingehens oder auch schon der Erkrankung mehrerer Kühe im Hinblick auf den Ausfall an Butter. OLG. Dresden D J . 39, 1004). Nicht hierher gehören Gegenstände, die zwar im fiskalischen Eigentum stehen, deren Nutzen aber nicht unmittelbar der Allgemeinheit zugutekommt, wie z. B. ein Tisch zur Erledigung von Arbeiten eines Gemeindebeamten, GA. 60., 443; D J Z . 13, 1443; Einrichtungen der Gefängniszellen, Recht 20 Nr. 1420; wie z. B. Betten. J R . 26 Nr. 2309. Ein einzelner Baum 21*

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 305, 306

Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt 9 ) oder zerstört, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Der Versuch ist strafbar.

§ 305. [Zerstörung von Bauwerken] (1) Wer vorsätzlich und rechtswidrig ein Gebäude 1 ), ein Schiff 2 ), eine Brücke 3 ), einen Damm, eine gebaute Straße, eine Eisenbahn 4 ) oder ein anderes Bauwerk5) welche fremdes Eigentum sind, ganz oder teilweise zerstört*), wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. 27. Abschnitt.

Gemeingefährliche

Verbrechen und

Vergehen

§ 306. [Schwere Brandstiftung] Wegen Brandstiftung wird mit Zuchthaus bestraft, wer vorsätzlich 1 ) in Brand setzt 2 ): dient nicht schon deshalb dem öffentlichen Nutzen, weil er Schatten spendet. BayObLG. GA. 75, 98. 8) Zur Verschönerung eines Weges kann auch eine an einem Gebäude angebrachte Fahne dienen. E. 65, 354. 9) Beschädigung liegt vor, wenn durch die Handlung der besondere Zweck, dem die Sache dient, beeinträchtigt wird, E. 43, 31; 66, 203; so wenn durch Abreißen von Baumzweigen die Verschönerung einer öffentlichen Anlage herabgemindert wird. Rostock H R R . 29 Nr. 2057; dagegen nicht, wenn die Wand einer Eisenbahnüberführung besudelt wird. H R R . 33 Nr. 350. Z u § 305: 1) S. Anm. 4 zu § 243. 2) Nur größere Schiffe; h. M. 3) Brücke ist nicht jeder von Menschen hergestellte Übergang; es muß vielmehr ein Bauwerk von einiger Erheblichkeit, d. h. von einer gewissen Größe, Festigkeit und Tragfähigkeit sein. E. 24, 26; 33, 391. Es gehören hierher nicht bloß öffentliche und zum Gebrauch für Menschen bestimmte Brücken. E. 20, 353. 4) = Bahnkörper mit den Schienen, nicht Wagen und Lokomotiven. E. 55, 169. 5) Bauwerk ist jedes selbständige Werk, das durch menschliche Arbeit geschaffen, untrennbar mit dem Grund und Boden verbunden und für eine gewisse Dauer bestimmt ist, E. 15, 265; z. B. eine Hütte, H R R . 30 Nr. 462; eine Mauer, R. 6, 477; Teile eines Neubaues, E. 30, 246; ein beschädigtes Gebäude. OGHSt. 2, 209; eine Baugrube für eine Brunnenanlage. OLG. Naumburg D S t R . 39, 186; ein künstlicher Fischteich. E. 15, 265. Ein stehen gebliebener Schornstein ist kein Bauwerk, E. 27, 420. 6) T e i l w e i s e Zerstörung liegt auch vor, wenn die ganze Sache für einzelne ihrer Aufgaben unbrauchbar gemacht wird, wie bei teilweiser Wegnahme des Geländers einer Brücke, so daß sie nur noch für Fußgänger geeignet ist. R. 7, 274; E. 54, 208 oder bei Zerstörung von Fenstern, Türen und Inneneinrichtung eines Gebäudes, so daß es seine bisherige Zweckbestimmung, wenn auch nur vorübergehend, nicht mehr erfüllen kann. OGHSt. 1, 53. Bei einer Eisenbahn genügt Lockerung und Zurseiteschiebung der Schienen. E. 55, 169. Die Zerstörung einer Brücke kann dadurch erfolgen, daß sie durch Wegnahme einer Bohle ungangbar gemacht wird. E. 20, 353. Die Durchlöcherung des Strohdachs eines Hauses oder das Aufbrechen eines Türschlosses ist keine Teilzerstörung des Hauses. E. 54, 205; RG. Recht 11 Nr. 970. Z u § 306: 1) Vorsätzliche Brandstiftung (oder Beihilfe dazu) kann auch durch Unterlassung begangen werden, wenn eine Rechtspflicht zur Brandverhütung besteht, E. 60, 77, z. B. für den Versicherungsnehmer, den Versicherten, auch wenn er nicht der Versicherungsnehmer ist, den Ehegatten, E.64, 273; 71, 194; OGH. BZ. J R . 50, 403; den Führer der freiw. Feuerwehr. OGH. BZ. N J W . 49, 389. Der Vorsatz erstreckt sich auf das Inbrandsetzen, nicht auf die völlige Verbrennung des Gegenstandes. RG. JW. 30, 835. 2) Inbrandsetzen liegt vor, wenn einem nicht völlig unwesentlichen Bestandteile des Gebäudes das Feuer durch den Zündstoff derartig mitgeteilt ist, daß ein Fort- und Niederbrennen des ganzen Gebäudes möglich wird, auch wenn der Zündstoff entfernt oder erloschen

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. §§307,308

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1. ein zu gottesdienstlichen Versammlungen bestimmtes Gebäude; 2. ein Gebäude, ein Schiff oder eine H ü t t e , welche zur Wohnung von Menschen dienen 3 ), oder 3. eine Räumlichkeit, welche zeitweise zum Aufenthalt von Menschen dient, und zwar zu einer Zeit, Während welcher Menschen in derselben sich aufzuhalten pflegen 4 ).

§ 307. [Besonders schwere Brandstiftung] Die Brandstiftung (§ 306) wird mit Zuchthaus nicht unter zehn J a h r e n oder mit lebenslangem Zuchthaus bestraft, wenn 1. der B r a n d den Tod eines Menschen dadurch verursacht h a t 1 ) , daß dieser zur Zeit der T a t in einer der in B r a n d gesetzten Räumlichkeiten sich befand; 2. die Brandstiftung in der Absicht begangen worden ist, u m unter Begünstigung derselben Mord oder R a u b zu begehen oder einen Aufruhr zu erregen, oder 3. der Brandstifter, um das Löschen des Feuers zu verhindern oder zu erschweren, Löschgerätschaften entfernt oder unbrauchbar gemacht hat.

§ 308. [Einfache Brandstiftung] (1) Wegen Brandstiftung wird mit Zuchthaus bis zu zehn J a h r e n bestraft 1 ), wer vorsätzlich Gebäude 2 ), Schiffe, H ü t t e n 3 ) , Bergwerke, Magazine 4 ), Warenist. E. 71, 194; OGH. BZ. NJW. 49, 358. „Nicht völlig unwesentl. Bestandteile" eines Gebäudes sind z. B. der Fußboden, Fensterrahmen, Wände; das Mobilar bildet keinen Gebäudebestandteil. OLG. Hamburg NJW. 53, 117. Bloßes Ankohlen einzelner Holzteile genügt nicht. E. 64, 273. Dagegen ist ein Flammenausbruch nicht erforderlich, es genügt vielmehr eine ohne Flammenbildung durch Glimmen bewirkte Fortpflanzung des Feuers. E. 25, 329. Auch ein bereits brennendes Gebäude usw. kann (durch Schaffung eines zusätzl. Brandherdes) in Brand gesetzt werden. RG. Recht 33 Nr. 656; OGH. BZ. J R . 50, 404. Versuch liegt z. B. vor, wenn der Täter Benzin ausgießt, um es sofort zu entzünden. OGH St. 2, 346, oder wenn er eine elektrische „Brandstiftungsanlage" mit dem Willen anbringt, der elektr. Strom werde durch einen zufälligen Umstand eingeschaltet und die Anlage zum Glühen bringen; sollte dagegen ein Mitwisser den Strom einschalten, so liegt bis zu dessen Eingreifen nur straflose Vorbereitungshandlung vor. E. 66, 141. 3) Ein Gebäude (der Begriff ist der gleiche wie in § 243 Abs. 1 Nr. 2; vgl. Anm. 4 zu § 243 und Anm. 2, 3 zu § 308) dient zur Wohnung von Menschen, wenn es tatsächlich dazu benutzt wird, ohne Rücksicht darauf, ob es dazu bestimmt und geeignet ist, als Wohnung zu dienen, E. 60, 137, und zwar auch dann, wenn es nur zeitweise als Wohnung benutzt wird, wie z. B. während des Wochenendes oder der Ferien. OGHSt. 1, 244 und wenn nur ein Teil des von ihm umschlossenen Raumes eine solche Verwendung findet. RG. J W . 38, 505. Bei einem aus verschiedenen Teilen (Vorder- und Hinterhaus) bestehenden Haus kommt es nicht auf die wirtschaftliche Bestimmung der Teile, sondern darauf an, ob es nach Erscheinung und Einrichtung ein einheitliches Ganzes bildet. RG. J W . 36, 262 34 . Das Gebäude verliert die Eigenschaft, als Wohnung zu dienen, nicht, auch wenn der einzige Bewohner es anzündet mit dem Willen, es als Wohnung aufzugeben. E. 60, 136; wohl aber dann, wenn der einiige Bewohner gestorben ist, Recht 31 Nr. 203; oder wenn durch nicht nur vorübergehende Abwesenheit die tatsächliche Benutzung des Gebäudes zum Wohnen aufhört. DRZ. 33 Nr. 767. Auch4)ein durchSchiffe, Brand zerstörtes Gebäude ist noch eindagegen Gebäude. RG. Scheunen JW. 28, 2463. Z.teilweise B. Theater, Künstlerwagen, Büroräume, nicht und

Ställe. E. 69, 148. Eine Räumlichkeit ist der einzelne Raum, nicht das aus einer Mehrzahl von Räumen bestehende Gebäude. DJZ. 14, 883. Ob sich wirklich zu der Zeit Menschen in dem Räume befunden haben, darauf kommt es nicht an. E. 23, 102; OGHSt. 1, 245. Z u § 307: 1) Vgl. § 56. Der Tod braucht nicht durch Verbrennen erfolgt zu sein; es genügt, daß er durch Erstickung, Einsturz oder durch Herzschlag infolge eines Schreckens herbeigeführt ist. L K . 2. Anwesenheit in der Räumlichkeit war nicht die Todesursache, wenn jemand ums Leben kommt, nachdem er zu Rettungsarbeiten in das brennende Gebäude zurückgekehrt ist. E. 5, 202; 40, 321. Zu § 308: 1) Tateinheit mit Sachbeschädigung, wenn jemand ein fremdes Gebäude anzündet und dadurch darin befindliche andere Gegenstände zerstört. RG. JW. 35, 2372.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 308

Vorräte6), welche auf dazu bestimmten öffentlichen Plätzen lagern, Vorräte5) von landwirtschaftlichen Erzeugnissen ®) oder von Bau- 7 ) oder Brennmaterialien 8 ), Früchte auf dem Felde 9 ), Waldungen10) oder Torfmoore in Brand setzt, wenn diese Gegenstände entweder fremdes Eigentum sind11) oder zwar dem Brandstifter eigentümlich gehören12), jedoch ihrer Beschaffenheit und Lage nach geeignet sind 13 ), das Feuer einer der in § 306 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Räumlichkeiten oder einem der vorstehend bezeichneten fremden Gegenstände mitzuteilen. 2) Siehe Anm. 4 zu § 243. Auch Jahrmarktbuden und ähnliche leichte Zweckbauten können Gebäude (oder wenigstens Hütten) sein, wenn sie ein selbständiges, unbewegliches Ganzes bilden, eine nicht völlig geringfügige Bodenfläche bedecken und zum Schutze gegen äußere Einwirkung und Eindringen Unbefugter in einer dem jeweiligen Zwecke genügenden Dauerhaftigkeit und Festigkeit, sei es durch Wand oder Dach, oder sonst ausreichend abgeschlossen sind; „Unbeweglichkeit" kann schon angenommen werden, wenn die Baulichkeit infolge ihres Eigengewichts fest auf dem Erdboden steht, ohne in die Erdoberfläche eingebaut zu sein. E. 73, 204. Ein Ziegelschuppen ist kein Gebäude. E. 32, 128. 3) Hütten und Gebäude (Anm. 2) unterscheiden sich nur durch die Größe. Auch als H ü t t e n kommen nur Bauwerke von einer gewissen Bedeutung in Betracht; dazu gehört z. B. ein aus Holztafeln zusammengesetztes, auf Rollen fortzubewegendes Wochenendhäuschen. RG. D J . 38, 1797. Keine H ü t t e ist eine Jahrmarktsschießbude, die aus leichtem, mit Zelttuch umspanntem Holzgerüst besteht. E. 73, 204. 4) Magazin sind die magazinierten Vorräte einschließlich der sichernden Umschließung. E. 13, 407. 5) Vorräte sind größere Mengen von Gegenständen, die zum Zwecke künftiger Verwendung vereinigt sind. E. 51, 282. Gedacht ist nur an Vorräte von einem gewissen höheren Wert (nicht z. B. an Brennmaterial im Wert von 5—10 DM.) RG. J W . 37, 997. 6) 1. E. sind alle Rohprodukte des Grund und Bodens, bei deren Gewinnung dessen Substanz unverändert bleibt (also z. B. nicht Sand und Torf. RG. J W . 06, 791). Es gehört hierher Rohr, E. 27, 14; Kartoffelkraut, RG. GA. 47, 165; Rüben RG. GA. 40, 326; Baumwollenballen. Dagegen n i c h t : Holz und Kohlen, E. 39, 22; ein Düngerhaufen. R. 2, 82; forstwirtschaftliche Erzeugnisse wie ein Haufen aus Rinden, Ästen und Klötzen. RG. J W . 37, 997. 7) Dazu gehören auch Balken, Bretter und Segeltuch zur Errichtung einer Jahrmarktbude (vgl. Anm. 2). E. 73, 204. 8) Dazu gehört auch ein Kohlenmeiler. E. 62, 28. 9) Die Früchte brauchen nicht mit dem Boden verbunden zu sein, E. 10, 186; RG. GA. 49, 140, auch keinen wirtschaftlichen Nutzungswert zu haben. RG. J W . 39, 545. Hierher gehören die zu Kornmandeln zusammengebundenen Garben. BayObLG. DRZ. 30 Nr. 417; Grasstoppeln einer abgemähten Wiese, E. 38, 140; wild wachsendes Gras. RG. J W . 39, 545, selbst verdorrtes, halbverfaultes Gras. RG. J W . 28, 2644 (aber nicht vollkommen verfaulte Grasrückstände, Recht 33 Nr. 399); ein einzelstehender Zierstrauch. RG. J W . 29, 780. Substanzteile wie Torf sind keine Früchte i. S. des § 308. 10) Waldung ist eine umfangreichere zusammenhängend mit Holz bewachsene Grundfläche mitsamt den übrigen Bodenerzeugnissen. Eine Mehrzahl einzeln stehender Waldbäume genügt nicht. RG. D J . 34, 913. § 308 ist vollendet, wenn ein Stück der Hochstämme oder des Unterholzes vom Feuer derart ergriffen ist, daß es sich ohne Einwirkung neuen Zündstoffes fortzuentwickeln vermag. RG. J W . 35, 532. 11) Sogenannte unmittelbare Brandstiftung, bei der die Inbrandsetzung stets strafbar ist. Bei Miteigentum (auch zwischen Ehegatten) ist die Sache für jeden Miteigentümer eine fremde. E. 11, 345. Die Früchte einer Sache, an der jemandem ein Nutznießungsrecht zusteht, sind für den Nutznießer (vgl. Anm. 1 zu § 289) nicht fremd. RG. J W . 34, 171. Wer mit Wissen und Willen des Eigentümers dessen Sache in Brand setzt, kann nur mittelbare Brandstiftung (Anm. 12) begehen. E. 12, 138; H R R . 29 Nr. 980; OLG. Celle NdsRpfl. 52, 57. Die irrtümliche Annahme der Einwilligung schließt den Vorsatz aus. R G . GA. 73, 344. 12) Trotz des Wortlauts ist die sogenannte mittelbare Brandstiftung auch strafbar, wenn die Sache herrenlos ist oder vom Täter irrtümlich für herrenlos gehalten wird. RG. J W . 30, 924; D J . 40, 549. 13) Abstrakte Brandgefahr genügt; konkrete Gefährdung ist nicht erforderlich. Daher wird zwischen einer näheren oder entfernteren Möglichkeit, das Feuer mitzuteilen, kein Unterschied gemacht und Verbreitungsgefahr besteht auch dann, wenn günstiger Wind vorhanden war, dieser aber den Brand tatsächlich nicht begünstigt hat. Recht 32 Nr. 195; selbst dann, wenn der Wind ungünstig war. RG. J W . 30, 924; 34, 171 oder wenn die Beschaffenheit

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. §§ 309, 310, 310a

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(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. § 3 0 9 [ F a h r l ä s s i g e Brandstiftung] Wer durch Fahrlässigkeit einen Brand der in den §§ 306 und 3082) bezeichneten Art herbeiführt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft; ist durch den Brand der Tod eines Menschen verursacht worden3), so beträgt die Gefängnisstrafe mindestens einen Monat. § 3101). [Tätige Reue] Hat der Täter den Brand 2 ), bevor derselbe entdeckt 3 ) und ein weiterer als der durch die bloße Inbrandsetzung bewirkte Schade entstanden war 4 ), wieder gelöscht6), so wird er nicht wegen Brandstiftung bestraft 6 ). § 310 a 1 ). [Herbeiführung einer Brandgefahr]

Wer 1. feuergefährdete Betriebe und Anlagen, insbesondere solche, in denen explosive Stoffe, brennbare Flüssigkeiten oder brennbare Gase hergestellt der benachbarten Gebäude (z. B. gegen Funkenflug nicht anfälliges massives Dach) eine konkrete Brandgefahr ausschließt. BGH. N J W . 61, 726. Die irrige Annahme des Täters, alles getan zu haben oder tun zu können, um die abstrakte Brandgefahr auszuschalten, kann den Vorsatz ausschließen. OLG. Celle NdsRpfl. 52, 57. Z u § 309: 1) i. d. F. des § 6 des Ges. v. 4 . 9 . 1 9 4 1 (RGBl. I S. 549). 2) Fahrlässigkeit' liegt auch dann vor, wenn der Täter den Brand vorsätzlich herbeigeführt hat, aber in fahrlässiger Unkenntnis über die Fremdheit des Eigentums oder darüber war, daß der Gegenstand geeignet war, den Brand weiter mitzuteilen. L K . 1. Verkauf und sonstige Überlassung von Streichhölzern an kleine Kinder, die damit einen Brand verursachen, ist nicht ausnahmslos fahrlässige Brandstiftung; es kommt darauf an, ob bei den Kindern ein solches Verhalten zu besorgen war. E. 76, 1. 3) Vgl. § 56. Der Tod muß in unmittelbarem Zusammenhange mit dem Brande stehen. E. 40, 321. Im Gegensatz zu § 307 Nr. 1 braucht der Tod nicht infolge Anwesenheit im Gebäude zur Zeit der Tat verursacht zu sein. Tateinheit mit fahrlässiger Tötung ist möglich. RG. J W . 05, 755. Z u § 310: 1) In der Fassung des Gesetzes v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). § 310 ergänzt den § 46, indem er tätige Reue auch bei vollendeter Tat zuläßt. Bei v e r s u c h t e r Brandstiftung findet nicht § 310, sondern § 46 Anwendung. E. 18, 355. 2) Gilt auch bei fahrlässiger Brandstiftung (§ 309). E. 19, 394. 3) Der Brand ist entdeckt, wenn ein unbeteiligter Dritter ihn ohne Mitwirkung des Täters wahrgenommen hat. E. 19, 394. Der Brand als solcher, nicht bloß der Rauch, darf noch nicht entdeckt sein. E. 57, 294. 4) Ein weiterer Schaden ist entstanden, wenn das Feuer einen e r h e b l i c h größeren Umfang gewonnen hat, als zum selbständigen Weiterbrennen erforderlich war. E. 57, 297. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn das Feuer auf einen Nachbarraum übergreift, vielmehr kann z. B. genügen, wenn in dem Raum mit dem Brandherd Fußboden, Wände und Decke in Mitleidenschaft gezogen sind. OLG. Hamburg N J W . 53, 117. 5) Erforderlich ist eine bewußte eigne Löschtätigkeit, RG. Recht 34 Nr. 2120, die auch darin liegen kann, daß der Täter die Feuerwehr herbeiruft. RG. LZ. 31, 1334, oder andere Personen zum Löschen veranlaßt. E. 19, 394. Der bloße Wille zum Löschen genügt an sich nicht. E. 18, 355. H a t sich aber der Täter freiwillig und ernstlich bemüht, jedoch nicht seine Tätigkeit, sondern ein anderer Umstand das Erlöschen des Brandes herbeigeführt, z. B. wenn der Brand vor dem Eingreifen des Täters von selbst erloschen, oder von Dritten unabhängig von dem Täter gelöscht worden war, so sind § 49 a Abs. 4, § 82 Satz 2, § 129 Abs. 4 Satz 2, § 139 Abs. 4, 316a Abs. 2 entsprechend anwendbar (vgl. Anm. 5 zu § 46.Schönke II 3); a. M. RG. J W . 28, 508. 6) Persönlicher Strafaufhebungsgrund (vgl. Anm. 1 zu § 46). Unberührt bleibt eine nach anderen Vorschriften verwirkte Strafbarkeit, z. B. wegen Sachbeschädigung oder wegen Herbeiführung einer Brandgefahr (§ 310a; s. dort Anm. 3). Zu § 3 1 0 a : 1) In der Fassung von § 6 des Gesetzes v. 4. 9. 1941 (RGBl. I S. 549).

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A 2. Strafgesetzbuch. §§311—313

oder gewonnen werden oder sich befinden, sowie Anlagen oder Betriebe der Land- oder Ernährungswirtschaft, in denen sich Getreide, Futter oder Streumittel, Heu, Stroh, Hanf, Flachs oder andere land- oder ernährungswirtschaftliche Erzeugnisse befinden; 22). Wald-, Heide- oder Moorflächen, bestellte Felder oder Felder, auf denen Getreide, Heu oder Stroh lagert, durch Rauchen, durch Verwenden von offenem Feuer oder Licht oder deren ungenügende Beaufsichtigung, durch Wegwerfen brennender oder glimmender Gegenstände oder in sonstiger Weise vorsätzlich oder fahrlässig in Brandgefahr bringt 3 ), wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. § 311. [Herbeiführung einer Explosion] Die gänzliche oder teilweise Zerstörung einer Sache1) durch Gebrauch 2 ) von Pulver oder anderen explodierenden Stoffen 3 ) ist der Inbrandsetzung der Sache gleich zu achten. § 312. [Menschengefährdende Überschwemmung] Wer mit gemeiner Gefahr 1 ) für Menschenleben vorsätzlich eine Überschwemmung 2 ) herbeiführt 3 ), wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren und, wenn durch die Überschwemmung der Tod eines Menschen verursacht 4 ) worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslangem Zuchthaus bestraft. § 313. [Eigentumsgefährdende Überschwemmung] (1) Wer mit gemeiner Gefahr für das Eigentum 1 ) vorsätzlich eine Überschwemmung herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Ist jedoch die Absicht des Täters nur auf Schutz seines Eigentums gerichtet gewesen, so ist auf Gefängnis nicht unter einem Jahre zu erkennen. 2) Vgl. dazuVO. zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände v. 25. 6. 1938 (RGBl. I S. 700), abgedruckt B I I 9. 3) § 310a erfordert eine k o n k r e t e Brandgefahr im Gegensatz zu den Strafvorschriften der VO. v. 25. 6. 1938 (siehe Anm. 2) gegen die Herbeiführung einer a b s t r a k t e n Brandgefahr. Nach den Grundsätzen über die Subsidiarität der Strafgesetze kommt das die abstrakte Gefährdung bedrohende Gesetz nicht zur Anwendung, wenn der Tatbestand der konkreten Gefährdung verwirklicht ist (vgl. E. 59, 113). Ist ein Brand bereits entstanden, das geschützte Rechtsgut also verletzt, so ist § 310a ebenfalls unanwendbar, es sei denn, daß das Verletzungsdelikt im Einzelfall nicht strafbar ist. BGH. N J W . 51, 726; OLG. Celle NdsRpfl. 52, 57. Zu § 311: 1) Zerstörung: s. Anm. 4 zu § 303; teilweise Zerstörung: s. Anm. 6 zu § 305 Das Zerspringen der Fenster infolge einer Explosion ist bloße Beschädigung, nicht teilweise Zerstörung des Hauses. E. 8, 33. 2) Gebrauchmachen ist gleich „Verwenden" oder „Umgehen" mit solchen Stoffen, es wird kein sachgemäßer, zweckentsprechender Gebrauch gefordert. E. 19, 279. 3) Vgl. Anm. 7 zu § 293. Zu § 312: 1) Diese liegt vor, wenn der Täter die Ausdehnung seiner Gefährdung nicht in seiner Gewalt hat. E. 5, 309. Nach der Legaldefinition in § 315 Abs. 3, der allgemeine Bedeutung zukommt, genügt Gefahr für Leib und Leben auch nur e i n e s Menschen. Schönkell; str. (anders früher R. 6, 557, wo Gefährdung einer nicht bestimmbaren Personenzahl gefordert wurde). Die gemeine Gefahr muß vom Vorsatz umfaßt sein. RG. JVV. 28, 409. 2) Überschwemmung liegt vor, wenn die Menge und die Gewalt des aus seinen ihm durch die Natur oder Kunst gezogenen Grenzen austretenden Wassers eine Gefahr für das von ihm überströmte Gebiet mit sich bringt. R. 7, 577. 3) Hierher gehört auch die Vergrößerung einer schon vorhandenen Überschwemmung. E. 5, 309; H R R . 33 Nr. 174. 4) Vgl. § 56. Zu § 313: 1) Vgl. § 315 Abs. 3. Die gefährdeten Sachen brauchen nicht verschiedenen Personen zu gehören. LK. 2; a. M. RG. J W . 33, 700.

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. § § 3 1 4 , 3 1 5

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* § 314. [Fahrlässige Herbeiführung einer Überschwemmung] Wer eine Überschwemmung mit gemeiner Gefahr für Leben oder Eigentum durch Fahrlässigkeit herbeiführt 1 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn durch die Überschwemmung der Tod eines Menschen verursacht worden ist mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft.

§315!). [Verkehrsgefährdung] (1) Wer die Sicherheit des Betriebes einer Schienenbahn auf besonderem Bahnkörper 2 ) oder Schwebebahn, der Schiffahrt3) oder der Luftfahrt durch Beschädigen, Zerstören oder Beseitigen von Anlagen4) oder Beförderungsmitteln, durch Bereiten von Hindernissen5), durch falsche Zeichen oder Signale oder durch ähnliche Eingriffe6) oder durch eine an Gefährlichkeit einem solchen Eingriff gleichZu § 3 1 4 : 1) Die Herbeiführung einer Überschwemmung ist auch dann strafbar, wenn ein Wasserberechtigter berechtigt war, das Wasser so hoch zu stauen, wie er getan (E. 5, 309) und außerstande ist, die Wirkung der von ihm entfesselten Naturkräfte zu bestimmen und zu begrenzen. R G . J W . 27, 2516. Künstliche Erweiterung eines Durchbruchs ist nur strafbar, wenn dadurch die bereits entstandene Überschwemmung über das durch die natürliche Wassergewalt gegebene Maß verstärkt wird. R G . J W . 33, 700. Z u § 315: 1) In der Fassung des Gesetzes v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832). Wegen des Verfahrens bei Bearbeitung von Eisenbahnunfällen vgl. Nr. 260 R i S t V . 1953. 2) Die bisherige Fassung des § 315 unterschied zwischen der Gefährdung der Eisenbahn (Abs. 1) und der der Straßenbahn (Abs. 2). Im Anschluß an die bisher schon übliche Abgrenzung der beiden Begriffe unterscheidet das Gesetz jetzt zwischen der Schienenbahn auf besonderem Bahnkörper (§ 315) und den nicht mehr besonders erwähnten Schienenbahnen, die die dem allgemeinen Verkehr dienenden Straßen befahren (§315a). Eine Hoch- oder Untergrundbahn fällt demnach, da sie einen besonderen, d. h. dem allgemeinen Verkehr entzogenen Bahnkörper hat, unter § 315; eine Straßenbahn, die meist die Wege des allgemeinen Straßenverkehrs benutzt, fällt unter § 315, sobald und solange sie auf besonderem Bahnkörper fährt. Ein besonderer Bahnkörper liegt aber nicht schon dann vor, wenn der Schienenstrang in der allgemeinen Straße verlegt, jedoch durch besondere Hindernisse — Geländer, Hecken usw. — gegen das Betreten oder Befahren durch andere Verkehrsteilnehmer gesichert ist; hier greift der Strafgrund des § 315, daß die Schienenbahn auf besonderem Bahnkörper meist schneller fährt und die Bereitung von Hindernissen größere Gefahren hervorruft, nicht durch, da auch die Schienenbahn, die auf einem eingefriedigten Schienenstrang auf der allgemeinen Straße fährt, schon mit Rücksicht auf Straßenkreuzungen ihre Geschwindigkeit dem allgemeinen Verkehr anpassen muß. Ob die Bahn den Zwecken des allgemeinen Verkehrs oder besonderen staatlichen Aufgaben oder nur industriellen Zwecken und Privatinteressen dient, ist ohne Bedeutung. E . 13, 380. — §§ 315 und 316 finden auch Anwendung, wenn die Bahn noch nicht dem öffentlichen Verkehr übergeben ist. E . 9, 233. Geschützt ist der Betrieb der Bahn in allen seinen Teilen, das einzelne Fahrzeug, die Beförderungsmittel und -gegenstände, die Fahrgäste und die im Zug-, Verschiebe-, Ent- und Beladungsdienst tätigen Gefolgschaftsmitglieder, dagegen nach OLG. Braunschweig NdsRpfl. 52, 157 nicht die Streckenarbeiter, weil nicht zu einem bestimmten Transport in Beziehung stehend. 3) Auch Gefährdung eines einzelnen Schiffes bedeutet Beeinträchtigung der Sicherheit d e r Schiffahrt. E . 74, 273. 4) Beschädigen, Zerstören: s. Anm. 4 zu § 303. Beseitigen = der Verfügung und dem Gebrauch entziehen, z. B . durch Verstecken einer Signalfahne. 5) Ber. von Hindern, ist jeder Vorgang, der den ordnungsmäßigen Betrieb zu hemmen oder zu verzögern geeignet ist. E . 31, 198. Hierunter fällt nicht nur die Bereitung körperlicher Hindernisse (z. B . Lockerung von Schienen, Überquerung des Schienenstrangs durch ein anderes Fahrzeug), sondern auch jede Veränderung des technischen Gesamtorganismus des rollenden Zuges usw., so daß die Fahrt nicht betriebssicher fortgesetzt werden kann, sofern die Beeinträchtigung nicht ganz vorübergehend und mühelos zu beseitigen ist (z. B . Anhalten eines Zuges durch Auslösen der Luftdruckbremsung). OGHSt. 1, 391. Der Schiffahrt kann z. B . ein Hindernis dadurch bereitet werden, daß ein Schiff nicht auf der vorgeschriebenen Fahrseite fährt. OLG. Oldenburg MDR. 51, 630. 6) Z. B. durch Aufdrehen der Bremse an einzeln stehenden Eisenbahngüterwagen, Steinwürfe nach dem Zugpersonal. E . 61, 363, Ablassen der Bremsdruckluft bei einem fahrenden Zuge. OGHSt. 1, 391.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 3 1 5 a

kommende pflichtwidrige Unterlassung beeinträchtigt und dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt7), wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen ist auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen. (2) In minder schweren Fällen7") kann auf Gefängnis nicht unter drei Monaten erkannt werden. (3)7b) Gemeingefahr bedeutet eine Gefahr8) für Leib oder Leben, sei es auch nur eines einzelnen Menschen9), oder für bedeutende Sachwerte, die in fremdem Eigentum stehen oder deren Vernichtung gegen das Gemeinwohl verstößt. § 315 a 1 ). [Straßenverkehrsgefährdung] (1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs2) dadurch beeinträchtigt3), daß er 1. Anlagen4) oder Beförderungsmittel5) beschädigt, zerstört oder beseitigt, Hindernisse bereitet53) oder einen ähnlichen Eingriff vornimmt6), 7) Der Vorsatz muß sich auf die Herbeiführung der Gemeingefahr erstrecken; bedingter Vorsatz genügt. E. 71, 43; OGHSt. 1, 391. Liegt keine Gefahr vor, so kann eine der bezeichneten Handlungen als grober Unfug bestraft werden. Recht 11, 196; auch kann Übertretung des § 80 der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung v. 17. 7. 1928 (RGBl. I I S. 541) mit Ergänzung v. 29. 7. 1932 (RGBl. II S. 181) vorliegen. 7 a) Vgl. Anm. 6 zu § 218. 7b) Diese Begriffsbestimmung der Gemeingefahr gilt nicht nur für §§ 315, 315a, 316, sondern beansprucht allgemeine Geltung (vgl. Anm. 1 zu § 312). 8) Für die Verwirklichung der Gefahr muß bei vernünfti ger Betrachtung nach der Lebenserfahrung eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen. E. 61, 362; 68, 430. Maßgebend dafür, ob eine Gemeingefahr vorliegt, sind die Verhältnisse des betroffenen Unternehmens, mit diesem h a t sich der Staatsanwalt daher stets in Verbindung zu setzen. Nr. 259 Abs. 2 RiStV. 1953. Im Eisenbahnbetrieb ist, wenn der Lokomotivführer beim Erkennen des Hindernisses oder der Beeinträchtigung pflichtgemäß sofort die Schnellbremsung einzuleiten hätte, in der Regel eine Gemeingefahr anzunehmen. Nr. 259 Abs. 3 der „Richtlinien". 9) d. h. eines an der T a t nicht beteiligten Menschen. E. 68, 434. Z u § 315a: 1) § 315a beruht auf dem Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832). E r enthält den bisher in § 315 Abs. 2a. F. geregelten Strafschutz der Straßenbahn gegen Betriebsgefährdung (vgl. Anm. 1 zu § 315); darüber hinaus schützt § 315a allgemein die Sicherheit des Straßenverkehrs. Schrifttum: Maassen N J W . 53, 202; Hartung-Floegel, Straßenverkehrsrecht, 8. Aufl. S. 772. 2) D . h . des gesamten Verkehrs auf öffentlichen Straßen i. S. des § 1 StVZO. - B. V I I I 3 - . 3) Beeinträchtigt ist die Sicherheit des Straßenverkehrs, wenn die Teilnahme daran für andere Personen als den Täter nicht mehr gefahrlos ist. 4) Z. B. Verkehrszeichen, Beleuchtungseinrichtungen, Warnschilder, Geländer usw. 5) Nicht nur Straßenbahnen, sondern Beförderungsmittel jeder Art, soweit ihre Beschädigung usw. zu einer Gemeingefahr führt. 5a) Der Begriff desBer. von H. ist der gleiche wie in § 315 (vgl. dort Anm. 5). E s i s t a l s o nicht erforderlich, daß nach natürl. Anschauung die Schaffung eines Hindernisses den wesentl. Inhalt des Verhaltens des Täters darstellt (so OLG. Karlsruhe N J W . 53, 1936; vgl. dazu Hochreuther N J W . 53, 1697), vielmehr genügt es, wenn ein verkehrswidriges Verhalten eines sich bewegenden Verkehrsteilnehmers (z. B. zu dichtes Heranfahren eines P K W an einen Straßenbahnwagen) als Nebenwirkung zur Bereitung eines Hindernisses für andere Verkehrsteilnehmer führt. OLG. Stuttgart N J W . 53, 1524; 54, 84. Die erforderliche Einschränkung des Tatbestandes ergibt sich aus einer sinnvollen Auslegung des Begriffs der Gemeingefahr (vgl. dazu Schmidt-Leichner N J W . 53, 1852; s. unten Anm. 12). Das in Abs. 1 Nr. 4 bezeichnete verkehrswidrige Verhhlten (falsches Überholen usw.) ist jedoch kein Hindernisbereiten i. S. der Nr. 1; es ist nach § 315a nur strafbar, wenn es grob verkehrswidrig und rücksichtslos geschieht (Nr. 4 also lex specialis gegenüber Nr. 1). BGH. N J W . 54, 609, 729. 6) Vgl. Anm. 6 zu § 315. Ein „ähnlicher Eingriff" sind auch die in § 315 genannten falschen Zeichen oder Signale; dem Eingriff steht, wie in § 315, die pflichtwidrige Unterlassung, die an Gefährlichkeit einem Eingriff gleichkommt, gleich. Härtung N J W . 53, 884. Daher kann unterlassene Betätigung des Winkers unter Nr. 1 fallen. A. M. Hochreuther N J W . 53, 1697.

2. Teil. 27. Anschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. § 315 a

2. ein Fahrzeug fährt7), obwohl er infolge des Genusses geistiger Getränke oder anderer berauschender Mittel8) nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen9), 3. ein Fahrzeug fährt, obwohl er infolge geistiger oder körperlicher Mängel sich nicht sicher im Verkehr bewegen kann und keine Vorsorge getroffen ist, daß er andere nicht gefährdet10), oder 4. in grob verkehrswidriger und rücksichtsloser Weise die Vorfahrt nicht beachtet, falsch überholt oder an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen oder -einmündungen zu schnell fährt11) und dadurch eine Gemeingefahr (§ 315 Abs. 3)12) herbeiführt, wird mit Gefängnis bestraft13). 7) Nicht nur maschinell bewegte Fahrzeuge, sondern Fahrzeuge jeder Art, auch Fahrräder und Pferdefuhrwerke. 8) Vgl. Anm. 1 zu § 42c. 9) Ein solches Verhalten ist nach §§ 1, 49 StVO. und §§ 2, 71 StVZO. bereits als Ubertretung strafbar. Es wird zum Vergehen, wenn der Täter dadurch eine Gemeingefahr herbeiführt. Bei einem Blutalkoholgehalt von über l,5%o liegt beim KFZ-Führer unbedingt Fahruntüchtigkeit vor, die auch durch Alkoholgewöhnung nicht ausgleichbar ist; im Einzelfall auch schon beigeringeren Blutalkoholgehalten. S. Mueller N J W . 52,768; B G H . N J W . 54,159; OLG. F r a n k f u r t N J W . 53,597; Einzelheiten bei Floegel-Hartung Anm. 5 zu § 1 StVO. Der Vorsatz muß sich auf die Fahrunsicherheit erstrecken. Dabei ist aber zu beachten, daß jeder Kraftfahrer weiß, daß er sich vor dem Fahren dem Alkohol gegenüber äußerst zurückzuhalten hat, weil selbst mäßiger Alkoholgenuß je nach den Umständen schon schwere Verkehrsunfälle hervorrufen kann; B G H . N J W . 52, 1305. Die Behauptung des Täters, er habe geglaubt, hiervon körperlich ausgenommen zu sein (z. B. infolge Alkoholgewöhnung) zwingt zu sorgfältiger Prüfung, ob nicht bedingter Vorsatz vorliegt. Verneinendenfalls ist § 316 Abs. 2 zu prüfen, wobei Fahrlässigkeit bzgl. der Fahruntüchtigkeit regelmäßig schon anzunehmen ist, wenn der Täter sich bewußt war, Alkohol in nicht nur unerheblichen Mengen genossen zu haben. OLG. F r a n k f u r t a.a.O. Besteht ein obj. die Fahrtüchtigkeit ausschließender Blutalkoholgehalt in der Hauptsache aus unabgebautem Restalkohol (infolge geraume Zeit vor der T a t liegenden Alkoholgenusses), so kann es am Vorsatz fehlen, wenn der Täter sich nach ausreichender Ruhe fahrtüchtig gefühlt hat. OLG. F r a n k f u r t N J W . 53, 1885. Bei Volltrunkenheit findet § 330a Anwendung. Strafbare Teilnahme — z. B. des Gastwirts, der dem Täter Alkohol verabreicht hat, des Zechgenossen, der ihn zum Trinken animiert h a t — wird, wie bei § 330a (vgl. dort Anm. 5 Abs. 1 a.E.), zu verneinen sein (a. M. Hartung-Floegel S. 777). 10) Vgl. § 2 StVZO. Bei den geistigen oder körperlichen Mängeln muß es sich um andere als die in Nr. 2 bezeichneten handeln, z. B. Übermüdung. 11) Die nach § 49 StVO. und nach § 79 der Eisenbahn-Bau- und BetriebsO. (Vorfahrtrecht der Schienenbahnen an schienengleichen Kreuzungen von Straße u. Bahnkörper) strafbaren Übertretungen des Nichtbeachtens der Vorfahrt (§ 13 StVO.), falschen Überholens (§ 10 StVO.) und zu schnellen Fahrens an gefährlichen Stellen (§ 9 Abs. 1 u. 2 StVO.) werden zu Vergehen, wenn der Täter a) objektiv grob verkehrswidrig und b) subjektiv in rücksichtsloser Weise handelt und dadurch c) eine Gemeingefahr herbeiführt. R ü c k s i c h t s l o s handelt, wer a) sich entweder der ihm alsFahrer obliegenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die übrigen Verkehrsteilnehmer bewußt ist, sich aber aus eigensüchtigen Gründen, insbes. weil er lediglich an das eigene schnelle Vorwärtskommen denkt, bedenkenlos darüber hinwegsetzt oder b) sich aus Gleichgültigkeit auf seine Pflichten als Fahrer nicht besinnt, Hemmungen gegen seine Fahrweise in sich gar nicht aufkommen läßt und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflosfährt. BGH, N J W . 54, 729; OLG. Braunschweig N J W . 54, 486; Maassen N J W . 53, 202. Zum inneren Tatbestand genügt, daß der Täter die Tatsachen kennt, aus denen sich ergibt, daß er grob verkehrswidrig und rücksichtslos gefahren ist; daß er selbst sein Verhalten als rücksichtslos usw. wertet, ist nicht erforderlich. OLG. Braunschweig a.a.O. Wegen Einzelheiten vgl. die Anm. zu den in Betracht kommenden Vorschriften der StVO. — B V I I I 2 — und Anm. 2 zu § 222. 12) E s muß also ein ursächl. Zusammenhang zwischen der auf dem Alkoholgenuß beruhenden Fahruntüchtigkeit und der Herbeiführung der Gemeingefahr bestehen. BayObLG. N J W . 54, 730, und der Vorsatz muß auch die Herbeiführung dieser Gefahr umfassen. Um eine Überspannung des Anwendungsbereichs des § 315 a vorzubeugen, muß eine konkrete, aus der besonderen Lage des einzelnen Falles sich ergebende Gefahr verlangt werden dergestalt, daß der Eintritt des Schadens nur durch besondere Umstände — also gewissermaßen nur durch

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A 2. Strafgesetzbuch. §§316, 316a

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummern 1 bis 3 ist der Versuch strafbar. (3) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden. § 3161). [Fahrlässige Verkehrsgefährdung] (1) Wer fahrlässig2) eine der in § 315 bezeichneten Taten begeht, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Wer fahrlässig eine der in § 315 a bezeichneten Taten begeht 3 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 316 a 1 ). [Autofalle] (1) Wer zur Begehung2) von Raub oder räuberischer Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib, Leben3) oder Entschlußfreiheit 4 ) des Führers eines Krafteinen glücklichen Zufall — vermieden wird. BayObLG. N J W . 54, 42. Es liegt also z. B. im Fall des Abs. 1 Nr. 2 keine Gemeingefahr vor, wenn dem Kraftwagenführer während der Fahrt kein Verkehrsteilnehmer begegnete, dem er h ä t t e gefährlich werden können. OLG. Hamm N J W . 54, 86. Vorsatz hinsichtl. der Herbeiführung der Gemeingefahr ist nicht ohne weiteres deshalb zu verneinen, weil der Täter sich selbst gefährdete. Es ist z. B. möglich, daß er zwar den Eintritt der Gefahr billigend in Kauf nahm (bed. Vorsatz), aber eine Schädigung noch zu vermeiden hoffte. OLG. Celle N J W . 54, 612. Doch zwingt die Bereitung eigner Gefahr zu sorgfältiger Prüfung, ob nicht bezüglich der Herbeiführung der Gemeingefahr nur Fahrlässigkeit vorliegt. OLG. Braunschweig N J W . 54, 486. 13) Daneben kommt insbes. Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 42 m) und Einziehung des benutzten Fahrzeugs (§ 40) in Betracht. Zur Strafzumessung vgl. noch OLG. Köln N J W . 53, 356: ein Konflikt zwischen dem wirtschaftl. Interesse und den Verkehrspflichten (z. B. bei einem Reisenden, der aus beruflichen Gründen Gastwirte als Abnehmer aufsucht und dabei geistige Getränke genießt) darf nicht dazuführen, die Erfordernisse der Generalprävention zu vernachlässigen. — Soweit § 315a Anwendung findet, entfällt infolge der Subsidiaritätsklausel in § 49 StVO., § 71 StVZO. die Strafbarkeit der dem Vergehen zugrunde liegenden Verkehrsübertretungen (die Streitfrage über die Bedeutung der Subsidiaritätsklausel — vgl. BayObLG. und Härtung N J W . 54, 403, 587 — bezieht sich nur auf das Verhältnis der §§ 49 StVO., 71 StVZO. zu a n d e r e n Straftaten). Wegen des Verhältnisses von § 315a Abs. 1 Nr. 1 zu § 321 vgl. dort Anm. 3. Tateinheit bei Nr. 2—4 ist namentlich mit §§ 222, 230 möglich. Z u § 316: 1) In der Fassung des Gesetzes v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832). 2) Die Fahrlässigkeit muß sich auch auf die Herbeiführung der Gemeingefahr erstrecken. Wegen der Überquerung von Bahnübergängen vgl. § 79 der Eisenbahnbau- und BetriebsO. und dazu OLG. Frankfurt N J W . 51, 325. 3) Fahrl. Verwirklichung von § 315a Abs. 1 Nr. 4 ist sowohl in der Weise möglich, daß der Täter vorsätzl. falsch überholt usw. und fahrl. bezgl. der Herbeiführung der Gemeingefahr handelt als auch in der Weise, daß er fahrlässig falsch überholt, indem er sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten als Fahrer besinnt (Rücksichtslosigkeit ist also nicht nur bei vorsätzl. Handeln möglich). BGH. N J W . 54, 729 (str.). Z u § 3 1 6 a : 1) § 316a ist als Ersatz für das durch Kontrollratsges. Nr. 55 aufgehobene Autofallenges, v. 22. 6. 1938 (RGBl. I S. 651) eingefügt durch Art 2 des Ges. z. Sicherung des Straßenverkehrs v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832). 2) Der Täter muß also den Angriff in der Absicht unternehmen, einen vollendeten R a u b (räuberische Erpressung) zu begehen. Das Unternehmen des Angriffs kann bereits den Versuch eines Raubes, kann aber auch eine bloße Vorbereitungshandlung zum beabsichtigten R a u b darstellen. 3) Vgl. Anm. 2 zu § 83. 4) Angriff auf dieEntschlußfreiheit sind alle Maßnahmen, außer Angriff auf Leib oderLeben, durch die der Kraftfahrzeugführer (Mitfahrer) gezwungen werden soll, seinen Willen demjenigen des Täters unterzuordnen, gleichviel ob psychischer Zwang (Drohungen mit Gewalt, Befehl zum Halten unter Vortäuschung einer polizeilichen Kontrolle) oder körperlicher Zwang (Bereiten von Hindernissen auf der Fahrbahn — Legen von Baumstämmen, Spannen eines Drahtseils usw. —, Ergreifen des Steuerrads, das den Kraftfahrer zwingt, es dem anderen zu überlassen, wenn er einem sonst drohenden Unfall vermeiden will) angewandt wird.

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. § 316 b

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fahrzeugs5) oder eines Mitfahrers6) unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs unternimmt7), wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren, in besonders schweren Fällen mit lebenslangem Zuchthaus bestraft8). (2) 9 )Das Gericht kann die im Absatz 1 angedrohte Mindeststrafe unterschreiten, auf Gefängnis erkennen oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Täter aus freien Stücken seine Tätigkeit aufgibt und den Erfolg abwendet. Unterbleibt der Erfolg ohne Zutun des Täters, so genügt sein ernstliches Bemühen, den Erfolg abzuwenden. § 316 b. [Verhinderung eines lebenswichtigen Betriebs] 1 ) (1) Wer vorsätzlich den Betrieb 1. einer Eisenbahn2), der Post3) oder dem öffentlichen Verkehr dienender Unternehmen4) oder Anlagen, 5) Es wird also vorausgesetzt, daß es sich um ein in Betrieb befindliches Kraftfahrzeug handelt, denn nur dann kann von einem „Führer" gesprochen werden (vgl. Floegel-Hartung Anm. 3 zu § 316a, S. 784). Täter kann sowohl ein Mitfahrer wie ein Dritter sein. 6) Mitfahrer ist jeder in das Fahrzeug zur Mitfahrt Aufgenommene; Täter kann auch der Kraftfahrzeugführer sein. 7)' Unternimmt: s. § 87. Der Versuch ist also der Vollendung gleichgestellt; einen Versuch des Unternehmens gibt es nicht (Vorbereitungshandl.). Der Angriff ist „unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs" unternommen, wenn der Täter sich die für den Kraftfahrzeugverkehr typischen Möglichkeiten und Gefahren zunutze macht, um den Führer oder Mitfahrer in eine Lage zu bringen, in der er dem räuberischen oder erpresserischen (§ 255) Zugriff preisgegeben ist. Hierher gehört z. B. die Ausnutzung des Umstandes, daß der Kraftfahrzeugführer, weil er die Fahrstrecke im Auge behalten muß, das Verhalten des Mitfahrers nicht überwachen kann, oder daß er (oder der Mitfahrer) aus dem in Fahrt befindlichen Fahrzeug nicht fliehen, sich auch nicht zur Wehr setzen, auf einsamer Straße auch nicht fremde Hilfe herbeirufen kann oder daß erkannte Hindernisse auf der Straße ihn zum Halten zwingen, weil das Fahrzeug sonst zu verunglücken droht und unbemerkte Hindernisse wegen der Schnelligkeit der Fahrt besonders große Gefahrenquellen bedeuten. § 316a ist z.B. anwendbar, wenn der Täter den Kraftfahrer an einsamer Stelle unter einem Vorwand zum Halten veranlaßt und, wenn auch in einer gewissen Entfernung vom Kraftfahrzeug, überfällt. B G H . N J W . 54, 521. Dagegen ist, weil es an einer Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs fehlt, § 316a z. B. unanwendbar, wenn der Täter den auf belebter öffentlicher Straße parkenden oder in einer Gaststätte oder Garage befindlichen Kraftfahrzeugführer überfällt. 8) I m Verhältnis zu dem den Absichten des Täters entsprechend durchgeführten R a u b (der räuberischen Erpressung) ist § 316 a zwar materiell eine Vorbereitungshandlung, aber eine solche, die Tatbestandsmerkmale aufweist, die („Angriff auf Leib und Leben") über die des Räubers hinausgehen oder hinausgehen können. Darüber hinaus bezweckt § 316 a, wie die Einstellung der Vorschrift in den 27. Abschnitt (statt in den 20. Abschnitt) zeigt, weniger eine Erhöhung des Strafschutzes des Einzelnen gegen Raub und räuberische Erpressung, als vielmehr einen Schutz des Straßenverkehrs als solchen, auch unter dem Gesichtspunkt, daß z. B. die Vorbereitung eines Raubes durch Bereiten von Hindernissen auf der Straße eine unbestimmte Zahl von Peronen bedroht. Richtigerweise ist daher das Verhältnis des § 316 a zu dem vollendeten oder versuchten Raub nicht unter dem Gesichtspunkt des Gefährdungszum Verletzungsdelikt zu würdigen (wobei freilich die erhöhte Strafdrohung des § 316 a anwendbar bliebe, vgl. Anm. 1 zu § 73), sondern § 316a ist selbständiges Delikt, sodaß Tatmehrheit anzunehmen ist, Tateinheit dagegen, soweit bereits die Verwirklichung des § 316a zugleich einen Raubversuch enthält (so auch Floegel-Hartung Anm. 8 zu § 316 a, S. 786). 9) Vgl. Anm. 1 bis 6 zu § 82. Ist es zu einem Versuch des Raubes oder der räuberischen Erpressung gekommen, so ist ein Rücktritt insoweit nur unter den Voraussetzungsn des § 46 möglich. Unberührt bleibt die Möglichkeit einer Bestrafung aus anderen Vorschriften, z. B. gemäß § 315a Abs. 1 Nr. 1. Zu § 316b: 1) § 316b ist (als § 316a) eingefügt durch das 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739) und hat durch Art. 2 des Ges. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832) die jetzige Paragraphenzahl erhalten. § 90 enthält Strafvorschriften zum Schutz wichtiger

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A 2. Strafgesetzbuch. § 316 b

2. einer der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Licht, Wärme5) oder Kraft dienenden Anlage oder eines für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtigen Unternehmens8) oder 3. einer der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit dienenden Einrichtung oder Anlage7) dadurch verhindert8) oder stört9), daß er eine dem Betrieb dienende Sache zerstört10), beschädigt10), beseitigt11), verändert12) oder unbrauchbar macht13) oder die für den Betrieb bestimmte elektrische Kraft entzieht14), wird mit Gefängnis bestraft15). (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. öffentlicher Betriebe und Einrichtungen gegen b e s t i m m t e Sabotageakte, wie Aussperrung und Streik, die in s t a a t s g e f ä h r d e n d e r A b s i c h t erfolgen. §§ 316b, 317 enthalten ergänzend Strafvorschriften gegen Störung oder Verhinderung des Betriebes, die ohne staatsgefährdende Absicht oder mit anderen als den in § 90 bezeichneten Mitteln erfolgt. Das bisherige Recht enthielt in §§ 317—318a nur Vorschriften gegen die Verhinderung oder Gefährdung des Betriebes von Telegraphen-, Fernsprech- und Rohrpostanlagen. Für die Verkehrsbetriebe (wo nur die mit Gemeingefahr verbundene Transportgefährdung nach §§ 315, 315a, 316 strafbar ist), die Post im allgemeinen, die öffentlichen Versorgungswerke und die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienenden Einrichtungen fehlten allgemeine Vorschriften gegen Betriebsstörung und -Gefährdung durch Sabotagehandlungen; hier konnte nur gegebenenfalls nach den allgemeinen Vorschriften, z. B. wegen Sachbeschädigung, Diebstahl usw. bestraft werden. Eine allgemeine Strafvorschrift gegen die Verhinderung lebenswichtiger Betriebe sah dagegen § 238 des StGB.-Entw. 1927 vor, der dem § 316 b als Vorbild gedient hat. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 315. Gleichgültig ist, in wessen Eigentum sie steht und ob sie dem allgemeinen Verkehr, besonderen staatlichen Aufgaben oder nur Privatinteressen dient. 3) Gleichviel ob sie Personen befördert oder Nachrichten oder Güter übermittelt. 4) Wie Straßenbahn, Schwebebahn, Kraftfahrlinien, Schiffahrts- oder Luftfahrtsunternehmungen. Gleichgültig ist, ob das Unternehmen ( = Betrieb von größerem Umfang) von privater Seite oder der öffentlichen Hand betrieben wird; entscheidend ist nur, daß es dem öffentlichen, d. h. der Allgemeinheit zugänglichen Verkehr dient (vgl. Anm. 6 zu § 123). 5) Fernheizungsanlangen. 6) Lebenswichtig (nicht: lebensnotwendig; vgl. § 1 WiStG. 1949 — B I V 7 — und die dort. Anm.) ist ein Unternehmen, wenn sein Ausfall die geordnete Versorgung der Bevölkerung mit Dingen, die sie in ähnlicher Weise wie Wasser, Licht, Wärme oder K r a f t zum Leben braucht, in Gefahr bringt. Hierher gehören z. B. ein städtischer Schlachthof, städtische Kühlhallen. 7) Z. B. solche von Polizei, Bundesgrenzschutz, Feuerwehr, wie Polizeifunk, Feuermelder. 8) Verhinderung liegt vor, wenn bewirkt wird, daß Betrieb oder Anlage nicht ihrer Bestimmung gemäß benutzt werden können. „Betrieb" umfaßt auch hier (vgl. Anm. 2 zu § 315) den Betrieb in seiner Gesamtheit, also Organisation, Material und Personal. 9) Stören bedeutet: Bewirken, daß der Betrieb nicht, wie vorgesehen, riebungslos durchgeführt werden kann. 10) Vgl. Anm. 4 zu § 303. In wessen Eigentum die dem Betrieb dienende ( = zugute kommende) Sache steht, ist bedeutungslos. 11) S. Anm. 9 zu § 100b. 12) = den bisherigen Zustand beseitigen und durch einen abweichenden ersetzen. E. 37, 53; J W . 20, 1036. Eine Veränderung ist auch die zwar technisch ordnungsmäßige, aber unbefugte Betätigung einer Anlage, z. B. eines Feuermelders durch Zerschlagen der Scheibe; eine Beschädigung der Anlage liegt darin nicht. E. 65, 133. 13) Ohne daß eine Zerstörung oder Beschädigung vorliegt. 14) Entziehen = ableiten( vgl. Anm. 2 zu § 248c). Zerschneiden der an das Werk heranführenden Kabel ist Zerstörung einer dem Betrieb dienenden Sache. 15) Strafschärfung gemäß § 94 bei staatsgefährdender Absicht, ohne daß §90 Anwendung findet.

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen.

§§ 317—321

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§ 317. [Verhinderung einer Fernmeldeanlage] 1 ) (1) Wer vorsätzlich den Betrieb einer öffentlichen Zwecken dienenden Fernmeldeanlage2) dadurch verhindert oder gefährdet3), daß er eine dem Betrieb dienende-Sache zerstört, beschädigt, beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht oder die für den Betrieb bestimmte elektrische Kraft entzieht4), wird mit Gefängnis bestraft 8 ). (2) Der Versuch ist strafbar. (8) In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden. (4) Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft 6 ). §§ 318 und 318a (gestrichen durch Ges. v. 30. 8. 1951 — BGBl. I S. 739 —). §§ 319 und 320 (gestrichen durch Ges. v. 28. Juni 1935 — RGBl. I S. 839 —). § 321x). [Beschädigung wichtiger Bauten] (1) Wer vorsätzlich Wasserleitungen, Schleusen, Wehre, Deiche, Dämme oder andere Wasserbauten, oder Brücken2), Fähren, Wege3) oder Schutzwehre, Z u § 317: 1) § 317, dessen Fassung auf dem 1. Strafrechtsänderungsges. v. 30. 8. 1951 (BGBl. I S. 739) beruht, ist dem § 239 des StGB.-Entw. 1927 nachgebildet. 2) Der Begriff der Fernmeldeanlage ergibt sich aus § 1 des Ges. über die Fernmeldeanlagen v.3. 12.1927 (RGBl. I S. 331) i.d.F.v.14. 1. 1928 (RGB1.I S. 8) — B V I I I 6 — . Eine Fernmeldeanlage dient öffentlichen Zwecken, wenn sie dem allgemeinen Gebrauch des Publikums oder dem Dienstgebrauch der Behörden und Beamten dient. E. 23, 44; BayObLG. N J W . 53, 1074. Dazu gehört auch ein an das öffentliche Fernsprechnetz angeschlossener Privatanschluß, da er es jedermann ermöglicht, mit dem Jnhaber des Anschlusses in Verbindung zutreten. RG. GA. 60, 284; J W . 20,1036. Die Anlage kann auch öffentlichen Zwecken dienen, wenn sie im Eigentum einer Privatperson steht. E. 29, 244, z. B. eine Funkanlage auf einen Passagierdampfer. RG. DRZ. 25 Nr. 78. Private Rundfunkempfangsanlagen dienen nicht öffentlichen Zwecken. Schönke IX 2. 3) Verhindern: S. Anm. 8 zu § 316b. Entsprechend dem bisherigen Recht und abweichend von § 316 b ist auch die Gefährdung des Betriebes mit Strafe bedroht, teils wegen der besonderen Empfindlichkeit der Anlagen, teils weil die Drahtleitungen gefährlichen Angriffen in besonders hohem Maß ausgesetzt sind. „Gefährdung" bedeutet nicht: eine Gefahr setzen, daß ein der Verhinderung entsprechender Zustand eintritt, sondern: irgend eine Gefahr für den Betrieb schaffen, so daß es schon genügt, wenn das genaue Funktionieren beeinträchtigt ist. Schönke I I I . 4) Vgl. Anm. 10—14 zu § 316 b. Bei Entziehung elektrischer Kraft ist Tateinheit mit § 19 des Fernmeldeges. — B V I I I 6 —• möglich. 5) Vgl. Anm. 15 zu § 316b. 6) Die Fahrlässigkeit ist hier in Ausführung des Art. 2 des Internat. Vertrages zum Schutze der unterseeischen Telegraphenkabel v. 14. 3. 1884 (RGBl. 1888 S. 151) unter Strafe gestellt. Z u § 321: 1) In der Fassung des Gesetzes v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). 2) Vgl. Anm. 3 zu § 305. 3) Weg ist hier jeder tatsächlich bestehende Weg, auch ein Privatweg, E. 20, 393; ebenso ein Notweg, E. 27, 363. Täter kann auch der Eigentümer des Grundstücks sein, über das der Weg führt. E. 27, 365. Eine Beschädigung kann z. B. erfolgen durch Einrammen von Pfählen in einen Weg. OLG. Dresden J W . 32, 1071. Eine Beschädigung eines Weges liegt auch vor, wenn zwar die Straßendecke unversehrt bleibt, aber durch Bereiten von außergewöhnlichen und besonders gefährlichen Hindernissen (z. B. Legen von Baumstämmen) die freie Benutzbarkeit des Weges aufgehoben wird. E.74, i4. Bei geringfügigeren Hindernissen finden §§ 41, 49 StVO. Anwendung. Ist § 321 verletzt, so entfällt infolge der Subsidiaritätsklausel in § 49 StVO. die Strafbarkeit der Übertretung. Diese Rechtspr. hat auch angesichts des inzwischen geschaffenen § 315a Abs. 1 Nr. 1 ihre Bedeutung behalten. Die Tatbestände beider

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 222—226

oder dem Bergwerksbetrieb dienende Vorrichtungen zur Wasserhaltung, zur Wetterführung oder zum Ein- und Ausfahren der Arbeiter zerstört oder beschädigt 4 ), und durch eine dieser Handlungen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit anderer 4 ) herbeiführt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Ist durch eine dieser Handlungen eine schwere Körperverletzung verursacht 5 ) worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren ein.

§§ 322 und 323 (Gestrichen durch Gesetz v. 28. Juni 1935 — RGBl. I S. 839 —).

§ 324. [Gemeingefährliche Vergiftung] Wer vorsätzlich Brunnen- oder Wasserbehälter, welche zum Gebrauche anderer dienen, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Verkaufe oder Verbrauche bestimmt sind, vergiftet oder denselben Stoffe beimischt, von denen ihm bekannt ist, daß sie die menschliche Gesundheit zu zerstören geeignet sind 1 , ingleichen wer solche vergiftete oder mit gefährlichen Stoffen vermischte Sachen 2 ) wissentlich und mit Verschweigung dieser Eigenschaft verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung derTod eines Menschen verursacht worden ist 3 ), mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslangem Zuchthaus bestraft.

*§ 325. [Nebenstrafen] Neben der nach den Vorschriften der §§ 806 bis 308, 311 bis 313, 315, 321 und 324 erkannten Zuchthausstrafe kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

* § 326. [Fahrlässige Begehung] Ist eine der in den §§ 321 und 324 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit 1 ) begangen worden, so ist, wenn durch die Handlung ein Schaden verursacht Vorschriften decken sich nicht. Denn § 315 a trifft nur die Bereitung von Hindernissen auf den dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, § 321 dagegen greift auch bei Notwegen ein. § 321 ist andererseits nur anwendbar bei Bereitung außergewöhnl. Hindernisse, § 315a bei Hindernissen jeder Art; er trifft auch die Schaffung von Gemeingefahr für Sachen, während § 321 nur Leben und Gesundheit schützt. Versuch ist nur i. F. des § 315a strafbar. Es ist daher Tateinheit möglich, wobei die Mindeststrafe aus § 321 zu entnehmen ist, während auf Zuchthaus nicht nur unter den Voraussetzungen des § 321 Abs. 2, sondern in allen bes. schw. Fällen erkannt werden kann (§ 315a Abs. 3). Ist durch Fahrlässigkeit der Tod eines Menschen verursacht worden, so ist f ü r die Mindeststrafe wiederum § 321 Abs. 2 maßgebend. 4) Gefahr für e i n e Person genügt. E. 74, 15. 5) Vgl. § 56. Zu § 324: 1) Die Zerstörungseignung ist gegeben, wenn das Gift usw. nach Art und Menge im allgemeinen geeignet ist, die menschl. Gesundheit zu zerstören. Zerstören s. Anm. 2 zu § 229. 2) „Solche vergiftete . . . Sachen": Sachen, denen durch menschl. Tätigkeit Gift zugesetzt ist; natürlicher Verderb genügt nicht. OG D D R . DRspr. I I I 336 Bl. 36. Sie müssen die menschliche Gesundheit zu zerstören geeignet sein; ohne Bedeutung ist, ob der ungefährliche oder der gefährliche Stoff vorherrscht. E. 67, 360. 3) Vgl. § 56. Zu § 326: 1) Im Falle des § 321 ist § 326 anwendbar, wenn die Gefährdung fahrlässig erfolgt ist. E. 25, 312, gleichviel, ob die Beschädigung vorsätzlich oder nur fahrlässig erfolgte.

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. §§ 327, 328

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worden ist2), auf Gefängnis bis zu einem Jahre und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen3).

§ 327. [Verletzung der Schutzmaßregeln gegen ansteckende Krankhelten] (1) Wer die Absperrungs- oder Aufsichtsmaßregeln1) oder Einfuhrverbote, welche von der zuständigen2) Behörde zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit3) angeordnet worden sind, wissentlich verletzt 4 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist infolge dieser Verletzung ein Mensch von der ansteckenden Krankheit ergriffen worden, so tritt Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren ein 5 .

§ 3281). [Verletzung der Schutzmaßregeln gegen Viehseuchen] (1) Wer die Absperrungs- oder Aufsichtsmaßregeln oder Einfuhrverbote, Im Falle des § 324 findet § 326 Anwendung, wenn der Täter infolge Fahrlässigkeit (Unachtsamkeit) vergiftete oder in Verkehr brachte oder zwar mit Tatwillen handelte, aber die Eigenschaft eines gesundheitszerstörenden Stoffes aus Fahrlässigkeit nicht erkannt hat. RG. GA. 59, 143. 2) Der Schaden darf nicht lediglich in dem tatbestandsmäßigen Erfolg der §§ 321, 324 bestehen. RG. GA. 51, 406. Der weitergehende Schaden braucht aber kein Schaden an Leben oder Gesundheit eines Menschen zu sein; vielmehr genügt jeder Schaden, insbes. auch ein Sachschaden. E. 8, 66; 35, 400. Auf die Verursachung dieses Schadens braucht sich die Fahrlässigkeit (die ja schon die Gefährlichkeit der Handlung als solcher zum Gegenstand haben muß) nicht zu erstrecken (a.M. Schönke II); auch § 56 ist unanwendbar, da die Strafbarkeit durch den Schadenseintritt nicht erhöht, sondern begründet wird. Der Schadenseintritt ist vielmehr obj. Bedingung der Strafbarkeit. L K 1. 3) Hier handelt es sich um eine Erhöhung der Strafe wegen des schwereren Erfolgs; daher findet § 56 Anwendung. Daraus erklärt sich die Verschärfung der Strafe durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Z u § 3 2 7 : 1) Sanitätspolizeiliche Anordnungen, wie z. B. Absperrung eines Hauses, in dem sich Pockenkranke befunden haben. E. 9, 366; Desinfektion und Vernichtung. RG. GA. 51, 184. Wissentliche Verletzung der Absperrungs- und Aufsichtsmaßregeln des Reichsgesetzes v. 30. 6. 1900 und des Gesetzes zur Bekämpfung der Papageienkrankheit v. 3. 7. 1934 (RGBl. I, S. 532) werden über die Strafvorschriften dieser Gesetze hinaus nach § 327 bestraft. R G . DR. 40, 1516. Vgl. auch § 26 der VO. zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten v. 1. 12. 1938 (RGBl. I S. 1721), wonach Zuwiderhandlungen gegen die in den §§9 bis 32 bezeichneten Maßnahmen zur Verhütung der Verbreitung ansteckender Krankheiten nach § 327 StGB, bestraft werden. Die VO. v. 1. 12. 1938 ist mit Art. 104 Abs. 1 GG. vereinbar. OLG. H a m m N J W . 53, 798. Besteht die Maßregel in der Anordnung, sich in ein Krankenhaus aufnehmen zu lassen, so liegt darin eine Freiheitsentziehung, über die nach Art. 104 Abs. 2 GG. der Richter zu entscheiden h a t ; die Nichtbefolgung einer lediglich von der Verwaltungsbehörde verfügten Einweisung macht nicht nach § 327 strafbar. OLG. H a m m a.a.O. — Bei Zuwiderhandlungen gegen das Ges. z. Bek. der Geschlechtskrankheiten v. 23. 7. 1953 — B I 3 — findet nach § 28 a.a.O. des § 327 keine Anwendung (wegen des früheren Rechtszustandes vgl. E. 74, 229). 2) Auch gesetzliche Vorschriften gehören hierher (siehe Anm. 4 zu § 328). Für Maßnahmen nach dem Gesetz v. 30. 6. 1900 sind zuständig die Ortspolizeibehörden. § 7 der VO. v. 1. 12. 1938. 3) Ansteckend ist eine Krankheit, wenn sie auf Menschen übertragen werden kann. E. 21, 121. Die Nachprüfung, ob Ansteckungsgefahr wirklich vorhanden war, steht dem Strafrichter nicht zu. Recht 10, 66, auch nicht die der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Maßregeln. E. 37, 273. 4) Der Täter muß die Anordnung kennen und sich bewußt sein, daß er sie verletzt; bedingter Vorsatz genügt. E. 36, 363; B G H S t . 2, 118. Die Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder andern einen Schaden zuzufügen, ist nicht erforderlich. E. 22, 296. 5) Vgl. § 56. Z u § 328: 1) § 328 gilt nur noch für die wissentlichen Zuwiderhandlungen gegen die Reichsgesetze v. 7. 4. 1869 betr. Maßregeln gegen die Rinderpest (BGBl. S. 105), v. 21. 5. 1878 betr. Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinderpest erlassenen Vieheinfuhrverbote 22

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 329, 330

welche von der zuständigen Behörde2) zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens von Viehseuchen3) angeordnet worden sind4), wissentlich verletzt 8 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ist infolge dieser Verletzung Vieh von der Seuche ergriffen6) worden, so tritt Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu zwei Jahren ein. § 329 (gestrichen durch Ges. v. 24. 4.1934 — RGBl. I S. 841 —) § 330. [Verletzung der Bauregeln] Wer bei der Leitung1) oder Ausführung2) eines Baues3) wider die allgemein anerkannten Regeln4) der Baukunst dergestalt handelt 5 ), daß hieraus für andere (RGBl. S. 95) und v. 25. 2. 1876 betr. die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei der Viehbeförderung (RGBl. S. 163). Im übrigen kommen zur Anwendung die §§ 74ff. des Viehseuchengesetzes v. 26. 6. 1909 (RGBl. S. 519), Ausführungsvorschriften hierzu v. 7. 12. 1911 (RGBl. 1912, S. 4) i. d. F. v. 22. 4.1940 (RGBl. I S. 724) u. v. 23. 6. 1950 (BAnz. Nr. 131 v. 12. 7. 1950), VO. v. 13. 11. 1933 (RGBl. I S. 969) u. landesrechtl. AusfVorschriften, z. B. PrAG. v. 25. 7. 1911 (GS. S. 149) u. Hess. AG. v. 27. 3. 1954 (GVB1. S.32). Siehe ferner Tierkörperbeseitigungsgesetz v. 1. 2. 1939 nebst DurchfVO. v. 23. 2. und 17. 4. 1939 (RGBl. I S. 187, 332, 807). Das Rinderpestgesetz v. 21. 5. 1878 ist durch die VO. v. 3. 2. 1921 RGBl. S. 162) nicht aufgehoben. GA. 69, 184. Wegen Nichtbefolgung der Anordnung zur Wildseuchenbekämpfung siehe §§ 24, 39 Abs. 1 Nr. 8 BJagdges. (lex specialis gegenüber § 328). Die vor Inkrafttreten des Ges. v. 26. 6. 1909 erlassenen Maßregeln haben ihre Geltung behalten. E. 47, 110. 2) Für die auf Grund des Ges. v. 7. 4. 1869 gegen die Rinderpest zu treffenden Maßregeln sind die Regierungen zuständig. R. 7, 96. Die Anordnung und die Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln gegen die Viehseuchen liegt nach dem PrAG. dem Landwirtschaftsminister, den Regierungspräsidenten, den Landräten und den Ortspolizeibehörden ob. S. dazu Niedersächs. VO. v. 2. 11. 1949 (GVB1. S. 199). 3) Als Viehseuchen führt das Viehseuchengesetz auf im § 10: Milzbrand, Rauschbrand, Wild- und Rinderseuche, Tollwut, Rotz, Maul- und Klauenseuche, Lungenseuche des Rindviehs, Pockenseuche der Schafe, Beschälseuche der Pferde und des Rindviehs, Räude der Einhufer und der Schafe, Schweineseuche, Rotlauf, Geflügelcholera und Hühnerpest, äußerlich erkennbare Tuberkulose des Rindviehs. 4) Die Anordnungen können allgemeiner Art sein, oder sich auf einen Einzelfall beschränken; sie können sich an alle oder nur an bestimmte Personen wenden. E. 27, 83. Generelle Anordnungen der Behörden, welche in Ausführung des Gesetzes zur Verhütung von Viehseuchen erlassen werden, sind keine Polizeiverordnungen und nicht den Vorschriften über diese unterworfen. E. 22, 190; GA. 39, 171. (Vgl. auch §58 Pr.PolVerwGcs. über die formellen Erfordernisse dieser Anordnungen). Zu diesen Anordnungen gehören auch solche, die durch Gesetz getroffen sind und insbesondere § 328 selbst. E. 37, 178. 5) Siehe Anm. 4 zu § 327. 6) Vgl. § 56. Zu § 330: 1) Bauleiter ist, wer t a t s ä c h l i c h die Bauleitung hat, nämlich technisch die Errichtung des Baues als eines G a n z e n nach seinen Weisungen und Anordnungen dergestalt bestimmt, daß seine Anweisungen für die Ausführenden maßgebend sind. RG. DJ. 40, 707. Dies kann auch ein Bauführer ohne selbständige Stellung sein, der von Weisungen seiner Vorgesetzten abhängig ist. E. 57, 205; unter Umständen der Bauherr selber. RG LZ. 25, 214. Auf den Rechtsgrund, aus dem die Bauleitung übernommen wurde, kommt es nicht an. RG. GA. 45, 263. Daß der Bauleiter bestimmte Arbeiten, z. B. sämtliche Maurerarbeiten, in Akkord gegeben, ändert seine Stellung nicht, er bleibt auch für diese verantwortlich. RG. GA. 39, 323. Über den Umfang der Verpflichtung des Leiters, den Bau zu überwachen, siehe GA. 48, 353. Der den Auftrag zur Herstellung des Baues erteilende Bauherr ist nicht Bauleiter. Vgl. noch § 367 Nr. 14. 2) Bauausführende sind alle, die bei der Ausführung des Baues mitwirken; jeder Ausführende ist nur im Kreise der ihm zugewiesenen Tätigkeit und im Rahmen der ihm eingeräumten Bewegungsfreiheit für die Beobachtung der Baukunstregeln verantwortlich. RG. DJ. 40, 707. In der bloßen Anfertigung einer Zeichnung liegt noch keine Mitwirkung bei der Ausführung des Baues. RG. GA. 50, 390. 3) Bauen ist jede Tätigkeit, welche die Herstellung von Gebäuden oder von Straßen, Dämmen usw., aber auch die einer großen bewegl. Sache, z. B. eines Schiffes, zum Gegenstand

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. § 3 3 0 a

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Gefahr6) entsteht, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. § 330 a 1 ) . [Volltrunkenheit] (1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig2) durch den Genuß geistiger Getränke oder durch andere berauschende Mittel3) in einen die Zurechnungsfähigkeit hat, einschl. der Änderung, Ausbesserung und des Abbruchs. E . 25, 90. Auch die für den Bau erforderlichen Nebenarbeiten gehören hierher, wie Errichtung eines Baugerüstes. R . 10, 242; Schutzvorrichtungen (mangelnde Sicherung gegen das Herabfallen von Baumaterial. Recht 13 Nr. 936; GA. 56, 219); Steinsprengungsarbeiten. E . 23, 277; den Bau gefährdende Ausschachtung einer Kiesgrube. E . 29, 71; aber nicht die bloße Anlage einer Sandgrube. E . 47, 426. § 330 findet auch Anwendung, wenn es sich nur um einstweilige, nicht für die Dauer berechnete bauliche Einrichtungen handelt. E . 31, 180; GA. 53, 440. 4) Regeln der Baukunst sind die vorgeschriebenen oder durch die Natur der Sache gebotenen Grundsätze über die Planung, Berechnung und Ausführung des Baues; sie können die technische Konstruktion, die gesundheitsmäßige Beschaffenheit. E . 27, 388 und die Feuersicherheit betreffen und den Schutz der Bauausführenden, der künftigen Benutzer und dritter Personen (z. B . Passanten) bezwecken. Allgemein anerkannte Regeln der Baukunst sind solche, die nicht nur durch die Wissenschaft als richtig nachgewiesen worden, sondern auch im Kreise der Techniker bekannt und anerkannt sind. E . 44, 75; 56, 347. Werden die anerkannten Regeln nach verschiedenen Richtungen verletzt, so liegt doch nur e i n e strafbare Handlung vor. R G . D J Z . 04, 748. 5) Fahrlässigkeit genügt. R . 5, 8. Nicht erheblich ist es, ob der Täter sich an die baupolizeilichen Vorschriften gehalten und ob seine Pläne baupolizeilich genehmigt sind. Recht 6, 513. 6) Gefahr ist ein Zustand, der die ernste und naheliegende Besorgnis eines Schadens begründet. R G . J W . 2 6 , 5 8 9 . Die Gefahr muß gegenwärtig sein. E . 31,182. Die Wahrscheinlichkeit eines unmittelbar bevorstehenden Schadens ist nicht erforderlich. K G . DRZ. 29 Nr. 914. E s genügt, wenn der Schaden aus einem künftigen Ereignis, insbesondere dem Ausbruch eines Feuers zu befürchten ist. Recht 19 Nr. 2417; R . 9, 203. Nicht ist erforderlich, daß die Gefahr zur Zeit der Aburteilung noch fortbesteht. LZ. 24, 645 und daß bestimmte Personen als gefährdet bezeichnet werden können; es genügt die Möglichkeit einer Gefährdung von Menschen überhaupt. R G . GA. 38, 444. Die Gefahr kann z. B . in der Verursachung von Schwammbildung liegen. E . 27, 388. Zu § 3 3 0 a : 1) In der Fassung der Gesetze v. 24. 11. 1933 und v. 4. 9. 1941 ( R G B l . I S. 549). Schrifttum: Gramsch, Strafrechtliche Abhandlungen (1938) Heft 395. 2) Das Verschulden hat sich nur auf die Herbeiführung des Rausches zu erstrecken. E s ist nicht erforderl., daß der Täter im Rausch zu Straftaten irgendwelcher Art neigt und dies wissen muß. B G H S t . 1, 124 (str.); § 3 3 0 a sieht vielmehr Bestrafung vor, weil der Täter sich schuldhaft in einen objektiv für die Allgemeinheit gefährlichen Zustand versetzt. Wer sich mindestens mit dem bedingten Vorsatz in den Rausch versetzt hat, in diesem Zustand eine bestimmte Straftat auszuführen und diese Rechtsverletzung dann auch im Vollrausch begeht, ist nicht aus § 330 a, sondern unmittelbar aus der im Vollrausch verletzten Strafvorschrift zu verurteilen, (actio libera in causa). E . 73, 182; B G H S t . 2, 17. Denn der Zweck des § 330a ist es, denjenigen wegen Schaffung einerGefahrenlage strafen zu können, der für die im Rausch begangene Tat mangels Zurechnungsunfähigkeit nicht bestraft werden kann; § 330a ist demgemäß unanwendbar, wo der Täter für die schuldhafte Herbeiführung des im Rausch verwirklichten Erfolges verantwortlich ist. Bei schuldhafter Berauschung mit dem Vorsatz, in diesem Zustand ein bestimmte strafb. Handlung zu begehen, benutzt sich der Täter gewissermaßen selbst als Werkzeug und wird wie ein mittelbarer Täter bestraft. Folgerichtig ist § 3 3 0 a auch unanwendbar, wenn der Täter sich schuldhaft berauscht, und dabei fahrlässig nicht bedenkt, daß er in diesem Zustand eine bestimmte strafb Handlung begehen könne, sofern die fahrl. Begehung der Rauschtat strafbar ist. Wer also fahrlässig nicht bedenkt, daß er im Rausch zu Körperverletzungen neigt, wird, wenn er mit „natürlichem" Vorsatz (s. u. Anm. 5) eine gefährl. Körperverletzung begeht, nicht nach § 330 a, sondern wegen fahrl. Körperverletzung (§ 230) bestraft. E . 70, 87; Schönhe V I I I . A. M. B G H S t . 2, 17: es liege Tateinheit zwischen § 3 3 0 a u. § 230 vor, weil die gegenüber § 330a schwerere Schuld, die der Täter auf sich lade, wenn er fahrlässig die Möglichkeit einer Körperverletzung nicht bedenke, nicht zulasse, daß die Höchststrafe nur 3, nicht (wie nach § 330a) 5 Jahre betrage; aber diese Differenz wird kaum praktische Bedeutung haben. Tateinheit kann dagegen bestehen zwischen einer a. 1. i. c. und einer weiteren nur mit natürl. Vorsatz begangenen Rauschtat, z. B . der Täter hatte lediglich mit VerÜbung ruhestörenden Lärms rechnen müssen, verübt aber nicht nur solchen, sondern mit natürl. Vorsatz auch eine Körperverletzung. B G H S t . 2, 17. 3) Siehe Anm. 2 zu § 42c. 22»

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A 2. Strafgesetzbuch. § 330 a

(§ 51 Abs. 1) ausschließenden Rausch versetzt 4 ), wird mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine mit Strafe bedrohte Handlung 6 ) begeht. 4) Vgl. Anm. 3 zu § 51. Der Rausch muß die alleinige Ursache der Zurechnungsunfähigkeit sein; es genügt nicht, daß er eine der Ursachen, wenn auch die Hauptursache, bildet. E. 70, 42 und 85, z. B. wenn die Zurechnungsunfähigkeit außer auf den Rausch auf einen durch eine Verletzung hervorgerufenen „Blutkoller" oder auf eine Gehirnerschütterung zurückzuführen ist. RG. H R R . 39 Nr. 1561. Jedoch können als die Anwendung des § 330a ausschließend beim sog. pathologischen Rausch, d. h. dem Rausch, der infolge Alkoholüberempfindlichkeit durch den Genuß verhältnismäßig geringer Mengen Alkohols verursacht wird, nur solche zum Alkoholgenuß hinzutretenden weiteren Umstände berücksichtigt werden, die durch ä u ß e r e Tatsachen herbeigeführt worden sind und einen s e l b s t ä n d i g e n Beitrag zur Entstehung der Zurechnungsunfähigkeit liefern. E. 73, 132, dagegen nicht eine besondere die Überempfindlichkeit begründende Veranlagung. E. 73, 11; BGHSt. 1, 196, wie z. B. beim epileptoidischen Rausch. BGH. N J W . 53, 913 (doch bedarf beim pathologischen Rausch die Frage, ob sich der Täter schuldhaft in diesen Zustand versetzt hat, besonders sorgfältiger Prüfung). Ebenso kann der Anlaß, der den bereits bestehenden Alkoholrausch auslöst, nicht als weiterer Umstand gewertet werden. E. 73, 132. Bei nicht aufklärbaren Zweifeln, ob Zurechnungsunfähigkeit vorlag, konnten unter der Herrschaft des inzwischen aufgehobenen § 2b StGB. Volltrunkenheit und die begangene T a t wahlweise festgestellt werden, wobei wegen Volltrunkenheit zu verurteilen war. E. 70, 85, 327. Jetzt ist eine Wahlfeststellung nur möglich, wenn Volltrunkenheit und Rauschtat rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind. (vgl. Anm. 1 zu § 2b). Die h. M. (vgl. B G H S t . 1, 275, 327) verneint diese Voraussetzung schlechthin, weil bei der Volltrunkenheit die Herbeiführung eines für die Allgemeinheit gefährlichen Zustandes, bei der begangenen Tat, falls schuldhaft begangen, aber die Verletzung eines einzelnen bestimmten Rechtsgutes der Strafgrund sei. Diese Auffassung führt zum Freispruch, weil bei Zweifeln an der Zurechnungsunfähigkeit nicht wegen der im Rausch begangenen Tat, aber auch, wenn die Zurechnungsunfähigkeit nicht feststeht, nicht wegen Volltrunkenheit verurteilt werden kann. Dies Ergebnis befriedigt zum mindesten bei den typischen Rauschtaten wie Körperverletzung, Beleidigung, Sachbeschädigung, ruhestörendem Lärm und grobem Unfug, deren Strafdrohung den Strafrahmen des § 330a nicht überschreitet, nicht. 5) d. h. den ä u ß e r e n Tatbestand einer mit Strafe bedrohten Handlung — auch einer Übertretung •—• verwirklicht (Bedingung der Strafbarkeit eigener Art). Erforderlich ist zunächst eine W i l l e n s b e t ä t i g u n g (E. 69, 191); ein von dem Trunkenen infolge seines Zustandes (z. B. durch Erbrechen) verursachter, aber nicht auf einer Willensbetätigung beruhender Erfolg genügt daher nicht. Ferner muß die Rauschtat rechtswidrig sein; Rechtfertigungsgründe wie Notwehr usw. schließen ebenso wie Schuldausschließungsgründe (z. B. Notstand) die Bestrafung nach § 330a aus (Lang, D J . 37, 1218). Darüber hinaus müssen nach der Rechtsprechung d e s R G . (E. 69,189; 73,177) u. des B G H . (St. 1, 126, 275) die zum äußeren und i n n e r e n Tatbestand der T a t gehörigen Tatbestandsmerkmale von dem Trunkenen grundsätzlich mit n a t ü r l i c h e m Tatwillen verwirklicht sein (Ausnahmen siehe unten); in Betracht kommen „natürlicher" Vorsatz und „natürliche" Fahrlässigkeit (a. M. Stutzer D S t R . 39, 251: § 330a denke nur an vorsätzliche Taten). Grundsäztlich anders Schlosky, J W . 36, 3425, der die innere Tatseite nicht berücksichtigen will, mit der Begründung, § 330a verliere dadurch seinen Wert, weil der Trunkene oft keinen natürlichen Vorsatz mehr habe. Daran ist soviel richtig, daß an die Feststellung des natürlichen Tatwillens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen; so auch Lang, D J . 37, 1220. Verleumdung als Rauschtat setzt danach voraus, daß der Trunkene wider besseres Wissen handelt, was auch im Vollrausch möglich ist. E . 69, 189. Fordert das Gesetz zur Strafbarkeit eines äußeren Verhaltens eine bestimmte Absicht oder eine sonstige bestimmte Willensrichtung (so z. B. die Zueignungsabsicht beim Diebstahl), so muß diese auch zur Strafbarkeit der Rauschtat gegeben sein (E. 73, 16; OLG. Hamburg D J . 37, 1219). Abweichend von dem Grundsatz, daß die innere Tatseite mit natürlichem Tatwillen verwirklicht sein müsse, nimmt E. 70, 159 an, daß, wo das Gesetz öffentliche Begehung fordert (z. B. § 183), der Trunkene das Bewußtsein der Öffentlichkeit nicht zu haben brauche, da die Öffentlichkeit nicht unmittelbar zur Handlung des Täters gehöre. Im übrigen ist jedoch ein nach § 59 StGB, beachtlicher Tatirrtum nicht zu berücksichtigen, wenn er auf die Trunkenheit zurückzuführen ist, E. 73, 17, z.B. keine Berücksichtigung der Putativnotwehr, wenn der Täter sich infolge eines ausschließlich auf der Trunkenheit beruhenden Irrtums angegriffen glaubt; zustimmend B G H . N J W . 53, 1442; Dollinger und Boldt, DR. 39, 1033 und 1035; Bruns und Stutzer, D S t R . 39. 225 und 252; a. M. Klee, DR. 39, 545 und Dahm, ZAkadDR. 39, 267. Ein Verbotsirrtum ist stets bedeutungslos. RG. J W . 36, 514. Bei Fahrlässigkeitsdelikten muß

2. Teil. 27. Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen u. Vergehen. § 330 b

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(2) Die Strafe darf jedoch nach Art und Maß nicht schwerer sein, als die für die vorsätzliche Begehung der Handlung angedrohte Strafe®). (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein, wenn die begangene Handlung nur auf Antrag verfolgt wird7).

§ 330b 1 ). [Verschaffung von Rauschmitteln an Anstaltsinsassen] Wer wissentlich2) einer Person, die in einer Trinkerheilanstalt oder eine Entziehungsanstalt untergebracht ist 3 ), ohne Erlaubnis des Leiters der Anstalt bei Prüfung der „natürlichen" Fahrlässigkeit von der Aufmerksamkeit ausgegangen werden, die dem Täter im nüchternen Zustand zuzumuten war. RG. D S t R . 36, 180. Streitig ist, ob die fahrlässige Verwirklichung des äußeren Tatbestandes genügt, wenn die f a h r l ä s s i g e Tatbegehung nicht strafbar ist, z. B. fahrlässige Sachbeschädigung (bejahend Graf, DRZ.34, 235; Gerland, ZStW. 55,793; Schlosky, J W . 36, 3425; verneinend RG. D S t R . 36,180; von Weber, GerS. 105, 337; Frank, Nachtrag Anm. I 2 b ; Lang, D J . 37, 1218; Schönke IV 5). Von dem Standpunkt aus, daß — abgesehen von der Zurechnungsfähigkeit — die Rauschtat den sonst an den äußeren und inneren Tatbestand gestellten Anforderungen entsprechen müsse, ist die Frage zu verneinen. Strafbare Teilnahme an der Zuwiderhandlung gegen § 330a ist nicht möglich; die Ausdehnung der Strafbarkeit z. B. auf den Wirt und die Zechgenossen entspricht nicht den Absichten des Gesetzgebers. {Frank, Nachtrag Anm. I 4; a. M. Gramsch, J W . 38, 780 und Flor, ebenda.) Das schließt aber nicht aus, daß der Gastwirt, der dem angetrunkenen Kraftfahrer Alkohol verabreicht hat, sich—über § 16 Abs. 1 Nr. 3, § 29 Nr. 8 Gaststättenges. (B I I I 6) hinaus — als Nebentäter der fahrlässigen Körperverletzung usw. schuldig macht, wenn er nicht — notfalls durch Verständigen der Polizei — verhindert, daß der Kraftfahrer in Volltrunkenheit fährt und jemanden verletzt. BGH. N J W . 53, 551 mit Anm. von Weber N J W . 53, 1072; Schmidt N J W . 52, 1122; a. M. Redeiberger N J W . 52, 921. Dagegen würde es, von Fällen besonderer Verantwortungslosigkeit abgesehen, eine Überspannung der dem Gastwirt zumutbaren Verkehrspflichten bedeuten, wenn man ihn für die von dem Kraftfahrer unter Alkoholeinwirkung s c h u l d h a f t verursachten Verkehrsunfälle (als Nebentäter) verantwortlich machen wollte. Die Urteilsformel darf nicht auf Verurteilung wegen der Straftat lauten, deren äußeren Tatbestand der Täter im Rausch verwirklicht hat. E. 69, 187. Begeht der Volltrunkene in demselben Vollrausch mehrere mit Strafe bedrohte Handlungen, so liegt gleichwohl nur e i n e Tat nach § 330a vor, da der schuldhaft zu verwirklichende Tatbestand — das Sichversetzen in den Rausch —• nur einmal erfüllt worden ist. E. 73, 11; Schäfer, D J . 38, 257. 6) Ist die im Rausch begangene Tat eine Übertretung, so ist auch die Zuwiderhandlung gegen § 330a Übertretung. Schäfer, J W . 36, 1129 mit weiteren Zitaten; Schönke V I I ; a. M. E. 70, 42; OLG. H a m m JMB1. NRW. 52, 218; Kohlrausch-Lange VII, wonach die T a t immer Vergehen ist. Begeht der Täter in demselben Rausch mehrere Rauschtaten, so ist grundsätzlich nur auf e i n e Strafe im Rahmen des Abs. 1 zu erkennen. Bleibt jedoch das Höchstmaß der Strafe für die einzelne Rauschtat (z. B. bei Übertretungen oder bei Beleidigung) hinter der des Abs. 1 zurück, so kann bis zum Höchstmaß des Abs. 1 eine einheitliche Strafe in Höhe der gegen einen zurechnungsfähigen Täter zulässigen Gesamtstrafe (§§ 74ff.) erkannt werden, also z. B. bei mehreren Übertretungen H a f t bis zu drei Monaten oder Geldstrafe über 150 DM. Schäfer, D J . 38, 258; zustimmend Schönke V I I I ; Gramsch S. 86. §§ 20a und 42 e sind anwendbar, wenn die Rauschtat auf einem Hang zum Verbrechen beruht. RG. D J . 39, 1086. 7) Dagegen kann der Umstand, daß die Handlung Privatklagedelikt ist, nicht dazu führen, die Zuwiderhandlung gegen § 330a im Wege der Privatklage zu verfolgen. Raschik N J W . 52, 1045. Z u § 330 b : 1) Eingefügt durch Gesetz v. 24. 11. 1933. 2) = vorsätzl. mit Ausschluß des bedingten Vorsatzes. 3) Untergebracht ist, wer nicht auf Grund eignen Entschlusses sich in der Anstalt aufhält. In Betracht kommt also sowohl eine Unterbringung nach § 42 c als auch eine solche nach Maßgabe der landesrechtl. Vorschriften über die Anstaltsunterbringung Alkohol- und Rauschgiftsüchtiger. Auch die Unterbringung durch den Sorgeberechtigten, soweit sie als Maßnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts ohne richterliche Anordnung (vgl. Art. 104 GG.) zulässig ist, genügt.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 330 c

geistige Getränke oder andere berauschende Mittel verschafft, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.

* § 330 c 1 ). [Unterlassene Hilfeleistung] Wer bei Unglücksfällen2) oder gemeiner Gefahr3) oder Not nicht Hilfe4) leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten5), insZ u § 330c: 1) a) I. d. F. der Ges. v . 2 8 . 6 . 1935 (RGB1.I S.839b) u . v . 4.8. 1953 (BGBl. I S. 735). b) § 330 c richtet sich gegen die rücksichtslose Gesinnung, die in der Unterlassung der Hilfeleistung zutage tritt. E. 71, 202. Die Tat kann nur v o r s ä t z l i c h begangen werden (a. M„ insbesondere E. 74, 71; 77, 305; BGH. VRS. 4, 118). Bedingter Vorsatz genügt. Fahrlässige Begehung kann als fahrlässige Körperverletzung strafbar sein. E. 75, 164. Kenntnis vom Unglücksfall, die zum Vorsatz gehört, hat nur der Augenzeuge oder wer sich von der Richtigkeit einer ihm zukommenden Nachricht vom Unglücksfall sofort durch eigene Wahrnehmung überzeugen kann. Welzel N J W . 53, 328. Wer die Pflicht zur Hilfe nicht erfüllt, wird nach dem Sinn des § 330c l e d i g l i c h mit der darin angedrohten Strafe belegt; daher ist, wer entgegen § 330 c einen Mordanschlag nicht verhindert, nicht schon deswegen wegen (negativer) Beihilfe zum Mord strafbar. B G H St. 3, 65 (s. auch Anm. 1 zu § 47). Anders, wenn der Täter die Hilfeleistung unterläßt, um dadurch den Mörder zu unterstützen; in diesem Falle ist er nicht nach § 330c (a. M. E. 71, 189), sondern nur wegen psychischer Beihilfe zum Mord strafbar (so auch B G H St. 3, 65, 67). Zur Frage der E n t s c h ä d i g u n g des Hilfeleistenden vgl. RGZ. 167, 86; Féaux de laCroix, J W . 39, 457, Bechtold N J W . 53, 489 und § 553a RVO. in der Fassung des Gesetzes v. 17. 2. 1939 (RGBl. I S. 267). Vgl. noch §§ 1, 9 der VO. zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände vom 25. 6. 1938 (abgedruckt B II ), sowie § 5 der 2. DurchfVO. zum Gesetz über Feuerlöschwesen v. 9. 10. 1939 (RGBl. I. S. 2024) bzw. die an ihre Stelle getretenen landesrechtl. Vorschriften (z. B. §§ 11, 23 des hess. Brandschutzges. v. 19. 5. 1951, GVB1. S. 30), denen gegenüber § 330c vorgeht. 2) Unglücksfall ist ein p l ö t z l i c h eintretendes Ereignis, das erheblichen Schaden an Menschen (an Leib oder Leben) oder an bedeutenden Sachgütern verursacht und weiteren Schaden zu verursachen droht. E. 75, 68; B G H S t . 2, 150; 3, 66; BayObLG. N J W . 53, 556. Das ist auch dann der Fall, wenn ein anderer als der Betroffene vorsätzlich oder fahrlässig den Schaden herbeigeführt hat, z. B. bei einem Mordversuch. E. 71, 189 oder einem Notzuchtsversuch. B G H S t . 3,66. Daß auch bei f a h r l ä s s i g e m Verhalten des Betroffenen ein Unglücksfall vorliegen kann, ist unzweifelhaft. Streitig ist dagegen, ob ein Unglücksfall vorliegt, wenn der Betroffene bewußt das Ereignis herbeigeführt hat, wie beim Selbstmordversuch eines Zurechnungsfähigen. Bejahend d. amtl. Begr.; OLG. Breslau H R R . 28 Nr. 2240; Schmid D S t R . 36, 427; verneinend BGHSt. 2, 150, allerdings mit der Einschränkung, Selbstmordversuch sei kein Unglücksfall, „solange das verantwortl. Handeln des Selbstmörders die Lebensgefahr im wesentl. so gestaltet, wie er es sich vorgestellt h a t und solange sein Selbsttötungswille fortbesteht". (Danach würde jedenfalls dann ein Unglücksfall vorliegen, wenn der ins Wasser Gesprungene den Selbsttötungswillen aufgibt und um Hilfe ruft, obwohl damit der Ausgangspunkt des BGH. — Unglücksfall sei ein vom Willen des Betroffenen unabhängiges Ereignis — aufgegeben ist. Im übrigen: wie will man bei dem infolge der Selbstmordeinwirkung Bewußtlosen feststellen, ob der Selbsttötungswille noch fortbesteht? Die Annahme einer Hilfepflicht gegenüber dem Bewußtlosen entspricht jedenfalls dem natürlichen Rechtsempfinden). Die Einwirkung des schädigenden Ereignisses braucht nicht von außen her zu erfolgen. Daher kann auch die Fortentwicklung einer Krankheit zu einem p l ö t z l i c h e n , die Hilfepflicht des Arztes begründenden Ereignis führen. E. 75, 68. ebenso die Fortentwicklung einer Schwangerschaft (z. B. bei Schieflage des Kindes). E. 75, 162. Die Pflicht zur Hilfeleistung setzt nicht voraus, daß sich der Betroffenen in hilfloser Lage befindet. E. 75, 359. Unerheblich ist, ob, wie sich nachträglich herausstellt, der Betroffene der Hilfe des Täters nicht bedurfte und die Unterlassung der Hilfe keine weiteren Folgen hatte. E. 71, 203. Die Hilfepflicht entfällt aber einerseits, wenn der Betroffene durch den Unfall s o f o r t den Tod gefunden hat. BGHSt. 1, 266 (das Liegenlassen des Toten kann aber eine „gemeine Gefahr" für andere Verkehrsteilnehmer bedeuten), andrerseits wenn bereits ausreichende Hilfe zur Stelle ist. B G H . N J W . 52, 394. 3) Im Sinne des § 315 Abs. 3. E. 75, 70, z. B. auch das Auftreten des Nonnenschmetterlings. München GA. 39, 352. 4) Die Hilfeleistungspflicht umfaßt zunächst die Prüfung, welche Maßnahmen erforderlich sind, sodann die Leistung der geschuldeten Hilfe i. e. S. Welzel N J W . 53, 328. § 330c erfordert s o f o r t i g e Hilfe. RG. D J . 40, 1061. Neben persönl. Leistungen kommen auch Sach-

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 331

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besondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. 27. Abschnitt.

Verbrechen und Vergehen im Amte *)

§ 3311). [Geschenkannahme] Ein Beamter 2 ), welcher für3) eine in sein Amt einschlagende4), an sich leistungen wie Hergabe von Wasser, Zurverfügungstellung eirifes Kraftwagens usw. in Betracht. BayObLG. D J Z . 20, 919. Der Mitfahrer eines Kraftfahrers, der einen Unfall verursacht hat, muß in erster Linie dadurch Hilfe leisten, daß er den Kraftfahrer (durch Zureden usw.) zum Halten veranlaßt. RG. DR. 40, 1420 (auch wenn er nur gefälligkeitshalber mitgenommen wird) OLG. Hamburg MDR. 52, 629. Im übrigen ist ein Mit(Bei-)fahrer genau so hilfepflichtig wie ein Fahrer; die Hilfeleistung kann z. B. darin bestehen, daß er seinen Platz dem Verletzten überläßt oder daß er, falls dies nicht zumutbar oder sonst nicht angängig, den Fahrer veranlaßt, im nächsten Haus oder Ort Hilfe herbeizurufen. OLG. H a m m N J W . 53, 234. Teilnahme ist bei § 330c durch Anstiftung eines Nichtverpflichteten möglich. Die rechtswidrige aktive Verhinderung eines zur Hilfeleistung Bereiten ist Begehungsdelikt (Herbeiführung des durch die Hilfeleistung abwendbaren Erfolges) Welzel N J W . 53, 329 (s. dazu Zimmermann N J W . 52, 1321). 6) Hilfepflichtig ist jeder, der nach seinen Fähigkeiten und Hilfsmitteln rascher und wirksamer als ein anderer Hilfe — wenn auch zunächst nur vorläufige — leisten kann. Die Hilfepflicht trifft in 1. Linie den Nächsterreichbaren; wo aber besondere Sachkunde oder Hilfsmittel erforderlich sind, ist auch eine damit versehene Person — trotz weiterer E n t fernung als z. B. die Augenzeugen — hilfepflichtig. BGHSt. 2, 296. Für Ä r z t e , für die § 330c im übrigen keine ärztliche Sonderpflicht begründet (E. 74, 68; 75, 72) kann sich danach die Hilfepflicht vor anderen Personen aus der erforderl. ärztl. Sachkunde ergeben. B G H S t . 2, 296 (s. dazu Anm. 2); a. M. Eb. Schmidt, die Besuchspflicht des Arztes unter strafrechtl. Gesichtspunkten 1949 (zust. Niethammer DRZ. 50, 238), wonach die Hilfepflicht des Arztes nicht aus § 330c, sondern aus der öffentl.-rechtl. Natur der ärztl. Berufspflicht sich ergibt, deren Verletzung ggbf. nach § 222 strafbar ist. Je nach Lage der Sache kann das Inkaufnehmen eines durch Zeitverlust entstehenden geschäftlichen Nachteils, unter Umständen auch eine im Verhältnis zum drohenden Schaden unbeachtliche körperliche Gefahr verlangt werden. Zur Hilfeleistung ist namentlich auch der verpflichtet, der — sei es ohne sein Verschulden sei es fahrlässig — einen Unfall herbeigeführt h a t ; dagegen nicht, wie dies E. 71, 189 annahm, der v o r s ä t z l i c h an der Herbeiführung des Schadens Beteiligte (z.B. der Gehilfe des Mörders), der lediglich wegen Teilnahme an der H a u p t t a t strafbar ist. BGH. N J W . 52, 1062 (siehe Anm. l b ) . Der Kraftfahrer, der einen Zusammenstoß gehabt hat, muß, wenn er zur eignen Hilfeleistung imstande ist, so schnell wie möglich die Unfallfolgen feststellen und helfend eingreifen; regelmäßig muß er in eigner Person helfen und darf sich nicht mit der Entsendung anderer begnügen. E. 74, 69; RG. D J . 40, 1061. Bei einem durch eine Straftat herbeigeführten Unglück kann die erhebliche eigne Gefahr für einen zur Stelle Befindlichen, die ihn von der Verpflichtung zur Hilfeleistung entbindet, unter Umständen auch darin bestehen, daß er selbst in den Verdacht der Täterschaft geraten würde; es ist dann unter Umständen kein Vergehen gegen § 330 c, wenn er, statt Hilfe zu leisten, nach dem wirklichen Täter sucht. RG. DR. 40, 154. Eine Verpflichtung, selbst auf die Gefahr einer Strafverfolgung hin Beistand zu leisten, besteht nach § 142 und da, wo die Pflicht durch vorausgegangenes Tun begründet wurde. RG. a.a.O. Irrtum über die Pflichtwidrigkeit der Unterlassung, der nicht auf einem Irrtum über Tatsachen beruht, ist Verbotsirrtum (s. Anm. 1 zu § 59). Welzel N J W . 53, 329. *) V o r b e m e r k u n g . Bei den Straftaten des 28. Abschnittes ist zwischen eigentlichen und uneigentlichen Amtsdelikten zu unterscheiden. Bei den ersteren (z. B. § 344) kann nur ein Beamter Täter sein. Die letzteren dagegen (z. B. §§ 340, 342) können auch von Nichtbeamten begangen werden; die Tat ist aber schwerer strafbar, wenn ein Beamter sie verübt. Die Unterscheidung ist bedeutsam für die Strafbarkeit der Teilnahme (vgl. Anm. 7 zu § 48). Anstifter und Gehilfe werden bei eigentlichen Amtsdelikten auf Grund der für den Täter geltenden Vorschrift auch dann bestraft, wenn sie nicht Beamte sind. E. 71, 332; 76, 296, während bei den uneigentlichen Amtsdelikten § 50 Anwendung findet. Z u § 331: 1) Schrifttum: Niederreut her, D J . 40 352. 2) Siehe Anm. zu § 359. Strafbestimmungen gegen Bestechung und Geheimnisverrat

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A 1. Strafgesetzbuch. § 331

nicht pflichtwidrige Handlung 5 ), Geschenke6) oder andere Vorteile7) annimmt, 8 ) fordert oder sich versprechen läßt 9 ), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft 10 ). der bei Behörden beschäftigten nichtbeamteten Personen enthält die VO. v. 22. 51 943 (RGBl. I S. 351), abgedr. B IV 9. 3) Nicht jeder aus Anlaß oder bei Gelegenheit der Amtshandlung angenommene oder versprochene Vorteil kommt in Betracht, sondern es muß ein ausdrücklicher Zusammenhang zwischen der Annahme usw. des Vorteils und der Amtshandlung bestehen, der erkennen läßt, daß nach der Auffassung des Beamten wie des Gebers der Vorteil die G e g e n l e i s t u n g für eine Amtshandlung bilden soll. E. 77, 76. § 331 ist also unanwendbar, wenn das Geschenk ohne jede Rücksicht auf eine bestimmte amtliche Tätigkeit gegeben ist. E. 70, 172. 4) Einschlagend ist die Handlung, wenn sie innerhalb des Kreises der dem Beamten durch die maßgebenden Gesetze oder Dienstvorschriften übertragenen Tätigkeit liegt oder er sie nur vermöge seiner amtlichen Stellung vornehmen kann. RG. H R R . 42 Nr. 679. E s ist nicht erforderlich, daß die Handlung zu dem ordenti, und regelm. Aufgabenkreis des Beamten gehört, vielmehr genügt, daß das Dienstgeschäft zum Geschäftsbereich seiner Behörde gehört, daß die Bearbeitung solcher Angelegenheiten ihrer Art nach zu dem Amt oder Dienst des Beamten in einer inneren Beziehung steht (auch wenn die fragliche Amtshandlung durch die Geschäftsverteilung einem anderen Beamten zugewiesen ist. RG. DR. 39, 1509) und nicht völlig außerhalb des Aufgabenbereiches des Beamten liegt. B G H S t . 3, 143. Es scheiden jedoch solche Handlungen aus, die er, ohne daß sie in diesem Sinn zu seinen amtlichen Verpflichtungen gehören, nur unter Einfluß seines amtlichen Ansehens und Einflusses vornimmt. E. 77, 76. Die Handlung, zu der der Beamte bewogen werden soll, muß genügend bestimmt sein. E. 77, 77. Das ist schon der Fall, wenn sie im allgemeinen bestimmt ist; eine weitergehende Begrenzung nach Anlaß, Zeit oder Ausführungsweise wird nicht vorausgesetzt. RG. J W . 34, 2068. Zu den Obliegenheiten eines Polizeibeamten gehört nicht die Erstattung einer wahrheitsgemäßen Aussage. RG. JW. 28, 2985; zu denen eines Schulrektors nicht die Bestellung von Lehrmitteln. Köln Recht 32 Nr. 2200; zu denen eines Versorgungsamtsbeamten nicht die Fertigung einer Berufungsschrift. Karlsruhe H R R . 28 Nr. 1953. Zum Vorsatz genügt Kenntnis der Umstände, die die Handlung zu einer Amtshandlung machen. BGH. N J W . 52, 1222. 5) Gleichviel ob die Amtshandlung noch bevorsteht oder schon zurückliegt. E. 77, 76, bei zurückliegenden auch, wenn sie ohne Erwartung eines Geschenkes vorgenommen wurden. E. 63, 367. Daß der Beamte die Handlung auch wirklich ausgeführt hat, ist nicht erforderlich; ebensowenig, daß er es tun wollte oder konnte. Es genügt, daß er dies wahrheitswidrig vorgibt. R G . D R . 40, 1830; BGH. N J W . 53, 1401. Nicht pflichtwidrig ist die Handl., wenn sie inhaltlich nicht eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält (vgl. dazu Anm. 2 zu § 332). Eine Handl., die der Beamte nach Dienstgebrauch vornimmt, obwohl er sie mangels dienstl. Verpflichtung auch ablehnen könnte, wird nicht dadurch pflichtwidrig, daß er sich durch Gewährung von Vorteilen zur Vornahme der Handlung bestimmen läßt. B G H S t . 3, 143. Nimmt der Beamte Geschenke dafür an, daß er nicht zu Pflichtwidrigkeiten übergeht, so ist dies im Sinne des § 331 pflichtwidrig, erfüllt aber nicht den Tatbestand des § 332. E. 42, 382. 6) Geschenk = freiwillige unentgeltliche Zuwendung von Vermögenswert. Sie braucht nicht in das Vermögen des Beamten überzugehen, muß ihm aber persönl. Nutzen bringen (s. Anm. 7). Ein Geschenk liegt — im Gegensatz zur bloßen Gefälligkeit — schon immer dann vor, wenn es sich nicht um eine Leistung handelt, die nach allgemeiner Verkehrsanschauung den Empfangenden zu nichts zu verpflichten pflegt. OLG. Celle NdsRpfl. 48, 65. Geschenke sind auch vorübergehende materielle Genüsse, wie Spendung eines Trunks, GA. 41, 383 ; auch „Trinkgelder", DStZ. 9, 356; Recht 26 Nr. 106. Das Geschenk braucht nicht zur Zeit des Anbietens schon nach Art und Maß bestimmt zu sein. E. 23, 141. 7) Nicht nur materielle Vorteile wie Gewährung eines Darlehens, oder die Zuwendung einer — wenn auch nur angemessen — bezahlten Nebenbeschäftigung, E. 77, 78, oder selbst die Begleichung einer rechtlich begründeten Forderung durch den an sich nicht zahlungswilligen Schuldner. RG. DR. 43, 77, sondern auch sinnliche Genüsse wie Gewährung des Geschlechtsverkehrs. E. 71, 396 und sonstige Vorteile jeder Art, z. B. Befriedigung des Ehrgeizes und der Eitelkeit, Erleichterungen bei der Arbeit, Erlangung oder Festigung von Freundschaften oder der Gunst einer Respektsperson. RG. DR. 43, 76. Auch Vorteile, die nicht ausschl. dem Beamten persönl. zugute kommen sollen, sondern auch dienstl. Belange fördern, wie Benutzung eines Kraftwagens. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 50, 179, oder die andere Staatszwecke fördern, an denen dem Beamten aus persönl. Gründen gelegen ist. OLG. Hamburg H E S t . 2, 341, kommen in Betracht. Erstrebt aber der Beamte keinerlei persönl. Nutzen, sondern nur die u n e i g e n n ü t z i g e Förderung eines bestimmten Zweckes, so ist § 331 unanwendbar. Die bloße Vermeidung eines angedrohten Übels ist kein Vorteil. E. 64, 374. Ein Gewinn, den

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 332

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§ 332. [Passive Bestechung] (1) Ein Beamter, welcher für eine Handlung 1 ), die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält 2 ), Geschenke oder andere Vorteile annimmt, der Beamte unmittelbar aus der ihm angesonnenen Handlung ziehen soll, ist kein Vorteil i. S. der §§ 331 ff. E. 4, 421; BGHSt. 1, 182. 8) DieZuwendung braucht nicht demBeamten selbst gewährt zu werden. Recht 32 Nr. 2013. Siehe Anm. 1 zu § 333. Die Rechtswidrigkeit der Annahme eines Vorteils entfällt, wenn der Beamte die Erlaubnis hierzu auf die Zustimmung seiner vorgesetzten Behörde, insbesondere etwa auf die Duldung einer dieser bekannten Verkehrssitte zu stützen vermag. RG. J W . 34, 2469. 9) ,, Sichvcrsprechenlassen" ist Annahme eines ernstl. Angebots eines in Aussicht gestellten Geschenks oder Vorteils; es kann auch in einem Verhalten des Beamten liegen, aus welchem die Geneigtheit zur Annahme des Geschenks hervorgeht. R. 7, 285. Eine bedingte Annahme des Versprechens genügt. E. 57, 28. 10) Der Geber als solcher ist straffrei und macht sich keiner Teilnahme schuldig. E. 13, 181; 36, 68 (notwendige Teilnahme, siehe Anm. l e zu § 47). Auch Beihilfe zu der Tat des Bestechenden ist mangels einer strafbaren Handlung nicht möglich. Dagegen ist Beihilfe eines Dritten zu der Tat des Beamten, d. h. bei dem Annehmen, Fordern oder Sichversprechenlassen, möglich, z. B. wenn ein Dritter für den Beamten ein Geschenk fordert oder einsammelt. E. 42, 382 Zu § 332: 1) Vgl. Anm. 3 und 5 zu § 331. Eine Leistung, die der Beamte in der Annahme eines ihm darauf zustehenden Rechts annimmt oder fordert oder die der Geber in der Annahme eines dem Beamten darauf zustehenden Rechts gewährt oder verspricht, fällt nicht unter § 332. E. 31, 389. 2) Darunter fällt nur eine Amtshandlung oder Unterlassung einer durch Amtspflicht gebotenen Handlung. E. 70, 172. Amtshandlung ist jede Verrichtung, die dem Beamten als amtliche Aufgabe zugewiesen ist, sofern sie nicht völlig außerhalb des Aufgabenbereiches der zuweisenden Behörde liegt. E.68, 70, sowie jede in das Amt einschlagende und mit den dienstlichen Obliegenheiten desBeamten zusammenhängende Handlung. E. 70, 172, die in einer nicht nur äußerlich losen Beziehung zu dem Amt steht. E. 68, 255. Eine pflichtwidrige Amtshandlung begeht auch, wer seine amtliche Stellung dazu mißbraucht, eine durch seine Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, deren Vornahme ihm gerade durch seine amtliche Stellung ermöglicht wird. Ob der Beamte die Amtshandlung vornehmen will oder kann, ist ohne Bedeutung, jedoch muß die betreffende Amtshandlung als solche überhaupt vorgenommen werden können. RG. DR. 39, 994. Nicht hierher gehören Privathandlungen, auch wenn sie unter Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht vorgenommen werden (wie z. B. Erstattung von Privatgutachten ohne die vorgeschriebene Genehmigung). E. 70, 172. Ob der Beamte das Amt (Nebenamt) freiwillig oder auf Grund einer Verpflichtung übernommen hat, ist ohne Bedeutung. E. 68, 177. Nimmt aber ein Beamter nach seinem Dienstgebrauche eine Handlung vor, so handelt er, auch wenn er nicht dazu verpflichtet war, sondern sie ablehnen konnte, im Amte. BGHSt. 3, 143; auch bei Überschreitung der amtlichen und dienstlichen Zuständigkeit. RG. J W . 25, 2470; 29, 1802. Eine strafbare Begünstigung reicht für sich allein nicht aus, da die Begünstigung (§ 257) jedermann verboten ist, so daß die Begünstigung durch einen Beamten nicht schon als solche die Verletzung einer besonderen Amts- oder Dienstpflicht darstellt. RG. J R . 27 Nr. 1696. Bei Entscheidungen, die nach p f l i c h t m ä ß i g e m E r m e s s e n zu treffen sind, ist die Amtspflicht, auch wenn die getroffene Entscheidung sachlich gerechtfertigt ist, verletzt, wenn die Entscheidung durch den Vorteil mitbestimmt worden ist. E. 74, 255, ja selbst dann, wenn der Beamte innerlich entschlossen ist, sich nicht in der Freiheit seines Ermessens beeinflussen zu lassen, aber — mindestens mit bedingtem Vorsatz — erkennt, der Vorteilgeber erwarte von ihm eine pflichtwidrige Amtshandlung und gleichwohl Vorteil oder Versprechen entgegennimmt. E. 77, 78. Die Pflichtwidrigkeit besteht darin, daß der Beamte nicht mehr unbefangen entscheiden kann, sondern an die Entscheidung mit der inneren Belastung herangeht, die für ihn in dem erhaltenen Vorteil liegt. OLGe Celle NdsRpfl. 48, 65; Hessen (Kassel) J R . 50, 122. Ist eine Amtshandlung bei der tatsächl. gegebenen Sachlage an sich obj. gerechtfertigt, so ist die Handlung doch pflichtwidrig, wenn der Täter in Verkennung der wahren Sachlage einen Sachverhalt annimmt, bei dem seine Handlung pflichtwidrig ist. BGHSt. 2, 171. Der Beamte muß wissen, daß er den Vorteil für eine Amtspflichtverletzung erhält. Dagegen braucht der Geber nicht zu wissen, daß eine Amtspflichtverpflichtung in Frage steht; er muß nur wissen, daß die Handlung eine Amtshandlung ist. E. 77, 77. Zwischen

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A 2. Strafgesetzbuch. §333

fordert oder sich versprechen läßt, wird wegen Bestechung mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft 3 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.

§ 333. [Aktive Bestechung] (1) Wer einem Beamten1) oder einem Mitgliede der bewaffneten Macht2) Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht3) oder gewährt, um ihn zu einer Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält4), zu bestimmen6), wird wegen Bestechung 6 ) mit Gefängnis bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. dem Beamten und dem Geber muß Einverständnis bestehen, daß der Vorteil dem Beamten zufließen soll. E. 65, 52. B e i s p i e l e : § 332 findet Anwendung, wenn ein als Buch- und Betriebsprüfer angestellter Finanzbeamter, zu dessen Amtspflichten die Mitwirkung bei der Bekämpfung von Steuerzuwiderhandlungen gehört, einem Steuerpflichtigen bei der Abgabe falscher Steuererklärungen gegen Entgelt Hilfe leistet. E. 72, 70. Auch die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht (s. § 353 b) ist pflichtw. Handl. BGH. N J W . 53, 1481. Sogar in einer gebotenen Auskunftserteilung kann die Verletzung einer Dienstpflicht liegen, wenn die Auskunft ohne dienstlichen Anlaß aus Eigennutz zu Zwecken eines unlauteren Wettbewerbs erteilt wird. Recht 30 Nr. 338. Nicht ist aber Dienstpflichtverletzung: die Erteilung einer formlosen Auskunft gegen Entgelt. (Auskunft eines Beamten des Einwohnermeldeamtes.) RG. J W . 05, 245; die Zeugenaussage eines Beamten über amtliche Vorgänge. DRZ. 29 Nr. 189; a. M. Celle NdsRpfl. 49, 159; die Unterlassung der Stellung eines Strafantrages wegen Amtsbeleidigung durch den Beleidigten. E. 20, 415. 3) Besteht die pflichtwidrige Amtshandl. in der Begehung einer Straftat, so liegt zwischen dieser und § 332 im allgemeinen Tatmehrheit vor. GA. 54, 293; so zwischen §§ 332 und 257. LZ. 24, 168; doch ist im Einzelfall auch Tateinheit möglich, z. B. zwischen § 332 u. § 346. OLG. Köln JMB1. NRW. 50, 254. Tateinheit besteht im Verhältnis zu § 412 Abs. 2 RAbgO. GA. 74, 115. Fortsetzungszusammenhang zwischen § 331 und § 332 ist nicht möglich. RG. DR. 43, 757. Zu § 3 3 3 : 1) Oder auch einem Angehörigen des Beamten, wenn der Beamte davon Kenntnis hat. E. 13, 396. 2) Mitglied der bewaffneten Macht war jeder, auf den § 140 MStGB. (Bestechung) Anwendung fand. E. 54 312. 3) Auch das Anbieten eines seinem Gegenstande nach ganz unbestimmt gelassenen Geschenks erfüllt den Tatbestand. E. 23, 141. Das Anbieten braucht nicht ausdrücklieh zu sein. E. 26, 424. Versprechen = fest zusagen; unerheblich ist, daß die Erfüllung des Versprechens durch einen anderen als den Täter erfolgen soll. RG. DJZ. 08, 972. 4) Vgl. Anm. 2 zu § 332. Im Gegensatz zu §§ 331, 332 kommen nur künftige Amtshandlungen in Betracht, nicht die Belohnung schon begangener; es genügt aber, wenn der Täter irrtümlich eine schon begangene Handlung noch bevorstehend glaubt. E. 19, 206. Es ist nicht erforderlich, daß dem Beamten ein Verhalten in einer ganz bestimmten Richtung angesonnen wird; es genügt z. B., wenn der Beamte allgemein beeinflußt werden soll, Ermessensentscheidungen zugunsten des Täters zu treffen. RG. DR. 43, 77. Der Beamte braucht den Bestechungsversuch als solchen nicht erkannt zu haben. E. 26, 424. 5) Der Täter muß in Bestimmungsabsicht (i. techn. Sinn) handeln; bzgl. der Kenntnis, daß die dem Beamten angesonnene Handlung eine Amtspflichtverletzung darstellt, genügt aber bedingter Vorsatz. E. 77, 77. Darauf, ob die Amtsverletzung wirklich begangen wird, kommt es nicht an. E. 74, 255; auch darauf nicht, ob die gewünschte Handlung des Beamten obj. unmöglich ist. OLG. Hamburg HESt. 2, 341 oder ob der Beamte infolge schon vorher gefaßten Vorsatzes die Handlung auch ohne das Geschenk vorgenommen hätte. RG. J W . 05, 245. § 333 kann auch Anwendung finden, wenn der Beamte selber (aus subjektiven Gründen) nicht nach § 332, sondern nach § 331 oder überhaupt nicht strafbar ist. E. 74, 255. Es ist nicht notwendig, daß die pflichtwidrige Handlung dem Beamten gleichzeitig mit der Gewährung des Geschenks als Gegenleistung dafür angesonnen wird, es genügt, daß der Täter das Geschenk gewährt, um später, daran anknüpfend, mit seinem Verlangen hervorzutreten. E. 47, 68; RG. HRR. 42 Nr. 251. 6) Tateinheit ist möglich mit § 185. RG. LZ. 16, 681, ferner mit Anstiftung, wenn der Beamte eine ihm angesonnene strafbare Handlung begeht, und mit § 49a bei erfolgloser Aufforderung zu einem Verbrechen. E. 9, 261; 12, 54. Soweit aber dem Beamten (erfolglos)

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im A m t e . §§ 334, 335

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(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe erkannt werden.

§ 334. [Richterbestechung] (1) Ein Richter 1 ), Schiedsrichter, Beisitzer einer Arbeitsgerichtsbehörde, Geschworener oder Schöffe, welcher Geschenke oder andere Vorteile fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, um eine Rechtssache2), deren Leitung oder Entscheidung ihm obliegt, zu Gunsten oder zumNachteile eines Beteiligten zu leiten oder zu entscheiden, wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Derjenige, welcher einem Richter, Schiedsrichter, Beisitzer einer Arbeitsgerichtsbehörde, Geschworenen oder Schöffen zu dem vorbezeichneten Zwecke Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Zuchthaus bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.

§ 335. [Verfallerklärung] In den Fällen der §§ 331 bis 334 ist im Urteil das Empfangene oder der Wert desselben für dem Staate verfallen zu erklären1). ein Verbrechen nach § 332 angesonnen wird, besteht nicht Tateinheit mit § 49 a, sondern Gesetzeskonkurrenz. E. 61, 269. Bestechung mehrerer Beamter kann nicht in Fortsetzungszusammenhang begangen werden (die Reinheit der Amtsausübung ist höchstpersönl. Rechtsgut). E. 72, 174; OLG. Hamburg N J W . 51, 813. Z u § 334: 1) Richter sind die mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten, in einem staatlich geregelten Rechtsgang zur Entscheidung nach Rechtsgrundsätzen berufenen Personen, gleichviel, ob es sich um Ausübung der ordentlichen (bürgerlichen) Gerichtsbarkeit oder um Verwaltungs-, Disziplinar- usw. -Gerichtsbarkeit handelt. Daß nur Berufsrichter in Frage kommen (so Schönke I 1), ergibt sich nicht aus der Aufzählung der im Abs. 1 den Richtern gleichgestellten Personen; diese ergibt vielmehr, daß das Gesetz alle mit richterlichen Aufgaben betrauten Amtsträger, auch wenn sie nur ehrenamtlich tätig und auf Zeit berufen sind, erfassen will. Schönke selbst widerspricht sich, indem er die Handelsrichter zu den Richtern rechnet, obwohl sie weder Berufsrichter sind noch zu den in § 334 den Richtern gleichgestellten Personen gehören. Abzulehnen ist auch L K 2: entscheidend für den Begriff des Richters sei, daß er nicht eine gesetzl. Bürgerpflicht, sondern eine vertragsmäßige Dienstpflicht erfülle. Danach wären zwar die Handelsrichter Richter, da sie zur Annahme ihres Ehrenamts (§ 107 GVG.; vgl. auch § 112 a.a.O.) nicht verpflichtet sind, also mit ihrem Einverständnis ernannt werden, dagegen nicht die Sozial-, Landes- und Bundessozialrichter, da sie nur aus bestimmten gesetzlichen Gründen die Übernahme des Ehrenamtes ablehnen können (§§ 18, 35, 47 des Sozialgerichtsges. v. 3. 9. 1953 — BGBl. I S. 1239 —); ein innerer Grund, die ehrenamtl. Richter der Sozialgerichtsbarkeit anders zu behandeln als die Arbeits-, Landes- und Bundesarbeitsrichter ( = „Beisitzer einer Arbeitsgerichtsbehörde"), deren Rechtsverhältnisse in gleicher Weise geregelt sind (vgl. §§ 24, 37, 43 des Arbeitsgerichtsges. v. 3. 9. 1953, BGBl. I S. 1267), ist nicht erkennbar. Die Worte „Beisitzer Schöffe" dienen also nur der Verdeutlichung des Begriffs „Richter", enthalten aber keine abschließende Aufzählung der (ohne Rücksicht auf ihr Einverständnis) zur Ausübung des Richteramts herangezogenen ehrenamtl. Richter. 2) Siehe Anm. 2 zu § 336. Z u § 3 3 5 : 1) Die Verfallerklärung ist nur gegen den Täter (den Bestechenden oder den Bestochenen) oder den Teilnehmer (z. B. den Gehilfen des Bestochenen) auszusprechen, der das Bestechungsmittel oder dessen Wert in Händen h a t oder gehabt hat, E. 68, 404; RG. J W . 36, 1914; 38, 2198. H a t der Empfänger die Geldsumme nur vorübergehend angenommen, um sie als Überführungsmittel gegen den Bestecher zu verwenden, so kann sie nur diesem, nicht dem Empfänger gegenüber für verfallen erklärt werden. E. 58, 157. Für verfallen zu erklären ist alles, was dem Bestochenen oder zu Bestechenden auf irgendeine Weise tatsächlich oder wirtschaftlich zugute gekommen ist. E. 68, 114. Ist eine körperliche Einziehung nicht ausführbar, insbesondere, weil sich das Bestechungsmittel außerhalb des Kreises der Täter befindet (E. 68, 113), so trifft den Täter eine Vermögensstrafe, die dem Werte des Empfangenen, d . h . des in die tatsächliche Gewalt des Beamten gelangten Bestechungsmittels gleich zu bemessen ist. E. 51, 87; 67, 32 (vgl. aber E. 68, 405); maßgebend ist der Wert im Zeitpunkt der Entscheidung. BGH. LM. Nr. 1. Dies gilt auch dann, wenn das Empfangene durch Steuern und Steuerstrafen aufgezehrt worden ist. BayObLG. 50/51

348

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 336—338

§ 336. [Rechtsbeugung] Ein Beamter ) oder Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache2) vorsätzlich zu Gunsten oder zum Nachteile einer Partei einer Beugung des Rechtes schuldig macht3), wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. 1

§ 337 (Ist ersetzt durch den § 67 des Personenstaadsges. v. 3. Nov. 1937, RGBl. I S. 1146, abgedr. unter B 1 1).

§ 338. [Trauung einer Doppelehe] (Gestrichen durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 BGBl. I S. 735) S. 483. H a t der Täter das Bestechungsmittel weiter veräußert und einen Gegenwert empfangen, so ist für verfallen zu erklären nicht der Gegenwert, sondern der Wert des veräußerten Bestechungsmittels. RG. H R R . 40 Nr. 196. Ebenso ist der Wert verfallen zu erklären, wenn das Bestechungsmittel nicht in einem körperlichen Gegenstand, sondern in einer einen Vermögenswert darstellenden Leistung anderer Art besteht, z. B. in unentgeltlich geleisteten Diensten, die dem Bestochenen eine notwendige Ausgabe ersparen. E. 57, 232. Ist der Bestechungswert an eine Mittelsperson als Treuhänder des Bestochenen gewährt worden, so ist der Anspruch gegen diesen für verfallen zu erklären. E. 68, 110. Dagegen ist das bloß Versprochene, das nur mündlich ohne körperliche Darreichung Angebotene, nicht einziehbar. E. 15, 348. Der Gegenstand der Verfallerklärung muß in der Urteilsformel so genau festgestellt werden — und zwar Geldbeträge ziffernmäßig —, daß eine Vollstreckung möglich ist. E. 37, 172; 54, 215; RG. J W . 36, 1914. Die Verfallerklärung ist Nebenstrafe. E. 57, 232; Umwandlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht zulässig. E. 22, 103. Verfallerklärung ist nur in Verbindung mit der Verurteilung zu einer Hauptstrafe möglich; eine Verfallerklärung im objektiven Verfahren (§§ 430 StPO.) ist nicht vorgesehen. E. 68, 406. Zu § 336: 1) Schöffen und Geschworene und sonstige ehrenamtl. („Laien-")Richter erfüllen zwar die Begriffsmerkmale des § 359, da zur Anstellung i. S. des § 359 nicht das Einverständnis des mit öffentl.-rechtl. Aufgaben Betrauten gehört (vgl. Anm. 1 zu § 359); aus der besonderen Erwähnung in § 334 ergibt sich aber, daß die übrigen Vorschriften des 28. Abschnitts sich nicht auf sie erstrecken sollen. B G H . N J W . 54, 439 mit Anm. von Schröder. 2) Rechtssachen sind alle Rechtsangelegenheiten, bei denen mehrere Beteiligte („Partei" = Verfahrensbeteiligter. OLG. Hessen H E S t . 2, 180) sich mit entgegenstehenden rechtlichen Interessen streitend gegenüberstehen können und über welche nicht nach verwaltungsmäßigen Grundsätzen, sondern nach Rechtsgrundsätzen zu entscheiden ist. Dahin gehören auch Strafsachen, welche durch Strafbescheid einer Verwaltungsbehörde erledigt werden, ferner die Entscheidungen über Bestehen oder Nichtbestehen einer Steuerpflicht im Steuerveranlagungsoder -festsetzungsverfahren. E. 71, 315, weiterhin Dienststrafverfahren, auch wenn nur eine Ordnungsstrafe zu erwarten ist. E. 69, 213; OLG. Hessen (Kassel) H E S t . 2, 175. Soweit bei Ordnungswidrigkeiten nach verwaltungsmäßigen Opportunitätsgrundsätzen entschieden wird (vgl. § 7 OWiG. — A 4 —), liegt eine Rechtssache nicht vor. Das Gnadenverfahren ist keine Rechtssache; ein dabei mitwirkender Richter wird nur als Organ der Justizverwaltung tätig. SchlH. OLG. SchlHA. 49, 138. Auch bei Ermessensentscheidungen kann Rechtsbeugung begangen werden, wenn der Täter sich von pflichtwidrigen Erwägungen leiten läßt, wenn er z. B. im Strafverfahren bei der Strafzumessung innerhalb des gesetzl. Strafrahmens auf eine andere Strafe erkennt, als nach seiner Überzeugung als gerecht anzusehen ist. OGHSt. 2, 23. In welchem Stadium sich das Verfahren befindet, ist ohne Bedeutung. Rechtssache ist auch ein Ermittlungsverfahren sowie ein vorbereitendes Verfahren, das auf eine dienststrafrechtliche Ahndung gegen einen Beamten gerichtet ist. Verfolgt jedoch eine Untersuchung zunächst nur den Zweck, der vorgesetzten Behörde eine Grundlage für die Entscheidung darüber zu verschaffen, ob ein Dienststrafverfahren eingeleitet werden solle oder nicht, so liegt vor dieser Entscheidung keine Rechtssache vor. E. 69, 213. — Die Rechtbeugung kann schon allein bei der Leitung der Rechtssache (durch Verletzung verfahrensrechtl. Vorschriften) begangen werden, ohne daß es darauf ankommt, wie später die Entscheidung ausfallen wird. E. 57, 31. 3) D. h. das (sachliche oder Verfahrens-)Recht wider sein Gewissen und seine bessere Uberzeugung falsch anwendet, vgl. Haensel MDR. 49, 570. Eine Absicht der Begünstigung oder Benachteiligung ist nicht erforderlich; vorsätzliches Handeln genügt. E. 25, 276.

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. §§339—341

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§ 339 § 340. [Körperverletzung im Amte] (1) Ein Beamter, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung 1 ), seines Amtes vorsätzlich eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt 2 ) wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf einen Tag Gefängnis ermäßigt oder auf Geldstrafe erkannt werden3). (2) Ist die Körperverletzung eine schwere, so ist auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein.

§ 341. [Freiheitsberaubung im Amte]

Ein Beamter 1 ), welcher vorsätzlich, ohne hierzu berechtigt zu sein 2 ), eine Verhaftung oder vorläufige Ergreifung und Festnahme oder Zwangsgestellung 2a ) vornimmt oder vornehmen läßt 3 ) oder die Dauer einer Freiheitsentziehung verlängert 4 ), wird nach Vorschrift des § 239, jedoch mindestens mit Gefängnis von drei Monaten bestraft. Zu § 339: 1) § 339 — Nötigung im Amte — ist gestrichen durch Art. 10 der StrafrechtsangleichungsVO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I, S. 339), weil die Neufassung des § 240 ihn entbehrlich machte. Z u § 340: 1) „ I n Veranlassung. . . " : Die Tat muß, ohne äußerlich einen Akt der Amtsausübung zu bilden, mit dieser in einem erkennbaren i n n e r e n Zusammenhang stehen, während ein rein äußerlicher, z. B. zeitlicher oder örtlicher Zusammenhang nicht genügt. E. 6, 21; 17, 166. 2) Zum Begehenlassen genügt bloßes Dulden, sofern der Beamte zur Verhinderung nach seinen Amtspflichten verpflichtet und in der Lage ist. RG. DR. 39, 1311; OGH. BZ. J R . 50, 568; OLG. Braunschweig NdsRpfl. 48, 50; a. M. E. 59, 86, wonach eine Mitwirkung erforderlich ist. Zwischen § 340 und § 223 a kann Tateinheit bestehen. E. 75, 359, dagegen nicht zwischen § 340 und Anstiftung zu § 227 (Gesetzeskonk.) E. 59, 86. Wegen der Überschreitung des Züchtigungsrechts der Lehrer siehe Anm. 2c zu § 223. Keine Ehrennotwehr gegenüber Betrunkenen. RG. DRZ. 32 Nr. 685. 3) Eine Aufrechnung gemäß § 233 ist ausgeschlossen, mag § 340 gegen einen oder beide Täter Anwendung finden. E. 61, 191. Zuerkennung einer Buße ist statthaft. E. 12, 223. Zu § 341: 1) Täter kann jeder Beamte sein, der in seiner Amtseigenschaft gehandelt hat, ohne Rücksicht darauf, ob er zu Maßnahmen dieser Art an sich zuständig war. E. 27, 287. 2) Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein des Täters, zur Freiheitsentziehung nicht berechtigt zu sein; fahrl. verschuldete Unkenntnis der mangelnden Berechtigung genügt nicht. R G . GA. 41, 388. Strafbar macht sich ein Polizeibeamter, der eine nicht fluchtverdächtige Person, deren Personalien ohne weiteres festzustellen sind, vorläufig festnimmt. RG. J R . 26, Nr. 1885 (anders, wenn ihm die Feststellung der Person auf offener Straße unangemessen erscheint und er darum einen von störenden Einflüssen unbenutzten Ort wählen will. R G . J W . 35, 3393). Der Wille des bereits Festgenommenen, zur Wache mitzugehen, schließt die Freiheitsberaubung nicht aus. E. 61, 239. 2a) Verhaftung = Freiheitsentziehung auf Grund richterlicher Anordnung (Art. 104 GG.), z. B. gemäß §§ 114, 126a, 131 StPO. oder § 908ZPO. Vorläufige Ergreifung oder Festnahme: jede vorläufige Freiheitsentziehung aus eigner Initiative, z. B. gemäß § 127 StPO., § 15 PrPolVerwGes. Zwangsgestellung = zwangsweises Verbringen (Vorführen) an eine Amtsstelle, auf Grund eines Vorführungsbefehls (z. B . gemäß § 236 StPO., § 18 des Ges. zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten — B I 3 —) oder aus eigner Initiative (z.B. als polizeil. „Sistierung'', s. Anm. 2, oder gemäß § 19 des Ges. z. Bek. der Geschlechtskrankheiten). 3) D. h. in amtl. Eigenschaft bei der Inhaftnahme mitwirkt, z. B . durch geflissentliches Irreführen eines anderen (Beamten oder Privatperson), der die Handlung vornimmt, oder durch Nichtverhinderung der Verhaftung usw. entgegen einer Amtspflicht. E. 66, 59; 74, 36 (vgl. Anm. 2 zu § 340). 4) Das ist auch der Fall, wenn ein vorläufig Festgenommener zwar innerhalb der Frist des § 128 StPO., aber nicht unverzüglich vorgeführt wird, oder wenn er vorgeführt wird, ob-

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 342—344

§ 342. [Hausfriedensbruch im Amte] Ein Beamter, der in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes einen Hausfriedensbruch (§ 123) begeht 1 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 343. [Aussageerpressung] Ein Beamter, welcher in einer Untersuchung 1 ) Zwangsmittel 2 ) anwendet oder anwenden läßt 3 ), um Geständnisse oder Aussagen4) zu erpressen5), wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft 6 ).

§ 344. [Verfolgung Unschuldiger] Ein Beamter, welcher vorsätzlich zum Nachteile einer Person, deren Unschuld ihm bekannt ist, die Eröffnung oder Fortsetzung einer Untersuchung 1 ) beantragt oder beschließt, wird mit Zuchthaus bestraft. wohl die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der vorl. Festnahme weggefallen sind und die Polizei ihn entlassen müßte. OLG. Frankfurt SJZ. 50, 53. Zu § 342: 1) Auch hier muß der Täter sich bewußt sein, daß er in Ausübung seines Amtes usw. handelt. Olshausen 3; LK. 4. Z u § 343: 1) Der Begriff der „Untersuchung" ist der gleiche wie in § 344; er umfaßt auch das Verfahren zur Ermittlung der Voraussetzungen strafähnlicher Maßnahmen wie „Schutzhaft" oder Einweisung in ein Konzentrationslager. BGHSt. 2, 148. Der Beamte muß an der Untersuchung, innerhalb deren die Tat begangen ist, amtlich mitgewirkt haben; das ist auch der Fall, wenn er, ohne gerade für diese Untersuchung unmittelbar zuständig zu sein, allgemein zu Untersuchungs-Handlung berufen ist — wie z. B. ein Polizeibeamter. E. 71, 374 — und in dieser Eigenschaft mitgewirkt hat. OGHSt. 3, 12 Auch die Vernehmung eines noch nicht 14 Jahre alten Kindes über eine ihm zur Last gelegte Straftat durch die Polizeibehörde ist ein Akt der Untersuchung. E. 25, 366. 2) Zwangsmittel sind alle Mittel, die die Entschließungsfreiheit beeinträchtigen sollen, auch die Androhung einer gesetzlich zulässigen Maßnahme durch den Polizeibeamten. BGH. LM. Nr. 1. Erlaubt ist die Anwendung von Zwang nur, wo sie zur Herbeiführung einer Aussage vom Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Ein Irrtum über die Zulässigkeit der Zwangsanwendung ist Verbotsirrtum. (E. 71, 374, wonach das Bewußtsein der Widerrechtlichkeit des Zwangsmittels zum Vorsatz gehört, ist durch die neue Rechtspr. über den Verbotsirrtum überholt). Vgl. noch § 136a StPO., § 38 Abs. 2 OWiG. — A 4 — , 3) Ein bloßes Nichthindern der Anwendung von Zwangsmitteln durch Dritte genügt nur, wenn dem Beamten seine Dienstpflicht ein gegenteiliges Verhalten gebot. RG. J W . 36, 3004. 4) Aussagen sind nicht nur Erklärungen von Zeugen oder Sachverständigen, sondern auch solche des Beschuldigten, die nicht Geständnisse sind, z. B. Angaben über den Verbleib der Diebesbeute, über Beteiligung Dritter. OLG. Frankfurt HESt. 2, 353. 5) Erpressen = nötigen. E. 71, 375, d. h. den anderen durch den Zwang zu einem seinem freien Willen widersprechenden Verhalten veranlassen. Keine Nötigung, wenn der Beamte lediglich auf die möglichen Folgen eines Verhaltens hinweist, um dem Betroffenen die richtige Einschätzung seiner Lage zu ermöglichen. Hoffmann N J W . 53, 972. 6) Mehrere gegen verschiedene Personen begangene Verbrechen nach § 343 können nicht in Fortsetzungszusammenhang stehen (die freie Willensentschließung des Einzelnen i s t höchstpersönl. Rechtsgut) BGH. N J W . 53, 1034. Z u § 344: 1) Untersuchung ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift, einen Unschuldigen gegen Nachteile und Gefahren jeder gesetzlich möglichen Art von Untersuchung zu schützen, nicht nur ein förmliches Verfahren gemäß der StPO. nach erhobener Anklage, sondern jedes gesetzl. vorgesehene Verfahren zur Ermittlung oder Ahndung gesetzlich (nicht nur kriminell, sondern z. B. auch dienststrafrechtlich oder im Bußgeld verfahren nach dem OWiG.) ahndbarer Handlungen einschließlich des polizeil. und staatsanwaltschaftl. Ermittlungsverf. E. 74, 36; BGHSt. 1, 255; OGHSt. 2, 69; a. M. OLG. Hessen (Kassel) SJZ. 47, 443. E r ö f f n u n g ist die Einleitung einer solchen Untersuchung durch den zuständigen Beamten; beantragen = Fördern einer solchen Untersuchung unter Berufung auf das Gesetz durch den hierfür zuständigen Beamten (z. B. Erstattung einer Strafanzeige durch einen Polizeibeamten).BGHSt. 1, 255.

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. §§345,346

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* § 345. [Unzulässige Strafvollstreckung] (1) Ein Beamter 1 ), der vorsätzlich eine Strafe 2 ) oder eine Maßregel der Sicherung und Besserung 23 ) vollstreckt, die nicht zu vollstrecken ist 3 ), wird mit Zuchthaus bestraft. (2) Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen 4 ), so tritt Gefängnisstrafe oder Einschließung bis zu einem Jahre oder Geldstrafe ein.

§ 346!). [Begünstigung im Amte] 2

(1) Ein Beamter ), der vermöge seines Amtes zur Mitwirkung bei einem Strafverfahren oder bei der Vollstreckung 3 ) einer Strafe 4 ) oder einer Maßregel Zu § 345: 1) Täter kann auch ein Beamter sein, der nicht vermöge seines Amtes bei der Strafvollstreckung mitzuwirken hat, z. B. ein Richter oder ein Urkundsbeamter, die ein anderes als das tatsächlich verkündete Urteil protokollieren und dadurch bewirken, daß eine nicht erkannte Strafe vollstreckt wird. E. 19, 345 (str.). 2) Nicht nur Kriminal-, sondern auch Disziplinar- und Ordnungsstrafen und Geldbußen bei Ordnungswidrigkeiten nach dem OWiG. — A 4 — (str.). 2 a) Nicht nur die in § 42 a bezeichneten, sondern alle Maßnahmen der Sicherung und Besserung, z. B. die Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel des J G G . 3) Unter „Strafvollstreckung" fällt sowohl die Anordnung wie die Durchführung (insbes. die Vorführung, Verhaftung usw.) und die Überwachung der Vollstreckung. E. 21, 424. Eine Mitwirkung an leitender Stelle wird nicht vorausgesetzt; es genügt jede Art amtl. Mitwirkung. E. 63, 176. „Nicht zu vollstrecken" ist eine Strafe, die überhaupt nicht oder nicht in dieser Art oder diesem Maß vollstreckt werden darf. OLG. Hessen H E S t . 2, 180. Die Vollstreckung einer materiell unrichtigen, aber vollstreckbaren Entscheidung ist keine unzulässige Strafvollstr. i. S. des § 345. E. 16, 221. Die Herbeiführung der Vollstreckung einer materiell unrichtigen Entscheidung ist nur nach § 336 strafbar. Wohl aber kann auch der Richter, der bei der Entscheidung mitgewirkt hat, nach § 345 verantwortlich sein, wenn er als Vollstreckungsorgan die Vollstreckung einer anderen als der tatsächlich von ihm erkannten Strafe (vgl. Anm. 1) oder die Vollstreckung der von ihm erkannten Strafe anordnet, obwohl sie noch nicht rechtskräftig ist. E. 19, 342; 26, 56. Dagegen nicht ein AR., der als Justizverwaltungsbeamter einen von ihm selbst erlassenen unrichtigen Beschluß des AG. über die Zulässigkeit der Strafvollstreckung ausführt. E. 63, 167. Der Umstand, daß ein Richter bereits auf Grund eines Urteils Strafvollstreckungsverfügungen erlassen hat, entbindet den Nachfolger nicht von der Prüfung der Rechtskraft des Urteils. Recht 14 Nr. 2135. 4) Z. B., wenn der Täter die Nichtvollziehbarkeit der Strafe h ä t t e kennen müssen. R. 2, 239; oder wenn er infolge schuldhaften Irrtums nicht weiß, daß sein Verhalten überhaupt eine Strafvollstreckung zur Folge haben kann, oder daß die Strafvollstreckung dieser Art unzulässig ist. RMG. 6, 24, oder wenn er eine unrichtige Abschrift einer Urteilsformel als richtig beglaubigt. Recht 13 Nr. 1254. Zu § 346: 1) In der Fassung des Ges. v. 24. 11. 1933. Amtsbegünstigung ist ein eigentl. Amtsverbrechen, nicht ein qualifizierter Fall des § 257; § 50 Abs. 2 ist daher bei dem nichtbeamteten Teilnehmer unanwendbar (vgl.Vorbem. vor § 331). E. 74, 181; BGH. N J W . 54, 281. 2) Täter kann jeder Beamte sein, der unter eigner Verantwortung im Rahmen seines dienstlichen Auftrages Handlungen vorzunehmen hat, die dem gesetzlichen Fortgang des Strafverfahrens in irgendeiner Form unmittelbar zu dienen bestimmt sind. Also nicht n u r Beamte, denen eine Sachentscheidung übertragen ist, sondern auch z. B. der Beamte der Geschäftsstelle, der gemäß einer Verfügung des Richters die Akten dem Rechtsmittelgericht zu übersenden hat. Dagegen n i c h t der Beamte, der eine Entscheidung nur vorbereitet. E. 73, 294, es sei denn, daß der entscheidende Beamte sich auf die Vorarbeiten stützen und verlassen muß. E. 76, 394. Bahnpolizeibeamte können hierher gehören. E. 57, 19; desgl. Beamte der Finanzverwaltung. E. 58, 79. 3) Siehe Anm. 3 zu § 345. 4) Nach bisheriger Auslegung (E. 12, 162) kamen nur Kriminalstrafen in Betracht. Nachdem an die Stelle der kriminellen Bestrafung durch das OWiG. — A 4 — in weitem Umfang die Ahndung als Ordnungswidrigkeit getreten ist und künftig treten wird, müssen jetzt auch die Ahndungsmöglichkeiten des OWiG. in den Anwendungsbereich des § 346 einbezogen werden. Die Zuchtmittel des J GG. (§13) sind Maßregeln der Sicherung und Besserung;

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A 2. Strafgesetzbuch. § 346

der Sicherung und Besserung berufen ist und wissentlich s ) jemand der im Gesetz vorgesehenen Strafe oder Maßregel entzieht 6 ), wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Monat ein. verneint man dies, weil sie zwar nicht die Rechtswirkungen einer Kriminalstrafe (§ 13 Abs. 3 JGG.), aber Ahndungs(-Sühne-)zweck haben, so sind sie ebenfalls Strafen i. S. des § 346. 5) Damit ist der bedingte Vorsatz ausgeschlossen. E . 73, 297. Wissentlichkeit ist nur für den Erfolg der Entziehungshandl. erforderlich; hinsichtl. des Bestehens eines Strafanspruchs genügt bedingter Vorsatz. OLG. Braunschweig N J W . 49, 436; BGH. LM. Nr. 2 zu § 346. 6) Vollendet ist die Tat, wenn der Strafanspruch durch Verzögerung der Aburteilung oder Vollstreckung mindestens für eine geraume Zeit unverwirklicht bleibt; daß er endgültig vereitelt wird, ist nicht erforderlich. E. 70, 251; OLG. Oldenburg H E S t . 2, 60. Daß die Strafverfolgung später infolge Amnestie unterbleibt oder daß der Täter später freigesprochen wird (etwa aus subjektiven, dem anzeigepflichtigen Beamten nicht bekannten Gründen) ist bedeutungslos. B G H . LM. Nr. 1 zu § 346. Strafbarer Versuch (Mangel am Tatbestand) liegt vor, wenn die Vollstreckung einer Strafe wissentlich unterbleibt, die durch Amnestie erlassen ist, ohne daß der Beamte es weiß. RG. Recht 1921 Nr. 1243. Die Unterlassung der durch § 163 StPO., § 28 OWiG. gebotenen Anzeige eines Polizeibeamten gehört hierher. E. 70, 251; auch die Erstattung einer Anzeige gegen Unbekannt trotz Kenntnis der Person des Beteiligten. E. 63, 276. H a t der Beamte an der zu verfolgenden Handlung selbst teilgenommen oder den H a u p t t ä t e r begünstigt (§ 257) oder im Zusammenhang mit der anzuzeigendenTat gehehlt, so ist er zur Verfolgung nicht verpflichtet. E. 31, 196; B G H . N J W . 54, 281; OLG. Freiburg DRZ. 47, 201. Die Amtsbegünstigung des Beamten, der an der anzuzeigenden Tat teilgenommen hat, ist straflose Selbstbegünstigung, auch wenn dadurch der H a u p t t ä t e r begünstigt wird. OLG. Freiburg a.a.O. Er ist aber strafbar, wenn die Begünstigung oder Teilnehmerhandlung erst nach dem Zeitpunkt geschah, in dem seine Strafverfolgungspflicht ihn zum Handeln zwang. E. 63, 276, und wenn bei einer hehlerischen Beteiligung der hehlerische Vorteil gerade das Bestechungsentgelt für die Unterlassung der Verfolgung darstellt. BGH. N J W . 53, 1312. Die Verfolgungspflicht wird nicht dadurch berührt, daß die Verfolgung sich gegen einen Angehörigen des Beamten richtet oder daß der Beamte bei Anzeigeerstattung sich der Gefahr dienststrafrechtl. Ahndung oder strafgerichtl. Verfolgung wegen einer solchen Straftat aussetzt, die nicht in einer Teilnahme an der H a u p t t a t oder in einer Begünstigung des H a u p t täters besteht, mag sie auch mit jener in einem engeren tatsächlichen Zusammenhang stehen. E. 70, 251; OLG. Freiburg DRZ. 47, 201. Ein Dienstvorgesetzter, auch wenn er zugleich — wie der Bürgermeister oder Amtsvorsteher in den ehemaligen preußischen Gebietsteilen — Polizeiorgan und daher an sich nach § 163 StPO. zum Einschreiten verpflichtet ist, braucht nicht ohne weiteres Straftaten eines Untergebenen der Strafverfolgungsbehörde anzuzeigen, vielmehr h a t er nach pflichtmäßigem Ermessen abzuwägen, ob das staatl. Interesse an einer Bestrafung des Täters etwaige Belange der ihm unterstellten Verwaltung an einer Nichtanzeige überwiegt. E. 73, 265. Er ist aber strafbar, wenn die Unterlassung sich als Ermessensmißbrauch darstellt oder wenn er durch tätiges Handeln die Verfehlungen des Untergebenen verdeckt. E. 74, 178. Ein Dienstvorgesetzter, der nur polizeiliche Aufgaben hat, h a t strafbare Handl. seiner Untergebenen stets zu verfolgen. B G H . N J W . 53, 1312. — Teilnahme an der Amtsbegünstigung ist auch strafbar, wenn sie für den Teilnehmer Selbstbegünstigung ist. B G H N J W . 54, 281. Die Entziehung kann auch in der Unterdrückung erheblicher, eine strengere Bestrafung begründender Tatsachen bestehen. Ein „Entziehen" setzt grundsätzlich voraus, daß der Beamte dienstlich (nicht rein außerdienstlich) von dem Anlaß zur Strafverfolgung Kenntnis erlangt h a t ; h. M., a. M. Bohne SJZ. 48, 699; OLG. Stuttgart N J W . 50, 198. Eine dienstlich erlangte Kenntnis liegt aber stets vor, wenn ein Polizeibeamter von einer Straftat durch ein allgemein in der Öffentlichkeit umgehendes Gerücht erfährt. E. 70, 252. Auch bei außerdienstlich erlangterjKenntnis besteht eine Anzeigepflicht des Polizeibeamten, wenn die Straftat nach Art oder Umfang die Belange der Öffentlichkeit und der Volksgesamtheit in besonderem Maße berührt. OLG. Freiburg DRZ. 47, 201. Eine Entziehung liegt schon objektiv nicht vor, wenn ein Polizeibeamter auf Grund gesetzlicher Ermächtigung bei Übertretungen von einer Anzeigeerstattung (§ 163 StPO.) absieht und eine polizeiliche Verwarnung erteilt. Eine b u n d e s r e c h t l i c h e Ermächtigung dazu enthält für leichte Verkehrsübertretungen § 22 StVG. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 837) —

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. §§347,348

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§ 347. [Entweichenlassen von Gefangenen] (1) Ein Beamter 1 ), welcher einen Gefangenen 2 ), dessen Beaufsichtigung, Begleitung oder Bewachung ihm anvertraut ist 3 ), vorsätzlich 4 ) entweichen läßt 6 ) oder dessen Befreiung vorsätzlich bewirkt oder befördert, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter einem Monat ein. (2) Ist die Entweichung 8 ) durch Fahrlässigkeit 7 ) befördert oder erleichtert worden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe ein. (3) Einem Gefangenen steht gleich, wer in Sicherungsverwahrung oder in einem Arbeitshaus untergebracht ist.

§ 348. [Falschbeurkundung. Urkundenfälschung und -Vernichtung im Amte] (1) Ein Beamter 1 ), welcher, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden 2 ) befugt 3 ), B V I I I 1 —. Durch landesrechtliche Vorschriften ist der Polizei einVerwarnungsrecht auch bei anderen Übertretungen eingeräumt (Bayr. Ges. v. 7.3. 1952 — GVB1. S. 99 — Niedersachsen § 39 des Ges. über die öffentl. Sicherheit und Ordnung v. 21. 3. 1951 — GVB1. S. 79 —, Brem. Ges. v. 7. 2. 1952 — GVB1. S. 117 —). Die Zulässigkeit solcher landesrechtl. Gesetze wird angezweifelt (vgl. Reh N JW. 52, 1121 und dazu Hodler N JW. 52, 1364); jedenfalls kann aber, soweit PolBeamte auf Grund solcher Vorschriften von Anzeige absehen, von w i s s e n t l i c h e r Entziehung nicht gesprochen werden. Ob die Auffassung von Reh a.a.O. zu billigen ist, daß das für leichte Übertretungen in § 153 Abs. 1 StPO. aufgestellte Verfolgungsverbot auch für die Polizei gelte, kann hier unerörtert bleiben; jedenfalls entzieht auch ohne ausdrückl. gesetzl. Verwarnungsermächtigung ein Polizeibeamter nicht wissentlich, wenn o f f e n s i c h t l i c h die Voraussetzungen des § 153 Abs. 1 StPO. gegeben sind und die Strafverfolgungsbehörden bei erstatteter Anzeige das Verfahren einstellen müßten. Voraussetzung ist, daß die Unterlassung der Anzeige in Ausübung pflichtmäßigen Ermessens, nicht aus unsachlichen Erwägungen, z. B. in der Erwartung eines Geschenks, erfolgt. OLG. Hamm JMB1. NRW. 49, 157. Zu § 347: 1) Es braucht kein Beamter zu sein, dem regelmäßig die Beaufsichtigung usw. von Gefangenen obliegt, insbesondere kein Gefängnisbeamter. RG. GA. 21, 358. § 347 ist im Hinblick auf § 121 ein uneigentl. Amtsdelikt. 2) Über den Begriff des Gefangenen siehe Anm. 2 zu § 120. 3) Eine besondere Übergabe und Übernahme ist nicht notwendig. E. 8, 313; 13, 254. Es genügt, wenn für den Beamten die Pflicht besteht, die Person des Gefangenen unmittelbar oder mittelbar zu beaufsichtigen; wie z. B. bei einem Gefängnisinspektor. E. 58, 271, aber nicht bei einem lediglich die Haftakten bearbeitenden Bürobeamten. E. 27, 209. 4) Bedingter Vorsatz genügt. E. 26, 334. 5) Vgl. Anm. 2 zu § 121. Ein Entweichenlassen liegt auch vor, wenn der Gefangene die Freiheit nur vorübergehend erhält und demnächst freiwillig zurückkehrt. E. 26, 53, z. B. bei Verwendung zuBotengängen. Recht 23 Nr. 684. Täter kann auch der anwesende Aufsichtsbeamte sein, der die Unaufmerksamkeit seinesUntergebenen gewähren läßt. Recht 28 Nr. 486. 6) Entw. umfaßt auch die Befreiung. RG. JW. 34, 42. 7) Der Täter mußte die Möglichkeit des Entweichens voraussehen können. Dagegen braucht die von dem Gefangenen gewählte Art des Entweichens für ihn nicht voraussehbar gewesen zu sein. E. 41, 119. Fahrlässigkeit handelt auch der Gefängnisbeamte, wenn er eine Strafe vorzeitig beendet, obwohl er weiß, daß Zweifel an der Richtigkeit seiner Strafberechnung bestehen. E. 58,271; ermuß die Entscheidung der Strafvollstreckungsbehörde überlassen. BayObLG. HRR. 29 Nr. 171. Nicht fahrlässig handelt der Polizeibeamte, der einen von einer Privatperson Festgenommenen gemäß § 128 Abs. 1 StPO. freiläßt. E. 67, 298. Zu § 3 4 8 : 1) Es kommen insbesondere in Betracht: a) Gerichtsvollzieher. Als von ihnen ausgestellte öffentliche Urkunden sind unter anderen anzusehen: das Protokoll über eine freiwillig erfolgte Zahlung, R. 10, 145 (nicht aber der Vermerk über eine freiwillig außerhalb einer Vollstreckungshandlung geleistete Teilzahlung. RG. D J . 37, 200); die dem Schuldner erteilte Quittung. E. 71, 46; die Urkunde über das Ersuchen an die Post um Zustellung, R. 10, 266; der zur Ergänzung einer Zustellungsurkunde gemachte unrichtige Zusatz. E. 23, 321; das Protokol lüber eine Pfändung, E. 6, 184 u. 364, 23

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 348

innerhalb seiner Zuständigkeit4) vorsätzlich6) eine rechtlich erhebliche8) Tatsache falsch beurkundet7) oder in öffentliche Register 8 ) oder Bücher 8 ) falsch einträgt, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft 9 ). auch solche gemäß § 338 RAbgO. E . 60, 27; Versteigerungsprotokolle. R. 7, 431. Eine falsche Beurkundung einer rechtl. erhebl. Tatsache liegt z. B . vor, wenn er den gewöhnlichen Verkaufswert der gepfändeten Sachen höher einschätzt, als er im Protokoll angibt. RG. J W . 32, 3185. K e i n e öff. Urkunden, sondern nur für den inneren Dienstbetrieb bestimmte sind die Pfändungsberichte des Gerichtsvollziehers sowie die Beitreibungslisten und Dienstregister. E . 4, 283; 31, 420; 68, 201 (letztere sind aber Urkunden im Sinne des Abs. 2. Recht 14 Nr. 1054 und Register i. S. des § 351. RG. J W . 36, 9 9 5 ' ) ; die Eingangsvermerke, mit denen der Gerichtsvollzieher eingehende amtliche Aufträge zu versehen hat. E . 20, 175; Auszüge aus den Restverzeichnissen (Mahnlisten). E . 21, 104. b) Schiedsmänner. Das persönl. Erscheinen des einen Teils bei einer Sühneverhandlung vor dem Schiedsmann ist keine rechtlich erhebliche Tatsache i. S. des § 348. E . 20, 235. Dagegen begeht ein Schiedsmann eine Falschbeurkundung, wenn er ein Zeugnis über einen von ihm abgehaltenen Termin ausstellt, obwohl er den Termin gar nicht wahrgenommen hat. R G . GA. 40, 34. c) F l e i s c h b e s c h a u e r . E . 64, 136; 74, 30. Auch der unbeeidigte Fleischbeschauer bezeugt durch Anbringung des Tauglichkeitsstempels, daß er die Untersuchung des Fleisches selbst vorgenommen, aber nicht, daß er das Tier in lebendem Zustand untersucht hat. E . 63, 290. Unrichtige Gewichtsangabe in einem von einem Fleischbeschauer ausgestellten Schlachtsteuerbescheid fällt nicht unter § 348, weil der Bescheid (vgl. § 417 ZPO.) nicht dazu bestimmt ist, diese Angaben für und gegen jedermann zu beweisen. E . 72, 377. Dagegen findet § 348 Abs. 1 Anwendung, wenn ein Fleischbeschauer zur Beschau angemeldete und geschlachtete Tiere nicht in sein Tagebuch (öffentl. Register) einträgt, weil er dadurch die Gesamtheit der vorgekommenen Fleischbeschaufälle falsch beurkundet. RG. DR. 40, 1419. d) B ü r g e r m e i s t e r , öffentliche Urkunde ist die Bescheinigung, welche der vom Standesbeamten ersuchte Bürgermeister über einen erfolgten Aushang erteilt. E . 4, 155. Zur B e glaubigung von Namensunterschriften oder Urkundenabschriften sind die Bürgermeister in den ehem. preuß. Gebietsteilen nicht zuständig; ihre Beglaubigungen sind keine öffentliche Urkunden. E . 72, 203. Wohl aber sind sie zur Beglaubigung von Abschriften aus den Protokoilbüchern der Gemeinde zuständig. R G . J W . 36, 994®. e) Telegraphenbeamte. Falschbeurk. begeht ein Telegraphenbeamter, der innerhalb seiner Zuständigkeit ein in Wirklichkeit auf der Station nicht amtlich angekommenes Telegramm fälschlich ausfertigt. E . 30, 238 ; 31, 42. f) Vollziehungsbeamte des Finanzamtes. Die den Vollstreckungsschuldnern in der vorgeschriebenen Form erteilten Quittungen über geleistete Zahlungen sind öffentliche Urkunden; dagegen nicht die für den inneren Dienst bestimmten Eintragungen in den „ R ü c k standsanzeigen". E . 71, 46. 2) Es wird eine formgerechte öffentliche Urkunde vorausgesetzt. Wesentliche Teile dürfen nicht fehlen. R G . H R R . 30 Nr. 464; so nicht bei einem Beglaubigungsvermerk auf einer begl. Abschrift das Siegel. D J Z . 32, 230. Die Urkunde muß ganz allgemein im Rechtsverkehr mit den Merkmalen einer öffentlichen Urkunde auftreten, daher mindestens d i e Urheberschaft deutlich aus sich selbst hervorgehen lassen. RG. D J . 38, 947. (Vgl. Anm. 7 ) . A u f n a h m e ist die urkundliche Feststellung zum Zwecke des Beweises von Wahrnehmungen, die der Beamte in amtl. Eigenschaft gemacht hat; dazu gehört auch die „Ausfertigung" einer Urkunde. E . 71, 224. Diese Entscheidung läßt dahingestellt, ob die in der älteren Rechtsprechung gemachte Unterscheidung zwischen „Aufnahme" und „Ausstellung" einer Urkunde (E. 1, 312) noch aufrechtzuerhalten ist. 3) D. h. berufen. RG. J R . 26 Nr. 1577, wenn auch nur durch stillschweigende Ermächtigung. OLG. Celle HannRpfl. 47, 51. Dazu gehört nicht die Befugnis zur Ausstellung von Richtigkeitsbescheinigungen. RG. J W . 33, 2705. 4) Nur auf die Zuständigkeit kommt es an, nicht auch auf die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung. E . 20, 119. Entscheidend ist die allgemeine (abstrakte) Zuständigkeit, nicht, ob auch im Einzelfalle eine solche gegeben war. E . 71, 227. Daher ist § 348 auch anwendbar, wenn es sich um eine eigne Sache des Beamten handelt und dieser daher rechtlich von der Beurkundungstätigkeit ausgeschlossen war. E . 72, 176; OLG. Celle HannRpfl. 47, 51. 5) Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein, daß es sich um eine öffentliche Beurk. handelt und daß die beurkundete Tatsache rechtlich erheblich sei. R G . H R R . 40 Nr. 263, aber

2. Teil 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 348

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nicht das Bewußtsein, daß aus dem Tun nachteilige Folgen erwachsen können. RG. Recht 32 Nr. 2381. Bedingter Vorsatz genügt. RG. HRR. 40 Nr. 263. 6) Rechtlich erheblich ist alles, worüber der Beamte nach den maßgebenden Vorschriften eine Feststellung in die Urkunde aufzunehmen hat. E. 6, 362; GA. 37, 203. So z. B. bei Grundbuchanträgen die Zeit des Eingangs. E. 48,416. Es kommt nicht darauf an, ob die fälschlich beurkundete Tatsache für den konkreten Fall, sondern ob sie in abstracto rechtserheblich ist. E. 30, 373. 7) Beurkundung ist der Akt, durch welchen der Beamte eine von einem anderen abgegebene Erklärung oder eine von ihm gemachte Wahrnehmung zum Zwecke des urkundlichen Beweises in der vorgeschriebenen Form feststellt. E. 72, 378; zur Vollendung gehört, daß sich der Täter der Urkunde irgendwie entäußert, d. h. sie bewußtermaßen der Benutzung im Rechtsverkehr zugänglich macht oder diese wenigstens gestattet. BGH. NJW. 52, 1064. Keine Falschbeurkundung, wenn der Beurkundungswille fehlt, z. B. wenn er eine Urschrift nur herstellt, um eine (für den inneren Dienst bestimmte) Durchschrift zu erhalten und die Urschrift dann zu vernichten. RG. D J . 37, 1119. Sind über die Form der Beurkundung besondere Vorschriften getroffen, so müssen diese beachtet sein. In Ermangelung besonderer Vorschriften genügt Wahrung der Form, wie sie bei Urkunden dieser Art üblich ist; es bedarf dann weder einer Unterschrift noch eines Stempels, vorausgesetzt, daß der Aussteller — wenn auch, wie z. B. bei Eisenbahnfahrkarten, nur mittelbar — deutlich aus der Urkunde hervorgeht. In anderen Fällen kann bloßes Unterstempeln (mit Dienst- oder Namenstempel) ausreichen. In der Regel wird eigenhändige Unterschrift des ausstellenden Beamten, daneben noch vielfach Beifügung des Dienstsiegels verlangt. E. 60, 152 ; 64, 136. Eine Beurkundung nimmt auch vor, wer es bewußt unterläßt zu verhindern, daß eine von ihm nur als Entwurf gefertigte oder irrtümlich vollzogene Urkunde in den Rechtsverkehr gelangt oder, nachdem sie ohne sein Wissen in den Rechtsverkehr gelangt ist, dort verbleibt. BGH. NJW. 52, 1064 Wer bei Fertigung einer Durchschrift (vgl. Anm. 4e Abs. 2 zu § 267) deren Gleichlaut mit der Urschrift verhindert, bescheinigt damit die unwahre Tatsache, daß beide Fertigungen übereinstimmen. RG. HRR. 42 Nr. 195. Keine Falschbeurkundung, sondern Urkundenfälschung, wenn ein Beamter die von ihm befugtermaßen ausgestellte und in Verkehr gegebene öffentliche Urkunde (wenn auch mit Zustimmung desjenigen, in dessen Interesse sie errichtet war) nachträglich ändert. E. 69, 28. Beurkundungen, welche nur für den inneren D i e n s t v e r k e h r bestimmt sind, fallen nicht unter § 348 Abs. 1. E. 71, 46; selbst wenn der Vermerk nach seinem Inhalt über seine Zweckbestimmung hinaus Beweisbedeutung erlangen kann. E. 75, 288. So z. B. nicht ein Vermerk in der Liste der Uberführungsstücke über die Aushändigung eines solchen Stücks. E. 52, 268; die Bestellvermerke des Postboten auf der Rückseite der Paketadresse. Recht 23, Nr. 1018, oder auf Post-und Zahlungsanweisungen. E. 67, 256; der Vermerk von unrichtigen Aufgabenummern auf Posteinlieferungsscheinen. JW. 33, 1594; Tabaksteuerbanderolen. E. 62, 203; Wagenstandrechnungen. HRR. 28 Nr. 1776; Entwertungsvermerke auf Kostenmarken. JW. 29, 1147; Zifferblätter vor dem Zeitpunkt ihrer Einlegung in die Kontrolluhren. Recht 14 Nr. 1311; die Bescheinigung der Richtigkeit einer Rechnung nach der Reichsrechnungslegungsordnung. E. 75, 287; die Eintragung eines Postagenten in die Posteinzahlungsliste B. E. 65, 32; die Kostenregister der Gerichtskassen. E. 23,237; Strafprozeßregister. E. 38, 46. Dagegen sind öffentl. Urkunden i. S. des § 348 Abs. 1 z. B. Protokolle von Polizeibeamten über mündliche Strafanzeigen (§ 158 StPO.). E. 57, 56; die Beurkundung amtl. Zustellungen durch Postbeamte und andere Zustellungsbeamte. E. 40, 351; Posteinlieferungsscheine. E. 69, 28; Gewichtsvermerke auf Postpaketadressen. DRZ. 28 Nr. 931; Datum auf Zahlkartenabschnitt. E. 67, 90, u. 246; Ausgangsbescheinigungen auf Tabakbegleitscheinen. E. 63,402; die Feststellung des Urkundsbeamten über die Zeugenentschädigung. E. 71, 143; 75, 288; die Ausfertigung einer Ehelichkeitserklärung. E. 71, 226; Vergällungsbescheinigungen und Zollquittungen der Zollbeamten. E. 62, 410; 69, 105. 8) Öffentliche Register und Bücher i. S. des Abs. 1 — Gesamturkunden — sind ebenfalls nur diejenigen, die für und gegen jedermann Beweis zu erbringen bestimmt sind, dagegen nicht solche, die lediglich innerdienstlichen Zwecken dienen, öffentliche Register sind z. B. das nach der Allgemeinen Dienstanweisung für Post ujid Telegraphie zu führende Annahmebuch (Land). E. 67, 271; das Tagebuch des amtlich bestellten Fleischbeschauers. RG. DR. 40, 1419. Dagegen dienen nur dem inneren Dienstbetrieb: die von der Polizei geführte Kartei von Meldekarten, selbst wenn der gesamte Inhalt der Karten von der Polizei selbst niedergeschrieben ist, einschließlich der amtlichen Vermerke über Anmeldung usw. E. 60, 152 (siehe über die Strafbarkeit falscher Meldungen § 26 der ReichsmeldeO. v. 6. 1. 1938, RGBl. I S. 13); Eisenbahnversandbücher. E. 61, 36; Eichbücher (in Bayern). E. 73, 328; Geschäftsbücher einer Sparkasse. RG. DRZ. 28 Nr. 932. Diese Register und Bücher fallen aber unter 23«

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A 2. Strafgesetzbuch. §348

(2) Dieselbe Strafe trifft einen Beamten 10 ), welcher eine ihm amtlich anvertraute11) oder zugängliche12) Urkunde13) vorsätzlich14) vernichtet 18 ), beiseite schafft 18 ), beschädigt17) oder verfälscht 18 ). Abs. 2; so kann z . B . eine polizeiliche Meldekartei durch Einschmuggeln von Meldekarten verfälscht werden. E. 60, 152. 9) Der Anstifter zur Falschbeurkundung braucht nicht Beamter zu sein. DRZ. 29 Nr. 288, siehe Anm. 7 zu § 48. Ein Beamter, der die Fälschung durch einen Nichtbeamten ausführen läßt, ist Täter, auch wenn der Nichtbeamte nicht als bloßes Werkzeug handelt. E. 28, 109; Floegel, DRZ. 32, 169. 10) Abs. 2 trifft alle Beamte, auch solche, die nicht zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt sind; es ist auch nicht erforderlich, daß es innerhalb der amtlichen Befugnisse des Täters liegt, sich mit den Urkunden zu befassen. RG. DR. 40, 75. 11) Eine Urkunde ist amtlich anvertraut, wenn die auf amtlicher (allgemein oder für den Einzelfall gegebener) Anordnung beruhende Herstellung der Verfügungsmacht über sie ihren Grund in dem Beamtenverhältnis des Betrauten, also in dem besonderen Vertrauensverhältnis hat, das ihn verpflichtet, für die Erhaltung der Urkunde, ihrer Gebrauchsfähigkeit und inhaltlichen Richtigkeit zu sorgen. E. 64, 2; BGH. N J W . 53, 711. Die Urkunde muß also mittelbar oder unmittelbar durch eine Amtsstelle anvertraut sein; es genügt nicht, daß ein Privatmann sie dem Beamten mit Rücksicht auf seine amtl. Eigenschaft anvertraut. Die Verfügungsmacht muß dem Beamten ferner in dem Vertrauen eingeräumt sein, er werde sie nur im Sinne des Einräumenden ausüben. B G H S t . 3, 304. Auf den Zweck, der im Einzelfall mit dem Anvertrauen verfolgt wird, kommt es nicht an; auch eine Anvertrauung zu nichtamtlichen Zwecken genügt. Amtlich anvertraut sind daher auch Vormundschaftsakten, die einem Beamten in seiner Eigenschaft als Vormund übergeben werden. E. 64, 2. Auch die von dem Beamten selbst aufgenommene Urkunde ist ihm anvertraut. RG. Recht 30 Nr. 1846; J R . 26 Nr. 1788. Amtlich anvertraut ist z. B. der Posteinlieferungsschein, den der Gerichtsvollzieher über eine an seinen Auftraggeber abgesandte Geldsumme von der Postbehörde erhalten hat. RG. GA. 37, 296; die Postsendung, die der Bote im amtlichen Auftrag zur Post befördert oder dort abholt. E. 29, 238, die eingehenden Briefe, die der Justizwachtmeister zu öffnen und vorzulegen hat. RG. GA. 62, 336. Die in einem verschlossenen Briefe enthaltenen Urkunden sind dem Postbeamten, welcher den Brief zu besorgen hat, nicht anvertraut. E. 8, 196. Vgl. dazu E. 32, 266. 12) Dazu gehört, daß der Beamte durch seine dienstliche Stellung die Möglichkeit hat, zu der Urkunde zu gelangen. R. 9, 731; E. 24, 89. Dies ist nicht der Fall, wenn sich die Urkunde in einem R a u m befindet, den der Beamte nur dienstwidrig betreten kann. R G . J R . 27 Nr. 440; oder wenn sie sich in einem verschlossenen Behältnis eines von ihm mitbenutzten Dienstraums befindet. E. 61, 334 (vgl. § 133). 13) Urkunden i. S. des Abs. 2 sind nicht nur die in § 267 bezeichneten, d. h. die für Rechte und Rechtsverhältnisse beweiserhebl. öfftl. und privaten Urkunden, sondern alle körperlichen Gegenstände, die eine menschliche Erklärung tragen, wenn sie geeignet und bestimmt sind, im Rechtsleben irgendeine Tatsache zu beweisen und den Aussteller der Erklärung erkennen zu lassen. RG. H R R . 42 Nr. 615, also auch Urkunden, die nur für den inneren Dienst bestimmt sind. RG. JW. 27, 1155. Eine Erklärung liegt in einem Schriftstück jedoch nur dann, wenn es zur Kenntnisnahme durch einen Dritten bestimmt ist. Diese Bestimmung kann grundsätzlich nur der Hersteller treffen. Notizen, die sich ein Beamter in dienstlichen Angelegenheiten (z. B. zur Vorbereitung eines Protokolls) macht, werden erst zu Urkunden, wenn sich der Hersteller ihrer durch Übergabe an einen Dritten entäußert und dadurch zum Ausdruck bringt, der Inhalt sei wahr oder wenn (auch ohne besonderen Begebungsakt) durch Gesetz oder bindende amtliche Vorschrift von vornherein bestimmt ist, daß sie in ihrer endgültigen Gestalt aufbewahrt und anderen Behördenangehörigen oder Dritten auf Verlangen zugänglich gemacht werden müssen. BGHSt. 3, 82. Beispiele: die neben dem Steuerbuch dem Finanzamt eingelieferten Steuermarkenbogen. J R . 27 Nr. 441; E. 67, 419 (jedoch nur die entwerteten. BayObLG. D J Z . 32, 1555; dagegen nicht der Entwertungsvermerk auf den aufgeklebten Steuermarken. E. 67, 419); Einlegebogen in Verb, mit der Lohnsteuerkarte. RG. JW. 37, 943; Paketkarten. H R R . 33 Nr. 1385; Anschriften auf Postund Expreßpaketen und Frachtgütern. E. 76, 385; Gesprächsblätter im Fernsprechdienst. RG. JW. 28, 2241; Nummern- und Gewinnröllchen der Staatslotterie. E. 62, 252; Päckchenumhüllungen. RG. J W . 32, 3087; Plombenverschlüsse bei Briefbeuteln und Zollsäcken. E. 67, 230; Tagebuch der Polizeireviere. RG. J R . 25 Nr. 1471; Steuermerkblätter. H R R . 29 Nr. 2151; Steuersollkarten GA. 73, 347; regelrecht abgestempelte Briefumschläge. E. 72, 194; ein als sog. Fangbrief in den Postverkehr gebrachter Brief. E. 70, 312 (anders E. 69, 271 für den Fall, daß der Fangbrief mit einem nachgemachten, nicht zum Beweis bestimmten und geeigneten Stempel versehen war; insoweit kommt nur Versuch am untauglichen Gegenstand in

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 349

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(3) Der Versuch ist strafbar. (4) In schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus 19 ). §

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Frage, wenn der Täter die Unechtheit nicht erkannt hat); Zahlkarten, die Nachnahmesendungen beigefügt sind, um zur Überführung des nachgenannten Geldbetrages auf das Konto des Nachnehmenden verwendet zu werden. DRZ. 31 Nr. 527; entwertete Kostenmarken in Prozeßakten. KG. D J . 36, 1812; Stammkarten für bezugsbeschränkte Lebensmittel und sonstige Gegenstände; dagegen nicht vom Stamm getrennte Teilabschnitte einer solchen Karte, wenn sie den Aussteller nicht erkennen lassen. E . 76, 398. Keine Urkunde ist ein Vordruck eines Ausweises, z. B . eines Bezugsscheines, solange der Name des Berechtigten nicht eingetragen ist, da die Bestimmung zum Beweis im Rechtsleben fehlt. E. 75, 318; zum mindesten gilt dies, solange der Vordruck nicht an den Berechtigten ausgegeben ist, sondern sich bei der Ausgabestelle befindet (siehe aber § 133). OLG. Celle HannRpfl. 47, 33. 14) Zum Vorsatz gehört, daß der Täter im Sinne einer „Parallelwertung" (vgl. Anm. 1 zu § 59) die Urkundeneigenschaft kennt; das ist aber regelmäßig der Fall, wenn er die Tatsachen kennt, aus denen rechtlich zu folgern ist, daß es sich bei dem entzogenen Gegenstande um eine Urkunde i. S. des § 348 Abs. 2 handelt. RG. v. 5. 3. 1935 — 1 D 71/35. Die irrige Annahme des Beamten, er sei befugt gewesen, die anvertraute Urkunde zu vernichten usw., kann den Vorsatz ausschließen. E. 27, 401; RG. DR. 44, 155. 15) Eine Vernichtung ist auch die Ablösung gestempelter oder sonst entwerteter Marken vor ihrer Unterlage. Bei Wiederverwendung abgelöster entwerteter Stempelmarken liegt Tatmehrheit mit § 276. E. 68, 204, bei Wiederverwendung abgelöster Versicherungsmarken zu anderen Versicherungskarten Tateinheit mit § 1497 RVO. (unter B V 1) vor. E . 71, 206. Die Vernichtung amtlicher Urkunden, um den Besitz durch Unterschlagung erlangter Gelder zu erhalten, ist keine straflose Nachtat. RG. JW. 28, 2141. § 348 Abs. 2 ist lex specialis gegenüber § 303. E. 77, 148. 16) d. i. der Fall (vgl. Anm. 8 zu § 133), wenn die Urkunde durch räumliche Entfernung von ihrem Aufbewahrungsorte, wenn auch nur vorübergehend, der Verfügung des Berechtigten und der amtlichen Gebrauchsbereitschaft entzogen wird. Bloßes Verheimlichen genügt nicht. E. 72, 197; auch nicht das Überkleben einer Schrift. J R . 27 Nr. 987, überhaupt nicht das geschäftsordnungswidrige Behandeln von Urkunden. DRZ. 29 Nr. 191; wohl aber das Verstecken von Schriftstücken (unbearbeiteten Resten), damit sie der Vorgesetzte nicht findet. Recht 25 Nr. 2081; das Ableugnen des Besitzes. R G . D S t R . 36, 50. Daß die Urkunde aus dem Aufbewahrungsraum entfernt wird, ist nicht notwendig. E . 22, 242. Ein Ansichnehmen der Urkunde für einen augenblicklichen unbefugten Gebrauch ist noch kein Beiseiteschaffen. E. 23, 99. Die Tat kann durch Unterlassen (z. B . der Weitergabe an eine andere Stelle) begangen werden, wenn dadurch eine Pflicht zu bestimmtem Handeln nicht erfüllt wird. RG. D S t R . 36, 50, z. B. wenn ein beurlaubter Beamter die Urkunden zu Hause aufbewahrt, entgegen dem Verlangen eines zuständigen Beamten (z. B . eines Vorgesetzten oder des Untersuchungsführers in einem Dienststrafverfahren) sie nicht binnen angemessener Frist in die Amtsräume verbringt oder die Herausgabe endgültig ablehnt. B G H S t . 3, 82. Tateinheit mit § 350 ist möglich. E. 59, 174 und 339; 68, 204, ebenso mit § 242. RG. H R R . 42 Nr. 669 und mit § 274 Nr. 1 B G H . N J W . 53, 1924. Keine straflose Nachtat zu § 133. H R R . 29 Nr. 2143. 17) d. i. Vornahme von Veränderungen — durch Beeinflussung der Substanz oder des sachlichen Inhalts —, durch die der Zweck, als Beweismittel zu dienen, beeinträchtigt wird. E . 63, 366; z. B . Beschädigung der Anschrift auf einem Briefumschlag; aber nicht lediglich unbefugte Öffnung eines Briefumschlags, wenn dieser für seinen Inhalt reines Verwahrungsmittel ist. E. 63, 366; anders, wenn der verschlossene und mit Inhaltsangabe versehene Umschlag Beweis für den Inhalt erbringen soll. E . 76, 306. 18) Verfälsch, ist jede unbefugte Änderung des Inhalts; auf die materielle Unrichtigkeit kommt es nicht an. E. 3, 324; 46, 418. Daher auch die Berichtigung eines dem Täter unterlaufenen Versehens, wenn ihm die Änderungsbefugnis entzogen ist. R G . Recht 44 Nr. 322. V. ist z. B . unbefugtes Einschmuggeln von Meldekarten in eine polizeiliche Karthothek. E . 60, 152 (vgl. Anm. 8). Inhaltlich falsche Eintragungen sind nach E . 38, 46; LZ. 29, 1278, Verfälschungen, wenn dadurch der sonstige bereits vorhandene Inhalt eine wesentliche Veränderung erfährt. 19) Eingefügt durch Art. 4, 12 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339) unter Streichung des § 349 (schw. Falschbeurkundung). Zu § 349: 1) § 349 — schwere Falschbeurkundung — ist gestrichen durch Art. 12 der VO. v. 29. 5. 1943 (RGBl. I S. 339).

358

A 2. Strafgesetzbuch. §350

§ 350. [Amtsunterschlagung] (1) Ein Beamter 1 ), welcher Gelder oder andere Sachen, die er in amtlicher Eigenschaft empfangen2) oder in Gewahrsam3) hat, unterschlägt 4 ), wird mit Zu § 3 5 0 : 1) Auch ein vorläufig seines Amtes enthobener Beamter. E . 72, 233 (anders E . 63, 433). Wegen B e i h i l f e kann nach § 350 nur der Beamte (vgl. Vorbemerkung vor § 331) bestraft werden, der die in § 350 bezeichneten Beziehungen zum Gegenstand der Unterschlagung hatte. E . 75, 289. 2) Amtliche Eigenschaft ist weiter als amtliche Zuständigkeit. E . 71, 97. Es genügt, daß der Täter bei Ausführung des Geschäfts, wofür er das demnächst unterschlagene Geld empfangen hatte, tatsächlich in seiner Eigenschaft als Beamter gehandelt hat. E . 65, 85 (anders E . 67, 334). Das ist auch der Fall, wenn die Hingabe in der irrtümlichen Annahme erfolgt, der Empfangende sei zur Empfangnahme berufen, der Beamte dies erkennt und trotzdem das Geld annimmt. E . 71, 106. Empfangen i. a. E . ist auch Geld, wenn beide Teile sich bewußt sind, daß der Täter nicht zuständig ist, sofern sie nur darüber einig sind, daß das Geld in staatliche Obhut zu weiterer amtlicher Behandlung gelangen soll. RG. H R R . 28 Nr. 1538. N i c h t in amtlicher Eigenschaft empfangen ist Geld, das ein Beamter nur bei Gelegenheit der Amtsausübung, E . 4, 153, oder nur deshalb erhält, weil der Aushändigende den Beamten wegen seiner Beamteneigenschaft für besonders vertrauenswürdig hielt; dann liegt eine private Vermittlertätigkeit vor. E . 71, 106; R G . J W . 36, 3004; OLG. München D S t R . 37, 273; wie z. B . bei Empfangnahme von Geldern durch einen Posthilfstelleninhaber zwecks Weitergabe an den Landbesteller. E . 65, 38 (vgl. aber S. 85). Empfangen in amtlicher Eigenschaft ist z. B . ein Fangbrief, d. h. ein Brief, der zur Erprobung eines verdächtigen Postbeamten hergestellt und diesem in die Hände gelangt ist. E . 69, 271, oder Spargeld der Schüler, das ein Lehrer als Leiter der auf behördliche Veranlassung gegründeten Schulsparkasse entgegengenommen hat. E . 71, 95, oder das Gehalt, das dem Beamten einschließlich der versehentlich nicht abgezogenen Lohnsteuer ausgehändigt wurde. R G . GA. 74, 116, oder Mündelgeld, das ein Beamter des Jugendamts in Ausübung der ihm übertragenen Sorge für das Vermögen des Mündels vereinnahmt hat. E . 60, 311. 3) Der Täter muß Alleingewahrsam haben. Mitgewahrsam genügt nicht; es kommt dann Diebstahl in Betracht. E . 54, 227; RG. H R R . 33, 1598; OGHSt. 1, 256, 373; B G H . MDR. 54, 118: OLGe Schleswig SchlHA. 49, 170; Hamm JMB1. NRW. 49, 157; Brand N J W . 48, 548; a. M. KG. DRZ. 47, 381; J R . 50, 631; OLG. Karlsruhe N J W . 52, 837; Schönke I I I 3. Alleingewahrsam wird nicht schon durch die a l l g e m e i n e Dienstaufsicht des Vorgesetzten des Beamten ausgeschlossen. OGHSt. 2, 369. Er fehlt aber, wo der Täter einer ständigen Überwachung ausgesetzt ist (Beispiele in Anm. 4); bei einer Behörde sind im allgemeinen alle Dienstgegenstände dem Behördenvorstand ohne weiteres in einer Weise zugänglich, die seinen Mitgewahrsam an ihnen begründet. OLG. Schleswig SchlHA. 49, 370. In amtl. Eigenschaft hat (Allein-) Gewahrsam, wer in rechtmäßiger Amtsausübung die Verfügungsgewalt über die Sache besitzt (vgl. Anm. 4 Abs. 2 a. E.). Kein Gewahrsam besteht an Sachen, die dem Beamten nur i. a. E . zugänglich sind. E . 54, 228. 4) Die Amtsunterschlagung erfordert dieselben Tatbestandsmerkmale wie die einfache Unterschlagung. Verwendet der Täter ordnungsmäßig vereinnahmte Gelder zur Auffüllung von Fehlbeträgen in seiner Kasse, so liegt Amtsunterschlagung vor, wenn er den Fehlbetrag, gleichviel ob er zu dessen Ersatz verpflichtet war oder nicht, ersetzen wollte und sich mangels eignen Geldes dazu der amtlichen Gelder bediente. Wollte er aber den Fehlbetrag nur verdecken, indem er Geld von einer Kasse in die andere legte, so kommt nicht Unterschlagung, sondern gegebenenfalls Untreue, unter Umständen auch Betrug, in Frage. E . 64, 414; RG. H R R . 40 Nr. 711. Der Tatbestand der Amtsunterschlagung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Beamte bereit und jederzeit in der Lage ist, Ersatz zu leisten. RG. H R R . 37 Nr. 533. E r kann sich auch nicht darauf berufen, er sei überzeugt gewesen, der Eigentümer des Geldes werde mit dessen Verwendung für die Zwecke des Beamten einverstanden sein. Das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit kann aber ausgeschlossen sein, wenn er überzeugt war, der dazu befugte Vorgesetzte billige sein Verhalten. RG. J W . 25, 59 ; 31, 3668. Ein nicht näher begründeter Glaube an die Einwilligung genügt aber nicht. E . 61, 207; Recht 31 Nr. 2299. Die bloße Vermischung amtlich empfangenen Geldes mit dem eigenen ist noch keine Zueignung. E . 26, 437; wohl aber, wenn die Vermischung in der Absicht geschieht, den Mischbestand für eigne Zwecke zu verwenden oder wenn der eigne Anteil an dem gemeinschaftlichen Bestand bewußt überschritten wird. R G . H R R . 37 Nr. 533. Mangels Alleingewahrsams fällt nicht unter § 350, sondern unter § 242: der Postbeamte, der nur das Umpacken, Ordnen und Aufschichten der Pakete zu besorgen hat. Recht 20 Nr. 1228; der Lagerverwalter, der fortdauernder Beaufsichtigung untersteht. D J Z . 21, 564; der Bahnpostschaffner, der Geld aus in Bahnpostwagen beförderten plombierten Briefbeuteln anderer Behörden wegnimmt. H R R . 33 Nr. 1598. Amtsunterschlagung begeht dagegen z. B .

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 3 5 1

359

Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden5). (2) Der Versuch ist strafbar 6 ).

§ 351. [Schwere Amtsunterschlagung] (1) Hat der Beamte 1 ) in Beziehung auf die Unterschlagung2) die zur Eintragung oder Kontrolle der Einnahmen oder Ausgaben3) bestimmten Rechnungen, Register oder Bücher4) unrichtig geführt 5 ), verfälscht6) oder unterdrückt7), ein Gerichtsvollzieher, der zur Verdeckung eines von ihm verschuldeten Verlustes von Geldern' die er für bestimmte Gläubiger vereinnahmt hatte, an diese Geldbeträge abführt, die er für andere Gläubiger eingenommen hat. E. 62, 173; ein Beamter, der einem anderen amtlich zu verwertende Quittungsmarken überläßt, um diesem damit die Deckung fehlender Bestände zu ermöglichen. H R R . 29 Nr. 270; ein Beamter, der sich für seine Forderungen gegen den Fiskus dadurch bezahlt macht, daß er gegen dienstlich vereinnahmte Gelder aufrechnet. RG. DR. 39, 994. § 350 ist auch dann anzuwenden, wenn die Voraussetzungen der §§ 247, 248a, 370 Nr. 5 vorliegen. RG. JW. 36, 3004; OLG. H a m m JMB1. NRW. 49, 157. Keine Amtsunterschlagung liegt vor, wenn ein Beamter innerhalb des Dienstes den Besitz oder Gewahrsam an Geldern oder Sachen, die dem Staat gehören, schon durch eine strafbare Handlung (z. B. Betrug) erlangt hat mit dem Willen, sich die Verfügungsmöglichkeit über die Sache zu verschaffen; jede weitere Betätigung des Zueignungswillens ist dann nur Ausnutzung der durch die vorangegangene Straftat geschaffenen Lage. E. 68, 209; BGH. N J W . 53, 33. — Kein Fortsetzungszusammenhang mit gewöhnlicher Unterschlagung. Recht 32 Nr. 2609/10. 5) Tateinheit ist möglich mit § 266, wobei die Strafe aus § 266 zu entnehmen ist, da nach § 266 neben der Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkannt werden m u ß . E. 70, 55; die Mindeststrafe des § 350 darf nicht unterschritten werden. E. 73, 148. § 350 h a t nur für die Fälle selbständige Bedeutung, in denen der Tatbestand des § 266 nicht erfüllt ist, z. B. wenn der Täter die unterschlagenen Gelder zwar in amtlicher Eigenschaft, aber nicht kraft seines Amtes (behördlichen Auftrags), sondern durch Machenschaften erlangt h a t . E. 69, 339. Tateinheit ist ferner möglich mit §§ 133, 263 und 267 StGB. E. 69, 338. 6) Das Öffnen eines Briefes in der Absicht, sich den Inhalt (Geld oder Urkunden) anzueignen, ist Versuch. E. 65,145; das Anreißen eines Briefes, um zu prüfen, ob sich eine Eröffnung lohne, ist bloße Vorbereitungshandlung. RG. J W . 32, 3087. Z u § 351: 1) Täter kann nur der Beamte sein, der Rechnung, Buch oder Register selbst führt. H R R . 28 Nr. 1778; 29 Nr. 1974; oder mitführt. H R R . 33 Nr. 446. Die Vorlegung unrichtiger Belege über die Ausführung eigner Dienstgeschäfte fällt auch dann unter § 351, wenn ein anderer Beamter die Register oder Bücher zu führen hat, zu denen die Belege zu nehmen sind. E. 67, 195; 69, 300. Mittelbare Täterschaft ist nur möglich, wenn die Führung des Registers zu den Obliegenheiten des mittelbaren Täters gehört. RG. J W . 28, 814. Der Beamte, der die Unterschlagung begangen hat, kann die unrichtigen Belege in mittelbarer Täterschaft vorlegen, indem er die Vorlegung unrichtiger Belege durch schuldlos handelnde andere Beamte ausführen läßt. E. 69, 298. Die Bestrafung des Anstifters aus § 351 ist nur möglich, wenn ihm selbst die Führung der Bücher usw. oblag, mag er sich zur Erfüllung seiner Pflicht auch der Zuziehung von Hilfskräften bedienen. E. 68, 90. 2) § 351 stellt gegenüber § 350 keinen selbständigen Tatbestand dar, sondern enthält nur straferhöhende Umstände. E. 65, 102. Die Verdeckungshandlungen können der Unterschlagung vorausgehen, nachfolgen oder gleichzeitig mit ihr vorgenommen werden. RG. J W . 32, 509. Wird aber ein unrichtiger Beleg zunächst ohne Beziehung auf eine Unterschlagung (z. B. zur Vermeidung dienstl. Schwierigkeiten) vorgelegt und erst später auf Grund jetzt erst gefaßten Entschlusses eine Unterschlagung unter Benutzung der durch den unrichtigen Beleg geschaffenen Lage begangen, so ist § 351 unanwendbar. OLG. Nürnberg MDR. 50, 754. 3) „Einnahmen und Ausgaben" = Empfang und Wiederablieferung von Geldern oder Sachen. RG. H R R . 42 Nr. 90; BGHSt. 1, 390. 4) R e c h n u n g ist auch eine schriftl. Abrechnung, die der Täter selbst über dienstl. Einnahmen und Ausgaben errichtet; die „Bestimmung" zur Eintragung und Kontrolle braucht dabei — anders als bei Registern und Büchern — nicht auf der Anordnung einer zuständigen amtl. Stelle zu beruhen. B G H S t . 1, 388. R e g i s t e r ist ein geordnetes Verzeichnis über das Vorhandene, namentlich zur Erleichterung der Übersicht und Auffindung. KG. D J Z . 27, 390; Register und Buch brauchen nicht öffentliche im Sinne des § 348 Abs. 1 zu sein. E. 43, 207; jedoch gehören nur solche Register und Bücher hierher, die auf amtlicher Anordnung beruhen, E. 58, 236 und dazu bestimmt — nicht nur geeignet — sind, die Tatsache der Ein-

360

A 2. Strafgesetzbuch. §352

oder unrichtige Abschlüsse oder Auszüge aus diesen Rechnungen, Registern oder Büchern, oder unrichtige Belege8) zu denselben vorgelegt9), oder ist in Beziehung auf die Unterschlagung auf Fässern, Beuteln oder Paketen der Geldinhalt10) fälschlich bezeichnet, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen11). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. (1) Ein

* § 352. [Gebührenüberhebung] Anwalt2) oder sonstiger Rechtsbeistand3),

Beamter 1 ),

welcher

Zahlung oder Auszahlung unmittelbar nachzuweisen. RG. J R . 26 Nr. 636, und zwar für den Gebrauch der Behörde. E. 74, 171. Unter § 351 fallen auch Bücher, die zur Eintragung unkontrollierbarer Einnahmen bestimmt sind, sowie solche, die nicht ausschließlich zu Kassenzwecken dienen. RG. D J . 38, 1645. R e g i s t e r sind z. B. Dienstregister des Gerichtsvollziehers. RG. J W . 36, 995®; im Gesamtblock vereinigte Fahrscheinstämme. E. 43, 209; Quittungskarten der Invalidenversicherung. E. 71, 106. Rundfunk- und Zeitungsstammkarten, (zur Kontrolle der Rundfunkgebühren und Zeitungsgelder) E. 74, 341; Stämme amtlicher Fundmeldungen. RG. DR. 41, 2291; dagegen nicht Markenbogen. BayObLG. DJZ. 32, 1555. B ü c h e r im Sinne des § 351 sind z. B. das vom Kreisarzt zu führende Inventarverzeichnis. E. 45, 293; das Annahmebuch des Landbriefträgers. Recht 25 Nr. 2930; die bei der Post geführten Briefzuschreibebücher für Einschreibesendungen. OLG. Stuttgart (Karlsruhe) N J W . 60, 197; dagegen nicht ein Sparkassenbuch, weil es nicht für die Sparkasse, sondern für den Berechtigten als Nachweis bestimmt ist. E. 74, 171. 5) Dies geschieht auch, wenn vorsätzlich eine Berichtigung unterlassen wird. E. 60, 11; RG. J W . 35, 866; OLG. Nürnberg MDR. 50, 754; aber auch dann, wenn der Täter die zunächst aus anderen Gründen unterlassene Buchung später deshalb unterläßt, um die begangene Unterschlagung zu verdecken. RG. JW. 32, 509. 6) Siehe Anm. 18 zu § 348. 7) S. Anm. 6 zu § 274. Unterdrückt werden kann ein Buch auch dadurch, daß Seiten aus ihm entfernt werden. H R R . 28 Nr. 1779. Die Nichtanfertigung vorgeschriebener Aufstellungen ist kein Unterdrücken. RG. H R R . 36 Nr. 1603. 8) Belege sind Urkunden, die zur Rechtfertigung der Eintragungen in Register usw. dienen sollen. E. 58, 238; 69, 186. Dazu gehören auch vom Täter angefertigte Aktenvermerke, die rechnerisch wichtige schriftliche Erklärungen darstellen. E. 69, 298. „Unrichtig" sind nicht nur fälschlich angefertigte und verfälschte Belege. Der Beleg ist schon unrichtig, wenn er durch unrichtigen Inhalt irreführt oder wenn der echte und inhaltlich richtige Beleg zu einer Buchung in eine falsche Beziehung gesetzt wird. E. 60, 65; 69, 184 und 300. Es gehören hierher auch Teile von Gerichtsakten mit aufgeklebten und entwerteten Gerichtskostenmarken (diese dienen aber nicht zur „Vorlage"). RG. D J . 38, 866. 9) Die Vorlegung braucht nicht gerade an einen Kontrollbeamten zu erfolgen. E. 58, 236; J W . 33, 2593; es genügt, wenn der Täter die unrichtigen Belege derart zu den Akten und damit in den Geschäftsgang bringt, daß sie jederzeit zur Prüfung herangezogen werden können. RG. v. 26. 11. 1935 — 1 D 606/35. Pflichtwidrige Unterlassung der Vorlegung von Belegen an die zur Register- und Buchführung berufenen Stellen des Amtes kann Vorlegung unrichtiger Belege sein. DRZ. 33 Nr. 412. 10) Metall- oder Papiergeld i. S. des § 146; daher nicht Beitragsmarken. RG. J R . 27 Nr. 1486. 11) Tateinheit zwischen § 351 und § 263 ist möglich. E. 70, 12. Zu § 3 5 2 : 1) Hierher gehören z. B. die Gerichtsvollzieher. E. 17, 169; beamtete Tierärzte. E. 24, 234. 2) § 352 findet auch Anwendung, wenn der Rechtsanwalt die Berufstätigkeit, für die er liquidiert hat, gar nicht gewähren durfte und aus diesem Grunde die Gebühr nicht geschuldet wird. E. 14, 364. Ferner wenn der als Armenanwalt beigeordnete Rechtsanwalt sich von seinem Mandaten ein Sonderhonorar geben läßt, indem er ihn in den Irrtum versetzt, daß er dieses rechtmäßig verlangen könne. RG. H R R . 37 Nr. 1061, auch dann, wenn er den Betrag nicht als gesetzliche Gebühr, sondern auf Grund einer angeblichen Vereinbarung fordert. RG. DR. 43, 758. Gebührenüberhebung kann ein Rechtsanwalt nur der von ihm vertretenen Partei, nicht auch dem Gegner gegenüber begehen. E. 19, 30; J W . 33, 1777. 3) Hierher gehören nur Rechtsbeistände, die das Amt eines solchen bekleiden (vgl. Anm. 1 zu § 356). Rechtsbeistände im Sinne des Rechtsberatungsmißbrauchsgesetzes v. 13. 12. 1935 (RGBl. I S. 1478) und Prozeßagenten fallen nicht darunter; E. 73, 126.

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 353

361

Gebühren4) oder andere Vergütungen für amtliche Verrichtungen zu seinem Vorteile zu erheben hat, wird, wenn er Gebühren oder Vergütungen erhebt 5 ), von denen er weiß 6 ), daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrage verschuldet, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft 7 ). (2) Der Versuch ist strafbar 8 ).

§ 353. [ Abgabenüberhebung] (1) Ein Beamter1), welcher Steuern, Gebühren2) oder andere Abgaben für eine öffentliche Kasse zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrage verschuldet, erhebt3) und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Teil nicht zur Kasse bringt 4 ), mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher bei amtlichen Ausgaben an 4) Gebühren sind Gegenleistungen für Handlungen oder Leistungen, die dem Grunde und Betrage nach gesetzl. festgelegt sind und die der Täter nach den maßgebenden Vorschriften selbst zu berechnen und zu erheben hat, z. B. die Gebühren des RA. für seine Tätigkeit als Prozeßbevollmächtigter, aber nicht die Vergütung eines RA. als Vormund oder Pfleger, die das Gericht nach § 1836 BGB. festsetzt. B G H . N J W . 53, 1313. Zu den Gebühren und Vergütungen gehören Auslagen nur, wenn sie ohne Rücksicht auf die Höhe des wirklich entstandenen Aufwandes tarifmäßig festgesetzt sind; andere Auslagen wie z. B. Portoauslagen sind keine Gebühren (anders im Falle des § 353). E. 17, 169; 19, 62; 40, 382. Nicht § 352, sondern gegebenenfalls § 263 findet Anwendung, wenn sich die f ü r eine Leistung verlangte Summe im Rahmen der Gebührenordnung hält, der Täter aber nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts keinen Anspruch auf eine Vergütung f ü r diese Leistung hatte. RG. J W . 36, 2143. 5) „Erheben" von Gebühren ist nichts anderes als Fordern und Empfangen; es ist unerheblich, ob die Forderung durch Klage und Zwangsvollstreckung beigetrieben wird. E. 14, 364. Erhoben werden Gebühren auch dadurch, daß ein Anwalt sie von einem von ihm an seinen Auftraggeber abzuliefernden Geldbetrage als ihm gebührend kürzt. RG. J R . 27 Nr. 764, oder gegen Vorschüsse usw. verrechnet. RG. J W . 36, 2143. Die unrichtige Verrechnung von Auslagen durch einen Beamten gehören nicht hierher. Recht 32 Nr. 2204. 6) Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein, daß er die betreffenden Gebühren nicht zu fordern h a t ; die Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, oder gar eine betrügerische Absicht ist nicht erforderlich. RG. H R R . 41 Nr. 951. Bedingter Vorsatz genügt. RG. H R R . 36 Nr. 372; B G H S t . 2, 118. 7) § 352 ist Sondergesetz gegenüber § 263. Tateinheit mit § 263 kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn zu der Täuschung, die begrifflich zur Gebührenüberhebung gehört, eine weitere Täuschung hinzutritt. E. 77, 123; BGHSt. 2, 36. 8) Versuch kann schon in der erfolglosen Aufforderung zur Zahlung nicht verschuldeter Gebühren liegen. R . 8, 771. Z u § 3 5 3 : 1) Täter muß ein Beamter sein, der öffentliche Abgaben zu erheben h a t ; seine Zuständigkeit braucht sich aber nicht gerade auf die Erhebung der geforderten Abgabe zu erstrecken. E. 41, 94. 2) Gebühren sind Abgaben, welche der Staat für eine amtliche Tätigkeit zugunsten der öffentlichen Kassen erhebt und einzieht. E. 23, 263, z. B. Postportobeträge. J R . 26 Nr. 1209; Botengebühren im Eisenbahnfrachtverkehr. H R R . 33 Nr. 972; Schreibgebühren für Abschriften. E. 65, 52; Gebühren der Gerichtsvollzieher. E. 40, 378; B G H S t . 2, 35. E s ist nicht erforderlich, daß der Betrag der Leistungen durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift festgesetzt sei. E. 41, 91. 3) Auch die Erhebung (d. h. Einforderung und Empfang) von Vorschüssen und Abschlagszahlungen gehört hierher. § 353 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Zahlende seine NichtVerpflichtung kennt, aber zur Vermeidung von Weiterung die geforderte Zahlung leistet. E. 22, 308. Wegen des Verhältnisses des Abs. 1 zu § 263 gilt das in Anm. 7 zu § 352 Gesagte. B G H S t . 2, 37 (gegen E. 22, 306; 75, 378). 4) Dies geschieht auch, wenn der Betrag dauernd in die Kasse gelegt wird, aber unter Verschweigung seiner Herkunft, um einen Fehlbetrag zu verdecken. E. 26, 259; oder wenn er nur vorübergehend und ohne Buchung in die Kasse gelegt wird, um ihn unbemerkt wieder entfernen zu können. E. 75, 380. Tateinheit mit Amtsunterschlagung ist möglich. E. 61, 40 BGHSt. 2, 37.

362

A 2. Strafgesetzbuch. §§ 353a, b

Geld oder Naturalien dem Empfänger vorsätzlich und rechtswidrig Abzüge6) macht und die Ausgaben als vollständig geleistet in Rechnung stellt. § 353a. [Ungehorsam im auswärtigen Dienst] 1 ) (1) Wer ) bei der Vertretung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber einer fremden Regierung3), einer Staatengemeinschaft oder einer zwischenstaatlichen Einrichtung einer amtlichen Anweisung vorsätzlich zuwiderhandelt oder in der Absicht, die Bundesregierung irrezuleiten, unwahre Berichte tatsächlicher Art erstattet 4 ), wird mit Gefängnis bestraft. (2) Die Tat wird nur mit Ermächtigung5) der Bundesregierung verfolgt. 2

§ 353b 1 ). [Bruch der Amtsverschwiegenheit] (1) Ein Beamter oder früherer Beamter, der unbefugt 2 ) ein ihm bei Ausübung seines Amtes anvertrautes oder zugänglich3) gewordenes Geheimnis4) 5) Oder die ganze Leistung unterläßt. Die „Inrechnungstellung" erfolgt gegenüber der Behörde. E. 66, 246. Tateinheit von Abs. 2 u. § 263 ist — anders als bei Abs. 1; s. Anm. 3 — mögl.Amtsunterschlagung und nicht straflose Nachtat zum Betrug begeht ein Beamter, der den Zahlungsempfängern unter den Merkmalen des Betrugs gegen Vollquittung zu wenig auszahlt, den Überschuß für sich behält und seiner Behörde unrichtige Belege vorlegt. E. 61, 37. Zu § 3 5 3 a : 1) Der frühere § 353a StGB., der sog. Armin-Paragraph, der durch das Kontrollratsgesetz Nr. 11 aufgehoben wurde, enthielt eine Strafvorschrift gegen Beamte im auswärtigen Dienst, die die Amtsverschwiegenheit verletzten (Abs. 1), amtlichen Anweisungen vorsätzlich zuwiderhandelten oder in Irreleitungsabsicht falsche Berichte erstatteten (Abs. 2). Mit der Wiedereinrichtung des auswärtigen Dienstes erwies sich eine dem früheren Abs. 2 entsprechende Vorschrift als erforderlich, während auf eine besondere Vorschrift zum Schutze der Amtsverschwiegenheit verzichtet werden konnte, nachdem durch die §§ 353 b und 353 c allgemein der Bruch der Amtsverschwiegenheit und die unbefugte Weitergabe geheimer amtlicher Schriftstücke unter Strafe gestellt ist. § 353a n. F. ist dem § 141 Abs. 2, 3 des StGB.-Entw. 1927 nachgebildet. 2) Der Täterkreis ist gegenüber dem früheren Recht erweitert. § 353 a Abs. 2 a. F. bedrohte „einen mit einer Auswärtigen Mission betrauten oder bei einer solchen beschäftigten Beamten." Nach der neuen Fassung ist es gleichgültig, ob der Täter im In- oder Ausland beschäftigt ist; auch kann die Tat nicht nur von einem Beamten, sondern von jedem begangen v/erden, der von der Bundesregierung zur Vertretung der Bundesrepublik abgeordnet worden ist. Auf die größere oder geringere Bedeutung der bei der Vertretung zugewiesenen Tätigkeit kommt es nicht an. 3) Vgl. Anm. 5 zu § 99. 4) Vgl. Anm. 3 zu § 186. 5) Vgl. Anm. 9 zu § 95. Zu § 3 5 3 b : 1) § 353b ist durch Gesetz v. 2. 7. 1936 — RGBl. I S. 532 — eingefügt. — Amtliche Begründung siehe D J . 36, 996. 2) Ohne besondere Befugnis. Die Befugnis kann sich z. B. aus gesetzlicher Vorschrift (Anzeigepflicht) oder aus einer Ermächtigung des Vorgesetzten ergeben. Wahrnehmung berechtigter Interessen ermächtigt grundsätzlich nicht zur Geheimnispreisgabe. E. 41, 12. Dies ergibt sich aus § 61 Abs. 2 BBG. bzw. den entsprechenden Vorschriften der Landesbeamtengesetze (z. B. § 14 Abs. 2 HessBeamtengesetz in der Fassung v. 25. 6. 1948, GVBi. S. 101), wonach der Beamte auch dann der Genehmigung des Dienstvergesetzten zur Aussage bedarf, wenn er Partei oder Beschuldigter in einem gerichtlichen Verfahren ist und sein Vorbringen der Wahrnehmung seiner berechtigten Belange dienen soll. Weitergabe von Amtsgeheimnissen an die westl. Besatzungsmächte ist straffrei nach Art. I a des A H K . Ges. Nr. 62 — abgedr. Anm. 7 zu § 99; jedoch fällt Diebstahl und Hehlerei deutscher Geheimdokumente zwecks Lieferung von Information an die Besatzungsmächte nicht unter Ges. Nr. 62 (anders bei Bestechung zur Informationsbeschaffung) BGH. MDR. 53, 53. 3) Zugänglich ist das Geheimnis, wenn für den Beamten auf Grund des Amtsverhältnisses und des ihm geschenkten Vertrauens die t a t s ä c h l i c h e Möglichkeit besteht, an das Geheimnis heranzukommen, also auch dann, wenn er sich die Kenntnis unter Verletzung seiner Dienstpflichten verschafft. E. 74, 112.

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 3 5 3 b

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offenbart 6 ) und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet 6 ), wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen 7 ) mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; hat der Täter mit der eingetretenen Gefährdung fahrlässig8) nicht gerechnet, so ist auf Gefängnis bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen 9). (2) Einem Beamten steht eine für eine Behörde10) tätige Person gleich, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Dienstpflicht durch Handschlag11) oder zur Verschwiegenheit besonders verpflichtet12) worden ist. (3) Der Versuch ist strafbar13). 4) Ein „Geheimnis" ist jede Angelegenheit, deren Geheimhaltung durch Gesetz oder dienstliche Anordnung vorgeschrieben oder ihrer Natur nach erforderlich ist. Bei Beamten im staatsrechtl. Sinn richtet sich also der Umfang der Verschwiegenheitspflicht in erster Linie nach den für sie maßgebenden beamtenrechtlichen Vorschriften. Durch Gesetz vorgeschrieben ist z. B. für Bundesbeamte (§ 61 BBG), Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenenAngelegenheiten zu bewahren, soweit sie nicht offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, für die hessischen Beamten (vgl. § 13 Abs. 3 HessBG.) „über alle ihnen in Ausübung ihres Dienstes zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten von Personen, Personengemeinschaften aller Art und wirtschaftlicher Unternehmungen strengstes Stillschweigen zu bewahren". Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich ist, sind nicht nur solche, deren Offenbarung dem öffentlichen Wohl Nachteil bereiten würde, sondern auch alle, deren Mitteilung den staatlichen Zwecken der Förderung des Gemeinwohls und des Wohls des Einzelnen widerspricht, das Vertrauen zu den Behörden und Beamten beeinträchtigen und die Interessen der mit ihnen in Verkehr Tretenden gefährden kann (E. 41, 11). „Geheim" ist eine Angelegenheit, deren Kenntnis nicht über einen geschlossenen Kreis von Personen hinausgeht; die Zahl der Mitwisser innerhalb dieses Kreises braucht nicht bestimmbar zu sein. Trotz weitergehenden Bekanntseins kann eine Angelegenheit geheim sein, wenn sie anderen Stellen noch unbekannt ist. „ B e k a n n t " ist eine Sache nur bei wirklich sicherer und zuverlässiger Kenntnis; was der Bestätigung bedarf, ist noch geheim. E. 74, 110. Vorgänge, die von zuständiger Stelle amtlich bekanntgegeben sind, brauchen nicht mehr geheimgehalten zu werden. E. 41, 11; ebenso kann die Angelegenheit aufhören, ein Geheimnis zu sein, wenn sie durch die Presse oder auf anderem nicht mit der dienstlichen Stellung des Beamten im Zusammenhang stehenden Wege allgemein bekannt geworden ist. Geheimnisse sind z. B. die für Prüfungszwecke bestimmten, noch nicht ausgegebenen Klausuraufgaben. E. 74, 110. 5) Vgl. Anm. 2 zu § 300. Mitteilung an einen Einzelnen genügt. Ob dieser das Geheimnis kennt oder nicht, ist ohne Bedeutung. 6) d. h. die nahe Gefahr einer Schädigung wichtiger öffentlicher Interessen schafft. Eine Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen kann auch eintreten, wenn es sich um die Offenbarung einer Angelegenheit handelt, die nur im Interesse eines Einzelnen geheimzuhalten ist; denn in solchen Fällen kann — je nach den Umständen des Falls, insbesondere auch der Bedeutung der geheimhaltungsbedürftigen Tatsache — wenn der Geheimnisbruch bekannt wird, das Vertrauen des Publikums zu den Behörden allgemein oder zu der Behörde, der der Täter angehört, erschüttert werden. S c h ä f e r , D S t R . 38, 321. U. U. kann auch genügen, daß das A n s e h e n der Behörde gefährdet wird, wenn sich einer ihrer Beamten als unzuverlässig erweist. RG. D S t R . 38, 321. Liegt die Zustimmung zur Verfolgung (Abs. 4) vor, so kann schon daraus entnommen werden, daß wichtige öffentliche Interessen gefährdet sind. E. 74, 110. 7) Vgl. Anm. 5 zu § 49 b. 8) Die Offenbarung des Geheimnisses muß in allen Fällen v o r s ä t z l i c h geschehen, bedingter Vorsatz genügt. Die fahrlässige Preisgabe von Amtsgeheimnissen — z. B. der Beamte läßt eine Mappe versehentlich in der Straßenbahn liegen, die geheimhaltungsbedürftige Schriftstücke enthält — ist nur dienststrafrechtlich zu ahnden. Dagegen kann die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen sowohl vorsätzlich wie fahrlässig erfolgen; jedoch unterscheidet das Gesetz hier durch das verschiedene Strafmaß. 9) Strafschärfung bei staatsgefährdender Absicht: § 94. V e r h ä l t n i s zu a n d e r e n V o r s c h r i f t e n : Soweit der Bruch der Verschwiegenheitspflicht in sonstigen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, bleiben diese unberührt. Tateinheit mit § 300, wenn ein Notar, oder ein beamteter Arzt sich nach § 353 b strafbar macht. 10) Vgl. Anm. 3 zu § 164. 11) Vgl. § 1 der VO. v. 22. 5. 1943 (RGBl. I S. 351) — B IV 9 — wegen der Inpflichtnahme der Behördenangestellten durch Handschlag. 12) Hier handelt es sich um solche Personen, die, ohne in einem Dienstverhältnis von längerer Dauer zu stehen, vorübergehend auf Grund besonderer Aufträge für eine Behörde

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A 2. Strafgesetzbuch. § 353 c

(4) Die Tat wird nur mit Zustimmung14) der dem Täter vorgesetzten Behörde, und, wenn er nicht mehr in seinem Amt oder seiner Stellung ist, mit Zustimmung der letzten vorgesetzten Behörde verfolgt. Die Verfolgung von Personen, die zur Verschwiegenheit besonders verpflichtet worden sind, tritt nur auf Anordnung15) des Reichsministers der Justiz16) ein. § 353 c . [Unbefugtes Weitergeben geheimer Mitteilungen] (1) Wer2), abgesehen von dem Fall des § 353b, unbefugt 3 ) ein amtliches Schriftstück 4 ), das als geheim oder vertraulich bezeichnet worden ist 5 ), oder dessen wesentlichen Inhalt ganz oder zum Teil einem anderen mitteilt 6 ) und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft 7 ). tätig sind. Sie werden wie die Behördenangestellten behandelt, wenn sie zur Verschwiegenheit besonders verpflichtet worden sind. Zu einer solchen Verpflichtung bedarf es — anders als bei der allgemeinen Inpflichtnahme der Behördenangestellten (Anm. 10) — keiner besonderen Förmlichkeit; sie kann durch eine bloße Eröffnung erfolgen, daß über gewisse Dinge Stillschweigen zu bewahren sei. Diese Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann auch noch nach Beendigung der Tätigkeit vorgenommen werden. 13) Ein Versuch ist z. B. in der Weise denkbar, daß der Brief, in dem der Täter ein Amtsgeheimnis einem anderen preisgeben will, diesen nicht erreicht, oder daß der Täter ein Geheimnis preiszugeben glaubt, während die Angelegenheit nicht geheim ist. 14) Für die Zustimmung (vgl. Anm. 1 zu § 61) gelten die gleichen Grundsätze wie für die Ermächtigung (vgl. Anm. 9 zu § 95). Zuständig zur Erteilung ist die dem Täter bei Einleitung der Strafverfolgung vorgesetzte Behörde. Über die frühere Zuständigkeit zur Erteilung der Zuständigkeit vgl. AVen v. 13. 8. 1936 (DJ. S. 1251) — b e t r . Angehörige der Justizverwaltung — und v. 21. 1. 1937 (DJ. S. 138) — b e t r . Angehörige der übrigen Verwaltungszweige. Soweit in diesen Vorschriften sich der Fachminister die Zustimmung vorbehalten hat, sind sie durch die staats- und verwaltungsrecnniuiic -tiuwicklung seit 1945 gegenstandslos; vorgesetzte Behörde ist jetzt die dem Täter unmittelbar vorgesetzte Behörde. OLG. München DRpfleger 49, 419. 15) Vgl. Anm. 1 zu § 61 und AV. v. 13. 8. 1936 (DJ. S. 1251). 16) Jetzt wohl, nachdem die Justizhoheit grundsätzlich den Ländern zusteht, des Landesjustizministers (Art. 129 Abs. 1, 4 GG.). Das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) hat — wohl im Hinblick auf die gegenüber § 353 b erhobenen kriminalpolitischen B e d e n k e n — auf eine Klärung der Frage verzichtet. Zu § 353c: 1) § 353c ist durch Ges. v. 2. 7. 1936 (RGBl. I S. 532) eingefügt. Sein Anwendungsbereich ist eingeschränkt durch das Ges. Nr. 62 der A H K . (vgl. Anm. 7 zu § 99). Sondervorschrift: Art. II, I I I des Ges. v. 5. 4. 1888; i. d. F. der VO. v. 9. 3. 1932, abgedr. Anm. 3 zu § 174 GVG. — C I —. 2) Täter kann hier jedermann sein, auch derjenige, der nicht Beamter und auch nicht in anderer Weise f ü r eine Behörde tätig ist. 3) Siehe Anm, 2 zu § 353b. Auf welche Weise der Täter von dem Inhalt des Schriftstücks Kenntnis erhalten hat, ob dadurch, daß es an ihn gerichtet ist oder daß er sich unbefugt davon Kenntnis verschafft oder daß ihm ein Dritter, gleichviel, ob befugt oder unbefugt, davon Kenntnis gegeben h a t , i s t ohne Bedeutung. 4) Von einer Behörde oder einem Beamten ausgehendes Schriftstück, das in amtlicher Eigenschaft verfaßt ist und amtlichen Zwecken dient. Hierher gehören auch Entwürfe von Verfügungen usw. 5) Die Bezeichnung als geheim oder vertraulich muß sich nicht notwendig auf dem Schriftstück finden; es genügt also z. B., daß ein Vorgesetzter den Inhalt des Schriftstücks den untergebenen Beamten gegenüber lediglich mündlich als geheim oder vertraulich bezeichnet. Es brauchen nicht gerade die Worte ,.geheim" oder „vertraulich" gewählt zu sein. Die Worte „ N u r für den Dienstgebrauch" haben in der Regel nicht die Bedeutung, daß das Schriftstück als geheim oder vertraulich zu behandeln sei. 6) Die Mitteilung kann in der Weise geschehen, daß der Täter das Schriftstück selbst weitergibt oder daß er seinen Wortlaut oder den wesentlichen Inhalt ganz oder zum Teil mündlich einem anderen mitteilt. Beschränkt er sich auf eine mündliche Mitteilung, so ist es zur Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich, daß er dem anderen auch mitteilt, es handle sich um den Inhalt eines als geheim oder vertraulich bezeichneten Schriftstücks. Auch der Empfänger der mündlichen Mitteilung kann sich nach § 353 c strafbar machen, wenn er seinerseits die erlangte Kenntnis an Dritte weitergibt, aber nur, wenn er weiß (oder

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. §354

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(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt einem anderen eine Mitteilung weitergibt 8 ), zu deren Geheimhaltung er von einer zuständigen Stelle 9 ) besonders verpflichtet 10 ) worden ist, und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. (4) Hat der Täter mit der eingetretenen Gefährdung fahrlässig11) nicht gerechnet, so ist auf Gefängnis bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen. (5) Der Versuch ist strafbar. (6) DieTat wird nur auf Anordnung des Reiehsministers der Justiz12; verfolgt.

§ 354. [Verletzung des Postgeheimnisses] Ein Postbeamter, welcher die der Post 1 ) anvertrauten Briefe oder Pa2 kete ) in anderen, als den im Gesetz vorgesehenen Fällen3) eröffnet4) oder unterf ü r möglich hält und in Kauf nimmt), daß er hiermit den Inhalt eines als geheim oder vertraulich bezeichneten Schriftstücks zur Kenntnis des Dritten bringt. 7) Strafschärfung bei staatsgefährdender Absicht: § 94. 8) Abs. 2 bezieht sich auf m ü n d l i c h e Mitteilungen, die nicht in einem amtlich als geheim oder vertraulich bezeichneten Schriftstück niedergelegt sind, (z. B. der Täter ist aus besonderem Anlaß vorbereitend von behördlichen Absichten unterrichtet und ihm dabei die Pflicht zur Geheimhaltung auferlegt worden). Die Weitergabe einer Mitteilung liegt aber nicht nur vor, wenn der Täter die Mitteilung selbst von dritter Seite erhalten hatte, sondern auch wenn er Mitteilung über Tatsachen macht, deren Geheimhaltung ihm auferlegt ist. Unter Abs. 2 fällt daher auch der Schöffe oder Geschworene, der Dritten unter Bruch des Beratungsgeheimnisses von seiner und der übrigen Richter Stellungnahme Kenntnis gibt. 9) Derjenige, dem der Täter unter Bruch seiner Verschwiegenheitspflicht eine Mitteilung unbefugt weitergegeben hat, fällt bei Weitergabe der Mitteilung auch dann nicht unter § 353 c, wenn ihm der Geheimhaltungspflichtige bei der Mitteilung Stillschweigen geboten hatte, denn das Schweigegebot ist nicht von einer „zuständigen Stelle" ausgegangen (amtliche Begründung). 10) Die Auferlegung der Verpflichtung durch die zuständige Stelle kann auch noch nach Erhalt der Mitteilung erfolgen (vgl. Anm. 12 zu § 353b). Eine ,.besondere Verpflichtung" ist auch die Beeidigung der Laienrichter auf die Pflichten ihres Amtes (§§ 51, 198 GVG.). 11) Vgl. Anm. 8 zu § 353b. 12) Vgl. Anm. 15, 16 zu § 353b. Z u § 3 5 4 : 1) Der Post, d. h. der Postbehörde anvertraut, ist ein Brief usw., wenn er auf vorschriftsmäßige Weise in den Postverkehr gelangt ist. Die Sendung braucht noch nicht bei der Postanstalt eingegangen zu sein; Einwerfen in den Briefkasten genügt. E. 22, 395. Anvertraut ist die Sendung der Post so lange, als deren Tätigkeit nicht (durch Aushändigung an den Empfänger usw.) beendet ist. E. 54, 228; ein wegen unrichtiger Bestellung dem Postboten zurückgegebener Brief ist der Post wieder anvertraut. E. 36, 267., .Anvertraut" ist z. B. auch ein zur Entlarvung eines verdächtigen Beamten der Post übergebener Brief, sogenannter Fangbrief. E. 65, 145; 69, 271; auch ein postamtlicher, d. h. ein von der Postbehörde selbst abgesandter Brief. RG. DR. 39, 924. Eine dienstliche Befassung des Täters mit dem Brief ist nicht erforderlich. E. 37, 40. Ein der Post nicht ordnungsmäßig zugeleiteter Brief ist ihr nicht „ a n v e r t r a u t " , kann sich aber in amtlichem Gewahrsam (§§ 133, 348) befinden. RG. DR. 40, 91. „Postbeamter": auch ein Eisenbahnbeamter, der gleichzeitig im Postdienst beschäftigt ist. E. 35, 80. 2) Briefe sind schriftliche oder gedruckte Mitteilungen von Person zu Person an Stelle mündlichen Verkehrs, auch wenn sie nicht in einem Umschlag befördert werden, also auch offene Ansichtspostkarten, falls sie nicht allein bildliche Darstellungen enthalten, sondern daneben gedankliche Mitteilungen vermitteln. Recht 9, 139; Postpaketadressen. GA. 59, 467; Postanweisungen und Zahlkarten. E. 72, 193; Nachnahmepaketkarten (dagegen nicht die vom Empfänger quittierten, an die Post zurückgehenden Abschnitte). E. 73, 236; Drucksachen im offenen Umschlag oder unter Kreuzband. E. 36, 267, aber nicht eine Zeitung unter Kreuzband, weil sie keine Mitteilung von Person zu Person ist. E 33, 276. — Pakete sind Sendungen von Gegenständen mit einer den Inhalt umschließenden Umhüllung. 3) Notwehr (der Beamte h a t Grund zu der Annahme, der Brief enthalte eine gegen ihn gerichtete Beleidigung) gibt kein Recht zur Eröffnung. RG. J W . 28, 662. 4) Eröffnen heißt den Verschluß des Briefes (Paketes) beseitigen oder unwirksam machen, (vgl. Anm. 3 zu § 299.) Ob der Verschluß mangelhaft war, ist gleichgültig. Auch ist eine vollständige und dauernde Offenlegung des Inhalts nicht notwendig. E. 20, 349 und 375. Zum

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 355,356

drückt 6 ), oder einem anderen wissentlich eine solche Handlung gestattet 6 ), oder ihm dabei wissentlich Hilfe leistet wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft 7 ).

* § 355. [Verletzung des Telegraphengeheimnisses] (1) Postbeamte oder mit der Beaufsichtigung u n d Bedienung einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt betraute Personen 1 ), welche die einer Telegraphenanstalt anvertrauten Telegramme 2 ) verfälschen 3 ) oder in anderen als in den im Gesetze vorgesehenen Fällen eröffnen oder unterdrücken, oder von ihrem Inhalt 4 ) Dritte rechtswidrig benachrichtigen, oder einem anderen wissentlich eine solche Handlung gestatten oder ihm dabei wissentlich Hilfe leisten, werden mit Gefängnis bestraft. (2) D e n einer Telegraphenanstalt anvertrauten Telegrammen werden Nachrichten gleichgeachtet, die durch eine zu öffentlichen Zwecken dienende Fernsprechanlage 1 ) vermittelt werden.

• § 356. [Parteiverrat] (1) Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand 1 ), welcher bei den ihm vermöge seiner amtlichen Eigenschaft 2 ) anvertrauten Angelegenheiten in derselben Vorsatz gehört das Bewußtsein der mangelnden Befugnis. Zur Kenntnis der Postbeamteneigenschaft genügt, wenn der Täter weiß, er befinde sich in einer Dienststellung, die ihm besonderes Verhalten zur Pflicht macht, und daß ihm aus dieser Pflicht heraus sein Tun verboten ist. E. 53, 131. 5) d. h. widerrechtlich — wenn auch nur vorübergehend — dem vorschriftsmäßigen Postverkehr entzieht. E. 72, 197; z. B. durch Verstecken innerhalb des Sortierraums. DRZ. 27 Nr. 961. Jedoch genügen untergeordnete Verstöße gegen rein innerdienstliche Vorschriften nicht. RG. JW. 36, 613, z. B. nicht die Zustellung von Sendungen, die dem Täter nicht zugewiesen waren. E. 73, 236. Ein „Unterdrücken" liegt auch vor, wenn ein Postbeamter eine Nachnahmesendung ohne Bezahlung des Nachnahmebetrages aushändigt, und zwar auch dann, wenn der Empfänger willens und fähig ist, den Betrag nachträglich unverzüglich an die Post abzuliefern und der Beamte sich darauf verläßt. E. 71, 330. Keine Unterdrückung eines Pakets, wenn lediglich ein Teil des Inhalts aus dem Paket weggenommen wird. E. 57, 8. 6) Der andere kann, wenn er nicht selbst Postbeamter ist, nach §§ 133, 242, 246, 274, 299 oder 303 strafbar sein, doch ist die Bestrafung des Postbeamten unabhängig davon, ob sich der andere strafbar gemacht hat. RG. DRZ. 31 Nr. 608. Auch wenn der Postbeamte den anderen zu einer etwa von diesem begangenen strafbaren Handlung angestiftet oder Beihilfe geleistet hat, wird er nur aus § 354 bestraft. — Wissentlich = vorsätzlich mit Einschluß des bedingten Vorsatzes. 7) Zwischen §§ 354 und 348 Abs. 2 besteht Idealkonkurrenz (nicht Gesetzeskonkurrenz). E. 49, 136; BayObLG. JW. 29, 514; auch zwischen §§ 354 und 133. E. 54, 122 ; 58, 334. Zu § 355: 1) T e l e g r a p h e n a n s t a l t ist jede Anstalt zur Nachrichtenbeförderung, bei der nicht eine bestimmte Person oder Sache als Nachrichtenträger auftritt, sondern bei der bestimmte Zeichen am Absendeort gebraucht und am Empfangsort wiedererzeugt werden, einschl. der Fernschreibeanlagen. BayObLG. NJW. 53, 1074. „Zu öffentl. Zwecken dienend": vgl. Anm. 2 zu § 317. Die P e r s o n e n , die nicht Postbeamte sind, müssen in einem dienstlichen Verhältnis zu der Telegraphenanstalt stehen und von berufener Seite mit der Wahrnehmung der Aufgabe betraut sein. E. 26, 183. Nicht ist erforderlich, daß der Täter dienstlich mit dem Telegramm befaßt war. E. 49, 213. 2) = Nachrichten des Draht- und Funkverkehrs, gleichviel ob der Inhalt in Worten und Zahlen oder Bildern und Zeichen besteht. E. 421, 412. Geschützt wird das Telegramm in allen Ubermittlungsstadien, also von der Übergabe der Urschrift bis zur Aushändigung der Ausfertigung an den Empfänger. 3) Vgl. Anm. 5 zu § 267. 4) Zum Inhalt gehört nicht nur der gedankliche Inhalt der Nachricht (einschl. der Angaben von Empfänger und Absender), sondern auch die die Mitteilung individualisierenden Angaben über Ort, Zeit und Dauer des Fernmeldeverkehrs (str.) Zu § 356: 1) Unter § 356 fallen nicht alle Privatpersonen, die gewerbsmäßig — sei es auch mit amtlicher Zulassung — fremde Rechtsangelegenheiten besorgen, sondern nur solche, die wie die Rechtsanwälte oder die von Amts wegen zu Verteidigern bestellten Rechts-

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Rechtssache3) beiden Parteien4) durch Rat oder Beistand pfhchtwidrig dient5), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Handelt derselbe im Einverständnisse mit der Gegenpartei6) zum Nachteile seiner Partei, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein. kundigen mit „amtlichen" Verrichtungen betraut sind. E . 51, 220 (str.). Hierzu gehören Patentanwälte, R G . J W . 35, 2640, nicht aber ein Rechtsanwalt, der in seiner Eigenschaft als Notar tätig wird oder tätig zu sein glaubt. RG. J W . 34, 695, auch nicht Prozeßagenten (§ 157 ZPO.) oder die auf Grund des Rechtsberatungsmißbrauchsgesetzes v. 13. 12. 1935 zugelassenen Rechtsbeistände. 2) d. h. sofern er als Rechtsanwalt angegangen ist. E . 62, 289. 3) „Dieselbe Rechtssache" bedeutet eine Rechtsangelegenheit, bei welcher mehrere Personen mit widerstreitenden Belangen beteiligt sind (einschließlich Strafsachen. E . 49, 342). Ohne Bedeutung ist es, ob „derselbe Streitstoff" den Gegenstand verschiedener Verfahren bildet. BGH. N J W . 53, 430. Es braucht noch kein Streitpunkt hervorgetreten zu sein und die Parteien, die nicht Prozeßparteien sein müssen, brauchen sich nicht zu kennen und von dem Widerstreit ihrer Belange nichts zu wissen. E . 71, 114. Maßgebend für die Abgrenzung ist der Kreis der Rechtsinteressen, die der Auftraggeber dem Anwalt durch den Auftrag anvertraut hat. E . 71, 236. 4) Der Begriff „Partei" wird lediglich durch die gegensätzliche rechtliche Beteiligung an derselben Rechtssache, nicht durch die Beziehung zu dem Rechtsanwalt bestimmt. § 356 findet daher auch Anwendung, wenn sich der Rechtsanwalt für den Gegner seines Auftraggebers als Geschäftsführer o h n e A u f t r a g einsetzt. E . 71, 114. 5) „Pflichtwidrig" ist — im Gegensatze zu „rechtswidrig" in § 240 — kein allgemeines Verbrechensmerkmal, sondern Tatbestandsmerkmal und bedeutet nicht: zum Nachteil einer Partei handeln, sondern: im Widerspruch zu den standesrechtlichen Pflichten tätig werden, die (vgl. § 32 RRAnwO. bzw. die entsprechenden Vorschriften der landesrechtl. RAnwOen.) die Vertretung verschiedener Parteien „im entgegengesetzten Sinn" verbieten. Ein Irrtum des Anw., daß er nicht pflichtwidrig handele, weil er den Interessengegensatz nicht erkennt, ist Tatbestandsirrtum i. S. des § 59; befindet er sich dagegen trotz Kenntnis des Interessengegensatzes in einem Irrtum über den Rechtsbefriff „dieselbe Rechtssache" oder nimmt er irrtüml. an, daß er wegen Einverständnisses der einen Partei für die andere tätig werden dürfe (s. u.), so liegt nur ein Verbotsirrtum (vgl. Anm. 1 zu § 59) vor. B G H S t . 3, 400; N J W . 53, 428; 430, 472 ; 54, 482; a. M. Schmidt-Leichner N J W . 53, 404 und Anm. S. 430, 472. Auch nach Beendigung des Auftragsverhältnisses darf ein Rechtsanwalt nicht pflichtwidrig dem Gegner des Auftraggebers dienen. E . 66, 104. Hat der Rechtsanwalt einer Partei gedient, so muß er sich einer Tätigkeit zugunsten des Gegners mit entgegengesetztem Interesse selbst dann enthalten, wenn sich der Erstvertretene damit einverstanden erklärt. E . 71, 254 ; 72, 139; B G H . N J W . 53, 430. Gegen diesen Grundsatz verstößt ein Rechtsanwalt nicht, wenn er nach dem Scheitern des im Auftrag des Schuldners unternommenen Vergleichsversuchs die Forderung eines Gläubigers gegen den Schuldner einklagt, falls ihm der Schuldner lediglich eine ziffernmäßige Darstellung seiner Geschäftslage gegeben hatte, ohne ihn über die den Forderungen zugrunde liegenden sachlichrechtlichen Verhältnisse zu unterrichten. E . 66, 103; wohl aber wenn er für einen Dritten gegen eine bei der Zwangsvollstreckung vorgenommene Pfändung die Widerspruchsklage gegen den von ihm früher vertretenen Gläubiger erhebt. RG. DR. 39, 714, oder wenn er gegen eine Partei, die ihn vorher mit dem Ausgleich wechselseitiger Beleidigungen beauftragt hatte, nach Zurücknahme des Auftrags für die Gegenpartei Privatklage erhebt. E . 45, 305 (weitere Beispiele in B G H . N J W . 53, 428, 430, 472). Besteht zur Zeit der Auftragerteilung noch kein Interessengegensatz, so ist die Übernahme des Auftrags nicht schon deswegen pflichtwidrig, weil die Möglichkeit der Entstehung eines Gegensatzes in Zukunft nicht ganz ausgeschlossen ist. E . 71, 237. Ausnahmsweise ist aber gleichzeitige Vertretung mehrerer Parteien mit widerstreitenden Interessen rechtlich denkbar, z. B . wenn sie in einem Rechtsstreit auf Grund gemeinsamen Interesses eine Rechtsfrage gegenüber einem Dritten austragen wollen und sich der Anwalt unter Billigung seiner Auftraggeber die Stellungnahme in den zwischen ihnen selbst bestehenden Streitigkeiten vorbehält. E . 71, 234. Kein Interessengegensatz verschiedener Parteien liegt vor, wenn ein RA. für seinen Auftraggeber bedingte Begnadigung erwirkt hat und dann im Auftrag eines anderen, der durch eine neue Straftat des ersten Auftraggebers verletzt ist, gegen den ersten Strafanzeige erstattet, die zum Widerruf der bed. Begn. führen kann, denn die neue Partei ist an dem Widerruf uninteressiert. Cüppers N J W . 50, 239 (während OLG. München H E S t . 2, 359 ein pflichtwidriges Dienen mit der Begründung verneint, der Widerruf sei nur eine Fernwirkung der Strafanzeige). 6) Ob die Gegenpartei im Falle des Abs. 2 wegen Teilnahme strafbar ist, ist streitig (offengelassen von E . 71, 116). Im Falle des Abs. 1 ist die Gegenpartei nicht strafbar, wenn

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A 2. Strafgesetzbuch. §§ 357—359

§ 357. [Verleitung Untergebener] (1) Ein Amtsvorgesetzter 1 ), welcher seine Untergebenen zu einer strafbaren Handlung im Amte vorsätzlich verleitet 2 ) oder zu verleiten unternimmt 2 ), oder eine solche strafbare Handlung seiner Untergebenen wissentlich geschehen läßt 3 ), hat die auf diese strafbare Handlung angedrohte Strafe verwirkt. (2) Dieselbe Bestimmung findet auf einen Beamten 1 ) Anwendung, welchem eine Aufsicht oder Kontrolle über die Amtsgeschäfte eines anderen Beamten übertragen ist, sofern die von diesem letzteren Beamten begangene strafbare Handlung die zur Aufsicht oder Kontrolle gehörenden Geschäfte betrifft.

*§ 358. [Nebenstrafen] Neben der nach Vorschrift der §§ 331, 340, 341, 352 bis 355 und 357 erkannten Gefängnisstrafe kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden1).

* § 359. [Begriff des Beamten] Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle im unmittelbaren oder mittelbaren inländischen Staatsdienst auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Personen1), ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ferner Notare, nicht aber Anwälte. sie sich lediglich auf die Entgegennahme der Dienste beschränkt, selbst wenn sie dafür Gebühren zahlt. Dagegen ist sie wegen Anstiftung oder Beihilfe strafbar, wenn sie durch Zahlung einer nicht den gesetzlichen oder üblichen Grundsätzen entsprechenden Gebühr oder auf andere Weise über die Annahme der Dienste hinausgeht. E. 71, 116. Z u § 3 5 7 : 1) Ist der Amtsvorgesetzte • selbst auch Täter des Amtsverbrechens, so entfällt § 357. E. 67, 175. 2) ,.verleitet": s. Anm. 13 zu § 176; „unternimmt": s. § 87; „strafbare Handl." = mit Strafe bedrohte Handlung (s. §§48, 49, 330a); es genügt also, daß der Untergebene den äußeren Tatbestand einer strafb. Handlung verwirklicht oder verwirklichen soll. BGHSt. 2, 169. „Strafbare Handlung i. A." ist jede von einem Untergebenen in Ausübung seines Amtes gegangene strafb. Handlung, auch wenn sie nicht ein Verbr. od. Verg. i. Amt i. S. des 28. Abschn. des StGB. ist. B G H S t . 3, 349. § 357 geht den allgemeinen Vorschriften über Anstiftung und Beihilfe (§§ 48, 49, 49a) vor. E. 68, 90; OGHSt. 2, 23. 3) = untätig bleibt, obwohl er zur Verhinderung der Straftat berechtigt, verpflichtet und auch tatsächlich in der Lage ist und durch dieses Untätigsein (neg. Beihilfe) die Begehung der Straftat ermöglicht. BayObLGSt. 2, 174. „Wissentlich": er muß nicht n u r gewußt haben, daß der Untergebene die T a t vorhatte, sondern er muß darüber hinaus Bewußtsein und Willen gehabt haben, daß diese Straftat mit seiner Hilfe begangen werde. Bloßes Bewußtsein der pflichtwidrigen Unterlassung genügt nicht. Bedingter Vorsatz ist ausreichend. RG. H R R . 37 Nr. 773. Dem wissenlichen Geschehenlassen stehen Beihilfeleistungen, die in einer tätigen Förderung der strafb. Handlung des Untergebenen bestehen, gleich. B G H . N J W . 53, 272. Z u § 3 5 8 : 1) Auch, wenn die Dauer der erkannten Gefängnisstrafe drei Monate nicht erreicht (§§ 32, 35). Z u § 3 5 9 : 1) Beamte im Sinne des § 359 sind außer den Beamten im staatsrechtlichen Sinne, die nach Maßgabe des BBG. und der Landesbeamtengesetze förmlich in das Beamtenverhältnis berufen worden sind, auch solche Personen, die ohne Begründung eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses von einer zuständigen staatlichen Stelle in allgemeiner Weise durch eine ausdrückliche oder stillschweigende (z. B. durch bewußtes Dulden) öffentlichrechtliche Willensäußerung zu Dienstverrichtungen ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e r Natur berufen sind, die aus der (deutschen) Staatsgewalt abzuleiten sind und staatlichen Zwecken dienen. E. 74, 106. H o h e i t l i c h e r (obrigkeitlicher) Natur brauchen die Dienste nicht zu sein. Ob sie mehr oder weniger untergeordnet sind, ist ohne Bedeutung (sie dürfen jedoch nicht lediglich solche mechanischer Art sein, wie die des Heizungs- und Reinigungspersonals in einem Dienstgebäude, die mit der Erfüllung der öffentl.-rechtl. Dienstverrichtungen nichts zu t u n haben, B G H . N J W . 53, 1153), ebenso die Form der Anstellung (ob ausdrücklich oder

2. Teil. 28. Abschnitt. Verbrechen u. Vergehen im Amte. § 359

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stillschweigend, als Arbeiter oder Angestellter, ob dauernd oder einstweilig usw.). E . 51, 68; R G . J W . 35, 2433. Auch in der Ausbildung (z. B . als Lehrling) oder im Probedienst befindliche Personen sind Beamte, wenn die ihnen obliegende Tätigkeit sie als solche kennzeichnet. E . 72, 362. Die Rechtsauffassung der Behörde über das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Dienstgewaltverhältnisses ist nicht maßgebend. R G . J W . 31, 3670. Unerheblich ist, ob der Täter vor der Anstellung die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter verloren hat. E . 50, 19, ob er volljährig ist oder ob bei Minderjährigkeit der gesetzliche Vertreter der Anstellung zugestimmt hat. R G . D R . 40, 1520. E s ist auch gleichgültig, ob der Beamte ein festes Gehalt bezieht oder nicht. R . 2, 108. Ein nicht wiedergewählter, aber weiter beschäftigter ehrenamtlicher Beamter kann Beamter sein. E . 64, 262. Wer dienstlich in einem gewerblichen Betrieb verwendet wird, bleibt Beamter E . 67, 299; R G . J W . 34, 2149. Der mittelbare Staatsdienst umfaßt die Tätigkeit in öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungsorganen, die unter staatlicher Aufsicht staatlichen Zwecken dienen. Aus der Staatsgewalt abgeleitete und staatlichenZwecken dienende Aufgaben sind insbesondere alleAufgaben, die sich mit der Einnahme, Verwaltung und Verwendung staatlicher (einschließlich städtischer) Gelder und staatlichen Vermögens befassen. R G . D R . 40, 443, 1829; B G H S t . 2, 120. Als Beamte sind daher auch die bei wirtschaftlichen Unternehmungen von Staat und Gemeinde tätigen Personen anzusehen, z. B . der Buchhalter eines staatlichen Landgutes. E . 74, 105; der Taxator eines städtischen Leihhauses. R G . D R . 40, 443. Zur „Anstellung" gehört das Einverständnis des mit öffentl.-rechtl. Aufgaben Betrauten (also der freiwillige Eintritt) nur, wo es — wie bei den Beamten im staatsrechtl. Sinn — das Gesetz zur Wirksamkeit des öffentl.-rechtl. Betrauungsverhältnisses fordert; wo es dagegen auf das Einverständnis des Betrauten nicht ankommt, wie bei Soldaten oder bei (in Kriegsund Notzeiten) notdienstverpflichteten Personen, gehört Einverständnis mit der Heranziehung nicht zum Begriff der Anstellung. OLG. Frankfurt (Kassel) H E S t . 2, 175; a. M. E . 29, 19; 39, 234; die Rechtspr. des B G H . ist uneinheitlich (vgl. B G H . N J W . 54, 439). Für den Vorsatz ist erforderlich die Kenntnis der Tatsachen, aus denen die Beamteneigenschaft hervorgeht. E . 77, 64 B G H S t . 2, 120. Ein Irrtum über die Beamteneigenschaft ist Irrtum über die besondere Pflicht, die sich aus der Betreuung mit öffentl.-rechtl. Aufgaben ergibt, also Verbotsirrtum. Härtung N J W . 52, 763; Welzel JZ. 50, 208. Um einen unverschuldeten Irrtum auszuschließen genügt also — im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre des Täters" (vgl. dazu Anm. 1 zu § 59 u. Schmidt-Leichner N J W . 53, 1075) — das Wissen des Täters, daß er sich in einer Dienststellung befindet, die ihm ein besonderes Verhalten zur Pflicht macht, und daß ihm aus dieser Pflicht heraus sein Verhalten verboten ist. E. 53, 131; 57, 366; OLG. Frankf. N J W . 53, 1075. E i n z e l b e i s p i e l e : Als Beamte sind angesehen: Angestellte eines Arbeitsamts, ohne Unterschied, ob sie in der Arbeitsvermittlung oder der Arbeitslosenversicherung beschäftigt sind. E. 70, 234; mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Amtsvormundes betraute Angestellte. (§ 32 JugWohlfGesetz). R G . J W . 31, 3670; Fleischbeschauer, auch soweit sie bei der Schlachtsteuererhebung mitwirken. E . 73, 169 (einschließlich der Privattierärzte, denen die Fleischbeschau übertragen ist. R G . J W . 38, 1317); Hundefänger, die mit staatlicher Genehmigung von Tierschutzvereinen angestellt sind. E . 30, 29; Beamte (auch die mittleren und unteren) der Bundesanstalt für Angestelltenversicherung. R G . D S t R . 36, 367; Beamte und Angestellte von Kreis- und Gemeindesparkassen. R G . J W . 34, 2149; H R R . 33 Nr. 1388; städtische Friedhofsverwalter. R G . D R . 40, 792; Angestellte im Fernsprech-und Fernschreibedienst öffentl. Behörden. R G . J W . 30, 1972; BayObLG. N J W . 53, 1074; Leiter und AngesteUte eines städtischen Wohnungsamts. E . 57, 366, oder Ernährungsamts. R G . H R R . 42 Nr. 828; Gemeinderechner. R G . J W . 39, 1595; Mitglieder städtischer Kommissionen für Licht- und Wasserwerke. R G . J W . 23, 1034; Angestellte und Arbeiter von städtischen Licht- und Wasserwerken und von städtischen Verkehrsunternehmen (Straßenbahnschaffner und Ableser eines Gaswerks). R G . J W . 35, 2433; 36, 1660 1 3 ; B a y ObLGSt. 50/51 S. 4 3 ; Inhaber einer Posthilfsstelle. R G . J W . 31, 2814; Postaushelfer, dem der Bestelldienst übertragen ist. E . 51, 66; 52, 309, oder der den Briefkasten zu leeren hat. R G . H R R . 4 0 Nr. 1424; Markenverkäufer im Schalterdienst. R G . H R R . 29 Nr. 677; Bundesbahnangestellte. R G . J W . 30, 1972; Schiedsmänner. J R . 26 Nr. 1791; öffentlich angestellte Volksschullehrer. E . 25, 89; Studienreferendare. R G . J W . 36, 327 1 8 ; unbesoldete Wohlfahrtspfleger, denen eine dauernd vorgesehene Stelle anvertraut ist. Recht 32 Nr. 1724; z. B . Kassierer. DRZ. 28 Nr. 825; Vorsitzender und Angestellte eines Vieh- oder Getreidewirtschaftsverbandes. R G . J W . 37, 2695; E . 75, 396; Leiter und Angestellte der Ortskrankenkassen. E . 74, 268; 76, 105 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung. E . 70, 236, nach der Geschäftsführer und Angestellte der Ortskrankenkasse nur, soweit sie Vollziehungsbeamte sind, als Beamte angesehen wurden) — und zwar auch nach Wiederherstellung der Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherung. (Ges. v. 13. 8. 1952, B G B l . I S. 427). OLGe München H E S t . 2, 364, Neustadt DRZ. 50, 522 — und der Berufsgenossenschaften. E . 76, 209 (ebenfalls unter Aufgabe der früheren 24

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

370

A 2. Strafgesetzbuch. § 360

29. Abschnitt.

Übertretungen*)

§ 360 (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft wird bestraft: l1)-

2 2 ). wer außerhalb seines Gewerbebetriebes heimlich oder wider das Ver3 bot ) der Behörde Vorräte von Waffen 4 ) oder Schießbedarf aufsammelt 6 ); Rechtsprechung. R G . D S t . R 37, 51); OLG. Stuttgart MDR. 50, 627; ebenso die Bediensteten der Ersatzkassen. OLG. Hamm JMB1. N R W . 52, 157. Auch k i r c h l i c h e Beamte sind Beamte im Sinne des § 359, wenn sie die ihnen übertragenen Geschäfte unter staatl. Aufsicht zu führen haben. Hierher gehören insbesondere die mit der kirchlichen Vermögensverwaltung betrauten Beamten; als solche sind u. a. anerkannt: Rendant und Kirchensteuererheber einer evangelischen Kirchengemeinde in den ehemals preußischen Gebietsteilen. R G . J W . 34, 2070; D J . 36, 419; evangelische Kirchenrechner in Bayern. R G . J W . 35, 1248, und Sachsen. E . 71,149; katholischer Pfarrer im früheren Preußen, der als Vorsitzender des Kirchenvorstandes Kirchenvermögen verwaltet. R G . J W . 35, 3391; und Rechnungsführer der katholischen Kirchengemeinden. R G . J W . 35, 3391. Dagegen sind keine Beamte die Geistlichen — außer soweit sie berechtigt sind, amtliche Zeugnisse zu erteilen. R . 5, 56 — , Kirchendiener, Küster, Organisten. E . 13, 432; Wahlvorsteher bei kirchlichen Wahlen. R G . Recht 26 Nr. 687. Keine Beamte sind z. B . : Innungsmeister. E . 72, 289; Angestellte von Privateisenbahngesellschaften, soweit sie nicht in Wahrnehmung bahnpolizeilicher Aufgaben tätig werden. R G . D J . 40, 1220, Abgeordnete. B G H . N J W . 54, 439; Deutsche im Dienst der Besatzungsmächte. B G H St. 2, 396 (wegen der Anwendbarkeit des Ges. Nr. 14 der A H K . v. 25. 11. 1949 — ABl. S. 59 — i. d. F . des Ges. Nr. 26 v. 4. 5. 1950 — ABl. S. 288 — vgl. Dreher N J W . 52, 892). Wegen der ehrenamtl. Richter (Schöffen, Geschworene usw.) s. Anm. 1 zu § 336. *) Die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des S t G B , beziehen sich auch auf die Übertretungen, soweit dies nicht durch die Natur der Sache oder besondere Bestimmungen ausgeschlossen ist. Insbesondere ist zu bemerken: a) Auf Einziehung darf nur in den besonders bezeichneten Fällen erkannt werden, dann aber auch, wenn die Verfolgung einer bestimmten Person nicht ausführbar ist (§ 42). K G . Johow 11, 291; a. M. K G . Johow 33, C 36 und L K . Vorbemerkung 4 . b) Der Versuch einer Übertretung ist immer straflos. c) Die Anstiftung zu einer vorsätzlichen Übertretung ist strafbar (§ 48); dagegen, ist Beihilfe zu einer Übertretung straflos (§ 49). d) Übertretungen fordern unterschiedslos Verschulden. Braunschweig LZ. 23, 292; Düsseldorf DRZ. 32 Nr. 448. Ob Vorsatz erforderlich ist oder Fahrlässigkeit genügt, richtet sich, wo das Gesetz die Schuldform nicht ausdrücklich gestimmt, nach der Natur der einzelnen Übertretung und nach dem Zweck, den der Gesetzgeber mit der Strafschrift erkennbar verfolgt. E . 8, 321. Daran hat sich auch durch das OWiG. •— A 4 — nichts geändert (vgl. dort Vorbem. 4 vor § 1). e) Die Begünstigung einer Übertretung ist straflos (§ 257), dagegen ist Hehlerei (§ 259) auch bei Übertretungen möglich. f) Über die im Auslande verübten Übertretungen siehe § 6 S t G B . g) Bei Tatmehrheit wird keine Gesamtstrafe gebildet (§§ 74, 77). h) Wegen der Strafen siehe § 27 S t G B . Zu § 3 6 0 : 1) Nr. 1 ist aufgehoben durch Gesetz v. 3. 6. 1914 (RGBl. S. 195). 2) Nr. 2 ist, soweit es sich um Schußwaffen und Munition handelt, überholt durch § 26 des Waffengesetzes v. 18. 3. 1938 (RGBl. I S. 265). Vgl. jetzt KontrRBef. Nr. 2. v. 7. 1. 1946 über Beschlagnahme und Ablieferung von Waffen und Munition. Überlassung und Erwerb von Sport- (Jagd-)waffen ist geregelt in der auf Grund des Ges. Nr. 24 der A H K . v. 30. 3. 1950 (ABl. S. 281) von der Bundesregierung erlassenen 1. Anordnung über Sportwaffen und Munition v. 13. 1. 1951 (Bundesanz. Nr. 9 v. 13. 1. 51). Strafvorschrift: Art. 7 des Ges. Nr. 24. 3) Das Verbot der Behörde kann auch fahrlässig übertreten werden. L K . I I . 4) Wegen der bisher geltenden deutschen Vorschriften über Besitz von Militärwaffen siehe die 34. Auflage dieses Werkes, Anm. 49 zu § 360. — Über die Verwertung eingezogener Waffen siehe § 56 StrafvollstreckungsO. (D 3). 5) Aufsammeln ist Vereinigung in einer Hand; es kann durch eine einmalige Handlung, erfolgen. R G . GA. 54, 476.

2. Teil. 29. Abschnitt. Übertretungen. § 360

371

3 6). * 4. wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde Stempel 7 ), Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld, oder von solchen Papieren, welche nach § 149 dem Papiergeld gleich geachtet werden, oder von Stempelpapier, Stempelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken, Postwertzeichen, öffentlichen Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen können, anfertigt oder an einen anderen als die Behörde verabfolgt ; 5. wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde den Abdruck der in Nr. 4 genannten Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder Formen oder einen Druck von Formularen zu den daselbst bezeichneten öffentlichen Papieren, Beglaubigungen oder Bescheinigungen unternimmt, oder Abdrücke an einen anderen als die Behörde v e r a b f o l g t 8 ) ; 6. wer Warenempfehlungskarten, Ankündigungen oder andere Drucksachen oder Abbildungen, welche in der F o r m oder Verzierung dem Papiergelde oder den dem Papiergelde nach § 149 gleichgeachteten Papieren ähnlich sind, anfertigt oder verbreitet 9 ), oder wer Stempel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von solchen Drucksachen oder Abbildungen dienen können, anfertigt; * 7 1 0 ). wer ohne ausdrückliche Ermächtigung der zuständigen Behörde das Wappen des Bundes oder eines Landes oder den Bundesadler oder den entsprechenden Teil eines Landeswappens führt oder gebraucht oder wer unbefugt eine Dienstflagge des Bundes oder eines Landes gebraucht 1 1 ); den Wappen, Wappenteilen und Flaggen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind; 6) Nr. 3 ist aufgehoben durch Gesetz v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). 7) Die Anfertigung von Stempeln usw. ist nur strafbar, wenn sie zur Anfertigung von noch im Verkehr befindlichem Geld dienen können. KG. JW. 29, 2367. 8) „unternimmt": vgl. § 87. Es muß Verwechslungsmöglichkeit bestehen. Nr. 5 ist daher unanwendbar, wenn die Nachahmung auf Scherzartikeln erfolgt. BayObLG. DRZ. 33 Nr. 199; a. M. KG. JW. 32, 2740; OLG. Köln GA. 49, 152. Hierher gehört auch das Nachahmen des auf den Frachtbriefen befindlichen Stempels und der Verkauf der mit dem nachgemachten Stempel versehenen Formulare. RG. GA.26,531. Unternehmen kann nur vorsätzlich, verabfolgen auch fahrlässig erfolgen. 9) Wer die sog. Blüten anfertigt und verbreitet, wird nur wegen Verbreitens bestraft (vgl. Anm. 6 zu § 267). Anfertigen und Verbreiten kann nur vorsätzlich erfolgen; im übrigen genügt Fahrlässigkeit. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 51, 227. Siehe Gesetz v. 26. 5. 1885, betr. den Schutz des zur Anfertigung von Reichskassenscheinen dienenden Papiers (RGBl. S. 165) und Gesetz v. 2. 1. 1911 und 3. 7. 1925 betr. den Schutz des zur Anfertigung von Reichsbanknoten verwendeten Papiers. (RGBl. 1911 S. 25 und 1925 I S. 93). 10) Vgl. hierzu § 27 des Warenzeichengesetzes v. 18. 7. 1953 (BGBl. I S. 643) betr. Mißbrauch von staatlichen Flaggen und Hoheitszeichen und von staatlichen und gemeindlichen Wappen als Warenzeichen und Gesetz zum Schutze des Wappens der Schweizerischen Eidgenossenschaft v. 27. 3. 1935 (RGBl. I S. 501), wonach das Wappen der Schweizerischen Eidgenossenschaft (das aufrechte, gleicharmige, geradlinige weiße Kreuz auf rotem Grunde) nicht zu einem gegen die kaufmännische Ehrbarkeit verstoßenden Zweck oder unter Bedingungen gebraucht werden darf, die geeignet sind, das schweizerische Nationalgefühl zu verletzen. Strafe: Geldstrafe bis zu 150 DM. oder Haft. Ein weißes Kreuz auf grünem Grunde gilt nicht als Nachahmung. VO. v. 29. 12. 1936 (RGBl. I S. 1155). 11) Über Bundeswappen vgl. BGBl. 50, I S. 26, wegen der Dienstflaggen des Bundes s. Anordnung v. 7. 6. 50, BGBl. I S. 205. Der Gebrauch eines vormaligen deutschen Landeswappens (z. B. mit der Krone) ist nicht strafbar. Dresden OLG. JW. 29, 3399. Wappen ausländischer Staaten und deutscher Gemeinden fallen nicht unter Nr. 7. 24*

372

A 2. Strafgesetzbuch. § 360

812). wer gegenüber einer zuständigen Behörde13) oder einem zuständigen Beamten 14 ) über seinen Namen, seinen Stand, seinen Beruf, sein Gewerbe, seinen Wohnort, seine Wohnung oder seine Staatsangehörigkeit eine unrichtige Angabe macht 16 ) oder die Angabe verweigert 16 ); 9. wer gesetzlichen Bestimmungen 17 ) zuwider ohne Genehmigung der Staatsbehörde Aussteuer-, Sterbe- oder Witwenkassen, Versicherungsanstalten, oder andere dergleichen Gesellschaften oder Anstalten errichtet, welche bestimmt sind, gegen Zahlung eines Einkaufsgeldes oder gegen Leistung von Geldbeiträgen beim Eintritte gewisser Bedingungen oder Fristen, Zahlungen an Kapital oder Rente zu leisten; 12) Fassung gemäß Gesetz v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). Vgl. noch § 132a, Ges. über Personalausweise v. 19. 12. 1950 — B I I 13 — und Gesetz über die Führung akademischer Grade v. 7. 6. 1939 — B II 5 — nebst DurchfVO. v. 21. 7. 1939 (RGBl. I S. 985, 1326). Sondergesetz gegenüber Nr. 8 sind die in Ausführung des BJagdges. ergangenen landesrechtl. Vorschriften, die unrichtige Personalangaben oder Verweigerung der Angabe gegenüber Jagdschutzberechtigten mit Strafe oder Geldbuße bedrohen (z. B. § 38 Abs. 1 Nr. 8 Hess. AusfGes. z. BJagdges. v. 24. 3. 1953 — GVB1. S. 27 —), ferner Landesvorschriften, nach denen die Angabe eines falschen Namens Strafschärfungsgrund ist (z. B. § 3 Nr. 3 P r F D G . — E 1 —, § 2 Nr. 3 P r F F P G . — E 2 —). A. M. E. 48, 180. Auch § 26 der ReichsmeldeO. v. 6. 1. 1938 (RGBl. I S. 13) bzw. die an deren Stelle getretenen landesrechtl. Vorschriften sind lex specialis gegenüber § 360 Nr. 8. 13) Vgl. Anm. 3 zu § 164. Wegen der Zuständigkeit s. Anm. 14. 14) Zuständig ist ein Beamter, der ein hoheitliches Recht hat, nach dem Namen zu fragen, sodaß die falsche Namensangabe als Eingriff in staatliche Hoheitsrechte erscheint. E. 72, 30, z. B. ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle. RG. a.a.O.; der Registerrichter GA. 51, 376; ein Bahnwärter als Bahnpolizeibeamter, R. 1, 566; ein Standesbeamter, E. 22 60; ein Wahlvorsteher bei einer staatlich angeordneten öffentlichen Wahl, E. 40, 201. Dagegen n i c h t : ein Telegraphenbeamter, R . 1, 793; ein Briefträger (falls nicht Zustellungsbeamter i. S. der §§ 193ff ZPO.) E. 17, 224; ein Sparkassenrendant. GA. 49, 138. Irrtum über die Beamteneigenschaft schließt den Vorsatz aus. R. 1, 567. 15) N a m e n : § 360 Nr. 8 gilt auch, wenn nur der Vorname unrichtig angegeben wird. KG. D S t R . 36, 236. Der Familienname und der Vorname kann, soweit nicht das BGB. ein anderes vorschreibt, nur mit obrigkeitlicher Genehmigung geändert werden (Gesetz v. 5. 1. 1938, RGBl. I S. 9, 1. DurchfVO. v. 7. 1. 1938, S. 12 und Allg. Verw.-Vorschriften v. 18. 12.1951, BAnz. 52, Nr. 5 S. 1). Die Ermächtigung eines anderen, sich seines Namens, z. B. bei Stellung eines gerichtlichen Antrages, zu bedienen, macht den Täter nicht straflos. Recht 18 Nr. 717. Die Führung des durch nichtigen Scheinannahmevertrag erlangten Familiennamens ist nach § 360 Nr. 8 strafbar. KG. Johow 38, C 61; BayObLG. J R . 26 Nr. 203. Wer einen Doppelnamen hat, darf sich dessen nur in vollem Umfange bedienen. J W . 30, 294. Eine Änderung des Namens liegt auch dann vor, wenn die Schreibweise des Namens in der Weise abgeändert wird, daß die Aussprache des Namens keine Änderung erleidet. Pr. OVG. GA. 49, 285. Künstlern steht gewohnheitsrechtlich die Führung eines angenommenen Namens zu. Unverheiratete weibliche Personen dürfen sich auch ohne besondere amtliche Genehmigung als „ F r a u " bezeichnen (RdErl des R u P r M d J . v. 24. 5. 1937 in der Fassung v. 4. 7. 1940, D J . S. 1070, 872). H a t der Ehemann gemäß § 56 Ehegesetz 1946 der als schuldig geschiedenen Ehefrau die Führung seines Namens untersagt, so darf sie ihn auch nicht mit dem Zusatz „geschiedene" führen. OLG. Celle D S t R . 40, 26. B e r u f : Die falsche Angabe, arbeitslos zu sein, gehört nicht hierher, da sie sich auf die von Nr. 8 nicht erfaßten Vermögensverhältnisse bezieht, nicht aber der Identitätsfeststellung dient. LG. Lübeck. MDR. 51, 244. Bedingter Vorsatz genügt. Absicht der Täuschung über Person und Namensrecht ist nicht erforderlich. BayObLG. H R R . 34 Nr. 1643. 16) Setzt der Täter der Feststellung erhebliche Schwierigkeiten entgegen, so kann dies einer Verweigerung gleichkommen. KG. D S t R . 39, 18. Nach § 3 des Ges. über Personalausweise v. 19. 12. 1950 (B II 13) wird mit Geldstrafe bis zu 150 DM oder mit H a f t bis zu 6 Wochen bestraft, wer es vorsätzlich unterläßt, einen Ausweis auf Verlangen einer zuständigen Stelle vorzulegen. 17) Nr. 9 ist, soweit sie sich auf Versicherungsunternehmungen im Sinne des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmen v. 12. 5. 1901 (RGBl. S. 139) in der Fassung v. 6. 6. 1931 (RGBl. I S. 315) bezieht, aufgehoben durch § 140 Abs. 3 dieses Gesetzes.

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen. § 360

373

1018).

11. wer ungebührlicherweise19) ruhestörenden Lärm20) erregt oder wer groben Unfug verübt 21 ); 18) Nr. 10 — unterlassene Hilfeleistung entgegen polizeilicher Aufforderung — ist gestrichen durch Gesetz v. 28. 6. 1935, RGBl. I S. 839. Vgl. jetzt § 330c. 19) Ruhestörender Lärm ist nur dann ungebührlicherweise verübt, wenn eine gerechtfertigte Veranlassung fehlt. OLG.e Dresden J W . 30, 1628; Naumburg DRZ. 31 Nr. 866 (Sprechchöre), z. B. auch, wenn es sich um eine das Publikum unnötig belästigende Überschreitung einer zustehenden Befugnis handelt. KG. J W . 32, 2070, aber nicht, wenn der Lärm mit einem erlaubten Gewerbe n o t w e n d i g verbunden ist. Celle H R R . 29 Nr. 356. 20) Lärm ist eine grobe, in erheblicher Weise über das erlaubte Maß hinausgehende Geräuschentwicklung. OLG. Dresden JW. 30, 1628. Der Lärm ist ruhestörend, wenn das Publikum schlechthin, nicht nur ein individuell begrenzter Personenkreis, belästigt und so der öffentliche Friede im allgemeinen beunruhigt wird. E. 19, 294; 53, 257; mangels einer unbestimmten Mehrheit z. B. kein ruhestörender Lärm, wenn ein Hausbewohner die Hausgemeinschaft durch überlautes Klavierspielen stört. OLG. H a m m JMB1. N R W . 52, 242. Bei der Frage, ob die Ruhe gestört wurde, ist von dem Empfinden der Durchschnittsmenschen und nicht einzelner übererregbarer Personen auszugehen. BayObLG. J W . 27, 601. Nicht erforderlich ist, daß wirklich eine Ruhestörung eingetreten ist, vielmehr genügt, daß die Handlung zur Störung der öffentlichen Ordnung geeignet war. H.M.; vgl. z.B. Rostock GA. 41, 58. Unerheblich ist, ob der Lärm am Tage oder zur Nachtzeit erregt wird. KG. Recht 32 Nr. 450; ob öffentlich oder innerhalb einer geschlossenen Wohnung. BayObLG. J W . 28, 2562. Den Lärm erregt auch, wer ihn pflichtwidrig nicht verhindert, z. B. durch forgesetztes Dulden des Bellens eines Hundes. KG. Recht 17 Nr. 473; selbst eines Wachhundes. Dresden JW.30, 1628; durch Dulden von lautem Klavierspiel, Gesang usw. seitens eines Wirts. Breslau GA. 56, 243; KG. J R . 26 Nr. 529; GA. 70, 224; durch Dulden von Lärm seitens eines Vereinsvorsitzenden. Hamburg GA. 73,71. Mittelbare Täterschaft liegt vor, wenn jemand einen anderen (z. B. durch Bedrohung oder Mißhandlung) veranlaßt, nachts laut um Hilfe zu rufen. BayObLG. DRZ. 33 Nr. 631. Aus der Rechtsprechung: Ruhestörender Lärm kann erregt werden durch nächtlichen Gebrauch eines Rundfunklautsprechers. KG. J W . 35, 1948; BayObLG. DRZ. 33 Nr. 49; Betrieb eines Reklamelautsprechers auf der Straße. Dresden GA. 74, 245; DRZ. 31 Nr. 282; durch Auf- und Abfahren mit einem knatternden Motorrad auf kurzer Strecke. KG. D JZ. 30, 706. Nicht ist aber jedes Singen zur Nachtzeit auf öffentlicher Straße ruhestörender Lärm. RG. J W . 24, 264. Der Lärm muß vorsätzlich erregt sein. Bezgl. der Ruhestörung genügt das Bewußtsein, daß der Lärm notwendig oder doch möglicherweise einen ruhestörenden Erfolg haben werde. RG. GA. 43, 119; Dresden LZ. 31, 1348 (str.). Nr. 11 betrifft nur den ungebührlicherweise erregten, den Bestand der öffentlichen Ordnung gefährdenden Lärm. Daneben ist noch Raum für PVO. verwandten Inhalts. KG. GA. 71, 380; J F G E r g . 6, 252; PrOVG. RVerwBl. 41, 43. 21) Grober Unfug ist jede u n m i t t e l b a r e Gefährdung, Beunruhigung oder Belästigung des Publikums als solchen, d. h. einer zufälligen unbestimmten Mehrheit von Personen, die eine Verletzung oder Gefährdung des äußeren Bestands der ö f f e n t l i c h e n Ordnung enthält. E. 53, 257; RG. DR. 39, 1068; OLG. Köln D J . 36, 377. Auch Angriffe gegen einzelne Personen können grober Unfug sein, wenn andere Personen durch die Angriffe beunruhigt werden. E. 53, 139. Doch muß sich diese Folge unmittelbar aus der Wahrnehmung der Handlung selbst ergeben, nicht erst auf Grund von Mitteilungen anderer über die Handlung. RG. D S t R . 40, 25. Grober Unfug kann auch durch seelische Einwirkung auf das Publikum begangen werden. E. 32, 100; Dresden LZ. 28, 1115; z. B. durch öffentliche Anbringung eines religionsfeindlichen Werbeplakats. BayObLG. J W . 31, 662; auch wenn der Sinn der Inschrift erst durch Nachdenken erfaßt werden kann. BayObLG. JW. 31, 1498. Der Verübungsakt muß (wie allgemein anerkannt) vorsätzlich erfolgen; bzgl. des Erfolgs (Beunruhigung usw.) genügt dagegen Fahrlässigkeit, d. h., daß der Täter bei der nötigen Überlegung zu der Überzeugung h ä t t e kommen müssen, seine Handlung werde diesen Erfolg haben. E. 16, 100; BayObLG. J W . 30, 2577 (str.). Grober Unfug kann begangen werden durch Beschmieren von Straßen, Gebäuden und Bäumen mit Inschriften (auch Reklamen u. polit. Parolen) und Zeichen. OLGe Darmstadt H R R . 33 Nr. 261; Celle N J W . 51, 772; durch schwindelhafte Reklame. GA. 37, 216; durch Störung einer Theateraufführung. BayObLG. DRZ. 32 Nr. 687; durch Anschlagen von Zetteln mit schweren Beleidigungen. BayObLG. DRZ. 27 Nr. 737; durch Ankündigung des Wahrsagens. Frankfurt a. M. DStZ. 2, 370; durch unanständiges Verhalten auf offener Straße (Entblößen der Geschlechtsteile). E. 7, 168; durch eine Rauferei auf der Straße. Düsseldorf

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A 2. Strafgesetzbuch. §361

12. wer als Pfandleiher22) oder Rückkaufshändler23) bei Ausübung seines Gewerbes den darüber erlassenen Anordnungen24) zuwiderhandelt, insbesondere den durch Landesgesetz oder Anordnung der zuständigen Behörde bestimmten Zinsfuß überschreitet25) ; 13 26). 1427).

(2) In den Fällen der Nummern 2, 4, 5, 6 kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf Einziehung der Vorräte von Waffen oder Schießbedarf, der Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder anderen Formen, der Abdrücke oder Abbildungen erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. * § 361 Mit Haft wird bestraft : 1. wer, nachdem er unter Polizeiaufsicht gestellt worden ist, den infolge derselben ihm auferlegten Beschränkungen zuwiderhandelt; 2 1 )-

3. wer als Landstreicher umherzieht 2 ); * 4. s ) wer bettelt 4 ) oder Kinder6) zum Betteln anleitet oder ausschickt ;

DRZ. 35 Nr. 678; durch unwahre Mitteilung über einen Fall von Scheintod. E. 25, 404; durch mutwilligen Anruf einer Sanitätswache. BayObLG. DRZ. 31 Nr. 209 oder grundlose Alarmierung eines Einsatzwagens der Polizei. OLG. Bremen N J W . 52, 155; dadurch, daß ein Polizeibeamter nachts grundlos der Wache entzogen wird. Dresden J W . 27, 928; a. M. KG. J W . 30, 1232; durch Drehung eines Wegweisers. Königsberg JW. 31, 1990; durch Versendung von sogenannten Kettenbriefen. OLG. Kiel D J . 35, 1386; a. M. Hamburg D J Z . 30, 1208; Dresden JW. 30, 3441; durch öffentliches Nacktbaden. RG. DR. 39, 1068; durch demonstrative Maßnahmen gegen den Gedanken der Völkerverständigung, z. B. durch Singen des „Englandliedes" OLG. Braunschweig NdsRpfl. 52, 89. Daß grober Unfug auch durch die P r e s s e verübt werden kann, wird von der Rechtsprechung allgemein anerkannt. E. 31, 193; BayObLG. D J Z . 27, 470. Eine Verletzung oder Gefährdung des äußeren Bestandes der öffentlichen Ordnung muß auch hier festgestellt werden. E. 36, 213. Die Veröffentlichung muß gegen die allgemeine Verkehrssitte verstoßen. L K . Anm. 17. Sie kann auch dadurch erfolgen, daß ein gegen Sitte und Anstand verstoßendes Presseerzeugnis an öffentlichen Straßen angebracht wird. Dresden. LZ. 28, 1000. 22) Pfandleiher ist, wer Geld gegen Pfandbestellung gibt; Verkauf von Waren und Stunden des Kaufpreises unter Pfandbestellung gehört nicht hierher. R. 7, 257. 23) Siehe § 34 Abs. 2 GewO. 24) Siehe §§ 38, 148 Abs. 1 Nr. 4 GewO. 25) Siehe preuß. Gesetz v. 17. 3. 1881, GS. S. 265 in der Fassung v. 7. 7. 1920, S. 387, v. 23. 11. 1920, S. 534 und v. 28. 9. 1936, S. 149 und VO. v. 30. 9. 1936, GS. S. 150. 26) Nr. 13 ist aufgehoben durch das Tierschutzgesetz v. 24. 11. 1933. 27) Nr. 14 ist aufgehoben durch das Gesetz gegen das Glücksspiel v. 23. 12. 1919. Z u § 361: 1) Nr. 2 ist gestrichen durch Gesetz über Reichsverweisungen v. 23. 3. 1934. 2) Landstreichen ist ein zielloses Umherziehen von Ort zu Ort ohne die Absicht redlichen Erwerbs (Gewerbsunzucht ist kein redlicher Erwerb. E. 30, 438) unter ständigem Wechsel des Nachtquartiers aus eingewurzeltem Hang zum Umhertreiben, wobei der Täter mit seinen Lebenskosten überwiegend anderen zur Last fällt, sei es, daß er fremde Mildtätigkeit in Anspruch nimmt, oder durch sonstige geringfügige Straftaten (Betteln, Erschwindeln von Übernachtung, Hausfriedensbruch, Verbrauchsmittelentwendung — § 370 Nr. 5 — usw.), die zur Befriedigung einfacher Lebensbedürfnisse bestimmt sind, seinen Lebensunterhalt bestreitet. BGH. N J W . 53, 795. Das Durchstreifen e i n e r Großstadt unter häufigem Wechseln des Nachtquartiers fällt nicht unter Nr. 3, da kein Umherziehen von Ort zu Ort. OLG. München N J W . 50, 240. Auch sind Reisen, welche den Zweck verfolgen, dem Täter durch ernstere Straftaten (z. B. Diebstähle und Betrügereien) eine bessere Lebenshaltung zu verschaffen, kein Landstreichen. RG. DR. 39, 365; B G H . N J W . 53, 795. 3) Nr. 4 i. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 4) Betteln ist das — mündliche oder schriftliche — Angehen eines beliebigen Fremden um eine geldwerte Gabe zum Lebensunterhalt unter der Behauptung der Dürftigkeit des Bettelnden selbst oder eines Angehörigen. Das Erbitten eines Almosens genügt; Geben und Empfangen sind nicht notwendig. E. 6, 218. Kein Betteln ist die Entgegennahme einer frei-

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen § 361

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5. wer sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestalt hingibt, daß er in einen Zustand8) gerät, in welchem zu seinem Unterhalte oder zum Unterhalte derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, durch Vermittlung der Behörde fremde Hilfe') in Anspruch genommen werden muß 8 ); 6 9 ). wer 10 ) öffentlich11) in auffälliger Weise18) oder in einer Weise, die geeignet willig angebotenen Gabe und die Inanspruchnahme behördlicher oder sonstiger Fürsorgeeinrichtungen; der sogenannte Klosterbettel (Inanspruchnahme der Klostersuppe) fällt daher nicht unter Nr. 4. BayObLG. J W . 35, 2077; ebenso nicht die Inanspruchnahme eines Fremden nach herkömmlichem Brauch (Inanspruchnahme des Handwerksmeisters seines Fachs durch den wandernden Handwerksburschen. E. 20, 434). Wer nur für hilfsbedürftige Dritte (Nichtangehörige) sammelt, bettelt nicht. OLG. Hamburg GA. 39, 181. Eine Bitte um eine geldwerte Gabe liegt nicht vor bei Nachfrage wegen eines Nachtquartiers. BayObLG. GA. 48, 110, oder um Leistungen ohne besonderen Geldwert, z. B. ein Glas Wasser. Kein Betteln ist die Erbittung einer Gegenleistung für eine vom Bittenden selbst erbrachte Leistung; anders, wenn diese Leistung (z. B. Gesangsdarbietungen, Spielen eines Musikinstruments) nur erfolgt, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. KG. D J Z . 04, 997; OLG.e Dresden DRZ. 29 Nr. 89; Düsseldorf DRZ. 33 Nr. 559, oder wenn es sich nur dem äußeren Schein nach um einen Austausch von Leistung und Gegenleistung handelt und zugleich oder in 1. Linie die Mildtätigkeit des Publikums angeregt werden soll wie beim Hausieren mit geringwertigen Gegenständen. OLG. Dresden GA. 37, 307; BayObLG. Bd. 15, 150. Zwischen Landstreichen und Betteln besteht nicht stets Gesetzeskonkurrenz (a. M. OLG. Kassel GA. 52, 266), sondern nur, wenn der Landstreicher seinen Lebensunterhalt regelmäßig durch Betteln erwirbt (andernfalls Tatmehrheit). L K . IV 10. Tateinheit kann mit Erpressung, ferner bei Vorspiegelung der Bedürftigkeit mit Betrug oder Betrugsversuch bestehen. E. 23, 46; RG. H R R . 36 Nr. 1469. 5) Kind = Person unter 14 Jahren; nicht etwa entscheiden die Umstände des Einzelfalles. Schönke IV 2 b (str.). Die Kinder können eigne oder fremde sein. Handelt es sich um eigne Kinder, so können beide Eltern sich gleichzeitig strafbar machen. RG. GA. 42, 274. 6) Ein ,,Zustand" ist nicht nur die durch die in Nr. 5 bezeichnete Lebensweise herbeigeführte Mittellosigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, sondern auch die durch Trunksucht usw. hervorgerufene moralische Verkommenheit. E. 72, 80, auch wenn sie die Arbeitsfähigkeit noch nicht völlig beseitigt hat. RG. DR. 45, 19. 7) Fremde Hilfe durch Behördenvermittlung wird auch dann in Anspruch genommen, wenn eine Stadtverwaltung, um Unterhalt zu beschaffen, die schwachsinnige Ehefrau des Täters als Arbeitskraft einstellt und trotz minderwertiger Leistungen auskömmlich bezahlt. RG. DR. 40, 1671. 8) Nr. 5 ist Dauerstraftat. Sie endet, wenn der s c h u l d h a f t aufrechterhaltene „ Z u s t a n d " endet, in der Regel mit dem Wegfall der öffentlichen Unterstützung, wenn die Schuld bis dahin bestanden hat. E. 72, 80; oder mit dem Beginn der Untersuchungshaft, in die der Täter wegen infolge seiner Trunksucht begangenen Straftaten genommen wird. RG. DR. 40, 1671. Vgl. § 42d. Daneben ist möglich Unterbringung in eine Anstalt oder sonstige Arbeitseinrichtung seitens der Verwaltungsbehörde nach § 20 der VO. v. 13. 2. 1924 (RGBl. I S. 100). Tateinheit ist möglich mit § 170b. RG. DR. 45, 19, mit §§ 284a, 285. 9) Nr. 6, 6a bis c in der Fassung des Gesetzes v. 26. 5. 1933 (RGBl. I S. 295). Vgl. dazu Nr. 262 der „Richtlinien für das Strafverfahren" (1953). 10) Kein Unterschied zwischen Mann und Frau (vgl. E. 72, 107 und § 175a Nr. 4). Die folgenden Tatbestandsmerkmale müssen, da sie gleichgeordnet sind, jedes für sich besonders festgestellt werden. OLG. Königsberg H R R . 39 Nr. 356. Auffordern und Sichanbieten können nur vorsätzlich erfolgen; für die Tatbestandsmerkmale der Öffentlichkeit, Auffälligkeit und Belästigungseignung genügt Fahrlässigkeit. OLG. Dresden J W . 34, 501 (str.: OLG. Hamburg N J W . 53, 1482 verlangt auch für die Öffentl. Vorsatz; Schönke VI l d fordert Vorsatz für alle Tatbestandsmerkmale). 11) Der Begriff „öffentlich" ist hier der allgemeine (vgl. Anm. 2 zu § 200), nicht der besondere des § 183 (vgl. dort Anm. 2). OLG. Köln N J W . 53, 1604 (str.). Es muß also die Möglichkeit bestehen, daß irgendwelche beliebige Personen aus dem Publikum die Handlung beobachten. OLGe Breslau DJ[. 35, 685; Königsberg H R R . 39 Nr. 356. 12) Es ist unerheblich, ob jemand tatsächlich belästigt worden ist. Zur Belästigung genügt nicht jede noch so geringfügige Beeinträchtigung des inneren Wohlbefindens. OLG. Königsberg H R R . 39 Nr. 356. 13) Unzucht umfaßt nicht nur Beischlafvollziehung, sondern alle Zucht und Sitte zuwiderlaufenden, die Erregung oder Befriedigung menschlicher Geschlechtslust bezweckende

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A 2. Strafgesetzbuch. §361

ist 12 ), einzelne oder die Allgemeinheit zu belästigen, zur Unzucht 13 ) auffordert14) oder sich dazu anbietet 16 ); 6 a. wer gewohnheitsmäßig zum Erwerbe Unzucht treibt 16 ) und diesem Erwerbe in der Nähe von Kirchen17) oder in einer Wohnung18) nachgeht, in der Kinder oder jugendliche Personen zwischen drei und achtzehn Jahren wohnen; 6b. wer gewohnheitsmäßig zum Erwerbe Unzucht treibt und diesem Erwerbe in der Nähe von Schulen19) oder anderen zum Besuch durch Kinder oder Jugendliche bestimmten örtlichkeiten 20 ) oder in einem Hause, in dem Kinder oder jugendliche Personen zwischen drei und achtzehn Jahren wohnen, in einer diese Minderjährigen sittlich gefährdenden Weise nachgeht 21 ); 6 c. wer gewohnheitsmäßig zum Erwerbe Unzucht treibt und diesem Erwerbe in einer Gemeinde mit weniger als zwanzigtausend Einwohnern nachgeht, in der die Ausübung der Unzucht zum Erwerbe durch eine zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes erlassene Anordnung der obersten Landesbehörde verboten ist; 7. wer, wenn er aus öffentlichen Armenmitteln eine Unterstützung empfängt, sich aus Arbeitsscheu weigert, die ihm von der Behörde angewiesene, seinen Kräften angemessene Arbeit zu verrichten22); 8. wer nach Verlust seines bisherigen Unterkommens23) binnen der ihm Handlungen im Verkehr mehrerer Personen untereinander. E. 37, 303. Ob die Unzucht gewerbs- oder gewohnheitsmäßig oder nur gelegentlich getrieben wird, ist gleichgültig. Schloßmann, D J Z . 27, 715; KG. D J Z . 30, 904. 14) Vgl. Anm. 9 zu § 110. Daß die Aufforderung zur Kenntnis des Aufgeforderten gelangt ist oder irgendwelchen Erfolg gehabt hat, ist nicht erforderlich. OLG. Dresden LZ. 31, 723. 15) Im Begriff des Sichanbietens liegt bereits, daß Dritten gegenüber die Bereitschaft zur Unzucht wörtlich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht wird. Ein Sichanbieten „in auffälliger Weise" erfordert also mehr. Daher fällt der gewöhnliche Straßenstrich der Dirne der nur im Aufstellen oder Auf- und Abgehen auf öffentl. Straßen und Plätzen zwecks Anlockung von Männern zur Unzucht besteht, den Tatbestand noch nicht. A. M. OLGe Dresden J W . 34, 501; Breslau D J . 35, 685; vielmehr ist ein Verhalten erforderlich, das zwar nicht anstößig zu sein braucht, aber sich unliebsam aus der üblichen Verhaltensweise anderer Passanten heraushebt, so daß nicht nur ein Aufmerksamer das Verhalten der Dirne gewahr wird, z. B. Anstarren von Passanten, hartnäckiges Hin- und Herpendeln zwischen zwei nahe beieinander liegenden Punkten. KG. D S t R . 36, 237; OLG. Köln N J W . 53, 1076. Tateinheit ist möglich mit § 175a Nr. 4. 16) Über „Gewohnheitsmäßigkeit" siehe Anm. 2 zu § 260. Die gewohnheitsmäßige Ausübung der Erwerbsunzucht erfordert nicht die Hingabe an einen individuell unbestimmten Kreis von Männern gegen Entgelt, vielmehr genügt, daß die Dirne jeweils nur einen „Liebhaber" hat, wenn die verschiedenen Verhältnisse sich unmittelbar aneinanderreihen. Bay. ObLGSt. 1950/51 S. 501 (vgl. auch Anm. 1 zu § 181a). 17) Die Nähe der Kirche reicht soweit, als der Unzuchtsbetrieb mit Rücksicht auf die Kirche geeignet ist, von der religiös empfindenden Bevölkerung als eine Verletzung der Ehrwürdigkeit des Orts empfunden zu werden. Fahrlässigkeit genügt. BayObLG. J W . 29, 3393; Stuttgart H R R . 30 Nr. 1893. 18) Wohnung ist der Inbegriff derjenigen Räumlichkeiten, die einer Einzelperson oder einer zusammengehörenden Mehrheit von Personen, einer Familie, zum ständigen Aufenthalt dienen oder zur Benutzung freistehen. Gemeint ist die eigene Wohnung der Dirne. RG. H R R . 28 Nr. 1539; BayObLG. GA. 73, 37. 19) Zwischen der Schule und dem Ort, wo der Unzucht nachgegangen wird, genügt eine räumliche Beziehung. BayObLG. DRZ. 28 Nr. 837. Das Verbot der gewerbsmäßigen Unzucht beschränkt sich auf die Zeit, in denen die Schule usw. tatsächlich von Jugendlichen besucht wird („in einer diese . . . sittl. gefährdenden Weise nachgeht"). Anders für das frühere Recht. KG. D J Z . 28, 1481; Naumburg H R R . 30 Nr. 1417. 20) Der Besuch durch Kinder muß der Örtlichkeit ihre Eigenart verleihen. OLG. Hamburg H R R . 32 Nr. 491. 21) Fahrlässigkeit genügt. OLG. Düsseldorf DRZ. 32 Nr. 448. 22) Von der Behörde angewiesene Arbeit = von der Fürsorgebehörde oder dem Arbeitsamt nachgewiesene Arbeit. Zum inneren Tatbestand gehört Vorsatz (str.).

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen § 362—365

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von der zuständigen Behörde24) bestimmten Frist sich kein anderweitiges Unterkommen verschafft hat und 25 ) auch nicht nachweisen kann, daß er solches der von ihm angewandten Bemühungen ungeachtet nicht vermocht habe; * 926) wer einen noch nicht Achtzehnjährigen, dessen Beaufsichtigung ihm obliegt, nicht gehörig beaufsichtigt, wenn der zu Beaufsichtigende eine als Übertretung mit Strafe bedrohte Handlung begeht, die der Aufsichtspflichtige durch gehörige Aufsicht hätte verhindern können. Statt der Haft kann auf Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark erkannt werden. § 143 Abs. 2 und 3 ist anzuwenden. 10").

§ 3621). [Vollzug der verschärften Haft] Die nach Vorschrift des § 361 Nr. 3—8 Verurteilten können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und Verhältnissen angemessen sind, innerhalb und, sofern sie von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden, auch außerhalb der Strafanstalt angehalten werden. §

363i)

* § 3641). [Wiederverwendung von Stempelpapier] (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark wird bestraft wer wissentlich schon einmal verwendetes Stempelpapier nach gänzlicher oder teilweiser Entfernung der darauf gesetzten Schriftzeichen, oder schon einmal verwendete Stempelmarken, Stempelblankette oder ausgeschnittene od' r sonst abgetrennte Stempelabdrücke der in § 276 bezeichneten Art veräußert oder feilhält. (2) Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher wissentlich schon einmal verwendete Postwertzeichen nach gänzlicher oder teilweiser Entfernung des Entwertungszeichens veräußert oder feilhält. §

365i)

23) Unterkommen bedeutet nur Obdach, nicht auch die zum Unterhalt erforderlichen Mittel. A. M. OLG. Rostock GA. 42, 274. Es ist nicht erforderlich, daß das neu beschaffte Unterkommen auf ehrliche Weise erworben ist. E. 36, 59. Die bloße Anmeldung bei einer Herberge, ohne daß eine bestimmte Zusage erteilt ist, genügt nicht. Recht 9, 22; GA. 52, 86. Zum inneren Tatbestand genügt Fahrlässigkeit. 24) Das sind grundsätzlich die Polizeibehörden. 25) Gesetzliche Beweisvermutung, die den Richter nicht davon entbindet, von Amts wegen die Wahrheit zu erforschen. 26) I. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Nr. 9 ist die Ergänzung des § 143 für die von Jugendl. begangenen, als Übertretung strafbaren Handlungen. 27) Nr. 10 betr. vorsätzliche Verletzung der Unterhaltspflicht ist gestrichen durch VO. v. 18. 3. 1943 (RGBl. I S. 169) und ersetzt durch § 170b StGB. Z u § 362: 1) Die Abs. 2 bis 4 sind auf Grund des Ges. v. 24. 11. 1933 gestrichen. Z u § 363: 1) §363 — Fälschen (Abs. 1) und Gebrauchmachen von unrichtigen Legitimationspapieren (Abs. 2) — ist, nachdem Abs. 1 sein Anwendungsgebiet durch die Rechtsprechung fast völlig verloren hatte, durch § 4 des Ges. v. 4. 9. 1941 (RGBl. I, S. 549) aufgehoben. Die Bestrafung erfolgt in den Fällen des Abs. 1 nach § 267; an die Stelle des Abs. 2 ist § 281 getreten. Z u § 364: 1) Abs. 2 i. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). § 364 ergänzt den § 276, der nur die Verwendung oder Benutzung betrifft. Zum inneren Tatbestand gehört Vorsatz. Feilhält: s. Anm. 6 zu § 184. Sondervorschriften: § 405 Abs. 2 RAbgO — B VI —, § 1497 RVO. u. § 205 AVGes. — B. V 1, 3 —. Z u § 3 6 5 : 1) § 365 und Art. I des Notges. v. 24. 2. 1923 (RGBl. I, S. 147) sind durch § 23 des Gaststättengesetzes (unter B I I I 6) aufgehoben.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 366

§ 366 Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1. wer den gegen die Störung der Feier der Sonn- und Festtage 1 ) erlassenen Anordnungen2) zuwiderhandelt; 23). wer in Städten oder Dörfern übermäßig schnell fährt oder reitet oder auf öffentlichen Straßen oder Plätzen der Städte oder Dörfer mit gemeiner Gefahr Pferde einfährt oder zureitet; 3S). wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder Wasserstraßen das Vorbeifahren anderer mutwillig verhindert; 43). wer in Städten mit Schütten ohne feste Deichsel oder ohne Geläute oder Schelle fährt; 5 3 ). wer Tiere in Städten oder Dörfern, auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, oder an anderen Orten 4 ), wo sie durch Ausreißen, Schlagen oder auf andere Weise Schaden anrichten können, mit Vernachlässigung der erforderlichen Sicherheitsmaßregeln stehen läßt oder führt; 6. wer Hunde auf Menschen hetzt 8 ); 7. wer Steine oder andere harte Körper oder Unrat auf Menschen, auf Pferde oder andere Zug- oder Lasttiere, gegen fremde Häuser, Gebäude oder Einschließungen, oder in Gärten oder eingeschlossene Räume wirft 6 ); 8. Wer nach einer öffentlichen Straße 7 ) oder Wasserstraße, oder nach Orten 8 ) hinaus, wo Menschen zu verkehren pflegen, Sachen, durch deren UmZ u § 366: 1) Welche Tage Festtage sind, bestimmte das Gesetz über die Feiertage v. 27. 2. 1934 (RGBl. I S. 129), an dessen Stelle Gesetze der Länder getreten sind, z. B. für Hessen Ges. v. 17. 9. 1952, GVB1. S. 145, für Rheinland-Pfalz Ges. v. 25. 6. 1948, GVB1. S. 253 und VO. v. 19. 6. 1950 (S. 258), für Württemberg-Hohenz. Ges. v. 8. 4. 1952, RegBl. S. 24, für Württ.-Baden Ges. v. 29. 10. 1947, RegBl. 48 S. 41, für Bayern Ges. v. 15. 12. 1949, GVB1. 50 S. 41 nebst ErgGes. v. 12. 6. 1950 (S. 95), für Baden Ges. v. 26. 2. 1948 i. d. F. des Ges. v. 12. 12. 1950 (GVB1. S. 301), für Berlin Ges. v. 14. 12. 1949 (VOB1. S. 496), für Hamburg Ges. v. 16. 10. 1953 (GVB1. S. 289), für Schlesw.-Holst. Ges. v. 12. 12. 1953 (GVB1. S. 161). 2) Siehe VO. über den Schutz der Sonn- und Feiertage v. 16. 3. 1934 (RGBl. I S. 199), und die an deren Stelle getretenen, in Anm. 1 genannten Vorschriften. Im Gegensatz zum RJagdges. enthält das BJagdges. •— B I X 1 — keine die Jagdausübung an Sonn- und Feiertagen betreffenden Vorschriften; die Regelung obliegt insoweit dem Landesrecht. § 366 Nr. 2 bezieht sich nur auf die Störung der äußeren Ordnung, nicht auf die Einhaltung der Sonntagsruhe aus sozialpolitischen Gründen. E. 20, 89 (siehe dazu §§ 146 und 146a GewO.). Fahrlässig keit genügt. BayObLG. Bd. 7, 210. 3) Nr. 2—5 sind im wesentlichen überholt durch §§ 1, 49 der Straßenverkehrsordnung v. 24. 8. 1953 — B V I I I 2 —. 4) Die anderen Orte brauchen nicht öffentlich zu sein. Es fallen darunter auch Privatwege. KG. J W . 31, 3468. Nr. 5 bezieht sich nicht auf frei herumlaufende Tiere, insbesondere nicht auf Hunde auf einem geschlossenen Hofe. RGZ. GA. 46, 240; KG. J W . 31, 3468 (vgl. dazu § 367 Nr. 11). 5) ,,auf" Menschen = in der Richtung auf Menschen; ob der Hund tatsächl. einen Menschen anpackt, ist bedeutungslos. OLG. München St. 4, 230. Es ist Vorsatz erforderlich. KG. D J Z . 31, 94. Tateinheit mit Körperverletzung ist möglich. E . 8, 315. 6) Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ist nicht erforderlich, es genüct die Gefahr, die für eine einzelne Person entstehen kann. Breslau GA. 42,425. „ a u f " Menschen usw.: s. Anm. 5; daß die Menschen, Pferde usw. auch wirklich getroffen sind, ist nicht notwendig. E. 3, 306; Naumburg DRZ. 31 Nr. 211; dagegen müssen Häuser usw. und Gärten usw. getroffen werden. ,,In" den geschlossenen R a u m muß der Wurf von außen erfolgen. BayObLG. J W . 29, 268. „ U n r a t " ist nicht bloß eine ekelerregende Substanz, vielmehr jede, die verunreinigt. E. 21, 314; unter „Werfen von U n r a t " kann auch Ausspucken fallen. Jena H R R . 31 Nr. 1821. 7) Straße sind alle Teile der in der Stadt gelegenen Bodenfläche, die durch ihre Lage und Beschaffenheit dem ungehinderten allgemeinen Verkehr des Publikums offenstehen.

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen. §§ 366a, 367

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stürzen oder Herabfallen jemand beschädigt werden kann, ohne gehörige Befestigung aufstellt oder aufhängt, oder Sachen auf eine Weise ausgießt oder auswirft 9 ), daß dadurch jemand beschädigt oder verunreinigt werden kann; 9 1 0 ) . wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder Wasserstraßen Gegenstände, durch welche der freie Verkehr gehindert wird, aufstellt, hinlegt oder liegen l ä ß t ; 10 1 1 ). wer die zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlichkeit, Reinlichkeit 1 8 ) und Ruhe auf den öffentlichen 13 ) Wegen, Straßen 7 ), Plätzen oder W a s s e r s t r a ß e n 1 4 ) erlassenen Polizeiverordnungen übertritt.

§ 366a. [Verletzung von Vorschriften zum Schutz der Dünen] W e r die zum Schutze der Dünen 1 ) und der Fluß- und Meeresufer, sowie der auf denselben vorhandenen Anpflanzungen und Anlagen erlassenen Polizeiverordnungen übertritt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft.

§ 367 (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit H a f t wird bestraft: * l . 1 ) wer ohne Vorwissen der Behörde 2 ) einen Leichnam 3 ) beerdigt 4 ) oder beiseite schafft 5 ); Darmstadt J R . 25 Nr. 1698; auch Vorgartenland. KG. DJZ. 28, 389. Es ist nicht erforderlich, daß der Werfende sich außerhalb der Straße befindet. GA. 53, 77. 8) Z. B. nach einem Balkon. KG. JW. 38, 170. 9) Darunter fällt auch das Ausschütteln eines Teppichs. KG. DStR. 38, 429. 10) Nr. 9 hat nur noch für Wasserstraßen Bedeutung:, im übrigen gelten jetzt §§ 41, 49 der StraßenverkehrsO. v. 24. 8. 1953 — B V I I I 2 —. KG. DStR. 39, 180. 11) Der Straßenverkehr ist jetzt geregelt in der Straßenverkehrsordnung v. 24. 8. 1953 — B V I I I 2 —, deren § 49 als Sondervorschrift dem § 366 Nr. 10 StGB, vorgeht. Auch das sog. „Anreißen" auf der Straße ist jetzt nach §§ 42, 49 a.a.O. strafbar. Nr. 10 gilt demgemäß z. B. noch für die Reinlichkeit OLG. München HRR. 40 Nr. 49, bei PolizeiVOen über den Maulkorbzwang für Hunde BayObLGStr. 50/51 S. 414, im übrigen für die Wasserstraßen. 12) Die Straßenreinigungspflicht ist landesgesetzlich geregelt, z. B. durch preuß. Gesetz v. 1. 7. 1912 (GS. S. 187). 13) Ein öffentlicher Weg usw. ist nicht nur ein rechtlich öffentl. Weg, vielmehr genügt tatsächl. Öffentlichkeit, d. h. daß die Örtlichkeit ohne Beschränkung tatsächlich dem öffentlichen Verkehr dient. E. 33, 373; OLG. München H R R . 40 Nr. 49; KG. LZ. 31, 268; mag sie auch im Privateigentum von Anliegern stehen. BayObLG. DRZ. 33 Nr. 347, z. B. ein Verkaufsstand innerhalb einer Hausruine. BayObLG. 50/51 S. 414. Beruht die Bestimmung zum öffentlichen Wege auf dem Willen einer Privatperson, so geht diese Eigenschaft durch Widerruf verloren. RG. J W . 09, 303. 14) Die Übertretung einer polizeilichen VO., die nur der Erleichterung der Unterhaltung eines Wasserlaufs dient, ist nicht strafbar, auch nicht nach dem Wassergesetz. KG. J F G . Erg. 10, 339. Seewasserstraßenordnung v. 31. 10. 1933 (RGBl. II S. 833); SchiffahrtspolVO. f. d. deutsche Rheinstromgebiet v. 18. 1. 1939 (RGBl. II S. 41) i. d. F. der VO. v. 17. 2. 1951 (BGBl. II S. 30). Zu § 3 6 6 a :

1) Nach KG. JFGErg. 12, 290 nicht: Deiche.

Z u § 367: 1) I. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) Nr. 1 ergänzt den § 168. 2) Zuständige Behörde ist regelmäßig die Ortspolizeibehörde, deren Genehmigung erforderlich ist, wenn die Beerdigung vor Eintragung des Todesfalles in das Sterbebuch erfolgt (§ 39 Personenstandsgesetz), im Falle eines unnatürlichen Todes (§ 159 StPO.) die StA., bzw. das AG. E. 28, 121. Über Feuerbestattung siehe Ges. v. 15. 5. 1934 (RGBl. I S. 380). Nach § 30 J u g e n d w o h l f a h r t s g e s e t z wird, wer ein Pflegekind oder uneheliches Kind

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A 2. Strafgesetzbuch. § 367

2. wer den polizeilichen Anordnungen über vorzeitige Beerdigungen entgegenhandelt 8 ); 3*). wer ohne polizeiliche Erlaubnis7) Gift 8 ) oder Arzneien8), soweit der in Pflege hat, m i t Geldstrafe oder H a f t oder m i t Gefängnis bis zu drei Monaten b e s t r a f t , wenn er das Kind ohne die vorgeschriebene Anzeige an das J u g e n d a m t beerdigt. 3) Siehe A n m . 1 zu § 168. 4) T ä t e r ist auch der, dem die Verfügung über die Begräbnisstätte zusteht und der die Beerdigung anordnet oder gestattet. Celle GA. 58, 474. 5) Hierunter fällt jede Handlung, durch die die Leiche örtlich aus der Lage, in der sie sich befindet, e n t f e r n t u n d der Behörde ihre Besichtigung unmöglich gemacht oder doch erschwert wird. E . 28, 119. Fahrlässigkeit genügt nicht, auch nicht bezüglich des Vorwissens der Behörde. Dresden D R Z . 29 Nr. 91. 6) Siehe P r . PVO. über das Leichenwesen v. 18.4.1933 und abändernde VO. v. 28. 6.1933 und 6. 2. 1934 (GS. S. 149, 238 und 60). *) Vgl. Nr. 285 der „Richtlinien für das S t r a f v e r f a h r e n " 1953. 7) I r r t u m über die Zuständigkeit zur Erteilung der Erlaubnis ist T a t b e s t a n d s i r r t u m E . 66, 251. 8) Welche Stoffe und Zubereitungen nur von konzessionierten Gifthändlern feilgehalten werden dürfen, regelt gemäß § 34 Abs. 3 GewO. das Landesrecht, z. B. die PrMPV. v. 22. 2. 1906 (MBliV. S. 42) i. d. F. v. 29. 1. 1935 (MBliV. S. 175). K G . Johow 36 S. C 78. Die darin a u f g e f ü h r t e n Gifte verlieren durch bedeutungslose Zusätze nicht ihren Charakter. K G . R e c h t 34 Nr. 1859. Der Handel mit Gift im Umherziehen ist verboten durch § 56 Abs. 2 Nr. 9 GewO. Sondervorschrift: PolVO. über den Verkehr mit giftigen Pflanzenschutzmitteln v. 13. 2. 1940 (RGBl. I S. 349). 9) Arzneien sind Zubereitungen, die als Mittel zur Beseitigung oder Linderung von K r a n k heiten bei Menschen oder Tieren äußerlich oder innerlich angewendet werden (§ 1 der auf Grund von § 6 GewO. erlassenen VO. v. 22. 10. 1901 — R G B l . S. 380 —, mehrfach geändert, z. B. durch VO. v. 13. 3. 1941 — R G B l . I S. 136 i. d. F. v. 30. 6. 1952 — BGBl. I 349 —). Uber den Verwendungszweck entscheidet die Verkehrsanschauung der beteiligten Kreise, nicht die des Handeltreibenden. E . 57,115. Keine Arzneien sind Stärkungs- u n d Vorbeugungsmittel. OLG. Celle J R . 27 Nr. 885. Der Handel mit Arzneien ist freigegeben, soweit er nicht nach den VOen v. 22. 10. 1901 u n d 13. 3. 1941 den Apotheken vorbehalten ist. V e r z e i c h n i s A der VO. v. 22. 10. 1901 enthält die Zubereitungen, die außerhalb der Apotheken nicht als Heilmittel, wohl aber als Genußmittel usw. E . 22, 197, feilgehalten werden d ü r f e n ; der Verkauf dieser Zubereitungen a u ß e r h a l b der Apotheken als Heilmittel ist ohne Rücksicht darauf unzulässig, ob sie heilkräftige Stoffe enthalten oder nicht. K G . J F G E r g . Bd. 12, 267. Auch k o m m t es dabei nicht auf den N a m e n an, unter dem die W a r e vertrieben wird, sondern ob sie nach ihrer Zusammensetzung und W i r k u n g einem der in den Verzeichnissen aufgeführten Heilmittel entspricht. OLG. H a m b u r g H R R . 31 Nr. 275. V e r z e i c h n i s B der VO. v. 22. 10. 1901 enth ä l t die Stoffe, die außerhalb der Apotheken ü b e r h a u p t nicht feilgehalten werden dürfen. Hierher gehören auch Tabletten, die solche Stoffe enthalten (Aspirin und Pyramidon). Kiel J W . 29, 283. Destillate sind nicht schlechthin zum freien Verkehr zugelassen. K G J . 37, C 74 u n d 44, 447; K G . J F G E r g . Bd. 12, 267. Frei verkäuflich sind Pastillen oder Tabletten aus natürlichen Mineralwässern oder künstlichen Mineralsalzquellen, wenn sie die wesentlichsten Bestandteile bzw. Stoffe der Quelle e n t h a l t e n ; dagegen nicht biochemische Quellensalzt a b l e t t e n . R V G . D R . 42, 694. Karbolwasser darf außerhalb der Apotheken „ z u m äußeren G e b r a u c h " feilgehalten werden. K G . GA. 55, 123; nicht aber Wacholderextrakt m i t Zusatz von Zucker. K G . J F G E r g . 12, 263. Die Abgabe von Kokain und Morphium ist s t r a f b a r nach dem Opiumges. v. 10. 12. 1929 — B I 6 — nebst zahlreichen DVOen. — Zwischen § 367 3 u n d § 8 Nr. 1 Opiumgesetz besteht Gesetzeskonk. E . 66, 251. Auch Verkauf u n d Feilhalten von Geheimmitteln als Arzneien ist nach der VO. von 1901 i. Verb, m i t § 367 Nr. 3 s t r a f b a r . E . 16, 359. „ G e h e i m m i t t e l " sind gegen Krankheiten angepriesene Heilmittel, deren N a t u r und Zusammensetzung die Anpreisung nicht deutlich erkennen läßt. GA. 38, 454; siehe auch E . 6, 329 u n d R . 9, 625. Verkauf und Feilhalten von Geheimmitteln im Umherziehen ist nach § 56 Abs. 2 Nr. 9 GewO. verboten (vgl. dazu R d E r l . v. 29. 8. 1935, RMBliV. S. 1078) u n d nach § 148 Abs. 1 Nr. 7 a GewO. strafbar. Zu den Geheimmitteln i. S. dieser Vorschriften gehören nicht nur arzneiähnliche Stoffe, sondern auch A p p a r a t e , I n s t r u m e n t e u. dgl. B a y O b L G . J W . 34, 3142 (vgl. b a y r . VO. über den Verkehr m i t Geheimmitteln v. 26. 7. 1907 i. d. F. v. 20. 10. 1949, GVB1. S. 273). Die Angabe der Analysen schließt die Geheimmittelnatur nicht aus, wenn die Angabe nicht in unmittelbarem Zusammenhang m i t ihr erfolgt. B a y O b L G . J W . 31, 1499. Landesgesetzl. Vorschriften, welche die Ankündigung m i t Strafe bedrohen, sind in K r a f t geblieben. E . 16, 360.

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen. § 367

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Handel mit denselben nicht freigegeben ist 10 ), zubereitet11), feilhält 18 ), verkauft 13 ) oder sonst an andere überläßt14), 15 ); 4. wer ohne die vorgeschriebene Erlaubnis Schießpulver oder andere explodierende Stoffe oder Feuerwerke zubereitet 18 ); 5. wer bei der Aufbewahrung17) oder bei der Beförderung von Giftwaren, Schießpulver oder Feuerwerken, oder bei der Aufbewahrung, Beförderung, Verausgabung oder Verwendung von Sprengstoffen18) oder anderen explodierenden 10) Freigegeben ist der Handel mit Arzneien, soweit sie nicht nach der VO. v. 22. 10. 1901 den Apotheken vorbehalten sind. Der Großhandel ist überhaupt freigegeben. E. 53, 317. Der Handel mit Arzneien im Umherziehen ist nach § 56 Abs. 2 Nr. 9 GewO. verboten. Nicht freigegebene Arzneien darf ein Arzt nur dann an seine Patienten abgeben, wenn er die Konzession zur Führung einer Hausapotheke hat. E. 63, 419. Ein Verkauf außerhalb der Apotheke liegt schon vor, wenn die Abgabe nicht unmittelbar von den Räumen ausgeht, mag sie auch im Auftrage des Apothekeninhabers erfolgen. KG. D J Z . 31, 308; BayObLG. DRZ. 33 Nr. 269. 11) Zubereiten = (durch menschliche Tätigkeit) herstellt. OLG. Düsseldorf GA. 71, 235. Inwieweit das Zubereiten frei ist, bestimmt Landesrecht; die in Anm. 8 bis 10 genannten Vorschriften haben nur Feilhalten und Verkauf zum Gegenstand. Nicht ist strafbar der Selbstverbrauch, auch wenn ihm keine ärztliche Verschreibung zugrunde liegt. E. 67, 193. 12) Feilhalten ist Bereithalten zum Zwecke des Verkaufs an das Publikum. E. 63, 420; BayObLG. J R . 26 Nr. 1449. Bloßes Ankündigen und Anpreisen ist kein Feilhalten. K G J . 42 C, 426. PolVO. über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens v. 29.9. 1941 (RGBl. I Nr. 109); vgl. dazu Anm. 1 zu § 219. 13) Verkaufen erfordert eine entgeltliche Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt; bloßer Abschluß eines Vertrages genügt nicht. BayObLG. J W . 30, 1603. Doch ist der Verkauf eines Mittels, das auch als Arznei dienen kann, nicht strafbar, wenn es nicht als Arznei verkauft wird. Celle J R . 27 Nr. 885. Verkäufer ist auch derjenige, der für fremde Rechnung oder im fremden Namen das Heilmittel gegen Entgelt abgibt. BayObLG. J R . 26 Nr. 1449. Gewerbsmäßigkeit der Abgabe ist nicht erforderlich. Hamburg GA. 70, 225; BayObLG. J W . 28, 2997. Zwischen § 367 Nr. 3 und § 148 Nr. 7 GewO. besteht nicht Gesetzeskonkurrenz, sondern Tateinheit. E. 47, 20. 14) Überlassen ist jede — auch die unentgeltliche. E. 3, 49; KG. J W . 31, 1513 — Einräumung der tatsächlichen Verfügungsgewalt an andere, auch z. B. die Abgabe innerhalb eines nichtrechtsfähigen Vereins an die Mitglieder, dagegen nicht die Abgabe innerhalb einer engen, auf persönlicher Fürsorge angewiesenen Kreises (an Familienangehörige oder Dienstboten), auch nicht die Aushändigung an einen Boten zur Weitergabe an Arzneiempfänger. BayObLG. 50/51 S. 385 oder durch Beauftragte an den Auftraggeber usw. KG. J F G E r g . 14, 166. Ein Überlassen liegt auch dann vor, wenn jemand das Mittel seinem Patienten in einem Getränk zum Einnehmen gibt. Dresden GA. 73, 221, aber nicht, wenn es bei der Behandlung, ohne daß der Patient die tatsächliche Verfügungsgewalt erhält, verbraucht wird, z. B. durch Einreiben. E. 33, 306. 15) Zum inneren Tatbestand genügt Fahrlässigkeit. E. 63, 419, z. B. bei irriger Beurteilung der Art der verabreichten Mittel. Siehe auch GA. 53, 300. Mittäterschaft des Großhändlers beim Verkauf der von ihm gelieferten Arzneimittel durch einen Drogisten kann vorliegen, wenn ersterer den Willen hatte, über den gewöhnlichen Großhandelsgewinn herausgehenden besonderen Gewinn zu erzielen. OLGe Königsberg JW. 30, 1609; Jena H R R . 29 Nr. 1712. Einziehung ist im Falle der Nr. 3 nicht zulässig (vgl. Abs. 2). 16) Vgl. §§ 1, 9 Sprengstoffges. v. 9. 6. 1884 (unter B I I 7), §§ 16, 147 Nr. 2 GewO., § 26 Waffengesetz v. 18. 3. 38, PolVO. über die Herstellung, den Vertrieb und das Abbrennen von Brandsätzen v. 14. 3. 1939 (RGBl. I S. 497) und Ges. Nr. 24 der AHK. v. 30. 3. 1950 (ABl. S. 251) 17) Hierunter ist jede Niederlegung zu vorübergehender oder dauernder Lagerung zu verstehen. München GA. 41, 68. Die Pr. Min.PVO. v. 11. 1. 1938 (GS. S. 1) über den Handel mit Giften setzt voraus, daß die Aufbewahrer die polizeil. Genehmigung zum Feilhalten von Giften erhalten haben. KG. D J Z . 24, 558. 18) Siehe z. B. preuß. SprengstofflagerVO. v. 17. 11. 1932 (GS. S. 362), MinPolVO. über den Vertrieb von Sprengstoffen und Zündmitteln an den Bergbau v. 13. 12. 1934 (GS. 35, 1), Sprengstoffverkehrsverordnung v. 4. 9. 1935 (GS. S. 119); PrPolVO. über die pol. Genehmigung zur Herstellung, zum Vertrieb und zum Besitz von Sprengstoffen v. 15. 7. 1924 i. d. F. v. 11. 1. 1936, PrGS. S. 1; PolVO. über das Abgeben explosionsgefährlicher Gegenstände zur Verhüttung v. 13. 1. 1939 (RGBl. I S. 55); Schlesw. Holst. Sprengstoffverkehrs VO. v. 21. 12. 1950 (GVB1. 51 S. 4).

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Stoffen oder bei Ausübung der Befugnis zur Zubereitung oder Feilhaltung dieser Gegenstände sowie der Arzneien 19) die deshalb ergangenen Verordnungen nicht befolgt; 5 a. wer bei Versendung oder Beförderung von leicht entzündlichen oder ätzenden Gegenständen durch die Post die deshalb ergangenen Verordnungen nicht befolgt 20 ); 6. wer Waren, Materialien oder andere Vorräte, welche sich leicht von selbst entzünden oder leicht Feuer fangen 21 ), an Orten oder in Behältnissen aufbewahrt, wo ihre Entzündung gefährlich werden kann oder wer Stoffe, die nicht ohne Gefahr einer Entzündung 213 ) bei einander Hegen können, ohne Absonderung aufbewahrt 22 ); 723).

*) 8.24) wer ohne polizeiliche Erlaubnis an bewohnten oder von Menschen besuchten Orten25), Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fußangeln legt, oder an solchen Orten mit einer Schußwaffe553) schießt26) oder Feuerwerkskörper abbrennt27), es sei denn, daß er mit zulässigem Jagdgerät rechtmäßig die Jagd ausübt 28 ); 19) Siehe Anm. zu Nr. 3. 20) Siehe § 4 d. PostO. v. 30. 1. 1929 (RGBl. I S. 33). 21) Gegenstände, zu deren Inbrandsetzung infolge ihrer Eigenschaften ein geringfügiger äußerer Anlaß genügt. KG. D J Z . 28, 1091. Vorräte: s. Anm. 5 zu § 308. 21a) d. h. einer konkreten Entzündungsgefahr. E. 30, 311. 22) Aufbewahren heißt die betr. Gegenstände an einem Orte lagern lassen, bis sie ihre bestimmungsmäßige Verwendung finden; dies ist nicht der Fall, wenn Gegenstände z. B. auf einen Ofen gelegt werden, damit sie dort schneller trocknen. E. 22, 435. 23) Nr. 7 ist aufgehoben durch Lebensmittelgesetz v. 5. 7. 1927 (RGBl. I S. 134). 24) Nr. 8 i. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 25) Ort = Ürtlichkeit. Der Umkreis des b e w o h n t e n Ortes reicht soweit, als nach den Umständen die abstrakte Möglichkeit der Gefährdung von Menschen gegeben ist. OLG. Stettin J W . 31, 1631. Ein Ort ist von Menschen b e s u c h t , wenn Menschen dort zu verkehren pflegen, auch wenn zur Tatzeit gerade kein Mensch anwesend ist. Die Eigenschaft eines Ortes als eines von Menschen besuchten braucht aber keine dauernde und unveränderlifche zu sein; es kann sein, daß der Ort nur zu bestimmten Zeiten von Menschen besucht wird. E. 55, 252; KG. D S t R . 35, 88. Ein Ort ist auch dann „besucht", wenn er trotz Verbots tatsächlich von Menschen aufgesucht wird. E. 9, 124. 25 a) Schußwaffe im techn. Sinn ist eine Waffe, bei der ein fester Körper durch Gas- oder Luftdruck durch einen Lauf getrieben werden kann (§ 1 des — z. Z. suspendierten — Waffenges, v. 18. 3.1938, RGBl. I S. 265). Die Ersetzung der bisherigen Fassung „Feuergewehr oder anderes Schießwerkzeug" durch „Schußwaffe" dient aber nur der Ersetzung eines überalterten Ausdrucks (amtl. Begr.). Daher ist davon auszugehen, daß die bisherige Auslegung der Nr. 8 nicht eingeschränkt ist, auch wenn die bei der T a t verwendeten „SchießWerkzeuge" keine Schußwaffe 1. S. des § 1 Waffenges, darstellen. Keine Schußwaffe i. S. der Nr. 8 ist z. B. ein Blasrohr in der H a n d eines Knaben. RGZ. GA. 38, 242; auch nicht ohne weiteres ein nur mit Bolzen zu verwendendes Luftgewehr. Naumburg LZ. 31, 1278 (anders Kiel J W. 31, 1630); wohl aber — entsprechend dem Zweck der Vorschrift, nicht nur der Gefährdung, sondern auch der Belästigung von Menschen entgegenzutreten. E. 55, 252 — eine Scheintodpistole. BayObLG. DRZ. 33 Nr. 692; auch eine Patrone, die durch einen Schlag mit einem Hammer zur Entladung zu bringen ist. Recht 15 Nr. 948. — Die Rechtswidrigkeit entfällt — abgesehen von der Erteilung polizeil. Erlaubnis —, wenn jemand in Ausübung einer öffentlich-rechtlichen Befugnis die Waffe gebraucht. E. 44, 353, ferner bei Notwehr und Notstand. OLG. Celle GA. 58, 240. Bei Sachnotwehr (§ 228 BGB.) ist jedoch nach KG. D S t R . 38, 247 die Vorschrift dann unanwendbar, wenn Menschen nicht gefährdet werden. 26) Das Schießen muß vorsätzlich erfolgen. E. 48, 321; für die übrigen Tatbestandsmerkmale genügt Fahrlässigkeit. 27) Vgl. dazu PolVO. über Herstellung, Vertrieb und Abbrennen von Brandsätzen v. 14. 3. 1939 (RGBl. I S. 497) und PolVO. über Abbrennen von Feuer wer kskörpern v. 27. 11. 1939/10. 5. 1940 (RGBl. I S. 2345, 784) — in Rheinl.-Pf. aufgehoben durch VO. v. 2. 9. 1949 (GVB1. S. 577). 28) Eine entsprechende Ausnahme enthielt bereits der (aufgehobene) § 36 Abs. 1 AusfVO. z. RJagdges. Sie erklärt sich daraus, daß § 20 BJagdges. — B I X 1 — allgemein die Jagd-

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen. §367

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9. wer einem gesetzlichen Verbot 29 ) zuwider Stoß-, Hieb- oder Schußwaffen, welche in Stöcken oder Röhren oder in ähnlicher Weise verborgen sind, feilhält oder mit sich führt; 10. wer bei einer Schlägerei, in welche er nicht ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist, oder bei einem Angriff sich einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges bedient 30 ); 11. wer ohne polizeiliche Erlaubnis gefährliche wilde Tiere hält 31 ), oder wilde oder bösartige32) Tiere frei umherlaufen läßt 33 ) oder in Ansehung ihrer die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Beschädigungen unterläßt 34 ); 12. wer 35 ) auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen, auf Höfen, in Häusern und überhaupt an Orten, an welchen Menschen verkehren 36 ), Brunnen37), ausübung an Orten verbietet, an denen sie nach den Umständen des einzelnen Falles die öffentl. Sicherheit stören oder das Leben von Menschen gefährden würde; Straf Vorschrift: § 39 Abs. 1 Nr. 6 BJagdges. R e c h t m ä ß i g ist die Jagdausübung, wenn dem Jagenden ein materielles Jagdausübungsrecht (als Eigenjagdbesitzer, Pächter, Jagdgast usw.) zusteht; ist dies der Fall, so wird sie nicht dadurch unrechtmäßig, daß der Jagende gegen jagdpolizeiliche Vorschriften (§§ 19ff. BJagdges.) verstößt (vgl. Mitzschke-Schäfer Anm. 1 zu § 20BJagdges.). Unberührt bleibt § 368 Nr. 7. 29) Nr. 9 gilt nur noch für Hieb- und Stoßwaffen, sonst § 25 Waffengesetz v. 18. 3. 1938. Z. Zt. gilt allgemein das Ges. Nr. 24 der A H K . v. 30. 3. 1950 (ABl. S. 251) betr. Verbot des ungenehmigten Besitzes von Schußwaffen und milit. Hieb- und Stichwaffen. Erwerb, Besitz, und Führen von Sportwaffen (Jagdgewehren), die in Stöcken, Schirmen, Röhren oder in ähnl. Weise verborgen sind, ist durch § 30 der 1. Anordnung über Sportwaffen u. Munition v. 12. 1. 1951 (Bundesanz. Nr. 9 v. 13. 1. 1951) verboten; Straf Vorschrift: Art. 7 des Ges. Nr. 24 der A H K . 30) Vgl. § 227. Nr. 10 ist aber auch anwendbar, wenn sich an der Schlägerei nur zwei Personen beteiligt haben. DRZ. 32 Nr. 532; Celle GA. 49, 335; a. M. OLG. Düsseldorf JW. 32, 66 (Beteiligung von mindestens drei Personen). — Ferner genügt ein A n g r i f f , den nur e i n e Person ausgeführt hat. E. 13, 3. Die Abgabe von Schreckschüssen ist noch kein Angriff (sie kann Nötigung sein). RG. J R . 25 Nr. 443. — Des Messers b e d i e n t sich, wer es in der Schlägerei in irgendeiner Weise benutzt; es ist nicht notwendig, daß damit eine Tätlichkeit gegen eine Person verübt wird. RG. DRZ. 32 Nr. 532; ein „ F u c h t e l n " mit dem Messer genügt. BayObLG. Bd. 7, 392. — Notwehr kann die Rechtswidrigkeit ausschließen. R G . GA. 59, 312. 31) Ob ein wildes Tier (§ 960 BGB.) ein gefährliches ist, bestimmt sich nur nach der Tiergattung, nicht nach dem Erfolg einer etwaigen Zähmung. BayObLG. J W . 31, 2650. „ H a l t e n " eines Tieres bedeutet: im eignen Interesse für einen nicht nur ganz vorübergehenden Zweck die Sorge für das Tier übernommen haben (vgl. § 833 BGB.). 32) Bösartig erfordert nicht eine zu boshaften Angriffen auf Menschen hintreibende Naturanlage. Es genügt, daß der Mensch durch die Wesensart des Tieres Mutwilligkeiten ausgesetzt ist, die zu bösem Ausgang führen können. Dresden DRZ. 31 Nr. 213; KG. J W . 36, 1391 42 (mutwilliges Pferd); KG. J W . 28, 569 (bissiger Hund); OLG. Oldenburg NdsRpfl. 53, 39 (bösartige Kuh). Die Bösartigkeit kann auch durch Dressur herbeigeführt sein. Darmstadt H R R . 32 Nr. 352. Bösartigkeit ist auch die Neigung, zu wildern. KG. J W . 36, 1391. 33) Laufen in umschlossenen R a u m ist kein Freiumherlaufen. BayObLG. Bd. 6, 40. Dagegen wird Freiumherlaufenlassen eines bissigen Hundes weder durch die Anwesenheit des Herrn noch das Anlegen eines Maulkorbs ausgeschlossen. KG. J W . 28, 569. 34) Sind die erforderlichen Vorschriftsmaßregeln gemäß § 40 StraßenVerkO. von der VerkehrspolBeh. angeordnet, so kann die Nichtbefolgung zugleich nach § 49 Straßen VerkO. strafbar sein. KG. J W . 36, 1391. Unbeaufsichtiges Laufenlassen von Hunden und Katzen in einem Jagdbezirk ist nach den landesrechtl. Vorschriften zur Ausführung des BJagdges. (vgl. z. B. § 38 Abs. 1 Nr. 9 Hess. AusfGes. z. BJagdges. v. 24. 3. 1953 — GVB1. S. 27) strafbar. 35) Die Verpflichtung trifft außer dem Eigentümer auch den Verwalter. E. 6, 64; 15, 58 und Dritte, die bei Ausübung eines Gewerbes den gefährlichen Zustand geschaffen haben. BayObLG. DRZ. 27, 1087, nicht aber jeden Nutzungsberechtigten. E. 6, 64. Idealkonkurrenz mit § 222 ist möglich. GA. 45, 34. 36) Auch ein Privatgarten, in dem Personen mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu verkehren pflegen, gehört hierher. D JZ. 11, 156. Ob der Verkehr befugt oder unbefugt geschieht, ist ohne Bedeutung. RG. GA. 37, 202; DRZ. 32 Nr. 533. 37) Auch Springbrunnen. RG. GA. 77, 205.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 367

Keller, Gruben, Öffnungen 38 ) oder Abhänge dergestalt unverdeckt oder unverwahrt läßt, daß daraus Gefahr für andere39) entstehen kann; 13. wer trotz der polizeilichen Aufforderung es unterläßt, Gebäude 40 ), welche den Einsturz drohen 41 ), auszubessern oder niederzureißen; 14. wer Bauten 42 ) oder Ausbesserungen von Gebäuden, Brunnen, Brücken, Schleusen oder anderen Bauwerken vornimmt 43 ), ohne die von der Polizei angeordneten 44 ) oder sonst erforderlichen Sicherungsmaßregeln45) zu treffen; 15. wer als Bauherr 46 ), Baumeister 47 ) oder Bauhandwerker48) einen Bau 49 ) oder eine Ausbesserung, wozu die polizeiliche Genehmigung erforderlich ist 50 ), ohne diese Genehmigung51) oder mit eigenmächtiger52) Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplan ausführt oder ausführen läßt53). 38) Hierzu gehört auch die Lücke in einem Treppengeländer. RG. GA. 40, 306, nicht aber eine zersplitterte Glasscheibe. KG. D S t R . 36, 235. 39) Darunter fallen insbesondere gebrechliche Personen. RG. GA. 37, 441, und Kinder. DRZ. 32 Nr. 533. Fahrlässigkeit genügt. 40) Gebäude ist gleichbedeutend mit Bauwerk, also fällt auch ein Gebäudeteil, z. B. eine Giebelmauer, darunter. OLG. Dresden DRZ. 30 Nr. 561. 41) Dies h a t der Strafrichter nachzuprüfen. RG. GA. 70, 246; BayObLG. J W . 26, 1233; Dresden DRZ. 30 Nr. 561. 42) Die Begriffe „ B a u " und „Bauwerk" sind hier im weitesten Umfange gebraucht, z. B. Ausschachtung von Sand- und Lehmgruben, Legung von Tonröhren unter einer Straße usw. GA. 42, 453; Dresden H R R . 31 Nr. 905. Siehe Anm. 3 zu § 330. 43) Täter ist der Bauherr, nicht der Bauleiter. RGZ. GA. 44, 298; a. M. KG. J F G . Erg. 18, 239; BayObLG. Bd. 7, 348. 44) Ist baupolizeilich eine schriftliche Bauerlaubnis vorgeschrieben, so fällt unter Nr. 14, wer auf Grund einer bloß mündlichen Erlaubnis baut. GA. 39, 208. 45) Dazu gehören auch die Sicherungsmaßnahmen nach Maßgabe der Unfallverhütungsvorschriften einer Baugewerksberufsgenossenschaft. Jena H R R . 28 Nr. 2327. 46) Bauherr ist, wer auf seine Rechnung und Verantwortung bauliche Maßnahmen veranlaßt. KG. JW. 32, 958, dergestalt, daß sein Wille den Bau beherrscht und, abgesehen von der technischen Seite, für die Ausführung derart maßgebend ist, daß der Bauausführende seinen Anordnungen nachzukommen hat. KG. D J Z . 08, 141. Nicht wird Bauherr, wer das Alleineigentum am Baugrundstück erwirbt und sich zur Fertigstellung des Baues bereit erklärt. BayObLG. GA. 72, 143. Bei einer jur. Person, z. B. einer GmbH., ist Bauherr die natürliche Person, die über die Ausführung tatsächlich entscheidet. KG. D J Z . 28, 1481. 47) Baumeister ( = Bauherr, siehe Anm. 1 zu § 330) ist auch der mit der technischen Oberleitung eines Hausbaues Betraute. Dresden J W . 32, 3459. Die Unterzeichnung des Bauplanes begründet nur die Vermutung, daß der Unterzeichner den Bau auch tatsächlich ausführt. Dresden H R R . 28 Nr. 1672. 48) Hierher gehören nicht alle Personen, die handwerksmäßige Arbeiten beim Bau ausführen, es wird vielmehr eine gewisse selbständige Tätigkeit verlangt, die den Bau durch planmäßige Verwendung der eigenen Arbeitskraft und Kenntnisse und durch Leitung mechanisch arbeitender Gehilfen fördert. KG. D S t R . 37, 365. Gesellen unter Leitung eines Meisters sind daher keine Bauhandwerker. KG. H R R . 31 Nr. 2088. 49) Bau ist eine den allgemein anerkannten Regeln der Baukunst unterliegende Ausübung des Bauhandwerks. OLG. München H R R . 39 Nr. 1287 (str.) Eine Antenne ist nur dann ein Bauwerk, wenn sie mittels einer Bautätigkeit hergestellt ist. KG. J R . 26 Nr. 1886. Bauausführung ist auch die Errichtung eines Brunnens. KG. D J Z . 09, 829, die Herstellung eines Zaunes aus festen bewegl. Baustoffen. BayObLG. 50/51 S. 632. Schon der Beginn der Ausführung ist strafbar. BayObLG. J R . 25 Nr. 1937; GA. 70, 245, so z. B. die Aufstellung eines Leergerüstes für einen Betonbau. Dresden H R R . 29 Nr. 1541. Die Verjährung beginnt nicht erst mit der Beseitigung des ordnungswidrigen Zustandes, sondern schon mit der Beendigung der Bautätigkeit, also mit dem Abschluß der Ausführung des Baues. E. 37, 78; KG. J W . 37, 1813; BayObLGSt. 50/51 S. 598 oder mit der Vollendung des Teils der aufgetragenen Bauarbeiten. KG. DRZ. 30 Nr. 275 (also z. B. mit der Vollendung eines unverputzten Bauwerks, wenn der Verputz planmäßig erst später ausgeführt wird. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 53, 38), oder mit der polizeilichen Einstellung des Baues. BayObLG. DRZ. 31 Nr. 350. 50) Ein Irrtum über das Erfordernis ist Tatbestandsirrtum i. S. des § 59 (früher: unbeachtlicher Strafrechtsirrtum. KG. J W . 37, 1813). 51) Für die Einholung der Genehmigung haften die in Nr. 15 aufgeführten Personen selbständig, also nebeneinander. KG. H R R . 31 Nr. 2088. Nach rechtskräftiger Verurteilung

¿.Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen. §368

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16 5 4 . * (2 85 ) In den Fällen der Nr. 8 und 9 kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fußangeln, sowie der verbotenen Waffen erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht.

§ 368 Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1. wer den polizeilichen Anordnungen 1 ) über die Schließung der Weinberge zuwiderhandelt; 2. wer das durch gesetzliche oder polizeiliche Anordnungen gebotene Raupen unterläßt1); 3. wer ohne polizeiliche Erlaubnis eine neue Feuerstätte errichtet oder eine bereits vorhandene an einen anderen Ort v e r l e g t 2 ) ; 4. wer es unterläßt, dafür zu sorgen, daß die Feuerstätten in seinem Hause in baulichem und brandsicherem Zustande unterhalten, oder daß die Schornsteine zur rechten Z e i t 3 ) gereinigt werden; 5. wer Scheunen, Ställe, Böden oder andere R ä u m e , welche zur Aufbewahrung feuerfangender S a c h e n 4 ) dienen, m i t unverwahrtem F e u e r 5 ) oder Licht b e t r i t t 6 ) oder sich denselben mit unverwahrtem Feuer oder Licht n ä h e r t ; 6 7 ) . wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuerfangenden Sachen 8 ) Feuer a n z ü n d e t 9 ) ; wegen Bauens ohne polizeiliche Genehmigung ist eine nochmalige Verurteilung wegen Nichterfüllung der bei der nachträglichen Genehmigung gemachten Auflagen unzulässig. BayObLG. J R . 27 Nr. 988. 52) Auch indem der Täter fahrlässig zu prüfen unterläßt, ob die bauliche Maßnahme mit dem Plan übereinstimmt. KG. DRZ.' 27 Nr. 976. 53) Oder zuläßt oder duldet. Dresden DRZ. 30 Nr. 217. 54) Nr. 16 ist aufgehoben durch das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Es gelten jetzt §§ 8, 10 des Gesetzes über das Versteigerergewerbe v. 16. 10. 1934 (RGBl. I S. 974) in Verbindung mit §§ 63ff., 90 der DurchfVO. v. 30. 10. 1934 (RGBl. I S. 1091). 55) Abs. 2 i. d. Fass. des 3. Strafrechtsänderungsges. (s. Anm. 54). Z u § 368: 1) Die Form der Anordnungen richtet sich nach Landesrecht; sie können auch durch Gesetz getroffen werden (z. B. Hess. Ges. über die Schließung der Weinberge v. 18. 9. 1950, GVB1. S. 182). Im Geltungsbereich des preuß. PVG. bedarf es nicht besonderer Pol. Verordn. KG. J . 20, C 103. Uber die Form pol. Anordnungen vgl. § 58 PrPolVerwGes. Raupen (Nr. 2) ist nicht auch das Versehen mit einem Leimring. KG. DRZ. 28 Nr. 745. Siehe Anm. 2 zu § 30 F F P G . unter E 2. 2) Feuerstätte ist die gesamte Feuerungsanl. einschließlich Schornstein. KG. GA. 40, 180; BayObLG. 21, 314, auch ein Kartoffeldämpfer. KG. DJZ. 06, 1570. Kein Dauerdelikt; die Verjährung beginnt mit der Errichtung oder Verlegung der Feuerstätte. E. 22, 435. 3) d. i. zu der vorgeschriebenen oder nach den Umständen des Falles erforderlichen Zeit. KG. GA. 41, 428. Der Hauseigentümer kann die Verpflichtung nicht durch Vertrag auf einen anderen abwälzen. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 383. 4) Feuerfangend kann eine Sache auch sein, wenn sie in verschlossener Umhüllung (z. B. eine Flüssigkeit in einem geschlossenen Gefäß) aufbewahrt wird. E. 30, 163. 5) Ob ein Feuer unverwahrt ist, hängt von der Feuergefährlichkeit der Sachen, ihrer Entfernung vom Feuer und von den Schutzvorschriften ab. E. 7, 202; Recht 10, 195. Landesfeuerpolizeiliche Vorschriften sind zulässig. E. 7, 201. 6) Auch wer das Feuer erst in dem Raum (z. B. im Theaterraum ein Streichholz) entzündet. E. 30, 115; KG. DJZ. 29, 1688. Nr. 5 ist z. T. überholt durch § 310a i. d. F. v. 4. 9. 1941. 7) I. d. F. des Ges. v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839). Vgl. § 310a und VO. zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände v. 25.6. 1938 (abgedruckt B II 9), ferner PolVO. über das Rauchverbot in feuergefährdeten gewerblichen Betrieben v. 23. 5. 1940 (RGBl. I 5. 814). 25

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 2. Strafgesetzbuch. § 368

* 7. wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuerfangenden Sachen mit Feuerwaffen schießt10) oder Feuerwerke abbrennt 11 ); 8. wer die polizeilich vorgeschriebenen Feuerlöschgerätschaften überhaupt nicht oder nicht in brauchbarem Zustande hält oder andere feuerpolizeiliche Anordnungen12) nicht befolgt; 9. wer unbefugt 13 ) über Gärten oder Weinberge oder vor beendeter 14 ) Ernte über Wiesen 15 ) oder bestellte Äcker, oder über solche Äcker, Wiesen, Weiden oder Schonungen, welche mit einer Einfriedigung versehen sind oder deren Betreten durch Warnungszeichen16) untersagt ist, oder auf einem durch Warnungszeichen geschlossenen Privatwege17) geht, fährt, reitet oder Vieh treibt; 8) Feuerfangend ist z. B. ein gelandetes Flugzeug, wenn anzunehmen ist, daß die Benzintanks infolge der Erschütterung undicht geworden sind. Naumburg DRZ. 30 Nr. 744. 9) Oder das (von ihm oder einem anderen) angezündete Feuer unterhält. RG. GA. 46, 114. Feuer zündet auch an, wer ein Streichholz oder ein Benzinfeuerzeug in Brand setzt. OLG. Breslau J R . 25 Nr. 545. 10) Nr. 7 i. d. F. des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953, BGBl. I S. 735 (bisher statt ,,Feuerwaffen" ,,Feuergewehr"). Hierunter fällt auch das Abfeuern blinder Schüsse. Das Schießen mit nicht feuergefährlichen Schießwerkzeugen (Windbüchsen, F l o b e r t s usw.) gehört nicht hierher, sondern fällt unter § 367 Nr. 8. Jagdberechtigung des Täters ist im Gegensatz zu § 367 Nr. 8 unerheblich; in diesem Falle kann zugleich eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 20, 39 Abs. 1 Nr. 6 BJagdges. vorliegen (vgl. dazu § 4 OWiG. — A 4 —). 11) Durch PolVO. v. 27. 11. 1939 i. d. F. v. 10. 5. 1940 (RGBl. I S. 2345 und 784) ist, soweit sie nocht gilt (vgl. Anm. 27 zu § 367), das Abbrennen von Feuerwerkskörpern im Freien schlechthin verboten. 12) Darunter sind nur allgemeine Anordnungen zu verstehen. KG. GA. 37, 308; 42, 281; z. B. über Unterbringen von Kraftwagen in Scheunen. KG. JW. 32,811 ; nicht feuerpol. Anordnungen für den Einzelfall, es sei denn, daß sie in allgemeinen Anordnungen vorgesehen sind. BayObLG. Bd. 5, 202. Das Verbot des Nächtigens im Freien findet in Nr. 8 keine Grundlage. BayObLG. GA. 72, 371. Anordnungen, die sich auf das Feuerlöschwesen beziehen, gehören nicht hierher; insoweit gilt das Gesetz über das Feuerlöschwesen v. 23. 11. 1938 (RGBl. I S. 1662) nebst DurchfBest., insbesondere §§ 6, 10 der 2. DurchfVO. v. 9. 10. 1939 (RGBl. I S. 2024), § 16 der VO. v. 24. 10. 1939 (RGBl. I S. 2100) bzw. die an die Stelle getretenen landesrechtl. Vorschriften. 13) Vorsatz (einschließlich des bedingten) erforderlich, wobei Bewußtsein der Rechtswidrigkeit zum Vorsatz gehört. OLG. Dresden J W . 37, 182. Die irrige Annahme einer Wegegerechtigkeit kann daher die Strafbarkeit ausschließen. RG. DStZ. 14, 679. Unbefugt handelt nicht, wer gemäß § 917 BGB. ein Recht auf einen Notweg hat, mag dies Recht auch noch nicht durch Urteil festgestellt sein. KG. D J Z . 09, 1446. Der Jagdberechtigte betritt fremde Äcker nicht unbefugt (vgl. im einzelnen § 33 BJagdges. — B. I X 1 —). 14) Unter beendeter Ernte ist der nach der gewöhnlichen Ertragsfähigkeit der einzelnen Wiese mögliche, d. i. regelmäßige letzte Jahresschnitt einschließlich der Einführung des Grummets zu verstehen. BayObLG. LZ. 24, 597. Ein Befahren der Wiesen in der ersten Zeit, in der sich die Vegetation noch nicht entfaltet hat, ist nicht verboten. KG. DRZ. 28 Nr. 746. 15) Nicht auch die darüber führenden Wege. Naumburg LZ. 31, 195. 16) Nur solche Warnungszeichen sind zu beachten, welche von einer berechtigten Person gesetzt. OTr. GA. 24, 470; und genügend wahrnehmbar sind. Naumburg DRZ. 29 Nr. 316 und LZ. 31, 195. Hierher gehört auch ein Strohwisch, LZ. 24, 597 sowie ein Schlagbaum, wenn er die Sperrung des Weges bezweckt. KG. D J Z . 11, 96. Mündliches Verbot der Benutzung begründet keine Strafbarkeit. KG. D S t R . 39, 216. 17) Im Gegensatz zu den „rechtlich-öffentlichen Wegen" d. h. solchen, die ausdrücklich oder stillschweigend von allen rechtlich Beteiligten dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, so daß für jedermann ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Benutzung begündet ist. Dresden DRZ. 32 Nr. 839; BayObLG. J W . 34, 1673. Eine solche Widmung ist vor allem daraus herzuleiten, daß sich auf dem Wege seit Menschengedenken der öffentliche Verkehr bewegt. OLG. Dresden JW. 37, 182. Die Eigenschaft als Privatweg verliert ein Weg schon dann, wenn der dinglich Berechtigte ihn dem öffentlichen Verkehr widmet. Kiel H R R . 28 Nr. 1380. Nr. 9 bezieht sich auch auf Forstgrundstücke. Sie ist durch das F F P G . (vgl. §§ 8 und 32) nicht ausgeschlossen. KG. J F G E r g . Bd. 16, 232. Es darf somit das Betreten von Privatwegen in Wäldern untersagt werden. KG. GA. 53,181; Recht 13, 158. Es ist zulässig, einen Privatweg nur für einige Arten von Fahrzeugen (z. B. Fahrräder) zu sperren. KG. Recht

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen. § 369

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1 0 1 8 ) . wer zur J a g d a u s g e r ü s t e t 1 9 ) u n b e f u g t 2 0 ) ein f r e m d e s J a g d g e b i e t a u ß e r h a l b der z u m allgemeinen G e b r a u c h b e s t i m m t e n W e g e 2 1 ) b e t r i t t ; 10 a 1 8 ) . wer sich m i t g e b r a u c h s f e r t i g e m F i s c h e r e i g e r ä t u n b e f u g t auf f r e m d e n F i s c h g e w ä s s e r n oder a u ß e r h a l b der z u m a l l g e m e i n e n G e b r a u c h b e s t i m m t e n Wege21) an fremden Fischgewässern aufhält; II22).

§ 369

Mit G e l d s t r a f e b i s zu e i n h u n d e r t f ü n f z i g D e u t s c h e M a r k oder m i t H a f t b i s zu vier W o c h e n w e r d e n b e s t r a f t 1 ) : 1. P e r s o n e n , welche o h n e obrigkeitliche A n w e i s u n g oder ohne G e n e h m i g u n g d e s I n h a b e r s einer W o h n u n g S c h l ü s s e l zu Z i m m e r n oder B e h ä l t n i s s e n in der letzteren a n f e r t i g e n oder S c h l ö s s e r a n d e n s e l b e n ö f f n e n , ohne G e n e h m i g u n g d e s H a u s b e s i t z e r s o d e r s e i n e s S t e l l v e r t r e t e r s einen H a u s s c h l ü s s e l 2 ) a n f e r t i g e n , o d e r ohne E r l a u b n i s der Polizeibehörde N a c h s c h l ü s s e l oder D i e t r i c h e v e r a b f o l g e n ; 23). 3. G e w e r b e t r e i b e n d e 4 ) , welche in F e u e r a r b e i t e n , wenn sie die V o r s c h r i f t e n n i c h t b e f o l g e n , welche v o n der Polizeibehörde w e g e n A n l e g u n g u n d V e r w a h r u n g ihrer F e u e r s t ä t t e n sowie w e g e n der A r t u n d der Zeit, sich d e s F e u e r s zu b e d i e n e n , erlassen sind. 18, 711; oder Hausierern das Betreten des Privatweges allgemein durch Anschlag zu verbieten. KG. D J Z . 31, 901. 18) In der Fassung des Gesetzes v. 28. 6. 1935, R G B l . I S. 839. Zwischen § 292 und Nr. 10 besteht nicht Tateinheit, sondern Gesetzeskonkurrenz. E. 13, 270. 19) Zur J a g d ausgerüstet ist, wer Jagdgerät, insbesondere ein Gewehr bei sich führt, von dem er in jedem Augenblicke Gebrauch machen kann. E . 9, 413. Ein Luftgewehr schwerer Ausführung ist ein geeignetes Jagdwerkzeug. AG. Vilshofen DRspr. III 339 Bl. 5. Daß das Gewehr auseinander genommen ist, schließt die Jagdausrüstung nicht aus. R. 1, 671; 9, 9, 556. Nach BayObLG. D J Z . 25, 1514; DRZ. 25 Nr. 489 sind andere Gegenstände als Gewehre als Jagdgerät nur anzusehen, wenn das Gerät zur Ausübung der J a g d auf j a g d b a r e Tiere nicht nur geeignet, sondern dauernd dazu bestimmt ist. Ebenso L K . X 3 (str.; vgl. dazu Anm. 2 zu § 295). Mitführen eines Jagdhundes allein fällt nur unter § 368 10 , wenn der Hund aus eignem Antrieb oder auf Befehl unverwundetes Wild zu fangen geeignet ist, also nicht bei Vorstehhunden. OLG. Naumburg DR. 39, 1861. 20) Forstschutzbeamte können in Ausübung des Forst- und Jagdschutzes auch fremde Reviere betreten (vgl. § 3 Abs. 2 der DurchfVO. zum Gesetz über den Waffengebrauch der Forst- und Jagdschutzberechtigten v. 7. 3. 1935, RGBl. I S. 377). E. 16, 197. Die Befugnis kann auch auf den landesrechtl. Bestimmungen über den Jägernotweg beruhen; sie kann im Einzelfall auch durch § 228 B G B . gegeben sein. Rostock D J Z . 11, 544, jedoch nur nach Erschöpfung der jagdgesetzlich gewährten Möglichkeiten. OLG. Kiel J R . 26 Nr. 762. Zum inneren Tatbestand gehört das Bewußtsein, zur J a g d ausgerüstet zu sein. OLG. Celle GA. 48, 148; im übrigen genügt, da es sich um ein reines Polizeidelikt handelt, Fahrlässigkeit. E. 38, 104; OLG. Darmstadt GA. 44, 174. Hat der Täter bei Beginn der Pacht Erkundigungen über die Grenzen seines Bezirks beim Verpächter eingezogen, so hat er das getan, was von ihm verlangt werden konnte. KG. Recht 17, 473. 21) Zum allgemeinen Gebrauch bestimmt ist nur der eigentliche Weg, nicht auch die Böschungen, Seitengräben usw. E. 16, 203. Der Irrtum des Täters über die Gebrauchsbestimmung des Weges ist Tatbestandsirrtum. OLG. München GA. 41, 152. 22) Aufgehoben durch Gesetz v. 28. 6. 1935. Soweit es sich um den Schutz von Singvögeln handelt, ist die NaturschutzVO. v. 18. 3. 1936 (unter B I X 3) maßgebend. Das unbefugte Ausnehmen der Eier oder Jungen von jagdbarem Federwild ist nach § 1 B Jagdgesetz — B I X 1 — in Verbindung mit § 292 StGB, strafbar. Z u § 369: 1) Zum inneren Tatbestand genügt Fahrlässigkeit. 2) Kein Hausschlüssel ist ein Schlüssel, der eine Tür außerhalb des Hauses, z. B. einen Torweg öffnet, durch den man in das unverschlossene Haus gelangen kann. KG. GA. 43, 268. 3) Nr. 2 ist aufgehoben durch die Maß- und Gewichtsordnung v. 30. 5. 1908 (RGBl. G. 349). E s gelten jetzt die §§ 60 und 61 des Maß- und Gewichtsgesetzes v. 13. 12. 1935 (RGBl. I S. 1499) — B I I I 8 —. 4) Auch der gesetzliche Vertreter des Betriebsherrn. E. 33, 261. Siehe § 151 GewO. 25*

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A 2. Strafgesetzbuch. § 370

§ 370 (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit H a f t wird b e s t r a f t : 1. wer unbefugt ein fremdes Grundstück, einen öffentlichen oder Privatweg oder einen Grenzrain 1 ) durch Abgraben oder Abpflügen verringert 2 ); 2. wer unbefugt von öffentlichen oder Privatwegen Erde, Steine 3 ) oder R a s e n 4 ) oder aus Grundstücken, welche einem anderen gehören 5 ), Erde, Lehm, Sand, Grand oder Mergel gräbt 5 a , Plaggen oder Bülten haut 5 b , Rasen, Steine 6 ), Mineralien, zu deren Gewinnung es einer Verleihung, einer Konzession oder einer Erlaubnis der Behörde nicht b e d a r f 7 ) , oder ähnliche Gegenstände 8 ) wegnimmt 9 ); 3. 1 0 ). 4 1 1 ). 5. wer Nahrungs- 1 2 ) oder Genußmittel 1 3 ) oder andere Gegenstände

des

Zu § 370: 1) Der Rain muß tatsächlich auf der Grenze stehen. BayObLG. GA. 75, 102. 2) d. h. eine Verminderung der Grundstücksfläche, eine äußerliche Verschiebung der Grundstücksgrenze bewirkt. BayObLG. JW. 30, 837. Die Verringerung eines Grenzraines kann mit der Beseitigung der Grenzmerkmale (§ 274 Nr. 2) in Tateinheit zusammentreffen. E. 22, 286 und Recht 13 Nr. 3882. Der verringerte Grenzrain oder Weg braucht kein fremder zu sein. E. 26, 74. Auch der Pächter macht sich schuldig, der Pachtland des Nachbars abpflügt, auch wenn beide Grundstücke dem gleichen Verpächter gehören. KG. DJZ. 10, 970. Zum inneren Tatbestand gehört Vorsatz. KG. GA. 72, 37 (einschl. des bedingten. GA. 59, 343), der sich auch auf die mangelnde Befugnis erstrecken muß. 3) Die Steine können sich auch auf der Oberfläche befinden. Nicht notwendig ist es, daß sie mit dem Grund und Boden verbunden sind. 4) Auch einzelne mit dem Boden noch nicht verbundene Rasenstücke. BayObLG. JW. 30, 837. 5) Auch Grenzgraben. KG. JFGErg. 6, 293. 5 a) Graben = Einwirkung auf das fremde Grundstück durch Herausheben der genannten Bodenbestandsteile; Wegnahme oder Zueignungsabsicht ist nicht erforderlich. 5b) Plagge = bewachsene Erdscholle des Moors; Bülte = feste Moorstelle; Hauen = Entfernen der Oberschicht. 6) Vorausgesetzt, daß sich die Steine bis zu ihrer Wegnahme in dem Grundstück als Bodenbestandteil befunden haben. Waren sie schon vom Eigentümer ausgegraben, so liegt gegebenenfalls Diebstahl vor. R. 9, 313; Rostock GA. 39, 449. 7) Die unbefugte Aneignung von Mineralien, deren Gewinnung erlaubnispflichtig ist, ist nach Landesrecht strafbar. Vgl. für Mineralien preuß Gesetz v. 26. 3. 1856 (GS. S. 203) und Phosphoritgesetz v. 16. 10. 1934 (GS. S. 404); für Bernstein preuß. Gesetz v. 11. 2. 1924 (GS. S. 106), dazu Recht 34 Nr. 1841. 8) Z. B. ungestochener Torf. E. 21, 27; Eis aus Privatgewässern. 9) Vorsätzliches Handeln erforderlich. GA. 37, 73; KG. JFGErg. 15, 120. Die Grundstücke müssen durch die Wegnahme eine Substanzveränderung erleiden. Recht 14 Nr. 249. Zueignungsabsicht ist nicht nötig. OLG. Celle GA. 49, 315; JFGErg. 6, 293. 10) Nr. 3 — Erwerb von militärischen Ausrüstungsgegenständen — aufgehoben durch Art. I KontrRG. Nr. 11 v. 30. 1. 1946. 11) Aufgehoben durch Gesetz v. 28. 6. 1935, RGBl. I S. 839. Vgl. jetzt § 293. 12) Alle Gegenstände, die zur Ernährung des menschlichen Körpers dienen, auch, wenn sie erst zubereitet werden müssen, um genießbar zu sein; auch lebende Tiere. E. 47, 247; RG. JW. 11, 855. 13) Genußmittel sind Stoffe, die dem menschlichen Körper zum Genuß und Verbrauch zugeführt werden, deren Verbrauch im Körper aber nicht der Ernährung, sondern der Erregung von Wohlbehagen dient, z. B. Tabak. E. 5, 289, Alkohol. RG. LZ. 19, 813, dagegen nicht, weil kein Verbrauch im Körper stattfindet, zerstäubte Duftstoffe, Schnittblumen. E. 4, 72, Seife und Zahnpaste. RMG. 17, 85. Heilmittel sind keine Genußmittel, auch nicht Morphium für Morphinisten. RG. DR. 39, 1509; a. M. OLG. Hamm DRZ. 28 Nr. 440. Trotz des Wortlauts der Nr. 5 brauchen Nahrungs- und Genußmittel nicht Gegenstand des hauswirtschaftlichen Verbrauchs zu sein. E. 47, 262.

2. Teil. 28. Abschnitt. Übertretungen. § 370

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hauswirtschaftlichen Verbrauchs 14 ) in geringer Menge15) oder von unbedeutendem Werte 16 ) zum alsbaldigen17) Verbrauch entwendet18) oder unterschlägt18). 14) Das sind Gegenstände, die zur Befriedigung der Bedürfnisse des täglichen Lebens in der Hauswirtschaft verbraucht zu werden pflegen. E . 47, 266. Darüber, ob dies der Fall ist, entscheidet die Verkehrsauffassung. E . 58, 374, ohne Rücksicht darauf, welchem Zweck der Gegenstand nach den Absichten des Eigentümers dient. E . 53, 205. Die bestimmungsgemäße Verwendung des Gegenstandes muß im Verbrauch, nicht im bloßen Gebrauch bestehen. Ein solcher Verbrauch liegt vor bei Vernichtung oder Umgestaltung des Stoffs. E . 58, 374. Daher fallen nicht unter Nr. 5 : Kleidungs- und Wäschestücke, E . 46, 422; 53, 230, Stroh, das als Bettstroh dienen soll. Recht 21 Nr. 1392, Grubenholz, wenn es nicht als Brennholz dient. E . 53, 205, Mauersteine. OLG. Kiel J W. 30, 258, Weihnachtsbäume. OLG. Hamburg J W . 38, 2808. Dagegen sind Gegenstände des Verbrauchs z. B . Kohlen. R G . Recht 19 Nr. 377, Leder, wenn es geeignet ist, zu kleinen Ausbesserungen am Schuhwerk zu dienen. E . 53, 229; so von einem Sattel abgeschnittene Lederstücke. Königsberg DRZ. 31 Nr. 701; Zement, B a y O b L G . J W . 26, 2204; Terpentin und Firnis zum Anstreichen einer Laube. E . 47, 80; unter Umständen auch Kalk. E . 51, 51; Viehfutter für Haustiere, die zur Beschaffung oder Verbesserung des Lebensunterhalts für den Täter oder seine Familienangehörigen (also nicht zum Verkauf) zu dienen bestimmt sind. E . 47, 247 und 266; OLG. Schleswig N J W . 53, 234. Kein h a u s wirtschaftlicher Verbrauch ist die gewerbliche Verwertung oder die sonstige Verwertung außerhalb der Hauswirtschaft, z. B . von Heizmaterial im Gastwirtschaftsgewerbe. K G . Recht 31 Nr. 766, oder von Benzin zu Kraftwagenfahrten. OLG. München J F G E r g . 17, 190. 15) Ohne Rücksicht auf den Wert. E . 16, 66 . Ob eine „geringe Menge" vorliegt, richtet sich nach der jeweils geltenden Verkehrsauffassung. Nach LZ. 19,812 war eine ganze FlascheAquavit keine geringe Menge, während OLG. [Hamburg N J W . 53, 396 bei „nur einer Flasche Kognak und 3 Flaschen B i e r " die Verneinung der geringen Menge für begründungsbedürftig erklärt. 16) Maßgebend ist der Verkehrswert zur Zeit der Entwendung. Unbedeutend ist er, wenn er nach a l l g e m e i n e r Verkehrsauffassung als unerheblich sowohl für den Gewinn wie für den Verlust angesehen und behandelt wird. BayObLG. H R R . 27 Nr. 2162; auf die besonderen Verhältnisse oder Bedürfnisse des Täters oder des Geschädigten kommt es nicht an. OLG. Schleswig N J W . 53, 234. Ist die Entwendung von mehreren verübt, so ist der Gesamtwert des Entwendeten entscheidend. R G . J W . 33, 1595. Das gleiche gilt für die fortgesetzte Handlung; bei dieser kommt es auf das wirklich Entwendete, nicht auf das darüber hinaus Geplante an. E . 63, 274; a. M. OLG. Hamburg LZ. 28, 1116. Unerheblich ist die Zahl und der Bedarf der Täter. R G . J W . 14, 380. Einen Anhaltspunkt dafür, wann unbedeutender Wert anzunehmen gilt, gibt die Auslegung des Begriffs „geringwertig" in § 2 4 8 a (vgl. dort Anm. 3); ein Betrag von 8 bis 10 DM., der noch nicht den Betrag der Erwerbslosenunterstützung für eine Woche erreicht, ist unbedeutend. OLG. Schleswig N J W . 53, 234. Bei bezugsbeschränkten Waren in Zeiten der Warenknappheit überschreitet der Wert, den der Besitz für den Eigentümer hat, den Kaufpreis. L G . Celle H R R . 40 Nr. 522 nimmt deshalb hier Diebstahl (§ 242) an (a. M. für Nahrungsmittel E . 76, 67; siehe aber Anm. 17). 17) „alsbald" ist nicht gleichbedeutend mit „sofort" oder „unmittelbar", zwischen der Entwendung und dem Verbrauch kann vielmehr einige Zeit liegen; auch ist es bedeutungslos, ob die Nahrungsmittel in e i n e r Mahlzeit verzehrt werden. Erforderlich ist aber die Absicht, nur dasjenige Bedürfnis oder Gelüst zu befriedigen, das den körperlichen Tatanreiz geboten hat. Das ist nicht der Fall, wenn soviel entwendet wird, daß es nur bei mehreren Mahlzeiten nach und nach verzehrt werden kann, wenn sich der Täter also einen Vorrat beschaffen will (z. B . bei Entwendung von 2 Broten und 1 Pfund Schmalz). I n Zeiten der Lebensmittelrationierung ist dabei zu berücksichtigen, für welchen Zeitraum die entwendete Menge bestimmungsgemäß ausreichen muß. E . 76, 66; K G . D R . 43, 1042; OLG.e Gera N J W . 48, 437 Nr. 568, Freiburg DRZ. 48, 448 (14 Liter Vollmilch waren 1947 weder eine geringe Menge noch von unbedeutendem Wert). Siehe auch Schickert D R . 43, 743. Alsbaldiger Verbrauch liegt auch nicht vor, wenn die Nahrungsmittel zur Zubereitung eines als Vorrat bestimmten anderen Nahrungsmittels verwendet werden sollen. GA. 48, 300. Nr. 5 findet auch Anwendung, wenn die Entwendung zum alsbaldigen Verbrauch durch dritte Personen erfolgt. E . 53, 169 (Familienangehörige, aber auch Gäste, die neben Familienangehörigen an einer „Familienfeier" teilnehmen. OLG. Hamburg N J W . 53, 396). Anders, wenn der Täter die Absicht gehabt, das Entwendete zu verschenken oder zu verkaufen. E . 10, 308 (selbst wenn der Beschenkte es sofort verzehren will. Recht 15 Nr. 1853) oder gegen andere Nahrungsmittel zu vertauschen. R G . H R R . 37 Nr. 774. Zum Tatbestand gehört nur die A b s i c h t alsbaldigen Verbrauchs; wann und wozu der Täter die Gegenstände schließlich (entgegen seiner Absicht bei Tatbegehung) verwendet, ist bedeutungslos. R G . D R . 39, 1861. 18) Die Tat ist begrifflich Diebstahl oder Unterschlagung. Es ist daher in objektiver und subjektiver Beziehung der vollständige Tatbestand dieser Delikte erforderlich. E . 51, 65;

A 3. Verordn. über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen. § 1 Wer die Tat gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos; 6. wer Getreide oder andere zur Fütterung des Viehes bestimmte oder geeignete Gegenstände wider Willen des Eigentümers wegnimmt 1 9 ), u m dessen Vieh damit zu füttern. (2) In den Fällen der Nr. 5 und 6 tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein 2 0 ). Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

A 3. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen Vom 3. September 1936 (RGBl. I S. 715.) § 1 Vorschriften des Reichs 1 ) und der Länder 2 ), nach denen v o n den Strafgerichten 3 ) rechtskräftig festgesetzte Geldstrafen 4 ) und rechtskräftig eingezogene BGH. NJW. 52, 1026 Nr. 20. Die in § 243 enthaltenen Erschwerungsgründe finden jedoch auf den Mundraub keine Anwendung. (Vgl. Anm. 1 zu § 247a). Bei einer mittels Sachbeschädigung (Einbruch) und widerrechtlichen Eindringens in eine fremde Behausung ausgeführten Entwendung Tatmehrheit zwischen § 3705 und §§ 123, 303 StGB. R. 10, 418. Wenn der Täter in der Absicht einsteigt, einbricht usw., einen Mundraub zu verüben, demnächst aber andere Sachen wegnimmt, so begeht er, wenn eine einheitliche Tat vorliegt, einen schweren, wenn aber infolge neuen Entschlusses eine Mehrheit selbständiger Taten vorliegt, einen einfachen Diebstahl, da der Versuch des Mundraubes straflos ist. PlenEntsch. E. 14, 312 (zweifelnd BGH. NJW. 52, 1184). Hat der Täter den Vorsatz, Lebensmittel und Geld zu stehlen, nimmt er aber nur Lebensmittel, weil er Geld nicht findet, oder hat er den Vorsatz, nur Geld zu stehlen, nimmt aber nur Lebensmittel, so liegt Tateinheit zwischen versuchtem (und wenn er eingestiegen ist, zwischen versuchtem schweren) Diebstahl und Mundraub vor. E. 68, 197; RG. JW. 38, 2893 (str.). Nimmt der Täter Lebensmittel und Geld so liegt lediglich Diebstahl vor. Recht 22 Nr. 1831. Durch die gleichzeitige Wegnahme der Gefäße und Umhüllungen, in denen sich die Nahrungsmittel befinden, wird § 370 Nr. 5 nicht ausgeschlossen. R. 3, 516. 19) Eignet sich der Wegnehmende später das Futter an, so begeht er außerdem Unterschlagung. GA. 56, 315. Zum Vieh gehören alle dem Menschen dienst- und nutzbar gemachten und in seinem Haushalt gehaltenen Tiere, also auch Hunde und Katzen. LK. VI 3. 20) Antragsberechtigt ist der Eigentümer und der Gewahrsamsinhaber. Befinden sich der Eisenbahn zum Transport übergebene Sachen noch im Lagerraum oder sonst im Gewahrsam der Transportanstalt, so ist daher auch die Eisenbahnverwaltung antragsberechtigt. RG. DJZ. 08, 428; GA. 55, 114. Ein Bäckermeister ist nicht mehr antragsberechtigt, wenn der gestohlene Semmelbeutel sich an der Haustür des Käufers befand. DJZ. 09, 491. Zu § 1: 1) Z. B. §§ 146 Abs. 3, 116 GewO., § 132 der Seemannsordnung, § 33 des Postgesetzes, § 265 AVAVG. 2) Z. B. § 34 PrFDG. 3) Die VO. gilt nicht a) für k r i m i n e l l e Geldstrafen, die durch Strafbescheid einer Verwaltungsbehörde (§ 447 RAbgO. usw.) oder im Unterwerfungsverfahren rechtskräftig festgesetzt worden sind, b) für n i c h t k r i m i n e l l e Geldbußen (§ 1 OWiG. — A. 4 —) und für Ordnungsstrafen in Geld, die von anderen Stellen als den Strafgerichten unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges festgesetzt sind, sowie für Geldstrafen auf Grund ehren-, berufs- und dienststrafgerichtlicher Erkenntnisse. 4) Unberührt bleiben andere im Urteil festgesetzte vermögensrechtliche Folgen, z.B. die Verpflichtung zum Wertersatz an den Geschädigten gemäß § 9 PrFDG.

§2. — A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. Vorbemerkung. Gegenstände 6 ) anderen Stellen als der Reichskasse 6 ) Wirkung vom 15. September 1936 aufgehoben

gebühren, werden

391 mit

§ 21)

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 177) Vorbemerkung 1. Nach den bei der Schaffung des RStGB. v. 1871 herrschenden Vorstellungen war das einzige gesetzliche Mittel, die Verletzung gesetzlicher Gebote und Verbote auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zu ahnden, die Kriminalstrafe, die der Strafrichter im Rahmen eines Strafverfahrens verhängt. Das Gebiet des Kriminalunrechts reicht danach von den schwersten Rechtsgutverletzungen bis zu den ethisch indifferenten Verstößen gegen Polizei- und ähnliche Ordnungsvorschriften, die nach Erwägungen verwaltungsmäßiger Zweckmäßigkeit gesetzt sind, und diese Verschiedenartigkeit fand nur in der verschiedenen Schwere, nicht in der Art der staatlichen Reaktion, die immer die Kriminalstrafe war, ihren Ausdruck. Es waren auf der einen Seite dogmatische Überlegungen, die zu der These führten, daß aus dem Bereich des Kriminalunrechts das „Verwaltungsunrecht" als etwas materiell Verschiedenes auszuscheiden sei (J. Goldschmidt, Das Verwaltungsstrafrecht, 1902; Erik Wolff, Festgabe f. Frank (1930) Bd. 2 S. 516ff.) und daß, da das „Verwaltungsdelikt" gegenüber dem „Justizdelikt" nicht ein minus, sondern ein aliud sei, der Kriminalstrafe eine Verwaltungs- oder Ordnungsstrafe gegenüber zu stellen sei, die sich nicht grad-, sondern wesensmäßig von ihr abhebe. Während die Belegung mit Kriminalstrafe mit einem ethischen Unwerturteil verbunden sei, also diskriminierend wirke, müsse die Ordnungsstrafe nur ein Ruf zur Ordnung, ein fühlbarer Hinweis auf die Notwendigkeit künftiger Pflichterfüllung und deshalb ohne diskriminierenden Charakter sein. Die dogmatischen Überlegungen wurden von praktischen Erwägungen unterstützt. Die Kriminalstrafe, so wurde geltend gemacht, verliere an Würde und abschreckender Wirkung, und der Strafrichter werde seiner eigentlichen Aufgabe, über Verletzungen wesentlicher Gemeinschaftsinteressen zu entscheiden, entzogen, wenn die Kriminalstrafe in der Hand des Richters die einzige Ahndungsmöglichkeit für leichtestes Unrecht bleibe. Die Reformwünsche wurden dringender, als im Lauf der Entwicklung die Gesetzgebung — namentlich in Kriegsund Nachkriegszeiten — ein Lebensgebiet nach dem anderen ordnend erfaßte und mit der wachsenden Zahl der Vorschriften ihre Kenntnis und Auslegung den Rechtsunterworfenen Schwierigkeiten bereitete; im Zusammenhang damit standen Wünsche der zur Durchführung der Gesetze berufenen Verwaltungszweige, daß bei der Ahndung von Verstößen die interessierten Behörden zur Unterstützung oder anstelle des mit den Verhältnissen des Spezialgebiets weniger vertrauten Strafrichters zu beteiligen seien. Gesetzgeberische Verwirklichung fanden solche Wünsche zunächst nur in geringem Umfang, insbes. auf dem Gebiet der Sozialversicherung (vgl. Meeske D J . 1936, 109). In größerem Rahmen griff erstmals das Preuß. PVG. v. 1. 6. 1931 die Reformgedanken auf. § 33 sah vor, daß in der Masse der Polizeiverordnungen künftig nicht mehr Übertretungsstrafe, sondern Zwangsgeld anzudrohen sei, dessen Festsetzung durch die Polizeibehörden erfolgte und dessen Rechtskontrolle die Verwaltungsgerichte übernahmen. In dem Streit um die Rechtsnatur des Zwangsgeldes wandten sich die Verwaltungsgerichte nach anfänglichem Schwanken schließlich von der Ansicht des Staatsgerichtshofs, der darin ein bloßes Beugemittel zur Erzwingung künftigen 5) Die VO. hat nur diejenigen Vorschriften beseitigt, nach denen eingezogene Gegenstände anderen Stellen als der Staatskasse gebühren, d.h. mit der Rechtskraft des Urteils nicht in das Eigentum des Staates übergehen. Dagegen ist nichts an den durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsanordnung getroffenen Vorschriften geändert, die eine bestimmte Art der Verwertung eingezogener Gegenstände zugunsten anderer Stellen als der Justizverwaltung vorsehen. So ist z. B. unberührt geblieben § 16 Abs. 2 AusfVO. zum Reichsnaturschutzgesetz v. 31. 10. 1935 (RGBl. I S. 1275), betr. Überweisung rechtskräftig eingezogener Gegenstände auf Antrag an die zuständige Naturschutzstelle zu gemeinnützigen Zwecken. 6) Jetzt: Staatskasse. Zu § 2: 1) Gestrichen mit Wirkung v. 1. 4. 1940 durch § 3 der VO. v. 21. 2. 1940 (RGBl. I S. 391).

392

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. Vorbemerkung.

Gehorsams gesehen hatte, ab und sowohl das PreußOVG. (Bd. 99, 90; Bd. 103, 155, 240) wie das R V G . (DR. 1943, 1013) sprachen ihm den Charakter einer polizeilichen (nichtkriminellen) Ordnungsstrafe, also einer Sühne für begangenes Unrecht, zu (vgl. Anm. 1 zu § 33 PVG.). Als die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung diese Wendung genommen hatte, hatte die nichtkriminelle Ordnungsstrafe in der Hand der Verwaltungsbehörden bereits ein weites Anwendungsgebiet im Wirtschaftstrafrecht erhalten. Die Ausgestaltung war aber uneinheitlich und die verschiedenen Regelungen gingen namentlich in der Frage der Rechtskontrolle weit auseinander (vgl. Meeske D J . 1936, 109). 2. Das W i S t G . v. 26. 7. 1949 (B I V 7 a), das nach dem Kriege das Wirtschaftsstrafrecht einheitlich unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten neu ordnete, behielt die nichtkriminelle Ordnungsstrafe („Geldbuße") bei. E s sah 3 Gruppen von Gesetzesvorschriften vor: die Wirtschaftsstraftaten, d . h . die ausschließlich mit Kriminalstrafe bedrohten Zuwiderhandlungen, die Ordnungswidrigkeiten, d.h. die ausschließlich mit nichtkrimineller Geldbuße bedrohten Zuwiderhandlungen, und die Mischtatbestände, deren tatbestandsmäßige Verwirklichung, je nachdem im Einzelfall die in § 6 (a. F.) W i S t G . bezeichneten Abgrenzungsmerkmale vorlagen, entweder Straftat oder Ordnungswidrigkeit war. Die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten oblag der Verwaltungsbehörde; bei Zweifeln, ob der Gesetzesverstoß Ordnungswidrigkeit oder eine in die Zuständigkeit der Justizbehörden fallende Straftat sei, entschied letzlich das Strafgericht (§§ 54, 58, 85ff. a. F.). Gegen die Entscheidung der Verw.Beh., den Bußgeldbescheid, konnte der Beschuldigte, dem die technische Bezeichnung „Betroffener" beigelegt wurde, durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Entscheidung des Strafrichters herbeiführen. Dieser entschied aber nicht Kraft der den Strafgerichten übertragenen Strafgewalt, die j a nach ihrem historischen Ausgangspunkt nur die Aburteilung von Straftaten zum Gegenstand hat, vielmehr kraft übertragener Verwaltungshoheit, d. h. er nahm Aufgaben wahr, die rein konstruktiv in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gefallen wären. Das Bußgeldverfahren änderte also auch im Stadium der gerichtlichen Beteiligung, mochte sich diese auch nach den Vorschriften der S t P O . vollziehen (§ 82 a.F.) seinen Charakter nicht. E s lag mithin ein Gegenstück zu dem früheren polizeilichen Strafverf ügungsverfahren oder dem Strafbescheidsverfahren des Finanzamts und anderer Verwaltungsbehörden bei Abgabendelikten vor, wo den Verwaltungsbehörden Aufgaben der Strafjustiz übertragen waren und z. T. noch sind. Nach den Erfahrungen mit dem W i S t G . schien dem Gesetzgeber die Zeit reif, um die Grundgedanken dieser ein auf Spezialgebiet beschränkten Regelung zu verallgemeinern und auf das Gesamtgebiet der Gesetzesverstöße zu übertragen. Das ist in dem vorliegenden Gesetz über Ordnungswidrigkeiten v. 2 5 . 3 . 1 9 5 2 geschehen. Der Anlaß dazu wird nicht zum wenigsten darin zu sehen sein, daß mit der endgültigen Beseitigung der polizeilichen Strafverfügung durch das Rechtsvereinheitlichungsgesetz v. 12. 9. 1950 die Gerichte mit Bagatellsachen überflutet wurden. Wie das W i S t G . unterscheidet es zwischen Straftaten, d. h. ausschließlich mit Kriminalstrafe („Strafe") bedrohten Handlungen, zwischen Ordnungswidrigkeiten, d. h. ausschließlich mit Geldbuße bedrohten Handlungen und Mischtatbeständen (§ 1 Abs. 3). Die Abgrenzung der Ordnungswidrigkeit von der Straftat ist nicht durch Aufstellung materieller Wesensmerkmale, sondern formal durch die Art der angedrohten Sanktion erfolgt. Das OWiG. selbst enthält weder Einzeltatbestände noch Abgrenzungsmerkmale für Mischtatbestände; die materielle Wertung der Gesetzesverstöße, die Zuweisung zu den Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten erfolgt durch den Gesetzgeber außerhalb des OWiG. und ist im wesentlichen der Zukunft vorbehalten; dabei wird auch die Entscheidung zu treffen sein, in welchem Umfang Straftaten des derzeitigen Rechts durch Änderung der Sanktionsdrohung zu Ordnungswidrigkeiten umzugestalten sind. Dem Grundgedanken des OWiG. entspricht es, daß überall, wo leichte Gesetzesverstöße einer nichtkriminellen Sühne („Ahndung") bedürfen, die Geldbuße nach Maßgabe des OWiG. grundsätzlich die angemessene und zweckentsprechende staatliche Reaktion darstellt. Für Maßnahmen wie das Zwangsgeld des § 33 PrPVG. bei Verstößen gegen Polizeiverordnungen fehlt es an einer inneren Rechtfertigung. E s ist daher nur folgerichtig, wenn die neuen Polizeigesetze von Nordrh-Westf. (v. 11. 8. 1953 (GVB1. S. 330) u. Rheinl.-Pf. (Ges. v. 26. 3. 1954, GVB1. S. 31) bei PolVOen als Folge der Zuwiderhandlung nicht mehr Zwangsgeld und Zwangshaft, sondern Geldbuße i. S. des OWiG. androhen können; Zwangsgeld und Zwangshaft bleiben nur als reines Beugemittel zur Erzwingung polizeilicher Verfügungen (§§ 50, 55 PVG.) aufrechterhalten. 3. Das OWiG. selbst bietet nur den Allgemeinen Teil des materiellen Rechts der Ordnungswidrigkeiten und das Verfahrensrecht. Dabei verweist das Gesetz an zahlreichen Stellen sowohl auf den Allgemeinen Teil des S t G B , wie auf die StPO. und erklärt bestimmte Vorschriften für entsprechend anwendbar. Einen allgemeinen Satz, daß Lücken durch sinngemäße Anwendung der S t G B , und der StPO. auszufüllen seien, enthält das OWiG. allerdings nicht. E s liegt aber in der Natur der Sache, daß Lücken des Rechts der Ordnungswidrigkeiten durch Rückgriff auf die für Straftaten geltenden umfassenden Regelungen zu schließen sind, soweit

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 1

393

dies nicht dem Wesen der Ordnungswidrigkeit und des Bußgeldverfahrens und den für sie geltenden Vorschriften widerspricht. Im einzelnen bleibt dabei mancher Zweifel (vgl. insbes. die Anm. zu §§ 9, 35), wie auch umgekehrt die Frage klärungsbedürftig bleibt, inwieweit Vorschriften außerhalb des OWiG., die von „Strafe" und „Strafverfahren" sprechen (z. B. die §§ 345, 346 StGB.), auf die Geldbuße und das Bußgeld verfahren anwendbar sind. 4. Für die Übertretungstatbestände des geltenden Rechts will Lange N J W . 53, 687 aus dem Grundgedanken des § 2 StGB, folgern, daß, soweit das OWiG. den Täter besser stellt als bisher, dies auch dem Täter von Übertretungen zugute kommen müsse; daher werde grundsätzlich nur noch vorsätzliches Verhalten erfaßt. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht zugestimmt werden. Zunächst bleibt ungewiß, in welchem Umfang der Gesetzgeber künftig kriminelle Tatbestände in Ordnungswidrigkeiten umgestalten wird; gegenüber Verallgemeinerungstendenzen mahnt es jedenfalls zur Zurückhaltung, daß das Ges. zur Sicherung des Straßenverkehrs v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 832) die von manchen Seiten erwartete Umgestaltung der Verkehrsübertretungen zu Ordnungswidrigkeiten nicht vorgenommen hat. Im übrigen überläßt es aber § 11 Abs. 1 OWiG. dem Gesetzgeber, auch die fahrlässige Begehung von Ordnungswidrigkeiten mit Geldbuße zu bestrafen und es muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß bei einer Umgestaltung von Übertretungstatbeständen, die z. Zt. fahrlässig verwirklicht werden können, auch künftig die fahrlässige Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann. Wenn z. Zt. ein Bedürfnis für die Bestrafung der Fahrlässigkeit einer Übertretung besteht, kann man also, da das Ob und Wie der künftigen gesetzgeberischen Behandlung nicht voraussehbar ist, nicht sagen, daß die Bestrafung der Fahrlässigkeit mit dem OWiG. in Widerspruch stehe. 5. Zur Entstehungsgeschichte des Gesetzes im übrigen: Der Entw. der Bundesreg. mit Begründung wurde dem Bundestag unter dem 28. 3. 1951 zugeleitet (BT.-Drucks. Nr. 2100). Die Änderungsvorschläge des Bundesrats wurden unter dem 16. 5. 1951 nachgereicht („zu Drucks. Nr. 2100"). Bei der 1. Lesung wurde der Entw. ohne Aussprache den zuständigen Ausschüssen überwiesen (133. Sitzung v. 11. 4. 1951, Prot. S. 5158). Das Ergebnis der Ausschußberatungen, in denen die wesentlichen Vorschläge des Bundesrats übernommen und im übrigen keine grundlegenden Änderungen vorgenommen wurden, ist in der BT.-Drucks. Nr. 3148 niedergelegt. Bei der 2. u. 3. Lesung am 28. 2. 1952 wurde die vom Ausschuß vorgeschlagene Fassung — wiederum ohne Aussprache — gegen 3 Stimmen angenommen (196. Sitzung Prot. S. 8456f.). 6. S c h r i f t t u m : Eb. Schmidt SJZ.1948, 225; Schönke (6) Vorbem.III zu §§ Vitt', Rotberg, ausführt. Komm. z. OWG., Verlag Franz Vahlen, 1952; Gerner NJW. 1952, 521; Lackner in „Die Polizei" 1952, 86 u. 105; Costa Rpfleger 1952, 258; Stoecker, Textausgabe mit Erläuterungen, Verlag Beck 1952; Derselbe in MDR 1952, 385; W. Schneider, Komm., Verlag Kommentator 1952; Dallinger im Nachtrag 1953 zur Textausgabe der StPO. mit Anm., S.48ff.

