Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens. Mit Erlaß für den Praktiker zum Handgebrauche [Reprint 2021 ed.] 9783112404348, 9783112404331

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Strafrecht und Strafverfahren: Eine Sammlung der wichtigsten Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens. Mit Erlaß für den Praktiker zum Handgebrauche [Reprint 2021 ed.]
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Strafrecht und

Strafverfahren Eine Sammlung der wichtigsten

Gesetze des Strafrechts und des Strafverfahrens

mit Erläuterungen

Für den^Praktiker zum Handgebrauche begründet von

Dr. Dalcke weiland Generalstaatsanwalt, Geh. Ober-Justizrat

Irveiunddreißigste neubearbeitete Auflage besorgt von

Dr. E. Fuhrmann Landgerichtsdirektor in Berlin

Dr. K. Krug Ministerialrat im Reichs­ justizministerium

Dr. K. Schäfer Oberlandesgerichtsrat im Reichs­ justizministerium

1941

I. Schweitzer Verlag, Berlin u. München

Printed in Germany.

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage. Auf den Wunsch des Verlegers, welcher den mit der Handhabung des Strafrechts betrauten Richtern und Anwälten bei dem Eintritt in die neue Ära der Strafrechtspflege ein praktisches Handbuch darbieten wollte, habe ich mich der Herausgabe eines solchen unterzogen, und es sind für die Bearbeitung desselben folgende Gesichtspunkte maß­ gebend gewesen: Ohne daß es in meiner Absicht liegen konnte, mit den größeren selbständigen Kommentaren über das Strafgesetzbuch und über die Strafprozeßordnung in Konkurrenz zu treten, oder eine vollständige Sammlung der noch neben dem Strafgesetzbuche . . . geltenden Strafgesetze zu liefern, so sollte doch so viel Material geboten werden, um in der weitaus größten Mehrzahl der Fälle die Zurhandnahme noch anderer Bücher entbehrlich zu machen. Aber der Wunsch,, recht viel zu geben, mußte seine natürliche Einschränkung in der Rücksicht finden, daß dem Buche nicht durch einen zu großen Um­ fang die handliche Form geraubt werden dürfe, welche für ein Vademecum des Kriminalisten, wie es hier geschaffen werden sollte, ganz unerläßlich schien.

Marienwerder, im Mai 1879.

A. Dalcke

Vorwort Mr Meiunddreißigsten Auflage. Die 31. Auflage, die im Frühjahr 1940 erschien, ist seit geraumer Zeitoötlig vergriffen. Die vorliegende Ausgabe ist durchgängig neubeareitet. Wie schon in der Vorauflage sind die während der Kriegs­ zeit erlassenen materiellrechtlichen Bestimmungen, soweit sie nicht offerichtlich Dauerrecht darstellen, als „Kriegsgesetze" am Endes des Weris zusammengestellt und ihrer Bedeutung entsprechend ausführ­ lich cläutert. Dagegen sind die während des Krieges erlassenen Ver­ fahrcisvorschriften, da sie das bisherige Recht ändern, im Teil C (Ver­ fahreisrecht) des Werkes an gehöriger Stelle eingefügt. Obwohl auch diesnal alle neuen, für den Praktiker wichtigen Vorschriften aufgenomnen worden sind, ließ sich ein stärkeres Anschwellen des Umfangs durchverkürzte Wiedergabe der Vorschriften erreichen,, die zur Über-

leituig des Strafrechts der seit 1938 mit dem Reich vereinigten Ge­ bietseile erlassen wurden.

Die in der Vorauflage bei den einzelnen Gesetzen gemachten Angaber, inwieweit diese in den zum Reich getretenen Gebietsteilen

eingeührt sind, sind diesmal grundsätzlich weggeblieben; soweit gibt die Übersicht S. 1798 nähere Auskunft. Ebenso sind die Angaben über die grichtliche Zuständigkeit bei den einzelnen Straftaten mit Rücksicht auf de Neuregelung der sachlichen Zuständigkeit der Strafgerichte in den § 1 bis 4 der VO. v. 21.Februar 1940 gestrichen worden, soweit Nichten dieser VO. für bestimmte Zuwiderhandlungen die Zuständig­ keit des Volksgerichtshofs oder des Sondergerichts vorgeschrieben ist.

Oen bei Besprechungen des Werkes in Fachzeitschriften geäußerten München entsprechend ist das Sachregister erweitert worden. Da­ gegen konnte einem weiteren Wunsche, allgemein eine einheitliche Zitieweise der in Zeitschriften veröffentlichten Entscheidungen durchzufühen, diesmal noch nicht in vollem Umfang entsprochen worden. In den früheren Auflagen des Werkes waren die Bände dieser Zeitschrifen nicht nach dem Erscheinungsjahr, sondern nach der Bandfolge angeeben.

Vorwort zur zweiunddreißigsten Auflage.

V

Die Bearbeitung der vorliegenden Aufgabe gibt in den Teilen A und B den Stand um die Jahreswende 1940/41 wieder, im übrigen ist das Werk auf den Stand vom Mai 1941 gebracht worden. Die Verfasser hoffen, auch diesmal wieder den strafrechtlichen Praktiker, der heute — wie insbesondere der Wehrmachtrichter und der Praktiker in den neu eingegliederten Gebieten — mehr als in ruhigen Friedenszeiten eines Werkes bedarf, das es ihm ermöglicht, sich rasch einen zuverlässigen Überblick über den Stand der Gesetz­ gebung, der Rechtsprechung und des wichtigsten Schrifttums zu ver­ schaffen, in anderer Form als der erste Herausgeber bei der 1. Auflage beabsichtigte, ein Vademecum zu bieten, das ihm möglichst für alle Bedürfnisse Rat und Unterrichtung gibt.

Es haben bearbeitet: Dr. Fuhrmann B I 13; B III 8, 9, 13; B V 5, 8—10; B VII; B IX 8—10; CI; CII; D 1, 2,5—9; E 14—6; E II; E III. Übersicht. Dr. Krug

B I 1—7a, 9—12; B II 5, 6, 8; B III 1—3, 10—12; B IV 1, 2, 6—14; B VI 1, 6, 7; B VIII; B IX 1—7; B X; E I 1—3.

Dr. Schäfer

A 1—4; B I 8; B II 1—4, 7; B III 4—7; B IV 3-5; B V 1-4, 6, 7; B VI 2—5, 8; D 3, 4.

Zum Schluß erfüllen wir die traurige Pflicht, von dem am 17. Januar 1941 erfolgten Ableben des langjährigen Herausgebers des Werkes des Amtsgerichtsrats a. D. Paul Dalcke Kenntnis zu geben. Berlin, Ende Mai 1940.

Fuhrmann.

Lrug.