ERSTES

BUCH

Allgemeiner Teil 1. Abschnitt. Allgemeine

Bestimmungen

§ 1. Begriffsbestimmung Handlung1)

(1) Ist eine Ordnungswidrigkeit.

ausschließlich mit Geldbuße2) bedroht, so ist sie eine

Zu § 1: l) Der Begriff der „Handlung" ist der gleiche wie im Strafrecht (vgl. Anm. 2 zu § 1 StGB.). Auch bei Ordnungswidrigkeiten gilt der allgemeine Grundsatz des deutschen Strafrechts, daß nur physische Personen strafrechtlich verantwortlich sind, nicht aber jur. Personen und Personengemeinschaften für die Handlungen ihrer Vertreter. Ausnahme: kraft Besatzungsrechts bei Devisenzuwiderhandlungen (vgl. Anm. 1 zu Art. VIII des Ges. Nr. 53 — B IV 8 — ) BGH. NJW. 53,1838; ferner: §§ 23, 24WiStG. 49/52 u. § 5 WiStG 1954 — B IV 7 •—. Häufiger ist der Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung der jur. Person oder Personengemeinschaft für die den gesetzl. Vertretern oder Bevollmächtigten auferlegten Geldbußen, Verfahrens- und Vollstreckungskosten (so z. B. § 14 des Ges. über den Kapitalverkehr v. 15.12. 1952 (BGBl. I S. 801). 2) „Geldbuße", die einzige Hauptsühne der Ordnungswidrigkeit, ist kein materieller, sondern ein technischer Begriff. Die angedrohte Sühne für normwidriges Verhalten muß also

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A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 2

(2) Ist eine Handlung ausschließlich mit Strafe3) bedroht, so ist sie eine Straftat 4 ). (3)6) Ist eine Handlung entweder mit Strafe oder Geldbuße bedroht, so ist sie im Einzelfall eine Straftat, wenn sie mit Strafe, eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie mit Geldbuße zu ahnden ist. (4) Die in den Absätzen 1 und 3 bezeichneten Handlungen sind Zuwiderhandlungen im Sinne dieses Gesetzes6). Auf die in Absatz 2 bezeichneten Handlungen ist das Gesetz nicht anzuwenden7). § 2. 1 ) Handlungen, die Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten sind Ob eine in § 1 Abs. 8 bezeichnete Handlung mit Strafe oder Geldbuße zu ahnden ist, richtet sich nach der auf diese Handlung anwendbaren Vorschrift über die Abgrenzung von Straftat und Ordnungswidrigkeit. wörtlich auf „Geldbuße" lauten, um die Tat als Ordnungswidrigkeit zu kennzeichnen; ist dies geschehen, so ist das OWiG. anwendbar (§3); Androhungen von „Ordnungsstrafe", „Zwangsgeld" usw. würden die Handlung nicht zur Ordnungswidrigkeit i. S. des OWiG. machen. „ A u s s c h l i e ß l i c h mit Geldbuße" bringt den Gegensatz zu den Fällen des § lAbs. 3 zum Ausdruck. Die Geldbuße muß die einzige Hauptsühne sein; daß außerdem Nebenfolgen wie Einziehung (§17) oder Abführung des Mehrerlöses und öffentliche Bekanntmachung einer Bußgeldfestsetzung (§§ 52, 53 Abs. 1 WiStG.49/52) zulässig sind, schließt die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 nicht aus. Die „Geldbuße" nach § 6 BDO. v. 28. 11. 1952 (BGBl. I S. 749) gehört demgemäß nicht hierher, da sie nur eine von mehreren möglichen Dienststrafen darstellt. § 1 Abs. 1 gilt, wie sich aus § 76 ergibt, nur bei Androhung von Geldbuße bei Gesetzen, die nach dem Inkrafttreten des OWiG. erlassen sind und für solche früher erlassenen Gesetze, bei denen die Geldbußenandrohung mit einer Verweisung auf das WiStG. verbunden ist. Infolgedessen macht die Androhung von „Geldbuße" in früheren Gesetzen die Handlung schon deshalb nicht zur Ordnungswidrigkeit. Die „Buße" (in Geld) in §§ 188, 231 StGB, und in einer Reihe strafrechtlicher Nebengesetze (z. B. § 29 Warenzeichenges. — B III 10 —, § 40 LitUrhGes.) hat nichts mit der Geldbuße des § 1 zu tun, da sie nicht den Charakter einer Sühne, sondern einer privatrechtlichen Entschädigung des Verletzten haben. Andrerseits fallen Handlungen nicht deshalb unter das OWiG., weil das Gesetz sie als „Ordnungswidrigkeit" bezeichnet, aber eine andere Sühne als Geldbuße vorsieht, wie die „Steuerordnungswidrigkeit" des § 413 RAbgO. — B VI —, die, wie sich aus der Androhung einer kriminellen Geldstrafe in Abs. 2 ergibt, Kriminalunrecht ist. 3) D. h. mit Kriminalstrafe i. S. des § 1 StGB, einschl. der Übertretungsstrafe. Das Wort „ausschließlich" bringt, wie in Abs. 1, den Gegensatz zu den Fällen des § 1 Abs. 3 zum Ausdruck. R e i n e Straftaten werden, anders als die Straftaten bei Mischtatbeständen, vom OWiG. nicht berührt (§ 1 Abs. 4 Satz 2). 4) Also ein Verbrechen, ein Vergehen oder eine Übertretung (§ 1 StGB.). 5) Abs. 3 regelt die Behandlung der sog. Mischtatbestände, d. h. von Tatbeständen, die so gestaltet sind, daß die Handlung nach ihren äußeren abstrakten Tatbestandsmerkmalen sowohl Straftat wie Ordnungswidrigkeit sein kann und die Zuordnung entweder zu den Straftaten oder zu den Ordnungswidrigkeiten von der Erfüllung bestimmter gesetzlicher Abgrenzungsmerkmale in den bereits erlassenen oder künftigen Einzelgesetzen (§§ 2, 3) abhängt, die in der Regel Gegenstand richterlicher Wertung im Einzelfall sind (Beispiel: § 3 WiStG. 54). Für die Frage, ob eine solche Handlung entweder als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen und zu ahnden ist, kommt es auf die Wertung des E i n z e l f a l l e s durch die letzlich zur Entscheidung berufene Stelle — des Gerichts (§§ 58ff.) — an. Das Gesetz folgt hier der sog. konkreten Betrachtungsweise, während der Meinungsstreit zwischen abstrakter und konkreter Betrachtungsweise im Rahmen des § 1 StGB. (s. Anm. 2 zu § 1) in der Praxis jetzt zugunsten der abstrakten Betrachtungsweise entschieden ist; es bedarf aber erneuter Prüfung, inwieweit die Stellungnahme des Gesetzgebers im Fall des § 1 Abs. 3 OWiG. Anlaß zu einer Änderung dieser Rechtsprechung gibt. 6) Daher finden bei Straftaten aus Mischtatbeständen die Vorschriften über die Einziehung (§§ 17ff) und die §§ 33, 34 Anwendung. 7) Auch Handlungen, die keine Straftaten, aber, weil nicht mit „Geldbuße" (Anm. 2) bedroht, auch keine Ordnungswidrigkeiten i. S. des § 1 sind, werden vom OWiG. nicht berührt. Zu § 2 : 1) Vgl. Anm. 5 zu § 1.

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 3, 4

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§ 3. Sachlicher Geltungsbereich Dieses Gesetz ist für alle Zuwiderhandlungen (§ 1 Abs. 1 und 3) auf Sachgebieten anzuwenden, für die der Bund1) von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat 2 ) oder Gebrauch macht 3 ).

§ 4. Zusammentreffen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten (1) Stellt dieselbe Handlung eine Ordnungswidrigkeit und eine Straftat dar, so ist nur das Strafgesetz anzuwenden1). Die Nebenfolgen der Ordnungswidrigkeit können angeordnet werden2). (2) Wird eine Strafe nicht verhängt 3 ), so kann von der Verwaltungsbehörde wegen der Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße festgesetzt werden, soweit nicht die der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen entgegenstehen 4 ). Z u § 3 : 1) Auch die Länder können nicht nur auf Grund besonderer bundesgesetzl. Ermächtigung, wie in § 42 BJagdges. —• B I X 1 —, sondern allgemein im Rahmen ihrer Gesetzgebungsbefugnis Gesetzesverstöße durch Androhung von Geldbußen unter Verweisung auf die Vorschriften des OWiG. zu Ordnungswidrigkeiten erklären; sie können dabei auch von einzelnen Vorschriften des OWiG. abweichen. § 5 EGStGB. steht nicht entgegen, nachdem der dieser Vorschrift zugrunde liegende Gedanke, daß die Sühne des Gesetzesverstoßes die Kriminalstrafe ist, durch das OWiG. beseitigt ist (vgl. dazu Vorbem. 2 Abs. 3 vor § 1). 2) D. h. vor Inkrafttreten des Gesetzes, wobei das Gesetz sich auch auf Recht erstreckt, das gemäß Art. 125 GG. Bundesrecht geworden ist. S. jedoch § 76. 3) Das Gebrauchmachen kann auch in dem Erlaß von Blankettdrohungen bestehen. Rotberg Anm. 3; Stoecker Anm. 5. Z u § 4 : 1) Diese Vorschrift, die an § 32 WiStG. 49 anknüpft, betrifft nicht den Fall des § 1 Abs. 3, in dem die Handlung nur entweder als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann, sondern den Fall der Verletzung verschiedener Gesetze mit verschiedenartigen Unrechtsfolgen durch dieselbe Handlung (über letzteren Begriff siehe Anm. 1 zu § 7 StGB.). Es ist dann eine Zurtändigkeit der VerwBeh. nur unter den Voraussetzungen des Abs. 2 gegeben. Die Strafverfolgung wird also nicht dadurch ausgeschlossen, daß die VerwBeh. einen noch nicht rechtskr. Bußgeldbescheid erlassen hat. OLG. Oldenburg Nds. Rpfl. 53, 212. Ist aber entgegen Abs. 1 Satz 1 wegen der Ordnungswidrigkeit ein rechtskräftiger Bußgeldbescheid ergangen, so kann eine Strafverfolgung nur gemäß § 65 Abs. 2 durchgeführt werden. Über tateinheitliches Zusammentreffen mehrerer Ordnungswidrigkeiten s. § 15. 2) Also Einziehung nach Maßgabe der §§ 17ff. und die in anderen Gesetzen angeordneten oder zugelassenen Nebenfolgen wie Abführung des Mehrerlöses und öffentliche Bekanntmachung der Entscheidung (§§52, 53 Abs. 2 WiStG. 49/52). Die Entscheidung trifft das Gericht von Amts wegen; a. M. Stoecker Anm. I 1, der einen Antrag der VerwBeh. fordert. Die Anordnung steht auch da im freien Ermessen des Gerichts („können"), wo sie für die VerwBeh., wie bei der Mehrerlösabführung (§ 8 WiStG. 54) zwingend vorgeschrieben ist. OLG. Köln JMB1. N R W . 54, 29 = N J W . 54, 245. 3) Gleichviel, ob die StA. aus Rechtsgründen, mangels Beweises oder wegen gem. §§ 153 Abs. 1, 2, 153 a StPO.) das Verfahren eingestellt oder infolge gerichtlicher Entscheidung (Einstellung gemäß § 153 Abs. 3 StPO., Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens, Freispruch, Absehen von Strafe unter Schuldigsprechung, § 260 Abs. 4 StPO.) die Verhängung unterbleibt. 4) Ist eine gerichtliche Entscheidung ergangen, so gehören zu den ihr zugrunde liegenden Feststellungen nicht nur die tatsächlichen Feststellungen, sondern auch die rechtliche Würdigung. Eine Einstellung nach § 153 Abs. 3 StPO. steht wegen der Verschiedenartigkeit der Wertungsmaßstäbe einer Bußgeldfestsetzung nicht entgegen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 vorliegen. Rotberg Anm. 10.

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A 4 . Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§5—7

2. Abschnitt.

Ordnungswidrigkeiten

§ 5. Höhe der Geldbuße*) Die Geldbuße beträgt mindestens zwei Deutsche Mark und, sofern durch Gesetz nicht anderes bestimmt ist 2 ), höchstens eintausend Deutsche Mark. § 6. Bemessung der Geldbuße 1 ) Die Geldbuße soll das Entgelt, das der Täter für die Ordnungswidrigkeit empfangen, und den Gewinn, den er aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat,übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so darf es überschritten werden. § 7. Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten (1) Die Festsetzung einer Geldbuße steht im pflichtmäßigen Ermessen der Verwaltungsbehörde1) . Z u § 5 : 1) Das Höchstmaß der Geldbuße liegt über dem der Übertretungsgeldstrafe, obwohl die Übertretung dem Kriminalunrecht angehört, dem gegenüber die Ordnungswidrigkeit die leichtere Gesetzesverletzung ist. Die Abweichung erklärt sich, von dem Sinken der Kaufkraft abgesehen, aus der Erwartung, daß künftig auch Gesetzesverstöße, die nach bisheriger Auffassung leichte Vergehen wären, als Ordnungswidrigkeiten in Betracht kommen. — Keine Ersatzfreiheitsentziehung; s. aber § 69. 2) In dem Einzelgesetz kann die Höchststrafe höher (s. § 28 WiStG.) oder geringer als DM 1000.— festgelegt werden. Z u § 6 : 1) § 6 entspricht dem § 2 7 c Abs. 2 und 3 S t G B . Eine dem § 2 7 c Abs. 1, wonach die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen sind, entsprechende Vorschrift fehlt. Sie war in dem RegEntw. (§ 7) enthalten, ist aber vom Bundestag gestrichen worden, weil — nach den Ausführungen des Abg. Dr. Arndt, 196. Sitzung v. 28. 2. 1952, Prot. S. 8 4 5 7 — bei Verwaltungsunrecht die Geldbuße lediglich nach objektiven Maßstäben für die T a t zu bemessen sei; beim Parken an unerlaubter Stelle z. B . müsse sich die Höhe der Geldbuße „ausschließlich nach dem sachlichen Umfang der T a t richten, zu der allerdings auch der Grad der Schuld gehört, nicht dagegen die anderen persönlichen und individuellen Umstände des Täters". Daran ist richtig, daß mit der Absicht des OWiG., leichte Gesetzesverstöße, sittlich indifferentes Verwaltungsunrecht rasch zu ahnden, ein Eindringen in die persönlichen Verhältnisse oft unvereinbar sein und es dadurch bei gewissen massenhaft vorkommenden Verstößen des täglichen Lebens zu einer gewissen taxenartigen Bemessung der Geldbuße kommen wird, zumal erhebliche Unterschiede in der Bemessung der Geldbuße in solchen Fällen leicht den Charakter des Willkürlichen annehmen und den Betroffenen unter Hinweis auf die mildere Behandlung anderer, nach seiner Auffassung gleichschwerer Verstöße zur Ergreifung der Rechtsbehelfe veranlassen können. Andrerseits gehört es, worauf Rotberg Anm. 6 mit Recht hinweist, zum Wesen der Sühne als eines vom Betroffenen spürbar empfundenen Übels, daß durch Anpassung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der abschreckende Charakter der Geldbuße erhalten bleibt; dies gilt insbesondere für weniger häufig vorkommende Ordnungswidrigkeiten, wo eine routinemäßige Taxbildung ausscheidet, und namentlich da, wo — w i e nach 28 W i S t G . — zwischen Mindest- und Höchstbetrag der Geldbuße eine so erhebliche Spanne besteht, daß eine gerechte Bemessung nur unter Berücksichtigung aller Umstände einschl. der wirtschaftlichen Verhältnisse möglich ist. Zu § 7 : 1) § 7 Abs. 1 zieht die Folgerung aus dem Wesen des Verwaltungsunrechts, indem er die Entscheidung über die Bußgeldfestsetzung dem für die Tätigkeit der VerwBeh. grundsätzlich geltenden Opportunitätsprinzip unterstellt. Das Ermessen der VerwBeh. ist ein pflichtmäßiges, d. h. sie darf sich nur von in der Sache begründeten Erwägungen leiten lassen. Setzt sie eine Geldbuße fest, so ist die Ermessensfrage, ob die Festsetzung angezeigt oder geboten war, der gerichtlichen Nachprüfung entzogen (Ausnahme s. Anm. 17 zu § 55), während die Anwendbarkeit des § 7 Abs. 3, der entsprechend dem § 22 Abs. 2 Satz 2 W i S t G . 49 das Ermessen ausschließt, Gegenstand der Nachprüfung ist (so auch die amtl. Begr. zu § 9 RegEntw.; vgl. Anm. 17 zu § 55). Unterläßt die VerwBeh. die Geldbußfestsetzung, so ist eine gerichtl. Nachprüfung ihrer Entschließung ausgeschlossen, B a y O b L G . N J W . 54, 354; es bleibt ggbf. der Weg einer Abhilfe im Dienstaufsichtsweg. Bei offensichtlich pflichtwidriger, also einen offensichtlichen Ermessensmißbrauch darstellender Unterlassung einer Festsetzung erscheint § 336 S t G B , anwendbar.

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 8

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(2) Eine Geldbuße ist festzusetzen, wenn ein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht2). (3) Ist eine Ordnungswidrigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände ohne Bedeutung, so ist von einer Geldbuße abzusehen1)3). § 8.

Verwarnung

(1) In Fällen von geringer Bedeutung kann an die Stelle einer Geldbuße eine schriftliche gebührenpflichtige Verwarnung treten1). Die Gebühr darf den Betrag von zwei Deutschen Mark nicht übersteigen. Auslagen werden nicht berechnet. (2) Eine gebührenpflichtige Verwarnung ist nur zulässig, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden und zur sofortigen Zahlung der Gebühr bereit ist2). Uber die Belehrung, die Verwarnung und die Zahlung der Gebühr ist eine Bescheinigung zu erteilen. 2) Abs. 2 will (wie Abs. 3) dem Ermessen Schranken setzen. Ein öffentliches Interesse besteht immer, wenn es sich um einen nach dem Maß der Schuld und den Folgen erheblichen Verstoß handelt, der ohne Rücksicht auf die Person des Betroffenen Sühne erfordert, weiterhin z. B., wenn ein Bedürfnis besteht, eine Zweifelsfrage durch eine letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung zu klären oder aus Abschreckungsgründen, wenn bestimmte Ordnungswidrigkeiten sich gehäuft haben. 3) Ob eine Ordnungswidrigkeit unbedeutend ist, ist in erster Linie nach ihrem Gegenstand und ihren Auswirkungen zu beurteilen. Nur wenn ihr unter diesem Gesichtspunkt keine besondere Bedeutung zukommt, kann die Geringfügigkeit der Schuld dazu führen, sie als bedeutungslos anzusehen. Insbes. kann, wenn die Ordnungswidrigkeit nach Gegenstand und Folgen bedeutungsvoll ist, der Umstand, daß der Betroffene die Handlung für erlaubt hielt, nicht zur Anwendung des § 7 Abs. 3 führen; der Verbotsirrtum ist dann im Rahmen des § 12 OWiG. zu werten. OLG. Schleswig SchlHA. 53, 268. Auch wo gem. § 7 Abs. 3 von Geldbuße abgesehen wird, bleibt die Verpflichtung zur Anordnung der Abführung des Mehrerlöses (vgl. § 8 WiStG. — B IV 7 b —) unberührt. OLG. H a m m MDR. 54, 56. Z u § 8 : 1) § 8 Abs. 1 übernimmt den § 29 Abs. 2 WiStG. 49. Die Verwarnung erfolgt durch Verwaltungsakt. Sie h a t zwar nach Abs. 3 eine (gegenüber dem Bußgeldbescheid beschränkte) Verbrauchswirkung (vgl. Anm. 3), erfolgt aber nicht durch Bußgeldbescheid (§ 48), so daß der Betroffene keinen Antrag auf gerichtl. Entscheidung stellen kann (§ 54). Abs. 2 läßt deshalb eine gebührenpflichtige Verwarnung nur mit Einverständnis des Betroffenen zu. Eine Verwarnung ohne Gebühr ist stets zulässig und unterliegt der Dienstaufsichtsbeschwerde. Bei der gerichtlichen Nachprüfung (§§ 54ff.) kann nicht der Bußgeldbescheid aufgehoben werden, weil eine gebührenpflichtige Verwarnung ausgereicht hätte, denn das wäre eine Aufhebung eines Bußgeldbescheids, der weder unbegründet noch unzulässig ist und zu der das Gericht nach § 55 Abs. 5 nicht befugt ist. 2) Die Zulässigkeit der Verwarnung ist von der Bereitschaft zu sofortiger Zahlung abhängig, dagegen nach dem Wortlaut nicht von der sofortigen Zahlung selbst. Die Bereitschaft muß aber eine effektive sein; wer genügend Mittel zur Bezahlung der Gebühr an Ort und Stelle bei sich trägt, kann seine Bereitschaft zur Zahlung nur dadurch kund tun, daß er sogleich bezahlt. Sofortige Zahlung ist nicht notwendig Zahlung auf der Stelle. Trägt z.B. der Betroffene kein oder nicht genügend Geld zur Bezahlung der Gebühr bei sich, so würde eine Bereitschaft zu sofortiger Zahlung auch vorliegen, wenn er verspricht und offenbar imstande und willens ist, sich Geld sogleich zu besorgen und nach so kurzer Zeit zu bezahlen, daß man noch von sofortiger Zahlung sprechen kann. In solchen Fällen entspräche es aber dem Sinn und Zweck des § 8, eine rasche Erledigung von Bagatellsachen zu ermöglichen, nicht, auf die erklärte Bereitschaft hin zunächst die Verwarnung auszusprechen und, wenn der Betroffene erklärungswidrig nicht sogleich zahlt, die durch die Verwarnung entstandene Gebühr zwangsweise beizutreiben. Unterbleibt vielmehr die sofortige Zahlung, so nimmt das Bußgeldverfahren seinen Fortgang, da nicht die Verwarnung, sondern erst die Zahlung nach Abs. 3 die Verfolgung der Zuwiderhandlung ausschließt; die Verwarnung ist dann eine einfache, die der Festsetzung einer Geldbuße nicht entgegensteht (im Ergebnis ähnlich Rotberg Anm. 8, aber mit der Begründung, bei nicht sofortiger Zahlung unterbleibe die Erteilung der Bescheinigung „und damit zugleich die Verwarnung". Die Verwarnung erfolgt aber nicht mit der Erteilung der Bescheinigung, sondern geht ihr zeitlich voraus). — Eine dem Abs. 2 entsprechende Vorschrift enthält für Verkehrsübertretungen § 22 StVG. — B V I I I 1 —.

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A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 9, 10

(3) Nach Zahlung der Gebühr kann die Handlung nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden3). § 9. Versuch (1) Der Versuch einer Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße nur geahndet werden, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. (2) Die Vorschriften des Strafgesetzbuchs über den Versuch, die Strafzumessung1), den Rücktritt und die tätige Reue beim Versuch (§§43, 442), 46) gelten entsprechend. § 10. Teilnahme (1) Eine Geldbuße kann auch gegen Anstifter und, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, gegen Gehilfen1) festgesetzt werden. (2) Die Vorschriften des Strafgesetzbuchs über die Teilnahme (§§ 47 bis 49 und 50) gelten entsprechend. 3) Dagegen kann die Zuwiderhandlung als Straftat verfolgt werden; die einschränkende Vorschrift des § 65 Abs. 2 gilt nur für den rechtskräftigen Bußgeldbescheid. Z u § 9 : 1) In den §§ 9 bis 11, 14 erklärt das OWiG. eine Reihe von Vorschriften aus dem Allgemeinen Teil des StGB, für entsprechend anwendbar, während es in den §§ 9—16 andere Fragen selbständig, z. T. im Anschluß an die entsprechenden Vorschriften des StGB, regelt. Nicht ausdrücklich geregelt ist die zeitliche und räumliche Geltung des OWiG. und der Geldbuße androhenden Gesetze. Aus der weitgehenden Verweisung auf das StGB, und auf die abgewandelte Übernahme weiterer Regeln seines Allg. Teils läßt sich der Satz herleiten, daß die einschlägigen Vorschriften des StGB, entsprechend gelten, soweit das mit dem Wesen der Ordnungswidrigkeit und den besonderen Regelungen des OWiG. vereinbar ist. Das bedeutet: a) § 2 StGB, ist als Regel von allgemein gültiger Bedeutung sinngemäß anwendbar. Dies ergibt sich jetzt aus § 56 Abs. 4, der § 354a StPO. für entsprechend anwendbar erklärt, BayObLG. GA. 1953, 184. Dies ergibt sich jetzt aus § 56 Abs. 4, der § 354a StPO. für entsprechend anwendbar erklärt, und war auch bisher schon anerkannt (BayObLG. St. 1950/51 S. 289). Verliert eine Straftat nach ihrer Begehung diesen Charakter, weil ein neues Gesetz die Tat nur noch mit Geldbuße bedroht, so ist in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 2 StGB, das neue Gesetz als milderes anzuwenden, da die Ahndbarkeit der T a t bestehen bleibt. Das etwa anhängige Strafverfahren endet daher nicht mit Freispruch, sondern mit Einstellung und Abgabe der Sache an die VerwBeh. OLGe Celle GA. 1953, 184; Schleswig SchlHA. 54, 24. b) Die räumliche Geltung bestimmt sich nach dem Territorialprinzip; davon geht auch ersichtlich § 51 OWiG. aus. Soweit im StGB, auch das Schutzprinzip Anerkennung gefunden hat, kommt eine sinngemäße Anwendung schon deshalb nicht in Betracht, weil bei dem Verwaltungsunrecht keine des Schutzes gegen Verstöße vom Ausland bedürftige Interessen in Frage stehen und soweit das Personalprinzip verwirklicht ist, entfällt bei den ethisch farblosen Ordnungswidrigkeiten der Gedanke der Treupflicht, der (vgl. § 3 Abs. 2 StGB.) diesem Prinzip zugrunde liegt. Es gilt demnach sinngemäß § 3 Abs. 1, soweit er im Inland von Deutschen begangene Zuwiderhandlungen bedroht, ferner, als Grundsatz von allgemeiner Bedeutung, § 3 Abs. 3 über den Begehungsort, weiterhin § 4 Abs. 1 (Begehung im Inland durch Ausländer) sowie § 5 (Begehung auf deutschen Schiffen und Luftfahrzeugen) und § 6 (Bestrafung im Ausland begangener Übertretungen, falls besondere Gesetze oder Verträge dies anordnen). 2) Von § 44 StGB, i st nur Abs. 1 entsprechend anwendbar. Abs. 3 (Ermäßigung der Mindeststrafe) kommt nur insoweit in Betracht, als künftige Gesetze einen über § 5 OWiG. hinausgehenden Mindestbetrag der Geldbuße festsetzen. Denn das gesetzliche Mindestmaß der Geldstrafe kann, wie allgemein anerkannt (s. Anm. 2 zu § 27 StGB.) auch bei Versuch und Beihilfe nicht unterschritten werden; entsprechendes muß für die Geldbuße gelten. Zu § 10: 1) Nach § 28 WiStG. 49 konnte eine Geldbuße auch gegen den Gehilfen festgesetzt werden. I m Hinblick darauf, daß bei Übertretungen die Beihilfe nicht strafbar ist (§ 49 StGB.), überläßt es §10 dem Einzelgesetz, die Strafbarkeit der Beihilfe auszuschließen, wenn sie nicht angemessen erscheint. Beihilfe ist auch eine vor Begehung der Zuwiderhandlung zugesagte Begünstigung (§ 257 Abs. 3 StGB; vgl. dort Anm. 12). I m übrigen kann bei Ordnungswidrigkeiten wegen Begünstigung (§ 257) eine Geldbuße nicht festgesetzt werden.

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 11, 12

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§ 11. Vorsatz, Fahrlässigkeit, Ausschließung oder Milderung der Geldbuße (1) Eine Ordnungswidrigkeit kann nur bei vorsätzlichem Handeln1) geahndet werden, sofern nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. (2) Die Vorschriften des Strafgesetzbuchs über die Ausschließung oder Milderung der Strafe (§§ 51 bis 542), 58 und 593) gelten entsprechend. § 12. Irrtum 1 ) (1) Wer in unverschuldetem ) Irrtum über das Bestehen3) oder die Anwendbarkeit4) einer rechtlichen Vorschrift5) die Handlung für erlaubt gehalten hat 6 ), bleibt von Geldbuße frei 7 ). (2) War der Irrtum verschuldet, so kann die Geldbuße gemildert werden 8 ). 2

Zu § 11: 1) Die Begriffe „Vorsatz" und „Fahrlässigkeit" sind die gleichen wie im Strafrecht (vgl. Anm. 1 und 2 zu § 59 StGB.). Jedoch ist durch § 12 klargestellt, daß zum Vorsatz nur die mit Wissen und Wollen erfolgende Verwirklichung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale gehört, während das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit einen selbständigen Bestandteil der Schuld n e b e n dem Tatvorsatz bildet, dessen Fehlen die in § 12 bezeichneten Wirkungen hat. 2) Es gelten daher auch sinngemäß die Grundsätze über den übergesetzlichen Notstand (vgl. Anm. 1 zu § 54 StGB.). OLGe Hamm, N J W . 1952, 838; Braunschweig NdsRpfl. 1952,72. 3) § 60 StGB. (Anrechnung der Untersuchungshaft) ist nicht angeführt (vgl. dazu Anm. 7 h zu §35). Zu § 12: 1) Die Regelung des Verbotsirrtums (im Gegensatz zu dem in § 11 Abs. 2 durch Verweisung auf § 59 StGB, geregelten Sachverhaltsirrtum) ist aus § 31 WiStG. 49 übernommen, der seinerseits an § 20 StGB.-Entw. 1920 anknüpfte. In § 31 war für Wirtschaftsstraftaten und Ordnungswidrigkeiten die gleiche Regelung vorgesehen. § 12 beschränkt sich, indem er nur von „Handlungen", nicht von „Zuwiderhandlungen" (§ 1 Abs. 4 Satz 1) spricht, darauf, die Bedeutung des Verbotsirrtums für Ordnungswidrigkeiten klar zu stellen, während eine entsprechende Vorschrift für Straftaten bei Mischtatbeständen (vgl. § 1 Abs. 3), die angesichts des § 31 WiStG. 49 nahe gelegen hätte, unterblieben ist, und zwar in der Erwartung, daß für Straftaten allgemein der Verbotsirrtum gesetzlich geregelt werde. In § 7 WiStG. 54 ist für Wirtschaftsstraftaten die bisherige Regelung des § 31 WiStG. 49 aufrecht erhalten worden. Nach dem Beschluß des Großen Strafsen. des BGH. v. 18. 3. 1952 (BGHSt. 2, 194) schließt nunmehr auch im Strafrecht der unverschuldete Verbotsirrtum das Verschulden und damit die Bestrafung aus, während bei verschuldetem Irrtum Bestrafung wegen vorsätzlichen Handelns (vgl. Anm. 1 zu § 11) erfolgt, aber die Strafe gemildert werden kann. Damit h a t — von einer unter Anm. 8 zu erörternden Verschiedenheit abgesehen —• der Verbotsirrtum bei Ordnungswidrigkeiten die gleiche Bedeutung wie bei Straftaten. 2) Unverschuldet ist ein Irrtum, wenn dem Betroffenen kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, daß er über das Recht irrte, wenn also der Irrtum bei aller dem Pflichtigen zumutbaren Sorgfalt nicht vermeidbar war. Grundsätzlich muß sich jedermann nach Maßgabe der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten über die für seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit oder für sein sonstiges Verhalten im Rechtsleben und Verkehr maßgebenden Rechtsvorschriften unterrichten. 3) Der Irrtum kann darin bestehen, daß der Betroffene die Vorschrift nicht kennt oder annimmt, sie sei nicht mehr oder noch nicht in Kraft. 4) Es kann sich um einen Irrtum über die A u s l e g u n g der Vorschrift handeln oder um einen Irrtum über sog. negative Tatumstände, d. h. — in Kenntnis des Bestehens der Vorschrift — um die irrtümliche Annahme eines R e c h t f e r t i g u n g s g r u n d e s . Soweit ein solcher Irrtum den rechtlichen Bestand oder die rechtliche Tragweite des Rechtfertigungsgrundes betrifft, greift § 12 ein. Betrifft er dagegen die tatsächliche Grundlage des Rechtfertigungsgrundes, so liegt ein nach § 59 StGB., § 11 OWiG. zu beurteilender Sachverhaltsirrtum vor (vgl. Anm. 1 zu § 59 StGB). 5) Der Irrtum braucht beim Anwendbarkeitsirrtum nicht das die Geldbuße androhende Gesetz zu betreffen, sondern kann sich, wie namentlich bei den „negativen T a t u m s t ä n d e n "

400

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 13

§ 13. Verantwortlichkeit Jugendlicher Eine Geldbuße kann auch gegen Personen festgesetzt werden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Vorschriften des § 3 Abs. l Satz l und Abs. 2 Satz 1 des Reichsjugendgerichtsgesetzes in der Fassung vom 6. November 1943 (Reichsgesetzbl. I s. 637) 1 ) gelten entsprechend. (Anm. 4) auf jede Rechtsvorschrift beziehen, wenn er den Betroffenen zu der Annahme veranlaßt, sein Verhalten verstoße nicht gegen das die Geldbuße androhende Gesetz. 6) § 12 verlangt als Voraussetzung einer Geldbußfestsetzung wegen vorsätzlicher Handlung nicht das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit, sondern berücksichtigt den Verbotsirrtum nur, wenn durch diesen veranlaßt der Betroffene die Handlung für e r l a u b t gehalten h a t . Eine bloßer Zweifel des Betroffenen an der Unerlaubtheit seines Tun ist also rechtlich bedeutungslos. Ebenso wie im Strafrecht ein bloßer Irrtum über die Strafbarkeit das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit nicht ausschließt (vgl. Anm. l e zu § 59 StGB.), genügt für die Anwendung des § 12 ein Irrtum über die A h n d b a r k e i t nicht. Erlaubt bedeutet: nicht verboten, zulässig, mit dem Recht im Einklang. Im Strafrecht h a t der Täter seine Tat nicht für erlaubt gehalten, wenn ihm zwar ohne sein Verschulden unbekannt war, daß er gegen eine gesetzliche Vorschrift verstieß, wenn sie aber für ihn erkennbar sittlich verwerflich war, Sitte und Anstand in grober Weise verletzte. OLG. Stuttgart JZ. 1951', 88. Bei den Ordnungswidrigkeiten handelt es sich um sittlich farbloses Unrecht, so daß der Gedanke des ethisch Vorwerfbaren ausscheidet. Auch hier kann aber, wenn auch nicht in dem Maß wie im Strafrecht, trotz unverschuldeter Unkenntnis vom Bestehen der Vorschrift das Erfordernis, daß der Betroffene die Handlung für erlaubt gehalten habe, nicht erfüllt sein, wenn er sah, daß sein Verhalten mit den Anforderungen an einen Gefährdungen ausschließenden Ablauf der Dinge auf dem durch das Gesetz geregelten Gebiet unvereinbar war. Wenn der Betroffene seine Handlung für erlaubt hielt auf Grund einer Einstellung, die mit allgemein als notwendig erkannten Anforderungen im Widerspruch steht, so schließt dies entsprechend den über die Rechtsblindheit im Strafrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. Anm. l e zu § 59) die Anwendung des § 12 aus. § 12 ist nicht dahin zu verstehen, daß eine Ahndung nur ausgeschlossen sei, wenn positiv festgestellt ist, daß der Irrtum unverschuldet war und der Betroffene sein Tun für erlaubt gehalten hat. Vielmehr ist, wie beim Tatsachenirrtum (§ 59 StGB. i. Verb. m. § 11 OWiG.) eine Ahndung schon dann ausgeschlossen, wenn das Schutzvorbringen des Betroffenen, er habe in unverschuldetem Irrtum die Tat für erlaubt gehalten, nicht eindeutig widerlegbar ist; der allgemeine Grundsatz: in dubio pro reo gilt auch hier. H a t bei einem Mischtatbestand (§ 1 Abs. 3) der Täter einer Straftat angenommen, sie stelle nur eine Ordnungswidrigkeit dar, so ist ein solcher Irrtum, der nur die Art der Ahndung betrifft, rechtlich bedeutungslos. Dies war in § 4 Abs. 3 RegEntw. ausdrücklich ausgesprochen und die Streichung dieser Vorschrift im Rechtsausschuß beruht nicht auf der Absicht einer sachlichen Änderung. 7) Dagegen ist eine selbständige Einziehung gemäß §§ 18 Abs. 3, 21 zulässig. 8) Bei verschuldetem Irrtum ist die Handlung vorsätzlich begangen; es liegt aber im Ermessen der VerwBeh. bzw. des Gerichts (§ 55), je nach den Umständen die Geldbuße zu mildern. Während beim verschuldeten Rechtsirrtum im Strafrecht die Milderung sich im Rahmen der Strafdrohung für den Versuch (§ 44 StGB.) halten muß (BGHSt. 2, 194), steht im Fall des § 12 Abs. 2 die Milderung im (pflichtgemäßen) Ermessen der festsetzenden VerwBeh. Das Recht der Milderung nach ,,pflichtgemäßem Ermessen" kennt auch das StGB. (§ 158); es umfaßt dort das Recht, auf jede im Strafensystem vorgesehene Strafe zu erkennen. E. 77, 222. Das bedeutet, daß im Strafrecht die Mindestgrenzen der S t r a f a r t nicht unterschritten werden dürfen. Das gleiche muß für die Geldbuße gelten; ihr gesetzliches Mindestmaß (§ 5) gehört zu den ihr Wesen kennzeichnenden Merkmalen (anders Rotberg Anm. 11 zu § 12). Da auch bei Versuch und Beihilfe die Geldbuße mindestens 2 DM beträgt (vgl. Anm. 2 zu § 9), gewinnt die insoweit im Strafrecht und im OWiG. unterschiedliche Behandlung des verschuldeten Rechtsirrtums bei der Bemessung der Sühne nur Bedeutung, wenn ein Einzelgesetz ein gegenüber § 5 OWiG. erhöhtes Mindestmaß vorsehen sollte. § 12 Abs. 2 schließt nicht aus, von einer Geldbuße gemäß § 7 Abs. 1, 3, § 8 überhaupt abzusehen. Zu § 13: 1) Jetzt § 3 Satz 1, § 1 Abs. 3 J G G . — C II 3 —; vgl. § 120 a.a.O. Mit den angeführten Vorschriften erschöpft sich die Anwendbarkeit des J G G . Vgl. noch § 67 Abs. 6 OWiG. Für Heranwachsende (§ 1 Abs. 2 JGG.) gelten keine besonderen Vorschriften; sie werden bei Begehung von Ordnungswidrigkeiten wie Erwachsene behandelt.

A 4 . Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

§§14—16

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§ 14. Verjährung Die Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit verjährt, soweit ein Gesetz nichts Abweichendes bestimmt 1 ), in sechs Monaten2). Die Vollstreckung verjährt in zwei Jahren 3 ). Jede Handlung eines zur Unterzeichnung eines Bußgeldbescheides Befugten (§ 48 Abs. 1 Satz 2), welche wegen der Tat gegen den Täter gerichtet ist, unterbricht die Verjährung 4 ). Im übrigen gelten die Vorschriften des Strafgesetzbuchs über die Verjährung der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung5) für Ordnungswidrigkeiten entsprechend. § 15. Tateinheit Wenn durch dieselbe Handlung mehrere Ordnungswidrigkeiten begangen wurden, so kommt nur dasjenige Gesetz, welches die höchste Geldbuße androht, zur Anwendung1). Die im milderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen können verhängt werden2). § 16. Tatmehrheit Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so ist auf jede gesondert zu erkennen1). Zu § 14: 1) Vgl. z. B . W i S t G . — B I V 7 b —. 2) Mit der Verjährung wird auch eine selbständige Einziehung ausgeschlossen ( § 1 8 Abs. 4 Satz 1, § 21). 3) Ebenso die neben einer Geldbuße oder selbständig angeordnete Einziehung (§18 Abs. 4 S. 2. 3). 4) Satz 3 bezieht sich trotz seiner systematisch falschen Stellung hinter dem die Vollstreckungsverjährung regelnden Satz 2 nur auf die VerfolgungsVerjährung, denn nur während der Verfolgung kommt eine Zuständigkeit eines zur Unterzeichnung eines Bußgeldbescheides Befugten in Betracht. Die VollstreckungsVerjährung wird gemäß § 14 Satz 4 in Verb. m. § 72 S t G B , durch Vollstreckungsmaßnahmen der zuständigen Behörde (§ 68) unterbrochen. Im übrigen hat § 14 Satz 3 nur die von der V e r w a l t u n g s b e h ö r d e vorgenommenen Verfolgungshandlungen zum Gegenstand. Erfolgt im Bußgeldverfahren auf Ersuchen der Verw.Beh. (auch wenn dieses nicht von einem zur Unterzeichnung eines Bußgeldbescheides Befugten gestellt ist) eine richterliche Untersuchungshandlung (§ 35 Abs. 1 Satz 3), so unterbricht sie nach § 14 Satz 4 i. Verb. m. § 68 S t G B , die Verfolgung. Ebenso richterliche Handlungen gegen den Betroffenen, wenn nach Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Bußgeldbescheid (§§ 54ff.) das gerichtliche Nachprüfungsverfahren stattfindet. Wird bei einem Mischtatbestand (§ 1 Abs. 3) das Verfahren zunächst von der StA. betrieben (§ 27 Abs. 1), so läuft während dieser Zeit die Verjährung der Ordnungswidrigkeit, sofern nicht eine richterliche Verfolgungshandlung erfolgt. Gibt die StA. erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist die Sache an die VerwBeh. ab (§ 31), so ist die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit verjährt. Dem Sinn der kurzen Verjährungsfrist würde die Auffassung widersprechen, daß während der Anhängigkeit der Sache bei der StA. auf Grund gesetzlicher Vorschrift die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nicht habe begonnen werden können und deshalb die Verfolgung geruht habe und ebenso die Auffassung, daß die Erklärung der StA., eine Straftat liege nicht vor, die Entscheidung einer Vorfrage durch die StA. i. S. des entsprechend anwendbaren § 69 Abs. 1 Satz 2 S t G B . sei. E s ist vielmehr Sache der VerwBeh., der die StA. von der Einleitung der Strafverfolgung Kenntnis zu geben hat (§ 27 Abs. 1 Satz 1), durch geeignete Handlungen für eine Unterbrechung der Verjährung zu sorgen, wobei schon Wieder vorläge Verfügungen genügen können, wenn sie eine laufende Unterrichtung der VerwBeh. und damit den Fortgang des Verfahrens bezwecken. E . 62, 425; OLG. Dresden D J Z . 1933, 1297. 5) §§ 66, 67 Abs. 4, 68, 69, 70 Abs. 3, 72. Z u § 15: 1) Entspricht dem § 73 S t G B . Über das tateinheitliche Zusammentreffen von Straftat und Ordnungswidrigkeit s. § 4. 2) Satz 2 entspricht den in der Rechtspr. zu § 73 S t G B , herausgebildeten Grundsätzen (vgl. Anm. 2 zu § 73). Die Verhängung der Nebenfolgen steht im pflichtmäßigen Ermessen (entsprechend § 7 Abs. 1). Zu § 16: 1) Entspricht dem § 78 S t G B . Mehrere Geldbußen sind verwirkt, wenn mehrere s e l b s t ä n d i g e Handlungen i. S. des § 74 S t G B . (vgl. dort Anm. 2) vorliegen. Für die f o r t g e s e t z t e H a n d l u n g gelten die im Strafrecht entwickelten Grundsätze (vgl. Anm. 2 c zu § 74) entsprechend. BayObLG. N J W . 1951, 493. Die mehreren Geldbußen können in e i n e m Bußgeldbescheid festgesetzt werden; wird Erzwingungshaft angeordnet (§ 69), so hat sie alle Geldbußen zum Gegenstand, deren Vollstreckung im Zeitpunkt der Anordnung fruchtlos ausgefallen ist (vgl. Anm. 8 zu § 69). 26

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

402

A4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 17, 18 3. Abschnitt.

Einziehung

§ 17. Anwendungsbereich Die Vorschriften dieses Abschnitts sind auf Zuwiderhandlungen 1 ) nur anzuwenden, wenn das die S t r a f e oder Geldbuße androhende Gesetz ausdrücklich die Einziehung anordnet oder zuläßt 2 ).

§ 18. Zulässigkeit der Einziehung (1) Gegenstände 1 ), die durch eine Zuwiderhandlung gewonnen 2 ) oder erlangt 3 ) werden, können neben der S t r a f e oder Geldbuße eingezogen werden. (2) Dasselbe gilt für die zum Begehen einer Zuwiderhandlung gebrauchten oder dazu b e s t i m m t e n Gegenstände 4 ) insbesondere für die bei der Zuwiderhandlung verwendeten Verpackungs- oder Beförderungsmittel. (8) s ) Ist der Gegenstand zum Begehen einer m i t S t r a f e oder Geldbuße bedrohten Handlung gebraucht worden oder dazu b e s t i m m t gewesen u n d b e s t e h t die G e fahr, daß der T ä t e r m i t dem Gegenstand weitere m i t S t r a f e oder Geldbuße bedrohte Handlungen begehen wird, so ist die Einziehung auch zulässig, wenn der T ä t e r nicht schuldhaft 8 ) gehandelt h a t oder die T a t aus anderen Gründen 7 ) n i c h t geahndet werden k a n n 8 ) . Zu § 17: 1) Also auf Ordnungswidrigkeiten und Straftaten aus Mischtatbeständen (§ 1 Abs. 4 Satz 1). Für letztere enthalten die §§ 17ff. eine Sonderregelung, so daß die Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften (§§ 40, 42 StGB.) entfällt. Für Wirtschaftsstraftaten gilt § 7 WiStG. 54. 2) So z. B. § 40 desBJagdges. — B I X 1 —. Die in §§ 17f. geregelte Einziehung ist, da sie — wenn auch unter einschränkenden Voraussetzungen — gegen den nicht als Täter oder Teilnehmer der Zuwiderhadlung in Betracht kommenden Eigentümer zulässig ist (§ 19), nicht Nebenstrafe (Nebenfolge) im Sinne eines die Hauptsühne ergänzenden Übels, sondern Sicherungsmaßnahme (s. Anm. 7 zu § 40 StGB.); im Falle des § 18 Abs. 3 steht der Sicherungsc harakter außer Zweifel. Zu § 18: 1) Der Begriff ist der gleiche wie in § 40 StGB., so daß auch hier die Zweifelsfrage (s. Anm. 1 zu § 40) auftaucht, ob Gegenstände nur körperliche Sachen oder auch Rechte sind. Der Einziehungsbetroffene (Täter, Teilnehmer oder bösgläubiger Dritteigentümer, § 19) muß Alleineigentümer sein (vgl. Anm. 6 zu § 40 StGB); a. M. Rotberg Anm. 3 zu § 18. 2) = hervorgebracht i. S. des § 40 StGB. 3) erlangen = die tatsächliche Verfügungsmacht darüber erhalten. Erweiterung der Einziehungsvoraussetzungen gegenüber § 40 StGB., wie sie schon § 39 WiStG. 49 vorsah. 4) Abs. 2 entspricht dem § 40 StGB. Die dort streitige Frage, ob es genügt, daß der Gegenstand zur Vorbereitung der Straftat gebraucht worden ist oder ob er unmittelbar der Ausführung der Tat gedient haben muß, entsteht auch hier. Wie in § 40 StGB, unterliegen Gegenstände, auf die sich die Zuwiderhandlung nur bezieht, nicht der Einziehung (vgl. Anm. 4 zu § 40 StGB.), es sei denn, daß, wie § 7 WiStG. 54, das Einzelgesetz sie anordnet oder zuläßt. 5) Abs. 3 ist sowohl gegenüber § 40 StGB, als auch gegenüber § 39 WStG. 49 neu. 6) Es muß also der äußere Tatbestand einer ahndbaren Handlung rechtswidrig verwirklicht sein. Der Mangel des Verschuldens kann z. B. auf Zurechnungsunfähigkeit (vgl. dazu Anm. 1 zu § 42b StGB), Tat- oder Verbotsirrtum (§ 12 Abs. 1) beruhen. 7) Gedacht ist an rechtliche Hindernisse (s. Anm. 8), (z. B. Amnestie, nicht aber Verjährung wegen § 18 Abs. 4 Satz 1). Die Nachholung der bei Festsetzung einer Geldbuße unterlassenen Einziehung ermöglicht Abs. 3 nicht. 8) Während die Einziehung nach Abs. 1 und 2 schuldhafte Tatbestandsverwirklichung voraussetzt („neben der Strafe oder Geldbuße"), kann bei Wiederholungsgefahr die Einziehung auch gegenüber einem nicht schuldhaft Handelnden erfolgen. Kann die Tat aus anderen Gründen nicht geahndet werden, so läßt bei Wiederholungsgefahr Abs. 3 die Einziehung auch dann zu, wenn sie nicht in einem objektiven Verfahren nach § 21 durchgeführt werden

A 4 . Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 1 9

403

(4) Die Einziehung kann nicht mehr angeordnet werden, wenn die Verfolgung der Zuwiderhandlung verjährt ist. Die Vollstreckung der Einziehung verjährt mit der Verjährung der Vollstreckung der Strafe oder Geldbuße, neben der sie angeordnet ist. Ist eine Strafe oder Geldbuße nicht verhängt worden9), so gelten für die Vollstreckungsverjährung der Einziehung die Vorschriften über die Vollstreckungsverjährung von Geldbußen entsprechend10).

§ 19. Einziehung fremden Eigentums1) Ist der Täter 2 ) nicht Eigentümer3), so unterbleibt die Einziehung, es sei denn,4) daß der Eigentümer die Zuwiderhandlung kannte oder kennen mußte 5 ) oder von ihr einen Vorteil6) gehabt hat, dessen Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung ihm erkennbar war 7 ). könnte, weil das Ahndungshindernis auch der Einziehung entgegensteht. Die Möglichkeit, vom subjektiven zum objektiven Verfahren überzugehen, wird überwiegend verneint (vgl. Anm. 3 zu § 42 StGB.). Für Abs. 3 dürfte diese Frage bedeutungslos sein, vielmehr wird anzunehmen sein, daß § 18, der die materiellen Einziehungsvoraussetzungen regelt, indem er in Abs. 3 im Gegensatz zu Abs. 1 und 2 auf die Verbindung der Einziehung mit einer Strafoder Geldbußfestsetzung verzichtet, auch bei Freisprechung oder Einstellung des Verfahrens die Einziehung im anhängigen Verfahren zulassen will (so auch Stoecker I I I 3 ; vgl. auch § 8 Abs. 1 W i S t G . 54). Verneint man dies, so bleibt, um dem Abs. 3 seine Wirksamkeit nicht zu entziehen, nichts übrig, als mit Rotberg Anm. 11 anzunehmen, daß auch nach rechtskräftigem Freispruch aus subj. Gründen eine Einziehung im obj. Verfahren zulässig ist, daß also § 21 insoweit unanwendbar ist, als er die Undurchführbarkeit eines Verfahrens voraussetzt. 9) Bei Einziehung im selbständigen Verfahren (§ 21) oder im subjektiven, mit Freispruch oder Einstellung endenden Verfahren (vgl. Anm. 8). 10) Die Vollstreckungsverjährung tritt also auch dann nach 2 Jahren (§ 14 Satz 2) ein, wenn die Einziehung in einem objektiven Strafverfahren wegen einer Straftat aus einem Mischtatbestand (§ 1 Abs. 3) angeordnet worden ist. Zu § 19: 1) § 19 entspricht dem § 40 W i S t G . 49. Der dieser Vorschrift zugrundeliegende Gedanke ist im Wege der Auslegung auch für andere Vorschriften anerkannt, die keine Beschränkung der Einziehungsvoraussetzungen enthalten (vgl. Anm. 7 zu § 40 StGB.). 2) Einschl. des Anstifters und des Gehilfen. 3) Vgl. Anm. 1 zu § 18 u. Anm. 6 zu § 40 S t G B . Bei einem Wechsel des Eigentums in der Zeit zwischen T a t und Entscheidung ist — anders als nach § 86 Abs. 2 S t G B . — maßgebend, wer im Zeitpunkt der Entscheidung Eigentümer ist. Rotberg Anm. 7 unter Hinweis auf E . 64, 204; das erfordert der Zweck der Vorschrift, die Einziehung gegen einen an der T a t nicht als Täter oder Teilnehmer beteiligten Eigentümer nur zuzulassen, wenn er schuldhaft die Begehung der T a t ermöglicht oder erleichtert oder aus ihr Vorteil gezogen hat. 4) Die Voraussetzungen der Einziehung — als Ausnahme von dem Grundsatz —- müssen also festgestellt sein; bestehen Zweifel, so muß die Einziehung unterbleiben. 5) Nämlich v o r ihrer Begehung (Gedanke: wenn er wußte oder wissen mußte, daß die Tat begangen würde, so mußte er verhindern, daß sein Eigentum bei der Tat Verwendung fand, auch legt Kenntnis von der bevorstehenden T a t die Vermutung nahe, daß die Verwendung nicht ohne sein Einverständnis geschah). Die Einziehung ist für den tatunbeteiligten Dritteigentümer keine Strafe. Sie wirkt für ihn aber wie eine Sühne für normwidriges Verhalten. E s ist daher anzunehmen, daß an das Kennen und das Kennenmüssen die gleichen Anforderungen wie an Vorsatz und Fahrlässigkeit zu stellen sind, so daß bei Zurechnungsunfähigkeit oder unverschuldetem Verbotsirrtum des Dritteigentümers nur unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 die Einziehung möglich ist. Im übrigen braucht sich die Kenntnis (das Kennenmüssen) nur auf den äußeren Tatbestand der Zuwiderhandlung zu erstrecken. 6) Der Begriff ist der gleiche wie etwa in § 259 S t G B . (vgl. dort Anm. l a ) . 7) E s kommt nicht darauf an, ob der Eigentümer den Zusammenhang erkannt hat, sondern ob er ihn erkennen konnte. Gesetzgeberischer Gedanke: hat der Eigentümer einen mit der Zuwiderhandlung zusammenhängenden Vorteil erlangt (sich verschafft oder sich gewähren lassen), so legt dies die Annahme nahe, daß die Verwendung seines Eigentums zur T a t nicht ohne seinen Willen geschah; zum mindesten ist, wenn er im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung einen Vorteil erhält, angesichts der daraus erkennbaren Gesinnung der ihm gehörende Gegenstand der Einziehung in seiner Hand nicht ungefährlich. — Kein Vorteil, d. h. keine günstigere Gestaltung seiner Verhältnisse ist es, wenn der Eigentümer von dem 26*

404

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 20, 21

§ 20. Ersatzeinziehung1) Ist die Einziehung gemäß § 18 Abs. 1 oder 2 nicht ausführbar 2 ), so kann auf Einziehung eines dem Wert 3 ) der Gegenstände entsprechenden Geldbetrags (Ersatzeinziehung) erkannt werden 4 ). Steht nicht fest, ob die Einziehung ausführbar sein wird, so kann für den Fall, daß sie nicht ausgeführt werden kann, auf Ersatzeinziehung erkannt werden.

§ 21. Selbständige Einziehung Kann weder ein Straf- noch ein Bußgeldverfahren durchgeführt werden 1 ), so kann die Einziehung oder Ersatzeinziehung selbständig angeordnet werden 2 ), wenn im übrigen die Voraussetzungen der §§ 18 bis 203) vorliegen. Täter Ersatz dafür erhält, daß bei der ohne Verschulden des Eigentümers erfolgten Verwendung des Gegenstandes zur T a t diesem ein Schaden entstanden ist, falls der Ersatz den Schaden nicht übersteigt. Z u § 20: 1) § 20 entspricht dem § 41 WiStG. 49, der in § 401 Abs. 2 RAbgO. — unter B VI — ein Vorbild hat. 2) Die Ersatzeinziehung setzt voraus, daß die in § 18 Abs. 1 und 2 bestimmten Voraussetzungen der Einziehung in vollem Umfang gegeben sind, daß aber eine angeordnete Einziehung nicht körperlich vollziehbar wäre, weil der Einziehungsgegenstand — gleichviel ob mit oder ohne Verschulden des Täters — nicht mehr vorhanden oder nicht greifbar ist. Dagegen liegt keine Nichtausführbarkeit vor, wenn die Einziehung gemäß § 19 unterbleibt. BayObLG. N J W . 53, 675. Ist der Besitz an dem Einziehungsgegenstand durch Beschlagnahme auf den Staat übergegangen, so trägt dieser die Gefahr des Untergangs; daher ist in solchen Fällen trotz Nichtausführbarkeit — mag diese auf einem Verschulden eines staatl. Organs beruhen oder nicht •— auf Einziehung, nicht auf Ersatzeinziehung zu erkennen. BGH. N J W . 53, 754. 3) Vgl. Anm. 9 zu § 401 RAbgO. — unter B V I — . Der Wert ist der im Zeitpunkt der Einziehungsanordnung im Inland erzielbare gewöhnliche, der verkehrsübliche Verkaufspreis für inländische Waren gleicher Art und Güte; Ausnahmeerscheinungen haben außer Betracht zu bleiben. E. 75, 103; BGH. JZ. 53, 246 (näheres Härtung, Steuerstrafrecht Anm. I I I 2a zu § 401 RAbgO.). 4) Die Ersatzeinziehung, die ja nur gegen den Täter oder Teilnehmer („neben der Strafe oder Geldbuße") ausgesprochen werden kann, trifft nur den Täter, nicht den nach § 19 einziehungsbetroffenen Dritteigentümer; sie ist eine echte Nebenstrafe (keine Sicherungsmaßnahme). B G H . N J W . 53, 874. Die Ersatzeinziehung kann in voller Höhe gegen jeden Mittäter sowie gegen Anstifter und Gehilfen ausgesprochen werden; die mehreren Personen haften als Gesamtschuldner (vgl. Anm. 9 zu § 401 RAbgO. — B VI). Die neben einer Geldbuße erkannte Ersatzeinziehung wird nach § 68 vollstreckt; Erzwingungshaft (§ 69) ist ausgeschlossen. Die neben einer Strafe angeordnete Ersatzeinziehung („Wertersatzstrafe") des § 401RAbgO. ist eine echte Geldstrafe, für die gemäß § 470 RAbgO. eine Ersatzfreiheitsstrafe ausgeworfen werden kann (vgl. Anm. 9 zu § 401 RAbgO.; Härtung, Steuerstrafrecht Anm. I I I 4). Für die Ersatzeinziehung des § 20 OWiG. wird, wenn es auch an einer dem § 470 RAbgO. entsprechenden Vorschrift fehlt, das gleiche zu gelten haben (ebenso LG. Düsseldorf N J W . 53, 435). Z u § 2 1 : 1) Während die §§ 42, 48 WiStG. 49 die selbständige Einziehung zuließen, wenn ein Straf- oder Bußgeldverfahren nicht durchgeführt wurde oder zwar durchgeführt, die Einziehung aber unterblieben war, fordert § 21, daß ein solches Verfahren trotz Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 18 bis 20 nicht durchgeführt werden kann und entspricht insoweit dem § 42 StGB. Ein subjektives Verfahren kann nicht durchgeführt werden, wenn zwar ein staatlicher Straf- oder Ahndungsanspruch infolge Verwirklichung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach der äußeren und inneren Tatseite entstanden ist, seiner Realisierung mittels Durchführung eines Straf- oder Bußgeld Verfahrens aber tatsächliche (Abwesenheit, Tod) oder solche rechtlichen Verfahrenshindernisse entgegenstehen, die zwar die Verhängung einer Strafe oder Festsetzung einer Geldbuße, aber nicht die Anordnung der Einziehung ausschließen, wie z. B. eine Amnestie, die nicht auch die selbständige Einziehung auschließt (vgl. Anm. l a zu § 42 StGB.). Eine Ausnahme, von dem Grundsatz, daß auch der innere Tatbestand verwirklicht sein muß, besteht nur bei Wiederholungsge-

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 22, 23

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§ 22. Wirkung der rechtskräftigen Einziehung Mit der Rechtskraft der Entscheidung erwirbt das Land das Eigentum an den eingezogenen Gegenständen1); wird die Einziehung von einer Verwaltungsbehörde des Bundes oder der von ihr bestimmten Verwaltungsbehörde2) angeordnet3), so erwirbt der Bund das Eigentum. Sonstige Rechte erlöschen4). § 23. Rechte Dritter am Gegenstand der Einziehung1) (1) Steht einem Dritten2) ein Recht an den eingezogenen Gegenständen3) zu, so ist er durch Ersatz des Wertes des Rechtes zu entschädigen4), es sei denn, daß fahr (§ 18 Abs. 3). An der Voraussetzung, daß das subjektive Verfahren nicht durchgeführt werden kann, fehlt es , wenn ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt worden, die Einziehung aber unterblieben ist; eine Nachholung im selbständigen Verfahren ist dann ausgeschlossen. Das gleiche gilt, wenn eine Ordnungswidrigkeit durch gebührenpflichtige Verwarnung (§ 8) erledigt worden ist; hier war vor der Verwarnung das Bußgeldverfahren durchführbar; mit der Verwarnung erlischt, wie sich schon aus der einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid entsprechenden Verbrauchswirkung der Verwarnung (§ 8 Abs. 3) ergibt, auch die Befugnis zur Einziehung. Ist die Ordnungswidrigkeit unter Berücksichtigung a l l e r Umstände so bedeutungslos, daß die H a u p t s ü h n e der Geldbuße ausgeschlossen ist (§ 7 Abs. 3), so ist auch die N e b e n f o l g e der Einziehung unzulässig (so mit Recht Rotberg Anm. 3; a. M. Stoecker Anm. 4 b); denn der gesetzgeberische Gedanke ist, daß bei bedeutungslosen Fällen ein staatlicher Ahndungsanspruch überhaupt nicht entsteht. Stehen nur Ermessensgründe der Festsetzung einer Geldbuße entgegen (§ 7 Abs. 1), so fehlt es an dem Erfordernis, daß ein Bußgeldverfahren nicht durchgeführt werden k a n n . Ob die Durchführung eines Strafverfahrens nicht möglich ist, entscheidet —• jedenfalls bei tatsächlichen Hindernissen — grundsätzlich die StA. (vgl. Anm. l e zu § 42 StGB.); dementsprechend unterliegt auch bei Ordnungswidrigkeiten eine dahingehende Ermessensentscheidung nicht der gerichtlichen Nachprüfung. — Wegen der Zulässigkeit des Übergangs vom subj. zum obj. Verf. s. Anm. 8 zu § 18. Im gerichtlichen Nachprüfungsverfahren (§§ 54ff.) ist ein Übergang vom subj. zum obj. Verfahren nicht möglich, da dies einen Eingriff in die Ermessensfreiheit der VerwBeh. (§§ 7, 21) bedeuten würde. OLGe Braunschweig NdsRpfl. 1951, 210; Köln N J W . 53, 1845. 2) Über die Form der Entscheidung s. § 26. 3) Bei selbständiger Ersatzeinziehung kann die Zahlung von Wertersatz nur dem Täter oder Teilnehmer, nicht dem Dritteigentümer (§ 19), der die Einziehung des Gegenstandes ja nur zu dulden hat, auferlegt werden. Z u § 22: 1) Originärer Rechtserwerb kraft Hoheitsakts (entsprechend §43 WiStG. 49 und der auch sonst bisher schon allgemein vertretenen Auffassung, vgl. Anm. 7 Abs. 2 zu § 40 StGB.). 2) Vgl. § 73. 3) Auch wenn die gerichtliche Nachprüfung (durch die Gerichte der Länder) stattfindet. 4) Gutgläubiger Rechtserwerb nach rechtskräftiger Einziehung nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten ist rechtlich möglich; § 47 WiStG. 49, der dies im Anschluß an entsprechende Vorschriften des früheren Rechts (vgl. z.B. § 9 Abs. 4 VerbrauchsregelungsStrafVO. v. 26. 2. 1941, RGBl. I S. 734) ausdrücklich aussprach, ist als entbehrlich gestrichen. Z u § 23: 1) Früheres Recht: §44 WiStG. 49. 2) Der Eigentümer (s. Anm. 3 zu § 19) ist nicht Dritter (vgl. auch den Wortlaut des § 24 Abs. 1), denn gegenüber dem gutgläubigen Eigentümer gibt es keine Einziehung und der bösgläubige i. S. des § 19 erhält eine Entschädigung so wenig wie ein bösgläubiger Dritter. 3) Rechte a m Einziehungsgegenstand sind nur dingliche Rechte (so schon für § 44 WiStG94. BayObLG. St. 1950/51, 507), also z. B. ein Pfandrecht; obligatorische Rechte, z. B. das des Käufers oder Mieters, deren Erfüllung durch die Einziehung unmöglich wird, begründen keinen Entschädigungsanspruch, ebensowenig der bloße Besitz. 4) Der Entschädigungsanspruch richtet sich gegen das Land oder den Bund, dem nach § 23 das Eigentum zugefallen ist. Ein Ubergang der persönl. Forderung des dingl. Berechtigten

406

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 23

er die Zuwiderhandlung kannte oder kennen mußte6) oder von ihr einen Vorteil gehabt hat, dessen Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung ihm erkennbar war 6 ). Die dem Dritten zu gewährende Entschädigung darf die Höhe des Wertes 7 ) oder Erlöses der eingezogenen Gegenstände nicht überschreiten. (2) Bei der Feststellung, inwieweit ein Recht durch den Wert oder Erlös der eingezogenen Gegenstände gedeckt war, sind vorgehende Rechte auch zu berücksichtigen, wenn bei ihnen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht gegeben sind 8 ). (3) 9 ) Von einer Entscheidung über das Recht eines Dritten kann abgesehen werden 10 ), wenn sie untunlich ist, insbesondere weil sie die Entscheidung über die Einziehung verzögern würde. In diesem Falle sind in der Entscheidung die Rechte des Dritten vorzubehalten. (4) Der Entschädigungsanspruch verjährt ein Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die den Entschädigungsanspruch festsetzt11). (5) Der ordentliche Rechtsweg ist zulässig, soweit dem Dritten nach Absatz 3 seine Rechte vorbehalten sind oder eine Entscheidung trotz ordnungsmäßigen12) Antrags des Dritten unterblieben ist. gegen den Eigentümer auf den entschädigungspflichtigen Staat kann nicht angeordnet werden ; auch für eine Anwendung des § 255 B G B . fehlt es an einem Bedürfnis (vgl. OLG. Hamb. N J W . 53, 1645). 5) Vgl. Anm. 4 und 5 zu § 19. 6) Vgl. Anm. 6 und 7 zu § 19. 7) Solange der Fiskus den Gegenstand nicht veräußert hat, ist dessen Wert (vgl. Anm. 3 zu § 20), nach erfolgter Veräußerung der erzielte Erlös maßgebend. Wertminderungen, die der Gegenstand erlitten hat, gehen zu Lasten des Dritten. 8) Also wenn die Inhaber der vorgehenden Rechte bösgläubig oder vorteilbegünstigt i. S. des Abs. 1 sind und daher keinen Entschädigungsanspruch haben (Grund: der Dritte soll keine Bereicherung erfahren). 9) Abs. 3 Satz 1, der erst im Bundesrat eingefügt wurde, ist dem § 405 Satz 2 StPO. nachgebildet. 10) Das Absehen geschieht nicht durch eine besondere Entscheidung vor oder neben der Entscheidung über die Einziehung, sondern indem in der Entscheidung über die Einziehung die Rechte des Dritten vorbehalten werden. Einen Rechtsbehelf dagegen gibt es nicht. Gegen die Auffassung von Rotberg Anm. 9, daß die Entscheidung sich auf die Feststellung des Entschädigungsanspruchs dem Grunde nach beschränken könne und die Rechte des Dritten der Höhe nach vorbehalten werden könnten, bestehen Bedenken. Zwar fehlt eine dem § 406 Abs. 1 Satz 2 StPO., der im Adhäsionsverfahren eine Entscheidung nur dem Grunde nach als unzulässig bezeichnet, entsprechende Vorschrift. Andrerseits ist aber auch die im RegEntw. (§ 20) vorgeschlagene Regelung, daß mit der Entscheidung über die Einziehung stets die E n t scheidung über die Entschädigung zu verbinden sei, letztere sich aber auf den Grund des Anspruchs beschränken könne, nicht Gesetz geworden, vielmehr im Anschluß an § 405 StPO. allgemein das Absehen von der Entscheidung unter Vorbehalt des Entschädigungsanspruchs zugelassen worden. Bei dieser Sachlage trifft doch wohl auch hier der Gedanke des § 406 StPO. zu, daß es, wenn eine abschließende Entscheidung im Strafverfahren nicht erfolgt, wegen der Gefahr widersprechender tatsächlicher Feststellungen und abweichender rechtlicher Beurteilung untunlich sei, den Zivilrichter in der umfassenden Würdigung des Anspruchs zu beschränken. S. auch §50 Abs. 3 W i S t G . 49/52, der für die Entscheidung über die Rückerstattung des Mehrerlöses an den Geschädigten auch den § 406 Abs. 1 Satz 2 StPO. für entsprechend anwendbar erklärt. 11) Gleichviel, ob die Festsetzung im Straf- oder Bußgeldverfahren oder durch den Zivilrichter erfolgt ist. Eine Verjährungsfrist für die Fälle des Abs. 5 fehlt. Andrerseits muß der nachträgliche Entschädigungsantrag (§ 25 Abs. 2) binnen einer Ausschlußfrist von einem J a h r seit Rechtskraft der Einziehungsanordnung gestellt werden (§ 25 Abs. 3). Danach dürfte es dem Sinn des § 23 Abs. 4, § 25 Abs. 3 entsprechen, daß der rechtzeitig geltendgemachte, aber vorbehaltene oder übergangene Anspruch binnen eines Jahres nach der Rechtskraft der Einziehungsanordnung verjährt (ebenso Stoecker Anm. IV). 12) Vgl. § 24 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2.

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 24

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§ 241). Geltendmachung von Rechten des Eigentümers und des Dritten (1) Dem Eigentümer (§ 19) und dem Dritten (§ 23) ist Gelegenheit zu geben, ihre Rechte geltend zu machen. (2) Wird die Einziehung in einem Gerichtsverfahren durchgeführt, so stehen dem Eigentümer und dem Dritten selbständig die Befugnisse2) des Angeklagten zu. Den Antrag auf Berücksichtigung ihrer Rechte können sie bis zum Ausspruch der Einziehung und, wenn eine zulässige Berufung eingelegt ist, bis zur Beendigung der Schlußvorträge3) im Berufungsverfahren4) stellen. Sie können sich in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger vertreten lassen. Auch wenn sie nicht geladen sind, können sie erscheinen und ihre Rechte geltend machen. Bleiben sie auf ordnungsgemäße Ladung aus, so wird ohne sie verhandelt5). Sind sie zur Hauptverhandlung geladen oder erscheinen sie6), so ist ihnen das Urteil zuzustellen, wenn sie bei der Verkündung nicht zugegen und auch nicht vertreten gewesen sind. (3) Wird die Einziehung in einem Bußgeldverfahren durchgeführt, so können der Eigentümer und der Dritte selbständig die Rechte geltend machen, die dem Betroffenen zustehen. Der Antrag auf Berücksichtigung ihrer Rechte kann bis zum Erlaß7) des Bußgeldbescheides und, wenn Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt ist, bis zur Entscheidung8) des Gerichts (§ 55) gestellt werden. Im übrigen sind die §§ 44 Abs. 2 und 3, 45, 46, 53, 54, 56 und 57 entsprechend anzuwenden. Zu § 24: 1) § 24 knüpft an § 45 WiStG. 49 an. 2) Z. B. zur unmittelbaren Ladung von Zeugen (§ 220 StPO.), Rechtsmittel einzulegen, das Fragerecht nach § 240 Abs. 2. Diese Befugnisse können sowohl zugunsten des Angekl. ausgeübt werden, damit eine Verurteilung nicht erfolgt und daher die Einziehung unterbleibt, wie auch um darzutun, daß die Einziehung fremden Eigentums nach § 19 unzulässig bzw. eine Entschädigung nach § 22 geboten sei. 3) § 258 StPO. 4) Also nicht mehr in der Revisionsinstanz; hier bleibt nur der Weg des § 25. 5) Es darf also nicht verhandelt werden, wenn sie trotz ordnungsmäßiger Stellung des Berücksichtigungsantrags nicht geladen worden sind, denn die Gewährung der Gelegenheit zur Geltendmachung der Rechte h a t nach § 24 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 in gleicher Weise wie bei dem Angekl., also durch Ladung zur Hauptverhandlung (§ 216) zu erfolgen. Aus welchen Gründen der ordnungsmäßig Geladene ausbleibt, ist ohne Bedeutung. Beim Ausbleiben des geladenen Eigentümers oder Dritten wird von Amts wegen das zur Klärung der geltend gemachten Rechte Erforderliche getan; bleibt dagegen ein solcher Beteiligter, der allein Berufung eingelegt hat, aus, so findet § 329 StPO. Anwendung. 6) = geladen, ohne zu erscheinen, oder erscheinen sie, wenn auch ohne Ladung. 7) E r l a s s e n ist der Bußgeldbescheid nicht schon mit der Unterzeichnung (§ 48), sondern erst in dem Augenblick, in dem er den inneren Geschäftsbereich der VerwBeh. verlassen hat, z. B. durch Übergabe an die Post zur Zustellung. Ist der Antrag bis zu diesem Augenblick nicht gestellt, so kann er nur geltend gemacht werden, wenn ein anderer zulässigerweise gerichtliche Entscheidung beantragt; dagegen kann der Eigentümer bzw. Dritte nicht selbst gerichtliche Entscheidung beantragen, da ihm dies Recht nach Abs. 3 Satz 3, § 54 nur zusteht, wenn er einen fristgerechten Antrag auf Berücksichtigung seiner Rechte gestellt h a t ; es kommt dann § 25 in Betracht. Dem E r l a ß des Bußgeldbescheides steht der Abschluß einer Unterwerfungsverhandlung gleich (§ 67 Abs. 5). 8) Bei Entscheidung durch v e r k ü n d e t e n Beschluß ist der Zeitpunkt der Verkündung maßgebend; anderenfalls gilt auch hier das in Anm. 7 Gesagte.

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A 4 . Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§25—27

§ 25. Nachträgliche Geltendmachung der Rechte des Eigentümers und des Dritten (1) Ist der Antrag auf Berücksichtigung des Eigentums in dem Verfahren, in dem die Einziehung ausgesprochen worden ist, nicht mehr zulässig1), so kann der Eigentümer, falls die Versäumung nicht auf seinem Verschulden beruht, die nachträgliche Aufhebung der Einziehung und, wenn hierdurch das Eigentum nicht wiederhergestellt werden kann, die Herausgabe des Erlöses beantragen2). (2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann der Dritte Entschädigung (§ 23) nachträglich beantragen. (3) Der Antrag ist schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei der Stelle anzubringen, welche die Einziehung angeordnet hat. Er kann nach Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der Einziehungsanordnung nicht mehr gestellt werden. § 26. Form der Entscheidung (1) Im Strafverfahren ist die Einziehung durch Urteil auszusprechen. Im selbständigen Verfahren sind die §§ 430 bis 432 der Strafprozeßordnung anzuwenden. (2) Im Bußgeldverfahren ist die Einziehung im Bußgeldbescheid auszusprechen1). Im selbständigen Verfahren steht der von der Verwaltungsbehörde zu erlassende Einziehungsbescheid einem Bußgeldbescheid gleich. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn über die Rechte des Eigentümers oder des Dritten (§§ 24, 25) zu entscheiden ist.

ZWEITES

BUCH

Verfahrensrecht 1. Abschnitt.

Allgemeines

§ 27. Zuständigkeitsabgrenzung (1) Ermittlungen wegen Zuwiderhandlungen1) führt, sofern es sich um Strafsachen handelt, die Staatsanwaltschaft, sofern es sich um Bußgeldsachen handelt, die Verwaltungsbehörde2). Zu § 25: 1) S. § 24 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2. 2) § 25 will den Eigentümer oder Dritten, der unverschuldet außerstande war, seine Rechte im Bußgeld- oder selbständigen Einziehungsverfahren geltend zu machen, so stellen, wie wenn er sich an dem vorangegangenen Verfahren h ä t t e beteiligen können. Dann aber muß er folgerichtig befugt sein, nicht nur den Verdacht der Bösgläubigkeit oder Vorteilsbegünstigung zu entkräften, sondern (§§ 19, 23) auch darzutun, daß in der Person des Täters die Voraussetzungen für eine Einziehung nicht vorlagen (vgl. Anm. 2 zu § 24). An der Rechtskraft der Strafe oder Geldbußfestsetzung wird dadurch, daß in dem Nachverfahren etwa abweichende Feststellungen getroffen werden, freilich nichts geändert (vgl. § 66). Zu § 26: 1) Die Einziehung kann auch Gegenstand einer Unterwerfung sein (vgl. § 67 Abs. 1). Zu § 27: 1) § 1 Abs. 4. 2) S. § 35. Welcher Angehörige der VerwBeh. die Ermittlungen führt, Anordnungen erläßt (z. B. die Beschlagnahmeanordnung, § 42 Abs. 1) und Entscheidungen trifft, richtet sich nach den innerdienstlichen Anordnungen. Beschränkungen bestehen nur bezügl. der Unterzeichnung des Bußgeld- oder Einziehungsbescheids (§ 48, § 26 Abs. 2 Satz 2), der Unterbrechung der Verfolgungsverjährung (§ 14 Satz 3) und bei der Durchführung einer Unterwerfungsverhandlung (§ 67 Abs. 3).

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 28—30

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(2) Leitet die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung wegen einer Zuwiderhandlung ein, die sowohl Straftat als auch Ordnungswidrigkeit sein kann 3 ), so hat sie die Verwaltungsbehörde davon in Kenntnis zu setzen4). Das gleiche gilt, wenn die Staatsanwaltschaft bei Gelegenheit anderer Ermittlungen Tatsachen feststellt, die den Verdacht von Ordnungswidrigkeiten begründen. (3) Stellt die Verwaltungsbehörde bei ihren Ermittlungen Tatsachen fest, die den Verdacht einer Straftat begründen, so hat sie die Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft abzugeben. § 28. Aufgaben der Polizei (1) Die Polizei hat auch in Bußgeldsachen die Aufgaben nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung1). (2) Sie übersendet ihre Verhandlungen ohne Verzug der Verwaltungsbehörde. Besteht der Verdacht einer Zuwiderhandlung, die sowohl Straftat als auch Ordnungswidrigkeit sein kann 2 ), oder bestehen aus anderen Gründen Zweifel, ob es sich um eine Bußgeldsache oder Strafsache handelt, so sind die Verhandlungen an die Staatsanwaltschaft zu übersenden. § 29. Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft (1) Die mit der Ermittlung von Zuwiderhandlungen betrauten Verwaltungsangehörigen1) können zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung bestellt werden2). (2) Die Bestellung von Angehörigen der Verwaltungsbehörden des Bundes zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft erfolgt durch den Bundesminister der Justiz 3 ) im Einvernehmen mit dem zuständigen Fachminister und dem zuständigen Landesjustizminister. § 30. Fristen und Wiedereinsetzung Für die Berechnung der Fristen und für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung1) entsprechend anzuwenden. 3) S. § 1 Abs. 3, § 4 Abs. 1. 4) Die VerwBeh. wird durch die Anhängigkeit der Sache bei der StA. nicht gehindert, eigene Ermittlungen anzustellen (vgl. auch Anm. 4 zu § 14). Einer Entscheidung wird sie sich aber zu enthalten haben, bis der Ausgang des Verfahrens bei der StA. feststeht (vgl. § 31). Zu § 28: 1) Den Polizeibeamten, die Hilfsbeamte der StA. (§ 152 GVG). sind, stehen in Bußgeldsachen die besonderen Befugnisse, die sie in S t r a f s a c h e n haben (§§81a, 81c, 98, 101a Abs. 2, 105 StPO.), nicht zu. Zu solchen Anordnungen, soweit sie im Bußgeldverfahren zulässig sind (vgl. Anm. 7 zu § 35), ist nur die Verwaltungsbehörde selbst (vgl. §§ 36, 42) oder der Richter (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3) befugt. Wegen des Rechts zur vorläufigen Festnahme (§ 127 Abs. 2 StPO.) vgl. Anm. 7h zu § 35. Außer dem „ersten Angriff" obliegt der Polizei die Ausführung von Ermittlungsersuchen der VerwBeh. (§ 35 Abs. 1 Satz 2). 2) Vgl. Anm. 3 zu § 27. Zu § 29: 1) Nach § 152 Abs. 2 GVG. können nur Beamte („Beamtenklassen") zu Hilfsbeamten der StA. bestellt werden. § 29 ermöglicht auch die Bestellung von Verwaltungsangehörigen, die nicht Beamte, sondern Angestellte sind. 2) § 29 soll ermöglichen, daß die mit der Ermittlung in Bußgeldsachen beauftragten Verwaltungsangehörigen dann, wenn sich herausstellt, daß eine Straftat vorliegt (oder in Betracht kommt), ihre Tätigkeit (nunmehr für die StA., § 27 Abs. 1, 3) zur Vermeidung einer unerwünschten Unterbrechung fortsetzen können. Durch die Bestellung zu Hilfsbeamten der StA. erhalten diese Verwaltungsangehörigen auf dem Gebiet der Bußgeldsachen keine weitergehenden Befugnisse (vgl. Anm. 1 zu § 28). 3) Abweichung von § 152 Abs. 2 GVG. Z u § 30: 1) §§ 42 ff. StPO. Vgl. dazu Anm. 1 zu § 52.

410

A 4 . Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§31—34

2. Abschnitt § 31. Besonderheiten des gerichtlichen Verfahrens (1) Ergeben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, daß die Zuwiderhandlung eine Ordnungswidrigkeit ist, so gibt sie die Sache mit ihrer Stellungnahme an die Verwaltungsbehörde ab. (2) Ebenso verfährt sie 1 ), wenn das Gericht, weil eine Bußgeldsache vorliegt, a) im Falle des § 153 Abs. 2 der Strafprozeßordnung seine Zustimmung versagt, b) die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt, c) das Strafverfahren einstellt 2 ).

§ 32. Rechtsbehelf der Verwaltungsbehörde Hat die Staatsanwaltschaft die Sache gemäß § 31 Abs. I 1 ) abgegeben, hält dagegen die Verwaltungsbehörde die Abgabe nicht für berechtigt, weil nach ihrer Auffassung eine Straftat vorliegt, so kann sie binnen zwei Wochen nach Eingang der Akten die Sache dem Gericht zur Entscheidung vorlegen. Zuständig ist die Strafkammer des Landgerichts 2 ).

§ 33. Beteiligung der Verwaltungsbehörde1) (1) Die Anklageschrift 2 ), das Urteil und andere das Verfahren abschließende Entscheidungen 3 ) sind der Verwaltungsbehörde mitzuteilen. (2) Vor einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens ist die Verwaltungsbehörde zu hören 4 ).

§ 34. Akteneinsicht1) (1) Die Verwaltungsbehörde ist nach dem Schlüsse der Voruntersuchung2) und, wenn eine solche nicht stattgefunden hat, nach Einreichung der Anklageschrift bei dem Gericht zur Einsicht der dem Gericht vorliegenden Akten befugt. Im beschleunigten Verfahren 3 ) kann die Verwaltungsbehörde die Akten von dem Zu § 3 1 : 1) Die StA. m u ß abgeben, sobald die gerichtliche Entschließung unanfechtbar ist. Andernfalls kann sie entweder die zulässigen Rechtsmittel einlegen oder alsbald der E n t scheidung Rechnung tragen. 2) Vgl. §§ 206a, 260 StPO. Zu § 3 2 : 1) Im Falle des § 31 Abs. 2 ist also die VerwBeh. an die Entscheidung des Gerichts, daß eine Straftat nicht vorliege, gebunden. LG. Verden MDR. 1950, 120. 2) Weitere Vorschriften über das Verfahren fehlen. Zuständigkeitsüberprüfung nach § 32 ist aber ein Gegenstück zu der nach §§ 58ff. Bei der Gleichartigkeit des Gegenstandes ist die in § 32 bestehende Lücke durch entsprechende Anwendung der §§ 59ff. auszufüllen. Rotberg Anm. 5, 6. Zu § 3 3 : 1) Die Beteiligung erfolgt, damit die VerwBeh. die StA. durch geeignete Hinweise unterstützen oder ggbf. (vgl. § 4 Abs. 2, 33 Abs. 2) selbst im Bußgeldverfahren vorgehen kann. Ergänzung: § 34. 2) Der Anschluß der VerwBeh. als Nebenkläger ist — abw.vom RegEntw. (§ 31) — nicht vorgesehen. 3) Soweit nicht § 31 Abs. 2 eingreift. 4) Die Mitteilung der Einstellungsverfügung selbst ist nicht vorgeschrieben. Verschließt sich die StA. den von der VerwBeh. bei der Anhörung gegen die Einstellung geäußerten Bedenken, so bleibt der VerwBeh. nur die Dienstaufsichtsbeschwerde. Zu § 3 4 : 1) Das Akteneinsichtsrecht ist gegenüber § 63 a. F . W i S t G . in Anknüpfung an § 147 StPO. eingeschränkt; auf die Erläuterungen .zu § 147 StPO. wird verwiesen. 2) Vgl. Anm. 3 zu § 197 StPO. 3) § 212 StPO.

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 35

411

Zeitpunkt an einsehen, in dem die Staatsanwaltschaft bei Gericht den Antrag auf Aburteilung im beschleunigten Verfahren stellt. (2) Schon vor diesem Zeitpunkt ist ihr die Einsicht der gerichtlichen Untersuchungsakten4) insoweit zu gestatten, als dies ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks geschehen kann. (3) Auf ihr Verlangen können ihr die Akten ausgehändigt werden, wenn dadurch das Verfahren keine Verzögerung erleidet.

3. Abschnitt.

Bußgeldverfahren

V o r b e m e r k u n g z u m 3. Abschnitt Bußgeldverfahren ist das gegen eine bestimmte Person betriebene Verfahren, das die Untersuchung und Entscheidung, ob eine Ordnungswidrigkeit an ihm mit Geldbuße allein oder in Verbindung mit Nebenfolgen zu ahnden ist, zum Gegenstand hat, einschl. des gerichtlichen Verfahrens nach §§ 54ff. Die selbständige Einziehung oder Ersatzeinziehung ist kein Bußgeldverfahren ( § 2 1 : „Kann weder ein Straf- noch ein Bußgeld verfahren durchgeführt werden . . . " ) ; demgemäß bezeichnet auch § 26 Abs. 2 Satz 2 die im selbständigen Einziehungsverfahren ergehende Entscheidung nicht als Bußgeld-, sondern als Einziehungsbescheid. Im Sinne der Vorschriften des 3. Abschnitts muß jedoch unter „Bußgeldverfahren" auch das selbständige Einziehungsverfahren, das sonst ungeregelt wäre, verstanden werden, zumal der Einziehungsbescheid einem Bußgeldbescheid gleichsteht (§ 26 Abs. 2 Satz 2). Das gleiche muß für das Verfahren bei nachträglicher Geltendmachung der Rechte des Eigentümers und eines Dritten (§ 25) gelten, obwohl dieses die Festsetzung der Geldbuße unberührt läßt (vgl. Anm. 2 zu §25).

1. Ermittlungsverfahren der Verwaltungsbehörde § 35. Allgemeine Befugnisse (1) Im Bußgeldverfahren kann die Verwaltungsbehörde Auskunft verlangen1), soweit einer Auskunftserteilung Geheimhaltungsvorschriften nicht entgegenstehen2). Die Verwaltungsbehörde kann Ermittlungen 7 ) entweder selbst vornehmen3) oder durch die Polizei vornehmen lassen4), insbesondere von Personen, die sie als Zeugen oder Sachverständige vernehmen könnte, schriftliche Erklärungen5) verlangen6). Erachtet die Verwaltungsbehörde die Vornahme einer richterlichen Untersuchungshandlung7) für erforderlich8), so kann sie das Gericht darum ersuchen9). 4) Also kein Anspruch auf Einsicht in die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten; insoweit entscheidet das Ermessen der StA. Doch ist grundsätzlich bei berechtigtem Interesse Akteneinsicht zu gewähren. Nr. 174 R i S t V . 1953. Zu § 3 5 : 1) Und zwar nicht nur, wie nach § 66 W i S t G . 49, von Behörden (bei denen sich die Pflicht zur Auskunft im Wege der Amtshilfe schon aus Art. 35 GG. ergibt), sondern auch von juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts, die durch Mitteilung über bestimmte, ihnen bekannte Tatsachen oder Verhältnisse zur Aufklärung und richtigen Würdigung des Sachverhalts beitragen können. Einzelpersonen, die ihr Wissen über bestimmte Tatsachen bekunden sollen, kommen nur als Zeugen in Betracht. 2) Gemeint sind nur gesetzliche Bestimmungen — z. B . § 300 S t G B , § 22 RAbgO (Steuergeheimnis), abged. B V I Anm. 1 zu § 412 RAbgO. —, nicht privatrechtliche Abmachungen wie das sog. Bankgeheimnis (vgl. LG. Frankfurt N J W . 54, 688). 3) Vgl. Anm. 2 zu § 27. 4) Entsprechend § 161 StPO. S. Anm. 1 zu § 28. Ob die Polizeibehörden berechtigt sind, die Vorladung von Personen zu erzwingen, ergibt sich aus den für sie maßgebenden polizeirechtlichen Vorschriften; im Geltungsbereich des PreußPolVerwGes. — unter E 5 — bestehen Zwangsbefugnisse nur bei Verbrechen und Vergehen, also nicht bei Ordnungswidrigkeiten. Dagegen erscheint eine Vorladung von Zeugen und Sachverständigen durch die VerwBeh. zur Vernehmung durch die Polizei mit den Folgen des § 39 Abs. 2 zulässig. Eine Verpflichtung zur Aussage vor der Polizei besteht auch für Zeugen und Sachverständige nicht.

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5) Aber — anders als nach § 377 ZPO. — keine eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit (s. Anm. 7). 6) Vgl. § 38, § 39 Abs. 1. 7) Als E r m i t t l u n g s m a ß n a h m e n e r w ä h n t das OWiG. das Auskunftverlangen (§ 35 Abs 1 Satz 1), die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen (§§ 37—40) und —• an Stelle der Vernehmung — die Einholung schriftlicher Erklärungen (§ 35 Abs. 1 Satz 2), die Sicherstellung u n d I n v e r w a h r u n g n a h m e von Gegenständen (§ 41), die Beschlagnahme (§§ 41, 42) und die Einsichtnahme (§ 36). Welche E r m i t t l u n g s m a ß n a h m e n c a r ü b e r hinaus im Bußgeldverfahren zulässig sind und welche davon von der VerwBeh. selbst, welche n u r vom Richter vorgenommen werden können, ist nicht ausdrücklich geregelt. Die Lücken sind d u r c h sinngemäße Anwendung der StPO. zu schließen, soweit dies m i t den Regelungen des OWiG. u n d mit dem Wesen des Bußgeldverfahrens vereinbar ist (vgl. Vorbem. vor § 1). Welche der danach in Betracht kommenden Maßnahmen von der VerwBeh. ergriffen werden k a n n , b e s t i m m t sich danach, was dem Richter vorbehalten ist. Nach § 42 Abs. 1 ist die Beschlagnahme eine richterliche U.Handl. Aus § 39 Abs. 1, 2, wonach bei Nichtbefolgen einer Ladung, unberechtigter Zeugnisverweigerung und Verweigerung der Einsicht der VerwBeh. n u r psychischer Zwang (durch Festsetzung von Geldbußen) eingeräumt ist, folgt, daß ihr das Recht zur Anwendung unmittelbaren (körperlichen) Zwangs nicht zustehen soll, d a ß mithin Maßnahmen, die mit solchem Zwang verbunden sind, n u r vom Richter ergriffen werden können, soweit sie in einem Bußgeldverfahren ü b e r h a u p t zulässig sind. Nach § 154 StGB, kann ein Eid zur Bekräftigung einer Aussage oder eines Gutachtens n u r von einem Gericht oder einer solchen Stelle abgenommen werden, der die Befugnis hierzu übertragen ist; das ist bezgl. der VerwBeh. nicht geschehen. Danach ergibt sich folgendes: a) e i d l i c h e Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen sind im Bußgeldverfahren zulässig, denn als Mittel zur Erforschung der W a h r h e i t können sie auch in diesem Verfahren nicht e n t b e h r t werden. Die eidl. Vernehmung ist jedoch eine richterl. U.-Handl. Sie vorzunehmen ist dem Richter durch § 65 Abs. 2 StPO. nicht verboten, denn das Bußgeldverfahren k e n n t die Trennung in ein vorbereitendes Verfahren und ein H a u p t v e r f a h r e n nicht. Der Richt e r verfährt bei einer eidlichen Vernehmung nach den Vorschriften der S t P O . (§§ 48ff.), die f ü r seine A m t s t ä t i g k e i t grundsätzlich auch im Bußgeldverfahren sinngemäß maßgebend sind, soweit nicht Wesen und Zweck des Bußgeldverfahrens dem entgegenstehen. Ob aber die Vereidigung angebracht (zweckmäßig oder notwendig) ist, p r ü f t nicht er, sondern die VerwBeh.; die richterl. P r ü f u n g beschränkt sich darauf, ob die Beeidigung nicht zwingend ausgeschlossen ist (s. unten Anm. 8). F ü r die Heranziehung von S a c h v e r s t ä n d i g e n gelten sinngemäß die Vorschriften der S t P O . (§§ 72ff.), wobei jedoch die Ablehnung des Sachverständigen durch den Betroffenen (§ 74 StPO.) im Verfahren vor der VerwBeh. (anders im gerichtl. Stadium des Bußgeldverfahrens; vgl. Anm. 2 zu § 55) nicht zulässig erscheint, d a das OWiG. auch eine der Richterablehnung entsprechende Ablehnung des zum Erlaß des Bußgeldbescheides Befugten nicht kennt (vgl. Anm. 1 zu §50). Einem Beeidigungsverlangen der VerwBeh. m u ß der Richter entsprechen (vgl. u n t e n Anm. 8); dem Betroffenen u n d seinem Verteidiger steht — anders als nach § 79 Abs. 1 Satz 2 S t P O . — ein entsprechendes Antragsrecht nicht zu. b) Eine eidesstattliche Versicherung der nach § 35 Abs. 1 Satz 2 abverlangten E r k l ä r u n g k a n n die VerwBeh. n i c h t fordern. Die Zuständigkeit zur Entgegennahme eidestattl. Vers, wird m a n ihr allerdings nach den in B G H S t . 2, 218 aufgestellten Grundsätzen (vgl. Anm. 1 zu § 156 StGB) nicht absprechen können; sie h a t aber keine Mittel, die Abgabe einer eV. zu erzwingen. Auch den Richter k a n n sie nicht d a r u m ersuchen, da die seine Amtstätigkeit regelnde S t P O . die eidesstattl. Versicherung als Mittel der Wahrheitserforschung grundsätzlich nicht k e n n t u n d das OWiG ihr kein weitergehendes Anwendungsgebiet eröffnet. A. M. Rotberg Anm. 13 zu § 35. H ä l t die Verw.Beh. eine Bekräftigung der E r k l ä r u n g für erforderlich, so bleibt, wenn der Zeuge nicht freiwillig eine eidesstattl. Vers, abgibt, n u r das Ersuchen u m eidl. Vernehmung durch den Richter übrig. c) Eine A n s t a l t s u n t e r b r i n g u n g zur Beobachtung des Beschuldigten auf seinen Geisteszustand (§81 StPO.) ist auch im Strafverfahren nicht zulässig, wenn n u r eine geringfügige Strafe in Frage steht (vgl. Anm. 3 zu § 81 StPO.). Sie ist demgemäß auch im Bußgeldverfahren als unzulässig anzusehen. d) Eine k ö r p e r l i c h e U n t e r s u c h u n g des Beschuldigten oder anderer als Zeugen in B e t r a c h t kommender Personen (§§81a und c StPO.) kann im Strafverfahren grundsätzlich n u r vom Richter und bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch von der StA. und ihren H i l f s b e a m t e n angeordnet werden. Da im Bußgeldverfahren eine Anordnungsbefugnis der VerwBeh. nicht vorgesehen ist und es hier Hilfsbeamte der StA. nicht gibt (vgl. Anm. 2 zu § 29), kann eine körperl. Unters, n u r vom Richter angeordnet werden. Gegen ihre Zulässigkeit im Bußgeldverfahren d ü r f t e n keine Bedenken bestehen, wenn m a n daran d e n k t , daß möglicherweise k ü n f t i g auch Verkehrsübertretungen des geltenden Rechts zu Ord-

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nungswidrigkeiten erklärt werden, so daß die Entnahme von Blutproben in Betracht kommt. Es ist zuzugeben, daß, wenn nur der Richter sie anordnen kann, der Untersuchungserfolg vielfach durch Verzögerung gefährdet sein wird. Das Einzelgesetz könnte Abhilfe schaffen, indem es, wo es erforderlich ist, der VerwBeh. die Befugnis einräumt, bei Gefahr im Verzug Blutprobenentnahme anzuordnen. e) Um e r k e n n u n g s d i e n s t l i c h e M a ß n a h m e n (§ 81b) kann die VerwBeh. die Polizei ersuchen. f) Die Beschlagnahme nach § 42 umfaßt nicht die P o s t b e s c h l a g n a h m e (§ 99 StPO.); für diese gilt das zu d) Gesagte. g) Für D u r c h s u c h u n g e n (§ 105 StPO.) gilt dasselbe wie zu d). K r a f t des Einsichtsrechts nach § 36 h a t die VerwBeh. Befugnisse, die in gewissem Umfang eine Durchsuchung erübrigen sollen. Kann eine verweigerte Einsichtgewährung von der VerwBeh. nicht nach § 39 Abs. 1 erzwungen werden, so muß sie bei dem Richter die Anordnung der Durchsuchung beantragen. h) Der Erlaß eines H a f t b e f e h l s steht nach § 114 StPO. nur dem Richter zu; eine Zuständigkeit der VerwBeh. scheidet danach ohne weiteres aus. Aber auch ein richterlicher Haftbefehl erscheint im Bußgeldverfahren nicht zulässig, auch nicht — gegen Rotberg Anm. 14u.Stoecher Anm. I I I zu § 35—-unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 113 StPO., dessen sinngemäße Anwendung allein in Betracht kommt. Nach Art. 104 Abs. 1 GG. ist eine Freiheitsentziehung nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes zulässig. Nach dem Sinn dieser Vorschrift muß das „förmliche Gesetz" die Freiheitsentziehung u n z w e i d e u t i g zulassen; eine Vorschrift, die nicht mehr besagt, als daß die VerwBeh. das Gericht um die Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen ersuchen könne, ist keine unmißverständliche Grundlage für Freiheitsentziehungen. Weiterhin ergibt sich aus Art. 104 Abs. 3 GG., daß eine vorläufige Festnahme, die Vorstufe eines Haftbefehls nur wegen des Verdachts einer s t r a f b a r e n Handlung zulässig ist; ist aber die Ordnungswidrigkeit ein Gesetzesverstoß von minderer Schwere als die Straftat, so ist es nicht ohne weiteres zulässig, die für Freiheitsentziehungen bei Straftaten geltenden Vorschriften auf Ordnungswidrigkeiten zu übertragen. Davon abgesehen erscheint die Zulassung von U H a f t mit dem Wesen der Ordnungswidrigkeit nicht vereinbar. Das OWiG. kennt als Hauptsühne nur die Geldbuße und bei deren Unbeitreibbarkeit keine Ersatzfreiheitsentziehung, sondern unter engen Voraussetzungen nur die Erzwingungshaft (§ 69) als reines Zwangsmittel. Das OWiG h a t also bewußt in Kauf genommen, daß den mittellosen Täter — von dem Ausspruch der Sühne abgesehen — keine wirklich fühlbare Sühne treffen kann. Ließe man aber die zeitlich nicht begrenzte U H a f t zu, so würde das dazu führen, daß der Betroffene eine weit fühlbarere Einbuße erleidet, als sie die erst nach festgestellter Schuld zulässige Sühne (Geldbuße) darstellen würde. Ferner ist auch im Privatklageverfahren, das in wichtigen Punkten dem Nachprüfungsverfahren als Vorbild gedient h a t (vgl. Anm. 5, 6 zu § 55), ein Haftbefehl unzulässig (vgl. Anm. 1 zu § 384 StPO.). Schließlich sind in § 11 Abs. 2 aus dem 4. Abschnitt des Allg. Teils des StGB. („Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern", §§ 51 ff.) alle in Betracht kommenden Vorschriften, aber nicht § 60 über die Anrechnung der U H a f t für entsprechend anwendbar erklärt. Offensichtlich ist die Aufzählung in § 11 Abs. 2 abschließend gedacht; man müßte also, um trotzdem die Zulässigkeit der U H a f t zu rechtfertigen, die zwangsläufig die Anwendbarkeit des § 60 StGB, nach sich zieht, den Standpunkt vertreten, daß § 60 versehentlich nicht erwähnt sei. Die Annahme eines Redaktionsversehens ist aber um so weniger zulässig, als die Frage nach der Zulässigkeit der U H a f t eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist. Daß im Bußgeldverfahren nach dem WiStG 49 die U H a f t von einigen Schriftstellern — aber keineswegs allgemein, vgl. die Übersicht bei Rotberg a.a.O. — für s t a t t h a f t erklärt wurde, ließ sich vielleicht für dieses Spezialgebiet rechtfertigen; nachdem aber die Unterscheidung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu einem allgemeinen Grundsatz erhoben worden ist, geht es nicht an, die Besonderheiten eines eng umgrenzten Sachgebiets zu verallgemeinern. Auch sonst ist ja bei der Übernahme von Vorschriften des WiStG 49 in das OWiG. in einer Reihe von Fällen eine Abmilderung erfolgt, und die Verschärfungen wurden lediglich für das Wirtschaftsstrafrecht im WiStG. 52 aufrechterhalten (vgl. §§ 27,28,39, 52, 53 Abs. 2 WiStG. 52). Wo aber ein Bedürfnis für die Möglichkeit von U H a f t bestehen sollte, wird sich der Gesetzgeber künftig zu überlegen haben, ob er unter diesen Umständen die T a t zur Ordnungswidrigkeit erklären kann; auch bleibt der Weg, im Einzelgesetz die U H a f t ausnahmsweise zu ermöglichen. Verneint man aber die Zulässigkeit von UHaft, so ist folgerichtig auch eine vorläufige Festnahme (§ 127 StPO.) nicht möglich. A. M. außer Rotberg a. a. O. auch Costa, Rpfleger 1952, 258. Das schließt nicht aus, daß das Publikum befugt ist, drohende Ordnungswidrigkeiten zu verhindern; ein solches Verhalten wäre, wenn nicht unter dem Gesichtspunkt der Nothilfe zugunsten bedrohter, so jedenfalls unter dem Gesichtsqunkt des übergesetzlichen Notstandes zu rechtfertigen. Auch sind Polizeibeamte kraft ihrer allgemeinen polizeirechtlichen Befugnisse berechtigt, den einer Ordnungswidrigkeit Verdächtigen zur Feststellung seiner Personalien

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(2) Die Polizei ist verpflichtet, dem Ersuchen der Verwaltungsbehörde zu entsprechen4). (8) Die Gerichte haben der Verwaltungsbehörde Amtshilfe10) zu leisten. § 361). Einsichtsrecht der Verwaltungsbehörde (1) Wer2) einen Gegenstand, der als Beweismittel für die Ermittlung von Bedeutung sein kann oder der Einziehung unterliegt3), in seinem Gewahrsam4) hat, ist verpflichtet, ihn der Verwaltungsbehörde, falls sie dies im Hinblick auf bestimmt zu bezeichnende Vorgänge5) verlangt, zur Einsicht oder Nachprüfung vorzulegen6). Ihr ist Einsicht in Räume und geschlossene Behältnisse zu gewähren, zur Wache zu verbringen, denn die öffentliche Sicherheit und Ordnung wäre gefährdet, wenn Ordnungswidrigkeiten nicht geahndet werden könnten, weil die VerwBeh. den Namen des Täters nicht zuverlässig erfährt (vgl. OLG. Neustadt N J W . 52, 1027). 8) Der Richter p r ü f t lediglich, ob seine örtliche Zuständigkeit gegeben und die beantragte Untersuchungshandlung gesetzmäßig ist (vgl. § 162 Abs. 2 StPO. und dort Anm. 2), nicht aber, ob sie zweckmäßig oder erforderlich ist. Im übrigen kommt die Vornahme einer richterl. UHandl. nicht nur bei Maßnahmen in Frage, die ausschließlich der Richter vornehmen kann, sondern ausnahmsweise auch bei solchen, die durchzuführen die VerwBeh. an sich berechtigt ist, wenn ihr im Einzelfall die zur Verwirklichung der Maßnahme erforderlichen Zwangsbefugnisse fehlen. Es kann z. B. die mündliche Vernehmung eines Zeugen durch die VerwBeh. daran scheitern, daß er einer Ladung nicht Folge leistet oder das Zeugnis unberechtigt verweigert und die Festsetzung einer Geldbuße (§ 39 Abs. 1, 2) seinen Ungehorsam nicht bricht oder wegen Mittellosigkeit von vornherein zwecklos erscheint. Hier kann die VerwBeh. beim Richter auch eine uneidliche Vernehmung beantragen, damit dieser durch wirksamere Maßnahmen (Ersatzhaft bei Uneinbringlichkeit der Ordnungsstrafe, zwangsweise Vorführung, §§ 51, 70 StPO.) das Erscheinen und die Aussage erzwinge. Ebenso kann die richterliche Vernehmung eines Betroffenen, der vor der VerwBeh. nicht erscheint, beantragt werden (vgl. Anm. 1 zu § 44). Für die eidliche Vernehmung von Zeugen gilt, wie sich ohne weiteres aus § 55 Abs. 3 Satz 5 OWiG. ergibt, § 62 StPO. sinngemäß, wonach in Bagatellsachen eine Vereidigung nur zulässig ist, wenn es wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage notwendig erscheint. Die Entscheidung, o b diese Voraussetzungen gegeben sind, trifft die VerwBeh., nicht der Richter, denn die VerwBeh., der die Entscheidung über die Bußgeldfestsetzung zusteht, muß beurteilen, welche Grundlagen für ihre Entscheidung sie benötigt. 9) Die Zuständigkeit des ersuchten Richters ergibt sich aus dem sinngemäß anwendbaren § 162 Abs. 1 StPO. 10) Keine Rechtshilfe i. S. der §§ 156ff. GVG., daher bei Ablehnung des Ersuchens nicht § 159 GVG., sondern Beschwerde nach § 304 StPO. (vgl. Anm. 1 zu § 162 StPO.). Zu § 36: 1) § 36 knüpft an § 67 WStG. 49 an. 2) Die Pflicht zur Einsichtgewährung liegt den Tätern und Teilnehmern der Zuwiderhandlung (Betroffenen) — § 44 Abs. 1 Satz 2 — wie auch unbeteiligten Dritten ob. Doch kann diese Pflicht bei Verweigerung gegenüber dem Betroffenen wie auch gem. § 39 Abs. 1 Satz 3 gegenüber zeugnisverweigerungSberechtigten Personen nicht durch Geldbußfestsetzung erzwungen werden, vielmehr bedarf es dann der Beschlagnahme oder Durchsuchung (§§ 41, 42). 3) §§ 17ff. 4) Vgl. Anm. 4 zu § 242 StGB. 5) Die VerwBeh. h a t also den Anlaß zu ihrem Verlangen — z. B. eine Anzeige —• so zu bezeichnen, daß der Pflichtige erkennen kann, weshalb die VerwBeh. das Einsichtsverlangen mit Bezug auf den Gegenstand stellt. 6) Ob der Pflichtige nur an Ort und Stelle bzw. in seinen Geschäfts- und Wohnräumen vorzulegen braucht — so Rotberg Anm. 8 — oder ob auch Vorlage in den Diensträumen der VerwBeh. gefordert werden kann — so Drost-Erbs Anm. IV zu § 67 WiStG. 49. —, hängt von den Umständen des Falles ab. Die Vorlegung kann zur Inverwahrungnahme oder Sicherstellung durch die VerwBeh. führen (§ 41). Handelt es sich um einen ohne Mühe zu tranportierenden Gegenstand, so wird dem Pflichtigen ebenso wie dem Zeugen das Erscheinen an Amtsstelle zuzumuten sein; ein mit Mühe und Kosten verbundener Transport kann dagegen nicht verlangt werden. Daß § 36 den Pflichtigen nur zu einer Duldung von Ermittlungshand-

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wenn sie gefordert wird, um festzustellen, ob sich solche Gegenstände in ihnen befinden7). Auf Verlangen sind gegen Empfangsbescheinigung Geschäftsaufzeichnungen vorübergehend auszuhändigen und Proben zu überlassen. (2) Der von der Maßnahme Betroffene ist über die Folgen einer Weigerung8) und über die ihm gegen Zwangsmittel zustehenden Rechtsbehelfe9) zu belehren10). § 371). Niederschrift (1) Uber die Aussagen der Zeugen soll2) eine Niederschrift aufgenommen werden, die vom ermittelnden Verwaltungsangehörigen und, wenn ein Urkundsbeamter3) zugegen ist, auch von diesem zu unterschreiben ist. Die Niederschrift soll Ort und Tag der Verhandlung sowie die Namen der Mitwirkenden und Beteiligten ersehen lassen. (2) Die Niederschrift ist dem Zeugen zur Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung ist zu vermerken und von dem Zeugen zu unterschreiben4). (3) Bei der Vernehmung von Sachverständigen sind die Bestimmungen in den Absätzen 1 und 2 entsprechend anzuwenden. § 38. Recht zur Zeugnisverweigerung (1) Bei der Vernehmung1) von Zeugen und Sachverständigen sowie bei dem Verlangen schriftlicher Erklärungen sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung lungen zwinge — so Rotberg a. a. O. — läßt sich weder aus dem Sinn des Wortes „vorlegen" noch aus dem Zweck der Vorschrift entnehmen; im Gegenteil liegt es, wenn die Vorlage bei einer Behörde vorgeschrieben ist („ihn der VerwBeh.. . . vorzulegen") näher, daß die Vorlage da erfolgen muß, wo die Beh. normalerweise ihre Amtstätigkeit entfaltet. 7) Vgl. aber, soweit es sich um Wohnungen handelt, Art. 13 GG. 8) D. h. die Möglichkeit, nach § 39 Abs. 1, 3 eine Geldbuße festzusetzen und Kosten aufzuerlegen oder Durchsuchung und Beschlagnahme anzuordnen. 9) Bei Betroffenen (Tätern und Teilnehmern der Ordnungswidrigkeit): § 47 Abs. 1, 3, bei Dritten § 47 Abs. 4 und Beschwerderecht nach § 304 StPO. bei gerichtlich angeordneter Durchsuchung. Einer Rechtsmittelbelehrung bezgl. einer künftigen Beschlagnahme bedarf es im Hinblick auf § 42 Abs. 3 Satz 4 nicht; sie erfolgt in der Beschlagenahmeverfügung. 10) Mündl. Belehrung genügt. Z u § 37: 1) § 37 entspricht — mit einer Ausnahme, s. Anm. 4 — wörtlich dem § 68 WiStG. 49 § 37 gilt nur für die von der VerwBeh. selbst durchgeführte Vernehmung (Abs. 1: „vom ermittelnden VerwAngehörigen"), also nicht für die Vernehmung durch die Polizei; für die richterliche Vernehmung ist § 168 StPO. maßgebend. 2) Sollvorschrift — im Gegensatz zu § 44 Abs. 3 —, deren Nichtbeachtung nur bewirkt, daß bei der gerichtlichen Überprüfung (§§ 54ff.) Verlauf und Ergebnis der Vernehmung nicht urkundlich nachweisbar ist, sondern ggf. Beweis darüber erhoben werden muß. Wird aber eine Niederschrift aufgenommen, so muß sie den in Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 enthaltenen Mußvorschriften („ist zu") genügen, sonst h a t sie keinen urkundlichen Beweiswert (vgl. § 251 Abs. 2, 3, § 253 StPO. und Anm. 4 zu § 55). 3) Urkundsbeamter ist jede Person, die förmlich zur Mitwirkung bei der Niederschrift hinzugezogen worden ist. 4) § 67 Abs. 2 Satz 3 W i S t G . 49 bestimmte, daß beim Unterbleiben der Unterschrift der Grund dafür anzugeben sei (wie nach §§ 168, 188 Abs. 3 StPO.).Eine entsprechende Vorschrift fehlt jetzt; eine sachliche Änderung ist dadurch aber nicht eingetreten. Z u § 38: 1) Über den Hergang bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen enthält das OWiG., außer §§ 37, 38, keine Vorschriften. Daraus folgt, daß die Durchführung der Vernehmung in das pflichtmäßige Ermessen der VerwBeh. gestellt ist; sie wird sich aber zweckmäßig an die §§ 57 (Ermahnung zur Wahrheit), 58, 68, 68a, 69 StPO. halten, die durch die Natur der Sache gebotene Regeln enthalten. Der Betroffene h a t kein Recht auf Anwesenheit bei der Zeugenvernehmung, auch nicht im gerichtl. Stadium des Bußgeldverfahrens; für die entspr. Anwendung der §§ 193, 224 StPO. ist kein Raum. BayObLG. N J W . 53, 1928 (mit Nachw.); a. M. anscheinend Stoecker Anm. I 3 zu § 45.

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über das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses oder Gutachtens sinngemäß anzuwenden2). Die Belehrung über dieses Recht ist aktenkundig zu machen3). (2) § 136a der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden. § 39. Folgen unberechtigter Zeugnisverweigerung (1) Verweigert ein Zeuge oder ein Sachverständiger sein Zeugnis oder sein Gutachten oder entspricht er nicht dem Verlangen nach Abgabe einer schriftlichen Erklärung oder kommt er der Verpflichtung nach § 36 nicht nach, so kann die Verwaltungsbehörde ohne vorherige Anhörung1) gegen ihn eine Geldbuße festsetzen2). Wegen unberechtigter Weigerung, dem Verlangen nach einer schriftlichen Erklärung3) zu entsprechen, kann eine Geldbuße nur festgesetzt werden, wenn in dem Verlangen eine angemessene Frist gestellt und auf die Folgen der Weigerung hingewiesen war. Gegen Personen4), welche zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind5), kann eine Geldbuße nicht festgesetzt werden. (2) Leistet ein Zeuge oder ein Sachverständiger einer ordnungsgemäß zugestellten Ladung (§ 53 Abs. 2), in welcher auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen war, nicht Folge8), so kann die Verwaltungsbehörde ohne vorherige Anhörung gegen ihn eine Geldbuße festsetzen. Im Falle wiederholten Ausbleibens trotz ordnungsgemäßer Ladung kann die Geldbuße ein zweites Mal7) festgesetzt werden. (3) Neben der Geldbuße können die durch die unberechtigte Weigerung oder das unberechtigte Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden. 2) §§ 52 bis 56, 76 StPO. Die sinngemäße Anwendung des § 53 Nr. 5, 6 und des § 55 StPO. bedeutet, daß an die Stelle einer Bestrafung oder strafgerichtlichen Verfolgung die Ahndung im Bußgeldverfahren tritt. Das Verweigerungsrecht steht auch Zeugen zu, die über die Voraussetzungen der Einziehung gegen den Dritteigentümer (§ 19) und der Entschädigung Dritter (§ 23), z.B. über deren Bösgläubigkeit, vernommen werden sollen. Eidesstattliche Versicherung zur Glaubhaftmachung der Weigerungsgründe ist möglich (vgl. Anm. 7 b zu § 35). 3) Eine Belehrung ist nur in § 52 Abs. 2, § 55 Abs. 2 StPO. vorgeschrieben, und nur eine solche Belehrung muß aktenkundig gemacht werden. Die Aktenkundigmachung kann durch gewöhnlichen Aktenvermerk erfolgen, bedarf also nicht der Form des § 37. § 38 gilt, wie § 37, nur bei Vernehmung durch die VerwBeh.; für die PolBeh. besteht, ebensowenig wie im Strafverfahren (vgl. Anm. 9 Abs. 3 zu § 52 StPO.) eine Belehrungspflicht. Zu § 39: 1) Abweichend von § 44 Abs. 2. Gedacht ist an den Fall des Ausbleibens oder der Nichtabgabe einer Erklärung. 2) Die Geldbuße ist eine solche i. S. des § 5, obwohl es sich nicht um die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit (§ 1 Abs. 1), sondern prozessualen Ungehorsams handelt. Die Festsetzung erfolgt durch Bußgeldbescheid (§ 48); Rechtsbehelf: § 47 Abs. 4. Die Geldbuße kann bezügl. des gleichen Beweispunktes nur einmal festgesetzt werden; fruchtet dies nichts, so muß richterliche Vernehmung, Durchsuchung oder Beschlagnahme herbeigeführt werden. S. auch Anm. 8 zu § 35. 3) § 35 Abs. 1 Satz 2. 4) Satz 3 bezieht sich nicht nur auf Zeugen- und Sachverständige, sondern („Personen") auch auf diejenigen, die nach § 36 verpflichtet sind, einem Einsichtsverlangen der VerwBeh. zu entsprechen. Diese Pflicht besteht auch, wenn bei ihnen Umstände vorliegen, die sie zur Verweigerung eines verlangten Zeugnisses berechtigen würden; die Einsichtgewährung kann aber in diesem Falle — entsprechend § 95 Abs. 2 StPO. — nicht durch Geldbuße, sondern nur durch Durchsuchung und Beschlagnahme erzwungen werden. 5) S. Anm. 2 zu § 38. 6) S. Anm. 1 zu § 51 StPO. Bei rechtzeitiger genügender Entschuldigung unterbleibt die Bußgeldfestsetzung. Das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts allein schließt die Ahndung des Ausbleibens nicht aus. 7) Erscheint der Geladene auch dann nicht, so bleibt nur der Weg richterlicher (eidlicher oder uneidlicher ¡Vernehmung. Die VerwBeh. kann diesen Weg schon nach der 1. Geldbußfestsetzung, und auch schon nach dem ersten Ausbleiben beschreiten (s. Anm. 8 zu § 35).

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 40—42

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(4) Entschuldigt sich nachträglich ein ausgebliebener Zeuge oder Sachverständiger oder eine Auskunftsperson 8 ) genügend, so sind die getroffenen Maßnahmen aufzuheben 9 ). § 40. Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (1) Jeder Zeuge1) hat Anspruch auf Entschädigung für notwendige Auslagen und Zeitversäumnis. (2) Sachverständigen 1 ) kann neben dem Ersatz der notwendigen Auslagen angemessene Vergütung gewährt werden. (3) Die Vorschriften der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige 2 ) sind entsprechend anzuwenden. § 41. Beschlagnahme (1) Gegenstände, welche als Beweismittel für die Ermittlung von Bedeutung sein können oder der Einziehung unterliegen, können unter den Voraussetzungen des § 361) in Verwahrung genommen oder in anderer Weise sichergestellt werden 2 ). (2) Weigert sich derjenige, welcher solche Gegenstände in Gewahrsam hat, sie freiwillig herauszugeben, so bedarf es der Beschlagnahme 3 ). (3) Dem von der Beschlagnahme Betroffenen 4 ) ist ein Verzeichnis der beschlagnahmten Sachen mitzuteilen. § 42. Anordnung von Beschlagnahmen (1) Die Anordnung von Beschlagnahmen steht dem Richter, bei Gefahr im Verzug1) auch der Verwaltungsbehörde 2 ) zu. 8) Die Erwähnung der Auskunftspersonen im Anschluß an § 70 Abs. 3 WiStG. 49 ist anscheinend auf § 22 Preisstraf rechts VO. i. d. F. v. 26. 10. 1944 zurückzuführen, der Ordnungsstrafe gegen „private Auskunftspersonen", die „die verlangte Auskunft" verweigerten, vorsah. Soweit jetzt nach § 35 Abs. 1 Satz 1 die VerwBeh. Auskunft fordern kann, ist bei Unterlassung der Auskunft in § 39 eine Ahndungsmöglichkeit nicht vorgesehen (s. aber die VO. über Auskunftspflicht v. 13. 7. 1923, abgedruckt unter B IV 6), so daß eine Geldbuße, die bei nachträglicher Entschuldigung aufzuheben wäre, nur in Betracht kommt, wenn bestimmte Personen als Zeugen oder Sachverständige in Anspruch genommen werden. 9) Die Aufhebungsbefugnis endet mit der Abgabe der Sache an das Gericht (§ 47 Abs. 4, § 54 Abs. 3). Z u § 40: 1) Auch wer, ohne vernommen zu werden, seine Aussage oder sein Gutachten auf Verlangen nur in schriftlicher Form (§ 55 Abs. 1 Satz 2) erstattet, ist Zeuge oder Sachverständiger; eine Vernehmung, ein Erscheinen zu einem Termin, gehört nicht zum Begriff des Z. oder S. (s. auch § 377 Abs. 3 ZPO.). 2) GebO. f. Z. u. S. v. 21. 12. 1925 (RGBl. I S. 471) in der jetzt geltenden, zuletzt durch Art. 10 des Ges. v. 7. 8. 1952 (BGBl. I S. 401) geänderten Fassung. Die Festsetzung der Entschädigung (§ 20 der VO.) erfolgt durch die VerwBeh.; Rechtsbehelf: § 47 Abs. 4. Z u § 41: 1) D. h. falls sich der Gegenstand im Gewahrsam einer Person befindet, so muß das Herausgabeverlangen im Hinblick auf bestimmt zu bezeichnende Vorgänge gestellt werden. Bedarf es erst noch einer Einsicht und Nachprüfung, ob die Voraussetzungen einer Inverwahrungnahme oder Sicherstellung des Gegenstandes vorliegen, oder einer Einsicht in Räume und Behältnisse, um festzustellen, ob solche Gegenstände sich darin befinden, so kommt § 36 zur Anwendung. 2) Entsprechend § 94 Abs. 1 StPO.; s. dazu Anm. 3 zu § 94. 3) S. Anm. 4 zu § 94. §§ 96, 97, 109, 111 StPO. sind sinngemäß anwendbar. 4) Dem Gewahrsamsinhaber und anderen Personen (z. B. dem Eigentümer), in deren Rechte an der Sache erkennbar eingegriffen wird (vgl. § 43 Abs. 2). Z u § 42: 1) „Gefahr im Verzug" ist in den neu gefaßten Vorschriften der StPO. (§§ 81a, 81c) durch „Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung" verdeutlicht und auch hier dahin zu verstehen, daß die VerwBeh. nur anordnen kann, wenn ein Richter nicht rechtzeitig erreichbar ist (Abg. Dr. Arndt, 196. Sitzung v. 28. 2. 1952, Prot. S. 8458). — Wegen der Postbeschlagnahme vgl. Anm. 7f zu § 35. 2) S. Anm. 2 zu § 27 und Anm. 2 zu § 29. 27

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 43, 44

(2)3) Ist die Beschlagnahme ohne richterliche Anordnung erfolgt, so ist binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung nachzusuchen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat. Die Beschlagnahme Verfügung ist dem von ihr Betroffenen unverzüglich bekanntzumachen. (3) Der von der Beschlagnahme Betroffene kann jederzeit die richterliche Entscheidung nachsuchen. Gegen die vom Richter angeordnete oder bestätigte Beschlagnahme oder die Ablehnung4) der Beschlagnahme ist die Beschwerde zulässig. Die §§ 304 bis 310 der Strafprozeßordnung finden Anwendung. Der Betroffene ist in der Beschlagnahmeverfügung über die ihm zustehenden Rechtsbehelfe zu belehren. § 43.

Notveräußerung 1 )

(1) Sichergestellte oder beschlagnahmte Gegenstände, die eingezogen werden können2), dürfen von der Verwaltungsbehörde vor der Entscheidung über die Einziehung veräußert werden, wenn ihr Verderb oder eine wesentliche Minderung ihres Wertes droht oder ihre Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig großen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist. Der Erlös tritt an die Stelle der Gegenstände. (2) Der Betroffene, der Eigentümer und andere Personen, denen Rechte an den Sachen zustehen, sollen vor der Anordnung gehört werden3). Die Anordnung sowie Zeit und Ort der Veräußerung sind ihnen, soweit tunlich, mitzuteilen. (3) Die Notveräußerung wird nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Verwertung einer gepfändeten Sache durchgeführt4). An die Stelle des Vollstreckungsgerichts tritt die Verwaltungsbehörde. Sie kann die gemäß § 825 der Zivilprozeßordnung zulässige Verwertung auf Antrag einer der in Absatz 2 genannten Personen oder von Amts wegen gleichzeitig mit der Notveräußerung oder nachträglich anordnen. § 44.

Rechte der Betroffenen

(1) Der Betroffene ist hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen1). Auf die Verpflichtung zur Einsichtgewährung (§ 36) ist Satz 1 nicht anzuwenden2). 3) Abs. 2 Satz 1 entspricht dem § 98 Abs. 2 StPO., jedoch ist aus der „Soll"- eine „ I s t " Vorschrift geworden. 4) Und die Aufhebung. Rotberg Anm. 7. Bei Ablehnung und Aufhebung steht die Beschwerde der VerwBeh. zu. Zu § 43: 1) § 43 knüpft an § 73 WiStG. 49 an. Eine entsprechende Vorschrift für das Strafverfahren enthält § 101 a StPO. Kommt es nicht zum Ausspruch der Einziehung, so ist dem Eigentümer Schadenersatz zu leisten. VGH. Stuttgart DRZ. 1948, 318. 2) §§ 17ff. Gegenstände, die als Beweismittel dienen, dürfen nicht veräußert werden. 3) Rechtsbehelf gegen die Anordnung: § 47 Abs. 2. 4) §§ 814ff. ZPO. Zu § 44: 1) Entsprechend dem Grundsatz des § 136 StPO. Eine Vorladung kann von der VerwBeh. nicht erzwungen werden (vgl. § 39 Abs. 2, der sich nur auf Zeugen und Sachverständige bezieht), doch kann die VerwBeh. um seine richterliche Vernehmung (§§ 133ff. StPO.) ersuchen, zu der der Betroffene vorgeführt werden kann. 2) Bei Nichterfüllung der Verpflichtung keine Geldbuße (vgl. § 39 Abs. 1), wohl aber Durchsuchung und Beschlagnahme (vgl. Anm. 2 zu § 36).

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 45, 46

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(2) Vor der Festsetzung einer Geldbuße ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu der gegen ihn erhobenen Beschuldigung zu äußern3). § 136a der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden. (3) § 37 Abs. 1 und 2 ist entsprechend anzuwenden.

§ 45. Verteidigung1) (1) Der Betroffene kann sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers bedienen2). Personen, die zur Vertretung fremder Interessen vor Gerichten3) oder anderen Behörden4) öffentlich zugelassen sind, dürfen im Bereich ihres Sachgebietes5) nicht zurückgewiesen werden. (2) Die Verwaltungsbehörde ist bis zum Erlaß des Bußgeldbescheides berechtigt, nach Erlaß6) des Bußgeldbescheides verpflichtet, dem Verteidiger Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gewähren7).

§ 46. Einstellung des Verfahrens Stellt die Verwaltungsbehörde das Verfahren ein1), so übersendet sie der Staatsanwaltschaft eine Abschrift der mit Gründen zu versehenden Einstellungsverfügung2). Sie setzt den Betroffenen von der Einstellung in Kenntnis, wenn er 3) Ausnahme: § 39 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 (vgl. Anm. 1, 2 zu § 39). Gelegenheit geben: der Betroffene ist zur Äußerung aufzufordern, wobei ihm von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf Kenntnis zu geben ist. Ist dies nicht möglich, weil der Betroffene abwesend ist, so kann eine Geldbuße nicht festgesetzt werden; das Verfahren ist dann gem. § 46 einzustellen. Ist er aber gehört, so kann der Bußgeldbescheid auch ergehen, wenn er nicht mehr anwesend ist; die Zustellung erfolgt dann nach § 53 Abs. 2. Treten nach der Anhörung des Betroffenen neue wesentl. Gesichtspunkte hervor, so wird er auch dazu zu hören sein. Zu § 45: 1) § 45 entspricht - mit einer Einschränkung, s. Anm. 5 - dem § 75 WiStG. 49 2) Entsprechend § 137 Abs. 1 StPO. Die Bestellung des Verteidigers ist Sache des Betroffenen und —• in entsprechender Anwendung des § 137 Abs. 2 StPO. — seines gesetzlichen Vertreters; auch § 67 Abs. 3 J G G . erscheint bei Jugendlichen entsprechend anwendbar. Eine notwendige Verteidigung oder die Bestellung eines Verteidigers von Amts wegen gibt es im Bußgeld verfahren vor der VerwBeh. nicht (wegen des gerichtl. Verf. nach Antrag auf gerichtl. Entscheidung s. Anm. 4 zu § 55). Der gesetzliche Vertreter und der Ehegatte eines Betroffenen sind in sinngemäßer Anwendung des § 149 StPO. als B e i s t a n d zuzulassen und auf ihr Verlangen zu hören (bei Jugendl. ist § 67 Abs. 1 J G G . entsprechend anzuwenden). I m Gegensatz zu § 138 StPO. kann jedermann Verteidiger sein (Ausnahme: § 56 Abs. 3 Satz 3, 4). So kann z. B. auch der Ehegatte des Betroffenen Verteidiger sein. OLG. Braunschw. GA. 1954, 27. Aus Abs. 1 Satz 2 ergibt sich indessen, daß VerwBeh. und Gericht ein Zurückweisungsrecht haben, dessen Voraussetzungen nicht näher umgrenzt sind. Aus § 157 Abs. 2 ZPO., der eine ähnliche Situation regelt, wird zu entnehmen sein, daß die Zurückweisung auf die Fälle beschränkt ist, in denen dem gewählten Verteidiger die Fähigkeit zu geeigneter Wahrnehmung der Verteidigerobliegenheiten fehlt. Gegen eine Zurückweisung durch die VerwBeh. kann der Zurückgewiesene gerichtl. Entscheidung (§ 47 Abs. 4) beantragen; für den Betroffenen gilt § 47 Abs. 1, 3. Die §§ 139, 146, 297 StPO. sind sinngemäß anwendbar, § 297 jedoch mit der aus § 56 Abs. 3 Satz 4 OWiG. sich ergebenden Maßnahme. 3) Rechtsanwälte, Prozeßagenten (§157 Abs. 3 ZPO.; § 3 Nr. 3 des Rechtsberatungsmißbrauchsges. v. 13. 12. 1935 — B I I I 15 —). 4) Z. B. Verwaltungsrechtsräte, Patentanwälte, Steuerberater (§ 107 RAbgO.). 5) Die Worte „im Bereich ihres Sachgebietes" fehlten in § 75 WiStG. 49. Treten die in Satz 2 bezeichneten Personen außerhalb ihres Sachgebietes auf, so dürfen sie nicht schon deshalb zurückgewiesen werden, sondern nur, wenn ihnen auf dem berufsfremden Sachgebiet die Fähigkeit zu geeigneter Wahrnehmung der Verteidigeraufgaben fehlt (vgl. Anm. 2). 6) S. Anm. 7 zu § 24. 7) § 147 Abs. 4 StPO. ist sinngemäß anwendbar (s. auch § 34 Abs. 3). Zu § 46: 1) Auch bei Einstellung im Hinblick auf § 7 Abs. 1, 3. 2) Die StA., die bisher von dem Verfahren keine Kenntnis hatte, soll bei Mischtatbeständen und Fällen des § 4 — ebenso wie bei Erlaß eines Bußgeldbescheides, § 58 —• prüfen, ob 27«

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A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

§ 47

als solcher vernommen worden ist3). Der Staatsanwaltschaft sind auf Verlangen die Akten zu übersenden.

§ 471). Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsmaßnahmen (1) Maßnahmen der Verwaltungsbehörde, die im Bußgeldverfahren ergehen, sind nur zusammen mit dem Bußgeldbescheid anfechtbar2). (2) Gegen Maßnahmen der Verwaltungsgehörde gemäß § 43 ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das zuständige Amtsgericht auch als selbständiger Rechtsbehelf gegeben3). Die Bestimmungen des § 54 Abs. 2 und 3 und des § 55 Abs. 2 sind entsprechend anzuwenden4). Der Antrag ist an keine Frist gebunden. Er hat keine aufschiebende Wirkung. (3) Der Betroffene kann abweichend von Absatz 1 gegen Maßnahmen der Verwaltungsbehörde Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Amtsgericht stellen, wenn ihm nicht binnen drei Monaten nach Anordnung der Maßnahme ein Bußgeldbescheid zugestellt wird. Absatz 2 Satz 2 bis 4 findet Anwendung. der Sachverhalt ihr Anlaß zum Einschreiten bietet, weil Verdacht einer S t r a f t a t besteht. Die Gründe der Einstellungsverfügung —- der Begründungszwang ist neu gegenüber § 76 WiStG. 49 — müssen also so eingehend sein, daß die StA. erkennen kann, um was für einen Sachverhalt es sich handelt. 3) Entsprechend § 170 Abs. 2 StPO. Nachdem diese Vorschrift durch Art. 4 Nr. 23 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) dahin ergänzt worden ist, daß dem Beschuldigten auch dann Kenntnis zu geben ist, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist, muß dies entsprechend auch hier gelten. Dem Betroffenen brauchen die Gründe nicht mitgeteilt zu werden. Der Anzeiger hat — anders als nach § 171 StPO. — keinen Anspruch auf Bescheidung. Zu § 47: 1) § 47 knüpft an § 101 WiStG. 49 an und wird ergänzt durch § 75 (Ausschließung der Verwaltungsgerichte). Er unterscheidet 3 Gruppen von Fällen: a) Maßnahmen der VerwBeh. gegen den Betroffenen, d. h. gegen denjenigen, gegen den das Bußgeldverfahren betrieben wird; ihm steht der Dritteigentümer (§ 19) und der Drittberechtigte (§ 23) gleich, da sie durch den auf Einziehung lautenden Bußgeldbescheid oder Einziehungsbescheid (§ 26 Abs. 2 Satz 2) unmittelbar betroffen werden. Für diesen Personenkreis gelten § 47 Abs. 1, 3; b) Notveräußerungsmaßnahmen, § 47 Abs. 2; c) Maßnahmen gegen Dritte (§ 47 Abs. 4). 2) a) Dem Abs. 1 liegt ein doppelter Gedanke zugrunde. Einmal der, daß Maßnahmen, die in innerem Zusammenhang mit der Entscheidung durch Bußgeldbescheid stehen, und zu dessen Vorbereitung dienen — z.B. die Ablehnung der beantragten Vernehmung von Zeugen, die Nichtherbeiführung einer beantragten eidlichen Vernehmung, die Hinzuziehung eines vom Betroffenen als ungeeignet bezeichneten Sachverständigen, die Zurückweisung seines Verteidigers, — zweckmäßig nur im Zusammenhang mit der Entscheidung selbst geprüft werden (entsprechend dem Grundgedanken des § 305 StPO.; vgl. dort Anm. 1). Zum anderen soll, wie sich aus Abs. 3 ergibt, das Bußgeldverfahren auch nicht durch gerichtliche Zwischenverfahren aufgehalten werden; daher ist eine isolierte Anfechtung auch da ausgeschlossen, wo es an einem inneren Zusammenhang der vorbezeichneten Art fehlt, z. B wo geltend gemacht wird, daß die VerwBeh. Geschäftsaufzeichnungen, die mit dem Gegenstand des Bußgeldverfahrens in keinem Zusammenhang stünden, abverlangt habe (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 3) oder sie trotz Verlangens nicht zurückgebe. Im ersteren Fall fällt die Anfechtung der Maßnahme innerlich mit der Anfechtung des Bußgeldbescheids zusammen, im letzteren Fall handelt es sich materiell um eine selbständige Anfechtung, die nur zeitlich gleichzeitig mit der des Bußgeldbescheides vorzunehmen ist (s. dazu Anm. 4). b) § 47 will a l l e Maßnahmen der VerwBeh., die im Bußgeld verfahren ergehen, der gerichtlichen Nachprüfung unterwerfen. Zum Bußgeldverfahren gehört auch das Vollstreckungsverfahren (§§ 68ff.); der Antrag auf gerichtl. Entscheidung ist hier aber, da die Maßnahmen zeitlich nach dem Bußgeldbescheid liegen, der Natur der Sache nach selbständig. 3) Der Antrag kann sowohl von dem Betroffenen wie von dem Eigentümer (§19) oder Drittberechtigten (§ 23) gestellt werden. 4) Obwohl §§ 55 Abs. 4 nicht angeführt ist, fat er anwendbar, denn Abs. 4 stellt nur klar, wie die in Abs. 2 vorgeschriebene sinngemäße Anwendung der StPO.-Vorschriften über das Beschwerdeverfahren zu verstehen ist. Dagegen ist bewußt durch Nichterwähnung des §55 Abs. 3 eine mündliche Verhandlung im technischen Sinn ausgeschlossen; auch die Nichterwähnung

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 48

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(4) Den selbständigen Antrag auf gerichtliche Entscheidung können auch Dritte stellen, soweit sie durch Maßnahmen der Verwaltungsbehörde betroffen sind5). Absatz 2 Satz 2 und 36) findet Anwendung.

2. Bußgeldbescheid § 48. Sachliche Zuständigkeit (1) Die Geldbuße1) wird von der Verwaltungsbehörde durch einen Bußgeldbescheid festgesetzt. Zur Unterzeichnung2) des Bußgeldbescheides3) ist nur der Leiter der Verwaltungsbehörde, sein allgemein bestellter Vertreter oder ein Verwaltungsangehöriger4), der die Befähigung zum Richteramt5) oder zum höheren Verwaltungsdienst6) besitzt, befugt7). (2) Fallen die festgestellten Ordnungswidrigkeiten in die Zuständigkeit verschiedener Verwaltungsbehörden, so kann die mit der Sache zuerst befaßte8) Verwaltungsbehörde im Einvernehmen mit den anderen beteiligten Verwaltungsbehörden einen Bußgeldbescheid für sämtliche Ordnungswidrigkeiten erlassen. des § 56 ist dahin zu verstehen, daß die Rechtsbeschwerde ausgeschlossen ist (vgl. Rotberg Anm. 16 mit Zit.). Aus der in Abs. 2 bis 4 insoweit gleichmäßigen Regelung der selbständigen Anfechtung folgt, daß auch in Abs. 1 die materiell selbständige und nur hinsichtlich des Anfechtungszeitpunktes beschränkte Anfechtung (vgl. Anm. 2a) nicht zu einer Rechtsbeschwerde führen kann. 5) Z. B. Zeugen und Sachverständige in den Fällen des § 39 oder der zurückgewiesene Verteidiger. Bei Einziehung und Beschlagnahme gelten für den Eigentümer (§ 19) und die Drittberechtigten (§ 23) die besonderen Vorschriften in §§ 24 Abs. 3, 26 Abs. 3 und 42 Abs. 3. 6) Abs. 2 Satz 4 ist nicht erwähnt. Daß gleichwohl der Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Fall des Abs. 4 keine aufschiebende Wirkung habe — so Rotberg Anm. 14 — läßt sich nicht rechtfertigen; die abweichende Regelung des § 101 WiStG. 49, auf die sich Rotberg beruft, ist in § 47 unzweideutig nicht übernommen; ein Redaktionsversehen kann nicht angenommen werden. Die Nichtanwendbarkeit des Abs. 2 Satz 4 gründet sich auch nicht auf einen Umkehrschluß, sondern darauf, daß in Abs. 4 — anders als in Abs. 2 und 3 — der Regelsatz des § 57 Abs. 1 nicht aufgehoben worden ist, so daß es bei der Regel verbleibt. Eine aufschiebende Wirkung kommt allerdings nur da in Frage, wo eine nach ihrem Inhalt vollstreckbare Entscheidung vorliegt, also etwa bei der Festsetzung einer Geldbuße i. F. des § 39, aber nicht bei der Zurückweisung eines Verteidigers. Zu § 48: 1) Sowohl die Geldbuße für eine Ordnungswidrigkeit wie die Geldbuße nach § 39. Bei der gebührenpflichtigen Verwarnung gilt § 48 nicht. 2) Zu den formalen Wirksamkeitsvoraussetzungen gehört die Unterzeichnung der Urschrift. Sie muß, ebenso wie die in § 315 ZPO. und § 275 StPO. geforderte Unterschrift des Richters unter einem Urteil, handschriftlich erfolgen. Bei der polizeilichen Strafverfügung (§ 413 a. F. StPO.) war in der Rechtsprechung anerkannt, daß Unterzeichnung mit dem Anfangsbuchstaben des Familiennamens genüge. E. 64, 429; KG. J W . 1932, 1983 Nr. 12. Das wird auch hier gelten müssen. 3) Sowie des Einziehungsbescheides nach § 26 Abs. 2 Satz 2 und des Bescheides über die Rechte des Eigentümers oder eines Dritten (§ 26 Abs. 3). Auch die Haftbarkeitserklärung — Haftung der jur. Person für die ihren gesetzlichen Vertretern auferlegten Geldbußen und Verfahrenskosten (vgl. Anm. 1 zu § 1) — erfolgt durch Bescheid, der einem Bußgeldbescheid i. S. des § 48 gleichsteht. 4) Vgl. Anm. 1 zu § 29. 5) § 2 GVG. 6) Die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst kann nicht nur durch Ablegung des Regierungsassessorexamens, sondern auch durch Beilegung nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften erworben werden (vgl. Stellungnahme des Bundesrats zu § 45 RegEntw., „zu BTDrucks. Nr. 2100"). 7) Folge der Nichtbeachtung s. Anm. 1 zu § 52. 8) „ b e f a ß t " ist weniger als „tätig geworden" (a. M. Stoecker Anm. II 2), wie sich aus der Gegenüberstellung dieser Begriffe in §§ 4, 5 F G G ergibt. Befaßt ist die VerwBeh. mit der Sache schon dann, wenn sie von Tatsachen amtlich Kenntnis erhält, welche Anlaß zum Einschreiten bieten (vgl. Schlegelberger FGG. 6. Aufl. Anm. 23 zu § 43).

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A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 49—51

§ 49. Ausschließung von der Entscheidung1) Beim Erlaß eines Bußgeldbescheides darf nicht mitwirken2): 1. wer selbst verletzt oder betroffen ist, 2. wessen Ehegatte verletzt oder betroffen ist, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, 3. wer mit einem Verletzten oder Betroffenen in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie im zweiten oder dritten Grad verwandt oder im zweiten Grad verschwägert ist, 4. wer für einen Verletzten oder Betroffenen als gesetzlicher Vertreter oder als Bevollmächtigter aufzutreten berechtigt ist, 5. wer Beamter oder Angestellter eines Verletzten oder Betroffenen oder Mitglied des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs einer verletzten oder betroffenen juristischen Person ist. § 501). Selbstablehnung Ein zur Unterzeichnung eines Bußgeldbescheides befugter Verwaltungsangehöriger kann sich der Ausübung dieser Aufgabe wegen Befangenheit2) enthalten. Er bedarf hierzu der Zustimmung3) des Leiters der Behörde, der er angehört ; bei dem Leiter der Behörde entscheidet die vorgesetzte Behörde. § 511). Örtliche Zuständigkeit (1) Örtlich zuständig2) ist die Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Betroffene seinen Wohnsitz3) oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen dauernden Aufenthalt4) hat. (2) Ist die Ordnungswidrigkeit in einem Betrieb begangen worden, so ist die Verwaltungsbehörde zuständig, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat. Richtet sich die Ermittlung lediglich gegen Leiter oder Angestellte einer Zweigniederlassung oder eines sonstigen Zweigbetriebes, so ist die Verwaltungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich die Zweigniederlassung oder der Zweigbetrieb befindet. (3) Ist die Ordnungswidrigkeit bei der Veräußerung oder Verpachtung von Grundstücken oder bei der Vermietung oder Verpachtung von Räumen begangen, Zu § 49: 1) § 49 lehnt sich an § 67 Abs. 1 Ziff. 1—4 RAbgO. an — dort aber Sollvorschrift — und trägt dem Grundgedanken des § 22 StPO. Rechnung. 2) Die „Mitwirkung beim Erlaß" besteht, wie sich aus § 50 ergibt, in der Unterzeichnung des Bußgeldbescheids. § 49 gilt auch für die Durchführung einer Unterwerfungsverhandlung (§ 67 Abs. 2). Eine gesetzliche Ausschließung von Ermittlungshandlungen, die dem Erlaß des Bußgeldbescheids vorangehen, kennt das OWiG. nicht. Folge der Verletzung des § 49: § 55 Abs. 5 (absoluter Aufhebungsgrund). Zu § 50: 1) Eine Ablehnung wegen Befangenheit durch den Betroffenen gibt es nicht. § 50 ist dem § 69 RAbgO. nachgebildet und entspricht etwa dem § 30 StPO. 2) D. h. wenn er Grund hat zu befürchten, daß er nicht unparteilich entscheiden könne oder wenn ein Grund vorliegt, der bei dem Betroffenen Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des VerwAng. zu rechtfertigen geeignet ist. Vgl. dazu Anm. 1 und 2 zu § 24 StPO. 3) Gegen die Versagung der Zustimmung hat der Verwaltungsangehörige keinen förmlichen Rechtsbehelf;, für den Betroffenen gilt § 47 Abs. 1, doch kommt Unzulässigkeit des Bußgeldbescheids (§ 55 Abs. 5) nur bei ermessensmißbräuchlicher Versagung in Betracht. Zu § 51: 1) Früher § 78 WiStG. 49. 2) Nämlich für den Erlaß eines Bußgeldbescheids (vgl. Überschrift des Abschnitts), so daß die die örtliche Zuständigkeit begründenden Umstände im Zeitpunkt der Unterzeichnung maßgebend sind. 3) §7 BGB. 4) = Aufenthalt von längerer Dauer (vgl. § 20 ZPO.).

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 52

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so ist die Verwaltungsbehörde zuständig, in deren Bezirk die Grundstücke oder Räume gelegen sind. (4) Örtlich zuständig ist auch die Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Ordnungswidrigkeit begangen worden ist5). (5) Bei zusammenhängenden Ordnungswidrigkeiten, die einzeln zur Zuständigkeit verschiedener Verwaltungsbehörden gehören würden, ist jede dieser Verwaltungsbehörden zuständig. (6) Ist hiernach eine Zuständigkeit mehrfach begründet, so ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die zuerst mit der Sache befaßt worden ist6). Sie kann die Sache an eine andere zuständige Verwaltungsbehörde abgeben, wenn dies zweckmäßig erscheint. In Zweifelsfällen bestimmt die gemeinsame höhere Verwaltungsbehörde7) die zuständige Verwaltungsbehörde.

§ 521). Begründung des Bußgeldbescheides Der Bußgeldbescheid2) ist zu begründen3). In der Begründung sind die Ordnungswidrigkeiten4), die verletzten Vorschriften5), die Beweismittel 6 ), 7 ) und die 5) Vgl. § 3 Abs. 3 StGB, und Anm. l b zu § 9. 6) Vgl. Anm. 1 zu § 12 StPO. betr. Befassung mehrerer VerwBeh. mit Einzeiakten einer fortgesetzten Handlung. Im übrigen s. Anm. 8 zu § 48. 7) Soweit eine solche vorhanden ist. S. § 48 Abs. 2. Z u § 52: 1) § 52 entspricht dem § 79 WiStG. 49. Eine dem § 52 im wesentlichen entsprechende Vorschrift enthielt § 413 Abs. 3 a. F. StPO., der den Inhalt einer polizeilichen Strafverfügung festlegte. Die Rechtsprechung zu dieser Vorschrift kann zur Auslegung des § 52 verwendet werden, ü b e r die Erfordernisse des § 52 hinaus muß der Bußgeldbescheid eine unterzeichnete Urkunde sein, die auch äußerlich erkennen läßt, daß sie einen Bußgeldbescheid darstellen soll und die eine Geldbußfestsetzung, die Festsetzung der zulässigen Nebenfolgen (§ 48) und eine Kostenentscheidung (§ 70) enthält. Wird der Bußgeldbescheid durch ungenützten Ablauf der Frist zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung rechtskräftig, so sind die Verstöße gegen §§ 48, 52 rechtlich bedeutungslos. Wird dagegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, so sind die Wirkungen eines Verstoßes gegen § 52 verschieden. Fehlt es an j e d e r Begründung oder an der Angabe der Ordnungswidrigkeiten, so ist — entsprechend § 338 Nr. 7 StPO. —• der Bußgeldbescheid als unzulässig aufzuheben, da das Gericht nicht erkennen kann, welchen Sachverhalt die VerwBeh. als erwiesen ansah und zum Gegenstand der Ahndung machen wollte. Fehlt es dagegen nur an der Angabe der verletzten Vorschriften und der Beweismittel, so führt dies nur zur Aufhebung wegen Verfahrensverstoßes (§ 55 Abs. 5), wenn der Bußgeldbescheid auf dieser Gesetzesverletzung beruht, d. h. wenn die Möglichkeit besteht, daß der Unterzeichnende zu einer dem Betroffenen günstigeren Entscheidung gekommen wäre, wenn er einen Bußgeldbescheid mit den erforderlichen Angaben unterzeichnet hätte. Auf dem Fehlen der Angaben über die Rechtsbehelfe kann der Bußgeldbescheid nicht beruhen; der Mangel führt lediglich dazu, daß der Betroffene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist (§ 30 OWiG., §§ 35a, 44 StPO.) beantragen kann, weil die unterbliebene Belehrung kraft Gesetzes einen unabwendbaren Zufall darstellt (vgl. BayObLG. N J W . 53, 1234; OLG. Frankf. N J W . 53, 1725). Der Mangel des Hinweises auf die Zuständigkeitsüberprüfung nach §§ 58 ff. ist rechtlich bedeutungslos; der Hinweis soll dem Betroffenen nur zeigen, daß sein eigner Verzicht auf einen Rechtsbehelf nicht ohne weiteres zur Rechtskraft des Bußgeldbescheids führt. 2) § 52 gilt nicht für die gemäß § 39 erfolgenden Geldbußfestsetzungen („Ordnungswidrigkeiten"), bei denen auch eine Zuständigkeitsüberprüfung nicht in Betracht kommt. Im übrigen s. Anm. 3 zu § 48. 3) Satz 2 gibt den gesetzlichen Mindestinhalt der Begründung an. 4) D. h. die als erwiesen angesehene konkrete Zuwiderhandlung unter Angabe von Tatort und -zeit; die Hervorhebung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale ist nicht erforderlich. KG. Recht 32 Nr. 2221. 5) Entsprechend § 267 Abs. 3 StPO. (vgl. Anm. 4 zu § 267) und § 413 Abs. 3 a. F. StPO. Ob das das als angewandt bezeichnete Gesetz richtig und vollständig angegeben ist, ist unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensverstoßes (§ 55 Abs. 5) unwesentlich. Bay O b L G N J W 1951, 673. Bei Blankettgesetzen gehört zur Angabe der verletzten Vorschriften auch die Angabe der blankettausfüllenden Norm. BayObLG. a. a. O.

424

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 53

Rechtsbehelfe8) anzugeben. Ferner ist auf die Möglichkeit der gerichtlichen Zuständigkeitsüberprüfung nach §§ 58 bis 64 hinzuweisen.

§ 53. Zustellung des Bußgeldbescheides1) (1) Der Bußgeldbescheid2) ist dem Betroffenen3) und der Staatsanwaltschaft zuzustellen. (2) Die Zustellung an den Betroffenen erfolgt unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zustellung von Amts wegen mit Ausnahme der §§ 189, 203 bis 207, 210a und 212a. Der Bußgeldbescheid kann auch durch eingeschriebenen Brief gegen Rückschein3") oder durch Übergabe an den Betroffenen313) gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden. Ist die Zustellung in der vorgeschriebenen Weise nicht ausführbar, so gilt sie als erfolgt, wenn der entscheidende Teil des Bußgeldbescheides in einem von der Verwaltungsbehörde zu bestimmenden Blatt bekanntgemacht worden ist und seit dem Erscheinen des Blattes zwei Wochen verflossen sind. (3) Die Zustellung an die Staatsanwaltschaft erfolgt durch Übersendung einer Ausfertigung4) des Bußgeldbescheides unter Beifügung der Akten. Die Staats6) Es genügt: „Anzeige des Polizeiwachtmeisters X " , nicht dagegen „amtliche Feststellung". OLG. Düsseldorf H R R . 1926 Nr. 317; a. M. OLG. Celle J R . 1927 Nr. 672 (für die frühere polizeil. Strafverfügung). 7) Eine Angabe der Umstände, die für die Bußgeldbemessung maßgebend waren, ist auch jetzt nicht vorgeschrieben, vielmehr die frühere Fassung (§ 79 WiStG. 49) übernommen worden, obwohl die frühere Sollvorschrift des § 267 Abs. 3 StPO. nach dem Erlaß des WiStG. a.F. in eine Mußvorschrift verwandelt worden ist. Daraus ergibt sich, daß eine sinngemäße Anwendung des § 267 Abs. 3 StPO. nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht; a. M. (aber für § 79 WiStG. 49) OLG. Braunschweig NdsRpfl. 1952, 34. Bei Bagatellsachen, bei denen die Bemessung vielfach taxartig erfolgt (s. Anm. 1 zu § 6) wäre eine Angabe von Zumessungsgründen, die über stehende Wendungen hinausgeht, auch schwerlich möglich 8) Und zwar so genau, daß der Betroffene ohne weiteres erkennen kann, wann, wo und in welcher Form der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden kann. Auch der Hinweis auf § 55 Abs. 3 gehört — schon wegen der Frist des § 55 Abs. 3 Satz 2 — zur Rechtsmittelbelehrung. Zu § 53: 1) § 53 entspricht dem § 80 WiStG. 49. 2) S. Anm. 1 und 3 zu § 48. 3) Die Zustellung erfolgt gemäß §§ 24 Abs. 3, 26 Abs. 3 auch an den Eigentümer (§ 19) und den Dritten (§ 23), sofern sie bis zum Erlaß des Bußgeldbescheides (Einziehungsbescheides) den Antrag auf Berücksichtigung ihrer Rechte gestellt haben. Im selbständigen Verfahren und bei nachträglicher Geltendmachung ihrer Rechte (§§ 28, 26 Abs. 3) sind Eigentümer und Dritte ohne weiteres Betroffene i. S. des § 53 (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 3, § 26 Abs. 3). Die Zustellung erfolgt an den Betroffenen selbst, auch wenn er einen Verteidiger ausdrücklich zur Empfangnahme der Entscheidung ermächtigt hat (vgl. Nr. 122 RiStV.). A. M. OLG. Celle NdsRpfl. 1952, 108 unter Hinweis auf § 176 ZPO. Allerdings ist die Anwendbarkeit des § 176 ZPO. nicht ausdrücklich ausgenommen; aber das gilt auch für § 37 StPO. 3 a) Sendungen gegen Rückschein dürfen nur an den Empfänger selbst oder seinen Bevollmächtigten ausgehändigt werden; eine „Ersatzzustellung" genügt hier nicht (§ 40 Abs. X der PostO. v. 30. 1. 1929, RGBl. I S. 33). 3 b) d. h. an ihn persönl. oder einen ausdrückl. Bevollmächtigten, also keine Ersatzzustellung. BayObLG. N J W . 53, 1234. 4) Ausfertigung (vgl. § 275 Abs. 4 StPO.) ist eine von einem Urkundsbeamten (vgl. § 37 Anm. 4) der VerwBeh. unterschriebene und mit dem Siegel der VerwBeh. versehene Abschrift. E s genügt also, um die Frist des § 58 Abs. 1 in Lauf zu setzen, weder die Übersendung einer gewöhnlichen Abschrift noch — anders als nach § 41 StPO. •— die Vorlegung der Urschrift. Bewirkt ist die Zustellung erst, wenn außer der Ausfertigung die Akten bei der Geschäftsstelle der StA. eingegangen sind, sofern nicht auf die Beifügung der Akten verzichtet ist. Die Annahme von Stoecker Anm. I I I 2, daß die Frist des § 58 mit der Zustellung des Bußgeldbescheides ohne Rücksicht auf die Beifügung der Akten beginne, entspricht weder dem Wortlaut noch dem Zweck des § 53 Abs. 3.

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anwaltschaft kann auf die Beifügung der Akten verzichten5). Der Verzicht ist aktenkundig zu machen6).

3. Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bußgeldbescheid Vorbem. vor § 54: Das Bußgeld verfahren vor der VerwBeh., das mit dem Erlaß des Bußgeldbescheides zunächst abschließt, ist ein originäres Verwaltungsverfahren, nicht, wie ehedem das polizeiliche Strafverfügungsverfahren oder jetzt noch das Strafbescheidsverfahren in Steuer- und Abgabesachen, ein Verfahren, in dem Verwaltungsbehörden kraft gesetzlicher Übertragung Justizaufgaben wahrnehmen. An dem Charakter des Bußgeldverfahrens ändert sich auch nichts, wenn es nach Antrag auf gerichtliche Entscheidung in das Stadium der gerichtlichen Nachprüfung übergeht. Es bleibt auch jetzt Bußgeldverfahren, und der Bußgeldbescheid wird nicht durch eine kraft ursprünglichen Justizhoheitsrechts ergehende gerichtliche Entscheidung ersetzt, sondern entweder bestätigt oder abgeändert oder zwar aufgehoben; aber dann nicht durch eine gerichtl. Entscheidung ersetzt. Die Besonderheit des gerichtlichen Verfahrens nach §§ 54ff. besteht also darin, daß den Strafgerichten über ihren eigentlichen Wirkungskreis — die Untersuchung und Entscheidung in Strafsachen — hinaus Aufgaben auf dem Gebiet der Verwaltungsrechtspflege anstelle und unter Ausschluß der Verwaltungsgerichte (§ 75) übertragen worden sind, so, wie etwa in Hessen auf Grund des § 22a des Verwaltungsgerichtsgesetzes über gewisse Maßnahmen der Preisbehörden nicht die an sich zuständigen Verwaltungsgerichte, sondern die im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätigen Gerichte zur Entscheidung berufen sind.

§ 54. Einlegung (1) Gegen den Bußgeldbescheid kann der Betroffene Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen1). 5) Der Verzicht kann, und zwar für den Einzelfall oder für eine bestimmte Gruppe von Fällen, vor der Übersendung der Ausfertigung ausgesprochen werden — dann ist die Zustellung mit dem Eingang der Ausfertigung bei der Geschäftsstelle der StA. bewirkt — oder nach Übersendung der Ausfertigung ohne die Akten erfolgen — dann beginnt der Fristlauf (§ 58) mit der Abgabe (Absendung) der Verzichtserklärung. Die Bedeutung des Verzichts zeigt sich auch daran, daß nach § 65 Abs. 2 eine Verfolgung als Straftat nur auf Grund solcher Tatsachen jnöglich ist, die der StA. nach Ablauf der Frist des § 58 bekannt werden, also nicht auf von Grund von Tatsachen, die der StA. infolge des Verzichts auf Aktenübersendung unbekannt geblieben sind. 6) Durch die VerwBeh. Zu § 54: 1) Wegen des von der Einziehung betroffenen Eigentümers und Drittberechtigten vgl. Anm. 3 zu § 53. Ergeht ein Bußgeldbescheid nach § 39 (vgl. dort Anm. 2), so gilt für die davon Betroffenen § 47 Abs. 4. Auch gegen andere Maßnahmen der VerwBeh., die nicht in Form einer Bußgeldbescheids ergehen, ist Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach Maßgabe des § 47 zulässig, dessen Abs. 2 bis 4 die Abs. 2 und 3 des § 54 für entsprechend anwendbar erklären. § 298 StPO. (selbständige Antragsbefugnis des gesetzlichen Vertreters und des Verteidigers) und § 302 StPO. (Zurücknahme und Verzicht) gelten entsprechend. A. M. bezgl. des § 302 Abs. 2 (Rücknahme eines Rechtsmittels durch den Verteidiger nur mit ausdrückt. Ermächtigung des Angekl.) OLG. Braunschweig NdsRpfl. 53, 52, weil es sich bei § 302 Abs. 2 um eine auf die besonderen Bedürfnisse des Kriminalverfahrens zugeschnittene Ausnahmevorschrift handele; aber soll ein Bußgeldbescheid wirklich geringere Bedeutung haben als wenn wegen einer Übertretung auf Geldstrafe erkannt ist? § 303 StPO. ist unanwendbar, da es an einem Gegner fehlt. Beschränkung des Antrags auf die Bußgeldbemessung oder auf einzelne Teile der Festsetzung, z. B. die Einziehung, oder auf den Kostenpunkt erscheint in sinngemäßer Anwendung des § 318 StPO. (vgl. dort Anm. 1) zulässig. Ebenso Rotberg Anm. 9 gegen Drost- Erbs II 1 zu § 81 a. F. WiStG. Zwar ist für den Strafbescheid des Finanzamts und für den Strafbefehl die Wirkungslosigkeit einer Beschränkung des Antrags auf gerichtl. Entscheidung (s. Anm. 2 zu § 461 RAbgO. — B VI —) und des Einspruchs (vgl. Anm. 4 zu § 409 StPO.) anerkannt. Sie ergibt sich dort aber aus der Erwägung, daß Strafbescheid und Strafbefehl ihre Bedeutung als Entscheidung völlig verlieren und das Gericht zu neuer selbständiger Entscheidung berufen, und infolgedessen auch nicht gehindert ist, auf eine schwerere Strafe zu erkennen. Im Gegensatz dazu hat das Verfahren nach §§ 54ff. nur eine Nachprüfung des Bußgeldbescheids zum Gegenstand und eine Abänderung zum Nachteil des Betroffenen ist unzulässig. Das Nachprüfungsverfahren entspricht insofern einem

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(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides schriftlich2) oder mündlich zur Niederschrift3) bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, zu stellen. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Betroffene den Antrag rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht einreicht4). (3) Die Verwaltungsbehörde leitet den Antrag mit ihrer Stellungnahme alsbald dem Gericht zu. Bis zur Abgabe der Sache5) an das Gericht kann die Verwaltungsbehörde den Bußgeldbescheid zurücknehmen und entweder von Geldbuße absehen oder einen neuen Bescheid erlassen6). Der Antragsteller ist von der Abgabe zu benachrichtigen7).

§ 55. Zuständiges Gericht, Verfahren (1) Für die Entscheidung ist das Amtsgericht1) zuständig. Die Entscheidung trifft der Amtsrichter als Einzelrichter. Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat la ). Rechtsmittelverfahren, so daß es zulässig und zweckmäßig erscheint, die dort geltenden Grundsätze über die Beschränkung der Anfechtung sinngemäß anzuwenden. Für den Betroffenen kann außer einem Verteidiger auch ein sonstiger Bevollmächtigter — auch eine juristische Person —• den Antrag stellen. OLG. Hamm N J W . 1952, 1150. 2) Einer Unterschrift und einer Begründung bedarf es nicht. Vgl. im übrigen die sinngemäß auch hier zutreffenden Ausführungen im Anm. 4 zu § 314 StPO. 3) Eine Form hierfür ist nicht vorgeschrieben. 4) § 55 Abs. 1. „Einreicht" = schriftlich stellt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt. 5) Abgegeben ist die Sache in dem Augenblick, in dem die von der VerwBeh. mit Rücksicht auf einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung übersandten Akten bei der Geschäftsstelle des Gerichts eingehen. OLG. Tübingen J Z . 1951, 116. Ob die vorgeschriebene Stellungnahme — sie kann auch z. B . darin bestehen, die VerwBeh. habe nichts zu bemerken — unterbleibt oder erst nach Abgabe der Akten übersandt wird, ist verfahrensrechtlich ohne Bedeutung. Eine Aktenübersendung an die StA. gemäß § 53 Abs. 3 Satz 1 ist auch dann keine Abgabe der Sache an das Gericht, wenn die StA. einen Zuständigkeitsantrag gemäß §§ 58, 63 bei Gericht stellt. Denn es fehlt dann an der Übersendung zur Entscheidung über den Antrag auf gerichtl. Entscheidung, nachdem die VerwBeh. sich dahin schlüssig geworden ist, daß ihr dieser keinen Anlaß zur Zurücknahme des Bescheids gibt. Die Zurücknahmebefugnis ist nicht von der Stellung eines Antrags auf gerichtl. Entscheidung abhängig; § 54 Abs. 3 setzt vielmehr den Zeitpunkt fest, in welchem die bis dahin bestehende, aus dem Opportunitätsprinzip (§ 7 Abs. 1, 3) sich ergebende Zurücknahmebefugnis, die sonst erst mit der Rechtskraft endet, schon vorher erlischt. Das Zurücknahmerecht wird auch nicht dadurch berührt, daß die StA. inzwischen einen Überprüfungsantrag aus § 58 gestellt hat; a. M. OLG. Köln MDR. 1951, 311; Stoecker Anm. I I I 3. Der Antrag wird dann gegenstandslos und die StA. kann, wenn sie ihre Zuständigkeit als gegeben ansieht, die Verfolgung ohne weiteres übernehmen. 6) Teilzurücknahme (z. B . hinsichtlich einer angeordneten Einziehung) oder Ergänzung des Bescheids (z. B . durch eine unterbliebene Einziehung) ist unzulässig. Rotberg Anm. 11. Für einen neuen Bescheid gilt nicht das Verbot der ref. i. peius. OLG. Hamm JMBI. N R W . 53, 9. 7) Ebenso von der Rücknahme eines Bescheids, die auch im Hinblick auf § 58 der StA. mitzuteilen ist. Die Benachrichtigung des Antragstellers von der Abgabe soll diesem Kenntnis verschaffen, daß die VerwBeh. an der dem Bußgeldbescheid zugrunde liegenden Auffassung festhält, gleichzeitig aber ihn wissen lassen, daß das Verfahren nunmehr vom Gericht betrieben wird und weiteres Verteidigungsvorbringen dort geltend zu machen ist. Das Gericht wird mit seiner Entscheidung (§ 55) eine angemessene Frist innezuhalten haben, um dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, auf die Stellungnahme der VerwBeh. (Abs. 3 Satz 1) zu erwidern; es ist aber nicht gezwungen, erst geraume Zeit nach dem Eintreffen der Akten in der Sache zu entscheiden. BayObLG. MDR. 53, 311. Zu § 55: 1) Ausnahme: § 63. 1 a) Wegen der örtl. Zuständigkeit des AG. in Wirtschaftssachen vgl. Anm. zu § 14 WiStG. 54 — B IV 7 b —.

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(2) Für das Verfahren vor dem Gericht gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über das Beschwerdeverfahren sinngemäß2). (3)3) Auf Antrag des Betroffenen oder wenn der Amtsrichter es für erforderlich hält, findet mündliche Verhandlung statt. Der Antrag des Betroffenen kann nur bis zum Ablauf der in § 54 Abs. 2 bestimmten Frist gestellt werden. Auf die mündliche Verhandlung sind die für die Hauptverhandlung im Strafverfahren geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden4). Das Gericht bestimmt den Umfang der Beweisaufnahme8). Zeugen werden nur beeidigt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage für notwendig hält6). Es hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweis2) §§ 308, 309 StPO., d. h. Entscheidung im schriftlichen Verfahren — Ausnahme Abs. 3 — durch Beschluß nach Anhörung der VerwBeh. (Abs. 4); formlose Ermittlungen von Amts wegen; Hinweis an den Betroffenen auf eine mögliche Änderung des rechtl. Gesichtspunkts (entspr. § 265 StPO.) BayObLG. N J W . 1951, 494. Verwertung gerichtsbekannter Tatsachen ist auch hier zulässig, doch gebietet die Aufklärungspflicht ihre Bekanntgabe an denBetroffenen zur Äußerung, wenn er diese Tatsachen nicht kennen kann. OLG. Braunschweig N J W . 53, 677. Das gleiche gilt für Ermittlungsergebnisse, die neue Tatsachen oder neue Beweise enthalten. H.M.; vgl. BayObLG. u. OLG. Braunschw. N J W . 53, 1037, 1928. Der Betroffene h a t auch im gerichtlichen Stadium des Bußgeldverfahrens kein Recht auf Anwesenheit bei Beweiserhebungen (vgl. Anm. 1 zu § 38). — Ausschließung und Ablehnung des Richters wegen Befangenheit richtet sich in diesem Stadium nach den entsprechend anwendbaren allgemeinen Vorschriften der StPO.; daß es im Verfahren vor der VerwBeh. keine Ablehnung wegen Befangenheit gibt (vgl. Anm. 1 zu § 50), entspricht den Grundsätzen, die auch sonst für das Tätigwerden von VerwBehörden gelten und läßt keinen Schluß darauf zu, daß auch für das strafverfahrensähnliche Stadium des gerichtlichen Bußgeldverfahrens Besonderheiten gelten müssen (zweifelnd OLG. Celle NdsRpfl. 53, 112, dessen Hinweis auf den Ausschluß der Richterablehnung im Verfahren der freiw. Gerichtsbarkeit der Tatsache nicht gerecht wird, daß das Bußgeldverfahren strafverfahrensähnlich ist). Auch die Ablehnung von Sachverständigen ist — anders als im Verf. vor der VerwBeh.; vgl. Anm. 7a zu § 35 — nach dem entspr. anwendbaren § 74 StPO. zulässig; a. M. OLG. Celle NdsRpfl. 53, 112, dessen Zweckmäßigkeitserwägungen wohl Anlaß geben mögen, bei Annahme einer Befangenheitsbesorgnis einen strengen Maßstab anzulegen, aber nicht den gänzlichen Ausschluß der Ablehnung rechtfertigen können. 3) Vgl. Anm. 4 zu § 47. Der auf Vorschlägen des Bundesrats (vgl. ,,zu BT-Drucks. Nr. 2100 Nr. 16) beruhende Abs. 3 bezweckt, daß ein Betroffener, dem an einer restlosen Aufklärung des Sachverhalts gelegen ist, auf Antrag die gleichen Rechtsgarantien für eine gerechte E n t scheidung erhält, wie sie in leichteren Fällen (Übertretungen und Privatklagen) der Angekl. im Strafverfahren hat. Eine im Beisein des Verteidigers und der VerwBeh. erfolgte Vernehmung des Betroffenen ersetzt naturgemäß die mündl. Verhandl. nicht. OLG. H a m m MDR. 53, 504. Die mündl. Verhandlung ist öffentlich (§§ 169ff. GVG, aber nicht § 173). 4) §§ 226ff. StPO. Die StA. ist auch hier nicht beteiligt und die VerwBeh. ist lediglich zu hören (Äbs. 4). Die Verhandlung kann unter den Voraussetzungen des § 232 StPO. ohne den Betroffenen durchgeführt werden; diese Möglichkeit entfällt bei Abwesenheit, weil Ladung durch öffentl. Bekanntmachung nach § 232 Abs. 2 nicht genügt (vgl. Anm. 3 zu § 44). Der Betroffene kann vom persönlichen Erscheinen entbunden werden (§ 233); auch Vertretung des Betroffenen durch einen mit schriftl. Vollmacht versehenen Verteidiger (§ 45) erscheint im Hinblick auf § 387 StPO. zulässig, unbeschadet der Befugnis des Gerichts, das persönliche Erscheinen oder Vorführung anzuordnen (§ 387 Abs. 2 StPO.), während der Erlaß eines Haftbefehls zur Erzwingung des Erscheinens (§ 320 StPO.) mit dem Wesen des Bußgeldverfahrens nicht vereinbar sein dürfte (vgl. auch Anm. 7h zu § 35 und Anm. 3 zu § 387 StPO.). Soweit in §§ 251, 254 StPO. auf richterliche Vernehmungen abgestellt ist, gilt dies auch im Bußgeldverfahren; Vernehmungen durch die VerwBeh. .stehen ihnen nach dem in Anm. 3 bezeichneten Zweck des § 55 Abs. 3 nicht gleich. Bestellung eines Verteidigers von Amts wegen gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 StPO. (Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage) ist möglich. Die Entscheidung ergeht auch hier durch Beschluß (§ 55 Abs. 4 Satz 3), der, wie sich aus § 56 Abs. 3 Satz 1 ergibt, nicht zu verkünden, sondern zuzustellen ist; §§ 260 Abs. 1, 268 StPO. sind demgemäß unanwendbar. A.M. OLG. Celle NdsRpfl. 53, 231. 5) In Anknüpfung an § 384 Abs. 2 StPO., abweichend von § 244 Abs. 3 bis 5. 6) In Anknüpfung an § 62 StPO., abweichend von § 59 StPO.

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aufnähme von Amts wegen auf alle Tatsachen zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind7). (4) Die Verwaltungsbehörde ist zu hören8). Die Staatsanwaltschaft ist an dem Verfahren nicht beteiligt. Das Gericht entscheidet durch Beschluß9). Der Beschluß ist zu begründen 10 ). (5) Das Gericht entscheidet darüber, ob der Bußgeldbescheid aufrechterhalten11), geändert12) oder aufgehoben wird. Es kann den Bußgeldbescheid nicht zum Nachteil des Betroffenen ändern13). Im Falle der Aufhebung ist auszuspre7) Entsprechend § 244 Abs. 2 StPO. 8) D. h. es ist ihr über die Stellungnahme nach § 54 Abs. 3 hinaus Gelegenheit zur Äußerung auf neues Vorbringen des Betroffenen und auf die vom AG. erhobenen Beweise zu geben. OLG. Bremen MDR. 53, 312; zur mündlichen Verhandlung ist sie zu laden und ihr Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt zu vertreten. 9) Auch bei mündl. Verhandl. (s. Anm. 4); keine Verkündung, sondern Zustellung (§ 56 Abs. 3 Satz 1). Und zwar muß diese gerichtl. Entscheidung nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften der StPO. (§ 37) an den Betroffenen selbst zugestellt werden, auch wenn er einen Verteidiger h a t ; daß in letzterem Fall die Zustellung — wie im Zivilprozeß — auch an den Verteidiger erfolgen und die Rechtsbeschwerdefrist in Lauf setzen könne (OLG. Celle NdsRpfl. 53, 95) läßt sich nicht begründen; das Bußgeldverfahren steht dem Strafverfahren immer noch näher als ein Zivilprozeß. 10) Eine Rechtsmittelbelehrung ist hier nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Nachdem indessen für das Strafverfahren inzwischen allgemein eine Belehrung über fristgebundene Rechtsbehelfe vorgeschrieben ist (vgl. § 35a StPO.), ergibt sich aus § 55 Abs. 2 OWiG., daß der Beschluß mit einer Rechtsmittelbelehrung zu verbinden ist. Die Begründung, die die Mindesterfordernisse des § 52 der Natur der Sache nach aufweisen muß, muß im übrigen so beschaffen sein, daß sie — wie ein Urteil — dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung (§ 56 Abs. 4) ermöglicht; sie muß also insbes. selbständige tatsächliche Feststellungen enthalten, die erkennen lassen, worin der Amtsrichter die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht gesehen hat. BayObLG. N J W . 53, 233. Eine Begründung der Höhe der Geldbuße ist auch hier (vgl. Anm. 7 zu § 52) nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch gehört es zum Wesen einer ordnungsmäßigen Begründung, daß das Gericht die Gründe darlegt, aus denen es von der Geldbußbemessung der VerwBeh. abweicht oder dem auf Ermäßigung gerichteten Begehren des Betroffenen nicht stattgibt. — Die Zustellung des Beschlusses erfolgt durch das Gericht (§ 36 Abs. 2 StPO.). 11) Eine sachliche Entscheidung über den Bußgeldbescheid setzt voraus, daß ein wirksamer, insbes. frist- und formgerechter Antrag auf gerichtl. Entscheidung vorliegt; andernfalls verwirft der Amtsrichter den Antrag als unzulässig (dagegen Rechtsbeschwerde nach § 56). Bei Ablehnung eines Wiedereinsetzungsantrags entscheidet über die Beschwerde gem. § 30 OWiG., § 46 Abs. 2 StPO. das LG. OLGe Hamm JMB1. NRW. 52, 182; Oldenburg N J W . 53, 436. Der Bußgeldbescheid wird „aufrechterhalten", falls sein entscheidender Teil, wenn auch aus anderen als den im Bußgeldbescheid angeführten Gründen, der Sach- und Rechtslage entspricht. Gegenstand der Nachprüfung ist aber stets das geschichtliche Ereignis, das dem Bußgeldbescheid zugrunde liegt. Der Bußgeldbescheid kann also nicht auf Grund eines neuen, von der VerwBeh. nach dem Erlaß des Bußgeldbescheides vorgebrachten Tatbestandes aufrechterhalten werden. KG. GA. 1954, 24. 12) Die Änderung kann in der Herabsetzung der Geldbuße oder in dem Wegfall von Nebenfolgen bestehen. Eine Änderung setzt lediglich voraus, daß der Amtsrichter eine geringere Buße oder den Wegfall einer Nebenfolge, die nicht zwingend vorgeschrieben ist, für angemessen hält; sie erfordert nicht etwa die Feststellung eines Ermessensmißbrauchs. H. M; vgl. z. B. OLGe Braunschweig N J W . 1952, 397; F r a n k f u r t N J W . 53, 1037; KG. N J W . 53, 687. H a t die VerwBeh. im selbständigen Verfahren auf Abführung des Mehrerlöses erkannt (§ 10 WiStG. 54), so ist, da die Abführung im Regelfall zwingend vorgeschrieben ist eine Nachprüfung, ob die Einleitung des obj. Verfahrens zweckmäßig war, grundsätzlich ausgeschlossen. OLG. Celle NdsRpfl. 53, 132, unbeschadet einer Nachprüfung im Rahmen des § 8 Abs. 2 WiStG. 1954. 13) Das Verbot der Verschlechterung, das an § 331 StPO. anknüpft, bedeutet, daß die Geldbuße nicht erhöht und Nebenfolgen nicht neu festgesetzt werden dürfen. Dagegen verbietet § 55 Abs. 5 entsprechend der Auslegung des § 331 StPO. nicht eine dem Betroffenen ungünstigere tatsächliche Feststellung oder rechtliche Bewertung, also z. B. nicht, daß s t a t t einer fortgesetzten Handlung Tatmehrheit, statt Versuch Vollendung angenommen wird.

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chen, ob der Bußgeldbescheid unbegründet14) oder unzulässig ist. Ein Bußgeldbescheid ist unzulässig15), wenn bei seinem Erlaß eine gemäß § 49 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat16) oder wenn eine andere verfahrensrechtliche Norm17) 14) Der Bußgeldbescheid ist unbegründet, wenn die Verwirklichung des äußeren und inneren Tatbestands einer Ordnungswidrigkeit nicht festgestellt werden kann, oder wenn trotz der Verwirklichung ein staatlicher Ahndungsanspruch nicht entstanden ist — wie im Fall des § 7 Abs. 3 — oder nicht verwirklicht werden darf — wie bei nachträglicher Aufhebung der verletzten Vorschrift, § 2 Abs. 2 StGB, beim Rücktritt vom Versuch, § 9 Abs. 2, bei Verjährung, § 14, oder Amnestie — oder durch Verbrauch untergegangen ist, wie nach § 8 Abs. 3, § 65 Abs. 1. Begrifflich liegen hier z. T. Hindernisse verfahrensrechtlicher Art vor. Jedoch dürfte es dem aus § 65 Abs. 1 sich ergebenden Zweck der Unterscheidung zwischen Aufhebung als unbegründet und als unzulässig entsprechen, zu den ,,verfahrenrechtlichen Normen" nur diejenigen zu rechnen, die den Verfahrensgang im engeren, eigentlichen Sinn regeln, so daß eine Aufhebung als unbegründet immer dann in Betracht kommt, wenn die Festsetzung einer Buße oder Nebenfolge endgültig ausgeschlossen ist. Die Nachprüfung von Ermessensentsheidungen, die dem s a c h l i c h e n Recht angehören, ist nicht ausgeschlossen (s. Anm. 17). 15) Die Möglichkeit der Aufhebung wegen verfahrensrechtlicher Verstöße knüpft an § 328 Abs. 2 StPO. an. Während aber dort die Aufhebung in das Ermessen des Gerichts gestellt ist, ist sie in § 55 Abs. 5 zwingend vorgeschrieben, eine sachliche Entscheidung in diesem Falle also nicht möglich. 16) Zweifelhaft kann sein, ob der Schlußteil des Satzes („und . . . beruht") sich auch auf den Fall unzulässiger Mitwirkung oder nur auf den der Verletzung anderer Verfahrensnormen bezieht. Für die erstere Auffassung (Rotberg Anm. 23) ließe sich anführen, daß im Steuerrecht die Rüge einer Verletzung des § 67 RAbgO. (vgl. Anm. 1 zu § 49) nur Erfolg hat, wenn nach Auffassung der Rechtsmittelbehörde die Entscheidung ohne die Mitwirkung des ausgeschlossenen Amtsträgers vermutlich anders ausgefallen wäre (Kühn, Komm. z. RAbgO-, 2. Aufl. 1950 Anm. 1 zu § 67). Für die letztere Auffassung (Stoecker, Anm. V 10) spricht § 338 Nr. 2 StPO. (absoluter Revisionsgrund). Die praktische Bedeutung der Zweifelsfrage ist gering. Denn ein Beruhen des Bescheides auf der Gesetzesverletzung ist immer schon dann anzunehmen, wenn die Möglichkeit besteht, wenn also nicht auszuschließen ist, daß ohne den Gesetzesverstoß die VerwBeh. nicht den gleichen, sondern einen dem Betroffenen günstigeren Bußgeldbescheid erlassen h ä t t e ; diese Möglichkeit ist aber bei Mitwirkung eines von der Unterzeichnung des Bußgeldbescheids Ausgeschlossenen grundsätzlich gegeben. 17) Wegen des Begriffs „ N o r m " ( = „Rechtsnorm") s. Anm. 6 zu § 337 StPO; über ,,verfahrensrechtl. "Norm Anm. 14. Absolut wirkende Verfahrensverstöße kennt — von Anm. 16 abgesehen— das OWiG. nicht; doch gibt § 338 StPO. Anhaltspunkte dafür, wann ein Beruhen der Entscheidung auf einem Verfahrens verstoß (s. Anm. 14, 16) ohne weiteres angenommen werden kann, so etwa im Fall des § 48 im Hinblick auf § 338 Nr. 1 StPO. Als Verfahrensverstöße kommen ferner z. B. in Betracht Verletzung des § 44 Abs. 2 oder der §§ 45 Abs. 1 und 2; ferner örtliche Unzuständigkeit (§ 51), d a d a s OWiG. eine dem § 16 StPO. entsprechende Beschränkung der Unzuständigkeitsrüge nicht kennt. Sachliche Unzuständigkeit (§ 73), z. B. eine landwirtschaftl. Behörde ahndet eine Devisenzuwiderhandlung, bedeutet Mangel einer Prozeßvoraussetzung und führt ohne weiteres zur Aufhebung. Dagegen kann im Hinblick auf §§ 58, 62 die sachliche Zuständigkeit der VerwBeh. nicht damit bemängelt werden, daß eine Straftat vorliege, wenn die StA. nicht fristgemäß einen Überprüfungsantrag gestellt h a t ; werden aber nach Fristablauf neue, eine Strafverfolgung rechtfertigende Tatsachen bekannt (§ 65 Abs. 2), so setzt der Amtsrichter das Bußgeldverfahren aus und hebt, wenn das von der StA. zu betreibende Strafverfahren zur Annahme einer Straftat führt, den Bescheid als unzulässig auf. Ein verfahrensrechtlicher Verstoß ist — wenn man ihn nicht als materiellrechtl. Verstoß ansehen will (s. Anm. 14) — weiter die Nichtbeachtung des § 7 Abs. 3. Allg. M.; vgl. z. B. OLGe Braunschweig u. H a m m N J W . 52, 397, 1106; BayObLG. N J W . 53, 433; Rotberg Anm. 21 mit weiteren Zit.; Stoecker Anm. I I I 3. Dagegen kann die Festsetzung einer Geldbuße nicht als Verstoß gegen § 7 Abs. 1 gerügt werden, es sei denn, daß sich aus den Gründen des Bußgeldbescheids ergibt, daß die VerwBeh. sich von sachfremden Erwägungen h a t bestimmen lassen, also ein offensichtlicher Ermessensmißbrauch vorliegt. Ebenso kann, da es sich um eine Ermessensfrage handelt, nicht gerügt werden, daß die VerwBeh. statt einer Geldbußfestsetzung nicht eine gebührenpflichtige Verwarnung erteilt habe. BayObLG. N J W . 1951, 494. Werden allerdings erst bei der gerichtlichen Nachprüfung neue, der VerwBeh. bei der Festsetzung nicht bekannte Tatsachen bekannt, die den Fall als einen solchen offensichtlich geringerer Bedeutung kennzeichnen, so ist im Hinblick auf § 66 Abs. 2 das Gericht befugt, nach Anhörung der VerwBeh. den Bescheid aufzuheben und eine gebührenpflichtige Verwarnung zu erteilen.

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nicht oder nicht richtig angewendet worden ist und der Bescheid auf dieser Gesetzesverletzung beruht18). § 56. Rechtsbeschwerde (1) Gegen die Entscheidung des Gerichts (§ 55) ist die Rechtsbeschwerde zulässig. (2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist1). (3) Die Rechtsbeschwerde ist von der Verwaltungsbehörde oder dem Betroffenen2) binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung bei dem Gericht3), dessen Entscheidung angefochten wird, einzulegen. Die Beschwerdeanträge und deren Begründung4) sind spätestens binnen zwei weiterer Wochen nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde oder, wenn zu dieser Zeit die Entscheidung des Gerichts noch nicht zugestellt war5), nach der Zustellung bei demselben Gericht anzubringen. Von dem Betroffenen6) kann die Beschwerde7) nur mittels einer von einem Verteidiger unterzeichneten Schrift oder mündlich zur Niederschrift bei Gericht angebracht werden. Verteidiger im Sinne dieser Vorschrift ist, wer gemäß § 138 der Strafprozeßordnung im Strafverfahren als Verteidiger auftreten kann8). (4) Über die Rechtsbeschwerde entscheidet das Oberlandesgericht9) nach Anhörung des Beschwerdegegners und der Staatsanwaltschaft. Die §§ 344, 347, 352,. 353, 354 Abs. 1 und 2, 354a, 355, 357, 358 der Strafprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden10). (5) § 121 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes findet entsprechende Anwendung.11) 18) „ B e r u h e n " : Vgl. Anm. 16. Bei Aufhebung als unzulässig obliegt der VerwBeh. die erneute Prüfung und Behandlung der Sache; an die Rechtsauffassung der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ist sie in sinngemäßer Anwendung des § 358 Abs. 1 StPQ. gebunden ; auch § 358 Abs. 2 — Verbot der Schlechterstellung bei erneuter Entscheidung — ist mit Rücksicht auf § 55 Abs. 5 Satz 2, § 56 Abs. 4 Satz 2 sinngemäß anzuwenden. Zu § 56: 1) Entsprechend § 337 StPO. Die §§ 338, 339 StPO. gelten sinngemäß. Ein Gesetzverstoß ist z. B. auch ein offensichtlicher Ermessensfehler. KG. N J W . 53, 678. 2) S. Anm. 1 zu § 54. 3) S. § 55 Abs. 1, § 63. Eine Einlegung bei dem OLG. ist unzulässig. BayObLG. N J W . 53, 874; KG. GA. 1953, 124. 4) Vgl. § 344 StPO. und § 56 Abs. 4. 5) Da die Einlegungsfrist erst mit der Zustellung zu laufen beginnt, ist nicht erkennbar, wie 2 Wochen nach Ablauf der Einlegungsfrist die Entscheidung noch nicht zugestellt sein kann. Der Wortlaut knüpft an § 345 StPO. a n ; dort beginnt aber die Einlegungsfrist mit der Urteilsverkündung. 6) Die VerwBeh. kann die Beschwerde entweder mittels einer (von einem VerwAng., der nicht den Erfordernissen des § 48 zu genügen braucht, unterzeichneten) Beschwerdeschrift (vgl. dazu B G H S t . 2,77) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts einlegen und begründen. 7) D. h. sowohl die Beschwerdeschrift (insoweit abweichend von § 341 StPO.) wie die Rechtfertigungsschrift muß von einem Verteidiger unterzeichnet sein. BayObLG. N J W . 53, 354; OLG. Bremen N J W . 54, 653. S. Anm. 3 bis 7 zu § 345 StPO. 8) Abweichend von § 45 Abs. 1. Eine jur. Person kann wohl den Antrag auf gerichtl. Entscheidung stellen (s. Anm. 1 Abs. 2 zu § 54), aber nicht Verteidiger sein. BayObLG. N J W . 53, 354; OLG. Neustadt N J W . 53, 1606. 9) In Bayern das BayObLG. (§ 4 des Ges. über die Wiedererrichtung des BayObLG. i. d. F. des Ges. v. 30. 9. 1952, GVB1. S. 261). 10) Keine mündl. Verhandl. (§§ 350, 351 StPO. sind nicht mitangeführt). BayObLGSt. 52, 201. 11) An Stelle des 1. 4. 1950 istmaßgebl. Stichtag der 1. 4. 1952 (Inkrafttreten des OWiG.). OLG. Hamm N J W 1952, 1106.

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 57—61

431

§ 57. Wirkung der Rechtsbehelfe (1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat aufschiebende Wirkung 1 ). (2) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Das Beschwerdegericht kann jedoch anordnen, daß die Vollstreckung des angefochtenen Bußgeldbescheides2) auszusetzen ist. 4. Gerichtliche

Zuständigkeitsüberprüfung

§ 58. Antrag der Staatsanwaltschaft Die Staatsanwaltschaft kann binnen zwei Wochen nach Zustellung1) des Bußgeldbescheides2) Antrag auf gerichtliche Überprüfung stellen, ob die dem Bußgeldbescheid zugrunde liegende Handlung als Straftat gerichtlich zu verfolgen ist 3 ). § 59. Zuständiges Gericht, Verfahren (1) Zuständig ist die Strafkammer des Landgerichts 1 ). (2) Für das Verfahren vor dem Gericht gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über das Beschwerdeverfahren sinngemäß2). Die Verwaltungsbehörde ist zu hören. § 60. Rechtsbeschwerde (1) Gegen eine Entscheidung 1 ) des Landgerichts steht der Staatsanwaltschaft und der Verwaltungsbehörde die Rechtsbeschwerde zu. (2) Die Vorschriften des § 56 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 sind entsprechend anzuwenden. § 61. Entscheidung des Gerichts g e m ä ß dem Antrag der Staatsanwaltschaft (1) Beschließt das Gericht die strafgerichtliche Verfolgung der Handlung, so hat die Staatsanwaltschaft Anklage zu erheben 1 ). Wird in dem daraufhin einZu § 5 7 : 1) Ausnahme: § 47 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3. 2) Mit dem Inhalt, den er durch die Entscheidung des AG. erhalten hat. Zu § 58: 1) S. § 53 Abs. 1, 3. 2) S. Anm. 2 zu § 52. 3) Der Antrag der StA. ist kein Rechtsbehelf gegen den Bußgeldbescheid. Stellt der Betroffene keinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, so tritt trotz des Antrags der StA. die Rechtskraft ( = Unanfechtbarkeit mit Rechtsbehelfen) des Bescheids ein; a. M. OLG. Köln MDR 1951, 311 u. Rotberg Anm. 5, der die Vollstreckbarkeit des Bußgeldbescheids, von der § 61 Abs. 2 ausgeht, aus § 59 Abs. 2 i. Verb. m. § 307 StPO. herleitet. Zu § 5 9 : 1) Vgl. § 74 Abs. 2. 2) S. Anm. 2 zu § 55. Keine mündl. Verhandlung (§ 55 Abs. 3), außer im Fall des § 63. Entscheidung durch b e g r ü n d e t e n Beschluß. Zu § 60: 1) Sie kann lauten auf a) Ablehnung des Antrags als unzulässig bei Fristversäumnis, b) Feststellung, daß eine Ordnungswidrigkeit vorliege — zu a) und b) s. § 62 —, c) Anordnung der strafgerichtlichen Verfolgung der Tat (§ 61). Eine weitergehende Entscheidung in der Sache selbst (also etwa, daß mangels Verschuldens weder eine Straftat noch eine Ordnungswidrigkeit vorliege) steht dem auf die Nachprüfung der Verfolgungszuständigkeit beschränkten Gericht nicht zu; in einem solchen Falle hat es sich auf die Feststellung zu beschränken, daß eine Straftat nicht vorliege, so daß es bei dem Bußgeldbescheid bewendet. OLG. Celle NdsRpfl. 1952, 35. Zu § 6 1 : 1) Absehen von Anklage nach § 153 Abs. 1, 2 StPO. ist also unzulässig. Das erkennende Gericht ist an die Entscheidung der Strafk. und die ihr zugrunde liegende tatsächliche und rechtliche Beurteilung nicht gebunden.

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A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 62—65

geleiteten Strafverfahren der Angeklagte bestraft, so ist in der Entscheidung der Bußgeldbescheid aufzuheben. Wird der Angeklagte freigesprochen oder wird das Strafverfahren eingestellt2), so ist in der strafgerichtlichen Entscheidung der Bußgeldbescheid insoweit aufzuheben, als ihm die der Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen entgegenstehen3). (2) Geldbuße und Mehrerlös sind, soweit sie abgeführt sind, zunächst auf eine Geldstrafe, sodann auf einen Mehrerlös im Urteil anzurechnen4). (3) Wird wegen einer Handlung im Sinne des § 4 zunächst eine Geldbuße festgesetzt und dann eine gerichtliche Strafe verhängt, so sind die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. § 62. Ablehnung des Antrags der Staatsanwaltschaft Stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf gerichtliche Zuständigkeitsüberprüfung nicht oder lehnt das Gericht einen solchen Antrag als unzulässig1) ab oder führt die Überprüfung zu der Feststellung, daß eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, so hat es beim Bußgeldverfahren sein Bewenden2). § 63. Zusammentreffen von Anträgen Haben sowohl die Staatsanwaltschaft einen Antrag nach § 58 als auch der Betroffene einen Antrag nach § 54 gestellt, so ist die Strafkammer des Landgerichts für die Entscheidung über beide Anträge zuständig. Sie hat zunächst über den Antrag der Staatsanwaltschaft zu entscheiden. § 64. Zustellung an die Verwaltungsbehörde Der Antrag nach § 58 und die darauf ergehenden Entscheidungen sind der Verwaltungsbehörde zuzustellen. 5. Rechtskraft § 65. Wirkung der Rechtskraft (1) Ist ein Bußgeldbescheid unanfechtbar geworden1) oder ist er durch gerichtliche Entscheidung als unbegründet aufgehoben worden2), so kann dieselbe Tat nicht mehr verfolgt werden3). (2) Stellt sich die Tat auf Grund einer Tatsache oder eines Beweismittels4), die der Staatsanwaltschaft nach Ablauf der im § 58 bestimmten Frist bekannt 2) Z. B. gemäß § 153 Abs. 3 StPO. oder weil eine Ordnungswidrigkeit vorliege. 3) Vgl. dazu § 4 Abs. 2. 4) Erzwingungshaft (§ 69) ist nicht anrechenbar, ebensowenig eine Geldbuße auf eine Freiheitsstrafe (Rückzahlung der Geldbuße, um die der Fiskus nach Aufhebung des Bußgeldbescheids bereichert ist, soweit keine Verrechnung auf die Gerichtskosten erfolgt). Zu § 62: 1) Weil der Antrag nicht fristgerecht (§ 58) gestellt ist. 2) D. h. die Handlung kann nicht mehr als Straftat verfolgt oder gewertet werden, es sei denn, daß die Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 vorliegen (vgl. Anm. 17 zu § 55). Zu § 6 5 : 1) Weil der Betroffene keinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt h a t oder eine den Bußgeldbescheid aufrechterhaltende oder ändernde Entscheidung (§ 55 Abs. 5) rechtskräftig geworden ist. Nimmt man mit Anm. 3 zu § 58 an, daß ein Überprüfungsantrag nach § 58 keine aufschiebende Wirkung hat, so stellt sich § 61 als eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 65 Abs. 1 dar. 2) § 55 Abs. 5. 3) Und zwar weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit (Ausnahmen: § 65 Abs.2, § 66). Über die Bedeutung des Grundsatzes ne bis in idem vgl. Anm. 2 zu § 264 StPO. 4) Der Begriff der „bekannt werdenden Tatsachen oder Beweismittel" ist der gleiche wie der der neuen T. o. B. i. S. des § 359 Nr. 5 StPO. (vgl. dort Anm. 3).

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 66, 67

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werden5), als eine Straftat dar, so steht die Rechtskraft einer in Absatz 1 bezeichneten Entscheidung einer Strafverfolgung nicht entgegen. § 61 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

§ 66. Änderung des rechtskräftigen Bußgeldbescheides (1) Werden nach Eintritt der Rechtskraft eines Bußgeldbescheides Tatsachen1) beigebracht2) oder bekannt3), die geeignet sind, eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung4) zu rechtfertigen, so kann5) der Bußgeldbescheid abgeändert oder aufgehoben werden. Tatsachen, die der Betroffene in den früheren Verfahren6) hätte geltend machen können7), dürfen nicht berücksichtigt werden. Der Bußgeldbescheid kann nicht mehr geändert oder aufgehoben werden, wenn seit Eintritt der Rechtskraft 8 ) des Bußgeldbescheides fünf Jahre verflossen sind. (2) Ist der Bußgeldbescheid durch ein Gericht nachgeprüft worden9), so entscheidet über die Abänderung und Aufhebung das gemäß § 55 10 ) zuständige Gericht nach Anhörung der Verwaltungsbehörde, andernfalls die zuständige oberste Verwaltungsbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde11). (3) Gegen eine Entscheidung gemäß Absatz 2 ist die Rechtsbeschwerde (§ 56) zulässig12).

6. Unterwerfungsverfahren § 67. Unterwerfung (1) Räumt der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit vorbehaltlos ein, so kann er sich in einer die wesentlichen Tatumstände und die verletzten Vorschriften ent5) Nach dem Zweck des § 65 Abs. 2 sind auch solche Tatsachen als der StA. bekannt anzusehen, von denen sie sich bis zum Fristablauf durch Einsicht in die Akten der VerwBeh. (§ 53 Abs. 3 Satz 1) Kenntnis verschaffen konnte, auch wenn sie die übersandten Akten nicht eingesehen oder gem. § 53 Abs. 3 Satz 2 auf ihre Übersendung verzichtet hat. Zu § 6 6 : 1) Neue Beweismittel für bekannte Tatsachen genügen im Gegensatz zu § 65 Abs. 2 nicht. 2) Vom Betroffenen. 3) D. h. der VerwBeh. oder dem Gericht auf andere Weise als durch den Betroffenen. 4) Auch eine günstigere Entscheidung im Rahmen derErmessensfreiheit durchFestsetzung einer niedrigeren Geldbuße oder durch Abstandnahme von einer Geldbußfestsetzung (§ 7 Abs. 1, § 8). E s muß sich immer um eine Änderung der Entscheidung selbst handeln, nicht nur um eine Änderung der Entscheidungsgründe. 5) Von Amts wegen nach pflichtmäßigem Ermessen; eines Antrages des Betroffenen, der nur die Bedeutung einer Anregung hat, bedarf es nicht. 6) Im Bußgeldverfahren vor der VerwBeh., dem Verfahren nach § 55 — nicht 56 •—• und in einem gemäß § 31 abgegebenen, dem Bußgeldverfahren vorangegangenen Strafverfahren, nicht aber im Zuständigkeitsüberprüfungsverfahren, da dieses eine sachliche E n t scheidung über den Bußgeldbescheid nicht zum Gegenstand (vgl. Anm. 1 zu § 60). 7) Also Tatsachen, die ihm bekannt waren und die vorzubringen — ggf. durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung — ihm prozessual möglich war, also z. B . nicht Tatsachen, die er erst nach der gerichtlichen Entscheidung (§ 55 Abs. 5) erfuhr und mit der Rechtsbeschwerde nicht geltend machen konnte, oder die ihm im Zuständigkeitsüberprüfungverfahren bekannt wurden, nachdem die Frist zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 54) abgelaufen war. Dagegen bezweckt die Vorschrift nicht die Ausschließung solcher Tatsachen, deren Nichtkenntnis dem Betroffenen zum Vorwurf gemacht werden kann. 8) Vgl. Anm. 3 zu § 58. 9) Gemeint ist nur die sachliche Nachprüfung nach §§ 54, 55, nicht die Zuständigkeitsüberprüfung nach § 58 ff. 10) Im Fall des § 63 die Strafk. § 55 Abs. 3 ist unanwendbar. 11) Vgl. § 73. Die Entscheidung, die die Aufrechterhaltung, Aufhebung oder Abänderung eines Bußgeldbescheides zum Gegenstand hat, muß den gleichen verfahrensrechtlichen Anforderungen wie dieser (§§ 48—50, 52, 53) genügen. Rotberg Anm. 17. 12) Gleichviel, ob das Gericht oder die VerwBeh. entschieden hat; so daß über die E n t scheidung der VerwBeh. unmittelbar das OLG. entscheidet. 28

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 68

haltenden Niederschrift einer zugleich festzusetzenden Geldbuße, der Abführung des Mehrerlöses sowie der Einziehung unterwerfen, wenn das die Geldbuße androhende Gesetz ausdrücklich auf diese Vorschrift verweist1). (2) Vor der Unterwerfungsverhandlung soll die Staatsanwaltschaft, soweit tunlich, gehört werden, ob sie die Sache als Straftat verfolgen will2). (3) Die Unterwerfungsverhandlung kann nur von dem Leiter der Verwaltungsbehörde, seinem allgemein bestellten Vertreter oder einem mit der Durchführung von Unterwerfungsverhandlungen allgemein beauftragten Verwaltungsangehörigen, der die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst besitzt, durchgeführt werden. Die §§ 49 und 50 finden Anwendung3). (4) Die Verwaltungsbehörde soll von der Durchführung einer Unterwerfungsverhandlung absehen, wenn sie gegen den Betroffenen schon einmal wegen eines gleichartigen4) Verstoßes eine Unterwerfungsverhandlung durchgeführt hat. Die frühere Unterwerfung kommt nicht in Betracht, wenn zwischen ihr und dem erneuten Verstoß mehr als ein Jahr verstrichen ist. (5) Die Unterwerfung steht einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid gleich5). Eine Ausfertigung der Unterwerfungsverhandlung ist unter Beifügung der Akten der Staatsanwaltschaft mitzuteilen. Auf die Beifügung der Akten kann verzichtet werden. Der Verzicht ist aktenkundig zu machen. (6) Ein Unterwerfungsverfahren gegen Jugendliche6) ist unzulässig3).

7. Vollstreckung und Kosten § 68. Vollstreckung1) (1) Ist der Bußgeldbescheid von der Verwaltungsbehörde eines Landes erlassen worden, so ist er nach den landesrechtlichen Vorschriften2) über das VerwaltungsZu § 67: 1) Wie z. B. § 14 WiStG. 1954. 2) Mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung (Abs. 5 Satz 1), die einen Überprüfungsantrag nach §§ 58ff. ausschließt. Untunlich kann die Anhörung der StA. z. B. sein bei Ausländern, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten. 3) Wesentliche Mängel des Unterwerfungsverfahrens machen die Unterwerfung unwirksam (vgl. Anm. 3 zu § 445 RAbgO. — B VI —). 4) = auf dem gleichen oder einem verwandten Rechtsgebiet liegend. 5) Der Unterwerfung nach § 445 RAbgO. wird — ebenso wie dem Strafbescheid des Finanzamts — die einem rechtskräftigen Urteil zukommende Strafverbrauchswirkung abgesprochen (vgl. Anm. 2 zu § 445 RAbgO.). Für § 67 OWiG. muß dies ebenfalls in gewissem Umfang gelten. Dem Bußgeldbescheid ist hinsichtlich der Strafklage im Umfang des § 65 Verbrauchswirkung nur deshalb beigelegt, weil durch die Beteiligung der StA. die Belange der Strafrechtspflege genügend gewährleistet sind (vgl. § 53 Abs. 6, § 58). Unterbleibt vor der UnterwerfungsVerhandlung die Beteiligung der StA. (Abs. 2), so erschöpft sich die Gleichstellung der Unterwerfung mit einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid in dem Verbot einer erneuten Verfolgung als Ordnungswidrigkeit, während die StA. an einer Verfolgung der Zuwiderhandlung als Straftat nicht gehindert ist. Ist jedoch die Anhörung der StA. erfolgt, so ist auch die aus der Gleichsetzung der Unterwerfung mit dem rechtskräftigen Bußgeldbescheid sich ergebende Rechtskraftwirkung gerechtfertigt. Dabei tritt an die Stelle des in § 65 Abs. 2 bezeichneten Ausschließungszeitpunkts der Zeitpunkt, in dem die StA. erklärt, daß sie die Sache nicht als Straftat verfolgen wolle. Auch § 66 ist grundsätzlich anwendbar. Rotberg Anm. 6 u. 19; Grasser N J W . 53, 1212, doch wird in der Unterwerfung im allgemeinen ein Verzicht auf die Beibringung solcher Tatsachen liegen, deren Kenntnis der Betroffene sich hätte verschaffen können, wenn er nicht im Interesse einer raschen Verfahrensbeendigung bewußt diese Möglichkeit unberücksichtigt gelassen hätte. 6) D. h. gegen den, der bei Begehung der Zuwiderhandlung jugendlich war (s. § 13), ohne Rücksicht auf das Alter im Zeitpunkt der Unterwerfungsverhandlung. Zu § 68: 1) Anders als die StPO. (§ 451) enthält das OWiG. keinen allgemeinen Satz, welche Stelle Vollstreckungsbehörde ist, d. h. Herrin des VollstreckungsVerfahrens mit dem Recht, die erforderlichen Entscheidungen zu treffen; die Abs. 1 u. 2 des § 68 beschäftigen

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. § 69

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Zwangsverfahren zu vollstrecken, sofern nicht das Landesrecht die Vollstreckung nach den Vorschriften der Reichsabgabenordnung3) anordnet. (2) Die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden einer Verwaltungsbehörde des Bundes erfolgt durch das örtlich zuständige Finanzamt4) nach den Vorschriften der Reichsabgabenordnung über das Zwangsverfahren3). (3) Die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, ist für die Bewilligung von Teilzahlungen und Zahlungsfristen zuständig5). Teilzahlungen werden zunächst auf die Geldbuße, sodann auf den etwa abzuführenden Mehrerlös und zuletzt auf die Kosten des Verfahrens angerechnet. (4) In einen Nachlaß kann nur vollstreckt werden, wenn der Bußgeldbescheid bei Lebzeiten des Betroffenen rechtskräftig ist6). § 69. Erzwingungshaft 1 ) (1) Ist die Vollstreckung einer Geldbuße2) fruchtlos ausgefallen und besteht begründeter Anlaß zu der Annahme, daß der Betroffene sich der Zahlung der Geldbuße zu entziehen sucht3), so kann auf Antrag der Verwaltungsbehörde das nach sich vielmehr nur mit dem Vollzug. Aus § 68 Abs. 3, § 69 ergibt sich indes, daß die Vollstreckung, d. h. die Entscheidung über Anordnung, Durchführung und Beendigung des Vollzugs, Sache der VerwBeh. ist, die den Bußgeldbescheid erlassen hat. Sie h a t deshalb auch bei Zweifeln über die Auslegung des Bußgeldbescheids, bei Beanstandungen der Art und Weise der Vollstreckung und bei Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung (vgl. § 458 StPO.) zu entscheiden. Wegen der Anfechtbarkeit s. Anm. 2 b zu § 47. A. M. zu Unrecht OVG. Münster N J W . 54, 88, wonach in entsprech. Anwendung der §§ 54, 55 unmittelbar das AG. zur Entscheidung über Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung aus einem rechtskr. Bußgeldbescheid der VerwBeh. oder einer Unterwerfungsverhandl. zuständig sein soll. Die Vollstreckung eines vollstreckbaren Bußgeldbescheids steht — anders als die Festsetzung der Geldbuße (§ 7 Abs. 1) — nicht im Ermessen der VerwBeh. ( , , . . . so ist er . . . zu vollstrecken"); die Stellung des Antrags nach § 69 dagegen ist Ermessensangelegenheit. Voraussetzung der Vollstreckung ist nicht Rechtskraft, sondern Vollstreckbarkeit des Bußgeldbescheids (vgl. § 57 Abs. 2). 2) In den ehemals preuß. Gebietsteilen gilt, soweit nicht inzwischen neue landesrechtl. Vorschriften erlassen sind, die VO. über das Verwaltungszwangsverfahren v. 15. 11. 1899 (GS. S. 545). Sondervorschrift: §37 des Schwerbeschädigtenges, v. 16.6. 1953 (BGBl. I S.389). 3) §§ 325 ff. 4) D. h. durch das Finanzamt, das für die Beitreibung von Steuern gegen den Betroffenen zuständig ist (Finanzamt des Wohnsitzes, § 73a RAbgO.). Das Verwaltungs-Vollstreckungsges. v. 27. 4. 1953 (BGBl. I S. 167) hat an § 68 Abs. 2 nichts geändert (vgl. § 1 Abs. 3). 5) Bei Verweigerung Antrag auf gerichtl. Entscheidung (§ 47; s. oben Anm. 1). Keine Anrufung der Verwaltungsgerichte (§ 75). Für Gnadenerweise, die ebenfalls die Bewilligung von Teilzahlungen und Zahlungsfristen zum Gegenstand haben können, ist, wenn der Bußgeldbescheid von einer LandesverwBeh. erlassen ist, der Träger des Gnadenrechts dieses Landes, oder die von ihm ermächtigte Stelle, bei Bund es verwBeh. der Bundespräsident (Art. 60 Abs. 2 GG.), oder die von ihm ermächtigte Stelle (vgl. Art. 3 Nr. 4 der Anordnung v. 10. 12. 1952, abgedr. Anhang zu D 4) zuständig, und zwar in letzterem Fall auch dann, wenn der Bußgeldbescheid durch ein (Landes-) Gericht nachgeprüft worden ist. 6) Entsprechend § 30 StGB. Entscheidend ist hier die Rechtskraft, bloße Vollstreckbarkeit (Anm. 1) genügt nicht. Z u § 69: 1) Das OWiG. kennt bei Uneinbringlichkeit einer Geldbuße keine Ersatzfreiheitsentziehung, sondern lediglich die H a f t als psychisches Zwangsmittel gegen einen Betroffenen, von dem anzunehmen ist, daß er zahlungsfähig, aber zahlungsunwillig ist. § 69 übernimmt § 96 WiStG. 49. Wo neben dem Betroffenen gesamtschuldnerisch ein anderer für die Geldbuße haftet, kann die Erzwingungshaft gegen den Betroffenen vollstreckt werden, ohne daß zuvor der andere in Anspruch genommen werden muß (vgl. § 14 Abs. 2 des Kapitalverkehrsges. v. 15. 12. 1952, BGBl. I S. 801, der wohl einen allgemeinen Rechtsgrundsatz enthält). 2) Auch der Geldbuße nach § 39, aber nicht anderer Geldschulden wie Ersatzeinziehung (§ 20), Mehrerlös oder Verfahrenskosten. 3) Die Entziehungsabsicht braucht also nicht festgestellt zu werden, vielmehr genügt die Feststellung von Tatsachen („begründeter Anlaß"), die den Verdacht einer Entziehungsab28*

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A 4 . Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§70,71

§ 55 Abs. 1 zuständige Amtsgericht4) nach Anhörung des Betroffenen5) die Erzwingungshaft anordnen6). Gegen die Anordnung ist die sofortige Beschwerde (§311 der Strafprozeßordnung) zulässig7). (2) Die Höchstdauer der Erzwingungshaft beträgt sechs Wochen8). Die Maßnahme ist aufzuheben, sobald der Betroffene seiner Zahlungspflicht nachkommt 9 ). (3) Die Erzwingungshaft ist nach den für die Vollstreckung der Zeugniszwangshaft (§ 70 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) geltenden Vorschriften zu vollstrecken10). § 70. Kosten (1) Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Kosten des Verfahrens1) finden auf das Bußgeldverfahren entsprechende Anwendung. (2) Im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde entscheidet diese über Höhe und Notwendigkeit der Auslagen endgültig2). § 71. Gebühren und Auslagen i m Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (1) Als Gebühr für den Erlaß jedes Bußgeldbescheides1) werden fünf vom Hundert des Betrages der auferlegten Geldbuße und des Wertes der eingezogenen Gegenstände sowie eines etwaigen Mehrerlöses erhoben. Die Gebühr beträgt mindestens zwei Deutsche Mark und höchstens zehntausend Deutsche Mark. (2) Für ein Unterwerfungsverfahren wird die halbe Gebühr, mindestens eine Deutsche Mark, erhoben. (3) An Auslagen werden erhoben: a) Telegrammgebühren und im Fernverkehr zu entrichtende Fernsprechgebühren, b) Kosten für Zustellungen und öffentliche Bekanntmachungen, c) Entschädigungen an Zeugen und Sachverständige, sieht rechtfertigen. § 64 RegEntw. sah die Feststellung der Entziehungsabsicht vor („und versucht sich der Betroffene der Zahlung der Geldbuße zu entziehen"); dies erschien zu einschränkend. 4) Das AG. ist auch dann zuständig, wenn eine gerichtliche Nachprüfung nicht oder gem ä ß § 63 durch das LG. erfolgt ist. 5) Vgl. Anm. 3 zu § 44. 6) Auch gegen Jugendliche. Die sachliche Richtigkeit des Bußgeldbescheids, auch wenn er noch nicht rechtskräftig ist (vgl. § 57 Abs. 2), nachzuprüfen ist der Amtsrichter nicht befugt. A. M. Daliinger, Nachtrag 1953 Anm. 2 zu § 69 OWiG. 7) Weitere Beschwerde (§ 310 StPO.) ist hier ebensowenig zulässig, wie bei der Zeugniszwangshaft (vgl. Abs. 3) im Strafverfahren (Anm. 1 zu § 310 StPO.). Keine Beschwerde der VerwBeh. bei Ablehnung der Erzwingungshaft. 8) Mehrfache Anordnung kürzerer H a f t (z. B. zur Erzwingung verschiedener Teilzahlungen) ist zulässig, doch darf die Summe 6 Wochen nicht übersteigen. Auch wenn in einem Bußgeldbescheid auf mehrere Geldbußen erkannt ist (§ 16), bewendet es bei der Höchstdauer von 6 Wochen. 9) Oder wenn er die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen verliert. 10) Vollstreckungsbehörde ist der Amtsrichter (§ 36 Abs. 2 StPO., § 2 StrVollstrO. — D 3 —); § 6 Abs. l c StrVollstrO. erscheint entsprechend anwendbar. Z u § 70: 1) §§ 464ff. StPO., wobei der Antrag auf gerichtliche Entscheidung einem Rechtsmittel (§ 473) entspricht. Die Kosten können nur dem Betroffenen oder der Staatskasse (nicht der VerwBeh) auferlegt werden. OLG. H a m m Rpfleger 52, 448. Die Kosten des selbständigen Einziehungsverfahrens vor der VerwBeh. sind der Staatskasse aufzuerlegen. BayObLG. MDR. 52, 761 (vgl. Anm. 1 zu § 431 StPO). 2) Diese Regelung tritt an die Stelle des § 464 Abs. 2 Satz 2 StPO. Z u § 7 1 : 1) Dazu gehört nicht der Bußgeldbescheid nach §39 Abs. 1, denn er stellt — anders als der Bußgeldbescheid wegen einer Ordnungswidrigkeit — keine das Verfahren abschließende Entscheidung i. S. des § 464 Abs. 1 StPO., § 70 OWiG. dar.

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 72, 73

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d) Reisekosten der Verwaltungsangehörigen bei Geschäften außerhalb des Dienstsitzes, e) Auslagen anderer Verwaltungsbehörden, f) Kosten für die Erhaltung beschlagnahmter Sachen und für die Beförderung von Personen oder Sachen. (4) Die Kosten der Vollstreckung einer Geldbuße werden unter entsprechender Anwendung des § 68 erhoben.

§ 72. Gebühren und Auslagen im Verfahren vor dem Gericht Für die Gebühren und Auslagen im Verfahren vor dem Gericht sind die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes über die Gebühren und Auslagen in Strafsachen mit der Maßgabe anzuwenden, daß nur die Hälfte der Gebührensätze erhoben wird1). Der Höchstbetrag der Gebühr von zehntausend Deutsche Mark bleibt unberührt 2 ). DRITTES

BUCH

Übergangs- und Schlußbestimmungen § 73. Zuständige Verwaltungsbehörde (1) Verwaltungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes ist die fachlich zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Verwaltungsbehörde1), soweit nicht gesetzlich eine andere Behörde bestimmt wird. Die oberste Behörde hat die von ihr bestimmten Behörden öffentlich bekanntzumachen. (2) Soweit Verwaltungsbehörden auf Grund von Vorschriften, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen worden sind, Befugnisse hatten, die in diesem Gesetz geregelt sind, bleibt ihre Zuständigkeit nach Maßgabe dieses Gesetzes bis zur Zu § 7 2 : 1) Endet das Nachprüfungsverfahren (§§ 54ff.) nicht mit Aufhebung des Bußgeldbescheids (§ 55 Abs. 5), sondern mit Verwerfung des Antrags als unzulässig oder mit Aufrechterhaltnng oder Änderung des Bußgeldbescheids, so daß der Betroffene die Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu tragen hat, so bilden das Verfahren vor der VerwBeh. und das gerichtliche Verfahren gebührenrechtlich nicht eine Einheit — ein entsprechender Vorschlag des Bundesrats zu § 66 RegEntw. (vgl. „zu Drucks. Nr. 2100") hat nicht die Zustimmung des Bundestages gefunden —, vielmehr hat der Betroffene die Kosten des Verfahrens vor der VerwBeh. (§ 71) und des gerichtlichen Verfahrens (§ 72) zu tragen, wobei jeder Verwaltungszweig die in seinem Bereich entstandenen Kosten und Auslagen getrennt ansetzt und einzieht. Den Ausgangspunkt für die Bemessung der Gebühren bildet § 52 GKG. (nicht § 53, da das Verfahren bei Strafbefehlen und Strafverfügungen dem Nachprüfungsverfahren nicht vergleichbar ist; a. M. Rotberg Anm. 1). Die Höhe der Gebühren ist also die gleiche, ob Hauptverhandlung (§ 55 Abs. 3 OWiG) stattfindet oder nicht. BayObLG. MDR. 52, 761. Daß von den Gebühren des § 52 GKG. nur die Hälfte erhoben wird, rechtfertigt sich durch die zusätzliche Belastung des Betroffenen mit den Gebühren nach § 71. Die Gebühren für eine erfolglose Rechtsbeschwerde (§ 56) nach § 69 Abs. 1 G K G . (i. d. F. des Ges. v. 7. 8. 1952, B G B l . I S. 401) zu bemessen — so Rotberg Anm. 2 — wird der Bedeutung der Rechtsbeschwerde nicht gerecht. Diese entspricht sachlich einer Revision, bei der die Entscheidung — wie im Fall des § 349 Abs. 2 StPO. — ohne Hauptverhandlung durch Beschluß erfolgt; es erscheint daher sachgemäß, auf das Rechtsbeschwerdeverfahren § 55 Abs. 2 G K G . anzuwenden (ebenso OLG. Celle N J W . 53, 1645). Bei Zurücknahme des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gilt § 79a G K G . entsprechend. 2) § 52 Abs. 2 a. F . G K G . Nachdem gemäß Ges. v. 7. 8. 1952 (BGBl. I S. 401) der Höchstbetrag der Gebühr des § 52 jetzt 20000 DM beträgt, ist auch § 72 stillschweigend geändert, denn er wollte den Höchstbetrag nicht selbständig begrenzen, sondern trotz Halbierung der Gebührensätze den Höchstbetrag des § 52 G K G . für maßgebend erklären. Z u § 7 3 : 1) Vgl. z. B . für Bayern VO. über die Zuständigkeit zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Bereich der allg. inneren Verwaltung v. 19. 9. 1952 (GVB1. S. 268), für Nordrhein-Westfalen Beh. des Min. f. Wirtsch. u. Verkehr v. 2. 10. 1952 (GVB1. S. 263).

438

A 4. Gesetz über Ordnungswidrigkeiten. §§ 74—79

anderweitigen Bestimmung durch Gesetz oder durch die dafür zuständige Behörde bestehen. § 74. Zuständiges Gericht (1) Soweit in Bußgeldsachen das Amtsgericht zuständig ist, kann die oberste Justizbehörde desLandes von § 55 Abs. 1 Satz 3 abweichende Vorschriften erlassen. (2) Die oberste Justizbehörde des Landes kann die Entscheidungen, die auf Grund dieses Gesetzes von der Strafkammer des Landgerichts zu treffen sind, einer Strafkammer für mehrere Landgerichtsbezirke übertragen. (3) Die oberste Justizbehörde des Landes kann die Entscheidungen, die auf Grund dieses Gesetzes von Oberlandesgerichten zu treffen sind, einem Oberlandesgericht für mehrere Oberlandesgerichtsbezirke übertragen. § 75. Ausschließung der Verwaltungsgerichte Soweit dieses Gesetz einen Rechtsbehelf an die ordentlichen Gerichte vorsieht, ist die Anrufung der Verwaltungsgerichte ausgeschlossen. § 76. Geltungsbereich Soweit bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Bundes- oder Landesgesetze für Handlungen Geldbuße androhen, ohne daß eine Verweisung auf das Wirtschaftsstrafgesetz vom 26. Juli 1949 erfolgt ist1), ist dieses Gesetz nicht anzuwenden. § 77. Änderung der Rechtsanwaltsgebührenordnung In § 91 Abs. 1 Nr. 5 der Rechtsanwaltsgebührenordnung werden hinter dem Wort „Verwaltungsstrafverfahren" die Worte „und im Bußgeldverfahren" eingefügt1). § 78. Geltung im Lande Berlin Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, sobald Berlin gemäß Artikel 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung des Gesetzes beschlossen hat1). § 79. Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. April 1952 in Kraft. Z u § 76: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 1. Ist eine Verweisung auf das WiStG. 49 erfolgt, so gilt Art. 2 Abs. 1 des Änderungsges. v. 25. 3. 1952 — abgedr. Anm. * vor § 1 WiStG. 49/52 (B IV 7 a) —. Ein Verzeichnis der Gesetze, die Ordnungswidrigkeitstatbestände enthalten, die hiernach in Kraft bleiben, bei Stoecker S. 86 ff. Z u § 77: 1) Obwohl das gerichtliche Nachprüfungsverfahren nach Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung auch Bußgeld verfahren bleibt (vgl. Vorbem. vor § 54), stellt es doch gebührenrechtlich — ebenso wie für die Gerichtskosten (Anm. 1 zu § 72) — eine neue Instanz dar. Der RA., der den Betroffenen im Bußgeldverfahren und im amtsgerichtlichen Nachprüfungsverfahren verteidigt, erhält daher gesondert die Gebühren des § 91 Abs. 1 Nr. 5 für seine mit der Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung abschließende Tätigkeit vor der VerwBeh. (§ 67 Abs. 1 RAGebO.) und für die Verteidigung im gerichtl. Verfahren. Auch wenn für das gerichtl. Verfahren das LG. nach § 63 zuständig ist, erwachsen nach § 91 Abs. 3 Satz 1 RAGebO. nur die Gebühren für das Verfahren vor dem AG. (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 RAGebO.). Bei Bestellung eines Verteidigers von Amts wegen (vgl. Anm. 4 zu § 55) erhält dieser in entsprechender Anwendung des § 150 StPO. Gebühren aus der Staatskasse; in diesen Fällen erscheint auch, obwohl § 91 RAGebO. die entsprechende Anwendbarkeit des § 86b RAGebO. grundsätzlich ausschließt, eine Festsetzung der Gebühren durch Beschluß des Vorsitzenden zulässig, denn § 91 a. F. RAGebO. ging davon aus, daß in dem von ihm geregelten Bereich die Bestellung eines Verteidigers von Amts wegen nicht in Betracht komme; mit der Erweiterung der Vorschrift auf das grundsätzlich nach den Vorschriften der StPO. sich abspielende, strafverfahrensähnliche gerichtliche Bußgeldverfahren h a t daher der Ausschluß des § 86b insoweit seine Bedeutung verloren. Z u § 78: 1) S. Berl. Ges. v. 5. 8. 1952 (GVB1. S. 655).

B. Strafrechtliche Nebengesetze I. Schutz der Person B I 1. Personenstandsgesetz Vom 8. November 1937 (RGBl. I S. 1146) i. d. F. v. 15.1.1951 (BGBl. I S. 57) (Auszug.) 1. DurchfVO. v. 19. Mai 1938 (RGBl. I S. 533) i. d. Fass. d. VO. v. 22. Oktober 1941 (RGBl. I S. 650), der 4. AusfVO. v. 27. September 1944 (RGBl. I S. 219), 2. DurchfVO. v. 30. August 1939 (RGBl. I S. 1540) i. d. Fass. d. VO. v. 22. Oktober 1941 (RGBl. I S. 650, 3. AusfVO. v. 4. November 1939 i. d. Fass. v. 15. August 1940 (RGBl. I S. 2163, 1107). — Ferner (in der Zeit nach dem 8. 5. 45) abändernde und ergänzende Gesetze der Länder, z. B. in der US-Zone das Länderratsge etz zur Ergänzung de.s Penonenstands-Ges. (in Hessen v. 25. 6. 49, GVB1. S. 55; Bayern v. 23. 6. 49, S. 141, Württ.-Baden v. 5. 7. 49, S. 165), in der brit. Zone die VO. z. Änderung des Personenstandrechts v. 20. 12. 46 (VOB1. BZ. S. 13). § 16. [Anzeige der Geburt] Die Geburt eines Kindes muß dem Standesbeamten, in dessen Bezirk es geboren ist, binnen einer Woche1) angezeigt werden. § 17. [Anzeigepflichtiger] (1) Zur Anzeige sind, und zwar in nachstehender Reihenfolge, verpflichtet: 1. der eheliche Vater; 2. die Hebamme, die bei der Geburt zugegen war; 3. der Arzt, der dabei zugegen war; 4. jede andere Person, die dabei zugegen war oder von der Geburt aus eigner Wissenschaft unterrichtet ist; 5. die Mutter, sobald sie dazu imstande ist. Eine Anzeigepflicht besteht nur, wenn eine in der Reihenfolge früher genannte Person nicht vorhanden oder an der Anzeige verhindert ist. (2) Die Anzeige ist mündlich zu erstatten. § 18. [Anzeigepflicht bei Geburten in öffentlichen Anstalten] (1) Bei Geburten in öffentlichen Entbindungs-, Hebammen-, Kranken- und ähnlichen Anstalten oder in Kasernen trifft die Verpflichtung zur Anzeige ausschließlich den Leiter der Anstalt oder den von der zuständigen Behörde ermächtigten Beamten oder Angestellten. (2) Das gleiche gilt für Geburten in öffentlichen Heil-, Pflege- und Entziehungsanstalten, in Gefangenenanstalten, Fürsorgeerziehungsanstalten und AnZ u § 16: 1) Die Anzeigepflicht bleibt auch nach Fristablauf bestehen; die Verjährung der Übertretung nach § 68 beginnt daher nicht mit Fristablauf, sondern erst mit dem Erlöschen der Anzeigepflicht. E. 9, 157.

440

B I 1. Personenstandsgesetz. §§ 19, 24, 25, 32—34

stalten, in denen eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird. (3) In den Fällen des Abs. 1 genügt eine schriftliche Anzeige in amtlicher Form. (4) In den Fällen des Abs. 2 kann der Leiter oder der ermächtigte Beamte oder Angestellte einen Arzt oder eine Hebamme mit der Anzeige betrauen, sofern die betraute Person aus eigener Wissenschaft von der Geburt unterrichtet ist; alsdann trifft sie die Anzeigepflicht. Die Freiheitsentziehung und das Verhältnis des Anzeigenden zu der Anstalt dürfen in der Eintragung nicht ersichtlich gemacht werden.

§ 19. [Anzeige bei Privatanstalten] Die höhere Verwaltungsbehörde kann auch den Leitern privater Entbindungs-, Hebammen- und Krankenanstalten widerruflich gestatten, die in den Anstalten erfolgten Geburten schriftlich anzuzeigen. In diesem Falle trifft die Anzeigepflicht ausschließlich den Leiter der Anstalt und im Falle der Verhinderung seinen allgemeinen Vertreter.

§ 24. [Totgeburt] (1) Ist ein Kind totgeboren oder in der Geburt verstorben, so muß die Anzeige spätestens am folgenden Werktage erstattet werden. (2)

....

§ 25. [Findlinge] (1) Wer ein neugeborenes Kind findet, muß es spätestens am folgenden Tage der Ortspolizeibehörde anzeigen . . .

§ 32. [Anzeige des Todes] Der Tod eines Menschen muß dem Standesbeamten, in dessen Bezirk er gestorben ist, spätestens am folgenden Werktage 1 ) angezeigt werden.

§ 33. [Anzeigepflichtiger] (1) Zur Anzeige sind, und zwar in nachstehender Reihenfolge verpflichtet: 1. das Familienhaupt 1 ); 2. derjenige, in dessen Wohnung sich der Sterbefall ereignet hat; 3. jede Person, die bei dem Tode zugegen war oder von dem Sterbefall aus eigener Wissenschaft unterrichtet ist. Eine Anzeigepflicht besteht nur, wenn eine in der Reihenfolge früher genannte Person nicht vorhanden oder an der Anzeige verhindert ist. (2) Die Anzeige ist mündlich zu erstatten.

§ 34. [Anzeige bei Anstalten] Für die Anzeige von Sterbefällen in öffentlichen Entbindungs-, Hebammen-, Kranken- und ähnlichen Anstalten, in öffentlichen Heil- und Pflege- und Entziehungsanstalten, in Gefangenenanstalten, Fürsorgeerziehungsanstalten und Anstalten, in denen eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird, oder in Kasernen gilt § 18 entsprechend. Für Sterbefälle, die sich in privaten Entbindungs- Hebammen- und Krankenanstalten ereignen, gilt § 19 entsprechend. Zu § 32: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 16.

Zu § 3 3 : 1) Dazu gehört auch die uneheliche Mutter. E. 32, 367.

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§§ 6 7 , 6 8 . — B I 2 . Reichsgesetz f ü r J u g e n d w o h l f a h r t . §§ 1 9 , 2 0

§ 67. [Keine kirchliche Trauung vor der standesamtlichen] (1) Wer die religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung vornimmt, bevor die Ehe vor dem Standesbeamten geschlossen ist, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bestraft 1 ). (2) Eine Bestrafung tritt nicht ein, wenn einer der Verlobten lebensgefährlich erkrankt und ein Aufschub nicht möglich ist 2 ).

§ 68. [Strafen] Wer den in den §§ 16 bis 19, 24, 25, 32 bis 34 vorgeschriebenen Anzeigepflichten nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft 1 ). Eine Bestrafung tritt nicht ein, wenn die Anzeige anderweit 2 ) rechtzeitig erstattet worden ist.

BI 2. Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt *) Vom 9. Juli 1922 (RGBl. I S. 633) i. d. Fass. v. 14. Februar 1924 (RGBl. I S. 110), v. 4. Februar 1932 (RGBl. I S. 522), v. 24. November 1933 (RGBl. I S. 1000), v. 1. Februar 1939 (RGBl. I S. 109) u. v. 28. August 1953 (BGBl. I S. 1035) (Auszug)

§ 19. [Begriff des Pflegekindes] Pflegekinder sind Kinder unter 14 Jahren, die sich dauernd oder nur für einen Teil des Tages, jedoch regelmäßig, in fremder Pflege befinden, es sei denn, daß von vornherein feststeht, daß sie unentgeltlich in vorübergehende Bewahrung genommen werden.

§ 20. [Erlaubnis- und Anmeldepflicht] (1) Wer ein Pflegekind aufnimmt, bedarf dazu der vorherigen Erlaubnis des Jugendamtes. In dringenden Fällen ist die nachträgliche Erlaubnis unverzüglich Z u § 67: 1) ,,Religiöse Feierlichkeiten": es k o m m e n n u r solche H a n d l u n g e n in B e t r a c h t , die n a c h der A u f f a s s u n g der betreffenden Kirche oder sonstigen Religionsgemeinschaft f ü r eine kirchliche Eheschließung wesentlich sind. T ä t e r k a n n n u r der Religionsdiener sein, der die erforderlichen Zeremonien v o r n i m m t . Vgl. noch Art. 9 des Ges. Nr. 23 der A H K . v. 17. 3. 1950 (ABl. S. 140): Keine B e s t r a f u n g der kirchlichen T r a u u n g von verschleppten Personen oder Flüchtlingen in der Zeit v. 8. 5. 1945 bis 1. 8. 1948 in D e u t s c h l a n d . 2) Abs. 2 e n t h ä l t einen persönlichen Strafausschließungsgrund (Entschuldigungsgrund); er t r ä g t dem Gewissenskonflikt des Religionsdieners Rechnung, der aus Mitleid oder u m kirchlichen Vorschriften zu genügen, t r o t z des staatlichen Verbots t ä t i g wird. E s k o m m t d a h e r nicht darauf an, ob objektiv eine lebensgefährliche E r k r a n k u n g vorliegt u n d ob infolgedessen o b j e k t i v die G e f a h r besteht, d a ß der Verlobte stirbt, bevor eine standesamtliche Eheschließung möglich ist, sondern ob diese Voraussetzungen n a c h der, wenn auch irrigen Vorstellung des Religionsdieners vorliegen. Die V o r n a h m e der kirchlichen Eheschließung ist in jedem Fall ohne bürgerlichrechtliche W i r k u n g . Z u § 6 8 : 1) Fahrlässigkeit genügt, d a es sich u m eine Ü b e r t r e t u n g polizeilichen C h a r a k t e r s handelt. 2) D. h. d u r c h einen in gleicher oder späterer Reihenfolge Verpflichteten. E s genügt also z. B. nicht, d a ß ein D r i t t e r den T o d anzeigt, der nicht aus eigener Wissenschaft u n t e r r i c h t e t ist (§ 33 Abs. 1 Nr. 3), a u c h wenn er im A u f t r a g des Anzeigepflichtigen h a n d e l t . Z u B I 2 : *) S c h r i f t t u m : K o m m . z. R J W G . von Friedeberg-Polligkeit 1942, Muthesuis 1950, Riedel 1952, Potrykus 1953, Gräber 1954.

1930,

Drewes-Sandre

442

B X 2. Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt. §§21,22,24,25,26,30

zu erwirken. Wer mit einem solchen Kinde in den Bezirk eines Jugendamtes zuzieht, hat die Erlaubnis zur Fortsetzung der Pflege unverzüglich einzuholen. (2) Steht von vornherein fest, daß ein Kind unentgeltlich oder nicht gewerbsmäßig in vorübergehende Bewahrung genommen wird, so genügt die Anmeldung bei dem Jugendamte. § 21. [Ausnahmen] (1) Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden keine Anwendung, wenn eheliche Kinder bei Verwandten oder Verschwägerten bis zum dritten Grade verpflegt werden, es sei denn, daß diese Personen Kinder entgeltlich, gewerbsmäßig oder gewohnheitsmäßig in Pflege nehmen. (2) Die Bestimmungen dieses Abschnitts finden ferner keine Anwendung auf Kinder, die aus Anlaß auswärtigen Schulbesuchs für einen Teil des Tages in Pflege genommen werden, sowie auf solche Kinder, die zum Zwecke des Schulbesuchs in auswärtigen Schulorten in Familien untergebracht sind, wenn diese von der Leitung der Schule für geeignet erklärt und überwacht sind. § 22. [Voraussetzungen der Erlaubnis. Erlöschen und Widerruf] (1) Die Voraussetzungen für die Erlaubnis, ihr Erlöschen und ihren Widerruf können nach § 15 oder durch die Landesjugendämter näher bestimmt werden. (2) Die Erlaubnis kann widerrufen werden, wenn das körperliche, geistige oder sittliche Wohl es erfordert. § 24. [Aufsicht des Jugendamts] (1) Pflegekinder unterstehen der Aufsicht des Jugendamts. Das gleiche gilt für uneheliche Kinder, die sich bei der Mutter befinden. (2 )

§ 25. [Befreiung von der Aufsicht] (1) Auf Grund von Vorschriften nach § 15 oder von Richtlinien der Landesjugendämter können Pflegekinder durch Anordnung der Jugendämter von der Beaufsichtigung widerruflich befreit werden. (2) Uneheliche Kinder sollen, solange sie sich bei der Mutter befinden, von der Beaufsichtigung widerruflich befreit werden, wenn das Wohl des Kindes gesichert ist. (8) Uneheliche Kinder, die gemäß § 1706 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Namen des Ehemannes der Mutter führen, können, solange sie sich bei der Mutter und deren Ehemann in Pflege befanden, widerruflich von der Beaufsichtigung befreit werden. Das gleiche gilt von Kindern, die bei ihren Großeltern oder ihrem Vormund verpflegt werden. § 26. [Anzeigepflicht] Wer ein gemäß § 24 Abs. 1 der Aufsicht unterstehendes Kind in Pflege hat, ist verpflichtet, dessen Aufnahme, Abgabe, Wohnungswechsel und Tod dem Jugendamt unverzüglich anzuzeigen. Die näheren Bestimmungen werden nach § 15 oder durch die Leindesjugendämter getroffen. § 30. [Strafvorschriften] (1) Wer ein Pflegekind ohne die vorgeschriebene Erlaubnis oder Anmeldung in Pflege nimmt oder nach Erlöschen oder Widerruf der Erlaubnis in Pflege be-

B I 2. Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt. § 76

443

hält oder wer den gemäß § 22 Abs. 1 erlassenen Vorschriften entgegenhandelt, wird m i t Gefängnis oder m i t H a f t oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten b e s t r a f t . (2) Die gleiche S t r a f e trifft denjenigen, der in den nach § 26 vorgeschriebenen Anzeigen wissentlich 1 ) unrichtige Angaben m a c h t oder die Leiche eines Pflegekindes oder unehelichen Kindes ohne die vorgeschriebene Anzeige beerdigt 2 ]. (3) W e r der in § 26 vorgeschriebenen Anzeigepflicht nicht n a c h k o m m t , wird m i t Geldstrafe oder m i t H a f t b e s t r a f t . (4) Die B e s t r a f u n g t r i t t nur auf A n t r a g des J u g e n d a m t e s ein. Die Z u r ü c k n a h m e des Antrags ist zulässig.

§ 76. [Vereitelung der Fürsorgeerziehung] (1) W e r , abgesehen von den F ä l l e n der §§ 120, 1 2 2 b , 2 3 5 S t G B . , einen Minderjährigen, bezüglich dessen das gerichtliche Verfahren auf Unterbringung zur Fürsorgeerziehung eingeleitet oder die Unterbringung zur Fürsorgeerziehung angeordnet ist, dem Verfahren oder der angeordneten Fürsorgeerziehung e n t zieht 1 ) oder ihn verleitet 2 ), sich dem Verfahren oder der Fürsorgeerziehung zu e n t ziehen, oder wer ihm hierzu vorsätzlich behilflich i s t 8 ) , wird auf Antrag der F ü r sorgeerziehungsbehörde m i t Gefängnis bis zu zwei J a h r e n u n d mit Geldstrafe oder m i t einer dieser S t r a f e n b e s t r a f t . Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. (2) D e r Versuch ist strafbar. Zu § 30: 1) D. h. vorsätzlich unter Ausschluß des bedingten Vorsatzes. Für die übrigen Tatbestände des § 30 ist Vorsatz einschl. des bedingten Vorsatzes erforderlich. 2) Die Vorschrift richtet sich nicht nur gegen die Pflegeperson, die die in § 26 vorgeschriebene Anzeige vom Tod nicht oder nicht unverzüglich erstattet, sondern gegen jeden, der die Beerdigung herbeiführt, obwohl er weiß oder billigend damit rechnet, daß der Pflegebefohlene die Anzeige nicht erstattet hat. § 30 ist innerhalb seines Anwendungsbereiches lex specialis gegenüber § 367 Nr. 2 StGB. Z u § 76: 1) Vgl. Anm. 3 zu § 235 StGB. Es entzieht jemand einen Minderjährigen dem Verfahren, wenn er vorsätzlich einen Zustand herbeiführt, der die Durchführung des Verfahrens vereitelt oder für eine gewisse Dauer verzögert. Das gerichtliche Verfahren ist eingeleitet, sobald der Richter eine Maßnahme getroffen hat, die die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung vorliegen, zum Gegenstand hat. Unter § 76 fällt auch das Jugendstrafverfahren, wenn Anordnung der Fürsorgeerziehung als Erziehungsmaßregel in Frage steht (vgl. §§ 9, 12 JGG. — unter C II 3 —). Der Fürsorgeerziehung wird der Minderjährige entzogen, wenn, solange mit der rechtskräftig angeordneten Unterbringung nicht begonnen ist, deren Beginn vereitelt oder für eine gewisse Zeit verzögert wird, während eine nur vorübergehende Verzögerung der Auffindung und Abholung nicht genügt; ist mit der Unterbringung begonnen, so liegt Entziehung vor, wenn die Ausübung des Aufsichts- und Erziehungsrechts der Anstalt vereitelt wird. E. 37, 162. Die Entziehung kann nicht nur durch positive Tätigkeit, sondern auch durch Unterlassung begangen werden, sofern eine Rechtspflicht zum Tätigwerden besteht. Diese Rechtspflicht kann sich auch daraus ergeben, daß durch vorangegangenes Tun der gesetzwidrige Zustand herbeigeführt wurde. Danach entzieht nicht, wer nur den ihm bekannten Aufenthalt des Zöglings verschweigt, KG. J . 26 C 60, oder die Auskunft über den Verbleib des Zöglings verweigert. E. 46, 25, oder der Vermieter, der den Aufenthalt des Zöglings in der Mietwohnung duldet. DStZ. 4, 168, wohl aber, wer dem lediglich vorübergehend aus der Anstalt beurlaubten Zögling, der pflichtwidrig nicht zurückkehrt, eine Unterkunft verschafft und dann den Aufenthalt verschweigt (Offenbarungspflicht nach vorangegangenem Tun). E. 37, 162 (siehe auch E. 38, 126 und KG. DJZ. 09, 662); ebenso Eltem, die durch Aufnahme des Zöglings in ihre Wohnung die Fortsetzung der Fürsorgeerziehung unmöglich machen. E. 37, 416. Eltern haben aber im übrigen nicht die Rechtspflicht, zur Unterbringung positiv mitzuwirken. GA. 60, 83. Die Ehefrau kann sich durch Nichterfüllung ihrer Pflicht zur Sorge für die Person des Kindes neben dem Ehemann eines Vergehens gegen § 76 schuldig machen. GA. 55, 118. 2) = mit Erfolg anstiftet (§ 48 StGB.). 3) Dies kann auch geschehen, nachdem sich der Fürsorgezögling bereits aus der Anstalt entfernt hat. DJZ. 05,1124 und KG. J . 31, 54. Z. B. durch Gewährung von Kost und Wohnung an den Entwichenen. Recht 12 Nr. 229. A. M. anscheinend Recht 15 Nr. 3890.

444

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 1, 2

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten Vom 23. Juli 1953 (BGBl. I S. 700) Vorbemerkung Das Ges. zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten v. 18. 2. 1927 (RGBl. I S. 61) hat sich nach allgemeiner Auffassung bewährt. Die durch die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse bedingte Zunahme der Geschlechtskrankheiten veranlaßte in der Zeit nach 1945 die Länder zu gesetzgeberischen Maßnahmen, die ändernd in den Bestand des Reichsgesetzes eingriffen. Das vorliegende Gesetz bringt zunächst die verloren gegangene Rechtseinheit wieder. Es schließt sich dabei eng an die Gedankengänge des Ges. v. 1927 an, weicht aber in grundsätzlicher Hinsicht von diesem dadurch ab, daß es auf Strafzwang, wo er ihm nicht unbedingt erforderlich erscheint, verzichtet (vgl. insbes. § 28) oder ihn durch Verwaltungszwang ersetzt oder wenigstens Straftaten des bisherigen Rechts zu Ordnungswidrigkeiten umgestaltet. Dem Gesetz fehlt eine dem § 17 des Ges. v. 1927 (Verbot der Kasernierung Prostituierter) entsprechende Vorschrift; sie erschien im Hinblick auf Art. 11 GG. (Freizügigkeit) entbehrlich. Zur Entstehungsgeschichte des Gesetzes: Die Bundesreg. legte dem Bundestag den Entw. des Ges. unter dem 20. 3. 1952 (BT-Drucks. Nr. 3232) vor, zugleich mit den Beratungsergebnissen der Ausschüsse des Bundesrats und den Zusatzanträgen der Länder, nachdem der Bundesrat selbst von einer Beratung abgesehen hatte. Die Änderungsvorschläge des Bundestagsausschusses für Fragen des Gesundheitswesens ergeben sich aus dem Bericht v. 20. 5. 1953 (BT-Drucks. Nr. 4397; dazu mündl. Begründung der Berichterstatterin in der 271. Sitzung des BT v. 12. 6. 1953, Prot. S. 13419ff.). In der vorgenannten BT-Sitzung wurde der Entw. in 2. und 3. Lesung ohne Aussprache verabschiedet. S c h r i f t t u m : zum Ges. v. 1927: Komm, von Hellwig; Schäfer-Lehmann; Komm, von Hagen-Bernhardt. 1. Abschnitt.

Begriffsbestimmungen.

Aufgaben

zum Ges. v. 1953

des Gesetzes

§ 1. [Begriff der Geschlechtskrankheit]1) Geschlechtskrankheiten im Sinne dieses Gesetzes sind 1. 2. 3. 4.

Syphilis (Lues), Tripper (Gonorrhoe), Weicher Schanker (Ulcus molle), Venerische Lymphknotenentzündung (Lymphogranulomatosis inguinalis Nicolas und Favre) ohne Rücksicht darauf, an welchen Körperteilen die Krankheitserscheinungen auftreten.

§ 2. [Begriff der Bekämpfung]1) (1) Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten umfaßt Maßnahmen zur Verhütung, Feststellung, Erkennung und Heilung der Erkrankung sowie die vorbeugende und nachgehende Gesundheitsfürsorge. Zu diesem Zweck werden die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) eingeschränkt 2 ). Zu § 1: 1) § 1 entspricht dem § 1 des Ges. v. 1927, soweit es sich um die unter Nr. 1 bis 3 aufgezählten Krankheiten handelt. Neu aufgenommen ist die (in Deutschland äußerst seltene) Krankheit unter Nr. 4. Zu § 2: 1) § 2 knüpft an § 3 des Ges. v. 1927 an. 2) Im Hinblick auf § 5 des Ges. sah der Reg.-Entw. auch eine Einschränkung des „Grundrechts auf Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG.)" vor. Diese Worte sind entsprechend dem Vorschlag des Bundesrats gestrichen, weil es unzweckmäßig erschien, die Frage zu präjudizieren, ob Art. 12 Abs. 1 ein Grundrecht auf Berufsausübung begründet (vgl. dazu BGH. DVB1. 53, 471).

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.

§§ 3, 4

445

(2) Die Durchführung dieser Aufgaben obliegt den Gesundheitsämtern 3 ). Die gesetzlichen Aufgaben der Fürsorgeverbände und der Jugendämter werden hierdurch nicht berührt. 2. Abschnitt. Pflichten der Kranken und krankheitsverdächtigen

Personen

1

§ 3. [Behandlungspflicht] ) (1) Wer an einer Geschlechtskrankheit leidet und dies weiß oder den Umständen nach annehmen muß 2 ), ist verpflichtet 3 ), 1. sich unverzüglich4) von einem in Deutschland bestallten oder zugelassenen Arzt untersuchen und bis zur Beseitigung der Ansteckungsgefahr 5 ) behandeln zu lassen sowie sich den notwendigen Nachuntersuchungen zu unterziehen; 2. sich in ein geeignetes Krankenhaus zu begeben, wenn das Gesundheitsamt dies anordnet, weil er sich der ordnungsmäßigen Durchführung der Behandlung entzogen hat oder die Einweisung zur Verhütung der Ansteckung erforderlich ist. (2) Eltern, Erziehungsberechtigte 6 ) oder der gesetzliche Vertreter sind verpflichtet 7), für die ärztliche Untersuchung und Behandlung ihrer Pflegebefohlenen zu sorgen und ihre fürsorgerische Betreuung zu unterstützen, falls sie wissen oder annehmen müssen, daß diese geschlechtskrank sind. § 4. [Zeugniszwang] 1 ) (1) Geschlechtskranke sowie solche Personen, die dringend verdächtig sind, geschlechtskrank zu sein und Geschlechtskrankheiten weiterzuverbreiten, haben dem Gesundheitsamt auf Verlangen, gegebenenfalls wiederholt, ein Zeugnis eines in Deutschland bestallten oder zugelassenen Arztes über ihren Gesundheitszustand vorzulegen. (2) Das Gesundheitsamt kann in begründeten Fällen die Untersuchung in der Beratungsstelle oder bei bestimmten Ärzten anordnen. Bei unklarem Untersuchungsbefund oder Gefahr der Verschleierung kann Beobachtung in einem geeigneten Krankenhaus befristet angeordnet werden. (3) Das Gesundheitsamt erhält in jedem Falle einen Befundbericht 2 ). 3) Vgl. § 3 des Ges. über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 531, 794). Z u § 3 : 1) § 3 knüpft an § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 2 des Ges. v. 1927 an. 2) Vgl. Anm. 4 zu § 259 StGB. 3) Die Behandlungspflicht ist eine Rechtspflicht; ihre Erfüllung kann nach §§ 17, 18 zwangsweise durchgesetzt werden. Strafzwang nur im Fall des § 18 Abs. 3. 4) = ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB.). 5) Ansteckungsgefahr besteht auch noch, wenn zwar die Ansteckungsfähigkeit erloschen ist, aber bei Abbruch der ärztlichen Behandlung der Eintritt eines Rückfalls zu befürchten ist. 6) Der Begriff des Erziehungsberechtigten, den auch das Ges. z. Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit v. 4. 12. 1951 — B II 10 — verwendet (vgl. dort Anm. 2 zu § 11), deckt sich, soweit er über die Eltern und gesetzlichen Vertreter hinausgeht, mit dem des Aufsichtspflichtigen i. S. des § 143 Abs. 2 StGB. 7) Auch hier enthält das Ges. keine besondere Strafvorschrift. Pflichtwidrige Unterlassung, für Heilung zu sorgen, ist Gesundheitsschädigung i. S. des § 223 StGB.; bei vorsätzl. Unterlassung kann u. U. § 224 StGB, anwendbar sein. Z u § 4 : 1) § 4 knüpft an § 4 des Ges. v. 1927 an. Er gibt insbes. dem Gesundheitsamt die Möglichkeit einer gesundheitl. Überwachung von Personen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern. Erzwingung der in Abs. 1 u. 2 begründeten Pflichten: §§ 17, 18. Keine Strafvorschrift. 2) Die Vorschrift richtet sich an den Arzt oder das Krankenhaus.

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B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 5, 6

§ 5. [Berufsverbot.

Blutuntersuchung] 1 )

(1) Geschlechtskranken, die wegen der Art ihrer Beschäftigung eine erhöhte Ansteckungsgefahr bilden und die der ärztlichen Anordnung, ihren Beruf bis zur Behebung der Ansteckungsgefahr nicht auszuüben, keine Folge leisten, kann die zuständige Verwaltungsbehörde auf Vorschlag des Gesundheitsamts die Ausübung des Berufs während dieser Zeit untersagen2). (2) Die Landesregierung kann bei Vorliegen besonderer Verhältnisse anordnen, daß Personen, deren Lebensumstände eine erhöhte Ansteckungsgefahr für sie und andere mit sich bringen, auf syphilitische Serumreaktionen ihres Blutes zu untersuchen sind. Die Anordnung ist hinsichtlich des betroffenen Personenkreises und des Zeitraumes der Durchführung genau zu begrenzen. Die Kosten werden aus öffentlichen Mitteln getragen. Die von der Anordnung betroffenen Personen können den geforderten Nachweis auch durch Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung erbringen. § 6. [Strafbarer Geschlechtsverkehr] 1 ) (1) Wer an einer Geschlechtskrankheit leidet, hat sich des Geschlechtsverkehrs zu enthalten2). Dies gilt nicht, wenn die Krankheit nach dem Urteil des behandelnden Arztes nicht mehr übertragbar ist. (2)3) Wer geschlechtskrank ist oder zu irgendeiner Zeit an Syphilis gelitten hat, ist verpflichtet, sich unmittelbar4) vor Bestellung des Aufgebots zur Eheschließung von einem in Deutschland bestallten oder zugelassenen Arzt oder in einer Beratungsstelle daraufhin untersuchen zu lassen, ob er gleichwohl die Ehe unbedenklich eingehen kann 5 ). Bestehen keine Bedenken, so ist ihm hierüber ein Zeugnis auszustellen. Kann das Zeugnis der Unbedenklichkeit nicht erteilt werden, so ist er verpflichtet, vor Eingehung der Ehe dem anderen Teil über seine Krankheit Mitteilung zu machen. Die Verpflichtung nach Abs. 1 bleibt unberührt6). (8) Wer gegen die Vorschriften des Abs. 1 oder 2 verstößt 7 ), obwohl er seine Erkrankung 0 ) kennt oder den Umständen nach kennen muß 9 ), wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist 10 ). (4) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein11). Ist der Verletzte der Ehegatte, so kann er den Antrag zurücknehmen. (5) Die Strafverfolgung verjährt in einem Jahr 12 ). Zu § 5: 1) Die Vorschrift ist neu gegenüber dem Ges. v. 1927. 2) Der behandelnde Arzt hat zunächst gemäß § 11 dem Kranken die Pflicht aufzuerlegen, seinen Beruf bis zur Behebung der Ansteckungsgefahr nicht auszuüben. Erst wenn er dieser Auflage nicht nachkommt, meldet ihn der Arzt dem Gesundheitsamt (§ 12 Abs. 1 Nr. 2), das der zuständigen Verwaltungsbehörde (der Polizei) die Untersagung vorschlägt. Die Anfechtbarkeit der Untersagung richtet sich nach den allgemeinen landesrechtlichen Vorschriften über die Anfechtung von Verwaltungsakten. Eine Strafvorschrift für Zuwiderhandlungen gegen die Untersagung enthält das Gesetz nicht; § 327 StGB, ist unanwendbar (§ 28). Die Untersagung muß nach den Grundsätzen über den Verwaltungszwang durchgesetzt werden

(§ 17).

Zu § 6: 1) § 5 knüpft an die §§ 5, 6 des Ges. v. 1927 an. 2) Nach § 5 des Ges. v. 1927 war strafbar, „wer den Beischlaf ausübt, obwohl er an einer mit Ansteckungsgefahr verbundenen Geschlechtskrankheit leidet und dies weiß oder den Umständen nach annehmen muß". Durch § 5 des vorliegenden Ges. ist die Strafbarkeit demgegenüber nach 2 Richtungen erweitert. a) Statt von Beischlaf spricht das Gesetz jetzt von Geschlechtsverkehr. Schon der Wechsel im Ausdruck zeigt, daß es sich nicht um identische Begriffe handelt. Geschlechtsverkehr ist vielmehr der weitere Begriff und umfaßt auch solche beischlafsähnliche Handlungen, die mit der gleichen Gefahr der Ansteckung für den Partner verbunden sind wie der Beischlaf zwischen

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. § 6

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Personen verschiedenen Geschlechts. Es fällt hierunter also auch (falls mit Ansteckungsgefahr verbunden) der Geschlechtsverkehr per os und per anum, und zwar gleichviel ob zwischen Personen verschiedenen oder des gleichen Geschlechts. Dagegen fallen Handlungen bloß erotischer Art wie z. B. Küsse auch bei Ansteckungsgefahr nicht unter den Begriff Geschlechtsverkehr, und zwar auch dann nicht, wenn sie Vorbereitungshandlungen des Geschlechtsverkehrs sind. b) Nach bisherigem Recht gehörte die Ansteckungsfähigkeit der Geschlechtskrankheit zum Tatbestand und es mußte sich das Wissen oder das Annehmenmüssen nicht nur auf die Geschlechtskrankheit, sondern auch auf die Ansteckungsfähigkeit beziehen. Jetzt wird Ansteckungsfähigkeit nicht mehr gefordert und die Schuld muß sich (vgl. Abs. 3) nur auf die Erkrankung als solche beziehen. Die Strafbarkeit entfällt aber, wenn die Krankheit nach dem Urteil des behandelnden Arztes nicht mehr übertragbar ist. Das Gesetz geht also davon aus, daß der noch an einer Geschlechtskrankheit Leidende nur straflos bleibt, wenn er sich in ärztlicher Behandlung befindet (oder befand) und der Arzt v o r dem Geschlechtsverkehr sein Urteil dahin dem Kranken gegenüber abgegeben hat, daß sie nicht mehr übertragbar sei. Die Ansteckungsfähigkeit ist also nicht obj. Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich die Schuld nicht zu beziehen hätte, sondern das die Ansteckungsfähigkeit verneinende ärztliche Urteil ist ein objektiver Strafausschließungsgrund. Die T a t ist also auch dann straflos, wenn der Arzt zu Unrecht die Ubertragbarkeit verneinte, gleichviel ob der Täter die Unrichtigkeit des Urteils annahm oder nicht. Umgekehrt ist die Tat, wenn keine sie gestattende ärztliche Beurteilung vorlag, auch dann strafbar, wenn objektiv eine Ansteckungsfähigkeit nicht mehr bestand, und zwar gleichviel, ob der Täter die Nichtübertragbarkeit annahm oder nicht. Es ist also für die Strafbarkeit der Tat ohne Bedeutung, daß der behandelnde Arzt erst nach der T a t sein Urteil dahin abgibt, es habe zur Tatzeit keine Übertragbarkeit mehr bestanden. Denn wenn es nur auf eine nachträgliche Beurteilung der Ansteckungsfähigkeit ankäme, so wäre nicht einzusehen, warum das Gesetz die Straflosigkeit nur von dem Urteil des b e h a n d e l n d e n Arztes abhängig macht und sich nicht damit begnügt, daß zur Tatzeit objektiv eine (auch durch andere Beweismittel feststellbare) Übertragbarkeit nicht mehr gegeben war. § 6 richtet sich mithin gegen den Ungehorsam des Kranken, der trotz Belehrung über das Gebot der E n t haltung (vgl. § 11) Geschlechtsverkehr ausübte, ohne damit zu warten, bis der Arzt die Übertragbarkeit verneinte, und erst recht gegen denjenigen, der sich pflichtwidrig (vgl. § 3) nicht in ärztliche Behandlung begab, so daß es zu einer ärztlichen Beurteilung der Übertragungsgefahr nicht kommen konnte. Da § 6 eine reine Gefährdungstat ist, ist ein Geschlechtskranker auch dann strafbar, wenn der Partner nicht angesteckt wurde oder wenn er nicht angesteckt werden konnte, weil er selbst bereits geschlechtskrank war. RG. DRZ. 24, 205; OLG. Jena J R . 26 Nr. 654. Auch ist die Einwilligung des Partners, der von der Geschlechtskrankheit Kenntnis hatte, unerheblich. OLG. Rostock GA. 71, 70. Ferner kommt für die Frage der Strafbarkeit nicht in Betracht, ob die allgemeine Ansteckungsgefahr im Einzelfall durch besondere Umstände (Anwendung von Schutzmitteln) ausgeschlossen ist. § 6 gilt sowohl für den außerehelichen wie den ehelichen Geschlechtsverkehr. 3) Nach § 6 des Ges. v. 1927 war strafbar, wer, wissend oder annehmen müssend, daß er an einer mit Ansteckungsgefahr verbundenen Geschlechtskrankheit leide, eine Ehe einging, ohne dem anderen Teil vor Eingehung der Ehe über seine Krankheit Mitteilung gemacht zu haben. Von dieser Vorschrift unterscheidet sich die jetzige Regelung nach folgenden Richtungen: a) Neu eingeführt ist eine Untersuchungspflicht; die Mitteilungspflicht trifft nur den, dem das Unbedenklichkeitszeugnis verweigert worden ist. b) Die Untersuchungs-(Mitteilungs-) pflicht trifft nicht nur denjenigen, der z. Z. geschlechtskrank ist, sondern auch den, der zu irgend einer Zeit an Syphilis gelitten hat, auch wenn er als geheilt bezeichnet wurde. c) Soweit es sich um eine noch bestehende Krankheit handelt, treffen die in § 6 Abs. 2 begründeten Pflichten nur den, der wirklich geschtechtskrank ist, nicht auch den, der dies den Umständen nach annehmen muß, ohne daß tatsächlich eine Erkrankung vorliegt. d) Wie in § 6 Abs. 1, so ist auch in Abs. 2 die Übertragbarkeit der Geschlechtskrankheit nicht mehr Tatbestandsmerkmal und braucht demgemäß nicht vom Vorsatz umfaßt zu sein. Vielmehr ist auch hier eine dem Abs. 1 parallele Regelung getroffen, die an objektive Merkmale a n k n ü p f t : Die Eingehung der Ehe durch den Geschlechtskranken ist nur dann straflos, wenn er entweder ein ärztliches Unbedenklichkeitszeugnis hat, daß keine Übertragungsgefahr besteht oder wenn er, falls ihm dies wegen fehlender Unbedenklichkeit nicht erteilt werden kann, dem anderen Teil entsprechend der ihm zuteil gewordenen Belehrung vor Eingehung der Ehe von der Krankheit Mitteilung macht, mag er die Beurteilung des verweigernden Arztes für richtig halten oder nicht. 4) Sinn der Vorschrift: Die Untersuchung soll sich auf den Zeitpunkt beziehen, in dem mit der Verwirklichung der Heiratsabsicht durch Bestellung des Aufgebots begonnen wird;

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B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. § 7

§ 7. [Stillen, Pflegekinder, Blutspender] (1) Eine Frau, die geschlechtskrank ist, darf kein fremdes Kind stillen und ihre Milch nicht abgeben1). (2)2) Wer für die Pflege eines Kindes zu sorgen hat, das an Tripper (Gonorrhoe) erkrankt ist, darf das Kind von einer anderen Person als der Mutter nur dann stillen lassen, wenn er sie zuvor durch einen Arzt nach den Vorschriften des § 11 Abs. 1 über die Krankheit des Kindes und die gebotenen Vorsichtsmaßnahmen hat deshalb muß die Untersuchung unmittelbar, also kürzeste Zeit vor diesem Zeitpunkt erfolgen; eine mehr oder weniger längere Zeit zurückliegende Untersuchung genügt nicht. Wer erst nach diesem Zeitpunkt erkrankt oder von seiner Erkrankung erfährt, muß nach Sinn und Zweck der Vorschrift die Untersuchung sofort (vor der Eheschließung) nachholen. 5) Unbedenklich ist die Eheschließung, wenn keine Übertragungsgefahr für den Ehepartner mehr besteht. 6) Damit wird etwas Selbstverständliches hervorgehoben; denn da Abs. 1 sowohl für den außerehelichen wie den ehelichen Verkehr gilt, und zwar ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Partners, kann für den Ehegatten, der schon vor Beginn der Ehe krank war, nichts anderes gelten als für den, der erst nach Eheschließung erkrankt. 7) Die Zuwiderhandlung nach Abs. 2 ist, soweit es sich um die Unterlassung der Untersuchung handelt, beendet, wenn der Täter das Aufgebot bestellt hat, ohne sich untersuchen zu lassen; ob eine rechtzeitige Untersuchung die Unbedenklichkeit der Eheschließung ergeben hätte, ist bedeutungslos. Die Strafbarkeit entfällt infolgedessen auch nicht dadurch, daß der Kranke nach Bestellung des Aufgebots und vor der Eheschließung die Untersuchung nachholt, selbst wenn sie die Unbedenklichkeit ergibt. Die Untersuchungspflicht entfällt auch nicht deshalb, weil der andere Verlobte von der Geschlechtskrankheit und deren Übertragbarkeit Kenntnis hat. Denn die Untersuchungspflicht dient nicht nur dem Schutz des anderen Teils, sondern ist im öffentlichen Interesse aufgestellt; sie soll z. B. auch die zu erwartende Nachkommenschaft schützen, durch eindringliche Belehrung vor Unterschätzung der Gefahr warnen usw. Ebensowenig kann sich derjenige, der die rechtzeitige Untersuchung unterlassen hat, durch nachträgliche Mitteilung der Krankheit an den anderen Teil (vor Eingehung der Ehe) Straffreiheit verschaffen. Die Strafbarkeit wird schließlich nicht dadurch aufgehoben, daß — gleichviel aus welchen Gründen — die Eingehung der Ehe nach Bestellung des Aufgebots unterbleibt. Die Zuwiderhandlung nach Abs. 2 durch Unterlassung der gebotenen Mitteilung von der Krankheit ist mit der Eingehung der Ehe vollendet. 8) D. h. seine gegenwärtige Geschlechtskrankheit oder die frühere Syphiliserkrankung. 9) Vgl. Anm. 4 zu § 259 StGB. Die (widerlegbare) Vorsatzvermutung kommt z. B. in Betracht, wenn sich dem Täter nach Anzeichen am Körper oder nach Mitteilungen glaubwürdiger Dritter die Überzeugung von seiner Krankheit aufdrängen m u ß t e . KG. D J Z . 29, 1348; Recht 33 Nr. 1718. 10) Eine schwerere Strafe ist z. B., soweit es sich um Abs. 1 handelt, bei Notzucht oder in § 224 StGB., und, soweit es sich um Abs. 2 handelt, in § 170 StGB, angedroht. Soweit die schwereren Strafdrohungen Anwendung finden, ist § 6 subsidiär, Tateinheit also ausgeschlossen. E. 59, 147. Zwischen § 6 Abs. 1 und § 223 StGB, besteht, wenn der Geschlechtsverkehr zur Ansteckung führt, nicht Tateinheit, sondern das Gefährdungsdelikt (§ 6 Abs. 1) wird durch das Verletzungsdelikt konsumiert, wobei jedoch die Strafe dem § 6 Abs. 1 zu entnehmen ist, weil er die schwerere Strafe androht, während andererseits auf Buße (§ 231 StGB.) erkannt werden kann (vgl. Anm. 1 zu § 73 StGB.). 11) Antragsberechtigt ist bei Abs. 1 'der Partner des Geschlechtsverkehrs, bei Abs. 2 der Verlobte bzw. der Ehegatte, wenn es zur Eheschließung kommt. 12) Die Verjährung beginnt im Fall des Abs. 2 bei Unterlassung der Untersuchung mit der Bestellung des Aufgebots, bei Unterlassung der Mitteilung mit der Eheschließung. Z u § 7: 1) Abs. 1 entspricht dem § 14 Abs. 1 Nr. 1 des Ges. v. 1927. Dem Stillen ist jetzt auch die Abgabe der Milch gleichgestellt; die Strafbarkeit ist nicht davon abhängig, ob die abgegebene Milch zum Stillen verwendet worden ist. Eine dem § 14 Abs. 2 des Ges. v. 1927 (Straflosigkeit, wenn eine syphilitische Frau ein syphilitisches Kind stillt) entsprechende Vorschrift kennt das vorliegende Gesetz nicht. 2) Abs. 2 entspricht dem § 14 Abs. 1 Nr. 2, 3 des Ges. v. 1927; auch hier ist das Stillenlassen eines syphilitischen Kindes durch eine an Syphilis leidende Frau nicht mehr, wie bisher nach § 14 Abs. 2, straflos.

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 8, 9

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unterweisen lassen. Ist das Kind an Syphilis erkrankt, so darf es nur durch die Mutter gestillt werden. (8)3) Wer ein geschlechtskrankes Kind in Pflege gibt, muß den Pflegeeltern vor Beginn der Pflege von der Krankheit des Kindes Mitteilung machen. (4)4) Wer an einer Geschlechtskrankheit leidet oder zu irgendeiner Zeit an Syphilis gelitten hat, darf kein Blut spenden. (5) Wer gegen die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 verstößt, obwohl er die Erkrankung kennt oder den Umständen nach kennen muß, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist5). § 8. [Gesundheitszeugnisse beim Stillen]1) (1) Eine Frau, die ein fremdes Kind stillen will, hat ein unmittelbar vor der Übernahme dieser Aufgabe ausgestelltes ärztliches Zeugnis darüber beizubringen, daß bei ihr keine Geschlechtskrankheit nachweisbar ist. Wer eine Frau zum Stillen eines Kindes heranzieht, hat sich davon zu überzeugen, daß sie im Besitz dieses Zeugnisses ist. (2) Wer ein Kind, für dessen Pflege er sorgt, von einer anderen Person als der Mutter stillen lassen will, muß im Besitze eines ärztlichen Zeugnisses darüber sein, daß eine Gesundheitsgefahr für die Stillende nicht besteht. In Notfällen ist das Zeugnis unverzüglich nachträglich zu beschaffen. 3. Abschnitt. Behandlung der Geschlechtskranken und Pflichten der Ärzte § 9. [Behandlung nur durch Ärzte. Keine Fernbehandlung]1) (1) Die Untersuchung2) auf Geschlechtskrankheiten und Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane3) sowie ihre Behandlung4) ist nur den in Deutschland bestallten5) oder zugelassenen Ärzten gestattet. 3) Abs. 3 entspricht dem § 14 Abs. 1 Nr. 4 des Ges. v. 1927. 4) Abs. 4 ist neu gegenüber dem Ges. v. 1927. 5) Vgl. Anm. 8 bis 10 zu § 6. Zu § 8: 1) § 8 knüpft an § 15 des Ges. v. 1927 an, enthält aber keine Strafdrohung mehr (Verwaltungszwang nach § 17). Zu § 9: 1) § 9 knüpft an §§ 7, 12 des Ges. v. 1927 an. 2) § 7 des Ges. v. 1927 verbot nach seinem Wortlaut nur die Behandlung durch Nichtärzte, während § 9 ausdrücklich der Behandlung die Untersuchung gleichstellt. Eine sachliche Änderung liegt aber nicht vor, da nach bisheriger Auslegung die Behandlung die Untersuchung. E. 63, 85, 197 und alle die Behandlung vorbereitenden Maßnahmen umfaßte. OLG. Hamburg JW. 30, 1612; RG. JW. 37, 1384. Die Untersuchung ist dem Nichtarzt auch dann verboten, wenn er die Absicht hat, die Heilbehandlung einem Arzt zu überlassen. RG. JW. 30, 1599; 36, 3473 oder wenn eine Heilbehandlung überhaupt nicht in Aussicht genommen ist. RG. DR. 40, 1524; D J . 41, 1027. 3) Darunter fallen auch Gebärmutter und Eierstock. RG. DRZ. 29 Nr. 705. Die Beschwerden der normalen Schwangerschaft sind keine Krankheiten oder Leiden. RG. HRR. 29 Nr. 1293; wohl aber etwa vorhandene Regelstörungen. E. 64, 388; OLG. München HRR. 40 Nr. 271; Weißfluß. RG. JW. 34, 171; überhaupt die gewöhnlichen sogenannten „Frauenleiden". RG. JW. 36, 1298. Die Krankheiten und Leiden brauchen nicht auf Geschlechtskrankheiten zu beruhen. RG. DRZ. 29 Nr. 1119. 4) Behandlung (Heilbehandlung) ist auch dann gegeben, wenn sie der Hebung des Allgemeinbefindens dienen soll, aber dadurch gleichzeitig auf die Geschlechtsorgane eingewirkt wird. RG. DR. 42, 1788. Behandlung liegt auch vor, wenn der Kranke nicht wirklich, sondern nur nach der irrtümlichen Annahme des Heilbehandlers an einer Geschlechtskrankheit leidet. RG. DR. 42, 1788. 5) also nicht einem Arzt, dem die Bestallung wieder entzogen ist. E. 64, 388. 29

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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[B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. § 9

(2)5a) Verboten ist: 1. Geschlechtskrankheiten anders als auf Grund eigener Untersuchungen zu behandeln (Fernbehandlung); 2. in Vorträgen, Schriften, Rundbriefen, Abbildungen oder Darstellungen sowie durch Rundfunk oder Film Ratschläge6) zur Selbstbehandlung zu erteilen; 3. sich zu einer Behandlung von Geschlechtskrankheiten und Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane durch Vorträge, Verbreitung von Schriften, Briefen, Abbildungen oder Darstellungen sowie durch Rundfunk oder Film, wenn auch in verschleierter Weise, zu erbieten7), soweit es sich dabei nicht um den üblichen Hinweis eines Arztes auf die Ausübung seines Berufes handelt8). (3) Erlaubt sind Vorträge, Verbreitung von Schriften, Briefen oder Abbildungen, Filme und Darstellungen, die der Aufklärung und Belehrung über Geschlechtskrankheiten, insbesondere über deren Erscheinungsformen dienen, soweit sie nicht in Widerspruch zu Absatz 2 Nummern 2 und 3 stehen. (4) Wer Geschlechtskranke oder Personen, die von Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane befallen sind, behandelt, ohne nach Absatz 1 hierzu berechtigt zu sein9), oder wer gegen ein Verbot des Absatzes 2 verstößt 10 ), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 5a) Abs. 2 Nr. 1 richtet sich an Ärzte, da Behandlung einschl. der Fernbehandlung bereits unter Abs. 1 fällt. Abs. 2 Nr. 2, 3 kann durch Ärzte und Nichtärzte verwirklicht werden. 6) Einen mündlichen R a t zur Selbstbehandlung, soweit nicht bereits eine nach Abs. 1 verbotene Behandlung vorliegt, verbietet Nr. 2, soweit er durch Vorträge oder R u n d f u n k erfolgt, also sich an einen größeren Personenkreis richtet. Die Erteilung mündlichen Rats an eine Einzelperson fällt also nicht unter Nr. 2. Raterteilung in verkörperter Form (Schriften, Abbildungen usw. — s. Anm. 4 zu § 41 StGB. —) dagegen ist stets verboten, also gleichviel ob sich der Täter auf Grund persönlicher Beziehungen zu einem bestimmten Leidenden mit individuellen Ratschlägen nur an diesen oder ob er sich in allgemeiner Form an eine Mehrzahl von Personen wendet, zu denen er in keiner persönlichen Beziehung steht. Die Raterteilung kann auch durch Anpreisung von Heilapparaten in Prospekten, OLG. Hamburg J W . 31, 1510, oder dadurch erfolgen, daß ein Mittel allgemein empfohlen wird. RG. J W . 34, 172; OLG. Stuttgart J W . 33, 2663. 7) Es muß sich um ein ernstliches Erbieten handeln. E. 63, 197. 8) Nach § 7 Abs. 3 des Ges. v. 1927 war ein Arzt strafbar, wenn er sich zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten oder Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane ,,in unlauterer Weise" erbot. Das vorliegende Gesetz hat diese Vorschrift in der Weise übernommen, daß auch dem (in Deutschland bestallten oder zugelassenen) Arzt jedes Erbieten zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten usw. in der in Nr. 3 bezeichneten Form verboten ist und daß von diesem Verbot nur die ü b l i c h e n (d. h. die mit den Standessitten in Einklang befindlichen) Hinweise auf die Ausübung seines Berufes ausgenommen sind, so daß z. B. eine fortgesetzte Zeitungsreklame unter das Verbot fällt. RG. J W . 32, 3354. 9) Abs. 4 stellt nur das Behandeln, nicht auch das in Abs. 1 neben dem Behandeln ausdrücklich genannte Untersuchen unter Strafe. Die der früheren Rechtspr. entsprechende erweiternde Auslegung des Begriffs Behandeln (vgl. Anm. 2) verbietet sich, nachdem das Gesetz selbst den Begriff durch die Erwähnung des Untersuchens eingeschränkt hat. Es ist deshalb davon auszugehen, daß in § 9 Abs. 1 zwar auch das Untersuchen durch Nichtärzte (Heilpraktiker usw.) verboten, in Abs. 4 aber nur das verbotswidrige Behandeln unter Strafe gestellt ist. Ebenso kann der Wortlaut: „Geschlechtskranke oder Personen, die befallen sind", nur dahin verstanden werden, daß die Behandlung nur strafbar ist, wenn der Patient wirklich an einer solchen Krankheit leidet, während eine nach Abs. 1 verbotene, aber nicht nach Abs. 4 strafbare Behandlung vorliegt, wenn der Behandelnde irrtümlich eine solche Krankheit des Patienten annimmt (vgl. Anm. 4). Zwischen mehreren Verstößen, die ein Heilpraktiker gegen Abs. 4 begeht, kann Fortsetzungszusammenhang auch bestehen, wenn verschiedene Personen behandelt sind. E. 72, 18; RG. J W . 39, 221. 10) Mehrere fortgesetzte Vergehen gegen je einen der in Abs. 2 unter Strafe gestellten Tatbestände sind ein einheitliches fortgesetzte Vergehen. RG. D J . 40, 1115.

B 1 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 10—12

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§ 10. [Behandlungs- und Überweisungspflicht des Arztes]1) (1) Jeder Arzt, der die Untersuchung oder Behandlung eines Geschlechtskranken oder eines einer Geschlechtskrankheit Verdächtigen übernimmt, hat die Untersuchung oder Behandlung nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Erkenntnis durchzuführen. Er muß über diese Behandlung genaue Aufzeichnungen machen 2 ). (2)3) Lehnt ein Arzt die Übernahme der Untersuchung oder Behandlung ab, so hat er den Geschlechtskranken oder Krankheitsverdächtigen unverzüglich einem anderen Arzt zu überweisen. Der Kranke ist verpflichtet, dem überweisenden Arzt den Nachweis zu erbringen, daß er sich in Behandlung befindet. Ist der Nachweis binnen einer Woche nicht erbracht, so hat der überweisende Arzt Meldung nach § 12 zu erstatten.

§ 11. [Belehrungspflicht des Arztes]1) (1) Ergibt die Untersuchung einer Person das Vorliegen einer Geschlechtskrankheit oder den begründeten Verdacht einer solchen, so hat der Arzt den Kranken über die Art seiner Krankheit, die Übertragungsgefahr, die dem Kranken auferlegten Pflichten und die Folgen ihrer Nichterfüllung durch Aushändigung und Erläuterung eines amtlichen Merkblattes zu unterrichten. Der Kranke muß den Empfang des Merkblattes und die erfolgte Belehrung schriftlich bestätigen. (2) Bei Minderjährigen und Entmündigten soll der behandelnde Arzt außerdem die Eltern oder Erziehungsberechtigten oder den gesetzlichen Vertreter von dem Krankheitsfall unterrichten und über dessen Ausheilung belehren, wenn dies zur Inanspruchnahme oder Fortsetzung der ärztlichen Behandlung notwendig erscheint und dieser Unterrichtung keine anderen schwerwiegenden Gründe nach ärztlichem pflichtgemäßem Ermessen entgegenstehen.

§ 12. [Meldepflicht des Arztes]1) (1) Ein Geschlechtskranker ist von dem behandelnden Arzt namentlich 2 ) dem Gesundheitsamt zu melden, wenn der Kranke 1. sich weigert, die vom Arzt verordnete Behandlung zu beginnen3) oder fortZu § 10: 1) Die Vorschrift ist neu gegenüber dem Ges. v. 1927. 2) Die Zuwiderhandlung gegen Satz 2 ist Ordnungswidrigkeit (vgl. § 27). 3) Gedanke des Abs. 2: Wenn der Arzt die Übernahme der Untersuchung oder Behandlung ablehnt, so soll kontrolliert werden, ob der einem anderen Arzt Zugewiesene sich auch tatsächlich in dessen Behandlung begeben hat. Da es Kassenärzten nicht gestattet ist, eine Überweisung an einen namentlich genannten Arzt (Facharzt) auszusprechen, sondern die Überweisung nur z. B. „an einen Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten" lauten darf, beschränkt sich die Kontrolle des überweisenden Arztes darauf, daß ihm der Patient binnen Wochenfrist die Übernahme der Behandlung durch einen anderen Arzt nachweist. Verneinendenfalls hat er Meldung nach § 12 zu erstatten. Abs. 2 geht also davon aus, daß bei Nichtnachweis ohne weiteres die Voraussetzungen des § 12 Nr. 1 gegeben sind. Die Unterlassung dieser Meldung ist Ordnungswidrigkeit nach § 27; dagegen ist die Verletzung der Überweisungspflicht des Arztes und der Nachweispflicht des Überwiesenen weder Straftat noch Ordnungswidrigkeit. Zu § 11: 1) Bisheriges Recht: § 8 des Ges. v. 1927. Zuwiderhandlungen gegen § 11 sind weder Straftaten noch Ordnungswidrigkeiten. Z u § 12: 1) Bisheriges Recht: § 9 des Ges. v. 1927. Verletzung der Meldepflicht (Abs. 1) oder Auskunftspflicht (Abs. 2) ist Ordnungswidrigkeit nach § 27. 2) = unter Nennung des Namens. 3) Vgl. dazu Anm. 3 zu § 10. 29*

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B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 13, 14

zusetzen, sie ohne triftigen Grund unterbricht oder sich der vom Arzt verordneten Nachuntersuchung entzieht; 2. nach der Überzeugung des Arztes durch seine Lebensweise oder seine allgemeinen Lebensumstände eine ernste Gefahr der Übertragung auf andere bildet; 3. offensichtlich falsche Angaben über die Ansteckungsquelle oder über die durch ihn gefährdeten Personen macht oder 4. das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und sittlich gefährdet erscheint, es sei denn, daß der Arzt nach Beratung mit den Eltern, Erziehungsberechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter die Uberzeugung gewonnen hat, daß diese die Gewähr für eine ordnungsgemäße Behandlung und Betreuung des Jugendlichen übernehmen. (2) Über den Stand der Behandlung von Geschlechtskranken, die der namentlichen Meldepflicht unterliegen oder als Ansteckungsquelle gemeldet sind, kann das Gesundheitsamt Auskunft von dem behandelnden Arzt verlangen. § 13. [Ermittlung der Ansteckungsquelle] 1 ) (1) Ein Arzt, der eine Geschlechtskrankheit feststellt, ist verpflichtet, mit den ihm zur Verfügung stehenden und zumutbaren Mitteln zu versuchen, die mutmaßliche Ansteckungsquelle und die Personen zu ermitteln, auf die der Kranke die Geschlechtskrankheit übertragen haben könnte. Der Kranke hat den Arzt bei dieser Aufgabe zu unterstützen und die notwendigen Angaben wahrheitsgemäß und vollständig zu machen2). Der Arzt hat darauf hinzuwirken, daß die ihm als mutmaßliche Ansteckungsquelle oder als gefährdet bekanntgegebenen Personen sich sofort freiwillig in ärztliche Beobachtung und wenn nötig, in ärztliche Behandlung begeben. Falls diese Personen nicht erreichbar sind oder der Aufforderung nicht nachweisbar nachkommen, hat sie der Arzt unverzüglich dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, wenn die Gefahr besteht, daß die Krankheit weiterverbreitet oder eine notwendige Behandlung unterlassen wird. (2) Wird als Ansteckungsquelle eine Person angegeben, bei welcher der dringende Verdacht auf Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern besteht, so hat der Arzt diese Person an das Gesundheitsamt zu melden. Bedarf das Gesundheitsamt in diesem Falle zur Nachforschung näherer Angaben des angesteckten Geschlechtskranken, so kann es den behandelnden Arzt ersuchen, diese von dem Kranken einzuholen. (8) Der Arzt ist von den Verpflichtungen nach den Absätzen 1 und 2 befreit, wenn der Kranke die erforderlichen Angaben dem Gesundheitsamt unmittelbar macht. 4. Abschnitt. Aufgaben des Gesundheitsamtes und der öffentlichen und privaten Fürsorge § 14. [Zusammenarbeit beteiligter Stellen] (1) Die Gesundheitsämter haben bei der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten mit den Fürsorgeverbänden, den Jugendämtern, den Versicherungsträgern und der Freien Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten. Zu § 13: 1) Die Vorschrift ist neu gegenüber dem Ges. v. 1927. Die Verletzung der dem Arzt in § 13 auferlegten Pflichten ist weder Straftat noch Ordnungswidrigkeit. 2) Meldepflicht des Arztes bei offensichtlich falschen Angaben (§ 12 Abs. 1 Nr. 3).

B 1 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 15, 16

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(2) Die Fürsorgeverbände und Jugendämter sollen alle durch das Gesundheitsamt erfaßten Personen, die verwahrlost sind oder zu verwahrlosen drohen, in fürsorgerische Betreuung übernehmen und versuchen, sie in das Arbeits- und Gemeinschaftsleben wieder einzugliedern. (3) Zur Durchführung dieser Aufgaben sollen in den Ländern Einrichtungen für gefährdete Personen gefördert und erforderlichenfalls aus öffentlichen Mitteln geschaffen werden. § 15. [Aufgabe der Gesundheitsämter] (1) Die Gesundheitsämter müssen geeignete Maßnahmen treffen, um geschlechtskranke Personen und solche, bei denen die begründete Befürchtung besteht, daß sie angesteckt werden und Geschlechtskrankheiten weiterverbreiten, festzustellen und gesundheitsfürsorgerisch zu beraten und zu betreuen. Dies soll in Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten geschehen. (2) Zur Feststellung, Untersuchung und Beratung geschlechtskranker Personen sowie zur Sicherung der Behandlung dieser Personen haben sie Beratungsstellen für Geschlechtskranke einzurichten oder ihre Errichtung sicherzustellen. Sie können diese Beratungsstellen auch durch Arbeitsgemeinschaften in Zusammenarbeit mit Versicherungsträgern und Organen der öffentlichen und privaten Fürsorge einrichten und unterhalten. Werden Arbeitsgemeinschaften in den unteren Verwaltungsbezirken mit der Durchführung der Aufgaben der Beratungsstellen betraut, so führt in ihnen der Leiter des Gesundheitsamtes den Vorsitz. Die Gesundheitsämter bleiben für die Durchführung der den Beratungsstellen obliegenden Aufgaben verantwortlich. (3) Aufgabe der Gesundheitsämter ist außerdem die Aufklärung und Belehrung der Bevölkerung, insbesondere der älteren Jugend in Schulen, Betrieben und Vereinigungen, über das Geschlechtsleben des Menschen und das Wesen und die Gefahren der Geschlechtskrankheiten.

5. Abschnitt.

Schweigepflicht

§ l* 1 ) (1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm durch seine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit bei der Durchführung dieses Gesetzes bekannt geworden ist, wird, soweit nicht § 300 des Strafgesetzbuches anzuwenden ist, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft 2 ). (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen oder jemandem Zu § 16: 1) § 16, dessen Fassung dem § 300 StGB, nachgebildet ist, k n ü p f t an § 10 des Ges. v. 1927 an. 2) Soweit die Voraussetzungen des § 300 StGB, vorliegen, richtet sich die Bestrafung der Schweigepflicht nach dieser Vorschrift. § 16 begründet eine Verschiegenheitspflicht für alle Personen — nicht nur, wie nach § 10 des Ges. v. 1927, für die Beamten und Angestellten des Gesundheitsamts oder einer Beratungsstelle —, denen durch ihre berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit bei der Durchführung des Gesetzes fremde Geheimnisse bekanntgeworden sind, z. B. für Beamte oder Angestellte der zuständigen Verwaltungsbehörde (§ 5 Abs. 1), der Fürsorgeverbände, Jugendämter und Versicherungsträger und die hauptberuflich oder ehrenamtlich in der Freien Wohlfahrtspflege Tätigen (§ 14). Gegenstand des Geheimnisschutzes (über den Begriff des fremden Geheimnisses vgl. Anm. 2 zu § 300 StGB.) sind alle Tatsachen, die einen Dritten betreffen und deren Geheimhaltung dieser ausdrücklich verlangt oder still-

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B 1 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. § 17

einen Nachteil zuzufügen, so ist die Strafe Gefängnis3). Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (3) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein4). (4)2) Ein Fall unbefugter Offenbarung liegt nicht vor, wenn sie von einem in dem Gesundheitsamt oder in der Beratungsstelle tätigen Arzt oder auf Weisung eines solchen Arztes an eine Person gemacht wird, die mit der Durchführung der aus diesem Gesetz erwachsenden Aufgaben betraut ist. (5)5) Das Gesundheitsamt ist befugt, zum Zwecke der gerichtlichen Verfolgung den Namen einer Person mitzuteilen, die verdächtig ist, wider besseres Wissen eine Anzeige erstattet zu haben, in welcher ein anderer der Wahrheit zuwider der Übertragung einer Geschlechtskrankheit oder der Gefährdung Dritter durch häufigen Wechsel des Geschlechtspartners beschuldigt wurde. 6. Abschnitt.

Zwangsmaßnahmen

§ 17. [Verwaltungszwang. Zulässige ärztliche Eingriffe] (1) Die Befolgung der Vorschriften der §§ 3 bis 5 und 8 kann nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Soweit in diesen Fällen andere Mittel zur Durchführung der Behandlung und zur Verhütung der Ansteckung nicht ausreichen, ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges zulässig. § 18 bleibt unberührt. schweigend erwartet, insbesondere das, was den Schweigepflichtigen über die Geschlechtskrankheiten eines anderen, über ihre Ursache oder über die sonstigen persönlichen Verhältnisse der Beteiligten bekannt geworden ist. Unbefugt offenbart (vgl. dazu Anm. 2 zu § 300 StGB.) der Geheimhaltungspflichtige das fremde Geheimnis, wenn ihm kein die Offenbarung rechtfertigender Grund zur Seite steht. Ein Recht zur Offenbarung ist gegeben, wenn die Offenbarung zur gesetzmäßigen Durchführung der durch das vorliegende Gesetz bestimmten Aufgaben erforderlich ist. Die Bedeutung des Abs. 4 besteht nicht darin, daß er ein (sonst nicht gegebenes) Offenbarungsrecht begründet, sondern besteht in der Einschränkung der Offenbarungsbefugnis gegenüber dem bisherigen Recht. Nach § 10 Abs. 3 des Ges. v. 1927 war eine Offenbarung nicht unbefugt, wenn sie von dem Arzt eines Gesundheitsamtes (einer Beratungsstelle) oder mit seiner Zustimmung „an eine Behörde oder an eine Person gemacht wird, die ein berechtigtes gesundheitliches Interesse daran hat, über die Geschlechtskrankheit des anderen unterrichtet zu werden". Die Befugnis, Dritte wegen ihres berechtigten gesundheitlichen Interesses zu unterrichten, wurde, weil sie zu weitgehend erschien, beseitigt; darüber hinaus darf das Gesundheitsamt oder die Beratungsstelle Personen, die mit der Durchführung der aus dem vorliegenden Gesetz erwachsenden Aufgaben betraut sind, nur unterrichten, wenn dies durch einen Arzt des Gesundheitsamts (der Beratungsstelle) oder auf Weisung eines solchen geschieht. Dagegen unterliegt die dienstliche Unterrichtung von Dienststellen, die mit der Durchführung solcher Aufgaben betraut sind, durch das Gesundheitsamt diesen Beschränkungen nicht. In Tateinheit mit § 16 kann durch die unbefugte Offenbarung ein Vergehen nach § 353 b StGB, begangen werden, wenn wichtige öffentliche Interessen gefährdet werden. 3) Vgl. Anm. 15 bis 17 zu § 300 StGB. 4) Antragsberechtigt ist nur der, dessen Geheimnis verletzt ist; ein Antragsrecht des Gesundheitsamts besteht (abweichend von § 10 Abs. 2 des Ges. v. 1927) nicht. 5) Das Gesetz geht davon aus, daß der Name desjenigen, der eine an das Gesundheitsamt gerichtete oder dorthin abgegebene Anzeige über Bestehen oder Verdacht einer Geschlechtskrankheit oder deren Übertragung gemacht hat, ein fremdes Geheimnis (des Anzeigenden) ist. Abs. 5 gestattet die Offenbarung des Namens unter den dort bezeichneten Voraussetzungen und bringt damit zum Ausdruck, daß bei anderen Anzeigen eine Offenbarungsbefugnis nicht besteht. Ob der Erstatter einer objektiv falschen Anzeige verdächtig ist, wider besseres Wissen (vgl. Anm. 6 zu § 164 StGB.) gehandelt zu haben, unterliegt der Beurteilung des Gesundheitsamts. Ein dringender Verdacht ist nicht erforderlich. Die Anwendbarkeit des § 164 StGB, (bei vorsätzlicher oder leichtfertiger Anschuldigung) wird durch Abs. 5 nicht beschränkt, wenn es gelingt, die Täterschaft ohne Beteiligung des Gesundheitsamts festzustellen. Ein Verbot der Berücksichtigung anonymer Anzeigen enthält das Gesetz (im Gegensatz zu § 4 Abs. 3 des Ges. v. 1927) nicht; es bleibt den Ländern überlassen, im Verwaltungswege entsprechende Anordnungen zu treffen.

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 18, 19

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(2) Ärztliche Eingriffe, die mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden sind, dürfen nur mit Einwilligung des Kranken vorgenommen werden. Bei welchen ärztlichen Eingriffen diese Voraussetzungen vorliegen, bestimmt der Bundesminister des Innern mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung1). § 18. [Zwangsuntersuchung und Zwangsbehandlung] (1) Das Gesundheitsamt kann durch die zuständige Verwaltungsbehörde vorführen1) lassen: 1. einen Geschlechtskranken, der sich weigert, sich untersuchen oder behandeln zu lassen oder sich auf Anordnung des Gesundheitsamtes in ein Krankenhaus zu begeben (§ 3 Abs. 1); 2. eine Person, die dringend verdächtig ist, geschlechtskrank zu sein und Geschlechtskrankheiten weiterzuverbreiten, wenn sie sich weigert, ein Zeugnis über ihren Gesundheitszustand vorzulegen oder sich zur Beobachtung in ein Krankenhaus zu begeben (§ 4 Abs. 1 und 2), oder wenn sie keinen festen Wohnsitz hat. (2) Ergibt die sofort vorzunehmende Untersuchung keinen Krankheitsbefund und keinen Verdacht auf Geschlechtskrankheit, so ist die Person unverzüglich in Freiheit zu setzen. Ergibt sich die Notwendigkeit einer Behandlung oder Beobachtung, so hat das Gesundheitsamt den Geschlechtskranken oder Krankheitsverdächtigen aufzufordern, sich in einem Krankenhaus aufnehmen zu lassen. Weigert er sich, dieser Anordnung Folge zu leisten, so ist er sofort, spätestens am Tage nach der Festnahme1), dem Amtsgericht mit dem Antrag auf zwangsweise Einweisung in ein Krankenhaus vorzuführen2). (3) Wer zur Beobachtung oder Behandlung in ein Krankenhaus zwangsweise eingewiesen ist und dieses, sei es auch auf kurze Zeit, ohne Erlaubnis des leitenden Arztes verläßt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft 3 ). Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag4) des Gesundheitsamtes oder des leitenden Arztes ein. § 19. [Zuführung polizeilich verwahrter oder vorläufig festgenommener Personen]1) Die Polizeibehörden haben Personen, die sie in Verwahrung genommen2) oder vorläufig festgenommen3) haben, und bei denen nach ihren Lebensumständen der Zu § 17: 1) Bisher nicht geschehen. Der Einwilligung bedürfen jedenfalls solche Maßnahmen, bei denen schon nach bisherigem Recht (vgl. VO. v. 27. 2. 1940, RGBl. I S. 456) die Einwilligung erforderlich war (Entnahme der Rückenmarksflüssigkeit, Cystoskopie, UreterenKatheterismus und Dehnung der Harnröhre) Z u § 18: 1) Die der Vorführung vorangehende Freiheitsentziehung, die in Abs. 2 Satz 3 als Festnahme bezeichnet wird, darf nur solange dauern, als es zur Erledigung des Vorführungsersuchens unbedingt erforderlich ist. 2) Vgl. Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG. Das Amtsgericht wird im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig (BGH. NJW. 52, 543); bis zum Erlaß des in Art. 104 Abs. 2 GG. vorgesehenen Bundesgesetzes sind die Vorschriften des FGG. sinngemäß anzuwenden. Der Eingewiesene ist behördlich in einer Anstalt Untergebrachter i. S. des § 122 b StGB. 3) Die Tat ist nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar. 4) Strafantrag i. S. des § 61 StGB. Zu § 19: 1) Die Vorschrift ist neu. 2) Nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften, z. B. des § 15 PrPVG. (vgl. dazu Anm. 8 zu § 1 des Ges. z. Schutz der Jugend v. 4. 12. 1951 — B II 10 —). 3) Gemäß § 127 StPO.

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B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. § § 2 0 , 2 1

hinreichende Verdacht einer Geschlechtskrankheit und der Weiterverbreitung von Geschlechtskrankheiten begründet ist, vor ihrer Freilassung4) dem Gesundheitsamt zur Untersuchung zuzuführen5). 7. Abschnitt. Heilmittel. Krankenhausbehandlung. Kostenregelung § 20. [Inverkehrbringen von Gegenständen zur Verhütung und Heilung von Geschlechtskrankheiten] 1 ) 2 (1) Gegenstände ), die zur Verhütung, Heilung oder Linderung von Geschlechtskrankheiten oder von Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane3) dienen sollen4), dürfen nur mit Genehmigung des Bundesgesundheitsamtes in den Verkehr gebracht5) werden. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn der Gegenstand für den genannten Zweck ungeeignet oder seine Verwendung gesundheitsschädlich ist. (2) Wer die in Absatz 1 bezeichneten Gegenstände ohne Genehmigung in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft 6 ). (3) Die Gegenstände, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, können eingezogen werden7). Ist die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden8). § 21. [Werbung für Heilmittel] 1 ) Für Mittel ) .Gegenstände3), Verfahren4) und Behandlungen5), die zur Heilung6) oder Linderung von Geschlechtskrankheiten oder von Krankheiten oder Leiden der Geschlechtsorgane bestimmt sind, darf nur bei Ärzten, Apothekern und Per2

4) Gleichviel, ob die Freilassung aus eigener Initiative der Polizei erfolgt oder nach Vorführung (§ 128 StPO.) vom Richter angeordnet wird. 5) Die Zuführung muß, wenn die Freilassung von der Polizei angeordnet wird, spätestens am Tage nach der Festnahme (Inverwahrungnahme) erfolgen (Art. 104 Abs. 2 GG.). Ordnet der Richter die Freilassung nach Vorführung an, so beginnt eine erneute Ergreifung i. S. des Art. 104 Abs. 2, so daß die Zuführung spätestens am nächsten Tage nach der Freilassungsanordnung geschehen muß. Das Gesundheitsamt verfährt nach § 18 Abs. 2. Zu § 20: 1) § 20 knüpft an § 13 des Ges. v. 1927 an. 2) Gegenstände (im Gegensatz zu Mitteln, vgl. § 21) sind zur mechanischen Anwendung bestimmte Sachen wie Spritzen, Kondoms usw. 3) S. Anm. 3 zu § 9. 4) dienen soll = dazu bestimmt sind, auch wenn sie gleichzeitig zu anderen Zwecken verwendet werden können. 5) Vgl. Anm. 7 zu § 3 Lebensmitteiges. (B VII 1). 6) Nur vorsätzliche Begehung ist strafbar. Wegen des Verhältnisses zu § 184 Abs. 1 Nr. 3 a StGB. vgl. dort Anm. 20. 7) Nach dem Ermessen des Gerichts ohne Rücksicht darauf, ob sie dem Täter oder Teilnehmer gehören. Wegen der Zulässigkeit der Einziehung gegenüber dem tatunbeteiligten Eigentümer vgl. 7 zu § 40 StGB. 8) Vgl. Anm. 1, 3 zu § 42 StGB. Zu § 21: 1) § 21 knüpft an § 11 des Ges. v. 1927 unter Berücksichtigung der tatbestandlichen Erweiterung, die er durch § 6 der PolVO. über die Werbung auf dem Gebiet des Heilmittelwesens v. 29. 9. 1941 (RGBl. I, 587) erfahren hatte, an. Die Zuwiderhandlung gegen § 21 ist Ordnungswidrigkeit (§ 27). § 21 ist unanwendbar, wenn die Handlung schon gegen § 9 verstößt. RG. D J . 40, 1115. Irreführende Werbung ist strafbar nach § 3 der vorerwähnten PolVO. v. 29. 9. 1941, der noch in Geltung ist (vgl. B G H . N J W . 53, 1802). 2) Mittel sind zum Einnehmen usw. bestimmte Substanzen, einerlei ob fest, flüssig oder gasförmig. 3) S. Anm. 2 zu § 20. 4) Verfahren ist eine Reihe von Tätigkeiten, die nach bestimmten Vorschriften einander folgen. 5) Behandlungen = Heilungsmethoden.

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. § 22

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sonen, die mit solchen Mitteln oder Gegenständen erlaubterweise Handel treiben sowie in Fachzeitschriften 7 ), die sich an die genannten Berufskreise richten, geworben werden, es sei denn, daß das Bundesgesundheitsamt eine andere Form der Werbung zuläßt.

§ 22. [Kostentragung] (1) Die Kosten der Untersuchung einer Person, die glaubt, an einer Geschlechtskrankheit zu leiden, sowie die Kosten der notwendigen Krankenpflege Geschlechtskranker werden getragen: 1. gemäß §§182 bis 184 der Reichsversicherungsordnung von dem Träger der Krankenversicherung, falls die Person einer Krankenkasse der Reichsversicherungsordnung als Pflichtmitglied oder freiwilliges Mitglied angehört; 2. von dem zuständigen Rentenversicherungsträger, wenn die Inanspruchnahme einer Krankenkasse durch eine versicherte Person die Untersuchung oder Heilbehandlung erschweren würde. Der Bundesminister für Arbeit kann bestimmen, daß zwischen den Versicherungsanstalten und den Krankenkassen ein Ausgleich stattfindet; 3. im übrigen aus öffentlichen Mitteln, falls die Person die Kosten der Untersuchung oder Behandlung nicht selbst tragen kann. Des Nachweises des Unvermögens bedarf es nicht, wenn dieses offensichtlich ist oder die Gefahr besteht, daß die Inanspruchnahme anderer Zahlungspflichtiger die Durchführung der Untersuchung oder Behandlung erschweren würde. (2) Zu den Kosten der Untersuchung und der notwendigen Krankenpflege gehören auch die Kosten für Arzneien, Verbandzeug, kleinere Heil- und Hilfsmittel sowie für bakteriologische und serologisch-diagnostische Untersuchungen und Beobachtungen im vollen Umfange. (8) Die Kostenträger nach Absatz 1 Nummern 1 und 2 tragen die Kosten einer stationären Krankenhausbehandlung nur, wenn und solange diese zur Heilung der Krankheit erforderlich ist. Bei Krankenhausunterbringung zur Ansteckungsverhütung gilt Absatz 1 Nummer 3 entsprechend. (4) Die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 gelten auch für die Familienkrankenpflege im Rahmen des § 205 der Reichsversicherungsordnung. (5) Wird eine Person auf Anordnung des Gesundheitsamtes untersucht oder beobachtet und ergibt der Befund, daß keine Behandlung erforderlich ist, so werden die Kosten der Untersuchung und Beobachtung aus öffentlichen Mitteln aufgebracht. (6) Wird eine an Syphilis leidende Person zur Sicherung der Fortführung der Behandlung in der Zeit zwischen den Kuren und während der Fortsetzung der Behandlung in einem Heim aufgenommen, so werden die notwendigen Kosten aus öffentlichen Mitteln aufgebracht, soweit der Kranke sie offensichtlich nicht selbst tragen kann. (7) Die Zuständigkeit anderer Kostenträger für alle weiteren Aufgaben der vorbeugenden und nachgehenden Fürsorge wird durch diese Regelung nicht berührt. (8) Auf die aus öffentlichen Mitteln aufzubringenden Kosten der Untersuchung, 6) Das sind Mittel, die nach der Ankündigung geeignet sind, den natürlichen Vorgang der Heilung einzuleiten oder zu fördern, auch die vollständige Heilung im Falle der Zuziehung des Arztes. RG. J W . 34, 171; auch solche Mittel, die den Organismus gegen das syphilitische Gift widerstandsfähig machen. KG. DJZ. 33, 504. 7) Vgl. Anm. 5 zu § 219 StGB.

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B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 23—25

Behandlung und Pflege finden die §§ 21a, 25 und 25 a der Verordnung über die Fürsorgepflicht keine Anwendung. In § 25 Abs. 4 Buchstabe d der Verordnung über die Fürsorgepflicht werden die Worte „und bei ansteckenden Geschlechtskrankheiten im Sinne des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927 (Reichsgesetzbl. I S. 61)" gestrichen. (9) Wenn bei der Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit der Kostenträger noch nicht feststeht, werden die Behandlungskosten einstweilen auf öffentliche Mittel übernommen. Der endgültige Kostenträger ist zur Rückerstattung verpflichtet. (10) Der Kranke ist nur dem Gesundheitsamt gegenüber verpflichtet, die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten der Untersuchung oder Behandlung auf öffentliche Mittel nachzuweisen. § 23. [Fachabteilungen für Geschlechtskranke] (1) Die Landesregierung kann im Bedarfsfalle bestimmen, daß Gemeinden und Gemeindeverbände besondere Krankenhausfachabteilungen unterhalten oder errichten und mit angemessenen Einrichtungen zur Behandlung und Isolierung von Geschlechtskranken ausstatten (geschlossene Infektionsabteilung). Die für die Errichtung und Unterhaltung dieser Abteilungen erforderlichen zusätzlichen Kosten trägt das Land. Bisher bestehende geschlossene Infektionsabteilungen dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen obersten Landesbehörde aufgelöst werden. Durch geeignete Aufgliederung dieser Abteilungen nach dem einzuweisenden Personenkreis muß eine sittliche Gefährdung, insbesondere von Jugendlichen, vermieden werden. (2) In Anstalten der allgemeinen, der Jugend- oder Gefährdetenfürsorge oder des Strafvollzuges können Fachabteilungen für geschlechtskranke Insassen gebildet werden. Die oberste Landesbehörde kann außerdem zur Unterbringung nach § 22 Abs. 6 andere Anstalten den Krankenhausfachabteilungen gleichstellen. (8) Die Fachabteilungen für Geschlechtskranke sind verpflichtet, alle Geschlechtskranken oder einer Geschlechtskrankheit verdächtigen Personen aufzunehmen, die ihnen das zuständige Gesundheitsamt im Rahmen seiner Befugnisse zuweist. Sie müssen während des Aufenthalts der Kranken mit dem Gesundheitsamt in der fürsorgerischen Betreuung der Kranken zusammenarbeiten. (4) Offene Abteilungen der Krankenhäuser zur freiwilligen Behandlung von Geschlechtskrankheiten werden durch die Vorschriften der Absätze 1 und 3 nicht betroffen. § 24. [Landesrechtliche Regelung] Durch Landesgesetz wird geregelt, wer die in § 5 Abs. 2, § 14 Abs. 3, § 22 Abs.l Nr. 3, Abs. 5, 6 und 9 und § 26 bezeichneten öffentlichen Mittel aufbringt. 8. Abschnitt. § 25.

Schlußbestimmungen

[Rechtsverordnungen]

Der Bundesminister des Innern erläßt nach Anhörung der ärztlichen Berufsvertretungen und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnungen Vorschriften über 1. die auf Grund dieses Gesetzes erforderlichen ärztlichen Zeugnisse und die Aufzeichnungen des behandelnden Arztes (§ 10),

B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §§ 26—31

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2. die Fassung des Merkblattes (§ 11), 3. das Verfahren bei den Meldungen gemäß §§ 12 und 13, 4. die Geschlechtskrankenstatistik im Rahmen der für die Bundesstatistik geltenden Vorschriften. § 26. [Gebühr für Nachforschung nach der Ansteckungsquelle] Für die Nachforschung nach der Ansteckungsquelle1) erhält der Arzt eine Gebühr aus öffentlichen Mitteln. § 27. [Ordnungswidrigkeiten] (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. einer Verpflichtung nach § 10 Abs. 1 Satz 2, § 12 oder § 21 oder 2. einer gemäß § 25 erlassenen Rechtsvorschrift, soweit sie ausdrücklich auf diese Bußgeldbestimmung verweist, zuwiderhandelt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden1). (3) Die fachlich zuständige oberste Landesbehörde kann das Gesundheitsamt nicht zur Verwaltungsbehörde im Sinne des § 73 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 25. März 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 177) bestimmen. § 28. [ Unanwendbarkeit des § 327 StGB.] Auf Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz findet § 327 des Strafgesetzbuchs keine Anwendung. § 29. [Sondervorschriften für Seeleute] Die Vorschriften der Vereinbarung über die den Seeleuten der Handelsmarine für die Behandlung von Geschlechtskrankheiten zu gewährenden Erleichterungen vom 1. Dezember 1924 in der Fassung der Bekanntmachung über den Beitritt des Deutschen Reiches zu dieser Vereinbarung vom 11. März 1937 (Reichsgesetzbl. II S. 109) werden durch dieses Gesetz nicht berührt. § 30. [Berlin] Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin1). Rechtsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. § 31. [Inkrafttreten. Aufgehobene Vorschriften] Dieses Gesetz tritt einen Monat nach seiner Verkündung in Kraft 1 ). Mit demselbenTage treten alle entgegenstehenden Bestimmungen außer Kraft, insbesondere: I. das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927 (Reichsgesetzbl. I S. 61) in der Fassung der Verordnung zur Änderung Z u § 26: 1) Vgl. § 13. Zu § 27: 1) Vgl. § 5 OWiG. — A 4 —. Keine Strafbarkeit des Versuchs, keine Einziehung im Fall des § 21 (§§ 9, 17 OWiG.). Zu § 30: 1) Das Ges. ist in Berlin übernommen durch Berliner Ges. v. 3. 8. 1953 (GVB1. S. 740). Zu § 31: 1) d. h. am 30. 8. 1953. 2) § 16 brachte Änderungen der §§ 180, 184, 361 u. 362 StGB.

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B I 3. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. §31

des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 21. Oktober 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1459), jedoch mit Ausnahme des § 162), die Zweite Verordnung zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 27. Februar 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 456), die Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 16. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1514), die Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 12. März 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 128), die §§ 9 bis 18 des Gesetzes über weitere Maßnahmen in der Reichsversicherung aus Anlaß des Krieges vom 15. Januar 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 34), II. folgende Ländergesetze und -Verordnungen: Baden-Württemberg: Gesetz Nr. 201 vom 16. Mai 1946 zur Abänderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927 (Regierungsblatt der Regierung Württemberg-Baden S. 172), Anordnung der Landesdirektion des Innern vom 23. Mai 1947 zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (Regierungsblatt für das Land Württemberg-Hohenzollern S. 61), Landesgesetz vom 18. September 1947 zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927 (Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 217), Bremen: Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 25. Oktober 1948 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen S. 197), Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 28. April 1949 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen S. 93), Hamburg: Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 1. Februar 1949 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 9), Hessen: Erste Verordnimg zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten vom 11. April 1946 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Groß-Hessen S. 110), Niedersachsen: Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 20. April 1949 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 101), Rheinland-Pfalz: Landesgesetz vom 13. Dezember 1947 über die Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (Gesetz- und Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz 1948 S. 63), Polizeiverordnung des Oberpräsidenten von Rheinland-Hessen-Nassau vom 28. Februar 1946, betreffend Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten (Amtsblatt für das Oberpräsidium von Rheinland-Hessen-Nassau und für die Regierung in Koblenz S. 2), Präsidialerlaß des Oberpräsidenten von Rheinland-Hessen-Nassau vom 23. November 1946, betreffend Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten

B I 4. Impfgesetz. §§ 1—3

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(Amtsblatt für das Oberpräsidium von Rheinland-Hessen-Nassau und für die Regierung in Koblenz S. 254), Schleswig-Holstein: Verordnung vom 16. Juli 1947 zur Ausführung des § 4 des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927 (Gesetzund Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein S. 16) sowie alle von den Ländern erlassenen Durchführungsbestimmungen und Verwaltungsvorschriften zum Gesetz der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1926 (Reichsgesetzbl. I S. 61) oder zu den oben aufgeführten Landesgesetzen.

B I 4. Impfgesetz Vom 8. April 1874

(RGBl. 1874 S. 31)

(Auszug)

§ 1. [Impfpflichtige] Der Impfung mit Schutzpocken soll1) unterzogen werden: 1. jedes Kind vor dem Ablaufe des auf sein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahres, sofern es nicht nach ärztlichem Zeugnis (§ 10) die natürlichen Blattern überstanden hat; 2. jeder Zögling einer öffentlichen Lehranstalt oder einer Privatschule, mit Ausnahme der Sonntags- und Abendschulen, innerhalb des Jahres, in welchem der Zögling das zwölfte Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht nach ärztlichem Zeugnis in den letzten fünf Jahren die natürlichen Blattern überstanden hat oder mit Erfolg geimpft worden ist.

§ 2. [Aufschub der Impfung] (1) Ein Impfpflichtiger (§ 1), welcher nach ärztlichem Zeugnis ohne Gefahr für sein Leben oder für seine Gesundheit nicht geimpft werden kann, ist binnen Jahresfrist nach Aufhören des diese Gefahr begründenden Zustandes der Impfung zu unterziehen. (2) Ob diese Gefahr noch fortbesteht, hat in zweifelhaften Fällen der zuständige Impfarzt (§ 6) endgültig zu entscheiden.

§ 3. [Wiederholung erfolgloser Impfungen] (1) Ist eine Impfung nach dem Urteil des Arztes (§ 5) erfolglos geblieben, so muß sie spätestens im nächsten Jahre und, falls sie auch dann erfolglos bleibt, im dritten Jahr wiederholt werden. (2) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß die letzte Wiederholung der Impfung durch den Impfarzt (§ 6) vorgenommen werde. Z u § 1: 1) soll = muß (vgl. § 2). Der hier vorgeschriebene Impfzwang verletzt nicht das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG.). BGH. DÖV. 53, 343; OLG. Hamm JMB1. NRW. 53, 10.

462

B I 4. Impfgesetz. §§ 4—8, 12

§ 4. [Nachholung unterbliebener Impfung] Ist die Impfung ohne gesetzlichen Grund (§§ 1, 2) unterblieben, so ist sie binnen einer von der zuständigen Behörde zu setzenden Frist nachzuholen1).

§ 5. [Vorstellung nach der Impfung] Jeder Impfling muß frühestens am sechsten, spätestens am achten Tage nach der Impfung dem impfenden Arzte vorgestellt werden.

§ 6. [Impfbezirke. Impfarzt] (1) In jedem Bundesstaate werden Impfbezirke gebildet, deren jeder einem Impfarzt unterstellt wird. (2 )

§ 71). [Impfliste]

(1) Für jeden Impfbezirk wird vor Beginn der Impfzeit eine Liste der nach § 1 Ziffer 1 der Impfung unterliegenden Kinder von der zuständigen Behörde aufgestellt. Über die auf Grund des § 1 Ziffer 2 zur Impfung gelangenden Kinder haben die Vorsteher der betreffenden Lehranstalten eine Liste anzufertigen2). (2) Die Impfärzte vermerken in den Listen, ob die Impfung mit oder ohne Erfolg vollzogen, oder ob und weshalb sie ganz oder vorläufig unterblieben ist 2 ). (3) Nach dem Schlüsse des Kalenderjahres sind die Listen der Behörde einzureichen2). (4) Die Einrichtung der Listen wird durch den Bundesrat festgestellt.

§ 8. [Impfung nur durch Ärzte] (1) Außer den Impfärzten sind ausschließlich Ärzte befugt, Impfungen vorzunehmen1). (2) Sie haben über die ausgeführten Impfungen in der im § 7 vorgeschriebenen Form Listen zu führen und dieselben am Jahresschluß der zuständigen Behörde vorzulegen2).

§ 12. [Nachweis der Impfung] Eltern, Pflegeeltern und Vormünder sind gehalten, auf amtliches Erfordern mittels der vorgeschriebenen Bescheinigungen (§ 10) den Nachweis zu führen 1 ), daß die Impfung ihrer Kinder und Pflegebefohlenen erfolgt oder aus einem gesetzlichen Grunde unterblieben ist. Zu § 4 : 1) Die Impfpflicht erlischt nicht mit der Beendigung der Schulpflicht, sondern erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres, KG. JFGErg. 40, 224, nach LG. Dresden D J . 41, 711 überhaupt nicht. Zu § 7 : 1) Hierzu Durchf VO. v. 22. 1. 1940 (RGBl. I S. 214). 2) Strafvorschrift: § 15. Zu § 8: 1) Strafvorschrift: § 16. 2) Strafvorschrift: § 15. Zu § 12: 1) § 12 besagt nichts über die sachliche Impfpflicht (§§ 1—5, Strafbest. § 14 Abs. 2), sondern begründet daneben eine formelle Pflicht zur Auskunft (StrafVorschrift: § 14 Abs. 1). Dieser Pflicht ist z. B. auch genügt, wenn Nachweispflichtiger anzeigt, daß Impfung aus grundsätzlicher Gegnerschaft unterblieben sei; es ist dann Sache der Behörde einzuschreiten und die Durchführung der sachlichen Impfpflicht zu sichern, OLG. Kiel SchlHA. 36, 143. Die Nachweispflicht kann nicht vor Ablauf des Zeitraums, innerhalb dessen die Impfpflicht erfüllt werden muß, verletzt werden.

B 1 4. Impfgesetz. §§ 13—15

463

§ 13. [Eontrolle der Impfung]1) (1) Die Vorsteher derjenigen Schulanstalten, deren Zöglinge dem Impfzwange unterliegen (§ 1, Ziffer 2), haben bei der Aufnahme von Schülern durch Einfordern der vorgeschriebenen Bescheinigungen festzustellen, ob die gesetzliche Impfung erfolgt ist. (2) Sie haben dafür zu sorgen, daß Zöglinge, welche während des Besuches der Anstalt nach § 1 Ziffer 2 impfpflichtig Werden, dieser Verpflichtung genügen. (3) Ist eine Impfung ohne gesetzlichen Grund unterblieben, so haben sie auf deren Nachholung zu dringen. (4) Sie sind verpflichtet, vier Wochen vor Schluß des Schuljahres der zuständigen Behörde ein Verzeichnis derjenigen Schüler vorzulegen, für welche der Nachweis der Impfung nicht erbracht ist.

§ 14. [Strafen gegen Sorgepflichtige] (1) Eltern, Pflegeeltern1) und Vormünder, Welche den nach § 12 ihnen obliegenden Nachweis zu führen unterlassen2), werden mit einer Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark bestraft 3 ). (2) Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, deren Kinder und Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung 4) der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung (§ 5) entzogen geblieben sind 5 ), werden mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.

§15. [Strafen gegen Ärzte und Schulleiter] Ärzte und Schulvorsteher, welche den durch § 8 Absatz 2, § 7 und durch § 13 ihnen auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen, werden mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark bestraft1). Z u § 13: 1) Strafvorschrift: § 15. Z u § 14: 1) Es kommt darauf an, ob ein der natürlichen Elternschaft entsprechendes tatsächliches Betreuungsverhältnis besteht. E. 34, 161; 58, 61. Stiefeltern sind nur pflichtig, wenn sie Pflegeeltern oder Vormünder sind. E. 41, 198. 2) Verletzung der Nachweispflicht bildet — ebenso wie Impfpflichtverletzung (§ 14 Abs. 2) — bei mehreren Kindern derselben Eltern für jedes Kind einen selbständigen Straff all und ist für jedes besonders zu bestrafen. KG. J W . 36, 622. Zum inneren Tatbestand genügt Fahrlässigkeit (ebenso für Abs. 2). 3) Beginn der dreimonatigen Verjährungsfrist erst bei Wegfall der Pflicht zum Handeln. E. 59, 6. Siehe auch Anm. 1 zu § 4. 4) Diese muß ordnungsmäßig erfolgt und es muß Gelegenheit gewährt gewesen sein, die Kinder in einem öffentlichen Impftermin unentgeltlich impfen zu lassen. OLG. Düsseldorf H R R . 36 Nr. 713. 5) Berufung auf persönliche Gewissensbedenken und auf die Sorge um die Gesundheit der Angehörigen kann gegenüber dem gesetzlich allgemein begründeten Impfzwang nicht anerkannt werden. KG. J W . 37, 2419. H a t der Täter (zu Unrecht; vgl. Anm. 1 zu § 1) das Impfgesetz für ungültig gehalten, so kann von unverschuldetem Verbotsirrtum nur dann die Rede sein, wenn er seine Erkundigungspflicht nicht verletzt hat, deren Umfang sich nach dem Lebens- und Berufskreis des Betroffenen richtet. OLG. H a m m JMB1. N R W . 53, 10. — Zu bestrafen ist jede Nichtbefolgung der amtlichen Aufforderung, so daß auch ein wiederholter Ungehorsam innerhalb derselben Impfperiode erneut zur Bestrafung führt. AV. d. RJM. v. 23. 10. 1936 (DJ. S. 1646); KG. J W . 36, 2247 Nr. 57). Z u § 15: 1) Zum inneren Tatbestand genügt Fahrlässigkeit.

464

§§ 16, 17 — B I 5. Reichsärzteordnung. §§ 13, 16 — Gesetz über Zahnheilkunde. § 1

§ 16. [Unbefugte Impfungen] Wer unbefugterweise (§ 8) Impfungen vornimmt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft. § 17. [Fahrlässige Ausführung der Impfung] Wer bei der Ausführung einer Impfung fahrlässig handelt1), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten bestraft, sofern nicht nach dem Strafgesetzbuch eine härtere Strafe eintritt.

B I 5 . Arzt- und Apothekerrecht a) Reichsärzteordnung *) Vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1433) (Auszug.) § 13. [Verschwiegenheitspflicht] 1 ) § 16. [Schutz der Bezeichnung ,,Arzt"] (1) Wer, ohne eine Bestallung als Arzt zu besitzen, eine Bezeichnung führt1), durch die der Anschein erweckt werden kann, er sei zur Ausübung der Heilkunde unter der Bezeichnung als Arzt befügt 2 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) D e r Reichsminister des Innern k a n n nach Anhörung der Reichsärztekammer

Vorschriften über die Führung solcher Bezeichnungen erlassen. b) Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde Vom 81. März 1952 (BGBl. I S. 221, 251) (Auszug) § 1. [Bestallungspflicht. Schutz der Bezeichnung „Zahnarzt"] (1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Zahnheilkunde dauernd ausüben will, bedarf einer Bestallung als Zahnarzt nach Maßgabe dieses Gesetzes oder Zu § 17: 1) D. h. gesundheitsgefährdend handelt, auch wenn keine Schädigung der Gesundheit eintritt. Die Tat kann vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. Wegen Impfschäden, die bei ordnungsmäßig durchgeführter Impfung eintreten, kann ein Aufopferungsanspruch nach den in § 75 EinlALR. enthaltenen Rechtsgrundsätzen begründet sein. BGH. N J W . 53, 857 (abw. von RGZ. 156, 305). Zu B I 5 a : *) S c h r i f t t u m : Schäfer, D J . 36, 374; Kallfeh, J W . 36, 1343 und Ärztl. Sachverständigen-Zeitung 42 Nr. 4. Die ReichsärzteO. ist z. T. nach dem 8. 5. 45 durch landesrechtl. Vorschriften ersetzt worden (vgl. z. B. bayr. Ärzteges. v. 25. 5. 1946 (GVB1. S. 193). — Bestallungsordnung für Ärzte v. 15. 9. 1953 (BGBl. I S. 1334). Zu § 13: 1) § 13 ist aufgehoben durch Art. 8 Nr. 4 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735); vgl. jetzt § 300 StGB. Zu § 16: 1) Vgl. Anm. 6 zu § 132 a StGB. 2) Zur Ausübung des ärztl. Berufs ist nach § 2 RÄO. befugt, wer von der zuständigen d e u t s c h e n Behörde als Arzt bestellt ist; ein im Ausland approbierter Arzt darf nach § 11

B I 5. Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde. §§ 13, 14

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als Arzt nach bundesgesetzlicher Bestimmung. Die Bestallung berechtigt zur Führung der Bezeichnung als „Zahnarzt" oder „Zahnärztin". Die vorübergehende Ausübung der Zahnheilkunde bedarf einer jederzeit widerruflichen Erlaubnis. (2) Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Als Krankheit ist jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen. (3) Die Ausübung der Zahnheilkunde ist kein Gewerbe. (4) Zur Erfüllung von Aufgaben auf dem Gebiete der Zahnheilkunde für eine Behörde oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts kann, unbeschadet der Vorschrift des § 19 dieses Gesetzes und soweit durch Gesetz nichts anders bestimmt wird, nur herangezogen werden, wer die Bestallung als Arzt oder als Zahnarzt besitzt. § 13. [Erlaubnis und Bestallung bei Auslandsprüfungen und Nichtdeutschen] (1) Wurde die zahnärztliche Prüfung im Ausland abgelegt oder ist ein Bewerber, der die Prüfung im Inland abgelegt hat, nicht Deutscher im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes, so kann eine Erlaubnis zur Ausübung der Zahnheilkunde oder in besonderen Fällen eine Bestallung nur erteilt werden, wenn die Bundesregierung nicht widerspricht. Die Erlaubnis oder die Bestallung kann nur im Benehmen mit der Bundesregierung versagt werden. (2) Personen, denen die Erlaubnis erteilt worden ist, haben die gleichen Rechte und Pflichten wie Zahnärzte. § 14. [Ausübung der Zahnheilkunde in Grenzgebieten] Für die Ausübung der Zahnheilkunde in Grenzgebieten durch Zahnärzte, die im Inland keine Niederlassung haben, gelten die hierfür abgeschlossenen zwischenstaatlichen Verträge. RÄO. i. d. Fass. der VO. v. 30. Mai 1940 ( R G B l . I S. 827) die ärztliche Tätigkeit unter der Bezeichnung als Arzt nur ausüben, wenn ihm dies amtlich gestattet ist; in diesem Falle ist nach § 15 der 1. DurchfVO. zur RÄO. v. 31. März 1936 ( R G B l . I S. 338) die Beifügung der ausl. ärztl. Bezeichnung oder ein Hinweis auf den Erwerb der Approbation im Ausland unzulässig. Daraus ergibt sich, daß nach § 16 RÄO. — im Gegensatz zu der früheren Auslegung des § 147 Nr. 3 GewO. E . 48, 2. — der im Ausland approbierte Arzt sich auch nicht mit einem auf die ausl. Approbation hinweisenden Zusatz als Arzt bezeichnen darf. Schäfer. D J . 36, 373. Die unbefugte Führung der Bezeichnung Arzt war früher nach § 147 Nr. 3 GewO. mit Geldstrafe bedroht. Als bereits nach § 147 Nr. 3 GewO. und demgemäß nach § 16 verbotene arztähnliche Bezeichnungen sind in der Rechtsprechung angesehen worden: „nicht approbierter Naturarzt", OLG. Frankfurt J W . 28, 2103; „Assistent des weltberühmten Dr. med. . . .", R G . GA. 50, 123; „Heilpraktikant, Schüler von Dr. . . . " , BayObLG. J R . 26 Nr. 132; „praktischer Vertreter der Heilkunde'', OLG. Dresden H R R . 32 Nr. 1 2 8 2 ; , , Spezialist für Geschlechtskrankheiten", GA. 26, 350 oder „Spezialist für Frauenkrankheiten", E . 27, 335; ebenso derTitel „Professor" in Verbindung mit dem Heilwesen, K G . D J Z . 02, 54. Auch die bloße Bezeichnung als Dr. kann unter Umständen zur Strafbarkeit ausreichen, BayObLG. J W . 32, 3360, ebenso die Ausstellung eines Schriftstücks mit der Überschrift „ärztliches Zeugnis", E . 37, 220. Die unbefugte Bezeichnung als „Heilpraktiker" ist nach § 1 Abs. 3 des Ges. v. 17. Februar 1939 (abgedr. B I 5e) in Verb, mit § 132a S t G B , (unbefugte Führung einer „Dienstbezeichnung") strafbar. Die unbefugte Bezeichnung sog. niederärztlicher Bezeichnungen (z. B. „geprüfter Heildiener") fällt nicht unter § 16. Zum inneren Tatbestand ist Vorsatz erforderlich. 30

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B I 5. Ges. über Zahnheilkunde. §§ 18-20. — Reichstierärzteordnung. §§ 13, 16

§ 18. [Strafvorschriften] 1 ) Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, 1. wer die Zahnheilkunde ausübt, ohne eine Bestallung als Arzt oder als Zahnarzt zu besitzen oder nach §§ 1 Abs. 1 Satz 3, 13 Abs. 1, 14 oder 19 zur Ausübung der Zahnheilkunde berechtigt zu sein, 2. wer, ohne eine Bestallung als Arzt oder als Zahnarzt zu besitzen oder nach §§ 1 Abs. 1 Satz 3, 13 Abs. 1, 14 oder 19 zur Ausübung der Zahnheilkunde berechtigt zu sein, eine Bezeichnung führt, durch die der Anschein erweckt werden kann, er sei zur Ausübung der Zahnheilkunde berechtigt 2 ), 3. wer die Zahnheilkunde ausübt, solange die Befugnis hierzu ruht (§ 7 Abs. 1) oder die weitere Berufsausübung vorläufig untersagt ist (§ 5). § 19. [Dentisten] Wer vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Zahnheilkunde ausgeübt hat, ohne im Besitz einer Bestallung als Arzt oder Zahnarzt zu sein, darf sie im bisherigen Umfange weiter ausüben. §§ 4 (betr. Zurücknahme der Bestallung), 5 (betr. vorläufige Untersagung der Berufsausübung) und 7 (betr. Ruhen der Befugnis zur Ausübung der Zahnheilkunde) sind entsprechend anzuwenden. § 20. [Früher erteilte Approbationen] Eine auf Grund des § 29 der Gewerbeordnung erteilte Approbation als Zahnarzt gilt als Bestallung im Sinne dieses Gesetzes. c) Reichstierärzteordnung*) Vom 3. April 1936 (RGBl. I S. 347) (Auszug) § 13.

[Verschwiegenheitspflicht]

(1) Der Tierarzt soll über Tatsachen, die ihm in Ausübung seines Berufs bekanntwerden, Schweigen bewahren, soweit berechtigte Belange es erfordern 1 ). (2) Erfordern öffentliche Belange die Bekanntgabe seiner Feststellungen, so ist der Tierarzt an das Schweigegebot nicht gebunden. Ein Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht besteht nicht. Zu B I 5 b § 18: 1) Wegen der Schweigepflicht der Zahnärzte vgl. § 300 StGB. 2) Nr. 2 spricht lediglich aus, daß, wer zur Ausübung der Zahnheilkunde nicht befugt ist, auch nicht eine Bezeichnung führen darf, durch die der Anschein einer solchen Befugnis erweckt werden kann. Demgemäß richtet sich Nr. 2 nicht gegen den, der sich als Zahnarzt bezeichnet, ohne eine Bestallung als Arzt oder Zahnarzt zu besitzen, aber nach §§ 1 Abs. 1 Satz 3, 13 Abs. 1, 14 oder 19 zur Ausübung der Zahnheilkunde befugt ist; vielmehr ergibt sich die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens aus § 1 des vorliegenden Ges. in Verb, mit § 132 a StGB. Lediglich durch Nr. 2 geschützte Bezeichnungen sind z. B. Dentist, Zahnheilkundiger oder Zahnpraktiker, dagegen nicht Zahntechniker, da diese Bezeichnung nicht auf Ausübung der Zahnheilkunde, sondern nur auf eine die Zahnheilkunde unterstützende handwerkliche Betätigung hindeutet. Erbs, Strafrechtl. Nebengesetze, Anm. 2 zu § 18. Vgl. im übrigen Anm. 1, 2 zu § 16 der ReichsärzteO. Zu c : *) Durch bad. Gesetz über die Landestierärztekammer v. 9. 1. 1951 (GVB1. S. 43) sind die §§ 14 u. 19—92 der ReichstierärzteO. aufgehoben worden, die §§ 13 und 16 a b e r unberührt geblieben. Zu § 13: 1) Verletzung der Verschwiegenheitspflicht begründet keine Strafbarkeit.

B I 5. Reichsapothekerordnung. §§ 23, 24. — Krankenpflegeordnung. § 16

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§ 16. [Schutz der Bezeichnung „Tierarzt"] (l1) Wer, ohne eine Bestallung als Tierarzt zu besitzen, eine Bezeichnung führt, durch die der Anschein erweckt werden kann, er sei zur Ausübung der Tierheilkunde unter der Bezeichnung Tierarzt befugt 1 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2)

....

d) Reichsapothekerordnung Vom 18. April 1937 (RGBl. I S. 457) (Auszug)

§ 23.

[Strafen]

Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, 1. wer, ohne als Apotheker bestallt zu sein, eine Bezeichnung führt, durch die der Anschein erweckt werden kann, er sei Apotheker; 2. wer eine dem Apotheker vorbehaltene Tätigkeit gewerbs- oder gewohnheitsmäßig1) ausübt, nachdem seine Bestallung erloschen oder zurückgenommen oder nachdem auf sie verzichtet ist.

§ 24. [Verschwiegenheitspflicht]1) e) Krankenpflegeordnung1) Vom 28. September 1938 (RGBl. I S. 1310)

§ 16. [Berufsbezeichnungen, -trachten und -abzeichen] (1) Die Berufsbezeichnungen im Krankenpflegeberuf sind „Krankenschwester" und „Krankenpfleger". Sie darf nur führen, wer die Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Krankenpflege erhalten hat. (2) Berufstrachten und Berufsabzeichen von Krankenschwestern und Krankenpflegern bedürfen der Genehmigung des Reichsministers des Innern. Sie dürfen nur von den Krankenschwestern oder Krankenpflegern getragen werden. Die vom Reichsminister des Innern genehmigten Trachten und Abzeichen werden im Ministerialblatt des Reichs- und Preußischen Ministerium des Innern b e k a n n t g e g e b e n . § 16: 1) Hierher gehört z. B. die Bezeichnung „praktischer Tierheilkundiger", BayObLG. DRZ. 33 Nr. 215. Zu d § 23: 1) Vgl. Anm. 1, 2 zu § 260 StGB. Zu § 2 4 : 1) § 24 ist aufgehoben durch Art. 8 Nr. 5 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735); vgl. jetzt § 300 StGB. Zu e : 1) Der strafrechtliche Schutz der Berufsbezeichnungen „Säuglings- und Kinderschwester" und „med.-techn. Gehilfin" oder „med.-techn. Assistentin", der Berufsabzeichen und -trachten ist in den §§ 17—19 der Säuglings- und KinderpflegeVO. v. 15. November 1939 (RGBl. I S. 2239) und in den §§ 27—29 der VO. v. 17. Februar 1940 (RGBl. I S. 371) in gleicher Weise wie in der KrankenpflVO. geregelt. Die Berufsbezeichnung „Wochenpflegerin" ist durch § 6 der VO. v. 7. 2. 1943 (RGBl. I S. 87) unter Strafschutz gestellt (Gefängnis bis zu 3 Monaten und Geldstrafe oder eine dieser Strafen). 30*

468

B I 5. Krankenpflegeordnung. §§ 17—19. — Heilpraktikergesetz. § 1

§ 17. [Strafen] (1) Wer unbefugt die Bezeichnung „Krankenschwester" oder „Krankenpfleger" führt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Ebenso wird nach § 132a des Strafgesetzbuchs bestraft, wer unbefugt eine Berufstracht oder ein Berufsabzeichen für Betätigung in der Krankenpflege trägt, die vom Reichsminister des Innern genehmigt sind, oder die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. § 18. [ Erlaubnispflicht] Wer ohne die nach § 1 erteilte Erlaubnis die Krankenpflege beruflich1) ausübt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. § 19. [Verschwiegenheitspflicht] 1 ) f) Heilpraktikergesetz *) Vom 17. Februar 1939 (RGBl. I S. 251) 1. DurchfVO. vom 18. Februar 1939 (RGBl. I S. 259) 2. DurchfVO. vom 3. Juli 1941 (RGBl. I S. 368) § 1. Erlaubnispflicht (1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis1). (2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs-2) oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen,3) auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Z u § 18: 1) Beruflich ist dasselbe wie berufsmäßig in § 1 des Heilpraktikerges. (vgl. unter f Anm. 2 zu § 1). Z u § 19: 1) § 19 ist aufgehoben durch Art. 8 Nr. 7 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735); vgl. jetzt § 300 StGB.. Z u f : *) Die Vorschriften des § 1 Abs. 1, 2 u. § 5 sind noch gültig; sie verstoßen nicht gegen Art. 2, 12 GG. H. M.; vgl. BayObLG. J R . 53, 150; OLG. Tübingen N J W . 53, 1605. Ebenso verstößt § 2 I b der 1. DVO. (Erteilung der Erlaubnis nur an deutsche Staatsangehörige) nicht gegen das GG. OVG. Münster MDR. 53, 764. Z u § 1 : 1 ) Die Ausübung der Heilkunde bei Geschlechtskrankheiten und bei Krankheiten und Leiden der Geschlechtsorgane ist Heilpraktikern verboten (vgl. § 9 des Geschlechtskrankheitenges. — B I 3 •—). 2) Berufsmäßigkeit unterscheidet sich von der Gewerbsmäßigkeit dadurch, daß eine auf Entgelt gerichtete Absicht nicht erforderlich ist. Dagegen erfordert Berufsmäßigkeit wie die Gewerbsmäßigkeit die Absicht, die Tätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und sie sich dadurch zu einer dauernden oder doch wiederkehrenden Beschäftigung zu machen. Schon e i n e Handlung genügt. RG. D R . 43, 764; OLG. Tübingen N J W . 53, 1605. 3) Eine Ausübung der Heilkunde liegt auch vor, wenn der Täter eine Arzneifertigware, die für mehrere Leiden unterschiedlich zusammengesetzt ist, vertreibt und dabei Ratschläge für die Auswahl der Zusammensetzung erteilt. BayObLG. J R . 53, 150. Die Ausübung der Heilkunde kann neben dem gewerbsmäßigen Aufsuchen von Bestellungen auf Heil- und Linderungsmittel einhergehen. BayObLG. J W . 34, 3142; OLG. Tübingen N J W . 53, 1605 (der Täter läßt sich die Krankheitssymptome angeben und nimmt danach Bestellungen auf die ihm als geeignet erscheinenden Heil- oder Linderungsmittel entgegen). Dagegen keine Ausübung der Heilkunde, wenn ein Apotheker den Kunden bei der Auswahl des von ihm

§§ 5, 6. — B I 6. Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln. § 1

469

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker"4). § 5. Strafen (1) Wer ohne Erlaubnis die Heilkunde ausübt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2)

...

(2)

...

§ 6. Zahnheilkunde1) (1) Die Ausübung der Zahnheilkunde fällt nicht unter die Bestimmungen dieses Gesetzes.

BI 6. Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz). Vom 10. Dezember 1929 (RGBl. I S. 215) in der Fassung der Gesetze vom 22. Mai 1933 (RGBl. I S. 287) und vom 9. Januar 1934 (RGBl. I S. 22) sowie der VO. vom 12. Juni 1941 (RGBl. I S. 328) *) Auszug)

§ 1. Begriffsbestimmung der Stoffe und Zubereitung (1) Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Rohopium, Opium für medizinische Zwecke, Morphin, Diacetylmorphin (Heroin), Kokablätter, Rohkokain, Kokain, Ekgonin, Indischer Hanf sowie alle Salze des Morphins, Diacetylmorphins (Heroins), Kokains und Ekgonins1). gewünschten Arzneimittels berät, soweit ein solcher Kundendienst sich im R a h m e n der üblichen Mitwirkung der Apotheker hält (vgl. dazu AG. Ehingen N J W . 53, 1236). — Die Tätigkeit zur Heilung m u ß eine medizinische Heilung, also eine Heilung nach vorherigem Versuch einer Diagnose bezwecken; § 1 ist also u n a n w e n d b a r auf kultische Heilhandlungen, wie z. B. Handauflegen durch Mitglieder religiöser Vereinigungen zwecks lediglich geistiger Beeinflussung. K G . J R . 50, 117. 4) Wegen des Schutzes der Berufsbezeichnung s. A n m . 2 Abs. 2 zu § 16 RÄO. (u. B I 5 a). Z u § 6 : 1) Vgl. §§ 1, 19 des unter b) abgedr. Ges. v. 31. 3. 1952. Z u B I 6 : *) S c h r i f t t u m : Stenglein, Nebengesetze, 5. Auflage, Ergänzungsband S. 55; Linz, Zusammenstellung der deutschen Opiumgesetzgebung A nselsimo-Hamburger, Kom. 1931; Erbs, Nebengesetze O. 165. — Nach dem 8. 5. 1945 h a t z. T. die Landesgesetzgebung ändernd u n d ergänzend eingegriffen; f ü r Bayern Ges. über die Überwachung des Verkehrs mit Bet ä u b u n g s m i t t e l n v. 23. 1. 1946 (GVB1. S. 213). — Nach Art. 74 Nr. 19 GG. erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf den Verkehr m i t Betäubungsmitteln. Z u § 1 : 1 ) Die gebräuchlichsten und unter § 1 fallenden O p i a t e sind: Acedicon Dolantin Pantopon Kokablätter Aktidron Kokain Paramorphin Dromoran Alcopon Peronin Ekgonin u n d E s t e r Laudanon Asthma-Inhalsan Pervitin Elastonon Methadol Benzedrin Polamidon Eucodal Minopon Rohkokain Benzylmorphin Eumecon Morphin Rohopium Citrospetin Genormorphin Morphin-Aminoxyd S E E (Scopolamin Coffeocitrin Glycomecon Morphin-A t r o p i n — Ephetomin — Cliradon Heroin Morphin-Scopolamin Eucodal) Diacetylmorphin Holopon siccum Narcophin Thebain Dicodid Indischer Hanf Nealpon Isomethadone Digimorvaltabl. Opifix Tinct. opii. simpl. Isophen Dilaudid Trivalin Opium Kodein Dionin Dazu VO. über die Unterstellung weiterer Stoffe unter die Bestimmungen des Opiumgesetzes v. 16. 6. 1953 (BGBl. I S. 402).

470

B I 6. Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln. § 3

(2) Stoffe, die nach wissenschaftlicher Feststellung die gleichen schädigenden Wirkungen wie die in Abs. 1 genannten auszuüben vermögen, können diesen durch eine mit Zustimmung des Reichsrats ergehende Verordnung der Reichsregierung gleichgestellt werden. (2a) nicht abgedruckt. (3) Zubereitungen im Sinne dieses Gesetzes sind alle Zubereitungen, die Morphin oder Kokain oder deren Salze enthalten, sofern der Gehalt der Zubereitung, berechnet auf Morphin, mehr als 0,2 vom Hundert, berechnet auf Kokain, mehr als 0,1 vom Hundert beträgt, ferner alle Zubereitungen, die Diacetylmorphin (Heroin) oder Ekgonin oder deren Salze enthalten, ferner IndischHanfextrakt und Indisch-Hanftinktur, ferner alle Zubereitungen der Stoffe, die nach Abs. 2 oder Abs. 2a den in Abs. 1 genannten Stoffen gleichgestellt Werden. (4) nicht abgedruckt.

§ 3. Erlaubniszwang (1) Die Einfuhr und Ausfuhr der Stoffe und Zubereitungen, ihre Gewinnung ihre gewerbsmäßige Herstellung und Verarbeitung, der Handel mit ihnen, ihr Erwerb, ihre Abgabe 1 ) und Veräußerung sowie jeder sonstige gleichartige Verkehr mit ihnen ist nur Personen gestattet, denen hierzu die Erlaubnis erteilt worden ist. Über den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis entscheidet das Reichsgesundheitsamt im Benehmen mit der zuständigen Landesregierung. In der Erlaubnis sind die Örtlichkeiten, für die sie erteilt wird, zu bezeichnen. (2) Die Erlaubnis kann beschränkt werden. (3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn ein Bedürfnis für ihre Erteilung nicht besteht oder wenn Bedenken des Gesundheitsschutzes oder persönliche Gründe ihrer Erteilung entgegenstehen. Die erteilte Erlaubnis kann aus den gleichen Gründen widerrufen werden. (4) Keiner Erlaubnis nach Abs. 1 bedürfen die Apotheken für den Erwerb der Stoffe und Zubereitungen, für ihre Verarbeitung sowie für ihre Abgabe auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung, die behördlich genehmigten ärztlichen Hausapotheken für die Verarbeitung und Abgabe der Stoffe und Zubereitungen, die behördlich genehmigten tierärztlichen Hausapotheken für den Erwerb, die Verarbeitung und Abgabe der Stoffe und Zubereitungen. Einer Erlaubnis bedarf ferner nicht, wer die Stoffe und Zubereitungen aus den Apotheken auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung 2 ) oder aus behördlich genehmigten ärztlichen oder tierärztlichen Hausapotheken oder von Tierärzten, die eine Erlaubnis nach Abs. 1 erhalten haben, erwirbt. Auf Grund des nicht abgedruckten § 8 ist die Verschreibungsordnung ergangen: VO. über das Verschreiben B e t ä u b u n g s m i t t e l enthaltender Arzneien u n d ihre A b g a b e in den Apotheken Vom 19. Dezember 1930 (RGBl. I S. 635) i. d. F. der VOen v. 24. März 1931 (RGBl. I S. 76), v. 8. Juli 1932 (RGBl. I S. 349), v. 20. Mai 1933 (RGBl. I S. 287), der 6. VO. über die Unterstellung weiterer Stoffe unter die Bestimmungen des Opiumgesetzes v. 12. Juni 1941 (RGBl. I S. 328) i. d. F. der Berichtigung v. 22. Juli 1941 (RGBl. I S. 454) und der VO. v. 31. Juli 1943 (RGBl. I S. 453). Zu § 3: 1) Keine Abgabe ist die Verabreichung von Betäubungsmitteln durch unmittelbare Anwendung an dem Körper eines anderen, besonders durch Einspritzungen. B G H . E. 1, 130. 2) Verschreibung (Rezept) ist die schriftliche Anweisung auf Verabfolgung des Opiats E. 62, 284, und zwar an den Kranken oder an den Arzt selbst für den Bedarf seiner Praxis. RG. J W . 58 (1929) S. 2273; s. auch Anm.**) auf S. 471.

B I G . Vorschriften zur Verschreibungsverordnung. §§ 1—19

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§ l (1) Verschreibungen, die zum Bezüge Betäubungsmittel enthaltender Arzneien aus öffentlichen Apotheken erforderlich sind, dürfen nur nach den Bestimmungen des Abschnitts II dieser Verordnung ausgestellt werden. (2) Betäubungsmittel enthaltende Arzneien dürfen in den öffentlichen Apotheken, den behördlich genehmigten ärztlichen und tierärztlichen Hausapotheken sowie durch Tierärzte, die eine Erlaubnis nach § 3 des Opiumgesetzes erhalten haben, nur nach den Bestimmungen des Abschnitts I I I dieser Verordnung abgegeben werden*). (3) Über die Abgabe Betäubungsmittel enthaltender Arzneien ist nach den Bestimmungen des Abschnitts IV dieser Verordnung Buch zu führen. § § 2—5 nicht abgedruckt. § 6 Die Arzneien dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten oder Tierärzten und nur dann verschrieben werden, wenn die Anwendung des Betäubungsmittels ärztlich, zahnärztlich oder tierärztlich begründet ist**). § 7 (1) Arzneien, die mehr als ein Betäubungsmittel enthalten, dürfen nicht verschrieben werden. (2) Arzneien, die Kokablätter oder Zubereitungen von Kokablättern oder Ekgonin oder einen Ester des Morphins, ausgenommen Diazetylmorphin (Heroin), enthalten, dürfen nicht verschrieben werden. § § 8—18 nicht abgedruckt. § 19 (1) Die Verschreibungen müssen außer der Angabe der Bestandteile der Arznei und ihrer Mengen folgende Angaben enthalten: a) Name des Arztes, Zahnarztes oder Tierarztes, seine Berufsbezeichnung und seine Anschrift, b) Tag des Ausstellens, c) eine ausdrückliche Gebrauchsanweisung — bei Verschreibung Kokain oder Phenylaminopropan (Aktedron, Benzedrin, Elastonon) enthaltender Arzneien für einen Kranken zur Anwendung am Auge außerdem die Angabe dieses Verwendungszwecks —, d) Name und Wohnung des Kranken, für den die Arznei bestimmt ist, bei tierärztlichen Verschreibungen Art des Tiers sowie Name und Wohnung des Tierhalters, e) eigenhändige, ungekürzte Namenunterschrift des Arztes, Zahnarztes oder Tierarztes, f) in Fällen, wo dies in § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 2, § 13 Abs. 3, § 14 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 vorgeschrieben ist, vor der Namensunterschrift den eigenhändigen Vermerk „Eingetragene Verschreibung". (2) Die in Abs. 1 vorgeschriebenen Angaben sind mit Tinte oder Tintenstift zu machen, die unter Buchstabe a vorgeschriebenen jedoch nur, wenn sie nicht aufgedruckt oder aufgestempelt sind. (3) Bei Verschreibungen für den allgemeinen Bedarf der öffentlichen und der gemeinn ützigen Krankenhäuser, der Universitätskliniken und der den letztgenannten gleichgestellten Anstalten, für den Bedarf in der Praxis des Arztes, Zahnarztes und Tierarztes, für den Bedarf der behördlich genehmigten ärztlichen und tierärztlichen Hausapotheken sowie für die Aus*) Die ärztliche Verschreibung (Anm. 2 zu § 3) muß dem Apotheker vorliegen, ehe er das Betäubungsmittel aushändigt. Das Gesetz läßt auch in dringenden Notfällen keine Ausnahme zu. An die Annahme eines übergesetzlichen Notstandes sind hier sehr strenge Anforderungen zu stellen. B G H . GA. 1953, 79. **) Der Erwerb von Opiaten auf Grund einer Verschreibung, die ärztlich nicht begründet, steht dem Erwerb ohne ärztl. Verschr. gleich und ist aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 Op.ges. zu bestrafen. E. 73, 392; OGHSt. 3, 109; OLG. Düsseldorf MDR. 50, 371; a. M. Hamburg MDR. 1950, 177 = SJZ. 1950, 436, dem Schröder und Weber ebenda entgegentreten. Die Verschreibung von Betäubungsmitteln ist auch dann ärztl. unbegründet, wenn der Arzt bei der Verschreibung weiß, daß er die verordnete Menge beim Kranken nicht anwenden werde, mag auch die angewandte Menge ärztlich begründet sein. BGH. N J W . 1951, 970 = JZ. 1951, 40 = E. 1, 318. Ebenso ist die erschlichene oder dem Arzt abgenötigte Verschreibung unbegründet. OGH. St. 3, 109.

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§§ 20—29 B I 6. Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln. § 10

riistung der Kauffahrteischiffe tritt an Stelle der Vermerke im Abs. 1 Buchstabe c und d ein Hinweis auf den allgemeinen Verwendungszweck.

§ 20 Die Verschreibungen dürfen weder vor- noch zurückdatiert werden. § § 21 b i s 29 nicht abgedruckt.

§ 10.

Strafen

(1) Mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird, sofern nicht nach anderen Strafgesetzen eine schwerere Strafe verwirkt ist 1 ), bestraft 2 ), 1. wer die Stoffe und Zubereitungen ohne die im § 3 vorgeschriebene Erlaubnis einführt, ausführt, gewinnt, herstellt, verarbeitet, Handel mit ihnen treibt 3 ), sie erwirbt, abgibt, veräußert oder sonst in den Verkehr bringt oder sie in nicht genehmigten örtlichkeiten gewinnt, herstellt, verarbeitet, aufbewahrt, feilhält oder abgibt; 2. wer die Stoffe und Zubereitungen ohne den im § 4 vorgeschriebenen Bezugschein erwirbt, abgibt oder veräußert 4 ); 3. wer, um einen Bezugschein zu erlangen, zur Täuschung der Opiumstelle in einem Antrag unrichtige Angaben tatsächlicher Art macht oder von einem Antrag, der unrichtige Angaben tatsächlicher Art enthält, Gebrauch macht 6 ); 4. wer dem im § 9 ausgesprochenen Verbote 6 ) zuwiderhandelt; 5. wer den auf Grund des § 5 Abs. 2 7 ), § 6 Abs. 1 oder 3 8 ) oder § 12») erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 6. wer den auf Grund des § 4 Abs. 2 oder Abs. 4 10 ), § 7 11 ) oder § 8 7 ) erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 7. wer die Stoffe oder Zubereitungen entgegen den Bestimmungen der Weltpostvereinsverträge mit der Post versendet; 8. wer die ihm obliegende Führung des Lagerbuchs unterläßt oder unrichtige oder unvollständige Eintragungen vornimmt12) oder der ihm oblieZu § 10: 1) Mit § 6 der VerschrVO. (Seite 471) kann Körperverletzung (§§ 223, 223a, 230 StGB.) zusammentreffen. E . 77, 17, auch mit § 226b S t B G . 2) Vorsätzliches Vergehen. Fahrlässige Zuwiderhandlung siehe Abs. 3. Verbotsirrtum, z. B . Irrtum über Rezeptzwang, Bezugschein oder Buchführungspflicht (§§ 4, 5) führt zur Straflosigkeit, soweit unverschuldet. 3) Es genügt der Abschluß des Vertrags und die bloße Vermittelung. 4) Siehe VO. über Bezugschein v. 20. 2. 1935 (RGBl. I S. 208). 5) Erschleichen von Bezugsscheinen. 6) Verbot der Einfuhr usw. von zubereitetem Opium, sog. Droß und Haschisch, sowie Verbot des Verkehrs mit diesen Stoffen. Das Handeln braucht nicht gewerbsmäßig zu sein. 7) Lagerbuchführungspflicht von Apotheken und ärztl. (tierärztl.) Hausapotheken. Siehe ferner § 6 VerschreibungsVO. (hinter § 3 abgedruckt) für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, §§ 21—25 a.a.O. für Apotheker und Hilfspersonen. 8) Bedingungen für Einfuhr usw. VO. v. 1. 4. 1930 (RGBl. I S. 114). 9) Siehe VO.en in Anm. 4 und 7 und VO. über Verarbeitung von Betäubungsmitteln v. 20. 2. 1935 ( R G B l . I S. 212). 10) Zuwiderhandlungen gegen Vorschr. im Bezugscheinverfahren und gegen die Regelung der Überwachung des Verkehrs mit bezugscheinfreien Zubereitungen. Dazu VO. v. 21. 9. 1931 ( R G B l . I S. 513) und v. 8. 10. 1938 (RGBl. I S. 1349). 11) Zuwiderhandlung gegen Deklarationspflicht bei Ankündigung und Beschriftung von Zubereitungen. Dazu VO. v. 14. 4. 1930 (RGBl. I S. 144). 12) Verstoß gegen Buchführungspflicht nach § 5 Abs. 1.

B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. § 1

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genden Pflicht zur Auskunftserteilung oder zur Gewährung der Einsicht in die geschäftlichen Aufzeichnungen und Bücher nicht nachkommt 13 ); 9. wer den nach § 2 Abs. 3 a erlassenen Anordnungen des Reichsgesundheitsamts zuwiderhandelt 14 ). (2) In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 bis 7 ist der Versuch strafbar 15 ). (3) Wer die Tat (Abs. 1) fahrlässig16) begeht, wird im Falle der Nr. 1 bis 5, 7 bis 9 mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe, im Falle der Nr. 6 mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder mit Haft bestraft. (4) Die Vorschriften der Abs. 1 bis 3 gelten auch dann, wenn Stoffe oder Zubereitungen als solche der im § 1 bezeichneten Art in den Verkehr gebracht werden, ohne es zu sein.17) (5) Neben der Strafe kann auf Einziehung18) der Stoffe und Zubereitungen, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, erkannt werden ohne Unterschied, ob sie dem Täter gehören oder nicht. Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen19). (6) (aufgehoben).

II. Schutz der öffentlichen Ordnung B II 1. Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) Vom 24. Juli 1953 (BGBl. I S. 684) Vorbemerkung Bisher galten für Versammlungen und Aufzüge die in § 30 Abs. 1 genannten Gesetze und Bestimmungen, die schon längst reformbedürftig waren. In das vorliegende Gesetz, dessen Entwurf dem BT. (Drucks. Nr. 1102.) bereits 1950 vorgelegt worden war, sind das Kontrollratsgesetz Nr. 8 und der durch § 38 Abs. 2 aufgehobene § 107a StGB, hineingearbeitet. S c h r i f t t u m : Füßlein-Geeb, Versammlungsgesetz 1953; Enderling, dasselbe 1953.

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: 1. Abschnitt. Allgemeines § 1. [Versammlungsfreiheit] (l) ) Jedermann ) hat das Recht, öffentliche3) Versammlungen4) und Aufzüge5) zu veranstalten6) und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen7). 1

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13) Vorstoß gegen Auskunftspflicht nach § 2. 14) Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen, die die Durchführung der internationalen Opiumabkommen betreffen. Hier ist Vorsatz erforderlich. 15) Z. B. Absenden eines Angebots. Siehe auch Abs. 4. 16) Siehe Anm. 2. 17) Es handelt sich um vermeintl. Betäubungsmittel. Die Vorschrift greift nur ein, wenn eine Vertriebshandlung ein Inverkehrbringen enthält. 18) Die Einziehung ist keine Nebenstrafe, sondern polizeiliche Sicherungsmaßregel. Sie steht im richterl. Ermessen. 19) §§ 430ff. StPO. Z u B I I i . § 1: 1) Der Paragraph entspricht dem Art. 8 Abs. 1 GG. S. §20. Dadurch ist das

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B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. § 1

(2) Dieses Recht hat nicht, 1. wer das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gemäß Artikel 18 des Grundgesetzes verwirkt hat 8 ), 2. wer mit der Durchführung9) oder Teilnahme7) an einer solchen Veranstaltung die Ziele einer nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder Teil- oder Ersatzorganisation einer Partei fördern will10), 3. eine Partei, die nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist 10 ), oder 4. eine Vereinigung, die nach Artikel 9 Abs. 2 desGrundgesetzes verboten ist 11 ). Versammlungsrecht vom Vereinrecht gelöst, das in Art. 9 GG. festgelegt ist. Neben der Versammlungsfreiheit besteht das Grundrecht der Meinungsfreiheit. 2) Auch Nichtdeutsche. F ü r Jugendliche besteht durch Gesetz zum Schutze der J u g e n d in der Öffentlichkeit v. 4. 12. 1951 (BGBl. I S. 930) — B I I 10 — keine Schranke, jedoch § 6. 3) Öffentlich ist eine Versammlung, wenn der Personenkreis, der Zutritt h a t , u n b e s t i m m t ist. S. ferner Anm. 1 zu § 2. Belanglos ist, ob der Versammlungsort öffentlich ist. — Das Gesetz bezieht sich in §§ 3, 4, 21, 23, 28 auch auf nichtöffentliche Versammlungen. 4) Versammlung (vgl. Anm. 3 zu § 95 StGB.) ist ein geplantes, nicht n u r zufälliges zeit" weiliges Zusammenkommen einer Anzahl von Personen zu dem gemeinschaftlichen Zweck' eine ihnen gemeinsame Angelegenheit zu erörtern oder zu beraten oder zur Erreichung eines bestimmten Zieles beizutragen. K G . J F . Erg. 8, 340 (344), E . 21, 73 u. 256. Gleichgültig ist, ob es sich u m p r i v a t e oder öffentliche politische oder unpolitische Angelegenheiten handelt, anders Füßlein S. 23 Anm. 3 a . Die Befriedigung der persönlichen Interessen des einzelnen Teilnehmers genügt nicht. D a h e r fallen Theater, Konzerte, gesellschaftliche Veranstaltungen, wissenschaftliche Vorträge, Vorlesungen nicht u n t e r den Begriff der Versammlung. L K . 6. Auflage S. 659 Anm. 4. F ü r öffentliche Versammlungen b r a u c h t kein bestimmter Veranstalter (SpontanVersammlung), wohl aber ein Leiter vorhanden zu sein. 5) Aufzug ist ein geschlossener geordneter, über öffentliche Straßen oder Plätze in einer Weise, daß die öffentliche Aufmerksamkeit erregt wird, sich hinbewegender Zug, ohne d a ß er die öffentliche Ordnung zu gefährden geeignet ist. K G . J R . 3 Nr. 782. E . 44, 372. Nach Füßlein S. 26 m u ß der Demonstrationszug, auch in Kraftwagen u n d aus Schiffen bestehend, die Einwirkung auf das P u b l i k u m in öffentl. Angelegenheiten bezwecken und b r a u c h t sich nicht auf öffentl. Straßen zu bewegen. Aufzüge müssen einen Veranstalter (§ 14) u n d einen Leiter (§§ 7, 19) haben. 6) Versammlung oder Aufzug veranstaltet, wer dazu einlädt (§§ 2, 6) oder sie vorbereitet. 7) Teilnehmer ist jeder, der der Versammlung beiwohnt — nicht der bedienende Kellner — oder sich in dem Aufzug befindet, nicht der Straßenpassant. 8) Grund dazu ist, daß die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG.) zum K a m p f e gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht ist. Verfahren vor dem BVerfG. s. §§ 36ff. des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht v. 12. 3. 1951 — BVerfGG. — (BGBl. I S. 243). 9) Die D u r c h f ü h r u n g u m f a ß t die geplante Abhaltung, Veranstaltung u n d den Abschluß 10) Danach handelt es sich u m solche Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische G r u n d o r d n u n g zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Vgl. hierzu § 47 und 42 BVerfGG. Die Vorschrift darf jedoch nicht so ausgelegt werden, daß dem ehemaligen Mitglied einer verbotenen Partei die Teilnahme an politischen Versammlungen schlechthin verboten sei. Füßlein S 30, Anm. 8. 11) Das sind Vereinigungen, deren Zwecke oder derenTätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Hierzu m u ß noch nach §§ 5 Nr. 1 u. 13 Abs, 1 N r . l die Feststellung der „zuständigen Verwaltungsbehörde", d. h. die formelle Auflösung der Vereinigung kommen. Füßlein S. 30, Anm. 10.

B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§ 2, 3

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§ 2. [Einladung und Durchführung, Waffenverbot] (1) W e r zu einer öffentlichen Versammlung 1 ) oder zu einem Aufzug 2 ) öffentlich 3 ) einlädt 4 ), muß als Veranstalter 5 ) in der Einladung seinen Namen angeben 6 ). (2) Bei öffentlichen Versammlungen und Aufzügen hat jedermann 7 ) Störungen 8 ) zu unterlassen, die bezwecken, die ordnungsmäßigeDurchführung 9 ) zu verhindern 1 0 ). (3) Niemand 7 ) darf Waffen 1 1 ) bei sich tragen 1 2 ), es sei denn, daß er zum E r scheinen mit Waffen behördlich ermächtigt ist 1 3 ). § 3.

[Uniformverbot]

(1) E s ist verboten, öffentlich 1 ) oder in einer Versammlung 2 ) Uniformen 3 ), Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke 4 ) als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen 5 ). (2) Das Verbot des Tragens gleichartiger Kleidungsstücke gilt nicht für Mitglieder von Jugendverbänden, die sich vorwiegend der Jugendpflege widmen 6 ). Zu § 2: 1) S. Anm. 3 u. 4 zu § 1. 2) S. Anm. 5 zu § 1. 3) Öffentlich erfolgt die Einladung, wenn sie von unbestimmt welchen und wievielen Personen wahrgenommen werden könnte. E. 72, 67. So durch Zeitungen, Rundfunk, in Filmtheatern, Ausstellungen, durch Zettel, Anschlag an Litfaßsäulen und Zäunen. Einschränkung nach § 6. 4) Einladung ist Aufforderung zum Erscheinen. 5) Veranstalter ist die Person, die bewirkt, daß eine Versammlung stattfindet. Anm. 6 zu § 1. 6) Es muß der richtige Vor- und Zuname angegeben werden. Es genügt nicht das Pseudonym oder der Deckname, oder der „Einberufungsausschuß" oder die „Partei", a.M. Füßlein S. 31, Anm. 6. Bei schriftlichen Einladungen wird keine förmliche Unterschrift verlangt. 7) Nicht bloß die Teilnehmer, sondern auch Bedienungspersonal und Passanten. 8) Störung ist jede Beeinträchtigung des geordneten Ablaufs der Versammlung, insbes. jede Äußerung und Handlung, die darauf ausgeht, Unruhe hervorzurufen, die Ordnung zu gefährden, ja auf Unterbrechung der Durchführung der Versammlung abzielt. S. auch Anm. 1 zu § 11. Die Störung einer einzelnen Person genügt nicht. Strafbestimmung §§ 21, 29 Ziff. 2. 9) S. Anm. 9 zu § 1. 10) Siehe Anm. 5 zu § 21. 11) Waffen sind solche Gegenstände, die entweder schon bei ihrer Anfertigung von vornherein oder nach dem Willen des Trägers im Einzelfalle dazu bestimmt sind, sei es im Angriff, sei es in der Verteidigung, Verletzungen zuzufügen. E. 44, 140. KG. J W . 59 (1930), 3002, auch chemische Mittel (Tränengas). Die Gegenstände scheiden aus, die äußerlich wie eigentliche Waffen aussehen, in Wirklichkeit nur als Schaustück oder Übungsgerät dienen sollen und demgemäß zugerichtet sind, wie Ehrendegen, Rapiere, abgestumpfte Lanzen. PrOVG. E. 20, 440; auch Waffen, die nur zum Schmuck getragen werden, fallen nicht unter das Verbot. OTr. OR. 11, 221. 12) Vgl. Anm. 22 zu § 243 StGB. Der Träger muß sich bewußt sein, eine Waffe bei sich zu haben. Gleichgültig ist, ob die Waffe äußerlich sichtbar getragen wird. E. 44, 140. Der VersLeiter ist verpflichtet, gemäß § 13 Nr. 3 zu verfahren. 13) Die Ermächtigung wird durch die mit der Wahrnehmung der Versammlungspolizei überhaupt betraute Polizeibehörde. (OVG. 60, 3, 39). erteilt, und zwar für bestimmte Fälle und einzelne Personen — für Ordner (§9) ist Sonderermächtigung nicht zugelassen — auch allgemein für Veranstaltungen bestimmter Art oder sonst in gewissem allgemein bezeichneten Umfange. Sie ist widerruflich. Strafbestimmung § 27. Zu § 3 : 1) D. h. in der Öffentlichkeit, so daß es von einem unbestimmten Personenkreis beobachtet werden könnte, z. B. Sportveranstaltungen, in Gaststätten, im Aufzug. 2) Hier kommt es nicht darauf an, ob die Versammlung verboten war oder nicht, auch nicht, ob sie öffentlich ist. 3) Uniformen sind nach Farbe und Schnitt einheitliche Bekleidungsstücke. Siehe auch Anm. 7 zu § 132 a StGB. 4) Z. B. Trachten, Klüfte, auch genügt gleichartige Kopfbedeckung. 5) Politisch: vgl. Anm. 2 zu § 187a StGB. Gleichgültig ist, ob mehrere gleichartig Bekleidete gleichzeitig auftreten. 6) z. B. evangelische Jugend, Bund der deutschen kathol. Jugend, Jugendwerk der evang.

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B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§ 4, 5

Ob diese Voraussetzung vorliegt, entscheidet7) bei Jugendverbänden, die sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstrecken, der Bundesminister des Innern, sonst die oberste Landesbehörde. § 4. [Verbot nationalsozialistischer Kennzeichen] Es ist verboten, öffentlich1) oder in einer Versammlung2) Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen3) zu verwenden4).

2. Abschnitt. Öffentliche Versammlungen in geschlossenen Räumen § 5. [Abhaltungsverbot] Die Abhaltung einer Versammlung1) kann nur im Einzelfall und nur dann verboten werden, wenn 1. der Veranstalter2) unter die Vorschriften des § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 fällt, und im Falle der Nummer 4 das Verbot durch die zuständige Verwaltungsbehörde3) festgestellt worden ist4), 2. der Veranstalter2) oder Leiter der Versammlung5) entgegen § 2 Abs. 3 bewaffneten Teilnehmern6) Zutritt gewährt7), 8. Tatsachen festgestellt sind8), aus denen sichergibt, daß derVeranstalter oder sein Anhang9) einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf10) der Versammlung anstreben, 4. Tatsachen festgestellt sind8)10, aus denen sicher gibt,daß derVeranstalter2) oder sein Anhang9) Ansichten vertreten oder Äußerungen dulden werden, die ein Verbrechen11) oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen12) zum Gegenstand haben. Freikirche, Sozialistische Jugend (Falken), Naturfreundejugend, DGB- u. DAG.-Jugend. Demokratischer Jugendverband, Bund der Pfadfinder. Strafbestimmung § 28. 7) Die Entscheidung wird auf Antrag des Jugendverbandes herbeigeführt. Zu § 4: 1) S. Anm. 1 zu § 3. 2) S. Anm. 2 zu § 3. 3) Abzeichen der NS-Organisationen, insbes. solche, die ein Hakenkreuz enthalten oder darauf hindeuten. Strafbestimmung § 28. 4) Ein Verwenden ist nicht bloß Tragen, sondern jedes Zeigen, z.B. Ausschmückung. Zu § 5: 1) Hier und in den folgenden Paragraphen handelt es sich um öffentliche Versammlungen, wenn auch in §§ 7 Abs. 1, 12 besonders von öffentl. Versammlungen die Rede ist, Geschlossener Raum (Überschrift) ist im Gegensatz zum Begriff „unter freiem Himmel" (§ 14) überdacht u. allseitig abgeschlossen. Ausnahmsweise genügt bei Gartenhallen eine Umschließung von 3 Seiten. Füßlein, S. 39. 2) S. Anm. 5 zu § 2. 3) Polizeibehörde, Landrat. 4) D. h. daß die Versammlung aufgelöst ist. 5) S. § 7. 6) S. Anm. 11 zu § 2. 7) Der Veranstalter kann den Zutritt frühestens in dem Zeitpunkt gewähren, wenn die Teilnehmer sich versammeln. 8) Vermutungen genügen nicht. 9) Anhang sind die Personen, die mit dem Veranstalter gleicher Gesinnung sind und ihm folgen. Nicht notwendig ist, daß sie zur gleichen Partei gehören. 10) Es müssen Tatsachen bekannt sein, wonach es sich um Elemente handelt, die zu Gewalttaten neigen und die es auf Widerstand gegen Staatsgewalt und Beamtennötigung abgesehen haben. Der angestrebte Verlauf muß gewalttätig und aufrührerisch sein. 11) Z. B. §§ 49a, 249 StGB. 12) Z. B. §§ 110, 114, 125, 126. Vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4.

B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§ 6—9

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§ 6. [Ausschließung von der Teilnahme] (1) Bestimmte Personen1) oder Personenkreise2) können in der Einladung3) von der Teilnahme an einer Versammlung ausgeschlossen werden4). (2) Pressevertreter0) können nicht ausgeschlossen werden; sie haben sich dem Leiter der Versammlung gegenüber durch ihren Presseausweis ordnungsgemäß auszuweisen6). § 7. [Leiter] (1) Jede öffentliche Versammlung1) muß einen Leiter2) haben. (2) Leiter der Versammlung3) ist der Veranstalter. Wird die Versammlung von einer Vereinigung4) veranstaltet, so ist ihr Vorsitzender4) der Leiter. (3) Der Veranstalter kann die Leitung einer anderen Person übertragen5). (4) Der Leiter übt das Hausrecht aus6). § 8. [Rechte und Pflichten des Leiters] Der Leiter bestimmt den Ablauf der Versammlung1). Er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen2). Er kann die Versammlung jederzeit unterbrechen oder schließen3). Er bestimmt, wann eine unterbrochene Versammlung4) fortgesetzt wird. § 9. [Ordner] (1) Der Leiter kann sich bei der Durchführung seiner Rechte aus § 81) der Hilfe einer angemessenen Zahl2) ehrenamtlicher, unbewaffneter3) Ordner4) bedienen. Z u § 6 : 1) Einzelne mit Namen bezeichnete Personen, die dem Veranstalter z. B. in wirtschaftlicher oder politischer Hinsicht nicht genehm sind und deren Anwesenheit in der Versammlung Unwillen erregen und sie stören kann. 2) Z. B. Jugendliche oder Männer in einer öffentlichen Frauenversammlung, Mieter in einer Hausbesitzerversammlung, sollen keinen Zutritt haben. 3) Anm. 4 zu § 2. 4) Wer nicht in der Einladung ausgeschlossen ist, kann nicht auf Grund des Hausrechts an der Teilnahme gehindert werden. Über Ausschluß aus der Versammlung § 11 Abs. 2. 5) Pressevertreter ist nur derBeauftragte einer periodisch erscheinendenZeitschrift. Diese darf nicht eine unangemessene Zahl von Vertretern entsenden. Füßlein S. 46, Anm. 6. 6) Soweit die bundes- oder landesrechtlichen Pressevorschriften über Ausweise nichts enthalten, genügt die schriftliche Bescheinigung des Auftrages. Z u § 7: 1) S. Anm. 3 u. 4 zu § 1. 2) Leiter kann nur eine handlungsfähige natürliche Person sein. Aufgabenbereich § 8. 3) D. h. öffentlichen Versammlung. S. Anm. 1 zu § 5. 4) Vereine §§ 21 ff. BGB. und Gesellschaften, die einen Vorsitzenden haben. Fehlt ein satzungsmäßiger Vorsitzender, so tritt der sonst Handelsberechtigte ein. 5) Durch die Übertragung wird die andere Person Leiter. 6) Hierdurch erhält er die Befugnisse aus §§ 8, 11. Das Hausrecht, soweit es dem Veranstalter übertragen ist, übt der Leiter selbst oder durch Ordner aus, § 9. Für ihn besteht strafrechtlicher Schutz in §§ 123ff. StGB. Bei Widersetzlichkeit Strafbestimmung § 22. Z u § 8 : 1 ) Ablauf ist der äußere Verlauf der Versammlung, nicht der Inhalt der Erörterungen, also Eröffnung, Erteilung und Entziehung des Wortes und Beendigung der Versammlung. 2) Der Leiter trägt die Verantwortung. Weitere Rechte: Ordnerbestellung § 9, Weisungserteilung § 10, Ausschließung § 11. 3) Der Schließung, auch vorzeitigen Beendigung steht die Auflösung durch Polizei gleich, § 13. 4) D. h. die vom Leiter unterbrochene Vers. Bei Unterbrechung durch die Polizei (§ 13 Abs. 1 S. 2) ist der Leiter an deren Anordnungen gebunden. Z u § 9: 1) Dazu kommt das Recht aus § 11 Abs.l. 2) Die Zahl wird durch den Ordnungszweck bestimmt. 3) Der Ordner darf weder im Sinne des § 2 Abs. 3 bewaffnet sein noch Waffen im nichttechnischen Sinne wie Stöcke zur Verteidigung mit sich führen. 4) Sie sind nicht Hilfspersonen der Polizei, wie in § 113 Abs. 3. Schutzbestimmung § 22.

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B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§ 10—13

Diese müssen volljährig sein und sind ausschließlich durch weiße Armbinden, die nur die Bezeichnung „Ordner" tragen dürfen, kenntlich zu machen5). (2) Der Leiter ist verpflichtet, die Zahl der von ihm bestellten Ordner der Polizei auf Anfordern mitzuteilen6). Die Polizei kann die Zahl der Ordner angemessen beschränken7)8). § 10. [Pflichten der Teilnehmer] Alle Versammlungsteilnehmer1) sind verpflichtet 2 ), die zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anweisungen3) des Leiters oder der von ihm bestellten Ordner4) zu befolgen5). § 11. [Ausschluß von Teilnehmern] (1) Der Leiter kann Teilnehmer, welche die Ordnung gröblich stören1), von der Versammlung ausschließen2). (2) Wer aus der Versammlung ausgeschlossen wird, hat sie3) sofort4) zu verlassen5). § 12. [Polizei in der Versammlung] Werden Polizeibeamte1) in eine öffentliche Versammlung entsandt, so haben sie sich dem Leiter zu erkennen zu geben2). Es muß ihnen ein angemessener Platz3) eingeräumt werden. § 13. [Auflösung durch Polizei] (1) Die Polizei (§ 12) kann die Versammlung nur dann und unter Angabe des Grundes1) auflösen, wenn 5) Die Ordner dürfen nicht uniformiert sein. 6) Nicht die Personalien, wenn diese nicht aus einem anderen Rechtsgrunde verlangt werden können. 7) Die Beschränkung erfolgt durch polizeiliche Verfügung, einen Verwaltungsakt, gegen den nach Landesrecht zulässige Rechtsbehelfe gegeben sind. 8) Bei Zuwiderhandlung § 29 Ziff. 5. Zu § 10: 1) Nichtteilnehmer unterliegen nicht den Anweisungen des Leiters, sondern dem ihm übertragenen Hausrecht. 2) Es ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die nicht auf dem Hausrecht beruht. 3) Die Weisungen betreffen die Beachtung des Versammlungsthemas, Unterlassung von Kundgebungen, sonstiges anständiges Verhalten, dagegen nicht den Inhalt der Erörterungen in der Diskussion noch Beteiligung an Ehrerbietungen. Füßlein S. 54, Anm. 3. 4) Die Befugnisse des Ordners bestehen nur, soweit sie nicht den Anordnungen des Leiters zuwiderlaufen. 5) Bei wiederholter Nichtbefolgung Bestrafung nach § 29 Ziff. 2, s. auch § 22. Zu § 11: 1) Vgl. Anm. 8 zu § 2. Gröbliche (§ 21 grobe) Störungen (Anm. 5 zu § 2) sind solche, die über die üblichen Unterbrechungen, Zwischenrufe bei Bei- und Mißfallskundgebungen, hinausgehen und bes. Wirkkraft besitzen. L K . Anm. II zu § 170 d StGB., so wüste Ausschreitungen, Stinkbomben, Entfaltung von Fahnen. 2) Der Ausschluß erfolgt für die Dauer der Versammlung. Er kann, da er im Ermessen des Leiters steht, zurückgenommen werden. 3) D . h . den Versammlungsraum. 4) „Sofort" bedeutet ohne Zögern, ohne jeden Aufenthalt. Füßlein S. 56, Anm. 5. 5) Strafbestimmung § 29 Ziff. 3. Zu § 12: 1) Ordnungs-und Kriminalpolizei, also auch Bürgermeister als Leiter der Polizei. 2) Durch Uniform und Erkennungsmarke (Ausweis), letztere immer, wenn der Beamte in Zivil auftritt. 3) Der Platz, der dem Polizeibeamten einzuräumen ist, muß dessen Stellung entsprechen and einen Überblick über die Versammlung gewähren. Im Falle der Verweigerung der Zulassung hat der Polizeibeamte das Recht, sich selbst Zutritt zu verschaffen. Zu § 13: 1) Der Grund muß bekannt gegeben werden. Der Leiter kann von der entsendenden Behörde eine schriftlich begründete Bestätigung der Polizeiverfügung verlangen.

B i l l . Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. § 14

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1. der Veranstalter unter die Vorschriften des § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 fällt, und im Falle der Nummer 4 das Verbot durch die zuständige Verwaltungsbehörde festgestellt worden ist2), 2. die Versammlung einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf3) nimmt oder unmittelbare Gefahr4) für Leben und Gesundheit der Teilnehmer besteht, 3. der Leiter Personen, die entgegen § 2 Abs. 3 Waffen mit sich führen5), nicht sofort ausschließt und für die Durchführung des Ausschlusses sorgt6), 4. durch den Verlauf der Versammlung') gegen Strafgesetze verstoßen wird, die ein Verbrechen'') oder von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen9) zum Gegenstand haben, oder wenn in der Versammlung10) zu solchen Straftaten aufgefordert11) oder angereizt12) wird und der Leiter dies nicht unverzüglich unterbindet13). In den Fällen der Nummern 2 bis 4 ist die Auflösimg nur zulässig, wenn andere polizeiliche Maßnahmen14), insbesondere eine Unterbrechung15) nicht ausreichen. (2) Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, haben alle Teilnehmer16) sich sofort zu entfernen17). 3. Abschnitt. Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge § 14. [Anmeldung] (1) Wer die Absicht1) hat, eine öffentliche Versammlung2) unter freiem Himmel3) oder einen Aufzug4) zu veranstalten5), hat dies spätestens 48 Stunden vor Bekanntgabe6) der zuständigen Behörde7) anzumelden8). 2) Die Verfügung ist zu verlesen. 3) S. Anm. 10 zu § 5. 4) Die Gefährdung, die sich aus dem Versammlungsablauf ergibt, muß klar ersichtlich und höchst bedrohlich sein. Ein allgemein polizeirechtlicher Tatbestand liegt vor, wenn die Räumung des Gebäudes von allen Personen infolge von Feuersbrunst oder Einsturzgefahr geboten ist. 5) S. Anm. 11 zu § 2. 6) Hierbei stützt sich der Leiter auf § 10 Abs. 2 sowie auf das ihm eingeräumte Hausrecht. 7) Es genügt, wenn der Leiter oder unter Duldung des Leiters Redner oder sonstige Teilnehmer solcher Versammlung ein Gepräge geben, das kriminelle Verstöße schweren Grades enthält. Füßlein S. 62, Anm. 12. 8) S. Anm. 11 zu § 5. 9) S. Anm. 12 zu § 5. 10) Hier genügt, wenn ein einzelner Teilnehmer, also auch ein politischer Gegner des Veranstalters tätig wird. Füßlein S. 62, Anm. 14. 11) Anm. 9 zu § 110 StGB. 12) Vgl. Anm. 5 zu § 130 StGB. 13) D. h. wenn der Leiter durch sein Einschreiten nach § 11 das strafbare Verhalten nicht unmöglich macht. 14) z. B. Warnung. 15) Die Unterbrechung der Versammlung ordnet auch die Polizei an. 16) Also auch der Leiter und die Ordner. 17) Sofort: vgl. Anm. 4 zu § 11. Entfernen = auseinandergehen; eine bloße Änderung des Versammlungsortes genügt nicht. Strafbestimmung bei Zuwiderhandlung § 29 Ziff. 4. Zu § 14: 1) Bedingter Vorsatz genügt nicht. 2) S. Anm. 3 u. 4 zu § 1. 3) Unter freiem Himmel findet eine Versammlung statt, wenn die Teilnehmer in einem nicht überdachten Räume versammelt sind (s. Anm. 1. zu § 5), so auch dann, wenn durch

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B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§ 15, 16

(2) In der Anmeldung ist anzugeben, welche Person für die Leitung9) der Versammlung oder des Aufzuges verantwortlich sein soll.

§ 15. [Verbot und Auflösung durch Polizei] (1) Die zuständige Behörde1) kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten2) oder von bestimmten Auflagen3) abhängig machen, wenn nach den Umständen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.4) (2) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen5), wenn sie nicht angemeldet sind6), wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 gegeben sind4). (3) Eine verbotene7) Veranstaltung ist8) aufzulösen9).

§ 16. [Bannkreis] (1) Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge sind innerhalb1) des befriedeten Bannkreises2) der Gesetzgebungsorgane des Bundes3) oder der Länder4) sowie des Bundesverfassungsgerichts verboten5). (2) Die befriedeten Bannkreise für die Gesetzgebungsorgane desBundes3) und für das Bundesverfassungsgericht6; werden durch Bundesgesetz7), die befriedeten Lautsprecher der Inhalt der Versammlung an die vor dem Versammlungslokal befindlichen übertragen wird. 4) S. Anm. 5 zu § 1. 5) S. Anm. 5 zu § 2. 6) Die Bekanngabe braucht nicht öffentlich zu erfolgen. Eine Form ist nicht vorgeschrieben. 7) Die Zuständigkeit regelt das Landesrecht. Art. 83, 84 GG. Es ist meist die Ortspolizeibehörde. 8) Die Form regelt sich nach Landesrecht, Art. 84 GG. 9) § 7, jedoch ist der Leiter nicht auswechselbar. Z u § 15: 1) S. Anm. 2 zu § 14. 2) In dieser Untersagung liegt eine Verfügung nach § 40 PrPVG. — E. 5 —. § 5 StVO. (B V I I I 2) findet keine Anwendung. Füßlein S. 67, Anm. 4. 3) Auflagen sind besondere Anforderungen neben der Zulassung. Sie können räumliche u. zeitliche Beschränkungen festlegen, auch den Ablauf u. Inhalt der Veranstaltung betreffen. Die Ortspolizeibehörde kann aber die Teilnahme einzelner Personen, die ihr staatsgefährlich erscheinen, nicht verbieten oder dem Veranstalter insoweit Auflagen machen. 4) S. Anm. 4 zu § 13. Außer den Tatbeständen des § 5 kommt die Generalklausel des § 14 PrPVG. in Betracht. 5) S. Anm. 2 zu § 13. Neben der Auflösung ist auch die Unterbrechung zulässig. 6) § 14. 7) D. h. die nach Abs. 1 verbotene Veranstaltung. 8) Zwingende Vorschrift. 9) Strafbestimmungen §§ 25, 26. Z u § 16: 1) Außerhalb des Bannkreises bedarf es nur der Anmeldung § 14. 2) Der Bannkreis umfaßt öffentliche Straßen, Plätze, auch Privatgrundstücke. 3) Bundestag und Bundesrat. 4) Landtag, Abgeordnetenhaus in Berlin, wenn das Gesetz nach § 31 angewandt wird, die Bürgerschaft in Hamburg u. Bremen. Nicht der Bayer. Senat s. Art. 3, 4, 5 Abs. 1 der Bayer. Verf. 5) Verletzungen sind nach § 106a StGB, strafbar; außerdem haben sie die Auflösung des Aufzugs zur Folge. 6) Ges. über das BVerfger. v. 12. 3. 1951 (BGBl. I S. 243). 7) Ein Bundesgesetz ist noch nicht erlassen.

B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§17—19

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Bannkreise für die Gesetzgebungsorgane der Länder durch Landesgesetze bestimmt 8 ). (8) D a s Weitere regeln die Bannmeilengesetze des Bundes und der L ä n d e r 9 ) .

§ 17. [Besondere Veranstaltungen] §§ 14 bis 16 1 ) gelten n i c h t für Gottesdienste 2 ) u n t e r freiem H i m m e l 3 ) , kirchliche Prozessionen, B i t t g ä n g e und Wallfahrten 4 ), gewöhnliche Leichenbegängnisse 5 ), Züge von Hochzeitsgesellschaften und hergebrachte Volksfeste 6 ).

§ 18. [Sondervorschrift für Versammlung unter freiem Himmel] (1) F ü r Versammlungen unter freiem Himmel 1 ) sind § 7 Abs. 1, §§ 8, 9 Abs. 1. §§ 10, 11 Abs. 2, §§ 12 und 13 Abs. 2 entsprechend anzuwenden 2 ). (2) Die Verwendung von Ordnern bedarf polizeilicher Genehmigung 3 ). Sie ist bei der Anmeldung zu beantragen 4 ). (8) Die Polizei 5 ) k a n n Teilnehmer, welche die Ordnung gröblich stören 8 ), von der Versammlung ausschließen 7 ).

§ 19. [Sondervorschrift für Aufzüge] (1) D e r Leiter des Aufzuges h a t für den ordnungsmäßigen Ablauf zu sorgen 1 ) E r k a n n sich der Hilfe ehrenamtlicher Ordner bedienen 2 ), für welche § 9 Abs. 1 und § 18 gelten. (2) Die Teilnehmer sind verpflichtet, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung 8) Für Berlin gilt Ges. über Befriedung des Tagungsortes v. 30. 10. 1952 (GVB1. S. 993 und 1064); für Bayern VO. v. 17. 7. 1952 (GVB1. S. 240); für Hessen Ges. v. 18. 2. 1954 (GVB1. S. 7). 9) In den Gesetzen ist der räumliche Bereich der Bannmeile festzusetzen und zu bestimmen, wer die Genehmigung in Ausnahmefällen erteilt. S. das Berl. Ges. in Anm. 8. Zu § 17: 1) Es gelten aber abgesehen von allgemeinen Verkehrs- u. baupolizeilichen und sonstigen nicht versammlungsrechtlichen Bestimmungen die übrigen verfassungsrechtl. Vorschriften wie Ordnungspflicht, Waffenverbot (§ 2) und § 18, 19. 2) Vgl. Anm. 2 zu 167 StGB. 3) S. Anm. 3 zu § 14. 4) Prozessionen sind unter geistlicher Leitung veranstaltete feierliche Umgänge, Umund Aufzüge zu gottesdienstlichen Zwecken, besonders um Gott zu danken und seine Hilfe anzuflehen. Im letzteren Falle wird von Bittgang gesprochen, nämlich wenn der Umzug die Erbittung göttlicher Hilfe bezweckt, von den berufenen Organen der Kirche angeordnet ist, von Geistlichen geleitet wird und als Umgang innerhalb oder außerhalb der Kirche stattfindet. Eine Wallfahrt hat noch den besonderen Zweck der Aufsuchung eines auswärtigen Gotteshauses. Hierbei ist die Beteiligung des Klerus nicht erforderlich. E 46, 31. 5) Soweit mit dem Leichenbegängnis ein besonderer Zweck verfolgt wird, wie z. B. die Beisetzung eines Politikers, die zur politischen Propaganda mißbraucht wird, ist hierin ein verbotener Aufzug zu sehen. 6) Auf die Art der Volksfeste, Kirchweih-, Schützenfeste kommt es nicht an; wichtig ist, ob es in dem betr. Orte hergebracht ist. Zu § 18: 1) Für Aufzüge gelten nur §§ 14—116 u. 19. 2) Neben diesen Vorschriften des Abschn. II gelten auch die nach Abschn. I. 3) Anders als nach § 9 Abs. 2. Die Polizei hat zu genehmigen, ob und wieviele Ordner verwendet werden dürfen. 4) Vom Veranstalter, § 14. 5) §12. 6) S. Anm. 1 zu § 11. 7) Strafbestimmung § 29 Ziff. 4. Zu § 19: 1) Wie nach § 8. 2) S. Anm. 4 zu § 9. 31

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§ 20, 21

getroffenen Anordnungen des Leiters oder der von ihm bestellten Ordner zu befolgen3). (8) Vermag der Leiter sich nicht durchzusetzen4), so ist er verpflichtet, den Aufzug für beendet zu erklären5). (4) Die Polizei kann Teilnehmer, welche die Ordnung gröblich stören6), von dem Aufzug ausschließen7).

§ 20. [Einschränkung des Grundrechts] Das Grundrecht des Artikels 8 des Grundgesetzes1) wird durch die Bestimmungen dieses Abschnitts eingeschränkt2).

4. Abschnitt.

Strafvorschriften

§ 21. [Versammlungssprengung] 1

)Wer in der Absicht2), nichtverbotene Versammlungen3) oder Aufzüge4) zu verhindern6) oder zu sprengen6) oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln7), Gewalttätigkeiten vornimmt8) oder androht9) oder grobe Störungen10) verursacht, wird mit Gefängnis bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. 3) 4) 5) 6) 7)

S. § 10. Strafbestimmung §§ 22 u. 29 Ziff. 2. Das Unvermögen braucht nicht verschuldet zu sein. Die Erklärung steht der Schließung (§ 8 S. 3) gleich. S. Anm. 1 zu § 11. Anm. 2 zu § 13. Strafbestimmung § 29 Ziff. 3.

Zu § 20: 1) Art. 8 GG. lautet: ? Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. 11 Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. 2) Solche Einschränkungen finden sich in §§ 14—16, §§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 1 S. 2. Zu § 21: 1) Der Paragraph entspricht dem durch § 30 Abs. 2 aufgehobenen § 107aStGB. 2) Erforderlich ist der über den Vorsatz oder bedingten Vorsatz hinausgehende bestimmte, auf Verhinderung oder Sprengung gerichtete Wille. E. 68, 164. 3) Die Versammlungen brauchen nicht öffentlich zu sein. Verboten sind Versammlungen nach § 5. 4) Aufzüge s. Anm. 5 zu § 1. 5) Verhindert ist eine Versammlung, wenn sie nicht so stattfinden kann, wie sie geplant ist, und dadurch der Gebrauch der Versammlungsfreiheit unmöglich gemacht ist, z. B. auch Fernhalten des Redners. 6) Gesprengt ist die Versammlung, wenn die Teilnehmer gezwungen werden, den Versammlungsort zu verlassen. 7) Vereiteln heißt unmöglich machen. Es umfaßt auch die Erschwerung der Durchführung, z. B. durch Lärmsirenen, nicht ihre Verzögerung. 8) Gewalttätigkeiten sind Störungen der öffentl. Sicherheit und Ordnung unter Gefährdung von Personen oder Sachen durch Anwendung von Gewalt. E. 55, 190. Abgabe eines Schreckschusses. Seelischer Zwang genügt nicht. E. 55 S. 37. 9) Androhung ist Ankündigung von Gewalttätigkeit, um in dem andern Furcht zu erwecken. Nicht droht, wer warnt, d. h. nur auf eine vom Willen des Täters unabhängige Folge hinweist. 10) S. Anm. 1 zu § 11. Tateinheitl. Zusammentreffen ist möglich mit §§ 123—125, 211 ff., 223 ff., 240, 303 StGB.

B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§ 22—24

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§ 22. [Widerstand gegen Leiter und Ordner] W e r ) bei ) einer öffentlichen Versammlung oder einem Aufzug dem Leiter 3 ) oder einem Ordner 4 ) in der rechtmäßigen Ausübung seiner Ordnungsbefugnisse 5 ) durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet 6 ) oder ihn während der rechtmäßigen Ausübung seiner Ordnungsbefugnisse 5 ) tätlich angreift"), wird mit Gefängnis bis zu einem J a h r oder mit Geldstrafe bestraft. 1

2

§ 23. [Aufforderung zur Teilnahme an verbotenen Veranstaltungen] (1) W e r öffentlich 1 ), in einer Versammlung 2 ) oder durch Verbreiten 3 ) von Schriften 4 ), Schallaufnahmen 5 ), Abbildungen 6 ) oder Darstellungen 7 ) zur Teilnahme an einer verbotenen öffentlichen Versammlung 8 ) oder einem verbotenen Aufzug 9 ) auffordert 1 0 ), wird m i t Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft. (2) K a n n t e der Täter das Verbot infolge von Fahrlässigkeit 1 1 ) nicht, so ist auf Geldstrafe zu erkennen.

§ 24. [Verwendung bewaffneter Ordner] W e r als Leiter 1 ) einer öffentüchen Versammlung 2 ) oder eines Aufzuges 3 ) Ordner 4 ) verwendet 5 ), die bewaffnet sind 6 ), wird mit Gefängnis bis zu einem J a h r bestraft 7 ). Zu § 22: 1) Jedermann, gleich ob Teilnehmer oder Nichtteilnehmer, ob sich Maßnahme des Leiters oder Ordners gegen ihn richtet oder nicht. 2) Also wird auch schon vor Eröffnung der Veranstaltung, nicht erst während der Abhaltung der Strafschutz gewährt, der mit der Schließung (§ 8) oder Auflösung der Vers. (§ 13) endet. 3) S. §§ 7, 18. 4) §§ 9, 19. 5) Befugnisse des Leiters §§ 8, 9, 11, 19; wegen der Befugnisse des Ordners Anm. 4 zu § 10. Die Rechtmäßigkeit ist nicht Bedingung der Strafbarkeit, sondern wie in § 117 StGB. Tatbestandsmerkmal und muß vom Vorsatz umfaßt sein, ebenso Füßlein S. 89 Anm. 4 Abs. 4. 6) Siehe Anm. 4 zu § 113 StGB, auch Anm. 8, 9 zu § 21. 7) Siehe Anm. 5 zu § 113 StGB. Tateinheitl. Zusammentreffen wie bei § 21. Zu § 23: 1) S. Anm. 1 zu § 3. 2) Auch in einer nicht öffentlichen Versammlung. Vgl. Anm. 2 zu § 3. 3) S. Anm. 4 zu § 110 StGB. 4) Schriften (vgl. Anm. 2 zu § 41 StGB.) sind nicht nur Preßerzeugnisse, sondern alle Zeichen, Symbole, die unmittelbar oder mittelbar die Vorstellung von Worten oder Gedanken auslösen, so Buchstaben, Zahlen, Noten, Stenogramm, Blindenschrift. 5) Schallaufnahmen (Platte, Tonband) sind Zeichen, die als Worte oder Töne die Vorstellung von Gedanken vermitteln. 6) Abbildung sind nachbildende Wiedergaben in Fläche und Raum. EZ. 27, 64, die durch Gesicht oder Tastsinn wahrgenommen, die Vorstellungen von Gedanken hervorrufen. 7) Darstellungen, die Schriften und Abbildungen umfassen, sind die Vergegenständlichung eines Hergangs oder Gedankens zur Übermittelung einer festen Vorstellung. E. 47, 408, z. B. Handstickereien, plastische Erzeugnisse. 8) Vgl. § 5. 9) Vgl. § 15. 10) Vgl. Anm. 3 zu § 110 StGB. 11) Unbewußte Fahrlässigkeit. Der Täter hat z. B. übersehen, daß die Versammlung verboten ist. Die Aufforderung muß vorsätzlich erfolgt sein. Idealkonkurrenz mit § 110 StGB. Mit § 111 StGB, besteht Gesetzeskonkurrenz. Zu § 24: 1) § 7, der Ordner ist nach § 27 strafbar. 2) § 1 Anm. 3. 3) § 1 Anm. 4. 4) §9. 5) Verwendet ist der Ordner, wenn er zur Unterstützung des Leiters oder Veranstalters tätig wird. Vorsatz ist erforderlich. 6) Entgegen §§ 9, 18 Abs. 1. 7) Einziehung der Waffen erfolgt nach § 40 StGB. 31»

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B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. §§25—28

25. [Anderweite Durchführung von Veranstaltungen, Nichtbefolgung von Auflagen] Wer als Leiter einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel oder eines Aufzuges 1. die Versammlung oder den Aufzug wesentlich1) anders durchführt, als die Veranstalter2) bei der Anmeldung angegeben haben3), oder 2. Auflagen nach § 15 Abs. 1 nicht nachkommt4), wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. § 26. [Verbotene und nichtangemeldete Veranstaltungen] (1) Wer als Veranstalter1) oder Leiter2) 1. eine öffentliche Versammlung oder einen Aufzug trotz Verbots3) abhält4) oder trotz Auflösung oder Unterbrechung durch die Polizei fortsetzt5) oder 2. eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug ohne Anmeldung6) (§ 14) durchführt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Kannte der Täter das Verbot, die Auflösungsverfügung oder den Mangel der Anmeldung infolge von Fahrlässigkeit7) nicht, so ist auf Geldstrafe zu erkennen. § 27. [Unbefugte Waffenführung] Wer ) bei ) öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen Waffen bei sich führt 3 ), ohne zum Erscheinen mit Waffen behördlich ermächtigt zu sein4), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. 1

2

§ 28. [Unbefugtes Tragen von Uniformen und nationalsoz. Kennzeichen] Wer den Vorschriften der §§ 3 oder 4 zuwiderhandelt1), wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. Z u § 25: 1) Wesentlich anders wird die Versammlung durchgeführt, wenn sie in der Art der Gestaltung (Versammeln und Auseinandergehen) und des Verhandlungsstoffs von der Anmeldung abweichen, so daß die polizeiliche Überwachung unmöglich gemacht oder doch wesentlich erschwert wird. 2) S. Anm. 5 zu § 2. 3) Verstoß gegen § 14. Vorsatz ist erforderlich. 4) S. Anm. 3 zu § 15. Der auch hier erforderliche Vorsatz braucht die Rechtsgültigkeit der Auflage, die lediglich Bedingung der Strafbarkeit ist, nicht zu umfassen. Zu § 26: 1) S. Anm. 5 zu § 2. 2) §§ 7 u. 14, 19. 3) §§ 5, 15. 4) Abhalten liegt schon vor, wenn infolge der Tätigkeit des Veranstalters oder Leiters eine ausreichende Menschenmenge am Versammlungsort zusammengetreten ist. 5) §§ 8, 13, 18. 6) Verspätete Anmeldung gilt als Nichtanmeldung. 7) S. Anm. 6 zu § 23. Der Veranstalter h a t versehentlich infolge Arbeitsüberlastung nicht angemeldet oder der Leiter hat pflichtwidrig nicht nachgeprüft, ob die Veranstaltung rechtzeitig angemeldet war. Zu § 2) S. 3) S. 4) S.

27: 1) S. Anm. 1 zu § 22. Anm. 2 zu § 22. Anm. 11 u. 12 zu § 2. Anm. 13 zu § 2.

Zu § 28: 1) Auch diese Zuwiderhandlungen müssen vorsätzlich begangen werden. Die Strafbarkeit fahrlässigen Handelns ist hier weder bestimmt noch sonstwie ersichtlich. E. 49,118.

B II 1. Gesetz über Versammlungen u. Aufzüge. § 29, 30

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§ 29. [Verstöße gegen Versammlungsvorschriften] Mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark wird bestraft, wer 1. an einer verbotenen öffentlichen Versammlung1) oder einem verbotenen Aufzug2) teilnimmt3), 2. trotz wiederholter Zurechtweisung4) durch den Leiter5) oder einen Ordner5) fortfährt, den Ablauf einer öffentlichen Versammlung6) oder eines Aufzuges zu stören, 3. sich nicht unverzüglich7) nach seiner Ausschließung aus einer öffentlichen Versammlung oder einem Aufzug entfernt 8 ), 4. sich trotz Auflösung einer öffentlichen Versammlung oder eines Aufzuges durch die Polizei nicht unverzüglich7) entfernt 9 ), 5. der Aufforderung der Polizei, die Zahl der von ihm bestellten Ordner mit" zuteilen, nicht nachkommt10) oder wissentlich11) eine unrichtige Zahl mit" teilt (§ 9 Abs. 2) oder 6. als Leiter oder Veranstalter einer öffentlichen Versammlung oder eines Aufzuges eine größere Zahl von Ordnern verwendet, als die Polizei zugelassen oder genehmigt hat (§ 9 Abs. 2, § 18 Abs. 2), oder Ordner verwendet, die anders gekennzeichnet sind, als es nach § 9 Abs. 1 zulässig ist.

5. Abschnitt.

Schlußbestimmungen

§ 30. [Aufhebung früherer Bestimmungen] (1) Die Vorschriften über Versammlungen und Aufzüge1) 1. des Vereinsgesetzes vom 19. April 1908 (Reichsgesetzbl. S. 151) und der Änderungsgesetze vom 26. Juni 1916 (Reichsgesetzbl. S. 635) und vorn 19. April 1917 (Reichsgesetzbl. S. 361), 2. der Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. Dezember 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 548)2), Zu § 29: 1) S. § 5. 2) S. §§ 15, 16. 3) S. § 1 Anm. 7. Da die Rechtmäßigkeit des Verbotes lediglich Bedingung der Strafbarkeit ist, braucht der hier erforderliche Vorsatz, das Bewußtsein des Verbotes, sie nicht zu umfassen. 4) Zweimalige Zurechtweisung genügt, die dem Störer bekannt geworden sein muß. 5) Die Zurechtweisung durch andere Personen reicht nicht aus. 6) Siehe Anm. 1 zu § 8. 7) Unverzüglich bedeutet: umgehend, ohne schuldhaftes Zögern, s. Anm. 4 zu 11. 8) Verstoß gegen §§ 11, 18 Abs. 3, 19 Abs. 4. 9) Entgegen § 13 Abs. 2 u. § 18. Zum Vorsatz gehört Kenntnis der Auflösung, Die Strafbarkeit entfällt nicht, wenn die Versammlungsauflösung auf einem Ermessensfehler des Polizeibeamten beruht. Braunschweig JZ. 1953, 315. 10) Täter ist nur der Leiter. § 9 Abs. 2. 11) Es genügt Vorsatz. Zu § 30: 1) Nicht die Bestimmungen über Vereine im Gesetz zu Nr. 1. 2) Über die Aufhebung der Ziffer 2 des Aufrufs des Rates der Volksb ;auftragten v. 12. 11. 1918 RGBl. 1303 s. Füßlein S. 111 Anm. 2.

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§§ 31, 32. — B I I 2. Gesetz über die Presse. § 1 3. d e r V e r o r d n u n g des R e i c h s p r ä s i d e n t e n z u m S c h u t z e des d e u t s c h e n Volkes v o m 4. F e b r u a r 1 9 3 3 (Reichsgesetzbl. I S. 35)

werden aufgehoben 2 ). (2) § 107 a des S t r a f g e s e t z b u c h s in der F a s s u n g des Gesetzes zur Ä n d e r u n g des S t r a f g e s e t z b u c h s v o m 23. Mai 1 9 2 3 (Reichsgesetzbl. I S. 2 9 6 ) w i r d aufgehoben 3 ).

§ 31. [Geltung in Berlin] Dieses Gesetz gilt n a c h M a ß g a b e des § 1 3 A b s . 1 des D r i t t e n Überleitungsgesetzes v o m 4. J a n u a r 1 9 5 2 (Bundesgesetzbl. I S. 1) a u c h i m L a n d B e r l i n 1 ) . RechtsverOrdnungen, die a u f G r u n d d e r in diesem Gesetz e n t h a l t e n e n E r m ä c h tigung erlassen werden, g e l t e n im L a n d Berlin n a c h § 1 4 des D r i t t e n Überleitungsgesetzes.

§ 32. [Inkrafttreten] Dieses Gesetz t r i t t 1 4 T a g e n a c h seiner V e r k ü n d u n g in K r a f t 1 ) .

B II 2. Gesetz über die Presse V o m 7. Mai 1 8 7 4

( R G B l . S. 6 5 ) * )

I. Einleitende Bestimmungen § 1. [Freiheit der Presse] Die F r e i h e i t d e r P r e s s e unterliegt nur denjenigen B e s c h r ä n k u n g e n , w e l c h e durch das g e g e n w ä r t i g e Gesetz vorgeschrieben oder zugelassen s i n d 1 ) . 3) Siehe Anm. 1 zu § 21. Zu § 31: 1) Das Gesetz ist von Berlin noch nicht übernommen. Es gilt das Gesetz über die Vereins- und Versammlungsfreiheit v. 29. 9. 1950 (GVB1. S. 442). Zu § 3 2 : 1) Das Gesetz ist am 10. 8. 1953 in Kraft getreten. Zu B II 2 : Schrifttum: Schwarz-Appelius: Reichspressegesetz, 5. Aufl. Stenglein, Nebengesetze, 5. Aufl. Bd. I S. 359, Ergänzungsband S. 279; Häntzschel, Reichspressegesetz; Erbs, Strafrechtl. Nebengesetze unter P 182; Born, Reichspressegesetz 4. Aufl.; Lüders, Presseund Rundfunkrecht. Nach dem 8. 5. 1945 haben z. T. die Länder der US-Zone unter Aufhebung des Reichspressegesetzes Landespressegesetze erlassen (Bay. Ges. v. 3. 10. 1949, GVB1. S. 245, Hess. Ges. über Freiheit und Recht der Presse v. 23. 6. 1949 GVB1. S. 75, — nach diesen Gesetzen § 20 bzw. § 18 ist das Reichspressegesetz nicht mehr anzuwenden —, Württ.-Baden Ges. v. 1. 4. 1949, RegBl. S. 59, Bremen Ges. v. 20. 12. 1948 (BremGBl. S. 179. In der brit. Zone sind, unter Weitergeltung des Reichspresseges., im übrigen Vorschriften zur Regelung der Berufsausübung auf dem Gebiet des Pressewesens ergangen.( z. B . das Ges. über die Berufsausübung von Verlagen, Verlagsleitern und Redakteuren für Nordrhein^Westfalen v. 17. 11. 1949 (GBV1. N R W . S. 293); das Schleswig-Holsteinsche Ges. zur vorl. Regelung des Pressewesens v. 27. 9. 1949 (GVB1. SchlHolst. S. 199); Hamb. Ges. über Selbstverw. der Presse v. 3. 10. 1949 (GVB1. S. 245), während in der franz. Zone das Reichspressegesetz noch gilt. Nach Art. 75 Ziff. 2 GG. hat der Bund das Recht, Rahmenvorschriften über die Rechtsverhältnisse der Presse zu erlassen. Vgl. noch Art. 5 GG. über Pressefreiheit und besonders das Gesetz der Alliierten Hohen Kommission v. 21. 9. 1949:

B I I 2. Gesetz Nr. 5 über die Presse. Art. 1—7

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Gesetz N r . 5 v. 21. 9. 1949 über die P r e s s e , den Rundfunk, die Berichterstattung und die Unterhaltungsstätten (ABl. der All. Hohen Kommission Nr. 1 v. 23.9.1949 S. 7) Der Rat der A l l i i e r t e n H o h e n K o m m i s s i o n erläßt folgendes Gesetz: A r t . 1 (Freiheit der deutschen B e r i c h t e r s t a t t u n g ) 1. Die Freiheit der deutschen Presse, des deutschen Rundfunks und anderer deutscher Mittel der Berichterstattung sind gewährleistet, wie im Grundgesetz vorgesehen. Die Alliierte Hohe Kommission behält sich das Recht vor, jede von der Regierung auf politischem, verwaltungsmäßigem oder finanziellem Gebiet getroffene Maßnahme, die diese Freiheit bedrohen könnte, für ungültig zu erklären oder aufzuheben. A r t . 2 (Schutz des Alliierten P e r s o n a l s ) 1. Jedem Unternehmen und jeder Person, die an einem Unternehmen beteiligt ist oder dessen Einrichtungen benutzt, ist es verboten, so zu handeln, daß das Ansehen und die Sicherheit des alliierten Personals gefährdet wird oder gefährdet werden könnte. 2. Verletzt nach Ermessen der Alliierten Hohen Kommission ein Unternehmen oder eine Person die Bestimmungen des ersten Absatzes dieses Artikels, so kann die Alliierte Hohe Kommission für eine bestimmte oder unbestimmte Zeitdauer dem Unternehmen die Weiterführung der Geschäftstätigkeit oder der Person die Teilnahme an der Geschäftstätigkeit eines solchen Unternehmens oder die Benutzung seiner Einrichtungen untersagen. Sie kann ein ähnliches Verbot über ein Unternehmen oder eine Person verhängen, wenn es der Kommission genügend nachgewiesen erscheint, daß die Betreffenden im Begriff sind, den Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderzuhandeln. 3. Wird ein derartiges Verbot über ein Unternehmen für länger als drei Monate oder über eine Person für länger als einen Monat verhängt, so können die Betroffenen gegen diese Entscheidung bei einer zu diesem Zweck noch einzurichtenden Stelle Einspruch einlegen. Diese kann nach Anhörung des Beschwerdeführers oder seines Vertreters und aller von ihm genannten oder von amtswegen geladenen Zeugen die Bestimmungen der Entscheidung, gegen die sich der Einspruch richtet, bestätigen, verschärfen, mildern oder abändern. A r t . 3 (Rundfunk) 1. Ohne die Genehmigung der Alliierten Hohen Kommission dürfen neue Rundfunk-, Fernseh- oder Drahtfunksender nicht eingerichtet noch Anlagen dieser Art einer anderen Verfügungsgewalt unterstellt werden. Der deutsche Funksendebetrieb muß in Ubereinstimmung mit der von der Alliierten Hohen Kommission festgesetzten Zuteilung von Wellenstärke und -frequenz durchgeführt werden. 2. Internationale Übertragungen, Sendungen in fremder Sprache, Verhandlungen mit dem Ausland über Rundfunksendungen bedürfen der vorherigen Zustimmung der Alliierten Hohen Kommission. A r t . 4 (Auflagesendung) Jeder Rundfunksender und jedes Veröffentlichungsmittel ist verpflichtet, auf Verlangen der Alliierten Hohen Kommission alle Mitteilungen, die die Kommission zur Erreichung der Ziele des Besatzungsstatuts für notwendig erachtet, zu bringen. A r t . 5 (Pflichtexemplar) Von jeder Veröffentlichung oder jedem Erzeugnis eines jeden Unternehmens ist zur Zeit ihres Erscheinens oder ihrer Darbietung im Bundesgebiet ein Exemplar je nach den Anweisungen der Alliierten Hohen Kommission zu hinterlegen. A r t . 6 (Schädigung des Ansehens, der Sicherheit der Alliierten Streitkräfte) Die Alliierte Hohe Kommission kann innerhalb des Bundesgebiets die Verbreitung, Ausstellung oder den Besitz jeder Veröffentlichung oder jedes Erzeugnisses eines Unternehmens untersagen, welches nach ihrer Meinung dem Ansehen und der Sicherheit der Alliierten Streitkräfte abträglich sein könnte. Desgleichen kann sie die Einführung derartiger Veröffentlichungen oder Erzeugnisse in das Bundesgebiet untersagen. Art. 7 (Beschlagnahme) Die Alliierte Hohe Kommission kann jede Veröffentlichung oder jedes Erzeugnis beschlagnahmen, die entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes verbreitet oder hergestellt sind.

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B II 2. Gesetz über die Presse. § 2. Art. 8—11

§ 2. [Begriff der Druckschrift] (1) Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Erzeugnisse der Buchdruckerpresse, sowie auf alle anderen, durch mechanische oder chemische Mittel bewirkten, zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungen von Schriften und bildlichen Darstellungen1) mit oder ohne Schrift, und von Musikalien mit Text oder Erläuterungen. (2) Was im folgenden von ,,Druckschriften" verordnet ist gilt für alle vorstehend bezeichneten Erzeugnisse. Art. 8 (Strafgericht!. Verfolgung) Die in Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes getroffenen Verwaltungsmaßnahmen schließen die strafgerichtliche Verfolgung nicht aus. Art. 9 (Zuwiderhandlungen) Jede Zuwiderhandlung gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes* oder einer auf Grund desselben erlassenen Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren und mit einer Geldstrafe bis zu DM 10000 oder mit einer dieser beiden Strafen bestraft. Ist die Gesetzesverletzung von einem Unternehmen begangen worden, so kann auf eine Geldstrafe bis zu DM 100000 erkannt werden. Zugleich kann das Gericht die Einziehung jedes Vermögenswertes anordnen, dessen Besitz oder Gebrauch einen wesentlichen Bestandteil der dem Strafurteil zugrunde liegenden Handlung gebildet hat. Art. 10 (Durchführungsverordnung) Die Alliierte Hohe Kommission kann Verordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes erlassen. Die DVO. sind bei Lüders a.a.O. S. 106ff. abgedruckt. Art. 11 (Unternehmen) Im Sinne dieses Gesetztes umfaßt der Begriff „Unternehmen" jede der nachstehend genannten öffentlichen oder privaten Tätigkeiten von Einzelpersonen oder Personenvereinigungen: a) den Druck, die Herstellung, die Herausgabe, die Verbreitung, den Vertrieb, den Verleih jedes gedruckten oder durch ein mechanisches Verfahren vervielfältigten Werkes, b) die Herstellung oder Verbreitung von Tonaufnahmen oder Lichtspielfilmen, c) das Betreiben von Nachrichtendiensten, von Agenturen für literarische und verwandte Erzeugnisse, sowie von Bildagenturen, d) die Übertragung durch Hellschreiber, Rundfunk- oder Niederfrequenzsendungen, e) den Betrieb von Unterhaltungsstätten, von Filmlaboratorien, von Filmverleihen und von Filmateliers, sowie die Herstellung und Vorführung von Filmen, Schaustellungen und Darbietungen jeglicher Art. Der Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums v. März 1952 (abgedr. bei Lüders a.a.O. S. 266) ist zurückgezogen.— Das Schriftleitergesetz v. 5. 10. 1933 (RGBl. I S. 713) gilt mit Wirkung v. 8. 5. 1945 als aufgehoben. S. Koblenz N J W . 1954, 206 (vgl. dazu Anm. * zu § 7). Zu § 1: 1) Ein Landesgesetz, welches gewisse Ankündigungen (z. B. von Geheimmitteln) nicht allgemein, sondern speziell durch die Presse verbietet, verstößt gegen § 1. RG. GA. 39, 196, 197. Das gleiche gilt auch von einer polizeilichen Verfügung. OVG. DJZ. 36 (1931), 1260. Doch schließt § 1 nicht aus, daß Rechtshandlungen, die Preßerzeugnisse zum Gegenstand haben, durch Landesgesetze mit Strafe bedroht werden. E. 37, 150. Zu einem Präventiwerbot gegenüber Druckschriften ist die Polizei nicht befugt. OVG. JW. 57 (1928), 440. Über die Behandlung von Preßstrafsachen siehe Richtlinien für das Strafverfahren 1953 Nr. 263—272. Zu § 2 : 1) Betroffen sind hier alle Vervielfältigungsmethoden, auch die Photographie. E. 4, 362. Hierunter fallen nicht mittels einer Schreibmaschine hergestellte Durchschläge. Marienwerder LZ. 12 (1918), 462; überhaupt nicht Vervielfältigungen mittels eines zur Massenherstellung ungeeigneten technischen Verfahrens. Dresden JW. 60 (1931), 483; auch

B II 2. Gesetz über die Presse. §§ 3—6

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§ 3. [Begriff der Verbreitung] Verbreitung 1 )

Als einer Druckschrift im Sinne dieses Gesetzes gilt auch das Anschlagen, Ausstellen 2 ) oder Auslegen derselben an Orten, wo sie der Kenntnisn a h m e durch das Publikum zugänglich ist.

§ 4. [Keine Entziehung der Gewerbebefugnis] (1) E i n e Entziehung der Befugnis zum selbständigen B e t r i e b e irgend eines Preßgewerbes oder sonst zur Herausgabe und zum Vertriebe 1 ) von Druckschriften k a n n weder i m administrativen, noch im richterlichen W e g e stattfinden. (2) I m übrigen sind für den B e t r i e b der Preßgewerbe die Bestimmungen der Gewerbeordnung m a ß g e b e n d 2 ) .

§ 5. [Nichtgewerbsmäßige öffentliche Verbreitung] (1) Die nichtgewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druckschriften k a n n durch die Ortspolizeibehörde denjenigen Personen verboten werden, welchen nach § 57 Ziff. 1, 2, 4 ; §§ 5 7 a , 5 7 b Ziff. 1 und 2 der Gewerbeordnung ein Legitimationsschein versagt werden darf. (2) Zuwiderhandlungen gegen ein solches V e r b o t werden nach § 148 der Gewerbeordnung b e s t r a f t .

II. Ordnung der Presse § 6. [Impressum] (1) Auf jeder im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druckschrift 1 ) m u ß der N a m e und W o h n o r t 2 ) des D r u c k e r s 3 ) und, wenn sie für den Buchhandel, nicht Rundfunkdarbietungen; wohl aber Münzen, die nicht Wertträger sind. OVG. J W . 57 (1928), 2110. Hand- oder maschinenschriftlich zugesetzte Anschrift oder Anrede oder geringfügiger derartiger Zusatz ändern nicht den Charakter als Druckschrift bei Vervielfältigungen von Werbeschreiben. RG. J W . 63 (1934), 2152. Zu § 3 : 1) Verbreiten ist diejenige Tätigkeit, durch welche die Druckschrift einem größeren, wenn auch nach Zahl oder Individualität der Personen begrenzten Kreise zugänglich wird. E. 36, 331. Es genügt die Mitteilung an eine Person, wenn sie mit dem Bewußtsein geschieht, daß dadurch eine weitere Verbreitung erfolgen werde. R. 6, 525, E . 16, 245. Verbreitung ist gefunden worden in der Aushändigung einiger Exemplare von Druckschriften an den Verfasser. E. 2, 270. 2) Eine kinematographische Aufführung fällt nicht hierunter. OVG. GA. 58, 210. Zu § 4: 1) Im Gegensatz zur Verbreitung bedeutet Vertreiben nichts anderes als den tatsächlichen Vorgang, mit dem das Druckerzeugnis seiner Bestimmung zugeführt wird, nämlich nach Fertigstellung der Druckschrift deren körperliche Ubergabe an andere Personen. 2) Siehe §§ 14, 42, 43, 56 und 143 GewO. Zu § 6 : 1) Für den Begriff der Druckschrift ist entscheidend, ob sie ausschließlich den Zwecken des Gewerbes dient, oder aber ob sie daneben noch andere Zwecke verfolgt. RG. GA. 61, 60. Als Druckschrift ist auch anzusehen ein Kalender, der als Gratisbeilage einer Zeitung dient. Hamm DJZ. 19 (1914), 176. Der Begriff des Erscheinens deckt sich nicht mit dem der Verbreitung. Auf Druckschriften, deren Inhalt nicht strafbar ist, bei denen vielmehr nur gegen formale Vorschriften des Preßgesetzes verstoßen ist. findet der § 41 des StGB, keine Anwendung. R. 4, 235. 2) Als Wohnort des Verlegers ist dessen geschäftliche Niederlassung zu betrachten und, wenn der Verleger den Verlag nicht gewerbsmäßig betreibt, dessen Wohnsitz. Stenglein, Nebengesetze Anm. 7.

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B II 2. Gesetz über die Presse. § 6

oder sonst zur Verbreitung bestimmt ist 4 ), der Name und Wohnort des Verlegers6), oder — beim Selbstvertriebe der Druckschrift — des Verfassers oder Herausgebers genannt sein 8 ). An Stelle des Namens des Druckers oder Verlegers genügt die Angabe der in das Handelsregister eingetragenen Firma 7 ). (2) Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die nur zu den Zwecken des Gewerbes8) und Verkehrs9), des häuslichen und geselligen Lebens dienenden 3) Drucker ist der gewerbliche Unternehmer der Druckerei, oder der Geschäftsführer, wenn er vollständiger Vertreter ist. E. 16, 144. Bei Benutzung einer einem anderen gehörigen Handpresse ist die Angabe des Eigentümers der letzteren nicht unbedingt erforderlich. RG. Recht 15 Nr. 2494. Sind bei Herstellung einer Druckschrift mehrere Drucker selbständig beteiligt, so muß Namen und Wohnort eines jeden auf der Druckschrift genannt werden. E. 21, 361. Wird eine Bilderbeilage für verschiedene Zeitungen von einem selbständigen Druckereiunternehmen hergestellt, so ist auf ihr der Drucker zu vermerken. KG. D J Z . 32 (1927), 1560; aber nicht, wenn Drucker des Hauptblatts und der Beilage der gleiche ist. Die Zufügung als Drucker ist nicht erforderlich, wenn es sich schon aus den Umständen ergibt. KG. J F G . Erg.-Bd. 9, 352. Für die richtige Angabe des Druckers ist nicht nur der Inhaber der Druckerei, sondern jeder verantwortlich, der die Unterlassung der Angabe oder die unrichtige Angabe vorsätzlich bewirkt hat. R. 4, 212 und 438; also auch jeder nicht selbständige Vertreter des Druckers und des Verlegers -— aber nicht der Redakteur —. E. 27, 246; ebenso der Herausgeber als Teilnehmer. RG. DRZ. 22 (1930) Nr. 761; jedoch nicht jeder, der nur eine Druckschrift in die Druckerei befördert oder in Bestellung gibt. RG. GA. 46, 25. 4) Es ist hier nicht bloß die gewerbsmäßige Verbreitung, sondern überhaupt jede Verbreitung gemeint. E. 20, 63. Es genügt, wenn eine geschlossene Personenmehrheit Kenntnis vom Inhalt der Druckschrift nehmen kann. KG. D J Z . 37 (1932), 741. Keine Verbreitung liegt in der Inumlaufsetzung eines Rundschreibens bei Vertrauensleuten eines Verbandes. Königsberg J W . 60 (1931), 1935. Das Erscheinen ist die erste Verbreitungshandlung, weitere Verbreitung ist straflose Nachtat, Karlsruhe, BadRspr. (1936), 38. Für die Vorschrift, daß Name und Wohnort des Druckers genannt sein müssen, ist öffentliche Verbreitung aber nicht Voraussetzung. Hamburg LZ. 23 (1929), 512. 5) Der Drucker haftet für Nennung des Verfassers oder Verlegers, wenn er gewußt h a t , daß die Druckschrift zur Verbreitung bestimmt ist. RG. GA. 26, 354. E. 39, 202. Die Angabe eines falschen Verlegers ist nur strafbar, wenn sie vorsätzl. oder fahrl. bewirkt worden ist. E. 16, 144. Das bloße Verbreiten einer Druckschrift, auf welcher Drucker und Herausgeber nicht genannt sind, ist nicht strafbar. E. 16, 409. KG. D J Z . 12 (1907), 242. 6) Herausgeber ist derjenige, der ein Werk nicht oder doch nicht vollständig verfaßt h a t und dem Verleger gegenüber den zu druckenden Stoff sammelt und ordnet. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. Die Benennung des Druckers, Verlegers oder Herausgebers muß mit ausdrücklichen Worten und außerhalb des Contextes der Druckschrift geschehen. Stenglein, Nebengesetze Anm. 9; und zwar so deutlich, daß die Entzifferung für jedermann möglich ist. RG. JW. 58 (1929), 3013. Ein Zusatz zum Namen „als Herausgeber", „alsVerfasser" oder „als Drucker" ist aber nicht erforderlich, München, JW. 66 (1937), 3095. Ist der Verleger eine juristische Person, so genügt es, daß diese angegeben wird. KG. J R . 2 Nr. 903; anders im Falle des Herausgebers. Hamburg GA. 41, 435. Bezeichnung von Drucker und Verfasser mit „ P f a r r a m t N . " statt Namen verstößt gegen § 6, es sei denn, daß es sich nur um eine a m t liche Mitteilung des betr. Pfarramts handelt, München, JW. 66 (1937), 2705. 7) Verteiler, der nicht zum Kreise der Herstellungsbeteiligten gehört, auch nicht als Erstverbreiter sich darstellt, ist nur wegen Nichtbefolgung des § 6 nach § 19 strafbar, wenn er Mittäter der Erstverbreitung ist. Köln, N J W . 1953, 1765. 8) Druckschriften dienen nur dann den Zwecken des Gewerbes im Sinne dieses Paragraphen, wenn sie denselben ausschließlich dienen und dies sofort aus der Druckschrift erkennbar ist. Das Motiv des Verlegers ist ohne Belang. E. 14, 279. RG. GA. 51, 59. Diese Ausnahme h a t nicht alle mit irgend welchen Zwecken des Gewerbes zusammenhängenden, sondern nur die regelmäßigen dem geschäftlichen Leben dienenden Druckschriften zum Gegenstande. E. 20, 65. So gehört zu den Ausnahmen auch die Geschäftsreklame, sofern sie ausschließlich gewerblichen Zwecken dient und dieser aus der Beschaffenheit der Druckschrift als solcher hervorgeht, KG. H R R . 1937 Nr. 1283. Ansichtspostkarten, welche einen politischen oder sozialen Inhalt haben, fallen nicht unter diese Ausnahme. RG. D J Z . 6 (1901), 462. E. 36, 11; wohl aber in der Regel solche, die nur Landschafts- oder Architekturbilder enthalten. KG. GA. 56, 240. 9) Dem Verkehr dienen u. a. Druckschriften, welche den Straßenverkehr zu regeln bestimmt sind, wie Automobilwarnungstafeln, ferner Telegramm- und Postkartenformulare.

B I I 2. Gesetz über die Presse. § 7

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Druckschriften, als: Formulare, Preiszettel, Visitenkarten und dergleichen, sowie Stimmzettel für öffentliche Wahlen, sofern sie nichts weiter als Zweck, Zeit und Ort der Wahl und die Bezeichnung der zu wählenden Personen enthalten. § 7. [Periodische Druckschriften]*) (1) Zeitungen und Zeitschriften 1 ), welche in monatlichen oder kürzeren, wenn auch unregelmäßigen Fristen erscheinen2) (periodische Druckschriften im Sinne dieses Gesetzes), müssen außerdem auf jeder Nummer, jedem Stück oder Hefte den Namen und Wohnort 3 ) des verantwortlichen Redakteurs enthalten 4 ). Zu § 7 : *) § 45 Abs. 1 des Schriftleiterges. v. 4. 10. 1933 bestimmte: „Die §§ 7 und 8 des Reichsges. über die Presse v. 7. 5. 1874 finden auf Zeitungen und politische Zeitschriften keine Anwendung." Das Schriftleiterges. ist zwar als mit dem 8. 5. 1945 außer Kraft getreten anzusehen. Streitig ist aber, ob damit die §§ 7, 8 RPresseges. ohne weiteres wieder Geltung erlangten; bejahend Lüders Anm. 3 zu § 8, verneinend OLG. Koblenz N J W . 1954, 206. 1) Zum Begriff der Zeitung ist wesentlich, daß sie periodisch erscheint, dagegen ist nicht erforderlich, daß eine unbegrenzte Dauer in Aussicht genommen ist, es genügt vielmehr, daß das Erscheinen zu einem bestimmten Zweck und für einen im voraus begrenzten Zeitraum beschränkt wird. Siehe R . 8, 483. Zeitschriften sind solche Schriften, die ihrem Plane nach nicht dazu bestimmt sind, ein in sich geschlossenes Ganzes zu bilden. Dresden J W . 60 (1931), 483. Verscheidenheit des Titels und des Erscheinungsortes bedingt auch bei Übereinstimmung des Inhalts der mehreren periodischen Druckschriften und bei Identität der an ihr beteiligten Personen eine Mehrheit der strafbaren Kundgebungen. Sogenannte Kopfblätter sind vom Hauptblatt verschiedene Druckschriften. R G . Recht 28 Nr. 1618. Hierunter fallen auch wiederholt erscheinende Vereinsnachrichten. K G . H R R . 1929 Nr. 1888. 2) E s kommt auf den Willen des Herausgebers an, der dahin gehen muß, daß die Zeitschrift mindestens monatlich erscheinen soll. Gleichgültig ist dabei, wenn eine Monatsnummer ausfällt oder zwei ihrer Monatsnummern zu einer Doppelnummer vereinigt werden. K G . GA. 70, 81. Erscheint die einzelne Nummer in getrennten Teilen (Hauptblatt und Beiblatt), so braucht der Redakteur doch nur einmal genannt zu sein. E . 7, 45. 3) Wohnort ist nicht gleichbedeutend mit Erscheinungsort der Zeitung (Zeitschrift). E . 39, 105. 4) Das „Impressum" begründet nur eine widerlegbare tatsächliche Vermutung über die Person des verantwortlichen Redakteurs. Hamburg N J W . 1953, 1766. Die Benennung schafft nicht den verantwortlichen Redakteur, sondern setzt das Vorhandensein eines solchen voraus. R G . Recht 32 Nr. 1447. Redakteur ist derjenige, welcher tatsächlich die Redaktionsgeschäfte besorgt, der diese Stellung mit dem Willen des Eigentümers der Zeitung bekleidet und kraft derselben zu verfügen hat, ob ein Beitrag wegen strafbaren Inhalts zurückzuweisen ist oder Aufnahme finden kann. E . 21, 23. Nach E . 36, 215 ist die tatsächliche Vornahme des zum Druck bestimmten Stoffs für den Begriff des v. R . nicht entscheidend. Siehe über diese Meinungsverschiedenheit Häntzschel Anm. 5 B . Vgl. E . 28, 399. Durch die Bezeichnung: Redaktion A. in M. (Name und Wohnort) wird der Vorschrift des § 7 nicht genügt. E . 25, 180. Der Chefredakteur ist für den ganzen Inhalt der Zeitung verantwortlich, sofern nicht für einzelne äußerlich erkennbare Teile des Blattes besondere Redakteure bestellt sind, also unter Umständen auch für Inserate, obgleich ein besonderer Redakteur für den Inseratenteil bestellt ist. R G . GA. 39, 374. Nach R G . D J Z . 9 (1904), 464 wird die Angabe des v. R . durch die Bezeichnung als Chefredakteur nicht ersetzt. Auch die Angabe „Schriftleitung" mit folgendem Namen genügt nicht. E . 63, 340. Neben dem v. R . bestellte Mitredakteure dürfen sich nach E. 28, 72 nicht mit ihrem Schriftstellernamen bezeichnen. A. M. K G . GA. 42, 432. Die Verantwortlichkeit des Redakteurs erstreckt sich auf alle Teile des Blattes, auch auf die Beilagen, selbst wenn sie nicht als solche bezeichnet sind. R . 5, 82. Die Verwahrung gegen die Verantwortlichkeit ist ohne Bedeutung, wenn für den Inseratenteil nicht ein besonderer Redakteur bestellt ist. R . 1, 673 und R . 4, 352. Vgl. GA. 52, 83. Wird eine selbständige periodische Druckschrift einer andern regelmäßig als Beilage beigefügt, so ist auf den als Beilage ausgegebenen Exemplaren auch der Redakteur der ersteren als solcher zu benennen. R . 5, 82. Der Redakteur bleibt für den strafbaren Inhalt einer der Zeitung beigelegten Druckschrift verantwortlich, wenn nicht festgestellt wird, daß das Beilegen weder auf ein vorsätzliches noch fahrlässiges Handeln des Redakteurs zurückzuführen ist. R . 5, 82. Der wegen Nachdrucks in Anspruch genommene Verleger einer periodischen Zeitschrift, die einen als Nachdruck strafbaren Artikel gebracht hat, kann sich nicht mit dem Einwände schützen, daß er für die Druckschrift einen verantwortlichen Redakteur bestellt habe. E . 20, 430.

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B II 2. Gesetz über die Presse. §§ 8—10

(2) Die Benennung mehrerer Personen als verantwortliche R e d a k t e u r e s ) ist nur dann zulässig, wenn aus F o r m und I n h a l t der Benennung m i t B e s t i m m t h e i t zu ersehen ist, für welchen Teil der Druckschrift jede der b e n a n n t e n Personen die R e d a k t i o n besorgt.

§ 8. [Verantwortlicher Redakteur] *) (1) Verantwortliche R e d a k t e u r e periodischer Druckschriften dürfen nur P e r sonen sein, welche verfügungsfähig 1 ), im Besitze der bürgerlichen E h r e n r e c h t e sind und im Deutschen Reiche ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt h a b e n . (2) 2 ) W e r n a c h gesetzlicher Vorschrift nicht oder nur m i t besonderer Zustimmung oder Genehmigung verfolgt werden k a n n , darf nicht verantwortlicher R e d a k t e u r einer periodischen Zeitschrift sein 3 ).

§ 9. [Unentgeltliche Ablieferung] (1) Von jeder Nummer (Heft, Stück) einer periodischen Druckschrift m u ß der Verleger, sobald die Austeilung oder Versendung beginnt, ein E x e m p l a r gegen eine ihm sofort erteilende Bescheinigung an die Polizeibehörde des Ausgabeortes unentgeltlich abliefern 1 ). (2) Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Druckschriften, welche ausschließlich Zwecken der Wissenschaft, der K u n s t , des Gewerbes oder der Industrie dienen 2 ).

§ 10. [Amtliche Bekanntmachungen] D e r verantwortliche R e d a k t e u r einer periodischen Druckschrift, welche Anzeigen aufnimmt, ist verpflichtet, die i h m von öffentlichen Behörden m i t 6) Sind mehrere Redakteure auf einer Zeitschrift benannt, ohne genaue Abgrenzung der Teile, für die jeder von ihnen haftet, so kann § 20 auch keine Anwendung finden. In der Einrede des A., daß die Veröffentlichung des betr. Artikels nicht zu dem ihm überwiesenen Teile der Schrift gehört, liegt zugleich der Einwand, daß er von dem Inhalte des Artikels keine Kenntnis gehabt habe. RG. GA. 44, 144. Eine Teilung der Verantwortlichkeit unter mehrere Redakteure muß stets äußerlich erkennbar gemacht werden, so daß ersichtlich ist, für welchen Teil jeder die Verantwortlichkeit übernimmt. E. 23, 9 und GA. 44, 144. Bildet der politische Teil einer Zeitung keinen nach außen erkennbaren räumlich abgetrennten Abschnitt, so ist der politische Redakteur auch für den anderen Teil der Zeitung verantwortlich. RG. Recht 34 Nr. 725. Die Erklärung eines Teilredakteurs, daß er für gewisse Einzelartikel, die dem von ihm übernommenen Teile angehören, die Verantwortlichkeit ablehne, ist rechtlich bedeutungslos. E. 34, 187. Die Strafe für Nichtbenennung oder falsche Benennung des Redakteurs trifft zunächst den Verleger, aber auch jeden, welcher durch sein schuldhaftes Verhalten den gemißbilligten Tatbestand herbeigeführt hat, also auch den bloß tatsächlichen Redakteur, E. 21, 23; und wenn mehrere Redakteure vorhanden sind, sind sie alle verantwortlich. RG. GA. 39, 51. Siehe insbes. E. 27, 246. Zu § 8: *) Vgl. Anm. * zu § 7. 1) D. h. voll geschäftsfähig. Stettin v. 22. 4. 1933 (ungedruckt). Die Benennung einer unfähigen Person ist nach § 19 strafbar. Vgl. E. 16, 16. 2) Abs. 2 beruht auf dem Gesetz v. 4. 3. 1931 (RGBl. I S. 29). 3) Wer dem entgegen zum v. R. bestellt wird, ist gleichwohl v. R., hat also alle Rechte und Pflichten. Zu § 9 : 1) Die Druckschrift muß mit allen Beilagen eingeliefert werden. RG. GA. 26, 543. Die Vorschrift bezieht sich auch auf Extrablätter. Die Ablieferung kann durch die Post oder Einwerfen des Exemplars in das Postschließfach der Behörde nur dann erfolgen, wenn der Verleger die Gewißheit hat, daß die Behörde in der Lage ist, zur Zeit des Beginns der Auslieferung der Zeitschrift von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Naumburg DRZ. 23 (1931) Nr. 619. 2) Es kommt auf den Gesamtinhalt des Blattes an. KG. JW. 58 (1929), 1499 und DRZ. 21 (1929) Nr. 427.

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geteilten amtlichen Bekanntmachungen1) auf deren Verlangen2), gegen Zahlung der üblichen Einrückungsgebühren in eine der beiden nächsten Nummern des Blattes aufzunehmen3).

§ 11. [Berichtigungszwang]*) (1) Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druckschrift1) ist verpflichtet2), eine Berichtigung8) der in letzterer mitgeteilten Tatsachen auf Verlangen einer beteiligten öffentlichen Behörde oder Privatperson 4 ) ohne Einschaltungen oder Weglassungen aufzunehmen, sofern die Berichtigung von dem Einsender unterzeichnet ist, keinen strafbaren Inhalt hat und sich auf tatsächliche Angaben6) beschränkt 6 ). Zu § 10: 1) Dahin gehört auch die Bekanntmachung eines gegen den Redakteur selbst ergangenen Urteils. K G . J W . 62 (1933), 482. 2) Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben. K G . J W . 62 (1933), 482. 3) Die Aufnahme in den redaktionellen Teil kann nicht gefordert werden. § 10 gilt nur für die Inseratenpresse. K G . J W . 58 (1929), 2367 und 2368. Zu § H : *) Über die Verpflichtung zur Aufnahme einer Gegendarstellung nach den neuen Landespreßgesetzen — s. Anm. vor § 1 — vgl. z. B . § 10 des bayr. u. § 10 des hess. Gesetzes. Das Hess. Ges. kennt nur noch eine Erzwingung der Pflicht zu einer tatsächl. Gegendarstellung im Wege des Zivilprozesses (vgl. dazu Greifj N J W . 1950,241). Einen Berichtigungszwang in sinngemäßer Anwendung des § 11 RPresseges. spricht in gewissem Umfang § 3 Nr. 9 des hess. Rundfunkges. v. 2. 10. 1948 (GVB1. S. 123) aus. 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) Die Pflicht zur Berichtigung liegt dem verantwortlichen Redakteur ob. Vgl. E . 21, 23; und zwar dem Redakteur derjenigen Nummer des Blattes, in welche die Berichtigung aufzunehmen ist. Celle GA. 63,155. Die Pflicht entsteht mit dem Zugang. Ein an die Firma der Druckschrift adressiertes Berichtigungsschreiben ist nicht ohne weiteres dem Schriftleiter zugegangen. Frankfurt J W . 60 (1931), 1934, jedoch das an die Redaktion gerichtete. Dresden LZ. 26 (1932), 124; anders Frankfurt J W . 61 (1932), 894. 3) Berichtigen bedeutet nichts weiter als eine veröffentlichte Tatsache anders darzustellen. Ob dies „Anders darstellen" wirklich ein Richtigstellen ist, ist für den Berichtigungszwang ohne Bedeutung. Born, R P G . S. 72. Daher kann eine Berichtigung nicht aus dem Grunde abgelehnt werden, weil sie eine Unwahrheit enthalte, E. 24, 278. Die Berichtigung selbst muß unterzeichnet sein, nicht lediglich das Ersuchungsschreiben. K G . GA. 49, 339. (A. M. BayObLG. LZ. 18 (1924), 132. Breslau J W . 57 (1928), 369. Stettin v. 16. 5. 1931 — ungedruckt); die Berichtigung seitens einer Behörde handschriftlich von ihrem Leiter. Königsberg JW. 56 (1927), 1601. Unterschrift eines Bevollmächtigten genügt nicht. Naumburg H R R . 1928 Nr. 2338. K G . J W . 58 (1929), 1258; Frankfurt N J W . 1953, 1068. Die Berichtigung muß druckfertig abgefaßt sein. E . 44, 5; auch in sich verständlich sein. K G . GA. 96, 190. Als Adressat des Ersuchungsschreibens kann die Redaktion bezeichnet werden. Frankfurt J W . 56 (1927), 133. 4) Es muß sich um eine die einzelne Persönlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit handeln im Gegensatz zu Interessen, die einem unbegrenzten Personenkreis gemeinsam sind. K G . GA. 59, 475. Frankfurt J W . 61 (1929), 894. BayObLG. LZ. 27 (1933), 1262. Zur Privatperson gehören alle nicht mit juristischer Persönlichkeit ausgestatteten Vereine. Vgl. Breslau GA. 42, 303. Hüfner, LZ. 22 (1928), 585 (589). A. M. Frankfurt J W . 61 (1932), 894. Beteiligt ist auch eine örtliche Gruppe eines Verbandes. Hamburg J W . 56 (1927), 1601. A. M. K G . J W . 59 (1930), 1756. 5) Die für die zwangsweise Berichtigung vom Gesetz aufgestellte Voraussetzung der Beschränkung auf tatsächliche Angaben ist eng auszulegen. Urteil und Kritik an dem Artikel, der die zu berichtigenden Tatsachenmitteilungen enthielt, sind unzulässig, es sei denn, daß sie von der Berichtigung nicht getrennt werden können. Celle N J W . 1953, 1767. Unter tatsächlichen Angaben sind bejahende oder verneinende Mitteilungen über äußere mit den Sinnen wahrnehmbare Ereignisse (in die äußere Erscheinung getretene Vorkommnisse, nicht reine Ergebnisse des Denkprozesses) verstanden worden. Celle GA. 41, 72, Hamburg GA. 42, 303. Die Unterscheidung zwischen rein äußerlich wahrnehmbaren Tatsachen und sogenannten inneren Tatsachen (Beweggründen, Absichten, Zielen) ist unhaltbar und nicht gerechtfertigt. Hamburg GA. 46, 392. KG. GA. 69, 323. Jedenfalls verliert eine Berichtigung die Bedeutung einer Kundgebung tatsächlicher Angaben nicht dadurch, daß

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(2) Der Abdruck muß in der nach Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer und zwar in demselben Teile der Druckschrift und mit derselben Schrift, wie der Abdruck des zu berichtigenden Artikels geschehen. (3) Die Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Entgegnung den Raum der zu berichtigenden Mitteilung überschreitet; für die über dieses Maß hinausgehenden Zeilen sind die üblichen Einrückungsgebühren zu entrichten7). § 12. [Amtliche Mitteilungen] Auf die von den deutschen Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden, von dem Reichstage oder von der Landesvertretung eines deutschen Bundesstaats ausgehenden Druckschriften finden, soweit sich ihr Inhalt auf amtliche Mitteilungen beschränkt, die Vorschriften der §§ 6—11 keine Anwendung. § 13. [Korrespondenzen] Die auf mechanischem oder chemischem Wege vervielfältigten periodischen Mitteilungen (lithographierte, autographierte, metallographierte, durchgeschriebene Korrespondenzen) unterhegen, sofern sie ausschließlich an Redaktionen verbreitet werden, den in diesem Gesetze für periodische Druckschriften getroffenen Bestimmungen nicht1). § 14 betr. Verbot ausländ, period. Druckschriften, z. Zt. gegenstandslos § 15 (Aufgehoben durch § 19 d. Ges. v. 3. 6. 1914, R G B l . S. 195). sie im ganzen auf bestimmte erkennbare Vorgänge sich beziehenden tatsächlichen Angaben zum Teil äußerlich in urteilende Form gekleidet sind. BayObLG. D J Z . 32 (1927), 1562. Eine zuverlässige Grundlage für die Frage, ob die Berichtigung auf tatsächliche Angaben beschränkt ist, bietet der Vergleich der Mitteilung, gegen die sich die Berichtigung richtet mit Wortlaut und Sinn der Berichtigung selbst. K G . J W . 59 (1930), 1755. Der Zusatz: „Der Inhalt des Artikels ist frei erfunden" überschreitet das Gebiet des Tatsächlichen. K G . D J Z . 36 (1931), 637. Enthält die Berichtigung teils Tatsächliches, teils Nichttatsächliches, so ist der Redakteur nicht verpflichtet, ersteres auszusondern und aufzunehmen. Hamburg LZ. 21 (1927), 1428. Mitteilungen über erst zukünftig zu erwartende Ereignisse sind nicht berichtigungsfähig. Breslau J W . 57 (1928), 369. Auf Inserate bezieht sich der Berichtigungszwang nicht. Breslau D J Z . 15 (1910), 1416. Im übrigen kommt es aber für den Berichtigungszwang nicht darauf an, in welchem Teil einer Zeitung die zu berichtigenden Tatsachen gebracht sind und ob sie nur die Mitteilung eines Dritten oder ein Gerücht wiedergeben. Naumburg H R R . 1930 Nr. 86. Vgl. auch BayObLG. J W . 59 (1930), 1314. 6) Erfolgt die durch ein Strafurteil angeordnete Aufnahme der Berichtigung nicht, so ist eine neue Bestrafung zulässig. ObTrib. GA. 25, 591. Eine Zwangsvollstreckung im Berichtigungsverfahren gibt es nicht. Horn in GA. 58, 129ff., insbes. 359. Die Verjährung beginnt mit dem Erscheinen der nach Empfang des Berichtigungsverlangens nächstfolgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer. K G . D J Z . 6 (1901), 143. BayObLG. J W . 60 (1931), 1929. 7) Überschreitet die Berichtigung den Umfang des Artikels, so berechtigt dieser Umstand den Redakteur nicht, die Aufnahme zu verweigern. Vgl. R G . GA. 25, 352. Eine Vorausbezahlung der Insertionsgebühren kann der Redakteur nicht verlangen. R G . GA. 42, 306; es sei denn, daß er notorisch vermögenslos ist. Zu § 13: 1) Der § 13 bezieht sich nicht bloß auf lithographierte usw. Korrespondenzen, sondern auch auf gedruckte der hier bezeichneten Art. K G . Johow 5, 292. Diese Ausnahmevorschrift gilt nicht gegenüber solchen gesetzlichen Bestimmungen, die diese Vorschrift nicht übernommen haben. R G . v. 29. 5. 1931, Janich, VO. v. 4 . 2 . 1933, 114.

B II 2. Gesetz über die Presse. §§ 16—18

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§ 16. [Öffentl. Aufford. z. Aufbringung von Geldstrafen] Öffentliche Aufforderungen mittels der Presse 1 ) zur Aufbringung der wegen einer strafbaren Handlung erkannten Geldstrafen 2 ) und K o s t e n , sowie öffentliche Bescheinigungen mittels der Presse über den E m p f a n g der zu solchen Zwecken gezahlten B e i t r ä g e sind verboten.

§ 17. [Veröffentl. amtl. Schriftstücke eines Strafverfahrens] Die Anklageschriften oder andere amtliche S c h r i f t s t ü c k e 1 ) eines S t r a f prozesses 2 ) dürfen durch die Presse nicht eher veröffentlicht werden 3 ), als bis dieselben in öffentlicher Verhandlung 4 ) kundgegeben worden sind oder das Verfahren sein E n d e erreicht h a t 5 ) .

§ 18. [Strafen bei Zuwiderhandlung gegen das Pressegesetz] (1) Mit Geldstrafe oder m i t H a f t oder m i t Gefängnis bis zu sechs Monaten werden b e s t r a f t : Zu § 16: 1) Und zwar nicht bloß durch p e r i o d i s c h e Druckschriften (Zeitungen), Stenglein, Nebenges. Anm. 1. 2) Das sind wirkliche Strafen; die Buße gehört nicht hierher. E. 26, 91. Auf die Geldstrafe muß rechtskräftig erkannt sein. Öffentl. Sammlungen für die in Not geratenen Familienangehörigen eines Verurteilten sind nicht verboten. Zu § 17: 1) Unerheblich, ob es sich um ein wichtiges oder unwichtiges Schriftstück handelt. Naumburg DRZ. 23 (1931)Nr. 375. Dahin gehören die in einem Strafprozeß ergangenen schriftlichen Gutachten. E. 9, 193. Dagegen gehören nicht hierher verkündete Strafurteile. KG. DJZ. 18 (1913), 170; oder Mitteilungen über erfolgte prozessuale Vorgänge und strafbare Handlungen. E. 22, 273; oder Abschrift einer demnächst der Staatsanwaltschaft einzureichenden Strafanzeige. E. 25, 330. Aber auch die auszugsweise Veröffentlichung eines amtlichen Schriftstückes ist strafbar, unter Umständen selbst dann, wenn sie in Form einer Kritik erscheint. R. 8, 570 und E. 26, 79. LZ. 14 (1920), 928. Macht der Täter solche Mitteilungen gleichzeitig in verschiedenen Zeitungen, so bildet jede Veröffentlichung für sich ein besonderes Delikt und tritt also mehrfache Bestrafung ein. R. 8, 570; E. 14, 340. Vgl. auch E. 28, 411. Die Strafbarkeit der Veröffentlichung wird dadurch nicht beseitigt, daß die Schriftstücke wahrheitsgetreue Berichte über die Gerichtsverhandlung enthalten. OR. 17, 598. Sobald aber die Verlesung einzelner Teile in öffentlicher Sitzung stattgefunden hat, ist deren Veröffentlichung erlaubt. E. 15, 253; Stenglein, Nebenges. Anm. 6. Das Schriftstück muß in der Kundgebung als amtliches erkennbar gemacht sein. RG. GA. 55, 110. 2) Der Ausdruck „Strafprozeß" umfaßt nicht auch das ehrengerichtliche und das Disziplinarverfahren. E. 3, 42; wohl aber das staatsanwaltliche oder polizeiliche Vor- oder Ermittlungsverfahren. E. 22, 272; auch die amtsrichterliche (früher polizeiliche) Strafverfügung. E. 28, 141, z. B. Vorgänge über die Bestellung eines Verteidigers. Naumburg DRZ. 23 (1931), Nr. 375; Beschlüsse über einen Enthaftungsantrag. RG. GA. 44, 55; und das objektive Verfahren gemäß § 42 StGB. E. 44, 279. Auch das Bußgeld verfahren nach dem OWiG. — A 4 — gehört hierher. 3) Die Strafbestimmung richtet sich nicht nur gegen den Redakteur, sondern gegen jedermann. E. 40, 360. Es ist ohne Bedeutung, ob die Veröffentlichung in einer periodischen oder nicht periodischen Druckschrift erfolgt und ob sie von einer Person ausgeht, die sich an der Fertigstellung der Druckschrift beteiligt hat. E. 47, 243. 4) Ist überhaupt nicht öffentlich verhandelt worden und hat also eine öffentliche Kundgebung der amtlichen Schriftstücke überhaupt nicht stattgefunden, so ist eine Publikation der letzteren jedenfalls bis dahin ausgeschlossen, wo das Verfahren sein Ende erreicht hat. E. 15, 253. 5) Das Verfahren hat erst sein Ende erreicht mit der rechtskräftigen Beendigung. E. 35, 275. Das Verfahren ist noch nicht beendet, wenn das Verfahren wegen Unbrauchbarmachung der Exemplare noch schwebt. RG. Recht 12 Nr. 3373. Zur inneren Tatseite gehört Vorsatz (einschl. des bedingten). E. 9, 269. Fahrlässigkeit genügt nur im Fall des § 21. E. 36, 191. § 20 Abs. 2 gilt auch hier. R. 8, 560.

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1. Zuwiderhandlungen gegen die in den §§ 14, 16 und 17 enthaltenen Verbote 1 ); 2. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen2) der §§ 6, 7 3 ), welche durch falsche Angaben mit Kenntnis der Unrichtigkeit begangen werden3), sowie vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des § 8. (2) Dieselbe Strafe trifft den Verleger einer periodischen Druckschrift auch dann, wenn er wissentlich geschehen läßt, daß auf derselben eine Person fälschlich oder im Widerspruch mit § 8 als Redakteur benannt wird2). §

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(1) Mit Geldstrafe bis zu einhundert und fünfzig Deutsche Mark oder mit Haft werden bestraft: 1. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 6, 7 und 8, welche nicht durch § 18 Ziffer 2 getroffen sind 1 ); 2. Zuwiderhandlungen gegen den § 9; 3. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 10 und 11. (2) In den Fällen der Ziffer 3 tritt die Verfolgung nur auf Antrag2) ein, und hat das Strafurteil zugleich die Aufnahme des eingesandten Artikels in die nächstfolgende Nummer anzuordnen3). Ist die unberechtigte Verweigerung im Z u § 18: 1) Auf Unbrauchbarmachung einer Druckschrift, die nur ordnungswidrig ist, darf nicht erkannt werden. E. 4, 135. Nur vorsätzliches Handeln ist strafbar. E. 23, 117. Dagegen Appelius S. 106. 2) Hier wird im Gegensatze zu § 19 Nr. 1 nur die w i s s e n t l i c h falsche Benennung unter Strafe gestellt. Vgl. Dresden, JW. 56 (1927), 1599. 3) Bezüglich § 6: Urheber der Zuwiderhandlung ist derjenige, welcher durch sein schuldhaftes Verhalten den Tatbestand verwirklicht h a t ; es kann dies auch eine zum Druckerpersonal gehörige Person sein, E. 16, 144. RG. Recht 8, 318 und GA. 51, 354. Die strafrechtliche Verantwortung des Druckergehilfen wird nicht dadurch beseitigt, daß er k r a f t Vertrages den Weisungen seines Auftraggebers zu folgen hat. RG. Recht 8, 318. Stenglein, Nebenges. Anm. 2 B a. Der Redakteur aber haftet als solcher für die Zuwiderhandlungen gegen den § 6 nicht. E. 27, 246. Wird bei dem Vorhandensein mehrerer Drucker nur einer auf der Druckschrift genannt, so liegt darin ein Verstoß gegen den § 6. E. 21, 360. Bezüglich des § 7: Ist der wirkliche Redakteur ein anderer als der auf der Druckschrift Genannte, so liegt eine falsche Angabe vor, die den wirklichen Redakteur nicht von seiner Verantwortung befreit und die den Staat nicht zwingt, sich an den Schein- oder Sitzredakteur zu halten. E. 27, 246. Dagegen legen E. 23, 9 und E. 25, 180 das entscheidende Gewicht auf die Nennung des Redakteurs. Der vorgeschobene (sog. Sitz-) Redakteur kann Täter, Mittäter oder Gehilfe sein. Auch der fälschlich als Redakteur Bezeichnete, der die falsche Bezeichnung nicht verhindert hat, kann strafbar sein. E. 58, 244. 3) Diese Zuwiderhandlung kann nur durch positive unrichtige Angaben, nicht durch bloße Unterlassung der vorgeschriebenen Angabe verübt werden. E. 6, 367. Z u § 19: 1) Der Drucker handelt schuldhaft, wenn er eine periodische Druckschrift in Druck nimmt, obwohl ihm ein verantwortlicher Redakteur nicht genannt wird, und er die fertige Schrift dem Besteller ohne Angabe des v. Schriftl. ausliefert. KG. Recht 33 Nr. 2284. Der Verfasser einer Druckschrift ist nicht schon durch die Verbreitung der Druckschrift für ihr Erscheinen ohne Druckangabe verantwortlich. Karlsruhe, BadRspr. (1936), 38. Wegen Zuwiderhandl. gegen § 6 sind Verteiler nur strafbar, wenn sie Mittäter der Erstverbreitung sind, also zum Kreis der Herstellungsbeteiligten gehören. OLG. Köln N JW. 53, 1765. Mit Verg. aus § 20 besteht für § 19 Ziff. 1 Tateinheit. E. 63, 340. 2) Nicht nur desjenigen, dessen Berichtigungsverfahren abgelehnt wird, sondern jedes Beteiligten, den die Aufnahme der Berichtigung persönlich nahe anging. KG. Recht 34 Nr. 1187. 3) Die Anordnung richtet sich gegen denjenigen, der z. Zt. der Besichtigungsaufnahme v. Redakteur war. KG. D J Z . 33 (1928), 1554.

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guten Glauben4) geschehen, so ist unter Freisprechung von Strafe und Kosten lediglich die nachträgliche Aufnahme anzuordnen.

III. Verantwortlichkeit für die durch die Presse begangenen strafbaren Handlungen § 20. [Haftung des verantwortlichen Redakteurs] (1) Die Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Strafbarkeit durch den Inhalt einer Druckschrift begründet wird1), bestimmt sich nach den bestehendenla) allgemeinen Strafgesetzen. (2) Ist die Druckschrift eine periodische2), so ist3) der verantwortliche Redakteur 4) Als guter Glaube ist nur der entschuldbare Irrtum über Tatsachen anzusehen z. B. über die Eigenschaft des Einsenders. E. 24, 278; über den aufzunehmenden Text als amtliche Bekanntmachung, über seine Stellung als v. Red. KG. J W . 62 (1933), 482. Nach KG. GA. 59, 475 ist guter Glaube auch der entschuldbare Rechtsirrtum über die Grenze zwischen Rechts- und Tatsachenirrtum. Zu § 20: 1) Es müssen in der Druckschrift diejenigen Tatbestandsmerkmale enthalten sein, in deren Kundgebung die Begehungshandlung besteht. Stenglein, Nebenges. Vorbemerk, zu § 20, vgl. auch BayObLG. E. 1953, 168. § 20 Abs. 1 gilt nicht bloß dann, wenn der Inhalt normwidrig ist, sondern auch dann, wenn die Bekanntgabe von Äußerungen oder Mitteilungen eines bestimmten Inhalts unter Strafe gestellt ist, z. B. unbefugte Veröffentlichung von Rechtsauskünften in Zeitungsbriefkästen (entgegen dem Rechtsberatungsmißbrauchsges.). H a m m MDR. 1952, 58. Dagegen scheiden Delikte aus, deren Tatbestand erst durch das Eintreten eines weiteren, von der Wirkung des gedruckten Wortes abhängigen Erfolges vollendet werden kann wie z. B. bei der Körperverletzung. OLG. Hamm D J Z . 14 (1909), 374, bei der Erpressung. E. 33, 230. Ferner scheiden aus Handlungen, deren Strafbarkeit nicht in der Beschaffenheit des Inhalts der Druckschrift, sondern in anderweitigen Momenten ihren Grund hat, z. B. Nachbildungen von Warenzeichen. E. 42, 87. Ein Unterschied zwischen im Inlande oder im Auslände begangenen Preßvergehen wird nicht gemacht. E. 61, 22. Auch Mittäterschaft des Redakteurs neben dem Verfasser ist möglich. E. 9, 186. J W . 56 (1927), Einsender von Material ist Mittäter oder Gehilfe. KG. D J Z . 37 (1932), 174. Der Verleger ist als Verbreiter eines Berichtes über Beschimpfung nur dann strafbar, wenn er erkennbar die beschimpfenden Äußerungen sich derart zu eigen macht, daß er durch die Verbreitung selbst beschimpft. E. 64, 55. — Drucker, Verleger oder Redakteur sind nicht schon strafbar, wenn sie die Veröffentlichung von Aufsätzen als möglich voraussehen und in ihren Willen aufnehmen, die irgendwelche Gesetzesverletzungen enthalten können. E. 65, 67. l a ) D. h. nach den jeweils geltenden. OLG. H a m m MDR. 1952, 58. 2) Siehe Anm. 1 zu § 7. Die §§ 20, 21 sind auch für Zeitungen und politische Zeitschriften noch vollanwendbar. OLG. Hamburg N J W . 1953, 1766. 3) Abs. 2 enthält nur eine Beweisvermutung und eine Abweichung von den allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen der freien Beweiswürdigung. Es soll gegen den Redakteur die Vermutung gelten, daß er die Druckschrift mit Kenntnis und Verständnis des Inhalts vorsätzlich veröffentlicht hat, bis das Gegenteil erwiesen ist; im übrigen aber sollen die gesetzlichen Strafausschließungsgründe, einschließlich des § 193 StGB, dem Redakteur in demselben Umfange zur Seite stehen wie jedem anderen Täter. Abs. 2 bezweckt deshalb keineswegs, den im Abs. 1 vorangestellten Grundsatz der Herrschaft der allgemeinen Strafgesetze dem Redakteur gegenüber zu durchbrechen, insbesondere spricht er nicht eine Fiktion der Täterschaft aus; vielmehr sagt er nur, daß der Redakteur einer periodischen Druckschrift die Vermutung gegen sich hat, daß die Veröffentlichung der ganzen von ihm gezeichneten Druckschrift mit seinem Wissen und Willen sowie mit seiner Kenntnis und seinem Verständnis des Inhalts geschehen ist. PlenEntsch. E. 22, 65; E. 31, 211; E. 61, 27. Ist der Sinn einer Druckschrift mehrdeutig, so erstreckt sich die gesetzliche Vermutung der Täterschaft auch darauf, daß der Schriftleiter die Druckschrift in dem vom Gericht festgestellten Sinn verstanden habe R G DRZ. 21 (1929) Nr. 196. Den übrigen Tätern (Verfasser usw.) muß hiernach der Vorsatz nachgewiesen werden, dagegen muß der Redakteur beweisen, daß die Veröffentlichung ohne sein vorsätzliches Mitwirken geschehen ist, indem die in dieser Richtung zu seiner Entlastung aufgestellten Behauptungen vom Richter nicht unbeachtet gelassen werden dürfen. E. 22, 221 und E. 25, 404. Die Beweisvermutung findet auch gegen den Verfasser Anwendung, wenn er gleichzeitig v. R. ist. E. 65, 338. 32

D a l c k e , S t r a f r e c h t . 3G. A u f l .

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B II 2. Gesetz über die Presse. § 21

ak Täter zu bestrafen 4 ), wenn nicht durch besondere Umstände 5 ) die Annahme seiner Täterschaft 6 ) ausgeschlossen wird 7 ).

§ 21. Pressefahrlässigkeit (1) Begründet der Inhalt einer Druckschrift1) den Tatbestand einer strafbaren Handlung, so sind2) Die Beweisvermutung aus § 20 Abs. 2 greift aber nicht lediglich gegen den genannten Redakteur Platz, sondern sie richtet sich gegen den wirklichen verantwortlichen Redakteur. E. 36, 215. RG. GA. 60, 266, der nach dem Willen des Geschäftsherrn der verantwortliche Schriftleiter ist. RG. Recht 32 Nr. 1447. Die Nichtschuld des Verfassers begründet nicht notwendig die Nichtschuld des Redakteurs; so kann dem ersteren der § 193 des StGB, zur Seite stehen, dem letzteren dagegen nicht. E. 24, 304. E. 26, 18. 4) Voraussetzung ist, daß der Inhalt der per. Druckschr. eine strafbare Handlung begründet, z. B. gem. § 187a StGB. OLG. Schleswig SchlHA. 54, 63. Handelt es sich um eine preßgesetzliche Ordnungsvorschrift (z. B. unvollständige Angabe des Impressums), so sind die Redakteure nur dann als Täter zu belangen, wenn ihnen eine schuldhafte Verursachung der Vorschriftswidrigkeit tatsächlich nachgewiesen wird. Dresden DRZ. 25 (1933) Nr. 72. 5) Die besonderen Umstände begreifen alle Tatmomente, welche die Annahme vorsätzlich, mit Kenntnis und Verständnis des Inhalts verursachter Veröffentlichung nach den gewöhnlichen Grundsätzen des Strafprozesses im Einzelfalle zu widerlegen geeignet sind. Keineswegs sind darunter nur qualitativ besonders geartete (eigenartige, außergewöhnliche, außerordentliche, ungewöhnliche, unverschuldete) zu verstehen. PlenBeschl. E. 22, 65 und E. 22, 221; E. 65, 360. Der Redakteur, welcher einem anderen willkürlich die Redaktion überlassen hat, ist deshalb für die Handlungen des letzteren nicht verantwortlich. Aber der Redakteur muß nachweisen, daß er den strafbaren Inhalt des Artikels überhaupt nicht gekannt hat und daß er auch nicht mit Eventualdolus gehandelt hat. Jedoch kennt das Gesetz einen generellen Eventualdolus, vermöge dessen der Redakteur für alle während seiner Abwesenheit durch die Druckschrift begangenen Straftaten haftet, nicht. RG. J W . 34 (1905), 764. J W . 59 (1930), 1742. Vgl. E. 39, 88. Der Täter muß sich eine Gesetzesverletzung in konkreter Richtung, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, so doch mehr oder weniger bestimmt als möglichen Erfolg seines Tuns vorgestellt und in diesem Bewußtsein gebilligt haben. RG. J W . 3 5 (1906), 257. Es genügt nicht ein allgemeiner Vorsatz in dem Sinne, daß der Redakteur sich vorstellt, es könne durch die Druckschrift eine strafbare Handlung begangen werden, von deren wesentlichen Merkmalen er sich keine Vorstellung macht. RG. JW. 60 (1931), 1927. Nur solche Umstände sind geeignet, den bedingten Vorsatz auszuschließen, die dem Richter die volle Überzeugung gewähren, die Veröffentlichung sei gegen den Willen des Redakteurs erfolgt, er würde bei Kenntnis oder bei Verständnis des Inhalts die Veröffentlichung unterlassen haben. BayObLG. J R . 1927 Nr. 783. Gleichgültig ist, ob der A. den Artikel gelesen hat. E. 62, 65 (68). Nach § 11 hess. Preßges. — Anm. * vor § 1 — wird widerlegbar vermutet, daß der Redakteur die Veröffentlichung des Druckwerks als eigne Äußerung gewollt h a t . 6) Die Nennung des Verfassers durch den Redakteur schließt die Schuld des letzteren nicht aus. R. 1, 673. 7) Ein Inserat, in welchem zur Beteiligung an einer öffentlichen ohne obrigkeitliche Erlaubnis veranstalteten Lotterie aufgefordert wird, macht den Redakteur nicht ohne weiteres verantwortlich, es kommt darauf an, ob er von dem Fehlen der Erlaubnis Kenntnis gehabt hat. E. 26, 225. Strafbar ist die Aufforderung zur Beteiligung an einer auswärtigen Lotterie. E. 5, 301. H a t der Redakteur den Abdruck eines Inserats mit strafbarem Inhalt einmal angeordnet, so ist eine spätere bloße Kundgebung seiner Willensänderung ohne Bedeutung. E. 27, 338. Haben Artikel strafbaren Inhalts wider den Willen des Redakteurs Aufnahme in die Zeitung gefunden, so hat er die Ausgabe zu verhindern, solange dies noch möglich ist. E. 35, 315. Zu § 21: 1) Der § 21 betrifft alle Druckschriften, nicht bloß die periodischen. R . 9, 572. 2) Erfordernis ist nur, daß der Inhalt der Druckschrift den äußeren Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet. E. 5, 345/6. Die dem Urheber der Veröffentlichung zur Seite stehenden Schuld- und Strafausschließungsgründe hindern nicht die Verfolgung aus §21. E. 59, 181; auch nicht der Umstand, daß der Verfasser sich auf §193 StGB, berufen kann. Das Fahrlässigkeitsvergehen des § 21 schließt überhaupt die Anwendung des § 193 StGB. aus. E. 64, 134. Hier handelt es sich nicht um fahrlässige Begehung des durch den Inhalt der Druckschrift begründeten Delikts resp. um Teilnahme an einem solchen.

B II 2. Gesetz über die Presse. § 21

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der verantwortliche Redakteur 3 ), der Verleger 4 ), der Drucker, derjenige, welcher die Druckschrift gewerbsmäßig vertrieben oder sonst öffentlich verbreitet hat (Verbreiter), soweit sie nicht nach § 20 als Täter oder Teilnehmer zu bestrafen sind, wegen Fahrlässigkeit 6 ) mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Einschließung oder Gefängnis bis zu einem J a h r e zu belegen, wenn sie nicht die Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt oder Umstände nachweisen, welche diese Anwendung unmöglich gemacht haben. (2) Die Bestrafung bleibt jedoch für jede der benannten Personen ausgeschlossen, wenn sie als den Verfasser oder den Einsender 6 ), mit dessen Einwilligung die Veröffentlichung geschehen ist, oder, wenn es sich um eine nicht periodische Druckschrift handelt, als den Herausgeber derselben, oder als einen der in obiger Reihenfolge vor ihr Benannten eine Person bis zur Verkündigung des ersten Urteils nachweist 7 ), welche in dem Bereich der richterlichen Gewalt eines vielmehr wird hier ein dem Preßrecht eigentümliches Fahrlässigkeitsdelikt geschaffen. E. 18, 293; 38, 379. Dazu Häntzschel a. a. O. zu C 2 S. 174. Eine bestimmte Persönlichkeit, nicht bloß der in der Druckschrift Benannte, also auch der Vertreter muß festgestellt werden. RG. JW. 58 (1929), 1032. 3) Vgl. Anm. 4 zu § 7. 4) Derjenige, welcher einen Verlag kauft, soll nach E. 19, 357 aus § 21 verantwortlich sein, wenn er sich über den Inhalt der verlegten Werke nicht unterrichtet. Vgl. auch R. 3, 826. Der Verleger kann sich von der Verantwortlichkeit aus § 21 durch die Bestellung eines zuverlässigen Redakteurs befreien, namentlich wenn das Unternehmen ein sehr umfangreiches ist. E. 23, 275. 5) Die Bestrafung aus § 21 erfolgt wegen einer dem Preßgewerbe eigentümlichen Fahrlässigkeit, nicht wegen der in der Druckschrift enthaltenen strafbaren Handlung. E. 66, 31 (33). Die Fahrlässigkeit muß nachgewiesen werden. E. 59, 181. Eine Fahrlässigkeit kann darin gefunden werden, daß der Redakteur keine Anordnung getroffen hat, die ein Nachprüfen der Korrekturbogen sicherstellt. RG. GA. 62, 325; oder daß er für den Fall seiner vorübergehenden Abwesenheit die Stellvertretung dem Verleger überlassen hat. RG. JW. 61, 1897. Düsseldorf J R . 1926 Nr. 231. Auch starke, die Prüfung der Druckschriften unmöglich machende Arbeitslast kann den A. nicht entlasten. RG. JW. 60 (1931), 1927. A. M. Erk. v. 5. 2. 1907, Stenglein, Nebengesetze Anm. 7 d. Die Bestrafung aus § 20 schließt die Bestrafung aus § 21 aus. Ist dem Täter der Vorsatz bei dem durch den Inhalt der Druckschrift begründeten Delikt nachgewiesen, dann ist die Annahme ausgeschlossen, daß er die Verbreitung aus F a h r l ä s s i g k e i t herbeigeführt habe. Daher ist auch eine Bestrafung aus § 21 nicht um deswillen statthaft, weil eine Bestrafung nach den allgemeinen Strafgesetzen mangels eines Strafantrages nicht möglich ist. E. 41, 49. Im Falle einer Beleidigung darf die Strafe des § 200 StGB. (Veröffentlichung) nicht verhängt werden, wenn nur wegen des im § 21 vorgesehenen Fahrlässigkeitsdeliktes erkannt ist. E. 13, 319, doch ist § 41 StGB, anwendbar. E. 66, 31. 6) Die Benennung des Einsenders liegt nicht in der Angabe des Red., er habe den Aufsatz im Wege des Matern-Austausches von einer anderen Zeitung erhalten. E. 66, 31. 7) Den Vormann nachweisen bedeutet erheblich mehr, als ihn bloß namhaft machen oder bezeichnen, vielmehr muß die Verantwortlichkeit des Vormanns durch liquide Beweismittel klar gestellt oder doch bescheinigt sein. E. 24, 391. Die Anwendung des Abs. 2 wird aber durch die rechtskräftige Freisprechung des Vormanns nicht ausgeschlossen. E. 39, 408. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Nachweises; die Benennung des Vormanns ist also unwirksam, wenn dieser in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der Druckschrift und dem Nachweise sich der Strafverfolgung entzog enhat. E. 24, 321. Nach RG. JW. 60(1931), 1927 ist zu prüfen, ob ein unmittelbares Vorgehen gegen die bezeichnete Person gerechtfertigt gewesen wäre. Dem Nachweise steht der Fall gleich, wenn der Vormann der Strafverfolgungsbehörde auf andere Weise bekannt geworden ist; es ist nicht notwendig, daß dies in einem gegen den Nachmann schwebenden Verfahren geschehen ist. E. 22, 431, E. 24, 321. Die im § 21 Abs. 2 unter den dort angegebenen Voraussetzungen eintretende Straflosigkeit bezieht sich nur auf die Fahrlässigkeitsstrafen, nicht aber auf die Fälle der wissentlichen Beihilfe zu dem durch die Presse verübten Delikt. RG. GA. 23, 452. 32»

500

B II 2. Gesetz über die Presse. § 22

deutschen Bundesstaats sich befindet, oder falls sie verstorben ist, sich zur Zeit der Veröffentlichung befunden hat; hinsichtlich des Verbreiters ausländischer Druckschriften außerdem8), wenn ihm dieselben im Wege des Buchhandels zugekommen sind 9 ).

IV. Verjährung §

221)

Die Strafverfolgung2) von Vergehen3), welche durch die Verbreitung von Druckschriften strafbaren Inhaltes4) begangen werden, sowie der nach §§18 und 21 dieses Gesetzes strafbaren Vergehen verjährt in einem Jahr 1 ) 5 ). 8) Unter dem Verbreiter, dem die ausländischen Schriften im Wege des Buchhandels zugekommen sind, ist nicht auch der zu verstehen, der, ohne selbst Buchhändler zu sein, die ausländische Schrift vom Buchhändler bezieht oder dem sie vom Buchhändler in Ausübung seines Gewerbes zur Verbreitung übergeben wird. E. 23, HO. 9) Bezüglich des örtlichen Gerichtsstandes siehe § 7 Abs. 2 StPO. Zu § 22: 1) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 839), die weiter gilt. BGH. N J W . 1952, 1063 und GA. 1953, 77. Nach § 15 des bayr. Ges. v. 3. 10. 1949 und § 13 des hess. Ges. v. 23. 6. 1949 — Anm. * vor § 1 — beträgt die Verjährungsfrist 6 Monate. Über Bearbeitung des Verfahrens siehe die Richtlinien für das Strafverfahren Nr. 263 ff. 2) Nur die Verfolgung der strafbaren Handlung verjährt, nicht die des Urhebers. E. 22, 431; E. 59, 181. Voraussetzung ist eine vollendete Preßstraftat. E. 61, 28. Nach eingetretener Verjährung kann auch die strafrechtliche Verfolgung nicht wegen Vergehen gegen § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB, eintreten. E. 38, 70; RG. H R R . 1930 Nr. 1581. Stenglein, Nebengesetze Anm. 3. Auch das in der Einsendung des Manuskripts liegende Vergehen gegen § 186 StGB, unterliegt der kurzen Verjährung des § 22. Königsberg J W . 60 (1931), 486. Die kurze Verjährungsfrist gilt auch für strafbare Handlungen, die durch Veröffentlichung in der ausländischen Presse begangen sind. E. 61, 19 (27). 3) Nur Vergehen; Verbrechen und Übertretungen, auch die im § 19 erwähnten, verjähren nach den allgemeinen Vorschriften. Die Verjährung wird, wie nach § 68 StGB, nicht durch eine Handlung, die erst die Ermittlung des Täters zum Ziele hat, unterbrochen. RG. D J Z . 34 (1929), 376. 4) Strafbarer Inhalt ist das, was nach dem Tatbestande der jeweils in Frage kommenden Zuwiderhandlung zu deren Verwirklichung Gegenstand der Mitteilung sein muß. E. 66, 145. 5) Die Verjährung beginnt mit dem Tage der Verbreitung (Veröffentlichung) und zwar dem Zeitpunkt des ersten Aktes der Verbreitung, KG. H R R . 1937 Nr. 1283. Die einzelnen sukzessiven Akte, welche durch Verlag und Vertrieb einer Druckschrift bedingt sind, können als eine einzige Handlung aufgefaßt werden. In diesem Falle beginnt die Verjährung nyt dem letzten Verbreitungsakte. R. 9, 483. E. 32, 69. A. M. Dresden JW. 60 (1931), 967. Bei den Zuwiderhandlungen gegen die §§ 6, 7 und 8 des Gesetzes beginnt die Verjährung mit dem ersten Verbreitungsakte, mit dem auch die T a t abgeschlossen ist. E. 24, 350. § 22 setzt voraus, daß das Verg. a u s s c h l i e ß l i c h durch Verbreitung von Druckschrift begangen ist, daß der Inhalt der Druckschrift als solcher die strafbare Handlung erkennen läßt. Jena J W . 59 (1930) 1759. H R R . 1933 Nr. 458. Die kurze Verjährung greift nicht Platz, wenn durch Versendung der gedruckten Prospekte eine Auspielung veranstaltet ist, da die Durchführung des Spielunternehmens nicht auf der Druckschrift beruht. E. 63, 322; auch nicht, wenn die in Betracht kommende Straftat schon v o r d e r V e r b r e i t u n g der Druckschrift vollendet ist (Gebrauch eines Warenzeichens in einer Annonce). E. 40, 270. Sie gilt auch nicht, wenn die Veröffentlichung in der Presse vom Täter beabsichtigt und eingeleitet wurde, aber gegen seinen Willen nicht erfolgt ist. E. 61, 19. Auf die Verbreitung solcher Gegenstände, die durch die Verbindung einer Druckschrift mit einer anderen Sache, die keine Druckschrift ist, findet § 22 nur dann Anwendung, wenn es sich um ein Preßerzeugnis (nicht z. B. um Etikette auf Zigarrenkisten) handelte. E. 42, 87. BayObLG. LZ. 26 (1932), 1315. Auch bei strafbarem Nachdruck findet die Verjährungsfrist aus diesem § keine Anwendung. E. 20, 181; ebensowenig bei Betrug. RG. H R R . 1933 Nr. 458; (wohl aber bei § 4 UWG. E. 53, 276; E. 66, 145; RG. JW. 67 (1938), 3229. A. M. Jena H R R . 1930 Nr. 1580). Keine Anwendung bei Wiederholung gedruckten unwahren Geschäftsberichtes des Aufsichtsratsvorsitzenden einer Genossenschaft in der Generalversammlung durch einen Dritten mit seinem Wissen und Wollen. RG. JW. 63 (1934), 563.

B II 2. Gesetz über die Presse. §§ 23, 24

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V. Beschlagnahme § 23. [Vorläufige Beschlagnahme] Eine Beschlagnahme 1 ) von Druckschriften 2 ) ohne richterliche Anordnung findet nur statt: 1. wenn eine Druckschrift den Vorschriften der §§ 6 und 7 nicht entspricht, oder den Vorschriften des § 15 s ) zuwider verbreitet wird; 2. (gegenstandslos geworden);

3 4 ). wenn der Inhalt einer Druckschrift den Tatbestand einer der in den §§ 95, 111, 130 oder 184 5) des Strafgesetzbuchs mit Strafe bedrohten Handlungen begründet, in den Fällen der §§ 111 und 130 jedoch nur dann, wenn dringende Gefahr besteht, daß bei Verzögerung der Beschlagnahme die Aufforderung oder Anreizung ein Verbrechen oder Vergehen unmittelbar zur Folge haben werde.

§ 24. [Richterliche Entscheidung] (1) Über die Bestätigung oder Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme hat das zuständige Gericht zu entscheiden 1 ). (2) Diese Entscheidung muß von der Staatsanwaltschaft binnen vierundzwanzig Stunden nach Anordnung der Beschlagnahme beantragt und von dem Gericht binnen vierundzwanzig Stunden nach Empfang des Antrags erlassen werden. (3) Hat die Polizeibehörde die Beschlagnahme ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft verfügt, so muß sie die Absendung der Verhandlungen an die letztere ohne Verzug und spätestens binnen zwölf Stunden bewirken. Die Staatsanwaltschaft hat entweder die Wiederaufhebung der Beschlagnahme mittels einer sofort vollstreckbaren Verfügung anzuordnen, oder die gerichtliche Bestätigung binnen zwölf Stunden nach Empfang der Verhandlungen zu beantragen 2 ). (4) Wenn nicht bis zum Ablaufe des fünften Tages nach Anordnung der Beschlagnahme der bestätigende Gerichtsbeschluß der Behörde, welche die Beschlagnahme angeordnet hat, zugegangen ist, erlischt die letztere und muß die Freigabe der einzelnen Stücke erfolgen. Zu § 2 3 : 1) E s wird hier nur die vorläufige Beschlagnahme durch Polizei und Staatsanwaltschaft geregelt, bezüglich der richterlichen bewendet es bei den allgemeinen Vorschriften der StPO. (§§ 94ff., bes. 97), Richtlinien Nr. 266ff., aber auch für letztere sind die §§ 27 und 28 dieses Gesetzes maßgebend. Appelius 212. Durch die neuen Landespreßges. (Anm. * vor § 1) ist die vorläufige Beschlagnahme z. T. eingeschränkt oder aufgehoben (vgl. § 16 bayr. Ges. — ledigl. vorläufiges Wegnahmerecht der Polizei — u. § 15 hess. Ges. — Beschl. nur durch den Richter —). Siehe dazu Löffler N J W . 1952, 997. Eine Beschlagnahme kann immer erst vorgenommen werden, wenn bereits die Veröffentlichung stattgefunden hat. A. M. Stenglein, Nebengesetze Anm. 2. 2) Die Beschlagnahme ist auch vor Stellung des Strafantrages zulässig. Siehe Anm. 2 zu § 9 4 StPO. 3) An Stelle des aufgehobenen § 15 war sachlich § 10 des Ges. v. 3. 6. 1914 getreten. 4) In d. F. von Art. 7 Nr. 5 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). 5) Auch den Tatbestand des § 184b, aber nicht den des § 184a. Kiesow, StPO. Anm. 3 zu § 2 3 Preßges. Zu § 2 4 : 1) Zuständig ist vor Erhebung der öffentlichen Klage der Amtsrichter des Bezirks, in welchem die Beschlagnahme stattgefunden hat, nach Erhebung der ö. Kl. der jeweilig mit der Sache befaßte Tatrichter. Stenglein, Nebengesetze Anm. 1 Abs. 3. Über örtlich begrenzte Beschlagnahmeanordnung Richtlinien Nr. 266; Bekanntmachung im B.Kriminalblatt Nr. 267. 2) Über Vollstreckung der Beschlagnahmeanordnung s. Richtlinien Nr. 269.

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B II 2. Gesetz über die Presse. §§ 25—29

§ 25. [Kein Rechtsmittel gegen Aufhebung] Gegen den Beschluß des Gerichts, welcher die vorläufige Beschlagnahme aufhebt, findet ein Rechtsmittel nicht statt 1 ). § 26. [Aufhebung der bestätigten Beschlagnahme] Die vom Gericht bestätigte, vorläufige Beschlagnahme ist wieder aufzuheben1), wenn nicht binnen zwei Wochen nach der Bestätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet worden ist 2 ). § 27. [Umfang der Beschlagnahme] (1) Die Beschlagnahme von Druckschriften trifft die Exemplare nur da, wo dergleichen zum Zwecke der Verbreitung sich befinden1). Sie kann sich auf die zur Vervielfältigung dienenden Platten und Formen erstrecken; bei Druckschriften im engeren Sinne hat auf Antrag des Beteiligten statt Beschlagnahme des Satzes das Ablegen des letzteren zu geschehen. (2) Bei der Beschlagnahme sind die dieselbe veranlassenden Stellen der Schrift unter Aufführung der verletzten Gesetze zu bezeichnen2). Trennbare Teile der Druckschrift (Beilagen einer Zeitung usw.), welche nichts Strafbares enthalten, sind von der Beschlagnahme auszuschließen. § 28. [Wirkung der Beschlagnahme] (1) Während der Dauer der Beschlagnahme1) ist die Verbreitung der von derselben betroffenen Druckschrift oder der Wiederabdruck der die Beschlagnahme veranlassenden Stellen unstatthaft 2 ). (2) Wer mit Kenntnis3) der verfügten Beschlagnahme dieser Bestimmung entgegenhandelt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. § 29. [Gerichtliche Zuständigkeit] (1) Zur Entscheidung über die durch die Presse begangenen Übertretungen sind Z u § 2 5 : 1) Der die Beschlagnahme bestätigende Beschluß kann aber mit der einfachen Beschwerde angefochten werden. Z u § 2 6 : 1) Der § findet nur auf die vorläufige, nicht auf die gerichtliche Beschlagnahme Anwendung. E. 30, 323 (324). Benachrichtigung von der Aufhebung Richtlinien Nr. 270. 2) D. h. wenn nicht die Eröffnung der Voruntersuchung oder des Hauptverfahrens beschlossen ist. Stenglein, Nebengesetze Anm. 2. Z u § 2 7 : 1) Die in den Privatbesitz übergegangenen Exemplare dürfen nicht beschlagnahmt werden, auch nicht die, welche in den Lesezimmern geschlossener Gesellschaften ausliegen, wohl aber die, welche sich in öffentlichen Lokalen befinden, zu denen jedermann Zutritt hat. Appelius, 235. Häntzschel Anm. 3b. 2) Ist dies nicht geschehen, so ist zwar die Verbreitung und Vervielfältigung des ganzen Inhalts der Druckschrift unstatthaft und strafbar, dagegen fällt der Abdruck einzelner Stellen nicht unter § 28, da ja nicht feststeht, welche Stellen die Beschlagnahme veranlaßt haben. OTr. GA. 24,633. Z u § 2 8 : 1) Die Wirksamkeit der Beschl. beginnt mit der Anordnung und dauert, bis sie aufgehoben wird oder erlischt. Stenglein, Nebengesetze Anm. 1. E. 37, 254. 2) Ob dies Verbot sich auch auf die Druckschriften bezieht, welche wegen Übertretung der Ordnungsvorschriften beschlagnahmt sind, ist bestritten, die Frage wird aber, da das Gesetz keinen Unterschied macht, zu bejahen sein. Der Wiederabdruck einer beschlagnahmten Schrift in Form eines Berichts über eine Gerichtsverhandlung, auch wenn dieselbe dort verlesen ist, ist strafbar. München GA. 26, 229. 3) Es genügt, daß der A. auf irgend einem Wege — auch durch irgend eine gelegentliche Mitteilung — von der polizeilichen oder gerichtlichen Beschlagnahme Kenntnis erlangt hat. RG. Recht 31 Nr. 770. Eventualvorsatz genügt. E. 37, 254.

§§ 30, 31. — B II 3. Verordnung über den Schutz der Sonn-u. Feiertage. Vorbemerk.

503

die Gerichte auch in denjenigen Bundesstaaten (Ländern) ausschließlich zuständig, wo zur Zeit noch deren Aburteilung den Verwaltungsbehörden zusteht 1 ). (2) 2 )

VI. Schlußbestimmungen § 30 (1) Die für Zeiten der Kriegsgefahr, des Krieges, des erklärten Kriegs- (Belagerungs-) Zustandes oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in bezug auf die Presse bestehenden besonderen gesetzlichen Bestimmungen bleiben auch diesem Gesetze gegenüber bis auf weiteres in Kraft.

(2) Das Recht der Landesgesetzgebung1), Vorschriften über das öffentliche Anschlagen, Anheften, Ausstellen, sowie die öffentliche, unentgeltliche2) Verteilung von Bekanntmachungen, Plakaten 3 ) und Aufrufen zu erlassen, wird durch dieses Gesetz nicht berührt. (3) Dasselbe gilt von den Vorschriften der Landesgesetze über Abgabe von Freiexemplaren an Bibliotheken und öffentliche Sammlungen. (4) Vorbehaltlich der auf den Landesgesetzen beruhenden allgemeinen Gewerbesteuer findet eine besondere Besteuerung der Presse und der einzelnen Preßerzeugnisse (Zeitungs- und Kalenderstempel, Abgaben von Inseraten usw.) nicht statt. § 31 (nicht mehr beachtlich)

B II 3. Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage Vom 16. März 1934 (RGBl. I S. 199) in der Fassung der VO. vom 1. April 1935 (RGBl. I S. 510) Vorbemerkung Das Reichsges. über die Feiertage v. 27. 2. 1934 (RGBl. I S. 129), das reichseinheitlich bestimmte, welche Tage außer den Sonntagen staatlich anerkannte Feiertage im Sinne reichsoder landesrechtlicher Vorschriften seien, ermächtigte in § 7 den Reichsminister des Innern, Vorschriften über den Schutz der Sonn- und Feiertage, auch der rein kirchlichen Feiertage, zu erlassen. Auf Grund dieser Ermächtigung erging die nachstehend abgedr. VO. In der Zeit nach 1945 haben die Länder neue Gesetze über die Feiertage erlassen (vgl. Anm. 1 zu § 366 StGB.). Sie stimmen darin überein, daß außer den Sonntagen allgemeine Feiertage sind: 1. der Neujahrstag, 2. der Karfreitag, 3. der Ostermontag, 4. der 1. Mai, 5. der Zu § 29: 1) Daher waren bis zur Einführung der amtsrichterlichen Strafverfügung (§ 413 StPO.) polizeiliche Strafverfügungen in Preßsachen nicht zulässig. Dresden JW. 58 (1929), 1072. Karlsruhe JW. 61 (1932), 1768. Stenglein, Nebengesetze Anm. zu § 29. 2) Der Abs. 2 des § 29 hat seine Bedeutung durch § 143 GVG. verloren und ist daher fortgelassen. Zu § 30: 1) Die §§9, 10, 41 des pr. Preßgesetzes v. 12. 5. 1851 sind durch Ges. v. 28. 11. 1925 (GS. 169) aufgehoben. Die landesrechtliche Regelung des Plakatwesens wird aber dadurch nicht berührt. KG. JW. 55 (1926), 2222. Dresden GA. 76,249. Eine PVO., die das Anschlagen von Anzeigen auf bestimmte örtlichkeiten beschränkt, ist rechtsgültig. KG. J R . 3 Nr. 784; nicht solche, die den Schutz des Säulenmonopolinhabers zum Gegenstand nehmen. KG. GA. 72, 197; auch nicht solche, die das Verteilen von Reklameschriften von polizeilicher Genehmigung abhängig machen. KG. DJZ. 35 (1930), 1130. 2) Wenn Verteiler vom Empfänger keine Bezahlung erhält. KG. Johow 41, 406 und J W . 53 (1924), 328. 3) Plakat ist jedes öffentlich angeschlagene Schriftstück. Daher gehören dahin Zeitungsteile, nicht ganze Zeitungen. BayObLG. J R . 2 Nr. 2422. Auch sog. Wanderplakate, die zwecks Verbreitung von Personen getragen oder auf Fahrzeugen mitgeführt werden. BayObLG. D J Z . 34 (1929), 1622.

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B II 3. Verordnung über den Schutz der Sonn- u. Feiertage. §§ 1—3

Himmelfahrtstag, 6. der Pfingstmontag, 7. der Bußtag am Mittwoch vor dem letzten Trinitatissonntag, 8. der erste und der zweite Weihnachtstag. In diesen Gesetzen sind auch Vorschriften zum Schutz der Feiertage erlassen, deren Übertretung nach § 366 Nr. 1 StGB, strafbar ist. Soweit das Ges. über die Feiertage v. 27. 2. 1934 durch Landesgesetze abgelöst wurde, verlor die VO. über den Schutz der Sonn- und Feiertage v. 16. 3. 1934 ihre rechtliche Bedeutung, da sie sich nur auf die in dem Ges. v. 27. 2. 1934 anerkannten Sonn- und Feiertage bezieht. Da aber die landesrechtlichen Schutzvorschriften mehr oder weniger weitgehend an die Regelung der VO. v. 16. 3. 1934 anknüpfen, ist diese nachstehend mit Erläuterungen abgedruckt, um eine Handhabe für die Auslegung der neuen landesrechtlichen Schutzvorschriften zu geben. Ein bundesgesetzlich bestimmter gesetzlicher Feiertag ist der durch Ges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 778) geschaffene Tag der deutschen Einheit (17. 6.), dessen Schutz sich nach dem jeweils in den einzelnen Ländern geltenden Feiertagsschutzrecht richtet.

§ 1. Dauer des Schutzes Die in dem Gesetz über die Feiertage anerkannten Feiertage und Sonntage sind, soweit über die Zeitdauer des Schutzes nichts anderes bestimmt ist, von Polizeistunde zu Polizeistunde nach Maßgabe folgender Vorschriften geschützt.

§ 2. öffentlich bemerkbare Arbeiten 1

Verboten sind ) alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten 2 ), die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu beeinträchtigen 3 ), sofern ihre Ausführung nicht nach Reichsrecht besonders zugelassen ist. Weitergehende reichsrechtliche Verbote werden hiervon nicht berührt.

§ 3. Ausnahmen Das Verbot des § 2 Satz 1 gilt nicht: 1. für den Betrieb der Deutschen Reichspost und der Deutschen Reichsbahn 1 ) sowie sonstiger Eisenbahnunternehmungen; 2. für unaufschiebbare Arbeiten, die zur Befriedigung häuslicher oder landwirtschaftlicher Bedürfnisse, zur Abwendung eines erheblichen Schadens an Gesundheit oder Eigentum, im Interesse öffentlicher Einrichtungen oder Anstalten, zur Verhütung eines Notstandes 2 ) oder zur Vorbereitung der am folgenden Tage stattfindenden Märkte erforderlich sind; Z u r VO. zu § 2 :

1) Strafvorschrift: § 366 Nr. 1 StGB.

2) Arbeiten, die von unbestimmt welchen und wievielen Personen wahrgenommen wurden oder hätten wahrgenommen werden können, wenn die Personen ihr Augenmerk darauf gerichtet hätten. OLG. München J W . 35, 2985. Zu den bemerkbaren Arbeiten gehört auch das fortgesetzte geschäftige Ziehen von einem Haus zum anderen mit einer Mappe, die mit zu vertreibenden Broschüren — wenn auch religiösen Inhalts — gefüllt ist, unter Anpreisung auf den Fluren unverschlossener Häuser. KG. D J Z . 33, 1566. 3) Geräuschentwicklung ist nicht erforderlich; es genügt jede äußerlich wahrnehmbare Erscheinung, die unter Berücksichtigung von Ort und Zeit der Vornahme (z. B. Verkauf von Zeitungen an Kirchenbesucher in unmittelbarer Nähe der Kirche. KG. J F G E r g . 14, 133 und 136) auf die allgemeine sonntägliche Stimmung und innere Sammlung ärgerniserregend einwirkt. Z u § 3 : 1) Ohne Rücksicht darauf, ob der Betrieb zum Nutzen der Bahn und der Fahrgäste oder einzelner Beamter, ob er entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. KG. J F G E r g . 14, 138.

B II 3. Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage. §§ 4, 5, 7

3. für leichtere Arbeiten in Hausgärten oder diesen gleichzuachtenden Gärten, die von den Besitzern selbst oder ihren Angehörigen vorgenommen werden. § 4. Schutz des Gottesdienstes (1) Während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes sind verboten: 1. öffentliche Versammlungen, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird; 2. alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen, sofern nicht ein höheres Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung oder ein politisches Interesse vorliegt; 3. Auf- und Umzüge, sportliche und turnerische Veranstaltungen sowie Hetz- und Treibjagden 1 ) auf Wild, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird. (2) D i e Reichsminister des Innern und für Volksaufklärung und Propaganda sowie

die obersten Landesbehörden können aus wichtigen Gründen Ausnahmen zulassen. § 5. Karfreitag und Bußtag Am Karfreitag und am Baßtag sind, abgesehen von den Vorschriften der §§ 2 bis 4, verboten: 1. Sportliche und turnerische Veranstaltungen gewerblicher Art und ähnliche Darbietungen sowie sportliche und turnerische Veranstaltungen nicht gewerblicher Art, sofern sie mit Auf- oder Umzügen, mit Unterhaltungsmusik oder Festveranstaltungen verbunden sind; 2. in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen jeder Art 1 ); 3. alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen, sofern bei ihnen nicht der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist 2 ). § 7. Oster- und Weihnachtsfest (1) Am Vorabend des Oster- und Weihnachtsfestes 1 ), sind öffentliche Tanzlustbarkeiten verboten. (2) Als öffentliche Tanzlustbarkeiten gelten nicht Veranstaltungen, bei denen ausschließlich deutsche Volkstänze getanzt werden. 2) Notstand ist ein durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis geschaffener Zustand der Gefahr des Eintritts eines unverhältnismäßig hohen, insbes. wirtschaftlichen Schadens. OLG. München J W . 35, 2985. Zu § 4: 1) Nicht nur regelrechte Treibjagden im engsten waidmännischen Sinn, sondern jede Jagd, bei der eine größere Anzahl von Jägern oder Treibern sich beteiligt und bei der die Treiber Lärm verursachen, um das Wild aufzuscheuchen, an der willkürlichen Fortbewegung zu verhindern und zum Anlauf bei den Schützen zu veranlassen. BayObLG. JW. 34, 2709 Zu § 5: 1) Gilt nur für öffentlich zugängliche Veranstaltungen. 2) Kleinkunstbühnen und ähnliche Unternehmungen, die der Unterhaltung dienen, fallen auch dann unter Ziff. 3, wenn sie nebenher Gaststättenbetrieb haben (RdErl. des R u P r M d J . v. 6. November 1934— MBliV. S. 1421 —). Zu § 7: 1) Der Vorabend des Weihnachtsfestes umfaßt nur die Abendstunden des 24. Dezember (RdErl. des R u P r M d J . v. 14. Dezember 1934 — MBliV. S. 1525 —).

506

B II 3. VO. über den Schutz der Sonn- u. Feiertage. §§ 8, 9

§ 8. Kirchliche Feiertage (1) Zum Schutze staatlich nicht anerkannter kirchlicher Feiertage können die obersten Landesbehörden für Gemeinden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung Bestimmungen für evangelische kirchliche Feiertage, für Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung Bestimmungen für katholische kirchliche Feiertage erlassen. Die Bestimmungen haben sich im Rahmen der §§ 2 bis 4, für kirchliche Totengedenktage außerdem im Rahmen des § 6 zu halten. (2) Als Orte mit überwiegend evangelischer oder katholischer Bevölkerung gelten die Gemeinden, in denen nach der letzten Volkszählung die evangelische oder katholische Bevölkerung mehr als die Hälfte der Bevölkerung zählt.

§ 9. Landesrechtliche Vorschriften Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt treten entgegenstehende landesrechtliche Vorschriften über den Schutz der Sonn- und Feiertage außer Kraft. Preußische Verordnung über den Schutz der kirchlichen Feiertage*) Vom 19. Mai 1934 (GS. S. 301) in der Fassung vom 24. Juli 1935 (GS. S. 108) Auf Grund des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1. Juni 1931 (GS. S. 77) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 der Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 16. März 1934 (RGBl. I S. 191) wird im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern für das Land Preußen folgende Polizeiverordnung erlassen: § 1. In Gemeinden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung sind die staatlich nicht anerkannten evangelischen kirchlichen Feiertage, in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung die staatlich nicht anerkannten, katholischen kirchlichen Feiertage von Polizeistunde zu Polizeistunde nach Maßgabe der folgenden Vorschriften geschützt. § 2. Verboten sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu beeinträchtigen, sofern ihre Ausführung nicht an Sonntagen nach Reichsrecht besonders zugelassen ist. § 3. Das Verbot des § 2 gilt nicht: (entspricht wörtlich § 3 Ziff. 1—3 der VO. v. 16. März 1934). § 4. (1) Während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes sind verboten: 1. öffentliche Versammlungen, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird; 2. Auf- und Umzüge, sportliche und turnerische Veranstaltungen sowie Hetz- und Treibjagden auf Wild, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird. (2) Die Landespolizeibehörden können aus wichtigen Gründen Ausnahmen zulassen. § 5. In überwiegend evangelischen Gemeinden sind am Totensonntag, in überwiegend katholischen Gemeinden am Allerseelentag verboten1): 1. in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen aller Art; 2. alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen, sofern bei ihnen nicht der diesem Tage entsprechende ernste Charakter gewahrt ist. § 6. Am Tage vor Weihnachten und in der Woche vor Ostern1) sind öffentliche Tanzlustbarkeiten untersagt. § 7. Als Orte mit überwiegend evangelischer oder katholischer Bevölkerung gelten die Gemeinden, in denen nach der letzten Volkszählung die evangelische oder katholische Bevölkerung mehr als die Hälfte der Bevölkerung zählt. § 8. Wer den Vorschriften der §§2 bis 6 dieser Verordnung zuwiderhandelt, wird gemäß § 366 Ziffer 1 des Reichsstiafgesetzbuches mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft. Zur VO. v. 19. 5. 1934: *) Nach der VO. v. 5. 5. 1941 (PrGS. S. 21) fanden die Vorschriften der VO. v. 19. 5. 1934 während der Dauer des Krieges keine Anwendung. Diese VO. ist gegenstandslos, in Nordrh.-Westf. durch VO. v. 24. 10. 1950 (GVB1. S. 177) auch förmlich aufgehoben. Zu § 5. 1) Und zwar nur in der Zeit von 6 bis 19 Uhr (VO. v. 28. Oktober 1938, RGBl. I S. 1514). Zu § 6. 1) Dazu gehört nicht der Palmsonntag, sondern nur die darauffolgenden Wochentage. (RdErl. d. RuPrMdJ. v. 22. März 1936, RMBliV. S. 403.)

B II 4. Gesetz über Titel, Orden u. Ehrenzeichen.

§§ 5, 6

507

B I I 4. Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen*] Vom 1. Juli 1937 (RGBl. I S. 725) AusfVO. v. 14. 11. 1935 (RGBl. I S. 1341) i. d. F. v. 17. 3. 1936 (RGBl. I S. 178) § 5. [Zulässige Orden und Ehrenzeichen] 1 ) (1) Außer den nach Maßgabe dieses Gesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen verliehenen Orden und Ehrenzeichen dürfen nur die nachstehend aufgeführten staatlichen oder staatlich anerkannten Orden und Ehrenzeichen getragen werden: a) Orden und Ehrenzeichen, die von einem ehemaligen Landesherrn, einer Landesregierung oder mit deren Genehmigung bis zum 16. 11. 1935 verliehen sind; b) Orden und Ehrenzeichen, die von der Reichsregierung oder der Regierung eines ehemals verbündeten Landes für Verdienste im Weltkriege verliehen . sind, sowie das Schlesische Bewährungsabzeichen (Schlesischer Adler) und das Baltenkreuz; c) Orden und Ehrenzeichen, die von einem ausländischen Staatsoberhaupt oder einer ausländischen Regierung verliehen sind, wenn die Genehmigung zur Annahme erteilt worden ist; d) das Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes; e) die vom Reichspräsidenten oder vom Führer und Reichskanzler seit dem 7. 4. 1933 gestifteten oder mit seiner Genehmigung, Ermächtigung oder Zustimmung geschaffenen Orden und Ehrenzeichen ; f) die von der Reichsregierung genehmigten Sportehrenzeichen. (2) Die Ehrenzeichen der nationalsozialistischen Bewegung werden hierdurch nicht berührt.

§ 6.

[StrafVorschriften]

(1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, a) 1 ), b) wer unbefugt inländische oder ausländische Orden oder Ehrenzeichen trägt 2 ) oder wer Abzeichen, die nach ihrer äußeren Form oder Tragweise Zu B II 4: *) Das Gesetz ist in Bayern durch Ges. v. 20. Mai 1946 (GVB1. S. 178) aufgehoben. — Durch Art. 4 des KontrRG. Nr. 8 ist das Tragen militärischer oder ziviler Orden und Ehrenzeichen verboten. Diese Vorschrift ist in den Westzonen durch Ges. der Alliierten Hohen Kommission Nr. 7 v. 21. 9. 1949 (Amtsbl. Nr. 1 S. 11) außer Kraft gesetzt; Art. 1 dieses Gesetzes verbietet nur noch das Tragen von Orden und Ehrenzeichen der ehem. deutschen Wehrmacht, der NSDAP, und ihrer Organisationen. Zu § 5: 1) § 5 hat zu Abs. 1 c, d u. f seine Bedeutung in vollem Umfang und zu Abs. l a , b u. e insoweit behalten, als er den Kreis derjenigen vor dem 8. 5. 1945 verliehenen Orden und Ehrenzeichen umgrenzt, die — vorbehaltlich der in Anm. * bezeichneten Vorschriften — getragen werden dürfen. Hinzugetreten sind infolge Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse die Orden und Ehrenzeichen, die jetzt der Bundespräsident (Verdienstorden der Bundesrepublik, Grubenwehrehrenzeichen, s. Erl. v. 14. 7. 1953 — BGBl. I S. 662 —) oder ein Land (z. B. Rettungsmedaillen) verleiht; auch diese fallen unter § 6. Zu § 6: 1) Abs. 1 a betr. unbefugtes Führen inländischer oder ausländischer Amtsoder Dienstbezeichnungen, Titel oder Würden ist aufgehoben durch Art. 8 Nr. 6 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) und ersetzt durch § 132a StGB.

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B II 5. Gesetz über die Führung akademischer Grade. §§2, 3, 5

den im § 5 genannten Orden und Ehrenzeichen ähneln3), trägt, herstellt, anbietet, feilhält, verkauft oder sonst in den Verkehr bringt. (2) Die Bestimmungen des Absatzes l b finden auch auf die Ehrenzeichen der nationalsozialistischen Bewegung Anwendung.

B II 5. Gesetz über die Führung akademischer Grade Vom 7. Juni 1939 (RGBl. I S. 985) 1. DurchfVO. v. 21. Juli 1939 (RGBl. I S. 1326) 2. DurchfVO. v. 29. März 1943 (RGBl. I S. 168) (Auszug)

§ 2. [Führen ausländischer Grade durch Deutsche] (1) Deutsche Staatsangehörige, die einen akademischen Grad einer ausländischen Hochschule erworben haben, bedürfen zur Führung dieses Grades im Deutschen Reiche der Genehmigung des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. (2)

§ 3. [Ausländer]

Die Bestimmungen des § 2 finden auf Ausländer entsprechende Anwendung. Halten sie sich im Deutschen Reiche ausschließlich in amtlichem Auftrage oder nur vorübergehend1) und nicht zu Erwerbszwecken auf, so genügt es, wenn sie nach dem Recht ihres Heimatstaates zur Führung des akademischen Grades befugt sind.

§ 5. [Strafvorschrift] (1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: a) wer unbefugt einen inländischen oder ausländischen akademischen Grad 1 ) führt 2 ,) 2) „Tragen" ist ein Sammelbegriff. Daher nur eine Tat, wenn der Täter mehrfach unbefugt ein Ehrenzeichen trägt. RG. D J . 36, 258. Wegen des inneren Tatbestandes vgl. Anm. 2 zu § 132a StGB. 3) Das ist nicht der Fall bei Abzeichen, die durch die Art ihres Tragens (etwa in Form von Nadeln) zu Verwechslungen mit Orden keinen Anlaß geben, wie Tagungs- und Schützenabzeichen. Das Tragen, Herstellen usw. von sog. Kotillonorden ist nicht strafbar, da der Träger nicht den Anschein erwecken will, als sei er Träger einer staatlich verliehenen Auszeichnung. Zu B II 5 § 3: 1) Als vorübergehend gilt ein Aufenthalt im allgemeinen nicht mehr, wenn er länger als 3 Monate dauert (Nr. 2 Abs. 2 der DurchfVO. v. 21. Juli 1939). Zu § 5 : 1) Deutsche akademische Grade sind: Der Doktor- und Lizentiatengrad (einschl. des Dr. habil, und des Dr. h. c.) sowie die auf Grund von Diplomprüfungen an wissenschaftlichen Hochschulen erworbenen Grade eines Diplom-Ingenieurs, Diplom-Volkswirts, Diplom-Kaufmanns, Diplom-Landwirts usw. 2) Vgl. Anm. 6 zu § 132a StGB.

§ 6. — B II 6. Rennwett- und Lotteriegesetz. §§ 1, 2

509

b) wer unbefugt eine Bezeichnung führt, welche den Anschein erweckt, als handle es sich um einen inländischen oder ausländischen akademischen Grad. (2) Dieselbe Strafe trifft denjenigen, der sich erbietet, gegen Vergütung den Erwerb eines ausländischen akademischen Grades zu vermitteln.

§ 6. [Unanwendbarkeit des Titelgesetzes1)] D a s Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen v. 1. Juli 1937 (RGBl. I S. 725) findet

auf akademische Grade keine Anwendung.

B II 6. Rennwett- und Lotteriegesetz Vom 8. April 1922 (RGBl. S. 393) i. d. F. des Ges. vom 10. April 1933 (RGBl. I S. 191)*) ( A u s z u g)

§ 1. [Zulassung des Totalisators] Das Unternehmen eines Totalisators kann aus Anlaß öffentlicher Pferderennen 1 ) und anderer öffentlicher Leistungsprüfungen für J ierde durch die Landeszentralbehörde zugelassen werden.

§ 2. [Zulassung des Buchmachers] (1) Wer gewerbsmäßig1) Wetten 8 ) bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der Landeszentralbehörde oder der von ihr bezeichneten Behörde (2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Diese Personen wie der Buchmacher selbst haben bei der Ausübung der Wettätigkeit ein Abzeichen zu tragen, dessen Form die Landeszentralbehörde bestimmt Zu § 6 : 1) Nachdem § 6 Abs. l a des Ges. v. 1. 7. 1937 durch § 132a StGB, ersetzt ist (vgl. B II 4 Anm. 1 zu § 6), besagt § 6 des vorl. Gesetzes, daß § 132a StGB, auf das unbefugte Führen akad. Grade keine Anwendung findet. Zu B II 6 : *) Hierzu sind ergangen die Ausführungsbestimmungen des RM. d. Fin. v. 16. Juni 1922 (Zentralbl. f. d. D. R. S. 351) u. die pr. Ausf.-Anw. v. 21. Juli 1922 (MB1. für Landw. u. Forst. S.509); Brem. AusfAA v. 19. 2.1954 (GBl. S. 23).—Kein Steuergesetz. E. 60, 40 — Bayr. Änderungsges. v. 12. April 1948 (GVB1. S. 62); Berliner Änderungsges. v. 23. 3. 1950 (VB1. S. 169). Die meisten Länder haben nach 1945 auch andere Sportwetten (Fußballtoto) gesetzlich geregelt. Diese Gesetze (Zusammenstellung N J W . 51, 44 Fußnote und bei Hennke N J W . 53, 1251) sind nicht einheitlich, halten sich im allgemeinen aber an das Vorbild des Rennwett- und Lotteriegesetzes. Zu § 1: 1) Als Rennen sind alle Veranstaltungen anzusehen, bei denen Pferde eine bestimmte Strecke zurückzulegen haben und dem Vergleich ihrer Leistungen in erster Linie die zur Bewältigung dieser Strecken gebrauchte Zeit zugrunde gelegt wird. K G . J F G E r g . 11, 407. Zu § 2: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 260 StGB. 2) Rennwetten sind Spielverträge, bestehend in der Erkaufung einer Gewinnmöglichkeit gegen Zahlung eines Einsatzes, wobei der Gewinnfall von dem noch ungewissen Eintiitt oder Ausfall eines bestimmten Ereignisses abhängen soll. Betrug möglich. E . 62, 415.

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B II 6. Rennwett- und Lotteriegesetz. §§ 4—7

§ 4. [Wettschein. Wettbuch] (1) Der Unternehmer des Totalisators und der Buchmacher haben über die Wette eine Urkunde (Wettschein) auszustellen. Bei Buchmachern ist statt dessen auch die Eintragung der Wette in ein amtlich geliefertes Wettbuch zulässig. In welchen Fällen die Eintragung in das Wettbuch genügt, sowie welche Angaben der Wettschein und die Eintragung im Wettbuch enthalten muß, bestimmt der Reichsminister der Finanzen.

(2) Ist der Wettschein ausgehändigt oder die Wette in das Wettbuch eingetragen, so ist die Wette für den Unternehmer des Totalisators und den Buchmacher verbindlich. Ein von den Wettenden gezahlter Einsatz kann nicht unter Berufung auf § 762 BGB. zurückverlangt werden. Soweit der Einsatz nicht gezahlt ist, kann er von dem Gewinn abgezogen werden. Im übrigen bleiben die Vorschriften des BGB. unberührt. (3) Auf den Rennplätzen ist den Buchmachern nur das Legen von Wetten zu festen Odds gestattet. (4) Auf den Rennplätzen dürfen von den Buchmachern nur Wettsätze im Betrage von mindestens dreißig Deutsche Mark angenommen werden.

§ 5. [Strafvorschriften] (1) Wer ohne Erlaubnis ein Totalisatorunternehmen betreibt oder gewerbsmäßig 1 ) Wetten abschließt oder vermittelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft 2 ); daneben ist auf Geldstrafe zu erkennen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden 8 ). (2) Die empfangenen Einsätze oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären 4 ). §

6

(1) Wer gewerbsmäßig zum Abschluß oder zur Vermittlung von Wetten auffordert oder sich erbietet oder Angebote zum Abschluß oder zur Vermittlung solcher Wetten entgegennimmt, wird mit Geldstrafe und mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit einer dieser Strafen bestraft. Unter dieses Verbot fallen nicht Aufforderungen, Erbieten und Angebote der zugelassenen Wettunternehmer sowie der Personen, deren sich die Wettunternehmer mit Genehmigung der Landeszentralbehörde zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen, soweit diese Personen bei der Abwicklung von Wettgeschäften im Auftrag des Wettunternehmers handeln. (2) Die empfangenen Einsätze oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären. §

7

Der Buchmacher und die Personen 1 ), deren er sich zum Abschluß und zur Zu § 5 : 1) Das gewerbsmäßige Spiel am Totalisator ist nicht strafbar. E. 46, 170. 2) Zwischen den Vergehen der §§ 5 und 6 und Rennwettsteuer-Hinterziehung liegt Tateinheit vor. KG. D JZ. 25, 439; E. 60, 39. Siehe auch Schneidewin, J R . 26, 413. Bezüglich der Steuerzuwiderhandlung ist auf eine besondere Geldstrafe (§ 418 RAbgO.) zu erkennen, falls nicht die Strafklage wegen der Steuerzuwiderhandlung verbraucht ist. KG. Recht 32: Nr. 2390. 3) Der bisherige Satz 2 ist gestrichen durch Ges. v. 23. März 1934 (RGBl. I S. 213). 4) Keine Nebenstrafe. H R R . 29 Nr. 280. Neben der Verfallerklärung kann auf Einziehung erkannt werden. Stenglein Nebenges. Anm. 7 Abs. 4, Bd. I I S. 377. Zu § 7 : 1) § 7 bezieht sich nur auf die nach § 6 Satz 2 zugelassenen Hilfspersonen, auf diese aber auch dann, wenn sie nicht gewerbsmäßig handeln. E. 70, 394.

B II 6. Rennwett- und Lotteriegesesetz. §§ 8, 9

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Vermittlung von Wetten bedient, Werden, wenn sie außerhalb der gemäß § 2 genehmigten örtlichkeiten Wetten vermitteln oder abschließen oder Angebote dazu entgegennehmen2), mit Geldstrafe und mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit einer dieser Strafen bestraft 3 ). § 8 (1) Wer an einem Totalisatorunternehmen, das im Inland nicht erlaubt ist, oder bei einem Buchmacher, der im Inland nicht zugelassen ist, wettet oder einen Antrag zum Abschluß einer Wette stellt, oder wer zum Abschluß oder zur Vermittlung einer solchen Wette einen Auftrag erteilt, wird mit Geldstrafe bestraft. (2) Die empfangenen Gewinne oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären1). §

9

(1) Mit Geldstrafe, im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten wird bestraft: 1. wer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften oder anderen Darstellungen, ohne zugelassener Unternehmer eines Totalisators oder zugelassener Buchmacher zu sein, zum Abschluß von Wetten außerhalb der örtlichkeiten des Totalisatorunternehmens oder außerhalb der im § 2 Abs. 2 bezeichneten örtlichkeiten des Buchmachers anreizt1), 2. wer gewerbsmäßig Voraussagen über den Ausgang von Rennen verbreitet 2 ), 3. wer in seinen Räumen den Abschluß oder die Vermittlung von Wetten duldet, ohne daß die Räume für das Unternehmen eines Totalisators oder eines Buchmachers zugelassen sind. (2) Straffrei sind redaktionelle Veröffentlichungen in einer periodisch erscheinenden Druckschrift, sofern diese nicht ausschließlich oder überwiegend der Verbreitung von Voraussagen dient 3 ). 2) Dies braucht nicht durch den Buchmacher oder seinen Gehilfen persönlich zu geschehen. OLG. Dresden LZ. 26, 502. 3) Nach § 6 Abs. 2 der Ausf.-Bestimmung darf der Buchmacher innerhalb der Örtlichkeit, in der ihm der Abschluß oder die Vermittelung von Wetten gestattet ist, Wetten für alle im Deutschen Reiche und im Auslande laufenden Rennen abschließen oder vermitteln, sofern nicht für alle Buchmacher gemeinsam geltende Beschränkungen bestimmt sind. Zu § 8: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 335 StGB. Zu § 9: 1) Über „Anreizen" vgl. Anm. 5 zu § 130 StGB. Einzelbeispiele in E. 70, 117. Strafbar ist das außerhalb der bezeichneten Örtlichkeiten erfolgende Anreizen. Es braucht sich nicht auf ein bestimmtes Rennen zu beziehen. E. 70, 116. Zum inneren Tatbestand gehört Vorsatz einschließlich des bedingten. E. 70, 117. 2) Es muß sich um eine Voraussage über bestimmte oder doch bestimmbare Rennen handeln, d. h. die Beziehung bestimmter Pferde zu einem Rennen erkennbar sein. Zum Begriff der Voraussage gehört eine eigene mehr oder weniger bestimmte Äußerung über den Ausgang des Rennens; nicht genügt die Nebeneinanderstellung unbestimmter Möglichkeiten, von denen sich der Erklärungsempfänger nach eignem Urteil die beste aussuchen möge. E. 70, 113. Die Voraussage darf auch nicht in Fachzeitschriften geschehen. RG. Recht 30 Nr. 700. 3) Abs. 2 bezieht sich auch auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 mit der Maßgabe, daß die Straffreiheit entfällt, wenn die periodische Druckschrift ausschließlich oder überwiegend der Verbreitung des Anreizens dient. Für den Begriff des „Überwiegens" ist nicht entscheidend, in welchem r ä u m l i c h e n Verhältnis der der strafbaren Verbreitung dienende Inhalt zum Gesamtinhalt steht, sondern welchem Teil der Druckschrift das Schwergewicht zukommt. E. 70, 113.

B II 7. Gesetz gegen den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen. § 1

B II 7. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen Vom 9. Juni 1884 (RGBl. S. 61)*) § 1. [Polizeiliche Genehmigung] (1) Die Herstellung1), der Vertrieb2) und der Besitz3) von Sprengstoffen1) sowie die Einführung derselben aus dem Auslande ist unbeschadet der bestehenden sonstigen Beschränkungen nur mit polizeilicher Genehmigung zulässig6). (2) Wer sich mit der Herstellung oder dem Vertriebe von Sprengstoffen befaßt, hat ein Register zu führen, aus welchem die Mengen der hergestellten, aus dem Auslande eingeführten oder sonst zum Zweck des Vertriebes angeschafften Sprengstoffe, sowie die Bezugsquellen und der Verbleib derselben ersichtlich sein müssen. Dieses Register ist der zuständigen Behörde auf Erfordern jederzeit vorzulegen6). (3) Der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit den Reichsministern des Innern und der Justiz durch Verordnung bestimmen, daß die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes auf bestimmte Sprengstoffe nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen Anwendung finden7). Zu B II 7: Schrifttum: Stenglein, Nebengesetze Bd. I S. 396, Nachtr. S. 282; Nebengesetze S. 168.

Erbs,

Zu § 1: 1) Damit ist die tatsächliche Herstellung gemeint. Hersteller ist derjenige, unter dessen persönlicher Leitung der Sprengstoff fabriziert wird. 2) Vertrieb = auf Übernahme des Besitzes durch andere gerichtete Tätigkeit. E. 15, 237. Vertrieb im Rahmen eines Gewerbes ist nicht erforderlich. 3) Unter Besitz ist lediglich das tatsächliche Verhältnis der Innehabung zu verstehen. E. 12, 257; R G . GA. 54, 291. Besitz h a t der, der die tatsächliche Herrschaft ausüben kann, auch wenn er den Gegenstand aus der Hand legt, aber dauernd unter unmittelbarer Bewachung behält. E. 43, 10. RG. H R R . 1932 Nr. 1113. Besitzer ist daher auch der Untergebene, der Sprengstoff von seinem Arbeitgeber lediglich zur Aufbewahrung und nachfolgenden Aushändigung an einen anderen erhält. RG. D J Z . 38 (1933), 182. 4) Als Sprengstoff ist jeder explosive d. h. jeder Stoff anzusehen, der bei der Entzündung eine gewaltsame Ausdehnung von elastischen Flüssigkeiten oder Gasen hervorruft, die als Sprengmittel sich eignet. Die Art, wie die Entzündung herbeigeführt wird, ist für den Begriff ,,Sprengstoff" gleichgültig. RG. GA. 46, 203. Doch muß die Auslösung der Explosion durch Entzündung — nicht durch Überdruck — bewirkt werden. E. 67, 35. Gleichgültig ist es, ob der Sprengstoff in der Praxis als solcher bezeichnet und als Sprengmittel verwendet wird. E. 48, 72; E. 67, 35. Ein Stoff, welcher die Sprengfähigkeit nicht bloß vorübergehend verloren hat, fällt nicht unter das Gesetz. RG. GA. 50, 141 in Verbindung mit E. 45, 383. Schwarzpulver ist Sprengstoff, wenn es zur Sprengung dienen soll. RG. Recht 22 Nr. 1748. Auf die Menge des Sprengstoffes kommt es nicht an, auch die kleinste Quantität genügt. E. 17, 278. Über Verbot der Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Beförderung und Lagerung bestimmter Sprengstoffe s. Kontrollratsges. Nr. 43. 5) Die Genehmigung zum Vertriebe schließt nicht ohne weiteres die Genehmigung zur Herstellung in sich uDd ebensowenig berechtigt die Genehmigung zur Einführung aus dem Auslande zum Vertriebe, wohl aber zum Besitz. Stenglein, Nebengesetze Anm. 9. Die Genehmigung zur Herstellung und zum Vertriebe berechtigt noch nicht zur Heranziehung von Hilfskräften. E. 13, 90. Die erteilte Erlaubnis zum Besitz von Sprengstoff entfällt nicht ohne weiteres, wenn derselbe für einen anderen als den Betriebszweck verwendet wird. E. 33, 41. 6) Für den Transport von Sprengstoffen ist meist besondere Erlaubnis erforderlich. Stenglein, Nebengesetze Anm. 11. 7) Fassung nach VO. v. 8. 8. 1941 (RGBl. I S. 531). Die DurchfVO. sind nicht ergangen. Es gelten noch: die Bekanntmachung v. 20. 4. 1903 (RGBl. S. 211), v. 20. 6. 1907 (RGBl. S. 375), v. 10. 4. 1911 (RGBl. S. 180), abgeändert durch VO. v. 8. 3. 1924 (RGBl. I

B II 7. Gesetz gegen den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen. §§ 2—5

513

(4) Insoweit Sprengstoffe zum eigenen Gebrauch durch Reichs- oder Landesbehörden von der zuständigen Verwaltung hergestellt, besessen, eingeführt oder vertrieben werden, bleiben die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes ebenfalls ausgeschlossen.

§ 2. [Durchführungsbestimmungen] Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit den Reichsministern des Innern und der Justiz die zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 2 erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften1).

§ 3. [Beschwerde gegen Versagungsverfügung] Gegen die versagende Verfügung ist nur sie Beschwerde an die Aufsichtsbehörde innerhalb 14 Tagen zulässig. Dieselbe hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 4. [Widerruflichkeit der Genehmigung] Die Erteilung der nach § 1 Abs. 1 erforderlichen Erlaubnis erfolgt in widerruflicher Weise. Wegen der Beschwerde gegen die Zurücknahme gilt die Vorschrift des § 3 des gegenwärtigen Gesetzes.

§ 5. [Gefährdung durch Sprengstoffanwendung] (1) Wer vorsätzlich1) durch Anwendung von Sprengstoffen2) Gefahr3) für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines anderen herbeiführt4), wird mit Zuchthaus bestraft. S. 171) und Bek. v. 4. 3. 1916 (RGBl. S. 155), 31. 7. 1925 (RGBl. I S. 184, sowie VO. v. 10. 11. 1927 (RGBl. I S. 327) und v. 28. 10. 1931 ( R G B l . I S. 660) und 7. 7. 1939 (RGBl. I S. 1255) u. v. 13.7.1940 (RGBl. I S. 995) u. v. 20.11.1941 (RGBl. I S. 721); d i e P r . S p r e n g s t o f f l a g e r V O . v. 17. 11. 1932 (GS. S. 362) mit Änderungen in der SprengstoffverkehrsVO. v. 4. 9. 1935 (GS. S. 119); ferner die preuß. PVO. betr. den Verkehr mit Sprengstoffen und Zündmitteln im Bergbau v. 13. 12. 1934 (GS. 1935 S. 1). PVO. v. 11. 1. 1936 (GS. S. 11), welche Abänderungen der PVO. v. 15. 7. 1924 (HMB1. S. 198) enthält; Pr. PVO. über die Abgabe explosionsgefährlicher Gegenstände zur Verhütung v. 30. 7. 1938 (GS. S. 75) — R i c h t l i n i e n Nr. 274 betr. Bekämpfung von Sprengstoffdelikten. E s gelten i n B e r l i n W : P V O . über den Verkehr mit Sprengstoffen (Sprengstoffverkehrsordnung) v. 7. 3. 1953 (GVB1. S. 156), die an die Stelle a) der preuß. PVO. v. 15. 7. 1924 (HMB1. S. 198) (Sprengstoff-Erlaubnisschein) mit Änderung v. 11. 1. 1936 (GS. S. 11), b) der preuß. PVO. v. 17. 11. 1932 (GS. S. 362) (SprengstofflagerVO.), c) der preuß. PVO. v. 4. 9. 1935 (GS. S. 119) (SprengstoffverkehrsVO.) t r i t t ; in B a d e n : VO. über den Verkehr mit Sprengstoffen v. 4. 1. 1937 (GVB1. S. 5). Siehe auch das Ges. Nr. 24 der AHK. v. 30. 3. 1950, § 367, Ziff. 4 und 5 R S t G B . ; in H e s s e n : Ges. v. 11. 11. 1950 über den Verkehr mit Sprengstoffen und ihre Lagerung (GVB1. Nr. 35 S. 168), ÄndVO. v. 4. 10. 1940 zur preuß. SprengstofflagerVO. v. 17. 11. 1932 (GS. S. 233) und der hess. SprengstofflagerVO. v. 7. 11. 1936 (RegBl. S. 133) (GVB1. Hessen 1950 Nr. 42 S. 215), SprengstoffverkehrsVO. v. 14. 10. 1950 (Hess. GVB1. 1950 Nr. 42 S. 215); in N o r d r h e i n - W e s t f a l e n : Siehe VO. v. 27. 10. 1950 (GVB1. N R W . 1950 Nr. 46 S. 182); in W ü r t t e m b e r g (franz. Zone): VO. über den Verkehr mit Sprengstoffen v. 26. 2. 1949 (RegBl. 1949 Nr. 20 S. 137). Zu § 2 : 1) Siehe Anm. 7 zu § 1. Vgl. auch VO. in Anm. 11 zu § 1. Zu § 5 : 1) Zum Vorsatz gehört die Kenntnis davon, daß ein Sprengstoff, d . h . ein Explosivstoff als Sprengmittel benutzt wird. Bedingter Vorsatz reicht aus. E . 67, 35; dagegen nicht sog. bewußte Fahrlässigkeit. R G . GA. 69, 180; E . 59, 2. § 5 findet auch Anwendung, wenn vorsätzliche Körperverletzung einer bestimmten Person mittels Sprengstoffes stattfindet. OGHSt. 3, 101 (105). Der Gehilfe braucht die Einzelheiten der Haupttat nicht in seine Vorstellung aufgenommen zu haben. E . 58, 113. 2) Hierunter sind im Gegensatz zu § 1 Sprengstoffe jeder Art zu verstehen, auch Schießmittel, wenn sie als Sprengstoffe gebraucht werden. E . 58, 276; E . 67, 35 (38). 3) Zwischen Mordversuch und Verbrechen gegen § 5 Abs. 1 ist Tateinheit möglich. E . 30, 216, ebenso zwischen §§ 6, 5, 7 und § 311 S t G B . R G . J W . 53 (1924), 1878. 4) Vgl. Anm. 8 zu § 315 S t G B . Der Besitz des Sprengstoffs ist noch nicht besonders nach § 7 strafbar. E . 58, 296. 33

Dalcke, Strairecht. 36. Aufl.

514

B I I 7 . Gesetz gegen den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen. § § 6 , 7

(2) Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren, und Wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein5). (3) Ist durch die Handlung der Tod eines Menschen herbeigeführt worden und hat der Täter einen solchen Erfolg voraussehen können, so ist auf Todesstrafe zu erkennen 6 ) 7 ).

§ 6. [Verabredung und Verbindung zu Sprengstoffverbrechen] Haben mehrere1) die Ausführung einer oder mehrerer nach § 5 zu ahndender strafbarer Handlungen verabredet2) oder sich zur fortgesetzten Begehung derartiger, wenn auch im einzelnen noch nicht bestimmter Handlungen verbunden3), so werden dieselben, auch ohne daß der Entschluß der Verübung des Verbrechens durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung enthalten, betätigt worden ist, mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft 4 .

§ 7. [Sonstige Vorbereitungshandlungen] (lj Wer Sprengstoffe herstellt1), anschafft, bestellt oder in seinem Besitz hat, in der Absicht2), durch Anwendung derselben Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines anderen entweder selbst herbeizuführen oder andere Personen zur Begehung dieses Verbrechens in den Stand zu setzen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Zum Versuch der Gefährdung gehört, daß die Anwendung des Sprengstoffes nicht bloß vorbereitet, vielmehr mit ihr begonnen worden ist. OGHSt. 3, 112. 5) Nach § 56 StGB, setzt die Bestrafung aus Abs. 2 voraus, daß der Täter die schwere Körperverletzung oder den Tod wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat. Da aber Abs. 3 den Fall fahrlässiger Verursachung des Todes regelt, h a t Abs. 2, soweit er sich auf die Verursachung des Todes bezieht, seine Bedeutung verloren. 6) Der Täter hat den Tod voraussehen können, wenn dieser Erfolg bei pflichtmäßiger Aufmerksamkeit als mögliche Folge seiner vorsätzlichen Gefährdung durch Anwendung von Sprengstoff für ihn voraussehbar war. H a t der Täter bzgl. der Tötung mit (unbedingtem oder bedingtem) Vorsatz gehandelt, so liegt Mord („mit gemeingefährlichen Mitteln", § 211 StGB.) vor. — I m Geltungsbereich des GG. ist nach Beseitigung der Todesstrafe (Art. 102 GG.) die Strafe lebenslanges Zuchthaus; in BerlinW ist Gesetz v. 9. 1. 1951 (VOB1. I S. 57) ergangen. 7) Die Belohnung und öffentliche Billigung solcher Straftat wird nach § 140 StGB, bestraft. Z u § 6 : 1) Auch zwei Personen genügen. In den Verhandlungen muß es zu einer Willenseinigung über die Ausführung des Werks gekommen sein. E. 58, 297. 2) Vgl. Anm. 5 zu § 49a StGB. Der pol. Umsturz braucht nicht bezweckt zu sein. RG. H R R . 1932 Nr. 416. Es muß zwischen mindestens 2 Personen zu einer Willenseinigung über die Ausführung eines Verbrechens nach § 5 gekommen sein. OGHSt. 3, 101 (106). Eine Verabredung kann schon vorliegen, wenn einer als Führer mit überragendem Einfluß den Plan entwickelt und die anderen ihm bedingungslos zustimmen. E. 59, 214. Einverständnis muß über den Plan bestehen, der gewisse Bestimmtheit hat. OGHSt. 3, 112. Daß die Verabredenden an der Ausführung der Tat teilnehmen wollen, ist nicht erforderlich. E. 58, 393. RG. J R . 1928 Nr. 452. 3) Für „Verbindung" genügen unbestimmte Sprengungspläne. Köln N J W . 1950, 879. Vgl. noch Anm. 25 zu § 243 StGB. 4) Siehe Anm. 6 zu § 5. Z u § 7 : 1) Siehe Anm. 1 zu § 1. 2) Der strafbare Vorsatz ist erst dann erfüllt, wenn der Täter gewußt hat, daß sein Erzeugnis in der von ihm hergestellten Art und Menge sich zur Verwendung als Sprengmittel eigne. RG. Recht 16 Nr. 163. Es genügt die Absicht ohne bestimmte Richtung nach Zeit, Art und Gegenstand oder Person. RG. J R . 1926 Nr. 232; z. B. Schärfen der Sprengpatronen. Köln N J W . 1950, 879.

B I I 7 . Gesetz gegen den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen. § § 8 , 9

515

(2) Der gleichen Strafe verfällt, wer Sprengstoffe, wissend, daß dieselben zur Begehung eines in dem § 5 vorgesehenen Verbrechens bestimmt sind, an andere Personen überläßt 3 ).

§ 8. [Vermutung verbrecherischer Verwendungsabsicht] Wer Sprengstoffe herstellt, anschafft, bestellt, wissentlich 1 ) in seinem Besitze hat oder an andere Personen überläßt unter Umständen, welche nicht erweisen 2 ), daß dies zu einem erlaubten Zweck3) geschieht, wird mit Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis nicht unter einem Jahre bestraft. Diese Bestimmung findet auf die gemäß § 1 Absatz 3 bezeichneten Stoffe nicht Anwendung 4 ).

§ 9. [Herstellung usw. ohne Genehmigung] (1) Wer der Vorschrift in dem ersten Absatz des § 1 zuwider es unternimmt 1 ), ohne polizeiliche Ermächtigung 2 ) Sprengstoffe herzustellen 3 ), vom Auslande einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst an andere zu überlassen 4 ), oder wer im Besitze 8 ) derartiger Stoffe betroffen wird, 8 ) ohne polizeiliche 3) Ein Überlassen kann auch im geflissentlichen Zulassen des Wegnehmens liegen. E.59 214 (217). Zu § 8 : 1) Wissentlich = vorsätzlich. E. 12, 73, 244. 2) Jedes Anschaffen, Überlassen usw. h a t deshalb die Vermutung gegen sich, daß es zu einem verbrecherischen Zweck geschehen ist. R. 6, 762; R. 9, 632. Der Mangel des Nachweises der verbrecherischen Absicht schließt die Vermutung ihres Vorhandenseins nicht aus. RG. LZ. 18 (1924) 646. Wird aber nachgewiesen, daß die verbrecherische Absicht fehlt, so ist § 8 unanwendbar. RG. Recht 34 Nr. 722. Der A. braucht den erlaubten Zweck nicht zu beweisen. Zwischen §§ 8 und 9 besteht keine Idealkonkurrenz. E. 44, 331. 3) Der Ausdruck „Zweck" ist von dem schließlichen Gebrauch des Sprengstoffes durch Verbrauch zu verstehen; daß dieser Zweck ein erlaubter ist, muß zur Abwendung der Strafe festgestellt werden. E. 9, 632. Die Absicht, Dynamitpatronen zum Fischen zu verwenden, enthält keinen unerlaubten Zweck. E. 13, 305 (vgl. Anm. 7 zu § 293 StGB.); anders bei Fischen in geschlossenen Gewässern. Stenglein, Nebengesetze Anm. 2 Abs. 3. § 8 ist ausgeschlossen, wenn erwiesen ist, daß der Besitz des Sprengstoffes zu einem anderen Zweck stattfand, als um Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben anderer herbeizuführen. R. 6, 762; E. 44, 331; dann §9. 4) Polizeiliche Erlaubnis zum Besitz von Sprengstoffen schließt die Bestrafung aus § 8 nicht unbedingt aus. Zu § 9: 1) Siehe § 87 StGB. 2) Durch die einer bestimmten Person erteilte polizeiliche Erlaubnis ist nicht ohne weiteres auch den Bediensteten dieser Person die Erlaubnis erteilt. E. 13. 90. Vgl. RG. GA. 39, 48. Der Irrtum hierüber ist Verbotsirrtum, Sachverhaltsirrtum (§59) StGB, dagegen der Irrtum des Sprengstoffbesitzers, daß ihm selbst die Erlaubnis erteilt sei. Eine Form für die Erlaubnis ist nicht vorgeschrieben. RG. J W . 60 (1931), 1590; vgl. Anm. 5. Der Besitz eines Sprengstoffrestes nach Beendigung der Arbeiten ist kein unerlaubter, wenn die Erlaubnis unbeschränkt erteilt war. E. 55, 221. 3) Bedingter Vorsatz genügt. RG. v. 16. 6. 1914, Stenglein, Nebengesetze Anm. 7. Der Täter muß das Bewußtsein haben, daß der von ihm hergestellte Stoff Sprengstoff im Sinne des Gesetzes ist. RG. GA. 59, 452. 4) Ein Überlassen von Sprengstoffen im Sinne des § 9 umfaßt nicht bloß die Veräußerung derselben, sondern jede tatsächliche Einräumung der Sachherrschaft über Sprengstoffe. E. 17, 258; RG. GA. 54, 80. Aushändigung von Schlüsseln zum Patronenkasten. RG. Recht 14, Nr. 257. Auf den Zweck des Überlassens und ob dies aus bloßer Getälligkeit geschehen ist, kommt es nicht an. E. 14, 231. Auch die von einem Besitzberechtigten an einen anderen Besitzberechtigten ohne polizeiliche Erlaubnis erfolgte Überlassung fällt unter das Gesetz E. 15, 387. Gewerbsmäßiges Handeln ist auch hier kein Erfordernis. E. 14, 231. 5) Bestrafung setzt voraus a) w i s s e n t l i c h e n Besitz von Sprengstoffen. E. 12, 244, b) die Nichtnachweisbarkeit der erforderl. pol. Erlaubnis, auf die sich der Vorsatz nicht zu erstrecken braucht. Eine Anzeige an die Polizeibehörde von dem Besitze des Sprengstoffes 33*

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B II 7. Gesetz gegen den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen. § 10

Erlaubnis 7 ) hierzu nachweisen zu können 8 ), ist mit Gefängnis von drei Monaten bis zu zwei Jahren zu bestrafen 9 ). (2) Gleicher Strafe verfällt, wer die Vorschriften des § 1 Absatz 2, die von den Zentralbehörden in Gemäßheit des § 2 getroffenen Anordnungen oder die bereits bestendehen oder noch zu erlassenden sonstigen polizeilichen Bestimmungen 1 0 ) über den Verkehr mit Sprengstoffen 1 1 ) auf welche § 1 Absatz 1 Anwendung findet, übertritt 1 2 ).

§ 10. [Aufforderung zu Sprengstoffverbrechen] (1) Wer öffentlich vor einer Menschenmenge oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen Darstellungen, oder wer in Schriften oder anderen Darstellungen zur Begehung schließt, wenn die polizeiliche Erlaubnis nicht erteilt ist, die Bestrafung nicht aus. E. 13, 35; 28, 130. Die irrige Annahme, zum Besitz einer polizeilichen Erlaubnis nicht zu bedürfen, ist Verbotsirrtum (vgl. Anm. 1 zu § 59 StGB.). Wegen der früheren Rechtspr. siehe E. 15, 158; 13, 35; RG. DRZ. 1925 Nr. 79. 6) „Im Besitze betroffen wird" = besitzt. Hierzu genügt jedes tatsächliche wissentliche Innehaben von Sprengstoffen ohne Rücksicht auf die etwaigen rechtlichen Beziehungen des Inhabers zu den Sprengstoffen. E. 13, 45; E. 35, 46; E. 41, 156. Nicht ist Besitzer, wer den Sprengstoff zum Zwecke der Vernichtung an sich nimmt. E.47, 150. Überläßt ein Unternehmer zeitweise sein Geschäft einem Vertreter, der gleichfalls zum Feilhalten ermächtigt ist, so ist er für dessen Handlungen nicht verantwortlich. RG. GA. 48, 298. Anstiftung zum unerlaubten Besitz von Sprengstoffen ist möglich. RG. GA. 50, 280; wer nicht Besitzer der Sprengstoffe ist, kann nicht als Mittäter in Frage kommen. RG. JW. 34 (1905), 764. Strafbar macht sich, wer entgegen der erteilten Genehmigung den Sprengstoff auch nur vorübergehend in seinem Wohnhause anstatt im Sprengstofflager aufbewahrt. KG. JW. 61 (1932), 3279. Siehe § 367 Nr. 5 StGB, una § 30 der SprengstofflagerVO. in Anm. 7 zu § 1. 7) Das bloße Nachsuchen der Erlaubnis in der Erwartung, daß dieselbe erteilt werde, genügt nicht, ebensowenig die Angabe, daß ein Dritter für ihn die Erlaubnis nachgesucht und erhalten habe. E. 13, 46, 22; E. 36, 158. 8) Anders aber verhält es sich, wenn die Erlaubnis bei einer unzuständigen Behörde nachgesucht und von dieser erteilt worden ist; hier tritt Straflosigkeit ein. R. 7, 579; E. 12, 431. weil hier § 59 des StGB, zutrifft. RG. JW. 32 (1903), 325. 9) Gelangt jemand durch Diebstahl in den Besitz von Sprengstoffen, so liegt nicht Realkonkurrenz von Diebstahl und Verstoß gegen § 9, sondern nur eine Handlung vor. E. 13, 145. 10) Unter diesen Anordnungen sind nur allgemeine Polizeiverordnungen zu verstehen, nicht die im Einzelfalle dem Gewerbetreibenden von der Polizeibehörde auferlegten besonderen Verpflichtungen. R. 8, 538. Z. B. gehören hierher Polizeiverordnungen, welche Anordnungen treffen über Anschaffung, Transport, Aufbewahrung und Verausgabung des Dynamits und das gilt insbesondere auch von Verordnungen der Bergpolizei. R. 9, 681. Ferner gehören hierher die landespolizeilichen Verordnungen über den Transport der Sprengstoffe. E. 15, 245 und E. 41, 156, sowie die Bergpolizeilichen Vorschriften über Verausgabung und Aufbewahrung. E. 41, 381. Siehe Anm. 7 zu § 1. Ein vorsätzliches Übertreten der polizeilichen Anordnungen ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich. E. 15,245 und E. 48,316. Fahrlässigkeit genügt. KG. JW. 61 (1932), 3279. Der Irrtum des Täters über die Beschaffenheit des Sprengstoffes ist beachtlich. RG. Recht 13 Nr. 1090. Die Beihilfe zur Zuwiderhandl. gegen die polizeilichen Anordnungen ist, weil es sich hier um den Tatbestand eines Vergehens handelt, strafbar. E. 20, 275. 11) Der „ V e r k e h r mit Sprengstoffen" ist nicht gleichbedeutend mit Vertrieb von Sprengstoffen, sondern hat einen weiteren umfassenderen Sinn. RG. GA. 36, 152; E. 34, 440. Es ist darunter neben der Herstellung und der Einführung der Sprengstoffe auch deren Besitz und Vertrieb zu verstehen. RG. Recht 10, 814. Im übrigen unterliegt der Verkehr mit Sprengstoffen ausschließlich der Vorschrift des § 9 und ist § 367 Nr. 5 StGB, insoweit beseitigt. E. 13, 22. Ob Sprengkapseln unter § 9 fallen, hängt von deren besonderer Beschaffenheit (Füllung) ab. E. 25, 29. 12) lex specialis. RG. HRR. 1931 Nr. 480.

§ § 1 1 — 1 3 . — B I I 8.

Tierschutzgesetz.

§ 1

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einer der in den §§ 5 und 6 bezeichneten strafbaren Handlungen oder zur Teilnahme an denselben auffordert, wird mit Zuchthaus bestraft 1 ). (2)2) Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher auf die vorbezeichnete Weise zur Begehung der im Absatz 1 gedachten strafbaren Handlungen insbesondere dadurch anreizt 3 ) oder verleitet 4 ), daß er dieselben anpreist oder als etwas Rühmliches darstellt.

§ 11. [Nebenstrafen] In den Fällen der §§ 5, 6, 7, 8 und 10 kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. In den Fällen der §§ 5, 6, 7, 8 und in dem Falle einer Anwendung der Strafvorschriften des § 9 ist auf Einziehung der zur Zubereitung der Sprengstoffe gebrauchten oder bestimmten Gegenstände, sowie der im Besitze des Verurteilten vorgefundenen Vorräte von Sprengstoffen zu erkennen, ohne Unterschied, ob dieselben dem Verurteilten gehören oder nicht 1 ).

§ 12. [Auslandstaten von Ausländern] Die Bestimmungen im § 4 Absatz 2 Nr. I 1 ) des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich finden auch auf die in den §§ 5, 6, 7, 8 und 10 dieses Gesetzes vorgesehenen Verbrechen Anwendung.

§ 13. [Anzeigepflicht bei geplanten Sprengstoffverbrechen] Der in dem § 139 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich 1 ) angedrohten Strafe verfällt, wer von dem Vorhaben eines im § 5 vorgesehenen Verbrechens oder von einer im § 6 vorgesehenen Verabredung oder von dem Tatbestande eines im § 7 des gegenwärtigen Gesetzes unter Strafe gestellten Verbrechens in glaubhafter Weise Kenntnis erhält und es unterläßt, der durch das Verbrechen bedrohten Person oder der Behörde rechtzeitig Anzeige zu machen.

B II 8. Tierschutzgesetz*) Vom 24. November 1933

(RGBl. I S. 987)

Tierquälerei § 1. [Grundsatz] (1) Verboten ist, ein Tier unnötig zu quälen 1 ) oder roh zu mißhandeln1). (2) Ein Tier quält, wer ihm länger dauernde oder sich wiederholende erhebZu § 10: 1) Soweit § 10 anwendbar, ist die Anwendung von § 49 a und § 111 StGB ausgeschlossen. Stenglein, Nebengesetze Anm. 3. 2) Gegenüber § 10 Abs. 2 ist § 140 StGB, subsidiär (vgl. dort Anm. 6). 3) Vgl. Anm. 5 zu § 130 StGB. 4) Vgl. Anm. 1 zu § 160 StGB. Zu § 11: 1) Sie unterliegen aber nicht der Einziehung, wenn keine Zubereitung durch den Täter stattgefunden hat. E . 49, 249. Zu § 12: 1) S. jetzt § 4 Abs. 3 Nr. 3 StGB. Zu § 13: 1) Der Hinweis auf § 139a. F. ist jetzt dahin zu verstehen, daß die §§ 138, 139 n. F. StGB, anzuwenden sind, die auch für andere gemeingefährliche Verbrechen gelten. Vgl. die Erläuterungen zu §§ 138, 139 StGB. Zu B II 8 : *) Schrifttum: Giese-Kahler, Komm, zum Tierschutzrecht, Berlin 1939. — Neupert, Die Übertretungsdelikte des Reichstierschutzgesetzes, DStrafr. 38, 209ff., 301 ff. — Neupert, Das Delikt der Tierquälerei nach Abs. 1 § 9 RTG., DStrafr. 37, 385ff.; Emrich MDR. 1949, 675. Zu § 1 : 1) dazu § 1 Abs. 1 des Gesetzes v. 21. 4. 1933 (RGBl. X S. 203) über das Schlachten von Tieren bestimmt: „Warmblütige Tiere sind beim Schlachten vor Beginn der Blut-

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B I I 8. Tierschutzgesetz.

§ 2

liehe Schmerzen oder Leiden verursacht; unnötig ist das Quälen, soweit es keinem vernünftigen, berechtigten Zwecke dient2). Ein Tier mißhandelt, wer ihm erhebliche Schmerzen verursacht; eine Mißhandlung ist roh, wenn sie einer gefühllosen Gesinnung entspringt3).

Vorschriften zum Schutze der Tiere § 2. [Einzelne Verbote] Verboten ist, l 1 ). ein Tier in Haltung, Pflege oder Unterbringung oder bei der Beförderung derart zu vernachlässigen, daß es dadurch erhebliche Schmerzen oder erheblichen Schaden erleidet 2 ); 2 1 ). ein Tier unnötig zu Arbeitsleistungen zu verwenden3), die offensichtlich seine Kräfte übersteigen, oder die ihm erhebliche Schmerzen bereiten, oder denen es infolge seines Zustandes nicht gewachsen ist; 3. ein Tier zu Abrichtungen, Filmaufnahmen, Schaustellungen oder ähnlichen Veranstaltungen zu verwenden, soweit sie mit erheblichen Schmerzen oder erheblichen Gesundheitsschädigungen für das Tier verbunden sind 4 ); 4. ein gebrechliches, krankes, abgetriebenes oder altes Haustier, für das das Weiterleben eine Qual bedeutet, zu einem anderen Zwecke als zur alsbaldigen schmerzlosen Tötung zu veräußern oder zu erwerben; 5. ein eigenes Haustier auszusetzen 5 ), um sich des Tieres zu entledigen; 6. Hunde auf Schärfe an lebenden Katzen, Füchsen oder an anderen Tieren abzurichten oder zu prüfen; 7. einem über zwei Wochen alten Hund die Ohren oder den Schwanz zu entziehung zu betäuben." Nach § 3 wird, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Vorschrift oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. VO v. 21. 4. 1933 (RGBl. I S. 212) mit Änd. des § 10 durch VO. v. 14. 11. 1934 (RGBl. I S. 1163) und VO. v. 10. 11. 1952 (BGBl. I S. 748), die von Berlin durch VO. v. 11. 2. 1953 (GVB1 S.138) übernommen ist, und preuß. PVO. über das Schlachten von Tieren v. 28. 4. 1933 (GS. S. 154). abgeändert durch VO. v. 11. September 1933 (GS. S. 377). VO. über das Schlachten von Tieren sind ergangen: Bayern v. 14. 1. 1946 (GVB1. S. 142), Hamburg v. 7. 3. 1946 (VOB1. S. 25) Hessen v. 20. 6. 1947 (GVB1. S.37), Nordrh. Westf. v. 7. 3. 1946 — AO. v. 23. 3. 1946 — (Mitt. S. 127/146). Die vorgenannten Vorschriften sind durch das Tierschutzgesetz nicht berührt. 2) Unnötig ist die Quälerei nicht nur, wenn boshaft oder absichtlich, sondern auch wenn sie gedankenlos begangen ist. Vgl. die Bemerkungen über die Strafzumessungspraxis bei Tierquälerei von Grau D J . 1936, 1882. 3) Z. B. wenn ein lebender Vogel in einen Affenkäfig zur Fütterung des Affen gesetzt wird. Dresden LZ. 27 (1933) 871. Auch durch Unterlassung kann Tierquälerei begangen werden, wenn Rechtspflicht zum Handeln besteht. Naumburg H R R . 1933 Nr. 1717 GieseKahler, Komm. S. 24. Zu § 2 : 1/ Vgl. § 12. 2) Z. B. mangelnde Reinigung, Vernachlässigung oder Mangelhaftigkeit des Huf- und Klauenbeschlags, schlechte Käfige, nicht passendes Zaumzeug; siehe Giese-Kahler, Komm. S. 29ff. Auch unvorschriftsmäßige Verladung auf der Eisenbahn, selbst wenn mit Verladung dritte, aber unzuverlässige Person beauftragt war. KG. J W . 65 (1936), 2249. Vernachlässigung der Fütterung tragender Kühe, so daß Unterernährung eintritt, Kiel, SchlHA. 1936, 112. Über die Beförderung von Tieren siehe VO. über die Beförderung von Vieh v. 7. 6. 1936 (RGBl. I S. 621) und Richtlinien im RdF.rl. des RMdJ. v. 9. 9. 1937 (RMBliV. S. 1523). 3) Dieser Begriff ist nach dem Gedanken des unnötig Quäiens des § 1 zu bestimmen, OLG. Dresden. J W . 64 (1935), 3588. Dabei ist der Zweck der Arbeitsleistung abzuwägen gegenüber dem wohlverstandenen Interesse am Schutz des Tieres. 4) Z. B. Tanzbär, Hahnenkämpfe; siehe Giese-Kahler, Komm. S. 36 und 73. 5) Ausgesetzt ist ein Tier, wenn es in eine Lage gebracht wird, in der es an Leben und Gesundheit gefährdet ist, wenn ihm nicht durch Zufall Hilfe zuteil wird, OLG. Jena H R R . 1935 Nr. 1367.

B I I 8. Tierschutzgesetz.

§§ 3—5

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kürzen. Das Kürzen ist zulässig, wenn es unter Betäubung8) vorgenommen wird; 8 7 ). einem Pferd die Schweifrübe zu kürzen (kupieren). Das Kürzen ist zulässig, wenn es zur Behebung einer Untugend oder einer Erkrankung der Schweifrübe durch einen Tierarzt unter Betäubung6) vorgenommen wird; 9. an einem Tier in unsachgemäßer Weise oder ohne Betäubung8) einen schmerzhaften Eingriff vorzunehmen. Die Kastration ist als schmerzhafter Eingriff anzusehen bei Pferden8), bei über neun Monate alten Rindern, bei über sechs Monate alten Schweinen und bei geschlechtsreifen Schaf- und Ziegenböcken9). Einer Betäubung bedarf es nicht, sofern der mit dem Eingriff verbundene Schmerz nur geringfügig ist oder bei gleichen oder ähnlichen Eingriffen am Menschen eine Betäubung in der Regel unterbleibt oder die Betäubung im einzelnen Falle nach tierärztlichem Ermessen nicht durchführbar erscheint; 10. ein in einer Farm gehaltenes Pelztier anders als unter Betäubung6) oder sonst schmerzlos zu töten; II 7 ). Geflügel durch Stopfen (Nudeln) zur Futteraufnahme zu zwingen; 12. lebenden Fröschen die Schenkel auszureißen oder abzutrennen10). § 3. [Keine Einfuhr kupierter Pferde] Die Einfuhr kupierter Pferde ist verboten. Der Reichsminister kann in besonders begründeten Fällen Ausnahmen zulassen.

des Innern

§ 4. [Tiere in Bergwerken] Die Verwendung von Einhufern unter Tag ist nur mit Genehmigung der zuständigen Landesbehörde1) gestattet. Versuche an lebenden Tieren § 5. [Grundsatz] Verboten ist, Eingriffe oder Behandlungen, die mit erheblichen Schmerzen oder Schädigungen verbunden sind, an lebenden Tieren zu Versuchszwecken vorzunehmen, soweit nicht die Vorschriften der §§ 6 bis 8 etwas anderes bestimmen. 6) Siehe § 13. 7) Siehe § 15 Abs. 1. 8) Betäubungen darf nur ein approbierter Tierarzt, nicht ein Kastrierer vornehmen, § 2 der I. AusführungsVO. v. 20. 6. 1934 (RGBl. I S. 516); dasselbe gilt für örtliche Betäubungen, KG. JW. 64 (1935), 2076, DStrafr. 1935, 215. Der Tierarzt braucht aber nicht persönlich den Betäubungseingriff vorzunehmen, er kann sich dazu einer Hilfsperson bedienen. Dresden SächsA. 1936, 126. Betäubung bei Kastrierung von Pferden stets erforderlich, Satz 3 kommt nicht in Frage, Dresden, DStrafr. 1936, 183; BayObLG. E. 1951, 566. 9) Satz 2 in der Fassung der VO. v. 23. 5. 1938 (RGBl. 1 S. 598). 10) Nur das Ausreißen der Schenkel von lebenden Fröschen ist verboten, nicht das Töten der Frösche durch Abschneiden des Kopfes und das Abschneiden der Schenkel alsdann (§ 3 der VO. über das Schlachten und Aufbewahren von lebenden Fischen und anderen kaltblütigen Tieren v. 14. 1. 1936 (RGBl. I S. 13). Zu § 4 : 1) Das ist die Bergbehörde, 2. AusfVO. v. 27. 6. 1936 (RGBl. I S. 539), in der auch die Grundsätze für die Erteilung der Genehmigung festgelegt sind.

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B I I 8. Tierschutzgesetz. §§ 6—8

§ 6. [Erlaubnispflicht] (1) Der Reichsminister des Innern kann auf Vorschlag der zuständigen Reichs- oder obersten Landesbehörden bestimmten wissenschaftlich geleiteten Instituten oder Laboratorien die Erlaubnis zur Vornahme wissenschaftlicher Versuche an lebenden Tieren erteilen, sofern der wissenschaftliche Leiter über die erforderliche fachmännische Ausbildung und Zuverlässigkeit verfügt, geeignete Einrichtungen für die Vornahme der Tierversuche vorhanden sind und Gewähr für gute Wartung und Unterbringung der Versuchstiere gegeben ist. (2) Der Reichsminister des Innern kann die Erteilung der Erlaubnis obersten Reichsbehörden überlassen.

anderen

(3) Die Erlaubnis kann jederzeit ohne Entschädigung zurückgezogen werden.

§ 7. [Ausführung der Tierversuche] Bei Ausführung der Tierversuche (§ 5) sind folgende Vorschriften zu beachten: 1. Die Versuche dürfen nur unter voller Verantwortung des wissenschaftlichen Leiters oder des von ihm besonders ermächtigten Stellvertreters ausgeführt werden. 2. Die Versuche dürfen nur von wissenschaftlich hierzu vorgebildeten Personen oder unter deren Leitung und nur unter Vermeidung jeder für den Zweck entbehrlichen Schmerzerregung vorgenommen werden. 3. Versuche zu Forschungszwecken sind nur dann zu unternehmen, wenn sie einen bestimmten, bisher von der Wissenschaft noch nicht bestätigten Erfolg erwarten lassen oder soweit sie zur Klärung bisher ungelöster Fragen dienen. 4. Die Versuche sind, sofern nicht nach dem Urteil des wissenschaftlichen Leiters der Zweck des Versuches dies unbedingt ausschließt oder der mit dem Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger ist als die mit einer Betäubung verbundene Beeinträchtigung des Wohlbefindens des Versuchstieres, nur unter Betäubung vorzunehmen. An demselben unbetäubten Tier darf nicht mehr als ein schwerer operativer oder schmerzhafter unblutiger Versuch ausgeführt werden. Tiere, die nach Beendigung schwerer, insbesondere mit operativen Eingriffen verbundener Versuche unter erheblichen Schmerzen zu leiden haben, sind, sofern dies nach dem Urteil des wissenschaftlichen Leiters mit dem Zweck des Versuches vereinbar ist, alsbald schmerzlos zu töten. 5. Versuche an Pferden, Hunden, Katzen oder Affen dürfen nur dann ausgeführt werden, wenn durch Versuche an anderen Tieren 1 ) der beabsichtigte Zweck nicht erreicht werden kann. 6. Es dürfen nicht mehr Tiere verwendet werden, als zur Klärung der betreffenden Frage notwendig ist. 7. Tierversuche zu Lehrzwecken sind nur dann gestattet, wenn andere Lehrmittel, z. B. Bild, Modell, Präparat, Film, nicht ausreichen. 8. Über die Art der verwendeten Tiere, den Zweck, die Durchführung und das Ergebnis der Versuche sind Aufzeichnungen zu machen.

§ 8. [Ausnahmen] Den Vorschriften der §§ 5 bis 7 unterliegen nicht Tierversuche für Belange der Rechtspflege sowie Impfungen und Blutentnahmen an lebenden Tieren zum Zu § 7 : 1 ) Niederer Gattung und Kaltblütern, die den Schmerz nicht so heftig wie andere empfinden.

B II 8. Tierschutzgesetz. §§ 9—11

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Zwecke der Erkennung von Krankheiten der Menschen oder Tiere oder zur Gewinnung oder Prüfung (Wertbestimmung) von Seren oder Impfstoffen nach bereits erprobten oder staatlich anerkannten Verfahren. Doch sind auch diese Tiere alsbald schmerzlos zu töten, wenn sie unter erheblichen Schmerzen zu leiden haben und die Tötung mit dem Zwecke des Versuchs vereinbar ist.

Strafbestimmungen § 9. [Hauptstrafen] (1) Wer ein Tier unnötig quält 1 ) oder roh mißhandelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Wer, abgesehen von den Fällen des Abs. 1, ohne die erforderliche Erlaubnis einen Versuch an lebenden Tieren (§ 5) vornimmt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (3) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft wird, soweit die Tat nicht schon unter die Strafdrohung der Abs. 1, 2 fällt, bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. einem der Verbote der §§ 2 bis 4 zuwiderhandelt; 2. einer Vorschrift des § 7 zuwiderhandelt; 3. einer von einer Landesregierung nach § 14 erlassenen Vorschrift zum Schutze der Tiere zuwiderhandelt; 4. es unterläßt, Kinder oder andere Personen, die seiner Aufsicht unterstehen und zu seiner Hausgemeinschaft gehören, von einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften dieses Gesetzes abzuhalten.

§ 10. [Nebenstrafen] (1) Neben der wegen einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung auf Grund von § 9 erkannten Strafe kann auf Einziehung oder auf Tötung des Tieres erkannt werden, wenn es dem Verurteilten gehört. Statt der Einziehung kann angeordnet werden, daß das Tier auf Kosten des Verurteilten bis zur Dauer von drei Monaten anderweit untergebracht und verpflegt wird. (2) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Tötung des Tieres selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

§ 11. [Verwaltungsmaßnahmen] (1) Ist jemand wiederholt wegen einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung auf Grund von § 9 rechtskräftig verurteilt worden, so kann ihm die zuständige Landesbehörde die Haltung von bestimmten Tieren oder die berufsmäßige Beschäftigung oder den Handel mit ihnen auf Zeit oder Dauer untersagen. (2) Nach Ablauf eines Jahres seit der Rechtskraft der Untersagungsanordnung kann die zuständige Landesbehörde die Anordnung wieder aufheben. (3) In der Haltung, Pflege oder Unterbringung schuldhaft erheblich vernachlässigte Tiere können durch die zuständige Landesbehörde ihrem Besitzer fortgenommen und so lange anderweit pfleglich untergebracht werden, bis die Gewähr für eine einwandfreie Tierhaltung vorhanden ist. Die Kosten dieser Unterbringung sind dem Schuldigen aufzuerlegen. Z u § 9 : 1 ) Siehe § 1 Abs. 2. So auch durch Bejahung der Transportfähigkeit eines kranken Tieres. KG. HRR. 1934 Nr. 993.

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§§ 12-15- - B II 9. VO. z. Schutze der Wälder, Moore u. Heiden geg. Brände. § 1

§ 12. [Sachverständige] Ist in einem Strafverfahren zweifelhaft, ob die Tat unter ein Verbot des § 2 Nr. 1 oder 2 fällt, so sollen hierüber in einem möglichst frühen Abschnitt des Verfahrens der beamtete Tierarzt und, soweit es sich um landwirtschaftliche Betriebe handelt, der Reichsnährstand gehört werden.

Schlußbestimmungen § 13. [Betäubung] Unter Betäubung im Sinne dieses Gesetzes sind alle Verfahren zu verstehen, die allgemein schmerzlos machen oder örtlich die Schmerzempfindung ausschalten 1 ).

§ 14. [Rechts- u. Verwaltungsvorschriften] Der Reichsminister des Innern kann zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen 1 ). Soweit er von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch macht, können die Landesregierungen die erforderlichen Durchführungsvorschriften erlassen.

§ 15. [Inkrafttreten] Dieses Gesetz tritt am 1. Februar 1934 in Kraft mit Ausnahme des § 2 N r . 8 u n d I I 1 ) u n d d e s § 3, f ü r d i e d e r Reichsminister des Innern i m E i n v e r n e h m e n m i t d e m Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft d e n Z e i t p u n k t d e s

Inkrafttretens festsetzt. Die §§ 145b und 360 Nr. 13 des Strafgesetzbuches treten am 1. Februar 1934 außer Kraft. Die Bestimmungen des Vogelschutzgesetzes vom 30. Mai 1908 (Reichsgesetzbl. S. 314)2) bleiben unberührt.

B II 9. Verordnung zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände Vom 25. Juni 1938 (RGBl. I S. 700)

§ 1. [Pflicht zur Hilfeleistung] (1) Bei Wald-, Moor- und Heidebränden sind neben den Feuerwehren alle geeigneten Personen unaufgefordert zur Hilfeleistung verpflichtet 1 ). Z u § 13: 1) Welches Verfahren angewandt wird, stehtim Ermessen des Tierarztes (§ 2 Nr. 8) oder des wissenschaftlichen Leiters (§ 7). Zu § 14: 1) Erste VO. zur Ausführung des Tierschutzgesetzes v. 20. 6. 1934 (RGBl. I S. 516). — VO. über das Schlachten und Aufbewahren von lebenden Fischen und anderen kaltblütigen Tieren v. 17. 1. 1936 (RGBl. I S. 13), geändert durch VO. v. 13. 11. 1936 (RGBl. I S. 941). — Zu § 4 die 2. AusfVO. v. 27. 6. 1936 (RGBl. I S. 539); zu § 2 Nr. 11 die 3. AusfVO. v. 11. 9. 1936 (RGBl. I S. 735) — Inkrafttreten am 1. 11. 1936, § 2 Nr. 8 am 1. 1. 1940, 4. AusfVO. v. 12. 7. 1938 (RGBl. I S. 854). — Die 5. AusfVO. v. 11. 8. 1938 (RGBl. I S. 1004) betrifft die Tierschutzvereine. Zu § 15: 1) S. Anm. 1 zu § 14. 2) Aufgehoben, jetzt RNatSchGes. — B IX 2 —. Zu B II 9: Zu § 1 : 1 ) Vgl. hierzu § 330c StGB., nach dem in schwereren Fällen abzuurteilen sein wird. Auch zur Brandbekämpfung geeignete Werkzeuge und Geräte sind von den Besitzern zur Verfügung zu stellen.

B IX 9. VO. z. Schutze der Wälder, Moore u. Heiden geg. Brände. §§ 2, 3

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(2) Wer im Walde, auf Moor- oder Heideflächen oder in gefährlicher Nähe solcher Gebiete ein Schadenfeuer wahrnimmt, ist verpflichtet, es sofort zu löschen, sofern er hierzu ohne erhebliche eigene Gefahr in der Lage ist. (3) Vermag er das Feuer nicht zu löschen oder erscheint ein Löschversuch ohne Hinzuziehung weiterer Hilfskräfte von vornherein aussichtslos, so ist auf dem schnellsten Wege eine Forst- oder Feuerlöschpolizei- oder Polizeidienststelle zu benachrichtigen. (4) Bemerken mehrere Personen gemeinsam ein Schadenfeuer, so muß eine sofort Meldung machen, die übrigen haben unverzüglich mit Löschversuchen zu beginnen. (5) Konnte das Feuer ohne Beteiligung einer der genannten Dienststellen gelöscht werden, so ist nachträglich von dem Brande und seiner Löschung unverzüglich Anzeige zu erstatten.

§ 2. [Verbote] Es ist verboten 1 ), in Wäldern oder auf Moor- oder Heideflächen oder in gefährlicher Nähe solcher Gebiete a) offenes Feuer oder Licht mit sich zu führen; b) brennende oder glimmende Gegenstände 2 ) fallen zu lassen, fortzuwerfen oder unvorsichtig zu handhaben; c) ohne Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde Anlagen zu errichten, mit denen die ständige Unterhaltung einer Feuerstelle verbunden ist, sofern hierfür nicht anderweit eine besondere behördliche (z. B. bau-, gewerbepolizeiliche) Genehmigung vorgeschrieben ist; d) 1. ohne Genehmigung der unteren Forst aufsichtsbehörde Kohlenmeiler zu errichten; 2. Kohlenmeiler anzuzünden, ohne zuvor dem Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten der gefährdeten Wald-, Moor- oder Heideflächen hiervon Anzeige gemacht zu haben; 3. brennende Kohlenmeiler unbeaufsichtigt zu lassen; 4. aus Meilern Kohlen auszuziehen oder abzufahren, ohne sie zuvor gelöscht zu haben; e) im Freien oder in Räumen ohne feuerbeständige Umfassungen, ohne eine schriftliche Erlaubnis des Grundeigentümers oder Nutzungsberechtigten mit sich zu führen, Feuer anzuzünden oder das gestattetermaßen angezündete Feuer 3 ) unbeaufsichtigt zu lassen; f) ohne Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde liegende oder zusammengebrachte Bodendecken abzubrennen. Pflanzen oder Pflanzenreste flächenweise abzusengen; g) in der Zeit vom 1. März bis 31. Oktober zu rauchen, ohne eine schriftliche Erlaubnis des Grundeigentümers oder Nutzungsberechtigten mit sich zu führen.

§ 3. [Ergänzungen zu § § 1 , 2 ] (1) In den Fällen des § 2c, d und f ist die untere Forstaufsichtsbehörde berechtigt, die Genehmigung an Bedingungen zu knüpfen, welche die Verhütung von Schadenfeuern bezwecken. Zu § 2 : 1) Ist Brandgefahr herbeigeführt, greift § 310a StGB. Platz, ist ein Brand entstanden § 308 bzw. 309 StGB. 2) Besonders Zündhölzer, Zigarren- oder Zigarettenstummel u. dgl. 3) Vorübergehende Feuerstellen im Gegensatz zu Ziff. c, die sich auf Anlagen bezieht.

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B U 9. VO. z. Schutze der Wälder, Moore u. Heiden geg. Brände. §§ 4—8

(2) In den Fällen des § 2c und d hat die untere Forstaufsichtsbehörde von ihrer Entscheidung den Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten der gefährdeten Wald-, Moor- oder Heideflächen zu hören. Dem Antragsteller steht gegen die Entscheidung der unteren Forstaufsichtsbehörde binnen zwei Wochen das Recht der Beschwerde an die höhere Forstaufsichtsbehörde zu, die hierüber endgültig entscheidet. (3) Wenn in den Fällen des § 2c und d ohne Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde eine Anlage errichtet oder mit der Errichtung begonnen worden ist, so kann die untere Forstaufsichtsbehörde die Weiterführung der Anlage verhindern und ihre Beseitigung fordern. Die Durchführung erfolgt notfalls durch polizeilichen Zwang. (4) Im Falle des § 2c bedarf es der Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde nicht, wenn die gefährdeten Wald-, Moor- und Heideflächen zusammen nicht mehr als 5 Hektar groß sind. (5) Als gefährliche Nähe gilt in den Fällen der §§ 1 und 2a, b, c, d, e und f eine Entfernung von weniger als 100 Meter 1 ).

§ 4. [Errichtung von Feuerstellen] Bedarf die Errichtung einer Feuerstelle einer besonderen behördlichen Genehmigung (§ 2c), so hat die hierfür zuständige Behörde ihre Entscheidung im Benehmen mit der unteren Forstaufsichtsbehörde zu treffen.

§ 5. [Feueranzünden und Rauchen] (1) Der Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigte darf die Erlaubnis zum Feueranzünden oder Rauchen in den Fällen des § 2e und g nur erteilen, wenn bei vorsichtiger Abwägung aller Umstände eine Gefahr für die Wald-, Moor- oder Heideflächen nicht zu besorgen ist. Er kann die Erlaubnis örtlich und zeitlich beschränken und an Bedingungen knüpfen. (2) Der Erlaubnis nach § 2e und g bedarf derjenige nicht, der zu dem Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten der gefährdeten Flächen nachweislich in einem ständigen Dienst oder Arbeitsverhältnis steht, wenn er in dieser Eigenschaft auf den gefährdeten Flächen beruflich tätig ist. Das gleiche gilt für Personen, die behördlich angeordnete oder genehmigte Arbeiten auf diesen Flächen durchführen, sowie für den Jagdausübungsberechtigten.

§ 6. [Straßen und Wege] Zu den Wald-, Moor- und Heideflächen gehören auch die sie berührenden oder durchschneidenden öffentlichen und nichtöffentlichen Straßen und Wege. Das Verbot des § 2g erstreckt sich jedoch nicht auf öffentliche Straßen, die kunststraßenmäßig ausgebaut sind und eine mindestens 4 Meter breite feste Decke aufweisen.

§ 7. [Weitergehende Verbote] Die höhere Forstaufsichtsbehörde ist berechtigt, für bestimmte Gebiete oder bestimmte Zeiten über die Vorschriften der §§ 1 bis 6 hinaus weitergehende Verbote und Anordnungen zu erlassen. Sie bedarf hierzu der Genehmigung der obersten Forstaufsichtsbehörde und hat sich, soweit die Belange anderer Behörden berührt werden, mit diesen zuvor ins Benehmen zu setzen. § 8 (Bestimmung der Forstaufsichtsbehörden) Zu § 3 : 1) Die Innehaltung dieser räuml. Entfernung schließt nicht aus, daß die Verursachung eines Waldbrandes als fahrlässig anzusehen ist. BGH. LM. Nr. 1 zur Waldschutz VO.

§§ 9—11. — B II 10. Ges. z. Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. Vorbem.

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§ 9. [Strafen] Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Bestimmungen der §§ 1, 2 und 5 Abs. 1 und den auf Grund des § 3 Abs. 1 und § 7 ergangenen Anordnungen und Verboten zuwiderhandelt, wird, soweit nicht nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt ist 1 ), mit Haft und mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark, in besonders schweren Fällen mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe, oder mit einer dieser Strafen bestraft. § 10. [Sachlicher Anwendungsbereich] (1) Unter die Vorschriften der Verordnung fallen nur die Moor- und Heideflächen, die innerhalb der Waldungen liegen oder mit ihnen in einem räumlichen Zusammenhange stehen. (2) Die Vorschriften der Verordnung erstrecken sich nicht auf den Eisenbahnbetrieb und die Handlungen, die zur Aufrechterhaltung und Durchführung dieses Betriebes notwendig sind. § 11. [Verhältnis zu anderen Vorschriften] (1) (Gegenstandslos). (2) Bau- und gewerberechtliche Vorschriften sowie die Bestimmungen über die Leitung bei der Bekämpfung von Bränden und anderen Katastrophen, den Einsatz und die Verwendung der Lösch- und Hilfskräfte und über die Kosten der Löschhilfe bei Wald-, Moor- und Heidebränden werden durch diese Verordnung nicht berührt. (3) Im übrigen finden die bisherigen landesrechtlichen Bestimmungen, soweit sie die Verhütung und Bekämpfung von Wald-, Moor- und Heidebränden zum Gegenstand haben, auf die unter die Vorschriften dieser Verordnung fallenden Grundstücke keine Anwendung mehr 1 ).

B II 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit Vom 4. Dezember 1951 (BGBl. I S. 936) Vorbemerkung Der Jugendschutz war früher in der PolVO. zum Schutze der Jugend v. 10. 6. 1943 geregelt. Das vorliegende Gesetz verdankt seine Entstehung einem aus der Mitte des Bundestags eingebrachten Entwurf (BTDrucksache Nr. 180). Die Gesetz gewordene Fassung beruht im wesentlichen auf den Beschlüssen des BT.-Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge v. 26. 6. 1951 (BT.-Drucksache Nr. 2389); eine Begründung zu dem Entw. des Ausschusses findet sich in Anl. 2 der BT.-Drucksache Nr. 2389 (in den nachfolgenden Anm. als „Begr." bezeichnet). Über den Grundgedanken des Gesetzes ist dort ausgeführt: „Die ReichspolizeiVO. zum Schutz der Jugend v. 10. 6. 1943 (RGBl. I S. 349) geht von einem polizeistaatlichen Denken aus, legt dem Jugendlichen zahlreiche Verbote auf und droht für die Nichtbeachtung dieser Verbote Tugendarrest oder Geldstrafe an. Diese polizeistaatlichen Methoden erscheinen für die rechte Erziehung der deutschen Jugend nicht mehr g e e i g n e t . . . . Der Grundgedanke des Gesetzentw. besteht darin, Gewerbetreibende bzw. Veranstalter, die aus eigensüchtigen Gründen die Jugend gefährden, sowie auch Erziehungsberechtigte, wenn sie Jugendliche einer Gefährdung aussetzen, zur Verantwortung zu ziehen. Für den Jugendlichen selbst sind keine Strafmaßnahmen Z u § 9 : 1) Vgl. Anm. 1 zu § 2. Zu § 11: 1) Damit sind die §§ 28, 40 bis 47 des Preuß. Feld- u. ForstpolGes. insoweit aufgehoben, als sie sich auf Waldungen und die mit ihnen in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Moor- und Heideflächen beziehen.

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B II 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. § 1

mehr, sondern Erziehungsmaßnahmen vorgesehen. Sie kommen in Frage, wenn das Verhalten des Jugendlichen Anlaß gibt, die gesetzlich möglichen erzieherischen Maßnahmen einzuleiten." Schrifttum: Rothe in „Die Polizei" 1952, 8; Potrykus N J W . 1952, 130; Tillmann u. Göke, Komm. 1952; Wahl, Komm. 1952; Rothe-Becker-Zimmermann-Seidel, Verl. Steinebach, München, Düsseldorf 1953.

§ 1. [Aufenthalt an sittlich gefährdenden Orten] (1) Jugendliche unter 18 Jahren, die sich an Orten aufhalten, an denen ihnen eine sittliche Gefahr oder Verwahrlosung droht, 1 ) sind durch die dafür zuständigen Behörden oder Stellen2) dem Jugendamt zu melden3). (2) Sie sind außerdem zum Verlassen eines Ortes anzuhalten 4 ), wenn eine ihnen dort unmittelbar drohende Gefahr5) nicht unverzüglich beseitigt werden kann" Wenn nötig6), sind sie dem Erziehungsberechtigten 7 ) zuzuführen 4 ) oder, wenn dieser nicht erreichbar ist, in die Obhut des Jugendamts zu bringen 8 ). Zu B II 10 § 1: 1) § 1 der PolVO. v. 10. 6. 1943 enthielt ein Verbot gegen Jugendliche, sich auf öffentlichen Straßen usw. während der Dunkelheit herumzutreiben. § 1 des Gesetzes dagegen weist, entsprechend der Tendenz des Gesetzes (s. Vorbem.), nicht mit Strafzwang, sondern mit Erziehungsmaßnahmen im Rahmen des geltenden Rechts einzugreifen, die öffentlichen Organe darauf hin, daß Schutzmaßnahmen in Betracht kommen, wenn Jugendliche sich an Orten aufhalten, wo ihnen eine sittliche Gefahr oder Verwahrlosung droht. „Aufhalten" ist umfassender als „Herumtreiben". Dunkelheit ist nach § 1 weder erforderlich (Gefährdungen sind auch am hellen Tag möglich) noch genügend; vielmehr ist die Dunkelheit lediglich ein Anzeichen für eine Gefährdung (Begr. zu § 1). Es ist nicht erforderlich, daß es sich um einen Ort handelt, an dem sich aufzuhalten für einen Jugendlichen mit einer besonderen sittlichen Gefährdung oder Gefahr sittlicher Verwahrlosung verbunden ist, vielmehr genügt jeder Ort, an dem im Einzelfall die Gefahr droht, wobei es bedeutungslos ist, ob der Jugendliche die Gefährdung vorgefunden oder selbst herbeigeführt hat. Öffentlich (d. h. jedermann zugänglich) braucht der Ort nicht zu sein; a. M. AG. Bad Segeberg MDR. 52, 438. Er muß aber nach dem Zweck des Gesetzes jedenfalls außerhalb der eigenen bzw. der elterlichen Wohnung des Jugendlichen liegen. Gefahrdrohende Orte können z. B. sein Rummelplätze, dunkle Hauseingänge, Ruinengrundstücke, Nachtbars, Eingänge von Kasernen, Bahnhöfe und Wartehallen. 2) Welche Behörden und Stellen meldepflichtig sind und die sonst im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen haben, regelt das Landesrecht (vgl. z. B. Hess. AusfBest. v. 2. 1. 52, Staatsanz. S. 26; Brem. AusfAnO. v. 15. 9. 53, GVB1. S. 105). In Betracht kommen insbes. die Polizeibehörden, Gesundheitsämter, Jugend- und Wohlfahrtsverbände. Ausweiskontrollen der Polizei, insbes. zur Feststellung des Alters des Jugendlichen sind zulässig. Rothe in „Die Polizei" 1952, 10. 3) Vgl. § 2 J W G . Das Jugendamt p r ü f t auf Grund der Meldung, ob gemäß § 12 des Ges. (vgl. dort Anm. 3) Maßnahmen einzuleiten sind. 4) Die in Abs. 2 bezeichneten Maßnahmen mit Zwang durchzuführen steht nur den in Anm. 2 bezeichneten Behörden und Stellen zu. 5) D. h. eine Gefahr i. S. des Abs. 1. 6) D. h. wenn der Schutz vor drohender Gefahr nicht anders erreicht werden kann, z. B. nicht durch gütliche Einwirkung oder durch Anhalten zum Verlassen des Orts. 7) Vgl. Anm. 2 zu § 11. 8) Damit wird für das Jugendamt kein selbständiges Verwahrungsrecht ohne zeitliche Beschränkung begründet. Vielmehr soll das Jugendamt nur in die Lage versetzt werden, zu prüfen, welche Maßnahmen auf Grund gesetzlicher Vorschriften zulässig sind (vgl. § 12 des Ges.). In Frage kommen kann z. B. eine Unterbringung mit Einwilligung des Jugendlichen in einem Heim oder in einer Familie oder aber in den Fällen drohender Verwahrlosung eine Entscheidung durch den Vormundschaftsrichter, so insbesondere bei Streunern innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit (vgl. Art. 104 GG.) die Anordnung der vorläufigen Fürsorgeerziehung (Begr. zu § 1). Eine vorübergehende polizeiliche Verwahrung nach den allgemeinen Polizeigesetzen der Länder (z. B. nach § 15 preuß. PolVerwGes. — E 5 —) wird durch § 1 nicht ausgeschlossen.

B I I 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. §§ 2, 3

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§ 2. [Aufenthalt in Gaststätten] 1 ) (1) Der Aufenthalt in Gaststätten2) darf Jugendlichen unter 16 Jahren nur in Begleitung3) eines Erziehungsberechtigten4) gestattet werden. (2) Dies gilt nicht 1. für Jugendliche, die an einer Veranstaltung teilnehmen, die der geistigen, sittlichen oder beruflichen5) Förderung der Jugend dient, 2. für Jugendliche, die sich auf Reisen befinden6), 3. solange der Aufenthalt Jugendlicher zur Einnahme einer Mahlzeit oder eines Getränkes erforderlich ist. § 3. [Verabfolgung von Alkohol] 1 ) (1) Jugendlichen unter 18 Jahren2) darf in Gaststätten und Verkaufsstellen Branntwein3) weder verabfolgt noch sein Genuß gestattet werden. Das gleiche gilt für überwiegend branntweinhaltige Genußmittel4). Zu § 2: 1) Die Vorschrift richtet sich an die in §§ 13, 14 bezeichneten Personen. Ein entsprechendes Verbot enthielt § 2 Abs. 1 der PolVO. v. 10. 6. 1943; die jetzt in Abs. 2 geregelten Ausnahmen waren früher in § 10 Abs. 2 der PolVO. (Jugendliche auf Reisen) und in dem RdErl. d. RMdlnnem v. 1. 7. 1943 (MBliV. S. 1127, 1297) aufgeführt. 2) Früher: „Gaststätten aller Art". Der Wegfall der Worte „aller Art" bedeutet keine sachliche Einschränkung. 3) Zum Begriff der Begleitung ist nicht erforderlich, daß beide in unmittelbarer Nähe bleiben; der Erziehungsberechtigte muß aber stets in der Lage sein, das Verhalten des Jugendlichen zu überwachen (vgl. die entsprechende Auslegung des § 16 Bundesjagdges., B I X 1 Anm. 1 zu § 16). 4) Vgl. § 11 und Anm. 2 zu § 11. 5) In Betracht kommen neben Jugend- und Schulveranstaltungen auch Veranstaltungen der Gewerkschaften, von Bauernverbänden und anderen Berufsorganisationen (Abg. Dr. Jaeger, 169. Sitzung des Bundestags v. 17. 10. 1951, Prot. S. 6956). 6) Der Jugendliche muß diese Voraussetzung glaubhaft dartun, was z. B. nicht durch den Besitz einer Bahnsteigkarte geschehen kann. Zu § 3 : 1) Ein Verbot des Alkoholgenusses für Jugendliche enthielt § 7 der PolVO. v. 10. 6. 1943, während das an den verabreichenden Gastwirt usw. gerichtete Verbot sich in § 16 Gaststättenges, fand. Das Verbot an den Jugendlichen ist jetzt, entsprechend der Tendenz des Ges. (s. Vorbem.) weggefallen und die entsprechenden Vorschriften des § 16 Gaststättenges, sind durch den vorliegenden § 3 übernommen und z. T. erweitert. a) § 16 Abs. 1 Ziff. 1 verbot das Verabreichen von Branntwein und überwiegend branntweinhaltigen Genußmitteln an Jugendliche zu e i g e n e m G e n u ß . § 3 verbietet demgegenüber 1) jedes Verabfolgen, also auch wenn es für den Genuß eines Dritten erfolgt, um zu verhindern, daß der Jugendliche in eine besondere Gefährdung gerät, und darüber hinaus 2) das Gestatten des Genusses, also auch, wenn der Jugendliche branntweinhaltige Getränke selbst mitbringt oder sie ihm in der Gaststätte von einem Dritten, selbst vom Erziehungsberechtigten, überlassen werden. b) § 16 Abs. 1 Ziff. 2 Gaststättenges, verbot die Verabreichung anderer geistiger Getränke an Personen unter 16 Jahren in Abwesenheit der Erziehungsberechtigten zu e i g e n e m G e n u ß . Da die Worte „zu eigenem Genuß" in § 3 Abs. 2 fehlen, ist die Verabreichung alkoholischer Getränke an Jugendliche ohne Begleitung auch dann verboten, wenn die Getränke zum Genuß Dritter bestimmt sind, wenn also z. B . ein 15 Jähriger im Auftrag seines Vaters eine Kanne Bier in einer Gastwirtschaft holt. Die Begr. zu § 3 nimmt allerdings an, daß § 3 Abs. 2 den Bestimmungen des Gaststättenges, entspreche. Sofern das bedeuten soll, daß § 3 Abs. 2 das bisherige Recht unverändert wiedergebe, kann dem nicht gefolgt werden, denn wenn in § 3 Abs. 1 die Weglassung der genannten Worte zur Folge hat, daß jede Verabfolgung verboten ist — wie die Begr. selbst annimmt —, so kann der Sinn des Abs. 2 kein anderer sein. Daß Abs. 1 von „verabfolgen", Abs. 2 dagegen von „verabreichen" spricht, rechtfertigt eine abweichende Auslegung des Abs. 2 nicht; beide Worte haben den gleichen Sinn ( = überlassen, so daß die tatsächliche Herrschaft des Jugendlichen begründet wird, und zwar gleichviel ob gegen Entgelt oder unentgeltlich). c) Nach § 29 Ziff. 8 Gaststättenges, war mit Haft und Geldstrafe bis zu 150 DM bedroht, wer dem § 16 zuwiderhandelte. Da diese Vorschrift den Täterkreis nicht näher umgrenzt

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B I I 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. § 4

(2) Andere alkoholische Getränke dürfen an Jugendliche unter 16 Jahren nicht verabreicht werden, wenn sich diese nicht in Begleitung eines Erziehungsberechtigten5) befinden. § 4. [öffentliche Tanzveranstaltungen] 1 ) (1) Die Teilnahme2) an öffentlichen Tanzveranstaltungen3) darf Jugendlichen unter 16 Jahren nicht gestattet werden. (2) Die Anwesenheit4) bei öffentlichen Tanzveranstaltungen darf Jugendlichen unter 16 Jahren für die Zeit bis 22 Uhr gestattet werden, wenn sie sich in Begleitung eines Erziehungsberechtigten5) befinden. (3) Die Anwesenheit bei öffentlichen Tanzveranstaltungen und die Teilnahme an diesen darf Jugendlichen im Alter von 16 bis 18 Jahren, wenn sie sich in Begleitung eines Erziehungsberechtigten befinden, nach 22 Uhr bis 246) Uhr gestattet werden. (,,wer"), ist sie dahin verstanden worden, daß nicht nur der Inhaber, sein Vertreter oder ein leitender Angestellter, sondern auch ein Kellner Täter sein könne, OLG. Kiel D J . 1940, 1039. § 13 des vorl. Gesetzes verschärft die Strafdrohung, indem bei vorsätzlicher Begehung Vergehensstrafe, bei Fahrlässigkeit Ubertretungsstrafe (im Rückfall unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 Satz 2 ebenfalls Vergehensstrafe) angedroht wird. Andrerseits ist der Täterkreis in § 13 so eingeengt, daß der Kellner nicht darunter fällt; er kann aber nach § 14 mit Übertretungsstrafe bestraft werden. 2) Darunter fallen auch verheiratete Frauen. 3) auch unverarbeiteter (vgl. Anm. 4 zu § 1 Gaststättenges. — B I I I 7 —). 4) Darunter können z. B . auch ausländische Süßweine fallen (vgl. Anm. 4 zu § 16 Gaststättenges. — B I I I 6 —). 5) Vgl. Anm. 3 zu § 2, § 11 und Anm. 2 zu § 11. Zu § 4 : 1) Früheres R e c h t : § 5 der PolVO. v. 10. 6. 1943, der aber nicht unverändert übernommen ist (s. Anm. 4, 6). Ausnahmen sind gemäß § 10 zulässig, der die Möglichkeit geben soll, bei besonderen landesüblichen Festen die Beschränkungen des § 4 zu lockern. 2) § 4 unterscheidet zwischen der Teilnahme an öffentlichen Tanzveranstaltungen und der Anwesenheit bei solchen. Teilnahme bedeutet die unmittelbare Beteiligung am Tanz, aber auch schon die Anwesenheit bei der Tanzveranstaltung in der Absicht einer solchen Beteiligung, ohne daß es in letzterem Falle zur Beteiligung gekommen zu sein braucht, z. B . weil der Tanzlustige keinen Tanzpartner findet. A. M. Erbs Anm. 3. Anwesenheit bei einer Tanzveranstaltung dagegen bedeutet: sich in unmittelbarer Nähe ohne Beteiligungsabsicht aufhalten. 3) T a n z v e r a n s t a l t u n g („Tanzlustbarkeit" i. S. des § 3 3 c GewO.) ist ein von einem Veranstalter (§13) organisiertes Unternehmen, das darauf gerichtet ist, den Teilnehmern die Möglichkeit geeminsamen Tanzens zu gewähren. Ö f f e n t l i c h ist eine Tanzveranstaltung wenn sie dem Publikum als solchem, also einem unbestimmten, nicht fest geschlossenen Personenkreis zugänglich ist (vgl. Anm. 3 zu § 284 S t G B . ) ; diese Voraussetzungen sind auch dann gegeben, wenn der Zutritt von der Erfüllung gewisser einschränkend wirkender Bedingungen abhängig gemacht ist, wie Zahlung eines Eintrittsgeldes, Tragen festlicher Kleidung. Ob die Veranstaltung in Räumen oder im Freien stattfindet, ist bedeutungslos, ebenso, ob sie den gewerberechtlichen (vgl. § 3 3 c GewO.) und polizeilichen Vorschriften entspricht. Nicht öffentlich ist eine Veranstaltung, die sich auf einen geschlossenen, unter sich verbundenen Personenkreis beschränkt (Hausball, nur für Mitglieder zugängliche Weihnachtsfeier eines Vereins usw.). — 4) Über den Begriff Anwesenheit s. Anm. 2. § 5 der PolVO. v. 10. 6. 1943 verbot Jugendlichen unter 16 Jahren den Aufenthalt in Räumen, in denen öffentliche Tanzlustbarkeiten stattfinden, ließ also die Anwesenheit bei Tanzveranstaltungen im Freien ohne weiteres zu, soweit kein Herumtreiben i. S. des § 1 PolVO. vorlag. § 4 des Ges. mildert das Verbot der Anwesenheit in Räumen, indem er sie bei Begleitung durch Erziehungsberechtigte bis 22 Uhr gestattet, dehnt aber gleichzeitig diese Vorschrift auf die Anwesenheit Jugendlicher bei Veranstaltungen im Freien aus, so daß § 4 höhere Anforderungen an die Veranstalter, Gewerbetreibenden und Behörden stellt als die PolVO. 5) Vgl. Anm. 3 zu § 2, § 11 und Anm. 2 zu § 11. 6) Nach § 5 der PolVO. früher nur bis 23 Uhr.

B II 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. §§ 5, 6

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§ 5. [Varieté-, Kabarett- und Revueveranstaltungen]1) (1) D e r Z u t r i t t zu Varieté-, 2 ) K a b a r e t t - 3 ) und Revueveranstaltungen 4 ) darf Jugendlichen u n t e r 16 J a h r e n nicht g e s t a t t e t werden. (2) Jugendliche im Alter von 16 bis 18 J a h r e n dürfen zu solchen Veranstaltungen zugelassen werden, die durch eine besondere Vorschrift als geeignet zur Vorführung vor Jugendlichen anerkannt sind 5 ).

§ 6. [öffentliche Filmveranstaltungen]1) (1) Zu öffentlichen Filmveranstaltungen dürfen zugelassen werden 2 ): 1. K i n d e r i m Alter bis zu 10 J a h r e n , wenn die dabei vorgezeigten F i l m e als jugendfördernd anerkannt sind und die Veranstaltung bis spätestens 20 U h r beendigt ist, K i n d e r u n t e r 6 J a h r e n jedoch nur in Begleitung der Erziehungsberechtigten 3 ) ; 2. Jugendliche im Alter von 10 bis 16 J a h r e n , wenn die dabei vorgezeigten F i l m e als geeignet zur Vorführimg vor Jugendlichen anerkannt sind und die Veranstaltung bis 22 U h r beendigt ist. (2) D a s R e c h t der Anerkennung nach Abs. 1 steht der obersten L a n d e s behörde zu 4 ). Zu § 5: 1) § 4 der PolVO. verbot Jugendlichen unter 18 Jahren schlechthin den Besuch, während das Verbot für die Altersstufe von 16 bis 18 jetzt unter den Voraussetzungen des Abs. 2 gelockert ist. § 4 der PolVO. sprach von ö f f e n t l i c h e n Varieté-usw. Vorführungen, während dies einschränkende Merkmal jetzt fehlt. Eine Änderung des Sinnes der Vorschrift ist damit kaum verbunden, da solche Vorführungen — anders als Tanzveranstaltungen — ihrer Natur nach kaum anders als öffentlich veranstaltet werden. Die Begr. zu § 5 geht denn auch ohne weiteres davon aus, daß die Abweichung gegenüber dem bisherigen Recht nur durch § 5 Abs. 2 begründet werde. Ausnahmevorschrift : § 10. 2) = Schaubühne für Musik-, Tanz- und akrobatische Vorführungen. Die einer Filmvorführung vorangehende Bühnenschau fällt im allgemeinen nicht darunter. Erbs Anm. 3. 3) = Kleinkunstbühne mit Liedern, Sketchs und Tänzen. 4) = Theaterstück aus zahlreichen, lose zusammenhängenden Bildern mit großer Ausstattung. „Eisrevuen" gehören nicht hierher, wenn bei ihnen der sportliche Charakter überwiegt, ebenso nicht Zirkusdarbietungen, wenn Dressur- und artistische Darbietungen im Vordergrund stehen. 5) Eine solche Anerkennung muß durch eine Verwaltungsregelung der für den Ort der Veranstaltung zuständigen Landesregierung oder der von ihr ermächtigten Stelle generell oder im Einzelfall erfolgen (Begr.). Z u § 6 : 1) Nach § 3 der PolVO. v. 10. 6. 1943 war der Besuch von öffentlichen Lichtspielvorführungen, die nach 21 Uhr endeten, Jugendlichen unter 18 Jahren ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten verboten. § 6 setzt das Schutzalter auf 16 Jahre herab und regelt im übrigen den Filmbesuch nach Altersgruppen verschieden. 2) Filmveranstaltung = das gesamte Vorführungsprogramm, das den Besuchern dargeboten wird, öffentlich: s. Anm. 3 zu § 4. Zulassen = Gewähren des Zutritts und der Möglichkeit, an der Vorführung als Zuschauer oder Zuhörer teilzunehmen. OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 53, 275. Der Kinobesitzer ist verpflichtet, die Einhaltung seiner Anordnungen zur Fernhaltung Jugendlicher von der Vorführung von Filmen, zu denen sie nicht zugelassen sind, zu überprüfen und erforderlichenfalls Vorkehrungen für den Fall starken Andrangs zu treffen. OLG. Oldenburg NdsRpfl. 53, 96. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 2, § 11 und Anm. 2 zu § 11. 4) Die Zuständigkeit zur Anerkennung ist durch Verwaltungsabkommen der Länder der „Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft" in Wiesbaden-Biebrich übertragen worden. 34

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

530

B I I 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. §§ 7, 8

§ 7. [Teilnahme a m Glücksspiel] 1 ) Der Zutritt zu öffentlichen Spielhallen2), die Teilnahme an Glücksspielen3) sowie die Benutzung von Glückspielgeräten4) darf Jugendlichen unter 16 Jahren nicht gestattet werden. § 8. [Genuß von Tabakwaren] 1 ) Jugendlichen unter 16 Jahren darf der Genuß von Tabak waren2) in der Öffentlichkeit3) nicht gestattet werden4). Z u § 7 : 1) Früheres R e c h t : § 6 der PolVO. v. 10. 6. 1943, der aber nur mit Änderungen übernommen wurde. Insbesondere wurde das Schutzalter, auch für den Z u t r i t t zu Spielhallen, auf 16 J a h r e herabgesetzt („weil in den S t a t u t e n der Spielbanken selbst eine Altersgrenze festgesetzt ist, die z. T. sogar noch höher liegen soll", Abg. Dr. Jaeger, 169. Sitzung des Bundestags, Prot. S. 6957). Die Voraussetzung, daß die Benutzung des Spielgeräts gegen Entgelt erfolge, ist fallen gelassen und es k o m m t nicht mehr darauf an, ob der Jugendliche von einem Erziehungsberechtigten begleitet wird. Der Anlaß f ü r § 7 ist die Gefährdung von Jugendlichen durch das gesamte in öffentlichen Spielhallen anzutreffende Milieu u n d die besondere Gefährdung, die bei Jugendlichen durch die Spielleidenschaft hervorgerufen wird (Begr.). 2) § 6 der PolVO. sprach von „öffentlichen Schieß- oder Spielhallen u n d ähnlichen Räumen, in denen für die Benutzung von Schieß- oder Spielgeräten ein Entgelt erhoben w i r d " . Spielhallen sind Räume, die durch Aufstellung von Geräten u n d Vorrichtungen dazu bestimmt sind, Gelegenheit zu Glücks- u n d Geschicklichkeitsspielen u n d damit zur Betätigung der Spielleidenschaft zu bieten. Die Ausstattung mit solchen Geräten u n d Vorrichtungen m u ß den Charakter des Raumes bestimmen. Eine Gastwirtschaft, in der ein Spielautomat aufgestellt ist, ist danach keine Spielhalle. Über „öffentlich" s. Anm. 3 zu § 4. 3) „Glücksspiel" ist hier das gleiche wie in § 284 StGB. (vgl. Anm. 4 zu § 284). E s m u ß sich also u m Spiele u m Vermögenswerte handeln, bei denen Gewinn u n d Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist oder doch die Wahrscheinlichkeit, auf den Ausgang des Spiels durch Geschicklichkeit oder Berechnung einzuwirken, nach d e r Anlage des Spiels so gering ist, d a ß in der großen Mehrzahl der Einzelspiele mit dieser Fähigkeit des Spielers nicht zu rechnen ist. Ob das Glücksspiel behördlich genehmigt und o b es öffentlich veranstaltet ist, ist ohne Bedeutung, ebenso, ob sich der Jugendliche durch Beteiligung a m Glücksspiel nach § 284a StGB, s t r a f b a r macht. D a ß kindliche Spiele (z. B. m i t Murmeln) nicht hierunter fallen, bedarf keiner Hervorhebung. Ein Totoverbot für J u g e n d liche ist nicht aufgenommen, „weil im Hinblick auf die Art der D u r c h f ü h r u n g der Totowetten eine besondere gesetzliche Regelung erforderlich erscheint" (Begr. zu § 7). — Die B e t e i l i g u n g a m Glücksspiel geschieht regelmäßig durch Leistung des Einsatzes. 4) Glücksspielgeräte sind mechanisch betriebene Apparate, die die in Anm. 3 bezeichneten Voraussetzungen erfüllen. Auch hier ist bedeutungslos, ob sie nach § 33 d GewO. genehmigt sind u n d ob sie öffentlich betrieben werden; auch k o m m t es nicht darauf an, ob die Benutzung entgeltlich ist oder nicht (s. Anm. 1). Z u § 8 : 1) § 8 entspricht dem § 8 der PolVO. v. 10. 6.1943, j e d o c h i s t d a s Schutzalter auf 16 J a h r e herabgesetzt. Das Verbot richtet sich nicht a n den Jugendlichen, sondern die in §§ 13, 14 genannten Personen, z. B. gegen den Wirt, der zuläßt, daß Jugendliche in seinem Lokal rauchen oder den Erziehungsberechtigten, in dessen Begleitung der Jugendliche sich befindet. 2) Jeder Art, also auch K a u t a b a k . 3) D. h. an Orten, wo es öffentlich — von einer unbestimmten Personenzahl •— w a h r genommen wird oder deshalb wahrgenommen werden könnte, weil nach den örtlichen Verhältnissen in jedem Augenblick solche Personen zur Stelle sein können. Es k o m m t also nicht darauf an, ob im Augenblick des Tabakgenusses tatsächlich andere Personen ihn w a h r n e h m e n . Andrerseits genügt es allein nicht, daß der T a b a k g e n u ß in einem öffentlichen Zwecken dienenden R a u m erfolgt (z. B. während der Schulpause in einem Schulraum, in dem sich n u r Klassenkameraden befinden). 4) Die Verabfolgung von Tabakwaren im Betrieb einer Gast- oder S c h a n k w i r t s c h a f t zu eigenem Genuß a n Jugendliche unter 16 J a h r e n in Abwesenheit des Erziehungsberechtigten ist nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 Gaststättenges. — B I I I 7 —, der durch die in A n m . 1 zu § 3 bezeichneten Änderungen nicht berührt ist, verboten u n d nach § 29 Ziff. 8 Gaststättenges, strafbar.

B II 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. §§ 9—12

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§ 9. [Aushangspflicht]1) Gewerbetreibende und Veranstalter 2 ) haben die nach den §§ 2 bis 8 für ihre Betriebseinrichtungen und Veranstaltungen geltenden Vorschriften in einer deutlich erkennbaren Form 3 ) bekanntzumachen.

§ 10. [Ausnahmen] Von den einschränkenden Vorschriften der §§4 und 5 können auf Vorschlag der im Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt v. 9. 7. 1922 (RGBl. I S. 633) vorgesehenen Stellen (Landesjugendamt, Jugendamt) Ausnahmen zugelassen werden1).

§ 11. [Beauftragte des Erziehungsberechtigten]1)

Den Erziehungsberechtigten 2 ) im Sinne der vorstehenden Bestimmungen stehen volljährige 3 ) Personen gleich, die von den Erziehungsberechtigten mit der Begleitung eines Jugendlichen beauftragt sind.

§ 12. [Maßnahmen gegen Jugendliche]1) Bei Jugendlichen, die 1. gemäß § 1 gemeldet werden, 2. beim Aufenthalt in Räumen oder bei der Teilnahme 2 ) an Veranstaltungen entgegen den Vorschriften der §§ 2 und 4 bis 7 angetroffen werden, 3. bei einem nach § 3 verbotenen Alkoholgenuß oder nach § 8 verbotenen Tabakgenuß betroffen werden, leitet das Jugendamt die auf Grund der bestehenden Vorschriften zulässigen Zu § 9: 1) Früher § 10 der PolVO. v. 10. 6. 1943. Strafvorschrift: § 13 Abs. 2. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 13. 3) Der Aushang muß nicht nur deutlich lesbar und an einer allgemein zugänglichen Stelle angebracht, sondern auch nach seinem Inhalt insbesondere für Jugendliche verständlich sein. Zu § 10: 1) Durch die Landesregierungen oder die von ihnen ermächtigten Stellen. Zu § 11: 1) Früher § 9 der PolVO. v. 10. 6. 1943. 2) Erziehungsberechtigte sind in erster Linie diejenigen, denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts und des Ehegesetzes 1946 (§ 74) das Recht der Sorge für die Person des Jugendlichen zusteht, also die Eltern (einschl. der Adoptiveltern), die uneheliche Mutter, der Vormund und Pfleger, ferner solche Personen, denen der Sorgeberechtigte ausdrücklich oder stillschweigend die Obhut über den Jugendlichen als Pflegeeltern, Erzieher, Lehrer, Lehrmeister und in einem ähnlichen Verhältnis anvertraut hat. 3) D. h. Personen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben oder für volljährig erklärt sind (§§ 2, 3 BGB.). Z u § 12: 1) Über den Grundgedanken des § 12 s. Vorbem. von § 1. Die §§ 1 bis 8 enthalten keine an den Jugendlichen selbst gerichtete Gebots- oder Verbotsnorm, so daß auch eine gegen den Jugendlichen gerichtete Strafsanktion nicht in Betracht kam. 2) Also nicht bei bloßer Anwesenheit bei Tanzveranstaltungen im F r e i e n (§ 4 Abs. 2, 3), soweit nicht § 1 Anwendung findet. 3) Die Worte „die auf Grund der bestehenden Gesetze zulässigen Maßnahmen" stellen klar, daß dem Jugendamt gegenüber dem Jugendlichen wie dem Erziehungsberechtigten keine weitergehenden Maßnahmen zustehen, als es nach den Vorschriften des Jugendwohlfahrtsges. im Wege der öffentlichen Jugendhilfe (§ 3 JWG.) ergreifen kann. Das Jugendamt prüft, ob und welcher Maßnahmen es bedarf. Vielfach genügt es, wenn das Jugendamt die Eltern oder die Schule unterrichtet oder den Jugendlichen vorlädt und ermahnt. Auch können Weisungen des Vormundschaftsrichters nach § 12 Satz 2 (s. Anm. 3) herbeigeführt werden. Stellen sich bei der Nachprüfung des Erziehungsstandes des Jugendlichen schwere, auf andere Art nicht zu behebende Erziehungsschäden heraus, so muß der Vormundschaftsrichter angegangen werden, der nach §§ 1666, 1838 BGB. vorgehen oder Schutzaufsicht und Fürsorgeerziehung (§§ 56ff. JWG.) anordnen kann. 34«

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B I I 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. § 13

Maßnahmen ein3). Der Vormundschaftsrichter kann auf Antrag des Jugendamts oder von Amts wegen Weisungen erteilen4).

§ 13. [Strafvorschriften gegen Veranstalter und Gewerbetreibende]1) (1) Veranstalter, Gewerbetreibende2) und sonstige Personen, denen die Leitung eines Betriebes oder eines Teiles des Betriebes oder deren Beaufsichtigung übertragen worden ist3), werden, soweit nicht nach anderen Vorschriften eine höhere Strafe angedroht ist4), bei vorsätzlicher Zuwiderhandlung6) gegen die §§2 bis 8 mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Zuwiderhandlungen6) gegen die Vorschriften des § 9 sowie fahrlässige Verstöße gegen die Vorschriften der §§ 2 bis 8 werden mit Haft bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark bestraft. Eine fahrlässige Zuwiderhandlung6), die einen innerhalb eines Jahres wiederholten Verstoß gegen dieselbe 4) Diese Vorschrift ist neu (vgl. Begr. zu § 12) und entspricht dem § 21 Abs. 4 des Ges. über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften v. 9. 6. 1953 (B II 11). Nach §§ 9,10 J G G . — C II 3 — kann der Richter, wenn ein Jugendlicher ein Strafgesetz verletzt hat, als Erziehungsmaßregeln ihm Weisungen erteilen. Das gleiche Weisungsrecht ist, obwohl strafrechtliche Verstöße des Jugendlichen hier nicht vorliegen, in Satz 2 dem Vormundschaftsrichter gegenüber dem Jugendlichen eingeräumt worden. Er kann also Gebote und Verbote aussprechen, die die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen, z. B. ihm verbieten, Gast- und Vergnügungsstätten zu besuchen, geistige Getränke zu genießen oder zu rauchen. Eine dem § 11 JGG., wonach bei schuldhafter Nichtbefolgung der Weisungen Jugendarrest verhängt werden kann, entsprechende Vorschrift fehlt; wegen der (wohl zu verneinenden) Erzwingbarkeit gemäß § 33 FGG. vgl. Potrykus N J W . 52, 131. Fruchten Weisungen nichts, so muß der Vormundschaftsrichter prüfen, ob Anlaß zur Ergreifung einschneidenderer Erziehungsmaßregeln, soweit deren gesetzliche Voraussetzungen vorliegen, gegeben ist. Zu § 13: 1) Die Strafvorschrift ist gegenüber § 12 Abs. 2 b der PolVO. v. 10. 6. 1943, der Übertretungsstrafe androhte, verschärft. 2) Veranstalter oder Gewerbetreibender ist, wer nach außen dem Publikum und den Behörden gegenüber als die bürgerlich- und öffentlich-rechtlich für die Veranstaltung (den Betrieb) verantwortliche Person auftritt. 3) Der Kreis der Hilfspersonen des Veranstalters oder Inhabers des Gewerbebetriebs ist im Anschluß an § 151 Abs. 1 GewO. („Personen, welche der Gewerbetreibende zur Leitung des Betriebs oder eines Teils desselben oder zur Beaufsichtigung bestellt hatte") umschrieben worden. Die bei der Auslegung des § 151 GewO. insoweit herausgebildeten Rechtsgrundsätze (vgl. darüber Anm. 2 zu § 151 GewO. — B I I I 1 —) gelten deshalb auch hier. Leiter des Betriebs oder eines Teils ist, wem die Ausübung des Betriebs derart übertragen worden ist, daß der Veranstalter oder Gewerbetreibende sich selbst um diesen Teil nicht kümmert. Die Übertragung der Beaufsichtigung kann sich aus der Art der Tätigkeit ergeben; sie kann auch neben einer anderen Tätigkeit ausdrücklich oder stillschweigend durch den Unternehmer oder Leiter erfolgt sein. Einem Kellner (vgl. etwa §§ 2, 3) ist die Beaufsichtigung nicht übertragen; der Wirt kann sich aber bei nicht genügender Beaufsichtigung nach Abs. 2, der Kellner selbst nach § 14 strafbar machen. 4) Auch die Zulässigkeit gewerberechtlicher Maßnahmen, die sich aus anderen Vorschriften ergibt (z. B. die Entziehung der Schankkonzession nach dem Gaststättenges.) bleibt unberührt. 5) Bedingter Vorsatz (insbes. hinsichtlich des Alters des Jugendlichen) genügt. 6) Zuwiderhandlungen gegen § 9 sind nur bei Vorsatz strafbar; die Rückfallsschärfung nach Satz 2 kommt deshalb bei ihnen nicht in Betracht (a. M. Tillmann-Göke Anm. 7; Erbs Anm. 4). Dafür spricht der Wortlaut des Abs. 2 und die Erwägung, daß die Rückfallsschärfung darin besteht, daß die wiederholte Fahrlässigkeitstat mit der Strafe der vorsätzlichen Tat geahndet werden kann, während im Fall des § 9 nach der hier abgelehnten Auffassung die wiederholte Fahrlässigkeitstat ein Vergehen darstellen würde, obwohl die v o r s ä t z l i c h e Zuwiderhandlung auch im Rückfall nur eine Übertretung ist. Auch sachlich ist es begründet, im Falle des § 9 nur die vorsätzliche Zuwiderhandlung zu bestrafen. Denn anders als in den Fällen der §§2 bis 8 bewirkt die Verletzung der Aushangpflicht keine unmittelbare Gefährdung des Jugendlichen. So gut es daher angemessen ist, die vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen § 9 nur mit Übertretungsstrafe zu bedrohen, so gut läßt es sich auch rechtfertigen, die fahrlässige Zuwiderhandlung straflos zu lassen.

B II 10. Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. § 14

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Vorschrift darstellt, kann mit den in Absatz 1 bezeichneten Strafen bestraft werden7).

§ 14. [Strafvorschriften gegen andere Personen] Personen über 18 Jahre1), die einen Jugendlichen einer Gefährdung aussetzen2), die nach den Vorschriften der §§ 1 bis 8 von ihm ferngehalten werden soll, werden, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine höhere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder Haft bis zu sechs Wochen bestraft. 7) Die Rückfallsschärfung setzt nur voraus, daß der Täter binnen Jahresfrist vor Begehung der Fahrlässigkeitstat vorsätzlich oder fahrlässig gegen die gleiche Vorschrift verstoßen h a t ; daß der Täter wegen der ersten T a t schon bestraft oder daß deshalb gegen ihn ein Strafverfahren anhängig oder die erste Tat vor der zweiten entdeckt worden sei, ist nicht erforderlich. Die Frage, ob es sich um selbständige Taten handeln muß, taucht nicht auf, wenn man mit der h. M. (vgl. Anm. 2c Abs. 3 zu § 74 StGB.) annimmt, daß Fortsetzungszusammenhang bei fahrlässigen Handlungen und beim Zusammentreffen vorsätzlicher und fahrlässiger Taten nicht möglich ist. Die Rückfallsschärfung ist fakultativ („kann"); d. h. es steht dem Richter frei, auf H a f t oder Geldstrafe bis zu 150 DM zu erkennen oder die Geldstrafe zu erhöhen und statt auf H a f t auf Gefängnis zu erkennen. Da aber das zulässige Höchstmaß der Geldstrafe erhöht und wahlweise Gefängnis angedroht ist, ist die Tat in jedem Falle ein Vergehen. Z u § 14: 1) § 12 Abs. 2a und c der PolVO. v. 10. 6. 1943 bedrohte mit Übertretungsstrafe 1. die Erziehungsberechtigten und die von ihnen beauftragten Personen, die vorsätzlich oder fahrlässig durch Verletzung der Aufsichtspflicht Jugendlichen Verstöße gegen die PolVO. ermöglichten; 2. sonstige Personen über 18 Jahre, die vorsätzlich Jugendlichen Verstöße gegen die PolVO. ermöglichten, wobei „ermöglichen" lediglich bedeutet: Gelegenheit zu Verstößen geben. § 14 unterscheidet jetzt im Tatbestand nicht mehr zwischen Erziehungsberechtigten, Beauftragten und sonstigen Personen. 2) Da die Vorschriften des Ges. sich nicht mehr an den Jugendlichen richten, sondern ein gefahrdrohendes Verhalten beschreiben, das dem Jugendlichen von anderen Personen ferngehalten werden soll, konnte das unter Strafe gestellte Verhalten der Erziehungsberechtigten, Beauftragten und sonstigen Personen nicht mehr mit „Jugendlichen Verstöße ermöglichen" umschrieben werden. Aber abgesehen von der Notwendigkeit, das verbotene Verhalten der veränderten rechtlichen Konstruktion entsprechend anders zu umschreiben, h a t sich an dem Sinn der Strafvorschrift gegenüber dem bisherigen Recht nichts geändert, „Der Gefährdung aussetzen" bedeutet: Die Gefahr (die nach den §§ 1 bis 8 ferngehalten werden soll) schaffen (oder aufrechterhalten), wobei die Schaffung der Gefahr auch darin bestehen kann, daß der Täter den Eintritt der Gefahr oder die schon eingetretene Gefahr nicht abwendet.Wegen Nichtabwendung der Gefahr kann aber nur bestraft werden, wen eine Rechtspflicht zur Abwendung trifft (also die Erziehungsberechtigten und Beauftragten, die ihre Aufsichtspflicht nicht erfüllen), während die übrigen Personen bestraft werden, wenn sie durch ihr Tun die Gefahr herbeiführen (Beispiel: Ein Erwachsener fordert einen Jugendlichen unter 16 Jahren zur Teilnahme an einer öffentlichen Tanzveranstaltung auf [§ 4] oder ein Kellner reicht einem solchen Jugendlichen in einer Gaststätte Feuer zum Anzünden der Zigarette [§ 8]). Die T a t kann in beiden Fällen nur v o r s ä t z l i c h begangen werden (a. M. TillmannGöke Anm. 7; Erbs Anm. 3). Das ergibt sich daraus, daß § 14 — im Gegensatz zu § 13 — die Schuldform nicht erwähnt, so daß nach allgemeinen strafrechtlichen Auslegungsgrundsätzen, die jedenfalls auch für die in neuer und neuester Zeit aufgestellten Übertretungstatbestände gelten, nur die vorsätzliche Begehung als unter Strafe gestellt anzusehen ist. Es wird aber auch bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des § 14. I m ursprünglichen Entw. (BT.Drucksache Nr. 180) lautete die Vorschrift: „Personen über 18 Jahre, die einem Jugendlichen zur Zuwiderhandlung gegen das Verbot des § 1 verleiten oder ihn v o r s ä t z l i c h einer Gefährdung aussetzen, die . . . von ihm ferngehalten werden soll . . . " . H ä t t e der BT.-Ausschuß im Gegensatz dazu beabsichtigt, auch die fahrlässige Gefährdung zu bestrafen, so wäre dies zweifellos ausdrücklich hervorgehoben worden. Wegen Gefährdung durch Verletzung der Aufsichtspflicht kann daher nur bestraft werden, wer um die Gefahr gewußt (also z. B. die Absicht des Jugendlichen, allein eine Gaststätte aufzusuchen, § 2, gekannt) oder mit ihr gerechnet und sie billigend hingenommen hat (bedingter Vorsatz).

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§15. — B II 11. Ges. über die Verbreitung jugendgefährd. Schriften. Vorbem.

§ 15. [Inkrafttreten] (1) Dieses Gesetz tritt vier Wochen nach Verkündung in Kraft 1 ). Gleichzeitig tritt die Polizeiverordnung zum Schutze der Jugend vom 10. Juni 1943 (RGBl. I S. 349) außer Kraft. (2) Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, sobald es gemäß Artikel 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung dieses Gesetzes beschlossen hat.

B II 11. Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften Vom 9. 6. 1953 (BGBl. I S. 377). DurchfVO. v. 4. 3. 1954 (BGBl. I S. 31) (Auszug) Vorbemerkung Wie nach dem ersten Weltkrieg, so wurden auch nach dem letzten Weltkrieg in großem Umfang Schriften vertrieben, die nach ihrem Inhalt eine ernstliche sittliche Gefahr für die heranwachsende Jugend darstellen. Die §§ 184, 184a StGB, reichten zur Bekämpfung dieser Mißstände nicht aus, und zwar einmal, weil eine Schrift jugendgefährdend sein kann, ohne die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschriften zu erfüllen, im übrigen aber auch da, wo im Einzelfall die Schrift unter §§ 184, 184a fällt, deshalb nicht, weil die Händler sich vielfach — namentlich bei § 184 a — unwiderlegbar darauf beriefen, sie hätten den strafbaren Charakter der Schrift nicht erkannt, da ihnen bei der Vielzahl von Zeitschriften und „Magazinen" eine Prüfung des Inhalts nicht möglich und nicht zumutbar gewesen sei. Um hier Abhilfe zu schaffen, war nach dem ersten Weltkrieg das Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schundund Schmutzschriften v. 18. 12. 1926 (RGBl. I S. 505) ergangen. Es sah vor, daß Prüfstellen die Aufnahme von „Schund- und Schmutzschriften" in eine Liste beschließen konnten und daß eine Schrift, nachdem die Aufnahme in die Liste öffentlich bekanntgemacht war, Beschränkungen beim Vertrieb unterworfen war, deren Nichtbeachtung unter Strafe gestellt war. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, daß es nicht darauf ankommt, ob der Täter, der die Vertriebsbeschränkungen mißachtet, den jugendgefährdenden Charakter der Schrift erkannt hat, sondern daß die Kenntnis oder das Kennenmüssen eines formalen Akts — der Bekanntmachung der Aufnahme in die Liste — zur inneren Tatseite ausreicht. Das Ges. v. 18. 12. 1926 wurde durch das Ges. v. 10. 4. 1935 (RGBl. I S. 541) aufgehoben, weil der damalige Gesetzgeber davon ausging, daß die Schrifttumskammern mit ihren Machtmitteln in der Lage seien, den Vertrieb von Schund- und Schmutzschriften im Buch- und Zeitschriftenhandel zu verhindern. Das vorliegende Gesetz nimmt den Grundgedanken des Ges. v. 1926 auf, weicht aber von seinem Vorbild nicht nur in Einzelheiten, sondern in grundsätzlicher Beziehung dadurch ab, daß es ausnahmsweise in § 6 nicht auf den Formalakt der Bekanntmachung der Aufnahme in die Liste, sondern auf den Charakter der Schrift selbst abstellt. Nach Art. 5 Abs. 2 GG. findet das Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit — abgesehen von weiteren, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen — seine Schranken in den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend. In diesem Rahmen halten sich die Vorschriften, die die Überlassung jugendgefährdender Schriften an Jugendliche ausschließen (§ 3). Vorschriften, die den Vertrieb jugendgefährdender Schriften an E r w a c h s e n e beschränken, sind dagegen nur insoweit zulässig, als dies im Interesse eines wirksamen Schutzes der Jugend erforderlich ist. Das vorliegende Gesetz schließt deshalb den Vertrieb jugendgefährdender Schriften an Erwachsene nicht aus, sondern beschränkt ihn auf Buchhandlungen („Geschäftsräume"), während es zum Schutz der Jugend den ambulanten Vertrieb und den Vertrieb von Kiosken sowie bestimmte Formen der Werbung ausschließt (§§ 4, 5). Zum Werdegang des Gesetzes: Der von der Bundesreg. unter dem 28. 6. 1950 vorgelegte Entw. (BTDrucks. Nr. 1101) ist im Bundestagsausschuß umgestaltet (BTDrucks. Nr. 3666 v. 11. 7. 1952) und auf dieser Grundlage in seiner 230. Sitzung am 17. 9. 1952 vom Bundestag in 3. Lesung verabschiedet worden. Verfassungsrechtliche Bedenken des Bundesrats hinsichtlich des vorgesehenen Aufbaues und Verfahrens der Prüfstellen (Landesprüfstellen und Bundesprüfstelle als Beschwerdeinstanz) führten zur Anrufung des Vermittlungsausschusses (BT.Drucks. Nr. 3747 v. 10. 10. 1952). Dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses, die LandesZu § 15: Das Ges. ist am 3. 1. 1952 in Kraft getreten.

B I I 11. Gesetz über die Verbreitung jugendgefährd. Schriften. §§ 1—3

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prüfstellen zugunsten e i n e r Bundesprüfstelle (unter Wegfall eines Beschwerdeverfahrens) zu ersetzen (vgl. BTDrucks. Nr. 4158 v. 5. 3. 1953) schloß sich der Bundestag an. Nachstehend sind nur die strafrechtlich bedeutsamen Vorschriften wiedergegeben u n d erläutert. S c h r i f t t u m : K o m m e n t a r e von Schilling 1953 (N. Stoytscheff Verlag); Riedel 1953 (Verlag Reckinger & Co., Siegburg) ; Becker-Seidel 1953 (Verlag Aschendorff) ; Potrykus N J W . 1953, 970.

Zum Schutze der heranwachsenden Jugend werden die im Grundgesetz Art. 5 Abs. 1 genannten Grundrechte folgenden Beschränkungen unterworfen. 1. Abschnitt. Jugendgefährdende

Schriften

§ 1. [Aufnahme in die Liste] (1) Schriften1), die geeignet sind, Jugendliche sittlich zu gefährden, sind in eine Liste aufzunehmen. Dazu zählen vor allem unsittliche sowie Verbrechen, Krieg und Rassenhaß verherrlichende Schriften. Die Aufnahme ist bekanntzumachen2). (2) Eine Schrift darf nicht in die Liste aufgenommen werden 1. allein wegen ihres politischen, sozialen, religiösen oder weltanschaulichen Inhalts; 2. wenn sie der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre dient; 3. wenn sie im öffentlichen Interesse liegt, es sei denn, daß die Art der Darstellung zu beanstanden ist. (3) Abbildungen3) sind Schriften im Sinne dieses Gesetzes gleichzustellen. § 2. [Ausnahmen] (1) In Fällen von geringer Bedeutung kann davon abgesehen werden, die Schrift in die Liste aufzunehmen1). (2) Ist eine Schrift inhaltlich ganz oder im wesentlichen eine Neuauflage einer bereits in die Liste aufgenommenen Schrift, so steht sie einer solchen gleich. § 3. [Verbot des Vertriebs an Jugendliche] Eine Schrift darf, sobald ihre Aufnahme in die Liste bekanntgemacht ist, einem Jugendlichen unter achtzehn Jahren nicht feilgeboten1) oder zugänglich gemacht werden2). Z u § 1: 1) Der Begriff ist der gleiche wie in § 184 S t G B . ; vgl. Anm. 2 zu § 41 S t G B . 2) I m Bundesanzeiger (§ 19). 3) Vgl. Anm. 3 zu § 41 StGB. „Darstellungen" i. S. der §§ 184, 184a StGB., also Plastiken fallen nicht u n t e r das Gesetz, d a mit einer systematischen Verbreitung jugendgefährdender Plastiken im allgemeinen nicht zu rechen ist. Zu § 2: 1) Die geringe Bedeutung kann sowohl darin bestehen, daß von dem Inhalt einer Schrift (Abbildung) n u r eine geringfügige sittliche Gefährdung Jugendlicher droht wie auch darin, daß eine Schrift nur in geringem U m f a n g aufgelegt ist oder verbreitet wird. Die Nichta u f n a h m e bewirkt, daß die §§ 3 bis 5 unanwendbar sind; auch § 6 ist regelmäßig unanwendbar, da bei offensichtlich schwer gefährdender W i r k u n g von einer geringen Bedeutung nicht gesprochen werden kann. Zu § 3: 1) Feilbieten (der Begriff ist der gleiche wie z. B. in § 55 Nr. 1 GewO.) liegt vor, wenn die Schrift dem Jugendlichen vorgezeigt u n d er, wenn auch nur durch Zeichen, zum entgeltlichen E r w e r b aufgefordert wird (KG. J F G . Erg. 5, 134). 2) Zugänglich machen ist weiter als das in § 184 Abs. 1 Nr. 2, § 184 a StGB, mit Strafe bedrohte Überlassen. Überlassen b e d e u t e t : E i n r ä u m u n g der tatsächlichen Verfügungsgewalt,

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BIIll.

Ges. über die Verbreitung jugendgefährd. Schriften. §§4—6

§ 4. [Weitere Vertriebsverbote] (1) Eine Schrift, deren Aufnahme in die Liste bekanntgemacht ist, darf weder durch Händler außerhalb von Geschäftsräumen noch durch Reisende von Haus zu Haus vertrieben, verbreitet oder verliehen werden1). Eine Verkaufsstelle, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, gilt nicht als Geschäftsraum im Sinne dieses Gesetzes. (2) Verleger oder Zwischenhändler dürfen eine solche Schrift nicht an die in Abs. 1 bezeichneten Personen vertreiben.

§ 5. [Werbungsbeschränkungen] (1) Bei geschäftlicher Werbung darf nicht darauf hingewiesen werden, daß ein Verfahren zur Aufnahme einer Schrift in die Liste anhängig ist oder gewesen ist 1 ). (2) Nach Bekanntmachung ist eine geschäftliche Werbung durch Auslegen oder Aushängen der Schrift im Schaufenster, innerhalb eines Verkaufsraumes oder an anderen allgemein zugänglichen Orten, durch Reklame oder Anzeigen, Postwurfsendungen oder andersartige Übermittlung von Werbematerial untersagt. Anzeigen in Fachblättern des Buchhandels sind zulässig.2)

§ 6. [Schwer gefährdende Schriften] (1) Schriften, die Jugendliche offensichtlich sittlich schwer gefährden, unterwährend zum Zugänglichmachen schon die (entgeltliche oder unentgeltliche) Ermöglichung der Wahrnehmung, also der Kenntnisnahme vom Inhalt der Schrift oder der Betrachtung der Abbildung genügt; ob der Jugendliche von der ihm gewährten Möglichkeit Gebrauch macht, ist ohne Bedeutung. Das Verbot des § 3 richtet sich gegen jedermann; die Strafbarkeit des Zugänglichmachens (nicht auch des Feilbietens) ist aber in § 21 Abs. 2 eingeschränkt. Zu § 4 : 1 ) Grundgedanke der Vorschrift: Schriften und Abbildungen, deren Aufnahme in die Liste bekannt gemacht ist, dürfen an Erwachsene nur in Geschäftsräumen vertrieben werden, um zu verhindern, daß der Vertrieb sich in der Öffentlichkeit unter den Augen Jugendlicher abspielt. Geschäftsräume (vgl. Anm. 2 zu § 123 StGB.) sind abgeschlossene Räume, die hauptsächlich und für eine gewisse Dauer zum Betrieb von Geschäften bestimmt sind. E . 32, 371. Um einen festen mit dem Boden verbundenen Geschäftsraum braucht es sich nicht zu handeln; Geschäftsraum ist also z. B . auch ein Bücherwagen. Wesentlich ist nur, daß es sich um einen Raum handelt, den der Kunde zum Abschluß des Geschäfts mehr oder weniger regelmäßig betritt, auch wenn er es im Einzelfall nicht tut, sondern etwa von innen heraus durch eine Öffnung bedient wird. Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt (Zeitungskioske), sind nach Abs. 1 Satz 2, auch wenn sie zum Betreten Raum lassen, keine Geschäftsräume, gleichviel ob sie sich im Freien, in einer Bahnhofshalle oder sonstwo befinden. Händler ist, wer Handel treibt, d. h. aus dem Geschäft ein Gewerbe macht. Der Vertrieb durch Reisende, die für andere Bestellungen aufsuchen (vgl. § 44 Abs. 1 Gewö.), ist unbeschadet des § 56 GewO. nicht ausgeschlossen, aber nur für Händler zulässig, die von Geschäftsräumen aus vertreiben (vgl. § 5 Abs. 2), und nicht von Haus zu Haus. Vertrieb ist jede auf Absatz gerichtete Tätigkeit, also nicht nur die Überlassung, sondern auch die Entgegennahme von Bestellungen. Verbreiten: s. Anm. 4 zu § 110. Verleihen: entgeltlich oder unentgeltlich. Zu § 5 : 1) Abs. 1 entspricht dem § 4 Abs. 4 des Ges. v. 1926. „Gewesen i s t " : gleichviel, ob das Verfahren zur Aufnahme in die Liste geführt hat oder nicht. Abs. 1 wird ergänzt durch § 21 Abs. 1, wonach Abdruck und Veröffentlichung der Liste zum Zwecke der geschäftlichen Werbung mit Strafe bedroht sind. 2) Abs. 2 beschränkt nach dem Vorbild des Ges. v. 1926 die Formen geschäftlicher Werbung, die erfahrungsgemäß gerade von Jugendlichen besonders aufmerksam studiert werden. Zulässig bleiben 1. Anzeigen (von Verlegern oder Kommissionären) in Fachblättern des Buchhandels, d. h. in den Fachblättern, die sich, wie das Buchhändlerbörsenblatt, an die Händler (Sortimenter) richten, die nach § 4 erlaubterweise die Schrift vertreiben dürfen; 2. die m ü n d l i c h e Werbung gegenüber Erwachsenen (durch Anpreisung, Feilbieten, Aufsuchen von Bestellungen) durch Händler und Reisende, denen der Vertrieb nach § 4 erlaubt ist. Gegenüber Jugendlichen ist auch die mündliche Werbung gemäß § 3 verboten.

B II 11. Gesetz über die Verbreitung jugendgefährd. Schriften. §§ 7, 11, 18

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liegen den Beschränkungen der §§ 8 bis 5, ohne daß es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf 1 ). (2) Das gleiche gilt für Schriften, die durch Bild für Nacktkultur werben2). § 7. [Periodische Druckschriften] Eine periodische Druckschrift kann auf die Dauer von drei bis zwölf Monaten in die Liste aufgenommen werden, wenn innerhalb von zwölf Monaten mehr als zwei ihrer Nummern in die Liste aufgenommen worden sind. Dies gilt nicht für Tageszeitungen und politische Zeitschriften. 2. Abschnitt. Bundesprüfstelle 3. Abschnitt.

(§§8

bis 10)

Zuständigkeit

§ 11

(1) Die Bundesprüfstelle entscheidet über die Aufnahme in die Liste. (2 )

4. Abschnitt. Verfahren (§§ 12 ff.) § 18. [Rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidungen] (1) Wird eine Schrift in der rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts für unzüchtig im Sinne des § 184 des Strafgesetzbuches oder für schamlos im Sinne des § 184a des Strafgesetzbuches erklärt1), so ist sie unter Hinweis auf das gerichtliche Urteil in die Liste aufzunehmen. (2) Werden widersprechende gerichtliche Entscheidungen über dieselbe Schrift bekannt, so hat der Vorsitzende die Entscheidung der Bundesprüfstelle herbeizuführen. Zu § 6: 1) Der gegenüber dem Ges. v. 1926 neue Abs. 1 trägt dem Umstand Rechnung, daß von der Ausgabe einer Schrift bis zur Aufnahme in die Liste und zur Bekanntmachung mitunter verhältnismäßig viel Zeit vergeht. O f f e n s i c h t l i c h ist objektiv zu verstehen: es muß für jeden Verständigen außer Zweifel stehen, daß die Schrift schwer gefährdend wirkt. Daß auch der Täter diesen Charakter erkannt hat, ist nicht erforderlich; zur Bestrafung nach § 21 genügt, daß er ihn bei zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen können. Gedacht ist namentlich an die Fälle, in denen schon äußerlich der Charakter der Schrift erkennbar ist, z. B. wenn Zeitschriften oder Broschüren durch anreißerische erotische Bilder auf der Außenseite die Kauflustigen zu animieren suchen. In Betracht kommen nur extreme Fälle von besonderer Dringlichkeit. LG. München. J R . 54, 33. 2) Abs. 2, der ebenfalls gegenüber dem Ges. v. 1926 neu ist, wendet sich im Interesse der Jugend im Anschluß an ausländische Rechtsvorbilder (vgl. die amtl. Begr. zu § 6 RegEntw.) gegen die Bildwerbung für Nacktkultur, insbes. durch Fotoaufnahmen nackter Männer oder Frauen; solche Schriften sind, ohne daß es einer weiteren Prüfung bedarf, den Jugendliche offensichtlich schwer gefährdenden Schriften gleichgestellt. Gleichgültig ist, ob die Aktwiedergabe künstlerisch wertvoll ist oder nicht; auch künstlerisch einwandfreie Reproduktionen von berühmten Gemälden fallen unter Abs. 2. AG. Kiel N J W . 1954, 851. Ob die Schrift durch Bild für Nacktkultur w i r b t , d.h. Interesse und Sympathie für die Bestrebungen der Nacktkultur zu wecken und neue Anhänger der Bewegung zu gewinnen sucht, muß nach dem Gesamtcharakter der Schrift beurteilt werden; der Unterhaltung dienende „Magazine", die häufig Nacktaufnahmen bringen, sind im allgemeinen keine Werbeschriften für Nacktkultur. Für den werbenden Charakter werden Titel und äußere Aufmachung der Schrift wichtige Anhaltspunkte geben. Zu § 18: 1) § 18 hat strafgerichtliche Entscheidungen zum Gegenstand, die in den Entscheidungsgründen den unzüchtigen oder schamlosen Charakter einer Schrift feststellen. Diese Entscheidung kann sowohl in einem verurteilenden Erkenntnis getroffen werden, wie

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B II 11. Gesetz über die Verbreitung jugendgefährd. Schriften. §§ 19,21

§ 19. [Bekanntmachungen] (1) Wird eine Schrift in die Liste aufgenommen oder von ihr gestrichen, so ist dies unter Hinweis auf die zugrundeliegende Entscheidung oder auf die einstweilige Anordnung für das Bundesgebiet bekanntzumachen. (2) Die Bekanntmachungen für das Bundesgebiet erfolgen im Bundesanzeiger. 5. Abschnitt.

Rechtsweg

6. Abschnitt.

(§20)

Strafvorschriften §21

(1)1) Wer vorsätzlich den §§ 3 bis 6 zuwiderhandelt oder die Liste zum Zwecke der geschäftlichen Werbung abdruckt oder veröffentlicht2), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist auf Geldstrafe zu erkennen. (2) Macht der Erziehungsberechtigte, der gesetzliche Vertreter oder ein Jugendlicher eine Schrift, die den Beschränkungen der §§ 3 bis 6 unterliegt, einem Jugendlichen zugänglich, so bleibt die Tat straflos3). Das Gericht kann von einer Bestrafung nach Absatz 1 absehen4), wenn der Täter, der die Schrift einem Jugendlichen zugänglich gemacht hat, dem in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung genannten Personenkreis angehört. (3)5) Neben der Strafe ist bei vorsätzlicher Zuwiderhandlung auf Einziehung der zur Begehung der Tat gebrauchten oder bestimmten Schriften zu erkennen. Gehört die Schrift weder dem Täter noch einem Teilnehmer, so ist die Einziehung nur zulässig, wenn der Eigentümer die Tat kannte oder kennen mußte oder von auch im Zusammenhang mit einer Freisprechung (aus subjektiven Gründen) oder Einstellung des Verfahrens (wegen eines Verfahrenshindernisses), wie schließlich in einer die selbständige Einziehung anordnenden Entscheidung (§§ 430ff. StPO.). Zu § 21: 1) Wegen der Zuständigkeit der Jugendgerichte neben den allgemeinen Gerichten vgl. § 26 GVG. 2) a) Zuwiderhandlungen gegen die §§ 3—6 können mit solchen gegen §§ 176 Nr. 3, 184 Nr. 2, 184 a StGB, in Tateinheit begangen werden, b) Die Strafdrohung gegen Abdruck oder Veröffentlichung der Liste knüpft an § 6 des Ges. v. 1926 an; sie ergänzt den § 5 Abs. 1. „Zum Zwecke der geschäftlichen Werbung": Zur Werbung für die in die Liste aufgenommenen Schriften. Nach dem Zweck der Vorschrift genügt der Abdruck eines Teils der Liste, in dem die Schrift, für die geworben werden soll, enthalten ist (so ausdrücklich § 13 Abs. 1 des — aufgehobenen — Landesges. von Rheinl.-Pfalz zum Schutz der Jugend vor Schmutz und Schund v. 12.10.1949 — GVB1.1 S. 505—). Veröffentlicht: es genügt jede Form der Veröffentlichung, nicht nur die durch Abdruck. 3) Obwohl sich das Verbot der §§ 3, 6, jugendgefährdende Schriften einem Jugendlichen z u g ä n g l i c h zu machen, auch gegen sie richtet, enthält Abs. 2 Satz 1 einen persönlichen Strafausschließungsgrund zugunsten bestimmter Personen, nämlich a) des E r z i e h u n g s b e r e c h t i g t e n . Erziehungsberechtigter ist hier wohl nur, wem die Erziehung im ganzen obliegt, d.h., wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts personensorgeberechtigt ist einschl. der Pflegeeltern; die vom Erziehungsberechtigten in beschränktem Umfang mit Erziehungsaufgaben betrauten Personen gehören nach dem Zweck der Vorschrift nicht hierher. Gegen den Erziehungsberechtigten genügen erforderlichenfalls die nach § 1666 BGB. zulässigen Maßnahmen; b) des vom Erziehungsberechtigten verschiedenen g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r s , c) J u g e n d l i c h e r (§ 1 Abs. 2 JGG.). Für diese enthält Abs. 4 eine dem § 12 des Jugendschutzges. v. 4. 12. 1951 (B II 10) nachgebildete Vorschrift; auf die Anm. 3, 4 zu § 12 JSchG. wird verwiesen. — Auf das Feilbieten jugendgefährdender Schriften beziehen sich Abs. 2, 4 nicht. Auch eine Strafbarkeit aus §§ 176 Nr. 3, 184 Nr. 2 und 184a StGB, bleibt unberührt. 4) Vgl. §§ 153a, 260 Abs. 4 StPO. 5) Abweichend von § 40 StGB, ist die Einziehung zwingend vorgeschrieben und kann ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse erfolgen. Abs. 3 Satz 2 ist dem § 19 OWiG. — A 4 — nachgebildet; auf die Anm. zu dieser Vorschrift wird verwiesen. 6) Vgl. Anm. 1 zu § 42 StGB.

B II 12. Gesetz über das Paßwesen. § 1

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ihr einen Vorteil gehabt hat, dessen Zusammenhang mit der Tat erkennbar war. Auf die Einziehung kann selbständig erkannt werden, wenn die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar ist6). (4)3) Hat ein Jugendlicher eine Schrift, die den Beschränkungen der §§ 3 bis 6 unterliegt, einem anderen Jugendlichen zugänglich gemacht, so leitet das Jugendamt die auf Grund der bestehenden Vorschriften zulässigen Maßnahmen ein. Der Vormundschaftsrichter kann auf Antrag des Jugendamtes oder von Amts wegen Weisungen erteilen. 7. Abschnitt. Schlußvorschriften

(§§ 22 bis 25)

B II 12. Gesetz über das Paßwesen Vom 4. März 1952 (BGBl. I S. 290)*) § 1. [Paßzwang] Ausländer1), die in das Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) einreisen2) oder dieses Gebiet verlassen, und Deutsche3), die dieses Gebiet über eine Auslandsgrenze4) verlassen oder betreten, sind verpflichtet, sich durch einen Paß5) über ihre Person auszuweisen. Z u B II 12: *) Das deutsche Paßwesen ist erheblichen Wandlungen unterworfen gewesen, wie sich aus den in § 15 des Gesetzes aufgeführten, n u n m e h r außer K r a f t gesetzten Gesetzen u n d Verordnungen ergibt. Das Gesetz v. 4. 3. 1952 h a t die darin enthaltenen Rechtsvorschriften zu sammengefaßt. Nach Artikel 73 Ziff. 3 GG. gehört die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Paßwesens zur ausschließlichen Zuständigkeit des Bundes. E s ist ein Bundesgesetz, das auch für das L a n d Berlin Geltung h a t (vgl. §§ 1 bis 3, 7, 9, 12 d. Ges.). Die Durchf ü h r u n g des Gesetzes ist Sache der Länder (Art. 83 GG.), die auch die Einrichtung der Behörden u n d das Verwaltungsverfahren regeln. Art. 84 Abs. 1 GG. Auf Grund des Art. 84 Abs. 2 GG. h a t die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats die A l l g e m e i n e V e r w a l t u n g s v o r s c h r i f t vom 15. 8. 1952 (B.Anz. Nr. 164 S. 1) —• AVV. — erlassen. Die P a ß nachschau (Paßkontrolle), die an sich zur Zuständigkeit der L ä n d e r gehört, ist auf Grund des gemäß Art. 87 Abs. 2 erlassenen G e s e t z e s ü b e r d e n B u n d e s g r e n z s c h u t z u n d d e r E i n r i c h t u n g v o n B u n d e s g r e n z s c h u t z b e h ö r d e n v. 16. 3. 1 9 5 1 ( B G B l . I S. 201) auf den Bund übergegangen. Dazu sind die vorläufige revidierte Dienstanweisung f ü r die Paßnachschau vom 31. 3. 1952 (Vorl. D.A.) u n d die Vereinbarung zwischen dem B M d l . u n d dem BMdF. über die Mitwirkung von Zollbeamten im Postkontrolldienst sowie der Organisationserlaß des B M d l . über den Paßkontrolldienst vom 10. 9. 1951 ergangen (abgedruckt bei v. Wolff S. 58, 147, 150). Das Gesetz ist gern § 14 von Berlin durch Ges. v. 7.11. 1952 (GVB1. S. 1009) übernommen. S c h r i f t t u m : v. Wolff, Das deutsche Paßrecht, Verlag F r a n z Vahlen, 1952. Z u § 1: 1) Ausländer ist, wer nicht Deutscher nach Art. 116 GG. ist. § 5 a vorl. D.A. D e m g e m ä ß sind Staatenlose Ausländer: sie haben keine ausländische Staatsangehörigkeit oder ihre Staatsangehörigkeit ist ungeklärt. § 5c vorl. DA. Diese erhalten u. U. Fremdenpässe, § 27 AVV. 2) Reisender ist, wer die Grenzen der Bundesrepublik auf dem Land-, L u f t - oder Wasserwege überschreitet. Der Grund des Grenzübertritts ist ohne Belang, § 5 d vorl. DA. 3) Deutsche sind die Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, Art. 116 GG., § 5 a vorl. DA., in Verbindung mit dem Staatsangehörigkeitsgesetz v. 22. 7.1913 (RGBl. I S. 583). 4) D . h . Auslandsgrenze des Gebietes des Geltungsbereichs des Grundgesetzes. Deutsche brauchen daher beim Überschreiten der östlichen Zonengrenze oder der Grenze des Saargebietes keinen P a ß . Unerlaubtes Überschreiten der Zonengrenzen ist n u r nach dem Besatzungsrecht strafbar. B G H . GA. 1953, 77. 5) Der P a ß ist eine Urkunde, die nicht n u r international als Ausweis über die Person des Paßinhabers allgemein a n e r k a n n t wird, sondern die darüber hinaus als Unterlage für eine

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B II 12. Gesetz über das Paßwesen. §§ 2—5

§ 2. [Ausweispflicht der Ausländer] Jeder Ausländer 1 ), der sich im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) aufhält und der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt 2 ), ist verpflichtet, sich durch einen gültigen Paß über seine Person auszuweisen3). § 3. [Paßersatz] (1) Für besondere Fälle kann der Bundesminister des Innern durch Rechtsverordnung 1 ) auch andere amtliche Ausweispapiere (Paßersatz) 2 ) als genügenden Ausweis für den Grenzübertritt (§1) und den Aufenthalt im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (§ 2) — einschließlich des Gebietes des Landes Berlin — allgemein zulassen oder Befreiung von dem Paßzwang (§ 1) allgemein gewähren 3 ). (2) Der Bundesminister des Innern kann durch Rechtsverordnung anordnen, daß Ausländer zum Betreten oder Verlassen des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) eines Sichtvermerks der zuständigen Behörde bedürfen 4 ). (8) Die Bestimmungen der §§ 7, 8 finden auf ein als Paßersatz ausgestelltes amtliches Ausweispapier entsprechende Anwendung. § 4. [Einzelweisungen] Die Bundesregierung kann, wenn die Beziehungen zu ausländischen Staaten es erfordern, durch Einzelweisungen Ausnahmen von den Vorschriften der §§ 1 und 2 anordnen. Sie kann ferner, wenn die öffentliche Sicherheit oder die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet ist, Einzelweisungen1) über die Sperrung der Ein- und Ausreise sowie über die Ausstellung von Pässen und Sichtvermerken erteilen. § 5. [Grenzübertrittschein] Für Grenzbezirke an der Auslandsgrenze des Bundes, insbesondere für Zwecke des kleinen Grenzverkehrs und des Ausflugverkehrs 1 ) können 2 ) die LandesregieReihe wichtiger Entscheidungen über die Behandlung der Person des Paßinhabers und seiner persönlichen Angelegenheiten dient. E r stellt weder eine Staatsangehörigkeit begründende Urkunde noch einen Nachweis für die Staatsangehörigkeit dar. § 1 AVV. Deutsche Pässe (§ 6) werden als Reisepässe, Dienstpässe und Diplomatenpässe ausgestellt, § 5 AVV. Reiseausweise sind deutsche Reisepässe, Heimatpässe, Pässe für Bewohner des Saargebiets, Fremdenpässe, §§ 6, 12, 15, 16 vorl. DA. Reisepässe sind Einzelpässe (auch f ü r Kinder) und Familienpässe, § 10 AVV. Zu § 2: 1) Siehe Anm. 1 zu § 1. 2) Nicht unterliegen der deutschen Gerichtsbarkeit die Ausländer, die das Recht der Exterritorialität genießen (§§ 18, 19 GVG.) oder die als Angehörige der Streitkräfte der drei Besatzungsmächte der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen sind. Gesetz Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission, abgedruckt unter F Anhang. 3) Er genügt der Ausweispflicht durch den Personalausweis nach § 1 des Gesetzes v. 9. 12. 1950 — B II 13 —. Zu § 3: 1) Siehe VO. d e s B M d l . über Reiseausweise als Paßersatz und über die Befreiung vom Paß- und Sichtvermerkzwang v. 17. 5. 1952 (BGBl. I S. 295) in der Fassung v. 30. 6. 1953 (BGBl. I S. 465); auch §§ 1 und 40ff. AVV. Arten des Paßersatzes §§ 17ff. AVV. 2) Siehe §§ 40 ff. AVV. 3) Siehe §§ 2 d. VO. in Anm. 1. 4) Siehe § 5 d. VO. in Anm. 1. Zu § 4: 1) Da die Verwaltungsdurchführung den Ländern obliegt, richten sich die Einzelweisungen nur an deren Organe, nicht an die betreffenden Personen. Diese können daher nicht die Verfügung der Bundesregierung, sondern nur die Verfügung der ausführenden Landesregierung anfechten. Zu § 5: 1) Gemäß Art. 32 GG. unterliegen solche Abkommen mit Nachbarstaaten der

B II 12. Gesetz über das Paßwesen. §§ 6, 7

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rangen durch Rechtsverordnung den Grenzübertritt mit anderen Ausweisen als Pässen gestatten und gegebenenfalls Befreiung von dem Erfordernis des Sichtvermerks gewähren. § 6. [Deutsche Pässe] (1) Deutsche Pässe1) werden nur Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ausgestellt2). (2) Der Paßbewerber hat auf Verlangen der für die Bearbeitung des Paßantrages zuständigen Behörden nachzuweisen3), daß er die Voraussetzungen des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes erfüllt. Er hat 4 ) auf Erfordern dieser Behörden persönlich zu erscheinen. § 7. [Versagung des Passes] (1) Der Paß ist ) zu versagen2), wenn Tatsachen3) die Annahme rechtfertigen, 1

daß

a) der Antragsteller als Inhaber eines Passes die innere oder die äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland oder eines deutschen Landes gefährdet; b) der Paßbewerber sich einer Strafverfolgung oder Strafvollstreckung, die im Inland gegen ihn schwebt, entziehen will; c) der Paßbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen oder die Zoll- und Devisenvorschriften übertreten oder umgehen will; d) der Paßbewerber sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entziehen will; e) der Paßbewerber in fremde Heeresdienste eintreten will. (2) Der Paß ist ferner zu versagen)2, wenn a) der Paßbewerber einem an ihn ergangenen Ersuchen gemäß § 6 Abs. 2 nicht in angemessener Frist nachkommt; b) bei unverheirateten Minderjährigen nicht die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zur Ausstellung des Passes beigebracht wird; c) bei Auswanderung von Mädchen unter 18 Jahren nicht die gemäß § 9 der Verordnung gegen Mißstände im Auswanderungswesen vom 14. Februar Zuständigkeit des Bundes. Die daraufhin ausgestellten Ausweise sind als Paßersatz zugelassen, § 1 Abs. 1 Nr. 5 der in Anm. 1 zu § 3 genannten VO. d. BMdl. 2) Über die in Anm. 1 genannten Fälle hinaus können die Landesregierung Grenzübertrittsscheine als Ausweise erteilen. Zu § 6: 1) Siehe § 1 Anm. 5 Abs. 2. 2) An Ausländer (Staatenlose) werden von deutschen Paßbehörden Fremdenpässe ausgestellt, §§ 27 ff. AVV. Wegen Reiseausweise § 4 der VO. in Anm. 1 zu § 3. 3) Siehe § 6 AVV. Der Nachweis kann auch von Bewerbern der Fremdenpässe und Reiseausweise (Anm. 1) gefordert werden. 4) Befreiung vom Erscheinen ist u. U. möglich, § 12 AVV. Gegebenenfalls kann Paß versagt werden, § 7 Abs. 2 a. Zu § 7: 1) Trotzdem besteht im Gegensatz zu Abs. 2 ein gewisses verwaltungsmäßiges Ermessen. Ermessensmißbrauch kann stets geltend gemacht werden. 2) Die Versagung ist ein Verwaltungsakt, wogegen jedem Paßbewerber, nach § 9 auch Sichtvermerksbewerber, der Rechtsweg offen steht, Art. 19 Abs. 4 GG. Nach den landesrechtlichen Bestimmungen ist die Klage im Verwaltungsstreitverfahren gegeben. Vgl. Anm. 2 zu § 20 GewO. Die Verwaltungsgerichtsges. der einzelnen Länder sind in Anm. 1 zu § 21 GewO. unter B I I I 1 aufgeführt. 3) E s genügt nicht der Verdacht, daß die Tatbestände vorliegen, vielmehr müssen bestimmte Tatsachen gegeben sein, aus denen die Annahme gewonnen wird. Es müssen konkrete, in der Person des Antragstellers liegende Tatsachen aufgeführt werden (vgl. Erlaß des BMdl. vom 26. 9. 1951, Vi Wolff S. 9). Den Nachweis zu führen, liegt der Behörde ob, nicht dem Paßbewerber (vgl. § 15 AVV.).

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B II 12. Gesetz über das Paßwesen. §§ 8, 9

1924 (Reichsgesetzbl. I S. 107) erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorgelegt wird. (3) Ein Paß zur Rückkehr in das Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) darf außer in den Fällen des Absatzes 2 Buchstabe a nicht versagt werden.

§ 8. [Entziehung des Passes] Ein Paß kann dem Inhaber entzogen werden, wenn Tatsachen bekannt werden, die gemäß § 7 die Versagung der Ausstellung des Passes rechtfertigen würden1).

§ 9. [Sichtvermerke] (1) Für die Erteilung eines Sichtvermerks1) und für die Ungültigkeitserklärung eines erteilten Sichtvermerks2) finden §§ 73) und 8 entsprechende Anwendung. (2) Die Erteilung eines Sichtvermerks ist außerdem2) zu versagen, a) wenn der Sichtvermerksbewerber aus dem Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) oder dem Gebiet eines deutschen Landes ausgewiesen ist, es sei denn, daß die Behörde, welche die Ausweisung verfügt hat, der Erteilung des Sichtvermerks zugestimmt hat; b) wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Sichtvermerksbewerber nicht über genügende Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes im Inland verfügt; c) wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Aufenthalt des Sichtvermerksbewerbers im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) die öffentliche Gesundheit oder Sittlichkeit gefährdet; d) wenn der Sichtvermerksbewerber für seinen Aufenthalt im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) oder in einem deutschen Lande einer besonderen Aufenthaltserlaubnis bedarf4), nicht im Besitz dieser Genehmigung der zuständigen deutschen Behörde ist; Zu § 8: 1) E s können auch den Ausstellungsbehörden unbekannte Tatsachen, die vor der Ausstellung des Passes vorlagen, berücksichtigt werden. Zu § 9: 1) Der Sichtvermerk hat nur paßrechtliche Bedeutung, § 40 vorl. DA. E r berechtigt lediglich innerhalb der Nutzungsfrist die deutsche Grenze an allen amtlich zugelassenen Grenzübergangsstellen zu überschreiten, wenn nicht der Grenzübertritt an bestimmten Grenzübergängen vorgeschrieben ist, § 62 AVV. Grenzübergangsstellen sind in dem Verzeichnis bei v. Wolff S. 177 aufgeführt. Zum Aufenthalt in der Bundesrepublik enthält der Sichtvermerk keine Erlaubnis. Der Sichtvermerk wird erteilt von der Behörde, in deren Bezirk der Sichtvermerksbewerber seinen Wohnsitz, seinen ständigen Aufenthalt oder gewerbl. Niederlassung hat, § 46 AVV.; soweit für Ausländer Sichtvermerkszwang besteht, ist die Paßbehörde zuständig, in Ausnahmefällen die Behörde des Paßkontrolldienstes, § 45 AVV. Sichtvermerke dürfen nur in einem gültigen Paß, Paßersatz oder vorläufigen Personalausweis angebracht werden, §§ 41, 34 vorl. DA. Wird der Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerks abgelehnt, ist in den Paß usw. des Antragstellers ein Sichtvermerk einzutragen, der sofort ungültig zu machen ist, § 68 AVV. Arten der Sichtsvermerke: Einreise-, Wiedereinreise-, Durchreise-, Ausnahme- und Sammelsichtvermerke, §§ 49ff. vorl. DA. 2) Die Versagungs- und Ungültigkeitserklärung eines Sichtvermerks ist zu begründen, §§ 49, 59 AVV.; siehe auch § 86 vorl. DA. 3) Außer in den Fällen § 7 Abs. l a ; vgl. Anm. 1. 4) Siehe über das Aufenthaltsrecht die Ausländerpolizeiverordnung vom 22. Aug. 1938 (RGBl. I S. 105), — abgedr. unter D 9 —, § 63 Abs. 5 AVV. Gesetz über die Rechtstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet v. 27. 4. 1951 (BGBl. I S. 269), § 65 AVV.

B II 12. Gesetz über das Paßwesen. §§ 10, 11

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e) wenn bei Durchreisen aa) der Einreisesichtvermerk des Zielstaates und die Durchreisesichtvermerke5) der Zwischenstaaten zwischen dem Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) und dem Zielstaate nicht vorgelegt werden, es sei denn, daß der Sichtvermerksbewerber in diesen Staaten für die Einreise oder Durchreise eines Sichtvermerks nicht bedarf, oder daß die nachträgliche Erlangung des für diese Staaten erforderlichen Einreise- oder Durchreisesichtvermerks sichergestellt ist; bb) Tatsachen die Vermutung rechtfertigen, daß der Sicht Vermerksbewerber den Durchreisesichtvermerk benutzen will, um im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) zu verbleiben. (3) Die Erteilung eines Sichtvermerks an einen Ausländer durch die Sichtvermerksbehörden im Ausland kann von der Gestellung von Bürgen oder der Hinterlegung einer Sicherheit abhängig gemacht werden. § 10. [Paßbehörden] (1) Für die Ausstellung von Pässen (Sichtvermerken) sind die Paßbehörden 1 ) zuständig. Die Paßbehörden sind ferner zuständig für die Versagung2) und Entziehung3) von Pässen und die Ungültigkeitserklärung 4 ) eines erteilten Sichtvermerks. Paßbehörde für die Ausstellung von Dienst-, Ministerial- und Diplomatenpässen5) ist das Auswärtige Amt. (2) Paßbehörden im Ausland sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen 6 ). § 1 1 . [Paßvergehen] (1) Mit Geldstrafe oderGefängnis bis zu einem Jahr wird bestraft, wer vorsätzlich1) 1. den Vorschriften der §§ 1 oder 2 oder den auf Grund des § 8 Abs. 1 oder 2 erlassenen Rechtsverordnungen 2 ) zuwiderhandelt 3 ); 2. von den Reisezielen4) oder Reisewegen abweicht oder die Reisefristen 5 ) überschreitet, die ihm als Ausländer in einer für das Überschreiten der Grenze des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließl. des Gebietes des Landes Berlin) oder für den Aufenthalt 8 ) innerhalb dieses Gebietes erforderlichen oder bestimmten Urkunde 7 ) vorgeschrieben sind; 5) Durchreisesichtvermerke berechtigen den Durchreisenden auch zum Aufenthalt in der Bundesrepublik innerhalb der festgesetzten Durchreisefrist, § 46 vorl. DA. Zu § 10: 1) Paßbehörden sind abgesehen von Satz 3 die unteren Verwaltungsbehörden der Länder, s. Vorbemerkung *). Verzeichnis der Paß- und Sichtvermerksbehörden im Inland ist bei v. Wolff S. 155 abgedruckt. 2) Siehe § 7. 3) Siehe § 8. 4) Siehe § 9. 5) Vgl. § 26 AVV. 6) Das Verzeichnis der Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland ist auf Seite 170 bei v. Wolff abgedruckt. Zu § 11: 1) Bedingter Vorsatz genügt. 2) Siehe Anm. 1, 3, 4 zu § 3. 3) Damit ist der unbefugte Grenzübertritt unter Strafe gestellt und der Paß- und Sichtvermerkzwang verwirklicht. 4) Siehe § 63 Abs. 2 AVV. 5) Siehe § 57 A W . 6) Siehe § 63 Abs. 5 AVV. und Anm. 4 zu § 3. 7) Vornehmlich handelt es sich um Sichtvermerk.

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B II 12. Gesetz über das Paßwesen. § 12

3. als gesetzlicher Vertreter eines Ausländers8) es unterläßt, für die von ihm vertretene Person die erforderlichen Ausweise zu beschaffen oder vorzulegen; 4. unrichtige oder unvollständige Angaben macht9) oder benutzt, um für sich oder einen anderen Urkunden, die zum Ausweis einer Person für den Übertritt als Deutscher über eine Auslandsgrenze oder als Ausländer für den Übertritt über eine Grenze des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) bestimmt sind10), oder Sichtvermerke11) oder sonstige Eintragungen12) in diese Urkunden zu erschleichen13) oder zu beschaffen14); 5. von einer Urkunde, die er sich unter den Voraussetzungen der Nummer 4 verschafft15) hat, Gebrauch macht 16 ). (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Nummern 1 und 2 ist auch die fahrlässige Zuwiderhandlung strafbar. In diesen Fällen ist auf Haft oder Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark zu erkennen.

§ 12. [Paßordnungswidrigkeiten] (1) Mit einer Geldbuße1) von drei bis eintausend Deutsche Mark kann belegt werden2), wer vorsätzlich3) 1. als Deutscher eine Auslandsgrenze4) des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) oder als Ausländer die Grenze dieses Gebietes an anderen Stellen als den zugelassenen Grenzübergängen5) oder außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden überschreitet; 2. sich bei dem Grenzübertritt6) oder bei der sonst stattfindenden Paß- oder Aüsweisnachschau7) der amtlichen Prüfung entzieht 8 ); 8) Ob eine Vertretung des paßpflichtigen Ausländers im Alter von mehr als 15 Jahren, §§ 10, 41 AVV., erforderlich und wer dessen gesetzlicher Vertreter ist, bestimmt sich nach dem Heimatrecht des Ausländers. Art. 7ff. EGBGB. Der gesetzliche Vertreter kann auch ein Deutscher sein. 9) Die unrichtigen oder unvollständigen, d. h. unwahren Angaben brauchen nicht gegenüber einer Paßbehörde gemacht und benutzt zu sein. 10) D. h. Pässe und Paßersatz, §§ 1—3. 11) Vgl. Anm. 1 Abs. 1 u. 2 zu § 9. 12) Z. B. Eintragung des ungültig gemachten Sichtvermerks, § 68 A W . und Auflagen. 13) Erschleichen setzt voraus, daß der Paßbewerber durch trügerische Machenschaften einen Paß usw. erstrebt. 14) Beschaffen heißt soviel wie erlangen. 15) Das Verschaffen besteht in dem Erlangen der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Urkunde, sie zu dem Zwecke, für sich auszunützen; vgl. B G H S t . 3, 154. 16) Das Gebrauchmachen von echten Pässen, die für einen anderen ausgestellt sind, ist strafbar nach § 281 StGB. Zu § 12: 1) Es gelten die Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 25. 3. 1952, (BGBl. I S. 177) abgedruckt unter A 4. 2) Als zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 73 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitsgesetzes (Anm. 1) zwecks Festsetzung der Geldbuße hat der BMdl. durch Erlaß vom 31. 5. 1952 (abgedruckt bei v. Wolff S. 153) die Paßkontrollämter (s. Vorbemerkung *) bestimmt. 3) Fahrlässiger Verstoß wird nicht verfolgt. 4) Vgl. § 1. 5) Vgl. § 63 Abs. 2 AVV. Verzeichnis der zugelassenen Grenzübergänge ist bei v. Wolff S. 177 abgedruckt. 6) Vgl. § 153 vorl. DA. im Eisenbahnzuge; z. B. im Eisenbahnzug nach dem Grenzübertritt oder während des Aufenthalts des Ausländers in Deutschland. 7) Über Paßnachschau vgl. Vorbemerkung und §§ 56ff. vorl. DA. Aufgaben des Paßkontrolldienstes § 4 a.a.O. 8) Es genügt jede Handlung, wodurch die Paßprüfung verhindert wird.

B II 12. Gesetz über das Paßwesen. §§ 13—15

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3. abgesehen von den in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Fällen den zur Überwachung des Grenzverkehrs 9 ) von der zuständigen Behörde erlassenen und öffentlich bekanntgemachten Anordnungen zuwiderhandelt; 4. unbefugt mehrere deutsche Pässe oder andere als Paßersatz zugelassene Urkunden sich ausstellen läßt oder benutzt 10 ); 5. abgesehen von den in § 11 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Fällen den Auflagen zuwiderhandelt, die ihm in einer zum Grenzübertritt erforderlichen Urkunde oder bei der Ausstellung, Änderung oder Ergänzung einer solchen Urkunde oder beim Grenzübertritt erteilt worden sind11). (2) In besonders schweren Fällen12) kann die Geldbuße auf zehntausend Deutsche Mark erhöht werden. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Nummern 1 und 2 kann wegen des Versuchs eine Geldbuße festgesetzt werden. (4) 1S ) §§ 22 Abs. 2 Satz 2, 37, 28, 29 Abs. 2, 30bis 32 des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts vom 26. Juli 1949 (WiGBl. S. 193) i. d. F. des Ges. v. 30. März 1951 (BGBl. I S. 223) gelten entsprechend. (5) 13 ) F ü r das Verfahren gelten die §§55 Abs. 1, 57, 66 bis 101 des Wirtschaftsstrafgesetzes entsprechend.

§ 13. [Rechtsverordnungen] Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Gebühren für die Ausfertigung von Pässen, sonstigen Reisepapieren und Sichtvermerken zu erlassen1). § 14. [Geltung des Gesetzes in Berlin] Dieses Gesetz sowie die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen und zu erlassenden Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften gelten auch im Land Berlin, wenn es gemäß Artikel 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung dieses Gesetzes beschlossen hat 1 ). § 15. [Inkrafttreten] (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft 1 ). (2) Gleichzeitig treten außer Kraft: a) das Gesetz über das Paßwesen vom 12. Oktober 1867 (Bundesgesetzbl. S. 33) in der Fassung des Gesetzes vom 5. November 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 1077); b) die Verordnung über die Abänderung der Verordnung vom 21. Juni 1916, betreffend anderweitige Regelung der Paßpflicht (Reichsgesetzbl. S. 599) vom 10. Juni 1919 (Reichsgesetzbl. S. 516); 9) Grenzverkehr ist auch der Gepäckverkehr. Geschützt sind daher zoll- und devisentechnische Anordnungen. 10) Die Bestimmung ist mit Rücksicht auf § 16 AVV. und § 9 vorl. DA. getroffen, wonach grundsätzlich niemand mehr als einen Reisepaß führen soll. 11) Vgl. §§ 10, 19 AVV., §§ 28, 29 vorl. DA. 12) Vgl. Anm. 5 zu § 49b StGB. 13) Gemäß Art. 2 des Ges. v. 25.3.1952 (BGBl. I S. 188) — abgedr. Anm. * zu B IV 7 a — gelten jetzt die entsprechenden Vorschriften des OWiG — A 4 —, d. h. die §§4, 7 Abs. 2, §§ 8, 10, 12—14, 28 Abs. 1, 30, 35 ff. Z u § 13: 1) VO. über Gebühren für die Ausfertigung von Pässen, sonstigen Reisepapieren und Sichtvermerken (Paßgebührenverordnung v. 6. 7. 1953 (BGBl. I S. 493), für Berlin am 18. 7. 1953 (GVB1. S. 679) veröffentlicht. Zu § 14: 1) Das Gesetz ist von Land Berlin durch Gesetz v. 7. 11. 1952 (GVB1. S. 1009) übernommen. Zu § 15: 1) D. h. am 17. 5. 1952. 3i

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B II 13. Gesetz über Personalausweise. § § 1 , 2

c) die Bekanntmachung zur Ausführung der Paßverordnung (Paßbekanntmachung) vom 7. Juni 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 257); d) die Paßstrafverordnung vom 27. Mai 1942 (Reichsgesetzbl. I S. 348) und die auf das Paßwesen bezüglichen Vorschriften e) des Gesetzes über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie über das Ausweiswesen vom 11. Mai 1937 (Reichsgesetzbl. I S. 589); f) der Verordnung über den Paß- und Sichtvermerkszwang sowie über den Ausweiszwang vom 10. September 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 1739); g) der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über den Paß- und Sichtvermerkszwang sowie über den Ausweiszwang vom 20. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1008) sowie die auf Grund der vorstehenden Bestimmungen erlassenen Verwaltungsvorschriften.

B II 13. Gesetz über Personalausweise Vom 19. 12. 1950 (BGBl. S. 807) § 1. [Ausweispflicht] (1) Jede Person im Bundesgebiet, die das 16. Lebensjahr vollendet hat und nach den Vorschriften der Meldeordnung1) der Meldepflicht unter Hegt, ist verpflichtet, einen Personalausweis zu besitzen2) und ihn auf Verlangen einer zur Prüfung der Personalien ermächtigten Behörde vorzulegen3), soweit sie sich nicht durch Vorlage eines gültigen Passes4) ausweisen kann. (2) Der Personalausweis ist nach einem einheitlichen Muster mit Lichtbild auszustellen, das von dem Bundesminister des Innern mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt wird. Raum für einen Fingerabdruck darf nicht vorgesehen werden. (3) Die erstmalige Ausstellung des Ausweises ist gebührenfrei. § 2. [Gültigkeitsdauer] Personalausweise werden für eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren ausgestellt. Eine gebührenfreie Verlängerung der Gültigkeitsdauer bis zu fünf Jahren ¡st zulässig. 6) Vgl. die Anm. zu § 42 StGB. Da im subj. Verfahren die Einziehung nach Abs. 3 Satz 1, 2 erfolgen m u ß , besteht auch im obj. Verfahren keine Ermessensfreiheit. Zu § 1: 1) D. h. der ReichsmeldeO. v. 6. 1. 1938 (RGBl. I S. 13) bzw. der an ihre Stelle getretenen landesrechtlichen Vorschriften. 2) § 1 fordert nur, daß der Meldepflichtige, der keinen gültigen Paß besitzt, einen Personalausweis b e s i t z t , nicht aber, daß er ihn bei sich führt; er muß also zwar die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber besitzen (§ 854 BGB.), braucht ihn aber nicht im Handbereich zu haben. Strafvorschrift: § 3 Abs. 1 a (wer keinen Ausweis besitzt, sei es, daß er noch keinen gehabt, sei es, daß er den erteilten Ausweis nicht mehr besitzt, ist verpflichtet, sich einen Ausweis ausstellen zu lassen). 3) Der Begriff der zur Prüfung der Personalien ermächtigten Behörde ist der gleiche wie der der zuständigen Behörde oder des zuständigen Beamten in § 360 Abs. 1 Nr. 8 StGB, (vgl. dort Anm. 13, 14). Das Verlangen muß berechtigt, d. h. unmittelbar durch gesetzliche Vorschriften begründet oder zur Erfüllung der der Behörde (dem Beamten) gesetzlich ob liegenden Aufgaben notwendig und zulässig sein. Auch gegenüber der Polizei besteht keine allgem. gesetzl. Verpflichtung, sich ohne besonderen Grund auf Ersuchen eines Polizeibeamten auszuweisen. OLG. Hamm NJW. 1954, 1212. Führt der Ausweispflichtige den Ausweis nicht bei sich, so muß er ihn unverzüglich herbeischaffen. Strafvorschrift: § 3 Abs. l c . 4) Vgl. Paßges. v. 4. 3. 1952 — B II 12 —.

B II 13. Gesetz über Personalausweise. § 3

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§ 3. [Strafvorschriften] (1) W e r vorsätzlich a) es unterläßt, für sich oder als Erziehungsberechtigter 1 ) für Jugendliche bis zu 18 J a h r e n einen Ausweis ausstellen zu lassen 2 ), obwohl er dazu verpflichtet i s t 3 ) ; b) bei Stellung des Antrages auf Ausstellung eines Personalausweises unwahre Angaben m a c h t 4 ) ; c) es unterläßt, einen Ausweis 5 ) auf Verlangen einer zuständigen Stelle vorzulegen ; d) seinen Personalausweis einem anderen zum unbefugten Gebrauch überläßt6); e) einen für einen anderen ausgestellten Personalausweis unbefugt gebraucht 7 ), wird mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder mit H a f t bis zu sechs Wochen bestraft. (2) In den Fällen des Absatzes 1 B u c h s t a b e a und d ist der T ä t e r auch strafbar, wenn ihm grobe Fahrlässigkeit zur L a s t fällt 8 ). Zu § 3: 1) Erziehungsberechtigter ist, wem nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Sorge für die Person des Jugendlichen obliegt oder wer sie, wie z. B. Pflegeeltern, an Stelle oder neben dem Sorgepflichtigen übernommen hat. 2) Ausweis = Personalausweis oder Paß. Ausstellenlassen umfaßt die Stellung des Antrages und die Beibringung der zur Ausstellung erforderlichen Angaben und Unterlagen. 3) Nach Maßgabe des § 1 Abs. 1. 4) Buchst, b bezieht sich nur auf den Personalausweis; wegen des Passes vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 4 Paßges. — B II 12 —. Die unwahren ( = unrichtigen oder unvollständigen) Angaben können sich sowohl auf die Voraussetzungen für die Ausstellung des Personalausweises beziehen (z. B. der Antragsteller erstrebt einen Ausweis, obwohl die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 nicht vorliegen, oder er erstrebt zwecks unbefugter Verwendung einen neuen Ausweis, obwohl er bereits einen besitzt), wie auch auf den Inhalt des auszustellenden Ausweises; im letzteren Fall ergänzt § 3 Abs. l b den § 271 StGB., der bei Personalausweisen unanwendbar ist. 5) Personalausweis oder Paß. Vgl. im übrigen Anm. 3 zu § 1. Buchst, c geht über § 360 Abs. 1 Nr. 8 StGB, hinaus, wo lediglich die Verweigerung der Angaben mit Strafe bedroht ist, während Buchst, c auch den bedroht, der zwar richtige Angaben macht, aber ihre Nachprüfung an Hand des Ausweises verweigert. Tateinheit zwischen § 360 Abs. 1 Nr. 8 StGB, und Buchst, b ist möglich (z. B. Verweigerung der Angaben und Verweigerung der Ausweisvorlage) . 6) Nach § 281 StGB, wird bestraft, wer zur T ä u s c h u n g im R e c h t s v e r k e h r einem anderen ein Ausweispapier überläßt, das nicht für diesen ausgestellt ist. Dieser Vergehenstatbestand wird durch Buchst, d nicht berührt. Dessen Anwendbarkeit beschränkt sich demnach bei vorsätzlichem Handeln auf den Fall, daß der unbefugte Gebrauch nicht in einer Täuschung im Rechtsverkehr bestehen soll (vgl. Anm. 7). Im übrigen fordert Buchst, b, daß der Täter seinen (d. h. einen für ihn ausgestellten, echten, wenn auch inhaltlich unrichtigen oder nach Ablauf der Gültigkeitsdauer nicht mehr geltenden) Ausweis überläßt und daß es sich um einen Personalausweis handelt. „Überlaßt": vgl. Anm. 5 zu § 281 StGB. 7) Nach § 281 StGB, wird bestraft, wer ein Ausweispapier, das für einen anderen ausgestellt ist, vorsätzlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht. Soweit diese Vorschrift Anwendung findet, ist Buchst, e unanwendbar. „Gebrauchen" bedeutet in § 281 StGB, eine Verwendung des Ausweises derart, daß der Täter als der berechtigte Inhaber erscheinen soll (vgl. Anm. 4 zu § 281), während ein unbefugter Gebrauch im Sinne von Buchst, e auch in anderer Weise möglich ist (z. B. A legt zum Beweis für seine (unwahre) Behauptung, daß B ihn beauftragt habe, für ihn etwas abzuholen oder entgegenzunehmen, den Personalausweis des B vor, den er diesem weggenommen hat). „Gebrauchen": vgl. Anm. 6 zu § 267 StGB. Auch hier muß es sich um einen echten Personalausweis handeln. Für unbefugten Gebrauch von fremden echten Pässen gilt § 281 StGB. 8) Ein grob fahrlässiges Überlassen (Buchst, d) kann z. B. dann bestehen, daß jemand durch unzulängliche Verwahrung seines Personalausweises einem Dritten dessen unbefugten Gebrauch ermöglicht oder daß er einem anderen seinen Ausweis trotz der erkennbaren Gefahr unbefugten Gebrauchs überläßt. Der unbefugte Gebrauch kann hier auch in einer Täuschung im Rechtsverkehr bestehen, da § 281, der Vorsatz fordert, bei fahrlässigem Überlassen unanwendbar ist. 35«

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§§ 4, 5. — B II 14. Ges. zur Regelung der öffentl. Sammlungen usw. § 1

§ 4. [Übergangsregelung] (1) Bis zum 81. 12. 1954 gilt als Personalausweis im Sinne des § 1 jeder mit einem Lichtbild versehene Ausweis, der Namen, Geburtsort und Geburtsdatum, sowie Wohnort und Wohnung des Auszuweisenden bescheinigt. (2) Der Ausweis muß von einer Behörde im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Westberlin nach dem 8. 5. 1945 ausgestellt sein; er gilt nicht über das Datum seiner Gültigkeit hinaus. § 5. [Schlußvorschrift] (1) Dieses Gesetz tritt am 1. 1. 1951 in Kraft. (2) Gleichzeitig treten die auf das Ausweiswesen bezüglichen Vorschriften des Gesetzes über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie das Ausweiswesen v. 11. 5. 1987 (RGBl. I S. 589) sowie die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, soweit sie Bestimmungen über Ausweise (Kennkarten) enthalten, außer Kraft.

B II 14. Gesetz zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) *) Vom 5. 11. 1934 (RGBl. I S. 1086) i. d. F. v. 26. 9. 1939 (RGBl. I S. 1943) und v. 23. 11. 1941 (RGBl. I S. 654). DurchfVO. v. 14. 12. 1934 (RGBl. I S. 1250) **) § 1 . [Begriff der öffentlichen Sammlung. Genehmigungspflicht] (1) Wer auf Straßen oder Plätzen, in Gast- oder Vergnügungsstätten oder in anderen jedermann zugänglichen Räumen oder von Haus zu Haus oder sonst durch unmittelbares Einwirken von Person zu Person eine öffentliche Sammlung von Geld- oder Sachspenden oder geldwerten Leistungen veranstalten will, bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde1). (2) Das gleiche gilt, wenn die öffentliche Sammlung durch Verbreitung von Sammellisten oder Werbeschreiben oder durch Veröffentlichung von Aufrufen2) durchgeführt werden soll. (3) Als Sammlung im Sinne dieses Gesetzes gilt auch der Verkauf von Gegenständen, deren Wert in keinem Verhältnis zu dem geforderten Preis steht, wenn der Verkauf nicht in Erfüllung der sonstigen wirtschaftlichen Betätigung des Verkäufers erfolgt. Zu B II 14: *) Gegen die Weitergeltung des Gesetzes bestehen keine Bedenken. OLG. Hamburg MDR. 52, 505. **) SchleswHolstVO. v. 18. 1. 1951 (GVB1. S. 17) z. Änd. der DVO. v. 14. 12. 1934. Zu § 1: 1) Sammlung ist jede Tätigkeit, die auf Erlangung freiwilliger Leistungen gerichtet ist. OLG. Bamberg N J W . 51, 534. Eine Sammlung ist öffentlich, wenn sich der Sammler an einen unbestimmten, eines inneren Zusammenhaltes entbehrenden Personenkreis wendet (vgl. Anm. 2 zu § 200 StGB.), ohne Rücksicht darauf, wo die Sammeltätigkeit entfaltet wird. Ein unbestimmter Personenkreis liegt auch vor, wenn der Sammelnde unter einer Vielzahl von Personen eine Auswahl nach bestimmten Merkmalen trifft, wie z. B. wenn er sich an die Abonnenten einer Tageszeitung wendet, OLG. H a m m JMB1. NRW. 54, 11 und insbes. bei der Einwirkung von Person zu Person. Geldwerte Leistungen sind z. B. Dienstleistungen. Die Zuständigkeit zur Erteilung der Genehmigung ist in der DVO. v. 14. 12. 1934 geregelt. Strafvorschrift: § 13 Nr. 1. 2) Auch in Form eines Preisausschreibens. OLG. Bamberg N J W . 51, 534.

B I I 14. Gesetz zur Regelung der öffentl. Sammlungen usw. §§ 2—4

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(4) Als genehmigungspflichtige Sammlung gilt ferner die Werbung für den Bezug von Waren, insbesondere Druckschriften, wenn bei ihr auf den zu Werbenden dahin eingewirkt wird, daß er die Waren über seinen eigenen Bedarf hinaus zur kostenlosen oder verbilligten Abgabe an Dritte erwerben soll (Patenauftragswerbung). § 2. [Mitgliederwerbung] 1 ) (1) Wer zum Eintritt in eine Vereinigung2) oder zur Entrichtung von Beiträgen3) oder geldwerten Leistungen an eine Vereinigung öffentlich4) auffordern5) oder wer die auf Grund dieser Aufforderung einkommenden Beiträge oder Leistungen entgegennehmen will, bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde6), wenn die Umstände des Falles oder die Art oder der Umfang der Aufforderung ergeben, daß es dem Veranstalter ernstlich nicht auf die Herbeiführung eines festen persönlichen Verhältnisses zwischen der Vereinigung und den angegangenen Personen und auf ihre Betätigung in der Vereinigung, sondern vielmehr ausschließlich oder überwiegend auf die Erlangung von Geld oder geldwerten Leistungen ankommt. (2) Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt nicht für Vereinigungen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist7). § 3. [Verkauf von Karten] (1) Wer Karten oder Gegenstände1), die zum Eintritt zu einer öffentlichen Veranstaltung2) berechtigen, auf Straßen oder Plätzen, in Gast- oder Vergnügungsstätten oder in anderen jedermann zugänglichen Räumen oder von Haus zu Haus oder sonst durch unmittelbares Einwirken von Person zu Person verkaufen will, bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde3). Dies gilt auch, wenn der Verkauf zum Zwecke des Erwerbs erfolgt. (2) Ausgenommen von der Vorschrift des Absatzes 1 ist der Verkauf 1. in Räumen, die dem gewerbsmäßigen Kartenverkauf dienen, 2. in den ständigen Geschäftsräumen des Veranstalters, 3. in Gast- oder Vergnügungsstätten oder auf Plätzen, in oder auf denen die Veranstaltung selbst stattfindet. § 4. [Gemeinnützige oder mildtätige Veranstaltungen] Wer eine öffentliche Veranstaltung durchführen will1), die mit dem Hinweis darauf angekündigt wird oder empfohlen werden soll, daß ihr Ertrag ganz oder teilweise zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken2) verwendet werde, bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde3). Zu § 2 : 1) Strafvorschrift: § 13 Nr. 1. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 90 a S t G B . 3) In Form von Geld oder Sachwerten (§ 1 Abs. 1). 4) S. Anm. 2 zu § 200 S t G B . 5) S. Anm. 9 zu § 110 S t G B . 6) Zuständigkeit zur Genehmigung: s. DVO. v. 5. 11. 1934. 7) Der Begriff des auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zwecks ist der gleiche wie in § 21 B G B . ; vgl. die Erläuterungsbücher zu dieser Vorschrift. Zu § 3 : 1) Z. B . Programme, Anstecknadeln. 2) Vgl. Anm. 3 zu § 4 des Ges. z. Schutz d. Jugend in der Öffentlichkeit — B I I 10 —. 3) Strafvorschrift: § 13 Nr. 1. Zu § 4 : 1) S. Anm. 2 zu § 3 ; auch ein Preisausschreiben kann darunter fallen. OLG. Bamberg N J W . 51, 534. 2) Verwendung zu gemeinnützigen Zwecken liegt vor, wenn der Ertrag unmittelbar im Interesse der Allgemeinheit (zum öffentlichen Nutzen, vgl. Anm. 7 zu § 304 StGB.) verwendet werden soll; ein mildtätiger Zweck ist die unentgeltliche Zuwendung an Arme und Notleidende. 3) Straf Vorschrift: § 13 Nr. 1.

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B II 14. Ges. zur Regelung öffentl. Sammlungen usw. §§ 5—9

§ 5. [Warenvertrieb zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken] (1) Wer zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken oder unter Hinweis auf solche Zwecke Waren1) öffentlich vertreiben will2), bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde3). (2) Ein Vertrieb gilt als zu einem gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck veranstaltet, wenn er erkennbar von einer Vereinigung, Stiftung, Anstalt oder einem sonstigen Unternehmen ausgeht, das nach seiner Bezeichnung oder seiner Satzung einen solchen Zweck verfolgt, oder wenn bei dem Angebot der Waren in anderer Weise zum Ausdruck gebracht wird, daß der Erlös ganz oder teilweise zu einem solchen Zweck verwendet werden solle. (3) Die Vorschriften über den Vertrieb von Blinden waren nach § 56 a Abs. 2 der Gewerbeordnung in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vom

3. 7. 1934 (RGBl. I S. 566) bleiben unberührt4).

§ 6. [Sammlungen im Ausland] Wer eine öffentliche Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung (§§ 1 bis 5) vom Inland aus oder durch ausgesandte Mittelspersonen1) im Auslande2) durchführen will, bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde3). § 7. [Dauer, Inhalt und Umfang der Genehmigung] 1 ) Die nach §§ 1 bis 6 erforderliche Genehmigung ist nur für eine bestimmte Zeit zu erteilen. Sie kann jederzeit widerrufen und von Bedingungen abhängig gemacht werden. Sie gilt nur für das Gebiet, für das sie erteilt ist. § 8. [Keine Ankündigung vor Genehmigung] Vor Erteilung der Genehmigung darf eine Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung (§§ 1 bis 6) nicht öffentlich angekündigt1) werden2). Ebenso ist der Kartenverkauf für eine unter § 4 dieses Gesetzes fallende Veranstaltung vor Erteilung der Genehmigung unzulässig2). § 9. [Überwachung und Prüfung der Sammlung] (1) Bei Vereinigungen1), Stiftungen, Anstalten, sonstigen Unternehmen und Einzelpersonen, die eine öffentliche Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung (§§ 1 bis 6) durchführen (Sammlungsträger), kann die zuständige Zu § 5 : 1) Waren = Gegenstände des Handelsverkehrs. 2) vertreiben = jede auf entgeltlichen Absatz gerichtete Tätigkeit einschl. des Feilbietens und des Aufsuchens von Bestellungen. Öffentlich vertreiben = an einen unbestimmten Abnehmerkreis (vgl. § 1 Abs. 1). 3) Straf Vorschrift: § 13 Nr. 1. 4) J e t z t : Ges. über den Vertrieb von Blindenwaren v. 9. 9. 1953 (BGBl. I S. 1322). Zu § 6 : 1) D. h. durch Personen, die nach Weisungen des im Inland verbleibenden Veranstalters im Ausland tätig werden. Keine Genehmigungspflicht, da das inländische Interesse nicht berührt wird, wenn der Veranstalter selbst sich ins Ausland begibt und dort, wenn auch unter Mitwirkung von Mittelspersonen, die Sammlung durchführt. 2) Über Inland u. Ausland s. die Anm. zu § 3 StGB. 3) Strafvorschrift: § 13 Nr. 1. Zu § 7 : 1) Strafvorschrift: § 13 Nr. 2 bei Zuwiderhandlung gegen Bedingungen, im übrigen § 13 Nr. 1. Zu § 8 : 1) Vgl. Anm. 13 zu § 184 StGB. Öffentlich: vgl. Anm. 4 zu § 2 . 2) Straf Vorschrift: § 13 Nr. 1. Zu § 9 : 1) Strafvorschrift: § 13 Nr. 3.

B II 14. Gesetz zur Regelung öffentl. Sammlungen usw. §§ 10, I i

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Behörde, soweit dies zur Überwachung und Prüfung der Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung notwendig ist 1. Geschäftsbücher, Schriften, Kassen- und Vermögensbestände prüfen oder durch öffentlich bestellte Sachverständige oder durch andere Personen prüfen lassen, 2. von den an der Geschäftsführung beteiligten Personen sowie von allen Angestellten und Beauftragten Auskunft über Angelegenheiten der Geschäftsführung und die Einreichung von Berichten und Rechnungsabschlüssen fordern, 3. Vertreter zu Versammlungen und Sitzungen entsenden. (2) Bei dringendem Verdacht unlauterer Geschäftsführung ist die zuständige Behörde zum Erlaß öffentlicher Warnungen befugt. § 10. [Treuhänderische Verwaltung bei Mißständen in gemeinnützigen Unternehmungen] (1) Vereinigungen, Stiftungen, Anstalten und sonstige Unternehmen, die eine öffentliche Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung (§§ 1 bis 6) durchführen und nach ihrer Bezeichnung, Satzung oder Zweckbestimmung gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen1), sowie Einrichtungen dieser Art, die von Einzelpersonen ausgehen, können von der zuständigen Behörde unter Verwaltung gestellt werden, wenn sich vorhandene erhebliche Mißstände nicht auf andere Weise beseitigen lassen. Die Entscheidung der Behörde ist endgültig. (2) Der Verwalter ist befugt, sich in den Besitz des unter Verwaltung gestellten Unternehmens zu setzen2) und Rechtshandlungen für das Unternehmen vorzunehmen. Er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Die Befugnisse des Inhabers des Unternehmens, seiner Bevollmächtigten und Organe für das Unternehmen ruhen. (3) Ist das Unternehmen in das Handels-, das Genossenschafts- oder das Vereinsregister eingetragen, so ist die Anordnung und die Aufhebung der Verwaltung auf Antrag des Verwalters in das Register einzutragen. (4) Der Verwalter führt die Geschäfte unter Aufsicht der Behörde. Mit Zustimmung der zuständigen Behörde kann er das Unternehmen auflösen. Über die Verwendung des Vermögens des aufgelösten Unternehmens entscheidet die zuständige Behörde 2 ). § 1 1 . [Durchführung von Sammlungen durch bestellte Verwalter] (1) Bei Unternehmen und Einzelpersonen, die nicht unter § 10 dieses Gesetzes fallen 1 ), kann die zuständige Behörde zur Durchführung der Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung einen Verwalter bestellen, wenn sich vorhandene erhebliche Mißstände nicht auf andere Weise beseitigen lassen2). Die Entscheidung der Behörde ist endgültig. Zu § 10: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 4. 2) Strafvorschrift: § 13 Nr. 4. Zu § 1 1 : 1) Also bei Unternehmungen, die nicht gemeinnützigen (mildtätigen) Zwecken dienen sowie bei Einzelpersonen, von denen keine gemeinnützigen (mildtätigen) Einrichtungen ausgehen. Während bei § 10 die eingesetzte Verwaltung das ganze Unternehmen erfaßt, beschränkt sich bei § 11 die Verwaltung auf die Durchführung der Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung. 2) Strafvorschrift: § 13 Nr. 4.

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B II 14. Ges. zur Regelung deröffentl. Sammlungen usw. §§ 12, 13

(2) Der Verwalter hat, soweit er Rechtshandlungen zur Durchführung der Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung vornimmt, die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Die Befugnisse des Sammlungsträgers, seiner Bevollmächtigten und Organe ruhen insoweit. (3) Der Verwalter führt die Geschäfte unter Aufsicht der Behörde. (4) Über die Verwendung des durch die Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung erzielten Ertrages entscheidet die zuständige Behörde 2 ). § 12. [Nachträgliche Zweckänderung] Sollen Mittel, die durch eine öffentliche Sammlung oder sammlungsähnliche Veranstaltung zusammengebracht sind1), einem anderen als dem genehmigten Zweck zugeführt werden, so bedarf dies der Genehmigung der zuständigen Behörde 2 ). § 13. [Strafvorschriften] Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft 1 ) 1. wer ohne die vorgeschriebene Genehmigung eine Veranstaltung der in den §§ 1 bis 6 bezeichneten Art ankündigt 2 ), durchführt oder bei ihrer Durchführung mitwirkt; 2. wer den Bedingungen, an die eine nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung geknüpft ist, zuwiderhandelt 3 ); 3. wer den gemäß § 9 angeordneten Maßnahmen innerhalb der gesetzten Frist nicht entspricht 4 ) oder wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht 5 ); 4. wer einer auf Grund der §§ 10 und 11 angeordneten Verwaltung Gegenstände ganz oder teilweise entzieht 6 ); 5. wer entgegen der Vorschrift des § 12 Mittel einem anderen als dem genehmigten Zweck oder einem Nichtberechtigten zuführt 7 ); 6. wer von einer Person, die bei der Durchführung der Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung tätig ist, die Abführung eines bestimmZ u § 12: 1) Fällt im Falle des § 4 die Veranstaltung endgültig aus, so ist der Veranstalter zur Rückzahlung des bereits vorher gezahlten Entgelts für die Teilnahme verpflichtet; der vereinnahmte Ertrag ist daher auch dann nicht d u r c h die Veranstaltung zusammengebracht, wenn eine Rückzahlung (mangels Rückforderung usw.) unterbleibt. Erbs Anm. 2. 2) Strafvorschrift: § 13 Nr. 5. Z u § 13: 1) Vorsatz ist erforderlich. Bedingter Vorsatz genügt (Ausnahme Ziff. 3 ,.wissentlich unrichtige . . . . macht"). 2) Vgl. § 8. 3) Vgl. § 7 Satz 2 (im übrigen fällt ein Handeln nach Erlöschen oder unter Überschreiten der Genehmigung unter Nr. 1). 4) Z. B. Geschäftsbücher nicht vorlegt, Auskünfte nicht erteilt, Vertreter (§ 9 Abs. 1 Nr. 3) nicht zu Versammlungen zuläßt. 5) Falls Auskünfte, Berichte und Rechnungsabschlüsse gefordert werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2). 6) In § 10 handelt es sich u m alle Gegenstände, die zu dem unter Verwaltung gestellten Unternehmen gehören (§ 10 Abs. 2 Satz 1), also nicht nur der Ertrag der Sammlung usw., sondern auch die darauf bezüglichen Unterlagen usw. Entziehungsgegenstand in § 11 sind alle Gegenstände, die mit der Durchführung der Sammlung in Zusammenhang stehen, z. B. der Ertrag, Außenstände, Unterlagen usw. „Entziehen" (vgl. § 137 StGB.) ist sowohl die Herausnahme aus dem Besitz des Verwalters gegen dessen Willen wie auch jede Maßnahme, die darauf abzielt, die Besitzergreifung durch den Verwalter zu vereiteln. 7) Vgl. Anm. 1 zu § 12.

B I I 14. Gesetz zur Regelung der öffentl. Sammlungen usw. §§ 14, 15

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ten Ertrages auch für den Fall verlangt, daß dieser Betrag nicht erzielt wird8). § 14. [Einziehung des E r t r a g s ungenehmigter S a m m l u n g e n ] (1) Der Ertrag 1 ) einer nicht genehmigten Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung ist einzuziehen. Zum Ertrag zählen auch Gegenstände und Rechte, die aus Mitteln der Sammlung oder sammlungsähnlichen Veranstaltung beschafft worden sind1). Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ist auf Einziehung selbständig zu erkennen, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen 2 ). (2) Ist eine Einziehung nicht möglich oder nicht durchführbar, so kann ein dem Wert des Ertrags entsprechender Geldbetrag für verfallen erklärt werden 3 ). (8) Über die Verwendung des eingezogenen Ertrages entscheidet die zuständige Behörde 4 ). § 15. [Ausnahmen von der Genehmigungspflicht] Dieses Gesetz gilt nicht für öffentliche Sammlungen und sammlungsähnliche Veranstaltungen, die durchgeführt werden 1. auf Anordnung der Reichsregierung oder einer obersten Reichsbehörde im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern, 2. auf Anordnung und für den Bereich einer Kreispolizeibehörde zur Steuerung eines durch unvorhergesehene Ereignisse herbeigeführten augenblicklichen Notstandes, 3. (gegenstandslos), 4. von einer christlichen 1 ) Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts bei Gottesdiensten in Kirchen und in kirchlichen Versammlungsräumen. 8) Es darf also der Veranstalter von einem Sammler nicht ein bestimmtes Sammelergebnis verlangen, so daß dieser, wenn er es nicht erreicht, den Unterschiedsbetrag aus eigener Tasche zahlen muß, oder, wenn er dies vermeiden will, zu einer unangemessenen Forcierung seiner Sammeltätigkeit veranlaßt wird. Zu § 14: 1) Ertrag ist alles, was dem Unternehmen aus der nicht genehmigten Sammlung zugeflossen ist, also der Bruttoertrag ohne Rücksicht darauf, ob im Zusammenhang mit der Sammlung entstandene Schulden noch unbeglichen sind. Die Einziehung ist ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse an dem Ertrag zulässig. Soweit jedoch ein als Täter oder Teilnehmer nicht beteiligter Dritter Eigentum erworben hat, ist die Einziehung nach allgemeinen Grundsätzen nur zulässig, wenn er die Zuwiderhandlung kannte oder kennen mußte oder von ihr einen Vorteil gehabt hat, dessen Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung ihm erkennbar war (vgl. Anm. 7 zu § 40 StGB.). 2) Abweichend von dem Grundsatz, daß eine selbständige Einziehung nur zulässig ist, wenn der Täter den gesamten äußeren und inneren Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllt hat, muß es für die Einziehung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 genügen, wenn der Täter den äußeren Tatbestand verwirklicht hat. Denn der Sinn der Vorschrift geht dahin, dem Veranstalter das ihm nicht zukommende Ergebnis der ungenehmigten Sammlung zu entziehen; damit wäre es unvereinbar, z. B. demjenigen, der fahrlässig eine Genehmigung für erteilt ansah und der deshalb mangels Vorsatzes nicht aus § 13 bestraft werden kann, den Ertrag zu belassen (ebenso Erbs Anm. 3). 3) Abs. 2 entspricht dem § 20 OWiG. — A 4 — . Die Einziehung ist nicht möglich, wenn ein Dritter an dem Ertrag Eigentum erworben hat und deshalb die Einziehung nach den Ausführungen in Anm. 1 unzulässig ist; sie ist nicht durchführbar, wenn der Einziehungsgegenstand, gleichviel ob mit oder ohne Verschulden, nicht mehr vorhanden oder nicht greifbar ist. Die Ersatzeinziehung ist sowohl neben einer Strafe wie im selbständigen Verfahren zulässig. Die Ersatzeinziehung ist eine echte Geldstrafe (vgl. dazu Anm. 4 zu § 20 OWiG.). 4) An dieser Vorschrift hat die VO. über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen v. 3. 9. 1936 — A 3 — nichts geändert (vgl. dort Anm. 5). Zu § 15: 1) Die Beschränkung auf c h r i s t l i c h e Religionsgemeinschaften ist mit Art. 3,4 GG. unvereinbar; Nr. 4 gilt demgemäß für alle Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts.

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§§ 16, 17. — B I I I 1. Gewerbeordnung. § 1

§ 16. [Durchführungsbestimmungen] Der Reichsminister des Innern erläßt im Benehmen mit den beteiligten Reichsministem die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungs vor Schriften. Er ist ermächtigt, bestimmte Unternehmen allgemein oder unter Bedingungen von der Vorschrift des § 5 dieses Gesetzes zu befreien. § 17. [Schlußbestimmung] (1) Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. 11. 1934 in Kraft. (2) Mit Wirkung vom gleichen Tage treten alle reichs- und landesgesetzlichen Vorschriften über die Genehmigung oder das Verbot öffentlicher Sammlungen oder sammlungsähnlichen Veranstaltungen, insbesondere die Bundesratsverordnung über Wohlfahrtspflege während des Krieges vom 15. 2. 1917 (RGBl. S. 143), §§14 und 19 der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. 2.1933 (RGBl. I S. 38) und Abschnitt II des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft (Spendengesetz) vom 24. 3. 1934 (RGBl. I S. 236) außer Kraft.

III. Handels- und Gewerberecht B III 1. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich Vom 21. Juni 1869 (in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1900, RGBl. S. 871 ff., erlassen auf Grund Art. 17 der Ermächtigungsnovelle vom 30. Juni 1900, RGBl. S. 321* ) (Auszug) I. Titel. Allgemeine

Bestimmungen

§ 1. [Gewerbefreiheit] (1) Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet 1 ), soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen 2 ) vorgeschrieben oder zugelassen sind 3 ). *) Ausf.Anw. z. GO. v. 1. Mai 1904 (GMB1. S. 123). Bekanntmachung vom 27. November 1896, betr. Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachungen vom 13. Januar 1909 und 4. März 1912 und der Verordnungen vom 13. März 1928, vom 6. Oktober 1930, 20. Mai 1933 und vom 12. August 1935 (RGBl. 1896 S. 745, 1909 S. 259, 1912 S. 189, 1933 I S. 288; RMB1. 1928 S. 89, 1930 S. 559, 1935 S. 725), für Westberlin s. Ges. über die Gewerbefreiheit vom 21. 10. 1949 (VOB1. S. 417). S c h r i f t t u m : Stenglein, Nebengesetze, Bd. II S. 906; Landmann-Romer 10. Aufl. 1952; Rohlfing-Kiskalt, Kommentar; Freiherr von Turegg, Gewerberecht; Boldt, GO. und Nebengesetze. Zu § 1: 1) Damit ist die Gewerbefreiheit ausgesprochen, die sich jedoch lediglich auf die Regelung der Zulassung zum Betriebe bezieht. Turegg S. 14. Einschränkende Zulassungsvoraussetzungen können sein: objektiv Bedürfnis und Betriebsunterlagen, subjektiv Sachkunde und Zuverlässigkeit. Die Bedürfnisprüfung, die zunächst der GO. fremd war, ist in einigen Bestimmungen vorgesehen, z. B. §§ 33a, 34, 42b, 47, 55. In der US-Zone wurde sie von der Besatzungsmacht verboten. Rohlfing-Kiskalt S. 25. Sie kann mit Art. 12 Abs. 1 GG. unvereinbar sein, (so z.B. bei Errichtung von Gaststätten; vgl. Anm. 8 zu § 1 Gaststättenges.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 2 — 5

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(2) Wer gegenwärtig zum Betrieb eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er den Erfordernissen dieses Gesetzes nicht genügt. § 2. [Stadt und Land] Die Unterscheidung zwischen Stadt und Land in bezug auf den Gewerbebetrieb und die Ausdehnung desselben hört auf. § 3. [Verschiedene Gewerbe] Der gleichzeitige Betrieb verschiedener Gewerbe sowie desselben Gewerbes in mehreren Betriebs- oder Verkaufsstätten ist gestattet. Eine Beschränkung der Handwerker auf den Verkauf der selbstverfertigten Waren findet nicht statt. § 4. [Zünfte und Korporationen] Den Zünften und kaufmännischen Korporationen steht ein Recht, andere von dem Betrieb eines Gewerbes auszuschließen, nicht zu. § 5. [Beschränkungen] In den Beschränkungen des Betriebs einzelner Gewerbe, welche auf den Zoll-1), Steuer-2) undPostgesetzen3) beruhen, wird durch das gegenwärtige Gesetz nichts geändert. — B I I I 7 — ; auf die in D R s p r . V 533 zusammengestellten Entscheidungen zu diesem Fragenbereich wird verwiesen. Zulassungsbeschränkungen in F o r m von Ausleseverfahren sind mit Art. 2, 12 G G . nur vereinbar, wenn sie im Interesse des Gemeinwohls, insbes. der öffentl. Sicherheit u. Gesundheit unbedingt erforderlich sind. O L G . Neustadt N J W . 1954, 850. Zum Gewerbe ist eine fortgesetzte T ä t i g k e i t erforderlich, die erkennbar das Ergebnis eines Entschlusses bildet, derartige Handlungen öfters zum Zwecke des Erwerbes vorzunehmen; vgl. Turegg S. 52. In einer Einzelhandlung kann ein Gewerbebetrieb nur dann gefunden werden, wenn sie erkennen läßt, daß andere Handlungen stattgefunden haben oder beabsichtigt werden. K G . J o h o w 23, 93. In jedem Falle muß die Tätigkeit auf Erzielung eines Gewinnes gerichtet sein, weshalb Kasinos und dergleichen kein Gewerbe betreiben, auch nicht K o n s u m vereine. K G . J o h o w 21 A 77. Aus diesem Grunde fallen die Urproduktion, K u n s t , Wissenschaft und die in § 6 aufgeführten Tätigkeiten nicht unter das Gewerbe. E i n e Tätigkeit, die lediglich im öffentlichen Interesse, also etwa vom S t a a t oder von den Gemeinden in Erfüllung ihrer Aufgaben ausgeübt wird, ist ebensowenig Gewerbeausübung wie eine Einrichtung, die nur gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. 2) E i n e polizeiliche Regelung des Gewerbebetriebes im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt ist nicht ausgeschlossen. P r O V G . B d . 75, 3 8 8 ; E . 7, 309. Landesrechtliche Vorschriften können die Polizei ermächtigen, die Eröffnung eines Gewerbebetriebes, wenn durch ihn die öffentliche Sicherheit, Ordnung und R u h e gestört wird, von vornherein für die Dauer der Gefährdung zu untersagen. R G . v. 28. 4. 1936 — I I I D 281/35. Gleiches gilt für die Schließung, z. B . eines Bestrahlungsinstitutes. O V G . H a m b u r g , Reger, E n t s c h . B d . 75, 145 Landesgesetzliche Vorschriften über die Art der Ausübung des Geschäfts eines Masseurs sind rechtsgültig. E . 37, 175. Polizeiliches Einschreiten gegen Schaufensterausstellungen ist zulässig, wenn durch sie Störungen des Straßenverkehrs herbeigeführt werden. P r O V G . D J Z . 35, 769. Ausrufen und Anpreisen von Waren auf den Straßen ist verboten, vgl. § 42 S t V O . unter B V I I I 2. 3) Verträge, durch welche sich ein K o n t r a h e n t dem anderen gegenüber Beschränkungen der Gewerbefreiheit unterwirft, sind der Regel nach ungültig, doch ist es für s t a t t h a f t erachtet, daß der eine K o n t r a h e n t sich verpflichtet, an einem bestimmten Orte und während einer bestimmten Zeit ein Gewerbe nicht zu betreiben, E Z . 1, 22, E Z . 53, 551 und Marienwerder D J Z . 12, 664. Z u § 5 : 1) Zollgesetz v. 20. 3. 1939 ( R G B l . I S. 529). 2) Branntwein-, T a b a k - und Zündwarensteuergesetz. 3) Postgesetz v. 28. 10. 1871 ( R G B l . S. 347).

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § G

§ 6. [Anwendungsbereich] (l) ) Das gegenwärtige Gesetz findet abgesehen von §§ 24 bis 24d keine Anwendung2) auf die Fischerei3), die Errichtung und Verlegung von Apotheken4), die Erziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen5), die advokatorische und Notariatspraxis 6 ), den Gewerbebetrieb der Auswanderungsunternehmer und Auswanderungsagenten7), der Versicherungsunternehmer8) und der Eisenbahnunternehmungen9), die Befugnis zum Halten öffentlicher Fähren und 1

Zu § 6: 1) § 6 Abs. 1 i. d. F. des Ges. zur Änderung der Titel I bis IV, VII und X der GO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). 2) Der Kreis der Ausnahmen ist erschöpfend festgestellt. Dresden J W . 61 (1932), 2918. Stenglein Nebenges. Anm. 18. Die Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Nebengewerbe fallen nicht unter die Bestimmungen der GO. (z. B. Flachsschwingerei). E. 18, 371; 22, 288. Treten die Nebengewerbe in die Reihe der selbständigen Gewerbebetriebe ein, so findet die GO. Anwendung. Vgl. E. 18, 371 und E. 36, 305. Nach KG. DJZ. 37, 1486 sind Müllerei und Bäckerei nur dann landwirtschaftliche Nebengewerbe, wenn sich diese Tätigkeiten zu einer allgemeinen Übung in der Landwirtschaft herausgebildet haben. Nach BayObLG. DRZ. 23 (1931) Nr. 623 ist gewerbsmäßiger Brotverkauf der Landwirte als Selbsterzeuger kein Nebenbetrieb; aber Nebenbetrieb ist der Verkauf von Fleischwaren in Markthallen durch einen Landwirt. Königsberg DRZ. 24 (1932) Nr. 237, Köln DRZ. 23 (1931) Nr. 625. Vgl. Anm. 6 zu § 16. Rein landwirtschaftliche Betriebe wie Gärtnereien unterstehen nicht der GO. RG. HRR. 1932 Nr. 420; wohl aber die gewerblich betriebenen.. R G J W . 51 (1922) S. 140, vgl. Anm. 6 zu § 105b. 3) Auch nicht auf den Absatz der gefangenen und gezüchteten Fische. KG. DJZ. 37, 1231. 4) Die Berufsverhältnisse der Apotheker sind in der Apothekerordnung v. 18. 4. 1937 (RGBl. S. 57), in der DVO. v. 8. 10. 1937 (RGBl. S. 1117) und der DVO. v. 26. 5. 1942 (RGBl. S. 347) geregelt. Diese Apothekerordnung ist geändert: in H a m b u r g durch Gesetz v. 28. 7. 1949 (GVB1. S. 131), in B a d e n durch Ges. v. 27. 5.1949 (GVB1. S. 267), in R h e i n l a n d P f a l z durch Ges. v. 12. 10. 1949 (GVB1. S. 507), in N i e d e r s a c h s e n durch Ges. v. 1. 12. 1950 (GVB1. S. 77). Für Bestallung und Prüfung sind die Bestallungsordnung v. 8. 10. 1937 (RGBl. I S. 1118) mit ÄnderungsVO. v. 25. 9. 1939 (RGBl. I S. 1939), v. 29. 8. 1941 (RGBl. I S. 546) und v. 19. 12. 1951 (BGBl. I S. 1007) und die Prüfungsordnung v. 18. 12. 1934 (RMB1. S. 769), in B a y e r n (GVB1. 1948 S. 102) (Änderung der Prüfungsordnung) maßgebend. Die unbefugte Errichtung und der Betrieb einer Apotheke durch den Approbierten ist durch §§ 29—47 der Apothekerordnung wie auch nach dem Landesrecht strafbar. Für Anlegung von Apotheken sind die Landesgesetze, für die Verleihung von Apotherkerbetriebsrechten ist der RdErl. des Min. d.i. v. 31. 5. 1939 maßgeblich. Badisches Gesetz v. 11. 9. 1898 (BadGVB1. S. 417). Bayerisches Apothekengesetz v. 1. 6. 1952 (BayGVBl. 1952 S. 353f.). 5) Darunter fällt nicht die gewerbsmäßige Erteilung von Unterricht zur Ausbildung von Kraftwagenführern. BayObLG. DRZ. 20 (1928) Nr. 838. OLG. Dresden ArchRpflSaTh. 1937, 70. 6) Der Beruf der Rechtsanwälte und Notare ist kein Gewerbe. Siehe Rechtsberatungsmißbrauchgesetz v. 13. 12. 1935 (RGBl. I S. 1478) unter B I I I 16. 7) Der Gewerbebetrieb dieser Personen ist geregelt durch das Ges. v. 9. 6. 1897 (RGBl. S. 463) nebst VO. v. 14. 2. 1924 (RGBl. I S. 107) und Bek. v. 1. 3. 1924 (RMB1. S. 97). Dazu Bek. über Auswandererschiffe v. 14. 3. 1898 (RGBl. S. 57), mehrfach geändert, zuletzt am 31. 7. 1922 (RGBl. I S. 903) und Ges. über Errichtung eines Bundesamts für Auswanderung v. 8. 5. 1952 (BGBl. I S. 289). 8) Siehe Ges. v. 6. 6. 1931 (RGBl. I S. 315) über die privaten Versicherungsunternehmungen mitÄnd. v. 5. 6. und 19. 9. 1931 (RGBl. I S. 279, 493) sowie v. 26. 5. 1933 (RGBl. I S. 295). Vgl. ferner Ges. über Befugnisse der Versicherungsaufsichtsbehörden v. 27. 11. 1934 (RGBl. I S. 1189). 9) Nach Bundesbahngesetz v. 13. 12. 1951 (BGBl. I S. 955), früher § 16 Abs. 5 des Ges. über die Deutsche Reichsbahngesellschaft v. 13. 3. 1930 (RGBl. II S. 369) finden auch die Vorschriften der GO. keine Anwendung auf den Betrieb der Bundesbahn. Bahnhofswirtschaften im Bereich der Bundesbahn unterliegen auch nicht den Vorschriften des Gaststättengesetzes (§ 27 unter B I I I 7.) Verkaufsstände (auch Warenautomaten) verlieren ihre Eigenschaft als Hilfsbetriebe der Eisenbahn noch nicht durch die bloße Möglichkeit einer Benutzung durch Nichtreisende. E. 58, 138; jedoch dann, wenn der Verkaufsstand nur zum kleineren Teile zur Befriedigung des Kaufsbedürfnisses der Reisenden benutzt wird oder sich auf dem Bahnhofsvorplatz befindet. KG. JFGErg. 5, 131. Verneint wurde das Vorliegen eines Nebenbetriebes bei einer seitens einer Straßenbahnunternehmens verpachteten Verkaufsstelle für

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 7

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die Rechtsverhältnisse der Schiffsmannschaften auf den Seeschiffen10). Auf das Bergwesen11), die Ausübung der Heilkunde12), den Verkauf von Arzneimitteln13), den Vertrieb von Lotterielosen und die Viehzucht14) findet das gegenwärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe ausdrückliche Bestimmungen darüber enthält. (2) Der Reichsminister des I n n e r n 1 6 ) bestimmt im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister 1 5 ), welche Apothekerwaren dem freien Verkehr zu überlassen sind16).

§ 7. [Aufhebung von Berechtigungen und Abgaben] (1) Vom 1. Januar 1873 ab sind, soweit die Landesgesetze solches nicht früher verfügen, aufgehoben: 1. die noch bestehenden ausschließlichen Gewerbeberechtigungen, das heißt die mit dem Gewerbebetriebe verbundenen Berechtigungen, anderen den Betrieb eines Gewerbes, sei es im allgemeinen oder hinsichtlich der Benutzung eines gewissen Betriebsmaterials, zu untersagen oder sie darin zu beschränken; T a b a k w a r e n , die zugleich W o c h e n k a r t e n f ü r die B a h n v e r k a u f t , sowie bei einem von einer P r i v a t b a h n 50 m von d e m Bahnhof a u ß e r h a l b des eingezäunten Bahnsteiges errichteten V e r k a u f s s t a n d e f ü r Süßigkeiten. K G . D J Z . 35, 438. E i n Bahnhofsfriseur ist den B e s t i m m u n g e n der GO. (HandwerksO.) über Lehrlingswesen unterworfen. J e n a J W . 59 (1930), 3110. 10) Siehe die SeemannsO. v. 2. 6. 1902 ( R G B l . S. 175), g e ä n d e r t durch Ges. v. 23. 3. 1903, 12. 5. 1904 (RGBl. S. 57 u n d 167), v. 16. 12. 1927 (RGBl. I S. 340), v. 30. 5. u n d 24. 12.1929 (RGBl. I I S. 383 u. 759) u n d 24. 7. 1930 (RGBl. I I S. 987). 11) D u r c h A r t . 67 Einführungsgesetz zum B G B . wird das gesamte Bergrecht dem Landesr e c h t vorbehalten. Landesgesetze sind z. B. P r e u ß . Allgem. Berggesetz v. 24. 6 . 1 8 6 5 m i t mehrfachen Ä n d e r u n g e n u n d E r g ä n z u n g e n ; Bayrisches Berggesetz v. 23. 8. 1910; Sächsisches allg. Berggesetz v. 31. 8. 1910; W ü r t t e m b e r g i s c h e s Berggesetz v. 7. 10. 1874; Badisches Berggesetz v. 22. 6. 1896; Thüringisches Berggesetz v. 14. 6. 1920. Einheitlich geregelt ist n u r das K n a p p schaftswesen d u r c h d a s K n a p p s c h a f t s g e s e t z v. 23. 6.1923 (RGBl. I S. 433). 12) Siehe § § 2 9 u n d 5 6 a A n m . 2, ferner A n m . 15 u n d P V O . v. 2 9 . 9 . 1 9 4 1 ( R G B l . I S. 87. 13) s. A n m . 9 zu § 367 S t G B . Ein n a c h den Vorschriften des Arzneibuchs, Ges. v. 22. 3. 1952 (BGBl. I S. 145) und des Weingesetzes hergestellter Kognak ist ein Arzneimittel. J o h o w 46 S. 333. 14) Zur Viehzucht, die als U r p r o d u k t i o n kein Gewerbe ist, gehört nicht die Kanarienvogelzucht. H a m b u r g H R R . 1931 Nr. 87 u. 1932 Nr. 419. 15) An die Stelle der Reichsminister sind nach A r t . 74 Nr. 19, 83, 129 GG. die obersten L a n d e s b e h ö r d e n getreten. 16) Die F a s s u n g des Abs. 2 b e r u h t auf der VO. v. 23. 12. 1939 (RGBl. 1940 I S. 21). Auf G r u n d des f r ü h e r e n Abs. 2 ist die (Kaiserliche) VO. v. 22. 10. 1901 ( R G B l . S. 380) b e t r . den Verkehr mit Arzneimitteln ergangen, deren letzte F a s s u n g auf der VO. v. 4. 10. 1933 ( R G B l . I S. 721) b e r u h t ; auf G r u n d des Abs. 2 ist ferner ergangen die VO. über den V e r k e h r mit Arzneimitteln usw., die der ärztlichen Verschreibungspflicht unterliegen, v. 13. 3. 1941 ( R G B l . I S. 136) i . d . F . des Ges. über die A u f h e b u n g einiger Polizeiverordnungen auf d e m Gebiete des Verkehrs mit Arzneimitteln v. 30. 6. 1952 (BGBl. I S. 349), die f ü r rezeptpflichtige Arzneimittel den A p o t h e k e r z w a n g u n a b h ä n g i g v o m Verwendungszweck eingeführt h a t . Die in der VO. v. 1901 a u f g e f ü h r t e n nicht rezeptpflichtigen Zubereitungen unterliegen dem Apot h e k e r z w a n g der VO. nur, w e n n sie als Heilmittel feilgehalten oder v e r k a u f t werden, n i c h t wenn sie Desinfektionsmittel sind, P r e u ß O V G . , E . 94, 202 u n d Reger, E n t s c h . Bd. 56, 25 (daselbst auch Begriffsbestimmung des Desinfektionsmittels); B a d V G H . Reger, E n t s c h . B d . 56, 161. An landesrechtlichen Vorschriften sind ergangen: B a y e r n , VO. v. 20. 10. 1949 über den Verkehr m i t Geheimmitteln u n d ähnlichen Arzneimitteln (GVB1. 1949 S. 273); W ü r t t e m b e r g - B a d e n Ges. v. 19. 12. 1951 betr. Arzneimittel u n d Apothekenwesen (RegBl. 1951 S. 113); Bremen, VO. v. 25. 10. 1946 u n d VO. v. 21. 7. 1950 (GBl. 1946 S. 103 u. 1950 S. 88 sowie 1951 S. 60 u. 66); Niedersachsen, VO. v. 13. 8.1946 - ABl. S. 67); Berlin, VO. v. 5. 4.1951 — GVB1. 1951 S. 315 u. VO. v. 5. 3. 1952 — GVB1. S. 129).

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 8, 9

2. die mit den ausschließlichen Gewerbeberechtigungen verbundenen Zwangsund Bannrechte, mit Ausnahme der Abdeckereiberechtigungen1); 3. alle Zwangs- und Bannrechte, deren Aufhebung nach dem Inhalte der Verleihungsurkunde ohne Entschädigung zulässig ist; 4. sofern die Aufhebung nicht schon infolge dieser Bestimmungen eintritt, oder sofern sie nicht auf einem Vertrage zwischen Berechtigten und Verpflichteten beruhen: a) das mit dem Besitz einer Mühle, einer Brennerei oder Brenngerechtigkeit, einer Brauerei oder Braugerechtigkeit, oder einer Schankstätte verbundene Recht, die Konsumenten zu zwingen, daß sie bei den Berechtigten ihren Bedarf mahlen oder schroten lassen, oder das Getränk ausschließlich von denselben beziehen (der Mahlzwang, der Branntweinzwang oder der Brauzwang); b) das städtischen Bäckern oder Fleischern zustehende Recht, die Einwohner der Stadt, der Vorstädte oder der sogenannten Bannmeile zu zwingen, daß sie ihren Bedarf an Gebäck oder Fleisch ganz oder teilweise von jenen ausschließlich entnehmen; 5. die Berechtigungen, Konzessionen zu gewerblichen Anlagen oder zum Betriebe von Gewerben zu erteilen, die dem Fiskus, Korporationen, Instituten oder einzelnen Berechtigten zustehen; 6. vorbehaltlich der an den Staat und die Gemeinde zu entrichtenden Gewerbesteuern, alle Abgaben, welche für den Betrieb eines Gewerbes entrichtet werden, sowie die Berechtigung, dergleichen Abgaben aufzuerlegen. (2) Ob und in welcher Weise den Berechtigten für die vorstehend aufgehobenen ausschließlichen Gewerbeberechtigungen, Zwangs- und Bannrechte usw. Entschädigungen zu leisten ist, bestimmen die Landesgesetze. § 8. [Ablösungen] (1) Von dem gleichen Zeitpunkt (§ 7) ab unterliegen, soweit solches nicht von der Landesgesetzgebung schon früher verfügt ist, der Ablösung: 1. diejenigen Zwangs- und Bannrechte, welche durch die Bestimmungen des § 7 nicht aufgehoben sind, sofern die Verpflichtung auf Grundbesitz haftet, die Mitglieder einer Korporation als solche betrifft, oder Bewohnern eines Ortes oder Distrikts vermöge ihres Wohnsitzes obliegt; 2. das Recht, den Inhaber einer Schankstätte zu zwingen, daß er für seinen Wirtschaftsbedarf das Getränk aus einer bestimmten Fabrikationsstätte entnehme. (2) Das Nähere über die Ablösung dieser Rechte bestimmen die Landesgesetze. § 9. [Streitigkeiten über Aufhebung oder Ablösung] (1) Streitigkeiten darüber, ob eine Berechtigung zu den durch die §§ 7 und 8 aufgehobenen oder für ablösbar erklärten gehört, sind im Rechtswege zu entscheiden1). Zu § 7 : 1) Die noch bestehenden Abdeckereiberechtigungen sind durch § 12 des am 1 . 4 . 1 9 3 9 in Kraft getretenen TierkörperbeseitigungsG v. 1.2.193!) (RGBl. I S. 187) aufgehoben worden. Zu § 9 : 1) D. i. der Zivilrechtsweg.

B III 1. Gewerbeordnung. §§ 10—12

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(2) Jedoch bleibt den Landesgesetzen vorbehalten, zu bestimmen, von welchen Behörden und in welchem Verfahren die Frage zu entscheiden ist, ob oder wie weit eine auf einem Grundstücke haftende Abgabe eine Grundabgabe ist, oder für den Betrieb eines Gewerbes entrichtet werden muß. § 10. [Kein Neuerwerb] (1) Ausschließliche Gewerbeberechtigungen 1 ) oder Zwangs- und Bannrechte, welche durch Gesetz aufgehoben oder für ablösbar erklärt worden sind, können fortan nicht mehr erworben werden. (2) Realgewerbeberechtigungen 2 ) dürfen fortan nicht mehr begründet werden. § 11. [Gleichberechtigung der Geschlechter] (1) Das Geschlecht begründet in Beziehung auf die Befugnis zum selbständigen Betrieb eines Gewerbes keinen Unterschied 1 ). § IIa.

[Ehefrau]

(1) Betreibt eine Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhältnisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Inlande selbständig ein Gewerbe, so ist es auf ihre Geschäftsfähigkeit in Angelegenheiten des Gewerbes ohne Einfluß, daß sie Ehefrau ist. (2) Soweit die Frau infolge des Güterstandes in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt ist, finden die Vorschriften des § 1405 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Hat die Frau ihren Wohnsitz nicht im Inlande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Gewerbes und der Widerruf der erteilten Einwilligung in das Güterrechtsregister des Bezirks einzutragen, in welchem das Gewerbe betrieben wird. (3) Betreibt die Frau das Gewerbe mit Einwilligung des Mannes oder gilt die Einwilligung nach § 1405 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als erteilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetrieb ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die dem Manne kraft des Güterstandes zustehenden Rechte; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen. § 12. [Ausländer, Beamte] 1

(1) ) Die Zulassung einer ausländischen juristischen Person zum Gewerbebetrieb im Inland bedarf der Genehmigung des Reichswirtschaftsministers und des sonst zuständigen Reichsministers 2 ) Bestimmungen in Staatsverträgen bleiben unberührt. (2) Diejenigen Beschränkungen, welche in betreff des Gewerbebetriebs für Personen des Soldaten- und Beamtenstandes sowie deren Angehörige bestehen, werden durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt. Z u § 1 0 : 1) Das sind Monopole. 2) Realgewerberechtigung ist ein an ein bestimmtes Grundstück gebundenes Recht zur Ausübung eines Gewerbes. Rohlfing-Kiskalt, Anm. 2. Z u § 11: 1) Vgl. auch Art. 3 GG. 2) Durch Art. 36 des EG. zum BGB. ist der Abs. 2 des § 11 aufgehoben und statt dessen § I I a eingeschoben. Z u § 12: 1) Abs. 1 beruht auf § 27 des EinfG. z. AktienG. v. 30. 1. 1937 (RGBl. I S. 166).

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 13, 14

§ 13. [Bürgerrecht]1) (1) Von dem Besitze des Bürgerrechts soll die Zulassung zum Gewerbebetrieb in keiner Gemeinde und bei keinem Gewerbe abhängig sein. (2) Nach dem begonnenen Gewerbebetrieb ist, soweit dies in der bestehenden Gemeinde Verfassung begründet ist, der Gewerbetreibende auf Verlangen der Gemeindebehörde nach Ablauf von drei Jahren verpflichtet, das Bürgerrecht zu erwerben. Es darf jedoch in diesem Falle von ihm das sonst vorgeschriebene oder übliche Bürgerrechtsgeld nicht gefordert werden und ebenso nicht verlangt werden, daß er sein anderweit erworbenes Bürgerrecht aufgebe.

II. Titel.

Stehender

Gewerbebetrieb

I. Allgemeine Erfordernisse*) § 14. [Anzeigepflicht] (l) 1 ) Wer den selbständigen 2 ) Betrieb eines stehenden Gewerbes3) anfängt 4 ), muß der für den Ort, wo solches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde5) gleichzeitig Anzeige davon machen 6 ). Das gleiche gilt, wenn der Gegen2) An die Stelle der Reichsminister sind die obersten Landesbehörden getreten. Art. 7 t Nr. 11, 83, 129 GG. Zu § 13: 1) Vgl. Art. 2, 12 GG. *) Vergleiche Gesetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. 5. 1933 (RGBl. I S. 262) i. d. F. des Ges. v. 27. 6. und 13. 12. 1934 (RGBl. I S. 523, 1241) und v. 9. 5. 1935 (RGB1.I S. 589), ferner die DVO. v. 23. 7. 1934 (RGBl. I S. 726) und die VO. zur Beseitigung der Ubersetzung im Einzelhandel v. 16. 3. 1939 (RGBl. I S. 498) nebst Durchführungsanordnungen vom gleichen Tage und v. 23. 12. 1939 (RGBl. I S. 499, 2504). Zu § 14: 1) Abs. 1 i. d. F. des ÄnderungsG. der Titel I bis IV, VII und X der GO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 1. 2) Selbständig ist jeder Gewerbebetrieb, welcher für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit betrieben wird, auch wenn der Eigentümer des Lokals dem Gewerbetreibenden bezüglich der Art und des Umfanges des Betriebes vertragsgemäß gewisse Beschränkungen auferlegt haben sollte. KG. Johow 7, 207. Die Erteilung einer Schankerlaubnis ist für den Begriff nicht bestimmend. Posen GA. 60, 333. Der Betrieb einer Warenhauskantine gehört nicht hierher. D J Z . 7, 582. Gewerbsmäßiges Vermieten von Wohnungen liegt nicht vor, wenn die Vermietung nur erfolgt, um die Kosten der eigenen Wohnung zu verringern. Hamburg DRZ. 24 (1932) Nr. 238. Wer ein Gewerbe ohne Auftrag und ohne Vorwissen eines anderen betreibt, haftet auch dann als selbständiger und allein verantwortlicher Unternehmer, wenn er den Gewinn diesem anderen zuwendet (Lagerhalter eines Konsumvereins). KG. D J Z . 11, 265. Ein Architekt und Bauleiter, der nebenher Grundstücksverwaltungen betreibt, braucht letztere nicht anzumelden. Hamburg J W . 63 (1934) 1304. 3) Zur Unterscheidung vom ambulanten Gewerbe (§ 55) und zum Marktverkehr (§ 64) ist der stehende Gewerbebetrieb ein solcher, den jemand innerhalb seines Wohnorts in den üblichen Formen = auch von Haus zu Haus, ausübt. Zum Betriebe eines stehenden Gewerbes ist eine Gewerbsanlange nicht erforderlich. E. 11,309. Siehe auch RG. GA. 58, 255. Die wichigsten Papiere für stehenden Gewerbebetrieb sind:der Stadthausierschein: § 42b GO., der Legitimationsschein § 43 GO. (beim Handel mit Druckschriften), die Legitimationskarte § 44a, die Gewerbelegitimationskarte: § 44a Abs. 6 GO. 4) Der Anfang selbständigen Gewerbebetriebs liegt z. B. in der Zeitungsanzeige, in der sich jemand zu Leistungen anbietet. Kiel H R R . 1933 Nr. 1631. 5) Für die Entgegennahme der Anzeigen sind zuständig in: Baden: Ortspolizeibehörde (Bürgermeister bzw. Polizeidirektion) Ges. v. 23. 12. 1883; Bayern: Gemeindebehörde 29. 3. 1892; Bremen: Stadt- und Polizeiamt; Hamburg: Bezirksämter; Hessen: Gemeindevorstand Ges. v. 20. 3.1912; Niedersachsen: Gemeindevorstand, im früheren Lande Braunschweig: Ortspolizeibehörde ; Nordrhein-Westfalen: Verwaltungen der Ämter und der amtsfreien Gemeinde; Rheinland-Pfalz: Gemeindevorstand; Württemberg-Baden: Bürgermeisteramt Ges. v. 9. 11.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 15, 15a

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stand des Gewerbebetriebes gewechselt oder auf Waren oder Leistungen ausgedehnt wird, die bei Gewerbebetrieben dieser Art nicht geschäftsüblich sind, oder wenn der Gewerbebetrieb aufgegeben wird. (2) Außerdem hat, wer Versicherungen für eine Mobiliar- oder ImmobiliarFeuerversicherungsanstalt als Agent oder Unteragent vermitteln will, bei Übernahme der Agentur, und derjenige, welcher dieses Geschäft wieder aufgibt, oder welchem die Versicherungsanstalt den Auftrag wieder entzieht, innerhalb der nächsten acht Tage der zuständigen Behörde seines Wohnorts davon Anzeige zu machen. Buch- und Steindrucker, Buch- und Kunsthändler, Antiquare, Leihbibliothekare, Inhaber von Lesekabinetten, Verkäufer von Druckschriften, Zeitungen und Bildern haben bei der Eröffnung ihres Gewerbebetriebs das Lokal desselben sowie jeden späteren Wechsel des letzteren spätestens am Tage seines Eintritts der zuständigen Behörde ihres Wohnorts anzugeben7). § 15. [Empfangsbescheinigung, polizeiliche Verhinderung] (1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige. (2) Die Fortsetzung des Betriebs kann polizeilich verhindert werden1), wenn ein Gewerbe, zu dessen Beginn eine besondere Genehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung begonnen wird2). § 15 a 1 ). [Name. Firma] (1) Gewerbetreibende, die eine offene Verkaufsstelle2) haben oder eine Gastoder SchankWirtschaft betreiben, sind verpflichtet, ihren Familiennamen mit min1883; Württemberg-Hohenzollern: Bürgermeisteramt; West-Berlin: siehe § 6 Abs. 2 des Ges. v. 21. 10. 1949 in Anm. 1 zu § 1. 6) Die Anzeige muß für jeden Gewerbebetrieb besonders gemacht werden und dieser muß selbständig sein, E. 71, 190. Auch das Betriebslokal muß bezeichnet werden. OVG. E. 11, 318. Ob bei Erweiterungen des bestehenden Betriebes oder Beginn eines zweiten Betriebes Neuanmeldung erforderlich ist, darüber besagt das Gesetz nichts; jedenfalls dann ist aber keine Neuanmeldung nötig, wenn der Gewerbebetrieb nach außen hin dieselbe Einheit bleibt und der Zusammenhang mit dem bisherigen Betrieb gewahrt bleibt, OVG Hamburg. Reger, Entsch. 1937 Bd. 57, 4; dasselbe gilt beim Anfang neuen wesensverwandten Gewerbezweiges,Dresden JW.63 (1934), 996. Anzeigepflichtig ist auch das Gewerbe eines Darlehengebers. J W . 57 (1928), 2637; desgl. eines auf Gewinn gerichteten freien wissenschaftlichen Berufs (Einpaukers). Naumburg DRZ. 20 (1928) Nr. 864. Ebenso das Versteigerergewerbe, § 24 Abs. 3 der DurchfVO. z. Versteigererges. v. 30. 10. 1934 (RGBl. I, 1091); vgl. Anm. 7 zu § 35. Der Gewerbetreibende, nicht der verantwortl. Leiter ist zur Anzeige verpflichtet. Dresden J W . 61 (1932), 1672. Nicht anzeigepflichtig ist der verbotene Gewerbebetrieb. Dresden LZ. 27 (1933), 64. Anmeldepflicht besteht selbständig neben der des § 35 Abs. 7 BayObLG. JW. 63 (1934), 1178. Unabhängig von § 14, besteht die Meldepflicht an das Finanzamt § 165 Abs. 2 RAbgO. 7) Der Inhaber eines Vergnügungsetablissements betreibt durch den Verkauf von Ansichtspostkarten kein von seinem Wirtschaftsbetrieb getrenntes Gewerbe. Celle GA. 49 S. 356. Zu § 15: 1) Siehe über die Wegnahme von Gasthausschildern. PrOVG. Bd. 1, 319. Auch ein noch nicht begonnener Betrieb kann gehindert werden. Über den von der Polizeibehörde auszuübenden Zwang siehe PrOVG. Bd. 2. 295 u. Bd. 5, 278 sowie Bd. 32, 290, wo die Unzulässigkeit der Verbindung von Zwangsmitteln ausgesprochen wird. Ein Zwang durch Versiegelung der Gewerberäume, um die Fortsetzung des Betriebes zu hindern, ist s t a t t h a f t . E. 22, 5. 2) Der frühere § 15 Abs. 2 Satz 2 ist durch KRG. v. 20. 9. 1945 Art. I l q hinfällig geworden. Zu § 15 a: 1) Abs. 1 bis 3 i. d. F. des ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 19. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 14. 2) S. Anm. 4 zu § 41a, auch § 22 AZO. unter B V 5. 36

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B III 1. Gewerbeordnung. § 16

destens einem ausgeschriebenen Vornamen 3 ) an der Außenseite oder am Eingang der offenen Verkaufsstelle oder der Gast- oder Schankwirtschaft in deutlich lesbarer Schrift anzubringen 4 ). (2) Kaufleute, die eine Firma führen, haben außerdem ihre Firma in der in Absatz 1 bezeichneten Weise anzubringen; ist aus der Firma der Familienname des Geschäftsinhabers mit einem ausgeschriebenen Vornamen zu ersehen, so genügt die Anbringung der Firma. (3) Auf offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien finden diese Vorschriften mit der Maßgabe Anwendung, daß für die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter gilt, was in betreff der Namen der Gewerbetreibenden bestimmt ist. Juristische Personen, die eine offene Verkaufsstelle haben oder eine Gast- oder Schankwirtschaft betreiben, haben ihre Firma oder ihren Namen in der in Absatz 1 bezeichneten Weise anzubringen. (4) Sind mehr als zwei Beteiligte vorhanden, deren Namen hiernach in der Aufschrift anzugeben wären, so genügt es, wenn die Namen von zweien mit einem das Vorhandensein weiterer Beteiligter andeutenden Zusatz aufgenommen werden. Die Polizeibehörde kann im einzelnen Falle die Angabe der Namen aller Beteiligter anordnen.

II. Erfordernis besonderer Genehmigung 1. A n l a g e n , w e l c h e e i n e r b e s o n d e r e n G e n e h m i g u n g b e d ü r f e n

§ 161). [Genehmigungspflichtige Anlagen] (1) Zur Errichtung von Anlagen 2 ), welche durch die örtliche Lage oder die Beschaffenheit der Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum überhaupt erhebliche Nachteile,Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können, ist die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde erforderlich. (2) Es gehören dahin: Schießpulverfabriken 3 ), Anlagen zur Feuerwerkerei 4 ) und zur Bereitung von Zündstoffen aller Art 5 ), Gasbereitungs- und Gasbewahrungsanstalten, Anstalten 3) Die Inhaber eines fremdsprachlichen Vornamens sind nicht verpflichtet, ihn in deutscher Form zu führen. Marienwerder GA. 51, 72. Für den Familiennamen ist maßgebend die ursprüngl. deutsche Namensform, die ev. das Gericht zu ermitteln hat. KG. GA. 77, 221. 4) Die Anschrift darf weder klein und versteckt, noch undeutlich, z. B. auf Pappkarton erfolgen. Erl. d. RWiMin. v. 16. 4. 1931. — HG. 743. Eine Ehefrau darf neben ihrem Namensschild nicht auch noch das Schild ihres Mannes als des früheren Geschäftsinhabers am Laden belassen. Dresden LZ. 21 (1927) 1165. Z u § 16: 1) Fassung beruht auf § 14 Abs. 2 des am 1. April 1939 in Kraft getretenen TierkörperbeseitigungsG. v. 1. 2. 1939 (RGBl. I S. 187). — Strafvorschrift: § 147 Abs. 1 Nr. 2 . 2) Eine Anlage ist nur dann anzunehmen, wenn sie auf eine gewisse längere Dauer einem Gewerbebetriebe zu dienen hat. Eine Ausrüstung mit bestimmtenWerkzeugen ist nicht erforderlich. RG. JW. 53 (1924), 1171. Durch die Genehmigung der Anlage im Sinne der GewO. wird die Genehmigung in bau- und feuerpolizeilicher Hinsicht nicht erübrigt. EZ. 11, 185. Die Genehmigung muß vor Beginn der Herrichtung der Anlage nachgesucht werden; sobald mit der letzteren begonnen, ist die Strafe verwirkt. Stenglein, Nebenges. Anm. 5. — § 16 bezieht sich nicht auf Anlagen, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen. KG. GewArch. 7, 546; wohl aber auf solche Anlagen, die Gemeinden für eigenen Bedarf errichten. OVG. GA. 65, 561. Vgl. auch § 22a. 3) S. Sprengstoffges. unter B II 7. 4) Zur Feuerwerkerei gehört auch die Anfertigung von Metallpatronen. Darunter fällt Kriegs- und Ernstfeuerwerk; vgl. EZ. 104, 81. 5) Nach § 40 des Z ü n d w a r e n m o n o p o l g e s e t z . v. 29. 1. 1930 (RGBl. I S. 11) — DurchfB. v. 27. 4. 1930 (RGBl. I S. 176) — wird, wer vorsätzlich, ohne dazu nach diesem

B III 1. Gewerbeordnung. § 16

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zur Destillation von Erdöl, Anlagen zur Bereitung von Braunkohlenteer, Steinkohlenteer und Koks, sofern sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Glas- und Rußhütten, Kalk-, Ziegel- und Gipsöfen, Anlagen zur Gewinnung roher Metalle, Röstöfen, Metallgießereien, sofern sie nicht bloße Tiegelgießereien sind, Hammerwerke, chemische Fabriken aller Art, Schnellbleichen, Firnissiedereien, Stärkefabriken, mit Ausnahme der Fabriken zur Bereitung von Kartoffelstärke, Stärkesyrupfabriken, Wachstuch-, Darmsaiten-, Dachpappen- und Dachfilzfabriken, Leim-, Tran- und Seifensiedereien, Knochenbrennereien, Knochendarren, Knochenkochereien und Knochenbleichen, Zubereitungsanstalten für Tierhaare, Talgschmelzen, Schlächtereien 6 ), Gerbereien, Tierkörperbeseitigungsanstalten 7 ), Poudretten- und Dungpulverfabriken, Stauanlagen für Wassertriebwerke (§ 23), Hopfen-Schwefeldörren, Asphaltkochereien und Pechsiedereien, soweit sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Strohpapierstoffabriken, Darmzubereitungsanstalten, Fabriken, in welchen Dampfkessel oder andere Blechgefäße durch Vernieten hergestellt werden8), Kalifabriken und Anstalten zum Imprägnieren von Holz mit erhitzten Teerölen, Kunstwollefabriken, Anlagen zur Herstellung von Zelluloid und Degrasfabriken, die Fabriken, in welchen Röhren aus Blech durch Vernieten hergestellt werden, sowie die Anlagen zur Erbauung eiserner Schiffe, zur Herstellung eiserner Brücken oder sonstiger eiserner Baukonstruktionen, die Anlagen zur Destillation oder zur Verarbeitung von Teer und von Teerwasser, die Anlagen, in welchen aus Holz oder ähnlichem Fasermaterial auf chemischem Wege Papierstoff hergestellt wird (Zellulosefabriken), die Anlagen, in welchen Albuminpapier hergestellt wird, die Anstalten zum Trocknen und Einsalzen ungegerbter Tierfelle sowie die Verbleiungs-, Verzinnungs- und Verzinkungsanstalten, die Anlagen zur Herstellung von Gußstahlkugeln mittelst Kugelschrotmühlen (Kugelfräsmaschinen), die Anlagen zur Herstellung von Zündschnüren und von elektrischen Zündern. (3) Das vorstehende Verzeichnis kann, je nach Eintritt oder Wegfall der im Eingange gedachten Voraussetzung, durch Beschluß des Bundesrats, vorbehaltlich der Genehmigung des nächsten Reichstags 9 ), a b g e ä n d e r t w e r d e n .

Ges. berechtigt zu sein, Zündwaren herstellt oder entgegen diesem Ges. Zündwaren vertreibt oder erwirbt, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Der Versuch ist strafbar. Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Nach § 41 wird mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich einen anderen als den gemäß § 31 des Ges. festgesetzten Kleinverkaufspreis fordert oder sich von einem anderen gewähren oder versprechen läßt. Die Vorschriften der GewO. über die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Zündwaren bleiben unberührt; auch im übrigen finden die Vorschriften der GewO. insoweit Anwendung, als sie nicht den Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen (§ 39). 6) Eine Schlächterei setzt keine besondere bauliche Anlage voraus. R. 8, 764. Der Verkauf selbstgemästeter und selbstgeschlachteter Schweine ist ein Nebenbetrieb der Landwirtschaft. Celle J W . 57 (1928), 2481. Marienwerder J W . 61 (1932), 1595. Braunschweig H R R . 1933 Nr. 1724 (auch Brotbacken). A. M. BayObLG. J W . 59 (1930), 2440. Köln DRZ. 23 (1931) Nr. 625; nach KG. J F G E r g . 9, 241 nur dann, wenn bes. Umstände des Betriebs die Art der Verwertung des Fleisches an Stelle des üblichen Verkaufs des lebenden Viehs notwendig machen. Nach Üblichkeit zu entscheiden. Dresden. J W . 63 (1934), 1435. — Fisch- u. Geflügelschlächtereien gehören nicht hierher. PrOVG. Bd. 32, 248. 7) Vgl. das Tierkörperbeseitigungsges. v. 1. Febr. 1939 (RGBl. I S. 187), durch das die unschädliche Beseitigung von Tierkörpern gefallener oder totgeborener, nicht zum Genüsse für Menschen getöteten Einhufern, Tieren des Rindergeschlechtes, Schweinen, Schafen, Ziegen und Hunden einheitlich geregelt wird. Strafbestimmung in § 16. Erste DurchVO. v. 23. Febr. 1939 (RGBl. I S. 332), zweite v. 17. April 1939 (RGBl. I S. 807). 8) Dahin gehören auch Anlagen zur Reparatur von Dampfkesseln durch Vermieten usw. KG. GA. 43, 141. 9) Nunmehr ist nach Art. 129 Abs. 1 GG. die Bundesregierung als zuständig anzusehen, die nach Art. 80 Abs. 2 GG. der Zustimmung des Bundesrats bedarf. Bezüglich elektrischer 36*

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 17—19a

§ 17. [Genehmigungsantrag] (1) Dem Antrag auf die Genehmigung einer solchen Anlage müssen die zur Erläuterung erforderlichen Zeichnungen und Beschreibungen beigefügt werden 1 ). (2) Ist gegen die Vollständigkeit dieser Vorlagen nichts zu erinnern, so wird das Unternehmen mittelst einmaliger Einrückung in das zu den amtlichen Bekanntmachungen der Behörde (§ 16) bestimmte Blatt zur öffentlichen Kenntnis gebracht, mit der Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die neue Anlage binnen vierzehn Tagen anzubringen. Die Frist nimmt ihren Anfang mit dem Ablauf des Tages, an welchem das die Bekanntmachung enthaltende Blatt ausgegeben worden, und ist für alle Einwendungen, welche nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen 2 ), präklusivisch. § 18. [Prüfung] Werden keine Einwendungen angebracht, so hat die Behörde zu prüfen, ob die Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für das Publikum herbeiführen könne. Auf Grund dieser Prüfung, welche sich zugleich auf die Beachtung der bestehenden bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften erstreckt, ist die Genehmigung zu versagen, oder, unter Festsetzung der sich als nötig ergebenden Bedingungen1) zu erteilen. Zu den letzteren gehören auch diejenigen Anordnungen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen Gefahr für Gesundheit und Leben notwendig sind. Der Bescheid ist schriftlich auszufertigen und muß die festgesetzten Bedingungen enthalten; er muß mit Gründen versehen sein, wenn die Genehmigung versagt oder nur unter Bedingungen erteilt wird. § 19. [Einwendungen Dritter] (1) Einwendungen, welche auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen 1 ), sind zur richterlichen Entscheidung zu verweisen, ohne daß von der Erledigung derselben die Genehmigung der Anlage abhängig gemacht wird. (2) Andere Einwendungen dagegen sind mit den Parteien vollständig zu erörtern. Nach Abschluß dieser Erörterung erfolgt die Prüfung und Entscheidung nach den im § 18 enthaltenen Vorschriften. Der Bescheid ist sowohl dem Unternehmer als dem Widersprechenden zu eröffnen. § 19 a. [Bauliche Anlagen] In dem Bescheide kann dem Unternehmer auf seine Gefahr, unbeschadet des Rekursverfahrens (§ 20), die unverzügliche Ausführung der baulichen Anlagen gestattet werden, wenn er dies vor Schluß der Erörterung beantragt. Die Gestattung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Anlagen siehe § 12 des Ges. v. 6. April 1892 (RGBl. S. 467). Nicht fallen hierunter Sauggasanlagen. D J Z . 11, 90. Zu § 17: 1) Der Unternehmer, der es fahrlässig unterlassen hat, eine zur Sicherheit der Arbeiter erforderliche Schutzvorrichtung anzubringen, kann sich nicht mit dem Einwände schützen, daß die ihm erteilte Konzession die Herstellung einer solchen Vorrichtung nicht vorgeschrieben habe. E. 18, 73. Geht die Anlage auf einen neuen Erwerber über und vermietet dieser dieselbe an einen Dritten, so bleibt er für die Innehaltung der Konzessionsbedingungen verantwortlich. KG. GA. 37, 455. Die Einwendungen müssen sich gegen die geplante Anlage richten. SächsOVG. D J Z . 9, 1096. 2) Nicht hierher sind die auf dem Nachbarrecht (§§ 906, 907, 1007 BGB.) beruhenden Einwendungen zu rechnen. S. § 26. Zu § 18: 1) Zulässig ist der Vorbehalt nachträglicher Anordnungen. § 18 Ziff. 5 Abs. 4. Zu § 19: 1) S. Anm. 2 zu § 17.

Landmann-Rohmer

B III 1. Gewerbeordnung. §§ 20—22

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§ 20. [Rekurs] (1) Gegen den Bescheid ist Rekurs 1 ) an die nächstvorgesetzte Behörde zulässig, welcher bei Verlust desselben binnen vierzehn Tagen, vom Tage der Eröffnung des Bescheids angerechnet, gerechtfertigt werden muß 2 ). (2) Der Rekursbescheid ist den Parteien schriftlich zu eröffnen und muß mit Gründen versehen sein. § 21. [Rekursverfahren] Die näheren Bestimmungen über die Behörden und das Verfahren, sowohl in der ersten als in der Rekursinstanz, bleiben den Landesgesetzen vorbehalten. Es sind jedoch folgende Grundsätze einzuhalten: 1. In erster oder in zweiter Instanz muß die Entscheidung durch eine kollegiale Behörde erfolgen. Diese Behörde ist befugt, Untersuchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und Sachverständige zu laden und eidlich zu vernehmen, überhaupt den angetretenen Beweis in vollem Umfange zu erheben. 2. Bildet die kollegiale Behörde die erste Instanz, so erteilt sie ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien, auch in dem Falle, wenn zwar Einwendungen nicht angebracht sind, die Behörde aber nicht ohne weiteres die Genehmigung erteilen will, und der Antragsteller innerhalb vierzehn Tagen nach Empfang des die Genehmigung versagenden oder nur unter Bedingungen erteilenden Bescheids der Behörde auf mündliche Verhandlung anträgt. 3. Bildet die kollegiale Behörde die zweite Instanz, so erteilt sie stets ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien. 4. Als Parteien sind der Unternehmer (Antragsteller) sowie diejenigen Personen zu betrachten, welche Einwendungen erhoben haben. 5. Die Öffentlichkeit der Sitzungen kann unter entsprechender Anwendung der §§ 172 bis 175 des Gerichtsverfassungsgesetzes ausgeschlossen oder beschränkt werden. § 21 a. [Sachverständige] Die Sachverständigen (§21 Ziffer 1) haben über die Tatsachen, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Nachahmung der von dem Unternehmer geheim gehaltenen, zu ihrer Kenntnis gelangten Betriebseinrichtungen und Betriebsweisen, solange als diese Betriebsgeheimnisse sind, zu enthalten. § 22. [Kosten] (1) Die durch unbegründete Einwendungen erwachsenden Kosten fallen dem Widersprechenden, alle übrigen Kosten, welche durch das Verfahren entstehen, dem Unternehmer zur Last. Zu § 20: 1) Rekurs bedeutet eine förmliche Beschwerde an die vorgesetzte Behörde und bewirkt eine vollständige Nachprüfung in sachlicher wie in rechtlicher Hinsicht. Es besteht ein Rechtsanspruch auf Bescheidung. S. Abs. 2. Nach Art. II des ÄndG. der Titel I bis VI, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) kann das Rekursverfahren landesrechtlich abweichend von diesen Vorschriften geregelt werden. 2) Neben dem Rekurs besteht die Möglichkeit, die verwaltungsgerichtl. Klage (Anfechtungsklage) zu erheben. Es gilt der Grundsatz der Generalklausel, d. h., es kann gegen jeden benachteiligenden Verwaltungsakt wegen Rechtsverletzung Klage erhoben werden. Das ver-

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 22a—24

(2) In den Bescheiden über die Zulässigkeit der neuen Anlage wird zugleich die Verteilung der Kosten festgesetzt. § 22 a 1 ). [Anlagen von öffentlichem Interesse] Anlagen im Sinne des § 16 können von den obersten Landesbehörden genehmigt werden, ohne daß es eines Verfahrens nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 17 bis 21 bedarf, sofern ein öffentliches Interesse an der Errichtung der Anlage besteht. § 23. [Anwendung von Landesrecht] (1) Bei den Stauanlagen für Wassertriebwerke sind außer den Bestimmungen der §§ 17 bis 22a1) die dafür bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften anzuwenden 2 ). (2) Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, die fernere Benutzung bestehender und die Anlage neuer Privatschlächtereien in solchen Orten, für welche öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden sind oder errichtet werden, zu untersagen 3 ). (3) Soweit durch landesrechtliche Vorschriften Bestimmungen getroffen werden, wonach gewisse Anlagen oder gewisse Arten von Anlagen in einzelnen Ortsteilen gar nicht oder nur unter besonderen Beschränkungen zugelassen sind, finden diese Bestimmungen auch auf Anlagen der im § 16 erwähnten Art Anwendung. § 241). [Überwachungsbedürftige Anlagen] (1) Zum Schutze der Beschäftigten und Dritter vor Gefahren durch Anlagen, die mit Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen (überwachungsbedürftige Anlagen), wird die Bundesregierung ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise durch Rechtsverordnung zu bestimmen, waltungsgerichtl. Verfahren ist geregelt: In Bayern: G. Nr. 39 v. 25. 9. 1946 (GVB1. S. 281, 384) mit ÄnderungsG. v. 30. 9. 1949 (GVB1. S. 258); Berlin WG. v. 8. 1. 1951 (VOB1. S. 46); Bremen: G. v. 5. 8. 1947 (GBl. S. 171); Hessen: G. v. 31. 10. 1946 (GVB1. S. 194) i. d. F. v. 30. 6. 1949 (GVB1. S. 137); Württemberg-Baden: G. Nr. 110 v. 16. 10. 1946 (RegBl. S. 221); brit. Zone: VO. Nr. 165 (ZentrJustBl. f. brit. Z. Nr. 41 S. 263). Zu § 22a: 1) § 22a wurde durch das G. zur Änderung der GewO. v. 3. 7. 1934 (RGB1.I S. 566) eingefügt. Zu § 23: 1) Fassung nach Art. I des Ges. v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 566). 2) Die Errichtung einer Stauanlage ist strafbar, wenn auch das Wasserwerk noch nicht in Betrieb gesetzt ist. E. 1, 102. Wasserräder u. Turbinen sind Bestandteile der Stauanlage. PrOVG. GA. 50, 418. 3) Die Fleischbeschau regelt einheitlich das Fleischbeschauges, v. 29. Oktober 1940 (RGBl. I S. 1463) und DVO. v. 1. 11. 1940 (RMBI. S. 289). 4) Hierzu gehört auch das Naturschutzges., abgedr. unter B I X 2. Flächen, die von Industrie und Gewerbe in Betrieb genommen sind, sollen aber nicht beeinträchtigt werden. Erl. d. RuPrWirtschMin. v. 12. Mai 1936, Nachr.Bl. f. Naturschutz 1936 Nr. 7. Zu § 24: 1) § 24 und die neu eingefügten §§ 24a bis 24d i. d. F. des ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459); auf Grund Art. IV dieses Gesetzes kann der Bundesminister für Arbeit mit Zustimmung des Bundesrates die in der Zeit vom 1. 5. 1939 bis 30. 4. 1945 erlassenen Rechtsverordnungen über die Organisation und Durchführung der technischen Überwachung Überwachungspflichtiger Betriebe außer Kraft setzen. Bis dahin gelten folgende VOen weiter: VO. v. 27. 10. 1939 (RGBl. I S. 2238) VO. über die technische Überwachung der Dampfkessel und der sonstigen Überwachungspflichtigen Anlagen v. 19. 3. 1938 (RGBl. I S. 297) deren Anlage durch die VO. v. 12. 10. 1938 (RGBl. I S. 1398, 1418), v. 27. 10. 1939 (RGBl. I S. 2238), v. 19. 3. 1940 (RGBl. I S. 543), v. 10. 11. 1941 (RGBl. I S. 719) und v. 2. 3. 1943 (RGBl. I S. 134) geändert wurde, ferner die Anordnung über Zusammenschlüsse für die techn. Überwachung usw. v. 22. 11.1938 (MBlWi. S. 281) und die Ergänzungsanordnung v. 5. 10. 1939 (RMWB1. S. 482). Durch VO.

B III 1. Gewerbeordnung. § 24

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1. daß die Errichtung solcher Anlagen, ihre Inbetriebnahme, die Vornahme von Änderungen an bestehenden Anlagen und sonstige die Anlagen betreffenden Umstände angezeigt und der Anzeige bestimmte Unterlagen beigefügt werden müssen; 2. daß die Errichtung solcher Anlagen, ihr Betrieb sowie die Vornahme von Änderungen an bestehenden Anlagen der Erlaubnis einer in der Rechtsverordnung bezeichneten oder nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Behörde bedürfen; 3. daß solche Anlagen, insbesondere die Errichtung, die Herstellung, die Bauart, die Werkstoffe, die Ausrüstung und die Unterhaltung sowie ihr Betrieb bestimmten Anforderungen genügen müssen. Anforderungen technischer Art können in besonderen Vorschriften (technische Vorschriften) zusammengefaßt werden; hierbei sind die Vorschläge des Ausschusses (Äbsatz 4) zu berücksichtigen; 4. daß solche Anlagen einer Prüfung vor Inbetriebnahme, regelmäßig wiederkehrenden Prüfungen und Prüfungen auf Grund behördlicher Anordnung unterliegen; 5. welche Gebühren Eigentümer von solchen Anlagen und Personen, die solche Anlagen herstellen oder betreiben, für die vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Prüfungen der Anlagen zu entrichten haben. (2) Absatz 1 gilt auch für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen, sofern sie im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden oder soweit es derArbeitsschutz erfordert; er gilt nicht für denBetrieb derDeutschenBundesbahn und die Nebenbetriebe, die den Bedürfnissen des Eisenbahn- und Schifffahrtsbetriebes und -Verkehrs der Deutschen Bundesbahn zu dienen bestimmt sind. (3) Überwachungsbedürftige Anlagen im Sinne des Absatzes 1 sind 1. Dampfkesselanlagen, 2. Druckbehälter außer Dampfkesseln, 3. Anlagen zur Abfüllung von verdichteten, verflüssigten oder unter Druck gelösten Gasen, 4. Leitungen unter innerem Überdruck für brennbare, ätzende oder giftige Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten, 5. Aufzugsanlagen, 6. elektrische Anlagen in besonders gefährdeten Räumen, 7. Getränkeschankanlagen undAnlagen zur Herstellung kohlensaurerGetränke, 8. Azetylenanlagen und Kalziumkarbidlager, 9. Anlagen zur Lagerung, Abfüllung und Beförderung von brennbaren Flüssigkeiten, 10. Anlagen zur Erzeugung und Verwendung von Röntgen- oder radioaktiven Strahlen. Zu den in den Nummern 2, 3 und 4 bezeichneten überwachungsbedürftigen Anlagen gehören nicht die Energieanlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur V. 4. 4. 1941 (RGBl. I S. 239) und v. 19. 3. 1943 (RGBl. I S. 151) sind die Dampfkesselüberwachungsvereine aufgelöst worden. Auf Grund der früheren Fassung des § 24 sind die allg. polizeilichen Bestimmungen über die Anlegung von Landdampfkesseln (Bek. v. 17. 12. 1908, RGBl. 1909 S. 3) und die allg. polizeilichen Bestimmungen über die Anlegung von Schiffsdampfkesseln (Bek. v. 17. 12. 1908, RGBl. 1909 S. 51) ergangen; beide VOen sind inzwischen mehrfach geändert und ergänzt worden; s. RGBl. 1913 S. 781; 1914 S. 373; 1919 S. 283; 1922 S. 469; 1923 I S. 263, 1229; 1929 I S. 2; 1935 I S. 75; 1936 I S. 706; 1941 I S. 205. Auf Grund des § 24 ist auch für die periodische Untersuchung der Dampfkessel die wichtige VO. v. 31. 10. 1941 (RWMB1. S. 383) ergangen, ferner die VO. v. 17. 12. 1942 (RGBl. I S. 727)

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 24 a, b, c

Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13. Dezember 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1451). (4) In den Rechtsverordnungen nach Absatz 1 können Vorschriften über die Einsetzung von technischen Ausschüssen getroffen werden. Die Ausschüsse sollen die Bundesregierung oder den zuständigen Bundesminister insbesondere in technischen Fragen beraten und ihnen dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Vorschriften vorschlagen (Absatz 1 Nummer 3). Soweit Anforderungen technischer Art in besonderen Vorschriften (technische Vorschriften) zusammengefaßt werden, müssen technische Ausschüsse gebildet werden. In die Ausschüsse sind neben Vertretern der beteiligten Bundesbehörden und von obersten Landesbehörden, der Wissenschaft und der technischen Überwachung, insbesondere Vertreter der Hersteller und der Betreiber der Anlagen zu berufen. (5) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung die Ermächtigung nach Absatz 1 ganz oder teilweise auf den zuständigen Bundesminister übertragen. (6) Die nach dieser Vorschrift zu erlassenden Rechtsverordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates; ausgenommen sind die in Absatz 1 Nummer 3 bezeichneten technischen Vorschriften, die in Absatz 5 genannten Rechtsverordnungen sowie Rechtsverordnungen, die sich ausschließlich auf Anlagen beziehen, welche der Überwachung durch die Bundesverwaltung unterstehen. § 24 a 1 ). [Stillegung und Beseitigung der Anlagen] (1) Wenn Anlagen der in § 24 genannten Art ohne die erforderliche Erlaubnis errichtet oder betrieben werden, können die für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörden die Stillegung oder die Beseitigung der Anlagen anordnen. (2) Die nach § 24 d zuständigen Behörden können bestimmen, daß der Betrieb von Anlagen der in § 24 genannten Art bis zur Herstellung des den Vorschriften oder behördlichen Anordnungen entsprechenden Zustandes einzustellen ist, wenn durch Nichteinhalten dieser Vorschriften oder Anordnungen eine erhebliche Gefährdung der Beschäftigten oder Dritter herbeigeführt wird. § 24 b 1 ). [Duldung und Prüfung durch Sachverständige] Eigentümer von überwachungsbedürftigen Anlagen und Personen, die solche Anlagen herstellen oder betreiben, sind verpflichtet, den Sachverständigen, denen die Prüfung der Anlagen obliegt, die Anlagen zugänglich zu machen, die vorgeschriebene oder behördlich angeordnete Prüfung zu gestatten, die hierfür benötigten Arbeitskräfte und Hilfsmittel bereitzustellen und ihnen die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. § 24 c 1 ). [Überwachung] (1) Die Prüfungen der überwachungsbedürftigen Anlagen werden, soweit in den nach § 24 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnungen nicht anders bestimmt ist, über die Herstellung und die Anwendung von Kesselsteingegenmitteln, Kesselsteinlösemitteln und Kesselinnenanstrichmitteln, geändert durch VO. v. 19. 4. 1944 (RGBl. I S. 114). Vgl. ferner die PolVO. über elektrische Betriebsmittel in explosionsgefährdeten Räumen usw. v. 13. 10. 1943 nebst DVO. vom gleichen Tage (beide RGBl. I S. 570, 571), sowie die PolVO. über die Anzeige von Schadensfällen in den der Gewerbeaufsicht unterstehenden Betrieben und an Überwachungspflichtigen Anlagen v. 14. 6. 1944 (RGBl. I S. 135) und die VO. über Getränkeschankanlagen v. 22. 10. 1941 (RGBl. I S. 676). Strafvorschrift zu Abs. 1 Nr. 1—4: § 147 Abs. 1 Nr. 2a, § 148 Abs. 1 Nr. 2. Zu § 24a: 1) S. Anm. 1 zu § 24. Zu § 24b: 1) S. Anm. 1 zu § 24. Strafvorschrift: § 147 Abs. 1 Nr. 2a, § 148 Abs. 1 Nr. 2. Zu § 24c: 1) S. Anm. 1 zu § 24.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 2 4 d — 2 6

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von amtlichen oder amtlich für diesen Zweck anerkannten Sachverständigen vorgenommen. Diese sind in technischen Überwachungsorganisationen zusammenzufassen. (2) Die Prüfungen und die Überwachung der in § 24 Abs. 3 genannten Anlagen der Deutschen Bundespost werden von den vom Bundesminister für das Postund Fernmeldewesen bestimmten Stellen vorgenommen. (3) Der Bundesminister für Arbeit kann durch Verwaltungsvorschriften die Anforderungen bestimmen, denen die Sachverständigen nach Absatz 1 hinsichtlich ihrer beruflichen Ausbildung und Erfahrung in der technischen Überwachung genügen müssen. (4) Die Landesregierungen regeln die Organisation der technischen Überwachung, die Aufsicht über sie sowie die Durchführung der Überwachung. (5) Der Bundesminister für Arbeit wird ermächtigt, im Benehmen mit den obersten Arbeitsbehörden der Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Sammlung und Auswertung der Erfahrungen der Sachverständigen sowie über deren Weiterbildung zu erlassen.

§ 24 d1). [Aufsicht] Die Aufsicht über die Ausführung der nach § 24 Abs. 1 erlassenen Rechtsverordnungen obliegt den Gewerbeaufsichtsbehörden. Hierbei findet § 139b entsprechende Anwendung. Für Anlagen, welche der Überwachung durch die Bundesverwaltung unterstehen, sowie für Anlagen an Bord von Seeschiffen bestimmt die Bundesregierung die Aufsichtsbehörde durch Rechtsverordnung; § 24 Abs. 5 gilt entsprechend. Rechtsverordnungen nach Satz 3 bedürfen nur der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie Anlagen an Bord von Seeschiffen betreffen.

§ 251). [Dauer der Genehmigung] Die Genehmigung zu einer der in den §§ 16 und 24 bezeichneten Anlagen bleibt solange in Kraft, als keine Änderung in der Lage oder Beschaffenheit der Betriebsstätte vorgenommen wird, und bedarf unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht, einer Erneuerung nicht. Wenn eine Veränderung der Betriebsstätte vorgenommen wird, ist bei Anlagen nach § 16 die Genehmigung der zuständigen Behörde nach Maßgabe der §§ 17 bis 23 notwendig. Eine gleiche Genehmigung ist erforderlich bei wesentlichen Veränderungen2) in dem Betriebe einer der im § 16 genannten Anlagen. Die zuständige Behörde kann jedoch auf Antrag des Unternehmens von der Bekanntmachung (§ 17) Abstand nehmen, wenn sie die Überzeugung gewinnt, daß die beabsichtigte Veränderung für die Besitzer oder Bewohner benachbarter Grundstücke oder das Publikum überhaupt neue oder größere Nachteile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, nicht herbeizuführen werde.