Schäfer. z. Zt. Kriegsgerichtsrat

Übersicht des Inhalts Seite

Programm der NSDAP

1

A. Strafgesetzbuch. 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870

5

2. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871

8

Verordnung gegen Gewaltverbrecher vorn 5. Dezember 1939 — § 4 Gesetz über das Reichstagswahlrecht vom 7. März 1936 — § 2 Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. Fe­ bruar 33 § 15 Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schuhe der Wehrkraft des deutschen Volkes vom 25. November 1939 Verordnung zum Schuhe des Reichsarbeitsdienstes vom 12. März 19-10 DVO. vom 23. April 1938 — §4 Gesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 — § 48 Verordnung des Reichspräsidenten über Verstärkung des Ehrenschuhes vom 8. Dezember 1931

46 96 99 130

161 172 192

3. Verordnung über Vermögensstrafen und Bußen vom 6. Fe­ 408

bruar 1924 4. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter

408

Geldstrafen vom 3. September 1936

L. Strafrechtliche Nebengefetze. I. Politische Gesetze. 1. Gesetz zum Schutze des

deutschen Blutes und der

deutschen Ehre vom 15. September 1935

410

Erste Ausführungsverordnung vom 14. November 1935

414

2. Neichsbürgergesetz vom 15. September 1935 ....

419

Erste Durchführungsverordnung vom 14. November 1935

421

Dritte Durchführungsverordnung vom 14. Juni 1938

423

3. Reichsflaggengesetz vom 15. September 1935. . . .

424

Erste Durchführungsverordnung vom 24. Oktober 1935

425

Zweite Durchführungsverordnung vom 28. August 1937

425

4. Gesetz gegen

die Neubildung

14. Juli 1933

von

Parteien vom .

427

5. Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutze der Parteiuniformen vom 20. Dezember 1934

428

Übersicht des Inhalts.

VII

Seite

Dritte Durchführungsverordnung vom 16. März 1935 in der Fassung der 4. Durchführungsverordnung vom

25. März 1939 ...................................................................

441

Bekanntmachung vom 25. April 1939

443

.....................

6. Gesetz zum Schutze von Bezeichnungen der National­

sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei vom 7. April

..................................................................................

447

7. Gesetz zum Schutze der nationalen Symbole vom 19. Mai 1933 ..................................................................

1937

447

7 a. Polizeiverordnung zum Schutze der nationalen Sym­ bole und Lieder vom 5. Januar 1940 .....................

448

8. Verordnung des Reichspräsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. Dezember 1932

....

449

9. Verordnung zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 ..............................................................

450

10. Verordnung zum Schutze von Volk und Staat vom

28. Februar 1933. . ...................................................... 11. Gesetz

zur

Abwehr

4. April 1933

politischer

Gewalttaten

453

vom

..................................................................

456

12. Gesetz zur Gewährleistung des Rechtsfriedens vom

13. Oktober 1933

....................

457

13. Verordnung gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebettiebe vom 22. April 1938 . .

459

II. Schutz von Rasse und Erbgut. 1. Personenstandsgesetz vom 3. November 1937. ...

460

2. Ehegesundheitsgesetz vom 18. Oktober 1935 ....

462

3. Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom

14. Juli 1933 in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni 1935

..................................................................................

Vierte Ausführungsverordnung vom 18. Juli 1935

463 464

4. Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922 in der Fassung des Gesetzes vom 24. November 1933

465

5. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom ..........................................................

466

6. Jmpfgesetz vom 8. April 1874 .....................................

18. Februar 1927

473

7. Arzt- und Apothekerrecht: 1. Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935

. . 475

2. Reichstierärzteordnung vom 3. April 1936 .

. . 477

3. Reichsapothekerordnung von: 18. April 1937

. . 478

4. Krankenpflegeordnung vom 28. September 1938.

5. Heilpraktikergesetz vom 17. Februar 1939 . .

8. Polizeiverordnung

über

Verfahren,

Mittel

478

. -. 479

und

VIII

Übersicht des Inhalts.

Sette Gegenstände

zur

Unterbrechung

und

Verhütung

vor Schwangerschaften vom 21. Januar 1941.

. .

480

III. Schutz )cr öffentlichen Ordnung. 1. Veeinsgesetz vom 19. April 1908

.............................

481

2. Säriftleitergesetz vom 4. Oktober 1933 .......................

483

3. Geetz über die Presse vom 7. Mai 1874

487

.................

Gesetz betr. die Stimmzettel für öffentliche Wahlen vom 12. März 1884 ......................................................

488

4. Geetz über die Feiertage vom 27. Februar 1934 . .

504

Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage

von 16. März 1934 in der Fassung vom 1. April 1935

505

Prmß. Polizeiverordnung über den Schutz der kirchlichm Feiertage vom 19. Mai 1934 in der Fassung von 24. Juli 1935 ..........................................................

508

5. a) Aesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 1. Mi 1937 .......................................................................

509

5. b) Gesetz über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939 ...................................................................

512

6. Lutschutzgesetz vom 26. Juni 1935 in der Fassung der Verordnung vom 8. September 1939........................

513

Erfe Durchführungsverordnung vom 4. Mai 1937 .

514

7. Remwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 . .

514

8. Geetz gegen den verbrecherischen und gemeingefähr­ lichen Gebrauch von Sprengstoffen vom 9. Juni 1884

9. Wcffengesetz vom 18. März 1938

.............................

518

525

Verordnung gegen den Waffenbesitz der Juden vom 11. November 1938 .........................................................

536

10. Tiecschutzgesetz vom 24. November 1933.....................

541

11. Verordnung zum Schutze der Wälder, Moore und Heden gegen Brände vom 25. Juni 1938.................

12. Gqetz

über

die Schulpflicht im

547

Deutschen Reich

(Rüchsschulpflichtgesetz)..................................................

552

13. Pöizeiverordnung zum Schutze der Jugend vom

9. März 1940 ...................................................................

557

IV. HandeV- und Gewerberecht. 1. Geverbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juni

1819 in der Fassung vom 26. Juli 1900 ................

560

Zündwarenmonopolgesetz vom 29. Januar 1930 . . Das Hebammengesetz vom 21. Dezember 1938 .'. .

569 577

2. Geetz zum Schutze des Einzelhandels vom 12. Mai

19:3, geändert durch die Gesetze vom 15. Juli 1933, 27 Juni, 13. Dezember 1934 und vom 9. Mai 1935

674

Übersicht des Inhalts.

IX Seite

3. Aktiengesetz vom 30. Januar 1937 .............................

677

4. Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

vom 20. April 1892 in der Fassung vom 26. Mai 1933

678

5. Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen­ schaften vom 1. Mai 1889 in der Fassung vom 20. Mat 1898

679

....................

6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni

1909 in der Fassung des Gesetzes vom 26. Februar 1935

..................................................................................

7. Regelung des Zugabewesens.

679

Notverordnung zum

Schutz der Wirtschaft vom 9. März 1932. Erster Teil, Art. I. Geändert durch Gesetz über das Zugabewesen vom 12. Mai 1933 .........................................................

704

8. Gaststättengesetz vom 28. April 1930 .........................

706

Verordnung über Speiseeiswirtschaften vom 16. Juli 1934

.................................................................................

720

9. Gesetz über den Verkauf von Waren aus Automaten vom 6. Juli 1934

.........................................................