§ 26. [Nachteil für Nachbargrundstück] Soweit die bestehenden Rechte zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen, welche von einem Grundstück aus auf ein benachbartes geübt werden, dem Eigentümer oder Besitzer des letzteren eine Privatklage gewähren, kann diese Klage Zu § 2 4 d :

1) S. Anm. 1 zu § 24.

Z u § 2 5 : 1) § 25 i. d. F . des ÄndG. der Titel I bis IV, V I I und X der GewO. v. 29. 9 . 1 9 5 3 (BGBl. I S. 1459). 2) Wesentlich ist jede Veränderung, die gegenüber der erteilten Konzession sachlich die Grenzen der Geringfügigkeit überschreitet. Frankfurt GA. 49, 359. Hamburg OVG. Reger, F.ntsch. Bd. 55, 6.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 27—29

einer mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage gegenüber niemals auf Einstellung des Gewerbebetriebs, sondern nur auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende Einwirkung ausschließen, oder wo solche Einrichtungen untunlich oder mit einem gehörigen Betriebe des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schadloshaltung gerichtet werden 1 ). § 27. [Mit Geräusch verbundene Anlagen] Die Errichtung oder Verlegung solcher Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusche verbunden ist, muß, sofern sie nicht schon nach den Vorschriften der §§16 bis 25 der Genehmigung bedarf, der Ortspolizeibehörde angezeigt werden. Letztere hat, wenn in der Nähe der gewählten Betriebsstätte Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser oder Heilanstalten vorhanden sind, deren bestimmungsmäßige Benutzung durch den Gewerbebetrieb auf dieser Stelle einer erhebliche Störung erleiden würde, die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde darüber einzuholen, ob die Ausübung des Gewerbes an der gewählten Betriebsstätte zu untersagen oder nur unter Bedingungen zu gestatten sei1). § 28. [Durch Wind bewegte Triebwerke] Die höheren Verwaltungsbehörden sind befugt, über die Entfernung, welche bei Errichtung von durch Wind bewegten Triebwerken von benachbarten fremden Grundstücken und von öffentlichen Wegen innezuhalten ist, durch Polizeiverordnungen Bestimmungen zu treffen. 2. G e w e r b e t r e i b e n d e , w e l c h e e i n e r b e s o n d e r e n G e n e h m i g u n g b e d ü r f e n § 291). [Approbation] (1) Einer Approbation, welche auf Grund eines Nachweises der Befähigung erteilt wird, bedürfen Apotheker und diejenigen Personen, welche sich als Ärzte (Wundärzte, Augenärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und Tierärzte) oder mit gleichbedeutenden Titeln bezeichnen oder seitens des Staates oder einer Gemeinde als solche anerkannt oder mit amtlichen Funktionen betraut werden sollen. Es darf die Approbation jedoch von der vorigen akademischen Doktorpromotion nicht abhängig gemacht werden. Zu § 26: 1) S. § 16 Anm. 2 und § 17 Anm. 2. Zu § 27: 1) Unberührt ist das Recht der Polizei, nach Maßgabe des Landesrechts gegen übermäßigen Lärm bei nicht gewerblichen Anlagen einzuschreiten. Kayser-Steiniger Anm. 7. OVG. GewArch. 4, 5. Zu § 29: 1) § 29 hat seine Bedeutung verloren. Er ist am 1. 4. 1936 insoweit außer K r a f t getreten, als er sich auf den ärztlichen Beruf i. S. der ReichsärzteO. v. 13. 12. 1935 (RGBl. I S. 1433) bezieht (siehe deren § 85), auszugsw. abgedr. unter B I 55a. § 29 ist ferner am 1. 7.1936 insoweit außer Kraft getreten, als er sich auf den tierärztlichen Beruf i. S. der ReichstierärzteO. v. 3. 4. 1936 (RGBl. I S. 347, auszugsw. abgedr. unter B I 5c), bezieht (s. deren § 85), und am 1. 7. 1937, insoweit er sich auf den Apothekerberuf i. S. der ReichsapothekerO. v. 18. 4. 1937 (RGBl. I S. 457) bezieht (s. deren § 27, abgedr. unter B I 5d. Ferner ist er außer Kraft gesetzt, soweit er sich auf Zahnärzte und Dentisten bezieht, durch das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde v. 31. 3. 1952 (BGBl. I S. 221), abgedr. unter B I 5b (Auszug) Hiernach wird die Zahnheilkunde nur noch durch bestallte Zahnärzte ausgeübt. Die staatlich anerkannten Dentisten können die Bestallung als Zahnärzte erhalten, wenn sie an einem Fortbildungskursus über Mund- und Kieferkrankheiten sowie Arzneimittel erfolgreich teilgenommen haben (§ 8). Wer vor Inkrafttreten des Gesetzes die Zahnheilkunde ausgeübt hat, ohne im Besitz einer Bestallung als Arzt oder Zahnarzt zu sein, darf sie im bisherigen Umfang weiter ausüben (§ 19). Die Bestimmungen der Gewerbeordnung §§ 29, 40, 53, 54 und 147 treten insoweit außer Kraft, als sie sich auf Zahnärzte und Dentisten beziehen (§ 23). Wegen Versagung und der Rücknahmegründe siehe die §§ 3, 4 und 5. Die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ist geregelt durch das Heilpraktikerges. v. 17. 2. 1939 unter B I 57. Durch Gesetz v. 27. 2. 1952(BGB1. 1952 S. 121) ist ein Bundesgesundheitsamt errichtet worden.

B III 1. Gewerbeordnung. § 30

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§ 30*). [Privatkrankenanstalten] (1) Unternehmer von P r i v a t - K r a n k e n - , P r i v a t - E n t b i n d u n g s - und P r i v a t i r r e n a n s t a l t e n bedürfen einer Konzession der höheren Verwaltungsbehörde 1 ). Die Konzession ist nur dann zu versagen: a) wenn T a t s a c h e n 2 ) vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des U n t e r nehmers 3 ) in Beziehung auf die Leitung oder Verwaltung der A n s t a l t 4 ) dartun, b) wenn nach den von dem Unternehmer einzureichenden Beschreibungen und Plänen die baulichen und die sonstigen technischen Einrichtungen der Anstalt den gesundheitspolizeilichen Anforderungen nicht entsprechen, c) wenn die A n s t a l t nur in einem Teile eines auch von anderen Personen bewohnten Gebäudes untergebracht werden soll und durch ihren B e t r i e b für die Mitbewohner dieses Gebäudes erhebliche Nachteile oder Gefahren hervorrufen kann, Ergänzende Landesgesetze sind erlassen in: Bayern: G. zur Regelung des ärztlichen Niederlassungswesens v. 23. 12. 1948 (GVB1. 1949 S. 2. StAnz. 1949 Nr. 4 S. 2); Niedersachsen: Ges. zur Wiederherstellung der Niederlassungsfreiheit für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten v. 22. 2. 1949 (GVB1. Nr. 9 S. 46); Nordrhein-Westfalen: Ges. zur Regelung der Niederlassung von Ärzten, Zahnärzten und Dentisten (NiederlassungsG.) v. 17. 3. 1949 (GVB1. Nr. 15 S. 83); Württemberg-Hohenzollern: G. über die Niederlassungsfreiheit für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten v. 22. 7. 1949 (RegBl. S. 291); Rheinland-Pfalz: Ges. v. 14. 3. 1951 (GVB1. S.48). Zu § 30: *) Der frühere Abs. 3 des § 30 wurdevom 1. 1. 1939 ab durch § 27 des H e b a m m e n G. v. 21. 12. 1938 (RGBl. I S.1893) außer Kraft gesetzt. DVO.v.3. 5. 1939 (RGBl. I S. 41). §§ 4, 8 Abs. 4 und 21 haben folgenden Wortlaut: § 4. (1) Zur Geburtshilfe (Überwachung von Beginn der Wehen an und Hilfe bei der Geburt) sind außer den Ärzten nur Frauen befugt, die von der zuständigen Behörde als Hebamme anerkannt sind und eine Niederlassungserlaubnis besitzen. (2) Anderen Personen ist, abgesehen von Notfällen, die Geburtshilfe auch dann untersagt, wenn sie nicht gewerbs- oder gewohnheitsmäßig betrieben wird. (3) Zur Geburtshilfe in ärztlich geleiteten Entbindungs- und Krankenanstalten bedarf eine Hebamme keiner Niederlassungserlaubnis. (4) Zwischenstaatliche Verträge über die Tätigkeit der Hebammen in den Grenzgebieten bleiben unberührt. § 8. (4) Wenn der dringende Verdacht besteht, daß eine Hebamme sich einer schweren Verletzung ihrer Berufspflichten oder einer schweren strafrechtlichen Verfehlung schuldig gemacht hat, kann bis zur endgültigen Entscheidung ein vorläufiges Verbot der Ausübung des Hebammenberufs gegen sie verhängt werden, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für Schwangere, Wöchnerinnen und Neugeborene notwendig ist. § 21. Wer entgegen den Vorschriften der §§ 4 oder 8 Abs. 4 die Geburtshilfe unbefugt ausübt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Vgl. noch Ges. v. 4. 1. 1954 (BGBl. I S. 1), wonach Hebammen die Erlaubnis zur Berufsausübung nur nach Maßgabe der am 1. 10. 1945 geltenden Vorschriften erteilt werden darf. 1) Konzession ist gleichbedeutend mit Erlaubnis. Zuständig sind in Bayern § 10 VollVO. v. 29. 3. 1892 die Distrikt-Verwaltungsbehörden, in München die Polizeidirektion. Württemberg § 5 Min.Verf. v. 9. 11. 1893 (RB1. S. 234) die Kreisregierungen; Baden §§ 34—37 W O . v. 23. 10. 1883 (GVB1. S. 357) der Bezirksrat, jetzt Landrat; Hessen: §§ 41, 42 W O . v. 22. 9.1900; Ehem. Preußen §§ 115,118,161 Zuständigkeitsverordnung v. 1. 8.1883 (GS. S. 237). 2) Dahin gehört auch ein Mangel an Fähigkeit zur Leitung einer solchen Anstalt, PrOVG. Bd. 4, 337. Tatsachen sind sowohl Handlungen als Unterlassungen. PrOVG. Bd. 3, 237. „Tatsachen" umfaßt sowohl Umstände, die in der Person des Gesuchstellers liegen, wie auch äußere Umstände. 3) Die Unzuverlässigkeit braucht nicht in der Leitung der betr. Anstalt hervorgetreten zu sein. PrOVG. Bd. 6, 260. Es genügt z. B. Mißbrauch von Rauschgiften. PrOVG. JW. 65 (1934), 1270. 4) Zu dem Begriff einer Krankenanstalt gehört es, daß Kranke in dazu bereit gestellten Räumen ihren auf eine gewisse Dauer berechneten Aufenthalt nehmen. E. 32, 235. KG. Johow 16, 341.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 30 a, b, c, 31

d) wenn die Anstalt zur Aufnahme von Personen mit ansteckenden Krankheiten oder von Geisteskranken bestimmt ist und durch ihre örtliche Lage für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke erhebliche Nachteile oder Gefahren hervorrufen kann. (2) Vor Erteilung der Konzession sind über die Fragen zu c und d die Ortspolizei- und die Gemeindebehörden zu hören2). § 30 a 1 ) § 30 b. 1 ) [Anfertigung orthopädischer Maßschuhe] Orthopädische Maßschuhe dürfen nur im Handwerksbetriebe eines Schuhmachermeisters angefertigt werden, der eine Zusatzprüfung bestanden hat. Der Reichswirtschaftsminister2), erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister

und dem Reichsminister des Innern die näheren Bestimmungen. §30c1).

[ Buchdruckergewerbe]

(1) Der Betrieb des Buchdruckgewerbes darf nur von solchen Personen ausgeübt werden, die im Besitz eines Prüfungszeugnisses sind. (2) Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, die erforderlichen Ausführungsvorschriften zu erlassen; er kann hierbei insbesondere den Kreis der unter Abs. 1 fallenden Betriebe bestimmen.

§ 31. [Seeleute] (1) Seeschiffer ), Seesteuerleute, Maschinisten der Seedampfschiffe und Lotsen müssen sich über den Besitz der erforderlichen Kenntnisse durch ein Befähigungszeugnis der zuständigen Verwaltungsbehörde ausweisen. (2) Der Bundesrat2) erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Befähigung. Die auf Grund dieses Nachweises erteilten Zeugnisse gelten für das ganze Reich, bei Lotsen für das im Zeugnis angeführte Fahrwasser. (3) Soweit in betreff der Schiffer und Lotsen auf Strömen infolge von Staatsverträgen besondere Anordnungen getroffen sind, behält es dabei sein Bewenden. 1

Zu § 3 0 a : 1) Aufgehoben durch § 6 des G. über den Hufbeschlag v. 20. 12. 1940 ( R G B l . 1941 I S. 3). In diesem Gesetz ist unter Aufhebung auch aller landesrechtlichen Bestimmungen über den Hufbeschlag das Hufbeschlagswesen einheitlich geregelt. Nach § 1 ist zur Ausübung des Huf- und Klauenbeschlages die Anerkennung als geprüfter Hufbeschlagschmied erforderlich. Zuwiderhandlungen werden nach § 5 mit Geldstrafe bis zu 150 DM. oder Haft bestraft. Das Gesetz ist im einzelnen (Anerkennung und Prüfung als Hufbeschlagschmied) ergänzt durch die HufbeschlagVO. v. 31. Dezember 1940 (RGBl. 41 I S. 4). Zu § 3 0 b : 1) § 3 0 b wurde durch Art. 1 des G. zur Änderung der GewO. v. 9. 9. 1937 (RGBl. I S. 970) eingefügt; nach Art. 3 des G. sind Personen, die orthopädische Maßschuhe bereits zur Zeit des Inkrafttretens dieses G. (13. 9. 1937, s. Art. 4) hergestellt haben, von der Vorschrift des § 3 0 b Satz 1 befreit. Auf Grund des § 3 0 b ist die VO. v. 8. 11. 1938 (RGBl. I S. 1572) ergangen. 2) Vgl. Art. 74 Nr. 11, 19, Art. 129 GG. Zu § 3 0 c : 1) § 30c beruht auf der VO. v. 21. 4. 1938 (RGBl. I S. 404); er ist, soweit er nicht mit den Vorschriften der Handwerksordnung v. 17. 9 . 1 9 5 3 (B I I I 2) im Einklang steht, nach deren § 123 Abs. 3 nicht mehr anwendbar. Zu § 3 1 : 1) Vgl. Schiffsbesatzungsordnung v. 29. Juni 1931 (RGBl. I I S. 517) nebst ÄndVO. V. 26. März 1934 (RGBl. I I S. 159), v. 24. Mai 1938 (RGBl. I I S. 194) und v. 1. Juli 1940 (RGBl. I I S. 144). 2) Nunmehr ist nach Art. 129 Abs. 1 GG. die Bundesregierung als zuständig anzusehen, die nach Art. 80 Abs. 2 GG. der Zustimmung des Bundesrats bedarf.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 32—33a

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§ 321) § 331)

§ 33 a. [Singspiele u . a . ohne höheres Interesse] (1) Wer gewerbsmäßig Singspiele, Gesangs- und deklamatorische Vorträge 1 ), Schaustellungen von Personen oder theatralische Vorstellungen2), ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet 3 ), in seinen Wirtschafts- oder sonstigen Räumen öffentlich veranstalten oder zu deren öffentlicher Veranstaltung seine Räume benutzen lassen will, bedarf zum Betriebe dieses Gewerbes der Erlaubnis ohne Rücksicht auf die etwa bereits erwirkte Erlaubnis zum Betriebe des Gewerbes als Schauspielunternehmer4). (2) Die Erlaubnis ist nur dann zu versagen: 1. wenn gegen den Nachsuchenden Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß die beabsichtigten Veranstaltungen den Gesetzen oder guten Sitten zuwiderlaufen werden5); Zu § 32: 1) Aufgehoben durch § 9 des TheaterG. vom 15. 5. 1934 (RGBl. I S. 411). Zu § 33: 1) Aufgehoben durch § 32 des GaststättenG. vom 28. 4. 1930 (RGBl. I S. 146) unter B I I I 7. Zu § 33 a : 1) Der Charakter von Gesangsvorträgen wird nicht dadurch beseitigt, daß das Publikum den Refrain von den durch eine Einzelperson vorgetragenen Liedern mitsingt. Königsberg J W . 60 (1931), 1396. 2) Maßgebend für die Frage, ob eine Vorführung als Schaustellung von Personen oder als theatralische Vorstellung anzusehen ist, ist das verschiedene Interesse des Publikums, zu dessen Befriedigung die eine oder andere Art von Darbietung bestimmt ist, ob zur Befriedigung der reinen Schaulust oder des Interesses an dem Inhalt der Vorstellung. Köln H R R . 1932 Nr. 221. Nach BayObLG. J W . 61 (1932), 2735 ist unter theatralischer Vorstellung die bühnenmäßige Darstellung eines Vorgangs durch lebende, handelnde Personen und unter Schauspiel die Vorführung einer gedachten Handlung durch mehrere Personen mittels Rede, Gesang oder Gebärde zu verstehen. 3) Theater und Film fallen nicht unter die in §§ 33a u. b genannten Gruppen. Kunst und Wissenschaft sind frei. Art. 5 Abs. 3 GG. Das Theaterges. v. 15. 5. 1934 ( R G B l . I S. 411) und das Lichtspielges. v. 16. 2. 1932 ( R G B l . I S. 95) nebst Änderungsges. v. 13. 12. 1934 ( R G B l . I S. 1236) und v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 811) können keine Geltung mehr haben. Kontr.G. Nr. 60, Rohlfing-Kiskalt GewO. S. 102. Wenn auch ein Kaffeehaus nicht den geeigneten Rahmen für höheren Kunstgenuß bietet, so ist doch in einem solchen das Obwalten eines höheren Interesses nicht ganz ausgeschlossen. Hamburg GA. 63, 129. Vorstellungen körinen erlaubnispflichtig werden, wenn Einlagen ohne höheres Kunstinteresse geboten werden. Hamburg DStZ. 6, 331. Erlaubnispflichtig ist auch die Aufführung eines Sketsch. K G . J W . 54 (1925), 660. Genehmigungspflichtig sind Zirkus, Varietés, Kleinkunstbühnen, D J Z . 1934, 979, fraglich Zauberkünstler und Illusionisten. Polizeilich kann das Auftreten für Hypnotiseure, Magnetiseure untersagt werden. Rohlfing-Kiskalt S. 103. 4) Die Veranstaltung von Aufführungen, welche nicht gewerbsmäßig betrieben wird (Liebhabertheater, Vorstellungen zu milden Zwecken und dergleichen), gehört nicht hierher, ebensowenig auch die, wenn auch gewerbsmäßige Veranstaltung von Instrumentalkonzerten, K G . Johow 7 S. 241 und PrOVG. 17, 387; Theatervorstellungen in einem geselligen Verein, die der Allgemeinheit gegen Entgelt zugänglich gemacht, sind gewerbsmäßig, wenn auch die Einnahmen nur zur Deckung der Kosten bestimmt sind. R G . GA. 51,185. Der Begriff der Schaustellung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die zur Schau gestellten Personen gleichzeitig die Gäste der Schankwirtschaft bedienen. K G . D J Z . 18, 1501. Hierher gehört auch die Aufführung von Tänzen. PrOVG. Bd. 76, 451. Eine PVO., die das Aufstellen von Lautsprechern an öffentlichen Orten von einer gewerbepolizeilichen Genehmigung abhängig macht, ist nicht zulässig. Schenkel, Arch. für Funkrecht I S. 153ff. Vgl. noch § 33b. Wegen Vorführungen vor Jugendlichen s. Gesetz v. 4. 12. 1951 (BGBl. I S. 936) unter B I I 10. 5) Bezügl. der Genehmigungspflicht von Box- und Ringkampfveranstaltungen, RdSchr. d. BMdl. v. 16.4.1951 (GMB1. S. 104). Nicht gegen die guten Sitten verstößt eine auf Wissenschaft, liehen Grundsätzen beruhende Handschriften- und Handliniendeutung. PrOVG. Bd. 8 1 , 4 1 0

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 33 b—d

2. wenn das zum Betriebe des Gewerbes bestimmte Lokal wegen seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen 6 ) nicht genügt 4 ); 3. wenn der den Verhältnissen des Gemeindebezirkes entsprechenden Anzahl von Personen die Erlaubnis bereits erteilt ist 7 ). (3) Aus den unter Ziff. 1 angeführten Gründen kann die Erlaubnis zurückgenommen und Personen, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes den Gewerbebetrieb begonnen haben, derselbe untersagt werden 5 ). § 33 b. [Musikaufführungen u . a . auf der Straße] Wer gewerbsmäßig1) Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet, von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen 2 ) darbieten will, bedarf der vorgängigen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde3) . § 33 c. [Tanzlustbarkeiten] Die Abhaltung von Tanzlustbarkeiten richtet sich nach den landesrechtlichen Bestimmungen*). § 33 d 1 ). [Spiele und Spieleinrichtungen] (1) Wer gewerbsmäßig auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder anderen öffentlichen Orten mechanisch betriebene Spiele und Spieleinrichtungen, die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf dazu der Genehmigung der Ortspolizeibehörde. (2) Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern die zur Durchführung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsanordnungen 2 ); er kann auch Bestimmungen ergänzenden Inhalts er6) Darüber Landbauordnungen der Länder. 7) Über Bedürfnisprüfung s. Anm. 1 zu § 1. Zu § 33b: 1) Darüber s. § 33a Anm. 4 Abs. 2. 2) Öffentliche Plätze sind Orte, die dem öffentlichen Verkehr durch einen Rechtsakt gewidmet sind, nicht Orte, die nur tatsächlich dem öffentlichen Verkehr dienen, also z. B. nicht ein Platz im Privateigentum, der an eine öffentliche Straße stößt. Stenglein Nebenges. Anm. 7. KG. GewArch. 5, 73. Auch § 1 Anm. 2 StVZO. unter B II 10. 3) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5. Zu § 3 3 c : 1) Die Ortspolizeibehörden sind berechtigt, den Antrag abzulehnen, öffentliche Tanzlustbarkeiten im voraus auf unbestimmte Zeit zu genehmigen. PrOVG. GewArch. 10, 590 Antrag hat der Gastwirt zu stellen. Geschlossene Gesellschaften und Vereine bedürfen zu Bällen für Mitglieder und Gäste auch bei Erhebung eines Eintrittsgeldes keiner Erlaubnis. Kayser- Steiniger Anm. 2. Für Jugendliche gilt das Gesetz v. 4. 12. 1951 unter B II 10. Zur Abhaltung von öffentlichen Tanzlustbarkeiten sind in den Ländern folgende Bestimmungen erlassen: B a d e n : § 60 BadPolStrGB. und der VO. des M d J . v. 29. 11. 1865 (Regbl. S. 688) und v. 30. 3. 1923 (GVB1. S. 65); N o r d r h e i n - W e s t f a l e n : Gesetz v. 28. 11. 1947 (GVB1. 1948 Nr. 13, S. 103), DVO. hierzu v. 16. 4. 1948 (GVB1. 1948 Nr. 13, S. 104), 2. DVO. v. 17. 12. 1948 (GVB1. 1949 Nr. 2 S. 6); R h e i n l a n d - P f a l z : VO. v. 10. 7. 1947 (VOB1. 1947 Nr. 21, S. 325); W ü r t t e m b e r g : RegBl. 1948 Nr. 21, S. 107; B r e m e n : VO. v. 7. 11. 1950 (GBl. S. 111). Zu § 33d: 1) § 33d wurde durch Art. I 1 des Ges. zur Änderung der GewO. v. 18. 12. 1933 (RGBl. I S. 1080) eingefügt. Auf Grund des § 33d Abs. 2 ist die DVO. v. 22. 5. 1935 (RGBl. I S. 683) i. d. F. v. 27. 4. 1954 (BGBl. I S. 112) ergangen. Danach darf die ortspolizeil. Genehmigung im Einzelfall nur erteilt werden, wenn die Art des Spielgeräts durch die PhysikalischTechnische Bundesanstalt zugelassen ist. Strafvorschrift: § 146 Abs. 1 Nr. 5; vgl. Anm. 2 zu § 284 StGB. 2) Zuständig ist nunmehr gemäß Art. 129 in Verbindung mit Art. 80 GG. der BWM. im Einvernehmen mit dem BMdJ., die der Zustimmung des Bundesrats bedürfen. 3) Ermächtigung insoweit erloschen (Art. 129 Abs. 3 GG.).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 34, 34 a

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lassen. Insbesondere ist er befugt, zu bestimmen, welche Arten mechanisch betriebener Spiele und Spieleinrichtungen die Ortspolizeibehörde nach Abs. 1 genehmigen kann. Der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern diese Befugnis auch auf eine andere Stelle übertragen3). Ferner kann er bestimmen, daß in einzelnen Orten auch die gewerbsmäßige Veranstaltung anderer eine Gewinnmöglichkeit bietender Spiele auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten der Genehmigung der Ortspolizeibehörde bedarf. § 341). [Pfandleiher u. a.] (1) Wer das Geschäft eines Pfandleihers2), Pfandvermittlers betreiben will, bedarf dazu der Erlaubnis. Diese ist zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden in bezug auf den beabsichtigten Gewerbeberieb dartun. Die Landesregierungen sind befugt, außerdem zu bestimmen, daß in Ortschaften, für welche dies durch Ortsstatut (§ 142) festgesetzt wird, die Erlaubnis zum Betriebe des Pfandleihergewerbes von dem Nachweis eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig sein sollte. (2) Als Pfandleihgewerbe2) gilt auch der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufrechtes. (3) Die Landesgesetze können vorschreiben, daß zum Handel mit Giften3) und zum Betriebe des Lotsengewerbes besondere Genehmigung erforderlich ist, ingleichen, daß das Gewerbe der Markscheider nur von Personen betrieben werden darf, welche als solche geprüft und konzessioniert sind4). § 34 a 1 ).

[Bewachungsgewerbe]

(1) Wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will (Bewachungsgewerbe)1), bedarf der Erlaubnis. Zu § 34: 1) § 34 Abs. 1 i. d. Fassung, die dem § 19 des StellenvermittlerG. v. 2. 6. 1910 (RGBl. S. 860) entspricht. Arbeitsvermittlung darf grundsätzl. nur von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung betrieben werden. Ges. v. 5. 11. 1935 (RGBl. I S. 1281); s. dazu Ges. v. 9. 7. 1954 (BGBl. I 179). 2) Im ehem. Preußen: Ges. v. 17. 3. 1881 betr. das Pfandleihgewerbe (GS. S. 265), in F. v. 7. 7. 1920 (GS. S. 387), mehrfach geändert, zuletzt am 28. 9. 1936 (GS. S. 149). Das Pfandleihgewerbe h a t lediglich die Gewährung von Darlehen in Geld gegen Pfandbestellung zum Gegenstand. Der Verkauf von Waren und Kreditierung des Kaufpreises gegen Pfandbestellung gehört nicht hierher. E. 12, S. 217. Desgleichen nicht Verträge, die einen ähnlichen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, wenn mit ihnen nicht das Recht des Rückkaufs verbunden ist. Dresden GA. 64, 187. 3) Über den Begriff Gift im allgemeinen s. Anm. 2 zu § 229 StGB. Sache der Landesgesetzgebung ist es, im einzelnen zu bestimmen, was unter Gift zu verstehen ist. KG. J F G E r g . 16, 139. Im ehem. Preußen ME. v. 22. 2. 1906 betr. Handel mit Giften (HMB1. S. 115) i. d. F. v. 10.8.1917 (HMB1. S.249), v. 9.2.1926 (VMB1. S. 190), v. 22. 8.1927 (VMB1. S. 867), v. 6. 8.1931 (Volkswohlfahrt Sp. 790) und 2. 7.1935 (MBliV. S. 874); für Baden: VO. v. 27. 2. 1895 (GVB1. S. 67) i. d. F. v. 27. 8.1938 (GVB1. S. 93); B r e m e n : VO. im GBl. 1946 Nr. 31, S. 92; H a m b u r g : VOB1. 1947 Nr. 16, S. 39; N i e d e r s a c h s e n : VO. v. 30. 8. 1946 (ABl. Nr. 8 S. 67); S c h l e s w i g - H o l s t e i n : VO. v. 13. 7. 1947 zur Änderung der Polizeiverord. v. 11. 1. 1938 (GVB1. 1947 Nr. 6 S. 14 und 1949 Nr. 24 S. 174). Bezüglich des Verkehrs mit giftigen Pflanzenschutzmitteln, die die Landesvorschriften vereinheitlichende PolVO. v. 13. 2. und 13. 8. 1940 (RGBl. I S. 349, 1121) und 30. 9. 1941 (RGBl. S. 611). Die Abgabe von Kokain und Morphium ist strafbar nach dem Opiumgesetz, das unter B I 6 abgedruckt ist. 4) Vgl. die Pr. Markscheider-Ordnung v. 2. 9. 1924 (Preuß. HandelsminBl. S. 153). Zu § 34a: 1) § 34a beruht auf dem Ges. v. 7. 2. 1927 (RGBl. I S. 57). Siehe dazu die VO. über den Wachdienst v. 14. 12. 1937 (RGBl. I S. 1387) und die 1. Durchfanordnung dazu v. 31. 3. 1939 (RGBl. I S. 734, 892).

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B III 1. Gewerbeordnung. §§ 34 b, 35

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nachsuchende die zum beabsichtigten Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, oder wenn der Nachsuchende die für den Gewerbebetrieb nötigen Mittel nicht nachzuweisen vermag.

§ 34 b1) § 35*). [Untersagung wegen Unzuverlässigkeit u . a . Gründen] (1) Die Erteilung vom Tanz-, Turn- und Schwimmunterricht als Gewerbe 1 ), sowie der Betrieb von Badeanstalten 2 ) ist zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit 3 ) des Gewerbetreibenden in bezug auf diesen Gewerbebetrieb dartun. (2) Unter derselben Voraussetzung sind zu untersagen: der Handel mit lebenden Vögeln 4 ), der Trödelhandel (Handel mit gebrauchten Kleidern, gebrauchten Betten oder gebrauchter Wäsche, Kleinhandel mit altem Metallgeräte, mit Metallbruch 5 ) oder dergleichen 6 )) sowie der Kleinhandel mit Garnabfällen oder Dräumen von Seide, Wolle, Baumwolle oder Leinen, der Handel 2) Hier kommt auch der Parkwächter in Frage, der parkende Kraftwagen bewacht. Rohlfing-Kiskalt S. 118 zu 3. Zu § 34b: 1) Aufgehoben durch KRG. Nr. 1 v. 20. 9. 1945 Art. I Nr. l q . Zu § 35: *) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 4. 1) Es handelt sich hier um den Betrieb eines stehenden Gewerbes, das an jedem Orte, wo es betrieben wird, besonders angemeldet werden muß. PrOVG. Bd. 22, 322. Die gewerbsmäßige Erteilung des Turnunterrichts, soweit sie durch die Unterrichtsgesetzgebung geregelt ist, unterliegt nicht den Vorschriften der GewO. E. 44, 20. 2) Badeanstalten sind solche Einrichtungen, in denen Bäder irgendwelcher Art verabfolgt werden, und die weder als Krankenanstalt anzusehen noch unselbständige Betriebe anderer Betriebe sind. Dresden, DStZ. 2, 264. 3) Die Unzuverlässigkeit muß durch bestimmte Tatsachen nach außen in Erscheinung getreten sein, BayVGH. Reger, Entsch. Bd. 56, 1. Auch mangelnde Fähigkeit kann die Unzuverlässigkeit für den Geschäftsbetrieb dartun. PrOVG. RuPrVerwBl. 55, 411. Siehe auch Anm. 2 zu § 30. Die Wirkung der Untersagung ist örtlich nicht beschränkt. PrOVG. DJZ. 34, 1483; Kassel GA. 53, 84. 4) Eingefügt durch Ges. v. 29. 6. 1908 (RGBl. I S. 473). Auf den Handel mit Federvieh bezieht sich das Gesetz nicht. Vgl. wegen der Erlaubnispflicht für das Halten und den Handel mit Brieftauben Ges. v. 1. 10. 1938 (RGBl. I S. 1335.) 5) Siehe dazu § 13 Ges. über den Verkehr mit unedlen Metallen v. 23. 7.1926 unter B III 12. Als alte Metallgeräte sind Gegenstände anzusehen, wenn der Wert der Metallteile den Gebrauchswert des ganzen Gegenstandes erheblich übersteigt. KG. GA. 72, 55. 6) Die Worte „oder dergleichen" beziehen sich auf alle aufgeführten Gegenstände, nicht nur auf die unmittelbar vorhergehenden Worte. Zum Trödelhandel gehört daher auch der Handel mit gebrauchten Möbeln. KG. GewArch. 6, 272. Hamburg Deutsches Strafr. 1935, 158. HRR. 1935 Nr. 830; selbst wenn er nur Nebenbetrieb ist. KG. DJZ. 34, 646; aber nicht, wenn die Möbel völlig umgearbeitet werden. KG. DJZ. 36, 1185; auch nicht der Handel mit gebrauchten Klavieren. Dresden JW. 59 (1930), 2589, und mit gebrauchten Radiogeräten, Hamburg HansRGZ. 1936 A 191. Handel im Sinne des ersten Wortes in der Klammer umfaßt auch den Großhandel, KG. JW. 66 (1937), 2418. Für den Begriff des Kleinhandels kommt es nach PrOVG. Bd. 21, 324 auf den Ankauf an, gleich, ob freihändig oder auf Versteigerung, KG. JW. 64 (1935), 3323; ob die im kleinen erworbenen Sachen im großen wieder veräußert werden, ist gleichgültig. Nach Hamburg HRR. 1931 Nr. 1830 läßt sich nur nach den besonderen Verhältnissen des Betriebs entscheiden, ob Klein- oder Großhandel vorliegt. Vgl. auch KG. GA. 72, 55. In das zu führende Buch — das weder durch die Handelsbücher noch das Umsatzsteuerbuch ersetzt werden kann — haben die Trödler nicht nur die Geschäfte des Trödelhandels, sondern auch alle diejenigen einzutragen, die sie in einem neben dem Trödelhandel betriebenen anderen Geschäftsbetriebe abschließen. KG. GA. 60 S. 299, GA. 75, 340, JW. 64 (1935), 3323. Hierzu gehört nicht der Ankauf von Stoffen und der Weiterverkauf der aus ihnen verarbeiteten Fabrikate. KG. JFGErg. 10, 270.

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 35

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mit Dynamit oder anderen Sprengstoffen7) und der Handel mit Losen von Lotterien und Ausspielungen oder mit Bezugs- und Anteilsscheinen auf solche Lose 8 ). (8) Dasselbe gilt — soweit nicht in dem Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung vom 13. Dezember 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1478) oder in sonstigen reichsrechtlichen Vorschriften ein anderes bestimmt ist — von der gewerbsmäßigen Besorgung bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte9), insbesondere der Abfassung der darauf bezüglichen schriftlichen Aufsätze, von der gewerbsmäßigen Auskunfterteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche Angelegenheiten10), von dem gewerbsmäßigen Betriebe der Vieh Verstellung (Viehpacht), des Viehhandels11 und des Handels mit ländlichen Grundstücken, von dem Geschäfte der gewerbsmäßigen Vermittelungsagenten für Immobiliarverträge12), Darlehen13) und Heiraten14)1B). (4)16) Der Handel mit Drogen17) und chemischen Präparaten, welche zu Heilzwecken dienen, ist zu untersagen, wenn die Handhabung des Gewerbebetriebs Leben und Gesundheit von Menschen gefährdet18). (5) Der Betrieb des Gewerbes als Bauunternehmer und Bauleiter19) sowie 7) Siehe Anm. 7 zu § 1 des Sprengstoffges. v. 9. 6. 1884 unter B I I 7. 8) Siehe LotterieVO. v. 6. 3. 1937 (RGBl. I S. 283) und Rennwett- und Lotterieges. v. 8. 4. 1924, das abgedruckt ist unter B I I 6. 9) Auf Grund des Art. 3 des Ges. v. 13. 12. 1935 — AusfVO. v. 13. 12. 1935, 3. 4. und 25. 6. 1936 (RGBl. I 1935 S. 1481 und 1936 S. 359, 514) — ist die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten — aus der Regelung in der GewO. herausgenommen. Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen, Monopolsachen, Devisen- und Warenverkehrssachen sowie sonstigen Angelegenheiten aus dem Bereich der Reichsfinanzverwaltung unterliegt weder der GewO. noch dem Ges. v. 13. 12. 1935 — abgedruckt unter B I I I 16 — vielmehr den in § 4 des Ges. bezeichneten Vorschriften, so der VO. v. 29. 6. 1936 (RGBl. I S. 524) nebst RdErl. v. 2. 7. 1936, DevisenArch. 1936 S. 685. — Uber Wirtschaftsprüfer siehe Anm. 3 u. 5 zu § 36. Siehe auch Gesetz über Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen v. 17. 7. 1952 (BGBl. I S. 385). 10) Siehe hierzu das Ges. zur Beseitigung von Mißständen im Auskunfts- und Detektiv^ gewerbe v. 1. 2. 1939 (RGBl. I S. 266) und die 1. DVO. dazu v. 20. 2. 1939 (RGBl. I S. 277). 11) Siehe dazu Vieh- und Fleischgesetz v. 25. 4. 1951 (BGBl. I S. 272). 12) Dahin gehören nicht die Versicherungsagenten. PrOVG. 11, 307. Die Vornahme einer in den Gewerbezweig einschlagenden Handlung genügt. RG. Recht 32 Nr. 1471. Ein Wohnungsnachweisbüro kann hierunter fallen. PrOVG. JW. 65 (1936), 1622. 13) Keine Darlehnsvermittlung, wenn sich der Darleiher das Geld erst selbst durch Vermittlung verschafft. BayObLG. J R . 1 Nr. 751; aber die den Abschluß eines Vertrages nur vorbereitende Tätigkeit ist schon Vermittelung. Dresden J W . 61 (1932), 760 und 2639. Nicht jedoch, wenn jemand nur Inserate für Zeitschriften sammelt, welche die Veröffentlichung von Darlehnsgesuchen vornimmt. Das Einander-näher-Bringen von Geldgeber und Geldsucher fehlt. BayObLG. J W . 63 (1934), 1178. — Bezirksstellenleiter einer Bau- oder Zwecksparkasse betreibt gewerbsmäßige Darlehensvermittlungsgeschäfte auch, wenn ein Unteragent die eigentliche Werbetätigkeit ausübt. PrOVG. D J Z . 1934, 937. — Bez. Darlehnsvermittler siehe Erl. v. 16. 5. 1938 (MBlWi. S. 113; hinsichtlich des Geschäftsbetriebs siehe RdErl. v. 16. 5., 7. u. 8. 9. 1938 (MBlfWi. S. 113, 224). 14) Unzuverlässigkeit liegt z. B. vor, wenn die Vermittlung persönlicher Bekanntschaft nur vorgespiegelt wird. PrOVG. D J Z . 35, 306. 15) Die Bestimmungen über die Versteigerer (Auktionaren) in § 35 Abs. 3 wurden durch § 13 des Ges. über das Versteigerergewerbe v. 16. 10. 1934 (RGBl. I S. 974) gestrichen; vgl. die DVO. v. 30. 10. 1934 (RGBl. I S. 1091). 16) § 35 Abs. 4 Satz 2 gestrichen durch § 32 im GaststättenGes. v. 28. 4. 1930 (RGBl. I S. 146) — B I I I 7 —. 17) Dazu gehört auch Heilerde. KG. D J Z . 37, 1070. 18) Die Handhabung gefährdet Leben und Gesundheit z. B. dann, wenn sie sich auf Vertrieb von nicht freigegebenen Apothekerwaren erstreckt oder durch Personen erfolgt, welche jeder sachverständigen Schulung entbehren (Begr.). 19) Ein Architekt ist Bauleiter nur, wenn er sich um Einzelheiten der Bauausführung unmittelbar kümmert. Hamburg DRZ. 21 (1929) Nr. 97. 37

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 35 a, b, 36

der Betrieb einzelner Zweige des Baugewerbes ist zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezug auf diesen Gewerbebetrieb dartun. Der Untersagung muß nach näherer Bestimmung der Landeszentralbehörde die Anhörung von Sachverständigen vorangehen, welche zur Abgabe von Gutachten dieser Art nach Bedarf im voraus von der höheren Verwaltungsbehörde ernannt sind. Soweit es sich um die Begutachtung für handwerksmäßige Gewerbebetriebe handelt, erfolgt die Ernennung nach Anhörung der Handwerkskammer (§ 103) des Bezirkes 20 ). (6) Ist die Untersagung erfolgt, so kann die Landeszentralbehörde oder eine andere von ihr zu bestimmende Behörde die Wiederaufnahme des Gewerbebetriebes gestatten, sofern seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. (7) Personen, welche die in diesem Paragraphen bezeichneten Gewerbe beginnen, haben bei Eröffnung21) ihres Gewerbebetriebs der zuständigen Behörde hiervon Anzeige zu machen. § 35 a 1 ). [Vorbildung im Baugewerbe] (1) Mangel an theoretischer Vorbildung kann als eine Tatsache im Sinne des § 35 Abs. 5 gegenüber Bauunternehmern, Bauleitern oder Personen, die einzelne Zweige des Baugewerbes betreiben, nicht geltend gemacht werden, wenn sie das Zeugnis über die Ablegung einer Prüfung für den höheren oder mittleren bautechnischen Staatsdienst oder das Prüfungs- oder Reifezeugnis einer staatlichen oder von der zuständigen Landesbehörde gleichgestellten baugewerklichen Fachschule besitzen oder wenn sie Diplomingenieure sind. (2) Mangel an theoretischer oder praktischer Vorbildung kann als eine Tatsache im Sinne des § 35 Abs. 5 nicht geltend gemacht werden gegenüber Bauunternehmern und Bauleitern, wenn sie gemäß § 133 die Meisterprüfung im Maurer-, Zimmerer- oder Steinmetzgewerbe bestanden haben, sowie gegenüber Personen, die einzelne Zweige des Baugewerbes betreiben, wenn sie gemäß § 133 die Meisterprüfung in dem von ihnen ausgeübten Gewerbe bestanden haben. (3) Die Landeszentralbehörden sind befugt, zu bestimmen, welche Prüfungen und Zeugnisse den im Abs. 1 bezeichneten gleichzustellen sind. § 35 b 1 ). § 36 1 ). [Feldmesser u. a., Beeidigung und öffentliche Anstellung] (1) Das Gewerbe der Feldmesser, derjenigen, welche den Feingehalt edler Metalle2), oder die Beschaffenheit, Menge oder richtige Verpackung von Waren irgendeiner Art feststellen, der Güterbestätiger, Schaffer, Wäger, Messer, Bracker, Schauer, Stauer usw. darf zwar frei betrieben werden, es sind jedoch die nach Landesrecht dazu befugten Staats- oder Kommunalbehörden oder Korporationen 20) § 35 Abs. 5 und § 35a durch Ges. v. 7. 1. 1907 (RGBl. S. 3) eingeschaltet. 21) Eröffnung liegt auch vor, wenn das zum Schein abgemeldete Gewerbe weiter betrieben wird. KG. DJZ. 11, 86. Zu § 3 5 a : 1) Siehe Anm. 20 zu § 35. Zu § 3 5 b : 1) § 35b wurde durch das ÄndG. zu Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) aufgehoben. Zu § 36: 1) § 36 i. d. F. der NotVO. v. 5. 6. 1931 (RGBl. I S. 279) 7. Teil Kap. 5. AusfVO. v. 21. 12. 1932 (RGBl. I S. 658). 2) S. § 2 Abs. 3, Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen usw. v. 11. 6. 1923, i. d. F . v. 29. 6. 1926 (RGBl. I S. 321), abgedr. unten B I I I 11.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 37, 38

berechtigt, Personen, welche diese Gewerbe betreiben wollen, auf die Beobachtung der bestehenden Vorschriften zu beeiden und öffentlich anzustellen. (2) Die Bestimmungen der Gesetze, welche den Handlungen der genannten Gewerbetreibenden eine besondere Glaubwürdigkeit beilegen oder an diese Handlungen besondere rechtliche Wirkungen knüpfen, sind nur auf die von den nach Landesrecht dazu befugten Staats- oder Kommunalbehörden oder Korporationen angestellten Personen zu beziehen. (3) Die Reichsregierung

ist

ermächtigt,

mit

Zustimmung

des

Reichsrats

ZU

bestimmen, daß auch Personen, die andere als die im Abs. 1 genannten Gewerbe betreiben, oder die nicht selbständige Gewerbetreibende sind, durch die nach Landesrecht dazu befugten Staats- oder Kommunalbehörden oder Korporationen beeidigt und öffentlich angestellt werden können3).

§ 371). [Verkehrsgewerbe] Der Regelung durch die Ortspolizeibehörde unterhegt die Unterhaltung des öffentlichen Verkehrs innerhalb der Orte durch Wagen aller Art 1 ), Gondeln2), Sänften, Pferde und andere Transportmittel sowie das Gewerbe3) derjenigen Personen, welche auf öffentlichen Straßen oder Plätzen4) ihre Dienste anbieten.

§ 381). [Landesrecht für Pfandleiher u. a.] (1) Die Zentralbehörden sind befugt, über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen sowie über den Geschäftsbetrieb der Pfandleiher2), PfandverFür die brit. Zone s. die am 1. 2. 1947 in Kraft getretene VO. des Zentralamts für Wirtschaft v. 20. 12. 1946 über eine Berufsordnung für die Angehörigen des wirtschaftlichen Prüfungs- und Treuhandwesens (ABlNrhWf. 1. Jahrgg. Nr. 2 S. 16, ABlNsa. 1947 S. 44, ABlSchlHo 1947 S. 148, GVBIHa 1947 S. 109. Für die US-Zone s. § 12 Abs. 2 a des Länderratsgesetzes über Wirtschaftsprüfer, Bücherrevisoren und Steuerberater (Bayern G. v. 9. 3. 1948, GVB1. S. 45 ber. S. 110; Hessen G. v. 13. 12. 1947, GVB1. 1948 S. 8; Württemberg-Baden: G. v. 17. 12. 1947, RegBl. 1948 S. 9; Bremen: G. v. 26. 2. 1948, GBl. S. 29). 3) Die Zulassung von Wirtschaftsprüfern ist in der amerikan. Besatzungszone geregelt durch Länderratsgesetz über Wirtschaftsprüfer (Bayern v. 9. 3. 1948, GVB1. S. 45 ber. S. 110; Bremen: v. 26. 2. 1948, GBl. S. 29; Hessen v. 13. 12- 1947, GVB1. 1948 S. 8; WürttembergBaden v. 17. 12. 1947, RgBl. 1948 S. 9). In der brit. Zone gilt die VO. des ZAW. v. 20. 12.1946 über eine Berufsordnung für die Angehörigen des wirtschafte Prüfungs- und Treuhandwesens. Franz. Zone: Baden AO. v. 15. 1. 1946, Württ.Hohenzollern AV. v. 8. 3. 1946 (ABl. v. 1946 S. 19), Rheinl.-Pfalz Wirtschaftsprüferordnung v. 21. 3. 1950 (GVBL S. 91). Gesetz über Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen v. 17. 7.1952 — B G B l . I S. 385 — . Zu § 3 7 : 1) §§ 37, 40 u. 76 traten gem. § 45 des G. über die Beförderung von Personen zu Lande v. 4. 2. 1934 i. d. F. v. 6. 12. 1937, R G B l . I S. 1319) am 1. 4. 1935 außer Kraft, soweit sie den öffentlichen Personenverkehr innerhalb der Orte mit Kraftfahrzeugen und Fuhrwerk regeln. 2) Eine Ortspolizeibehörde ist nicht befugt, durch Polizeiverordnung den Verkehr von Motorbooten auf dem öffentlichen Strom, an dem der Ort liegt, zu regeln. K G . Johow 25, C 76. 3) Uber Beschränkung eines Verkehrs-Gewerbebetriebes durch ortspolizeiliche Vorschriften sowie deren rückwirkende Kraft, BayObLG. Deutsches Strafrecht 1934, 173. 4) Ein Bahnhof ist für die Eisenbahngepäckträger im Sinne dieses Ges. kein öffentlicher Platz. K G . GA. 41, 310. Zu § 3 8 : 1) § 38 i. d. F., die dem § 19 des StellenvermittlerG. v. 2. 6. 1910 (RGBl. S. 860) und den Gesetzen v. 7. 2. 1927 ( R G B l . I S. 57) und v. 16. 10. 1934 (RGBl. I S. 974) entspricht. Siehe hierzu das G. über den Verkehr mit unedlen Metallen § 13 v. 23. 7. 1926, geändert durch G. v. 31. 3. und 21. 12. 1928 und v. 28. 6. 1929 ( R G B l . 1926 I S. 415, 1928 I S. 149, 412, 1929 S. 121), abgedruckt unter B I I I 12. Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 4a. 2) S. PrGes. v. 17. März 1881, betr. das Pfandleihgewerbe, i. d. F . v. 28. 9.1936 (GS. S.149). Vollkaufleute sind, wenn sie gewerbsmäßig Immobiliarverträge vermitteln, den Vorschriften des Pr. Ministers f. H. u. G. über den Gewerbebetrieb der Vermittlungsagenten für Immobiliar37«

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § 39

mittler 3 ) und Unternehmer des Bewachungsgewerbes4), soweit darüber die Landesgesetze nicht Bestimmungen treffen, Vorschriften zu erlassen. (2) Die in dieser Beziehung hinsichtlich der Pfandleiher bestehenden landesgesetzlichen Bestimmungen finden auf den im § 34 Abs. 2 bezeichneten Geschäftsbetrieb Anwendung. Soweit es sich um diesen Geschäftsbetrieb handelt, gilt die Zahlung des Kaufpreises als Hingabe des Darlehens, der Unterschied zwischen dem Kaufpreis und den verabredeten Rückkaufspreis als bedungene Vergütung für das Darlehen und die Übergabe der Sache als Verpfändung derselben für das Darlehen. (8) s ) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung für folgende Gewerbezweige 1. An- oder Verkauf von Gebrauchtwaren und Kleinhandel mit altem Metallgerät und Metallbruch, 2. Kleinhandel mit Eisen- und Stahlschrott sowie Gußbruch aller Art, 3. An- und Verkauf von Waren und Bruch aus Edelmetall und von echten Perlen, 4. Auskunftserteilung über Vermögensverhältnisse und persönliche Angelegenheiten (Auskunfteien, Detekteien), 5. Vermittlung von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, gewerbliche Räume, Wohnräume und Daxlehen, 6. Vermittlung von Eheschließungen, 7. Betrieb von Reisebüros und die Vermittlung von Unterkünften bestimmen, a) in welcher Weise die Gewerbetreibenden ihre Bücher zu führen haben, b) welche Auskünfte sie den für die Überwachung zuständigen Behörden zu erteilen haben, c) welcher behördlichen Nachschau sie sich zu unterwerfen haben. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen an die obersten Landesbehörden weiter übertragen.

§ 391). [Kehrbezirke für Schornsteinfeger] (1) Im Gebiete des Deutschen Reichs sind Kehrbezirke für Schornsteinfeger einzurichten. (2) Die Einrichtung der Kehrbezirke ist durch die höhere Verwaltungsbehörde vorzunehmen. Diese kann die Kehrbezirke verändern, ohne daß deshalb den Bezirksschornsteinfegermeistern ein Einspruchsrecht oder ein Anspruch auf Entschädigung zusteht. Verträge vom 23. Juli 1900 unterworfen. KG. Johow32, C 7. Die Bek. d. Pr. Min. d. I. v. 4. Febr. 1907 (VMB1. S. 95) ist formell gültig. KG. Johow 43, 374. 3) Für sie sind auf Grund des Paragraphen keine Vorschriften erlassen. Sie brauchen kein Geschäftsbuch zu führen. PrOVG. Bd. 80, 380. 4) S. § 34. 5) § 38 Abs. 3 i. d. F. des AndG. der Titel I bis IV, V I I und X der GewO. v. 29. 9.1953 (BGBl. I S. 1459). Zu § 39: 1) Die Fassungen der §§ 39 und 39a beruhen auf dem G. v. 13. 4. 1935 (RGBl. I 5. 508). Siehe dazu die VO. über das Schornsteinfegerwesen v. 28. 7. 1937 (RGBl. I S. 831, Ber. I S. 1134) und die AusfAnw. dazu vom gleichen Tag (RGBl. I S. 841). Zu diesen letzteren VOen siehe die VO. über vorübergehende Maßnahmen auf dem Gebiet des Schornsteinfegerwesens v. 21. 10. 1939 (RGBl. I S. 2073). Hierzu für die brit. Zone: VO. über Maßnahmen auf dem Gebiete des Schornsteinfegerwesens v. 10. 3. 1947 nebst AusfBestimmungen (GVB1. Nordrhein-Westfalen 1947 S. 125, 126). Siehe ferner das Ges. zur Ordnung des Schornsteinfegerwesens v. 22. 1. 1952 (BGBl. I S. 75).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 3 9 a — 4 1 a

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(8) Kehrarbeiten dürfen nur von Bezirksschornsteinfegermeistem oder deren Gesellen ausgeführt werden. (4) Die Bezirksschornsteinfegermeister sind von der höheren Verwaltungsbehörde auf Widerruf zu bestellen. Gegen den Widerruf der Bestellung ist Rekurs gemäß §§ 20, 21 zulässig.

§ 39 a1). [Schornsteinfegerrealrechte] Die bestehenden Schornsteinfegerrealrechte werden gegen Entschädigung aufgehoben. Das Nähere bestimmt der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen m i t d e m Reichsminister des Innern.

§ 401). [Kein Widerruf von Approbation und Genehmigung] (1) Die in den §§ 29 bis 322), 38a, 34 u. 34a erwähnten Approbationen und Genehmigungen dürfen weder auf Zeit erteilt, noch vorbehaltlich der Bestimmungen in den §§ 33a, 53 und 148 widerrufen werden. (2) Gegen Versagung der Genehmigung zum Betrieb eines der in den §§ 30, 30a2), 322), 33a, 34 u. 34a, sowie gegen Untersagung des Betriebes der in den §§ 83 a, 35, und 37 erwähnten Gewerbe ist der Rekurs zulässig. Wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21.

III. Umfang, Ausübung und Verlust der Gewerbebefugnisse § 411). [Arbeits- und Hilfspersonal] (1) Die Befugnis zum selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes begreift das Recht in sich, in beliebiger Zahl Gesellen, Gehilfen, Arbeiter jeder Art und, soweit die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes nicht entgegenstehen, Lehrlinge anzunehmen. In der Wahl des Arbeits- und Hilfspersonals finden keine anderen Beschränkungen statt, als die durch das gegenwärtige Gesetz festgestellten 2 ). (2) In betreff der Berechtigung der Apotheker, Gehilfen und Lehrlinge anzunehmen, bewendet es bei den Bestimmungen der Landesgesetze.

§ 41 a1). [Gewerbebetrieb an Sonn- und Feiertagen] (1) Soweit nach den Bestimmungen der §§ 105b bis 105h Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe 2 ) an Sonn- und Festtagen 3 ) nicht beschäftigt Zu § 39a: 1) S. Anm. 1 zu § 39. Zu § 40: 1) § 40 i. d. F. des G. v. 7. 2. 1927 (RGBl. I S. 57), § 32 GaststättenG.v. 28. 4. 1930 (RGBl. I S. 146), des EinzelhandelsschutzG. v. 12. 5. 1933 Art. II (RGBl. I S. 262) und des G. v. 9. 9. 1937 (RGBl. I S. 970), betr. Ärzte usw. siehe die Anm. 1 zu § 29. 2) Die kleingedruckten §§ sind weggefallen. Zu § 41: 1) Vgl. auch Art. 12 GG. 2) Weitere Beschränkungen ergeben sich insbesondere aus dem JugendschutzG. v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 437) — abgedruckt unter B V 6 —, aus den auf Grund des § 17 Abs. 2 GaststättenG. in allen Ländern ergangenen VOen. Vgl. ferner das Schwerbeschädigtengesetz v. 16. 6. 1953 (BGBl. I S. 389). Zu § 4 1 a : 1) Siehe die VO. über den Ladenschluß v. 21. 12. 1939 (RGBl. I S. 2471) i. d. F. v. 9. 1. 1942 (RGBl. I S. 24). Für Apotheken siehe Art. 3 der VO. v. 5. 2. 1919 (RGBl. I S. 176). Strafvorschrift: § 146a. 2) S. Anm. 5 zu § 105 b. 3) Siehe hierzu das G. über die Feiertage v. 27. 2. 1934 und die DVO. dazu v. 18. 5.1934 (RGBl. I S. 129, 394); S. Vorbemerkung zu d. Ges. unter B II 3. Es gelten nunmehr folgende

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § 41 a

werden dürfen, darf in offenen Verkaufsstellen4) ein Gewerbebetrieb5) an diesen Tagen nicht stattfinden. Diese Bestimmung findet auf den Geschäftsbetrieb von Konsum- und anderen Vereinen entsprechende Anwendung. (2) Weitergehenden landesgesetzlichen Beschränkungen des Gewerbebetriebs an Sonn- und Festtagen steht diese Bestimmung nicht entgegen. (3)6) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf den Verkauf von Waren aus selbsttätigen Verkaufseinrichtungen (Warenautomaten), die von dem Inhaber einer zum dauernden Betrieb eingerichteten offenen Verkaufsstelle in räumlichem Zusammenhang mit dieser aufgestellt und in denen nur Waren feilgeboten werden, die auch in der offenen Verkaufsstelle selbst geführt werden7). Die Wartung der Warenautomaten an Sonn- und Feiertagen ist, soweit an diesen Tagen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe nicht beschäftigt werden dürfen, nur dem Gewerbeunternehmer gestattet. Der Reichsarbeitsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister Näheres bestimmen. Gesetze i n : B a y e r n , Ges. v. 15. 12. 1949 u n d 12. 6. 1950 (GVB1. 1950 S. 41, 95); § 20 dieses Gesetzes ist nach der E n t s c h e i d u n g des B a y e r . Verfassungsgerichtshofes v. 19. 6. 1953 (GVB1. S. 159) nichtig; H a m b u r g , Ges. v. 16. 10. 1953 (GVB1. S. 289); Hessen, Ges. v. 17. 9. 1952 (GVB1. S. 145), Baden, Ges. i. d. F . v. 12. 12. 1950 (GVB1. S. 301); Niedersachsen, Ges. v. 5. 2. 1952 (GVB1. S. 5); Rheinl-Pfalz, Ges. v. 25. 6. 1948 (GVB1. S. 253) mit VO. v. 19. 6. 1950 u n d ÄndVO. v. 16. 10. 1952 (GVB1. S. 80); W ü r t t e m b e r g - B a d e n , Ges. i. d. F . v. 5. 11. 1951 (RegBl. S. 92); Württ.-Hohenzollern, Ges. v. 11. 1. 1949 i. d. F . der Bek. v. 8. 4. 1952 (RegBl. S. 24); Nordrhein-Westfalen, Ges. v. 16. 10. 1951 (GVB1. S. 127); Berlin-West, Ges. v. 14. 12. 1949 (VOB1. S. 490); Schlesw.-Holstein, Ges. v. 12. 1 2 . 1 9 5 3 (GYB1. S. 161). 4) Der Begriff u m f a ß t alle Verkaufsgelegenheiten, v o m L a d e n bis zur primitivsten, wenn n u r von einer festen, f ü r j e d e r m a n n zugänglichen Stelle aus ein W a r e n v e r k a u f zum M i t n e h m e n betrieben wird. Landmann-Rohme r § 41 a A n m . 2 d. Königsberg J R . 2 Nr. 346. V G . 4 B r e m e n (DVB1. 1954, 263). S. § 22 AZO. u n t e r B V 5. E i n e o. V. liegt a u c h vor, wenn j e m a n d in den R ä u m e n einer S c h a n k w i r t s c h a f t einen V e r k a u f s s t a n d u n t e r h ä l t . Dresden J W . 60 (1931), 1948. H i e r u n t e r fallen auch Viehhandelstallungen. B a y O b L G . GA. 72, 367; B a y O b L G . J W . 59 (1930), 1227. E i n e sofortige M i t n a h m e der W a r e ist nicht erforderlich. B a y O b L G . H R R . 1928 Nr. 400. Dresden J W . 58 (1929), 3029. D a s A u s t r a g e n v o n W a r e n , die zuvor g e k a u f t oder bestellt sind, ist zulässig. K G . H R R . 32 Nr. 1738. O.V. sind nicht Speisewirtschaften, in denen die Speisen zum Genuß auf der Stelle verabfolgt werden. K G . GA. 49, 158. Dresden LZ. 23 (1929), 1087, oder in denen der gelegentliche Verkauf von Speisen über die S t r a ß e erfolgt, J e n a J W . 54 (1925), 2806 u. Celle J R . 2 Nr. 2000 ( V e r k a u f s r a u m im Kino-Vorraum. A. M. Dresden J W . 59 (1930), 421), ferner nicht Äcker u n d Wiesen, auf welchen landwirtschaftliche P r o d u k t e versteigert werden. Celle GA. 42, 152. I n h a b e r von Trinkhallen, also Trinkwasserhäuschen a n den Straßen, sind als I n h a b e r einer S c h a n k w i r t s c h a f t f ü r den Verkauf von W a r e n aller A r t innerhalb der f ü r den Verkauf freigegebenen Zeiten n u r den allgemeinen B e s c h r ä n k u n g e n u n t e r w o r f e n . N a c h L a d e n s c h l u ß u n d s o n n t a g s dürfen sie a b e r n u r G e n u ß m i t t e l u n d Bedarfsgegenstände an Gäste abgeben, deren Verkauf an diese üblich ist, ferner W a r e n nur, soweit sie zum Genuß auf der Stelle dienen (z. B. Zigaretten) u n d ferner n u r in V e r b i n d u n g m i t sonstigen Speisen oder G e t r ä n k e n , zu deren Verkauf die Trinkhalle d i e n t ; also kein Verkauf a n P a s s a n t e n . Vgl. AV. d. R J M . v. 4. 9. 1936, D J 1936 1361. Ein Angestellter eines Gastwirts, der Zigarren an N i c h t g ä s t e v e r k a u f t , k a n n als T ä t e r b e s t r a f t werden. B a y O b L G . D J Z . 29, 746. S t r a f b a r ist auch, wer auf seine R e c h n u n g u n d V e r a n t w o r t u n g von den Angestellten des W i r t s Zigarren v e r k a u f e n l ä ß t . Köln D R Z . 23 (1931) Nr. 721. 5) U n t e r Gewerbebetrieb ist der Inbegriff aller derjenigen T ä t i g k e i t e n zu verstehen, welche der Gewerbetreibende im Verkehr m i t seinen K u n d e n zu erledigen h a t , insbesondere auch A n n a h m e von Bestellungen, V e r p a c k u n g von W a r e n usw. K G . GA. 45 S. 65 K G . Reger, E n t s c h . Bd. 57, 15, 17. Gewerbebetr. ist a u c h die O f f e n h a l t u n g eines Warenlagers zur Besichtigung d u r c h das P u b l i k u m . N a u m b u r g H R R . 1932 Nr. 1281. 6) Abs. 3 b e r u h t auf § 3 des G. über den Verkauf von W a r e n aus A u t o m a t e n v. 6. 7. 1934 (RGBl. I S. 585 — B I I I 15 —), die F a s s u n g des Satz 2 auf § 30 Abs. 3 Ziff. 1 des J u g e n d s c h u t z G v. 30. 4. 1938 ( R G B l . I S. 437); dazu AusfVOen v. 14. 8. 1934 (RGBl. I S. 814) u n d v. 30. 4. 1936 (RGBl. I S. 645). 7) Nicht der T a b a k w a r e n g r o ß h ä n d l e r , sondern der G a s t w i r t ist hinsichtlich der in der G a s t w i r t s c h a f t aufgestellten A u t o m a t e n straffällig, wenn der Gastwirt selbständiger U n t e r -

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 41b—42 a

§ 41 b.

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[Ausnahmen]

(1) Auf Antrag von mindestens zwei Dritteln der beteiligten Gewerbetreibenden kann für eine Gemeinde oder mehrere örtlich zusammenhängende Gemeinden durch die höhere Verwaltungsbehörde vorgeschrieben werden1), daß an Sonn- und Festtagen 2 ) in bestimmten Gewerben, deren vollständige oder teilweise Ausübung zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist, ein Betrieb insoweit stattfinden darf, als Ausnahmen von den im § 105 b Abs. 1 getroffenen Bestimmungen zugelassen sind. (2) Der Bundesrat) ist befugt, Bestimmungen darüber zu erlassen, welche Gewerbetreibende als beteiligt anzusehen sind und in welchen Verfahren die erforderliche Zahl von Gewerbetreibenden festzustellen ist. § 42. [Gewerbliche Niederlassung] (1) Wer zum selbständigen Betriebe eines stehenden Gewerbes befugt ist, darf dasselbe innerhalb und unbeschadet der Bestimmungen des dritten Titels auch außerhalb des Gemeindebezirkes seiner gewerblichen Niederlassung ausüben 1 ). (2) Eine gewerbliche Niederlassung gilt nicht als vorhanden, wenn der Gewerbetreibende im Inland ein zu dauerndem Gebrauch eingerichtetes, beständig oder doch in regelmäßiger Wiederkehr von ihm benutztes Lokal für den Betrieb seines Gewerbes nicht besitzt 2 ). § 42 a*). [Verbot des Feilbietens von Haus zu Haus] (1) Gegenstände, welche von dem Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen ausgeschlossen sind1), dürfen auch innerhalb des Gemeindebezirkes des Wohnorts oder der gewerblichen Niederlassung von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen 2 ) oder anderen öffentlichen Orten 3 ) nicht feilgeboten4) oder zum Wiederverkauf angekauft werden, mit Ausnahme von Bier und Wein nehmer u. Verkäufer der Waren aus dem Automaten ist, LG. Stuttgart J W 66 (1937), 187. Friseurgeschäfte, Trinkwasserbuden u. dgl. Gemischtwarengeschäfte mit Rauchwarenverkauf dürfen in Ladenschlußzeiten Tabakwaren aus Automaten nur verkaufen, wenn sie überwiegend Tabakwaren führen, Dresden ArchRpflSaTh. 1937, 33. Zu § 41b: 1) Diese Anordnungen brauchen nicht in Form von Polizeiverordnungen erlassen zu werden. KG. D J Z . 18, 1079. Vgl. auch § 366 Ziff. 1 StGB, und § 55 a. 2) S. Anm. 3 zu § 41a. Zu § 42: 1) Als gewerbliche Niederlassung kann auch die Wohnung des Gewerbetreibenden in Betracht kommen, ohne besondere Kontor- und Geschäftsräume. E. 29, 1. 2) Es ist kein Verstoß gegen § 42, wenn aus gesundheitspolizeilichen Rücksichten für einen Ort beschränkende Vorschriften für die Gewerbeausübung erlassen werden. E. 18, 351. Insbes. sind Beschränkungen bezüglich der im § 36 aufgeführten Gewerbetreibenden zulässig. Celle GA. 39, 87. Auch wenn der Gewerbetreibende ein Lokal besitzt, braucht eine gewerbliche Niederlassung noch nicht vorzuliegen, z. B. dann nicht, wenn er nicht die Absicht hatte, sie zu begründen. KG. D J Z . 35, 306. Zu § 42a: *) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5. 1) Diese Bannwaren sind in §§ 56 bis 56 b aufgeführt. Ansichtssendungen der Sortimentsbuchhändler an ihre Kunden fallen nicht unter § 42 a. 2) Schon das bloße Aufstellen mit den offenliegenden Waren genügt, besonderes Anbieten oder Verkauf ist nicht erforderlich. Hamburg GA. 46, 59. 3) Darunter sind auch öffentliche Lokale (Restaurationen) zu verstehen. R. 4, 265 u. E. 6, 225. Ein Gehöft nimmt die Eigenschaft eines Ortes an, wenn auf ihm eine öffentliche Wahlversammlung abgehalten wird. RG. D J Z . 10, 560. 4) vgl. Anm. 7 zu § 55.

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in Fässern und Flaschen und vorbehaltlich des nach § 33 erlaubten Gewerbebetriebs 5 ). (2) Die zuständige Landesregierung ist befugt, soweit ein Bedürfnis dazu obwaltet, anzuordnen, daß und inwiefern weitere Ausnahmen von diesem Verbote stattfinden sollen. (8) Das Feilbieten geistiger Getränke kann von der Ortspolizeibehörde im Falle besonderer Bedürfnisses vorübergehend gestattet werden 6 ).

§ 42 b1). [Ausnahme, Hausierhandel] (1) Durch die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeindebehörde oder durch Beschluß der Gemeindebehörde mit Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde kann für einzelne Gemeinden bestimmt werden, daß Personen, welche in dem Gemeindebezirk einen Wohnsitz 2 ) oder eine gewerbliche Niederlassung besitzen und welche innerhalb des Gemeindebezirkes auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten, oder ohne vorgängige Bestellung 3 ) von Haus zu Haus 1. Waren feilbieten 4 ) oder 2. Waren bei anderen Personen als bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waren produzieren, oder an anderen Orten als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen oder Warenbestellungen bei Personen, in deren Gewerbebetriebe Waren der angebotenen Art keine Verwendung finden, aufsuchen 5 ), oder 3. gewerbliche Leistungen, hinsichtlich deren dies nicht Landesgebrauch ist, anbieten 6 ) oder Bestellungen auf solche aufsuchen wollen, der Erlaubnis bedürfen 6 ). (2) Auf die Erteilung, Versagung und Zurücknahme der Erlaubnis finden die Vorschriften der §§ 57 bis 58 und des § 63 Abs. 1, und auf die Ausübung des Gewerbebetriebs die Vorschriften der §§ 60b, 60c, des § 60d Abs. 1, 2 und des § 63 Abs. 27) entsprechende Anwendung. (3) In betreff der im § 59 Ziffer 1 und 2 bezeichneten Erzeugnisse und Waren, auch wenn dieselben nicht zu den selbstgewonnenen oder selbstverfertigten gehören, ferner in betreff der Druckschriften, anderen Schriften und Bildwerke 8 ), 5) An die Stelle des früheren § 33 GewO. ist das GaststättenG. getreten. 6) Dieser Absatz ist veraltet, durch § 8 GaststG. ersetzt, wenn auch nicht formell aufgehoben. Zu § 4 2 b : 1) § 42b i. d. F. des EinzelhandelsschutzG. v. 12. 5. 1933 (RGBl. I S. 262) und der G. zur Änderung der GewO. v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 566) und v. 6. 7. 1938 (RGBl. I S. 823) sowie des JugendschutzG. v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 437) und des ÄndG. der Titel 1 bis IV, V I I und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). Straf Vorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5, § 149 Abs. 1 Nr. 1. 2) Grundsätzlich kann jeder am eigenen Wohnsitz das Hausiergewerbe betreiben. Die höhere Polizeibehörde kann jedoch anordnen, daß Erlaubnis erforderlich ist. Diese Erlaubnis (Stadthausierschein) wird nicht durch den Wandergewerbeschein (§ 55) ersetzt. KG. GewO. 23, 87; 27, 387. S. auch Anm. 2 zu § 57. 3) S. Anm. 4 zu § 55. 4) S. Anm. 7 zu § 55. Auch Theaterbillete können Waren sein. KG. GA. 42, 430. Siehe auch Anm. 1 zu § 105 i. 5) S. Anm. 8 zu § 55. 6) S. Anm. 11 zu § 55. 7) § 63 Abs. 2 war durch § 6 der 2. VereinfachungsVO. v. 6. 11. 1939 (RGBl. I S. 2168) gestrichen worden, s. aber Anm. 1 zu § 63. 8) Über den Begriff Schriften und Bildwerke s. München, JW. 64 (1935), 3405. Ein Biergartenbesitzer, welcher in dem Lokale gedruckte Lieder zum Kauf anbieten läßt, fällt unter die §§ 43 u. 149 Abs. 1. Kassel GA. 38, 83.

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insoweit der Gewerbebetrieb hiermit von Haus zu Haus stattfindet, sowie in betreff der vom Bundesrat9) in Gemäßheit des § 44 Abs. 2 gestatteten Ausnahmen darf der betreffende Gewerbebetrieb in dem Gemeindebezirke des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung von einer Erlaubnis nicht abhängig gemacht werden. In betreff der im § 59 Ziffer 1 und 2 bezeichneten Erzeugnisse und Waren kann jedoch der Gewerbebetrieb unter den im § 57 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 und 6, Absätze 2, 3 und § 57 b Ziffer 2 und 3 erwähnten Voraussetzungen untersagt sowie nach Maßgabe des § 60b Abs. 2 und des § 60c Abs. 2 beschränkt werden. Auf die Untersagung dieses Gewerbebetriebs finden die Vorschriften des § 63 Abs. 1, auf die Beschränkung desselben die Vorschriften des § 63 Abs. 27) entsprechende Anwendung. (4) Die höhere Verwaltungsbehörde ist befugt, die vom Bundesrate9) gemäß § 56d getroffenen Bestimmungen auf diejenigen Ausländer 10 ) entsprechend anzuwenden, welche innerhalb des Gemeindebezirks ihres Wohnortes oder ihrer gewerblichen Niederlassung auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus eines der unter Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe betreiben wollen. (5) § 56c Abs. 2 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden. § 43*). [Druckschriften u. a., Legitimationsschein] (1) Wer gewerbsmäßig1) Druckschriften oder andere Schriften oder Bildwerke2) auf öffentlichen Wegen3), Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten ausrufen, verkaufen, verteilen, anheften oder anschlagen will, bedarf dazu einer Erlaubnis der Ortspolizeibehörde und hat den über diese Erlaubnis auszustellenden, auf seinen Namen lautenden Legitimationsschein bei sich zu führen 4 ). (2)5) Auf die Erteilung, Versagung und Zurücknahme der Erlaubnis sind die Vorschriften des § 57 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4, Absätze 2, 3, 4 der §§ 57a, 57b Ziffer 1 bis 3, des § 58 und des § 63 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. Auf das bloße Anheften und Anschlagen findet der Versagungsgrund der abschreckenden Entstellung keine Anwendung. (3) Zur Verteilung von Stimmzetteln 6 ) und Druckschriften zu Wahlzwecken 9) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 10) Siehe hierzu das Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet v. 25. 4. 1951 (BGBl. I S. 269). Zu § 43: *) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5, § 149. Abs. 1 Nr. 1. 1) Gewerbsmäßig handelt nur derjenige, dessen Absicht nur darauf gerichtet ist, durch die von ihm fortgesetzt zu entwickelnde Tätigkeit sich eine dauernde Erwerbsquelle zu verschaffen. Dresden LZ. 21 (1927) 1567. KG. J F G E r g . 7, 168. BayObLG. J W . 59 (1930), 3103. Selbständig braucht der Gewerbetreibende nicht zu sein, es genügt für die §§ 42b, 43, 44a Tätigkeit im Auftrag und für Rechnung eines Dritten. 2) S. Anm. 8 zu § 42b. 3) Der § 43 trifft auch den im Umherziehen betriebenen gewerbsmäßigen Verkauf von Druckschriften. Dresden GA. 40, 196; jedoch nicht, wenn ein Wandergewerbeschein erteilt ist. KG. J u r R . 3 Nr. 2258; a. M. KG. Recht 31 Nr. 2608. Die Genehmigung berechtigt nicht zum Verkauf von Zeitungen auf dem Wochenmarkt. KG. D J Z . Bd. 37, 233. 4) Des Legitimationsscheines bedarf der, der die Druckschriften wirklich verkauft, nicht der, für dessen Rechnung sie verkauft werden. Dresden GA. 40, 196. Zum gewerbsmäßigen Verkauf im Umherziehen ist ein Legitimationsschein nicht erforderlich. PrOVG. D J Z . Bd. 34, 249. S. auch Anm. 2 zu § 57. 5) § 43 Abs. 2 i. d. F. des ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). 6) Es muß sich nur um eine Wahl zu gesetzgebenden Körperschaften handeln. KG. J F G E r g . 1, 157.

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bei der Wahl zu gesetzgebenden Körperschaften ist eine polizeiliche Erlaubnis in der Zeit von der amtlichen Bekanntmachung des Wahltags bis zur Beendigung des Wahlakts nicht erforderlich7). (4) Dasselbe gilt auch bezüglich der nichtgewerbsmäßigen Verteilung von Stimmzetteln und Druckschriften zu Wahlzwecken. (5) In geschlossenen Räumen 8 ) ist zur nichtgewerbsmäßigen Verteilung von Druckschriften oder anderen Schriften oder Bildwerken eine Erlaubnis nicht erforderlich. (6) An die Stelle des im § 5 Abs. 1 des Preßgesetzes vom 7. Mai 1874 9 ) angezogenen § 57 der Gewerbeordnung treten die Bestimmungen des § 57 Ziffer 1, 2, 4, der §§ 57a, 57b Ziffer 1 und 2 des gegenwärtigen Gesetzes. § 44 1 ). [Aufkaufen von Waren, Aufsuchen von Bestellungen] (1) Wer ein stehendes Gewerbe betreibt, ist befugt, auch außerhalb des Gemeindebezirkes seiner Niederlassung persönlich oder durch in seinen Diensten2) stehenden Reisenden für die Zwecke seines Gewerbebetriebs Waren aufzukaufen, feilzubieten und Bestellungen auf Waren zu suchen3). Dies gilt auch für Handelsvertreter 4 ), die ein stehendes Gewerbe betreiben, sofern sie als Vermittler oder Vertreter des Auftraggebers Waren aufkaufen, feilbieten und Bestellungen auf Waren zu suchen. (2) Waren dürfen nur bei Kaufleuten oder bei Personen, die solche Waren herstellen, oder in offenen Verkaufsstellen aufgekauft werden. Soweit die Bundesregierung nicht durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für bestimmte Gegenden, für bestimmte Waren oder für Gruppen von Gewerbetreibenden Ausnahmen zuläßt, dürfen ohne vorgängige ausdrückliche Aufforderung nur bei Kaufleuten in deren Geschäftsräumen oder bei Personen, in deren Geschäftsbetrieb Waren der angebotenen Art Verwendung finden, Waren feilgeboten oder Warenbestellungen aufgesucht werden5). Dies gilt nicht'für Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke. (3) Auf das Aufsuchen von Bestellungen auf Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke sind die Vorschriften des § 56 Abs. 3 entsprechend anzuwenden. 7) Die Verteilung am Sonntag kann aber strafbar sein als öffentlich bemerkbare Arbeit im Sinne des § 2 der VO. über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 16. 3. 1934 — s. unter B I I 3 und Anm. 1 u. 2 zu § 366 S t G B . 8) Hierhergehören auch Wirtshäuser, Hausflure usw. K G . J o h o w 14, 364. E. 55, 101. Auch Wirtshausgärten. K G . Johow44, 443. 9) Abgedruckt unter B I I 2. Zu § 44: 1) § 44 i. d. F . des ÄndG. der Titel I bis IV, V I I und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5. 2) E s muß ein festes vertragliches Dienstverhältnis vorliegen; es kommt aber nicht darauf an, ob sie auf festes Gehalt oder Tagegelder angenommen sind. 3) Zu diesen Waren gehören nicht auch diejenigen, die nach den §§ 56 u. 56a vom Hausiergewerbe ausgeschlossen sind. K G . Johow 22, C 104. Stenglein Nebenges. Anm. 7. Bez. des Begriffs Aufsuchen vgl. Anm. 8 zu § 55. 4) Gemäß §§ 84ff. H G B . i. Fass. des Ges. v. 6. 8. 1953 (BGBl. I S. 771). 5) Ausnahmen sind zugelassen für den Handel mit Gold- oder Silberwaren und Waren ähnlicher Art, ferner zugunsten der Weinhändler für das Aufsuchen von Bestellungen auf Traubenwein einschließlich Schaumwein, dann für den Handel mit Erzeugnissen der Leinenund Wäschefabrikation und mit Nähmaschinen (s. Ziff. I 2, Bek. v. 27. 11. 1896, i. d. F. der Bek. v. 13. 1. 1909 und 4. 3. 1912 und der VO. v. 13. 3. 1928, v. 6. 10. 1930, 20. 5. 1933 und v. 12. 8. 1935, R G B l . 1896 S. 745, 1909 S. 259, 1912 S. 189, 1933 I S. 288; RMB1. 1928 S. 89, 1930 S. 559, 1935 S. 725; für das Aufsuchen von Bestellungen auf überwebte Holzrouleaux zugunsten der Fabrikanten dieser Waren (Bek. v. 25. 3. 1897, R G B l . 96, endlich für das Aufsuchen von Bestellungen auf Kraftfahrzeuge (VO. v. 3. 2. 1936, R G B l . I S. 58).

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 44 a

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Das gleiche gilt für das Feilbieten von Druckschriften, anderen Schriften oder Bildwerken.

§ 44 a1). [Legitimationskarte] (1) Wer im Rahmen des § 44 Waren aufkauft 2 ), feilbietet oder Bestellungen auf Waren sucht 3 ), bedarf hierzu einer Legitimationskarte, welche auf den Antrag des Inhabers des stehenden Gewerbebetriebs von der für dessen Niederlassungsort zuständigen Verwaltungsbehörde für die Dauer des Kalenderjahrs und den Umfang des Reichs ausgestellt wird4). § 60 Abs. 1 Satz 2, 3 und 4 gilt sinngemäß. Die Legitimationskarte enthält den Namen des Inhabers derselben, den Namen der Person oder der Firma, in deren Diensten er handelt, und die nähere Bezeichnung des Gewerbebetriebs5). (2) Der Inhaber der Legitimationskarte ist verpflichtet, dieselbe während der Ausübung des Gewerbebetriebs bei sich zu führen, auf Erfordern der zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht imstande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung der Legitimationskarte einzustellen. (3) Die Legitimationskarte ist zu versagen, wenn bei demjenigen, für den sie beantragt wird, eine Voraussetzung zutrifft, die nach § 57 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4, Absätze 2, 3 die Versagung des Wandergewerbescheins zur Folge hat; § 57 Abs. 4 gilt entsprechend. Außerdem darf sie nur dann versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die nach § 57b Ziffer 2 und 3 die Versagung des Wandergewerbescheins rechtfertigen würden. (4) Die Legitimationskarte kann durch die Behörde, welche sie ausgestellt hat, zurückgenommen werden, wenn sich ergibt, daß eine der im § 57 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4 Absätze 2, 3 und in § 57b Ziff. 2 bezeichneten Voraussetzungen zur Zeit der Erteilung derselben vorhanden gewesen, der Behörde aber unbekannt geblieben, oder nach Erteilung derselben eingetreten ist, oder wenn bei dem Geschäftsbetriebe die im § 44 gezogenen Schranken überschritten werden. (5) Wegen des Verfahrens gelten die Vorschriften des § 63 Abs. 1. (6) Einer Legitimationskarte bedürfen diejenigen Gewerbetreibenden nicht 6 ), welche durch die in den Zollvereins- oder Handelsverträgen vorgesehene Gewerbelegitimationskarte bereits legitimiert sind. In betreff dieser Gewerbetreibenden finden die vorstehenden Bestimmungen über die Verpflichtung zum Mitführen der Legitimationskarte, über die Folgen der Nichterfüllung dieser Verpflichtung sowie über die Versagung und Zurücknahme der Karte entsprechende Anwendung. Zu § 4 4 a : 1) § 4 4 a i. d. F. der G. v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 566) und v. 6. 7. 1938 (RGBl. I S. 823) und des ÄndG. der Titel I bis IV, V I I und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). S. § 14 Unedel Metallges. — B I I I 12 — und R i S t V . 1953 Nr. 277. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5, 6, § 149 Abs. 1 Nr. 1. 2) Nicht der Viehagent. Naumburg DRZ. 21 (1929) Nr. 554. 3) Das Aufsuchen von Bestellungen auf Zeitungsinserate ist kein Aufsuchen von Warenbestellungen. § 55 Abs. 1 Nr. 2. Stenglein Nebenges. Anm. 2. 4) Nun Bundesgebiet. 5) Wer für verschiedene Firmen desselben Verwaltungsbezirks reist, kann für alle eine gemeinsame Karte erhalten. Für mehrere Firmen verschiedener Bezirke sind verschiedene Karten erforderlich. Kayser-Steiniger a.a.O. Anm. 5. Der Reisende selbst hat kein Antragsrecht auf Erteilung einer Legitimationskarte. P r O V G . D J Z . Bd. 9, 820. Die Legitimationskarte eines ein stehendes Gewerbe betreibenden Handlungsagenten braucht den Namen des Auftraggebers nicht zu enthalten. K G . J W . 66 (1937), 765. Vor Ausstellung der Karte ist zu prüfen, ob der Antragsteller das betreffende Gewerbe als stehendes mit einer gewerblichen Niederlassung im Gebiete der Ortspolizeibehörde betreibt. Vgl. Anm. 2 zu § 57. 6) Wohl aber die Inhaber der Erlaubnisscheine zum Viehaufkauf. K G . J R . 1 Nr. 1416. Ferner auch der Inhaber eines auf Grund der Sondergesetzgebung über die Eierwirtschaft ausgestellten Sammelausweises. K G . J W . 66 (1937), 766.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 45—49

§ 45. [Stellvertreter] Die Befugnisse zum stehenden Gewerbebetriebe können durch Stellvertreter 1 ) ausgeübt werden; diese müssen jedoch den für das in Rede stehende Gewerbe insbesondere vorgeschriebenen Erfordernissen 2 ) genügen. § 46. [Tod des Gewerbetreibenden] Nach dem Tode eines Gewerbetreibenden darf das Gewerbe für Rechnung der Witwe1) während des Witwenstandes, oder, wenn minderjährige Erben vorhanden sind, für deren Rechnung durch einen nach § 45 qualifizierten Stellvertreter betrieben werden, insofern die über den Betrieb einzelner Gewerbe bestehenden besonderen Vorschriften nicht ein anderes anordnen. Dasselbe gilt während der Dauer einer Kuratel oder Nachlaßregulierung. § 471). [Stellvertretung in einzelnen Fällen] Inwiefern für die nach §§ 34, 34a und 36 konzessionierten oder angestellten Personen eine Stellvertretung zulässig ist, hat in jedem einzelnen Falle die Behörde zu bestimmen, welcher die Konzessionierung oder Anstellung zusteht. § 48. [Übertragung von Realgewerbeberechtigungen] Realgewerbeberechtigungen 1 ) können auf jede, nach den Vorschriften dieses Gesetzes zum Betriebe des Gewerbes befähigte Person in der Art übertragen werden, daß der Erwerber die Gewerbeberechtigung für eigene Rechnung ausüben darf. § 491). [Fristfestsetzung in einzelnen Fällen] (1) Bei Erteilung der Genehmigung zu einer Anlage der in den §§ 16 und 24 bezeichneten Arten, ingleichen zur Anlegung von Privat-Kranken-, Privat-EntZu § 45: 1) Stellvertreter ist derjenige, welcher das Gewerbe im Namen und für Rechnung des Geschäftsinhabers selbständig verwaltet, also das Gewerbe in seiner Gesamtheit an Stelle des Geschäftsherrn ausübt und zwar in bezug auf den rein gewerblichen Betrieb, der von dem kaufmännischen getrennt sein kann. Daher ist auch derjenige als Stellvertreter anzusehen, dem nur die technische Leitung eines gewerblichen Betriebes (Glashütte) in vollem Umfange übertragen ist. E. 21, 287. Nicht ist Stellvertreter, wer das Risiko trägt. PrOVG. GewArch. 11, 457, auch nicht der Geselle. BayObLG. J W . 56 (1927), 272. Stellvertretung ist nur möglich, wenn der Vertretene selbst das Gewerbe ausüben darf. RG. v. 11. 10. 1927, Stenglein Nebenges. Anm. 2. Durch § 151 ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betriebsunternehmers geregelt worden, indem eine teilweise Stellvertretung geschaffen worden ist. E. 24, 293. 2) Über Stellvertretung im Schankgewerbe vgl. § 6 unter B I I I 7. Den Befähigungsnachweis muß auch der Stellvertreter haben. Stenglein Nebenges. Anm. 4. Zu § 46: 1) Nach dem Gleichberechtigungsgrundsatz (Art. 3, 117 GG.) gilt § 46 auch für den Witwer einer weibl. Gewerbetreibenden (vgl. § 128a Abs. 3 Gew.O). Der verwitwete Ehegatte kann auch das Gewerbe persönlich fortführen, sofern er den Anforderungen des § 45 entspricht. BayObLG. J W . 58 (1929), 1486. Das Recht aus § 46 erlischt mit der Wiederverheiratung. Stenglein Nebenges. Anm. 4. Rohlfing-Kiskalt S. 148. Der verwitwete Teil braucht nicht Erbe des Gewerbetreibenden zu sein. Hamburg J W . 61 (1932), 3311. Vgl. auch § 4 der Handwerksordnung unter B I I I 2. Zu § 47: 1) § 47 i. d. F. des G. v. 7. 2. 1927 (RGBl. I S. 57); der frühere Abs. 2 des §47 wurde durch das G. v. 13. 4. 1935 (RGBl. I S. 508) gestrichen. Z u § 48: 1) Hiernach können Realgewerbeberechtigungen, die nach § 10 Abs. 2 nicht mehr begründet werden dürfen, noch übertragen werden. Der Erwerber muß aber die nötige Befähigung besitzen; vgl. § 24 Gaststättenges. Die Bedürfnisfrage ist nicht zu prüfen. Zu § 49: 1) § 49 Abs. 1 i. d. F. des G. v. 7. 2. 1927 (RGBl. I S. 57) und des § 32 GaststättenG. v. 28. 4. 1930 — B I I I 7 —.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 50, 51

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bindungs- und Privat-Irrenanstalten, zu Schauspielunternehmungen sowie zum Betriebe der im § 34a gedachten Gewerbe kann von der genehmigenden Behörde den Umständen nach eine Frist festgesetzt werden, binnen welcher die Anlage oder das Unternehmen bei Vermeidung des Erlöschens der Genehmigung begonnen und ausgeführt und der Gewerbebetrieb angefangen werden muß. Ist eine solche Frist nicht bestimmt, so erlischt die erteilte Genehmigung, wenn der Inhaber nach Empfang derselben ein ganzes Jahr verstreichen läßt, ohne davon Gebrauch zu machen. (2) Eine Verlängerung der Frist kann von der Behörde bewilligt werden, sobald erhebliche Gründe nicht entgegenstehen. (8) Hat der Inhaber einer solchen Genehmigung seinen Gewerbebetrieb während eines Zeitraums von drei Jahren eingestellt2), ohne eine Fristung nachgesucht und erhalten zu haben, so erlischt dieselbe3). (4) Für die im § 16 aufgeführten Anlagen darf die nachgesuchte Fristung so lange nicht versagt werden, als wegen einer durch Erbfall oder Konkurserklärung entstandenen Ungewißheit über das Eigentum an einer Anlage oder, infolge höherer Gewalt4), der Betrieb entweder gar nicht oder nur mit erheblichem Nachteile für den Inhaber oder Eigentümer der Anlage stattfinden kann. (5) Das Verfahren für die Fristung ist dasselbe wie für die Genehmigung neuer Anlagen. § 501). [Übergangsregelung] Auf die Inhaber der bereits vor dem Erscheinen des gegenwärtigen Gesetzes erteilten Genehmigungen finden die im § 49 bestimmten Fristen ebenfalls Anwendung, jedoch mit der Maßgabe, daß diese Fristen von dem Tage der Verkündung des Gesetzes an zu laufen anfangen. § 51. [Untersagung der Benutzung von Anlagen bei überwiegenden Nachteilen und Gefahren] (1) Wegen überwiegender Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl kann die fernere Benutzung einer jeden gewerblichen Anlage durch die höhere Verwaltungsbehörde zu jeder Zeit untersagt werden. Doch muß für Besitzer alsdann für den erweislichen Schaden Ersatz geleistet werden1). 2) Darunter ist nur eine vollständige Einstellung des Gesamtbetriebes zu verstehen. PrOVG. Bd. 9, 303. Vgl. auch PrOVG. 17, 399 u. E. 36, 155. Gewerbliche Unternehmungen erlöschen auch durch Verzicht. E. 36, 155 (156). Durch den Verkauf der Schankwirtschaft erlischt die Konzession noch nicht. PrOVG. GA. 48, 168. Vgl. §§ 4ff. des Gaststättenges., s. unter B I I I 7. 3) Durch VO. v. 9. 10. 1940 (RGBl. I S. 1344) war bestimmt worden, daß „für die Berechnung der Fristen im Sinne des § 49" die Zeitdauer des Kriegs nicht in Ansatz zu bringen ist. Durch § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Aufhebung kriegsbedingter gewerberechtlicher Vorschriften vom 9. 2. 1953 (BGBl. I S. 19), in Kraft getreten am 15. 2. 1953, ist die VC aufgehoben worden. Die wieder in Lauf gesetzten Fristen enden grundsätzlich 1 Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes, also am 15. 2. 1954. Uber Ausnahmen für Gewerbetreibende, die sich unfreiwillig außerhalb des Gebietes deutscher Gerichtsbarkeit aufhalten, Verschollene usw. siehe § 1 Abs. 2 Ziff. 1—3 des Gesetzes. 4) Höhere Gewalt ist jedes elementare, nicht aus dem fraglichen Betrieb entstehende, also gewissermaßen von außen kommende Ereignis, dessen schädigende Wirkung auch durch die vernünftigerweise zu erwartenden Vorsichtsmaßregeln nicht vermieden werden kann. Z u § 50: 1) Heute bedeutungslos. Zu § 51: 1) Der § 51 beschränkt sich auf Anlagen, zu denen eine polizeiliche Genehmigung erforderlich gewesen, und auf solche auch nicht genehmigungspflichtige Anlagen, deren Betrieb sich innerhalb der vorgeschriebenen Schranken bewegt. PrOVG. 23, 252. Nach Art. 109 des

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 52, 53

(2) Gegen die untersagende Verfügung ist der Rekurs zulässig; wegen der Entschädigung steht der Rechtsweg offen2).

§ 52. [Übergangsregelung] Die Bestimmung des § 51 findet auch auf die zur Zeit der Verkündigung des gegenwärtigen Gesetzes bereits vorhandenen gewerblichen Anlagen Anwendung; doch entspringt aus der Untersagung der ferneren Benutzung kein Anspruch auf Entschädigung, wenn bei der früher erteilten Genehmigung ausdrücklich vorbehalten worden ist, dieselbe ohne Entschädigung zu widerrufen.

§ 531). [Zurücknahme von Approbationen u. a.] (1) Die in dem § 29 bezeichneten Approbationen können von der Verwaltungsbehörde nur dann zurückgenommen werden, wenn die Unrichtigkeit der Nachweise dargetan wird, auf Grund deren solche erteilt worden sind, oder wem dem Inhaber der Approbation die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, im letzteren Falle jedoch nur für die Dauer des Ehrenverlustes.

(-2) Außer diesen Gründen2) können die in den §§30, 30a, 80b, 32, 34, 34a und 36 bezeichneten Genehmigungen3) und Bestallungen in gleicher Weise zurückgenommen werden, wenn aus Handlungen oder Unterlassungen des Inhabers der Mangel derjenigen Eigenschaften, welche bei der Erteilung der Genehmigung oder Bestallung nach der Vorschrift dieses Gesetzes vorausgesetzt werden mußten, klar erhellt. Inwiefern durch die Handlungen oder Unterlassungen eine Strafe verwirkt ist, bleibt der richterlichen Entscheidung vorbehalten4). (3) Pfandleihern, welche vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 23. Juli 1879 (RGBl. S. 267) den Gewerbebetrieb begonnen haben, sowie Pfandvermittlern, welche vor dem 1. Oktober 1900 den Gewerbebetrieb begonnen haben, kann derselbe untersagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezug auf den Gewerbebetrieb dartun. Ebenso kann Personen, die den Betrieb des Bewachungsgewerbes5) schon vor dem Inkrafttreten der VorEG. z. B G B . bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften bezüglich der Entziehung, Entschädigung usw. in Kraft. S. o. Preuß. Ges. über Enteignung von Grundeigentum vom 11. 6. 1874, AG.BGB. Art. 12 § 1 II, Art. 22 Nr. 1, ALR. Einl. §§ 74, 75 (s. Anm. zu § 70 PrPVG. — E. 5 —), I 8 §§ 29—31, I 11 §§ 4 bis 11, Bayern Zwangsenteignungsges. v. 17. 11. 1937 mit Änderungen AG.BGB. Art. 139, Baden Enteignungsges. in der Fassung v. 24. 12. 1908 VO. v. 7. 4. 1920, v. 31. 7. 1929 und v. 30. 7. 1933, Ges. v. 10. 4. 1919 und v. 22. 12. 1920, Hessen Enteignungsges. i. d. Fass. v. 30. 9. 1899, AG.BGB. Art. 79, Ges. v. 4. 10. 1935. Württemberg Zwangsenteignungsges. v. 20. 12. 1888, AG.BGB. Art. 209. An sich widerrechtl. Anlagen bedürfen keiner Einstellung nach § 51. In solchen Fällen tritt die Untersagung auf Grund besonderer landesrechtl. Bestimmungen ein. Z. B. für ehem. Preußen § 14 PVG. (abgedr. unter E. 5) und in Baden § 30 PolStGB. 2) Zuständig sind die ordentlichen Gerichte. Art. 14 Abs. 3 GG. Zu § 53: 1) § 53 i. d. Fassung, die dem § 19 des StellenvermittlerG. v. 2. 6. 1910 (RGBL S. 860), dem G. v. 7. 2. 1927 (RGBl. I S. 57), dem § 32 GaststättenG. v. 28. 4. 1930 (RGBl. I S. 146) und dem Art. 2 des G. v. 9. 9. 1937 (RGBl. I S. 970) entspricht. Siehe ferner Anm. 1 zu §§ 29, 30 a, 32. § 53 Abs. 1 hat, ebenso wie § 29, seine Bedeutung verloren. 2) Eine Nachprüfung, ob die Verurteilung gerechtfertigt war, steht dem Verwaltungsrichter nicht zu. PrOVG. Bd. 77, 435. 3) Für Gastwirtschaften s. § 12 Gaststättenges, unter B I I I 7. 4) Die Vorschrift des Abs. 2 bezieht sich auch auf die Witwe des Konzessionsinhabers. PrOVG. Bd. 14, 315. — B e i der Konzessionsentziehung können nur solche Handlungen oder Unterlassungen in Betracht kommen, die erst nach der Konzessionserteilung eingetreten sind. PrOVG. Bd. 5, 268. 5) S. § 34 a.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 53 a—55

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schrift des § 34a begonnen haben, die Ausübung dieses Gewerbes untersagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezug auf den Gewerbebetrieb dartun 6 ). Ist die Untersagung erfolgt, so kann die Landeszentralbehörde oder eine andere von ihr zu bestimmende Behörde die Wiederaufnahme des Gewerbebetriebs gestatten, sofern seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. § 53 a 1 ). [Untersagung der Ausführung oder Leitung eines Baues] (1) Die unteren Verwaltungsbehörden können bei solchen Bauten, zu deren sachgemäßer Ausführung nach dem Ermessen der Behörde ein höherer Grad praktischer Erfahrung oder technischer Vorbildung erforderlich ist, im Einzelfalle die Ausführung oder Leitung des Baues durch bestimmte Personen untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß diese Personen wegen Unzuverlässigkeit zur Ausführung oder Leitung des beabsichtigten Baues ungeeignet sind. (2) Landesrechtliche Vorschriften, welche den Baupolizeibehörden weitergehende Befugnisse einräumen, bleiben unberührt. § 541). [Verfahren] Wegen des Verfahrens und der Behörden, welche in bezug auf die untersagte Benutzung einer gewerblichen Anlage (§ 51), auf die Untersagung eines Gewerbebetriebs (§ 35) und die Zurücknahme einer Approbation, Genehmigung oder Bestallung (§§ 33a, 53) maßgebend sind, gelten die Vorschriften der §§20 und 21.

III. Titel. Gewerbebetrieb im Umherziehen § 55. [Wandergewerbeschein] 1 ) (1) Wer außerhalb des Gemeindebezirkes seines Wohnorts 2 ) oder der durch besondere Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde dem Gemeindebezirke des Wohnorts gleichgestellten nächsten Umgebung desselben ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung3) und ohne vorgängige Bestellung4) in eigener Person5) 6) Siehe Anm. 2 zu § 34 a. Zu § 53a: 1) § 53a durch G. v. 7. 1. 1907 (RGBl. S. 3) eingeschaltet. Zu § 54: 1) § 54 und § 55 Abs. 1 i. d. F. des ÄndG. der Titel I bis IV und VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). Z u § 55: 1) S. Anm. 1 zu § 54. - Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5, 6, 7, § 149 Abs. 1 Nr. 4. 2) Dazu gehören die Wanderlager, Unternehmungen, in welchen außerhalb des Wohnortes des Unternehmers und außer dem Meß- und Marktverkehr von einer festen Verkaufsstätte aus (Laden,Magazin, Schiff u.dgl.) vorübergehend Waren feilgehalten werden. E.29,1. J W . 34 (1905), 550. Vgl. auch § 56c Abs. 2. Nicht gehört zu dem Begriff ein Umherziehen von Haus zu Haus. Dresden GA. 40, 197. 3) Der Gewerbetreibende muß zur Zeit der Ausübung des Gewerbes außerhalb seines Wohnortes die Niederlassung am Betriebsort besitzen, um des Wandergewerbescheins überhoben zu sein. Stenglein Nebenges. Anm. 11. Über den Begriff „Begründung einer gewerblichen Niederlassung" siehe Dresden D J . 1934, 486. 4) Unter Bestellung ist zunächst allgemein die Aufforderung an den Gewerbetreibenden zu verstehen, dem Bestellenden eine Ware, wenigstens der Gattung nach bestimmt, zu bringen oder zu senden. E. 19, 281. Es kommt nicht darauf an, ob die Ware vorher bestellt ist, sondern darauf, ob die Person des Feilbietenden aufgefordert war, zu kommen. Dresden H R R . 1928 Nr. 808. Bestellung liegt auch vor, wenn der Gewerbetreibende vom Abnehmer ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen — bloße Zustimmung zum Erscheinen genügt allerdings nicht ohne weiteres — aufgefordert wird, sich zum Abschluß von Geschäften bei dem Besteller einzufinden. KG. J F G E r g . 15,150, oder Reisende in Zukunft mit Proben zu dem

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § 55

1. Waren feilbieten6)7), 2. Warenbestellungen aufsuchen8) oder Waren6) bei anderen Personen als bei Kaufleuten, oder an anderen Orten als in offenen Verkaufsstellen zum Wiederverkauf ankaufen9), 3. gewerbliche Leistungen10) anbieten11), 4. Musikaufführungen, Schaustellungen12), theatralische Vorstellungen13) oder Besteller zu schicken. KG. GA. 45, 375. Bestellung liegt nicht vor, wenn Wunsch zum Besuch erst durch das Erscheinen und Verhalten am dritten Ort entstanden ist. München, Reger, Entsch. Bd. 57, 162; ebenso nicht, wenn nur Probevorführung angeboten und gestattet ist. München, D J Z . Bd. 32, 1422. Nach BayObLG. DRZ. 25 (1933) Nr. 291 ist eine Personenvereinigung ohne besondere Rechtsgrundlage nicht befugt, Bestellungen für einzelne Mitglieder zu machen. 5) D. h. persönlich, mithin auch der Stellvertreter. E. 64, 362. 6) Über die Begriffe Ware, Schrift, Bildwerk siehe KG. J F G E r g . 1938, 271. Zu den Waren gehören auch Maßanzüge, wenn der Schneider selbst den Stoff liefert. Naumburg H R R . Nr. 1863; ferner geladene Akkumulatoren und überhaupt der elektrische Strom. LandmannRohmer Anm. 8; jedoch nicht Terrazzofußboden. Jena DRZ. 25 (1933) Nr. 363. 7) Feilbieten liegt überall vor, wo eine Ware mitgeführt, den Käufern vorgezeigt, zugänglich gemacht wird und diese, wenn auch nur durch Zeichen, zum Ankauf aufgefordert werden. KG. J F G E r g . 16, 154 u. 17, 222; GA. 37, 322; immer müssen positive Handlungen vorliegen. E. 27, 427. Im Falle des Kaufabschlusses muß die Ware sofort übergeben werden. BayObLG. H R R . 1931 Nr. 2093. Bloßes Abliefern bestellter Waren ist kein Feilbieten. KG. J W . 59 (1930), 849; D J Z . 36, 840. Bezüglich Photographien siehe KG. in J F G E r g . 4, 298, Recht 1932 Nr. 462, D J Z . 1934, 449. 8) Aufsuchen ist das Bemühen, feste Aufträge auf künftige Lieferung bestimmter Waren auf Grund von Proben, Mustern, Zeichnungen u. a. zu erhalten, gleich, ob sofort zugesagt wird; BayObLG. H R R . 1931 Nr. 2093. KG. J.d.Entsch. Bd. 38, C 28. J F G E r g . 9, 262; gleich, ob die Bestellungen Waren betreffen, mit denen die Besteller Handel treiben. Naumburg Recht 1939, 1516. Das kann auch durch Zeitungsanzeigen geschehen, worin der Gewerbetreibende Kaufliebhaber auffordert, ihre Adresse im Zeitungsverlag abzugeben, um mit ihnen persönlich in Kaufsverhandlungen treten zu können. RG. Recht 21 Nr. 1544. Auch die Abhaltung eines Werbevortrages kann ein Aufsuchen sein; dabei braucht der die Bestellung Vorbereitende die Bestellung selbst nicht entgegenzuhehmen. BayObLG. J W . 63 (1934), 3142. Warenbestellungen sucht auch auf, wer im Umherziehen bei anderen anfragt, ob sie wegen Ankaufs von Waren mit dem Auftraggeber in Verbindung treten wollen. KG. Johow 38, C 28; KG. GA. 76, 293; oder sie auffordert, die Vorlegung von Warenmustern zu bestellen. K G RZ. 21 (1929) Nr. 1143; oder wer im Hotelzimmer sich einfindenden Personen Proben oder Muster vorlegt. KG. J F G E r g . 1, 128; oder wer im Anschluß an einen öffentlichen Vortrag mit einzelnen Zuhörern über eine Bestellung verhandelt. KG. Recht 33 Nr. 932, J F G E r g . 15, 151; oder wer nach dem Vortrag eine Liste auslegt, in der sich die Interessenten zwecks Besuches durch den Vortragenden einzeichnen. KG. D J Z . 34, 1214. Z. B. Vorführung von Staubsaugern. KG. D J Z . Bd. 33, 1090 und 34, 109; oder von Heilapparaten. KG. D J Z . 35, 1206 oder Probewaschen mit angepriesenem und nachher besorgtem Waschmittel. KG. J F G E r g . 10, 294. Desgleichen das Sammeln von Subskriptionen. RG. GA. 14, 839 und 23, 153. Verteilung von Werbeschriften oder unentgeltlichen Warenproben genügt nicht, ist nur Geschäftsreklame. KG. DRZ. 21 (1929) Nr. 1141. 9) Ankauf z. Wvk. liegt nicht vor, wenn die Sache zur Verarbeitung in einem Gewerbebetrieb angekauft und nach der Verarbeitung weiterverkauft wird. Stenglein Nebenges. Anm. 19. KG. J F G E r g . 17, 222. Ob es zum Abschluß des Kaufs kommt, ist bedeutungslos, da Versuch genügt. E. 49, 284. Besichtigung in Kaufabsicht ist noch kein Ankaufen. KG. D S t r R . 1937, 267, ebenso noch nicht das bloße Erbieten. KG. JFGErg. 17, 220. Auch im Wege des Tauschs erfolgter Erwerb ist Ankauf. 10) Das sind solche, die nicht auf geistigem Gebiete liegen, z. B. nicht Vorträge K G . Johow 6, 237, und auch diese dürfen nur soweit angeboten werden, als sie nicht vom Gewerbebetriebe im Umherziehen ausgeschlossen sind. Wohl aber gewerbliche Leistungen wie Glaserei, Uhr- und Korbmacher, auch Photographen. 11) Anbieten ist gleichbedeutend mit Feilbieten, es muß dabei der Wille zur unmittelbaren Leistung im Falle der Annahme vorhanden sein. KG. J . d. Entsch. 14 S. 315, 39C S. 24. Vgl. Anm. 7. 12) Die öffentliche Ausspielung selbstgezogener Gartenerzeugnisse ist keine Schaustellung. R. 8, 269; dagegen wird in der öffentlichen Ausspielung ein Feilhalten gefunden werden können. E. 27, 31.

B III

. Gewerbeordnung. §§ 55a, 56

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sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder der Wissenschaft14) dabei obwaltet, darbieten will, bedarf eines Wandergewerbescheins15), soweit nicht für die in Ziffer 1 und 2 bezeichneten Fälle in Gemäßheit des § 44a eine Legitimationskarte genügt16). (2) In dem Falle der Ziffer 4 ist auch für den Marktverkehr (§ 64) ein Wandergewerbeschein erforderlich.

§ 55 a*). [Verbot des Gewerbebetriebs an Sonn- und Festtagen] (1) An Sonn- und Festtagen (§ 105a Abs. 2) ist der Gewerbebetrieb im Umherziehen, soweit er unter § 55 Abs. 1 Ziffer 1 bis 3 fällt, sowie der Gewerbebetrieb der im § 42b bezeichneten Personen verboten1). (2) Ausnahmen können von der unteren Verwaltungsbehörde zugelassen werden. Der Bundesrat2) ist ermächtigt, über die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen Ausnahmen zugelassen werden dürfen, Bestimmungen zu erlassen.

§ 561). [Beschränkungen] (1) Beschränkungen, vermöge deren gewisse Waren von dem Feilhalten im stehenden Gewerbebetriebe ganz oder teilweise ausgeschlossen sind, gelten auch für deren Feilbieten im Umherziehen. (2) Ausgeschlossen vom Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen sind 2 ): 1. geistige Getränke, soweit nicht das Feilbieten derselben von der Ortspolizeibehörde im Falle besonderen Bedürfnisses vorübergehend gestattet ist 3 ); 2. gebrauchte Kleider, gebrauchte Wäsche, gebrauchte Betten 4 ) und ge13) Bei umherziehenden Schauspielertruppen bedarf jedes einzelne Mitglied eines Gewerbescheins. KG. DJZ. 18, 534. 14) Ob ein höheres Kunstinteresse obwaltet, kann immer nur im einzelnen Falle entschieden werden. Die Entscheidung der Verwalungsbehörde, welche die Steuer festgesetzt hat, ist in dieser Richtung für den Richter nicht maßgebend. Rostock GA. 42, 295 und KG. Johow 16, 354. Es ist Sache des Darbietenden Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Ausnahmen darzulegen. KG. Johow 10, 210. Ein höheres Interesse liegt nicht vor bei den Veranstaltungen eines Billardkünstlers. KG. Recht 14, 518; bei Singspielaufführungen; zum Lachen. KG. J W . 60 (1931), 482. 15) S. Nr. 277 RiStV. 1953. 16) Siehe für S c h l e s w i g - H o l s t e i n das Ges. über die Prüfung der Bedürfnisfrage bei Erteilung von Wandergewerbescheinen v. 3. 5.1948 (GVB1. Nr. 15 S. 147), für W ü r t t e m b e r g H o h e n z o l l e r n die Rechtsanordnung v. 17. 12. 1946 (RGBl. S. 49). Zu § 55 a : *) Strafvorschrift: § 146a. 1) Tateinheitliches Zusammentreffen mit einer Übertretung nach § 55 Abs. 1 ist möglich. E. 64, 362. 2) Zuständig ist nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. Zu § 56: 1) Siehe dazu § 2 des Ges. über den Verkehr mit Edelmetallen usw. i. d. F. des Ges. v. 29. 6. 1926 (RGBl. I S. 321). Vgl. auch § 23 Abs. 2 Ziff. 2 Zoll Ges. v. 20. 3. 1939 (RGBl. I S. 529). — Strafvorschrift § 146 Abs. 1 Nr. 4 S. 149 Abs. 1 Nr. 2. 2) Das Aufsuchen von Bestellungen auf diese Waren ist dagegen nicht ausgeschlossen. PrOVG. Bd. 91, 215. KG. GA. 42,152; OVG. J W . 6 3 (1934), 1269; AV. d. R J M . v. 20. 9. 1935 D J . 1935 S. 1401, es sei denn, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften des allgemeinen Strafgesetzbuches (z. B. §§ 263, 302 e StGB.) vorliegt. Bei Verstößen sind Richtlinien für das Strafverfahren (1953) Nr. 277 zu beachten. 3) Daß der Alkohol sich erst durch weitere Entwicklung (Gärung) bildet, schließt den Begriff nicht aus. 4) Auch Bettfedern. PrOVG. Bd. 12, 344. 38

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B I I I 1. Gewerbeordnung.

3. 4. 5. 6. 7.

§ 56

brauchte Bettstücke, insbesondere Bettfedern, Menschenhaare, Garnabfälle, Enden und Dräumen von Seide, Wolle, Leinen oder Baumwolle; Gold- und Silberwaren, Bruchgold und Bruchsilber5) sowie Taschen- und Armbanduhren6); Spielkarten7); Staats- und sonstige Wertpapiere8), Lotterielose9), Bezugs- und Anteilsscheine8) auf Wertpapiere und Lotterielose; explosive Stoffe10), insbesondere Feuerwerkskörper, Schießpulver und Dynamit; solche mineralische und andere Öle, welche leicht entzündlich sind, insbesondere Petroleum, sowie Spiritus;

8U).

9. Gifte und gifthaltige Waren12), Arznei- und Geheimmittel13) sowie Bruchbänder ; 10 14 ). Bäume aller Art, Sträucher, Schnitt-, Wurzelreben, Futtermittel und Sämereien; 11. Schmucksachen, Bijouterien15), Brillen16) und optische Instrumente. (3) Ausgeschlossen vom Feilbieten und Aufsuchen von Bestellungen im Umherziehen sind ferner: 5) S. Ges. über Verkehr mit Edelmetallen, abgedruckt unter B I I I 11. 6) Fassung auf Grund des Ges. v. 14. 11. 1950 (BGBl. I S. 785); für Berlin GVB1. 1951 S. 357. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 7a. 7) Dahin gehören alle Karten, sofern sie zu Kartenspielen tauglich sind. R . 2, 681. 8) Pfandscheine sind keine Wertpapiere. R G . GA. 48, 158. 9) Gleichviel, ob inländische oder ausländische. R G . GA. 40 S. 197. 10) Knallsilber, Schießbaumwolle, Zündschnüre usw., aber nicht Zündhölzer. Strafvorschrift : § 146 Abs. 1 Nr. 4, § 149 Abs. 1 Nr. 2 11) Ziff. 8 wurde durch § 33 des WaffenG. v. 18. 3. 1938 (RGBl. I S. 265) gestrichen. 12) Siehe Ges. v. 5. Juli 1887 (RGBl. S. 277) über die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben. S. PolVO. über den Verkehr mit giftigen Pflanzenschutzmitteln v. 13. 2. und 13. 8. 1940 (RGBl. I S. 349, 1121). 13) Bez. Arzneimittel siehe die Anm. 9 zu § 367 Nr. 3 S t G B . Geheimmittel sind alle Heil-, Stärkungs- oder Vorbeugungsmittel, die angeboten werden, ohne daß die Bestandteile und das Mengenverhältnis der Zubereitung in gemeinverständlicher Weise bekanntgegeben werden. Zu den Geheimmitteln gehören außer arzneiähnlichen Stoffen u. dgl. auch andere Heilungsgegenstände wie Apparate, Instrumente usw., bei denen die sonstigen Voraussetzungen (Heilungszwecke und geheime Anwendungsweise) vorliegen, AV. d. RIM. v. 20. 9. 1935, D J u s t . 1935 S. 1401, MBliV. S. 1078; BayObLG. J W . 63 (1934) 3142, K G . J F G E r g . 1938, 272. E s kommt nicht darauf an, ob die Waren in der VO. v. 22. 10. 1901 (RGBl. I S. 380, später mehrfach geändert) freigegeben sind, sondern ob sie zu arzneilichen Zwecken dienen und als Arzneimittel feilgeboten werden. PrOVG. GA. 43, 300. Für die Frage, ob der Gewerbeschein zu versagen ist, ist nicht nur zu prüfen, ob es sich um eine in der GewO. verbotene Tätigkeit handelt, sondern auch, ob etwa, wenn die Bestimmungen der GewO. nicht entgegenstehen, eine allgemeine Verbotsnorm die Erteilung eines Gewerbescheins unmöglich macht, s. im einzelnen AV. d. R J M . v. 20. 9. 1935, D J u s t . 1935 S. 1401, MBliV. S. 1078. Über die W e r b u n g auf dem Gebiete des Heilwesens s. die alle landesrechtlichen Vorschriften zusammenfassende Neuregelung in der VO. v. 29. 9. 1941 (RGBl. I S. 587), die auch jetzt noch gültig ist. B G H . J R . 1954, 82 = E . 5, 12. 14) Die Fassung beruht auf § 2 des Ges. zur Regelung des Absatzes von Erzeugnissen des deutschen Gartenbaues v. 13. 7. 1933 (RGBl. I S. 463); 15) Zum persönl. Schmuck bestimmte Gegenstände aus Metall, Korallen, Steinen, auch wenn sie zugleich Gebrauchszwecken dienen wie z. B . Uhrketten. E . 37, 145. 16) Wird nur das Material zur Anfertigung von Brillen feilgehalten und werden die letzteren erst nach Bestellung angefertigt, so liegt ein Feilbieten von Brillen nicht vor. K G . GA. 46, 145. A. M. Stenglein Nebenges. Anm. 17.

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 56 a

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12. Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, insofern sie in sittlicher17) oder religiöser18) Beziehung Ärgernis zu geben geeignet sind, oder mittelst Zusicherung von Prämien oder Gewinnen19) vertrieben werden, oder in Lieferungen erscheinen, wenn nicht der Gesamtpreis auf jeder einzelnen Lieferung an einer in die Augen fallenden Stelle bestimmt verzeichnet ist. (4) Wer Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke im Umherziehen feilbieten20) will, hat ein Verzeichnis derselben der zuständigen Verwaltungsbehörde seines Wohnorts zur Genehmigung vorzulegen21). Die Genehmigung ist nur zu versagen, soweit das Verzeichnis Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke der vorbezeichneten Art enthält. Der Gewerbetreibende darf nur die in dem genehmigten Verzeichnis enthaltenen Druckschriften, anderen Schriften oder Bildwerke bei sich führen, und ist verpflichtet, das Verzeichnis während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei sich zu führen, auf Erfordern der zuständigen Behörde oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht imstande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Verzeichnisses einzustellen.

§ 56 a. [Weitere Beschränkungen] Ausgeschlossen vom Gewerbebetrieb im Umherziehen sind ferner : 1. die Ausübung der Heilkunde, insoweit der Ausübende für dieselbe nicht approbiert ist 2 ); 17) Hier sind nicht unzüchtige oder schamlose Schriften im Sinne des § 184, 184a S t G B , gemeint, sondern solche, die nach ihrem Inhalt in anderer Hinsicht gegen die Gebote der Sittlichkeit verstoßen und dadurch Ärgernis zu geben geeignet sind. PrOVG. 15, 356. Ärgernis in politischer Beziehung genügt nicht. PrOVG. 36, 372. Tatbestandsmerkmal „sittlich" im weitesten Sinne zu verstehen; so ist Wahrheitspflicht sittliche Forderung in diesem Sinne; demgemäß fällt das Vertreiben gedruckter Horoskope mit unwahren Behauptungen hierunter. Dresden D J u s t . 1934, 970. Die Verteilung sog. Scherzbriefe ist weder „Wahrsagerei" noch grober Unfug, PrOVG. J W . 67 (1936), 2191. Siehe auch Ges. über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften v. 9. 6. 1953, abgedruckt B I I 12. 18) Das ist der Fall, wenn die Schrift usw. nach Inhalt oder Ausdrucksweise die Grenzen äußerer Achtung und Schonung der Glaubensüberzeugung anderer überschreitet, die der Auseinandersetzung auf religiösem Gebiete gezogen sind. PrOVG. D J Z . Bd. 34, 1214. 19) Hierzu gehört Gewährung einer Unfallversicherung. BayObLG. D J Z . 30, 1748; Werbung für eine Abonnentenversicherung. BayObLG. J W . 57 (1928), 362. Das gilt aber nicht für die staatl. beaufs. Abonnentenvers. Erl. d. RWiMin. v. 8. 6. 1927 — A 1 Nr. 1163 v. 6. 9. 1930 — I I I B 4405; a. A. K G . J F G E r g . 10, 246. Uberhaupt jeder Vermögensgegenstand, der neben der Druckschrift gewährt wird, gleichgültig, ob schlechthin oder nur unter gewissen Bedingungen. Karlsruhe Recht 30 Nr. 710. J R . 3 Nr. 675. 20) Feilbieten setzt zum Unterschiede vom „Aufsuchen von Bestellungen" Absatz 3) das Mitsichführen und Vorzeigen des Kauf Objektes sowie die Bereitschaft sofortiger Übergabe im Falle des Zustandekommens des Kaufs voraus. BayObLG. J R . 2 Nr. 1469. J W . 57 (1928), 362. Die Vorschrift des Abs. 4 bezieht sich nur auf Kolporteure, d. h. auf selbständige Gewerbetreibende, nicht auf Reisende des Buchhandels. K G . GewArch. 6, 427. Einem Kolporteur liegt zwar die Prüfung des Inhalts seiner Schriften ob, doch ist ein fahrlässiges Verschulden nur dann anzunehmen, wenn er die Prüfung unterläßt, obwohl er Grund zu der Annahme hat, daß die Schrift anstößigen Inhalt hat. E . 39, 317. Durch Verlangen der Vorlegung eines Druckschriftenverzeichnisses wird die Pressefreiheit (Art. 5 GG.) nicht beeinträchtigt. RohlfingKiskalt S. 174. 21) Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf den Gewerbebetrieb innerhalb des Gemeindebezirks, D J Z . 6, 118 u. K G . GA. 48, 311. Zu § 5 6 a : 1) Abs. 1 Ziff. 4 und 5 i. d. F . der VO. v. 2. 7. 1938 ( R G B l . I S. 840. Der frühere Abs. 2, angefügt durch Art. 1 des G. zur Änderung der GewO. v. 3. 7. 1934 ( R G B l . I S. 566), ist durch das Ges. über den Vertrieb von Blindenwaren v. 9. 9. 1953 (BGBl. I 1322; DVO. v. 31. 5. 1954, B G B l . I 131) aufgehoben und ersetzt worden. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 7a. 2) § 56a Abs. 1 Nr. 1 ist auf Grund des § 8 Abs. 2 des HeilpraktikerG. v. 17. 2. 1939 (abgedr. B I 5 f) außer Kraft getreten, soweit er sich auf die Ausübung der Heilkunde im 38*

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § 56 b

2. das Aufsuchen sowie die Vermittlung von Darlehnsgeschäften3) und von Rückkaufsgeschäften ohne vorgängige Bestellung, ferner das Aufsuchen von Bestellungen auf Staats- und sonstige Wertpapiere, Lotterielose und Bezugs- und Anteilscheine auf Wertpapiere und Lotterielose; 8. das Aufsuchen von Bestellungen auf Branntwein und Spiritus bei Personen, in deren Gewerbebetriebe dieselben keine Verwendung finden4); 4. das Feilbieten von Waren, wenn solche gegen Teilzahlungen unter dem Vorbehalte veräußert werden, daß der Veräußerer wegen Nichterfüllung der dem Erwerber obliegenden Verpflichtungen von dem Betrage zurücktreten kann (§§ 1 und 6 des Gesetzes, betreffend die Abzahlungsgeschäfte, vom 16. Mai 1894); 5. 6) das Aufsuchen von Bestellungen auf Waren unter den gleichen Voraussetzungen wie in Ziffer 4, soweit nicht der Reichswirtschaftsminister6) Ausnahmen zuläßt.

§ 56 b*). [Ausnahmen, Beschränkungen aus besonderen Gründen] (1) Der Bundesrat1) ist befugt, soweit ein Bedürfnis obwaltet, anzuordnen, daß und inwiefern der Ankauf oder das Feilbieten von einzelnen der im § 56 Abs. 2 ausgeschlossenen Waren im Umherziehen gestattet sein soll2). Die gleiche Befugnis steht den Landesregierungen für ihr Gebiet oder Teile desselben hinsichtlich der im § 56 Abs. 2 Ziffer 10 bezeichneten Gegenstände zu. (2) Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit sowie zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchen kann durch Beschluß des Bundesrats und in dringenden Fällen durch Anordnung des Reichskanzlers nach Einvernehmen mit dem Ausschuß des Bundes-

rats3) für Handel und Verkehr für den Umfang des Reichs oder für Teile desselben

bestimmt werden, daß und inwiefern außer den in §§ 56 und 56a aufgeführten Gegenständen und Leistungen auch noch andere Gegenstände und Leistungen auf bestimmte Dauer von dem Gewerbebetriebe im Umherziehen ausgeschlossen sein sollen. Die Anordnung ist dem Reichstage sofort, oder, wenn derselbe nicht Sinne des HeilpraktikerG. bezieht. § 56a Abs. 1 Nr. 1 ist noch in Geltung, soweit er sich auf die Ausübung der Tierheilkunde durch Nichttierärzte bezieht. 3) Strafbar nur dann, wenn der Aufgesuchte der Darlehnsnehmer ist. BayObLG. J W . 57 (1928), 3190. Daher ist die Vorschrift nicht anwendbar auf Werber für Sparkassen, sog. Heimsparbüchsenverteiler. BayObLG. J W . 58 (1929), 273. Nach KG. JFGErg. 11, 287 fällt jede auf Beschaffung eines Darlehens gerichtete Tätigkeit hierunter. 4) Wer den Handel mit Spirituosen selbständig als stehendes Gewerbe betreibt, darf Bestellungen auf diese Waren auch bei Personen aufsuchen, in deren Gewerbebetriebe diese keine Verwendung finden. München GA. 37, 315. 5) Auf Grund der Nr. 5 ist die DVO. v. 28. 12. 1938 (RGBl. I S. 2017, berichtigt 1939 I S. 50) ergangen, wonach im Gewerbebetrieb im Umherziehen nach Maßgabe der Nr. 5 Bestellungen nur auf folgende Warengattungen gesucht werden dürfen: 1. Elektro- und Gasgeräte, mit Ausnahme der Heilgeräte; 2. Waschmaschinen und sonstige Haushaltsmaschinen; 3. Fahrräder; 4. Schreibmaschinen; 5. Stand-, Wand- und Tischuhren; 6. Photoapparate nebst Zubehör; 7. Teppiche, Läufer, Gardinen; 8. Tuche und Stoffe. 6) Zuständig ist nunmehr der Bundesminister für Wirtschaft mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80 129 GG. Zu § 56b: *) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 7a. 1) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 2) Vgl. die Verordnung über den Ankauf und das Feilbieten von Gemüse- und Blumensamen im Umherziehen v. 22. 10. 1934 (RGBl. I S. 1065). Nach der Bek. des Reichskanzlers v. 17. 7. 1899 (RGBl. S. 374) ist das Feilbieten im Umherziehen für Biere mit einem Alkoholgehalt bis zu 2 % gestattet. Dazu s. RdErl. v. 3. 1. 1930 (MiV. S. 31). 3) Jetzt Bundeskanzler mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG..

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versammelt ist, bei seinem nächsten Zusammentritte mitzuteilen. Dieselbe ist außer Kraft zu setzen, wenn der Reichstag die Zustimmung nicht erteilt4). (3) Durch die Landesregierungen kann das Umherziehen mit Zuchthengsten zur Deckung von Stuten untersagt werden5). Desgleichen kann zur Abwehr oder Unterdrückung von Seuchen der Handel mit Rindvieh, Schweinen, Schafen, Ziegen oder Geflügel im Umherziehen Beschränkungen unterworfen oder auf bestimmte Dauer untersagt werden6). § 56 c *). [Verbot von Wanderversteigerungen u.a., öffentliche Ankündigung. Aushang] (1) Das Feilbieten von Waren im Umherziehen in der Art, daß dieselben versteigert oder im Wege des Glückspiels oder der Ausspielung (Lotterie) abgesetzt werden, ist nicht gestattet. Ausnahmen von diesem Verbote dürfen von der zuständigen Behörde zugelassen werden, hinsichtlich der Wanderversteigerungen jedoch nur bei Waren, welche dem raschen Verderben ausgesetzt sind. (2)1) Öffentliche Ankündigungen des Gewerbebetriebs dürfen nur unter dem Namen des Gewerbetreibenden mit Hinzufügung seines Wohnorts erlassen werden. Wird für den Gewerbebetrieb eine Verkaufsstelle benutzt, so muß an derselben in einer für jedermann erkennbaren Weise ein den Namen und Wohnort des Gewerbetreibenden angebender Aushang angebracht werden. Dies gilt insbesondere von den Wanderlagern. Wird eine Verkaufsstelle nicht benutzt, so sind Namen und Wohnort des Gewerbetreibenden in gleicher Weise ein dem fahrbaren oder tragbaren Beförderungsmittel oder Behältnis anzubringen, dessen er sich zur Ausübung des Gewerbebetriebes bedient; hat der Gewerbetreibende keinen Wohnsitz im Inland, so ist statt des Wohnorts der Geburtsort anzugeben2). § 56 d. [Ausländer] Ausländern kann der Gewerbebetrieb im Umherziehen gestattet werden. Der 2 Bundesrat 1 ) ist befugt, die deshalb nötigen Bestimmungen zu treffen ). § 571). [Versagung des Wandergewerbescheins] (1) Der Wandergewerbeschein ist zu versagen: 1. wenn der Nachsuchende mit einer abschreckenden oder ansteckenden Krankheit behaftet oder in einer abschreckenden Weise entstellt ist; 2. wenn er unter Polizeiaufsicht steht; 4) Nun Bundestag. 5) Gegenstandslos geworden. Vgl. Xierzuchtges. v. 7. 7. 1949 (WiGBl. S. 181). 6) Vgl. §§ 17 Nr. 6, 20 Abs. 3, 76 Nr. 1 ViehseuchenG. v. 26. 6. 1909 (RGBl. S. 519). Z u § 56c: *) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 7b, 1) Der letzte Satz des Abs. 2 beruht auf Art. 1 des G. zur Änderung der GewO. v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 566). 2) S. Anm. 2 zu § 55. Zu § 56 d: 1) Nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. 2) Vgl. das Ges. über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet v. 25. 4. 1951 (BGBl. I S. 269); ferner die Einschränkungen, die sich für Ausländer aus dem MRG. Nr. 53 ergeben. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 7e. Zu § 57: 1) Abs. 1 Ziff. 2a und Abs. 2 bis 4 beruhen auf dem G. v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 566). Siehe ferner G. über den Verkehr mit unedlen Metallen v. 23. 7. 1926 unter B I I I 12, Bek. v. 27. 11. 1896 (RGBl. S. 745), abgeändert durch Bek. v. 13. 1. 1909 (RGBl. S. 259), 4. 3. 1912 (RGBl. S. 189), VO. v. 13. 3. 1928 (RMB1. S. 89) u. v. 20. 5. 1933 (RGBl. I S. 288)

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B III 1. Gewerbeordnung. § 57 a

2 a. wenn er wegen Hochverrats oder Landesverrats verurteilt ist oder Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der Nachsuchende sein Gewerbe zu staatsfeindlichen Zwecken mißbrauchen wird 2 ); 3. wenn er wegen strafbarer Handlungen aus Gewinnsucht, gegen das Eigentum 3 ), gegen die Sittlichkeit, wegen vorsätzlicher Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Menschen, wegen Land- oder Hausfriedensbruchs, wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, wegen vorsätzlicher Brandstiftung, wegen Zuwiderhandlungen gegen Verbote oder Sicherungsmaßregeln, betreffend Einführung oder Verbreitung ansteckender Krankheiten oder Viehseuchen, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten verurteilt ist, und seit Verbüßung der Strafe drei Jahre noch nicht verflossen sind; 4. wenn er wegen gewohnheitsmäßiger Arbeitsscheu, Bettelei,Landstreicherei, Trunksucht übel berüchtigt ist;

(2) In den Fällen des Abs. 1 Ziffer 3 steht der Verbüßung der Freiheitsstrafe ihre Verjährung, ihr Erlaß oder ihre Umwandlung in eine Geldstrafe gleich; in diesen Fällen beginnt die dreijährige Frist mit dem Tage, an dem die Freiheitsstrafe verjährt oder erlassen oder in eine Geldstrafe umgewandelt worden ist. (3) Ist die Strafe nach einer Probezeit ganz oder teilweise erlassen, so wird die Probezeit auf die Frist angerechnet 53 ). (4) Der Wandergewerbeschein kann in den Fällen des Abs. 1 Ziffer 3 mit Zustimmung der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde vor Ablauf der dreijährigen Frist erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Umständen des Falles eine unbillige Härte 6 ) bedeuten würde 7 ).

§ 57a. [Versagungsgründe] Der Wandergewerbeschein ist in der Regel zu versagen: 1. wenn der Nachsuchende das fünfundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat 1 ). u. 12. 3. 1935 (RGBl. I S. 725) sowie Erl. v. 9. 4. 1929 (HMB1. S. 99). Die DurchfVO. v. 20. 5. 1933 (RGBl. I S. 288) ist IIa Nr. 2 der Bekanntmachung aufgehoben. 2) Diese Vorschrift ist zwingend und gilt auch für die Erteilung oder Versagung von Erlaubnisscheinen für den Straßenhandel (§ 42 b), Legitimationsscheinen für den Straßenhandel mit Druckschriften (§ 43) und Legitimationskarten für Handlungsreisende (§ 44 a), vgl. im einzelnen RdErl. d. RWiM. u. Pr.MfW.u.A. v. 14. 9.1934 (MBliV. S. 1187). i 3) PrOVG. 13, 339 hat dahin auch Sachbeschädigung und einfachen Bankrott gerechnet. Nicht hierher gehört Pfand- und Arrestbruch. Landmann-Rohmer Anm. 4. 4) Nr. 5 wurde durch ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) aufgehoben. 5) Aufgehoben durch KRG. Nr. 1 v. 20. 9. 1945, Art. I 1 q. 5a) Vgl. Anm. 1 zu § 25 StGB. 6) „Unbillige Härte" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen richtige Auslegung und Anwendung der gerichtl. Nachprüfung offen steht (Landmann-Rohmer § 57 Anm. 9; a. M. PrOVG. v. 3. 1. 1935 (RVB1. 56, 774). Nach Bayr. VGH. (DVB1. 1951 S. 391) hat die Behörde bei Ermessensentscheidungen „unbillige Härten" unbedingt zu vermeiden. 7) Dazu Erlaß v. 18. 10. 1939 (RWMB1. S. 490); Bayern: VO. v. 7. 11. 1939 (GVB1. S. 309). Zu § 57a: 1) Soweit es sich um Volljährige (21 Jahre alte) handelt, wird § 57a mit Art. 2, 12 GG. unvereinbar sein, Rohlfing-Kiskalt S. 183.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 57 b—59

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Im Falle der Ziffer 1 ist dem Nachsuchenden der Wandergewerbeschein zu erteilen, wenn er der Ernährer einer Familie ist und bereits vier Jahre im Wandergewerbe tätig gewesen ist; 2. wenn er blind, taub oder stumm ist oder an Geistesschwäche leidet. § 57 b. [Weitere Versagungsgründe] Der Wandergewerbeschein darf außerdem nur dann versagt werden: 1. wenn der Nachsuchende im Inland einen festen Wohnsitz nicht hat 1 ); 2.2) wenn Tatsachen vorliegen, aus denen hervorgeht, daß der Nachsuchende die für die Ausübung des Gewerbebetriebs im Umherziehen erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; 2 3. ) wenn er wegen Verletzung einer der Vorschriften der §§ 42a, 42b, 43 oder der auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen bezüglichen Vorschriften im Laufe der letzten drei Jahre wiederholt 3 ) bestraft worden ist; 4. wenn er ein oder mehrere Kinder besitzt, für deren Unterhalt und, sofern sie im schulpflichtigen Alter stehen, für deren Unterricht nicht genügend gesorgt ist. § 58. [Rücknahme] Der Wandergewerbeschein kann zurückgenommen werden, wenn sich ergibt, daß eine der im § 57 Abs.l Ziffer 1 bis 4, Abs. 2, 3, § 57a oder § 57b bezeichneten Voraussetzungen entweder zur Zeit der Erteilung desselben bereits vorhanden gewesen, der Behörde aber unbekannt geblieben, oder erst nach Erteilung des Scheines eingetreten ist1). § 59. [Wandergewerbeschein nicht erforderlich] (1) Eines Wandergewerbescheins bedarf nicht: 1. wer selbstgewonnene1) oder rohe2) Erzeugnisse der Land- und ForstwirtZu § 57 b : 1) Ein solcher wird in der Regel durch einen beweglichen Wohnwagen nicht begründet, PrOVG. Recht 30 Nr. 1638, doch kann dies der Fall sein, wenn der Wagen auf die Dauer an einer Stelle verbleibt und als Wohnung benutzt wird, PrOVG., GA. ErgBd. 2, 284. 2) Ziff. 2 und 3 des G. zur Änderung der GewO. v. 3. 7. 1934 (RGBL I S. 566). 3) Rückfall im Sinne des StGB. (§§ 244, 264) ist nicht erforderlich. Wiederholt = mehr als einmal. Eine Verurteilung zu einer Gesamtstrafe oder mehrere Verurteilungen, die auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen sind, genügen nicht. Zu § 58: 1) Die Verweisungen i. d. F. des in Anm. 2 zu § 57b bezeichneten G. mit Berichtigung RGBl. 1934 I S. 916 und des G. v. 6. 7. 1938 (RGBl. I S. 823) unter Beachtung von Art. II 1 q des K R G Nr. 1. Siehe § 15 des Gesetzes über den Verkehr mit unedlen Metallen, abgedruckt unter B I I I 12. Uber die Zurücknahme des Wandergewerbescheins entscheidet die Behörde § 61 Abs. 3. Zu § 59: 1) Selbstgewonnen sind die durch eigene Arbeit erzielten im Gegensatz zu angekauften Erzeugnissen. Nicht dazu gehören Mühlenfabrikate aus selbstgewonnenem Korn; doch können sie unter § 2 Ziff. 5 fallen, K G D JZ. Bd. 32, 1107. Ob die selbstgewonnenen Erzeugnisse von dem Landwirt in eigener Person oder von einem Beauftragten, Diener usw. feilgeboten werden, macht keinenUnterschied, KG.Johow 10, 198 u. J F G . ErgBd. 8, 248. Nur einheimische Produkte fallen hierunter: für Apfelsinen, Zitronen, Bananen u . a . ausl. Früchte besteht dagegen die Pflicht zur Erlaubnis. Erl. d. RWiMin. v. 25. 10. 1930 — HG. 277. 2) d. h. solche Produkte, welche vor dem Verkauf nicht noch einer Zubereitung bedurft haben, daher gehören Butter und Käse nicht hierher, vgl. PrOTr.OR. 19, 153. Bez. Eier ist die Auffassung verschieden, nach h. M. sind sie den rohen Erzeugnissen zuzurechnen.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 59 a, 60

schaft3), des Garten- und Obstbaues, der Geflügel- und Bienenzucht4) sowie selbstgewonnene Erzeugnisse der Jagd und Fischerei feilbietet 6 ); 2. wer6) in der Umgegend seines Wohnorts7) bis zu 15 Kilometer Entfernung von demselben selbstverfertigte Waren, welche zu den Gegenständen des Wochenmarktverkehrs8) gehören, feilbietet oder gewerbliche Leistungen9), hinsichtlich deren dies Landesgebrauch ist, anbietet; 8. wer selbstgewonnene Erzeugnisse1) oder selbstverfertigte Waren, hinsichtlich deren dies Landesgebrauch ist, zu Wasser anfährt und von dem Fahrzeuge aus feilbietet; 4. wer bei öffentlichen Festen, Truppenzusammenziehungen oder anderen außergewöhnlichen Gelegenheiten mit Erlaubnis10) der Ortspolizeibehörde die von derselben zu bestimmenden Waren feilbietet. (2) Die Landesregierungen können in weiterem Umfange den Gewerbebetrieb im Umherziehen mit Gegenständen des gemeinen Verbrauchs ohne Wandergewerbeschein innerhalb ihres Gebiets gestatten. § 59 a1). [Untersagung des Gewerbebetriebes] In den Fällen des § 59 Ziffer 1 bis 3 kann der Gewerbebetrieb untersagt werden, wenn die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Ziffer 1 bis 4, Absätze 2, 3 oder des § 57b Ziffer 2, 3 vorliegen. § 60. [Dauer der Erteilung, Geltungsbereich, Inhalt] (l)1) Der Wandergewerbeschein wird für die Dauer des Kalenderjahrs erteilt; er berechtigt den Inhaber, in dem ganzen Gebiete des Reichs das bezeichnete Gewerbe nach Entrichtung der darauf haftenden Landessteuern2) zu betreiben. Ist dem Wandergewerbetreibenden bereits ein Wandergewerbeschein für das vorhergehende Jahr erteilt worden, so kann, wenn dies der Zustand des Wandergewerbescheines zuläßt, an Stelle der Ausstellung eines neuen Wandergewerbescheines ein Verlängerungsvermerk treten, der mit Dienstsiegel und Unterschrift 3) Tiere u. tierische Produkte sind nicht zu den Erzeugnissen der Landwirtschaft zu rechnen, Landmann, Komm. Anm. 3 Abs. 6 zu § 59. Geflügel dagegen ist ausdrücklich als unter § 59 fallend aufgeführt. 4) Nicht Feigen, Datteln, Rosinen, Trockenobst nach RErl. d. BMin. f. Ernährg. u. Landwirtschaft v. 14. 12. 1950 Nr. 72. 5) Das Feilbieten ohne Wandergewerbeschein kann nur in eigener Person geschehen, nicht auch durch Vertreter u. Gehilfen. Gruchot Bd. 32, 1146. BayObLG. DRZ. 22 (1930) Nr. 35 u. D JZ. Bd. 38, 1567. A. M. KG. Johow Bd. 10, 198 u. 20, C 108. — Nur das Feilbieten ist freigegeben, nicht aber auch der Ankauf. 6) Nur Inhaber des Gewerbebetriebes selbst, nicht Familienangehörige, Dienstboten, Angestellte. BayObLG. DRZ. 26 (1934) Nr. 66. 7) Entfernung von der Weichbildgrenze an gerechnet. KG. Johow 28 S. C 50. 8) Das sind die im § 66 aufgeführten Gegenstände. Hierunter fallen auch Mehl- u. andere Mühlenfabrikate. KG. Johow Bd. 49, 344. 9) Das, sind, wie sich aus § 55 ergibt, nicht Musikaufführungen; denn diese sind dort neben den gewerblichen Leistungen genannt. Auch Karusselbetrieb ist keine gewerbliche Leistung. Stenglein Nebenges. Anm. 12. 10) Eine ausdrückliche Gestattung wird nicht verlangt. KG. Johow 23, C. 78. Zu § 5 9 a : 1) Die Verweisungen i. d. F. der G. zur Änderung der GewO. v. 3. 7 1934 (RGBl. I S. 566 und v. 6. 7. 1938) (RGBl. I S. 823) unter Beachtung von Art. II 1 q des K R G . Nr. 1. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 7. Zu § 60: 1) § 60 Abs. 1 u. 2 i. d. F. des ÄndG der Titel I bis IV, VII und X der GewOv. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). 2) Siehe VO über die Erhebung der Gewerbesteuer in vereinfachter Form v. 31. 3.1943 (RGBl. I S. 237).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 60a—c

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zu versehen ist. Die Vorschriften der §§ 57, 57a, 57b bleiben unberührt. Wird ein Wandergewerbe ohne Unterbrechung länger als fünf Jahre betrieben, so kann, falls sich aus der Person des Gewerbetreibenden oder aus sonstigen Umständen keine Bedenken ergeben, der Wandergewerbeschein abweichend von Satz 1 für einen Zeitraum bis zu drei Jahren erteilt werden. Soweit nach § 56 Ziffer 1 das Feilbieten von geistigen Getränken im Falle besonderen Bedürfnisses vorübergehend gestattet wird, ist die räumliche und zeitliche Beschränkung dieser Erlaubnis im Wandergewerbeschein anzugeben. (2) Ein Wandergewerbeschein für den Betrieb der in § 55 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gewerbe kann für eine kürzere Dauer als das Kalenderjahr oder für bestimmte Tage während des Kalenderjahres erteilt werden. (3) Der Wandergewerbeschein enthält die Personalbeschreibung des Inhabers und die nähere Bezeichnung des Geschäftsbetriebs. Das Formular der Wandergewerbescheine bestimmt der Bundesrat3). § 60 a. [Erlaubnis zu Schaustellungen, Musikaufführungen] Wer die im § 55 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe an einem Orte von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen1) oder an anderen öffentlichen Orten ausüben will, bedarf der vorgängigen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde2;. § 60 b1). [Beschränkung für Minderjährige] (1) Minderjährigen Personen kann in dem Wandergewerbescheine die Beschränkung auferlegt werden, daß sie das Gewerbe nicht nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen weiblichen Geschlechts kann außerdem die Beschränkung auferlegt werden, daß sie dasselbe nur auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, nicht aber von Haus zu Haus betreiben dürfen. (2)2) Desgleichen kann von der Ortspolizeibehörde minderjährigen Personen verboten werden, daß sie innerhalb des Polizeibezirkes die im § 59 Ziffer 1 und 2 aufgeführten Gegenstände nach Sonnenuntergang, und minderjährigen Personen weiblichen Geschlechts, daß sie dieselben Gegenstände von Haus zu Haus feilbieten. § 60 c. [Pflicht des Wandergewerbescheininhabers] 1

(1) ) Der Inhaber eines Wandergewerbescheins ist verpflichtet, diesen während der Ausübung des Gewerbebetriebes bei sich zu führen, auf Erfordern der zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen und, sofern er hierzu nicht imstande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbeischaffung des Wandergewerbescheins einzustellen. Auf gleiches Erfordern hat er die von ihm geführten Waren vorzulegen. (2) Zum Zwecke des Gewerbebetriebs ist ohne vorgängige Erlaubnis der Eintritt in fremde Wohnungen sowie zur Nachtzeit das Betreten fremder Häuser und Gehöfte nicht gestattet 2 ). 3) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. S. auch Ausführ. Bekanntm. in Anm. 1 zu § 57. Zu § 60a: 1) S. Anm. 2 zu § 33b. 2) Außer dem Wandergewerbeschein. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 7 b. Zu § 60 b: 1) § 60 b i. d. F. des JugendschutzG. v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 437). — Strafvorschrift § 148 Abs. 1 Nr. 7 b, c. Z u § 60c: 1) Strafvorschrift § 149 Nr. 2, 148. 2) Der Hausierer muß sich vergewissern, daß ihm der Eintritt gestattet wird. KommBer. zur Nov.v. 18.7.1883. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 N r . 7 b , c . Ein Strafantrag bei Verletzungen des § 60c, d ist nicht erforderlich. Kayser-Steiniger Anm. 12 zu § 148. Tritt er einer Kundgebung, z. B. einem Anschlage zuwider ein, so macht er sich aus § 123 StGB, strafbar.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§60d—62

(3) Denselben Bestimmungen (Abs. 2) unterliegt das Feilbieten der im § 59 Ziffer 1 und 2 aufgeführten Gegenstände 2 ). § 60 d. [Keine Übertragbarkeit. Gemeinsamer Wandergewerbeschein] (1) Der Wandergewerbeschein darf einem anderen nicht zur Benutzung überlassen werden1). (2) Wer für einen anderen ein Gewerbe im Umherziehen zu betreiben beabsichtigt, unterliegt für seine Person den Bestimmungen dieses Gesetzes. (3) Wenn mehrere Personen die im § 55 Ziffer 4 bezeichneten Gewerbe in Gemeinschaft miteinander zu betreiben beabsichtigen, so kann auf ihren Antrag ein gemeinsamer Wandergewerbeschein für die Gesellschaft als solche ausgestellt werden, in welchem jedes einzelne Mitglied aufzuführen ist. Werden für die einzelnen Mitglieder besondere Wandergewerbescheine ausgestellt, so kann in die letzteren ein Vermerk aufgenommen werden, nach welchem dem Inhaber der Gewerbebetrieb nur im Verbände einer bestimmten Gesellschaft, oder einer Gesellschaft überhaupt, gestattet sein soll2). (4) Umherziehenden Schauspielergesellschaften wird der Wandergewerbeschein nur dann erteilt, wenn der Unternehmer die im § 323) vorgeschriebene Erlaubnis besitzt. In dem Wandergewerbescheine für den Unternehmer einer Schauspielergesellschaft ist ausdrücklich zu vermerken, daß der Gewerbetreibende als Unternehmer auftreten will. § 611). [Zuständigkeit] (1) Der Wandergewerbeschein wird durch die für den Wohnort oder in Ermangelung eines Wohnorts durch die für den Aufenthaltsort des Nachsuchenden zuständige untere Verwaltungsbehörde erteilt. (2) Für die Zurücknahme des Wandergewerbescheines ist die untere Verwaltungsbehörde des Wohnortes oder in Ermangelung eines Wohnortes die untere Verwaltungsbehörde des Aufenthaltsortes des Inhabers zuständig. § 62. [Erlaubnis zum Mitführen anderer Personen] (1) Wer beim Gewerbebetrieb im Umherziehen andere Personen von Ort zu Ort mit sich führen will1), bedarf der Erlaubnis derjenigen Behörde, welche den Wandergewerbeschein erteilt hat, oder in deren Bezirke sich der Nachsuchende befindet. Die Erlaubnis wird in dem Wandergewerbeschein unter näherer Bezeichnung dieser Personen vermerkt 2 ). Zu § 60d: 1) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 5. 2) Strafvorschrift: § 148 Nr. 7c. 3) Vgl. Anm. 1 zu § 32. Zu § 61: 1) § 61 i. d. F. des ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). Zu § 62: 1) Uber den Begriff BayObLG. J W . 63 (1934), 1251. 2) Wenn kein Gesellschaftswanderschein ausgestellt ist, so bedarf jeder Begleiter eines besonderen WGScheines. RG. Johow 10, 200. Begleiter ist nur, wer von Beginn der Begleitung an von dem Gewerbetreibenden abhängig ist und seiner Aufsicht untersteht, gleichgültig allerdings, ob der Begleiter zu irgendwelchen gewerblichen Verrichtungen herangezogen wird oder zu dem Gewerbebetriebe sonst in irgendwelchen Beziehungen steht. KG. D S t r R . 1937, 267. Eines WGScheines bedürfen nur diejenigen Begleiter nicht, die nur untergeordnete Dienste verrichten. München GA. 45, 148. TJnentgeltlichkeit der Dienstleistung entbindet nicht von der Wandergewerbescheinspflicht. Landmann-Rohmer Anm. 2a. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 6, § 149 Abs. 1 Nr. 5.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 63, 64

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(2)3) Die Erlaubnis ist zu versagen, soweit bei ihnen eine der im § 57 bezeichneten Voraussetzungen zutrifft, oder wenn für sie die nach der Reichsversicherungsordnung erforderlichen Krankenkassenbeiträge nicht entrichtet oder gestundet sind; außerdem darf sie nur dann versagt werden, soweit eine der in den §§ 57a, 57b bezeichneten Voraussetzungen vorliegt. Die Erlaubnis wird nach Maßgabe des § 58 durch eine für ihre Erteilung zuständige Behörde zurückgenommen4). (4)5) Die Erlaubnis zur Mitführung von Kindern, welche schulpflichtig sind, ist zu versagen und die bereits erteilte Erlaubnis zurückzunehmen, wenn nicht für einen ausreichenden Unterricht der Kinder gesorgt ist. (5) Die Erlaubnis zur Mitführung von Kindern unter vierzehn Jahren kann versagt und von der für die Erteilung derselben zuständigen Behörde zurückgenommen werden. Dasselbe gilt von der Erlaubnis zur Mitführung von Personen anderen Geschlechts mit Ausnahme der Ehegatten und der über vierzehn Jahre alten eigenen Kinder und Enkel. § 63. [Versagungs- und Rücknahmebescheid] (1) Wird der Wandergewerbeschein versagt oder zurückgenommen, oder wird die erfolgte Ausdehnung desselben zurückgenommen, so ist dies dem Beteiligten mittelst schriftlichen Bescheids unter Angabe der Gründe zu eröffnen. Gegen den Bescheid ist der Rekurs zulässig, jedoch ohne aufschiebende Wirkung. Wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21. Dasselbe gilt von der Versagung der Genehmigung des Druckschriftenverzeichnisses (§ 56 Abs. 4), von der Untersagung des Gewerbebetriebs gemäß § 59 a und der Versagung oder Zurücknahme der Erlaubnis in den Fällen des § 62 Abs. 2. (2)1) Die in Gemäßheit des § 57 Ziff. 5 erfolgte Versagung des Wandergewerbescheins sowie die auf Grund des § 60 Abs. 2, der §§ 60b und 62 Abs. 4, 5 getroffenen Verfügungen können nur im Wege der Beschwerde an die unmittelbar vorgesetzte Aufsichtsbehörde angefochten werden. IV. Titel.

Marktverkehr

§ 64. [Unbeschränkter und beschränkter Marktverkehr] (1) Der Besuch der Messen, Jahr- und Wochenmärkte1) sowie der Kauf und Verkauf auf denselben steht einem jeden mit gleichen Befugnissen frei2). 3) Die Fassung des § 62 Abs. 2 beruht auf Art. 103 des Einführungsgesetzes zur Reichsversicherungsordnung v. 19. 7. 1911 (RGBl. S. 839). 4) Die Zurücknahme steht im Ermessen der Behörden. PrOVG. GewArch. 4, 466. 5) Der frühere Absatz 3 wurde durch § 30 des JugendschutzG. v. 30. 4. 1938 gestrichen. Zu § 63: 1) § 63 Abs. 2 war durch die 2. VO. über die Vereinfachung der Verwaltung vom 6.11.1939 gestrichen worden. Diese VO. wurde durch K R G . Nr. 36 aufgehoben. Nach herrschender Ansicht ist damit der ursprüngliche Wortlaut wieder hergestellt worden. Zu § 64: 1) Märkte sind besondere obrigkeitlich veranstaltete, behördlich geregelte Verkehrseinrichtungen mit bestimmten Vorrechten für Käufer und Verkäufer; daher kann jeder marktähnliche Verkehr außerhalb der von der Verwaltungsbehörde festgesetzten Märkte verboten werden. So der marktähnliche Handelsverkehr mit Großvieh. KG. GA. 42, 297; s. Anm. 1 zu § 65; auf den Privatmärkten können dagegen die Veranstalter den Zutritt und die Gebühren nach ihrem Belieben regeln. Turegg S. 125. 2) Verkäufer und Wiederverkäufer auf Märkten sind den Beschränkungen des Tit. I I I nicht unterworfen und bedürfen auch keines Wandergewerbescheins. Auch für das Darbieten gewerblicher Leistungen bedarf es eines WGscheines nicht, soweit es zugelassen ist. LandmannRohmer Anm. 3 Abs. l a u . 3a Abs. 4; wohl aber nach § 55 Abs. 2 für das Darbieten von Lustbarkeiten. Stenglein, Nebenges. Anm. 6. Der Marktverkehr gehört nicht zum stehenden

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 65, 66

(2) Wo jedoch nach der bisherigen Ortsgewohnheit gewisse Handwerkerwaren, welche nicht zu den im § 66 bezeichneten Gegenständen gehören, nur von Bewohnern des Marktorts auf dem Wochenmarkte verkauft werden durften, kann die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag der Gemeindebehörde den einheimischen Verkäufern die Fortsetzung des herkömmlichen Wochenmarktverkehrs mit jenen Handwerkerwaren gestatten, ohne auswärtige Verkäufer derselben Waren auf dem Wochenmarkte zuzulassen. (3) Beschränkungen des Marktverkehrs der Ausländer als Erwiderung der im Auslande gegen Reichsangehörige angeordneten Beschränkungen bleiben dem Bundesrate3) vorbehalten 4 ).

§ 65. [Zahl, Zeit und Dauer der Messen und Märkte] (1) Die Zahl, Zeit und Dauer der Messen, Jahr- und Wochenmärkte 1 ) wird von der zuständigen Verwaltungsbehörde festgesetzt 2 ). (2) Dem Marktberechtigten steht gegen eine solche Anordnung kein Widerspruch zu; ein Entschädigungsanspruch gebührt demselben nur dann, wenn durch die Anordnung die Zahl der bis dahin abgehaltenen Märkte vermindert wird und eine größere Zahl ausdrücklich und unwiderruflich verliehen war. Gemeinden, welche einen Entschädigungsanspruch geltend machen wollen, müssen außerdem nachweisen, daß ihr Recht auf einem speziellen lästigen Titel sich gründet.

§ 66. [Gegenstände des Wochenmarktes] (1) Gegenstände des Wochenmarktverkehrs sind 1 ): l. 2 ) rohe Naturerzeugnisse3) mit Ausschluß des größeren Viehes4) sowie der bewurzelten Bäume und Sträucher; Gewerbe. PrOVG. Recht Bd. 14, 781. A. M. Stenglein Nebenges. Anm. 3. Allgemein polizeiliche Vorschriften sind auch auf Märkten zu beachten. KG. Recht 17, 638. Ungültig ist eine PVO., die verbietet, daß auf einem Wochenmarkt gekaufte Gegenstände auch auf demselben wieder verkauft werden. KG. GA. 41, 430; ferner, die außerhalb des Wochenmarkts jeden Handel mit Gegenständen des Wochenmarkts verbietet. KG. GA. 72, 194, sowie die, welche schlechthin die Abhaltung von Privatmärkten auf Privatgrundstücken verbietet. Dresden GA. 61, 177. Wegen Hausierens mit Edelmetall siehe Anm. 2 zu § 2 des Ges. über Verkehr mit Edelmetallen, Edelsteinen und Perlen unter B I I I 11. 3) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 4) Vgl. KRG. Nr. 1 v. 20. 9. 1945 (Amtsb. d. K R . Nr. 1 S. 6) und KRProkl. Nr. 3 v. 20. 10. 1945 (Amtsbl. d. K R . Nr. 1 S. 22). Zu § 6 5 : 1) Dazu kommen Spezialmärkte: Kirmessen aus Anlaß kirchlicher Feiern, Viehmärkte, Börsen, auf denen vertretbare, nur der Gattung nach bestimmte Sachen verkauft werden. Turegg S. 126. 2) Die Befugnis der Verwaltungsbehörde kann sich nur auf solche Gegenstände beziehen, welche nicht gesetzlich vom Wochenmarktverkehr ausgeschlossen sind. A. M. Stenglein Nebenges. Anm. 6 zu § 66. Zu § 66: 1) Abschluß von Werkverträgen: Annehmen von Fellen zum Gerben oder Abliefern von gegerbten Fellen gehört nicht dazu. KG. GA. 72, 104, auch nicht Zeitungen, deren Feilbieten nach § 43 genehmigt war. KG. DJZ. 37, 233 oder Textilien RohlfingKiskalt S. 177. 2) Abs. 1 Ziff. 1 i. d. F. des § 3 des Ges. zur Regelung des Absatzes von Erzeugnissen des deutsches Gartenbaues v. 13. 7. 1933 (RGBl. I S. 463); § 1 dieses Ges. ist durch das Ges. v. 31. 12. 1934 (RGBl. 1935 I S. 1) aufgehoben worden. 3) Dazu gehören Reis. KG. GA. 41, 163. A. M. Landmann-Rohmer Anm. 2; Kiebitzeier LZ. 9 (1915), 1395; Kohlen KG. J W . 62 (1933) 543); wildgewachsene Kräuter als Heilmittel, soweit sie nicht vom Verkauf außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind. KG. Recht 1934 Nr. 3431; nicht Tee. Königsberg HRR. 1933 Nr. 634.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 67, 68

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2. Fabrikate5), deren Erzeugung mit der Land- und Forstwirtschaft, dem Garten- und Obstbau oder der Fischerei in unmittelbarer Verbindung steht oder zu den Nebenbeschäftigungen der Landleute der Gegend gehört oder durch Tagelöhnerarbeit bewirkt wird, mit Ausschluß der geistigen Getränke 6 ); 3. frische Lebensmittel aller Axt7). (2) Die zuständige Verwaltungsbehörde ist auf Antrag der Gemeindebehörde befugt, zu bestimmen, welche Gegenstände außerdem nach Ortsgewohnheit und Bedürfnis in ihrem Bezirk überhaupt oder an gewissen Orten8) zu den Wochenmarktartikeln gehören.

§ 67. [Jahrmärkte] (1) Auf Jahrmärkten dürfen außer den im § 66 benannten Gegenständen Verzehrungsgegenstände und Fabrikate aller Art1) feilgehalten werden. (2) Zum Verkaufe von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle bedarf es jedoch der Genehmigung der Ortspolizeibehörde2). (8)3) Auf Jahrmärkten, Volksfesten und sonstigen Volksbelustigungen dürfen explosive Stoffe, insbesondere Feuerwerkskörper und Schießpulver nicht feilgehalten werden. Dies gilt nicht für Wunderkerzen, Knallbonbons, Zündblättchen und Zündblättchenbänder (Amorces und Amorcesbänder).

§ 68. [Abgaben bei Märkten, Beiträge bei Messen] (1) Der Marktverkehr darf in keinem Falle mit anderen als solchen Abgaben belastet werden, welche eine Vergütung für den überlassenen Raum und den Gebrauch von Buden und Gerätschaften bilden. In den Bestimmungen darüber, ob und in welchem Umfange Abgaben dieser Art erhoben werden dürfen, wird durch gegenwärtiges Gesetz nichts geändert1). Ein Unterschied zwischen Einheimischen und Fremden bezüglich der Zahlung der Abgaben darf nicht stattfinden. 4) Schweine gehören zum Kleinvieh. KG. Recht 13, 680; auch Kühe, Schafe, Ziegen. MinE. v. 26. 12. 1947 (VMB1. 48 S. 25), ebenso Hasen, doch kann das Umhertragen derselben in den Häusern während des Wochenmarktes verboten werden. KG. GA. 42, 298. Größeres Vieh kann nach Abs. 2 Gegenstand des Marktverkehrs werden. PrOVG. 15, 366. 5) Nur solche inländischen Ursprungs. KG. D J Z . Bd. 35,438. Darunter fallen nicht Kränze, die aus Schmuckreisig hergestellt sind, das aus einem Forst stammt. K G D J Z . Bd. 37, 101. 6) § 42 a ; denaturierter Spiritus ist als Wochenmarktartikel zugelassen (LandmannRohmer Anm. 4 Abs. 2). Ein Restaurateur, der in der Markthalle keinen Stand hat, darf daselbst keine Bestellungen entgegennehmen. KG. GA. 43. 274. Bier mit einem Alkoholgehalt bis zu 2 v . H . ist ein geistiges Getränk. KG. Recht 33 Nr. 2527. 7) Die zur Erhaltung des menschlichen Lebens ganz allgemein erforderlich sind. KG. GA. 71, 216. Dahin gehört auch frisches Fleisch und aus solchem bereitete Wurst. KG. GA. 40, 197. Johow 13, 312; selbst Gefrierfleisch. KG. J W . 58 (1929), 1069, aber nicht Hackfleisch. KG. J F G E r g . 7, 162 (dessen Verkauf im Freien kann jedenfalls durch PVO. verboten werden. KG. D J Z . 34, 646); Brot und Backwaren, aber nicht Kuchen. KG. J F G E r g . 3,285; auch nicht Leinöl. KG. Reger 17, 19; oder Speiseeis. Celle H R R . 1929 Nr. 1547. 8) Eine dahingehende MO. (§ 69) begreift aber nicht das Verbot in sich, daß solche Waren, die überhaupt nicht Gegenstand des Wochenmarkts sind, feilgehalten werden dürfen. KG. D J Z . Bd. 31, 458. Z u § 67: 1) Auch Arzneien und Heilmittel, mit denen der Handel freigegeben ist, dürfen ohne besondere Genehmigung verkauft werden. OLG. Königsberg H R R . 38 Nr. 999. 2) Ohne diese Erlaubnis trifft den Verkäufer die Strafe aus § 147 Nr. 1. E. 1, 102, nach Landmann-Rohmer aus § 148 Nr. 7 und 7 a. 3) Abs. 3 wurde durch das ÄndGes. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) eingefügt. — Strafvorschrift: § 146 Abs. 1 Nr. 4. Z u § 68: 1) Sog. Marktstandsgeld.

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B I I I 1. Gewerbeordnung.

§§69—71

(2) Bei Messen dürfen jedoch Beiträge für die im Interesse der Beteiligten geleistette Werbe- und Verwaltungstätigkeit gefordert werden. Die Art und Höhe der Beiträge und ihre Einziehung bestimmt mit Genehmigung der Landesregierung die öffentlich-rechtliche Person, die Trägerin der Messe ist 2 ). § 69. [Örtliche Bedürfnisse] In den Grenzen der Bestimmungen der §§ 65 bis 68 kann die Ortspolizeibehörde1) im Einverständnisse mit der Gemeindebehörde2) die Marktordnung 3 ) nach dem örtlichen Bedürfnisse festsetzen, namentlich 4 ) auch für das Feilbieten von gleichartigen Gegenständen den Platz, und für das Feilbieten im Umhertragen, 5 ) mit oder ohne Ausruf, die Tageszeit und die Gattung der Waren bestimmen 6). § 70. [Bestehende Anordnungen] (1) In betreff der Märkte, welche bei besonderen Gelegenheiten oder für bestimmte Gattungen von Gegenständen gehalten werden, bewendet es bei den bestehenden Anordnungen 1 ). (2) Erweiterungen dieses Marktverkehrs können von der zuständigen Behörde mit Zustimmung der Gemeindebehörde angeordenet werden. § 71. [Aufhebung von Beschränkungen] Beschränkungen des Verkehrs mit den zu Messen und Märkten gebrachten, aber unverkauft gebliebenen Gegenständen werden hierdurch aufgehoben. Der Einzelverkauf solcher Gegenstände außer der Marktzeit ist jedoch nur unter denselben Bedingungen zulässig, unter welchen derselbe statthaft sein würde, wenn die Gegenstände nicht auf den Markt gebracht wären. 2) § 68 Abs. 2 beruht auf dem Ges. v. 9. 12. 1922 (RGBl. I S. 929). Wegen der Viehmärkte siehe Vieh- und Fleischgesetz v. 25. 4. 1951 (BGBl. I S. 272). Zu § 69: 1) Aus den §§ 65—69 läßt sich der Erlaß des Verbots an den Eigentümer eines Grundstückes, auf diesem das Feilbieten von Waren und den Zutritt von Kauflustigen zu gestatten, also eine Art von Marktverkehr einzurichten, nicht herleiten. PrOVG. Bd. 21, 343. Johow 24, C 20, 24. 2) Die polizeiliche Anordnung, daß die bisher dem Marktverkehr gewidmeten Plätze dazu ferner nicht benützt werden sollen, enthält eine Abänderung der bestehenden Marktordnung und bedarf des Einvernehmens der Gemeindebehörde. PrOVG. Bd. 22, 335. 3) MarktO. kann nur das Feilbieten von Waren regeln. KG. J F G E r g . 10, 262. Ortspolizeiliche Marktordnungen, welche die Ausübung des Gewerbes während der Marktzeit beschränken, treffen die Inhaber von Wandergewerbescheinen ebenso wie alle übrigen Gewerbetreibenden. KG. GA. 37, 316 und München 41, 164. Eine polizeiliche Vorschrift, welche den Ankauf von Marktwaren vor Beginn der Marktzeit verbietet, ist ungültig. Johow 22, C 15. Zulässig dagegen das Verlangen nach Bezeichnung der Waren mit dem Namen des Verkäufers. KG. Johow 23, C 29. 4) „Namentlich" bedeutet, daß Gegenstände einer MarktO. beispielshalber aufgeführt werden, und bezieht sich auf „den Platz", „dieTageszeit" und die „Gattung". KG. Johow22, C 15. 5) Eine PVO., die im Interesse der Ordnung auf der Straße den ambulanten Handel während der Marktzeit von dem Markt fernhält, ist gültig. Stenglein Nebenges. Anm. 4. 6) Für die Übertretung der gesetzlichen Marktbeschränkungen fehlt es an einer Strafvorschrift, weil § 149 Nr. 6 nur die polizeilichen Anordnungen trifft. E. 1, 102. Zu § 70: 1) Vgl. VO. zur Regelung des Verkehrs mit Schlachtvieh v. 27. 2. und 4. 7. 1935 (RGBl. I S. 301, 1045) nebst Änd., Strafvorschrift § 32; ferner Ges. über die Gebühren der Schlachtviehmärkte, Schlachthäuser und Fleischgroßmärkte (Fleischmarkthallen) v. 5. 5. 1933 (RGBl. I S. 242) mit Änd. v. 27. 2.1935 (RGBl. I S. 301), des Ges. v. 2. 7. 1936 (RGBl. I S. 535 und VO. v. 21. 11. 1941 (RGBl. I S. 683).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 72—75

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V. Titel. Taxen *) § 72. [Verbot polizeilicher Taxen] Polizeiliche Taxen 1 ) sollen, soweit nicht ein anderes nachstehend angeordnet worden2), künftig nicht vorgeschrieben werden; da, wo sie gegen wärtig bestehen, sind sie in einer von der Ortspolizeibehörde zu bestimmenden, höchstens einjährigen Frist aufzuheben.

§ 73. [Preisverzeichnis für Backwaren] (1) Die Bäcker 1 ) und die Verkäufer von Backwaren 2 ) können durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden, die Preise und das Gewicht ihrer verschiedenen Backwaren für gewisse von derselben zu bestimmende Zeiträume durch einen von außen sichtbaren Anschlag am Verkaufslokale zur Kenntnis des Publikums zu bringen 3 ). (2) Dieser Anschlag ist kostenfrei mit dem polizeilichen Stempel zu versehen und täglich während der Verkaufszeit auszuhängen.

§ 74. [Waage für Backwaren] Wo der Verkauf von Backwaren nur nach den von den Bäckern und Verkäufern an ihren Verkaufslokalen angeschlagenen Preisen erlaubt ist, kann die Ortspolizeibehörde die Bäcker und Verkäufer zugleich anhalten, im Verkaufslokal eine Waage mit den erforderlichen geeichten Gewichten aufzustellen und die Benutzung derselben zum Nachwiegen der verkauften 1 ) Backwaren zu gestatten.

§ 75. [Preisverzeichnis bei Gastwirten] Die Gastwirte können durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden, das Verzeichnis der von ihnen gestellten Preise einzureichen und in den Gastzimmern anzuschlagen. Diese Preise dürfen zwar jederzeit abgeändert werden, bleiben aber so lange in Kraft, bis die Abänderung der Polizeibehörde angezeigt und das abgeänderte Verzeichnis in den Gastzimmern angeschlagen ist. Auf Beschwerden Reisender wegen Überschreitung der verzeichneten Preise steht der Ortspolizeibehörde eine vorläufige Entscheidung vorbehaltlich des Rechtswegs zu1). Zu Titel V : *) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 8. Zu § 72: 1) Kurtaxen fallen nicht darunter. RGZ. H R R . 1928 Nr. 2220. 2) Ist eine Taxe erlassen, so dürfen weder höhere Preise gefordert, noch für den bestimmten Preis geringere Quantitäten geliefert werden; in beiden Fällen liegt eine nach § 148 Nr. 8 strafbare Überschreitung der Taxe vor. KG. GA. 41, 166. Der Form der PVO. bedürfen Taxen nur, wenn sie den Gewerbetreibenden bes. Verpflichtungen auferlegen. KG. D J Z . Bd. 31, 1044. Zu § 73: 1) Siehe hierzu § 2 des BrotG. v. 17. 7.1930 i. d. F. v. 9. 6.1931 (RGBl. I (1931) I S. 335,1932 I S. 491,1935 I S. 566, 1936 I S. 13, 1937 I S. 265, 701,1938 I S. 378, 1070, 1394). 2) Nicht aber auch andere Gewerbetreibende wie Fleischer u. dgl. KG. GA. 41, 430. 3) Zu den §§ 73—75 siehe die sie zum Teil verdrängenden Vorschriften der PreisauszeichnungsVO. i. d. F. v. 6. 4. 1944 (RGBl. I S. 98). Zu § 74: 1) Getreidegesetz v. 24.11.1951 (BGBl. I S. 901) mit bisher 7 Durchfverordn. Zu § 75: 1) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 8, § 149 Abs. 1 Nr. 7a. Die Einrede, daß Anm. 2. mit dem Gast ein höherer Preis vereinbart ist, ist unstatthaft. Landmann-Rohmer

608

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 75 a—104 u

§ 75 a1) § 76. [Festsetzung von Taxen] Die Ortspolizeibehörde ist in Übereinstimmung mit der Gemeindebehörde befugt, für Lohnbedienstete und andere Personen, welche auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder in Wirtshäusern ihre Dienste anbieten (§ 37), sowie für die Benutzung von Wagen 1 ), Pferden, Sänften, Gondeln und anderen Transportmitteln, welche öffentlich zum Gebrauch aufgestellt sind, Taxen festzusetzen 2 ). § 77. [Schornsteinfegertaxe] Die höhere Verwaltungsbehörde hat eine Taxe für die Bezirksschornsteinfegermeister aufzustellen 1 ). § 78. [Taxen in einzelnen Fällen] Hinsichtlich der Taxen für solche gewerbetreibende Personen, welche nach den Bestimmungen im § 36 von den Behörden zu beeidigen und anzustellen sind, wird durch das gegenwärtige Gesetz nichts geändert. Die nach § 36 zuständigen Behörden sind befugt, für diese Personen auch da Taxen einzuführen, wo dergleichen bisher nicht bestanden. § 79. [Ermäßigung] Die in den §§ 73 bis 78 genannten Gewerbetreibenden sind berechtigt, die festgestellten Preise und Taxen zu ermäßigen. § 801). [Taxen für Apotheker und Ärzte] (1) Die Taxen für die Apotheker können durch die Zentralbehörden festgesetzt werden. Ermäßigungen derselben durch freie Vereinbarungen sind jedoch zulässig. (2) Die Bezahlung der approbierten Ärzte usw. (§ 29 Abs. 1) bleibt der Vereinbarung überlassen. Als Norm für streitige Fälle im Mangel einer Vereinbarung können jedoch für dieselben Taxen von den Zentralbehörden festgesetzt werden.

VI. Titel. Innungen,

Handwerkskammern, (§§ 81 bis 104 n)

VI a Titel. Handwerksrolle

Innungsverbände*)

(§§ 104 o bis 104 u) *)

Zu § 75a: 1) Aufgehoben durch § 19 des StellenvermittlerG. v. 2. 6. 1910 (RGBl. I S. 860). Zu § 76: 1) Siehe Anm. 1 zu § 37. 2) Die Taxen sind für die Gewerbetreibenden bindend; sie dürfen nicht erhöht werden. PrOVG. GA. 64, 145. Zu § 77: 1) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 13. 4. 1935 (RGBl. I S. 508). Zu § 80: 1) § 80 ist, ebenso wie § 29, gegenstandslos. Zu Titel VI u. V i a : *) Die §§ 81—99 u. 104 bis 104n sind nach § 123 Abs. 3 der HandwerksO. v. 17. 9. 1953 insoweit nicht mehr anzuwenden, als sie mit den Vorschriften der HandwerksO. nicht in Einklang stehen. Die §§ 100—lOOu, §§ 101, 102 sind durch § 96 Abs. 2 der VO. v. 15. 6. 1934 (RGBl. I S. 493), die §§ 103 bis 103r durch § 122 der HandwerksO. v. 17. 9. 1953 — B I I I 2 — , die §§ 104o bis 104u durch die VO. v. 18. 1. 1935 (RGBl. I S. 15) aufgehoben.

609

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 105, 105a, b

VII.

Titel. Gewerbliche Arbeiter (Gesellen, Werkmeister, Techniker, I. A l l g e m e i n e

Gehilfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter)

Betriebsbeamte,

Verhältnisse

§ 105. [Freie Übereinkunft] Die Festsetzung der Verhältnisse zwischen den selbständigen Gewerbetreibenden1) und den gewerblichen Arbeitern 2 ) ist, vorbehaltlich der durch Reichsgesetz begründeten Beschränkungen 3 ), Gegenstand freier Übereinkunft. § 105 a. [Keine Arbeitspflicht an Sonn- und Festtagen] (1) Zum Arbeiten an Sonn- und Festtagen 1 ) können die Gewerbetreibenden die Arbeiter 2 ) nicht verpflichten. Arbeiten, welche nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auch an Sonn- und Festtagen vorgenommen werden dürfen, fallen unter die vorstehende Bestimmung nicht 3 ). (2) Welche Tage als Festtage gelten, bestimmen unter Berücksichtigung der örtlichen und konfessionellen Verhältnisse die Landesregierungen4). § 105 b *). [Ruhezeit an Sonn- und Festtagen] (1) Im Betriebe von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brüchen und Gruben, von Hüttenwerken, Fabriken 1 ) und Werkstätten 2 ), von ZimmerZu § 105: 1) Ein Werkmeister wird dadurch, daß ihm die Annahme, Entlassung und Auslöhnung der Arbeiter überlassen ist, noch nicht zu einem selbständigen Gewerbetreibenden. E. 18, 27. 2) Diejenigen Arbeiter, welche in einem Fabrikunternehmen Arbeiten verrichten, die in den Rahmen der zur Herstellung der Erzeugnisse der Fabrik erforderlichen Arbeiten lallen, sind gewerbliche Arbeiter im Sinne dieses Tit. V I I . R. 8, 9. Das Gesinde fällt nicht unter die GewO. Für Heimarbeiter gilt das Ges. über die Heimarbeit v. 20. 6. 1923 (RGBl. I S. 467) i. F. v. 30. 10. 1939 (RGBl. I S. 2143) und zuletzt i. F. des Ges. v. 14. 3. 1951 (BGBl. I S. 191). Das Hausarbeitsges. v. 27. 6. 1923 (RGBl. I S. 472 u. 730) i. d. F. des Ges. über Lohnschutz in der Heimarbeit v. 8. 6. 1933 (RGBl. I S. 347) ist außer Kraft getreten. 3) Z. B . Kündigungsschutzges. v. 10. 8. 1951 (BGBl. I S.499). W ü r t t e m b e r g - B a d e n v. 8. 10. 1947, B e r l i n - W e s t Kündigungsschutzges. v. 20. 5. 1950 (VOB1. S. 173), Schwerbeschädigtenges. v. 16. 6. 1953 (BGBl. I S. 389), Heimkehrerges. v. 19. 6. 1951 i.d.F. v. 30. 10. 1951 (BGBl. S. 327) und v. 17. 8. 1953 (BGBl. I S. 931). Vgl. Tarifvertragsges. v. 9. 4. 1949 WiGBl. 1949 S. 55) i . d . F . des Bundesges. v. 11. 1. 1952 (BGBl. 1952 S. 19), Mutterschutzges. v. 24. 1. 1952 (BGBl. I S. 69), Betriebsverfassungsges. v. 14. 10. 1952, abgedruckt unter B V7, und verschiedene Hausarbeits- und Urlaubsges. der Länder s. Rohlfing-Kiskali S. 278. Zu § 1 0 5 a : 1) Hierzu das Ges. über die Feiertage v. 27. 2. 1934 und die DVO. dazu v. 18. 5. 1934 (RGBl. I S. 129, 394) und Anm. 3 zu § 41a bezüglich der Ländergesetze. 2) Die Beschäftigung von Kindern an Sonn- und Festtagen ist in § 18 JSchGes., siehe B V 6 geregelt. 3) Vgl. bezüglich der Arbeitszeit in den Bäckereien und Konditoreien §§ 6, 7 des Ges. v. 29. 6. 1936 nebst DurchfVO. v. 30. 6. 1936 (RGBl. I S. 521, 527). Für sie gelten nach § 13 Abs. 2 des Ges. die §§ 105b—105i GewO. nicht. Zu § 105b: *) Strafvorschrift zu §§ 105b bis 105g: § 146a. 1) Ob eine Fabrik vorliegt, ist nach den Umständen des einzelnen Falles, insbesondere nach dem Umfange und Größe der Räumlichkeiten und der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeiter, sowie nach der Arbeitsteilung unter den Arbeitern bei Herstellung der Produkte, auch nach der Herstellung der letzteren für den Handel usw. zu entscheiden. R. 10, 495. E . 36, 37. E . 37, 310. Daß nur eine geringe Anzahl von Arbeitern beschäftigt wird, schließt den Begriff für sich allein nicht aus. R. 7, 655. 2) Werkstätte ist jeder dem handwerksmäßigen Betriebe gewidmete Raum, z. B . die Backstube des Bäckers, die Barbierstube usw. RG. Johow 16, 446, 448. Eine Werkstätte betreibt auch der Inhaber eines Konfektionsgeschäfts, der das Umändern der gekauften fertigen Kleider übernimmt. E . 42, 9. Auch Badeanstalten, soweit sie nicht Heilzwecken dienen, gehören hier39

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § 1 0 5 b

platzen und anderen Bauhöfen3), von Werften und Ziegeleien sowie bei Bauten aller Art dürfen Arbeiter an Sonn- und Festtagen nicht beschäftigt werden4). Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe hat mindestens für jeden Sonn- und Festtag vierundzwanzig, für zwei aufeinanderfolgende Sonn- und Festtage sechsunddreißig, für das Weihnachts-, Oster- und Pfingstfest achtundvierzig Stunden zu dauern. Die Ruhezeit ist von zwölf Uhr nachts zu rechnen und muß bei zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Festtagen bis sechs Uhr abends des zweiten Tages dauern. In Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann die Ruhezeit frühestens um sechs Uhr abends des vorhergehenden Werktags, spätestens um sechs Uhr morgens des Sonn- oder Festtags beginnen, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden vierundzwanzig Stunden der Betrieb ruht. (2)5) Im Handelsgewerbe 6) dürfen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter an Sonnund Festtagen nicht beschäftigt werden. Die Polizeibehörde kann für sechs Sonnund Festtage, die höhere Verwaltungsbehörde für weitere vier Sonn- und Festtage im Jahre, an denen besondere Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen, für alle oder für einzelne Geschäftszweige eine Beschäftigung bis zu acht Stunden, jedoch nicht über sechs Uhr abends hinaus, zulassen und die Beschäftigungsstunden unter Berücksichtigung der für den öffentlichen Gottesdienst bestimmten Zeit festsetzen. (3)5) Für das Speditions- und das Schiffsmaklergewerbe sowie für andere Gewerbebetriebe, soweit es sich um Abfertigung und Expedition von Gütern handelt, kann die höhere Verwaltungsbehörde eine Beschäftigung bis zu zwei Stunden zulassen. (4) Die Bestimmungen des Abs. 2 finden auf die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern im Geschäftsbetriebe von Konsum- und anderen Vereinen entsprechende Anwendung. (5)5) Die Vorschriften der Absätze 2 und 3 finden auf alle Angestellten im her. GA. 51, 349. E. 38 S. 11. Stenglein Nebenges. Anm. 9. Bezüglich Umschlagstätigkeit siehe Düsseldorf DRZ. 27 (1935) Nr. 687. 3) Unter Bauhof ist ein umschlossener Platz zu verstehen, auf dem Holz gewerbsmäßig für Bauwerke verarbeitet wird, nicht ein Platz, auf dem Steine als Baumaterialien verarbeitet werden. E. 20, 287. 4) Auch nicht auf Bitten des Arbeiters. KG. DRZ. 21 (1929) Nr. 224; auch nicht außerhalb der Fabrik an einem Festtage in einem Lande, in dem dieser Tag als Werktag gilt. Dresden H R R . 1930 Nr. 1577. Es beschäftigt auch derjenige Arbeitgeber, der die Tätigkeit des Arbeiters duldet; nur der beschäftigt nicht, der die Tätigkeit verbietet und verhindert. Rg. D J Z . Bd. 5, 397. Siehe auch E. 35, 9. 5) § 105b Abs. II, I I I i . d . F . der VO. v. 5. 2. 1919 Art. 1 (RGBl. S. 176), Abs. V durch die VO. v. 26. 7. 1934 (RGBl. I S. 803 und 984) angefügt. 6) Das Handelsgewerbe umfaßt den Groß- und Kleinhandel und Hausierhandel, den Geld- und Kredithandel, Leihanstalten und die Hilfsgewerbe des Handels, Spedition, Kommission usw. Mot. 28. Gewerbebetrieb ist jede geschäftliche Betätigung im unmittelbaren Verkehr mit dem Publikum, z. B. Besichtigung eines Ladens und Auskunfterteilung über Waren. Kiel H R R . 1929 Nr. 361. Zum Handelsgewerbe gehört der Handel mit Milch. KG. GA. 41, 162, aber nicht der Handel mit Eis. KG. GA. 42, 65. Das Gewerbe des Konditors setzt sich aus einem handwerksmäßigen Betriebe und dem Handelsgewerbe zusammen. KG. GA. 42, 291. Der Verkauf von Theaterbilletten ist kein Handelsgeschäft. KG. GA. 42, 431, wohl aber der Handel durch Zwischenhändler. RG. Johow 16, 453. Hamburg H R R . 3, 228. Als Ausübung des Handelsgewerbes gilt auch der Verkauf über die Straße seitens eines Schankwirts. Rostock GA. 41, 161. Desgleichen die Aushändigung bereits früher verkaufter Waren wie der Verkauf selbst. Hamburg GA. 42, 289. Auch die Betriebe der Brennereigenossenschaften gehören hierher, da sie keine landwirtschaftlichen Nebenbetriebe sind. KG. J W . 38 (1909), 173. Ferner der Betrieb eines Auskunftsbüros, der sich mit der Nachforschung über die Kreditfähigkeit kaufnännischer Personen befaßt. E. 38, 331. Beim Milchhandel im Umherziehen fällt auch das Zurückbringen unverkauft gebliebener Milch noch unter die Ausübung des Handelsgewerbes. KG. GA. 42, 299. Da Handelsgewerbe die auf den Umsatz von

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 105c

611

Sinne der A r b e i t s z e i t o r d n u n g 7 ) A n w e n d u n g . Die A u s n a h m e - u n d S o n d e r b e s t i m m u n g e n ü b e r die S o n n t a g s r u h e d e r Angestellten im H a n d e l s g e w e r b e gelten a u c h für die sonstigen Angestellten im Sinne der Arbeitszeitordnung. Die h i e r n a c h für Sonn- u n d F e s t t a g e zugelassenen A r b e i t s s t u n d e n sind auf die n a c h der Arbeitszeito r d n u n g zulässige H ö c h s t a r b e i t s z e i t n i c h t a n z u r e c h n e n .

§ 105 c. [Ausnahmen] (1) Die B e s t i m m u n g e n des § 1 0 5 b finden keine A n w e n d u n g : 1. auf A r b e i t e n , welche in N o t f ä l l e n 1 ) o d e r im öffentlichen I n t e r e s s e u n v e r züglich v o r g e n o m m e n werden m ü s s e n ; 2. für einen S o n n t a g a u f A r b e i t e n z u r D u r c h f ü h r u n g einer gesetzlich v o r geschriebenen I n v e n t u r ; 3. auf die B e w a c h u n g d e r B e t r i e b s a n l a g e n , a u f A r b e i t e n z u r Reinigung u n d I n s t a n d h a l t u n g , d u r c h welche d e r regelmäßige F o r t g a n g des eigenen oder eines fremden B e t r i e b s bedingt ist, sowie auf Arbeiten, v o n welchen die W i e d e r a u f n a h m e des vollen w e r k t ä g i g e n B e t r i e b s abhängig ist, sofern n i c h t diese A r b e i t e n an W e r k t a g e n v o r g e n o m m e n werden k ö n n e n ; 4. auf A r b e i t e n , welche z u r V e r h ü t u n g des V e r d e r b e n s v o n R o h s t o f f e n oder des Mißlingens v o n Arbeitserzeugnissen erforderlich sind, sofern n i c h t diese A r b e i t e n an W e r k t a g e n v o r g e n o m m e n werden k ö n n e n 2 ) ; 5. auf die B e a u f s i c h t i g u n g des B e t r i e b s , soweit er n a c h Ziffer 1 bis 4 an Sonnund Festtagen stattfindet. (2) 2 a ) Gewerbetreibende, welche A r b e i t e r a n Sonn- u n d F e s t t a g e n m i t A r b e i t e n Waren gerichtete Tätigkeit ist, so sind nur diejenigen Arbeiter als in demselben beschäftigt anzusehen, welche bei dem Umsätze (z. B . dem Verpacken) Dienste leisten, nicht diejenigen, welche bei Herstellung der umzusetzenden Waren beschäftigt sind. K G . GA. 42, 300. Der mit einem Speditionsgewerbe verbundene Rollfuhrwerksbetrieb fällt unter 105 b, nicht unter 105i. Dresden J W . 60 (1931), 1988. Die sämtlichen Zweige der Gärtnerei unterliegen der GewO. Dresden GA. 60, 492 und GA. 61, 179; Hamburg GA. 71, 186. Der mit der Bauleitung betraute Architekt ist für Sonntagsarbeit der Gewerke nicht verantwortlich. Dresden J W . 59 (1930) 2236. Ein Buchmacher betreibt kein Handelsgewerbe. K G . J W . 62 (1933), 1039. 7) Arbeitszeitordnung v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 447) ist abgedruckt unter B V 5. Zu § 1 0 5 c : 1) Notfall ist nicht gleichbedeutend mit Eilfall; es muß sich um die Beseitigung einer Not handeln. RG.Johow 19,317, D J Z . 10, 173. Es ist ein unvorhergesehenes unglückliches Ereignis, dem der Betroffene nicht vorbeugen und das er bei seinen geschäftlichen Maßnahmen nicht berücksichtigen kann. München J W . 64 (1935), 2984. E s darf sich nicht bloß um Vermeidung geschäftlicher Nachteile handeln. Hamburg 18, LZ. 13 (1919), 168. Die nicht sofortige Vornahme muß einen unverhältnismäßigen Nachteil bringen. Hamburg LZ. 23 (1929), 357. Die im geldlichen Interesse notwendig werdende Nachverzollung eines Rohproduktes innerhalb gesetzlich bestimmter Frist erfüllt den Begriff des Notfalles nicht. Dresden J W . 61 (1932), 65. 2) Als Sonntagsarbeiten haben nur solche Arbeiten zu gelten, die sich aus der Natur des Betriebs der Rohstoffe oder der Erzeugnisse als unbedingt erforderlich ergeben, wenn anders nicht die Rohstoffe oder Erzeugnisse unbrauchbar oder minder brauchbar werden sollen und die auch durch entsprechende Vorsorge des Unternehmens nicht entbehrlich gemacht werden können. Das Fertigstellen leicht verderblicher Konditorwaren, worunter nur die Zubereitung von Creme-, Obst- und Eisspeisen und von Schlagsahne sowie das Füllen von Backwaren mit diesen Speisen, nicht aber die Herstellung irgendwelcher Backwaren zu verstehen ist, ist in § 7 des Ges. über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien v. 28. 6. 1936 nebst VO. v. 30. 6. 1936 ( R G B l . I S. 521, 527) i. F . d. Ges. v. 21. 3. 1952 (BGBl. I S. 146) geregelt. Danach ist die Herstellung an Sonntagen, nicht Festtagen, unter gewissen Bedingungen (höchstens 2 Stunden, erwachsene Arbeiter) zugelassen. — Abmelkwirtschaften unterliegen nur dann nicht der GewO., wenn die Viehhaltung mit dem die Bodennutzung betreffenden Teil des Betriebes ein einheitliches Ganzes bildet und der Gesamtcharakter des Betriebes als eines hauptsächlich der Bodenbewirtschaftung gewidmeten gewahrt bleibt. KG. J W . 38 (1909), 173. 2a) Strafvorschrift: § 149 Abs. 1 Nr. 7. 39*

612

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 105d

der unter Ziffer 1 bis 5 erwähnten Art beschäftigen, sind verpflichtet, ein Verzeichnis anzulegen, in welches für jeden einzelnen Sonn- und Festtag die Zahl der beschäftigten Arbeiter, die Dauer ihrer Beschäftigung sowie die Art der vorgenommenen Arbeiten einzutragen sind. Das Verzeichnis ist auf Erfordern der Ortspolizeibehörde sowie dem im § 139b bezeichneten Beamten jederzeit zur Einsicht vorzulegen. (3) Bei den unter Ziffer 3 und 4 bezeichneten Arbeiten, sofern dieselben länger als drei Stunden dauern, oder die Arbeiter am Besuche des Gottesdienstes hindern, sind die Gewerbetreibenden verpflichtet, jeden Arbeiter entweder an jedem dritten Sonntage volle sechsunddreißig Stunden oder an jedem zweiten Sonntage mindestens in der Zeit von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends von der Arbeit frei zu lassen. (4) Ausnahmen 3 ) von den Vorschriften des vorstehenden Absatzes darf die untere Verwaltungsbehörde gestatten, wenn die Arbeiter am Besuche des sonntäglichen Gottesdienstes nicht gehindert werden und ihnen an Stelle des Sonntags eine vierundzwanzigstündige Ruhezeit an einem Wochentage gewährt wird. § 105 d. [Weitere Ausnahmen] (1)1) Für bestimmte Gewerbe, insbesondere für Betriebe, in denen Arbeiten vorkommen, welche ihrer Natur nach eine Unterbrechung oder einen Aufschub nicht gestattet 2 ), sowie für Betriebe, welche ihrer Natur nach auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt sind, oder welche in gewissen Zeiten des Jahres zu einer außergewöhnlich verstärkten Tätigkeit genötigt sind, können durch Beschluß des Bundesrats3) Ausnahmen von den Vorschriften des § 105b zugelassen werden 4 ). (2) Die Regelung der an Sonn- und Festtagen in diesen Betrieben gestatteten Arbeiten und der Bedingungen, unter welchen sie gestattet sind, erfolgt für alle Betriebe derselben Art gleichmäßig und unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 105 c Abs. 3. (3) Die vom Bundesrate5) getroffenen Bestimmungen sind durch das Reichsgesetzblatt ZU v e r ö f f e n t l i c h e n und dem Reichstage 6 ) bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnisnahme vorzulegen. 3) Ist an Feiertagen der Verkauf von Obst gestattet, so fallen Südfrüchte nicht unter diesen Begriff. BayObLG. JW. 57 (1928), 239. Zu § 105d: 1) § 105d Abs. 1 i. d. F. des § 30 Abs. 3 Ziff. 4 des JugendschutzG. v. 30. 4' 1938 (RGBl. I S. 437). 2) Z. B. Betriebe mit ununterbrochenem Feuer. 3) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 4) Bek. v. 5. 2. 1895, betr. Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit im Gewerbebetriebe (RGBl. S. 12), abgeändert durch Bek. v. 25. 10. 1895 (RGBl. S. 448) f ü r Stahl- und Hammerwerke, v. 20.4.1896 (S. 104) für chemische Wäscherei und Schönfärberei, v. 26.6.1896 (S. 177) für Molkerei und Käseherstellung, v. 14. 7.1896 (S. 191) für Fischmehl und Fischtran, v. 27. 11. 1896 (S. 744) für Mälzereien, v. 16. 10. 1897 (S. 773) für Molkereien, v. 3. 11. 1898 (S. 1185) für Kürschnereien, v. 26.4.1899 (S.271) für Röstwerke u. Stahlwerke, v. 15.7.1899 (S. 373) für Molkereien, v. 23. 12. 1938 (RGBl. I S. 1961) für Glashütten, Glasschleifereien usw., v. 25. 6. 1914 (S. 234) für forstwirtschaftliche Nebenprodukte. 5) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 6) An die Stelle des Reichstages ist der Bundestag getreten; Veröffentlichung hat im BGBl, zu erfolgen.

B III 1. Gewerbeordnung. §§ 1 0 5 e — g

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§ 105 e. [Noch weitere Ausnahmen] (1) Für Gewerbe, deren vollständige oder teilweise Ausübung an Sonn- und Festtagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist, sowie für Betriebe, welche ausschließlich oder vorwiegend mit durch Wind oder unregelmäßige Wasserkraft 1 ) bewegten Triebwerken arbeiten, können durch Verfügung der höheren Verwaltungsbehörde Ausnahmen von den im § 105 b getroffenen Bestimmungen zugelassen werden. Die Regelung dieser Ausnahmen hat unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 105c Abs. B zu erfolgen. (2) Der Bundesrat 2 ) trifft über die Voraussetzungen und Bedingungen der Zulassung von Ausnahmen nähere Bestimmungen; dieselben sind dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnisnahme mitzuteilen 3 ).

(3) Das Verfahren auf Anträge wegen Zulassung von Ausnahmen für Betriebe, welche ausschließlich oder vorwiegend mit durch Wind oder unregelmäßige Wasserkraft bewegten Triebwerken arbeiten, unterliegt den Vorschriften der §§20 und 21. § 105 f 1 ). [Ausnahmen für bestimmte Zeit] (1) Wenn zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens ein nicht vorherzusehendes Bedürfnis 2 ) der Beschäftigung von Arbeitern an Sonn- und Festtagen eintritt, so können durch die untere Verwaltungsbehörde Ausnahmen von den Vorschriften des § 105b für bestimmte Zeit zugelassen werden 3 ). (2) Die Verfügung der unteren Verwaltungsbehörde ist schriftlich zu erlassen und muß von dem Unternehmer auf Erfordern dem für die Revision zuständigen Beamten an der Betriebsstelle zur Einsicht vorgelegt werden. Eine Abschrift der Verfügung ist innerhalb der Betriebsstätte an einer den Arbeitern leicht zugänglichen Stelle auszuhändigen. (3) Die unter Verwaltungsbehörde hat über die von ihr gestatteten Ausnahmen ein Verzeichnis zu führen, in welchem die Betriebsstätte, die gestatteten Arbeiten, die Zahl der in dem Betriebe beschäftigten und der an den betreffenden Sonn- und Festtagen tätig gewesenen Arbeiter, die Dauer ihrer Beschäftigung sowie die Dauer und die Gründe der Erlaubnis einzutragen sind. § 105 g*). [Ausdehnung für andere Gewerbe] Das Verbot der Beschäftigung von Arbeiten an Sonn- und Festtagen kann durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats 1 ) auf andere Gewerbe ausgedehnt werden. Diese Verordnungen sind dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnisnahme vorzulegen 2 ). Auf die von dem Verbote zuzulassenZ u § 1 0 5 e : 1) Vgl. BundesratsVO. v. 3. 4. 1901 (RGBl. S. 117). 2) S. A n m . 5 zu § 105 d. 3) S. A n m . 1 zu § 105a, vgl. ferner VO. über den Schutz der Sonn- und Feiertage v. 16. 3. 1934 (RGBl. I S. 199), die Richtlinien des Reichsarbeitsministers für A u s n a h m e n v o n der Sonntagsruhe im Gewerbebetrieb v. 6. 12. 1934 (RAB1. I S. 281), sowie die VO. v. 1. 4. 1935 (RGBL I S. 510). Z u § 1 0 5 f : 1) § 105f i. d. F. des § 30 Abs. 3 Ziff. 4 des JugendschutzG. v. 30. 4. 1938, siehe Anm. 4 zu § 105d. 2) Z. B. Unterbrechung durch Wassereinbruch, Maschinenschaden. 3) D i e nachträgliche Einholung der Erlaubnis ist nicht zulässig. Rohlfing-Kiskalt S. 294. Z u § 1 0 5 g : *) Strafvorschrift: § 146a. 1) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 2) Siehe Anm. 6 zu § 105d.

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B ] I I 1. Gewerbeordnung. §§ 105h, i

den Ausnahmen finden die Bestimmungen der §§ 105 c bis 105f entsprechende Anwendung. § 105 h 1 ). [Landesrecht] (1) Die Bestimmungen der §§ 105a bis 105g stehen weitergehenden landesgesetzlichen Beschränkungen der Arbeit an Sonn- und Festtagen nicht entgegen. (2) Den Landeszentralbehörden bleibt vorbehalten, für einzelne Festtage, welche nicht auf einen Sonntag fallen, Abweichungen von den Vorschriften des § 105b zu gestatten. Auf das Weihnachts-, Neujahrs-, Oster-, Himmelfahrts- und Pfingstfest findet diese Bestimmung keine Anwendung. § 105 i. [Ausnahme für Schank- und Gastwirtschaftsgewerbe, Musikaufführungen u . a . ] (1) Der § 105a Abs. 1 und die §§ 105b bis 105g finden auf Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe 1 ), Musikaufführungen, Schaustellungen 2 ), theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten sowie auf Verkehrsgewerbe3) keine Anwendung 4 ) . (2) Die Gewerbetreibenden können die Arbeiter in diesen Gewerben nur zu solchen Arbeiten an Sonn- und Festtagen verpflichten, welche nach der Natur des Gewerbebetriebs einen Aufschub oder eine Unterbrechung nicht gestatten. Zu § 105h: 1) § 105h Abs. II i. d. F. des § 30 Abs. 3 Ziff. 4 des JugendschutzG. v. 30. 4. 1938, siehe Anm. 1 zu § 105 d. Zu § 105i: 1) Nach § 105i GewO. sind Gaststätten nicht als offene Verkaufsstellen anzusehen und unterliegen somit nicht den Ladenschlußvorschriften, soweit der Wirt an seine Gäste Waren zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle abgibt. Hierbei muß es sich um Waren handeln, auf die sich die Konzession erstreckt (Speisen und Getränke) oder deren Abgabe wie bei Genußmitteln (z. B. Tabakwaren, Schokolade, Süßigkeiten, und gewissen Bedarfsgegenständen (z. B. Streichhölzern) als üblich und als Betriebsbestandteil anzusehen ist. Siehe Erl. d. RuPrWiMin. v. 25. 5. 1935, bekanntgegeben in der AV. d. R J M . v. 18. 6. 1937 (DJ. S. 954). Für Frauen gilt die Ausnahme über den Frühschluß an Vortagen vor Sonn- und Feiertagen und über den Ladenschluß (§§ 17, 22 AZO.) in solchen Gewerben, bei denen gerade an diesen Tagen ein erhöhter Arbeitsbedarf besteht. — Der Handel mit Flaschenbier wird Schankwirtschaft, sobald es zum Genuß auf der Stelle verabfolgt wird. Der sog. Gassenschank von Bier aus dem Faß, das außerhalb der Schankstätte genossen wird, ist Handelsgewerbe. KG. Johow 13, 387. Flaschenbierverkauf liegt auch dann vor, wenn das Bier kurz vor dem Verkauf auf Flaschen gefüllt ist. KG. GA. 71, 25. Nach Jena J W . 60 (1931), 905 gehört die Abgabe von Flaschenbier dann zur Ausübung des Schankgewerbes, wenn sie einer allgemeinen örtl. Übung entspricht. Etwaige Vergünstigungen erstrecken sich nicht auf den Pächter eines im Lokal befindlichen Verkaufsstandes. Kiel GA. 70, 31; auch nicht auf eine mit einem Warengeschäft verbundene Schankwirtschaft, wenn letztere nur von untergeordneter Bedeutung ist. Stettin H R R . 1928 Nr. 1787. Siehe auch Anm. 1 zu § 3 Gaststättenges, unter B I I I 7. 2) Hierzu gehören Kinematographenvorstellungen. KG. D J Z . 13, 1173; Bilderausstellungen eines Kunsthändlers. Hamburg DStZ. 2, 91; nicht der Verkauf von Theaterkarten, sofern er nicht einen Teil des Theaterunternehmens bildet. Hamburg Recht 31 Nr. 2611; überhaupt keine Schaustellung, wenn eine mit ihr verbundene Verkaufstätigkeit überwiegend ist. Hamburg JW. 60 (1931), 485. 3) Der Begriff des Verkehrsgewerbes umfaßt alle Unternehmungen, die der Beförderung von Personen, Waren und Nachrichten mit den dazugehörigen Hilfsbetrieben dienen, im einzelnen Eisenbahn, Straßenbahn, Autobahn, Binnenschiffahrt, Post und Telegraphenbetriebe, Kraftwagen- und Fuhrwerksbetriebe, Rollfuhrunternehmen. Zu den Hilfsbetrieben dieser Unternehmen gehören auch Bahnhofswirtschaften, Bahnhofsbuchhandlungen, Automaten und Verkaufsstellen für das reisende Publikum. Darunter fällt auch ein Fahrradleihgeschäft. Königsberg JW. 57 (1918) S. 3010. Auch die sog. Umschlagstätigkeit, Düsseldorf DRZ. 27 (1935), 701, s. jedoch Dresden J W . 60 (1931), 1988 in Anm. 6 zu § 105 b. 4) Vgl. ferner § 13 des Ges. über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien v. 29. 6. 1936 (RGBl. I S. 521) i. d. F. des Ges. über die Aufhebung von Vorschriften auf dem Gebiete des Arbeitsschutzes v. 21. 3. 1952 (BGBl. I S. 146).

B III 1. Gewerbeordnung. §§106—114 a

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§ 106. [Ehrverlust] (1) Gewerbetreibende, welchen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, dürfen, solange ihnen diese Rechte entzogen bleiben, mit der Anleitung von Arbeitern unter achtzehn Jahre sich nicht befassen1). (2) Die Entlassung der dem vorstehenden Verbote zuwider beschäftigten Arbeiter kann polizeilich erzwungen werden.

§§ 107 bis 1121) § 113. [Zeugnis] (1) Beim Abgange1) können die Arbeiter ein Zeugnis über die Art und Dauer ihrer Beschäftigung fordern. (2) Dieses Zeugnis ist auf Verlangen der Arbeiter auch auf ihre Führung und ihre Leistungen auszudehnen. (3) la ) Den Arbeitgebern ist untersagt, die Zeugnisse mit Merkmalen zu versehen, welche den Zweck haben, den Arbeiter in einer aus dem Wortlaute des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen. (4) Ist der Arbeiter minderjährig, so kann das Zeugnis von dem gesetzlichen Vertreter gefordert werden. Dieser kann verlangen, daß das Zeugnis an ihn, nicht an den Minderjährigen ausgehändigt werde. Mit Genehmigung der Gemeindebehörde des im § 108 bezeichneten Ortes2) kann auch gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters die Aushändigung unmittelbar an den Arbeiter erfolgen.

§ 114. [Zeugnisbeglaubigung] Auf Antrag des Arbeiters hat die Ortspolizeibehörde das dem Arbeiter etwa ausgestellte Zeugnis kosten- und stempelfrei zu beglaubigen.1)

§ 114 a 1 ). [Lohnbücher, Arbeitszettel] (1) Für bestimmte Gewerbe kann der Bundesrat2) Lohnbücher oder Arbeitszettel vorschreiben und die zur Ausführung erforderlichen Bestimmungen erZu § 106: 1) Der Gewerbetreibende darf aber einen Vertreter mit der Anleitung betrauen. Siehe Rohlfing-Kiskalt S. 297; für Lehrlinge gilt § 126 und § 17 HandwerksO. unter B I I I 2. — Strafvorschrift: § 150 Abs. 1 Nr. 1. Zu § § 107—112: 1) §§ 107—112 über Arbeitsbücher für Minderjährige sind durch das Ges. über die Änderung der GewO. v. 16. 6. 1937 (RGBl. I S. 649, 732) mit Wirkung v. 26. 5. 1937 aufgehoben worden. Zu § 113: 1) Anders nach § 630 BGB. S. darüber Rohlfing-Kiskalt S. 298. l a ) Strafvorschrift: § 146 Abs. 1 Nr. 3. 2) Der letzte Aufenthaltsort des Arbeiters oder der von ihm zuerst erwählte deutsche Aufenthaltsort. Zu § 114: 1) § 114 i. d. F. des Ges. v. 16. 6. 1937, siehe Anm. zu §§ 107—112. Zu § 114a: § 114a neu gefaßt durch Ges. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139); die Fassung des Abs. 4 beruht auf dem Ges. v. 16. 6. 1937 (RGBl. I S. 649). Auf Grund des § 114a erging die VO. v. 6. 5. 1939 (RGBl. I S. 894) zur Aufhebung der Bek. v. 14. 2. 1913 (RGBl. S. 97) betr. Lohnbücher für die Kleider- und Wäschekonfektion. Strafvorschrift: § 150 Abs. 1 Nr. 2. 2) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 3) Zum Lohn sind nicht zu rechnen Vereinbarungen über die dem Arbeiter zu gewährende freie Zeit und über die Erlaubnis, sich Nebenverdienst zu verschaffen. Celle GA. 49, 349. 4) Vgl. die Entgeltbelege für Heimarbeiter nach § 9 des Heimarbeitergesetzes v. 14. 3.1951 (BGBl. I S. 191).

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 114b, c

lassen3)4). In die Lohnbücher oder Arbeitszettel sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu bevollmächtigten Betriebsbeamten einzutragen 1. der Zeitpunkt der Übertragung von Arbeit, Art und Umfang der Arbeit, bei Akkordarbeit die Stückzahl, 2. die Lohnsätze 3 ), 3. die Bedingungen für die Lieferung von Werkzeugen und Stoffen zu den Arbeiten, 4. der Zeitpunkt der Ablieferung sowie Art und Umfang der abgelieferten Arbeit, 5. der Lohnbetrag unter Angabe der etwa vorgenommenen Abzüge, 6. der Tag der Lohnzahlung. (2) Der Bundesrat2) kann bestimmen, daß in die Lohnbücher oder Arbeitszettel auch die Bedingungen für die Gewährung vonKost undWohnung eingetragen werden, sofern Kost oder Wohnung als Lohn oder Teil des Lohnes gewährt werden soll. (3) Im übrigen sind noch solche Eintragungen zulässig, welche sich auf Namen, Firma und Niederlassungsort des Arbeitgebers, Namen und Wohnort des Arbeiters, die übertragenen Arbeiten und die dafür vereinbarten oder gezahlten Löhne beziehen. (4) 5) Die Eintragungen in die Lohnbücher oder Arbeitszettel dürfen nicht mit einem Merkmal versehen sein, das den Inhabern günstig oder nachteilig zu kennzeichnen bezweckt. Die Eintragung eines Urteils über die Führung oder die Leistungen des Arbeiters und sonstige durch dieses Gesetz nicht vorgesehene Eintragungen oder Vermerke sind unzulässig.

§ 114b1). [Beschaffung des Lohnbuchs, Arbeitszettels] (1) Das Lohnbuch oder der Arbeitszettel ist von dem Arbeitgeber auf seine Kosten zu beschaffen und dem Arbeiter sofort nach Vollziehung der vorgeschriebenen Eintragungen kostenfrei auszuhändigen. Die Eintragungen sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu bevollmächtigten Betriebsbeamten zu unterzeichnen. Der Bundesrat2) kann bestimmen, daß die Lohnbücher in der Betriebsstätte verbleiben, wenn die Arbeitgeber glaubhaft machen, daß die Wahrung von Fabrikationsgeheimnissen diese Maßnahme erheischt. Den beteiligten Arbeitern ist Gelegenheit zu geben, sich vor Erlaß dieser Bestimmung zu äußern. (2) Sofern nicht der Bundesrat2) anders bestimmt, sind die Eintragungen gemäß § 114a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 vor oder bei der Ubergabe der Arbeit, die gemäß § 114a Abs. 4 Nr. 1 bei der Abnahme der Arbeit, die gemäß § 114a Abs. 1 Nr. 5, 6 bei der Lohnzahlung mit Tinte zu bewirken und zu unterzeichnen. (3) In den Lohnbüchern sind die §§ 115 bis 119a Abs. 1, § 119b abzudrucken.

§ 114 c1). [Zuständigkeit der Landesbehörde] Soweit der Bundesrat2) Bestimmungen auf Grund des § 114a Abs. 1, 2 nicht erläßt, kann die Landeszentralbehörde oder nach Anhören beteiligter Gewerbetreibender und Arbeiter die zuständige Polizeibehörde durch Polizeiverordnung 5) Strafvorschrift: § 146 Abs. 1 Nr. 3. Zu § 114b: 1) §§ 114b bis 114e eingefügt durch Ges. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139). 2) S. Anm. 2 zu § 114 a. Zu § 114c: 1) S. Anm. 1 zu § 114b. 2) S. Anm. 2 zu § 114a.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 114 d, e, 115

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sie erlassen. Für diesen Fall kann die Landeszentralbehörde oder die zuständige Polizeibehörde auch Bestimmungen auf Grund des § 114b Abs. 2 erlassen. § 114d1). [Bestimmungen für einzelne Bezirke] Bundesrat 2 ) und Landeszentralbehörde können die Bestimmungen auf Grund der §§ 114a bis 114c auch für einzelne Bezirke erlassen. § 114 e1). [Veröffentlichung der Bestimmungen] Für die Bestimmungen des Bundesrats 2 ) gilt § 120g entsprechend. § 115*). [Lohnberechnung und -auszahlung. Kreditierungsverbot] (1) Die Gewerbetreibenden1) sind verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Reichswährung2) zu berechnen und bar auszuzahlen3). (2) Sie dürfen den Arbeitern keine Waren kreditieren 4 ). Doch ist es gestattet, den Arbeitern Lebensmittel5) für den Betrag der Anschaffungskosten 6 ), Wohnung Z u § 1 1 4 d : 1) S. A n m . 1 zu § 114b. 2) Zuständig n u n m e h r die Bundesregierung m i t Z u s t i m m u n g des B u n d e s r a t e s A r t . 80, 129 GG. Z u § 1 1 4 e : 1) S. A n m . 1 zu § 114b. 2) S. A n m . 2 zu § 114d. Z u § 115: *) S t r a f v o r s c h r i f t : § 146 Abs. 1 Nr. 1. Fahrlässigkeit genügt. E . 22, 43. 1) U n t e r Gewerbetreibenden sind n u r selbständige U n t e r n e h m e r zu verstehen, aber auch Hausgewerbetreibende im Verhältnis zu ihren Betriebsarbeitern. Der Geltungsbereich des § 115 bezieht sich auf gewerbliche Arbeiter im Sinne der §§ 122ff., auf gewerbliche Angestellte im Sinne des § 133a GewO. (LAG. S t u t t g a r t v. 31. 5. 1951 — A P . 1951 Nr. 242), auf Heimarbeiter u n d Betriebsarbeiter im Sinne des H A G . § 119a GewO.), auf Bergarbeiter (§ 154 Abs. 1), nicht dagegen auf Handlungsgehilfen (§ 154 Abs. 1 Ziff. 2). 2) W ä h r u n g s e i n h e i t ist die DM. §1 des 1. Ges. zur N e u o r d n u n g des Geldwesens, Ges. Nr. 61 in U S - u. b r i t . Zone, VO. Nr. 158 in f r a n z . Zone (WiGBl. 1948 Beil. 5 S. 1), f ü r Berlin VO. der 3 K o m m a n d a n t e n v. 24. 6. 1948 (VOB1. I S. 363). 3) Die Z a h l u n g des Lohnes m u ß u n b e d i n g t in b a r erfolgen, nicht durch Anweisung (Bons), E . 1, 386 u n d R . 5, 18; ebensowenig d u r c h Marken, E . 7, 38; a u c h nicht d u r c h Abzug der F o r d e r u n g eines D r i t t e n an den Arbeiter f ü r e n t n o m m e n e W a r e n , R G . GA. 42, 46; ferner a u c h nicht d u r c h A b z u g einer persönlichen F o r d e r u n g , die der Gewerbetreibende oder dessen B e a u f t r a g t e r an den Arbeiter h a t ; E . 26, 208; a u c h nicht d u r c h Wechsel, a u s g e n o m m e n , wenn der letztere nicht als Zahlung gelten soll, sondern n u r zur Sicherung des Lohnes gegeben wird. E . 17, 285. Doch genügt Zahlung d u r c h B a n k ü b e r w e i s u n g oder Barscheck, wenn der E m p f ä n g e r sofort v e r f ü g u n g s f ä h i g ist, s. Rohlfing-Kiskalt S. 310. Die A u f r e c h n u n g ist n a c h § 394 B G B . unzulässig. E i n b e h a l t u n g von L o h n b e t r ä g e n zur Tilgung von E n t s c h ä d i g u n g s forderungen ist d a h e r n a c h § 146 Abs. 1 Ziff. 1 s t r a f b a r . R G . GA. 51 S. 379. W o h l a b e r ist s t a t t h a f t , d a ß der Arbeitgeber Marken als Lohnvorschüsse gibt, d a ß die Arbeiter diese Marken bei D r i t t e n bei E n t n a h m e von W a r e n in Zahlung geben u n d d a ß der Arbeitgeber s p ä t e r diese Marken bei den D r i t t e n gegen B a r z a h l u n g einlöst. E . 29, 95. Die Marken dienen hier n u r gewissermaßen als Beweismittel f ü r die von d e m Arbeitgeber geleistete B ü r g s c h a f t . Vgl. a u c h E . 29, 190. Auch ist es nicht ausgeschlossen, d a ß den Arbeitern bei der Auszahlung des L o h n e s gewisse Abzüge g e m a c h t werden, R . 5, 779, (z. B. R ü c k f o r d e r u n g von Bauzuschüssen, L o h n einbehaltung des Anteils zur Sozialversicherung), u n d noch weniger fällt es u n t e r dieses Gesetz, wenn der Arbeiter den eben e m p f a n g e n e n L o h n u n m i t t e l b a r darauf im Geschäfte des Arbeitgebers zum Ankauf von W a r e n verwendet, E . 12, 182. 4) Aber sie können den Arbeitern W a r e n gegen Barzahlung v e r k a u f e n . E . 22, 177. Die f ü r kreditierte W a r e n geschuldeten B e t r ä g e d ü r f e n von d e m Arbeitslohne a u c h d a n n n i c h t gekürzt werden, wenn dieser z u n ä c h s t bar bezahlt wird, R G . GA. 38, 375. E . 7, 197. E s k o m m t nicht darauf an, ob ein Borgverhältnis den Arbeitern u n d ihren Familien Vorteile gewähren soll u n d wirklich g e w ä h r t . E . 42, 298. 5) I m Ü b e r m a ß verabfolgter B r a n n t w e i n ist kein Lebensmittel, E . 20, 217; ebensowenig sind dahin H a u s h a l t u n g s g e g e n s t ä n d e zu rechnen, sondern n u r N a h r u n g s m i t t e l . R . 9, 289. Vgl. a u c h E . 30, 253. 6) D a r u n t e r sind nicht bloß die Einkaufspreise zu verstehen, sondern a u c h a n d e r e Aufwendungen, wie T r a n s p o r t k o s t e n usw. E . 18. 224.

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B i l l 1. Gewerbeordnung. §§ 115a—117

und Landnutzung gegen die ortsüblichen Miet- und Pachtpreise, Feuerung, Beleuchtung, regelmäßige Beköstigung 7 ), Arzneien und ärztliche Hilfe sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten für den Betrag der durchschnittlichen Selbstkosten 8 ) unter Anrechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen 9 ) . Zu einem höheren Preise ist die Verabfolgung von Werkzeugen und Stoffen für Akkordarbeiten zulässig, wenn derselbe den ortsüblichen nicht übersteigt und im voraus vereinbart ist 1 0 ).

§ 115 a. [Auszahlung in Gastwirtschaften] Lohn- und Abschlagszahlungen dürfen in Gast- und Schankwirtschaften oder Verkaufsstellen nicht ohne Genehmigung der unteren Verwaltungsbehörde erfolgen; sie dürfen an Dritte nicht erfolgen auf Grund von Rechtsgeschäften oder Urkunden Über Rechtsgeschäfte, welche nach § 2 des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohns, vom 21. Juni 1869 (BGBl. S. 242)1) rechtlich unwirksam sind.

§ 116. [Rechtsfolgen] Arbeiter, deren Forderungen in einer dem § 115 zuwiderlaufenden Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Maßgabe des § 115 verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungs Statt Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hilfskasse zu, welcher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer anderen zum Besten der Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Gemeindebehörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Ortsarmenkasse.

§ 1171). [Nichtigkeit] (1) Verträge, welche dem § 115 zuwiderlaufen, sind nichtig. (2) Dasselbe gilt von Verabredungen zwischen den Gewerbetreibenden und 7) Sie ist nur dann vorhanden, wenn dem Arbeiter während eines längeren Zeitraumes wenigstens eine der üblichen täglichen Mahlzeiten in einer zu sofortigem Genüsse geeigneten Weise verabfolgt wird. R. 10, 422. 8) Die Selbstkosten decken sich nicht mit den Anschaffungskosten, sondern umfassen auch die Aufwendungen für Aufbewahrung, Unterhaltung der Waren usw. E. 27, 321. 9) Auf Grund des § 28 AZO. ließ der RArbM. mit Anordnung v. 16. 1. 1939 (RArbBl. X S. 57) zu, daß in Abweichung von § 115 Abs. 2 Satz 1 Unternehmer den Gefolgschaftsmitgliedern auf deren Wunsch Elektrogeräte, Rundfunkempfangsgeräte, Gasapparate und andere Gebrauchsgegenstände, die im Betrieb hergestellt oder von ihm regelmäßig vertrieben werden, zum eigenen Bedarf auf Abzahlung verkaufen dürfen; die Abzahlungsraten dürfen hierbei — bei Abzahlung mehrerer Gebrauchsgegenstände zusammen — 10 v. H. des Nettoarbeitsverentgelts nicht übersteigen, den das Gefolgschaftsmitglied im Durchschnitt des Ratenzahlungsabschnitts erhält. 10) Die Vorschrift des § 115 kann auch fahrlässigerweise übertreten werden. E. 22, 43. Zu § 115a: 1) Das Ges. v. 21. 6. 1869 ist am 1. 1. 1935 gemäß Art. 7 des Ges. v. 24. 10. 1934 (RGBl. I S. 1070) zur Änderung von Vorschriften über die Zwangsvollstreckung außer Kraft getreten; der im § 115a erwähnte § 2 ist durch eine entsprechende Bestimmung nicht ersetzt worden. Zu beachten sind die §§ 850 ff. der ZPO., die durch das Ges. über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung v. 20. 8. 1953 (BGBl. I S. 952) neu gefaßt bzw. eingefügt worden sind. — DieLohnauszahlung auf Grund von Vollmachten, durch die der Verwalter eines kreditgebenden Konsumvereins ein für allemal ermächtigt wird, fällige Lohnbeträge für den Arbeiter zu erheben, ist strafbar. E. 27, 289. — Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 13. 289.

Zu § 117: 1) Der § 117 bezieht sich nur auf den § 115, nicht auf den § 115a. Siehe E. 27,

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 118—119a

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den von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse2) der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen sowie überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem anderen Zwecke als zur Beteiligung an Einrichtungen 3 ) zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien. § 118. [Keine Klagemöglichkeit, keine Anrechnung] Forderungen für Waren, welche dem § 115 zuwider kreditiert worden sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt noch durch Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unterschied, ob sie zwischen den Beteiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind. Dagegen fallen dergleichen Forderungen der im § 116 bezeichneten Kasse zu. § 119. [Gleichzuachtende Personen] Den Gewerbetreibenden im Sinne der §§ 115 bis 118 sind gleichzuachten deren Familienglieder, Gehilfen, Beauftragte, 1 ) Geschäftsführer, Aufseher und Faktoren sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. § 119 a. [Lohneinbehaltungen] (1) Lohneinbehaltungen, welche von Gewerbeunternehmern zur Sicherung des Ersatzes eines ihnen aus der widerrechtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses erwachsenden Schadens oder einer für diesen Fall verabredeten Strafe ausbedungen werden, dürfen bei den einzelnen Lohnzahlungen ein Viertel des fälligen Lohnes, im Gesamtbetrage den Betrag eines durchschnittlichen Wochenlohnes nicht übersteigen 1 ). (2)2) Durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) kann für alle Gewerbebetriebe oder gewisse Arten derselben festgesetzt werden: 1. daß Lohn- und Abschlagszahlungen in festen Fristen erfolgen müssen, welche nicht länger als einen Monat und nicht kürzer als eine Woche sein dürfen; 2. daß der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an die Eltern oder Vormünder und nur mit deren schriftlicher Zustimmung oder nach deren Bescheinigung über den Empfang der letzten Lohnzahlung unmittelbar an die Minderjährigen gezahlt wird; 2) Bedürfnisse bedeutet mehr als Lebensmittel. 3) Bestimmungen einer Arbeitsordnung oder Betriebsvereinbarung mit dem Inhalt, daß jeder in den Betrieb eintretende Arbeitnehmer die Mitgliedschaft zur Arbeitspensionskasse erwirbt und zu ihr beitragspflichtig ist, verstoßen nicht gegen die guten Sitten, auch wenn der Arbeitgeber nicht den gleichen Anteil zur Pensionskasse beiträgt oder sich das Recht des Widerrufs seiner jährlichen Zuschüsse vorbehält. Zu § 119: 1) Der Wirt der Kantine kann als Beauftragter angesehen werden. Zu § 119a: 1) Eine gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Lohneinbehaltung besteht bei den Abzügen zur Lohn- und Kirchensteuer, eine gesetzliche Befugnis bei den Beiträgen zur Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung. Anm. 3 zu § 115. 2) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 13.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 119 b, 120

3. daß die Gewerbetreibenden den Eltern oder Vormündern innerhalb gewisser Fristen Mitteilung von den an minderjährige Arbeiter gezahlten Lohnbeträgen zu machen haben.

§ 119b. [Heimarbeiter] Unter den in §§ 114a bis 119a bezeichneten Arbeitern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Gewerbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen 1 ).

§ 1201). [Fortbildungs- (Berufs-) Schulen] (1) Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, ihren Arbeitern unter achtzehn Jahren, welche eine von der Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte Unterrichtsanstalt besuchen, hierzu die erforderlichen Falles von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit zu gewähren2). Am Sonntage darf der Unterricht nur stattfinden, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, daß die Schüler nicht gehindert werden, den Hauptgottesdienst oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichteten besonderen Gottesdienst ihrer Konfession zu besuchen 3 ). Ausnahmen von dieser Bestimmung kann die Zentralbehörde für bestehende Fortbildungsschulen, zu deren Besuche keine Verpflichtung besteht, bis zum 1. Oktober 1894 gestatten. (2) Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser Bestimmung gelten auch Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten erteilt wird. (3)3a) Die Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule kann, soweit sie nicht nach Landesgesetz besteht, durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) für die im Abs. 1 bezeichneten Arbeiter eingeführt werden. Diese Pflicht besteht dann auch für die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit. Auf demselben Wege können die zur Durchführung dieser Verpflichtung erforderlichen Bestimmungen getroffen werden. Insbesondere können durch statutarische Bestimmung die zur Sicherung eines regelmäßigen Schulbesuchs den Schulpflichtigen sowie deren Eltern, Vormündern und Arbeitgebern 4 ) Zu § 119b: 1) Vgl. hierzu das Heimarbeitsges. v. 14. 3. 1951 (BGBl. I S. 191). Zu § 120: 1) Strafvorschrift: § 150 Nr. 4. 2) Es ist nicht erforderlich, daß für den Arbeiter eine Verpflichtung zum Besuch bestehtStenglein Nebenges. Anm. 8. Der Arbeitgeber hat für rechtzeitige Entlassung des Arbeiters zu sorgen. KG. GewArch. 45, 300. Die Schulpflicht darf der Arbeitgeber durch einen Scheinvertrag nicht aufheben. Braunschweig J W . 57 (1928), 2917. Mit dem Wechsel des Beschäftigungsortes ändert sich auch die Berufsschulzugehörigkeit. Der Lehrherr genügt seinen Pflichten, wenn er seinen Lehrling abmeldet. KG. J F G E r g . 9, 354. Beschäftigt der Lehrherr Lehrlinge außerhalb des Bezirks der Berufsschule auf längere Zeit, so muß er sie bei der Schule des neuen Beschäftigungsortes anmelden. KG. D JZ. 35, 438. Der Arbeitgeber hat den Berufsschüler zum pünktlichen und regelmäßigen Schulbesuch anzuhalten. KG. Recht 33 Nr. 2102. 3) Es kommt bei der Beurteilung der Strafbarkeit (wegen Versäumnis des Unterrichts) nur darauf an, ob der Unterricht während der Zeit des Hauptgottesdienstes der Konfession, welcher der Schulpflichtige angehört, stattgefunden hat. Ist dies der Fall, so ist der Schulpflichtige nicht strafbar, gleichviel, ob er den Gottesdienst besucht hat oder nicht. KG. GA. 42, 431. 3a) § 120 Abs. 3 Satz 1 geändert, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4, 5 neu eingefügt durch Ges. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139). In erster Reihe gilt § 8 des Jugendschutzges. v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 437) unter B V 6. 4) Arbeitgeber ist nur derjenige, von dem oder in dessen Namen mit dem Berufsschulpflichtigen oder dessen gesetzlicher Vertreter ein Arbeitsdienstvertrag abgeschlossen ist.

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 120

621

obliegenden Verpflichtungen bestimmt und diejenigen Vorschriften erlassen werden, durch welche die Ordnung in der Fortbildungsschule und ein gebührliches Verhalten der Schüler gesichert wird. Von der durch statutarische Bestimmung begründeten Verpflichtung zum Besuch einer Fortbildungsschule sind diejenigen befreit, welche eine Innungs- oder andere Fortbildungs- oder Fachschule besuchen, sofern der Unterricht dieser Schule von der höheren Verwaltungsbehörde als ein ausreichender Ersatz des allgemeinen Fortbildungsschulunterrichts anerkannt wird 5 ). (4)3a) Die im Abs. 3 Satz 1 ausgesprochene Pflicht kann für eine Gemeinde oder einen weiteren Kcmmunalverband durch Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde eingeführt werden, wenn ungeachtet einer von ihr auf Antrag beteiligter Arbeitgeber cder Arbeiter an die Gemeinde oder den weiteren Kommunalverband erlassenen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist als Statut nicht erlassen worden ist. Die im Abs. 3 vorgesehenen Bestimmungen werden in diesem Falle von der höheren Verwaltungsbehörde getroffen. Gegen die Aufforderung und die Anordnungen der höheren Verwaltungsbehörde ist Beschwerde an die Landeszentralbehörde zulässig. (5)3a) Die Unterrichtszeiten werden von der hierfür nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt und bekanntgemacht6). K G . J F G E r g . 11, 292. Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften einer nicht s t a t u t a r i s c h erlassenen Schulordnung können n u r disziplinarisch g e a h n d e t werden. K G . R e c h t 32 Nr. 2022. D i e S t ö r u n g des U n t e r r i c h t s ist auch Verletzung der Schulpflicht. K G . J F G E r g . 8, 347. D e r Berufswechsel befreit nicht von der T e i l n a h m e a m U n t e r r i c h t . K G . R e c h t 32 Nr. 2021. D e r Lehrling, der auf Geheiß des L e h r h e r r n die Schule v e r s ä u m t , ist nicht verantwortlich. K G . J F G E r g . 8, 374. D e r Arbeitgeber ist nicht s t r a f b a r , wenn er seine Lehrlinge zur Verr i c h t u n g dringender, f ü r das Allgemeinwohl erforderlichen Arbeiten, N o t s t a n d s a r b e i t e n , v o m Besuch der Fortbildungsschulen f e r n h ä l t . K G . J F G E r g . 1, 164. Gesteigerter W e i h n a c h t s verkehr fällt a b e r nicht d a r u n t e r . K G . R e c h t 33 N r . 665. 5) D e r § 120 findet auch auf Lehrlinge in H a n d e l s g e s c h ä f t e n A n w e n d u n g . R G . GA. 4 3 . 1 4 4 ; a u c h von Versicherungsagenturen. K G . J F G E r g . 1, 160; a u c h auf Handwerkslehrlinge, GA. 6 3 , 4 6 2 (nach K G . J F G E r g . 10, 371 nicht auf über 18 J a h r e alte), sowie auf Lehrlinge aller Gärtnereien. K G . J o h o w 22, C 16 (abgesehen von denen, die den feldmäßigen A n b a u von G a r t e n f r ü c h t e n betreiben. K G . J R . 2 N r . 1223, GA. 71, 31), Dresden J W . 61 (1932), 1594; Breslau GA. 74, 149, a n d e r s H a m b u r g J W . 60 (1931), 1256; aber nicht auf solche Lehrlinge, die h a u p t s ä c h l i c h m i t landwirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt w e r d e n . K G . J o h o w 21 C 72; a u c h nicht auf Volontäre, die ohne Bezahlung Dienste leisten u n d nicht an die Geschäftszeit geb u n d e n sind. K G . , Die Polizei 16, 297. Schulpflichtig ist der gewerbliche Lehrling auch in der der Lehrzeit v o r a n g e h e n d e n Probezeit. K G . D J Z . 31, 602; n i c h t die Kinder, die den E l t e r n in deren Gewerbe g e m ä ß § 1617 B G B . helfen. K G . GA. 74, 298. Auch die Büroangestellten der R e c h t s a n w ä l t e sind von der d u r c h O r t s s a t z u n g festgelegten Berufsschulpflicht nicht ausgen o m m e n . K G . GA. 71, 27. Ausländer sind zum Besuch der Fortbildungsschule nicht verpflichtet. Breslau J W . 55 (1926), 389. S t r a f b a r ist a u c h d a s Versäumen des T u r n - u n d Spielunterrichts der Fortbildungsschule. L G . Liegnitz, J W . 51 (1922), 113. Gewerbliche Arbeiter, denen d u r c h O r t s s t a t u t die Verpflichtung z u m Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule a m Orte ihrer B e s c h ä f t i g u n g auferlegt ist, werden von dieser Verpflichtung nicht deshalb befreit, weil sie eine ländliche Fortbildungsschule ihres W o h n o r t e s besuchen. K G . J o h o w 43, 421; auch nicht d a d u r c h , d a ß sie n u r vorübergehend wenige Tage b e s c h ä f t i g t werden. K G . GA. 71, 212. Strafb a r ist nur, wer die i h m obliegenden Pflichten s c h u l d h a f t verletzt, daher nicht der k a u f m ä n n i s c h e Direktor, der die Kontrolle des Schulbesuchs einem Prokuristen ü b e r t r a g e n h a t . K G . GA. 69, 233; bei Anwaltslehrlingen, z. B. ist s t r a f b a r der R e c h t s a n w a l t , nicht der B ü r o v o r s t e h e r . K G . J W . 1936, 2079; J F G E r g . 6, 361; 7 , 2 7 9 . Die O r t s s a t z u n g ist n a c h K G . J W . 58 (1929), 3398 ungültig, falls die beteiligten Arbeiter, Arbeitgeber u n d deren B e r u f s v e r t r e t u n g e n n i c h t gehört sind. A. M. m i t R e c h t K G . v. 18. 2. 1930 u n d 18. 5. 1931 (ungedruckt). 6) I s t die B e k a n n t m a c h u n g unterblieben, entfällt die Fortbildungsschulpflicht. GA. 69, 327.

KG.

622

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 120 a, b

§ 120 a 1 ). [Betriebssicherheit] (1) Die Gewerbeunternehmer 1 ) sind verpflichtet, die Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebs gestattet 2 ). (2) Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betrieb entstehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen 3 ). (3) Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefährliche Berührungen mit Maschinen oder Maschinenteilen oder gegen andere in der Natur der Betriebsstätte oder des Betriebs liegende Gefahren, namentlich auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrikbränden erwachsen können, erforderlich sind 4 ). (4) Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebs erforderlich sind 5 ). § 120 b. [Rücksicht auf Sitte und Anstand] (1) Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vorschriften über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zu erlassen, welche erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern1). (2) Insbesondere muß, soweit es die Natur des Betriebs zuläßt, bei der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt werden, sofern nicht die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes durch die Einrichtung des Betriebes ohnehin gesichert ist. (3) In Anlagen, deren Betrieb es mit sich bringt, daß die Arbeiter sich umkleiden und nach der Arbeit sich reinigen, müssen ausreichende, nach Geschlechtern getrennte Ankleide- und Waschräume vorhanden sein. Zu § 120a: 1) Gewerbeunternehmer steht gleich dem selbständig Gewerbetreibenden § 105. So gehören hierher die Handwerker, Kaufleute, Fabrikanten und die Hausgewerbetreibenden, die Betriebsarbeiter beschäftigen. Auf die im § 6 aufgeführten Gewerbe findet die Vorschrift keine Anwendung. KayserSteiniger Anm. 1. 2) Der Unternehmer kann sich nicht damit entschuldigen, daß die Gewerbeaufsicht den Mangel der betr. Schutzvorrichtung nicht gerügt habe, EZ. 12,46, LZ.11 (1917), 1341; auch nicht damit, daß ihm in seiner Konzessionsurkunde die Herstellung der Schutzvorrichtung nicht zur Pflicht gemacht sei. E. 18, 73; ebensowenig damit, daß die Herstellung ohne eine Betriebsstörung nicht möglich gewesen sei, E. 10, 6, daß die polizeilich vorgeschriebene Schutzvorrichtung in den Unfallvorschriften der Berufsgenossenschaft nicht gefordert ist. RG. GA. 68,973. Auch gewisse, nur mittelbar zum Fabrikbetriebe gehörige Vorrichtungen, welche an sich außerhalb des letzteren liegen, fallen unter den § 120a. E. 18, 204. Vgl. KG.Johow24, C 13. Siehe das Gesetz über gesundheitsschädliche und feuergefährliche Arbeitsstoffe v. 25. 3. 1939 (RGBl. I S. 581). 3) Vgl. Erlaß des RArbM. v. 3. 5. 1937 (RArbBl. I I I S. 118). 4) Welche Vorrichtungen zur Sicherung gegen Gefahren notwendig, h a t zunächst der Gewerbetreibende selbst zu prüfen. Es kommt nicht darauf an, ob er die Notwendigkeit einer Schutzvorrichtung erkannt hat, sondern nur darauf, ob er sie hätte erkennen müssen. E. Z. 12, 130. 5) D. i. die Betriebsvereinbarung (Arbeitsordnung). Zu § 120 b: 1) Besondere Bestimmungen sind für die Beschäftigung von Frauen u. Jugendlichen in Schankstätten erlassen (vgl. §§ 11, 17 d. GaststGes. v. 28. 4. 1930 — RGBl. I S. 146; PrVO. v. 18. 6. 1930, Abschn. I I I — GS. S. 117; VO. über die Beschäftigung von weiblichen Arbeitnehmern in Schankstätten v. 27. 5. 1933 •—• GS. S. 213; Württemberg Vollzugs VO. v. 8. 7. 1930 — RGBl. S. 231; ferner Bayern VO. v. 15. 12. 1921 — GVB1. S. 592; Baden VO. v. 30. 5. 1921 (GVB1. S. 145) u. v. 20. 11. 1928 (GVB1. S. 300).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 120c—e

623

(4) Die Bedürfnisanstalten müssen so eingerichtet sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesundheitspflege entsprochen wird und daß ihre Benutzung ohne Verletzung von Sitte und Anstand erfolgen kann. § 120 c. [Rücksicht auf Arbeiter unter 18 Jahren] Gewerbeunternehmer, welche Arbeiter unter achtzehn Jahren beschäftigen, sind verpflichtet, bei der Einrichtung der Betriebsstätte und bei der Regelung des Betriebs diejenigen besonderen Rücksichten auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind. § 120 d*). [Polizeiverfügungen] (1) Die zuständigen Polizeibehörden sind befugt, im Wege der Verfügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maßnahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der in §§ 120a bis 120c enthaltenen Grundsätze erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen. Sie können anordnen, daß den Arbeitern zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb der Arbeitsräume angemessene, in der Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. (2) Soweit die angeordneten Maßregeln nicht die Beseitigung einer dringenden, das Leben oder die Gesundheit bedrohenden Gefahr bezwecken, muß für die Ausführung eine angemessene Frist gelassen werden. (3) Den bei Erlaß dieses Gesetzes bereits bestehenden Anlagen gegenüber können, solange nicht eine Erweiterung oder ein Umbau eintritt, nur Anforderungen gestellt werden, welche zur Beseitigung erheblicher, das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefährdender Mißstände erforderlich oder ohne unverhältnismäßige Aufwendungen ausführbar erscheinen. (4)1 Gegen die Verfügung der Polizeibehörde steht dem Gewerbeunternehmer binnen zwei Wochen die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde zu. Gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist binnen vier Wochen die Beschwerde an die Zentralbehörde zulässig; diese entscheidet entgültig 2 ). Widerspricht die Verfügung den von der zuständigen Berufsgenossenschaft erlassenen Vorschriften zur Verhütung von Unfällen, so ist zur Einlegung der vorstehend bezeichneten Rechtsmittel binnen der dem Gewerbeunternehmer zustehenden Frist auch der Vorstand der Berufsgenossenschaft befugt. § 120 e 1 ). [Schutzanordnungen] (1) Durch Beschluß des Bundesrats2) können Vorschriften darüber erlassen werden, welchen Anforderungen in bestimmten Arten von Anlagen zur Durchführung der in den §§ 120a bis 120c enthaltenen Grundsätze zu genügen ist. In diese Bestimmungen können auch Anordnungen über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zum Schutze von Leben und Gesundheit aufgenommen werden. Eine Abschrift oder ein Abdruck der Anordnungen ist an geeigneter, Zu § 120d: *) Strafvorschrift: § 147 Abs. 1 Nr. 4. 1) Nach Art. II des ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) kann das Beschwerdeverfahren nach § 120d Abs. 4 landesrechtlich abweichend geregelt werden. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 20. Zu § 120e: 1) § 120e Abs. 1 Satz 2 neu eingefügt, § 120e Abs. 2 Satz 1 geändert, die früheren Abs. 3, 4 gestrichen durch G. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139). — Strafvorschrift: § 146 Abs.l Nr. 2, § 147 Abs. 1 Nr. 4. 2) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates (Art. 80, 129 GG.).

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § 120f

allen beteiligten Arbeitern zugänglicher Stelle auszuhängen und in lesbarem Zustand zu erhalten3). (2) Soweit solche Vorschriften durch Beschluß des Bundesrats2) nicht erlassen sind, können dieselben durch Anordnung der Landeszentralbehörden oder durch Polizei Verordnungen der zuständigen Polizeibehörden erlassen werden. Vor dem Erlasse solcher Anordnungen und Polizeiverordnungen ist den Vorständen der beteiligten Berufsgenossenschaften oder BerufsgenossenschaftsSektionen Gelegenheit zu einer gutachtlichen Äußerung zu geben4). Auf diese finden die Bestimmungen des § 113 Abs. 2, 4 und des § 115 Abs. 4 Satz 1 des GewerbeUnfallversicherungsgesetzes (RGBl. 1900 S. 573, 585) Anwendung 5 ). § 120 f 1 ) 3) Auf Grund des § 120e GewO. sind zahlreiche VOen ergangen. Es wird insbesondere auf folgende hingewiesen: Bekanntmachung v. 31. 7.1897 (RGBl. I S. 614), betr. die Einrichtung und den Betrieb von Buchdruckereien und Schriftgießereien, abgeändert durch die Bekanntmachung v. 5. 7. 1907 und 22. 12. 1908 (RGBl. 1907 S. 405, 1908 S. 654); Bekanntmachung v. 16. 6. 1905, betr. die Einrichtung und den Betrieb von Bleihütten (RGBl. I S. 545); Bekanntmachung v. 17. 2. 1907, betr. die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Zigarren bestimmten Anlagen (RGBl. S. 34); Bekanntmachung v. 31. 5. 1909 (RGBl. S. 471), betr. die Einrichtung und den Betrieb von Steinbrüchen und Steinhauereien, ergänzt durch die Bekanntmachungen v. 8. 12. 1909 und 20. 11. 1911 (RGBl. 1909 S. 971, 1911 S. 955); Bekanntmachung betr. die Einrichtung und den Betrieb der Zinkhütten und Zinkrosthütten v. 3. 12. 1912 (RGBl. S. 564), geändert durch die VO. v. 21. 2. 1923 (RGBl. I S. 161); VO. über die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiverbindungen v. 27. 1. 1920 (RGBl. S. 109); VO. über die Ausführung von Anstreicherarbeiten in Schiffsräumen v. 2. 2. 1921 (RGBl. S. 142, geändert durch die VO. v. 12. 5. 1927 (RGBl. I S. 117); VO. v. 27. 5. 1930 zum Schutz gegen Bleivergiftung bei Anstreicharbeiten (RGBl. I S. 183) i. d. F. v. 28. 11. 1938 (RGBl. I S. 1682); VO. v. 20. 10. 1930 (RGBl. I S. 468) über Zellhorn, geändert durch die VO. v. 14. 7. 1934 (RGBl. I S. 711); VO. v. 30. 1. 1931 (RGBl. I S. 17) über die Herstellung, Verpackung, Lagerung und Einfuhr von Thomasmehl, geändert durch die VO. v. 30. 9. 1931 (RGBl. I S. 525); VO. für Arbeiten in Druckluft v. 29. 5. 1935 (RGBl. I S. 725); VO. über Haarhutfabriken v. 26. 3. 1938 (RGBl. I S. 347); VO. über Glashütten, Glasschleifereien usw. v. 23. 12. 1938 (RGBl. 1938 I S. 1961, 1940 I S. 1246); VO. über das Verbot von Arsen usw. in Reinigungsmitteln v. 30. 1. 1945 (RGBl. I S. 31); VO. zum Schutze der Staublungenerkrankungen. (Silikose) in der keram. Industrie vom 1. 9. 1951 (BGBl. I S. 787). 4) In der Bekanntmachung braucht dies nicht ausdrücklich erwähnt zu werden. E.34, 368. Es genügt, daß die Vorschriften auf den § 120e Bezug nehmen. BayObLG. Recht 14, 583; sie können niemals selbständig Strafen androhen. KG. JFGErg. 7, 207. 5) Nach Art. 4 des EinfG. z. RVO. traten an Stelle der oben angeführten Bestimmungen des Gewerbe-UnfallversicherungsG. die §§ 853, 855, 864 Abs. 2 der RVO., die gemäß Art. 1 Nr. 42 des 5. Ges. über Änderungen in der Unfallversicherung v. 17. 2. 1939 (RGBl. I S. 267) weggefallen sind. Zu § 120f: 1) § 120f ist durch Einbeziehung in die ArbeitszeitO. weggefallen, Ziff. 2 der VO. über die neue Fassung der ArbeitszeitVO. v. 26. 7. 1934 (RGBl. I S. 803).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 120g—123

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§ 120 g 1 ). [Veröffentlichung] Die Bestimmungen

des Bundesrats 2 )

auf Grund der §§ 120 e,

d u r c h d a s Reichsgesetzblatt ZU veröffentlichen und dem Reichstag 3 ) nahme vorzulegen.

I I . V e r h ä l t n i s s e der Gesellen und

(120 f) sind, zur Kenntnis-

Gehilfen

§ 1211). [Pflichten] Gesellen2)

und Gehilfen sind verpflichtet, den Anordnungen der Arbeitgeber in Beziehung auf die ihnen übertragenen Arbeiten und auf die häuslichen Einrichtungen Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht verbunden.

§ 1221). [Kündigungsfristen] Das Arbeitsverhältnis zwischen den Gesellen oder Gehilfen und ihren Arbeitgebern kann, wenn nicht ein anderes verabredet ist, durch eine jedem Teile freistehende vierzehn Tage vorher erklärte Aufkündigung gelöst werden. Werden andere Aufkündigungsfristen vereinbart, so müssen sie für beide Teile gleich sein. Vereinbarungen, welche dieser Bestimmung zuwiderlaufen sind nichtig.

§ 123. [Entlassung] (1) Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung können Gesellen und Gehilfen entlassen werden: l. 1 ) wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages den Arbeitgeber durch Vorzeigung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen 2 ) oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichtenden Arbeitsverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben; 2. wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unterschlagung, eines Betrugs oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen 3 ); 3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den nach dem Arbeitsvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen beharrlich verweigern 4 ) ; Zu § 1 2 0 g : 1) § 120g ist durch G. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139) eingefügt. 2) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 3) Jetzt B G B l , und Bundestag. Zu § 121: 1) Geltungsbereich erstreckt sich auf gewerbliche Arbeiter und Angestellte, Lehrlinge, Werkmeister u. Betriebstechniker, auf Handlungsgehilfen jedoch nicht. § 154 Nr. 2. Kündigungsschutzges. (Anm. 3 zu § 105) findet Anwendung sowie § 139aa. 2) Geselle ist jeder unselbständige Arbeiter, der weder Lehrling noch lediglich Fabrikarbeiter ist. Zwischen Gesellen und Gehilfen besteht nur ein Unterschied tatsächlicher Natur, bei den letzteren werden keine technischen Kenntnisse erfordert. ROHG. E . 9, 306, E . 19, 382. Gesellenprüfung §§ 31 ff. HandwO. Zu § 122: 1) § 122 gilt nur für Arbeitsverhältnisse auf unbestimmte Zeit, nicht aber ohne weiteres für Probeverhältnisse. Bei der Probezeit ist tägliche Kündigung ohne weiteres zulässig, wobei es auf die tarifliche Regelung ankommt. Fristlose Kündigung s. § 123. Zu § 123: 1) § 123 Abs. 1 Ziff. 1 i. d. F. des G. v. 16. 6. 1937 (RGBl. I S. 649). 2) Zum Vertragsabschluß veranlaßt haben. 3) Die T a t braucht sich nicht gegen den Arbeitgeber zu richten; entscheidend ist die durch die Tat hervorgetretene Unzuverlässigkeit. Verdacht genügt nicht, wohl aber Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO. 4) Beharrliche Arbeitsverweigerung ist kein Entlassungsgrund, wenn die Leistung einer Arbeit aus berechtigtem Grund abgelehnt. RArbG. J W . 65 (1936), 1250. 40

D a l c k e , S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B III 1. Gewerbeordnung. § 124

4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen; 5. wenn sie sich Tätlichkeiten oder grobe5) Beleidigungen gegen den Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter zuschulden kommen lassen; 6. wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung zum Nachteile des Arbeitsgebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig machen; 7. wenn sie Familienangehörige des Arbeitsgebers oder seiner Vertreter oder Mitarbeiter zu Handlungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit Familienangehörigen des Arbeitsgebers oder seiner Vertreter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten verstoßen ; 8. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig 6 ) oder mit einer abschreckenden Krankheit behaftet sind. (2) In den unter Ziffer 1 bis 7 gedachten Fällen ist die Entlassung nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber länger als eine Woche bekannt sind. (3) Inwiefern in den unter Ziffer 8 gedachten Fällen dem Entlassenen ein Anspruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalte des Vertrags und nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu beurteilen. § 124. [Austritt] (1) Vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung können Gesellen und Gehilfen die Arbeit verlassen: 1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden; 2. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familienangehörigen zuschulden kommen lassen; 3. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familienangehörige derselben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Handlungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit den Familienangehörigen der Arbeiter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten laufen; 4. wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn nicht in der bedungenen Weise auszahlt, bei Stücklohn nicht für ihre ausreichende Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich widerrechtlicher Übervorteilungen gegen sie schuldig macht ; 5. wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesundheit der Arbeiter einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrags nicht zu erkennen war. (2) In den unter Ziffer 2 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeiter länger als eine Woche bekannt sind. 5) Auch das Verhalten des Beleidigten ist bei Feststellung der Beleidigung in Betracht zu ziehen. LAG. Berlin JW. 57 (1928), 298. Äußerungen: ,,Sie haben mir nichts zu sagen" sind Taktlosigkeiten und gehören nicht hierher. Schlägerei unter Arbeitern ist kein Entlassungsgrund. 6) Eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit berechtigt zur fristlosen Kündigung, auch wenn sie sich auf eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit beschränkt, ebenso absolute Arbeitsunfähigkeit für die Arbeit, für die der Arbeitnehmer angenommen ist, schließlich auch längere Untersuchungshaft.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 124 a, b, 125

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§ 124 a. [Kündigung aus wichtigen Gründen] Außer den in §§ 123 und 124 bezeichneten Fällen kann jeder der beiden Teile aus wichtigen Gründen1) vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses verlangen, wenn dasselbe mindestens auf vier Wochen oder wenn eine längere als vierzehntägige Kündigungsfrist vereinbart ist. § 124 b. [Entschädigung] Hat ein Geselle oder Gehilfe rechtswidrig die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertragsbruchs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen Tagelohns (§ 8 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. 6. 1883, RGBl. S. 731)) fordern. Diese Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden. Durch ihre Geltendmachung wird der Anspruch auf Erfüllung des Vertrags und auf weiteren Schadensersatz ausgeschlossen. Dasselbe Recht steht dem Gesellen oder Gehilfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses entlassen worden ist 2 ). § 1251). [Mithaftung des neuen Arbeitgebers] (1) Ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen verleitet, vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit zu verlassen, ist dem früheren Arbeitgeber für den entstandenen Schaden oder den nach § 124b an die Stelle des Schadensersatzes tretenden Betrag als Selbstschuldner mitverhaftet. In gleicher Weise haftet ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen annimmt, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist. (2) In dem im vorstehenden Absätze bezeichneten Umfang ist auch derjenige Arbeitgeber mitverhaftet, welcher einen Gesellen oder Gehilfen, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist, während der Dauer dieser Verpflichtung in der Beschäftigung behält, sofern nicht seit der unrechtmäßigen Lösung des Arbeitsverhältnisses bereits vierzehn Tage verflossen sind. (3) Den Gesellen und Gehilfen stehen im Sinne der vorstehenden Bestimmungen die im § 119b bezeichneten Personen gleich2). Zu § 1 2 4 a : 1) Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Umstände eingetreten sind, die nach verständigem Ermessen dem einen oder anderen Teile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, da durch sie das Interesse eines Teiles in unbilliger Weise gestört würde. Darauf, daß diese Umstände auf einem Verschulden des Arbeitsnehmers beruhen, kommt es nicht an, sie können auch vor Abschluß des Arbeitsverhältnisses eingetreten sein, demnach in dem Vorleben des Angestellten liegen und selbst gegenüber einer Lebensstellung zur Geltung gebracht werden. Rohlfing-Kiska.lt S. 346. Zu § 1 2 4 b : 1) Nach Art. 104 EinfG. z. RVO. traten an Stelle des oben angeführten § 8 die §§ 149ff. RVO. 2) Mit Rücksicht auf seine Rechte aus den §§ 615, 324 B G B . , §§ l f f . KündSchG. ist der Paragraph für den Arbeitnehmer von geringerer Bedeutung. Zu § 125: 1) § 125 gilt nicht für Apotheker und Handlungsgehilfen und Lehrlinge. § 154 Abs. I Nr. 1 u. 2. In Zeiten des Mangels an Arbeitskräften, besonders bei hochqualifizierten Facharbeitern, aber auch bei Neuerrichtung von Zeitungsverlagen, die die Zeitungsausträger der mit ihnen in Wettbewerb stehenden Zeitungen einstellen, hat § 125 eine praktische Bedeutung. 2) Nur die unselbständigen Hausgewerbetreibenden und Heimarbeiter stehen den Gesellen und Gehilfen gleich. 40«

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 126, a, b, 127

III. Lehrlingsverhältnisse A. Allgemeine Bestimmungen*)

§ 126. [Ehrverlust] Die Befugnis zum Halten oder zur Anleitung von Lehrlingen steht Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, nicht zu.

§ 126 a. [Entziehung] (1) Die Befugnis zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen kann solchen Personen ganz oder auf Zeit entzogen werden, welche sich wiederholt grober Pflichtverletzungen gegen die ihnen anvertrauten Lehrlinge schuldig gemacht haben, oder gegen welche Tatsachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zum Halten oder zur Anleitung von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen. (2) Die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen kann ferner solchen Personen entzogen werden, welche wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen zur sachgemäßen Anleitung eines Lehrlinges nicht geeignet sind. (3) Die Entziehung erfolgt durch Verfügung der unteren Verwaltungsbehörde; gegen die Verfügung findet der Rekurs statt. Wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21, soweit nicht landesgesetzlich das Verfahren in streitigen Verwaltungssachen Platz greift. (4) Durch die höhere Verwaltungsbehörde kann die entzogene Befugnis nach Ablauf eines Jahres wieder eingeräumt werden.

§ 126 b. [Lehrvertrag] (1) Der Lehrvertrag ist binnen vier Wochen nach Beginn der Lehre schriftlich abzuschließen. Derselbe muß enthalten: 1. die Bezeichnung des Gewerbes oder des Zweiges der gewerblichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll; 2. die Angabe der Dauer der Lehrzeit; 3. die Angabe der gegenseitigen Leistungen; 4. die gesetzlichen und sonstigen Voraussetzungen, unter welchen die einseitige Auflösung des Vertrages zulässig ist. (2) Der Lehrvertrag ist von dem Gewerbetreibenden oder seinem Stellvertreter, dem Lehrling und dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlings zu unterschreiben und in einem Exemplare dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlings auszuhändigen. Der Lehrherr ist verpflichtet, der Ortspolizeibehörde auf Erfordern den Lehrvertrag einzureichen. (3) 1 ) Auf Lehrlinge in staatlich anerkannten Lehrwerkstätten finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Das gleiche gilt für Lehrverhältnisse zwischen Eltern und Kindern, falls der Handwerkskammer das Bestehen des Lehrverhältnisses, der Tag seines Beginns, das Gewerbe und der Zweig der gewerblichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll, und die Dauer der Lehrzeit schriftlich angezeigt wird. (4) Der Lehrvertrag ist kosten- und stempelfrei.

§ 127. [Pflichten des Lehrherrn] (1) Der Lehrherr ist verpflichtet, den Lehrling in den bei seinem Betriebe vorkommenden Arbeiten des Gewerbes dem Zwecke der Ausbildung entsprechend zu unterweisen, ihn zum Besuche der Fortbildungs- oder Fachschule anzuhalten und den Schulbesuch zu überwachen. E r muß entweder selbst oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Ausbildung des Lehrlings leiten, den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anhalten und vor Ausschweifungen bewahren, er hat ihn gegen Mißhandlungen seitens der Arbeits- und Hausgenossen zu schützen und dafür Sorge zu tragen, daß dem Lehrlinge nicht Arbeitsverrichtungen zugewiesen werden, welche seinen körperlichen Kräften nicht angemessen sind. *) Die §§ 126—128 sind nach § 123 Abs. 3 der Handwerksordnung v. 17. 9 . 1 9 5 3 (B I I I 2) insoweit nicht mehr anzuwenden, als sie mit den Vorschriften §§ 17 ff. der Handwerksordnung nicht im Einklang stehen. Zu § 1 2 6 b : 1) Abs. 3 i. d. F. des Ges. v. 30. 5. 1908 (RGBl. S. 356).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 127a—e

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(2) Er darf dem Lehrlinge die zu seiner Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit nicht entziehen. Zu häuslichen Dienstleistungen dürfen Lehrlinge, welche im Hause des Lehrherrn weder Kost noch Wohnung erhalten, nicht herangezogen werden.

§ 127 a. [Pflichten des Lehrlings] (1) Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen und dem Lehrherrn sowie demjenigen, welcher an Stelle des Lehrherrn die Ausbildung zu leiten hat, zur Folgsamkeit und Treue, zu Fleiß und anständigem Betragen verpflichtet. (2)1) Körperliche Züchtigung sowie jede die Gesundheit des Lehrlings gefährdende Behandlung sind verboten.

§ 127 b. [Auflösung des Lehrverhältnisses] (1) Das Lehrverhältnis kann, wenn eine längere Frist nicht vereinbart ist, während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch einseitigen Rücktritt aufgelöst werden. Eine Vereinbarung, wonach diese Probezeit mehr als drei Monate betragen soll, ist nichtig. (2) Nach Ablauf der Probezeit kann das Lehrverhältnis ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Kündigung ist nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. (3) Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlings aufgehoben. Durch den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Aufhebung binnen vier Wochen geltend gemacht wird.

§ 127 c. [Zeugnis] (1) Bei Beendigung des Lehrverhältnisses h a t der Lehrherr dem Lehrling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie über sein Betragen ein Zeugnis auszustellen, welches von der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen ist. (2) An Stelle dieser Zeugnisse treten, wo Innungen oder andere Vertretungen der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen ausgestellten Lehrbriefe.

§ 127 d. [Anspruch auf Rückkehr] Verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht vorgesehenen Falle ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann letzterer den Anspruch auf Rückkehr des Lehrlings nur geltend machen, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem Falle auf Antrag des Lehrherrn den Lehrling anhalten, solange in der Lehre zu verbleiben, als durch gerichtliches Urteil das Lehrverhältnis nicht für aufgelöst erklärt ist, oder dem Lehrling durch einstweilige Verfügung eines Gerichts gestattet ist, der Lehre fernzubleiben. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nach dem Austritte des Lehrlings gestellt ist. Im Falle unbegründeter Weigerung der Rückkehr hat die Polizeibehörde den Lehrling zwangsweise zurückführen zu lassen oder durch Androhung von Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark 1 ) oder H a f t bis zu fünf Tagen zur Rückkehr anzuhalten 2 ).

§ 127 e. [Übergang in ein anderes Gewerbe] (1) Wird von dem gesetzlichen Vertreter für den Lehrling oder, sofern der letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Beruf übergehen werde, so gilt das Lehrverhältnis, wenn der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als aufgelöst 1 ). (2) Binnen neun Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben Gewerbe von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimumng des früheren Lehrherrn nicht beschäftigt werden 2 ). Z u § 127a: 1) Fassung des § 127a Abs. 2 gem. ÄndG. v. 27. 12. 1951 (BGBl. I S. 1007). Z u § 127b: 1) § 127b Abs. II und I I I i. d. F. der VO. v. 7. 3. 1940 (RGBl. I S. 478), die auf Grund der VO. über die Ausbildung von Fachkräften v. 15. 12. 1939 (RGBl. I S. 2425) ergangen ist. Z u § 127d: 1) Siehe Anm. 1 zu § 92c. 2) Mit Art. 1 Abs. 1 u. Art. 6 Abs. 2 u. 3 GG. nicht vereinbar. Z u § 127e: 1) § 127e Abs. 1 i. d. F. des G. v. 16. 6. 1937 (RGBl. I S. 649). 2) Mit Art. 2 u. 12 GG. vereinbar. Vgl. § 26 HandwO.

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B I I I 1, Gewerbeordnung. §§ 127 f—128 a

§ 127 f. [Entschädigung] (1) Erreicht das Lehrverhältnis vor Ablauf der verabredeten Lehrzeit sein Ende, so kann von dem Lehrherrn oder von dem Lehrling ein Anspruch auf Entschädigung nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. In den Fällen des § 127 b Abs. 1, 4 kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn dieses in dem Lehrvertrag unter Festsetzung der Art und Höhe der Entschädigung vereinbart ist. (2) Der Anspruch der Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb vier Wochen nach Auflösung des Lehrverhältnisses im Wege der Klage oder Einrede geltend gemacht ist.

§ 127 g. [Höhe der Entschädigung] (1) Ist von dem Lehrherrn das Lehrverhältnis aufgelöst worden, weil der Lehrling die Lehre unbefugt verlassen hat, so ist die von dem Lehrherrn beanspruchte Entschädigung, wenn in dem Lehrvertrage nicht ein geringerer Betrag ausbedungen ist, auf einen Betrag festzusetzen, welcher für jeden auf den Tag des Vertragsbruchs folgenden Tag der Lehrzeit, höchstens aber für sechs Monate, bis auf die Hälfte des in dem Gewerbe des Lehrherrn den Gesellen oder Gehilfen ortsüblich gezahlten Lohnes sich belaufen darf. (2) Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbstschuldner mitverhaftet der Vater des Lehrlings, sofern er die Sorge für die Person des Lehrlings hat, sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung eines Lehrverhältnisses noch verpflichtet war. H a t der Entschädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehrverhältnisses von der Person des Arbeitgebers, welcher den Lehrling verleitet oder in Arbeit genommen hat, Kenntnis erhalten, so erlischt gegen diese der Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen nach erhaltener Kenntnis geltend gemacht ist.

§ 128. [Zahl der Lehrlinge] (1) Wenn der Lehrherr eine im Mißverhältnis zu dem Umfang oder der Art seines Gewerbebetriebs stehene Zahl von Lehrlingen hält und dadurch die Ausbildung der Lehrlinge gefährdet erscheint, so kann dem Lehrherrn von der unteren Verwaltungsbehörde die Entlassung eines entsprechenden Teiles der Lehrlinge auferlegt und die Annahme von Lehrlingen über eine bestimmte Zahl hinaus untersagt werden. Die Bestimmungen des § 126a Abs. 3 finden hierbei entsprechende Anwendung. (2) Unbeschadet der vorstehenden Bestimmung können durch Beschluß des Bundesrats 1 ) für einzelne Gewerbezweige Vorschriften über die höchste Zahl der Lehrlinge erlassen werden, welche in Betrieben dieser Gewerbezweige gehalten werden darf. Soweit solche Vorschriften nicht erlassen sind, können sie durch Anordnung der Landeszentralbehörde erlassen werden.

§ 128a1). [Sonderbestimmung] (1) In den einzelnen Fachgebieten des graphischen Gewerbes, die den in den Nummern 85 bis 88 der Anlage A zum Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1958 (Bundesgesetzbl. I S. 1411) aufgeführten Fachgebieten entsprechen, steht die Befugnis zum Anleiten von Lehrlingen nur denjenigen Personen zu, die das 24. Lebensjahr vollendet und die Lehrmeisterprüfung in dem Beruf abgelegt haben, in dem Lehrlinge angeleitet werden sollen. (2) Die höhere Verwaltungsbehörde kann Personen, die den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entsprechen, die Befugnis, Lehrlinge anzuleiten, nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer widerruflich verleihen. (3) In Betrieben des graphischen Gewerbes, die nach dem Tode des Inhabers für Rechnung des Ehegatten oder minderjährigen Erben fortgeführt werden, können bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des Lehrherrn auch Personen Zu § 128: 1) Zuständig ist nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats Art. 80, 129 GG. Zu § 128a: 1) § 128a wurde durch das ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459, berichtigt BGBl. S. 1485) eingefügt; er findet nach Art. IV dieses Gesetzes auf den handwerklichen Betrieb des graphischen Gewerbes sowie auf Personen, die vor Inkrafttreten des Art. I dieses Gesetzes Lehrlinge im graphischen Gewerbe angeleitet haben, keine Anwendung.

B III 1. Gewerbeordnung. §§ 129—133

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Lehrlinge anleiten, welche die Lehrmeisterprüfung nicht abgelegt haben, sofern sie in dem betreffenden Fachgebiet des graphischen Gewerbes die Facharbeiterprüfung oder die Gesellenprüfung (§§ 32ff. der Handwerksordnung2)) bestanden haben oder mindestens fünf Jahre selbständig oder als Werkmeister in ähnlicher Stellung tätig gewesen sind. Die höhere Verwaltungsbehörde kann die Dauer dieser Berechtigung in besonders begründeten Fällen nach Anhörung der Industrie- und Handelskammer verlängern. (4) Für die Zulassung zur Prüfung gemäß Absatz 1 ist § 44 der Handwerksordnung sinngemäß anzuwenden. An die Stelle des Meisterprüfungsausschusses tritt der von der höheren Verwaltungsbehörde für ihren Bezirk zu errichtende Prüfungsausschuß. (5) Der Bundesminister für Wirtschaft wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses zu erlassen. B. Besondere Bestimmungen für Handwerker § § 129—132 a1)

lila. Meistertitel § 133i)

2)

(1) (aufgehoben) 2 )

(2) Die Befugnis zur Führung des Meistertitels in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit im Baugewerbe hinweist, insbesondere des Titels Baumeister 3 ) und Baugewerksmeister, wird durch den Bundesrat4) geregelt. Bis zum Inkrafttreten des Bundesratsbeschlusses darf ein solcher Titel nur dann geführt werden, wenn die Landesregierung über die Befugnis zu seiner Führung Vorschriften erlassen hat, und nur von denjenigen Personen, welche diesen Vorschriften entsprechen. Der Bundesrat4) kann ferner Vorschriften über die Führung des Meistertitels in Verbindung mit sonstigen Bezeichnungen erlassen, die auf eine Tätigkeit im Handwerke hinweisen. (3) (aufgehoben) 2) 2) Abgedruckt unter B III 2. Zu § § 129—132a: 1) Die §§ 129—132a sind durch § 122 der Handwerksordnung v. 17. 9. 1953 (B III 2) aufgehoben worden. Zu § 133: 1) Vgl. hierzu den Artikel 8 des Ges. betr. die Abänderung der GewO. v. 26. 7. 1897 (RGBl. S. 663): „Wer beim Inkrafttreten (1. Oktober 1901) dieser Bestimmung persönlich ein Handwerk selbständig ausübt, ist befugt, den Meistertitel (§ 133) zu führen, wenn er in diesem Gewerbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen besitzt." Vgl. ferner Art. 2 des Ges. betr. Abänderung der GewO. v. 30. 5. 1908 (RGBl. S. 356). 2) § 133 i. d. F. des Ges. v. 30. 5. 1908 (RGBl. S. 356). § 133 Abs. 1 und Abs. 3 bis 10 sind durch § 122 der Handwerksordnung aufgehoben worden. 3) Vgl. VO. über die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung „Baumeister" (Baumeisterverordnung) v. 1. 4. 1931 (RGBl. I S. 131), abgeändert durch die VO. v. 1 7 . 1 . 1934 (RGBl. I S. 33); dazu siehe DVO. v. gl. Tag (RGBl. I S. 34). 4) Zuständig jetzt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats Art. 80, 129 GG.

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B III 1. Gewerbeordnung. §§ 133 a — 1 3 3 a b

I I I b. V e r h ä l t n i s s e der B e t r i e b s b e a m t e n , W e r k m e i s t e r , T e c h n i k e r § 133 a. [Gesetzliche Kündigungsfrist] Das Dienstverhältnis der von Gewerbeunternehmern gegen feste Bezüge1) beschäftigte Personen, welche nicht lediglich vorübergehend mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder einer Abteilung desselben beauftragt (Betriebsbeamte 2 ), Werkmeister3) und ähnliche Angestellte4)) oder mit höheren technischen Dienstleistungen betraut sind (Maschinentechniker1), Bautechniker, Chemiker, Zeichner und dergleichen5)), kann, wenn nicht etwas anderes verabredet ist, von jedem Teile mit Ablauf jedes Kalendervierteljahrs nach sechs Wochen vorher erklärter Aufkündigung aufgehoben werden6). § 133 aa. [Vertragliche Kündigungsfrist] (1) Wird durch Vertrag eine kürzere oder längere Kündigungsfrist bedungen, so muß sie für beide Teile gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat betragen. (2) Die Kündigung kann nur für den Schluß eines Kalendermonats zugelassen werden. (3) Die Vorschriften des Abs. 1 finden auch in dem Falle Anwendung, wenn das Dienstverhältnis für bestimmte Zeit mit der Vereinbarung eingegangen wird, daß es in Ermangelung einer vor dem Ablaufe der Vertragszeit erfolgten Kündigung als verlängert gelten soll. (4) Eine Vereinbarung, die diesen Vorschriften zuwiderläuft, ist nichtig. § 133 ab. [Höherbezahlte Angestellte] (1) Die Vorschriften des § 133aa finden keine Anwendung, wenn der Angestellte ein Gehalt von mindestens fünftausend Deutsche Mark1) für das Jahr bezieht. (2) Sie bleiben ferner außer Anwendung, wenn der Angestellte für eine außereuropäische Niederlassung angenommen ist und nach dem Vertrage der Arbeitgeber für den Fall, daß er das Dienstverhältnis kündigt, die Kosten der Rückreise des Angestellten zu tragen hat. Zu § 1 3 3 a : 1) Feste Bezüge können feste Wochenlöhne, Monatslöhne sein, wobei die Höhe des Lohnes nicht von der Zahl der tatsächlich geleisteten Stunden abhängt. 2) Die angeführten sind Beispiele. 3) Oberin einer Privatklinik (KG. Gew.Arch 674), Brennmeister, Platzanweiser in einem Kaffee (KG.RAB1. 15, 424, Zuschneider, als Werkmeister, Direktrice im Konfektionsbetrieb, Dresden GA. 13,133, Ziegelmeister RGZ 37, 278, Stuhlmeister einer mechan. Weberei, L G Düsseldorf GA. 4, 339. 4) Gewerbliche Angestellte sind z. B. Schlafwagenschaffner der Mitropa (bestr.), Gasund Kraftstromzähler, Tankwarte, Kassiererinnen in Varietés u. Lichtspieltheatern, Badeaufseher und Badeschwimmeister, Schaltwärter in E-Werken, Filmvorführer, s. RohlfingKiskalt S. 469. 5) Technische Angestellte. Hierher gehören auch Diplomingenieure, wissenschaftl. Hilfsarbeiter, Schauspieler, Schriftleiter — nicht Ärzte, die nach § 622 BGB. beurteilt werden. 6) Vgl. Ges. über die Fristen für die Kündigung von Angestellten v. 9. 7. 1926 (RGB1.I S. 399); ferner das KündSchG. v. 10. 8. 1951 (BGBl. I S. 499). S. § 133ac. Z u § 1 3 3 a b : 1) Vgl. hierzu das Ges. v. 22. 12. 1922 (RGBl. I S. 967) und VO v. 23. 10. 1923 (RGBl. I S. 990); hiernach galt 5000 Mark als Grundzahl, die mit der Reichsindexziffer als Teuerungszahl zu vervielfachen war. Eine Umstellung auf Reichsmark ist nicht erfolgt. Jetzt ist die Rechnungseinheit „Deutsche Mark" einzusetzen (WährungsGes. § 2, vgl. WiGBl. 1948, Beil. 5 S. 1. Anm. 2 zu § 115.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 133 ac—133 c

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§ 133 ac. [Aushilfsangestellte] Wird ein Angestellter nur zur vorübergehenden Aushilfe genommen, so finden die Vorschriften des § 133aa keine Anwendung, es sei denn, daß das Dienstverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird. Die Kündigungsfrist muß jedoch auch in einem solchen Falle für beide Teile gleich sein 1 ).

§ 133 b. [Fristlose Kündigung] Jeder der beiden Teile kann vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Aufhebung rechtfertigender Grund1) vorliegt.

§ 133 c. [Aufhebung des Dienstverhältnisses aus besonderen Gründen] (1) Gegenüber den im § 138a bezeichneten Personen kann die Aufhebung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangt werden 1 ): 1. wenn sie beim Abschlüsse des Dienstvertrages den Arbeitgeber durch Vorbringung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichtenden Dienstverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben; 2. wenn sie im Dienste untreu sind oder das Vertrauen mißbrauchen 2 ); 3. wenn sie ihren Dienst unbefugt verlassen oder den nach dem Dienst vertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen beharrlich verweigern; 4. wenn sie durch anhaltende Krankheit oder durch eine längere Freiheitsstrafe oder Abwesenheit an der Verrichtung ihrer Dienste verhindert werden 3 ); 5. wenn sie sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen4) gegen den Arbeitgeber oder seinen Vertreter zuschulden kommen lassen; 6. wenn sie sich einem unsittlichen Lebenswandel ergeben. (2) In dem Falle zu 4 bleibt der Anspruch auf die vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitgebers für die Dauer von sechs Wochen in Kraft, wenn die Verrichtung der Dienste durch unverschuldetes Unglück 5 ) verhindert worden ist. Jedoch mindern sich die Ansprüche in diesem Falle um denjenigen Betrag, welcher dem Berechtigten aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Krankenversicherung oder Unfallversicherung zukommt. Der Anspruch kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden6). Zu § 1 3 3 a c : 1) Ist keine Frist bestimmt, kann nicht ohne weiteres § 133aa entsprechend angewendet werden, bestr. s. Rohlfing-Kiska.lt S. 476. Zu § 133b:

1) S. Anm. 1 zu § 124a. Einzelne Fälle bei Rohlfing-Kiska.lt.

S. 477.

Zu § 133c: 1) Vgl. die Gründe nach § 123. 2) z. B . Werkspionage. 3) Dienstverhinderungen von größerer Dauer. S. Abs. 2. 4) S. Anm. 5, zu § 123. § 193 StGB, ist ohne Bedeutung. 5) Verschuldet ist z.B. die Krankheit, die durch unanständiges, leichtfertiges oder gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten herbeigeführt worden ist, z. B . durch Trunkenheit, durch Teilnahme an einer Schlägerei oder an ungeregeltem Sport. Auch während der Krankheit kann dem Arbeitnehmer gekündigt werden. Die Kündigung ist nicht einmal sozialwidrig, wenn sie aus anderen Gründen oder wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit erfolgt, s. Rohlfing-Kiskalt S. 485 zu Anm. 9. 6) Fassung der NotVO v. 1. 12. 1930 (RGBl. I S. 517) 1. Teil Kap. I I Art. 2 Ziff. 3.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§133d—h

§ 133 d. [Auflösung des Dienstverhältnisses aus besonderen Gründen] Die im § 133 a bezeichneten Personen 1 ) können die Auflösung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangen: 1. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen sie zuschulden kommen lassen; 2. wenn der Arbeitgeber die vertragsmäßigen Leistungen nicht gewährt; 3. wenn bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses ihr Leben oder ihre Gesundheit einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Dienstverhältnisses nicht zu erkennen war. § 133 e. [Besonderes für besser gestellte Angestellte] Auf die im § 133 a bezeichneten Personen finden die Bestimmungen der §§ 124b und 125 Anwendung, dagegen nicht die Bestimmungen des § 119 a. § 133 f. [Wettbewerbsverbot] (1) Eine Vereinbarung zwischen dem Gewerbeunternehmer und einem der im § 133 a bezeichneten Angestellten, durch die der Angestellte für die Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird, ist für den Angestellten nur insoweit verbindlich, als die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen überschreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens ausgeschlossen wird. (2) Die Vereinbarung ist nichtig, wenn der Angestellte zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist. IV. B e s o n d e r e B e s t i m m u n g e n f ü r B e t r i e b e , in d e n e n in der R e g e l m i n d e s t e n s z e h n A r b e i t e r b e s c h ä f t i g t werden*) § 133 g. [Anwendung der folgenden Bestimmungen] Die Bestimmungen der §§ 133h bis 139aa finden Anwendung auf Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge und sonstige gewerbliche Arbeiter mit Ausnahme der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker (§§ 133a bis 133f). A. Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden § 133 h 1 ). [Grundsatz] Auf Betriebe, in denen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, finden die nachfolgenden Bestimmungen des § 134 Anwendung. Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Arbeitsbedürfnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden. Zu § 133 d: 1) Vgl. § 124. Zu Abschnitt IV: *) Durch das Ges. betr. Abänderung der GewO. v. 28. 12. 1908 (RGBl. I S. 667), wurden in Abschnitt IV des Titels VII die §§ 133g, 133h, 134i, 139aa eingeschaltet und die Uberschrift dieses Abschnitts sowie § 134 abgeändert. Zu § 133h: 1) Fassung gemäß § 69 Abs. 3 des durch K R G Nr. 40 v. 30. 11. 1946 aufgehobenen Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. 1. 1934 (RGBl. I S. 45). In der alten Fassung stand in Satz 1 § 134: „§§ 134—134h".

B I I I 1. Gewerbenrdnnng. §§ 134—139 aa

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§ 1341). [Verbot der Lohnverwirkung. Schriftliche Lohnbelege] (1)1) Den Unternehmern ist untersagt, für den Fall der rechtswidrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeiter die Verwirkung des rückständigen Lohnes über den Betrag des durchschnittlichen Wochenlohns hinaus auszubedingen. Auf die Arbeitgeber und Arbeiter in solchen Betrieben finden die Bestimmungen des § 124 b keine Anwendung. (2)1) Den Arbeitern ist bei der regelmäßigen Lohnzahlung ein schriftlicher Beleg (Lohnzettel, Lohntüte, Lohnbuch usw.) über den Betrag des verdienten Lohnes und der einzelnen Arten der vorgenommenen Abzüge auszuhändigen. § § 134 a - f 1 ) § 134 g 1 ) § 134 h 1 ) B . Bestimmungen für alle Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden § 134 i Auf Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden1), finden, unbeschadet des § 133h, die nachfolgenden Bestimmungen der §§135 bis 139 aa 2 ) Anwendung. Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Arbeitsbedürfnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden. § 134k 1 ) §§ 135, 136, 137, 137 a, 138, 138 a, 139, 139 a 1 ) § 139 aa Auf die Arbeiter in den unter Abschnitt IV fallenden Betrieben finden im übrigen die Bestimmungen der §§ 121 bis 125 oder, wenn sie als Lehrlinge anzusehen sind, die Bestimmungen der §§ 126 bis 128 Anwendung. Zu § 134: 1) Der Abs. 1 in d. F. des Gesetzes v. 28. 12. 1908 ( R G B l . S. 667, der Abs. 2. i . d . F . des Ges. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139). — Strafvorschrift zu Abs. 2 § 150 Abs. 1 Nr. 2. Zu § 134a—f: 1) Die Bestimmungen der GewO. §§ 134a—f, 139k über die Arbeitsordnung wurden durch § 69 Abs. 2 AOG. aufgehoben. Vgl. nunmehr §§ 52, 56, 59 BetriebsVerfGes. unter B V 7. Zu § 1 3 4 g : 1) Bedeutungslos gewordene Übergangsbestimmung. Zu § 134h: 1) Aufgehoben durch § 104 Ziff. V des Betriebrätegesetzes v. 4. 2. 1920 (RGBl. S. 147). Zu § 134i: 1) Es genügt, daß regelmäßig zu gewissen Zeiten 10 Arbeiter beschäftigt werden. E . 38, 11. Zu den Arbeitern gehört ein Schwimmlehrer nicht. Dresden GA. 65, 379. 2) Nur noch die Bestimmungen des § 139aa. Zu § 134k: 1) S. Anm. zu §§ 134a—f. Zu § § 135—139a: 1) Weggefallen, und zwar § 136 Abs. 4 auf Grund des § 30 Abs. 3 Ziff. 3 des JugendschutzGes. v. 30. 4. 1938 ( R G B l . I S. 437), die übrigen durch Einbeziehung in die ArbeitszeitO. gemäß Ziff. 2 der VO. über die neue Fassung der Arbeitszeit VO v. 26. 7. 1934 (RGBl. I S. 803). s. B. V 5.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. § 139 b V.

§

139b1).

Aufsicht

[Gewerbeaufsichtsamt]

(1) Die Aufsicht über die A u s f ü h r u n g der B e s t i m m u n g e n d e r §§ 1 0 5 a , 1 0 5 b Abs. 1, der §§ 1 0 5 c bis 1 0 5 h , 1 2 0 a bis I20f, 1 3 3 g bis 1 3 9 a a ist ausschließlich o d e r neben den ordentlichen Polizeibehörden besonderen v o n den L a n d e s r e g i e r u n g e n zu ernennenden B e a m t e n zu ü b e r t r a g e n . Denselben stehen bei A u s ü b u n g dieser Aufsicht alle a m t l i c h e n Befugnisse der Ortspolizeibehörden, insbesondere d a s R e c h t z u r jederzeitigen Revision d e r Anlagen zu. Sie sind, v o r b e h a l t l i c h d e r Anzeige v o n Gesetzwidrigkeiten, z u r G e h e i m h a l t u n g d e r a m t l i c h zu ihrer K e n n t n i s gelangenden Geschäfts- u n d B e t r i e b s v e r h ä l t n i s s e d e r ihrer Revision unterliegenden A n l a g e n zu verpflichten2). (2) Die O r d n u n g d e r Z u s t ä n d i g k e i t s v e r h ä l t n i s s e zwischen diesen B e a m t e n u n d den ordentlichen Polizeibehörden bleibt d e r v e r f a s s u n g s m ä ß i g e n R e g e l u n g in den einzelnen Bundesstaaten ( L ä n d e r n ) v o r b e h a l t e n . (3) Die e r w ä h n t e n B e a m t e n h a b e n J a h r e s b e r i c h t e über ihre a m t l i c h e T ä t i g k e i t ZU e r s t a t t e n . Diese Jahresberichte oder Auszüge aus denselben sind dem Bundesrat und dem Reichstage vorzulegen 3 ). (4) Die auf G r u n d der B e s t i m m u n g e n d e r §§ 1 0 5 a bis 1 0 5 h , 1 2 0 a bis 120f, 1 3 3 g bis 1 3 9 a a auszuführenden a m t l i c h e n Revisionen m ü s s e n die A r b e i t g e b e r zu jeder Zeit, n a m e n t l i c h a u c h in der N a c h t , w ä h r e n d des B e t r i e b s 4 ) g e s t a t t e n 5 ) . (5) Die A r b e i t g e b e r sind ferner v e r p f l i c h t e t , den g e n a n n t e n B e a m t e n oder d e r Polizeibehörde diejenigen s t a t i s t i s c h e n Mitteilungen über die Verhältnisse ihrer A r b e i t e r zu m a c h e n , welche v o m Bundesrat 6 ) oder v o n der L a n d e s z e n t r a l b e h ö r d e u n t e r F e s t s e t z u n g d e r dabei zu b e o b a c h t e n d e n F r i s t e n u n d F o r m e n vorgeschrieben werden. Zu § 1 3 9 b : 1) In d. F . der Ges. v. 28. 12. 1908 (RGBl. S. 667) und 27. 12. 1911 ( R G B l . 1912 S. 139). 2) Die Gewerbeaufsichtsämter, Verwaltungsbehörden auf der Stufe von unteren Behörden, sind nicht Polizeibehörden; sie üben vielmehr eine beaufsichtigende, vermittelnde und beratende Tätigkeit aus, sie sollen zunächst auf dem Gebiete des Gefahrenschutzes auf Abstellung der Mängel gefahrdrohender Anlagen hinwirken. Erst wenn diese Vorstellungen nicht zum Ziele führen, sind sie berechtigt, polizeiliche Verfügungen zu erlassen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf §§ 120d, 139b; vgl. RdErl. d. pr. RAM. v. 2. 2. 1937 — RAB1. I I I S. 60, § 8 d. pr. Vollzugsanweisung in d. Fassung d. RdErl. v. 2. 2. 1937. Strafvorschrift bei Nichtbefolgung solcher Verfügungen: § 149 Abs. 1 Nr. 7. Zur Festsetzung von Zwangsgeld wegen Nichtbefolgung einer PolVO. (vgl. § 120e Abs. 2), sind die Gewerbeaufsichtsämter nicht befugt, wohl aber zur Verhängung von Ordnungsstrafen oder Bußen auf Grund des § 25 AZO., §§ 21, 23 MutterSchGes. v. 24. 1. 1952 (BGBl. I S. 69), § 24 JugendSchG. Gegen die Festsetzung der Geldbuße ist der Rechtsweg nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten v. 25. 3. 1952 (abgedruckt unter A 4) zulässig. Bei Zuwiderhandlung gegen auf Grund des § 120d erlassenen Verfügungen und die auf Grund des § 120e ergangenen Bestimmungen kann die Einstellung des Betriebes oder der Anlage verlangt werden, falls ihre Fortsetzung erhebliche Nachteile und Gefahren herbeizuführen geeignet ist. § 147 Abs. 1 Ziff. 4 und Abs. 4. Zuständig ist hier die Ortspolizeibehörde, die vorher ein Gutachten des Gewerbeaufsichtsamtes einholen muß. Eine Verurteilung des Arbeitgebers im Strafverfahren ist nicht erforderlich. Nach § 25 Abs. 3 AZO. und § 24 Abs. 4 Jugendschutzges. (B V 6), kann das Gewerbeaufsichtsamt die Einstellung des Betriebes bis zur Herstellung des dem Gesetz entsprechenden Zustandes verlangen, wenn durch die gefährlichen Arbeiten erhebliche Nachteile oder Gefahren bei Fortsetzung eintreten können, s. Rohlfing-Kiskalt S. 501. 3) Jetzt Bundesrat und Bundestag. 4) Voraussetzung ist, daß der Betrieb während der Nachtzeit noch arbeitet. K G . Reger Bd. 20, 187. Die Betriebszeit deckt sich mit der laufenden Arbeitszeit, so daß auch während der Arbeitspausen der Betrieb im Gange ist. K G . GA. 26, 281. 5) Dazu gehört auch die Pflicht, Geschäftsbücher und Lohnlisten vorzulegen. Dresden J W . 58 (1929), 3029. 6) Nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats.

637

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 139 c—k

VI. G e h i l f e n , L e h r l i n g e u n d A r b e i t e r in o f f e n e n

Verkaufsstellen

§§ 139 c, 139 d, 139 e, 139 f1) § 139 g*). [Befugnisse der Polizei] (1) Die Polizeibehörden sind befugt, im Wege der Verfügung für einzelne offene Verkaufsstellen diejenigen Maßnahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der im § 62 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs 1 ) enthaltenen Grundsätze in Ansehung der Einrichtung und Unterhaltung der Geschäftsräume und der für den Geschäftsbetrieb bestimmten Vorrichtungen und Gerätschaften sowie in Ansehung der Regelung des Geschäftsbetriebs erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen. (2) Die Bestimmungen im § 120d Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung.

§ 139 h1). [Vorschriften über Räume und Geräte] (1) Durch Beschluß des Bundesrats2) können Vorschriften darüber erlassen werden, welchen Anforderungen die Laden-, Arbeits- und Lagerräume und deren Einrichtung sowie die Maschinen und Gerätschaften zum Zwecke der Durchführung der im § 62 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs 3 ) enthaltenen Grundsätze zu genügen haben. Die Bestimmung im § 120g findet Anwendung. (2) Soweit solche Vorschriften durch Beschluß des Bundesrats nicht erlassen sind, können sie durch Anordnung der im § 120e Abs. 2 bezeichneten Behörden erlassen werden.

§ 139 i1). [Fortbildungs- (Berufs-) und Fachschulen] (1) Die durch § 76 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs 2 ) sowie durch § 120 Abs. 1 begründete Verpflichtung des Geschäftsinhabers findet an Orten, wo eine vom Staate oder der Gemeindebehörde anerkannte Fachschule besteht, hinsichtlich des Besuchs dieser Schule entsprechende Anwendung. (2) Der Geschäftsinhaber hat die Gehilfen und Lehrlinge unter achtzehn Jahren zum Besuche der Fortbildungs- und Fachschule anzuhalten und den Schulbesuch zu überwachen.

§ 139 k1) [Arbeitsordnung] Zu § § 139 c - f : 1) Aufgehoben durch ArbeitszeitVO. v. 26. 7. 1934 (RGBl. I S. 803). Zu § 139 g : *) Straf Vorschrift: § 147 Abs. 1 Nr. 4. 1) § 62 Abs. 1 H a n d e l s g e s e t z b u c h : „Der Prinzipal ist verpflichtet, die Geschäftsräume und die für den Geschäftsbetrieb bestimmten Vorrichtungen und Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten, auch den Geschäftsbetrieb und die Arbeitszeit so zu regeln, daß der Handlungsgehilfe gegen eine Gefährdung seiner Gesundheit, soweit die Natur des Betriebs es gestattet, geschützt und die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes gesichert ist." Zu § 139h: 1) I . d . F . des Gesetzes v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139). Strafvorschrift: § 147 Abs. 1 Nr. 4. 2) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 3) Siehe Anm. 1 zu § 139g. Zu § 139i: 1) Strafvorschrift: § 150 Abs. 1 Nr. 4. 2) § 76 Abs. 4 H a n d e l s g e s e t z b u c h : ,,In betreff der Verpflichtung des Lehrherrn, dem Lehrlinge die zum Besuch einer Fortbildungsschule erforderliche Zeit zu gewähren, bewendet es bei den Vorschriften des § 120 der GewO." Zu § 139k: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 134a.

638

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 1391—142

§ 1391. [Lehrlinge] Auf das Halten von Lehrlingen in offenen Verkaufsstellen sowie in deren Betrieben des Handelsgewerbes findet die Bestimmung des § 128 Anwendung. § 139 m . [Konsum- und andere Vereine] Die Bestimmungen der §§ 139c bis 139Ì 1 ) finden auf den Geschäftsbetrieb der Konsum- und anderer Vereine entsprechende Anwendung. VIII.

Titel. Gewerbliche Hilfskassen

§140 (1) Die durch Ortsstatut oder Anordnung der Verwaltungsbehörde begründete Verpflichtung der selbständigen Gewerbetreibenden, einer mit einer Innung verbundenen oder außerhalb derselben bestehenden Kranken-, Hilfs- oder Sterbekasse1) für selbständige Gewerbetreibende beizutreten, wird aufgehoben2). Im übrigen wird in den Verhältnissen dieser Kassen durch gegenwärtiges Gesetz nichts geändert. (2) Neue Kassen der selbständigen Gewerbetreibenden für die erwähnten Zwecke erhalten durch die Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde die Rechte juristischer Personen, soweit es zur Erlangung dieser Rechte einer besonderen staatlichen Genehmigung bedarf. §§ 141—141 f1) IX. Titel. Statutarische §

Bestimmungen

142

(1) Statutarische Bestimmungen einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes können die ihnen durch das Gesetz überwiesenen gewerblichen Gegenstände mit verbindlicher Kraft ordnen. Dieselben werden nach Anhörung beteiligter Gewerbetreibender und Arbeiter1) abgefaßt, bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde und sind in der für Bekanntmachungen der Gemeinde oder des weiteren Kommunalverbandes vorgeschriebenen oder üblichen Form zu veröffentlichen2). (2) Die Zentralbehörde ist befugt, statuarische Bestimmungen, welche mit den Gesetzen oder den statutarischen Bestimmungen des weiteren Kommunalverbandes in Widerspruch stehen, außer Kraft zu setzen. Zu § 1 3 9 m : 1) Nunmehr der §§ 139g bis 139i. Zu § 140: 1) Der durch den § 140 aufgehobene Hilfskassenzwang ist durch die Sozialgesetzgebung wieder eingeführt worden (§§ 162, 165, 548, 1229 RVO.). Für Versicherungsunternehmen auf Gegenseitigkeit, die gemäß § 1 des ReichsGes. der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen v. 6. 6. 1931 (RGBl. I S. 315) der Beaufsichtigung (Konzessionspflicht § 5) unterliegen, gilt § 140 nicht. Zu § § 141—141f: 1) Die §§ 141—141 f sind aufgehoben, § 87 Ges. v. 15. 7. 1883 (RGBl. S. 73). Zu § 142: Es sind stets mehrere Gewerbetreibende und mehrere Arbeiter zu hören. KG. GA. 41, 167. Das Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn ein ganzer Berufsstand, z. B . die Kaufmannschaft, übergangen ist. KG. GA. 73, 189. Rechtsanwälte bilden keinen besonderen Berufsstand. KG. Recht 33 Nr. 1399. 2) Zur Veröffentlichung genügt nicht, daß durch Anschlag oder die Zeitung lediglich die Tatsache des Inkrafttretens einer Ortssatzung bekannt gegeben wird, es aber ausdrücklich oder stillschweigend der Allgemeinheit überlassen wird, sich selbst die Kenntnis des Inhalts zu verschaffen. KG. J F G E r g . 9, 226.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 143—145

X. Titel.

639

Strafbestimmungen

§ 143. [Entziehung der Gewerbeberechtigung] (1) Die Berechtigung zum Gewerbebetriebe kann, abgesehen von den in den Reichsgesetzen vorgesehenen Fällen ihrer Entziehung 1 ), weder durch richterliche, noch administrative Entscheidung entzogen werden 2 ). (2) Ausnahmen von diesem Grundsatze, welche durch die Steuergesetze begründet sind, bleiben so lange aufrechterhalten, als diese Steuergesetze in Kraft bleiben3). (3) Die Bestimmungen der Landesgesetze, nach welchen die Befugnis zur Herausgabe von Druckschriften und zum Vertriebe derselben innerhalb des Reichsgebiets im Verwaltungswege entzogen werden darf, werden hierdurch aufgehoben.

§ 144. [Nebenbestimmungen] (1) Inwiefern, abgesehen von den Vorschriften über die Entziehung des Gewerbebetriebs (§ 143), Zuwiderhandlungen der Gewerbetreibenden gegen ihre Berufspflichten außer den in diesem Gesetz erwähnten Fällen einer Strafe unterliegen, ist nach den darüber bestehenden Gesetzen zu beurteilen 1 ). (2) Jedoch werden aufgehoben die für Medizinalpersonen bestehenden besonderen Bestimmungen, welche ihnen unter Androhung von Strafen einen Zwang zu ärztlicher Hilfe auferlegen 2 ).

§ 144 a1)

§ 1451). [Anwendung des Strafgesetzbuchs] (1) Für das Mindestmaß der Strafen, das Verhältnis von Geldstrafe zur Freiheitsstrafe 2 ) sowie für die Verjährung der in den §§ 145 a, 145 b, 146 und 153 Zu § 143: 1) Abgesehen von der GewO. selbst (§§ 33a, 35, 35b, 42b, 44a, 51, 53, 54, 58, 59, 59a kommen noch in Betracht u. a. StGB. § 421, das Sprengstoffges. v. 9. 6. 1884, das Ges. über die Untersuchung von Seeunfällen v. 28. 9. 1935 (RGBl. I S. 1183, StVG. unter B VIII l), Arbeitsvermittlungsges. v. 12. 10. 1929 (RGBl. I S. 162) — Strafbestimmg. §§ 247 bis 275, nebst Änderungen v. 6. 10. 1931 (RGBl. I S. 537, 543), v. 26. 11. 1935 (RGBl. I S. 1361), Viehseuchenges, v. 26. 6. 1909, die Metallges. — abgedr. unter B I I I 11 und 12 —, Rennwettund Lotterieges. —abgedr. unter B II 6 — , Süßstoffges. v. 1. 2. 1939 (RGBl. I S. 111), Branntweinmonopolges. v. 8. 4. 1922 (RGBl. I S. 405), geändert durch Ges. v. 25. 3. 1939 (RGBl. I S. 604), zuletzt durch Ges. v. 20. 8. 1953 (BGBl. I S. 979), Zündwarenmonopolges. (siehe Anm. 5 zu § 16), Opiumges. v. 10. 12. 1928 (RGBl. I S. 215) (B I 6). Vgl. § 4 des Presseges. unter B II 2. 2) Über die Frage, ob die §§ 1, 143 GewO. in dem Sinne noch gelten, daß sie eine polizeiliche Untersagung des Betriebes gegen einen unzuverlässigen Gewerbetreibenden verbieten siehe Kölble, J W . 67 (1938), 2179 (bejahend). Siehe ferner Scheuner RVerwBl. 1939 S. 770. 3) Siehe insbesondere §§ 198, 199 der Reichsabgabenordnung. Zu § 144: 1) Z. B. Gaststättenges. (B I I I 7), Personenbeförderungsges. (B VIII4). Lebensmitteiges. (B VII 1), Gesetz UWG. (B I I I 6), Ges. zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit )B II 10). 2) Hierdurch wird der Kurierzwang beseitigt. Siehe aber § 330 c StGB, Zu § 144a: 1) § 144a ist nach § 123 Abs. 3 der Handwerksordnung v. 17. 9. 1953 (B I I I 2) insoweit nicht mehr anzuwenden, als er mit den Vorschriften der Handwerksordnung nicht im Einklang steht. Zu § 145: 1) Die Verweisung auf § 145b, die auf dem Ges. v. 6. 7. 1938 (RGBl. I S. 823) beruht, ist durch Aufhebung hinfällig geworden. 2) Nach § 27 StGB, beträgt die Geldstrafe bei V e r g e h e n (hier §§ 145a, 146, 146a, 147), soweit nicht höhere Beträge oder Geldstrafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind, mindestens 5 und höchstens zehntausend Deutsche Mark, bei Ü b e r t r e t u n g e n hier §§ 148, 149, 150, 150 a) mindestens 3 Deutsche Mark, soweit nicht ein höherer Mindestbetrag angedroht ist, und höchstens einhundertfünfzig Deutsche Mark.

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B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 145 a, b, 146

verzeichneten Vergehen sind die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich maßgebend 3 ). (2) Die übrigen in diesem Titel mit Strafe bedrohten Handlungen 3 ) verjähren binnen drei Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem sie begangen sind 4 ).

§ 145 a. [Bestrafung von Sachverständigen] (1) Die in den Fällen der §§ 16, 24 und 25 gemäß § 21 Ziffer 1 zugezogenen Sachverständigen 1 ) werden bestraft, 1. wenn sie unbefugt Betriebsgeheimnisse offenbaren 2 ), welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis gelangt sind, mit Geldstrafe von drei bis zu zehntausend Deutsche Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten; 2. wenn sie absichtlich zum Nachteile der Betriebsunternehmer Betriebsgeheimnisse, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis gelangt sind, offenbaren oder geheim gehaltene Betriebseinrichtungen oder Betriebsweisen, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis gelangt sind, solange als diese Betriebsgeheimnisse sind, nachahmen, mit Gefängnis, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Tun sie dies, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, so kann neben der Gefängnisstrafe auf Geldstrafe erkannt werden. (2) Im Falle der Ziffer 1 tritt die Verfolgung nur auf Antrag des Betriebsunternehmers ein.

§ 145 b1) § 1461). [Vergehen] (1) Mit Geldstrafe und im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten werden bestraft 2 ): 1. Gewerbetreibende 3 ), welche dem § 115 zuwiderhandeln 4 ); 2. Gewerbetreibende, die den (§§ 135 bis 137, § 137a Abs. 1, § 139c) oder den auf Grund der §§ 120e, (I20f, 139, 139a) erlassenen Bestimmungen insoweit 3) Die Strafverfolgung dieser Vergehen verjährt nach § 67 I I StGB., die Vergehen gegen §§ 146a und 147 dagegen werden, was die Verjährungsfrist anbelangt, wie Übertretungen behandelt. Bei strafbaren Zuwiderhandlungen gegen die GewO. soll, besonders bei zweifelhaften Fällen und gewerbetechnischen Fragen, dem nach § 139b GewO. zuständigen Gewerbeaufsichtsamt vor Abschluß des Ermittlungsverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, auch für die Hauptverhandlung ein Beamter als Sachverständiger hinzugezogen werden, Richtlinien für die Strafverfahren, 1953 Nr. 278. 4) Auch dann, wenn mit ihnen eine Steuerzuwiderhandlung zusammentrifft, für die eine längere Verjährungsfrist besteht. RG. Recht 32 Nr. 2596. Auf die Unterbrechung der Verjährung ist Bedacht zu nehmen. Richtlinien Nr. 275. Zu § 145 a : 1) Daß sie vernommen oder vereidigt sind, ist nicht erforderlich. Stenglein Nebenges. Anm. 2. 2) Vgl. hierüber § 300 StGB., § 7 der BestechungsVO. (B IV 9), § 17 UWG. (B I I I 6). Zu § 145b: 1) § 145b aufgehoben, siehe Anm. 1 zu § 34b. Zu § 146: 1) § 146 i. d. F. der Ges. v. 28. 12. 1908 (RGBl. S. 667), 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139) und 18. 12. 1933 (RGBl. I S. 1080); die eingeklammerten Paragraphen sind aufgehoben. Wegen der Ersatzstrafe siehe § 29 StGB. 2) Auch Fahrlässigkeit ist strafbar. E . 22, 43; sie wird regelmäßig schon in der Unterlassung einer erforderlichen Kontrolle liegen. R . 3, 412; R . 9, 468. 3) Treibt das Gewerbe eine nicht physische Person, so haften strafrechtlich ihre gesetzlichen Vertreter. E . 33, 261. 4) Ob Verstöße gegen Nr. 1 als mehrere selbständige Delikte oder als eine fortgesetzte Handlung anzusehen sind, ist Frage des Einzelfalles. Vgl. darüber R. 7, 32 und E. 13, 285.

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 1 4 6 a

641

zuwiderhandeln, als danach die Verwendung der Arbeiter zu bestimmten Beschäftigungen untersagt oder Arbeitszeit, Nachtruhe oder Pausen geregelt sind5); 3. Gewerbetreibende, die dem § 113 Abs. 3 oder dem § 114a Abs. 4 zuwiderhandeln 6 ); 7 4. ) wer dem § 56 Abs. 2 Nr. 6 oder dem § 67 Abs. 3 zuwiderhandelt; 5. wer dem § 33d Abs. 1 oder den auf Grund des § 33d Abs. 2 erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt. (2) War in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 der Täter zur Zeit der Begehung der Straftat bereits zweimal wegen einer der dort bezeichneten Zuwiderhandlungen rechtskräftig verurteilt, so tritt, falls die Straftat vorsätzlich begangen wurde, Geldstrafe oder Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten ein. Die Anwendung dieser Vorschrift bleibt ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft der letzten Verurteilung bis zur Begehung der neuen Straftat drei Jahre verflossen sind. (3) Die Geldstrafen fließen der im § 116 bezeichneten Kasse zu8). (4) Der § 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes findet Anwendung 9 ).

§ 146 a 1 ). [Vergehen] (1) Mit Geldstrafe im Unvermögensfalle mit Haft wird bestraft, wer den §§ 105b bis 105g oder den auf Grund derselben erlassenen Anordnungen zuwider Arbeitern an Sonn- und Festtagen Beschäftigung gibt2) oder den §§ 41a, 55a, (139e, 139f Abs. 4) oder den auf Grund des § 105b Abs. 2 erlassenen statutarischen Bestim-

mungen oder den auf Grund des § 41b (oder des § 139 f Abs. l) getroffenen Anordnungen zuwiderhandelt3)4). (2) Wer den §§ 105b bis 105g oder den auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zuwider Arbeitern an Sonn- und Festtagen Beschäftig u n g gibt oder den auf Grund des § 105 b Abs. 2 erlassenen statutarischen Bestimmungen

zuwiderhandelt, nachdem er bereits zweimal wegen einer Zuwiderhandlung gegen die bezeichneten Vorschriften rechtskräftig verurteilt worden ist, wird, falls die 5) Der Werkmeister, welchem die Leitung eines Teiles der Fabrik, insbesondere auch die Annahme und Löhnung der betreffenden Arbeiter übertragen ist, haftet als teilweiser Stellvertreter aus § 151. Neben ihm ist der Gewerbetreibende nur insofern strafbar, als die Übertretung polizeilicher Vorschriften mit seinem Wissen begangen ist oder er es hat an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen. E . 24, 293. 6) Ziff. 3 i. d. F . des Ges. v. 16. 6. 1937 (RGBl. I S. 649, 732). 7) Nr. 4 i. d. F . des ÄndGes. der Titel I bis IV, V I I und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459). 8) Geändert durch VO. v. 3. 9. 1936 (RGBl. I S. 715) — siehe unter A 3 — ; danach fließen strafgerichtlich erkannte Geldstrafen grundsätzlich der Staatskasse zu. 9) Abs. 4 überholt, da der frühere § 75 GVG. bei der Neuordnung der Zuständigkeit der Strafgerichte wegfiel (Ges. v. 11. 3. 1921 Art. I Ziff. 8, R G B l . S. 229). Zu § 1 4 6 a : 1) § 146 a ist durch Ges. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139) neu eingefügt. Die eingeklammerten Paragraphen sind aufgehoben, die Stellen in Kleindruck überholt. 2) Strafbar auch, wer nur die verbotswidrige Beschäftigung duldet. Dresden J W . 59 (1930), 2236. Verbotene Beschäftigung ist auch gegeben, wenn ein Verkäufer erst nach Beginn der Sonntagsruhe Waren aushändigt und sich bezahlen läßt, die vor Beginn gekauft sind. Breslau J W . 35 (1906), 2076. 3) Die Strafbestimmung des § 146a findet auch auf fahrlässige Zuwiderhandlungen Anwendung. E. 27, 31. KG. D J Z . Bd. 38, 182. Düsseldorf DRZ. 27 (1935), 687, 701. 4) S. Anm. 3 zu § 145. Verjährungsfrist 3 Monate, es sei denn, daß ein Preßdelikt vorliegt. Frankfurt J W . 57 (1928), 2103. Zuwiderhandlungen sind nachdrücklich zu verfolgen. RiStV. 1953 Nr. 278. 41

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

642

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 147

Straftat vorsätzlich begangen wurde, mit Geldstrafe oder mit Haft bestraft. § 156 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 1471). [Vergehen] (1) Mit Geldstrafe2) und im Unvermögensfalle mit Haft wird bestraft: 1. wer den selbständigen Betrieb3) eines stehenden Gewerbes, zu dessen Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung (Konzession, Approbation, Bestallung) erforderlich ist 4 ), ohne die vorschriftsmäßige Genehmigung unternimmt oder fortsetzt5), oder von den in der Genehmigung festgesetzten Bedingungen abweicht 6 ); . 1 2. ) wer eine Anlage7), zu der mit Rücksicht auf die Lage oder Beschaffenheit der Betriebsstätte oder des Lokals eine besondere Genehmigung erforderlich ist (§ 16), ohne diese Genehmigung errichtet, betreibt, oder die wesentlichen Bedingungen8), unter welchen die Genehmigung erteilt worden, nicht innehält, oder ohne neue Genehmigung eine wesentliche Veränderung9) der Betriebsstätte oder eine Verlegung des Lokals oder eine wesentliche Veränderung in dem Betriebe der Anlage vornimmt 10 ); 11 2a ) wer dem § 24b oder einer auf Grund von § 24 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 erlassenen Rechtsverordnung oder einer auf Grund dieser Rechtsverordnungen erlassenen schriftlichen Verfügung zuwiderhandelt und dadurch vorsätzlich oder leichtfertig Leben oder Gesundheit von Menschen geZu § 147: 1) Die Fassung der Ziff. 2 beruht auf der VO. v. 30. 8. 1937 zur Abänderung der §§ 24, 25, 147 GewO. (RGBl. I S. 918), die der Ziff. 4 auf dem Ges. v. 28. 12 1908 (RGBl. 667); die Ziff. 5 wurde durch § 69 AOG. aufgehoben. Die in Ziff. 4 eingeklammerten Paragraphen sind außer Kraft gesetzt. 2) S. Anm. 2 zu § 145. 3) Über selbständigen Betrieb siehe Anm. 2 zu § 14. 4) Hierunter fallen Unternehmer von Krankenanstalten (§ 30), Seefahrer und Lotsen (§31), nicht mehr dagegen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Hebammen, siehe §§ 29, 30 und 30 a. 5) Hierunter fällt nicht der Fortbetrieb eines bisher konzessionsfreien Gewerbes nach Einführung der Genehmigungspflicht. Über das Unternehmen eines Theaterbetriebes RArbG. D J . 1934, 1414. 6) Die Ausübung des Gewerbes setzt ein positives Handeln voraus. Ein bloßes Dulden genügt nicht. E. 30, 133. Eine Ehefrau, die ihrem Ehemanne im Schankgewerbe Hilfe leistet, obwohl sie weiß, daß er keine Konzession hat, macht sich der Beihilfe zu dem Gewerbevergehen schuldig. RG. Johow 14, 291. Die Verjährung des Vergehens beginnt nicht, solange das genehmigungspflichtige Gewerbe ohne Genehmigung betrieben wird. OR. 19, 137. 7) Über Anlagen siehe Anm. 2 zu § 16; nicht nur die gewerblichen fallen unter § 147 Ziff. 2, VO. v. 30. 7. 1937 (RGBl. I S. 918). Die Strafbarkeit tritt ein, sobald mit der Anlage der Anfang gemacht ist. PrOTr. GA. 26, 226. Es darf sich aber nicht bloß um eine vorübergehende Einrichtung handeln. OR. 16, 534. Auch der spätere Erwerber einer nicht genehmigten Anlage ist strafbar. BayKassationshof GA. 24, 50 und OR. 19, 37. Solange die unkonzessionierte Anlage besteht, läuft keine Verjährung. Kassel GA. 37. 458. 8) Das sind diejenigen Bedingungen, die für notwendig erachtet werden, damit die Anlage oder deren Betrieb nicht Nachteile für die Nachbarn oder das Publikum herbeiführt. PrOVG. GA. 41, 168 und Kiel GA. 42, 152. Z. B. Nichtaufstellung eines nach dem bayr. Wassergesetz aufzustellenden Höhenmaßes, München JFGErg. 17, 254. 9) Uber Veränderungen an Neuwerken siehe PrOVG. Bd. 10, 277. Die Nichterfüllung von Bedingungen, unter denen eine Änderung genehmigt ist, fällt gleichfalls unter diese Vorschrift. KG. D J Z . 10, 966. 10) Wer eine genehmigte Anlage vermietet, wird dadurch von seiner persönlichen Verantwortlichkeit nicht frei. KG. Johow 9, 181. 11) Nr. 2a wurde durch das ÄndGes. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) eingefügt.

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 148

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fährdet, sofern die Rechtsverordnung oder Verfügung ausdrücklich auf die Strafvorschriften dieses Gesetzes verweist. 312). wer, ohne hierzu approbiert zu sein, sich als Arzt (Wundarzt, Augenarzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Tierarzt) bezeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glauben erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson; 3 a13). 41). wer den auf Grund der §§ 120d (137 a Abs. 3), § 139 g endgültig erlassenen Verfügungen oder, abgesehen von den Fällen des § 146 Abs. 1 Nr. 2, § 150 a, den auf Grund der §§ 120e (120f, 139, 139a), 139h erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt14); 15 5 ). (2) Enthält die Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze, so soll nicht außerdem noch auf eine Steuerstrafe erkannt werden, es ist aber darauf bei Zumessung der Strafe Rücksicht zu nehmen16). (3) In dem Falle zu 2 kann die Polizeibehörde die Wegschaffung der Anlage oder die Herstellung des den Bedingungen entsprechenden Zustandes derselben anordnen. (4) In dem Falle zu 4 kann die Polizeibehörde bis zur Herstellung des der Verfügung oder der Vorschrift entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebs, soweit derselbe durch die Verfügung oder die Vorschrift getroffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführen geeignet sein würde.

§ 148. [Übertretung] (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen wird bestraft: 11). wer den Vorschriften des § 14 zuwiderhandelt2); 12) Die Ziff. 3 ist außer Kraft, soweit sie sich auf den ärztlichen, zahn- und tierärztl. Beruf bezieht; s. Anm. 1 zu § 29. 13) Ziff. 3a betr. Wirtschaftsprüfer eingefügt durch Gesetz v. 18. 12. 1933 (RGBl. I S. 1080), außer K r a f t gesetzt durch VO. v. 23. 3. 1943 (RGBl. I S. 157); vgl. im übrigen die Anm. 2 u. 3 zu § 36. 14) Die Duldung von Schlafstätten in den Betriebsräumen gegen polizeiliches Verbot fällt unter diese Vorschrift. E. 29, 50. 15) Aufgehoben durch § 69 des (durch K R G.Nr. 40 v. 30.11. 1946 aufgehobenen) Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. 1. 1934 (RGBl. I S. 45). 16) Siehe § 418 Reichsabgabenordnung. Zu § 148: 1) Ziffern 1 bis 4 i. d. F. des ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459); Ziff. 7 b i. d. F. des § 30 Abs. 3 Ziff. 5 des JugendschutzG. v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 437); die Ziff. 7d wurde durch § 30 Abs. 3 Ziff. 6 dieses Ges., die Ziff. 11 und 12 wurden durch § 69 Abs. 2 AOG. außer Kraft gesetzt. Im übrigen s. Anm. zu Ziff. 8 a. — Als Schuldform genügt im allgemeinen Fahrlässigkeit. 2) Selbständiger Gewerbebetrieb ist gegeben, wenn der Täter frei über seine Zeit verfügen kann, unabhängig von den Weisungen eines Arbeitgebers handelt und selbst das Risiko seiner Arbeit t r ä g t ; die Anmeldung zur Krankenkasse ist kein untrügliches Zeichen, da sie zur Verschleierung erfolgt sein kann, Karlsruhe J W . 64 (1935), 1256. Kein selbst. Gewerbebetrieb, wenn Dekorationslehrling nach Feierabend einem fremden Geschäftsinhaber die Schaufenster dekoriert, selbst wenn er weitere spätere Aufträge erhofft, KG. Dt. Strafr. 1935, 157, JW. 64 (1935), 2388. Eine Bestrafung wegen unterlassener Anzeige entbindet nicht von der Verpflichtung, dieselbe doch noch zu machen. RG. Johow 6, 235. Die Vergehen gegen § 147 Nr. 1 und § 148 Nr. 1 können in Idealkonkurrenz begangen werden. E. 35, 378. Die Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Erlöschen der Anzeigepflicht. BayObLG. J W . 57 (1928), 2637, J R . 3 Nr. 338. 41»

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B III 1. Gewerbeordnung. § 148

21). wer abgesehen von den in § 147 Abs. 1 Nr. 2 a genannten Fällen dem § 24b oder einer auf Grund von § 24 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 erlassenen Rechtsverordnung oder einer auf Grund dieser Rechtsverordnungen erlassenen schriftlichen Verfügung zuwiderhandelt, sofern die Rechtsverordnung oder Verfügung ausdrücklich auf die Strafvorschriften dieses Gesetzes verweist ; B.

(aufgehoben)

41). wer der nach § 35 ergangenen Untersagung eines Gewerbebetriebs zuwiderhandelt, oder die im § 35 vorgeschriebene Anzeige unterläßt 3 ); 4a. wer außer den Fällen des § 360 Nr. 12, § 367 Nr. 16 des Strafgesetzbuchs den auf Grund des § 38 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt4); 5. wer dem § 33b oder außer den im § 149 Ziffer 1 vorgesehenen Fällen den §§ 42a bis 44a zuwiderhandelt, oder seine Legitimationskarte (§ 44a) oder seinen Wandergewerbeschein (§ 55) einem anderen zur Benutzung überläßt; 6. wer zum Zwecke der Erlangung einer Legitimationskarte, eines Wandergewerbescheins oder der im § 62 vorgesehenen Erlaubnis in bezug auf seine Person, oder die Personen, die er mit sich zu führen beabsichtigt, wissentlich unrichtige Angaben macht 5 ); 7. wer ein Gewerbe im Umherziehen ohne den gesetzlich erforderlichen Wandergewerbeschein, ingleichen wer eines der im § 59 Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe der der nach § 59 a ergangenen Untersagung zuwider betreibt 6 ); 7 7a .) wer dem § 56 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 bis 5, 7 bis 11 Abs. 3, den §§ 56a oder 56b zuwiderhandelt; 1 7b ). wer den Vorschriften der §§ 56c, 60a, 60b Abs. 2 oder des § 60c Abs. 2, 3 zuwiderhandelt 8 ); 7c. wer einer ihm in Gemäßheit des § 60 Abs. 1, § 60b Abs. 1 oder des § 60d Abs. 3 in dem Wandergewerbeschein auferlegten Beschränkung zuwiderhandelt ; 7d.*) (wer bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen Kinder unter 14 Jahren zu gewerblichen Zwecken mit sich führt;)

7e. ein Ausländer, welcher bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen den in Gemäßheit des § 56 d vom Bundesrate getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt ; 3) Gewerbetreibender ist, wer nach außen dem Publikum und den Behörden gegenüber als die zivil- wie öffentlichrechtlich für den Betrieb verantwortliche Person auftritt. Celle GA. 50, 328. Wenn jemand wegen Fortsetzung eines untersagten Gewerbebetriebs bestraft wird, so betrifft dies die Zeit bis zum ersten, nicht bis zum rechtskräftigen Urteil. Königsberg GA. 39, 347. Mehrere nach Untersagung des Gewerbebetriebs durch dessen Fortführung begangene Handlungen bilden zusammen eine Zuwiderhandlung. Vgl. E . 27, 111. Fahrlässigkeit genügt. RG. GA. 55, 117. 4) § 367 Nr. 16 StGB, ist gegenstandslos geworden durch §§ 11, 12 des Gesetzes über das Versteigerergewerbe i. d. F. v. 12. 2. 1938 (RGBl. I S. 202) und §§ 83, 84 der Versteigerervorschriften v. 30. 10. 1934 (RGBl. I S. 1091). 5) Tateinheit mit § 271 StGB, ist möglich. E . 63, 363. 6) Tateinheit mit Landstreicherei ist möglich. KG. JFGErg. 1939, 284. 7) Ziff. 7 a ist durch § 8 Abs. 2 des HeilpraktikerGes. v. 17. 2. 1939 (RGBl. I S. 251) außer Kraft gesetzt worden, soweit sie sich auf die Ausübung der Heilkunde i. S. dieses Gesetzes bezieht; siehe dazu Anm. 2 zu § 56a. 8) Wenn ohne obrigkeitliche Erlaubnis Waren im Umherziehen im Wege öffentlicher Ausspielung feilgehalten werden, so liegt Idealkonkurrenz mit § 286 StGB. vor. E. 14, 384 ; 27, 31.

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 149

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8. wer bei dem Betriebe seines Gewerbes die durch die Obrigkeit oder durch Anzeige bei derselben festgelegten Taxen überschreitet oder es unterläßt, das gemäß § 75 vorgeschriebene Verzeichnis einzureichen 9 ); 8 a 9 ) . wer die im § 104u erforderten Anzeigen nicht unverzüglich erstattet; 9 1 0 ). wer die gesetzlichen Pflichten gegen die ihm anvertrauten Lehrlinge verletzt; 9a 1 0 ). wer den § 129 und 126a zuwider Lehrlinge hält, anleitet oder anleiten läßt;

9b 10 ) u ) . wer dem § 129 oder den auf Grund der §§ 128 und 130 erlassenen Vorschriften zuwider Lehrlinge hält, anleitet oder anleiten läßt; 9 c. (aufgehoben) u ). 10 1 0 ). wer wissentlich der Bestimmung im § 127e Abs. 2 zuwider einen Lehrling beschäftigt ;

II. 1 2 ) 12.12) 13. wer dem § 115 a oder den auf Grund des § 119 a erlassenen statutarischen Bestimmungen zuwiderhandelt; 14. wer den Vorschriften des § 15a zuwiderhandelt. (2) Enthält in den Fällen des Abs. 1 die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen ein Steuergesetz (§ 73 Strafgesetzbuch), so ist die nach Abs. 1 verwirkte Strafe neben der etwa verwirkten Steuerstrafe besonders zu verhängen; bei der Bemessung der Steuerstrafe ist jedoch die nach Abs. 1 verhängte Strafe zu berücksichtigen. Soweit die Vorschriften der Reichsabgabenordnung entgegenstehen, finden sie keine Anwendung.

§ 1491). [Übertretung] (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark und im Unvermögensfalle mit H a f t bis zu acht Tagen wird bestraft: 1. wer den im § 42 b vorgesehenen Erlaubnisschein oder den im § 43 vorgesehenen Legitimationsschein während der Ausübung des Gewerbebetriebs nicht bei sich führt, oder den Bestimmungen des § 44a Abs. 2 zuwiderhandelt ; 2. wer bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen dem letzten Absätze des § 56 oder dem § 60c Abs. 1 zuwiderhandelt; 3. (aufgehoben)2)-, 4. wer ein Gewerbe im Umherziehen mit anderen Warengattungen oder unter 9) Ziff. 8a ist gegenstandslos geworden, da § 104u aufgehoben worden ist; siehe Anm. * zu Titel VI und V i a . 10) § 148 Abs. 1 Nr. 9, 9a und § 148 Abs. 1 Nr. 9b, soweit in ihm auf § 128 Bezug genommen wird, sowie § 148 Abs. 1 Nr. 10 sind nach § 123 Abs. 3 der Handwerksordnung v. 17. 9. 1953 (B I I I 2), insoweit nicht mehr anzuwenden, als sie mit den Vorschriften der Handwerksordnung nicht im Einklang stehen. 11) § 148 Abs. 1 Nr. 9b, soweit in ihm auf die §§ 129 und 130 Bezug genommen wird, und § 148 Abs. 1 Nr. 9c sind durch § 122 Ziff. 1 Handwerksordnung aufgehoben worden. 12) Ziff. 11 und 12 aufgehoben durch § 69 AOG.; siehe Anm. 14 zu § 147. Z u § 149: 1) Die Fassung des Abs. 2 beruht auf dem EinzelhandelsschutzG. v. 12. 5. 1933 (RGBl. I S. 262), die der Ziff. 7 auf § 69 Abs. 3 AOG, welcher lediglich den Hinweis auf § 134c Abs. 2 gestrichen hat. Als Schuldform genügt Fahrlässigkeit. 2) Nr. 3 wurde durch das ÄndG. der Titel I bis IV, VII und X der GewO. v. 29. 9. 1953 (BGBl. I S. 1459) aufgehoben.

646

B I I I 1. Gewerbeordnung. § 150

Darbietung anderer Leistungen betreibt, als sein Wandergewerbeschein angibt; 5. wer bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen unbefugt Personen mit sich führt, oder einen Gewerbetreibenden, zu welchem er nicht in dem Verhältnis eines Ehegatten, Kindes oder Enkels steht, unbefugt begleitet 3 ); 6. wer den polizeilichen Anordnungen wegen des Marktverkehrs zuwiderhandelt 4 ) ; 7)1. wer es unterläßt, den durch § 105c Abs. 2, § 134 c, Abs. 2 §§ 138,138a Abs. 5, § 139b für ihn begründeten Verpflichtungen nachzukommen; 7a. wer es unterläßt, gemäß §§ 75, 75a das Verzeichnis anzuschlagen, oder dem Stellesuchenden vor Abschluß dds Vermittlungsgeschäftes die für ihn zur Anwendung kommende Taxe mitzuteilen.

(2)1) Enthält in den Fällen des Abs. 1 die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen ein Steuergesetz (§ 73 Strafgesetzbuch), so ist die nach Abs. 1 verwirkte Strafe neben der etwa verwirkten Steuerstrafe besonders zu verhängen; bei der Bemessung der Steuerstrafe ist jedoch die nach Abs. 1 verhängte Strafe zu berücksichtigen. Soweit die Vorschriften der Reichsabgabenordnung entgegenstehen, finden sie keine Anwendung.

§ 1501). [Übertretung] (1) Mit Geldstrafe bis einhundertfünfzig Deutsche Mark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu drei Tagen für jeden Fall der Verletzung des Gesetzes wird bestraft: 1. wer der Bestimmung des § 106 zuwider einen Arbeiter in Beschäftigung nimmt oder behält ; 2. wer außer dem im § 146 Nr. 8 vorgesehenen Falle den Vorschriften dieses Gesetzes in Ansehung der Lohnbücher oder Arbeitszettel oder den auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Bestimmungen oder den Vorschriften des § 134 Abs. 2 zuwiderhandelt; 3.i)

4. wer den Bestimmungen des § 120 Abs. 1, des § 139i oder einer auf Grund des § 120 Abs. 3 erlassenen statutarischen Bestimmung zuwiderhandelt 2 ); 4a. 3 ) der Lehrherr, welcher den Lehrvertrag nicht ordnungsgemäß abschließt (§ 103e Abs. 1 Ziff. 1 und § 126b).

5.i) (2) Landesgesetzliche Vorschriften gegen die Verletzung der Schulpflicht, nach welchen eine höhere Strafe eintritt, werden durch die Bestimmung unter Ziffer 4 nicht berührt. 3) Z. B. auch jemand, der den von dem Gewerbetreibenden benutzten steuert, RG. J W . 65 (1936), 2247. 4) Siehe die Anm. 3 zu § 69.

Kraftwagen

Zu § 150: 1) Abs. 1 Ziff. 1 i. d. F. des Ges. v. 16. 6. 1937 (RGBl. I S. 649, 732), Ziff. 2 i. d. F. der Ges. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 I S. 139) und v. 16. 6. 1937; die frühere Ziff. 3 wurde durch das Ges. v. 16. 6. 1937, die Ziff. 5 durch § 69 Abs. 2 AOG. (RGBl. 1934 I S. 45) gestrichen; siehe dazu Anm. 14 zu § 147. 2) Die Gültigkeit des Ortsstatuts hat der Richter zu prüfen. RG. GA. 41, 167, nicht aber die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit. Kayser-Steiniger Anm. 6. 3) § 150 Abs. 1 Nr. 4a ist nach § 123 Abs. 3 der Handwerksordnung v. 17. 9. 1953 insoweit nicht mehr anwendbar, als er mit den Vorschriften der Handwerksordnung nicht im Einklang steht.

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 150a, 151

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§ 150 a1). [Übertretung] Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark und im Unvermögensfalle mit Haft von einem Tage für jeden Fall der Verletzung des Gesetzes wird bestraft, wer den auf Grund des § 120e Abs. 1 Satz 2 erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt.

§ 151. [Haftung des Vertreters] (1) Sind bei der Ausübung des Gewerbes polizeiliche Vorschriften 1 ) von Personen übertreten worden, welche der Gewerbetreibende 2 ) zur Leitung des Betriebes oder eines Teiles desselben oder zur Beaufsichtigung bestellt hatte, so trifft die Strafe diese letzteren 3 ). Der Gewerbetreibende ist neben denselben strafbar, wenn die Übertretung mit seinem Vorwissen4) begangen ist oder wenn er bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebs oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Betriebsleiter oder Aufsichtspersonen es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen 5 ) 6 ). (2) Ist an eine solche Übertretung der Verlust der Konzession, Approbation oder Bestallung geknüpft, so findet derselbe auch als Folge der von dem Stellvertreter begangenen Übertretung statt, wenn diese mit Vorwissen des verfügungsZ u § 150a: 1) 150a eingefügt durch Ges. v. 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139). Z u § 151: 1) Unter „polizeilichen Vorschriften" sind auch Vorschriften polizeilicher Natur außerhalb der GewO. zu verstehen, die der Gewerbetreibende nach Reichs-(Bundes-) oder Landesrecht bei Ausübung des Gewerbes zu beobachten hat, z. B. die gesundheitspolizeilichen Vorschriften der §§ 6, 7 des Milchgesetzes, E. 72, 26. Auch die Nichtbeachtung oder Überschreitung etwa an eine Erlaubnis geknüpfter Bedingungen genügt beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Anwendung des § 151, KG. J F G E r g . 17, 233. 2) Über den Begriff des Gewerbetreibenden vgl. Anm. 1 zu § 115. Ist Gewerbetreibender eine jur. Person, so trifft die Haftung die vertretungsberechtigten phys. Personen. Ist Gewerbetreibender eine Personengesellschaft, so ist jeder Mitinhaber voll verantwortlich, doch liegt ihm eine Aufsichtspflicht gegenüber den Mitgesellschaftern nicht ob. E. 45, 402. 3) Zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs im ganzen oder auf einem Teilgebiet ist bestellt, wem der Gewerbetreibende das Recht übertragen hat, die Gesamtheit der gewerblichen Handlungen, die mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs im ganzen oder auf dem Teilgebiet verbunden sind, stellvertretend für ihn auszuüben. RG. DStZ. 1, 366. Zur Leitung bestellt ist z. B. wenn in einem Gewerbebetrieb der Verkauf der Ware derart übertragen ist, daß sich der Gewerbetreibende selbst nicht darum kümmert. Celle, GA. 46, 61; der Ehegatte, dem der andere stillschweigend Vollmacht zu Ladenverkäufen erteilt hat. E. 52, 279; der zur Leitung und Beaufsichtigung bestellte Prokurist. KG. Recht Bd. 32 Nr. 2023; der Hotelangestellte, soweit ihm Personal unterstellt ist. RG. J W . 65 (1936), 1146. Von seiner Haftung wird der Gewerbetreibende nicht frei, wenn eine Übertretung der Leitung oder Beaufsichtigung unzulässig ist oder nur auf Personen erfolgen darf, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen (z. B. eine Approbation besitzen) und diese Voraussetzungen bei den Bestallten nicht vorliegen. KG. GA. 40, 200. Ein mit der Bauleitung betrauter Architekt ist nicht Unternehmer des Baues und nicht für die in Frage kommenden polizeilichen Vorschriften verantwortlich. Dresden J W . 59 (1930), 2236. 4) Der Begriff „mit Vorwissen" umfaßt auch den bedingten Vorsatz. E. 72, 26. 5) Durch die sorgfältige Auswahl und Beaufsichtigung von Betriebsleitern und Aufsichtspersonen allein wird der Gewerbetreibende noch nicht von eigner Haftung frei, vielmehr hat er im Rahmen des Möglichen die Pflicht, den Betrieb auch noch selbst zu beaufsichtigen und trifft ihn in dieser Beziehung ein Verschulden, so ist er neben dem Betriebsleiter oder Aufseher verantwortlich. E. 24, 293; OLG. Königsberg, H R R . 1939 Nr. 481. 6) Z. B. der Molkereibesitzer, der es unterlassen hat, seinem Gehilfen die Prüfung der Milch auf ihren Fettgehalt zur Pflicht zu machen, oder der die Einhaltung der Verpflichtung nicht überwacht hat. Dresden LZ. 24 (1930), 68.

648

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 152—154

fähigen Vertretenen begangen worden. Ist dies nicht der Fall, so ist der Vertretene bei Verlust der Konzession, Approbation usw. verpflichtet, den Stellvertreter zu entlassen. § 152 1 )

§ 1531)

Schlußbestimmungen § 154i)

(1) Von den Bestimmungen im Titel VII finden keine Anwendung: 1. die Bestimmungen der §§ 105 bis 189m auf Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken 2 ); 2. die Bestimmungen der §§ 105, 106 bis 119b sowie, vorbehaltlich des § 139g Abs. 1 und der §§ 139h, 1391, 139m, die Bestimmungen der §§ 120a bis 139aa auf Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge; 3. die Bestimmungen der §§ 133g bis 139a auf Arbeiter in Apotheken und auf diejenigen Arbeiter in Handelsgeschäften, welche nicht in einem zu dem Handelsgeschäfte gehörigen Betriebe mit der Herstellung oder Bearbeitung von Waren 3 ) beschäftigt sind, auf Heilanstalten und Genesungsheime, auf Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten. (2) Die Bestimmungen der §§ 133g, 135 bis 139b 4 ) finden auf Arbeitgeber und Arbeiter in Hüttenwerken, in Zimmerplätzen und anderen Bauhöfen 5 ), in Werften sowie in Werkstätten der Tabakindustrie auch dann entsprechende Anwendung, wenn in ihnen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden; auf Arbeitgeber und Arbeiter in Ziegeleien und über Tage betriebenen Brüchen und Gruben finden die Bestimmungen auch dann entsprechende Anwendung, wenn in diesen Betrieben in der Regel mindestens fünf Arbeiter beschäftigt werden. (3) Die Bestimmungen der §§ 135 bis 139b 4 ) finden auf Arbeitgeber und Arbeiter in Werkstätten, in welchen durch elementare Kraft (Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elektrizität usw.) bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend 6 ) zur Verwendung kommen, auch wenn in ihnen in der Regel weniger als 10 Arbeiter beschäftigt werden, mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, Zu § 152: 1) Aufgehoben durch § 69 Abs. 2 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. 1. 1934; siehe Anm. 14 zu § 147. Zu § 153: 1) Aufgehoben durch Ges. v. 22. 5. 1918 (RGBl. S. 423). Zu § 154: 1) I. d. F. des Ges. v. 28. 12. 1908 (RGBl. S. 667); im Abs. 1 sind die Ziff. 4, 5 und 6 durch Einbeziehung in die ArbeitszeitO. gemäß Ziff. 2 der VO. v. 26. 7. 1934 (RGBl. I S. 803) weggefallen; im Abs. 3 ist die Verweisung auf § 136 durch § 30 Abs. 3 Ziff. 7 des JugendschutzG. v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 437) gestrichen worden. 2) Gehilfen in Apotheken sind Personen mit bestimmter pharmazeutischer Vorbildung. BayObLG. GA. 48, 139. 3) Dazu gehören auch umzuarbeitende fertige Waren. RG. H R R . 1931 Nr. 222. 4) Die Verweisung in Abs. 2 bis 4 ist der Aufhebung zahlreicher der in bezug genommenen Paragraphen nicht angepaßt. § 139aa bleibt. 5) Siehe VO. v. 23. 11. 1918 RGBl. S. 1329).

B I I I 1. Gewerbeordnung. §§ 154 a, 155

649

daß der Bundesrat7) für gewisse Arten von Betrieben Ausnahmen von den im § 135 Abs. 2, 3, § 137 Abs. l bis 4, § 138 vorgesehenen Bestimmungen nachlassen kann. (4) Auf andere Werkstätten, in denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, und auf Bauten, bei denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, können die Bestimmungen der §§ 135 bis 139n 7 ) durch Beschluß des Bundesrats7) ganz oder teilweise ausgedehnt werden. (5) Die Bestimmungen des Bundesrats7) können auch für bestimmte Bezirke erlassen werden. Sie sind durch das Reichsgesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage 8 ) bei seinem nächsten Zusammentritt zur Kenntnisnahme vorzulegen.

§ 154 a 1 ) Die Bestimmungen des § 114a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 114b Abs. 1, der §§ 114c bis 119a, des § 134 Abs. 2, der §§ 135 bis 139b 1 ) 2 ) finden auf die Besitzer und Arbeiter von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen oder Gruben entsprechende Anwendung, und zwar auch für den Fall, daß in ihnen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden. §

155

(1) Wo in diesem Gesetz auf die Landesgesetze verwiesen ist, sind unter den letzteren auch die verfassungs- oder gesetzmäßig erlassenen Verordnungen verstanden 1 ). (2) Welche Behörden in jedem Bundesstaat [Land] unter der Bezeichnung: höhere Verwaltungsbehörde, untere Verwaltungsbehörde, Gemeindebehörde, Ortsbehörde, Unterbehörde, Polizeibehörde, Ortspolizeibehörde und welche Verbände unter der Bezeichnung weitere Kommunalverbände zu verstehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaates [Landes] bekannt gemacht 2 ). (3) Für die unter Reichs- und Staatsverwaltung stehenden Betriebe können die den Polizeibehörden, unteren und höheren Verwaltungsbehörden durch § 105 b Abs. 2, § 105c Abs. 2, §§ 105e, 105f, 115a, 120d, 134e bis 134g, 138 Abs. i, §§ 138 a, 139, 139 b übertragenen Befugnisse und Obliegenheiten auf die der Verwaltung dieser Betriebe vorgesetzten Dienstbehörden übertragen werden. 6) Was unter regelmäßiger Benutzung von Dampfkraft zu verstehen, darüber siehe E . 20, 400. Daß das Triebwerk ununterbrochen benutzt wird, ist nicht notwendig. E . 39, 134. Nach Dresden J W . 61 (1932), 3460 gilt ein Friseurgeschäft, in dem ein Föntrockner oder elektr. Haarschneidemaschine benutzt werden, als eine Werkstatt mit Motorbetrieb. 7) Nunmehr der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates Art. 80, 129 GG. 8) Vgl. Anm. 6 zu § 105 d. Zu § 1 5 4 a : 1) I. d. F . der Ges. v. 28. 12. 1908 ( R G B l . S. 667), 27. 12. 1911 (RGBl. 1912 S. 139) und des § 69 Abs. 3 AOG. (RGBl. 1934 I S. 145); der frühere Abs. 2 ist durch die Einbeziehung in die ArbeitszeitO. gem. Ziff. 2 der VO. v. 26. 7. 1934 (RGBl. I S. 803) weggefallen. 2) § 139aa bleibt. Zu § 155: 1) Die Bestimmung bezieht sich nicht nur auf Vorschriften, die bei Erlaß des § 155 bereits bestanden. R G . Recht 14 709. 2) Die unteren Verwaltungsbehörden sind in der Regel die Stadt- oder Landkreisverwaltung. Die Aufgaben der Ortspolizeibehörden sind auf dem Sektor der Verwaltungspolizei, wozu auch die Gewerbepolizei gehört, in der brit. Zone auf die Kommunalverwaltungen übergegangen. Die mittleren oder die höhere Verwaltungsbehörde ist der Regierungspräsident, in Schleswig-Holstein der zuständige Minister. An die Stelle der in älteren Gesetzen genannten Oberpräsidenten oder Provinzialräte treten die Landesregierungen, s. Turegg S. 155.

650

B I I I 2. Handwerksordnung §§ 1, 2

B III 2. Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) Vom 17. September 1953 (BGBl. I S. 1411) (geändert durch Ges. v. 22. Dezember 1953, BGBl. I S. 1567) (Auszug) ERSTER

TEIL

Ausübung eines Handwerks 1. Abschnitt.

Berechtigung

zum selbständigen

Betrieb eines

Handwerks

§ 1 . (Selbständige Handwerker) (1) Der selbständige Betrieb 1 ) eines Handwerks2) als stehendes Gewerbe3) ist nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen (selbständige Handwerker) gestattet 4 ). (2) Ein Gewerbebetrieb ist Handwerksbetrieb im Sinne dieses Gesetzes, wenn er handwerksmäßig2) betrieben wird und zu einem Gewerbe gehört, das in der Anlage A 5 ) zu diesem Gesetz aufgeführt ist.

§ 2. (Nebenbetriebe) Die Vorschriften dieses Gesetzes für selbständige Handwerker gelten auch 1. für gewerbliche Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechtes 1 ), in denen Waren zum Absatz an Dritte handwerksmäßig2) hergestellt oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig bewirkt werden, 2. für handwerkliche Nebenbetriebe 2 ), die mit einem Versorgungs- oder sonstigen Betrieb der in Nummer 1 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Stellen verbunden sind, S c h r i f t t u m : Hartmann-Philipp, Handwerksordnung E. Eyermann-Fröhler, handwerksordnung, Rohlfing-Kiskalt, GewO. S. 205 ff.

Bundes-

Z u § 1: 1) S. Anm. 2 zu § 14 GewO. unter B I I I 1. Nicht selbständig sind Hausgewerbetreibende, wie Zwischenmeister, Näherinnen und Hausschlächter, die ohne eine eigene Betriebsstätte, ohne Betriebskapital und ohne Arbeitnehmer und Lehrlinge wechselnd in der Wohnung verschiedener Auftraggeber arbeiten. S. auch Hartmann-Philipp Anm. 2. 2) Der Begriff des Handwerks ist gesetzlich nicht festgelegt. Die Arbeiten müssen mit der Hand unter Zuhilfenahme von Maschinen ausgeführt werden. Hartmann-Philipp Anm. 3. 3) S. Anm. 3 zu § 14 GewO. 4) S. auch § 5, Strafbestimmung § 111 Abs. 1 Nr. 1. 5) BGBl. I S. 1430 nicht abgedruckt. Zu § 2: 1) Zu diesen sog. Hoheitsbetrieben gehören z. B. Forschungsanstalten, Wetterwarten, Schlachthöfe, Friedhöfe, Anstalten zur Nahrungsmitteluntersuchung, Desinfektion, zur Leichenverbrennung, zur Müllbeseitigung, zur Straßenreinigung und zur Abführung von Spülwasser und Abfällen (so die 3. Verordnung zur Durchführung des Gewerbesteuergesetzes v. 31. Januar 1940, RGBl. I S. 284). 2) S. Anm. 2 zu § 1.

B I I I 2. Handwerksordnung. §§ 3, 4

651

3. für handwerkliche Nebenbetriebe 3 ), die mit einem Unternehmen der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft oder sonstiger Wirtschafts- und Berufszweige verbunden sind.

§ 3. (Neben- und Hilfsbetrieb) (1) Ein handwerklicher Nebenbetrieb im Sinne des § 2 Nr. 2 und 3 liegt vor, wenn in ihm Waren zum Absatz an Dritte handwerksmäßig hergestellt oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig bewirkt werden, es sei denn, daß eine solche Tätigkeit nur in unerheblichem Umfange ausgeübt wird 1 ), oder daß es sich um einen Hilfsbetrieb handelt 2 ). (2) Eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 ist unerheblich, wenn sie den durchschnittlichen Umsatz und die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges nicht übersteigt. (3) Hilfsbetriebe im Sinne des Absatzes 1 sind unselbständige, der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebes dienende Handwerksbetriebe, wenn sie 1. Arbeiten für den Hauptbetrieb oder für andere dem Inhaber des Hauptbetriebes ganz oder überwiegend gehörende Betriebe ausführen 3 ) oder 2. Leistungen an Dritte bewirken, die a) als handwerkliche Arbeiten untergeordneter Art zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich sind4) oder b) in unentgeltlichen Pflege-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten bestehen oder c) in entgeltlichen Pflege-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten an solchen Gegenständen 5 ) bestehen, die in dem Hauptbetrieb selbst erzeugt worden sind, sofern die Übernahme dieser Arbeiten bei der Lieferung vereinbart worden ist, oder d) auf einer vertraglichen oder gesetzlichen Gewährleistungspflicht beruhen 8).

§ 4. (Betriebsfortführung nach dem Tode) (1) Nach dem Tode eines selbständigen Handwerkers darf der Ehegatte den Betrieb fortführen 1 ). 3) Vgl. § 3 z. B. Installationsbetrieb eines kommunalen Elektrizitätsunternehmens, wenn dieser die Installation elektrischer Leitungen in den Gebäuden zwischen dem Stromzähler und der Stromabnahmestelle ausführt; das gleiche gilt für die kommunale Installationswerkstatt, die in den Gebäuden die Gas- und Wasseranschlüsse herstellt, die hierfür erforderlichen Leitungen verlegt und die zu installierenden Geräte und Leitungen anschließt. HartmannPhilipp Anm. 2. Zu § 3: 1) Die handwerkliche Tätigkeit ist dann unerheblich im Sinne des Abs. 1, wenn sie den durchschnittlichen Umsatz und die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges nicht übersteigt. Vgl. auch Hartmann-Philipp Anm. 6. 2) S. Abs. 3. Mit einem Hilfsbetrieb kann ein Gewerbetreibender nicht in der Handwerksrolle eingetragen werden. 3) Z. B. Herstellung, Instandhaltung oder Ausbesserung von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln, Anfertigung von Modellen und Mustern, Aufarbeitungsarbeiten. 4) Z. B. Verbindung eines elektrischen Beleuchtungskörpers mit einer gebrauchsfertig installierten Leitung, Änderungsarbeiten an Konfektionskleidung. 5) An andern Gegenständen nur, soweit ausnahmsweise Aushilfsarbeiten vorgenommen werden. 6) Sog. Garantiearbeiten. Zu § 4: 1) Für andere gewerbliche Betriebe gilt § 46 GewO.

652

B III 2. Handwerksordnung. §§ 5—7

(2) Das gleiche gilt für minderjährige Erben 2 ) während der Minderjährigkeit sowie für den Nachlaßverwalter 3 ), Nachlaßpfleger oder Testamentsvollstrecker während einer Nachlaß Verwaltung, Nachlaßpflegschaft oder Testamentsvollstreckung. (3) Nach Ablauf eines Jahres seit dem Tode des selbständigen Handwerkers ist die Fortführung des Betriebes gemäß den Absätzen 1 und 2 nur gestattet, wenn er von einem Handwerker geleitet wird, der den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 oder 2 genügt.

§ 5. (Arbeiten in anderem Handwerk) Wer ein Handwerk nach § 1 betreibt, kann hierbei auch die mit diesem Handwerk technisch oder fachlich zusammenhängenden Arbeiten in anderen Handwerken ausführen. 2. Abschnitt.

Handwerksrolle

§ 6. (Handwerksrolle) (1) Die Handwerkskammer hat ein Verzeichnis zu führen, in welches die selbständigen Handwerker 1 ) ihres Bezirks mit dem von ihnen betriebenen Handwerk oder bei Ausübung mehrerer Handwerke mit diesen Handwerken einzutragen sind 2 ) (Handwerksrolle) 3 ). (2) Die Einsicht in die Handwerksrolle ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse nachweist. (3) Der Bundesminister für Wirtschaft bestimmt durch Rechtsverordnung, wie die Handwerksrolle einzurichten ist 4 ).

§ 7. (Eintragung) (1) In die Handwerksrolle wird eingetragen, wer in dem von ihm zu betreibenden Handwerk die Meisterprüfung 1 ) bestanden hat. (2) In die Handwerksrolle wird in Ausnahmefällen ferner eingetragen, wer, ohne den Voraussetzungen des Absatzes 1 zu entsprechen, die zur selbständigen Ausübung des von ihm zu betreibenden Handwerks als stehendes Gewerbe notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweist und hierüber eine Ausnahmebewilligung gemäß § 8 besitzt 2 ). (3) Eine juristische Person wird in die Handwerksrolle eingetragen, wenn der Betriebsleiter 3 ) den Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 genügt. (4) Der Inhaber eines handwerklichen Nebenbetriebes (§ 2 Nr. 2 und 3) wird in die Handwerksrolle eingetragen, wenn der Leiter des Nebenbetriebes den Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 genügt. 2) Es brauchen nicht gesetzliche Erben zu sein. 3) Vgl. §§ 1960ff., 1975ff., 2197ff. BGB. Zu § 6: 1) S. § 1 Abs. 1. 2) Einzutragen sind die Inhaber des Unternehmens und die Firma, vgl. §§ 17ff. HGB. 3) Strafbestimmung § 111 Abs. 1 Nr. 1. 4) vgl. § 113. Z u § 7: 1) S. §§ 41 ff. Über die Meisterprüfung gleichgestellte Prüfung vgl. HartmannPhilipp S. 405. 2) Vgl. für Körperbehinderte den Erl. des RWM. v. 6. 7. 1936 — V 8897/35 — und für blinde Handwerker v. 17. 11. 1936 — V 2 1576/36 —. 3) Betriebsleiter ist die Person, die mit der verantwortlichen Leitung, Führung und Beaufsichtigung des Betriebes oder eines Nebenbetriebes von dem Betriebsinhaber beauftragt ist.

B I I I 1. Handwerksordnung. §§ 8—16

653

§ 8. (Ausnahmebewilligung) (1) Die in § 7 Abs. 2 vorgesehene Ausnahmebewilligung wird auf Antrag des Gewerbetreibenden von der höheren Verwaltungsbehörde erteilt; die Handwerkskammer und die Berufsvereinigung1), welcher der Antragsteller angehört oder die er benennt, sind zu hören. (2) Die Ausnahmebewilligung kann auch bedingt oder befristet erteilt werden. (3) Gegen die Entscheidung steht neben dem Antragsteller auch der Handwerkskammer der Verwaltungsrechtsweg offen; als beteiligt gelten die Handwerkskammer und die in Absatz 1 erwähnte Berufsvereinigung. § 9. (Handwerkskarte) (1) Die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt auf Antrag oder von Amts wegen. (2) Über die Eintragung in der Handwerksrolle hat die Handwerkskammer eine Bescheinigung auszustellen (Handwerkskarte)1). Der Bundesminister für Wirtschaft bestimmt den Wortlaut der Handwerkskarte2) und die Höhe der für ihre Ausstellung an die Handwerkskammer zu entrichtenden Verwaltungsgebühr. (3) Wird der selbständige Handwerker in der Handwerksrolle gelöscht, so ist die Handwerkskarte zurückzugeben. §§ 10—14 (nicht abgedruckt) § 15. (Anzeigepflicht) (1) Wer den Betrieb eines Handwerks nach § 1 anfängt, hat gleichzeitig mit der nach § 14 der Gewerbeordnung zu erstattenden Anzeige der hiernach zuständigen Behörde die über die Eintragung in der Handwerksrolle ausgestellte Handwerkskarte (§ 9 Abs. 2) vorzulegen. (2) Der selbständige Handwerker hat ferner der Handwerkskammer, in deren Bezirk seine gewerbliche Niederlassung hegt, unverzüglich1) den Beginn und die Beendigung seines Betriebes und in den Fällen des § 4 Abs. 3 und des § 7 Abs. 3 und 4 die Bestellung und Abberufung des Betriebsleiters anzuzeigen; bei juristischen Personen sind auch die Namen der gesetzlichen Vertreter anzuzeigen2). § 16. (Auskunftspflicht) Die in der Handwerksrolle eingetragenen oder in diese einzutragenden Gewerbetreibenden sind verpflichtet, der Handwerkskammer die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderliche Auskunft über Art und Umfang ihres Betriebes, über die Zahl der im Betrieb beschäftigten gelernten und ungelernten Personen und über handwerkliche Prüfungen des Betriebsinhabers und des Betriebsleiters zu geben1). Zu § 8 : 1) Unter Berufsvereinigung sind nicht nur die in diesem Gesetz genannten Organisationen des Handwerks, sondern auch sonstige berufliche Vereinigungen zu verstehen, die der Antragsteller als seine Interessenvertretung benennt, z. B. die Berufsvereinigung der Ingenieure. Hartmann-Philipp S. 133. Zu § 9: 1) Vorlegung der Handwerkskarte nach § 15. 2) Vgl. § 114. Zu § 15: 1) Ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB.). 2) Strafbestimmung § 111 Abs. 1 Nr. 2. Zu § 16: 1) Strafbestimmung § 111 Abs. 1 Nr. 3.

654

B I I I 2. Handwerksordnung. § 17

ZWEITER

TEIL

Berufsausbildung in Betrieben selbständiger Handwerker (Handwerksbetriebe) 1. Abschnitt.

Berechtigung zum Halten und Anleiten von

Lehrlingen

§ 17. (Verbot) Personen1), welche die bürgerlichen Ehrenrechte nicht besitzen2), dürfen Lehrlinge3) weder halten4) noch anleiten5). Zu § 17: 1) Personen sind die selbständigen Handwerker, d. h. natürliche und auch juristische Personen (§ 1 Abs. 1, § 7 Abs. 3). 2) §§ 32ff. StGB. 3) Lehrling ist jeder (in der Regel, aber nicht notwendig jugendliche) Arbeiter, der auf Grund eines Vertragsverhältnisses in einem Gewerbe tätig ist, um dasselbe zu erlernen. KG. GA. 45, 68 ; auch ohne den in § 21 geforderten schriftlichen Vertrag. Durch eine Zahlung von Lohn wird der Begriff nicht berührt. E. 7, 105. Er ist nicht Arbeitnehmer. Das Lehrverhältnis ist ein reines Berufs- und Erziehungsverhältnis ; bestr. Rohlfing-Kiskalt S. 363, HartmannPhilipp S. 141. Allein die Tatsache der Beschäftigung mit fachlichen Arbeiten reicht zur Annahme eines Lehrlingsverhältnisses nicht aus; es ist vielmehr der mit dem Arbeitsverhältnisse verfolgte Zweck maßgeblich, KG. DStrafr. 1935, 456; Entsch. d. KG. JFGErg. 14, 164. Die Ausbildung muß Selbstzweck sein und darf nicht zu einem zufälligen Ergebnis der Beschäftigung werden. Hamburg H R R . 1931 Nr. 813. Entscheidend ist, ob das Arbeitsverhältnis des Lehrlings hauptsächlich seiner Ausbildung dient. Richtlinien f. d. Strafverfahren Nr. 276. Das jugendliche Alter ist für den Begriff nicht wesentlich, (vgl. § 26) ; ebensowenig wie die Bezeichnung, die dem Arbeitsverhältnis gegeben wird, Richtl. Nr. 276. Ein Lehrlingsverhältnis liegt nicht vor, wenn keine besondere Unterweisung stattfindet, sondern der Lernende sich allein überlassen bleibt. Dresden H R R . 1929 Nr. 990. Es hört aber nicht dadurch auf, daß der Arbeiter im letzten Abschnitt seiner Ausbildung einer Anleitung nicht mehr bedarf. KG. D J Z . Bd. 35, 1467. Hausbedarfslehrmädchen, die sich nebenbei einige Kenntnisse im Schneidern erwerben wollen, sind keine Schneiderlehrlinge. Naumburg DRZ. 25 (1933) Nr. 142). S. auch Anm. 4 u. Anm. 1 zu § 18. Vom Lehrling unterscheidet sich a) der Volontär durch die Art und die Dauer und den Zweck seiner Beschäftigung. Dresden DRZ. 25 (1933) Nr. 499. Ihm soll Gelegenheit geboten werden, sich unter Anleitung seine Fachausbildung durch Erweiterung und Vertiefung seiner Fachkenntnisse zu vervollständigen. Vgl. Hartmann-Philipp Vorbemerkung 3 vor § 21. b) der Praktikant, der für die Zulassung zur Hochschule oder zu einem Polytechnikum den Nachweis einer praktischen Beschäftigung in einem Fertigungsbetrieb in der Richtlinie ihres erwählten Berufes erbringen müssen (vgl. Erl. d. RM. für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung v. 24.8.1943 — E IV b 1974/43 — betr. allg. Richtlinien für die prakt. Ausbildung der Studierenden usw.). — Hartmann-Philipp Vorbemerkung 3 vor § 21. c) der Anlernling; er will nur in einem Teil der Arbeiten ausgebildet werden, die zum Vollberuf eines Handwerkers oder eines Facharbeiters gehören, um eine größere Fähigkeit und Fertigkeit zu entwickeln und damit auch einen größeren Verdienst zu erzielen. Vgl. HartmannPhilipp Vorbemerkung 1 vor § 21. d) der Umschüler, der bereits eine abgeschlossene Ausbildung in einem anderen Berufe besaß und nunmehr eine handwerkliche Tätigkeit ergreift. Vgl. Hartmann-Philipp Vorbemerkung 2 vor § 21. 4) Halten von Lehrlingen umfaßt das Recht, als selbständiger Gewerbetreibender Lehrlinge anzunehmen, die im Lehrvertrag begründeten Rechte und Pflichten eines Lehrherrn zu übernehmen und auf Grund dieser Rechtsstellung den Lehrling im Betrieb zu beschäftigen. Strafbestimmung siehe § 110 Nr. 1. Übergangsvorschrift: § 115. 5) Anleitung umfaßt die Übernahme der Durchführung des Lehrverhältnisses, insbesondere die Ausbildung, Beaufsichtigung, Unterweisung und Beschäftigung des Lehrlings. Strafbestimmung § 110 Nr. 1.

B I I I 2. Handwerksordnung. §§ 18—20

655

§ 18. (Anleitung) (1) Lehrlinge können in einem Handwerk nur von Personen angeleitet werden1), die das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet und die Meisterprüfung in dem Handwerk, in welchem die Anleitung erfolgen soll, abgelegt haben. (2) Die höhere Verwaltungsbehörde kann Personen, die den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entsprechen, die Befugnis, Lehrlinge anzuleiten, nach Anhörung der Handwerkskammer widerruflich verleihen 2 ). (3) In Handwerksbetrieben, die nach dem Tode des selbständigen Handwerkers für Rechnung des Ehegatten oder minderjähriger Erben fortgeführt werden 3 ), können bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des Lehrherrn auch Personen Lehrlinge anleiten, welche die Meisterprüfung nicht abgelegt haben, sofern sie in diesem Handwerk die Gesellenprüfung bestanden haben oder mindestens fünf Jahre selbständig oder als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen sind. Die höhere Verwaltungsbehörde kann die Dauer dieser Berechtigung in besonders begründeten Fällen nach Anhörung der Handwerkskammer verlängern.

§ 19. (Anleitung durch Lehrwerkstätte) Die oberste Landesbehörde kann den Prüfungszeugnissen von Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder von Prüfungsbehörden, die vom Staat für einzelne Handwerke oder zum Nachweis der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Verleihung der im § 18 Abs. 1 genannten Befugnis für bestimmte Handwerke zuerkennen. Der Eintritt dieser Wirkung ist davon abhängig zu machen, daß der Besitzer des Prüfungszeugnisses in dem Handwerk, in dem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, mindestens drei Jahre tätig gewesen ist.

§ 20. (Entziehung der Lehrlingshaltung) (1) Die höhere Verwaltungsbehörde kann nach Anhörung der Handwerkskammer Personen, die ihre Pflichten gegen die ihnen anvertrauten Lehrlinge wiederholt gröblich verletzt haben oder gegen die Tatsachen vorliegen, die sie in Zu § 18: 1) S. Anm. 5 zu § 17. Das Lehrverhältnis kann auch zwischen Eltern und Kindern bestehen. § 21 Abs. 3. Die Entscheidung darüber, ob ein Lehrling ein kaufmännischer oder gewerblicher ist, hängt nicht von dem Wortlaut des schriftlichen Lehrvertrages ab, sondern davon, ob er überwiegend in kaufmännischer oder gewerblicher Arbeit beschäftigt wird. Hamburg DRZ. 19 (1927) Nr. 88. E s kommt darauf an, welche Tätigkeit überwiegt. Bildet ein Autohändler junge Leute außer zu Kraftwagenführern auch zu Autoschlossern aus, so sind sie insoweit Lehrlinge. Jena H R R . 1929 Nr. 783; vgl. ebenso Kiel J W . 61 (1952) S. 1595. Dagegen ist ein kaufmännischer (industrieller) Betrieb (Unternehmen) anzunehmen, wenn die Betriebsgrundlage auf einer theoretisch-konstruktiven Tätigkeit mit einer Verwertung von Kenntnissen beruht, die über die im Handwerk allgemein erforderlichen erheblich hinausgehen, oder wenn in Baubetrieben der Inhaber als reiner Bauunternehmer auftritt, seine Betriebsführung lediglich in dem Anfertigen von Entwürfen und Kostenanschlägen, in der Beschaffung des Baugeldes usw. besteht, während alle zur Errichtung eines Baues erforderlichen Arbeiten an selbständige Handwerker vergeben werden. Ebensowenig ist der Betrieb eines Bildnisberichterstatters, der sich journalistisch betätigt, ein Handwerksbetrieb. KG. J W . 59 (1930), 419; wohl aber der Betrieb einer Arbeitsstube für Damenkonfektion. KG. D J Z . Bd. 38, 112. — Uber Anleitung in Handwerksbetrieben s. auch Bay. ObLG. Dt. Strafrecht 1934, 350. Stettin Dt.Strafrecht 1936,187. KG. Reger, Entsch. Bd.56, 346. 2) Ist einem Anleitenden bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unter der Bedingung der Ablegung der Meisterprüfung die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilt, so ist er, wenn er die Prüfung bis zu dem Zeitpunkt nicht ablegt, wegen der Weiteranleitung nur strafbar, wenn die Erlaubnis widerrufen ist. KG. J u r R . 3 Nr. 2069. 3) Vgl. § 4.

656

B III 2. Handwerksordnung. §§ 21, 22

sittlicher Beziehung zum Halten und Anleiten von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen, die Befugnis, Lehrlinge zu halten oder anzuleiten, ganz oder auf Zeit entziehen 1 ). (2) Die höhere Verwaltungsbehörde kann ferner Personen, die wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen zur ordnungsmäßigen Anleitung von Lehrlingen nicht geeignet sind, die Befugnis, Lehrlinge anzuleiten, entziehen. (3) Nach Ablauf eines Jahres kann sie die nach Absatz 1 oder 2 entzogene Befugnis wieder einräumen. 2. Abschnitt.

Lehrverhältnis

§ 21. (Lehrvertrag) (1) Der Lehrherr hat mit dem Lehrling binnen vier Wochen nach Beginn der Lehre einen Lehrvertrag schriftlich abzuschließen1). Dieser muß enthalten 1. die Bezeichnung des Handwerks, in welchem die Ausbildung erfolgen soll, 2. die Dauer der Lehrzeit, 3. die gegenseitigen Leistungen, 4. die gesetzlichen und sonstigen Voraussetzungen, unter denen die einseitige Auflösung des Lehrvertrages zulässig ist. (2) Der Lehrvertrag ist von dem Lehrherrn oder seinem Stellvertreter, dem Lehrling und dessen gesetzlichem Vertreter zu unterschreiben. (3) Auf Lehrverhältnisse zwischen Eltern und ihren Kindern finden die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 keine Anwendung; der Handwerkskammer ist jedoch das Bestehen des Lehrverhältnisses, der Tag seines Beginns, das Handwerk, in welchem die Ausbildung erfolgen soll, und die Dauer der Lehrzeit schriftlich anzuzeigen1). (4) Der Lehrherr hat den Lehrvertrag binnen zwei Wochen nach Abschluß des Vertrages der Handwerkskammer zur Eintragung in die Lehrlingsrolle (§ 84 Abs. 1 Nr. 4) einzureichen1). (5) Der Lehrvertrag ist gebühren- und stempelfrei. § 22. (Pflichten des Lehrherrn) (1) Der Lehrherr ist verpflichtet, für die berufliche Ausbildung des Lehrlings in dem zu erlernenden Handwerk nach den Vorschriften der Handwerkskammer über die Lehrlingsausbildung zu sorgen, ihn zum Besuch der Berufs- oder Fachschule anzuhalten und den Schulbesuch zu überwachen. Er muß entweder selbst oder durch einen anleitungsberechtigten Vertreter die Ausbildung des Lehrlings leiten und ihn hierbei zu Fleiß und gutem Betragen anhalten. Dem Lehrling dürfen nicht Arbeitsverrichtungen zugewiesen werden, die seinen körperlichen Kräften nicht angemessen sind 1 ). (2) Der Lehrherr hat ferner Lehrlingen, die in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen sind2), eine angemessene Unterkunft, eine ausreichende Kost und bei Erkrankung die erforderliche Pflege zu gewähren. Zu § 20: 1) Halten oder Anleiten nach Entziehung ist strafbar nach § 110 Nr. 1. Zu § 2 1 : 1) Strafbestimmung §111 Abs. 2 Nr. 2. Mangel der Schriftform macht den Lehrvertrag nicht ungültig. Zu § 22: 1) RiStV. Nr. 276. Strafbestimmung § 111 Abs. 2 Nr. 1. 2) Der Lehrherr wird den in die häusliche Gemeinschaft aufgenommenen Lehrling auch dahin zu überwachen haben, daß sich der Lehrling auch außerhalb des Betriebes eines anständigen Lebenswandels befleißigt (vgl. § 24 Abs. 2).

B III 2. Handwerksordnung. §§ 23—25

657

(3) Dem Lehrling dürfen nur solche Verrichtungen übertragen werden, die dem Ausbildungszweck entsprechen.

§ 23. (Lehrzeugnis) (1) Nach Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling ein Zeugnis (Lehrzeugnis) auszustellen, das Angaben über das erlernte Handwerk und die Dauer der Lehrzeit, über die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie auf Wunsch des Erziehungsberechtigten über das Betragen enthalten muß. Das Lehrzeugnis ist von der Gemeindebehörde gebühren- und stempelfrei zu beglaubigen. (2) Der Lehrherr hat den Lehrling zur Ablegung der Zwischenprüfungen 1 ) und der Gesellenprüfung 2 ) anzuhalten, ihm die hierzu erforderliche Zeit zu gewähren und die notwendigen Werkstoffe und Werkzeuge kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

§ 24. (Pflichten des Lehrlings) (1) Der Lehrling ist verpflichtet, die Vorschriften der Handwerkskammer über die Lehrlingsausbildung zu befolgen, die im Betriebe bestehende Ordnung zu beachten und die ihm übertragenen Arbeiten gewissenhaft auszuführen. Er hat für die Dauer der Lehrzeit die Berufsschule regelmäßig zu besuchen und sich den Zwischenprüfungen nach den von der Handwerkskammer erlassenen Vorschriften zu unterziehen. (2) Der Lehrling ist der väterlichen Obhut des Lehrherrn anvertraut und dem Lehrherrn und den Personen, die für den Lehrherrn die Ausbildung leiten, zu Folgsamkeit, Fleiß und zu anständigem Betragen verpflichtet. Körperliche Züchtigung sowie jede die Gesundheit des Lehrlings gefährdende Behandlung sind verboten.

§ 25. (Probezeit, Dauer des Lehrverhältnisses) (1) Das Lehrverhältnis beginnt mit der Probezeit; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen. Während der Probezeit kann das Lehrverhältnis jederzeit durch einseitigen Rücktritt aufgelöst werden. (2) Nach Ablauf der Probezeit kann das Lehrverhältnis ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt 1 ). Die Kündigung Zu § 23: 1) Die Zwischenprüfung, die von den Handwerksinnungen weitgehend eingeführt ist, ist sowohl für den Lehrherrn, den Lehrling und den Erziehungsberechtigten als auch für die das Lehrlingswesen überwachende Handwerksinnung und Handwerkskammer ein wertvolles Mittel, den Stand und den Fortschritt in der Ausbildung der Lehrlinge festzustellen. Bei Vernachlässigung der Prüfungsüberwachung Strafbestimmung § 111 Abs. 2 Nr. 1. 2) Dazu hat der Lehrling ein Gesellenstück anzufertigen. Zu § 25: 1) Wichtiger Grund zur Lösung des Lehrvertrages kann jeder Umstand, jedes Ereignis und jeder Vorfall sein, der unter Berücksichtigung der sich aus dem Lehrvertrag ergebenden beiderseitigen Rechte und Pflichten so erheblich ist, daß dem Kündigenden die Fortsetzung des Lehrverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei ist bei der Frage nach der Unzumutbarkeit besonders Gewicht auf eine sorgfältige Abwägung der Interessen des Kündigenden und der Belange des anderen Teils im Hinblick auf die beiderseitige Treuepflicht zu legen. Urt. des LAG. Mannheim v. 17. 9. 1950 (DHB1. Nr. 13/53, Arbeitsrechtl. Beil.). Wichtige Gründe sind auf Seiten des Lehrherrn, andauernder Mangel an Fleiß, ungenügende Leistungen, häufige Unpünktlichkeit, vorsätzliche oder grobfahrlässige Sachbeschädigung, Fernbleiben vom Berufsschulunterricht, Ungehorsam und schlechtes Betragen gegenüber dem Lehrherrn und den mit der Anleitung Beauftragten, Ausführung von Schwarzarbeit, Störung der betrieblichen Ordnung u. a. Auf Seiten des Lehrlings jedes Verhalten des Lehrherrn durch das er schuldhaft seine Lehrvertragspflichten verletzt und dadurch das Erreichen des Lehrzieles gefährdet. Weitere Gründe s. Hartmann-Philipp Anm. 3. 42

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

658

B III 2.Handwerksordnung. §§ 26—46

ist nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. (3) Das Lehrverhältnis gilt im Falle des Todes des Lehrherrn, sofern die Aufhebung des Lehrvertrages binnen vier Wochen schriftlich geltend gemacht wird, mit der Abgabe der Auflösungserklärung als beendet.

§ 26. (Wechsel) Wird von dem gesetzlichen Vertreter für den Lehrling oder, wenn der letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder Beruf übergehen werde, so gilt das Lehrverhältnis, falls der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als gelöst. r) Binnen drei Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben Handwerk von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren Lehrherm nicht beschäftigt werden 2 ). § 27 (nicht abgedruckt)

§ 28. (Beendigung des Lehrverhältnisses) Das Lehrverhältnis endigt mit dem Ablauf der Lehrzeit.

§ 29. (Lehrlingszüchterei) Wenn der Lehrherr eine im Mißverhältnis zu dem Umfang oder der Art seines Handwerksbetriebes stehende Zahl von Lehrlingen hält und dadurch die Ausbildung der Lehrlinge gefährdet erscheint, kann die höhere Verwaltungsbehörde im Benehmen mit der Handwerkskammer dem Lehrherrn aufgeben, eine entsprechende Zahl von Lehrlingen zu entlassen; es kann ihm ferner untersagt werden, Lehrlinge über eine bestimmte Zahl hinaus zu halten 1 ). 3. Abschnitt. 4. Abschnitt.

Lehrzeitdauer Gesellenprüfung

§§ 30, 31 (nicht abgedruckt) §§ 32—40

DRITTER

(nicht abgedruckt)

TEIL

Meisterprüfung, Meistertitel 1. Abschnitt.

Meisterprüfung

§§ 41—45

2. Abschnitt.

(nicht abgedruckt)

Meistertitel

§ 46 Die Bezeichnung Meister in Verbindung mit einem Handwerk (§ 1 Abs. 2) oder in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit in einem Z u § 26: 1) Gesetzt. Ausschlußfrist, die durch Vertrag nicht verlängert werden kann. Die Erklärung ist widerruflich. 2) Sperrfrist-Strafbestimmung § 111 Abs. 1 Nr. 4. Z u § 29: 1) Strafbestimmung § 111 Abs. 1 Nr. 5.. Z u § 46: 1) S. § 133 Abs. 2 GewO. Über Meisterprüfungsordnung vgl. S. 466. Strafbestimmung § 110 Nr. 2.

Rohlfing-Kiskalt

B I I I 2. Handwerksordnung. §§ 47—111

659

Handwerk oder in mehrerenHandwerken hinweist, darf nur führen2), wer für dieses Handwerk oder für diese Handwerke die Meisterprüfung bestanden hat. VIERTER

TEIL

Organisation des Handwerks §§ 47—72 (nicht abgedruckt)

1. Abschnitt. Handwerksinnungen 2. Abschnitt.

§§ 73—78 (nicht abgedruckt)

Innungsverbände

3. Abschnitt. Kreishandwerkerschaften 4. Abschnitt.

§§ 79—82 (nicht abgedruckt)

Handwerkskammern

§ 83 (1) Zur Vertretung der Interessen des Handwerks werden Handwerkskammern errichtet; sie sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes1). (2) nicht abgedruckt. § § 84—109 (nicht abgedruckt) FÜNFTER

TEIL

S t r a f - , Ü b e r g a n g s - und Schlußbestimmungen 1. Abschnitt.

Strafbestimmungen

§ 110. (Vergehen) Mit Geldstrafe wird bestraft1), wer 1. den Bestimmungen der §§ 17 bis 20 zuwider Lehrlinge hält, anleitet oder anleiten läßt, 2. der Vorschrift des § 46 zuwider die Bezeichnung Meister führt. § 111.

(Ordnungswidrigkeit)

(l) 1 )

Eine Ordnungswidrigkeit begeht, wer 1. entgegen der Vorschrift des § 1 ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt2), 2) Vgl. Anm. 2, 6 zu § 132a S t G B . Zu § 8 3 : 1) Wahlordnung in der nicht abgedruckten Anlage B (BGBl. I S. 1432). Zu § 110: 1) Vgl. Richtlinien Nr. 276. Es ist Vorsatz erforderlich. Die Verjährung beginnt mit der Beendigung des ungesetzl. Haltens usw. Frist § 67 Abs. 2 S t G B . Zu § 111: 1) Bei den in Absatz 1 bezeichneten Ordnungswidrigkeiten ist — im Gegensatz zu Abs. 2 — vorsätzliches Handeln erforderlich (§11 Abs. 1 OWiG. — A 4 •—). 2) Unabhängig hiervon kann die gesetzwidrige selbständige Ausübung eines Handwerks im Verwaltungszwangsverfahren verhindert werden; vgl. § 15 Abs. 2 GewO. Abgesehen hiervon kann die Fortsetzung eines Handwerksbetriebes durch polizeiliche Maßnahmen unterbunden werden. § 14 Abs. 1 PrPVG. unter E . 5. 42»

660

B III 2. Handwerksordnung. §§ 112—115

2. 3. 4. 5.

die nach § 15 Abs. 2 erforderlichen Anzeigen nicht unverzüglich erstattet, die nach § 16 erforderliche Auskunft verweigert3), der Bestimmung des § 26 Satz 2 zuwider einen Lehrling beschäftigt, der nach § 29 getroffenen Anordnung der höheren Verwaltungsbehörde nicht nachkommt. (2) Eine Ordnungswidrigkeit begeht ferner, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. die gesetzlichen Pflichten gegen die ihm anvertrauten Lehrlinge verletzt 4 ), 2. den Lehrvertrag nicht ordnungsgemäß abschließt (§ 21 Abs. 1) oder es unterläßt, den Lehrvertrag fristgemäß einzureichen (§ 21 Abs. 4)5) oder die nach § 21 Abs. 3 erforderliche Anzeige zu erstatten. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden 6 ). 2. Abschnitt.

Übergangsbestimmungen

§ H2 (1) Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes verhandene Berechtigung eines Gewerbetreibenden, ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig zu betreiben, bleibt bestehen. Soweit die Berechtigung zur Ausübung eines selbständigen Handwerks anderen bundesrechtlichen Beschränkungen als den in diesem Gesetz bestimmten unterworfen ist, bleiben diese Vorschriften unberührt. (2) Ist ein nach Absatz 1 Satz 1 berechtigter Gewerbetreibender bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht in der Handwerksrolle eingetragen, so ist er auf Antrag oder von Amts wegen binnen drei Monaten in die Handwerksrolle einzutragen. § 113 Bis zum Erlaß von Bestimmungen gemäß § 6 Abs. 3 bleibt die Verordnung des Reichswirtschaftsministers über die Einrichtung und Anlegung der Handwerksrolle vom 25. April 1929 (Reichsgesetzbl. I S. 87) nebst den hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen der Länder in Kraft. § 114 Bis zum Erlaß einer Bestimmung des Bundesministers für Wirtschaft gemäß § 9 Abs. 2 gilt insoweit die Bekanntmachung des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages über den Wortlaut der Handwerkskarte vom 15. Mai 1936. § H5 Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhandene Befugnis zum Halten oder Anleiten von Lehrlingen in Handwerksbetrieben bleibt bestehen. 3) Verweigerung setzt ein vorgängiges Auskunftsverlangen voraus und bedeutet lediglich: Vorsätzl. Nichterteilung der geforderten Auskunft. Nr. 3 ist anwendbar, gleichviel, ob die Auskunft in vollem Umfang oder nur zu einzelnen Punkten nicht erteilt sind. Bei falschen Angaben ist Nr. 3 unanwendbar. 4) Die Vorschriften richten sich gegen den Lehrherrn, der die ihm nach §§ 22, 23 Abs. 1, 24 Abs. 2 Satz 2 obliegenden Pflichten verletzt. Körperl. Züchtigung (§ 24 Abs. 2 Satz 2) ist Körperverletzung (§ 223 StGB.); insoweit gilt § 4 OWiG. Unberührt bleiben Strafvorschriften wegen Verletzung von Pflichten, die dem Lehrherrn nach anderen Vorschriften obliegen. Verletzung lediglich vertraglich übernommener Pflichten, die über die gesetzlichen Pflichten hinausgehen, fällt nicht unter Nr. 1. 5) Die Ordnungswidrigkeit ist (auch nach Fristablauf) solange begangen, als nicht ein Lehrvertrag ordnungsgemäß abgeschlossen und eingereicht wird. Nichtabschluß und Nichteinreichung stellen eine Ordnungswidrigkeit dar. 6) Es findet also das OWiG. — A 4 — Anwendung; vgl. dort § 1.

B I I I 2. Handwerksordnung. §§ 116—121

661

§ 116 (nicht abgedruckt) § 117 Der Meisterprüfung im Sinne des § 41 bleiben die in § 133 Abs. 10 der Gewerbeordnung bezeichneten Prüfungen gleichgestellt, sofern sie vor Inkrafttreten dieses Gesetzes abgelegt worden sind. § § 118—120 (nicht abgedruckt) 3. Abschnitt.

Schlußbestimmungen

§ 121 (1) Gesetze und Verordnungen des Reiches, des Bundes und der Länder, die mit diesem Gesetz in Widerspruch stehen, werden mit den zu ihrer Durchführung, Änderung und Ergänzung ergangenen Verordnungen, Durchführungsbestimmungen, Anordnungen und Erlassen aufgehoben. (2) Insbesondere werden aufgehoben: 1. das Gesetz über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 29. November 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 1015), 2. die Erste Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 15. Juni 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 493), 3. die Zweite Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 18. Januar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 14) mit den hierzu ergangenen Verordnungen vom 7. Oktober 1936 (Reichsgesetzbl. I S. 905) und vom 8. Februar 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 166), 4. die Dritte Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 18. Januar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 15) in der Fassung der Verordnung vom 22. Januar 1936 (Reichsgesetzbl. I S. 42), 5. die Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet des Handwerksrechts vom 17. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 2046), 6. die Verordnung über die Durchführung des Vierjahresplanes auf dem Gebiet der Handwerkswirtschaft vom 22. Februar 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 327), 7. die Verordnung über die Zuständigkeit der in Preußen bei Eintragung und Löschung in der Handwerksrolle im Einspruchsverfahren entscheidenden Behörden vom 19. März 1935 (Ministerialblatt für Wirtschaft und Arbeit S. 125), 8. die Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet der Berufsausbildung im Handwerk vom 6. Januar 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 32), 9. die Vierte Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft (Handwerksrollenverordnung) vom 13. August 1942 (Reichsgesetzblatt I S. 519), 10. die Sechste Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft vom 23. März 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 158), •11. die Verordnung des Zentralamtes für Wirtschaft in der britischen Zone über den Aufbau des Handwerks vom 6. Dezember 1946 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1947 S. 21, Amtsblatt

662

B III 2. Handwerksordnung. § 122

für Niedersachsen 1947 S. 7, Amtsblatt für Schleswig-Holstein 1947 S. 13, Amtlicher Anzeiger Beiblatt zum Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt 1947 S. 17), 12. die Verordnung des Verwaltungsamtes für Wirtschaft des amerikanischen und britischen Besatzungsgebietes über die Wahlen zur Handwerkskammer vom 24. Juli 1947 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land NordrheinWestfalen 1948 S. 25, Amtsblatt für Niedersachsen 1947 S. 228, Amtsblatt für Schleswig-Holstein 1947 S. 531, Amtlicher Anzeiger Beiblatt zum Hamburgischen Gesetz- und Verordnungsblatt 1947 S. 471), 13. das Landesgesetz des Landes Rheinland-Pfalz über die Neufassung des Handwerksrechts (Handwerksordnung) vom 2. September 1949 (Gesetzund Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz Teil I S. 379), 14. die Rechtsanordnung des Landes Württemberg-Hohenzollern zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 5. November 1946 (Amtsblatt des Staatssekretariats für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Hohenzollerns 1947 S. 1), 15. die Bekanntmachung des Reichswirtschaftsministers vom 6. Dezember 1934 betr. Verzeichnis der Gewerbe, die handwerksmäßig betrieben werden können (Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Nr. 287 vom 8. Dezember 1934) mit den hierzu ergangenen Änderungen und Ergänzungen, 16. die Wahlordnung für die Wahlen der Mitglieder der Handwerkskammern vom 16. Mai 1929 (Reichsgesetzbl. I S. 102). § 122 Es werden ferner aufgehoben: 1. aus der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juni 1869/ 26. Juli 1900 (Bundesgesetzbl. S. 245/ Reichsgesetzbl. S. 871) in der gegenwärtig geltenden Fassung die §§ 103 bis 103 r, 129 bis 132 a, 133 Abs. 1 und Abs. 3 bis 10, sowie § 148 Abs. 1 Nr. 9 b, soweit in ihm auf die §§ 129 und 130 Bezug genommen wird, und § 148 Abs. 1 Nr. 9 c, 2. der § 4 der Verordnung über die Übertragung von Verwaltungsentscheidungen in der Wirtschaftsverwaltung vom 30. Januar 1941 (Reichsgesetzblatt I S. 87), 3. der § 3 des Gesetzes des Landes Niedersachsen über die Zulassung und Schließung von Gewerbebetrieben (Gewerbezulassungsgesetz) vom 29. Dezember 1948 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 188) sowie Artikel 3 und Artikel 10 Abs. 2 der Verordnung des Niedersächsischen Staatsministeriums zur Durchführung des Gesetzes über die Zulassung und Schließung von Gewerbebetrieben (Gewerbezulassungsgesetz) vom 7. Januar 1949 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 15, 36) in der Fassung der Verordnung vom 23. Januar 1951 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 11), 4. der § 3 der Verordnung der Freien Hansestadt Bremen zur Änderung der Zweiten Durchführungsverordnung zum Übergangsgesetz zur Regelung der Gewerbefreiheit vom 26. August 1949 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen S. 203), 5. der § 5 des Gesetzes der Freien Hansestadt Bremen über die Übertragung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Kammern auf staatliche Behörden vom 26. Januar 1949 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen S. 21).

B I I I 2. Handwerksordnung. §§ 123—125

663

§ 123 (1) Sind in Gesetzen und Verordnungen des Reiches, des Bundes und der Länder Vorschriften enthalten, die mit diesem Gesetz nicht in Einklang stehen, so sind sie insoweit nicht mehr anzuwenden. (2) Insbesondere sind insoweit nicht mehr anzuwenden: 1. das Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft vom 27. Februar 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 185) und die Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft vom 20. April 1942 (Reichsgesetzbl. I S. 189) nebst den zur Durchführung, Änderung und Ergänzung des Gesetzes und der Verordnung ergangenen Verordnungen, Durchführungsbestimmungen, Anordnungen und Erlassen, 2. Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft (Beiträgegesetz) vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235). (3) Es sind ferner insoweit nicht mehr anzuwenden: 1. aus der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juni 1869/26. Juli 1900 (Bundesgesetzbl. S. 245/Reichsgesetzbl. S. 871) in der gegenwärtig geltenden Fassung der § 30c, die §§ 81 bis 99, 104 bis 104n, 126 bisl28, 144a, 148 Abs. 1 Nr. 9, 9a und § 148 Abs. 1 Nr. 9b, soweit in ihm auf § 128 Bezug genommen wird, sowie § 148 Abs. 1 Nr. 10 und § 150 Abs. 1 Nr. 4a, 2. die §§ 4 und 7 der Zweiten Durchführungsverordnung der Freien Hansestadt Bremen zum Ubergangsgesetz zur Regelung der Gewerbefreiheit vom 14. Februar 1949 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen S. 81), 3. die §§ 3a und 8 der Verordnung der Freien Hansestadt Bremen zur Änderung der Zweiten Durchführungsverordnung zum Übergangsgesetz zur Regelung der Gewerbefreiheit vom 26. August 1949 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen S. 203), 4. die §§ 1, 6, 7 und 8 des Gesetzes der Freien Hansestadt Bremen über die Übertragung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Kammern auf staatliche Behörden vom 26. Januar 1949 (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen S. 21).

4. Abschnitt. Berlin-Klausel

und

Inkrafttreten

§ 124 Mit Ausnahme des § 49 Abs. 5 gilt dieses Gesetz nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes (Drittes Überleitungsgesetz) vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. § 125 Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft 1 ). Zu § 125: 1) D. h. am 24. 9. 1953.

664

B I I I 3. Aktiengesetz. §§ 294, 295

B III 3. Aktiengesetz Vom 30. 1. 1937 (RGBl. I S. 107) i.d.F. von § 84 des Ges. v. 11.10.1952 (BGBL I S. 681) (Auszug)

§ 2941). [Untreue] (1) Wer als Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrats oder als Abwickler vorsätzlich zum Nachteil der Gesellschaft handelt, wird mit Gefängnis bestraft. (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefängnisstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren; ein besonders schwerer Fall liegt namentlich dann vor, wenn die Tat das Wohl des Volks geschädigt oder einen besonders großen Schaden zur Folge gehabt oder der Täter besonders arglistig gehandelt hat. § 295. [Falsche Angaben] (1) Mit Gefängnis werden bestraft: 1. Gründer1) oder Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats, die zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft über die Zeichnung, die Einzahlung auf die Aktien, die Verwendung eingezahlter Beträge, den Ausgabebetrag der Aktien, über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sacheinlagen und Sachübernahmen sowie im Gründungsbericht oder im Prüfungsbericht falsche Angaben machen2) oder erhebliche Umstände3) verschweigen ; 2. Personen, die in der öffentlichen Ankündigung nach § 40 Nr. 3 falsche Angaben machen oder erhebliche Umstände verschweigen4); 3. Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats, die zum Zweck der Eintragung einer Erhöhung des Grundkapitals (§§ 149ff., 169ff.) über die Einbringung des bisherigen, die Zeichnung oder Einbringung des neuen Kapitals, den Ausgabebetrag der Aktien oder über Sacheinlagen falsche Angaben machen oder erhebliche Umstände verschweigen; 4. Vorstandsmitglieder, die zum Zweck der Eintragung einer bedingten Kapitalerhöhung über die Ausgabe der Bezugsaktien falsche Angaben machen6) oder erhebliche Umstände verschweigen; 5. Abwickler, die zum Zweck der Eintragung der Fortsetzung der Gesellschaft in dem von ihnen nach § 215 Abs. 3 zu führenden Nachweis6) falsche Angaben machen oder erhebliche Umstände verschweigen. (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Zu B III 3: Z u § 294: 1) Wegen des Verhältnisses zu § 266 StGB. vgl. dort Anm. 13. Vgl. im übrigen die Anm. zu § 81a GmbH.-Ges. — B I I I 4 —. Z u § 295: 1) Vgl. §§ 21, 221 Abs. 2 Akt.-Ges. 2) „gemacht" sind die falschen Angaben mit der Einreichung beim Registergericht (vgl. § 29 Akt.-Ges.) E. 37, 25. Nur vorsätzliches Handeln ist strafbar. 3) erheblich sind Umstände, deren Kenntnis für die Entschließung des Gerichts oder eines Beteiligten von Bedeutung sein kann; eine Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich. RG. J W . 31, 204. 4) „öffentliche Ankündigung" s. Anm. 6 zu § 82 GmbH.-Ges. — B I I I 4 — . Die zeitliche Grenze in § 40 Nr. 3 (vor Eintragung oder in den ersten 2 Jahren nach Eintragung) ist nicht Tatbestandsmerkmal, sondern objektive Bedingung der Strafbarkeit. E. 40, 64. 5) Vgl. §§ 159ff., 168 Akt.-Ges. 6) daß noch nicht mit der Verteilung des Vermögens der Gesellschaft unter die Aktionäre begonnen worden ist.

B III 3. Aktiengesetz. §§ 296, 297

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§ 296. [Unrichtige Darstellung. Unzulässige Aktienausgabe] (1) Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder Abwickler werden mit Gefängnis bestraft, wenn sie1) 1. in ihren Darstellungen, in ihren Übersichten über den Vermögensstand der Gesellschaft, in den den Abschlußprüfern oder sonstigen Prüfern gegebenen Auskünften oder in Vorträgen und Auskünften in der Hauptversammlung die Verhältnisse der Gesellschaft unwahr darstellen oder verschleiern 2 ); 2. im Geschäftsbericht über die Tatsachen des § 128 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 falsche Angaben machen oder erhebliche Umstände verschweigen; 3. Namensaktien ausgeben, in denen der Betrag der Teilleistung nicht angegeben ist, oder Inhaberaktien ausgeben, bevor auf sie der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag voll geleistet ist (§ 10 Abs. 2) ; 4. Aktien oder Zwischenscheine ausgeben, bevor die Gesellschaft oder im Fall einer Kapitalerhöhung (§§ 149ff., 169ff.) die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals oder im Fall einer bedingten Kapitalerhöhung 3 ) der Beschluß über die bedingteKapitalerhöhung eingetragen ist; 5. Aktien oder Zwischenscheine ausgeben, die auf einen geringeren als den nach § 8 zulässigen Mindestnennbetrag lauten; 6. Wandelschuldverschreibungen ohne Genehmigung ausgeben (§ 174). (2) In den Fällen der Nr. 1 und 2 kann zugleich auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, in besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden.

§ 297. [Beschlußunfähigkeit des Aufsichtsrats. Unterlassen des Konkursund Vergleichsantrages] Mit Gefängnis bis zu drei Monaten wird bestraft: 1. wer es als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder als Abwickler vorsätzlich oder fahrlässig nicht hindert 1 ), daß länger als drei Monate im Aufsichtsrat die zur Beschlußfähigkeit nötige Zahl 2 ) von Mitgliedern fehlt ; 3 2. ) Wer es als Vorstandsmitglied vorsätzlich oder fahrlässig unterläßt, bei Verlust die Hauptversammlung zu berufen und dieser von dem Eintritt des Verlustes Anzeige zu machen (§ 83 Abs. 1) oder bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen ( § 8 3 Abs. 2); Z u § 296: 1)Vorsatz erforderlich. 2) Vgl. Anm. 7 zu § 82 GmbH.-Ges. — B III 4 —. 3) §§ 159ff. Akt.-Ges. Z u § 297: 1) indem er nicht für die Einberufung einer Hauptversammlung sorgt oder nicht gem. § 89 Akt.-Ges. eine Ergänzung der erforderlichen Zahl durch das Gericht beantragt. 2) Die Bedeutung derVorschrift ist zweifelhaft. Nach § 4 des Ges. v. 1 8 . 4 . 1 9 5 0 (BGBl. S. 90) können Beschlüsse des Aufsichtsrats nur bei Beteiligung von 3 Mitgliedern gefaßt werden. Dagegen wird in § 89 AktGes., an den § 297 anknüpft, unter der zur Beschlußfähigkeit nötigen Zahl die nach Gesetz (§ 86) erforderliche Mindestzahl (3) oder die in der Satzung festgesetzte (durch 3 teilbare) höhere Zahl der Mitglieder, aus denen der Aufsichtsrat besteht, verstanden. In diesem letzteren Sinne ist wohl der Begriff der Beschlußfähigkeit hier zu verstehen. Diese Auslegung ist auch durch das BetriebsverfGes. v. 11. 10. 1952 geboten (vgl. BayObLG. N J W . 54, 1001; ferner Schmitt und Herold N J W . 53, 1374, 1809 und die Übersicht N J W . 53, 1615 zu I 2b).

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B III 3. Aktiengesetz. §§ 298—300

3.3) Wer es als Abwickler vorsätzlich oder fahrlässig unterläßt, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen (§ 209 Abs. 2). § 298. [Falsche Ausstellung und Verfälschung von Hinterlegungsbescheinigungen] (1) Mit Gefängnis wird bestraft, wer über die Hinterlegung von Aktien oder Zwischenscheinen Bescheinigungen, die zum Nachweis des Stimmrechts in einer Hauptversammlung dienen sollen1), wissentlich2) falsch ausstellt oder verfälscht oder von einer solchen Bescheinigung wissend, daß sie falsch oder verfälscht ist, zur Ausübung des Stimmrechts Gebrauch macht 3 ). (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, in besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden. § 299. [Stimmkauf] 1 ) Mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu einem Jahr wird bestraft: 1. wer sich besondere Vorteile dafür gewähren oder versprechen läßt, daß er bei einer Abstimmung in der Hauptversammlung nicht oder in einem gewissen Sinne stimme; 2. wer besondere Vorteile dafür gewährt oder verspricht, daß jemand bei einer Abstimmung in der Hauptversammlung nicht oder in einem gewissen Sinne stimme. § 300. [Stimmrechtsmißbrauch] Mit Geldstrafe bis zu hunderttausend Deutsche Mark wird bestraft 1 ): 1. wer die Aktien2) eines anderen, zu dessen Vertretung er nicht befugt ist, ohne dessen Einwilligung zur Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung oder zur Ausübung eines der Rechte in den §§ 106, 112, 118, 122, 125 Abs. 7, §§ 136, 197, 206, 216, 244 benutzt; 2. wer zur Ausübung des Stimmrechts oder der in Nr. 1 bezeichneten Rechte Aktien eines anderen benutzt, die er sich zu diesem Zweck durch Gewähren oder Versprechen besonderer Vorteile verschafft hat, und wer die Aktien zu dem bezeichneten Zweck gegen Gewähren oder Versprechen besonderer Vorteile überlassen hat 3 ) ; 3) Die Vorschriften sind wieder in Geltung, nachdem ihre kriegsbedingte Unanwendbarkeit (vgl. VO. v. 4. 9. 1939, RGBl. I S. 1694) durch das in Anm. 2 bezeichnete Gesetz 1950 aufgehoben wurde. Z u § 298: 1) Vgl. § 107 Abs. 2 Akt.-Ges. 2) vorsätzlich (unter Ausschluß des bedingten Vorsatzes). 3) Die falsche Ausstellung kann darin bestehen, daß eine zur Entgegennahme der Hinterlegung zuständige Person oder Stelle eine inhaltlich unrichtige Erklärung abgibt oder daß ein Dritter unter dem Namen einer solchen Hinterlegungsperson (-Stelle) eine Bescheinigung fälschlich anfertigt. Soweit die Ausstellung die Tatbestandsmerkmale der §§ 348 oder 267 StGB, verwirklicht, ist § 298 lex specialis; das gleiche gilt für das Verfälschen (vgl. Anm. 5 zu § 267 StGB.) einer solchen Bescheinigung sowie für das Gebrauchmachen von einer fälschlich angefertigten oder verfälschten Bescheinigung. Z u § 299: 1) Vgl. die Anm. zu § 108b StGB. Z u § 300: 1) Vorsatz erforderlich. 2) Oder Zwischenscheine. 3) Trotz des Wortlauts „überlassen hat" (im Gegensatz zu „überläßt" in Nr. 3) ist davon auszugehen, daß schon die Überlassung den Tatbestand verwirklicht, ohne daß es einer

B I I I 3. Aktiengesetz. §§ 301—304

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3. wer Aktien, für die er das Stimmrecht nach § 114 Abs. 4 bis 7, § 118 Abs. 1 Satz 2, § 227 Abs. 1 nicht ausüben darf, einem anderen zum Zweck der Ausübung des Stimmrechts überläßt3) sowie wer solche Aktien zur Ausübung des Stimmrechts benutzt; 4. wer Angaben nach § 110 nicht oder nicht richtig macht4). § 301. [Unrichtige Wiedergabe des Jahresabschlusses, unterlassene Namensangabe] (1) Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder Abwickler werden mit Geldstrafe bestraft, wenn sie es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen, für die Einhaltung des § 144 über die Wiedergabe des Jahresabschlusses und der §§ 100, 128 Abs. 4 und des § 209 Abs. 5 über die Angaben der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats und der Abwickler zu sorgen. (2) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag der amtlichen Vertretung des Handelsstands ein1). § 302. [StrafVorschriften gegen Prüfer] Mit Gefängnis oder Geldstrafe wird bestraft 1 ): 1. wer als Prüfer oder als Gehilfe eines Prüfers über das Ergebnis der Prüfung falsch berichtet 2 ) oder erhebliche3) Umstände im Bericht verschweigt; 2. wer als Prüfer oder als Gehilfe eines Prüfers seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt4) oder unbefugt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die er bei Wahrnehmung seiner Obliegenheiten erfahren hat, verwertet5); 3. wer als Vorsitzer des Aufsichtsrats einer Prüfungsgesellschaft oder als sein Stellvertreter die durch Einsicht eines Berichts erlangten Kenntnisse verwertet, ohne daß es die Erfüllung der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats fordert6). § 304. [Persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditges. a.A.] Die Vorschriften dieses Buches über Vorstandsmitglieder gelten sinngemäß für die persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft auf Aktien. Benutzung zur Ausübung des Stimmrechts bedarf. Überlassen = Einräumung der tatsächlichen Verfügungsgewalt. 4) D. h. die Angaben für das Verzeichnis der Teilnehmer an der Hauptversammlung. Wer im eigenen Namen das Stimmenrecht für ihm nicht gehörende Aktien ausüben will (§ 110 Satz 2), ist zur Angabe dessen, dem sie gehören, nicht verpflichtet (str.). Z u § 301: 1) Der Industrie- und Handelskammer. Z u § 302: 1) Vorsatz erforderlich. 2) D. h. das Ergebnis der Prüfung unrichtig wiedergibt; ob das Ergebnis der Prüfung richtig oder falsch ist, ist bedeutungslos. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 295. 4) Die Verschwiegenheitspflicht und ihr Umfang ergeben sich aus §§ 4 2 , 1 2 0 , 1 4 1 Akt.-Ges. § 302 ist lex specialis gegenüber § 300 StGB. 5) Vgl. Anm. 4 und 14 zu § 17 UWG. — B III 6 —. 6) Vgl. § 42 Abs. 3 Satz 2, § 141 Abs. 3 Satz 2, § 120 Akt.-Ges.

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B I I I 4. Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. §§ 64, 71, 81 a

B III 4. Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Vom 20. April 1892 (RGBl. S. 477) i. d. F. der Ges. v. 25. 3.1930 (RGBl. I S. 93), 26. 5. 1933 (RGBl. I S. 298) und 26. 2. 1935 (RGBl. I S. 321) (Auszug) § 64. [Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung] J ) (1) Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig 2 ), so haben die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen3) nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Konkursverfahrens oder die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen; entsprechendes gilt, wenn sich bei4) der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Eine schuldhafte Verzögerung des Antrags liegt nicht vor, wenn die Geschäftsführer die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes betreiben. (2 )

§ 71. [Pflichten der Liquidatoren] (1) Die Liquidatoren haben sofort bei Beginn der Liquidation und demnächst in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. (2) Im übrigen haben sie die aus §§ 36, 37, 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1, 2 und 4, § 49 Abs. 1 und 2, § 64 sich ergebenden Rechte und Pflichten der Geschäftsführer. § 81a. [Untreue] 1 ) (1) Wer als Geschäftsführer 2 ), Liquidator oder Mitglied eines Aufsichtsrats oder eines ähnlichen Organs einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorZu B III 4 § 64: 1) Durch § 13 der VO. v. 4. 9. 1939 (RGBl. I S. 1694) wurde bis auf weiteres die Antragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit aufgehoben. Diese Einschränkung ist durch Ges. v. 18. 4. 1950 (BGBl. S. 90) wieder beseitigt. 2) Vgl. dazu Anm. 1 zu § 241 KO. — B IV 4 —. 3) Ein Geschäftsführer, der innerhalb der Dreiwochenfrist ausscheidet, ist nur dann straflos (vgl. § 84), wenn er entweder den Antrag vor seinem Ausscheiden stellt oder dahin wirkt, daß der neue Geschäftsführer ihn innerhalb der Frist stellt. B G H S t . 2, 53. 4) D. h. die Überschuldung muß sich aus einer ordnungsmäßig aufgestellten Bilanz ergeben. Bilanz = jede schriftliche Gegenüberstellung von Aktiven und Passiven. Ergibt eine sachlich unrichtige Bilanz keine Überschuldung, so besteht gleichwohl die Antragspflicht, wenn der Geschäftsführer die Unrichtigkeit kennt. E. 44, 51. Zu § 81a: 1) Wegen des Verhältnisses des § 81a zu § 266 StGB. vgl. dort Anm. 12, 13. 2) Darüber, wer als Geschäftsführer anzusehen ist, vgl. Anm. 2 zu § 83. Die die Gesellschaft benachteiligende Handlung braucht nicht in einer Verwaltungshandlung zu bestehen; auch eine private Schädigung genügt. RG. J W . 35, 196, 1787. § 81a trifft auch Untreuehandlungen, die der Geschäftsführer nach der Gründung, aber vor der Eintragung der GmbH, in das Handelsregister vornimmt; in diesem Falle schließt jedoch das Einverständnis der übrigen Gesellschafter eine Bestrafung wegen Untreue aus. B G H S t . 3, 23. Nach der Eintragung, also nach Entstehung der jur. Person ( § 1 1 GmbH.-Ges.), ist eine Einwilligung der Gesellschafter gleichgültig. E. 71, 353; BGH. a.a.O.; ebenso ist es bedeutungslos, ob der Täter die Mehrheit der Geschäftsanteile, BGHSt. 3, 39 oder — bei einer Einmann-GmbH. — alle Anteile besitzt. Auch bei Nichtigkeit der GmbH, ist § 81 a anwendbar. E. 43, 413; BGHSt. 3, 37.

B III 4. Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. § 82

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sätzlich zum Nachteil der Gesellschaft handelt 3 ), wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft. Daneben kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (2)4) In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefängnisstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Tat das Wohl des Volkes geschädigt oder einen anderen besonders großen Schaden zur Folge gehabt oder der Täter besonders arglistig gehandelt hat. § 82. [Falsche Angaben] (1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe werden bestraft: 1. Geschäftsführer1) und Mitglieder2) einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche behufs Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, sowie Geschäftsführer, welche behufs Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals in das Handelsregister dem Gericht (§ 7 Abs. 1) hinsichtlich der Einzahlungen auf die Stammeinlagen3) wissentlich4) falsche Angaben machen; 2. Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche, um die Eintragung einer Herabsetzung des Stammkapitals in das Handelsregister zu erwirken, dem Gericht (§ 7 Abs. 1) hinsichtlich der Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger5) wissentlich4) eine unwahre Versicherung abgeben; 3. Geschäftsführer, Liquidatoren sowie Mitglieder eines Aufsichtsrates oder ähnlichen Organs einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche in einer öffentlichen Mitteilung6) die Vermögenslage der Gesellschaft wissentlich unwahr darstellen oder verschleiern7). (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. 3) = Nachteil zufügt i. S. des § 266 StGB. (vgl. dort Anm. 11). 4) Vgl. Anm. 14 zu § 266 StGB. Das 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735), das den wörtlich mit Abs. 2 Satz 2 des § 81 a übereinstimmenden Satz 2 des § 266 Abs. 2 StGB, gestrichen hat, hat den Abs. 2 des § 81a unberührt gelassen; eine sachliche Verschiedenheit ist dadurch nicht entstanden (vgl. Anm. 14 zu § 266 StGB.). Zu § 82: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 83. 2) Die Erwähnung der Mitglieder der GmbH., die als solche nichts anzumelden haben, beruht auf einem Redaktionsversehen. E. 40, 191. 3) Vgl. §§ 8 Abs. 2, 57 Abs. 2 GmbH.-Ges. Falsche Angaben hinsichtlich der Einzahlung liegen auch vor bei Scheinzahlungen, d. h. Zahlungen, die alsbald nach Abgabe der Versicherung wieder zurückgehen sollen. RG. JW. 27, 1698. 4) wissentlich (hier noch im Sinne der älteren Terminologie gebraucht) = vorsätzlich einschl. des bedingten Vorsatzes. E. 15, 38; 48, 390. Eine Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich. RG. JW. 31, 204. 5) Vgl. § 58 GmbH.-Ges. 6) = in einer an einen unbestimmten (unbegrenzten) Personenkreis gerichteten (schriftlichen oder mündlichen) Mitteilung (vgl. Anm. 2 zu § 200 StGB.); dazu gehört auch eine Mitteilung an das Registergericht. 7) D. h. ohne geradezu unwahre Angaben zu machen, die Vermögenslage so darstellen, daß der wirkliche Stand der Dinge auch von einem in Bilanzdingen Kundigen nicht oder nur schwer erkannt werden kann und dadurch eine falsche Vorstellung bewirkt wird. E. 41, 300; 68, 346.

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§§ 83, 84, — B III 5. Gesetz betr. die Erwerbs- u. Wirtschaftsgenossenschaften. § 99

§ 83. [Konkursdelikte] Die Strafvorschriften der §§ 239 bis 241 der Konkursordnung 1 ) finden gegen die Geschäftsführer 2 ) einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche ihre Zahlungen eingestellt hat oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft 3 ) die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben. § 84. [Unterlassen des Konkurs- oder Vergleichsantrags] (1) Die Geschäftsführer oder die Liquidatoren einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung werden mit Gefängnis bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bestraft, wenn entgegen den Vorschriften des § 64 Abs. 1, § 71 Abs. 2 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens unterlassen ist 1 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. (3) Straflos bleibt derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, daß der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens ohne sein Verschulden unterblieben ist 2 ).

B III 5. Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Vom 20. 5. 1898 (RGBl. S. 370) (Auszug) § 99. [Zahlungsunfähigkeit] 1 ) (1) Wird die Genossenschaft zahlungsunfähig, so hat der Vorstand ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Konkursverfahrens oder die Eröffnung des gerichtZu § 83: 1) Abgedr. B IV 4. 2) Für die Liquidatoren einer GmbH, gilt § 244 KO. (B IV 4) — „Liquidatoren einer Handelsgesellschaft" —. E. 41, 309. Die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers gilt auch schon für die Zeit, bevor die GmbH, in das Handelsregister eingetragen wurde. E. 43, 407; BGHSt. 3, 25. Geschäftsführer ist auch, wer, ohne förmlich (rechtswirksam) dazu bestellt und in das Handelsregister eingetragen zu sein, t a t s ä c h l i c h die Aufgaben eines Geschäftsführers wahrgenommen hat, sofern dies im ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis mit den Gesellschaftern geschehen ist. BGHSt. 3, 38. 3) D. h. wenn sich die Konkurshandlungen auf das Vermögen und den Geschäftsbetrieb der GmbH, beziehen. E. 73, 117. Unter § 83 i. Verb, mit § 239 Abs. 1 Nr. 1 KO. (Beiseiteschaffen von Vermögensstücken) fallen aber auch Handlungen, die nicht im Interesse der GmbH, vorgenommen werden, sondern sich gegen sie richten (z. B. das Beiseiteschaffen von Vermögensstücken der GmbH, durch Diebstahl, Unterschlagung oder Untreue). E. 73, 68; in diesem Fall kann Tateinheit zwischen § 81 a und § 83 bestehen. Zu § 84: 1) Fahrlässigkeit genügt (vgl. Abs. 3). 2) Abs. 3 stellt also eine gesetzl. Vermutung für die Schuld am Unterbleiben auf und Straflosigkeit setzt voraus, daß eine positive Feststellung, es liege kein Verschulden vor, getroffen wird. Vgl. dazu E. 61, 293. Zu B III 5 § 99: 1) entspricht dem § 64 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Satz 2 GmbH.-Ges. — B III 4 —. Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 2.

B I I I 5. Ges. betr. die Erwerbs- u. Wirtschaftsgenossenschaften. §§ 118, 140, 146, 147

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liehen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Eine schuldhafte Verzögerung des Antrags liegt nicht vor, wenn der Vorstand die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes betreibt. (2) und (3) § 118. [Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der aufgelösten Genossenschaft]*) (1) Ergibt sich die Zahlungsunfähigkeit der aufgelösten Genossenschaft, so haben die Liquidatoren ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen; dasselbe gilt, wenn aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Jahres aufgestellten Bilanz sich eine Überschuldung der aufgelösten Genossenschaft ergibt. Eine schuldhafte Verzögerung des Antrags liegt nicht vor, wenn die Liquidatoren die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes betreiben. (2) und (8) § 140. [Konkurs bei Überschuldung] 1 ) Das Konkursverfahren findet bei bestehender Genossenschaft außer dem Falle der Zahlungsunfähigkeit in dem Falle der Überschuldung statt, sofern diese ein Viertel des Betrags der Haftsummen aller Genossen übersteigt. Der Vorstand hat, wenn eine solche Uberschuldung sich aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Jahres aufgestellten Bilanz ergibt, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach diesem Zeitpunkt die Eröffnung des Konkursverfahrens oder die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Eine schuldhafte Verzögerung des Antrags hegt nicht vor, wenn der Vorstand die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns betreibt § 146. [Untreue] 1 ) (1) Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats und Liquidatoren werden, wenn sie absichtlich2) zum Nachteile der Genossenschaft handeln, mit Gefängnis und zugleich mit Geldstrafe bestraft. (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) (Abs. 3 — eingefügt durch Art. V des Ges. v. 26. 5.1933 (RGBl. I S. 298) — entspricht wörtlich dem § 81a Abs. 2 G.m.b.H.-Ges., unter B III 4.) § 147. [Falsche Angaben] 1 ) (1) Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats und Liquidatoren werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bestraft, wenn sie in den von ihnen dem Gerichte (§ 10) zu machenden Anmeldungen, Anzeigen und Versicherungen2) wissentlich falsche Angaben machen, oder in ihren Darstellungen, Zu § 118: 1) Entspricht dem § 71 GmbH.-Ges. — B I I I 4 —. Straf Vorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 2. Zu § 140: 1) Strafvorschrift: § 148 Abs. 1 Nr. 2. Zu § 146: 1) Vgl. die Anm. zu § 81a GmbH.-Ges. — B I I I 4 —. 2) = vorsätzlich. Z u § 147: 1) Vgl. dazu § 82 GmbH.-Ges. und § 296 Abs. 1 Nr. 1 Akt.-Ges. — B I I I 3 — mit den dortigen Anm. 2) Solche Anmeldungen usw. sind zu machen nach §§ 10, 11, 14—16, 28, 58, 69, 76—81, 84, 133, 137, 138.

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B I I I 5. Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. §§ 148—150

ihren Übersichten über den Vermögensstand der Genossenschaft, über die Mitglieder und die Haftsummen oder in ihren den Prüfern gegebenen Auskünften oder den in der Generalversammlung gehaltenen Vorträgen der Stand der Verhältnisse der Genossenschaft wissentlich unwahr darstellen. (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. § 148. [Fehlen oder Beschlußunfähigkeit des Aufsichtsrats. Unterlassen des Konkurs- oder Vergleichsantrags] (1) Mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit beiden Strafen zugleich werden bestraft: l.1) die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats und die Liquidatoren, wenn länger als drei Monate die Genossenschaft ohne Aufsichtsrat geblieben ist, oder in dem letzteren die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern gefehlt hat; 2. die Mitglieder des Vorstandes oder die Liquidatoren, wenn entgegen den Vorschriften in den §§ 99, 118, 140 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens unterlassen ist 2 ). (2) Die Strafe tritt nicht gegen denjenigen ein, welcher nachweist, daß die Unterlassung ohne sein Verschulden geschehen ist 3 ). § 149. [Unzulässige Handlungen des Vorstands] Mitglieder des Vorstandes werden mit Geldstrafe bestraft, wenn ihre Handlungen auf andere als die im § 1 erwähnten geschäftlichen Zwecke gerichtet sind oder wenn sie in der Generalversammlung die Erörterung von Anträgen gestatten oder nicht hindern, welche auf öffentliche Angelegenheiten gerichtet sind, deren Erörterung unter die Gesetze über das Versammlungs- und Vereinsrecht fällt 1 ).

§ 150. [Strafvorschriften gegen Prüfer] 1 ) Mit Gefängnis oder mit Geldstrafe wird bestraft: 1. wer als Prüfer oder als Gehilfe eines Prüfers über das Ergebnis der Prüfung falsch berichtet oder erhebliche Umstände im Berichte verschweigt; 2. wer entgegen den Vorschriften des Vierten Abschnitts seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt 2 ) oder Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die er bei Wahrnehmung seiner Obliegenheiten erfahren hat, unbefugt verwertet ; 3. wer als Aufsichtsratsvorsitzender einer Prüfungsgesellschaft oder als sein Stellvertreter entgegen der Vorschrift des § 62 Abs. 4 Satz 2 die durch Einsicht eines Berichts erlangten Kenntnisse verwertet, ohne daß es die Erfüllung der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats fordert. Zu § 148: 1) Vgl. dazu § 297 Nr. 1 Akt.-Ges. — B I I I 3 — mit Anm. 2) Vgl. § 84 GmbH.-Ges. 3) Der Sinn des Abs. 2 ist der gleiche wie der des § 84 Abs. 3 GmbH.-Ges. (vgl. dort Anm. 2). Trotz des Wortlauts trifft den Beschuldigten keine Beweislast; vielmehr sind die Feststellungen von Amts wegen zu treffen. Zu § 149: 1) Der 2. Teil der Vorschrift hat mit der Beseitigung der Vorschriften, die das Versammlungsrecht und das Recht der freien Meinungsäußerung beschränkten (vgl. Art. 123, 178 WeimVerf., jetzt Art. 5, 8 GG. und Versammlungsges. v. 24. 7. 1953 — B II 1 —), seine Bedeutung verloren. E. 56, 183. Zu § 150: 1) Vgl. § 302 Akt.-Ges. — B I I I 3 —. 2) Vgl. § 62 Gen.-Ges.

B I I I 5. Ges. betr. d. Erwerbs- u. Wirtschaftsgenossenschaften. §§ 151—154

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§ 151. [Stimmkauf] Wer sich besondere Vorteile dafür hat gewähren oder versprechen lassen, daß er bei einer Abstimmung in der Generalversammlung in einem gewissen Sinne stimme1), wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft. § 152. [Verkauf an Nichtmitglieder. Legitimationsmißbrauch] 1 ) (1) Personen, welche für einen Konsumverein den wenn sie der Vorschrift des § 8 Abs. 4 zuwider wissentlich § 31 von dem Vorstande erlassenen Anweisung Waren an oder deren Vertreter verkaufen, mit Geldstrafe bis zu 150

Warenverkauf bewirken, werden, oder ohne Beobachtung der nach andere Personen als an Mitglieder Deutsche Mark bestraft.

(2) Gleiche Strafe trifft das Mitglied, welches seine Legitimation, durch die es zum Warenkauf in einem Konsumverein oder bei einem mit diesem wegen Warenabgabe an die Mitglieder in Verbindung stehenden Gewerbetreibenden berechtigt wird, einem Dritten zum Zweck unbefugter Warenentnahme überläßt. (3) Dritte, welche von solcher Legitimation zu demselben Zweck Gebrauch machen oder auf andere Weise zu unbefugter Warenabgabe zu verleiten unternehmen, werden in gleicher Weise bestraft.

§ 153. [Weiterveräußerung von Waren durch Mitglieder an Nichtmitglieder]1) (1) Mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark wird bestraft, wer Waren, die er aus dem Konsumverein oder von einem mit diesem wegen Warenabgabe in Verbindung stehenden Gewerbetreibenden auf Grund seine Mitgliedschaft bezogen hat, gegen Entgelt gewohnheitsmäßig oder gewerbsmäßig an Nichtmitglieder veräußert. (2) Diese Bestimmung findet keine Anwendung: 1. wenn ein Mitglied eines Konsumvereins die von ihm bezogenen Waren in seiner Speiseanstalt oder an seine Kostgänger zum alsbaldigen persönlichen Verbrauch abgibt; 2. wenn ein Konsumverein, welcher Mitglied eines anderen Konsumvereins ist, die aus letzterem bezogenen Waren an seine Mitglieder abgibt.

§ 154. [Verbot der Ausgabe von Wertmarken] Zuwiderhandlungen gegen die Vorschrift des § 321) werden mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark bestraft. Z u § 151: 1) Der Wortlaut der Vorschrift spricht, ebenso wie § 243 KO. — B IV 4 — und § 123 VerglO. — B IV 5 —, nur von einem Stimmen „in einem gewissen Sinne", setzt also voraus, daß überhaupt eine Stimme abgegeben wird. Im Gegensatz dazu umfassen § 299 Akt.-Ges. — B I I I 3 — und § 108b StGB, auch das Nichtstimmen ( = die Stimmenthaltung). Es überschreitet aber die Grenzen erweiternder Auslegung und läuft auf eine unzulässige Analogie hinaus, die Stimmenthaltung, bei der doch gerade kein Stimmen vorliegt, als ein Stimmen in einem bestimmten Sinn anzusehen. Vgl. im übrigen die Anm. zu § 108 b StGB. Z u § § 152, 153: 1) Die §§ 152,153 waren nach den Gesetzen v. 27.12. 1951 und 8. 1. 1954 (BGBl. I S. 1003 u. S. 2) bis 30. 6. 1954 nicht anzuwenden. Durch Ges. v. 21. 7. 1954 (BGBl. I S. 212) sind sie gestrichen worden. Z u § 1 5 4 : 1) §32 bestimmt: „Von Konsumvereinen oder von Gewerbetreibenden, welche mit solchen wegen Warenabgabe an die Mitglieder in Verbindung stehen, dürfen Marken oder sonstige nicht auf den Namen lautende Anweisungen oder Wertzeichen, welche anstatt baren Geldes die Mitglieder zum Warenbezug berechtigen sollen, nicht ausgegeben werden." Nur vorsätzliche Zuwiderhandlungen kommen in Betracht. 43

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B III 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 1

B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499) i . d . F . des Ges. v. 26. Februar 1935 (S. 311*))

§ l 1 ). [Generalklausel] Wer im geschäftlichen Verkehre 2 ) zu Zwecken des Wettbewerbes 3 ) Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten 4 ) verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Zu B III 6: *) S c h r i f t t u m : Baumbach-Hefermehl, recht 6. Aufl. 1951, Reimer 2. Aufl. 1953.

Wettbewerbs- und Warenzeichen-

Zu § 1: 1) Zweck des Gesetzes ist es, im öffentl. Interesse die redlichen Mitbewerber vor Auswüchsen des Wettbewerbs zu schützen; das UWG. dient also in gleicher Weise dem Schutz der Allgemeinheit wie dem des einzelnen Mitbewerbers. RGZ. 128, 343; RG. JW. 1936, 2073. Gewerbetreibende mit Niederlassung im Inland haben beim Wettbewerb untereinander auch im Ausland sich nach den inländischen Vorschriften zu richten. RG. JW. 1936, 1291. 2) Im geschäftlichen V e r k e h r geschieht jede Tätigkeit, die der Förderung eines beliebigen Geschäftszwecks dient. RG.JW. 1937, 2460. Der Begriff des geschäftl. Verkehrs ist weiter als der des geschäftl. B e t r i e b e s , setzt also keinen Betrieb, d. h. keine in Handel und Verkehr betriebene Tätigkeit, die Einnahmen abwirft, voraus und noch weniger einen Gewerbebetrieb i. S. der GewO. E. 55, 31. Es gehört hierher z. B. die Tätigkeit des Arztes, Rechtsanwalts, Technikers. RGZ. 74, 169, auch eine nicht auf Gewinn gerichtete Tätigkeit wie die der Konsumvereine. E. 68, 70; K G J F G . Erg. 1, 253; OLG. Celle J R . 1928 Nr. 1882. Auch bei öffentlich-rechtl. Körperschaften kann ein geschäftl. Verkehr stattfinden, z. B. bei Ortskrankenkassen. Dagegen scheidet eine Tätigkeit in Ausübung von Hoheitsrechten aus. E. 48, 199; RG. GRUR. 1936, 806. 3) ,,Zu Zwecken des Wettbewerbs" bedeutet, daß die Handlung in der A b s i c h t geschehen muß, eignen oder fremden Wettbewerb zu fördern, d. h. Kunden zu gewinnen, auf die der Mitbewerber rechnet oder ihm Kunden abzunehmen, die er schon hat. BaumbachHefermehl S. 2 IB. Der Wettbewerbszweck braucht nicht der einzige und nicht der Hauptzweck des Handelns zu sein; es genügt, daß er nicht ganz zurücktritt. E.66, 81, RGZ. 149, 277. Das bloße Bewußtsein der Förderung eignen oder fremden Wettbewerbs genügt nicht. E. 58, 430. Ein Handeln zu Wettbewerbszwecken (zur Förderung fremden Wettbewerbs) liegt z. B. vor, wenn Betriebsangehörige den Wettbewerb ihres Unternehmers, E. 51, 187, oder eine Innung den der Innungsmitglieder fördern will. BGH. NJW. 1954, 147. Auch die Presse, insbesondere die Fachpresse kann zur Förderung fremden Wettbewerbs handeln. Eine Schädigungsabsicht ist nicht erforderlich; es genügt die Absicht, sich (oder einen anderen) vor Schaden zu bewahren. RGZ. 60, 190. Vgl. noch Anm. 4 zu § 12. 4) Den Maßstab für den Begriff der guten Sitten hat der Richter aus dem herrschenden Volksbewußtsein zu entnehmen, dem Anstandsgefühl aber billig und gerecht Denkenden. Hierbei ist es nicht ausgeschlossen, daß auf die Sittenanschauung eines bestimmten Volkskreises, wenn sich in ihr die herrschende Sitte ausprägt, Rücksicht genommen wird, so auf die Anschauung eines ehrbaren Kaufmanns im Handelsverkehr. RGZ. 48, 124. RG. GRUR. 1936, 666. Dabei muß das Bewußtsein der Sittenwidrigkeit festgestellt werden, was bei Berufung auf eine geduldete Übung entfallen kann, RGZ. 149, 114. B e i s p i e l e : Ein Verstoß gegen die guten Sitten ist die Bildung einer Firma zum Zwecke der Verwechslung. RGZ. JW. 54 (1925), 148. Die Nachahmung eines eigenartigen, auf einer überdurchschnittlichen Leistung beruhenden Erzeugnisses ist sittenwidrig, wenn der Nachahmer ohne zwingenden Grund seinem Erzeugnis die Gestaltungsform des fremden eigenartigen Erzeugnisses gibt und dadurch im Verkehr Verwechslungsgefahr hervorruft. Köln GRUR. 1953, 297. Anwerben von Angestellten des Mitbewerbers u. U. sittenwidrig. RG. HRR. 1934 Nr. 899, RG. JW. 63 (1934), 2137, MuW. 1936, 426; zur Frage der Sittenwidrigkeit bei Kundenwerbung im Feuerversicherungswesen. RG. GRUR. 34, 124. V e r l e i t u n g zum V e r t r a g s b r u c h und p l a n m ä ß i g e Ausnutzung fremden V e r t r a g s b r u c h e s zum Zwecke des Wettbewerbs verstößt gegen die guten Sitten, RG. MuW. 1935, 63; ebenso bestimmte Formen f a l s c h e r S e l b s t a n p r e i sung, z. B. irreführende Angaben über die deutsche Herkunft der Ware, KG. MuW. 1935, 35 oder über die Unterstützung deutscher Arbeiter, wenn der Unternehmer kein Deutscher ist

B I I I 6. Ges. gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 2, 3

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§ 2. [Begriff der Ware] Unter Waren ) im Sinne dieses Gesetzes sind auch landwirtschaftliche Erzeugnisse, unter gewerblichen Leistungen2) und Interessen auch landwirtschaftliche zu verstehen. 1

§ 3. [Unrichtige Angaben. Unterlassungsklage] Wer in öffentlichen Bekanntmachungen1) oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind2), über geschäftliche Verhältund weitgehend Ausländer beschäftigt, RG. D J . 1937, 902, J W . 66 (1937), 1876; P r e i s s c h l e u d e r e i verstößt gegen die guten Sitten, LG. M.-Gladbach J W . 64 (1935), 728, vgl. auch KG. JW. 65 (1936), 651 und 2863; GRUR. 1935, 324, ebenso die Unterbietung der vom Hersteller festgesetzten Preise durch den Einzelhändler unter Ausnutzung des Vertragsbruches gegenüber den gebundenen Händlern bei Vorliegen eines lückenlosen Preisbindungssystems. LG. Berlin N J W . 1953, 1472. Die Ankündigung ,,ab sofort 10% Preissenkung", ist sittenwidrig, wenn die allgemeine Preissenkung schon längere Zeit (z. B. über 7 Wochen) zurückliegt. Freiburg N J W . 1953, 1267. Sittenwidrig ist auch nach ständ. Rspr. grundsätzlich die v e r g l e i c h e n d e W e r b u n g , d. h. eine Werbung in der Art, daß der Werbende seine Leistung (seine Ware, sein Unternehmen, seine Person) mit einer fremden vergleicht und seine als die vorzuziehende bezeichnet (vgl. Baumbach-Hefermehl 4 zu § 1 mit Nachw.); dazu gehört auch der Hinweis auf die Ausländereigenschaft und die ausländische Kapitalsgrundlage des Mitbewerbers. RGZ. 163,172; 150,56; RG. JW. 65(1936), 1365. Der B o y k o t t , d.h. eine Maßnahme, die auf Ausschluß eines bestimmten Mitbewerbers vom üblichen Geschäftsverkehr gerichtet ist, ist nach den Dekartellisierungsvorschriften der Besatzungsmächte (MilRegGes. Nr. 56 in der amerik. Zone, MilRegVO. Nr. 78 in der brit. Zone, MilRegVO. Nr. 96 in der franz. Zone) grundsätzlich verboten; er ist zulässig a) wenn er behördlich genehmigt ist, b) als Abwehrmaßnahme gegen einen rechtswidrigen Angriff eines Mitbewerbers. Baumbach-Hefermehl Anm. 6 E. zu § 1; a.M. OLG. Düsseldorf GRUR. 1953, 260. Zum Boykott gehört zwar nicht die Anwendung vonDruckmitteln, wohl aber eineWillensbeeinflussung durch den Boykottierer; eine reine Anregung, die keinerlei Einfluß auf die Entschließungsfreiheit nimmt, ist nicht ausreichend. B G H . N J W . 1954, 147. Die Empfehlung einer wirtschaftl. Vereinigung an ihre Mitglieder, auswärtige Firmen mit allen Mitteln von einer bestimmten Stadt fernzuhalten, ist sittenwidrig und verstößt auch gegen die Dekartellisierungsvorschriften. OLG. Düsseldorf N J W . 53, 1267. Zu § 2: 1) Waren sind alle Erzeugnisse, die Gegenstand des Handels sein können, z. B. auch Zeitungen. RG. GA. 45, 51 und der elektrische Strom. RGZ. 67, 232, nicht aber ein Grundstück, wenn es im Einzelfall veräußert wird. RGZ. 134, 49; J W . 62 (1933), 2396 (str.). 2) Alle geldwerten Erzeugnisse auf dem Gebiet des gewerblichen Lebens, auch wenn sie von Nichtgewerbetreibenden, z.B. Ärzten oder Heilpraktikern herrühren. RG. H R R . 1929 Nr. 887. Nicht darunter fallen reine künstlerische oder wissenschaftliche Leistungen. Zu § 3: 1) Öffentl. Bekanntmachungen sind (schriftl. oder mündl.) Mitteilungen, die sich an einen unbegrenzten und unbestimmten Personenkreis (also an die Allgemeinheit) wenden, wie Zeitungsinserate, Filmreklame. RG. J W . 64 (1935), 786. 2) Zum Begriff des größeren Personenkreises gehört eine beträchtl., durch individuelle Beziehungen nicht verbundene Zahl von Personen; doch schließen sehr lose individuelle Beziehungen wie die Mitgliedschaft zu einem sehr großen Verein, insbes. einem Konsumverein das Vorliegen einer größeren Personenzahl nicht aus. RG. LZ. 26 (1932), 186; BayObLG. GA. 76, 105. Die Mitteilung an e i n e Person oder einen kleinen Kreis von Personen genügt, wenn die Mitteilung in dieser ihrer Erscheinungsform an eine größere Personenzahl nach dem Willen des Täters verbreitet werden soll oder er mit dieser Verbreitung rechnet. Ebenso genügt, wenn eine schriftl. Mitteilung (z. B. ein Prospekt) in größeren Mengen hergestellt, aber erst mit der Versendung an einzelne Personen begonnen ist. E. 40, 122; 45, 361. Bei m ü n d l . Angaben gegenüber verschiedenen Personen verlangt E. 64, 427 eine „gleichbleibende Erscheinungsform", so daß nicht genügt, wenn der Mitteilende eine gleichlautende Mitteilung mehrerer Personen n a c h e i n a n d e r macht (str.; anders auch RG. J W . 61 (1932), 882). Ohne Bedeutung ist es, welche Personen Kenntnis genommen haben und ob überh a u p t jemand Kenntnis genommen hat. B e i s p i e l e : Etiketten. RG. J W . 04, 247; vorgedruckte Angaben auf Geschäftsbriefen. E. 45, 362; Dresden DRZ. 23 (1931) Nr. 803; Speisekarten; Ausstellen einer Photographie. E. 40, 130; Mitteilung in einer Fachzeitschrift. BayObLG. DRZ. 1929 Nr. 1127. 43*

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B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 3

nisse3), insbesondere über die Beschaffenheit4), den Ursprung5), die Herstellungsart 6 ) oder die Preisbemessung7) von Waren 8 ) oder gewerblichen Leistungen 9 ), über die Art des Bezugs 10 ) über die Bezugsquelle11) von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen12) über den Anlaß oder den Zweck des Verkaufs13) oder 3) Hierzu gehören alle Angaben, die auf das Geschäftsleben Bezug haben, auch solche, die sich auf das Privatleben eines Gewerbetreibenden erstrecken. Beispiele: Bekanntgabe des Anfalls einer Erbschaft oder von einem Ankauf. K G . D J Z . 32 (1927), 1203; die Bezeichnung als gerichtlicher Sachverständiger. R G . D J Z . 17 (1922), 404. GA. 59, 458; ferner als Bankier. R G . GA. 60, 75; die Angabe „patentamtlich geschützt". E . 49, 230, oder Angaben über die deutsche Herkunft der Waren, K G . MuW. 1935, 35. Rein wissenschaftliche Angelegenheiten, worunter rein historische Darlegungen gehören (Alter der Ware, Angaben über die Person des Erfinders) fallen nicht unter den Begriff. Recht 11, 262. 4) Beschaffenheit umfaßt alle Eigenschaften, die für die Würdigung einer Ware in Betracht kommen. Hamburg LZ. 23 (1929), 861. Falsche Angabe über die Beschaffenheit liegt z.B. vor, wenn Halbseide als Seide, Kunstseide als Seide, RGZ. 128, 264, Baumwolle als Leinen usw. angepriesen wird, bei einem inländischen Fabrikat, wenn es als „echt englisch" bezeichnet ist (vgl. hierzu E . 47, 417), bei einem künstlichen Mineralwasser, daß es „natürlich" ist. R G . J W . 30 (1901), 13, bei einer Zeitung, daß sie als Amtsblatt angezeigt wird. K G . D J Z . 3 (1898), 311. 5) Ursprungsangaben beziehen sich auf die Person, das Unternehmen, den Ort, von oder aus dem die Ware stammt. Manche Ursprungs-(Herkunfts)angaben sind im Laufe der Zeit Beschaffenheitsangaben geworden (vgl. § 5). Z. T. sind Herkunftsangaben gesetzl. geschützt, z. B . der Name Solingen durch Gesetz vom 25. 7. 1938 ( R G B l . I S. 953) nebst DurchfVO. v. 25. 7. 1938 ( R G B l . I S. 954). Beispiele für Herkunftsangaben: „Perserteppiche,,", „Meißner Porzellan". R G . J W . 26, 1984; „Gervaiskäse". RGZ. 100, 184; Braunschweiger „Wurst". R G . J W . 15, 1361; „Frankfurter Würstchen". K G . MuW. 31, 48, „Whisky" (nur für aus Großbritannien herrührenden Kornbranntwein). R G Z . 143, 184; J W . 63 (1934), 1281. 6) Hierher gehört z. B . die unrichtige Angabe, daß eine im Handel erworbene Ware eigenes Fabrikat sei, ferner Anpreisung von Sachen als Handarbeitsprodukte, während sie mit Maschinen hergestellt sind. R G . J W . 33 (1904), 479. 7) Beispiele: „Gelegenheitskauf", „Sonderangebot", ohne daß eine besonders günstige Gelegenheit vorliegt, „Ausnahmetage", wenn normaler Preis verlangt wird, „zu herabgesetzten Preisen", wenn der gewöhnliche oder ein Preis verlangt wird, der in Herabsetzungsabsicht vorher erhöht worden war, Auslage von Lockartikeln in der Auslage, die im Laden nicht verkauft werden, Angabe eines niedrigeren Preises im Schaufenster als des im Laden verlangten. R G . J W . 05, 507. 8) Siehe Anm. 1 zu § 2. 9) S. Anm. 2 zu § 2 10) Ein Kaffeehandelsgeschäft ohne eigene Rösterei darf sich auch dann nicht als Kaffeerösterei bezeichnen, wenn es in der Lage ist, ebenso frisch gerösteten Kaffee zu liefern wie eine Rösterei. Hamburg G R U R . 1953, 531. Z. B., daß die Ware direkt, also ohne Zwischenhändler, oder auf eine bestimmte Art bezogen sei, z. B . in Eis verpackt, oder auf einem bestimmten Wege, z. B . Karawanentee. 11) Z. B., daß sie aus einer Konkursmasse (vgl. dazu § 6) oder einem Nachlaß stamme. Als aus „Privatbesitz" stammend darf nur angekündigt werden, wenn es sich um kommissionsweisen Verkauf für einen Privatmann handelt. 12) Auszeichnung ist alles, was dem Gewerbeinhaber als ehrende Anerkennung für Güte seiner Ware oder Leistung zuteil geworden ist und ihn aus der Masse der Mitbewerber als etwas Besonderes hervorhebt; die Auszeichnung kann durch den (inländischen oder ausländischen) Staat oder durch Stellen unter staatl. Autorität oder durch Verbände, Vereine und andere Organisationen erfolgt sein, deren Werbung im Verkehr Anerkennung genießt. E . 30, 406; 41, 161, z. B . Medaillen, Diplome, behördl. Anerkennungsschreiben, „Weinsiegel" usw. Private Anerkennungsschreiben sind keine Auszeichnungen; ihre Erwähnung ist Angabe „über geschäftl. Verhältnisse" (s. Anm. 3). Das gleiche gilt für Titel und Würden i. S. des § 132 a S t G B , und des Ges. über akad. Grade — B I I 5 — , aber auch für gewisse (nicht geschützte) Tätigkeitsbezeichnungen, mit denen der Verkehr die Vorstellung einer bestimmten Vorbildung, Stellung oder Leistung verbindet, z. B . Syndikus. Zur Bekämpfung der Schwindelausstellungen, die die Verleihung wertloser, weil ohne ernsthafte Prüfung erfolgender Auszeichnungen bezwecken, besteht das Abkommen über Internati. Ausstellungen v. 22. 11. 1928 ( R G B l . I I 1930, 727; 31, 11). |

B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 3

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über die Menge der Vorräte 14 ) unrichtige Angaben15) macht, die geeignet sind, den Anschein16) eines besonders günstigen Angebots17) hervorzurufen, kann auf Unterlassung18) der unrichtigen Angaben in Anspruch genommen werden. Auszeichnungen, die dem Geschäft verliehen sind, gehen auf jeden Erwerber über; die für eine bestimmte Ware verliehene Auszeichnung haftet an dieser; der Person verliehene Auszeichnungen aber sind nicht übertragbar. RGZ. 109, 52. 13) Solche Angaben sind: Aufgabe des Geschäfts wegen Abbruchs des Hauses, Todesfall, Erbteilungs-, Umzugshalber. Auch Hinweis auf Dringlichkeitsbescheinigung und eilige Heereslieferung, obwohl sich beides auf andere Aufträge bezieht, RG. DRW. 1941, 1885 und HRR. 1941 Nr. 836. Werbung im Abschlagszahlungsgeschäft: Ankündigungen „ohne Anzahlung und zu geringen Wochenraten". Unrichtig ist die Angabe, daß die durch Brand beschädigten Waren verkauft würden, während diese nur einen kleinen Teil derselben bildeten. E. 34, 163; oder die Angabe „Ausverkauf wegen Austritts eines Teilhabers", wenn lediglich ein zur Auszahlung des ausscheidenden Gesellschafters beschleunigter Absatz der Waren erstrebt wird. RG. Recht 32 Nr. 2158. Bezüglich der A u s v e r k ä u f e siehe § 7. 14) Von einem Vorrat kann nur dann die Rede sein, wenn der Gewerbetreibende die Waren auf Lager hat. Die Angabe „Solange der Vorrat reicht" ist unrichtig, wenn er einen Teil der Waren erst vom Fabrikanten beziehen muß. 15) Keine Angaben sind reine Werturteile oder Kritiken, die sich nicht auf konkrete Vorkommnisse, sondern auf Beobachtungen und Schätzungen gründen, deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht feststellbar ist. E. 24, 387. Aber auch Urteile sind Angaben, wenn sie etwas als geschehen hinstellen und dessen Richtigkeit oder Unrichtigkeit objektiv festgestellt werden kann. RG. LZ. 2 (1908), 602. Marktschreierische Redensarten und Übertreibungen, denen der Verkehr keine Bedeutung beimißt, sind keine Angaben, so z. B. Anpreisungen wie „Haus ersten Ranges" „billigste Kaufgelegenheit" oder übertreibende Werbeverse, die offensichtlich nicht wörtlich genommen werden sollen, OLG. Hamburg GRUR. 1953, 533. Doch kann auch das Aussprechen eines Urteils als Angabe angesehen werden, sofern nicht lediglich eine rein persönliche Ansicht, sondern eine Äußerung vorliegt, die auf ihre Wahrheit oder Unwahrheit sachlich nachgeprüft werden kann. RG. Recht 17 Nr. 1241; z. B. die Bezeichnung „Meisterwerke deutscher Feinmechanik". RG. J W . 57 (1923), 663. Selbst die bloße abstrakte Richtigkeit einer Angabe schließt nicht aus, daß sie unrichtigeVorstellungen erweckt. Unrichtig ist eine Angabe, welche der Wahrheit nicht entspricht. Unrichtig sind aber auch Angaben, wenn sie ihrem Wortlaut nach dem wirklichen Sachverhalt anscheinend entsprechen, in Wirklichkeit ihn aber nicht erschöpfen. E. 34, 163. Ein bloßer Handelsmißbrauch kann die unrichtige Bezeichnung einer Ware nicht rechtfertigen. E. 48, 40. Als unrichtige Angaben sind angesehen worden, wenn der Wahrheit entgegen folgende Bezeichnungen gebraucht wurden: ,,Schuhe von prima Qualität", die aus minderwertigem Ersatzleder hergestellt waren. E. 36, 431. „Reinseiden Velour", während der Stoff aus sog. Schappeseide hergestellt war. E. 40, 438. Bembergseide anstatt Kunstseide. RGZ. DJZ. 35 128, 264. A. M. KG. DJZ. 34 (1929), 1056. Ferner: „Beste Terpentinseife", die nicht lediglich aus Öl und Lauge bestand. „Natürliches Mineralwasser", „Erste süddeutsche Kleiderfabrik", „Straßburger Gänseleber", „Verkauf zu Fabrikpreisen." Pöschle, Die Praxis des Gesetzes z. B. d. u. W. S. 56ff. Die Bezeichnung „Fabrik" ist unrichtig, wenn ein Handwerksbetrieb vorliegt. E. 44, 258. Hamburg H R R . 1929 Nr. 573 (siehe auch Dresden H R R . 1933 Nr. 94). Unrichtig sind ferner z. B . : Die Behauptung, sämtliche Waren stammen aus der Fabrik des A., während ein erheblicher Teil von anderen Firmen bezogen war. GRUR. 1935, 118; die Behauptung „der gesamte Zwischenhandel ist ausgeschaltet". Dresden J W . 60 (1931), 481; die Bezeichnung einer den Warenzeichenschutz genießenden Ware als „gesetzlich geschützt". Dresden GRUR. (1936), 819. Angabe „Eilt. Gegen sofortige Kasse", wenn es sich nicht um einen Gelegenheitskauf handelt, LG. Halberstadt ArchfW. (1936), 14. „K.-Seide" für Kunstseide, OLG. Dresden GRUR. 1935, 523. „Vollbier" für übliches Bier, OLG. Hamm J W . 64 (1935), 3240; auch die Bezeichnung „rostfrei" für Stahl, der nur durch chemischen Uberzug (Verchromung) gegen Rost geschützt ist. BayObLG. J W . 63 (1934), 1507. „Institut für Zahnleidende" bei üblich großer Praxis, selbst, wenn Filialen an anderen Orten. OLG. Naumburg J W . 63 (1934), 1587. Bez. der Bezeichnung „Fußklinik" OLG. Hamburg Dt. Strafrecht 1934, 301. Bez. „Whisky" vgl. Anm. 5. Bei der Prüfung und Beurteilung einer Angabe ist von ihrem Wortlaut auszugehen und anzunehmen, daß sie, solange nicht ein anderes klar erhellt, ihrem Wortsinn entspricht und so auch von dem Durchschnittspublikum verstanden wird. Siehe E. 40, 438. Bei einer Gesamtankündigung müssen auch die Einzelangaben, einschließlich Schlagwort richtig sein. RG. GRUR. 1934, 681. Die Bedeutung der Ankündigung ist allein nach der Auffassung des Verkehrs zu entscheiden, auch hinsichtlich technischer Bezeichnungen. RG. MuW. 1937, 217. Bei Ermittlung der Verkehrsauffassung, entscheidet im allgemeinen der Eindruck, den ein

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B III 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 4

§ 4. [Unrichtige Angaben. Strafe] (1) Wer in der Absicht 1 ), den Anschein2) eines besonders günstigen Angebots 3 ) hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen 4 ) oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind 6 ), über geschäftliche Verhältnisse 6 ), insbesondere7) über die Beschaffenheit 8 ), den Ursprung 9 ), die Herstellungsart 10 ) oder die Preisbemessung11) von Waren 12 ) oder gewerblichen Leistungen 13 ), über die Art des Bezugs 14 ) oder die Bezugsquelle 15 ) von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen16), über den Anlaß oder den Zweck des Verkaufs 17 ) oder über die Menge der Vorräte 18 ) wissentlich 19 ) unwahre 20 ) und zur Irreführung geeignete 21 ) Angaben 22 ) macht), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. durchschnittlich aufmerksamer und begabter Leser beim f l ü c h t i g e n Lesen gewinnt (Baumbach-Lauterbach 27 zu § 3). 16) Anschein=Eindruck. Dasbedeutet nicht, daß der hervorgerufene Eindruck falsch sein müsse. E s kann vielmehr das Angebot wirklich besonders günstig sein; § 3 findet aber auch dann Anwendung, weil das Gesetz sich gegen die mit unrichtigen Angaben betriebene Werbung richtet. E . 39, 171; 35, 235; 47, 280. 17) Als Maßstab ist das Angebot eines redlichen Wettbewerbers zu nehmen. Dresden LZ. 24 (1930), 278. Besonders günstig ist das Angebot, wenn die gewährten Vorteile so günstig sind, wie sie die Konkurrenz im allgemeinen nicht bietet. R G . D JZ. 11 (1906), 85. Auch Kaufgesuche (Einkaufsangebote) fallen unter das Gesetz. E. 71, 16. Über das Verbot der Zugaben siehe die Zugabe-VO. v. 9. 3. 1932 — B I I I 13. — Siehe auch Anm. 5 zu § 374 StPO. 18) Unabhängig von einem Verschulden. R G . MuW. 1934, 179. Zu § 4 : 1) Absicht i. techn. Sinn ist nicht erforderlich; bedingter Vorsatz (der Anpreisende hält eine Irreleitung des Publikums nur für möglich) genügt. R G . GA. 49, 135. Der Täter muß — wenn auch irrtümlich — die Ankündigung für geeignet halten, die falsche Vorstellung im Publikum hervorzurufen. B G H . GA. 1953, 78. E s ist nicht erforderlich, daß der Anschein eines besonders günstigen Angebotes wirklich erweckt ist oder nach den gegebenen Verhältnissen erweckt werden müßte. E . 39, 307; B G H . GA. 1953, 78. Der Anschein kann auch mittelbar durch Benutzung von Zwischenhändlern erweckt werden. K G . Recht 33 Nr. 2045. Das Verbot der unlauteren Reklame betrifft auch den Ankauf von Waren. K G . Johow 51, 450. Die Bestimmung findet nur bei einer gewerblichen Wettbewerbshandlung Anwendung. B G H . GA. 1953, 78. 2) Siehe Anm. 1 u. Anm. 16 zu § 3. 3) Siehe Anm. 17 zu § 3 u. Anm. 1. 4) Siehe Anm. 1 zu § 3. 5) Siehe Anm. 2 zu § 3. 6) Siehe Anm. 3 zu § 3. 7) Hier folgt nur eine beispielsweise, nicht eine ausschließliche Aufzählung einzelner Fälle. K G . D JZ. 32 (1927), 1203. 8) Siehe Anm. 4 zu § 3. 9) Siehe Anm. 5 zu § 3. 10) Siehe Anm. 6 zu § 3, z. B. Bündenware B G H . N J W . 1953, 592 = B G H S t . 4 , 4 4 . 11) Siehe Anm. 7 zu § 3. 12) Siehe Anm. 1 zu § 2. 13) Siehe Anm. 9 zu § 3. 14) Siehe Anm. 10 zu § 3. 15) Siehe Anm. 11 zu § 3. 16) Siehe Anm. 12 zu § 3. 17) Siehe Anm. 13 zu § 3. 18) Siehe Anm. 14 zu § 3. 19) Eventualdolus genügt, nicht Fahrlässigkeit. R G . J W . 36 (1907), 565. 20) Unwahre Angabe ist nicht schon das bloße Schweigen ohne Hinzutreten anderer Umstände. K G . D J Z . 38 (1933), 310. Der Umstand, daß eine Firma im Handelsregister eingetragen ist, schließt nicht aus, daß sie unwahre Angaben enthält. R G . GA. 73, 251. 21) Ob eine solche Angabe vorliegt, richtet sich nach ihrer Wirkung auf die Kreise, an die sich die Angabe wendet. Dresden LZ. 22 (1928), 1714. E s genügt, daß ein Teil des Publikums, eine nicht unerhebliche Minderheit, getäuscht werden kann. E . 36, 377; H R R . 1931

B III 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 5, 6

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(2) Werden die im Abs. 1 bezeichneten unrichtigen Angaben in einem geschäftlichen Betriebe von einem Angestellten oder Beauftragten gemacht, so ist der Inhaber oder Leiter 2 3 ) des Betriebs neben dem Angestellten 2 4 ) oder Beauftragten strafbar, wenn die Handlung mit seinem Wissen geschah 2 6 ).

§ 5. [Beschaffenheitsangaben] (1) Die Verwendung von Namen, die im geschäftlichen Verkehre zur Benennung gewisser Waren oder gewerblicher Leistungen 1 ) dienen, ohne deren Herkunft bezeichnen 2 ) zu sollen, fällt nicht unter die Vorschriften der §§ 3,4. (2) Im Sinne der Vorschriften der §§ 3, 4 sind den dort bezeichneten Angaben bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen gleich zu achten, die darauf berechnet und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen 3 ).

§ 6. [Waren aus Konkursmasse] (1) Wird in öffentlichen Bekanntmachungen 1 ) oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind 2 ) der Verkauf von Waren angekündigt, die aus einer Konkursmasse stammen, aber nicht mehr zum Bestände der Konkursmasse gehören 3 ), so ist dabei jede Bezugnahme auf die Herkunft der Waren aus einer Konkursmasse verboten. Nr. 180. Zu berücksichtigen ist, daß der Durchschnittsleser Ankündigungen nicht genau, sondern nur oberflächlich liest und prüft, BGH. St. 2, 145; die Irreführung ist daher grundsätzlich schon zu bejahen, wenn der flüchtige Betrachter getäuscht werden kann (vgl. Anm. 16 zu §3). 22) Siehe Anm. 15 zu § 3. Auch ein Kaufmann, der sich der progressiven Werbung (des sogen. S c h n e e b a l l s y s t e m s ) bedient, macht allein dadurch unwahre und irreführende Angaben, daß er die Möglichkeit, Bestellscheine abzusetzen, jedem Kunden ohne Rücksicht auf die Zahl der schon Geworbenen gleich günstig erscheinen läßt. BayObLG. N JW. 1952, 715 ebenso BGHSt. 2, 139 (145). Der Durchschnittskäufer wird angelockt durch die — im Durchschnitt gesehen — trügerische Hoffnung, mit einiger Sicherheit die verhältnismäßig wertvolle Ware zu einem besonders günstigen Preise zu erhalten. Hierauf baut der Unternehmer. 23) Leiter ist, wer den Betrieb tatsächlich führt. Hierzu gehören z. B. Direktoren von Aktiengesellschaften, Geschäftsführer von Gesellschaften m.b.H. 24) Zu den Angestellten gehören alle in einem geschäftlichen Betriebe tätigen, den Weisungen des Inhabers unterworfenen Personen, ohne Rücksicht auf die Art, den Zweck oder die Dauer der Beschäftigung, der Entlohnung. Rosenthal Note 25 zu §13; HRR. 1933, Nr. 1068. Nicht der Agent. RG. J R . 3 Nr. 1367. Vgl. Anm. 5 zu § 12. Strafverfolgung tritt nur ein gegen denjenigen Inhaber und Angestellten, gegen den Strafantrag gestellt ist. 25) Ist aus Abs. 1 eröffnet, wird aber aus Abs. 2 verurteilt, ist § 265 StPO. zu beobachten. RG. GA. 58, 442. Zu § 5: 1) Siehe Anm. 2 zu §2. 2) Wie z. B. „Berliner Blau", ,,Schweinfurter Grün". Es wird hierbei ein Zusammenhang der Warengattung und des beigefügten Ortsnamens vorausgesetzt, durch welches der letztere zur Beschaffenheitsbezeichnung dieser Ware geworden ist, im Gegensatz zur Herkunftsbezeichnung (vgl. Anm. 5 zu §3). 3) Hierunter fällt der Abdruck von Anzeigen aus fremden Zeitungen (sog. Füllinserate). soweit dadurch eine größere Werbekraft der Zeitung vorgetäuscht wird. E. 46, 427; die Musikaufführung einer angeblich historischen Kapelle. Dresden JW. 59 (1930), 3443; auch das Auslegen von unverkäuflichen, einem Dritten gehörigen Waren während eines Ausverkaufs. E. 47, 161. Zu § 6 : 1) Siehe Anm. 1 zu § 3. 2) Siehe Anm. 2 zu § 3. 3) Oder die zur Zeit des Verkaufs voraussichtlich nicht mehr zur Konkursmasse gehören werden. E. 45, 14. Auch die Ankündigung des Verkaufs der „aus einer Masse erworbenen Waren" ist unzulässig. E. 47, 117. Wird der Verkauf von Waren aus Konkursmasse angekündigt, die überhaupt nicht aus einer Konkursmasse stammen, so findet § 4 Anwendung (vgl. § 10 zu § 3).

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B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 7, 7 a

(2) Zuwiderhandlungen 4) gegen diese Vorschrift werden mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft.

§ 71). [Ausverkäufe] 2

(1) Als Ausverkäufe ) dürfen in öffentlichen Bekanntmachungen3) oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, nur solche Veranstaltungen angekündigt werden 4 ), die ihren Grund a) in der Aufgabe des gesamten Geschäftsbetriebs oder b) des Geschäftsbetriebs einer Zweigniederlassung oder c) in der Aufgabe einer einzelnen Warengattung haben 5 ). (2) Bei der Ankündigung eines Ausverkaufs ist anzugeben, welcher der im Abs. 1 unter a bis c genannten Gründe für den Ausverkauf vorliegt. Im Falle zu c ist die Warengattung anzugeben, auf die sich der Ausverkauf bezieht. (3) Die Vorschriften im Abs. 2 gelten auch für Ankündigungen, die, ohne sich des Ausdrucks „Ausverkauf" zu bedienen, eine der im Abs. 1 bezeichneten Veranstaltungen betreffen. (4) Nach Beendigung eines Ausverkaufs ist es dem Geschäftsinhaber 6) vor Ablauf einer Frist von einem Jahr nicht gestattet, an dem Ort, an dem der Ausverkauf stattgefunden hat, einen Handel mit den davon betroffenen Warengattungen zu eröffnen. Ausnahmen kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zuständigen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie gestatten. Der Eröffnung eines eigenen Handels steht es gleich, wenn der Geschäftsinhaber sich zum Zwecke der Umgehung der Vorschrift des Satzes 1 an dem Geschäft eines anderen beteiligt oder in diesem tätig wird.

§ 7a 1 ). [Räumungsverkauf] Wer in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, einen Verkauf zum Zwecke der Räumung2) eines bestimmten Warenvorrats3) ankündigt 4 ), ist gehalten, in der 4) Dieser kann sich auch der Gerichtsvollzieher schuldig machen. Z u § 7 : 1) Die Fassung beruht auf der VO. des R P . v. 9. 3. 1932 (RGBl. I S. 121) und dem ÄndGes. v. 26. 2. 1935 (RGBl. I S. 311). 2) Vom Ausverkauf, der die völlige Aufgabe eines weiteren Verkaufs bezweckt, ist der Räumungsverkauf im engeren Sinne (§ 7a), der zum Zweck die Räumung eines bestimmten Warenvorrats hat, zu unterscheiden. Für die Unterscheidung der Arten des Ausverkaufs ist im Einzelfalle die Auffassung des Durchschnittspublikums maßgebend, an das sich die Anpreisung wendet. Düsseldorf DRZ. 25 (1933) Nr. 136. Die Art der Durchführung der Verkaufsveranstaltungen ist für die Charakterbestimmung gleichgültig; deshalb können auch Versteigerungen Ausverkäufe sein. Erl. d. RWiMin. v. 17. 7. 1937 (V 14689/37). 3) Hierunter fallen auch Bek. von Konsumvereinen, die Waren an ihre Mitglieder n u r verteilen. E. 63, 107; wie überhaupt auf sie die §§ 7 ff. anwendbar sind. KG. J F G E r g . 9, 253. 4) Für die Beobachtung der Vorschriften ist neben dem, der die Ankündigung erläßt (z. B. Versteigerer) auch der Ausverkäufer verantwortlich. KG. D J Z . 33 (1928), 101. 5) Dazu gehört Abteilung eines Warenhauses, Damen- oder Herrenkleiderabteilung, nicht ein bestimmter Warenartikel, Waren einer bestimmten Preislage oder einer bestimmten Sorte. 6) Soweit Gesch.inh. eine juristische Person ist, sind Aktionäre, Genossen, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer strafrechtlich nicht verantwortlich. Dresden J W . 62 (1933) 1902. Z u § 7 a : 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) Räumung bedeutet ein endgültiges Wegschaffen ohne Nachschub und ohne Wiederbeschaffung der gleichen Ware. Wird nur verstärkter Absatz erstrebt, so rechtfertigt die hiermit notwendig verknüpfte Herabminderung des Warenbestandes noch nicht die Annahme einer Räumungsabsicht. BayObLG. H R R . 1933 Nr. 903.

B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 7 b, c

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Ankündigung den Grund anzugeben, der zu dem Verkauf Anlaß gegeben hat. Betrifft der Verkauf nur einzelne der in dem Geschäftsbetrieb geführten Warengattungen, so sind in der Ankündigung weiterhin die Warengattungen anzugeben, auf die sich der Verkauf bezieht.

§ 7b 1 ). [Anzeigepflicht] (1) Die unter §§7, 7 a fallenden Veranstaltungen sind unter Einhaltung einer durch die höhere Verwaltungsbehörde festzusetzenden Frist vor der Ankündigung bei der von ihr bezeichneten Stelle anzuzeigen. Der Anzeige ist ein Verzeichnis der zu verkaufenden Waren nach ihrer Art, Beschaffenheit und Menge beizufügen, dessen Erneuerung von den höheren Verwaltungsbehörden für den Fall vorgesehen werden kann, daß die Veranstaltung nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht beendigt ist. Die Anzeige muß die im § 7 Abs. 2, 3, § 7a vorgesehenen Angaben enthalten und den Beginn, das voraussichtliche Ende und den Ort der Veranstaltung bezeichnen. Auf Verlangen der Stelle, bei der die Anzeige zu erstatten ist, sind für die den Grund der Veranstaltung bildenden Tatsachen Belege vorzulegen 2 ). (2) Die höhere Verwaltungsbehörde kann zur Ausführung der vorstehenden Vorschriften weitere Bestimmungen treffen 3 ). Sie kann ferner Anordnungen über die Dauer der Veranstaltung erlassen. Sie kann Veranstaltungen untersagen, die die zugelassene Dauer überschreiten, die nach der Vorschrift des § 7 Abs. 1 nicht zulässig sind oder die im Falle des § 7a durch den angegebenen Grund nach der Verkehrsauffassung nicht gerechtfertigt werden. Vor Erlaß ihrer Anordnungen hat sie die zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie zu hören. (3) Die Einsicht in die Anzeige ist jedermann gestattet. Zur Nachprüfung der Angaben sind außer den zuständigen Behörden die amtlich bestellten Vertrauensmänner der amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie befugt.

§ 7c 1 ). [Geschäftsfortsetzung nach Ausverkauf] (1) Nach Beendigung eines Ausverkaufs (§ 7) ist es dem Geschäftsinhaber, seinem Ehegatten und den nahen Angehörigen beider verboten, den Geschäftsbetrieb oder den Teil davon, dessen Aufgabe angekündigt worden war, fortzusetzen 2 ), oder vor Ablauf eines Jahres an dem Ort, an dem der Ausverkauf statt 3) Eine Individualisierung oder äußerliche Ausscheidung der Ware ist nicht erforderlich. BayObLG. H R R . 1928 Nr. 1268. 4) Geschäftsverlegung ist regelmäßig kein Grund zur Ankündigung eines Räumungsausverkaufs. KG. JW. 62 (1933), 68; aber Lagerüberfüllung und Platzmangel. Dresden DRZ. 25 (1933) Nr. 213. Zu § 7 b : 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) Auch der Konkursverwalter ist an ein solches Verlangen gebunden. 3) Nach dem RdErl. d. RuPrWM. v. 19. 10. 1935 (MBlfWuA. 293); sind A u s v e r k ä u f e nur Verkaufsveranstaltungen, die ihren Grund in der Aufgabe des gesamten Geschäftsbetriebes oder des Geschäftsbetriebes einer Zweigniederlassung (selbständige Verkaufsstelle) oder einer einzelnen Warengattung haben. — „Veranstaltungen zum Zwecke der R ä u m u n g eines bestimmten Warenvorrats (z. B. wegen Aufgabe einer unselbständigen Verkaufsstelle, Brandschaden, Auseinandersetzung, Geschäftsverlegung) dürfen, auch wenn sie im Wege der Versteigerung vorgenommen werden, nur stattfinden, wenn ein von der Verkehrsauffassung als ausreichend anerkannter Grund vorliegt. Der Grund muß im einzelnen Falle die Veranstaltung rechtfertigen" (§ 7). Zu § 7 c : 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) Gilt auch .bei Konkursausverkauf für Gemeinschuldner, dessen Ehefrau und nahe Angehörige. RG. J W . 66 (1937), 1356.

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B III 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 8

gefunden hat, einen Handel mit den davon betroffenen Warengattungen zu eröffnen. Der Fortsetzung des Geschäftsbetriebs oder der Eröffnung eines eigenen Handels steht es gleich, wenn der Geschäftsinhaber, sein Ehegatte oder ein naher Angehöriger beider sich zum Zwecke der Umgebung der Vorschrift des Satzes 1 an dem Geschäft eines anderen mittelbar oder unmittelbar beteiligt oder in diesem tätig wird. Als Geschäftsinhaber gilt auch derjenige, der an einer Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit wirtschaftlich maßgebend beteiligt ist oder auf ihre Geschäftsführung maßgebenden Einfluß hat. Nahe Angehörige sind die Verwandten in auf- und absteigender Linie und die voll- und halbbürtigen Geschwister sowie ihre Ehegatten. (2) Nach Beginn eines Ausverkaufs ist es auch anderen als den im Abs. 1 genannten Personen verboten, mit Waren aus dem Bestand des von dem Ausverkauf betroffenen Unternehmens den Geschäftsbetrieb in denselben oder in unmittelbar benachbarten Räumen aufzunehmen. (3) Ist der Verkauf des Warenbestandes einer unselbständigen Verkaufsstelle wegen ihrer Aufgabe gemäß § 7a angekündigt worden, so darf innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Verkaufs keine neue Verkaufsstelle desselben Geschäftsbetriebes am gleichen Orte errichtet werden. (4) Der Reichswirtschaftsminister kann bestimmen, daß benachbarte Gemeinden als ein Ort im Sinne der Vorschriften der Absätze 1 und 3 anzusehen sind. (5) Die höhere Verwaltungsbehörde kann nach Anhörung der zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie Ausnahmen von den Verboten in den Absätzen 1, 2 und 3 gestatten.

§ 8 1 ). [Strafen] Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 1. wer im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs (§ 7 Abs. 1 bis 3) oder eines Verkaufs gemäß § 7a Waren zum Verkauf stellt, die nur für diese Veranstaltung herbeigeschafft 2 ) worden sind (sogenanntes Vorschieben oder Nachschieben von Waren); 2. wer den Vorschriften des § 7c Absätze 1—3 zuwiderhandelt. Zu § 8 . 1) Siehe Anm. 1 zu §7. 2) § 8 will verhindern, daß der Warenvorrat, dessen Ausverkauf angekündigt wird, mit dem wirklich ausverkauften nicht voll übereinstimmt. Dresden DRZ. 24 (1932) Nr. 704. Die strafbare Handlung liegt nicht darin, daß Waren zum Zwecke des Nachschubs bezogen werden, sondern darin, daß solche Waren in den Ausverkauf einbezogen werden. E . 48, 36. Daß sich der Ausverkauf auf diese Waren erstreckt, muß dem Publikum erkennbar sein. RG. DStZ. 1, 438. Jede Ergänzung der Waren ist verboten, auch wenn die Ware ohne die Ergänzung unverkäuflich sein würde. E . 44, 282; auch wenn die angekaufte Ware den ausschließlichen Gegenstand des Ausverkaufs bildet. E . 45, 371; auch wenn trotz des Vor- oder Nachschiebens die Ausverkaufsmasse nicht vermehrt, sondern im schließlichen Ergebnisse verringert und der Ausverkauf seinem Ende näher geführt wird. RG. DJZ. 17 (1912), 163, Auch ein Herbeischaffen von Waren aus dem Haupt- in ein Nebengeschäft ist nicht gestattet. Ein Nachschieben liegt n i c h t vor, wenn Ersatz für mangelhafte und deshalb zurückgenommene Ware geliefert wird. E . 48, 1; auch nicht, wenn ein Großkaufmann, der seine Geschäfte aufgeben will, Ausverkaufswaren im Kleinverkauf absetzt. RG. DRZ. 24 (1932) Nr. 776; ferner nicht, wenn vorher bestellte Waren selbst vorzeitig zur Lieferung abgerufen werden. BayObLG. DRZ. 25 (1933) Nr. 783. Eventualdolus genügt nicht bezüglich des Herbeischaffens. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. Wer aus einem Ausverkauf einen Warenbestand aufkauft und ihn auf eigene Rechnung durch Ausverkauf weiterveräußert, veranstaltet einen neuen Ausverkauf. Dresden J W . 39 (1930), 1758.

B III 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 9, 9a, 10

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§ 9. [Saisonschluß- und Inventurverkauf] Die Vorschriften der §§ 7a, 7b und 8 finden keine Anwendung auf Verkäufe, die auf Grund allgemeiner Zulassung um die Wende eines Verbrauchsabschnittes stattfinden. Die Zulassung kann durch den Reichswirtschaftsminister oder eine von ihm bestimmte Stelle erfolgen 1 ). Dabei kann Bestimmung über Zahl, Zeit und Dauer dieser Verkäufe, über die Art ihrer Ankündigung und über die Waren getroffen werden, die darin einbezogen werden dürfen. Auch kann das Vor- und Nachschieben von Waren (§ 8 Nr. 1) für diese Verkäufe verboten oder beschränkt werden. Macht der Reichswirtschaftsminister oder die von ihm bestimmte Stelle von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch, so kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie die Zulassung aussprechen und die näheren Bestimmungen treffen.

§ 9 a1). [Besondere Verkäufe] Zur Regelung von Verkaufsveranstaltungen besonderer Art, die nicht den Vorschriften der §§ 7 bis 9 unterliegen, kann der Reichswirtschaftsminister Bestimmungen treffen. Sie sind im Deutschen Reichsanzeiger bekanntzumachen 2 ).

§ 101). [Strafen] Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit H a f t bestraft: 1. wer es unterläßt, in der Ankündigung eines Ausverkaufs oder eines Verkaufs gemäß § 7a die im § 7 Abs. 2, 3, § 7a vorgeschriebenen Angaben zu machen; 2. wer den Vorschriften des § 7b oder den auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt oder bei Befolgung der Vorschriften oder Anordnungen unrichtige Angaben macht 2 ); 3. wer von dem Reichswirtschaftsminister, der von ihm bestimmten Stelle oder der höheren Verwaltungsbehörde auf Grund des § 9 getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 4. wer den von dem Reichswirtschaftsminister auf Grund des § 9a getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt. Z u § 9: 1) VO. über Sommer- und Winterschlußverkäufe v. 13. 7. 1950 (Bundesanz. Nr. 135 v. 18. 7. 1950). Zu § 9 a :

1) Siehe Anm. 1 zu §7.

2) Anordnung des RWiMin. über die Regelung von Verkaufsveranstaltungen besonderer Art. v. 4. 7. 1935 (Reichsanz. Nr. 158, auch abgedr. Bundesanz. Nr. 14 v. 20. 1. 1951). Die Weitergeltung des § 9 a wird im Hinblick auf Art. 80 GG. im Schrifttum verneint (vgl. dazu Habscheid N JW. 1953, 1419); die Gültigkeit früher getroffener Anordnungen wird dadurch aber nicht berührt. Oldenburg NdsRpfl. 1954, 16; a. M. Tetzner N J W . 1953, 1049. Die AO. v. 4. 7. 1935 gilt für jede Art des Einzelhandels, also auch für das Wandergewerbe. OLG. Oldenburg a.a.O. Eine ohne die erforderliche Erlaubnis begonnene Verkaufsveranstaltung besonderer Art kann polizeilich verhindert und eingestellt werden. VG. Würzburg DVB1. 1953, 344. Z u § 10: 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. Fahrlässiges Handeln genügt. 2) Wer ankündigt, ohne ordnungsmäßig (§ 7 b Abs. 1 Satz 1) Anzeige (in der Regel bei der Industrie- und Handelskammer) erstattet zu haben, kann nicht geltend machen, er habe in Wirklichkeit gar keinen Ausverkauf beabsichtigt. E. 45, 45.

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B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 11, 12

§ 11. [Vorgeschriebene Einheiten und Angaben] (1) Durch Beschluß des Bundesrats kann festgesetzt werden, daß bestimmte Waren im Einzelverkehre nur in vorgeschriebenen Einheiten der Zahl, des Maßes oder des Gewicht;1) oder mit einer auf der Ware oder ihrer Aufmachung anzubringenden Angabe über Zahl, Maß, Gewicht, über den Ort der Erzeugung oder den Ort der Herkunft der Ware gewerbsmäßig2) verkauft oder feilgehalten3) werden dürfen. (2) Für den Einzelverkehr mit Bier in Flaschen oder Krügen kann die Angabe des Inhalts unter Festsetzung angemessener Fehlergrenzen vorgeschrieben werden 4). (3j Die durch Beschluß des Bundesrats getroffenen Bestimmungen sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage sogleich oder bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen. (4) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Bundesrats werden mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft 5 ).

§ 121). [Angestelltenbestechung] (1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird, soweit nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt wird2), bestraft, wer im geschäftlichen Verkehre3) zu Zwecken des Wettbewerbs 4 ) dem Angestellten 5 ) oder Beauftragten6) eines geschäftlichen Z u § 11: 1) Vgl. die Bek. v. 4. 12. 1901/25. 9. 1915/25. 9. 1926 (RGBl. S. 494, 621, I 471) über Kleinhandel mit Kerzen, v. 10.4.1918 (RGBl. S. 181) über Kleinhandel mit Garn, v. 11. 1. 1923 (RGBl. II S. 38), über Handel mit seidenen Bändern, v. 11. 2. 1925 (RGBl. I S. 467) über Handel mit Tafelschokolade. 2) vgl. Anm. 1 zu § 260 StGB. 3) vgl. Anm. 6 zu § 184 StGB. 4) bisher nicht geschehen. 5) Fahrlässigkeit genügt. Zu § 12: 1) Sog. S c h m i e r g e l d e r v e r b o t . Das Delikt richtet sich weniger gegen den Dienstherrn des Bestochenen als gegen die Mitbewerber des Bestechenden (KommBer. S. 30). — Vom Verein gegen Bestechung ist eine Zusammenstellung der „Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 12", herausgegeben von W. Fischer, erschienen, in der die wichtigsten Entscheidungen abgedruckt sind. — Gewährung einer Vergütung für die Bevorzugung bei der Vermietung gewerblicher Räume fällt nicht hierunter. R G . H R R . 1929 Nr. 278. 2) Z. B. Betrug. Alsdann liegt Gesetzeseinheit (Subsidiarität) vor, E. 76, 335; RG. D R . 1943, 766; auch kein Fortsetzungszusammenhang mit anderen nach § 12 zu bestrafenden Taten. BGH. GA. 1953, 78. 3) Siehe Anm. 2 zu § 1. 4) vgl. Anm. 3 zu § 1. 5) Vgl. Anm. 24 zu § 4. Die Angelegenheit, in der auf den Angestellten eingewirkt wird, braucht nicht eine ausschließliche des Betriebes zu sein, in dessen Diensten er steht. E s muß aber hinsichtlich des Verhaltens innerhalb des Dienst- oder Auftragsverhältnisses eingewirkt sein. E. 72, 132, 289. Es kommt nicht darauf an, ob der Betriebsunternehmer demjenigen, der durch die Einwirkung auf den Angestellten eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten erstrebt, unmittelbar als Vertragsschließender gegenübersteht. E. 47, 184. 6) Der Begriff des Beauftragten ist weit zu fassen: er ergreift jeden, der vermöge seiner Stellung im Betrieb berechtigt und verpflichtet ist, für ihn geschäftlich zu handeln und Einfluß auf die im Rahmen des Betriebes zu treffendenEntscheidungen besitzt. E. 68, 70 (74), u. 119, 263 (270); E. 72, 62. BGH. E. 2, 396 (401); keine einengende Auslegung; so ohne weiteres Aufsichtsratsmitglied einer Genossenschaft um dieser Stellung willen, wenn im Rahmen des Geschäftsbetriebes tätig. RG. DRZ. 26 (1934) Nr. 374. E. 68,119, ebenso der geschäftsführende Vorsitzende eines Konsumvereins. E. 68, 263. Auch Zeitschriftenwerber sind Beauftragte, LG. Bielefeld, MuW. 1935, 76. Kein Beauftragter ist der Obermeister einer Innung. E. 72, 289.

B I I I ß. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 12

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Betriebs7) Geschenke oder andere Vorteile8) anbietet, verspricht83) oder gewährt, um durch unlauteres Verhalten8) des Angestellten oder Beauftragten bei dem Bezüge von Waren10) oder gewerblichen Leistungen eine Bevorzugung 10a ) 12 ) für sich oder einen Dritten zu erlangen. (2) Die gleiche Strafe11) trifft den Angestellten5) oder Beauftragten8) eines geschäftlichen Betriebs7,,10), der im geschäftlichen Verkehre Geschenke oder andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, damit er durch unlauteres 7) Geschäftl. Betrieb ist eine auf Dauer angelegte Unternehmung, die außerhalb des privaten Bereichs ihre wesensgemäßen Aufgaben dadurch vollzieht, daß sie durch Austausch von Leistung u n d Gegenleistung a m Wirtschaftsleben teilnimmt; nicht wesentlich ist, daß die der U n t e r n e h m u n g zufließenden Leistungen in Geld bestehen. B G H . E. 2, 396 (404). Hierunter fallen auch Betriebe, die rein wohltätige oder soziale Zwecke verfolgen. E . 55, 31; R G . D S t R . (1934), 200; E . 68, 74, auch Konsumvereine, E . 68, 263; staatliche oder städtische Betriebe z. B. staatliches Beschaffungsamt, das im Dienst sozialer Zwecke gegen Geld Wirtschaftsgüter anderer Art erwirbt. B G H . E . 2, 396 (404); ein s t ä d t . Straßenbahnbetrieb mit öffentlichrechtlichen Zwecken, wenn die Gestaltung des Betriebes und wirtschaftliche Betätigung durchaus geschäftlicher Art ist, E . 66, 380. Unerheblich ist es, ob die Verwaltungseinrichtung in die staatl. Hoheits- oder Wirtschaftsverwaltung eingegliedert ist, z. B. ein staatliches B a u a m t , das durch p r i v a t e Unternehmer bauen läßt, einerlei ob es der Post- oder Eisenbahn- oder der allgemeinen Staatsverwaltung zugehört. B G H . E . 2, 396 (403). Ortskrankenkassen sind, obwohl sie Körperschaften öffentlichen Rechtes sind, nicht zur Erfüllung staatlicher Aufgaben berufen u n d daher nicht Behörden, sondern wirtschaftliche Verbände im Sinne des § 12, die ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen im Wege der Selbstverwaltung dienen, E . 62, 24, RG. J W . 64 (1935), 1861. 8) Vgl. Anm. 6, 7 zu § 331 StGB. Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Geschenke und Vorteile, die aus Höflichkeit oder Erkenntlichkeit gewährt werden, auf Gelegenheitsgeschenke, wie Geburtstagsund Hochzeitsgeschenke, auf Trinkgeld, sofern es nicht in der Absicht gegeben wird, den Angestellten zu einer Bevorzugung zu bestimmen. Wird dies beabsichtigt, ist es unerheblich, d a ß in dem Handelszweige Vergütungen an Angestellte allgemein üblich sind. E . 63, 426. 8 a) vgl. A n m . 3 zu § 333 StGB. 9) Unlauter ist das Verhalten, wenn es d e m Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden der nach der Sachlage in B e t r a c h t kommenden Verkehrskreise widerspricht. E . 48, 291. E . 61, 426, R G . A r c h W R . 1938, 157. Unlauter ist nicht gleichbedeutend m i t pflichtwidrig. Es k o m m t weniger darauf an, ob das Verhalten gegenüber dem Dienstherrn pflichtwidrig ist, als, ob es gegenüber den Mitbewerbern unlauter ist. E . 58, 429; E . 66, 81; E . 72, 99. E s wird vorausgesetzt, daß die Bevorzugung durch ein unlauteres Verhalten des Angestellten erreicht wird, u n d d a ß ein derartig unlauteres Verhalten durch die gewährte oder in Aussicht gestellte Zuwendung bezweckt wird. Hierbei genügt es, wenn der Zuwendende billigend d a m i t rechnet, d a ß das Versprechen von Vorteilen ein unlauteres Verhalten des Angestellten beim Vertrieb der W a r e nach sich ziehen kann. F r a n k f u r t J W . 65 (1936), 2104. B G H . E . 2, 396 (401). Unlauter handelt auch der Angestellte, der sich durch Geschenke bestimmen läßt, dem Geberauchweiterhin Aufträge in dem bisherigen Umfange zu gewähren. E . 6 6 , 16; E . 68, 70. Bei der Verteilung von Füllfederhaltern an die Einkaufsabteilung einer F i r m a ist zu prüfen, ob es sich nicht u m bloße Erkenntlichkeitsgaben ohne unlautere Absicht handelt. B G H . GA. 1953, 78. 10) Vgl. Anm. 1 uns 2 zu § 2. Die zu beziehende W a r e m u ß auch in der H a n d des Bestechenden Ware, d . h . zum Handel bestimmter Gegenstand bleiben; daran fehlt es, wenn der T ä t e r die W a r e nicht zur Weiterveräußerung im W e t t b e w e r b mit anderen, sondern zum Verbrauch im eigenen Betrieb ( z . B . Kohlen) erworben wird. E . 58, 429; a. M. BaumbachHefermehl I 2 k. W e r d e n n u r Muster überschickt, die zur Erforschung fremder Geschäfts- u n d Betriebsgeheimnisse geeignet sind u n d dazu dienen sollen, so wird es sich in der Regel nicht u m einen Bezug von Waren im Sinne des § 12 handeln. E . 48, 151. 10 a) Bevorzugung ist die Erlangung eines Vorteils im W e t t b e w e r b gegenüber Mitbewerbern, auf den kein Rechtsanspruch besteht; ein Vorteil ist auch die Vermeidung eines sonst drohenden Nachteils. R G . J W . 59 (1930), 1738. 11) Ebenso wie Abs. 1 subsidiäre Bestimmung. E. 66, 81. B G H . E . 2, 396 (400). Die gleichzeitige Anwendung des Abs. 2 u n d § 332 StGB, ist unzulässig. E . 58, 185. § 312 H G B . schließt auch Abs. 2 aus. E . 66, 81 (84). Untreue u n d Betrug des Angestellten können in Tatmehrheit zusammentreffen. E . 76, 335.

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B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 13

Verhalten einem anderen bei dem Bezüge von Waren oder Leistungen im Wettbewerb eine Bevorzugung verschaffe 1 2 ).

gewerblichen

(3) Im Urteil ist zu erklären, daß das Empfangene oder sein Wert dem Staate verfallen sei 1 3 ).

§ 13. [Aktivlegitimation von Verbänden. Verantwortliche Personen] (1) In den Fällen der § § 1 , 3 kann der Anspruch auf Unterlassung von jedem Gewerbetreibenden, der Waren 1 ) oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen geltend gemacht werden, soweit die Verbände als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können 2 ). Auch können diese Gewerbetreibenden und Verbände denjenigen, welcher den §§ 6, 8, 10, 11, 12 zuwiderhandelt, auf Unterlassung in Anspruch nehmen. (2) Zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens ist verpflichtet: 1. wer im Falle des § 3 die Unrichtigkeit der von ihm gemachten Angaben kannte oder kennen mußte. Gegen Redakteure, Verleger, Drucker oder Verbreiter von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nur geltend gemacht werden, wenn sie die Unrichtigkeit der Angaben kannten; 2. wer gegen die §§ 6, 8, 10, 11, 12 vorsätzlich oder fahrlässig verstößt. (3) Werden in einem geschäftlichen Betriebe Handlungen, die nach §§ 1, 3, 6, 8, 10, 11, 12 unzulässig sind, von einem Angestellten oder Beauftragten 3 ) vor12) Als eine Bevorzugung im Wettbewerb kommt nicht nur eine Berücksichtigung bei der Erteilung von Aufträgen, sondern auch bei der Prüfung und Annahme gelieferter Waren und der Erledigung von Mängelrügen in Betracht. Das Fordern und Annehmen von Geschenken für eine frühere Bevorzugung ist nur dann ein Verstoß gegen § 12, wenn dabei zugleich eine künftige Bevorzugung erkauft werden soll. BGH. GA. 1953, 78. Es ist nicht erforderlich, daß der Täter dem Geber die angesonnene Bevorzugung tatsächlich verschafft oder auch nur zu verschaffen willens ist oder daß dem Geschäftsherrn ein Schaden entsteht. E. 76, 337. 13) S. § 335 StGB. Die Verfallserklärung ist gegen den Beteiligten ausgesprochen, der das Bestechungsmittel, nachdem es der Bestochene einmal empfangen hatte, zur Zeit der Entscheidung in Händen hat oder zuletzt gehabt hat, auch der Bestechende, wenn der Bestochene ihm das Bestechungsmittel aus irgendwelchen Gründen, z. B. aus Furcht vor Strafe zurückgegeben hat. Hat der Bestochene das Empfangene an einen unbeteiligten Dritten weitergegeben, dann ist gegen den Bestochenen zu erkennen, daß der Wert des Empfangenen verfallen ist. BGH. GA. 1953, 78. Auch dann, wenn die Bestechungsgelder an den Geschäftsherrn herauszugeben sind. E. 67, 29. KG. JW. 61 (1932), 1907 (Nebenstrafe). Verfall ist auch im Falle der Gesetzeseinheit mit schwererer Strafe auszusprechen. E. 76, 335. Zu § 13: 1) Gleichartig sind die Waren nicht allein dann, wenn sie aus denselben Stoffen zusammengesetzt oder hergestellt sind, sondern schon, wenn sie nach ihrem äußeren Aussehen, übereinstimmen oder verwechslungsfähig, sind, z. B. Butter und Margarine, Wolle und Baumwolle. Leistungen verwandter Art sind die des Zahnarztes und Zahntechnikers. RG. JW. 36 (1907), 80. 2) Das Antragsrecht besteht nicht gegenüber solchen Verfehlungen, deren Verfolgung außerhalb der Verbandszwecke liegt. Im übrigen ist es unbeschränkt. E. 45, 355. Zu den Verbänden gehören auch die Landwirtschaftskammem. RG. GA. 60, 73; Zwangsinnungen, aber nicht Krankenkassen. Vgl. bezügl. der Klageberechtigung der Verbände Hammann, GRUR. 1937, 235. — Auch der Geschäftsherr eines bestochenen Angestellten ist verletzt und neben den in Abs. 1 ausdrücklich benannten Antragsberechtigten strafantragsberechtigt, denn im Interesse des Schutzes des redlichen Verkehrs überhaupt, der neben den redlichen Wettbewerbern geschützt werden soll, und im Interesse des Schutzes des eigenen Betriebes muß auch der Geschäftsherr in der Lage sein, ein Strafverfahren herbeizuführen. E. 76,336. 3) „Beauftragter" ist der Bezirksvertreter, auch wenn er als selbständiger Großhändler für eigene Rechnung kauft und weiterverkauft. Köln GRUR. 1953, 536.

B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 14

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genommen, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebes begründet.

§ 14. [Üble Nachrede] (1) Wer zu Zwecken des Wettbewerbes1) über das Erwerbsgeschäft2) eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Geschäfts, über die Waren3) oder gewerblichen Leistungen4) eines anderen Tatsachen behauptet oder verbreitetB), die geeignet sind, den Betrieb des Geschäftes oder den Kredit des Inhabers zu schädigen 6), ist, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind'), dem Verletzten zum Ersätze des entstandenen Schadens verpflichtet 8 ). Der Verletzte kann auch den Anspruch geltend machen, daß die Behauptung oder Verbreitung der Tatsachen unterbleibe. (2) Handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen 9) und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse10), so ist der Anspruch auf Unterlassung nur zulässig, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet sind. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nur geltend gemacht werden, wenn der Mitteilende die Unrichtigkeit der Tatsachen kannte oder kennen mußte. (3) Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Z u § 14: 1) Siehe Anm. 4 zu § 12. 2) Unter den Begriff Erwerbsgeschäft fällt jede gewerbliche Tätigkeit ohne Rücksicht auf das Bestehen eines Geschäftsbetriebes. 3) Siehe Anm. 1 zu § 2. 4) Siehe Anm. 9 zu § 3. 5) Vgl. Anm. 3 bis 5 zu § 186 StGB. 6) Die Kreditgefährdung ist schon im § 187 StGB, unter Strafe gestellt, dort aber ist Voraussetzung, daß die Angaben wider besseres Wissen gemacht worden sind, während hier nur verlangt wird, daß sie nicht erweislich wahr sind. Ferner ist im § 187 nur der Kredit geschützt, während nach diesem Paragraphen auch der Geschäftsbetrieb geschützt ist und endlich gewährt § 187 nur den Antrag auf Bestrafung, während hier die Schadens- und Unterlassungsklage gegeben werden. Ein Strafverfahren ist hier ausgeschlossen. Siehe auch Anm. 1 zu § 15. Als betriebs- oder kreditgefährdende Tatsachen sind angesehen z. B. Senf enthalte Kartoffelmehl, ein Restaurateur liefere Margarine anstatt Butter, Kläger sei zur Löschung seines Warenzeichens verurteilt worden. Dem Kläger würden häufig Waren zurückgebracht. Die Konkurrenz überteuere ihre Kunden. Die Ware sei nicht deutsches, sondern ausländisches Fabrikat. Breslau JW. 58 (1929), 449. Nicht als Tatsachen sind angesehen: Kläger bediene sich einer niedrigen Kampfesweise, die Waren des Klägers seien zu teuer und schlecht. 7) Sind die behaupteten Tatsachen erweislich wahr, so fällt jeder Anspruch fort. Der Beklagte hat die Wahrheit der von ihm aufgestellten Behauptung zu beweisen. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so muß er verurteilt werden, guter Glaube schützt ihn nicht. 8) Beklagter kann nicht den Rechtsschutz des Klägers damit bekämpfen daß dieser selbst bei anderer Gelegenheit sich unlauteren Verhaltens im Geschäftsverkehr schuldig gemacht habe. RG. DJ. 1934,872. Es ist unzulässig, neben § 14 den § 1 anzuwenden, es sei denn eine Schutzeinrede aus § 14 Abs. 2 gegeben, RG. J W . 66 (1937), 310. 9) Vertraul. Mitteilungen sind geschäftliche Mitteilungen an bestimmte Personen, denen vertrauliche Behandlung ausdrücklich zur Pflicht gemacht oder von denen sie nach den Umständen zu erwarten ist. RG. MuW. 27, 178. Eine Mitteilung an einen unbegrenzten Personenkreis ist nicht vertraulich, auch wenn sie als vertraulich vom Mitteilenden bezeichnet sind. 10) Das berechtigte Interesse muß obj. gegeben sein; es genügt — anders als nach § 193 StGB. — nicht, daß der Mitteilende zur Wahrnehmung berechtigter Interessen handelt. RGZ. 85, 442. Im übrigen ist die Auslegung des § 193 StGB. (vgl. die dortigen Erläuterungen), weitgehend auch hier verwendbar. Das Privileg des Abs. 2 kommt auch der F a c h p r e s s e zu, die ihre Aufgaben nur durch Mitteilung und Erörterung aller bedeutsamen Tatsachen und Fragen erfüllen kann.

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B I I I 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 15, 16

§ 15. [Verleumdung] (1) W e r wider besseres Wissen über das Erwerbsgeschäft eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Geschäfts, über die W a r e n oder gewerblichen Leistungen eines anderen T a t s a c h e n 2 ) der W a h r h e i t zuwider behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den B e t r i e b des Geschäftes zu schädigen 3 ), wird mit Gefängnis bis zu einem J a h r e und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen b e s t r a f t . (2) Werden die im Abs. 1 bezeichneten T a t s a c h e n in einem geschäftlichen B e t r i e b e von einem Angestellten 4 ) oder B e a u f t r a g t e n b e h a u p t e t oder v e r b r e i t e t , so ist der I n h a b e r des B e t r i e b s neben dem Angestellten oder Beauftragten s t r a f b a r , wenn die Handlung m i t seinem Wissen geschah.

§ 16. [ Verwechslungsgefahr] (1) W e r im geschäftlichen V e r k e h r 1 ) einen N a m e n 2 ) , eine F i r m a 3 ) oder die b e sondere Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts 4 ), eines gewerblichen Unternehmens Zu § 15: 1) Vgl. Anm. 6 zu § 164 StGB. Die Tat braucht weder im geschäftl. Verkehr noch — anders als nach § 14 — zu Zwecken des Wettbewerbs zu erfolgen; es genügt z. B. eine Anzeige bei der zur Untersuchung der Ware zuständigen Behörde. § 193 StGB, ist — wie bei § 187 StGB. (vgl. dort Anm. 4} — ausgeschlossen. E. 31, 63. 2) Die Behauptung braucht — im Gegensatz zu § 187 StGB. — nicht ehrenkränkender Natur zu sein, es genügt, daß sie Nachteile für die Ausübung der Erwerbstätigkeit bringen kann. RG. GA. 61, 119 und E. 44, 158. Tateinheit zwischen § 15 und § 187 StGB, ist daher möglich. 3) Der tatsächl. Eintritt nachweisbaren Schadens wird nicht gefordert. Eine Schädigung des Geschäftsbetriebes kann in dem Abspenstigmachen von Kunden, überhaupt in einer Erschwerung des Betriebes liegen. Kreditschädigungseignung ist — im Gegensatz zu § 14 — nicht ausreichend. 4) Siehe Anm. 24 zu § 4. Zu § 16: 1) Siehe Anm. 2 zu § 1. 2) Wer denselben Namen führt, wie ein anderer, macht sich nur dann strafbar, wenn er Manipulationen anwendet, um Verwechslungen herbeizuführen. — Der Gebrauch eines f r e m d e n Namens zur Ankündigung einer gleichartigen und deshalb gleichwertigen Herstellung der Ware ist nicht statthaft. E. 30, 333. 3) Das Recht zur Führung einer Firma entsteht originär in der Person des Firmenträgers durch Annahme und Gebrauch des Firmennamens. Die angenommene Firma untersteht dem Schutze des § 16 UWG., wenn und solange sie befugt geführt wird. Der Gebrauch des Firmennamens unterliegt, wie jede wettbewerbliche Handlung dem Gebote der Lauterkeit. Jedem Firmenführungsrecht kann, sobald die geschäftlichen Verhältnisse des Firmenträgers in Widerspruch zu dem Inhalt des Firmennamens treten und letzterer dadurch irreführend wird, ein Abwehranspruch aus § 13 UWG. entgegengesetzt werden. BGH. NJW. 1953, 1348. Gleichgültig ist, ob die Firma im Handelsregister eingetragen ist oder nicht. A. M. Stenglein, Nebenges. Anm. 5. Wenn auch Firmenabkürzungen ein selbständiger Namensschutz aus § 16 I UWG. und § 12 B G B . nur zukommt, wenn sie sich als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen durchgesetzt haben, so kann doch daraus gegen eine verwechslungsfähige jüngere Bezeichnung vorgegangen werden, wenn es sich um einen unterscheidkräft. Firmenbestandteil handelt, der sich im Verkehr durchsetzen könnte. BGH. N J W . 1954, 388. Beispiele: Keine Verwechlungsfähigkeit zwischen „Holsteinische Lebensmittelfabriken Wagner & Co." und Wagner und Co. GmbH.", wenn der Sitz der Firmen weit auseinander und in verschiedenen Wirtschaftsräumen liegt, und wenn die hergestellten und vertriebenen Waren völlig unterschiedlich sind. LG. München GRUR. 1953, 137. 4) Der Schutz der besonderen Bezeichnung eines Erwerbsgeschäftes (Etablissementsbezeichnung) ist grundsätzlich nur von der Ingebrauchnahme, nicht der Verkehrsgeltung abhängig. Dies gilt auch, wenn als besondere Bezeichnung ein Teil des Firmennamens verwendet wird. BGH. NJW. 1954, 388. In Betracht kommen z. B. Hotel-, Gaststätten- und Barbezeichnungen („Baseler Hospiz", „Hotel am Markt", „Gasthaus zum Bären", „Oase"), Theaternamen („Intimes Theater" usw.) und Konzertunternehmungsbezeichnungen („Philharmoni-

B III 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. § 17

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oder einer Druckschrift in einer Weise benutzt, welche geeignet ist, Verwechselungen mit dem Namen, der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, kann v o n diesem auf Unterlassung der Benutzung in Anspruch genommen werden 6 ). (2) Der Benutzende ist dem Verletzten zum Ersätze des Schadens verpflichtet, wenn er wußte oder wissen mußte, daß die mißbräuchliche Art der Benutzung geeignet war, Verwechselungen hervorzurufen. (3) Der besonderen Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstigen zur Unterscheidung des Geschäfts v o n anderen Geschäften bestimmten Einrichtungen gleich, welche innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Erwerbsgeschäfts gelten®). Auf den Schutz von Warenzeichen und Ausstattungen (§§ 1, 15 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894, Reichs-Gesetzblatt S. 441 ') finden diese Vorschriften keine Anwendung. (4) Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 171). [Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen] (1) Mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer als Angestellter 2 ), Arbeiter 3 ) oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis 4 ), das ihm vermöge sches Konzert" u. dgl.). Die Bezeichungen müssen eine gewisse namensähnliche Kennzeichnungskraft besitzen. Fehlt sie, so kommt, ebenso wie bei Gattungsbezeichnungen, nur Abs. 3 in Betracht. 5) Der Paragraph gewährt nur zivilrechtliche Schutzmittel, die Schadens- und Unterlassungsklage und zwar nach Wahl die eine oder die andere oder auch beide; auch ist der Erlaß einstweiliger Verfügungen möglich gemäß § 25. Eine Bestrafung kann auch nicht aus § 14 WZG. eintreten, wenn jemand seine Firma nur deshalb gebraucht, um Verwechslungen mit der Firma eines anderen hervorzurufen. E. 40, 81. 6) Z. B. Ausstattung der Geschäftswagen, Anbringung von Emblemen, Warenkataloge, Ausstattung der Schaufenster usw. Haben Gattungsbezeichnungen oder Kennzeichnungen, denen der Verkehr ihrer Art nach keine namensähnliche Wirkung beimißt, Schutzfähigkeit auf Grund einer räuml. begrenzten Verkehrsdurchsetzung erlangt, so beschränkt sich die Schutzwirkung auf das Gebiet, in dem die Verkehrsanerkennung errungen wurde. BGH. N JW. 1954, 388. Auch Firmenschlagwort und Telegrammadresse sind nur geschützt, wenn sie Verkehrsgeltung besitzen. Düsseldorf GRUR. 1953, 527. 7) jetzt: §§ 1, 24 WZG. i.d.F. v. 18. 7. 1953, abgedruckt unter B III 10. Zu § 17. 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) Siehe Anm. 24 zu § 4. 3) Auch die nur vorübergehend beschäftigten Arbeiter. 4) a) Geschäftsgeheimnisse im Gegensatze zu Betriebsgeheimnissen sind solche, welche den Handelsverkehr betreffen, also einen wesentlich kaufmännischen, nicht technischen Charakter tragen und als Geheimnis sind nicht bloß solche geschäftliche Vorkommnisse anzusehen, deren Geheimhaltung den Angestellten zur Pflicht gemacht ist, sondern alle, bei denen nach den Umständen ein erkennbares Interesse des Geschäftsinhabers an der Geheimhaltung anzunehmen ist z. B. auch die kaufmännische Buchführung). E. 29, 426; femer auch der Plan, in gewisser Art ausgestattete Waren in größerer Menge zu besonders geeigneter Zeit auf den Markt zu werfen. E. 48, 12. Der Gegenstand des Geheimnisses braucht nicht zur Ausübung des fraglichen Gewerbes zu dienen. Auf welchem Wege die Angestellten von den Tatsachen in dem Geschäftsbetrieb Kenntnis erlangt haben, ist für den Begriff des Geschäftsgeheimnisses bedeutungslos. RG. Recht 14 Nr. 1474. Eine deutliche Grenzlinie zwischen Geschäfts- und Betriebsgeheimnis ist aber schwer zu ziehen. Das Wesentliche des Abs. 1 ist die Verletzung der durch das Dienstverhältnis begründeten Vertragstreue, also der Treubruch. b) Gegenstand eines Geheimnisses kann alles sein, was der Geschäftsgebarung des Inhabers so eigentümlich ist, daß es in anderen Kreisen nicht bekannt ist und nicht zur Anwendung kommt. E. 31, 90. Daß der Gegenstand absolut neu ist, ist nicht erforderlich, es genügt 44

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist 5 ), während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses6) unbefugt an jemand 7 ) zu Zwecken des Wettbewerbes8) oder aus Eigennutz 8a) oder in der Absicht 9 ), dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzufügen, mitteilt 10 ). (2) Ebenso wird bestraft 11 ), wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, dessen Kenntnis er durch eine der im Abs. 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten 12 ) 13 ) verstoßende eigene vielmehr, daß er zur Zeit der Tat ausschließlich in einem bestimmten Fabrikbetriebe bekannt ist. E. 31, 90. Auch die Anwendung einer an sich bekannten Herstellungsweise kann ein Betriebsgeheimnis sein, wenn die Firma ein vernünftiges Interesse an dem Nichtbekanntsein hat, daß gerade diese Herstellungsweise von ihr benutzt werde. J R . 3 Nr. 215. Strafbar ist z . B . die Mitteilung von Musterbogen und Preislisten. RG. D J Z . 6 (1901), 98 und GA. 52, 87; desgl. von Kundenlisten. E. 39, 321; vom Modell einer Zimmereinrichtung. BayObLG. DJZ. 30(1925), 825; auch von beabsichtigten Submissionsofferten. RG. GA. 52, 241; Agentenverzeichnis. RG. J R . 3 Nr. 1367. Eine Sammlung von Erzeugnisproben kann Geschäftsgeheimnis sein, auch wenn jedem einzelnen Muster diese Eigenschaft fehlt. RG. v. 8. 5. 1923. Stenglein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 3. Zum Begriff des Geheimnisses gehört nicht, daß für Konkurrenten jeder Weg, sich auf erlaubte Weise von dem bezüglichen Verhältnis Kenntnis zu verschaffen, verschlossen ist. RG. Recht 7, 406. So steht dem Begriff „Geheimnis" der Umstand nicht entgegen, daß der Erwerber einer Maschine sich mit der bei ihr angebrachten Verbesserung durch Zerlegung der Maschine vertraut machen kann, wenn einem Fachmann bei bloßer Besichtigung die Verbesserung nicht erkennbar war. RG. J W . 58 (1929), 3087. Doch darf sein Gegenstand für die Konkurrenz nicht offenkundig sein. E. 40,406. Durch die Aufdeckung des Betriebsgeheimnisses einer beschränkten Anzahl von Personen gegenüber wird der Charakter des Geheimnisses nicht beseitigt. E. 38, 108. Nicht mehr besteht ein Geheimnis, wenn sein Gegenstand allgemein bekannt ist, z. B. wenn Muster auf den Markt gebracht und dem Publikum allgemein zugänglich gemacht sind. R G . J W . 1911, 869. — Irrtum darüber, was geheim zu halten ist, ist ein tatsächlicher Irrtum i. S. des § 59 StGB. Stenglein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 5. 5) Personen, die im Dienste einer Fabrik stehen und im Interesse der letzteren und mit deren Mitteln Versuche zur Verbesserung von Fabrikationsmethoden machen, werden d a durch nicht Herren der von ihnen dabei gemachten Erfindungen und Entdeckungen, vielmehr werden diese Eigentum des Fabrikherrn und müssen als den Angestellten infolge des Dienstverhältnisses anvertraut angesehen werden. E. 32, 136 und 218. Zugänglich geworden vermöge des Dienstverhältnisses ist ein Geheimnis auch dann, wenn der Angestellte es durch Bestechung eines Mitangestellten in Erfahrung gebracht hat. E. 40, 355. 6) Die Schweigepflicht besteht so lange, als das Dienstverhältnis r e c h t l i c h besteht. Sie kann vertraglich über die Dauer desselben ausgedehnt werden. 7) Auch an einen Beauftragten des Betriebsinhabers (agent provocateur) oder an einen in leitender Stellung befindlichen Angestellten, wenn ihm das Betriebsgeheimnis nicht zugänglich gemacht ist. RG. J W . 65 (1936), 2081. 8) Voraussetzung für die Annahme des Wettbewerbs ist, daß die Ausbeutung des Geheimnisses zum Schaden des Berechtigten erfolgen soll und zwar entweder dadurch, daß der Verrat an einen Konkurrenten des Berechtigten erfolgt oder daß der in den Besitz des Geheimnisses Gelangte dieses selbst unbefugt ausbeutet. E. 33, 6. Diese Voraussetzung entfällt, wenn jemandem von dem Berechtigten selbst das Geheimnis mitgeteilt ist und demselben nochmals von einem Dritten, der weiß, daß er das Geheimnis kennt, Mitteilung gemacht wird. RG. GA. 45, 286. Der Zweck eigener wissenschaftlicher Ausbildung ist mit dem Zwecke des Wettbewerbes nicht unvereinbar. E. 51,184. Kein Zweck des Wettbewerbes, wo das fremde Geheimnis ausschließlich als Grundlage für die Entscheidung weiter verwendet werden soll, eigene Versuche als nutzlos abzubrechen. RG. D J Z . 37 (1932), 1150. 8a) vgl. Anm. 4 zu § 180 StGB. 9) Eventualdolus genügt nicht. Stenglein, Nebengesetze Anm. 8 (früher anders). 10) In welcher Weise die Mitteilung erfolgt, ist gleichgültig, sie kann schriftlich, mündlich, auch durch bloße Gestattung von Einsicht in Bücher und Schriftstücke geschehen. Daß ein Wettbewerb gerade von Seiten desjenigen, dem die Mitteilung zunächst und unmittelbar gemacht wird, in Aussicht genommen ist, ist nicht erforderlich. E. 39,33. Darauf, ob der E m p fänger die Fähigkeit h a t das Mitgeteilte selbst zu benutzen, kommt es nicht an. E. 51, 184. 11) Keine Tateinheit im Verhältnis v. Abs. 1 und 2. E. 60, 53. 12) Siehe Anm. 4 zu § 1. 13) Es ist also nicht schlechthin das unbefugte Verwerten fremder Geschäftsgeheimnisse mit Strafe bedroht, vielmehr tritt Strafbarkeit nur ein, wenn die Art und Weise, wie der Täter

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Handlung erlangt hat, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz unbefugt verwertet 14 ) oder an jemand mitteilt 16 ) 16 ). (3) Weiß der Täter bei der Mitteilung, daß das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll, oder verwertet er es selbst im Ausland, so kann auf Gefängnis bis zu fünf Jahren erkannt werden. (4) Die Vorschriften der Abs. Ibis 3 gelten auch dann, wenn der Empfänger der Mitteilung, ohne daß der Täter dies weiß, das Geheimnis schon kennt oder berechtigt ist, es kennenzulernen. § 181). [Unbefugte Verwertung von Vorlagen] Mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer2) die ihm im geschäftlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen3) oder Vorschriften technischer Art, insbesondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz unbefugt verwertet oder an jemand mitteilt. § 17 Abs. 4 gilt entsprechend. § 19. [Schadensersatz] Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§ 17, 18 verpflichten außerdem zum Ersätze des entstandenen Schadens. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner. § 201)- [Strafbare Vorbereitungshandlungen] (1) Wer2) zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz jemand zu einem Vergehen gegen die §§ 17 oder 18 zu verleiten sucht oder das Erbieten eines anderen in den Besitz des Geheimnisses gelabgt ist, eine verwerfliche, den Vorschriften des Paragraphen widersprechende ist. Die Strafbarkeit fällt fort, wenn der Täter durch Zufall (durch versehentliches Öffnen eines an eine andere Adresse gerichteten Briefes) Kenntnis erlangt hat. E. 30, 251. Vgl. insbesondere auch E. 33, 62 und E. 61, 273. Ob die Anfertigung von Aufzeichnungen über Betriebsgeheimnisse gegen die guten Sitten verstößt, hängt von der Art der Dinge, von denen Aufzeichnungen gemacht werden, und von dem Inhalt des Dienstvertrags ab. E. 61, 418. 14) In der bloßen Aufzeichnung zu dem Zweck, die erlangte Kenntnis zu erhalten, liegt noch keine Verwertung. Verwertung heißt: den Wert aus der Sache ziehen, sie irgendwie wirtschaftlich nutzen. E. 63, 205. 15) Die Absicht, Schaden zuzufügen, genügt hier nicht, ebensowenig wie eine Verwertung zu nicht geschäftlichen Zwecken. 16) Die Strafbarkeit setzt Vorsatz voraus, Fahrlässigkeit genügt nicht. Der Täter muß wissen, daß es sich um ein Geheimnis handelt. Bedingter Vorsatz genügt, also z. B., wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, daß ihm die Mitteilung zu Zwecken des Wettbewerbs gemacht ist. RG. GA. 56, 221. Zu § 18: 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) Während sich § 17 Abs. 1 gegen den Vertrauensbruch der Angestellten richtet, regelt § 18 den Fall, daß der Berechtigte die Vorlagen usw. einer Person außerhalb seines Betriebs anvertraut, also z. B. ein Unternehmer sie einem anderen Unternehmer zur Ausführung eines Auftrags übergibt. E. 44, 152; 48, 78. 3) Hierunter fallen nur solche Gegenstände, die bei der Herstellung neuer Sachen als Vorbilder benutzt werden. E. 45, 385. Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn Vorlagen usw. einer Persönlichkeit anvertraut sind, die gar nicht selbst gewerblich ausführen soll, sondern nur damit betraut worden ist, die Ausführung technisch oder juristisch vor Behörden usw. vorzubereiten oder zu vermitteln. KommBer. S. 68. Immer wird aber ein beiderseist geschäftsmäßiges Handeln innerhalb der Beziehungen von Geschäft zu Geschäft vorausgesetzt. E. 48, 76. Zu § 20. 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) Durch § 20 wird die erfolglose Anstiftung unter Strafe gestellt. Ist die Anstiftung von Erfolg gewesen, so wird sie nach § 48 des StGB, mit der Strafe des Täters belegt und also aus § 17 des Gesetzes bestraft. Die zu verleitende Person braucht nicht eine individuell be44«

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zu einem solchen Vergehen annimmt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz sich zu einem Vergehen gegen die §§ 17 oder 18 erbietet oder sich auf das Ansinnen eines anderen zu einem solchen Vergehen bereit erklärt.

§ 20 a1). [Begehungsort] Auf die Vergehen gegen die §§ 17, 18 und 20 findet die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. I 2 ) des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich Anwendung, wenn sich die Tat gegen das Geheimnis eines inländischen Geschäfts oder Betriebs richtet.

§ 21. [Verjährung] (1) Die in diesem Gesetze bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Handlung an 1 ). (2) Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Verjährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem ein Schaden entstanden ist.

§ 22. [Strafantrag. Privatklagebefugnis] (1) Die Strafverfolgung1) tritt, mit Ausnahme der in den §§ 4, 6, 10, 11 bezeichneten Fälle, nur auf Antrag ein 2 ). In den Fällen der §§ 8, 12 hat das Recht, den Strafantrag zu stellen, jeder der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände. (2) Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. (3) Wegen der nach § 4 strafbaren Handlungen ist ebenso wie bei den nur auf Antrag verfolgbaren Handlungen (§§ 8, 12) neben dem Verletzten (§ 374 Abs. 1 Nr. 7 der Strafprozeßordnung) jeder der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände zur Privatklage berechtigt. stimmte Person zu sein. E. 33, 355. Ergänzend wird auf die Erläuterungen zu § 49a StGB v erwiesen. Zu § 20 a: 1) Siehe Anm. 1 zu § 7. 2) S. jetzt § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 3 Nr. 5 StGB. i. d. F. v. 6. 5. 1940. Zu § 21: 1) Die hier für die Verjährung gegebenen Vorschriften beziehen sich nur auf die Zivilklagen, bezüglich der Strafverfolgung kommen die Bestimmungen des StGB, zur Anwendung. Zu § 22: 1) Über die Verfolgung des unl. Wettbew. durch die StA. siehe Nr. 281ff. der „Richtlinien für das Strafverfahren" 1953.. 2) Antragsberechtigt ist in allen Fällen der unmittelbar Verletzte, d. h. der beeinträchtigte Mitbewerber, dagegen nicht ein Geschädigter aus dem Publikum, wie im Fall des § 4 der Verbraucher. Hamburg JW. 58 (1929), 1258. Zur Stellung des Antrages sind gemäß Satz 2 auch die Verbände (§ 13), insbes. auch Handwerkskammern BGH. E. 2, 396 (400) und die Ärztekammern E. 35, 268; 37, 173 berechtigt. Vertretung des Vorstandes ist hierbei statthaft. E. 44, 348. Bei einem vom Bevollmächtigten eines antragsberehtigten Vereins gestellten Antrag bedarf es nicht des Nachweises, daß der Strafantrag dem ausdrücklichen Willen des Vorstandes entsprochen hat. E. 58, 203. Nach RG. Recht 10, 260 haben die Ärzte (auch Kreisärzte. RG. Recht 18 Nr. 3078) das Antrasrecht gegenüber jedem, der Kundenkreis der Ärzte durch seine unrichtigen Angaben schmälert. Ein Verein, dessen ausschließlicher Zweck die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist, kann Strafantrag in allen Fällen stellen. RG. Recht 20 Nr. 2178. Die Berechtigung der Verbände (§ 13) zur Stellung des Strafantrages ist davon abhängig, daß sie zurzeit der Handlung, deren Strafverfolgung sie betreiben, schon bestanden haben. E. 46, 324. Der wegen einer fortgesetzten Straftat gestellte Antrag

B III 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. §§ 23—25

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§ 23. [ Urteilsbekanntmachung] (1; Wird in den Fällen der §§ 4,6, 8,12 auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen sei 1 ) 2 ). (2) Wird in den Fällen des § 15 auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekannt zu machen 2 ) 3 ). (3) Auf Antrag des freigesprochenen Angeschuldigten kann das Gericht die öffentliche Bekanntmachung der Freisprechung anordnen; die Staatskasse trägt die Kosten, insofern sie nicht dem Anzeigenden oder dem Privatkläger auferlegt worden sind. (4) Ist auf Grund einer der Vorschriften dieses Gesetzes auf Unterlassung Klage erhoben, so kann in dem Urteile der obsiegenden Partei die Befugnis zugesprochen werden, den verfügenden Teil des Urteils innerhalb bestimmter Frist auf Kosten der unterhegenden Partei öffentlich bekanntzumachen. (5) Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen.

§ 24. [örtliche Zuständigkeit] Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist ausschließlich zuständig das Gericht, in dessen Bezirke der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. Für Personen, die im Inlande weder eine gewerbliche Niederlassung noch einen Wohnsitz haben, ist ausschließlich zuständig das Gericht des inländischen Aufenthaltsortes, oder wenn ein solcher nicht bekannt ist, das Gericht, in dessen Bezirke die Handlung begangen ist.

§ 25. [Einstweilige Verfügung] Zur Sicherung der in diesem Gesetze bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die in den §§ 935, 940 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen. Zuständig ist auch das Amtsgericht, in dessen Bezirke die den Anspruch begründende Handlung begangen ist; im übrigen finden die Vorschriften des § 942 der Zivilprozeßordnung Anwendung1). umfaßt auch die vor Eintragung des Vereins begangenen Einzelhandlungen. E . 49, 66. — Auch dem Geschäftsherrn der Angestellten oder Beauftragten steht das Antragsrecht zu. E . 76, 335. Antragsberechtigt ist auch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. in Frankfurt-Börse. BGH. GA. 1953, 78. Ein Dritter, der ein durch Verrat eines Angestellten zu seiner Kenntnis gelangtes fremdes Geschäftsgeheimnis zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt verwertet, kann nicht ohne weiteres als ein an dem Verrate des Angestellten „Beteiligter" verfolgt werden, wenn nur gegen den Angestellten ein Strafantrag gestellt ist. E. 31, 33. Zu § 2 3 : 1) Die Anordnung der Bekanntm. hängt vom Ermessen des Gerichts ab, es darf nicht, wie in Abs. 2, nur dem Antragsteller eine Veröffentl.Befugnis zusprechen. RG. D JZ. (1903), 502. Zu berücksichtigen ist, ob die beanstandete Ankündigung den Geschäftskreis der ehrlichen Konkurrenten erheblich gefährdet hat. Steht der für den Verurteilten, mit der Veröffentlichung verbundene Nachteil in keinem Verhältnis zu der begangenen Rechtsverletzung, so darf die Veröffentlichung nicht erfolgen. RG. Recht 33 Nr. 1603. Der Verkauf des Geschäfts beseitigt nicht den Anlaß zur Veröffentlichung. 2) Auf Veröffentl. bzw. Veröffentlichungsbefugnis ist auch dann zu erkennen, wenn die Tat mit einer anderen Tat in Tateinheit steht, und die Strafe aus dem anderen Gesetz zu entnehmen ist (vgl. Anm. 2 zu § 73 StGB.). 3) Vgl. Anm. 3 zu § 200 StGB. Zu § 2 5 : 1) Hierüber s. Bruns N J W . 1954, 589.

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B I I I 6. Gesetz über den unlauteren Wettbewerb. §§ 26—27a

§ 26. [Buße] Neben einer nach Maßgabe dieses Gesetzes verhängten Strafe kann auf Verlangen des Verletzten1) auf eine an ihn zu erlegende Buße erkannt werden. Für diese Buße haften die dazu Verurteilten als Gesamtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus. § 27. [Sachliche Zuständigkeit] (1) Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage sein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, gehören, sofern in erster Instanz die Landgerichte zuständig sind, vor die Kammern für Handelssachen. (2) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze d e m Reichsgerichte zugewiesen. § 27 a 1 ). [Einigungsämter] (1) Der Reichswirtschaftsminister kann bei allen oder bei einzelnen überlachlichen Gliederungen der Organisation der gewerblichen Wirtschaft Einigungsämter einrichten, die bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus § 13, soweit die Wettbewerbshandlungen den geschäftlichen Verkehr mit dem letzten Verbraucher betreffen, von jeder Partei zum Zwecke einer Aussprache mit dem Gegner über den Streitfall angerufen werden können. Für die Zuständigkeit dieser Einigungsämter gelten die Bestimmungen des § 24 entsprechend. (2) Die Einigungsämter sind mit einem Rechtskundigen, der die Befähigung zum Richteramt hat, als Vorsitzenden und mindestens zwei sachverständigen Gewerbetreibenden als Beisitzern zu. besetzen. (3) Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Im Falle unentschuldigten Ausbleibens kann das Einigungsamt Ordnungsstrafen in Geld gegen sie festsetzen. Gegen die Straffestsetzung findet die sofortige Beschwerde an das für den Sitz des Einigungsamts zuständige Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fhelt, Zivilkammer) statt. Die Ordnungsstrafen werden auf Antrag des Einigungsamts durch die Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern nach den Bestimmungen über die Einziehung der Beiträge zu diesen Kammern beigetrieben. (4) Das Einigungsamt hat einen gütlichen Ausgleich anzustreben. Aus einem vor ihm geschlossenen Vergleich findet die Zwangsvollstreckung statt; § 797a der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend. Mit Ausnahme der dort im Abs. 4 Satz 2 bestimmten Fälle kann der Vorsitzende des Einigungsamts die Vollstreckungsklausel unter Beidrückung des Siegels oder Stempels des Einigungsamts erteilen. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so kann das Einigungsamt sich in einem gutachtlichen Spruch über den Streitfall äußern. Das Einigungsamt Zu § 2 6 : 1) Interessenverbände h a b e n keinen Anspruch auf Buße. E. 48, 327. — Auf B u ß e kann auch erkannt werden, wenn die Verurteilung bei Tateinheit aus einem anderen Gesetz erfolgt (vgl. Anm. 2 zu § 73 StGB.). Wegen der V e r j ä h r u n g der Buße vgl. A n m . 1 zu § 70 StGB. Z u § 2 7 a : 1) Die Fassung des § 27a b e r u h t auf der VO. v. 8. 3. 1940 (RGBl. I S. 480). Art. I I der VO. v. 8. 3. 1940 ermächtigte den Reichswirtschaftsminister, die von den Obersten Landesbehörden eingerichteten Einigungsämter aufzulösen, neue zu bilden und mit Durchführungsbefugnissen zu versehen. Seit 1945 h a t die Vorschrift ihre Bedeutung verloren (vgl. Baumbach-Hefermehl, Allg. II 5 B, S. 20.

§§ 28, 29. — B III 7. Gaststättengesetz. § 1

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kann, wenn es den geltend gemachten Anspruch von vornherein für unbegründet oder sich selbst für unzuständig erachtet, die Einleitung von EinigungsVerhandlungen ohne weiteres ablehnen. (5) Ist ein Rechtsstreit der im Abs. 1 bezeichneten Art ohne vorherige Anrufung des Einigungsamts anhängig gemacht worden, so kann das Gericht auf Antrag den Parteien unter Anberaumung eines neuen Termins aufgeben, vor diesem Termin das Einigungsamt zur Herbeiführung eines gütlichen Ausgleichs anzugehen. In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist diese Anordnung nur dann zulässig, wenn die Gegenpartei zustimmt. (6) Die zur Durchführung der vorstehenden Vorschriften erforderlichen Bestimmungen werden vom Reichswirtschaftsminister getroffen. Der Reichswirtschaftsminister kann auch bestimmen, daß einzelne Einigungsämter bei allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus § 13 angerufen werden können.

§ 28. [Gegenseitigkeit] Wer im Inland eine Hauptniederlassung nicht besitzt, hat auf den Schutz dieses Gesetzes nur insoweit Anspruch, als in dem Staate, in welchem seine Hauptniederlassung sich befindet, nach einer im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Gewerbetreibende einen entsprechenden Schutz genießen x ).

§ 29. [Begriff der höheren Verwaltungsbehörde] Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeichnung höhere Verwaltungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes zu verstehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaats1) bestimmt.

B III 7. Gaststättengesetz Vom 28. April 1930

(RGBl. I S. 146) *)

I. Erlaubnis zum Gewerbebetriebe § 1. [Erlaubnispflicht] (1) Wer Gastwirtschaft

, Schankwirtschaft 2 ), oder Kleinhandel 3 ) mit Brannt-

Zu § 28: 1) Gilt nicht für deutsche Staatsangehörige (vgl. Ges. v. 31. 3. 1913 — RGBl. I S. 236 —). Vgl. noch Anm • zu B III 10. Zu § 29: 1) Jetzt Land. Zu B III 7: ») Geändert durch Gesetz v. 9.10.1934 (RGBl. I S. 913) und durch VO. v. 27.9. 1938 und 9. 10. sowie 24. 11. 1941 (RGBl. I S. 1245 bzw. 41 S. 635, 769). Ferner sind ergangen Ausf.VO. v. 21. 6. 1930 (RGBl. I S. 191) mit zusätzlicher VO. v.21. 6. 1933 (RGBl. I S. 392) und v. 19. 1. 1938 RGB1.( I S. 37), ferner preuß. Durchf.VO. v. 18. 6. 1930 (GS. S. 117), geändert durch VO. v. 30. 3. 1933 (GS. S. 106) und VO. v. 6. 2. 1934 (GS. S. 59). S c h r i f t t u m : Michel, Komm. 4. Aufl. 1952. Rohmer-Eyermann-Fröhler, Komm. 2. Aufl. 1952. Kerstiens, Komm. 1933. Köstlin, Komm. 1930. Rohrscheidt, Komm. 1930. Die Recchsprechung der VerwGerichte zum Gaststättenges, in den Jahren 1945—1948 ist zusammengestellt unter Nr. 1025ff. der „Rechtsprechung Deutscher Gerichte", herausgegeben vom ZJA. BZ. Zu § 1: 1) Gastwirtschaft besteht in der Beherbergung und Verpflegung fremder und einheimischer Gäste. KG. Johow 1 S. 181. Frankfurt GA. 42, 284. Dresden JW. 63

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B I I I 7. Gaststättengesetz. § 1

wein4) betreiben6) will, bedarf dazu der Erlaubnis 6 ). Die Erlaubnis kann auch juristischen Personen sowie nichtrechtsfähigen Vereinen7) erteilt werden. (1934), 2087. Der Vertrieb von Getränken ist nicht erforderlich. Ungedr. KG. v. 28. 4. 1930. Das Lokal muß jedermann zugänglich sein; es liegt keine Gastwirtschaft vor, wenn es an einer hotelmäßigen Unterbringung fehlt. Stuttgart J W . 59 (1930), 1239, oder wenn es sich nur um Unterbringung und Verpflegung bestimmter Personen handelt. Rostock GA. 40, 194. Zwischen Gastwirtschaft und bloßem Zimmervermieten besteht ein Unterschied. Zimmervermietung ist noch kein Gastwirtschaftsbetrieb. KG. J F G . Erg. 15 (1937), 133. Bei Fremdenheimen ist von Fall zu Fall zu entscheiden. BadVerwGH., DVerwBl. 1936, 242 RG. GA. 34, 207. Keine Gastwirtschaft, wenn nur Personen beherbergt werden, die dem Inhaber der Räume von Gastwirten überwiesen werden und er nur von diesen Bezahlung erhält. Köln J W . 59 (1929), 3261. Das Vermieten an Sommergäste kann nicht ohne weiteres als Gastwirtschaft angesehen werden. Hamburg GA. 46, 58; BayObLG., DStrafr. 1934, 297; ebensowenig das Vermieten von Schlafstellen mit Verpflegung. KG. Johow 11, 227. Sanatorien Privatkrankenanstalten, Erziehungsanstalten u. dgl. sind keine Gastwirtschaften, Michel, Komm. Anm. I I I 3 zu § 1. Schlafwagen dienen nicht der Beherbergung, sondern der Beförderung, also keine Anwendung des § 1. 2) Schankwirtschaft besteht in der gewerbsmäßigen Verabfolgung von Getränken jeder Art und nicht bloß geistigen Getränken und zwar gleichviel ob in Flaschen oder Gläsern zum Genuß auf der Stelle. PrOVG. E. 2, 233; Celle GA. 48, 147; BayObLG. JW. 60 (1931), 1971; Dresden J W . 60 (1931), 1984, auch von Milch-Mischgetränken mit Zusatz von Alkohol. OVG. Münster DVB1. 53, 343. Dazu gehört der Gassenschank; Erl. v. 20. 10. 1936 (RMB1. i. V. S. 1394); Stuttgart J W . 61 (1932), 66. Ausschank von Kaffeewasser fällt aber nicht hierunter. OLG. Düsseldorf J W . (1934), 625. Die Getränke brauchen nicht in geschlossenen Räumen genossen zu werden. PrOVG. E. 2, 336; KG. JFGErg. 38, 278. Ausschank von Milch siehe § 9, von selbsterzeugtem Wein § 10. Schankwirtschaft ist auch die unentgeltliche Verabreichung von Getränken an Geschäftskunden in den großen Warenbazaren und kaufmännischen Geschäften. KG. GA. 46, 366; JFGErg. 4, 180. Es liegt aber nicht ohne weiteres der Betrieb einer Schankwirtschaft vor, wenn der Vermieter an seine Mieter Getränke verabfolgt. E. 27, 173. Überhaupt sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls maßgebend, ob ein Verkauf im Rahmen des Schankbetriebes vorliegt. PrOVG. E. 80, 386. Nicht gehört zum Begriff der Schankwirtschaft, daß die Getränke an jedermann verabfolgt und auf Vorrat gehalten werden. E. 35, 175 und 335. Es ist nicht erforderlich, daß der Platz, auf dem das Getränk genossen wird, dem Ausschenker gehört, oder daß ihm die Veräußerungsgewalt über diesen Platz zusteht. Rostock GA. 43, 142; BayObLG. H R R . 1930 Nr. 191; OLG. Karlsruhe J W . 63 (1934), 1196. Schankwirtschaft treibt auch der Krämer, der duldet, daß die Konsumenten das gekaufte Bier auf dem Hausflur austrinken. KG. Johow 14, 294. Beihilfe des Verzehrens in nicht erlaubtem Schankbetrieb ist möglich, aber nur, wenn der Gast über die notwendige Mitwirkung hinaus Teilnahmehandlungen begeht. E. 70, 233. Die Gewerbsmäßigkeit einer Schankwirtschaft setzt voraus, daß eine fortgesetzte, auf Erzielung des Vermögensvorteils gerichtete Tätigkeit vorliegt und ein offenes Lokal gehalten wird, das allgemein zugänglich ist. KG. GA. 38, 457. Es genügt die Erzielung eines mittelbaren Gewinns. KG. Johow 1, 178, 180; und zwar durch die Möglichkeit, sich im geschäftlichen Wettbewerb Kunden zu erhalten und zu gewinnen. Königsberg DJZ. 37 (1932), 1488. Auf die Zahl der Handlungen kommt es nicht an; es kann unter Umständen ein Ausschank an einem Tag genügen. Stenglein, Nebengesetze Anm. 4 Abs. 4. Selbst die unentgeltliche Verabreichung von Getränken schließt die Gewerbsmäßigkeit nicht aus, z. B. wenn ein Kaufmann oder Speisewirt nur die Waren und Speisen, nicht aber die Getränke besonders berechnet. KG. Johow 1, 178. So kann auch die unentgeltliche Abgabe von Kaffeekostproben gewerbsmäßiger Ausschank sein, wenn sie eine gewisse Zeit hindurch fortgesetzt wird, um den Betrieb zu heben. KG. DJZ. 34 (1929), 248; JW. 65 (1936), 622; a. M. Jena DRZ. 25 (1933), Nr. 216. Die Vorschriften der Abschnitte I und I I über Schankwirtschaften sind entsprechend auf Speiseeiswirtschaften (Eisdielen) anzuwenden, VO. über Speiseeiswirtschaften, siehe unter Anm. 2 zu § 25. 3) Als Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßig und in den Fällen des § 23 Abs. 1 auch die nicht gewerbsmäßige Abgabe einer Menge von nicht mehr als 3 Liter Branntwein an Verbraucher (§ 9 d. VO. v. 21. 6. 1930 — Anm. *). 4) Dazu gehört auch der unverarbeitete Branntwein. Begr. S. 11, aber nicht der vergällte. S 27 Ziff. 4. 5) Es betreibt nur der selbständige Unternehmer, also der, für dessen Rechnung und unter dessen Verantwortung der Betrieb geführt wird, OLG. Dresden DStR. 1934, 300.

B I I I 7. Gaststättengesetz. § 2

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(2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn einBedürfnis nachgewiesen i s t 8 ) (3) Die Reichsregierung kann mit Zustimmung des Reichsrats die Voraussetzungen bestimmen 9 ), a) unter denen ein Bedürfnis 1 0 ) (Abs. 2) für die Erlaubniserteilung anzuerkennen oder zu verneinen ist, b) unter denen der Handel mit Branntwein als Kleinhandel 1 1 ) im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. (4j Soweit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlassen h a t , können die obersten Landesbehörden sie erlassen.

§ 2. [Versagungsgründe] (1) Wird ein Bedürfnis nachgewiesen (§ 1 Abs. 2 1 ) ) , so ist die Erlaubnis n u r 2 ) zu versagen, 1. wenn Tatsachen die Annnahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit 3 ) nicht besitzt, insbesondere dem Trünke ergeben ist oder das Gewerbe zur Förderung der Schlemmerei 4 ), der Völlerei 5 ), des Glücksspiels, der Hehlerei, unlauterer Handelsgeschäfte oder der Unsittlichkeit oder zur Ausbeutung Unerfahrener, Leichtsinniger oder Willensschwacher, zur sittlichen oder gesundheitlichen Schädigung Jugendlicher oder zum Vertriebe gesundOb jemand als Inhaber zu gelten hat, hängt nicht von seiner privatrechtlichen Beziehung zu dem betr. Grundstück ab, sondern es ist entscheidend, wie das Verhältnis unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände sich der Allgemeinheit gegenüber darstellt, RG. DStR. 1937, 366. 6) Wegen der zuständigen Behörde siehe Preuß. DurchfO. v. 18. 6. 1930 Anm. *) 7) Nicht offenen Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften. Sie erstreckt sich beim Verein dann nicht nur auf die Mitglieder, sondern auch auf Gäste, die von diesen mitgebracht und freigehalten werden. OLG. Dresden, DStR. 1934, 300. 8) Die Bedürfnisprüfung ist mit Art. 12 GG. (Freiheit der Berufswahl) nicht vereinbar. BVerwG. N J W . 1954, 524 u. 1013. 9) §§ 1—5 VO. v. 21. 6. 1930 (Anm. •). 10) §§ 1—5 VO. v. 21. 6. 1930 (Anm. *). 11) §§ 6—9 VO. v. 21. 6. 1930 (Anm. *). Zu § 2 : 1) S. Anm. 8 zu § 1. 2) Auf andere Gründe kann die Versagung nicht gestützt werden. Das Rundschreiben des RWiMin. v. 15. 5. 1930 I I I Nr. 1590 ist mit § 2 Gaststättenges, nicht vereinbar. BayVGH. N J W . 1947. 72. 3) Die Zuverlässigkeit ist nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Gewerbetreibenden zu bestimmen und zwar unter Würdigung der Wesenseigenschaften und Fähigkeiten, wie sie für eine ordnungsgemäße Berufsausübung notwendig sind; dabei können aus früheren gewerbepolizeilichen Verstößen, Gestaltung, Sauberhaltung usw. der Räume, Umgang mit dem Personal u.dgl. Schlüsse gezogen werden; die Feststellung ist ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden des Betriebsinhabers zu treffen, siehe RVG. DR. 1942, 1664; Michel, Gaststättengesetz Anm. I I zu § 12. Über die Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit siehe § 2 MErl. v. 5. 6. 1930. 4) Es kommt hierbei auf die Ungewöhnlichkeit des Genusses und seine Mißbilligung durch weite Teile der Bevölkerung an. Michel, a.a.O. S. 61. Schlemmerei bedeutet das Schwelgen in verschiedenen ausgewählten Genußmitteln (qualitatives Übermaß). Rohrscheidt a.a.O. S. 43. 5) Hierunter ist nicht bloß ein Genuß geistiger Getränke bis zu einem das Bewußtsein oder die freie Willensbestimmung in erheblichem Grade beeinträchtigendem Maße, sondern auch die bloße Gewohnheit, unmäßig zu essen oder zu trinken, und auch ein Genuß, der die gesetzmäßigen Schranken überschreitet, zu verstehen. Landmann-Rohmer Anm. 7 zu § 33 GewO. (quantitatives Übermaß). BayVGR. Reger, Entsch. Bd. 57 (1937), 20. Auch der Betrieb von Animierkneipen gehört hierher. Stenglein Nebengesetze Anm. 6.

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B I I I 7. Gaststättengesetz. § 3

2.

3.

4. 5.

heitsschädlicher, verfälschter oder verdorbener Nahrungs- oder Genußmittel mißbrauchen wird; wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die Vorschriften über die Beschäftigung von Arbeitern und Angestellten nicht einhalten wird, insbesondere wenn der Antragsteller wegen Verstoßes gegen diese Vorschriften erheblich vorbestraft ist; wenn die zum Betriebe des Gewerbes oder die zum Aufenthalte der Arbeiter und Angestellten des Betriebs bestimmten Räume6) wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen 7 ); wenn die Verwendung der Räume für den Betrieb des Gewerbes dem öffentlichen Interesse 8 ) widerspricht; wenn die zum Betriebe bestimmten Räume in der in Ziffer 1 genannten Art mißbraucht worden sind, sofern nicht anzunehmen ist, daß der Betrieb ordnungsmäßig geführt werden wird.

(2) Bei juristischen Personen oder bei nichtrechtsfähigen Vereinen gelten als Antragsteller im Sinne des Abs. 1 Ziffer 1 und 2 die vertretungsberechtigten Personen.

§ 3. [Beschränkung der Erlaubnis] (1) Die Erlaubnis ist bei Gast- und bei Schankwirtschaften für eine bestimmte Betriebsart1), für bestimmte Arten von Getränken2) und für bestimmte Räume zu erteilen 3 ). In der Erlaubnis zum Betrieb einer Gastwirtschaft oder zum Ausschank geistiger Getränke ist die Erlaubnis zum Ausschank nichtgeistiger Getränke enthalten 4 ). 6) Hierunter sind sämtliche für den Gewerbebetrieb benutzten Räume sowohl in Häusern wie im Freien zu verstehen. Begr. S. 12. 7) In Bayern steht die Entscheidung über die Anforderungen, die nach § 5 I d. RdErl. des Min. d. I. v. 26. 8. 1886 (MBliV. S. 182) in baulicher und gesundheitlicher Beziehung an Gast- und Schankwirtschaften zu stellen sind, im pflichtgemäßen Ermessen der Erlaubnisbehörde. BVerwG. N J W . 1954, 693. 8) Es ist hierbei insbesondere an das infolge der Wohnungsnot bestehende Bedürfnis nach Wohnraum gedacht. Begr. S. 12. Zu § 3 : 1 ) Der Begriff der Betriebsart richtet sich nach den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen. Die von einer Handwerkskammer in ihrem Dienstgebäude in der Hauptsache zur Befriedigung der Bedürfnisse der Handwerksangehörigen vorgesehene Gaststätte ist eine bestimmte Betriebsart. Im Rahmen eines Kantinen- oder Kasinobetriebes lassen sich diese Bedürfnisse in der Regel nicht befriedigen. OVG. Münster DVB1. 1953, 738. Ein Fernfahrerheim ist als best. Betriebsart einer Gastwirtschaft anzusehen, wenn es sich um eine in der Nähe einer Fernverkehrsstraße gelegene Einrichtung größeren Umfanges handelt, die den Fernfahrern für die Nacht oder eine sonstige längere Liegezeit die Möglichkeit zu einer die öffentlichen Verkehrswege entlastenden Abstellung ihrer Fahrzeuge bietet. Die Verbindung einer Tankstelle mit dem Betrieb eines Fernfahrerheims steht in der Regel der Erteilung einer Erlaubnis zum Ausschank geistiger Getränke nicht entgegen. OVG. Münster DVB1. 1953, 339. Jede Änderung der Betriebsart bedarf der Erlaubnis. Es ist daher die Umwandlung einer gewöhnlichen Schankwirtschaft in eine Likörstube ohne Erlaubnis nicht gestattet. 2) Z. B. geistige Getränke: Bier, Wein, Branntwein. Eine Unterscheidung innerhalb derselben Getränkeart ist nicht zulässig. Breslau J W . 62 (1933), 1542. Michel, Komm. Anm. 2 zu § 3. A. A. z. B. bez. Abgabe von Flaschenbier und Faßbier BayVGH. Reger, Entsch. Bd. 57 (1937). 165. Erlaubnis zum Betriebe einer Gastwirtschaft umfaßt Ermächtigung zum Ausschank geistiger Getränke als Zubehör. PrOVG. J W . 63 (1934), 647. 3) Diese Vorschrift ist insoweit hinfällig geworden, als sie der Durchführung des Bedürfnisnachweises dient. BVerwG. N J W . 1954, 524. Vgl. Anm. 8 zu § 1. 4) Das Bereithalten nichtgeistiger Getränke kann dem Schankwirt vorgeschrieben werden (§ 11). Die Nichteinhaltung dieser Vorschrift ist strafbar nach § 29 Ziff. 1.

B I I I 7. Gaststättengesetz. §§ 4—6

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(2) Die Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein ist für bestimmte Räume zu erteilen. Sie kann mit der Beschränkung erteilt werden, daß der Kleinhandel mit Branntwein dem Antragsteller nur im Betrieb eines von ihm in einer offenen Verkaufsstelle geführten Geschäfts bestimmter Art erlaubt wird. (3) Die Erlaubnis zum Ausschank von Branntwein schließt die Erlaubnis zum Kleinhandel ein. (4) Die Erlaubnis darf weder auf Zeit noch auf Widerruf erteilt werden, soweit nicht dieses Gesetz es zuläßt.

§ 4. [Erlöschen der Erlaubnis] (1) Bei der Erteilung der Erlaubnis kann eine Frist bis zur Dauer eines Jahres bestimmt werden, innerhalb deren der Betrieb begonnen sein muß, widrigenfalls die Erlaubnis erlischt. Ist eine Frist nicht bestimmt, so erlischt die Erlaubnis, wenn der Inhaber den Betrieb nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erlaubnis 1 ) beginnt. Die Fristen können verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. (2) Die Erlaubnis erlischt ferner, wenn der Inhaber seinen Betrieb seit einem Jahre nicht mehr ausgeübt hat, ohne daß ihm darüber hinaus eine Frist gewährt worden ist, innerhalb deren der Betrieb wieder aufgenommen werden muß. Diese Frist beträgt höchstens ein J a h r ; sie kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. (3i Der Inhaber einer Erlaubnis hat binnen einer Woche der zuständigen Behörde 1 ) schriftlich anzuzeigen, daß er seinen Betrieb begonnen hat oder nicht mehr ausübt.

§ 5. [Erlöschen der Erlaubnis bei juristischen Personen] (1) Die einer juristischen Person oder einem nichtrechtsfähigen Verein erteilte Erlaubnis erlischt mit dem Ablauf von 30 Jahren nach der Erteilung. Erlaubnisse, die vor dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt worden sind, erlöschen mit dem Ablauf von 30 Jahren nach diesem Tage. (2) Ist die Erlaubnis in einem dieser Fälle erloschen, so kann die zuständige Behörde 1 ) die Fortsetzung des Gewerbes bis zur Erteilung einer neuen Erlaubnis auf Widerruf zulassen. § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 findet Anwendung.

§ 6. [Stellvertretungserlaubnis] (1) Die Ausübung der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe durch einen Stellvertreter 1 ) ist nur mit besonderer Erlaubnis (Stellvertretungserlaubnis) der für die Erteilung der Erlaubnis zum Gewerbebetriebe zuständigen Behörde) gestattet. Zu § 4 : 1) Ortspolizeibehörde. DurchführungsVO. v. 18. 6. 1930 (Anm. *) I, 2 — Strafbestimmung § 29 Ziff. 9. Zu § 5: 1) Siehe Anm. 1 zu § 4. Zu § 6: 1) Unter Stellvertreter ist eine Person zu verstehen, welche auf Grund vertraglicher oder gesetzlicher Vollmacht den Betrieb im Namen und für Rechnung des Inhabers, im übrigen aber unter eigner Verantwortung selbständig führt, und die sich einerseits von dem Gehilfen oder Geschäftsführer, der das Gewerbe oder einzelne Zweige desselben unter Aufsicht und Leitung des Inhabers verwaltet, andererseits von dem Pächter der Gewerbseinrichtung unterscheidet, der das Gewerbe auf eigene Rechnung und im eigenen Namen ausübt. Begr. S. 13.

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B I I I 7. Gaststättengesetz. §§ 7—9

(2) Die Erlaubnis wird für einen bestimmten Stellvertreter erteilt. Die Vorschriften des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 und des § 4 gelten entsprechend. (3) Die Stellvertretungserlaubnis ist natürlichen Personen zu erteilen, wenn 1. nach Erteilung der Erlaubnis zum Betriebe des Gewerbes Umstände eingetreten sind, die den Inhaber hindern, das Gewerbe persönlich auszuüben, insbesondere, wenn er in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt worden ist; 2. der Betrieb nach dem Ableben des Inhabers für seine Witwe während ihres Witwenstandes oder für seine minderjährigen Erben oder bis zur Beendigung einer Nachlaßauseinandersetzung fortgeführt werden soll. Sie ist zu versagen, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen. (4) Juristische Personen und nichtrechtsfähige Vereine bedürfen einer Stellvertretungserlaubnis gemäß Abs. 1 nur, wenn sie den Betrieb durch andere Personen als die Antragsteller (§ 2 Abs. 2) führen. § 7. [Zulassung auf Widerruf vor Erlaubniserteilung] (1) Die zuständige Behörde1) kann Personen, die einen der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe von einem anderen übernehmen, zur Ausübung des Gewerbes bis zur Erteilung der Erlaubnis auf Widerruf zulassen. Die Zulassung soll nicht für eine längere Zeit als 3 Monate erfolgen; diese Frist kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Entscheidungen sind endgültig2). (2) Die Vorschrift des Abs. 1 findet auf die vorläufige Zulassung eines Stellvertreters entsprechende Anwendung. § 8. [Erlaubnis auf Widerruf] (1) Bei einem vorübergehenden Bedürfnis1) kann der Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft vorübergehend auf Widerruf2) gestattet werden. Dabei sind ortsansässige Inhaber einer Erlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 1 in der Regel vor anderen zu berücksichtigen3). Dem Betriebsinhaber können Auflagen gemacht werden. (2) Ein vorübergehendes Bedürfnis ist für den Ausschank geistiger Getränke bei Schul- und Jugendfesten sowie bei Sportfesten, an denen überwiegend Jugendliche beteiligt sind, nicht anzuerkennen. Die oberste Landesbehörde kann die näheren Anordnungen treffen. § 9. [Milchausschank] (1) Der Ausschank von Milch in Räumen, die dem Milchverkaufe dienen, bedarf während der für den Milchverkauf festgesetzten Verkaufszeit keiner Erlaubnis 2) Siehe Anm. 8 zu § 1 und Anm. 1 zu § 4. Zu § 7: 1) Siehe Anm. 1 zu § 4. Zu § 8: 1) Gleichwohl steht der Verwaltungsrechtsweg offen. Z . B . bei einem außergewöhnlichen Zustrom von Fremden. 2) Für den Kleinhandel mit Branntwein gilt die Ermächtigung nicht. Begr. S. 14. 3) Siehe Anm. 8 zu § 1. Zu § 9: 1) Eine erlaubnispflichtige Schankwirtschaft ist der gewerbsmäßige Ausschank von Kaffee und Milch, und zwar von Milch jedenfalls dann, wenn sie nicht als Heilmittel oder nicht als selbstgewonnenes Erzeugnis im landwirtschaftlichen Nebenbetrieb

B I I I 7. Gaststättengesetz. §§ 10, 11

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(2; Der Erlaubnis bedarf ferner nicht der Ausschank von Milch bei außergewöhnlichen Gelegenheiten.

§ 10. [Ausschank selbsterzeugten Weines] (1) Die oberste Landesbehörde oder die von ihr beauftragte Behörde kann bestimmen, daß der Ausschank selbsterzeugten Weines oder Apfelweins für die Dauer von höchstens 4 Monaten und, wo dies bisher nach Landesrecht zulässig war, von höchstens 6 Monaten, und zwar zusammenhängend oder in zwei Zeitabschnitten im Jahre keiner Erlaubnis bedarf 1 ). Sie kann hierbei im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister2) allgemeine Voraussetzungen für den Ausschank aufstellen und die Art der Betriebsführung regeln3). (2) Personen, die nach Maßgabe des Abs. 1 selbsterzeugten Wein oder Apfelwein ausschenken wollen, haben der Ortspolizeibehörde die Menge des selbsterzeugten und zum Ausschank bestimmten Weines oder Apfelweins sowie den Zeitraum, während dessen der Ausschank erfolgen soll, anzumelden.

§ 11. [Auflagen] (1) Dem Inhaber einer Gast- oder Schankwirtschaft können von der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde1) bei Erteilung oder auf Antrag der Polizeibehörde nach Erteilung der Erlaubnis Auflagen gemacht werden 2 ): a) zum Schutze der Gäste, Angestellten und Arbeiter gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit, b) zum Schutze der Bewohner des Grundstücks und der Nachbargrundstücke sowie der Bevölkerung gegen erhebliche Nachteile oder Belästigungen 3 ). (2) Ist in einem Betriebe der Ausschank geistiger Getränke gestattet, so hat der Betriebsinhaber auch nichtgeistige Getränke bereit zu halten 4 ). vom Erzeuger am Gewinnungsort abgegeben wird, gleichviel ob der Ausschank ein selb» ständiger Hauptbetrieb oder ein unselbständiger Hilfsbetrieb eines Bäckerei- oder Konditoreigeschäfts ist. BayObLG. J W . 60 (1931), 1971. Auch Milchabgabe vom stehenden Milchwagen oder Milchhäuschen, räumlich entfernt und getrennt vom Milchausschank selbst, ist genehmigungspflichtig. Soweit Gast- und Schankwirte innerhalb des ordnungsmäßigen Gastund Schankwirtschaftsbetriebes Milch abgeben, finden die Vorschriften der §§ 8 (Kennzeichnung der Gefäße), 11 (Schutz vor nachteiliger Beeinflussung) und 14 (Erlaubnis der zuständigen Behörde) des Milchgesetzes keine Anwendung. §19 Milchgesetz ( B V I I 3 ) . Nach §§ 14, 17 dieses Gesetzes ist das Unternehmen zur Abgabe von Milch genehmigungspflichtig. BayObLG. DRZ. 25 (1933) Nr. 217. Der Milchausschank bei außergewöhnlichen Gelegenheiten bedarf keiner Genehmigung, Michel, Komm. § 9 Anm. II. Zu § 10: 1) Über die Voraussetzungen der Straußwirtschaft im Sinne des § 10 vgl. RdErl. d. R u P r M d J . v. 19. 1. 1935 (MBliV. S. 119). 2) Zuständig ist nunmehr die oberste Landesbehörde. 3) Abs. 1 S. 2 ist durch VO. v. 27. 9. 1938 (RGBl. I S. 1245) eingefügt worden. Zu § 11: 1) Siehe Anm. 1 zu § 4. 2) Durch einen im Verwaltungsrechtsweg anfechtbaren Bescheid (§ 18). Über förmliche und sachliche Erfordernisse der Auflage BayObLG. JW. 63 (1934), 2267. 3) Die Begründung S. 14 erwähnt Küchenlärm, Musik, Gesang u. a. und verweist auf § 906 BGB. 4) Z. B. in den sog. Strauß wirtschaften. Eine besondere Erlaubnis ist nicht erforderlich. BayObLG. DRZ. 24 (1932) Nr. 856.

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B III 7. Gaststättengesetz. §§ 12, 13

II. Verlust der Gewerbebefugnis § 12. [Zurücknahme der Erlaubnis] Die Erlaubnis zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe oder zur Ausübung des Gewerbes durch einen Stellvertreter muß von der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde 1 ) zurückgenommen werden, wenn sie der Betriebsinhaber vorsätzlich durch unrichtige Angaben 2 ) erwirkt hat. Die Erlaubnis kann zurückgenommen werden: 1. wenn der für die Zurücknahme zuständigen Behörde Tatsachen bekannt werden, welche die Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 rechtfertigen würden; 2. wenn sie der Betriebsinhaber durch Angaben erwirkt hat, deren Unrichtigkeit er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte kennen müssen; 3. wenn die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt geändert wird, oder wenn andere als die zugelassenen Getränke ausgeschenkt oder andere als die zugelassenen Räume zum Betriebe verwendet werden; 4. wenn der Betriebsinhaber seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter führen läßt; 5. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter die gemäß § 11 gemachten Auflagen nicht vollzieht; 6. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter in dem Betriebe Personen beschäftigt, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß ihre Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 untersagt ist.

§ 13. [Untersagung des Kleinhandels mit Bier und Weinen] (1) Der Kleinhandel 1 ) mit Bier oder Wein sowie der Ausschank von Milch im Falle des § 9 können untersagt werden, wenn der Gewerbetreibende den Betrieb einer Schankwirtschaft oder den Kleinhandel mit Branntwein ohne Erlaubnis ausgeübt hat und deshalb innerhalb der letzten 3 Jahre rechtskräftig bestraft worden ist. (2) Die zuständige Behörde kann die Wiederaufnahme des Gewerbebetriebes gestatten, wenn seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. (3) D i e Reichsregierung k a n n m i t Zustimmung des Reichsrats 2 ) d i e V o r a u s s e t z u n -

gen bestimmen, unter denen der Handel mit Bier oder Wein als Kleinhandel im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. Soweit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlassen hat, können die obersten Landesbehörden sie erlassen. Zu § 12: 1) Siehe Anm. 1 zu § 4. 2) Unrichtige Angaben, auf die es bei der Erlaubniserteilung nicht ankam, fallen nicht hierunter. Begr. S. 15. Zu § 13: 1) Als Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßige und in den Fällen des § 23 Abs. 1 auch die nichtgewerbsmäßige Abgabe von Bier oder Wein unmittelbar an Verbraucher. § 10 VO. v. 21. 6. 1930 (Anm. »). 2) Zuständig nunmehr die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates (Art. 80, 129 GG.).

B I I I 7. Gaststättengesetz. §§ 14—16

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III. Umfang der Gewerbebefugnis § 14. [Polizeistunde] (1) Die oberste Landesbehörde 1 ) oder die von ihr bestimmte Behörde hat Bestimmungen über die Festsetzung und Handhabung der Polizeistunde in Gastoder Schankwirtschaften nach Anhörung der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Gast- und Schankwirtschaftsgewerbes zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist. Dabei ist anzuordnen, wann die Polizeistunde beginnt und wann sie endet, unter welchen Voraussetzungen sie verlängert oder verkürzt werden darf und wie ihre Einhaltung zu überwachen ist 2 ). (2) Die äußerste Grenze für die Festsetzung der Polizeistunde ist 1 Uhr nachts, sofern nicht besondere örtliche Verhältnisse eine Ausnahme rechtfertigen 3 ), worüber die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde entscheidet. Der Ausschank von Branntwein in Gast- oder Schankwirtschaften sowie der Kleinhandel mit Branntwein darf nicht vor 7 Uhr früh beginnen.

§ 15. [Verbot des Branntweinausschanks] Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann den Ausschank von Branntwein und den Kleinhandel mit Trinkbranntwein für bestimmte Morgenstunden 1 ) sowie an höchstens zwei Tagen in der Woche, insbesondere an Lohn- oder Gehaltszahlungstagen, Wahltagen für den Reichstag, den Landtag oder die Gemeindevertretung, ganz oder teilweise verbieten oder beschränken. Weitergehende landesrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

§ 16. [Weitere Verbote]

(1) Verboten ist: 1. an Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genußmittel im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder im Kleinhandel zu eigenem Genüsse zu verabreichen 1 ); 2. an Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Abwesenheit des zu ihrer Erziehung Berechtigten 2 ) oder seines Vertreters auch andere geistige Getränke oder Tabakwaren im Betrieb einer Gastoder Schankwirtschaft zu eigenem Genüsse zu verabreichen; Zu § 14: 1) Landesrechtliche Bestimmungen sind ergangen in Bayern: VO. v. 26. 6. 1930 (GVB1. S. 197) i.d.F. der VO. v. 30. 5. 1934 (GVB1. S. 275), Entschließung des BayStMdl. v. 11.3.1949 Nr. 254a 8 (MAB1. Nr. 8 S. 78). Bremen: VO. v. 29.9.1950 (GVB1. S. 99) i.d.F. der l.Änd.- und Erg.-VO. v. 10. 7. 1951 (GVB1. 1951 S. 74) und der 2. Erg.-VO. v. 4. 3. 1952 (GVB1. S. 15). Hamburg: VO. v. 20. 3. 1951 (GVB1. S. 52) mit l.ÄndVO. v. 22. 7. 1952 (GVB1. S. 161) und 2. ÄndVO. v. 30. 6. 1953 (GVB1. S. 116). Nordrhein-Westfalen: VO. v. 23. 11. 1948 (GVB1. 1949 S. 1, ber. S. 8). Rheinland-Pfalz: VO. v. 28. 8. 1952 (GVB1. S. 121). Schleswig-Holstein: VO. v. 14. 6. 1952 (GVB1. S. 119). 2) Die früheren erlassenen polizeilichen Anordnungen gelten nur dann fort, wenn sie mit diesem Gesetz in Einklang gesetzt sind. KG. GA. 75, 145. Über die Regelung der Polizeistunde für Eisdielen, Trinkhallen und Getränkewagen siehe RdErl. d. RWiM. v. 30. 4. 1934 — III A 7444 —. Vgl. auch Anm. 3 zu § 25. 3) Diese Festsetzung ist als Richtlinie anzusehen. Siehe hierzu VO. v. 18. 6. 1930 (Anm. *). Zu § 15: 1) Preuß. VO. v. 25. 11. 1930 (GS. S. 290) über das Verbot des Ausschanks für die Stunden vor 9 Uhr, Rheinl.-Pf. VO. v. 1. 7. 1949 (GVB1. S. 351). Zu § 16: 1) Nr. 1 ist überholt durch § 3 Abs. 1 des Ges. z. Schutz der Jugend in der öffentl. v. 4. 12. 1951 (B II 10); vgl. dort Anm. la. 2) Nr. 2 ist, soweit es sich um die Verabfolgung geistiger Getränke handelt, überholt durch § 3 Abs. 2 des in Anm. 1 genannten Ges.; vgl. dort Anm. 1 b.

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B I I I 7. Gaststättengesetz. § 17

3. geistige Getränke im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder im Kleinhandel an Betrunkene 3 ) zu verabreichen; 4. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genußmittel4) durch Automaten feilzuhalten; 5. das Verabfolgen von Speisen5) in Gast- oder Schankwirtschaften von der Bestellung von Getränken abhängig zu machen oder bei der Nichtbestellung von Getränken eine Erhöhung der Preise eintreten zu lassen; 6. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genußmittel auf Turn-, Spiel-, Sport-Plätzen 6 ) oder -Hallen zu verabreichen; 7. (gegenstandslos). (2) (Gegenstandslos.) (3) Landesrechtliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend, die über die Ziffern 1 und 2 des Abs. 1 hinausgehen, bleiben unberührt 7 ).

§ 17. [Verbot der Beschäftigung unzuverlässiger Personen] (1) Die Beschäftigung einer Person bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe kann von der zuständigen Behörde1) untersagt 2 ) werden, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß die Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 gegeben sind. Die zuständige Behörde1) kann die Wiederbeschäftigung gestatten, wenn seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. (2) Über die Zulassung, das Verhalten und die Art der Entlohnung weiblicher Arbeitnehmer in Gast- oder Schankwirtschaften sind von der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde Bestimmungen zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist 3 ). 3) Betrunkener ist der, bei dem eine auf Grund geistiger Getränke zurückzuführende akute Lähmung von Gehirnpartien besteht. Celle HRR. 1928 Nr. 1686. Trunkenbolden kann nach der PolVO. über das Wirtshausverbot v. 18! 10. 1939 (RGBl. I S. 2115) durch die Polizei das Betreten von Wirtschaften verboten werden. Ihre Weitergeltung wird im Hinblick auf Art. 2 GG. verneint; ihre Nichtanwendbarkeit für Niedersachsen durch Erl. des Nds. MdJ. v. 20. 11. 1950 (NdsABl. S. 389) ausgesprochen. Bei Verabfolgung geistiger Getränke an einem auf Fahrt befindlichen Kraftfahrer, von dem der Gastwirt weiß, daß er weiterfahren will, kann der Gastwirt als Nebentäter für eine fahrlässige Körperverletzung verantwortlich gemacht werden, die der Fahrer dann in Trunkenheit begeht. RG. J W . 67 (1938), 1241; BGH. N J W . 1953, 551. 4) Darunter können auch ausländische Süßweine fallen. Hamburg DRZ. 23 (1931) Nr. 626. 5) Das sind nicht nur solche Lebensmittel, die einer besonderen Zubereitung bedürfen. Da die Vorschrift jeglichen Trinkzwang unterbinden soll, darf der Begriff „Speise" nicht einschränkend ausgelegt werden; es fallen also alle Eßwaren hierunter, die üblicherweise in Wirtschaften zum sofortigen Genuß verabfolgt werden; Speisen sind also im Gegensatz zu Getränken alle nicht durch Trinken dem Magen zugeführten Lebensmittel, so hier z. B. Kuchen, OLG. Kiel, D J . 1940, 1039. Ebenso Stenglein Nebengesetze Anm. 7. A. M. Michel a.a.O. S. 166. Einen Erfolg (z. B. Verlassen des Lokals durch den Gast) braucht die Weigerung, Speisen nicht ohne Getränke zu verabfolgen, nicht zu haben, die Tat ist mit der Forderung vollendet, OLG. Kiel, D J . 1940, 1039. 6) Ein an die Spielfelder angrenzendes Klubhaus eines Spielvereins ist auf den Sportanlagen gelegen; DVerwger. NJW. 1954, 1134. 7) Vgl. Anm. 1, 2. Zu § 17: 1) Siehe Anm. 1 zu § 4. 2) Die Untersagung kann sowohl dem Betriebsführer wie dem Angestellten gegenüber ausgesprochen werden. Begr. S. 16. 3) So Preuß. DurchfVO. v. 18. 6. 1930 in der Fassung der VO. v. 6. 2. 1934 (GS. S. 59), vgl. Anm. 1 zu § 1, Strafbestimmung I I I Ziff. 15 und die Genehmigungspflicht vor-

B I I I 7. Gaststättengesetz. §§ 18, 19

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IV. Verfahren § 18. [Allgemeine Vorschriften] Die oberste Landesbehörde 1 ) bestimmt die zuständigen Behörden und regelt das Verfahren. Dabei muß das Verfahren bei der Erteilung (§§ 1 und 6) oder Zurücknahme der Erlaubnis (§ 12), bei der Erteilung von Auflagen (§ 11) und bei der Untersagung (§ 13) folgende Grundsätze einhalten: 1. Der Bescheid muß schriftlich erteilt werden; er muß mit Gründen und einer Belehrung über die zulässigen Rechtsmittel versehen sein, es sei denn, daß die Erlaubnis zur Weiterführung eines bestehenden Betriebs erteilt wird. In dem Bescheide, durch den die Erlaubnis zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe erteilt wird, müssen die Betriebsart, die zugelassenen Räume sowie die dem Betriebsinhaber etwa gemachten Auflagen und bei Gast- oder Schankwirtschaften die Arten der zugelassenen Getränke bezeichnet sein. 2. Das Verfahren muß, soweit in Ziffer 1 nichts anderes bestimmt ist, den Vorschriften der §§ 20, 21, 21a der Gewerbeordnung genügen; soweit ein Verwaltungsstreitverfahren stattfindet, unterliegt auch der Nachweis des Bedürfnisses (§ 1 Abs. 2) der gerichtlichen Nachprüfung. Ist die Entscheidung erster Instanz von einem Kollegium getroffen, so muß die Anfechtungsbefugnis auch einem Vertreter des öffentlichen Interesses zustehen 2 ).

§ 19. [Anhörung beteiligter Stellen] (1) Vor der Erteilung der Erlaubnis (§ 1) sind die örtliche Polizeibehörde und die Gemeindebehörde, vor ihrer Zurücknahme ist die örtliche Polizeibehörde zu hören. Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, daß auch der Gewerbeaufsichtsbeamte, das Wohlfahrtsamt, gemeinnützige Vereine sowie die örtliche oder bezirksweise Berufsvertretung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der beteiligten Gewerbe gehört werden. (2) Vor Erteilung der Erlaubnis für neu zu errichtende Betriebe mit Ausschank geistiger Getränke oder für die Ausdehnung bestehender Betriebe auf den Ausschank von Branntwein sind, vorbehaltlich der Vorschrift in Abs. 1, das Jugendamt und die für die Gemeinde oder den Bezirk bestehende wirtschaftliche Vereinigung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe zu hören. Wird die Erlaubnis erteilt, so ist der Bescheid diesen Stellen mitzuteilen; sie können gegen den Bescheid die zulässigen Rechtsmittel mit der Begründung einlegen, daß ein Bedürfnis (§ 1 Abs. 2) nicht vorhanden ist. Sind in einer Gemeinde oder einem Bezirke mehrere wirtschaftliche Vereinigungen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer im Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe vorhanden, so bestimmt die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde die im Sinne dieser Vorschrift zuständige Vereinigung. schreibende VO. über die Beschäftigung von weiblichen Arbeitnehmern in Schankstätten v. 27. 5. 1933 (GS. S. 213); über die Auslegung der letzteren vgl. KG. D S t R . 1935, 455, u. 1936, 106 sowie J W . 65 (1936), 2247. Bezüglich der Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen in Gast- und Schankwirtschaften ist die Bek. v. 23. 1. 1902 (RGBl. I S. 33) in K r a f t geblieben. Zu den Arbeitnehmern gehören Lehrmädchen, Serviermädchen. KG. JW. 61 (1932), 2097. Z u § 18: 1) Der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten steht auf Grund der landesrechtlichen Verwaltungsgerichtsgesetze jetzt allgemein offen. S. Anm. 2 zu § 20 Gew.O. unter B I I I 1. 2. Dem Vertreter des öffentlichen Interesses nach Gaststättenrecht bleibt die Parteirolle des Klägers auch im Revisionsverfahren erhalten. BVerwGer.. NJW. 1954, 1135. 45

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B I I I 7. Gaststättengesetz. §§ 20—23

§ 20. [Wirkung der Erlaubnisversagung]1) Ist die Erlaubnis mangels eines Bedürfnisses versagt worden, so darf innerhalb dreier Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung die Erlaubnis für denselben oder einen gleichartigen Betrieb auf demselben Grundstück nur erteilt werden, wenn sich die Verhältnisse inzwischen wesentlich geändert haben.

§ 21. [Erlaubnisverzeichnis, Erlaubnissperre] (1) Die zur Erteilung der Erlaubnis zuständige Behörde hat über die von ihr gemäß § 1 Abs. 1 erteilten Erlaubnisse ein Verzeichnis zu führen. (2) Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann, wenn nach ihrem Ermessen die Zahl der nach § 1 Abs. 1 erlaubnispflichtigen Betriebe in einem Bezirke das Bedürfnis übersteigt, für längstens 3 Jahre anordnen, daß in dem Bezirk Erlaubnisse für neu zu errichtende Betriebe nicht oder nur mit ihrer Genehmigung erteilt werden dürfen1). Das gleiche gilt für Erlaubnisse zur Ausdehnung bestehender Betriebe auf nicht zugelassene Arten von Getränken oder auf nicht zugelassene Räume. Die Anordnung kann wiederholt werden. (3) Gegen eine Anordnung nach Abs. 2 oder die Versagung der in ihr vorgeschriebenen Genehmigung findet kein Rechtsmittel statt, soweit die Maßnahme von der obersten Landesbehörde getroffen ist 2 ). Ist die Maßnahme dagegen von einer von der obersten Landesbehörde bestimmten Stelle getroffen, so ist die Beschwerde an die vorgesetzte Dienststelle zugelassen.

§ 22. [Zwangsweise Betriebsschließung. Vorläufige Schließung] (1) Die zuständige Behörde 1 ) kann die Fortsetzung des Betriebs einer Gastoder Schankwirtschaft und des Kleinhandels mit Branntwein durch unmittelbaren oder mittelbaren Zwang verhindern, wenn der Betrieb ohne Erlaubnis begonnen oder die Erlaubnis erloschen, widerrufen oder zurückgenommen ist. Dasselbe gilt, wenn der Kleinhandel mit Bier oder Wein oder der Ausschank von Milch untersagt worden ist. (2) In den Fällen des § 12 kann die zuständige Behörde 1 ) den Betrieb vorläufig schließen. Sie hat in diesem Falle unverzüglich bei der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde 2 ) die Zurücknahme der Erlaubnis zu beantragen. Wird der Antrag nicht innerhalb einer Woche gestellt, so tritt die Schließung außer Kraft. Die zuständige Behörde 2 ) hat über die vorläufige Schließung vorab zu entscheiden. Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt 3 ).

V. Anwendungsbereich § 23. [Vereine und Gesellschaften] (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf Vereine und Gesellschaften Anwendung, auch ohne daß eift Gewerbebetrieb vorliegt, wenn sie Getränke ausschenken oder Branntwein im kleinen absetzen; dies gilt nicht für den Ausschank von Getränken und den Absatz von Branntwein im kleinen an Angestellte oder Arbeiter dieser Vereine oder Gesellschaften. Zu § 20: 1) Mit dem Wegfallen der Bedürfnisprüfung (Art. 12 GG) ist § 20 ungültig geworden. BVerwger. NJW. 1954, 1013. Zu § 21: 1) S. aber Anm. 8 zu § 1. 2) S. Anm. 1 zu § 13. Zu § 2 2 : 1) Siehe Anm. 1 zu § 4. 2) S. Anm. 6 zu § 1. 3) S. Anm. 1 zu § 18.

B III 7. Gaststättengesetz. §§ 24—26

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(2) Die Bestimmungen über die Polizeistunde (§ 14) finden auf Zusammenkünfte von Vereinen1) und geschlossenen Gesellschaften nur Anwendung, wenn sie in einer Gast- oder Schankwirtschaft oder inRäumen, die mit einer solchen verbunden sind und in denen Schankwirtschaft betrieben wird, stattfinden. Die oberste Landesbehörde kann diese Bestimmungen auch auf Zusammenkünfte in Räumen ausdehnen, die im Eigentume dieser Vereine oder Gesellschaften stehen oder ihnen mietweise, leihweise oder aus einem anderen Grunde überlassen worden sind, soweit in diesen Räumen Getränke ausgeschenkt werden2). § 24. [Realgewerbeberechtigungen] (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auch auf Realgewerbeberechtigungen1) Anwendung, mit Ausnahme der Vorschriften über den Bedürfnisnachweis (§ 1 Abs. 2), über die Lage der Räume (§ 2 Ziff. 3) und über das öffentliche Interesse hinsichtlich der Verwendung der Räume (§ 2 Abs. 1 Ziff 4); auch diese Vorschriften finden jedoch Anwendung, falls die Gast- oder Schankwirtschaft binnen der der Stellung des Antrags vorhergehenden letzten 3 Jahre nicht betrieben worden ist. Die Frist kann von der Erlaubnisbehörde auf Antrag verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. (2) Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, daß auch die im Abs. 1 ausgenommenen Vorschriften Anwendung finden, wenn die Erlaubnis auf Grund einer Realgewerbeberechtigung für ein Grundstück nachgesucht wird, auf welchem die Erlaubnis für ein Grundstück nachgesucht wird, auf welchem die Erlaubnis auf Grund dieser Realgewerbeberechtigung bisher nicht ausgeübt wurde 2 ). (3) Eine nach Abs. 1 oder Abs. 2 erfolgende Beschränkung der Realgewerbeberechtigung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung. § 25. [Speisewirtschaften] Die Vorschriften des § 13 Abs. 1 und 2, der §§ 14, 17 und des § 22 Abs. 1 finden auf Speisewirtschaften1) entsprechende Anwendung. Die Reichsregierung2) kann bestimmen, daß auch andere Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung finden 3). § 26. [Kleinhandel mit Bier] Durch Landesgesetz kann angeordnet werden, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes, welche für die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe gelten, ganz oder teilweise für den Kleinhandel mit Bier Anwendung finden. Zu § 23: 1) Ist der Schankraum an einen Verein dauernd vermietet, so scheidet er als Schankraum des Gastwirtes aus und es ist unerheblich, ob er mit anderen Räumen in Verbindung steht. KG. JW. 61 (1932), 1771. 2) Unerheblich, ob gewerbsmäßig oder nicht gewerbsmäßig. Begr. S. 18. Zu § 24: 1) S. Anm. 2 zu § 10 Gew.O. 2) Geschehen unter IV der DurchführungsVO. v. 18. 6. 1930 (Anm. *). Zu § 25: 1) Dies sind Wirtschaften, die sich auf den Verkauf zubereiteter Speisen zum Genuß auf der Stelle beschränken. Begr. Untersagung nicht durch Polizeiverfügung, sondern im Verfahren gemäß § 18. OVG. DJZ. 39 (1934), 937; JW. 63 (1934), 1814. Auch Eisdielen sind Speisewirtschaften. RAG. JW. 37 (1908) 2862. 2) Zuständig ist Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats, Art. 80, 129 GG. 3) Satz 2 eingefügt durch Gesetz zur Änderung des Gaststättengesetzes v. 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 567). Gilt insbesondere auch für Strafvorschriften. Hierzu ergangen VO. ü b e r S p e i s e e i s w i r t s c h a f t e n v. 16. 7. 1934 (RGBl. I S. 709) nebst DurchführungsRdErl. d. RWiM. v. 19. 9. 1934 — V 2393 —. Nach § 1 ist Genehmigung zum Betriebe einer Speise45*

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B I I I 7. Gaststättengesetz. § 27

§ 27. [Polizei, Bahn, Post, vergällter Branntwein] (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine A n w e n d u n g : 1. (gegenstandslos); 2. auf die K a n t i n e n , K a m e r a d s c h a f t s h e i m e oder Offiziersheime der Polizei, deren B e t r i e b sich auf den Kreis der Polizei b e s c h r ä n k t 2 ) ; 3 . auf B a h n h o f s w i r t s c h a f t e n 2 ) , Speisewagen, K a n t i n e n u n d F a h r p e r s o n a l küchen, soweit diese n a c h § 16 Abs. 5 des Ges. über die Deutsche ReichsbahnGesellschaft vom 30. August 1924 (Reichsgesetzbl. I I S. 272) 3 ) den B e s t i m m u n g e n der Gewerbeordnung nicht u n t e r l i e g e n ; 4. auf die E r f r i s c h u n g s a n s t a l t e n der Reichspost, deren B e t r i e b sich auf den Kreis der B e a m t e n , Angestellten u n d A r b e i t e r der Reichspost b e s c h r ä n k t ; 5. (gegenstandslos); 6. (gegenstandslos); 7. auf den Vertrieb v o n v e r g ä l l t e m B r a n n t w e i n . (2) Die Reichsregierung 4 ) k a n n b e s t i m m e n , d a ß die Vorschriften dieses Gesetzes a u c h auf B a h n h o f s w i r t s c h a f t e n , Speisewagen, K a n t i n e n u n d F a h r p e r s o n a l k ü c h e n der E i s e n b a h n e n des allgemeinen Verkehrs, die nicht v o n der D e u t s c h e n Reichsbahn betrieben werden, g a n z oder teilweise keine Anwendung finden 5 ). Die i m Wirtschaft — Eisdiele — (bez. Definition siehe Dresden J W . 63 (1934), 625) erforderlich. Die Strafvorschriften §§ 3 und 4 lauten: § 3. Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. den Betrieb einer Speiseeiswirtschaft unbefugt ausübt, 2. eine Speiseeiswirtschaft unbefugt durch einen Stellvertreter betreibt. Wer eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig begeht, wird mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft § 4. Mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter die nach § 11 Abs. 1 des Gaststättengesetzes gemachten Auflagen nicht vollzieht, 2. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter bei der Leitung oder Beaufsichtigung einer Speiseeiswirtschaft Personen beschäftigt, deren Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 des Gaststättengesetzes untersagt ist, 3. in einer Speiseeiswirtschaft als Stellvertreter tätig ist, obwohl die Erlaubnis hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist, 4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung einer Speiseeiswirtschaft wissentlich fortsetzt, nachdem seine Beschäftigung untersagt worden ist, 5. die nach § 4 Abs. 3 des Gaststättengesetzes erforderliche Anzeige nicht oder nicht rechtzeitig macht, 6. als Gast in einer Speiseeiswirtschaft verweilt, die unbefugt betrieben wird. An landesrechtl. Vorschriften sind ergangen: für Bayern VO. v. 2. 6. 1950 (GVB1. S. 89); für Niedersachsen VO. über Speisewirtschaften v. 4. 9. 1947 (GVB1. S. 83). Zu § 2 7 : 1) E s kommt nicht darauf an, ob der Betrieb im Namen und für Rechnung der Polizeiverwaltung (Regiebetrieb) oder von einem Pächter auf eigene Rechnung ausgeführt wird. Es genügt, daß der Betrieb mit Genehmigung der zuständigen Polizeidienststelle in deren Betrieb errichtet ist und sich auf den Kreis der Polizeiangehörigen beschränkt, wobei nicht ausgeschlossen sein soll, daß Getränke und Speisen auch gelegentlich an Gäste von Polizeiangehörigen verabfolgt werden. Begr. S. 19. 2) Die Vorschriften über die Polizeistunde gelten auch nicht für solche Bahnhofswirtschaften, die von Pächtern auf eigene Rechnung betrieben werden, und auch nicht, wenn die Gäste Nichtreisende sind. BayObLG. D J Z . 37 (1932), 560. 3) Nunmehr § 41 BundesbahnG. v. 13. 12. 1951 (BGBl. I S. 955). 4) Zuständig ist die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates (Art. 129 GG.). 5) Grundsätzlich unterliegen also die im Bereich einer Privatbahn errichteten Bahnhofswirtschaften und die sonstigen im Abs. 2 genannten Betriebe den Vorschriften dieses Gesetzes. Die Ausnahmen bestimmt die VO. v. 1. 7. 1930 (RGBl. I S. 201).

B I I I 7. Gaststättengesetz. §§ 28, 29

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Satz 1 genannten Betriebe, die bei den daselbst erwähnten Eisenbahnen zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes vorhanden sind, können, wenn der Betriebsinhaber binnen Monatsfrist seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Erteilung der Erlaubnis beantragt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag fortgeführt werden. § 28 1 ). [Selbsterzeugte Getränke in Bayern] (1) Soweit bisher in Bayern der Ausschank selbsterzeugter Getränke1) ohne Erlaubnis statthaft war, bedarf es einer solchen auch in der Folge nicht. Für die Schließung eines solchen Betriebs gelten die Vorschriften des § 12 Abs. 2 Ziff. 1, 3 bis 6 entsprechend. Die bayrische oberste Landesbehörde kann im Einvernehmen mit dem Herrn Reichswirtschaftsminister1) allgemeine Voraussetzungen für den Ausschank aufstellen und die Art der Betriebsführung regeln2). (2) Die in Bayern bestehenden Kommunbrauchberechtigungen erlöschen, wenn sie seit 10 Jahren nicht mehr ausgeübt worden sind; sie sind als erloschen anzusehen, wenn sie während der letzten 10 Jahre vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr ausgeübt wurden3). VI. Strafvorschriften § 29. [Übertretung] Mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter die nach § 11 gemachten Auflagen1) nicht vollzieht; 2. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe Personen beschäftigt 2 ), deren Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 untersagt ist; 3. in einem der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe als Stellvertreter tätig ist, obwohl die Erlaubnis hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist; 4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe wissentlich fortsetzt, nachdem seine Beschäftigung untersagt worden ist (§ 17 Abs. 1); 5. den auf Grund des § 17 Abs. 23) oder den vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf Grund des Gesetzes über weibliche Angestellte in Gastund Schankwirtschaften vom 15. Januar 1920 (Reichsgesetzbl. S. 69)4) erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt; Zu § 28: 1) Selbsterzeugter Wein (s. BayObLG. JW. 63 (1934), 434, Reger, Entsch. Bd. 56, S. 197) wie in den übrigen Ländern; daneben aber in Bayern — außer der Pfalz — auch selbstgebrautes Bier; für dessen Ausschank gilt noch Art. 9 b Nr. 1 des Bay. Gewerbeges. v. 30. 1. 1868 (GBl. (1866/69), 309). S. ferner VO. über Strauß Wirtschaft der Pfalz v. 7. 5. 1941 (GVB1. S. 85). 2) Fällt weg. 3) Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 sind durch VO. v. 27. 9. 1938 (RGBl. I S. 1245) eingefügt worden. Z u § 29: 1) Eine Nachprüfung der Zweckmäßigkeit einer wirksam angeordneten Auflage steht dem Strafrichter nicht zu. Michel a.a.O. 237. 2) Eine Beschäftigung mit untergeordneten, nicht leitenden Diensten begründet keine Strafbarkeit. Michel a.a.O. S. 172 und 238. 3) Vgl. für Preußen DurchfVO. v. 18. 6. 1930 (Anm. 32). Siehe ferner Anm. 22. 4) Aufgehoben durch § 33 Ziff. 5.

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B I I I 7. Gaststättengesetz. § 29

6. als Gast 5 ) in einer Schankwirtschaft, den Schankräumen einer Gastwirtschaft, in einer Speisewirtschaft oder an einem öffentlichen Vergnügungsort über die Polizeistunde6) hinaus verweilt, obwohl der Inhaber oder dessen Vertreter oder ein Polizeibeamter ihn aufgefordert hat, wegzugehen 7); 7. als Inhaber einer Gast- oder Schank- oder Speisewirtschaft8) oder eines öffentlichen Vergnügungsorts oder als Vertreter des Inhabers9) duldet10), daß ein Gast8) über die Polizeistunde hinaus in den Schankräumen oder an dem Vergnügungsorte verweilt11); 8. den auf Grund des § 15 oder des § 23 Abs. 2 Satz 2 erlassenen Bestimmungen oder den Vorschriften des § 14 Abs. 2 Satz 2 oder des § 16 zuwiderhandelt12); 5) Gast ist die Person, die der Betriebsinhaber in seine Schankräume zu verkehrsüblicher Benutzung der Einrichtungen und in Erwartung angemessenen Verzehrs aufgenommen hat, auch wer nach Eintritt der Polizeistunde, wenn er nicht durch besondere Umstände Privatgast wird, nichts mehr verzehrt. Hamburg JW. 60 (1931), 904, Düsseldorf DRZ. 26 (1934) Nr. 317; 27 (1935) Nr. 313; und nur noch zur Unterhaltung mit anderen Gästen verweilt. ICG. J F G E r g . 12, 281. Düsseldorf DRZ. 27 (1935) Nr. 313; Dresden GA. 77, 58; wer noch vor seinem nicht ausgetrunkenen Glase Bier schlafend sitzt. KG. Recht 34 Nr. 1179; oder wer in den Schankräumen ausschließlich Billard spielt. KG. DRZ. 24 (1932) Nr. 314; überhaupt jeder, dessen Verweilen der Wirt aus geschäftlichen Rücksichten duldet. KG. GA. 75, 177, dagegen ist nicht Gast, der lediglich zu geschäftlichen Besprechungen mit dem Wirt im Schankraum verweilt. Dresden GA. 73, 220, oder der Privatgast des Wirts (d. h. daß persönliche Gründe den ausschließlichen oder vorherrschenden Beweggrund zur unentgeltlichen Bewirtung bilden. Dresden D S t R . 1936, 57) oder der, welcher sich gegen den Willen des Wirts in den Räumen aufhält. Michel a.a.O. S. 241. 6) Dem Gast ist aber zum Austrinken und Bezahlen eine angemessene Frist zu gewähren, KG. GA. 26,538. Michel a.a.O. S. 243. Stenglein Nebengesetze Anm. 24. BayObLG. J W . 60 (1931) 956. A. M. Dresden H R R . 1929 Nr. 2067. 7) Die bloße Erklärung des Wirts, es sei Feierstunde, genügt nicht, ebensowenig Einstellung des Ausschanks. KG. LZ. 8 (1914), 311. A. M. im ersten Falle Braunschweig. GA. 43, 61. Nach Stenglein Nebengesetze Anm. 25 kann die Aufforderung durch schlüssige Handlung, wie Zusammenrücken der Sitzgelegenheiten geschehen. Nach Dresden LZ. 25 (1931), 1271 ist der Verkehrssitte ein ausschlaggebendes Moment beizumessen. 8) Bahnhofswirtschaften (§ 27 Abs. 1 Nr. 3) haben auch dann keine Polizeistunde, wenn es sich um Gäste handelt, die zum nichtreisenden Publikum gehören. OLG. Köln N J W . 1951, 773. 9) Die Verantwortlichkeit des Vertreters entfällt bei Anwesenheit des Inhabers der Schankwirtschaft. Königsberg JW. 60, (1931), 1987. 10) Die bloße Aufforderung zum Verlassen genügt nicht. Eine gewaltsame Entfernung der Gäste kann allerdings dem Wirt nicht zugemutet werden. Michel a.a.O. S. 244; jedoch liegt ein strafbares Dulden vor, wenn der Schankwirt die ihm zur Abwicklung des Verkehrs wie zur Abrechnung eingeräumte Schonfrist ungenutzt verstreichen läßt, anstatt die zur Räumung zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden, wie Fenster öffnen, Beleuchtung löschen usw. KG. GA. 77, 218. Dresden D J . 1935, 1461. Der Gastwirt genügt seinen Pflichten nicht, wenn er nur Polizeistunde gebieten läßt. Er muß alle zumutbaren Maßnahmen treffen, um die Befolgung seiner Aufforderung zum Verlassen der Schankräume durchzusetzen. Schleswig SchlHA. 1953, 271. Das Dulden kann fahrlässig begangen werden. Düsseldorf DRZ. 26 (1934) Nr. 317. Doch ist der Wirt beim Weiterverweilen eines Gastes nach der Polizeistunde in den Gasträumen nicht strafbar, wenn höhere Gewalt, z. B. Sturm, Regengüsse u. dgl., ein Fortgehen unmöglich machen und nur ein Obdach, etwa bis zum ersten Morgenzuge, gewährt wird. KG. D S t R . 1935, 454. Nach erfolgter Räumung darf die Wirtschaft nicht zu einer Zeit wieder eröffnet werden, wo Leben und Verkehr noch nicht wieder erwacht ist. Dresden LZ. 22 (1928) 1496. Überhaupt muß der Gastwirtsbetrieb während der Polizeistunde ruhen. KG. J W . 62 (1933) 2022. 11) Ein Gast verweilt auch dann über die Polizeistunde, wenn er in die schon geschlossene Wirtschaft nach Beginn der Polizeistunde hineingelassen wird. KG. D S t R . 1934, 66. 12) Täter kann nicht bloß der Inhaber, dessen Vertreter oder ein leitender Angestellter, sondern auch der Kellner sein. Kiel D J . 1940, 1039. Ziff. 8 ist, soweit § 16 Nr. 1 und 2 durch

B I I I 7. Gaststättengesetz. § 30

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9. die nach § 4 Abs. 3 erforderliche Anzeige nicht oder nicht rechtzeitig macht 13 ); 10. als Gast in einer Gast- oder Schankwirtschaft verweilt, die unbefugt betrieben wird14); 11. einer Vorschrift zuwiderhandelt, die für bestimmte Anlässe das Verabreichen geistiger Getränke verbietet. § 30. [Vergehen] (1) Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft1), wer vorsätzlich 1. den Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder den Kleinhandel mit Branntwein unbefugt2) ausübt 3 ); 2. Gast- oder Schankwirtschaft oder Kleinhandel mit Branntwein unbefugt durch einen Stellvertreter betreibt 4 ); 3. den Kleinhafidel mit Bier oder Wein, den Ausschank von Milch oder den Betrieb einer Speisewirtschaft trotz Untersagung fortsetzt. (2) Ebenso wird bestraft, wer wegen Übertretung der Vorschriften des § 16 Ziff. 1 oder 2 wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist und innerhalb der das Ges. z. Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit v. 4. 12. 1951 überholt sind (vgl. Anm. 1 und 2 zu § 16), ersetzt durch §§ 13 und 14 des Ges. v. 4. 12. 1951. Soweit indessen nur § 14, nicht auch § 13 anwendbar ist — dies gilt z. B. für den Kellner; vgl. Anm. 3 zu § 13 unter B II 10 —, bleibt die Möglichkeit strengerer Bestrafung wegen Rückfalls nach § 30 Abs. 2 Gaststättenges, unberührt. 13) Keine Anwendung des § 151 GewO. auf Stellvertreter und leitende Angestellte. Michel a.a.O. S. 246. A. M. KG. DRZ. 23 (1931), Nr. 629. 14) Sofern der Gast den verbotenen Charakter entweder kennt oder kennen muß. Begr. S. 20. Z u § 3 0 : 1) Das Vergehen unterliegt nicht der kurzen Verjährung des § 145 Abs. 2 GewO., sondern der ordentlichen von 5 Jahren. KG. D J Z . 31 (1926), 90 und J R . 2 Nr. 133. 2) Bewußt rechtswidrig. Hamburg DRZ. 25 (1933) Nr. 144. Deshalb z. B. kein Verstoß, wenn 17jährige Tochter, die Konzession beim Amtsvorsteher besorgen sollte, dem Gastwirt die Erteilung der Konzession vorspiegelt und dieser sich darauf verläßt, Königsberg D S t R . 1938, 401. Der Ausschank selbsterzeugten Weines ist nicht erlaubnispflichtig. BayObLG. DRZ. 25 (1933) Nr. 500. 3) Als unerlaubte Betriebsausübung sind auch die im § 3 gekennzeichneten Überschreitungen der Erlaubnis anzusehen. Begr. S. 21; GA. 76, 216; auch schon das Feilhalten. Jena DRZ. 23 (1931) Nr. 901 ; auch der Absatz durch Vermittlung einer nicht konzessionierten Abgabestelle, die den eigentlichen Verkehr mit den Beziehern führt. Düsseldorf DRZ. 26 (1934) Nr. 131 ; ebenso die Ausübung als Beauftragter eines Vereins, der die Schankerlaubnis nicht besitzt ; nicht aber die Abgabe von Getränken lediglich zur Probe. Jena DRZ. 25 (1933) Nr. 216. Die Kostproben dürfen nur in den üblichen Schankgefäßen und an Kaufinteressenten, nicht an Verzehrgäste verabreicht werden. Braunschweig GA. 1954, 248. Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 30 Nr. 1 genügt, daß jemand in eigenen einem beschränkten Personenkreis (Bridgezirkel) zugänglichen Räumen fortgesetzt unter Erstreben von Vermögensvorteilen Getränke verabfolgt, KG. J F G E r g . 17, 237. Das Mitwirken von Gästen ist notwendige Teilnahme, die aber nicht strafbar ist, da das Gesetz nur den Betreibenden, den Wirt, unter Strafe stellt; Beihilfe kann aber vorliegen, wenn die Gäste über die notwendige Mitwirkung hinaus an der verbotenen Tätigkeit des Wirtes teilnehmen. RG. v. 4. 6. 1936 — 5 D 383/36. Auch die Nichteinhaltung einer darauf beschränkt erteilten Erlaubnis, Branntwein im Kleinhandel nur in festverschlossenen, bestimmten Flaschen (Kapselkonzession) abzugeben, ist ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Nr. 1, RG. J W . 67 (1938), 172. — Gewerbsmäßiges Handeln liegt nicht vor, wenn die Absicht des Betriebsinhabers nicht auf die Erzielung eigenen Gewinnes gerichtet ist, sondern für einen anderen; Kantinenbetriebe, die auch der Förderung des Fabrikbetriebes dienen und Aufschlag auf die Selbstkostenpreise der Getränke nehmen, sind aber erlaubnispflichtig. BayObLG. H R R . 1935 Nr. 411. Dulden des Verzehr in den eigenen Räumen genügt nicht, KG. J F G E r g . 17, 237. 4) Es betreibt nur, wer selbständiger Unternehmer ist. OLG. Dresden, DStR. 1934, 300. Der Stellvertreter ist strafbar nach § 29 Ziff. 3.

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§§ 31—35a. — B I I I 8. Maß- und Gewichtsgesetz. § 1

auf die letzte Verurteilung folgenden nächsten drei J a h r e diesen Vorschriften vorsätzlich zuwiderhandelt 5 ). (3) W e r eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig 6 ) begeht, wird m i t H a f t und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig D e u t s c h e Mark oder m i t einer dieser Strafen bedroht.

VII. Übergangs- und Schlußvorschriften §§ 3 1 - 3 4 nicht

abgedruckt

§ 35. [Anwendbarkeit der Gewerbeordnung] Auf die im § 1 Abs. 1 erwähnten Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetze besondere Bestimmungen getroffen sind.

§ 35a. 1 ) [Durchführungsbestimmung] D e r Reichswirschaftsminister2) erläßt im Einvernehmen m i t dem Reichminister des Innern die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen R e c h t s - und Verwaltungsvorschriften.

B III 8. Maß- und Gewichtsgesetz V o m 13. D e z e m b e r 1935 ( R G B l . I S. 1499) mit ÄndVO. v. 12. März 1940 ( R G B l . I S. 497), 31. D e z e m b e r 1940 ( R G B l . 1 9 4 1 1 S . 17), 9. Oktober 1941 ( R G B l . I S. 635), 80. November 1942 ( R G B l . I S . 669), 19. J a n u a r 1944 ( R G B l . I S . 39, 62), 22. S e p t e m b e r 1944 ( R G B l . I S. 2 2 7 ) . * ) (Auszug.)

I. Gesetzliche Einheiten § 1 [Meter und Kilogramm] (1) Die gesetzlichen E i n h e i t e n der L ä n g e und der Masse sind das Meter und das K i l o g r a m m 1 ) . (2) und (3) . . . 5) vgl. Anm. 12 zu § 29. Die Rückfallsschärfung ist zwingend. Sie setzt mindestens zwei rechtskräftige Verurteilungen voraus, die nicht auf eine Gesamtstrafe zurückgeführt werden können. Die Dreijahresfrist läuft von der Rechtskraft des zuletzt rechtskräftig gewordenen Urteils. Die Tat ist Vergehen. 6) Fahrlässigkeit in bezug auf Gewerbsmäßigkeit des Ausschanks ist ausgeschlossen. Sie kann vorliegen, wenn der Verabreicher der Getränke irrigerweise annimmt, daß er die gewerbepolizeiliche Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft besitzt. BayObLG. GA. 77, 52. Zu § 3 5 a : 1) Der § 35a beruht auf der VO. v. 9. 10. 1941. 2) Zuständig nunmehr Bundeswirtschaftsminister im Einvernehmen mit Bundesminister des Innern mit Zustimmung des Bundesrats; zuständige oberste Landesbehörden, soweit Verwaltungsvorschriften Art. 80, 129 GG. Ergänzungsvorschriften wegen Art. 129 Abs. 3 GG. unmöglich. Zu B I I I 8: *) AusfVO. v. 20. 5.1936 (RGBl. I S. 459) nebstÄnd. VO. v. 17.6.1937 (RGBl. I S. 651), v. 26. 2., 29. 6. und 28. 12. 1938 (RGBl. I S. 225, 785, 2012), v. 31. 12. 1940 (RGBl. 41 I S. 17), v. 19.12. 1941 (RGBl. I S. 798) und v. 30.11. 1942 (RGBl. I S. 669). Danach müssen Meßgeräte in Verkaufsstellen vollkommen frei und übersichtlich aufgestellt werden; Waagen, Gewichte und sonstige Meßgeräte müssen dauernd in sauberem Zustande sein; an geeichten

B I I I 8. Maß- u n d Gewichtsgesetz. §§ 8—10

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§ 8 [Verwendungszwang] (1) Alle Leistungen nach Maß und Gewicht innerhalb des Deutschen Reichs dürfen nur nach den gesetzlichen Einheiten oder den daraus abgeleiteten Einheiten1) angeboten, verkauft und berechnet Werden. (2) Davon ausgenommen ist der Verkehr von und nach dem Ausland. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, weitere Ausnahmen zuzulassen. II. Eichung und Beglaubigung A. Eich-pflicht 1. Neueichung a) Meßgeräte im ö f f e n t l i c h e n Verkehr § 9. [Der Eichpflicht unterliegende Meßgeräte] (1) Der Eichpflicht unterliegen die folgenden Meßgeräte1), wenn sie im öffentlichen Verkehr zur Bestimmung des Umfanges von Leistungen angewendet oder bereit gehalten werden: 1. die zum Messen der Länge, der Fläche oder des Raumes dienenden Maße, Meßwerkzeuge und Meßmaschinen, auch die Wegstreckenmesser an Kraftfahrzeugen und die Fahrpreisuhren an Kraftdroschken; 2. die Gewichte und Waagen einschließlich der Zählwaagen, Wäge- und Abfüllmaschinen ; 3. die Getreideprober; 4. die Meßgeräte für wissenschaftliche und technische Untersuchungen, die zur Gehaltsermittlung dienen. (2) Eichpflichtig sind auch die Meßgeräte, 1. mit denen Lieferungen für An- oder Verkauf geprüft werden; 2. die zur Ermittlung des Arbeitslohnes oder der Überprüfung von Arbeit angewendet oder bereit gehalten werden; 3. mit denen Sachentschädigungen gewogen oder gemessen werden. § 10. [Meßgeräte für Gas, Wasser, Elektrizität] (1) Meßgeräte, die im öffentlichen Verkehr bei der entgeltlichen Abgabe von Gas, Wasser und Elektrizität angewendet oder bereit gehalten werden, müssen geeicht sein. (2) Welche Arten von Meßgeräten für die Abgabe von Elektrizität unter Meßgeräten dürfen nicht nachträglich Maße, Teilungen oder Nebeneinrichtungen oder wesentliche Änderungen angebracht werden; ferner bestellt Auskunftspflicht bei polizeilicher Nachschau (§§1, 3, 6, 7); Zuwiderhandlungen strafbar nach § 70. — Im übrigen ist in der VO. die Durchführung der Eichung sowie die Maß- und Gewichtspolizei geregelt worden. Ferner sind Einzelausführungen zum Gesetz gegeben. Die technischen Fragen der Eichung sind in der Eichordnung v. 24. 1. 1942 (RGBl. I S. 63 und Amtsblatt der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt) geregelt. — BayVO. z. Änderung des Maß- und Eichrechts v. 6. 12. 1946 (GVB1 S. 382); Rheinl.-Pf. LVO. über den Aufbau der Eichverwaltung v. 2. 7. 1949 (GVB1. S. 292). Z u § 1: 1) Das Pfund ist kein gesetzlich zulässiges Maß. Zu § 8: 1) Vgl. hierüber AusfVO. v. 2 0 . 6 . 1 9 3 6 (RGBl. I S. 459) §§32, 33. Zu § 9. 1) Nähere Begriffsbestimmungen s. §§ 34—37 d. AusfVO.

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B III 8. Maß- und Gewichtsgesetz. §§ 11—13

Abs. 1 fallen, b e s t i m m t der Reichswirtschafts minister im Einvernehmen mit dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung1).

(3) Der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern bestimmen, daß diese Abgabe nur unter Verwendung von Meßgeräten geschehen darf.

§ 11. [Fässer] Fässer, in und mit denen Bier, Wein 1 ), Verstärkter Wein, dem Wein ähnliche Getränke 1 ), weinhaltige Getränke, Trinkbran n twein aller Art, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost, Obstsaft oder alkoholfreie kohlensaure Getränke verkauft werden, müssen auf ihren Raumgehalt geeicht sein, nicht aber wenn die Erzeugnisse aus dem Ausland eingeführt sind und in Gebinden des Ursprungslandes in den Verkehr kommen.

§ 12. [öffentlicher Verkehr. Bereithalten] (1) Zum öffentlichen Verkehr 1 ) gehört auch 1. der Handelsverkehr in nicht offenen Verkaufsstellen, besonders der Geschäftsbetrieb von Vereinen und Genossenschaften auch dann, wenn er sich auf die Mitglieder beschränkt; 2. der geschäftliche Verkehr landwirtschaftlicher und gärtnerischer Betriebe; 3. die Ermittlung der Fracht und der Beförderungsgebühren durch die Verkehrsunternehmungen. (2) Bereit gehalten ist ein Gegenstand, wenn die äußeren Umstände erkennen lassen, daß er ohne besondere Vorbereitung in Gebrauch genommen werden kann. b) M e ß g e r ä t e im G e s u n d h e i t s w e s e n

§ 13. [Personenwaagen] Der Eichpflicht unterliegen ferner: Personenwaagen, die 1. von Ärzten und anderen Personen, die die Heilkunde, Krankenpflege, Geburtshilfe und Gesundheitspflege berufsmäßig ausüben, angewandt oder bereit gehalten werden; 2. in Krankenanstalten, Sanatorien und ähnlichen der Wiederherstellung der Gesundheit dienenden öffentlichen und privaten Anstalten aufgestellt sind; 3. sich in Schwimmbädern, Sportfeldern und ähnlichen der Volksgesundheit dienenden Anstalten befinden. Zu § 10: 1) VO. v. 2. 3. 1940 (RGBl. I S. 462). Vgl. noch für Berlin VOB1. 1950, 328. Zu § 11: 1) Vgl. §§ 1, 10 des Wernges. (B VII 2). Zu § 12. 1) Der Begriff „öffentlicher Verkehr" setzt nicht Veräußerungan einemöffentlichen Orte, etwa auf öffentlichem Markt oder sonst an einer offenen Verkaufsstelle voraus, sondern nur, daß dem einzelnen Privaten ein beliebiger, unbestimmter, bisher möglicherweise unbekannter Dritter, dessen Person lediglich aus dem Geschäftsbedürfnis ohne Rücksicht auf persönliche Verhältnisse sich ergibt und in diesem Sinne die Gesamtheit des Publikums, also die Öffentlichkeit, entgegentritt. KG. JR. 1 Nr. 1955 und PrOVG. RVB1. 1934, 882; Backstubenwaage. KG. JW. 61 (1932), 352. Im Gegensatz dazu steht der innere Verkehr im einzelnen Betriebe oder der einseitige Privatgebrauch. Daher kein öffentlicher Verkehr bei Deputatentlohnung. Celle JW. 54 (1925), 2276. A. M. Naumburg JW. 59 (1930), 1238. Hamm JW. 61 (1932), 3779.

B I I I 8. Maß- und Gewichtsgesetz. §§ 14, 15, 16—18, 25, 31

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§ 14. [Fieberthermometer] (1) Fieberthermometer dürfen nur nach amtlicher Prüfung verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden. Für den Vertrieb im Inland müssen sie geeicht sein. ( 2 - 6 ) ...

2. Nacheichung § 16. [Nacheichungspflicht] Die eichpflichtigen Gegenstände sind innerhalb bestimmter Fristen zur Nacheichung zu bringen; verspätet vorgelegte gelten als ungeeicht.

§ 17. [Nacheichungsfrist] (1) Die Nacheichfrist beträgt 1. zwei Jahre für alle eichpflichtigen Gegenstände, für die dieses Gesetz nicht ausdrücklich eine andere Frist festsetzt; 2. drei Jahre a) bei den Waagen und Wägemaschinen für eine Höchstlast von 3000 Kilogramm und darüber; b) bei den Fässern für Wein, verstärkten Wein, dem Wein ähnliche Getränke 1 ), weinhaltige Getränke, Trinkbranntwein aller Art, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost und Obstsaft. c) bei den Getreideproben für Handfüllung zu 20 Litern; 3. vier Jahre bei den Personenwaagen, die der Eichpflicht nach § 13 unterliegen; 4. fünf Jahre bei Meßkammertankwagen; 5. zehn Jahre bei Lagerbehältern, die als Meßgeräte dienen. (2) Die Nacheichfrist für Gasmesser, Wassermesser und Elektrizitätszähler bestimmt der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister

des Innern.

§ 18. [Fristlauf] (1) Die Nacheichfrist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzte Eichung vorgenommen worden ist. (2) Bei den im § 17 Nr. 2b genannten Fässern endet die Frist erst mit der Entleerung. B.

Eichung

1. [Prüfung und Stempelung] § 25 Als geeicht dürfen nur Gegenstände bezeichnet werden, die von der Eichbehörde geprüft und gestempelt worden sind.

3. [Verkehrsrichtigkeit] § 31 Gegenstände, die der Eichpflicht unterliegen, müssen auch nach der Eichung richtig bleiben, sonst ist ihre Anwendung und Bereithaltung im eichpflichtigen Zu § 17: 1) Vgl. § 10 des Weingesetzes (B VII 2).

716

B I I I S. Maß- und Gewichtsgesetz. §§ 34—36, 45, 46

Verkehr untersagt. Sie gelten als unrichtig, wenn sie über die Verkehrsfehlergrenze hinaus von ihrem Nennwert abweichen. C.

Beglaubigung

a) B e g l a u b i g u n g s p f l i c h t § 34. [Beglaubigungspflichtige Gegenstände] Eichamtlich müssen beglaubigt sein 1. Meßgeräte, die auf anderen als den gesetzlichen Einheiten beruhen und deshalb nach diesem Gesetz nicht eichfähig, aber nach § 20 Nr. 2 zur Anwendung und Bereithaltung im eichpflichtigen Verkehr zugelassen sind; 2. die nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 zugelassenen, an eichfähigen Meßgeräten angebrachten ausländischen Nebenteilungen; 3. wenn keine Eichung in Betracht kommt, die Meßgeräte a) für steueramtliche Zwecke; b) die zur Schiffsvermessung dienen, c) die von der Polizei bei der Verkehrsüberwachung zur Ermittlung der Achsdrucke an Fahrzeugen verwandt werden; 4. nach näherer Bestimmung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt1) die von der Industrie zur Herstellung und Berichtigung von Meßgeräten verwendeten Normale, Normalgeräte und Prüfungshilfsmittel; 5. die von den Eichbehörden zur vorschriftsmäßigen Prüfung verwendeten Gebrauchsnormale, Prüfnormale und Prüfungshilfsmittel. § 35. [Wiederholung der Beglaubigung] Die eichamtliche Beglaubigung ist innerhalb der für entsprechende geeichte Meßgeräte vorgeschriebenen Nacheichfrist zu wiederholen. Die PhysikalischTechnische Reichsanstalt ist ermächtigt 1 ), in besonderen Fällen die Geltungsdauer der Beglaubigung anders festzusetzen. § 36. [Verkehrsrichtigkeit] Der § 31 gilt sinngemäß für die nach § 34 beglaubigungspflichtigen Meßgeräte. III. S c h a n k g e f ä ß e § 45. [Begriff des Schankgefäßes] Schankgefäße sind Gläser, Krüge, Flaschen, Karaffen, Kannen und ähnliche Gefäße, die zur Verabreichung von Getränken in Gast-, Schank- oder Speisewirtschaften oder ähnlichen Einrichtungen dienen und erst bei eintretendem Bedarf gefüllt 1 ) werden. Dabei ist es gleichgültig, ob das Getränk innerhalb oder außerhalb dieser Stätten genossen wird. § 46. [Füllstrich, Inhaltsangabe] Schankgefäße für Bier, Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke, Trinkbranntwein aller Art, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost, alkoholfreie kohlensaure Getränke, Limonaden und diesen ähnliche Getränke, für Milch, Milcherzeugnisse und Milchmischgetränke müssen mit einem Zu § 34: 1) Jetzt Physikalisch-Technische Bundesanstalt Berlin. Z u § 35: 1) S. Anm. 1 zu § 34. Z u § 4 5 : 1) Gleichgültig, ob unmittelbar vor Verabreichung des Getränkes oder vorratsweise eingefüllt.

B III 8. Maß- u n d Gewichtsgesetz. §§ 47—50

717

Füllstrich von mindestens 1 cm Länge und in der Nähe des Füllstriches mit der Bezeichnung des Inhaltes nach Litermaß versehen sein. § 47. [Art der Anbringung ] Der Strich und die Bezeichnung sind durch Schnitt, Schliff, Ätzung, Brand, Einpressen, Einblasen oder Anblasen auf dem Schankgefäß anzubringen und müssen leicht erkennbar sein. § 48. [Zulässige Schankgefäße] (1) Zugelassen sind nur 1. für Trinkbranntwein aller Art Schankgefäße mit einem Inhalt von 2, 2,5, 4, 5 und 10 Zentilitern. Der Zahl ist die abgekürzte Bezeichnung „cl" zuzusetzen (z. B. 2 cl, 2,5 cl). Bei Gläsern von 10 cl, 5 cl und 4 cl kann noch ein Füllstrich zur Bezeichnung des halben Inhaltes ohne Maßangabe angebracht werden; 2. für Bier Schankgefäße mit einem Inhalt von 0,21, 0,251, 0,31, 0,41, 11 oder Mengen, die vom Liter aufwärts um je y2 Liter erhöht sind; 3. für Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke 1 ), Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost, alkoholfreie kohlensaure Getränke, Limonaden und diesen ähnliche Getränke, Milch, Milcherzeugnisse und Milchmischgetränke Schankgefäße von einem Liter Inhalt oder aufwärts um je y2 Liter größere und vom Liter abwärts um je 1 j 1 0 Liter kleinere. Außerdem sind Gefäße von 1 / i Liter mit der Bezeichnung % Liter zugelassen; 4. Flaschenkannen sind nur zugelassen für einen Flüssigkeitsinhalt von 0,51, 11, 1,51, 21, 31 und 51. (2) Die Teile des Liters nach Nr. 2., 3. oder 4. des Absatzes 1 dürfen nur in Zehnerbrüchen angegeben werden, die abgekürzte Bezeichnung ,,1" muß dahinterstehen. § 49. [ Füllstrichabstand] (1) Der Abstand des Füllstriches vom oberen Rande der Schankgefäße muß 1. bei Gefäßen mit verengtem Halse zwischen 2 und 6 Zentimeter; 2. bei Schankgefäßen für Schaumwein und Bier zwischen 2 und 4 Zentimeter; 3. bei anderen Gefäßen zwischen 1 und 3 Zentimeter betragen. (2) Bei Gefäßen mit verengtem Halse soll der Füllstrich auf dem Hals angebracht sein. Bei Flaschenkannen mit Brustwölbung darf er auch auf der Brust unmittelbar oder bis zu 3 Zentimeter unterhalb des unteren Ansatzes der Halswulst, bei Flaschenkannen in Kegelform darf er unmittelbar oder bis zur 2 Zentimeter über dem oberen Rande der Rille für das Oberband angebracht sein. § 50. [Fehlergrenzen] Der durch den Füllstrich begrenzte Raumgehalt eines Schankgefäßes darf 1. bei Gefäßen mit verengtem Hals und bei Flaschenkannen höchstens 1 / i 0 , 2. bei anderen Gefäßen mit einem Sollinhalt von 0,1 Liter 1 ( = 10 Zentilitern) und darüber ,, / ao , 1 3. bei Steinzeugkrügen ,, / 20 , 4. bei den Gefäßen mit einem Sollinhalt unter 0,1 Liter ( = 10 Zentilitern) ,, V20 geringer sein als der angegebene Flüssigkeitsinhalt Z u : § 48: 1) vgl. A n m . 1 zu § 11.

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B III 8. Maß- und Gewichtsgesetz. §§ 51—60

§ 51. [Schenkgefäße als Maße] Schankgefäße unterliegen nicht der Eichpflicht, wenn sie als Maße nach § 9 verwendet werden.

IV. Flaschen § 52. [Nenninhalt. Fabrikmarke] Die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes neu hergestellten Flaschen für die im § 54 genannten Lebensmittel müssen mit einer Bezeichnung des Raumgehaltes (Nenninhaltes) nach Litermaß und mit einer Fabrikmarke versehen sein und den im § 54 bezeichneten Maßgrößen entsprechen.

§ 53. [Art der Anbringung] Die Bezeichnung des Raumgehaltes ist außen am Flaschenboden oder auf dem Zylindermantel in der Nähe des Bodens durch Schnitt, Schliff, Ätzung, Brand, Einpressen, Einblasen oder Anblasen anzubringen und muß leicht erkennbar sein.

§§ 5 4 - 5 5 (I. d. F. der VOen v. 18. 5. 1936 u. 28. 6. 1938 — RGBl. I S. 785 — hier nicht abgedruckt, enthalten Einzelangaben über die Maßgrößen der Flaschen).

§ 56. [Eingeführte Flaschen] Unter die §§ 52 bis 55 fallen auch die vom Ausland eingeführten ungefüllten Flaschen, die im Reichsgebiet gefüllt und in den Verkehr gebracht werden.

§ 57. [Ausgeführte Flaschen] Die §§ 52 bis 56 gelten nicht für Flaschen, die leer oder gefüllt zur Ausfuhr bestimmt sind.

§ 58. [Flaschen als Maße] Die im § 52 genannten Flaschen sind nicht eichpflichtig, auch wenn sie bei der Füllung als Maße nach § 9 verwendet werden. § 59 (nicht abgedruckt)

V. Strafbestimmungen § 60 [Übertretung] (l) 1 )

Mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder mit Haft wird bestraft, wer in einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit 1. den §§ 8 bis 13, 16 bis 18, 25, 31 und 34 bis 36 zuwiderhandelt; Zu § 6 0 : 1) Soweit in den einzelnen Ziff. des Abs. 1 nicht ausdrücklich Vorsatz gefordert wird, genügt Fahrlässigkeit.

719

B I I I 8. Maß- und Gewichtsgesetz. §§ 61, 68—70

2. den nach §§ 20 und 37 erlassenen Anordnungen des

Reichswirtschafts-

minister zuwiderhandelt;

3. vorsätzlich nicht eichfähige Geräte als eichfähig bezeichnet; 4. als Wirt im Sinne des § 45 den §§ 46 bis 50 zuwiderhandelt; 5. ein von der Eich- oder der Polizeibehörde beanstandetes Meßgerät in vorschriftswidrigem Zustand auch nach einer zur Berichtigung aufgegebenen Frist im eichpflichtigen Verkehr anwendet oder bereit hält; 6. ein geeichtes oder beglaubigtes Meßgerät, das er wesentlich geändert hat oder hat ändern lassen, weiter im eichpflichtigen Verkehr anwendet oder bereit hält; 7. Schankgefäße herstellt oder in Verkehr bringt, die nach diesem Gesetz nicht zulässig sind; 8. vorsätzlich Flaschen, die diesem Gesetz nicht entsprechen, zur Verwendung im Reichsgebiet herstellt, herstellen läßt oder einführt. (2) In den Fällen 4 bis 8 kann neben der Strafe zugleich auf Einziehung2), Unbrauchbarmachung oder Vernichtung3) der vorschriftswidrigen Meßgeräte, Schankgefäße und Flaschen erkannt werden, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Kann dabei keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung, Unbrauchbarmachung oder Vernichtung selbständig erkannt werden4).

§ 61 [Vergehen] (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen § 14 verstößt und nach anderen Gesetzen keine höheren Strafen verwirkt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Der Versuch ist strafbar. (2) Neben der Strafe kann auf Einziehung, Unbrauchbarmachung oder Vernichtung der Röhren, Haarröhrchen und Thermometer erkannt werden,1) auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Kann dabei keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung, Unbrauchbarmachung oder Vernichtung selbständig erkannt werden. (3) Dem Hersteller von Fieberthermometern nach § 14 kann außerdem 2) die Herstellung und der Handel damit untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß ihm die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.

VII. Schlußbestimmungen §§ 68-70 2) Über die Verwertung eingezogener Meßgeräte vgl. § 65 StrafvolIstreckungsO., abgedruckt unter D 3. 3) Die Unbrauchbarmachung besteht in der Zerstörung der Eignung (der Form) für die bisherige Verwendung, die Vernichtung in der Zerstörung der Substanz. 4) Vgl. Anm. l d zu § 42 StGB. Zu § 61: 1) im Urteil. 2) S. Anm 2 u. 3 zu § 60.

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B III 9. Patentgesetz. §§ 6—8

B III 9. Patentgesetz Vom 5. Mai 1936 (RGBl. II S. 117) in der Fassung v. 18. Juli 1953 (BGBl. I S. 625)*) (Auszug) § 6. [Wirkung des Patents] Das Patent hat die Wirkung 1 ), daß allein der Patentinhaber befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Ist das Patent für ein Verfahren erteilt, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse. § 7. [Beschränkte Wirkung] (1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Befugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der Patenterteilung vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maßnahmen nach Satz 1 berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung getroffen hat. (2) weggefallen. (3) *) Steht dem Patentinhabernach einem Staatsvertrag ein Prioritätsanspruch (§ 27) oder nach dem Gesetz, betreffend den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf Ausstellungen, vom 18. 3. 1904 (RGBl. S. 141) ein zeitweiliger Schutz zu, so ist an Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Anmeldung die vorangegangene ausländische Anmeldung oder der Beginn der Schaustellung der Erfindung maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für Angehörige eines ausländischen Staates, der hierin keine Gegenseitigkeit gewährt. (4) Auf Einrichtungen an Fahrzeugen, die nur vorübergehend ins Inland gelangen, erstreckt sich die Wirkung des Patents nicht. § 8.

[Inanspruchnahme der Erfindung für öffentliche Zwecke]

(1) Die Wirkung des Patents tritt insoweit nicht ein, als die Bundesregierung anordnet, daß die Erfindung im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt Zu B I I I 9: *) Die Fassung 1953 beruht auf Art. 1, 5, § 18 des Fünften Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes v. 18. Juli 1953 (BGBL I S. 615). Zu § 6 : 1 ) Über die Erteilung eines Patentes, Die Wirkung beginnt mit gebiet, in dem das Patent

Wirkung entscheidet, im Gegensatz zu den Voraussetzungen der über die das Patentamt entscheidet, ausschließlich das Gericht. der endgültigen Erteilung (§ 35). Sie besteht nur in dem Staatserteilt ist.

Z u § 7 : 1) Vgl.dazu Art. 6 des Ges. Nr. 8 der Alliierten Hohen Kommission v. 20. 10. 1949 (Amtsbl. S. 18) und 1. DVO. v. 8. 5. 1950 (ABl. S. 357).

B III 9. Patentgesetz, §§ 46, 49, 50

721

werden soll. Sie erstreckt sich ferner nicht auf eine Benutzung der Erfindung, die im Interesse der Sicherheit des Bundes von der zuständigen obersten Bundesbehörde oder in deren Auftrag von einer nachgeordneten Stelle angeordnet wird. (2) Für die Anfechtung einer Anordnung nach Absatz 1 ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig, wenn sie von der Bundesregierung oder der zuständigen obersten Bundesbehörde getroffen ist. (3) Der Patentinhaber hat in den Fällen des Absatzes 1 gegen den Bund Anspruch auf angemessene Vergütung. Wegen deren Höhe steht im Streitfall der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. Eine Anordnung der Bundesregierung nach Absatz 1 Satz 1 ist dem in der Rolle (§ 24) als Patentinhaber Eingetragenen vor Benutzung der Erfindung mitzuteilen. Erlangt die oberste Bundesbehörde, von der eine Anordnung oder ein Auftrag nach Absatz 1 Satz 2 ausgeht, Kenntnis von der Entstehung eines Vergütungsanspruchs nach Satz 1, so hat sie dem als Patentinhaber Eingetragenen davon Mitteilung zu machen.

§ 46. [Rechtshilfe] Die Gerichte sind verpflichtet, dem Patentamt 1 ) Rechtshilfe zu leisten. Strafen gegen Zeugen und Sachverständige, die nicht erscheinen oder ihre Aussage oder deren Beeidigung verweigern, setzen die Gerichte auf Ersuchen des Patentamts fest. Ebenso ist die Vorführung eines nicht erschienenen Zeugen anzuordnen.

§ 49. [Strafen] (1) Wer 1 ) vorsätzlich den Bestimmungen der §§ 6, 7 und 8 zuwider eine Erfindung benutzt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bestraft. (2) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein2). Der Antrag kann nicht zurückgenommen werden. (3) Wird auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekanntzumachen 3 ), wenn er ein berechtigtes Interesse daran dartut. Umfang und Art der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn die Entscheidung nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft bekanntgemacht wird.

§ 50. [Buße] (1) Statt jeder aus diesem Gesetz entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Geschädigten neben der Strafe auf eine an ihn-zu erlegende Buße erkannt werden 1 ). Für die Buße haften die dazu Verurteilten als Gesamtschuldner. (2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus. Z u § 46: 1) Für die Bundesrepublik dem Patentamt in München. Gesetz des Wirtschaftsfats v. 12. 8. 1949 (WiGBl. S. 251), für die franz. Zone VO. v. 24. 9. 1949 (BGBl. S. 29) für Berlin Zweigstelle Ges. v. 20.1.1950 (BGBl. S. 6), Ges. über Errichtung derTreuhandstelle Reichspatentamt v. 9.1. 1951 (VOB1. S. 279). Zu § 49: 1) Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen kommen nur auch hier physische Personen als Täter in Betracht. Bei Personengesamtheiten können deren Vertreter nur für die von ihnen selbst verübten Taten bestraft werden. 2) Privatklagebefugnis; § 374 Abs. 1 Nr. 8 StPO. Wegen des öffentl. Interesses an der Strafverfolgung vgl. Nr. 286 RiStV. 1953. 3) Vgl. Anm. 3 zu § 200 StGB. Zu § 50: 1) Vgl. Anm. 2 bis 4 zu § 188 StGB. 46

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

722

B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 1, 2

BIII 10. Warenzeichengesetz Vom 5. Mai 1936 (RGBL II S. 134) in der Fassung vom 18. Juli 1953 (BGBl. I S. 645)*) § 1. [Anmeldung] Wer sich in seinem Geschäftsbetrieb 1 ) zur Unterscheidung seiner Waren 2 ) von den Waren anderer eines Warenzeichens3)4) bedienen will, kann dieses Zeichen zur Eintragung in die Zeichenrolle anmelden. § 2. [Zeichenrolle] (1) Die Zeichenrolle wird beim Patentamt 1 ) geführt. Die Anmeldung eines Warenzeichens ist dort schriftlich einzureichen. Jeder Anmeldung muß die Bezeichnung des Geschäftsbetriebs, in dem das Zeichen verwendet werden soll, ein Verzeichnis der Waren, für die es bestimmt ist, sowie eine deutliche Z u B I I I 10: *) Das Gesetz wird ergänzt durch den Pariser Unionsvertrag v. 20.3.1883, rev. am 14. 12. 1900, 2. 6. 1911, 6. 11. 1925 und 2. 6. 1934 (RGBl. I I 1937, S. 584) und durch das Madrider Marken-Abkommen v. 14. 4. 1891, rev. am 14. 12. 1900, 2. 6. 1911, 6. 11. 1925 und 2. 6. 1934 (RGBl. II S. 608) und das Madrider Herkunfts-Abkommen v. 14. 1. 1891, rev. am 2. 6. 1911, 6. 11. 1925 und 2. 6. 1934 (RGBl. II 1937 S. 604); dazu die Beitrittsges. des Reichs v. 12. 7. 1922 (RGBl. II S. 669) und v. 21. 3. 1925 (RGBl. II S. 115). Die neue Fassung 1953 beruht auf § 18 des Ges. v. 18. 7. 1953 (BGBl. I S. 615). Uber die Behandlung der Alt-Schutzrechte vgl. Ges. v. 8. 7. 1949 (WiGBl. S. 175) i. Verb. m. VO. v. 24. 9. 1949 (BGBl. S. 29). S c h r i f t t u m : R. Busse, Komm. 2. Aufl. 1939; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 6. Aufl. 1951; Reimer, Wettbewerbs- u. Warenzeichenrecht Berlin 1947. Z u § 1 : 1 ) Geschäftsbetrieb ist ein auf Gewinn gerichtetes Unternehmen, das die Erzeugung oder Bearbeitung von Waren oder den Handel mit Waren zum Gegenstand hat. RGZ. 101, 412. Zum Handel gehört auch die Gebrauchsgewährung (Mietbücherei, Filmverleiher usw.). 2) Vgl. Anm. 2 zu § 2 UWG. — B I I I 6 —. Das Gesetz bezieht sich nur auf Waren, die im neuzeitlichen Gewerbebetriebe hergestellt sind, nicht aber auf Altertümer. E. 43, 314. 3) Warenzeichen sind Wort-, Bild- oder Mischzeichen (Kombinationen aus Wort und Bild); sie müssen Kennzeichnungskraft besitzen. Phantasielos angereihte Wortfolgen in Reimform und in Prosa (z. B. „kleine Geräte — große Hilfen") sind nicht schutzfähig, RPA. J W . 64 (1935), 2855. Ein Zeitungstitel ist entgegen früherer Rechtsprechung (E. 28, 275; E. 40, 343) als Warenzeichen eintragbar; siehe dieEntsch. bei Busse, Komm. Anm. 7 B zu § 1. Buchtitel sind nicht eintragbar; bei Sammelwerken kann aber in der Bezeichnung eine Kennzeichnung liegen, siehe Busse a.a.O. Eine plastische (nicht flächenhafte) Darstellung, eine körperliche Gestaltung, z. B. ein beigeflochtener sog. Gütefaden zur Kennzeichnung, kann nicht Zeichenschutz genießen — RGZ. 155, 108 — mit guten Gründen a. A. Elster GRUR. 1937, 827; Baumbach-Hefermehl 7 B zu § 1; s. auch J W . 66(1937), 2844. Die Eintragung von Vorratszeichen, d. h. von Zeichen, die der Berechtigte nicht alsbald benutzen, sondern für eine künftige Benutzung vorrätig halten will, entspricht einem anerkannten Bedürfnis des Verkehrs. Sie genießen vollen Zeichenschutz, soweit sie nicht ohne Verfolgung eigener Rechtsschutzbedürfnisse lediglich eine unangemessene Beeinträchtigung fremden Wettbewerbs zum Ziele haben. Defensivzeichen, d. h. Zeichen, die nicht zur Benutzung bestimmt sind, sondern nur eingetragene, wirklich benutzte Zeichen (Hauptzeichen) vor Gegenzeichen schützen sollen, sind im Gegensatz zur gesetzlichen Funktion des Warenzeichens nicht zur Kennzeichnung von Waren bestimmt. Ihre Zulassung und Rechtsbeständigkeit kann daher nur anerkannt werden, wenn der Zeichenberechtigte ein zusätzliches Schutzbedürfnis für das Hauptzeichen nachweist. B G H . N J W . 1953, 1626. 4) Zu unterscheiden von dem Warenzeichen ist das G ü t e z e i c h e n , das einzelne Gewerbetreibende oder Verbände (in letzterem Falle durch Anerkennung des Verbandszeichens gemäß § 17) führen können, wenn die nach den Satzungen oder sonstigen Vorschriften festgesetzten Beschaffenheitsbedingungen der Verbände, Organisationen usw. erfüllt sind, z. B . Gütezeichen nach § 24 des Milch- und Fettgesetzes v. 10. 12. 1952 (BGBl. I S. 811). Vgl.

B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 3, 4

723

Darstellung und, soweit erforderlich, eine Beschreibung des Zeichens beigefügt sein. (2)2) Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung zu erlassen. Er kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf den Präsidenten des Patentamts übertragen. (3) bis (6) nicht abgedruckt.

§ 3. [Inhalt der Zeichenrolle] (1) Die Zeichenrolle soll enthalten: 1. den Zeitpunkt der Anmeldung; 2. die nach § 2 Absatz 1 der Anmeldung beizufügenden Angaben, 3. Namen und Wohnort des Zeicheninhabers und seines etwa bestellten Vertreters (§ 35 Abs. 2) sowie Änderungen in der Person, im Namen oder im Wohnorte des Inhabers oder des Vertreters, 4. Verlängerungen der Schutzdauer, 5. den Zeitpunkt der Löschung des Zeichens. (2) Die Einsicht in die Zeichenrolle steht jedermann frei. (3) Jede Eintragung und jede Löschung wird vom Patentamt in regelmäßig erscheinenden Übersichten veröffentlicht (Warenzeichenblatt).

§ 4. [Nichteintragungsfähige Zeichen] (1) Freizeichen1) können nicht in die Rolle eingetragen werden. (2) Ferner sind von der Eintragung solche Zeichen ausgeschlossen, 1. die keine Unterscheidungskraft haben oder ausschließlich aus Zahlen, die GütezeichenVO. v. 9. 4. 1942 (RGBl. I S. 273), die auch in § 5 folgenden strafrechtlichen Schutz für die Gütezeichen enthält: ,,(1) Wer vorsätzlich ein genehmigungspflichtiges Zeichen ohne Genehmigung anbringt oder führt, wird mit Geldstrafe oder mit H a f t bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer zur Bezeichnung von Waren oder Leistungen ein Zeichen anbringt oder führt, das den falschen Anschein erweckt, ein Zeichen im Sinne des § I zu sein." 3) Statt eines Einzelzeichens kann auch ein kombiniertes Zeichen eingetragen werden (mehrere Bestandteile, z. B. Wort und Bild) oder ein Kollektivzeichen (mehrere Zeichen in Zusammenwirkung, z. B. Hals- und Bauchetikette einer Flasche). Ein Firmenzeichen kennt das Gesetz aber nicht. Über Verbandszeichen siehe § 17. 4) (3) bis (6) betr. Gebühren. Zu § 2 : 1) Fassung nach Ges. v. 18. 7. 1953 (BGBl. I S. 615). 2) Fassung nach Art. 3 § 3 des Ges. v. 18. 7. 1953 (BGBl. I S. 615). Zu § 4 : 1) Freizeichen sind Zeichen, die an sich den Anforderungen des Gesetzes an Schutzfähigkeit eines Zeichens genügen, sich aber für bestimmte Waren im freien Gebrauch einer größeren Anzahl von inländischen Gewerbetreibenden befinden, die ohne Beziehung zu einander sind, derart, daß dadurch das Zeichen für diese Waren nicht mehr als Kennzeichen der Ware eines bestimmten Geschäftsbetriebes zu wirken vermag. Pinzger und Heinemann, D. deutsche Warenzeichenrecht 1926, 62. Freizeichen können durch Zusätze zu neuen, schutzberechtigten Zeichen gemacht werden. R. 1, 175. Es besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Freizeichen und nicht eintragungsfähigen Warenzeichen nach Abs. 2 Ziff. 1. Wenn letztere aber infolge Durchsetzung im Verkehr doch eingetragen werden, erstreckt sich Schutz sowohl auf die Benutzung gleicher, wie gleichartiger Waren. RG. MuW. 1937, 171. Preismedaillen sind keine Freizeichen, sie können aber durch Verbindung mit Worten zu Warenzeichen werden. E. 7, 214. Die Schutzbehauptung des A., das von ihm benutzte Zeichen sei ein Freizeichen, h a t das Gericht selbständig zu prüfen, wenn dies Zeichen mit dem angeblich verletzten, eingetragenen Zeichen verwechslungsfähig ist. E. 44, 192. Ist das Freizeichen eingetragen, so darf sich ein Dritter ebensowenig dieses, wie eines mit ihm im Sinne von § 20 verwechselbaren Zeichens bedienen. E. 48, 398. Den Einwand, das Freizeichen sei nicht 46*

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B I I I 10. Warenzeichengesetz. § 4

Buchstaben oder solchen Wörtern bestehen2), die Angaben über Art, Zeit und Ort der Herstellung, über die Beschaffenheit, über die Bestimmung, über Preis-, Mengen- oder Gewichtsverhältnisse der Waren enthalten, 2. die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes, eines inländischen Gemeindeoder weiteren Kommunalverbandes enthalten, 3. die amtliche Prüf- und Gewährzeichen enthalten, die nach einer Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt im Inland oder in einem ausländischen Staate für bestimmte Waren eingeführt sind 3 ); 4. die ärgerniserregende Darstellungen oder solche Angaben enthalten, die ersichtlich den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen und die Gefahr einer Täuschung begründen 4 ); 5. die nach allgemeiner Kenntnis innerhalb der beteiligten inländischen Verkehrskreise bereits von einem anderen als Warenzeichen für gleiche oder gleichartige Waren benutzt werden 8 ). 8 6. ) die mit einem früher zur Sortenschutzrolle oder zum Besonderen Sortenverzeichnis des Bundessortenamtes angemeldeten und dort eingetragenen Sortennamen der Sorte eines Dritten übereinstimmen. (3) Die Eintragung wird jedoch in den Fällen der Nr. 1 zugelassen, wenn sich das Zeichen im Verkehr als Kennzeichen der Waren des Anmelders durchgesetzt hat. eintragungsfähig gewesen, kann der Täter nicht erheben; denn über die Freizeicheneigenschaft entscheidet das Patentamt mit bindender Wirkung (vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 2). RGZ. 102, 357; RG. GA. 45, 433. 2) Ob ein Zeichen schutzfähig ist, hängt wesentlich von den Waren ab, für die es bestimmt ist. DPA. GRUR. 1953, 139. Über Schutzfähigkeit einer aus fremdsprachigen Bestandteilen zusammengesetzten wissenschaftlichen Bezeichnung. RPA. J W . 63 (1934), 1877. Ein Wortzeichen ist eintragungsfähig, wenn es sich als Kennzeichen der betr. Ware längst durchgesetzt hat. RG. J W . 63 (1934), 2408. Nicht schutzfähig ist z. B. die Bezeichnung „Reichssuper" für ein Rundfunkgerät, RPA. J W . 64 (1935), 1366, „Chronolog" als Beschaffenheitsangabe für einen Zeitmesser, RPA. MuW. (1935), 78, „Unimeter" als Beschaffenheitsangabe für „elektrotechnische Meßgeräte". DPA. GRUR. 1953, 139; wohl aber die Wortbildung „Tastlicht" für elektrische Tisch- und Stehlampen, RPA. JW. 64 (1935), 1265. Zur Frage der Schutzfähigkeit von Zeichen, die aus dem Wort „Ultra" verbunden mit einem Warennamen bestehen. DPA. G R U R . 1953, 399. Längere Wortfolgen, insbesondere Verse, können nur dann als Warenzeichen eingetragen werden, wenn sie einen durch die Aufmachung oder den gedanklichen Inhalt herausgehobenen schutzfähigen Bestandteil aufweisen. DPA. GRUR. 1953, 496. 3) Bek. v. 15. 9. 1936 (RGBl. II S. 307) und v. 3. 6. 1937 (RGBl. II S. 169). 4) Verwendung der Darstellung regierender Personen beim Rasieren als Kennzeichnung für Rasierklingen ist Ärgernis erregend. RPA. J W . 65 (1936), 2110. „Holländer R u h m " ist für Eier, Milch, Butter, Käse, Margarine, Speiseöle und Speisefette", die nicht aus Holland stammen, eine irreführende Angabe. DPA. G R U R . 1953, 140. Phantasiebezeichnungen für Weine, die geeignet sind, im Verkehr als Lage- oder Gemarkungsnamen aufgefaßt zu werden, sind als ersichtlich täuschend von der Eintragung in die Warenzeichenrolle ausgeschlossen. DPA. GRUR. 1953, 223; dagegen können Zeichen, die Angaben über die Zusammensetzung, Wirkung und Anwendungsweise der Ware enthalten, im Regelfalle nicht deshalb von der Eintragung ausgeschlossen werden. DPA. GRUR. 1953, 225. Wird das Wort „Pilsener" ohne einen „entlokalisierenden" Zusatz gebraucht und besitzt der Anmeldende an dieser GesBezeichnung einen langjährigen, redlich erworbenen Besitzstand in dem Teil des Bundesgebietes, die für einen Absatz von Pilsener Bier in Betracht kommt, so steht ausnahmsweise die Bestimmung des § 4 II Z. 4 WZG. der Eintragung nicht entgegen. DPA. GRUR. 1953, 495. 5) In Verb, mit § 31 soll durch Ziff. 5 bereits jeder Versuch verhindert werden, Warenzeichen eintragen zu lassen, die sich notorisch an eine bekannte Marke mehr oder weniger, jedoch ohne vollständige Nachahmung, anlehnen. Kühnemann, D J . 1936, 858. 6) Eingefügt durch Art. 3 § 3 des Ges. v. 18. 7. 1953 (BGBl. I S. 615).

B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 5, 6

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(4) Die Vorschriften der Nummern 2 und 3 gelten nicht für einen Anmelder, der befugt ist, in dem Warenzeichen das Hoheitszeichen oder das Prüf- und Gewährzeichen zu führen, selbst wenn es mit dem eines anderen Staates im Verkehr verwechselt werden kann. Die Vorschrift der Nummer 3 gilt ferner insoweit nicht, als die Waren, für die das Zeichen angemeldet ist, weder gleich noch gleichartig mit dennen sind, für die das Prüf- und Gewährzeichen eingeführt ist. Die Vorschrift der Nummer 6 gilt insoweit nicht, als die Waren, für die das Zeichen angemeldet ist, weder gleich noch gleichartig mit denen sind, für die der Sortenname eingetragen ist 6 ). (5) Die Vorschrift der Nummer 5 wird nicht angewendet, wenn der Anmelder von dem anderen zur Anmeldung ermächtigt worden ist. § 5. [Übereinstimmende Zeichen] 1 ) (1) Entspricht die Anmeldung den gesetzlichen Anforderungen (§§ 1,2) und liegt kein Eintragungshindernis nach § 4 vor, so beschließt das Patentamt die Bekanntmachung der Anmeldung. (2) Die Anmeldung wird dadurch bekannt gemacht, daß das angemeldete Zeichen, der Zeitpunkt der Anmeldung, Name und Wohnort des Anmelders und seines etwaigen Vertreters (§ 35 Abs. 2) sowie die nach § 2 Abs. 1 der Anmeldung beizufügenden Angaben und das Aktenzeichen der Anmeldung einmal im Warenzeichenblatt veröffentlicht werden. § 7 ist entsprechend anzuwenden2). (3) Ist dem Prüfer bekannt, daß das angemeldete Zeichen mit einem anderen für gleiche oder gleichartige Waren früher angemeldeten Zeichen übereinstimmt, so kann er den Inhaber dieses Zeichens auf die Bekanntmachung hinweisen. (4) Wer für gleiche oder gleichartige Waren ein mit dem angemeldeten Zeichen übereinstimmendes Zeichen (§ 31) früher angemeldet hat, kann innerhalb dreier Monate nach der Bekanntmachung auf Grund des früher angemeldeten Zeichens Widerspruch gegen die Eintragung des neu angemeldetenZeichens erheben3). Gegen die Versäumnis dieser Frist gibt es keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. (5) (betr. Gebühren) (6) Wird Widerspruch erhoben, so entscheidet das Patentamt durch Beschluß, ob die Zeichen übereinstimmen (betr. Kostenentscheidung). (7) Wird kein Widerspruch erhoben, so wird das Zeichen eingetragen. (8) nicht abgedruckt. § 6. [Eintragung] (1) Verneint das Patentamt durch den Beschluß (§ 5 Abs. 6) die Übereinstimmung der Zeichen, so wird das neu angemeldete Zeichen eingetragen. (2) Stellt es die Ubereinstimmung der Zeichen fest, so wird die Eintragung versagt. Sofern der Anmelder geltend machen will, daß ihm trotz der Feststellung des Patentamtes ein Anspruch auf die Eintragung zustehe, hat er den Anspruch im Wege der Klage gegen den Widersprechenden zur Anerkennung zu bringen. Die Eintragung auf Grund einer Entscheidung, die zu seinen Gunsten ergeht, wird unter dem Zeitpunkt der ursprünglichen Anmeldung bewirkt. (3) Wird nach der Bekanntmachung (§ 5 Abs. 2) die Anmeldung zurückgenommen oder wird die Eintragung versagt, so ist dies bekannt zu machen.1) 6a (nicht abgedruckt). Zu § 5 : 1) Fassung nach dem Gesetz v. 8. 7. 1949 (BI.WiG. S, 175). 2) Für international registrierte ausländische Marken erfolgt die Veröffentlichung — abweichend von § 5 Abs. 2 des Ges. — in dem in der VO. v. 6. 12. 1949 (RGBl. S. 33) bezeichneten internatl. Veröffentlichungsorgan. 3) Über Aufgebots- und Amtsprüfungsverfahren Storkebaum N J W . 1953, 324. Z u § 6 : 1) Eingefügt durch Ges. v. 8. 7. 1949 (WiGBl. S. 175).

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B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 7—9

§ 7 1 ). [Eintragungsgebühr] Für jedes Zeichen ist vor der Eintragung eine Eintragungsgebühr nach dem Tarif und ein Druckkostenbeitrag zur Deckung der Kosten zu entrichten, die durch die vorgeschriebenen Veröffentlichungen (§ 3 Abs. 3) entstehen. Die Höhe des Beitrags wird nach Stufen berechnet, die der Bundesminister der Justiz durch Rechtsverordnung nach dem Umfang der Veröffentlichungen allgemein festsetzt. Er kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf den Präsidenten des Patentamts übertragen. Die Berechnung ist unanfechtbar.

§ 8. [Ubertragbarkeit, Vererblichkeit] (1) Das durch die Anmeldung oder Eintragung eines Warenzeichens begründete Recht geht auf die Erben über und kann auf andere übertragen werden 1 ). Das Recht kann jedoch nur mit dem Geschäftsbetrieb oder dem Teil des Geschäftsbetriebs, zu dem das Warenzeichen gehört, auf einen anderen übergehen. Eine Vereinbarung, die eine andere Übertragung zum Gegenstand hat, ist unwirksam. Der Übergang wird auf Antrag des Rechtsnachfolgers in der Zeichenrolle vermerkt, wenn er dem Patentamt nachgewiesen2) wird. Mit dem Antrag ist eine Gebühr nach dem Tarif zu zahlen; wird sie nicht gezahlt, so gilt der Antrag als nicht gestellt. (2) Solange der Übergang in der Zeichenrolle nicht vermerkt ist, kann der Rechtsnachfolger sein Recht aus der Eintragung des Warenzeichens nicht geltend machen 3 ). (3) Verfügungen und Beschlüsse des Patentamts, die einer Zustellung an den Inhaber des Zeichens bedürfen, sind stets an den als Inhaber Eingetragenen zu richten. Ergibt sich, daß dieser verstorben ist, so kann das Patentamt nach seinem Ermessen die Zustellung als bewirkt ansehen oder zum Zwecke der Zustellung an die Erben deren Ermittlung veranlassen.

§ 9. [Schutzdauer] (1) Der Schutz des eingetragenen Zeichens dauert zehn Jahre, die mit dem Tag beginnen, der auf die Anmeldung folgt. (2) Die Schutzdauer kann um jeweils zehn Jahre verlängert werden. Die Verlängerung wird dadurch bewirkt, daß nach Ablauf von neun Jahren seit dem Tage der Anmeldung oder, bei Zeichen, deren Schutzdauer bereits verlängert worden ist, seit der letzten Verlängerung eine Verlängerungsgebühr und für jede Klasse oder Unterklasse, für die weiterhin Schutz begehrt wird, eine KlassenZ u § 7: 1) Neufassung nach dem Ges. v. 18. 7. 1953 (BGBl. I S. 615) Art. 3 § 3. Zu § 8 : 1) Während im deutschen Recht früher das Warenzeichen nur mit dem ganzen Geschäftsbetriebe übertragen werden konnte, ist dies jetzt auch mit einem Teil des Geschäftsbetriebes möglich (Satz 2). Dabei kann es sich auch gerade um den im Inland gelegenen Teil eines in mehreren Ländern ansässigen Unternehmens handeln, Kühnemann, D J . 1936, 858. Dem Erwerbe des Rechts steht nicht entgegen, daß sich die Bezeichnung der Firma in der Zeichenrolle mit der im Handelsregister nicht vollständig deckt. E. 41, 422. — Wegen der unlösbaren Verbundenheit des Zeichens mit dem bestimmten Geschäftsbetriebe kann nur der Rechte aus der Eintragung des Zeichens geltend machen, der zugleich damit Schutz des hinter dem Zeichen stehenden Unternehmens erstrebt. RG. JW. 64 (1935), 2274. Bei Verpachtung eines Geschäftsbetriebes kann nicht der Pächter, sondern nur der Betriebsinhaber das Zeichen aus eigenem Recht geltend machen. RG. MuW. 1937, 209. 2) Die Unterschrift des Berechtigten muß beglaubigt sein. 3) Es handelt sich hierbei nur um die Frage der formalen Legitimation. Nur die Ausübung, nicht die Entstehung des Rechts ist an die Eintragung geknüpft. E. 58, 349. Der Rechtsnachfolger kann Strafantrag stellen, wenn das Recht durch Vertrag auf ihn übergegangen ist. E. 34, 34.

B III 10. Warenzeichengesetz. § 10

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gebühr nach dem Tarif entrichtet wird. § 2 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Gebühren sind bis zum Ablauf zweier Monate nach Beendigung der Schutzdauer zu entrichten. Nach dieser Zeit gibt das Patentamt dem Zeicheninhaber Nachricht, daß das Zeichen gelöscht wird, wenn die Gebühren mit dem tarifmäßigen Zuschlag für die Verspätung der Zahlung nicht binnen einem Monat nach Zustellumg der Nachricht entrichtet werden. (3) Das Patentamt kann die Absendung der Nachricht auf Antrag des Zeicheninhabers hinaus schieben, wenn er nachweist, daß ihm die Zahlung nach Lage seiner Mittel zur Zeit nicht zuzumuten ist. Es kann die Hinausschiebung davon abhängig machen, daß innerhalb bestimmter Fristen Teilzahlungen geleistet werden. Erfolgt eine Teilzahlung nicht fristgemäß, so benachrichtigt das Patentamt den Zeicheninhaber, daß das Zeichen gelöscht wird, wenn der Restbetrag der Gebühren und der nach ihm berechnete tarifmäßige Zuschlag nicht binnen einem Monat nach Zustellung gezahlt werden. (4) Ist ein Antrag, die Absendung der Nachricht hinauszuschieben, nicht gestellt worden, so können Gebühren und Zuschlag beim Nachweis, daß die Zahlung nicht zuzumuten ist, noch nach Zustellung der Nachricht gestundet werden, wenn dies binnen vierzehn Tagen nach Zustellung beantragt und die bisherige Säumnis genügend entschuldigt wird. Die Stundung kann auch unter Auferlegung von Teilzahlungen bewilligt werden. Wird ein gestundeter Betrag nicht rechtzeitig entrichtet, so wiederholt das Patentamt die Nachricht, wobei der gesamte Restbetrag eingefordert wird. Nach Zustellung der zweiten Nachricht ist eine weitere Stundung unzulässig. (5) Die Nachricht, die auf Antrag hinausgeschoben worden ist (Absatz 3) oder die nach gewährter Stundung erneut zu ergehen hat (Absatz 4), muß spätestens zwei Jahre nach Fälligkeit der Gebühren abgesandt werden. Geleistete Teilzahlungen werden nicht erstattet, wenn das Zeichen wegen Nichtzahlung des Restbetrags gelöscht wird. § 10. [Löschung] (1) Auf Antrag des Inhabers wird das Zeichen jederzeit in der Rolle gelöscht. (2) Von Amts wegen erfolgt die Löschung, 1. wenn nach Ablauf der Schutzdauer die Verlängerung des Schutzes (§ 9) unterblieben ist; 2. wenn die Eintragung des Zeichens hätte versagt werden müssen. Wird von einem Dritten aus diesem Grund die Löschung beantragt, so ist gleichzeitig eine Gebühr nach dem Tarif zu entrichten; sie kann erstattet oder dem Zeicheninhaber auferlegt werden, wenn der Antrag für berechtigt befunden wird. Bei Nichtzahlung der Gebühr gilt der Antrag als nicht gestellt. (3) Soll das Zeichen nach Absatz 2 Nummer 2 gelöscht werden, so gibt das Patentamt dem Inhaber zuvor Nachricht 1 ). Widerspricht er innerhalb eines Monats nach der Zustellung nicht, so erfolgt die Löschung. Widerspricht er, so faßt das Patentamt Beschluß. Ist die Löschung von einem Dritten beantragt, so gilt für die durch eine Anhörung oder eine Beweisaufnahme verursachten Kosten § 5 Absatz 6 Sätze 2—42) entsprechend. Zu § 10: 1) Solange das Zeichen nicht gelöscht ist, kann der Inhaber seine Rechte geltend machen, z. B. einen Strafantrag stellen, auch wenn er das Geschäft schon aufgegeben hat. E. 23, 348. 2) Fassung nach Ges. v. 8. 7. 1949 (WiGBl. S. 175).

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B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 11, 12

§ 11. [Löschung auf Antrag Dritter] (1) Ein Dritter kann die Löschung eines Warenzeichens beantragen 1 ), 1. wenn das Zeichen für ihn auf Grund einer früheren Anmeldung für gleiche oder gleichartige Waren 2 ) in der Zeichenrolle eingetragen steht; 2. wenn der Geschäftsbetrieb, zu dem das Warenzeichen gehört, von dem Inhaber des Zeichens nicht mehr fortgesetzt wird3); 3. wenn Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß der Inhalt des Warenzeichens den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht und die Gefahr einer Täuschung begründet. (2) Der Antrag auf Löschung ist durch Klage geltend zu machen und gegen den als Inhaber des Zeichens Eingetragenen oder seine Rechtsnachfolger zu richten. (3) Ist vor oder nach Erhebung der Klage das Warenzeichen auf einen anderen übergegangen, so ist die Entscheidung in der Sache selbst auch gegen den Rechtsnachfolger wirksam und vollstreckbar. Für die Befugnis des Rechtsnachfolgers, in den Rechtsstreit einzutreten, gelten die Bestimmungen der §§ 66 bis 69 und 76 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 kann der Antrag auf Löschung zunächst beim Patentamt angebracht werden. Es gibt dem als Inhaber des Warenzeichens Eingetragenen davon Nachricht. Widerspricht er innerhalb eines Monats nach der Zustellung nicht, so erfolgt die Löschung. Widerspricht er, so wird dem Antragsteller anheimgegeben, den Anspruch auf Löschung durch Klage zu verfolgen.

§ 12. [Verfahren] (1) Anmeldungen, Anträge auf Umschreibung, Widersprüche gegen die Löschung von Warenzeichen und Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden in dem für Patentangelegenheiten maßgebenden Verfahren erledigt. Die Vorschriften in § 43 Abs. 4 des Patentgesetzes vom 5. 5. 1936 (RGBl. I I S. 117) gelten für Warenzeichen nicht. (2) Im Patentamt werden gebildet: 1. Prüfungsstellen für die Prüfung der Warenzeichenanmeldungen und fü r die Beschlußfassung nach § 5 Abs. 1, 6 und 7, §§ 6 und 6a, 2. Warenzeichenabteilungen für Angelegenheiten, die nicht gesetzlich anderen Stellen zugewiesen sind, wie für Umschreibungen und Löschungen in der Zeichenrolle, 3. Beschwerdesenate für Warenzeichensachen. (3) Die Geschäfte der Prüfungsstelle nimmt ein rechtskundiges oder technisches Mitglied (Prüfer) wahr. (4) Die Warenzeichenabteilung ist bei Mitwirkung von mindestens drei Mitgliedern beschlußfähig. (5) Der Bundesminister der Justiz kann den Präsidenten des Patentamts ermächtigen, mit der Wahrnehmung einzelner den Prüfungsstellen oder den WarenZu § 11: 1) Vgl. § 15 Abs. 2 und Anm. 3 zu § 15. 2) Keine Gleichartigkeit zweier gleichlautender Warenzeichen liegt z. B. vor, wenn sich das eine nur auf Fahrräder, Kinderwagen und Motorräder, das andere sich nur auf ausgesprochene Luxus-(Sport-)Kraftfahrzeuge bezieht. Braunschweig G R U R . 1953, 539. 3) Der Geschäftsbetrieb muß endgültig aufgehört haben. Vgl. RG. 30, 1. Bei teilweiser Einstellung des Betriebes kann Teillöschung erfolgen. Pinzger und Heinemann S. 162. Persönliche Einwendungen, insbesondere der Arglist, nicht zulässig; die Popularklage des § 9 Ziff. 2 kann auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden. RG. J W . 64 (1935), 1770.

B III 10. Warenzeichengesetz. §§ 13—15

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Zeichenabteilungen obliegender Geschäfte, die rechtlich keine Schwierigkeiten bieten, auch Beamte des gehobenen und des mittleren Dienstes zu betrauen; ausgeschlossen davon sind jedoch Eintragungen von Warenzeichen, Beschlüsse im Widerspruchsverfahren, Zurückweisungen aus Gründen, denen der Anmelder widersprochen hat, und Löschungen, die nicht vom Zeicheninhaber selbst beantragt sind. (6) Der Beschwerdesenat für Warenzeichensachen beschließt in der Besetzung mit drei Mitgliedern, von denen mindestens zwei rechtskundig sein müssen. (7) Der große Senat (§ 19 des Patentgesetzes) kann für Fragen, die lediglich das Warenzeichenwesen betreffen, ausschließlich aus rechtskundigen Mitgliedern bestehen.

§ 13. [Rechtsmittel] Gegen den Beschluß, durch den ein Antrag zurückgewiesen wird, kann der Antragsteller, und gegen den Beschluß, durch den entgegen dem Widerspruch die Löschung angeordnet wird, der Inhaber des Zeichens innerhalb eines Monats nach der Zustellung Beschwerde einlegen. Die Vorschriften im § 34 des Patentgesetzes gelten entsprechend.

§ 14. [Gutachten des Patentamtes] (1) Das Patentamt ist verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte oder der Staatsanwaltschaften über Fragen, die eingetragene Warenzeichen betreffen, Gutachten abzugeben, wenn in dem Verfahren voneinander abweichende Gutachten mehrerer Sachverständiger vorliegen. (2) Im übrigen ist das Patentamt nicht befugt, ohne Genehmigung des Bundesministers der Justiz außerhalb seines gesetzlichen Geschäftskreises Beschlüsse zu fassen oder Gutachten abzugeben.

§ 15. [Wirkung der Eintragung] (1) Die Eintragung eines Warenzeichens hat die Wirkung, daß allein seinem Inhaber das Recht zusteht 1 ), Waren der angemeldeten Art oder ihre Verpackung oder Umhüllung mit dem Warenzeichen zu versehen, die so bezeichneten Waren in Verkehr zu setzen 2 ) sowie auf Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefen, Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen das Zeichen anzubringen. (2) Wird das Zeichen gelöscht, so können Rechte aus der Eintragung für die Zeit nicht mehr geltend gemacht werden, in der bereits ein Rechtsgrund für die Löschung vorgelegen hat 3 ). Zu § 15: 1) Die Eintragung ist das entscheidende Moment. Die Anmeldung hat nur eine Bedeutung für die Priorität. Dem Strafrichter steht nicht das Recht zu, die Rechtmäßigkeit der Eintragung eines Warenzeichens nachzuprüfen (vgl. §§ 10, 11). RG. Recht 11, 849 und E. 42, 88. Durch die Eintragung wird nur ein rechtlich geschützter Anspruch auf den Gebrauch des Warenzeichens in der eingetragenen Gestalt, nicht auf den einzelner, willkürlich einem zusammengesetzten Zeichen entnommener Bestandteile gewährt. E. 34, 169. Durch mißbräuchliche Benutzung eines für den Täter eingetragenen Wortzeichens kann ein fremdes Warenzeichen verletzt werden. E. 48, 146. — Das eingetragene Warenzeichen darf zu unlauterem Wettbewerb nicht benutzt werden. E. 49, 242. Ein älteres Zeichenrecht wird auch dann verletzt, wenn das zur Verwechslung geeignete jüngere Zeichen zwar nicht auf der Ware oder deren Umhüllung, wohl aber auf Ankündigungen, Rechnungen oder sonstigen Geschäftspapieren verwendet wird. RG. MuW. 1935, 56. 2) Inverkehrsetzen = Inverkehrbringen und Feilhalten i. S. des § 24. 3) Der Einwand des A., ihm stehe ein Anspruch auf Löschung des Zeichens zu, ist im Strafverfahren nur in der Form zu berücksichtigen, daß das Verfahren ausgesetzt wird. E. 46, 22. Erfolgt die Löschung, so wird das Strafverfahren eingestellt, nach Eröffnung des

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B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 16—19

§ 16. [Beschränkte Zeichenwirkung] Durch die Eintragung eines Warenzeichens wird niemand gehindert, seinen Namen, seine Firma 1 ), seine Wohnung sowie Angaben über Art, Zeit und Ort der Herstellung, über die Beschaffenheit, über die Bestimmung, über Preis-, Mengen- oder Gewichtsverhältnisse von Waren, sei es auch in abgekürzter Gestalt, auf Waren, auf ihrer Verpackung oder Umhüllung anzubringen und derartige Angaben im Geschäftsverkehr zu gebrauchen, sofern der Gebrauch nicht warenzeichenmäßig erfolgt 2 ).

§ 17. [Verbandszeichen] (1) Rechtsfähige Verbände, die gewer bliche Zwecke verfolgen, können, auch wenn sie keinen auf Herstellung oder Vertrieb von Waren gerichteten Geschäftsbetrieb haben, Warenzeichen anmelden, die in den Geschäftsbetrieben ihrer Mitglieder zur Kennzeichnung der Waren dienen sollen (Verbandszeichen) 1 ). (2) Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts stehen den bezeichneten Verbänden gleich. (3) Für die Verbandszeichen gelten die Vorschriften über Warenzeichen, soweit nicht in den §§ 17 bis 23 anders bestimmt ist.

§ 18. [Zeichensatzung] Der Anmeldung des Verbandszeichens muß eine Zeichensatzung beigefügt sein, die über Namen, Sitz, Zweck und Vertretung des Verbandes, über den Kreis der zur Benutzung des Zeichens Berechtigten, die Bedingungen der Benutzung und die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Falle der Verletzung des Zeichens Auskunft gibt. Spätere Änderungen sind dem Patentamt mitzuteilen. Die Einsicht in die Satzung steht jedermann frei.

§ 19. [Einrichtung der Verbandszeichenrolle] Über die Einrichtung der Rolle für die Verbandszeichen bestimmt der Präsident des Patentamts 1 ). Hauptverfahrens erfolgt Freispruch. Ist bereits rechtskräftig verurteilt, so kommt Wiederaufnahme des Verfahrens in Betracht. Die Löschung muß der Sachlage entsprechen, eine aus Versehen erfolgte Löschung h a t die hier gedachte Rechtswirkung nicht. RGZ. 20, 167. Zu § 16: 1) Auch bloße Geschäftsbeziehungen, sofern sie redlich erworben und eingebürgert sind. Köln GRUR. 1935, 35. 2) Die in § 16 bezeichneten Angaben sind also gegenüber einem eingetragenen Warenzeichen nur zulässig, wenn der unbefangene Durchschnittskunde deutlich erkennt, daß nur diese Angaben beabsichtigt sind; sie sind unzulässig, wenn sie so gebraucht werden, daß das Durchschnittspublikum annimmt, es handle sich um eine Kennzeichnung, eine zur Unterscheidung von gleichen oder gleichartigen Waren anderer Herkunft auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betriebe hinzuweisen. E. 57, 354. Nicht erlaubt ist z. B. der zeichenmäßige, schlagwortartige Gebrauch einer mit dem Warenzeichen verwechslungsfähigen Herstellungsangabe. RG. MuW. 1934, 322; ebensowenig darf der Namensträger seinen Namen auf Waren in einer Zusammensetzung anbringen, die als Ganzes lediglich das geschützte Warenzeichen nachahmt. RG. GA. 58, 193. Der Schutz des § 16 steht dem nicht zu, der zur Bezeichnung seiner Waren den Namen eines anderen mit dessen Erlaubnis benutzt. E. 49, 311. Abkürzungen, die auf den Namen oder die Firma eines bestimmten Rechtssubjekts in einer nach der allgemeinen Auffassung des Lebens und des Verkehrs verständlichen Weise hindeuten, deren charakteristische und auch nach der rechtlichen Würdigung wesentliche Merkmale zum Ausdruck bringen, sind dagegen zulässig. E. 32, 397. Zu § 17: 1) Bezügl. Gütezeichen siehe Anm. 4 zu §1. Zu § 19: 1) S. Erlaß v. 1. 10. 1949 im Bundesanzeiger Nr. 7 v. 8. 10. 1949.

B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 20—24

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§ 20. [Unübertragbarkeit] Das durch die Anmeldung oder Eintragung des Verbandszeichens begründete Recht kann als solches nicht auf einen anderen übertragen werden. § 21. [Löschung] (1) Ein Dritter kann unbeschadet der Vorschriften im § 11 Nummer 1 und 3 die Löschung des Verbandszeichens beantragen, 1. wenn der Verband, für den das Zeichen eingetragen ist, nicht mehr besteht, 2. wenn der Verband duldet, daß das Zeichen in einer den allgemeinen Verbandszwecken oder der Zeichensatzung widersprechenden Weise benutzt wird. Als eine solche mißbräuchliche Benutzung ist es anzusehen, wenn die Überlassung der Benutzung des Zeichens an andere zu einer Irreführung des Verkehrs Anlaß gibt. (2) Für die Fälle der Nummer 1 gilt § 11 Abs. 4. § 22. [Schadensersatz] Der Anspruch des Verbandes auf Entschädigung wegen unbefugter Benutzung des Verbandszeichens (§ 24) umfaßt auch den Schaden, der einem Mitglied erwächst. § 23. [Ausländische Zeichen] Die Vorschriften über Verbandszeichen gelten für ausländische Zeichen nur dann, wenn nach einer Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt die Gegenseitigkeit verbürgt ist1). § 24. [Unbefugte Benutzung] (1) Wer im geschäftlichen Verkehr1) Waren 13 ) oder ihre Verpackung oder Umhüllung2), oder Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefe, Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen mit dem Namen3) oder der Firma eines anderen Z u § 23: 1) Für die Verbandsstaaten (vgl. Anm. * vor § 1) ist § 23 bedeutungslos. Z u § 24: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 1 UWG. — B I I I 6 —. La) Vgl. Anm. I zu § 2 UWG. Ein Gegenstand verliert seine Eigenschaft als Ware nicht schon dadurch, daß er mit einer anderen Ware löslich oder unlöslich verbunden wird. E. 42, 185. Strafbar ist auch, wer eine nicht aus dem geschützten Betriebe stammende Ware in der Meinung, sie stamme von dort, mit dem Zeichen dieses Betriebes versieht. Erk. v. 18. 4. 1910, Stenglein, Nebengesetze Anm. 2. 2) Verpackung oder Umhüllung ist alles, was die Ware, gleichviel zu welchem Zweck, umgibt oder zusammenhält. E. 36, 87. Der Begriff ist weit zufassen. Dahin gehören nicht nur Flaschen, Büchsen, Schachteln, Papier, Gläser, E. 21,214; 36,87, sondern auch z. B. bei Benzin ein Tankschrank, der die unter die Erde führende Zapfleitung umschließt. RGZ. 124, 277. 3) Der Schutz des Namens umfaßt jeden Namensgebrauch, mag es sich um gleichartige Waren handeln oder nicht. KG. Recht 34 Nr. 382. Er reicht aber nur soweit, als die Gefahr der Verwechslung mit einer anderen Ware besteht, deren Beziehung zur Person des Namensträgers durch die rechtmäßig erfolgte Aufschrift des Namens gekennzeichnet ist. Eine solche Gefahr ist da ausgeschlossen, wo der Name eines anderen nur dazu verwandt wird, um die Art der Herstellung auszudrücken, z. B. „Hemden nach dem System Lahmann." E. 29, 331. Es werden nicht nur die Namen von Erzeugern oder Handeltreibenden geschützt. E. 29, 363. Auch die Verwendung eines einzelnen der Firma eines anderen entnommenen Wortes ist strafbar. E. 40, 395. Nicht der abstrakte Name, d. h. der bloße Gleichklang, sondern nur der mit Gefahr einer Täuschung verbundene Hinweis des Namens auf einen „anderen", der aber immer nur als bestehendes Rechtssubjekt gedacht werden kann, begründet den Schutz des Gesetzes und dieses kann dadurch ausgeschlossen sein, daß der Name durch Handelsgebrauch zu einer Gattungs- oder Qualitätsbezeichnung geworden ist (Mampesche

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B I I I 10. Warenzeichengesetz. § 24

oder mit einem nach diesem Gesetz geschützten Warenzeichen4) widerrechtlich versieht 6 ), oder wer derart widerrechtlich gekennzeichnete Waren in Verkehr bringt6) oder feilhält 7 ), kann von dem Verletzten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. (2) Wer die Handlung vorsätzlich8) oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. (3) Ist die Handlung vorsätzlich8) begangen worden, so wird der Täter mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft 9 ). Tropfen). E. 30, 91. Auch in der Verwendung eines Ortsnamens zur Warenbezeichnung kann ein strafbarer Eingriff in das Namensrecht der Ortsgemeinde gefunden werden. E. 31, 289. 4) Geschützt wird das Zeichen so, wie es eingetragen ist, nicht einzelne Teile für sich, es sei denn, daß es sich um charakteristische, beherrschende Bestandteile handelt. RGZ. 155, 115. Ein solcher Bestandteil kann auch unter Umständen die Farbe sein. E. 33, 90. 5) V e r s e h e n ist jede räumliche Verbindung des Zeichens usw. mit der Ware, Verpackung oder Umhüllung. E. 41, 78; RGZ. 149, 347. Ein „Versehen" liegt z. B. auch vor, wenn der Täter eigene Ware in ein mit einem fremden Warenzeichen versehenes Behältnis einfüllt, um den Anschein echter Ware zu erwecken. RGZ. 124, 76, z. B. Weinbrand in eine mit „Asbach U r a l t " etikettierte Flasche. KG. HRR.1930, 363; dagegen „versieht" nicht der Verkäufer, der seine eigene Ware auf Verlangen des Käufers in das von diesem mitgebrachte, mit fremdem Warenzeichen versehene Gefäß einfüllt, falls er mit Mißbrauch nicht zu rechnen braucht. E. 43, 87. Es „versieht" auch, wer in einem Laden Gegenstände ohne Warenzeichen so neben Gegenständen mit fremden Warenzeichen ausstellt, daß der Eindruck entsteht, sie gehörten zusammen. RG. GA. 46, 195. Kein Versehen ist die bloß mündliche Bezeichnung der Ware mit dem geschütztem Wort. RG. GA. 46, 319. W i d e r r e c h t l i c h handelt, wer kein Recht hat, die Ware zwecks Inverkehrbringen mit dem Zeichen usw. zu versehen. Die Widerrechtlichkeit entfällt, wenn der Zeicheninhaber der Verwendung des Zeichens durch Dritte zustimmt. Das ist z. B. der nicht Fall, wenn das Zeichen gestattungswidrig zur Kennzeichnung anderer, wenn auch vom gleichen Fabrikanten herrührender Ware verwendet wird. RG. DJZ. 1906, 711, oder wenn die Erlaubnis (z. B. wegen dauernder Verweigerung der vereinbarten Lizenzgebühr) erloschen ist. RG. GA. 62, 479. Rechtswidrig handelt auch, wer ohne Erlaubnis echte Ware mit dem Zeichen des Berechtigten versieht (z. B. der Händler die ihm ohne Zeichen gelieferte Ware des Herstellers. E. 34, 119; RGZ. 124, 275) oder das unleserlich gewordene Zeichen erneuert (nachstempelt), OLG. Hamburg J R . 1951, 88, oder nach Vornahme von (nicht unbelanglosen) Veränderungen der Ware das Zeichen beläßt oder von neuem anbringt. E. 30, 95; RG. GA. 46, 26; RGZ. 103, 359; 161, 39. Das Verbot bezieht sich auch auf den Vertrieb der Waren im Auslande. RG. D J Z . 12 (1907), 360. 6) Inverkehrbringen ist jede Handlung, die darauf gerichtet ist, die Ware Dritten zuzuführen. Inverkehrbringen liegt bei Waren, die für das Ausland bestimmt sind, schon in dem Absenden an den inländischen Grenzort, auch wenn sie unter Zollverschluß stehen. RG. GA.49, 270. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn jemand ein von ihm bearbeitetes Musikstück unter dem Namen eines anderen herausgibt. E. 39, 93. Das widerrechtliche Bezeichnen und das Inverkehrbringen bilden, wenn sie von derselben Person vorgenommen werden, nur eine Handlung, doch kann das erstere unter Umständen nicht strafbar sein, wohl aber das letztere, wenn z. B. der Täter glaubte, von einem nicht geschützten Zeichen Gebrauch zu machen, er aber, obwohl er erfährt, daß er im Irrtum gewesen, die Waren doch in Verkehr bringt. E. 20, 112. Vgl. auch E. 24, 97; E. 36, 199. Mehrfaches Inverkehrbringen kann in fortgesetzter Handlung, aber auch in Tatmehrheit begangen sein. E. 5, 106. 7) Vgl. Anm. 6 zu § 184 StGB. Feilhalten kann auch in der Ankündigung des Verkaufs durch die Zeitungen gefunden werden. E. 29, 353. 8) dolus eventualis genügt. Der Täter muß wissen, daß er ohne Befugnis Waren mit einer bestimmten Kennzeichnung in den Verkehr bringt oder feilhält und damit ein fremdes Kennzeichnungsmittel benutzt. Er muß insbesondere auch gewußt haben, daß das von ihm angebrachte Zeichen dem geschützten Zeichen so täuschend ähnlich war, daß im Verkehr für das Durchschnittspublikum die Gefahr einer Verwechslung der beiden Zeichen bestand. Absicht der Schädigung, Täuschung oder Bereicherung ist nicht erforderlich, E. 29, 312; 42, 137; R G . J W . 63 (1934), 765. Ein I r r t u m im Sinne des § 59 StGB., der dem Täter zugute kommt, liegt vor, wenn angenommen wird, der Name sei ein Gemeingut aller, wie z. B. der einer geschichtlichen Persönlichkeit, oder der Berechtigte habe die Benutzung des Zeichens gestattet. E. 29, 353. Ein Irrtum über die Bedeutung des Warenzeichens ist Verbotsirrtum.

B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 25, 26

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§ 251). [Ausstattungsschutz] (1) Wer im geschäftlichen Verkehr Waren oder ihre Verpackung oder Umhüllung, oder Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefe, Empfehlungen, Rechnungen oder dergleichen widerrechtlich2) mit einer Ausstattung3) versieht, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen gleicher oder gleichartigerWaren eines anderen gilt4), oder Werderart widerrechtlich gekennzeichnete Waren in Verkehr bringt oder feilhält, kann von dem anderen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. (2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. (3) Ist die Handlung vorsätzlich begangen worden, so wird der Täter mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. § 26. [Falsche Angaben] (1) Wer im geschäftlichen Verkehr vorsätzlich oder fahrlässig Waren oder ihre Verpackung oder Umhüllung mit einer falschen Angabe über den Ur9) Ein Antrag ist nicht erforderlich. Ein Straffestsetzungsbeschluß aus § 890 ZPO. steht der Bestrafung selbstverständlich nicht entgegen. Naumburg H R R . 1932 Nr. 1189. Tateinheit mit § 263 StGB, ist möglich, E. 48, 148. Urkundenfälschung wird durch die Kennzeichnung allein nicht begangen. E. 36, 15, BGH. E. 2, 371, jedoch durch Anbringen einer Kontrollnummer. E. 76, 186. — Wegen Strafbarkeit eines Gütezeichens siehe Anm. 2 zu § 1. Vgl. noch § 374 Abs. 1 Nr. 8 StPO. Z u § 25: 1) Während § 24 Warenzeichen, Namen und Firma schützt, wird hier der Schutz auch auf andere Kennzeichnungen der Ware ausgedehnt, welche in dem beteiligten Verkehr in Gebrauch sind, um bestimmte Waren ihrer Beschaffenheit oder ihrem Ursprünge nach zu bezeichnen. Eine Verletzung des § 25 kann mit der des § 24 in Tateinheit zusammentreffen. E. 48, 149; auch mit der des § 263 StGB. DRZ. 21 (1929) Nr. 870. 2) Über den Begriff „widerrechtlich" vgl. Anm. 4 zu § 24. — Es genügt das Bewußtsein, daß die widerrechtlich verwendete Ausstattung im Publikum den Irrtum erregen könnte, daß die verkauften Waren aus der Produktions- oder Verkaufsstätte des anderen herrühren. Die Absicht, über die Beschaffenheit der verkauften Waren zu täuschen, ist nicht erforderlich. Es genügt, daß die Täuschungsmöglichkeit lediglich für die Zeit des Feilhaltens angenommen wird und es ist belanglos, wenn bei der Veräußerung selbst die Kunden über den wahren Sachverhalt aufgeklärt werden. Vgl. E. 42, 137. Desgleichen ist es belanglos, wenn auf der fremden Warenausstattung die eigene Firma des Täters darin deutlich hervorgehoben ist. E. 48, 143. 3) Ausstattung ist die eigenartige Erscheinungsform (die äußere Aufmachung), in der ein Betrieb seine Ware in den Verkehr bringt, um sie von gleichen oder gleichartigen Waren anderen Ursprungs zu unterscheiden. RG. GRUR. 1937, 311; 1943, 429. Die Ausstattung kann sich auf derWare selbst, ihrer Verpackung oder Umhüllung befinden, sich aber auch auf die Werbemittel beziehen. Die Ausstattung der Ware selbst tritt im allgemeinen als äußere (schmückende) Zutat zu den Bestandteilen der Ware hinzu; doch kann auch eine besondere Gestaltung der Ware (Kugelform der Seife) Ausstattung sein. Keine Ausstattung ist eine Ausgestaltung, die durch die der Ware eigentümliche Funktion technisch bedingt ist. HM. BGH. N J W . 54, 390, selbst wenn es sich nicht um eine zur Erreichung des Gebrauchszwecks unbedingt nötige, sondern eine nur förderliche Aufmachung handelt. RGZ. 69, 31. Beispiele für Ausstattung: eine eigenartig gestaltete Flasche, die bestimmte Farbe einer Packung; auf Preislisten angebrachte Worte E. 35, 180; oder Buchstaben E. 38,435. Zeitungstitel E. 40, 343; RG. GRUR. 1936, 130. Ausstattungsbesitz und Zeichenrecht stehen sich in ihren rechtlichen Wirkungen gleich. RG. MuW. 1935, 26. 4) Beteiligte Verkehrskreise sind nicht die Mitbewerber, sondern die Abnehmer der betreffenden Ware, also je nachdem die Fabrikanten, Händler oder Endverbraucher. RGZ. 155, 126 und zwar mindestens ein beachtlicher Teil der Gesamtzahl. RGZ. 167, 171. Ihre Ansicht ergibt die Verkehrsauffassung, die allein über die Kennzeichnungskraft der Aufmachung und die Verwechslungsfähigkeit einer Verletzungshandlung entscheidet. BGH. N J W . 54, 390. Ein einmal durch Verkehrsgeltung erlangter Ausstattungsbesitz wird nur dadurch erhalten, daß Ausstattungsbesitzer stets um Aufrechterhaltung der Verkehrsgeltung bemüht bleibt. RG. v. 9. 10. 1934, Mitt. 1934, 317. Der Ausstattungsschutz haftet nicht an der Firma, sondern an dem Geschäftsbetrieb als solchem. E. 43, 170.

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B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§27,28

sprung1), die Beschaffenheit2) oder den Wert3) der Waren versieht4), die geeignet ist, einen Irrtum5) zu erregen, oder wer vorsätzlich die so bezeichneten Waren in Verkehr bringt oder feilhält oder die irreführende Angabe auf Ankündigungen, Geschäftspapieren oder dergleichen anbringt, wird mit Geldstrafe und Haft oder mit einer von beiden Strafen bestraft, soweit er nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt hat. (2) Als falsche Angaben über den Ursprung im Sinne der vorstehenden Vorschrift sind Bezeichnungen nicht anzusehen, die zwar einen geographischen Namen enthalten oder von ihm abgeleitet sind, in Verbindung mit der Ware jedoch ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben und im geschäftlichen Verkehr ausschließlich als Warenname oder Beschaffenheitsangabe dienen 6 ).

§ 27. [Mißbrauch amtlicher Zeichen] Wer unbefugt die im § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 bezeichneten Wappen, Flaggen, Hoheitszeichen oder amtlichen Prüf- und Gewährzeichen zur Bezeichnung von Waren benutzt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder mit Haft bestraft1), soweit er nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt hat.

§ 28*). [Ausländische Waren] Ausländische Waren1), die widerrechtlich mit einer deutschen Firma und Ortsbezeichnung oder mit einer auf Grund dieses Gesetzes geschützten Warenbezeichnung versehen sind, müssen bei ihrem Eingang2) in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zur Einfuhr oder Durchfuhr auf Antrag3) des Verletzten gegen SicherZu § 26: 1) Ursprung = geographische Herkunft (Herstellungs- oder Vertriebsort), nicht auch Herkunft von einer bestimmten Person (Firma). E. 30, 410; 31, 1; 43, 285; bei falschen Firmenherkunftsangaben kommen nur § 24 WZG. und die Vorschriften des UWG. in Betracht. RG. GA. 46, 110 (Str.). 2) Vgl. Anm. 4 zu § 3 UWG. — B I I I 6 —. Auf unrichtige Angaben über die Herstellungsa r t der Waren bezieht sich § 26 — im Gegensatz zu § 4 UWG. — nicht. E. 31, 1. Im gewerbsmäßigen Verkehr mit W e i n dürfen geographische Bezeichnungen nur zur Kennzeichnung der Herkunft verwendet werden. Weingesetz v. 25. 7. 1930 (RGBl. I S. 350), § 6 (B VII 2). Bezüglich Wein und Kognak siehe § 18 des Weingesetzes und Anm. 4 zu § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (B I I I 6). 3) Maßgebend ist allein der Handelswert. E. 28, 371. 4) Vgl. Anm. 5 zu § 24. Die Fahrlässigkeit kann sich auf die Falschheit der Angaben, die Irreführungseignung, aber auch auf das „Versehen" beziehen. 5) Bei den Abnehmern. 6) Vgl. Anm. 5 zu § 3 UWG. und § 5 UWG. — B I I I 6 —. Zu § 27: 1) Fahrlässigkeit genügt. § 27 ist lex specialis gegenüber § 360 Abs. 1 Nr. 7 StGB. Zu § 28: *) § 2 des Gesetzes über den Beitritt des Reichs zu dem Madrider Abkommen v. 21. 3. 1925 (RGBl. I I S. 115) bestimmt: „(1) Waren, die an sich selbst oder auf ihrer Aufmachung oder ihrer äußeren Verpackung irgend welcheWarenzeichen (Marken) Namen, Aufschriften oder sonstige Zeichen tragen, die unmittelbar oder mittelbar falsche Angaben über Ursprung, Gattung, Art oder charakteristische Eigenschaften dieser Waren darstellen, unterliegen bei ihrer Einfuhr oder Ausfuhr der Beschlagnahme zum Zwecke der Beseitigung der unrichtigen Angaben. (2) Die Beschlagnahme erfolgt durch die Zollbehörde, diese ordnet auch die zur Beseitigung der falschen Angaben erforderlichen Maßnahmen an. Wird den Anordnungen der Zollbehörde nicht entsprochen, oder ist die Beseitigung untunlich, so setzt die Zollbehörde durch Strafbescheid die Einziehung der Ware f e s t . " 1) Ausländisch ist jede Ware, die aus dem Ausland zur Ein- oder Durchfuhr in das Gebiet der Bundesrepublik gelangt. 2) D. h. beim Eintreffen bei der deutschen Zollstelle, mag diese außer- oder innerhalb der Grenzen liegen. E. 18, 262. 3) Der Antrag ist kein Strafantrag i. S. des § 61 StGB.

B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 29—31

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heitsleistung beschlagnahmt und eingezogen werden. Die Beschlagnahme wird von den Zollbehörden vorgenommen, die Einziehung durch Strafbescheid der Zollbehörden festgesetzt4). § 29. [Buße] (1) Statt jeder aus diesem Gesetz entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Geschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße erkannt werden. Für die Buße haften die dazu Verurteilten als Gesamtschuldner2). (2) Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus3). § 30. [Beseitigung widerrechtlicher Kennzeichnung. Urteilsbekanntmachung] (1) Bei einer Verurteilung1) auf Grund der §§ 24 bis 27 bestimmt das Gericht» daß die widerrechtliche Kennzeichnung der im Besitz2) des Verurteilten befind" liehen Gegenstände beseitigt oder, wenn dies nicht möglich ist, die Gegenstände vernichtet werden. (2) Bei einer Verurteilung im Strafverfahren ist in den Fällen der §§ 24 und 25 dem Verletzten3) die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekanntzumachen, wenn er ein berechtigtes Interesse daran dartut. Umfang und Art der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn die Entscheidung nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft bekanntgemacht wird. § 31. [Verwechslungsgefahr] Die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes wird weder durch Verschiedenheit der Zeichenform (Bild- und Wortzeichen) noch durch sonstige Abweichungen ausgeschlossen, mit denen Zeichen, Wappen, Namen, Firmen und andere Kennzeichnungen von Waren wiedergegeben werden, sofern trotz dieser Abweichungen die Gefahr einer Verwechslung im Verkehr vorliegt1). 4) §§ 421 ff. RAbgO. Zu § 29: 1) Das Gericht muß auf Verlangen auf eine Buße erkennen, wenn kein Hindernis entgegensteht. Die Unsicherheit der Schätzung des Schadensbetrages ist kein Hindernis. E. 17, 190. Die Grundlagen der Buße sind von Amts wegen zu ermitteln. Der Zeicheninhaber h a t auch als Nebenkläger keine Beweislast. E. 60, 12. Dem einzelnen Gesellschafter darf eine Buße in Höhe des ganzen einer OHG. entstandenen Schadens zugesprochen werden. E. 52, 81. Vgl. im übrigen die Anm. 3 u. 4 zu § 188 StGB. 2) Die Zuerkennung einer Gesamtbuße unter Solidarhaft der verschiedenen Täter ist bei einer Mehrheit selbständiger Verletzungen ausgeschlossen. E. 33, 13. Soweit ein und derselbe schädigende Erfolg in Frage steht, kann auf Buße nur durch Zusprechen einer einzigen Summe Geldes erkannt werden. E. 37, 400. Auch gegen die Gehilfen kann auf Buße erkannt werden. E. 38, 194. 3) Vgl. Anm. 4 zu § 188 StGB. Zu § 30: 1) Auch durch Strafbefehl oder amtsrichterl. Strafverfügung (§§ 407, 413 StPO.). 2) Der Besitz muß zur Zeit der Vollstreckung vorhanden sein. E. 37, 139. Vollstreckung in den Nachlaß ist zulässig (Str.), da es sich nicht um eine Nebenstrafe, sondern eine polizeiliche Sicherungsmaßnahme handelt. E. 61, 364. 3) Verletzter ist nicht ein Verein, der berechtigt ist, Strafantrag wegen der Verletzung der Warenzeichen seiner Mitglieder zu stellen. RG. Recht 16 Nr. 164. Vgl. im übrigen Anm. 2 zu § 23 U W G — B I I I 6 —. Zu § 31: 1) Verwechslungsgefahr i. S. des §31 liegt vor, wenn im Verkehr die Gefahr = die entfernte Möglichkeit, R G J W . 61 (1932), 1853) besteht, daß eine Ware durch ihre Bezeichnung einem anderen Unternehmen zugeschrieben wird als dem, aus dem sie herstammt. Das ist der Fall a) wenn bei gleichartigen Waren das verwendete Zeichen einem geschützten Zeichen so angenähert wird, daß im Verkehr die Auffassung entsteht, es handle sich um dasselbe Zeichen

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B III 10. Warenzeichengesetz. § 32

§ 32 1 ). [Gerichtsstand] (1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte eines von ihnen als Gericht für Warenzeichenstreitsachen zu bestimmen. E s ist neben den Landgerichten, deren Bezirke ihm zugeteilt werden, für alle Klagen zuständig, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird. Die Landesregierungen können diese Ermächtigungen auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (2) Ein bei einem anderen Landgericht anhängiger Rechtsstreit ist auf Antrag des Beklagten an das Gericht für Warenzeichenstreitsachen zu verweisen. oder es stamme die Ware aus demselben Unternehmen (Verwechslungsgefahr im engeren Sinn, vgl. RG. MuW. 1931, 514; RG. G R U R . 1944, 82), b) wenn auf Grund einer nur entfernten Ähnlichkeit zweier Zeichen der Anschein erweckt wird, es bestehe zwischen den Waren ein innerer Zusammenhang (es handle sich um verschiedene Sorten von Waren des gleichen Betriebes) RG. MuW. 1940, 226; 1941, 175) oder es beständen bei Verschiedenartigkeit der Waren Beziehungen zwischen dem Unternehmen mit dem verletzten Zeichen und dem, aus dem die Ware stammt, kraft deren ersterer Einfluß auf Herstellung und Vertrieb der Ware habe. RG. MuW. 1931, 517 (Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn). Für die Frage, ob Verwechslungsgefahr besteht, ist der G e s a m t e i n d r u c k maßgebend, den das Zeichen im Verkehr macht, d. h. auf die Kreise, an die die Ware sich wendet, also z.B. bei Gegenständen des allgemeinen Bedarfs auf das kaufende Durchschnittspublikum. RG. G R U R . 1934, 363. Und zwar ist im allgemeinen (Ausnahmen z. B., wenn nur Fachkreise angesprochen werden oder es sich um besonders wertvolle Gegenstände handelt) auszugehen von dem Eindruck auf einen f l ü c h t i g e n Durchschnittsleser oder -hörer, der die verwechslungsfähigen Zeichen in der Regel nicht nebeneinander wahrnimmt, der vielmehr aus seiner Erinnerung schöpft. RG. MuR. 1931, 98. Im Gedächtnis aber haftet das Wesentliche, das Eigentümliche und Charakteristische der Zeichen, so daß die Prüfung der Verwechslungsfähigkeit sich auf das insoweit Ubereinstimmende, nicht auf die Abweichungen des verletzenden Zeichens in Einzelheiten zu erstrecken hat. Zu unterscheiden ist zwischen starken und schwachen Zeichen. Stark ist ein Zeichen mit charakteristischer und einprägsamer Eigenart (z. B. „Odol" oder „Persil"); je stärker ihre Unterscheidungskraft ist, um so erheblicher müssen die Abweichungen sein, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Bei schwachen Zeichen, d. h. bei Zeichen mit gewöhnlicher oder gar geringer Unterscheidungskraft (z. B. einem Stern oder einer Krone) entfällt die Verwechslungsfähigkeit schon bei geringeren Abweichungen, wenn diese geeignet sind, dem Verkehr Aufschluß über die Herkunft der Ware zu geben. Ein Zeichen kann durch das Bild, den Klang oder den Sinn unterscheidend wirken; Verwechslungsfähigkeit i. S. des § 31 ist begründet, wenn auch nur nach einer dieser drei Richtungen hin eine Verwechslungsgefahr besteht. RGZ. 104, 315. Beispiele: Hohner und Honos; Sieger und Singer; Mitropa und Gastropa (Klangwirkung); Negergarn und Mohrengarn, E.34, 313; Zeus- und Jupiter (SinnWirkung). Bei Mischzeichen (Verbindung von Wort und Bild) ist im allgemeinen für den Gesamteindruck das Wort ausschlaggebend. RG. GUR. 1938, 434. Ein Zeichen, dem ein über die bloße Bildwirkung hinausgehender Gedanke innewohnt, kann Motivschutz genießen (z. B. eine zu einem menschl. Kopf ausgestattete Kaffeekanne. RG. JW. 1936, 872. Bei einem lediglich in schwarzweiß eingetragenen Bildzeichen wird Verwechslungsgefahr auch dadurch begründet, daß ein anderer es farbig gebraucht. RGZ. 69, 372; 141, 110. OLG. Hamburg H R R . 1929 Nr. 1553. Wörtliche Zusätze zu einem Zeichen, wie „ E r s a t z " , „System", „nach...." schließen regelmäßig die Verwechslungsgefahr nicht aus, es sei denn, daß die fremde Herkunft unzweideutig erkennbar gemacht wird. RGZ. 34, 1102. Infolge der Zunahme von Zeichen aus den Anfangsbuchstaben von Firmennamen ist bei solchen Zeichen auch auf verhältnismäßig geringe Unterschiede zu achten. RPA. G R U R . 1935, 49. Verwechslungsgefahr kann aber ausgeschlossen sein, wenn das Wortzeichen zwar eine ähnliche Klangwirkung hat, jedoch lediglich eine Qualitätsangabe enthält (wie „ E s ist erreicht'' und „Unerreichbar"). E. 33, 307. Ob eine Verwechslung tatsächlich stattgefunden hat, ist bedeutungslos. RG. G R U R . 1940, 161. — Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein (das billigende Inkaufnehmen) der Verwechslungsgefahr. Hat der Täter irrigerweise eine Verwechslungsgefahr für ausgeschlossen erachtet, so liegt ein tatsächlicher Irrtum vor; hat er geglaubt, infolge der von ihm bewirkten Abweichungen werde das Gericht eine Verwechslungsgefahr nicht annehmen, so hat er sich in einem Verbotsirrtum befunden. Vgl. RG. Recht 15 Nr. 271. Zu § 32: 1) Fassung nach Art. 3 § 3 des Ges. v. 18. 8. 1953 (BGBl. I S. 615).

B I I I 10. Warenzeichengesetz. §§ 33—35

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Der Antrag ist nur vor der Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zulässig. Er kann auch von einem Rechtsanwalt gestellt werden, der bei dem Gericht für Warenzeichenstreitsachen zugelassen ist. Die Entscheidung ist unanfechtbar und für das Gericht bindend. (3) Vor dem Gericht für Warenzeichenstreitsachen können sich die Parteien auch durch Rechtsanwälte vertreten lassen, die bei dem sonst zuständigen Landgericht zugelassen sind. Das entsprechende gilt für die Vertretung vor dem Berufungsgericht. (4) Die Mehrkosten, die einer Partei durch eine Verweisung nach Absatz 2 oder dadurch erwachsen, daß sie sich nach Absatz 3 durch einen nicht beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten läßt, sind nicht zu erstatten. (5) Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Warenzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren bis zur Höhe einer Gebühr nach § 9 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.

§ 33. [Gerichtsstand bei unlauterem Wettbewerb] Ansprüche, welche die in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse betreffen und auf die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499) gegründet werden, brauchen nicht im Gerichtsstand des § 24 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht zu werden.

§ 341). [Ausländische Waren]

Wenn deutsche Waren im Ausland bei der Einfuhr oder Durchfuhr der Verpflichtung unterliegen, eine Bezeichnung zu tragen, die ihre deutsche Herkunft erkennen läßt, oder wenn sie bei der Zollabfertigung in bezug auf Warenbezeichnungen ungünstiger als die Waren anderer Länder behandelt werden, so kann der Bundesminister der Finanzen den fremden Waren bei ihrem Eingang in das Bundesgebiet zur Einfuhr oder Durchfuhr eine entsprechende Auflage machen und anordnen, daß sie bei Zuwiderhandlung beschlagnahmt und eingezogen werden. Die Beschlagnahme wird von den Zollbehörden vorgenommen, die Einziehung durch Strafbescheid der Zollbehörden festgesetzt.

§ 35. [Ausländer] (1) Wer weder deutscher Staatsangehöriger ist noch im Inland eine Niederlassung besitzt, hat auf den Schutz dieses Gesetzes nur Anspruch, wenn in dem Staat, in dem sich eine Niederlassung befindet, nach einer Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt deutsche Warenbezeichnungen in demselben Umfang wie inländische zum gesetzlichen Schutz zugelassen werden1). (2) Der Anmelder oder Zeicheninhaber, der im Inland keine Niederlassung hat, kann den Anspruch auf Schutz eines Warenzeichens und das durch die Eintragung begründete Recht nur geltend machen, wenn er im Inland einen PatentZu § 34: 1) S. Anm. zu § 28. Zu § 35: 1) Abs. 1 gilt nicht für Angehörige solcher Staaten, die dem Pariser Unionsvertrage (Anm. * vor § 1) beigetreten oder mit denen Sonderverträge geschlossen worden sind. Durch Gesetz v. 12. 7. 1922 (RGBl. II S. 669) ist das Deutsche Reich dem Madrider Abkommen v. 14. 4. 1891 betr. die internatiomale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarken beigetreten. Durch die Registrierung erlangen die im Heimatlande geschützten Marken den Schutz in allen Verbandsländern. Sie erfolgt bei dem internationalen Büro in Bern durch Vermittlung der Behörde des Heimatlandes, in Deutschland des Patentamts. Zu dem Gesetz ist ergangen die VO. v. 9. 11. 1922 (RGBl. I I S. 778), in den Westzonen i. d. F. der VO. v. 6. 12. 1949 (BGBl. S. 33). S. ferner Ges. Nr. 8 der Alliierten Hohen Kommission 47

D a l c k e , S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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§36.

— B I I I 11. Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen. § 1

anwalt oder einen Rechtsanwalt als Vertreter 2 ) bestellt hat. Dieser ist im patentamtlichen Verfahren und in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die das Zeichen betreffen, zur Vertretung befugt 3 ). Für Klagen gegen den Zeicheninhaber ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertreter seinen Geschäftsraum hat; fehlt ein Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, wo der Vertreter seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, wo das Patentamt seinen Sitz hat. (3) Wer ein ausländisches Warenzeichen anmeldet, hat damit den Nachweis zu verbinden, daß er in dem Staate, in dem sich seine Niederlassung befindet, für dieses Zeichen den Markenschutz nachgesucht und erhalten hat 4 ). Der Nachweis ist nicht erforderlich, wenn nach einer Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt deutsche Warenzeichen in dem anderen Staat ohne einen Nachweis dieser Art eingetragen werden 6 ). Die Eintragung ist nur zulässig, wenn das Zeichen den Anforderungen dieses Gesetzes entspricht, soweit nicht Staatsverträge anders bestimmen. §

36i)

Der Bundesminister der Justiz regelt die Einrichtung und den Geschäftsgang des Patentamts und bestimmt durch Rechtsverordnung die Form des Verfahrens einschließlich des Zustellungswesens sowie die Erhebung von Verwaltungsgebühren.

B III 11. Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen, Edelsteinen und Perlen Vom 29. Juni 1926 (RGBl. I S. 321)*)

§ 1. [Erwerb von Jugendlichen. Begriffsbestimmungen] (1) Es ist verboten, Edelmetalle, edelmetallhaltige Legierungen und R ü c k stände hiervon, die Gemenge und Verbindungen von Eielmetallabfällen mit Stoffen anderer Art, Edelsteine, Halbedelsteine, Perlen sowie Gegenstände1) aus den genannten Stoffen, auch in Verbindung mit anderen Stoffen, von Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zu erwerben2). v. 20. 10. 1949 (Amtsbl. S. 18) mit Änderungen. Die vorgenannten Vorschriften sind abgedr. bei Baumbach-Hefermehl S. 687 ff. 2) Die Vertretungsmacht bezieht sich nur auf das für den Ausländer eingetragene Warenzeichen. R G . D J Z . 17 (1912) 635. 3) Nicht zur materiellrechtlichen Verfügung und nicht zur Erhebung der Privatklage (§ 374 Abs. 1 Nr. 8 StPO.) und zur Stellung von Straf- und Bußanträgen, Busse, Komm. Anm. 14 zu § 35. Die Vorschrift gilt für Deutsche und Ausländer, auch für Verbandsangehörige. RGZ. 60, 2 1 7 ; sie betrifft nur Warenzeichen, nicht Ausstattungen oder andere geschäftl. Bezeichnungen, RG. D J Z . 1912, 635, „Inland": s. Anm. 3 zu § 3 StGB. 4) Was für ausländ. Warenzeichen gilt, gilt auch für sonstige ausländ. Warenbezeichnungen wie Firma usw., da nicht in Deutschland geschützt sein kann, was im Land der Niederlassung schutzunfähig ist. RGZ. 85, 3 7 ; E . 35, 323 (anders für den Ausstattungsschutz: E . 38, 135). Ist das Zeichen eingetragen worden, ohne daß Heimatschutz bestand, so ist es gem. § 10 Abs. 2 Nr. 2 zu löschen. Dagegen ist ein späteres Erlöschen des Heimatschutzes nach erfolgter Eintragung bedeutungslos. 5) Vgl. die Zusammenstellung bei Baumbach-Hefermehl 4 G. Z u § 3 6 : 1) Fassung nach Ges. v. 18. 7. 1953 (BGBl. I S. 615) Art. 3 § 3. Z u B I I I 11: *) Hierzu ist ergangen Pr. HME. v. 10. 8 . 1 9 2 6 und 19.9. 1926 (HMB1. S.207). S c h r i f t t u m : Stenglein Nebenges. Erg. Bd. S. 1 £>6s-Nebenges. M 52. Z u § 1: 1) Z. B. außer Kurs gesetzte Goldmünzen. 2) Über Erwerben vgl. Anm. 4 zu § 1 Unedl. Met.-Ges. unter B I I I 12. Hier ist ein gewerbsmäßiges Handeln nicht erforderlich. E s genügt der gelegentliche Erwerb.

B III 11. Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen. §§ 2, 3

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(2) Edelmetalle im Sinne dieses Gesetzes sind Gold, Silber, Platin und Platinmetalle. Edelsteine und Halbedelsteine im Sinne dieses Gesetzes sind die im Juwelenhandel als Edelsteine oder Halbedelsteine handelsüblich bezeichneten, natürlichen oder synthetischen Schmuckstücke, Perlen im Sinne dieses Gesetzes sind die echten, einschließlich der gezüchteten Perlen, und die sogenannten Japanperlen.

§ 2. [Verbotene Arten des Erwerbens und Feilbietens] (1) Der Erwerb 1 ) und das Feilbieten 2 ) der im § 1 genannten Gegenstände im Umherziehen (§ 55 der Gewerbeordnung), ferner im Gemeindebezirke des Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung von Haus zu Haus, an und auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen sowie an anderen öffentlichen Orten 3 ), insbesondere in Wirtschaften, Gaststätten, in sämtlichen Räumen von Beherbergungsunternehmungen, Bahnhöfen, auf Eisenbahnen und sonstigen öffentlichen Beförderungsmitteln, in öffentlichen Versammlungen, in öffentlichen Anstalten und an Arbeitsstätten, sind verboten. (2) Unberührt bleiben die Vorschriften über den Geschäftsbetrieb der Handlungsreisenden im Abschnitt 1 Nr. 1 der Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung vom 27. November 1896 (Reichsgesetzbl. S. 745). (3) Die Vorschrift des Abs. 1 gilt nicht für den Erwerb und das Feilbieten der im § 1 genannten Gegenstände auf Börsen, die unter staatlicher Aufsicht stehen; sie gilt ferner nicht für Versteigerungen, die durch eine zur Versteigerung öffentlich zugelassene Person vorgenommen oder die mindestens achtundvierzig Stunden vorher bei der Polizeibehörde angemeldet sind.

§ 3. [Strafvorschriften] (1) Mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich den Vorschriften der §§ 1 und 2 zuwiderhandelt. (2) Bei Fahrlässigkeit 1 ) tritt Gefängnis bis zu einem Jahre und Geldstrafe oder eine dieser Strafen ein. (3) Neben der Strafe kann auf Einziehung der Gegenstände 2 ), auf die sich die strafbare Handlung bezieht, erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören oder nicht 3 ). Zu § 2: 1) S. Anm. 2 zu § 1. 2) Feilbieten liegt vor, wenn die Verkaufsbereitschaft sinnfällig zum Ausdruck gebracht wird, also auch ohne formelles Anbieten und ohne Aufforderung zum Kauf. E. 76, 129. 3) Auch eine Werkstatt kann ein öffentlicher Ort sein. J R . 1925 Nr. 1087; aber nicht ein Jahrmarkt. AG. Cleve LZ. 22 (1928) 77. Gl. M. auch Reichswirtschaftsminister ebenda. KG. DRZ. 20 (1928) Nr. 955 versteht unter öffentlichen Orten auch Märkte. Die Marktprivilegien des § 64 GewO. finden aber auf § 2 keine Anwendung, öffentlicher Ort kann auch ein Laden zum Verkauf anderer Waren sein, wenn darin Edelmetallhändler Waren i. S. des § 1 Kunden des Ladens anbieten. E. 76, 129. § 2 trifft nicht den Fall, daß ein Händler Steine, die ein selbständiger Edelsteinschleifer geschliffen hat, an dessen Arbeitsstätte ankauft. E. 72, 322 oder wenn Aufkäufer in dem Gasthaus, in dem sie abgestiegen sind, zwecks Geschäftsabschlusses aufgesucht werden. Stenglein Anm. 46. Zu § 3: 1) Fahrlässig handelt z. B., wer infolge mangelnder Sorgfalt die Eigenschaft des eingeschmolzenen Gegenstandes nicht erkennt oder das Einschmelzen durch Angestellte nicht hindert. RG. J R . 1926 Nr. 222. Fahrlässigkeit kann auch in der Unterlassung von Erkundigungen über den Vorerwerb liegen, wenn Bedenken über die Rechtmäßigkeit des Vorerwerbs bestehen. Erk. v. 11. 10. 1926, Olshausen S. 1353 Anm. 28. 2) Hierzu gehören nicht Umhüllungen (Etuis, Futterale, Kassetten). Über die Verwertung siehe § 63 Straf vollstreck ungsO., abgedruckt unter D 3. 3) Vgl. Anm. 7 zu § 40 StGB. 47«

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§§ 4, 5. — B I I I 12. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen. § 1

§ 4. [Metalldiebstahl] Wer einen Diebstahl an einem Gegenstand aus Edelmetall begeht, der zum öffentlichen Nutzen dient oder öffentlich aufgestellt ist, wird wegen schweren Diebstahls (§ 243 des Strafgesetzbuchs) bestraft.

§ 5. [Fahrlässige Hehlerei] Wer gewerbsmäßig mit den im § 1 bezeichneten Gegenständen Handel treibt oder gewerbsmäßig1) Edelmetalle und edelmetallhaltige Legierungen und Rückstände hiervon schmilzt, probiert oder scheidet oder aus den Gemengen und Verbindungen von Edelmetallabfällen mit Stoffen anderer Art Edelmetalle wiedergewinnt und beim Betrieb eines derartigen Gewerbes einen der im § 1 bezeichneten Gegenstände, von dem er aus Fahrlässigkeit nicht erkannt hat, daß er mittels einer strafbaren Handlung erlangt ist, verheimlicht, ankauft, zum Pfände nimmt oder sonst an sich bringt oder zu seinem Absatz bei anderen mitwirkt2), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.

B III 12. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen Vom 23. Juli 1926 (RGBl. I S. 415)*)

§ 1. [Erlaubnispflicht] (1) Wer im Inland Altmetall 1 ), Metallbruch oder altes Metallgerät ohne besonderen Kunst- oder Altertumswert aus unedlen Metallen2) oder unedle Metalle in rohem oder ungeschmolzenem Zustand zur gewerblichen Weiterveräußerung3) auch nach Be- oder Verarbeitung erwerben will 4 ), bedarf der Erlaubnis5). Wenn Z u § 5 : 1 ) Nicht im R a h m e n irgendeines Gewerbebetriebes, vielmehr m u ß dieser in der H a u p t s a c h e auf das Schmelzen usw. gerichtet sein. H a m b u r g GA. 69, 199. 2) Vgl. A n m . 6 bis 9 zu § 259 S t G B . Z u B I I I 12: •) G e ä n d e r t d u r c h Gesetz v. 31. 3. u n d 21. 12. 1928 ( R G B l . I S. 14, 412) und v. 28. 6. 1929 ( R G B l . I S. 121). Die E r l a u b n i s p f l i c h t (§ 1) ist in d e r a m e r i k . Zone n i c h t d u r c h die Gewerbefreiheitsdirektive d e r a m e r i k . Mil. Reg. beseitigt. Hess. V G H D Ö V 1954, 282. S c h r i f t t u m : Stenglein Nebenges. E r g . - B a n d S. 3; Gerland J W . 1925, 626. Henkel D J . 1935, 1736. Siewert J R . 1952, 428; Erbs Nebenges. M 53. Z u § 1 : 1 ) Neue Metalle (Rollen K u p f e r d r a h t ) fallen hierunter, wenn sie als Altmaterial zum Preise f ü r Altmetall a n einen Altmetallhändler v e r ä u ß e r t werden. K G . v. 5 . 9 . 1 9 5 1 — 1 Ss. 163/51, w e n n der E r w e r b e r es im R a h m e n seines Altmetallhandels als Altmetall a u f k a u f t u n d als solches an einen G r o ß h ä n d l e r w e i t e r v e r k a u f e n will. Braunschweig N d s R p f l . 1954, 90. Der Ankauf von alten K r a f t f a h r z e u g - u n d E l e k t r o m o t o r e n zwecks W e i t e r v e r ä u ß e r u n g nach Zerlegung unterliegt der Erlaubnispflicht n u r d a n n , wenn die Motore nicht als Eisen- oder Stahlschrott, sondern wegen ihres überwiegenden Gehalts a n unedlem Metall als Altmetall a n z u sehen sind. O L G . Braunschweig N d s R p f l . 1953, 111. 2) S. Abs. 5. 3) Gewerbl. W e i t e r v e r ä u ß e r u n g = W e i t e r v e r ä u ß e r u n g (durch Verkauf oder Tausch) zur Erzielung von Gewinn im R a h m e n eines Gewerbebetriebes. O L G . H a m m Rpfl. 1949, 612; Oldenburg M D R . 1952, 313. Die W e i t e r v e r ä u ß e r u n g mit Gewinn m u ß bereits der Zweck des E r w e r b s gewesen sein. Reine P r i v a t e r w e r b u n g e n fallen nicht hierunter, selbst wenn sie von Gewerbetreibenden vorgenommen werden. 4) E r w e r b e n ist die E r l a n g u n g der tatsächlichen oder rechtlichen Verfügungsgewalt. Braunschweig N J W . 1952, 157, z. B. als Verkaufskommissionär. B a y O b L G S t . 1952, 207. E i n auf wiederholten Ankauf gerichteter Wille ist erforderlich. Breslau J R . 1926 Nr. 2103. Doch genügt ein gelegentlicher E r w e r b zur Weiter Veräußerung im R a h m e n eines sonst auf a n d e r e Geschäfte gerichteten Gewerbebetriebes. E . 6 3 , 3 5 3 ; K G . J R . 1954, 191. E s h a n d e l t sich u m den abgeleiteten E r w e r b , der nicht vorliegt, wenn es sich u m Aneignung herrenloser Sachen d u r c h Sammeln h a n d e l t . H a m b u r g N J W . 1952, 905. Der E r w e r b b r a u c h t nicht gegen Zahlung in Geld zu erfolgen; erlaubnispflichtiger E r w e r b liegt auch z. B. vor, wenn einem F u h r u n t e r -

B I I I 12. Gesetz über den Verkehr m i t unedlen Metallen. §§ 2—5

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der Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter 6 ) ausgeübt werden soll, so bedarf auch der Stellvertreter der Erlaubnis. (2) Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, ob und inwieweit der Betrieb von Schmelzereien7) und Gießereien, in denen unedle Metalle verarbeitet werden, der Erlaubnis bedarf oder sonstigen Beschränkungen im Rahmen dieses Gesetzes unterworfen werden soll. (3) Für den Betrieb von Eisen-, Stahl- und Tempergie ßereien, Hochöfen-, Stahlund Puddelwerken bedarf es der Erlaubnis und der Bescheinigung nach § 11 nicht. (4) Händler, die die Gegenstände im kleinen erwerben, um sie als Metall weiterzuveräußern, dürfen das Einschmelzen nicht betreiben noch Einrichtungen unterhalten, die ein Einschmelzen der erworbenen Gegenstände ermöglichen. (5) Unedle Metalle im Sinne dieses Gesetzes sind alle Metalle8) und Metalllegierungen einschließlich Eisen und Stahl und deren Legierungen, mit Ausnahme von Gold, Silber, Platin, der Platinmetalle und der Legierungen der genannten Metalle. Ausgenommen sind ferner Eisen- und Stahlschrott 9 ), Eisengußbruch 10 ) und alle anderen Arten von Eisen- und Stahlabfällen 11 ) einschließlich der verzinnten12) und verzinkten Abfälle13; 14 j. §§ 2—4 (nicht abgedruckt) Betreffen die B e h a n d l u n g der E r l a u b n i s f ü r den Klein- und Großhandel.

§ 5. [Erwerb von Minderjährigen] Es ist verboten ), Gegenstände der im § 1 bezeichneten Art von Minderjährigen 2 ) zu erwerben3). 1

n e h m e r der von i h m abgefahrene Schrott mit dem d a r u n t e r befindlichen B u n t m e t a l l als F u h r lohn überlassen wird. K G . J R . 1954, 191. 5) D a s Vergehen nach §§ 1, 16 des Gesetzes s t e h t m i t Hehlerei in Tateinheit, w e n n der T ä t e r , ohne die Erlaubnis aus § 1 des Gesetzes zu besitzen, gestohlene unedle Metalle zur W e i t e r v e r ä u ß e r u n g erworben h a t . R G . H R R . 1938 Nr. 1384. 6) Stellvertreter h a t dieselbe B e d e u t u n g wie im § 4 5 GewO., also nicht stellvertretende E h e f r a u oder Gewerbegehilfe. E . 63, 353 (356). 7) Betrieb einer Schmelzerei = jede I n t ä t i g k e i t s s e t z u n g einer Schmelzvorrichtung (auch Probeschmelzung), K G . R e c h t 32 Nr. 2389. 8) Unedle Metalle sind K u p f e r , Aluminium, Magnesium, R o t g u ß , Messing, Blei, Zink, Zinn, auch deren Abfälle bei s p a n a b h e b e n d e r Bearbeitung. B G H . N J W . 1953, 552 = Bd. 4, 15. 9) Schrott sind Abfälle u n d solche Erzeugnisse, die n u r noch zum Wiedereinschmelzen v e r w e n d e t werden können. B a y O b L G S t . 1952, 171, z. B. Rundeisen, Moniereisen, verbogene T r ä g e r aus T r ü m m e r g r u n d s t ü c k e n , Schienenenden von 30—60 cm L ä n g e B G H . D R i Z . 1954, 179. E n t s c h e i d e n d ist der Z u s t a n d im Augenblick des E r w e r b e s d u r c h den A u f k ä u f e r , nicht der der u n r e c h t m ä ß i g e n V e r f ü g u n g oder der Aneignung d u r c h den V o r m a n n . Braunschweig N d s . Rpfl. 1954, 111. 10) Maschinenbruch. 11) D r e h s p ä n e u n d Stanzabfälle. 12) Konservenbleche. 13) D a s sind Abfälle, die bei der Herstellung von H a u s h a l t u n g s g e g e n s t ä n d e n (Töpfe, Eimer) e n t s t e h e n . 14) Schließlich sind a u s z u n e h m e n g e b r a u c h t e F a h r r ä d e r u n d alte K r a f t w a g e n , H a m b u r g J W . 66 (1937) 1356. Vgl. auch A n m . 1. Z u § 5 : 1) D a s V e r b o t richtet sich gegen j e d e r m a n n , nicht n u r gegen den, der einen H a n d e l i. S. des § 1 b e t r e i b t . B G H S t . 2, 267; H a m m D R Z . 20 (1928) Nr. 246. 2) Minderjährige sind a u c h die noch nicht 21 J a h r e alten, die nach § 3 B G B . f ü r volljährig e r k l ä r t sind, HM. a.M. OVG. Berlin N J W . 5 4 , 1299 u n d die n a c h den in der Sowjetzone geltenden B e s t i m m u n g e n mit E r r e i c h u n g des 18. Lebensjahres volljährig geworden sind. K G . J Z . 1951, 508. 3) Siehe A n m . 4 zu § 1. — E r w e r b zur eignen Verfügungsgewalt ist nicht erforderlich; es genügt E r w e r b f ü r einen a n d e r e n als dessen Angestellter. B G H S t . 2, 268; a . M . O L G . Celle N J W . 1952, 157 u n d E r w e r b der t a t s ä c h l . Verfügungsgewalt als V e r k a u f s k o m m i s s i o n ä r . B a y O b L G . N J W . 1953, 156. D a m i t ist jeder u n m i t t e l b a r e rechtsgeschäftliche V e r k e h r m i t

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B I I I 12. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen. §§ 6—8

§ 6. [Buchführungspflicht] (1) In dem Gewerbebetriebe müssen Bücher geführt werden, in denen sämtliche Erwerbungen1) im einzelnen fortlaufend numeriert, sofort2) nach Abschluß des Geschäfts mit Tinte oder Tintenstift einzutragen und nach Ort, Zeit, Art, Gewicht, Preis oder Gegenleistung sowie nach der Person3) des Veräußerers (Name, Familienstand4), Wohnung, Alter, Beruf oder Gewerbe) nachzuweisen sind. Von allen Veräußerem, die ihm nicht zweifelsfrei bekannt sind, muß sich der Erwerber einen amtlichen Ausweis über ihre Person vorlegen lassen. (2) Die näheren Bestimmungen über die Buchführung erläßt die oberste Landesbehörde. Sie kann weitere Bestimmungen für die Führung des Gewerbebetriebs erlassen, insbesondere auch über die an die persönlichen Eigenschaften der Inhaber, Stellvertreter und Angestellten zu stellenden Anforderungen, über die Zulässigkeit von Anpreisungen, über die Art der Firmenbezeichnung und über die polizeiliche Kontrolle des Gewerbebetriebs.

§ 7. [Ausnahmen] (1) Die oberste Landesbehörde kann im Wege von Ausführungsbestimmungen Ausnahmen von den Vorschriften des § 6 zulassen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis vorliegt. (2) Die von der obersten Landesbehörde bestimmten Stellen können im Einzelfall Ausnahmen von den gleichen Vorschriften zulassen.

§ 8. [Schließung von Gewerbebetrieben] Die von der obersten Landesbehörde bestimmte Behörde kann den Gewerbebetrieb schließen und seine Fortsetzung verhindern, wenn der Betrieb ohne ErMinderjährigen verboten, auch dann, wenn die Eltern der Veräußerung zustimmen. E. 60, 400, wenn die Minderjährigen mit dem Personalausweis des Vaters erscheinend mit Vollmacht der Eltern verkaufen. BGH. N J W . 1951, 894. BGH. und GA. 1953, 154. Ein erlaubter Erwerb kann vorliegen, wenn Erwachsene auf Grund der mit dem Händler geführten Verhandlung das den Gegenstand derselben bildende Altmetall durch Minderjährige als Beförderungsboten überbringen lassen. Celle NdsRpfl. 1952, 142. Der Irrtum über die Verkaufsberechtigung des Minderjährigen ist vermeidbarer Verbotsirrtum. BGH. GA. 1953, 76. Erwerb von Minderjährigen liegt auch dann vor, wenn der Minderjährige oder der Ankäufer oder beide sich vertreten lassen. Hamm JMB1. NRW. 1953, 117. — Strafvorschrift: § 16 Abs. 1 Nr. 4. Z u § 6: 1) Strafbestimmung: § 16 Abs. 1 Nr. 4. Als Übertreter der Vorschrift kommt außer dem Gewerbetreibenden sein gewerberechtlicher Stellvertreter nur insoweit in Frage, als die Zuwiderhandlung in den Rahmen des ihm übertragenen Teils des Gewerbebetriebs fällt. RG. DRZ. 19 (1927), Nr. 809. BGH. N J W . 1952, 898. Dabei ist ausschlaggebend, ob der Betreffende mit seinem Einverständnis nach dem Willen des Betriebsinhabers während seiner Abwesenheit als Stellvertreter tätig werden sollte. KG. v. 5. 9. 1951 — 1 Ss 163, 51. Auch der Großhändler (§ 11), der zugleich von Privatpersonen, d. h. als Kleinhändler Metall ankauft, ist insoweit nicht von der Buchführungspflicht befreit. Frankfurt N J W . 1952, 480. Diese besteht auch dann, wenn der Händler keine Erlaubnis (§ 1) hat. BGH. GA. 1953, 76. Das Trödlerbuch ist eine Gesamturkunde. BGH. MDR. 1954, 309. 2) „Sofort" heißt: unmittelbar im Anschluß an die Beendigung des Ankaufs — Abwiegens, Zahlung des Kaufpreises, Quittungleistens — vor Wegräumen der Ware und Abfertigung des Verkäufers muß die Eintragung erfolgen. KG. v. 4. 6. 1952 — 1 Ss. 96/52. E. 61, 214. S. Anm. 3 zu § 16. Auch Transitgeschäfte, bei denen der Händler die Ware weiter verkauft, ohne sie auf Lager zu nehmen, müssen gebucht werden. E. 61, 183. 3) Der Name der natürlichen Person, nicht der der Firma, muß eingetragen werden und zwar unter Vorlegung des Personalausweises. 4) In Berlin wird auch die Eintragung des Wohnbezirkes verlangt. KG. v. 19. 9. 1951 —• 1 Ss. 188/51 (B).

B III 12. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen. §§ 9—12

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laubnis geführt oder die Erlaubnis erloschen oder gemäß § 4 zurückgenommen ist. Sie kann ferner in den Fällen des § 4 Abs. 2 den Gewerbebetrieb vorläufig schließen. In diesem Falle hat sie, soweit sie nicht selbst über die Zurücknahme der Erlaubnis zu befinden hat, unverzüglich bei der gemäß § 3 zuständigen Behörde die Zurücknahme der Erlaubnis zu beantragen. Diese Behörde hat über die vorläufige Schließung vorab zu entscheiden.

§ 9. [Unanwendbarkeit des Gesetzes] (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht für den börsenmäßigen Terminhandel in unedlen Metallen (§§ 50, 51 Abs. 1 Satz 3, 4 des Börsengesetzes). (2) Die Vorschriften der §§ 1 und 6 finden keine Anwendung auf selbständige Handwerker, die Gegenstände der im § 1 bezeichneten Art im Rahmen ihres Betriebes zur gewerblichen Weiterveräußerung auch nach Be- oder Verarbeitung erwerben, sofern der Erwerb von einem Kunden im Zusammenhange mit einer dort von dem Handwerker ausgeführten Arbeit erfolgt.

§ 10. [Keine Entschädigungsansprüche] Durch Maßnahmen gemäß §§ 4 oder 8 werden Entschädigungsansprüche nicht begründet.

§ 11. [Großhandel]

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden mit Ausnahme des § 5 keine Anwendung auf Gewerbetreibende, die Gegenstände der im § 1 bezeichneten Art im großen 1 ) zur gewerblichen Weiterveräußerung oder Verarbeitung erwerben, sofern die von der obersten Landesbehörde bestimmten Verwaltungsbehörden auf Grund eines Gutachtens der zuständigen Industrie- und Handelskammer bescheinigen, daß der Gewerbetreibende regelmäßig im großen erwirbt und daß gegen seine Sachkenntnis und Zuverlässigkeit Bedenken nicht bestehen. Gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ist binnen zwei Wochen nach Zustellung die Beschwerde an das Reichswirtschaftsgericht zulässig, das endgültig entscheidet. Weicht die Entscheidung der Verwaltungsbehörde vom Gutachten der Industrie- und Handelskammer ab, so ist die Entscheidung auch der Industrie- und Handelskammer mitzuteilen, die ihrerseits binnen zwei Wochen nach Zustellung die Beschwerde an das Reichswirtschaftsgericht richten kann. Das Reichswirtschaftsgericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden 2 ).

(2) Die Bescheinigung der Verwaltungsbehörde kann zurückgenommen werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für ihre Erteilung sich als unrichtig erwiesen haben oder fortgefallen sind. Gegen die Zurücknahme der Bescheinigung steht dem Inhaber die Beschwerde an das Reichswirtschaftsgericht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Zurücknahmeerklärung zu. Auf das Verfahren finden die Bestimmungen des Abs. 1 sinngemäße Anwendung. (3) Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, sofern nicht das Reichswirtschaftsgericht vorab bestimmt, daß ihr diese Wirkung nicht zukommt. Sowohl hierüber wie über die Beschwerde selbst kann das Reichswirtschaftsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

§ 12. [Anwendbarkeit der Gewerbeordnung] Auf den im § 1 Ab. 1 bezeichneten Gewerbebetrieb finden die Vorschriften der Z u § 11: 1) Großhandel liegt vor, wenn jemand zur gewerbsmäßigen Weiterveräußerung oder Verarbeitung unmittelbar von Kleinhändlern, von Behörden, z. B. der Eisenbahn, von Industriebetrieben und anderen Gewerbetreibenden Altmetalle in Mengen ankauft, die das im Kleinhandel übliche Maß übersteigen. 2) Die Verweigerung der Bescheinigung und ihre Zurücknahme sind nach Maßgabe der landesrechtl. Vorschriften im Verwaltungsrechtsweg anfechtbar. Vgl. Anm. 2 zu § 20 GewO.

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B I I I 12. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen. §§ 13—16

Gewerbeordnung insoweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetze besondere Bestimmungen getroffen sind.

§ 13. [Unanwendbarkeit der §§ 35, 38 der Gewerbeordnung] Die Vorschriften der §§ 35 und 38 der Gewerbeordnung, soweit sie den Erwerb der im § 1 bezeichneten Gegenstände im Kleinhandel betreffen, treten für die Dauer der Geltung dieses Gesetzes außer Kraft.

§ 14. [Reisendenlegitimationskarte] Wird die Erlaubnis versagt (§ 2), so dürfen Legitimationskarten (§ 44a der Gewerbeordnung) nicht ausgestellt werden. Bei der Versagung, der Zurücknahme oder beim Erlöschen der Erlaubnis sowie bei der Zurücknahme der Bescheinigung gemäß § 11 müssen die Legitimationskarten für Inhaber, Stellvertreter und Angestellte des Gewerbebetriebs zurückgenommen werden.

§ 15. [Wandergewerbe] (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auch auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen (§ 55 der Gewerbeordnung) Anwendung. Wandergewerbescheine für den Aufkauf der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Waren dürfen, unbeschadet der §§57 bis 57b der Gewerbeordnung, nur ausgestellt werden, wenn eine Erlaubnis erteilt ist, und nur für den örtlichen Geltungsbereich der Erlaubnis; sie müssen — unbeschadet des § 58 der Gewerbeordnung — zurückgenommen werden, wenn die Erlaubnis versagt worden oder erloschen ist oder zurückgenommen wird. Die erteilte Erlaubnis ist im Wandergewerbeschein zu vermerken. (2) Die oberste Landesbehörde kann in Gemeinden mit mehr als 10000 Einwohnern und in Vorortgemeinden von Großstädten den auf den Erwerb von Gegenständen der im § 1 genannten Art gerichteten Gewerbebetrieben im Umherziehen von Haus zu Haus, an und auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen sowie an anderen öffentlichen Orten allgemein verbieten, insoweit es sich nicht um altes Hausgerät oder Hausgeräteabfälle aus unedlen Metallen handelt.

§ 16. [StrafVorschriften] (1) Mit Gefängnis oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich 1. ohne die vorgeschriebene Erlaubnis oder nach dem Erlöschen oder der Zurücknahme einer erteilten Erlaubnis ein Gewerbe1) im Sinne des § 1 betreibt l a ) ; 2. dem Verbote des § 1 Abs. 4 oder den auf Grund des § 1 Abs. 2 erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 3. in Geschäftsräumen, die gemäß § 8 geschlossen sind, ein Gewerbe im Sinne des § 1 fortsetzt; Zu § 16: 1) Gewerbe ist im Sinne des Gewerberechts auszulegen. Es wird eine selbständige fortgesetzte auf Erwerb gerichtete Privattätigkeit gefordert. Oldenburg MDR. 1952, 313. la) Die rechtskräftige Verurteilung wegen eines fortgesetzten Vergehens nach §§ 1, 16 Abs. 1 Nr. 1 schließt die nochmalige strafrechtliche Verfolgung einzelner in den Fortsetzungszusammenhang fallender Erwerbsakte unter dem Gesichtspunkt der Hehlerei oder des Erwerbes von Minderjährigen aus. BGHSt. 6, 92. 2) Vorsätzlicher Verstoß setzt die Feststellung voraus, daß sich der Täter bewußt war, von einem Minderjährigen zu kaufen. E. 60, 400. BGH. v. 7. 6. 1951. GA. 1953, 76. 3) Nach § 6 kann auch der Vertreter i. S. des § 151 GewO. strafbar sein, der nicht gleichzeitig Stellvertreter nach § 45 GewO. ist, z. B. der Sohn, der seinen verreisten Vater vertritt. BGH. N J W . 1953, 552. 4) Bei natürlicher Betrachtungsweise kann Handlungseinheit und damit Tateinheit zwischen §§ 5 und 6 bestehen. Bremen J R . 1953, 388.

B I I I 12. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen. §§ 17, 18

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4. den Vorschriften der §§ 52), 6 Abs. I 3 ) 4 ), oder den auf Grund des § 6 Abs. 2 oder des § 15 Abs. 2 erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt. (2) Bei Fahrlässigkeit oder Nichterfüllung der nach § 2 gemachten Auflagen tritt Haft oder Geldstrafe ein. (3) Neben der Strafe kann im Falle der Ziff. 4 auf Einziehung der Gegenstände, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, erkannt werden.

§ 17. [Metalldiebstahl] (1) Wer einen Diebstahl an einem Gegenstand aus unedlem Metalle begeht, der zum öffentlichen Nutzen 1 ) dient2) oder öffentlich aufgestellt ist 3 ), oder der einen Teil4) eines Gebäudes5) bildet oder in einem Gebäude zu dessen Ausstattung angebracht6) ist, wird wegen schweren Diebstahls (§ 243 des Strafgesetzbuchs) bestraft63). (2) Das gleiche gilt für den Diebstahl an Maschinenbestandteilen und sonstigen Betriebsmitteln aus unedlem Metalle, deren Wegnahme die gesicherte Fortführung des Betriebs7) erheblich gefährdet.8)

§ 181). [Fahrlässige Hehlerei] Wer beim Betrieb eines Gewerbes2) der im § 1 bezeichneten Art einen Gegenstand aus unedlem Metalle, von dem er aus Fahrlässigkeit3) nicht erkannt Z u § 17: 1) Dieser Begriff deckt sich nicht mit dem des § 304 StGB. E. 58, 91. Es fallen hierunter außer Denkmälern, Wegweisern, Laternenpfählen auch Bänke, Zäune, Erdleitungsd r ä h t e einer elektrischen Kabelleitung. RG. D R Z . 22 (1930) Nr. 555. 2) Dem öffentlichen Nutzen dient ein Gegenstand, sobald er diesem Zweck gewidmet ist, gleichviel, ob er schon im Betriebe gewesen ist oder nicht. RG. J W . 61, (1932) 348, oder zeitweilig nicht verwendet wird, wie gesperrte Brücken. S t u t t g a r t N J W . 1952, 904, kriegszerstörte, noch nicht wieder in Betrieb genommene Telephonkabel. H a m m N J W . 1951, 208. 3) Öffentlich aufgestellt ist ein Grabmal auf dem Friedhof, wenn laufende Bewachung stattfindet. H a m b u r g N J W . 1952, 657 oder Feldbahnschienen, die auf einer j e d e r m a n n zugänglichen Baustelle aufgestapelt sind. B G H . v. 12. 2. 1953. GA. 1953, 76. 4) Der Begriff ist nicht auf wesentliche Bestandteile i. S. des § 93 B G B . beschränkt. B G H S t . 3, 3. Als Gebäudeteile sind z. B. anzusehen Dachrinnen, Türklinken, Fenstergriffe u n d -bleche, Blitzableiter. Koblenz N J W . 1950, 880, Hausnummernschilder, Firmenschilder. 5) D a r u n t e r ist ein Bauwerk zu verstehen, das dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen schützend aufzunehmen. Daher ist Gebäude schon der Rohbau ohne Dach, Fenster u n d Türen. B G H S t . 3, 300; dagegen nicht die zerstörte, nicht mehr benutzbare Hausruine. Vgl. Koblenz N J W . 1950, 880. Es k o m m t auf den Grad der Zerstörung an. K G . N J W . 1953, 638. 6) Das sind z. B. im Innern befestigte Schilder, Treppenläuferstangen u n d Lampen in Treppenfluren, auch Gegenstände, die nur vorläufig angebracht sind. B G H S t . 3, 300. 6a) Tateinheit mit §§ 316b, 317 StGB, ist möglich; a.M. OLG. H a m m N J W . 1951, 208. I m Verhältnis zu § 304 StGB, besteht Gesetzeseinheit (Konsumtion). Die Hehlerei, die sich auf einen solchen Diebstahl bezieht, ist nach § 261 Abs. 1 StGB, strafbar. B G H . N J W . 1954, 401. = Bd. 5, 253. 7) Die F o r t f ü h r u n g des Betriebes m u ß vor d e m Diebstahl wirklich gesichert gewesen sein. 8) Z. B. wenn für die gestohlenen Maschinenteile Ersatz erst angefordert werden m u ß . Z u § 18: 1) Der P a r a g r a p h verstößt nicht gegen GG. noch gegen Gewerbefreiheit. F r a n k f u r t M D R . 1952, 246. 2) Die Bestimmung soll jeden gewerblichen Aufkäufer zu erhöhter Wachsamkeit anhalten; daher wird eine Gewerbeerlaubnis des T ä t e r s nicht vorausgesetzt, es genügt, d a ß er mit unedlen Metallen (§ 1 Abs. 5) handelt. T ä t e r k a n n — entgegen der früheren Auslegung, E . 58, 103 — nicht n u r der Geschäftsinhaber u n d sein Stellvertreter (§ 45 GewO.), sondern auch ein in dem Gewerbebetrieb Beschäftigter sein, der tatsächl. Verfügungsgewalt über die angekaufte Sache zugunsten des Geschäftsherrn begründet. B G H S t . 2, 262 (vgl.Anm. 8 zu § 259 StGB). Die Feststellung, daß der Täter, soweit er Gewerbeinhaber ist, auch „seines Vorteils wegen" gehandelt habe, ist nicht erforderlich, wohl aber beim Gewerbegehilfen, bei dem übrigens schon das Erstreben eines mittelbaren Vorteils genügt, B G H S t . 6,59 u.76. Dieser liegt in der Sicherung oder E r h a l t u n g seines Arbeitsverhältnisses. Dazu Bruns N J W . 1954, 1066.

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§ 1 9 . — B I I I 13. Regelung des Zugabewesens. § 1

hat, daß er mittels einer strafbaren Handlung erlangt ist, verheimlicht, ankauft 4 ), zum Pfände nimmt oder sonst an sich bringt, oder zu seinem Absatz bei anderen mitwirkt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. § 19. [Ausführungsbestimmungen] Der Reichswirtschaftsminister kann Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erlassen.

B III 13. Regelung des Zugabewesens NotVO v. 9.3.1932 (RGBl. I S. 121), Erster Teü, Art. 1 i.d.F. der Ges. v. 12. 5.1933 (RGBl. I S. 264) u. v. 20. 8.1953 (BGBl. I S. 939)*). § 1. [Unzulässige Zugaben] (1) Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehr1) neben einer Ware2) oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung)3) anzubieten, anzukündigen oder zu 3) E s ist also festzustellen, d a ß der T ä t e r bei z u m u t b a r e r Sorgfalt die s t r a f b a r e H e r k u n f t der W a r e h ä t t e erkennen k ö n n e n . Braunschweig N J W . 1952, 268. B G H . v. 8. 5. 1952. GA. 1953, 77. Unterlassene Einsicht in den Personalausweis des Verkäufers ist zwar in der Regel, a b e r nicht notwendig, eine Fahrlässigkeit. E s ist dabei zu prüfen, ob d e m E r w e r b e r hieraus n a c h seinen persönlichen Verhältnissen ein Vorwurf zu m a c h e n ist. E . 60, 351. B G H . v. 4 . 7. 1952. G A. 1953, 77. E i n e k u r z zuvor erlittene B e s t r a f u n g wegen gewerbsmäßiger Hehlerei k a n n als ein U m s t a n d angesehen werden, der den T ä t e r bei neuen A n k ä u f e n zur besonderen Sorgfalt h ä t t e veranlassen müssen. R G . J W . 56 (1927), 909. Auch der Großhändler k a n n im Einzelfall verpflichtet sein, beim Ankauf von Altmetallwaren v o m zugelassenen Kleinhändler N a c h forschungen n a c h der H e r k u n f t des angebotenen Metalls anzustellen, gegebenenfalls sich auch die Vorlieferanten benennen zu lassen. Braunschweig N d s R p f l . 1953, 92. Vorsatz (bedingter Vorsatz) ist erforderlich hinsichtlich der A r t des Gegenstandes aus unedlem Metall. Köln N J W . 1953, 1725. Z u B I I I 13: *) Die Regelung der N o t V O . v. 9.3.1932 k n ü p f t a n den 1931 von der Reichsregierung eingebrachten E n t w . eines Ges. über die G e w ä h r u n g von Zugaben zu W a r e n oder Leistungen (Reichsratsdrucks. Nr. 128 = Reichsanz. v. 5.11.1931) an. G r u n d g e d a n k e : Die sog. W e r t r e k l a m e d u r c h G e w ä h r u n g von Zugaben k a n n zu einer I r r e f ü h r u n g des K ä u f e r s f ü h r e n , der glaubt, die Zugabe unentgeltlich zu erhalten, w ä h r e n d sie in Wirklichkeit in den Preis der H a u p t w a r e (Hauptleistung) eingerechnet ist (Gefahr der Preisverschleierung). Sie k a n n weiter bewirken, d a ß der K ä u f e r seine A u f m e r k s a m k e i t nicht auf die G ü t e der H a u p t w a r e , sondern auf die Zugabe richtet (Gefahr u n s a c h g e m ä ß e r Beeinflussung des K u n d e n ) . Endlich soll einer Schädigung derjenigen Geschäftskreise entgegengewirkt werden, die sich im ordentlichen Ges c h ä f t s v e r k e h r mit d e m Vertrieb der als Zugabe gewährten W a r e n u n d Leistungen befassen (Gefahr der Schädigung f r e m d e r Geschäftstreibender). Diesen Gefahren will die ZugabeVO. begegnen, i n d e m sie grundsätzlich die G e w ä h r u n g von Zugaben verbietet (§ 1 Abs. 1) u n d n u r in engem U m f a n g A u s n a h m e n z u l ä ß t (§ 1 Abs. 2). Die a m t l . Begr. zur ZugabeVO ist a b g e d r . im Reichsanz. Nr. 61 v. 12. 3.1932. S c h r i f t t u m : K o m m e n t a r e von Gottschick, 2. Aufl. 1933, Elster 1932, Klauer-Seydel, 3. Aufl. 1954, ]uncherstor§, S y s t e m a t i k des reichsgesetzl. Zugabeverbots, 2. Aufl. 1933, Baumbach-Hejermehl in W e t t b e w e r b s - u n d Warenzeichenrecht, 6. Aufl. 1951 S. 367 ff.; Tetzner, R e c h t u n d U n r e c h t der Zugabe, E r l ä u t e r u n g e n zur ZugabeVO., Köln 1953; Reimer, W e t t b e w e r b s - u n d Warenzeichenrecht 1953 Bd. I I §. 161. Vgl. noch Nr. 284 R i S t V . 1953. Z u § 1: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 1 U W G . — B I I I 6 — D a s Zugabeverbot gilt nicht n u r im Verk e h r zwischen Einzelhändler u n d K u n d e n , sondern auch zwischen Hersteller u n d Großhändler, Großhändler u n d Einzelhändler usw. 2) Vgl. A n m . 1 zu § 2 U W G . 3) Zugabe ist eine weitere Vermögenswerte W a r e oder Leistung, die ohne besonderes (oder n u r zum Schein erfolgendes, Satz 2) E n t g e l t neben der H a u p t l e i s t u n g g e w ä h r t wird oder wer-

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gewähren4). Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Das gleiche gilt, wenn zur Verschleierung der Zugabe eine Ware oder Leistung mit einer anderen Ware oder Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewährt wird5). (2) Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht: а) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Werte6), die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder geringwertige Kleinigkeiten7) gewährt8) werden; den soll. E i n u n m i t t e l b a r e r zeitlicher u n d räumlicher Z u s a m m e n h a n g zwischen der G e w ä h r u n g der Nebenleistung u n d dem Abschluß des H a u p t g e s c h ä f t s ist nicht erforderlich, vielmehr gen ü g t eine äußerlich e r k e n n b a r e Beziehung zwischen Zugabe u n d Hauptleisturig u n d die Zugabe k a n n der H a u p t l e i s t u n g vorangehen oder nachfolgen. R G Z . 149, 242; 154, 28; B G H N J W 54, 475. E i n e v e r b o t e n e Zugabe liegt daher auch vor, wenn eine Nebenleistung allein abgegeben wird in der E r w a r t u n g , der A b n e h m e r werde a n s t a n d s h a l b e r die H a u p t l e i s t u n g bestellen. R G . J W . 37, 2702. Z u m Begriff der Zugabe gehört aber, d a ß der Verkäufer m e h r leistet, als zur D e c k u n g des B e d a r f s v o m K ä u f e r verlangt wird. K G J W . 37, 323, 2773; d a h e r z. B. keine Zugabe, wenn der V e r k ä u f e r eine besonders lange Gewähr f ü r zugesicherte Eigenschaften übern i m m t oder auf Verlangen des K ä u f e r s sich w ä h r e n d b e s t i m m t e r Frist u n b e d i n g t zum kostenlosen E r s a t z verpflichtet oder w e n n eine T a g e s z e i t u n g der S a m s t a g n u m m e r eine besonders u m f a n g r e i c h e illustrierte W o c h e n e n d b e i l a g e beilegt. O L G S t u t t g a r t N J W 54, 925. W e r d e n d e m K u n d e n Gutscheine ausgehändigt, die eine A n w a r t s c h a f t oder einen A n s p r u c h auf eine W a r e oder Leistung verbriefen, so ist nicht der Gutschein, sondern der verbriefte Anspruch eine Zugabe. B G H . N J W . 54, 472. 4) „ A n b i e t e n " , g e w ä h r e n " : s. A n m . 8 zu § 15 W i S t G 49/52 — B IV 7 a — ; „ a n k ü n d i g e n " : s. A n m . 13 zu § 184 S t G B . 5) Kopplungsgeschäfte von H a u p t - u. Nebenleistung fallen nicht u n t e r die ZugabeVO. (vgl. a b e r § 20 Nr. 3 W i S t . 49/52 — B I V 7 a —), wenn der Einzelpreis f ü r die gekoppelten W a r e n oder Leistungen e r k e n n b a r ist oder sonst t r o t z F o r d e r u n g eines Gesamtpreises ausnahmsweise keine Verschleierung in B e t r a c h t k o m m t (vgl. O L G . F r a n k f u r t N J W . 51, 534 m i t abl. A n m . von L i c h t ) ; doch schließt die rechnerische Aufteilung eines Gesamtpreises auf H a u p t - u n d Nebenleistung das Vorliegen einer Zugabe nicht aus, wenn e r k e n n b a r eine Gesetzesumgehung vorliegt (vgl. dazu O L G . Düsseldorf J W . 37, 2513). б) W i e bei den geringwertigen Kleinigkeiten (vgl. A n m . 7) ist m a ß g e b e n d , welchen W e r t der Reklamegegenstand f ü r den K ä u f e r besitzt, nicht, welche A u f w e n d u n g e n der Zugebende f ü r dessen B e s c h a f f u n g g e m a c h t h a t . E n t s p r i c h t z. B. ein Reklamegegenstand n a c h seinem G e b r a u c h s w e r t t r o t z der R e k l a m e k e n n z e i c h n u n g einem Gegenstand, den er sonst im H a n d e l f ü r e t w a 0,30 bis 0,40 DM käuflich erwerben k ö n n t e , so liegt keine Geringwertigkeit vor. B G H . N J W . 54,475 (betr. Kundenzeitung). Zulässige Reklamegegenstände sind z. B. Kinderballons, F ä h n c h e n . 7) Geringwertige Kleinigkeiten (g. K.) sind W a r e n oder Leistungen, die von n i e m a n d e m , a u c h nicht von K ä u f e r n , die n u r über geringe Mittel verfügen, sonderlich g e a c h t e t werden. B G H . N J W . 54,469. Maßgebend ist also stets der absolute (Verbrauchs- u n d Verkehrs-) W e r t der Zugabe, w ä h r e n d das Verhältnis des Zugabewerts zur H a u p t l e i s t u n g ohne B e d e u t u n g ist (h. M.). E i n e absolut geringwertige Zugabe ist zugaberechtlich auch d a n n zulässig, wenn sie neben einer geringwertigen H a u p t l e i s t u n g g e w ä h r t wird, doch wird in einem solchen Falle im allgemeinen ein wettbewerbswidriges, insbes. gegen § 1 U W G . verstoßendes Verhalten vorliegen. B G H . N J W . 54, 469. Als Faustregel k a n n gelten, d a ß Zugabeartikel, deren Verbrauchsu n d Verkehrswert, gemessen a n vergleichbaren W a r e n des Einzelhandels, 0,10 DM nicht übersteigt, g. K. sind (vgl. A n m . 6). Doch ist zu berücksichtigen, d a ß es f ü r den Begriff der g. K . nicht n u r auf den Geldwert, sondern auch auf sonstige U m s t ä n d e a n k o m m t , die f ü r die Bew e r t u n g d u r c h die Verkehrsauffassung bedeutungsvoll sind, z. B. die Art u n d A u s f ü h r u n g des Zugabegegenstandes, seinen Verwendungszweck oder seine Lebensdauer. B G H . N J W . 54, 469. I s t die zu der einzelnen H a u p t l e i s t u n g g e w ä h r t e (geringwertige) Zugabe b e s t i m m u n g s g e m ä ß nicht f ü r sich allein, sondern n u r als Bestandteil einer d u r c h eine Mehrzahl von Zugaben zu bildenden S a m m l u n g verwertbar, so ist Gegenstand der Zugabe das Sammelergebnis (sog. echte S a m m l u n g ) ; die G e w ä h r u n g des Einzelstücks ist d a n n n u r n a c h Abs. 2a zulässig, wenn a u c h das Sammelergebnis geringwertig ist. H M ; vgl. z . B . B G H . N J W . 54, 469. Auch hier ist n u r der absolute Verkehrs- u n d Gebrauchswert des Sammelergebnisses, n i c h t das Verhältnis

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b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu bezeich" nenden Geldbetrage besteht 9 ); c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht 9 ); d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör10) zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen11) besteht; e) wenn Zeitschriften, die überwiegend der Werbung von Kunden (Kundenzeitschriften) dienen12), unentgeltlich an den Verbraucher abgegeben werden und in ihrem Kostenaufwand geringwertig sind; f) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen besteht13) ; g) wenn zugunsten der Bezieher einer Zeitung oder Zeitschrift Versicherungen bei beaufsichtigten Versicherungsunternehmungen oder Versicherungsanstalten abgeschlossen werden. (3) Bei dem Angebot, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk u. dergl.) zu bezeichnen14) oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen. des W e r t e s des Sammelergebnisses zu der W a r e n m e n g e , deren A b n a h m e erforderlich ist, u m das Sammelergebnis zu erreichen, m a ß g e b e n d . H a t dagegen d a s Einzelstück f ü r sich allein schon b e s t i m m u n g s g e m ä ß einen selbständigen Gebrauchszweck, so k o m m t es a u c h d a n n n u r auf die Geringwertigkeit des Einzelstücks an, wenn es b e s t i m m t oder geeignet ist, Teil einer S a m m l u n g zu werden (sog. u n e c h t e Sammlung). B G H . N J W . 54, 469. Bei den neben einer W a r e gewährten sog. Reisemarken, die auf eine kurze E i s e n b a h n f a h r s t r e c k e ( ^ o km) oder den Geldb e t r a g des Fahrpreises (0,69 Dpf.) lauten u n d die von der B u n d e s b a h n bei Lösung einer F a h r k a r t e einzeln in Zahlung g e n o m m e n werden, f r a g t es sich, ob die E i n z e l m a r k e B e s t a n d t e i l einer echten oder u n e c h t e n S a m m l u n g ist. B G H . N J W . 54,472 b e j a h t das Vorliegen einer echten S a m m l u n g ; Zugabe sei diejenige wirtschaftlich beachtliche (und d a h e r nicht m e h r geringwertige) Beförderungsleistung, die auf eine größere Anzahl a n g e s a m m e l t e r R e i s e m a r k e n hin b e a n s p r u c h t werden k ö n n e (bedenklich u n d sehr str.). Über E i n z e l f ä l l e , in denen die R e c h t s p r . Geringwertigkeit a n g e n o m m e n oder v e r n e i n t h a t , vgl. J W . 37, 2719 u n d B a u m b a c h - H e f e r m e h l A n m . 2 B zu § 1. 8) Soweit das Gewähren zulässig ist, ist a u c h A n k ü n d i g e n u n d Anbieten g e s t a t t e t ; h . M . , z. B. O L G . N a u m b u r g J W . 36, 2246; K G . J W . 36, 2657. 9) Den beim Einzelverkauf a n den L e t z t v e r b r a u c h e r zulässigen ( P r e i s - o d e r Waren-) R a b a t t regelt das R a b a t t g e s e t z (B I I I 14); die Buchst, b) u n d c) gelten d a h e r n u r im V e r k e h r zwischen Hersteller u n d G r o ß h ä n d l e r u n d zwischen Groß- u n d Einzelhändler. 10) Vgl. § 97 B G B . Handelsübl. Zubehör ist z. B. die übliche V e r p a c k u n g , e t w a von T a b a k in einer Blechdose; nicht handelsüblich ist eine Verpackung, die n a c h ihrer F o r m e r k e n n b a r einem a n d e r e n Zweck dient oder bei der der ungewöhnliche A u f w a n d f ü r M a t e r i a l u n d Auss t a t t u n g nicht d u r c h den Verpackungszweck gerechtfertigt ist. 11) Z. B. das handelsübl. Zusenden einer W a r e in die W o h n u n g des Käufers, dagegen nicht das Montieren des K a u f g e g e n s t a n d e s , wenn es einen erheblichen A r b e i t s a u f w a n d erfordert. 12) Z u m Begriff der K u n d e n z e i t s c h r i f t gehört, d a ß sie n a c h i h r e m I n h a l t u n d ihrer A u f m a c h u n g überwiegend f ü r die W e r b u n g b e s t i m m t ist u n d nicht, wie sonstige Zeitschriften, überwiegend d e r U n t e r h a l t u n g oder allgemeinen Belehrung d i e n t ; es genügt nicht, d a ß eine Zeitschrift a n d e r e n I n h a l t s mit d e m N a m e n des W e r b e n d e n versehen ist u n d zu Werbezwecken a n K u n d e n abgegeben wird. B G H . N J W . 54,475. Liegt eine K u n d e n z e i t s c h r i f t d a n a c h n i c h t vor, so k a n n es sich u m einen R e k l a m e g e g e n s t a n d (Buchst, a) handeln, wenn die Z e i t s c h r i f t geringwertig (vgl. Anm. 6, 7) ist. 13) G e d a c h t ist n a m e n t l i c h a n die E r t e i l u n g von A u s k ü n f t e n oder R a t s c h l ä g e n d u r c h Zeit u n g e n (,,Briefkastenonkel") usw. Die E r t e i l u n g von R e c h t s a u s k ü n f t e n in k o n k r e t e n Rechtsangelegenheiten gleich welchen U m f a n g e s u n d welcher B e d e u t u n g ist n a c h § 1 des Rechtsberatungsmißbrauchsges. v. 13. 12.1935 — B I I I 1 5 — v e r b o t e n . L G . H a m b u r g N J W . 53, 1590. 14) Nicht verboten ist der Gebrauch des W o r t e s „ Z u g a b e " K G . J W . 36, 2657.

B I I I 13. Regelung des Zugabewesens. §§ 2—4

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§ 2. [Unterlassungsanspruch, Schadensersatzpflicht] (1) Wer den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, kann von jedem, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Haupt- oder Zugabeware oder Haupt- oder Zugabeleistung herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, sowie von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, soweit sie als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist die Zuwiderhandlung im Geschäftsbetriebe von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen worden, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. (2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften des § 1 verstößt, ist zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens verpflichtet. (3) Ansprüche, die wegen der Gewährung von Zugaben auf Grund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet sind, bleiben unberührt. (4) Die in den Abs. 1, 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkte an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Handlung an. Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Verjährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem der Schaden entstanden ist. § 3 [Strafvorschrift] 1

(1) Wer vorsätzlich ) den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt2), wird, sofern die Tat nicht mit anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist3), mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Das Recht, den Strafantrag zu stellen, hat selbständig jeder der im § 2 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. (3) Wird auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist 4 ). § 4 [Privatklage] Vergehen gegen § 3 können im Wege der Privatklage verfolgt werden. Die allgemeinen Vorschriften über die Privat klage finden Anwendung1). Z u § 3: 1) Ein Irrtum, daß es sich um einen Reklamegegenstand von geringem Wert oder um eine geringwertige Kleinigkeit handle (Abs. 2a), ist Sachverhaltsirrtum, wenn es sich um einen Irrtum über die Bewertung der Zugabe in der Verkehrsauffassung handelt, ebenso ein Irrtum über die Handelsüblichkeit in Abs. 2d. 2) Wer eine Ware herstellt, damit sie als Zugabe verbotswidrig von Händlern an die Kunden abgegeben werde, kann mittelbarer Täter sein. B G H N J W 54,475. 3) Insbes. nach dem UWG. — B I I I 6 — , vor allem, wenn durch die Zugabeankündigungen irrtümliche Vorstellungen über die Vorteile des Angebots erweckt werden. 4) Die Anordnung, die keinen besonderen Antrag voraussetzt, steht im Ermessen des Gerichts; sie ist hier Nebenstrafe und auch zulässig, wenn die Verurteilung aus einem tateinheitlich verletzten, schwerere Strafe androhenden Gesetz erfolgt (vgl. Anm. 2 zu § 73 StGB.). Vgl. im übrigen Anm. 5 zu § 200 StGB. Zu § 4: 1) §§ 374 ff. StPO. Privatklageberechtigt ist jeder nach § 3 Abs. 2 Antragsberechtigte (§ 374 Abs. 2, 3 StPO.).

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B I I I 14. Gesetz über Preisnachlässe (Rabattgesetz). § 1

B III 14. Gesetz über Preisnachlässe (Rabattgesetz)*) Vom 25. November 1933 (RGBl. I S. 1011) DVO. vom 21. 2. 1934 (RGBl. I S. 120), 19. 2. 1935 (S. 208), 29. 7. 1938 (S. 981) ERSTER

TEIL

Preisnachlässe § 1. [Begriff des Preisnachlasses] (1) Werden im geschäftlichen Verkehr1) Waren des täglichen Bedarfs2) im Einzelverkauf an den letzten Verbraucher veräußert3) oder gewerbliche Leistungen des täglichen Bedarfs4) für den letzten Verbraucher ausgeführt, so dürfen zu Zwecken des Wettbewerbs43) Preisnachlässe (Rabatte) nur nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften angekündigt oder gewährt5) werden. (2) Als Preisnachlässe im Sinne dieses Gesetzes gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer ankündigt5)6) oder allgemein fordert7), oder SonderZ u B I I I 14:*) S c h r i f t t u m : K o m m e n t , von Junckerstorff u n d Michel-Weber 1934; Baumbach-Hefermehl, W e t t b e w e r b s - u n d Warenzeichenrecht, 6. Aufl. 1951 S. 378 ff. Über die Zulässigkeit der Preisbindung von R a b a t t e n bei Markenartikeln vgl. Gleiß N J W . 53, 1456, 1582. Vgl. ferner Nr. 284 R i S t V . 1953. Z u § 1: 1) Vgl. A n m . 1 zu § 1 ZugabeVO. (B I I I 13). 2) W a r e : s. A n m . 1 zu § 2 U W G . — B I I I 6 — . „Tägl. B e d a r f " ist weitergehend als,,lebenswichtiger B e d a r f " in § 1 W i S t G . 49/52 — B I V 7a — . W . d . t . B . sind alle W a r e n , n a c h denen in weiten Kreisen der Bevölkerung ein ständiges B e d ü r f n i s besteht, a u c h wenn der B e darf nicht überall u n d nicht jeden T a g eintritt, z. B. N a h r u n g s - u. Genußmittel, Kleidung, Möbel, Zeitungen u n d Bücher, F a h r r ä d e r , Schreibmaschinen, K r a f t f a h r z e u g e , K ü h l s c h r ä n k e , R a d i o a p p a r a t e . Nicht hierher gehören W a r e n , die im täglichen Leben nicht benötigt werden (z. B. k o s t b a r e r Schmuck u n d sonstige kostspielige Luxusartikel) oder f ü r die n u r ein e n g e r Interessentenkreis b e s t e h t wie k o s t b a r e Gemälde, A n t i q u i t ä t e n usw. 3) Gleichviel ob d u r c h einen Einzelhändler, ein Versandgeschäft, den Hersteller, d e n I m p o r t e u r , den Großhändler (unter Übergehung des Einzelhändlers), u n d ob d u r c h den Gewerbetreibenden u n m i t t e l b a r oder durch einen Vertreter oder Vermittler. L e t z t e r V e r b r a u c h e r ist, wer die W a r e zum eignen Verbrauch, also u m sie ihrer natürlichen B e s t i m m u n g zuzuführen, erhält, also z. B. nicht der Gastwirt, der W a r e zur W e i t e r v e r ä u ß e r u n g im Gewerbebetrieb bezieht, oder der H a n d w e r k e r , der Material gewerbsmäßig be- oder v e r a r b e i t e t . R G Z . 153, 142, wohl a b e r der Hauswirt, der B r e n n m a t e r i a l f ü r die Zentralheizung eines Mietshauses einkauft, a u c h wenn er die Kosten auf die Mieter umlegt. R G Z . 153, 141. 4) Dazu gehören die (in der Regel v e r t r e t b a r e n ) gewöhnl. Leistungen von H a n d w e r k e r n , Masseuren, T a n z - u n d Gymnastiklehrern, B e f ö r d e r u n g s u n t e r n e h m e n usw., dagegen n i c h t die höheren (nicht v e r t r e t b a r e n ) Leistungen künstlerischer oder wissenschaftl. Art der Ärzte, Anwälte, Architekten, Schriftsteller usw. 4a) Vgl. A n m . 3 zu § 1 U W G . — B I I I 6 — . 5) Vgl. A n m . 4 zu § 1 Zugabe VO. — B I I I 13 —. Maßgebend f ü r die W e r t u n g des I n h a l t s der A n k ü n d i g u n g ist die Auffassung des letzten Verbrauchers. K G . H R R . 36, 857. 6) Ein v o m H ä n d l e r a n g e k ü n d i g t e r Preis ist auch der v o m Hersteller auf der m i t g e lieferten P a c k u n g a u f g e d r u c k t e Preis. R G Z . 150, 275. 7) D a s ist der gewöhnliche, der „ f e s t e " Preis; jedes Abweichen von diesem Preis n a c h u n t e n im Einzelfall ist Preisnachlaß, auch wenn der Preisnachlaß b e s t i m m t e n K ä u f e r g r u p p e n zuteil wird, z. B. wenn der U n t e r n e h m e r beim V e r s a n d g e s c h ä f t einen niedrigeren Preis als beim Ladenverkauf fordert. K G . H R R . 36, 857. E i n Preisnachlaß i. S. des § 1 liegt a u c h vor, wenn der U n t e r n e h m e r a l l e n A b n e h m e r n gleichmäßig Preisnachlaß gewährt. O L G e Düsseldorf N J W . 52, 348; Freiburg N J W . 53, 1267. Kein Preisnachlaß ist dagegen eine allgemeine d a u e r n d e Preissenkung des U n t e r n e h m e r s u n d zwar auch d a n n , wenn der Unterschied gegenüber dem bisherigen Preis in F o r m von H u n d e r t s ä t z e n a n g e k ü n d i g t sind („ab sofort 1 0 % Preissenkung") O L G . Düsseldorf aaO. (str.; a. M. Schoan N J W . 53, 1267 m i t N a c h w e i s e n ; s. ferner Feigenspan GAStr. 1953, 173). Zulässig ist n a c h § 13 DVO. die T r e u v e r g ü t u n g (der

B I I I 14. Rabattgesetz. §§ 2—4

751

preise8), die wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden. 1. Abschnitt.

Barzahlungsnachlässe

§ 2. [Beschränkung des Barzahlungsnachlasses] Der Preisnachlaß für Barzahlung1) (Barzahlungsnachlaß) darf drei vom Hundert des Preises der Ware oder Leistung nicht überschreiten2). Er darf nur gewährt werden, wenn die Gegenleistung unverzüglich3) nach der Lieferung der Ware oder der Bewirkung der gewerblichen Leistung durch Barzahlung oder in einer der Barzahlung gleichkommenden Weise, insbesondere durch Hingabe eines Schecks4) oder durch Überweisung, erfolgt.

§ 3. [Fortlaufende Geschäfte] Werden während eines bestimmten Zeitabschnitts unter Stundung der Gegenleistung Waren geliefert oder Leistungen bewirkt, so kann bei der nach Ablauf des Zeitabschnitts erfolgenden Bezahlung ein Barzahlungsnachlaß gewährt werden, sofern der Zeitabschnitt nicht länger als einen Monat dauert1). Die Vorschrift des § 2 gilt entsprechend.

§ 4. [Formen des Barzahlungsrabatts] (1) Wer einen Barzahlungsnachlaß gewährt, muß den Nachlaßbetrag sofort vom Preise abziehen oder Gutscheine1) (Sparmarken, Kassenzettel, Zahlungsabschnitte) ausgeben, die in bar einzulösen sind. Der Umsatz an Waren oder Leistungen, von dem die Einlösung der Gutscheine abhängig gemacht wird, darf auf keinen höheren Betrag als fünfzig Deutsche Mark festgesetzt werden. (2)1) Gutscheine, die von einer Vereinigung nachlaßgewährender Gewerbetreibender (Rabattsparvereine und dergleichen) eingelöst werden, dürfen nur ausHersteller einer in verschlossener Packung abgegebenen Markenware darf einen Gutschein beipacken und gegen eine bestimmten Anzahl gesammelter Gutscheine einen Barbetrag auszahlen) . 8) Kein Preisnachlaß sind Sonderpreise in Form allgemeiner Preisvergünstigungen aus bestimmten Anlässen (z. B. bei Saisonausverkäufen); sie werden in der herabgesetzten Form entweder angekündigt oder allgemein gefordert (vgl. Michel-Weber Anm. 1 zu § 1). Zu § 2 : 1) Also kein Preisnachlaß bei Ratenzahlung (Abzahlungsgeschäfte). Ist der Kaufpreis eines Gegenstandes verschieden hoch, je nachdem ob es sich um ein Barzahlungs- oder Ratenzahlungsgeschäft handelt, so muß der Unternehmer entweder den Barzahlungspreis erkennbar machen und die bei Teilzahlung sich ergebenden Zuschläge zum Grundpreis bezeichnen oder für Barzahlungs- und Ratenzahlungsgeschäft verschiedene feste Preise angeben. Unzulässig wäre die Angabe des Barzahlungspreises in der Form, daß der Wegfall der Teilzahlungszuschläge als Preisnachlaß gegenüber dem Ratenzahlungspreis gekennzeichnet wird. 2) Das Verbot einer höheren Rabattgewährung als 3 % entspringt u. a. der Erfahrung, daß Preissenkungen durch Rabattgewährung eine größere Suggestivkraft auf den Durchschnittskäufer haben als Verkäufe zu ermäßigten Preisen mit dem bloßen Hinweis, die Ware sei jetzt billiger als bisher. 3) Ohne schuldhaftes Zögern, § 121 B G B . 4) Hingabe eines Wechsels steht der Barzahlung nur gleich, wenn er sofort diskontierbar und der Diskontsatz aufgeschlagen ist. Baumbach-Hefermehl Anm. 3 B zu § 2. Zu § 3 : 1) In Betracht kommen insbes. die Fälle fortlaufenden Warenbezugs, bei denen der Käufer vereinbarungsgemäß in bestimmten Zeitabschnitten die jeweils aufgelaufene Rechnung begleicht. Eine solche Zahlung steht einer Barzahlung (§ 2) gleich, wenn der Zeitabschnitt, beginnend mit der ersten Lieferung oder Leistung, nicht länger als einen Monat dauert. Zu § 4: 1) Vgl. hierzu §§ 1—10 DVO.

752

B I I I 14. Rabattgesetz. §§ 5—7

gegeben werden, sofern sich die Vereinigung alljährlich einer unabhängigen Prüfung durch einen sachverständigen Prüfer unterzieht. Die Prüfung muß sich auf die gesamte Geschäftsgebarung der Vereinigung während der Dauer des Geschäftsjahres erstrecken, insbesondere darauf, daß die Einlösung der ausgegebenen Gutscheine gesichert ist. Der Prüfer muß einen schriftlichen Bericht erstatten, den die Vereinigung ihren Mitgliedern zugänglich zu machen hat. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. § 5. [Konsumvereine]*) (1) Warenvergütungen, die Genossenschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Genossenschaftsgesetzes (Konsumvereine) ihren Mitgliedern gewähren, dürfen zusammen mit Barzahlungsnachlässen im Geschäftsjahr drei vom Hundert der mit den Mitgliedern erzielten Umsätze nicht übersteigen; Nichtmitgliedern dürfen Warenrückvergütungen nicht gewährt werden. (2) Der Anspruch auf die Warenrückvergütung ist mit der Beschlußfassung über den Jahresabschluß fällig. Die Fälligkeit kann durch das Statut oder einen Beschluß der Generalversammlung nicht über sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres hinausgeschoben werden. § 6. [Barzahlungsrabattverbot für Warenhäuser usw.]*) Warenhäuser 1 ), Einheits-, Klein- oder Serienpreisgeschäfte oder ähnliche, durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeichnete Geschäfte2) und Werkskonsumanstalten dürfen Barzahlungsnachlässe nicht gewähren.

2. Abschnitt.

Mengennachlässe

§ 7. [Mengenrabatt bei Waren] (1) Werden mehrere Stücke oder eine größere Menge von Waren in einer Lieferung1) veräußert, so kann ein Mengennachlaß gewährt werden, sofern dieser nach Art und Umfang sowie nach der verkauften Stückzahl oder Menge als handelsüblich anzusehen ist. (2) Der Mengennachlaß kann entweder durch Hingabe einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge der verkauften Ware oder durch einen Preisnachlaß 2 ) gewährt werden. Zu § 5: *) i. d. F. des Ges. v. 21. 7. 1954 (BGBl. I S. 212). Z u § 6: *) i. d. F. des Ges. v. 21. 7. 1954 (BGBl. I S. 212). 1) Warenhaus ist ein größeres Unternehmen, das nach der Art der verschiedenen Waren und dem Umfang des Vertriebs einer Vereinigung mehrerer Fachgeschäfte entspricht. OLG. Dresden JW. 38, 1714; nicht hierher gehören kleinere Geschäfte (insbes. auf dem Land), auch wenn sie Waren der verschiedensten Art führen. Abgabe von Markenware unter dem aufgedruckten Preis verstößt gegen § 6. RGZ. 150, 279. 2) Ohne Rücksicht darauf, ob sie zusammengehörige Warenarten oder Waren der verschiedensten Art vertreiben. Zu § 7: 1) „Mehrere Stücke": hier kommt der Fall in Betracht, daß Ware nach der Stückzahl verkauft wird, also schon ein Stück eine selbständige Ware darstellt; „eine größere Menge" betrifft den Fall, daß die Ware nach anderen Merkmalen (insbes. nach Gewicht) verkauft wird. In beiden Fällen braucht es sich nicht um gleiche oder gleichartige Waren zu handeln. E i n e Lieferung liegt auch dann vor, wenn es sich um eine (mehrere Stücke oder eine größere Menge umfassende) Teillieferung im Rahmen e i n e s auf fortlaufende Belieferung gerichteten Vertrags handelt. 2) Die Beschränkung des § 2 gilt für den Mengenrabatt nicht.

B III 14. Rabattgesetz. §§ 8—11

753

§ 8. [Mengenrabatt bei gewerblichen Leistungen] Werden bei Aufträgen für mehrere gewerbliche Leistungen1) oder für eine gewerbliche Leistung größeren Umfanges oder beim Kauf von Dauer- oder Reihenkarten, die einen Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Leistungen begründen, Mengennachlässe gewährt, so gilt die Vorschrift des § 7 entsprechend. 3. Abschnitt. Sondernachlässe § 9. [Sondernachlässe. Sonderpreise] Sondernachlässe oder Sonderpreise dürfen gewährt werden 1. an Personen, die die Ware oder Leistung in ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwerten1), sofern dieser Nachlaß seiner Art und Höhe nach orts- oder handelsüblich ist; 2.2) an Personen, die auf Grund besonderer Lieferungs- oder Leistungsvertrages Waren oder Leistungen in solchen Mengen abnehmen, daß sie als Großverbraucher anzusehen sind; 3. an die Arbeiter, Angestellten, Leiter und Vertreter des eigenen Unternehmens, sofern die Ware oder Leistung für deren Bedarf, den Bedarf ihrer Ehegatten, ihrer Abkömmlinge oder der mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen bestimmt ist (Eigenbedarf) und in dem Unternehmen hergestellt, vertrieben oder bewirkt sind. 4. Abschnitt.

Zusammentreffen

mehrerer

Preisnachlaßarten

§ 10 Treffen bei einem Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 mehrere Preisnachlaßarten zusammen, so darf der Nachlaß nur für zwei Arten gewährt werden.

ZWEITER

TEIL

Schlußvorschriften § 11. [Strafvorschrift] Wer vorsätzlich oder fahrlässig einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft. Ist der Täter wegen Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz bereits wiederholt rechtskräftig verurteilt worden, so kann auf Gefängnis erkannt werden1). sein.

Zu § 8: 1) Die mehreren Leistungen müssen in e i n e m einheitl. Vertrag übernommen

Z u § 9: 1) Als Endverbraucher (vgl. Anm. 3 zu § 1). Verwerten = verarbeiten oder zur Ermöglichung oder wesentl. Förderung des Berufes oder Gewerbes benutzen, z. B. Lieferung zahnärztl. Materials an Zahnärzte, von Büchern an eine Mietbücherei. 2) Ergänzend: § 12 DVO. Zu § 11: 1) Die Rückfallschärfung setzt voraus, daß der Täter vor Begehung der Tat mindestens zweimal rechtskräftig wegen Vergehens gegen das Rabattgesetz verurteilt worden ist; Strafverbüßung ist nicht erforderlich, eine Rückfallsverjährung nicht vorgesehen. E i n e vorangegangene Gesamtstrafe wegen mehrerer Vergehen genügt nicht, auch nicht mehrere Verurteilungen, wenn eine Gesamtstrafe aus ihnen zu bilden ist. 48

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

754

B I I I 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbräuchen auf d. Gebiet d. Rechtsberat. Art. 1 § 1

§ 12. [Unterlassungsanspruch] (1) Wer einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, kann von jedem Gewerbetreibenden, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Belange, soweit sie als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. (2) Nimmt in einem geschäftlichen Betriebe ein Angestellter oder Beauftragter Handlungen vor, die nach diesem Gesetz unzulässig sind, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebes begründet. § § 13 bis 17 (nicht abgedruckt).

B III 15. Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung*)**) Vom 13. Dezember 1985 (RGBl. I S. 1478) Art. 1 § 1. [Erlaubnispflicht] 1 ) (1) Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten1), einschließlich der Rechtsberatung2) und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, darf geschäftsmäßig3) — ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit —• nur von Per*) Ausführungsvorschriften s. hinter Art. 5. **) Das Rechtsberatungsmißbrauchsges. soll ein Schutzgesetz sein für den Staatsbürger vor den Gefahren einer unzureichenden und nichtsachgemäßen Rechtsausübung, zugleich ein Schutz der zugelassenen Rechtsanwälte, die Bindungen durch standes- und gebührenrechtl. Vorschriften unterliegen, gegen die Konkurrenz solcher Personen, die keinen derartigen B i n dungen unterliegen. OLG. Hamburg M D R . 51, 305. Die Weitergeltung des Gesetzes —- außer für das frühere Gebiet Württemberg-Baden — wird allgemein anerkannt (vgl. B G H LM Nr. 1 zu § 1; OLGe. Hamb. M D R . 51, 693 mit zust. Anm. von Marquordt; Hamm N J W . 51, 815; 54, 516 mit Anm. von Brangsch; Frankfurt N J W . 5 1 , 8 1 4 ; K G H E St. 2, 72; OVGe. Münster JMB1. N R W . 51, 135; Lüneburg Nds. Rpfl. 51, 166; Naumann J Z 51, 423. Betr. Württemberg-Baden s. VGH N J W 50, 963 = J R 50, 541. Zweifelhaft und streitig ist lediglich, ob das Erfordernis des Bedürfnisses (§ 1 Abs. 2) mit Art. 12 Abs. 1 GG. in Widerspruch steht. Bejahend OVGe. Lüneburg NdsRpfl. 51, 166 (offengelassen in N J W 53,918), Hamburg DVB1. 50, 752. In der Praxis wird vielfach die Bedürfnisfrage noch geprüft (vgl. Brüggemann N J W 53, 918). Eine Entscheidung des BVerfG. steht noch aus. S c h r i f t t u m : Komm, von Jonas, 1936. Z u § 1 : 1 ) R e c h t s a n g e l e g e n h e i t e n sind Angelegenheiten, die unmittelbar die Verwirklichung von Rechten (Durchsetzung, Klärung oder Sicherung) oder die Gestaltung (Schaffung oder Veränderung) von Rechtsverhältnissen zum Gegenstand haben. Wirtschaftl. Vorgänge sind nicht ohne weiteres deshalb Rechtsangelegenheiten, weil sie rechtl. Wirkungen auslösen. Die Vermittlung von Darlehen oder Grundstücksverkäufen, Vermietung von Wohnungen durch Agenten, Makler usw. ist als solche keine Besorgung von Rechtsangelegenheiten; sie wird es erst, wenn die rechtliche Fassung der vermittelten Verträge, ihre Auslegung, Durchsetzung usw. betrieben wird. Jonas 2 a (vgl. dazu § 5 Nr. 1). Erforderlich für die Besorgung von Rechtsangelegenheiten ist weiter, daß die Tätigkeit unmittelbar rechtliche Auswirkungen bezweckt; daher ist z. B . die Tätigkeit von Auskunfteien, Detekteien usw., die tatsächliche Verhältnisse ermitteln, die den Beteiligten als Grundlage für rechtliche Maßnahmen dienen sollen, keine Besorgung von Rechtsangelegenheiten. F r e m d e Rechtsangelegenheiten sind solche, die eine bestimmte andere Person angehen. Gegensatz: eigene Rechtsangelegenheiten und nichteigene Angelegenheiten ohne Beziehung auf b e s t i m m t e andere Personen, Z.B.Eintreten für Gesetzesänderungen. Eigene Angelegenheiten sind solche, an denen der Besorgende selbst beteiligt ist oder in denen er als gesetzlicher Vertreter oder in Erfüllung familienrechtl. Beistandspflichten — wie der Ehemann bei Wahrnehmung von Angelegenheiten der Ehefrau — tätig wird. Dagegen ist eine Angelegenheit eine

B I I I 15. Ges. z. Verhütung v. Mißbräuchen auf d. Gebiet d. Rechtsberatung. § 2

755

sonen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist4). (2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die für den Beruf erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie genügende Sachkunde besitzt und das Bedürfnis nicht bereits durch eine hinreichende Zahl von Rechtsberatern gedeckt ist5).

§ 2. [Gutachter, Schiedsrichter] Die Erstattung wissenschaftlich begründeter Gutachten1) und die Übernahme der Tätigkeit als Schiedsrichter2) bedürfen der Erlaubnis gemäß § 1 nicht. fremde, wenn der Besorgende zwar im eigenen Namen, aber wirtschaftlich für Rechnung eines anderen tätig wird, wie bei Treuhandverhältnissen; dies ist bezügl. der Einziehung lediglich zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen ausdrücklich im Gesetz ausgesprochen. B e s o r g e n umfaßt jede Form des Sichbefassens mit fremden Rechtsangelegenheiten, gleichviel ob der Tätigwerdende nach außen (als Bevollmächtigter usw.) oder nur nach innen (durch Beratung, s. Anm. 2, oder Entwurf von Schriftsätzen) tätig wird; die Erstattung wissenschaftl. begründeter Gutachten ist aber gemäß § 2 von § 1 ausdrücklich ausgenommen. Zum Begriff des Besorgens gehört die unmittelbare Förderung konkreter Rechtsangelegenheiten, so daß Rechtsbelehrungen a l l g e m e i n e r Art — durch Vorträge, Erörterungen in Fachzeitschriften oder in der Tagespresse (s. dazu Anm. 2) usw. — nicht unter § 1 fallen. Keine unmittelbare Förderung liegt vor, wenn die Tätigkeit sich zwar auf eine konkrete Rechtsangelegenheit bezieht, aber nur darin besteht, dem eine Rechtsangelegenheit Besorgenden die Rechtsquellen zugänglich zu machen (Überlassung von Gesetzestexten, Angabe einschlägigen Schrifttums usw.). 2) Die Rechtsberatung, d. h. die Beurteilung einer Rechtslage mit oder ohne Empfehlung über das einzuschlagende Verhalten, ist eine Form der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Die Bekanntgabe eigenen Wissens über den Stand einer Angelegenheit ist auch dann keine Rechtsberatung, wenn die Mitteilung nicht nur tatsächl. Verhältnisse, sondern das Bestehen von Rechten betrifft. B G H N J W 53, 60. Keine Rechtsberatung i. S. des § 1 ist (vgl. Anm. 1) die Erteilung allgemeiner (abstrakter) Rechtsbelehrungen und ein nur wirtschaftlicher Beistand durch Raterteilung, auch wenn die Angelegenheit rechtliche Auswirkungen hat. Eine Tageszeitung oder eine illustrierte Wochenschrift verstößt also nicht gegen § 1, wenn sie im „Briefkasten", in der „Leserpost" oder einer ähnlich bezeichneten Rubrik in Form der Antwort auf fingierte Leseranfragen allgemein belehrende Rechtserörterungen aktueller Rechtsfragen bringt. Erteilt sie aber auf Anfrage eines Lesers in einer konkreten Rechtsangelegenheit Rechtsrat durch Beantwortung in der Zeitung usw., so verstößt sie ohne Rücksicht auf Umfang und Bedeutung der Auskunft gegen §§ 1, 8, und zwar auch dann, wenn die Auskunft zugleich im Interesse einer allgemeinen Belehrung des Leserkreises veröffentlicht wird. LGe Düsseldorf J R 52, 205; Hamburg N J W 53, 1590. Eine andere Frage ist, ob eine g e s c h ä f t s m ä ß i g e Besorgung vorliegt, wenn in der Regel nur fingierte und nur ausnahmsweise konkrete Leserfragen im Interesse einer allgemeinen Unterrichtung der Leserschaft in der Zeitung usw. beantwortet werden (vgl. Anm. 3 und dazu OLG. Hamm M D R . 52, 58). Rechtsauskünfte in Fachzeitschriften können unter § 7 fallen. Über wirtschaftl. Beistand hinausgehend ist es Rechtsberatung, wenn jemand für einen Schuldner einen Vergleichsantrag bei Gericht stellt und mit den Gläubigern Verbindung aufnimmt in der Absicht, sie für den Abschluß eines Vergleichs zu gewinnen. LG. Hamburg AnwBl. 54, 52. 3) Als geschäftsmäßig ist eine Tätigkeit anzusehen, wenn der Handelnde beabsichtigt, sie in gleicherweise zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden oder wenigstens zu einem wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so genügt schon eine einmalige Betätigung. E.72, 315; K G J W 38, 585; OLGe Dresden J W 38, 895; Hamb. MDR. 51, 693. Ob die Betätigung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, ist, wie § 1 klargestellt, ohne Bedeutung; auch ist gleichgültig, ob der Handelnde für einen größeren Personenkreis oder nur für dieselbe Person oder Firma tätig werden will. Abweichend davon verlangen (im Anschluß an die Auslegung des § 157 ZPO) Jonas Anm. 3 u. OLG. Hamm N J W . 52, 315 für die Geschäftsmäßigkeit eine Selbständigkeit (im Gegensatz zur Tätigkeit in einem Dienstverhältnis, § 6 Abs. 1 Nr. 1) und eine gewisse tatsächliche Häufigkeit der Betätigung. Unter Selbständigkeit versteht L G Düsseldorf J R 52, 205, das ebenfalls der letzteren Auffassung folgt, die Unabhängigkeit gegenüber Weisungen einer übergeordneten Person bei der Erteilung der Auskünfte.