Erste Ausführungsverordnung vom 14. August 1934

726

727

10. Maß- und Gewichtsgesetz vom 13. Dezember 1935

728

11. Patentgesetz vom 5. Mai 1936.....................................

736

12. Warenzeichengesetz vom 5. Mai 1936 .........................

739

13. Gesetz über den Verkehr mit Edelmetallen, Edelsteinen

und Perlen vom 29. Juni 1926 . .............................

759

14. Gesetz über den Verkehr mit unedlen Metallen vom

23. Juli 1926 ..................................................................

761

V. Wirtschaftsrecht. 1. Gesetz über das Kreditwesen vom 25. September 1939

766

2. Gesetz über die Deutsche Neichsbank vom 15. Juni 1939

767

3. Börsengesetz vom 22. Juni 1896 in der Fassung vom

8./27.e Mai 1908.................................................................

767

4. Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wert­

papieren vom 4. Februar 1937 .....................................

768

5. Gesetz über die Devisenbewirtschaftung vom 12. De­ zember 1938

......................................................................

6. Gesetz gegen Wirtschaftssabotage vom 1. Dezember 1936

777

812

7. Gesetz über Mieterschutz und Meteinigungsämter vom

17. Februar 1928 in der Fassung vom 20. April 1936

814

8. Konkursordnung vom 10. Februar 1877 in der Fassung des Gesetzes vom 17. Mai 1898......................................

816

X

Übersicht des Inhalts. Seite Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen vom 1. Juni 1909 ................................................................... 88 64, 71, 83, 84 des Gesetzes betr. die Gesell­ schaften mit beschränkter Haftung...............................

9. Vergleichsordnung vom 26. Februar 1935

.................

820

827

829

io. Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zu­

widerhandlungen gegen Preisvorschriften vom 3. Juni 1939 .......................................................................................

829

VI.Arbeits- und Sozialrecht. 1. Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Ja­

nuar 1934

..........................................................................

847

2. Reichsversicherungsordnung in der Fassung vom 15. De­ zember 1924

......................................................................

848

3. Reichsknappschaftsgesetz in der Fassung vom 1. Juli 1926

850

4. Angestelltenversicherungsgesetz in

der

Fassung

vom

28. Mai 1924 ......................................................................

850

5. Gesetz über Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosen­

versicherung in der Fassung vom 12. Oktober 1929 6. Arbeitszeitvrdnung vom 30. April 1938

.....................

851

851

7. Jugendschutz. Gesetz über Kinderarbeit und über die

Arbeitszeit der Jugendlichen vom 30. April 1938. .

875

8. Verordnung über das Arbeitsbuch vom 22. April 1939

891

VII. Steuerrecht. Reichsabgabenordnung (Vorschriften über Straftecht und Strafverfahren) vom 13. Dezember 1919 in der

VIII.

Fassung der Verordnung vom 22. Mai 1931 . . . ;

892

Steueranpassungsgesetz vom 16. Oktober 1934 — 8 6

896

Gesetz über Aus- und Einfuhrverbot vom 25. März 1939 ..................................................................................

899

Verordnung über Durchfuhrverbot vom 14. Mai 1940

900

8 79 des Tabaksteuergesetzes vom 4. April 1939 . .

903

Verordnung über das gerichtliche Steuerstrafverfahren in der Ostmark vom 23. Juni 1939 .......................

934

Lebensmittelrecht. 1. Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln und Be­

darfsgegenständen (Lebensmittelgesetz) vom 5. Juli 1927 in der Fassung vom 17. Januar 1936 .........................

938

2. Weingesetz vom 25. Juli 1930

.....................................

957

3. Milchgesetz vom 31. Juli 1930

.....................................

964

IX.Berkehrsrecht. 1. Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom

3. Mai 1909

......................................................................

2. Verordnung über das Verhalten im Straßenverkehr

972

XI

Übersicht des Inhalts.

Seite

(Reichs-Straßenverkehrs-Ordnung) vom 13. November 1937

977

3. Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen

zum

Straßenverkehr (Straßenverkehrs-

Zulassungs-Ordnung) vom 13. November 1937 . . .

101G

4. Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 in der Fassung vom 6. Dezember

1937

1029 Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 13. No­ vember 1937 §§ 11—45

1033

5. Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen

vom 26. Juni 1935

1034

Verordnung gegen mißbräuchliche Inanspruchnahme der Eisenbahn vom 8. April 1940

6. Luftverkehrsgesetz vom 21. August 1936

1034

10.38

7. Fernmelde- und Fernsendewesen

1. Gesetz über die Fernmeldeanlagen vom 3. Dezember 1927 in der Fassung vom 14. Januar 1928. . . .

1040

2. Gesetz gegen Schwarzsender vom 24. November 1937

1048

8. Verordnung des Reichspräsidenten gegen unbefugten

Gebrauch von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern vom 20. Oktober 1932

1051

9. Gesetz gegen Straßenraub mittels

Autofallen

vom

22. Juni 1938

1053

10. Gesetz betr. die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit vom 9. April 1900

1055

Jagd- und Naturschutzrecht. 1. Reichsjagdgesetz vom 3. Juli 1934

1056

Erste Ausführungsv erordnung vom 27. März 1935

.

1056

Zweite Ausführungsverordnung vom 5. Februar 1937

1056

2. Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935

1106

3. Verordnung zum Schutze der wildwachsenden Pflanzen

und der nichtjagdbaren wildlebenden Tiere (Natur­ schutzverordnung) vom 18. März 1936 .

.................

1118

. .

1135

4. Gesetz über Fischereischein vom 19. April 1939

C. StrasversahrenSrecht. I. Gerichtsverfassung. 1. Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. März 1924 . . . Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strasverfahrenrechtliche Vor­ schriften vom 21. Februar 1940 §§ 1 u. 2

8 5 bis 7

1137

1142

1178

XII

Übersicht des Inhalts. Seite

Gesetz betr. Gerichtsverhandlungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit vom 5. April 1888 — Art. II u. HI . .

1169

Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Ge­ richtsverfassung und der Rechtspflege vom 1. September 1939 § 14 § 15 8 1 § 2 u. 3 8 4.................................................................... 8 27

1155 1157 1192 1195 1199 1242

2. Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens vom 24. April 1934

1177

3. Gesetz über den Volksgerichtshof vom 18. April 1936

1182

Durchführungsverordnung vom 18. April 1936 ....

1182

4. Die Sondergerichte §§ 10 bis 27 der Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und

sonstige strafverfahrensrechtlichen Vorschriften vom 21. Fe­ 1185

bruar 1940

5. Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsver­ fassung vom 20. März 1935

1192

6. Gesetz über die Geschäftsverteilung bei den Gerichten vom 24. November 1937

1198

II. Strafverfahrensordnung. 1. Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung vom 1. Fe­

bruar 1877

1200

2. Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877 in der Fassung

der Bekanntmachung vom 22. März 1924 s Verordnung über Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sonder­ gerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften vom 21. Februar 1940 88 32, 33 8 31 8 4 8 9 88 28 bis 30 8 8 88 34—37 Verordnung des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung vom 14. Juni 1932: § 2 Teil I Kap. I Art. I Teil I Kap. I Art. 10 Teil I Kap I Art. 7

1202

1261

1293

1388

1350 1403 1422

Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 6. Oktober 1931:

8 2, 3 Teil 6 Kap. I 8^5 Teil 6' Kap. I.................................