4) Straf Vorschrift: § 8.

5) Vgl. Vorbem. **) vor § 1.

48«

756

B I I I 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbräuchen auf d. Gebiet d. Rechtsberat. Art. 1 § 3

§ 3. [Zulässige Tätigkeiten] Durch dieses Gesetz werden nicht berührt: 1. die Rechtsberatung und Rechtsbetreuung, die von Behörden 1 ), von Dienststellen der N S D A P und ihrer Gliederungen, v o n K ö r p e r s c h a f t e n des ö f f e n t l i c h e n R e c h t s sowie von den der N S D A P angeschlossenen Verbänden i m

Rahmen ihrer Zuständigkeit ausgeübt wird; 2. die Berufstätigkeit der Notare 2 ) und sonstigen Personen, die ein öffentliches Amt ausüben 3 ), sowie der Rechtsanwälte 4 ), Verwaltungsrechtsräte 5 ) und Patentanwälte 6 ); 3. die Berufstätigkeit der Prozeßagenten (§ 157 Absatz 3 der Zivilprozeßordnung) ; 7 4. ) die Besorgung von Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiete des Vers o r g u n g s w e s e n s d u r c h die i m § 48 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen (Reichsgesetzbl. 1934 I S. 1113) und durch die im § 83 Absatz 2 des Wehrmachtversorgungsgesetzes (Reichsgesetzbl. 1935 I S. 21) b e z e i c h -

neten Verbände sowie durch Personen, die auf Grund dieser Vorschriften als Bevollmächtigte oder Beistände in Versorgungssachen zugelassen sind;

5. die Besorgung von Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiete des Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenwesens in den in den §§56 und 60 des Patentanwaltsgesetzes vom 28. September 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 669) bestimmten Grenzen; 6. die Tätigkeit als Zwangsverwalter, Konkursverwalter oder Nachlaßpfleger sowie die Tätigkeit sonstiger für ähnliche Aufgaben8) behördlich eingesetzter Personen; Zu § 2 : 1 ) Vom Rechtsrat (§ 1) unterscheidet sich das Rechtsgutachten dadurch, daß der Rechtsrat nur das Ergebnis einer Prüfung wiedergibt, während das Gutachten die Prüfung selbst enthalten muß. Wissenschaftlich begründet: das Gutachten muß eine Prüfung nach rechtswissenschaftl. Methoden enthalten; ob es sich um eine (für einen Sachkenner) leichte oder schwierige Frage handelt, ist bedeutungslos 2) Gemeint ist das Amt eines Schiedsrichters auf Grund eines privatrechtl. Schiedsvertrags. Die Betätigung als Richter einer öffentlich-rechtl. Standes(Ehren-)gerichtsbarkeit usw. fällt überhaupt nicht unter § 1. Dagegen gehören zu den Schiedsrichtern i. S. des § 2 auch die in einer auf dem Boden des Privatrechts geregelten Verbands- oder Vereinsehrengerichtsbarkeit zur Entscheidung von Rechtsangelegenheiten berufenen Personen. Jonas 2. Zu § 3 : 1) vgl. Anm. 3 zu § 164 S t G B . 2) Vgl. Anm. 10 zu § 300 S t G B . 3) Also von Amtsträgern, die nicht im Rahmen der Zuständigkeit einer Behörde (Nr. 1) tätig werden, z. B . von Schiedsmännern. 4) Vgl. Anm. 8 zu § 300 S t G B . 5) Das sind die zur berufsmäßigen Vertretung vor Verwaltungsgerichten zugelassenen Personen. Vgl. preuß. Ges. v. 25. 5. 1926 (GS. S. 163), § 82 des Ges. über das Bundesverwaltungsgericht v. 23. 9. 1952 (BGBl. I S. 625), § 217 des Sozialgerichtsges. v. 3. 9. 1953 (BGBl. I S. 1239). 6) Vgl. Anm. 9 zu § 300 S t G B . 7) § 48 Abs. 2 VersorgungsverfGes. 1934 und § 83 Abs. 2 Wehrmachtversorgungsges. v. 4. 8. 1921 i. d. F . v. 21. 1. 1935 (RGBl. I S. 21) sind aufgehoben durch § 224 Abs. 3 Nr. 10a und b des Sozialgerichtsges. v. 3. 9. 1953 ( R G B l . I S. 1239). Nach § 73 des letzteren Ges. i. d. F . v. 10. 8. 1954 (BGBl. I S. 239) gilt § 157 Abs. 1 ZPO. nicht für Verbandsvertreter, d.h. für Bevollmächtigte, die Mitglieder u. Angestellte von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern und von Vereinigungen der Kriegsopfer sind, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung befugt sind. Sie bedürfen gem. § 7 Rechtsberatungsmißbrauchsges. keiner Erlaubnis. Volmer N J W 54, 1100. 8) Z. B . als Vormund

B I I I 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbrauch, auf d. Geb. d. Rechtsberat. Art. 1 §§ 4 , 5

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7. die Tätigkeit von Genossenschaften9), genossenschaftlichen Prüfungsverbänden und deren Spitzenverbänden sowie von genossenschaftlichen Treuhand- und ähnlichen genossenschaftlichen Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihre Mitglieder, die ihnen angehörenden genossenschaftlichen Einrichtungen oder die Mitglieder oder Einrichtungen der ihnen angehörenden Genossenschaften betreuen.

§ 4. [Finanzverwaltung] (1) Die Erlaubnis nach § 1 gewährt nicht die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in 1. Steuersachen, 2. Monopolsachen, 3. Devisensachen und Angelegenheiten der Verordnung über den Warenverkehr vom 4. September 1984 (Reichsgesetzbl. I S. 816), 4. sonstigen von Behörden der Reichsfinanzverwaltung verwalteten Angelegenheiten. (2) Für die im Absatz 1 Ziffern 1, 2 und 4 bezeichneten Angelegenheiten sind die Vorschriften der Reichsabgabenordnung, des Steueranpassungsgesetzes, des Gesetzes über die Zulassung von Steuerberatern vom 6. Mai 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 257) und des Artikels 2 § 2 dieses Gesetzes maßgebend. Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Devisensachen wird besonders geregelt (Artikel 5 Absatz 1 dieses Gesetzes)1.) (3) Die Befugnis zur Hilfeleistung auf den im Absatz 1 bezeichneten Gebieten ermächtigt nicht zur Rechtsbesorgung in sonstigen Angelegenheiten.

§ 5. [Zulässige Erledigung von Rechtsangelegenheiten] Die Vorschriften dieses Gesetzes stehen dem nicht entgegen, 1. daß kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen1); 9) S. Ges. betr. die Erwerbs- undWirtschaftsgenossenschaften v. 20. 5 . 1 8 9 8 (RGBl. S.370) Zu § 4 : 1 ) Vgl. VO. über die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Devisensachen v. 29.6.1936 ( R G B l . I S. 524). Z u § 5 : 1) Ein unmittelbarer Zusammenhang der als Nebentätigkeit ausgeübten Erledigung rechtl. Angelegenheiten muß also nicht nur mit dem eigentlichen Gewerbebetriebe stehen, sondern auch mit einem b e s t i m m t e n mit dem betr. Kunden abgeschlossenen oder in Erwägung gezogenen Geschäft. OLG. Hamm MDR. 52, 58. Unter § 5 Nr. 1 fällt z. B., wenn Kreditinstitute bei der Beleihung von Grundstücken R a t über die erforderlichen grundbuchlichen Maßnahmen erteilen, oder wenn die sog. Regulierungsbeamten von Versicherungsunternehmen sich mit der aus einem Versicherungsfall ergebenden rechtl. Auseinandersetzung zwischen dem Versicherungsnehmer und einem haftenden Dritten befassen oder wenn ein Makler, der den Verkauf eines Ladengeschäfts vermittelt, mit den Gläubigern der Verkäufers eine Stundung ihrer Forderungen bis zur Befriedigung aus dem Verkaufserlös vereinbart. OLG Hamburg D S t R 1937. 46. (Weitere Beispiele bei Jonas, Anm. 2). Dagegen fehlt es an dem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb wie mit einem bestimmten Geschäft, wenn eine für die Allgemeinheit bestimmte Zeitung oder Zeitschrift (bei Fachzeitschriften vgl. § 7) den Beziehern Rechtsrat in konkreten Angelegenheiten erteilt. OLG. Hamm M D R 52, 58; s. oben Anm. 2 zu § 1. Bei einer auf bestimmte Sachgebiete beschränkten Erlaubnis zur Besorgung von Rechtsangelegenheiten (vgl. §2 der 1. AusfVO.) ermöglicht § 5 Nr. 1 im Falle des Zusammenhangs auch die Erledigung von Angelegenheiten, die den Rahmen der Erlaubnis überschreiten. Da eine unter Nr. 1 fallende Tätigkeit zwar nicht erlaubnispflichtig ist, aber dadurch ihren Charakter als geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtangelegenheiten nicht verliert, ist es dem gewerblichen Unternehmer nicht möglich, die Sache des Kunden in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht zu vertreten (§ 157 ZPO.).

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B I I I 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbräuchen auf d. Gebiet d. Rechtsberat. Art. 1 §§ 6,7

2. daß öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer2) sowie vereidigte Bücherrevisoren3) in Angelegenheiten, mit denen sie beruflich befaßt sind, auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen, soweit diese mit den Aufgaben des Wirtschaftsprüfers oder Bücherrevisors in unmittelbarem Zusammenhange steht; 3. daß Vermögensverwalter, Hausverwalter und ähnliche Personen die mit der Verwaltung in unmittelbarem Zusammenhange stehenden Rechtsangelegenheiten erledigen.

§ 6. [Angestellte] (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes stehen ferner dem nicht entgegen, 1. daß Angestellte1) Rechtsangelegenheiten ihres Dienstherrn erledigen; 2. daß Angestellte, die bei Personen oder Stellen der in den §§ 1, 3 und 5 bezeichneten Art beschäftigt sind, im Rahmen dieses Anstellungsverhältnisses Rechtsangelegenheiten erledigen. (2) Die Rechtsform des Angestelltenverhältnisses darf nicht zu einer Umgehung des Erlaubniszwangs mißbraucht werden2).

§ 7*). [Berufsständische Vereinigungen] Einer Erlaubnis bedarf es nicht, wenn auf berufsständischer1) oder ähnlicher2) Grundlage gebildete Vereinigungen oder Stellen im Rahmen ihres Aufgabenbe2) Vgl. Art. 5 der VO. v. 15. 12. 1931 (RGBl. I S. 760); Ges. über Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen v. 17. 7. 1952 (BGBl. I S. 385). 3) Vgl. § 36 GewO. u. Anm. 8 zu § 53 StPO. Z u § 6: 1) Dem durch Dienstvertrag Angestellten stehen gleich der Ehegatte, der gemäß § 1356 B G B im Geschäft des anderen Ehegatten, und das Kind, das gemäß § 1617 BGB. im Geschäft der Eltern Dienste leistet. Jonas 2 a. Die Tätigkeit des Angestellten kann ausschließlich in der Erledigung von Rechtsangelegenheiten des Dienstherrn bestehen (z. B. als Syndikus eines Unternehmens). 2) Vgl. dazu (betr. Inkassotätigkeit) AV. d. RJM. v. 12. 3. 1940 (DJ. S. 368). Z u § 7: *) Ergänzend § 95 des Bundesvertriebenenges. v. 19. 5. 1953 (BGBl. I S. 201): „(1) Organisationen der Vertriebenen und Flüchtlinge, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, dürfen Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge im Rahmen ihres Aufgabengebietes in Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsfragen unentgeltlich beraten. Sie bedürfen hierzu keiner besonderen Erlaubnis. (2) Diese Tätigkeit kann ihnen im Falle mißbräuchlicher Ausübung untersagt werden. Das Nähere bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates". Schrifttum: Brangsch N J W . 53, 732. 1) § 7 bezieht sich auf Organisationen, die nicht Behörden oder Körperschaften des öffentl. Rechts (vgl. § 3 Nri 1) sind, die also auf privatrechtl. Grundlage gebildet sind, ohne daß es auf die Rechtsform der Vereinigung oder Stelle im übrigen ankommt. Auf berufsständischer Grundlage gebildet: es ist nicht erforderlich, daß der berufsständische Zusammenschluß (d. h. die Vereinigung von Angehörigen bestimmter Berufe zur Förderung ihrer Berufsinteressen wie z. B. Arbeitgeberverbände u. Gewerkschaften) selbst die Rechtsbetreuung gewährt; es genügt vielmehr, daß ein solcher Verband eine besondere Stelle ins Leben gerufen h a t mit dem ausschließlichen Zweck, den Mitgliedern R a t und Hilfe in Rechtsangelegenheiten zu gewähren, wie z. B. bei den ärztlichen Einziehungsstellen. Aus dem Zweck des § 7, berufsständischen Organisationen eine umfassende Betreuung ihrer Mitglieder in ihren Berufsangelegenheiten, also auch die Betreuung in Rechtsangelegenheiten, zu ermöglichen, ergibt sich, daß es sich um eine Organisation auf breiterer Grundlage handeln muß; der Zusammenschluß einiger weniger Angehöriger eines bestimmten Berufs genügt nicht. Jonas 2c; es läge darin eine Umgehung des Erlaubniszwangs (§7 Satz 2 des Ges., §16 Abs. l b der 1. AusfVO.). Aus dem Grundgedanken des § 7 wird überwiegend gefolgert, daß der allgemeine Mitgliedsbeitrag die Rechtsbetreuung abgelten muß, daß also die Vereinigung für die Rechtsbetreuung keine besonderen Kosten abverlangen kann und daß in einem Rechststreit den unterlegenen Gegner keine Pflicht zur Erstattung von Kosten und Auslagen für die Rechtsbetreuung des

B I I I 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbräuch. auf d. Geb. d. Rechtsberat. Art. 1 § 8, Art. 2 - 4

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reichs ihren Mitgliedern Rat und Hilfe in Rechtsangelegenheiten gewähren. Diese Tätigkeit kann ihnen jedoch untersagt werden. § 8. [Geldstrafe] Wer, ohne im Besitz der nach diesem Artikel erforderlichen Erlaubnis zu sein, fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgt oder gegen ein Verbot der im § 7 Satz 2 bezeichneten Art verstößt, wird mit Geldstrafe bestraft1). Art. 2. § 1. Die Reichsabgabenordnung wird wie folgt geändert: 1. Hinter dem § 107 wird folgender § 107a eingefügt (abgedr. zu § 413 RAbgO. — B VI —). 2. Der § 200 fällt weg. § 2. Finanzverwaltung (1) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen, soweit sie Steuern eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft betreffen, in Monopolsachen und in sonstigen von Behörden der Reichsfinanzverwaltung verwalteten Angelegen-

heiten — mit Ausnahme der Devisensachen —•

sind nur befugt :

1. die im § 107 a Absatz 3 der Reichsabgabenordnung bezeichneten Personen und Stellen in den dort bezeichneten Grenzen; 2. Helfer in Steuersachen. (2) Die Vorschriften des § 107 a Absätze 2, 4 bis 8 der Reichsabgabenordnung gelten entsprechend. Art. 3. (betr. Änderung des § 35 GewO.) Art. 4. . . . Obsiegenden trifft. (Nachweise N J W . 53, 733 Anm. 6 u. LG. Bayreuth N J W . 54, 436; AG. Kleve AnwBl. 54, 19.) 2) Zum Begriff der „auf ähnl. Grundlage gebildeten Vereinigungen" gehört nicht, daß wenigstens ein Teil der Verbandsaufgaben echte Berufsstandsarbeiten betrifft. Bmngsch N J W . 53, 734, vielmehr genügt, daß es sich um Vereinigungen handelt, deren Mitglieder nach ihrer Stellung im Wirtschaftsleben gleiche oder ähnliche wirtschaftliche Interessen haben und daß sie sich zur Förderung dieser Interessen zusammengeschlossen haben, wie z. B . Mieter- oder Hausbesitzervereinigungen (vgl. dazu § 12 des Mieterschutzges. i . d . F . v. 15. 12. 1942, R G B l . I S. 712). Enger Brangsch aaO.: es genüge nicht, wenn die gemeinsamen Interessen der Verbandsmitglieder auf die Lösung eines wirtschaftl. und sozialen Gegenwartsproblems gerichtet sind; erforderlich seien gemeinsame wirtschaftl. oder soziale Interessen von gewisser Zeitlosigkeit, die für die Mitglieder von ähnlicher wirtschaftl. Bedeutung sind wie ein Beruf. Aus § 11 des Arbeitsgerichtsges. v. 3. 9. 1953 (BGBl. I S. 1267) ergibt sich, daß § 7 anwendbar ist auf die Prozeßvertretung vor den Arbeitsgerichten durch Vertreter von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, wenn diese Personen kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und für die Vereinigung oder deren Mitglieder auftreten und das Verhandeln vor Gericht nicht geschäftsmäßig gegen Entgelt betreiben. Entsprechendes gilt für die Prozeß Vertretung vor den Sozialgerichten (vgl. Anm. 7 zu § 3). Unzweifelhaft genügen nicht Interessengemeinschaften, bei denen die Betreuung der wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder nach dem Aufgabenbereich des Zusammenschlusses fehlt oder zurücktritt, wie z. B . bei Sportvereinen. Jonas 2 c. Zu § 8 : 1) E s ist Vorsatz erforderlich. Die irrtüml. Annahme, einer Erlaubnis nicht zu bedürfen, ist Verbotsirrtum (vgl. Anm. 1 zu § 59 StGB.). OLG. Hamm N J W . 51, 816. — Ergänzende Vorschrift: § 14 der VO. über die Vertretung vor den (Lasten-) Ausgleichs- und Feststellungsbehörden v. 24. 8 . 1 9 5 3 (BGBl. I S. 1026), der auf § 8 Rechtsberatungsmißbrauchsges. verweist.

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B I I I 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbräuchen auf d. Geb. d. Rechtsberat. Art. 5, 1. AusfVO.

Art. 5. (1) Die Ausführungsvorschriften werden im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern zu Artikel 1 dieses Gesetzes von dem Reichsminister der Justiz, für die Rechtsbesorgung in Devisensachen und in Angelegenheiten der Verordnung über den Warenverkehr vom 4. September 1984 (Reichsgesetzbl. I S. 816) vom Reichswirtschaftsminister erlassen. Hierbei können ergänzende Bestimmungen getroffen, insbesondere Einschränkungen oder Erweiterungen der Erlaubnispflicht bestimmt werden1). (2) Die Ausführungsvorschriften zu Artikel 2 ergehen auf Grund der §§12 und 107 a Absatz 5 der Reichsabgabenordnung. Zu dem Gesetz sind folgende AusfVOen. ergangen: a) 1. AusfVO. vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1481): § 1. (1) Die Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Gesetzes wird grundsätzlich für einen bestimmten Ort erteilt. Sollen Zweigniederlassungen, auswärtige Sprechtage oder dergleichen unterhalten werden, so ist dazu eine besondere Erlaubnis einzuholen. (2) Soweit die Betätigung im Schriftverkehr ausgeübt wird, unterliegt sie keinen örtlichen Begrenzungen. § 2. (1) Die Erlaubnis ist, sofern der Nachsuchende es beantragt oder dies nach Lage der Verhältnisse sachgemäß erscheint, unter Beschränkung auf bestimmte Sachgebiete zu erteilen. (2) Die Erlaubnis kann auch unter bestimmten Auflagen erteilt werden. § 3. Bei juristischen Personen sowie bei offenen Handelsgesellschaften und ähnlichen Vereinigungen ermächtigt die Erlaubnis nur zur Berufsausübung durch die in der Erlaubnis namentlich bezeichneten Personen. §§4-9. §

10.

(1) . . . .

(2) Bei juristischen Personen und Personenvereinigungen ist in dem Gesuch anzugeben, welche gesetzlichen Vertreter oder leitenden Angestellten die Rechtsbesorgung tatsächlich ausüben sollen. § 11. (1) Über das Gesuch entscheidet der Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk die Rechtsbesorgung ausgeübt werden soll; gehört der Ort zu dem Bezirk eines Amtsgerichts, das einem Präsidenten unterstellt ist, so entscheidet der Amtsgerichtspräsident. (2) u. (3) § 12. Gegen die Versagung der Erlaubnis ist die Beschwerde im Aufsichtswege an den Präsidenten des Oberlandesgerichts zulässig. Dieser entscheidet endgültig1). § 13. Die Erlaubnis erlischt, wenn der Nachsuchende seine Tätigkeit nicht binnen dreier Monate seit Erteilung der Erlaubnis aufnimmt. § 14. (1) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn Tatsachen eintreten oder nachträglich bekannt werden, die eine Versagung der Erlaubnis rechtfertigen; wegen mangelnden Bedürfnisses darf jedoch die Erlaubnis nicht widerrufen werden. (2) Die Erlaubnis ist ferner zu widerrufen, wenn die Tätigkeit ein Jahr tatsächlich nicht ausgeübt wird. Zu Art. 5: 1) Die Ermächtigung insoweit ist erloschen (Art. 129 Abs. 3 GG.). Zu § 12: 1) Jedoch ist Anfechtung der Versagung im verwaltungsgerichtl. Verfahren möglich.

B I I I 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbräuchen auf d. Geb. d. Rechtsberat. 1. u. 2. AusfVO.

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(3) Sie kann widerrufen werden, wenn gegen die für die Geschäftsführung der Rechtsberater ergehenden Vorschriften wiederholt verstoßen wird oder Auflagen (§ 2 Abs. 2) nicht erfüllt werden. § 15. (1) Der Widerruf wird von dem für die Erteilung der Erlaubnis zuständigen Präsidenten ausgesprochen. (2) Es kann, wenn dies nach Lage des Falles angemessen erscheint, eine Frist zur Abwicklung der Tätigkeit gewährt werden. Anderenfalls wird der Widerruf mit der Zustellung der Verfügung wirksam. (3) Die Anfechtung der Entscheidung bestimmt sich nach § 121). Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 16. (1) Einer auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildeten Vereinigung oder Stelle ist die Rechtsbesorgung nach § 7 des Gesetzes zu untersagen, a) wenn die Tätigkeit ganz oder überwiegend von Personen ausgeübt wird, denen die Erlaubnis nach §§ 4 bis 8 dieser Verordnung zu versagen wäre, und in dieser Hinsicht gerügte Mängel nicht in angemessener Zeit abgestellt werden; b) wenn die Rechtsform der Vereinigung zur Umgehung des Erlaubniszwanges mißbraucht wird. (2) Das Verbot wird von dem Landgerichts-(Amtsgerichts-)Präsidenten erlassen. § 15 gilt entsprechend. (3) Im übrigen bleibt die Untersagung nach § 7 Satz 2 des Gesetzes dem Reichsminister der Justiz1) im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern vorbehalten. § 17. Die Erteilung und der Widerruf der Erlaubnis (§§ 11, 14) sowie die Untersagung der Rechtsbesorgung (§ 16) sind im Amtsblatt bekanntzumachen. Spricht der Reichsminister der Justiz die Untersagung aus, so kann er eine andere Art der Bekanntmachung anordnen. b) 2. AusfVO. vom 3. April 1936 (RGBl. I S. 359): § 1. (1) Die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten verpflichtet zur redlichen, gewissenhaften und ordnungsmäßigen Führung der übernommenen Geschäfte. Das gleiche gilt von der Zulassung als Prozeßagent (§ 157 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung). (2) Unzulässig ist die Mitwirkung in Angelegenheiten, bei denen erkennbar unerlaubte oder unlautere Zwecke verfolgt werden. Unzulässig ist ferner eine Tätigkeit, nachdem eine solche bereits für einen anderen Beteiligten in einem entgegengesetzten Sinn ausgeübt war. (3) Verboten ist, unaufgefordert Dritten in schriftlichen, mündlichen oder sonstigen Ankündigungen Dienste der im Artikel 1 § 1 des Gesetzes bezeichneten Art anzubieten. § 2. (1) Zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung gehört, daß die sich auf die einzelnen Angelegenheiten beziehenden Schriftstücke geordnet aufbewahrt werden und über die Angelegenheiten ein fortlaufendes Verzeichnis geführt wird, aus dem die Auftraggeber und ihre Anschriften ersichtlich sind; ferner, daß über die erforderten und gezahlten Vergütungen sowie über die Einnahme und die Verwendung fremder Gelder Buch geführt wird. Falls erforderlich, können die mit der Aufsicht Zu § 15: 1) s. aber Anm. 1 zu § 12. Zu § 16: 1) Jetzt der Landesjustizverwaltung.

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B III 15. Ges. z. Verhüt. v. Mißbräuchen auf d. Geb. d. Rechtsberat. 2.—4. AusfVO.

betrauten Stellen (§ 3) nähere Weisungen hinsichtlich der Art der Akten- und Buchführung geben. (2) Schriftstücke, die an Behörden oder Dritte gerichtet werden, haben, auch wenn sie von dem Auftraggeber unterzeichnet sind, auf der ersten Seite Namen und Anschrift des Verfassers zu tragen. § 3. (1) Personen und Personenvereinigungen, denen die Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Gesetzes erteilt ist, sowie Prozeßagenten unterstehen der Aufsicht des Landgerichts-(Amtsgerichts-)präsidenten. Der Präsident kann mit der Ausübung der Aufsicht richterliche Beamte, insbesondere die Vorstände der Amtsgerichte, beauftragen. Zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung können auch nichtrichterliche Beamte herangezogen werden. Mißbilligungen und Rügen zu erteilen oder den Widerruf der Erlaubnis oder der Zulassung anzudrohen, bleibt dem Präsidenten vorbehalten. (2) Über Beschwerden entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts endgültig. § 4. (1) Einzelpersonen, denen die unbeschränkte Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Gesetzes erteilt ist, dürfen nur die Berufsbezeichnung „Rechtsbeistand" führen. Auch Prozeßagenten dürfen sich als „Rechtsbeistand" bezeichnen1). (2) Personen, denen die Erlaubnis auf Grund besonderer Sachkunde für bestimmte Gebiete erteilt ist, können hinsichtlich ihrer Berufsbezeichnung Weisungen gegeben werden; ihnen kann insbesondere die Führung von Bezeichnungen untersagt werden, die einen Irrtum über Art oder Umfang ihrer Tätigkeit hervorrufen können. (3) Für juristische Personen sowie für Vereinigungen und Stellen, die nach Artikel 1 § 7 des Gesetzes der Erlaubnis nicht bedürfen, können ebenfalls Anordnungen der im Abs. 2 bezeichneten Art ergehen. (4) Die Entscheidung trifft der Landgerichts-(Amtsgerichts-)Präsident. Über Beschwerden entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts endgültig. (5) Andere als die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Personen dürfen die Bezeichnung „Rechtsbeistand" nicht führen. § 5. Die Vorschriften des Artikels 1 des Gesetzes stehen dem nicht entgegen, daß Wirtschaftstreuhänder . . . , in Angelegenheiten, mit denen sie beruflich befaßt sind, auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen, soweit diese mit ihren Berufsaufgaben in unmittelbarem Zusammenhange steht. c) 3. AusfVO. vom 25. Juni 1936 (RGBl. I S. 514): Das im § 1 Abs. 3 der Zweiten Ausführungsverordnung vom 3. April 1936 (Reichsgesetzbl. I S. 359) bestimmte Werbeverbot gilt nicht für Personen und Unternehmen, denen die Erlaubnis nach Art. 1 § 1 des Gesetzes für die außergerichtliche Einziehung von Forderungen erteilt ist (Inkassobüros). Eine unlautere oder unangemessene Werbetätigkeit kann im Einvernehmen mit dem Präsidenten des

Werberats der Deutschen Wirtschaft v o n den L a n d g e r i c h t s - ( A m t s g e r i c h t s - ) P r ä s i d e n t e n

in Ausübung ihrer Aufsicht (§ 3 der Zweiten Ausführungsverordnung) untersagt werden. d) 4. AusfVO. vom 13. April 1937 (RGBl. I S. 465): kein Werbeverbot für Frachtprüfer. Zu § 4 : 1) Wegen des strafrechtl. Schutzes dieser Bezeichnungen s. Anm. 3 zu § 132a StGB.

B IV 1. Börsengesetz. § 95

763

IV. Wirtschaftsrecht BIV 1. Börsengesetz i. d. F. vom 8-/27. Mai 1908 (RGBl. S. 183, 215) u. des Ges. v. 26. 5. 1933 (RGBL I S. 295). (Auszug)

§ 95. [Untreue des Kommissionärs1)] (1) Ein Kommissionär 2 ), welcher, um sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, 1. das Vermögen des Kommittenten dadurch beschädigt, daß er hinsichtlich eines abzuschließenden Geschäfts wider besseres Wissen unrichtigen Rat oder unrichtige Auskunft erteilt, oder 2. bei der Ausführung eines Auftrags oder bei der Abwickelung eines Geschäfts absichtlich zum Nachteile 3 ) des Kommittenten handelt, wird mit Gefängnis bestraft. Neben der Gefängnisstrafe kann auf Geldstrafe sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (2) 4) In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefängnisstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren; ein besonders schwerer Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Tat das Wohl des Volkes geschädigt oder einen anderen besonders großen Schaden zur Folge gehabt oder der Täter besonders arglistig gehandelt hat. (3) Der Versuch ist strafbar in den Fällen der Ziffer 1. Z u B I V I : Zu § 9 5 : 1) § 95 bezieht sich nicht nur auf den Verkehr mit Börsenwerten, sondern auf alle Handelsgeschäfte, die ein Kommissionär abschließt. E . 61, 341. Gegenüber § 266 S t G B , ist § 95 Börsengesetz Sondergesetz (Gesetzeseinheit); vgl. Anm. 13 zu § 266 S t G B . 2) Nur der Kommissionär selbst kann ein Vergehen gegen § 95 Börsengesetz als T ä t e r begehen. E . 69, 73. Der Kommissionär muß Kaufmann sein. H R R . 1930 Nr. 2132. Dabei kann zwar der persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder einer offenen Handelsgesellschaft, nicht aber der Kommanditist Täter oder Mittäter sein, ebensowenig der Prokurist des Kommissionärs oder ein sonstiger Handelsangestellter. E. 69, 73. Kommissionär ist auch der kaufmännische Gelegenheitskommissionär, der ein Geschäft absichtlich zum Nachteile des Kommittenten abwickelt. E . 62, 33 (a. M. Martens N J W . 54,541) ; ebenso der Inhaber eines sog. Konsignationslagers. R G . J W . 1932, 748; auch der alleinige Gesellschafter einer G.m.b.H., der als Geschäftsführer den der Gesellschaft erteilten Kommissionsauftrag ausführt. Dresden J W . 1931, 812. 3) Zum Nachteil handelt der Kommissionär auch, wenn er die Ausführung des Auftrags pflichtwidrig unterläßt. R G . J W . 1939, 936 2 e . Ein Provinzbankier, der als Einkaufskommissionär für Wertpapiere das Selbsteintrittsrecht ausübt, muß, wenn er die Gefahr seines geschäftlichen Zusammenbruchs herannahen sieht, zur Vermeidung von Schädigungen des Kommittenten dafür sorgen, daß sie von vornherein bei der Zentralbank in das „Depot B " genommen werden; andernfalls ist er aus § 95 Börsengesetz strafbar. E . 70, 161. 4) Vgl. Anm. 14 zu § 266 S t G B .

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B I V 2. Ges. über d. Verwahrung u. Anschaffung von Wertpapieren. §§ 1—5

BIV 2. Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren Vom 4. Februar 1937 (RGBl. I, 1937 S. 171)*) (Auszug)

§ 1. Allgemeine Vorschriften (1) Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind Aktien, Kuxe, Zwischenscheine, Reichsbankanteilscheine, Zins-, Gewinnanteil- und Erneuerungsscheine, auf den Inhaber lautende oder durch Indossament übertragbare Schuldverschreibungen, ferner andere Wertpapiere, wenn diese vertretbar sind, mit Ausnahme von Banknoten und Papiergeld. (2) Verwahrer im Sinne dieses Gesetzes ist ein Kaufmann, dem im Betriebe seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen zur Verwahrung anvertraut werden. (3 )

§ 2. Sonderverwahrung

Der Verwahrer ist verpflichtet, die Wertpapiere unter äußerlich erkennbarer Bezeichnung jedes Hinterlegers gesondert von seinen eigenen Beständen und von denen Dritter aufzubewahren. Etwaige Rechte und Pflichten des Verwahrers, für den Hinterleger Verfügungen oder Verwaltungshandlungen vorzunehmen, werden dadurch nicht berührt.

§ 4. Beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten (1) Vertraut der Verwahrer die Wertpapiere einem Dritten an, so gilt als dem Dritten bekannt, daß die Wertpapiere dem Verwahrer nicht gehören. Der Dritte kann an den Wertpapieren ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht nur wegen solcher Forderungen geltend machen, die mit Bezug auf diese Wertpapiere entstanden sind, oder für die diese Wertpapiere nach dem einzelnen über sie zwischen dem Verwahrer und dem Dritten vorgenommenen Geschäft haften sollen. (2) Abs. 1 gilt nicht, wenn der Verwahrer dem Dritten für das einzelne Geschäft ausdrücklich und schriftlich mitteilt, daß er Eigentümer der Wertpapiere sei. (3) Vertraut ein Verwahrer, der nicht Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, Wertpapiere einem Dritten an, so gilt Abs. 1 nicht. Ist er nicht Eigentümer der Wertpapiere, so hat er dies dem Dritten mitzuteilen; in diesem Falle gilt Abs. 1 Satz 2.

§ 5. Sammelverwahrung

(1) Vertretbare Wertpapiere einer und derselben Art darf der Verwahrer ungetrennt von seinen eigenen Beständen derselben Art oder von solchen Dritter aufbewahren oder einem Dritten zur Sammelverwahrung anvertrauen, wenn der Hinterleger ihn dazu ermächtigt hat. Die Ermächtigung muß ausdrücklich und schriftlich erteilt werden, sie darf weder in Geschäftsbedingungen des Verwahrers enthalten sein noch auf andere Urkunden verweisen. Die Ermächtigung muß für jedes Verwahrungsgeschäft besonders erteilt werden, es sei denn, daß die Wertpapiersammelbanken übergeben werden sollen. Zu B IV 2 : *) S c h r i f t t u m : Opitz, Depotges. 2. Aufl. 1953.

B IV 2. Ges. über d. Verwahrung u. Anschaffung v. Wertpapieren. §§ 6—14

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(2) Wer zur Sammelverwahrung ermächtigt ist, kann, anstatt das eingelieferte Stück in Sammelverwahrung zu nehmen, dem Hinterleger einen entsprechenden Sammelbestandanteil übertragen. (3) Auf die Sammelverwahrung bei einem Dritten ist § 3 anzuwenden. (4) Der Reichsminister der Justiz kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister vorschreiben, daß gewisse Arten von Wertpapieren nicht zur Sammelverwahrung genommen werden dürfen. Er kann die Zulassung von Wertpapieren zur Sammelverwahrung von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. § 6. Miteigentum am Sammelbestand, Verwaltungsbefugnis des Verwahrers bei der Sammelverwahrung (1) Werden Wertpapiere in Sammelverwahrung genommen, so entsteht mit dem Zeitpunkt des Eingangs beim Sammelverwahrer für den bisherigen Eigentümer Miteigentum nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art. Für die Bestimmung des Bruchteils ist der Wertpapiernennwert maßgebend, bei Wertpapieren ohne Nennbetrag die Stückzahl. (2) Der Sammelverwahrer kann aus dem Sammelbestand einem jeden der Hinterleger die diesem gebührende Menge ausliefern oder die ihm selbst gebührende Menge entnehmen, ohne daß er hierzu der Zustimmung der übrigen Beteiligten bedarf. In anderer Weise darf der Sammelverwahrer den Sammelbestand nicht verringern. Diese Vorschriften sind im Falle der Drittverwahrung auf Zwischen Verwahrer sinngemäß anzuwenden. § 10. Tauschverwahrung (1) Eine Erklärung, durch die der Hinterleger den Verwahrer ermächtigt, an Stelle ihm zur Verwahrung anvertrauter Wertpapiere Wertpapiere derselben Art zurückzugewähren, muß für das einzelne Verwahrungsgeschäft ausdrücklich und schriftlich abgegeben werden. Sie darf weder in Geschäftsbedingungen des Verwahrers enthalten sein noch auf andere Urkunden verweisen. (2) Derselben Form bedarf eine Erklärung, durch die der Hinterleger den Verwahrer ermächtigt, hinterlegte Wertpapiere durch Wertpapiere derselben Art zu ersetzen. (3) Der Reichsminister der Justiz kann im Einvernehmen mit dem Reichs-

wirtschaftsminister vorschreiben, daß die in den Absätzen 1, 2 bezeichneten VerVtjahrungsarten für gewisse Arten von Wertpapieren nicht gelten und die Vorschriften der Absätze 1, 2 für gewisse Arten von Wertpapieren abändern oder ergänzen. § 11 (betr. Umfang der Ermächtigung zur Tausch Verwahrung) § 12 (betr. Ermächtigung zur Verpfändung) § 13 (betr. Ermächtigung zur Verfügung über das Eigentum) § 14. Verwahrungsbuch (1) Der Verwahrer ist verpflichtet, ein Handelsbuch zu führen, in das jeder Hinterleger und Art, Nennbetrag oder Stückzahl, Nummern oder sonstige Bezeichnungsmerkmale der für ihn verwahrten Wertpapiere einzutragen sind. Wenn sich die Nummern oder sonstigen Bezeichnungsmerkmale aus Verzeichnissen er-

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B IV 2. Ges. über d. Verwahrung u. Anschaffung von Wertpapieren. §§ 15—18

geben, die neben dem Verwahrungsbuch geführt werden, genügt insoweit die Bezugnahme auf diese Verzeichnisse. (2) Die Eintragung eines Wertpapieres kann unterbleiben, wenn seine Verwahrung beendet ist, bevor die Eintragung bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang erfolgen konnte. (3) Die Vorschriften über die Führung eines Verwahrungsbuches gelten sinngemäß auch für die Sammelverwahrung. (4) Vertraut der Verwahrer die Wertpapiere einem Dritten an, so hat er den Ort der Niederlassung des Dritten im Verwahrungsbuch anzugeben. Ergibt sich der Name des Dritten nicht aus der sonstigen Buchführung, aus Verzeichnissen, die neben dem Verwahrungsbuch geführt werden, oder aus dem Schriftwechsel, so ist auch der Name des Dritten im Verwahrungsbuch anzugeben. Ist der Verwahrer zur Sammelverwahrung, zur Tauschverwahrung, zur Verpfändung oder zur Verfügung über das Eigentum ermächtigt, so hat er dies in dem Verwahrungsbuch ersichtlich zu machen. (5) Teilt ein Verwahrer dem Drittverwahrer mit, daß er nicht Eigentümer der von ihm dem Drittverwahrer anvertrauten Wertpapiere ist (§ 4 Abs. 3), so hat der Drittverwahrer dies bei der Eintragung im Verwahrungsbuch kenntlich zu machen. (6) Der Reichsminister der Justiz kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister weitere Bestimmungen über das Verwahrungsbuch erlassen. § 15 (betr. Unregelmäßige j Verwahrung, Wertpapierdarlehn) § 16 (betr. Befreiung von Formvorschriften)

§ 17. Pfand Verwahrung Werden einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes Wertpapiere unverschlossen als Pfand anvertraut, so hat der Pfandgläubiger die Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers. § 18. Stückeverzeichnis (1) Führt ein Kommissionär (§§ 383, 406 des Handelsgesetzbuches) einen Auftrag zum Einkauf von Wertpapieren aus, so hat er dem Kommittenten unverzüglich, spätestens binnen einer Woche ein Verzeichnis der gekauften Stücke zu übersenden. In dem Stückeverzeichnis sind die Wertpapiere nach Gattung, Nennbetrag, Nummern oder sonstigen Bezeichnungsmerkmalen zu bezeichnen. (2) Die Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses beginnt, falls der Kommissionär bei der Anzeige über die Ausführung des Auftrags einen Dritten als Verkäufer namhaft gemacht hat, mit dem Erwerb der Stücke, anderenfalls beginnt sie mit dem Ablauf des Zeitraums, innerhalb dessen der Kommissionär nach der Erstattung der Ausführungsanzeige die Stücke bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang ohne schuldhafte Verzögerung beziehen oder das Stückeverzeichnis von einer zur Verwahrung der Stücke bestimmten dritten Stelle erhalten konnte. (3) Mit der Absendung des Stückeverzeichnisses geht das Eigentum an den darin bezeichneten Wertpapieren, soweit der Kommissionär über sie zu verfügen berechtigt ist, auf den Kommittenten über, wenn es nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts schon früher auf ihn übergegangen ist.

B IV 2. Ges. üb. d. Verwahrung u. Anschaffung v. Wertpapieren. §§ 19, 20

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§ 19. Aussetzung der Übersendung des Stückeverzeichnisses (1) Der Kommissionär darf die Übersendung des Stückeverzeichnisses aussetzen, wenn er wegen der Forderungen, die ihm aus der Ausführung des Auftrages zustehen, nicht befriedigt ist und auch nicht Stundung bewilligt hat. Als Stundung gilt nicht die Einstellung des Kaufpreises ins Kontokorrent. (2) Der Kommissionär kann von der Befugnis des Absatzes 1 nur Gebrauch machen, wenn er dem Kommittenten erklärt, daß er die Übersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums an den Papieren bis zur Befriedigung wegen seiner Forderungen aus der Ausführung des Auftrages aussetzen werde. Die Erklärung muß, für das einzelne Geschäft gesondert, ausdrücklich und schriftlich abgegeben und binnen einer Woche nach Erstattung der Ausführungsanzeige abgesandt werden, sie darf nicht auf andere Urkunden verweisen. (3) Macht der Kommissionär von der Befugnis des Absatzes 1 Gebrauch, so beginnt die Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses frühestens mit dem Zeitpunkt, in dem der Kommissionär wegen seiner Forderungen aus der Ausführung des Auftrages befriedigt wird. (4) Stehen die Parteien miteinander im Kontokorrentverkehr (§ 355 des Handelsgesetzbuchs), so gilt der Kommissionär wegen der ihm aus der Ausführung des Auftrags zustehenden Forderungen als befriedigt, sobald die Summe der Habenposten die der Sollposten zum erstenmal erreicht oder übersteigt. Hierbei sind alle Posten zu berücksichtigen, die mit Wertstellung auf denselben Tag zu buchen waren. Führt der Kommissionär für den Kommittenten mehrere Konten, so ist das Konto, aus dem das Kommissionsgeschäft zu buchen war, allein maßgebend. (5) Ist der Kommissionär teilweise befriedigt, so darf er die Übersendung des Stückeverzeichnisses nicht aussetzen, wenn die Aussetzung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teiles, gegen Treu und Glauben verstoßen Würde. § 20. Übersendung des Stückeverzeichnisses auf Verlangen (1) Wenn der Kommissionär einem Kommittenten, mit dem er in Kontokorrentverkehr (§ 355 des Handelsgesetzbuchs) steht, für die Dauer der Geschäftsverbindung oder für begrenzte Zeit zusagt, daß er in bestimmtem Umfange oder ohne besondere Begrenzung für ihn Aufträge zur Anschaffung von Wertpapieren auch ohne alsbaldige Berichtigung des Kaufpreises ausführen werde, so kann er sich dabei vorbehalten, Stückeverzeichnisse erst auf Verlangen des Kommittenten zu übersenden. (2) Der Kommissionär kann von dem Vorbehalt des Absatzes 1 nur Gebrauch machen, wenn er dem Kommittenten bei Erstattung der Ausführungsanzeige schriftlich mitteilt, daß er die Übersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums an den Papieren erst auf Verlangen des Kommittenten ausführen werde. (3) Erklärt der Kommittent, daß er die Übersendung des Stückeverzeichnisses verlange, so beginnt die Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses frühestens mit dem Zeitpunkt, in dem die Erklärung dem Kommissionär zugeht. Die Aufforderung muß schriftlich erfolgen und die Wertpapiere, die in das Stückeverzeichnis aufgenommen werden sollen, genau bezeichnen.

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B IV 2. Ges. über d. Verwahrung u. Anschaffung von Wertpapieren. §§ 21—24, 26

§ 21. Befugnis zur Aussetzung und Befugnis zur Übersendung auf Verlangen Will der Kommissionär die Übersendung des Stückeverzeichnisses sowohl deshalb aussetzen, weil er wegen seiner Forderungen nicht befriedigt ist (§ 19), als auch deshalb, weil er sich die Aussetzung mit Rücksicht auf die Besonderheit des Kontokorrentverkehrs mit dem Kommittenten vorbehalten hat (§ 20), so hat er dem Kommittenten bei Erstattung der Ausführungsanzeige schriftlich mitzuteilen, daß er die Übersendung des Stückeverzeichnisses und damit die Übertragung des Eigentums an den Papieren erst auf Verlangen des Kommittenten, frühestens jedoch nach Befriedigung wegen seiner Forderungen aus der Ausführung des Auftrags ausführen werden.

§ 22. Stückeverzeichnis beim Auslandsgeschäft (1) Wenn die Wertpapiere vereinbarungsgemäß im Ausland angeschafft und aufbewahrt werden, braucht der Kommissionär das Stückeverzeichnis erst auf Verlangen des Kommittenten zu übersenden. Der Kommittent kann die Übersendung jederzeit verlangen, es sei denn, daß ausländisches Recht der Übertragung des Eigentums an den Wertpapieren durch Absendung des Stückeverzeichnisses entgegensteht, oder daß der Kommissionär nach § 19 Abs. 1 berechtigt ist, die Übersendung auszusetzen. (2) Erklärt der Kommittent, daß er die Übersendung des Stückeverzeichnisses verlange, so beginnt die Frist zur Übersendung des Stückeverzeichnisses frühestens mit dem Zeitpunkt, in dem die Erklärung dem Kommissionär zugeht. Die Aufforderung muß schriftlich erfolgen und die Wertpapiere, die in das Stückeverzeichnis aufgenommen werden sollen, genau bezeichnen.

§ 23. Befreiung von der Übersendung des Stückeverzeichnisses Die Übersendung des Stückeverzeichnisses kann unterbleiben, soweit innerhalb der dafür bestimmten Frist (§§ 18 bis 22) die Wertpapiere dem Kommittenten ausgeliefert sind oder ein Auftrag des Kommittenten zur Wiederveräußerung ausgeführt ist.

§ 24. Erfüllung durch Übertragung von Miteigentum am Sammelbestand (1) Der Kommissionär kann sich von seiner Verpflichtung, dem Kommittenten Eigentum an bestimmten Stücken zu verschaffen, dadurch befreien, daß er ihm Miteigentum an den zum Sammelbestand einer Wertpapiersammelbank gehörenden Wertpapieren verschafft; durch Verschaffung von Miteigentum an den zum Sammelbestand eines anderen Verwahrers gehörenden Wertpapieren kann er sich nur befreien, wenn der Kommittent im einzelnen Falle ausdrücklich und schriftlich zustimmt. (2) Mit der Eintragung des Übertragungsvermerks im Verwahrungsbuch des Kommissionärs geht, soweit der Kommissionär verfügungsberechtigt ist, das Miteigentum auf den Kommittenten über, wenn es nicht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts schon früher auf ihn übergegangen ist. Der Kommissionär hat dem Kommittenten die Verschaffung des Miteigentums unverzüglich mitzuteilen.

§ 26. Stückeverzeichnis beim Auftrag zum Umtausch und zur Geltendmachung eines Bezugsrechts Der Kommissionär, der einen Auftrag zum Umtausch von Wertpapieren oder von Sammelbestandanteilen gegen Wertpapiere oder einen Auftrag zur Geltend-

B I V 2. Ges. üb. d. Verwahrung u. Anschaffung v. Wertpapieren. §§ 28—36

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machung eines Bezugsrechts auf Wertpapiere ausführt, hat binnen zwei Wochen nach dem Empfang der neuen Stücke dem Kommittenten ein Verzeichnis der Stücke zu übersenden, soweit er ihm die Stücke nicht innerhalb dieser Frist aushändigt. In dem Stückeverzeichnis sind die Wertpapiere nach Gattung, Nennbetrag, Nummern oder sonstigen Bezeichnungsmerkmalen zu bezeichnen. Im übrigen finden die §§ 18 bis 24 Anwendung, § 25 ist insoweit anzuwenden, als der Kommittent nur Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann. § 28 (betr. Unabdingbarkeit der Verpflichtungen des Kommissionärs) § 29. Verwahrung durch den Kommissionär Der Kommissionär hat bezüglich der in seinem Besitz befindlichen, in das Eigentum oder Miteigentum des Kommittenten übergegangenen Wertpapiere die Pflichten und Befugnisse eines Verwahrers. § 30 (betr. beschränkte Geltendmachung von Pfand- und Zurückbehaltüngsrechten bei dem Kommissionsgeschäft) § 31. Eigenhändler. Selbsteintritt Die §§ 18 bis 30 gelten sinngemäß, wenn ein Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes Wertpapiere als Eigenhändler verkauft oder umtauscht oder einen Auftrag zum Einkauf oder zum Umtausch von Wertpapieren im Wege des Selbsteintritts ausführt. § 34. Depotunterschlagung (1) Ein Kaufmann, der, abgesehen von den Fällen der §§ 246, 266 des Strafgesetzbuches und des § 95 Abs. 1 Nr. 2 des Börsengesetzes, eigenen oder fremden Vorteils wegen1) 1. über ein Wertpapier der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Art, das ihm als Verwahrer oder Pfandgläubiger anvertraut worden ist, oder das er als Kommissionär für den Kommittenten in Besitz hat, rechtswidrig verfügt; 2. einen Sammelbestand solcher Wertpapiere oder den Anteil an einem solchen Bestand dem § 6 Abs. 2 zuwider verringert oder darüber rechtswidrig verfügt, wird mit Gefängnis und Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefängnisstrafe Zuchthaus bis zu 5 Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Tat das Wohl des Volkes geschädigt oder einen anderen besonders großen Schaden zur Folge gehabt hat oder der Täter besonders arglistig gehandelt hat. § 35. Unwahre Angaben über das Eigentum Ein Kaufmann, der eigenen oder fremden Vorteils wegen eine Erklärung nach § 4 Abs. 2 wahrheitswidrig abgibt oder eine ihm nach § 4 Abs. 3 obliegende Mitteilung unterläßt, wird, wenn die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. § 3 6 . Strafantrag Ist in den Fällen der §§ 34, 35 der Täter ein Angehöriger (§ 52 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs) des Verletzten, so tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein. Die Zu § 3 4 : 1) Vgl^Anm. l a zu § 259 S t G B . 49

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B IV 2. Ges. über d. Verwahrung u. Anschaffung von Wertpapieren. §§ 37—39

Zurücknahme des Antrags ist zulässig. § 247 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuchs gelten sinngemäß.

§ 37. Strafbarkeit im Falle der Zahlungseinstellung oder der Konkurseröffnung Ein Kaufmann, der einer Vorschrift der §§ 2, 14 oder einer sich aus den §§18 bis 24, 26, 43 ergebenden Pflicht vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe bis zu 100000 Deutsche Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft, wenn1) er seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, und wenn durch die Zuwiderhandlung ein Anspruch des Berechtigten auf Aussonderung der Wertpapiere vereitelt oder die Durchführung eines solchen Anspruchs erschwert wird.

§ 38. Schwere Depotunterschlagung (1) Ein Kaufmann, der im Bewußtsein seiner Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein fremdes Wertpapier, das er im Betrieb seines Handelsgewerbes als Verwahrer, Pfandgläubiger oder Kommissionär im Besitz hat, sich oder einem anderen rechtswidrig zueignet 1 ), wird mit Zuchthaus bestraft, wenn2) er seine Zahlungen eingestellt hat, oder wenn über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist; dem Kommissionär steht ein Kaufmann gleich, der nach § 31 in Verbindung mit § 29 die Pflichten eines Verwahrers hat. (2) Die Vorschriften des Abs. 1 gelten auch für andere als die im § 1 Abs. 1 bezeichneten Wertpapiere. (3) In minder schweren Fällen 3 ) ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten.

§ 39. Strafbarkeit von Verwaltungsträgern juristischer Personen (1) Nach den §§ 34 bis 36 wird bestraft, Wer die dort mit Strafe bedrohte Handlung als Mitglied des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft, eines Vereins, einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts, als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, als Liquidator oder als Geschäftsleiter eines Unternehmens dieser Art in Ansehung von Wertpapieren begeht, die sich im Besitz des Unternehmens befinden oder von ihm einem Dritten ausgehändigt sind. (2) Nach § 37 wird jede der im Abs. 1 bezeichneten Personen bestraft, die einer Vorschrift der §§ 2, 14 oder einer sich aus den §§ 18 bis 24, 26, 43 ergebenden Pflicht vorsätzlich zuwiderhandelt, wenn das Unternehmen seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, und wenn durch die Zuwiderhandlung ein Anspruch des Berechtigten auf Aussonderung der Wertpapiere vereitelt oder die Durchführung eines solchen Anspruchs erschwert wird. (3) Nach § 38 wird jede der im Abs. 1 bezeichneten Personen bestraft, die im Bewußtsein der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens fremde Wertpapiere, die dieses als Verwahrer, Pfandgläubiger oder Kommissionär Z u § 37: 1) Die im folgenden bezeichneten Umstände sind objektive Bedingungen der Strafbarkeit für die vorsätzl. Zuwiderhandl. gegen §§ 2, 14 usw. Über Zahlungseinstellung vgl. Anm. 2 zu § 239 KO. — B IV 4 —. Z u § 38: 1) Vgl. Anm. 5 zu § 246 StGB. 2) Obj. Bedingung der Strafbarkeit. 3) S. Anm. 6 zu § 218 StGB.

§§ 40, 41. — B I V 3. Gesetz über das Kreditwesen. § 1

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im Besitz hat, sich oder einem anderen rechtswidrig zueignet, wenn das Unternehmen seine Zahlungen eingestellt hat, oder wenn über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist.

§ 40. Zuwiderhandlungen gegen besondere Bestimmungen bei der Sammelverwahrung und bei der Tauschverwahrung Wer vorsätzlich oder fahrlässig einer nach § 5 Abs. 4 oder nach § 10 Abs. 3 erlassenen Vorschrift zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft.

§ 41. Anwendung des Gesetzes auf öffentlich-rechtliche Banken sowie Sparkassen

Dieses Gesetz gilt für öffentlich-rechtliche Banken sowie für öffentliche oder dem öffentlichen Verkehr dienende Sparkassen auch dann, wenn sie keine Kaufmannseigenschaft haben.

B IV 3. Gesetz über das Kreditwesen*] Vom 25. September 1939 (RGBl. I S. 1955) (Auszug.)

I. Allgemeine Vorschriften § 1 . [Begriff des Kreditinstituts]

(1) Den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegen alle Unternehmungen, die Bank- oder Sparkassengeschäfte im Inland betreiben (Kreditinstitute). Bank- oder Sparkassengeschäfte sind insbesondere solche der nachstehend bezeichneten Art: a) die Annahme und Abgabe von Geldbeträgen ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden oder nicht 1 ); b) die Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere; c) die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere (Depotgeschäft) ; d) die Übernahme von Haftungen und Garantien für Dritte, soweit diese Geschäfte nicht von Versicherungsunternehmungen betrieben werden. (2) Zu den Kreditinstituten gehören auch Girokassen, Giroverbände, Girozentralen und sonstige Einrichtungen, welche dem Abrechnungsverkehr dienen. (3) Der Reichswirtschaftsminister kann andere Arten von Geschäften bezeichnen, durch deren Betrieb eine Unternehmung Kreditinstitut im Sinne dieses Gesetzes wird la ). (4) Das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen 2 ) entscheidet in Zweifelsfällen, ob eine Unternehmung als Kreditinstitut zu gelten hat. E s kann mit Zustimmung des Reichswirtschaftsministers Ausnahmen für Einzelfälle oder für bestimmte Zu B IV 3 : *) Schrifttum: Komment, von Reichardt, Berlin 1942; Pröhl, 2. Aufl. 1939. Zu § 1 : 1) Eine nach § 3 genehmigungsbedürftige Banktätigkeit übt auch aus, wer, ohne als Händler dem eigenen Warenumsatz zu dienen, seinenNutzen aus der Annahme undHergabe fremder Gelder in zahlreichen Einzelbeträgen auf Kreditbasis zieht und auf diese Weise den Erwerb von Wirtschaftsgütern finanziert, mag er auch seinen Kunden keine Zinsen zahlen und seine Rente aus den gewährten Krediten nicht in Form von Zinssätzen, sondern von Teilzahlungsaufschlägen, Auskunfts- und Bearbeitungsgebühren usw. ziehen. B G H . N J W . 53, 1680. Dagegen liegt keine Bank(Sparkassen-) tätigkeit vor, wenn der Verkäufer Teilleistungen des Käufers auf den Kaufpreis vor Lieferung der gekauften Ware entgegennimmt; das gilt auch beim Gattungskauf. B G H . N J W . 53, 1801 mit abl. Anm. von Bergmann. la) Die Befugnis zur Ergänzung des Ges. ist erloschen. Art. 129 GG. 2) An die Stelle des Reichsaufsichtsamts sind die landesrechtlichen Bankaufsichtsbehörden getreten. B G H . N J W . 53, 1680. — Abs. 4 schließt die Herbeiführung einer verwaltungsgerichtl. Entscheidung über die Erlaubnispflicht nicht aus. 49»

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B IV 3. Gesetz über das Kreditwesen. §§ 2, 3, 46, 47

Arten von Geschäften zulassen. Seine Entscheidung bindet die Gerichte und Verwaltungsbehörden .

§ 2. [Unanwendbarkeit des Gesetzes] (1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf a) die Deutsche Reichsbank 1 ), b) die Deutsche Golddiskontbank,

c) die Deutsche Reichspost mit ihren Ämtern und Amtsstellen, d) (betr. als gemeinnützige Wohnungsunternehmen oder als Organ der staatlichen Wohnungspolitik anerkannte Unternehmen, sofern sie nicht überwiegend Bankgeschäfte der im § 1 bezeichneten Art betreiben); e) die Unternehmungen, die das Pfandleihgewerbe betreiben; f) (betr. private und öffentlichrechtliche Bausparkassen). (2) Für Unternehmungen der im Abs. 1 Buchst, d bis f bezeichneten Art gelten jedoch die Vorschriften dieses Gesetzes insoweit, als sie neben dem ihnen eigentümlichen Geschäftsbetrieb Geschäfte der im § 1 bezeichneten Art betreiben. In Zweifelsfällen entscheidet der Reichswirtschaftsminister, ob für solche Unternehmungen die Vorschriften dieses Gesetzes zu gelten haben.

II. Erlaubnis und Untersagung § 3. [Erlaubnispflicht] (1) Unternehmungen, welche Geschäfte von Kreditinstituten im Inland betreiben wollen, bedürfen dazu der Erlaubnis. Für die Erteilung der Erlaubnis ist das Reichsaufsichtsamt1) zuständig. (2 )

X. Zwangsmittel und Strafen § 46. [Verletzung der Erlaubnispflicht] (1) Wer die Geschäfte eines Kreditinstituts ohne die erforderliche Erlaubnis betreibt 1 ), den Geschäftsbetrieb eines Kreditinstituts trotz Untersagung fortführt oder einen eingestellten Geschäftsbetrieb ohne Erlaubnis wieder eröffnet, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Reichsaufsichtsamts2) ein.

§ 47. [Falsche Angaben, Schweigepflichtverletzung, Kreditverleumdung] (1) Mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird, soweit nach anderen Gesetzen nicht schwerere Strafen verwirkt sind, bestraft, wer vorsätzlich a) auf die Aufforderung zur Auskunftserteilung gegenüber dem Reichsaufsichtsamt 1 ) oder Organen und Personen, deren es sich zur Erfüllung seiner Obliegenheiten bedient, falsche Angaben macht; Zu § 2: 1) jetzt: die Bank deutscher Länder und die Landeszentralbanken. Zu § 3: 1) S. Anm. 2 zu § 1. Zu § 46: 1) Zur inneren Tatseite ist Vorsatz erforderlich; dazu genügt das Bewußtsein des Täters, daß er w i r t s c h a f t l i c h die Aufgaben eines Kreditinstituts wahrnimmt. BGH. NJW, 53, 1680. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 1. Zu § 47: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 1.

§ 48. — B IV 4. Konkursordnung. § 239

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b) seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt2) oder Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die er bei der Wahrnehmung seiner Obliegenheiten erfahren hat, unbefugt verwertet3); 4 c) ) wider besseres Wissen unwahre Behauptungen aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, den Kredit eines Kreditinstituts zu schädigen oder zu gefährden. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Reichsaufsichtsamts1), im Falle des Abs. 1 Buchst, b nur auf Antrag des Reichswirtschaftsministers5) ein. § 48. [Krediterschleichung] Mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird, soweit nach anderen Vorschriften nicht schwerere Strafen verwirkt sind1), bestraft, wer vorsätzlich zur Erlangung oder Erweiterung eines Kredits oder Erzielung günstigerer Kreditbedingungen unwahre Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen oder Vermögensübersichten einem Kreditinstitut einreicht oder einem solchen gegenüber wissentlich2) falsche Erklärungen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse abgibt, auch wenn es nicht zur Kreditgewährung kommt.

BIV 4. Konkursordnung Vom 10. Februar 1877 i. d. Fass. des Gesetzes v. 17. Mai 1898*) (RGBl. 1877 S. 351, 1898 S. 612) (Auszug) § 239. [Betrügerischer Bankrott] (1) Schuldner1), welche ihre Zahlungen eingestellt haben2), oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden3) ist, werden wegen betrüglichen 2) Die Vorschrift richtet sich gegen die Angehörigen der in Abs. l a ) bezeichneten Stellen, denen gegenüber eine Auskunftspflicht besteht. Die Verschwiegenheitspflicht umfaßt alle Tatsachen, deren Geheimhaltung ausdrücklich verlangt oder stillschweigend erwartet wird oder durch Anordnungen der in Abs. l a bezeichneten Stellen vorgeschrieben ist. § 47 ist subsidiär, soweit nach §§ 353b und c StGB, schwerere Strafen verwirkt sind. 3) Vgl. Anm. 4 und 14 zu § 17 UWG. — B I I I 6 —. 4) Abs. 1 Buchst, c verschärft die in § 187 StGB, vorgesehene Strafe gegen Kreditgefährdung, wenn die Tat gegen Kreditinstitute begangen wird, indem er die Höchststrafe (in § 187 StGB. 2 Jahre Gefängnis) auf 5 Jahre festsetzt und Geldstrafe neben Gefängnisstrafe zuläßt; insoweit ist § 47 lex specialis. Soweit § 187 StGB, (bei öffentl. Tatbegehung) erhöhte Mindeststrafe (1 Monat Gefängnis) androht, ist § 47 subsidiär (,,soweit nicht nach anderen Gesetzen verwirkt sind"). Vgl. im übrigen die Anm. zu § 187 StGB. 5) jetzt: des zuständigen Landesministers. Zu § 48: 1) § 48 ist subsidiär gegenüber § 263. E. 73, 229. 2) = vorsätzlich unter Ausschluß des bedingten Vorsatzes. Z u B IV 4: *) Schrifttum: Jaeger, Kommentar 7. Aufl.; LK. 7. Aufl. Bd. II S. 543ff. Krantz DRiZ. 1954, 71. Mathieu, Rechtsprechung d. B G H . zu Strafbest. der KO. GA 1954, 225. Die §§ 239 ff. sind an die Stelle der §§ 281 ff. StGB, getreten. Zu § 239: 1) Wer Schuldner ist, richtet sich nicht nach dem äußeren Rechtsschein, sondern nach den tatsächlichen Verhältnissen (E. 69, 68); beim Vorliegen eines solchen Rechtsscheins bedarf es besonders eingehender Feststellungen über die Art des Rechtsverhältnisses. B G H . v. 10. 4. 52, GA. 1953, 73; a. M. LK. S. 547; anders E. 29, 103; E. 49, 321. Täter ist der tatsächliche Geschäftsinhaber, BGH. v. 22. 1. 52, GA. 1953, 73. Leben Eheleute in Gütergemeinschaft, so sind sie beide als Schuldner anzusehen. E. 9, 161; insbesondere ist

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B I V 4. K o n k u r s o r d n u n g . § 239

Bankrotts mit Zuchthaus bestraft 4 ), wenn sie in der Absicht, ihre Gläubiger 5 ) zu benachteiligen 6 ): die in Gütergemeinschaft lebende E h e f r a u Schuldnerin der persönlichen Gläubiger des E h e m a n n s . E . 68, 108. E i n Gesellschafter wird nicht d a d u r c h straflos, d a ß er vor der K o n k u r s eröffnung aus der offenen Handelsgesellschaft ausscheidet. E . 35, 83. Der K o m m a n d i t i s t ist, a u c h wenn er Geschäftsführungsbefugnisse h a t , nicht Schuldner. R G . J R . 2 Nr. 1588; vgl. E . 69, 69. Ebensowenig der Geschäftsführer der G m b H . E . 60, 234. I m Falle eines N a c h l a ß konkurses ist der Erbe, der selbst in unzulässiger Weise Vermögensstücke des überschuldeten Nachlasses zu seiner eigenen Befriedigung verwendet, aus § 239, nicht aus § 241 s t r a f b a r . E . 68, 368. 2) Zahlungseinstellung ist a u c h dann v o r h a n d e n , wenn a n sich Zahlungsfähigkeit besteht, sei es, d a ß der Schuldner sich über seine Fähigkeit t ä u s c h t oder t r o t z seiner i h m b e k a n n t e n Fähigkeit nicht zahlen will, auch wenn ein einziger Gläubiger n i c h t befriedigt ist. E . 41, 312. B G H . v. 22. 1. 52, GA. 1953, 73. Der Schuldner m u ß d a u e r n d u n d allgemein a u f g e h ö r t h a b e n , seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. R G . J W . 60 (1931), 2135. Allgemeine G e l d k n a p p h e i t ist kein Beweisgrund gegen eine Zahlungseinstellung. R G . J W . 55 (1926), 591. Zahlungseinstellung u n d K o n k u r s e r ö f f n u n g sind objektive Bedingungen der S t r a f b a r k e i t u n d b r a u c h e n d a h e r v o m Vorsatz nicht mit u m f a ß t zu werden. E . 45, 88; B G H S t . 1, 190. Ob die Zahlungseinstellung oder K o n k u r s e r ö f f n u n g der B a n k r o t t h a n d l u n g vorausgegangen oder n a c h gefolgt sind, ist unerheblich. E . 22, 436. E . 65, 416. Zwischen der B a n k r o t t h a n d l u n g u n d der K o n k u r s e r ö f f n u n g (Zahlungseinstellung) m u ß eine persönliche Beziehung in der Weise bestehen, d a ß dieselben Gläubiger, die d u r c h die B a n k r o t t h a n d l u n g benachteiligt werden können, wenigstens z. T. auch durch K o n k u r s e r ö f f n u n g (Zahlungseinstellung) benachteiligt werden. E . 26, 85; R G . J W . 60 (1931), 2573. Dies ist der Fall, wenn die Forderungen mehrerer Gläubiger, die schon z. Z. der B a n k r o t t h a n d l u n g bestanden, z. Z. der Zahlungseinstellung noch nicht getilgt waren. B G H . v. 20. 3. 51, GA. 1953, 73. Kein Versuch, wenn Zahlungseinstellung oder K o n k u r s e r ö f f n u n g nicht erfolgt ist. L K . S. 545 (Vorbem. I 2). Keine t ä t i g e Reue, wenn der Schuldner n a c h der Zahlungseinstellung beiseitegeschaffte Vermögensstücke vor der K o n k u r s eröffnung dem Verwalter wieder zur Verfügung stellt. R G . D R Z . 22 (1930) Nr. 760. 3) Bei der K o n k u r s e r ö f f n u n g ist allein entscheidend, d a ß sie d u r c h den Zivilrichter r e c h t s k r ä f t i g eröffnet ist. E . 26, 37. D e m S t r a f r i c h t e r ist die N a c h p r ü f u n g der Grundlagen des Eröffnungsbeschlusses entzogen. R G . R e c h t 15 Nr. 1859. D u r c h die nachträgliche Einstellung des K o n k u r s v e r f a h r e n s wird die strafrechtliche W i r k u n g der K o n k u r s e r ö f f n u n g nicht b e seitigt. L K . Vorbem. I 3 S. 546. 4) Nach der Rechtspr. des R G . war zwischen mehreren an sich selbständigen B a n k r o t t handlungen (§§ 239, 240) T a t e i n h e i t a n z u n e h m e n , wenn ihre S t r a f b a r k e i t d u r c h dieselbe Zahlungseinstellung oder K o n k u r s e r ö f f n u n g b e d i n g t ist (vgl. z. B. E . 71, 375; 72, 304); das gleiche w u r d e beim Z u s a m m e n t r e f f e n mit anderen T a t b e s t ä n d e n (z. B. §§ 37 f. Depotges. — B I V 2 — oder § 5 f Bauforderungsges.), in denen Zahlungseinstellung oder K o n k u r s e r ö f f n u n g obj. Strafbarkeitsbedingung ist, a n g e n o m m e n (RG. D J Z . 1924, 319). Mit R e c h t h a t B G H S t . 1, 190; 3, 26 diese A u f f a s s u n g aufgegeben, d a die Zahlungseinstellung oder K o n k u r s e r ö f f n u n g als bloße S t r a f b a r k e i t s b e d i n g u n g den mehreren zeitl. g e h e m m t e n B a n k r o t t h a n d l u n g e n die rechtl. Selbständigkeit nicht n e h m e n k a n n . Tateinheit ist möglich zwischen Beihilfe zu § 239 N r . 1, 2 u n d § 242, d a sich im Fall des § 242 der Schuldner einer B a n k r o t t h a n d l u n g nicht schuldig gemacht zu h a b e n b r a u c h t . E . 21, 291; R G . D a s R e c h t 1939 Nr. 6938; a . M . L K . I zu § 242. Tateinheit zwischen § 239 Abs. 1 Nr. 1 u n d § 241 ist möglich, wenn dem begünstigten Gläubiger höhere W e r t e zugewendet werden als seiner F o r d e r u n g entspricht, E . 6, 94; B G H . v. 24. 6. 52, GA. 1953, 76. M i t t ä t e r s c h a f t zweier Personen ist im Falle des § 239 begrifflich bedingt einerseits d u r c h den U m s t a n d , d a ß bezüglich beider e n t w e d e r Zahlungseinstellung oder K o n k u r s e r ö f f n u n g vorliegt, andererseits durch — wenigstens teilweise — Gemeinsamkeit der Gläubigerschaft, deren Benachteiligung von beiden beabsichtigt wird. E . 31, 407. B a n k r o t t h a n d l u n g e n , die sich auf eine in K o n k u r s geratene ausländische AG. beziehen, unterliegen dem deutschen S t r a f r e c h t . R G . D R Z . 27 (1935) Nr. 246. 5) Die Gläubigergesamtheit m u ß geschädigt werden u n d zwar d u r c h S c h m ä l e r u n g der Masse, die zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dienen soll. R G . J W . 67 (1938), 2005. W e n n der Gemeinschuldner n u r e i n e n Gläubiger benachteiligen will, so ist der innere T a t b e s t a n d erst erfüllt, wenn A. wenigstens das Bewußtsein h a t t e , d a ß seine H a n d l u n g die Schädigung a u c h der a n d e r e n Gläubiger zur unausbleiblichen Folge h a b e n m u ß t e . R G . J W . 64 (1935), 1495. 6) E r f o r d e r t wird der bestimmte, auf die H e r b e i f ü h r u n g des Erfolgs, nämlich die Benachteiligung der Gläubiger gerichtete Wille. E . 39, 136 (138). Bedingter Vorsatz ist nicht ausreichend. E . 66, 88. Andererseits b r a u c h t die Gläubigerbenachteiligung nicht der v o m Gemeinschuldner verfolgte Endzweck zu sein. R G . J W . 63 (1934), 1290. Die B e s t i m m u n g ist

B I V 4. K o n k u r s o r d n u n g . § 239

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1. Vermögensstücke7) verheimlicht8) oder beiseite geschafft haben 9 ); 2. Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt haben, welche ganz oder teilweise erdichtet sind10); nicht deshalb u n a n w e n d b a r , weil dem Schuldner die k ü n f t i g e Gesundung seines Betriebes u n d die spätere Befriedigung seiner Gläubiger vorschwebte. R G . J W . 63 (1934), 1500, B G H . v. 23. 9. 52, GA. 1953, 73. 7) Vermögensstücke sind solche Geldwerte, die im Falle des K o n k u r s e s in die Masse fallen; vgl. E . 72, 252. N a c h Auflösung des Geschäfts u n t e r f ä l l t auch die Geschäftseinrichtung der Konkursmasse. B G H . v. 10. 4. 52, GA. 1953, 74. Dazu gehören also a u c h Sachen, die der Gemeinschuldner einem Gläubiger zur Sicherung übereignet h a t selbst d a n n , wenn die gesicherte F o r d e r u n g ihrem W e r t e gleich k o m m t oder ihn übersteigt. B G H S t . 5 , 119 u n d die A n w a r t s c h a f t des Gemeinschuldners, eine von ihm gekaufte, im E i g e n t u m s v o r b e h a l t des Verkäufers stehende Sache d u r c h Zahlung des K a u f p r e i s e s zu eigen zu erwerben. B G H S t . 3, 32. N i c h t dazu gehört die F i r m a mit ihrem alten Ruf u n d Kundenkreis, d a sie nicht dem Zugriff der Gläubiger unterliegt. B G H . v. 30. 10. 52, GA. 1953, 73. Gehörten die Gegenstände nicht zur K o n k u r s masse, z. B. n a c h § 811 ZPO., hielt sie der Schuldner aber f ü r p f ä n d b a r , so k o m m t Versuch in B e t r a c h t . B G H . v. 8. 7. 52, GA. 1953, 73. S. a u c h A n m . 9. 8) D a r u n t e r ist (vgl. A n m . 6 zu § 259 StGB.) jede V e r a n s t a l t u n g zu verstehen, d u r c h die d a s Vorhandensein oder die Zugehörigkeit zur Masse eines Vermögensstückes, das der Vollstreckung unterliegt, der K e n n t n i s des Verwalters, der Gläubiger oder des Vollstreckungsb e a m t e n u n d d a d u r c h d e m Zugriff entzogen wird. E . 67, 365. Verheimlichen k a n n liegen in der Nichtablieferung von Bargeld an K o n k u r s v e r w a l t e r . R G . D a s R e c h t 1939 Nr. 6559; a u c h in der B e h a u p t u n g eines H e r a u s g a b e a n s p r u c h s d r i t t e r Personen. E . 64, 138; in der E r t e i l u n g wissentlich falscher A u s k u n f t des Gemeinschuldners an K o n k u r s v e r w a l t e r . E . 62, 152; in der Unterlassung der Berichtigung einer unvollständigen A u s k u n f t des K o n k u r s verwalters sowie in der E n t f e r n u n g bereits einem Gläubiger w i r k s a m zur Sicherung übereigneter Sachen (Verheimlichung des Anspruchs auf Rückgewähr). R G . J R . 3 N r . 2260 u n d 2259; nicht in d e m Verschweigen einer Vollmacht zu V e r f ü g u n g e n über den Gegenstand (Grundstück) eines D r i t t e n . R G . J W . 63 (1934), 2559. 9) D a r u n t e r ist eine T ä t i g k e i t zu verstehen, die ein Vermögensstück aus seiner bisherigen L a g e oder seinem n a t ü r l i c h e n Verlauf in eine andere L a g e u n d in einen a n d e r e n Verlauf versetzt. E . 64, 138. Beiseite geschafft werden k ö n n e n a u c h F o r d e r u n g e n d u r c h A b t r e t u n g a n einen anderen. E r k . v. 27. 10. 1927, Stenglein Nebengesetze A n m . 6; u n d unbewegliche Sachen. E . 2, 118, sofern der d u r c h die V e r ä n d e r u n g erzielte Gegenwert keinen e n t sprechenden Ausgleich bietet. Der Begriff des Beiseiteschaffens u m f a ß t — a n d e r s als in § 288 S t G B . — sowohl die rechtlichen wie auch die rein tatsächlichen Verfügungen. E . 62, 277. Voraussetzung ist, d a ß die Vermögensverschiebungen den R a h m e n einer o r d n u n g s g e m ä ß e n W i r t s c h a f t s f ü h r u n g verlassen, w ä h r e n d das einfache Bewirken der geschuldeten Leistung straflos ist. E . 71, 227; 62, 277. Die Ü b e r n a h m e von Vertragsverpflichtungen ohne gleichzeitigen E r w e r b von Vertragsrechten fällt aus d e m R a h m e n eines o r d n u n g s g e m ä ß e n Geschäftsgebahrens. B G H . v. 4. 12. 51, GA. 1953, 74. — Versuch k a n n in der Auflassung (ohne E i n tragung) liegen. E . 61, 107. Die bloße T a t s a c h e der E i n t r a g u n g , gleichviel w a n n ein A n t r a g gestellt ist, k a n n schon vollendete Beiseiteschaffung sein. E . 62, 152. Sie liegt auch in der Eint r a g u n g einer V o r m e r k u n g zur Sicherung des d u r c h den K a u f v e r t r a g b e g r ü n d e t e n Auflassungsanspruchs. R G . D R Z . 26 (1934) Nr. 315; oder darin, d a ß der E i g e n t ü m e r d u r c h Erteilung der Löschungsbewilligung zur L ö s c h u n g der ihm zustehenden Grundschuld m i t w i r k t . E . 62, 277; a u c h in der B e l a s t u n g eines G r u n d s t ü c k s m i t P f a n d r e c h t e n zugunsten D r i t t e r . E . 66, 130. H i e r h e r gehören nicht Sachen, die der Zwangsvollstreckung g e m ä ß § 811 Z P O . entzogen sind. R G . GA. 47, 158. W e n n bei einer Handelsgesellschaft n u r über das Gesellschaftsvermögen der K o n k u r s eröffnet ist, so k a n n der einzelne Teilhaber nicht P r i v a t v e r m ö g e n s s t ü c k e beiseite schaffen. R G . GA. 37, 314. N a c h Zahlungseinstellung vorgenommene N o t v e r k ä u f e , die der B e s c h a f f u n g dringendster Lebensbedürfnisse dienen, sind kein Beiseiteschaffen. B G H . N J W . 1952, 898; auch nicht ein V e r b r a u c h von Geld oder a n d e r e n Gegenständen zum Lebensu n t e r h a l t . E . 66, 88. — Zerstören einer Sache fällt u n t e r den Begriff des Beiseiteschaffens. Olshausen A n m . 8. § 239 Nr. 1 wird a n sich d u r c h § 241 ausgeschlossen. W i r d jedoch ein Gläubiger im Ü b e r m a ß , d. h. über das Maß seiner F o r d e r u n g h i n a u s begünstigt, so liegt zwischen beiden T a t b e s t ä n d e n T a t e i n h e i t vor. B G H . v. 10. 7. 1951 u n d 30. 10. 1952, GA. 1953, 74. Desgleichen m i t Meineid (§ 807 ZPO.), der geleistet wird, u m die Gläubiger d u r c h Verschweigen einer F o r d e r u n g zu benachteiligen. B G H . v. 10. 7. 51, GA. 1953, 74. 10) A n e r k e n n e n u n d Aufstellen u m f a ß t j e d e rechtl. H a n d l u n g , d u r c h die der Schuldner die Möglichkeit gewinnt, d u r c h fingierte, also in Wirklichkeit nicht bestehende Passiva die

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B IV 4. Konkursordnung. § 239

3. Handelsbücher) zu führen unterlassen haben11) deren Führung ihnen gesetzlich 12 ) oblag 13 ) 14 ), oder Gläubigergesamtheit zu benachteiligen. E. 62, 288. Die buchmäßige Vortäuschung des Empfangs eines Darlehens und seiner Rückzahlung sowie des Entstehens und der Tilgung einer Gehaltsnachforderung ist keine Aufstellung einer erdichteten Forderung, da die Forderung nicht als noch bestehend hingestellt wird. RG. HRR. 1928 Nr. 1548. BGH. GA. 1953, 74. Das A n e r k e n n e n eines erdichteten Rechtsgeschäfts usw. setzt voraus, daß der Schuldner mit dem angeblichen Gläubiger zusammengewirkt hat. Fehlt es hieran, so kann ein Aufstellen des erdichteten Rechtsgeschäfts usw. vorliegen; hierzu ist erforderlich, daß das Rechtsgeschäft oder die Schuld anderen gegenüber geltend gemacht wird (str.). Das kann durch Eintragung in die Bücher und deren Zugänglichmachung an den Konkursverwalter geschehen. BGH. v. 5. 2. 1953, GA. 1953, 74. Die Anerkennung braucht nicht im Konkursverfahren zu erfolgen. Es ist auch nicht eine Geltendmachung der erdichteten Forderung durch den Schuldner nötig. E. 62, 287. RG. Recht 33 Nr. 854. Es genügt nicht die bloße Unterlassung der zulässigen Rechtsbehelfe. Der Grund der Unterlassung muß festgestellt werden. RG. D JZ. 33 (1928), 665. Anerkennen liegt z. B. in dem Bestätigen der Schuld dem Konkursverwalter gegenüber. RG. JR. 2 Nr. 2201. Erdichtet ist die Forderung (Schuld) nur dann, wenn sie im Bewußtsein ihrer vollkommenen Unvertretbarkeit, also lediglich zum Schein geltend gemacht wird. RG. JW. 67 (1938), 1885. Hiermit kann ein Offenbarungsmeineid in Tateinheit stehen. E. 64, 42. 11) Ein Unterlassen der Führung von Handelsbüchern liegt nur dann vor, wenn überhaupt keine Handelsbücher geführt sind. RG. Recht 10, 569, nicht, wenn sie nur unordentlich geführt sind. E. 30, 170. Die nachträgliche Anlegung neuer Bücher ist keine Buchführung. E. 39, 217. Die unterlassene Führung von Handelsbüchern wird nicht entschuldigt durch die persönliche Unfähigkeit, Bücher zu führen. RG. GA. 48, 362. Unter Umständen kann jedoch die Verantwortung entfallen. Siehe RG. DR. 1943, 1138.Bloße Notizbücher sind keine Handelsbücher. R. 3, 304; auch nicht Geheimbücher, die mit den Geschäftsbüchern in keinem Zusammenhang stehen. RG. Recht 11 Nr. 2658; ebensowenig genügt eine Buchführung auf losen Blättern. E. 17, 301; E. 50, 131. 12) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Handelsbücher zu führen, § 38 HGB.; diese Vorschrift findet aber nach § 4 HGB. auf Handwerker und Händler ohne in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb keine Anwendung; vgl. jedoch Anm. 15. Durch die Verbindung von zwei Geschäftszweigen zu einem Unternehmen kann das Gesamtunternehmen einen Umfang erhalten, der über den eines Kleingewerbes hinausgeht. RG. HRR. 1932 Nr. 218. Entscheidend kommt es darauf an, ob der Betrieb auf der persönlichen, auf Handfertigkeit beruhenden Arbeit oder Mitarbeit des Unternehmers aufgebaut ist. RG. DR. 1943, 1138. Eine offene Handelsgesellschaft ist zur Führung von Büchern verpflichtet, auch wenn sie zeitweilig nur Geschäfte von geringem Umfang zu erzielen vermag. RG. GA. 60, 76. Auch führungspflichtig ist eine als GmbH, gegründete Gesellschaft schon vor ihrer Eintragung ins Handelsregister. BGH St. 3, 23. Eine kaufmännische Buchführung wird angenommen werden dürfen, wenn eine Buchführung angewendet worden ist, welche durch ihre Form und die bei ihrer Handhabung festgehaltenen besonderen Regeln und Grundsätze das durch eines der geltenden besonderen Systeme der kaufmännischen Buchführung verbürgte Ergebnis ebenfalls erreicht. E. 25, 36. Die Buchführung muß nicht nur den rein rechnungsmäßigen Aktiv- oder Passivbestand des Vermögens ergeben, sondern sie muß auch für jeden beliebigen Zeitpunkt der Vergangenheit eine Ubersicht des Vermögensstandes gewähren. RG. DJZ. 16 (1911), 820. Aus den Büchern eines Einzelkaufmanns muß hervorgehen, ob er Vermögensstücke besitzt, die nicht den Zwecken seines Handelsgewerbes dienen. Über sein Privatvermögen braucht er aber Bücher nicht zu führen. E. 41, 41. 13) Die Pflicht, die Bücher zu führen, dauert so lange, bis die Lösung der in dem Geschäft übernommenen Verbindlichkeiten erfolgt ist. E. 4, 41. Sie trifft stets nur den wirklichen Geschäftsherrn. E. 26, 187; den Kaufmann, nicht den stillen Teilhaber. RG. DJZ. 34 (1929), 1416, bei einer OHG. jeden vertretungsberechtigten Gesellschafter (er kann nicht durch Vertrag von der Buchführung entbunden werden. RG. JW. 37 (1908), 604). Ein Handelsmäkler, der Vollkaufmann ist, muß neben seinem Tagebuch auch Handelsbücher führen. E. 46, 102. Auch der tatsächliche Leiter einer GmbH., der nicht eingetragener Geschäftsführer, ist verantwortlich. E. 71, 112. Für die Verpflichtung zur Buchführung kommt es wesentlich auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung an. E. 26, 385. Belanglos ist es, ob die Buchführungspflicht gerade im Zeitpunkt der Zahlungseinstellung noch bestand. RG. JW. 63 (1934), 841. 14) B a u u n t e r n e h m e r sind zur Führung von Handelsbüchern nicht verpflichtet, E. 19, 363; E. 52, 292, aber nach § 2 d. Gesetz vom 1. Juni 1909 (RGBl. S. 449) über die Sicherung der Bauforderungen zur Führung eines Baubuchs. § 6 dieses Gesetzes bestimmt:

B IV 4. Konkursordnung. § 240

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4. ihre Handelsbücher 15 ) vernichtet 16 ) oder verheimlicht 8 oder so geführt oder verändert haben, daß dieselben keine Übersicht des Vermögenszustandes gewähren 17 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein.

§ 240. [Einfacher Bankrott] (1)

Schuldner 1 ),

welche ihre Zahlungen eingestellt haben 2 ), oder über deren

Zur Führung eines Baubuchs verpflichtete Personen*), welche ihre Zahlungen eingestellt haben oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, und deren im § 2 Abs. 3 Ziffer 1 bezeichnete Gläubiger zur Zeit der Zahlungseinstellung oder der Konkurseröffnung benachteiligt sind, werden mit Gefängnis bis zu einem J a h r oder mit Geldstrafe bestraft, wenn sie das vorgeschriebene Baubuch**) zu führen***) unterlassen, oder es verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben, daß es keine genügende Übersicht, insbesondere über die Verwendung der zur Bestreitung der Baukosten zugesicherten Mittel, gewährt. *) Als Bauunternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige anzusehen, in dessen Namen die Herstellung des Neubaus erfolgt und der hierdurch in seiner Person Träger der aus der Bauausführung entstandenen Rechte und Verbindlichkeiten geworden ist. E. 46, 10. Auch der Generalunternehmer ist zur Führung eines Baubuchs verpflichtet. E. 46, 305. Übernimmt von mehreren Personen jeder eine besondere Gruppe von Bauarbeiten, so ist jeder zur Führung eines Baubuchs verpflichtet. E . 47, 181. **) Nur ein für die Reihenfolge seiner Eintragungen Gewähr bietendes, festgebundenes Buch erfüllt die Erfordernisse des Baubuches. R G . J W . 63 (1934) Nr. 1124. Die Führung von Handelsbüchern ersetzt nicht das Baubuch. GA. 61, 350. * * * ) Die Rechtspflicht zur Führung des Buchs dauert bis zur endgültigen Erledigung des buchungspflichtigen Baues und bis zur Abwicklung aller buchungspflichtigen Geschäfte an. R G . DRechtspfl. 1938 Nr. 736. 15) Hier ist es — anders als nach Nr. 3 — gleichgültig, ob der Täter zur Führung der Bücher verpflichtet war oder nicht. E. 16, 429; 42, 285. R G . J W . 63 (1934), 616. A. M. L K . S. 552. Daher gehören hierher die freiwillig geführten Bücher des Minderkaufmanns. B G H . E . 2, 386 = N J W . 1952, 898. 16) Die Vernichtung eines einzelnen Handelsbuches ist nur strafbar, wenn dadurch die Übersicht über den Vermögensstand beseitigt wird. B G H . S t . 4, 271; auch schon R G . GA. 58, 170. Nach Ablauf der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist ist die Vernichtung straflos. L K . S. 553. A. M. Olshausen Anm. 27. Auch dann, wenn der Kaufmann sein Geschäft aufgegeben und seine Geschäftsverpflichtung abgewickelt hat oder sie durch Konkurs erledigt sind. E . 9, 134. E. 22, 436. R . 8, 451. 17) Die ordnungswidrige Führung oder die Veränderungen müssen die Übersicht über das Vermögen (vgl. Anm. 12) unmöglich machen oder wesentlich erschweren. E . 47, 311. Z. B. durch Aufführen eines vorgeschobenen Gläubigers. R G . J R . 2 Nr. 1468. Daß die Übersicht mit Hilfe des Schuldners gewonnen werden kann, genügt nicht. E. 4, 120; ebensowenig, daß die Bucheintragungen nur den Buchunterlagen entsprechen. Die Unmöglichkeit der Übersicht muß stets mit der Zahlungseinstellung zeitlich zusammentreffen. E. 5, 415. Mehrere Verstöße gegen die Buchführungspflicht bilden e i n e strafbare Handlung (gesetzl. Einheit). B G H St. 3, 26. Buchungspflichtig sind auch unerlaubte Geschäfte, die als Handelsgeschäfte im Rahmen eines Handelsgewerbes anzusehen sind. K G . v. 25. 7. 1951 — 1 Ss 99. 51 (B). Zu § 2 4 0 : 1) Schuldner ist auch der Beauftragte des Inhabers eines Einzelhandelsgeschäftes an Stelle des Schuldners, wenn diesem kein Verschulden nachzuweisen ist. E.72, 65. Nicht strafbar macht sich ein Gesellschafter, der nach außen hin nur die Stellung eines Geschäftsführers einnimmt. R G . H R R . 1929 Nr. 1984; auch nicht der stille Gesellschafter. E . 70, 260, wohl aber eine Person, die im Handelsregister als Prokurist der auf den Namen einer anderen Person lautenden Einzelfirma eingetragen ist, tatsächlich aber vollberechtigter Mitinhaber ist. E. 65, 411. Des Vergehens gegen Nr. 3 und 4 kann sich auch ein minderjähriger Geschäftsführer schuldig machen. E. 58, 304; auch ein sog. Strohmann. R G . H R R . 1936 Nr. 653. 2) Daß die Konkurshandlungen der Zahlungseinstellung teilweise vorhergegangen und teilweise nachgefolgt sind, steht der Anwendung des § 240 KO. nicht entgegen. E. 65, 416. B G H . v. 22. 11. 51, GA. 1953, 74. Die einfache Bankrotthandlung erfordert zwar weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit, wohl aber ein schuldhaftes Verhalten. Plen.Entsch. E . 13, 235. Beihilfe ist nur bei vorsätzlicher Begehung denkbar. R. 10, 487. E . 16, 277; E. 44, 93; E . 65, 415.

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B I V 4. K o n k u r s o r d n u n g . § 240

Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, werden wegen einfachen Bankrotts2) mit Gefängnis bestraft, wenn sie3) 1. durch Aufwand 4 ), Spiel6) oder Wette oder durch Differenzhandel 6 ) mit Waren7) oder Börsenpapieren übermäßige Summen8) verbraucht haben oder schuldig geworden sind; 2. in der Absicht, die Eröffnung des Konkursverfahrens hinauszuschieben, Waren oder Wertpapiere auf Kredit entnommen 9 ) und diese Gegenstände 10 ) erheblich unter dem Werte11) in einer den Anforderungen einer 3) T r i f f t ein Verbrechen n a c h § 239 N r . 3, 4 u n d ein Vergehen n a c h § 240 N r . 3, 4 in einer H a n d l u n g zusammen, so zehrt das Verbrechen das Vergehen auf. Über das Verhältnis von § 240 zu § 241 s. A n m . 10 zu §241. T a t m e h r h e i t k a n n vorliegen zwischen § 2 4 0 u n d A n s t i f t u n g zu § 243. E . 29, 308. 4) A u f w a n d ist jede übertriebene d. h. das M a ß des Notwendigen u n d ü b l i c h e n in den Lebens- u n d Geschäftsverhältnissen des T ä t e r s übersteigende A u f w e n d u n g . E . 15, 309 (312). R G . D R Z . 21 (1929) Nr. 194; E . 70, 260. B G H St. 3, 23 (25). Als A u f w a n d k ö n n e n n u r Ausgaben s t r a f b a r sein, die der Schuldner aus seinem eigenen, im Falle des Konkurses in die Masse fallenden Vermögen getätigt h a t . B G H . v. 9. 6. 1953, 1 S t R . 206, 53. A u f w a n d u m f a ß t a u c h wiederholte ungerechtfertigte Ausgaben zu Gcschäftszwecken. B G H S t . 3, 26 u. v. 12. 3. 53, GA. 1953, 84. Obwohl u n t e r A u f w a n d nicht n u r Ausgaben f ü r Wohlleben, G e n u ß s u c h t oder P r u n k zu verstehen sind, ist die E i n w e n d u n g des Angeklagten erheblich, er h a b e besondere A u f w e n d u n g e n wegen einer K r a n k h e i t seiner F r a u m a c h e n müssen. B G H . v. 11. 12. 52, GA. 1953, 74. Bei Beurteilung der Frage, welche Ausgaben f ü r den H a u s h a l t als ü b e r m ä ß i g anzusehen sind, ist auf die soziale Stellung des Schuldners n u r mit E i n s c h r ä n k u n g R ü c k s i c h t zu nehmen. Zur A u f r e c h t e r h a l t u n g des K r e d i t s dürfen übermäßige Ausgaben nicht g e m a c h t werden. E . 29, 347. Ausgaben f ü r Lebensversicherungen fallen nicht ohne weiteres hierunter. R G . J W . 63 (1934), 2472; wohl a b e r a u c h W e r b u n g s k o s t e n u n d f ü r den Geschäftsbetrieb a u f g e w e n d e t e Zinsen, wenn sie das Maß des Notwendigen u n d Üblichen übersteigen. E . 73, 229. D e r A u f w a n d des Gemeinschuldners h a t sich nach seiner gesamten Vermögenslage zu richten. N u r n a c h ihr k a n n sich die Angemessenheit oder Ü b e r m ä ß i g k e i t ergeben. E . 70, 260. Auf die Motive des A u f w a n d s k o m m t es nicht a n . E . 15, 309. K a u f m ä n n i s c h e Spekulationen fallen der Regel n a c h nicht u n t e r den Begriff des Aufwandes. R . 9, 400. Die einzelnen A u f w a n d s h a n d l . bilden in ihrer Gesamtheit e i n e S t r a f t a t (Gesetzeseinheit). B G H S t . 3, 26. 5) U n t e r Spiel ist das gewöhnliche K a r t e n - u n d Würfelspiel einschließlich des Spieles in der Lotterie — E . 27, 180 — zu verstehen, n i c h t a u c h das Börsenspiel. E . 15, 277. D a s verspielte Geld m u ß zur K o n k u r s m a s s e gehört haben. E s darf n i c h t erst n a c h der K . E r ö f f n u n g erworben sein. E . 55, 30. Zwischen den Spielschulden u n d der Zahlungsunfähigkeit b r a u c h t kein ursächlicher Z u s a m m e n h a n g zu bestehen. B G H . v. 14. 12. 51, GA. 1953, 74. 6) Differenzhandel liegt n u r vor, wenn dem späteren Gemeinschuldner es schon beim Vertragsschluß lediglich auf die Zahlung der Differenz am Stichtage, nicht auf die Lieferung der W a r e a n k a m . R G . GA. 60, 442. Die Prolongation eines Differenzgeschäfts ist wieder Differenzgeschäft. R G . R e c h t 21 H r . 323. 7) D a r u n t e r k ö n n e n auch ausländische Geldsorten fallen. R G . D R Z . 24 (1932) Nr. 466. 8) D a s sind solche, welche die d u r c h d e n U m f a n g u n d die Leistungsfähigkeit des Ges c h ä f t s gezogenen Grenzen überschreiten u n d zu d e m tatsächlich v o r h a n d e n e n Geschäftsvermögen nicht in angemessenem Verhältnis stehen. R G . D R Z . 21 (1929) Nr. 194. Nicht der U m s a t z ist maßgeblich. E . 70, 260; E . 73, 229. B G H . v. 11. 1. 52, GA. 1953, 74; s. auch A n m . 4. Auch ü b e r m ä ß i g e r V e r b r a u c h von durch B e t r u g erlangten Mitteln ist ausreichend. B G H . v. 29. 1. 52, GA. 1953, 74. E s bedarf der Feststellung, in welchem U m f a n g die v e r b r a u c h t e n S u m m e n ü b e r m ä ß i g waren. R G . J W . 56 (1927), 1380. Einer speziellen Feststellung, welche einzelnen Ausgaben ü b e r m ä ß i g e gewesen sind, bedarf es nicht, R . 6, 470; a u c h b r a u c h t nicht das Bewußtsein des Schuldners von der Ü b e r m ä ß i g k e i t der Ausgaben festgestellt zu werden. E . 14, 80; R. 9, 546. 9) E n t n a h m e b e d e u t e t B e s i t z ü b e r n a h m e u n d E m p f a n g der W a r e n , nicht deren Bestellung. E . 62, 257; E . 72, 187 (190). 10) H i e r u n t e r fallen nicht solche W a r e n , die dem Schuldner u n t e r E i g e n t u m s v o r b e h a l t geliefert worden waren, E . 66, 175, oder die der Schuldner an a n d e r e zur Sicherung übereignet h a t t e , oder die er d u r c h V e r a r b e i t u n g auf K r e d i t e n t n o m m e n e r R o h s t o f f e hergestellt h a t , wenn das Ergebnis der Arbei nach der Verkehrsauffassung eine W a r e eigener A r t geworden ist. E . 72, 187. 11) H i e r u n t e r ist der l a u f e n d e Marktpreis zu verstehen, den die W a r e n zur Zeit der W e i t e r v e r ä u ß e r u n g h a t t e n . E . 47 S. 61.

B IV 4. Konkursordnung. § 240

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ordnungsmäßigen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert 12 ) oder sonst weggegeben haben 13 ); 3. Handelsbücher14) zu führen unterlassen haben 15 ), deren Führung ihnen gesetzlich oblag 16 ;, oder dieselben17) verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben 18 ), daß sie keine Übersicht ihres Vermögenszustandes gewähren19), oder 4. es gegen die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs unterlassen haben, die Bilanz20) ihres Vermögens21) in der vorgeschriebenen Zeit22) zu ziehen. 12) Veräußerung ist das gänzliche Aufgeben der Verfügungsgewalt durch Verkauf, Tausch, Schenkung. 13) Weggeben bedeutet die teilweise Entäußerung dieser Verfügungsgewalt, wie z. B. Lombardierung. E. 48, 217. 14) Hierher gehören Eröffnungs- und Jahresbilanzen, nicht aber private Bilanzen, z. B . zu Kreditzwecken. BGH. v. 28. 2. 52, GA. 1953, 75. 15) Siehe Anm. 11 u. 13 zu § 239. Auch eine später korrigierte falsche Buchführung erfüllt den Tatbestand. BGH. v. 29. 1. 52, GA. 1953, 75. 16) Es muß eine gesetzliche Pflicht zur Buchführung bestehen. BGH. v. 8. 1. 52, GA. 1953, 75. Der Kaufmann muß die mit der Buchführung betrauten Personen nicht nur sorgfältig auswählen, sondern auch überwachen. E. 58, 304. BGH. v. 17. 6. 52, GA. 1953, 75. 17) „Dieselben" bedeutet die gesetzlich zu führenden Handelsbücher, nicht auch solche, die der Schuldner tatsächlich geführt hat. E. 57, 361. 18) Handelsbücher sind auch dann unordentlich geführt, wenn den Buchungen keine Belege zugrunde liegen oder diese nicht geordnet aufbewahrt werden. BGH. N J W 1954, 1010. Der Mangel eines Kopierbuches begründet nur dann die Strafbarkeit, wenn die übrige Buchführung eine unordentliche ist. R. 6, 595 und R. 10, 585. Unordentliche Buchführung liegt insbesondere in der Unterlassung der Eintragung von Geschäften oder in der Eintragung erdichteter unwahrer Vorgänge. RG. GA. 26, 68; E. 15, 174; in der Falschbuchung derart, daß an Stelle der wirklichen Gläubiger andere als angebliche Gläubiger aufgeführt sind. RG. JW. 57 (1928), 814; oder in der wissentlich falschen Bewertung von Vermögensstücken. E. 39, 222; oder in der Buchung der Geschäftsvorfälle am Ende längerer Zeiträume. E. 39, 217; in der Unterlassung der Buchung eines einzigen erheblichen Postens.R. 3, 304; in Mängeln der Bilanz. RG. LZ. 26 (1932), 685. Die Bücher müssen auch über die Lage des Vermögens Aufschluß geben, welches der Kaufmann außerhalb des seine Eigenschaft als Vollkaufmann begründenden Geschäfts besitzt. E. 5, 407. Auch die Privatschulden eines Einzelkaufmanns müssen aus den Büchern ersichtlich sein. RG. GA. 46, 438. Jeder Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft ist für die unordentliche Buchführung verantwortlich, wenn der mit der Führung beauftragte Mitgesellschafter hartnäckig die Erfüllung seiner Pflicht verweigert. E. 45, 387. Die Pflicht zur Buchführung beginnt erst mit dem tatsächlichen Betriebe des Handelsgeschäfts. RG. GA. 39, 46. Für verschiedene Zeiträume kann unterlassene u n d unordentliche Buchführung festgestellt werden. E. 49, 277. Sind alle Bilanzen so falsch, daß selbst eine teilweise Übereinstimmung mit der Wirklichkeit nicht mehr vorliegt, so liegt an sich ein Fall der Ziff. 4 vor. E. 41, 47. Sind aber zugleich auch die Handelsbücher unordentlich geführt, so ist doch nur aus Ziff. 3 zu bestrafen. E. 49, 277. BGH. v. 28. 2. 52, GA. 1953, 75. 19) D. h. eine Übersicht über den Vermögenszustand z. Zt. der Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung gänzlich unmöglich macht oder bis zu einem dem gleichkommenden Grade erschwert. RG. DJZ. 35 (1930), 564; oder infolge der Mangelhaftigkeit der Führung der Bücher nur mit erheblicher Mühewaltung und beträchtlichen Zeitverlust gewinnen läßt. RG. DRZ. 24 (1932) Nr. 853, J W . 63 (1934), 369 und D J . 1930, 1779. S. Anm. 20 Abs. 2. Falls der Zeitpunkt der Zahlungseinstellung vor der Konkurseröffnung liegt, ist schon in diesem Zeitpunkt das Vergehen vollendet. BGH. v. 30. 10. 52, GA. 1953, 75. 20) Über den Begriff der Bilanz siehe § 39 HGB. E. 36, 436 und E. 41, 294. RG. J W . 56 (1927), 1761. Die unterlassene Bilanz darf nicht außer jeder Beziehung zu dem Vermögen stehen, das den Gegenstand der späteren Konkurseröffnung bildete. RG. GA. 48, 452 und Recht 10, 1212. Der erforderliche Zusammenhang ist anzunehmen, wenn die Bilanz zu einem Zeitpunkt zu ziehen war, der nicht einmal 1 y 2 Jahre vor der Konkurseröffnung lag. BGH. v. 8. 5. 52, GA. 1953, 75. Auch wer ein Verkaufskommissionsgeschäft beginnt, ist zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet. RG. GA. 38, 351. Ebenso muß bei dem Beginn des Handelsbetriebes einer offenen Handelsgesellschaft selbst dann eine Eröffnungsbilanz aufgestellt werden, wenn kein Gesellschaftsvermögen (weder Aktiva noch Passiva) vorhanden ist. RG. GA. 39, 46. Durch die bei dem Beginn des Handelsgewerbes erfolgte Ein-

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B IV 4. Konkursordnung. § 241

(2) Neben Gefängnisstrafe kann in den Fällen der Nr. 1,2 auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe erkannt werden.

§ 241. [Gläubigerbegünstigung] (1) Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist1), werden mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie, obwohl sie ihre Zahlungsunfähigkeit kannten2), tragung des Einlagekapitals wird die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz nicht ersetzt. E. 22, 439. Eine Eröffnungsbilanz ist auch dann notwendig, wenn ein Kaufmann, der bisher Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft war, dies Geschäft erwirbt und für eigene Rechnung unter der alten Firma weiter führt. E. 26, 222. Desgleichen ist sie notwendig, wenn ein Handelsgewerbe, das sich bis dahin in den Grenzen des Kleinbetriebes gehalten hat, von einem gewissen Zeitpunkt ab über diesen Umfang hinausgeht und nunmehr nach Art und Umfang einen kaufmännischen Betrieb erfordert. RG. Recht 10, 260 und DJZ. 13 (1908) 875. Die Vorstandsmitglieder einer eingetragenen Genossenschaft sind zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet. E. 40, 242. Auch der kaufmännisch nicht ausgebildete Geschäftsinhaber, der die Buchführung geeigneten Personen übertragen hat, hat dafür zu sorgen, daß die Bilanz gezogen wird. RG. GA. 48, 364. Auch hat er die Bilanz zu unterzeichnen. RG. Recht 11, 780; doch stellt die Unterlassung der Unterschrift der Bilanz nicht ohne weiteres eine Unterlassung der Bilanzziehung dar. E. 8, 424. E. 7, 87; nach BayObLG. DJZ. 34 (1929), 926 ist die Unterschrift für den Begriff der Bilanz nicht absolut wesentlich. Irrtum über die Verpflichtung zur Bilanzziehung ist Verbotsirrtum (Anm. ] zu § 59 StGB.). Vgl. R G . D J Z . 16 (1911), 219. Ist die Bilanz so mangelhaft, daß sie keine Übersicht über das Vermögen gewährt, so gilt sie als überhaupt nicht gezogen. R. 4, 592 und E. 15, 174. RG. LZ. 26 (1932), 685 und JW. 64 (1935), 2061. Daß die einzelnen in der Bilanz aufgeführten Aktiv- und Passivposten spezifiziert werden, ist nicht erforderlich. RG. JW. 34 (1905), 761. Die unrichtige Aufstellung einer nur für steuerliche Zwecke vorgeschriebenen Bilanz verstößt nicht zugleich gegen die Bestimmung des H G B . und § 240. E. 61, 275. Handelsgebräuche können bei Beurteilung einer Bilanz und zur Rechtfertigung von Mängeln derselben nicht berücksichtigt werden. RG. GA. 45, 364. Die IN ichtaufbewahrung der Bilanzen und Inventare stellt den Tatbestand nur dann dar, wenn darin eine Vernichtung oder unordentliche Führung von Handelsbüchern zu finden ist. R. 5, 226. 21) Die Jahresbilanz muß innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit gezogen werden. E. 34, 38. Es kommt hierbei auf die Umstände des einzelnen Falles an. RG. DRZ. 23 (1931) Nr. 717. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Tag der Eintragung der für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz maßgebende Zeitpunkt. E. 29, 222. Vorsätzliche Vergehen des einfachen Bankerotts nach § 240 Nr. 3 und 4 KO. können im Fortsetzungszusammenhang stehen. B G H . v. 29. 9. 53, 5 StR. 233, 53. 22) Auf einen bevormundeten Minderjährigen findet die Straf Vorschrift keine Anwendung. E. 36, 357. Nach erreichter Volljährigkeit ist er aber zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz verpflichtet. E. 45, 4. Z u § 241: 1) Vgl. Anm. 2, 3 zu § 239. 2) Keine Strafbarkeit bei irrtümlicher Annahme. Die Zahlungsunfähigkeit muß wirklich vorgelegen haben. Zahlungsunfähig ist der Schuldner erst dann, wenn er andauernd nicht mehr imstande ist, die Mittel bereit zu stellen, die zur Begleichung seiner sofort zu erfüllenden Geldschuldell erforderlich sind. RG. JR. 1926 Nr. 221. 3) Der Gläubiger muß bei dem Gewähren der Sicherung mitwirken. E. 29, 413. E. 62, 280. Der Gläubiger, der die Befriedigung annimmt, macht sich nicht strafbar. E. 2, 439. Entwickelt der Gläubiger eine weitergehende Tätigkeit, so kann er wegen Beihilfe oder Anstiftung bestraft werden. E. 48, 18; E. 61, 314; RG. DRZ. 26 (1934) Nr. 294 und Das Recht 1939 Nr. 6941. A. M. Olshausen Anm. 11. Der begünstigte Gläubiger ist, wenn er den Schuldner angestiftet hat, nicht aus dem Gesichtspunkt der notwendigen Teilnahme straflos. E. 61, 314; B G H . v. 17. 6. 52, GA. 1953, 75.

B I V 4. K o n k u r s o r d n u n g . § 241

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einem Gläubiger 3 ) in der Absicht 4 ), ihn vor den übrigen Gläubigern 5 ) zu begün4) E s m u ß festgestellt werden, d a ß der Schuldner sich b e w u ß t gewesen, den Gläubiger in einer Weise zu begünstigen, auf welche dieser keinen Anspruch h a t t e . R . 6, 708; E . 2 4 , 7 u n d 255; E . 39, 138. Absicht i. techn. Sinn ist nicht erforderlich; es genügt, d a ß der T ä t e r sich die Begünstigung als notwendigen Erfolg seines H a n d e l n s vorstellt. E . 39, 136; B G H . v. 24. 6. 1952, GA. 1953, 75. Die Feststellung der Beg.absicht bedarf einer besonderen eingehenden Begründung, wenn die Möglichkeit besteht, d a ß der v o m Schuldner erstrebte Erfolg m i t dem Ergebnis zusammenfallen könnte, das im gesetzmäßigen Wege zu erzielen war. R G . J W . 63 (1934), 2923. Die Absicht e r f o r d e r t regelmäßig den u n b e d i n g t e n Vorsatz, die übrigen Gläubiger zu benachteiligen. H a n d e l t der T ä t e r in der b e g r ü n d e t e n Überzeugung, d u r c h die Bestellung von Sicherheiten neue Mittel zur F o r t f ü h r u n g des Betriebes u n d d a m i t zur Befriedigung aller Gläubiger zu erhalten, so fehlt der Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung. B G H . N J W . 1954, 164. Der g u t e Glaube des Schuldners, d a ß der begünstigte Gläubiger die i h m g e w ä h r t e Leistung zu b e a n s p r u c h e n habe, schließt die S t r a f b a r k e i t aus. R . 5, 90. Gläubigerbegünstigung liegt d a h e r nicht ohne weiteres vor, wenn bei B e g r ü n d u n g der Schuld v e r e i n b a r t ist, der Schuldner solle, wenn er bei Fälligkeit die Schuld nicht in Geld zahlen könne, d e m Gläubiger W a r e geben. E . 63, 78. § 241 setzt nicht voraus, d a ß durch die Begünstigung des einen Gläubigers a n d e r e n Gläubigern ein Schaden tatsächlich erwachsen ist. E . 30, 261. E i n e Begünstigungsabsicht k a n n nicht darin erblickt werden, d a ß der Schuldner einem n a c h § 61 Nr. 1 KO. (Arbeitslohn) bevorrechtigten Gläubiger etwas zuwendet, w a s bei einer alsbald erw a r t e t e n K o n k u r s e r ö f f n u n g n u r f ü r diesen u n d nicht f ü r andere Gläubiger als Zugriffsobjekt in B e t r a c h t k o m m t , sofern nicht gleichbevorrechtigte Gläubiger v o r h a n d e n sind. Dies gilt a u c h d a n n , wenn t r o t z längst v o r h a n d e n e r Zahlungsunfähigkeit die K o n k u r s e r ö f f n u n g sich n a c h Befriedigung des Gläubigers solange hinauszögert, d a ß inzwischen sein Vorrecht erloschen ist. B G H . v. 28. 8. 52, GA. 1953, 75. 5) Dies b r a u c h e n keine Konkursgläubiger zu sein, vielmehr sind alle Gläubiger hierher zu rechnen. E . 16, 402; a u c h Massegläubiger u n d solche Gläubiger, von denen im Sinne des § 17 KO. n i c h t feststeht, ob ihre F o r d e r u n g e n v o n dem K o n k u r s v e r f a h r e n ü b e r h a u p t unber ü h r t bleiben werden. E . 40, 105. Die F o r d e r u n g m u ß vor der Befriedigung bereits b e s t a n d e n h a b e n . E . 35, 127. Der T a t b e s t a n d des § 241 k a n n auch d a n n vorliegen, wenn Gläubigern in der Absicht, dieselben vor e i n e m e i n z i g e n Gläubiger zu begünstigen, Sicherung oder Befriedigung g e w ä h r t worden ist. R . 8, 617. R G . R e c h t 8, 503. Die Begünstigung zweier Gläubiger d u r c h einen zahlungsunfähigen Schuldner soll n u r eine einheitliche S t r a f t a t u n d keine T a t m e h r h e i t bilden. R . 6, 640; R . 7, 517; a.M. mit R e c h t L K . A n m . V I I . 6) Allein die G r u n d s ä t z e des bürgerlichen R e c h t s b e s t i m m e n , ob der Gläubiger Anspruch auf eine erhaltene Sicherheit oder Befriedigung h a t t e ; es k o m m t nicht darauf an, ob der Gläubiger einen A n s p r u c h n a c h konkursrechtlichen G r u n d s ä t z e n h a t t e u n d ob er als gewöhnlicher Konkursgläubiger n u r anteilmäßige Befriedigung beanspruchen d u r f t e . B G H . v. 9.10.51, GA. 1953, 75. Hierher gehören alle Arten einer S i c h e r s t e l l u n g , sofern der Gläubiger diese nicht schon rechtlich zu beanspruchen h a t t e , u n d alle R e c h t s h a n d l u n g e n , welche die Befriedigung eines Gläubigers bewirken, ohne d a ß er auf die geschehene A r t oder zur Zeit der Befriedigung einen rechtlichen A n s p r u c h g e h a b t h ä t t e . Mot. zu § 23 Nr. 2 (§ 30 Nr. 2) KO., z. B . : E r f ü l l u n g einer aufschiebend bedingten F o r d e r u n g oder einer ü b e r h a u p t nicht klagbaren Forderung, A b k ü r z u n g der Verfallzeit, H e r b e i f ü h r u n g der A u f r e c h e n b a r k e i t einer F o r d e r u n g des Gläubigers d u r c h Abschließung eines Rechtsgeschäfts, E i n r ä u m u n g eines vollstreckbaren Schuldtitels. E . 4, 61; E . 5, 116; E . 30, 46; a u c h die H i n g a b e der Akzepte D r i t t e r a n Zahlungss t a t t an einen Geldgläubiger. R G . J R . 2 Nr. 2202; ferner G e w ä h r u n g einer H y p o t h e k . R . 2, 626; auch d u r c h Bestellung einer erst n a c h der K E . eingetragenen B u c h h y p o t h e k . E . 65, 416; unerheblich ist es, d a ß das v e r p f ä n d e t e G r u n d s t ü c k über seinen W e r t h i n a u s belastet ist. E . 30, 261. Die H i n g a b e eines Kundenschecks ist nicht notwendigerweise eine bevorzugte Befriedigung eines Gläubigers. Köln JMB1. N R W . 1950, 96. E i n e widerrechtliche Sicherung liegt ferner vor, w e n n auf G r u n d einer V e r e i n b a r u n g m i t dem Gläubiger das K o n k u r s v e r f a h r e n n i c h t b e a n t r a g t wird, obwohl es b e a n t r a g t werden m u ß t e . E . 48, 19; oder wenn ein Schuldner die auf G r u n d eines nicht gültigen Zwangsvollstreckungstitels erwirkte Zwangsversteigerung im E i n v e r s t ä n d n i s m i t d e m Gläubiger geschehen l ä ß t . R G . GA. 45, 427. I n der Ausstellung eines Wechsels f ü r die F o r d e r u n g liegt weder eine Sicherstellung noch Befriedigung. R G . GA. 39, 230. 7) D a s „ G e w ä h r e n " k a n n nicht schon d u r c h eine einseitige Willenserklärung des D a r bieters oder Gebers erfüllt werden, sondern setzt eine Z u s t i m m u n g oder A n n a h m e auf Seiten des E m p f ä n g e r s voraus. E . 29, 413. Vgl. a u c h E . 30, 46. Darin, d a ß der Schuldner sich von einem Gläubiger, der eine fällige F o r d e r u n g h a t , verklagen u n d d e m n ä c h s t p f ä n d e n l ä ß t , ist die Gewährung einer Sicherung oder Befriedi-

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B I V 4. Konkursordnung. §§ 242, 243

stigen, eine Sicherung oder Befriedigung6) gewährt haben7), welche derselbe nicht oder nicht in der Art 8 ) oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte 9 ; 1 0 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe erkannt werden.

§ 242. [Schuldnerbegünstigung] (1) Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft 1 ), wer 1. im Interesse eines Schuldners, welcher seine Zahlungen eingestellt hat, oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Vermögensstücke desselben verheimlicht oder beiseite geschafft hat 2 ), oder 2. im Interesse eines solchen Schuldners, oder, um sich oder einem anderen Vermögensvorteil zu verschaffen, in dem Verfahren3) erdichtete Forderungen 4 ) im eigenen Namen oder durch vorgeschobene Personen5) geltend gemacht hat 6 ). (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe oder Geldstrafe ein.

§ 243. [Stimmverkauf]

Ein Gläubiger, welcher sich von dem Gemeinschuldner oder anderen Personen besondere Vorteile1) dafür hat gewähren oder versprechen lassen, daß er gung nicht zu finden. E. 17, 220; ebensowenig in der Gewährung eines bloßen Titels zur Zwangsvollstreckung. E. 20, 301. Eine Sicherung ist dann dem Gläubiger nicht gewährt, wenn ihm vom Schuldner an dessen Grundstück eine Briefhvpothek bestellt, der Brief aber nicht übergeben ist. E . 34, 171. R G . GA. 60, 284. 8) Dies ist der Fall, wenn der Schuldner einem Gläubiger, der nur eine Geldforderung hat, Sachwerte oder Waren zu seiner Befriedigung gibt. R . 7 , 4 0 0 ; E . 5 , 1 1 6 ; E . 6 , 1 4 9 und R G . D J Z . 32 (1927), 1104; auch wenn die Hingabe vorher vereinbart war, diese Vereinbarung aber in Erwartung der Zahlungseinstellung oder des Konkurses getroffen worden ist. E . 63, 78. Ob die Lieferung der unfertigen Stücke eines Werkes durch den Unternehmer eine solche Befriedigung bildet, hängt von dem Grade der Herstellung des versprochenen Werkes ab. E . 67, 1. 9) Dies liegt vor, wenn die Deckung für eine betagte Forderung vor der Fälligkeit, § 271 B G H St. 2, 439; 4, 62 oder für eine aufschiebend bedingte Forderung vor Eintritt der Bedingung gewährt wird. Dem Inhaber eines in blanco ausgestellten Wechselakzepts, welcher sich als Aussteller bezeichnen sollte, steht ein Anspruch auf Sicherheit nicht zu. E . 26, 257. Wegen einer möglicherweise begründeten Anfechtbarkeit kann der Anspruch auf Befriedigung nicht geleugnet werden. E . 66, 88. 10) Zwischen § 241 u. § 240 ist Tateinheit möglich. R . 7, 399; a.M. L K . V I I (Gesetzeskonk. zugunsten von §240). Zwischen § 2 3 9 und § 2 4 1 besteht grundsätzlich Gesetzeskonk. (§ 241 ist lex specialis). E. 68, 368, ausnahmsweise Tateinheit (vgl. Anm. 4 zu § 239). Zwischen § 288 S t G B . u. § 241 ist Tateinheit möglich. E . 20, 214. Zu § 242: 1) Der Vorsatz erfordert das Wissen, daß die Gläubiger benachteiligt werden. Über das Verhältnis des § 242 zu § 239 vgl. dort Anm. 4. 2) Vgl. Anm. 7 bis 9 zu § 239. 3) Es muß sich um ein durch Beschluß gem. § 108 KO. eröffnetes Verfahren handeln. L K . I I ; vgl. auch Anm. 2 zu § 122 VerglO. — B IV 5 — . Die Geltendmachung in dem Verfahren geschieht dadurch, daß der Anspruch gegenüber dem Verwalter erhoben wird. E . 64, 311; die Geltendmachung in einem Zwangsversteigerungsverfahren genügt nicht. R G . D J Z . 35 (1930), 1466. 4) Hierzu gehören auch dinglich-rechtliche Ansprüche. E . 64, 311. Hiernach, nicht wegen betrügerischen Bankerotts (§ 239 Abs. 1 Nr. 2), wird bestraft der Geschäftsführer einer GmbH., der eine erdichtete Gehaltsforderung zur Konkurstabelle anmeldet. B G H . v. 23. 6. 1953, 1 S t R . 773, 52. 5) Der Täter bedient sich vorsätzlich der anderen Person zur Geltendmachung einer erdichteten Forderung. R G . D J . 1940, 516. 6) Hierdurch muß eine künstliche sachlich nicht gerechtfertigte Vermehrung der Schuldenmasse und eine dadurch bedingte Schädigung der Konkursgläubiger bewirkt sein. R G D J . 1940, 516. Zu § 2 4 3 : 1) Und zwar vermögensrechtliche. R G . LZ. 8 (1914), 1053; a. M. Stenglein, Nebengesetze. Anm. 4. Olshausen Anm. 6, z. B . Aufwandersatz. E . 11, 218. E . 47, 71.

§ 244. — B I V 5. Vergleichsordnung. §§ 122, 123

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bei den Abstimmungen der Konkursgläubiger in einem gewissen Sinne stimme 2 ) wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.

§ 244. Handelsgesellschaften Die Strafvorschriften der §§ 239—241 finden gegen die Mitglieder des Vorstandes1) einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft und gegen die Liquidatoren2) einer Handelsgesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft, welche ihre Zahlungen eingestellt hat, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben3).

BIV 5. Vergleichsordnung Vom 26. Februar 1935 (RGBl. I S. 321) (Auszug)

§ 122. Schuldnerbegünstigung1) Wenn in einem Verfahren2) auf Herbeiführung eines Vergleichs zur Abwendung des Konkurses erdichtete Forderungen geltend macht 3 ), um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraftt

§ 1231). Stimmverkauf Wer sich besondere Vorteile dafür versprechen oder gewähren läßt, daß er bei der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag in einem bestimmten Sinne stimmt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. 2) D. h. im verabredeten und gebundenen Sinne. sich verpflichtet, sich der Abgabe der Stimmen zu I I I 3 —. Auch der Gemeinschuldner kann sich durch E . 29, 304, auch Kiesow, Vergleichsordnung 4. Aufl., §§ 240 und 243 vgl. Anm. 3 zu § 240.

Kein „ S t i m m e n " , wenn der Gläubiger enthalten. Aber § 299 Akt. Ges. — B Anstiftung (Stimmenkäufer) beteiligen. 617. — Über Realkonkurrenz zwischen

Z u § 244: 1) D a m i t ist ein allgemeines, die gesetzlichen Vertreter erfassendes Rechtsprinzip, das der Verantwortlichkeit, festgelegt. L K . Anm. 1. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Vorstandsmitgliedes h ä n g t nicht von der Rechtswirksamkeit seiner Bestellung ab. E . 64, 81. R G . J W . 64 (1935), 2640. Auch Personen, die zum Vorstand einer nichtigen Aktiengesellschaft bestellt, sind verantwortlich. E. 43, 407 (413). B G H S t . 3, 32 (37). Die Vorstandsmitglieder sind zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet. E . 40, 242. Wegen unterlassener B u c h f ü h r u n g oder Bilanzziehung sind nur diejenigen Mitglieder verantwortlich, denen diese Pflicht nach dem Gesellschaftsvertrage obliegt. E . 12, 73. Abweichend E . 13, 235, welches sämtliche Mitglieder des Vorstandes verantwortlich macht. Der Umstand, d a ß die Wahl eines Mitgliedes des Vorstandes nicht ordnungsmäßig u n d den Vorschriften der Satzung nicht entsprechend gewesen, schließt die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht aus. E . 16, 269. Die bloße Verteilung der Geschäfte unter den Mitgliedern einer offenen Handelsgesellschaft, durch welche keines von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, befreit kein Mitglied von der Verantwortlichkeit für ordnungsmäßige Buchführung. R. 8, 331. 2) Diese Strafvorschrift bezieht sich auch auf die Liquidatoren einer G m b H . E . 41, 309. 3) Vgl. § 37 des Gesetzes über die Verwahrung u n d Anschaffung von Wertpapieren v. 4. 2. 1937 (RGBl. I S. 171), abgedruckt unter B I V 2, ferner die unter B I I I 3 bis 5 abged r u c k t e n Vorschriften des AktGes., des G m b H . Ges. u. des GenGes. Zu B IV 5 : z u § 122: 1) Entspricht § 242 Abs. 1 Ziff. 2 KO. (B IV 4). 2) Hierzu gehört noch nicht das Vorverfahren. B G H . v. 10. 7. 52, GA. 1953, 79. 3) Die Geltendmachung erdichteter Ab- oder Aussonderungsrechte reicht aus. B G H . v.. 10. 7. 52, GA. 1953, 79. Zu § 123: 1) Entspricht § 243 KO. (B IV 4).

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B IV 6. Verordnung über die Auskunftspflicht. §§ 1—3

BIV 6. Verordnung über die Auskunftspflicht Vom 13. Juli 1923 (RGBl. I S. 723)*)

§ 1. [Auskunftsberechtigte Stellen] Die Reichsregierung, die obersten Landesbehörden und die von der Reichsregierung oder der obersten Landesbehörde bestimmten Stellen 1 ) sind berechtigt, jederzeit Auskunft über wirtschaftliche Verhältnisse 2 ), insbesondere über Preise und Vorräte 3 ) sowie über Leistungen 4 ) und Leistungsfähigkeit von Unternehmungen oder Betrieben 6 ) zu verlangen.

§ 2. [Auskunftspflichtige] (1) Zur Auskunft verpflichtet sind 1 ): 1. gewerbliche und landwirtschaftliche Unternehmer 2 ) sowie Verbände und Vereinigungen solcher 3 ) Unternehmer; 2. öffentlich-rechtliche Körperschaften; 3. Personen, die Gegenstände, über die Auskunft verlangt wird, in Gewahrsam haben oder gehabt haben 4 ) oder auf Lieferung solcher Gegenstände Anspruch haben 5 ). (2) Wird von einem Verband oder einer Vereinigung Auskunft verlangt, so trifft die Verpflichtung die Personen, die zur Vertretung oder Geschäftsführung befugt sind, oder deren Stellvertreter.

§ 3. [Anforderung und Erteilung der Auskunft] (1) Die Auskunft kann durch öffentliche Bekanntmachung 1 ) oder durch Anfrage bei den zur Auskunft Verpflichteten erfordert werden. (2)2) Es kann mündliche und schriftliche Auskunft verlangt werden; auch Abschriften, Auszüge und Zusammenstellungen aus Geschäftsbüchern, GeschäftsZu B IV 6: *) Gegen die Weitergeltung bestehen keine Bedenken. BGH. N J W . 1953, 711; OLG. Schleswig SchlHA. 1953, 64. S c h r i f t t u m : Stenglein, Bd. I S. 653; Fuhrmann, WirtschaftsstrafVO. S. 85; Erbs, Nebengesetze A 215; Hamann, Betriebsberater 1954, 293. Zu § 1: 1) Vgl. 1. Anordnung v. 12. 12. 1936, DRAnz. Nr. 291. Dadurch wird ihre Zuständigkeit begründet, die die Voraussetzung für ihre Tätigkeit und die Bedingung der Strafbarkeit nach § 6 ist. Auskunftberechtigte Stellen sind alle Preisstellen, Haas N J W . 1951, 471, auch die Einfuhr- und Vorratsstelle § 2 der 1. DVO. z. Milch- u. Fettgesetz v. 7. 3. 1951 (BGBl. I S. 202); vgl. auch § 27 Milch- u. Fettges. v. 10. 12. 1952 (BGBl. I S. 811). 2) Nicht bloß über gegenwärtige wirtschaftl. Verh., sondern auch über frühere Preise und Vorräte ist Auskunft zu erteilen. 3) Vorräte an Erzeugnissen und Waren, mögen sie eingelagert sein oder nicht. 4) Erfindungen und bes. Herstellungsverfahren gehören nicht hierher. 5) S. § 2. Zu § 2: 1) Der Kreis der Verpflichteten ist hier abschließend umgrenzt. 2) Nicht z. B. Bergbauunternehmer. Gewerbliche Unternehmer sind auch die Banken, deren Auskunftspflicht sich nur auf die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 1), nicht etwa auf die Verhältnisse der Kunden bezieht. 3) Gleichgültig ist ihre Rechtsform, Vereine, G.m.b.H., Genossenschaft. 4) Spediteure, Lagerhalter, Frachtführer. 5) Kunden, also auch Privatpersonen. Zu § 3: 1) Durch die Presse, Rundfunk und Anschlag. 2) S. § 6 Ziff. 1.

B IV 6. Verordnung über die Auskunftspflicht. §§ 4, 5

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papieren oder aus den Unterlagen für die Bemessung von Preisen und Vergütungen3) können erfordert werden 4 ). (3) Die Auskunft ist kostenfrei zu erteilen 5 ). § 4. [Besichtigung von Betrieben] (1) Die zuständigen Stellen (§ 1) und die von ihnen Beauftragten sind, auch wenn sie Auskunft vorher nicht verlangt haben, befugt, zur Ermittelung richtiger Angaben Geschäftsbriefe und Geschäftsbücher, insbesondere auch Unterlagen für die Bemessung von Preisen und Vergütungen 1 ), einzusehen sowie Betriebseinrichtungen und Räume zu besichtigen und zu untersuchen 2 ), in denen Waren hergestellt, gelagert oder feilgehalten werden oder in denen Gegenstände zu vermuten sind, über die Auskunft verlangt wird 3 ). (2) Die zuständigen Stellen 4 ) sind ferner befugt, die Einrichtung und Führung besonderer Lagerbücher vorzuschreiben. (3) Will die Reichsregierung oder eine von ihr bezeichnete Stelle von der Befugnis fies Abs. 1 gegenüber staatlichen Betrieben 5) oder Einrichtungen Gebrauch machen, so ist die zuständige oberste Landesbehörde von den beabsichtigten Maßnahmen in Kenntnis zu setzen. § 5. [Schweigepflicht] Die von den zuständigen StellenBeauffragten sind, vorbehaltlich der dienstlichen Berichterstattung und der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten 1 ), verpflichtet, über die Einrichtungen und Geschäftsverhältnisse, die durch die Ausübung ihrer Befugnisse zu ihrer Kenntnis kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Mitteilung und der Verwertung2) der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu enthalten. Sie sind, soweit sie nicht Beamte 3 ) sind, auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten nach § 1 der Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen vom 3. Mai 1917/12. Februar 1920 (Reichsgesetzfcl. 1917, S. 393; 1920 S. 230)4) durch Handschlag zu verpflichten. 3) Das sind Schlußscheine, Rechnungen, Frachtbriefe, Konnossements, Lagerscheine, Ladescheine und sonstige im Handelsverkehr übliche Schriftstücke und Bücher. 4) Übermäßigen Anforderungen kann nur im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde entgegengetreten werden. Erbs a. a. O. Anm. 3. 5) Selbst Auslagen werden nicht ersetzt. Zu § 4 : 1) Siehe Anm. 3 zu § 3. 2) Darunter fällt das Nachwiegen der vorgefundenen Waren an Ort und Stelle. RG. DStrafrZ. 1922, 52. 3) Diese Befugnisse umfassen nicht das Recht zur Wegnahme der Schriftstücke usw. Bei Einleitung des Strafverfahrens ist die Beschlagnahme nach § 94 StPO. gegeben.

4) § 1.

5) Gedacht ist nur an Betriebe eines Landes, nicht an solche des Bundes wie z. B. Bundesbahn. Zu § 5: 1) Ordnungswidrigkeiten nach dem OWiG. — A 4 — und strafbare Handlungen, die die Beauftragten entdeckt und sonst festgestellt haben. 2) Auch für sich zu persönlichen Zwecken. 3) Die Beamten unterliegen den Vorschriften des Dienststrafrechts und denen nach § 353 b StGB. 4) Fassung der VO. v. 22. 5 1943 (RGBl. I S. 351), abgedruckt unter B I V 9, doch sind die Angestellten meist auch als Beamte im strafrechtlichen Sinne (§ 359 StGB.) anzusehen. 50

D a l c k e , S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B IV 6. Verordnung über die Auskunftspflicht. §§ 6, 7

§ 6. [Strafvorschriften] (1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, Wer1) vorsätzlich2) 1. die Auskunft, zu der er nach den §§ 13) bis 3 4 ) verpflichtet ist 5 ), ganz oder teilweise verweigert8) oder nicht in der gesetzten Frist erteilt7) oder unrichtige8) oder unvollständige Angaben macht 9 ); 2. der Vorschrift im § 4 Abs. 1 zuwider die Einsicht in Geschäftsbriefe, Geschäftsbücher oder Unterlagen für die Bemessung von Preisen oder Vergütungen nicht gewährt oder die Besichtigung oder Untersuchung von Betriebseinrichtungen oder Räumen nicht gestattet 10 ); 3. die nach § 4 Abs. 2 vorgeschriebenen Lagerbücher einzurichten oder zu führen unterläßt. (2) Wer eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig begeht, wird mit Geldstrafe bestraft. (3) Neben der Strafe kann11) auf Einziehung12) der Waren, die verschwiegen worden sind, erkannt werden13), auch wenn sie dem Auskunftspflichtigen nicht gehören14). Dies gilt auch dann, wenn die Strafe gemäß § 73 des Strafgesetzbuches auf Grund eines anderen Gesetzes zu bestimmen ist 1 6 ). § 7. [Ausführungsbestimmungen] Nicht abgedruckt. Z u § 6 : 1 ) Täter, der nur eine natürliche Person sein kann, ist nur, wer nach § 2 zu der verlangten Auskunft im Einzelfall verpflichtet ist, KG. Johow 52, 335. 2) Es genügt bedingter Vorsatz, der sich nicht auf die Zuständigkeit der Stelle zu erstrecken braucht; vgl. E. 12, 7; E. 40, 64. Fahrlässigkeit Abs. 2. Der Strafrichter entscheidet über Einwendungen des Auskunftspflichtigen gegen die Auskunftspflicht selbst und braucht nicht abzuwarten, ob und mit welchem Erfolg der Pflichtige gegen das Auskunftsverlangen Rechtsbehelfe ergreift. OLG. Schleswig SchlHA. 53, 64. 3) Über Zuständigkeit der auskunftberechtigten Stellen Anm. 1 zu § 1. Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Auskunftverlangens ist vom Gericht nicht nachzuprüfen. Soweit die Auskunft über den Rahmen des § 1 hinausgeht, genießt sie keinen Strafschutz. E. 51, 14 und 30 (32). 4) Das Auskunftverlangen umfaßt auch das Erfordern der Abschriften usw. nach § 3. 5) Falsche Angaben, die nicht in den Rahmen der Auskunftspflicht fallen, werden von der Strafdrohung nicht betroffen. Strafrechtliche Folgen, die sich aus der Auskunftserteilung ergeben können, befreien von der Verpflichtung nicht. E. 60, 290 (292). 6) Das ist derjenige, welcher das Auskunftsverlangen schriftlich oder mündlich ablehnt. 7) Nichterteilung liegt vor, wenn die gegebenenfalls geforderte Fehlanzeige nicht erstattet wird. E. 49, 269. 8) Unrichtige Angaben sind wahrheitswidrige und irreführende Behauptungen, die dem wirklichen Sachverhalt widersprechen. 9) Unvollständige Angaben sind solche, durch die der Sachverhalt lückenhaft wiedergegeben wird. 10) Nichtgestatten bedeutet, daß dem Verlangen nach Besichtigung und Untersuchung nicht entsprochen wird. § 104 StPO. findet keine Anwendung. Erbs, Anm. 2. 11) Es steht im Ermessen des Gerichts. 12) Die Einziehung, eine Sicherungsmaßregel, ist auch bei fahrlässiger Zuwiderhandlung zulässig. Vgl. E. 46, 134; E. 50, 389; E. 55, 13. 13) Das sog. objektive Strafverfahren nach § 430 StPO. ist nicht zulässig. E. 19, 45. 14) Vgl. Anm. 7 zu § 40 StGB. 15) Diese Vorschrift ist jetzt überflüssig, da der entsprechende Rechtsgrundsatz heute allgemein in der Rechtsprechung anerkannt ist (vgl. Anm. 2 zu § 73 StGB.).

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52) § 1

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BIV 7. Wirtschaftsstrafgesetz a) Gesetz zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz [1949/52]) Vom 26. Juli 1949 (WiGBl. S. 193) i. d. F. der Bek. vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 189) und des Ges. vom 17. Dezember 1952 (BGBl. I S. 805)*) ERSTES

BUCH

Strafvorschriften 1. Abschnitt:

Wirtschaftsstraftaten

§ 1. Gefährdung der Bedarfsdeckung (1) Mit Gefängnis wird bestraft, wer Gegenstände des lebenswichtigen Bedarfs1) zurückhält2), beiseiteschafft3), vernichtet1) oder vorsätzlich oder leichtZu B IV 7 a : *) Das zunächst von der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets für die amerikanische und britische Besatzungszone erlassene Gesetz ist in seiner Geltung durch VO. der Bundesregierung v. 24. 1. 1950 (BGBl. I S. 24) auf die damaligen Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern sowie auf den bayerischen Kreis Lindau und durch Ges. v. 29. 3. 1950 (BGBl. I S. 78) auf Rheinland-Pfalz erstreckt worden, so daß es im gesamten Bundesgebiet galt. Die Bekanntmachung der neuen Fassung des WiStG. v. 25.3.1952 beruhte auf der Ermächtigung in Art. 3 zur Änderung und Verlängerung des WiStG. v. 25. 3. 1952 (BGBl. I S. 188). Art. 2 des letzteren Gesetzes bestimmt: „(1) Verweisungen auf aufgehobene Bestimmungen des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 26. Juli 1949 gelten als Verweisungen auf diejenigen Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, durch welche die entsprechenden Vorschriften des Wirtschaftsstrafgesetzes ersetzt worden sind. (2) Hat ein Gesetz auf § 29 Abs. 1 des Wirtschaftsstrafgesetzes verwiesen oder hat es eine andere von § 5 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten abweichende Geldbuße angedroht, so verbleibt es abweichend von § 5 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten bei dem Höchstbetrag der bisher angedrohten Geldbuße." Nachdem das Ges. am 30. 6. 1954 außer Kraft getreten ist (vgl. § 105), ist das WiStG. 1954 v. 9. 7. 1954 erlassen worden (vgl. IV 7b). Das WiStG. 49/52 ist aber gem. § 15 WiStG. 1954 mit Ausnahme der §§ 33 bis 53 auch nach seinem Inkrafttreten auf die bis zum 30. 6. 1954 begangenen Taten anzuwenden; es gilt ferner gem. § 20 WiStG. 1954 weiter für Devisenzuwiderhandlungen, soweit die Devisenvorschriften (unter B IV 8) auf das WiStG. verweisen. S c h r i f t t u m : Kommentare von Haertel-Joel-Schmidt; Kosterlitz-Zoebe; Schneider-PerenZee-Heraeus; Drost-Erbs; Rahn-Grimsinski und Erläuterungen bei Erbs, Nebengesetze. Ferner: Eb. Schmidt, Das neue westdeutsche Wirtschaftsstrafrecht, Tübingen 1950. Zu § 1 : 1) Lebenswichtig ist weit mehr als lebensnotwendig. Lebenswichtig sind alle Güter, die mittelbar oder unmittelbar für die nach den jeweiligen Lebensverhältnissen berechtigten Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich sind. OLG. Schleswig SchlHA. 53, 63, und zwar der Bevölkerung nicht nur in ihrer Gesamtheit, sondern auch bestimmter Teile, z. B . bestimmter Berufsgruppen, oder der Bevölkerung eines örtlich begrenzten Gebiets. E . 75, 89; 143; R G . D J . 40, 939. Die Gegenstände (Rohstoffe, Halb- oder Fertigfabrikate, Lebens- und Genußmittel oder Gebrauchsgegenstände) brauchen nicht einer Bewirtschaftung zu unterliegen, jedoch sind Gegenstände, die in Zeiten der Warenverknappung üblicherweise bewirtschaftet werden, auch in Zeiten ohne Bewirtschaftung regelmäßig lebenswichtige Bedarfsgegenstände. Beispiele: schwarzer Tee. OLG. Schleswig SchlHA. 53, 63, Frühgemüse. BayObLG. JZ. 52, 696, Apfelsüßmost. OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 53, 65; kosmetische Artikel. KG. N J W . 54, 314. In der Rechtspr. zu § 1 der Kriegswirtschafts-VO. v. 4. 9. 1939 (RGBl. I S. 1609) sind z. B . als Gegenstände des lebenswichtigen Bedarfs anerkannt: Wecker E . 75, 89; Tabak E . 77, 306; Schlacht- und Nutztiere, die landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern. OLGe Celle HannRpfl. 46, 152; Braunschweig MDR. 47, 35, auch kranke Tiere, soweit sie dem lebenswichtigen Bedarf dienen. OGHSt. 1, 30. Luxusartikel und Gegenstände, für die im allgemeinen Liebhaberpreise gezahlt werden, fallen nicht unter § 1. 2) Zurückhalten ist jede Tätigkeit (außer Vernichten, Beiseiteschaffen oder Verderbenlassen), die darauf abzielt, im Widerspruch zu einer volkswirtschaftlich gebotenen Verwertung des Gegenstandes durch Veräußerung, die Ware vorübergehend dem Wirtschaftsprozeß zu 50»

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B I V 7. W i r t s c h a f t s s t r a f g e s e t z (1949/52). § 2

fertig verderben läßt 5 ), obwohl er weiß oder den Umständen nach annehmen muß 6 ), daß er dadurch die Deckung des Bedarfs gefährdet 7 ) 8 ). (2) Der Versuch ist strafbar. § 2. Beiseiteschaffen und Fälschung von Bezugsberechtigungen; Gebrauch gefälschter Bezugsberechtigungen 1 ) (1) Mit Gefängnis wird bestraft, wer Bescheinigungen über eine Bezugsberechtigung 13 ) oder Vordrucke hierfür beiseiteschafft 2 ), nachmacht 3 oder verentziehen. E . 75, 134; eine verheimlichende Tätigkeit gehört nicht zum Begriff der Zurückh a l t u n g . Ein Zurückbehalten liegt nicht vor, wenn das Nicht veräußern, d a s Liegenlassen der W a r e den Bedürfnissen einer geregelten W i r t s c h a f t s o r d n u n g nicht zuwiderläuft, z. B., wenn es sich u m eine volkswirtschaftlich angemessene L a g e r h a l t u n g h a n d e l t . E i n e unbegrenzte Verkaufspflicht b e s t e h t also nicht. E . 76, 388; doch s t e h t es nicht im Belieben eines K a u f m a n n s , W a r e u n t e r Abweisung von L a u f k u n d e n n u r a n S t a m m k u n d e n abzugeben. E . 75, 89. 3) Beiseiteschaffen liegt vor, wenn der Gegenstand seiner volkswirtschaftlich gebotenen (ordnungsmäßigen) V e r w e r t u n g ohne Vernichtung d a u e r n d entzogen wird, R G . D R . 41, 1277 (bei vorübergehender E n t z i e h u n g liegt Z u r ü c k h a l t u n g vor), z. B. durch V e r f ü t t e r u n g von Brotgetreide a n Vieh. Bei b e w i r t s c h a f t e t e n W a r e n liegt ein Beiseiteschaffen in der Herausn a h m e aus d e m f ü r die Deckung des Bedarfs der Bevölkerung vorgesehenen Verteilungsgang, z. B. durch Schwarzschlachten. E . 74, 287, 359; 75, 25, 336; 76, 4 6 ; R G . H R R . 42 Nr. 817 oder d u r c h „ H a m s t e r n " von Mangelware. Beiseiteschaffen k a n n auch d u r c h Unterlassung erfolgen, z. B. d u r c h N i c h t a n g a b e oder Falschangabe meldepflichtiger Vorräte. R G . D R . 43,760. D e r L e t z t Verbraucher darf zwar ü b e r o r d n u n g s m ä ß i g bezogene G ü t e r frei v e r f ü g e n ; sind sie i h m a b e r a u s d r ü c k l i c h n u r z u m persönl. V e r b r a u c h überlassen (z. B. D e p u t a t k o h l e a n einen B e r g m a n n ) , so liegt Beiseiteschaffen vor, wenn er sie w e i t e r v e r ä u ß e r t , s t a t t sie zur Befriedig u n g des eigenen B e d a r f s zu v e r w e n d e n . B G H N J W 54, 808. 4) Vernichten (vgl. § 303 StGB.) = Zerstörung der Substanz oder V e r ä n d e r u n g des Gegenstandes, so d a ß er f ü r seinen Zweck völlig untauglich oder der Gebrauchswert wesentlich h e r a b g e m i n d e r t wird. E . 75, 134; R G . D R . 42, 1760. 5) Verderbenlassen ist Vernichtung d u r c h pflichtwidrige Unterlassung der Sorge f ü r die E r h a l t u n g . D a s Verderbenlassen ist besonders e r w ä h n t , weil hier nicht wie bei den vorangehenden T a t b e s t a n d s m e r k m a l e n Vorsatz erforderlich ist, sondern Leichtfertigkeit ( = grobe Fahrlässigkeit; s. A n m . 17 zu § 164 StGB.) genügt. 6) widerlegbare V o r s a t z v e r m u t u n g ; vgl. A n m . 3 zu § 259 S t G B , (auch zu der Frage, wieweit die Vorsatz Vermutung beim Gehilfen in B e t r a c h t k o m m t ) . 7) = die Gefahr (naheliegende Möglichkeit) schafft, d a ß die o r d n u n g s m ä ß i g e Versorgung der Bevölkerung (s. A n m . 1) m i t den Bedarfsgegenständen nicht möglich ist. E i n e tatsächliche Beeinträchtigung des B e d a r f s ist nicht erforderlich. R G . D R . 41, 891. F ü r die Frage, ob G e f ä h r d u n g der Bedarfsdeckung vorliegt, k o m m t es vor allem auf die Menge der vernichteten, beiseitegeschafften oder zurückgehaltenen W a r e n an. Die E n t z i e h u n g u n b e d e u t e n d e r Mengen wird im allgemeinen n u r bei besonders schwer ersetzbaren oder im Z e i t p u n k t der E n t z i e h u n g besonders benötigten W a r e n als ein G e f ä h r d e n der Bedarfsdeckung anzusehen sein. E . 74, 287. I n der Regel bedarf es eines f ü h l b a r e n Eingriffs in die Versorgung, also des H e r v o r r u f e n s einer Gefahr f ü r die F o r t f ü h r u n g des Wirtschaftslebens. E . 75, 139. D a s ä u ß e r e Maß der entzogenen Gegenstände ist aber nicht allein entscheidend. Wesentlich ist vielmehr die Gesamtwürdigung der u n m i t t e l b a r e n u n d m i t t e l b a r e n (seelichen) W i r k u n g e n . E . 75, 142; R G . H R R . 1942 Nr. 868. Denn das schädliche Verhalten reizt zur N a c h a h m u n g an oder nötigt sogar dazu u n t e r d e m D r u c k des W e t t b e w e r b s oder r u f t T r o t z - u n d Angsteindeckungen hervor. E . 74, 364. E b e n s o wird bei b e w i r t s c h a f t e t e n Gegenständen das schlechte Beispiel, das die E n t z i e h u n g von G ü t e r n abgibt u n d sofort Schule m a c h t , das Vertrauen der Bevölkerung in das glatte F u n k t i o n i e r e n der Bewirtschaftung, in die gerechte Verteilung u n d in die Macht, diese Verteilung zu gewährleisten, u n t e r g r a b e n u n d erschüttern. E . 74, 359; 75, 30; 76, 349; a. M. O G H . BZ. ZJB1. 1948, 203. München N J W . 1948, 493. Zum inneren T a t b e s t a n d genügt bedingter Vorsatz, also der Nachweis, d a ß der T ä t e r m i t der Möglichkeit der G e f ä h r d u n g gerechnet u n d die T a t a u c h f ü r diesen Fall gewollt h a t . E . 74, 365; 75, 32, 145. 8) Tateinheit m i t Vermögensdelikten, m i t Zuwiderhandlung gegen Preis- u n d Bewirtschaftungsvorschriften ist möglich, dagegen ist ein E r w e r b von Gegenständen, die u n t e r Verstoß gegen § 1 erlangt sind, keine Hehlerei, d a die Zuwiderhandlung nach § 1 kein Vermögensdelikt darstellt. E . 75, 29. Z u § 2 : 1) Die Vorschrift ist aus § 1 Abs. 2 der KriegswirtschaftsVO. v. 4. 9. 1939 übern o m m e n . Sie erfordert Vorsatz; B e s t r a f u n g der Fahrlässigkeit g e m ä ß § 12.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 3, 4

789

fälscht4) oder wer solche nachgemachten oder verfälschten Bescheinigungen oder Vordrucke sich verschafft5), in Verkehr bringt6) oder zur Erlangung von Bezugsrechten verwendet7). (2) Der Versuch ist strafbar. § 3. Vorbereitung der Fälschung von Bezugsberechtigungen 1 ) (1) Mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen wird bestraft, wer ohne besondere Erlaubnis der zuständigen Behörde Papier, das dem zur Herstellung von Bezugsberechtigungen2) verwendeten, durch bestimmteMerkmale erkennbar gemachten Papier hinsichtlich dieser Merkmale gleich oder ähnlich ist oder sonst zur Herstellung von Bezugsberechtigungen geeignet ist, anfertigt, erwirbt, verkauft, feilhält oder sonstwie in den Verkehr bringt. (2) Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der 1. Stempel, Stiche, Siegel und Platten, die zur Herstellung von Bezugsberechtigungen dienen, ohne besondere Erlaubnis der zuständigen Behörde anschafft, anfertigt oder sich sonstwie verschafft oder 2. Chemikalien oder andere zur Anfertigung von Bezugsberechtigungen dienende Gegenstände mit der Absicht, Bezugsberechtigungen herzustellen, ohne besondere Erlaubnis der zuständigen Behörde anschafft, anfertigt oder sich sonstwie verschafft. § 4. Pflichtverletzung von Verwaltungsangehörigen und Sachverständigen 1 ) (1) Mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen wird bestraft, l a ) Da das WiStG. nur dem Schutz der inländ. Wirtschaft dient, kommen nur inländ. Bezugsberechtigungen in Betracht; zum Inland gehört auch hier die sowj. Besatzungszone Deutschlands. OLG. Stuttgart GA. 1953, 189. 2) Beiseiteschaffen (vgl. Anm. 1 zu § 1) bedeutet die Unterbrechung des ordnungsmäßigen Laufs der Bescheinigung (des Vordrucks) durch unberechtigte Herausnahme. Der Lauf beginnt mit der Entstehung und endet zunächst mit der Aushändigung an den Verbraucher; er beginnt erneut mit der ordnungsmäßigen Einlösung beim Verteiler und endet mit der ordnungsmäßigen Vernichtung der Bescheinigung. Solange sich die Bescheinigung in der H a n d des Verbrauchers befindet, kann weder er (durch Überlassen an einen Dritten) noch ein anderer (durch Diebstahl usw.) sie beiseiteschaffen. E. 77, 209, 289; OLG. Braunschweig NdsRpfl. 50, 93. Dagegen ist, solange der Lauf dauert, Tateinheit von Beiseiteschaffen mit Diebstahl usw. möglich. OLG. Frankfurt N J W . 50, 760. 3) Vgl. Anm. 2 zu § 146 StGB. Sofern die Bescheinigung eine Urkunde i. S. des § 267 StGB, ist, kommt Tateinheit mit Urkundenfälschung in Betracht. E. 77, 209; OLG. Frankfurt N J W . 50, 760. 4) D. h. echte Bescheinigungen (Vordrucke) unbefugt ändert (vgl. Anm. 5a zu § 267 StGB.). Tateinheit mit Urkundenfälschung ist möglich (s. Anm. 3). 5) Vgl. Anm. 2 zu § 147 StGB. 6) Vgl. Anm. 1 zu § 147 StGB. Wer von ihm nachgemachte oder verfälschte Bescheinigungen in Verkehr bringt, wird nur einmal bestraft (vgl. unten Anm. 7), ebenso, wer sich die von einem anderen nachgemachte oder verfälschte Bescheinigung vorsätzlich verschafft hat und sie in Verkehr bringt. 7) Hier ist an den Händler gedacht, der vom Endverbraucher abgelieferte Bezugsscheine zur Erlangung neuer Bezugsrechte vorlegt. Es genügt die Verwendung in der Absicht, das vorgetäuschte Bezugsrecht zu erlangen; daß der Täter seine Absicht erreicht, ist nicht erforderlich. Wer in Verwendungsabsicht nachahmt oder verfälscht und dann die Bescheinigung verwendet, wird nur einmal bestraft (vgl. Anm. 6 zu § 267 StGB.). Folgerichtig ist auch die spätere Verwertung der vom Täter beiseite geschafften Bescheinigung keine neue selbständige Tat. OLG. Kiel N J W . 48, 393; a. M. OGHSt. 2, 374. Zu § 3: 1) Die Vorschrift ist dem § 151 StGB., § 405 Abs. 3 RAbgO. — B VI — nachgebildet. Fahrlässige Begehung ist nach § 13 strafbar. 2) Richtiger: Bescheinigungen über Bezugsberechtigungen. Vordrucke kommen hier nicht in Betracht. Zu § 4: 1) Die Vorschrift ist aus Art. I I I der VO. z. Ergänzung und Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Verbrauchsregelung v. 25. 11. 1941 (RGBl. I S. 731) übernommen.

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B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 5, 6

wer als Verwaltungsangehöriger oder Helfer2) auf dem Gebiet der Bewirtschaftung, Preis- oder Marktregelung3) entgegen den bestehenden Bestimmungen 4 ) 1. Bescheinigungen über eine Bezugsberechtigung oder eine sonstige Genehmigung an Erzeuger, Gewerbetreibende oder Verbraucher abgibt; 2. bei der Ablieferung oder Zuteilung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen Eintragungen vornimmt, die für Nachweis oder Bewertung von Ablieferungen oder für eine Zuteilung erheblich sind. (2)5) Ebenso wird bestraft, wer als Sachverständiger auf dem Gebiet der Bewirtschaftung, Preis- oder Marktregelung ein Gutachten gegen besseres Wissen erstattet. § 5. Zuwiderhandlungen gegen Berufsverbot oder Betriebsschließung 1 ) (1) Mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen wird bestraft, wer entgegen einer Anordnung nach §§ 33, 34 selbst oder durch eine vorgeschobene Person Geschäfte betreibt oder eine ihm untersagte Betätigung oder Betriebsführung ausübt. (2) Ebenso wird bestraft, wer mit diesen oder für diese Personen2) ein Geschäft abschließt 3 ;, obwohl ihm bekannt war, daß ihnen die geschäftliche Betätigung oder Betriebsführung untersagt oder daß der Betrieb geschlossen worden ist. 2. Abschnitt:

Zuwiderhandlungen, die Wirtschaftsstraftaten Ordnungswidrigkeiten sein können

oder

§ 6. Abgrenzung von Wirtschaftsstraftaten und Ordnungswidrigkeiten (1) Zuwiderhandlungen nach den Bestimmungen dieses Abschnittes sind entweder Wirtschaftsstraftaten oder Ordnungswidrigkeiten 1 ). 2) Gedacht ist an Personen, die, ohne wie die Verwaltungsangehörigen in einem Anstellungsverhältnis zu der Verwaltungsbehörde oder sonstigen Stelle zu stehen, gelegentlich, namentlich ehrenamtlich, bei der Erfüllung der Aufgaben der Behörde oder Stelle mitwirken. 3) Gemeint ist eine amtliche (nicht eine privatrechtlich vereinbarte) Bewirtschaftung usw. 4) Soweit die bestehenden Bestimmungen in gewissem Umfang dem Ermessen Spielraum gewähren, verstößt die Tat gegen die bestehenden Bestimmungen, wenn sich der Täter von sachfremden Erwägungen leiten läßt oder den Rahmen des Ermessens offensichtlich überschreitet (Ermessensmißbrauch). 5) Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Sachverständiger uneidlich vorsätzlich falsch aussagt, wird nach § 153 StGB, bestraft; die falsche Aussage kann dabei in der Erstattung eines schriftlichen oder eines mündlichen Gutachtens bestehen. § 4 Abs. 2 schafft eine ergänzende Strafvorschrift für die Fälle, in denen der Täter bei einer anderen (also nicht zur eidlichen Vernehmung zuständigen) Stelle ein wissentlich falsches Gutachten erstattet. Die Stelle, der das Gutachten erstattet wird, muß nicht notwendig eine Behörde sein. „ E r s t a t t u n g " setzt eine Aufforderung der Stelle zur Abgabe eines Gutachtens voraus. „Als Sachverständiger" wird tätig, wer entweder von einer Behörde wegen seiner besonderen Sachkunde um ein Gutachten gebeten wird oder wer als behördlich bestellter Sachverständiger sich gegenüber einer nichtbehördlichen Stelle auf deren Wunsch gutachtlich äußert. „Gegen besseres Wissen": s. Anm. 6 zu § 164 StGB. Zu § 5: 1) § 5 ist aus § 14 der PreisstrafrechtsVO. i. d. F. v. 26. 10. 1944 (RGBl. I S. 264) übernommen. Die Vorschrift ist dem § 145c StGB, nachgebildet, der hier keine Anwendung findet, weil er ein gemäß § 42 1 StGB, erlassenes Berufsverbot voraussetzt. Über § 145c StGB, hinaus ist in Abs. 2 auch der Partner des dem Berufsverbot Zuwiderhandelnden unter Strafe gestellt. 2) Bedroht ist hier also die vorgeschobene Person (Abs. 1), die für den vom Berufsverbot unmittelbar Betroffenen tätig wird. 3) Abschluß eines obligatorischen Rechtsgeschäfts genügt. Zu § 6: 1) Das WiStG. unterscheidet zwischen a) reinen Wirtschaftsstraftaten, d. h. Tatbeständen, deren Verwirklichung ausschließlich mit Kriminalstrafe geahndet wird (§§1 bis 5); b) reinen Ordnungswidrigkeiten, die nach den Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten v. 25. 3. 1952 — A 4 — geahndet werden (§§ 23, 24);

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). § 7

791

(2) 2 ) E i n e Zuwiderhandlung ist Wirtschaftsstraftat, wenn sie das Staatsinteresse an Bestand und Erhaltung der Wirtschaftsordnung im ganzen oder in einzelnen Bereichen verletzt, indem entweder 1. die Zuwiderhandlung ihrem Umfange oder ihrer Auswirkung nach geeignet ist, die Leistungsfähigkeit der staatlich geschützten Wirtschaftsordnung zu beeinträchtigen 3 , oder 2. der T ä t e r mit der Zuwiderhandlung eine Einstellung bekundet, die die staatlich geschützte Wirtschaftsordnung im ganzen oder in einzelnen Bereichen mißachtet, insbesondere dadurch, daß er gewerbsmäßig 4 ) aus verwerflichem Eigennutz 5 ) oder sonst verantwortungslos 6 ) gehandelt oder Zuwiderhandlungen hartnäckig 7 ) wiederholt hat. (3) In allen anderen Fällen ist die Zuwiderhandlung eine Ordnungswidrigkeit 8 ) .

§ 7. Erschleichung von Bezugsberechtigungen Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnittes begeht, wer unrichtige oder unvollständige Angaben tatsächlicher Art 1 ) m a c h t oder benutzt 2 ), um 3 ) für sich oder einen anderen eine Bezugsberechtigung, Genehmigung 4 ), Bewilligung, verbindliche Zusage, sonstige Bescheinigung oder eine Eintragung zu erschleichen 5 ). c) Mischtatbeständen, d. h. Tatbeständen, deren Verwirklichung eine Ordnungswidrigkeit, beim Hinzutreten bestimmter Merkmale aber eine Wirtschaftsstraftat darstellt (§§ —21). Und zwar umschreibt § 6 Abs. 2 die Merkmale, bei deren Vorhandensein die Zuwiderhandlung Wirtschaftsstraftat ist (Strafdrohung: §§ 22, 25, 26); fehlen sie, so ist die Tat lediglich Ordnungswidrigkeit (§ 6 Abs. 3). 2) Die Merkmale des Abs. 2 sind strafbegründend, nicht strafschärfend i. S. des § 50 Abs. 2 StGB. (vgl. dort Anm. 3 Abs. 2). BGH. MDR. 53, 54. 3) Die Gefahr einer Beeinträchtigung ist schon dann gegeben, wenn die Aufrechterhaltung der zum Schutz des wirtschaftlich Schwächeren gezogenen Schranken der Marktwirtschaft mindestens auf einem Teilgebiet erschwert wird. Dabei sind auch immaterielle Wirkungen der Zuwiderhandlung auf die beteiligten Wirtschaftskreise zu berücksichtigen, z. B. wenn in den beteiligten Wirtschaftskreisen eine grundsätzlich verneinende Haltung gegenüber der staatlich geschützten Wirtschaftsordnung erzeugt wird. BGHSt. 2, 358 (betr. Aufkauf von Deputatkohle zu Überpreisen). 4) Vgl. Anm. 1 zu § 260 StGB. 5) Aus verwerflichem Eigennutz handelt, wer sich vom Streben nach eigenem Vorteil in besonders anstößigem Maße leiten läßt. Der erstrebte Vorteil braucht kein Vermögensvorteil zu sein; es genügt z. B. die Anknüpfung von Geschäftsverbindungen, um daraus Vorteile zu ziehen. BGHSt. 2, 358. 6) Verantwortungslos (vgl. den entsprechenden Begriff „rücksichtslos" in § 315a StGB.) handelt, wer trotz Erkenntnis seiner Verantwortung gegenüber der Wirtschaftsordnung sich in verwerflicher Weise über die aus der Verantwortung sich ergebenden Pflichten hinwegsetzt oder den Gedanken an die Verantwortung überhaupt nicht in sich aufkommen läßt. 7) = in vollem Bewußtsein der Tragweite seines Tuns. 8) Sie unterliegt also der Ahndung nach dem OWiG. — A 4 — in Verbindung mit den §§ 22, 27, 28 WiStG. Zu § 7: 1) Vgl. Anm. 13 zu § 164 StGB. 2) Also Angaben eines gut- oder bösgläubigen Dritten verwendet oder von ihm selbst gutgläubig gemachte Angaben bestehen läßt, obwohl er deren Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit vor Erteilung der Bezugsberechtigung usw. erkennt. 3) Die Erschleichungsabsicht schließt Fahrlässigkeit oder bedingten Vorsatz hinsichtlich der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit aus. 4) Es muß sich um Genehmigungen usw. im Rahmen marktordnender oder wirtschaftslenkender Vorschriften handeln. Devisengenehmigungen gehören nicht hierher, da die Devisengesetzgebung eine abschließende Regelung darstellt. BGH. N J W . 53, 1924; LM Nr. 3 zu MilRegGes. Nr. 53. 5) Erschleichen durch täuschende Angaben eine Genehmigung usw., deren Voraussetzungen nicht vorliegen, herbeiführen. Die Ausnutzung der erschlichenen Bezugsberechtigung ist (vgl. § 8 Nr. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2) straflose Nachtat (vgl. Anm. 7 zu § 2).

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B I V 7. W i r t s c h a f t s s t r a f g e s e t z (1949/52). § 8

§ 8. Mißbrauch von Bezugsberechtigungen durch

Gewerbetreibende 1 )

Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer2) in Ausübung eines Gewerbes oder Berufs3) oder in unbefugter Betätigung wie ein Gewerbetreibender4) vorsätzlich oder fahrlässig 1. bezugsbeschränkte Erzeugnisse5) ohne Bezugsberechtigung6) bezieht7) oder abgibt8); 2. eine ihm nicht zustehende Bezugsberechtigung für sich ausnutzt9); 3. die Verfügung über eine Bezugsberechtigung rechtswidrig einem anderen überläßt10) oder sich verschafft11); Z u § 8 : 1) Die Vorschrift ist ü b e r n o m m e n aus § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 u. 4 der VerbrauchsregelungsstrafVO. i. d. F . v. 26. 11. 1941 (RGBl. I S. 734). 2) T ä t e r k a n n hier •—• wie auch sonst auf dem Gebiet des W i r t s c h a f t s s t r a f r e c h t s u n d e n t sprechend d e m allgemeinen Straf recht — n u r eine natürliche Person, bei juristischen Personen also n u r die f ü r sie h a n d e l n d e natürliche Person sein. Bei mehreren Geschäfts- u n d Betriebsi n h a b e r n ist strafrechtlich verantwortlich, wer im Einzelfall die Leitung h a t . E . 77, 268. 3) Dieses T a t b e s t a n d s m e r k m a l u m f a ß t alle F o r m e n gewerblicher oder beruflicher Bet ä t i g u n g . E . 77, 119, also die des Erzeugers, Verarbeiters u n d H ä n d l e r s u n d die eines I n h a b e r s oder Leiters eines Betriebes sowohl wie die des darin tätigen Arbeiters, Angestellten, Gehilfen oder Familienangehörigen. R G H R R . 4 1 Nr. 696. Auch der E r w e r b b r a n c h e f r e m d e r W a r e n erfolgt in A u s ü b u n g des Gewerbes, wenn er u n m i t t e l b a r oder m i t t e l b a r f ü r Zwecke des Ges c h ä f t s geschieht. D a s H a n d e l n in Ausübung eines Gewerbes oder Berufes ist s t r a f b e g r ü n d e n d e s T a t b e s t a n d s m e r k m a l ; es b r a u c h t also (vgl. § 50 Abs. 2 StGB.) beim Gehilfen nicht vorzuliegen. E . 77, 46. —Der G e s c h ä f t s p a r t n e r ist, soweit nicht § 9 eingreift, als notwendiger Teilnehmer n u r s t r a f b a r , soweit er über die bloße Beteiligung a m Geschäft hinaus a n der T a t des nach § 8 s t r a f b a r e n T ä t e r s (durch A n s t i f t u n g usw.) t e i l n i m m t . 4) D. h. der Schwarzhändler. 5) D a s sind W a r e n , die nicht n u r einer B e w i r t s c h a f t u n g in F o r m der Zuteilung an Vera r b e i t e r oder Verteiler unterliegen, sondern bei denen der Bezug durch den E n d v e r b r a u c h e r n u r zulässig ist, wenn er eine Bezugsberechtigung besitzt. Bezugsbeschränkt k ö n n e n auch W a r e n sein, die im übrigen nicht öffentlich b e w i r t s c h a f t e t sind. 6) Die Bezugsberechtigung b e d e u t e t lediglich die Befugnis des Erwerbers, die W a r e im R a h m e n der Bezugsbeschränkungen zu erwerben u n d die Befugnis des Veräußerers, sie i h m zu überlassen, R G . H R R . 42 Nr. 740; dagegen b e g r ü n d e t die Bezugsberechtigung als solche keine Verpflichtung des Gewerbetreibenden zur Abgabe der W a r e a n den Bezugsberechtigten. Die Bezugsberechtigung wird in der Regel d u r c h eine g ü l t i g e Bescheinigung über die Bezugsberechtigung d a r g e t a n . E . 77, 319. 7) Beziehen = vertragsmäßiges (abgeleitetes) Erlangen der tatsächlichen Verfügungsgewalt, d. h. der Möglichkeit, u n m i t t e l b a r , wenn a u c h nicht allein auf die Sache einzuwirken. E . 74, 302; R G . H R R . 42 Nr. 125, 451; O G H S t . 1. 83, z. B. a u c h durch Tauschen. Einseitige (unberechtigte) Verschaffung der Verfügungsgewalt, z. B. d u r c h Diebstahl oder Wilderei, ist kein Beziehen. E . 77, 118, 225, 398; a. M. Rietzsch D R . 42, 101. 8) Abgeben = Überlassen der tatsächlichen Verfügungsgewalt. E . 74, 300, gleichviel ob entgeltlich oder unentgeltlich. 9) A u s n ü t z e n ist die mißbräuchliche A u s w e r t u n g einer gültigen, aber nicht dem T ä t e r zustehenden Bezugsberechtigung. E . 77, 322, z. B. die Verwertung eines gefundenen, verbotswidrig übertragenen, gestohlenen, erschlichenen oder versehentlich zugesandten (echten) Bezugsscheins. O L G . Kiel N J W . 47, 36. 10) Überlassen = dem a n d e r e n die tatsächliche Möglichkeit verschaffen, eine Bezugsberechtigung (die im allgemeinen d u r c h einen Bezugsschein v e r k ö r p e r t wird), f ü r sich auszun u t z e n . Die Überlassung eines u n r e c h t m ä ß i g (z. B. d u r c h s t r a f b a r e H a n d l u n g ) erlangten Bezugsscheins ist stets, die eines r e c h t m ä ß i g erlangten Bezugsscheins d a n n rechtswidrig, wenn der T ä t e r die Bezugsberechtigung n u r persönlich oder n u r f ü r seine Person a u s ü b e n darf. E i n e fahrlässige Überlassung liegt vor, wenn der Täter, f ü r ihn voraussehbar, einem D r i t t e n die A u s ü b u n g der Bezugsberechtigung ermöglicht, z. B. durch unzulängliche Verwahrung, schuldh a f t e s A b h a n d e n k o m m e n l a s s e n (Verlieren) usw. 11) Vgl. A n m . 5 zu § 2. Straflose N a c h t a t , wenn der T ä t e r , n a c h d e m er sich die Verf ü g u n g d a r ü b e r rechtswidrig v e r s c h a f f t h a t , die ihm nicht zustehende Bezugsberechtigung f ü r sich a u s n u t z t .

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 9, 10

793

4. Verbrauchern (Versorgungsberechtigten) bezugsbeschränkte Erzeugnisse vorenthält, zu deren Abgabe er verpflichtet ist 12 ; 5. Bescheinigungen über die Bezugsberechtigung entgegennimmt oder Abschnitte abtrennt, ohne Ware zu liefern13). § 9. Mißbrauch von Bezugsberechtigungen durch Verbraucher1) (1) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer ohne in Ausübung eines Gewerbes oder Berufs zu handeln2), vorsätzlich oder fahrlässig 1. bezugsbeschränkte Erzeugnisse ohne Bezugsberechtigungen bezieht3); 2. eine ihm nicht zustehende Bezugsberechtigung rechtswidrig für sich ausnutzt; 3. die Verfügung über eine Bezugsberechtigung sich gegen Entgelt verschafft4). (2) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnittes begeht ferner, wer in der Absicht, sich zu bereichern5), eine Verfügung über eine Bezugsberechtigung rechtswidrig einem anderen überläßt. § 10. Ermöglichung des Mißbrauchs von Bezugsberechtigungen 1 ) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig unter Verletzung seiner Obhutspflicht es ermöglicht hat, daß ein 12) Vorenthalten heißt Verweigerung und Unterlassung der Verausgabung der vorhandenen Ware. Vgl. E. 76, 388. Nichtlieferung ist auch die zu geringe Belieferung. Der Täter muß sich r e c h t s w i d r i g weigern, die auf Lager oder unter dem Ladentisch befindliche Ware (sog. Bückware) zu verabfolgen. Eine allgemeine Belieferungspflicht ist in Nr. 4 nicht ausgesprochen. Der Konditor kann z. B. die Zahl der abzugebenden Kuchenstücke festlegen, der Kaufmann kann seine Stammkunden bevorzugen. Laufkunden darf er, wenn die Ware zur Abgabe an jedermann nicht ausreicht, je nach Dringlichkeit (Krankheit, Schwerarbeit) oder Größe der Familie bedienen. 13) Die Entgegenahme setzt Überlassen der Bezugsbescheinigung durch den Inhaber voraus, während die Abtrennung eines Abschnitts auch ohne oder gegen dessen Willen erfolgen kann (Tateinheit mit Betrug möglich, da in Zeiten der Warenverknappung die Bezugsberechtigung einen Vermögenswert darstellt). Zu § 9: 1) Die Vorschrift ist aus § 2 der VerbrauchsregelungsstrafVO. i. d. F. v. 26. 11) 1941 (RGBl. I S. 734) übernommen. 2) Also als Verbraucher. 3) Nr. 1 ist unanwendbar, wenn der Verbraucher die Ware von einem Verbraucher erwirbt, der sie seinerseits auf Grund einer ihm zustehenden Bezugsberechtigung erworben hat, denn in der Hand des letzteren hat die Ware ihren Charakter als bezugsbeschränkte Ware verloren. 4) Aus Nr. 3 in Verb, mit Abs. 2 ergibt sich, daß das Überlassen und Sichverschaffen einer Bezugsberechtigung durch Verbraucher im allgemeinen nicht verboten ist; folgerichtig fällt auch die Ausnutzung einer so erlangten Bezugsberechtigung nicht unter Abs. 1 Nr. 2. „Gegen E n t g e l t " : Die Vorschrift richtet sich gegen den Handel (Schwarzhandel) mit Bezugsscheinen; sie trifft daher nicht den Tausch gleichwertiger Bezugsscheine (Fleischmarken gegen Brotmarken usw.) oder die Anerkennung einer schenkweisen Überlassung durch ein kleines Geschenk usw. 5) In Bereicherungsabsicht handelt, wer sich einen unangemessenen Vermögensvorteil verschaffen will (vgl. Anm. 4). Z u § 10: 1) Die Vorschrift ist aus dem Kontrollratsgesetz Nr. 50 v. 20. 3. 1947 (ABl. S. 266) übernommen; sie richtet sich gegen die Personen, denen diensttlich oder beruflich k r a f t dienstlichen Auftrags eine Obhutspflicht bzgl. der in ihrem Besitz oder in ihrer Verwaltung befindlichen Bezugsscheine, Vordrucke usw. obliegt, wie Angehörige der Bewirtschaftungsund Verteilungsstellen, Drucker usw. Für Gewerbetreibende, die fahrlässig die im Rücklauf an sie gelangten Bezugsscheine schuldhaft Dritten zugänglich machen, gilt § 8 Nr. 2; den Verbraucher trifft keine Obhutspflicht i. S. des § 10.

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B I V 7. W i r t s c h a f t s s t r a f g e s e t z (1949/52). §§ 11—15

Dritter eine Bescheinigung über eine Bezugsberechtigung oder einen Vordruck hierfür oder einen der in § 3 aufgeführten Gegenstände erlangt oder verwendet. § 11. Ermöglichung des Mißbrauchs bewirtschafteter Gegenstände 1 ) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, Wer vorsätzlich oder fahrlässig unter Verletzung seiner Obhutspflicht es ermöglicht hat, daß ein Dritter bewirtschaftete Gegenstände an sich bringt 2 ), beiseiteschafft oder vernichtet 3 ). § 12. Fahrlässiges Inverkehrbringen gefälschter Bezugsberechtigungen 1 ) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer nachgemachte oder verfälschte Bescheinigungen über eine Bezugsberechtigung oder Vordrucke hierfür fahrlässig in Verkehr bringt oder zur Erlangung von Bezugsrechten verwendet. § 13. Fahrlässige Vorbereitung der Fälschung von Bezugsberechtigungen Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnittes begeht, wer eine in § 3 mit Strafe bedrohte Handlung fahrlässig verübt. § 14. Unberechtigte Entnahme aus dem eigenen Betrieb 1 ) Eine Zu Widerhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer rechtswidrig bezugsbeschränkte Erzeugnisse dem eigenen Betrieb2) vorsätzlich oder leichtfertig entnimmt 3 ). § 15. Ungerechtfertigte Bevorzugung durch Gewerbetreibende 1 ) (1) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnittes begeht, wer in Ausübung eines Gewerbes oder Berufs oder in unbefugter Betätigung wie ein Gewerbetreibender 2 ) im Inlandverkehr 3 ) Z u § 11: 1) Auch diese Vorschrift e n t s t a m m t , wie § 10, d e m K o n t r R G e s . Nr. 50. Sie richtet sich gegen alle bei der E r z e u g u n g bewirtschafteter Gegenstände u n d bei der Bewirts c h a f t u n g selbst (durch Lagerung, T r a n s p o r t , Verteilung a n Zwischenhändler u n d Verbraucher) t ä t i g e n Personen als Obhutspflichtige; der E n d v e r b r a u c h e r dagegen gehört nicht hierher, d e n n in seiner H a n d hört der Gegenstand auf, b e w i r t s c h a f t e t zu sein. 2) D u r c h abgeleiteten oder einseitigen Besitzergreifungsakt mit der Absicht, den Gegens t a n d der B e w i r t s c h a f t u n g zu entziehen. 3) Vgl. A n m . 3 u n d 4 zu § 1. Z u § 12: 1) Vgl. § 2. Die Fahrlässigkeit wird in der Regel darin bestehen, d a ß der T ä t e r fahrlässig nicht erkennt, d a ß Bescheinigung oder Vordruck n a c h g e m a c h t oder verfälscht sind. Die Vorschrift richtet sich gegen j e d e r m a n n . Z u § 14: 1) Die Vorschrift ist aus § 2 Abs. 2 der VerbrauchsregelungsstrafVO. i. d. F . v. 26. 11. 1941 (RGBl. I S. 734) ü b e r n o m m e n . 2) Die S t r a f v o r s c h r i f t richtet sich gegen den Selbstversorger, Erzeuger u n d H ä n d l e r , der d e m eigenen Betrieb (Wirtschaft, F a b r i k , Warenlager) bezugsbeschränkte Erzeugnisse in größerem U m f a n g e n t n i m m t , als i h m nach den Bezugsbeschränkungsvorschriften z u s t e h t . E i n eigener Betrieb des T ä t e r s ist auch derjenige seines E h e g a t t e n (vgl. R G . D a s R e c h t 1944 Nr. 342). 3) Die E n t n a h m e m u ß f ü r den eigenen Bedarf (einschl. der Versorgung der Familienangehörigen u n d Angestellten) erfolgen, wobei die Verwendung a u c h im T a u s c h gegen andere Erzeugnisse bestehen k a n n . E n t n a h m e zwecks Abgabe an D r i t t e ohne Bezugsberechtigung fällt u n t e r § 8 Nr. 1. — „ L e i c h t f e r t i g " : s. A n m . 17 zu § 164 S t G B . Z u § 15: 1) Die Vorschrift, die an § l a der KriegswirtschaftsVO. v. 4 . 9. 1939 (RGBl. I S. 1609) i. d. F . v. 25. 3. 1942 (RGBl. I S. 147) u n d das Ges. gegen Kompensationen v. 3. 11. 1948 (WiGBl. S. 116) a n k n ü p f t , richtet sich gegen die sog. Kompensationsgeschäfte. Sie bezweckt die Sicherung der W ä h r u n g d u r c h Gewährleistung ihres C h a r a k t e r s als u n b e d i n g t e n Wertmessers. 2) Vgl. A n m . 3, 4 zu § 8. 3) Gegensatz: Ein- u n d A u s f u h r v e r k e h r .

B I V 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). § 16

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1. für eine Bevorzugung4) eines anderen bei der Lieferung einer Ware 5 ) oder bei einer Leistung 6 ) eine andere Gegenleistung als Geld deutscher Währung oder außer einer Gegenleistung in Geld deutscher Währung einen Vorteil 7 ) fordert, sich versprechen oder gewähren läßt 8 ); 2. eine andere Gegenleistung als Geld deutscher Währung oder außer einer Gegenleistung in Geld deutscher Währung einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, um sich oder einem anderen eine Ware oder Leistung bevorzugt zu verschaffen.9) (2) Ein Vorteil, der für die Bevorzugung nicht gefordert, versprochen oder gewährt Werden darf, ist insbesondere auch der gleichzeitige oder spätere Abschluß eines anderen Rechtsgeschäftes 10 ). (3) Absatz 1 gilt nicht für Rechtsgeschäfte, die allgemein von dem Direktor der zuständigen Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 11 ) d u r c h Ö f f e n t l i c h e B e -

kanntmachung oder im Verkehr zwischen dem Vereinigten Wirtschaftsgebiet und einem anderen Besatzungsgebiet von der zuständigen Behörde genehmigt sind12).

§ 16. Verstoß gegen Veranlagungs-, Ablieferungs- und Meldevorschriften1) (1) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer auf dem Gebiet der Landwirtschaft und Ernährung vorsätzlich oder fahrlässig 1. das Jahressoll an landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Getreidewerten oder sonstige Ablieferungspflichten nicht erfüllt; 2. den Nachweis der Erfüllung eines Jahressolls in Getreidewerten oder sonstiger Ablieferungspflichten gegenüber den zuständigen Stellen nicht führt oder Meldepflichten verletzt; 3. einer Vorschrift oder schriftlichen Verfügung zuwiderhandelt, die auf Grund der Vorschriften über Erzeugung, Veranlagung oder Ablieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse erlassen worden ist, sofern die Vorschrift oder Verfügung ausdrücklich auf die Strafbestimmungen dieses Gesetzes verweist. (2) Sind Einwendungen des Zuwiderhandelnden gegen die Höhe des Jahressolls Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung, so ist das Verfahren wegen der Zuwiderhandlung auszusetzen. Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung ist bindend. 4) Bevorzugung ist eine Besserstellung, durch die andere, die lediglich Geld deutscher Währung als Gegenleistung bieten, entgegen den Gepflogenheiten des üblichen und redlichen Verkehrs hintangesetzt werden, ohne daß sie damit geschädigt zu werden brauchen (vgl. R G . D R . 4 4 , 157). Die Bevorzugung kann z. B. darin bestehen, daß überhaupt geliefert wird, oder daß der Partner besonders rasch oder besonders gut bedient wird. 5) Die W a r e braucht weder bezugsbeschränkt noch bewirtschaftet zu sein. 6) E s kommen Leistungen jeder Art in Frage, z. B. handwerkliche, künstlerische E . 77, 362, miet- oder pachtweise Überlassung von Grundstücken. 7) Der Begriff ist der gleiche wie etwa in § 331 StGB. (vgl. dort Anm. 7). 8) Die Begriffe sind die gleichen wie das Annehmen, Fordern oder Sichversprechenlassen in § 331 StGB. (vgl. die dortigen Anm.). Zum Fordern gehört, daß das Verlangen nach Gewährung eines Vorteils an eine bestimmte Person gerichtet wird und diese davon Kenntnis erhält; eine Zeitungsanzeige, an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet, genügt nicht OLG. Hamm N J W . 53, 1844. 9) Die Vorschrift ist dem § 333 StGB, nachgebildet; vgl. die Anm. zu § 333. 10) Sondervorschrift: § 20 Nr. 3. 11) J e t z t : Dem zuständigen Bundesminister (Art. 129 GG.). 12) Bekanntmachungen v. 1. 2. und 12. 5. 1949 (WiGBl. S. 14, 97).

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B I V 7. W i r t s c h a f t s s t r a f g e s e t z (1949/52). §§ 17, 18

§ 17. Verstoß gegen Bewirtschaftungsvorschriften Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Vorschrift 1 ) oder schriftlichen Verfügung 2 ) zuwiderhandelt, die auf Grund der Vorschriften über die Bewirtschaftung und Marktregelung 3 ) auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Ernährung, der Forstwirtschaft und über den Gebrauch von Verkehrsmitteln erlassen worden ist, sofern die Vorschrift oder die Verfügung ausdrücklich auf die Strafbestimmungen dieses Gesetzes verweist. § 18. Verstoß gegen Preisvorschriften Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Vorschrift oder schriftlichen Verfügung1) zuwiderhandelt 2 ), die Preise, Preisspannen, Zuschläge oder Abschläge, Zahlungsbedingungen, Preisauszeichnungen, Preisbindungen oder andere der Preisbildung oder dem Preisschutz dienende Maßnahmen betrifft 3 ), sofern die Vorschrift oder die Verfügung ausdrücklich auf die Strafbestimmungen dieses Gesetzes verweist. Z u § 17: 1) = einer allgemein getroffenen A n o r d n u n g . 2) = einer im Einzelfalle getroffenen A n o r d n u n g . 3) Eine Marktregelungsvorschrift ist auch die VO. über die A u s k u n f t s p f l i c h t v. 13. 7. 1923 — B I V 6 — . O L G . Braunschweig N d s R p f l . 52, 34. Z u § 18: 1) Vgl. A n m . 1 u n d 2 zu § 17. 2) Eine j u r . Person k a n n nach allgemeinen G r u n d s ä t z e n nicht mit S t r a f e oder Geldbuße belegt werden. W o h l aber k a n n , wenn dies gegen den Vertretungsberechtigten einer jur. Person geschieht, gegen die j u r . Person selbständig A b f ü h r u n g des ihr durch die H a n d l u n g ihres Organes u n m i t t e l b a r zugeflossenen Mehrerlöses a n g e o r d n e t werden (vgl. A n m . 2 zu § 49.) Wegen des grundsätzlich auch bei Preiszuwiderhandlungen möglichen, aber n u r in besonderen A u s n a h m e f ä l l e n (z. B . zur E r h a l t u n g von Arbeitsplätzen f ü r die Belegschaft) in B e t r a c h t k o m m e n d e n übergesetzlichen N o t s t a n d s vgl. O L G . H a m m N J W . 52, 838; Köln N J W . 53,1844; B a y O b L G . N J W . 53, 1602 u n d A n m . 1 zu § 54 S t G B . O b d u r c h den Preisverstoß ein Gewinn erzielt oder bezweckt wird, ist bedeutungslos. R G . D R . 44, 905. E i n e Vorschrift, d a ß beim A u f t r e t e n mehrerer G r o ß h ä n d l e r die Großhandelsspanne u n t e r ihnen n a c h Maßgabe ihrer Leistungen zu teilen sei, bewirkt, d a ß ein Preisverstoß nicht erst vorliegt, wenn alle z u s a m m e n die G e s a m t s p a n n e überschritten haben, sondern schon, wenn einer einen größeren als ihm nach seinen Leistungen zustehenden Anteil in Anspruch n i m m t . B a y O b L G . N J W . 52, 114. Verkauf von W a r e minderer G ü t e zu d e m f ü r einwandfreie W a r e festgesetzten Höchstpreis ist kein Preisverstoß; verfälschte W a r e ist vielmehr preisfrei. B a y O b L G S t . 50/51 S. 465. Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 6 Abs. 3) gegen v o r b e u g e n d e oder sichernde Preisvorschriften, z. B. gegen die VO. über Preisauszeichnungen (vgl. A n m . 3) sind in der Regel nicht ohne B e d e u t u n g i. S. des § 7 Abs. 3 O W i G . B a y O b L G S t . 53, 158, a u c h nicht Ordnungswidrigkeiten, die zu einem nicht unerheblichen Mehrerlös (vgl. § 49 W i S t G . ) g e f ü h r t h a b e n . B a y O b L G . GA. 1953, 160. 3) Die Vorschrift oder V e r f ü g u n g m u ß sich auf gesetzliche Vorschriften a u ß e r h a l b des W i S t G . stützen. Als gesetzliche Grundlage k o m m t hauptsächlich das Preisgesetz v. 10. 4. 1948 (WiGBl. S. 27) i. d. F. der Ges. v. 3. 2. 1949 (WiGBl. S. 14), 21. 1., 8. 7., 25. 9., 23. 12. 1950 (BGBl. S. 7, 274, 681, 824) u n d v. 29. 3. 1951 (BGBl. I S. 223) in B e t r a c h t , das im ganzen B u n desgebiet u n d bis zum E r l a ß eines neuen Preisgesetztes gilt, u n d die E r m ä c h t i g u n g zum E r l a ß von Preisvorschriften e n t h ä l t . D a s Preisgesetz, die in § 2 erteilte E r m ä c h t i g u n g u n d die es verlängernden Gesetze stehen m i t dem GG. nicht in W i d e r s p r u c h . OVG. H a m b u r g N J W . 43, 879. F e r n e r k o m m t aus neuerer Zeit z. B. in B e t r a c h t das Getreidepreisges. 1953/54 v. 6. 8. 1953 (BGBl. I S. 889). D a n e b e n gelten noch eine Reihe von f r ü h e r erlassenen Vorschriften weiter (Aufzählung bei Erbs 2 A zu § 18), insbesondere die PreisstopVO. v. 26. 11. 1936 (RGBl. I S. 955), die VO. zur Verbilligung des W a r e n v e r k e h r s v. 29. 10. 1937 (RGBl. I S. 1142) OLG. Schleswig SchlHA. 51, 161 u n d die VO. über Preisauszeichnungen v. 6. 4. 1944 (RGBl. I S. 98) OLG. Freiburg N J W . 53, 1267. Die PreisbindungsVO. v. 23. 11. 1940 (RGBl. I S. 1573) ist, soweit es sich u m Preisbindungen h a n d e l t , durch Dekartellisierungsm a ß n a h m e n der B e s a t z u n g s m ä c h t e überholt, f ü r Preisempfehlungen aber noch in K r a f t . O L G . N e u s t a d t N J W . 53, 1644. Die stillschweigende D u l d u n g von Höchstpreisüberschreitungen d u r c h eine Landesregierung k a n n einen wirksam festgesetzten Höchstpreis nicht ä n d e r n ; doch k a n n die Vorstellung von seiner Verbindlichkeit d a d u r c h in entschuldbarer Weise aus d e m Rechtsbewußtsein des einzelnen schwinden (vgl. § 26a). B G H . N J W . 53, 352.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). § 19

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§ 19. Preistreiberei 1 ) (1) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer in Ausübung eines Gewerbes oder Berufs oder in unbefugter Betätigung wie ein Gewerbetreibender2) für Güter oder Leistungen des lebenswichtigen Bedarfs3) unangemessene Entgelte4) fordert5), verspricht, vereinbart, annimmt oder gewährt. (2) In der Regel ist unangemessen insbesondere ein Entgelt, das sinkende Kosten der Wiederbeschaffung oder -erzeugung nicht berücksichtigt6). Bei geZu § 19: 1) S c h r i f t t u m : Modest N J W . 53, 568; Nibler N J W . 53, 1204; Heinrich RdL. 54, 1. Zweck des § 19 ist, die mißbräuchliche Ausnutzung der Möglichkeit freier Preisgestaltung zur Bildung sozial nicht gerechtfertigter Preise zu verhindern (soziale Marktwirtschaft). Dabei geht § 19 von dem sog. Kostenpreis aus, der nicht nach den jeweiligen Bedürfnissen des Marktes, sondern nach den im Einzelfall gemachten (notwendigen und angemessenen) Aufwendungen für die Beschaffung oder Herstellung eines Guts ermittelt wird. 2) Vgl. Anm. 3, 4 zu § 8. 3) Vgl. Anm. 1 zu § 1. Eine Leistung des lebenswichtigen Bedarfs ist z. B. die Immobilienmaklertätigkeit. OLG. Stuttgart N J W . 53, 1566. 4) Abs. 2 hat im Verhältnis zu Abs. 1 keine einschränkende Bedeutung, sondern bedeutet nur die bei dem Mangel an einer allgemeinen Umschreibung des Begriffs der Unangemessenheit erforderliche Erläuterung an Hand von Beispielen. OLG. Köln N J W . 52, 1427; Modest N J W . 53, 569. § 19 Abs. 1 setzt nicht voraus, daß eine Mangellage preissteigernd ausgenutzt wird. OLG. Düsseldorf JMB1. NRW. 53, 65. Bei ausgeglichener Marktlage( d.h. wenn das Angebot die Nachfrage deckt) entspricht der angemessene Preis im allgemeinen dem Marktoder Normalpreis. Das Problem des angemessenen Preises erhebt sich hauptsächlich bei unausgeglichener Marktlage, also wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. Der Preis darf dann nicht durch die Knappheit der Ware bestimmt werden. BayObLG. MDR. 51, 504, vielmehr dürfen auch dann bei der Preisbildung nur die volkswirtschaftlich gerechtfertigten Selbstkosten (zuzüglich eines angemessenen Gewinnes) berücksichtigt werden. OLG. Braunschweig N J W . 53, 677 und es darf ein Händler überhöhte, d. h. volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigte Einstandspreise nicht deshalb bezahlen, weil billigere Ware nicht zu erhalten ist und er ohne Bewilligung höherer Preise die Belieferungswünsche seiner Kunden nicht erfüllen kann. OLG. Hamburg N J W . 54, 86 (denn § 19 will gerade verhindern, daß die Verknappung einer Ware zu einer übermäßigen geldlichen Anspannung der weniger zahlungskräftigen Kreise oder zu einer Beschränkung der Belieferung auf wenige zahlungskräftige Gruppen führt). Ein Entgelt ist nicht deshalb unangemessen, weil es infolge erhöhterUnkosten des betreffenden Betriebes die Preise anderer Betriebe mit geringeren Unkosten überschreitet, falls nur unter Berücksichtigung der genannten Unkosten im Einzelfall (konkrete Betrachtungsweise) die Mehrkosten betriebsnotwendig sind. BGH. N J W . 53, 1233. Auch ein den festgesetzten Höchstpreis nicht übersteigender Preis kann bei Verletzung dieser Grundsätze unangemessen sein. BGH. N J W . 53, 870. Ministerielle „Richtwerte" oder andere amtliche Richtpreise haben keinen bindenden Charakter; sie machen lediglich kund, welche Preise nach behördlicher Auffassung angemessen sind. Sie sind aber für die Schuldfeststellung von Bedeutung. OLGe Köln N J W . 52, 1427; H a m m MDR. 52, 696; Braunschweig N J W . 53, 677 (siehe unten). Auch Richtsätze privater Verbände (z. B. des Maklerverbandes) können einen Anhalt für die Unangemessenheit eines Entgelts bieten und sind für die Schuldfeststellung bedeutsam. OLG. Stuttgart N J W . 53, 1566. Bei Höchstpreisüberschreitung ist der Preis nicht notwendig unangemessen i. S. des § 19; ist er unangemessen, so kann Tateinheit zwischen §§ 18, 19 vorliegen. BGH. N J W . 54, 164. Zulässig ist der innerbetriebliche Kalkulationsausgleich, d. h. die Verteilung der auf einer Ware ruhenden Unkosten in der Weise, daß sie nicht ausschließlich beim Umsatz dieser Ware, sondern ganz oder zum Teil bei einer anderen Ware kalkuliert werden. Der Unternehmer darf aber nicht Verluste durch Fehlspekulationen u. ä. bei anderen Waren wieder einholen. Modest N J W . 53, 570; BayObLG. MDR. 51, 504. Ein Preis kann auch dadurch unangemessen werden, daß der Gewerbetreibende seinerseits einen unzulässigen Preis bezahlt hat und diese Mehrkosten bei seiner Preiskalkulation voll ansetzt. OLG. Braunschweig N J W . 53, 677. Der Wiederbeschaffungspreis kann nur berücksichtigt werden, wenn eine Substanzauszehrung des betrieblichen Lagerbestandes zu besorgen ist. OLG. Schleswig SchlHA. 53, 63. Bei direktem Verkauf vom Erzeuger an den Verbraucher ist der Preis unangemessen, wenn der Erzeuger die Handelsspanne des Groß- und Kleinhandels für sich beansprucht. OLG. Braunschweig N J W . 54, 245. Zum inneren Tatbestand gehört Vorsatz. Dazu ist aber — entgegen OLG. Stuttgart N J W . 53, 1848 (Vorlagebeschluß) — nicht erforderlich, daß der Täter sich der Unangemessenheit des Preises bewußt war oder mit der Möglichkeit der Unangemessenheit rechnete und sie billigend in Kauf nahm, vielmehr genügt, daß der Täter die die Unangemessenheit des Preises

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B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). § 2 0

stiegenen Herstellungs- oder Anschaffungskosten ist unangemessen auch ein Entgelt, wenn die nach Hundertsätzen berechnete Gewinn- und Handelsspanne nicht angemessen gesenkt ist. Unangemessen ist auch7) ein Entgelt, das einen vom Hersteller als allgemein bekanntgemachten Preis übersteigt oder bei dem die Kosten der Gütererzeugung oder -Verteilung unter Vernachlässigung der wegen der Kriegsfolgen besonders gebotenen Sparsamkeit unberechtigt hoch gehalten oder erhöht sind. Angesichts der Notwendigkeit, den lebenswichtigen Bedarf möglichst billig zu decken, ist ein Entgelt nicht schon deshalb angemessen, weil der in ihm enthaltene Gewinn unter anderen Verhältnissen üblich war.

§ 20. Preistreibende Machenschaften Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer in Ausübung eines Gewerbes oder Berufs oder in unbefugter Betätigung wie ein Gewerbetreibender1) l 2 ). Güter oder Leistungen des lebenswichtigen Bedarfs zurückhält oder solche Güter beiseiteschafft, vernichtet oder vorsätzlich oder leichtfertig verderben läßt, obwohl er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß dadurch der Preis auf eine unangemessene Höhe gesteigert oder auf einer solchen Höhe gehalten werden kann; 2. Güter oder Leistungen des lebenswichtigen Bedarfs dadurch verteuert, daß er sich, ohne die Bedarfsdeckung zu fördern, in den Warenverkehr einschiebt 3 ); 3. die Abgabe von Gütern oder Leistungen des lebenswichtigen Bedarfs davon abhängig macht, daß sachlich4) oder handelsüblich5) nicht zugehörige Güter oder Leistungen abgenommen werden, obwohl er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß dadurch die Bedarfsdeckung des Abnehmers verteuert wird 6 ). begründenden preisbildenden Faktoren kennt und daraus bei der erforderlichen Gewissensanspannung die Unangemessenheit des Preises erkennen konnte. OLG. Köln N J W . 52, 1427. Unter diesem Gesichtspunkt sind ministerielle „Richtwerte" von wesentlicher Bedeutung. Wer im Vertrauen darauf die Preisgestaltung für erlaubt hält, befindet sich im unverschuldeten Verbotsirrtum; bei schuldhafter Unkenntnis ist auch der Irrtum über das Vorliegen einer Preistreiberei verschuldet. BayObLG. MDR. 52, 696. 5) Ein Fordern liegt schon vor, wenn die Ware mit erkennbarer Preisangabe im Schaufenster oder Laden ausgestellt wird. OLG. Celle N J W . 52, 906. Der Begriff des Forderns ist hier weiter als in § 15 (vgl. dort Anm. 8), weil es sich in § 15 im allgemeinen um Einzelgeschäfte handelt. 6) Der Händler muß also eine Preissenkung durch den Hersteller auch dann berücksichtigen, wenn er selbst noch zu den alten Preisen eingekauft hat, es sei denn (,,in der Regel"), daß die Substanz des Geschäfts bedroht wäre. KG. N J W . 53, 1235. 7) Satz 3 gilt nicht ausnahmslos, sondern wie Abs. 2 Satz 1 nur im Regelfall. KG. N J W . 53, 1235 (str.). Z u § 20: 1) Vgl. Anm. 3, 4 zu § 8. 2) Vgl. die Erläuterungen zu § 1. 3) Entscheidend ist, ob der Zwischenhandel die Ware dem Verbraucher näher bringt oder nur die Zahl der Zwischenhändler unproduktiv und zweckwidrig verteuernd vermehrt. Unter Nr. 2 fällt auch, wer sich unter Verstoß gegen Bewirtschaftungs- und Preisbestimmungen (also auf dem schwarzen Markt) in den Warenverkehr einschiebt. B G H N J W 54, 808. 4) Sachlich zugehörige Güter sind solche, die zusammen verwendet werden oder in ihrer Verwendung sogar voneinander abhängig sind. BayObLG. MDR. 52, 632 (nicht der Fall bei Schweineschmalz und Margarine). 5) Die Koppelung von Holz und Kohle ist nicht handelsüblich. OLG. Braunschweig NdsRpfl. 52, 194. Im Lebensmittelhandel gibt es keine handelsüblichen Koppelungsgeschäfte, da sie nach § 1 der VO. v. 29.10.1937 (RGBl. I S. 1142) verboten sind. BayObLG. MDR. 52, 632. 6) Eine solche Verteuerung kann trotz Forderung der gesetzlich zulässigen Preise auch eintreten, wenn der Abnehmer für die Koppelungsware keine Verwendung hat. BayObLG. MDR. 52, 632. Tateinheit mit § 15 (vgl. dort Abs. 2) ist möglich.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 21—23

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§ 21. Verletzung der Buchführungspflicht (1) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnitts begeht, wer einer gesetzlichen Pflicht 1 ) zuwider 1. es unterläßt 2 ), Bücher oder Aufzeichnungen zu führen oder Geschäftspapiere oder sonstige Unterlagen aufzubewahren; 2. solche Unterlagen vernichtet, verheimlicht oder so führt oder verändert, daß sie keine Übersicht seines Geschäftsgebarens gewähren 3 ). (2) Eine Zuwiderhandlung im Sinne dieses Abschnittes begeht ferner, wer es vorsätzlich unterläßt, eine im ordentlichen Geschäftsverkehr übliche Rechnung zu erteilen oder sich erteilen zu lassen 4 ).

§ 22. Strafe und Geldbuße in den Fällen der §§ 7 bis 21; Versuch (1) Ist eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 7 bis 21 eine Wirtschaftsstraftat, so wird sie mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen bestraft. (2) Ist eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 7 bis 21 eine Ordnungswidrigkeit, so kann eine Geldbuße festgesetzt werden 1 ). (3) Der Versuch einer Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 8, 9, 17 und 18 ist strafbar, wenn sie eine Wirtschaftsstraftat ist; ist sie eine Ordnungswidrigkeit, so kann wegen des Versuchs eine Geldbuße festgesetzt werden.

3. Abschnitt:

Ordnungswidrigkeiten

§ 23. Verletzung der Aufsichtspflicht Wird eine Zuwiderhandlung gegen Bestimmungen dieses Gesetzes in einem Betrieb begangen 1 ), so kann wegen Verletzung der Aufsichtspflicht 2 ) eine GeldZ u § 21: 1) Die Vorschrift bezweckt, den etwa unter dem Gesichtspunkt einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung erlassenen Vorschriften über die Führung von Büchern Strafschutz zu gewähren; im übrigen will sie bei Verdacht von Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des vorliegenden Gesetzes eine Nachprüfung an Hand der Unterlagen über den Geschäftsoder Gewerbebetrieb ermöglichen. Unter letzterem Gesichtspunkt kommen nur handels- und gewerberechtliche, nicht steuerrechtliche Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten in Betracht (vgl. insbes. §§ 38ff. HGB.). 2) Nur vorsätzliche Begehung ist strafbar (siehe auch Abs. 2). A. M. OLG. Braunschweig NdsRpfl. 52, 33. 3) Vgl. dazu § 240 Abs. 1 Nr. 3 KO. — B IV 4 — und die Anm. dazu. Vorschriften, die unter steuerlichen Gesichtspunkten die Verletzung der Buchführungspflicht bestrafen, sind leges speciales gegenüber § 21 Nr. 2 B G H N J W 54, 808. 4) Nichterteilung von Rechnungen ist nur bei Bar(Hand-) Käufen geringeren Umfangs üblich. I m übrigen richtet sich der Zeitpunkt der Rechnungserteilung nach den im ordentlichen Geschäftsverkehr bei den einzelnen Geschäftszweigen vorherrschenden Übung. BayObLG.St 52, 39. Z u § 22: 1) Vgl. § 5 OWiG. — A 4 — in Verb, mit § 28 WiStG. Z u § 23: 1) Die Zuwiderhandlung kann Wirtschaftsstraftat oder Ordnungswidrigkeit sein. Es genügt die Erfüllung des äußeren Tatbestandes (str.). Die Begehung ist—wie in§ 143 StGB.—• obj. Bedingung der Ahndbarkeit. 2) Eine Aufsichtspflicht besteht nur gegenüber Untergeordneten, sie obliegt also nicht dem einen Mitinhaber gegenüber dem anderen. OLG. H a m m MDR. 50, 757. Eine Verletzung der Aufsichtspflicht ist begrifflich nicht möglich, wenn der Zuwiderhandelnde selbst der Inhaber oder Leiter des Betriebes (bei juristischen Personen oder Handelsgesellschaften der zur gesetzlichen Vertretung Berechtigte) ist. B G H S t . 3, 130; BayObLG. N J W . 52, 114; a. M. Luxenberg N J W . 52, 1188. Wegen der Frage, ob im Fall des § 23 gegen die jur. Person selbständig die Abführung des Mehrerlöses angeordnet werden kann, vgl. Anm. 1 zu § 52.

800

B I V 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 24—26

büße gegen die Inhaber oder Leiter und, falls Inhaber des Betriebes eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft 3 ) ist, auch gegen diese festgesetzt werden 4 ), wenn der Inhaber oder Leiter oder der zur gesetzlichen Vertretung Berechtigte nicht nachweist 5 ), daß er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angewandt hat, um die Zuwiderhandlung zu verhüten.

§ 24. Verwirtschaftung Werden in einem Betrieb Fehlmengen an Waren, die der Bewirtschaftung oder Marktregelung unterliegen, festgestellt, so kann eine Geldbuße gegen den Inhaber oder Leiter und, falls Inhaber des Betriebes eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft ist, auch gegen diese1) festgesetzt werden, wenn der Inhaber oder Leiter oder der zur gesetzlichen Vertretung Berechtigte nicht nachweist, daß er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angewandt hat, um solche Fehlmengen zu verhüten.

4. Abschnitt:

Allgemeine

Bestimmungen

1. W i r t s c h a f t s s t r a f t a t e n

§ 25. Schwere Fälle Hat jemand eine Wirtschaftsstraftat aus Gewinnsucht 1 ) begangen oder ist er vor Begehung einer vorsätzlichen Wirtschaftsstraftat schon einmal wegen einer solchen zu einer Gefängnisstrafe rechtskräftig verurteilt worden 2 ), so kann auf Zuchthaus erkannt werden 3 ).

§ 26. Geldstrafen (1) Der Höchstbetrag einer in diesem Gesetz angedrohten Geldstrafe ist 100000 Deutsche Mark. Über diesen Betrag hinaus kann die Geldstrafe bis zur dreifachen Höhe des durch die strafbare Handlung erzielten Gewinnes oder des Wertes der Gegenstände, auf die sie sich bezieht, erhöht werden. 3) Eine Zweigniederlassung ist weder eine juristische Person noch selbst eine Handelsgesellschaft. B a y O b L G . N J W . 53, 874. 4) Vgl. Anm. 1 zu § 24. Bei mehreren Zuwiderhandlungen, die keine fortgesetzte Handlung darstellen, kann Geldbuße mehrfach festgesetzt werden. Soweit die Aufsichtspflicht fahrlässig verletzt ist — das ist die Regel — , kommt Fortsetzungszusammenhang nicht in Frage (vgl. Anm. 2 c Abs. 3 zu § 74 S t G B . ) ; es kann aber ein Dauerdelikt oder eine natürliche Handlungseinheit vorliegen. O L G . Braunschweig N J W . 53, 1184. 5) Hier handelt es sich um eine echte Beweislastüberbürdung, eine Ausnahme von dem sonst das Straf- wie das Bußgeldverfahren beherrschenden Grundsatz der Amtsaufklärung. O L G . Braunschweig N J W . 53, 1484. Z u § 2 4 : 1) Ausnahme von dem Grundsatz, daß Strafe und Geldbuße nur gegen natürliche Personen zulässig ist. Z u § 2 5 : 1) Vgl. Anm. 1 zu § 2 7 a S t G B . Die T a t kann begrifflich nur vorsätzlich begangen werden. 2) E s genügt, daß die Rechtskraft der früheren Verurteilung vor Begehung der neuen T a t eingetreten ist; Verbüßung ist nicht erforderlich, auch eine Rückfall Verjährung nicht vorgesehen (nur Straftilgung schließt gemäß § 5 Abs. 2 Straftilgungsgesetz — D 5 — die Rückfallsschärfung aus). Die frühere T a t kann vor Inkrafttreten des W i S t G . begangen und nach damals geltendem Wirtschaftsstrafrecht geahndet sein. OLG. Hamburg S J Z . 50, 9 2 7 ; es muß sich dann aber um einen den Wirtschaftsstraftaten des W i S t G . entsprechenden Tatbestand gehandelt haben (a. M. Erbs Anm. 3). 3) E s steht im Ermessen des Gerichts, ob es von der Schärfungsmöglichkeit Gebraueh machen oder die Strafe dem gewöhnlichen (Vergebens-) Strafrahmen entnehmen will. Da aber wahlweise Zuchthaus angedroht ist, ist die T a t auch dann Verbrechen, wenn auf Gefängnisoder Geldstrafe erkannt wird.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 26a—33

801

(2) Hat der Täter in der Absicht gehandelt, sich zu bereichern1), so kann auch neben einer ausschließlich angedrohten Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkannt werden. § 26a. Irrtum 1 ) (1) Wer in unverschuldetem Irrtum über das Bestehen oder die Anwendbarkeit einer rechtlichen Vorschrift seine Tat für erlaubt gehalten hat, bleibt straffrei. (2) War der Irrtum verschuldet, so kann die Strafe gemildert werden2). 2. Ordnungswidrigkeiten § 27. Verjährung 1 ) Bei Ordnungswidrigkeiten verjährt die Verfolgung in zwei Jahren. § 28. Höhe der Geldbuße Der Höchstbetrag der Geldbuße beträgt 100000 Deutsche Mark1). §§ 29, 30

(aufgehoben)

3. Gemeinsame B e s t i m m u n g e n §§ 31, 32 5. Abschnitt:

(aufgehoben) Nebenfolgen*)

1. B e r u f s v e r b o t § 33 (1) Das Gericht kann dem Täter neben der Strafe1) auf dem Gebiet, auf dem die strafbare Handlung begangen ist, die Betätigung oder die Führung eines Betriebes auf die Dauer von mindestens einem und höchstens fünf Jahren untersagen, wenn der Täter sich in der Betätigung oder Betriebsführung als unzuverlässig erwiesen hat2). Betätigung und Betriebsführung können auch teilweise untersagt oder von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden3). Z u § 26: 1) Vgl. Anm. 5 zu § 9. Z u § 26a: 1) § 26a trifft für Wirtschaftsstraftaten die gleiche Regelung, wie sie § 12 OWiG. — A 4 — für Ordnungswidrigkeiten vorsieht. Vgl. im übrigen Anm. l d zu § 59 StGB. 2) D. h. es kann auf jede geringere im Strafensystem des StGB, vorgesehene Strafe (also z.B. auf H a f t statt auf Gefängnis) erkannt werden. E. 77,222. Ein Absehen von Strafe ist nicht zugelassen. Z u § 27: 1) Abweichung von § 14 Satz 1 OWiG. — - A 4 —. Die Vollstreckungsverjährung richtet sich nach § 14 Satz 2 OWiG. Z u § 28: 1) Der Mindestbetrag richtet sich nach § 5 OWiG. (2 DM). Z u m 5. A b s c h . : *) Von den Vorschriften des 5. Abschnitts waren die §§ 40 bis 48 schon früher aufgehoben. Die §§ 33 (Berufsverbot), 34 bis 38 (Betriebsschließung), 53 Urteilsbekanntmachung), sind gemäß § 15 WiStG. 1954 auch bei den vor dem 1. 7. 1954 begangenen Zuwiderhandlungen nicht mehr anwendbar; frühere gerichtl. Anordnungen betr. Berufsverbot und Betriebsschließung gelten mit dem 10. 7. 1954 als aufgehoben (§ 17). Die Vorschriften üb. Einziehung (§ 39) und Mehrerlösabführung (§§ 49 bis 52) haben mit der aus § 15 Satz 2 WiStG. 1954 sich ergebenden Maßnahme ihre Bedeutung behalten. Auf dem Gebiet des Devisenrechts gelten die §§ 33ff. weiter (§ 20 WiStG. 1954); sie sind deshalb hier abgedruckt. Z u § 33: 1) Berufsverbot ist also nur bei Wirtschaftsstraftaten (§§ 1—5. 7—21) möglich. Gewerbepolizeiliche Maßnahmen (vgl. § 35 GewO.) bleiben unberührt. 2) D. h. wenn im Hinblick auf die Tat berechtigte Zweifel bestehen, ob er künftig die durch das WiStG. geschützte Wirtschaftsordnung respektieren wird. 3) Zulässig ist danach z. B. die Auflage, bestimmte Geschäfte nur nach Prüfung und Ge51

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

802

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 34—36

(2) Wird dem Täter die Führung eines Betriebes ganz untersagt, so kann die Verwaltungsbehörde die Fortführung des Betriebes durch einen Treuhänder anordnen und ihn bestellen. Hiergegen kann der Täter die Verwaltungsgerichte anrufen. (3) Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam4). Wird das Berufsverbot neben einer Freiheitsstrafe verhängt, so wird die Zeit der Strafverbüßung auf seine Dauer nicht angerechnet. Die Bestimmungen des § 421 Absatz 2 und 4 des Strafgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden. 2. B e t r i e b s s c h l i e ß u n g § 34. Anordnung der Betriebsschließung (1) Das Gericht kann neben der Strafe1) die Schließung des Betriebes des Täters2) auf Dauer oder auf Zeit anordnen3). (2) Zulässig ist auch eine dauernde oder zeitige Einschränkung oder die Zwangsverpachtung des Betriebes. (3) Sind mehrere Personen Inhaber des Betriebes, so kann die Schließung, Einschränkung oder Zwangsverpachtung des Betriebes nur dann angeordnet werden, wenn sämtliche geschäftsführenden Inhaber die Zuwiderhandlung begangen haben. Daß ein geschäftsführender Mitinhaber nicht schuldig ist, steht der Anordnung nicht entgegen, wenn er der Ehegatte eines schuldigen geschäftsführenden Mitinhabers ist. (4) Absatz 3 gilt entsprechend für Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit der Maßgabe, daß als geschäftsführende Inhaber des Betriebes die Gesellschafter gelten, die zugleich Geschäftsführer sind4). § 35. Wirkung der Betriebsschließung Die Betriebsschließung1) hat die Wirkung, daß dem Verurteilten jede Betätigung untersagt ist, die auf eine Fortführung2) des Betriebes durch ihn oder durch Dritte oder auf seine Veräußerung als Ganzes hinzielt. Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zugunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten3), finden entsprechende Anwendung. § 36. Durchführung der Betriebsschließung und der sonstigen Maßnahmen (1) Die Durchführung der Maßnahmen nach § 34 obliegt der Verwaltungsbehörde. Die Verwaltungsbehörde ist berechtigt, Bestimmungen über die Abwicklung des Betriebes zu erlassen, insbesondere Auflagen zu machen oder einen Liquidator zu bestellen und seine Aufgaben und Befugnisse zu regeln; von nehmigung durch eine Vertrauensperson abzuschließen und durchzuführen. LG. Hamburg NJW. 53,1485. 4) Vorläufige Maßnahmen: § 56. Nichtbefolgung und Umgehung des Berufsverbots ist nach § 5 strafbar. Z u § 34: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 33. Vorläufge Maßnahmen: § 56. 2) Nijr gegen Inhaber und Mitinhaber von Betrieben und gegen eine GmbH, unter den Voraussetzungen des Abs. 3 kann Betriebsschließung angeordnet werden. 3) Strafe der Nichtbefolgung: § 5. 4) Abs. 3 ist eine bewußt auf die GmbH, beschränkte, auf andere juristische Personen also nicht entsprechend anwendbare Ausnahmevorschrift. Z u § 35: 1) Auch die vorläufige gemäß § 56. 2) Seine Beschäftigung als Angestellter ist bei zeitweiser Schließung zulässig. 3) Vgl. §§ 892ff., 932ff. BGB. u. ä.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 37—49

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zwingenden gesetzlichen Vorschriften über die Liquidation darf sie dabei nicht abweichen. (2) Gegen Maßnahmen nach Absatz 1 kann der Verurteilte die Verwaltungsgerichte anrufen. § 37. Auflösung von Verträgen Im Falle der Schließung des Betriebes können ohne Rücksicht auf entsprechende vertragliche Bestimmungen Dienstverträge mit der gesetzlichen oder tarifvertraglichen, Mietverträge1) mit der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. Das gleiche gilt im Falle der Einschränkung des Betriebes, soweit die Kündigung zu ihrer Durchführung erforderlich ist. § 38. Verfahren gegen Abwesende Betriebsschließung, Betriebseinschränkung oder Zwangsverpachtung kann vom Gericht im Verfahren nach den §§ 430 bis 432 der Strafprozeßordnung auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch Beschluß ausgesprochen werden, wenn der Beschuldigte abwesend ist 1 ). 3. E i n z i e h u n g § 39. Einziehung Bei Verstößen gegen die Vorschriften der §§ 1 bis 21, 22 Abs. 3, 23 bis 25 ist die Einziehimg nach den Bestimmungen der §§ 17 bis 26 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 25. 3. 1952 (BGBl. I S. 177) zulässig1). Es können auch Gegenstände eingezogen werden, auf die sich der Verstoß bezieht2). §§ 40 bis 48 (aufgehoben) 4. A b f ü h r u n g des Mehrerlöses § 49. Begriff des Mehrerlöses 1 ) (1) Hat der Täter durch eine Zuwiderhandlung nach den §§ 18, 19 oder 20 einen höheren als den zulässigen Preis erzielt2), so hat das Gericht im Urteil3) ausZ u § 37: 1) Gleichviel, ob der Betrieb Mieter oder Vermieter ist. Z u § 38: 1) Betriebsschließung usw. ist grundsätzlich nur neben (d. h. in Verbindung mit) einer Bestrafung zulässig (§ 34). § 38 will ausschließen, daß die Betriebsschließung gegen den schuldigen Täter nur deshalb nicht angeordnet werden kann, weil er infolge seiner Abwesenheit nicht bestraft wird. Daraus folgt, daß eine selbständige Anordnung der Betriebsschließung nur zulässig ist, wenn festgestellt wird, daß der abwesende Täter den vollen äußeren und inneren Tatbestand einer Wirtschaftsstraftat erfüllt hat. Die Annahme von Erbs Anm. 3, § 38 beruhe, soweit er eine Anordnung durch Beschluß zuläßt, auf einem Redaktionsversehen, hat sich dadurch erledigt, daß § 431 Abs. 4 StPO. i. d. F. von Art. 4 Ziff. 46 des 3. Strafrechtsänderungsges. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735) allgemein im selbständigen Einziehungsverfahren die Entscheidung durch Beschluß ermöglicht Z u § 39: 1) Die Einziehungsvorschriften des OWiG. — A 4 — sind hiernach, über § 17 OWiG. hinaus, auch dann anwendbar, wenn es sich nicht um Ordnungswidrigkeiten und Wirtschaftsstraftaten aus Mischtatbeständen (§§ 6ff.), sondern um reine Wirtschaftsstraftaten (§§ 1—5) handelt. Die Einziehung ist zulässig, steht also im Ermessen des Gerichts. 2) Damit ist der Kreis der einziehbaren Gegenstände über § 18 OWiG. hinaus erweitert, z. B. auf die Ware, für die ein unangemessener Preis gefordert wurde (§ 19). Z u § 49: 1) Die Rechtsnatur der Mehrerlösabführung (MEA.) ist zweifelhaft und streitig (Nebenstrafe — so E. 77, 145 —, Sicherungsmaßregel oder öffentlich-rechtl. Vermögensausgleich?). Übersicht über den Stand der Meinungen bei Erbs Anm. 1 B zu § 49. Die Frage ist vor allem von Bedeutung bei der Anwendung des § 2 Abs. 4 StGB, und bei Amnestien. Im Sinne dieser Vorschriften liegt es näher, die MEA. als Nebenstrafe denn als Sicherungsmaßnahme anzusehen. Jung N J W . 53, 653; a. M. Blau N J W . 53, 332.

51*

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B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §50

zusprechen, daß er den Unterschiedsbetrag zwischen dem zulässigen und dem erzielten Preis (Mehrerlös)4) an das Land abzuführen hat, soweit er ihn nicht auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung zurückerstattet hat 5 ). (2) Die Höhe des Mehrerlöses ist zahlenmäßig zu bestimmen. Sie kann geschätzt werden.

§ 50. Rückerstattung des Mehrerlöses (1) Statt der Abführung kann das Gericht auf Antrag des Geschädigten die Rückerstattung des Mehrerlöses an ihn anordnen, wenn es seinen Rückforderungsanspruch gegen den Täter für begründet hält 1 ). (2) Legt der Täter oder der Geschädigte, nachdem die Abführung des Mehr2) Der Täter h a t einen Mehrerlös erzielt, wenn er ihn tatsächlich unmittelbar, — wenn auch nur vorübergehend — erlangt (vereinnahmt) hat BGH. N J W . 54, 240; das ist auch der Fall, wenn er einen gedeckten Scheck empfangen hat, auch wenn er nicht eingelöst wird. E. 77, 145. MEA. kann also nicht angeordnet werden, wenn der Mehrerlös unmittelbar einem Dritten zugeflossen ist, der nicht als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt; ebenso ist die Anordnung der MEA. zwar zulässig gegenüber dem Täter, aber nicht gegenüber einem schuldlosen Dritten, an den der Täter den Mehrerlös abgegeben hat, also zwar zulässig gegenüber dem schuldhaft handelnden Beauftragten, aber nicht gegenüber dem schuldlosen Auftraggeber BGH. a. a. O. oder zwar zulässig gegenüber dem schuldhaft handelnden Kommissionär, mag er auch den Erlös nach Abzug seiner Provision abgeliefert haben. BayObLG. MDR. 51, 504, aber unzulässig gegenüber dem schuldlosen Kommittenten. A. M. OLG. Bamberg MDR. 51, 246 mit Anm. von Dipper. Für den Fall jedoch, daß einer juristischen Person durch Verstöße der zu ihrer gesetzlichen Vertretung Berechtigten ein Mehrerlös unmittelbar zuugeflossen ist, kann nach BGHSt. 3, 130 der juristischen Person selbständig (§ 51) die Abführung des Mehrerlöses auferlegt werden, weil in einem solchen Falle die jur. Person (durch ihr Organ) den äußeren Tatbestand der Zuwiderhandlung erfüllt habe, die Bestrafung aber infolge des Grundsatzes, daß eine jur. Person nicht schuldhaft handeln und deshalb nicht bestraft werden könne, ausgeschlossen sei. Entsprechendes gilt für Handelsgesellschaften (OHG., KG.). OLG. Schleswig SchlHA. 53, 61. Da aber bei der OHG. jeder Gesellschafter, bei der KG. der persönlich haftende Gesellschafter für alle Forderungen gegen die Gesellschaft persönlich haftet, kann die Abführung des MEA. auch gegen diese angeordnet werden. OLG. Oldenburg N J W . 53, 1845. § 10 Abs. 2 WiStG. 1954 enthält jetzt eine allgemeinere Lösung des Problems, die aber für die vor dem 1. 7. 1954 begangenen Zuwiderhandlungen nicht gilt (vgl. Anm. 1 zu § 15 WiStG. 1954). 3) Also bei Wirtschaftsstraftaten; für Ordnungswidrigkeiten siehe § 52. Die Anordnung der MEA. ist zwingend vorgeschrieben. 4) Die Berechnung des Mehrerlöses geschieht also nach der abstrakten Methode, bei der es gleichgültig ist, ob und in welcher Höhe der Täter (z. B. wenn er selbst einen Überpreis gezahlt hat) einen Gewinn gemacht hat. Bei Kettenhandel (Weitergabe einer Ware von Hand zu Hand jeweils zu Überpreisen) ist also von jedem Glied der Kette der Unterschied zwischen dem zulässigen und dem von ihm erzielten Mehrerlös abzuführen; mehrere Verkäufer, die gemeinsam einen Mehrerlös erzielt haben, haben diesen unter gesamtschuldnerischer Haftung jedes einzelnen nur einmal abzuführen. OGHSt. 1, 398. Ob ein Erlös einen Mehrerlös darstellt, richtet sich nicht nach dem Rechtszustand im Zeitpunkt der Erzielung (der Zahlung), sondern dem der Tatbegehung (durch Fordern, Versprechen usw.). OLG. Celle NdsRpfl. 51, 74. Ob der Täter den Mehrerlös im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch besitzt (z. B. der Vermittler hat den Preis an den Auftraggeber abgeführt und nur eine Provision behalten oder er ist ihm gestohlen worden), ist ohne Bedeutung. E . 7 6 , 3 0 0 ; OLGe Oldenburg NdsRpfl. 48, 199; Düsseldorf J R . 50, 217 (Ausnahme: Minderung durch Rückerstattung an den Geschädigten auf Grund rechtlicher Verpflichtung; vgl. dazu § 50). Gegen den, der vom Täter den Mehrerlös erhalten hat, ist, soweit er nicht Täter oder Teilnehmer ist, die Anordnung der MEA. nicht zulässig (vgl. Anm. 2). Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf die vor dem 1.7. 1954 begangenen Zuwiderhandlungen sind § 15 Satz 2, § 8 Abs. 2 WiStG. 1954 zu beachten. 5) Für die Frage, ob der Täter den Mehrerlös zurückerstattet hat, kommt es auf den Zeitpunkt des Ergehens der Entscheidung, nicht auf den ihrer Rechtskraft an. OLG. Celle NdsRpfl. 54, 31. Zu § 50: 1) Ein Rückforderungsanspruch kann z. B. als Schadensersatzanspruch rechtlich begründet sein (auch Bewirtschaftungsvorschriften können Schutzgesetze i. S. des § 823 Abs. 2 BGB. zugunsten Gutgläubiger sein; vgl. dazu BGH. N J W . 51, 109); inwieweit ein Bereicherungsanspruch besteht, richtet sich nach der Auslegung des § 817 Satz 2 BGB. (vgl. dazu Palandt, 11. Aufl., Anm. 3 d zu § 817).

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz. (1949/52). §§ 51, 52

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erlöses angeordnet ist, eine rechtskräftige Entscheidung vor, in welcher der Rückforderungsanspruch gegen den Täter festgestellt ist, so ordnet die Strafvollstreckungsbehörde an, daß der zuerkannte Anspruch nicht mehr vollstreckt oder der Geschädigte aus dem bereits abgeführten Mehrerlös befriedigt wird. (3) Die §§ 403 bis 406c der Strafprozeßordnung sind anzuwenden mit Ausnahme der §§ 405 Satz 1, 406 a Absatz 3 und 406 c Absatz 2.

§ 51. Verfahren bei selbständiger Abführung des Mehrerlöses (1) Die Bestimmungen der §§ 49 und 50 können1) auch angewandt werden, wenn der äußere Tatbestand einer Straftat nach den §§ 18,19 oder 20 vorliegt1 , ein Verschulden jedoch nicht nachgewiesen2) ist oder die Tat aus anderen Gründen nicht bestraft werden kann3). (2) Die Abführung des Mehrerlöses kann dem Täter nicht mehr auferlegt und der Abführungsanspruch kann nicht mehr vollstreckt werden, wenn die Straftat oder die Vollstreckung einer dafür erkannten Strafe verjährt ist4) oder, falls eine Strafe nicht verhängt ist, die Vollstreckung einer Geldstrafe in gleicher Höhe verjährt Wäre5). (3) Die §§21 und 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind entsprechend anzuwenden.

§ 52. Mehrerlös bei Ordnungswidrigkeiten (1) Bei Ordnungswidrigkeiten1) sind die Bestimmungen der §§ 49 bis 51 entsprechend anzuwenden2). Zu § 5 1 : 1) Da die Anordnung der MEA. im subjektiven Verfahren durch §§ 49, 50 zwingend vorgeschrieben ist, m u ß im selbständigen Verf. das Gericht die MEA. (Rückerstattung) anordnen, wenn die im § 51 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen und die StA. das selbständige Verfahren beantragt (§ 51 Abs. 3 in Verb, mit § 26 Abs. 1 Satz 2 OWiG., § 430 StPO.). B G H S t . 2, 29. l a ) Wie im subj., so kann auch im obj. Verfahren die MEA. nur dem Täter auferlegt werden. Dabei ist (vgl. Anm. 2 zu § 49) für das obj. Verfahren als Täter auch eine jur. Person oder Handelsgesellschaft anzusehen, wenn ihr durch Gesetzesverstöße ihres Organs ein Mehrerlös unmittelbar zugeflossen ist. Dieser Grundsatz läßt sich nicht auf den Fall übertragen, daß der unmittelbar handelnde Täter nur als Bevollmächtigter einer natürlichen Person oder einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts tätig geworden und dieser der Mehrerlös zugeflossen ist. B G H . N J W . 54, 240. Insoweit hat auch § 10 Abs. 2 WiStG. 1954 für neue Taten keine Änderung der Rechtslage gebracht (vgl. dort Anm. 2). 2) Z. B . wegen Sachverhalts- oder Verbotsirrtums oder Zurechnungsunfähigkeit. 3) Z. B . wegen Tod des Täters, Abwesenheit, Amnestie, die das selbständige Verfahren zuläßt. Dagegen schließt Verjährung der Verfolgung der Straftat die selbst. Auferlegung der MEA. aus (Abs. 2). Kommt wegen Fehlens des inneren Tatbestands (Anm. 2) eine Strafverfolgung und damit auch eine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nicht in Betracht, so gelten für die Verjährung der selbständigen Auferlegung der MEA. die Vorschriften über die Verjährung der Verfolgung der Straftat sinngemäß. Die selbständige MEA. ist (vgl. Abs. 3 in Verb, mit § 21 OWiG.) unzulässig, wenn ein subjektives Strafverfahren durchgeführt werden kann, also auch, wenn im durchgeführten subj. Verfahren die Anordnung der MEA. unterblieben ist. 4) Hier ist also (die Uberschrift des § 51 ist zu eng) die Vollstreckungsverjährung der im subjektiven Verfahren zugleich mit einer Strafe ausgesprochenen Anordnung der MEA. geregelt. Für die Rückerstattungsanordnung (§ 50) gilt Abs. 2 nicht; eine solche Anordnung verjährt wie ein durch rechtskräftiges zivilgerichtliches Urteil festgestellter Anspruch ( § 2 1 8 B G B . ) in 30 Jahren. Erbs Anm. 4 B zu § 51. 5) Hier ist nur die Vollstreckungsverjährung der im selbständigen Verfahren (Abs. 1) angeordneten MEA. geregelt (a. M. OLG. Braunschweig N J W . 53, 1406, das den Satzteil auf die Verfolgungsverjährung beziehen will; vgl. hierzu Anm. 3). Zu § 52: 1) Streitig ist, ob unter „Ordnungswidrigkeiten" nur solche gemäß §§ 18, 19, 20 zu verstehen sind oder auch die Verletzung der Aufsichtspflicht gemäß § 23, sofern diese eine

806

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 53, 54

(2) Die selbständige Anordnung der Abführung des Mehrerlöses (§ 51) ergeht durch Bescheid der Verwaltungsbehörde. Der Bescheid steht einem B u ß geldbescheid (§§ 48 bis 53) des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gleich. 5. Ö f f e n t l i c h e

Bekanntmachung

§ 53 (1) Das Gericht kann anordnen, daß die Verurteilung und die Maßnahmen nach §§ 33, 3 4 auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekanntgemacht werden. Die A r t der Bekanntmachung sowie die Frist, innerhalb deren sie zu erfolgen hat, sollen im Urteil bestimmt werden. (2) B e i Festsetzung einer Geldbuße durch Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

ZWEITES

die Verwaltungsbehörde

ist

BUCH

Verfahrensrecht Besondere

Verfahrensvorschriften*)

§ 54. Nebenklage (1) Der öffentlichen Klage kann sich die Verwaltungsbehörde in jeder Lage des Verfahrens als Nebenkläger anschließen 1 ). (2) Die Anklageschrift, der Antrag auf Eröffnung der Voruntersuchung, das Urteil und andere das Verfahren abschließende Entscheidungen sind in jedem Falle 2 ) der Verwaltungsbehörde zuzustellen 3 ). Die Fristen für die Einlegung von Zuwiderhandlung gegen §§ 18—20 betrifft. Das praktische Bedürfnis erfordert die Bejahung der Frage; der Wortlaut des § 52 Abs. 1 schließt sie nicht zwingend aus. Es kann daher unter den Voraussetzungen des § 23, wenn die nicht verhütete Zuwiderhandlung den äußeren Tatbestand der §§ 18—20 erfüllt, gegen den Betriebsinhaber oder die juristische Person oder Handelsgesellschaft selbständig die Abführung des ihr zugeflossenen Mehrerlöses angeordnet werden. OLG. Schleswig SchlHA. 53, 61; a. M. OLG. Stuttgart NJW. 52, 906 mit Ubersicht über den Stand der Meinungen (BGHSt. 3, 130 läßt die Frage offen). Soweit die gesetzlichen Vertreter einer jur. Person oder Handelsgesellschaft durch Ordnungswidrigkeiten nach §§ 18 bis 20 dieser unmittelbar einen Mehrerlös verschafft haben, ist die Zulässigkeit einer selbständigen Anordnung der MEA. gegen die jur. Person (Handelsgesellschaft) von BGHSt. 3, 130 anerkannt (vgl. Anm. 2 zu § 49). Ist einem Betriebsinhaber s c h u l d l o s durch Preisverstöße von Betriebsangehörigen (einer jur. Person oder Handelsgesellschaft ohne Verschulden ihrer gesetzl. Vertreter) ein Mehrerlös zugeflossen, so kann dessen Abführung dem Inhaber (der jur. Person oder Handelsgesellschaft) nicht auferlegt werden (vgl. Anm. 2 zu § 49). — Vgl. jetzt § 10 Abs. 2 WiStG. 1954, der jedoch nur bei seit dem 10. 7. 1954 begangenen Zuwiderhandlungen gilt (§ 15 Satz 2 WiStG. 1954). 2) Die Mehrerlösabführung ist also auch hier zwingend vorgeschrieben. Trifft jedoch eine als Ordnungswidrigkeit sich darstellende Zuwiderhandlung gegen die §§ 18—20 mit einer anderen Straftat (z. B. einem Betrug) tateinheitlich zusammen, so steht es nach § 4 Abs. 1 OWiG. im Ermessen des Gerichts, die MEA. anzuordnen (vgl. Anm. 2 zu § 4 OWiG.). Zum 2. Buch: *) Die Nebenklagebefugnis der VerwBeh. ist jetzt —• abgesehen von Devisenzuwiderhandlungen — weggefallen (vgl. §§ 18, 20 WiStG. 1954); § 56 hat (wiederum mit Ausnahme der Devisenzuwiderhandlungen) seine Bedeutung verloren (§§ 15, 17 WiStG. 1954). Zu § 54: 1) Vgl. §§ 395ff. StPO. 2) Also auch dann, wenn die VerwBeh. sich nicht als Nebenkläger angeschlossen hat und Urteile nach erfolgtem Anschluß auch dann, wenn sie bei der Verkündung vertreten war. 3) Vgl. Anm. 4 zu § 467 RAbgO. — B VI —.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 55—99

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Rechtsbehelfen beginnen für die Verwaltungsbehörde erst mit der Zustellung. Für Revisionsanträge und für Erklärungen auf solche hat sie einen Monat Frist; Berufungsanträge, Revisionsanträge und Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann sie schriftlich selbst stellen4). (3) Die Verwaltungsbehörde kann Berufung nicht mehr nach Verkündung der Berufungsentscheidung5), Revision nicht mehr nach Verkündung der Rer Visionsentscheidung einlegen. Die Rechtsmittelfristen für die Verwaltungsbehörde enden spätestens sechs Monate nach Verkündung der Entscheidung. § 55. Schnellverfahren Im beschleunigten Verfahren (§§ 212 bis § 212 b der Strafprozeßordnung) findet § 54 keine Anwendung. § 56. Vorläufige Maßnahme des Gerichts Besteht der dringende Verdacht einer Wirtschaftsstraftat und ist neben der Strafe die Schließung des Betriebes oder das Verbot einer bestimmten Betätigung oder Betriebsführung zu erwarten1), so kann das Amtsgericht2) auf Antrag der Staatsanwaltschaft diese Maßnahmen vorläufig anordnen3). Die Verwaltungsbehörde soll gehört werden. Die Anordnung der Zwangsverpachtung oder der Liquidation ist ausgeschlossen. § 57. Verwertung sichergestellter Gegenstände Sind Gegenstände, die der Einziehung unterliegen, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung1) sichergestellt, so kann die Verwaltungsbehörde auf Verlangen der Staatsanwaltschaft die Befugnisse nach § 43 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ausüben. Der Erlös tritt an die Stelle der Gegenstände. § 58. Unterwerfung Räumt der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit vorbehaltlos ein, so ist die Durchführung einer Unterwerfungsverhandlung nach § 47 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zulässig. §§ 59 bis 98 (aufgehoben)

DRITTES

BUCH

Ü b e r g a n g s - und S c h l u ß b e s t i m m u n g e n § 99 (aufgehoben) 4) Satz 3 ist dem § 467 Abs. 2 Satz 3, 4 RAbgO. — B VI — nachgebildet (vgl. die dortigen Anm. u. BGHSt. 2, 77). 5) Gemeint ist eine das Rechtsmittelverfahren abschließende sachlicheEntscheidungüber das von einem anderen Beteiligten (Angekl., StA.) eingelegte Rechtsmittel, nicht eine Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig wegen Form- oder Fristmangels. Zu § 56: 1) Vgl. §§ 33, 34. 2) Zuständigkeit: § 100. 3) Bei Zuwiderhandlungen Bestrafung nach § 5. Zu § 57: 1) Unberührt bleibt die Befugnis der StA., selbst die nötigen Maßnahmen gemäß § 101a StPO. zu treffen.

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B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 100—102

§ 100. Zuständiges Gericht*) (1) Soweit in Wirtschaftsstrafsachen und in Bußgeldsachen das Amtsgericht sachlich zuständig ist 1 ), ist örtlich zuständig das Amtsgericht a m Sitz des L a n d gerichts 2 ). Die Oberste Justizbehörde des Landes kann die Zuständigkeit des Amtsgerichts den örtlichen Bedürfnissen entsprechend abweichend regeln, insbesondere ein Amtsgericht als für mehrere Landgerichtsbezirke örtlich zuständig erklären 3 ). (2) Die Oberste Justizbehörde des Landes kann für Entscheidungen, die auf Grund dieses Gesetzes von der Strafkammer des Landgerichts zu treffen sind, eine Strafkammer eines Landgerichts als für mehrere Landgerichtsbezirke zuständig erklären. (3) Die Oberste Justizbehörde des Landes kann für Entscheidungen, die auf Grund dieses Gesetzes von Oberlandesgerichten zu treffen sind, ein Oberlandesgericht als für mehrere Oberlandesgerichtsbezirke zuständig erklären.

§ 101. Besondere Zuständigkeiten bei Preisverstößen im Seeverkehr Bei Ordnungswidrigkeiten nach §§ 18 bis 20, die im Seeverkehr mit dem Ausland begangen werden, ist Verwaltungsbehörde im Sinne des § 73 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten der Bundesminister für Verkehr oder die von ihm bestimmte Behörde.

§ 102. Aufhebung von Vorschriften Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes treten übereinstimmende oder entgegenstehende Vorschriften außer K r a f t , insbesondere: 1. die Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften vom 3. J u n i 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 999) in den im Vereinigten Wirtschaftsgebiet geltenden Fassungen; Zu § 100: *) § 100 hat künftig nur noch bei Devisenzuwiderhandlungen Bedeutung (§ 20 WiStG. 1954). Im übrigen gelten jetzt §§ 13,14 WiStG. 1954. Danach enthält dasWiStG. für das gerichtl. Bußgeldverfahren keine dem § 100 Abs. 1 Satz 1 WiStG. 49/52 entsprechende Zuständigkeitsvorschrift, vielmehr richtet sich die örtl. Zuständigkeit des AG. jetzt nach § 55 Abs. 1 Satz 3 OWiG. — A 4 —, so daß die unten in Anm. 1 behandelte Streitfrage ihre Bedeutung für die Zukunft verloren hat. Übergangsvorschrift: § 19 WiStG. 1954. 1) In Wirtschaftsstrafsachen ist das AG. am Sitz desjenigen Landgerichts zuständig, in dessen Bezirk nach den allgemeinen Vorschriften der StPO. eine örtliche Zuständigkeit (Wohnort des Beschuldigten, Tatort, Ergreifungsort) gegeben ist. In gleicher Weise bestimmte sich auch früher die örtliche Zuständigkeit des AG. in Bußgeldsachen auf dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts. Dagegen ist jetzt zu berücksichtigen, daß nach § 55 Abs. 1 Satz 3 OWiG. in Bußgeldsachen allgemein das Amtsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat. Um den Grundgedanken dieser Zuständigkeitsregelung — die VerwBeh., bei der Antrag auf gerichtl. Entscheidung gestellt wird (§ 54 Abs. 2 OWiG.) soll ohne weitere Feststellungen wissen, an welches Amtsgericht sie den Antrag weiterzuleiten hat und der Betroffene soll Gewißheit haben, bei welchem Amtsgericht er durch rechtzeitige Einreichung die Antragsfrist wahren kann — Rechnung zu tragen und diese Vorschrift mit § 100 WiStG. in Einklang zu bringen, ist davon auszugehen, daß in Wirtschaftsbußgeldsachen das AG. am Sitz desjenigen LG. zuständig ist, in dessen Bezirk die VerwBeh., die den Bußgeldbescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (so die weitaus überwiegende Meinung. BGH. NJW. 54, 322; BayObLG. NJW. 53, 675; OLGe Hamm NJW. 53, 720; Oldenburg NdsRpfl. 53, 132; Stuttgart NJW. 52, 1308; Mittelbach NJW. 53, 50; a.M. OLGe Neustadt MDR. 53, 184; Frankfurt NJW. 53, 1936; Celle NdsRpfl. 54, 15, wonach die Zuständigkeit des LG. durch Wohn-, Tat- oder Ergreifungsort bestimmt wird). 2) Die ausschließliche Zuständigkeit des AG. am Sitz des LG. ist nicht gegeben, wenn Wirtschaftsstraftaten mit allgemeinen Straftaten zusammentreffen. Vgl. RdErl. d. Hess. JustMin. v. 10. 9. 1949 (JMB1. S. 106). 3) Württ.-Bad. VO. v. 9. 9. 1949 (RegBl. S. 207).

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1949/52). §§ 103—105

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2. die Verbrauchsregelungs-Strafverordnung in der Fassung vom 26. November 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 734); 3. die Verordnung zur Ergänzung und Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Verbrauchsregelung vom 25. November 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 731); 4. das Gesetz gegen Kompensationen vom 3. November 1948 (WiGBl. S. 116); 5. die §§ 1 bis 1 d und 22 bis 28 der Kriegswirtschaftsverordnung in der Fassung vom 25. März 1942 (Reichsgesetzbl. I S. 147); 6. die §§ 9 bis 31 des Bewirtschaftungsnotgesetzes vom 30. Oktober 1947 WiGBl. 1948 S. 3) in der Fassung der Gesetze zur Änderung des Bewirtschaftungsnotgesetzes vom 5. August 1948 (WiGBl. S. 82), vom 25. Februar 1949 (WiGBl. S. 17) und des Zweiten Überleitungsgesetzes vom 19. Januar 1949 (WiGBl. S. 9); 7. die §§ 31 Ziff. 5 und 6, 32, 33 Absatz 1, 34 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Bewirtschaftungsnotgesetzes vom 23. April 1948 (WiGBl. S. 37); 8. der § 20 des Gesetzes zur Neuordnung des Veranlagungs- und Ablieferungswesens in der Landwirtschaft vom 23. Januar 1948 (WiGBl. 1948 S. 23); 9. das Bayerische Gesetz Nr. 69 zur Verschärfung der Strafen bei schweren Wirtschaftsverbrechen vom 4. Juli 1947 (Bayer. GVB1. S. 145); 10. das Bayerische Gesetz Nr. 70 zur verschärften Bekämpfung der Fälschung von Bezugsberechtigungen vom 18. Juli 1947 (Bayer. GVB1. S. 146). § 103 (aufgehoben) § 104. Verweisungen auf aufgehobene Vorschriften (1) Wären Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften oder Verfügungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen sind, nach Bestimmungen zu bestrafen oder zu verfolgen, die nach § 102 außer Kraft getreten sind, so gelten an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes1). (2) Verweisungen auf solche Bestimmungen gelten als Verweisungen auf die entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes1). (3) Soweit nach solchen Bestimmungen für die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung eine Verweisung nicht erforderlich war, bewendet es hierbei; die Zuwiderhandlung bleibt mit dieser Maßgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes strafbar. § 1051) Dieses Gesetz tritt am 30. Juni 1954 außer Kraft. Zu § 104: 1) D. h.: Zuwiderhandlungen auf dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des WiStG. werden — unbeschadet des § 2 Abs. 2 Satz 2 StGB. — nur nach den Bestimmungen des WiStG. bestraft. H. M.; vgl. BGH. N J W . 52, 72. Z u § 105: 1) Das Verlängerungsges. v. 17. 12. 1952 (BGBl. I S. 805), auf dem die Fassung des § 105 beruht, ist in Berlin übernommen durch Ges. v. 23. 12. 1952 (GVB1. S. 1089).

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B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz (1954). § 1

b) Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) v. 9. 7. 1954 (BGBl. I S. 175) V o r b e m e r k u n g . Von den in den §§ 1 bis 25 des WiStG. 1949/52 geregelten Tatbeständen sind mit Rücksicht auf die seither eingehende Normalisierung der wirtschaftl. Verhältnisse lediglich die §§ 18, 23 in geänderter Gestalt als §§ 2, 5 im WiStG. 1954 aufrechterhalten worden. Die allgemeine Bedeutung des neuen WiStG. besteht jetzt vor allem darin, daß es die Grundlage für eine einheitlich materiell- und verfahrensrechtl. Behandlung der in Vorschriften a u ß e r h a l b des WiStG. geregelten wirtschaftsstrafrechtlichen Zuwiderhandlungen bildet, die in dem Katalog des § 1 aufgezählt sind. (Nicht berücksichtigt ist dabei § 9 des fast gleichzeitig mit dem WiStG. verkündeten Getreidepreisges. 1954/55 v. 10. 7. 1954 — BGBl. I S. 181 —, der auf das WiStG. ,,in der jeweils geltenden Fassung" verweist.) Hand in H a n d mit der Verminderung der Tatbestände erfolgte ein Abbau der zulässigen Nebenfolgen: geblieben sind nur Einziehung und Mehrerlösabführung, während für die Beibehaltung von Berufsverbot (unbeschadet des § 42 1 StGB.), Betriebsschließung und öffentl. Bekanntmachung der Entscheidung (§§ 33, 34 ff, 53 WiStG. 49/52) kein Bedürfnis mehr bestand. In verfahrensrechtl. Beziehung ist die Nebenklage der VerwBeh. (§ 54 WiStG. 49/52) beseitigt. Hervorzuheben sind §§ 15, 21, wonach das WiStG. 49/52 weiter anzuwenden ist a) auf Zuwiderhandlungen, die während seiner Geltung (also bis 30. 6. 1954) begangen wurden, b) im bisherigen Umfang auf Devisenzuwiderhandlungen. G e s e t z e s m a t e r i a l i e n : a ) Entw. der Bundesreg. •— BTDrucks. Nr. 478 — mit Begr. und Stellungnahme des Bundesrats, dem Bundestag unter dem 24. 4. 1954 vorgelegt, b) Änderungsvorschläge des Rechtsausschusses des Bundestages — BTDrucks. Nr. 597 v. 15. 6. 1954—. Das Ges. ist in der vom Rechtsausschuß vorgeschlagenen Fassung in 2. und 3. Lesung verabschiedet worden. Die wesentl. Änderung gegenüber dem RegEntw. besteht in der Streichung des dort vorgesehenen § 3 (Preisüberhöhung), der den § 19 WiStG. 49/52 (Preistreiberei) in einer der geänderten Wirtschaftslage angepaßten Form ersetzen sollte; der BT sah ein Bedürfnis für eine solche Vorschrift nicht mehr als gegeben an.

1. Ahndung von Zuwiderhandlungen

Abschnitt im Bereich des

Wirtschaftsrechts

§ l 1 ). Verstoß g e g e n wirtschaftsrechtliche Vorschriften Nach diesem Gesetz werden Zuwiderhandlungen2) im Sinne folgender Vorschriften3) geahndet: 1. § 11 des Gesetzes über Notmaßnahmen auf dem Gebiet der Elektrizitätsund Gasversorgung (Energienotgesetz) vom 10. Juni 1949 (WiGBl. S. 87) in der Fassung der Verlängerungsgesetze vom 7. Juni 1950 (BGBl. S. 204), 29. März 1951 (BGBl. I S. 224), 5. April 1952 (BGBl. I. S. 227) und 28. März 1958 (BGBl. I S. 89) und der Erstreckungsverordnung vom 3. Januar 1950 (BGBl. S. 3), 2. § 18 des Gesetzes zum Schutze der Kulturpflanzen in der Fassung vom 26. August 1949 (WiBGl. S. 308) und in der Fassung der Erstreckungsverordnung vom 12. Mai 1950 (BGBl. S. 180), Zu § 1: 1) § 1 bringt keine materielle Änderung des bisherigen Rechts. Seine Bedeutung (vgl. Vorb. * vor § 1) besteht darin, daß er aus den Gebieten der landwirtschaftl. Marktordnung und der in der gewerbl. Wirtschaft noch geltenden Lenkungsmaßnahmen im Interesse der leichteren Übersichtlichkeit des Wirtschaftsstrafrechts erschöpfend die vorhandenen Strafvorschriften aufzählt, deren Strafdrohung durch eine Verweisung auf das WiStG. gebildet ist (vgl. Anm. 2 zu § 15 und § 16). 2) Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten. Für letztere gilt, soweit nicht das WiStG. abweichende Vorschriften trifft, das OWiG. (A 4). 3) D. h. der nachstehend aufgeführten Gesetze und der auf ihnen beruhenden RechtsVOen, soweit sie eine Ahndung n a : h den Vorschriften des WiStG. vorsehen (§ 16 Abs. 1).

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz 1954. § 2

811

3. § 21 des Gesetzes über den Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz) in der Fassung vom 24. November 1951 (BGBl. I S. 901) und § 27 der Anordnung über Futtermittel, Mischfuttermittel und Mischungen (Futtermittelanordnung) in der Fassung vom 24. Oktober 1951 (Bundesanzeiger Nr. 213 S. 1), 4. § 17 des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Zuckergesetz) vom 5. Jan. 1951 (BGBl. I S. 47) in der Fassung des Gesetzes vom 3. Oktober 1951 (BGBl. I S. 852), 5. § 30 des Gesetzes über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten (Milch- und Fettgesetz) in der Fassung vom 10. Dezember 1952 (BGBl. I S. 811), 6. § 26 des Gesetzes über den Verkehr mit Vieh und Fleisch (Vieh- und Fleischgesetz vom 25. April 1951 (BGBl. I S. 272), 7. § 7 des Gesetzes für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft in der Fassung vom 5. Mai 1951 (BGBl. I S. 299) und in der Fassung der Gesetze zur Verlängerung der Geltungsdauer von Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft vom 25. Juni 1952 (BGBl. I S. 337) und 25. März 1953 (BGBl. I S. 69) sowie des Gesetzes zur Verlängerung der Geltungsdauer und zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft vom 28. Mai 1953 (BGBl. I S. 265), 8. § 98 des Güterkraftverkehrsgesetzes vom 17. Oktober 1952 (BGBL I S. 697), 9. § 36 des Gesetzes über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr vom 1. Oktober 1953 (BGBl. I S. 1453).

§ 21). Verstoß gegen die Preisregelung (1) Wer in anderen als in den in § 1 bezeichneten Fällen vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Rechtsvorschrift oder eine schriftliche Verfügung 2 ) verstößt, die Preise, Preisspannen, Zuschläge oder Abschläge, Zahlungs- oder Lieferungsbedingungen, Preisauszeichnungen, Preisbindungen oder andere der Preisbildung oder dem Preisschutz dienende Maßnahmen betrifft, begeht eine Zuwiderhandlung, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes geahndet wird. (2)3) Eine Zuwiderhandlung nach Absatz 1 liegt nur vor, wenn das zu der Rechtsvorschrift oder der Verfügung ermächtigende Gesetz und die Rechtsvorschrift oder die Verfügung selbst ausdrücklich auf die Straf- und Bußgeldvorschriften dieses Gesetzes verweisen. Dies gilt nicht, soweit § 16 Abs. 2 etwas anderes bestimmt. Zu § 2: 1) § 2 knüpft an § 18 WiStG. 49/52 an, auf dessen Erläuterungen verwiesen wird. 2) Vgl. Anm. 1 bis 3 zu § 18 WiStG. 49/52. 3) § 18 WiStG. 49/52 forderte lediglich, daß die Rechtsvorschrift oder Verfügung auf die Ahndungsvorschriften des WiStG. verweisen müsse. § 2 WiStG. 1954 fordert darüber hinaus, daß auch das zu der Rechtsvorschrift oder Verfügung ermächtigende Gesetz selbst eine entsprechende Verweisung enthält, um auszuschließen, daß die Verwaltung auch solche Verhaltensweisen mit Strafe oder Geldbuße bedroht, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers strafrechtl. nicht erfaßt werden sollen. Eine entsprechende Verweisung ist bereits in allen neueren Bundesgesetzen vorgesehen, dieErmächtigungen zum Erlaß von Strafe und Geldbuße androhenden Vorschriften enthalten. Für das früher erlassene Preisrecht gilt die Uberleitungsvorschrift in § 16 Abs. 2, insbes. Satz 2.

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B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz 1954. §§ 3—5

§ 31). Abgrenzung von Straftat und Ordnungswidrigkeit (1) Eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 1, 2 ist eine Straftat, wenn 1. die Tat ihrem Umfang oder ihrer Auswirkung nach geeignet ist, die Ziele der Wirtschaftsordnung, insbesondere einer geltenden Marktordnung oder Preisregelung, erheblich zu beeinträchtigen, oder 2. der Täter die Zuwiderhandlung hartnäckig wiederholt, gewerbsmäßig, aus verwerflichem Eigennutz oder sonst verantwortungslos handelt und durch sein Verhalten zeigt, daß er das öffentliche Interesse an dem Schutz der Wirtschaftsordnung, insbesondere einer geltenden Marktordnung oder Preisregelung, mißachtet. (2) In allen anderen Fällen ist die Zuwiderhandlung eine Ordnungswidrigkeit. § 41). Strafe und Geldbuße (1) Ist eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§1,2 eine vorsätzlich begangene Straftat, so wird sie mit Gefängnis und Geldstrafe bis zu einhunderttausend Deutsche Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Ist eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 1, 2 eine fahrlässig begangene Straftat, so wird sie mit Geldstrafe bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark bestraft. (3) Ist eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 1, 2 eine Ordnungswidrigkeit, so kann sie mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. § 51). Verletzung der Aufsichtspflicht Wird in einem Betrieb eine durch dieses Gesetz mit Strafe oder Geldbuße bedrohte Handlung begangen, so kann gegen den Inhaber oder Leiter und, falls der Inhaber des Betriebes eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist, auch gegen diese eine Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark festgesetzt werden, wenn der Inhaber oder Leiter oder der zur gesetzlichen Vertretung Berechtigte vorsätzlich oder fahrlässig seine Aufsichtspflicht verletzt hat und der Verstoß hierauf beruht. Zu § 3: 1) § 3 gibt für die sog. Mischtatbestände eine Abgrenzungsvorschrift, die, in der Fassung vereinfacht, aber ohne wesentl. inhaltliche Abweichung, dem § 6 Abs. 2, 3 WiStG. 49/52 entspricht. Vgl. die dort. Erläuterungen. Zu § 4: 1) § 4 knüpft an §§ 22, 26 WiStG. 49/52 an, von denen er sich nach folgenden Richtungen unterscheidet: a) Zuchthaus in schweren Fällen (§ 25 WiStG. 49/52) ist nicht mehr zulässig; b) eine Multiplargeldstrafe (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WiStG. 49/52) ist nicht mehr vorgesehen. F ü r eine Anwendung des § 27c Abs. 2, 3 StGB, besteht im Hinblick auf § 8 WiStG. 1954 kein Bedürfnis; c) der Höchstbetrag der Geldstrafe bei Fahrlässigkeit ist auf 50000 DM herabgesetzt; d) der Höchstbetrag der Geldbuße ist, ohne daß hier zwischen vorsätzl. und fahrlässiger Begehung unterschieden wird, von 100000 DM (§ 28 WiStG. 49/52) auf 50000 DM herabgesetzt ; e) der Versuch der Straftat oder Ordnungswidrigkeit ist nicht mehr mit Strafe bedroht, also straflos (§ 43 Abs. 2 StGB., § 9 OWiG.). Zu § 5: 1) § 5 übernimmt den § 23 WiStG. 49/52, unterscheidet sich aber nach folgenden Richtungen: a) durch die an die Terminologie des StGB, anknüpfende Fassung „mit Strafe oder Geldbuße bedrohte Handlung" ist klargestellt, daß eine den äußeren Tatbestand erfüllende rechtswidrige Handlung genügt, Verschulden also nicht erforderlich ist; b) statt „eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft" heißt es jetzt „eine jur. Person oder eine Personengesellschaft des Handlungsrechts", weil einzelne Handelsgesellschaften jur. Personen sind; c) dem Inhaber, Leiter oder gesetzl. Vertreter muß schuldhafte Verletzung der Aufsichtspflicht nachgewiesen werden; die bisherige Uberbürdung der Beweislast (vgl. Anm. 5 zu § 23 WiStGB. 49/52) ist beseitigt.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz 1954. §§ 6—8

2. Abschnitt. Ergänzende

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Vorschriften

§ 61). Irrtum (1) Wer in unverschuldetem Irrtum über das Bestehen oder die Anwendbarkeit einer rechtlichen Vorschrift seine Tat für erlaubt gehalten hat, bleibt straffrei. (2) War der Irrtum verschuldet, so kann die Strafe gemildert werden.

§ 71). Einziehung Die Einziehung nach den §§ 17 bis 26 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist zulässig. Es können auch Gegenstände eingezogen werden, auf die sich der Verstoß bezieht.

§ 81). Abführung des Mehrerlöses (1) Hat der Täter durch eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 1, 2 einen höheren als den zulässigen Preis erzielt, so ist anzuordnen, daß er den Unterschiedsbetrag zwischen dem zulässigen und dem erzielten Preis (Mehrerlös) an das Land abführt, soweit er ihn nicht auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung zurückerstattet hat. Die Abführung kann auch angeordnet werden, wenn eine nach den §§ 1, 2 mit Strafe oder Geldbuße bedrohte Handlung vorliegt, der Täter jedoch nicht schuldhaft gehandelt hat oder die Tat aus anderen Gründen nicht geahndet werden kann. (2) Wäre die Abführung des Mehrerlöses eine unbillige Härte, so kann die Anordnung auf einen angemessenen Betrag beschränkt werden oder ganz unterbleiben. Sie kann auch unterbleiben, wenn der Mehrerlös gering ist. (8) Die Höhe des Mehrerlöses kann geschätzt werden. Der abzuführende Betrag ist zahlenmäßig zu bestimmen. (4) Die Abführung des Mehrerlöses kann nicht mehr angeordnet werden, wenn die Verfolgung der Zuwiderhandlung verjährt ist. Zu § 6 : 1) Entspricht wörtlich dem § 2 6 a WiStG. 49/52. Zu § 7 : 1) Entspricht sachlich dem § 39 W i S t G . 49/52. Die Vorschrift bezieht sich auf Zuwiderhandlungen (Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten nach §§ 1, 2 und auf Ordnungswidrigkeiten nach § 5). Zu § 8 : 1) § 8, der sich auf Straftaten und Ordnungswidrigkeiten bezieht, entspricht dem § 49 W i S t G . 49/52 mit folgenden Abweichungen: a) Stellt sich in einem subj. Verfahren heraus, daß der Täter nicht schuldhaft gehandelt hat oder die Tat aus anderen Gründen nicht bestraft werden kann, so mußte bisher ein selbständiges Verfahren auf Mehrerlösabführung (MEA.) eingeleitet werden (§ 51 Abs. 1 W i S t G . 49/52). § 8 Abs. 1 Satz 2 läßt nunmehr aus Gründen der Verfahrensvereinfachung die Anordnung der MEA. auch im subj. Verfahren neben Freispruch oder Verfahrenseinstellung zu. Für Fälle, in denen die Einleitung und Durchführung eines subj. Verfahrens von vornherein unterbleibt, behält es bei § 10 sein Bewenden; b) nach wie vor ist grundsätzlich die Abführung des abstrakt berechneten Mehrerlöses zwingend vorgeschrieben. Abweichend von § 49 WiStG. 49/52 läßt jedoch § 8 Abs. 2 zu, daß die Anordnung der MEA. auf einen angemessenen Betrag beschränkt wird oder unterbleibt, wenn sie eine unbillige Härte wäre, z. B. wenn der Täter den Mehrerlös in der Hauptsache an einen schuldlosen Dritten abgeführt hat (vgl. dazu § 10 Abs. 2) oder wenn er selbst infolge Zahlung eines Überpreises einen effektiven Mehrerlös nicht oder in einer wesentlich geringeren als der abstrakt errechneten Höhe erzielt hat (vgl. Anm. 2, 4 zu § 49 WiStG. 49/52). E s soll vermieden werden, daß die Belastung mit dem vollen Mehrerlös außer Verhältnis zu seinem Verschulden stehen oder in ihren Auswirkungen unbillig hart oder gar existenzgefährdend wirken würde. Weiter ist zur Entlastung der Gerichte und Verwaltungsbehörden vorgesehen, daß die Anordnung der MEA. bei geringfügigem Mehrerlös, also in den Fällen unterbleiben kann, in denen das ziffernmäßig geringe Ergebnis der MEA. in keinem Verhältnis zu dem auf

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B IV 7. Wirtschaftsstrafrecht. §§ 9, 10

(5) Die Vollstreckung verjährt mit der Verjährung der Vollstreckung der Strafe oder der Geldbuße, neben der die Abführung des Mehrerlöses angeordnet ist. Ist eine Strafe oder Geldbuße nicht verhängt worden, so gelten für die Vollstrekkungsverjährung die Vorschriften über die Vollstreckungsverjährung von Geldbußen entsprechend. § 91). Rückerstattung des Mehrerlöses (1) Statt der Abführung kann auf Antrag des Geschädigten die Rückerstattung des Mehrerlöses an ihn angeordnet werden, wenn sein Rückforderungsanspruch gegen den Täter begründet erscheint. (2) Legt der Täter oder der Geschädigte, nachdem die Abführung des Mehrerlöses angeordnet ist, eine rechtskräftige Entscheidung vor, in welcher der Rückforderungsanspruch gegen den Täter festgestellt ist, so ordnet die Vollstreckungsbehörde an, daß die Anordnung der Abführung des Mehrerlöses insoweit nicht mehr vollstreckt oder der Geschädigte aus dem bereits abgeführten Mehrerlös befriedigt wird. (3) Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c) sind mit Ausnahme der §§ 405 Satz 1, 406a Abs. 3 und 406c Abs. 2 entsprechend anzuwenden. § 10. Selbständige Abführung des Mehrerlöses (1) ) Kann ein Straf- oder Bußgeldverfahren nicht durchgeführt werden, so kann die Abführung oder Rückerstattung des Mehrerlöses selbständig angeordnet werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen der §§ 8 oder 9 vorliegen. (2)2) Ist eine nach diesem Gesetz mit Strafe oder Geldbuße bedrohte Handlung in einem Betrieb begangen worden, so kann die Abführung des Mehrerlöses 1

die Durchführung des MEA.-Verfahrens verwandten Kosten- und Arbeitsaufwand stehen würde; c) Abs. 4, 5 regeln im Anschluß an § 18 Abs. 4 OWiG. — A 4 — die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung der MEA., die bisher — systematisch fehlerhaft •— in § 51 Abs. 2 WiStG. 49/52 geregelt war (vgl. dort. Anm. 4). Abs. 5 Satz 2 betrifft den Fall, daß die MEA. im subj. Verf. gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 oder im obj. Verf. gem. § 10 angeordnet ist; von § 51 Abs. 2 WiStG. 49/52 unterscheidet sich die neue Regelung dadurch, daß auch dann, wenn die Zuwiderhandlung eine Straftat darstellt, die für Geldbußen geltende Vollstreckungsverjährung (§ 14 Satz 2 OWiG. — A 4 — ) maßgebend ist (vgl. dazu Anm. 10 zu § 18 OWiG.). Z u § 9: 1) § 9 entspricht sachlich dem § 50 WiStG. 49/52. Durch die Fassungsänderung in Abs. 2 ( „ i n s o w e i t nicht mehr vollstreckt ") ist klargestellt, daß die Vorlage einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rückforderungsanspruch die Vollstreckung der MEA. nicht stets in vollem Umfang, sondern nur insoweit hindert, als es zur Befriedigung des Geschädigten erforderlich ist. Zu § 10: 1) Abs. 1 entspricht dem § 51 Abs. 1, 3, § 52 WiStG. 49/52. Der Wortlaut der Vorschrift ist dem § 21 OWiG. nachgebildet, den § 51 Abs. 3 WiStG. 49/52 für entsprechend anwendbar erklärte, so daß die neue Fassung keine Änderung des bisherigen Rechts bringt. Einstellung des Strafverfahrens wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO.) und Absehen von Geldbuße wegen Bedeutungslosigkeit (§ 7 Abs. 3 OWiG.) schließen — wie nach § 21 OWiG. (vgl. dort. Anm. 1) die selbständige Anordnung der MEA. aus (so auch die amtl. Begr. zu § 11 RegEntw. des WiStG. 1954). Die selbständige Anordnung der MEA. m u ß (vorbehaltlich der Ausnahmen nach § 8 Abs. 2) erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen. 2) Abs. 2 ist neu. Das WiStG. 49/52 enthielt keine Vorschrift, die es gestattete, den Mehrerlös zu erfassen, wenn er durch den Verstoß eines Betriebsangehörigen dem Betriebsinhaber zugeflossen ist, ohne daß letzterer alsTäter oder Teilnehmer an der T a t mitgewirkt hat. Die Rechtspr. nahm lediglich an, daß gegen eine jur. Person oder Personengesellschaft des Handelsrechts MEA. selbständig angeordnet werden könnte, wenn ihr ein Mehrerlös durch Gesetzesverstöße der gesetzlich Vertretungsberechtigten unmittelbar zugeflossen war und daß

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz 1954. §§11—13

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gegen den Inhaber oder L e i t e r des Betriebes und, falls der I n h a b e r eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist, auch gegen dieses selbständig angeordnet werden, wenn ihnen der Mehrerlös zugeflossen ist.

§ II 1 ). Verfahren (1) I m Strafverfahren ist die Abführung des Mehrerlöses im Urteil auszusprechen. F ü r das selbständige Verfahren gelten die §§ 4 3 0 bis 432 der Strafprozeßordnung entsprechend. (2) I m Bußgeldverfahren ist die Abführung des Mehrerlöses im Bußgeldbescheid auszusprechen. I m selbständigen Verfahren steht der von der Verwaltungsbehörde zu erlassende Bescheid einem Bußgeldbescheid gleich.

§ 121). Verjährung Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Sinne dieses Gesetzes v e r j ä h r t in zwei J a h r e n .

§ 13. Besondere Vorschriften für das Strafverfahren ( l ) ) Soweit für S t r a f t a t e n nach den §§ 1, 2 das Amtsgericht sachlich zuständig ist, ist örtlich zuständig das Amtsgericht a m Sitz des Landgerichts. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts abweichend regeln, soweit dies m i t R ü c k s i c h t auf die W i r t s c h a f t s oder Verkehrsverhältnisse, den Aufbau der Verwaltungsbehörden oder andere örtliche Bedürfnisse zweckmäßig erscheint. Die Landesregierung kann diese E r mächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. 1

dies auch für Betriebsinhaber, jur. Personen und Personengesellschaften des Handelsrechts gelte, wenn ihnen durch einen infolge Verletzung der Aufsichtspflicht nicht verhüteten Gesetzesverstoß eines Betriebsangehörigen ein Mehrerlös zugekommen war (vgl. Anm. 2 zu § 49, Anm. 1 zu § 52 WiStG. 49/52). § 10 Abs. 2 verallgemeinert diesen Gedanken dahin, daß ein Mehrerlös bei dem Inhaber oder Leiter eines Betriebes, und bei jur. Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechts als Betriebsinhaber selbständig abgeschöpft werden kann, wenn er ihnen durch Gesetzesverstöße von Betriebangehörigen zugeflossen ist, so daß auch der Mehrerlös erfaßt werden kann, der den Genannten ohne ihr (oder ihrer gesetzl. Vertretungsberechtigten) Verschulden durch Gesetzesverstöße irgendeines Betriebsangehörigen erwachsen ist. Die Zuwiderhandlung des Betriebsangehörigen braucht nur rechtswidrig den äußeren Tatbestand einer Zuwiderhandlung nach §§ 1, 2 zu erfüllen; Verschulden ist nicht erforderlich (vgl. Anm. 1 zu § 5). Ob der Mehrerlös den in Abs. 2 Genannten unmittelbar zugeflossen oder zunächst dem Betriebsangehörigen zugekommen und von diesem weitergeleitet worden ist (vgl. Anm. 2 zu § 49 WiStG. 49/52), ist ohne Bedeutung. Die selbständige MEA. nach § 10 Abs. 2 ist auch zulässig, wenn gegen den Täter gem. §§ 8, 10 Abs. 1 die MEA. anzuordnen oder angeordnet ist; Betriebsangehöriger und Betriebsleiter haften dann als Gesamtschuldner. Die selbständige Anordnung der MEA. ist in Abs. 2 — im Gegensatz zu Abs. 1 — nicht zwingend vorgeschrieben („kann"). Sie ist ausgeschlossen, wenn der Mehrerlös bereits bei dem Betriebsangehörigen erfaßt ist. — § 10 Abs. 2 ist unanwendbar, wenn der Gesetzesverstoß a u ß e r h a l b eines Betriebes begangen worden ist (vgl. Anm. l a zu § 51 WiStG. 49/52). Das persönl. Bußgeldverfahren gegen den Täter und das selbständige Mehrerlösabführungsverf. können verbunden werden. BayObLG. NJW. 54, 810. Zu § 11: 1) § 11 entspricht dem bisherigen Recht (vgl. § 49 Abs. 1, § 51 Abs. 3, § 52 WiStG. 49/52). Die Fassung des § 11 ist dem § 26 Abs. 1, 2 OWiG. nachgebildet. Zu § 12: 1) Entspricht dem § 27 WiStG. 49/52. Zu § 13: 1) Abs. 1 entspricht in Satz 1 dem § 100 Abs. 1 Satz 1 WiStG. 49/52 (vgl. dort. Anm. 1), in Satz 2, 3 — mit gewissen Abweichungen, die dem Art. 101 Abs. 2 GG. in verstärkter Form Rechnung tragen sollen — dem § 100 Abs. 1 Satz 2 WiStG. 49/52. Die Abs. 2, 3 des § 100 WiStG. 49/52 sind mangels Bedürfnisses ersatzlos weggefallen.

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B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz 1954. §§ 14, 15

(2)2) Im Strafverfahren wegen einer Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 1, 2 bringt die Verwaltungsbehörde die von ihrem Standpunkt bedeutsamen Gesichtspunkte zur Geltung. Sie soll so früh wie möglich herangezogen werden. Ort und Zeit der Hauptverhandlung sollen ihr mitgeteilt werden. Ihr Vertreter erhält in der Hauptverhandlung auf Verlangen das Wort. Die §§ 33 und 34 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten v. 25. 3. 1952 (BGBl. I S. 177) bleiben unberührt.

§ 141). Besondere Vorschriften für das Bußgeldverfahren (1) Das Unterwerfungsverfahren nach § 67 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist zulässig. (2) Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 2, die im Seeverkehr mit dem Ausland begangen werden, ist Verwaltungsbehörde im Sinne des § 73 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten der Bundesminister für Verkehr oder die von ihm bestimmte Bundesbehörde. 3. Abschnitt.

Ubergangs-

und

Schlußvorschriften

§ 151). Überleitung des sachlichen Strafrechts Die Vorschriften des Wirtschaftsstrafgesetzes in der früher geltenden Fassung über die Ahndung von Zuwiderhandlungen sind mit Ausnahme der §§ 33 bis 53 (Nebenfolgen) auch nach seinem Außerkrafttreten auf diejenigen Taten anzuwenden, die während seiner Geltungsdauer2) begangen worden sind. Bei solchen Taten sind die Einziehung und die Abführung des Mehrerlöses nach den §§7 bis 11 in 2) Die Nebenklagebefugnis der VerwBeh. (§ 54 WiStG. 49/52) ist für die Zukunft beseitigt und durch ein Beteiligungs- und Anhörungsrecht ersetzt. Übergangvorschrift: § 18. Zu § 14: 1) Entspricht den §§ 58, 101 WiStG. 49/52. Eine dem § 100 WiStG. 49/52 entsprechende Zuständigkeitsvorschrift für das AG. im Bußgeldverfahren kennt das neue Recht nicht mehr; die örtliche Zuständigkeit des AG. richtet sich jetzt vielmehr nach § 55 Abs. 1 Satz 3 OWiG. Übergangsvorschrift: § 19. Zu § 15: 1) § 15 enthält eine authentische Erklärung des Gesetzgebers, daß das WiStG. 49/52 als Zeitgesetz i. S. des § 2 Abs. 3 StGB, anzusehen ist. Dies gilt indessen uneingeschränkt nur für die darin angedrohten Hauptstrafen und Geldbußen. Bezüglich der Nebenfolgen (§§ 33 bis 53 WiStG. 49/52) unterscheidet § 15: a) Auf Betriebsschließung und öffentl. Bekanntmachung der Entscheidung kann bei Taten aus der Zeit vor dem 1 . 7 . 1954 nicht mehr erkannt werden und auf Berufsverbot nur, wenn die Voraussetzungen des § 421 StBG. vorliegen (vgl. § 2 Abs. 4 StGB.), b) Einziehung und Mehrerlösabführung sind weiterhin in den Fällen zulässig, in denen sie nach bisherigem Recht vorgesehen waren, jedoch finden die §§ 7 bis 11 WiStG. 1954 Anwendung, so daß also auch bei Taten aus der Zeit vor dem 1. 7. 1954 die Mehrerlösabführung gem. § 8 Abs. 2 beschränkt werden oder unterbleiben kann. Unanwendbar ist § 10 Abs. 2, da insoweit die MEA. nach früherem Recht nicht vorgesehen war (vgl. Anm. 2 zu § 8). 2) § 15 bezieht sich nur auf Zuwiderhandlungen gegen die §§ 1 bis 24 WiStG. 49/52; soweit solche in der Zeit nach dem Außerkrafttreten des alten bis zum Inkrafttreten des neuen WiStG. (1. bis 9. 7. 1954) begangen sind, können sie gemäß § 2 Abs. 1 StGB, weder nach dem alten noch nach dem neuen Recht bestraft werden. Anders liegt es bei Zuwiderhandlungen gegen die in § 1 WiStG. 1954 bezeichneten Vorschriften. Diese über den 30. 6. 1954 hinaus weitergeltenden Gesetzesbestimmungen enthalten eigene (selbständige) Strafdrohungen, die nur aus Gründen gesetzestechnischer Vereinfachung der Fassung auf das WiStG. 49/52 verweisen, indem sie aussprechen, daß Zuwiderhandlungen gegen die betreffenden Gesetze eine Zuwiderhandlung im Sinne der §§ 6 bis 22 WiStG. 49/52 — so z. B. die in § 1 Nr. 3 bis 7 genannten Gesetze — oder eine Zuwiderhandlung i. S. des § 18 WiStG. 49/52 — so die in § 1 Nr. 8, 9 bezeichneten Gesetze — darstellen. In solchen Fällen verliert die verweisende Vorschrift nicht dadurch ihre Geltung, daß die Vorschrift, auf die verwiesen wird, außer Kraft tritt. Zuwiderhandlungen gegen die in § 1 aufgeführten Vorschriften sind daher auch nach Maßgabe des bisherigen Rechts strafbar, wenn sie in der Zeit vom 1. bis 9. 7. 1954 begangen wurden; soweit sie aber erst nach dem 9. 7. 1954 abgeurteilt werden, gelten gemäß § 2 Abs. 2 S t G B , die Vorschriften des WiStG. 1954, soweit sie milder sind.

B IV 7. Wirtschaftsstrafgesetz 1954. §§ 16—19

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allen Fällen zulässig, in denen die bezeichneten Maßnahmen nach dem Wirtschaftsstrafgesetz in der früher geltenden Fassung vorgesehen waren. § 16. Verweisungen auf aufgehobene Vorschriften (1) Soweit in den in § 1 genannten oder auf ihnen beruhenden Rechtsvorschriften Verweisungen auf Vorschriften des Bewirtschaftungsnotgesetzes vom 30. Oktober 1947 (WiGBl. 1948 S. 3) oder des Wirtschaftsstrafgesetzes in der früher geltenden Fassung enthalten sind, gelten diese als Verweisungen auf die an ihre Stelle getretenen Vorschriften dieses Gesetzes. (2) Verweisen Vorschriften oder schriftliche Verfügungen der in § 2 bezeichneten Art auf die Strafbestimmungen des Wirtschaftsstrafgesetzes in der früher geltenden Fassung, auf dessen § 18 oder auf eine nach § 102 des genannten Gesetzes außer Kraft getretene Vorschrift, so gelten solche Verweisungen als ausdrückliche Verweisungen im Sinne des § 2 Abs. 2. Soweit eine Verweisung nach § 104 Abs. 3 des Wirtschaftsstrafgesetzes in der früher geltenden Fassung nicht erforderlich war, bestimmt sich die Ahndung der Zuwiderhandlung nach § 2 Abs. 1, ohne daß es einer Verweisung nach § 2 Abs. 2 bedarf. § 17. Berufsverbot und Betriebsschließung Gerichtliche Anordnungen, die ein Berufsverbot, eine Betriebsschließung, eine dauernde oder zeitige Betriebseinschränkung oder eine Zwangsverpachtung betreffen, gelten mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes als aufgehoben, wenn sie ausschließlich auf dem § 83 oder dem § 34 des Wirtschaftsstrafgesetzes in der früher geltenden Fassung beruhen1). Das gleiche gilt für vorläufige Anordnungen des Gerichts, die Maßnahmen der in Satz 1 bezeichneten Art betreffen2). § 181). Nebenklage Hat sich die Verwaltungsbehörde vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes der öffentlichen Klage nach dem Wirtschaftsstrafgesetz in der früher geltenden Fassung angeschlossen, so behält sie ihre Rechtsstellung als Nebenkläger nach den bisher geltenden Vorschriften, bis das Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. § 191). Zuständigkeit Ist beim Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Strafverfahren oder ein Bußgeldverfahren bei einem Gericht anhängig, das nach diesem Gesetz nicht zuständig wäre, so bleibt die Zuständigkeit nach den bisher geltenden Vorschriften bestehen. Zu § 17: 1) Unberührt bleibt also eine nach § 42 1 StGB, oder Art. V AHKGes. Nr. 33 — B IV 8 — (vgl. § 20) oder auf Grund gesetzl. Vorschriften von der VerwBeh. ausgesprochene Berufsuntersagung. 2) Vgl. § 56 WiStG. 49/52. Zu § 18: 1) Vgl. Anm. 2 zu § 13. § 18 gilt für Strafverfahren wegen Zuwiderhandlungen a) gegen das WiStG. 49/52 aus der Zeit vor dem 1. 7. 1954, die gem. § 15 weiter verfolgt werden, b) gegen die in § 1 bezeichneten Vorschriften, die vor dem Inkrafttreten des WiStG. 1954 begangen wurden (vgl. Anm. 2 zu § 15). Die Anschließung muß aber stets vor dem Inkrafttreten des WiStG. 1954 (10. 7. 1954) erfolgt sein. Zu § 19: 1) Nach § 19 soll in anhängigen Verfahren eine nach bisherigem Recht ordnungsmäßig begründete sachliche und örtliche Zuständigkeit bestehen bleiben, auch wenn eine Zuständigkeit nach dem WiStG. 1954 nicht gegeben wäre. Die Vorschrift ist einmal für die Fälle von Bedeutung, in denen ein Strafverfahren wegen einer Zuwiderhandlung anhängig ist, die das WiStG. 1954 nicht mehr kennt (vgl. § 15); denn für diese Fälle gilt die Zuständigkeitsregelung in § 13, die nur auf Zuwiderhandl. gegen §§ 1, 2 bezieht, nicht. § 19 läßt ferner für gerichtl. Bußgeldverfahren die nach § 100 Abs. 1 WiStG. 49/52 begründete örtl. Zuständigkeit des AG. bestehen, die das neue Recht nicht mehr kennt (vgl. Anm. 1 zu § 14). 52

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B I V 7. W i r t s c h a f t s s t r a f g e s e t z 1954. §§ 20—23

§ 20 1 ). Devisenzuwiderhandlungen Das Wirtschaftsstrafgesetz in der Fassung vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 190) und in der Fassung des Gesetzes zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 17. Dezember 1952 (BGBl. I S. 805) gilt für Devisenzuwiderhandlungen im Rahmen der Verweisung in Art. 5 des Gesetzes Nr. 33 der Alliierten Hohen Kommission über Devisenbewirtschaftung vom 2. August 1950 (Amtsbl. AHK S. 514) weiter, bis eine neue gesetzliche Regelung in Kraft tritt. § 21. Begriffsbestimmung Wirtschaftsstrafgesetz in der früher geltenden Fassung im Sinne der §§15 bis 18 ist das Wirtschaftsstrafgesetz vom 26. Juli 1949 (WiGBl. S. 193) mit seinen weiteren Fassungen, die durch die Erstreckungsverordnung vom 24. Januar 1950 (BGBl. S. 24), das Gesetz zur Erstreckung und zur Verlängerung der Geltungsdauer des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 29. März 1950 (Bundesgesetzbl. S. 78), das Gesetz zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 30. März 1951 (BGBl. I S. 223), das Gesetz zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 188) und das Gesetz zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 17. Dezember 1952 (BGBl. I S. 805) bestimmt sind. § 22. Land Berlin (1) Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (BGBl. I S. 1) auch im Land Berlin. (2) Wirtschaftsstrafgesetz in der früher geltenden Fassung im Sinne der §§15 bis 18 ist für das Land Berlin das Wirtschaftsstrafgesetz vom 28. April 1950 (V0B1. für Groß-Berlin I S. 153) in der Fassung des Gesetzes zur Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 22. März 1951 (V0B1. für Berlin I S. 279) und das Wirtschaftsstrafgesetz in den Fassungen vom 25. März 1952 (GVB1. Berlin S. 671) und vom 17. Dezember 1952 (GVB1. Berlin S. 1090). Soweit in § 16 Abs. 2 auf § 104 des Wirtschaftsstrafgesetzes in der früher geltenden Fassung verwiesen wird, gilt diese Verweisung zugleich für § 103 des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 28. April 1950 (VOB1. für Groß-Berlin I S. 153). (3) § 20 gilt im Land Berlin mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Gesetzes Nr. 33 der Alliierten Hohen Kommission über Devisenbewirtschaftung vom 2. August 1950 die Verordnung Nr. 503 zur Ergänzung der Verordnung über Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs vom 19. Dezember 1950 (VOB1. Berlin 1951 I S. 51) in der Fassung der Verordnung Nr. 519 vom 22. September 1952 (GVB1. Berlin S. 876) tritt. (4) Das Land Berlin kann durch Landesgesetz Straf- und Bußgeldvorschriften im Rahmen der Bestimmungen des Wirtschaftsstrafgesetzes in der Fassung vom 25. März 1952 (BGBl. I S. 190) erlassen, soweit es dies wegen seiner besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse für notwendig hält, und das Verfahren zur Ahndung von Verstößen gegen solche Vorschriften sinngemäß nach den §§13 und 14 dieses Gesetzes regeln. § 23. Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft 1 ). Es tritt am 31. Dezember 1955 außer Kraft. Z u § 2 0 : 1) § 20 h a t eine doppelte B e d e u t u n g . E r stellt einmal a u t h e n t i s c h klar, d a ß die in Art. 5 des A H K . = Ges. Nr. 33 (B I V 8 b) ausgesprochene Verweisung auf Vorschriften d e s W i S t G . 49 eine Verweisung auf das W i S t G . i. d. F. v. 25. 3. 1952 darstellt (vgl. dazu A n m . 1 zu Art. 5 aaO.); er e r k l ä r t weiterhin im R a h m e n dieser Verweisung das W i S t G . 49/52 f ü r weitergeltend bis zum E r l a ß des in Vorbereitung befindlichen neuen Devisenges. Z u § 2 3 : 1) Das Gesetz ist a m 9. 7. 1954 v e r k ü n d e t , also a m 10. 7. 1954 in K r a f t getreten.

B I V 8- Devisenbewirtschaftung. Gesetz Nr. 53 MilRegVO. Art. I

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B IV 8. Devisenbewirtschaftung und Regelung des Güterverkehrs a) Gesetz Nr. 53 (Neufassung) der amerik. und brit. Zone, MilRegVO. Nr. 235 des franz. Hohen Kommissars V o m 1 8 . S e p t e m b e r 1 9 4 9 ( B u n d e s a n z e i g e r N r . 2 v . 2 7 . 9. 1 9 4 9 ) * )

Artikel I. Verbotene Geschäfte 1. V o r b e h a l t l i c h e i n e r v o n der M i l i t ä r r e g i e r u n g o d e r v o n e i n e r v o n i h r b e s t i m m t e n S t e l l e e r t e i l t e n E r m ä c h t i g u n g sind alle G e s c h ä f t e 1 ) v e r b o t e n , die z u m G e g e n s t a n d h a b e n oder sich b e z i e h e n a u f : a) D e v i s e n w e r t e , g l e i c h g ü l t i g wo sie s i c h b e f i n d e n , die u n m i t t e l b a r oder m i t t e l b a r , g a n z oder teilweise, i m E i g e n t u m oder u n t e r der K o n t r o l l e v o n P e r sonen m i t g e w ö h n l i c h e m A u f e n t h a l t , H a u p t n i e d e r l a s s u n g oder S i t z in d e m in A r t i k e l X b e z e i c h n e t e n B e r e i c h 2 ) — n a c h s t e h e n d „ G e b i e t " g e n a n n t —• stehen; b ) D e v i s e n w e r t e , die s i c h i m G e b i e t b e f i n d e n ; c) i m G e b i e t b e f i n d l i c h e V e r m ö g e n s w e r t e , die u n m i t t e l b a r o d e r m i t t e l b a r , g a n z o d e r teilweise, i m E i g e n t u m o d e r u n t e r der K o n t r o l l e v o n P e r s o n e n a u ß e r h a l b des G e b i e t e s s t e h e n ; d) V e r m ö g e n s w e r t e , gleichgültig, w o sie sich b e f i n d e n , sofern d a s G e s c h ä f t zwischen Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung Zu B I V 8 * ) : Die wörtlich übereinstimmenden Vorschriften der 3 Besatzungsmächte („Devisenbewirtschaftungsgesetze") sind am 19. 9. 1949 in Kraft getreten (Art. X I I I ) . Für Berlin gilt die gleichlautende VO. der 3 Alliierten Kommandanturen v. 15. 7. 1950 (Berl. VOB1. I S. 304). Zur Durchführung der Devisenbewirtschaftungsgesetze sind ergangen die 1. DVO. v. 19. 9. 1950 und Verfg. Nr. 140 der amerik. und brit. Zone, 1. DurchfBest. der franz. Zone, alle i . d . F . der 2. DVO. v. 11. 8. 1950 (ABl. der AHK. S. 525), 3. DVO. betr. Auslegung des Begriffs „Geschäfte" in Art. 1 des Ges. Nr. 53 v. 31. 10. 1950 (ABl. S. 663), 4. DVO. (betr. Rückerstattung u. Entschädigungsansprüche) v. 14. 2. 1951 (ABl. S. 784). — Über zulässige Geschäfte zwischen Angehörigen der Alliierten Streitkräfte und Deviseninländern (Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik oder den Westsektoren Berlins haben) s. Ges. der AHK. Nr. 40 v. 19. 10. 1950 (ABl. S. 635) und für die brit. Zone die 1. Durchf.Anordnung v. 17. 10. 1950 (ABl. der AHK. S. 642). — Durch Anordnung des Bundeskanzlers v. 30. 11. 1950 (Bundesanzeiger Nr. 241/50) ist die gem. Art. I I der 1. DVO. der Bundesregierung zustehende Befugnis zur Erteilung von Ermächtigungen für die Verbringung von kontrollierten Vermögenswerten in das Gebiet i. S. von Art. X g der Devisenbewirtschaftungsgesetze und aus demselben auf den Bundesmin. f. Wirtschaft (mit dem Recht der Weiterübertragung auf nachgeordnete Behörden oder Oberste Landesbehörden) übertragen. Wegen der zahlreichen Ermächtigungen wird auf die Zusammenstellungen in dem nachstehend angegebenen Schrifttum verwiesen. Zweck der Devisenregelung ist jetzt die Ordnung der Waren-Ein- und-Ausfuhr, des Kapital- und Dienstleistungsverkehrs und der zwischenstaatl. Versicherungswirtschaft. B G H . N J W . 53, 796. S c h r i f t t u m : Wälde, Devisenrecht, Textsammlung mit Verweisungen 1953; Kühne, Handbuch des Devisenrechts, 1952 mit ErgBd. 1953; Langen, Komm. z. DevGes. 2. Aufl. 1952 mit ErgBd. 1953. Fachzeitschrift: Devisenrundschau (DevR.). Vgl. ferner Nr. 296—298 der Richtl. f. das Strafverfahren 1953. Uber Anwendung der Devisenvorschriften auf dem Gebiet der Rechtspflege vgl. RdErl. d. Hess. JustMin. v. 28. 9. 1951, JMB1. S. 97. Wegen der Rechtsprechung zum DevGes. 1938 wird auf die Erläuterungen in der 33. Aufl. dieses Werkes verwiesen. Zu A r t . I : 1) Vgl. Art. X b und dort Anm. 1. 2) Über den Begriff der gebietszugehörigen und gebietsfremden Personen s. Betriebsberater 53, 104. 52»

Mahler,

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B IV 8. Devisenbewirtschaftung. Gesetz Nr. 53 MilRegVO. Art. I I

oder Sitz im Gebiet und Personen außerhalb des Gebietes abgeschlossen wird3) oder sich auf solche Personen bezieht; e) Devisenwerte, unbewegliche Vermögenswerte, Rechte oder Interessen an diesen4), gleichgültig, wo sie sich befinden, sofern das Geschäft zwischen Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet und Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz außerhalb des Gebiets abgeschlossen wird; f) im Gebiet befindliche Devisenwerte, unbewegliche Vermögenswerte, Rechte oder Interessen an diesen, sofern das Geschäft zwischen Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz außerhalb des Gebiets abgeschlossen wird; g) in Deutschland befindliche Vermögenswerte oder Vermögenswerte, die den Vorschriften des Artikels I I dieses Gesetzes unterliegen, sofern das Geschäft zwischen außerhalb des Gebiets befindlichen Personen, deren gewöhnlicher Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet ist, und Personen außerhalb des Gebiets abgeschlossen wird; h) deutsche Zahlungsmittel oder auf deutsche Währung lautende Geldforderungen, sofern das Geschäft ihre Übertragung von Personen, deren gewöhnlicher Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet ist, auf Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz außerhalb des Gebiets zur Folge hat. 2. Abgesehen von üblicher Habe dürfen Vermögenswerte nur über die zugelassenen Grenzübergangsstellen und nur mit Ermächtigung der Militärregierung oder einer von ihr bestimmten Stelle in das Gebiet 5 ) oder aus dem Gebiet verbracht 6 ) werden.

Artikel II. Anmeldung, Ablieferung von Devisenwerten und Verfügung über dieselben1)

1. Soweit die Militärregierung nichts anderes bestimmt, müssen alle Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet, denen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise, Eigentum oder Besitz an Devisenwerten oder Kontrolle darüber zusteht, eine Anmeldung einreichen. Die Anmeldung ist innerhalb von 30 Tagen nach Erlangung des Eigentums, des Besitzes oder der Kontrolle bei der nächsten Niederlassung einer Landeszentralbank oder bei sonstigen von der Militärregierung bestimmten Instituten in der von der Militärregierung vorgeschriebenen Form einzureichen2). 3) Wegen des Handels mit der sowj. Besatzungszone (Interzonenhandel) vgl. die InterzonenüberwachungsVO. v. 9. 7. 1951 (BGBl. I S. 439). — Zuwiderhandl. werden nach § 21 gemäß Art. V I I I des Ges. Nr. 53 und Art. 5 des AHKGes. Nr. 33 geahndet — und InterzonenhandelsVO v. 18. 7. 1951 (BGBl. I S. 463) sowie das Handelsabkommen zwischen Ostund Westzone v. 20. 9. 51 (Bundesanz. v. 26. 9. 1951). 4) „unbewegl. . . . diesen" = alle dinglichen Rechte an unbewegl. Sachen. 5) Bei Einfuhr aus dem Ausland unter Verstoß gegen Ges. Nr. 53 ist § 401 a Abs. 3 RAbgO. — B V I — unanwendbar, auch wenn die verbotene Einfuhr in der erschwerten Form des bandenmäßigen Bannbruchs begangen wäre. B G H . N J W . 53, 752. Tateinheit mit Zollhinterziehung ist möglich. B G H . N J W . 53, 952. 6) Verbringen = mitnehmen über die Grenze — auch im Falle der Durchfuhr — für eigene Rechnung oder für einen anderen. Verbringen eines Gegenstandes und die anschließende Veräußerung sind eine einheitl. Straftat. OLG. Düsseldorf DevR. 51, 46. Zu A r t . II: 1) Schrifttum: Laforet, DevR. 51, 81. 2) Auch in einem gerichtl. Strafverfahren beschlagnahmte Devisenwerte sind innerhalb von 30 Tagen nach der Beschlagnahme bei der Landeszentralbank anzumelden. Eine Verpflichtung zur Anbietung und Ablieferung entsteht erst nach Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Verfallerklärung. RdErl. d. HessJustMin. v. 7. 11. 1951 (JMB1. S. 111).

B IV 8. Devisenbewirtschaftung. Gesetz Nr. 53 MilRegVO. Art. III, IV

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2. Alle Personen, denen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise, Eigentum oder Kontrolle von im Gebiet befindlichen Devisenwerten zusteht, sind verpflichtet, diese Werte auf Anordnung der Militärregierung bei der nächsten Niederlassung einer Landeszentralbank oder bei sonstigen von der Militärregierung bestimmten Stellen abzuliefern. 8. Alle Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet, die befugt sind, den Verkauf von Devisenwerten vorzunehmen oder zu vermitteln, deren Eigentum oder Kontrolle ganz oder teilweise Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet zusteht, sind verpflichtet, solche Devisenwerte auf Anweisung der Militärregierung dieser oder einer von ihr bezeichneten Stelle zu Preisen oder Kursen, die durch einheitliche Durchführungsverordnungen festgesetzt sind, zum Ankauf zur Verfügung zu stellen. 4. Die Militärregierung kann eine Stelle bestimmen, die befugt ist, zur Durchführung dieses Artikels Anordnungen und Vorschriften zu erlassen und sonst in ihrem Auftrage und unter Aufsicht Maßnahmen zu treffen.

Artikel III. Devisenüberwachung Die Militärregierung oder die von ihr bestimmten Stellen können von allen Personen im Gebiet oder mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet die Erteilung jeder in deren Besitz oder Kontrolle befindlichen Information verlangen, die ihnen zur Durchführung dieses Gesetzes oder zur Aufdeckung von Verstößen gegen dieses Gesetz erforderlich erscheint. Alle zur Erteilung von solchen Auskünften aufgeforderten Personen haben Bücher, Abrechnungen oder andere in ihrem Besitz oder unter ihrer Kontrolle befindliche Unterlagen vorzulegen, die zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich sind.

Artikel IV. Durchsuchung von Personen und Gepäck Soweit nicht entgegenstehende gesetzliche Vorschriften bestehen, ist jeder dazu ermächtigte alliierte oder deutsche Beamte berechtigt: a) von jedermann eine Anmeldung aller Vermögenswerte zu verlangen, die von ihm in das Gebiet oder aus dem Gebiet verbracht werden; b) jede Person, die hinsichtlich der in das Gebiet oder aus dem Gebiet zu verbringenden Vermögenswerte eine Anmeldung unterläßt oder eine falsche Anmeldung erstattet oder dessen verdächtig ist, zu durchsuchen, zu verhaften1) und in Haft zu behalten; c) das Gepäck jeder in das Gebiet einreisenden oder aus dem Gebiet ausreisenden Person zu durchsuchen ; d) alle Fahrzeuge, Züge, Flugzeuge, Schiffe oder andere Verkehrsmittel, die tatsächlich oder vermutlich Vermögenswerte enthalten, die in das Gebiet oder aus dem Gebiet verbracht werden sollen, anzuhalten, zu durchsuchen und festzuhalten ; e) stehende oder bewegliche Postämter einschließlich Sortierräume zu betreten und in Anwesenheit von Postbeamten Sendungen zu durchsuchen, die tatsächlich oder vermutlich Vermögenswerte enthalten, die gesetzwidrig in das Gebiet oder aus dem Gebiet verbracht werden sollen; Zu Art. IV: 1) entspricht der vorläufigen Festnahme des § 127 StPO. Langen I I I zu Art. IV.

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B IV 8. Devisenbewirtschaftung. Gesetz Nr. 53 MilRegVO. A r t . V — V I I

f) alle Vermögenswerte in Beschlag zu nehmen, deren Verbringung tatsächlich oder vermutlich unter Verletzung der Vorschriften des Artikels I dieses Gesetzes stattfindet; g) alle tatsächlich oder vermutlich unter Verletzung der Vorschriften des Artikels II dieses Gesetzes im Besitz einer Person befindlichen Vermögenswerte zu beschlagnehmen. Artikel V. Beschlagnahmte Vermögenswerte oder Waren 1. Gegen die Beschlagnahme von Vermögenswerten gemäß den Vorschriften des Artikels IV dieses Gesetzes kann jede davon betroffene Person innerhalb von 30 Tagen nach dem Zeitpunkt der Beschlagnahme Einspruch bei der von der Militärregierung in Durchführungsverordnungen zu diesem Gesetz bestimmten Behörde erheben1). Diese Behörde kann die Freigabe oder die Einziehung der Vermögenswerte verfügen. Die Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte im Verwaltungswege kann ausgesprochen werden, wenn kein Einspruch gemäß vorstehender Vorschrift erhoben wird.2) 3. Wird eine Person wegen einer Verletzung dieses Gesetzes strafrechtlich verfolgt, so darf eine Einziehung der beschlagnahmten Vermögenswerte nicht vor rechtskräftiger Entscheidung der Strafsache ausgesprochen werden3). Durchführungsverordnungen können vorsehen, daß ungeachtet der Erhebung eines Einspruchs oder der Einleitung eines Strafverfahrens ein Vergleich bezüglich der beschlagnahmten Vermögenswerte zulässig ist. Artikel VI. Anträge auf Erteilung von Ermächtigungen Für die Einreichung von Anträgen auf Erteilung von Ermächtigungen 1 ) gemäß diesem Gesetz gelten die von der Militärregierung oder einer von ihr beauftragten Stelle zu erlassenden Durchführungsverordnungen. Artikel VII. Nichtige Geschäfte Alle Vermögensübertragungen, Verträge oder sonstigen Vereinbarungen, die in Verletzung dieses Gesetzes oder in der Absicht, Vorschriften dieses Gesetzes zu umgehen, geschlossen oder durchgeführt worden sind, entbehren jeder Rechtswirkung, es sei denn, daß sie nachträglich von der Militärregierung genehmigt werden. Von den Beteiligten kann verlangt werden, daß sie hinsichtlich der Vermögenswerte, die Gegenstand des verbotenen Geschäfts waren, den ursprünglichen Zustand wieder herstellen; demgegenüber kann nicht eingewandt werden, daß die Gegenleistung nicht mehr zurückgewährt werden kann. Z u A r t . V : 1) vgl. Art. 2 N r . 3 A H K G e s . Nr. 33. 2) Die Voraussetzungen des § 21 O W i G . — A 4 — b r a u c h e n hier nicht vorzuliegen. O L G . Braunschweig N J W . 53, 1645. W i r d E i n s p r u c h erhoben, so ist A r t . 5 A H K G e s . Nr. 33 a n w e n d b a r (vgl. dort A n m . 4). 3) Die Einziehung nach Art. V Abs. 1 wird d a m i t n u r ausgeschlossen, wenn tatsächlich ein S t r a f - o d e r Bußgeld v e r f a h r e n eingeleitet w o r d e n ist; solange dies — gleichviel aus welc h e m G r u n d e — nicht geschehen ist, bleibt der VerwBeh. die Einziehungsmöglichkeit n a c h Abs. 1. B a y O b L G . D e v R . 52, 155. Z u A r t . V I : 1} Die Genehmigung Schriftform. Gurski D e v R . 51, 94.

bedarf — e n t s p r e c h e n d

§ 4 DevGes. 1938 — der

Z u A r t . V I I I : 1) I m Hinblick auf A r t . X a k ö n n e n m i t vermögensrechtl. Strafen u n d Geldbußen a u c h j u r . Personen u n d handelsrechtl. Personengesellschaften belegt werden, wenn Vorstandsmitglieder, Gesellschaften u n d leitende Angestellte f ü r sie h a n d e l n d Devisenzuwiderhandl. begehen, u n b e s c h a d e t der eigenen S t r a f b a r k e i t der H a n d e l n d e n . B G H . N J W . 53, 1838; a.M. Wilmans Betriebsberater 53, 102.

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Artikel VIII. Strafen 1. Wer1) gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes oder einer hierzu erlassenen Durchführungsverordnung oder Anordnung verstößt 2 ), macht sich strafbar und wird, wenn schuldig befunden, mit Gefängnis bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bis zu 25 000,— DM oder dem dreifachen Wert der den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Vermögenswerte3) oder mit Gefängnis und Geldstrafe bestraft. Das Gericht kann auch die Einziehung der Vermögenswerte anordnen, die den Gegenstand der strafbaren Handlung bilden2). 2.4) Falls eine einer Verletzung dieses Gesetzes beschuldigte Person die Auferlegung einer Geldbuße5) der Durchführung eines Strafverfahrens vorzieht, so kann die Verwaltungsbehörde eine derartige Buße nach einem Verfahren, das durch Durchführungsverordnungen zu diesem Gesetz festzulegen ist, verhängen. Artikel IX. Verfügung über eingezogene Vermögenswerte Die Militärregierung wird in Durchführungsbestimmungen zu diesem Gesetz Vorschriften betreffend die Verfügung über gemäß Artikel V und VIII eingezogene Vermögenswerte erlassen. Artikel X. Begriffsbestimmungen Für die Zwecke dieses Gesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen: (a) „Person" bedeutet jede natürliche Person, jede Personenvereinigung oder juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts, jede Regierung einschließlich staatlicher oder kommunaler Verwaltungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts und deren Dienststellen und Organe; (b) !) „Geschäfte" bedeuten Erwerb, Einfuhr, Leihe oder Empfangnahme gegen oder ohne Entgelt, Überweisung, Verkauf, Vermietung, Verpachtung, Übertragung, Verbringung, Ausfuhr, Belastung, Verpfändung oder sonstige Verfügung, Zahlung, Rückzahlung, Darlehen, Übernahme von Sicherheitsleistungen oder jedes andere Geschäft mit den in diesem Gesetz bezeichneten Vermögenswerten; 2) Die S t r a f b a r k e i t (Ahndbarkeit) der ungenehmigten V o r n a h m e eines genehmigungsb e d ü r f t i g e n Geschäfts entfällt nicht d a d u r c h , d a ß die Genehmigung nachträglich erteilt wird (s. dazu A n m . 2 zu A r t . 5 A H K G e s . Nr. 33); von einer Einziehung (Abs. 1 Satz 2) wird a b e r in solchen Fällen regelmäßig abzusehen sein. O L G . Braunschweig D e v R . 52, 170. 3) D. h. auf Geldstrafe bis zu 25000 DM k a n n a u c h e r k a n n t werden, wenn der dreifache W e r t geringer ist; ist er höher, so k a n n der B e t r a g von 25000 DM überschritten werden. 4) D a s hier dem Beschuldigten e i n g e r ä u m t e W a h l r e c h t ist d u r c h Art. 5 Abs. 2 b des Ges. Nr. 33 (Bezugnahme auf § 6 W i S t G . ) beseitigt. 5) D a s H ö c h s t m a ß der Geldbuße b e m i ß t sich nach Abs. 1. Schultz N J W . 53, 1619 (§ 29 Abs. 1 W i S t G . a . F . = § 28 n . F . 49/52 ist in Art. 5 Abs. 2 b des Ges. Nr. 33 nicht f ü r a n w e n d b a r erklärt). Z u A r t . X : 1) Über die Auslegung des Begriffs „ G e s c h ä f t e " vgl. noch die 3. DVO. (siehe A n m . * vor A r t . 1). Zu den „ G e s c h ä f t e n " gehören d a n a c h u. a . : a) der E r l a ß oder die Erwirk u n g von Urteilen (nicht von bloßen Feststellungsurteilen), Arresten u n d einstw. Verfügungen sowie die E r r i c h t u n g oder E r w i r k u n g von vollstreckbaren Titeln a n d e r e r A r t zugunsten von Personen a u ß e r h a l b des Gebiets i. S. des Art. X g , b) die Zwangsvollstreckung aus vollstreckbaren Titeln jeder Art, die a u ß e r h a l b des Gebietes errichtet oder erwirkt worden sind, u n t e r Einschluß der von Verwaltungsbehörden a u ß e r h a l b des Gebietes errichteten vollstreckbaren Titel. Nach derAUg. Genehmigung Nr. 70/54 v. 22. 6. 54 (BAnz. N r . 118) k ö n n e n zugunsten von Personen a u ß e r h a l b des Bundesgebiets Urteile u. a n d e r e E n t s c h e i d u n g e n bei Gerichten im Bundesgebiet ohne Genehmigung erwirkt w e r d e n ; die Vollstreckung bedarf - außer bei Arresten u. einstw. Verfügungen — der Genehmigung, wenn eine freiw. Leistung genehmigungspflichtig wäre. — I m übrigen gibt es keinen fest umrissenen Begriff des „ G e s c h ä f t s " ( = transaction). E s m u ß vielmehr im Einzelfall u n t e r Berücksichtigung des Zwecks der Devisengesetzgebung (vgl. A n m . * vor Art. I) ermittelt werden, inwieweit f ü r rechtlich b e d e u t s a m e s Verhalten eine Genehmigungspflicht b e s t e h t (vgl. dazu Langen I I zu A r t . X). E r w e r b von Devisenwerten

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(c) „Vermögenswerte" umfaßt alle Vermögenswerte2) und darauf bezügliche Rechte jeder Art, einschließlich aller Devisenwerte; (d) „Devisenwerte" umfassen: (1) außerhalb des Gebiets gelegene Vermögenswerte, (2) Zahlungsmittel mit Ausnahme deutscher Zahlungsmittel, Bankguthaben außerhalb des Gebiets sowie Schecks, Anweisungen, Wechsel und andere Zahlungsversprechen, die auf Personen außerhalb des Gebiets gezogen oder von solchen ausgestellt sind; (8) Ansprüche und darüber ausgestellte Urkunden, die: (i) Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet (als Inhabern oder Berechtigten) gegen eine Person außerhalb des Gebiets zustehen, gleichgültig, ob sie auf deutsche oder andere Währung lauten; (ii) Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet (als Inhabern oder Berechtigten) gegen andere Personen im Gebiet zustehen, wenn sie auf nichtdeutsche Währung lauten; (iii) Personen außerhalb des Gebiets (als Inhabern oder Berechtigten) zustehen, wenn Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz im Gebiet an den Ansprüchen oder den darüber ausgestellten Urkunden ein rechtliches Interesse haben; (4) Wertpapiere und andere Urkunden zum Nachweis von Eigentum und Verbindlichkeiten, die von Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz außerhalb des Gebiets ausgestellt sind, und Wertpapiere und andere Urkunden zum Nachweis von Eigentum und Verbindlichkeiten, die von Personen in Deutschland ausgestellt sind, falls sie auf eine nichtdeutsche Währung lauten oder in nichtdeutscher Währung zahlbar sind; (5) Gold- oder Silbermünzen sowie Gold-, Silber- oder Platinbarren oder Legierungen davon in Barrenform; (6) andere Vermögenswerte, die von der Militärregierung zu Devisenwerten erklärt worden sind; (e) der Ausdruck „übliche persönliche Habe" umfaßt solche Gegenstände, wie sie für einen Reisenden bei der Einreise in das Gebiet, beim Aufenthalt daselbst oder bei der Ausreise aus dem Gebiet als notwendig anzusehen sind; der Ausdruck umfaßt nicht Vermögenswerte in handelsüblichen Mengen noch Vermögenswerte, deren Verbringung über die Grenzen des Gebiets von Gesetzes wegen einer besonderen Genehmigung unterliegt; (f) „gewöhnlicher Aufenthalt, Hauptniederlassung oder Sitz" bedeutet den gewöhnlichen Wohnort natürlicher Personen und die Hauptniederlassung oder den gesetzlichen Sitz juristischer Personen und anderer Vereinigungen3) ; (g) die Bezeichnung „Gebiet" umfaßt die Länder Bayern, Bremen, Hessen, Württemberg-Baden, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, SchleswigHolstein, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern, Baden, Hansedurch Diebstahl oder Unterschlagung fällt nicht unter den Begriff des Geschäfts. BGH. N J W . 53, 796. 2) auch deutsche Zahlungsmittel (vgl. Bank deutscher Länder N J W . 52, 992). 3) durch Art. X f ist an der in der früheren Devisenrechtsprechung bejahten Möglichkeit eines Doppelwohnortes im Inland und im Ausland nichts geändert worden. Maßnahmen zur Begründung eines künftigen Wohnsitzes im Deviseninland bedeuten noch keine Aufgabe eines Wohnsitzes im Devisenausland. BGHSt. 2, 77.

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stadt Hamburg, in ihrem Gebietsstand am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes; (h) die Bezeichnung „Deutschland" bedeutet das Gebiet des „Deutschen Reiches", wie es am 81. Dezember 1937 bestanden hat; (i) „deutsche Währung" bedeutet alle Zahlungsmittel, die als gesetzliches Zahlungsmittel in den Ländern Bayern, Bremen, Hessen, WürttembergBaden, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern, Baden, Hansestadt Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und MecklenburgVorpommern sowie in Groß-Berlin gelten oder gegolten haben. Artikel X I . Allgemeine Vorschriften 1. Für die Zwecke der Durchführung dieses Gesetzes hat eine juristische Person ihren Sitz in einem oder mehreren der folgenden Länder: (a) in demjenigen Land, durch das oder gemäß dessen Gesetz die juristische Person errichtet worden ist; (b) in demjenigen Land oder denjenigen Ländern, in welchen sie ihre Hauptniederlassung hat, oder (c) in demjenigen Land oder denjenigen Ländern, in welchen sie geschäftlich tätig ist. 2. Vermögenswerte gelten als „im Eigentum oder unter Kontrolle" einer Person befindlich, wenn sie im Namen oder für Rechnung oder zugunsten dieser Person gehalten werden, oder wenn sie ihr oder ihrem Beauftragten oder Agenten geschuldet werden, oder wenn eine solche Person berechtigt oder verpflichtet ist, derartige Vermögenswerte zu kaufen, in Empfang zu nehmen oder zu erwerben. Artikel X I I . Aufhebung von Rechtsvorschriften (amerik. Zone) 1. Folgende Vorschriften wdrden hiermit aufgehoben: a) das Militärregierungsgesetz Nr. 53 „Devisenbewirtschaftung" und die auf Grund des genannten Gesetzes erteilten Allgemeinen Genehmigungen Nr. 1, 3, 5, 6, 7, 9 und 10 und Bekanntmachungen Nr. 1, 2 und 8; b) diejenigen Abschnitte des Militärregierungsgesetzes Nr. 161 (abgeändert) betreffend „Grenzkontrolle", welche die Einfuhr und Ausfuhr von Vermögenswerten und Waren regeln, sowie die auf Grund des genannten Gesetzes erteilten Allgemeinen Genehmigungen Nr. 1 und 2; c) das deutsche Gesetz über die Devisenbewirtschaftung von 1938; d) Verordnung Nr. 17 der Militärregierung betreffend „Verbotene Rechtsgeschäfte und Tätigkeiten". 2. Alle Sondergenehmigungen, erteilt auf Grund der Gesetze Nr. 53 und 161 die Militärregierung, und die Allgemeinen Genehmigungen Nr. 2, 4, 8, 11, 12 und 13 auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 53 bleiben weiterhin in Kraft mit der gleichen Wirkung, als ob sie auf Grund dieses Gesetzes erteilt worden wären. 3. Wer vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes dadurch eine strafbare Handlung begangen hat, daß er gegen eine Vorschrift des Gesetzes Nr. 53 oder der Verordnung Nr. 17 der Militärregierung oder gegen diejenigen Abschnitte des Gesetzes Nr. 161 der Militärregierung (abgeändert) betreffend „Grenzkontrolle", welche den Verkehr mit Vermögenswerten und Waren regeln, verstößt oder eine ihm durch die vorgenannten Vorschriften auferlegte Handlung vorzunehmen unterläßt, kann

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wegen einer solchen strafbaren Handlung zur Verantwortung gezogen werden, ohne Rücksicht darauf, ob ihm die Anklage bereits zugestellt worden ist ; wenn schuldig befunden, kann er bestraft werden, als ob Gesetz Nr. 53 und Verordnung Nr. 17 der Militärregierung und diejenigen Abschnitte des Gesetzes Nr. 161 der Militärregierung (abgeändert) betreffend „Grenzkontrolle", welche den Verkehr mit Vermögenswerten und Waren regeln, nicht aufgehoben worden wären. 4. Die Vorschriften dieses Gesetzes und der hierzu erlassenen Durchführungsverordnungen, Ermächtigungen oder Anweisungen gehen widersprechenden Bestimmungen deutschen Rechts vor. (Brit. Zone) Folgende Vorschriften werden hiermit aufgehoben : a) Das Militärregierungsgesetz Nr. 53 Devisenbewirtschaftung. b) Diejenigen Abschnitte des Militärregierungsgesetzes Nr. 161 (abgeänderte Fassung) betreffend „Grenzkontrolle", die sich mit der Ein- und Ausfuhr von Vermögenswerten und Waren befassen. c) Artikel I der Militärregierungsverordnung Nr. 73. d) Das deutsche Gesetz über die Devisenbewirtschaftung von 1938. 2. Alle Sondergenehmigungen, erteilt auf Grund der Militärregierungsgesetze Nr. 53 und Nr. 161 und die nachstehenden Allgemeinen Genehmigungen auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 53, bleiben weiterhin in Kraft mit der gleichen Wirkung, als ob sie auf Grund dieses Gesetzes erteilt worden wären : allgemeine Genehmigungen Nr. 8, 11, und 12. 3. Die Vorschriften dieses Gesetzes und der hierzu erlassenen Durchführungsverordnungen, Ermächtigungen oder Anweisungen gehen widersprechenden Bestimmungen deutschen Rechts vor. (Franz. Zone) 1. Folgende Vorschriften werden hiermit aufgehoben: — das Militärregierungsgesetz Nr. 53 über „Devisenbewirtschaftung". — diejenigen Abschnitte des Militärregierungsgesetzes Nr. 161 betreffend „Grenzkontrolle", welche den Verkehr mit Vermögenswerten und Waren regeln. — die Verordnung Nr. 47 des Commandant en Chef Français en Allemagne betreffend Organisation der Devisenkontrolle im französischen Besatzungsgebiet. — die Verordnung Nr. 72 des Commandant en Chef Français en Allemagne über Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Devisenordnung. — die Verordnung Nr. 76 des Commandant en Chef Français en Allemagne über Warenaustausch und Kapitalüberführung zwischen dem Saarland und dem deutschen Besatzungsgebiet. — die Verordnung Nr. 147 des Commandant en Chef Français en Allemagne über Abänderung der oben bezeichneten Verordnung Nr. 47. — die Verordnung Nr. 167 des Commandant en Chef Français en Allemagne über Bestrafung von Zuwiderhandlungen gegen die Devisenordnung. — die Verordnung Nr. 190 des Commandant en Chef Français en Allemagne betreffend die Neuregelung der Devisenkontrolle im französischen Besatzungsgebiet. —• das deutsche Gesetz über die Devisenbewirtschaftung von 1938.

A r t . X I I I — B IV 8. Devisenbewirtschaftung. Gesetz Nr. 33 der A H K .

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2. Alle Sondergenehmigungen, erteilt auf Grund der Gesetze Nr. 53 und 161 der Militärregierung, die Allgemeine Genehmigung, erteilt auf Grund der Verordnung Nr. 127 des Commandant en Chef Français en Allemagne und die Allgemeinen Genehmigungen Nr. 11 und 12, erteilt auf Grund des Gesetzes Nr. 53 des Commandant en Chef Français en Allemagne, bleiben weiterhin in Kraft mit der gleichen Wirkung, als ob sie auf Grund dieses Gesetzes erteilt worden wären. 3. Die Vorschriften dieser Verordnung und der hierzu erlassenen Durchführungsbestimmungen, Ermächtigungen und Anweisungen gehen widersprechenden Bestimmungen deutschen Rechts vor. Artikel XIII (betr. Inkrafttreten am 19. September 1949) b) Gesetz Nr. 33 der AHK. v. 2. August 1950 betr. Devisenbewirtschaftung (ABl. S. 514)*) Artikel 1 1. Der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Wirtschaft werden ermächtigt, im Rahmen ihres Geschäftsbereichs zur Durchführung der Artikel 3, 4, 5 und 8 (2) des Gesetzes Nr. 53 (Neufassung) der amerikanischen und der britischen Militärregierung und der Verordnung Nr. 235 des Commandement en Chef Français (im folgenden „Devisenbewirtschaftungsgesetze" genannt) Verwaltungsvorschriften und -anweisungen zu erlassen und gemäß Artikel 3 (Devisenüberwachung) der Devisenbewirtschaftungsgesetze Auskünfte zu verlangen 1 ). Der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Wirtschaft können die Befugnis, derartige Verwaltungsvorschriften und -anweisungen zu erlassen sowie Auskünfte zu verlangen, auf andere Dienststellen übertragen. 2. In Angelegenheiten der Devisenbewirtschaftungsgesetze und dieses Gesetzes unterstehen die Oberfinanzdirektionen dem Weisungsrecht des Bundesministers der Finanzen, die obersten Wirtschaftsbehörden der Länder dem Weisungsrecht des Bundesministers für Wirtschaft. Der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Wirtschaft können von allen Dienststellen und Beamten, die ihnen durch dieses Gesetz begründeten Weisungsrecht unterstehen, Berichte und Vorlage der Akten verlangen; sie können Beauftragte zu ihnen entsenden. Artikel 2 1. Die Bank deutscher Länder wird bestimmt und ermächtigt, Anordnungen und Vorschriften gemäß Artikel 2 Absatz 4 der Devisenbewirtschaftungsgesetze (Anmeldung, Ablieferung von Devisenwerten und Verfügung über dieselben) zu erlassen. 2. Die Bank deutscher Länder und die Landeszentralbanken werden ermächtigt, Auskünfte gemäß Artikel 1 Absatz 1 dieses Gesetzes zu verlangen. Z u G e s . N r . 33: *) In Berlin gilt anstelle des Ges. Nr. 33 die VO. Nr. 503 zur E r g ä n z u n g der VO. über D e v i s e n b e w i r t s c h a f t u n g u n d Kontrolle des G ü t e r v e r k e h r s v. 19. 12. 1950 (vgl. § 22 Abs. 3 W i S t G . 1954 — B IV 7 b —). Z u A r t . 1: 1) S. d a z u : Allg. VerwVorschrift des B u n d e s w i r t s c h a f t s m i n . betr. A u s k u n f t s recht u n d P r ü f u n g e n auf G r u n d der Devisenbewirtschaftungsgesetze v. 30. 11. 1950 (Bundesanzeiger Nr. 241/1950), insbes. II J u n d I I I b e t r . Verfolgung u. A h n d u n g von Devisenzuwiderh a n d l u n g e n . F e r n e r : Allg. VerwVorschr. Nr. 2/50 v. 1 9 . 9 . 1 9 5 0 (B Fin. MB1. S. 534) b e t r . Verfolgung u. A h n d u n g von Devisenzuwiderhandl., Nr. 3/50 v. 21. 9. 1950 (Bundeszollbl. S. 221) b e t r . A h n d u n g von Zuwiderhandl. gegen Art. I Abs. 2 MRGes. Nr. 53, Nr. 4/1950 v. 20. 11. 1950 betr. A n w e n d u n g der B u c h f ü h r u n g s O . f ü r Strafen u n d Kosten auf das Bußgeldv e r f a h r e n bei Devisenzuwiderhandlungen (BFinMinBl. S. 658).

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3. Die Zollbehörden der Bundesrepublik werden ermächtigt, die Vorschrift des Artikels 4 der Devisenbewirtschaftungsgesetze (Durchsuchung von Personen und Gepäck) durchzuführen. Der in Artikel 5 Absatz 1 der Devisenbewirtschaftungsgesetze vorgesehene Einspruch gegen die Beschlagnahme von Vermögenswerten ist beim Hauptzollamt einzureichen. Wird der Einspruch zurückgewiesen, so kann gegen die Einziehungsverfügung bei dem zuständigen Amtsgericht Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden. Artikel 3 Werden Geschäfte, die gemäß Artikel 7 der Devisenbewirtschaftungsgesetze unwirksam sind, nachträglich durch die Alliierte Hohe Kommission oder eine hierzu von ihr ermächtigte deutsche Stelle genehmigt, so sind sie vom Zeitpunkt ihrer Vornahme an wirksam, jedoch nur nach Maßgabe des Inhalts der Genehmigung. Artikel 4 Devisenwerte im Sinne von Artikel 10 (d) (2) und (5) der Devisenbewirtschaftungsgesetze dürfen gegen Deutsche Mark zu keinem anderen als dem von den zuständigen Stellen festgesetzten Kurse oder Preise erworben oder veräußert werden. Artikel 5 1. Bei Ausübung der ihnen durch dieses Gesetz übertragenen Befugnisse handeln der Bundesminister der Finanzen, der Bundesminister für Wirtschaft, die Bank deutscher Länder und die Landeszentralbanken sowie alle ihrem Weisungsrecht unterstellten Dienststellen und Beamten im Auftrage der Alliierten Hohen Kommission. 2. In Ergänzung von Artikel 5 und 8 der Devisenbewirtschaftungsgesetze sind anzuwenden: a) die Vorschriften des Artikels 3 Absatz 5, 7 und 8 und des Artikels 5 Abs. 1, 3, 4, 6, 7, 8 und 9 des Gesetzes Nr. 14 der Alliierten Hohen Kommission. b) sinngemäß folgende Vorschriften des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz) vom 26. Juli 1949 (WiGBl. S. 193) in der Fassung der Bundesverordnung vom 24. Januar 1950 (BGBl. S. 24) und des Bundesgesetzes vom 29. März 1950 (BGBl. S. 78) 1 ): §§ 6 2 ), Zu Art. 5: 1) Durch § 20 WiStG. 1954 — B IV 7b — ist klargestellt a) daß diese Verweisung jetzt als eine solche auf das WiStG. 49/52 — B IV 7 a — aufzufassen ist, b) daß das WiStG. 49/52 im Rahmen der Verweisung weiter anzuwenden ist, obwohl es im übrigen mit dem 30. 6. 1954 außer Kraft trat; wegen Berlin vgl. § 22 Abs. 3 WiStG. 1954. Es gilt demgemäß auch Art. 2 des Ges. z. Änd. u. Verlängerung des WiStG. v. 25. 2. 1952 (BGBl. I S. 188 — abgedr. Anm. * vor § 1 WiStG. 49/52 —, wonach Verweisungen auf aufgehobene Vorschriften des WiStG. 1949 als Verweisungen auf die die aufgehobenen Vorschriften ersetzenden Bestimmungen des OWiG. — A 4 — anzusehen sind. § 20 WiStG. 1954 bedeutet eine gesetzl. Anerkennung der bisher schon von der h. M. (vgl. BGH. N J W . 53, 595; BayObLG. NJW. 53, 675; OLG. Bremen MDR. 52, 567) vertretenen Auffassung. Danach konnte zwar Art. 2 des Ges. v. 25. 2. 1952 Vorschriften des Besatzungsrechts wie den Art. 5 des Ges. Nr. 33 nicht unmittelbar ändern; die Verweisung kraft Besatzungsrechts auf Vorschriften des Deutschen Gesetzgebers hat aber den Sinn, daß diese Vorschriften in ihrer jeweils geltenden Gestalt anwendbar sein sollen, so daß bei einer Änderung der in Bezug genommenen Vorschriften sinngemäß auch die Übergangsvorschriften des Deutschen Rechts maßgebend sind. 2) Bei Anwendung des § 6 WiStG. 49/52 kann im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß der nach Ges. Nr. 53 verbotene Abschluß eines Geschäfts, das nach dem — aufgehobenen— Deutschen Devisenges. 1938 nicht verboten war, nicht geeignet ist, die Leistungsfähigkeit der staatl. geschützten Wirtschaftsordnung (der Devisenwirtschaft) zu beeinträchtigen und daher keine Straftat, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit darstellt. OLG. Stuttgart N J W . 53,

B IV 8. Devisenbewirtschaftung. Gesetz Nr. 33 der AHK. Art. 5

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27, 28,29 Abs. 23), 30 bis 484), 53 bis 61,63 bis 101, mit der Maßgabe jedoch, daß i) die nach § 94 des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz) der obersten Landesbehörde zustehenden Befugnisse dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister für Wirtschaft zustehen. ii) die Vollstreckung des Bußgeldbescheides und die Erhebung der Kosten der Vollstreckung einer Geldbuße nicht nach den §§ 95 Abs. 1 und 98 Abs. 5 des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechtes (Wirtschaftsstrafgesetzes), sondern nach § 459 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung erfolgt. c) Fahrlässig begangene Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der Devisenbewirtschaftungsgesetze sind strafbare Handlungen im Sinne von Artikel 8 dieser Gesetze. d) Werden Ermächtigungen zu Geschäften unter bestimmten schriftlichen Auflagen erteilt, so ist die nicht rechtzeitige oder nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Auflage strafbar, vorausgesetzt, daß in der Auflage ausdrücklich auf die Strafbestimmungen der Devisenbewirtschaftungsgesetze hingewiesen worden ist. 3. Verwaltungsbehörde im Sinne des Artikels 8 Abs. 2 der Devisenbewirtschaftungsgesetze und des § 99 des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetzes) ist die Oberfinanzdirektion. Bei Verstößen gegen Artikel 1 Abs. 2 der Devisenbewirtschaftungsgesetze kann auch das Hauptzollamt Geldbußen festsetzen. Der Bundesminister der Finanzen kann die Zuständigkeit einer Oberfinanzdirektion über den Bereich ihres Bezirkes erweitern. Ist in einem Lande keine Oberfinanzdirektion vorhanden, so kann der Bundesminister der Finanzen einer anderen Stelle der Finanzverwaltung die entsprechenden Befugnisse übertragen. 4. Die Bediensteten der Zollverwaltung haben bei der Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten oder Ordnungswidrigkeiten gemäß § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung mitzuwirken5). Die Bediensteten des Zollfahndungsdienstes und des Zollgrenzdienstes handeln bei der Verfolgung von Verstößen gegen die Devisenbewirtschaftungsgesetze als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Die Zollbehörden übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der zuständigen Verwaltungsbehörde. 5. Die von den Verwaltungsbehörden auferlegten Geldbußen und eingezogenen Vermögenswerte fallen der Bundeskasse zu. 1274. Die ungenehmigte Vornahme eines genehmigungsbedürftigen Geschäfts ist im allgemeinen nur Ordnungswidrigkeit, wenn die Genehmigung nachgeholt werden soll und der Täter mit der nachträglichen Erteilung ernstlich rechnen durfte oder wenn für den Fall der Versagung eine andere, den Eintritt eines erheblichen Devisenausfalls ausschließende anderweitige Abwicklung des Geschäfts ins Auge gefaßt war. OLG. Stuttgart a.a.O. 3) Vgl. Anm. 4 zu Art. VIII des Ges. Nr. 53. 4) an die Stelle der die Einziehung regelnden §§ 39 bis 48 des WiStG. 1949 sind nach § 39 WiStG. 49/52 die §§ 17 bis 26 OWiG. getreten (vgl. Anm. 1) mit der Maßgabe, daß nach Art. III des Ges. Nr. 53 auch die Vermögenswerte eingezogen werden können, die den Gegenstand der Zuwiderhandlung bilden. Die selbständige Einziehung erfordert daher grundsätzlich die Erfüllung des inneren neben dem äußeren Tatbestand (vgl. Anm. 1 zu § 21 OWiG.); dies gilt auch für die selbständige Einziehung bei Zuwiderhandlung gegen das Verbringungsverbot (Art. I Abs. 2 des Ges. Nr. 53). A.M. OLG. Düsseldorf N J W . 53, 799 mit abl. Anm. von Hartstang.

5) Vgl. dazu § 19 des Ges. über die Finanzverwaltung v. 6. 9. 1950 (BGBl. S. 448)„(1) Die Zollfahndungsstellen wirken bei der Erforschung und bei der Verfolgung von Steuer: vergehen und von Zuwiderhandlungen im Sine des Art. VIII des Ges. Nr. 53 (Neufassung) mit . . . "

Art. 6—8- — B I V 9. Verordnung gegen Bestechung u. Geheimnisverrat. § 1

Artikel 6 Die durch dieses Gesetz übertragenen Befugnisse werden nach Maßgabe von Durchführungsverordnungen, Anweisungen oder Anordnungen der Besatzungsbehörden oder einer von ihnen bestimmten Stelle ausgeübt. Diese Befugnisse dürfen jedoch gegenüber Angehörigen der Alliierten Streitkräfte 1 ) nicht ausgeübt werden, es sei denn, daß eine solche Durchführungsverordnung, Anweisung oder Anordnung dazu ermächtigt.

Artikel 7

Vorbehaltlich der Bestimmungen des Gesetzes Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission 1 ), mit Ausnahme von Artikel 1 (b) (ii), werden die deutschen Gerichte und zuständigen Verwaltungsbehörden ermächtigt, die Gerichtsbarkeit bei Verstößen gegen die Devisenbewirtschaftungsgesetze und die dazu erlassenen Durchführungsvorschriften ausüben.

Artikel 8

Der deutsche Wortlaut dieses Gesetzes ist maßgebend.

B IV 9. Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen In der Fassung vom 22. Mai 1943 ( R G B l . I S. 351)*)

§ 1. [Verpflichtung durch Handschlag] (1) Wer, ohne Beamter zu sein 1 ), bei einer Behörde 2 ) oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts 3 ) oder, sofern sich der Staat ihrer für die staatliche Wirtschaftslenkung bedient, bei einer berufsständischen Organisation, einer Personenvereinigung des Handelsrechts, einem Kartell oder einem wirtschaftlichen Verbände haupt- oder nebenamtlich beschäftigt oder ehrenamtlich tätig ist, kann auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten 3 a ) durch Handschlag verpflichtet werden 4 ). (2) Bei Behörden bestimmt der vorgesetzte Minister, bei sonstigen Organisationen der Minister, dem die Aufsicht über die Organisation zusteht, wer die Verpflichtung vorzunehmen hat und in welcher Form die Verpflichtung erfolgen soll. Der Minister kann die Befugnis, diese Bestimmung zu treffen, auf unterstellte Behörden und Dienststellen, mit Ausnahme der Behörden und Dienststellen der unteren Stufe, übertragen. Zu A r t . 6: 1) Vgl. die Anm. zu Art. 1 des AHKGes. Nr. 13 — abgedr. F Anhang —. Zu A r t . 7: 1) abgedr. F Anhang. Zu B I V 9 : *) Schrifttum zur alten Fassung derVO. v.3. 5.1917 (RGBl. S. 393): Stenglein, Bd. I I S. 363; Fuhrmann, WirtschaftsstrafVO., S. 89; zur neuen: Erbs, Nebengesetze B 58. Zu § 1: 1) Für Beamte i. S. des § 359 S t G B , gelten die §§ 331 ff., 3 5 3 b S t G B . E. 73, 29. 2) Behörde: s. Anm. 3 zu § 164 S t G B . 3) Von den Körperschaften des öffentl. Rechts kommen nur diejenigen in Betracht, die staatl. Zwecken (nicht z. B. rein kirchlichen Zwecken) dienen. Unter § 1 fallen auch die Mitglieder der Organe der Landesvereinigung und der Einfuhr der Vorratsstelle sowie deren Angestelltw gem. §§ 14, 15, 28 des Milch- und Fettgesetzes v. 28. 2. 1951 in der Fassung v. 10. 12. 1952 (BGBl. I S. 811), abgedruckt unter B V I I 3, auch die Mitglieder des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr, § 63 Abs. 4 des Güterkraftverkehrgesetzes, abgedruckt unter B V I I I 5; ferner die nicht benannten Mitglieder der Vermittlungsstelle nach § 80 des Betriebsverfassungsgesetzes, abgedruckt unter B V 6. 3a) Obliegenheiten sind das Tätigkeitsfeld, der Geschäftskreis. 4) Die ordnungsmäßige Verpflichtung ist Voraussetzung für die strafrechtliche Verfolgung der Handlungen nach §§ 2 ff.

B I V 9. V e r o r d n u n g gegen Bestechung u. Geheimnisverrat. §§ 2—4

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(3) Bei der Verpflichtung sollen5) die zu verpflichtenden Personen auf die Bestimmungen dieser Verordnung hingewiesen werden. Über die Verpflichtung wird ein Protokoll aufgenommen, das der Verpflichtete mit unterzeichnet. (4) Wer nach § 2 der Allgemeinen Tarifordnung für Gefolgschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst (ATO.) durch Gelöbnis, Unterzeichnung einer Erklärung oder Berufung auf ein früheres Gelöbnis oder eine frühere schriftliche Erklärung verpflichtet worden ist, steht während der Geltungsdauer dieser Verpflichtung einem nach Abs. 1 Verpflichteten gleich. § 2. [Ginfache passive Bestechung] Wer gemäß § 1 verpflichtet worden ist, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft 1 ), wenn er für 2 ) eine zu seinen Obliegenheiten 3 ) gehörende Handlung 4 ) Geschenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder sich verspechen läßt. § 3 1 ). [Schwere passive Bestechung] Wer gemäß § 1 verpflichtet ist, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe, bei mildernden Umständen mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft, wenn er für eine Handlung, die eine Verletzung der ihm übertragenen Obliegenheiten enthält, Geschenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt. § 4 1 ). [Aktive Bestechung] Wer einer gemäß § 1 verpflichteten Person 2 ) für eine Handlung, die eine Verletzung der ihr übertragenen Obliegenheiten enthält, Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 5) Nur Ordnungsvorschrift. A u s n a h m e §§ 72, 80 des Betriebsverfassungsgesetzes, abgedr. u n t e r B V 6. Doch m u ß H a n d s c h l a g (Abs. 1) vorliegen. Z u § 2 : 1) Vorsatz ist erforderlich. D a f ü r genügt die K e n n t n i s der Tatsachen, aus denen die Eigenschaft als einer nach § 1 verpflichteten Person hervorgeht, vgl. E . 74, 109. Es genügt das Wissen des Täters, d a ß er sich in einer Dienststellung befindet, die ihm ein besonderes Verhalten zur Pflicht m a c h t , und d a ß ihm aus dieser Pflicht heraus sein Verhalten verboten ist. E . 53, 131; E . 57, 366. Tateinheit mit B e t r u g ist möglich, ebenso mit A m t s m i ß b r a u c h n a c h § 174 Ziff. 2 S t G B . H a m m H E S t . 1, 212 2) Vgl. A n m . 3 zu § 331 S t G B . 3) Der Ü b e r t r a g u n g der Obliegenheit m u ß die Verpflichtung (§ 1) vorausgegangen sein; „zu seinen Obliegenheiten g e h ö r e n d " e n t s p r i c h t dem „in sein A m t einschlagend" i. S. des §331 StGB. 4) D. h. eine nicht pflichtwidrige H a n d l u n g (s. § 3). Wegen dieses u n d der weiteren T a t b e s t a n d s m e r k m a l e des § 2 wird auf die E r l ä u t e r u n g e n zu § 331 S t G B , verwiesen. Z u § 3 : 1) § 3 ist in allen Einzelheiten dem § 332 S t G B , nachgebildet; auf die E r l ä u terungen zu dieser Vorschrift wird verwiesen. Z u § 4 : 1) § 4 ist dem § 333 S t G B , nachgebildet, unterscheidet sich von i h m aber dadurch, d a ß § 333 S t G B , eine noch v o r z u n e h m e n d e H a n d l u n g zum Gegenstand hat, w ä h r e n d § 4 sich auch auf bereits vorgenommene H a n d l u n g e n erstreckt. I m übrigen wird auf die E r läuterungen zu § 333 S t G B , verwiesen. 2) Zum Vorsatz g e n ü g t : der T ä t e r rechnet d a m i t , d a ß der andere sich auf Grund einer Verpflichtung bei einer Behörde in einer Stellung befindet, die ihm ein besonderes Verhalten zur Pflicht m a c h t , vermöge deren die ihm angesonnene H a n d l u n g eine Verletzung seiner Obliegenheiten e n t h ä l t . R G . v. 19. 12. 1922, 5 D 894/22.

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B IV 9. Verordnung gegen Bestechung u. Geheimnisverrat. §§ 5—7

§ 51). [Verfallerklärung] (1) In den Fällen der §§ 2 bis 4 ist das Empfangene oder dessen Wert im Urteil für den Staat verfallen zu erklären. (2) In den Fällen der §§ 3 und 4 kann neben Gefängnis auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. § 6. [Mißbrauch erlangter Kenntnisse] (1) Wer gemäß § 1 verpflichtet worden ist, wird, soweit nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt ist 1 ), mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft 2 ), wenn er die infolge3) seiner Tätigkeit erlangten Kenntnisse4) über Einrichtungen6) oder Maßnahmen6) der Behörde oder der Organisation dazu mißbraucht 7 ), sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen8) oder einem anderen Schaden9) zuzufügen. (2) Die Strafverfolgung tritt nur mit Zustimmung10) des im § 1 Abs. 2 bezeichneten Ministers oder der von ihm beauftragten Stelle ein. § 7. [Offenbarung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen] (1) Wer gemäß § 1 verpflichtet worden ist, wird mit Geldstrafe) oder mit Gefängnis bestraft 1 ), wenn er Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse2) eines Dritten 3 ), die infolge seiner Tätigkeit zu seiner Kenntnis gelangt sind 4), unbefugt 5 ) offenbart 6 ). (2) Neben der Strafe kann auf Verlangen des Verletzten auf eine an ihn zu erlegende Buße7) erkannt werden. Eine erkannteBuße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus. Zu § 5 : 1) § 5 ist wörtlich dem §335 StGB, nachgebildet; auf die Erläuterungen zu dieser Vorschrift.wird verwiesen. Z u § 6: 1) verwirkt ist = angedroht ist, z. B. §§ 353b und c StGB. 2) Der Täter muß vorsätzlich handeln und zwar mit dem Bewußtsein, daß er die Kenntnisse unbefugt verwertet, auch nach seinem Ausscheiden aus der Behörde oder Organisation. 3) Nicht die nur bei Gelegenheit seiner Tätigkeit erlangten Kenntnisse. 4) Erlangt wird die Kenntnis nicht nur durch unmittelbare Sinneswahrnehmung, sondern auch durch Schlußfolgerungen. 5) Im Gegensatz zu § 7, der den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter zum Gegenstand hat, will § 6 einen Mißbrauch der Kenntnisse über die inneren Angelegenheiten der Behörde usw. selbst verhindern. Einrichtung ist z. B. eine behördliche Kartei, die Arbeitsweise, die Geschäftsverteilung, behördliche Akten. 6) Maßnahmen sind getroffene oder geplante Anordnungen, auch solche, die zur Erledigung des Geschäfts-(dienst)betriebes der Behörde getroffen sind, z. B. Kontrollen. 7) Mißbrauch ist gleichbedeutend mit bewußt unbefugter Verwertung zu einer Handlung oder Unterlassung. Liegt diese im Ermessen des Täters, so liegt ein Mißbrauch vor, wenn er von seinem Ermessen einen pflichtwidrigen Gebrauch macht. Auch in der Weitergabe der Kenntnisse an einen Dritten kann ein Mißbrauch liegen. 8) Vermögensvorteil: s. Anm. 4 zu § 263 StGB. Der Vorteil muß nicht rechtswidrig sein. Zur Vollendung des Tatbestands gehört die Erlangung des Vermögensvorteils. 9) Vgl. Anm. 4 zu § 274 StGB. 10) Vgl. Anm. 1 zu § 61 StGB. Die Zustimmung ist Prozeßvoraussetzung. Zu § 7: 1) Die Tat kann nur vorsätzlich begangen werden. Erbs Anm. 5. 2) Siehe § 17 UnlWG., abgedruckt unter B III 6. 3) Gesch.- und Betriebsgeheimnisse der Behörde sind durch § 6 geschützt. 4) Siehe Anm. 3 und 4 zu § 6. 5) D. h. gegen den Willen des Dritten oder der Behörde. 6) Vgl. Anm. 2 zu § 300 StGB. Die Geheimhaltungspflicht besteht auch dann, wenn die verpflichtete Person ihre Tätigkeit bei der Behörde beendet hat. 7) Vgl. die Anm. 2—4 zu § 188 StGB.

B V I . Reichsversicherungsordnung. § 398, 400, 402

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V. Arbeits- und Sozialrecht

B V 1. Reichsversicherungsordnung (RVO.)* i. d. F. vom 15. Dezember 1924 (RGBl. I S. 779), 9. Januar 1926 (S. 9), 17. Dezember 1934 (S. 419), 15. Juni 1942 (S. 408) (Auszug)

§ 398. [Zahlungsunfähige Arbeitgeber] (1) Auf Antrag einer Orts-, Land- oder Innungskrankenkasse sowie auf Antrag von Mitgliedern der Organe einer Betriebskrankenkasse kann das Versicherungsamt (Beschlußausschuß) widerruflich anordnen, daß Arbeitgeber, die mit Abführung der Beiträge rückständig sind und sich in einem Zwangsbeitreibungsverfahren als zahlungsunfähig erwiesen haben, nur ihren Beitragsteil einzahlen. Die von ihnen beschäftigten Versicherungspflichtigen haben dann ihren Beitragsteil an den Zahltagen selbst einzuzahlen. (2 )

§ 400. [Bekanntmachung der Anordnung] Der Arbeitgeber hat die Anordnung durch dauernden Aushang in den Arbeitsstätten den von ihm beschäftigten Versicherungspflichtigen bekannt zu machen und diese bei jeder Lohnzahlung darauf hinzuweisen, daß sie ihren Beitragsteil selbst einzuzahlen haben. § 402. [Dreitagefrist] Solange für Arbeitgeber, die sich im Zwangsbeitreibungsverfahren als zahlungsunfähig erwiesen haben, die Anordnung nicht getroffen ist, haben sie die LohnZ u B V 1: *) 1) Von den nachstehend abgedr. Vorschriften beziehen sich die §§ 398 bis 536 auf die Kranken- und Unfallversicherung, die §§ 1491 ff. für die Invalidenversicherung. 2) Vgl. ergänzend a) N r . 280 RiStV.: „(1) Die Träger der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung können ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn ihre finanzielle Leistungsfähigkeit gesichert ist. Daher ist es wichtig, daß sie die ihnen gebührenden Versicherungsbeiträge voll erhalten. Dies h a t der StA. bei der Bearbeitung einschlägiger Strafsachen, namentlich der Vergehen gegen die §§ 532, 533, 1492 RVO., 205 AVG. i. Verb. m. §§ 1491, 1492, 533 RVO., 233 RKG., 170 AVAVG. zu beachten. Für den Antrag zum Strafmaß ist die Höhe der vorenthaltenen Beiträge wesentlich (vgl. § 27c Abs. 2 StGB.). (2) Die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO.) kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Zieht der StA. eine solche in Erwägung, so gibt er dem Versicherungsträger vorher Gelegenheit zur Äußerung " b) § 7 des Ges. über die S e l b s t v e r w a l t u n g und über Ä n d e r u n g e n auf d e m Gebiet der Sozialversicherung ( S e l b s t v e r w a l t u n g s g e s e t z ) i. d. F. v. 13. 8. 1952 (BGBl. 1 S. 427): „(1) Die Mitglieder der Organe (der Selbstverwaltung bei den Trägern der Sozialversicherung) haften den Versicherungsträgern für getreue Geschäftsführung wie Vormünder ihren Mündeln (2) Ein Mitglied eines Organs, das vorsätzlich zum Nachteil des Versicherungsträgers handelt, wird mit Gefängnis bestraft. Daneben kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. H a t das Mitglied die Handlung begangen, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, so kann neben der Gefängnisstrafe auf Geldstrafe erkannt werden. (5) Für die Geschäftsführer und deren Stellvertreter gelten die vorstehenden Vorschriften entsprechend." 53

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B V 1. Reichsversicherungsordnung. §§ 532, 533

abzüge zu machen und den Betrag spätestens binnen 3 Tagen an die berechtigte Kasse abzuführen. § 532. [Strafvorschriften] (1) Mit Geldstrafe oder mit Haft werden bestraft, wenn nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften härtere Strafe verwirkt ist, Arbeitgeber, die vorsätzlich 1. den Beschäftigten höhere Beitragsteile vom Entgelt abziehen, als dieses Gesetz zuläßt, oder im Falle des § 398 Abzüge machen, 2. den Vorschriften des § 402 zuwiderhandeln. (2) Die gleiche Strafe trifft Arbeitgeber, die der Vorschrift des § 400 zuwiderhandeln, sowie Hausgewerbetreibende und ihre Arbeitgeber oder Auftraggeber, die den auf Grund der §§ 466 bis 468 erlassenen Strafbestimmungen zuwiderhandeln. § 533. [Vorenthaltung von Beitragsteilen] (1) Arbeitgeber1) werden mit Gefängnis bestraft2), wenn sie Beitragsteile, die sie den Beschäftigten einbehalten3) oder von ihnen erhalten4) haben, der berechtigten Kasse vorsätzlich5) vorenthalten6). Z u § 533: 1) Arbeitgeber ist, wem das Verfügungsrecht über die Arbeitskraft der Arbeitnehmer zusteht und auf dessen Rechnung der Arbeitslohn gezahlt wird. E. 26, 120; 41, 406. Nicht Arbeitgeber ist danach ein Treuhänder, der den Betrieb für fremde Rechnung führt. OLG. Hamburg H R R . 31 Nr. 815. 2) Bei Vorenthalten bezüglich verschiedener Versicherungsarten (RVO., AVG., AVAVG.) kann Tateinheit vorliegen; Fortsetzungszusammenhang ist bei wiederholter Vorenthaltung möglich. BayObLGSt. 1952, 178; BGH. LM. Nr. 8 zu § 239 KO. 3) Einbehalten bedeutet rechnerische Kürzung der Bruttolohnbeträge. E. 39, 333. Bei Fälligkeit nur zum Teil gezahlte Löhne sind gekürzte Löhne. E. 65, 398. Gutschrift des Nettolohnes ist keine Lohnzahlung. OLG. Dresden DRZ. 31 Nr. 64. Einbehaltung liegt auch bei Auszahlung des vollen Bruttolohnes vor, wenn ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist, daß der Arbeitgeber den Arbeitnahmeranteil aus eignen Mitteln zu tragen hat. RG. J W . 29, 1472; OLG. F r a n k f u r t J W . 32, 1260. In diesem Fall erhöht sich der eigentliche Lohn um den auf den Arbeitnehmer entfallenden Beitragsteil; der Arbeitnehmer, der nur den Bruttolohn auszahlt, behält damit den Arbeitnehmeranteil ein. BayObLGSt. 1952, 178. Die irrtümliche Annahme des Arbeitgebers, es liege kein Einbehalten vor, ist dann Verbotsirrtum (vgl. — unter der Herrschaft der früheren Rechtspr. — RG. J W . 32, 1255), ebenso wie die irrtümliche Annahme des Täters, ein Tarifvertrag habe die gesetzliche Beitragspflicht des Arbeitnehmers beseitigt (vgl. dazu KG. GA. 76, 333). § 533 ist auch dann verwirklicht, wenn der Arbeitgeber wegen Knappheit seiner Mittel nur den (vollen) Nettolohn zahlen, nicht aber die Beitragsanteile abführen kann; er muß dann entweder Arbeitnehmer entlassen oder die vorhandenen Barmittel anteilig zur Lohnzahlung und zur Sozialversicherung verwenden. OLG. Hamburg N J W . 53, 1807. Nur dann liegt kein Einbehalten vor, wenn die Mittel des Arbeitgebers nur zur Zahlung der Lohnteilbeträge reichen, die zur Befriedigung des notwendigsten Lebensbedarfs der Arbeitnehmer unbedingt erforderlich sind. RG. H R R . 32 Nr. 1016; Bay. ObLG. LZ. 33, 53; OLG. Schleswig SchlHA. 51, 93; a. M. OLG. Darmstadt J W . 34, 624; Martens N J W . 53, 251. 4) Kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich Sachbezüge (Kost, Wohnung usw.) erhält oder die Sachbezüge die bar gezahlten Summen derart überwiegen, daß der Geldbetrag zur Einbehaltung des Arbeitnehmeranteils nicht ausreicht. 5) Vorsätzlich handelt der Arbeitgeber nicht nur, wenn er schon beim Einbehalten der Beitragsteile voraussah oder auf die erkannte Gefahr hin handelte, daß er zur rechtzeitigen Entrichtung der einbehaltenen Beträge nicht in der Lage sein werde. Es genügt vielmehr auch die Betätigung eines erst nach der Einbehaltung gefaßten Vorsatzes; z. B. wenn der Arbeitgeber die einbehaltenen Beträge ohne sofortige Ersatzmöglichkeit zur Tilgung anderer Zahlungsverpflichtungen verwendet, die hinter der Ablieferung der ihm zu treuen Händen überlassenen Lohnanteile zurückstehen müssen. RG. J W . 36, 515; oder wenn er sich der Pflicht der Abführung der fälligen Beitragsanteile bewußt ist und die Zahlung trotzdem schuldhaft, d. h. ohne einen das Verschulden ausschließenden Grund (unerwarteter Antrag auf Zwangsverwaltung) unterläßt. R G JW. 29, 1472. Dagegen fehlt der Vorsatz, wenn völlig

B V 1. Reichsversicherungsordnung. §§ 534, 536, 1491

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(2) Daneben kann auf Geldstrafe und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe erkannt werden.

§ 534. [Übertragung der Pflichten des Arbeitgebers] (1) Der Arbeitgeber darf die Pflichten, die ihm dieses Gesetz auferlegt, Betriebsleitern, Aufsichtspersonen oder anderen Angestellten seines Betriebs übertragen. (2) Handeln solche Stellvertreter den Vorschriften dieses Gesetzes zuwider, so trifft sie die Strafe. Neben ihnen ist der Arbeitgeber strafbar, wenn 1. die Zuwiderhandlung mit seinem Wissen geschehen ist, 2. er bei Auswahl und Beaufsichtigung der Stellvertreter nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat; in diesem Falle darf gegen den Arbeitgeber auf keine andere Strafe als auf Geldstrafe erkannt werden. (3) Das Ein- bis Zweifache der rückständigen Beiträge (§ 531 Abs. 2) kann auch dem Stellvertreter auferlegt und von ihm beigetrieben werden. Neben ihm haftet für diesen Betrag der Arbeitgeber, falls er nach Abs. 2 bestraft ist.

§ 536. [Strafbarkeit gesetzlicher Vertreter] Die gleichen Strafvorschriften (§§ 529 bis 535) gelten 1. wenn eine Aktiengesellschaft, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, eine eingetragene Genossenschaft, eine Innung oder andere juristische Person Arbeitgeber ist, für die Mitglieder des Vorstandes1), 2. wenn eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung Arbeitgeber ist, für die Geschäftsführer, 3. wenn eine andere Handelsgesellschaft Arbeitgeber ist, für alle persönlich haftenden Gesellschafter, soweit sie von der Vertretung nicht ausgeschlossen sind, 4. für die gesetzlichen Vertreter geschäftsunfähiger und beschränkt geschäftsfähiger Arbeitgeber sowie für die Liquidatoren einer Handelsgesellschaft, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, einer eingetragenen Genossenschaft, einer Innung oder einer anderen juristischen Person.

§ 1491. [Strafbare Handlungen Versicherter] Mit Geldstrafe oder mit Haft werden bestraft, wenn nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften härtere Strafe verwirkt ist, Versicherte, die vorsätzlich unvorhergesehene Umstände (Ausbleiben sicher erwarteter Eingänge) die Beitragsabführung unmöglich machen. E. 28, 254. 6) Vorenthalten bedeutet nichts anderes als das Unterlassen der Abführung an die Kasse, die Nichterfüllung der Zahlungspflicht. E. 50, 133. Um dieser Pflicht nachzukommen, darf der Arbeitgeber von seinen Barmitteln den Arbeitnehmern nur so viel auszahlen, daß der dem bezahlten Lohne entsprechende Kassenbeitrag in seinen Händen bleibt. E. 30, 161; 40, 235; RG. J W . 34, 2692. (Ausnahme s. Anm. 2: Zahlung nur des zum notwendigsten Lebensbedar Erforderlichen.) Ein Vorenthalten liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber, ohne am Fälligkeitstag zu zahlen, die Beitragsrückstände durch Bestellung einer Hypothek sichert. OLG. Hamburg N J W . 53, 1807. § 366 BGB. ist strafrechtlich ohne Bedeutung. KG. GA. 74, 53. Zu § 536: 1) a l l e Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer usw. sind (als Mittäter) verantwortlich, wenn nach innerbetrieblichen Abmachungen die Einbehaltung und Abführung der Beiträge zum Arbeitsgebiet nur eines von ihnen gehört, die anderen aber sein Verhalten billigen. 53»

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B V I. Reichsversicherungsordnung. §§ 1492, 1495—1498

für selbstentrichtete Beiträge vom Arbeitgeber mehr als zulässig oder von mehreren Arbeitgebern den vollen Beitragsteil für dieselbe Woche fordern oder den erhobenen Betrag nicht zur Entrichtung der Beiträge verwenden oder die Beitragsteile erheben, ohne daß von ihnen die vollen Beiträge entrichtet sind. § 1492. [Anzuwendende Vorschriften] Im übrigen gelten die §§ 580, 581, 533, 534 und 536; der § 536 gilt auch für die §§ 1487, 1488 und 1491. § 1495. [Quittungskarten] *) (1) Wer Quittungskarten mit unzulässigen Eintragungen oder mit besonderen Merkmalen versieht, kann vom Versicherungsamt (Rentenausschusse VfA.) mit Ordnungsstrafe in Geld bestraft werden. (2) Mit der gleichen Strafe kann bestraft werden, wer in Quittungskarten den Vordruck fälschlich ausfüllt oder die zur Ausfüllung des Vordrucks eingetragenen Worte oder Zahlen verfälscht oder wissentlich eine solche Karte gebraucht. (3) Wer die Eintragungen, Merkmale oder Fälschungen in der Absicht macht, den Inhaber Arbeitgebern gegenüber kenntlich 4u machen, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Bei mildernden Umständen kann statt der Gefängnisstrafe auf Haft erkannt werden. (4) Eine Verfolgung wegen Urkundenfälschung (§§ 267, 268 StGB.) tritt nur gegen Personen ein, welche die Fälschung in der Absicht begangen haben, sich oder anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder anderen einen Schaden zuzufügen. § 14%. [Markenfälschung]*) Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, neben dem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wird bestraft, wer Marken fälschlich anfertigt, oder verfälscht um sie als echte zu verwenden, oder wer zu demselben Zwecke falsche Marken sich verschafft, verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt1). § 1497. [Wiederverwendung von Marken]*) Mit der gleichen Strafe (§ 1496) wird bestraft, wer wissentlich1) bereits verwendete Marken wieder verwendet oder zur Wiederverwendung sich verschafft 2 ), feilhält oder in Verkehr bringt. Bei mildernden Umständen darf auf Geldstrafe oder Haft erkannt werden. § 1498. [Einziehung]*) In den Fällen der §§ 1496, 1497 ist zugleich auf Einziehung der Marken zu erkennen, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Das muß auch geschehen, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann. Zu § § 1495—1499: *) Die Vorschriften haben ihre Bedeutung verloren, da nach § 8 der 2. LohnabzugsVO. vom 24. 4. 1942 (RGBl. I S. 252) Marken fiir die Entrichtung der Beiträge zur Rentenversicherung nicht zu verwenden sind. Zu § 1496: 1) Es ist nicht erforderlich, daß die Marken dem Publikum zugänglich gemacht sind, sondern es genügt jedes Überlassen an einen andern zu einer ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechenden Benutzung. RG. DJZ. 13, 1444; GA. 60, 444. Zu §1497: 1) = vorsätzlich. Es genügt das Bewußtsein der erfolgten Verwendung. OLG. Breslau JW. 29, 1071. 2) Sich verschaffen und das Wiederverwenden steht in Tatmehrheit, doch ist Fortsetzungszusammenhang möglich. Zwischen § 1497 und § 348 Abs. 2 StGB, kann Tateinheit bestehen. E. 71, 205 (unter Aufgabe der früheren Rechtspr. H R R . 31 Nr. 904).

§ 1499. — B V 2. RKG. § 233. — B V 3. AVG. § 205. — B V 4. AyAVG. § 269

§ 1499.

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[Vorbereitungshandlungen]

(1) Wer ohne schriftlichen Auftrag einer Versicherungsanstalt oder einer Behörde Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen, die zur Herstellung von Marken dienen können, oder Abdrücke solcher Formen anfertigt, sich verschafft oder einem anderen als der Versicherungsanstalt oder der Behörde überläßt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder mit Haft bestraft. (2) Neben der Strafe oder Haft kann auf Einziehung der Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder Formen erkannt werden, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören.

B V 2. Reichsknappschaftsgesetz (RKG.)*) I. d. F. vom 1. Juli 1926 (RGBl. I S. 369) § 233 (1) Die Vorschriften der §§ . . . der Reichsversicherungsordnung (unter B V 1 ) gelten entsprechend. (2) Außerdem gelten entsprechend die Vorschriften der §§ 529 bis 536 der Reichsversicherungsordnung . . . für die Krankenversicherung §§ 1487 bis 1490, 1492 bis 14941) der Reichsversicherungsordnung für die

Pensionsversicherung und für die Invalidenversicherung.

B Y 3. Angestelltenversicherungsgesetz (AVG.)*) In d. F. vom 28. Mai 1924 (RGBl. I S. 568), 17. Mai 1934 (S. 431), 21. Dezember 1937 (S. 1393) — §§ 79, 111 — § 205 Es gelten folgende Vorschriften der Reichsversicherungsordnung entsprechend: §§ 139 bis 1481) (Verbote und Strafen), §§ 1487 bis 1500 (StrafVorschriften).

B V 4. Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AYAVG.) i. d. F. V. 12. Oktober 1929 (RGBl. I S. 162) und vom 29. März 1951 (BGBl. I S. 219) § 269. [Gesetzwidriger Beitragsabzug] (1) Arbeitgeber, die vorsätzlich den Beschäftigten höhere Beitragsteile vom Entgelt abziehen, als dieses Gesetz zuläßt oder vorsätzlich den Vorschriften dieses Zu B V 2 : *) S c h r i f t t u m : Komm, von Miesbach-Busl, Verlag Beck, Stand 1953. 1) Die §§ 1489, 1490, 1493, 1494 sind nach § 13 Abs. 4 der VO. v. 15. 6. 1942 (RGBl. I S. 403) weggefallen. Zu B V 3 : *) S c h r i f t t u m : Komm, von Koch-Hartmann, 2. Aufl. Berlin 1953. 1) Die §§ 139—141, 143—145, 147 und 148 sind aufgehoben durch $ 224 Abs. 3 Nr. 3 des Sozialgerichtsges. v. 3. 9. 1953 (BCxBl. I S. 1239).

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§§ 270—273. — B V 5. Arbeitszeitordnung. § 1

Gesetzes zuwider Abzüge machen, werden mit Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark oder mit Haft bestraft, wenn nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften härtere Strafen verwirkt sind. (2) Die gleiche Strafe trifft Arbeitgeber, die den Vorschriften der §§ 400 und 402 der Reichsversicherungsordnung, soweit diese nach § 145 Abs. 8 des gegenwärtigen Gesetzes auf die Arbeitslosenversicherung Anwendung finden, zuwiderhandeln. § 270. [Vorenthaltung von Beitragsteilen] 1 ) (1) Arbeitgeber werden mit Gefängnis bestraft, wenn sie Beitragsteile, die sie den Beschäftigten einbehalten oder von ihnen behalten haben, der berechtigten Kasse vorsätzlich vorenthalten. Die gleiche Strafe trifft Mitglieder von Ersatzkassen, wenn sie Beitragsteile, die sie von ihren Arbeitgebern erhalten haben, der berechtigten Kasse vorsätzlich vorenthalten. (2) Daneben kann auf Geldstrafe und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (3) Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe erkannt werden. § 272. [Übertragung der Pflichten des Arbeitgebers] (Abs. 1 und 2 wörtlich wie § 534 Abs. 1 und 2 RVO. — B V 1 —) (3) Das Ein- bis Fünffache der rückständigen Beiträge (§ 263) kann auch dem Stellvertreter auferlegt und von ihm beigetrieben werden. Neben ihm haftet für diesen Betrag der Arbeitgeber, falls er nach Abs. 2 bestraft ist. § 273. [Strafbarkeit gesetzlicher Vertreter] Die gleichen Strafvorschriften gelten (wörtlich wie § 536 Nr. 1—4 RVO. — B V 1).

B V 5. Arbeitszeitordnung

Vom 30. April 1938 (RGBl. I 1938 S. 447) mit Ausführungsverordnung*) Vom 12. Dezember 1938 (RGBl. I 1938 S. 1799) (Auszug) 1. Abschnitt. Allgemeine

Vorschriften

§ 1. Geltungsbereich (1) Die Arbeitszeitordnung1) gilt für Gefolgschaftsmitglieder über achtzehn Jahre 2 ) in Betrieben und Verwaltungen aller Art 2a ), auch wenn sie nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden. Ausgenommen3) sind Zu B V 4 § 270: 1) Vgl. die Anm. zu § 533 RVO. — B V 1 —. *)a) S c h r i f t t u m : Komment.: Hueck-Nipperdey-Dieiz; R ohmer; Dennecke, 2. Aufl. 1953. b) Die A u s f ü h r u n g s V O . ist nachstehend in KursivAruck jeweils hinter den Paragraphen zum Abdruck gekommen, zu denen die Bestimmungen ergangen sind. Die Bestimmungen, die keine bestimmten Paragraphen betreffen, sind am Schluß der AZO. abgedruckt. Für Berlin W ist Ges. zur Ergänzung der AZO. v. 13. 9. 1950 (VOB1. S. 391) ergangen. c) Vgl. noch Nr. 278, 279 der Richtlinien für das Strafverfahren 1953. Zu § 1 : 1 ) Das A r b e i t s r e c h t ist im wesentlichen in der AZO. geregelt. Daneben gelten

B V 5. Arbeitszeitordnung.

§1

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1. die Landwirtschaft einschließlich des Gartenbaues1), des Weinbaues und der Imkerei, die Forstwirtschaft, die Jagd, die Tierzucht und die land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebe gewerblicher Art, letztere jedoch nur, wenn sie nur für eigenen Bedarf arbeiten, 2. die Fischerei, die Seeschiffahrt und die Luftfahrt, ausschließlich der zugehörigen Land- und Bodenbetriebe. (2) Die Arbeitszeit Ordnung gilt nicht für 1. Generalbevollmächtigte und die im Handelsregister oder Genossenschaftsregister eingetragenen Vertreter eines Unternehmens, 2. sonstige Angestellte in leitender Stellung, die Vorgesetzte von mindestens zwanzig Gefolgschaftsmitgliedern sind oder deren Jahresarbeitsverdienst die im Versicherungsgesetz für Angestellte für die Versicherungspflicht jeweils bestimmte Höchstgrenze übersteigt5), 3. pharmazeutisch vorgebildete Gefolgschaftsmitglieder in Apotheken. (3) Für Bäckereien und Konditoreien gilt das Gesetz über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 29. Juni 1936 (RGBl. I S. 521), abgeändert durch das Gesetz über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit der Jugendlichen (Jugendschutzgesetz) vom 30. April 1938 (RGBl. I S. 437)6). Für das Pflegeperallerdings zahlreiche b e s o n d e r e V o r s c h r i f t e n für bestimmte Betriebe, bei denen ein erhöhter Arbeitsschutz erforderlich ist, sowie Ausnahmeregelungen nach Abs. 3 und § 8. Bezüglich der Heimarbeiter s. Abschnitt 3 des HeimarbeitsGes. v o m 14. 3. 1951 (BGBl. I S. 191, von Berlin übernommen durch Ges. v. 27. 3. 1952 (GVB1. S. 244). Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten in der AZO. ist in der Regel gefallen. Ausnahmen lediglich nach §§ 13 Abs. 2, 19. 2) Die Arbeitszeit für K i n d e r (bis 14 Jahren) u n d J u g e n d l i c h e (bis zu 18 Jahren) ist im Jugendschutzgesetz, abgedr. unter B VI 6 geregelt; vgl. aber AusführungsVO. zu § 1 Abs. 1. 2 a) B e t r i e b ist die organisatorische Zusammenfassung von persönlichen — Arbeitnehmer unter Leitung des Arbeitgebers — sachlichen, immateriellen Mitteln zur Erreichung eines technischen Zweckes, so daß Handels-, Industrie- und Handwerksbetriebe, Sanatorien u. dgl., nicht aber mangels technischen Zweckes wissenschaftliche, künstlerische usw. Tätigkeit oder persönliche Leistungen höherer Art, z. B. Arzt, Lehrer, Schriftsteller, hierunter fallen. Rohmer, § 1 Anm. 2 q ; Hueck-Nipperdey-Dietz, S. 76; Denecke Anm. 17. V e r w a l t u n g e n sind neben den Betrieben genannt, da z. B. Verbands- oder Syndikatsleitungen dem Sprachgebrauch nach keine „Betriebe" sind, aber alle solche Verwaltungsorganisationen hierunter fallen sollen. 3) A u s n a h m e n in § 1 Abs. 1 Ziff. 1—2 u. Abs. 2 Ziff. 1—3. Auch auf die öffentlichen Beamten findet die AZO. keine Anwendung (§ 13), ferner nicht auf die Hausangestellten. Letzteres ist nicht ausdrücklich ausgesprochen — anders als in § 2 JSchG. —, ergibt sich aber aus der Fassung des § 1, da der Haushalt kein „Betrieb mit technischem Zweck" ist. Ist das Arbeitsverhältnis teils hauswirtschaftlicher, teils gewerblicher Art, so ist maßgebend, welche Beschäftigung überwiegt. 4) Zur Rechtsstellung des Gartenbaues s. AV. d. RJM. vom 27. 2. 1936 (DJust. S. 359), in der ein gemeinschaftl. Rdschr. des RWiM., RArbM., RJM. u. RMfEuL. vom 15. 5. 1933 wiedergegeben wird. In dem Rdschr. wird die Eingliederung des Gartenbaus in die Landwirtschaft behandelt und es werden die Betriebe der Landwirtschaft gekennzeichnet. Zum Gartenbau als einem Teil der Urproduktion gehören nicht Friedhofsgärtnereien, botanische Gärten, Champignonzüchtereien. 5) Die Höchstgrenze bestimmt § 3 AVG. in Fassung des Art. 3 § 5 des Ges. v. 13. 8. 1952 (BGBl. I S. 437) (9000 DM.). 6) Das durch VO. v. 30. 4. 1938 (RGBl. I S. 446) abgendertäe, nachstehend im Auszug abgedr. Gesetz, ist wieder in Kraft getreten durch Ges. v. 21. 3. 1952 (BGBl. I S. 146); DurchfVO. v. 30. 6. 1936 (RGBl. I S. 527). Geltungsbereich § 1 . (1) Das Gesetz gilt 1. für gewerbliche Bäckereien und Konditoreien, 2. für Bäckereien und Konditoreien von Konsum- und anderen Vereinen,

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B V 5. Arbeitszeitordnung. § 1

sonal und die ihm gleichgestellten Gefolgschaftsmitglieder in Krankenpflegeanstalten gilt die Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I S. 66, 154)7). Zu § 1 Abs. 1: Die Arbeitszeitordnung gilt in der Binnenschiffahrt und Flößerei nach der Ausführungsverordnung zum Jugendschutzgesetz vom 12. Dezember 1938 (RGBl. I S. 1777) Nr. 2 auch für Jugendliche. 3. für gewerbliche Betriebe, die neben Bäcker- oder Konditorwaren Zwieback, Keks, Biskuit, Honigkuchen, Lebkuchen oder Waffeln herstellen, 4. für andere gewerbliche Betriebe, soweit in ihnen Bäcker- oder Konditorwaren hergestellt werden, insbesondere in Gast-, Schank- und Bahnhofswirtschaften, Speiseanstalten aller Art (z. B. Pensionen, Heilanstalten, Kantinen), Warenhäusern und Mühlen. (2) Für Betriebe, in denen Eisspeisen hergestellt werden, gilt das Gesetz nur insoweit als die Herstellung in Räumen stattfindet, die gleichzeitig zur Herstellung von anderen Bäcker- oder Konditorwaren dienen. Regelmäßige Arbeitszeit § 2. Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit der Arbeiter darf ausschließlich der Pausen acht Stunden nicht überschreiten. Andere Verteilung der Arbeitszeit § 3. Abweichend vom § 2 kann der an einzelnen Werktagen eintretende Ausfall von Arbeitsstunden durch Mehrarbeit an den übrigen Werktagen der gleichen oder der folgenden Woche ausgeglichen werden. Nachtbackverbot § 5. (1) In der Nachtzeit von einundzwanzig bis vier Uhr darf an Werktagen in den zur Herstellung von Bäcker- oder Konditorwaren dienenden Räumen niemand arbeiten. (2) Unabhängig von dem Zeitpunkt ihrer Herstellung ist die Abgabe von Bäcker- oder Konditorwaren an die Verbraucher und das Austragen oder Ausfahren zur Belieferung der Verbraucher nur in der Zeit von sechseinhalb bis zweiundzwanzig Uhr, zur Belieferung von offenen Verkaufsstellen von sechseinviertel bis zweiundzwanzig Uhr zulässig. Die Vorschriften über die Abgabe aus offenen Verkaufsstellen werden hierdurch nicht berührt. Sonntagsruhe § 6. (1) An Sonn- und Feiertagen darf in den zur Herstellung von Bäcker- oder Konditorwaren dienenden Räumen niemand arbeiten und eine Beschäftigung von Arbeitern in den im § 1 genannten Betrieben auch im übrigen nicht erfolgen. (2) Abweichend vom Abs. 1 dürfen während einer Stunde in der Zeit von vier bis einundzwanzig Uhr Arbeiten vorgenommen werden, die zur Wiederaufnahme des regelmäßigen Betriebes am nächsten Werktag notwendig sind. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus besonderen betriebstechnischen Gründen eine Überschreitung des Zeitraumes von einer Stunde zulassen. (3) Ist behördlich vorgeschrieben, daß die Arbeitsräume mit einem regelmäßig zu erneuernden Anstrich zu versehen sind, so können die hierzu erforderlichen Arbeiten an Sonnund Feiertagen vorgenommen werden. H e r s t e l l u n g von leicht v e r d e r b l i c h e n W a r e n an S o n n t a g e n § 7. (1) An Sonntagen dürfen abweichend vom § 6 Abs. 1 leicht verderbliche Konditorwaren während zweier ununterbrochener Stunden in den für jeden Ort von der zuständigen Behörde festzusetzenden Zeit hergestellt und ausgetragen oder ausgefahren werden. Der Zeitraum für die Herstellung muß zwischen sieben und dreizehn Uhr liegen. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus besonderen betriebstechnischen Gründen für das Austragen oder Ausfahren eine Überschreitung des Zeitraumes von zwei Stunden zulassen. (2) Als Herstellung leicht verderblicher Konditorwaren gilt nur die Zubereitung von Creme-, Obst- und Eisspeisen und von Schlagsahne sowie das Füllen von Backwaren mit diesen Speisen. Die Herstellung von Backwaren durch Backvorgänge irgendwelcher Art ist nicht erlaubt. (3) Die Dauer der Beschäftigung von Arbeitern an Sonntagen mit den im Abs. 1 bezeichneten Arbeiten ist auf die aus den §§ 2 und 4 sich ergebende Wochenarbeitszeit anzurechnen. Jedem an einem Sonntag beschäftigten Arbeiter ist an einem der nächsten sechs Werktage Freizeit von dreizehn Uhr ab zu gewähren.

B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 2, 3

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§ 2. Begriff der Arbeitszeit (1) Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen1). (2) Im Steinkohlenbergbau2) gilt als Arbeitszeit die Schichtzeit; sie wird gerechnet vom Beginn der Seilfahrt bei der Einfahrt bis zum Wiederbeginn bei der Ausfahrt oder vom Eintritt des einzelnen Gefolgschaftsmitglieds in das Stollenmundloch bis zu seinem Wiederaustritt. (3) Arbeitszeit ist auch die Zeit, während der ein im übrigen im Betriebe Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird. Werden Gefolgschaftsmitglieder von mehreren Stellen beschäftigt, so dürfen die einzelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten. 2. Abschnitt.

Arbeitszeit im

allgemeinen

§ 3. Regelmäßige Arbeitszeit Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit darf die Dauer von acht Stunden nicht überschreiten1). (4) Der Abs. 1 findet keine Anwendung auf den Ostersonntag und Pfingstsonntag sowie auf den Neujahrstag, den nationalen Feiertag des deutschen Volkes (1. Mai), den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag und das Reformationsfest (31. Oktober) im Lande Sachsen, wenn diese Feiertage auf einen Sonntag fallen. §§ 8 bis 14 (nicht abgedruckt) Strafvorschriften § 15. (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Deutsche Mark werden alle Personen bestraft, die den Vorschriften dieses Gesetzes, mit Ausnahme des § 13, oder den auf Grund des Gesetzes erlassenen Anordnungen der zuständigen Behörden zuwider Arbeiten vornehmen oder andere Personen beschäftigen. Soweit nicht nach einer anderen Vorschrift eine schwerere Strafe verwirkt ist, wird ebenso bestraft, wer den zuständigen Aufsichtspersonen den Zutritt zu den Betriebsräumen zu jeder Tages- und Nachtzeit nicht unverzüglich gestattet oder die Ausführung der Aufsicht anderweitig zu behindern oder zu vereiteln versucht. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis und Geldstrafe oder eine dieser Strafen. (3) Die Vorschriften des § 151 der Gewerbeordnung über die Verantwortlichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines Betriebsteils oder zur Beaufsichtigung bestellten Personen finden entsprechende Anwendung. §§ 16, 17 (nicht abgedruckt) 7) Erläutert durch Erlaß des RAM. v. 17. 5. 1924 (RArbBl. S. 222). Die durch VO. v. 30. 4. 1938 ( R G B l . I S. 446) abgeänderte VO. ist durch Ges. v. 21. 3. 1952 ( B G B l . I S. 146) wieder voll in Kraft getreten. Zu § 2 : 1) Unter A r b e i t s z e i t ist nur die werktägliche Arbeitszeit zu verstehen, s. § 3; die Unterscheidung zwischen täglicher Arbeitszeit und Wochenarbeitszeit wie im § 7 J S c h G . wird nicht gemacht. In die Arbeitszeit ist die Zeit der Arbeitsbereitschaft einzurechnen, also die Zeit, in der sich der Beschäftigte zur Verfügung des Arbeitgebers halten muß. Über die Anrechnung der Fortbildungsschulzeit s. § 8 J S c h G . Beginn und Ende der Arbeitszeit müssen im Betrieb bekanntgemacht werden, § 24 Abs. 1 Ziff. 2. Über Mitgabe von Arbeit nach Hause s. Abs. 3. R u h e p a u s e n sind bestimmte Arbeitsunterbrechungen, s. § 12 Abs. 2, die ebenso wie die Arbeitszeit festgesetzt und bekanntgegeben sein müssen. Freizeiten vor oder nach der Arbeit sind keine Ruhepausen, ebensowenig die sog. Betriebspausen, Unterbrechung der Arbeit aus technischen Gründen. 2) Abs. 2 entspricht dem § 1 des aufgehobenen Ges. über die Arbeitszeit im Bergbau vom 17. 7. 1922 ( R G B l . I S.628). Abs. 2 bezieht sich nur auf den Steinkohlenbergbau unter Tag, Rohmer, Komm. Anm. 2 zu § 2. Zu § 3 : 1) Uber die Arbeitszeit s. Anm. 1 zu § 2. — § 3 legt den Achtstundentag est.

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B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 4, 5

§ 4. Andere Verteilung der Arbeitszeit (1) Wird die Arbeitzeit an einzelnen Werktagen regelmäßig verkürzt, so kann die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Werktage derselben sowie der vorhergehenden oder der folgenden Woche verteilt werden1). Dieser Ausgleich ist ferner zulässig, soweit die Art des Betriebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert; das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, ob diese Voraussetzung vorliegt. (2) Die durch Betriebsfeiern, Volksfeste, öffentliche Veranstaltungen oder aus ähnlichem Anlaß an Werktagen ausfallende Arbeitszeit kann auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen verteilt werden. Dasselbe gilt, wenn in Verbindung mit Feiertagen die Arbeitszeit an Werktagen ausfällt, um den Gefolgschaftsmitgliedern eine längere zusammenhängende Freizeit zu gewähren. (3) Die tägliche Arbeitszeit darf bei Anwendung der Vorschriften der Absätze 1 und 2 zehn Stunden täglich nicht überschreiten2). Das Gewerbeaufsichtsamt kann eine Überschreitung dieser Grenze zulassen. Zu § 4 Abs. 1: Die Entscheidung, ob die Art des Betriebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert, ist nur in Zweifelsfällen notwendig. Sie kann von Amts wegen oder auf Antrag getroffen werden. Der Bescheid ist dem Unternehmer durch die Post mit Zustellungsurkunde oder durch einen öffentlichen Beamten zuzustellen. Eine besondere Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Entscheidung öffentlich bekanntgemacht wird. Zu § 4 Abs. 3: Auf Grund des § 4 Abs. 3 kann lediglich eine Überschreitung der zehnstündigen Arbeitszeit, nicht dagegen eine vom § 4 Abs. 1 und 2 abweichende Regelung, z. B. die Verlängerung des Ausgleichszeitraums, zugelassen werden. Für eine solche Regelung ist gegebenenfalls eine Genehmigung nach § 8 erforderlich; hierbei finden die Vorschriften des § 15 über Mehrarbeitsvergütung Anwendung. Für weibliche Gefolgschaftsmitglieder gelten die weitergehenden Vorschriften des § 17 Abs. 3. Anträge auf Genehmigung einer Überschreitung der Zehnstundengrenze sind ebenso wie die Anträge auf Zulassung von Arbeitszeitverlängerungen (§8) nach den Vorschriften der Nr. 41 zu behandeln. § 5. Vor- und Abschlußarbeiten (1) Die für den Betrieb oder eine Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit darf um zwei Stunden täglich, jedoch höchstens bis zu zehn Stunden täglich in folgenden Fällen ausgedehnt werden1): Über andere Verteilung der Arbeitszeit s. § 4 ; Ausnahmen gestatten §§ 5—11, 14. — Für den Bergbau ist durch VO. v. 2. 3. 1939 (RGBl. I S. 482), eine Verlängerung der Schichtzeit zur Erhöhung der Förderung zugelassen. Zu § 4 : 1) Bei a u s f a l l e n d e r A r b e i t s z e i t ist in erster Linie an den Ausfall von Arbeitsstunden an Vorabenden von Sonn- und Feiertagen gedacht. Durch Festtage bedingte Ausfälle können nicht ausgeglichen werden. Der Ausgleich war früher (E. 63 S. 266) für e i n z e l n e Arbeiter nicht gestattet, sondern nur für Betriebe oder Abteilungen. Diese Beschränkung, die praktischen Bedürfnissen entgegenstand, gilt nach der Fassung des § 4 jetzt nicht mehr (vgl. Rohmer, Anm. 2). Bei der Beschäftigung eines Assessors in einer Anwaltskanzlei ergibt sich durch die Art des Betriebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit. Der Mehrarbeitsvergütung beanspruchende Assessor muß daher behaupten und gegebenenfalls beweisen, daß er regelmäßig mehr als 48 Stunden in der Woche gearbeitet hat. LAG. Stuttgart, AnwBl. 1954, 15. 2) Für Jugendliche s. § 9 Abs. 3 J S c h G . , abgedr. unter B V 6. Zu § 5 : 1) Für Jugendliche gelten §§ 7, 9, 10 JSchG., abgedr. unter B V 6.

B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 6, 7

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1. bei Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese Arbeiten während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen lassen, 2. bei Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrechterhaltung des vollen Betriebes arbeitstechnisch abhängt. (2) Beim Zuendebedienen der Kundschaft einschließlich der damit zusammenhängenden notwendigen Aufräumungsarbeiten darf die Arbeitszeit um eine halbe Stunde, jedoch höchstens bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden2). (3) Die Arbeitszeit darf in den Fällen des Absatzes 1 über zehn Stunden täglich verlängert werden, wenn eine Vertretung des Gefolgschaftsmitgliedes durch andere Gefolgschaftsmitglieder nicht möglich ist und die Heranziehung betriebsfremder Personen dem Betriebsführer nicht zugemutet werden kann. Als Vor- und Abschlußarbeiten gelten hierbei nur solche Arbeiten, die die Dauer von zwei Stunden täglich nicht überschreiten. (4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, welche Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten gelten. Zu § 5 Abs. 4: Die Vorschriften der Nr. 3 bis 6 gelten auch für Entscheidungen, ob bestimmte Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten im Sinne des § 5 anzusehen sind.

§ 6. Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen Die Gefolgschaftsmitglieder eines Betriebes oder einer Betriebsabteilung dürfen an dreißig Tagen im Jahr über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus mit Mehrarbeit bis zu zwei Stunden täglich, jedoch nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden1).

§ 7. Arbeitszeitverlängerung durch Tarifordnung (1) Die regelmäßige Arbeitszeit kann durch Tarifordnung1) bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden. (2) Wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Maße Arbeitsbereitschaft fällt 2 ), kann die Arbeitszeit auch über zehn Stunden täglich verlängert werden. (3)3) 2) § 5 Abs. 2 findet auf alle Verkaufshandlungen, bei denen Publikumsverkehr üblich ist, Anwendung, insbesondere auch in Friseurbetrieben, Erl. d. RArbM. vom 6. 8. 1938 (RArbBl. I I I S. 190). S. § 22 Abs. 1 S. 2. Zustellung der Waren in die Wohnung von Käufern ist kein Zuendebedienen, Rohmer, Anm. 4, Denecke Anm. 10. Z u § 6 : 1) Zur Mehrarbeit können nicht einzelne Mitglieder herangezogen werden, sondern nur die Mitglieder eines Betriebes oder einer Abteilung. Betriebsabteilung braucht nicht ein Betriebsbestandteil wie Spinnereiabteilung, Gießerei zu sein. E s genügt vielmehr, daß eine Gruppe von Betriebsmitteln, sei es nach ihrer Art oder nach dem Arbeitsgang zur Erledigung bestimmter Arbeiten, wenn auch nur technischer Teilarbeiten wie Anfertigung einzelner Maschinenteile, zusammengefaßt sind. Denecke Anm. 2. ü b e r den Lohnanspruch in diesem Falle s. § 15. Wann die Mehrarbeit nach § 6 gefordert werden kann, ist aus dem Betriebsinteresse heraus zu beurteilen. Betriebsverbundenheit, Gefolgschaftstreue und Treu und Glauben sind dabei zugrunde zu legen. Jedoch darf man mit solcher Auslegung nicht so weit gehen, daß die Mehrarbeit aus allgemeinen wirtschaftl. Gründen, z. B . zur Vergrößerung der Erzeugung gefordert werden kann. S. Rohmer Anm 2 , q ; Denecke Anm. 6. Zu § 7 : 1) Nunmehr ist die Zulassung der Arbeitszeitverlängerung im vollen Umfange in das pflichtgemäße Ermessen der Tarifparteien gestellt. Denecke Anm. 3. Vgl. Tarifvertragsges. v. 9. 4. 1949 (WiGBl. S. 55) mit Änderung des Ges. v. 11. 1. 1952 (BGBl. I S. 19) und Ges. über Erstreckung des TVG. v. 23. 4. 1953 (BGBl. I S. 156), Tarifvertragsges. für Groß-Berlin v. 12. 9. 50 (VOB1. I S. 417). 2) Z. B . für Fahrpersonal der Eisenbahn. RAG. ArbR. Slg. Bd. 15, 318. 3) Abs. 3 weggefallen durch Kontrollratsges. Nr. 56, auch durch Aufhebung des Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. 1. 1934 (RGBl. I S. 45).