.

1270 1304

Übersicht des Inhalts.

XIII

§ 6 Teil 6 Kap. I § 7 Teil 6 Kap. I

Seite 1384 1404

-• • •

Verordnung über Maßnahmen auf dein Gebiete der Gerichts­ verfassung utit) der Rechtspflege vom 1. September 1939

88 8 8 8

24, 25 16 26 23

................................... - . . . .

1316

1395 1416

2 a. Gesetz zur Änderung von Vorschriften des allgemeinen Strafverfahrens, des Wehrmachtstrafverfahrens und des Strafgesetzbuches vom 16. September 1939

.....

1446

2b. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 16. Sep­

1450

tember 1939

3. Jugendgerichtsgesetz vom 16. Februar 1923

.....

Verordnung zum Schutze gegen jugendliche Schwerverbrecher vom 4. Oktober 1939

Verordnung über Zuständigkeit der Strafgerichte usw. 8 3

1451 1456 1460

3a. Verordnung zur Ergänzung des Jugendstrafrechts vom 4. Oktober 1939

1469

3b. Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Er­

gänzung des Jugendstrafrechts.............................

1473

4. Gesetz über die Vereidigung durch die Parteigerichte vom 30. September 1936

1477

5 a. Gesetz über die Vernehmung von Angehörigen der Na­ tionalsozialistischen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen

1478

vom 1. Dezember 1936 5b. Verordnung zur Ausdehnung des Gesetzes über die Ver­ nehmung von Angehörigen der Nationalsozialistischen Deut­

schen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen auf Ange­ hörige des Nationalsozialistischen Fliegerkorps und des

Neichsluftschutzbundes vom 12. März 1940

1481

6. Bekanntmachung der Neufassung der Militärstrafgerichts­ ordnung und des Einführungsgesetzes zu ihr vom 29. Sep­

1482

tember 1936 7. Auszug aus der Militärstrafgerichtsordnung vom 29. Sep­ tember 1936

1488

8. Dritte Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Neichsarbeitsdienstgesetzes

(Strafverfolgung

gegen An­

gehörige des Neichsarbeitsdienstes) vom 16. November 1940

1500

9. Verordnung über eine Sondergerichtsbarkeit in Straf­ sachen für Angehörige der ff und für die Angehörigen

der Polizeiverbände bei besonderem Einsatz vom 17. Ok­ tober 1939

1502

XIV

Übersicht des Inhalts. Seite

D. Strafverfahrensrechtliche Nebengefetze. 1. Gesetz betr. die Entschädigung der im Wiederaufnahmever­ fahren freigesprochenen Personen vom 20. Mai 1898 . . .

1504

2. Gesetz betr. die Entschädigung für unschuldig erlittene Unter­

1508

suchungshaft vom 14. Juli 1904 3. Strafvollstreckungsordnung vom 7. Dezember 1935

....

1513

4. Verordnung des Reichsministers der Justiz über das Verfahren in Gnadensachen (Gnadenordnung) vom 6. Februar 1935

1548

5. Gesetz über beschränkte Auskunft aus dem Strafregister und

die Tilgung von Strafvermerken vom 9. April 1920 .... 5a. Rehabilitierung Jugendlicher.

AB. vom 9. Dezember 1940

1576 1581

6. Strafregisterverordnung vom 8. März 1926 in der Fassung

vom 17. Februar 1934

1582

6a. Vermerke über Verurteilungen zu Jugendarrest. AB. vom

9. Dezember 1940

1593

7. Deutsches Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929 . . .

1594

die Durchlieferung vom 6. März 1930

1605

Verordnung über

8. Verordnung über die Bestrafung' von Zuwiderhandlungen

gegen die Paßvorschriften vom 6. April 1923

1611

9. Auszug aus der Ausländerpolizeiverordnung vom 22. August

1615

1938 ..................................................................

E. Anhang.

I. Preußische Gesetze. 1. Gesetz betr. den Forstdiebstahl vom 15. April 1878 . .

1621

2. Feld- und Forstpolizeigesetz vom 1. April 1880 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Januar 1926 und

des Gesetzes vom 29. März 1933

1634

3. Fischereigesetz vom 11. Mai 1916

1661

4. Ausführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungs­ gesetz vom 24. April 1878

1669

5. Bestimmungen der Preußischen Schiedsmannsordnung über die Sühneverhandlung vom 29. März 1879 in

der Fassung des Gesetzes vom 3. Dezember 1924 . .

6. Polizeiverwaltungsgesetz vom 1. Juni 1931

1674 1677

II. Sondervestimmungen für die Ostmark, den Reichsgau Sudetenland, das Protektorat Böhmen und Mähren und die Ostgebiete. 1. Verordnung über die Einführung der Vorschriften über Hochverrat und Landesverrat im Lande Österreich vom

20. Juni 1938

.....................

2. Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die

1708

Übersicht des Inhalts. Einführung

der

Vorschriften

über

XV Leite Hochverrat

und

Landesverrat im Lande Österreich vom 20. Juni 1938

1710

3. Allgemeine Bestimmungen für die Anwendung von

Strafvorschriften des Deutschen Reiches im Lande Österreich (Strafanpassungsverordnung) vom 8. IM 1938

1712

4. Verordnung über die Einführung strafrechtlicher Vor­ schriften im Lande Österreich vom 23. Januar 1939

1715

5. Verordnung zur weiteren Überleitung der Rechtspflege in: Lande Österreich und in den sudetendeutschen Ge­

bieten vom 28. Februar 1939

1715

6. Verordnung zur weiteren Anpassung des österr. Straf­ rechts an das Reichsrecht vom 13. August 1940 . . .

1717

7. Verordnung über die Form der Vereidigung vor den. Gerichten in den Reichsgauen der Ostmark vom 12. Juli

1722

1940

8. Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte in

den Reichsgauen der Ostmark vom 20. März 1941 .

1723

9. Verordnung über die Einführung des deutschen Straf­ rechts, der deutschen Gerichtsverfassung mnd anderer

Gesetze in den sudetendeutschen Gebieten vom 16. Ja­

nuar 1939 10. Verordnung zur Überleitung der Strafrechtspflege in

'725

den an die Länder Preußen und Bayern eingegliederten

Teilen der sudetendeutschen Gebiete vom 12. Juli 1939 11. Verordnung zur Überleitung der Strafrechtspflege in den

1730

in die Reichsgaue Niederdonau und Oberdonau einge­ gliederten Teilen der sudetendeutschen Gebiete vom

9. August 1939

............................................... 1730

12. Sondervorschriften für den Neichsgau Sudetenland und das Protektorat Böhmen und Mähren — Art. 4 DBO. vom 13. März 1940

1731

13. Verordnung über die deutsche Gerichtsbarkeit im Pro­

tektorat Böhmen und Mähren vom 14. April 1939

J731

14. Verordnung über die Ausübung der Strafgerichtsbar­

keit im Protektorat Böhmen und Mähren vom 14. April 1939 i. Fassung vom 5. Mai 1941

1734

15. Verordnung über die Einführung reichsrechtlicher Straf­

vorschriften im Protektorat Böhmen und Mähren vom 13. August 1940

1743

16. Verordnung über die Anwendung der Jugendstrafrechtsverordnung im Protektorat Böhmen und Mähren^vom 27. März 1941

1744

XVI

Übersicht des Inhalts. Sette 17. AB- vom 6. Dezember 1940 über Durchführung des

1745

Straftilgungsgesetzes 18. Verordnung über die Einführung des deutschen Aus­ lieferungsrechts im Protektorat Böhmen und Mähren

vom 18. April 1940 19. Verordnung über die Einführung reichsrechtlicher Straf­

1751

vorschriften im Protektorat Böhmen und Mähren vom 3. Juni 1941

1751

20. Verordnung über die Einführung des deutschen Straf­ rechts in den eingegliederten Ostgebieten vom 6. Juni 1940

1753

III. Kriegsgesetze. 1. Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 17. August 1939

1758

2. Kriegsstrafverfahrensordnung vom 17. August 1939

.

1762

3. Verordnung gegen Volksschädlinge vom 5.Septemberl939

1767

4. Verordnung

über

außerordentliche

Rundfunkmaß­

nahmen von: 1. September 1939

1772

5. Verordnung gegen Gewaltverbrecher vom 5. Dezember 1939

1775

6. Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schutze

der Wehrkraft

des Deutschen Volkes

vom 1778

25. November 1939

7. Kriegswirtschaftsverordnung §§ 1, 22, 27 vom 4. Sep­ tember 1939

...........................................................

1781

8. Verbrauchsregelungs-Strafverordnung vom 6. April 1940

9. Verordnung über Weiterbenutzung von Kraftfahrzeugen

vom 6. September 1939 ...................................... 10. Verordnung zum Schutze der Metallsammlung

1794 des

deutschen Volkes vom 29. März 1940 11. Verordnung über Nachrichtenverkehr vom 2. April 1940

1796 1796

12. AB. vom 19. März 1940 über Vereinfachung des Ge­ schäftsganges und Einschränkung der Berichtspflichten

1796.

13. Verordnung über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen wegen einer während des Krieges begangenen Tat vom

11. Juni 1940

1796

14. AB. über den Rechtshilfeverkehr mit dem General­ gouvernement in Strafsachen vom 31. Januar 1940 .

1797

15. AB. vom 25. März 1941 über den Rechtshilfeverkehr mit

den besetzten norwegischen Gebieten in Strafsachen .

1797

Übersicht über die im Lande Österreich, in den sudetendeutschen

Gebieten und in den eingegliederten Ostgebieten eingeführten Vor­

schriften, soweit sie abgedruckt sind

1798

Sachregister

1802

Erklärung der Abkürzungen. Soweit in den Zcitschriftenzitierungen die Jahreszahl nicht voll angegeben, ist die Bandfolge der Zeitschrift gemeint.

— = — — — — —

Angeklagter. Ausführungsgesetz. Allgem. Landrecht. Anderer Meinung. Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit. Allgem. Verfügung. Erkenntnis des früheren Bayerischen Obersten Landesgerichts. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BGBl. — Bunoesgesetzblatt. Das Recht = Monatsbeilage der DJustiz. DAutoR. = Deutsches Autorecht. DIZ. — Deutsche Juristenzeitung. DJ. oder DJust. — Deutsche Justiz, Rechtspflege u. Rechtspolitik. Amtl. Blatt der deutschen Rechtspflege. Heraus­ gegeben von dem Reichsminister der Justiz. DR. = Deutsches Recht, Zentralorgan des National-Sozia­ listischen Rechtswahrerbundes, Wochenausgabe. D. Rechtspflege — Organ des deutschen Rechtsdienstes. DRM. — Deutsches Recht, Monatsausgabe. DStrafr. — Deutsches Strafrecht, Strasrechtswissenschastliches Ergänzun^sblatt der „Deutschen Justiz". Fortsetzung A. AG. ALR. A. M. AOG. AV. BayObLG.

DRdK. — DRZ. — DStZ. = E. — EZ. = FFPG. — Feisenberger — Frank = Frank Nachtrag GA. GerS. GKG. GS. GS1A.

— — — — —

Das Recht des Kraftfahrers. Deutsche Richterzeitung (bis 1935). Deutsche Straftechtszeitung. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. Feld- und Forstpolizeigesetz. Strafprozeßordnung 1926. Strafgesetzbuch von R. Frank. 18. Aufl., 1931. — Die Strafgesetzgebung der Jahre 1931—1935 bearb. von E. Schäfer und H. von Dohnanyi, 1936. Goltdammers Archiv für Strafrecht. Der Gerichtssaal. Gerichtskostengesetz. Preuß. Gesetzsammlung. Generalstaatsanwalt.

XVIII

Erklärung der Abkürzungen.

GVG. — Gerichtsverfassungsgesetz. GewArch — Gewerbearchiv. HöchstRR. — Höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Gebiete des Strafrechts. HRR. — Höchstrichterliche Rechtsprechung. Vereinigte Ent­ scheidungs-Sammlung, Beilage zur Juristischen Rundschau, seit 1. Oktober 1935 Ergänzungsblatt zur „Deutschen Justiz" und zur Amtlichen Samm­ lung der Reichsgerichtsentscheidungen. JMBl. — Preuß. Justizministerialblatt. Johow — Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts, herausg. von Johom und Ring. JFGErg. — Ergänzung zum vorstehenden Jahrbuch. JGG. --- Jugendgerichtsgesetz. JurR. — Juristische Rundschau. IW. oder JurW. = Juristische Wochenschrift, seit April 1939 DR. KG. = Kammergericht. KGBl. = Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammer­ gerichts. Kohlrausch = K. StGB. 33 Ausl. 1932. Krug-Schäfer-Stolzenburg = Strasrechtl. Verwaltungsvorschriften des RIM, 1936 Nachtrag 1937. LK. ----- Das Reichsstrafgesetzbuch, ei läutert von Ebermayer, Lobe, Rosenberg. (Leipziger Kommentar.) 4. Aufl. 1929; Allg. Teil erläutert von Lobe, 5. Aufl. 1933. Löwe — Strafprozeßordnung von Löwe, herausg. von Rosen­ berg. 19. Aufl. herausg. von Gündel, Hartung, Lingemann, Niethammer, mit Nachtrag 1935 u. Löwe Erg. — Ergänzgsband 1936. Erg. II — Ergänzungsband 1940. LVG. — Gesetz, über die allgemeine Landesverwaltung. LZ. — Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht. MBliB. = Ministerialblatt für die (preuß.) innere Verwaltung. Mitteilungsvers. — Mitteilungen in Strafsachen. AV. des RdJ. v. 21. Mai 35 (Illa 18 355, 35). Müller — Die Preußische Justizverwaltung von H. Müller, 6. Aufl. Olshausen — Strafgesetzbuch von Olshausen. 11. Aufl. Heraus­ gegeben von Lorenz, Freiesleben, Niethammer, Kirchner und Gutjahr. Olshausen Nachtrag ----- Ergänzungsband zur 11. Aufl. des Komm, von Olshausen, bearb. von Freiesleben, Kirchner. Niethammer, 1936. OR. — Oppenhoff, Rechtsprechung des preuß. Obertrib. OStA. — Oberstaatsanwalt. OVG. — Preuß. Ober-Verwaltungsgericht. Pr. Justiz = Preußische Justiz. Rechtspflege und Rechtspolitik (Nr. 40—46 des Jahrgangs 95 des Justizmini­ sterialblatts. Von Nr. 47 ab „Deutsche Justiz" siehe darunter. R. = Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strass., herausg. von den Mitgliedern der Retchsanwaltschaft.