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B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 8, 9

7,u § 7: Die Grenze, bis zu der die regelmäßige tägliche Arbeitszeit verlängert werden darf, ist in der Tarifordnung festzulegen. Sie darf zehn Stunden nur für Gefolgschaftsgruppen, in deren Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, überschreiten. In den vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassenen Tarifordnungen treten Bestimmungen, die die andere Verteilung der Arbeitszeit abweichend vom § 4 regeln, außer Kraft; es gilt die gesetzliche Regelung. § 8. Arbeitszeitverlängerung durch das Gewerbe auf sichitsamt (1) Das Gewerbeaufsichtsamt 1 ) kann beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses eine von den §§ 3, 4 und 7 abweichende befristete Regelung der Arbeitszeit zulassen 2 ). (2) Eine über zehn Stunden täglich hinausgehende Arbeitszeit kann das Gewerbeaufsichtsamt nur zulassen, wenn die die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fällt oder wenn die Arbeitszeitverlängerung aus dringenden Gründen des Gemeinwohls erforderlich ist. § 9. Arbeitszeit bei gefährlichen Arbeiten 1 ) (1) Für Gewerbezweige oder Gruppen von Gefolgschaftsmitgliedern, die unter besonderen Gefahren für Leben oder Gesundheit arbeiten, insbesondere für Arbeiter im Steinkohlenbergbau untertage sowie für Arbeiter, die in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze, giftigen Stoffen, Staub oder dergleichen oder der Gefährdung durch Sprengstoffe ausgesetzt sind, ist eine Überschreitung der Grenze des § 3, abgesehen von einer anderen Verteilung der Arbeitszeit nach den §§ 4 und 10, nur auf Grund einer Tarifordnung2) nach § 7 oder einer Genehmigung des Gewerbeaufsichtsamts nach § 8 und nur dann zulässig, wenn die Arbeitszeitverlängerung aus Gründen des Gemeinwohls dringend erforderlich ist 3 ). Eine Überschreitung auf Grund einer Tarifordnung3) oder Genehmigung des Gewerbeaufsich tsamts ist ferner zulässig, wenn sie sich in langjähriger Übung als unbedenklich erwiesen hat und eine halbe Stunde nicht übersteigt. Der Reichsarbeitsminister bestimmt, für welche Gewerbezweige oder Gruppen von Gefolgschaftsmitgliedern diese Beschränkung gilt 4 ). (2) Der Reichsarbeitsminister kann für einzelne Arten von Betrieben oder Beschäftigungen, die mit besonderen Gefahren für die Gesundheit der GefolgZ u § 8: 1) S. § 27. 2) Ausnahmen bei Frauen, für die § 17 Abs. 3 noch besondere Schutzvorschriften gibt, s. § 2 0 AZO.; Ausnahmen bei Jugendlichen s. § 11 JSchG. Zu § 9 : 1) § 9 entspricht dem bisherigen § 15. Er findet aber jetzt nicht nur auf Arbeiter, sondern auf alle Gefolgschaftsmitglieder Anwendung, s. Anm. 1 Abs. 2 zu § 1. 2) S. Anm. 1 zu § 7. 3) Wegen Verlängerung der Schichtzeit im Bergbau s. die VO. zur Erhöhung der Förderleistung vom 2. 3. 1939 (RGBl. I S. 482). § 9 findet keine Anwendung auf Arbeiten in Notfällen und außergewöhnlichen Fällen (§§ 9, 14). 4) S. VO. über die Arbeitszeit in Kokereien und Hochofenwerken vom 20. 1. 1925 (RGBl. I S. 5). VO. über die Arbeitszeit in Gaswerken vom 9. 2. 1927 (RGBl. I S. 59). VO. über die Arbeitszeit in Metallhütten vom 9. 2. 1927 (RGBl. I S. 59). VO. über die Arbeitszeit in Stahlwerken und anderen Anlagen der Großeisenindustrie vom 16. 7. 1927 (RGBl. I S. 221). VO. über die Arbeitszeit in der Zementindustrie vom 26. 3. 1929 (RGBl. I S. 82). VO. über die Herstellung, Verpackung, Lagerung und Einfuhr von Thomasmehl vom 30. 1. 1931 (RGBl. I S. 17), geänd. durch VO. vom 30. 9. 1931 (RGBl. I S. 525), § 6. VO. über Glashütten, Glasschleifereien usw. vom 23. 12. 1938 (RGBl. I S. 1961).

B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 10—12

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schaftsmitglieder verbunden sind, eine über die Vorschriften der Arbeitszeitordnung hinausgehende Begrenzung der Arbeitszeit anordnen 5 ). (3) Im Bergbau untertage ist für Betriebspunkte mit einer Wärme über 28 Grad Celsius durch die zuständige Bergbehörde eine Verkürzung der Arbeitszeit der Gefolgschaftsmitglieder anzuordnen. Weitergehende bergpolizeiliche Bestimmungen bleiben unberührt. § 10. Ununterbrochene Arbeit Bei Arbeiten, die werktags und sonntags einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, dürfen zur Herbeiführung eines regelmäßigen wöchentlichen Schichtwechsels männliche Gefolgschaftsmitglieder innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen einmal zu einer Schicht von höchstens sechzehnstündiger Dauer einschließlich der Ruhepausen herangezogen werden, sofern ihnen in diesen drei Wochen zweimal eine ununterbrochene Ruhezeit von je vierundzwanzig Stunden gewährt wird 1 ). Das Gewerbeaufsichtsamt kann eine abweichende Regelung zulassen. § 11. Höchstgrenze für Arbeitszeitverlängerungen Die Arbeitszeit darf, abgesehen von den Vorschriften des § 4 Abs. 3 Satz '2, § 5 Abs. 3, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 2, § 10 und § 14, auch beim Zusammentreffen mehrerer Ausnahmen zehn Stunden täglich nicht überschreiten 1 ). § 12. Arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen (1) Den Gefolgschaftsmitgliedern ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren. In Gast- und Schankwirtschaften, im übrigen Beherbungswesen1) und im Verkehrswesen2) darf die ununterbrochene Ruhezeit auf zehn Stunden verkürzt werden. Das Gewerbeaufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses weitergehende Ausnahmen zulassen. (2) Den männlichen Gefolgschaftsmitgliedern 3 ) sind bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden mindestens eine halbstündige Ruhepause oder zwei viertelstündige Ruhepausen zu gewähren, in denen eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet ist 4 ). Für den Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit be5) Abs. 2 gibt jetzt nur noch eine Ermächtigung zur Begrenzung der Arbeitszeit für einzelne Arten von Betrieben usw. durch den RArbM. Die Ermächtigung zu Einzelverfügungen durch die Pol.-Behörde ist weggefallen; insoweit genügt § 120dGewC). ( u n t e r B I I I 1) und für Jugendliche § 20 JSchG. (B V 6). Auf Grund des Abs. 2 sind die Ziff. 50—54 der AusfAnw. z. AZO. (abgedruckt am Schill 0 der AZO. betr. Arbeitszeit der Kraftfahrer und Beifahrer ergangen). Vgl. § 120 GewO., der auch Arbeitszeitbeschränkungen für gefährliche Arbeiten im Interesse der Betriebsregelung vorsieht; ferner die auf Grund des § 120e GewO. ergangenen Verordnungen zitiert in Anm. 3 zu § 120e. Strafbestimmung § 25 Abs. 2. Zu § 10: 1) Für Jugendliche s. §11 JSchG.; bez. Frauen s. §17 Abs. 3 AZO. (Ausnahmen davon § 20). Zu § 11: 1) Für Jugendliche und Frauen s. Anm. 1 zu § 10. Zu § 12: 1) S. hierzu Nr. 46—49 der AusfVO., abgedr. am Schluß der AZO. 2) S. hierzu Nr. 52 der AusfVO. für Kraftfahrer und Beifahrer, abgedruckt am Schluß der AZO. Für das Fahrpersonal der Straßenbahn Anordnung v. 4. 4. 1940 (RArbBl. I I I S. 104). 3) Über weitergehende Schutzvorschriften für Frauen s. § 18 Abs. 2 S. 3; für Jugendliche s. § 15 Abs. 3 S. 3, 4 JSchG. 4) Über den Begriff der Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2. Es genügt nicht, daß während der Pause keine Arbeit verlangt wird, es darf tatsächlich keine Arbeit erfolgen; bereits fahrlässiges Zulassen von Arbeit macht strafbar. E. 27, 139.

846

B V 5. Arbeitszeitordnung.

§§ 13, 14

sondere Aufenthaltsräume oder freie Plätze bereitzustellen. Bei Arbeiten, die einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, sind die in Wechselschichten beschäftigten Gefolgschaftsmitglieder ausgenommen; jedoch müssen ihnen Kurzpausen von angemessener Dauer gewährt werden. Die Vorschriften des § 20 Abs. 3 über eine andere Regelung durch das Gewerbeaufsichtsamt finden entsprechende Anwendung. Zu § 12 Abs. 1: Die ununterbrochene Ruhezeit darf, abgesehen von den im § 12 Abs. 1 Satz 2 genannten Betrieben, auch in Bäckereien und Konditoreien für die der Arbeitszeitordnung unterliegenden Gefolgschaftsmitglieder auf zehn Stunden verkürzt werden. Zu § 12 Abs. 2: Bei Arbeiten, die einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, findet die im § 12 Abs. 2 Satz 3 zugelassene Ausnahme von der allgemeinen Pausenregelung keine Anwendung, wenn die Arbeiten nur in zwei Schichten ausgeführt werden. Bei einer abweichenden Festsetzung der Ruhepausen sind u. a. die Art der Arbeit, die Beschaffenheit der Arbeitsräume, das Vorhandensein von Aufenthaltsräumen und das Geschlecht der Gefolgschaftsmitglieder zu berücksichtigen. Eine Verkürzung der Ruhepausen ist nur zuzulassen, wenn die Gesamtdauer der Ruhepausen dieselbe bleibt oder die notwendige Erholung anderweitig sichergestellt ist. Eine Verlängerung der Ruhepausen kommt für Gefolgschaftsmitglieder in Betracht, die durch die Beschäftigung in erheblichem Maße beansprucht oder der Einwirkung giftiger Stoffe ausgesetzt sind. Bei Fließ- und Bandarbeit oder anderen mit besonderen Beanspruchungen verbundenen Arbeitsverfahren können zusätzlich auch häufigere Arbeitsunterbrechungen (Kurzpausen) angeordnet werden, die als Arbeitszeit gelten. Die Zulassung von Ausnahmen, z. B. eine Verkürzung der Ruhepausen, setzt einen Antrag . . . voraus; . . . Eine Verlängerung der Ruhepausen kann auch von Amts wegen angeordnet werden. Die Verfügung ist im Bedarfsfall im Amtsblatt der höheren Verwaltungsbehörde zu veröffentlichen. § 13. Sonderregelung für öffentliche Betriebe und Verwaltungen (1) Für die Betriebe und Verwaltungen des Reichs, des ,, Unternehmens Reichsder Reichsbank und der Länder und für die Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände können die vorgesetzten Dienstbehörden die für Beamte gültigen Dienstvorschriften über die Arbeitszeit auf die Gefolgschaftsmitglieder übertragen 1 ). (2) Für Angestellte, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts 2 ) gemeinsam mit Beamten beschäftigt werden, gelten mangels abweichender Einzelabrede, Dienstordnung oder Tarifordnung 3 ) die für Beamte gültigen Dienstvorschriften über die Arbeitszeit 4 ) auch ohne ausdrückliche Übertragung nach Abs. 1. autobahnen",

§ 14. Außergewöhnliche Fälle (1) Die Vorschriften der §§ 8 bis 13 über Dauer der Arbeitszeit, arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen finden keine Anwendung auf vorübergehende Arbeiten in Z u § 13: 1) E s ist gleich, ob diese gemeinsam mit öffentl. Beamten beschäftigt werden, anders also als in Abs. 2 Rohmer, Komm. 2 e zu § 13. 2) Nicht nur die Betriebe und Verwaltungen des Abs. 1, sondern alle öffentlich-rechtl • Körperschaften einschl. Anstalten, Stiftungen u. dgl., auch die Industrie- und Handelskammern, Sozialversicherungsanstalten. 3) S. Anm. 1 zu § 7. 4) Nach § 72 des Bundesbeamtengesetzes v. 14. 7. 1953 (BGBl. I S. 551), das durch Ges. v. 19. 8. 1953 (BGBl. I S. 980) geändert ist, beträgt die wöchentl. Arbeitszeit 48 Stunden.

B V 5. Arbeitszeitordnung. § 15

847

Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen 1 ), die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitserzeugnisse zu mißlingen drohen 2 ). (2) Dasselbe gilt, wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Gefolgschaftsmitgliedern an einzelnen Tagen mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeit gefährden oder einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schaden zur Folge haben würde und wenn dem Betriebsführer andere Vorkehrungen nicht zugemutet werden können 3 ).

§ 15. Mehrarbeitsvergütung (1) Wird auf Grund des § 6 über Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen, des § 7 über Arbeitszeitverlängerung durch Tarifordnung1), des § 8 über Arbeitszeitverlängerung durch das Gewerbeaufsichtsamt und des § 14 über außergewöhnliche Fälle Mehrarbeit geleistet, so haben die Gefolgschaftsmitglieder2) mit Ausnahme der Lehrlinge für die über die Grenzen der §§ 3 und 4 hinausgehende Arbeitszeit Anspruch auf eine angemessene Vergütung über den Lohn für die regelmäßige Arbeitszeit hinaus 3 ). Dies gilt nicht, soweit die Mehrarbeit auch nach den Vorschriften des § 5 über Vor- und Abschlußarbeiten zulässig wäre oder lediglich infolge von Notfällen, Naturereignissen, Unglücksfällen oder anderen unvermeidlichen Störungen erforderlich ist. Bei Arbeitszeitverlängerungen durch Tarifordnung oder behördliche Genehmigung entfällt der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fällt. (2) Als angemessene Vergütung gilt, wenn nicht die Beteiligten eine andere

Regelung vereinbaren oder ein Reichsminister durch gemeinsame Dienstordnung, der Reichsarbeitsminister oder der Reichstreuhänder (Sondertreuhänder) der Arbeit eine abweichende Regelung trifft, ein Zuschlag von 25 V. H .

(3) Wird in Gewerben, die ihrer Art nach in gewissen Zeiten des Jahres regelmäßig zu erheblich verstärkter Tätigkeit genötigt sind 4 ), in diesen Zeiten über die Grenze des § 3 hinaus gearbeitet, so kann der Reichsarbeitsminister bestimmen, daß die Vorschriften der Abs. 1 und 2 keine Anwendung finden, soweit die MehrZu § 14: 1) Bei N o t f ä l l e n handelt es sich um Beseitigung eines Notstandes oder einer akuten Gefahr. Eilige Arbeiten sind noch keine Notfälle. A u ß e r g e w ö h n l i c h e F ä l l e sind außer den im zweiten Halbsatz genannten Fällen z. B. Ausnutzung seltener Beförderungsmöglichkeit, Folgen einer plötzlichen Änderung des Lieferungsauftrages (Dresden J W . 61 (1932) 3464), Beseitigung eines Wasserrohrbruchs oder eines Maschinenschadens. Stets muß es sich um vorübergehende Arbeiten handeln. 2) Für Frauen s. § 21 AZO., für Jugendliche s. § 19 JSchG. — Vgl. ferner wegen der Mitteilungspflicht § 24 Abs. 1 Ziff. 3. 3) Z. B. Monatsberichte in Handwerksbetrieben. Zu § 15: 1) S. Anm. 1 zu § 7. 2) Der Grundsatz der Mehrarbeitsvergütung muß auch für Angestellte mit festem Monatsgehalt gelten. Denecke, Anm. 9. 3) Bei Zeitlohn ist also der volle Lohn für die Stunden zu zahlen, für die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht, auch wenn er während dieser Zeit tatsächlich keine Arbeit leistet (vgl. RAG. ArbRSlg. Bd. 4 S. 108; 12, 294) bei einem Leistungslohn (Akkord, Gedinge, Provision) das Entgelt für die tatsächlich geleistete Arbeit. Dabei ergibt sich das Entgelt für die Überstunden ohne weiteres aus den höheren Akkordverdiensten und Provisionen. Denecke, Anm. 8 u. 10. 4) Solche Saisongewerbebetriebe sind Färbereien, Konfektion, Putzmachereien, Spielzeug-, Zuckerwarenfabriken. Von ihnen scheiden sich sog. Kampagnebetriebe wie Ziegeleien, Rohzuckerfabriken, Fischräuchereien.

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B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 16, 17

arbeit durch Verkürzung der Arbeitszeit in den übrigen Zeiten des Jahres ausgeglichen wird5). Zu § 15 Abs. 1: 19. Den Lehrlingen, die nach § 15 Abs. 1 keinen Anspruch auf eine Mehrarbeitsvergütung haben, sind im Sinne dieser Vorschrift die in einem anerkannten Anlernverhältnis beschäftigten Gefolgschaftsmitglieder gleichgestellt. Der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung entfällt jedoch nur, wenn die Lehrlinge und die in einem anerkannten Anlernverhältnis beschäftigten Gefolgschaftsmitglieder eine Erziehungsbeihilfe erhalten. 3. Abschnitt.

Erhöhter

Schutz

für

Frauen1)

§ 16. Beschäftigungsverbote (1) Weibliche Gefolgschaftsmitglieder dürfen in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten2) und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben nicht untertage, ferner bei der Förderung, mit Ausnahme der Aufbereitung (Separation. Wäsche), bei dem Transport und der Verladung auch nicht übertage beschäftigt werden. (2) Weibliche Gefolgschaftsmitglieder dürfen ferner nicht in Kokereien und nicht mit der Beförderung von Roh- und Werkstoffen bei Bauten aller Art beschäftigt werden2). (8) Der Reichsarbeitsminister kann die Beschäftigung von weiblichen Gefolg-

schaftsmitgliedern für einzelne Arten von Betrieben oder Arbeiten, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich untersagen oder von Bedingungen abhängig machen3). Zu § 16: In Hochofen- und Stahlwerken, Metallhütten und Walz-, Preß- und Hammerwerken für Eisen, Stahl und andere Metalle, in denen diese Stoffe nicht kalt verarbeitet werden, dürfen weibliche Gefolgschaftsmitglieder nicht mit den eigentlichen Betriebsarbeiten beschäftigt werden. Sie dürfen ferner über das Verbot des § 16 Abs. 2 hinaus bei Bauten aller Art auch nicht mit den eigentlichen Betriebsarbeiten beschäftigt werden.

§ 171). Höchstarbeitszeit

(1) Mit den im § 5 Abs. 1 genannten Vor- und Abschlußarbeiten dürfen weibliche Gefolgschaftsmitglieder höchstens eine Stunde über die für den Betrieb oder 5) Solcher Ausgleich ist in den Tarifordnungen für das Baugewerbe v. 20. 2. 1940 (RArbBl. IV S. 309), für das private Kraftomnibusgewerbe v. 8. 1. 1938 (RArbBl. VI S. 212), für das Reisebürogewerbe v. 31. 8. 1938 (RArbBl. VI, S. 976), zugelassen. Zu § 16: 1) Die §§ 16ff. sind eine Zusammenfassung der früheren Frauenschutzvorschriften unter Einfügung bedeutender Erweiterungen. Die Bestimmungen gelten für Arbeiterinnen und Angestellte; lediglich die Vorschriften über Nachtruhe und Frühschluß vor Sonnund Feiertagen gelten nur für Arbeiterinnen. Die Schutzbestimmungen verstoßen nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Hamburg NJW. 54, 1298. Über den Mutterschutz s. das Ges. zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz) vom 24. 1. 1952 (BGBl. I S. 69) und die sog. Freizeitanordnung des RArb.Ministers vom 22. 10. 1943 (RArb.Bl. I I I S. 325). 2) Das Verbot beschränkt sich nicht auf schwere Arbeiten, s. zu dem entsprechenden früheren § 137 Ziff. 7 GewO. E. 48, 281. Materialien sind alle Stoffe und Gegenstände, die beim Bau vorkommen, z.B. auch Baugerüste und Erdmassen. OLG. Breslau GA. 71, 391. S. die in Anm. 4 zu § 9 angeführten Betriebe, auch Kontrollratsges. Nr. 32, wonach weibl. Arbeitskräfte bei Bau- und Wiederaufbauarbeiten einschließlich Aufräumarbeiten beschäftigt werden können. Dazu „Anweisung" der Britischen Militärregierung (ArbBl. brit. Zone 1947 S. 3) u. Richtlinien des Magistrats von Groß-Berlin, Abt. f. Arbeit v. 17. 3. 1949 (VOB1. S. 114). 3) Daneben gelten die auf Grund des § 120e GewO. erlassenen Verordnungen, zit. in Anm. 3 zu § 120e GewO. — Strafbestimmung § 25 Abs. 3. Zu § 17: 1) Fassung nach § 14 des Ges. v. 17. 5. 1942 (RGBl. I S. 321).

B V 5. Arbeitszeitordnung. § 18

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die Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit hinaus beschäftigt werden. (2) Bei Anwendung der Ausnahmen des Zweiten Abschnitts dürfen weibliche Gefolgschaftsmitglieder nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden. An den Tagen vor Sonn- und Feiertagen darf die Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. (3) Die Vorschrift des Absatzes 3 Satz 2 gilt nicht für das Verkehrswesen, für Gast- und Schankwirtschaften, für das übrige Beherbergungswesen, für das Friseurhandwerk, für Badeanstalten, für Krankenpflegeanstalten 2 ), für Musikaufführungen, Theatervorstellungen, andere Schaustellungen 3 ), Darbietungen 4 ) oder Lustbarkeiten, für Filmaufnahmen, für Gärtnereien 5 ), für Apotheken 6 ), für offene Verkaufsstellen 7 ) und für die mit ihnen verbundenen Änderungswerkstätten 8 ) sowie für den Marktverkehr 9 ) 10 ).

§ 18. Ruhepausen (1) Den weiblichen Gefolgschaftsmitgliedern müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb Stunden eine oder mehrere im voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer innerhalb der Arbeitszeit gewährt werden 1 ). Die Ruhepausen müssen mindestens betragen bei mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden Arbeitszeit zwanzig Minuten, bei mehr als sechs bis zu acht Stunden eine halbe Stunde, bei mehr als acht bis zu neun Stunden dreiviertel Stunden und bei mehr als neun Stunden eine Stunde. Bei mehr als acht bis zu achteinhalb Stunden Arbeitszeit dürfen die Ruhepausen auf eine halbe Stunde verkürzt werden, wenn die Verlängerung der Arbeitszeit über acht Stunden dazu dient, durch andere Verteilung der Arbeitszeit einen Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen herbeizuführen. Länger als viereinhalb Stunden hintereinander dürfen weibliche Gefolgschaftsmitglieder nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden. (2) Als Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von mindestens einer Viertelstunde. (3)2) Während der Ruhepausen darf den weiblichen Gefolgschaftsmitgliedern eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet werden 3 ). Für den Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit besondere Aufenthaltsräume oder freie Plätze bereitzustellen. Der Aufenthalt in den Arbeitsräumen darf nur gestattet werden, wenn die Arbeit in den Teilen des Betriebes, in denen die weiblichen Gefolgschaftsmitglieder sich aufhalten, während der Pausen völlig eingestellt und auch sonst die notwendige Erholung nicht beeinträchtigt wird. 2) Über die Arbeitszeit des Pflegepersonals vgl. die VO. über die Arbeitszeit in Krankenpflegeranstalten vom 13. 2. 1924 (RGBl. I S. 66, 154), s. Anm. 7 zu § 1. 3) So Artistinnen, Tänzerinnen, auch Kartenverkäuferinnen. 4) Auch Sportveranstaltungen, Wettspiele. 5) Weibliche Arbeitnehmer, die in Handels- u. Landschaftsgärtnereien beschäftigt sind. S. Anm. 4 zu § 1. 6) Das sind die mit Verkauf und Einpacken beschäftigten Frauen. 7) S. § 22. 8) Schneider- u. Optiker Werkstätten. 9) S. §§ 64 bis 71 GewO. unter B I I I 1. 10) Weitere Sondervorschriften für die genannten Betriebe s. in § 19 Abs. 3 sowie in den §§ 14 Abs. 2; 16 Abs. 2, 4; 17 Abs. 2; 18 Abs. 3 JSchG. Zu § 18: 1) Ausnahmen kann das Gewerbeaufsichtsamt zulassen, § 20 Abs. 3 S. 1. Über den Begriff der Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2. 2) Für Jugendliche s. die übereinstimmende Vorschrift des § 15 Abs. 3 JSchG. (unter B V 6. 3) Der Arbeitgeber, der die zur Ausspannung (Erholung) erforderlichen Anordnungen nicht trifft, macht sich nach § 25 strafbar. 54

Dalcke, S t a f r e c h t . 36. Aufl.

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B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 19, 20

§ 19. Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen (1) Arbeiterinnen 1 ) dürfen nicht in der Nachtzeit von zwanzig bis sechs Uhr und an den Tagen vor Sonn- und Feiertagen nicht nach siebzehn Uhr beschäftigt werden 2 ). (2) In mehrschichtigen Betrieben 3 ) dürfen Arbeiterinnen bis dreiundzwanzig Uhr beschäftigt werden. Nach vorheriger Anzeige an das Gewerbeaufsichtsamt kann die Frühschicht regelmäßig frühestens um fünf Uhr beginnen, wenn die Spätschicht entsprechend früher endet. Das Gewerbeaufsichtsamt kann zulassen, daß die Spätschicht regelmäßig spätestens um vierundzwanzig Uhr endet, wenn die Frühschicht entsprechend später beginnt 4 ). (3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht für die im § 17 Abs. 3 genannten Betriebe 5 ). Zu § 19 Abs. 2: Die Anzeigen über die Verlegung der Schichten in die Zeit von fünf bis zweiundzwanzig Uhr ist beim Gewerbeaufsichtsamt (Bergbehörde) schriftlich zu erstatten. Aus der Anzeige müssen die Zahl der in jeder Schicht beschäftigten männlichen und weiblichen Gefolgschaftsmitglieder, die Art der Tätigkeit, die Dauer und Lage jeder Schicht und der in jeder Schicht gewährten Pausen sowie der Grund der Schichtverlegung hervorgehen.

§ 20. Behördliche Genehmigung von Ausnahmen (1) Der Reichsarbeitsminister kann aus betriebstechnischen oder allgemein wirtschaftlichen Gründen Ausnahmen von den Vorschriften des § 17 über Höchstarbeitszeit und des § 19 über Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen zulassen. (2) Das Gewerbeaufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses Ausnahmen von den im Abs. 1 genannten Vorschriften auf die Dauer von zwei Wochen, jedoch für nicht mehr als vierzig Tage innerhalb eines Kalenderjahres unter der Voraussetzung zulassen, daß die zu gewährende ununterbrochene Ruhezeit nicht weniger als zehn Stunden beträgt. (3) Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus wichtigen Gründen eine vom § IS abweichende Regelung der Ruhepausen zulassen. Es kann für Betriebe oder Betriebsteile oder für bestimmte Arbeiten soweit die Schwere der Arbeit oder der sonstige Einfluß der Beschäftigung auf die Gesundheit der weiblichen Gefolgschaftsmitglieder es dringend erwünscht erscheinen läßt, über die Vorschriften des § 18 Abs. 1 und 2 hinausgehende Pausen anordnen. (4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann abweichend vom § 19 Abs. 1 in Betrieben, in denen die Arbeiter in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze ausgesetzt sind, in der warmen Jahreszeit die Beschäftigung von Arbeiterinnen vor sechs Uhr zulassen. Zu § 20 Abs. 2: Ausnahmen von den Vorschriften des § 17 über Höchstarbeitszeit und des § 19 über Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen können für bestimmte Gefolgschaftsgruppen, für eine Betriebsabteilung oder für den ganzen Betrieb nur auf die Dauer von zwei Wochen und für nicht mehr als vierzig Tage innerhalb Zu § 19: 1) Nur Arbeiterinnen, nicht Angestellte. 2) Zur Beschäftigung gehört auch die Reinigung der Kontorräume in der Fabrik. E. 38, 381 und das Austragen der Sachen durch das Laufmädchen. OLG. Celle GA. 53, 454. 3) Das sind solche Betriebe, in denen Tag und Nacht in mehreren sich ablösenden Gruppen Schichten durchgearbeitet wird. 4) Uber weitere Einschränkungen Erl. des RArb.M. v. 11. 3. 1940 (RArbBl. I I I S. 56) und Freizeitanordnung (Anm. 1 zu § 16.) 5) Weitere Ausnahme in Notfällen, § 21.

B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 21, 22

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eines Kalenderjahres zugelassen werden. Falls einem Unternehmer nacheinander Genehmigungen für bestimmte Gefolgschaftsgruppen, eine Betriebsabteilung oder den ganzen Betrieb erteilt werden, darf das einzelne Gefolgschaftsmitglied höchstens an vierzig Tagen im Kalenderjahr abweichend von den Vorschriften der §§17 und 19 beschäftigt werden. Zu § 20 Abs. 3: Für eine abweichende Regelung der Ruhepausen der Frauen gelten die Vorschriften der Nr. 17 und 18 entsprechend.

§ 21. Ausnahmen in Notfällen Die Vorschriften der §§ 17 bis 19 über Höchstarbeitszeit, Ruhepausen, Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen finden keine Anwendung auf vorübergehende Arbeiten, die in Notfällen 1 ) sofort vorgenommen werden müssen. Der Betriebsführer hat die Vornahme solcher Arbeiten dem Gewerbeaufsichtsamt unverzüglich anzuzeigen. 27. Die Anzeige von Notfällen ist unverzüglich mündlich (fernmündlich) oder schriftlich zu erstatten. In der Anzeige sind die Umstände, die eine Ausnahme nach § 21 begründen, der Umfang der Ausnahme und ihre voraussichtliche Dauer anzugeben. Bei Arbeiten von längerer Dauer kann eine abweichende Regelung der Arbeitszeit nicht auf § 21 gestützt werden. Das Gewerbeaufsichtsamt (Bergbehörde) hat nach Möglichkeit nachzuprüfen, ob ein Notfall vorliegt. 4. Abschnitt.

Werktäglicher

Ladenschluß*)

§ 22. Offene Verkaufsstellen (1) Offene Verkaufsstellen jeder Art 1 ), mit Ausnahme der Apotheken, müssen von neunzehn bis sieben Uhr für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein 2 ). Die beim Ladenschluß anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden 3 ). Zu § 2 1 : 1) Vgl. Anm. 1 zu § 14. Zu § 2 2 : *) § 22 gilt jetzt noch. BVerfG. J Z . 1952, 375. OVG. Hamburg RdA. 1951, 35; er ist mit dem GG., insbes. Art. 2 und 12, vereinbar und bezieht sich auch auf Verkaufsstellen, in denen keine Arbeitnehmer beschäftigt werden. Hamburg MDR. 1954, 55. 1) Über den Begriff s. Anm. 4 zu § 41 a GewO. 2) Ist ein Wirtschaftsbetrieb mit Kleinhandel verbunden, so muß letzterer während des Ladenschlusses ruhen. Der sog. Gassenschank ist, soweit es sich um Bier oder Wein handelt, als Ausfluß des Schankwirtsgewerbes, nicht als Kleinhandel anzusehen und deshalb bei den Schankwirtsbetrieben auch nach Ladenschluß zulässig. Der Gassenschank von anderen Getränken (Branntwein, Kaffee, Milch usw.) ist stets Kleinhandel und unterliegt dem § 22. Das gleiche gilt für den Verkauf von Speisen, Rauchwaren, Postkarten usw. über die Straße und aus Trink- und Erfrischungshallen, Bremen DVB1. 1951, 457. Hierüber Denecke, Anm. 5 u. 7 a .Über die Voraussetzungen, unter denen Kioske zur Offenhaltung des Betriebs über die Ladenschlußzeit hinaus bis zum Eintritt der Polizeistunde berechtigte „Trinkhallen" sind vgl. VGH. Stuttgart DVB1. 1954, 265. Unabhängig von den Ladenschlußzeiten ist der Verkauf von Zeitungen, Süßigkeiten aus dem sog. Bauchladen und der von Eintrittskarten und Programmen für Theatervorstellungen, sowie von Süßigkeiten und Backwaren u. Erfrischungen in den Theaterräumen an Besucher. Verkauf aus Automaten Abs. 6. Folgende VOen über den Ladenschluß sind ergangen a) vom 21. Dezember 1939 ( R G B l . I S. 2471) i d. Fass. der VO. v. 9. Januar 1942 (RGBl. I S. 24). b) Baden: Landesgesetz über den Ladenschluß v. 28. 3. 1951 (GVB1. S. 67). c) Berlin (westl. Sektoren): Gesetz über den werktäglichen Ladenschluß v. 8. 11. 1951 (GVB1. S. 1085). d) Bremen: Gesetz über Ladenverkaufszeiten v. 18. 7./17. 10. 1950 (GBl. S. 87, I I I ) . e) Hamburg: VO. über Verkaufszeiten an Sonnabenden im Einzelhandel v. 4. 10. 1949 (GVB1. 1949 Nr. 48 S. 249). 54*

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B V 5. Arbeitszeitordnung. § 23

(2) Am vierundzwanzigsten Dezember müssen offene Verkaufsstellen, abweichend von der Vorschrift des Absatzes 1 Satz 1, bereits von siebzehn Uhr ab für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein. Dasselbe gilt für Verkaufsstellen auf Eisenbahngelände und für den Marktverkehr. Ausgenommen sind Apotheken und der Handel mit Weihnachtsbäumen. (3) Nach neunzehn Uhr, jedoch bis spätestens einundzwanzig Uhr dürfen Verkaufsstellen an jährlich höchstens zwanzig von der Ortspolizeibehörde zu bestimmenden Tagen für den geschäftlichen Verkehr geöffnet sein. (4) Vor sieben Uhr, jedoch nicht vor fünf Uhr dürfen Lebensmittelgeschäfte nach näherer Bestimmung der Ortspolizeibehörde geöffnet sein. (5) Die Ortspolizeibehörden haben vor der Genehmigung der Ausnahmen die Äußerung des Gewerbeaufsichtsamts einzuholen und ihm die erteilte Ausnahmegenehmigung in Abschrift mitzuteilen. Hält das Gewerbeaufsichtsamt die Ausnahmegenehmigung für nicht vereinbar mit dem Schutze der Gefolgschaftsmitglieder, so hat es unverzüglich die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde herbeizuführen. (6) Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 5 finden keine Anwendung auf den Verkauf von Waren aus selbsttätigen Verkaufseinrichtungen (Warenautomaten), die von dem Inhaber einer zum dauernden Betrieb eingerichteten offenen Verkaufsstelle in räumlichem Zusammenhang mit dieser aufgestellt und in denen nur Waren feilgeboten werden, die auch in der offenen Verkaufsstelle selbst geführt werden 4 ). Die Wartung der Warenautomaten darf nur innerhalb der nach den Absätzen 1 bis 5 für den Verkauf aus offenen Verkaufsstellen an Werktagen allgemein zulässigen Zeit erfolgen5). Der Reichsarbeitsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister Näheres bestimmen 6 ). § 23. Sonstige Verkaufsstellen Während derZeit, in der nach §22 die Verkaufsstellen geschlossen seinmüssen 1 ), ist das Feilbieten von Waren auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne vorherige Bestellung von Haus zu Haus im f) Nordrhein-Westfalen: Erlaß des Arbeitsministeriums betr. Neuregelung des Ladenschlusses v. 13. 6. 1949 (Arbeit u. Sozialpolitik 1949 Nr. 13 S. 11). g) Württemberg-Hohenzollern: Verordnung des Arbeitsministeriums über die Öffnungszeiten offener Verkaufsstellen an Werktagen (Ladenschlußverordnung v. 22. 9. 1948 (Reg.Bl. 1948 Nr. 24 S. 126). Die Verkaufsstelle m u ß für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein, versperrt zu sein b r a u c h t sie nicht. Der Geschäftsschluß m u ß aber nach außen erkennbar sein. Der geschäftliche Verkehr u m f a ß t außer dem Verkehr mit dem Publikum auch den mit Geschäftsreisenden, Verkäufern usw., nicht aber interne Arbeiten, vgl. Rohmer, K o m m . Anm. 2 c zu § 22. Bei Apotheken bezieht sich die Ladenschlußvorschrift nicht auf Heilmittel, also Waren, die nur der Krankenpflege dienen, wohl aber auf alle anderen Waren, z. B. kosmetische, RGZ. Bd. 138, 219; J W . 61 (1933), 1717. 3) Vgl. Anm. 2 zu § 5. 4) Vorschriften über den Verkauf von Waren aus Automaten. Gesetz v. 6. 7. 1934 (RGBl. I S. 585). Dazu erste AusführungsVO. v. 14. 8. 1934 (RGBl. I S. 814) u n d zweite Ausf.VO. v. 22. 8. 1936 (RGBl. I S. 645). 5) Das Nachfüllen der A u t o m a t e n rechnet zur Wartung, Besch, d. R u P r A r b M . vom 16. 3. 1935 (RArbBl. I S. 108). 6) Für Tankstellen ist für (ehem.) Preußen durch Erlaß v. 7. 5. 1926 (GMB1. S. 123) die Abgabe von Betriebsstoffen an Kraftfahrzeuge auch für die Zeit von 19 bis 7 Uhr, sowie an Sonn- und Feiertagen gestattet u n d durch Erlaß des RAM. v. 19. 2. 1937 (RArbBl. I I I S. 62) ein wochenweiser Sonntagsdienst vorgesehen. Zu § 23: 1) Bez. der Sonn- und Feiertage s. § 55a GewO.

B V 5. Arbeitszeitordnung. § 24

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stehenden Gewerbebetriebe sowie im Gewerbebetriebe im Umherziehen (GewO § 42b Abs. 1 Nr. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1) verboten. Ausnahmen können von der Ortspolizeibehörde zugelassen werden. Der Reichsarbeitsminister kann über die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung von Ausnahmen Bestimmungen erlassen. 5. Abschnitt.

Durchführungsbestimmungen

§ 24. Aushänge und Verzeichnisse (1) Der Betriebsführer ist verpflichtet : 1. einen Abdruck der Arbeitszeitordnung an geeigneter Stelle im Betriebe zur Einsichtnahme auszulegen; 2. einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Ruhepausen an sichtbarer Stelle im Betriebe anzubringen; 3. einen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit nach § 4, über die Vor- und Abschlußarbeiten nach § 5, über die Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen nach § 6 und über die Arbeit in außergewöhnlichen Fällen nach § 14 zu führen und darin Lage und Dauer der Arbeitszeit und ihre Verteilung auf die Gefolgschaftsmitglieder unverzüglich anzugeben; den beteiligten Gefolgschaftsmitgliedern ist auf Verlangen Einsicht in den Nachweis zu gewähren. (2) Der im Absatz 1 Nr. 3 vorgeschriebene Nachweis ist dem Gewerbeaufsichtsamt auf Verlangen vorzulegen oder zur Einsicht einzusenden. Zu§ 24 Abs. 1 Nr. 1: Statt der Auslage kann ein Aushang der Arbeitszeitordnung erfolgen. Auf dem Aushang müssen mindestens die Vorschriften der §§ 1 bis 27 leicht lesbar abgedruckt sein. Zu § 24 Abs. 1 Nr. 2: Die Vorschrift, daß ein Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Ruhepausen an sichtbarer Stelle anzubringen ist, gilt entsprechend für Jugendliche (Jugendschutzgesetz § 23 Abs. 1 Nr. 3). Die Angaben für Erwachsene und Jugendliche können auf einem Aushang vereinigt werden. Falls die Arbeitszeit in einzelnen Betriebsabteilungen verschieden geregelt ist, ist für jede Betriebsabteilung ein Aushang erforderlich. Weicht die regelmäßige Arbeitszeit einzelner Gefolgschaftsmitglieder von der allgemeinen Arbeitszeit ab, so sind die abweichenden Arbeitszeiten auf dem Aushang kenntlich zu machen. Das Gewerbeaufsichtsamt (Bergbehörde) kann nähere Bestimmungen treffen, u. a. auch Vereinfachungen zulassen. Zu § 24 Abs. 1 Nr. 3: Als Nachweis für die andere Verteilung der Arbeitszeit dient der Aushang (Nr. 29), wenn sich dieselbe ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Ausgleichszeitraums längere Zeit hindurch wiederholt. Auf dem Aushang müssen Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Ruhepausen für jeden Tag des Ausgleichszeitraums angegeben sein. Weicht die tägliche Arbeitszeit in Ausnahmefällen von der durch Aushang (Nr. 29) bekanntgemachten regelmäßigen Arbeitszeit ab, so ist in Ergänzung des Aushangs Tag und Umfang der A bweichung in einem Verzeichnis oder einer Kartei spätestens am folgenden Werktag festzulegen. Aus den Eintragungen muß zu erkennen sein, daß die Gesamtdauer der Arbeitszeit des einzelnen Gefolgschaftsmitgliedes innerhalb des Ausgleichszeitraums die gesetzliche Grenze nicht überschreitet. Die Eintragungen können auch in den Lohnlisten oder der Lohnkartei gemacht werden. Andern sich die täglichen Arbeitszeiten häufig, so ist statt des Aushangs (Nr. 29) ein Verzeichnis oder eine Kartei zu führen, in die Beginn und Ende der täglichen

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B V 5. Arbeitszeitordnung. § 25

Arbeitszeit und ihre Dauer für das einzelne Gefolgschaftsmitglied, gegebenenfalls zusammengefaßt für den Betrieb, die Betriebsabteilung oder bestimmte Gefolgschaftsgruppen, spätestens am folgenden Werktag einzutragen sind. Als ausreichender Nachweis sind auch Stempelkarten anzusehen. Die Eintragungen können auch in den Lohnlisten oder der Lohnkartei gemacht werden. Der Nachweis über Vor- und Abschlußarbeiten muß sich auf die Dauer dieser Arbeiten und die beteiligten Gefolgschaftsmitglieder erstrecken. Es genügen entsprechende Angaben auf dem Aushang über die tägliche Arbeitszeit (Nr. 29 und 30) oder in dem Verzeichnis der Kartei oder dem sonstigen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit (Nr. 31 und 32). Der Nachweis über die Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen im Jahr muß sich auf das Datum der Tage, die Dauer der Arbeitszeit an diesen Tagen und die an der Mehrarbeit beteiligten Betriebsabteilungen erstrecken. Die Angaben sind in einem Verzeichnis oder einer Kartei festzulegen. Die in außergewöhnlichen Fällen festgesetzten Arbeitszeiten, die Art der Arbeiten und die beteiligten Gefolgschaftsmitglieder sind unverzüglich schriftlich festzulegen. Zu § 24 Abs. 2: Unternehmer und Gefolgschaftsmitglieder sind verpflichtet, dem Gewerbeaufsichtsamt die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Angaben zu machen

§ 25. Strafvorschriften und Zwangsmaßnahmen (1) Wer 1 ) einer Vorschrift der Arbeitszeitordnung2) oder einer auf Grund der Arbeitszeitordnung ergangenen Verordnung oder Anordnung3) zuwiderhandelt4), wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis und Geldstrafe oder eine dieser Strafen 5 ). (B) Bei einer Zuwiderhandlung gegen die auf Grund des § 9 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 3 erlassenen Bestimmungen über die Beschäftigung bei gefährlichen Arbeiten kann das Gewerbeaufsichtsamt bis zur Herstellung des den Bestimmungen entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebes, soweit er durch die Bestimmungen getroffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführen geeignet wäre. (4) Die Vorschriften der Gewerbeordnung § 151 über die Verantwortlichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines Betriebsteiles oder zur Beaufsichtigung bestellten Personen finden entsprechende Anwendung. Zu § 2 5 : 1) Täter der Straftaten des Abs. 1 ist in der Regel der Betriebsführer oder gemäß § 151 GewO. dessen Beauftragter, vgl. Rehmer, Komm. Anm. 3 zu § 25, wie Betriebsund Abteilungsleiter, Werkmeister, Kolonnenführer, in kaufmännischen Büros die Bürovorsteher. Neben diesen bleibt der Unternehmer oder sein Vertreter verantwortlich, wenn er den Tatbestand kannte, wenn er den Betrieb nicht genügend überwachte oder wenn er bei der Auswahl der Aufsichtspersonen nicht die erforderliche Sorgfalt ausgeübt hatte. Das Gefolgschaftsmitglied kann auch nicht auf den gesetzlichen Schutz verzichten und etwa freiwillig Mehrarbeit leisten; strafbar bleibt dann doch der Unternehmer, OLG. Hamburg, H R R . 1935 Nr. 1204; E . 55, 70. Ausnahmen, wenn ausdrücklich einem Gefolgschaftsmitglied Pflichten auferlegt sind z. B . AusfVO. zu § 24 Abs. 2. 2) Überschreitung der Grenzen der Arbeitszeiten §§ 3, 4, 9, 17; Verstöße gegen Vorschriften über Vor- und Abschlußarbeiten § 5, über Pausen u. Ruhezeiten §§ 12, 18, Nachtruhe § 19, Nachtbackverbot § 5 des Ges. v. 29. 6. 1936 in Anm. 6 zu § 1, über Ladenschluß §§ 22, 23, über Aushänge und Verzeichnisse § 24. 3) Anordnung des Arbeitsministers und Auflagen des Gewerbeaufsichtsamts. 4) Die Tat kann vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. E. 2, 231. Auch die Duldung einer Gesetzwidrigkeit und Unterlassung der Beseitigung ist strafbar. R G . ARKartei 1931 Nr. 357; Hamburg, GA. 33, 291. Über Verbotsirrtum s. § 59 S t G B . Anm. l d u. e. 5) Trotzdem sind die schweren Fälle Übertretungen. B G H S t . 3, 47.

855

B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 26, 27

Zu § 25 Abs. 3: Zur Erzwingung der nach § 9 Abs. 2 oder § 16 Abs. 3 angeordneten Maßnahmen ist in der Regel zunächst das Strafverfahren auf Grund des § 25 Abs. 1 und 2 durchzufuhren. Von der Befugnis des § 25 Abs. 3 ist erst dann Gebrauch zu machen, wenn auch nach rechtskräftiger Bestrafung ein den Bestimmungen entsprechender Zustand nicht hergestellt wird; nur wenn die Nichtausführung der angeordneten Maßnahmen eine unmittelbare und erhebliche Gefahr für die Gesundheit und Sittlichkeit der Gefolgschaftsmitglieder zur Folge hat, ist die Einstellung des Betriebes schon vor Erledigung des Strafverfahrens anzuordnen. Zwei Abschriften der Verfügung sind dem Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben zwei Abschriften dem Reichswirtschaftsminister auf dem Dienstwege vorzulegen.

und

eine Abschrift

dem

Reichsarbeitsminister,

Die Einstellung des Betriebes darf nur angeordnet werden, soweit der Betrieb von den auf Grund des § 9 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 3 erlassenen Bestimmungen betroffen wird. Die Anordnung ist unverzüglich aufzuheben, wenn Maßnahmen getroffen werden, durch die eine Fortsetzung der Beschäftigung ohne erhebliche Nachteile oder Gefahren für die Gefolgschaftsmitglieder möglich ist.

§ 26. Beschwerden (1) Gegen einen auf Grund der Arbeitszeitordnung ergangenen Bescheid1) ist die Beschwerde2) an die höhere Verwaltungsbehörde oder, wenn diese den Bescheid e r l a s s e n h a t , a n d e n Reichsarbeitsminister, bei b e r g b a u l i c h e n B e t r i e b e n an den Reichswirtschaftsminister zulässig..

(2) Die Beschwerdeentscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist endgültig. Gegen eine auf Grund des § 25 Abs. 8 ergangene Anordnung ist jedoch die weitere Beschwerde an den Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben an d e n Reichswirtschaftsminister zulässig.

(3) Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 27. Arbeitsaufsicht und Behördenzuständigkeit (1) Die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften der Arbeitszeitordnung und der auf Grund der Arbeitszeitordnung erlassenen Bestimmungen obliegt den Gewerbeaufsichtsämtern. Für die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften des Vierten Abschnitts über den werktäglichen Ladenschluß sind neben den Gewerbeaufsichtsämtern die Ortspolizeibehörden zuständig. Gewerbeaufsichtsamt im Sinne der Arbeitszeitordnung ist die örtlich zuständige Dienststelle der Gewerbeaufsicht. (2) Die nach der Arbeitszeitordnung dem Gewerbeaufsichtsamt zustehenden Befugnisse üben bei bergbaulichen Betrieben die Bergbehörden aus. (3) Auf die Befugnisse und Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden finden die Vorschriften der Gewerbeordnung § 139 b Anwendung. (4) Die dem Gewerbeaufsichtamt nach den Vorschriften der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse übt für den Bereich mehrerer Gewerbeaufsichtsämter die höhere Verwaltungsbehörde aus, für Fälle, die sich über deren Bezirk Zu § 26: 1) Entscheidungen nach §4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 oder Anordnungen nach §9 Abs. 3, § 20 Abs. 3 in Verbindung mit § 12 oder § 18, § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 3 u. § 24 Abs. 2, § 27 Abs. 3 in Verbindung mit § 139 GewO. oder Genehmigungen nach § 4 Abs. 3, § 8. § 10 Satz 2, § 12, § 19, § 20 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 12 u. 18; § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 2, 3; § 19 Abs. 1. 2) Neben der Beschwerde ist die Anfechtungsklage im Verwaltungsrechtswege gegeben. S. Anm. 2 zu § 20 GewO. unter B III 1.

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B V 5. Arbeitszeitordnung. §§ 28, 29

hinaus erstrecken, der Reichsarbeitsminister und bei bergbaulichen Betrieben der Reichswirtschaftsminister 1 ).

(5) Der Reichsarbeitsminister ist ermächtigt, die ihm nach der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse auf eine andere Stelle zu übertragen 2 ). (6) Bei den Betrieben und Verwaltungen des Reichs, des ,,Unternehmens Reichsautobahnen", der Reichsbank und der Länder und bei den Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände üben die vorgesetzten Dienstbehörden die dem Reichsarbeitsminister oder anderen Behörden nach der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse aus; die Verordnungsbefugnis steht jedoch nur durch den obersten Reichsbehörden zu. Die zuständige oberste Reichs- oder Landesbehörde kann diese Befugnisse im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister dem Gewerbeaufsichtsamt übertragen. Zu § 27 Abs. 1: Die Ortspolizeibehörden haben den Gewerbeaufsichtsämtern der Durchführung der Arbeitszeitordnung Amtshilfe zu leisten.

bei

§ 28. A u s n a h m e n i m öffentlichen Interesse Der Reichsarbeitsminister kann über die in der Arbeitszeit Ordnung oder in anderen Arbeitsschutzvorschriften vorgesehenen Ausnahmen hinaus widerruflich weitergehende Ausnahmen zulassen, wenn sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden 1 ). § 29. A u s f ü h r u n g s b e s t i m m u n g e n Der Reichsarbeitsminister erläßt die zur Durchführung der Arbeitszeitordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Er kann, soweit es zur Verwirklichung des mit der Arbeitszeitordnung verfolgten Zweckes erforderlich ist, auch Vorschriften und Anordnungen ergänzenden Inhalts erlassen. 1. Höhere Verwaltungsbehörde im Sinne der Arbeitszeitordnung und dieser Verordnung sind die im anliegenden Verzeichnis angeführten Behörden. Sonstiges 42. Die Vorschriften der §§ 12 und 18 über arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen und des § 19 über Nachtruhe gelten auch für die nach anderen gesetzlichen Vorschriften zulässige Beschäftigung von Gefolgmitgliedern an Sonn- und Feiertagen, soweit in diesen Vorschriften keine abweichende Regelung getroffen ist. Abschnitt I I . Gast- und Schankwirtschaften 46. In Gast- und Schankwirtschaften und im übrigen Beherbergungswesen ist den Gefolgschaftsmitgliedern in jeder Woche einmal eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens vierundzwanzig Stunden im Anschluß an eine Nachtruhe zu gewähren. Mindestens in jeder vierten Woche soll die Ruhezeit auf einen Sonntag fallen. 47. In Bade- und Ausflugsorten kann während der Saison in jeder zweiten und dritten Woche an Stelle des ganzen Ruhetags ein halber Ruhetag gewährt werden. Als Zu § 27: 1) S. Anm. 2 zu § 12. 2) S. Anm. 1 zu § 28. Zu § 28: 1) Mit Erl. vom 16. 12. 1938 (RArbBl. I S. 389) hat der RArbM. die Befugnisse aus § 28 auf die GewAufsÄmter übertragen. Zur AusfVO. Ziff. 1: 1) Das Verzeichnis ist hier nicht abgedruckt. In (ehemaligen) Preußen, in Bayern (und Sachsen) sind es die Regierungspräsidenten, bei den Bergbaubetrieben die Oberbergämter.

B V 5. Arbeitszeitordnung. § 29. Ausführungsbestimmungen

857

halber Ruhetag gilt eine Freizeit vom Vormittag bis vierzehn Uhr oder am Nachmittag von vierzehn Uhr ab. Welche Orte ah Bade- und Ausflugsorte gelten sowie die Zeit der Saison bestimmt die höhere Verwaltungsbehörde. 48. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus wichtigen Gründen einen von Nr. 46 und 47 abweichende Regelung der Ruhezeiten zulassen. 49. Das Datum der ganzen und halben Ruhetage und die beteiligten Gefolgschaftsmitglieder sind spätestens am folgenden Werktag in ein Verzeichnis oder eine Kartei einzutragen. Wenn die Regelung der Ruhezeiten längere Zeit dieselbe ist, kann an Stelle des Verzeichnisses ein Aushang mit den entsprechenden Angaben treten. Die Bestimmungen der Nr. 36 über eine einheitliche Form des Nachweises finden Anwendung. Abschnitt III. Kraftfahrer und Beifahrer 501). Die Arbeitszeit der Kraftfahrer und Beifahrer darf die in der Arbeitszeitordnung festgesetzten Grenzen (§§3 bis 11 und § 17) nicht überschreiten. Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen (§ 2 Abs. 1); sie umfaßt den reinen Dienst am Steuer, Vor- und Abschlußarbeiten, sonstige Hilfsarbeiten und Arbeitsbereitschaft. Der reine Dienst am Steuer darf nicht über acht Stunden in der Schicht ausgedehnt werden. Die Arbeitszeit einschließlich der Ruhepausen (Arbeitsschicht) darf höchstens 12 Stunden betragen2). 51. Die Fahrzeit ist durch Ruhepausen von solcher Dauer zu unterbrechen, daß eine ausreichende Erholung gewährleistet ist. Als Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von mindestens einer Viertelstunde. Der Dienst am Steuer darf ohne Unterbrechung höchstens viereinhalb Stunden ausgeübt werden. Nach einem ununterbrochenen viereinhalbstündigen Dienst am Steuer ist für das Gefolgschaftsmitglied eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde einzulegen. 52. Die ununterbrochene Ruhepause zwischen zwei Schichten muß mindestens elf Stunden betragen; im Verkehrswesen darf die ununterbrochene Ruhezeit auf zehn Stunden verkürzt werden (§ 12 Abs. 1). Innerhalb zweier Wochen müssen ununterbrochene Ruhezeiten von mindestens sechsunddreißig und vierundzwanzig Stunden liegen. 53. Durch Tarifordnung oder gemeinsame Dienstordnung eines Reicksministers kann für Kraftfahrer und Beifahrer eine von Nr. 50 bis 52 abweichende Regelung der Dauer des Dienstes am Steuer, der Arbeitsschicht, der Ruhepausen und der Ruhezeiten zugelassen werden. In besonderen Fällen kann das Gewerbeaufsichtsamt (Bergbehörde) beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses eine abweichende Regelung genehmigen. 54. Über die Arbeitszeit der Kraftfahrer und Beifahrer sind Fahrtenbücher zu führen, aus denen die Dauer folgender Zeitgruppen hervorgehen muß: Arbeitsschicht, Vor-, Abschluß- und sonstige Hilfsarbeiten, reiner Dienst am Steuer, Arbeitsbereitschaft sowie Ruhepausen. Die Eintragungen sind von dem Kraftfahrer und Beifahrer bei Beginn und Ende jeder Zeitgruppe vorzunehmen. Die Fahrtenbücher sind während der Fahrt mitzuführen und dem zuständigen Beamten auf Verlangen auszuhändigen. Die Vorschriften der Nr. 36 über eine einheitliche Form des Nachweises finden Anwendung. Abschnitt IV. Inkrafttreten 55. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1939 in Kraft. . . . Zur AusfVO. Ziff. 46 u. 47: a) Anordnung über Ruhezeiten v. 23. 4. 1940 (RArbBl. I I I S. 128) b) Anordnung betr. Freizeit v. 5. 12. 1940 (RArbBl. I I I 310) nebst RdErl. v. 10. 2 und 15. 3. 1941 )RArbBl. I I I S. 34 und 124.) Z u r AusfVO. Ziff. 50: 1) Über die Auslegung des Abschnittes I I I der AusfVO. s. Erl. des RArbM. vom 9. 2. 1939 (RArbBl. I I I S. 63). Vgl. ferner § 15a StVZO. (B V I I I 3). 2) Bekm. betr. Arbeitsschichtenregelung c. 11. 1. 1939 (RArbBl. I I I S. 8).

858

B V 6. J u g e n d s c h u t z g e s e t z . §§ 1, 2

B V 6. Jugendschutzgesetz Gesetz über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit der Jugendlichen Vom 30. April 1938 (RGBl. I S. 437)*) 1. Abschnitt: Allgemeine

Vorschriften

§ 1. Geltungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen in einem Lehr- oder Arbeitsverhältnis und mit sonstigen Dienstleistungen, die der Arbeitsleistung in einem Lehr- oder Arbeitsverhältnis ähnlich sind 1 ). (2) Kind ist, wer noch nicht vierzehn Jahre alt ist. (3) Jugendlicher ist, wer über vierzehn, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Auf Jugendliche, die noch volksschulpflichtig sind 2 ), finden die Vorschriften über die Beschäftigung von Kindern Anwendung. § 2. Begrenzung des Geltungsbereiches (1) Wegen der Eigenart der Arbeitsbedingungen bleibt einer besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten die Beschäftigung 1. in der Hauswirtschaft 1 ), 2. in der Landwirtschaft einschließlich des Gartenbaues 2 ), des Weinbaues und der Imkerei, in der Forstwirtschaft, bei der Jagd und in der Tierzucht; 3. in der Fischerei, in der See-3) und Binnenschiffahrt 4 ), in der Flößerei 4 ) Z u B V 6 : *) Gilt seit d e m 1 . 1 . 1939 a n Stelle des Gesetzes b e t r . K i n d e r a r b e i t in gewerblichen B e t r i e b e n v o m 30. 3. 1903 (RGBl. S. 613). — I n d e r hier nicht a b g e d r u c k t e n eingehenden A u s f V O . v o m 12. 12. 1938 (RGBl. I S. 1799) sind noch eine R e i h e n ä h e r e r Vors c h r i f t e n gegeben. D u r c h L a n d e s r e c h t sind die Vorschriften des Jugendschutzges. z. T . geä n d e r t worden, vgl. z. B. f ü r B a y e r n A n m . 1 zu § 21, f e r n e r niedersächs. Arbeitsschutzges. f ü r J u g e n d l . v. 9. 12. 1948 (GVB1. S. 179) i.d.F. v. 16. 5. 1949 (S. 19) m i t D V O . v. 26. 7. 1949 (S. 176), f ü r W ü r t t e m b e r g - H o h e n z o l l e r n s. D R Z . 1949, 85, f ü r Berlin VO. v. 25. 11. 1949 (VOB1. S. 446). S c h r i f t t u m : K o m m , von Rohmer u n d Siebert. Z u § 1: 1) U b e r L e h r v e r h ä l t n i s vgl. A n m . 3 zu § 17 H a n d w e r k s O . — B I I I 2 — . E i n e „ ä h n l i c h e " Dienstleistung ist z. B. die des Kindes im elterlichen Geschäft gemäß § 1617 B G B . (vgl. dazu § 2 Abs. 3). Ausgenommen vom Geltungsbereich sind lediglich die in § 2 aufgezählt e n Beschäftigungen sowie alle Beschäftigungen, die kein L e h r - cder Arbeitsverhältnis d a r stellen, so im öffentlichen Dienst cder bei U n t e r b r i n g u n g in einer Heil- u n d Pflegeanstalt, in einer S t r a f a n s t a l t oder dgl. E i n Unterschied zwischen männlichen oder weiblichen J u g e n d lichen wird n i c h t g e m a c h t . 2) Siehe §§ 4, 6 des Reichsschulpflichtgesetzes v o m 6. 7. 1938 (RGBl. I S. 799) bzw. die a n seine Stelle getretenen landesrechtl. Vorschriften, z . B . B e r l i n : B . SchulpflGes. i. F. v. 5. 8. 1952 (GVB1. S. 957); H a m b . Ges. ü b e r das Schulwesen v. 25. 10. 1949 (GVB1. S. 257), Hess. Schulpflichtgesetz v. 27. 5. 1950 (GVB1. S. 67), Niedersachsen, Ges. v. 15. 9. 1954 (GVB1. Nr. 19). Z u § 2 : 1) Also die Hausangestellten, Hausgehilfinnen usw. I s t H a u s w i r t s c h a f t u n d Gewerbebetrieb gemischt, so entscheidet sich die A n w e n d u n g des Gesetzes d a n a c h , welche Beschäftigung überwiegt. 2) Vgl. die Vorl. L a n d a r b e i t s O . v o m . 24. 1. 1919 ( R G B l . I S. I I I ) m i t Ä n d e r u n g e n i m A r b G G . v. 23. 12. 1926 (RGBl. I S. 507 u. Ges. v. 20. 1. 1934 (RGBl. I S. 45). 3) Vgl. SeemannsO. v o m . 2. 6. 1902 ( R G B l . S. 175), i. F v o m 30. 5. 1929 (RGBl. I I S. 383); nach § 7 Abs. 2 d ü r f e n K i n d e r im Schiffsdienst n i c h t v e r w e n d e t werden. 4) Siehe Ziff. der AusfVO. D a n a c h d ü r f e n K i n d e r in B i n n e n s c h i f f a h r t u n d Flößerei n i c h t b e s c h ä f t i g t werden, f ü r Jugendliche gilt bis auf weiteres die AZO. v o m 30. 4. 1938 ( R G B l . I S. 447).

B V 6. Jugendschutzgesetz. §§ 3—5

859

und in der Luftfahrt, ausschließlich der zugehörigen Land- und Bodenbetriebe. (2) Für Nebenbetriebe der im Abs. 1 Nr. 2 genannten Wirtschaftszweige gilt dieses Gesetz, sofern sie ihrer Art nach unter dieses Gesetz fallen und nicht nur für eigenen Bedarf arbeiten 5 ). (3) Auf die in Familienbetrieben beschäftigten Jugendlichen 4 ), die mit dem Unternehmer oder dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind, finden nur die Vorschriften des § 20 dieses Gesetzes über gefährliche Arbeiten Anwendung; die übrigen Vorschriften gelten nur als Richtlinien, soweit nicht das Gewerbeaufsichtsamt im Bedarfsfalle für einzelne Betriebe ihre Befolgung zwingend anordnet. Ein Betrieb ist ein Familienbetrieb, wenn in ihm regelmäßig nur Mitglieder des Familienhaushalts beschäftigt werden, die mit dem Unternehmer oder dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind. (4) Der Reichsarbeitsminister kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Fachminister Bestimmungen darüber erlassen, ob einzelne Arten von Betrieben oder Beschäftigungen unter die vorstehenden Ausnahmen fallen. Soweit derartige Bestimmungen nicht erlassen sind, kann das Gewerbeaufsichtsamt im Einzelfalle eine entsprechende Entscheidung treffen. § 3. Begriff der Arbeitszeit (1) Tägliche Arbeitszeit1) ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen (§ 15). Wochenarbeitszeit ist die Arbeitszeit von Montag bis einschließlich Sonntag. (2) Arbeitszeit ist auch die Zeit, während der ein im übrigen im Betriebe Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird. Werden Kinder oder Jugendliche von mehreren Stellen beschäftigt, so dürfen die einzelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten. (3) Werden Kinder oder Jugendliche in erheblichem Maße mit Arbeiten, die unter dieses Gesetz fallen, und auch in anderen Wirtschaftszweigen (§ 2 Abs. 1) in einem Lehr- oder Arbeitsverhältnis beschäftigt, so finden die Vorschriften des § 5 Abs. 3 Nr. 2 und der §§ 7 bis 13 über die Dauer der Arbeitszeit auf die gesamte Beschäftigung Anwendung. 2. Abschnitt:

Kinderarbeit

§ 4. Verbot der Kinderarbeit (1) Kinderarbeit ist grundsätzlich verboten. (2) Ausnahmen sind nur zulässig, soweit sie in den nachfolgenden Vorschriften ausdrücklich vorgesehen sind. § 5. Kinderarbeit vor Beendigung der Volksschulpflicht (1) Volksschulpflichtige Kinder 1 ) dürfen nur beschäftigt werden, wenn dem Unternehmer vor Beginn der Beschäftigung eine Arbeitskarte 2 ) des Kindes 5) Also gewerbliche Betriebe sind. 6) Nur die Jugendlichen, nicht die Kinder, insoweit siehe § 5 Abs. 2, 3. Zu § 3 : 1) Vgl. § 2 Abs. 1 AZO. Siehe ferner § 7 Abs. 1. Zu § 5 : 1) Über Volksschulpflicht siehe Anm. 2 zu § 1. 2) Bez. der Arbeitskarte siehe die eingehenden Vorschriften in der AusfVO. zu § 5 Abs. 1.

860

B V 6. Jugendschutzgesetz. § 6

ausgehändigt worden ist. Dies gilt nicht für eine nur gelegentliche Beschäftigung von Kindern über zwölf Jahre mit einzelnen Arbeitsleistungen. (2) Volksschulpflichtige Kinder über zwölf Jahre dürfen mit leichten Arbeiten im Handelsgewerbe, mit dem Austragen von Waren, mit anderen Botengängen und mit Handreichungen beim Sport beschäftigt werden. In Familienbetrieben23) ist auch eine Beschäftigung mit anderen Arbeiten zulässig, soweit nicht der Reichsarbeitsminister die Arbeiten ausdrücklich als ungeeignet bezeichnet hat 3 ). (3) Für die Beschäftigung von Kindern nach Abs. 2 gelten folgende Beschränkungen : 1. Die Kinder dürfen nur in der Zeit zwischen acht und neunzehn Uhr und nicht vor dem Vormittagsunterricht beschäftigt werden; in diesen Grenzen muß auch die für den Arbeitsweg aufzuwendende Zeit liegen. 2. Die Beschäftigung darf nicht länger als zwei Stunden, während der Schulferien nicht länger als vier Stunden täglich dauern. Nach dem Vormittagsunterricht ist eine mindestens zweistündige, nach dem Nachmittagsunterricht eine mindestens einstündige ununterbrochene arbeitsfreie Zeit zu gewähren. 3. Bei einer Beschäftigung von mehr als drei Stunden täglich den Kindern eine Ruhepause von einer halben Stunde zu gewähren; die halbstündige Pause kann durch zwei Ruhepausen von je einer Viertelstunde ersetzt werden. 4. Während der Schulferien sind die Kinder jährlich mindestens fünfzehn Werktage von der Beschäftigung freizulassen. Diese arbeitsfreie Zeit ist nach Möglichkeit zusammenhängend zu gewähren; sie darf nicht in mehr als zwei Abschnitte zerlegt werden. 5. An Sonn- und Feiertagen dürfen Kinder nicht beschäftigt werden. Zulässig sind Handreichungen beim Sport für die Dauer von vier Stunden. (4) Bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und anderen Schaustellungen oder Darbietungen, bei denen Belange der Kunst oder Wissenschaft es erfordern, und bei Filmaufnahmen kann das Gewerbeaufsichtsamt ausnahmsweise die Beschäftigung von Kindern zulassen 4 ). Die Verwendung von Kindern unter drei Jahren darf jedoch nur zugelassen werden, wenn ein erhebliches wissenschaftliches oder künstlerisches Bedürfnis sie notwendig macht und nachweislich besondere Vorkehrungen zum Schutze der Gesundheit und zur sachkundigen Pflege und Beaufsichtigung der Kinder getroffen sind. Das Gewerbeaufsichtsamt hat die näheren Bestimmungen über die Lage und Dauer der Beschäftigung, über die Ruhepausen und über etwaige Sonntagsarbeit zu treffen. § 6. Kinderarbeit nach Beendigung der Volksschulpflicht (1) Kinder, die nicht mehr volksschulpflichtig sind 1 ), dürfen bis zu sechs Stunden täglich beschäftigt werden2). Im übrigen finden die Vorschriften des Dritten Abschnitts über die Arbeitszeit der Jugendlichen mit Ausnahme des § 8 Abs. 2 Anwendung. In einem Lehrverhältnis dürfen Kinder, die nicht mehr 2 a) Vgl. § 2 Abs. 3. 3) Siehe AusfVO. zu § 5 Abs. 2 mit der Anlage, in der die ungeeigneten Beschäftigungen aufgezählt sind. 4) Siehe dazu Ziff. 2 0 — 2 8 der AusfVO. Z u § 6 : 1) Über Volksschulpflicht siehe Anm. 2 zu § 1 2) Ausschließlich der Unterrichtszeit in einer Berufsschule; einschließlich dieser Zeit darf die tägliche Arbeitszeitrecht Stunden nicht überschreiten, Ziff 29 der AusfVO.

B V 6. Jugendschutzgesetz. §§ 7—9

861

volksschulpflichtig sind, nach Anzeige an das Gewerbeaufsichtsamt ebenso wie Jugendliche beschäftigt werden 3 ). (2) Bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, anderen Schaustellungen, Darbietungen oder Lustbarkeiten und bei Filmaufnahmen ist eine Beschäftigung nur mit Genehmigung des Gewerbeaufsichtsamts zulässig. Dieses hat die näheren Bestimmungen über die Lage und Dauer der Beschäftigung, über die Ruhepausen und über etwaige Sonntagsarbeit zu treffen.

3. Abschnitt:

Arbeitszeit der

Jugendlichen

§ 7. Regelmäßige Arbeitszeit (1) Die tägliche Arbeitszeit 1 ) der Jugendlichen darf acht Stunden, ihre Wochenarbeitszeit achtundvierzig Stunden nicht überschreiten. (2) Bei Arbeiten, die ihrer Art nach einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, darf die Wochenarbeitszeit der Jugendlichen über sechzehn Jahre im Durchschnitt von zwei Wochen zweiundfünfzig Stunden betragen 2 ). § 8. Berufsschule (1) Den Jugendlichen ist die zur Erfüllung der gesetzlichen Berufsschulpflicht notwendige Zeit zu gewähren 1 ). (2) Die Unterrichtszeit in einer Berufsschule ist auf die Dauer der Arbeitszeit anzurechnen 2 ). Die Erziehungsbeihilfe ist für die Unterrichtszeit weiterzuzahlen. § 9. Andere Verteilung der Arbeitszeit 1 ) (1) Wird die Arbeitszeit an einzelnen Tagen regelmäßig verkürzt, so kann die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Tage derselben sowie der vorhergehenden oder der folgenden Woche verteilt werden. Dieser Ausgleich ist ferner zulässig, soweit die Art des Betriebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert; das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, ob diese Voraussetzung vorliegt. (2) Die durch Betriebsfeiern, Volksfeste, öffentliche Veranstaltungen oder aus ähnlichem Anlaß ausfallende Arbeitszeit kann auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen verteilt werden. 3) Sofern die Beschäftigung sechs Stunden überschreitet, Ziff 30 der AusfVO. — Dasselbe gilt für Kinder in anerkanntem Anlernverhältnis, Ziff. 30 der AusfVO. Anlernverhältnis ist Ausbildung für Spezialarbeit. Z u § 7 : 1) Siehe § 3. 2) Siehe dazu Ziff. 32 der AusfVO. Zu § 8 : 1) Über die Berufsschulpflicht siehe §§8—14 des Reichsschulpflichtgesetzes. Berufsschulen sind auch die anerkannten Werkschulen. S. auch § 120 GewO. 2) Die Anrechnug war früher nicht vorgeschrieben; sie ist eine bedeutsame Neuerung. Ausnahmen können nach § 28 Abs. 1 Ziff. 2 gestattet werden, allerdings zeitlich begrenzt für eine Übergangszeit. Bei K i n d e r n , die nicht mehr vollschulpflichtig sind und nur sechsstündige Arbeitszeit haben (§ 6 Abs 1). findet wegen dieser verkürzten Arbeitszeit keine Anrechnung statt, Rohmer, Komm. Anm. 2 zu §8. Angerechnet kann nur die gesetzliche Schulzeit werden, nicht die freiwillige, Siebert, Komm. Anm. 6 b zu § 8. Die Anrechnung umfaßt nicht auch den Schulweg. Zu § 9: 1) § 9 Abs. 1 und 2 sind gleichbedeutend mit § 4 Abs. 1 und 2 AZO. (B V 5). — Siehe ferner die Ziff. 33—36 der AusfVO.

862

B V 6. Jugendschutzgesetz. §§ 10—12

Dasselbe gilt, wenn in Verbindung mit Feiertagen die Arbeitszeit an Werktagen ausfällt, um den Gefolgschaftsmitgliedern eine längere zusammenhängende Freizeit zu gewähren. (3) Die tägliche Arbeitszeit darf bei Anwendung der Vorschriften der Absätze 1 und 2 neun Stunden nicht überschreiten2). § 10. Vor- und Abschlußarbeiten (1) Vor- und Abschlußarbeiten sind grundsätzlich durch späteren Beginn oder frühere Beendigung der Arbeitszeit oder durch längere Ruhepausen auszugleichen. (2) Falls die Ausbildung der Jugendlichen es erfordert, oder falls zwingende betriebliche Gründe vorliegen, darf die nach den §§ 7 und 9 zulässige Dauer der Arbeitszeit für Jugendliche über sechzehn Jahre um eine halbe Stunde täglich in folgenden Fällen ausgedehnt werden: 1. bei Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese Arbeiten während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen lassen 1 ); 2. bei Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrechterhaltung des vollen Betriebes arbeitstechnisch abhängt 1 ); 3. bei dem Zuendebedienen der Kundschaft einschließlich der damit zusammenhängenden notwendigen Aufräumungsarbeiten. (3) Das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, welche Arbeiten als Vorund Abschlußarbeiten gelten. § 11.

Behördliche Genehmigung von

Arbeitszeitverlängerungen

Das Gewerbeaufsichtsamt ) kann eine Überschreitung der nach den §§ 7, 9 und 10 zulässigen Dauer der Arbeitszeit für Jugendliche über sechzehn Jahre bis zu zehn Stunden täglich und vierundfünfzig Stunden wöchentlich zulassen 2 ), 1. wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fällt und aus diesem Grunde die Arbeitszeit für die erwachsenen Gefolgschaftsmitglieder verlängert ist; 2. wenn aus dringenden Gründen des Gemeinwohls, insbesondere zur Ausbildung der Jugendlichen, Mehrarbeit erforderlich ist. 1

§ 12. Höchstgrenze für Arbeitszeitverlängerungen Die Arbeitszeit darf auch bei Zusammentreffen der Ausnahmen durch andere Verteilung der Arbeitszeit, durch Vor- und Abschlußarbeiten und durch behördliche Genehmigung von Arbeitszeitverlängerungen zehn Stunden täglich und vierundfünfzig Stunden wöchentlich nicht überschreiten1). 2) Ausnahmen lassen die §§ 11, 12 zu, aber nur für Jugendliche über 16 Jahren Zu § 10: 1) § 10 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 entsprechen Ziff. 3 des § 105c GewO. Hierher gehört Reinigung der Räume, der Maschinen, die zum Produktionsgang in Betrieb sein müssen, Besorgung der Heizung usw. Zu § 11: 1) Arbeitszeitverlängerung durch Tarifvertrag ist nicht zulässig. Außer den Fällen der §§ 9 und 10 kann nur gemäß § 11 das Gewerbeaufsichtsamt die Arbeitszeit verlängern. — Siehe auch Ziff. 38—40 der AusfVO. 2) Siehe hierzu § 4 ArbeitsschutzVO. v. 12. 12. 1939 (RGBl. I S. 2403). Zu § 12:

1) Über Ausnahmen in Notfällen siehe § 19.

B Y 6. Jugendschutzgesetz. §§ 13—16

863

§ 13. MehrarbeitsVergütung (1) Wird auf Grund des § 11 Nr. 2 Mehrarbeit geleistet, so haben die Jugendlichen mit Ausnahme der Lehrlinge für die über die Grenzen der § § 7 und 9 hinausgehende Arbeitszeit Anspruch auf eine angemessene Vergütung über den Lohn für die regelmäßige Arbeitszeit hinaus. (2) Als angemessene Vergütung gilt, wenn nicht die Beteiligten eine andere Regelung vereinbaren oder ein Reichsminister durch gemeinsame Dienstordnung, der Reichsarbeitsminister oder der Reichstreuhänder (Sondertreuhänder) der Arbeit eine

abweichende Regelung trifft, ein Zuschlag von fünfundzwanzig vom Hundert.

§ 14. Arbeitsfreie Zeiten (1) Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist den Jugendlichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden zu gewähren. (2) In Gast- und Schankwirtschaften, im übrigen Beherbergungswesen und in Bäckereien und Konditoreien darf die ununterbrochene Ruhezeit für Jugendliche über sechzehn Jahre auf zehn Stunden verkürzt werden.

§ 15. Ruhepausen (1) Den Jugendlichen müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb Stunden eine oder mehrere im voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer innerhalb der Arbeitszeit gewährt werden 1 ). Die Ruhepausen müssen mindestens betragen bei mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden Arbeitszeit zwanzig Minuten, bei mehr als sechs bis zu acht Stunden eine halbe Stunde, bei mehr als acht bis zu neun Stunden drei Viertelstunden und bei mehr als neun Stunden eine Stunde. Länger als viereinhalb Stunden hintereinander dürfen Jugendliche nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden. (2) Als Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von mindestens einer Viertelstunde. (3) Während der Ruhepausen darf den Jugendlichen eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet werden. Für den Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit besondere Aufenthaltsräume oder freie Plätze bereitzustellen. Der Aufenthalt in den Arbeitsräumen darf nur gestattet werden, wenn die Arbeit in den Teilen des Betriebes, in denen die Jugendlichen sich aufhalten, Während der Pausen völlig eingestellt und auch sonst die notwendige Erholung nicht beeinträchtigt wird. Die Heranziehung zu körperlichen Übungen, die der Erholung und Kräftigung dienen, ist zulässig. (4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann, soweit es mit der Rücksicht auf die Schutzbedürftigkeit der Jugendlichen vereinbar ist, aus wichtigen Gründen eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelung zulassen 2 ). Es kann für Betrieb oder Betriebsteile oder für bestimmte Arbeiten, soweit die Schwere der Arbeit oder der sonstige Einfluß der Beschäftigung auf die Gesundheit der Jugendlichen es erwünscht erscheinen läßt, über die Vorschriften der Absätze 1 und 2 hinausgehende Pausen anordnen.

§ 16. Nachtruhe (1) Jugendliche dürfen nicht in der Nachtzeit von zwanzig bis sechs Uhr beschäftigt werden. Z u § 15: 1) Über den Begriff Ruhepausen siehe § 2 AZO. Über den Aushang mit Angaben der Ruhepausen siehe § 23. 2) Bei der Abweichung sind Art der Arbeit, Beschaffenheit oder Arbeitsräume, Alter und Geschlecht der Jugendlichen und dgl. zu berücksichtigen, siehe Ziff. 42, 43 AusfVO.

864

B V 6. Jugendschutzgesetz. § 17

(2) In Gast- und Schankwirtschaften und im übrigen Beherbergungswesen dürfen Jugendliche unter sechzehn Jahre bis einundzwanzig Uhr und Jugendliche über sechzehn Jahre bis dreiundzwanzig Uhr beschäftigt werden 1 ). In Gastund Schankwirtschaften, in denen der Hauptgeschäftsverkehr regelmäßig in den späten Abendstunden liegt, kann das Gewerbeaufsichtsamt die Beschäftigung Jugendlicher über sechzehn Jahre als Kellner und Köche bis vierundzwanzig Uhr zulassen. Weibliche Jugendliche dürfen nach zweiundzwanzig Uhr nicht zur Bedienung der Gäste herangezogen werden. (3) In Bäckereien und Konditoreien dürfen Jugendliche über sechzehn Jahre in der Nachtzeit beschäftigt werden, soweit nach dem Gesetz über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 29. Juni 1936 (RGBl. I S. 521) 2 ) die Herstellung von Bäcker- und Konditorwaren während der Nachtzeit erlaubt ist. (4) Bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, anderen Schaustellungen, Darbietungen oder Lustbarkeiten und bei Filmaufnahmen dürfen Jugendliche bis vierundzwanzig Uhr beschäftigt werden, Jugendliche unter sechzehn Jahren jedoch nur nach vorheriger Anzeige an das Gewerbeaufsichtsamt. Das Gewerbeaufsichtsamt kann die Beschäftigung Jugendlicher unter sechzehn Jahren nach zwanzig Uhr untersagen oder von Bedingungen abhängig machen. (5) In mehrschichtigen Betrieben dürfen Jugendliche über sechzehn Jahre in wöchentlichem Wechsel bis dreiundzwanzig Uhr beschäftigt werden. Nach vorheriger Anzeige an das Gewerbeaufsichtsamt kann abweichend von der Vorschrift des Absatzes 1 die Frühschicht regelmäßig frühestens um fünf Uhr beginnen, wenn die Spätschicht entsprechend früher endet; in diesem Falle dürfen in der Frühschicht auch Jugendliche unter sechzehn Jahren von fünf Uhr ab beschäftigt Werden. Das Gewerbeaufsichtsamt kann zulassen, daß die Spätschicht regelmäßig spätestens um vierundzwanzig Uhr endet, wenn die Frühschicht entsprechend später beginnt. (6) Das Gewerbeaufsichtsamt kann in Betrieben, in denen die Arbeiter in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze ausgesetzt sind, in der warmen Jahreszeit die Beschäftigung Jugendlicher vor sechs Uhr zulassen 2 ).

§ 17. Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen (1) An den Sonnabenden und den Tagen vor dem Weihnachts- und Neujahrsfest dürfen Jugendliche in einschichtigen Betrieben nicht nach vierzehn Uhr beschäftigt werden. Der durch den Frühschluß eintretende Ausfall an Arbeitsstunden kann entsprechend den Vorschriften des § 9 über andere Verteilung der Arbeitszeit ausgeglichen werden. (2) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden, soweit bisher eine Beschäftigung am Sonnabendnachmittag üblich gewesen ist, keine Anwendung auf das Verkehrswesen, auf Fleischereien 1 ), auf Bäckereien und Konditoreien, auf Gast- und Schankwirtschaften 2 ), auf das Friseurhandwerk, auf Gärtnereien, auf Ausbesserungswerkstätten für Kraftfahrzeuge und Fahrräder, auf Krankenpflegeanstalten 3 ) , auf Musikaufführungen,Theatervorstellungen, andere Schaustellungen, Zu § 16: 1) Die Bestimmungen des Gaststättengesetzes und landesrechtliche Vorschriften mit weitergehenden Schutzmaßnahmen (so im ehem. Preußen bez. Beschäftigung weiblicher Arbeitnehmer VO. v. 27. 5. 1933, GS. S. 213), bleiben unberührt. Erl. des RArbM. v. 12. 12. 1938, (RArbBl. I I I S. 290). 2) Siehe hierzu Nr. 48 der AusfVO. Zu § 17: 1) Vgl. § 16 GewO. 2) Siehe §§ 1, 23ff. Gaststättengesetz abgedruckt unter B I I I 7. 3) Siehe VO. über Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten v. 13. 2. 1924 (RGBl. I S. 66, 154).

B V 6. Jugendschutzgesetz. § 18

865

Darbietungen oder Lustbarkeiten, auf Filmaufnahmen, auf offene Verkaufsstellen4), auf den Marktverkehr und auf Handreichungen beim Sport. Sie finden weiter keine Anwendung auf Jugendliche über sechzehn Jahre in den mit offenen Verkaufsstellen verbundenen Änderungswerkstätten, soweit die Arbeiten nicht durch geeignete Erwachsene ausgeführt werden können. Jugendliche, die auf Grund dieser Vorschriften abweichend vom Abs. 1 beschäftigt werden, sind an einem anderen Tage der nächsten Woche von vierzehn Uhr ab von der Arbeit freizulassen. An Stelle des freien Nachmittags kann in jeder zweiten Woche ein Vormittag bis vierzehn Uhr freigegeben werden. (3) Der Reichsarbeitsminister kann Ausnahmen von den Vorschriften des Absatzes 1 für einzelne Arten von Betrieben oder Beschäftigungen zulassen, insbesondere für Gewerbe, in denen an diesen Tagen regelmäßig ein erhöhter Arbeitsbedarf vorhanden ist 5 ). (4) Aus dringenden Gründen des Gemeinwohls oder wenn ein unverhältnismäßiger, auf andere Weise nicht zu verhütender Schaden für den Betrieb eintreten würde, kann das Gewerbeaufsichtsamt für insgesamt sechs Sonnabende im Kalenderjahr, jedoch für höchstens zwei Sonnabende hintereinander die Beschäftigung Jugendlicher über sechzehn Jahre abweichend von den Vorschriften des Absatzes 1 zulassen. Für weitere sechs Sonnabende im Jahr und für mehr als zwei Sonnabende hintereinander kann die höhere Verwaltungsbehörde die gleichen Ausnahmen zulassen. § 18. Sonn- und Feiertagsruhe (1) An Sonn- und Feiertagen1) dürfen Jugendliche nicht beschäftigt werden. (2) Zulässig ist die Beschäftigung von Jugendlichen über sechzehn Jahre bei Arbeiten, die ihrer Art nach einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, falls für diese Arbeiten die Beschäftigung erwachsener Gefolgschaftsmitglieder an Sonn- und Feiertagen gestattet ist 2 ). Jeder zweite Sonntag muß beschäftigungsfrei bleiben. (3)3) Zulässig ist die Beschäftigung von Jugendlichen in Gast- und Schankwirtschaften und im übrigen Beherbergungswesen, in Krankenpflegeanstalten, bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, anderen Schaustellungen, Darbietungen oder Lustbarkeiten und im Marktverkehr. Den hiernach an Sonnund Feiertagen beschäftigten Jugendlichen ist wöchentlich ein voller Ruhetag zu gewähren. In jeder vierten Woche muß der Ruhetag auf einen Sonntag fallen. (4) Zulässig ist die Beschäftigung von Jugendlichen mit Handreichungen beim Sport bis zur Dauer von sechs Stunden. Zulässig ist ferner die Beschäftigung von Jugendlichen in offenen Verkaufsstellen4) an höchstens sechs Sonn- und Feiertagen im Kalenderjahr, soweit an diesen nach den Vorschriften der Gewerbeordnung § 105 b Abs. 2 eine Beschäftigung Erwachsener gestattet ist. Die Dauer dieser Beschäftigungen wird auf die Wochenarbeitszeit (§ 7) nicht angerechnet. (5) Aus dringenden Gründen des Gemeinwohls oder wenn ein unverhältnismäßiger, auf andere Weise nicht zu verhütender Schaden für den Betrieb eintreten 4) Siehe § 41a GewO. 5) Siehe auch die auf Grund des § 28 ergangenen Vorschriften (Anm. 1 zu § 28). Z u § 18: 1) Über Feiertage siehe das Gesetz über Feiertage, abgedruckt unter B II 3 und Anm. 1 zu § 366 StGB. 2) Siehe §§ 105e—f GewO. 3) Vgl. hierzu die Anm. 2—4, 9 zu § 17 AZO. 4) Siehe § 41a GewO. 55

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B V 6. Jugendschutzgesetz. §§ 19—21

würde, kann das Gewerbeaufsichtsamt für insgesamt sechs Sonntage im Kalenderjahr, jedoch für höchstens zwei Sonntage hintereinander die Beschäftigung Jugendlicher über sechzehn Jahre abweichend von den Vorschriften des Absatzes 1 zulassen. Für weitere sechs Sonntage im Jahr und für mehr als zwei Sonntage hintereinander kann die höhere Verwaltungsbehörde die gleichen Ausnahmen zulassen.

§ 19. Ausnahmen in Notfällen

Die Vorschriften des § 7 über regelmäßige Arbeitszeit und der §§ 14 bis 18 über arbeitsfreie Zeiten, Ruhepausen, Nachtruhe, Frühschluß vor Sonnund Feiertagen und über Sonn- und Feiertagsruhe finden keine Anwendung auf vorübergehende Arbeiten, die in Notfällen sofort vorgenommen werden müssen 1 ). Der Betriebsführer hat die Vornahme solcher Arbeiten dem Gewerbeaufsichtsamt unverzüglich anzuzeigen.

§ 20. Gefährliche Arbeiten (1) Der Reichsarbeitsminister kann die Beschäftigung Jugendlicher für einzelne Arten von Betrieben oder Arbeiten, die mit besonderen Gefahren für die Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich untersagen oder von Bedingungen abhängig machen 1 ). (2) Unabhängig von einer Regelung nach Abs. 1 kann das Gewerbe aufsichtsamt in einzelnen Fällen die Beschäftigung Jugendlicher mit gefährlichen Arbeiten untersagen oder von Bedingungen abhängig machen 2 ).

§ 21. Urlaub1) (1) Der Betriebsführer hat jedem Jugendlichen für jedes Kalenderjahr, in dem er länger als drei Monate ohne Unterbrechung des Lehr- oder Arbeitsverhältnisses bei ihm tätig gewesen ist, unter Fortgewährung der Erziehungsbeihilfe oder des Lohnes Urlaub zu erteilen 2 ). Die Pflicht zur Urlaubserteilung besteht nicht, soweit dem Jugendlichen für das Kalenderjahr von einem anderen Betriebsführer Urlaub gewährt worden ist. Sie entfällt, wenn der Jugendliche durch eigenes Verschulden aus einem Grunde entlassen wird, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, oder wenn er das Lehr- oder Arbeitsverhältnis unberechtigt vorzeitig löst. (2) Der Urlaub ist nach Möglichkeit zusammenhängend in der Zeit der Berufsschulferien zu erteilen. E r ist spätestens bis zum einunddreißigsten März des folgenden Jahres zu gewähren. Die Mindestdauer des Urlaubs beträgt für Jugendliche unter sechzehn Jahren fünfzehn, für Jugendliche über sechzehn Z u § 19: 1) Vgl. § 14 AZO. Zu § 20: 1) Siehe die auf Grund des § 120e GewO. u. des § 28 dieses Ges. ergangenen VOen. Siehe ferner Ziff. 52 der AusfVO. betr. weibliche Jugendliche in Bergwerken, Salinen, Eisenwerken, Kokereien usw. 2) Siehe dazu Ziff. 53 der AusfVO. Zu § 2 1 : 1) Die Vorschriften des § 21 sind auf weitere Wirtschaftszweige, wie Hauswirtschaft, Landwirtschaft, Fischerei usw. ausgedehnt, JugendurlaubsVO. v. 15. 6. 1939 (RGBl. I S. 1029). § 21 ist in Bayern aufgehoben und ersetzt durch Urlaubsges. v. 11. 5. 1950 (GVB1. S. 81). Vgl. ferner SchlH. Urlaubsges. v. 29. 11. 1949 (GVB1. 1950, 1). 2) Jeder Jugendliche hat Anspruch auf den vollen, seiner Altersstufe gesetzlich zugemessenen Urlaub und daher, falls im Vorjahr nach Tarif nur kürzerer Urlaub erteilt, auf Erteilung des sich ergebenden Resturlaubs, RArbG. 22, 197. — Einem Jugendlichen, der während des Urlaubsjahres aus dem Betrieb ausscheidet, steht Geldvergütung für den fälligen, aber nicht genommenen Urlaub zu, es sei, daß im Einzelfall Treu und Glauben den Anspruch ausschließen, RArbG. DRW. 1940, 593. Der Anspruch besteht, sobald er auch nur einen Tag länger als drei Monate im Betriebe tätig war, RArbG. 23, 141.

B V 6. Jugendschutzgesetz. §§ 22—24

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Jahre zwölf Werktage. Maßgebend für die Urlaubsdauer ist das Alter des Jugendlichen bei Beginn des Kalenderjahres. (3) Während des Urlaubs darf der Jugendliche keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbsarbeit leisten3). § 22. Öffentliche Betriebe und Verwaltungen Für die Betriebe und Verwaltungen des Reichs der Reichsbank und der Länder und für die Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände können die vorgesetzten Dienstbehörden die für Beamte gültigen Dienstvorschriften über die Arbeitszeit im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister auf Jugendliche über sechzehn Jahre übertragen. 4. Abschnitt:

Durchführungsvorschriften

§ 23. Aushänge und Verzeichnisse 1 ) (1) Jeder Betriebsführer, der Jugendliche beschäftigt, ist verpflichtet: 1. ein Verzeichnis der Jugendlichen mit Tag und Jahr ihrer Geburt und mit dem Tage ihres Eintritts in den Betrieb zu führen; in dieses Verzeichnis ist der nach § 21 gewährte Urlaub für jeden Jugendlichen einzutragen. Das Verzeichnis ist mindestens zwei Jahre nach der letzten Eintragung aufzubewahren. 2. einen Abdruck dieses Gesetzes an geeigneter Stelle im Betriebe zur Einsicht auszulegen; 3. einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Ruhepausen an sichtbarer Stelle im Betriebe anzubringen; 4. einen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit nach § 9 zu führen, ferner über die Vor- und Abschlußarbeiten nach § 10 und über die Arbeiten in Notfällen nach § 19 und darin Lage und Dauer der Arbeitszeit und ihre Verteilung auf die Jugendlichen unverzüglich anzugeben; den beteiligten Gefolgschaftsmitgliedern ist auf Verlangen Einsicht in den Nachweis zu gewähren; 5. ein Verzeichnis über die den Jugendlichen nach § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 3 als Ersatz für die Beschäftigung am Sonnabend oder am Sonntag zu gewährende Freizeit zu führen. (2) Die im Absatz 1 Nr. 1, 4 und 5 vorgeschriebenen Nachweise sind dem Gewerbeaufsichtsamt auf Verlangen vorzuzeigen oder zur Einsicht einzusenden. § 24. Strafvorschriften und Zwangsmaßnahmen (1) Wer einer Vorschrift dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Verordnung oder Anordnung zuwiderhandelt1), wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis und Geldstrafe oder eine dieser Strafen 2 ). 3) Auch pflichtwidrig versäumte Arbeitszeit ist nicht im Urlaub nachzuholen. Erl. d. RArbM. v. 18. 12. 1940 (RArbBl. I S. 8). Zu § 23: 1) Hierzu sind eingehende Einzelvorschriften in den Ziff. 55 bis 65 der AusfVO. ergangen. Zu § 24: 1) Die Übertretung kann nach dem Zweck der Vorschrift auch fahrlässig begangen werden; dagegen ist in Abs. 2 der Natur der Sache nach Vorsatz erforderlich. 2) Der besonders schwere Fall ist kein Vergehen, sondern bleibt Übertretung. BGHSt. 3, 47. 55*

868

B V 6. Jugendschutzgesetz. §§ 25, 26

(3) Wer gewissenlos eine Person unter achtzehn Jahren, die durch ein Arbeits- oder Lehrverhältnis von ihm abhängt, durch Überanstrengung in ihrer Arbeitskraft schwer gefährdet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft 3 ). In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus. (4) Bei einer Zuwiderhandlung gegen die auf Grund des § 20 erlassenen Bestimmungen über die Beschäftigung bei gefährlichen Arbeiten kann das Gewerbeaufsichtsamt bis zur Herstellung des den Bestimmungen entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebes, soweit er durch die Bestimmungen getroffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführen geeignet wäre. (5) Die Vorschriften der Gewerbeordnung § 151 über die Verantwortlichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines Betriebsteiles oder zur Beaufsichtigung bestellten Personen finden entsprechende Anwendung.

§ 25. Beschwerden (1) Gegen einen auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Bescheid ist die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde oder, wenn diese den Bescheid erlassen hat, an den Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister zulässig 1 ).

(2)2) Die Beschwerdeentscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist endgültig. Gegen eine auf Grund des § 24 Abs. 4 ergangene Anordnung ist jedoch die weitere Beschwerde an den Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister, zulässig. (3) Die Beschwerde steht außer den Beteiligten auch den beteiligten berufsständischen Organisationen zu. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 26. Arbeitsaufsicht und Behördenzuständigkeit (1) Die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen obliegt den Gewerbeaufsichtsämtern. Gewerbeaufsichtsamt im Sinne dieses Gesetzes ist die örtlich zuständige Dienststelle der Gewerbeaufsicht. (2) Die nach diesem Gesetz dem Gewerbeaufsichtsamt zustehenden Befugnisse üben bei bergbaulichen Betrieben die Bergbehörden aus. (3) Auf die Befugnisse und Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden finden die Vorschriften des § 139 b der Gewerbeordnung Anwendung. (4) Die nach diesem Gesetz dem Gewerbeaufsichtsamt zustehenden Befugnisse übt für den Bereich mehrerer Gewerbeaufsichtsämter die höhere Verwaltungsbehörde aus, für Fälle, die sich über deren Bezirk hinaus erstrecken, der Reichsarbeitsminister und bei bergbaulichen Betrieben der Reichswirtschaftsminister. (5) Der Reichsarbeitsminister ist ermächtigt, die ihm nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse auf eine andere Stelle zu übertragen. (6) B e i d e n B e t r i e b e n u n d V e r w a l t u n g e n des Reichs, des Unternehmens „Reichs-

autobahnen" der Reichsbank und der Länder und bei den Verwaltungen der Ge3) Abs. 3 ergänzt den § 223 b StGB. Eine schwere Gefährdung der Arbeitskraft liegt vor, wenn die naheliegende Gefahr besteht, daß für einen nicht nur ganz vorübergehenden Zeitraum die normale Entwicklung der physischen und seelischen Fähigkeit zur Arbeit gehemmt wird oder gar die vorhandene Arbeitskraft zurückgeht. Gewissenlos: Vgl. Anm. 5 zu § 170d StGB. Die Tat kann nur vorsätzl. begangen werden. Zu § 25: 1) In Hamburg entscheidet die Arbeitsbehörde durch den Beschwerdeausschuß für Jugendarbeitsschutz (VO. v. 18. 4. 1950, GVB1. S. 137). 2) Unberührt bleibt die Zulässigkeit des verwaltungsgericlitl. Verfahrens.

B V 6. Jugendschutzgesetz. §§ 27—30

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meinden und Gemeindeverbände üben die vorgesetzten Dienstbehörden die dem Reichsarbeitsminister oder anderen Behörden nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse aus; die Verordnungsbefugnis steht jedoch nur den obersten Reichsbehörden zu. Die zuständige oberste Reichs- oder Landesbehörde kann diese Befugnisse im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister dem Gewerbeaufsichts amt übertragen.

§ 27.

Ausführungsbestimmungen

D e r R e i c h s a r b e i t s m i n i s t e r e r l ä ß t nach Anhörung des Jugendführers des Deutschen

Reichs und mit Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften 1 ). Es kann, soweit es zur Verwirklichung des mit dem Gesetz verfolgten Zweckes erforderlich ist, auch Vorschriften und Anordnungen ergänzenden Inhalts erlassen 2 ).

§ 28. Übergangsvorschriften (1) D e r Reichsarbeitsminister k a n n nach Anhörung des Jugendführers des Deutschen

Reichs und bei bergbaulichen Betrieben im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister 1. für bestimmte Gewerbezweige die Beschäftigung von Kindern über zehn Jahre, die mit dem Unternehmer oder dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind, in Familienbetrieben zulassen, 2. im Einvernehmen mit dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung unter zeitlicher Begrenzung für einzelne Arten von Betrieben oder Beschäftigungen zulassen, daß die Unterrichtszeit in einer Berufsschule auf die Dauer der Arbeitszeit ganz oder teilweise nicht angerechnet wird, falls durch den Ausfall von Jugendlichen der Betrieb oder Betriebsteile nicht fortgeführt werden könnten 1 ), 3. unter zeitlicher Begrenzung die Beschäftigung Jugendlicher unter sechzehn Jahren zwischen fünf und vierundzwanzig Uhr und Jugendlicher über sechzehn Jahre während der Nachtzeit zulassen, soweit es das Gemeinwohl, insbesondere die Gefahr des Verderbens von Rohstoffen oder Lebensmitteln oder die Rücksicht auf die Heranbildung eines geeigneten Nachwuchses, dringend erfordert 1 ). (2) Der Reichsarbeitsminister und bei bergbaulichen Betrieben der Reichswirtschaftsminister kann ferner in befristeten Ausnahmefällen aus dringenden Gründen des Gemeinwohls oder zum Ausgleich ausfallender Arbeitsstunden eine über die Vorschriften des Dritten Abschnitts dieses Gesetzes, hinausgehende Dauer der Arbeitszeit zulassen. Er kann dabei gleichzeitig eine Verkürzung der ununterbrochenen Ruhezeit gestatten. Die Vorschrift des § 13 über Mehrarbeitsvergütung findet Anwendung, soweit es sich nicht um den Ausgleich ausfallender Arbeitsstunden handelt.

§§ 29, 30 (Betr. Zeitpunkt des Inkrafttretens und Änderung von Gesetzen — nicht abgedruckt.) Zu § 27: 1) So die AusfVO., s. Anm. * vor § 1. 2) Die Ermächtigung ist erloschen. Art. 129 GG. Zu § 28: 1) So die GlashüttenVO. vom 23. 12. 1938 (RGBl. I S. 1961), die VO. über die Beschäftigung Jugendlicher in der eisenschaffenden Industrie vom 23. 12. 1938 (RGBl. I S. 1932) und die VO. über die Beschäftigung Jugendlicher in bergbaulichen Betrieben vom 20. 1. 1939 (RGBl. I S. 97).

870

B V 7. Betriebsverfassungsgesetz. §§ 1, 3, 4

B V 7. Betriebsverfassungsgesetz Vom 11. Oktober 1952 (BGBl. I S. 681)*) (Auszug) Vorbemerkung DasBetriebsverfassungsgesetz ist nach § 90 an dieStelle der landesrechtlichen Vorschriften über das Betriebsräterecht und Betriebsrätewahlrecht getreten. Diese Betriebsrätegesetze waren zur Ausführung des Kontrollratsgesetzes 22 v. 10.4.1946 (Amtsbl. des Kontrollrats in Deutschland Nr. 6 S. 133) erlassen, das wiederum das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. 1. 1934 (RGBl. I S. 45) abgelöst hatte. Dieses Gesetz hatte das Betriebsrätegesetz vom 4. 2. 1920 (RGBl. S. 147) ersetzt, das durch das Betriebsbilanzgesetz vom 5. 2. 1921 (RGBl. S. 159) und das Ges. über Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat vom 15. 2. 1922 (RGBl. S. 209) ergänzt wurde. Zur Durchführung des BVG. ist die Erste RechtsVO. vom 18. 3. 1953 (BGBl. I S. 58) und das Gesetz über die Verlängerung der Wahlperiode der Betriebsräte vom 8. 1. 1953 (BGBl. I S. 1) nebst Ergänzungsgesetz vom 20. 3. 1953 (BGBl. I S. 57) ergangen. S c h r i f t t u m : Kommentare von Fitting-Kraegeloh, 3. Aufl., Dietz 2. Aufl., Erdmann', Meissinger; Sahmer 1952. ERSTER

TEIL

Allgemeine Vorschriften § 1. [Bildung der Betriebsräte] In den Betrieben werden Betriebsräte nach Maßgabe dieses Gesetzes gebildet.

§ 3. [Nebenbetriebe] Nebenbetriebe und Betriebsteile gelten nur dann als selbständige Betriebe, wenn sie räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind.

§ 4. [Arbeitnehmer] (1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. . (2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht a) in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; b) die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit in deren Betrieben; c) die leitenden Angestellten, wenn sie zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt sind oder wenn ihnen Generalvollmacht oder Prokura erteilt ist oder wenn sie nicht angestelltenversicherungspflichtig sind und Aufgaben wahrnehmen, die regelmäßig wegen ihrer Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Betriebs nur auf Grund besonderen persönlichen Vertrauens des Arbeitgebers bestimmten Personen im Hinblick auf deren besondere Erfahrungen und Kenntnisse übertragen werden; d) Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;

B V 7. Betriebsverfassungsgesetz. §§ 5, 20

871

e) Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden; f) Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben. § 5. [Arbeiter] (1) Arbeiter im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die eine invalidenversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, auch wenn sie nicht versicherungspflichtig sind. Als Arbeiter gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den gleichen Betrieb arbeiten. (2) Angestellte im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die eine durch § 1 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes und die hierzu erlassenen Vorschriften über die Versicherungspflicht der Angestellten als Angestelltentätigkeit bezeichnete Beschäftigung ausüben, auch wenn sie nicht versicherungspflichtig sind. Als Angestellte gelten auch Beschäftigte, die sich in Ausbildung zu einem Angestelltenberuf befinden, sowie das mit einfachen oder mechanischen Dienstleistungen beschäftigte Büropersonal. § 20. [Vertretung der Arbeitnehmer] (1) Steigt die Zahl der Arbeitnehmer vorübergehend auf mehr als das Doppelte, aber mindestens um zwanzig, darunter fünf Wahlberechtigte, so wählen die nicht ständig beschäftigten Arbeitnehmer in geheimer Wahl einen Vertreter, bei mehr als fünfzig nichtständigen Arbeitnehmern zwei Vertreter, bei mehr als einhundert nichtständigen Arbeitnehmern drei Vertreter. Der Betriebsrat bestimmt den Wahlvorstand und seinen Vorsitzenden. Im übrigen gelten für die Wahl der Vertreter die Vorschriften der §§ 7, 13 Abs. 1, §§ 14, 17 Abs. 1, §§ 18 und 19 mit Ausnahme der Vorschriften über die Dauer der Betriebszugehörigkeit entsprechend. (2) Die Arbeitnehmer unter 18 Jahren wählen in Betrieben, in denen mindestens fünf Jugendliche beschäftigt sind, eine Jugendvertretung. Diese besteht in Betrieben mit 5 bis 50 jugendlichen Arbeitnehmern aus einem Jugendvertreter, 51 bis 100 jugendlichen Arbeitnehmern aus 3 Jugendvertretern, mehr als 100 jugendlichen Arbeitnehmern aus 5 Jugendvertretern. Als Jugendvertreter können Arbeitnehmer des Betriebs vom vollendeten 16. bis zum vollendeten 24. Lebensjahr gewählt werden. Absatz 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. (3) Für Betriebe, in denen wegen ihrer Eigenart der Errichtung von Betriebsräten besondere Schwierigkeiten entgegenstehen, kann durch Tarifvertrag die Errichtung einer anderen Vertretung der Arbeitnehmer des Betriebs bestimmt werden. Der Tarifvertrag bedarf insoweit der Zustimmung der obersten Arbeitsbehörde des Landes, bei Tarifverträgen, deren Geltungsbereich mehrere Länder berührt, der Zustimmung des Bundesministers für Arbeit. Mit dem Inkrafttreten eines solchen Tarifvertrags endet die Amtszeit der Betriebsräte, die in den vom Tarifvertrag erfaßten Betrieben bestehen. Eine durch Tarifvertrag errichtete Arbeitnehmervertretung hat die Befugnisse und Pflichten eines Betriebsrats.

872

B V 7. Betriebsverfassungsgesetz. §§ 53, 55, 61, 66

§ 53. [Verbot der Arbeitsbehinderung des Betriebsrats] (1) Der Betriebsrat und die in § 20 bezeichneten Vertreter dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder gehindert werden. (2) Die Mitglieder des Betriebsrats, die in § 20 bezeichneten Vertreter und die Mitglieder der Einigungsstelle dürfen um ihrer Tätigkeit willen nicht benachteiligt oder begünstigt werden. § 55. [Geheimhaltungspflicht] (1) Alle Mitglieder oder Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über vertrauliche Angaben oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekanntgeworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimzuhalten bezeichnet worden sind, Stillschweigen auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat zu wahren 1 ). Diese Schweigepflicht gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. (2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder des Gesamtbetriebsrats, die Mitglieder der Einigungsstelle (§ 50 Abs. 1) oder einer gemäß § 50 Abs. 5 gebildeten tariflichen Schlichtungsstelle, die in § 20 bezeichneten Vertreter und für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen. § 61. [Beteiligung des Betriebsrats] a) [bei Einstellungen] (1) Der Arbeitgeber hat bei jeder geplanten Einstellung dem Betriebsrat rechtzeitig den für den Bewerber in Aussicht genommenen Arbeitsplatz mitzuteilen und Auskunft über die Person des Bewerbers zu geben. (2 )

§ 66. b) [bei Kündigung] (1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. (2) Ist zu erwarten, daß in Betrieben Zu § 55: 1) Über Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse s. Anm. 4 zu § 17 UWG. — B III6. Vertrauliche Angaben sind solche, die nicht Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zum Gegenstand haben, über die Stillschweigen zu bewahren aber im Interesse des Betriebes angezeigt ist. Eine Abgrenzung der „vertraulichen Angaben" gegenüber den Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ist nicht möglich, aber auch nicht nötig. Worüber Stillschweigen zu bewahren ist, bestimmt sich — etwa wie in § 353c StGB. — letzlich nicht nach dem objektiven Merkmal der Bedeutung der Geheimhaltung für den Betrieb, sondern danach, was der Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet hat. § 55 könnte also ebenso gut lauten: , , . . . . sind verpflichtet, über den Betrieb und das Geschäft angehende Verhältnisse und sonstige Angaben, die ihnen ". Nur dann kann die o b j e k t i v e Geheimhaltungsbedürftigkeit im Interesse des Betriebs bedeutsam sein, wenn das Geheimhaltungsverlangen des Arbeitgebers sich als mißbräuchlich erweisen würde, etwa weil es sich um eine bereits allgemein bekannte Tatsache handelt. Ebenso entfällt die Schweigepflicht, wenn die zunächst nur einem beschränkten Kreis bekannte Tatsache später allgemein bekannt wird. Die ausdrückliche Bezeichnung als geheimhaltungsbedürftig durch den Arbeitgeber (oder seinen Bevollmächtigten) braucht nicht gegenüber dem einzelnen Betriebsratsmitglied zu erfolgen; es genügt, wenn sie — schriftlich oder mündlich — gegenüber dem Betriebsrat als solchem erfolgt ist; eine Bestrafung des einzelnen Betriebsratsmitlgiedes nach § 79 ist aber nur möglich, wenn er wußte (oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht wußte), daß die Tatsache dem Betriebsrat ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden war. Die Schweigepflicht erstreckt sich nur auf solche Tatsachen, die das Betriebsratsmitglied gerade in dieser Eigenschaft erfahren h a t (vgl. dazu Anm. 3 zu § 300 StGB.). Es genügt also nicht, wenn er sie in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer des Betriebs oder nur g e l e g e n t l i c h seiner Tätigkeit als Betriebsratsmitglied erfahren hat. Weder das Ausscheiden aus dem Betriebsrat noch das Ausscheiden aus dem Betrieb beendet die Schweigepflicht.

B V 7. Betriebsverfassungsgesetz. §§ 67, 68

873

a) mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 50 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, b) mit in der Regel mindestens 50 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, c) mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 40 Arbeitnehmer eingestellt werden können oder entlassen werden müssen, so hat der Arbeitgeber dies so früh wie möglich dem Betriebsrat mitzuteilen und mit ihm über Art und Umfang der erforderlichen Einstellungen oder Entlassungen sowie über die Vermeidung von Härten bei Entlassungen zu beraten. (3) Die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes vom 10. August 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 499) bleiben unberührt. (4) Hat ein Arbeitnehmer wiederholt durch unsoziales oder gesetzwidriges Verhalten den Betriebsfrieden ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung des Arbeitnehmers verlangen. Entspricht der Arbeitgeber dem Verlangen des Betriebsrats nicht, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, daß sein Verlangen begründet ist. Gibt das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats statt, so hat der Arbeitgeber die vom Betriebsrat beantragte Maßnahme unverzüglich unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen durchzuführen. § 64 gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen kann, daß dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb oder, falls Versetzung beantragt ist, an seinem seitherigen Arbeitsplatz untersagt wird. 4. Abschnitt. Wirtschaftliche

Angelegenheiten

§ 67. [Wirtschaftsausschuß] (1) Um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmer zu fördern und eine gegenseitige Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten sicherzustellen, wird in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständigen Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuß gebildet. (2) Der Wirtschaftsausschuß hat Anspruch auf Unterrichtung über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens an Hand der Unterlagen, soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses haben über Angelegenheiten, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens berühren können, Stillschweigen zu bewahren. (3) Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten im Sinne des Absatzes 2 gehören: a) Fabrikations- und Arbeitsmethoden; b) das Produktionsprogramm; c) die wirtschaftliche Lage des Unternehmens; d) die Produktions- und Absatzlage; e) sonstige Vorgänge, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren. § 68. [Zusammensetzung] (1) Der Wirtschaftsausschuß besteht aus mindestens vier und höchstens acht Mitgliedern, die dem Unternehmen angehören müssen, darunter mindestens einem

874

B V 7. Betriebsverfassungsgesetz.

§§ 69, 72, 76

Betriebsratsmitglied. Die Mitglieder müssen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche fachliche und persönliche Eignung besitzen; die §§ 53 und 55 Abs. 1 gelten für sie entsprechend. (2)

§ 69. [Zusammentreten. Aufgaben]

(1) Der Wirtschaftsausschuß soll monatlich einmal zusammentreten. (2) Auf Antrag von zwei Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses hat der Unternehmer zur Sitzung des Wirtschaftsausschusses, wenn er oder sein Vertreter nicht selbst teilnimmt, den zuständigen Abteilungsleiter oder Sachbearbeiter zur Erläuterung bestimmter Fragen zu entsenden. (3) Der Unternehmer hat zusammen mit dem Wirtschaftsausschuß und dem Betriebsrat mindestens einmal in jedem Kalendervierteljahr den Belegschaftsmitgliedern Kenntnis von der Lage und von der Entwicklung des Unternehmens zu geben. (4) Der Jahresabschluß ist dem Wirtschaftsausschuß unter Beteiligung des Betriebsrats zu erläutern. § 72. [Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats] (1) Bei geplanten Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, hat der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Mitbestimmungsrecht. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten: a) Einschränkung und Stillegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen; b) Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen; c) Zusammenschluß mit anderen Betrieben; d) grundlegende Änderungen des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, soweit sie nicht offensichtlich auf einer Veränderung der Marktlage beruhen; e) Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden, soweit sie nicht offensichtlich dem technischen Fortschritt entsprechen oder ihm dienen. (2) Kommt ein Interessenausgleich nicht zustande, so kann der Unternehmer oder der Betriebsrat eine behördliche Stelle um Vermittlung ersuchen. Geschieht dies nicht oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so kann der Unternehmer oder der Betriebsrat eine Vermittlungsstelle anrufen, die, wenn nichts anderes vereinbart wird, aus zwei Beisitzern und einem unparteiischen Vorsitzenden besteht. J e ein Beisitzer wird vom Unternehmer und dem Betriebsrat bestellt und nach Möglichkeit aus dem Personenkreis der Betriebsangehörigen entnommen. Über die Person des Vorsitzenden sollen beide Seiten sich einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so bestellt den Vorsitzenden der Oberlandesgerichtspräsident. § 50 Abs. 4 Satz 3 sowie die §§ 53 und 55 gelten entsprechend. 5. Abschnitt. Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat § 76. [Vertretung im Aufsichtsrat] (1) Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien muß zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen. (2) Die Vertreter der Arbeitnehmer werden in allgemeiner, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl von allen nach § 6 wahlberechtigten Arbeitnehmern der

B V 7. Betriebsverfassungsgesetz. § 78

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Betriebe des Unternehmens für die Zeit gewählt, die im Gesetz oder in der Satzung für die von der Hauptversammlung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder bestimmt ist. Ist ein Vertreter der Arbeitnehmer zu wählen, so muß dieser in einem Betrieb des Unternehmens als Arbeitnehmer beschäftigt sein. Sind zwei oder mehr Vertreter der Arbeitnehmer zu wählen, so müssen sich unter diesen mindestens zwei Arbeitnehmer aus den Betrieben des Unternehmens, darunter ein Arbeiter und ein Angestellter, befinden; § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Sind in den Betrieben des Unternehmens mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer Frauen, so soll mindestens eine von ihnen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sein. Für die Vertreter der Arbeitnehmer gelten die §§ 58 und 55 Abs. 1 Satz 1 entsprechend. (3) FÜNFTER

TEIL

Strafvorschriften § 78. [Vergehen gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder] (1) Mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechsMonaten wird bestraft, wer1) a) vorsätzlich eine in diesem Gesetz vorgesehene Wahl des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, der in § 20 bezeichneten Vertreter oder der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat behindert 2 ) oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflußt 3 ); b) vorsätzlich die Tätigkeit des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, der Einigungsstelle, der in § 20 bezeichneten Vertreter, des Wirtschaftsausschusses, der Vermittlungsstelle oder der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hindert oder stört 3 a ); c) vorsätzlich ein Mitglied oder ein Ersatzmitglied des Betriebsrats oder des Gesamtbetriebsrats oder ein Mitglied der Einigungsstelle oder des Wirtschaftsausschusses, der Vermittlungsstelle oder einen der in § 20 bezeichneten Vertreter oder einen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat um seiner Tätigkeit willen benachteiligt oder begünstigt 4 ) ; d) vorsätzlich die in den §§ 61 Abs. 1, 66 Abs. 2, 67 Abs. 2, 69 Abs. 3 und 4 und § 71 bezeichneten Aufklärungs- oder Auskunftspflichten nicht, wahrheitswidrig, unvollständig oder verspätet erfüllt. (2) Wer eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen in der Absicht begeht, dem Unternehmen, dem Betrieb oder der Belegschaft Schaden zuzufügen 5 ), wird Z u § 78: 1) Nicht bloß der Arbeitgeber (Unternehmer) oder ihre Vertreter, sondern jedermann, z. B. Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 1), Betriebsangehörige, die nach § 4, Abs. 2 nicht als Arbeitnehmer gelten, und Personen, die nicht betriebsangehörig sind. 2) D. h. bewirkt, daß die Wahl nicht oder nicht reibungslos, wie vorgesehen, durchgeführt werden kann. 3) Zum Beeinflussen genügt, daß der Täter die bezeichneten Mittel anwendet mit dem Vorsatz, auf das Ergebnis der Wahl einzuwirken; ob das Wahlergebnis dadurch wirklich berührt worden ist, ist ohne Bedeutung. In Betracht kommen insbes. Maßnahmen, wie sie bei allgemeinen Wahlen nach §§ 108, 108 b StGB, strafbar sind. 3a) hindern: vgl. Anm. 5 zu § 21 Versammlungsges. — B II 1 — ; stören: vgl. dort. Anm. 8 zu § 2. 4) benachteiligen = einen Nachteil irgendwelcher Art (nicht nur einen vermögensrechtl.) zufügen. Begünstigen = einen Vorteil zuwenden, der ebenfalls nicht vermögensrechtl. sein muß. Die „Tätigkeit" als Mitglied usw. umfaßt sowohl ein bestimmtes Verhalten im Einzelfall wie das Bekleiden der betreffenden Funktion überhaupt.

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B V 7. Betriebsverfassungsgesetz. § 79

mit Gefängnis bis zu einem J a h r bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. (8) Wer eine der in Absatz 1 Buchstabe d bezeichneten Handlungen leichtfertig 6 ) begeht, wird mit Geldstrafe bis zu fünftausend Deutsche Mark bestraft. (4) Bei der Bemessung der Strafe ist das wirtschaftliche Interesse des Täters an der Zuwiderhandlung 7 ) zu berücksichtigen. (5) 8 ) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Betriebsrats, des Wahlvorstands oder des Unternehmers ein. Der Antrag kann innerhalb einer Frist von vier Wochen, gerechnet von dem Zeitpunkt an, an dem der Betriebsrat, der Wahlvorstand oder der Unternehmer von der Tat Kenntnis erhalten hat, gestellt werden. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig.

§ 79. [Verletzung der Geheimhaltungspflicht] (1) Wer vorsätzlich oder leichtfertig der Vorschrift des § 55, auch soweit sie in § 68 Abs. 1 Satz 2 und § 76 Abs. 2 Satz 5 als anwendbar erklärt ist, zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft 1 ). (2) Wer die T a t in der Absicht begeht, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder dem Betrieb oder dem Unternehmen Schaden zuzufügen, wird mit Gefängnis bis zu einem J a h r bestraft 2 ); daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden. Ferner kann der durch die strafbare Handlung erlangte Vermögensvorteil eingezogen werden 3 ). 5) Vgl. Anm. 3, 4 zu § 274 StGB. 6) Vgl. Anm. 17 zu § 164 StGB. 7) Abs. 4 enthält -— über § 27a, § 27c Abs. 2 StGB, hinaus — eine zwingende Strafzumessungsregel, die in erster Linie für die Bemessung der Geldstrafe Bedeutung hat. Ein gesetzlicher Vorrang vor den sonstigen nach Lage des Falles zu berücksichtigenden Strafzumessungsgründen ist aber dem vom Täter erstrebten wirtschaftl. Zweck nicht eingeräumt. 8) Der Antrag ist ein Strafantrag i. S. der §§ 61 ff. StGB. Er unterscheidet sich von dem gewöhnl. Strafantrag dadurch, daß die Antragsfrist auf 4 Wochen verkürzt ist, wobei — abweichend von § 61 StGB. — der Tag der Kenntniserlangung nicht mitgerechnet wird (arg. § 187 BGB.). Zur Kenntnis von der „Tat" gehört, wie in § 61 StGB., Kenntnis von der Handlung als solcher und von der Person des Täters. Dem Antrag „des Betriebsrats": muß ein Beschluß des Betriebsrats zugrunde liegen. Zu § 79: 1) § 79 ist lex specialis gegenüber § 17 UWG. — B III 6 —. Die Zuwiderhandlung besteht in der Verletzung der Schweigepflicht, d. h. in der Mitteilung der geheimzuhaltenden Tatsache an einen anderen als ein Mitglied des Betriebsrats (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2). Die Leichtfertigkeit ( = grobe Fahrlässigkeit; vgl. Anm. 17 zu § i64 StGB.) kann sich auf sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 55 beziehen, z. B. der Täter kennt die Geheimhaltungsbedürftigkeitserklärung des Arbeitgebers nicht, obwohl er sie kennen könnte und müßte (vgl. Anm. 1 zu § 55) oder sie ist ihm zwar bekannt geworden, er hat sie aber bei der unbefugten Offenbarung vergessen oder er verletzt die Schweigepflicht, indem er schriftliche Aufzeichnungen über geheimhaltungsbedürftige Tatsachen verliert oder unbeaufsichtigt liegen läßt, so daß Dritte davon Kenntnis erlangen. Die Verletzung der Schweigepflicht muß rechtswidrig erfolgen; sie ist also nicht strafbar, wenn dem Täter eine Befugnis zur Offenbarung zur Seite steht (vgl. dazu Anm. 2 zu § 300 StGB.). 2) § 79 Abs. 2 ist dem § 300 Abs. 3 StGB, nachgebildet. Die Verletzung der Schweigepflicht muß hier also gerade zu dem (wenn auch nicht einzigen oder Haupt-) Zweck erfolgen, sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder dem Betrieb Schaden zuzufügen; gleichgültig ist, ob das Ziel erreicht wird. Der Vermögesvorteil (vgl. dazu Anm. 4 zu § 263 StGB.) umfaßt auch das in § 300 Abs. 3 StGB, ausdrücklich genannte Entgelt. Dagegen braucht — abweichend von § 300 Abs. 3 StGB. — der erstrebte Vermögensvorteil nicht rechtswidrig zu sein z. B. der Täter offenbart einem Dritten das Geheimnis, um ihn zur Rückzahlung eines dem Täter geschuldeten Darlehens zu veranlassen. Über Schadenszufügung vgl. Anm. 3, 4 zu § 274 StGB. 3) Hier ist also vorausgesetzt, daß der Täter (oder Teilnehmer) einen Vermögensvorteil tatsächlich erlangt hat, bei dem eine körperliche Einziehung möglich ist. Hat der Täter zugunsten eines anderen gehandelt, so kann der diesem zugeflossene Vorteil nicht eingezogen

§ 80. — B VI. Reichsabgabenordnung. §391

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(3) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Arbeitgebers oder des Unternehmers ein. § 78 Abs. 4 und Abs. 5 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend.

§ 80. [Nichtbeamtete Mitglieder der Vermittlungsstelle] Hinsichtlich der nichtbeamteten Mitglieder der Vermittlungsstelle (§ 72) findet die Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen in der Fassung vom 22. Mai 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 351) 1 ) mit der Maßgabe Anwendung, daß es einer Verpflichtung gemäß § 1 dieser Verordnung nicht bedarf.

B VI. Steuerrecht Reichsab gabenordnung Vom 13. Dezember 1919 ( R G B l . S. 1993) I n der Fassung der VO. v. 22. Mai 1931 ( R G B l . I S. 161)*) 1. Abschnitt.

Straf

recht*)

§ 391. [Anwendbarkeit des StGB.] Das Strafgesetzbuch gilt 1 ), soweit die Steuergesetze 2 ) nichts Abweichendes vorschreiben. werden, wenn er nicht als Täter oder Teilnehmer der Tat in Betracht kommt. Abweichend von § 335 StGB., § 5 der BestechungsVO. — B IV 9 — ist es, wenn der Vermögensvorteil nicht beim Täter oder Teilnehmer körperlich einziehbar ist, nicht möglich, den Gegenwert des Empfangenen für den Staat verfallen zu erklären. Eine selbständige Einziehung (vgl. § 42 StGB., §§ 430ff. StPO.) ist ebenfalls nicht möglich. Zu § 80: 1) Abgedr. unter B IV 9. Zu B V I : *) Die Vorschriften über das Steuerstrafrecht und Steuerstrafverfahren sind im Vereinigten Wirtschaftsgebiet geändert durch Ges. v. 20. 4.1949 (WiGBl. S. 69) und DurchfVO. v. 2. 6. 1949 (WiGBl. S. 94). S c h r i f t t u m : Komment, z. RAbgO. von Becker, 8. Aufl., besorgt von Riewald; RüdeMühe-Hauser ; Jahn-Arlt-Bonthke-Hepp; Niebert, 3. Aufl.; Kühn 2. Aufl. 1951; Schwarz 1954. Darstellungen des Steuerstrafrechts u. -Verfahrens: Härtung, Steuerstrafrecht 1950; Mattern, Leitfaden des Steuerstrafrechts, 2. Aufl.: Fuchs, Handbuch des Steuerstrafrechts 1949; BarskeGapp, Steuerstrafrecht 2. Aufl. 1954; Tröger, Steuerstrafrecht 2. Aufl. 1950; Cattien, Steuerstrafrecht 2. Aufl.; Kötter, Steuerstrafrecht 1952. Vgl. ferner Nr. 299ff. RiStV. 1953. Zum 1. Abschnitt: *) Der sachl. Anwendungsbereich der §§ 391 ff. ergibt sich aus § 3 i. d. F. des Ges. v. 11. 7. 1953 (BGBl. I S. 511): (1) Die RAbgO. gilt für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, die nach Art. 105 Abs. 1 u 2 des Grundgesetzes der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. (2) Wird eine öffentlich-rechtliche Abgabe der in Abs. 1 bezeichneten Art nur teilweise durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet, so gilt die RAbgO. insoweit, als die Abgabe durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet wird. (3) Für die Realsteuern gelten, soweit nicht die Abs. 1 und 2 Anwendung finden, sinngemäß die folgenden Vorschriften der RAbgO.: 1. bis 5 6. Die Vorschriften über das Steuerstrafrecht. Finanzbehörden unter Berücksichtigung des Änderungsges. vom 11. 7. 1953 (BGBl. I S. 511) sind: a) Zentralstellen: Bundes- und Landesfinanzminister.

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B VI. R e i c h s a b g a b e n o r d n u n g . §§ 392—394

§ 392. [Begriff des Steuer(Zoll-)Vergehens] (1) Steuervergehen im Sinne dieses Gesetzes sind strafbare2) Verletzungen3) von Pflichten, die die Steuergesetze im Interesse der Besteuerung4) auferlegen. (2) Steuervergehen (Zollvergehen) sind auch der Bannbruch5) und seine Begün stigung, die einer Person, die ein Steuervergehen begangen hat, gewährt wird6)

§ 393. [Juristische Personen] Wenn in Betrieben von juristischen Personen oder Personenvereinigungen Steuervergehen begangen werden, kann da, wo das Gesetz die Strafe für verwirkt erklärt, ohne daß ein Verschulden einer natürlichen Person festgestellt zu werden braucht, die Geldstrafe gegen die juristische Person oder Personenvereinigung selber erkannt und diese in die Kosten des Strafverfahrens verurteilt werden1).

§ 394 Weggefallen d u r c h Ges. v. 4. J u l i 1939 ( R G B l . I S. 1181). b) M i t t e l b e h ö r d e n : Die Oberfinanzdirektionen u n t e r Oberfinanzpräsidenten, die zugleich Bundes- u n d L a n d e s b e a m t e sind. c) Örtliche Behörden des B u n d e s : a) Die H a u p t z o l l ä m t e r m i t Hilfsstellen: Zollämter, Bezirkskommissare, Zollaufsichtsb e a m t e , denen die V e r w a l t u n g der Zölle u n d V e r b r a u c h s s t e u e r n obliegt; der Zollgrenzdienst, der die Aus- u n d E i n f u h r von Zahlungsmitteln ü b e r w a c h t . ß) Die Zollfahndungsstellen, deren B e a m t e Hilfsbeamte der StA. i. S. des § 152 GVG. sind der L ä n d e r : Die F i n a n z ä m t e r mit Steuerausschüssen u n d den B e a m t e n des S t e u e r f a h n d u n g s dienstes. Steuerzuwiderhandlungen i. S. der R A b g O . sind nach § 392 Zuwiderhandl. gegen Steueru n d Zollgesetze. N a c h § 2 R A b g O . sind Steuergesetze a) Die R A b g O . u n d das Steueranpassungsgesetz. b) D a s Reichsbewertungsgesetz. c) Die steuerrechtlichen Vorschriften des Finanzausgleichgesetzes. d) D a s Gesetz über gegenseitige Besteuerung. e) Die Gesetze, die die einzelnen Steuern regeln oder sichern, f ü r deren V e r w a l t u n g die R A b g O . gilt. Dazu t r e t e n die Bestimmungen, die g e m ä ß § 14 R A b g O . zur D u r c h f ü h r u n g der einzelnen Steuergesetze erlassen werden ; sie h a b e n dieselbe b i n d e n d e W i r k u n g wie Gesetze. Z u § 3 9 1 : 1) Die Vorschriften des Allg. Teils gelten auch bei B e s t i m m u n g e n verfahrensrechtl. Art, z. B. über S t r a f a n t r a g , § 61 u n d V e r j ä h r u n g , §§ 66ff. StGB., v o m besonderen Teil die Vorschriften allgemein-strafrechtl. N a t u r , z. B. §§ 257 Abs. 3, 353, 357—359. In a n d e r e r F o r m erscheinen B e t r u g in § 396, U r k u n d e n f ä l s c h u n g in § 405 u n d I r r t u m in § 395. 2) Vgl. die A n m . vor § 391. Z u § 392: 1) Vergehen im Sinne des § 1 S t G B . , §§ 396—398, 401b, 402, 403, 405, 412,413. 2) Die Pflichtverletzung m u ß in d e m Steuergesetz m i t krimineller S t r a f e b e d r o h t sein. D a h e r gehören n i c h t z u m S t e u e r v e r g e h e n : Z w a n g s s t r a f e n § 202, O r d n u n g s s t r a f e n , Säumniszuschläge § 95, Betriebs- u n d B e r u f s v e r b o t §§ 198, 199. 3) D a r u n t e r fällt a u c h B r u c h des Steuergeheimnisses. E . 65, 47; ferner die A n s t i f t u n g zur Verletzung des Steuergeheimnisses. E . 71, 74. 4) N i c h t wenn aus anderen G r ü n d e n das Steuergesetz Pflichten auferlegt, etwa im I n t e r esse der Volksgesundheit, wie in §§ 18, 19 Biersteuerges., § 80 Tabakges., §§ 115, 116 B r a n n t weinmonopolges. Vgl. jedoch § 413. 5) § 4 0 1 a . 6) § 398. Z u § 3 9 3 : 1) D e r P a r a g r a p h h a t n u r noch f ü r die Einziehung n a c h § 414 B e d e u t u n g . E . 66, 341 u n d f ü r die H a f t b a r k e i t aus § 416. E . 61, 92. Z u s t i m m e n d von Weber GA. 1954, 237.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 395, 396

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§ 395. [Verbotsirrtum. Rechtsfahrlässigkeit] (1) Straffrei bleibt, wer in unverschuldetem Irrtum1) über das Bestehen oder die Anwendbarkeit steuerrechtlicher Vorschriften8) die Tat für erlaubt gehalten hat. (2)3) Wer aus Mangel an der Sorgfalt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen persönlichen Verhältnissen fähig war, die Tat für erlaubt gehalten hat, wird wegen Fahrlässigkeit bestraft.

§ 396*). [Steuerhinterziehung] 1

(1) Wer ) zum eigenen Vorteil2) oder zum Vorteil eines anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile3) erschleicht4) oder vorsätzlich6) bewirkt6), daß Z u § 395: 1) Die praktische Bedeutung des § 395 ist im Hinblick auf die neue Rechtsprechung über den Verbotsirrtum und seine Abgrenzung gegenüber dem Tatbestandsirrtum nur gering. Denn Irrtum über das Bestehen eines Steueranspruches ist Tatbestandsirrtum i.S. des § 59 StGB. BGHSt. 5, 90 = BGH. N JW. 1954, 241 = J R . 1954, 111 mit Anm. von Härtung-, § 395 kommt erst in Frage, wenn § 59 nicht schon vorliegt. E. 61, 238; E. 72, 82 u. 86; Bremen H E S t . 2, 210. Bedeutung hat § 395 z. B. bei Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 412) und bei irriger Annahme von Rechtfertigungsgründen (Einwilligung, Pflichten- und Güterkollision). Welzel N J W . 1953, 486; s. auch Glögger N J W . 1953, 488. In u. I. befindet sich nicht der Kaufmann oder Gewerbetreibende, der es unterlassen hat, sich über die bestehenden Vorschriften auf dem bes. Gebiete, auf dem er sich betätigt, zu unterrichten. E. 53, 4 (näheres Anm. l e zu § 59 StGB.). Die Kenntnis, in welcher äußeren Form Tabakwaren im regulären Handel vertrieben werden (Banderole), ist als Gemeingut anzusehen, so daß eine Berufung darauf, diesen Umstand nicht gekannt zu haben, ohne Erfolg ist. KG. v. 25.10.1950, 1 Ss 68/50 (B). — Der Nachweis dafür, daß der Täter sein Verhalten infolge u. I. für erlaubt gehalten hat, mußte nach der Rechtspr. des RG. (vgl. z. B. JW. 1934, 2155) geführt sein. Diese Rechtspr. ist überholt; auch beim Verbotsirrtum gilt der Grundsatz „in dubio pro reo" (vgl. Anm. l e zu § 59 StGB.). Es geht aber nicht an, den Freispruch unter Bejahung des Irrtums auf eine Zumutbarkeitsfrage zu stützen in einer Weise, die jeglichen Erfahrungstatsachen widerspricht. KG. v. 25. 10. 1950, 1 Ss 68/50 (B). 2) Hierzu gehören auch die Vorschriften des Steuerstrafrechts. E. 69, 195 u. des Wirtschaftsrechts. BGH. GA. 1953. 150. 3) Hiernach ist der Täter nicht strafbar, wenn die verletzte Bestimmung des Steuerstrafrechts nur die vorsätzliche (nicht auch die fahrlässige) T a t mit Strafe bedroht. Abs. 2 läßt nur zu, daß ein vorsätzlich begangenes Steuervergehen als ein fahrlässiges Vergehen angesehen wird, wenn der Täter aus verschuldetem Irrtum über ein Steuergesetz sein Tun für erlaubt gehalten hat. E. 72, 86. Z u § 396: ») § 396 Abs. 1 h a t in der US-Zone und brit. Zone durch § 9 des Ges. des Wirtschaftsrats v. 20. 4. 1949 (WiGBl. S. 69) folgende Fassung erhalten: „Wer wird wegen Steuerhinterziehung mit Gefängnis bestraft. Neben der Gefängnisstrafe ist auf Geldstrafe zu erkennen. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt. Bei mildernden Umständen, insbesondere bei geringen Vergehen, kann ausschließlich auf Geldstrafe erkannt werden." 1) Täter kann auch ein anderer als der Abgabeschuldner, der Steuerpflichtige sein. E. 70, 138; E. 76, 195 (198); E. 77, 87. 2) Vorteilsabsicht ist nicht erforderlich. Z. e. V. ist bereits dann gegeben, wenn für den Fall der Nichtausführung der Tat ein Ausfall entstehen würde. RG. J W . 65 (1936), 3200 Anm. 3) Steuervorteile sind Vergünstigungen, die der Steuerpflichtige sich verschafft, z. B. Ermäßigung des normalen Steuersatzes. 4) Erschleichen, das ein vorsätzl. Handeln in sich schließt, bedeutet, daß der Steuerpflichtige durch trügerische Machenschaften einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erstrebt. E. 60, 79 und 182. RG. J W . 1928, 966. Das Erschleichen des Steuervorteils deckt sich nicht mit Vermögensbeschädigung beim Betrüge; das in § 396 geschützte Rechtsgut ist nicht allgemein die Steuerhoheit, sondern nur der jeweilige Anspruch auf den rechtzeitigen Vollertrag der einzelnen Steuerart. E. 72, 184. Gleichzeitige Bestrafung aus § 263 StGB, nur, wenn auch andere Vorteile (Lohnvorteile) erstrebt werden. E. 60, 161. RG. Das Recht 1939 Nr. 2646, nicht bei Monopolhinterziehung. E. 63, 139. S. Anm. 9. 5) Dolus eventualis genügt. Erforderlich ist das Bewußtsein der Tatsachen, die das Verhalten des Täters als steuerwidrig kennzeichnen. KG. J R . 1927 Nr. 995. E. 61, 186; das-

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Steuereinnahmen verkürzt 7 ) werden, wird wegen Steuerhinterziehung8) mit Geldstrafe bestraft 9 ). Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu zwei Jahren erkannt werden. Bewußtsein, daß Steuern geschuldet sind. R G . J W . 57 (1928), 967; die Vorstellung, für ihre E n t richtung haftbar zu sein. E . 62,322 (328). R G . J W . 60 (1931), 313. Der Wille, die Steuerbeträge endgültig vorzuenthalten, gehört nicht zum Hinterziehungsvorsatz. R G . J W . 65 (1936), 515. Die Vermutungstatbestände in den Verbrauchssteuergesetzen, die anwendbar waren, soweit der Vorsatz nicht festgestellt werden kann, R G . J W . 66 (1937), 2401, sind durch Gesetz v. 4. 7. 1939 (RGBl. I S. 1181) beseitigt. Wer durch dieselbe Steuererklärung teils vorsätzlich, teils fahrlässig Steuer verkürzt (§ 402), ist nur wegen Steuerhinterziehung zu bestrafen. Die fahrlässige Verkürzung kann im Strafmaß berücksichtigt werden. B G H . N J W . 1953, 1561. 6) Grundlage für die Einkommensteuer bilden die Steuererklärungen für die einzelnen Steuerzeiträume. Vgl. E . 77, 193. Nur in diesen Erklärungen und etwaigen späteren Ergänzungen, die dazu gegeben werden, kann der Tatbestand einer Steuerhinterziehung oder Steuergefährdung liegen. Die Buchführung oder sonstige Vorbereitungshandlungen, die als Grundlage für die Steuererklärung getroffen werden ,sind an sich steuerlich noch nicht erheblich. E . 76, 283. Wer die Steuererklärung nicht rechtzeitig abgibt, ist nicht wegen Steuerhinterziehung strafbar. K G . J R . 1926 Nr. 215. Überhaupt ist ein rein negatives Verhalten keine Hinterziehungshandlung. E . 60, 184. R G . J W . 62 (1933), 336. Hinzutreten muß eine S t e u e r u n e h r l i c h k e i t , d. h. eine in hinterhältiger und hinterlistiger Weise vorgenommene Täuschung der Steuerbehörde, insbesondere ein Verschweigen der Steuerpflichtigkeit. E . 61, 84 und 188; 70, 10; 71, 216; B G H . N J W . 1952, 946. Eingetretene Täuschung der Steuerbehörde ist zur Vollendung der Steuerhinterziehung nicht nötig. E . 59, 90; a. M. Härtung S. 22. E s genügt, daß die Steuerpflicht mit dem Vorsatz und dem Erfolg verschwiegen wird, daß die Steuerbehörde über Bestehen und Höhe des Steueranspruchs im unklaren bleibt (BGH. GA. 1953, 150), auch wenn sie die Steuerpflicht oder deren Höhe nicht oder nicht rechtzeitig zur Kenntnis nimmt und es deshalb unterläßt, die Steuer rechtzeitig einzufordern. E . 70, 107; B G H . v. 24. 9. 1953, 4. S t R . 249/53, LM. Nr. 16. Steuerhinterziehung kann auch begangen werden durch Unterlassung der Abführung der einbehaltenen Steuerabzüge vom bezahlten Arbeitslohn an die Finanzkasse. R G . J W . 60 (1931), 313 und H R R . 1935 Nr. 96, B G H . v . 11. 1. 1952, GA. 1953, 150, durch Nichtablieferungrung eingezogener Steuerbeträge an den Steuerberechtigten, z. B. Brausteuer an Gemeinde. E. 76, 195. Der Drittschuldner, der den ihm vom Finanzamt zugestellten Pfändungs- und Uberweisungsbeschluß nicht befolgt, kann sich der versuchten Steuerhinterziehung schuldig machen. E . 62, 329. Eine Verkürzung kann auch dadurch bewirkt werden, daß infolge schuldhafter Unterlassung der gebotenen Offenbarung steuerrechtl. erheblicher Tatsachen die Steuerbehörde in Unkenntnis von dem Steuerschuldner oder der Steuerschuld erhalten wird, so daß dadurch die rechtzeitige Veranlagung vereitelt wird. E . 60, 307. Naumburg H R R . 1929 Nr. 1810. Ein Betriebsinhaber, der weiß, daß sein mit der Erledigung der Steuerangelegenheiten Beauftragter eine Steuerverkürzung bewirkt, diese seiner Rechtspflicht zuwider nicht verhindert, ist nach § 396 strafbar. R G . GA. 75, 89. Strafbar ist ein Kommanditist, der durch Falschbuchungen u. a. die Umsatzsteuer der Gesellschaft verkürzt, selbst wenn der Komplementär zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet war. R G . J W . 67 (1938), 2899. Steuerhinterziehung begeht ein mit Buch- und Betriebsprüfungen beauftragter Beamter, der es unterläßt, nicht versteuerte, aber steuerpflichtige Vorgänge aufzudecken. R G . D J . 1938, 947. Der Tabaksteuer- und Zollhehler ist verpflichtet, seine Umsätze und Gewinne aus dem Handel mit unversteuerten Waren dem Finanzamt zur Festsetzung der Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer anzuzeigen. — Härtung J R . 1954, 153; a. M. L G . Berlin J R . 1954, 152. Zur Mittäterschaft gehört keineswegs, daß der Mittäter bei Abgabe der falschen Steuererklärung mitgewirkt hat. Doch ist der Steuerberater nicht mitschuldig, der die Beratung fortsetzt. E . 68, 411. Vgl. Anm. 1 zu §402. 7) Verkürzung bedeutet die Beeinträchtigung des durch das Gesetz geschützten Rechtsguts (vgl. Anm. 4). Verkürzt werden Steuereinnahmen, wenn sie nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bei Fälligkeit entrichtet werden. E . 60, 182; vgl. auch E . 73, 106. Steuerverkürzung ist auch wahrheitswidrige Angabe von Nebenverdiensten. R G . J W . 62 (1933), 336. Gegenstand der Steuerverkürzung ist der Steueranspruch des Staates gegen den Steuerpflichtigen. Welzel N J W . 1953, 486. Vermögensbeschädigung i. S. des § 263 S t G B , gehört nicht zum Begriff der Verkürzung. E . 60, 182 (185); a. M. Härtung S. 22. Ebensowenig braucht die Steuerverkürzung dem Steuerpflichtigen einen Vorteil zu bringen. E . 76, 195. 8) Steuerhinterziehung kann auch noch im Beitreibungsverfahren insbesondere durch Erschleichung der Freigabe von Pfandstücken und Hinauszögerung der Beitreibung begangen werden. R G . J W . 66 (1937), 171; B G H . GA. 1953, 150; ebenso durch wissentliches Ver-

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(2) Der Steuerhinterziehung macht sich auch schuldig, wer Sachen für die ihm Steuerbefreiung oder Steuervorteile gewährt sind, zu einem Zwecke verwendet, der der Steuerbefreiung oder dem Steuervorteile, die er erlangt hat, nicht entspricht, und es zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines anderen vorsätzlich unterläßt, dies dem Finanzamt vorher rechtzeitig anzuzeigen10). (3) Es genügt, daß infolge der Tat ein geringerer Steuerbetrag festgesetzt oder ein Steuervorteil zu Unrecht gewährt oder belassen ist 11 ); ob der Betrag, der schweigen von Vermögensstücken bei Leistung des Offenbarungseides. RG. J W . 67 (1938), 2899. Keine Hinterziehung, wenn die Verkürzung gewaltsam herbeigeführt wird. E. 70, 10. Werden aus den deutschen Ostgebieten Waren, die dort auf Grund ausdrücklicher Bestimmungen abgabenbefreit sind und dort nicht in den freien Verkehr gelangen, sondern nach der Bundesrepublik oder West-Berlin verbracht werden sollen, nach West-Berlin verbracht, so liegt — bei erstmaliger Verfügung in West-Berlin — unter Umständen Abgabenhinterziehung, nicht aber'Abgabenhehlerei vor. B G H S t . 4, 248 = N J W . 19S3, 453. Wer zollbares Gut, zu dessen Gestellung er verpflichtet ist, an sich bringt in der Absicht, es nicht zu gestellen, verfügt damit über das Zollgut erstmalig vorschriftswidrig so, als wäre es im freien Verkehr. Zugleich tritt Steuerverkürzung ein; die Steuerhinterziehung ist vollendet. BGH. N J W . 1954, 242 = St. 5, 54. Da jeden Besatzungsangehörigen eine fiktive Zollgrenze umgibt, ist jeder Inländer, der von Besatzungsangehörigen Zollgut erwirbt, mit Besitzbegründung zur Stellung des Zollantrages verpflichtet. Vollendung einer Steuerhinterziehung erfolgt in dem Zeitpunkt in dem eine Zollfestsetzung nach regelmäßigem Geschäftsgang des Zollamts h ä t t e erfolgen müssen. Karlsruhe N J W . 1954, 246. Obwohl die Höhe der Vorauszahlungen von der festgesetzten Einkommensteuer abhängt, ist die Hinterziehung mit der Festsetzung der Steuer abgeschlossen. RG. DR. 1943, 597. E. 76, 334. 9) In T a t e i n h e i t stehen Verkürzungen verschiedener Steuerarten, wenn sie begangen sind durch dieselbe Erklärung. RG. J W . 65 (1936), 1677, auch gleiche falsche Erklärungen auf zwei verschiedenen Vordrucken. RG. H R R . 1940 Nr. 1048, oder durch dieselbe irreführende Buchführung. RG. Das Recht 1938 Nr. 6992 und H R R . 1941 Nr. 214, z. B. bei Schlacht- und Umsatzsteuerhinterziehung. RG. Das Recht 1939 Nr. 6139. Bei Zusammentreffen der Vergehen nach § 396 RAbgO. mit § 246 StGB, ist wegen beider Vergehen zu bestrafen und gemäß § 418 Abs. 1 RAbgO. die Strafe dem § 396 Abs. 1 zu entnehmen; ist deswegen auf Gefängnisstrafe und Geldstrafe erkannt, so ist eine bereits im Unterwerfungsverfahren verhängte und bezahlte Geldstrafe auf die nunmehr verhängte Geldstrafe anzurechnen und, soweit diese Geldstrafe niedriger ist, zurückzuzahlen. E. 69, 93. BGH. GA. 1953, 151. Mit Betrug, der in der Regel in der Steuerhinterziehung aufgeht, E. 63, 139 (142), BGH. GA. 1953, 151, liegt Tateinheit nur dann vor, wenn der Täter durch dasselbe täuschende Verhalten neben derii durch Beeinträchtigung des Steueraufkommens erstrebten Vorteil auch noch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil anderer Art verfolgt. E. 63, 139. Zwischen Wirtschaftsdelikt und Steuerstraftat liegt meist Tatmehrheit vor, wenn auch ein wirtschaftl. Zusammenhang besteht. Frankfurt N J W . 1953, 953, 557. Kein F o r t s e t z u n g s z u s a m m e n h a n g bei Einkommen- und Vermögenssteuerhinterziehung. E. 59, 262. RG. J W . 64 (1935), 954; 65 (1936), 1678. Daß die Straftaten die Steuerhoheit mehrerer Hoheitsträger verletzen, steht dagegen der Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs nicht entgegen. E. 76, 195. Gesetzeskonkurrenz liegt bei §§ 396 und 413 vor. E. 61, 89. 10) Die Abgabenhinterziehung in der Begehungsform der Zweckentfremdung ist nicht schon mit der Entfernung aus dem Raum, innerhalb dessen die Ware die abgabenbegünstigte Verwendung finden sollte, sondern erst dann verwirklicht, wenn die Ware ohne vorherige Benachrichtigung des Zoll (Finanz-) Amts von der geplanten andersartigen Verwendung dem neuen Verwendungszweck zugeführt und die Verwendung zu dem neuen nicht abgabebegünstigten Zweck wenigstens tatsächlich ermöglicht ist. Täter kann nicht nur der seither Abgabebegünstigte, sondern nach dem Zweck des § 396 Abs. 2 in Verbindung mit § 165e Abs. 2 RAbgO. jedermann sein, der die Ware unter Verletzung seiner Anzeigepflicht der neuen Verwendung zuführt. BGH. N J W . 1953, 192 = St. 3, 322. Durch das Unterlassen der rechtzeitigen Anzeige wird der Tatbestand der Zweckentfremdung oder nachträglichen Steuerverkürzung erfüllt. Der Vorsatz der Pflichtwidrigkeit ist dem Steuerpfl. nachzuweisen; ebenso Härtung S. 33. Vollendet ist die T a t mit dem Vollzug der Zweckentfremdung. Versuch ist möglich; a. M. Härtung a.a.O. 11) Unterbleibt überhaupt die Steuerfestsetzung, so ist die Steuerhinterziehung vollendet, wenn die Steuerbeh. auf Grund der T a t von der Festsetzung der Steuer absieht. E. 66, 359. 56

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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sonst festgesetzt wäre, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden müssen oder der Vorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können, ist für die Bestrafung ohne Bedeutung12). (4) Eine Steuerumgehung13) ist nur dann als Steuerhinterziehung strafbar, wenn die Verkürzung der Steuereinnahmen7) oder die Erzielung der ungerechtfertigten Steuervorteile14) dadurch bewirkt wird18), daß der Täter vorsätzlich Pflichten18) verletzt, die ihm im Interesse der Ermittlung einer Steuerpflicht obliegen. (5) Steuerhinterziehung kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist 17 ). 12) Hierüber s. Härtung S. 39 ff. Kein Steuerpflichtiger darf sich nachträglich darauf berufen, der Wert des verschwiegenen Vermögensstücks werde durch nicht gemachte, aber zulässig gewesene Abschreibungen auf der Schuldseite wieder ausgeglichen E. 70, 3. 13) § 6 des S t e u e r a n p a s s u n g s g e s . v. 16. 10. 1 9 3 4 ( R G B l . I S. 925) :(1) Durch Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes kann die Steuerpflicht nicht umgangen oder gemindert werden. (2) Liegt ein Mißbrauch vor, so sind die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. (3) Steuern, die auf Grund der für unwirksam zu erachtenden Maßnahmen etwa entrichtet worden sind, werden auf den Betrag, der nach Absatz 2 zu entrichten ist, und auf andere Rückstände des Steuerpflichtigen angerechnet und, soweit eine solche Anrechnung nicht möglich ist, erstattet. Nach Ablauf des Jahrs, das auf die endgültige Feststellung der Unwirksamkeit folgt, kann der Steuerpflichtige die Anrechnung oder Erstattung nicht mehr verlangen. 14) Eine strafbare Umgehung der Zollvorschriften und Zollhinterziehung liegt z. B. vor, wenn Dosenkaviar, bevor er ins Zollinland verbracht, in Fässer eingepackt und dann zu dem — geringeren — Zollsatze für Faßkaviar eingeführt wird. E. 71, 135. 15) Ein Mißbrauch liegt dann vor, wenn zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolges aus steuerlichen Gründen ein ungewöhnlicher Weg beschritten wird, der den Umständen nach offensichtlich unangemessen ist. Wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe, die zur Wahl eines ungewöhnlichen Weges geführt haben, stehen der Annahme eines Mißbrauchs regelmäßig entgegen. Auf der anderen Seite kann sich eine im Verkehr häufig beobachtete Gestaltungsform gleichwohl nach den Umständen des einzelnen Falles als Mißbrauch darstellen. E. 77, 87 (93). 16) Solche Pflichten ergeben sich aus §§ 160 bis 187 a. 17) Fassung beruht auf VO. v. 18. 3. 1933 (RGBl. I, 109, 112). Ausländer, die sich an dem Schmuggel ins Inland vorsätzlich derart beteiligen, daß sie die Ware an die Grenze schaffen, ohne diese zu überschreiten, sind Mittäter oder Gehilfen (RFM. bei Kautz, Handbuch der Reichszollverwaltung. Bd. 2a S. 219). Die Zollhinterziehung ist nicht mit der Überschreitung der Zollgrenze vollendet und abgeschlossen, vielmehr gehören dazu auch solche Handlungen, die, der Überschreitung der Grenze zeitlich nachfolgend, dazu dienen sollen, die Ware der nachträglich von der Zollstelle aus oder sonst im Inland versuchten Verzollung und der Zollbeschlagnahme zu entziehen und sie in Sicherheit zu bringen. E. 48,104(107); E. 52, 23 (26); E. 55, 137 (140); E. 67, 356; E. 74, 161. BGHSt. 3, 40 (44), wenn die Ware im Inlande zur Ruhe gekommen, d. h. in Verkehr gebracht ist. Stuttgart N J W . 1951, 43. Bei geflissentlichem Falschwiegen ist sie erst beendet, nachdem die Zollabfertigung auf Grund des falschen Verwiegens abgeschlossen und die Ware zum freien Inlandsverkehr zugelassen ist. (Alsdann ist keine strafbare Teilnahme mehr möglich). RG. bei Kautz ebenda; ebenso bei falschen Erklärungen zu Täuschungszwecken RG. 23. 2. 1911, Zeitschrift für Zollrecht 1911, 152. In der Empfangnahme falsch deklarierter, aber zollfrei gelassener Ware am Bestimmungsort liegt keine Beteiligung an der Zollhinterziehung mehr. RG. 3. 12. 1901, Zeitschrift für Zollrecht 1902, 28. Der Begriff der Hinterziehung erfordert nicht die persönliche Zahlungspflicht des Täters. E. 67, 356. Zollhinterziehung begeht auch, wer, ohne selbst Zollschuldner zu sein, einfuhrzollbarö Ware, die ein Schmuggler im Zollgrenzbezirk verloren oder weggeworfen hat, an sich nimmt und sie der Zollbehörde nicht gestellt. BGH. NJW. 1953, 752 = St. 4, 36. Wer den Zoll für einen Teil einer Sendung hinterzieht, macht sich der Hinterziehung bez. der ganzen Sendung schuldig und hat die Einziehung der ganzen Sendung verwirkt. RG. 22. 12. 1905,

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§ 397. [Versuch] 1 2

(1) Der Versuch ) ) der Steuerhinterziehung ist strafbar. (2) Die für die vollendete Tat angedrohte Strafe8) gilt auch für den Versuch. (3) Wer in dem Bewußtsein, daß infolge seines Verhaltens eine Verkürzung von Einnahmen an Vermögenssteuer oder Realsteuer eintreten kann, es unternimmt 4 ), die mit der Wertermittlung befaßten Behörden irrezuführen6), wird bestraft, wie Wenn er den Versuch einer Steuerhinterziehung begangen hätte 6 ).

§ 398. [Beihilfe und Begünstigung] Die Strafe für die Tat gilt auch für eine Beihilfe1) oder Begünstigung2), die jemand seines Vorteils3) wegen begeht. Zeitschrift für Zollrecht 1906, 190. Vgl. auch E. 54, 116. Bei unterlassener Vorführung der Ware wird die Strafe nicht nach dem etwa bestehenden Zollvertrag, sondern nach dem autonomen Satz berechnet. E. 65, 310. Der Beihilfe zum Schmuggeln kann sich ein Schiffsoffizier durch Dulden des von der Schiffsmannschaft begangenen Schmuggels schuldig machen. E. 71, 176. Tateinheit besteht zwischen Zollhinterziehung und Paßvergehen. R G . bei Kautz ebenda; zwischen Bandenzollhinterziehung (§ 401 b) und Urkundenfälschung. RG. RZB1. 1934, 632. Schmuggel (Zollhinterziehung) und die Zahlung der Schmuggelwaren sind gewöhnlich getrennte Handlungen, die sich zu keinem Teile decken. Ausnahmsweise können sie in natürlicher Handlungseinheit oder in Tateinheit verbunden sein. Bei solchen Fortsetzungstaten ist aus besonderem Grunde tateinheitliches Zusammentreffen möglich. Vorteilsbeihilfe und einfache Beihilfe können in Fortsetzungszusammenhang stehen. RG. H R R . 1937 Nr. 493. Z u § 397: 1) Nur Vorbereitungshandlungen sind solche, die vor der Abgabe der Steuererklärung an die Steuerbehörde liegen, z. B. falsche Buchführung, Herstellung einer falschen Urkunde, E. 51, 341, Anschaffung von Waren, die unverzollt ausgeführt werden sollen. S. auch Anm. 2. 2) Ausführungshandlungen eines Schmuggeldelikts können nur im Inland oder an einem zollrechtlich als Inland geltenden Ort begangen werden. Vorbereitende Handlungen im Ausland (Holland) sind kein Versuch. Köln N J W . 1952, 951. Versuchte Zollhinterziehung liegt vor, wenn das Schmuggelgut in unmittelbare Nähe der Grenze zum Inland geschafft ist und die Täter sich erfolglos an den Übergabeort begeben haben. B G H . GA. 1953, 152. Bei Abfertigung im Zollabweisungsverfahren ist der Versuch der Steuerhinterziehung begangen, sobald der Einführer die Waren unter Täuschung der Zollbehörde über die Grenze bringt. B G H . v. 19. 3. 1953, LM. Nr. 9 zu § 396. Hinterziehung des Einfuhrzolls kann auch dann strafbar versucht werden, wenn die Ware die Zollgrenze noch nicht überschritten hat, der staatliche Zollanspruch jedoch schon unmittelbar gefährdet ist, B G H St. 4, 333 = N J W . 1953,1840. Nicht strafbarer (untaugl.) Versuch, sondern strafloses Wahnverbrechen begeht, wer einen bestimmten Sachverhalt irrig für steuerpflichtig hällt und die vermeintlich geschuldete Steuer zu hinterziehen versucht. RG. J W . 60 (1931), 317. Dagegen Versuch, wenn der Täter irrig einen Sachverhalt annimmt, der, wenn er gegeben wäre, eine Steuerpflicht begründen würde. E. 60, 68. Rechtlich möglich ist ein Versuch, der sich auf einen zur Tatzeit noch nicht bestehenden, aber in der Entstehung begriffenen Steueranspruch bezieht. E. 57, 316. Daher kann Versuch begangen werden durch Vorlegung eines den Kaufpreis zu niedrig angebenden Grundstückskaufvertrages zwecks Berechnung der Grunderwerbssteuer durch die Steuerbehörde. E. 56, 316; E. 58, 54; E. 58, 54; E. 62, 362. Das gilt aber nicht ohne weiteres von dem Abschluß eines derartigen Vertrages und von seiner gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. RG. LZ. 1925, 47. 3) Auch Nebenstrafen und Nebenfolgen §§ 399 bis 401. 4) Vgl. § 87 StGB. Begriffl. handelt es sich hier um eine dem Versuch gleichgestellte Vorbereitungshandlung zur Steuerhinterziehung. 5) S. Anm. 6 zu § 396 über Steuerunehrlichkeit. 6) Rücktritt vom Versuch, § 410 ist daher möglich. Z u § 398: 1) Bei der einfachen, uneigennützigen Beihilfe kann die Hauptstrafe nach den §§ 49, 44 StGB, gemildert werden. Die Nebenstrafe Ehrverlust (vgl. § 400) und Einziehunng (Wertersatz) ist zulässig. Vgl. BGHSt. 3, 40 (43). 2) Die uneigennützige Begünstigung wird aus § 257 StGB, bestraft. Die Nebenstrafen 56«

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B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 399—401

§ 399. [Urteilsbekanntmachung] Wenn wegen Steuerhinterziehung 1 ) auf eine Geldstrafe von mehr als fünfhundert Deutsche Mark oder neben Geldstrafe auf Gefängnis erkannt wird, kann im Straferkenntnis (Urteil, Strafbefehl, Niederschrift über eine Unterwerfungsverhandlung) angeordnet werden 2 ), daß die Bestrafung auf Kosten des Verurteilten bekanntzumachen ist®).

§ 400. [Ehrverlust] Wird wegen Steuerhinterziehung auf eine Gefängnisstrafe von mindestens drei Monaten erkannt, so kann zugleich auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§ 401. [Einziehung] (1) Bei Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (§ 396) ist 1 ) neben der Geldoder Freiheitsstrafe 1 3 ) auf Einziehung 2 ) der steuerpflichtigen Erzeugnisse 3 ) und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer die Hinterziehung begangen worden ist 4 ), sowie der Beförderungsmittel 8 ), die der Täter®) zur Begehung der Tat benutzt aus den §§ 399—401 sind unzulässig, anders bei der vorher zugesagten Begünstigung, die als Beihilfe zu bestrafen ist; vgl. Anm. 1. 3) Vgl. Anm. l a zu § 259 StGB. Ein Vorteil ist z. B. der übliche Geschäftsverdienst oder Arbeitslohn. KG. v. 31. 1. 1951, — 1 Ss 307/50 und v. 8.8. 1951, 1 Ss 138/51; BGH. GA. 153, 152. Beihilfe leistet auch der Notar, der wissentlich einen zu niedrigen Kaufpreis beurkundet. E. 60, 6. Bei der Vorteilsbegünstigung gelten die Strafen aus § 396 und Nebenstrafen aus §§ 399—401. Härtung S. 64, BGHSt. 3, 40 (43). Zu § 399: 1) Also auch bei einfacher Beihilfe zur Steuerhinterziehung, nicht bei einfacher Begünstigung der Steuerhinterziehung. 2) Hierauf hat sich das Urteil zu beschränken. Vgl. § 474 Abs. 2. RG. HRR. 1935 Nr. 998. 3) Trifft die Steuerhinterziehung in Tateinheit mit einem andersartigen Vergehen zusammen, so darf zwar diese Bestrafung veröffentlicht werden; dabei darf jedoch das andere verletzte Strafgesetz nicht erkennbar gemacht werden. BGHSt. 3, 377 = NJW. 1953, 872. Vgl. auch Richtlinien Nr. 302. Zu § 400: 1) § 400 gilt auch für Bannbruch § 401a Abs. 2 und Steuerhehlerei § 403 Abs. 2. Zu § 401: 1) S c h r i f t t u m : Fuchs, Einziehung im Zoll- und Verbrauchssteuerstrafrecht. GA. 1954, 43 ff., 77. Zwingende Vorschrift. Doch vgl. Anm. 2 und 3 zu § 414. la) In der US- und brit. Zone sind durch Gesetz des Wirtschaftsrats v. 20.4.1949 (WiGBl. S. 69) in Satz 1 die Worte „Geld oder Freiheitsstrafe" durch „Strafe" ersetzt worden. 2) Über die Rechtsnatur der Einziehung vgl. Anm. 7 zu § 40 StGB, und Anm. 2 zu § 414. § 401 gilt auch beim Versuch. E. 66, 431; wegen der Anwendung bei Beihilfe und Begünstigung vgl. die Anm. zu § 398. Einziehung, die als Nebenstrafe gegen alle Teilnehmer an der Straftat auszusprechen ist (BGHSt. 6, 4), ist nur möglich, wenn wenigstens ein Beteiligter verurteilt wird. BGH. GA. 1953, 175. Gegen Jugendliche und Heranwachsende kann auf Einziehung erkannt werden. §§ 6, 8 Abs. 3, 105 Abs. 1, 106 JGG. unter C II 3. Ein Übergang vom subjektiven zum objektiven Verfahren ist unzulässig. BGH. GA. 1953, 175. Die eingezogenen Gegenstände sind genau zu bezeichnen. KG. JFG. Erg. 17, 305. AV. v. 13. 8. 1935 (DJ. S. 1175) über Verwertung der in gerichtlich entschiedenen Steuerstrafsachen eingezogenen Gegenstände. Zulässig ist auch die Gegenstände im Tenor nur allgemein aufzuführen, z. B. „die beschlagnahmten, zur Branntweinherstellung benutzten Geräte", und ihre nähere Aufzählung und Bezeichnung den Gründen vorzubehalten. RG. RZB1. 1937, 32. 3) Nur solche Waren und Erzeugnisse dürfen eingezogen werden, für die bereits eine Steuerschuld entstanden ist. Fuchs a.a.O. S. 48; auch deren Umschließungen, wenn sie mit dem einzuziehenden Inhalt nach allgemeiner Verkehrsauffassung eine Einheit bilden, wie Siphons, Kanister, Kesselwagen, Tanks. 4) Nicht bei versuchter Abgabenhinterziehung oder Hehlerei an nur vermeintlich steueroder zollpflichtigen Sachen. Köln, MDR. 1951, 568. 5) Z. B. Tiere oder Fahrzeuge, nicht Umhüllungen wie Rucksäcke, die selbst mitbefördert werden. E. 68, 44, nicht Kaffeesäcke und Papiertüten, in denen geschmuggelter Kaffee be-

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hat 7 ), zu erkennen. Der Einziehung nach Satz 1 unterliegen nicht solche Beförderungsmittel, die dem allgemeinen Verkehr dienen und unabhängig von den Weisungen des Fahrgastes oder Benutzers verkehren8). (2) Kann die Einziehung der Erzeugnisse und Waren nicht vollzogen werden 9 ), so ist auf Erlegung ihres Wertes10) und, soweit dieser nicht zu erfördert worden ist. B G H . GA. 1953, 175, wohl aber bei Biersteuerhinterziehung Fässer und sonstige Umhüllungen. E. 73, 289. Mit einem Kraftfahrzeug kann der Kraftfahrzeugschein, nicht dagegen die Steuerkartei eingezogen werden. BayObLG. R d K . 1953, 50. Wegen der Einziehung gegenüber einem gutgläubigen tatunbeteiligten Eigentümer vgl. Anm. 2 zu § 414. Ein Geldbetrag, den ein Schmuggler nach dem Absatz der Ware bei seiner Ergreifung mit sich führt, kann, sofern nicht die Umstände eine Einziehung nach § 40 StGB, ermöglichen, nur unter Anrechnung auf den Wertersatz eingezogen werden. BGH. GA. 1953, 176; dazu Fuchs a.a.O. S. 50. 6) Auch der Gehilfe ohne Rücksicht darauf, ob er seines Vorteils wegen gehandelt h a t oder nicht. E. 68, 11; ebenso der Ehemann als steuerrechtlicher Vertreter der Ehefrau. B G H . J R . 1953, 430. 7) Zur Begehung der T a t benutzt ist ein Beförderungsmittel stets, wenn Gegenstände zur Erreichung eines dem Steuer- oder Zollrecht widersprechenden Zwecks von einem Ort an einen anderen verbracht werden sollen und wenn das Beförderungsmittel hierzu unmittelbar verwendet wird. Die Verbringung des abgabepflichtigen Gutes braucht nicht der einzige auch nicht der hauptsächliche oder überwiegende Zweck der Fortbewegung zu sein. Es ist unerheblich, ob die Verbringung des abgabepflichtigen Gutes ohne Benutzung des Beförderungsmittels möglich gewesen wäre und ob dieses zur heimlichen Beförderung abgabepflichtigen Gutes besonders eingerichtet war. B G H S t . 3, 1. Zu den Beförderungsmitteln gehören auch die Sicherungsfahrzeuge des Schmuggels, d. h. dem Schmuggeltransport zur Sicherung vorausfahrende Fahrzeuge. B G H S t . 3, 355 und N J W . 1953, 75: dagegen nicht Schiffe, wenn der schmuggelnde Passagier die Ware bei sich hat. Hamburg H R R . 1933 Nr. 1543. Köln DRZ. 25 (1933) Nr. 651; auch nicht Beförderungsmittel, die nur zur Vorbereitung der T a t oder zur Fortbewegung lediglich des Täters nach beendeter Tat, E . 68, 42; 69, 193 oder lediglich zur Fortbewegung von Personen oder nichtabgabepflichtigen Gegenständen bei der T a t benutzt wurden. B G H S t . 3, 1; anders Fuchs a . a . O . S. 53 und 54. 8) Zu den privilegierten Fahrzeugen gehören Eisenbahnen, Straßenbahnen aller Art, Dampfer (auch Verkehrsboote), Flugzeuge, Omnibusse auf Kraftfahrlinien, die nach festen Fahrplänen verkehren und jedermann zur Benutzung offen stehen; nach Hamburg J W . 67 (1938), 1810 Nr. 16, auch Lastkraftwagen, die für einen behördlich zugelassenen und dem Kraftwagenbetriebsverband angehörenden Unternehmer Verwendung finden, nicht dagegen Bugsierdampfer, Schleppschiffe und Kraftfahrdroschken aller Art (früher anders E. 67, 40). 9) D.h., wenn die Erzeugnisse und Waren nicht greif bar sind. Ist das Erzeugnis nicht vorhanden, so ist auch hinsichtlich des Ausgangsstoffes auf Wertersatz zu erkennen. RG. J W . 64 (1935), 954. Nicht mehr vorhanden ist das Erzeugnis, wenn es mit einer anderen Sache untrennbar verbunden, vermischt oder verarbeitet ist. §§ 946—950 BGB. Ist das Eigentum nicht untergegangen und kann die Mischung nicht als neue Sache angesehen werden, dann ist bei vertretbaren Sachen (§ 91 BGB.) nicht die gesamte, sondern nur eine dem Einziehungsanspruch entsprechende Menge einzuziehen und bei Vollstreckung der Einziehung aus der Gesamtmenge auszusondern, z. B. bei Flüssigkeiten; vgl. E . 52, 48. S. ferner auch Anm. 10 Abs. 2 und 3; wegen der Beförderungsmittel s. Anm. 10 Abs. 4 und Anm. 2 zu § 414. 10) Die Verpflichtung zum Wertersatz ist eine zusätzliche Strafe, B G H S t . 3, 163. Grundlage für Berechnung des Wertes ist der gewöhnliche Preis, der sich für den nicht einziehbaren steuerpflichtigen Gegenstand im Verkehr als regelmäßiger Preis gebildet hat. E. 75, 100. Der Preis ist maßgebend, welcher für Waren gleicher Art und Güte im Inland bezahlt wird, erzielbar ist, B G H S t . 4, 13, N J W . 1953, 673, nachdem sie ordnungsmäßig verzollt und versteuert sind, gleichgültig, ob daneben die hinterzogenen Zölle und Verbrauchssteuern vom Täter eingefordert sind. Stuttgart N J W . 1951, 43. Von dem Grundsatz, daß für die Höhe des Wertersatzes der Wert der Ware einschließlich der auf ihr ruhenden Zoll- und Steuerabgaben maßgebend ist, gilt dann eine Ausnahme, wenn die Ware im Falle ihrer Verwertung durch die Steuerbehörde nur zu einem niedrigeren Preis h ä t t e abgesetzt werden können. B G H . GA. 1953, 176 = LM. Nr. 10. Soweit es sich um die Beschaffenheit des zu ersetzenden Gegenstandes handelt, ist der Zeitpunkt der vorschriftswidrigen Verfügung zugrunde zu legen. B G H . N J W . 1953, 1640. Für die Bemessung des Wertersatzes ist der Wert mäßgebend, den der nicht mehr einziehbare Gegenstand zur Zeit des letzten tatrichterlichen Urteils haben würde. E. 67, 257, Bremen N J W . 1951, 976, B G H S t . 4, 305; a. M. OGH. N J W . 1950, 652.

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mittein ist 11 ), auf Zahlung einer Geldsumme12) bis zu einhunderttausend Deutsche Mark zu erkennen. § 401a*). [Bannbruch] (1) Bannbruch b e g e h t , wer Gegenstände 2) einem Verbot3) zuwider einführt 4 ), Auf Wertersatzstrafe ist auch gegen den Täter zu erkennen, wenn von der Einziehung abzusehen ist, weil der Eigentümer der Sachen die Straftat weder kannte noch kennen mußte und von ihr auch keinen Vorteil gehabt hat, dessen Zusammenhang mit der Tat ihm erkennbar war, z.B. bei gestohlenen Sachen. BGHSt. 3, 163, Bremen N J W . 1954, 691 unter Aufgabe der Ansicht in DRZ. 1950, 454; a.M. OGH. N J W . 1951, 40 = JZ. 1951, 54, oder wenn die Unmöglichkeit der Einziehung nicht auf einem Verhalten des Täters, sondern auf rechtlicher Unmöglichkeit beruht, z. B. wenn sich die Steuerhinterziehung auf Eigentum der Besatzungsmacht bezieht. Bremen N J W . 1954, 691 früher DRZ. 1950, 454 anders; dagegen nicht bei nicht greifbaren, eingezogenen Beförderungsmitteln. RG. v. 15. 4. 1935, 3 D 142/35; Härtung S. 72. Wird ein der Einziehung unterliegendes Beförderungsmittel nach der Straftat, aber vor der Hauptverhandlung durch ein zufälliges Ereignis so zerstört, daß das Eigentum damit untergeht, so kann nicht auf Einziehung erkannt werden. Hier besteht kein Übergang zur Wertersatzstrafe. Der Erlös tritt nur im Falle des § 433 Abs. 2 RAbgO. an die Stelle der beschlagnahmten Sache. BGH. N J W . 1953, 1521. Werden steuerpflichtige Erzeugnisse oder zollpflichtige Waren, hinsichtlich deren Abgabenhinterziehung begangen ist, vom Staat beschlagnahmt und in Besitz genommen, so muß auf Einziehung, darf aber nicht auf Wertersatz erkannt werden, auch wenn der Staat den Besitz an den beschlagnahmten Waren später unfreiwillig verliert. B G H S t . 4, 62 = N J W . 1953, 754. Eine Wertersatzstrafe entfällt beim Versuch am untauglichen Objekt jedenfalls dann, wenn die Ware schon versteuert war. Hamburg N J W . 1953, 1848. Auf Wertersatz kann nur dem gegenüber erkannt werden, der als Täter oder Teilnehmer der Steuerhinterziehung verurteilt wird. E. 62, 49. Dem Jugendlichen gegenüber nicht, weil gegen ihn keine Geldstrafe verhängt werden kann. Härtung S. 73. Der Gehilfe h a f t e t für den vollen Wertersatz auch dann, wenn die Beihilfe nicht seines Vorteils wegen begangen war. E. 65, 283; E. 68, 11. BayObLG. GA. 77, 128; BGH. GA. 1953, 176; ebenso jeder Mittäter. E. 72, 239. Sind mehrere bei derselben Straftat beteiligt, so ist jedem einzelnen der volle Wertersatz aufzuerlegen. Jedoch haftet er nur als Gesamtschuldner und nur im Rahmen seiner Beteiligung, B G H . N J W . 1954, 685; dies gilt auch bei einer fortgesetzten Handlung. BGH. GA. 1953, 176. Wenn mehrere Personen als Gesamtschuldner zu Wertersatz verurteilt sind, wirkt die Anrechnung der U.-Haft bei einem von ihnen oder die Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe durch einen von ihnen nicht auch zugunsten der übrigen. E.68, 37; RG.DR. 1939, 513. Wertersatz wie Wertersatzstrafe treten in vollem Umfange an die Stelle der Einziehungsstrafe. E. 72, 238; B G H S t . 5, 352. Bei mehreren Straftaten nach § 396 können die mehreren Wertersatzstrafen nicht zusammengefaßt werden. RG. Das Recht 1939 Nr. 2467. An Stelle d e r Uneinbringlichkeit ist eine Ersatzfreiheitsstrafe auszuwerfen. E. 65, 427; E. 74, 183; RG. DR. 1943, 903; BGH. GA. 1953, 177. Geldstrafe und Wertersatzstrafe sind voneinander unabhängige Strafen. R G . J W . 66 (1937), 2411. Die Revision kann auf die Festsetzung der Wertersatzstrafe und den Ausspruch der gesamtschuldnerischen Haftung beschränkt werden. E. 42, 241; E. 65, 296; E. 74, 206; BGH. GA. 1953, 177. 11) Bei der Ermittlung des Wertes sind alle Mittel zulässig, die zur Aufklärung dienlich sind. Auch Schätzung ist zulässig. BGH. GA. 1953, 176. Die Grundlagen einer Schätzung müssen im allgemeinen nicht in den Entscheidungsgründen angegeben werden. BGHSt. 5, 352 = N J W . 1954,685. 12) Der Gesichtspunkt des § 27 c StGB, hat bei Verhängung einer Geldsumme nur nachgeordnete Bedeutung; entscheidend sind vor allem Schwere und Umfang der Tat. B G H S t . 5, 352 = N J W . 1954, 685. Die Verurteilung zur Zahlung einer Geldsumme statt Wertersatz ist ein abtrennbarer Teil des Strafausspruchs, der selbständig angefochten werden kann. B G H . GA. 1953,177. Z u § 401a: *) Nach Art. I des Gesetzes v. 4. 7. 1939 (RGBl. I S. 1181) sind die §§ 401a und b neu aufgenommen, die §§ 403, 404, 410 Abs. 1 und 413 Abs. 1 haben eine neue Fassung erhalten, weil hinsichtlich der Strafbestimmungen des Vereinszollgesetzes, das gemäß § 113 des Zollgesetzes v. 20. 3. 1939 (RGBl. I S. 529) außer Kraft gesetzt ist, im § 4 des Gesetzes über Aus- und Einfuhrverbote v. 25. 3. 1939 (RGBl. I S. 578) gesagt worden ist, daß für ver-

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ausführt 6 ) oder durchführt6), ohne sie der zuständigen Zollstelle7) ordnungsmäßig zu gestellen8). (2) Der Täter wird nach §§ 396 bis 400 bestraft. Neben der Strafe ist auf Erziehung9) zu erkennen; § 401 gilt entsprechend10). botswidrige Aus- und Einfuhr die Straf- und Verfahrensbestimmungen der Reichsabgabenordnung über den Bannbruch gelten. 1) Bedingter Vorsatz genügt. Fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen Einfuhr- und Ausfuhrverbote werden nach § 413 Abs. 1 Nr. 2 verfolgt. Über Vollendung und Beendigung der Straftat s. Anm. 17 zu § 396. Teilnahme an der Tat ist alles, was vor Beendigung der Tat liegt. 2) Erzeugnisse der Natur wie des Kunst- und Gewerbefleißes. Ware ist jede bewegliche Sache. § 6 des Zollgesetzes v. 20. 3. 1939 (RGBl. I S. 529). 3) Das Gesetz über A u s - u n d E i n f u h r v e r b o t e v. 25. 3. 1 9 3 9 (RGBl. I S. 578) bestimmt: § 1. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, die Aus- und Einfuhr von Waren über die Grenzen des Deutschen Reichs mit der Wirkung zu verbieten, daß die Aus- oder Einfuhr nur mit Bewilligung zulässig ist. § 2. Die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Aus- und Einfuhrverbote sind Verbote und Beschränkungen des Warenverkehrs im Sinne des Vierten Teils des Zollgesetzes v. 20. 3. 1939 (RGBl. I S. 529) und werden von den Zollbehörden in sinngemäßer Anwendung des Zollrechts, gegebenenfalls nach näherer Anweisung des Reichsministers der Finanzen, durchgeführt. 4) Zum Begriff der Einfuhr gehört, daß menschliches Verhalten die Verbringung der Ware ins Zollinland bewirkt. E. 67, 345, 347. Ist die Ware dagegen ohne menschliches Zutun über die Grenze gelangt, so kann nicht der verbotenen Einfuhr schuldig sein, wer sich ihrer nachher bemächtigt. E. 40, 326 ; 67, 345, 347. ß) Ausfuhr setzt nicht voraus, daß die Ware dauernd in das Ausland gebracht werden soll; vielmehr ist es genügend, wenn sie auch nur vorübergehend und nur zu einem einzelnen bestimmten Zwecke über die Zollgrenze geschafft wird. E. 58, 71. Ausfuhr ist schon das Verbringen der Ware vom Zollinland nach einem Zollausschuß. E. 57, 357. 6) Einfuhrverbot umfaßt Durchfuhrverbot. Dagegen braucht es die Zulässigkeit der Durchfuhr „unter Zollkontrolle" nicht auszuschließen. Es kommt vielmehr auf den Grund an, aus dem das Einfuhrverbot erlassen ist. Durchfuhr ist verboten z. B. bei Gefahr der Ansteckung. E. 27, 341, dagegen gestattet, wenn Einfuhr zum Schutze inländischer wirtschaftlicher Interessen verboten ist, Stenglein, Nebengesetze 4. Aufl. Bd. I I Anm. 4d, wenn die Einfuhr unter Begleitumständen erfolgt, welche eine Gefährdung inländischer Interessen als ausgeschlossen erscheinen lassen. E. 40, 208; E. 39, 66. VO. ü b e r D u r c h f u h r v e r b o t v. 14. 5. 1 9 4 0 (RGBl. I S. 786): § 1.

(1) D e r Reichswirtschaftsminister, der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft und der

Reichsforetmeister werden ermächtigt, die Durchfuhr von Waren durch das Gebiet des Deutschen Reichs mit der Wirkung zu verbieten, daß die Durchfuhr nur mit Bewilligung zulässig ist. (2) Das Gesetz über Aus- und Einfuhrverbote v. 25. 3. 1939 (RGBl. I S. 578) und die Erste DurchfVO. zum Gesetz über Aus- und Einfuhrverbote v. 27. 3. 1939 (RGBl. I S. 589) gelten für Durchfuhrverbote sinngemäß. 7) Über Zollstellen siehe §§ 1, 5 des Zollgesetzes, über Zollgrenze § 3 ebenda. 8) § 13 des Zollgesetzes. 9) Diese Nebenstrafe trifft alle Teilnehmer. E. 57, 258 vgl. Anm. 2 zu § 401. Das später geworfene Kalb der in trächtigem Zustande geschmuggelten Kuh unterliegt auch der Einziehung. RG. bei Kautz, Handb. d. Reichszollverw. Anm. 5. Vollzogen ist die Einziehung mit der Beschlagnahme. E. 49, 216 (221). 10) Unter Wert ist der gemeine inländische Verkaufswert zur Zeit d. h. der Grenzüberschreitung (E. 57, 52) und am Orte der Tat, ohne Rücksicht auf den Einkaufspreis zu verstehen. E. 52, 298 (301); E. 55, 175, wobei die wirklich bezahlten Steuern und Zölle dem ausländischen Verkaufspreise zugeschlagen werden können. E. 48, 104 (112). Die notwendige Umschließung (Flasche) ist in den Wert einzubeziehen. E. 51, 75 (77). Die Bemessung des Wertes gehört an sich zur tatrichterlichen Prüfung; sie unterliegt jedoch, soweit die recht-

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(3) Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit Zuwiderhandlungen gegen ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbot in anderen Vorschriften mit Strafe bedroht11) sind.

§ 401b. [Gewerbsmäßiger, bandenmäßiger und gewaltsamer Schmuggel] (1) Wer gewerbsmäßig1) Zoll hinterzieht2) oder gewerbsmäßig Bannbruch 3 ) begeht, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft 4 ). (2) Ebenso wird bestraft; 1. wer sich mit zwei oder mehr Personen zu gemeinschaftlicher Ausübung der Zollhinterziehung oder des Bannbruchs verbindet und das Vergehen gemeinschaftlich mit ihnen ausführt 8 ); liehen Grundlagen der Beurteilung angezweifelt werden, der Nachprüfung des Revisionsgerichts. E. 56, 309. Die gegen den Gehilfen zu erkennende Geldstrafe ist nicht zu ermäßigen. E. 50, 336. Im übrigen vgl. Anm. 10 zu § 401. 11) Wer Waren aus dem Ausland in das Inland ohne Genehmigung einführt und damit gegen die Devisenvorschriften (B IV 8) verstößt, darf daher nur nach diesen Bestimmungen, nicht aber wegen Bannbruchs nach § 401a bestraft werden. Das gilt auch dann, wenn die verbotene Einfuhr in der erschwerten Form des bandenmäßigen Bannbruchs begangen wäre. BGHSt. 4, 36 = N J W . 1953, 752; BayObLG. N J W . 1953, 713. Tateinheitliches Zusammentreffen des Bannbruchs mit den genannten Zuwiderhandlungen ist möglich, ebenso Wahlfeststellung. Vgl. Anm. 2b zu § 267 StPO. Zu § 401 b : 1) Darüber vgl. Anm. 1 zu § 260 StGB, unter A 2. Es genügt, daß die Tat in der Absicht begangen worden ist, sich durch wiederholte Begehung eine Einnahmequelle von gewisser Dauer zu verschaffen oder auch nur in der Absicht, einen Nebenerwerb zu erlangen. KG. v. 26. 7. 1951, 1 Ss 332/50 (B); BGH. GA. 1953, 177, 178. Gewerbsmäßigkeit liegt auch z. B. vor, wenn der Täter Zigaretten zwar zum eigenen Bedarf, aber zur Ersparung von Mehrausgaben erworben hat. E. 77, 329; BGH. GA. 1953, 177. Wegen gewerbsmäßiger (Vorteils)-Beihilfe kann nach § 391 RAbgO., § 50 Abs. 2 StGB, nur bestraft werden, wer selbst gewerbsmäßig handelt. E. 77, 329; BGH. GA. 1953, 53. Ist dies der Fall, so ist es unerheblich ob der Haupttäter seinerseits gewerbsmäßig vorgegangen ist. E. 72, 226. 2) Siehe § 396 Abs. 5. Die gewerbsmäßige Steuerhinterziehung fällt nicht unter § 401b. Anders ist dies nur bei der Kaffeesteuer, da auf diese die für Zölle geltenden Strafvorschriften sinngemäße Anwendung finden. BGH. GA. 1953, 177. 3) Siehe § 401a. 4) Entgegen dem Wrortlaut ist auch auf Geldstrafe zu erkennen. Denn § 401 b enthält keine erschöpfende Strafandrohung, sondern gebietet nur eine Verschärfung der Freiheitsstrafe. E. 75, 188; BGH. GA. 1953, 177; auch die §§ 399—401 sind anzuwenden. 5) Bandenmäßiger Schmuggel ist erhöht strafbar, weil das örtlich und zeitlich verbundene Auftreten von 3 oder mehr Schmugglern, die bewußt zusammenwirken (E. 47, 377. BGH. E. 3, 40. E. 4, 34), den Zollbeamten die Bekämpfung des Schmuggels erschweren, die amtlichen Auseinandersetzungen mit ihnen verschärfen und so die Gefährlichkeit des verbrecherischen Treibens erhöhen kann. Das Tatbestandsmerkmal der gemeinschaftlichen bandenmäßigen Ausführung des Schmuggels wird nicht durch bloße Verabredungen, die Bereitstellung von Beförderungsmitteln und ähnliche nur nebenhergehende Tätigkeiten fern vom Schmuggelgut erfüllt. BayObLG. N J W . 1953, 915. Bandenschmuggel liegt nicht vor, wenn ein Schmuggler zwei diensttuende Zollbeamte durch Bestechung veranlaßt, bei Zollabfertigung falsch zu wiegen und einen zu niedrigen Zoll zu erheben. E. 69, 105; E. 71, 49. Dagegen genügt es, wenn Grenzbewohner Personen, die sie als Träger von Schmuggelgut erkennen, vor Zollbeamten warnen, die sich in der Nähe befinden. RG. J R . 1933 Nr. 981. Vorausgegangene Verabredung ist nicht nötig, es genügt Einverständnis bei der Ausführung der Tat, das auch stillschweigend erklärt werden kann. E. 54, 246. Die Verbindung der Täter braucht nicht zur fortgesetzten Begehung von Straftaten gleicher Art eingegangen zu sein. BGH. GA. 1953, 178. Die 3 Personen müssen als Täter oder Gehilfen (E. 69, 105) bei der Ausführung persönlich tätig mitgewirkt haben. E. 39, 53, wenn auch nicht gerade bei der Grenzüberschreitung. E. 54, 246; BGHSt. 4, 32; auch dann, wenn ein Teilnehmer zur Deckung der Träger jenseits der Grenze, aber in Sicht und Hörweite von den Grenzposten zurückbleibt. RG. v. 20. 10. 1936 — 4 D 568. 36 — oder wenn nach Grenzüberschreitung den Schmugglern Obdach gewährt wird

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2. wer eine Zollhinterziehung oder einen Bannbruch begeht, bei denen er oder ein anderer an der Tat Beteiligter eine Waffe6) oder ein anderes Werkzeug7) oder Mittel8) mit sich führt, um9) einen persönlichen Widerstand zu überwinden.

§ 402. [Steuergefährdung] 1

(1) Wer fahrlässig ) als Steuerpflichtiger2) oder ajs Vertreter3) oder bei Wahrnehmung4) der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen bewirkt 6 ), daß SteuerB G H . N J W . 1952, 945. Täterschaft und Beihilfe kann sogar rechtlich zusammentreffen. E. 70, 138. Mitwirken können Strafunmündige. E. 19, 192; auch Taubstumme. Stenglein, Anm. 3 b. Bandenschmuggel kann nicht nur über die Zollgrenzen, oder in ihrer Nähe, sondern auch im Inlande begangen werden. Bremen N J W . 1950, 882; indem die Täter über zollbares Zollgut, das sich auf dem Wege zur zuständigen Zollstelle befindet, verfügen. OGH. N J W . 1951, 40. Gemeinschaftliche Ausführung entfällt, wenn einer der Beteiligten wegen seiner Unkenntnis des Einfuhrverbots nur wegen Ordnungswidrigkeit verurteilt werden kann. RG. ZfZR. 1905, 101. 6) Waffen im technischen Sinne sind nur solche Gegenstände, denen schon bei ihrer Herstellung der Zweck, in Angriff oder Abwehr andere zu verletzen, beigelegt worden ist. 7) Vgl. Anm. 1 zu § 223 a StGB. 8) Pfeffer und Betäubungs- und Vernebelungsmittel. 9) Das Mitsichführen (vgl. Anm. 22 zu § 243 StGB.) muß zu dem Zwecke geschehen, das Unternehmen zu fördern. Das Mittel braucht nicht verwendet zu werden. Z u § 4 0 2 : 1) An die vom Steuerpflichtigen zu beachtende Sorgfalt sind keine unbilligen Anforderungen zu stellen. Namentlich ist eine Erkundigungspflicht nur anzunehmen, soweit dem Steuerpflichtigen in seiner Lage bei gewissenhafter Rücksichtnahme auf die Möglichkeit des Bestehens einer Steuerpflicht vernünftigerweise Erkundigungen zugemutet werden können. E. 61, 259. Fahrlässig handelt der Geschäftsherr in seinem Betriebe, wenn er entweder bei der Auswahl seines Vertreters nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet oder es unterlassen hat, in seinem Geschäfte Einrichtungen zu treffen, durch die die Erfüllung der vielgestaltigen Steuerpflichten gewährleistet ist. BayObLG. J R . 1925 Nr. 983; E. 61, 85; RG. J W . 69 (1930) 321; ferner der Notar, der es unterläßt, Vertragschließende von einer Kaufpreisverheimlichung abzuhalten. E. 61,42; auch der Steuerberater, der die unzulänglichen Buchführungsunterlagen seines Auftraggebers kritiklos übernimmt oder der die Buchführung eines unerfahrenen Angestellten nicht nachprüft. RG. J W . 62 (1933), 57 oder der zugleich als Buchprüfer seine Pflicht verletzt. RG. J W . 67 (1938), 3109. Beim Zusammentreffen mit Steuerhinterziehung s. § 396 Anm. 5. 2) Durchf. v. 17. 8. 1940 (RMB1. S. 209): Auf Grund des § 12 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung wird das folgende verordnet: (1) Steuerpflichtiger im Sinn der §§ 402 und 413 der Reichsabgabenordnung ist jeder, dem durch ein Steuergesetz (§ 2 der Reichsabgabenordnung) irgendwelche Pflichten auferlegt sind. (2) Unter den Begriff Steuerpflichtige fallen nicht: 1. die Amtsträger (§ 22 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung), 2. die Auskunftspersonen (§§ 175 und folgende der Reichsabgabenordnung), 3. die Sachverständigen (§ 186 der Reichsabgabenordnung), soweit es sich um Pflichten handelt, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Amtsträger, Auskunftspersonen oder Sachverständige obliegen. 3) Vertreter sind, die an Stelle des Steuerpflichtigen auftreten, §§ 103 bis 105, Bevollmächtigte, die in den Fällen des § 107 Abs. 1 u n d 4 Genannten, abgedruckt in Anm. 2zu § 416. 4) Der Begriff ,,W. d. A." ist möglichst weitgehend auszulegen. Beistände § 107 Abs. 4 Rechtsanw. u. Notar § 107 Abs. 3, Helferin Steuersachen § 107a. Darunter fällt auch der bloße Steuerberater. RG. J W . 60 (1931), 2311, auch wer in seinem Fahrzeug Personen mitnimmt und mit ihnen durch den Amtsbereich einer vorgeschobenen Zollstelle (Zollstraße) fährt.

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B VI. Reichsabgabenordnung. § 403

einnahmen verkürzt •) oder Steuervorteile zu U n r e c h t g e w ä h r t oder belassen werden ( § 3 9 6 Abs. 1 , 2 ) 7 ) , wird wegen Steuergefährdung 8 ) m i t Geldstrafe bis zu einhunderttausend Deutsche Mark bestraft. (2) E i n e Steuerumgehung (§ 10)®) ist n u r dann als Steuergefährdung zu bestrafen, wenn die Verkürzung der Steuereinnahmen oder die Gewährung der ungerechtfertigten Steuervorteile dadurch bewirkt wird, d a ß der T ä t e r v o r sätzlich oder fahrlässig Pflichten v e r l e t z t , die ihm im Interesse der E r m i t t l u n g einer Steuerpflicht obliegen.

§ 403. [Steuerhehlerei] Steuerhehlerei 1 )

(1) b e g e h t 2 ) , wer seines Vorteils w e g e n 3 ) Erzeugnisse oder W a r e n , hinsichtlich deren V e r b r a u c h s t e u e r oder Zoll hinterzogen oder B a n n b r u c h begangen worden ist 4 ), a n k a u f t 5 ) , z u m P f a n d n i m m t , an sich b r i n g t 6 ) , verheiml i c h t 7 ) oder a b s e t z t 8 ) . OGH. DRZ. 1950, 374. Dazu gehört nicht, wer nur in der Ausführung von Schreib- und Rechenarbeiten tätig ist. RG. J W . 62 (1933), 443. Für Rechtsanwälte gilt § 423. 5) Dabei ist zu beachten: Die Buchführung und sonstige Vorbereitungsmaßnahmen erlangen steuerrechtliche Bedeutung erst mit der Steuererklärung und durch sie. In einer nachlässigen Buchführung kann deshalb noch keine Steuergefährdung liegen. Bei jeder neuen Steuererklärung ist eine erneute Prüfung vorzunehmen und eine neue Entschließung zu fassen; nur für diese Handlungen kann den Täter eine Verantwortung treffen, nicht für Unterlassungen als solche, die den Inhalt der Erklärungen im Ergebnis beeinflußt haben. Daher auch keine fortgesetzte Steuergefährdung. E . 76, 283. Ausnahmsweise kann ein Dauervergehen vorliegen. E . 76, 68 (70). 6) Die Steuerverkürzung muß vollendet sein. 7) § 396 Abs. 3 Halbsatz 1 anwendbar RG. 9. Härtung S. 94, dagegen nicht Halbsatz 2. Härtung S. 95. 8) Nicht bloß Gefährdung, sondern eine Steuerverkürzung muß eintreten. Ist eine Handlung als Steuerhinterziehung zu beurteilen, so kann der Täter nicht auch noch wegen Steuergefährdung und auch nicht wegen Ordnungswidrigkeit verurteilt werden. R G . J R . 1927 Nr. 448. Mehrfache Versäumung von Zahlungsterminen ist einheitliche Tat. Ein solches Dauervergehen kann angenommen werden, wenn sich der Steuerpflichtige eines in dauernder Unachtsamkeit bestehenden Verhaltens schuldig macht. E . 59, 281 (287). Grundsätzlich keine Dauerstraftat besteht bei mehreren fahrlässig falschen Steuererklärungen oder -Voranmeldungen; vgl. E . 76, und 283. BGH. v. 17. 3. 1953. GA. 1954, 58. 9) Siehe Anm. 12 ff. zu § 396. Zu § 403: 1) § 403 ist in weitem Umfang dem § 259 StGB, nachgebildet; auf die Erläuterungen dort wird verwiesen.Rechtlich vollendet ist die Steuerhehlerei in dem Zeitpunkt der Erfüllung der äußeren Tatbestandsmerkmale des § 403, tatsächlich beendet ist sie jedoch erst dann, wenn die Hehlerware „zur Ruhe" gekommen ist E . 73, 104, wenn sie ihren Bestimmungsort erreicht hat oder vor dem Zugriff der Behörden in Sicherheit gebracht worden ist; solange ist Beihilfe möglich. KG. v. 11. 7. 1951, 1 Ss 100/51; Braunschweig N J W . 1953, 956; BGH. N J W . 1954, 480. 2) Der Täter einer Zollhinterziehung kann in Tatmehrheit noch Zollhehlerei begehen. E . 71, 49. Tateinheit möglich mit Dev.-Verg. RG. H R R . 1941 Nr. 1064, mit eigennütziger Begünstigung einer Steuerhinterziehung. R G . D R . 1943,587. Treffen Steuerhehlerei und passive Bestechung tateinheitlich zusammen, so ist nur auf Wertersatzstrafe, nicht zugleich auf Verfallerklärung des Wertes zu erkennen, gleichgültig, ob für die passive Bestechung oder für die Steuerhehlerei die schwerere Bestrafung angedroht ist. B G H S t . 5, 156. Wahlfeststellung zwischen Steuerhinterziehung (Bannbruch) und Hehlerei ist zulässig. E . 68, 257; B G H . E. 4, 128; Härtung S. 107; BayObLG. N J W . 1952, 395; Braunschweig N J W . 1953, 956. Nur Steuerhehlerei bei Weiterverkauf unversteuerter Tabakwaren. RG. D R . 1943, 908. 3) Vgl. Anm. l a zu § 259 StGB. 4) Wie in § 259 StGB. (vgl. dort Anm. 4) genügt auch hier die schuldlose, aber rechtswidrige Verwirklichung des äußeren Tatbestandes durch den Vortäter. BGH. N J W . 1952, 945. Der Nachtäter muß zum mindestens bedingt um die Vortat wissen, anders als nach § 259 S t G B . OLG. Bremen J R . 1954, 191. 5) Vgl. Anm. 7 zu § 259 S t G B . 6) Wie in §259 StGB, wird abgeleiteter Erwerb verlangt. Zum Ansichbringen gehört auch die Beförderung eines Gegenstandes (geschlachteten Tierkörpers) von dem Orte der Übernahme

B V I . Reichsabgaben Ordnung. § 404

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(2) Der Steuerhehler wird nach §§ 396®) bis 400 und, wenn er gewerbsmäßig gehandelt hat 10 ), nach § 401b Absatz 1 bestraft11). Neben der Strafe ist auf Einziehung zu erkennen; § 401 gilt entsprechend12). (3) Der Steuerhehler ist auch dann strafbar, wenn die Person, die die Steuerhinterziehung oder den Bannbruch begangen hat, nicht schuldfähig ist 13 ).

§ 404*)!). [Rückfall] (1) Wer im Inland wegen Steuerhinterziehung, Bannbruchs oder Steuerhehlerei bestraft worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen begangen hat, und deswegen bestraft worden ist, wird, wenn er eine Steuerhinterziehung, einen Bannbruch oder eine Steuerhehlerei begeht, mit Gefängnis bestraft. Neben der Gefängnisstrafe ist auf Geldstrafe (§ 396 Absatz 1 Satz 2) zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf Geldstrafe (§ 396 Absatz 1 Satz 2) erkannt werden. (2) Die Vorschriften des Abs. 1 finden Anwendung, auch wenn die früheren Strafen nur teilweise verbüßt oder ganz oder teilweise erlassen worden sind, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen Tat drei Jahre verflossen sind. aus der Verfügungsmacht des Vortäters. Das Beförderungsmittel ist daher einzuziehen. R G . DRechtspfl. 1939 Nr. 164. E . 73, 104. 7) Vgl. Anm. 6 zu § 259 S t G B . Nicht verheimlicht, wer Waren an sich nimmt, die ein Schmuggler weggeworfen hat. E . 71, 49. Nicht strafbar ist, wer in Kenntnis der Schmuggeleigenschaft eine Ware behält. E . 71, 280. 8) Absetzen ist jede Mitwirkung zum Absatz. B G H . GA. 1954, 58. 9) Also ist § 397 anwendbar, wonach der Versuch strafbar ist. 10) Zum gewerbsmäßigen Handeln genügt, daß der T ä t e r die Sache erwirbt, um sie unter Ersparung von Mehrausgaben unmittelbar für sich zu verwenden. B G H . GA. 1954, 59. 11) Wahlfeststellung zwischen gewerbsmäßiger Zollhinterziehung und gewerbsmäßiger Steuerhehlerei sowie zwischen (gewerbsmäßiger) Steuerhinterziehung und gewerbsmäßiger Steuerhehlerei ist zulässig. B G H . GA. 1954, 242. 12) Siehe Anm. 10 Abs. 6 zu § 401. B e i gemeinschaftl. Hehlerei Wertersatz als Gesamtschuldner. R G . H R R . 1934 Nr. 238. 13) F ü r Begünstigung von Steuervergehen und für die Monopolhehlerei muß — obwohl hier eine dem § 4 0 3 Abs. 3 entsprechende Vorschrift fehlt — dasselbe gelten, Härtung S. 104. Z u § 4 0 4 : *) § 4 0 4 gilt als Bundesrecht fort. Köln M D R . 1952, 58. B G H . LM. Nr. 1. E r hat in der U S - und brit. Zone durch das in Anm. 2 zu § 4 0 1 genannte Gesetz folgende Fassung erhalten: ,,(1) W e r im Inland nach der Verkündung des Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern (25. 5. 1949) eine Steuerhinterziehung, einen Bannbruch oder eine Steuerhehlerei begangen hat und deshalb bestraft worden ist, wird, wenn er abermals eine Steuerhinterziehung, einen Bannbruch oder eine Steuerhehlerei begeht, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Neben der Gefängnisstrafe ist auf Geldstrafe zu erkennen. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt. Das Verbot der Berufsausübung nach § 4 2 Buchst. 1 des Strafgesetzbuches kann ausgesprochen werden. (2) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden Anwendung, auch wenn die frühere Strafe nur teilweise verbüßt oder ganz oder teilweise erlassen worden ist, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlaß der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen T a t drei J a h r e verflossen sind." In dieser Fassung ist der Paragraph jedenfalls für Zölle und Verbrauchssteuern rechtsgültig und gilt im Bereich des ehemaligen Vereinigten Wirtschaftsgebietes weiter. B G H . N J W . 1953, 1522. In Rheinl.-Pf. gilt § 4 0 4 i . d . F . des Ges. v. 6. 9. 1949 (GVB1. S. 4 7 3 ) ; über dessen Gültigkeit vgl. O L G . Koblenz N J W . 1953, 1748 mit Anm. von Krüger. 1) § 4 0 4 i s t wörtlich den §§ 244, 2 4 5 S t G B , nachgebildet; vgl. die dortigen Erläuterungen. § 4 0 4 kann auch mit der Strafschärfung des § 4 0 1 b zusammentreffen. Oldenburg NdsRpfl. 1953, 168.

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B VI. Reichsabgabenordnung. § 405

§ 405. [Banderolenfälschung] (1) Wer Steuerzeichen1) in der Absicht, daß sie als echt verwendet werden2), fälschlich anfertigt3) oder verfälscht4) oder wer sich in dieser Absicht falsche Steuerzeichen dieser Art verschafft 6 ), wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft6). Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich falsche Steuerzeichen als echt verwendet7), feilhält8) oder in Verkehr bringt9). (2) Wer vorsätzlich bereits verwendete10) Steuerzeichen als gültig wiederverwendet oder in der Absicht, daß sie als gültig wiederverwendet werden, sich verschafft, feilhält8) oder in den Verkehr bringt11), wird mit Geldstrafe bestraft. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu zwei Jahren erkannt werden12). (3) Wer13) zum Zwecke der Fälschung von Steuerzeichen 1. Formen oder andere Gerätschaften, die zur Ausführung einer Steuerzeichenfälschung dienen können; Zu § 405: 1) Steuerzeichen sind von der Steuerbehörde ausgegebene Zeichen, die die Entrichtung der geschuldeten Steuer beweisen, z. T. Tabaksteuerbanderolen. 2) Die Handlung muß darauf gerichtet sein, die auf dem Erzeugnis ruhende Steuer zu ersparen und damit das Steueraufkommen zu beeinträchtigen. RG. J W . 54 (1925), 962. Soweit nicht Täuschung der Steuerbehörde, sondern nur Dritter, etwa der Käufer beabsichtigt ist, liegt lediglich Betrug vor. 3) Fälschliches Anfertigen ( = Herstellen eines unechten Steuerzeichens, vgl. Anm. 4 zu § 267 StGB.) liegt z. B. vor, wenn ungültige Steuerzeichen mit dem Kleinverkaufspreis versehen werden. RG. Das Recht 1939 Nr. 3396, wenn Teile verschiedener, bereits verwendeter Zeichen zu einem dem Anscheine nach vollständigen Bilde zusammengesetzt werden. RG. v. 9. 2. 1931. Härtung. S. 113. 4) Verfälschen (vgl. Anm. 5 zu § 267 StGB.) liegt z. B. vor, wenn der die Preisangabe enthaltende Teil einer Banderole durch einen Teil mit höherer Preisangabe aus einer anderen Banderole ersetzt wird. RG. GA. 75, 90; J W . 61 (1932), 251; KG. J W . 67 (1938), 172. Unkenntlichmachung der Wertbezeichnung oder der Inhaltsangabe ist kein Verfälschen, sondern Vernichten des Steuerzeichens und als solches straflos. RG. v. 14. 11. 1923. Härtung S. 113. 5) Vgl. Anm. 2 zu § 147 StGB. 6) Zur Vollendung genügt, daß die Fälschung von Arglosen übersehen werden kann, die sie nur oberflächlich und ohne besondere Sachkenntnis betrachten. Die Verletzungstatbestände (Abs. 1) stehen mit einer Steuerhinterziehung und mit Urkundsdelikten in Tateinheit. Vgl. E. 62, 78 (81); E. 67, 419. Mit Betrug steht § 405 in Tatmehrheit. § 405 ist lex specialis gegenüber §§ 275, 276 StGB. 7) Als echt verwendet ist das falsche Steuerzeichen, wenn es mit der Umhüllung eines steuerpflichtigen Erzeugnisses oder mit einer entsprechenden Urkunde in der vorgeschriebenen Weise verbunden wird zum Beweise dafür, daß die Steuer entrichtet worden sei, u m auf diese Weise dem kontrollierenden Steuerbeamten vorzuspiegeln, daß die Steuer bezahlt sei. RG. GA. 76,90. 8) S. Anm. 8 zu § 3 des LMG. unter B V I I 1. 9) S. Anm. 10 zu § 3 LMG. unter B V I I 1. _ 10) Steuerzeichen sind „bereits verwendet", wenn sie zur Tilgung einer bestimmten fällig gewordenen Steuerschuld gedient haben. B G H . v. 18. 5.1954, 2 StR. 623/53, wenn sie entwertet sind. RG. J W . 67 (1938), 508. Versehentlich verwendete Steuerzeichen werden als nicht verwendet angesehen, so daß das Ablösen und Wiederverwenden an anderer Stelle zulässig ist. E. 23, 339. 11) Zwischen den verschiedenen Begehungsformen besteht Gesetzeseinheit, a u c h fortgesetzte Handlung ist möglich. RG. H R R . 1932 Nr. 2016. 12) Im Gegensatz zu den falschen bereits verwendeten Steuerzeichen handelt es um echte Steuerzeichen in § 9 3 d e s T a b a k s t e u e r g e s e t z e s v. 6. 5. 1 9 5 3 ( B G B l . I S. 169). Wer unbefugt Steuerzeichen sich verschafft, feilhält oder in Verkehr bringt, wird mit Geldstrafe bestraft. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu 2 Jahren erkannt werden. Die Steuerzeichen sind einzuziehen. 13) Ist das Vergehen nach Abs. 1 begangen, so kommt Abs. 3 (Vorbereitungshandlung) nicht weiter in Betracht. E. 66, 217 (Konsumtion).

B VI. Reichsabgabenordnung» §§ 406—410

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2. Papier, das einer zur Herstellung der Steuerzeichen bestimmten Papierart gleich oder zum verwechseln ähnlich ist; anfertigt, sich verschafft, feilhält oder einem anderen überläßt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe bis zu einhunderttausend Deutsche Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. Den Formen oder Gerätschaften stehen die mit solchen Formen oder Gerätschaften hergestellten Abdrucke gleich. (4) Die falschen, wiederverwendeten oder zur Wiederverwendung bestimmten Steuerzeichen sind einzuziehen14), auch wenn sie dem Täter nicht gehören. Das gleiche gilt für Formen, Gerätschaften, Abdrucke und Papier der im Abs. 3 bezeichneten Art.

§§ 406 bis 409 gemäß Art. I Nr. 18 des Ges. v. 4. Juli 1939 (RGBl. I S. 1181) gestrichen.

§ 410*). [Tätige Reue] (1) Wer in den Fällen der §§ 396 und 401a 1 ) unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Steuerbehörde berichtigt2) oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, bleibt insoweit3) straffrei. Dies gilt nicht, wenn ein Prüfer4) der Finanzbehörde zur steuerlichen oder steuerstrafrechtlichen Prüfung5) erschienen ist oder wenn dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung einer steuerstrafrechtlichen Untersuchung eröffnet worden ist. 14) Einziehung ist Sicherungsmaßnahme. §§ 401, 414 und § 40 StGB, gelten nicht, § 42 StGB, ist maßgebend, auch § 415 Zu § 410: *) In der Fassung des Gesetzes v. 7. 12. 1951 (BGBl. I S. 941) Art. I Nr. 2 von Berlin übernommen durch Ges. v. 28. 2. 1952 (GVB1. S. 125). S c h r i f t t u m : Mattem

N J W . 1951, 457.

1) § 46 Nr. 2 StGB, ist durch § 410 ersetzt; dagegen ist bei unbeendetem Versuch auch Rücktritt nach § 46 Nr. 1 StGB, (also durch freiwillige Aufgabe ohne Selbstanzeige) möglich. E. 57, 313; 59, 115. I m Fall der §§ 401b, 403 gibt es keine Straffreiheit. E. 56, 11. Straffreiheit kann sich auch der Teilnehmer (Mittäter, Anstifter, Gehilfe) verschaffen, auch der Rückfällige (§404). 2) Zur Berichtigung gehört nicht nur das Anerkenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der abgegebenen Steuererklärung, sondern auch die Ersetzung der unrichtigen, unvollständigen Angaben durch die richtigen und vollständigen. E. 59, 118; B G H . GA. 1954, 59. Die Angaben müssen wenigstens so beschaffen sein, daß der Steuerpflichtige durch seine Offenbarung und seine Aufklärungshilfe dem Finanzbeamten die Möglichkeit verschafft, ohne schwierige weitere Nachforschungen die Nachveranlagung vorzunehmen. B G H . GA. 1954, 59. Verschwiegene Vermögensstücke müssen dem Finanzamt so genau bezeichnet werden, daß ihm der Zugriff auf sie möglich ist. E. 70, 350. Die Wirkung der Straffreiheit wird nicht erreicht, wenn die Feststellung des richtigen Sachverhalts nicht durch Angaben des Täters, sondern durch Zufall herbeigeführt ist. RG. bei Härtung S. 124. Die Berichtigung muß gegenüber der Steuerbehörde erfolgen; es genügt also z. B. nicht die Einreichung bei einem Notar. RG. H R R . 1928 Nr. 2074. Die Erklärung kann auch vomBevollmächtigten des Steuerpflichtigen abgegeben werden. Sie ist nicht deshalb unwirksam, weil der Auftrag nicht erkennbar wird. BayObLG. N J W . 1954, 244 oder der Pflichtige von der Maßnahme seiner Beauftragten keine Kenntnis hat. E. 64, 76. Nicht ist erforderlich, daß der Täter bei der Berichtigung aus dem Beweggrunde der Reue handelt. Selbst eigennützige Motive schaden nicht. E. 61, 115 (118). 3) Wirksame Teilselbstanzeige ist also möglich (anders in Abs. 2). 4) Prüfer ist nicht nur der Betriebsprüfer, sondern auch der Nachschaubeamte nach § 193 RAbgO. und der Fahndungsbeamte, z. B. eine Zollstreife. Oldenburg N J W . 1953, 1846. 5) Gleichgültig, ob sie angekündigt ist oder nicht und ob die Prüfung eine turnusmäßige oder eine besondere ist.

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B VI. Reichsabgabenordnung. § 410

(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn der Täter im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung wußte oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen mußte, daß die Tat ganz oder zum Teil bereits entdeckt war 6 ). (3) Sind in den Fällen des § 396 Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile gewährt oder belassen, so tritt die Straffreiheit nur ein, wenn der Täter die Summe, die er schuldet, nach ihrer Festsetzung innerhalb der ihm bestimmten Frist entrichtet 7 ). (4) Einleitung der steuerstrafrechtlichen Untersuchung im Sinne von Absatz 1 ist jede Maßnahme des Finanzamts 8 ) einschließlich seiner Hilfsstellen, der Oberfinanzdirektion, der Staatsanwaltschaft, der Gerichte oder der mit der Sache befaßten Beamten 9) dieser Behörden, durch die der Entschluß, steuerstrafrechtlich gegen den Beschuldigten einzuschreiten, äußerlich erkennbar betätigt worden ist 10 ). Die Einleitung der Untersuchung ist dem Beschuldigten in dem Zeitpunkt eröffnet, in dem ihm eine gegen ihn gerichtete Maßnahme der im Satz 1 bezeichneten Art amtlich11) mitgeteilt wird. (5) Wird die im § 11712) vorgeseheneAnzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so werden diejenigen, welche die dort bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben haben, dieserhalb strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, daß ihnen vorher die Einleitung einer Untersuchung eröffnet worden ist. 6) Die T a t muß also objektiv schon entdeckt sein; hinzukommen muß aber, daß der Täter dies wußte oder damit rechnen mußte. 7) Damit erlangt der Täter eine doppelte Frist, einmal eine solche, die bis zur Festsetzung der Nachsteuer verstreichen muß und dann, die von der Steuerbehörde festzusetzende Nachfrist. Der Beginn der Frist ist nicht von der Rechtskraft des Bescheides abhängig, in dem die Steuernachzahlung festgesetzt ist. Wird nur ein Teil des nachgeforderten Steuerbetrages innerhalb der Frist entrichtet, so tritt Straffreiheit bloß für diesen Teil ein. Ob der Täter die Frist schuldhaft versäumt hat, ist bedeutungslos. Der Verlust der Vergünstigung hängt auch nicht davon ab, daß die Steuerbehörde den Pflichtigen über die Wirkung der verzögerten Bezahlung belehrt. E. 73, 368. Es kommt nicht darauf an, daß der Täter in Person zahlt, vielmehr tritt die strafbefreiende Wirkung auch dann ein, wenn mehrere als Gesamtschuldner für die Steuer haften und einer von ihnen die Nachzahlung leistet. RG., bei Härtung S. 128. E. 73, 368. 8) Auch des Hauptzollamts und der Zollfahndungsstelle. § 1 des Ges. v. 6. 9. 1950 (BGBl. I S. 448). 9) Durch diese Fassung ist die an den Wortlaut des § I der I. DVO. v. 2. 6. 1949 („jede Maßnahme des Finanzamts oder einer anderen Behörde") anknüpfende Auffassung von Dünnebier, DRiZ. 1951, 91, in der Regel seien nur der Vorstand, sein Vertreter und der Strafsachenbearbeiter des Finanzamts, nicht aber andere Steuerbeamte als Hilfsbeamte der StA. zur Einleitung der Untersuchung befugt, gegenstandslos geworden. „Mit der Sache befaßt" = im Rahmen seiner Zuständigkeit befaßt; daß er s e l b s t ä n d i g für die Behörde zu handeln befugt sei (so OLG. Bremen, DRiZ. 1951 Nr. 347 unter der Herrschaft des früheren Rechts), ist nicht erforderlich. 10) § 1 Abs. 1 Satz 2 der 1. DVO. v. 2. 6. 1949 bestimmte ausdrücklich, daß die Einleitung der Untersuchung nicht nach § 441 Abs. 2 RAbgO. aktenkundig gemacht zu sein brauche. Dieser Satz fehlt jetzt. Eine sachliche Änderung liegt darin nicht; denn die Entbehrlichkeit des Aktenvermerks f ü r die Wirksamkeit der Einleitung ergibt sich schon daraus, daß nach Abs. 4 Satz 1 j e d e äußerlich erkennbare Betätigung der Verfolgungsabsicht genügt. Mattem N J W . 1951, 940. 11) Es genügt jede amtliche, d. h. in amtlicher Eigenschaft von einer der genannten Behörden oder einem ihrer Beamten ausgehende Mitteilung; sie braucht nicht mehr, wie nach § 410 i. d. F. v. 20. 4. 1949, durch die Steuerbehörde zu erfolgen. 12) § 117. (1) Wenn nach dem Tode oder Wegfall eines Steuerpflichtigen die Testamentsvollstrecker, Pfleger, Liquidatoren, Verwalter und Erbschaftsbesitzer, welche nicht zugleich Rechtsnachfolger des Steuerpflichtigen sind, erkennen, daß Erklärungen, die der Steuerpflichtige zur Festsetzung oder Veranlagung von Steuern abgegeben hat, unrichtig oder unvollständig sind, oder daß er pflichtwidrig unterlassen hat, solche Erklärungen abzugeben, so haben sie dies binnen Monatsfrist dem Finanzamt anzuzeigen; andernfalls haften sie persönlich für die vorenthaltenen Steuerbeträge.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 411, 112

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§ 4111). [Tätige Reue bei Steuergefährdung] (1) W e r in den Fällen des § 402, bevor ihm oder seinem V e r t r e t e r die E i n leitung einer steuerstrafrechtlichen U n t e r s u c h u n g eröffnet worden ist, unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Steuerbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene A n g a b e n n a c h h o l t , bleibt insoweit straffrei. (2) Die Vorschriften des § 4 1 0 Abs. 3 bis 5 gelten entsprechend.

§ 412*). [Verletzung des Steuergeheimnisses] (1) W e r d a s Steuergeheimnis 1 ) v e r l e t z t (§ 2 2 Abs. 2, 3 ) 1 ) , wird m i t Geldstrafe oder m i t Gefängnis bis zu sechs Monaten b e s t r a f t . (2) I s t die H a n d l u n g aus E i g e n n u t z 2 ) oder in der Absicht begangen worden, den Steuerpflichtigen 3 ) zu schädigen, so k a n n s t a t t der Geldstrafe oder neben (2) Das gleiche gilt für die Erwerber von Unternehmen, auf deren Betrieb eine Steuerpflicht gegründet ist, sowie für Sondernachfolger in land- und forstwirtschaftliches Vermögen Grundvermögen oder Betriebsvermögen. (3) Dasselbe gilt sinngemäß bei einem Wechsel in der Person des gesetzlichen Vertreters Betriebsleiters oder Bevollmächtigten sowie dann, wenn eine gesetzliche Vertretung angeordnet wird. Zu § 411: 1) Der Paragraph ist durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des § 410 der Reichsabgabenordnung v. 7. 12. 1951 (BGBl. S. 941) eingefügt und ergänzt den § 410. Zu § 412: *) S c h r i f t t u m : Mattem DRZ. 1950, 157. 1) § 8 Abs. 1. Die Vorschriften über das Steuergeheimnis (§§ 22 und 412) gelten für alle Steuern des Reichs, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. § 22. (1) Das Steuergeheimnis ist unverletzlich. (2) Einer Verletzung des Steuergeheimnisses macht sich schuldig: 1. wer Verhältnisse eines Steuerpflichtigen*), die ihm als Amtsträger**) oder amtlich zugezogenem Sachverständigen im Besteuerungsverfahren, im Steuerstrafverfahren oder auf Grund einer Mitteilung einer Steuerbehörde in einem anderen Verfahren bekannt geworden sind, unbefugt***) offenbart; 2. wer den Inhalt von Verhandlungen in Steuersachen, an denen er als Amtsträger oder als amtlich zugezogener Sachverständiger beteiligt war, unbefugt***) offenbart; 3. wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis + ), das ihm als Amtsträger oder amtlich zugezogenem Sachverständigen im Besteuerungsverfahren oder im Steuerstrafverfahren anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, unbefugt verwertet ++ ). (3) Amtsträger ist ein Beamter oder wer, ohne Beamter zu sein, dazu bestellt ist, obrigkeitliche Aufgaben wahrzunehmen, oder jeder, der bestellt ist, ein öffentliches Amt auszuüben. Für Träger von Ämtern der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechtes gelten die Vorschriften des Abs. 2, die für Amtsträger getroffen sind, entsprechend. 2) S. Anm. 6 zu § 11 LMG. unter B V I I 1. 3) Es braucht kein Vermögenschaden zu sein. Es genügt die Absicht, den Geheimnisträger in seinem guten Rufe zu schädigen, etwa durch unbefugtes Offenbaren ehrenrühriger Tatsachen, die der Geheimhaltungspflichtige auf einem der fraglichen Wege erfahren hat. Härtung S. 136. *) Zu diesen Verhältnissen gehört alles, was der Beamte in dieser Eigenschaft über die Angelegenheiten des Flüchtigen erfährt. Das sind persönliche, familiäre Umstände, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, persönliche Zuverlässigkeit, Vorstrafen usw. * * ) Auch ehrenamtlich zugezogene Personen z. B . Beiratsmitglieder §§ 30—38, Beisitzer der Finanzgerichte. * * * ) Beim Fehlen der unbefugten Offenbarung scheidet auch die Anwendung des § 395 aus. E. 72, 86. + ) S. Anm. 4 a zu § 17 UWG. unter B I I I 6. + + ) Verwerten bedeutet den wirtschaftlichen Wert aus einer Sache zu ziehen.

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B VI. Reichsabgabenordnung. § 413

ihr auf Gefängnis sowie auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden4). (3) Im Falle des ersten Absatzes tritt die Strafverfolgung nur auf Antrag ein. Antragsberechtigt ist das Landesfinanzamt und der Steuerpflichtige, dessen Interesse verletzt ist 6 ).

§ 413. [Steuerordnungswidrigkeit]1) (1) Steuerordnungswidrigkeit begeht: 1. wer, ohne den Tatbestand eines anderen Steuervergehens zu erfüllen, als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen einem Steuergesetz oder einer im Besteuerungsverfahren ergangenen Verfügung, die einen Hinweis auf die Strafbarkeit enthält, vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt2); 4) Keine Gesetzeseinheit mit § 332 StGB. RG. DRZ. 21 (1929) Nr.190. 6) Verletzt ist nicht jeder, der durch den Verrat sein Recht auf Geheimhaltung der den Behörden anvertrauten Tatsachen gefährdet glaubt, sondern nur der, dessen Verhältnisse der Täter auf Grund seiner amtlich erlangten Kenntnis unbefugt einem anderen mitgeteilt hat. KG. J F G . Erg. 10, 276. Siehe auch Anm. 1 zu § 472. — Das Landesfinanzamt heißt jetzt Oberfinanzdirektion (§ 2 des Ges. v. 6. 9. 1950, BGBl. I S. 448). Z u § 413: 1) Die Steuerordnungswidrigkeit ist eine echte (kriminelle) Straftat (Vergehen, s. Abs. 3). 2) § 413 scheidet nur dann aus, wenn gerade d i e Zuwiderhandlung gegen das Steuergesetz, die sonst nach § 413 strafbar wäre, den Tatbestand eines anderen Steuervergehens erfüllt. E.75,56. Steuerpflichtiger i. S. der Nr. 1 ist jeder, dem durch ein Steuergesetz (§ 2 RAbgO.) irgendwelche Pflichten auferlegt sind, z. B. der Arbeitnehmer ganz allgemein hinsichtl. der Pflichten bei der Durchführung des Lohnsteuerabzugs in seinem Betrieb. B G H . N JW. 52, 945. Zusammenstellung der in Betracht kommenden Vorschriften bei Härtung S. 140. Unter Nr. 1 fallen z. B. Zuwiderhandlungen gegen die VO. über die Führung eines Wareneingangsbuches v. 20. 6. 1935 (RGBl. I S. 752) und gegen die VO. über die Verbuchung des Warenausgangs v. 20. 6. 1936 (RGBl. I S. 507). BGH. N J W . 1954, 808. Nach Nr. 1 strafbar ist ferner z. B.wer mit der Verwaltung der Steuern beauftragt ist. E. 67, 371; wer die Aufstellung von Bilanzen unterläßt. KG. D J Z . 1926, 458; ferner wer als Arbeitgeber den Lohnabzug unterläßt, KG. J W . 59 (1930), 3109, oder die einbehaltenen Lohnsteuerbeträge nicht an das Finanzamt abführt. B G H S t . 2, 183 u. 338 (342). Der Anstiftung zu einer Steuerverordnungswidrigkeit kann sich auch der schuldig machen, der sie selbst wegen Mangels einer persönlichen Eigenschaft (Vors. des Aufsichtsrats) nicht begehen kann. Mittelbare Täterschaft ist ausgeschlossen. E. 63, 313. Keine Tateinheit von Ordnungswidrigkeit und Hinterziehung. RG. J R . 2 Nr. 1326. Verjährung (§ 419) beginnt mit der Pflichterfüllung. E. 61,42 (45). 3) Ergänzung der Bannbruchtatbestände § 401a. 4) §§ 107 a (1) Personen, die geschäftsmäßig*) Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere geschäftsmäßig R a t in Steuersachen erteilen, bedürfen dazu der vorherigen allgemeinen Erlaubnis des Finanzamts. Sie sind, wenn ihnen diese Erlaubnis erteilt ist, befugt, die Bezeichnung „Helfer in Steuersachen" zu führen. (2) **) Für die Erstattung wissenschaftlich begründeter Gutachten bedarf es der im Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Erlaubnis nicht. (3) **) Abs. 1 gilt nicht für 1. Behörden, Körperschaften des öffentlichen Rechts; 2. Rechtsanwälte, Notare, Verwaltungsrechtsräte, Patentanwälte, Prozeßagenten, allgemein zugelassene Steuerberater, öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer und vereidigte Bücherrevisoren; 3. Personen, die von einer Zollbehörde auf Zolltreue verpflichtet sind, soweit sie in Zollsachen oder in anderen Sachen die von Zollbehörden verwaltet werden, Hilfe leisten; 4. Verwahrer und Verwalter fremden oder zu treuen Händen oder zu Sicherungszwecken übereigneten Vermögens, soweit sie hinsichtlich dieses Vermögens Hilfe in Steuersachen leisten; 5. Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen leisten; 6. genossenschaftliche Prüfungsverbände und deren Spitzenverbände, genossenschaft*) Siehe S. 897. Anm. *)

*•) Hierzu Schleswig SchlHA. 1954, 205.

B VI. Reichabgabenordnung. § 414 2. wer, ohne den Tatbestand einer anderen strafbaren Handlung zu erfüllen, einem Gesetz, das die Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Waren verbietet, oder einer zur Durchführung eines solchen Gesetzes erlassenen Verfügung, die einen Hinweis auf die Strafbarkeit enthält, vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt 3 ) ; 3. wer dem § 1 0 7 a 4 ) oder dem § 1 6 4 a 5 ) vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt. (2) Der T ä t e r wird mit Geldstrafe bis zu zehntausend Deutsche Mark bestraft 6 ). (3) Die Nichtbefolgung einer Sollvorschrift ist nicht strafbar. Die Versäumung eines Zahlungstermins ist für sich allein nicht strafbar 7 ). § 414. [Einziehung von Unbeteiligten gehörenden

Gegenständen]

W o die Strafe der Einziehung vorgesehen ist 1 ), kann 2 ) auf Einziehung erkannt liehe Treuhand- und ähnliche genossenschaftliche Stellen soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten; 7. auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen oder Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten; 8. Angestellte, soweit sie Steuersachen ihres Dienstherrn erledigen; 9. Angestellte, soweit sie bei den in Ziffer 1 bis 7 bezeichneten Personen oder Stellen mit der Bearbeitung von Steuersachen beschäftigt sind und ihre Tätigkeit in Steuersachen sich in den Grenzen hält die für die steuerrechtliche Betätigung des Dienstherrn bestehen. (4) Die im Absatz 3 Ziffern 4, 7, 8 und 9 bezeichneten Rechtsformen dürfen nicht zu einer Umgehung des Erlaubniszwangs mißbraucht werden. Soweit ein solcher Mißbrauch vorliegt, kann das Finanzamt die Hilfeleistung in Steuersachen untersagen; im übrigen kann der Reichsminister der Finanzen im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern den im Absatz 3 Ziffer 7 bezeichneten Vereinigungen und Stellen die Hilfeleistung in Steuersachen untersagen. (5) Der Reichsminister der Finanzen kann durch Verordnung den Erlaubniszwang einschränken oder erweitern. (6) Das Finanzamt kann die Erlaubnis (Absatz 1 Satz 1) jederzeit zurücknehmen, auch wenn dies bei Erteilung der Erlaubnis nicht vorbehalten ist. Durch die Zurücknahme erlischt die Befugnis, die Bezeichnung „Helfer in Steuersachen" zu führen. (7) Die Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 umfaßt nicht die Befugnis, als Bevollmächtigter oder Beistand vor Behörden aufzutreten. Die Vorschriften des § 107 Absätze 2, 4 bis 8 gelten auch für Personen, denen die Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist. 5) § 164a: Es ist verboten, geschäftsmäßig*) in Angeboten oder Aufforderungen, die an einen größeren Personenkreis gerichtet sind**), darauf hinzuweisen, daß bei Geschäftsabschlüssen in bestimmter Weise außer dem geschäftlichen Zweck noch Ersparungen oder Vorteile bei der Besteuerung erreicht werden können. 6) Die Geldstrafe ist eine gewöhnl. Vergehensstrafe; daher ist auch hier Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. E. 63, 95 (101). 7) Diese Vorschrift hat die Fälle im Auge, in denen jemand eine von ihm geschuldete Steuer nicht pünktlich zahlt. BGHSt. 2, 183 (186); vgl. N J W . 1952, 945, ebenso Hamburg N J W . 1953, 478. Zu § 414: 1) §§ 401, 401a und 403, nicht § 40 StGB. 2) § 414 ergänzte den § 401 dahin, daß a) die dort vorgeschriebene Einziehung auch zulässig ist, wenn der Einziehungsgegenstand nicht dem Täter gehört, b) die Einziehung auch selbständig erfolgen kann. Soweit der Eigentümer an der Tat beteiligt ist, muß die Einziehung erfolgen. BGHSt. 2, 33. Ist der Eigentümer dagegen nicht an der Tat selbst beteiligt, so ist, wie jetzt (unter Aufgabe von E. 66, 431) in Rechtspr. und Schrifttum allgemein anerkannt sind, die *) Geschäftsmäßigkeit besteht in der Absicht, die Tätigkeit in gleicher Art zu wiederholen und sie dadurch zu einem dauernden, wiederkehrenden Bestandteil der Beschäftigung zu machen. Sie ist ihrem Wesen nach ein Merkmal des inneren Tatbestandes. E. 72, 313 (315). **) Es kommen solche Ankündigungen in Betracht, die nicht für eine einzelne Person, auch nicht an einen von vornherein der Person nach fest bestimmten Kreis, sondern an einen der Person nach unbestimmten Kreis gerichtet sind. Dabei ist es gleichgültig, ob sie schriftlich, mündlich oder durch bildliche Darstellung ergeht. S. Anm. 2 zu § 3 UWG. unter B I I I 6. 57

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B VI. Reichsabgabenordnung. § 414

werden, gleichviel, wem die Gegenstände gehören und ob gegen eine bestimmte Person ein Strafverfahren eingeleitet wird 3 ). Einziehung nur zulässig, wenn ein b e s o n d e r e r G r u n d es als berechtigt erscheinen läßt, daß der Eigentümer für die Schuld des Täters oder Teilnehmers mithaftet (vgl. dazu Anm. 7 zu § 4 0 StGB.). Ein solcher, die Einziehung rechtfertigender Grund liegt immer vor, wenn die in § 19 OWiG. - A 4 - umschriebenen Voraussetzungen vorliegen, wenn also der Eigentümer die Verwendung der Sache bei derTat kannte oder kennen mußte (wobei auch eine nur leichteFahrlässigkeit genügt. B G H S t . 1 , 3 5 1 = N J W . 1952,948), oder von ihr einen Vorteil gehabt hat, dessen Zusammenhang mit der Tat ihm erkennbar war. Das gilt auch für den, der das Eigentum erst nach der Tat, aber vor rechtskräftiger Aburteilung erworben hat. B G H S t . 6, 11 = N J W . 1954, 686. Darüber hinaus liegt ein Einziehungsrechtfertigungsgrund auch vor, wenn der Täter als Vertreter des an sich tatunbeteiligten und schuldlosen Eigentümers handelte, z. B. wenn der zur Einfuhr bevollmächtigte Vertreter dabei Zollhinterziehung begeht. B G H . St. 2, 320; BayObLG. JZ. 1951, 566. Liegt ein solcher, die Einziehung gegen den schuldlosen tatunbeteiligten Eigentümer rechtfertigender Grund nicht vor, so m u ß gleichwohl auf Einziehung erkannt werden, wenn der Staat, dem das Eigentum am Einziehungsgegenstand zufällt, sich verpflichtet, den Eigentümer schadlos zu halten, z. B. indem er bei einem Verkauf unter Eigentumsvorbehalt die Zahlung der noch ausstehenden Restkaufsummepreis übernimmt. B G H . S t 2, 311 (es können dann gegen die Zulässigkeit der Einziehung keine Einwendungen aus der Person des tatbeteiligten Vorbehaltskäufers hergeleitet werden. OLG. Köln N J W . 1953, 1644), oder wenn es einer besonderen Schadloshaltung nicht bedarf, weil der Eigentümer durch die Einziehung keinen Schaden erleidet, z. B . weil bei einer Sicherungsübereignung die Forderung noch durch andere, der Einziehung nicht unterliegende Gegenstände ausreichend gedeckt ist. B G H S t 4, 344. Das Eigentum eines unbeteiligten schuldlosen Dritten steht aber der Einziehung des bei der Steuerstraftat benutzten Beförderungsmittels nur dann entgegen, wenn er es auch wirklich gelten machen will. Die Einziehung ist daher geboten, wenn er auf sein Eigentum keinen Anspruch erhebt. B G H S t . 3, 227. S. auch Richter N J W . 1953, 493 und Ritter N J W . 1954, 291. Der Entlastungsbeweis ist dem unbeteiligten und schuldlosen Eigentümer nicht aufzubürden, B G H . v. 6. 12. 1951 — 3 S t R . 397/51, darüber s. Fuchs GA. 1954, 90. Für die Gegenstände, die im Miteigentum stehen, gelten dieselben Grundsätze. Die Einziehung von Gesellschaftseigentum, das ein Gesellschafter zu Steuerzuwiderhandlungen benutzt hat, ist deshalb zulässig, wenn den tatunbeteiligten Mitgesellschafter ein Vorwurf trifft, weil er trotz bestehender Kontrollmöglichkeit den Täter unbeaufsichtigt mit dem Gesellschaftseigentum verfahren ließ. B G H S t . 2, 328. Die Möglichkeit, die Einziehung durch Schadloshaltung des tatunbeteiligten schuldlosen Miteigentümers in Form einer Geldentschädigung zu ermöglichen, entfällt, wenn der schuldlose Dritte ein über den reinen Geldwert seines Eigentumsanteils hinausgehendes wirtschaftliches Interesse an dem einzuziehenden Beförderungsmittel hat. Hamburg N J W . 1953, 675. Der Einziehung stehen beschränkte dingliche Rechte (gesetzl. Pfandrecht, Schiffshypothek) nicht entgegen, Hesse N J W . 1952, 1242, jedoch muß der Staat entsprechend dem Grundgedanken des § 23 OWiG. — A 4 — den Gläubiger erforderlichenfalls schadlos halten. Vgl. § 415 Satz 2. Ist die Einziehung auszusprechen, so ist auf sie als eine Sicherungsmaßnahme auch dann zu erkennen, wenn die Verhängung der Einziehung erst nach der Tat vom Gesetz angeordnet ist. E . 67, 215. 3) Die Einziehung kann also im subjektiven wie im selbständigen Verfahren ausgesprochen werden. Das selbständige Verfahren setzt, wie in § 42 S t G B , oder § 21 OWiG. — A 4 — voraus, daß eine bestimmte Person nicht verfolgt oder verurteilt werden kann. E s muß grundsätzlich nicht nur der äußere, sondern auch der innere Tatbestand verwirklicht sein (vgl. Anm. 1 zu § 42 StGB.). Für die selbständige Einziehung im gerichtl. Verfahren gelten die §§ 430ff. StPO. Die selbständige Einziehung im Verwaltungsstrafverfahren erfolgt durch Strafbescheid; die Einziehungsbeteiligten sind zuzuziehen (§ 443 Abs. 2 Satz 2). Eine Sonderregelung trifft § 434. Wird die Strafklage verbraucht wie bei rechtskräftiger Bestrafung, Freispruch, so ist auch ein selbständiges Einziehungsverfahren ausgeschlossen; das gleiche gilt bei Einstellung wegen Geringfügigkeit durch gerichtl. Beschluß nach § 153 Abs. 2, 3 StPO., solange nicht neue, eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigende Umstände hervortreten, und bei Niederschlagung nach § 477 RAbgO. Ein Übergang vom subjektiven zum selbständigen Verfahren ist unzulässig. E . 74, 206; B G H . N J W . 1954, 1129 Nr. 18. Im subjektiven Verfahren ist, wenn mehrere an der Tat beteiligt sind, die Einziehung als Nebenstrafe gegen alle Teilnehmer unter gesamtschuldnerischer Haftung auszusprechen. B G H . N J W . 1954, 1129 Nr. 19.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 415, 416

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§ 415. [Wirkung der Einziehung] Wird auf Einziehung erkannt, so geht das Eigentum an den eingezogenen Sachen mit der Rechtskraft des Erkenntnisses auf das Reich1) über2). Rechte dritter Personen erlöschen3). Für einen Rechtserwerb, der nach der Rechtskraft des Erkenntnisses eintritt, gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zugunsten derer, die Rechte, von einem Nichtberechtigten herleiten. § 416. [Haftung für Dritte] (1) Wenn Vertreter, Verwalter oder Bevollmächtigte1) im Sinne der §§ 102 bis 107 2 ) bei Ausübung ihrer Obliegenheiten Steuervergehen3) begehen, so haften 4 ) Zu § 415: 1) J e t z t Land oder Bund, j e nachdem, ob eine Landesbehörde (Gericht 1. Instanz) oder Bundesbehörde (Hauptzollamt) auf Einziehung erkannt hat. Soweit die eingezogenen Waren gemäß § 121 AO., § 110 Abs. 2 Satz 2 BranntwMonGes. für die auf ihnen ruhenden Abgaben haften, wird die Verwertung im allgemeinen durch die Hauptzollämter durchgeführt. Der Erlös wird nach Abzug der Abgaben und Auslagen an die Gerichte abgeführt. Fuchs GA. 1954, 91. 2) Gegenüber dem unbeteiligten Eigentümer der Sache wirkt die Rechtskraft unter der Voraussetzung, daß er zu dem Verfahren ordnungsmäßig zugezogen ist (vgl. § 448 Abs. 2). Der Eigentumsübergang vollzieht sich kraft Gesetzes. Das Grundbuch oder Schiffahrtsregister wird unrichtig. Der Hoheitsträger — Land oder Bund —, nicht die Vollstreckungsbehörde bewirkt die Berichtigung. R F M . v. 7. 2. 1936, 1265, Härtung S. 153. Bei beweglichen Sachen erfolgt die Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher (§ 463 StPO. und § 897 ZPO.) oder den Vollstreckungsbeamten des Hauptzollamts (§ 459 Abs. 3 Satz 1). Wegen der nichtbeschlagnahmten und vom Verurteilten nicht abgelieferten Sachen ist die Ersatzstrafe (§§ 401 Abs. 2, 447 Abs. 3) zu vollstrecken, § 459 Abs. 4 . 3) Beschränkte dingl. Rechte erlöschen auch gegenüber dem Gutgläubigen. Das verstößt nicht gegen Art. 14 GG. OLG. Hamburg N J W . 1953, 1645; vgl. dazu Zeidler N J W . 1954, 1148. Über den Entschädigungsanspruch des Gutgläubigen (vgl. Anm. 2 zu § 414) ist im Strafverfahren nicht zu entscheiden; in der Einziehungsentscheidung kann lediglich dem Dritten die Geltendmachung etwaiger Ansprüche zwecks Geltendmachung im ordentlichen Rechtswege vorbehalten werden. Hamburg a.a.O., dazu Zeidler N J W . 1954, 1148. Zu § 4 1 6 : 1) Bevollmächtigter ist auch jemand, den der Auftraggeber rein tatsächlich dazu bestellt hat, Handlungen im Rechtssinn für ihn vorzunehmen, und dadurch in die Lage versetzt hat, über Vermögensstücke des Auftraggebers zu verfügen. E . 74, 368. Zu den Bevollmächtigten gehören auch gewählte Vertreter. E . 72, 240 (244). Bevollmächtigte sind neben einem Empfangsspediteur, der mit der Zollabfertigung betraut ist, nicht ohne weiteres seine Angestellten. E . 73, 123. Bevollmächtigte für Bankkonten, Schließfächer u. dgl., sog. Zweitberechtigte, die nur unter besonderen Voraussetzungen, wie Tod, Abwesenheit, besondere Weisung von der Vollmacht Gebrauch machen sollen, haben solche Pflichten erst dann, wenn sie nach Eintritt dieser Voraussetzung ihre Vertretungsvollmacht tatsächlich ausüben. E . 76, 17. Wer lediglich Bücher zu führen hat, die für die Besteuerung maßgebend sind, ist nicht Bevollmächtigter, sondern nur Hilfsperson im Sinne des Abs. 2. Härtung S. 159; vgl. E . 74, 368. 2) § 102. (1) Für die Geschäftsfähigkeit von Privatpersonen gelten in Steuersachen die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. (2) Das gleiche gilt von der Vertretung und Vollmacht, soweit in den §§ 103 bis 111 nichts anderes vorgesschrieben ist. § 103. Die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und solcher Personen, die geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, haben alle Pflichten zu erfüllen, die den Personen, die sie vertreten, obliegen; insbesondere haben sie dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Für Zwangsgeldstrafen und Sicherungsgelder, die gegen sie erkannt, und für Kosten von Zwangsmitteln, die gegen sie festgesetzt werden, haften neben ihnen die von ihnen vertretenen Personen. § 104. Steht eine Vermögensverwaltung nach Gesetz, Anordnung der Behörde oder letztwilliger Verfügung anderen Personen zu als den Eigentümern oder deren gesetzlichen Vertretern, so haben sie, soweit ihre Verwaltung reicht, die gleiche Pflicht (§ 103). § 105. (1) Bei Personenvereinigungen, die als solche steuerpflichtig sind, aber keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, haben die Vorstände oder Geschäftsführer und, soweit 57«

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B VI. Reichsabgabenordnung. § 410

solche nicht vorhanden sind, die Mitglieder die Pflichten zu erfüllen, die den Personenvereinigungen wegen der Besteuerung auferlegt sind. Die §§ 103, 104 gelten entsprechend. (2) Das gleiche gilt für Zweckvermögen und sonstige einer juristischen Person ähnliche Gebilde, die als solche der Besteuerung unterliegen. (3) Entstehen dadurch Schwierigkeiten, daß es in den Fällen der ersten beiden Absätze an Vorständen oder Geschäftsführern fehlt und Beteiligte in größerer Zahl vorhanden sind, so haben die Beteiligten einen oder mehrere Bevollmächtigte im Inland zu stellen. Unterlassen sie dies, so kann das Finanzamt einen oder einzelne Beteiligte als Bevollmächtigte mit Wirkung für die Gesamtheit behandeln. § 106. (1) Bei Wegfall eines Steuerpflichtigen (Tod, Auflösung einer juristischen Person, einer Personenvereinigung oder eines Zweckvermögens) haben die Rechtsnachfolger, Testamentsvollstrecker, Erbschaftsbesitzer (§ 2018 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), Pfleger. Liquidatoren, Verwalter und die Bevollmächtigten dieser Personen dafür zu sorgen, daß Mittel zur Bezahlung der vorher entstandenen Steuerschulden (§ 99 Abs. 1) zurückgehalten und diese Steuerschulden bezahlt werden. Auf Verlangen ist aus dem Nachlaß oder der Masse Sicherheit zu leisten. (2) Die gleichen Pflichten haben wegen der Steuern, die aus einem Nachlaß zu entrichten sind, die Erben, Testamentsvollstrecker, Erbschaftsbesitzer, Pfleger, Verwalter und die Bevollmächtigten dieser Personen. (3) Ist zweifelhaft, wer zur Vertretung eines Nachlasses oder eines sonst verbleibenden Vermögens befugt ist, so hat das Nachlaßgericht und beim Wegfall einer juristischen Person oder eines dieser ähnlichen Gebildes das Amtsgericht des nach § 73 Abs. 5 Nr. 2 zuständigen Ortes auf Antrag des Finanzamts einen Pfleger für den Nachlaß oder die sonstige Masse zu bestellen; der Pfleger hat die Stellung eines Nachlaßpflegers im Sinne des § 1961 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Steueransprüche können gegen ihn geltend gemacht werden, und er ist befugt, Rechtsmittel gegen die Heranziehung einzulegen. § 107. (1) Wer durch Abwesenheit oder sonst verhindert ist, Pflichten zu erfüllen, die ihm im Interesse der Besteuerung obliegen, oder Rechtewahrzunehmen, die ihm nach den Steuergesetzen zustehen, kann dies durch Bevollmächtigte tun. (2) Bevollmächtigte, die aus der Erteilung von Rat und Hilfe in Steuersachen ein Geschäft machen oder denen die Fähigkeit zum geeigneten schriftlichen oder mündlichen Vortrag mangelt, können zurückgewiesen werden. (3) Abs. 2 gilt nicht: 1. für Rechtsanwälte oder Notare; 2.*) für Personen, die von (einem Landesfinanzamt ==) einer Oberfinanzdirektion zugelassen worden sind; das Landesfinanzamt kann die Zulassung jederzeit zurücknehmen; weder die Verwaltungsgerichte (insbesondere die Finanzgerichte und der Reichsfinanzhof) noch die ordentlichen Gerichte sind zu einer Nachprüfung befugt, ob die Zurücknahme zulässig war. (4) Die Finanzämter können auch sonst Bevollmächtigte zulassen. Es bleibt ihnen aber unbenommen, sich neben dem Bevollmächtigten an den Steuerpflichtigen selbst zu wenden (5) Der Steuerpflichtige kann sich in jeder Lage des Verfahrens eines Beistandes bedienen. Auf den Beistand finden die Vorschriften der Abs. 2, 3 Anwendung. (6) Hat eine Steuerverwaltungsbehörde, ein Finanzgericht (der Vorsitzende eines Finanzgerichts) oder der Reichsfinanzhof (der Vorsitzende eines Senats) jemanden als Bevollmächtigten oder als Beistand zurückgewiesen, so ist das, was der Zurückgewiesene trotz der Zurückweisung schriftlich oder mündlich in Sachen eines anderen vorbringt, ohne steuerrechtliche Wirkung. (7) Gegen eine Zurückweisung, die von einem Finanzamt oder Landesfinanzamt verfügt wird, ist lediglich die Beschwerde, gegen eine Zurückweisung, die von einem Finanzgericht (dem Vorsitzenden eines Finanzgerichts) oder von dem Reichsfjnanzhof (dem Vorsitzenden eines Senats) oder von dem Reichsminister der Finanzen ausgesprochen wird, ist ein Rechtsmittel oder ein sonstiger Rechtsbehelf nicht gegeben. Die ordentlichen Gerichte sind nicht zur Nachprüfung befugt, ob eine Zurückweisung zulässig war; das gleiche gilt für die Finanzgerichte und den Reichsfinanzhof soweit es sich nicht um Zurückweisungen handelt, die sie selbst ausgesprochen haben. (8) Eine Vereinbarung, durch die als Entgelt für die Tätigkeit eines Vertreters oder *) Dazu VO. v. 18. 2. 1937 (RGBl. I S. 245).

B VI. Reichsabgabenordnung. § 416

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Beistandes ein Teil an der von ihm zu erzielenden Steuerermäßigung oder Steuerersparung ausbedungen wird, ist nichtig. § 107 a ist in Anm. 4 zu § 413 abgedruckt. § 108. Wer als Bevollmächtigter oder als Verfügungsberechtigter*) aultritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 103). Für Zwangsgeldstrafen und Sicherungsgelder, die gegen ihn erkannt, und für Kosten und Zwangsmittel, die gegen ihn festgesetzt werden, haftet neben ihm der Vertretene. § 109. (1) Die Vertreter und die übrigen in den §§ 103—108 bezeichneten Personen haften insoweit persönlich neben dem Steuerpflichtigen, als durch schuldhafte Verletzung der ihnen in den §§ 103—108 auferlegten Pflichten Steueransprüche verkürzt oder Erstattungen oder Vergütungen zu Unrecht gewährt worden sind. (2) Rechtsanwälte sind wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufs bei der Beratung in Steuersachen vorgenommen haben, dem Reiche gegenüber nur dann schadenersatzpflichtig, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflicht enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflicht vorliegt, wird auf Antrag des L a n d e s f i n a n z a m t s im ehrengerichtlichen Verfahren entschieden. § 110. Das Erlöschen der Vertretungsmacht oder der Vollmacht läßt die Pflichten der Vertreter und Bevollmächtigten unberührt, soweit es sich im die vorangegangene Zeit handelt. § 111. (1) Wenn Vertreter, Verwalter oder Bevollmächtigte im Sinne der §§ 103—108 bei Ausübung ihrer Obliegenheiten Steuerhinterziehungen oder Steuergefährdungen begehen (§§ 396, 402), so haften die Vertretenen für die verkürzten Steuereinnahmen und die zu Unrecht gewährten oder belassenen Steuervorteile. (2) Das gleiche gilt für den Geschäftsherrn oder den Haushaitungsvorstand, wenn Angestellte oder sonst im Dienste oder Lohne stehende Personen sowie Familien- und Haushaltungsangehörige bei Ausübung von Obliegenheiten, die sie im Interesse dieser Personen wahrnehmen, Steuerhinterziehungen oder Steuergefährdungen begehen; diese Haftung tritt jedoch, sofern sie nicht aus anderen Gründen besteht, nicht ein, wenn festgestellt wird, daß die Steuerhinterziehung oder Steuergefährdung ohne Wissen des Geschäftsherrn oder des Haushaltungsvorstandes oder einer zu seiner Vertretung nach außen befugten Person begangen worden ist und die genannten Personen bei der Auswahl oder Beaufsichtigung der Angestellten oder der Beaufsichtigung der Familien- und Haushaltungsmitglieder die erforderliche Sorgfalt aufgewandt haben. 3) Das sind die Hinterziehungsdelikte §§ 396—103, 413, Banderolenfälschung § 405 und Geheimnisbruch § 412. Dazu Beihilfe, Anstiftung und Begünstigung. Begangen sind die Steuervergehen des Bevollmächtigten, wenn sie so, wie sie geschehen sind, nicht ohne Übertragung der Handlungsbefugnis hätten begangen werden können, unter dieser Voraussetzung aber auch dann, wenn der Bevollmächtigte seine Befugnisse zum Nachteil seines Auftraggebers mißbraucht und auch dessen Rechtsgüter verletzt. E . 74, 368. 4) Die Haftbarkeit ist ein strafrechtliches Einstehen für eine fremde Straftat auf Grund bestimmter außerhalb der Tat liegender Verhältnisse. E . 73, 292. Die Mithaft ist subsidär, § 417, Härtung S. 155; es handelt sich um Nachhaftung, nicht um gesamtschuldnerische Haftung. RG. D R . 1939, 715; sog. Garantenhaftung (vgl. MDR. 1952, 567). Voraussetzung ist, daß eine Person, für die der Mithaftende Garant ist, wegen eines Steuervergehens rechtskräftig verurteilt ist oder wird. RG. J W . 59 (1930), 323. Die Haftbarkeit hängt nicht davon ab, daß der Vertretene durch die Tat seines Vertreters einen ungerechtfertigten Steuervorteil erlangt hat. RG. v. 7. 3. 1940. Härtung S. 160; sie tritt sogar dann ein, wenn das Steuervergehen zugleich eine Untreue gegen den Vertretenen darstellt. E . 74, 368. Die Haftung tritt auch dann ein, wenn das Verfahren gegen den Vertretenen infolge eines Straffreiheitsgesetzes eingestellt ist. E . 71, 2. Ist die Zuziehung des Haftpflichtigen in dem Verfahren gegen den Vertreter unterblieben, so sind die Voraussetzungen für den Ausspruch der Nachhaftung selbständig zu prüfen; so u. a. das Vorhandensein einer Steuerzuwiderhandlung. E . 67, 32. Das Gericht hat über die Mithaftung des Vertretenen auch zu befinden, wenn es den rechtskräftigen Unterwerfungsbescheid gegen den Vertreter bestehen läßt und das gerichtliche Verfahren gegen diesen einstellt. RG. H R R . 1939 Nr. 812. Im Gegensatz zu Abs. 2 ist ein Entlastungsbeweis nicht zulässig. Die Garanten sind Nebenbeteiligte, §§ 421 Abs. 3, 443. Über ihre Rechtsstellung im Verfahren s. Härtung S. 162. •) Als Verfügungsberechtigter tritt auch auf, wer nach außen hin handelt, als wenn er kraft eigenen Rechts verfügt. E . 72, 240.

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B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 417, 418

die Vertretenen für die Geldstrafen 6 ), die diese Personen verwirken'), und für die Kosten 7 ) des Strafverfahrens und der Strafvollstreckung, die ihnen auferlegt werden. Die Vorschrift gilt nicht für die Fälle der Vormundschaft und Pflegschaft. (2) Das gleiche gilt für die Haftung des Geschäftsherrn oder des Haushaltungsvorstandes, wenn Angestellte 8) oder sonst im Dienste oder Lohne stehende Personen sowie Familien- und Haushaltungsangehörige bei Ausübung von Obliegenheiten, die sie im Interesse des Geschäftsherrn oder Haushaltungsvorstandes wahrnehmen, Steuervergehen begehen®); diese Haftung tritt jedoch nicht ein, wenn festgestellt wird, daß das Steuervergehen ohne Wissen des Geschäftsherrn oder des Haushaltungsvorstandes oder einer zu seiner Vertretung nach außen befugten Person begangen worden ist und die genannten Personen bei der Auswahl oder Beaufsichtigung der Angestellten 10 ) oder der Beaufsichtigung der Familien- und Haushaltungsmitglieder die erforderliche Sorgfalt 11 ) aufgewandt haben. (3) Die im ersten und zweiten Absatz vorgesehene Haftung fällt weg, wenn der Schuldige oder Haftende stirbt, bevor das Straferkenntnis, das gegen sie ergeht, rechtskräftig geworden ist.

§ 417. [Wirkung der Haftung] (1) Werneben dem Schuldigen für Geldstrafe und Kosten haftet (§ 416), kann in Anspruch genommen werden, wenn die Geldstrafe und die Kosten aus dem beweglichen Vermögen1) des Schuldigen nicht beigetrieben werden können. (2) Die Ersatzfreiheitsstrafen können an dem Schuldigen2) ganz oder zum Teil vollzogen werden, ohne daß die Person, die für die Geldstrafe haftet, in Anspruch genommen wird.

§ 418. [Tateinheit. Tatmehrheit] (1) Ist ein und dieselbe Handlung zugleich als Steuervergehen und nach einem anderen Gesetze 1 ) strafbar, so ist die Strafe aus dem Steuergesetze zu entnehmen, es sei denn, daß das andere Gesetz eine schwerere Strafe oder bei ungleichen Strafarten eine schwerere Strafart androht (§ 73 des Strafgesetzbuchs). Ist die Strafe aus dem anderen Gesetze zu entnehmen, so ist eine nach dem Steuergesetze ver5) Das ist nur die als Hauptstrafe erkannte Geldstrafe, nicht Wertersatz. E. 71, 72. 6) Die verwirkte Strafe ist die dem Täter auferlegte Geldstrafe, dem Garanten darf keine andere als diese Strafe auferlegt werden. E . 63, 294. 7) Nicht für die Gebühren, die auf Freiheitsstrafe und Einziehung (Wertersatz) entfallen; vgl. E . 74, 369. 8) Auch der Angestellte, der gemeinschaftlich mit dem Vertreter des Geschäftsherrn oder mit dessen Kenntnis handelt. RG. J W . 66 (1937), 2404. 9) Demnach haftet die Ehefrau, da nicht Haushaltungsvorstand, nicht, wenn der Ehemann unter mißbräuchlicher Benutzung eines Grundstücks, der Ehefrau, an dem sie ihm Besitz überlassen hat, Zollzuwiderhandlungen (Pferdeschmuggel) begeht. RG. GA. 77, 209. 10) Auch der „im Dienst und Lohn stehenden Personen". Härtung S. 161, 162. 11) Das ist die Sorgfalt, die der Garant und seine Stellvertreter nach ihren persönlichen Fähigkeiten und Umständen aufzuwenden imstande sind. Zu § 417: 1) Dazu § 459 Abs. 2 Satz 3. Die Strafe und die Kosten aus dem unbeweglichen Vermögen des Schuldigen braucht die Vollstreckungsbehörde nicht beizutreiben. Zahlt der Schuldige freiwillig oder im Wege der Zwangsvollstreckung, so ist der Garant frei. 2) Beim Vertretenen ist die Umwandlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe ausgeschlossen. Soweit die Ersatzfreiheitsstrafe gegen den Schuldigen vollstreckt, wird auch der Garant von seiner Haftbarkeit frei (s. dazu § 474). Zu § 4 1 8 : 1) Richtlinien für das Strafverfahren 1953 Nr. 302.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 419, 420

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wirkte Geldstrafe besonders zu verhängen2). Auch muß auf Haftbarkeit dritter Personen oder auf Einziehung erkannt werden, wenn dies das Steuergesetz vorschreibt, und es kann hierauf, sowie auf sonstige Nebenstrafen erkannt werden, wenn dies das Steuergesetz zuläßt3). (2) Wenn ein und dieselbe Handlung mehrere Strafvorschriften der Steuergesetze über Steuervergehen verletzt, so ist die Strafe nach § 73 des Strafgesetzbuchs zu bestimmen; jedoch muß auf Haftbarkeit dritter Personen oder auf Einziehung erkannt werden, wenn dies eine der verletzten Vorschriften vorschreibt, und es kann hierauf sowie auf sonstige Nebenstrafen erkannt werden, wenn dies eine der anwendbaren Vorschriften zuläßt. (3) Hat jemand mehrere selbständige Steuervergehen begangen4), so darf eine nach § 74 des Strafgesetzbuchs zu erkennende Gesamtfreiheitsstrafe fünf Jahre nicht überschreiten. Auf Haftbarkeit dritter Personen, Einziehung und sonstige Nebenstrafen muß oder kann erkannt werden, wenn dies neben einer der verwirkten Einzelstrafen geboten oder zulässig ist. § 419. [Verjährung] (1)1) Die Strafverfolgung1) von Steuervergehen2) verjährt in fünf Jahren und, wenn es sich um Steuerordnungsjvidrigkeiten3) handelt, in einem Jahr 4 ). (2) Die Einleitung der Untersuchung8) und der Erlaß eines Strafbescheids unterbrechen die Verjährung gegen den, gegen den sie gerichtet sind. (3) Bei Steuervergehen, die die Wechselsteuer betreffen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Wechsel fällig geworden ist. 2. Abschnitt: Strafverfahren*) Erster Unterabschnitt Allgemeine Vorschrift § 420. [Anwendbarkeit der StPO.] Die Strafprozeßordnung gilt, soweit die Steuergesetze nichts Abweichendes vorschreiben1)2). 2) Entsprechend der bei Tateinheit jetzt allgemein geltenden Strafbemessungsregel (vgl. Anm. 2 zu § 73 StGB.). Wenn als Hauptstrafe eine Zuchthausstrafe erkannt wird, ist die nach § 29 StGB, eintretende Ersatzfreiheitsstrafe der besonders verhängten Geldstrafe auch Zuchthaus. B G H S t . 3, 40; a. M. E. 67, 69. 3) S. Anm. 2 zu § 401. 4) Treffen Steuervergehen mit Vergehen anderer Art in Tatmehrheit zusammen, so bleibt es bei § 74 Abs. 3 StGB., wonach Gesamtgefängnis bis zu 10 Jahren zulässig ist. Zu § 419: 1) Für Verjährung der Strafvollstreckung gelten §§ 70—72 StGB. 2) Hiernach richtet sich auch die Verjährung des Anspruchs auf Mithafterklärung Dritter. Vgl E. 63, 298. 3) § 413. 4) Vgl. Anm. 3 ff. zu § 67 StGB. 5) Zur Einleitung ist nicht Aktenkundigmachung (§ 441 Abs. 2) erforderlich; die Einleitung besteht vielmehr in dem äußerlich erkennbaren tatsächlichen Beginn der Untersuchung (vgl. auch § 410 Abs. 4). RG. v. 14. 7. 1936, 1 D 378/35. Abs. 2 gilt nur für Verwaltungsstrafverfahren. Zu 2. A b s c h n i t t * ) : Richtlinien für das Strafverfahren 1953 Nr. 299ff. Die Bearbeitung der Steuerstrafsachen soll einem bestimmten StA. übertragen werden. Richtlinien Nr. 300. Zu § 420: 1) Nach § 8 Abs. 2 gelten die Vorschriften der RAbgO. über das gerichtliche Verfahren in Steuerstrafsachen (§§ 461 bis 467, §§ 469, 470, 472 bis 476), soweit sie nach §§ 3 bis 5 nicht unmittelbar Anwendung finden, sinngemäß für alle öffentl.-rechtlichen Abgaben. 2) §§ 420ff. gelten auch für das gerichtliche Verfahren. E. 69, 32 (36).

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T3 VI. Reichsabgabenordnung. §§ 421—)23

Zweiter Unterabschnitt Verwaltungsstrafverfahren I. A l l g e m e i n e V o r s c h r i f t e n § 421. [Voraussetzung des Strafbescheids] (1) Die Finanzämter haben bei allen Steuervergehen (§ 392) den Sachverhalt zu erforschen. Eine Ausnahme gilt, wenn der Beschuldigte wegen Steuerhinterziehung festgenommen und dem Richter vorgeführt ist. (2) Die Entscheidung steht dem Finanzamt zu, wenn das Steuervergehen nur mit Geldstrafe und Einziehung oder einer dieser Strafen bedroht ist oder das Finanzamt auf keine andere als auf diese Strafen1) oder darauf erkennen will, daß die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten bekanntzumachen sei. (3) Die Finanzämter können auch gegen Nebenbeteiligte2) entscheiden. Nebenbeteiligter ist, 1. wem ein Recht an Gegenständen zusteht, die der Einziehung unterliegen oder wem ein Anspruch auf solche Gegenstände zusteht; 2. wer für die Geldstrafe und die Kosten haftet, die dem Täter oder einem Teilnehmer auferlegt werden. § 4221). [Zuständigkeit des Finanzamtes bei Tateinheit] Ist ein und dieselbe Handlung zugleich als Steuervergehen und nach einem anderen Gesetze strafbar, so steht die Untersuchung und in den Grenzen des § 421 die Entscheidung dem Finanzamt zu, wenn die Strafe aus dem Steuergesetze zu entnehmen ist (§ 73 des Strafgesetzbuches). § 423. [Verfahren gegen Rechtsanwälte] Besteht gegen einen Rechtsanwalt der Verdacht eines fahrlässigen Steuervergehens, die er in Ausübung seines Berufs bei der Beratung in Steuersachen begangen hat 1 ), so ist die Einleitung einer strafrechtlichen Verfolgung an die Voraussetzung gebunden, daß zuvor im ehrengerichtlichen Verfahren (§§ 62ff. der Rechtsanwaltsordnung)2) eine Verletzung der Berufspflichten des Rechtsanwalts festgestellt ist. Ist die Untersuchung wegen eines vorsätzlichen Steuervergehens eingeleitet, so gilt das gleiche für die Fortsetzung des Verfahrens, wenn sich vor Erlaß des Strafbescheids oder vor Eröffnung des Hauptverfahrens ergibt, daß nur der Verdacht eines fahrlässigen Steuervergehens begründet erscheint. Zu § 421: 1) In der amerik. u n d brit. Zone kann wegen der dort geltenden Fassung des § 396 (vgl. daselbst Anm. *) das F i n a n z a m t einen Strafbescheid n u r erlassen, wenn es mildernde U m s t ä n d e a n n i m m t . Dagegen k a n n es nicht in Anwendung des § 2 7 b StGB, eine Geldstrafe festsetzen, d a es dann zugleich die verwirkte Freiheitsstrafe, die nach § 29 Abs. 4 StGB, die Ersatzstrafe ist, festsetzen u n d d a m i t den § 470 RAbgO. verletzen müßte. So auch Barske N J W . 51, 64. A. M. Hertel N J W . 50, 369, dessen Hinweis auf §§ 87, 90 Devisenges. 1938 nichts beweist, weil dort die Zuständigkeit der Devisenstelle durch ausdriickl. gesetzl. Vorschrift auf die Fälle des § 27 b StGB, erweitert war. 2) Die Nebenbeteiligten sind im gerichtlichen Verfahren gegen den Besch, zuzuziehen. E . 63, 23. Der verfahrensrechtliche Anspruch auf Zuziehung ist glaubhaft zu machen. E . 69, 32 (39). Gegen Einziehungsbeteiligte, die zum gerichtlichen Steuerverfahren nicht hinzugezogen sind, beginnt die Frist zur Revisionseinlegung erst mit der Zustellung des Urteils. E. 70, 40. S. Anm. 1 zu § 432 StPO. Zu § 422: 1) S. Richtlinien Nr. 302. Zu § 423: 1) Die Finanzbehörde h a t kein Recht, eine Entscheidung im ehrengerichtlichen Verfahren herbeizuführen. 2) = § § 64ff. der Reichsrechtsanwaltsordnung v. 20. 2. 1936 (RGBl. I S. 107), an deren Stelle jetzt z. T. Rechtsanwaltsordnungen der L ä n d e r getreten sind.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 421—)2S

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§ 424. [Sachlich zuständiges Finanzamt] (1) Sachlich zuständig zur Untersuchung und Entscheidung ist das Finanzamt, dem die Verwaltung der beeinträchtigten oder gefährdeten Steuer übertragen ist. (2) Die Finanzämter können sich der Hilfe der Ortspolizeibehörden bedienen. Die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, die Ermittlungen anzustellen, die die Finanzämter verlangen. § 425. [Abgabe an die Staatsanwaltschaft] Die Finanzämter sind befugt 1 ), sich jederzeit der weiteren Untersuchung oder Entscheidung zu enthalten und die Sache an die zuständige Staatsanwaltschaft abzugeben 2). § 426. [Eingreifen der Justizbehörden] (1) Solange nicht das Finanzamt die Sache an die zuständige Staatsanwaltschaft abgibt (§ 425), haben die Staatsanwaltschaft und die Gerichte nur einzugreifen, wenn der Beschuldigte wegen des Steuervergehens vorläufig festgenommen und dem Richter vorgeführt wird. (2) Hat jemand durch mehrere selbständige Handlungen ein Steuervergehen und eine andere strafbare Handlung begangen, so kann die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung wegen des Steuervergehens gegen ihn und die als Teilnehmer, Nebenbeteiligte (§ 421 Abs. 3) oder Begünstiger beteiligten Personen übernehmen. (3) Auch da, wo ihre Zuständigkeit begründet ist, kann die Staatsanwaltschaft das Finanzamt ersuchen, den Sachverhalt des Steuervergehens zu ermitteln. Entspricht das Finanzamt dem Antrag, so ist es in den Grenzen der §§ 421, 422 auch zur Entscheidung zuständig; sein Recht, sich jederzeit der weiteren Verfolgung oder der Entscheidung zu enthalten, bleibt unberührt. § 427. [Eingreifen der Polizeibehörden] Die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheitsdienstes haben auch Steuervergehen zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunklung der Sache zu verhüten 1 ). Sie haben Steuervergehen ohne Verzug dem Finanzamt anzuzeigen. Sie haben der Anzeige ihre Verhandlungen beizufügen, es sei denn, daß der Beschuldigte festgenommen und dem Richter vorgeführt wird. § 428. [örtlich zuständiges Finanzamt] (1) örtlich zuständig ist das Finanzamt, in dessen Bezirk das Steuervergehen begangen oder entdeckt ist, und bei Steuerhinterziehungen oder -gefährdungen auch das Finanzamt, das zur Festsetzung und Einziehung der Steuer zuständig ist. (2) Sind mehrere Finanzämter zuständig, so gebührt der Vorzug dem Finanzamt, das die Untersuchung zuerst geführt hat. Die Untersuchung und Entscheidung kann jedoch auf Ersuchen von einem anderen örtlich zuständigen FinanzZu § 425: 1) Für die Behörden und Beamten der Finanzverwaltung besteht keine allgemeine Verpflichtung, Anzeigen an andere Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben, bei deren Bearbeitung sich ergeben hat, daß keine Steuerstraftat, wohl aber eine strafbare Handlung anderer Art vorliegt. BGH. v. 4. 12. 1952, GA. 1954, 53. 2) Der StA., Sonderdezernent, Richtlinien Nr. 300, soll immer mit den Behörden der Finanzverwaltung eng zusammenarbeiten, Richtlinien Nr. 301. Gibt das Finanzamt (Hauptzollamt die Sache ab, so wird StA. in der Regel nicht nur Geldstrafe, sondern neben ihr auch Gefängnisstrafe beantragen, Richtlinien Nr. 299 Abs. 2. Zu § 427: 1) $ 163 Abs. 1 StPO.

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B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 429—431

amt übernommen oder ihm von einer gemeinschaftlich vorgesetzten oberen Behörde übertragen werden. (3) Die Untersuchung und Entscheidung kann auf alle Steuervergehen1) desselben Beschuldigten und auf alle bei einem Steuervergehen1) beteiligten Personen ausgedehnt werden, für die das Finanzamt sachlich zuständig ist. Sind mehrere Finanzämter sachlich zuständig, so kann die gemeinschaftlich vorgesetzte obere Behörde die Untersuchung und Entscheidung einem von ihnen übertragen. § 429. [Zustellungen] (1) Für Zustellungen gelten die §§ 88 bis 901). (2) Bei Straf- oder Beschwerdebescheiden ist eine Ausfertigung2), sonst eine einfache Abschrift zu übergeben. (3) Wird nach § 90 zugestellt, so sind statt der Straf- und Beschwerdebescheide Benachrichtigungen nach § 90 Satz 3 anzuheften 3 ). (4) Fristen sind nach § 82 zu berechnen. § 430. [Beschlagnahme] (1) Die Finanzämter können Beschlagnahmen1) nach § 94, § 95 Abs. 1, §§ 96, 97 der Strafprozeßordnung anordnen und durch ihre Beamten ausführen lassen. (2) Bei Gefahr im Verzuge können auch Beamte der Finanzämter Beschlagnahmen anordnen; sie haben binnen dreier Tage die Bestätigung des Finanzamts nachzusuchen. (3) Wenn Polizei- und Sicherheitsbeamte bei der Verfolgung von Steuervergehen nach § 427 dieses Gesetzes und nach § 98 Abs. 1 der Strafprozeßordnung Beschlagnahmen angeordnet haben, steht die im § 98 Abs. 2 der Strafprozeßordnung vorgeschriebene Bestätigung und Entscheidung dem Finanzamt zu. (4) Der Betroffene kann jederzeit Entscheidung durch das Finanzamt beantragen. Auf Verlangen ist ihm ein Verzeichnis der in Verwahrung genommenen Sachen mitzuteilen. (5) (betr. Beschlagnahme in militärischen Dienstgebäuden oder auf Kriegsfahrzeugen, jetzt gegenstandslos). § 431. [Beschlagnahme von Postsendungen] Um die Beschlagnahme von Briefen und Sendungen auf der Post sowie von Telegrammen auf den Telegraphenanstalten (§ 99 der Strafprozeßordnung) Zu § 429: 1) Für Zustellungen der Bundesbehörden, Landesbehördenfinanz und Finanzgerichte gilt jetzt das Verwaltungszustellungsges. (VwZG.) v. 3. 7. 1952 (BGBl. I S. 379); die §§ 88, 90 RAbgO. sind durch § 19 dieses Gesetzes aufgehoben. § 89. Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz oder Sitz im Ausland, aber Inlandsvermögen oder im Inland eine Niederlassung oder Geschäftsstelle haben oder Steuer- oder sicherheitspflichtig sind, haben dem Finanzamt auf Verlangen einen Vertreter im Inland zu bestellen, der ermächtigt ist, Schriftstücke zu empfangen, die für sie bestimmt sind. Unterlassen sie dies, so gilt ein Schriftstück mit der Aufgabe zur Post als zugestellt, selbst •wenn es als unbestellbar zurückkommt. 2) § 275 Abs. 4 StPO. findet sinngemäß Anwendung. E. 64, 426. 3) § 90 betraf die öffentl. Zustellung durch Aushang (jetzt § 15 VerwZG.). Nach § 90 S. 3 konnte statt des zuzustellenden Schriftstückes eine Benachrichtigung mit der Bezeichnung des Schriftstücks und der Angabe, daß und wo es eingesehen werden kann, angeheftet werden; die entsprechende Vorschrift in § 15 Abs. 2 Satz 2 VerwZG. lautet: „ S t a t t des Schriftstücks kann eine Benachrichtigung ausgehängt werden, in der allgemein anzugeben ist, daß und wo das Schriftstück eingesehen werden kann." Zu § 430:

1) Dazu das Sicherungsverfahren nach § 351, vgl. E. 58, 355.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 432—43(i

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ersucht das Finanzamt das zuständige Amtsgericht. Dieses übergibt ihm eröffnete Sendungen, deren Zurückhaltung erforderlich erscheint. § 432. [Beschlagnahme i. F. des § 163] Bei einer Zuwiderhandlung gegen § 163 Abs. 1, § 407l) ist die Beschlagnahme dem zu erklären, der das Guthaben schuldet, die Wertsachen verwahrt oder das Schließfach überlassen hat; dabei sind die Wertsachen oder Urkunden in Verwahrung zu nehmen oder sonst sicherzustellen. Die Beschlagnahme der Ansprüche des Beschuldigten wirkt als Veräußerungsverbot nach § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 433. [Dauer der Beschlagnahme] (1) Die Beschlagnahme von Gegenständen, die der Einziehung unterliegen, bleibt wirksam, bis das Strafverfahren wegen des Steuervergehens vollständig erledigt ist oder das Finanzamt die Beschlagnahme aufhebt. (2) In Beschlag genommene Sachen, deren Aufbewahrung, Pflege und Erhaltung unverhältnismäßig viel kostet oder deren Verderben droht, kann das Finanzamt nach drei Tagen, bei Gefahr im Verzug auch schon vorher, im Zwangsverfahren veräußern lassen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sachen1). Zeit und Ort der Veräußerung sind dem Beschuldigten und dem Eigentümer möglichst vorher mitzuteilen. § 434. [Verfall aufgegebener Sachen] Sind in Beschlag genommene Sachen, die der Einziehung unterliegen, von einem Unbekannten zurückgelassen worden, der auf der Zuwiderhandlung betroffen, aber entkommen ist, so verfallen sie oder ihr Erlös dem Reiche, wenn sich der Betroffene oder der Eigentümer nicht innerhalb dreier Monate nach der Beschlagnahme gemeldet hat. Das Finanzamt kann sie nach Ablauf einer Woche, von der Beschlagnahme an gerechnet, im Zwangsverfahren veräußern lassen. § 435. [Sicherung hinterzogener Steuern] Zur Sicherung einer hinterzogenen Steuer können Beförderungsmittel, die der Beschuldigte bei Begehung einer Steuerzuwiderhandlung in seinem Gewahrsam hat, und andere Sachen, die er mit sich führt, außer Arbeitsgeräten, mit Beschlag belegt werden, wenn sein Wohnsitz unbekannt oder außerhalb des Deutschen Reichs gelegen ist. Mit den Beförderungsmitteln können die in Beschlag genommenen Sachen bis zur nächsten Amtsstelle befördert werden, bei der ihre Aufbewahrung möglich ist. Die Sachen sind freizugeben, wenn nachgewiesen wird, daß sie jemand gehören, der weder bei der Tat beteiligt ist noch für Strafe und Kosten haftet, es sei denn, daß die Einziehung nach § 401 verwirkt ist. § 436. [Ersuchen um Durchsuchungen] Die Finanzämter können die nach der Strafprozeßordnung zuständigen Behörden und Beamten um Durchsuchungen ersuchen. Auf ihr Verlangen sind von ihnen zu bezeichnende Beamte bei der Ausführung zuzuziehen. Die Sachen, die in Verwahrung oder in Beschlag genommen werden, sind den Finanzämtern zu übergeben. Zu § 432: 1) § 407 ist gestrichen. Zu § 433: 1) Der Ausspruch der Einziehung hat sich auf die Waren und nicht auf den erzielten Erlös zu beziehen. E. 66, 85 (87).

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B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 437, 438 § 437.

[Durchsuchungen]

(1) W e n n in Steuergesetzen Durchsuchungen vorgesehen sind, s t e h t ihre Anordnung den F i n a n z ä m t e r n zu. Die B e a m t e n , die m i t der Ausführung b e a u f t r a g t werden, h a b e n , soweit in den Steuergesetzen nichts Abweichendes b e s t i m m t ist, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zu v e r f a h r e n 1 ) ; sie haben sich durch einen schriftlichen Auftrag des F i n a n z a m t s auszuweisen. (2) Papiere und Handelsbücher dürfen die F i n a n z ä m t e r und deren B e a u f t r a g t e nur einsehen, wenn es der I n h a b e r genehmigt. Andernfalls h a b e n sie die Papiere und Handelsbücher, deren Durchsicht sie für geboten halten, in Gegenwart des I n h a b e r s oder seines Vertreters m i t dem Amtssiegel in einem Umschlag zu verschließen und an den A m t s r i c h t e r des Bezirks abzuliefern. Dieser h a t Papiere und Handelsbücher, die für die Untersuchung Bedeutung h a b e n , dem F i n a n z a m t mitzuteilen. § 438.

[Nachschau]

D a s R e c h t des F i n a n z a m t s , in R ä u m e n , die i h m zur Ausübung der Steueraufsicht zugänglich sind, Nachschau zu h a l t e n und die dort zu seiner Einsicht bestimmten B ü c h e r und Aufzeichnungen einzusehen, bleibt u n b e r ü h r t ; Zwangsm i t t e l (§ 2 0 2 ) x ) gegen die Person des Beschuldigten sind jedoch u n s t a t t h a f t , sofern es sich darum h a n d e l t , Spuren einer Steuerzuwiderhandlung zu verfolgen. Zu § 437: 1) §§ 102 ff. StPO. Nach Art. 19 der Berliner Verfassung darf die Durchsuchung nur auf Grund einer richterl. Anordnung erfolgen oder bei Verfolgung auf frischer Tat durch die Polizei, deren Maßnahmen jedoch binnen 48 Stunden der richterl. Genehmigung bedürfen. Zu § 438: 1) § 202 i.d.F. des Ges. v. 11. 7. 1953 (BGBl. I S. 511) (1) Die Finanzämter können die Befolgung von Anordnungen, die sie im Besteuerungsverfahren (einschließlich der Vorbereitung, Sicherung und Nachprüfung der Besteuerung) innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse treffen, durch Auferlegung eines Erzwingungsgeldes, durch Ausführung auf Kosten des Pflichtigen und unmittelbar erzwingen. (2) Das einzelne Erzwingungsgeld darf 5000 Deutsche Mark nicht übersteigen. Wird das Erzwingungsgeld gegen natürliche Personen festgesetzt, so wird es im Falle der Uneinbringlichkeit auf Antrag des Finanzamts durch Beschluß des Amtsgerichts nach pflichtgemäßem Ermessen in eine Erzwingungshaft umgewandelt. Das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Pflichtige seinen Wohnsitz hat oder in Ermangelung eines solchen sich aufhält. Für das Umwandlungsverfahren gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung. Das Amtsgericht hat vor der Entscheidung den Pflichtigen zu hören. Gegen den Beschluß des Amtsgerichts findet sofortige Beschwerde statt. (3) Die Dauer der Erzwingungshaft ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen; sie darf, auch wenn mehrfach Erzwingungsgeld gegen denselben Pflichtigen festgesetzt ist, insgesamt die Dauer von drei Monaten nicht übersteigen. (4) Die Erzwingungshaft ist auf Antrag des Finanzamts, welches das Erzwingungsgeld festgesetzt hat, von dem Amtsgericht nach den Bestimmungen der §§ 904 bis 910 der Zivilprozeßordnung zu vollstrecken. Die Vollstreckung der Haft ist nicht fortzusetzen, wenn der Schuldner die Anordnung nunmehr befolgt. (5) Ist der Anspruch auf das Erzwingungsgeld verjährt, so darf die Haft nicht mehr vollstreckt werden. (6) Die Kosten der Ausführung durch Dritte und des unmittelbaren Zwanges können im voraus in einem vorläufig zu veranschlagenden Betrage zwangsweise eingezogen werden. (7) Unmittelbarer Zwang darf nur angewandt werden, wenn die Anordnung sonst nicht durchführbar ist oder Gefahr im Verzuge liegt. (8) Gegen öffentliche Behörden sind Zwangsmittel nicht zulässig. (9) Bevor ein Zwangsmittel festgesetzt wird, muß der Pflichtige unter Androhung des Zwangsmittels mit Setzung einer angemessenen Frist zur Vornahme der von ihm geforderten Handlung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich geschehen, außer wenn Gefahr im Verzuge liegt. (10) Wer meint, zur Erfüllung der Aufforderung nicht verpflichtet zu sein, hat dies dem Finanzamt rechtzeitig unter Darlegung der Gründe mitzuteilen.

B VJ. Keichsabgabenordnung. §§ 439—441

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§ 439. [Vorläufige Festnahme] (1) Bei Verdacht eines Steuervergehens sind die Finanzämter und ihre Hilfsbeamten außer im Falle des § 127 Abs. 1 der Strafprozeßordnung auch dann zur vorläufigen Festnahme des Beschuldigten befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls vorliegen und Gefahr im Verzug obwaltet. (2) Bei vorläufiger Festnahme ist nach Artikel 114 Abs. 2 der Verfassung 1 ) zu verfahren. Der Beschuldigte hat die Wahl, ob er sich dem nächsten Finanzamt oder dem Amtsrichter2) des Bezirkes, in dem die Festnahme erfolgt ist, vorführen lassen will. Die §§ 128, 129 der Strafprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Ist die Zuwiderhandlung, wegen deren die Festnahme erfolgte, nur mit Geldstrafe oder Einziehung bedroht, so ist der Beschuldigte in Freiheit zu setzen, wenn er für Steuer, Strafe und Kosten Sicherheit bestellt oder sich über seine Person ausweist und eine Sicherheitsleistung nicht erforderlich erscheint. (3) (betr. vorläufige Festnahme von Soldaten, gegenstandslos). II. Das V e r f a h r e n § 440. [Erster Angriff] Die Hilfsstellen1) und die Beamten der Finanzämter haben die Steuervergehen zu erforschen und innerhalb ihrer Zuständigkeit alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunklung der Sache zu verhüten. Über die Ermittlungen ist dem Finanzamt eine Niederschrift oder eine schriftliche Anzeige einzureichen. § 441. [Einleitung der Untersuchung, Ermittlungen, Niederschriften] (1) Die Finanzämter haben die Anzeigen, die bei ihnen eingehen, darauf zu prüfen, ob wegen eines Steuervergehens einzuschreiten sei. Das gleiche gilt, wenn sie sonst von dem Verdacht eines Steuervergehens Kenntnis erhalten. (2) Die Einleitung der Untersuchung ist aktenkundig zu machen 1 ). (3) Zur Erforschung des Sachverhalts können die Finanzämter Ermittlungen jeder Art selbst anstellen oder durch ihre Hilfsstellen oder Beamten vornehmen lassen. (4) Die Befugnisse, die den Finanzämtern nach den §§ 175 bis 184,186, 188, 202 2) und § 2093) Abs. 1 bei Ermittlung der Steuerpflicht zustehen, gelten sinngemäß für die Untersuchung. (5) Über jede Ermittlung ist eine Niederschrift oder ein Vermerk aufzunehmen. (6) Niederschriften, die ein Finanzamt unter Zuziehung eines Schriftführers Zu § 439: 1) In der Bundesrepublik gilt jetzt Art. 104 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2—4 GG. 2) Mit der Vorführung vor dem Richter treten die im § 426 Abs. 1 angeführten Befugnisse der StA. und der Gerichte ein. Die StA. wird aber auch dann, solange noch keine öffentliche Klage erhoben ist, das Finanzamt um Erforschung des Sachverhalts ersuchen können. Zu § 440: 1) Zollfahndungsstellen. Zu § 441: 1) Steuerfahndungsbeamte sind nicht kraft Gesetzes zur Einleitung der Untersuchung befugt. BayObLG. 51, 584. Vgl. § 410 Abs. 4 u. Anm. 5 zu § 419. 2) Siehe Anm. 1 zu § 438. 3) § 209. (1) Wenn es sich um die Ermittlung von Steueransprüchen gegen bestimmte Personen handelt, sollen andere Personen erst dann zu einer Auskunft oder zur Vorlegung von Büchern angehalten werden, wenn die Verhandlungen mit dem Steuerpflichtigen nicht zum Ziele führen oder keinen Erfolg versprechen. Nur wenn es erforderlich ist, um die Wahrheit zu ermitteln oder wenn Gefahr im Verzuge liegt, soll verlangt werden, daß der Steuerpflichtige oder ein Dritter (§§ 173, 183) Wertsachen vorlegt oder den Inhalt von Behältnissen oder eines verschlossenen Depots nachweist; das Finanzamt kann alsdann der Bank oder der Stelle, die das Schließfach überlassen hat oder das Depot verwahrt, vorschreiben, dem

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B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 442—444

aufgenommen hat, stehen hinsichtlich ihrer Vorlesung in einer Hauptverhandlung vor Gericht (§§ 249 bis 255 der Strafprozeßordnung) richterlichen Protokollen gleich4). § 442. [Anhörung des Beschuldigten] (1) Gegen den Beschuldigten soll ein Strafbescheid über eine Geldstrafe von mehr als fünf Deutsche Mark nur erlassen werden, wenn ihm Gelegenheit zur Äußerung geboten ist. Er ist erforderlichenfalls zur Vernehmung zu laden. (2) Erscheint der Beschuldigte, so ist ihm zu eröffnen, welche strafbare Handlung ihm zur Last gelegt wird. Er ist zu befragen, ob er etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle. Die Vernehmung soll ihm Gelegenheit geben, die Verdachtsgründe zu beseitigen und Tatsachen, die zu seinen Gunsten sprechen, geltend zu machen. Seine persönlichen Verhältnisse sind zu ermitteln. (3) Erscheint der Beschuldigte auf die Ladung nicht, so ist er auf Antrag des Finanzamts von dem Amtsgerichte seines Wohn- oder Aufenthaltsorts nach den §§ 133 bis 136 der Strafprozeßordnung zu vernehmen1). (4) Gegen einen flüchtigen Beschuldigten (§ 276 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) kann ohne seine Anhörung verfahren werden2). § 443. [Zuziehung Haftungs- und Einziehungsbeteiligter] (1) Wer neben dem Beschuldigten für Geldstrafe und Kosten haftet, ist zum Verfahren zuzuziehen. Falls es nicht geboten erscheint, ihn zu vernehmen, ist ihm das Steuervergehen und die Person des Beschuldigten mitzuteilen, und er ist aufzufordern, zu erklären, ob er die Schuld des Beschuldigten und seine Haftung anerkenne oder was er einwende. Folgt er der Aufforderung nicht, so ist gleichwohl das Verfahren gegen ihn fortzusetzen. (2) Entsprechendes gilt für den, der bei einer Einziehung beteiligt ist, wenn er sich meldet oder anzunehmen ist, daß es einer Vollstreckungshandlung gegen ihn bedarf. Dies gilt auch, wo auf Einziehung selbständig erkannt werden soll 1 ) 2 ). § 444. [Vertretung] Der Beschuldigte und die Nebenbeteiligten können sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Beauftragten vertreten lassen1). Geschäftsmäßige Vertreter können zurückgewiesen werden. Dies gilt nicht für die im Steuerpflichtigen während angemessen kurzer Frist nur unter Zuziehung eines vom Finanzamt zu bezeichnenden Beamten Zutritt zum Schließfach zu gewähren oder das Depot auszuhändigen. (2) Eidesstattliche Versicherungen und eidliche Bekräftigungen von Auskünften sollen nur gefordert werden, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind. 4) Dies gilt auch für Niederschriften, die von Hilfsstellen des Finanzamts (Zollfahndungsstellen) oder deren Beamten unter Zuziehung eines Schriftführers aufgenommen sind. E. 63, 81. Die verhörenden Beamten des Finanzamtes dürfen nicht über die Aussage eines Zeugen vernommen werden, der in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht. BayObLG. J R . 1954, 115 = N J W . 1954,1011. Vgl. auch Anm. 2 zu § 252 StPO. Z u § 442: l)Bei Ablehnung des AG. Beschwerde nach §304 StPO. KG. J W 59 (1930). 2312. 2) Abs. 4 i.d.F. des Ges. v. 28. 6. 1935 (RGBl. I S. 844). Abs. 4 betrifft jetzt den abwesenden Beschuldigten i. S. des § 276 Abs. 1 StPO. in der heute geltenden Fassung (s. Anm. 1 zu § 473). Zu § 443: 1) Gilt nur für das Verwaltungsstrafverfahren. RG. DRZ. 1931 Nr. 620. Bei dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung bedarf es keiner schriftlichen Vollmacht. E. 66, 209. 2) Siehe Anm. 1 zu § 421. Z u § 444: 1) § 444 regelt die Vertretung des n i c h t e r s c h i e n e n e n Beschuldigten. Hiervon zu unterscheiden ist, wer neben dem Beschuldigten als V e r t e i d i g e r auftreten k a n n ;

B V I . Reichabgabenordnung. §§ 445, 446

911

§ 107 Abs. 3 genannten Personen. Das Finanzamt kann anordnen, daß der Beschuldigte erscheint. Die Vorschriften des § 107 Abs. 6, 7 finden Anwendung8).

§ 445. [Unterwerfung] Wenn der Beschuldigte die Zuwiderhandlung vorbehaltlos einräumt, so kann er sich der in der Niederschrift festzusetzenden Strafe unter Verzicht auf Erlaß eines Strafbescheids sofort unterwerfen1). Die Unterwerfung steht einer rechtskräftigen Verurteilung gleich2). Das Verfahren regelt der Reichsminister der Finanzen 3 ).

§ 446. [Verfahren nach Abschluß der Ermittlungen] (1) Ergibt die Untersuchung, daß der Verdacht nicht begründet war, so stellt das Finanzamt das Verfahren ein und teilt dies dem Beschuldigten mit, wenn er als solcher vernommen worden ist. Erscheint der Verdacht begründet, so gibt das Finanzamt, wenn es nicht selber erkennen kann oder will, die Verhandlungen an die Staatsanwaltschaft ab. Es kann beantragen, daß die öffentliche Klage gegen den Beschuldigten und die Nebenbeteiligten erhoben werde; geeignetenfalls ist ein bestimmter Antrag zu stellen und zu begründen. (2) örtlich zuständig ist auch die Staatsanwaltschaft des Bezirks, in dem das Finanzamt seinen Sitz hat. Die Zuständigkeit erstreckt sich auf die der Gerichte. Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die örtliche Zuständigkeit bleiben im übrigen unberührt. (3) Hat das Finanzamt die Sache abgegeben, weil es nicht zur Entscheidung zuständig sei, hält die Staatsanwaltschaft dagegen diese Auffassung nicht für insoweit gelten § 420 RAbgO. in Verb, mit § 138 StPO., also Rechtsanwälte und Hochschullehrer (str.); vgl. darüber u. über Art u. Umfang der Befugnisse des Verteidigers im Verwaltungsstrafverfahren Terstegen N J W . 1953, 372. 2) Fassung beruht auf dem Gesetz über die Zulassung von Steuerberatern, v. 6. 5. 1933 ( R G B l . I . S 257). § 107 ist abgedruckt in Anm. 2 zu § 416. Zu § 4 4 5 : 1) Gegenstand einer Erledigung im Unterwerfungsverfahren sind nur solche Straftaten, die das Finanz(Zoll-)amt im Rahmen seiner Strafbefugnis (§ 421 Abs. 2) durch Strafbescheid gem. § 447 ahnden könnte. Infolgedessen scheiden die zwingend mit Gefängnisstrafe bedrohten Taten (vgl. § 401b) von vornherein für das Unterwerfungsverfahren aus. Nach Einleitung des gerichtlichen Strafverfahrens ist das Unterwerfungsverfahren nicht mehr zulässig. E . 69, 162. 2) Die Unterwerfung äußert Rechtskraftwirkung nur im Umfang ihrer rechtlichen Zulässigkeit. Sie hindert deshalb nicht, dieselbe Tat erneut unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu verfolgen, der zu einer Strafe führt, die im Unterwerfungsverfahren nicht verhängt werden kann. E . 69, 93, B G H . GA. 1954, 59. Bei nicht verbrauchten Strafklagen muß die verhängte Geldstrafe aus Unterwerfungsverhandlungen angerechnet werden. Soweit die Geldstrafe niedriger ist, ist sie zurückzuzahlen (E. 54, 96, E . 69, 93). Hat der Angeklagte sie noch nicht bezahlt, so ist anzuordnen, daß die vom Finanzamt festgesetzte Geldstrafe nicht mehr vollstreckt werden darf. Entsprechend ist zu verfahren, wenn sich ergibt, daß der Angeklagte kein Steuervergehen, sondern eine Straftat des gemeinen Rechts, z.B. eine Unterschlagung begangen hat. B G H . v. 22. 1. 1953, GA. 1954, 59. Die Unterwerfung des Beschuldigten begründet den Rückfall nur, wenn er erkannt hat, daß er sich einer Strafe unterwirft. Ein Erfahrungssatz, daß der Beschuldigte das nicht erkannt hat, besteht nicht. BayObLG. N J W . 1954, 243 = MDR. 1954, 56. 3) Dies ist geschehen durch die VO. v. 1. 11. 1921 ( R G B l . S. 1328). Die Unterwerfung ersetzt den Strafbescheid. Kann die Geldstrafe nicht beigetrieben werden, so erfolgt auf Antrag des Finanzamts Umwandlung der Freiheitsstrafe durch das Gericht. § 8 der VO. in Verbindung mit § 470. Wer die Erklärung für einen anderen abgibt, bedarf der schriftlichen Vollmacht. R G . Recht 32 Nr. 978. Wesentliche Mängel des Unterwerfungsverfahrens machen die Unterwerfung unwirksam. E . 63, 294 (301); Hanseat. OLG. J W . 66 (1937), 2405.

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B VI. Ueichsabgabenordnung. §§ 447—450

zutreffend, so kann sie die Sache zur weiteren Erledigung im Verwaltungsstrafverfahren an das Finanzamt zurückgeben; § 425 bleibt unberührt. § 447. [Strafbescheid] (1) Will das Finanzamt selbst erkennen, so erläßt es einen Strafbescheid1). (2) Im Strafbescheide sind außer der Strafe die strafbare Handlung, das Strafgesetz und die Beweismittel anzugeben. Es soll ferner die Entscheidungsgründe und die Belehrung enthalten, daß der Beschuldigte, wenn er nicht nach § 451 Beschwerde an (das Landesfinanzamt —) die Oberfinanzdirektion einlege, gegen den Strafbescheid binnen einer Woche nach der Bekanntmachung bei dem Finanzamt, das den Bescheid erlassen habe, auf gerichtliche Entscheidung antragen könne. (3) Ist auf Einziehung zu erkennen und steht nicht fest, ob die Einziehung vollzogen werden kann, so ist für den Fall, daß die Einziehung nicht ausgeführt werden kann, die Ersatzstrafe nach § 401 Abs. 2 festzusetzen2). § 448. [Nebenbeteiligte] (1) Sind Nebenbeteiligte in der Untersuchung zugezogen1)2), so ist im Strafbescheide darüber zu erkennen, ob sie die Einziehung gegen sich gelten zu lassen oder für die Geldstrafe und die Kosten des Strafverfahrens und der Strafvollstreckung zu haften haben. (2) Ist ihre Zuziehung im Verwaltungsstrafverfahren oder im gerichtlichen Verfahren unterblieben, so kann gegen sie durch besonderen Strafbescheid entschieden werden. § 449. [Zustellung] (1) Der Strafbescheid ist den Beteiligten zuzustellen oder zu verkünden. (2) I s t der Beschuldigte noch nicht achtzehn J a h r e alt, so ist der Strafbescheid auch dem gesetzlichen Vertreter zuzustellen oder zu v e r k ü n d e n 1 ) .

(3) Sind mehrere gesetzliche Vertreter oder bei juristischen Personen, Personenvereinigungen, Zweckvermögen und ähnlichen Gebilden mehrere Vertreter, Vorsteher oder Verwalter vorhanden, so genügt die Zustellung oder Verkündung an einen von ihnen. (4) Nach der Zustellung kann der Strafbescheid nur in den Fällen der §§ 461, 464 zurückgenommen werden. § 450. [Rechtsmittel und -behelfe] (1) Der Beschuldigte1) und die Nebenbeteiligten können gegen den StrafbeZu § 4 4 7 : 1) Formelle und Verfahrensverstöße in einem Strafbescheid sind wirkungslos. Hamburg H R R . 28 Nr. 1685. Der Strafbescheid ist wirksam, auch wenn die Urschrift nur mit einem Handzeichen versehen ist. E. 60, 406, oder wenn die Unterschrift in der Ausfertigung mittels Namensstempels hergestellt ist. RG. H R R . 29 Nr. 479. Siehe auch Anm. 1 zu § 469. Auf Rechtsmittel kann grundsätzlich im voraus verzichtet werden. E. 64, 229. Gegen Jugendliche (§ 1 JGG.) gibt es keinen Strafbescheid. OLG. Tübingen SJZ. 1950, 144. 2) Die Beitreibung erfolgt auf Grund der Beitreibungsordnung v. 23. 6. 1923 (RMB1. S. 595) § 6 Abs. 3 Nr. 5 dieser O. Zu § 448: 1) Zugezogen ist ein Nebenbeteiligter (vgl. § 421 Abs. 3) auch dann, wenn er in dem Verfahren lediglich als Mittäter, nicht als Mithaftender belangt war. RG. JR. 1926 Nr. 1101. 2) § 448 RAbgO. gilt nicht für ein durch öffentliche Klage eingeleitetes gerichtliches Verfahren. B G H S t . 4, 353 = N J W . 1953, 1842. Zu § 449: 1) Abs. 2 ist gegenstandslos; vgl. Anm. 1 zu § 447. Zu § 450: 1) Handelt für den Beschuldigten ein Vertreter, so kann der Beweis der Vertretungsmacht nachträglich wirksam erbracht werden. E. 66, 209.

ß VI. Reichsabgabenordnung. §§ 451—453

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scheid Beschwerde einlegen, wenn sie nicht auf gerichtliche Entscheidung antragen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist bei dem Finanzamt 2 ), das den Strafbescheid erlassen hat, binnen einer Woche nach der Bekanntgabe schriftlich oder mündlich zu stellen. (2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung schließt für den Beteiligten die Beschwerde, die Einlegung der Beschwerde den Antrag auf gerichtliche Entscheidung aus. Hat der gesetzliche Vertreter oder der Ehemann einer beschuldigten Frau 3 ) Beschwerde eingelegt und der Vertretene oder die beschuldigte Frau gerichtliche Entscheidung beantragt oder umgekehrt, so ist die Beschwerde wirkungslos, wenn nicht der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgenommen wird. (3) Hat von mehreren Beteiligten ein Teil auf gerichtliche Entscheidung angetragen, während der andere Beschwerde eingelegt hat, so ist über die Beschwerde in der Regel erst nach rechtskräftiger Erledigung des gerichtlichen Verfahrens zu befinden. § 451. [Einlegung der Beschwerde] Die Beschwerde ist bei dem Finanzamt, das den Strafbescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich einzulegen. Die Frist für die Einlegung beträgt eine Woche; sie ist eine Ausschlußfrist und läuft von der Bekanntmachung an. Die Einlegung bei der Beschwerdebehörde genügt zur Wahrung der Frist. Bei Versäumung der Frist kann nach den §§ 861), 87 Nachsicht gewährt werden. § 452. [Beschwerdeinstanz] Über die Beschwerde entscheidet (das Landesfinanzamt = ) die Oberfinanzdirektion. Es kann nach § 441 Ermittlungen anstellen. Der Beschwerdebescheid ist zu begründen und zuzustellen oder zu verkünden 1 ). § 453. [Beschwerde gegen Verfügungen] (1) Gegen andere Verfügungen der Finanzämter und (Landesfinanzämter --=) Oberfinanzdirektionen als Straf- und Beschwerdebescheide kann der Betroffene Beschwerde an die nächstobere Behörde einlegen. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde beträgt eine Woche; sie beginnt mit der Zustellung oder Bekannt machung der Verfügung. Die Beschwerde ist bei der Behörde einzulegen, deren Verfügung angefochten wird; die Einlegung bei der Beschwerdebehörde genügt. Die Beschwerdebehörde entscheidet endgültig. (2) Verfügungen, die dem Straf- oder Beschwerdebescheide vorausgehen und ihn vorbereiten sollen, unterliegen der Beschwerde nur, wenn sie eine Beschlag2) Ist der Antrag beim Gericht eingegangen, so ist zwecks Wahrung der einwöchigen Frist schleunige Abgabe an das Finanzamt erforderlich. — Auch das Wiedereinsetzungsgesuch kann beim Finanzamt angebracht werden. RG. H R R . 1934 Nr. 698. Der Antrag kann auch von einem Dritten, der hierzu mündlich bevollmächtigt ist, gestellt werden. RG. JR. 1927 Nr. 1086 und RG. DRZ. 23 (1931) Nr. 620: Er kann bereits vor der förmlichen Bekanntmachung gestellt werden. E. 64, 426. 3) Mit Rücksicht auf Art. 3 GG. ist der Ehemann nicht mehr ohne weiteres berechtigt, für seine Frau Beschwerde einzulegen; er bedarf vielmehr dazu ihres Einverständnisses. Der Fall widersprechender Rechtsbehelfe ist insoweit nicht mehr möglich. Z u § 451: 1) § 86 ist durch Ges. v. 11. 7. 1953 (BGBl. I S. 511) neu gefaßt. Z u § 452: 1) Gegen die Entscheidung der Oberfinanzdirektion über die Beschwerde gegen den Strafbescheid des Finanzamts ist das Berufungsverfahren vor den Finanzgerichten gegeben, wenn der Betroffene geltend macht, durch die Entscheidung in seinen Rechten, insbesondere auch durch Ermessensmißbrauch, verletzt zu sein, auch wenn die Möglichkeit bestanden hat, das Strafgericht gegenüber dem Strafbescheid anzurufen. B F H . MDR. 1954, 4415. NJW. 1954, 1422. 58

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

914

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 454—457

nähme anordnen oder andere Personen betreffen als den Beschuldigten oder die Nebenbeteiligten. III.

Kosten

des

Verfahrens

§ 454. [Kosten und Auslagen] Im Verwaltungsstrafverfahren werden an Kosten erhoben: a) für Strafbescheide und für Beschwerdebescheide (§ 452) eine Gebühr in Höhe der Gebühr des Gerichtskostengesetzes für Urteile in Strafsachen des ersten Rechtszugs; die §§ 51, 75 Abs. 2, 79, 80 des Gerichtskostengesetzes sind anzuwenden 1 ); b) an Auslagen: 1. Schreibgebühren für Ausfertigung und Abschriften nach dem Gerichtskostengesetze ; 2. Telegraphengebühren und im Fernverkehre zu entrichtende Fernsprechgebühren ; 3. Kosten von Zustellungen und öffentlichen Bekanntmachungen; 4. Entschädigungen, die an Auskunftspersonen und Sachverständige gezahlt sind; 5. Reisekosten der Beamten bei Geschäften außerhalb des Dienstsitzes; 6. Auslagen anderer Behörden; 7. Kosten der Erhaltung beschlagnahmter Sachen und der Beförderung von Personen oder Sachen; 8. Haftkosten.

§ 455. [Kostentragungspflicht] (1) Die Kostenvorschriften der Strafprozeßordnung1) gelten sinngemäß auch für das Verwaltungsstrafverfahren2). Über Höhe und Notwendigkeit von Auslagen entscheidet das Finanzamt endgültig. (2) Wer nur bei der Einziehung beteiligt ist, hat außer bei Zurückweisung unbegründeter Beschwerde keine Kosten zu tragen. (3) Sind durch das Verfahren gegen den, der für Geldstrafe und Kosten haftet, besondere Kosten entstanden, so sind ihm diese Kosten bei Festsetzung seiner Haftpflicht aufzuerlegen.

§ 456. [Sicherung der Kosten] Zur Sicherung der Staatskasse wegen der Kosten, die den Beschuldigten voraussichtlich treffen werden, kann das Finanzamt nach § 378 einen Arrest anordnen und vollziehen.

§ 457

(Gestrichen durch Art. I Nr. 23 des Gesetzes v. 4. 7. 1939, RGBl. I S. 1181.) Zu § 454: 1) Wegen der Gebühren eines Rechtsanwalts als Verteidiger vgl. § 91 Abs. 1 Nr. 5 der RechtsanwaltsgebO. Zu § 455: 1) §§ 464 ff. StPO. 2) Wegen der Auslagen der Finanzbehörden bei g e r i c h t l . Aburteilung vgl. § 475.

B V I . Reichabgabenordnung. §§ 458—461

IV.

915

Strafvollstreckung

§ 458. [Wirkung des Strafbescheids] Vollstreckbare Strafbescheide und Beschwerdebescheide wirken wie ein rechtskräftiges Urteil 1 ).

§ 459. [Anwendbare Vorschriften] (1) Die Finanzämter haben die Straf- und Beschwerdebescheide sowie die Kostenentscheidungen nach den Vorschriften über das Zwangsverfahren zu vollstrecken. (2) Für Zahlung einer Geldstrafe kann eine Frist oder Abtragung in Teilbeträgen bewilligt werden. Teilzahlungen sind zulässig und werden zunächst auf die Strafe angerechnet. Der Versuch, eine Geldstrafe beizutreiben, kann unterbleiben, wenn sicher vorauszusehen ist, daß er erfolglos sein würde. (3) Die Einziehung wird dadurch vollstreckt, daß das Finanzamt die Sachen dem Besitzer wegnehmen läßt. § 328 gilt entsprechend, jedoch kann der Dritte nur geltend machen, daß die Sache nicht durch Einziehung getroffen sei, oder daß er das Recht an ihr nach der Rechtskraft des Strafbescheids erworben habe. (4) Bei Einziehungen kann das Finanzamt die Ersatzstrafe (§ 401 Abs. 2, § 447 Abs. 3) vollstrecken, wenn die Sachen nicht in Verwahrung genommen sind und vom Verurteilten nicht binnen angemessener Frist abgeliefert werden 1 ).

§ 460. [Einziehung zugunsten der Staatskasse] Geldstrafen und Gegenstände, deren Einziehung ausgesprochen ist, fallen dem Reiche z u 1 ) .

Dritter Unterabschnitt Gerichtliches

Verfahren

§ 461. [Zurücknahme des Strafbescheids] Hat der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter 1 ) auf gerichtliche Entscheidung angetragen 2 ), so kann das Finanzamt den Strafbescheid wegen des Antragstellers bis zur Übersendung der Verhandlungen an die Staatsanwaltschaft zurücknehmen3). In diesem Falle kann es das Verfahren einstellen, nach weiteren Zu § 458: 1) Sie sind also z.B. wie ein rechtskräftiges Urteil vollstreckbar. Dagegen ist die strafklageverbrauchende Wirkung in gleicher Weise wie eine Straffestsetzung im Unterwerfungsverfahren (vgl. Anm. 2 zu § 445) beschränkt. Vgl. Leise N J W . 1953, 167. Zu § 459: 1) Diese Bestimmung ist über ihren Wortlaut hinaus auch für das gerichtl. Verfahren anzuwenden. Fuchs GA. 1954, 92. Zu § 460: 1) Vgl. AV. v. 13. 8. 1935 (DJ. S. 1175). Zu § 461: 1) Auch im gerichtlichen Verfahren sind Nebenbeteiligte zuzuziehen. Soweit aber Teilnehmer, Begünstiger und Hehler als Nebenbeteiligte in Betracht kommen, ist im Falle der Verbindung des Strafverfahrens gegen den Hinterzieher ihre besondere Zuziehung nicht geboten. E. 63, 23. 2) Der Antrag ist vor Zustellung des Strafbescheides zulässig. E. 63,15 (17). Beschränkung auf das Strafmaß ist wirkungslos. E. 36, 343 (vgl. Anm. 1 zu § 469). 3) Die Zurücknahme hat nur die Einstellung des jeweiligen Verfahrens zur Folge. In einem neuen Verfahren kann die Tat auch dann verfolgt werden, wenn auf die Zurücknahme das frühere Verfahren durch Gerichtsbeschluß abgeschlossen ist. E. 61, 98. 68*

916

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 462—4(50

Ermittlungen einen neuen Bescheid erlassen oder die Sache an die Staatsanwaltschaft zum gerichtlichen Verfahren abgeben. Der Antragsteller ist zu benachrichtigen.

§ 462. [ Aktenübersendung] (1) Wird der Strafbescheid nicht zurückgenommen, so übersendet das Finanzamt die Verhandlungen der Staatsanwaltschaft mit dem Antrag 1 ), die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen. Die Staatsanwaltschaft legt sie dem Gerichte vor; eine Anklageschrift wird nicht eingereicht. Wegen der örtlichen Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft und des Gerichts gilt § 446 Abs. 2. (2) Zur Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht ist ein zweiter Amtsrichter zuzuziehen, wenn das Finanzamt es beantragt 2 ). Das Finanzamt soll den Antrag nur stellen, wenn die Zuziehung eines zweiten Amtsrichters nach Umfang und Bedeutung der Sache notwendig erscheint. Der Antrag soll dem Schreiben, mit dem das Finanzamt die Verhandlungen der Staatsanwaltschaft übersendet (Abs. 1 Satz 1), beigefügt werden; die Staatsanwaltschaft hat ihn zusammen mit den Verhandlungen (Abs. 1 Satz 2) an das Gericht weiterzuleiten.

§ 463. [Verwerfung des Antrags] (1) Das Gericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zu verwerfen, wenn er nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Form gestellt ist. oder wenn er nach § 450 wirkungslos ist, weil Beschwerde eingelegt ist. Bei Versäumung der Frist kann nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt werden. (2) Verwirft das Gericht den Antrag nicht als unzulässig, so ist die Hauptverhandlung anzuberaumen 1 ). (3) Ist der Angeklagte flüchtig (§276 Abs. 2 der Strafprozeßordnung), so findet § 473 Anwendung2).

§ 464. [Zurücknahme des Strafbescheids nach Aktenübersendung] (1) Nach Übersendung der Verhandlungen an die Staatsanwaltschaft kann das Finanzamt den Strafbescheid nur mit deren Zustimmung zurücknehmen. Die Staatsanwaltschaft teilt die Zurücknahme dem Gerichte mit, Wenn sie ihm die Verhandlungen schon vorgelegt hat. Das Gericht stellt das Verfahren ein 1 ). (2) Nach Beginn der Hauptverhandlung kann das Finanzamt den Strafbescheid nur mit Zustimmung dessen, der auf gerichtliche Entscheidung angetragen hat, nach Verkündung des Urteils erster Instanz überhaupt nicht mehr zurücknehmen.

§ 465. [Zurücknahme des Antrags auf gerichtliche Entscheidung] (1) Der Beschuldigte oder der Nebenbei eiligte kann den Antrag auf gerichtliche Entscheidung bis zur Verkündung des Urteils erster Instanz zurücknehmen, Zu § 462: 1) Auf Verlangen des Finanzamts muß die StA. den Antrag stellen. 2) Vgl. § 29 Abs. 2 GVG. in d. Fass. des 3. StAGes. v. 4. 8. 1953 (BGBl. I S. 735). Zu § 4 6 3 : 1) Eröffnung der Voruntersuchung nicht zulässig. Celle GA. 70, 23. 2) Siehe Anm. 1 zu § 473. Zu § 4 6 4 : 1) Auch wenn durch Zurücknahme des Strafbescheides von einer fortgesetzten Handlung nur eine Einzeltat übrigbleibt. RG. DR. 1943, 910.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 466, 467

917

nach Beginn der Hauptverhandlung jedoch nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und, falls es als Nebenkläger vertreten ist, auch des Finanzamts 1 ). (2) Der Antrag gilt als zurückgenommen, wenn der Beschuldigte oder der Nebenbeteiligte ohne genügenden Grund in der Hauptverhandlung ausbleibt und sich nicht durch einen Verteidiger vertreten läßt 2 ).

§ 466. [Verfahren gegen Jugendliche]1) (1) H a t der gesetzliche Vertreter eines noch nicht achtzehn Jahre alten Beschuldigten die gerichtliche Entscheidung beantragt, so ist auch der Beschuldigte zu laden. Sein Erscheinen kann erzwungen werden. Der gesetzliche Vertreter kann sich durch einen Verteidiger vertreten lassen, der mit einer ausdrücklich darauf gerichteten schriftlichen Vollmacht versehen ist. (2) Bleibt der gesetzliche Vertreter aus und läßt er sich nicht vertreten, so hat das Gericht gleichwohl zu verhandeln, wenn der Beschuldigte selbst erscheint. Bleibt auch dieser aus, so gilt § 465 Abs. 2.

§ 467. [Rechte des Finanzamts im gerichtlichen Verfahren] (1) Ist gerichtliche Entscheidung beantragt, so hat das Finanzamt 1 ) für das weitere Verfahren die Rechte eines Nebenklägers 2 ). (2) Das Urteil und andere Entscheidungen sind dem Finanzamt zuzustellen, auch wenn es bei der Verkündung vertreten gewesen ist 3 ). Die Fristen für die Einlegung von Rechtsmitteln beginnen für das Finanzamt erst mit der Zustellung 4 ). Für Revisionsanträge 6 ) und für Erklärungen auf solche hat es einen Monat Frist 6 ). Berufungsanträge, Revisionsanträge und Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann es schriftlich selbst stellen. Zu § 465: 1) Nach Verkündung des Urteils erster Instanz kann der Besch, den Antrag überhaupt nicht mehr zurücknehmen, selbst wenn das Urteil von der Rechtsmittelinstanz aufgehoben war. E. 72, 263. 2) Auch in der Ber.-Verhandlung kann sich der A. durch einen Verteidiger vertreten lassen. BayObLG. DRZ. 25 (1933) Nr. 54. Zu § 466: I) § 466 ist gegenstandslos. Vgl. Anm. 1 Abs. 2 zu § 447. Zu § 467: 1) Dem sind für die Fälle der Zölle und Verbrauchssteuern die Hauptzollämter gleichgestellt. Richtlinien Nr. 138, 301. 2) Eines Gerichtsbeschlusses über die Zulassung bedarf es nicht. RG. Recht 26 Nr. 525, ebensowenig einer Anschlußerklärung. RG. Recht 26 Nr. 923. Das Finanzamt ist daher zu laden, wenn gegen seinen Strafbescheid gerichtliche Entscheidung beantragt ist. Ist die Zuziehung unterblieben, so ist Rev. begründet. RG. J R . 1925 Nr. 128. Die Berufung des Finanzamts ist zu verwerfen, wenn es in der Berufungsverhandlung trotz Ladung nicht vertreten ist. E. 60, 283; aber nicht, wenn sich der Vertreter des Finanzamts vor Beendigung der Schlußvorträge entfernt. E. 63, 53. Das Finanzamt h a t die unbeschränkte Befugnis, von Rechtsmitteln Gebrauch zu machen, um Entscheidungen entgegen zu treten, die ihm, gleichviel ob sie jemand beschweren, den Geboten der Rechtspflege, insbesondere den Gesetzen nicht zn entsprechen scheinen. RG. J R . 1927 Nr. 448. E. 69, 32 (40). 3) S. Richtlinien für das Strafverfahren Nr. 138. 4) Doch kann der Vertreter des Nebenklägers nach Urteilsverkündung rechtswirksani auf Rechtsmittel verzichten. Hamm H R R . 1927, 210. Bei der Zustellung des Urteils an das Finanzamt wird sich die Anregung empfehlen, für den Fall, daß die Einlegung eines Rechtsmittels nicht beabsichtigt sei, den Rechtsmverzicht auszusprechen. Richtlinien Nr. 138 Abs. 4. 5) § 344 StPO. Der Revisionsschriftsatz des Finanzamts oder Hauptzollamts muß von dessen zuständigem Vertreter unterzeichnet sein. RG. D J Z . 30 (1925), 672. Das kann auch ein nach der innerdienstl. Regelung hierzu befugter Beamter sein. BGH. v. 17. 3. 1953, GA. 1954, 60. 6) Nach § 345 StPO., sonst 2 Wochen. Die Frist für Einlegung der Revision (§ 341 StPO.) bleibt, so daß das Finanzamt vom Tage der Urteilszustellung insgesamt 1 Monat und 2 Wochen Zeit zur Revisionsrechtfertigung hat. Das Urteil, das über die Berufung entscheidet, bevor es dem Finanzamt zugestellt ist, unterliegt der Aufhebung. Düsseldorf DRZ. 26 (1934) Nr. 628. — § 467 Abs. 2 Satz 2, 3 verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Karlsruhe NJW. 1954, 1457.

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B VI. Reichsabgabenordnung. § 468

§ 468. [Vorabentscheidung der Finanzbehörden] (1) H ä n g t eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung oder Steuergefährdung davon ab, ob ein Steueranspruch b e s t e h t 1 ) , oder ob und in welcher Höhe ein Steueranspruch verkürzt oder ein Steuervorteil zu Unrecht gewährt i s t 2 ) , und h a t der Reichsfinanzhof 3 ) über diese F r a g e n entschieden 4 ), so b i n d e t 6 ) dessen Entscheidung das Gericht. Liegt eine Entscheidung des Reichsfinanzhofs nicht vor, sind die F r a g e n jedoch von Finanzbehörden oder Finanzgerichten zu entscheiden, so h a t das Gericht das Strafverfahren auszusetzen 8 ), bis über die F r a g e n rechtskräftig entschieden worden i s t 7 ) . E n t s c h e i d e t der Reichsfinanzhof 3 ), so bindet dessen Entscheidung das Gericht. E r g e h t keine Entscheidung des Reichsfinanzhofs, so h a t das Gericht, wenn es von der rechtskräftigen E n t scheidung des F i n a n z a m t s oder der Rechtsmittelbehörde abweichen will, die Zu § 468: 1) § 468 gilt n i c h t : bei Landessteuern. RG. Recht 27 Nr. 1499; bei Steuerhehlerei. E. 65, 311; bei Bannbruch. E. 60, 176; beim Verf. gegen Geschäftsführer der GmbH. E. 70, 3; bei Steuerflucht. E. 72, 363 a. M. Düsseldorf DRZ. 27 (1935) Nr. 315. Anzuwenden bei Nebenbeteiligten (§ 416) nur, wenn der Grund ihrer Haftung ausschließlich von dem Bestehen ihrer Steuerschuld abhängt. E. 76, 195 (199). Dazu auch E. 57, 212; E. 66, 298; RG. JW. 64 (1935) 427 und 1631. Vgl. auch Anm. 6 und 8. 2) Hat ein Urteil den Versuch einer nicht unter den Begriff der Zölle und Verbrauchsabgaben fallenden Steuer zum Gegenstande, so kann es zwar von der Frage abhängen, ob ein Steueranspruch bestehe, aber nicht von der Frage, ob und in welcher Höhe ein Steueranspruch verkürzt sei. E. 65, 165. Das gleiche gilt für Zölle und Verbrauchsabgaben, wenn tatsächlich ein Steueranspruch zur Entstehung gelangt ist. E. 66, 194 (200). Vgl. Anm. 8 Abs. 2. 3) Jetzt Bundesfinanzhof, der durch Gesetz v. 29. 6. 1950 (BGBl. S. 257) errichtet ist. 4) Nur an eine etwa in der Sache ergangene Entscheidung des RFH. ist der Strafrichter gebunden, nicht an eine Entscheidung der Finanzbehörde oder des Finanzgerichts. BayObLG. J R . 1926 Nr. 218. Der rechtskräftige Veranlagungsbescheid des Finanzamts ist für den Strafrichter hinsichtlich der Höhe der festgestellten Steuerverkürzung und der inneren Tatseite nicht bindend. Insbesondere sind Schätzungen des Finanzamts nach den Grundsätzen des Strafprozesses nachzuprüfen. OLG. Braunschweig NJW. 1952, 76; BGH. N J W . 1953, 872. 5) Den Strafgerichten ist hierdurch jede Möglichkeit unabhängiger und selbständiger Entscheidung über die äußeren Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung und Steuergefährdung entzogen. Doch der Einleitung und Fortführung des gerichtlichen Strafverfahrens steht der Mangel der Entscheidung der Finanzstelle nicht entgegen. Diese Entscheidung ist somit Urteilsvoraussetzung. E. 56, 107; E. 76, 195 (199) (Verfahrensvoraussetzung). Ob unter der Voraussetzung von Steuerpflicht und Steuerpflichtverletzung eine stafbare Handlung vorliegt, darüber hat allein der Strafrichter zu entscheiden. E. 56, 278; sowie auch darüber, ob die ergangenen Entscheidungen als maßgebliche im Sinne von § § 468 und 396 zu gelten haben. E. 65, 74. Streit bestand zwischen RG. und RFH. darüber, ob der Strafrichter bei Prüfung der subjektiven Strafbarkeitsmerkmale von einem anderen äußeren Tatbestande ausgehen darf als dem, auf welchem die rechtskräftige Steuerfestsetzung beruht. RG. in E. 62, 322 und E. 68, 45 (55) bejaht, RFH. verneint die Frage. Die Entscheidung des RFH. kann sich auch in den Gründen des Urteils befinden, das die Sache an das Finanzgericht zurückverweist. E. 72, 45. 6) Eine Aussetzung des Strafverfahrens kommt nicht in Betracht, wenn die Finanzbehörde sich die Entscheidung über das Bestehen eines Steueranspruchs bis nach Erledigung des gerichtlichen Strafverfahrens vorbehalten hat. RG. J W . 51 (1922), 910 und 67 (1938), 509; BGH. v. 2. 7.1953, GA. 1954,60; oder wenn sie schon erklärt hat, wegen Erlöschen des Steueranspruchs keinen Steuerbescheid mehr erlassen zu können. E. 58, 18; wenn sie den ermittelten Steuerbetrag nicht beansprucht. Düsseldorf DRZ. 25 (1933) Nr. 718. Andere Fälle siehe Anm. 8. Der Aussetzungsbeschluß ist nicht anfechtbar. KG. GA. 73, 260. 7) Der Strafrichter hat selbständig zu prüfen, ob er die rechtskräftige Entscheidung der Finanzbehörde oder des Finanzgerichts für richtig erachtet. Die Begründung seines Urteils muß die tatsächlichen Feststellungen enthalten, die ihn zur Annahme des Bestehens und der Verkürzung des Steueranspruchs geführt haben. Der bloße Hinweis auf den Nachsteuerbescheid genügt nicht. E. 58, 428. Ergeht eine finanzamtliche Entscheidung erst nach Erlaß des Urteils, steht aber diese im Einklang mit dessen Feststellungen, so führt der Verstoß gegen § 468 nicht zur Aufhebung des Urteils. E. 57, 99.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 469, 470

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Entscheidung des Reichsfinanzhofs8) einzuholen8). Es übersendet die Akten dem Reichsfinanzhof. Dieser entscheidet im Beschlußverfahren in der Besetzung von fünf Mitgliedern. Seine Entscheidung ist bindend. (2) Während der Aussetzung des Verfahrens ruht die Verjährung. (3) Weicht die Entscheidung des Reichsfinanzhofs von der rechtskräftigen Entscheidung des Finanzamts oder der Rechtsmittelbehörde ab, so ist diese zu berichtigen; § 222 Abs. 1, § 224 gelten entsprechend.

§ 469. [Keine Bindung an den Strafbescheid] (1) Das Gericht ist bei der Entscheidung an die im Strafbescheide festgesetzte Strafe nicht gebunden 1 ). (2) Stellt sich heraus, daß die Tat der Strafbefugnis des Finanzamts entzogen war, so hat das Gericht, ohne in der Sache zu entscheiden, den Strafbescheid durch Beschluß aufzuheben und die Verhandlungen der Staatsanwaltschaft mitzuteilen; gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig.

§ 470. [Ersatzfreiheitsstrafe] Kann eine durch Strafbescheid festgesetzte Geldstrafe oder die Strafe des Ersatzes des Wertes nicht einziehbarer Sachen nicht beigetrieben werden, so 8) Voraussetzung der Anrufung des B F H . ist das Vorliegen einer rechtskräftigen E n t scheidung der Finanzbehörde gegenüber der Person, gegen die das Strafverfahren gerichtet ist. Anmeldung der Steuerforderung zum Konkursverfahren oder die Tabellenfestsetzung ist keine solche Entscheidung. R F H . D J Z . 3 3 (1928), 457; E. 62,101. Ferner ist Voraussetzung, daß das Gericht schlüssig Stellung nimmt zu der Frage, ob und in welcher Höhe der Steueranspruch besteht, und die Gründe darlegt, warum es von der Entscheidung der Steuerbehörde abweichen will. R F H . 7, 290. Will es aus subjektiven Gründen freisprechen, so ist für die Anrufung kein Raum. R F H . 12, 235; RG. J W . 62 (1933), 443 u. 66 (1937), 403; E. 68, 45. B G H . N J W . 1953, 872 = St. 3, 377 u. GA. 1954, 60; ebensowenig beim Mangel des Nachweises der Täterschaft. Königsberg DRZ. 25 (1933) Nr. 334 oder bei versuchter Steuerhinterziehung. RG. J W . 59 (1930), 2303. E. 65,165; nicht, wenn die Verurteilung auf Grund eines Vermutungstatbestandes ausgesprochen wird. E. 69, 195 (200); auch nicht im Verfahren gegen den Gehilfen oder Anstifter. E. 57, 216; E. 58, 41; E. 66, 298 (301); ferner nicht, wenn das Finanzamt aus offensichtlichem Rechtsirrtum abgelehnt hat, die Vorentscheidung zu treffen. E. 60, 244; oder wenn das zuständige Hauptzollamt erklärt hat, die Anwendbarkeit des § 468 scheide aus. RG. J W . 60 (1931), 2307; oder das Besteuerungsverf. solle erst nach Erledigung des Strafverfahrens durchgeführt werden. E. 60, 244; RG. J W . 66 (1937), 403. Dresden J W . 59 (1930), 1476. Stuttgart H R R . 1941 Nr. 1031. § 468 scheidet in Strafverfahren wegen Hinterziehung des Branntweinaufschlags aus. E. 68, 8. Bei Ausmessung der Strafen sind die Gerichte grundsätzlich frei, da § 396 und § 402 einen festen Strafrahmen haben, eine nicht mehr von dem verkürzten Betrage abhängige Strafe androhen. Hierfür ist das Verfahren nach § 468 nur anwendbar, wenn der Strafrichter annimmt, daß die in dem rechtskräftigen Steuerbescheide bejahte Steuerverkürzung überh a u p t zu verneinen ist, d. h. daß der Steueranspruch des Fiskus nicht besteht. E. 59, 261, oder wenn er glaubt, daß der Steueranspruch weiter geht, als er von der Steuerbehörde festgestellt ist. RG. DRZ. 17 (1925) Nr. 480. Z u § 469: 1) Der Strafbescheid h a t also, wenn es zu einer sachlichen Entscheidung des Gerichts kommt, nur die Bedeutung einerVerfahrensvoraussetzung. E r ersetzt die öffentl.Klage; im übrigen verliert er seine Bedeutung. Formfehler, insbes. Verfahrensverstöße im Bescheid sind für das Gericht bedeutungslos. E. 56, 40. Das Gericht kann die im Strafbescheid festgesetzte Strafe — wie beim Strafbefehl, § 411 Abs. 3 StPO. — über- oder unterschreiten. Erscheint ihm die im Strafbescheid festgesetzte Strafe angemessen, so erkennt das Gericht selbständig auf die entsprechende Strafe. Das Gericht darf aber den Rechtsboden, auf dem der Strafbescheid beruht, nicht verlassen. H a t z. B. das Hauptzollamt eine Strafe nach den Steuergesetzen verhängt, so darf das Gericht die Strafe nicht auf Grund von devisenrechtlichen Vorschriften aussprechen. Das gilt auch dann, wenn das Hauptzollamt im Devisenstrafverfahren nach Art. 5 I I I 2 A H K G . — B IV 8 — die gleiche Strafe h ä t t e verhängen können. BGH. LM. Nr. 9 zu § 396 RAbgO.

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B VI. Reichsabgabenordnung.

§§ 471, 172

hat das Gericht auf Antrag des Finanzamts die Strafe in Freiheitsstrafe umzuwandeln1). Das Finanzamt übersendet die Verhandlungen der Staatsanwaltschaft. Die Entscheidung steht dem Gerichte zu, das für die Eröffnung des Haupt Verfahrens zuständig gewesen wäre. Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der, gegen den die Strafe festgesetzt ist, sowie das Finanzamt zu hören. Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig.

§ 471. [Festnahme von Ausländern zur Strafvollstreckung] Beamte der Finanzämter dürfen außerhalb des Deutschen Reichs 1) wohnende Personen, von denen eine Geldstrafe nicht eingezogen werden kann, beim Antreffen im Inland festnehmen. Sie haben sie ohne Verzug der Strafvollstreckungsbehörde vorzuführen. Diese hat die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollstrecken oder, wenn eine solche noch nicht festgesetzt ist, die Entscheidung über die Umwandlung sofort herbeizuführen und die festgenommenen Personen solange in Haft zu behalten: die Haft ist auf die Freiheitsstrafe unverkürzt anzurechnen.

§ 472. [ Rechte des Finanzamts bei öffentlicher Klage. Anklagebefugnis des Finanzamts] (1) Erhebt die Staatsanwaltschaft Wegen einer Steuerzuwiderhandlung1) die öffentliche Klage 2 ), so hat das Finanzamt die Rechte eines Nebenklägers (§ 467) 3 ). (2) Lehnt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Verfolgung eines Steuervergehens ab 4 ), so kann das Finanzamt die öffentliche Klage selbst erheben. Sein Vertreter hat im weiteren Verfahren dieselbe Stellung wie die Staatsanwaltschaft im Verfahren auf öffentliche Klage. § 467 Abs. 2 gilt entsprechend. (3) Hat das Finanzamt die öffentliche Klage erhoben, so kann die Staatsanwaltschaft in jeder Lage des Verfahrens mitwirken. Sie bewirkt die Ladungen zur Hauptverhandlung und muß darin vertreten sein. Die Entscheidungen sind ihr bekanntzugeben. Bis zur Rechtskraft des Urteils kann sie die Verfolgung übernehmen; legt sie ein Rechtsmittel ein, so übernimmt die die Verfolgung. Das Verfahren wird in der Lage fortgesetzt, in der es sich befindet. Das Finanzamt hat die Rechte eines Nebenklägers (§ 467). (4) Die Vorschrift des § 468 gilt auch in den Fällen dieses Paragraphen. Z u § 4 7 0 : 1) Bei der Umwandlung der Geldstrafe handelt es sich um eine Hilfstätigkeit des Gerichts. Die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ist Sache der ordentlichen Strafvollstreckungsbehörde, und zwar des Amtsrichters. E r , nicht das Finanzamt kann die Vollstreckung der von ihm festgesetzten Ersatzstrafe gemäß § 29 Abs. 6 StGB., aussetzen. L G . Kassel N J W . 1954, 3 2 5 ; ebenso Kohlhaas J R . 1954, 2 5 7 ; a.M. LG. Marburg N J W . 1954, 523. I m Falle des § 202 vollstreckt dagegen die StA. AV. v. 9. 2. 1935 ( D J . S. 202). Die Kosten der Vollstreckung hat das Land (Bund) oder die Gemeinde zu erstatten. Zu § 4 7 1 : 1) Dafür ist zu setzen: des räumlichen Geltungsbereichs des Gesetzes. Z u § 4 7 2 : 1) Dazu gehört auch eine Verletzung der Steuergeheimnisse (§ 412). RG. J W. 61 (1932), 1470. 2) Die Klage wegen Steuerzuwiderhandlung ist erhoben, wenn der geschichtliche Vorgang, den der Eröff.beschl. zur Entscheidung gestellt hat, den Gesichtspunkt der Steuerzuw. umfaßt, einerlei, ob der Beschluß ihn ausdrücklich geltend macht oder nicht. E . 70, 396. 3) Siehe Anm. 2 zu § 467. § 472 gilt nicht im Verf. gegen Jugendliche (§ 80 Abs. 3 J G G . ) . 4) Nicht im Falle des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO. Gutacht, des KG. J R . 1, 1167. Die Rechte des Finanzamts als Nebenkläger sind auf die Verfolgung wegen der Steuerzuw. beschränkt, wenn mit dieser eine andere, ein Steuergesetz nicht verletzende Handlung zusammentrifft. RG. Recht 31 Nr. 1086; E . 61, 349.

B VI. Reichsabgabenordnung. §§ 473—177

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§ 473. [Verfahren gegen Abwesende]1) (1) Ist der Angeklagte in den Fällen des § 472 flüchtig (§ 276 Abs. 2 der Strafprozeßordnung), so können gegen ihn die Hauptverhandlung durchgeführt, das Urteil vollstreckt und Beschlagnahmen (§§ 283 und 284 der Strafprozeßordnung) angeordnet und vollzogen werden, auch wenn die Voraussetzungen des des § 277 Abs. 2 und 3 der Strafprozeßordnung nicht gegeben sind 2 ). (2) Von der Anwendung der Vorschriften des § 280 Abs. 1, 3 und 4, des § 281 und des § 282a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung kann abgesehen werden. (3) Die Hauptverhandlung gegen einen Abwesenden findet nicht nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft (§ 277 Abs. 1 der Strafprozeßordnung), sondern auch auf Antrag des Finanzamts statt. (4) Zur öffentlichen Bekanntmachung des Urteils (§ 282a Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung) ist nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern auch das Finanzamt berechtigt.

§ 474. [Mitwirkung des Finanzamts bei der Vollstreckung] (1) Wenn jemand als Nebenbeteiligter für die Geldstrafe haftet, ist eine Ersatzfreiheitsstrafe nur zu vollstrecken 1 ), nachdem das Finanzamt gehört worden ist und soweit es die Vollstreckung beantragt. (2) Hat das Gericht erkannt, daß die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten bekanntzumachen sei, so bestimmt das Finanzamt die Art der Bekanntmachung 2 ).

§ 475. [Kosten der Beteiligung des Finanzamts] (1) Wenn das Gericht auf Strafe oder Haftung oder gegen den Beschuldigten auf Einziehung erkennt, so gehören zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens auch diejenigen Auslagen, die einer Finanzbehörde bei der Untersuchung, bei der Entscheidung und bei der Teilnahme am gerichtlichen Verfahren entstanden sind 1 ). (2) Die Pflicht zur Erstattung dieser Auslagen bestimmt sich nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung. Die Auslagen werden ebenso wie Gerichtskosten festgesetzt, erhoben und beigetrieben.

§ 476. [Übertragung der Befugnisse des Finanzamts] Das Landesfinanzamt kann die Befugnisse, die den Finanzämtern im gerichtlichen Verfahren zustehen, anderen Behörden oder bestimmten Beamten übertragen. Vierter Unterabschnitt Niederschlagung

§ 477 (1) Der Reichsminister der Finanzen ist befugt, von der Einleitung oder Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und im VerwaltungsstrafverZu § 473: 1) § 473 RAbgO. ist durch die Änderung der §§ 276 ff. StPO. nicht gegenstandslos geworden. E r gilt — unter Anwendung der jetzigen Fassung dieser Vorschriften — für „abwesende" Beschuldigte im Sinne des § 276 Abs. 1 StPO. n . F . BGH. N J W . 19S3, 1641 = LM. Nr. 1. 2) Auch wenn mit dem Steuervergehen eine andere Straftat tateinheitlich zusammentrifft, für welche das Finanzamt nicht zuständig ist. E. 61, 89. Zu § 474: 1) Nämlich gegen den Täter (vgl. Anm. 2 zu § 417). 2) Daher hat im Urteil die Benennung einer bestimmten Zeitung zu unterbleiben. RG. J W . 1934, 961.

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B VII 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 1

fahren erkannte Strafen zu erlassen; im übrigen steht das Recht der Begnadigung den Regierungen der Länder zu. Der Reichsminister der Finanzen kann die ihm zustehenden Befugnisse auf die ihm unterstellten Finanzbehörden übertragen. (2) Die Finanzämter sind befugt, von der Einleitung oder Durchführung einer Untersuchung abzusehen, wenn Steuerhinterziehung, Bannbruch oder Steuerhehlerei1) nicht in Frage kommt und das Verschulden des Täters geringfügig ist.

VII. Lebensmittelrecht B VII1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittelgesetz)*) Vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 134) in der Fassung vom 17. Januar 1936 (RGBl. I S. 17) nebst Änderung vom 14. August 1943 (RGBl. I S. 488)

§ 1. [Begriff des Lebensmittels] 1

(1) Lebensmittel ) im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem oder zubereitetem oder verarbeitetem Zustand Z u § 475: 1) Vgl. Richtlinien für das Strafverfahren 1953 Nr. 303. Z u B V I I 1 : *) V o r b e m e r k u n g . Das Gesetz ist an die Stelle des Gesetzes betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen v. 14. 5. 1879 (RGBl. S. 145) getreten. Zahlreiche Entscheidungen, die zu diesem Gesetz ergangen sind, kommen noch f ü r das Lebensmittelgesetz in Betracht. Sie sind bei den §§ 3,4,12 und 13 angeführt. Richtlinien für einheitliche Durchführung: Erl. v. 10. 8.1934 (MBliV. S. 1085) und v. 28.3.1936 (RMBliV. S. 489); Bek. d. BMdlnnern und des BMfELuF. (GMB1. S. 19) zum LMG. und zur VO. über die äußere Kennzeichnung von Lebensmitteln; BayBek. über die Durchf. des LMG. v. 16.3.1950 (GVB1. S. 82). S c h r i f t t u m : Stenglein, Nebengesetze Bd. I S. 709a; Erg.-Bd. S. 324; Holthöfer-Juckenack, Komm. 3. Aufl. besorgt v. Holthöfer und Nüse 1948—1953; Evermann, Lebensmittelgesetz. RiStV. 1953 Nr. 287. Daneben gelten folgende Gesetze: Weingesetz s. unter B VII 3, Süßstoffgesetz v. 1. 2. 1939 (RGBl. I S. 111); hierzu VO. über den Verkehr mit Süßstoff v. 27. 2. 1939 (RGBl. I S. 336). — Gesetz über den Verkehr mit Absinth v. 23. 4. 1923 (RGBl. I S. 257). — Milchgesetz s. unter B V I I 2. — Butterverordnung v. 2. 6. 1951 (B.-Anz. Nr. 110), (Berlin GVB1. 1952 S. 490), Strafbestimmung § 22. — Käseverordnung v. 2. 6. 1951 (B.-Anz. Nr. 110), Strafbest. § 26 (Berlin GVB1. 1952, 497). — Gesetz betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln v. 15. 6. 1897 (RGBl. S. 475), geändert durch Ges. v. 5. 7. 1927 (RGBl. I S. 134) (Margarinegesetz), Strafbest. §§ 14ff.; ferner VO. über den Verkehr mit Erzeugnissen der Margarinefabrikation und Ölmühlen v. 13. 4. 1933 (RGBl. I S. 201), v. 1. 5. 1933 (RGBl. I S. 259). Bekanntmachung über fetthaltige Zubereitungen v. 26. 6. 1916 (RGBl. S. 589) i. F. v. 28. 4. 1921 (RGBl. S. 501) und v. 22. 5. 1933 (RGBl. I S. 288), vgl. § 5 Anm. 3. — EierVO. v. 17. 3. 1932 (RGBl. I S. 146), mehrfach geändert, zuletzt durch VO. v. 19.4. 1952 (Minbl. E L F . Nr. 49 S. 46), in Berlin durch Ges. v. 27. 3. u. 2.11.1952 (GVB1. S. 242 u. 1021). — Fleischbeschaugesetz v. 29. 10. 1940 (RGBl. I S. 1463); Strafbestimmung §§ 26ff„ DVO. v. 1. 11. 1940 (RMB1. S. 289, 492; 1941, S. 9; Gesetz über den Verkehr mit Vieh und Fleisch (Vieh- und Fleischgesetz) v. 25. 4. 1951 (BGBl. I S. 272), Berlin (GVB1. 1952 S. 509), Strafbest. § 28. — Gesetz über die Verwendung salpetrigsaurer Salze im Lebensmittelverkehr {Nitritgesetz) v. 19. 6. 1934 (RGBl. I S. 513), Strafbestimmung § 7. — Zuckergesetz v. 5. 1. 1951 (BGBl. I S. 47) i. F. des Änderungsges. v. 3. 10. 1951 (BGBl. I S. 852). VO. über Honig und über Kunsthonig v. 21. 3. 1930 (RGBl. I S. 101, 102). — Getreidegesetz v. 24. 11. 1951 (BGBl. I S. 900), Berlin GVB1. 1952, 477. Futtermittelgesetz v. 22. 12. 1926 (RGBl. I S. 525) nebst AusfVO. v. 21. 7. 1927 (RGBl. S. 225)

B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 2

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von Menschen gegessen oder getrunken zu werden, soweit sie nicht überwiegend2) zur Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. (2) Den Lebensmitteln stehen gleich: Tabak, tabakhaltige und tabakähnliche Erzeugnisse, die zum Rauchen, Kauen oder Schnupfen bestimmt sind3).

§ 2. [Begriff des Bedarfsgegenstandes] Bedarfsgegenstände im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Eß-, Trink-, Kochgeschirr und andere Gegenstände, die dazu bestimmt sind1), bei der Gewinnung, Herstellung, Zubereitung, Abmessung, Auswägung, Verpackung, Aufbewahrung, Beförderung oder dem Genüsse von Lebensmitteln verwendet zu werden und dabei mit diesen in unmittelbare Berührung zu kommen; 2. Mittel2) zur Reinigung, Pflege, Färbung oder Verschönerung der Haut, des Haares, der Nägel oder der Mundhöhle; 3. Bekleidungsgegenstände3), Spielwaren4), Tapeten6), Masken6), Kerzen, künstliche Pflanzen und Pflanzenteile; 4. Petroleum 7 ); u n d Nr. 289 RiStV. 1953. — Gesetz betr. die Verwendung gesundheitsschädlicher F a r b e n bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genußmitteln u n d Gebrauchsgegenständen v. 5. 7. 1887 (RGBl. S. 277). Z u § 1: 1) Lebensmittel ist jeder Stoff, der seiner G a t t u n g u n d A r t n a c h allgemein oder in bestimmten Bevölkerungskreisen dazu b e s t i m m t ist, gegessen oder getrunken zu w e r d e n ; der Eigenschaft des Stoffes als Lebensmittel steht nicht entgegen, d a ß er im Einzelfall nicht f ü r die menschliche E r n ä h r u n g bestimmt ist. E. 73, 83. Dazu gehören auch die zu Lebensmitteln verarbeiteten Rohstoffe, z. B. Getreide, lebendes Schlachtvieh, Gewürze, Hefe. Auch Muster können Lebensmittel sein. K G . H R R . 1931 Nr. 1507. Ob ein Stoff Lebensmittel ist, richtet sich nicht nach seiner Bezeichnung, sondern nach der Zweckbestimmung, die ihm allgemein oder von einem nicht begrenzten Personenkreis gegeben wird, Oldenburg N d s R p f l . 1953, 168. 2) Damit fallen solche Lebensmittel, die wie Wein oder Branntwein gelegentlich auch als Heilmittel Verwendung finden, ebenso unter das Gesetz wie bloße Vorbeugungsmittel, zu denen m a n auch manche Nährmittel rechnen k ö n n t e ; nicht aber solche Stoffe, die, an sich Arzneimittel, doch von manchen k r a n k h a f t veranlagten Menschen als Genußmittel genommen werden, wie z. B. Morphium, Kokain, Äther (Begründung). Vgl. Kaiserl. VO. v. 22. 10. 1901 b e t r . den Verkehr m i t Arzneimitteln, Anm. 9 zu § 367 Nr. 3 S t G B . 3) T a b a k ä h n l . Erzeugnisse sind Erzeugnisse aus anderen pflanzl. Bestandteilen als aus T a b a k b l ä t t e r n (z. B. Kirschbaumblätter), die nach A r t von T a b a k b l ä t t e r n zum Rauchen usw. zubereitet sind. K a u g u m m i , d a nicht tabakähnlich, gehört nicht hierher u n d fällt auch nicht u n t e r Abs. 1. Z u § 2 : 1) Diese B e s t i m m u n g haben diese Gegenstände, z. B. Trinkbecher, auch d a n n , wenn sie zu anderen Zwecken verwendet werden können u n d sollen. Die Bestimmung h a b e n nicht z. B. Waschkessel, wenn sie mißbräuchlich verwendet werden. Die Bestimmung erhalten z. B. Packpapier, Kisten, Eimer erst mit der besonderen W i d m u n g , z. B. durch Ankündigung. Weinkühler fallen nicht u n t e r Nr. 1. Holthöfer A n m . l d Abs. 2. 2) Kosmetische Mittel sind z. B. Rasierseifen, Hautcremes, Haarwässer, Mundwässer, Zahnpulver, Lippenfarbstifte, Puder, Hühneraugenmittel, apothekenfreie Sommersprossensalbe (E. 64, 410) u n d dergleichen, dagegen nicht kosmetische Geräte wie Schwämme, Bürsten, K ä m m e , Pinsel, Puderquasten, H a a r n e t z e , Scheren, Messer, Feilen. 3) Hierzu gehören auch Wäsche, K r a w a t t e n , H ü t e , Haarnetze, H a n d t ü c h e r , Pelze, nicht aber falsche Zöpfe, Perücken, Haarunterlagen, Schmuckstücke, Matratzen. 4) wie z. B. Bilderbücher, Malkästen. 5) W a n d - u n d Deckenbekleidungen aus Papier, Gewebe oder Leder. 6) Gesichtsverkleidungen einschl. falscher Bärte. 7) Petroleum u m f a ß t nicht bloß das rohe Petroleum (Erdöl), sondern auch alle durch Destillation aus letzterem gewonnenen Produkte, Benzin, N a p h t h a , Leuchtpetroleum. Dazu Kaiserl. VO. v. 24. 2. 1882 (RGBl. S. 40).

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B V I I 1. Gesetz über der Verkehr mit L e b e n s m i t t e l n usw. § 3

5. Farben8), soweit sie nicht zu den Lebensmitteln gehören9); 6. andere Gegenstände, welche der Reichsminister des I n n e r n bezeichnet. § 3. [Gesundheitsschädigende Lebensmittel] Es ist verboten, 1. a) Lebensmittel für andere1) derart2) zu gewinnen, herzustellen, zuzubereiten, zu verpacken, aufzubewahren3) oder zu befördern, daß ihr Genuß die menschliche Gesundheit zu schädigen4) geeignet ist 6 ); 8) Gesetz betr. Verwendung gesundheitsschädlicher F a r b e n v. 5. 7. 1887 (RGBl. S. 277) n e b s t R d E r l . v. 30. 8. 1935 (MBliV. S. 1097), v. 17. 10. 1939 (MBliV. S. 2186). Gesundheitsschädliche F a r b e n sind F a r b s t o f f e u n d F a r b z u b e r e i t u n g e n , die Antimon, Arsen, B a r y u m , Blei, K a d m i u m , Chrom, K u p f e r , Quecksilber, U r a n , Zink, Zinn, G u m m i g u t t i oder Korallin e n t h a l t e n . Wichtig ist in diesem Z u s a m m e n h a n g § 15 der (Gift)polizeiverordnung über den H a n d e l mit Giften v. 11. 1. 1938. „ E s ist verboten, Gifte inTrink- oder Kochgefäßen oder in solchen Flaschen oder K r ü g e n abzugeben, deren F o r m oder Bezeichnung die G e f a h r einer Verwechslung des I n h a l t s m i t N a h r u n g s - oder G e n u ß m i t t e l n h e r b e i z u f ü h r e n geeignet i s t " . 9) Die F a r b e n sind übrigens in § 3 Nr. 2 a a u s g e n o m m e n . Soweit sie zu den Lebensmitteln gehören (Konditor-, B u t t e r - , Eierfarben), sind sie allen f ü r Lebensmittel geltenden Vorschriften unterworfen. Z u § 3 : 1 ) „ F ü r a n d e r e " bedeutet, d a ß die Herstellung usw. nicht bloß im gewerbl. Verkehr oder gegen E n t g e l t , sondern auch innerhalb einer Genossenschaft f ü r die Mitglieder oder im H a u s h a l t f ü r Familienangehörige oder H a u s a n g e s t e l l t e erfolgt. Holthöfer A n m . 6. 2) „ d e r a r t " b e d e u t e t die Gewinnung des LM. von der Art, d a ß es geeignet ist, die Gesundheit zu schädigen. R G . J W . 62 (1933), 2594. 3) Dies gilt a u c h f ü r den Fall, d a ß j e m a n d in seinem Geschäft W a r e n f ü r a n d e r e a u f b e w a h r t . Dresden J W . 61 (1932), 2458. A u f b e w a h r e n h e i ß t unterbringen. E . 56, 297. 4) Die Gesundheitsschädlichkeit m u ß schon in d e m Stoffe liegen u n d darf nicht erst d u r c h falsche B e h a n d l u n g hervorgerufen sein. Der bloße E k e l vor d e m Genuß b e d i n g t noch keine Gesundheitsschädlichkeit. E . 6, 257, E . 74, 28; denn die Gesundheitsschädlichkeit ist eine o b j e k t i v e Eigenschaft. Vgl. a u c h E . 18, 135. Schädigung der Gesundheit b e d e u t e t nicht n u r einen Z u s t a n d , der ärztlicherseits als K r a n k h e i t bezeichnet wird, sondern jede, auch n u r vorübergehende B e e i n t r ä c h t i g u n g der Gesundheit, so Durchfall u n d Brechreiz, E . 74, 28, Ohnmächtigwerden, E . 53, 210, S t ö r u n g des N e r v e n s y s t e m s d u r c h Schlaflosigkeit. Sie ist schon d a n n v o r h a n d e n , wenn zur Zeit, wo das N a h r u n g s m i t t e l (Lebensmittel) in den Verkehr gelangt, d u r c h die derzeitige Beschaffenheit die G e f a h r der Gesundheitsbeschädigung b e g r ü n d e t wird. E . 4 4 , 9 4 . Die hier vorausgesetzte Gefahr f ü r die Gesundheit ist n i c h t bloß d a n n v o r h a n d e n , wenn sie schon d u r c h einen einmaligen u n d in geringer Menge erfolgten Genuß hervorgerufen wird, sondern auch d a n n , wenn erst ein mehrmaliger Genuß in größeren Mengen schädlich wirkt. E . 2 , 1 7 7 . Sogar d a n n , wenn erst der fortgesetzte G e b r a u c h zur Schädigung f ü h r e n k ö n n t e . E . 3 9 , 90. I n der Regel k o m m t es auf den Genuß m e n g e n m ä ß i g normaler, nicht e t w a im Ü b e r m a ß v e r z e h r t e r Lebensmittel a n . Siehe auch R G . GA. 60, 267. Der T a t b e s t a n d des Vergehens liegt n u r d a n n vor, wenn die v e r k a u f t e W a r e d u r c h Abweichung v o n der n a t ü r l i c h e n oder regelmäßigen Beschaffenheit der G a t t u n g v o n W a r e n , der sie n a c h E r k l ä r u n g des Verkäufers a n g e h ö r t e , f ü r die Allgemeinheit oder den Personenkreis gesundheitsschädlich geworden war, f ü r deren Gebrauch sie herkömmlich oder n a c h ihrer Bezeichnung b e s t i m m t war. E . 31, 299. Die S t r a f b a r k e i t wird d a d u r c h n i c h t ausgeschlossen, d a ß d u r c h die gewöhnliche A r t der Zubereitung, z. B . d u r c h Kochen, die Gesundheitsschädlichkeit aufgehoben wird. R . 6, 157. Dagegen ist d a s Feilhalten v o n rohem, n u r in gekochtem Z u s t a n d e z u m Genuß geeigneten O b s t , insbesondere w e n n der Verkauf n u r z u m Zwecke des Kochens s t a t t f i n d e t , nicht f ü r s t r a f b a r e r a c h t e t . R . 3, 373; wohl aber der Verkauf v o n Methylalkohol zur H e r s t e l l u n g von T r i n k b r a n n t w e i n . R G . R e c h t 32 N r . 971. Ob das Fleisch eines e r k r a n k t e n u n d geschlachteten Tieres als gesundheitsgefährlich anzusehen ist, ist im wesentlichen T a t f r a g e . D a s Merkmal der Gesundheitsschädlichkeit m u ß im Einzelfalle tatsächlich nachgewiesen sein; die bloße Feststellung einer z. B . unterlassenen Fleischbeschau ist noch kein solcher Nachweis. E . 69, 281. Gesundheitsschädlich ist z. B. fertiges Speiseeis m i t einer Keimzahl von m e h r als 3 0 0 0 0 0 im ccm. R d E r l . d. Hess. M d l n n e r n v. 1 . 4 . 1950, H e s s . S t a a t s a n z . S. 143.

B VII 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 3

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b) Gegenstände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu schädigen geeignet ist, als Lebensmittel anzubieten 6 ), zum Verkaufe vorrätig zu halten 7 ), feilzuhalten8), zu verkaufen9) oder sonst in den Verkehr zu bringen10) ; 2. a) Bedarfsgegenstände der im § 2 Nr. 1 bis 4, 6 bezeichneten Art so herzustellen oder zu verpacken, daß sie bei bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauche11) die menschliche Gesundheit durch ihreBestandteile12) oder Verunreinigungen13) zu schädigen geeignet sind; 5) Die Eignung, die menschliche Gesundheit zu schädigen, ist d a n n a n z u n e h m e n , wenn das Lebensmittel b e s t i m m t feststellbare Eigenschaften aufweist, infolge deren der Genuß auf die normale menschliche Gesundheit — ohne Rücksicht auf besondere individuelle Eigenschaften — regelmäßig schädlich wirkt. E . 69, 281. 6) Der A n b i e t e n d e b r a u c h t die Sache nicht in seinem Verfügungsbereich zu h a b e n ; das Angebot b r a u c h t sich nicht auf eine körperlich b e s t i m m t e Sache zu beziehen. Stenglein, Nebengesetze A n m . 12. S. auch A n m . 3 zu § 333 S t G B . Anbieten ist Andienen, die E r k l ä r u n g der Lieferungsbereitschaft u n d b e t r i f f t eine gegenwärtige Leistung. 7) Vorrätig h a l t e n heißt besitzen zum Verkaufen. E i n e Mehrheit von Stücken ist nicht erforderlich. E . 42, 210. Einlagern fällt nicht d a r u n t e r . 8) Unter Feilhalten ist das Bereithalten und Zugänglichmachen von W a r e n zum Verkauf an das P u b l i k u m zu verstehen, ein Anpreisen oder Zurschaustellen ist nicht nötig. R . 4, 137; R . 8, 671; E . 42, 22 u n d 179. Zum Feilhalten gehört, d a ß der T ä t e r die Sachen in Verkaufsabsicht in seinem Verfügungsbereich h a t und d a d u r c h zum künftigen K ä u f e r eine gewisse Beziehung hergestellt ist. E i n e seit J a h r e n völlig vergessene Sache wird nicht feilgehalten. R G . D S t R . 1939, 185. F ü r wessen R e c h n u n g das Feilhalten geschieht, ist gleich. Düsseldorf D R Z . 27 (1935) Nr. 378. Feilhalten setzt nicht voraus, d a ß die W a r e dem P u b l i k u m im allgemeinen angeboten wird, es genügt ein Feilhalten einem engbegrenzten Kreise von Personen gegenüber. E . 14, 434. B a y O b L G . D R Z . 26 (1934) Nr. 129. E . 40, 150. 9) U n t e r V e r k a u f e n ist nicht n u r der schuldrechtliche Vertrag, sondern auch dessen Abwickelung, insbesondere Übergabe (der Lebensmittel) zu verstehen, die durch Lade- u n d Lagerscheine und A b t r e t u n g des H e r a u s g a b e a n s p r u c h s n a c h § 931 B G B . erfolgen k a n n . Die Vorschrift findet nicht n u r auf die V e r ä u ß e r u n g gesundheitsschädlicher Gegenstände an das konsumierende P u b l i k u m u n m i t t e l b a r , sondern auch auf die V e r ä u ß e r u n g an Zwischenhändler u n d W i e d e r v e r k ä u f e r A n w e n d u n g . R. 7, 351. Vgl. E . 31, 72. Kein Verkauf ist die E n t n a h m e d u r c h den Ü b e r w a c h u n g s b e a m t e n . K G . Recht 32 Nr. 2208; sie ist aber ein Inverkehrbringen (vgl. Anm. 4 zu § 6). 10) U n t e r d e m ,,in Verkehr b r i n g e n " ist jedes Überlassen, sei es gegen, sei es ohne E n t gelt, u n d deshalb a u c h das Schenken zu verstehen. E . 3, 119. Der Begriff ist möglichst weit zu fassen. B a y O b L G . J W . 60 (1931), 1972. E s genügt jede Verursachung eines Wechsels der Verfügungsgewalt. E . 62, 389; K G . J W . 60 (1931)', 1980. E i n Gewahrsam des T ä t e r s ist nicht erforderlich. B a y O b L G . H R R . 1930 Nr. 479. Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn eine nicht zurückgenommene W a r e weiter im Verkehr belassen wird, R G . GA. 62, 489, z. B. bei Weigerung des Verkäufers, die Sache zurückzunehmen. R G . GA. 62, 489. Der T a t b e s t a n d des „in Verkehr b r i n g e n " wird d a d u r c h nicht ausgeschlossen, d a ß die Überlassung der gesundheitsgefährlichen N a h r u n g s m i t t e l n u r a n Familienangehörige u n d Bedienstete des A. erfolgt ist. R . 4, 488; E . 7, 151 u n d 412; oder a n Mitglieder eines Konsumvereins. H a m b u r g H R R . 1930 Nr. 688. E i n e Mehrheit von A b n e h m e r n wird nicht vorausgesetzt. E . 3, 119. Auch der Verkauf lebenden e r k r a n k t e n Viehes k a n n als I n v e r k e h r b r i n g e n gesundheitsschädlichen Fleisches angesehen werden, zumal wenn der Verkäufer weiß, d a ß das Fleisch als N a h r u n g s m i t t e l (Lebensmittel) Verwendung finden soll. E . 23, 242. D a s ,,in Verkehr b r i n g e n " gesundheitsschädlicher N a h r u n g s m i t t e l (Lebensmittel) wird d a d u r c h nicht straflos, d a ß es in E r f ü l l u n g zivilrechtlicher Verpflichtungen oder infolge von Berechtigungen geschieht (z. B . in A u s ü b u n g des R e c h t s der W a n d l u n g ) . R . 9, 461 u n d E . 16, 191. Auch derjenige m a c h t sich s t r a f b a r , welcher das zum Schlachten g e k a u f t e u n d d e m n ä c h s t k r a n k b e f u n d e n e Vieh d e m Verkäufer zurückgibt in d e m Bewußtsein, d a ß der letztere das gesundheitsgefährliche Fleisch anderweit als N a h r u n g s m i t t e l verwenden oder v e r ä u ß e r n werde. R G . GA. 38, 426; desgl. der, welcher f ü r minderwertig erklärtes Fleisch v e r s p ä t e t als Hackfleisch a b g i b t . R G . D R Z . 2 3 (1931) Nr. 383. Schon die Lieferung in gekennzeichneten P a c k u n g e n a n den W i e d e r v e r k ä u f e r b e d e u t e t Inverkehrbringen, K G . J F G . E r g . 16, 147. 11) Der Gebrauch m u ß e r f a h r u n g s g e m ä ß so h ä u f i g v o r k o m m e n , d a ß m i t ihm gerechnet werden m u ß ; vgl. E . 37, 276. G e d a c h t ist namentlich an Spielwaren, Trinkgefäße. 12) D. i. infolge ihrer stofflichen Zusammensetzung, nicht ihrer äußeren F o r m .

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B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 4

b) so hergestellte oder verpackte Bedarfsgegenstände dieser Art anzubieten6), zum Verkaufe vorrätig zu halten7), feilzuhalten8), zu verkaufen9) oder sonst in den Verkehr zu bringen10). § 4. [Lebensmittelfälschung. Irreführende Angaben] Es ist verboten, 1. zum Zwecke der Täuschung1) im Handel und Verkehr2) Lebensmittel nachzumachen3) oder zu verfälschen4); 13) Verunreinigung gegenstandes.

der an sich stofflich unschädlichen

Bestandteile des Bedarfs-

Zu § 4 : 1) Zum Zwecke der Täuschung handelt, wer in der Absicht nachmacht, über die Beschaffenheit des Lebensmittels im Falle des Inverkehrbringens einen Irrtum bei den Abnehmern zu erregen (vgl. dazu Anm. 2 zu § 267 StGB.). Das bloße Bewußtsein des Täters, daß eine Täuschung erfolgen werde, genügt nicht. R G . GA. 51, 358. KG. Recht 31 Nr. 775. Jedoch braucht die Täuschungsabsicht nicht der einzige Zweck zu sein. Stenglein Anm. 16. Fahrlässiger Verstoß ist begrifflich ausgeschlossen (§ 11 Abs. 5), eventuell aber Ziff. 2. Der Zweck der Täuschung wird vom Fabrikanten nicht bloß verfolgt, wenn der unmittelbare Abnehmer über die wahre Beschaffenheit des Nahrungs- oder Genußmittels in Unkenntnis gelassen werden soll, sondern auch dann, wenn beabsichtigt wird, trotz einer Aufklärung des unmittelbaren Abnehmers das von diesem mittelbar oder unmittelbar erwerbende Publikum zu täuschen. E . 3, 274. 2) Im Handel und Verkehr heißt: bei Zugänglichmachung für die Allgemeinheit, nicht nur für den eigenen Haushalt oder private Geselligkeit. Holthöfer Anm. 20c. Die Täuschungsabsicht braucht nicht auf Irrefühgung bestimmter Personen gerichtet zu sein; es genügt z. B . die Absicht des Erzeugers, verfälschte Milch an eine Molkerei zu liefern, deren Abnehmer über die Qualität getäuscht werden. KG. D J Z . 1931, 963. 3) N a c h m a c h e n bedeutet Anfertigung einer Ware, welche den Anschein hat, etwas anderes zu sein, als sie in der Tat ist, während V e r f ä l s c h u n g voraussetzt, daß der Gegenstand im wesentlichen das ist, als was er im Verkehr benutzt wird, daß er aber durch eine Änderung eine schlechtere Beschaffenheit erhalten hat. Beide Tätigkeiten lassen sich aber streng begrifflich nicht auseinanderhalten, weil beiden Begriffen ein gemeinsames Grenzgebiet zufällt. RG. GA. 42, 68; R . 8, 660. E. 14, 428. E. 21, 439. E . 31, 75. Unter Nachmachen ist die Herstellung eines Erzeugnisses zu verstehen, das einem bekannten Lebensmittel in der äußeren Erscheinung ähnelt, aber nach Wesen und Gehalt nicht gleichwertig ist. Dresden J W . 60 (1931), 1613. KG. Recht 31 Nr. 775; KG. J F G E r g . 17, 206. Falschetikettierung ist keine Nachahmung, sondern Falschbezeichnung. RG. H R R . 1929 Nr. 277. A. M. BayObLG. DRZ. 25 (1933) Nr. 712. Beispiele für Nachmachen: Vermischung verschiedener Sorten derselben Gattung eines Lebensmittels (Verschneiden von Starkbier mit Einfachbier zur Herstellung von Vollbier). BayObLG. 1922, 45; Herstellung von Wurst aus dem Fleisch eines krepierten Hundes (sowohl Nachmachen als Verfälschen). E . 21, 437. Ein Likör ist nachgemacht, wenn er nicht die Eigenschaft hat, die das Publikum bei dem echten voraussetzt. RG. D J Z . 17 (1912), 515. Fruchtlimonaden können durch künstlich chemische Produkte nachgemacht werden. R G . GA. 53, 282. Auch Ersatznahrungsmittel können nachgemacht werden. R G . GA. 64, 358. 4) Eine V e r f ä l s c h u n g liegt dann vor, wenn an der normalen stofflichen Zusammensetzung eine Veränderung eingetreten ist, durch die das Genußmittel einen seinem wahren Wesen nicht entsprechenden Schein erhält, sei es, daß es mittels Entnehmens oder Zusetzens von Stoffen verschlechtert, sei es, daß ihm der Schein einer besseren als seiner wirklichen Beschaffenheit verliehen würde. E . 14, 429; E . 60, 49; E. 71, 308; KG. H R R . 1938 Nr. 641. Die Frage, ob ein Nahrungsmittel einwandfrei ist, darf nicht nur vom physiologisch-chemischen Standpunkt aus betrachtet werden; es ist von der Beschaffenheit auszugehen, die der Abnehmer nach Treu und Glauben zu erwarten berechtigt ist, im Zweifel entscheidet die Verkehrsauffassung. E. 63, 60; KG. H R R . 1938 Nr. 641. Dasselbe Nahrungsmittel (Lebensmittel) kann je nach der Verschiedenheit seiner örtlichen Bestimmung für eines von mehreren Absatzgebieten als normal, für ein anderes als gefälscht angesehen werden. E . 31, 72; E . 46, 63. Für die Beurteilung einer normalen Beschaffenheit eines Erzeugnisses ist von wesentlicher Bedeutung, Welchem Gebrauchszweck die Ware im Verkehr dienen soll und welche Anforderungen aD ihre Tauglichkeit hierfür vom Publikum gestellt werden. E . 41, 435. E . 77, 345 (Brot).

B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 4

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Der Tatbestand der Verfälschung wird bei Zusatz eines geringwertigen zu einem höherwertigen Stoff nicht dadurch ausgeschlossen, daß der geringwertige unschädlich und im reellen Handel als Nahrungsmittel vorkommend ist (Vermischung von Weizen- und Maisgrieß). E . 3, 234. Auch ein aus einer Vermischung bekannter Bestandteile bestehendes Nahrungsmittel, das unter einem diese Vermischung kennzeichnenden Namen auftritt, kann durch Verwendung eines von seiner normalen Beschaffenheit abweichenden Bestandteils verfälscht werden. E . 40, 148. Überhaupt steht, wenn die Vorstellung von einer Ware mit bestimmten Eigenschaften erweckt wird, diese einer wirklichen Ware, die nachgeahmt werden kann, gleich. E . 50, 346. Ein an sich unschädliches Färben der Ware, wenn der Abnehmer dadurch nicht über die Beschaffenheit der Ware getäuscht oder die letztere selbst nicht verändert wird, stellt keine Fälschung dar. E . 6, 51; R G . D J Z . 5 (1900), 443; aber dann, wen» dem Stoffe durch Färben ein besseres Aussehen gegeben wird. R . 4, 175, z. B . beim Färben des Hackfleisches durch Präservesalz. R G . D J Z . 8 (1903), 404, oder Behandlung der in Fäulnis übergegangenen Häute von Schlachtschweinen durch Kalk. R G . Recht 24 Nr. 2982, oder Färben von Konserven mittels Teerfarbe. E . 48, 351. Die Verfälschung kann auch durch Unterlassung begangen werden, z. B . durch nicht genügende Auslese. Hamburg GA. 60, 319. Anders also als bei Ziff. 3, während bei Ziff. 2 Unterlassen ebenfalls genügt. K G . H R R . 1938 Nr. 641. Ziff. 1, 2 richten sich gegen Fälschungen, Ziff. 3 gegen irreführende Bezeichnungen, vgl. näher R G . J W . 35 (1906), 3224. — Über die strafrechtliche Behandlung von gleichzeitigen Verstößen gegen Ziff. 1, 2 und 3 siehe Anm. 1 zu § 12. I m einzelnen sind folgende Entscheidungen bemerkenswert: 1. Ein Erzeugnis von A p f e l a b f ä l l e n unter Zusatz von Rübenzucker und Kartoffelstärkesyrup als feinstes Apfelgelee ist Fälschung. E . 24, 240. Vgl. dazu E . 29, 258 über Verwendung von Stärkesyrup bei dem Einmachen von Früchten. 2. B i e r f ä l s c h u n g : a. In B a y e r n darf das Bier nur aus Hopfen und Malz gebraut werden. Jede andere Zutat, z. B . von Süßholz, ist als Verfälschung anzusehen. E . 7, 314. Ebenso R . 6, 819. Dasselbe gilt von der Bereitung des Bayerischen Weißbiers. E . 10, 266. b. In dem Zusatz von nicht reinem Traubenzucker zum Biere kann eine Verfälschung liegen. R . 6, 170. Zusatz von Bierfarbe ist Fälschung. R . 7, 203 und 374. c. Klärungsmittel, welche keinen Einfluß auf die Substanz und die Zusammensetzung des Bieres äußern und dessen Beschaffenheit und Bestandteile nicht ändern, sind keine Verfälschungsmittel. E . 8, 434. Aber Hausenblase und Gelatine sind nicht ohne jede Einschränkung als Klärungsmittel anzusehen, R . 7, 316. d. Ein Zusatz eines zur normalen Bierbereitung nicht gehörigen Stoffes in der Absicht, das Bier malzreicher erscheinen zu lassen, bildet eine Fälschung, a u c h wenn das Bier dadurch nicht verschlechtert ist und der Brauer nicht in gewinnsüchtiger Absicht gehandelt hat. R . 4, 826. Ebenso z. B . die Vermischung von Pilsener und einheimischen, wenn auch anerkannt, vorzüglichem Bier. e) Verwendung von Salizylsäure als Entsäurungsmittel ist Bierfälschung. R . 7, 314. Vgl. aber E . 13, 97. f) Jede Qualitätsverschlechterung des Nahrungsmittels, auch ohne Zusatz von fremden Stoffen und ohne quantitative Veränderung der Bestandteile (Zusammengießen von Bierneigen) ist als Verfälschung anzusehen. R . 7, 516. Siehe auch R G . GA. 53, 438 (Mischung gesammelter Weinreste). 3. Brot ist durch Mitverwendung altbackenen Brotes verfälscht. Dresden D R Z . 25 (1933) Nr. 713. R G . J W . 20 (1891), 452. 4. B u t t e r ist gefälscht, wenn geschmolzene Butter im Naturzustande befindlicher zugesetzt wird. K G . D J Z . 32 (1927), 1203. Ob ein mit Margarine hergestelltes Gebäck als „Buttergebäck" anzusehen ist, hängt von der Verkehrsauffassung ab. Darmstadt H R R . 1929 Nr. 787. S. auch Butterverordnung v. 2. 6. 1951 (BundAnz. Nr. 110). 5. In der Verwendung von Gefrierfleisch zu S c h a b e f l e i s c h ist Verfälschung erblickt worden. R G . Recht 26 Nr. 1755; desgl. in der Verwendung von Benzoesäure enthaltenden, der Bewirkung größerer Haltbarkeit dienenden Salzen zu Fleischwaren. K G . GA. 77, 123. 6. Ein mit Fuchsin gefärbter F r u c h t l i k ö r braucht nicht notwendig verfälscht zu sein. R . 4, 519. Verwendung von Salizylsäure zu Fruchtsäften stellt eine Verfälschung dar. Ungedr. Erk. d. KG. v. 15. 11. 1904; aber nicht Färbung von Himbeereis mit Anilinfarbe. Celle GA. 73, 391.

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2. verdorbene 6 ), nachgemachte oder verfälschte Lebensmittel

ohne aus-

7. Zusatz von Zuckerlösung zu H o n i g ist wegen der dadurch bewirkten Veränderung des Aromas Verfälschung. Ungedr. Erk. d. R G . v. 22. 9. 1898. Dagegen ist es nicht für Fälschung angesehen, daß die Bienen mit Zuckerlösung gefüttert wurden, um die Honigernte zu vergrößern. E . 41, 205; anders mit Recht Holthöfer Anm. 14; nach KG. D J Z . 32 (1927), 1420 liegt Nachahmen vor. 8. In dem Zusätze einer geringen Quantität Ocker zum Färben des K a f f e e s ist keine Verfälschung gefunden. E . 27, 6; wohl aber liegt Verfälschung vor, wenn dem Kaffee durch Zusatz von Ocker und Öl der Anschein einer besseren Qualität zu verleihen versucht wird. E . 27, 73; oder wenn er nicht von Kaffeekirschen gereinigt wird. R G . GA. 60, 319; oder wenn bei einer „Kaffeemischung" nicht mindestens die Hälfte aus reinen Kaffeebohnen besteht. DStZ. 1, 142. Siehe auch Nolting-Hauff LZ. 24 (1930), 217. S. auch § 5 Nr. 7 u. 8 in der VO. über Kaffee pp. Anm. 1 zu § 5. 9. Inwieweit bei Herstellung von Weinbrand eine Fälschung anzunehmen ist, darüber siehe R G . GA. 42, 68 und J W . 37 (1932), 608 (Zusatz von Borsäure zum Eierkognak). Siehe auch § 18 Abs. 3 des Weingesetzes v. 25. 7. 1930 ( R G B l . I S. 356). Trinkbranntwein mit einem geringeren als dem vorgeschriebenen Weingeistgehalt ist nicht verfälscht. Breslau J W . 54, (1925), 2804. 10. In der Verwendung von Teerfarbe bei Herstellung gemischter M a r m e l a d e liegt eine Fälschung. Bei der Frage, ob Verfälschung eines Genuß- oder Nahrungsmittels anzunehmen ist, ist auch der Preis desselben zu berücksichtigen. E . 30, 393. 11. Über verdorbene, nachgemachte und gefälschte Milch und Milcherzeugnisse §§ 36, 44 Nr. 2 Milchges. unter V I I 2; daß Wasserzusatz auch zur Magermilch Lebensmittelverfälschung ist, sagt E. 73, 83. 12. Zusatz eines fremden Stoffes wird vom Verbraucher als Verschlechterung empfunden. E . 39, 91. Behandlung von Lebensmitteln mit Mineralöl oder mineralölhaltigen Stoffen ist Verfälschung, § 1 der VO. gegen die Verwendung von Mineralölen im Lebensmittelverkehr v. 22. 1. 1938 ( R G B l . I S. 4 5 ) ; s. Anm. 5 zu § 5. 13. Zusatz von Blaustein zu eingemachten P f l a u m e n ist Fälschung. R . 7, 239. 14. Ebenso ist Herstellung von S c h w e i n e s c h m a l z aus Talg und Speiseöl Fälschung E. 25, 183. 15. Verfälschung von T a b a k wird durch den Zusatz unbrauchbarer Teile der Pflanze (der holzigen Stengel) bewirkt. R . 3, 376. E . 14, 145. 16. Eine Verfälschung von W e i n kann dann nicht angenommen werden, wenn das Weingesetz eine bestimmte Herstellungs- und Behandlungsweise als erlaubt erklärt, so z. B. § 5 Abs. 3 WeinG., andere Behandlungsweisen (z. B . Verdampfen eines Teiles des Wassergehaltes unter verdünnter Luft) sind dagegen Verfälschungen. E . 71, 308. 17. Verfälschung von W ü r s t e n wird durch Beimischung von Kartoffeln und Stärkemehl bewirkt, R . 8, 552, oder durch künstliches Rotfärben, wenn dadurch der Veränderung des Aussehens infolge Altwerdens begegnet werden soll. K G . D J Z . 32 (1927), 1699. Auch in dem Zusatz von Mehl liegt eine Verfälschung. Dresden J W . 61 (1932), 2458, aber nicht'dann, wenn die Wurst ausdrücklich als ,,Semmelleberwurst" bezeichnet wird. K G . Johow 23 S. C 115. Verarbeitung des Darms von Wiener Würstchen in Füllgut einer Knoblauchwurst ist Verfälschung. Kiel SchlHA. 1938, 132. Im Zusatz von P f e r d e f l e i s c h zur Wurst kann eine Fälschung gefunden werden. K G . Johow 7 S. 232. Siehe auch E. 31, 72 und Anm. 5. am Ende. 5) Der Begriff des V e r d o r b e n s e i n s von Nahrungsmitteln (Lebensmitteln^ beschränkt sich nicht auf die Ungenießbarkeit durch innere Zersetzung, sondern liegt auch vor, wenn der Genuß derselben durch Erkrankung des Tieres, von welchem sie entnommen, Ekel erregend ist. E . 73, 85. Ein Lebensmittel ist verdorben, wenn es durch Abweichungen gegenüber dem normalen Zustand eines solchen Lebensmittels nach allgemeiner Ansicht zum Genüsse für Menschen ungeeignet ist. E . 5, 343. Lokale Übungen und Gewohnheiten können ein Abweichen von der normalen Beschaffenheit des Nahrungsmittels nicht rechtfertigen. E . 16, 316. Ungeeignet zum menschlichen Genuß sind Lebensmittel, deren Genuß gesundheitsschädlich ist, auch wenn eine Schädigung nur bei Personen mit schwacher Gesundheit zu besorgen ist. R G . Recht 32 Nr. 1196, ebenso Lebensmittel ohne Nährwert, z. B . Fleisch durch Krankheit gänzlich abgemagerter Tiere. R G . GA. 46, 138 (anders R . 5, 511). Verdorben ist ein Lebensmittel, ohne gesundheitsschädlich oder im Nährwert beeinträchtigt zu sein, aber auch dann, wenn ein normaler Verbraucher, der um die-Beschaffenheit oder die Art der Herstellung wüßte, vor dem Genuß Ekel empfände, z. B . bei Fleisch von Tieren mit bestimmten Krankheiten. E . 73, 85, bei Fleisch von Tieren, die eines natürlichen Todes gestorben sind oder erst im Verenden getötet wurden. R G . Recht 20 Nr. 1243, bei Fleisch ungeborener Tiere. E . 5, 287; R . 5, 552, bei Bier, in dem eine Katze mitgekocht war. E . 23, 409, bei Speisen, die aus den von anderen

B VII 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 4

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reichende Kenntlichmachung6) anzubieten7), feilzuhalten8), zu verkaufen9» oder sonst in den Verkehr zu bringen10); auch bei Kenntlichmachung6) gilt das Verbot, soweit sich dies aus den auf Grund des § 5 Nr. 5 getroffenen Festsetzungen ergibt; 3. Lebensmittel unter irreführender11), Bezeichnung12) Angabe13) oder Aufmachung14) anzubieten7), zum Verkaufe vorrätig zu halten15), feilzuhalten 8 ), zu verkaufen9) oder sonst in den Verkehr zu bringen10). Dies gilt auch, wenn die irreführende Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung sich bezieht auf die Herkunft der Lebensmittel16), die Zeit ihrer Herstellung, ihre Menge, ihr Gewicht oder auf sonstige Umstände, die für die Bewertung mitbestimmend sind. Gästen auf dem Teller übrig gelassenen Resten bestehen. BayObLG. D J Z . 1925, 748. Verdorben ist ein Lebensmittel auch dann, wenn die Ungenießbarkeit sich durch Kochen oder eine andere Behandlung beheben läßt. E. 6, 269. Milch ist verdorben, die kurz vor oder nach dem Abkalben gewonnen, die verschmutzt ist, Milcherzeugnisse, die aus verdorbener Milch hergestellt sind. 6) Ausreichend kenntlich gemacht ist eine Ware dann, wenn sie derart bezeichnet ist, daß der Abnehmer erkennen kann, was er vor sich hat. Dresden J W . 60 (1931), 1982. Die Kenntlichmachung muß auch im Verkehr zwischen Hersteller, Groß- und Kleinhändler erfolgen, nicht bloß bei Abgabe an den Verbraucher. RdErl. v. 5. 9. 1936 (MBliV. S. 1224). 7) Siehe Anm. 6 zu § 3. 8) Siehe Anm. 8 zu § 3. 9) Siehe Anm. 9 zu § 3. 10) Siehe Anm. 10 zu § 3. 11) Irreführend ist die Bezeichnung, die in den auf Grund des § 5 erlassenen Verordnungen als solche hervorgehoben ist oder die für Lebensmittel anderer Herkunft, Art und Zusammensetzung verwendet wird als für diejenigen, denen sie nach gesetzlichen Begriffsbestimmungen oder sonstigen Rechtsvorschriften allein zukommt. Holthöfer Anm. 29a, oder die nach der Auslegung, die ihr nach Sprachgebrauch und Lebenserfahrung gegeben werden muß, oder nach den Schlußfolgerungen, die aus der Aufmachung gezogen werden müssen, imstande ist, bei dem jeweils in Betracht kommenden Abnehmer oder Abnehmerkreise eine falsche Vorstellung über tatsächliche Verhältnisse der Ware hervorzurufen. Stuttgart J W . 62 (1933), 2530; OLG. Dresden J W . 63 (1934), 852. E. 52, 260. Die Angaben mußten früher Beziehung zur Beschaffenheit der Ware, zu ihrer Stofflichkeit haben. RG. J W . 63 (1934), 840; jetzt genügt auch falsche Angabe über Quantität. Nicht erforderlich ist, daß die Bezeichnung das Publikum im allgemeinen irreführt, doch darf der Abnehmerkreis nicht verschwindend klein sein. RG. J W . 60 (1931), 1968. Die Bezeichnung ist z. B. irreführend, wenn gewöhnliches Trinkwasser, dem durch menschliche Tätigkeit Mineralbestandteile hinzugefügt sind, als,,Mineralwasser" bezeichnet wird. Darmstadt H R R . 1929 Nr. 1001 über Sprudel s. BayObLG. JW. 63 (1934), 774) oder wenn Exportbier als Bockbier BayObLG. H R R . 1930 Nr. 479; oder Wermutwein (aus Südwein oder Kräuteressenzen) als Traubenwein. E. 68, 337; oder wenn Schokoladentafeln zum Verkauf angeboten werden, die durch den äußeren Umfang der Packung auf ein höheres Gewicht hinweisen. Dresden J W . 60 (1931), 813. Diätetische Nährmittel (z. B. Malzextrakt) sind Lebensmittel und eine Abgabe als Heilmittel ist irreführend. E. 68, 247. Aufdruck eines Gewichtes auf Tüten ist nicht irreführend, wenn zwar Verwiegung und Angabe Brutto für Netto stattgefunden hat, tatsächlich der Inhalt aber Nettogewicht ist, sofern dies anerkannter Geschäftsgebrauch ist. Hamburg D S t R . 1935, 124. Ein allgemeiner Grundsatz, daß Kunst- und Naturprodukte niemals die gleiche Bezeichnung haben dürfen, besteht nicht. KG. J W . 64 (1935), 2272. -— Die irreführende Bezeichnung muß in einem positiven Tun bestehen; bloßes Unterlassen kennzeichnender Angaben über geingere Qualität genügt nicht. RG. H R R . 1938 Nr. 641, sofern es nicht den Umständen nach als stillschweigende Bezugnahme auf vorausgegangene Verhandlungen, auf Preistafeln, Speisenkarten und dergleichen ausgelegt werden muß. Holthöfer Anm. 27 e. Ist eine Bezeichnung auf Grund einer gemäß § 5 Ziff. 4 ergangenen VO. für irreführend erklärt worden, so liegt eine vorsätzliche Zuwiderhandlung nur dann vor, wenn der Täter diese VO. gekannt und richtig ausgelegt hat. BayObLG. D J Z . 37 (1932), 1428. Weitere Beispiele: Die Bezeichnung „Hochwertiges Milchpräparat" für Sahneersatz (Gradin) ist irreführend. KG. J W . 60 (1931), 1981; desgl. die Bezeichnung „Fettkäse" für einen mit Verwendung von Magermilch hergestellten Käse. KG. J W . 60 (1931), 1980. Nicht 59

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

930

B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 5

§ 5. [Durchführungsbestimmungen] D e r Reichsminister des Innern k a n n Ernährung und Landwirtschaft

gemeinsam

mit

dem

Reichsminister füi

1. zum Schutze der Gesundheit für den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen Verordnungen zur Durchführung der Verbote des § 3 erlassen 1 ); 2. die Herstellung und den Vertrieb bestimmter Lebensmittel von einer Genehmigung abhängig machen 2 ); 3. verbieten, daß Gegenstände oder Stoffe, die bei der Gewinnung, Herstellung oder Zubereitung von Lebensmitteln nicht verwendet werden dürfen, für diese Zwecke hergestellt, angeboten, feilgehalten, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden, auch wenn die Verwendung nur für den eigenen Bedarf des Abnehmers erfolgen soll3); 4. für bestimmte Lebensmittel vorschreiben, a) daß sie nur in Packungen oder Behältnissen von bestimmter Art oder nur in bestimmten Einheiten abgegeben werden dürfen 4 ); irreführend ist nach Königsberg J W . 60 (1931), 1987 der Aufdruck auf Margarinewürfeln „ A u s frischer Milch hergestellt". 12) Bezeichnung ist die Benennung eines Lebensmittels, die in einem W o r t oder in einer Wortverbindung etwas von den Eigenschaften oder dem zum Ausdruck bringen, was sonst nach der Verkehrsanschauung den W e r t des betreffenden Lebensmittels mitbestimmt, z. B. Lindenhonig, Münchener Spatenbräu, Nestles Kindermehl. Auch Phantasiebezeichnungen, denen solche Hinweise mehr oder weniger zu entnehmen sind, gehören hierher, z. B. Milei, Kornfrank, Sinalko. Reine Phantasiebezeichnungen, die Hinweise jener Art nicht enthalten, kommen im Anwendungsbereich der Nr. 3 nicht in Betracht, wenn u n d weil sie über Beschaffenheit der Lebensmittel u n d sonstige Umstände, auf die es dort a n k o m m t , nicht irreführen können. Holthöfer Anm. 27 b. 13) Angaben sind alle tatsächlichen Erklärungen, die irgend etwas über die Beschaffenheit eines Lebensmittels, sein Gewicht, seine Größe, seinen Gebrauchswert, Art, Ort oder Zeit seiner Herstellung oder sonstige U m s t ä n d e bekunden, die für seine Bewertung mitbestimmend sind. Hierzu gehören auch Angaben über den inneren W e r t von Lebensmitteln und ihre Wirkung auf kranke und gesunde Menschen. E . 68, 248. 14) A u f m a c h u n g ist besondere Maßnahme, die ohne Worte, n u r durch Verpackungsart, F o r m der Gefäße, F a r b e der Bezettelung, Abbildungen von der einfachen Art der Darbietung abweicht. Holthöfer Anm. 28. 15) Siehe Anm. 7 zu § 3. 16) Das ist L a n d oder Ort der Gewinnung bei Naturerzeugnissen bzw. der Herstellung bei herzustellenden Lebensmitteln, E . 50, 57, Holthöfer-Juckenack, K o m m . Anm. 32. Die Verwendung geographischer Wortbildungen als Gattungsbezeichnungen ist zuzulassen, wo sie in H a n d e l u n d Verkehr u n d in der Verbraucherschaft als Gattungsbezeichnung eingebürgert sind u n d ihrer Rückentwicklung zur Herkunftbezeichnung entgegensteht, d a ß der allgemeine Verkehr (nicht nur die Herstellerkreise) sich auf jene durch lange Übung geschaffene u n d nicht selten durch eine langjährige gleichbleibende Rechtsprechung als rechtsmäßig bekräftigte L a g e eingestellt haben. S. betr. „ S t e i n h ä g e r " RGZ. 177, 282; „ N o r d h ä u s e r " R G . J W . 63 (1934), 287; Holthöfer Anm. 32. Z u § 5 : 1) VO. über Kaffe, Kaffee-Ersatz, Zusatzkaffee v. 10. 5. 1930 und 27. 6. 1941 (RGBl. I S. 169, 171 bzw. 1941, 359). VO. über Obsterzeugnisse v. 15. 7. 1933 (RGBl. I S. 495) nebst R d E r l . v. 18. 6. 1934 (MBliV. S. 783). VO. über Kunsthonig v. 21. 3. 1930 (RGBl. I S. 102). VO. über K a k a o u n d Kakaoerzeugnisse v. 15. 7. 1933 (RGBl. I S. 504). VO. über Speieseeis v. 15. 7. 1934 (RGBl. I S. 510). VO. über Hackfleisch, Schabefleisch u n d ähnliche Zubereitungen (Hackfleisch-VO. v. 24. 7. 1936 (RGBl. I S. 570). 2) So VO. über Ersatzgewürze v. 4. 5. 1942 (RGBl. I S. 278); ferner VO. über vitaminisierte Lebensmittel v. 1. 9. 1942 (RGBl. I S. 538). VO. über Blutplasma v. 14. 9. 1939 (RGBl. I S. 1774). VO. über Tee und teeähnliche Erzeugnisse v. 12. 12. 1942 (RGBl. I S. 707). VO.über Honig v. 21. 3. 1930 (RGBl. I S. 101). 3) VO. über Kakaoschalen v. 31. 12. 1940 (RGBl. I S. 17) 4) VO. über die äußere Kennzeichnung von Lebensmitteln v. 8. 5. 1935 (RGBl. I S. 590) nebst Änd. v. 16. 4. u n d 20. 12. 1937 (RGBl. I S. 456, 1931) u n d v. 16. 3 . 1 9 4 0 (RGBl. I S. 517).