Erklärung der Abkürzungen.

XIX

RA. = Rechtsanwalt. RAbgO. — Relchsabgabenordnung. Recht = Das Recht (Zeitschrift), seit 1935 Monatsbeilage der DJustiz. RFBl. — Amtsblatt der Reichsfinanzverwaltung. RFH. = Reichsfinanzhos. Rg. = Reichsgericht. RGB!. = NeichSgefehblatt. Richtlinien --- R. sür das Strafverfahren, amtl. Sonderveröffentlichuna der Deutschen Justiz Nr. 7. RIM. = Reichsjmtizminister. RMBliV. = Ministerialblatt des Reichs- und Preuß. Ministeriums des Innern. RMdJ. = Reichsminister des Innern. RMG. = Entscheidungen des Reichsmilitärgerichts. RB. = Rundversügung. RBBl. == Reichsverwaltungsblatt. RBKBl. = Reichsverkehrsblatt. RDM. — Reichsverkehrsminister. RZBl. = Reichszollblatt. StA. = Staatsanwalt bzw. Staatsanwaltschaft. Sieger, Entjch. — Entscheidungen der Gerichte u. Verwaltungsbehörden aus dem Gebiete der inneren Verwaltung. Begr. v. Sieger, herausg. von R. Oescheg. Slenglein ---- Stenglein, Kommentar zu den strafrechtlichen Neben­ gesetzen. 5. Aufl. StGB. — Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. StPO. — Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich. StrafrVerwVorschr. — Strafrechtliche Verwaltungsvorschriften, her­ ausgegeben von Krug, Schäfer, Stolzenburg. Verkr. Abh. — Verkehrsrechtliche Abhandlungen u. Entscheidungen. VGH. = Volksgerichtshof. VMB1. = Ministerialblatt für die innere Verwaltung. VO. — Verordnung. Zentralbl. — Zentralblati für das Deutsche Reich. ZsZR. = Zeitschrift für Zollwesen u. Reichssteuern. ZPO. — Zivilprozeßordnung. ZStW. — Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft.

Programm der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Das Programm der Deutschen Arbeiterpartei ist ein Zeitpro­ gramm. Die Führer lehnen es ab, nach Erreichung der im Programm aufgestellten Ziele neue aufzustellen, nur zu dem Zweck, um durch künstlich gesteigerte Unzufriedenheit der Massen das Fortbestehen der Partei zu ermöglichen. 1. Wir fordern den Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu einem Groß-Deutschland. 2. Wir fordern die Gleichberechtigung des deutschen Volkes gegen­ über den anderen Nationen, Aufhebung der Friedensverträge von Versailles und St. Germain. 3. Wir fordern Land und Boden (Kolonien) zur Ernährung unseres Volkes und Ansiedlung unseres Bevölkerungsüberschusses. 4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volks­ genosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme

auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein. 5. Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muß unter Fremdengesetzgebung stehen. 6. Das Recht, über Führung und Gesetze des Staates zu bestim­ men, darf nur dem Staatsbürger zustehen. Daher fordern wir, daß jedes öffentliche Amt, gleichgültig welcher Art, gleich ob im Reich, Land oder Gemeinde, nur durch Staatsbürger belleidet werden darf. Wir bekämpfen die korrumpierende Parlamentswirtschaft einer Stellenbesetzung nur nach Parteigesichtspunkten ohne Rücksichten auf Charakter und Fähigkeiten. 7. Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen (Nicht-Staatsbürger) aus dem Reiche auszuweisen. Dalcke, Strafrecht. 32. Aust.

1

2

Parteiprogramm.

8. Jede weitere Einwanderung Nicht-Deutscher ist zu verhindern. Wir fordern, daß alle Nicht-Deutschen, die seit 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reiches ge­

zwungen werden. 9. Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechte und Pflichten besitzen.

10. Erste Pflicht jedes Staatsbürgers muh sein, geistig oder körper­ lich zu schaffen. Die Tätigkeit des Einzelnen darf nicht gegen die

Interessen der Allgemeinheit verstoßen, sondern muß im Rahmen des Gesamten und zum Nutzen aller erfolgen. 11.

Abschaffung

des

arbeits-

und

Daher fordern wir: mühelosen

Einkommens.

Brechung der Zinsknechtschaft.

12. Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die

jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden. Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne. 13. Mr fordern die Verstaatlichung aller (bisher) bereits ver­

gesellschafteten (Trusts) Betriebe. 14. Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben. 15. Wir fordern einen großzügigen Ausbau der Altersversorgung.

16. Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und

seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäuser und ihre Vermietung zu bllligen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung

an den Staat, die Länder oder Gemeinden.

17. Wir fordern eine unseren nationalen Bedürfnissen angepaßte

Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Ent­ eignung von Boden für gemeinnützige Zwecke. Abschaffung des Boden­ zinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation.^x) 18. Wir fordern den rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die

durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen.

Gemeine Volks­

verbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen,

ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse. 1) Gegenüber den verlogenen Auslegungen des Punktes 17 des Pro­ gramms der NSDAP, von Seiten unserer Gegner ist folgende Feststellung notwendig: Da die NSDAP, auf dem Boden des Privateigentums steht, ergibt sich von selbst, daß der Passus „Unentgeltliche Enteignung" nur auf die Schaffung gesetzlicher Möglichkeiten Bezug hat, Boden, der auf unrecht­ mäßige Weise erworben wurde oder nicht nach den Gesichtspunkten des Volkswohls verwaltet wird, wenn nötig, zu enteignen. Dies richtet sich dem­ gemäß in erster Linie gegen die jüdischen Grundstückspekulationsgesellschaften.

München, den 13. 4. 1928. gez.: Adolf Hitler.

Parteiprogramm.

3

19. Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht. 20. Um jedem fähigen und fleißigen Deutschen das Erreichen höherer Bildung und damit das Einrücken in führende Stellung zu ermöglichen, hat der Staat für einen gründlichen Ausbau unseres gesamten Volksbildungswesens Sorge zu tragen. Die Lehrpläne aller Bildungsanstalten sind den Erfordernissen des praktischen Lebens anzupassen. Das Erfassen des Staatsgedankens muß bereits mit dem Beginn des Verständnisses durch die Schule (Staatsbürgerkunde) erzielt werden. Wir fordern die Ausbildung besonders veranlagter Kinder armer Eltern ohne Rücksicht auf deren Stand oder Beruf auf Staatskosten. 21. Der Staat hat für die Hebung der Volksgesundheit zu sorgen durch den Schutz der Mutter und des Kindes, durch Verbot der Jugend­ arbeit, durch Herbeiführung der körperlichen Ertüchtigung mittels gesetzlicher Festlegung einer Turn-, und Sportpflicht, durch' größte Unterstützung aller sich mit körperlicher Jugendausbildung beschäftigenden Vereine. 22. Wir fordern die Abschaffung der Söldnertruppe und die

Bildung eines Volksheeres. 23. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse. Um die Schaf­ fung einer deutschen Presse zu ermöglichen, fordern wir, daß: a) sämtliche Schriftleiter und Mitarbeiter von Zeitungen, die in deutscher Sprache erscheinen, Volksgenossen sein müssen; b) nichtdeutsche Zeitungen zu ihrem Erscheinen der ausdrücklichen Genehmigung des Staates bedürfen. Sie dürfen nicht in deutscher Sprache gedruckt werden; c) jede finanzielle Beteiligung an deutschen Zeitungen oder deren Beeinflussung durch Nicht-Deutsche gesetzlich verboten wird und for­ dern als Strafe für Übertretungen die Schließung eines solchen Zeitungsbetriebes sowie die sofortige Ausweisung der daran beteiligten Nicht-Deutschen aus dem Reich. — Zeitungen, die gegen das Gemein­ wohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen eine Kunst- und Literaturrichtung, die einen zersetzenden Ein­ fluß auf unser Volksleben ausübt, und die Schließung von Veran­ staltungen, die gegen vorstehende Forderungen verstoßen. 24. Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. —

Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christen­ tums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden.

4

Parteiprogramm.

Sie bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage: Gemeinnutz vor Eigennutz. 25. Zur Durchführung alles dessen fordern wir: Die Schaffung einer starken Zentralgewalt des Reiches. Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlaments über das gesamte Reich und seine Organisationen im allgemeinen. Die Bildung von Stände- und Berufskammern zur Durchführung der vom Reich erlassenen Rahmengesetze in den einzelnen Bundes­ staaten. Die Führer der Partei versprechen, wenn nötig unter Einsatz des eigenen Lebens, für die Durchführung der vorstehenden Punkte rück­ sichtslos einzutreten. München, den 24. 2. 1920.

A. Strafrecht. l. Strafgesetzbuch.

A1. Einführungsgeseh jum Strafgesetzbuch. Vom 31. Mat 1870. (BGBl. 1870 S. 196.)

§ 1

Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (den Norddeutschen

Bund) tritt im ganzen Umfange des Bundesgebietes mit dem 1. Januar 1872 (1871) in Kraft.

§ 2

Mit diesem Tage tritt das Reichs- (Bundes-) und Landes-

straftecht, insoweit dasselbe Materien betrifft,l)2 welche Gegenstand des

Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) sind, außer Krafts) 1) Materien sind solche Rechtsstoffe, die einer Mehrheit gedachter Straf­ bestimmungen als gemeinsames Schutz- oder Bekämpfungsziel zugrunde liegen. Köhler, Deutsches Strafrecht S. 148. Die allgemeinen Bestimmungen deS StGB, sind nicht Materie. E. 45 S. 53. 2) Beseitigt ist hiernach die Vorschrift des § 28 des Ges. v. 8. Mai 1837 (Aufstellung einer zu hohen Brandschadensliquidation), E. 3 S. 84, ferner die §§ 2, 24 desselben Gesetzes durch das Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag v. 30. Mai 08 (RGBl. S. 263). KG. v. 30. Juni 10, I o h o w 40 S. 6 393. Desgl. § 20. E. 45 S. 118. Die §§ 30, 31 der AG. III Tit. 1, welche das mutwillige Querulieren unter Strafe stellten, sind auf Grund des Ges. v. 23. März 1931 (GS. S. 33) durch Beschluß v. 9. Juli 1931 (GS. S. 127) aufgehoben. Dagegen besteht § 270 des früheren preuß. StGB. (Abhalten von Bietern bei Versteigerungen) noch zu Recht, E. 10 S. 221; R. 10 S. 713; E. 27 S. 106; E. 35 S. 393 u. E. 37 S. 139. Der § lautet: Wer andere vom Mitbieten oder Weiterbieten bei den von öffentlichen Behörden oder Beamten vorgenommenen Versteigerungen, dieselben mögen Verkäufe, Verpachtungen, Lieferungen, Unternehmungen oder Geschäfte irgend einer Art betreffen, durch Gewalt oder Drohung, oder durch Zu­ sicherung oder Gewährung eines Vorteils abhält, wird mit Geldstrafe ... oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Über den Tatbestand des Vergehens aus § 270: GA. 45 S. 360, KG. Johow, Erg. Bd. 9 S. 257

6

A 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch §§ 3—5.

In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Reichs- (Bundes-) und Landesstraftechts, namentlich über strafbare Verletzungen / der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-,?») Forst- und Feldpolizei-Gesetze, über Mißbrauch des Vereins- und Versammlungs­ rechts und über den Holz- (Forst-) Diebstahl. Bis zum Erlasse eines Reichs- (Bundes-) gesetzes über den Konkurs bleiben ferner diejenigen Strafvorschriften in Kraft, welche rücksichtlich des Konkurses in Landesgesetzen enthalten sind, insoweit dieselben sich auf Handlungen beziehen, über welche das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) nichts bestimmt.

§ 3 Wenn in Landesgesetzen auf straftechtliche Vorschriften, welche durch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, so treten die entsprechen­ den Vorschriften des letzteren an die Stelle der ersteren. § 4

Bis zum Erlasse der in den Artikeln 61 und 68 der Verfassung des

Deutschen Reichs (Norddeutschen Bundes) vorbehaltenen Reichs- (Bundes-) gesehe sind die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323 und 324 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Verbrechen mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Teile des Bundesgebietes, welchen der Kaiser (Bundes­ feldherr) in Kriegszustand (Art. 68 der Verfassung) erklärt hat, oder während eines gegen das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplatz begangen werden?)