B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 6

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b) daß an den Vorratsgefäßen oder sonstigen Behältnissen, in denen sie feilgehalten oder zum Verkauf vorrätig gehalten werden, der Inhalt angegeben wird; c) daß auf den Packungen oder Behältnissen, in denen sie abgegeben werden, oder auf den Lebensmitteln selbst Angaben über die Herkunft, die Zeit der Herstellung, den Hersteller oder Händler und über den Inhalt anzubringen sind; 5. Begriffsbestimmungen für die einzelnen Lebensmittel aufstellen, Vorschriften über ihre Herstellung, Zubereitung, Zusammensetzung und Bezeichnung erlassen sowie festsetzen, unter welchen Voraussetzungen Lebensmittel als verdorben, nachgemacht oder verfälscht unter die Verbote des § 4 fallen, sowie welche Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen als irreführend diesen Verboten unterliegen 8 ); 6. Vorschriften erlassen gegen die Einfuhr von Lebensmitteln, die den Vorschriften dieses Gesetzes oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften nicht entsprechen; 7. Vorschriften über das Verfahren bei der zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Untersuchung von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen erlassen 6 ).

§ 6. [Lebensmittelkontrolle] (1) Die mit der Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen beauftragten Beamten der Polizei1) und die von der zuständigen Behörde beauftragten Sachverständigen, bei Gefahr im Verzug auch die sonstigen Beamten der Polizei, sind befugt, in die Räume, in denen 1. Lebensmittel gewerbsmäßig2) oder für Mitglieder von Genossenschaften oder ähnlichen Vereinigungen gewonnen, hergestellt, zubereitet, abgemessen, ausgewogen, verpackt, aufbewahrt, feilgehalten oder verkauft 'werden; (LebensmittelkennzeichnungsVO.). Eierkennzeichnung durch die EierVO. siehe Vorbemerkung — VO. über Knochenfett v. 8. 7. 1936 (RGBl. I S. 565). Soweit von dem VO.recht kein Gebrauch gemacht ist, ist Raum für VO. der Landespolizei. RG. J W . 56 (1927), 3262. 5) Vgl. Ausführungsbestimmungen zum Lebensmittelgesetz v. 12. 11. 1934. VO. über Wurstwaren v. 14. 1. 1937 (RGBl. I S. 13) betr. Verwendung von Bindemitteln. HackfleischVO. siehe Anm. 1. VO. gegen die Verwendung von Mineralölen im Lebensmittelverkehr v. 22. 1. 1938 (RGBl. I S. 45), in der zugleich gemäß Ziff. 3 die Herstellung usw. für die Verwendung bei Lebensmitteln verboten wird. VO. über koffeinhaltige Erfrischungsgetränke v. 24. 6. 1938 (RGBl. I S. 691). — VO. über nikotinarmen u. nikotinfreien Tabak v. 12. 5. 1939 (RGBl. I S. 912). — VO. über Fleischbrühwürfel und ähnliche Erzeugnisse v. 27. 12. 1940 (RGBl. I S. 1672). — VO. über Tee und teeähnliche Erzeugnisse v. 12. 12. 1942 R G B l . I S. 707) siehe Anm. 2. 6) Vgl. Anm. 1, a) bez. Teigwaren, VO. v. 12. 11. 1934 (RGBl. I S. 1181), b) Tafelwässer, VO. v. 12. 11.1934 (RGBl. I S. 1183) und 11. 2. 1938 (RGBl. I S. 199), c) siehe Anm. 1 zu § 20. Zu § 6 : 1) An die Stelle der Polizei sind z. T. in den Ländern, entsprechend der Entpolizeilichung der sog. Verwaltungspolizei, nicht polizeiliche Verwaltungsorgane getreten (,,Gewerbeämter'' usw.). — Hierneben gesundheitliche Überwachung durch die Gesundheitsämter, § 4 Abs. 3 der 1. DurchfVO. zum Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens (v. 3. 7. 1934, R G B l . I S. 531) v. 6. 2. 1935 (RGBl. I S. 177), § 4 der 2. DurchfVO. v. 2 2 . 2 . 1 9 3 5 (RGBl. I S. 215) und §§31 ff. der 3. DurchfVO. v. 3 0 . 3 . 1 9 3 5 (RMB1. S. 372). Zusammenarbeit mit Lebensmitteluntersuchungsämtern ist erforderlich. Richtlinien für das Strafverfahren 1953 Nr. 287. 2) Über den Begriff „gewerbsmäßig" im gesamten Lebensmittelrecht siehe Holthöfer D J . 1935, 598. 59«

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B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 7

2. Bedarfsgegenstände zum Verkaufe vorrätig gehalten oder feilgehalten werden, während der Arbeits- oder Geschäftszeit einzutreten3), dort Besichtigungen vorzunehmen und gegen Empfangsbescheinigung Proben nach ihrer Auswahl zum Zwecke der Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen 4 ). Soweit nicht der Besitzer ausdrücklich darauf verzichtet, ist ein Teil der Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen5) und für die entnommene Probe eine angemessene Entschädigung zu leisten 6 ). (2) Soweit Erzeugnisse vorwiegend zu anderen Zwecken als zum menschlichen Genüsse bestimmt sind, beschränkt sich die im Abs. 1 Nr. 1 bezeichnete Befugnis auf die Räume, in denen diese Erzeugnisse als Lebensmittel zum Verkaufe vorrätig gehalten oder feilgehalten werden. (3) Die Befugnis zur Besichtigung erstreckt sich auch auf die Einrichtungen und Geräte zur Beförderung von Lebensmitteln, die Befugnis zur Probeentnahme auch auf Lebensmittel und Bedarfsgegenstände, die an öffentlichen Orten, insbesondere auf Märkten, Plätzen, Straßen oder im Umherziehen, zum Verkaufe vorrätig gehalten, feilgehalten oder verkauft werden, oder die vor Abgabe an den Verbraucher unterwegs sind. (4) Als Sachverständige (Abs. 1) können auch die von den Berufsvertretungen und Berufsverbänden der Landwirtschaft, der Industrie, des Handwerks und des Handels zur Überwachung der Betriebe bestellten technischen Berater berufen werden. § 7. [Vorläufige Anordnungen] Die Polizeibehörde kann ihre Sachverständigen ermächtigen, zum Schutze der Lebensmittel 1 ) gegen Verunreinigung oder Übertragung von Krankheitserregern unaufschiebbare Anordnungen vorläufig zu treffen oder beanstandete Lebensmittel vorläufig zu beschlagnahmen2). Die getroffenen Anordnungen sind unverzüglich dem Besitzer oder dessen Vertreter zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen und der Polizeibehörde mitzuteilen. Die Mitteilung einer Beschlagnahme kann an den Besitzer der beschlagnahmten Gegenstände oder dessen Vertreter auch mündlich erfolgen. Die Polizeibehörde hat die getroffenen Anordnungen unverzüglich entweder durch polizeiliche Verfügung zu bestätigen oder aufzuheben. 3) D. h. in den Stunden, in denen das Feilhalten üblich ist. R G . GA. 44, 422. 4) Dies ist kein Verkauf von Lebensmitteln, sondern eine Art Beschlagnahme. E . 48, 361. K G . Recht 32 Nr. 2208. Die Befugnis zur Probeentnahme erstreckt sich nicht auf Einrichtungen und Geräte zur Beförderung von Lebensmitteln. Dresden J W . 58 (1929), 450. Auch das zur Probe entnommene Lebensmittel darf nicht verfälscht sein (§ 4 Ziff. 2), die Probeentnahme kann ebenfalls ein „Inverkehrbringen" sein. Breslau DRZ. 26 (1934) Nr. 433. Holthöfer, Anm. 10. 5) Die Probe ist beschlagnahmt im Sinne des § 137 S t G B . E . 48, 361. Unberührt bleiben die Vorschriften der StPO. über Durchsuchung und Beschlagnahme in Verdachtsfällen. Liegen die Voraussetzungen des § 94 StPO. vor, braucht eine Gegenprobe nicht zurückgelassen zu werden. Dresden LZ. 26 (1932), 418, Auch solche Proben, die geheim oder nicht ordnungsmäßig entnommen sind, kommen als Beweismittel in Betracht. K G . J F G E r g . 11, 376; Stettin H R R . 1931 Nr. 915; Dresden J W . 60 (1931), 1982; K G . J W . 65 (1936), 137. 6) Dies braucht nicht Zug um Zug zu geschehen, da j a auf Einziehung erkannt werden kann. Siehe auch K G . GA. 52, 99. Zu § 7 : § 1, nicht Bedarfsgegenstände. 2) Diese Präventivanordnungen sind nicht selbständig anfechtbar. Holthöfer

Anm. 2.

B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. §§ 8 — 1 0

933

§ 8. [Mitwirkung der Kontrollierten] Die Inhaber der im § 6 bezeichneten Räume, Einrichtungen und Geräte 1 ) und die von ihnen bestellten Betriebs- oder Geschäftsleiter 2 ) und Aufseher3) sowie die Händler4), die an öffentlichen Orten, insbesondere auf Märkten, Plätzen, Straßen oder im Umherziehen, Lebensmittel oder Bedarfsgegenstände zum Verkaufe vorrätig halten, feilhalten oder verkaufen, sind verpflichtet, die Beamten und Sachverständigen bei der Ausübung der im § 6 bezeichneten Befugnisse zu unterstützen, insbesondere ihnen auf Verlangen die Räume zu bezeichnen, die Gegenstände zugänglich zu machen, verschlossene Behältnisse zu öffnen, angeforderte Proben auszuhändigen, die Entnahme von Proben zu ermöglichen5) und für die Aufnahme der Proben geeignete Gefäße oder Umhüllungen, soweit solche vorrätig sind, gegen angemessene Entschädigung zu überlassen 6 ).

§ 9. [Verschwiegenheitspflicht] (1) Die Beamten der Polizei und die von der zuständigen Behörde beauftragten Sachverständigen sind, vorbehaltlich 1 ) der dienstlichen Berichterstattung und der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten2), verpflichtet, über die Tatsachen und Einrichtungen, die durch die Ausübung der im § 6 bezeichneten Befugnisse zu ihrer Kenntnis kommen3), Verschwiegenheit4) zu beobachten und sich der Mitteilung und Verwertung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen5) zu enthalten, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind6). (2) Die Sachverständigen sind hierauf zu beeidigen7).

§ 10. [Landesrecht]

(1) Die Zuständigkeit der Behörden und Beamten für die im § 6 bezeichneten Maßnahmen richtet sich nach Landesrecht. (2) Landesrechtliche Bestimmungen, die den Behörden weitergehende Befugnisse als die im § 6 bezeichneten geben, bleiben unberührt 1 ). (3) Der Vollzug des Gesetzes liegt den Landesregierungen ob. Z u § 8 : 1) Inhaber sind die, welche maßgeblich über R a u m usw. zu bestimmen haben, daher auch Pächter. 2) Kaufmännische und technische Direktoren, Prokurist. 3) Meister, Vorarbeiter. Dazu gehört auch der Lagerhalter einer Konsumgenossenschaft. K G . H R R . 1929 Nr. 1894. 4) Den Händlern stehen ihre nach außen hin selbständigen Angestellten gleich. Holthöfer Anm. I d . 5) Nicht gegen die Vorschrift verstößt, wer eine dem § 7 nicht entsprechende Probeentnahme vereitelt. K G . J W . 58 (1929), 279. Zuwiderhandlung strafbar nach § 18. 6) Eine Auskunftspflicht ist den Inhabern nicht auferlegt. Die Aufnahme von Lichtbildern braucht der Inhaber nicht zu dulden. Holthöfer Anm. 5. Z u § 9 : 1) Das sind die Ausnahmen von der Pflicht zur Verschwiegenheit und dem Verbot der Mitteilung. 2) Die Gesetzwidrigkeiten können sich auch auf dem Gebiete des Arbeiterschutzes und des Steuerrechts ergeben haben. 3) Z. B. über Vorräte, Absatzgebiete, Verfahrensarten, Rezepte, Preiskalkulationen. Siehe auch § 6 der BestechungsVO. unter B IV 9. 4) Genehmigung zur Aussage (§ 5 4 StPO.) ist nicht erforderlich. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. 5) Siehe § 7 der BestechungsVO. unter B IV 9. 6) Die Zuwiderhandlung ist nach § 17 strafbar. 7) Die Vereidigung des Sachverst. ist nicht Voraussetzung für die Verpflichtung aus § 9 und für die Bestrafung aus § 17. Z u § 1 0 : 1) Abs. 2 enthält keine allgemeine Ermächtigung zum Erlaß landesrechtlicher Ergänzungsvorschriften. K G . J F G E r g . Bd. 8, 406.

B VII 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. § 11

§ 11. [ Strafvorschriften] 1

(1) Wer vorsätzlich ) einem der Verbote des § 3, des § 4 oder einer nach § 5 Nrn. 1 bis 3, 6 erlassenen Vorschrift zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft 2 ). (2) Der Versuch3) ist strafbar. (3) Hat der Täter wissentlich4) und gewissenlos5) aus grobem Eigennutz6) gehandelt oder liegt sonst ein besonders schwerer Fall7) vor, so ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Neben der Zuchthausstrafe kann auf Geldstrafe erkannt werden. (4) Neben der Freiheitsstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, neben Zuchthaus auch auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Zu § 11: I) Bedingter Vorsatz genügt. Irrtum über Tatsachen, z. B. über Verdorbenheit von Lebensmitteln ist Tatbestandsirrtum i. S. des § 59 StGB., der Irrtum über das Vorhandensein oder die Tragweite, über das Bestehen oder die Anwendbarkeit z. B. einer der auf Grund des § 5 erlassenen Vorschrift ist ein Verbotsirrtum (vgl. Anm. l d und e zu § 59 StGB.). Mehrere verbotswidrige Betätigungen können in natürlicher Handlungseinheit (z. B. verschiedene Stadien der Herstellung einer Konserve; vgl. E. 58, 113. E. 76, 143) und in fortgesetzter Handlung vorgenommen werden. Vgl. Anm. 2c zu § 74 StGB. 2) Wenn der Täter Lebensmittel verfälscht und dann in Verkehr bringt, so geht die Herstellungshandlung in der Vertriebshandlung auf. E. 73, 84; BGH. GA. 1953, 76; ebenso wie für Ziff. 1 ist auch für Ziff. 3 des § 4 neben Ziff. 2 des § 4 kein Raum. RG. J W . 67 (1938) 1323. Zwischen Inverkehrbringen und Betrug kann Tateinheit bestehen, da § 4 kein Sondertatbestand ist. E. 73, 85; RG. J W . 67 (1938), 1323. Nebenstrafen, Nebenfolgen Abs. 4 und §§ 13, 14, 15 sowie § 421 StGB. 3) Ein Versuch der H e r s t e l l u n g eines gesundheitsschädlichen Lebensmittels liegt z. B. im Übergießen von schlechtem Fleisch mit Wasser, um es zur beabsichtigten Wurstbereitung tauglicher zu machen. RG. GA. 56, 211, ebenso im Einlegen kleingeschnittenen Rindfleisches einer perlsüchtigen Kuh in eine Bütte im Schlachthaus in Verbindung mit dem Einlegen von Gekröse und Leber in kaltes Wasser in den unweit eingemauerten Wurstkessel. RG. GA. 46, 219), in dem Abwaschen, Wässern und Verarbeiten verdorbener Fleischteile durch den Gesellen. RG. GA. 45, 121. Ein Versuch des F e i l h a l t e n s kann schon darin gefunden werden, daß der Gegenstand in diejenige Form und Lage gebracht wird, die ihn unmittelbar zum Absatz geeignet macht (Zerstückelung des Fleisches und Zurhandstellung im Laden), E. 5, 145, oder daß gesundheitsschädliche, zum Verkauf bereits vorbereitete Nahrungsmittel an den Ort, wo sie feilgehalten werden sollen, verbracht werden. R. 6, 334; E. 14, 35, oder daß durch entsprechende Zubereitung m i t der Bereitstellung der Ware zum Verkaufe an das Publikum begonnen ist (der Angeklagte hatte verdorbenes Fleisch angekauft, in sein Verkaufslokal geschafft und dort durch Übergießen von Wasser den üblen Geruch zu beseitigen versucht). E. 6, 46. Dagegen liegt, weil es an einer unmittelbaren Gefährdung des Rechtsguts noch fehlt, noch kein Versuch in dem Hinschaffen bis auf den Bahnhof des Ortes, wo das Feilhalten stattfinden soll, wenn der Täter an diesem Ort eine Verkaufsstelle noch nicht hat. R. 9, 525; RG. GA. 43, 258. — In dem Feilhalten gesundheitsschädlicher Waren liegt kein Versuch des Verkaufs. E. 15, 56. Ein Versuch des „ i n V e r k e h r b r i n g e n " kann schon vorliegen, wenn der Gegenstand anderen Nichteingeweihten irgendwie zugänglich gemacht wird. RG. DRZ. 19 (1927) Nr. 314. 4) D. h. mit unbedingtem Vorsatz in Kenntnis der Vorschriften. Bedingter Vorsatz genügt nicht. Vgl. E. 75, 237 (240). 5) Gewissenlos handelt, wer bei seinem Verhalten das Gefühl der Verantwortlichkeit aus gemeinschaftswidriger Gesinnung heraus bewußt unterdrückt oder gar nicht aufkommen läßt. E. 75, 237 (240); RG. H R R . 1942 Nr. 740, z. B. wenn der Täter die Gesundheitsgefährlichkeit der Ware erkennt und diese dennoch in Verkehr bringt. BGH. v. 6. 9. 1951. GA. 1953, 76. 6) Aus grobem Eigennutz handelt, wer sich beim Verhalten von dem Streben nach eigenem Vorteil in einem besonders anstößigem Maße leiten läßt. E. 75, 237 (240). RG. H R R . 1942 Nr. 740. Vgl. RiStV. 1953 Nr. 287 Abs. 2. 7) Siehe Anm. 5 zu § 4 9 b StGB.

B VII 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. §§ 12, 13

935

(5) Ist die Zuwiderhandlung gegen ein Verbot des § 3, des § 4 Nrn. 2 oder 3 oder gegen eine nach § 5 Nrn. 1 bis 3, Nr. 6 erlassene Vorschrift fahrlässig8) begangen, so tritt Geldstrafe und Gefängnis oder eine dieser Strafen ein9). §

12

(1) Wer vorsätzlich1) einer nach § 5 Nr. 4 erlassenen Vorschrift zuwiderhandelt 2 ), wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Ist die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen, so tritt Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder Haft ein.

§ 13. [Einziehung] (1) In den Fällen des § 11 ist neben der Strafe auf Einziehung1) oder Ver8) An die Sorgfaltspflichten der Hersteller und Verkäufer von Lebensmitteln müssen im Interesse der Volksgesundheit höchste Anforderungen gestellt werden. Ihre wirtschaftlichen Belange müssen demgegenüber zurücktreten. Ein Bäcker darf z. B. sogenanntes Kundenmehl nur dann verwenden, wenn ihm die Bezugsquelle des Kunden einwandfrei bekannt ist. BGHSt. 2, 384. Zur Feststellung der Fahrlässigkeit genügt nicht, daß der Täter über die schädliche Beschaffenheit des Nahrungsmittels (Lebensmittels) sich leicht h ä t t e informieren können, sondern es gehört dazu, daß er nach den Umständen des Falles Veranlassung hätte sehen müssen, solche Erkundigungen einzuziehen. E. 6,121; RG. GA. 47,174. KG. J W . 66 (1937), 767. Eine vorbehaltlose Verpflichtung eines Nahrungsmittelfabrikanten, sich über die Unschädlichkeit der Zusätze zu seinen Fabrikaten stets unterrichtet zu halten, besteht nicht. RG. Recht 11, 390; also keine Verpflichtung für den Butterhändler, dauernd chemische Untersuchungen vorzunehmen. Köln DRZ. 24 (1932) Nr. 554; oder für den Landwirt, ständig die Milch zu prüfen, wenn die Gewinnung einem sorgsamen Familienmitglied übertragen ist. KG. D J Z . 38 (1933), 698; oder alle Verrichtungen der Gehilfen unausgesetzt zu überwachen. Hamburg LZ. 27 (1933), 797. Fahrlässig handelt, wer Milch, die mit bloßem Auge als verschmutzt erkannt werden kann, nicht untersucht, Düsseldorf, DRZ. 27 (1935) Nr. 314. Bei der Prüfung von Markenmilch ist ein strengerer Maßstab als bei gewöhnlicher Milch anzulegen. Dresden J W . 62 (1933), 1543. Im allgemeinen kann die Fahrlässigkeit darin bestehen, daß der Täter es unterläßt, sich fortlaufend durch Stichproben von der Beschaffenheit seiner Waren zu überzeugen. Breslau JW. 57 (1928), 287; KG. Recht 32 Nr. 2208 (tägliche Prüfung der Sammelmilch mit der Senkwaage fordert OLG. Dresden LZ. 1932, 697); oder die Kontrolle über unzuverlässige Arbeiter streng auszuüben. RG. H R R . 1931 Nr. 1205. Dabei richtet sich der Umfang der eigenen Prüfungspflicht danach, ob er die Prüfung in der Regel selbst oder durch einen Angestellten vornimmt und was die sonstigen Arbeitsaufgaben der Betreffenden sind. Königsberg H R R . 1939 Nr. 481. Ein Betriebsführer kann deshalb auch nicht deshalb bestraft werden, weil er für alles verantwortlich ist, vielmehr muß ihm selbst ein Verschulden nachgewiesen werden. Königsberg H R R . 1939 Nr. 1001. Doch handelt fahrlässig, wer sich der Erkenntnis bestehender Mißbräuche und ihrer gesetzwidrigen Folgen aus denkträgem Vertrauen auf das Altgewohnte verschließt. RG. Recht 11, 1211. Ergibt sich die Gesundheitsschädlichkeit erst aus einer bestimmten Art der Verwendung, so handelt fahrlässig auch, wer die erkennbar beabsichtigte Verwendungsart schuldhaft nicht bedacht hat. E. 6, 31; 17, 427. Fahrlässiges Inverkehrbringen kann auch dadurch erfolgen, daß der Täter das Inverkehrbringen durch andere nicht verhindert. RG. Recht 15 Nr. 3958; OLG. Hamburg H R R . 1931 Nr. 1508 und 1724. 9) Erwägt der StA. die Einstellung des Verf. nach § 153 StPO., so gibt er der zuständigen Verwaltungsbehörde vorher Gelegenheit zur Äußerung. RiStV. 1953 Nr. 287 Abs. 3. Z u § 12: 1) Bedingter Vorsatz reicht aus. BayObLG. DRZ. 24 (1932), 292. 2) § 12 LMG. ist ein BlankettG.; bei einer Verurteilung aus § 12 ist das Gesetz anzuführen, das das Blankett ausfüllt. RG. H R R . 1939 Nr. 481. Z u § 13: 1) Die Einziehung ist keine Nebenstrafe, sondern polizeiliche Sicherungsmaßregel. E. 55, 12. § 40 StGB, ist daneben anwendbar. RG. H R R . 1928 Nr. 788 und BayObLG. LZ. 22 (1928), 1636. Liegt § 26 WeinGes. und § 4 vor, so findet § 13 keine Anwendung. RG. J W . 65 (1936), 1447. Über Verwertung eingezogener Weine siehe § 67 StrafvollstreckungsO., abgedruckt unter D 3.

936

B V I I 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln. §§ 14, 15

nichtung der Gegenstände, auf die sich die Zuwiderhandlung bezieht2), zu erkennen, auch wenn die Gegenstände dem Verurteilten nicht gehören23). In den Fällen des § 12 kann dies geschehen. (2) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann3) auf die Einziehung oder Vernichtung der Gegenstände selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen4).

§ 14. [Untersagung der Betriebsführung] (1) Ergibt sich in den Fällen der §§ 11,12, daß dem Täter die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt, so kann ihm das Gericht in dem Urteil die Führung eines Betriebes ganz oder teilweise untersagen oder nur unter Bedingungen gestatten, soweit er sich auf die Herstellung oder den Vertrieb von Lebensmitteln oder Bedarfsgegenständen erstreckt 1 ) 2 ). Vorläufig kann es eine solche Anordnung durch Beschluß treffen3). (2) Die zuständige Verwaltungsbehörde kann die nach Abs. 1 Satz 1 getroffene Anordnung aufheben, wenn seit Eintritt der Rechtskraft des Urteils mindestens drei Monate verflossen sind4). Wer der Untersagung zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft5).

§ 15. [Urteilsbekanntmachung] (1) In den Fällen der §§ 11, 12 kann neben der Strafe angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. Auf Antrag des freigesprochenen Angeklagten kann das Gericht anordnen, daß der Freispruch öffentlich bekanntzumachen ist; die Staatskasse trägt in diesem Falle die Kosten, soweit sie nicht dem Anzeigenden auferlegt worden sind (§ 469 der Strafprozeßordnung1). 2) Ein weitreichender Begriff. Die nach § 3 Nr. l a gewonnenen oder hergestellten oder zubereiteten oder verpackten oder a u f b e w a h r t e n oder beförderten Lebensmittel, die nach § 3 Nr. l b zum Verkauf als Lebensmittel vorrätig gehaltenen, gesundheitsschädlichen Gegenstände, ein Mittel zur F ä r b u n g der Haare, das so verpackt ist, d a ß es zur E n t z ü n d u n g der K o p f h a u t f ü h r t (§ 3 Nr. 2 a), die gewässerte Milch (§ 4 Nr. 2), selbst das bei der T a t verwandte Verpackungsmittel oder Aufbewahrungsgefäß, unterliegen der Einziehung. 2 a) Vgl. Anm. 7 zu § 40 S t G B . 3) In den Fällen des § 11 ist die Einziehung zwingend vorgeschrieben. B G H S t . 2, 29 (33). 4) Vgl. Anm. l d zu § 42 StGB. In den Fällen des § 11 rechtfertigt im allgemeinen schon die Erfüllung des äußeren Tatbestandes die selbständige Einziehung. Wegen des Verfahrens vgl. § 430ff. StPO. Zu § 14: 1) I s t die Untersagung im Urteil unterblieben, so kann sie nicht nachgeholt werden. Die vorläufige Anordnung kann im vorbereitenden Verfahren das Gericht treffen, das über die E r ö f f n u n g des H a u p t v e r f a h r e n s zu befinden h a t . Stenglein, Nebengesetze Anm. 3. 2) Das Gericht hat, wenn die Voraussetzungen beider Vorschriften vorliegen, die W a h l zwischen einer unbeschränkten Untersagung aus § 14, die gemäß § 14 Abs. 2 nur die VerwBeh. beenden kann, u n d der zeitlich beschränkten Untersagung nach § 42 1 StGB., die n u r das Gericht nach § 42 1 Abs. 4 StGB, wieder aufheben kann. Vgl. ferner §§ 20—33 der VO. über Handelsbeschränkungen v. 13. 7. 1923 (RGBl. I S. 706) i . d . F . v. 26. 6. 1924 (RGBl. I S. 661). R i S t V . 1953 Nr. 287 Abs. 2. 3) Die vorläufige Untersagung ist in § 42 1 StGB, nicht vorgesehen. 4) Das Gericht ist — anders als nach § 42 1 Abs. 4 StGB. — zu solchen Maßnahnen nicht befugt. 5) Fahrlässiges Zuwiderhandeln reicht, wie in § 145c StGB., nicht zur Bestrafung aus (str.). Die Zuwiderhandlung kann auch dadurch begangen werden, daß der Verurteilte einen Betrieb durch einen S t r o h m a n n führen läßt (entsprechend § 42 1 Abs. 2 StGB.). Wegen der Strafbarkeit von Personen, die zu dem Verurteilten in geschäftl. Beziehungen treten, gelten die Ausführungen in Anm. 2 zu § 145c StGB, entsprechend. Z u § 15: 1) Wegen Veröffentlichung der Verurteilung siehe RiStV. 1953 Nr. 287 Abs. 2.

B VII 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln usw. §§ 16—20

937

(2) In der Anordnung ist die Art der Bekanntmachung 2 ) zu bestimmen; sie kann auch durch Anschlag an oder in den Geschäftsräumen des Verurteilten oder Freigesprochenen erfolgen.

§ 16. [Strafe bei Verletzung der Mitwirkungspflicht] Wer der durch § 8 auferlegten Verpflichtung zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft 1 ).

§ 17. [Strafe bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht] (1) Wer der durch § 9 Abs. 1 auferlegten Verpflichtung zuwiderhandelt 1 ), wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Verletzten ein; die Zurücknahme ist zulässig.

§ 18. [Lebensmitteluntersuchungskosten] Wenn im Verfolg 1 ) der behördlichen Untersuchung von Lebensmitteln oder von Bedarfsgegenständen eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung eintritt, fallen dem Verurteilten die der Behörde durch die Beschaffung und Untersuchung der Proben erwachsenen Kosten 2 ) zur Last. Sie sind zugleich mit den Kosten des gerichtlichen Verfahrens festzusetzen und einzuziehen 3 ).

§ 19. [Verwendung der Geldstrafen] Die auf Grund dieses Gesetzes auferlegten Geldstrafen sind nach näherer Anordnung der obersten Landesbehörden als Beihilfen für die Unterhaltung der öffentlichen Anstalten zur Untersuchung von Lebensmitteln zu verwenden 1 ).

§ 20. [Verordnungsrecht] (1) Der Reichsminister des Innern erläßt die zur Durchführung oder Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, 2) Zur Art der Veröffentlichung, die der Richter — auch im Strafbefehl — bestimmt, gehört auch der Umfang; der Urteilstenor genügt meist nicht. Zu § 16: 1) Siehe Anm. 5 zu § 8. Z u § 1 7 : 1) Nur vorsätzl. Zuwiderhandl. ist strafbar, anders § 30Weinges. — u n t e r B V I I 2. § 353b StGB, bleibt unberührt. Zu § 18: 1) Es genügt, daß die behördliche Untersuchung rein zeitlich der Verurteilung vorausgegangen ist. KG. Recht 33 Nr. 2289. Daß sie auf den Gang des Verfahrens irgend welchen Einfluß gehabt hat, ist nicht erforderlich; auch belanglos, wie die Behörde in den Besitz der Probe gekommen ist. BayObLG. J W . 60 (1931), 1973. Es ist gleichgültig, nach welchem Gesetz die Verurteilung ausgesprochen ist. Dresden J W . 62 (1933), 1543. 2) Der richterlichen Nachprüfung unterliegt die Richtigkeit des Kostenansatzes, nicht die Höhe und die Notwendigkeit der angesetzten Kosten. KG. H R R . 1931 Nr. 2024. 3) Eines ausdrücklichen Ausspruches zur Zahlung der in Satz 1 genannten Kosten bedarf es nicht. Königsberg H R R . 1938 Nr. 1011. Die Kosten späterer Nachkontrollen h a t der Verurteilte nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften zu ersetzen, die den Verursacher amtlicher Handlungen für kostenerstattungspflichtig erklären (z. B. § 12 preuß. VerwGebO. v. 19. 5. 1934 — GS. 1936 S. 261 —). RdErl. d. Hess. Mdlnnern v. 20. 10. 1949, Hess. Staatsanz. S 463. Zu § 19: 1) Nicht mehr anwendbar. — Geldstrafen, die auf Grund des Lebensmittelgesetzes oder auf Grund solcher Gesetze erkannt werden, auf die der § 19 des Lebensmittelgesetzes anwendbar ist, gebühren der Staatskasse. § 2 der VO. über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen v. 3. 9. 1936 (RGBl. I S. 715) ist mit Wirkung ab 1. 4. 1940 gestrichen. § 3 des V.Ges. z. Änd. des Finanzausgleichs v. 21. 2. 1940 (RGBl. I S. 391) und

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§§ 21, 22. — B V I I 2. Weingesetz. § 1

in den F ä l l e n des § 5 gemeinsam Landwirtschaft.

mit dem

Reichsminist n

für E r n ä h r u n g und

(2) D e r Reichsminister des Innern kann A u s n a h m e n von den Vorschriften dieses Gesetzes u n d den n a c h § 5 dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen zulassen. 1. für Versuche, die m i t seiner Genehmigung angestellt werden. 2. für Erzeugnisse, die für die Ausfuhr b e s t i m m t sind, soweit nicht die V o r schriften des Einfuhrlandes e n t g e g e n s t e h e n ; 3. in sonstigen Fällen vorübergehend, soweit die W i r t s c h a f t s l a g e es e r f o r d e r t 2 ) .

§ 21. [Ausländische Lebensmittel] In den n a c h § 5 zu erlassenden Verordnungen dürfen an die aus dem Ausland eingeführten L e b e n s m i t t e l u n d Bedarfsgegenstände keine geringeren A n forderungen gestellt werden als an gleichartige inländische. § 2 2 (nicht

abgedruckt)

B VII 2. Weingesetz V o m 25. J u l i 1 9 3 0 ( R G B l . I S. 356) in der F a s s u n g v o m 15. J u l i 1951 ( B G B l . I S. 4 5 0 ) * ) (Auszug.)

§ 1.

[Begriff]

W e i n ist d a s durch alkoholische Gärung aus d e m Safte der frischen W e i n t r a u b e 1 ) hergestellte G e t r ä n k 2 ) . AV. v. 20. 9. 1940 ( D J . S. 1085) Kr. 2. Für Rheinl.-Pfalz gilt das Ges. zur Finanzierung der Lebensmittelkontrolle v. 23. 12. 1949 (GVB1. S. 623), durch das § 19 geändert ist. Zu § 2 0 : 1) VO. über Wermutwein und Kräuterwein v. 20. 3. 1936 (RGBl. I S. 196). Die Befugnis zu ergänzenden RechtsVOen ist erloschen. Art. 129 GG. 2) VO. über Wurstwaren v. 14. 1. 1937 (RGBl. I S. 13). Zu B VII 2: *) Vgl. dazu AusfVO. v. 16. 7. 1932 (RGBl. S. 358), geändert Art. 20 Abs. 3 durch 2. VO. v. 29. 8. 1935 (RGBl. S. 1121); Art. 14 (aufgehoben) durch § 9 (Wermut)VO. v. 20. 3. 1936 (RGBl. S. 196); Art. 4 Abs. 2, 7 Abs. 2 und 3; Art. 13 Anl. 3 durch 3. VO. v. 6. 5. 1936 (RGBl. S. 443); Art. 10 Abs. 1 durch 4. VO. v. 22. 10. 1936 (RGBl. S. 906, 946); Art. 4 durch 5. VO. v. 14. 8. 1951 (BGBl. S. 525) — Vgl. auch AV. v. 30. 1. 1934 ( D J . S. 146) und v. 10. 9. 1934 ( D J . S. 1704) betr. Zuwiderhandlungen und § 67 StrafvollstreckungsO. v. 7. 12. 1935 ( D J . S. 1800) betr. Einziehung, Verwertung und Unbrauchbarmachung. — Siehe ferner Grundsätze für die einheitliche Durchführung des Weingesetzes v. 2. 11. 1933 (RGBl. S. 801), RiStV. 1953 Nr. 288; VO. über Wermutwein und Kräuterwein v. 20. 3. 1936 (RGBl. S. 196) u. 6. VO. zur Änderung der VO. über Wermut- und Kräuterwein v. 22.2.1954 (BGBl. I S. 14), strafbar nach § 26 Weingesetz, § 12 Lebensmittelgesetz. S c h r i f t t u m : Stenglein, Getränkegesetze 1952.

Nebengesetze Bd. I S .845; Holthöfer-Nüse.

1952;

Hieronimi,

Zu § 1: 1) Die Traube ist frisch, so lange ohne Zusatz fremder Feuchtigkeit sie Saft hergibt. Daher scheiden Rosinen, Korinthen für Weinbereitung aus, dagegen nicht nach der Ernte gelagerte Trauben. 2) Also nicht alkoholfreier Most und Traubendicksaft oder verdorbene, starkstichige oder aus stark gepreßten unfrischen Heferückständen hergestellte Erzeugnisse. E . 49, 375.

B VII 2. Weingesetz. §§ 2, 3

939

§ 2. [Verschnitt] (1) Es ist gestattet, Wein aus Erzeugnissen verschiedener Herkunft oder verschiedener Jahre herzustellen (Verschnitt)1). (2) Rotwein darf nur mit Rotwein verschnitten werden. Deutscher Rotwein darf nicht mit ausländischen Erzeugnissen verschnitten werden; es ist jedoch gestattet, deutschem Rotwein bis zu einem Viertel der Gesamtmenge ausländischen Rotwein zuzusetzen2). Auf welche Weise Schillerwein hergestellt wird, und inwieweit er verschnitten werden darf, regeln die Ausführungsbestimmungen 3 ). (3) Dessertwein (Südwein, Süßwein) darf nur mit Dessertwein verschnitten werden. Es ist jedoch gestattet, einem Dessertwein, der zur Ausfuhr gelangt, Wein anderer Art zuzusetzen, sofern die Eigenart des Dessertweins gewahrt bleibt; in welcher Weise zu verhindern ist, daß der Verschnitt in den inländischen Verkehr gelangt, regeln die Ausführungsbestimmungen4). (4) Auf die Weiterverarbeitung von Wein in den Schaumweinfabriken, Weinbrennereien und Weinessigfabriken findet die Vorschrift des Abs. 2 keine Anwendung. (5) Der aus amerikanischen Ertragskreuzungen gewonnene Wein darf nicht mit anderem Weine verschnitten werden. Er darf nur unter der Bezeichnung „Hybridenwein" in den Verkehr gebracht werden 5 ) 6 ). § 3. [Zuckerung] (1) Dem aus inländischen Trauben gewonnenen Traubenmost oder Weine, bei Herstellung von Rotwein auch der vollen Traubenmaische1), darf Zucker, auch in reinem Wasser gelöst2), zugesetzt werden, um einem natürlichen Mangel an Zucker oder Alkohol oder einem natürlichen Übermaß an Säure insoweit abzuhelfen, als es der Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art und Herkunft in guten Jahrgängen ohne Zusatz gewonnenen Erzeugnisses entspricht. Dieser Zusatz darf jedoch in keinem Falle mehr als ein Viertel der gesamten Flüssigkeit betragen 3 ). Die Ausführungsbestimmungen erläutern, was unter guten Jahrgängen zu verstehen ist 4 ). (2) Die Zuckerung darf nur in der Zeit vom Beginne der Traubenlese bis zum 31.Januar des auf die Ernte folgenden Jahres vorgenommen werden5); sie darf in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Januar bei ungezuckerten Weinen früherer Jahrgänge nachgeholt werden. Zu § 2: 1) Verschnitt ist die Vermischung verschiedener Weinsorten. 2) S. 2 ist weit auszulegen; jede Art von Beimischung ausländischer Erzeugnisse ist unzulässig. E. 72, 276. 3) Art. 1 der VO. v. 16. 7. 1932. 4) Art. 12 der VO. v. 16. 7. 1932. 5) Außer K r a f t gesetzt. § 34 Abs. 3. 6) Strafvorschrift § 26 u. § 11 LMG. Zu § 3 : 1) Maische ist Brei aus Saft und sonstigen Bestandteilen der Traube. Voll bedeutet, daß der Saft noch nicht entnommen ist. 2) W a n n der Zucker nur in trockenem Zustand oder auch als Zuckerwasserlösung zugesetzt werden darf, richtet sich nach dem Säuregehalt von Wein aus einem guten, d. h. normalen Jahrgang. RG. J W . 65 (1936), 1447 zu 18. 3) "Wenn durch einen geringeren Zusatz von Zuckerwasser, nicht Trocken-Zucker, Abhilfe geschaffen wird, muß man sich mit ihm begnügen, andernfalls Verstoß gegen § 26 Abs. 1 Nr. 1 RG. JW. 59 (1930), 1600; Stenglein, Nebengesetze Erg.-Bd. Anm. 2a zu § 3. Über Zuckerung der Moselweine siehe RdErl. v. 14. 10. 1942 (RMBliV. S. 2010). 4) Art. 2 der VO. v. 16. 7. 1932. 5) Die Zuckerungsfrist ist für die Jahrgänge 1950—1952 verlängert. Ges. v. 15. 7. 1951 (BGBl. I S. 450) und VO. v. 19. 5. 1952 (BGBl. I S. 142).

940

B V I I 2. Weingesetz. §§ 4, 5

(3) Die Zuckerung darf nur innerhalb der am Weinbau beteiligten Gebiete des Deutschen Reiches vorgenommen werden. (4) Die Absicht, Traubenmaische, Traubenmost oder Wein zu zuckern, ist der zuständigen Behörde anzuzeigen6). (5) Auf die Herstellung von Wein zur Schaumweinbereitung in den Schaumweinfabriken finden die Vorschriften der Abs. 2, 3 keine Anwendung. (6) In allen Fällen darf zur Weinbereitung nur technisch reiner nicht färbender Rüben-, Rohr-, Invert- oder Stärkezucker verwendet werden7).

§ 4.

[Kellerbehandlung]

(1) Unbeschadet der Vorschriften des § 3 dürfen Stoffe irgendwelcher Art dem Weine bei der Kellerbehandlung nur insoweit zugesetzt werden, als diese es erfordert. Die Ausführungsbestimmungen regeln, welche Stoffe verwendet werden dürfen, und geben Vorschriften über die Verwendung1). Der Zusatz von Alkohol irgendwelcher Art ist verboten 2 ). Die Ausführungsbestimmungen können Ausnahmen zulassen für Dessertweine, die zur Wiederausfuhr gelangen, sowie für Weine die nach tropischen Gegenden versandt werden 1 ). (2) In den Ausführungsbestimmungen kann die Anwendung bestimmter Verfahren der Kellerbehandlung verboten oder nur unter Beschränkungen zugelassen werden. (3) Die Kellerbehandlung umfaßt die nach Gewinnung der Trauben auf die Herstellung, Erhaltung und Zurichtung des Weines bis 3 ) zur Abgabe an den Verbraucher gerichtete Tätigkeit. (4) Versuche, die mit Genehmigung der zuständigen Behörde angestellt werden4), unterliegen diesen Beschränkungen nicht.

§ 5 . [Zulässige Bezeichnung] (1) Es ist verboten 1 ), Wein unter einer irreführenden Bezeichnung 2 ), Angabe oder Aufmachung anzubieten 3 ) zum Verkaufe vorrätig zuhalten, feilzuhalten 4 ), zu verkaufen 5 ) oder sonst in den Verkehr zu bringen 6 ). (2) Gezuckerter Wein darf nicht mit einer Bezeichnung, Angabe oder Auf6) Unterlassung der Anzeige strafbar nach § 27 Nr. 3. 7) Rechtsfolgen erlaubter Zuckerung §§ 5 Abs. 2 u. 4, unerlaubten Zuckerung §§ 13 Abs. 2, 14 u. 15. Strafvorschriften § 26 und Anm. 6. Zu § 4 : 1) Art 4 und Art. 12 der VO. v. 16. 7. 1932. 2) Sog. Aufspritung. Mag auch der Alkohol aus anderen Erzeugnissen der Weintraube durch Gärung und Destillation entnommen sein. Holthöfer-Nüse Anm. 3. 3) Danach ist die Behandlung des Weines, z. B . Weiterverarbeitung zur Bowle, Weinbrand frei. 4) Verschnitt- und Zuckerungsversuche. Strafvorschriften § 26. Zu § 5 : 1) Zwischen Abs. 1 und § 4 Ziff. 3 Lebensmittelgesetz besteht Gesetzeseinheit. E s gilt § 11 LMG. Nur das Zusetzen von Stoffen ist in § 4 untersagt, andere Behandlungsmethoden fallen nicht hierunter, sondern z. B . unter § 4 Ziff. 1 LMG. E . 71, 308. 2) Was insbesondere irreführende Bezeichnungen sind, besagt Art. 4 der VO. v. 16. 7. 1932. Vgl. auch Anm. 11 zu § 4 LMG. Die irreführende Bezeichnung muß sich auf den Wein beziehen. Irreführende Angaben über die Firma können gegebenenfalls unter § 4 UWG. (B I I I 6) fallen. BGH. v. 15. 11. 1951. GA. 1953, 79. 3) Anm. 4 zu § 3 LMG. 4) Anm. 5 zu § 3 LMG. 5) Anm. 6 zu § 3 LMG. 6) Anm. 7 zu § 3 LMG.

B VII 2. Weingesetz. § 6

941

machung versehen sein, die auf Reinheit des Weines oder auf besondere Sorgfalt bei der Gewinnung der Trauben deutet; solche Weine dürfen insbesondere nicht als naturrein, Wachstum, Gewächs oder Kreszenz, allein oder in Verbindung mit dem Namen eines bestimmten Weinbergsbesitzers oder Weinguts, bezeichnet werden 7 ). (3) Wein, der durch Filtration entkeimt oder mit so entkeimtem Traubenmost versetzt worden ist, gilt nicht als gezuckerter Wein. Soweit diese Entkeimung vor vollendeter Gärung erfolgt oder so entkeimter Traubenmost zugesetzt ist, darf der Wein indes mit einer der im Abs. 2 angeführten Bezeichnungen nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn er zugleich eine auf diese Behandlung deutlich hinweisende Bezeichnung trägt 8 ). (4) Wer Wein gewerbsmäßig inVerkehr bringt, ist verpflichtet 9 ), dem Abnehmer auf Verlangen vor der Übergabe mitzuteilen, ob der Wein gezuckert, verschnitten, vor vollendeter Gärung entkeimt oder mit entkeimtem Traubenmost versetzt worden ist, und sich beim Erwerbe von Wein, die zur Erteilung dieser Auskunft erforderliche Kenntnis zu sichern. (5) Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen 1 0 ); sie können insbesondere bestimmen, welche Bezeihnungen, Angaben oder Aufmachungen nach Abs. 1 bis 3 verDoten oder zulässig sind.

§ 6. [Herkunfts- und Lagebezeichnungen] (1) I m gewerbsmäßigen Verkehre 1 ) mit Wein dürfen geographische Bezeichnungen nur zur Kennzeichnung der Herkunft verwendet werden 2 ). (2) Die Vorschriften des § 16 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441) in der Fassung vom 7. Dezember 1923 ( R G B l . II S. 445) 3 ) und des § 5 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499) 4 ) finden auf die B e nennung von Wein keine Anwendung 6 ). E s ist jedoch gestattet, die Namen einzelner 7) Verboten sind auch die Bezeichnungen: unverfälschter, reiner, Meßwein. 8) Nur das in Abs. 3 ausdrücklich genannte Verfahren ist gestattet, kein anderes ähnliches Verfahren, z. B. nicht Eindicken des Mostes, Gewinnung von Strohwein oder Eis- und Gefrierwein oder auch nicht das Vakuumverfahren (Verdampfen eines Teiles des Wassergehaltes unter verdünnter Luft; dann Verstoß gegen § 4 LMG.) E. 71, 308. 9) Verletzung der Auskunftspflicht strafbar nach § 27 Nr. 2. 10) Art. 5 und 6 der VO. v. 16. 7. 1932. Zu § 6 : 1) Entsprechend § 32 gehören hierzu auch die Betriebe der Genossenschaften und ähnlicher Vereinigungen. 2) Geographische Bezeichnung muß geographischen Sinn erkennen lassen, insbesondere bei den Verkehrskreisen, an die sie sich wendet, jedoch können auch durch den Volksmund Bezeichnungen geschaffen werden, die dann zu beachten sind, Stenglein, Anm. 1 zu § 6, z. B. Zeller Schwarze Katze. Köln HRR. 1932 Nr. 2334. Die Herkunftsbezeichnung muß wahr sein. Strafvorschriften bei irreführender Bezeichnung § 11 LMG. Abs. 2 Satz 2 gestattet nur, eine andere Bezeichnung an Stelle der der wahren Herkunft entsprechenden zu setzen; deshalb kann auch an deren Stelle höchstens die eigentliche wahre wieder gesetzt werden; eine in einer Hand vereinigte Weinmenge mit demselben Entwicklungsgang muß unter einer Bezeichnung in Handel gebracht und feilgehalten werden, E. 71, 87. — Abs. 1 gilt auch für Wein, dessen Trauben im Ausland gewachsen sind, so daß Bezeichnungen wie Malaga, Portwein, Tokayer usw. unzulässig sind, wenn der Wein nicht aus dem angegebenen Gebiet kommt. E. 45, 143, OLG. Jena HRR. 1931 Nr. 90. 3) In Fassung v. 18. 7. 1953, abgedruckt unter B III 10. 4) In Fassung v. 26. 2. 1935 (RGBl. I S. 311) abgedruckt unter B III 6. 5) Also nicht ist zulässig eine geograph. Bezeichnung als Bezeichnung der Beschaffenheit. Die Bezeichnung deutscher Weine als Burgunder oder „deutscher Burgunder" ist unzulässig; darüber Holthöfer-Nüse Anm. 5.

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B V I I 2. Weingesetz. §§ 7 — 1 0

Gemarkungen oder Weinbergslagen, die mehr als einer Gemarkung angehören, zu benutzen, um gleichartige und gleichwertige6) Erzeugnisse benachbarter oder nahegelegener Gemarkungen oder Lagen zu bezeichnen7). Die Ausführungsbestimmungen8) haben nähere Anordnungen darüber zu treffen, inwieweit Gemarkungen als nahegelegen oder benachbart im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind.

§ 7. [Bezeichnung von Verschnitt] (1) Ein Verschnitt aus Erzeugnissen verschiedener Herkunft darf nur dann nach einem der Anteile allein benannt werden, wenn dieser mindestens zwei Drittel der Gesamtmenge beträgt und die Art bestimmt 1 ); dabei finden die Vorschriften des § 6 Abs. 2 Satz 2 Anwendung2). Die Angabe einer Weinbergslage ist jedoch nur dann zulässig, wenn der aus der betreffenden Lage stammende Anteil nicht gezuckert ist. (2) Ein Verschnitt darf nicht als Wachstum, Gewächs oder Kreszenz, allein oder in Verbindung mit dem Namen eines bestimmten Weinbergsbesitzers oder Weinguts, bezeichnet werden. (3) Die Beschränkungen der Bezeichnung treffen nicht die Vermischung von Trauben, Traubenmaische oder Traubenmost mit Trauben, Traubenmaische oder Traubenmost gleichen Wertes derselben oder einer benachbarten Gemarkung sowie den Verschnitt von selbstgewonnenen Weinen gleichen Wertes derselben oder einer benachbarten Gemarkung und den Ersatz der Abgänge, die sich aus der Pflege des im Fasse lagernden Wreines ergeben3).

( § 8. [Ausnahmen]' § 6 Abs. 2 Satz 2 und § 7 gelten nicht für die Verwendung von französischen und portugiesischen geographischen Bezeichnungen1).

§ 9. [Verbot des Nachmachens] Es ist verboten, Wein nachzumachen 1 ).

§ 10. [Weinähnliche Getränke] (1) Unter das Verbot des § 9 fällt nicht die Herstellung von dem Weine ähnlichen Getränken aus dem Safte von frischem Stein-, Kern- oder Beerenobst sowie aus 6) E s muß also neben der stofflich-geschmacklichen Kaufwertes, der Preislage gegeben sein. E . 68, 26. 7) Siehe § 8. 8) Diese sind nicht ergangen.

Gleichartigkeit

Gleichheit des

Z u § 7 : 1) Art ist die der fraglichen Gegend oder Weinbergslage eigene Besonderheit des Erzeugnisses nach Geschmack, Bukett, Gärung und Farbe. E . 68, 29. 2) Auch die im § 6 enthaltene Beschränkung auf den gewerbsmäßigen Verkehr. E . 52, 49. 3) Von den Beschränkungen des Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 tritt durch Abs. 3 Befreiung ein. E . 68, 26. Siehe auch § 8. Straf Vorschriften siehe § 6 Anm. 8. Z u § 8 : 1 ) Hierunter fallen auch die Weine aus Elsaß-Lothringen und Madeira. Z u § 9 : 1) Nachmachen von Wein ist Verfertigung eines Getränkes, das nicht wirklich Wein ist, aber nach seiner Beschaffenheit (äußere Erscheinung, Geschmack, Geruch, Farbe, Flüssigkeitsgrad) im Durchschnittspublikum zur Verwechslung geeignet ist, E . 45, 3 4 6 ; 46, 2 6 1 ; 47, 134; 4 8 , 3 8 2 ; 77, 248. Nachmachen ist auch verboten, wenn es kenntlich gemacht ist. Gewerbsmäßigkeit ist nicht erforderlich. E . 46, 261. — Strafvorschriften § 26. Verfälschung Art. 4 VO. v. 16. 7. 1932 und § 4 LMG. Zwischen Inverkehrbringen verfälschten (§ 4) und nachgemachten Weines (§ 9) ist Fortsetzungszusammenhang möglich. E . 71, 17.

B VII 2. Weingesetz. §§ 11—18

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Hagebutten und Schlehen, aus frischen Rhabarberstengeln, aus Malzauszügen1) oder aus Honig. (2) Wein2) darf beider gewerbsmäßigen Herstellung der im Abs. 1 bezeichneten Getränke nicht verwendet werden. Die Ausführungsbestimmungen können auch die Verwendung anderer Stoffe beschränken oder untersagen, sowie bestimmen, welche Stoffe verwendet werden dürfen, und Vorschriften über die Verwendung geben3). (3) Die im Abs. 1 bezeichneten Getränke dürfen im Verkehr als Wein nur in solchen Wortverbindungen bezeichnet werden4), welche die Stoffe kennzeichnen5), aus denen sie hergestellt sind. Werden solche Getränke mit Phantasienamen bezeichnet6), so muß der Bezeichnung eine Angabe über die Stoffe beigefügt werden, aus denen sie hergestellt sind7). §§ 11—16 (nicht abgedruckt) § 17. [Schaumwein] (1) Schaumwein (Sekt) ), der gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten wird, muß eine Bezeichnung2) tragen, die das Land erkennbar macht, in dem er auf Flaschen gefüllt worden ist3); bei Schaumwein, dessen Kohlesäuregehalt ganz oder teilweise auf einem Zusatz fertiger Kohlensäure beruht, muß die Bezeichnung die Herstellungsart ersehen lassen4). Dem Schaumwein ähnliche Getränke5) müssen eine Bezeichnung tragen, die erkennen läßt, welche dem Wein ähnliche Getränke zu ihrer Herstellung verwendet worden sind6). Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen. (2) und (3) nicht abgedruckt. 1

§ 18. [Trinkbranntwein] (1) Trinkbranntwein, dessen Alkohol ausschließlich aus Wein gewonnen1) und der nach der Art des Kognaks hergestellt ist2), darf als Weinbrand bezeichnet werden3). Trinkbranntwein, der neben Weinbrand Alkohol anderer Art4) enthält, darf als Weinbrandverschnitt bezeichnet werden, wenn wenigstens ein Zehntel des Alkohols aus Weinbrand stammt. Andere Getränke und Grundstoffe zu GeZ u § 10: 1) Malz ist gekeimte und gedorrte Gerste. 2) Auch nicht Weintrauben, Traubenmaische oder Traubenmost. § 12. 3) Art. 7 der VO. v. 16. 7. 1932. 4) Z. B. Johannisbeerwein, Apfelriesling. 5) Obstwein, Beerenwein, Fruchtwein. 6) Auch Fremdwörter wie Pomona. 7) Strafvorschriften: § 26 und §§ 4, 11 LMG. Z u § 17: 1) Schaumwein ist nach der Begriffsbestimmung im Schaumweinsteuergesetz Wein mit einem Kohlensäuregehalt, der so stark ist, daß er beim Öffnen der Flasche unter Aufbrausen entweicht. Nicht als Schaumwein wird der sog. Perlwein angesehen, der seinen — geringeren — Kohlensäuregehalt (Spritzigkeit) durch Kellerbehandlung erhält. 2) Art. 17 VO. v. 16. 7. 1932 .Sonstige Bezeichnungen unterliegen den Vorschriften des § 4 Nr. 3 LMG., §§ 3, 4 UWG. und § 26 WZG. Als „Champagner" darf Sekt nur bezeichnet werden, wenn er in der Champagne aus dort gewonnenen Trauben hergestellt ist. 3) Anders als nach § 18 Abs. 6. 4) Nicht vorgeschrieben bei Obstwein, vgl. auch Art. 17 b der VO. v. 16. 7. 1932. 5) Grundstoff ist Obstwein. 6) Art. 17 c der VO. v. 16. 7. 1932. Z u § 18: 1) Art. 15 Nr 2) Art. 15 Nr. 5 VO. v. 3) Art. 18 VO. v. 16. 7. 4) Art. 16 Nr. 2 VO. v.

1 VO. v. 16. 7. 1932. 16. 7. 1932. 1932. 16. 7. 1932 (z. B. aus Kartoffeln, Getreide).

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B VII 2. Weingesetz. § 22

tränken dürfen nicht als Weinbrand oder mit einer das Wort Weinbrand enthaltenden Wortbildung bezeichnet werden, auch darf das Wort Weinbrand kein Bestandteil anderer Angaben der Flaschenaufschrift sein; auf Eierweinbrand findet dieses Verbot keine Anwendung 5 ). (2) Weinbrand und Weinbrandverschnitt dürfen nur mit den für den Verkehr innerhalb des Ursprungslandes vorgeschriebenen Begleitscheinen in das Deutsche Reich eingeführt werden. (3) Weinbrand, der nach französischem Rechte die Bezeichnung Cognac tragen darf 6 ) und in trinkfertigem Zustand, entweder in Frankreich oder unter deutscher Zollaufsicht auf Flaschen gefüllt, mit den für den Verkehr innerhalb des Ursprungslandes vorgeschriebenen Begleitscheinen zur Einfuhr gelangt und unverändert geblieben ist, darf als Kognak (Cognac) bezeichnet werden. Andere Getränke und Grundstoffe zu Getränken dürfen nicht als Kognak (Cognac) oder mit einer das Wort Kognak (Cognac) enthaltenden Wortbildung bezeichnet werden; auch darf das Wort Kognak (Cognac) kein Bestandteil anderer Angaben der Flaschenaufschrift sein. (4) Die Vorschriften des Abs. 1, 3 finden auch auf solche Bezeichnungen Anwendung, die mit dem Namen Kognak, Weinbrand oder Weinbrandverschnitt verwechselt werden können 7 ). (5) nicht abgedruckt. (6) Trinkbranntwein, der in Flaschen oder ähnlichen Gefäßen unter der Bezeichnung Kognak, Weinbrand oder Weinbrandverschnitt gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten wird, muß zugleich8) eine Bezeichnung tragen, welche das Land erkennbar macht, in dem er für den Verbrauch fertiggestellt worden ist. Das Nähere regeln die Ausführungsbestimmungen 9 ). (7) nicht abgedruckt.

§ 22. [Kontrolle und Probeentnahme] Die zuständigen Beamten und Sachverständigen (§ 21) sind befugt, in Räume, in denen Traubenmaische, Traubenmost, Wein, weinhaltige Getränke, dem Wein ähnliche Getränke, Schaumwein, dem Schaumwein ähnliche Getränke, Weinbrand oder Weinbrandverschnitt hergestellt, verarbeitet, feilgehalten, gelagert oder verpackt werden, sowie in die zugehörigen Lager- und Geschäftsräume, ebenso in die Geschäftsräume von Personen, die gewerbsmäßig Geschäfte über solche Erzeugnisse vermitteln, einzutreten 1 ), in diesen Räumen, sowie in den dem Betriebe dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vorzunehmen, geschäftliche Aufzeichnungen, Frachtbriefe und Bücher einzusehen und nach ihrer Auswahl Proben zum Zwecke der Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen. Über die Probeentnahme 2 ) ist eine Empfangsbescheinigung zu erteilen. Ein Teil der Probe ist amtlich verschlossen oder versiegelt zurückzulassen. Soweit nicht der Besitzer ausdrücklich darauf verzichtet, ist für die entnommene Probe eine angemessene Entschädigung zu leisten 3 ). 5) 6) 7) 8) 9)

Eierweinbrand darf als Alkohol nur Weinbrand enthalten. Art. 275 Versailler Vertrag. Z. B. Rheinbrand, Goldbrand. Daneben Bezeichnungen wie „Extra", „Dreistern", „Spezial" zulässig. Art 18 VO. v. 16. 7. 1932.

Z u § 22: 1) Gewaltsame Hinderung des Eintritts ist Vergehen nach § 113 StGB. 2) Vgl. Anm. 4, 5 zu § 6 LMG. (B VII 1). .3) Vgl. Anm. 6 zu § 6 LMG.

B VII 2. Weingesetz. §§ 23—2G

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§ 23. [Auskunfterteilung] Die Inhaber der im § 22 bezeichneten Räume sowie die von ihnen bestellten Betriebsleiter und Aufsichtspersonen 1 ) sind verpflichtet, den zuständigen Beamten und Sachverständigen auf Erfordern diese Räume zu bezeichnen, sie bei der Besichtigung zu begleiten oder durch mit dem Betriebe vertraute Personen begleiten zu lassen und ihnen Auskunft über das Verfahren bei Herstellung der Erzeugnisse, über den Umfang des Betriebs, über die zur Verwendung gelangenden Stoffe, insbesondere auch über deren Menge und Herkunft, zu erteilen sowie die geschäftlichen Aufzeichnungen, Frachtbriefe und Bücher, und zwar auf Verlangen, auch in den zu kontrollierenden Räumen, vorzulegen. Personen, die gewerbsmäßig Geschäfte über Traubenmaische, Traubenmost, Wein, weinhaltige Getränke, dem Weine ähnliche Getränke, Schaumwein, dem Schaumwein ähnliche Getränke, Weinbrand oder Weinbrandverschnitt vermitteln, sind verpflichtet, Auskunft über die von ihnen vermittelten Geschäfte zu erteilen sowie die geschäftlichen Aufzeichnungen und Bücher vorzulegen. Die Erteilung von Auskunft kann jedoch verweigert werden, soweit derjenige, von welchem sie verlangt wird, sich selbst oder einem der im § 52 Nr. 1 bis 3 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde. § 24. [Verschwiegenheitspflicht] (1) ) Die mit der Überwachung des Wein Verkehrs betrauten Beamten und Sachverständigen (§ 21) sind, vorbehaltlich der dienstlichen Berichterstattung und der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten, verpflichtet, über die Tatsachen und Einrichtungen, die durch ihre Tätigkeit zu ihrer Kenntnis kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Mitteilung und Verwertung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen zu enthalten, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind. (2) Die Sachverständigen sind hierauf zu beeidigen. 1

§ 26. [Vergehen] (1) Mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. den Vorschriften des § 2 Abs. 2, 3, 5 Satz 1, des § 3 Abs. 1 bis 3, 6, der §§ 4, 9,10 Abs. 2 Satz 1, des § 11 Abs. 3, 51) der §§ 132), 14 Abs. 33), des § 15 oder den auf Grund des § 2 Abs. 2 Satz 3, des § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, des § 10 Abs. 2 Satz 2, des § 11 Abs. 2 oder des § 16 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt; 2. Stoffe, deren Verwendung bei der Herstellung, Behandlung oder Verarbeitung von Wein, Haustrunk, weinhaltigen Getränken, dem Weine ähnlichen Getränken, Schaumwein, dem Schaumwein ähnlichen Getränken, Weinbrand oder Weinbrandverschnitt unzulässig ist oder die zur Nachmachung von Wein dienen, für diese Zwecke ankündigt 4 ), feilhält 4 ), Zu § 23: 1) Über Inhaber und Betriebsleiter vgl. Anm. 1, 2 zu § 8 LMG. Aufsichtspersonen sind z. B. Oberküfer, Lagerhalter, Nachtwächter. Z u § 24: 1) Siehe § 9 LMG. (B VII 1). Zu § 26: I) § 11 betrifft Haustrunk (Hausweine). 2) Nach § 13 dürfen Traubenmaische, Traubenmost und Weine, die aus amerik. Ertragserzeugnissen gewonnen sind, nicht in Verkehr gebracht werden. 3) §§ 14 Abs. 3 und 15 betreffen ausländische Trauben und Erzeugnisse. 4) Siehe Anm. 13 zu § 184 StGB. Über Feilhalten und Verkaufen s. Anm. 8, 9 zu § 3 LMG., über Ansichbringen Anm. 8 zu § 259 StGB. 60

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B VII 2. Weingesetz. §§ 27, 28

verkauft 4 ) oder an sich bringt4) oder einen diesen Zwecken dienenden Verkauf solcher Stoffe vermittelt 5 ); 3. den Vorschriften des § 2 Abs. 5 Satz 2, des § 5 Abs. 1 bis 3, der §§ 6, 7, des § 10, Abs. 3 der §§ 17, 18 oder den nach §§ 5, 17, 18 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt; 4. unrichtige Eintragungen in die nach § 19 zu führenden Bücher macht, die nach § 23 von ihm geforderte Auskunft unrichtig erteilt oder Bücher oder Geschäftspapiere, welche nach § 19 Abs. 3 aufzubewahren sind, vor Ablauf der dort bestimmten Frist vernichtet oder beiseiteschafft 6 ). (2) In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 ist auch der Versuch strafbar. (3) Ist in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen, so tritt Geldstrafe oder Haft ein. § 27. [Übertretung] Mit Geldstrafe oder mit Haft wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. außer in den Fällen des § 26 Abs. 1 Nr. 4 den Vorschriften über die nach § 19 zu führenden Bücher zuwiderhandelt; 2. die nach § 5 Abs. 4 zu erteilende Auskunft nicht oder unrichtig erteilt; 3. die nach § 3 Abs. 4, § 11 Abs. 4 vorgeschriebenen Anzeigen nicht erstattet oder den auf Grund des § 11 Abs. 4 erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt ; 4. den Vorschriften des § 20 Abs. 1, 2 oder einem nach § 20 Abs. 3 ergangenen Verbote zuwiderhandelt; 5. außer in den Fällen des § 26 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 den durch § 23 auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt; 6. den auf Grund des § 25 Abs. 3 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt. § 28. [Nebenstrafen] (1) In den Fällen des § 26 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 ist neben der Strafe auf Einziehung1) oder Vernichtung der Erzeugnisse oder Stoffe2) zu erkennen, auf die sich die Zuwiderhandlung bezieht3), auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Bei fahrlässigen Zuwiderhandlungen gegen die im § 26 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Vorschriften und bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Zuwiderhandlungen gegen die im § 26 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Vorschriften kann dies geschehen. (2) Die Vorschriften des Abs. 1 finden auch dann Anwendung, wenn die Strafe auf Grund eines anderen Gesetzes zu bestimmen ist4). (3) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Vernichtung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen3). 5) Sowohl der Zwischenhändler wie der Erwerber, der die Stoffe selbst zur Weinbereitung verwenden will, sind strafbar. E. 71, 17. Also wer Obstwein als Wermutwein verkauft. E. 72, 302. — Über das Verhältnis zum fortgesetzten Betrug und zur Zollhinterziehung siehe E. 72, 276. Vgl. § 31. 6) Über Beiseiteschaffen s. Anm. 7 zu § 288 StGB. Zu § 28: 1) Sicherungs- und Vorbeugungsmaßregeln, nicht Strafe. LG. Görlitz D J . 1935, 1580. Daneben ist Einziehung nach §§ 40, 42 StGB, zulässig. Über Verwertung des eingezogenen Weines § 67 StVO. unter D 3. 2) Nicht des durch Veräußerung vor rechtskräftiger Einziehung erzielten Erlöses, E. 52, 127, auch nicht neuer Erzeugnisse. E. 52, 47. 3) Vgl. Anm. 2 bis 4 zu § 13 LMG. 4) Wird durch einen Verstoß gegen das Weingesetz zugleich ein Gesetz mit schwererer Strafdrohung verletzt, so ist nach dem Subsidiaritätsgrundsatz in § 31 das Weingesetz unan-

B VII 2. Weingesetz. §§ 29—33

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§ 29 1 ). [Urteilsbekanntmachung] (1) In den Fällen des § 26 kann neben der Strafe angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. Auf Antrag des freigesprochenen Angeklagten kann das Gericht anordnen, daß der Freispruch öffentlich bekanntzumachen ist; die Staatskasse trägt in diesem Falle die Kosten, sofern sie nicht nach § 469 der Strafprozeßordnung dem Anzeigenden auferlegt worden sind. (2) In der Anordnung ist die Art der Bekanntmachung zu bestimmen; sie kann auch durch Anschlag an oder in den Geschäftsräumen des Verurteilten oder Freigesprochenen erfolgen. § 30. [Verletzung der Geheimhaltungspflicht] (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig der durch § 24 Abs. 1 auferlegten Verpflichtung zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft 1 ). (2) Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Verletzten ein; die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. §31.

[Zusammentreffen]

Die Strafvorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, wenn die Tat nach anderen Vorschriften mit höherer Strafe bedroht ist 1 ). Ist die Tat nach anderen Vorschriften mit der gleichen oder einer niedrigeren Strafe bedroht, so finden nur die Strafvorschriften dieses Gesetzes Anwendung. § 32.

[Gewerbsmäßigkeit]

Als gewerbsmäßig im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Betriebe der Genossenschaften und ähnlicher Vereinigungen anzusehen. § 33. Verhältnis zu anderen Gesetzen Die Vorschriften anderer die Herstellung und den Vertrieb von Wein betreffender Gesetze, insbesondere des Gesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) v. 5. 7. 1927 (RGBl. I S. 134), des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen v. 12. 5. 1894 (RGBl. S. 441) in der Fassung v. 7.12. 1923 (RGBl. II S. 445) und v. 21. 3.1925 (RGBl. II S. 115)1) und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb v. 7. 6.1909 (RGBl. S. 499) in der Fassung v. 21. 3.1928 (RGBl. II S. 115)1) bleiben unberührt, soweit wendbar (vgl. Anm. 1 zu § 31). § 28 Abs. 2 durchbricht diesen Grundsatz bezgl. der Einziehung und Vernichtung. Z u § 2 9 : 1) Vgl. die Anm. zu § 15 LMG. Zu § 3 0 : 1) § 353 b StGB, bleibt unberührt. Zu § 31: 1) So geht*§ 263 StGB, dem Weingesetz vor. Stehen Täuschungshandlungen mit und ohne betrügerische Absicht in Fortsetzungszusammenhang, besteht Tateinheit zwischen § 263 StGB, und § 26 Weingesetz, RG. D J . 1937, 206. Bei Betrug durch Lieferung nachgemachten Weines gelangt neben § 263 StGB, auch § 11 Lebensmittelgesetz zur Anwendung. BGH. v. 7. 12. 1951, GA. 1953, 79. § 13 Lebensmittelgesetz ist nicht anwendbar, wenn zugleich § 26 Weingesetz verletzt ist. E. 70, 104. Trifft ein Vergehen gegen § 26 Weingesetz in Tateinheit zusammen mit Zollhinterziehung, so ist trotz § 31 Weingesetz Geldstrafe wegen der Zollhinterziehung neben der Strafe aus § 26 Weingesetz zu verhängen. E. 72, 276. — Eine Ausnahme von § 31 schreibt § 28 Abs. 2 vor. Zu § 33: 1) Vgl. Anm. 3, 4 zu § 6. 60*

948

B V I I 3. Milchgesetz. §§ 1, 2

nicht die Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen. Die Vorschriften der §§ 20, 212) des Lebensmittelgesetzes finden auch bei Strafverfolgungen auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Durch die Landesregierungen kann jedoch bestimmt werden, daß die auf Grund dieses Gesetzes auferlegten Geldstrafen ganz oder teilweise zur Deckung der Kosten zu verwenden sind, die durch die Bestellung von Sachverständigen auf Grund des § 21 dieses Gesetzes entstehen.

B VII 3. Milchgesetz Vom 31. Juli 1930 (RGBl. 1930 I S. 421) in der Fassung vom 2. und 23. 3., 11. 5. und 20. 7. 1933 (RGBl. 1933 I S. 97 143, 261, 527) u. v. 28. 2. 1951 (BGBl. I S. 135)*) (Auszug)

§ 1. [Anwendungsbereich] (1) Diesem Gesetz unterliegt der Verkehr mit Kuhmilch und den aus Kuhmilch gewonnenen Erzeugnissen, soweit sie für den menschlichen Genuß bestimmt sind. Doch erstreckt sich das Gesetz, abgesehen von den Vorschriften in §§ 3, 4 nicht auf den Verkehr mit diesen Lebensmitteln innerhalb des Haushalts, in dem sie Verwendung finden. (2) Die Ausführungsbestimmungen können vorschreiben, wieweit dieses Gesetz auch für Milch anderer Tiere, einschließlich der Erzeugnisse gelten soll. (3) Als Milch im Sinne dieses Gesetzes gilt auch zubereitete Milch.

§ 2. [Begriff des Verbrauchers] (1) Verbraucher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Milch oder Milcherzeugnisse zum persönlichen Genuß oder zur Verwendung im eigenen Haushalt bezieht. 2) J e t z t §§ 18, 19 LM. i. d. F. v. 17. I. 1936. Vgl. wegen des § 19 LMG. dort Anm. 1. Zu B VII 3 : *) Dazu I. AusfVO. v. 15. 5. 1931 (RGBl. I S. 150), Strafbest. §§ 21 Abs. 4, 29 Abs. 3; Änd.: § 1 Abs. 3 der I I I . AusfVO, durch § 4 des Milch- und Fettges. v. 10. 12. 1952 (siehe unten) geändert. § 28 des Ges. v. 20. 7. 1933 (RGBl. I S. 527) aufgehoben; § 21 Abs. 1 der IV. AusfVO. § 29 der V. AusfVO., §§ 2, 8, 10 der V I . AusfVO. und der V I I I . AusfVO. — II. AusfVO. v. 8 . 1 2 . 1 9 3 3 ( R G B l . I S.1062). — I I I . AusfVO. v. 3. 4., IV. AusfVO. v. 2 0 . 1 2 . 1 9 3 4 (RGBl. I S. 299, 1267). — V. AusfVO. v. 25. 4. 1936 (RGBl. I S. 399), in der F. der V I I I . AusfVO. Strafbest. § 6. — V I . AusfVO. v. 31. 3. 1937 ( R G B l . I S. 431). — V I I . AusfVO. v. 12. 6. 1939 ( R G B l . I S. 1011). — V I I I . AusfVO. v. 23. 1. 1941 (RGBl. I S. 101). — Preuß. DurchfVO. v. 16. 12. 1931 (GS. S. 259) i. d. F. v. 20. 10. 1934 (GS. S. 245) und v. 19. 12.1935 (GS. S. 159). — Daneben vgl. Gesetz über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen, und Fetten (Milch- und Fettgesetz) v. 28. 2. 1951 (BGBl. I S. 135) i. F. v. 10. 12. 1952 (BGBl. I S. 811) I. Teil: Milch- und Milcherzeugnisse. 2. Teil: Fette. 3. Teil: Preisregelung Umlagen, Gütezeichen (§ 24), Buchführungs-, Melde-, Auskunfts- und Verschwiegenheitspflicht (§§ 25 bis 28). — Das Milch- und Fettgesetz ist von Berlin durch Ges. v. 6. 2. 1953 (GBl. S. 132) übernommen. (Strafbest. § 30), dazu I. DurchfVO. v. 7. 3. 1951 (BGBl. I S. 202), Satzung der Einfuhr- und Vorratsstelle für Fette, abgedruckt bei Dietrich, Kommentar z. d. Ges. 2. Auflage, S. 80, 2. DurchfVO. v. 26. 9. 1951 (Bundesanz. Nr. 189) und 3. Durchführungsverordnung (Bundesanz. Nr. 230). Nach § 1 des Milch- u. Fettges. sind Milcherzeuger ( = alle Kuhhalter) grundsätzlich verpflichtet, Milch u. Sahne (Rahm), die sie in den Verkehr bringen, an eine Molkerei zu liefern; eine Ablieferung unmittelbar an Händler oder Verbraucher bedarf der Genehmigung. S c h r i f t t u m : Nathusius-Nelson, Komm. 1930; Holthöfer-Nüse, Teil I S. 311 (314)•, Stenglein, Nebengesetze Erg. Bd. S. 112. R i S t V . 1953 Nr. 294.

Lebensmitteiges. Bd. I I

B VII 3. Milchgesetz. §§ 3—6

949

(2) Als Verbraucher gelten außerdem Gastwirte, Schankwirte und andere Gewerbetreibende, soweit sie diese Lebensmittel zur Verwendung 1 ) innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen. Das Entsprechende gilt für Krankenhäuser, Heilanstalten, Erziehungsanstalten, Wohlfahrtsanstalten und ähnliche Einrichtungen. (3) Milchwirtschaftliche Unternehmen sind nicht Verbraucher im Sinne dieses Gesetzes.

I. Allgemeine Vorschriften über den Verkehr mit Milch § 3. [Gesundheitsschädliche Milch] (1) Milch von Kühen, deren Gesundheitszustand die Beschaffenheit der Milch nachteilig beeinflussen kann, darf vorbehaltlich der Vorschriften des § 4, weder als solche in den Verkehr gebracht 1 ) noch zu Milcherzeugnissen oder anderen Lebensmitteln verwendet werden. (2) Dieses Verbot bezieht sich insbesondere auf Milch von Kühen, die mit äußerlich erkennbarer Tuberkulose behaftet sind, sofern sie sich in der Lunge in vorgeschrittenem Zustand befindet oder Euter, Gebärmutter oder Darm ergriffen hat. (3) Das Verbot des Abs. 1 gilt auch dann, wenn das Vorhandensein einer der Tuberkuloseformen des Abs. 2 in hohem Grade wahrscheinlich ist.

§ 4. [Erhitzung und andere Schutzmaßnahmen] (1) Milch von Kühen, die an Maul- und Klauenseuche leiden, sowie Milch, die aus Beständen stammt, in denen diese Seuche herrscht, ebenso Milch von Kühen, die an äußerlich erkennbarer Tuberkulose, abgesehen von den im §3 Abs. 2 und 3 genannten Formen .erkrankt sind oder bei denen einfacher Verdacht der Eutertuberkulose besteht, darf als solche nur in den Verkehr gebracht oder zur Herstellung von Milcherzeugnissen oder anderen Lebensmitteln verwendet werden, wenn durch ausreichende Erhitzung oder ein gleichwertiges Verfahren jede Gefahr für die Gesundheit beseitigt ist. (2) Die Ausführungsbestimmungen regeln, inwieweit in den Fällen des Abs. 1 die gedachte Bearbeitung innerhalb oder außerhalb der Betriebsstätte des Erzeugers zu erfolgen hat. (3) Ferner können die Ausführungsbestimmungen weitere Ausnahmen von der Vorschrift des § 3, abgesehen von den Fällen des § 3 Abs. 2 und 3, zulassen, wenn die Milch durch ausreichende Schutzmaßregeln, insbesondere durch Bearbeitung oder Verarbeitung, für den menschlichen Genuß tauglich gemacht wird.

§ 6. [Einwandfreie Behandlung] (1) Die Milch muß im Betriebe des Erzeugers bei und nach der Gewinnung und auf dem Wege vom Erzeuger bis zum letzten Verbraucher so behandelt werden, daß sie, soweit dies durch Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vermeidbar ist, weder mittelbar noch unmittelbar einer nachteiligen Beeinflussung insbesondere durch Staub, Schmutz aller Art, Gerüche oder Krankheitserreger oder durch die Witterung ausgesetzt ist 1 ). Zu § 2: 1) Gleichviel, ob zum Ausschank oder zur Verwendung bei der Zubereitung von Lebensmitteln. Zu § 3: 1) Vgl. Anm. 10 zu § 3 LMG. (B VII I). Zu § 6 : 1 ) Einer nachteiligen Beeinflussung ist die Milch schon dann ausgesetzt, wenn infolge der Art und Weise der Behandlung ein Zustand unmittelbarer G e f ä h r d u n g besteht, d. h. wenn es infolge der Behandlung n a h e l i e g t , daß die Milch verschmutzt oder mit schädlichen Keimen durchsetzt oder ihre einwandfreie Beschaffenheit in anderer Weise be-

950

B V I I 3. Milchgesetz. §§ 7—10

(2) Das gilt ebenso, wenn die Milch nicht als solche an den Verbraucher abgegeben, sondern zu Milcherzeugnissen oder anderen in den Verkehr gelangenden Lebensmitteln verwendet wird.

§ 7. [Beschaffenheit von Räumen und Gegenständen] (1) Alle Räume, Wo Milch aufbewahrt 1 ), bearbeitet, feilgehalten, abgegeben und verarbeitet wird, müssen so beschaffen, ausgestattet und gelegen sein und so behandelt und benutzt Werden, daß die Milch, soweit dies durch Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vermeidbar ist, keiner nachteiligen Beeinflussung im Sinne des § 6 ausgesetzt ist. (2) Dasselbe gilt für die Beschaffenheit, Behandlung und Benutzung von Einrichtungen und Gegenständen, die mit Milch in Berührung kommen, wie Gefäßen, Geräten, Rohrleitungen, Zapfhähnen und Beförderungsmitteln. (3) Die im Abs. 2 genannten Gefäße und Geräte dürfen nur zu ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauche benutzt, nicht mit gesundheitlich bedenklichem Wasser gereinigt und nicht in Räumen aufbewahrt werden, wo Tiere gehalten werden.

§ 8. [Kennzeichnung von Behältnissen] (1) Gefäße, Behältnisse, Milchwagen und ähnliche Einrichtungen, aus denen Milch unmittelbar an den Verbraucher abgegeben wird, sind auf der Außenseite so zu kennzeichnen, daß dieser die Art des Inhalts leicht erkennen kann. Dies gilt nicht für Meßgefäße. (2) Die Vorschrift des Abs. 1 gilt nicht für die in einem landwirtschaftlichen Betriebe gewonnene Milch, soweit sie an der Betriebsstätte selbst unmittelbar an den Verbraucher abgegeben wird.

§ 9. [Beschaffenheit der Verkaufsbehältnisse] (1) Wird Milch in Gefäßen oder Behältnissen, auf die sie zur verkaufsfertigen Abgabe an die Verbraucher abgefüllt ist, in den Verkehr gebracht, so müssen die Gefäße und Behältnisse den nachstehenden Anforderungen entsprechen: 1. sie müssen mit einem festen Verschlusse versehen sein und sich, falls sie zu wiederholter Benutzung bestimmt sind, leicht reinigen lassen; 2. auf der Außenseite oder auf dem Verschlusse muß in deutlicher, nicht leicht zu entfernender Schrift die Sorte der Milch, der Name und Wohnort des Einfüllers stehen und angegeben sein, ob die Milch roh oder ob sie einer Erhitzung oder einem gleichwertigen Verfahren unterzogen worden ist. (2) Die Ausführungsbestimmungen können Anordnungen über die Art der Verschlüsse treffen und die weiteren Voraussetzungen regeln, unter denen Milch in den im Abs. 1 genannten Formen in den Verkehr gebracht werden darf. (3) Das Abfüllen der Milch in Gefäße oder Behältnisse (Abs. 1) darf nur im Betriebe des Erzeugers oder in Bearbeitungsstätten vorgenommen werden.

§ 10. [Abgabe zu sofortigem Genuß] (1) Die zuständigen Behörden können, vorbehaltlich der Vorschriften des § 9 Abs. 2 dieses Gesetzes und des § 5 Nr. 3 des Lebensmittelgesetzes anordnen, inwieweit Milch in Gast- oder Schankstätten, Kantinen, Milchläden, Milchhäuseinträchtigt wird. E. 72, 26. — Zu §§ 6 und 7 siehe § 10 Milch- und Fettgesetz (Vorbemerkg.). Sie sind „polizeiliche Vorschriften" i. S. des § 151 GewO. E . 72, 26. Zu § 7 : 1) Vgl. Anm. 3 zu § 3 LMG. — B V I I 1 — .

B VII 3. Milchgesetz. §§ 11—13

951

chen oder sonst zu Genuß an Ort und Stelle nur in den im § 9 genannten Formen abgegeben werden darf. (2) Vor einer Anordnung der im Abs. 1 gedachten Art sind, sofern das Gebiet, für das die Anordnung gilt, ganz oder zum Teil mit Markenmilch beliefert wird, die beteiligten Überwachungsstellen zu hören. § 11. [Verkauf an öffentlichen Orten] (1) Wer Milch an öffentlichen Orten, insbesondere auf Märkten, Plätzen oder Straßen1), an den Verbraucher abgibt, hat sie durch besondere Maßregeln, namentlich bei der Abgabe, vor nachteiliger Beeinflussung im Sinne des § 6 zu schützen. Insbesondere muß die Beschaffenheit, Benutzung und Handhabung der Gefäße diesem Erfordernis entsprechen. (2) Dasselbe gilt für das Zubringen von Milch in die Behausungen. (3) Die Abgabe von Milch nach Abs. 1 und 2 ist nur Unternehmern gestattet, die an festen Betriebsstätten Milch gewinnen, bearbeiten oder vertreiben. (4) Die obersten Landesbehörden können nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen die weiteren Voraussetzungen bestimmen, unter denen die Unternehmer Milch nach Abs. 1 und 2 abgeben dürfen2). § 12. [Bearbeitungszwang] (1) Die obersten Landesbehörden können vorbehaltlich der Vorschrift des §37 anordnen, inwieweit die Milch vor der Abgabe an den Verbraucher zu bearbeiten, insbesondere einem Reinigungs-, Erhitzungs- oder Tiefkühlungsverfahren zu unterziehen ist (Bearbeitungszwang). Sofern das Gebiet, für das die Anordnung gilt, ganz oder zum Teil mit Markenmilch beliefert wird, sind unbeschadet der Vorschrift des Abs. 3, die beteiligten Überwachungsstellen zu hören. (2) Eine Erhitzung oder ein gleichwertiges Verfahren darf jedoch nicht gefordert werden: 1. für Milch, die nach den Ausführungsbestimmungen unter Anwendung besonderer Vorsichtsmaßregeln und unter besonderer Überwachung gewonnen, behandelt und vertrieben werden muß; 2. für Milch, die der Erzeuger in einem landwirtschaftlichem Betriebe gewinnt und an der Betriebsstätte selbst unmittelbar an den Verbraucher abgibt. (3) Für Markenmilch gelten die Vorschriften des § 321). (4) Die Vorschriften des § 4 sowie Vorschriften des Reichs- oder Landesrechts zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bleiben unberührt. § 13. [Fernhaltung kranker Personen] (1) Personen, die 1. an Typhus, Paratyphus, Ruhr oder offener Tuberkulose leiden oder 2. unter Typhus-, Paratyphus- oder Ruhrverdacht erkrankt sind oder 3. Erreger von Typhus, Paratyphus oder Ruhr dauernd oder zeitweilig ausscheiden, Zu § 11: 1) Nach § 6 Milch- und Fettges. kann bestimmt werden, daß Milch- und Milcherzeugnisse im Straßenhandel nur in bestimmten Bezirken abgesetzt werden dürfen; dies gilt nicht für die gemäß § 9 Milchges. verkaufsfertig abgefüllte Milch. 2) Bad.-Württ. VO. über das Verbot der Abgabe offener Milch im Straßenverkauf v. 14. 2. 1951 (RegBl. S. 13). Zu § 12: 1) Vgl. Bemerkung, zu Abschn. II.

952

B VII 3. Milchgesetz. §§ 14—16

dürfen weder bei der Gewinnung der Milch noch sonst im Verkehr mit Milch in einer Weise tätig sein, die die Gefahr mit sich bringt, daß Krankheitserreger auf andere übertragen werden. (2) In den Ausführungsbestimmungen kann das Verbot des Abs. 1 auf andere übertragbare Krankheiten ausgedehnt werden. (3) Im Verkehr mit Milch dürfen ferner Personen nicht tätig sein, die mit Geschwüren, eiternden Wunden oder mit Ausschlägen behaftet sind, soweit hierdurch die Beschaffenheit der Milch nachteilig beeinflußt werden kann oder ein ekelerregender Eindruck erweckt wird. (4) Wie das Verbot der Abs. 1, 2 und 3 durchzuführen, insbesondere der Gesundheitszustand der im Verkehr mit Milch tätigen Personen zu überwachen ist, und in welchem Umfang die Arbeitsämter zu unterrichten sind, bestimmen die obersten Landesbehörden. (5) Unberührt bleiben Vorschriften des Reichs- oder Landesrechts, die über den Absatz 1 hinausgehen. § 14. [Erlaubniszwang] (1) Wer ein Unternehmen zur Abgabe von Milch betreiben will, bedarf hierzu der Erlaubnis der zuständigen Behörde. (2)

(3) Die Erlaubnis erstreckt sich nur auf die Niederlassungen und Zweigstellen des Unternehmens, die in dem Bescheid ausdrücklich aufgeführt sind. Von diesen Niederlassungen und Zweigstellen aus kann der Unternehmer die Milch ohne örtliche Beschränkung abgeben, falls sich nicht aus dem Bescheid etwas anderes ergibt. Er ist hierbei den für die einzelnen Absatzgebiete geltenden besonderen Bestimmungen über den Milch verkehr unterworfen. (5) (betr. Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis). (6) bis (8) § 15. [Stellvertreter-Erlaubnis] (1) Sollen die Befugnisse der zum Betrieb eines Unternehmens, das nach § 14 der Erlaubnis bedarf, durch einen Stellvertreter ausgeübt werden, so ist hierzu eine besondere Erlaubnis (Stellvertretererlaubnis) der zuständigen Behörde erforderlich. (2)

(3) Die Erlaubnis wird für einen bestimmten Stellvertreter erteilt. (4 ) § 16. [Vorübergehende Ausnahmen vom Erlaubniszwang] (1) Die zuständige Behörde kann Personen, die ein Unternehmen der im § 14 bezeichneten Art von einem anderen übernehmen, zur Weiterführung des Unternehmens bis zur Erteilung der Erlaubnis widerruflich zulassen. (2) Die Vorschrift des Abs. 1 findet auf die vorläufige Zulassung eines Stellvertreters entsprechende Anwendung. (3) Im Falle des Todes eines Unternehmers gilt der Erbe zur Weiterführung des Unternehmens ohne weiteres als widerruflich zugelassen. Die Zulassung erlischt, falls dem Erben nicht binnen drei Monaten die Erlaubnis erteilt worden ist. Die Frist kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

B VII 3. Milchgesetz. §§ 17, 19, 35, 36

953

§ 17. [Beschränkter Erlaubniszwang für Milcherzeuger] (1) Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs bedarf zur Abgabe der darin gewonnenen Milch der Erlaubnis, wenn er außerhalb der landwirtschaftlichen Betriebsstätte Milch unmittelbar an den Verbraucher abgibt. §§ 14 bis 16 gelten entsprechend . . . .1). (2) Die Ausführungsbestimmungen können Ausnahmen zulassen; sie regeln, welche Betriebe als landwirtschaftliche Betriebe zu gelten haben. § 19. [Ausnahmen vom Erlaubniszwang] (1) Soweit Gast- und Schankwirte innerhalb des ordnungsmäßigen Gast- und Schankwirtschaftsbetriebs Milch abgeben, finden die Vorschriften der §§ 8, 11 Abs. 3, § 14 keine Anwendung. (2) Dasselbe gilt, wenn Milch in Kantinen, Milchhäuschen oder sonst zum Genuß an Ort und Stelle abgegeben wird. In diesen Fällen darf die Milch auch nach dem gesetzlichen Ladenschluß und an Sonn- und Feiertagen abgegeben werden.

II. Vorschriften für Markenmilch §§ 20 bis 34 und 38 sind durch § 33 Abs. 2 des Milch- u. Fettges. v. 10.12.1952 (BGBl. I S. 811) außer Kraft gesetzt.

III. Vorschriften für Milcherzeugnisse § 35 (1) Die Vorschriften des Abschnitts I gelten entsprechend für den Verkehr mit Rahm, Magermilch, Buttermilch, Sauermilch, Joghurt und Kefir. (2) In den Ausführungsbestimmungen kann angeordnet werden, inwieweit die Vorschriften des Abschnitts I auf den Verkehr mit anderen Milcherzeugnissen Anwendung finden sollen. Eine Ausdehnung der Vorschriften der §§ 14 bis 18 auf den Verkehr mit Butter, Käse, Dauermilch und Dauersahne ist jedoch nicht zulässig.

IV. Nachmachen von Milch und Milcherzeugnissen § 36 (1) Es ist verboten, Milch und Milcherzeugnisse zur Verwendung als Lebensmittel nachzumachen oder solche nachgemachten Lebensmittel anzubieten, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst in den Verkehr zu bringen 1 ). (2) Dieses Verbot bezieht sich nicht auf die Herstellung von Margarine 2 ). Zu § 17: 1) Die Abgabe von Milch ab Hof durch den Erzeuger bedarf danach zwar nicht einer Erlaubnis nach § 14, wohl aber bedarf der Milcherzeuger zur Abgabe von Milch oder Sahne unmittelbar an Milchhändler, Groß- und Einzelverbraucher (statt der Ablieferung an die Molkerei, vgl. Anm. * vor § 1) nach § 1 Abs. 3 des Milch- und Fettges. i. d. F. v. 10. 12. 1952 einer Ausnahmegenehmigung der obersten Landesbehörde; andernfalls begeht er nach § 30 Milch- u. Fettges. eine Ordnungswidrigkeit. Zu § 36: 1) Vgl. Anm. 3, 7 bis 10 zu § 4 LMG. — B VII 1 —. Eine Ausnahme von dem Verbot für den Fall ausreichender Kenntlichmachung ist hier — abweichend von § 4 Abs. 1 Nr. 2 LMG. — nicht vorgesehen. 2) Insoweit gilt das Margarinegesetz v. 15. 6. 1897 (RGBl. S. 475). Margarine ist die aus pflanzl. oder tierischen Fetten mit Milchzusatz hergestellte Kunstbutter. Margarine-Käse fällt unter § 36 Abs. 1.

954

B VII 3. Milchgesetz. §§ 37, 43—45

V. Besondere Maßnahmen zur planmäßigen Ordnung der Milchwirtschaft § 37

Um einheitliche Sorten von Milch und Milcherzeugnissen zu schaffen, können in den Ausführungsbestimmungen über den § 5 des Lebensmittelgesetzes hinaus Anforderungen an die Gewinnung, Herstellung, Behandlung, Beschaffenheit, Verpackung, Kennzeichnung und sonstige Aufmachung dieser Lebensmittel gestellt und kann darin bestimmt Werden, wie die Einhaltung solcher Anforderungen zu gewährleisten ist 1 ).

VI. Überwachungs- und Strafbestimmungen § 43. [Anwendbarkeit des Lebensmittelgesetzes] (1) Die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 7 bis 11 Abs. 1 und 2 1 ) des Lebensmittelgesetzes auch insoweit, als die Vorschriften dieses Gesetzes über den Rahmen des Lebensmittelgesetzes hinausgehen. (2) Der Vollzug dieses Gesetzes liegt den Ländern ob. Die Ausführungsbestimmungen können vorschreiben, inwieweit zur Unterstützung der für die Überwachung der Vorschriften des Lebensmittelgesetzes und dieses Gesetzes zuständigen Behörden milchwirtschaftliche Sachverständige im Hauptberufe zu bestellen sind. (3) Soweit auf Grund des § 37 besondere Milchsorten geschaffen werden, kann in den Ausführungsbestimmungen geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen den Überwachungsstellen für Markenmilch (§ 26) die Überwachung der Einhaltung der an diese Milchsorten zu stellenden Anforderungen übertragen werden kann.

§ 44. [Strafvorschriften] (1) Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. Milch den Vorschriften oder Verboten der §§ 3, 4, 6, 11 oder den auf Grund des § 12 erlassenen Anordnungen zuwider gewinnt, behandelt, bearbeitet, verarbeitet, befördert, verpackt, aufbewahrt, anbietet, feilhält, abgibt, verwendet oder sonst in den Verkehr bringt; 2. den Vorschriften oder Verboten der §§ 7, 8, 9, 25 1 ), 86,41, 42 oder den auf Grund des § 10 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt; 3. den auf Grund des § 37 an die Gewinnung, Herstellung, Behandlung, Beschaffenheit, Verpackung, Kennzeichnung oder sonstige Aufmachung von Milch und Milcherzeugnissen gestellten Anforderungen zuwiderhandelt. (2) Ist die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen, so tritt Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark ein.

§ 45

(1) Wer vorsätzlich dem § 13 zuwider bei der Gewinnung der Milch oder sonst im Verkehr mit Milch tätig ist, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Zu § 3 7 : 1) Vgl. B u t t e r V O . v. 21. 6. 1951 (Bundesanz. Nr. 110). Zu § 4 3 : 1) Nunmehr §§ 6 bis 10 Abs. 1 u. 2 des Lebensmitteiges, (unter B VII 1). Zu § 44: 1) Vgl. Bemerkung zum II. Abschnitt.

B V I I 3. Milchgesetz. §§ 46—50

955

(2) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich als Unternehmer, als Stellvertreter (§ 15) oder als Aufsichtsperson duldet, daß Personen dem § 13 zuwider bei der Gewinnung der Milch oder sonst im Verkehr mit Milch tätig sind. (3) Ist die Zuwiderhandlung fahrlässig begangen, so tritt Gefängnis bis zu einem Jahre und Geldstrafe oder eine dieser Strafen ein. § 46 (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne die nach § 14 erforderliche Erlaubnis oder ohne die nach § 16 erforderliche Zulassung ein Unternehmen zur Abgabe von Milch betreibt oder ohne die nach § 171) erforderliche Erlaubnis Milch abgibt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer in einem Unternehmen zur Abgabe von Milch oder in einem nach § 17 erlaubnispflichtigen landwirtschaftlichen Betriebe ohne die nach § 15 erforderliche Erlaubnis als Stellvertreter tätig ist. § 47. [Subsidiarität] Die Strafvorschriften dieses Gesetzes finden nur Anwendung, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit höherer Strafe bedroht ist 1 ). § 48. [Einziehung] In den Fällen der §§ 44 bis 46 kann1) neben der Strafe auf Einziehung der Gegenstände erkannt werden, auf die sich die Handlung bezieht, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören2). Die Einziehung ist auch zulässig, wenn die Bestrafung nach § 47 auf Grund anderer Vorschriften erfolgt3). Im Falle des § 8 ist die Einziehung nur im Wiederholungsfalle zulässig4). § 49.

[Milcherzeugnisse]

Die Vorschriften des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 und der §§ 45 bis 48 gelten in gleicher Weise für die im § 35 oder auf Grund des § 35 bezeichneten Milcherzeugnisse. § 50.

[Verletzung der Mitwirkungs- und Verschwiegenheitspflicht]

(1) Die Vorschriften der §§17, IS1) des Lebensmittelgesetzes gelten auch für die im § 43 vorgesehene Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes. (2) Die Vorschriften des §§ 20, 212) des Lebensmittelgesetzes gelten auch bei Strafverfolgungen auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes. Zu § 4 6 : 1) Vgl. Anm. 1 zu § 17. Bei Milchabgabe ohne die nach § 17 erforderliche Erlaubnis u. zugleich ohne die nach § 1 Abs. 3 Milch- u. Fettges. erforderliche Erlaubnis gilt § 4 OWiG. A 4 Zu § 4 7 : 1) Ausnahme von dem Subsidiaritätsgrundsatz: § 48 Satz 2. Zu § 4 8 : 1) Nach pflichtmäßigen Ermessen des Gerichts. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 13 LMG. u. Anm. 7 zu § 4 0 StGB. Unberührt bleibt die Zulässigkeit einer Einziehung nach § 4 0 StGB. 3) Wegen der Bedeutung der Vorschrift vgl. Anm. 4 zu § 28 Weinges. — B VII 2 — . 4) D. h. wenn der Täter einen strafbaren Verstoß gegen §§ 8, 44 mehr als einmal begangen hat (vgl. dazu Anm. 7 zu § 13 des Ges. z. Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit — B II 10 —). Z u § 5 0 : 1) §§ 16,17 des Lebensmitteiges. i . d . F . v. 17.1.1936—unter B V I I 1 —. 2) = §§ 18,19 LMG.

956

§ 56.

- B VIII 1. Straßen Verkehrsgesetz. § 1

§ 56. [Andere Vorschriften] Unberührt bleiben andere den Verkehr mit Milch und Milcherzeugnissen betreffende Vorschriften des Reichsrechts, insbesondere das Lebensmittelgesetz vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 134), soweit nicht Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.

VIII. Verkehrsrecht B VIII 1. Straßenverkehrsgesetz Vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 837) Das Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 (RGBl. S. 437), das durch das Gesetz vom 21. Juli 1923 (RGBl. I S. 743), vom 13. Dezember 1933 (RGBl. I S. 1058), vom 10. August 1937 (RGBl. I S. 901), vom 7. November 1939 (RGBl. I S. 2223), vom 2. April 1940 (RGBl. S. 606) und vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 852) abgeändert worden war, ist gemäß Art. 8 des letztgenannten Gesetzes unter der neuen Überschrift bekannt gemacht worden. Von Berlin ist es durch Gesetz vom 23. Januar 1953 (GVB1. S. 69) übernommen. S c h r i f t t u m : Floegel-Hartung, Straßenverkehrsrecht, Komm. 8. Aufl. 1953; Müller, Straßenverkehrsrecht, Komm., 18. Aufl. 1954 S. 1 (103); Schoor-Unruhe, Straßenverkehrsrecht, Komm. 1938; Arndt und Gülde, Straßenverkehrsordnung 4. Aufl. 1954 S. 375, Weigelt, Kraftverkehrsrecht von A—Z, mit einer Reihe von Einzelbeiträgen.

I. Verkehrsvorschriften § 1. [Zulassungszwang] (1) Kraftfahrzeuge ), die auf öffentlichen Wegen oder Plätzen2) in Betrieb gesetzt werden sollen3), müssen von der zuständigen Behörde4) zum Verkehr5) zugelassen sein8); Ausnahmen bestimmt der Bundesminister für Verkehr7). Der Bundesminister für Verkehr kann die Zulassung von Kraftfahrzeugen inländischer Herstellung von der Anwendung der deutschen Normen, insbesondere der Normen für den Kraftfahrzeugbau, abhängig machen8). 1

Z u B V I I I 1: Z u § 1: Begriff s. Abs. 2, auch § 4 Abs. 1 StVZO. Zu den Kraftfahrzeugen gehören nicht Kleinkrafträder und Fahrräder mit Hilfsmotor. § 27 auch in Verbindung mit § 67 a Abs. 3 StVZO., abgedruckt unter B VIII 3. 2) S. Anm. 2 zu § 1 StVZO. 3) Es soll damit der Zweck verfolgt werden, das Kraftfahrzeug fortzubewegen. Es genügt jeder Anfang des Betriebes, vgl. BayObLG. DRZ. 19 (1927) Nr. 847. 4) S. §§ 18, 68 StVZO. Für Polizei, Bundespost und Bundesbahn § 14 StVZO. außerdeutsche KraftfahrzVO. vom 12. 11. 1934 (RGBl. I S. 1137). 5) S. Anm. 1 zu § 1 StVZO. Ein Kraftfahrzeug ist solange im Verkehr, als es sich in F a h r t oder fahrbereit an einem dem Publikum zugänglichen Ort befindet, also auch stillstehend. 6) S. §§ 18—25 StVZO. Die Zulassung ist erst mit der Aushändigung des Kraftfahrzeugscheins bewirkt. Bei Eigentumsübergang ist die Zulassung für den neuen Eigentümer abzuwarten. 7) Ausnahmen vom Zulassungszwang finden sich in den §§ 18 Abs. 2, 28, 70 Abs. 1 StVZO. 8) Normung bedeutet Vereinheitlichung der anzuwendenden Formen und Stoffe zwecks Erleichterung der Herstellung und Verminderung der Herstellungskosten. Floegel-Hartung, S. 619.

B V I I I 1. Straßenverkehrsgesetz. §§ 2, 3

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(2) Als Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes gelten Landfahrzeuge9), die durch Maschinenkraft bewegt werden10), ohne an Bahngleise gebunden zu sein11). § 2. [Führerschein] (1) Wer auf öffentlichen Wegen oder Plätzen1) ein Kraftfahrzeug führen will2), bedarf der Erlaubnis3) der zuständigen Behörde4); Ausnahmen5) bestimmt der Bundesminister für Verkehr. Die Erlaubnis gilt für das Inland; sie ist zu erteilen, wenn der Nachsuchende seine Befähigung durch eine Prüfung dargetan hat6) und nicht Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist 7 ). (2) Den Nachweis der Erlaubnis8) hat der Führer durch eine Bescheinigung (Führerschein) 9) zu erbringen. § 3. [Übungs- und Prüfungsfahren] (1) Wer zum Zwecke der Ablegung der Prüfung (§ 2 Abs. 1 Satz 2) sich in der Führung von Kraftfahrzeugen übt1), muß dabei auf öffentlichen Wegen oder 9) Raupenfahrzeuge, Straßenwalzen, Bulldoggs, Dampfstraßenlokomotiven, motorisierte Schlitten, nicht Fahrstuhl, Kran. 10) Dampfmaschine, Elektromotor, Verbrennungskraftmaschine, nicht Anhänger, da sie nur mittelbar durch Maschinenkraft bewegt werden. 11) Also nicht Motorwagen einer auf Schienen laufenden Straßenbahn. Kann das Fahrzeug auf Schienen laufen, oder läuft es tatsächlich auf ihnen, so ist es dadurch noch nicht an sie gebunden. Das ist nur der Fall, wenn es sich vermöge seiner Bauart bei bestimmungsgemäßer Verwendung auf Schienen bewegt. Floegel-Hartung S. 616. Z u § 2: 1) S. Anm. 2 zu § 1 StVZO. 2) Führer ist, wer unter eigener Verantwortung das Fahrzeug leitet, d. h. diejenigen Verrichtungen ausführt, die erforderlich sind, damit die bestimmungsmäßigen Triebkräfte des Fahrzeugs auf dieses zwecks Fortbewegung einwirken, mag ihm die Führung auch nur vorübergehend überlassen sein; Mitfahrer kann der Beihilfe schuldig sein, RG. J W . 66 (1937), 1818. Führer ist auch, der während einer Fahrtunterbrechung zur demnächstigen Fortsetzung der bisherigen Führung ausschließlich in unmittelbarer Bereitschaft bleibt. Dresden DRZ. 22 (1930) Nr. 567. Im allgemeinen ist Führer der Lenker des Fahrzeugs. Breslau R d K . 1929, 70. Ein Kraftrad führt schon, wer es von anderen schieben läßt. BayObLG. DRZ. 18 (1926) Nr. 330; auch wer es schiebt, um den Motor in Gang zu bringen. BayObLG. DRZ. 19 (1927) Nr. 847, KG. GA. 75, 176. Über Fahrschüler, Fahrlehrling § 3. 3) S. § 4 Abs. 1 StVZO. Voraussetzung der Erlaubniserteilung ist die Prüfung des Bewerbers nach § 11 StVZO. und die Feststellung seiner Eignung, vgl. §§ 2ff. StVZO. 4) S. Anm. 4 zu § 1. 5) Ausnahmen für Fahrradmotoren und Hilfsmotoren bis zu 50 ccm Hubraum, § 67 a Abs. 3 StVZO. 6) § 11 StVZO. 7) Über Eignungsmängel s. Anm. 1 zu § 2 u. § 3 StVZO.; vgl. auch im Seh- und Hörvermögen, Nachtblindheit Floegel-Hartung S. 621. Weitere Mängel sind: einschlägige Vorbestrafungen und solche im Wiederholungsfall wegen anderer Straftaten, die in keinem oder einem losen Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, im einzelnen Floegel-Hartung S. 622, vgl. auch BGH. St. 5, 168 (176). Soweit die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nachgewiesen sind, besteht ein Rechtsanspruch, OVG. D J Z . 1927, 1486. 8) Siehe § 4 StVZO. Die Erlaubnis ist wirksam, wenn der Führerschein ausgehändigt ist. Dieser gilt für das Bundesgebiet und Berlin-West. Art. 7 des Verkehrssicherungsges. vom 19. 12. 1952. 9) Vgl. § 4 Abs. 2 StVZO. Strafbestimmung § 24, auch §§ 21 und 71 StVZO. Z u § 3 : 1) Der Fahrlehrling, vgl. § 6 StVZO. Prüfungsfahrten sind nur die, die zur Prüfung des Schülers unternommen werden, nicht aber die zur Erprobung des Fahrzeuges dienenden Probefahrten. E. 46, 95, § 28 Abs. 2 StVZO. la) S. Anm. 2 zu § 1 StVZO. 2) „Versehen sein" ist gleichbedeutend mit „besitzen", § 24 Abs. 2 StVZO., nach Müller a.a.O. S. 144 I b mit „mit sich führen".

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B VIII 1. Straßenverkehrsgesetz. § 4

Plätzen 1 3 ) von einer mit dem Führerschein versehenen 2 ), durch die zuständige B e hörde zur Ausbildung von Führern ermächtigten Person 3 ) begleitet 4 ) und beaufsichtigt 6 ) sein. Das gleiche gilt für die Fahrten, die bei Ablegung der Prüfung vorgenommen werden. Ausnahmen bestimmt der Bundesminister für Verkehr. (2) Bei den Übungs- und Prüfungsfahrten, die gemäß der Vorschrift des Absatzes 1 stattfinden, gilt im Sinne dieses Gesetzes der Begleiter 5 ) als Führer des Kraftfahrzeugs 6 ). § 4. [Entziehung der Fahrerlaubnis] (1) 1 ) Erweist sich jemand als ungeeignet 2 ) zum Führen von Kraftfahrzeugen, so muß 3 ) ihm die Verwaltungsbehörde 4 ) die Fahrerlaubnis entziehen 5 ); sie erlischt mit der Entziehung 6 ). (2) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist 7 ), in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 42 m des Strafgesetzbuchs 3) Maßgebend ist für die Ausbildung von Schülern vgl. VO. v. 21. 12. 1933 (RGBl. 11934 S. 13) mit Änderung v. 5. 10. 1934 (RGBl. I S.912),v. 24. 6. 1936 (RGBl. I S. 520), v. 13.11. 1937 (RGBl. I S. 1254) und v. 16. 4. 1940 (RGBl. I S. 646); für Polizei usw. s. Anm. 4 zu §1. 1937 (RGBl. I S. 1254), v. 16. 4. 1940 (RGBl. I S. 646) u. v. 6. 3. 1953 (BAnz. Nr. 47); für Polizei usw. s. Anm. 4 zu § 1. 4) Der Begleiter muß jederzeit in der Lage sein, durch Zurufe in ausreichender Weise auf die Führung des einsitzigen Fahrzeugs, insbesondere des Kraftrades, einzuwirken. Bremen N J W . 1951, 495. Immer muß der Lehrer im Augenblick der Gefahr die tatsächliche Führung sofort übernehmen können. Flögel-Hartung S. 628. 5) Nicht bloß muß der Begleiter jede Handlung des Prüflings kontrollieren, sondern auch die bestehenden Straßenverkehrsvorschriften beobachten. Dagegen braucht der die Prüfung nach § 11 StVZO. abnehmende amtlich anerkannte Sachverständige während der Prüfungsfahrt nur auf den Prüfling und dessen Befähigung, nicht auf den Verkehr zu achten. Dresden 23. 4. 1913, anders Müller a.a.O. S. 148. 6) S. Anm. 1 zu § 6 StVZO. Der Übende und Prüfling ist verantworlich, wenn ihm fahrlässige Tötung oder Körperverletzung — durch unmäßig schnelles Fahren — zur Last fällt. RG. GA. 60, 72; 70, 171 und DRZ. 18 (1926) Nr. 1088. Dabei kommt es auf den Stand der Ausbildung an. Aus § 24 ist er nicht strafbar. Zu § 4: 1) Für Kleinkrafträder gilt nach § 27 nicht § 4 I, sondern § 15b StVZO. 2) Vgl. § 3 Abs. 2 StVZO. Die in Anm. 7 zu § 2 angeführten Eignungsmängel kommen in Betracht, doch kann sich die Ungeeignetheit auch aus anderen Gründen erweisen, z. B. wegen Vernachlässigung des landwirtschaftl. Betriebs. OVG. J W . 64 (1935), 2312. Die Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt oder der aktiven Bestechung sind stets geeignet, die Entziehung der Fahrerlaubnis zu begründen, wenn sie in Verbindung mit einem Verkehrsunfall begangen werden. OVG. Münster RdK. 1953, 88. Andere Fälle s. Flögel-Hartung S. 629 u. Müller a.a.O. S. 159ff. 3) Zwingende Vorschrift (anders § 3 StVZO.); für Ermessensentscheidung ist kein Spielraum. Über das Verfahren s. § 15 b StVZO. 4) Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde ergibt sich aus § 68 Abs. 2 StVZO. 5) § 4 betrifft Kraftfahrz,, deren Führung von besonderer Fahrerlaubnis abhängig ist, also nicht für Kraftfahrer, die vom Fahrerlaubniszwang freigestellt sind. Für Kraftfahrz., die nicht als Kraftfahrz. gelten, gilt § 3 I 1 StVZO. Die Entziehung ist keine Strafe, vielmehr eine reine Verwaltungsmaßnahme. S. Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 42m StGB. Mit der Entziehung entfällt die Erlaubnis zur Ausbildung von Führern. § 7 AusbVO. v. 21. 12. 1933 (RGBl. I 1934, S. 13), ferner auch der nach § 9 BOKraft nötige besondere Ausweis für Tätigkeit im gewerblichen Personenverkehr v. 13. 2. 1939 (RGBl. I S. 231) und die Anerkennung als amtlicher Sachverständiger nach § 1 Abs. 1 der VO. v. 6. 1. 1940 (RGBl. I S. 23). 6) Daher gibt es die Entziehung für bestimmte Zeit nicht mehr. Ist ohne förmliche Entziehung der Führerschein abgenommen worden, so gilt Verweigerung der Wiederherausgabe des Scheins als Entziehung der Fahrerlaubnis. OVG. VAE. 1938, 405. 7) Anhängig ist das Strafverfahren schon mit der Einleitung der Ermittlungen des Polizeibeamten, der eine Verkehrszuwiderhandlung feststellt; er muß die Entscheidung der StA. (des Gerichts) herbeiführen, während die Verwaltungsbehörde an einer Durchführung des Verfahrens, gehindert ist. S. Härtung DRiZ. 1953, 122.

B V I I I 1. Straßenverkehrsgesetz. § 5

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in Betracht kommt 8 ), darf die Verwaltungsbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist9), in dem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. (3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils10) soweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Eine gerichtliche Entscheidung, durch die die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, steht einem Urteil gleich11). (4) Die Verwaltungsbehörde12) kann Fristen und Bedingungen13) für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis14) festsetzen. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Behörde abzuliefern15). (5) Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist für das Inland wirksam16). § 5.[Rekurs] (1) Gegen die Versagung der Fahrerlaubnis ist, wenn sie aus anderen Gründen als wegen ungenügenden Ergebnisses der Befähigungsprüfung erfolgt1), der Rekurs2) zulässig. Das gleiche gilt von der Entziehung der Fahrerlaubnis; der Rekurs hat aufschiebende Wirkung, sofern dies nicht ausdrücklich bei der ersten Entscheidung ausgeschlossen wird. (2) Die Zuständigkeit der Behörden und das Verfahren bestimmen sich nach den Landesgesetzen3) und, soweit landesgesetzliche Vorschriften nicht vorhanden sind, nach den §§ 20, 21 der Reichs-Gewerbeordnung. 8) Vgl. auch § l i l a StPO. Die darin vorgesehene vorl. Entziehung der Fahrerlaubnis ist, da sie nur dem Richter zusteht, im Verwaltungswege unzulässig. Der wegen Trunkenheit abgenommene Führerschein muß nach Ausnüchterung zurückgegeben werden. A.M. FlögelHartung S. 637. 9) D. i. der geschichtl. Vorgang. 10) Der Strafbefehl oder die amtsrichterl. Strafverfügung(§§ 407 u.413) wirkt nicht bindend, ebensowenig die Einstellung der Verf. nach §§ 153, 154, 154b, 206a StPO. Spricht sich das Gericht weder positiv noch negativ über die Frage der Entziehung aus, so kann die Verwaltungsbehörde gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis vorgehen. Vgl. auch Härtung DRiZ. 1953, 120. 11) § 204 Abs. 1 u. 2 StPO. 12) Das Verwaltungsgericht hat nur über die Entziehung zu entscheiden, nicht über eine Wieder-(Neu-)erteilung OVG. VAE. 1937, 104. 13) Z. B. Ablegung einer Prüfung, Beibringung eines amtsärztl. Zeugnisses, Verkehrsunterricht. Die Heranziehung von Sachverständigen wird erforderlich sein. 14) Besser Neuerteilung. Vgl. § 15c StVZO. Wegen Wiedererteilung (Neuerteilung) der durch Gericht entzogenen Fahrerlaubnis s. § 42m Abs. 4 StGB. 15) Im Weigerungsfalle tritt Bestrafung nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 ein. 16) Also auch in Berlin Art. 7 des Verkehrssicherungsges. v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 852). Strafbestimmungen § 24 Abs. 1 Nr. 3. Zu § 5: 1) Unzulässig ist der Rekurs nur, wenn die Befähigungsprüfung ein ungenügendes Ergebnis gezeitigt hat. § 5 gilt nicht für Polizei usw. § 6 Abs. 2. dagegen für Kleinkrafträder § 67aAbs. 2 StVZO. 2) Der Rekurs ist die Nachprüfung im Verwaltungsstreitverfahren. Mit dem Rekurs kann nur geltend gemacht werden, es sei das Recht (insbesondere das geltende Kraftfahrzeug-Recht) verletzt, oder die tatsächlichen Voraussetzungen für die Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis seien nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht h a t nur die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, nicht aber deren Zweckmäßigkeit zu prüfen; Überschreitung der amtlichen Befugnis oder Ermessensmißbrauch gelten als Rechtverletzungen. Flögel-Hartung S. 639, anders Müller a.a.O. S. 171. 3) Die z. Zt. geltenden Landesgesetze sind bei Floegel-Hartung S. 639 aufgeführt.

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B V I I I 1. Straßenverkehrsgesetz. §§ 5a, 6

§ 5 a. [Warnungstafel] Gefährliche Stellen1) an Wegstrecken, die dem Durchgangsverkehr dienen2), sind von den Landesbehörden3) durch Warnungstafeln4) zu kennzeichnen. § 6. [Ausführungsvorschriften] (1) Der Bundesminister für Verkehr erläßt mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften über 1. die Ausführung der §§ 1 bis 5 a, insbesondere über das Mitführen von Anhängern, über Mindestbedingungen und zeitliche Befristung der Fahrerlaubnis und über Gesundheitsprüfungen zum Zweck der Feststellung mangelnder Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen 1 ); 2. die Zulassung ausländischer Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugführer2); 3. die sonstigen zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Straßen und zur Verhütung vermeidbarer Belästigungen erforderlichen Maßnahmen über den Straßenverkehr, insbesondere a) über die Beschaffenheit, die Ausrüstung, die Prüfung und die Kennzeichnung der Fahrzeuge3), b) über das Feilbieten, den Erwerb und die Verwendung von Fahrzeugteilen, die in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein müssen4), c) über das Mindestalter der Führer von Fahrzeugen5) und ihr Verhalten, jedoch nicht über die höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit von Personenkraftfahrzeugen 6 ), d) über den Schutz der Nachtruhe und der Erholungsuchenden gegen Störung durch den Kraftfahrzeugverkehr7), e) über die Anforderungen an Fahrlehrer und Sachverständige im Kraftfahrzeugverkehr8), Zu § 5 a : 1) Gefährliche Stellen, die nicht bloß vorübergehend bestehen, sind plötzliche Steigung oder Gefälle, scharfe Kurven, unübersichtliche Kreuzungen mit Wegen oder Bahngeleisen (Querrinnen, Kurven, Bahnübergänge, Kreuzungen). Die gefährlichen Stellen zu bestimmen ist Sache der Verkehrspolizeibehörden (§ 3 Abs. 4 StVO.), in Zweifelsfällen nach Anhörung der Träger der Straßenbaulast siehe § 2 des Ges. über die einstweilige Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung vom 26. 3. 1934 (RGBl. I S. 243). 2) Vgl. Anm. 2 zu § 4 StVO. Im Gegensatz zum Durchgangsverkehr (Fernverkehr) steht der Nah- oder Lokalverkehr. Wegestrecken, die dem Durchgangsverkehr dienen, sind die für den Verkehr, der über den Bezirk des engeren Kommunalverbands oder benachbarter Ortschaften hinausreicht. Braunschweig, H R R . 1925, 364. 3) S. § 3 Abs. 3 u. 5 StVO. Die Träger der Straßenbaulast. § 2 des Gesetzes über die einstweilige Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung v. 26. 3. 1934 (RGBl. I S. 243) sind verantwortlich, während die Verkehrspolizeibehörden zu bestimmen haben, wo und welche Verkehrszeichen aufzustellen sind. 4) Die Warnungstafeln enthalten keine behördlichen Anordnungen für die Allgemeinheit. Sie sind ein Mittel der Verkehrssicherung und werden durch §§ 304, 315 a Abs. 1 Nr. 1, 316 StGB, geschützt. Zu § 6: 1) S, §§ 16 bis 29 StVZO. und § 27. 2) VO. über internationalen Kraftfahrzeugverkehr v. 12. 11. 1934 (RGBl. I S. 1137) in der Fassung der VO.en vom 19. März 1935 (RGBl. I S. 426), 12. März 1936 (RGBl. I S. 175), 3. Juli 1936 (RGBl. I S. 543), 12. November 1936 (RGBl. I S. 941), 13. November 1937 (RGBl. I S. 1254) und 18. April 1940 (RGBl. I S. 662) mit Ausführungsanweisung vom 4. Januar 1935 (RVerk.-Bl. B S. 3). Diese VO. soll umgearbeitet werden, s. Begr. zum Entwurf der VO. vom 24. 8. 1953 (s. Vorbemerkung). 3) Vgl. §§ 32 ff. StVZO. 4) Vgl. § 22 Abs. 4 StVZO., § 26 Ziff. 3. 5) Vgl. §§ 7, 67a StVZO. 6) Vgl. § 9 StVO. 7) § 4 StVO. 8) Verordnung über die Ausbildung von Kraftfahrzeugführern vom 21. Dez. 1933 (RGBl. 1934 I S. 13) in der Fassung vom 5. Oktober 1934 (RGBl. I S. 912), vom 13. November 1937

B VIII 1. Straßenverkehrsgesetz. §§ 7—21

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f) über Ortstafeln und Wegweiser9), g) über das Verbot von Werbung10) und Propaganda11) durch Bildwerk, Schrift, Beleuchtung oder Ton, soweit sie geeignet sind, außerhalb geschlossener Ortschaften die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer in einer die Sicherheit des Verkehrs gefährdenden Weise abzulenken oder die Leichtigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen12); 4. die tägliche Höchstzeit der Lenkung eines Lastkraftwagens oder Kraftomnibusses und die erforderlichen Ruhepausen für alle Personen einschließlich derjenigen, die ein solches Kraftfahrzeug nicht auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses führen13); 5. Gebühren für behördliche oder amtlich angeordnete Maßnahmen im Straßenverkehr bei Durchführung der auf Grund dieses Gesetzes erlassenenVerordnungen. Die Gebühren sind nach den tatsächlichen Aufwendungen zu bemessen14). Rechtsverordnungen15) des Bundesministers für Verkehr zur Durchführung der Vorschriften über die Beschaffenheit, die Ausrüstung und die Prüfung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen bedürfen jedoch nicht der Zustimmung des Bundesrates16) ; vor ihrem Erlaß sind die zuständigen obersten Landesbehörden zu hören. (2) Soweit auf Grund der Anordnungen nach Absatz 1 die Deutsche Bundesbahn, die Deutsche Bundespost, der Bundesgrenzschutz oder die Polizei Personen, die sie als Führer von Kraftfahrzeugen verwenden, die Fahrerlaubnis versagt oder entzogen haben, finden die Vorschriften des § 5 keine Anwendung. II. Haftpflicht §§ 7 bis 20 nicht abgedruckt III. Straf- und Schlußvorschriften § 21. [Übertretung polizeilicher Anordnungen] Werden zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erlassenen1) polizeilichen Anordnungen über den Straßenverkehr2) (RGBl. I S. 1254) und vom 16. April 1940 (RGBl. I S. 646), Verordnung über Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr vom 6. Januar 1940 (RGBl. I S. 23), Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr vom 24. März 1951 (RGBl. I S. 240). 9) S. § 3 StVO. 10) Werbung ist Veranstaltung zur Verbreitung von Erzeugnissen, insbes. Waren. 11) Propaganda ist Veranstaltung zur Verbreitung von Mitteilungen nicht wirtschaftl., sondern in erster Linie politischer Art, auch wissenschaftl. Lehren. 12) Vgl. § 42 StVO. 13) § 15a, auch § 57a StVZO. 14) Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 17. 7.1953 (BAnz. Nr. 137), für Berlin am 27. 7. 1953 (GVB1. S. 698) veröffentlicht. 15) Für die Verkündung der Rechtsverordnüngen sind der Art. 82 Abs. 1 GG. und das G. über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. 1. 1950 (BGBl. 23) maßgebend. 16) Entgegen den Art. 80 Abs. 2 GG. Allgemeine Verwaltungsvorschriften bedürfen der Zustimmung des Bundesrats. Art. 85 Ziff. 2 GG. Zu § 21: 1) Anderen Zwecken als zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit dienende Vorschriften gehören nicht hierher. Befahren eines nicht öffentl. benutzten Privatweges ist nach § 368 Nr. 9 StGB., lärmendes Laufenlassen des Motors im Garten nach § 360 Nr. 11 StGB, zu ahnden. 2) Nachdem die StVO. in § 49 und die StVZO. in § 71 eigene Strafvorschriften haben, die hinsichtlich der Kraftfahrzeuge als spezielle Vorschriften dem § 21 vorgehen, nachdem auch die VO. über internationalen Kraftfahrzeugverkehr in § 14 eigene Strafvorschriften hat, 61

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B V I I I 1. Straßenverkehrsgesetz. § 22

zuwiderhandelt3)4), wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft.

§ 22. [Polizeiliche Verwarnung] (1) Bei leichteren Übertretungen1), die nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften strafbar sind2), kann ein Polizeibeamter, der hierzu ermächtigt3) ist und sich durch seine Dienstkleidung oder auf andere Weise ausweist, den auf frischer Tat betroffenen Täter4) verwarnen5) und eine Gebühr bis zu zwei Deutsche Mark erheben6). Die Verwarnung ist nur zulässig, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden und zur sofortigen Zahlung der Gebühr bereit ist. Über die Verwarnung und die Zahlung der Gebühr ist eine Bescheinigung zu erteilen. (2) Nach Zahlung der Gebühr kann die Zuwiderhandlung nicht mehr als Übertretung verfolgt werden7). kommen nur solche polizeiliche Anordnungen in Betracht, die außerhalb dieser Verordnungen liegen, z. B. die in Anm. 8 zu § 6 genannte VO. v. 6. 1. 1940. Für landesrechtl. Straßenverkehrsordnungen ist kein Raum, nachdem die StVO. in § 45 und StVZO. in § 69 den Straßenverkehr vollständig und ausschließlich bundeseinheitlich regeln. Außerdem dürfen sie nach § 6 Abs. 1 nicht mehr erlassen werden. Solche polizeil. Anordnungen werden vom Bundesverkehrsminister nach § 6 und von den jeweiligen Landesbehörden erlassen, die in einer auf Grund des Gesetzes erlassenen Anordnung für zuständig erklärt worden sind, z. B. Verkehrsbeschränkungen, Regelung der Geschwindigkeit, § 4 StVO. Spezielle polizeiliche Anordnungen, die ein Gebot oder ein Verbot enthalten, werden selten vorkommen, z. B. die Anordnung eines Polizeibeamten auf der Wache „wegen Trunkenheit seinen Wagen nicht zu fahren"; vgl. Kiel D J . 1937, 288, darüber Müller a.a.O. S. 391, 392. 3) Der Fahrzeugeigentümer hat neben seiner eigenen Verantwortung noch besondere Verpflichtung aus § 19 Abs. 2, 21, 27 StVZO. Für ihn besteht die Pflicht, durch Eingreifen Verkehrswidrigkeiten seines Führers abzustellen. KG. DAR. 1931, 278. Voraussetzung der Pflicht des Kraftwagenmieters ist es, Fahrten des mit dem Kraftwagen gestellten Führers (nach Alkoholgenuß) zu verhindern. E. 74, 185 (188). Ob er als Mittäter oder Anstifter in Frage kommt, hängt vom Einzelfall ab. S. Müller a. a. O. S. 394 ff. Beihilfe ist, da es sich um Übertretung handelt, nicht strafbar. Über Verantwortlichkeit des Halters siehe § 23 Abs. 2, § 24 Abs. 2. Hauptverantwortlich ist der Führer des Fahrzeugs; auf ihn sind, abgesehen von § 1 StVO., der für alle Verkehrsteilnehmer gilt, die Vorschriften der §§ 2, 3, 4, Abs. 2, 7 bis 10, 13 Abs. 1, StVO. besonders abgestellt, ferner §§ 23 ff. 4) Fahrlässigkeit genügt. E. 49, 116; Voraussetzung der Strafbarkeit ist pflichtwidrige Nichtkenntnis, durch die T a t gegen ein Gesetz zu verstoßen oder sonst Unrecht zu tun. Wer unverschuldet seine Tat für rechtlich erlaubt hält, ist straffrei. Vgl. B G H . E. 2, 194 und N J W . 1953, 1151. Auch der Besitzer eines Autos, der die Leitung einem tüchtigen Chauffeur übertragen hat, macht sich strafbar, wenn er unter Umständen, wo ein Handeln seinerseits die drohende Gefahr zu beseitigen vermöchte, müßig zuschaut. E. 55, 78; E. 58, 244. Über das Verhältnis der §§ 21, 23, 24 des Gesetzes zu § 49 StVO. u. § 71 StVZO. sowie zu § 366 Ziff. 10 StGB. vgl. Anm. 1, 4 u. 5 zu § 49 StVO. (B VIII 2). Zu § 22: 1) Das sind Fälle von geringer Bedeutung, bei denen ein öffentliches Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung nicht besteht. 2) § 22 betrifft alle Verkehrsteilnehmer einschließlich der Führer von Kleinkrafträdern und Fahrräder mit Hilfsmotor, § 27. 3) Siehe Absatz 3. 4) Siehe Anm. zu § 127 StPO. 5) Vgl. Anm. 1 zu § 14 J G G . Hierdurch erhält die Polizei keinerlei zusätzliche Zwangsmittel, insbes. scheidet mangels eines Vollstreckungstitels eine Beitreibung aus. (Begr.) 6) Gebührenpflichtige Verwarnung § 8 des Ges. über Ordnungswidrigkeiten v. 23.3.1952 (BGBl. I S. 177), abgedruckt unter A 4. 7) Nach Zahlung der Gebühr h a t die Verwarnung beschränkte Rechtskraft. Auch wenn kein leichter Fall vorlag, darf die Zuwiderhandlung nicht mehr als Übertretung verfolgt werden. Dagegen ist die Verfolgung der als Vergehen qualifizierten Tat nicht ausgeschlossen. Ebenso Müller a.a.O. S. 406.

B V I I I 1. Straßenverkehrsgesetz. §§ 23, 24

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(8) Die oberste Dienstbehörde des Polizeibeamten oder die von ihr bestimmte Behörde erteilt die Ermächtigung nach Absatz 1.

§ 23. [Führen und Gebrauch nicht zugelassener Fahrzeuge] (1) Mit Geldstrafe bis zu zehntausend Deutsche Mark oder mit Gefängnis bis zu zwei Monaten wird bestraft 1 ), wer auf öffentlichen Wegen oder Plätzen2) ein Kraftfahrzeug3) führt 4 ), das nicht von der zuständigen Behörde zum Verkehr zugelassen ist 5 ). (2) Die gleiche Strafe trifft den Halter 6 ) eines nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugs, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig dessen Gebrauch7) auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gestattet 8 ).

§ 24. [Fahren ohne Führerschein] (1) Mit Geldstrafe bis zu zehntausend Deutsche Mark oder mit Gefängnis bis zu zwei Monaten wird bestraft, 1. wer ein Kraftfahrzeug1) führt2), ohne einen Führerschein3) zu besitzen4), Zu § 2 3 : 1) Der Absatz 1 erfordert ebenso wie Abs. 2 nur Fahrlässigkeit. E . 49, 116. Einziehung des Fahrzeugs gemäß § 40 S t G B , bei Verstoß gegen § 23 ist nicht zulässig. E . 57, 331. K G . D J . 1936, 1855. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 1. 3) Für Kleinkrafträder gilt nicht § 23, sondern § 71 StVZO., soweit gegen die VO. des § 1 8 Abs. 2 StVO. über Betriebserlaubnis für Kleinkrafträder bis 50 ccm verstoßen wird; ebensowenig für Fahrräder mit Hilfsmotor, auch nicht für Anhänger, da sie keine Kraftfahrzeuge sind, vielmehr ein Fahrzeug, das durch ein Kraftfahrzeug fortbewegt wird, mit Ausnahme von betriebsunfähigen Fahrzeugen, die abgeschleppt werden, und von Abschleppachsen. 4) Vgl. Anm. 2 zu § 2. Kein Führen ist es, wenn die neben dem eigentlichen Fahrer sitzende Person lediglich vorübergehend das Lenkrad bedient, der Fahrer aber Kupplungs-, Brems- und Gashebel sowie die Schaltung in seiner Gewalt behält (a. M. R G . H R R . 1937 Nr. 987). 5) Vgl. Anm. 6 zu § 1. Das Kraftfahrzeug muß nach § 1 Abs. 1 Satz 1 zulassungspflichtig sein. 6) Halter ist derjenige, der das Auto z. Zt. des Unfalls für eigene Rechnung in Gebrauch hat, also Nutzen daraus zieht, die Kosten dafür bestreitet und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. R G . J W . 59 (1930), 2861. Tübingen R d K . 1953, 16. Vgl. eingehend Floegel-Hartung S. 622. Wer ein Auto mietet oder leiht, wird Halter, wenn er die Bestimmung über die Verwendung des Fahrzeuges sowie dessen Führung, sei es auch durch einen Angestellten, übernimmt; anders aber, wenn Vermieter Fahrer zur Fahrtleitung stellt, selbst wenn Entleiher oder Mieter einen Teil der Fahrkosten trägt, R G . J W . 64 (1935), 2894; H R R . 1935 Nr. 1614. OLG. Karlsruhe stellt im übrigen darauf ab, wer Unkostenregelung und sonstige Verpflichtungen hat, DAR. 1934, 41. E s können auch mehr Halter vorhanden sein. EZ. 150, 138. EZ. 170, 182. 7) Gebrauch ist diejenige Art Fahrzeugverwendung, für die nach § 1 Zulassung Voraussetzung ist. 8) Das Gestatten muß vom Halter ausgehen. Halter ist der gesetzliche Vertreter einer juristischen Person, der den Gebrauch gestattet. E . 33, 264. E . 57, 191. § 23 ist anwendbar mit dem Inbetriebsetzen des Kraftfahrzeuges, nicht schon mit dem Gestatten. Zu § 2 4 : 1) Für Fahrräder mit Hilfsmotor hat § 24 keine Bedeutung, für Kleinkrafträder siehe Anm. 4 zu § 27. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 2. Geführt wird ein Kraftfahrzeug, wenn es sich bei stillstehendem Motor auf abschüssigem Gelände selbst bewegt. Dresden J W . 61 (1932), 812. 3) S. § 2 Abs. 2. Ohne Führerschein fährt auch, wer einen nicht auf seinen Namen ausgestellten Führerschein besitzt, etwa einen geliehenen oder einen gestohlenen. Wer dagegen einen auf seinen Namen für ihn ordnungsgemäß ausgestellten Führerschein besitzt und daraufhin ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, ist auch dann nicht nach dem § 24 strafbar, wenn er sich den Führerschein auf unrechtmäßige Weise, etwa durch Bestechung eines Beamten der Zulassungsstelle verschafft hat, vgl. E . 72, 158. 4) Besitzen bedeutet nicht Beisichführen, sondern Besitz im Sinne des B G B . Also greift § 24 auch dann Platz, wenn der Führer den Schein verloren hat, oder, wenn er ihm beschlag61»

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B VIII 1. Straßenverkehrsgesetz. § 2 5

2. wer ein Kraftfahrzeug führt2), obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen ist5), 3. wer nicht seinen Führerschein der Behörde, die ihm die Fahrerlaubnis entzogen hat 5 ), auf ihr Verlangen abliefert6). (2) Die gleiche Strafe trifft den Halter7) des Kraftfahrzeugs, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig eine Person zur Führung des Fahrzeugs bestellt8) oder ermächtigt9), die sich nicht durch einen Führerschein10) ausweisen kann11) oder der die Fahrerlaubnis entzogen ist5).

§ 25. [Kennzeichenmißbrauch] (1) Wer in rechtswidriger Absicht1) 1. ein Kraftfahrzeug2), für welches von der Polizeibehörde ein Kennzeichen3) nicht ausgegeben oder zugelassen worden ist, mit einem Zeichen3) versieht4), nahmt oder gestohlen ist, H. M. u. Köln JMB1. NRW. 1954, 143, vgl. Floegel-Harlung S. 731, Müller a.a.O S. 414. Dagegen nur Verstoß gegen §§4, 71 StVZO., wenn der Schein nicht bei sich geführt ist, aber zu Hause verwahrt wird, E. 69, 353, E. 72, 159, und, wenn ein Polizist den Schein wegen Trunkenheit abgenommen h a t und weitergefahren wird, Celle J W . 64( 1935), 2983. Bei verbotenem Führen besteht Tateinheit zwischen § 24 Nr. 1 und § 222 StGB. E.59, 317, H R R . 1938 Nr. 1667, und § 242 StGB. RG. D J Z . 34 (1929), 704, ebenso mit einer Übertretung der StVO., Dresden, H R R . 1938 Nr. 1097. Das Kraftfahrzeug des Führers, der keinen Führerschein besitzt, kann nicht eingezogen werden. Frankfurt N J W . 1954, 652; a.M. Hoffmann N J W . 1954, 1147. 5) S. ferner §§ 4, 5, 3 Abs. 1 S. 2 StVZO. sowie §§ 42m StGB., §§ l i l a , 212b, 232, 233. 305, 463a StPO. Hierunter fällt der Kraftfahrer, der sich den abgelieferten oder eingezogenen Führerschein auf unrechtmäßige Weise wieder verschafft, E. 72, 158, dagegen nicht der erwerbslose Führer, dem während der Erwerbslosenunterstützung der Führerschein abgenommen ist. Müller a.a.O. S. 417. 6) S. § 4 Abs. 4 S. 2. Eine Pflicht zur Ablieferung besteht erst, wenn die Entziehungsverfügung wirksam geworden ist. Die Ablieferung h a t nur auf ausdrückliches, dem Betroffenen zugegangenes Verlangen der Behörde und zwar innerhalb angemessener Frist zu erfolgen. Erst nach fruchtlosem Fristablauf t r i t t Strafbarkeit ein. Bei schuldlos verspäteter Ablieferung keine Strafbarkeit, ebenso nicht bei Unmöglichkeit der Rückgabe infolge Verlustes. Das Gericht h a t auch hier nachzuprüfen, ob ein rechtswirksamer Entziehungsakt der Verwaltungsbehörde vorliegt. BayObLG. J W . 57 (1928), 3190. 7) Siehe Anm. 6 zu § 23. Strafbar ist der Halter erst dann, wenn von Bestellung oder Ermächtigung wirklich Gebrauch gemacht, wenn gefahren wird. Auch vorübergehendes Führenlassen ist nur dann strafbar, wenn der Halter eine Person ohne Führerschein oder nach Entziehung der Fahrerlaubnis sein Kraftfahrzeug selbständig, d. h. nach ihrem eigenen Willen, steuern läßt, selbst dann, wenn der Halter mündliche Anweisungen erteilt und die Steuerung beaufsichtigt. BayObLG. DRZ. 21 (1929), 909. 8) Der Bestellung liegt ein Vertragsverhältnis zugrunde. 9) Die Ermächtigung kann ausdrücklich oder stillschweigend geschehen. Es genügt, wenn der andere streckenweise das Steuerrad selbständig d. h. nach eigenem Willen bedient. BayObLG. DRZ. 21 (1929) Nr. 415. Der Halter muß sich im Zweifel bei der Bestellung oder Ermächtigung durch Augenschein von dem Besitz des Führerscheins des anderen überzeugen. Auch Überlassung des Halters an Vorgesetzten ohne Prüfung der Fahrerlaubnis ist, selbst trotz etwaigen Befehles, strafbar, KG. VAE. 1937, 322. 10) Soweit ein solcher erforderlich ist, also auf öffentlichen Wegen. Der Führerschein muß für das der bestimmten Klasse angehörige Fahrzeug erteilt sein. BayObLG. DRZ. 21 (1929) Nr. 354. 11) Der Halter muß sich den Führerschein vorzeigen lassen oder sich über den Besitz des Scheins vergewissern. Z u § 25: 1) D.h. in der Absicht, durch die verbotswidrige Kennzeichnung das Rechtsleben zu beeinflussen. 2) Auch Kleinkrafträder, dagegen nicht Fahrräder mit Hilfsmotor, § 27 Anm. 4. Müller a. a. O. S. 425. Ebenso fallen reparaturbedürftige Kraftfahrzeuge hierunter. RG. Recht 25 Nr. 958, nicht Anhänger, da sie keine Kraftfahrzeuge sind. Strafschutz für Anhänger s. §§ 18, 71 StVZO. 3) Das sind die allgemeinen Kennzeichen (§§ 23,60 StVZO.) und die für Probefahrt (§ 28 StVZO.) sowie die heimischen Kennzeichen u. Nationalitätszeichen (Unterscheidungszeichen)

B VIII 1. Straßenverkehrsgesetz. § 25

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welches geeignet ist, den Anschein der polizeilich angeordneten oder zugelassenen Kennzeichnung hervorzurufen5), 2. ein Kraftfahrzeug mit einer anderen als der polizeilich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung versieht6), 3. das an einem Kraftfahrzeug gemäß polizeilicher Anordnung angebrachte Kennzeichen7) verändert, beseitigt8), verdeckt9) oder sonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt10), wird, sofern nicht nach den Vorschriften des Strafgesetzbuchs eine höhere Strafe verwirkt ist 11 ), mit Geldstrafe bis zu zehntausend Deutsche Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. (2) Die gleiche Strafe trifft Personen, welche auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von einem Kraftfahrzeug Gebrauch machen12), von dem sie wissen, daß die Kennzeichnimg in der im Absatz 1 unter Nummer 1 bis 8 bezeichneten Art gefälscht 13 ), verfälscht14) oder unterdrückt15) worden ist. für außerdeutsche Kraftfahrzeuge mit internationalem Fahrausweis nach § 2,7 VO. vom 12. 11. 1934 (RGBl. I S. 1137) (Anm. 2 zu § 6), während die Kennzeichen nach § 6 d. VO. v. 12.11. 1934 nicht hierunter fallen, Müller, Komm. A I l l e , a.A. Floegei, Komm. § 25 Anm. l a . — Kennzeichen sind nicht die etwa landesrechtlich bestimmten Zeichen zur Kenntlichmachung solcher Fahrzeuge, für die bundesrechtliche Kennzeichen nicht vorgeschrieben sind. Nur Maßnahmen werden von § 25 getroffen, die das „Kennzeichen" im technischen Sinne der Kraftfahrzeugverkehrsregelung betreffen. Wer an dem Fabrikschild (§ 59 StVZO.) Änderungen vornimmt, ist unter Umständen wegen Urkundenfälschung strafbar, nicht aber wegen Vergehens gegen § 25. Das polizeiliche Kraftfahrzeugkennzeichen ist öffentliche Urkunde. BayObLG. GA. 73, 208. Stettin J W . 61 (1932), 816; jedoch ist die Anbringung eines echten polizeilichen Kennzeichens an einen nicht zugelassenen Kraftwagen keine Urkundenfälschung. BayObLG. H R R . 1933 Nr. 626. 4) Mit dem Versehen, das mit Anbringen gleichbedeutend ist, ist die T a t vollendet. 5) Fälschliche Anfertigung ist nicht erforderlich; es genügt schon Kennzeichen für anderen Wagen oder andere Zwecke. Es muß in der Anbringung eine die Echtheit oder Richtigkeit vorspiegelnde Ähnlichkeit gegeben sein. Tatsächliche Hervorrufung eines Irrtums ist nicht erforderlich, ebensowenig ein Gebrauch machen, da schon das Anbringen strafbar ist. Die Hinzufügung von Phantasiezeichen, z. B. einem Wappen oder Krone ist bedeutungslos. Angeordnetes oder zugelassenes Kennzeichen ist gleichbedeutend. 6) S. Anm. 4. Das echte Zeichen wird mit einem f ü r ein anderes Fahrzeug bestimmten echten oder mit einem falschen Kennzeichen vertauscht. Falsch ist die Kennzeichnung auch dann, wenn das verloren gegangene echte Kennzeichen ohne behördliche Mitwirkung (§ 23 Abs. 1 StVZO.) durch ein gleichartiges anderes ersetzt wird. 7) Wird das Kennzeichen vor Anbringung am Fahrzeug verändert, so liegt lediglich Urkundenfälschung vor. S. auch Anm. 3 u. 4. 8) Z. B. durch Abnehmen und Übermalen. Werden die Zeichen durch Bestreichen mit Schmutz unkenntlich gemacht, so liegt nicht Beseitigen, sondern Verdecken (Anm. 9) vor. Hier kann auch § 274 StGB, in Betracht kommen. 9) „Verdecken" heißt den Blicken entziehen, z. B. durch Vorstellen eines Koffers oder Reserverades. Verdecken durch ein anderes Kennzeichen fällt unter Nr. 2. 10) Beeinträchtigung bedeutet Erschwerung der Feststellung des Fahrzeuges z. B. durch Nichtbeleuchtung, durch Unlesbarmachen. 11) Subsidiaritätsklausel, hohe Strafe z. B. aus §§ 267, 274, 281 StGB. 12) Gebrauchmachen heißt Inbetriebsetzen. Wie im Falle des Abs. 1 und des § 267 StGB, muß das Gebrauchmachen in rechtswidriger Absicht geschehen sein und diese Absicht besonders festgestellt werden. E. 12, 112; E. 56, 361 a.A. Müller a.a.O., Anm. C. Vgl. § 248b StGB. 13) Tatbestand in Abs. 1 Nr. 1. 14) Verfälschen im Sinne von Abs. 1 Nr. 2. 15) Unterdrücker nach Abs. 1 Nr. 3.

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B V I I I 1. Straßenverkehrsgesetz. §§ 26, 27

§ 26. [Unbefugtes Mitführen von Anhängern. Überladung und Feilbieten von Fahrzeugteilen] Mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig l. 1 ) als Führer2) eines Kraftfahrzeugs den Vorschriften über das Mitführen von Anhängern3) zuwiderhandelt4), 1 2. ) als Fahrzeughalter2) das unzulässige Mitführen4) von Anhängern anordnet6) oder zuläßt 6 ), 3. ein Kraftfahrzeug führt oder einen Kraftfahrzeuganhänger mitführt, bei denen das Gesamtgewicht des einzelnen Fahrzeugs das zulässige Gesamtgewicht um mehr als zehn vom Hundert überschreitet7), 4.7) als Fahrzeughalter die Inbetriebnahme eines nach Nummer 8 überladenen Fahrzeugs anordnet6) oder zuläßt6) oder 8 5. ) Fahrzeugteile, die in einer vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigten Bauart ausgeführt sein müssen, gewerbsmäßig9) feilbietet10), welche nicht mit einem amtlich vorgeschriebenen und zugeteilten Prüfzeichen gekennzeichnet sind. IV. Kleinkrafträder § 27 (1) Die Vorschriften im Teil I gelten mit Ausnahme des § 6 Abs. 1 Nr. 51) nicht für Kleinkrafträder2) und Fahrräder mit Hilfsmotor3). Der Bundesminister für Verkehr bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, welche Arten von Fahrzeugen dazu gehören; er hat dabei internationale Regelungen zu beachten und zu berücksichtigen, welche Fahrzeuge nach dem jeweiligen Stande der Technik eine geringere Gefährdung verursachen. Zu § 26: 1) Durch diesen Sondertatbestand, der auf § 32a StVZO. beruht, wird § 71 StVZO. ausgeschlossen. 2) S. § 23 Anm. 6. Betriebsleiter fällt nicht darunter. Hamm, JMB1. NRW. 1954, 185. 3) § 32 a StVZO. 4) Der unzulässig zusammengesetzte Zug muß im öffentlichen Verkehr betrieben werden. 5) Die Anordnung ist nicht schon an sich strafbar, wenn sie nicht befolgt wird. Der unzulässig zusammengesetzte Zug muß in den öffentlichen Verkehr gelangt sein. 6) Die Rechtspflicht des Halters zum Handeln ergibt sich aus § 7 StVO. und § 31 StVZO. 7) Dieser Tatbestand ist die Zuwiderhandlung gegen § 34 StVZO. Verstöße gegen § 19 StVO. fallen nicht darunter. S. auch Anm. 1. 8) Dieser Straftatbestand enthält das Zuwiderhandeln gegen §§ 22 Abs. 3 u. 4 StVZO., soweit es gewerbsmäßig erfolgt. 9) S. Anm. 1 zu § 260 StGB. Da Gewerbsmäßigkeit Vorsatz voraussetzt, wird fahrlässige Zuwiderhandlung nicht nach § 26 strafbar sein, vielmehr nur nach §§ 22 Abs. 4, 71 StVZO. Härtung N J W . 1953, 885 (886). 10) S. Anm. 8 zu § 3 LMG. unter B VII 1. Zu § 2 7 : 1) Betrifft Gebührenbemessung. 2) Begriffsbestimmung in § 67 a Abs. 1 StVZO., Fahrerlaubnis § 5 Abs. 1 StVZO., Zulassung § 18 Abs. 2 Nr. 2, Entziehung der Führungserlaubnis s. Abs. 2. Da § 4 Abs. 1 nicht gilt, ist die Entziehung im Verwaltungswege nach § 3 StVZO. zulässig. Im gerichtlichen Verfahren güt § 42 m StGB. Dem Kleinkraftrad steht gleich der Motorroller; der also bis zu 50 ccm zulassungsfrei ist. § 18 Abs. 2 S. 2 StPO. Über 250 ccm ist er Kraftrad ohne rechtliche Sonderstellung. 3) Begriffsbestimmung in § 67 a Abs. 3 StVZO. § 31 a StVO. Eine Fahrerlaubnis ist nicht erforderlich, es besteht vereinfachte Zulassung für den Motor § 67a Abs. 6 a ; jedoch ist Personen unter 16 Jahren die Führung verboten, § 67a Abs. 5 StVZO. Untersagung der Füh-

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. Vorbem.

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(2) Wird die Erlaubnis zur Führung eines Kleinkraftrades entzogen oder kommt ihre Entziehung in Betracht, so gilt § 4 Abs. 2 und 3. (8) Der Bundesminister für Verkehr erläßt mit Zustimmimg des Bundesrates Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften über den Verkehr mit Kleinkrafträdern und Fahrrädern mit Hilfsmotor4). Die Rechtsverordnungen dürfen keine strengeren Anforderungen vorsehen, als für den Verkehr mit anderen Krafträdern gelten.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung (StVO.) in der Fassung vom 24. August 1958 (BGBl. I S. 1201) Vorbemerkung Die Straßenverkehrs-Ordnung v. 13. 11. 1937 (RGBl. I S. 1179) ist durch VO. v. 12. 10. 1938 (RGBl. I S. 1433), v. 3. 5. und 3.10.1939 (RGBl. I S. 874, S. 1988), v. 24.4.1940 (RGB1.I S. 682), v. 19. 5. 1943 (RGBl. I S. 333), v. 28. 1. 1944 (RGBl. I S. 48), v. 18. 10. 1944 (RGB1.I S. 256), durch Art. 4 Nr. 2 des Verkehrssicherungsgesetzes v. 19. 12. 1952 (BGBl. I S. 837) geändert, nach der VO. zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung v. 24. 8. 1953 (BGBl. I S. 1131) neugefaßt und auf Grund des Art. 6 dieser VO. in der v. 1. 9. 1953 geltenden Fassung bekanntgemacht. Sie ist von Berlin durch VO. v. 2. 9. 1953 (GVB1. S. 889) übernommen. S c h r i f t t u m : Siehe Fußnote zum StVG. unter B V I I I 1. Müller a.a.O. S. 54, 663ff.; Arndt u. Guide, Komm. 4. Aufl. 1954. Liebers, Verkehrsunfallverhütung 1953. Zur früheren Fassung der StVO. ist eine Dienstanweisung für Polizeibeamte zur Durchführung der Vorschriften über den Straßenverkehr 2. Aufl. v. 17. 3. 1940 — 13. 5. 1940 (RMBliV. S. 1879) ergangen. Über die Behandlung von Verkehrsübertretungen durch die Polizei siehe ferner den RdErl. v. 8. 11. 1940 (RMBliV. S. 2071). RiStV. 1953 Nr. 252 ff.

Mit der weiteren Zunahme der Fahrzeuge im Straßenverkehr, vor allem der Kraftfahrzeuge, muß die echte Gemeinschaft aller Verkehrsteilnehmer einschließlich der Fußgänger im Interesse einer nachhaltigen Besserung der Verkehrsdisziplin vordringlich hergestellt werden. Die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, ist der Zweck dieser Verordnung. Sie stellt ohne Rücksicht auf den jeweils eingetretenen Erfolg die Verletzung einer Reihe von Tatbeständen unter Strafe, die erfahrungsgemäß zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führen können. Außerdem enthält die Verordnung im § 1 eine Grundregel für das Verhalten im Straßenverkehr. Diese Vorschrift bildet gleichzeitig die Rechtsgrundlage zu einem Einschreiten in allen nicht im einzelnen geregelten Fällen, indem sie jedes Verhalten unter Strafe stellt, durch das der Verkehr gefährdet oder ein anderer geschädigt oder mehr, als unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Nicht die kleinliche Anwendung der Vorschriften in jedem Falle, sondern eine ihrem Ziel entsprechende Handhabung wird die echte Gemeinschaft aller Verkehrsteilnehmer unter sich sowie mit den für die Ordnung, Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs verantwortlichen Behörden und ihren Beamten fördern. rung im Verwaltungswege ist nach § 3 StVZO. zulässig, dagegen nicht im gerichtlichen Verfahren gemäß § 42 m, da der Führer keine Fahrerlaubnis braucht. 4) Für Kleinkrafträder wie Fahrräder mit Hilfsmotor gelten die Bestimmungen der StVO. insbes. § 1. RG. JW. 64 ( 1935), 2057, und § 13 Abs. 2 BayObLG. N J W . 1952, 1223, ferner §§ 21, 22, mit Einschränkung § 23, — soweit der Führer und Halter der nach § 18 zulassungspflichtigen Kleinkrafträder. § 24, soweit der Führer und Halter eines Kleinkraftrades einer Fahrerlaubnis bedarf. § 25, soweit Führer und Halter eines Kleinkraftrades sind, das kennzeichnungs- und zulassungspflichtig ist (§ 18 StVZO.), dagegen nicht § 26.

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 1

A. A l l g e m e i n e

Vorschriften

§ 1. [Grundregel für das Verhalten i m Straßenverkehr] 1 ) Jeder Teilnehmer 2 ) am öffentlichen Straßenverkehr 2 ) hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer 3 ) gefährdet 4 ), geschädigt oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird 5 ) 6). Z u B V I I I 2: Z u § 1 : 1 ) Die StVO. gibt eine Grundregel für das Verhalten im Verkehr. Sie schildert den Grundgedanken des Verhaltens im Verkehr, ist im übrigen aber zugleich Straftatbestand. Sämtliche Einzeltatbestände der StVO. sind selbständige Straftatbestände. Sie sind zusammengestellt nach den erfahrungsgemäß am häufigsten vorkommenden Verkehrsverstößen. Aus ihnen in Verbindung mit § 49 als Strafvorschrift ist jeweils die Strafe zu entnehmen. Erst wenn für den einzelnen Fall keiner dieser besonderen Straftatbestände zur An Wendung kommen kann, aber trotzdem ein Verstoß gegen die Verhaltensregel des § 1 vorliegt, ist der somit subsidär zur Anwendung kommende Tatbestand des § 1 als selbständiger Straftatbestand anzuwenden und aus ihm in Verbindung mit § 49 die Strafe zu entnehmen. Doch kann eine Übertretung einer Sondervorschrift in Tateinheit mit einer Übertretung nach §§ 1, 49 stehen, wenn der strafbare Erfolg über die Erfüllung des Sondertatbestandes hinausreicht, z. B. Tateinheit mit § 10, wenn durch verbotswidriges Überholen an Straßeneinmündungen eine Gefährdung des Verkehrs herbeigeführt wurde. BGH. St. 4, 188, ebenso mit 16, wenn durch einen Verstoß gegen das Parkverbot gleichzeitig auch einer der Erfolge eingetreten ist, die durch § 1 StVO. unter Strafe gestellt sind. Schleswig SchlHA. 1953, 297. Wann ein solcher Verstoß gegeben ist, bestimmt sich danach, ob alle Voraussetzungen eines nach den allgemeinen Lebenserwartungen gemäß dem Grundsatz des § 1 sich bestimmenden Verhaltens erfüllt sind, wobei die Befolgung der polizeilichen Vorschriften allein nicht unbedingt ausreichend ist. E. 71, 182. Der das Straßenverkehrsrecht beherrschende V e r t r a u e n s g r u n d s a t z (vgl. Anm. 4 Abs. 3) ist nicht anwendbar, wenn ein fremdes verkehrswidriges Verhalten offen zutage liegt oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erkannt werden müssen. Oldenburg RdK. 1953, 84. 2) Öffentlicher Straßenverkehr ist nicht nur der Verkehr auf Straßen und Plätzen, die dem allgemeinen Gebrauch offenstehen, weil sie durch einen öffentl.-rechtlichen Akt diesem Gebrauch gewidmet sind, sondern auch auf solchen, auf den der private Eigentümer ausdrücklich oder stillschweigend einen allgemeinen Verkehr für jedermann eröffnet. Schleswig SchlHA. 1953, 296. Vgl. Anm. 1, 2 zu § 1 StVZO. Teilnehmer an diesem Straßenverkehr ist jeder Mensch, der sich in den Verkehr hineinstellt, jeder, der sich auf einem öffentl. Weg bewegt oder aufstellt, einerlei zu welchem Zweck. Celle GA. 1953, 157. Zu den Verkehrsteilnehmern gehört auch der Soziusfahrer. Hamm VKB1. 1954, 19. Im Rahmen der Vorschriften der StVO. sind die einzelnen Verkehrsteilnehmer grundsätzlich gleichberechtigt. Der Grundsatz, daß die Straßenbahn bei der Straßenbenutzung den anderen Verkehrsteilnehmern gleichsteht, gilt also nur soweit sich nicht aus der Eigenschaft der Straßenbahn als eines schweren Schienenfahrzeuges notwendig etwas anderes ergibt. Stuttgart RdK. 1954, 61. Vgl. § 8 Abs. 6. 3) Es muß die Gefährdung oder Schädigung eines Anderen eingetreten sein. Durch die Neufasssung ist klargestellt, daß die abstrakte Verkehrsgefährdung nicht genügt, vielmehr gehört zur Verwirklichung des Tatbestandes eine konkrete Gefährdung. Eine solche liegt in einem Verhalten, das ein reibungsloses Ineinandergreifen der Verkehrsvorgänge, ihren glatten Ablauf in Frage stellt, mit der Wirkung, daß ein schädlicher Erfolg nur durch besondere Umstände vermieden wird. Müller a.a.O. S. 678. Arndt und Guide Anm. 3 b zu § 1. 4) Kommt noch keine Gefährdung in Frage, so ist zu prüfen, ob Verstoß nach § 2 StVZO. vorliegt. Beispiele: Kurvenschneiden, unvorsichtiges aus der Richtung Gehen, Zeitungslesen beim Überschreiten der Fahrbahn, zu große Geschwindigkeit bei Glatteis oder Sonnenblendung, Überschreiten der Fahrbahn kurz vor einem Wagen bei glatter Straße usw. Als Gefährdung ist dabei anzusprechen, wenn z. B. Kraftfahrer durch den unvorsichtigen Fußgänger zum plötzlichen Abbremsen auf glatter Straße gezwungen werden, beim Schneiden der Kurve ein anderer Verkehrsteilnehmer keinen genügenden Platz zum Fahren hat u. dgl. Vom Kraftfahrer zu verlangen, daß er das Lenkrad ständig fest umklammert halte, stellt eine Überspannung der an seine Sorgfaltspflicht zu stellenden Anforderung dar. Köln R d K . 1953, 158. Auch wenn kein lebhafter Verkehr herrscht, ist ein Fußgänger, der zur Umgehung schlechter Stellen des Gehwegs die Fahrbahn benutzt, verpflichtet, auf den Fahrzeugverkehr zu achten und in seinem Verhalten auf ihn Rücksicht zu nehmen. BGH. VRS. 1954, 87. Nur wenn ein auf dem Fahrdamm stehender Fußgänger ersichtlich das Hupen bemerkt hat, kann der Fahrer aus einem weiteren Stehenbleiben des Fußgängers schließen, dieser wolle ihn vor sich vorbeifahren lassen. Schleswig SchlHA. 1954, 107. Fahren im t r u n k e n e n Zustand ist gefährdend. Beim Trunkenen (s. Anm. 1 zu §2 StVZO.) fallen Hemmungen weg und die Reaktionsfähigkeit wird geringer als im nüchternen Zustande.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 1

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Bei abklingender Alkoholwirkung besteht eine toxisch bedingte Ermüdung und träge Reaktionsweise. Diese Wirkung ist lebenserfahrenen Menschen auch durchaus bekannt. Oldenburg NdsRpfl. 1953, 147. Der unter Älkoholwirkung Stehende nimmt am Verkehr schon dann teil, wenn er sich in seinem Zustand ans Steuer setzt, den Zündschlüssel einführt und die Zündung einschaltet (Hamburg, DAR. 1940, 60) oder den Motor eines Kraftrades antritt. KG. DStR. 1939, 181, DAR. 1939, 186. Was die innere Tatseite im allgemeinen anbelangt, braucht der Täter nur zu wissen, daß er nicht unerhebliche Mengen von Alkohol genossen hat. Frankfurt N J W . 1953, 597. W a r die Zurechnungsfähigkeit des Fahrers z. Zt. der Tat infolge der Trunkenheit ausgeschlossen, so ist er nach § 330a StGB, zu bestrafen, wenn er sich trotz der Trunkenheit ans Steuer gesetzt hat. In aller Regel kann sich ein Verkehrsteilnehmer darauf verlassen, daß auch die anderen Verkehrsteilnehmer die Verkehrsregeln beachten werden. (Vertrauensgrundsatz). RG. JW. 67 (1938), 1461, 2861; DAR. 1938, 231; E. 70, 71; RG. VAE. Bd. 7 (1939), 169; BGH. VR S. 3, 185; BGHSt. 2,188; 3,49; BayObLG. DAR. 1953,19; anders Oldenburg DAR. 1951,30. Er muß lediglich dann ein verkehrswidriges Verhalten anderer von vornherein beachten und berücksichtigen, wenn ihm ein solches erkennbar ist. RG. D J . 1937, 357; E. 71, 25; RG. VAE. Bd. 8 (1939) 170; BGH. DAR. 1952, 79; BayObLG. DAR. 1952, 153. Eine Einstellung eines Kraftwagenführers auf unvorschriftsmäßiges Verhalten von Fußgängern kann nur in den Grenzen erfordert werden, wie es sich aus den Bedürfnissen des täglichen Lebens und aus der Rücksicht auf Wesen, Eigenheiten und Erfordernisse des Kraftwagen Verkehrs ergeben. RG. JW. 66 (1937), 3095; E. 70, 25; E. 71, 72; E. 72, 55; H R R . 1937 Nr. 901 u. 1938 Nr. 1094; RG. JW. 66 (1937), 243, 1814, 3218. Uber Gehen bei Dunkelheit nebeneinander vgl. Anm. 3 zu § 37. Gewisse Verkehrseigenschaften einzelner Verkehrsteilnehmer, die nicht oder nur schwer vermeidbar sind, müssen aber in Rechnung gestellt werden, z. B. leichte Schwankungen eines Radfahrers, auch eines geübten, in der Großstadt, RG. DAR. 40 Nr. 83. Auf der Autobahn muß mit Hindernissen gerechnet werden, die einen anderen Verkehrsteilnehmer gefährden können, schrankenloses Ausfahren ist daher nicht möglich. Grundsätzlich ist Anhalten auf der Bahn selbst nur in Notfällen zulässig, mit solchen ist aber zu rechnen; stilliegende Autos sind besonders zu sichern. RG. D J . 1940, 375. Der Straßenbahnführer darf sich in der Regel darauf verlassen, daß ein nahe vor ihm fahrendes Kfz. auch dann nicht in den Fahrbereich der Straßenbahn einbiegt, wenn für das Kfz. die Fahrbahn durch ein Hindernis verengt ist. BayObLG. RdK. 1954, 14. Der Vertrauensgrundsatz kann n i c h t durchgreifen, strengere Anforderungen sind zu stellen, wenn Verkehrsteilnehmer sind: offensichtlich unachtsame (Betrunkene, Celle DAR. 1952, 128), erkennbar Gebrechliche oder körperbehinderte Erwachsene, kleine Kinder und u. U. auch Jugendliche (jugendl. Radfahrer) Hamm VkBl. 1950, 119), B G H S t . 3, 49. Bei K i n d e r n ist erhöhte Vorsicht am Platze, BayObLG. DAR. 1951, 145. Es muß bei unbeaufsichtigten Kindern an der Straße deren Verhalten besonders beobachtet und etwa erfahrungsgemäß zu erwartendes törichtes Handeln berücksichtigt werden. Ein Kraftfahrer braucht z. B. zwar regelmäßig nicht damit zu rechnen, daß ein Kind, das auf Hupenzeichen die Fahrbahn verläßt, plötzlich dorthin zurückspringt; sieht er aber, daß ein dreijähriges Kind von der einen Straßenseite auf die andere gelangen will, so muß er damit rechnen, daß es seinen Weg selbst dann fortsetzt, wenn ein erwachsener Verkehrsteilnehmer einen solchen Versuch bestimmt unterlassen würde. RG. DAR. 1937, 221. Wenn Kinder von Erwachsenen begleitet sind, braucht mit ihrer Unvernunft nicht gerechnet zu werden. Köln H R R . 1934 Nr. 1089. Siehe auch Anm. 2 zu § 9. Auf k ö r p e r l i c h B e h i n d e r t e ist besondere Rücksicht zu nehmen. E. 61, 120; E. 65, 135; RG. J W . 67 (1938) 68,1502,1318. Deshalb soll von diesen die gelbe Armbinde mit 3 schwarzen Punkten getragen werden. Vgl. § 2 Abs. 2 StVZO. (B V I I I 3). Es ist nicht erforderlich, daß Kinder und alte, gebrechliche Leute stets von rüstigen Erwachsenen auf den Straßen begleitet werden. Dresden, Deutsches Autorecht 1935, 106. Vgl. auch KG. J W . 64 (1935) 3311 und Karlsruhe H R R . 41 Nr. 489. 5) Jede irgendwie geartete, vermeidbare Behinderung oder Blästigung ist verboten. Belästigung durch Geräusch kann auch vermeidbarer Motorlärm sein (KG. J F G . Erg.-Bd. 16 S. 204); ebenso Hin- und Herfahren zur Übung; weiter ist eine vermeidbare Belästigung die durch ordnungswidrige Beschaffenheit der Einspritzdüsen von Diesel-Kraftfahrzeugen verursachte übermäßige Rauchentwicklung VkBl. 1949 S. 105 Nr. 102, ferner Nichtausnutzung der Möglichkeit scharf rechts heranzufahren. Oldenburg NdsRpfl. 1953, 148; unnötig anhaltendes Signalgeben, wobei auch § 12 in Frage kommt; Bespritzung von Passanten mit Straßenkot, KG. VerkAbhuE. 1937, 524. Celle NdsRpfl. 1953, 229. Herumlaufenlassen von Hunden, siehe dazu §40 und Nürnberg D J . 1939,1751; Verteilen von Druckschriften auf öffentlichen Straßen usw. Behinderung ist ferner das Wenden und Hinüberfahren in einer Einbahnstraße, weil der Verkehr sich nur in einer Richtung vollziehen läßt. KG. VerkR. 1935, 339; Fahren eines mit Stroh beladenen Wagens so weit links, daß kein R a u m zum Überholen bleibt, RG. VerkR. 1935, 49; unvorsichtiges Öffnen einer Wagentür nach der Fahrbahn, d. h. ohne vorsichtige

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B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 2

§ 2. [Verkehrsregelung durch Polizeibeamte und Farbzeichen] (1) Den Weisungen und Zeichen der Polizeibeamten ist Folge zu leisten; sie gehen allgemeinen Verkehrsregeln und durch amtliche Verkehrszeichen angezeigten örtlichen Sonderregeln vor1). (2) Die Zeichen der Polizeibeamten zur Regelung des Verkehrs bedeuten 1. Winken in der Verkehrsrichtung: „Straße frei"; 2. Hochheben eines Armes: für Verkehrsteilnehmer in der vorher gesperrten Richtung: „Achtung", in der vorher freien Richtung: „Anhalten", für in der Kreuzung Befindliche: „Kreuzung frei machen"; 3. seitliches Ausstrecken eines Armes oder beider Arme: quer zur Verkehrsrichtung: „Halt", in der Verkehrsrichtung: „Straße frei". Diese Zeichen gelten auch, wenn sie nicht mehr in der vorgeschriebenen Weise gegeben werden, solange der Beamte seine Grundstellung beibehält. (3) Werden Farbzeichen verwendet, so bedeutet: Grün: „Straße frei", ein grüner Pfeil: „Straße frei", nur in der Richtung des Pfeils", Gelb: für Verkehrsteilnehmer in der vorher gesperrten Richtung: „Achtung", in der vorher freien Richtung: „Anhalten", für in der Kreuzung Befindliche: „Kreuzung frei machen", Rot: „Halt", wenn Gelb gleichzeitig mit Rot erscheint, zeigt es den nahen Wechsel der Farbzeichen an, gelbes Blinklicht: „Vorsicht". Rückschau, kann leicht behindern usw. Dresden, VerkR. Abh. 1936, 289. Bremen VRS. 1953, 620; Oldenburg NdsRpfl. 1953, 148; wenn auch das Linksaussteigen an sich nicht unstatthaft ist. KG. N J W . 1953, 597. Parken in schmalen Straßen gegenüber Ausfahrten an erkennbar beengten Stellen usw.; Parken in umgekehrter Fahrtrichtung wird durch §§ 15, 16 untersagt. Bei Liegenbleiben eines Fahrzeuges bei Dunkelheit ist für wirksame Sicherung zu sorgen, etwa durch Aufstellung eines Warnpostens mit roter Lampe, mindestens aber durch rückstrahlende Vorrichtungen in angemessenem Abstand von dem Fahrzeug (VkBl. 19, 49 S. 150 Nr. 160). Vgl. § 20. Der Kraftfahrer muß wissen, daß bei Nachtfahrten die Gefahr, von rückwärts geblendet zu werden, immer vorhanden ist, und muß sich insbesondere beim Überholen hierauf rechtzeitig einstellen. Hamm VRS. 1954, 154. Ist ein Verkehrsteilnehmer von einer gefährlichen Situation, die er selbst nicht verschuldet hat, überrascht worden, so ist ihm eine sog. S c h r e c k s e k u n d e zuzubilligen, d. h. die in dieser Sekunde begangenen oder unterlassenen Handlungen werden ihm, unabhängig von der Beurteilung seiner späteren Maßnahmen nicht zur Last gelegt. E. 65, 135; RG. D J . 1935, 304; H R R . 1938 Nr. 422 und J W . 63 (1934) 560; München H R R . 1940 Nr. 786. Entsprechend ist eine sog. B l i n d s e k u n d e zuzubilligen, wenn eine unverschuldete Blendung eingetreten ist. E. 70, 48; Düsseldorf JW. 67 (1948) 325 (vgl. Anm. 2 Abs. 4 zu § 222 StGB.). Zu § 2 : 1) Weisung ist die besondere Anordnung des Polizeibeamten, die er mit dem augenblicklichen Verkehrsbedürfnis zur unmittelbaren Regelung des Straßenverkehrs trifft. Eine verkehrspolizeil. Weisung ist unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Verkehrs zu vollziehen. BayObLG. E. 1952, 168, Zeichen s. Abs. 2. Daß der Verkehrsposten auf der Mitte der Kreuzung steht, ist nicht vorgeschrieben, wohl aber muß seine Eigenschaft den Verkehrsteilnehmern erkennbar sein. Düsseldorf VRS. 1953, 633. Die Nichtbeachtung eines Verkehrs-

B V I I I 2. S t r a ß e n v e r k e h r s - O r d n u n g . § 3

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(4) Auf das Zeichen „Straße frei" kann abgebogen werden, nach links jedoch nur, wenn dadurch der freigegebene Verkehr von entgegenkommenden Fahrzeugen und von Schienenfahrzeugen nicht gestört wird. Einbiegende Fahrzeuge haben auf die Fußgänger, diese auf die einbiegenden Fahrzeuge besondere Rücksicht zu nehmen. (5) Bei dem Zeichen „Kreuzung frei machen" haben die Fahrzeuge, die sich in der Kreuzung befinden, die Kreuzung zu verlassen. (6) Während des Zeichens „Halt" dürfen Fußgänger auf Gehwegen einbiegen. (7) Die Polizei kann für Straßenbahnen von den Vorschriften der Absätze 2 und 3 abweichende Zeichen geben.

§ 3. [Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen] (1) Die durch amtliche Verkehrszeichen und andere amtliche Verkehrseinrichtungen (Anlage) getroffenen Anordnungen sind zu befolgen1). (2) Einrichtungen aller Art, die durch Form, Farbe, Größe sowie Ort und Art der Anbringung zu Verwechslungen mit Verkehrszeichen und -einrichtungen Anlaß geben oder deren Wirkung beeinträchtigen können, dürfen an öffentlichen Straßen nicht angebracht werden2). Wirtschaftswerbung in Verbindung mit Verkehrszeichen ist unzulässig. Zeichens wird a u c h d u r c h die D u l d u n g seitens eines Verkehrspolizisten n i c h t gedeckt, sofern dieser nicht eine ausdrückliche abweichende Weisung gibt. H a m b u r g VkBl. 1954, 99. W e r ein richtig gegebenes, von a n d e r e n richtig verstandenes Verkehrszeichen m i ß versteht, h a t zu beweisen, aus welchen besonderen Gründen er das Zeichen h a b e a n d e r s a u f fassen dürfen. R G . V e r k R . 1935, 100. F ü r die R e c h t m ä ß i g k e i t von Weisungen und Zeichen, die allein der gerichtl. N a c h p r ü f u n g unterliegt, genügt, d a ß die Weisung o b j e k t i v aus G r ü n d e n der Verkehrsregelung erfolgt ist und von dem Polizeibeamten nach p f l i c h t g e m ä ß e m Ermessen f ü r erforderlich gehalten wird. H a m b u r g M D R . 1951, 633. Der I r r t u m des T ä t e r s über die R e c h t m ä ß i g k e i t ist V e r b o t s i r r t u m . H a m m V R S . 1953, 634. E i n N a c h p r ü f u n g s r e c h t nach N o t wendigkeit u n d Zweckmäßigkeit der A n o r d n u n g s t e h t weder dem Verkehrsteilnehmer noch dem Gericht zu. Dresden V e r k A b h u E . 1937, 365. Ebensowenig ist die Zweckmäßigkeit aufgestellter Schilder n a c h p r ü f b a r . H a m b u r g D J . 1940, 303. Z u § 3 : 1) Die Anlage (BGBl. I S. 1213) ist hier nicht a b g e d r u c k t . Verkehrszeichen des U n t e r n e h m e n s „ A u t o b a h n e n " stehen den Verkehrszeichen in der Anlage zur StVO. gleich. B a y O b L G . R d K . 1954, 43. Auch die von der Ortspolizeibehörde aufgestellten Verkehrszeichen müssen befolgt werden. B a y O b L G . R d K . 1953, 50. Wegen der B e d e u t u n g errichteter, n u r im Augenblick nicht stehender Zeichen vgl. A n m . 3 zu § 4 . D a s Schild ,,Halt, V o r f a h r t auf der H a u p t s t r a ß e a c h t e n ! " verpflichtet f ü r sich allein den Verkehrsteilnehmer nicht, u n m i t t e l b a r an i h m anzuhalten, vielm e h r genügt das Anhalten in der N ä h e des Schildes, falls v o m Ort des Anhaltens aus ein günstiger Überblick über die Verkehrslage in der H a u p t s t r a ß e zu gewinnen ist. H a m m R d K . 1953, 84. Auch wenn der rote Stop-Strich auf der S t r a ß e fehlt, ist das Halteschild zu beachten. D a s Halteschild e n t h ä l t ein unbedingtes Haltegebot, ohne Rücksicht d a r a u f , o b die zu bef a h r e n d e S t r a ß e verkehrsfrei ist oder nicht. S t u t t g a r t R d K . 1954, 59. Bei der Sperrung von Wegen b e s t e h t grundsätzlich kein sachlicher Unterschied, ob eine b e w o h n t e S t r a ß e „ f ü r den K r a f t f a h r z e u g v e r k e h r mit A u s n a h m e des Anliegerverkehrs" oder „ f ü r den D u r c h g a n g s v e r k e h r " gesperrt ist. I n beiden Fällen ist die B e n u t z u n g nicht n u r den Anliegern, sondern auch D r i t t e n zum Verkehr mit den Anliegern g e s t a t t e t . H a m m JMB1 N R W . 1953, 178. Auch rote W a r n lichter an u n b e s c h r a n k t e n B a h n ü b e r g ä n g e n (§ 3a) gehören zu den d u r c h § 3 I StVO. geschützten a m t l i c h e n Verkehrszeichen u n d E i n r i c h t u n g e n . I r r t u m des Angeklagten über die B e d e u t u n g des roten W a r n l i c h t s beseitigt nicht die Schuld. Schleswig SchlA. 1953, 58. Auf Gefahren hinweisende Warnzeichen sind keine nach § 3 zu befolgende A n o r d n u n g e n ; die Nichtb e a c h t u n g k a n n aber schuldhaftes Verhalten n a c h § 1 sein. München V A E . Bd. 7 (1939) 209. 2) E s soll grundsätzlich v e r h i n d e r t werden, d a ß P r i v a t p e r s o n e n , u m Verkehrsteilnehmer auf ihr G e s c h ä f t oder ihre W i r t s c h a f t a u f m e r k s a m zu machen, verwechslungsfähige Hinweise verwenden. E s m u ß jede Verwirrung im Straßenbild vermieden werden, weshalb a u c h W i r t s c h a f t s w e r b u n g in V e r b i n d u n g m i t Verkehrszeichen u n t e r s a g t ist u n d sogar privates Anzeigen

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 3 a

(3) Zur Beschaffung, Anbringung und Unterhaltung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ist der Träger der Straßenbaulast für diejenige Straße verpflichtet, in deren Verlauf die Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen angebracht werden. Die Pflicht zur Kennzeichnung der Laternen, die nicht während der ganzen Nacht brennen, obliegt den Trägern der Beleuchtungspflicht3). Zur Kennzeichnung von Baustellen und von Verkehrsumleitungen aus Anlaß von Bauarbeiten sind die für den Bau und die Bauausführung Verantwortlichen auf Anordnung der zuständigen Behörde verpflichtet4). Die Beschaffung, Aufstellung und Unterhaltung von Warnkreuzen obliegt den Bahnunternehmen. (4) Wo und welche Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen anzubringen sind, bestimmen die Straßenverkehrsbehörden5) nach Anhörung der Polizei und der Straßenbaubehörden6), in Zweifelsfällen auch nach Anhörung Sachverständiger aus Kreisen der Verkehrsteilnehmer. Ist eine Straße als nicht verkehrssicher zu kennzeichnen, so bestimmen die Straßenbaubehörden die Anbringung der Verkehrszeichen, soweit nicht die Straßenverkehrsbehörden andere Anordnungen treffen; dies gilt auch für die Kennzeichnung von Baustellen und von Verkehrsumleitungen aus Anlaß von Bauarbeiten. (5) Anordnungen über die Aufstellung des Warnkreuzes (Anlage, Bilder 4c bis 4 g) treffen für Übergänge über Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs die Bahnunternehmen7), für Übergänge der sonstigen Schienenbahnen auf besonderem Bahnkörper die Straßenverkehrsbehörden mit Zustimmung der beteiligten obersten Landesbehörden. (6) Soweit die Aufstellung oder Anbringung von Verkehrszeichen und -einrichtungen auf öffentlichen Straßen aus polizeilichen Rücksichten nicht zugelassen werden kann oder technisch nicht möglich ist, sind die Besitzer von Grundstücken und Baulichkeiten aller Art verpflichtet, das Anbringen oder Errichten der erforderlichen Vorrichtungen zu dulden. Dem Betroffenen kann eine Entschädigung gewährt werden, wenn ihm durch die Maßnahme ein Schaden erwachsen ist, den selbst zu tragen ihm billigerweise nicht zugemutet werden kann. Über die Höhe der Entschädigung entscheidet die Straßenverkehrsbehörde. § 3 a. [Verhalten an Bahnübergängen] (1) Der in den Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnungen1) begründete Vorrang der Eisenbahnen2) des öffentlichen Verkehrs wird durch Aufstellung von Warnkreuzen (Anlage, Bilder 4 c bis 4 g) zur Geltung gebracht3). von Aus- und Einfahrten auf der Straße (§ 17 Abs. 2), damit die Verkehrsteilnehmer die Zeichen deutlich sehen und unmißverständlich verstehen können. 3) Das sind in der Regel die Gemeinden. Auch Private können die Beleuchtungspflicht übernehmen. 4) An die Beleuchtung umfangreicher Baustellen sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Unternehmer muß für Bewachung durch einen Nachtwächter sorgen. Düsseldorf VRS. 1953, 143. Die Verkehrssicherungspflicht des Unternehmers von Bauarbeiten in einer Bundesstraße besteht auch noch nach Beendigung der Arbeiten. Schleswig VkBl. 1953, 89. 5) § 47 Abs. 1. 6) § 47 Abs. 4. 7) Auch Bundesbahn. Zu § 3a: 1) Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung v. 17. 7. 1928 (RGBl. II S. 541, 619) nebst Änderungen zuletzt v. 29. 3. 1951 (BGBl. I S. 225), S. Anm. 7 zu § 45. 2) Eisenbahnen sind nach § 1 des Allg. Eisenbahnges. v. 29. 3.1951 (BGBl. I S. 225) die Schienenbahn mit Ausnahme der Straßenbahnen und der nach ihrer Bau- oder Betriebsweise ähnlichen Bahnen, der Bergbahnen und der sonstigen Bahnen besonderer Bauart. Sie dienen nach § 2 a.a.O. im öffentl. Verkehr, wenn sie nach ihrer Zweckbestimmung jedermann zur Personen- und Güterbeförderung benutzen kann.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 4

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(2) Fahrzeuge anderer Schienenbahnen4) haben denVorrang vor jedem anderen Verkehr nur, wenn 1. die Bahn an dem Übergang auf besonderem Bahnkörper verlegt ist und 2. der Bahnübergang mit Warnkreuzen (Anlage, Bilder 4 c bis 4g)3) gekennzeichnet ist. (3) Bei Kreuzungen von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs und von anderen Schienenbahnen, die an dem Bahnübergang auf besonderem Bahnkörper verlegt sind, mit Fußwegen oder Feldwegen 5 ) besteht der Vorrang der Schienenbahnen auch dann, wenn Warnkreuze nicht aufgestellt sind. (4) Bahnübergänge, an denen der Vorrang nach Absatz 1, 2 oder 8 besteht, dürfen nicht überquert werden, wenn a) sich ein Schienenfahrzeug nähert, b) durch Blinklicht oder andere sichtbar oder hörbare Zeichen vor einem sich nähernden Schienenfahrzeug gewarnt wird, c) durch hörbare oder sichtbare Zeichen das Schließen der Schranken angekündigt wird, d) die Schranken bewegt werden oder geschlossen sind oder e) die Sperrung des Straßenverkehrs auf dem Bahnübergang in anderer Weise kenntlich gemacht ist. Werden an Bahnübergängen Blinklichter verwendet, so bedeutet rotes Blinklicht: „Halt! Der Bahnübergang ist für den Straßenverkehr gesperrt", weißes Blinklicht: „Die Blinklichtanlage ist in Betrieb". (5) In den Fällen des Absatzes 4 müssen Straßenfahrzeuge 6 ) und Tiere vor den Warnkreuzen oder, wo solche nicht vorhanden sind, in angemessener Entfernung angehalten werden. Fußgänger müssen vor den Schranken, bei unbeschrankten Übergängen vor den Warnkreuzen oder, wo solche nicht vorhanden sind, in angemessener Entfernung haltmachen. (6) Bei Annäherung an Bahnübergänge 7 ) und bei ihrer Benutzung ist in jedem Falle besondere Aufmerksamkeit anzuwenden; dies gilt vor allem für das Treiben von Viehherden 8 ).

§ 4. [Verkehrsbeschränkungen] (1) Die Straßen Verkehrsbehörden 1 ) können die Benutzung bestimmter Straßen 2 ) aus Gründen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beschränken Der Vorrang der Eisenbahn des öffentl. Verkehrs ist in den §§ 79 ff. der Eisenbahn-Bauu. BetriebsO. (in Anm. 1) begründet. § 3a Abs. 1 bestimmt lediglich, in welcher Form er gegenüber dem Straßenverkehr zur Geltung zu bringen ist. Arndt-Guelde Anm. 4. 3) Nicht abgedruckt. 4) Fahrzeuge, die an Bahngeleise gebunden sind, die auf Schienen bewegt werden. Hierzu gehören die Staßenbahnen und die nach ihrer Bau- oder Betriebsweise ähnlichen Bahnen, die Bergbahnen und die sonstigen Bahnen besonderer Bauart; ferner die Bahnen des nichtöffentlichen Verkehrs, z. B. Werk-, Gruben-, Privatanschluß-, Feld- und Hafenbahnen. 5) Verbindungsweg zwischen Äckern. 6) Straßenfahrzeuge aller Art: Motor-, Pferdefuhrwerke, Handwagen. 7) Über Fahrgeschwindigkeit an höhengleichen Bahnübergängen § 9 Abs. 1. 8) Viehherden werden von Barrieren in Entfernung von 50 m zurückzuhalten sein. Zu § 4: 1) § 47 Abs. 1. 2) Nur bestimmter Straßen, nicht ganzer Orte oder Ortsteile. Aus der engeren Bezeichnung in Abs. 2 „einzelne Straßen" ergibt sich aber, daß der Begriff „bestimmte Straßen" weiter zu fassen ist, z. B. Durchgangsstraßen usw., also eine Kategorie bestimmter Straßen.

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 5

oder verbieten3). Maßnahmen gleicher Art sind in Bade- und heilklimatischen Kurorten, in Luftkurorten, in Erholungsorten von besonderer Bedeutung, in Ortsteilen, die überwiegend der Erholung der Bevölkerung dienen, und in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten auch dann zulässig, wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Verkehr mit Kraftfahrzeugen (einschließlich der Fahrräder mit Hilfsmotor)4) verhütet werden können. (2) Aus Gründen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs angeordnete Beschränkungen oder Verbote für Bundesfernstraßen — mit Ausnahme von Parkund Haltverboten — und Beschränkungen der Geschwindigkeit5) unter 40 Kilometer je Stunde auf diesen Straßen bedürfen der Zustimmung der obersten Landesbehörde6), auf sonstigen Straßen der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde. (3) Alle Anordnungen nach Absatz 1 Satz 2 bedürfen der Zustimmung der beteiligten obersten Landesbehörden. Bei Sperrungen bestimmter Straßen ist auch die Zustimmung der Straßenbaubehörden7) und die Anhörung der Polizei erforderlich; sie dürfen nur angeordnet werden, wenn eine zumutbare Umleitung vorhanden ist. (4) Die Anordnungen sind durch amtliche Verkehrszeichen zu treffen 3 ). § 5. [Veranstaltungen auf öffentlichen Straßen] (1) Veranstaltungen, für die öffentliche Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden1), bedürfen der Erlaubnis der Straßenverkehrsbehörde. (2) Mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden öffentliche Straßen insbesondere durch Veranstaltungen, bei denen infolge der Zahl der Teilnehmer2) oder infolge schnellen Fahrens3) die Benutzung der Straßen für den allgemeinen Verkehr eingeschränkt wird, durch die Beförderung ungewöhnlich schwerer oder umfangreicher Gegenstände4) und durch den Betrieb von Lautsprechern, der sich auf öffentliche Straßen auswirken soll5). (3) Der sich auf öffentliche Straßen auswirkende Betrieb von Lautsprechern darf nur in dringenden Fällen zugelassen werden. 3) Siehe Abs. 4. Die Aufstellung der Verkehrszeichen (s. Anl. BGBl. 1953 I S. 1213) ist gesetzliches Gebot und damit Voraussetzung für die Gültigkeit; die Anordnung wird durch die Aufstellung getroffen. Fehlt das Zeichen, entfällt Strafbarkeit eines Verstoßes dagegen. Nur wenn erkennbar war, daß das Zeichen an sich bestand und nur im Augenblick nicht stand, sondern (z. B. infolge eines Unfalls) etwa umlag oder beiseite stand, kann die dann erfolgte Nichtbeachtung ein strafwürdiges Verhalten nach § 1 begründen. Im übrigen ist bei Ausfall eines Verkehrszeichens nach der Grundregel des § 1 zu verfahren. Ohne Aufstellung von Verkehrszeichen kann das Treiben von Vieh, u.s. f., verboten werden. § 40 Abs. 6. 4) Eingefügt gemäß Berichtigung v. 7. 9. 1953 (BGBl. I S. 1354). 5) Sonst Fahrgeschwindigkeit § 9. 6) Siehe aber § 35 der Straßen-Bau- und Betriebsordnung v. 13. 11. 1937 (RGBl. I S. 1247) i. d. F. v. 14. 8. 1953 (BGBl. I S. 947). 7) S. § 47 Abs. 4. Zu § 5: 1) Z. B. Rennen, Geschicklichkeitsfahrten, Veranstaltungen, die mit Ansammlungen verbunden sind, wozu auch der Betrieb von Lautsprechern gehört, vgl. Abs. 2 und 3. Die Nichtanmeldung entbindet die übrigen Wegebenutzer nicht von der besonderen Verkehrsrücksicht und Sorgfaltspflicht gegenüber der tatsächlichen besonderen Inanspruchnahme der Straße. 2) Z. B. Versammlungen, Messen, Jahrmärkte, Prozessionen usw. 3) Siehe § 5 der Dienstanw. bei radfahr- und kraftsportlichen Veranstaltungen. 4) Z. B. Transport großer Maschinenanlagen, Häusertransporten u. dgl. 5) Der sich auf öffentl. Straßen auswirkende Betrieb von Lautsprechern bedarf also (vgl. auch Abs. 3) stets der polizeilichen Erlaubnis (vgl. VkBl. 1950 S. 50 Nr. 20 und 1951 S. 174 Nr. 132). Soweit dies in einer PolVO. nochmals ausdrücklich ausgesprochen wird, ist dies

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 6, 7

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(4) Vor E r t e i l u n g der E r l a u b n i s ist die Polizei zu hören, ferner die S t r a ß e n b a u behörde 6 ), w e n n e t w a z u m Schutze der S t r a ß e n Bedingungen gestellt werden müssen.

§ 6. Maßnahmen zur Hebung der Verkehrsdisziplin W e r Verkehrsvorschriften n i c h t b e a c h t e t 1 ) , ist auf V o r l a d u n g der S t r a ß e n v e r k e h r s b e h ö r d e oder der v o n ihr b e a u f t r a g t e n B e a m t e n v e r p f l i c h t e t , a n einem U n t e r r i c h t ü b e r d a s V e r h a l t e n im S t r a ß e n v e r k e h r teilzunehmen.

B. F a h r z e u g v e r k e h r 1. F a h r z e u g v e r k e h r i m

allgemeinen

§ 7. [Führung von Fahrzeugen] (1) J e d e s F a h r z e u g oder jeder Zug m i t e i n a n d e r v e r b u n d e n e r Fahrzeuge 1 ) m u ß einen zur selbständigen L e i t u n g geeigneten F ü h r e r h a b e n 2 ) . Dieser h a t d a f ü r z u sorgen, d a ß sich d a s F a h r z e u g (der Zug) einschließlich der Z u g k r a f t u n d der L a d u n g in v o r s c h r i f t s m ä ß i g e m Z u s t a n d 3 ) 4 ) b e f i n d e t . D e r H a l t e r 5 ) eines F a h r z e u g s darf die I n b e t r i e b n a h m e n i c h t a n o r d n e n oder zulassen, w e n n i h m b e k a n n t ist oder b e k a n n t sein m u ß , d a ß d a s F a h r z e u g einschließlich der Z u g k r a f t u n d der L a d u n g den Vorschriften n i c h t e n t s p r i c h t 6 ) . Falls u n t e r w e g s a u f t r e t e n d e Mängel, welche die Verkehrssicherheit des F a h r z e u g s wesentlich b e e i n t r ä c h t i g e n , n i c h t u n v e r z ü g lich beseitigt werden k ö n n e n , ist d a s F a h r z e u g auf d e m k ü r z e s t e n Wege a u s dem Verkehr zu z i e h e n ' ) . keine selbständige Norm, sondern nur eine deklaratorische Wiedergabe des § 5 Abs. 2; daher darfeine Verurteilung neben der aus §5 nicht erfolgen. Köln NJW. 1953, 676. 6) S. § 47 Abs. 4. Zu § 6 : 1) An sich ist es unerheblich, ob ein s c h u l d h a f t e r Verstoß gegen Verkehrsvorschriften vorliegt. Nicht jede Mißachtung der Vorladung zum Verkehrsunterricht ist durch § 49 unter Strafe gestellt, sondern nur die Nichtbeachtung der durch einen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften begründeten Pflicht zur Teilnahme am Verkehrsunterricht. Die Strafbarkeit hängt nicht von der Unanfechtbarkeit der Vorladung ab. BayObLG. RdK. 1953, 101. Durch Erstattung der Strafanzeige und Durchführung eines Strafverfahrens wird die Verpflichtung nicht ausgeschlossen. LVG. Düsseldorf RdK. 1953, 20. Zu § 7 : 1 ) Alle Fahrzeuge auf den öffentlichen Straßen fallen unter § 7, also auch Anhänger, von Tieren gezogene Gefährte jeder Art, Arbeitsgeräte wie Pflüge, selbst der Schneepflug (DJ. 1939, 1217), auch Handkarren, Kinderwagen usw. — Bei einem Zug ist nur ein Führer notwendig, wenn der Führer des ziehenden Fahrzeuges die Führung des gezogenen, also besonders Lenken und Bremsen, übernehmen kann. Ist aber z. B. ein Lastwagenanhänger nicht angehängt, bedarf er eines eigenen Führers, so auch bisher E. 71, 183. 2) Hierin liegt keine selbständige Strafnorm. Bremen NJW. 1951, 674. 3) Wegen der Anforderungen an Fahrräder s. § 30 StVO., § 67 StVZO. Fahren mit unwirksamen Bremsen trifft mit § 2 Abs. 1 StVZO. rechtlich (§ 73 StGB.) zusammen. BayObLG. Rdk. 1953, 152. 4) § 19. 5) Siehe Anm. 6 zu § 23 StVG. unter B VIII 1. 6) Die Mitverantwortlichkeit des Fahrzeughalters besteht also neben der Verantwortlichkeit des Fahrzeugführers, z. B. hinsichtlich der Beleuchtungsanlagen. E. 71, 183. 7) Auch die hierzu erforderliche Weiterfahrt ist nur unter Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt zulässig. KG. DStR. 1935, 214. Wenn ein Fahrzeug durch einen Schaden (z. B. Achsenbruch) auf die linke Straßenseite gerät und dort liegenbleibt, ist es zum mindesten auf die rechte Fahrbahn abzuschleppen. BGH. NJW. 1954, 1169. Der Erlaß des RVM. v. 1. 1. 1945 (RVkBl. B S. 1) über die Führung von Fahrtenbüchern gilt nicht mehr, entsprechende Vorschriften der Besatzungsbehörden sind aufgehoben. Außer in den Fällen der §§ 7 StVO. und 76 BOKraft. v. 13. 2. 1939 (RGBl. I S. 231) sowie im Güter-

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § S

(2) Die Straßenverkehrsbehörde8) kann einem Fahrzeughalter für ein Fahrzeug oder für mehrere Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegen9), wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Das Fahrtenbuch muß für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt einen zuverlässigen Nachweis darüber erbringen, wer das Fahrzeug geführt hat; die erforderlichen Eintragungen sind unverzüglich nach Beendigung der Fahrt zu bewirken. Das Fahrtenbuch ist zuständigen Beamten auf Verlangen auszuhändigen. (3) Der Führer eines Fahrzeugs ist zur gehörigen Vorsicht in der Leitung und Bedienung verpflichtet. Auf oder neben dem Fahrzeug hat er seinen Platz so zu wählen, daß er ausreichende Sicht hat 10 ). Er darf neben sich Personen oder Gegenstände nur mitnehmen, soweit sie ihn in der Leitung und Bedienung des Fahrzeugs nicht behindern11). (4) Fahrzeuge dürfen nur geschoben werden, wenn ihre Ladung dem Führer die Aussicht nach vorn frei läßt und wenn vom Hereinbrechen der Dunkelheit12) an, oder wenn die Witterung Beleuchtung erfordert13), die erforderliche Beleuchtung nicht verdeckt wird.

§ 8. [Benutzung der Fahrbahn] (1) Der Führer eines Fahrzeugs hat, soweit nicht für einzelne Fahrzeugarten besondere Straßen oder Straßenteile bestimmt sind1), die Fahrbahn zu benutzen. Mit Krankenfahrzeugen, die von den Insassen durch Muskelkraft fortbewegt werden, darf der Gehweg benutzt werden. (2) Soweit nicht besondere Umstände entgegenstehen, haben Führer von Fahrzeugen auf der rechten Seite der Fahrbahn rechts zu fahren2), sie dürfen die fernverkehr (§ 28 GüKG. unter B V I I I 5) sind Fahrtenbücher noch im Interzonenverkehr mit der Sowjetzone auf Grund eines insoweit noch gültigen Viermächtebeschlusses vorgeschrieben (VkBl. 1948 S. 65 Nr. 70 und S. 87 Nr. 113). 8) § 47 Abs. 1. 9) Inhalt des Fahrtenbuchs siehe S. 2. 10) Der Kutscher eines Heuwagens darf z. B. nicht ohne Sicht oben im Heu sitzen oder der Fahrer eines Kastenwagens nicht im Kasten. 11) Mitnehmen eines Lotsen auf dem Kotflügel ist Verstoß gegen § 1. H a m m DAR. 1952, 160. Mitnehmen durch Radfahrer § 30, durch Kraftradfahrer § 35 a StVZO. 12) Die Dunkelheit bricht ein, wenn das Tageslicht abnimmt, die normale Sicht aufhört. Über Dunkelheit siehe Anm. 3 zu § 12. 13) Bei Nebel, starkem Regen und Schneefall, bei aufkommendem Gewitter, auch schon bei diesigem Wetter ist Beleuchtung erforderlich. Z u § 8: 1) Z. B. Radfahrwege (§ 27). Wegen der Wegbenutzung der Fußgänger siehe § 37, der Reiter siehe § 39. Ausnahmen § 46 und §§ 41 Abs. 1, 43 BOStrab. (Anm. 6 zu § 4). 2) Durch den Grundsatz des „Rechtsfahrens" (E. 70, 135) soll verhindert werden, daß langsame Fahrzeuge, besonders z. B. Anfänger und unsichere Fahrer, durch nicht genügendes Rechtsfahren den fließenden Verkehr gefährden oder behindern. Deshalb auch die weitere Ausführung des Grundsatzes: je langsamer, desto schärfer rechts. Gewiß soll keine kleinliche Handhabung des Grundsatzes eintreten und es ist nicht zu beanstanden, wenn schnell fahrende Fahrzeuge auf gewölbten Straßendecken oder Einbahnstraßen, in denen ebenfalls rechts gefahren werden muß, auf Straßen mit vielen Einmündungen, im Bereiche einer Ausfahrt (KG. VAE. 1940, 14) oder auch auf sonstigen weniger belebten Straßen nicht ganz rechts fahren, um so sicherer auf der Straße zu liegen, d. h. fester auf der Straßendecke, begegnungsfähiger bei unvorsichtigem Einfahren anderer in die Straße zu sein usw. Vgl. dazu RG. H R R . 1938 Nr. 359; Naumburg DRW. 1941, 1669. Aber unnötiges Abweichen von der rechten Seite ist unbedingt zu vermeiden und Verkehrsstörung langsamer Fahrzeuge, besonders auch der Radfahrer, Radkarren u. dgl., durch Fahren in der Straßenmitte, Lauern auf Überholen, Nichtüberholenlassen u. dgl. ist zu ahnden. Andererseits darf der Luftraum über dem Fußweg nicht von überstehenden Teilen des Kraftfahrzeugs bestrichen werden. RG. H R R . 1938 Nr. 1447. Grundsätzlich berechtigen nur „besondere Umstände" dazu, vom Rechtsfahren abzuweichen, so z. B. Hinder-

B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung.

§ 8

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linke Seite nur zum Überholen benutzen. Führer langsam fahrender Fahrzeuge haben stets die äußerste rechte Seite der Fahrbahn einzuhalten2). Auf unübersichtlichen Strecken 3 ) haben die Führer aller Fahrzeuge die äußerste rechte Seite der Fahrbahn zu benutzen. Die Vorschriften dieses Absatzes gelten auch für Straßen, auf deren Fahrbahn der Verkehr in nur einer Richtung bestimmt ist (Einbahnstraßen) . (3) Beim Einbiegen in eine andere Straße 4 ) ist nach rechts ein enger, nach links ein weiter Bogen auszuführen5). Wer rechts einbiegen will, hat sein Fahrzeug nisse auf der rechten Fahrbahnseite, sei es durch gelagerte Baustoffe, Baustellen oder dgl., sei es durch die Fahrbahn versperrende andere Fahrzeuge, Vereisung der rechten Fahrbahn (E. 6 4 , 1 6 9 ; Dresden VAE. 1937, 56, 358; D R W . 1940, 460), starke Schlaglöcher auf der rechten Seite, die direkt Gefahren bieten, starke Wölbung, die Schleudergefahr bietet (Darmstadt, Kiel H R R . 1933 Nr. 1836, 753, München VAE. 1940, 13), Bäume mit niedrigen Ästen usw. Auch Fahrrille stark beschneiter Straße schafft Ausnahme, da sie dann allein Fahrbahn ist. R G . D R W . 1940, 2066. Aus der sinnvollen Anwendung ergibt sich, daß auf einer Straße mit parkenden Wagen und mit Verkehr langsamere Fahrzeuge nicht unmittelbar nach dem Überholen auch nur für kurze Strecken nach rechts gefahren werden muß. München V A E . 1940, 13. Wer mit seinem Kraftwagen überwiegend die linke Hälfte der Fahrbahn einhält, muß damit rechnen, daß ein entgegen kommender Kraftfahrzeugführer, unsicher gemacht, kurz vor der Begegnung nach links auszuweichen versucht. BayObLG. N J W . 1952, 602. Der Kraftfahrer darf beim Überholen und dem Vorbeifahren den Mindestabstand von 1 m erheblich überschreiten, sofern nicht die Verkehrslage entgegensteht. BayObLG. R d K . 1954, 15. Über den Kreisverkehr verhält sich der RdErl. v. 20. 2. 1939 (RMBliV., 389). = Dienstanweisung zu § 8 Nr. 7. Danach sind maßgebend für das Verhalten im Kreisverkehr insbesondere die Grundsätze des § 8 Abs. 2 StVO. über das Rechtsfahren und das Linksüberholen sowie des § 8 Abs. 3 StVO. über das Einordnen vor dem Rechtseinbiegen. Im Kreisverkehr wird nur rechts eingebogen, das Umfahren des Kreises ist kein Linkseinbiegen. Die Vorschrift des Einordnens vor einem Linkseinbiegen entfällt daher für den Kreisverkehr. Es ergeben sich ferner folgende Fahrregeln: „1. Langsam fahrende Fahrzeuge haben die äußerste rechte Seite der Fahrbahn zu benutzen. 2. Entsprechend dem Grundsatz des Rechtsfahrens (§ 8 Abs. 2 StVO.) und des Rechtseinordnens (§ 8 Abs. 3 StVO.) haben alle übrigen Fahrzeuge soweit wie möglich rechts zu fahren. Fahrzeuge, die nur kürzere Zeit im Kreisverkehr verbleiben und dann nach rechts einbiegen, haben sich besonders weit rechts zu halten. 3. Die linke Seite der Fahrbahn darf nur zum Überholen benutzt werden. Nach dem Überholen ist, soweit es die Verkehrslage zuläßt, wieder auf die rechte Fahrbahnseite überzugehen. Auch schnell fahrende Fahrzeuge dürfen also nicht ohne weiteres, und zwar auch dann nicht die linke Seite der Fahrbahn benutzen, wenn sie einen größeren Teil des Kreises umfahren. 4. A l l e Fahrzeuge haben sich vor dem Rechtseinbiegen rechtzeitig möglichst weit rechts einzuordnen. Fahrtrichtungszeichen (§ 11 StVO.) müssen beim Verlassen des Kreisverkehrs gegeben werden. Beim Einfahren in den Kreisverkehr liegt eine Richtungsänderung nicht vor, da die Richtung im Kreis vorgeschrieben ist. Das Anzeichen einer beabsichtigten Fahrtrichtungsänderung nach links ist daher b e i m E i n f a h r e n zu unterlassen. Ein kurzes Abwinken nach links im K r e i s v e r k e h r kann zweckmäßig sein, falls vorschriftsmäßig rechts gefahren wird und unter Beachtung der notwendigen Sorgfalt dadurch lediglich ein Hinweis gegeben werden soll." 3) Welche Strecke unübersichtlich ist, ist Tatfrage. Hamburg J W . 67 (1938), 3034. Unübersichtlich ist eine Strecke, wenn der Fahrer den Ablauf des Verkehrs nicht vollständig überblicken kann. z. B . Kurven, Kreuzungen usw. Eine ihrer natürlichen Beschaffenheit nach übersichtliche Örtlichkeit kann durch die Verkehrslage zu einer unübersichtlichen Wegstrecke werden. E . 33, 266. Ein begegnendes Fahrzeug macht die Straße in der Regel nicht unübersichtlich. BayObLG. N J W . 1954, 811. Dunkelheit allein schafft noch keine Unübersichtlichkeit. R G . D J . 1941, 780. München VAE. Bd. 8 (1939), 332. Bei Nebel und Glatteis kann von ganz scharfem Rechtsfahren etwas abgewichen werden; allzu viel empfiehlt sich aber wegen der gleichen Abweichungswünsche der entgegenkommenden Fahrzeuge nicht. 4) Auch bei Einbahnstraßen, jedoch braucht beim Einbiegen nach links kein weiter Bogen ausgeführt zu werden. Oldenburg NdsRpfl. 1953, 148. 62

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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vorher möglichst weit rechts, wer links einbiegen will, möglichst weit links einzuordnen 6 ). (4) Auf Straßen mit zwei gleichartigen Fahrbahnen haben Fahrzeuge die in ihrer Fahrtrichtung rechts liegende Fahrbahn zu benutzen. Die Fahrbahnen gelten in der vorgeschriebenen Richtung als Einbahnstraßen. (5) Auf Straßen mit drei oder mehr voneinander getrennten Fahrbahnen dürfen die mittleren Fahrbahnen nur von Kraftfahrzeugen benutzt werden 7 ). (6) Schienenfahrzeugen 8 ), deren Verkehrsanlagen in der Fahrbahn einer öffentlichen Straße liegen, ist, soweit möglich, Platz zu machen und ungehinderte Durchfahrt zu gewähren. (7) Die Bundesautobahnen 9 ) dürfen nur von Kraftfahrzeugen (maschinell angetriebenen, nicht an Gleise gebundenen Landfahrzeugen) mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 40 Kilometern je Stunde benutzt werden; auch beim Mitführen von Anhängern muß diese Geschwindigkeit eingehalten werden können 7 ) 1 0 ). Zu- und Abfahrt sind nur auf den dazu bestimmten Anschlußstellen zulässig. Das Wenden auf den Bundesautobahnen ist verboten 1 1 ). Die Bundesautobahnen dürfen nicht zur Erteilung von Fahrunterricht und zur Abhaltung von Führerprüfungen benutzt werden.

§ 9. [Fahrgeschwindigkeit] (1) Der Fahrzeugführer hat die Fahrgeschwindigkeit 1 ) so einzurichten, daß er jederzeit in der Lage ist, seinen Verpflichtungen im Verkehr Genüge zu leisten, 5) Den weiten Bogen bildet der Kreis, an dem die äußeren, nach der Fahrtrichtung des Wagens rechten Begrenzungslinien der beiden Fahrdämme als Tangenten anliegen. Der w. B. ist aber nicht mit dem vollen Ausfahrten der Kurve identisch. Der Fußgängerweg darf nicht überfahren werden. RG. JW. 67 (1938), 3053. Wer in der Kreuzung mehrerer Straßenzüge aus einer Straßeneinmündung in die nächste linke Straßeneinmündung einbiegt, darf den Mittelpunkt der Kreuzung nicht umfahren, wenn er dadurch den Kreuzungsverkehr stört. BayObLG. RdK. 1953, 82. 6) Die Vorschrift, sich einzuordnen, gilt nur innerhalb eines ständig fließenden oder eines anhaltenden Verkehrsstromes, also in der Regel nicht auf freier Landstraße, Dresden VAE. 1940, 14. Fahrzeuge, die sich links einzuordnen haben, dürfen die ganze Breite der Einbahnstraße benutzen. Sie dürfen sich dabei aber nicht links neben ein Fahrzeug setzen, das ebenfalls nach links abbiegen will. Hamm JMB1. NRW. 1954, 28. Der von hinten kommende Verkehrsteilnehmer muß eine gewisse Behinderung durch den Linkseinbieger in Kauf nehmen; jedoch darf das Kreuzen der Fahrbahn das Geradeausfahren nicht zu dessen Gefährdung führen. Celle RdK. 1954, 47. 7) Ausnahmen zulässig § 46. 8) S. Anm. 3 zu § 3 a. Vgl. auch Anm. 4 Abs. 3 zu § 1. 9) Gesetz über Reichsautobahnen v. 27. 6. 1933 in Fass. v. 18. 12. 1933 (RGBl. I S. 509, 1081) u. 29. 5. 1941 (RGBl. I S. 313) u. v. 4. 4. 1951 (BGBl. I S. 235) nebst Vorl. AutobahnBetriebs- und VerkehrsO. v. 14. 5. 1935 (RGBl. II S. 421) in Fass. v. 24. 8. 1953 (BGBl. I S. 1131, 1153). 10) Damit werden langsam fahrende Kraftfahrzeuge von dem Verkehr auf den Autobahnen ausgeschlossen. 11) Das Wenden auf Autobahnen ist auch an den die bepflanzten Mittelstreifen unterbrechenden, betonierten sog. Notübergängen verboten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Übergänge durch Sperrzeichen noch besonders gesichert sind. BGH. MDR. 1954, 185. Zu § 9 : 1) § 9 I i.d.F. v. 1939, enthaltend Höchstgeschwindigkeitsgrenzen für Kfze, war kein Zeitgesetz, da die Vorschrift weder kalendermäßig befristet war noch außergewöhnl. Zustände vorübergehend geregelt hat. Verstöße gegen § 9 I StVO. können nach dessen Aufhebung nicht mehr bestraft werden, auch wenn sie vor der Aufhebung begangen worden sind. Da die alte Vorschrift gegenüber § 49 nicht nur eine ein Blankettstrafgesetz ausfüllende Norm ist, ist durch ihre Aufhebung das Strafgesetz (§ 49 StVO.) selbst geändert. BGH. NJW. 1954, 970 = St. 6, 30; auch Bremen NJW. 1953, 1642; a.M. Oldenburg ebenda. 2) Daß auf kürzeste Entfernung gehalten werden kann, wird nicht verlangt; die Entfernung ist vielmehr je nach den Verkehrsumständen unter Berücksichtigung des modernen

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Verkehrs zu bemessen. Es wird z. B . darauf ankommen, auf welche Entfernung ein Hindernis sichtbar wird. Die Fahrt ist zu rasch, wenn der Fahrer — wo es nötig und zulässig ist, unter Berücksichtigung der S c h r e c k s e k u n d e — zum Anhalten einen längeren Bremsweg braucht, als die Entfernung ist, auf die er ein etwa auftretendes Hindernis wahrnehmen würde. E . 65, 135 (143). Die Entfernung, auf die gehalten werden kann, darf nicht größer sein als die zu übersehende Fahrbahn. R G . D J . 1939, 522; selbst bei dichtestem Nebel und schlüpfriger Straße. B G H . J R . 1952, 481. Bei Dunkelheit darf die Fahrgeschwindigkeit keinen Bremsweg bedingen, der größer ist als die Sehweite des Führers. E . 70, 4 8 ; R G . D J . 1939, 522; B G H S t . 1, 310; 2, 188; auch nicht auf den Autobahnen. R G . D J . 1940, 337; Düsseldorf DAR. 1952, 30. Der Kraftfahrzeugführer muß sich alle Hindernisse vor Augen halten, die sich ihm erfahrungsgemäß möglicherweise in den Weg stellen werden und demgemäß seine Fahrgeschwindigkeit so einrichten, daß er sein Fahrzeug unter Berücksichtigung aller Verhältnisse noch rechtzeitig zum Halten bringen kann. Vgl. EZ. 142, 356. Das gilt auch für die Autobahn, da auch auf ihr Fahrzeuge — wenn auch nur in dringenden Fällen — halten dürfen, R G . D J . 1940, 575. Der Kraftfahrer muß damit rechnen, daß der Fahrer eines entgegenkommenden Kraftfahrzeuges aufblendet. B G H . E . 1, 309. Mehr als „erfahrungsgemäß möglicherweise zu erwartende Hindernisse" brauchen aber nicht berücksichtigt zu werden, da für den modernen Verkehr, von dessen Sicherung wie Pflege auszugehen ist, in erster Linie ein normales Verhalten bei allen Verkehrsteilnehmern zugrunde zu legen ist und daneben nur e r f a h r u n g s g e m ä ß zu befürchtende Verkehrsverstöße beachtet werden können, wenn der Verkehr nicht in seiner notwendigen Reibungslosigkeit und Schnelligkeit beeinträchtigt werden soll. So braucht nicht jede Kurve als Gefahrstelle angesehen zu werden, braucht nicht regelmäßig mit dem Einbiegen in ein seitlich gelegenes Grundstück gerechnet zu werden (anders evtl. bei einem Seitenweg), R G . VerkR. 1934, 148, ferner braucht z. B . nicht bei Hauptverkehrsstraßen angesichts bekannter, wenn auch unübersichtlicher kleiner Nebeneinmündung auf geringe Geschwindigkeit gegangen zu werden, Dresden, VerkrR. 1936 Heft 2, I V b 5, siehe auch München VAE. Bd. 7 (1938), 73, braucht nicht mit dem unvernünftigen Verhalten eines K i n d e s gerechnet zu werden, wenn es sich in Begleitung eines Erwachsenen befindet, der in der Lage ist, unmittelbar auf das Kind einzuwirken, Köln H R R . 1934 Nr. 1089, Dresden v. 3. 4. 1935 D R d K r . S. 208. Kinder auf dem Gehsteig genügen noch nicht ohne weiteres, dem Kraftfahrer eine herabgeminderte Geschwindigkeit zuzumuten, R G . VAE. Bd. 6 S. 411. S. Anm. 4 Abs. 3 zu § 1. G e f a h r e n s t e l l e n mit möglicherweise auftretenden Hindernissen sind ferner überhaupt alle Einmündungen von Straßen, wobei aber die Art der Straßen wesentlich zu berücksichtigen ist, E . 65, 135; Düsseldorf DRZ. 27 (1935), 639. R G . V A E . 1938, 202; H R R . 1938 Nr. 308. J W . 67 (1938), 585. Die Fahrbahn kann durch parkende Fahrzeuge unübersichtlich werden. Auch die Verengung der Fahrbahn durch parkende Fahrzeuge kann Langsamfahren gebieten. BayObLG. R d K . 1953, 154. Auf ein Zeichen, das ein in der Fahrbahn Stehender gibt, muß der Kraftfahrer eine mäßige Geschwindigkeit einhalten, bis er überblicken kann, daß ihm nicht eine Gefahr für die Weiterfahrt angezeigt wird. Eine Viehherde nahe der ungesicherten Straße gebietet eine herabgesetzte Geschwindigkeit. BayObLG. V R S . 1953, 548. Auch das Heranfahren an Schutzinseln verlangt erhöhte Aufmerksamkeit, K G . VAE. 1940, 15; 1941, 57, 66; H R R . 1941 Nr. 520. Der Autofahrer muß bei Fußgängerüberwegen stets mit dem Auftauchen von Fußgängern rechnen, wenn diese auch auf dem Überweg nicht bevorrechtigt sind. Celle N J W . 1954, 400. Ebenso muß die Möglichkeit von Hindernissen berücksichtigt werden, insbes. bei erkennbar belebten Stellen, Kreuzungen, selbst geregelten u. dgl. oder wenn verkehrswidriges Verhalten anderer rechtzeitig wahrnehmbar und Fahrweise darauf einrichtbar, München, D A R . 1936, 89, 92. Deshalb ist in diesen Fällen die Geschwindigkeit herabzusetzen, wobei freilich die Höhe der Geschwindigkeit von Fall zu Fall zu prüfen ist, und übertriebene Vorsicht nicht verlangt werden darf, da die StVO. die Verantwortung für ein sorgfältiges, verständiges und die jeweilige Verkehrslage beachtendes Verhalten a l l e n Verkehrsteilnehmern auferlegt, so daß jede einzelne Gattung derselben in der Regel ein entsprechendes Verhalten der anderen voraussetzen darf. Minderung der Geschwindigkeit ist auch nötig, wenn starke Kurven, Anlage oder Beschaffenheit des Weges, Glatteis (München D J . 1937, 1890; R G . J W . 68 (1939), 280), Nässe, feuchte Lehmerde oder dergleichen Schlüpfrigkeit der Straße verursachen, so daß das sichere Fahren beeinträchtigt wird, vgl. B G H S t . 1, 309. Auch wenn die Leuchtkraft der Laternen nachläßt, muß die Geschwindigkeit herabgesetzt werden; oder wenn es sich um einen Lastwagen mit Anhänger an verengter Straße mit Einmündungsstraße handelt, so bisher R G . VerkrR. 1936, 130 oder wenn der Fahrer weiß, daß er auf plötzliche Umstände langsam reagiert, R G . H R R . 1938 Nr. 1210. Weitere Fälle, bei denen die Geschwindigkeit zu mäßigen ist, s. Anm. 4 Abs. 3 u. 4 zu § 1. Auf das Richtiggehen des G e s c h w i n d i g k e i t s m e s s e r s darf sich der Führer nicht völlig verlassen, er muß mit Fahrgefühl die richtige Geschwindigkeit bemessen. Von vorausfahrenden Wagen muß ein Kraftfahrer solchen Abstand halten, daß beim plötzlichen Anhalten des 62«

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und daß er das Fahrzeug nötigenfalls rechtzeitig anhalten kann 2 ). Das gilt besonders an unübersichtlichen Stellen3) und an höhengleichen Bahnübergängen 4 ). (2) Wer in eine Vorfahrtstraße (§ 13) einbiegen oder diese überqueren will, hat mäßige Geschwindigkeit5) einzuhalten. (3) Wenn an Haltestellen von Schienenfahrzeugen die Fahrgäste auf der Fahrbahn ein- und aussteigen 6 ), darf nur in mäßiger Geschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, daß die Fahrgäste nicht gefährdet werden; nötigenfalls hat der Fahrzeugführer anzuhalten. (4) Unbeschadet der Vorschriften in den Absätzen 1 bis 3 beträgt außerhalb der Bundesautobahnen 7 ) die höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit für zur Beförderung von Gütern bestimmte Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2500 Kilogramm a) innerhalb geschlossener Ortschaften 8 ) 40 Kilometer je Stunde, b) außerhalb geschlossener Ortschaften 60 Kilometer je Stunde. (5) Die Grenzen der geschlossenen Ortschaften im Sinne dieser Verordnung werden durch die Ortstafeln (Anlage, Bilder 37 und 38) 9) bestimmt. § 10. Ausweichen und Überholen (1) Es ist rechts auszuweichen1) und links zu überholen 2 ). Lastkraftwagen und Lastzüge3) dürfen einander nur überholen, wenn die Geschwindigkeit des vorderen Wagens ein Auffahren mit Sicherheit vermieden wird, vgl. RG. DAR. 1935, 122 und BGH. VRS. 1953, 597. 3) S. Anm. 3 zu § 8. Für den Benutzer der Hauptstraße ist die Kreuzung nicht deshalb eine unübersichtliche Stelle, weil die Nebenstraße einfolge des Häuserbestandes nicht eingesehen werden kann. BGHSt. 4, 47; ebenso Neustadt RdK. 1954, 62. Vgl. auch Anm. 2 Abs.2. 4) S. dazu § 3 a, bes. Abs. 5 u. 6. Bei beschrankten Bahnübergängen kann sich der Fahrer darauf verlassen, daß die Schranke richtig bedient ist. Er braucht nur die auch sonst ohne weiteres übliche Aufmerksamkeit aufzuwenden. RG. mit Anm. in D J . 1938, 117, 913, 1881; E. 72, 286; vgl. E. 74, 318. BGH. N J W . 1951, 479, F r a n k f u r t N J W . 1951, 325, Oldenburg N J W . 1951, 575. Beim Hochgehen geschlossener Schranken kann bereits angenommen werden, daß freie Bahn ist, RG. D J . 1940, 1150. 5) Mäßige Geschwindigkeit ist eine solche, die bei Zurückschaltung auf kleineren Gang ein augenblicklicheres Anhalten gestattet. KG. v. 7. 3. 1939, VAZ. 1939, 262. S. Anm. 2 Abs. 1. 6) Mit dem Einsteigen wird schon begonnen, sobald die Fahrgäste erlaubterweise (vgl. Anm. 1 zu § 36) die Fahrbahn betreten. E. 73, 19. Auch wenn eine Straßenbahn von der Haltestelle wieder abfährt, darf nur mit genügendem Zwischenraum an ihr vorbeigefahren werden. Köln RdK. 1954, 74. 7) Über Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen § 8 Abs. 7. Auf ihnen sind auch für die aufgeführten Lastfahrzeuge die Bestimmungen über Höchstgeschwindigkeiten beseitigt. 8) Geschlossene Ortschaften sind menschliche Siedlungen, bei denen die Wohnhäuser im wesentlichen im räumlichen Zusammenhange stehen. Nach § 13 der DurchfVO. zum Gesetz über die einstweilige Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung v. 7. 12. 1934 (RGBl. I S. 1237) ist geschlossene Ortslage der Teil des Gemeindebezirks, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend mit Wohnhäusern, gewerbl. oder öffentl. Bauten bedeckt ist; einzelne unbebaute Baustellen, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Uber Grenzen der geschlossenen Ortschaften Abs. 5. 9) Anl. nicht abgedruckt. Nach dem RdErlaß v. 30. 5. 1939 (RMBliV. S. 1227) beginnt die geschlossene Ortschaft an der auf der rechten Straßenseite aufgestellten Ortstafel; sie endet an der auf der linken Straßenseite angebrachten Ortstafel, die, dem Ortsinnern zugekehrt, als Aufschrift den Namen des nächsten verkehrswichtigen Ortes (Nahziel) an der Straße trägt. Zu § 10: 1) Daß „rechtzeitig" auszuweichen ist, ist nicht ausdrücklich bestimmt, aber selbstverständlich. Das Gebot des rechtzeitigen Ausweichens bedingt, daß der Fahrer mit der Änderung der Fahrtrichtung nicht solange warten darf, als ihm seine eigene Geschicklichkeit das Ausweichen gestattet. Der Kraftwagenführer braucht dann nicht nach rechts auszuweichen, wenn er sich auf der rechten, und das entgegenkommende Fahrzeug auf der linken,

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überholenden Fahrzeugs wesentlich höher ist. Während des Überholens dürfen Führer eingeholter Fahrzeuge ihre Fahrgeschwindigkeit nicht erhöhen4). An unübersichtlichen Straßenstellen5) ist das Überholen verboten. Diese Vorschriften gelten auch für Einbahnstraßen. (2) Ist ein Ausweichen unmöglich, so hat der umzukehren, dem dies nach den Umständen am ehesten zuzumuten ist. für dieses falschen Straßenseite bewegt, da dann die Voraussetzungen für das Ausweichen nicht gegeben sind und ein noch weiteres Ausweichen nach rechts, abgesehen von etwaiger Gefahr, ihm nicht zugemutet werden kann, wenn dem anderen Verkehrsteilnehmer die Pflicht zum Ausweichen obliegt. Vgl. D R d K r . 1934, 263. Ausnahme § 46. 2) Überholen i. S. des Abs. 1 ist nicht bloß das unmittelbare Vorbeifahren an einem sich bisher vorausbewegenden Verkehrsteilnehmer, um sich vor diesen zu setzen, sondern der ganze auf dieses Ziel gerichtete Fahrvorgang. BayObLG. JW. 1928, 1750; OLG. Hamm VRS. 1952, 140. Das Vorbeifahren an einem haltenden Fahrzeug ist kein Überholen. BGH. VRS. 1954, 155. Auf Einbahnstraßen (Abs. 1 Satz 5) liegt ein Überholen nicht vor, wenn nach dem Anhalten mehrere Fahrzeuge nebeneinander ein rechtsstehendes schneller als das links befindliche anfährt oder wenn bei Nebeneinanderfahren das rechts fahrende allmählich vorfährt. Statt links kann auch rechts überholt werden, wenn besondere Umstände dies zweckmäßig erscheinen lassen und der zu Überholende hiervon in Kenntnis ist. RG. D J . 1939, 1408. Beim Überholen besteht keine grundsätzliche Verpflichtung, durch Warnzeichen die Überholungsabsicht kundzutun, u. U. ist dies aber notwendig, wenn Kenntnisnahme der Überholungsabsicht zweifelhaft, z. B. weil Gegenwind keine Geräusche hören läßt. RG. J W . 1937, 158. Durch das Überholen darf der eingeholte Wegebenutzer nicht gefährdet werden. E. 65, 15, RG. J W . 1937, 3172; auch sonst niemand, z. B. nicht Fußgänger; vgl. RG. JW. 1935, 3110; D J . 1938, 1807. Beim Überholen im Schnellverkehr der Autobahnen muß sich der Kraftfahrer, bevor er zum Überholen die Fahrbahn wechselt, vergewissern, daß sich auf der linken Fahrbahnseite kein schnelleres Fahrzeug genähert hat. Seinerseits muß der Führer des schnelleren Fahrzeugs das vorausfahrende Fahrzeug sorgfältig auf eine Überholungsabsicht seines Führers beobachten und seine Fahrweise darauf einstellen. BGH. N J W . 1954, 481 = St. 5, 271. Verkehrswidrig kann das Überholen schon sein, wenn der Überholte unsicher gemacht wird, er braucht nicht gestreift zu werden, s. München H R R . 1936 Nr. 244; RG. J W . 1937, 1821. Vgl. über den Abstand OLG. München, D R d K r . 1935, 327; Dresden, VAE. 1939, 102. Bei Radfahrern ist zumeist ein Abstand von I m verlangt worden; RG. H R R . 1941 Nr. 97, VAE. 1938, 361, OLG. München H R R . 1938 Nr. 813. Wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit (§ 9) überschritten werden mußte, besteht kein Recht auf Überholung. BayOLG. RdK. 1953, 54. Rücksicht auf schnelle Verkehrsabwicklung rechtfertigt nicht ein Abweichen von den Überholungsvorschriften. Völliges Verbot des Überholens ist in Satz 4 für unübersichtliche Straßenstellen (Anm. 3 zu § 8) ausgesprochen. Weitere allgemeine Überholungsverbote, z. B. auf Brücken, Bahnübergängen usw. gibt es nicht, hier ist von Fall zu Fall zu entscheiden, nach den allgemeinen Grundsätzen. Stehen zwei sich entgegenkommende Fahrzeuge vor der Begegnung und will jedes von ihnen ein Fahrzeug in seiner Fahrrichtung überholen, läßt aber die Straßenbreite die gleichzeitige Überholung nicht zu, dann h a t das Fahrzeug den Vorrang, das mit der Überholung zuerst begonnen hat. BGH. N J W . 1954, 1169. Ausnahme § 46. Zeichengeben beim Überholen für Nachfolgende ist nicht vorgeschrieben, aber auch nicht untersagt. Es muß zweckmäßig nach dem Verkehr ermessen werden, ob das Anzeigen der mit dem Überholen verbundenen vorübergehenden Richtungsänderung geboten ist. Zumeist wird dies zu bejahen sein. Zeichengeben, daß Überholungsbereitschaft besteht, ist ebenfalls nicht vorgeschrieben. Solche Zeichen haben sich nicht allgemein eingeführt, gewöhnlich ist durch scharfes Rechtsheranfahren die Überholungsbereitschaft angezeigt worden. Das ist aber selbstverständliche Pflicht. 3) Diese Einschränkung gilt nicht für P K W . Mit dieser Bestimmung sollen langdauernde, den übrigen Verkehr hemmende Überholbewegungen im Interesse der Flüssigkeit des Gesamtverkehrs verhindert werden. Härtung N J W . 1953, 1695. 4) Umgekehrt braucht im Regelfalle der Uberholte seine Geschwindigkeit während des Überholens auch nicht zu vermindern, um schneller größeren Abstand zwischen den zwei Fahrzeugen herbeizuführen. OLG. München VAE. 1938, 309. 5) Über unübersichtliche Stellen s. Anm. 3 zu § 8. So darf nicht bei unübersichtlicher Kurve, bei nicht zu übersehendem Gegenverkehr, bei Sicht versperrender Bodenwelle usw. überholt werden. Auch auf Fernverkehrstraße darf z. B. nicht vor Kreuzung überholt werden, wenn der Eingeholte die Sicht zur Kreuzung verdeckt. RG. VAE. 1938, 106. Das Verbot, an straßenunübersichtlichen Stellen zu überholen, gilt unabhängig davon, ob im einzelnen Falle eine Gefährdung des Verkehrs durch das Überholen eintritt oder nicht. B G H S t . 4, 188.

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B V I I I 2. S t r a ß e n v e r k e h r s - O r d n u n g . § 11

(3) Jeder für nur eine Verkehrsart bestimmte Weg und jede unbefestigte Fahrbahn neben einer befestigten (Sommerweg) gelten beim Ausweichen und Überholen als selbständige Straßen6). (4) Schienenfahrzeugen ist rechts auszuweichen; sie sind rechts zu überholen. Wenn der Raum zwischen Schienenfahrzeug und Fahrbahnrand dies nicht zuläßt, darf links ausgewichen und links überholt werden7). In Einbahnstraßen dürfen Schienenfahrzeuge rechts oder links überholt werden.

§ 11. [Anzeigen der Fahrtrichtungsänderung und des Haltens] (1) Wer seine Richtung ändern1) oder wer halten2) will, hat dies anderen Verkehrsteilnehmern rechtzeitig3) und deutlich anzuzeigen; das gilt nicht für Fußgänger auf Gehwegen. Das Anzeigen befreit nicht von der gebotenen Sorgfalt4). W e r a n einer übersichtlichen S t r a ß e n k r e u z u n g überholt, b r a u c h t nicht allgemein d a m i t zu rechnen, d a ß der überholte Verkehrsteilnehmer plötzlich n a c h links einbiegt. B G H S t . 4, 182. I s t eine S t r a ß e so breit, d a ß drei K r a f t f a h r z e u g e n e b e n e i n a n d e r f a h r e n können, ohne sich zu gefährden, so ist es a u c h s t a t t h a f t , d a ß ein F a h r z e u g ein anderes überholt, obwohl ein d r i t t e s e n t g e g e n k o m m t . B G H . V R S . 1953, 387. Vor einer unübersichtlichen Straßenstelle darf n u r d a n n ü b e r h o l t werden, wenn m i t Sicherheit vorausgesehen werden k a n n , d a ß der Überholungsvorgang bis zum Beginn der unübersichtlichen Stelle abgeschlossen ist. Köln VkBl. 1953, 292. D a s schlechthin b e s t e h e n d e Ü b e r h o l u n g s v e r b o t des Satz 4 gilt a u c h gegenüber marschierenden Abteilungen. Dresden, V A E . B d . 7 (1938), 38. 6) Also a u c h freie W a h l zur B e n u t z u n g f ü r alle Verkehrsteilnehmer, R G . D J . 1941, 1060. 7) E s k o m m t n u r auf die n a t ü r l i c h e Anlage a n ; B e e n g u n g des R a u m e s d u r c h a n d e r e Verkehrsteilnehmer gibt kein R e c h t zum Linksüberholen. Z u § 11: 1) W a n n R i c h t u n g s ä n d e r u n g vorliegt, ist T a t f r a g e . Sie ist stets gegeben beim Einbiegen in eine a n d e r e Straße. F e r n e r ist solche a n z u n e h m e n beim Ausbiegen vor größeren Verkehrsbehinderungen oder ähnlichem, bei völligem Wechsel von einer Straßenseite zur anderen, beim W e n d e n auf der S t r a ß e u. dgl. E i n Wechsel der F a h r t r i c h t u n g f i n d e t nicht s t a t t , wenn a u s einer von zwei z u s a m m e n l a u f e n d e n S t r a ß e n in die zur bisherigen F a h r t r i c h t u n g schwach versetzte, gemeinsame F o r t s e t z u n g eingefahren wird. Teilt sich n a c h einer B r ü c k e die Straße, so h ö r t die bisherige F a h r t r i c h t u n g auf. M a c h t die bisher b e n u t z t e S t r a ß e eine einwandfreie Abbiegung n a c h rechts, wird a b e r gleichzeitig die bisherige S t r a ß e n r i c h t u n g a n dieser Stelle von einer gleichrangigen S t r a ß e w e i t e r g e f ü h r t , so m u ß der r e c h t s abbiegende S t r a ß e n b e n u t z e r seine F a h r t r i c h t u n g s ä n d e r u n g anzeigen. Köln V R S . 1953, 223. M a c h t eine H a u p t s t r a ß e einen Knick, w ä h r e n d in gerader R i c h t u n g eine N e b e n s t r a ß e w e i t e r f ü h r t , so h a t der Verkehrsteilnehmer seine F a h r t r i c h t u n g anzuzeigen, der von der H a u p t s t r a ß e in die N e b e n s t r a ß e zu fahren beabsichtigt. B G H . N J W . 1954, 810 = St. 6, 27. — Nicht jede geringfügige Richt u n g s ä n d e r u n g ist dagegen anzeigepflichtig, z. B. zumeist nicht, wenn vorübergehend ein wenig n u r von der F a h r t r i c h t u n g abgewichen wird, u m den N a m e n einer e i n m ü n d e n d e n S t r a ß e festzustellen, zumal d a n n nicht, wenn d u r c h Anzeigen die Gefahr eines Mißverständnisses e n t stehen könnte, B G H . LM. Nr. 6 zu 13, oder wenn n a c h Lage des Verkehrs geringe Abweichungen zu erwarten sind. Beim Überholen, beim H e r a u s f a h r e n aus der Reihe p a r k e n d e r Wagen, beim H e r a n f a h r e n zum H a l t e n ist Zeichengeben nicht besonders vorgeschrieben, so d a ß zu p r ü f e n ist, ob „ R i c h t u n g s ä n d e r u n g " vorliegt. Die F r a g e ist verschieden in der R e c h t s p r e c h u n g b e a n t w o r t e t . E i n G r u n d s a t z l ä ß t sich aber nicht geben, d a von Fall zu Fall zu entscheiden ist. Vgl. OLG. J e n a , R D K . 1939, 4 2 ; R G . D J . 1939, 808. Zu berücksichtigen ist, ob n u r geringfügige Abweichung erfolgt u n d ob die sonstige Lage des Verkehrs leichte Berücksichtigung ermöglicht. Verlegt der F a h r z e u g f ü h r e r vorübergehend seine Fahrtlinie über die S t r a ß e n m i t t e , u m einem H i n d e r n i s auszuweichen, so liegt keine R i c h t u n g s ä n d e r u n g vor. Gleichwohl k a n n sich f ü r ihn aus § 1 StVO. die Verpflichtung ergeben, dies nachfolgenden Verkehrsteilnehmern anzuzeigen. H a m m V R S . 1953, 383. Bei s t ä r k e r e r Abweichung m u ß sinngemäß R i c h t u n g s ä n d e r u n g a n g e n o m m e n u n d im Zweifel Zeichengebung verlangt werden. Die Unterlassung des allgemeinen Gebotes, u m Verwirrung u n d Unübersichtlichkeit zu vermeiden, darf nicht im Einzelfall dazu f ü h r e n , die Zeichengebung, die eher m e h r als weniger verlangt werden m u ß , einzuschränken. Auch R ü c k w ä r t s f a h r e n stellt eine R i c h t u n g s ä n d e r u n g dar. Köln V R S . 1954, 219. Wechselt der K r a f t f a h r z e u g f ü h r e r beim R ü c k w ä r t s f a h r e n auf die a n d e r e Seite der F a h r b a h n hinüber, so ist er n i c h t verpflichtet, den F a h r t r i c h t u n g s a n z e i g e r zu b e n u t z e n . Doch k a n n Verstoß gegen § 1 vorliegen. B a y O b L G . N J W . 1953, 915. Über das Zeichengeben im Kreisverkehr s. A n m . 2 Abs. 2 zu § 8.

B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 12

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(2) Soweit für Kraftfahrzeuge5) und für Schienenbahnen6) zum Anzeigen der Richtungsänderung und des Haltens die Anbringung mechanischer Einrichtungen vorgeschrieben ist, haben die Fahrzeugführer diese Einrichtungen zu benutzen. Bei vorübergehenden Störungen sind die Zeichen in anderer geeigneter Weise zu geben. § 12. [Warnzeichen] (1) Der Fahrzeugführer hat gefährdete Verkehrsteilnehmer durch Warnzeichen auf das Herannahen seines Fahrzeugs aufmerksam zu machen1). Es ist verboten, Warnzeichen zu anderen Zwecken, insbesondere zum Zwecke des eigenen rücksichtslosen Fahrens2), und mehr als notwendig abzugeben. Die Absicht des Überholens darf durch Warnzeichen kundgegeben werden. (2) Die Abgabe von Warnzeichen ist einzustellen, wenn Tiere dadurch unruhig werden. (3) Als Warnzeichen sind Schallzeichen3) zu geben; an deren Stelle können bei 2) Uber Anzeigen des Haltens durch Kraftfahrzeuge und Straßenbahnen s. Abs. 2. Bei anderen Fahrzeugen muß die Absicht zu Halten durch erkennbares Rechtsheranfahren, Armhochheben oder dergleichen erkennbar gemacht werden. 3) So rechtzeitig, daß sich der Verkehr darauf einrichten kann (BGH. LM.Nr. 1); dabei sind auch erhebliche Geschwindigkeiten anderer zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, daß andere Verkehrsteilnehmer anwesend sind, so OLG. München VerkAbhuE. 1937, 534 u. DAR. 1939 Sp. 147 Nr. 76. Das Zeichen darf aber auch nicht zu früh abgegeben werden, da sonst Mißverständnisse möglich sind. OLG. München DAR. 1938, 66; KG. D J . 1938, 1321. Besonders eindringlich muß die Zeichengebung sein, wenn an Fernverkehrsstraße in Grundstückseinfahrt abgebogen werden soll. RG. J W . 1939, 301. Das Anzeigen der Richtungsänderung 6 m vor der Kreuzung erscheint allgemein als zu kurz. KG. VRS. 1953, 553. 4) Trotz des Anzeigens muß die üblicherweise erfolgende und leicht mögliche Umschau nach dem sonstigen Verkehr erfolgen. Außer Abwinken der Richtung und Blick in den Rückspiegel werden in der Regel weitere Sicherungsmaßnahmen, auch in vielbefahrener Hauptstraße, nicht notwendig sein, RG. VAE. 1940, 10, dies aber selbst noch während des Abbiegens, RG. D J . 1940, 274; BGH. R d K . 1954, 7. Nach Frankfurt N J W . 1953, 1275 hat sich der Fahrer, der seine Richtung ändern will, regelmäßig nicht auf Winkzeichen zu beschränken, sondern darüber hinaus sich davon zu überzeugen, ob die hinter ihm befindlichen Fahrzeuge seine Winkzeichen wahrgenommen und sich darauf eingerichtet haben; dagegen Karnath ebenda. Nach Düsseldorf N J W . 1953, 1525 kann dem Kraftfahrer, der sich in einer Stadt auf einer Hauptverkehrsstraße befindet und nach links in eine Seitenstraße einbiegen will, nicht zur Pflicht gemacht werden, die rückwärtige Fahrbahn auch noch unmittelbar vor dem Einbiegen durch den Rückspiegel zu beobachten. Das Zeigen des Winkers vor dem Anfahren aus dem Stand hält Celle R d K . 1954, 47 für eine gefährliche Unsitte. 5) Blinker und Winker § 54, Bremslichter § 53 StVZO. 6) Signale für Richtungsänderung §§ 21, 31 der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung v. 13. 11. 1937 (RGBl. I S. 1247) i. Fass. v. 14. 8. 1953 (BGBl. I S. 947). Anzeigen des Anhaltens ist nicht notwendig. § 46 Abs. 1 S. 3 StVO. Zu § 12: 1) W a r n z e i c h e n genügen nur dann den Erfordernissen, wenn sie rechtzeitig abgegeben worden sind. Verspätetes Signal kann sogar erschrecken und andere dadurch in Gefahr bringen und schädigen. Sie sind aber nur zulässig zur Warnung gefährdeter Personen oder um die Überholungsabsicht kundzutun, sonst strafbar (Satz 2). Warnzeichen dürfen nicht andauernd wiederholt werden. Allgemeine Hupverbote sind dagegen unzulässig. Bei Fahrten zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben kann der Fahrer aus § 48 Abs. 1 berechtigt und verpflichtet sein, Warnzeichen in weiterem Umfang abzugeben. E. 74, 155. F ü r Straßenbahnen gilt § 31 BOStrab. Anm. 6 zu § 11. 2) Z. B. um in starkem Verkehr andere Fahrer zu veranlassen, den Vortritt zu geben, vorsichtige, aber verkehrsgerechte Fahrer zu veranlassen, den zum rücksichtslosen Fahren bereiten Fahrer vorzulassen oder zu schnellerem und rücksichtsloserem Fahren anzutreiben. Über rücksichtsloses Fahren Anm. 11 zu § 315 a StGB. u. B G H St. 5, 392. 3) Hupensignale vgl. § 21. 4) Der Begriff „Dunkelheit" ist nicht festgelegt; ob es „dunkel" ist, also die normale Sicht nicht mehr möglich ist, so daß Licht zu brennen ist, muß jeweils nach den Verkehrs-

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B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 13

Dunkelheit 4 ) Leuchtzeichen durch kurzes Aufblenden der Scheinwerfer gegeben werden, wenn diese Zeichen deutlich wahrgenommen und andere Verkehrsteilnehmer dadurch nicht geblendet werden können. § 13. [Vorfahrt] (1) An Kreuzungen und Einmündungen 1 ) hat die Vorfahrt 2 ), wer von rechts kommt 3 ). (2) Abweichend von Absatz 1 hat die Vorfahrt vor jedem anderen Verkehr, wer eine durch ein amtliches Verkehrszeichen (Anlage, Bild 44 oder 52)4) als Vorbedürfnissen entschieden werden und ist je nach Ortslage, Wetterverhältnissen, Jahreszeiten u. dgl. verschieden zu beurteilen. Jedenfalls umfaßt die Dunkelheit nicht die ganze Dämmerung. BayObLG. E. 1953, 155. Hell leuchtender Mond kann z. B. unter Umständen ausreichende Lichtquelle für abgestelltes Fahrzeug sein, LG. Karlsruhe DAutoR. 1940 Nr. 137. Über hereinbrechende Dunkelheit s. Anm. 12 zu § 7. Zu § 13: 1) Nur bei Kreuzungen und Einmündungen kommt ein Vorfahrtsrecht in Betracht. Beim Abbiegen der auf gleicher Straße sich Begegnenden ist klare Regelung in Abs. 4 gegeben. Kein Vorfahrtrecht besteht bei Anschlußstellen der Autobahnen, siehe Abs. 5, bei Ausfahrt aus Grundstücken in Straßen gegenüber den von links kommenden Fahrzeugen. E. 71, 122. Im Sinne der Vorfahrtregelung ist die Ausfahrt aus einem Grundstück keine kreuzende oder einmündende Straße. Die besondere Vorsichtspflicht für den aus einer Ausfahrt Ausfahrenden ergibt sich aus § 17 I. Oldenburg R d K . 1953, 84. Für Straßenbahnen besteht kein Vorrecht. §42 BOStrab. i.d.F. v. 14.8. 1953 (BGBl. I S. 947). Die Vorfahrtsregeln gelten nicht nur bei sich kreuzenden Fahrlinien, sondern auch dann, wenn diese einander berühren oder sich in bedrohlicher Weise nähern. Sie greifen auch in dem Fall ein, daß ein Verkehrsteilnehmer in eine nach rechts abzweigende Straße einbiegt, auf der ein anderer Verkehrsteilnehmer kommt, um nach links einzubiegen. BGH. N J W . 1954, 149. 2) Das Vorfahrtsrecht dient einer möglichst ungehinderten Fortbewegung. Eine Verletzung des Vorfahrtrechts liegt schon dann vor, wenn der Wartepflichtige durch seine Fahrweise den Vorfahrtberechtigten an der zügigen Weiterfahrt hindert und ihn zu gefährdenden Maßnahmen veranlaßt. BGH. VRS. 1954, 157, namentlich wenn er den Vorfahrtberechtigten zwingt, vor der Kreuzung zu bremsen. Hamburg. VkBl. 1954, 99. Das Vorfahrtrecht besteht nur dann, wenn nach den Verkehrsverhältnissen der nicht vorfahrtberechtigte Fahrzeugführer damit rechnen muß, daß bei Nichteinräumung des Vorfahrtrechtes beide Fahrzeuge gleichzeitig an dem Schnittpunkt ihrer Fahrtlinien zusammenstoßen. Der Schnittpunkt ist ohne Sonderstellung langsamer Verkehrsteilnehmer im Beginn der Kreuzung unter Einbeziehung der Fahrgeschwindigkeiten der Fahrzeuge, deren Länge, der nach dem sonstigen Verkehr gegebenen Fahrmöglichkeiten u. dgl. zu errechnen. Das Recht der Vorfahrt steht dem Benutzer einer bevorrechtigten Straße nur soweit zu, als er auf ihr weiterfahren, nicht dagegen, wenn er von ihr in eine Seitenstraße abbiegen will. BGH. LMG. Nr. 6. Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich auf die ganze Breite der von rechts kommenden Straße. Der Wartepflichtige darf nicht von der Annahme ausgehen, daß der Vorfahrtsberechtigte stets die rechte Seite der Fahrbahn benutze. Celle GA. 1954, 29. Das Vorfahrtrecht ist vor Überqueren der bevorrechtigten Straße und nicht erst auf ihr zu beachten. Der Wartepflichtige darf daher nicht auf der Kreuzung anhalten. Düsseldorf VRS. 1953, 150. Der Kreisverkehr ist nur dann mit Vorfahrt ausgestattet, wenn an den einmündenden Straßen entsprechende Schilder aufgestellt sind. Celle NdsRpfl. 1953, 230 = VRS. 1953, 632. Der Vorfahrtberechtigte ist berechtigt, sich darauf zu verlassen, daß der wartepflichtige Verkehrsteilnehmer sein Vorfahrtsrecht nicht mißachten werde. BGH. VkBl. 1952, 443. München VkBl. 1951, 124, es sei denn, daß für ihn erkennbar ist, der Vorfahrtverpflichtete werde das Vorfahrtrecht verletzen, RG. DAR. 1937, 51; DRW. 1941, 587; auch in diesem Falle darf der Berechtigte die Vorfahrt nicht erzwingen. BGH. VerkR. 1953, 36. Düsseldorf DAR. 1951, 178. Uber die Fahrgeschwindigkeit bei Kreuzungen und Einmündungen und beim Überqueren und Einbiegen in Vorfahrtsstraßen siehe § 9 Abs. 1 und 2. — Der Wartepflichtige muß sich auf etwaige hohe Geschwindigkeit des Vorfahrtberechtigten einstellen. BGH. VkBl. 1954, 77. 3) Das Vorfahrtrecht bleibt immer dem von rechts kommenden Verkehrsteilnehmer, auch wenn er eine gesperrte Straße befährt, da es auf die äußerliche Tatsache eines von rechts kommenden abgestellt ist. E. 74, 155. Das Vorfahrtsrecht steht j e d e m Verkehrsteilnehmer zu:

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 14, 15

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fahrtstraße gekennzeichnete Straße benutzt. Die Vorfahrt kann für jede Kreuzung und Einmündung besonders geregelt werden. (3) Innerhalb geschlossener Ortschaften 5 ) ist, wenn vom Grundsatz des Absatzes 1 abgewichen werden soll, an jeder Kreuzung und Einmündung die bevorrechtigte Straße durch Verkehrszeichen nach der Anlage, Bild 44 oder 52 4 ), die nicht bevorrechtigte Straße durch Verkehrszeichen nach der Anlage, Bild 30 oder 30a 6 ) zu kennzeichnen. (4) Will jemand die Richtung des auf derselben Straße sich bewegenden Verkehrs kreuzen, so hat er, wenn keine vorfahrtregelnden Verkehrszeichen 6a ) aufgestellt sind, ihm entgegenkommende Fahrzeuge aller Art 7 ), die ihre Richtung beibehalten, auch an Kreuzungen und Einmündungen vorfahren zu lassen 8 ). Hierbei gelten Straßen mit getrennten Fahrbahnen als dieselben Straßen 9 ). (5) An den Anschlußstellen der Bundesautobahnen ist der durchgehende Verkehr bevorrechtigt. (6) Die Vorschriften der Absätze 1, 2, 4 und 5 gelten nicht, wenn durch Weisungen oder Zeichen von Polizeibeamten 10 ) oder durch Farbzeichen eine andere Regelung im Einzelfall getroffen wird 1 1 ).

§ 14. [Fahrzeuge in Kolonnen] Wenn Lastfahrzeuge außerhalb geschlossener Ortschaften in Kolonnen fahren 1 ), so dürfen diese Kolonnen bei Lastkraftwagen nicht länger als 50 Meter, bei Lastfuhrwerken nicht länger als 25 Meter sein 2 ). Zwischen solchen Kolonnen müssen mindestens die gleichen Abstände gehalten werden.

§ 15. [Halten] (1) Der Führer eines Fahrzeuges hat so zu halten, daß der Verkehr nicht behindert oder gefährdet wird 1 ). Der Mercedes 300 muß warten, bis der Mann mit dem Handkarren, der von rechts kommt, die Kreuzung überquert hat. Härtung NJW. 1953, 1696. 4) Anlage nicht abgedruckt. Zur Begründung der Vorfahrt auf Vorfahrtsstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften (s. Abs. 3) genügt es, wenn die genannten Verkehrszeichen in der Vorfahrtsstraße aufgestellt sind, ohne daß diese an jeder Straßeneinmündung oder Kreuzung zu stehen brauchen. Berger, NJW. 1953, 1861; BayObLG. NJW. 54, 43; a. M. Booß, DAR. 1953, 162. 5) Siehe Anm. 8 zu § 9. 6) Das Stopschild bedeutet ein unbedingtes Haltegebot. Der Haltende soll sich dem Zweck des Verkehrszeichens entsprechend über die Verkehrslage auf der Hauptstraße vergewissern, bevor er in diese hineinfährt. BGH. VRS. 1953, 90. Auf einer Stopstraße muß auch dann an der Markierungslinie nochmal angehalten werden, wenn schon einmal hinter einem unmittelbar an der Markierungslinie stehenden Fahrzeug gehalten worden war. KG. D J . 1939, 1668. Gleichgültig auch, ob die zu befahrende Straße verkehrsfrei ist. RG. D J . 1940, 985. 6a) D. h. außerhalb geschlossener Ortschaften die Zeichen nach Abs. 2, innerhalb geschlossener Ortschaften die nach Abs. 3. 7) Auch Radfahrer, Fuhrwerke und Schubkarren. 8) Der Linkseinbiegende hat dem entgegenkommenden Fahrverkehr Vorfahrt zu gewähren, dem nachfolgenden schnelleren Verkehr aber nicht grundsätzlich. Köln VRS. 1953, 302. 9) Dies ist notwendig, weil stets in allen Fahrbahnen gleiche Verkehrsrichtung gefahren wird. 10) Siehe § 2 Abs. 1 und 2. 11) Siehe § 2 Abs. 3. Zu § 14: 1) Die Vorschrift dient dazu, die Überholungsmöglichkeiten bei schmaler Straße und stärkerem Gegenverkehr zu sichern. 2) Für Radfahrerkolonnen vgl. § 29, für Kolonnen der Polizei und Feuerwehr § 48. Zu § 15: 1) So darf z. B. nicht in enger Straße mit starkem Verkehr, wenn die rechte Seite bereits besetzt ist, daneben noch auf der Fahrbahn gehalten und dadurch der fließende Verkehr gestört werden; ebenso darf nicht ein Fahrzeug mitten im starken Strom des Groß-

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 16

(2) Das Halten von Fahrzeugen ist nur auf der rechten Seite der Straße in der Fahrtrichtung zulässig2). Soweit auf der rechten Seite Schienengleise verlegt sind, darf links gehalten werden. (3) Auf Einbahnstraßen darf rechts und links gehalten werden2). (4) Auf Bundesautobahnen darf außerhalb der besonders bezeichneten Parkplätze nur auf den über 2 Meter breiten befestigten Randstreifen gehalten werden3).

§ 16. [Parken] (1) Das Parken (Aufstellen von Fahrzeugen, soweit es nicht nur zum Ein- oder Aussteigen und Be- oder Entladen1) geschieht) ist nicht zulässig2) 1. an den durch amtliche Verkehrszeichen (Anlage, Bilder 22, 23 und 31)3) ausdrücklich verbotenen Stellen, 2. an engen und an unübersichtlichen Straßenstellen sowie in scharfen Straßenkrümmungen4), 5 3. ) in einer geringeren Entfernung als je 10 Meter vor und hinter Fußgängerüberwegen und Straßenkreuzungen oder -einmündungen, je 15 Meter vor Stadtverkehrs, womöglich völlig unvorhersehbar, zum Halten gebracht werden, da dadurch das Auffahren der dahinter fahrenden Fahrzeuge und so Verkehrsstörung und Gefahr droht. Verkehrsbehindernd hält ferner z. B. wer vermeidbar seinen Kraftwagen auf verkehrsreicher Straße schräg aufstellt und dadurch sein Kraftfahrzeug über die Flucht anderer parkender Kraftwagen hinausragen läßt. Köln VRS. 1953, 614. Verkehrsbehinderndes Halten kann erlaubt sein, wenn es zum Beladen oder Entladen geschieht. BayObLG. N J W . 1953, 1361. S. §§ 16 Abs. 1, 18. 2) Das Halten kann über die Parkverbote hinaus verboten sein. BayObLGSt. 1952, 166 = RdK. 1953, 53. Halteverbote können auch angeordnet werden. Köln MDR. 1953, 120. Über Sicherungen des Verkehrs bei haltenden Fahrzeugen § 23 Abs. 2. -— Uber das Anfahren aus der Halte- oder Parkstellung s. Anm. 1 zu § 11. Daß das Anfahren aus dem Stillstand nur in der Fahrtrichtung zulässig sei, schreibt Abs. 2 nicht vor. BayObLG. R d K . 1954, 41. Es muß sorgfältig Umschau gehalten werden und, falls zweckmäßig, kann auch der Winker gezeigt werden. RG. D J . 1939, 808. Ausnahmen § 46. 3) Über Parken auf Autobahnen § 16 Abs. 1 Nr. 8. Zu § 16: 1) S. § 18. Parken ist jedes Aufstellen über Beladen und Entladen hinaus, also auch das bewußte Stehenlassen vor dem Beladen. Köln GA. 1954, 125. Bleibt das Verbringen von Gegenständen in das Fahrzeug nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung, seinem Umfang und seinem Aufwand an Arbeit hinter dem Beschaffungsvorgang völlig zurück und stellt es sich nach der Auffassung des Verkehrs nur als eine Nebentätigkeit dar, dann liegt ein Beladen des Fahrzeugs nicht vor. Schleswig SchlHA. 1953, 297. 2) Außer in den in Ziff. 1—8 gegebenen Fällen ist das Parken überall da unzulässig, wo der Verkehr gefährdet würde usw. Wo z. B. nicht angehalten werden darf (§ 15 nebst Anm. 1), ist erst recht natürlich auch das Parken verboten; vgl. Anm. 5 zu § 1. Über die Mitbenutzung des Bürgersteiges, der Gehwege, zum Parken s. Abs. 2. Es wird geparkt, wenn jemand aussteigt, um eine Besorgung zu machen, München, VAE. Bd. 8 (1939), 339; Düsseldorf, VRS. 1953, 151; Frankfurt MDR. 1953, 378; um ein längeres Gespräch mit jemandem zu führen u. dgl., den Wagen also vollständig verläßt und für eine gewisse Zeit zurückläßt. Kein Parken ist kurzes Anhalten, um zur Orientierung Umschau zu halten, eine Zeitung von dem am Straßenrand stehenden Verkäufer zu kaufen, am Fahrzeug etwas nachzusehen u. dgl. Uber Laternengarage s. Anm. 4 zu § 23. 3) Anlage nicht abgedruckt. 4) Ob ein Kraftfahrer, der einen aus Motorwagen und Anhängern bestehenden Lastzug zum Entladen in einer scharfen Straßenkrümmung aufgestellt hat, ein entladenes Fahrzeug von der gefährlichen Straßenstelle entfernen muß, bevor das Entladegeschäft fortgesetzt wird, hängt im wesentlichen von den jeweils gegebenen örtlichen Verhältnissen ab. BGH. v. 26. 3. 1953 — 4 StR. 772, 52. 5) Das Parkverbot h a t auch in den Fällen Gültigkeit, in denen beim Vorhandensein einer Verkehrsinsel das Ein- und Aussteigen nicht unmittelbar von der Bürgersteigkante,

B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 17

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und hinter den Haltestellenschildern der öffentlichen Verkehrsmittel, ferner vor und hinter höhengleichen Bahnübergängen, wenn dadurch die Sicht auf die Bahnstrecke und die Sicherungseinrichtungen des Bahnübergangs behindert wird; die Entfernung wird bei Straßenkreuzungen und -einmündungen gerechnet von der Ecke, an der die Fahrbahnkanten zusammentreffen, 4. an Verkehrsinseln, 5. vor Grundstücksein- und -ausfahrten 6), 6. neben dem Mittelstreifen an Straßen mit zwei getrennten Fahrbahnen und auf den mittleren von drei oder mehr voneinander getrennten Fahrbahnen einer Straße, 7. soweit es sich nicht um Schienenfahrzeuge handelt, innerhalb des Fahrraums der Schienenbahnen, 8. auf Bundesautobahnen außerhalb der besonders bezeichneten Parkplätze 7 ). (2) Außer dem für das Parken in den Straßen zugelassenen Raum sind öffentliche Parkplätze die durch das amtliche Parkplatzschild (Anlage, Bild 32) 8) von den Straßenverkehrsbehörden 9 ) bezeichneten Flächen. Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 2500 Kilogramm dürfen auf besonders gekennzeichneten Strecken der Gehwege aufgestellt werden. Die Kennzeichnung ist nur zulässig, wenn die Aufstellung wegen der örtlichen Verhältnisse zur Vermeidung einer Behinderung des Verkehrs auf der Fahrbahn geboten ist, der Gehweg nicht beschädigt wird und genügend Platz für die Fußgänger bleibt; Schachtdeckel und andere Einrichtungen, die den Zugang zu Wasser-, Gas-, Elektrizitäts-, Fernmelde- und sonstigen Anlagen vermitteln, dürfen nicht befahren werden. § 17. [Ein- und Ausfahren] (1) Beim Fahren von Fahrzeugen in ein Grundstück oder aus einem Grundstück hat sich der Fahrzeugführ er1) so zu verhalten, daß eine Gefährdung des Straßenverkehrs ausgeschlossen ist 2 ). (2) Die Anbringung von privaten Hinweiszeichen, durch die Grundstückseinund -ausfahrten für Verkehrsteilnehmer auf der Straße kenntlich gemacht werden, ist unzulässig3). sondern von der Verkehrsinsel aus erfolgt. Das Parkverbot der Ziff. 4 hebt das der Ziff. 3 nicht auf. KG. JR. 1954, 115. 6) S. § 17. 7) Auf Autobahnen ist das Parken außerhalb der hierfür bestimmten Plätze nur in Notfällen oder aus zwingenden Gründen zulässig. B G H . N J W . 1952, 984. S. auch Anm. 3 zu § 15. 8) Nicht abgedruckt. 9) § 47 Abs. 1. Z u § 17: 1) Hierunter fällt auch, wer ein Kraftrad schiebt. BayObLG. RdK. 1953, 100. 2) Alle nach Lage der Umstände möglichen Sicherungsmaßnahmen sind zu treffen, RG. D A R . 1940 Nr. 22. Z. B. beim Einbiegen nach links in eine Einfahrt. Schleswig RdK. 1953, 85; bei der Ausfahrt und beim Rückwärtsfahren Aufstellen eines zuverlässigen Beobachters an geeigneter Stelle. Oldenburg N J W . 1953, 1077. LG. Hannover NdsRpfl. 1950, 12, falls nicht Beobachtung der Fahrbahn und der unmittelbaren Umgebung möglich ist. Der fließende Verkehr darf nicht beeinträchtigt werden. RG. VAE. 1939, 264, D S t R . 1941, 99. Daraus folgt die Befugnis des Verkehrsteilnehmers auf der Straße unter Beibehaltung seiner Fahrgeschwindigkeit in fließender Fahrt zu bleiben. Er darf seine Befugnisse nicht mißbrauchen. B G H . N J W . 1953, 254. § 17 geht als Spezialtatbestand dem § 1 vor. Tübingen MDR. 1950, 500. 3) Vgl. dazu Anm. 2 zu § 3.

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 18, 19

§ 18. [Ladegeschäft] 1

(1) Fahrzeuge sollen ) auf der Straße nur beladen2) und entladen werden, wenn dies ohne besondere Erschwernis sonst nicht möglich ist2). (2) Das Ladegeschäft auf der Straße muß ohne Verzögerung durchgeführt werden. § 19. [Ladung der Fahrzeuge] (1) Die Ladung eines Fahrzeugs 1 ) muß so verstaut sein, daß sie Niemanden gefährdet oder schädigt oder mehr, als unvermeidbar, behindert oder belästigt 2 ). Die Betriebssicherheit des Fahrzeugs darf durch die Ladung nicht leiden; das gilt auch bei Beförderung von Personen für deren Unterbringung 3 ) und für ihr Verhalten während der Fahrt. (2)4) Die Breite der Ladung darf nicht mehr als 2,50 Meter betragen. Das seitliche Herausragen von einzelnen Stangen und Pfählen, von waagerecht liegenden Platten und anderen schlecht erkennbaren Gegenständen ist unzulässig. (3)4) Die Ladung darf nach vorn nicht über das ziehende Fahrzeug hinausragen. Ragt die Ladung nach hinten hinaus, so ist ihr äußerstes Ende durch mindestens eine hellrote, nicht unter 200 X 200 Millimeter große, durch eine Querstange auseinandergehaltene Fahne oder durch ein etwa gleichgroßes, hellrotes, quer zur Fahrtrichtung pendelnd aufgehängtes Schild, vom Hereinbrechen der Dunkelheit 5 ) an, oder wenn die Witterung es erfordert 6 ), durch mindestens eine rote Laterne kenntlich zu machen. Fahnen, Schilder und Laternen dürfen nicht höher als 1550 Millimeter über der Fahrbahn angebracht werden. Ist dies an der Ladung selbst nicht möglich, so sind geeignete Vorkehrungen zur Anbringung in der vorgeschriebenen Höhe zu treffen. (4)4) Die Länge von Fahrzeug und Ladung zusammen darf 20 Meter, die Höhe 4 Meter nicht überschreiten. Z u § 18: 1) Die Beladung und Entladung der Fahrzeuge auf der Straße ist nur gestattet, wenn ihr nicht schwerwiegende Gründe der Verkehrsbehinderung entgegenstehen. 2) Ein „Beladen" liegt nur dann vor, wenn es sich um Gegenstände handelt, deren Größe und Gewicht eine Beförderung durch ein Fahrzeug nötig macht. Kein Beladen sind Verrichtungen, die sich als vorbereitende Tätigkeit (Herrichtung eines Paketes) darstellen. Köln GA. 1954, 125. Z u § 19: 1) Ladung sind Güter, die zur Beförderung übernommen sind, also nur Sachen, nicht Personen; insoweit s. aber Abs. 1 S. 2. Verantwortlich für die Verstauung der Ladung ist der Fahrer des Fahrzeugs, neben dem nach den allgemeinen Grundsätzen auch noch andere verantwortlich sein können, z. B. die Insassen. Celle DAR. 1952, 157: auch der eine Last mitführende Radfahrer, BayObLG. R d K . 1953, 100. Der Führer ist selbst dann verantwortlich, wenn die Ladung von anderen, ihm nicht unterstellten Personen besorgt wird, sowohl für die Dauer der Beförderung als auch für das Abladen. Die Einhaltung der Vorschriften der Abs. 4 und 5 entbindet nicht von der Verpflichtung nach Abs. 1. OLG. Dresden D J . 1939, 1503. 2) Also festgelegt, verteilt und gegebenenfalls befestigt. Notwendig ist u. U. auch auf der F a h r t laufende Beobachtung, sogar durch besonderen Begleitmann, wenn Gefahr des Auslaufens von Behältern, Explosionsgefahr bei Stoffveränderung usw. besteht. Nicht genügend verstaut ist eine Ware, die bei leichten Erschütterungen und Stößen, mit denen gerechnet werden muß, vom Wagen herabfallen kann. 3) Vgl. § 34. 4) Ausnahmen sind zulässig. § 46 Abs. 2. 5) Vgl. Anm. 12 zu § 7. 6) Vgl. Anm. 13 zu § 7.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 20—23

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(5) Die Vorschriften über die zulässige Breite und Höhe der Ladung gelten außerhalb der Bundesautobahnen nicht für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse. § 20. [Verlassen des Fahrzeugs] (1) Beim Verlassen des Fahrzeugs1) hat der Fahrzeugführer die nötigen Maßnahmen 2 ) zu treffen, um Unfälle und Verkehrsstörungen zu vermeiden. (2) Für Fuhrwerke gilt besonders § 32, für Kraftfahrzeuge § 3,5. § 21. [Schallzeichen an Fahrzeugen] Vorrichtungen für Schallzeichen1)2) mit einer Lautstärke über 104 Phon (neuer Berechnung) dürfen nur außerhalb geschlossener Ortschaften 3 ) benutzt werden. § 22. [Kennzeichen an Fahrzeugen] Der Führer des Fahrzeugs hat die vorgeschriebenen Kennzeichen1) stets gut lesbar zu halten. § 23. [Beleuchtung von Fahrzeugen] (1) Vom Hereinbrechen der Dunkelheit 1 ) an, oder wenn die Witterung es erfordert 2 ), sind die für Fahrzeuge vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen in Betrieb zu setzen 3 ); dies gilt nicht für abgestellte Fahrzeuge, wenn sie durch andere Lichtquellen ausreichend beleuchtet sind4). Z u § 20: 1) Bei jedem Verlassen des Wagens, auch nur kurzem. 2) Welche Maßnahmen nötig sind, ist nach den Umständen zu entscheiden unter Berücksichtigung der Zeitdauer und der Weite der Entfernung des Führers, der Einrichtungen des Wagens sowie der persönlichen Eigenschaften des Führers, insbesondere auch, ob er den Wagen ständig im Auge behält. Regelmäßig muß aber, auch bei kürzestem Verlassen des Wagens und einer Entfernung, die nicht unmittelbaren Zugriff in die Fahr- und Bremsvorrichtungen mehr zuläßt, abstellen des Motors oder der Maschine erfolgen. Sonstige Maßnahmen sind: Handbremse anziehen und Gang einschalten bei Gefälle, Parklicht in der Dunkelheit andrehen bei unbeleuchtetem Standort, Fortschaffung unbeleuchteter Fahrzeuge von der Fahrbahn, Aufstellung eines Warnpostens (VkBl. 1948 S. 16 Nr. 13). Hinsichtlich des richtigen Standorts, der Behinderung des Verkehrs oder Zusammenstöße vermeidet, vgl. die Vorschriften über das Parken § 16. Uber Beleuchtung bei hereinbrechender Dunkelheit s. §§ 23, 24, bei Fahrrädern § 25, Abs. 2. Z u § 21: 1) Für Kraftfahrzeuge s. § 55 StVZO.; für Fahrräder und Schlitten § 64 a. 2) Eine sogenannte Radlaufglocke genügt (VkBl. 1949 S. 117 Nr. 110). Von Fahrrädern aus dürfen Warnzeichen mit anderen Vorrichtungen als Glocken nicht gegeben werden, insbesondere nicht mit Sirenen (VkBl. 1950 S. 4 Nr. 5). 3) Geschlossene Ortschaften Anm. 8 zu § 9. Z u § 2 2 : 1) Kennzeichen für Kraftfahrzeuge s. §18 (23 und 60 StVZO.), für andere Straßenfahrzeuge § 64b ebenda. Für Straßenbahnen besonders: Beschriftung §22 BOStrab. Anm. 6 zu § 4. Z u § 23: 1) Vgl. Anm. 12 zu § 7. 2) Vgl. Anm. 13 zu § 7. 3) Beleuchtungseinrichtungen für Kraftfahrzeuge s. §§49aff. StVZO. für andere Fahrzeuge § 24; für Fahrräder § 67 StVZO., für Schienenfahrzeuge § 28 BOStrab. Anm. 6 zu § 11. 4) Die andere Lichtquelle reicht nur dann aus, wenn sie so stark ist, daß die Begrenzungslinien des Fahrzeugs nach allen Seiten deutlich erkennbar hervortreten, München R d K . 1940, 54 und dem eigenen Lichte des abgestellten Fahrzeugs gleichkommt. B G H . VRS. 1952, 136. Keine genügende Beleuchtung durch andere Lichtquelle, z. B. wenn die Straßenlaterne auf der anderen Seite der Fahrbahn 12 m entfernt steht. Dresden VAE. 1941, 165. Wer sein Fahrzeug ohne eigene Lichtquelle für die Nacht unter einer Straßenlaterne abstellt ( L a t e r n e n g a r a g e ) , hat damit seine Verpflichtung aus § 23 noch nicht ohne weiteres erfüllt (vgl. OLG.

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung.

§ 24

(2) Wenn es zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist, müssen haltende 5 ) oder liegengebliebene Fahrzeuge6) durch besondere Sicherungslampen, Fackeln oder ähnliche Beleuchtungseinrichtungen oder durch rückstrahlende Warneinrichtungen auf ausreichende Entfernung kenntlich gemacht werden7). § 24. [Leuchten und Rückstrahler für nicht maschinell angetriebene Fahrzeuge — ausgenommen Fahrräder — und ihre Anhänger] (1) Vom Hereinbrechen der Dunkelheit 1 ) an, oder wenn die Witterung es erfordert 2 ), müssen Fahrzeuge 3 ) a) nach vorn mindestens eine Leuchte mit weißem oder schwachgelbem Licht führen, die geeignet ist, bei in Bewegung befindlichen Fahrzeugen und Zügen die Fahrbahn zu beleuchten und entgegenkommenden Verkehrsteilnehmern die seitliche Begrenzung ausreichend erkennbar zu machen; die Anbringung von Leuchten unter dem Fahrzeug ist nicht zulässig, b) nach hinten mindestens eine Schlußleuchte mit rotem Licht führen, die nicht höher als 1550 Millimeter über der Fahrbahn angebracht sein darf. Beim Mitführen von Anhängern ist der Zug wie ein Fahrzeug zu beleuchten. (2) Die Leuchten müssen möglichst weit links und dürfen nicht mehr als 400 Millimeter von der breitesten Stelle des Fahrzeugumrisses entfernt angebracht sein. Werden jeweils zwei Leuchten verwendet, so müssen sie gleichfarbiges und gleichstarkes Licht zeigen, nicht mehr als 400 Millimeter von den breitesten Stellen des Fahrzeugumrisses entfernt und in gleicher Höhe angebracht sein. Die seitliche Begrenzung von Anhängern, die mehr als 400 Millimeter über die Leuchten des vorderen Fahrzeugs hinausragen, muß durch mindestens eine Leuchte auf der linken Seite nach Absatz 1 Buchstabe a kenntlich gemacht sein. (3) Bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen, die mit Heu, Stroh oder anderen leicht brennbaren Gütern beladen sind, sowie bei Fahrzeugen, die von Fußgängern mitgeführt werden (Handwagen, Handschlitten und dergl.), genügt eine Leuchte mit weißem oder schwachgelbem Licht, die auf der linken Seite so angebracht oder von Hand so mitgeführt wird, daß das Licht entgegenkommenden und überholenden Verkehrsteilnehmern gut sichtbar ist. (4) Abgestellte Fahrzeuge sind, wenn sie nicht durch andere Lichtquellen 3 ) ausreichend beleuchtet sind4), nach den Absätzen 1 und 2 zu beleuchten 5 ). (5) Alle Fahrzeuge müssen an der Rückseite mit mindestens einem roten Rückstrahler ausgerüstet sein; er muß möglichst weit links und darf nicht mehr als 400 Millimeter von der breitesten Stelle des Fahrzeugumrisses und nicht höher H a m m N JW. 1952, 950); er darf z. B. nicht darauf vertrauen, daß die Witterungsverhältnisse unverändert bleiben. Vielmehr hat er damit zu rechnen, daß in der Nacht aufkommender Nebel die Beleuchtung des Fahrzeugs unzureichend macht. BGH. N J W . 1953, 996 = St. 4, 140. 5) § 15. 6) Ein geschlepptes Fahrzeug muß durch rote Rückstrahler oder rote Laternen erkennbar gemacht werden. Bei der Auswahl ist der Verkehrssicherheit Rechnung zu tragen. Das schleppende und das geschleppte Kraftfahrzeug bilden einen Zug. BayObLG. V R S . 1953, 555. — Für Fuhrwerke § 32. 7) Sonderbestimmung für schwere Lastfahrzeuge in § 53 Abs. 5 StVZO. Z u § 24: 1) S. § 7 Anm. 12. 2) S. § 7 Anm. 13. 3) Nicht maschinell angetriebene Fahrzeuge sind Fuhrwerke (vgl. § 32), Schiebkarren, Handwagen und -schütten (Abs. 3). Ausnahmen Abs. 7 und Fahrräder. 4) Vgl. Anm. 4 zu § 23. 5) Auf unbeleuchteten öffentlichen Parkplätzen außerhalb des Straßenraumes ist eine Beleuchtung der Fahrzeuge je nach den örtlichen Verhältnissen nicht immer zu verlangen. Dienstanweisung Abs. 4 zu § 24.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 25—27

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als 600 Millimeter über der Fahrbahn angebracht sein. Rückstrahler müssen in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein. Für die Bauartgenehmigung gilt § 22 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung vom 24. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1166)6). (6) Leuchten und Rückstrahler dürfen nicht verdeckt oder verschmutzt sein. Das Licht darf nicht blenden. (7) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Rodelschlitten sowie für Kinderwagen und Kinderschlitten, die ihrem Bestimmungszweck dienen7). (8) Die in den Absätzen 1 und 2 vorgeschriebenen Leuchten sind auch bei Tage im betriebsfertigen Zustand mitzuführen, wenn zu erwarten ist, daß sich das Fahrzeug bei Hereinbrechen der Dunkelheit 1 ) oder bei Verschlechterung der Sichtverhältnisse durch die Witterung 2 ) noch im öffentlichen Verkehr befinden wird. 2. F a h r z e u g v e r k e h r im b e s o n d e r e n a) Radfahrer § 25. [Beleuchtung des Fahrrades] Vom Hereinbrechen der Dunkelheit an 1 ), oder wenn die Witterung Beleuchtung erfordert 2 ), dürfen Fahrräder, an denen eine der nach § 67 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung vom 24. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1166) vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen versagt, nicht benutzt werden; sie dürfen jedoch von Fußgängern mitgeführt werden 3 ). § 26. [Führung von Fahrrädern] (1) Es ist verboten, beim Fahren die Lenkstange loszulassen1) oder die Füße von den Tretteilen zu entfernen. (2) Das ständige Fahren neben einem anderen Fahrzeug 2 ), insbesondere neben einer Straßenbahn, sowie das Anhängen an Fahrzeuge ist verboten. § 27. [Benutzung der Radwege und Seitenstreifen] (1) Radfahrer müssen vorhandene Radwege benutzen 1 ). Radwege dienen dem Verkehr in beiden Richtungen, wenn nur ein Radweg vorhanden ist und die Breite dieses Weges einen Verkehr in beiden Richtungen zuläßt. Auf Straßen ohne Radwege haben Radfahrer die äußerste rechte Seite der Fahrbahn einzuhalten 2 ); beim Einbiegen nach links haben sie sich rechtzeitig links einzuordnen 3 ). 6) § 22 Abs. 2 Nr. 5—12. 7) Nicht Kinderwagen und Rodelschlitten, die zum Transport von Waren benutzt werden. S. Anm. 3. Zu § 25: 1) S. § 7 Anm. 12. 2) S. § 7 Anm. 13. 3) S. Anm. 1 zu § 37. Zu § 26: 1) Dieses Verbot gilt nicht für Kraftradfahrer. H a m m JMB1.NRW. 1953, 66. 2) S. § 28. Z u § 27: 1) Für hilfsmotorisierte Radfahrer s. § 31a. 2) Unnötiges Abweichen hiervon ist zu vermeiden. Insbesondere ist das Durchschlängeln zwischen anderen Fahrzeugen, sei es, daß diese in Fahrt sind, sei es, daß sie gerade zum Halten kommen, um der Verkehrsregelung nachzukommen, verboten. Radfahrer haben auch das Überholen schnellerer Fahrzeuge möglichst zu vermeiden, da sie dadurch nur unnötig von der rechten Seite in den Straßenverkehr hineinkommen, den Verkehr stören und gefährden und zudem gleich doch wieder von dem schnelleren, inzwischen zumeist bereits wieder schneller gewordenen Fahrzeug eingeholt werden. 3) Über Einbiegen vom Radfahrweg s. Abs. 3.

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 28—31

(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften 4 ) dürfen Radfahrer 5 ) die neben der Fahrbahn liegenden Seitenstreifen (Bankette) in der Fahrtrichtung benutzen, wenn sie den Fußgängerverkehr nicht behindern. Die in der Fahrtrichtung links liegenden Seitenstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften befahren werden, wenn rechts ein Seitenstreifen fehlt und der Zustand der Fahrbahn deren Benutzung erheblich erschwert. (3) Biegen Radfahrer von Radwegen oder Seitenstreifen auf die Fahrbahn ein, so haben sie besondere Rücksicht auf den übrigen Verkehr zu nehmen. § 28. [Hinter- und Nebeneinanderfahren] Radfahrer müssen grundsätzlich 1 ) einzeln hintereinander fahren 2 ). Sie können zu zweit nebeneinander fahren, wenn der Verkehr hierdurch nicht gefährdet oder behindert wird. Eine Behinderung liegt insbesondere dann vor, wenn durch das Nebeneinanderfahren zweier Radfahrer der schnellere Verkehr am Vorbeifahren oder Überholen gehindert wird3). Außerhalb geschlossener Ortschaften müssen Radfahrer auf den Fahrbahnen der Bundesstraßen 4 ) stets einzeln hintereinander fahren. § 29. [Radfahren in geschlossenen Verbänden] Mehr als 15 Radfahrer unter einheitlicher Führung in geschlossenen Verbänden 1 ) 2 ) dürfen zu zweit nebeneinander fahren und auch bei Vorhandensein von Radwegen die Fahrbahn benutzen. § 30. [Mitnahme von Personen und Gegenständen] (1) Auf einsitzigen Fahrrädern dürfen Radfahrer Personen nicht mitnehmen 1 ). Kinder unter sieben Jahren dürfen nur von Erwachsenen mitgenommen werden, falls für sie eine geeignete Sitzgelegenheit auf dem Fahrrad vorhanden ist und der Fahrer dadurch nicht behindert wird. (2) Radfahrer dürfen Gegenstände nur mitnehmen, falls diese ihre Bewegungsfreiheit nicht beeinträchtigen und Personen oder Sachen nicht gefährden. § 31. [Mitführen von Anhängern und Tieren] (1) An zweirädrigen Fahrrädern ist das Mitführen von Anhängern und Seitenwagen nur gestattet, wenn sie mit dem Fahrrad fest verbunden sind 1 ). (2) Das Anbinden von Handwagen 2 ) an Fahrrädern sowie das Führen von 4) S. Anm. 8 zu § 9. 5) Dagegen sind Fußgänger zur Benutzung von Banketten nur verpflichtet, wenn diese als Gehweg vorgesehen und geeignet sind. Tübingen JZ. 1951, 371. Zu § 28: 1) Ausnahmen § 29. 2) Für Fußgänger s. Anm. 3 zu § 37. 3) S. Anm. 4 zu § 9. 4) Bundesstraßen statt Bundesfernstraßen gemäß Berichtigung v. 7. 9. 1953 (BGBl. I S. 1354). Zu § 29: 1) Beide Voraussetzungen müssen vorliegen. Für Polizei usw. besondere Regelung in § 48. 2) Vgl. § 48 Abs. 2, die Abteilung muß abgeschlossen sein. Zu § 30: 1) Das Verbot richtet sich auch gegen den Mitgenommenen (Hamm N J W . 1951, 674 will die Strafbarkeit des Mitgenommenen aus § 1 herleiten. Über Beförderung von Personen auf Krafträdern ohne Sitzgelegenheiten s. § 34 Abs. 4. Zu § 31: 1) Fest, d. h. vor allem dauernd verbunden. 2) Gleichgültig, ob diese beladen sind oder nicht, und woraus die Ladung besteht oder ob sich gar Menschen darauf befinden.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 31 a—33

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Handwagen und Tieren mit Ausnahme von Hunden 3 ) von fahrenden Fahrrädern aus ist verboten. aa) Fahrräder mit Hilfsmotor § 31a Fahrräder mit Hilfsmotor (§ 67a Abs. 3 der Straßenverkehrs-ZulassungsOrdnung)1) sind wie gewöhnliche Fahrräder zu behandeln 2 ), jedoch dürfen sie auf Radwegen3) nur benutzt werden, wenn sie mit menschlicher Tretkraft fortbewegt werden. b) Fuhrwerke § 32 (1) Bespanntes Fuhrwerk 1 ) darf der Fahrzeugführer für längere Zeit auf der Straße unbeaufsichtigt nur stehen lassen, wenn die Zugtiere abgesträngt und kurz angebunden 2 ) sind; bei zweispännigen Fuhrwerken ist nur innen abzusträngen 3 ). (2) Unbespannte Fuhrwerke dürfen vom Hereinbrechen der Dunkelheit 4 ) an, oder wenn die Witterung Beleuchtung erfordert 5 ), nicht auf der Straße belassen werden6). Kann ausnahmsweise ihre Entfernung aus zwingenden Gründen nicht erfolgen, so muß die Deichsel abgenommen oder hochgeschlagen und gesichert werden. Für die Beleuchtung gelten die §§ 23 und 247). c) Kraftfahrzeuge § 33. [Benutzung der Beleuchtungseinrichtungen] (1) Führer von Kraftfahrzeugen haben die Scheinwerfer rechtzeitig abzublenden 1 ), wenn die Sicherheit des Verkehrs auf oder neben der Straße, insbeson3) Bei dem Führen von Hunden von fahrenden Rädern aus sind neben § 1 auch die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes — abgedruckt unter B II 9 — zu beachten. Zu § 3 1 a : 1) § 67a Abs. 3. 2) Beleuchtung § 25, Fahren §§ 26, 28. 3) §27. Zu § 32: 1) Über Lenkung, Ausrüstung und Bespannung § 64 StVZO. 2) Die Leine muß kurz am Wagenkasten festgemacht sein. 3) „Innen ' = auf der inneren Seite. Grund: damit die Zugtiere nicht nach außen zu weit in die Fahrbahn hineintreten und ausschlagen können. 4) S. Anm. 12 zu § 7. 5) S. Anm. 13 zu § 7. 6) Verantwortlich kann neben dem Fuhrwerksführer auch der Fahrzeughalter sein, anders als bei Abs. 1, wo sich nur der Fuhrwerksführer strafbar macht. Zur Anwendbarkeit gehört nicht, daß das Fuhrwerk „längere Zeit" oder,,unbeaufsichtigt" auf der Straße stehen gelassen wird. RG. D J . 1939, 1668. 7) Was die Anbringung der Laternen an Pferdefuhrwerken anbelangt, müssen in jedem Falle die Lampen von entgegen kommenden Verkehrsteilnehmern deutlich wahrgenommen werden können; sie dürfen also nicht (z. B. durch die Pferde) verdeckt sein. Grundsätzlich wird der Vorschrift sowohl durch Anbringung der Laternen an dem Wagen als auch an den Pferden genügt. Bei Fahrzeugen mit Kumtgeschirr ist die Befestigung an diesem — soweit Doppelgespanne verwendet werden — sogar zweckmäßig, besonders dann, wenn das Doppelgespann breiter ist als das Fahrzeug. Bei Verwendung von Sielengeschirr sind je nach Art des Fahrzeugs (z. B. Tafelwagen) zu einer vorschriftsmäßigen Anbringung der Laternen unter Umständen besondere Vorrichtungen notwendig. So kann z. B. je nach Breite der Fahrzeuge eine Befestigung der Laternen an besonderen, ausholenden Armen zweckmäßig sein. Dienstanweisung zu § 24. Zu § 33: 1) Es muß verhindert werden, daß die Strahlen der Scheinwerfer unmittelbar in die Augen treffen. So ist abzublenden, wenn z. B. die unmittelbare Strahlenwirkung der Scheinwerfer für das entgegenkommende Fahrzeug beginnt. Ein Kraftwagenführer, der durch 63

Dalcke, S t r a f r e c h t . 36. Aufl.

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 34

dere die Rücksicht auf entgegenkommende Verkehrsteilnehmer, es erfordert2). Diese Verpflichtung besteht gegenüber Fußgängern nur, soweit sie in geschlossenen Abteilungen marschieren. Beim Halten vor Bahnübergängen in Schienenhöhe3) ist stets abzublenden4). (2) Als Standlicht können die seitlichen Begrenzungslampen verwandt werden. Wenn die Fahrbahn durch andere Lichtquellen ausreichend beleuchtet ist 5 ), darf mit Standlicht gefahren werden. (3) Suchscheinwerfer dürfen nur vorübergehend und nicht zum Beleuchten der Fahrbahn benutzt werden. (4) Nebelscheinwerfer dürfen nur bei Nebel oder Schneefall, und zwar am Tage nur in Verbindung mit dem Abblendlicht, bei Dunkelheit6) nur in Verbindung mit dem Abblendlicht oder dem Begrenzungslicht eingeschaltet werden. (5) Bei starkem Nebel oder Schneefall ist am Tage Abblendlicht einzuschalten.

§ 34

[Personenbeförderung auf Lastkraftwagen, Krafträdern, Zugmaschinen und auf der Ladefläche von Anhängern hinter Kraftfahrzeugen] (1) Die Beförderung von Personen1) auf der Ladefläche von Lastkraftwagen1, ist verboten2). (2) Die Vorschrift des Absatzes 1 gilt nicht, wenn die Beförderung zur Begleitung der aufgeladenen Güter erforderlich ist oder zur gleichzeitigen oder nachfolgenden Vornahme von Arbeiten im Interesse desjenigen geschieht, zu dessen Gunsten das Fahrzeug eingesetzt ist. In diesen Fällen bedarf jedoch die Beförderung von mehr als acht Personen der Erlaubnis der Straßen Verkehrsbehörde. Die Erlaubnis kann einem Besitzer für bestimmte Fahrzeuge und Führer allgemein, jedoch jeweils längstens für ein Jahr, erteilt werden. Sie ist zu versagen, wenn die Bauart oder der Zustand des Fahrzeugs oder wenn die Persönlichkeit des Führers keine ausreichende Gewähr für die Sicherheit der zu Befördernden bieten. Im Zweifelsfall kann die Straßenverkehrsbehörde die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr über die Bauart und den Zustand des Fahrzeugs fordern. Erlaubnisscheine sind mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Beamten auszuhändigen. ein entgegenkommendes Fahrzeug geblendet wird, muß scharf rechts fahren, nötigenfalls halten. RG. VerkrR. 35, 277. Unfallverursachung in der Blindsekunde ist dann kein Verschulden. S. Anm. 5 Abs. 2 zu § 1. Daß ein entgegenkommender Verkehrsteilnehmer nicht abblendet, berechtigt nicht, unabgeblendet weiterzufahren. Oldenburg NdsRpfl. 1954, 72 = RdK. 1954, 63. Über Beschränkung der Beleuchtung der Kennzeichen § 60 Abs. 4 StVZO. 2) Es muß Blendung anderer Verkehrsteilnehmer vermieden werden, sei es durch direkte Blendung, sei es indirekt durch zu starke Bestrahlung nasser Straßen. Auch ist abzublenden, wenn Tiere dadurch scheu gemacht werden. — Abbiendung in beleuchteten Ortschaften wird nicht grundsätzlich verlangt; insbesondere kann sie keinesfalls da in Frage kommen, wenn das Durchfahren mit dem abgeblendeten Wagen infolge der Mangelhaftigkeit der Beleuchtung nicht ohne Gefahren erfolgen kann. Anderseits ist die Beleuchtung der Ortschaft meist dafür gerade kennzeichnend, daß hier stärkerer Straßenverkehr herrscht, der durch unabgeblendete Scheinwerfer beeinträchtigt würde. Ist dies anzunehmen, dann ist abzublenden. Es ist also auf den einzelnen Fall abzustellen. 3) S. § 38. 4) S. § 9 Abs. 1 und 12. 5) S. Anm. 4 zu § 23. 6) S. Anm. 4 zu § 12. Zu § 34: 1) Über Personenbeförderung auf anderen Kraftfahrzeugen s. Abs. 4 und 7. 2) Da nur Begleitpersonen mitbefördert werden können (Abs. 2), wird der sog. Anhalterverkehr eingeschränkt werden. Gegenüber § 34 kann im Einzelfall übergesetzlicher Notstand Ausnahme rechtfertigen, z. B. Beförderung in dringendem Fall. RG. HRR. 1940 Nr. 38.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 35, 36

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(3) Das Stehen während der Fahrt ist verboten. Wenn mehr als acht Personen auf der Ladefläche von Lastkraftwagen befördert werden, müssen fest eingebaute Sitze vorhanden sein. Die Zahl der beförderten Personen darf nur so groß sein, daß ihr Gewicht 60 vom Hundert der Nutzlast des Lastkraftwagens nicht übersteigt. Dabei ist für jede Person 65 Kilogramm zu rechnen. Die Zahl der zugelassenen Personen ist in dem Erlaubnisschein anzugeben. Im Wagen ist eine gut sichtbare Aufschrift anzubringen, welche die zulässige Zahl der zu befördernden Personen und das Verbot des Stehens, Hinauslehnens und Hinaushaltens von Gegenständen während der Fahrt enthält. (4) Die Beförderung von Personen auf Krafträdern ohne besondere Sitzgelegenheit oder Zugmaschinen ohne geeignete Sitzgelegenheit und auf der Ladefläche von Anhängern hinter Kraftfahrzeugen ist verboten. Zur Beförderung von Lasten erforderliche Begleiter dürfen auf der Ladefläche von Anhängern hinter Kraftfahrzeugen mitgenommen werden; das Stehen während der Fahrt ist verboten. Auf Anhängern ist, soweit sie für land- und forstwirtschaftliche Zwecke verwendet werden, die Beförderung von Personen auf geeigneten Sitzgelegenheiten gestattet. (5) Aufgesattelte Anhänger sind hinsichtlich der Personenbeförderung wie Lastkraftwagen zu behandeln. (6) Die Erlaubnis nach Absatz 2 erteilen für die Dienstbereiche der Deutschen Bundesbahn, der Deutschen Bundespost, des Bundesgrenzschutzes und der Polizei deren Dienststellen nach Bestimmung der Fachminister. (7) Die Bestimmungen des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 1217)3) bleiben unberührt. § 35. [Verlassen des Kraftfahrzeugs] Der Führer eines Kraftfahrzeugs hat beim Verlassen des Fahrzeugs 1 ) zur Verhinderung der unbefugten Benutzung die üblicherweise hierfür bestimmten Vorrichtungen am Fahrzeug in Wirksamkeit zu setzen2). d) Öffentliche Verkehrsmittel §36 (1) Personen, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen wollen, haben diese auf den Gehwegen oder einer Haltestelleninsel oder, soweit Gehwege und Haltestelleninsel nicht vorhanden, am äußersten Rande der Fahrbahn zu erwarten 1 ). (2) Die Fahrgäste dürfen die öffentlichen Verkehrsmittel nur an den dazu 3) In d . F . V. 6. 12. 1937 (RGBl. I S. 1320) unter B VIII 4. Vgl. auch VO. v. 13. 2. 1939 (RGBl. I S. 231) über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BO-Kraft) s. Anm. 2 zu § 41 Pers.Bef.Ges. unter B VIII 4. Zu § 35: 1) Vgl. Anm. 1 zu § 20. Entfernt im Sinne dieser Vorschrift h a t sich der Führer, sobald er wegen der räumlichen Trennung nicht mehr die Möglichkeit hat, jeden Eingriff eines Unbefugten zu verhindern. 2) Vgl. Anm. 2 zu § 20. Als Sicherungsmaßnahmen kommen in Frage, den Zündungsschlüssel zu entfernen, die Steuerung festzustellen, wenn hierfür eine Vorrichtung vorgesehen ist, den Wagen abzuschließen oder sonstige Sicherungsvorrichtungen einzuschalten, die leicht bedienbar sind und für diese Wagengattung oder diesen Wagen sonst üblich sind. Das Herausnehmen der Verteilerklaue kann nicht gefordert werden. Zu § 3 6 : 1) Die Fahrgäste sollen also nicht die Fahrbahn versperren. Beim Ankommen der Straßenbahn braucht nicht abgewartet zu werden, bis sie hält. OLG Bremen N J W . 1954, 404; andererseits darf die Straße auch nicht zu früh betreten werden, damit der Verkehr nicht behindert wird, es kommt auf das Erfordernis der Umstände, also die sichere, aber schnelle Abwicklung des Verkehrs an, vgl. E. 73, 19. Vgl. noch § 9 Abs. 3. 63»

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 37, 38

bestimmten Haltestellen betreten und verlassen. Das Auf- und Abspringen während der Fahrt 2 ) und das Hinauslehnen ist verboten. (8) Es ist untersagt, aus den öffentlichen Verkehrsmitteln Gegenstände zu werfen oder herausragen zu lassen. C. F u ß g ä n g e r v e r k e h r § 37. [Verhalten der Fußgänger] (1) Fußgänger müssen die Gehwege benutzen 1 ). (2) Fahrbahnen und andere nicht für den Fußgängerverkehr bestimmte Straßenteile 2 ) sind auf dem kürzesten Wege quer zur Fahrtrichtung mit der nötigen Vorsicht und ohne Aufenthalt zu überschreiten 2 ). Straßenkreuzungen mit bezeichneten Übergängen23) sind auf diesen, andere nur rechtwinklig zu den Fahrbahnen zu überschreiten 3 ). An Schranken,- Seil-und Kettenabsperrungen haben sich die Fußgänger innerhalb der Absperrungen zu halten 4 ). (3) Das Stehenbleiben an Straßenecken ist untersagt, wenn der Verkehr dadurch behindert oder gefährdet wird. (4) Die Vorschriften der Absätze 2 und 3 gelten nicht für Straßen, die für den Fahrzeugverkehr gesperrt sind. (5) Fußgänger haben die äußerste rechte Seite der Fahrbahn zu benutzen, wenn sie durch das Mitführen von Gegenständen den übrigen Fußgängerverkehr behindern oder gefährden können; sie haben dabei jedoch die nötige Rücksicht auf den Fahrverkehr zu nehmen. (6) Krankenfahrstühle und Kinderwagen, die ihrem Bestimmungszweck dienen4), dürfen auf den Gehwegen geschoben werden 5 ). § 38. [Marschierende Abteilungen] (1) Geschlossen marschierende Abteilungen 1 ) dürfen auf Brücken keinen Tritt halten. Marschmusik ist auf Brücken untersagt. Längere Abteilungen müssen in angemessenen Abständen Zwischenräume zum Durchlassen des übrigen Straßenverkehrs freilassen. (2) Vom Hereinbrechen der Dunkelheit 2 ) an, oder wenn die Witterung es erfordert 3 ), muß an geschlossenen Abteilungen nach vorn ihre seitliche Begrenzung und nach hinten ihr Ende durch Laternen (nach vorn weiß oder schwachgelb, nach hinten rot) erkennbar gemacht werden. Der linke und der rechte Flügelmann des ersten und des letzten Gliedes müssen je eine Laterne tragen; die Kennzeichnung 2) Hierzu gehört auch das Anfahren der Straßenbahn. Köln RdK. 1954, 84, auch der Zwischenhalt außerhalb der Haltestelle. Zu § 3 7 : 1) Besteht nur e i n Gehweg, so muß der Fußgänger ihn auch benutzen, wenn er auf der linken Straßenseite seiner Gehrichtung liegt. OLG. Neustadt VSR. 1953, 638. Der Fußgänger darf sein Fahrrad mitführen § 25, 2. Halbsatz. Auch Krankenfahrzeuge dürfen den Gehweg benutzen. § 8 Abs. 1. 2) Radfahrwege § 27. 2 a) Auf dem Übergang ist der Fußgänger, soweit nicht eine besondere Verkehrsregelung besteht, vor anderen Verkehrsteilnehmern nicht bevorrechtigt. OLG. Celle N J W . 1954, 400. 3) Fußgänger, die bei Dunkelheit die Fahrbahn benützen, besonders wenn sie bei starkem Verkehr ohne besondere Sicherungsmaßnahmen in Viererreihe eingehakt gehen, trifft eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Tübingen JZ. 1951, 371. 4) Ausnahmen dieser Beschränkung der Benutzung der Fahrbahn durch Fußgänger gelten für Straßenkehrer und Schienenreiniger. § 46 Abs. 1. 5) Vgl. Anm. 7 zu § 24. Zu § 38: 1) Vgl. § 48 Abs. 2. 2) S. Anm. 12 zu § 7. 3) S. Anm. 13 zu § 7.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 39, 40

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kann auch durch voran oder hinterher marschierende Laternenträger erfolgen. Die Kenntlichmachung durch voranfahrende Fahrzeuge ist nur zulässig, wenn das Nachfolgen einer geschlossenen Abteilung Führern von entgegenkommenden Fahrzeugen erkennbar gemacht wird. Gliedert sich eine zu beleuchtende Abteilung in mehrere deutlich voneinander geschiedene Einheiten, so ist jede in der angegebenen Weise kenntlich zu machen. Daneben ist die zusätzliche Kenntlichmachung durch Rückstrahler (nach vorn weiß oder schwachgelb, nach hinten rot) zulässig. Die Vorschriften dieses Absatzes gelten nicht, wenn geschlossene Abteilungen durch andere Lichtquellen ausreichend beleuchtet sind. (3) Schulklassen sollen die Gehwege benutzen. Bei Benutzung der Fahrbahn gelten sie als marschierende Abteilungen und sind vom Hereinbrechen der Dunkelheit 2 ) an, oder wenn die Witterung es erfordert 3 ), nach Absatz 2 zu sichern.

D. R e i t v e r k e h r §39

(1) Reiter müssen vorhandene Reitwege benutzen. (2) Ein Reiter darf nicht mehr als zwei Handpferde 1 ) mitführen. (3) Für Reiter gelten die für den Fahrzeugverkehr im allgemeinen gegebenen Vorschriften entsprechend. Vom Hereinbrechen der Dunkelheit 2 ) an, oder wenn die Witterung es erfordert 3 ), richtet sich die Sicherung nach § 38 Abs. 2, wenn in geschlossener Abteilung geritten wird. Für Einzelreiter genügt eine Leuchte mit weißem oder schwachgelbem Licht, die auf der linken Seite so mitgeführt wird, daß sie für entgegenkommende und überholende Verkehrsteilnehmer gut sichtbar ist 4 ).

E . T r e i b e n und F ü h r e n von T i e r e n §40

(1) Tiere müssen im Verkehr 1 ) einen geeigneten Führer haben, der ausreichend auf sie einwirken kann. Zum Reiten und Ziehen auf öffentlichen Straßen dürfen nur zur Verwendung im Verkehr geeignete Tiere benutzt werden. Erweist sich ein Tier als ungeeignet, so hat die Straßen Verkehrsbehörde2) seine Verwendung zu untersagen oder von Bedingungen abhängig zu machen. (2) Beim Führen von Pferden und Treiben von Vieh muß auf den übrigen Verkehr die notwendige Rücksicht genommen werden 3 ). Zu § 3 9 : 1) = Pferde, die von dem auf einem anderen Pferd sitzenden Reiter mit der Hand mitgeführt werden, und auf denen niemand reitet. 2) S. Anm. 12 zu § 7. 3) S. Anm. 13 zu § 7. 4) S. § 24 Abs. 3. Zu § 40: 1) § 40 greift nur Platz, wenn die Tiere auch tatsächlich am Straßenverkehr teilnehmen, so bei Treiben von Vieh, Verwendung von Pferden usw. Auch Hunde fallen hierunter, Hamburg MDR. 1952, 761; Oldenburg RdK. 1953, 83; doch ist nach dem Sinn der StVO. Führung an der Leine nur in verkehrsreicheren Straßen zu verlangen. RG. D J . 1939, 1751 nebst Anm. Fritsch, D R W . 1940, 28 (Anm. Guide). 2) S. § 47 Abs. 1. 3) Es soll durch Abs. 2 sichergestellt werden, daß der sonstige Straßenverkehr durch Viehtreiben usw. keine unnötige Beeinträchtigung erfährt. So wird z. B. das infolge gleichgünstigen anderen Weges vermeidbare Treiben einer Schafherde auf stark belebter enger Straße oder dauerndes Nebeneinanderführen mehrerer Pferde auf schmaler Verkehrsstraße, so daß Überholen kaum möglich ist, gegen § 40 Abs. 2 verstoßen. Ein besonderes Gebot, die rechte Seite zu benutzen, besteht aber nicht. OLG. München H R R . 1940 Nr. 657.

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B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung. § 41

(3) Vieh darf nur auf der Fahrbahn getrieben werden und muß von einer angemessenen Zahl geeigneter Treiber begleitet sein4). (4) Pferde dürfen nur gekoppelt geführt werden; für je vier Pferde ist mindestens ein Begleiter zu stellen. (5) Beim Treiben von Vieh müssen vom Hereinbrechen der Dunkelheit an 5 ), oder wenn die Witterung es erfordert6), Leuchten mit weißem oder schwachgelbem Licht am Anfang und solche mit rotem Licht am Ende mitgeführt werden. Beim Führen von Vieh, eines Großtieres oder mehrerer Großtiere genügt eine Leuchte mit weißem oder schwachgelbem Licht, die auf der linken Seite so mitgeführt wird, daß sie für entgegenkommende und überholende Verkehrsteilnehmer gut sichtbar ist 7 ). (6) Die Straßenverkehrsbehörden2) können das Treiben von Vieh und das Führen von Großtieren in den Fällen des § 4 Abs. 1 auch ohne Aufstellung von Verkehrszeichen8) durch Verordnung beschränken oder verbieten.

F. Schutz des V e r k e h r s § 41. [Verkehrshindernisse und Mitführen von Sensen und Mähmessern] (1)1) Es ist verboten, Gegenstände auf Straßen 2 ) zu bringen oder liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt wird3). Der für die Verkehrsstörung Verantwortliche hat diese Gegenstände unverzüglich zu entfernen und, wenn dies nicht möglich ist, sie ausreichend kenntlich zu machen, vom Hereinbrechen der Dunkelheit an 4 ), oder wenn die Witterung es erfordert5), durch rotes Licht. (2) Leitern zum Obstpflücken, die in die Fahrbahn hineinragen, sind durch eine rote Fahne von mindestens 20 x 20 Zentimeter kenntlich zu machen. Die Leitern sind vom Hereinbrechen der Dunkelheit 4 ) an, oder wenn die Witterung es erfordert5), zu entfernen. 4) Bei der Führung von Schafherden genügt nach der Dienstanweisung, trotz Abs. 3, ein Schäfer, es sei denn, daß es dunkel oder neblig ist. 5) S. Anm. 12 zu § 7. 6) S. Anm. 13 zu § 7. 7) S. § 24 Abs. 3. 8) Die Nichtkenntlichmachung in diesen Fällen ist die einzige Ausnahme von dem Grundsatz (§ 4), daß alle Verkehrsbeschränkungen durch Verkehrszeichen angezeigt werden müssen. Zu § 4 1 : 1) Durch § 41 als weitergehende Spezialbestimmung ist § 366 Ziff. 9 S t B G . mit Ausnahme der Bestimmung für die Wasserstraßen, die von § 41 nicht erfaßt werden, gegenstandslos geworden. Ausnahmen sind nach § 46 Abs. 2 zulässig. Bei Bereitung erheblicher Hindernisse können § 315a Nr. 1 und § 321 S t G B , eingreifen (vgl. Anm. 3 zu § 321). 2) Unter Straßen sind die dem Verkehr dienenden öffentlichen Straßen zu verstehen, s. Anm. 2 zu § 1 der StVZO. unter B V I I I 3. 3) Sicherheit oder Leichtigkeit = Flüssigkeit des Verkehrs. Verkehrsgefährdung i. S. des § 41 ist dann gegeben, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung Gefährdung oder übermäßige Behinderung eines Verkehrsteilnehmers möglich und nicht ganz unwahrscheinlich ist. K G . VAE. Bd. 7 (1939), 220. „Gegenstände" i. S. des § 4 1 sind alle Sachen außer den Verkehrszwecken dienenden und den Vorschriften der StVO. entsprechenden Fahrzeugen sowie Tieren, soweit die StVO. sie auf den Straßen zuläßt. E . 71, 185; KG. D S t R . 1939, 180. So dürfen Kisten, Möbel, Geräte u. dgl. nicht verkehrsgefährdend auf die Straße einschl. Bürgersteig aufgestellt werden, gleich aus welchem Grunde dies geschehen ist. 4) S. Anm. 12 zu § 7. 5) S. Anm. 13 zu § 7.

B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 42—44

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(3) Das Mitführen ungeschützter Sensen und Mähmesser auf öffentlichen Straßen ist verboten6).

§ 42. [Werbung] (1) Werbung1) und Propaganda2) durch Bildwerk, Schrift3), Licht4) oder Ton5) sind verboten, soweit sie geeignet sind, außerhalb6) geschlossener Ortschaften die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer in einer die Sicherheit des Verkehrs gefährdenden Weise abzulenken oder die Leichtigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen. (2) Das Ausrufen und das Anbieten gewerblicher Leistungen, von Waren und dergleichen (Anreißen) auf den Straßen7) ist verboten8). (3) Ausnahmen von den Absätzen 1 und 2 kann die Straßenverkehrsbehörde9) für bestimmte Straßen, bestimmte Zeiten und bestimmte Zwecke zulassen (z. B. Messen, Märkte). Gestattet ist das Ausrufen von Zeitungen, Zeitschriften und Extrablättern, wenn der Verkehr dadurch nicht behindert oder belästigt wird10)11).

§ 43. [Kinderspiele] 1

Auf der Fahrbahn ) sind Kinderspiele, wie Werfen und Schleudern von Bällen und anderen Gegenständen, Seilspringen, Steigenlassen von Drachen, Kreisel- und Reifen treiben, Fahren mit Rollern oder ähnlichen Fortbewegungsmitteln sowie Spiele mit oder auf Fahrrädern untersagt2). Dies gilt nicht für Straßen, die für den Durchgangsverkehr gesperrt sind.

§ 44. [Wintersport] Innerhalb geschlossener Ortschaften1) ist das sportmäßige Skilaufen2) und Rodeln auf öffentlichen Straßen verboten3). 6) Gleichgültig ist, ob die Sensen von Fußgängern getragen oder auf Fahrzeugen mitgeführt werden. In letzterem Falle kann auch, falls die Sensen als L a d u n g auf dem Fahrzeug untergebracht sind, Tateinheit mit § 19 gegeben sein. Zu § 4 2 : 1) S. Anm. 10 zu § 6 StVG. 2) S. Anm. 11 zu § 6 StVG. 3) Auch durch Flugzeuge („Himmelschreiber"). 4) Lichtreklame. 5) Lautsprecher. Unter § 42 fällt auch der nach § 5 genehmigte Lautsprecherbetrieb. 6) Das Verbot, das nicht für geschlossene Ortschaften gilt (darüber s. Anm. 8 zu § 9), t r i f f t besonders Tankstellen, R e p a r a t u r w e r k s t ä t t e n , auch Gaststätten, die sich den Verkehrsteilnehmern empfehlen. 7) S. Anm. 2 zu § 41. 8) Das Verbot entspricht dem Bedürfnis, die Straße (also Fahrbahnen, Bürgersteige usw.) freizuhalten für ungestörten, fließenden Verkehr. Die in Abs. 3 ermöglichten Ausnahmen tragen auf der anderen Seite den Wirtschaftsbedürfnissen u n d Interessen des Publikums Rechnung. 9) S. § 47 Abs. 1. 10) „ G e f ä h r d u n g " ist hier nicht genannt, es soll auf die tatsächliche Behinderung oder Belästigung abgestellt werden. Wenn der Ausrufende aber in seinem speziellen Verhalten den Verkehr gefährdet, so kann in seiner Person unabhängig von der Genehmigung der Ausrufung an sich ein Verstoß gegen § 1 vorliegen. 11) Weitergehende, nicht auf verkehrspolizeilicher Grundlage beruhende Anordnungen bleiben unberührt. Z. B. §§ 3 3 b — d GewO. Z u § 43: 1) Das sind alle für den Fahrzeug verkehr oder bestimmte Arten des Fahrzeugverkehrs bestimmten Teile der Straße. 2) Ausnahmen können gemacht werden. § 46 Abs. 2. Zu § 4 4 : 1) Vgl. Anm. 8 zu § 9. 2) Über den Skiläufer im Straßenverkehr siehe Floegel, D J . 1941, 153. 3) Ausnahmen können zugelassen werden. § 46 Abs. 2.

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B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 45, 46

G. S c h l u ß b e s t i m m u n g e n § 45. [Geltungsbereich] (1) ) Diese Verordnung ist auf den gesamten Straßenverkehr anzuwenden. Sie enthält zusammen mit den Rechtsvorschriften zu ihrer Durchführung, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung vom 24. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1166) mit etwaigen späteren Änderungen, der Verordnung über internationalen Kraftfahrzeugverkehr vom 12. November 1984 (Reichsgesetzbl. I S. 1137)2), der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr vom 13. Februar 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 231)3), der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Straßenbahnbau- und Betriebsordnung) 4 ), den Bestimmungen über die Zusammensetzung und Ausgestaltung der amtlichen Kennzeichen von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern und den Bestimmungen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Straßen die'ausschließliche Regelung5) des Straßenverkehrs. (2) Unberührt bleiben die Bestimmungen des Gewerberechts 6 ); unberührt bleiben ferner die Vorschriften der Eisenbahn-Bau und Betriebsordnungen 7 ) über a) die bahnpolizeiliche Zuständigkeit, b) die technische und betriebliche Ausrüstung der Fahrzeuge, c) die Führung von Schienenfahrzeugen, d) die Anbringung von Warnkreuzen 8 ). 1

§ 46. [Ausnahmen] (1) Von den Vorschriften der §§ 8, 10 und 15 sind Fahrzeuge befreit, die der Straßenunterhaltung, der Straßenreinigung, der Müllabfuhr oder ähnlichen Zwecken dienen, soweit die Erfüllung ihrer Aufgaben es erfordert. Für Straßenkehrer und Schienenreiniger gelten bei Erfüllung ihrer Aufgaben nicht die Vorschriften des § 37, soweit diese die Benutzung der Fahrbahn durch Fußgänger beschränken. Für Schienenbahnen gelten nicht die Vorschriften des § 11 Abs. 1 über das Anzeigen des Haltens. (2) Die Straßen Verkehrsbehörden1) können Ausnahmen von den Vorschriften des § 8 Abs. 7 Satz 1, des § 19 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 und des § 41 Abs. 1 für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller, des § 8 Abs. 5, des § 43 und des § 44 für bestimmte Zeiten und Straßen genehmigen. Die zuständigen obersten Landesbehörden können von allen Vorschriften dieser VerZu § 45: 1) Die entsprechende Bestimmung ist in StVZO. § 69 unter B V I I I 3. 2) S. § 15 StVZO. 3) S. Anm. 3 zu § 34. 4) S. Anm. 6 zu § 4, Anm. 6 zu § 11, Anm. 1 zu § 13. 5) S. Anm. 1 zu § 49, auch Müller a.a.O., Anm. 5. 6) S. Anm. 9 zu § 42. 7) a) Eisenbahn-Bau- und BetriebsO. v. 17. 7. 1928 (RGBl. II S. 541, 619) nebst Änderg. v. 21. 2. 1940 (RGBl. II S. 43), zuletzt im § 9 des Allg. Eisenbahnges. v. 24. 3. 1951 (BGBl. I S. 225). b) Vereinfachte Eisenbahn-Bau- und BetriebsO. v. 10. 2. 1943 (RGBl. I I S. 31). c) Eisenbahn-Bau-und BetriebsO. für Schmalspurbahnen — v. 25.6.1943 (RGBl. I I 285). d) Vereinfachte Eisenbahn-Bau- und BetriebsO. für Schmalspurbahnen — v. 25. 6. 1943 (RGBl. II 321). 8) § 3a. Zu § 46: 1) S. § 47.

B VIII 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 47, 48

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Ordnung Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle genehmigen, es sei denn, daß sich die Auswirkungen der Ausnahme auf mehr als ein Land erstrecken und eine einheitliche Entscheidung notwendig ist. Im übrigen ist der Bundesminister für Verkehr zuständig; allgemeine Ausnahmen bestimmt er durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nach Anhörung der zuständigen obersten Landesbehörden 2). § 47. [Zuständigkeiten] (1) Sachlich zuständig zur Ausführung dieser Verordnung sind die Straßenverkehrsbehörden1) ; dies sind die nach Landesrecht zuständigen unteren Verwaltungsbehörden oder die Behörden, denen durch Landesrecht die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde zugewiesen werden. (2) Örtlich zuständig ist die Behörde des Wohnorts, mangels eines solchen des Aufenthaltsorts (bei juristischen Personen, Firmen oder Behörden des Sitzes oder der beteiligten Niederlassung oder Dienststelle) des Antragstellers oder Betroffenen. Die Verfügungen der örtlich zuständigen Behörde sind für das ganze Inland wirksam. (3) Bei Gefahr im Verzuge kann zur Aufrechterhaltung der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs jede Polizeibehörde und jeder Polizeibeamte an Stelle der örtlich und sachlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde tätig werden und vorläufige Maßnahmen treffen. (4) Straßenbaubehörde2) im Sinne dieser Verordnung ist die Behörde, die die Aufgaben des beteiligten Trägers der Straßenbaulast nach den gesetzlichen Bestimmungen wahrnimmt. § 48. [Sonderrechte] (1) Polizei1), Feuerwehr, Zollgrenzdienst2), Zollfahndung und Bundesgrenzschutz3) sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, soweit die Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben es erfordert4). (2) Geschlossene Verbände5) des Bundesgrenzschutzes und der Polizei, Leichenzüge und Prozessionen dürfen nur durch die Polizei und Fahrzeuge im Feuerlöschdienst in ihrer Bewegung gehemmt werden. 2) § 5 Abs. 2 StVG. Zu § 47: 1) S. § 3 Abs. 4 und 5 sowie § 4 Abs. 1. 2) S. § 4 Abs. 3 und § 5 Abs. 4. Zu § 48: 1) Der Begriff Polizei ist weit auszulegen, er umfaßt alle Dienstzweige mit polizeilichen Aufgaben, so z. B. auch die Forstbeamten und bestätigten Jagdaufseher. RdErl. v. 7. 2. 1939 (RMBliV. S. 291). 2) Besondere Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge des Zollgrenzschutzes: RdErl. d. RdF. v. 23. 7. 1940 (RVkBl. B S. 262). 3) Gesetz über den Bundesgrenzschutz v. 16. 3. 1951 (BGBl. I S. 201). 4) Ob eine Fahrt zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben erforderlich ist, hat der verantwortliche Dienstvorgesetzte des Fahrers bindend für das Gericht zu entscheiden. LG. Berlin, D J . 1939, 231. Die Befreiung von den Vorschriften der StVO. entbindet nicht von der allg. Sorgfaltspflicht nach § 230 StGB. LG. Berlin, D J . 1939, 231; OLG. Dresden, VAE. 1940, 16. 5) Der Verband kann aus Personen, Tieren (Dienstpferde) oder Fahrzeugen bestehen. Zum Begriff des Verbandes gehört eine Mehrzahl, die durch einheitliche Führung zusammengeschlossen ist; 3 Fahrzeuge genügen zur Annahme eines Verbandes. OLG. München HRR. 1937 Nr. 1167. Geschlossen ist ein Verband, wenn die einzelnen Glieder räumlich so dicht beieinander sind, daß kein größerer Zwischenraum besteht, als er durch die Natur der Sache gefordert wird, dergestalt, daß sich der Verband in seinen Umrissen deutlich erkennbar von den übrigen Verkehrsteilnehmern abhebt. Es liegt also z. B. kein geschlossener Verband vor, wenn mehrere Kraftfahrzeuge mit einem Abstand von je 15 m fahren RG. RdK. 1941, 27, oder wenn von 3 Fahrzeugen das dritte soweit zurückbleibt, daß der Zusammenhang für die übrigen

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B V I I I 2. Straßenverkehrs-Ordnung. §§ 49, 50

(3) Für Fahrzeuge der Polizei und Feuerwehr, die sich durch besondere Zeichen bemerkbar machen, ist schon bei ihrer Annäherung freie Bahn zu schaffen 6 ). Alle Fahrzeugführer haben zu diesem Zweck rechts heranzufahren und vorübergehend zu halten.

§ 49. [Strafbestimmung] Wer Vorschriften dieser Verordnung oder zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen1) vorsätzlich oder fahrlässig2) zuwiderhandelt 3 ), wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft, wenn die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist 4 ).

§ 50. [Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen] (1) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1938 1 ) in Kraft. (2) § 3 a sowie § 13 in der Fassung der Verordnung vom 24. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1131) treten am 1. Oktober 1953 in Kraft. Verkehrsteilnehmer nicht mehr erkennbar ist. O L G . München a.a.O. — Die Behinderung eines Meldefahrers, der auf der linken Straßenseite sich wieder an die Spitze der Kolonne setzen will, ist kein Verstoß gegen Abs. 2. O L G . Hamburg J W . 1939, 753. Das Sonderrecht gilt auch nicht für einzelnes dem Verband nachfolgendes Fahrzeug. R G . V A E . 1941, 166. Das Überholen einer Kolonne und das Einschieben in eine solche ist grundsätzlich nicht verboten; es ist aber besondere Vorsicht notwendig und jede Behinderung der Kolonne zu vermeiden. O L G . München, H R R . 1940 Nr. 786. 6) „Besondere Z e i c h e n " : Fanfarensignale, Läuten mit einer Glocke, n i c h t : anhaltendes Hupen. Fahrlässiges Nichtbeachten kann auch dadurch begangen werden, daß der Verkehrsteilnehmer infolge Vernachlässigung der verkehrsüblichen Aufmerksamkeit die Signale überhört. Z u § 4 9 : 1) § 4 9 ist lex speciales gegenüber § 21 S t V G . — B V I I I 1 — . B e i den dort genannten „polizeilichen Anordnungen über den S t r a ß e n v e r k e h r " muß es sich also um solche polizeiliche Anordnungen handeln, die nicht ihren Rechtsgrund in der S t V O . oder S t V Z O . finden und deren Übertretung nach § 4 9 S t V O . , § 71 S t V Z O . strafbar ist. Unanwendbar ist die S t V O . , soweit nach § 4 5 Sonderregelungen gelten. § 3 6 6 Nr. 2 bis 5, 8 bis 10 S t G B , ist gegenstandslos geworden, soweit er sich mit den Tatbeständen der S t V O . deckt, Nr. 3, 9, 10 dagegen z. B . nicht, soweit sie sich auf Wasserstraßen beziehen, vgl. AV. d. R M d J . v. 11. 10. 1934 D J . 1301. Über Konkurrenzen s. Anm. 3, 4 , über die Entziehung der Fahrerlaubnis § 4 2 m S t G B . Von der Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 S t P O . wird nur in Ausnahmefällen Gebrauch zu machen sein, zumal leichtere Fälle nach § 22 S t V G . durch gebührenpflichtige Verwarnung erledigt werden können. R i S t V . 1953 Nr. 252 Abs. 6. Über Auskünfte aus Akten wie behördlichen Registern an Versicherungen und andere Interessierte über Verkehrsunfälle vgl. R i S t V . 1953 Nr. 178. 2) E s bedeutet eine Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt, am K r a f t v e r k e h r teilzu nehmen,ohne grundlegende Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung zu kennen. B G H . L M . Nr. 4 . Vom K r a f t f a h r e r wird eine Sorgfalt gefordert, die ihn in die L a g e versetzt, keine Erscheinung im Straßenverkehr über die Dauer einer kurzen Reaktionszeit hinaus zu übersehen. Celle R d K . 1953, 157. 3) Mehrere Übertretungen stehen regelmäßig in T a t m e h r h e i t . R G . H R R . 1937, 1631. H a m m N J W . 1954, 8 1 6 . ; bei Übertretung mehrerer Vorschriften der S t V O . durch eine Handlung kann T a t e i n h e i t vorliegen (vgl. Anm. 1 zu § 1).) 4) Durch diese Subsidiaritätsklausel wird nicht nur bewirkt, daß T a t e i n h e i t mit §§ 3 1 5 a , 3 1 6 S t G B , entfällt, sondern — was vom Gesetzgeber wohl kaum beabsichtigt, aber angesichts der eindeutigen Fassung nicht auszuschließen ist — daß T a t e i n h e i t auch mit §§ 222, 2 3 0 S t G B , ausgeschlossen ist. So auch B G H . N J W . 1 9 5 4 , 8 1 0 = S t . 6, 2 5 ; Härtung N J W . 1954, 5 8 7 ; a. M. B a y O b L G . N J W . 1954, 4 0 3 . D a s schließt aber nicht aus, daß bei einer Verurteilung aus dem schwereren Gesetz der Verkehrsverstoß in den Urteilsgründen festgestellt und als Beweisanzeichen für die Schuld nach dem schwereren Gesetz verwertet wird. Z u § 5 0 : 1) Das ist das D a t u m des Inkrafttretens der ursprüngl. Fassung v. 13. 11. 1937; s. Vorbemerkung zu B V I I I 2.

B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. §§ 1, 2

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(3) Bis zur Aufstellung der durch Verordnung vom 24. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1131) in der Anlage Abschnitt A neu eingeführten Verkehrszeichen sind auch die Anordnungen zu befolgen, die auf Grund bisherigen Rechts durch andere Verkehrszeichen rechtsgültig kenntlich gemacht sind; diese Verkehrszeichen sind bis zum 81. März 1955 durch die neu eingeführten zu ersetzen.

B VIII3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO.) In der Fassung vom 24. August 1953 (BGBl. I S. 1166) Vorbemerkung Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 13. November 1937 (RGBl. I S. 1215) ist durch VO. vom 28. Dezember 1937 (RGBl. I S. 1422), vom 24. September 1938 (RGBl. I 5. 1198), vom 4. Februar und 6. April 1939 (RGBl. I S. 163, 735), vom 22. Februar, 8. April und 3. Mai 1940 (RGBl. I S. 402, 619, 720), vom 4. Dezember 1941 (RGBl. I S. 750), vom 6. Januar 1943 (RGBl. I S. 5), vom 3. September 1943 (RGBl. I S. 536), vom 9. Oktober 1943 (RGBl. I S. 563), vom 3. September 1948 (WiGBl. S. 89), vom 25. November 1951 (BGBl. I S. 908) und vom 16. April 1952 (BGBl. I S. 263) sowie durch Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 832) geändert, nach der VO. zur Änderung der StraßenverkehrsZulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung vom 24. August 1953 (BGBl. I S. 1131) neugefaßt und auf Grund des Art. 6 dieser VO. in der seit dem 1. September 1953 geltenden Fassung bekanntgemacht. Sie ist von Berlin durch VO. vom 2. September 1953 (GVB1. S. 889) übernommen. S c h r i f t t u m siehe Fußnote zu B V I I I 1 Müller a.a.O. S. II, 465. Zu der VO. ist eine Dienstanweisung vom 23. 5. 1939 (RVB1. B S. 191 ff.) ergangen, die in der Folgezeit mehrmals geändert und durch die genannte VO. vom 24. 8. 1953 z. T. überholt ist.

A. P e r s o n e n I. Teilnahme am Verkehr i m allgemeinen § 1. [Grundregel der Zulassung] Zum Verkehr1) auf öffentlichen Straßen2) ist jedermann zugelassen, soweit nicht für die Zulassung zu einzelnen Verkehrsarten eine Erlaubnis vorgeschrieben ist 3 ). Als Straßen gelten alle für den Straßenverkehr oder für einzelne Arten des Straßenverkehrs bestimmten Flächen2).

§ 2. [Bedingte Zulassung] (1) Wer infolge körperlicher oder geistiger Mängel sich nicht sicher im Verkehr bewegen kann1), darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn in geeigneter Weise — für die Führung von Fahrzeugen nötigenfalls durch Vorrichtungen an diesen — B VIII 3. Zu § 1 : 1 ) Unter Verkehr ist jedwede Benutzung der Straße zu verstehen. Ob Fortbewegung oder Stillstand, ist gleichgültig. Der gehende, viehtreibende, stehende oder sitzende Fußgänger, das fahrende, durch Schieben fortbewegte, parkende oder sonstwie auf der Straße aufgestellte Fahrzeug benutzen die Straße zum Verkehr. Siehe Anm. 2 zu § 1 StVO. 2) Durch Satz 2 des § 1 ist klargestellt, daß alle irgendwie für den Verkehr in Betracht kommende Flächen, Straßen, Wege, Plätze, Haus-, Hof- und Gartendurchfahrten usw. öffentliche Straßen sind, sofern sie für den Straßenverkehr oder einzelne Arten desselben tatsächlich, also gleichgültig, wie die Eigentumsverhältnisse sind, bestimmt sind. Celle DAutoR. 1940 Nr. 20. Floegel-Hartung S. 617. Müller a.a.O. S. 116, Sonderrecht gilt (vgl. § 69) für die ausschließlich für Kraftfahrzeuge bestimmten Kraftfahrbahnen, § 2 des Gesetzes über Reichsautobahnen und § 2 der Autobahn-Betriebs- und Verkehrs-O., s. Anm. 9 zu § 8 StVO. und hinsichtlich des Schienenverkehrs s. § 45 StVO. Anm. 8. 3) Vgl. §§ 4 ff. Zu § 2: 1) Es handelt sich nur um Mängel, die die Sicherheit, sich im Verkehr zu bewegen, beeinträchtigen, gleichgültig, ob dauernd oder nur vorübergehend, ob körperliche, geistige und

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B V I I I 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. § 2

Vorsorge getroffen ist, daß er andere nicht gefährdet. Die Pflicht zur Vorsorge obliegt dem Verkehrsteilnehmer selbst oder einem für ihn Verantwortlichen, z. B. einem Erziehungsberechtigten 2 ). (2) Wie in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen ist, richtet sich nach den Umständen; Ersatz fehlender Gliedmaßen durch künstliche Glieder, Begleitung durch einen Menschen oder durch einen Blindenhund kann angebracht sein, auch das Tragen von Abzeichen. Körperlich Behinderte können ihr Leiden durch gelbe Armbinden an beiden Armen oder andere geeignete, deutlich sichtbare, gelbe Abzeichen mit drei schwarzen Punkten kenntlich machen 3 ); die Abzeichen sind von der zuständigen örtlichen Behörde oder einer amtlichen Versorgungsstelle abzustempeln. Die gelbe Fläche muß wenigstens 125 Millimeter im Geviert, der Durchmesser der schwarzen Punkte, die auf den Binden oder anderen Abzeichen in Dreiecksform anzuordnen sind, wenigstens 50 Millimeter betragen. Die Abzeichen dürfen nicht an Fahrzeugen angebracht werden. sittliche Mängel. Müller a.a.O. S. 133ff. Als solche Mängel der V e r k e h r s u n t ü c h t i g k e i t können z. B. in Frage k o m m e n : verletzte rechte H a n d beim Fahrer, Augenstörung, Unwohlsein, Überm ü d u n g (vgl. § 15a) usw.; vgl. H a m m N J W . 1953, 1077. Auch K i n d e r sind ungeeignet, so z. B. ein l l j ä h r i g e r J u n g e als L e n k e r eines Pferdewagens, selbst wenn er m i t dem U m g a n g von P f e r d e n v e r t r a u t ist. R G . D J . 1939, 1503, doch setzt § 2 eine k o n k r e t e Gefährdung, Verkehrsg e f ä h r d u n g nicht voraus. Celle GA. 1953, 157. E i n wichtiger Fall ist Verkehrsuntüclytigkeit infolge A l k o h o l g e n u s s e s : Gegen §2 v e r s t ö ß t u n d ist gemäß § 71 zu b e s t r a f e n jeder Verkehrsteilnehmer, dessen sicheres Sichbewegen im Verkehr infolge Alkoholgenusses nicht m e h r gegeben ist, sofern er f ü r die Verkehrsteilnahme nicht die erforderte Vorsorge getroffen h a t . § 1 StVO. Anm. 4. E s ist zu klären, ob der K r a f t f a h r z e u g f ü h r e r sich der F a h r u n t ü c h t i g k e i t b e w u ß t war, oder fahrlässig nicht b e w u ß t war. B a y O b L G . N J W . 1951, 684. Zur Fahrlässigkeit reicht bereits aus, d a ß der T ä t e r sich b e w u ß t war, d a ß er nicht unerhebliche Mengen von Alkohol genossen h a t . F r a n k f u r t N J W . 1953, 597. W a n n die T r u n k e n h e i t die sichere Verkehrsteilnahme beeinträchtigt, ist T a t f r a g e ; der Grad einer v e r m i n d e r t e n Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 51 Abs. 2 S t G B , b r a u c h t keineswegs erreicht sein. E . 69, 364; B G H . V R S . 1953, 528. Die P r a x i s (vgl. A n m . 9 zu § 3 1 5 a StGB.) n i m m t an, d a ß bei einem Blutalkoholgehalt von über 1,5% F a h r u n t ü c h t i g k e i t des K r a f t f a h r e r s auf jeden Fall, a u c h bei Alkoholgewöhnung, gegeben ist; doch ist nach neueren U n t e r s u c h u n gen zu berücksichtigen, d a ß dieser W e r t möglicherweise S c h w a n k u n g e n bis zu 0,4 °/oo infolge u n v e r m e i d b a r e r Ungenauigkeiten der U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n unterliegt. O L G . H a m b u r g N J W . 1954, 1171. A n h a l t s p u n k t e f ü r die A n n a h m e einer alkoholbedingten F a h r u n t ü c h t i g k e i t können — a u c h bei äußerlich sicherer Fahrweise des Angeklagten — v e r n u n f t w i d r i g e E n t schlüsse, ü b e r h ö h t e Geschwindigkeit u n d M i ß a c h t u n g von Geschwindigkeitsbegrenzungen, die d u r c h amtliche Verkehrsschilder angeordnet sind, sein. O L G . H a m b u r g a.a.O. Bei F u ß g ä n g e r n sind wegen ihrer geringeren Gefährlichkeit nicht die gleichen A n f o r d e r u n g e n wie bei K r a f t f a h r e r n zu stellen; bei sehr h o h e m Blutalkoholgehalt, z. B. bei 2 , 6 % bedarf a b e r die Verneinung der Verkehrsunsicherheit einer besonders sorgfältigen P r ü f u n g u n t e r H e r a n z i e h u n g eines Sachverständigen. O L G . H a m b u r g N J W . 1954, 813. Bei der S t r a f z u m e s s u n g k a n n , a u c h wenn objektiv F a h r u n t ü c h t i g k e i t vorlag, mildernd berücksichtigt werden, d a ß der T ä t e r nach Vermögen vorsichtig gefahren ist u n d keinen Unfall v e r u r s a c h t h a t . OLG. Köln N J W . 1954, 165. — Die Ü b e r t r e t u n g n a c h § 71 ist begangen, sobald der F a h r u n t ü c h t i g e sich ans Steuer setzt u n d m i t den zur I n b e t r i e b n a h m e des Fahrzeugs erforderlichen M a ß n a h m e n beginnt. B e s t e h t der Verdacht, d a ß der T ä t e r u n t e r Alkoholeinwirkung g e h a n d e l t h a t , so ist f ü r eine unverzügliche B l u t e n t n a h m e zur B e s t i m m u n g des Alkoholgehalts zu sorgen. R i S t V . 1953 Nr. 252. Abs. 2. Soweit a u ß e r dem unsicheren Bewegen im Verkehr auch eine Verkehrsg e f ä h r d u n g (§ 1 StVO.) vorliegt, ist T a t e i n h e i t mit § 2 anzunehmen. W e n n der T ä t e r d u r c h sein Verhalten eine Gemeingefahr v e r u r s a c h t hat, t r i t t B e s t r a f u n g nach § 3 1 5 a oder § 316 Abs. 2 ein. Vgl. A n m . 4 zu § 49. Über die F r a g e n der Alkoholblutprobe u n d insbesondere die Frage der Grenzwerte s. Schiemann D A R . 1951, 92 u. 1952, 36; Mueller, N J W . 1952, 768; Liebers, J R . 1953, 92 u. 127. Müller a.a.O. S. 373, 374; s. auch Berg, Alkoholforschung. GA. 1954, 97. 2) D. h. d e m Aufsichtspflichtigen i. S. des § 143 Abs. 2 S t G B . 3) Auch Zeigestöcke. R d E r l a ß v. 12. 11. 1948 (VerkBl. 1948, 871).

B V I I I 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung.

§§ 3, 4

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§ 3. [Einschränkung oder Entziehung der Zulassung 1 )] (1) Erweist sich jemand als ungeeignet2) zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren, so muß die Verwaltungsbehörde ihm deren Führung untersagen oder ihm die erforderlichen Bedingungen auferlegen 3 ). Zur Prüfung der körperlichen oder geistigen Eignung kann sie die Beibringung eines amts- oder fachärztlichen Zeugnisses oder eines Sachverständigen-Gutachtens anordnen; Gegenstand der ärztlichen Untersuchung ist die Begutachtung der körperlichen und geistigen Eignung im allgemeinen, wenn nicht die Verwaltungsbehörde ein Gutachten über eine bestimmte Eigenschaft (z. B. Seh- oder Hörvermögen)4) anfordert. (2) Ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren ist besonders, wer unter erheblicher Wirkung geistiger Getränke oder Rauschgifte am Verkehr teilgenommen5) oder sonst gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder , andere Strafgesetze6) erheblich verstoßen hat. II. F ü h r e n v o n K r a f t f a h r z e u g e n § 4. [Erlaubnispflicht und Ausweispflicht für das Führen von Kraftfahrzeugen] (1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug (maschinell angetriebenes, nicht an Gleise gebundenes Landfahrzeug) *) mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 Kilometern je Stunde führen will2), bedarf der Erlaubnis der Verwaltungsbehörde (Fahrerlaubnis) 3 ). (2) Die Fahrerlaubnis ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen4). Der Führerschein ist beim Führen von Kraftfahrzeugen mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Beamten zur Prüfung auszuhändigen 5 ) 6 ). Z u § 3 : 1 ) Die Überschrift ist mißverständlich. Die E n t z i e h u n g der F a h r e r l a u b n i s auf b e s t i m m t e Zeit, z. B. auf die D a u e r eines Jahres, ist unzulässig. 2) Fälle der Nichteignung sind in Abs. 2 a n g e f ü h r t . 3) Die zwingend vorgeschriebene U n t e r s a g u n g oder Auferlegung von Bedingungen erfolgt im Wege der Verfügung. Vgl. A n m . 4 zu § 4 S t V G . Über E n t z i e h u n g der F a h r e r l a u b n i s f ü r K r a f t f a h r e r s. § 15 b. 4) Wegen F a r b e n b l i n d h e i t vgl. den Erl. v. 17. 9. 1941 (RVkBl. B S. 169), wegen Schwerhörigkeit Erl. v. 11. 2. 1939 (RVkBl. B S. 37). 5) Vgl. A n m . 1 Abs. 2 zu § 2. 6) Auch eine allg. charakterliche Unzuverlässigkeit k a n n zur E n t z i e h u n g oder Versagung f ü h r e n , also nicht n u r bei Verkehrsverstößen, sondern auch bei sonstigen s t r a f b a r e n H a n d l u n gen, namentlich wenn sie im Z u s a m m e n h a n g m i t der F ü h r u n g eines K r a f t f a h r z e u g e s begangen sind (vgl. dazu B G H S t . 5, 179), aber auch ohne solchen Z u s a m m e n h a n g ; z. B. k a n n aus Eigentumsvergehen die Ungeeignetheit gefolgert werden. L V G . Schleswig, Beil. ABl. SchlH. 1948 Nr. 1; OVG. Münster R d K . 1953, 191. Z u § 4 : 1) S. § 1 Abs. 2 StVG. 2) E r l a u b n i s p f l i c h t b e s t e h t d a n a c h f ü r sämtliche K r a f t f a h r z e u g e , gleich welcher Größe u n d gleich welcher A r t . D a m i t ist die Dienstanweisung zum § 4 aufgehoben, wonach L a n d fahrzeuge m i t n i c h t mehr als 6 k m / h Höchstgeschwindigkeit, sofern sie sinnvoll ü b e r h a u p t als K r a f t f a h r z e u g e angesehen werden könnten, beim Verkehr auf allen Straßen, die nicht B u n d e s ( R e i c h s ) a u t o b a h n e n sind, im Sinne der StVZO. nicht als K r a f t f a h r z e u g e , sondern als andere S t r a ß e n f a h r z e u g e gelten, auch wenn sie nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung K r a f t f a h r z e u g e sind. S. auch A r t . 4 der ÄnderungsVO. v. 24. 8. 1953 (BGBl. I S. 1131). W e g e n der Zulassung s. § 1 S t V G . 3) Vgl. VO. über die Ausbildung von K r a f t f a h r z e u g f ü h r e r n v. 21. 12. 1933 (RGBl. I S. 13) m i t Ä n d V O . v. 5. 10. 1934 u n d 13. 11. 1937 (RGBl. I 1934 S. 912, 1937 S. 1254), v. 16. 4. 1940 (RGBl. I S. 646) u. v. 6. 3. 1953 (BAnz. Nr. 47). — Vgl. § 3 StVG. 4) § 2 Abs. 2 S t V G . In den Westzonen wird auch der von den Behörden der Ostzone ausgestellte Führerschein a n e r k a n n t ( R d E r l . v. 14. 9. 1949, VerkBl. S. 127). 5) Ein Verstoß dagegen ist nach § 71 s t r a f b a r . 6) F ü r F ü h r e r eines hilfsmotorisierten F a h r r a d e s gilt § 67 a Abs. 6.

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B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung.

§§ 5—9

§ 5. [Einteilung der Führerscheine] (1) Die Fahrerlaubnis wird für jede Betriebsart (Elektromotor, Verbrennungsmaschine, Dampfmaschine oder andere) in folgenden Klassen erteilt: Klasse 1: Krafträder (Zweiräder, auch mit Beiwagen) mit einem Hubraum über 250 Kubikzentimeter, Klasse 2: Kraftfahrzeuge, auch solche mit aufgesatteltem Anhänger, deren Leergewicht (einschließlich dem eines aufgesattelten Anhängers) über 3,5 Tonnen beträgt, und Züge mit mehr als drei Achsen ohne Rücksicht auf die Klasse des ziehenden Fahrzeugs1) — das Mitführen der nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 zulassungsfreien Anhänger bildet keinen Zug im Sinne dieser Vorschrift —, Klasse 3: alle Kraftfahrzeuge, die nicht zu Klasse 1, 2 oder 4 gehören, Klasse 4: Kraftfahrzeuge mit einem Hubraum von nicht mehr als 250 Kubikzentimetern und Kraftfahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 Kilometern je Stunde. Die Erlaubnis kann auf einzelne Fahrzeugarten dieser Klassen beschränkt werden. (2) Führerscheine, die auf Grund früheren Rechts in den Klassen 1, 2 und 3 (a und b) erteilt waren, gelten als solche der Klassen 1, 2 und 3 dieser Verordnung. Ein Führerschein der Klasse 2 (alt und neu) berechtigt zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klasse 2 (neu) und 3 (neu), Führerscheine der Klassen 1, 2 und 3 berechtigen zum Führen von Fahrzeugen der Klasse 4. Beim Abschleppen eines Kraftfahrzeugs genügt der Führerschein für die Klasse des abschleppenden Fahrzeugs. § 6. [Ausbildungsfahrten vor Erlangung der Fahrerlaubnis] Wer die Fahrerlaubnis noch nicht erhalten hat, darf führerscheinpflichtige Kraftfahrzeuge auf öffentlichen Straßen führen, wenn er von einem Fahrlehrer (Inhaber der Ausbildungserlaubnis)1), der hierbei für die Führung des Fahrzeugs verantwortlich ist, beaufsichtigt wird2). § 7. [Mindestalter für Kraftfahrzeugführer] Niemand darf vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres Kraftfahrzeuge 1 ) irgendwelcher Art, vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres Kraftfahrzeuge der Klassen 1, 2 oder 3 führen; Ausnahmen kann die Verwaltungsbehörde mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zulassen2). § 8. (Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis) § 9. (Ermittlungen über die Eignung des Antragstellers durch die Behörde) Zu § 5: 1) Auch Kettenkrafträder, VKB1. 1949, 14. Zu § 6: 1) AusbildungsVO. s. Anm. 2 zu § 4. 2) Strafrechtlich verantwortlich ist dann allein der Fahrlehrer. AG. Nürnberg, D J . 1939, 232; RG. DAR. 1939, I I I . Der Fahrlehrer muß auch bei einem in der Fahrausbildung fortgeschrittenen Fahrschüler immer damit rechnen, daß Regelwidrigkeiten vorkommen. Es besteht keine gesetzliche Vorschrift, daß Fahrschulkraftfahrzeuge mit doppelter Kuppelung und Bremse zu versehen seien. LG. Hannover R d K . 1953, 160. Zu § 7: 1) Für Fahrrad mit Hilfsmotor § 67a Abs. 5. 2) Jugendlichen über 14 Jahren darf der Führerschein der Klasse 4 zur Führung landwirtschaftlicher Zugmaschinen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km erteilt werden, wenn der gesetzliche Vertreter zustimmt und keine besonderen Hinderungsgründe vorliegen, Erl. v. 19. 9. 1939 (RVkBl. B S. 315).

B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. §§ 10—15

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§ 10. (Ausfertigung des Führerscheins) § 1 1 . (Prüfung der Befähigung des Antragstellers durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr) § 12. (Bedingte Erteilung der Fahrerlaubnis) § 13. [Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes] (1) Jede Versagung der Fahrerlaubnis, ihre Entziehung, die Untersagung des Führens eines Kraftfahrzeugs und die Zurücknahme einer dieser Maßnahmen haben die Verwaltungsbehörden umgehend dem Kraftfahrt-Bundesamt1) unter kurzer Angabe der Gründe mitzuteilen. (2) Vor Erteilung einer Fahrerlaubnis, vor Erweiterung auf eine andere Betriebsart oder Klasse oder vor einer zweiten Ausfertigung des Führerscheins hat die Verwaltungsbehörde bei dem Kraftfahrt-Bundesamt anzufragen, ob Nachteiliges über den Antragsteller dort bekannt ist. Die Anfrage kann auf Wunsch des Antragstellers und auf seine Kosten telegrafisch erfolgen. Bei Inhabern einer ausländischen Fahrerlaubnis (§15) kann von der Anfrage abgesehen werden. § 14. [Sonderbestimmungen für das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Dienst] Die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Deutschen Bundesbahn, der Deutschen Bundespost, des Bundesgrenzschutzes und der Polizei1), die durch deren Dienststellen erteilt wird (§ 68 Abs. 3), beschränkt sich nicht auf Dienstfahrzeuge. Sie gilt nur für die Dauer des Dienstverhältnisses; dies ist auf dem Führerschein zu vermerken. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses oder der Verwendung als Kraftfahrzeugführer ist der Führerschein einzuziehen; auf Antrag ist dem Inhaber zu bescheinigen, für welche Betriebsart und Klasse von Kraftfahrzeugen ihm die Erlaubnis erteilt war. Auf Grund dieser Bescheinigung über die frühere besondere Fahrerlaubnis hat die Verwaltungsbehörde auf Antrag eine allgemeine Fahrerlaubnis für die entsprechende Betriebsart und Klasse von Kraftfahrzeugen — innerhalb von fünf Jahren nach Ausscheiden aus dem Kraftfahrdienst ohne nochmalige Prüfung der Befähigung — zu erteilen, wenn nicht Tatsachen vorliegen, die den Antragsteller künftig als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erscheinen lassen. § 15. [Sonderbestimmungen für Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis] Dem Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis kann die deutsche Fahrerlaubnis für die entsprechende Betriebsart und Klasse von Kraftfahrzeugen erteilt werden, wenn er ausreichende Kenntnisse der deutschen Verkehrsvorschriften in einer Prüfung durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen für denKraftfahrzeugverkehr oder durch die zuständige örtliche Behörde nachweist und im übrigen keine Zweifel an seiner Eignung bestehen1). Zu § 13: 1) Gesetz über die Errichtung eines Kraftfahrt-Bundesamts v. 4. 8. 1951 (BGBl. I S. 488). Zu § 14: 1) Diese Kraftfahrzeugführer sind von der Führung des Fahrtennachweises befreit, § 15a Abs. 4. Zu § 15: 1) Vgl. Internationales Abkommen über Kraftfahrzeugverkehr v. 24. 4. 1926 (RGBl. 1930 II S. 1233) Art. 7, 8, 10 und die VO. über internationalen Kraftfahrzeugverkehr vom 12. 11. 1934 (siehe Anm. 3 des § 18) §§ 4, 5, 9.

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B V I I I 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. §§ 15 a, b

§ 15a 1 ). [Höchstdauer der täglichen Lenkung von Lastkraftwagen und Kraftomnibussen] (1) Von demselben Kraftfahrzeugführer dürfen in einer Arbeitsschicht nicht länger als 9 Stunden gelenkt werden 1. Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen und darüber, 2. Kraftomnibusse mit mehr als 14 Fahrgast-(Sitz- und Steh-) Plätzen. Ausgenommen sind Kraftfahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 Kilometern je Stunde und Kraftomnibusse im Linienverkehr mit einem durchschnittlichen Haltestellenabstand von nicht mehr als 3 Kilometern. (2) Die Zeit der Lenkung darf in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 bei besonderem Anlaß in zwei Arbeitsschichten der Woche bis zu 10 Stunden ausgedehnt werden, jedoch in der Kalenderwoche 54 Stunden nicht überschreiten. (3) Hat ein Kraftfahrzeugführer ein Fahrzeug, für das die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 gelten, ununterbrochen viereinhalb Stunden lang gelenkt, so hat er vor der weiteren Lenkung eine Unterbrechung von mindestens einer halben Stunde einzulegen; die Lenkungszeit gilt als ununterbrochen, wenn sie nicht wenigstens eine zusammenhängende halbe Stunde lang unterbrochen worden ist. Unbeschadet dieser Pflicht sind Pausen von solcher Dauer einzulegen, daß die zur Erhaltung der Fahrsicherheit erforderliche Erholung gewährleistet ist. (4) Die Führer der in Absatz 1 Satz 1 genannten Kraftfahrzeuge haben die Zeit der Lenkung und die Pausen jeweils bei Beginn und am Ende in einen auf ihren Namen lautenden Fahrtennachweis2) einzutragen, aus dem das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs ersichtlich sein muß, das während der eingetragenen Zeit benutzt worden ist. Für jeden Kalendertag darf nur ein Fahrtennachweis geführt werden. Als Fahrtennachweis können entsprechende Aufzeichnungen verwendet werden, die durch andere Bestimmungen vorgeschrieben sind. Bei der Lenkung des Fahrzeugs sind die Fahrtennachweise der Kalenderwoche und am Tage der ersten Arbeitsschicht der Kalenderwoche die Fahrtennachweise der Vorwoche mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Beamten zur Prüfung auszuhändigen2); als erster Tag der Kalenderwoche ist der Sonntag anzusehen. Die Fahrtennachweise sind ein Jahr lang zur Verfügung der zuständigen Behörde zu halten; verantwortlich ist bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber, sonst der Kraftfahrzeugführer2). Kraftfahrzeugführer, die als Arbeitnehmer im Dienste der in § 14 Satz 1 genannten Verwaltungen stehen, sind von den Vorschriften über die Fahrtennachweise befreit; die Verwaltungen haben den zuständigen Behörden innerhalb eines Jahres auf Verlangen jederzeit die Dauer der täglichen Lenkung von Kraftfahrzeugen und die Dauer der Unterbrechungen, Pausen und Ruhezeiten nachzuweisen3). (5) u. (6) nicht abgedruckt. (7) Unberührt bleibt die Pflicht der Kraftfahrzeugführer, das Fahrzeug nur zu lenken, solange sie in der Lage sind, es sicher zu führen3). § 15 b1) [Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde] (1) Erweist sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, so muß ihm die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entziehen. Die Erlaubnis erlischt mit der Entziehung. Zu § 15 a : 1) Neu. Änderung am 1. 11. 1953 in Kraft getreten. 2) Der Fahrtenausweis ist eine Urkunde. 3) Strafbestimmung § 71. Zu § 15 b : 1) Der Paragraph entspricht dem § 4 StVG. Härtung N J W . 1953, 1695.

B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. §§ 15 c—17

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(2) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Gericht (§ 42m des Strafgesetzbuchs) in Betracht kommt, darf die Verwaltungsbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in dem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Zum Strafverfahren im Sinne dieser Vorschrift gehört das Ermittlungsverfahren der Anklagebehörde und der Polizei vor der Erhebung der Anklage. (3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils soweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Eine gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, steht einem Urteil gleich. (4) Die Verwaltungsbehörde kann Fristen und Bedingungen für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis festsetzen. (5) Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist für das Inland wirksam. (6) Nach der Entziehung ist von der einer deutschen Behörde ausgestellte Führerschein der Behörde abzuliefern, die die Entziehung ausgesprochen hat; ausländische Fahrausweise sind ihr zur Eintragung der Entziehung vorzulegen. Dies gilt auch, wenn die Entziehung angefochten worden ist, die zuständige Behörde die aufschiebende Wirkung der Anfechtung jedoch ausgeschlossen hat.

§ 15c.1) [Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis] Wird nach Entziehung einer Fahrerlaubnis eine neue Erlaubnis für dieselbe Betriebsart und eine entsprechende Klasse erteilt, so ist eine Prüfung nach § 9 Satz 2 oder § 11 nur erforderlich, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß der Bewerber ausreichende Kenntnisse der Verkehrsvorschriften oder die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besitzt. Unterbleibt die Prüfung, so gilt § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 auch für Führerscheine der Klassen 1, 2 oder 3.

B. F a h r z e u g e 1. Zulassung von Fahrzeugen i m allgemeinen § 16. [Grundregel der Zulassung] Zum Verkehr auf öffentlichen Straßen sind alle Fahrzeuge zugelassen, die den Vorschriften dieser Verordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung in der Fassung vom 24. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1166, 1201) entsprechen, soweit nicht für die Zulassung einzelner Fahrzeugarten ein Erlaubnisverfahren vorgeschrieben ist 1 ).

§ 17. [Einschränkung oder Entziehung der Zulassung] Erweist sich ein Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig 1 ), so kann die Verwaltungsbehörde dem Eigentümer oder Halter 2 ) eine angemessene Frist zur BeZu § 15 c: 1) S. Anm. 14 zu § 4 StVG. Zu § 16: 1) Über Zulassung von Kraftfahrzeugen vgl. §§ 18ff. Über Konzession für Straßenbahnen s. Ges. über die Beförderung von Personen zu Lande v. 4. 12. 1934 (RGBl. I S. 1217). Von dieser Bestimmung werden nicht berührt gewerbliche und gewerbepolizeiliche Erlaubnis Vorschriften. Z u § 17: 1) Siehe Verstöße gegen Beleuchtungsvorschriften in §§ 23, 25, 32 StVO. 2) Siehe Anm. 6 zu § 23 StVG. 64

Dalcke, Strafrecht. 36. Aufl.

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B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. § 18

hebung der Mängel setzen und nötigenfalls den Betrieb des Fahrzeugs im öffent liehen Verkehr untersagen oder beschränken; sie kann die Beibringung eines Sachverständigen-Gutachtens oder die Vorführung des Fahrzeugs anordnen. Nach Untersagung des Betriebs von Fahrzeugen, die unter Ausstellung eines Erlaubnisscheins zugelassen waren, ist der Schein abzuliefern. Gegen Mißbrauch des amtlichen Kennzeichens sind die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen; jedenfalls ist das Kennzeichen zu entstempeln.

II. Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger § 18. [Zulassungspflichtigkeit] 1

(1) Kraftfahrzeuge ) mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 Kilometern je Stunde und ihre Anhänger (hinter Kraftfahrzeugen mitgeführte Fahrzeuge mit Ausnahme von betriebsunfähigen Fahrzeugen, die abgeschleppt werden, und von Abschleppachsen) dürfen auf öffentlichen Straßen 2 ) nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie durch Erteilung einer Betriebserlaubnis und durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für Kraftfahrzeuge oder Anhänger von der Verwaltungsbehörde (Zulassungsstelle) zum Verkehr zugelassen sind 3 ). (2) Ausgenommen von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren sind 1. selbstfahrende Arbeitsmaschinen 4 ) (Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit dem Fahrzeug fest verbundenen Einrichtungen zur Leistung von Arbeit, nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet sind), die zu einer vom Bundesminister für Verkehr bestimmten Art solcher Fahrzeuge gehören. Der Führer eines solchen Fahrzeugs muß eine Bescheinigung der Zulassungsstelle mitführen, daß das Fahrzeug den Vorschriften dieser Verordnung entspricht; die Bescheinigung darf für Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 Kilometern je Stunde nur erteilt werden, wenn der Zulassungsstelle nachgewiesen worden ist, daß eine ausreichende Kraftiahrzeughaftpflichtversicherung (§ 29 a) besteht oder daß der Halter der Versicherungspflicht nicht unterliegt. Die Zulassungsstelle kann die Beibringung desGutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr über die vorschriftsmäßige Beschaffenheit des Fahrzeugs anordnen. Für die Kennzeichnung von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 Kilometern je Stunde gilt § 64b entsprechend. Die Fahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 Kilometern je Stunde müssen ein amtliches Kennzeichen führen; die Bestimmungen über die Kennzeichen zulassungspflichtiger Kraftfahrzeuge, insbesondere § 23 (mit Ausnahme des Absatzes 1 Satz 2 und der Buchstaben c und d des Satzes 4), § 27 Abs. 2, §§ 28 und 60 gelten entsprechend; Zu § 18: 1) Sämtliche Kraftfahrzeuge, also einschließlich Kleinkrafträdern und Kleinkraftfahrzeugen. Siehe jedoch Abs. 2 Nr. 2. 2) Vgl. Anm. 1 zu § 1. 3) Über die Zulassung ausländischer Fahrzeuge s. Internat. Abkommen über Kraftfahrzeugverkehr v. 24. 4. 1926 (RGBl. 1930 II S. 1233) nebst VO. über den internat. Kraftfahrzeugverkehr v. 12. 11. 1934 (RGBl. I S. 1137) i. d. F. v. 12. 11. 1936 (RGBl. I S. 941) nebst Änd. v. 13. 11. 1937 (RGBl. I S. 1254) u. 18. 4. 1940 (RGBl. I S. 662). 4) Die Dienstanw. (zu § 18, ergänzt durch zahlreiche RdErl. s. Floegel-Hartung S. 406) zählt die Fahrzeuge auf, die als Arbeitsmaschinen bisher bezeichnet worden sind.

B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. §§ 19—22

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la. einachsige Zugmaschinen, wenn sie nur für land- und forstwirtschaftliche Zwecke verwendet werden; Nummer 1 Sätze 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden ; 2. Kleinkrafträder mit einem Verbrennungsmotor, dessen Hubraum 50 Kubikzentimeter nicht übersteigt. Der Führer eines solchen Fahrzeugs muß a) eine Ablichtung der allgemeinen Betriebserlaubnis (§ 20) oder eine Betriebserlaubnis im Einzelfall (§ 21), die die Zulassungsstelle durch den Vermerk „Betriebserlaubnis erteilt" auf dem Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr ausstellt, b) die Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherungsbestätigung (§ 20b) mitführen und auf Verlangen zuständigen Beamten zur Prüfung aushändigen. Für die Kennzeichnung gilt Nummer 1 letzter Satz 5 ); 3. maschinell angetriebene Krankenfahrstühle (zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen nach der Bauart bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens 2 Sitzen, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 Kilogramm und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 30 Kilometern je Stunde); Nummer 1 Sätze 2, 3 und 5 ist entsprechend anzuwenden6); 4. folgende Arten von Anhängern7): Auf Antrag können auch für solche Fahrzeuge Kraftfahrzeug- oder Anhängerbriefe (§ 20 Abs. 3 und § 21) ausgestellt werden; sie sind dann in dem üblichen Zulassungsverfahren zu behandeln. § 19. [Erteilung und Wirksamkeit der Betriebserlaubnis] (1) Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Fahrzeug den Vorschriften dieser Verordnung und den zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen des Bundesministers für Verkehr nach dem Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr entspricht. (2 )

§ 20. (Allgemeine Betriebserlaubnis für Typen) § 21. (Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge) § 22. [Betriebserlaubnis und Bauartgenehmigung für Fahrzeugteile 1 )] (1) Die Betriebserlaubnis kann auch einzeln für Teile von Fahrzeugen erteilt werden, wenn der Teil eine technische Einheit bildet, die im Erlaubnisverfahren selbständig behandelt werden kann. Die Erlaubnis ist gegebenenfalls dahin zu beschränken, daß der Teil nur an Fahrzeugen bestimmter Art und nur bei einer bestimmten Art des Ein- oder Anbaues verwendet werden darf; die Wirksamkeit 5) Für vorübergehend aus dem Ausland kommende Kleinkrafträder, bei denen das heimische Kennzeichen oder das Nationalitätszeichen fehlt, ist § 2 der VO. über int. KFZ.Verkehr v. 12. 11. 1934 entsprechend anzuwenden (VkBl. 1952 S. 250 Nr. 215). 6) Oder hinter anderen Zugmaschinen, wenn sie durch ihre Bauart für neue zulässige Höchstgeschwindigkeit von 8 km/h oder durch Geschwindigkeitsschilder nach § 58 für neue zulässige Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h gekennzeichnet sind (VkBl. 1952 S. 167 Nr. 146). 7) nicht abgedruckt. Zu § 22: 1) Vgl. dazu Fahrzeugteile VO. v. 30. 7. 1953 (VkBl. 1953 S. 296 Nr. 247) mit Vorschriften über Arten, Zulässigkeit der Genehmigung, Erfordernissen des Antrags, Prüfstellen, Prüfzeichen und Ausnahmen. 64*

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B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. § 22

der Betriebserlaubnis kann von der Abnahme des Ein- oder Anbaues durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr abhängig gemacht werden. (2) Für das Verfahren gelten die Vorschriften über die Erteilung der Betriebserlaubnis für Fahrzeuge entsprechend. Bei reihenweise gefertigten Teilen ist sinngemäß nach § 20 zu verfahren; der Inhaber eines Typscheins für Fahrzeugteile hat durch Anbringung des ihm vorgeschriebenen Typzeichens auf jedem dem Typ entsprechenden Teil dessen Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ zu bestätigen. Findet eine Abnahme statt, so hat der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr im Kraftfahrzeug- oder Anhängerbrief die abgenommenen Teile unter Angabe ihrer Typzeichen zu vermerken. Für Fahrzeugteile, die nicht zu einem genehmigten Typ gehören, ist nach § 21 zu verfahren; das Gutachten des amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr ist, falls er sich nicht gegen die Erteilung der Betriebserlaubnis ausspricht, in den Kraftfahrzeug- oder Anhängerbrief einzutragen, wenn der Teil an einem bestimmten Fahrzeug an- oder eingebaut werden soll; unter dem Gutachten hat die Zulassungsstelle gegebenenfalls einzutragen: „Betriebserlaubnis erteilt"; im Kraftfahrzeug- oder Anhängerschein ist der gleiche Vermerk unter kurzer Bezeichnung des genehmigten Teils zu machen. (8)2) Die nachstehend aufgeführten Einrichtungen müssen in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein: 1. Gleitschutzvorrichtung (§ 37 Abs. 1), 2.3) Windschutzscheiben und sonstige Scheiben aus Sicherheitsglas (§ 40 dieser Verordnung; § 45 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr vom 13. Februar 1939, Reichsgesetzbl. I S. 231), 3. Auflaufbremsen (§ 41 Abs. 10), 4. Einrichtungen zur Verbindung von Fahrzeugen (§ 43), 5. Scheinwerfer (§ 50), 6. seitliche Begrenzungsleuchten (§ 51 Abs. 1), 7. Parkleuchten (§ 51 Abs. 3), 8. zusätzliche Scheinwerfer (§ 52 Abs. 1), 9. Schlußleuchten (§ 53 Abs. 1 und 7), 10. Bremsleuchten (§ 53 Abs. 2), 11. Rückstrahler (§ 53 Abs. 4 und 7, § 67 Abs. 3 und 4 dieser Verordnung; § 24 der Straßenverkehrs-Ordnung in der Fassung vom 24. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1166, 1201), 12.4) Sicherungslampen, Fackeln und rückstrahlende Einrichtungen (§ 53 Abs. 5), 13. Fahrtrichtungsanzeiger (§ 54), 14.3) Glühlampen (§ 49a) — ausgenommen Glühlampen für 40 und 80 Volt —, 15.3) Vorrichtungen für Schallzeichen (§ 55), 16. Geräte zur Verständigung beim Überholen (§ 55 a), 17. Fahrtschreiber (§ 57a), 18.3) amtliche Kennzeichen und ihre Beleuchtung (§ 60), 2) Wegen des Inkrafttretens vgl. §§ 72 und 73; Ausnahmen s. § 18 der FahrzeugteileVO. in Anm. 1. 3) Vorläufig nicht anwendbar, § 73. 4) Soweit die üblichen Sturmlaternen mit rotem Licht oder Fackeln und ähnliches mit einer Flammenlänge von mindestens 15 cm verwendet werden, bedarf es vorerst des Erlaubnisverfahrens des § 22 nicht (VkBl. 1952 S. 43 Nr. 26).

B V I I I 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. § 23, 24

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19. Lichtmaschinen, Scheinwerfer und Schlußleuchten für Fahrräder (§ 67) 5 ), 20. Beiwagen von Krafträdern, 21. Heizungen in Omnibussen und Omnibusanhängern (§ 51 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr), 22.3) Bremsbeläge (§ 41). (4)6) Fahrzeugteile, die in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein müssen, dürfen nur feilgeboten, erworben oder verwendet werden, wenn sie mit einem amtlich vorgeschriebenen und zugeteilten Prüfzeichen gekennzeichnet sind. Die Ausgestaltung der Prüfzeichen und das Verfahren bestimmt der Bundesminister für Verkehr. § 23. [Zuteilung der amtlichen Kennzeichen] (1) Die Zuteilung des amtlichen Kennzeichens für ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger hat der Verfügungsberechtigte bei der Verwaltungsbehörde (Zulassungsstelle) zu beantragen, in deren Bezirk das Fahrzeug seinen regelmäßigen Standort (Heimatort) haben soll1) (2) Das von der Zulassungsstelle zuzuteilende Kennzeichen enthält das Unterscheidungszeichen für den Verwaltungsbezirk und die Erkennungsnummer, unter der das Fahrzeug bei der Zulassungsstelle eingetragen ist. (3) Das Kennzeichen ist nach § 60 auszugestalten und anzubringen. (4) Amtliche Kennzeichen müssen mit dem Dienststempel der Zulassungsstelle oder einer von ihr beauftragten Behörde versehen sein; die an zulassungsfreien Anhängern nach § 60 Abs. 5 zu führenden Kennzeichen dürfen nicht amtlich abgestempelt werden. Als Abstempelung gilt auch die Anbringung von Stempelplaketten; die Plaketten müssen so beschaffen sein und so befestigt werden, daß sie beim Ablösen in jedem Falle zerbrechen. Zur Abstempelung der Kennzeichen ist das Fahrzeug vorzuführen. Bei der Abstempelung ist zu prüfen, ob das Kennzeichen, insbesondere seine Ausgestaltung und seine Anbringung, den Rechtsvorschriften entspricht. Fahrten zur Abstempelung der Kennzeichen und Rückfahrten nach Entfernung des Stempels dürfen mit ungestempelten Kennzeichen ausgeführt werden. Die Zulassungsstelle kann das zugeteilte Kennzeichen ändern und hierbei das Fahrzeug vorführen lassen. § 24.

[Ausfertigung des Kraftfahrzeug- oder Anhängerscheins]

Auf Grund der Betriebserlaubnis1) und nach Zuteilung des Kennzeichens2) wird der Kraftfahrzeugschein (Muster 2)3) oder Anhängerschein (Muster 3)3) ausgefertigt und ausgehändigt; fehlt noch die Betriebserlaubnis, wird sie durch Ausfertigung des Kraftfahrzeug- oder Anhängerscheins erteilt; einer besonderen Ausfertigung der Betriebserlaubnis bedarf es nur, wenn umfangreiche Bedingungen gestellt werden, auf die im Kraftfahrzeug- oder Anhängerschein alsdann hinzuweisen ist. Die Scheine sind mitzuführen und den zuständigen Beamten auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen4). Sind für denselben Halter mehrere Anhänger 5) Inkrafttreten gemäß § 72 Abs. 4. 6) Abs. 4 ist angefügt durch das Verkehrssicherungsgesetz v. 19. 12. 1952 (BGBl. S.832), Strafbestimmung auch zu Abs. 3 s. § 26 Nr. 5 StVG. Zu § 2 3 : 1) Nicht abgedruckt. Zu § 2 4 : 1) §§ 19 ff. 2) § 23. 3) nicht abgedruckt. 4) Wegen des Verfahrens bei Verlust von Kraftfahrzeug- und Anhängerscheinen s. VkBl. 1948 S. 91.

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B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. §§ 25—27

zugelassen, so kann statt des Anhängerscheins ein von der Zulassungsstelle ausgestelltes Verzeichnis der für den Halter zugelassenen Anhänger mitgeführt und zur Prüfung ausgehändigt werden; aus dem Verzeichnis müssen Name, Vornamen und genaue Anschrift des Halters sowie Hersteller, Art, Leergewicht, zulässiges Gesamtgewicht, Fahrgestellnummer und amtliche Kennzeichen der Anhänger ersichtlich sein.

§ 25. [Behandlung der Kraftfahrzeug- und Anhängerbriefe bei den Zulassungsstellen] (1) Die Zulassungsstelle hat das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs und die Personalien dessen, für den das Fahrzeug zugelassen wird, in den Kraftfahrzeugoder Anhängerbrief einzutragen. Sie hat den Brief unverzüglich dem im Antrag nach § 23 Abs. 1 Buchstabe d 1 ) bezeichneten Empfänger 1 ) zu übergeben 1 ). Dieser hat grundsätzlich seinen Brief bei der Zulassungsstelle selbst abzuholen und dabei den Empfang zu bescheinigen; tut er dies innerhalb von zwei Wochen nicht, so ist der Brief unter „Einschreiben" gebührenpflichtig 2 ) zu übersenden. (2 )

(3) Sind in einem Kraftfahrzeug- oder Anhängerbrief die für die Eintragung der Zulassungen des Fahrzeugs bestimmten Seiten ausgefüllt oder ist der Brief beschädigt, so darf er nicht durch Einfügung selbstgefertigter Blätter ergänzt werden. Vielmehr ist ein neuer Brief gebührenpflichtig 2 ) auszustellen. Die Zulassungsstelle macht auf Grund des alten Briefs in dem neuen Brief die Angaben über die Beschreibung des Fahrzeugs, über Typschein und amtliches Gutachten, vermerkt darin, für wen das Fahrzeug früher zugelassen war und bescheinigt in ihm, daß er als Ersatz für den als erledigt eingezogenen Brief ausgestellt worden ist. (4) Die mit den Kraftfahrzeug- und Anhängerbriefen befaßten Behörden haben bei der Entgegennahme von Anträgen und bei der Aushändigung der Briefe über auftretende privatrechtliche Ansprüche nicht zu entscheiden; Rechtsansprüche sind gegebenenfalls mit Hilfe der ordentlichen Gerichte zu verfolgen. Zur Sicherung des Eigentums oder anderer Rechte am Fahrzeug ist der Brief bei jeder Befassung der Zulassungsstelle mit dem Fahrzeug, besonders bei Meldungen über den Eigentumswechsel (§ 27 Abs. 3), vorzulegen 3 ).

§ 26. [Karteiführung und Meldungen an das Kraftfahrt-Bundesamt] §27. [Meldepflichten der Eigentümer und Halter von Kraftfahrzeugen oder Anhängern] (1) Die Angaben im Kraftfahrzeug- oder Anhängerbrief, im Kraftfahrzeugoder Anhängerschein und in den Anhängerverzeichnissen müssen ständig den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen 1 ); Änderungen sind unter Einreichung des Briefs und Scheins und gegebenenfalls der Anhängerverzeichnisse unverzüglich der zuständigen Zulassungsstelle zu melden. Verpflichtet zur Meldung ist der Eigentümer und, wenn er nicht zugleich Halter ist, auch dieser. Die Verpflichtung Zu § 25: 1) Dem Empfänger soll die Zulassungsstelle den Brief aushändigen. Die Zulassungsstelle hat die Pflicht, vor Übersendung des Kraftfahrzeugbriefes an die Sammelstelle für Nachrichten über Kraftfahrzeuge die Übereinstimmung der technischen Daten im Brief und am Fahrzeug zu überprüfen. BGH. N J W . 1953, 1910. 2) Gebührenordnung v. 25. 7. 1953 (VKB1. S. 275, BAnz. Nr. 157). 3) Hierdurch sollen der Eigentümer und die dinglich Berechtigten am Wagen geschützt werden. Dagegen dient der Brief nicht dem Schutz des Rechtsverkehrs in dem Sinne, daß aus seinem Besitz auf die Verfügungsberechtigung des Briefinhabers über den Wagen geschlossen werden könnte. BGH. N J W . 1953, 1347.

B VIII 3. Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. § 28

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besteht, bis die Behörde durch einen der Verpflichteten Kenntnis von den meldepflichtigen Tatsachen erhalten hat. (2) Wird der regelmäßige Standort des Fahrzeugs für mehr als drei Monate in den Bezirk einer anderen Zulassungsstelle verlegt, so ist bei dieser unverzüglich die Zuteilung eines neuen Kennzeichens zu beantragen; ist die Verlegung voraussichtlich nur vorübergehend, so genügt eine Anzeige an die Zulassungsstelle, die dem Fahrzeug ein Kennzeichen zugeteilt hat. (3)2) Wird ein Fahrzeug veräußert, so hat der Veräußerer unverzüglich der für das Fahrzeug zuständigen Zulassungsstelle die Anschrift des Erwerbers anzuzeigen ; er hat dem Erwerber zur Weiterbenutzung des Fahrzeugs Kraftfahrzeugschein und -brief (Anhängerschein und -brief) gegen Empfangsbestätigung auszuhändigen und letztere seiner Anzeige beizufügen. Der Erwerber hat unverzüglich bei der für den neuen Standort des Fahrzeugs zuständigen Zulassungsstelle die Ausfertigung eines neuen Kraftfahrzeug- oder Anhängerscheins und, wenn dem Fahrzeug bisher ein Kennzeichen von einer anderen Zulassungsstelle zugeteilt war, auch die Zuteilung eines neuen Kennzeichens zu beantragen 3 ); wenn ein Händler das Fahrzeug zum Wiederverkauf erwirbt, so genügt eine Anzeige an die Zulassungsstelle, die dem Fahrzeug ein Kennzeichen zugeteilt hat. (4) Dem Antrag nach den Absätzen 2 und 3 ist der bisherige Kraftfahrzeugschein (Anhängerschein) oder eine amtlich beglaubigte Abschrift beizufügen; der bisherige Schein ist jedenfalls vor Übergabe des neuen abzuliefern. Wird ein neues Kennzeichen erteilt, so gilt für das bisherige Kennzeichen Absatz 5 Satz 3 entsprechend. (5) Wird ein Fahrzeug für mehr als ein Jahr aus dem Verkehr gezogen, so ist es bei der Zulassungsstelle unter Beifügung des Briefs und des Scheins und gegebenenfalls der Anhängerverzeichnisse unverzüglich abzumelden, wenn nicht die Zulassungsstelle auf Antrag eine Frist bewilligt. Der Brief ist von der Zulassungsstelle durch Zerschneiden unbrauchbar zu machen und mit einem Vermerk über die Abmeldung dem Eigentümer zurückzugeben. Gegen Mißbrauch des amtlichen Kennzeichens sind die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen; jedenfalls ist das Kennzeichen zu entstempeln. Soll das Fahrzeug wieder zum Verkehr zugelassen werden, so ist der Brief vorzulegen; er ist dann einzuziehen, und ein neuer Brief ist nach § 25 Abs. 3 auszufertigen. § 28. [Prüfungsfahrten, Probefahrten, Überführungsfahrten] (1) Fahrten anläßlich der Prüfung des Fahrzeugs durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr können ohne Betriebserlaubnis mit vom Sachverständigen zugeteilten und amtlich abgestempelten roten Kennzeichen ausgeführt werden. Als Fahrten anläßlich der Prüfung können auch Fahrten zur Verbringung des Fahrzeugs an den Prüfungsort und von dort zurück behandelt werden. Nach Anmeldung eines Fahrzeugs zur Prüfung übersendet der Sachverständige eine Vorladung, die als Ausweis auf der Fahrt mitzuführen ist, und gegebenenfalls ein rotes Kennzeichen. Die roten Kennzeichen für Prüfungsfahrten hat der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr Zu § 27: 1) Siehe VkBl. 1949 wegen Umbaus von Personenwagen in Zugmaschinen. 2) Der Maßnahmen des § 27 Abs. 3 bedarf es nicht im Falle einer Sicherungsübereignung; eine solche gilt nicht als Veräußerung im Sinne des § 27 Abs. 3 (VkBl. S. 206 Nr. 126). 3) Die Zulassungsstellen haben bei Erteilung des Kraftfahrzeugscheins und Berichtigung des Kraftfahrzeugbriefs nicht zu prüfen, ob der im Besitz des Kraftfahrzeugs und des Briefs befindliche Antragsteller der rechtmäßig Verfügungsberechtigte ist. Der Besitz des Kraftfahrzeugs und des Briefs reicht vielmehr zu seiner Legitimation als Eigentümer aus. Celle N J W . 1953, 1355.

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zu beschaffen; er kann für Überlassung des Kennzeichens eine Gebühr erheben 1 ). Die Erkennungsnummern teilt dem Sachverständigen die für seinen Wohnsitz zuständige Zulassungsstelle zu, deren Unterscheidungszeichen (§ 28 Abs. 2) zu verwenden ist. (2) Fahrten zur Feststellung und zum Nachweis der Gebrauchsfähigkeit von Kraftfahrzeugen oder Anhängern (Probefahrten) 2 ) und Fahrten, die in der Hauptsache zur Überführung des Kraftfahrzeugs oder des Anhängers an einen anderen Ort dienen (Überführungsfahrten)