§ 5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Nord­ deutschen Bund) sind, darf nur Gefängnis bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Ämter angedroht werden?») (die Vorteilszusicherung muß das Mittel sein zur Fernhaltung). E.39 S. 134. Z. B. durch mittelbare Inaussichtstellung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen. Ob die Drohung vor dem Beginn der Versteig, oder während derselben geschieht, ist gleichgültig. KG. JurW. 61 S. 1042. Ein Abhalten vom Bieten liegt nicht vor, wenn der Täter sich einer Mittelsperson bedient, die den Bietelustigen zum Aufgeben des Weiterbietenö überredet, ohne dabei eines der Mittel des § 270 zu verwenden. Der Bietelustige muß sich den Vorteil zueignen. KG. DIZ. 34 S. 448. Auf Abhalten vom „freien" Bieten ist § 270 nicht auszu­ dehnen. Recht 28 Nr. 732. 2 a) § 2 Abs. 2 ist, soweit er die Jagd betrifft, am 1. April 35 außer Kraft getreten (§71 des Reichsjagdges.). 3) Überholt durch §§ 155—158, 160 MilStGB, und Art. 48 der RV.

3 a) § -5 ist, soweit es sich um das Landessteuerstrafrecht handelt, durch­ brochen durch § 19 Abs. 2 des Finanzausgleichges. v. 27. April 26 (RGBl. I S. 203 und § 25 EinfG. RealStG. v. 1. Dezember 1936 (RGBl. I S. 961), wonach die strafrechtlichen Vorschriften der RAbgO. (auch soweit sie über den Rahmen des § 5 EGStGB. hinausgehen) für anwendbar erklärt werden können.

A 1. Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch §§ 6—8. § 6.

7

Vom 1. Januar 1872 (i8?i) ab darf nur auf die im Straf­

gesetzbuche für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) enthaltenen

Strafarten erkannt werden. *)

Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängnis- oder Geldstrafe Forst- oder Gemetndearbett angedroht oder nachgelassen ist, so behält

eS hierbei sein Bewenden.

§ 7.

Bom 1. Januar 1872 (i87i) ab verjähren Zuwiderhand­

lungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntwein­

steuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren. § 8.

Der Landesgesetzgebung bleibt Vorbehalten, Übergangs­

bestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden LandeSstrafgesetze mit den Vorschriften des Strafgesetzbuchs für daS Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) in Übereinstimmung zu bringen.

4) Wo also ein preuß. Ges. eine Gefängnisstrafe bis zu 6 Wochen be­ droht, ist jetzt auf Haft zu erkennen. E. 13 S. 93.

A 2. Strafgesetzbuch für das Deutsche Deich. Vom 15. Mat 1871. (RGBl. 1876 S. 40.) Einleitende Bestimmungen.

§ 1.

Eine mit dem Tode,

mit Zuchthaus

oder mit Festungs­

haft von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung ist ein Verbrechen. Eine mit Festungshaft bis zu fünf Jahren, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe von mehr als einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Geldstrafe schlechthin bedrohte Handlung ist ein Vergehend) Eine mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichs­ mark bedrohte Handlung ist eine Übertretung. § 2. Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für straf­ bar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient?) Findet auf die 1) Ob eine Tat Verbrechen, Vergehen oder Übertretung ist, richtet sich stets nach dem ordentlichen Straftahmen, ohne Rücksicht darauf, ob bei mildernden Umständen ein müderer Straftahmen oder bei erschwerenden Umständen ein schwererer Straftahmen (auch der des § 20a E. 74 S. 65) vorgesehen ist. Nach E. 69 S. 49 sind Vergehen, die in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bedroht sind, stets Vergehen, nie Verbrechen. Die Richtigkeit dieser Entscheidung ist indessen zweifelhaft,'nach richtiger Ansicht liegt, wenn Zuchthaus verwirkt ist, ein Verbrechen vor (vgl. SchäferDohnanyi, Nachtrag zu Frank S. 8; Nüse DJust. 1939 S. 1628). Ist bei einer im Regelfall mit Übertretungsstrafe bedrohten Tat für besonders schwere Fälle Vergehens- oder Verbrechensstrafe angedroht, so entscheidet ebenfalls die im konkreten Fall verwirkte Strafe darüber, ob eine Über­ tretung, ein Vergehen oder ein Verbrechen vorliegt (Rietzsch DJust. 1941 S. 73; AB. d. RIM. v. 9. Aug. 40 — 4640 IIa1 2 1218/40 —). Bei wahl­ weiser Androhung mehrerer Strafarten entscheidet die schwerste angedrohte Strafe. Besteht die angedrohte Strafe in dem Einfachen oder Mehrfachen eines bestimmten Betrages, so entscheidet die im Einzelfall zulässige höchste Geldstrafe (vgl. Anm. 5 zu § 2 StrafregVO., unter D 6). Jugendarrest ist keine Strafe, sondern ein Zuchtmittel (§ 1 der VO. v. 28. Novbr. 40, RGBl. I S. 1541); er bestimmt den Charakter der Straftat, nicht da er nur an Stelle der angedrohten Gefängnis- oder Haftstrafe erkannt wird (§ 1 der BO. z. Er­ gänzung d. Jugendstrafrechts v. 4. Oktbr. 40, RGBl. I S. 1336). 2) § 2 ist durch Art. 1 des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839) einge­ fügt; er findet auf Handlungen, die vor dem 1. Septbr. 35 begangen worden sind, im'Hinblick auf § 2a Abs. 1 StGB, keine Anwendung. E. 70 S. 173. § 2 enthält einen allgemeinen, auch im Strafverfahrensrecht Geltung beanspruchenden Gedanken. OLG. Jena DJust. 1939 S. 1088. § 2 läßt im Interesse der materiellen Gerechtigkeit, abweichend von dem früheren § 2, Bestrafung einer Tat zu, wenn sie zwar nicht im Gesetz selbst

Einleitende Bestimmungen § 2.

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Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke auf sie am besten zutrisst. mit Strafe bedroht ist, aber sowohl nach dem Grundgedanken eines Straf­ gesetzes wie nach gesundem Bolksempfinden Bestrafung verdient. Gesetz und Recht sind danach gleichrangige Rechtserkenntnisquellen. Praktisch ist indessen nach wie vor das Gesetz als der verkörperte Führerbefehl die vor­ nehmste und wichtigste Rechtserkenntnisquelle. Eine Bestrafung auf Grund entsprechender Gesetzesanwendung ist nur dann zulässig — dann aber auch geboten (vgl. auch §§ 170a, 267a StPO.) —, wenn auch eine nicht am Buchstaben haftende, sondern Sinn und Zweck der Vorschrift berücksichtigende Aus­ legung nicht imstande wäre, ein Handeln mit einer gesetzlichen Vorschrift zu erfassen, das ersichtlich dem Grundgedanken eines Gesetzes zuwiderläuft und, well mit dem Sittengebot der völkischen Gemeinschaftsordnung unverträglich, nach gesundem Bolksempfinden Bestrafung verdient. Zweck des § 2 ist es, dem Gericht zu ermöglichen, unbeabsichtigte Lücken des Gesetzes zu schließen und Fälle zu erfassen, die der Gesetzgeber vermutlich hätte treffen wollen, wenn er bei der Abfassung des Gesetzes an sie gedacht hätte. E. 70 S. 175. Da­ her keine Anwendung des § 2, wenn die Handlungen schon durch das Gesetz unmittelbar für strafbar erklärt sind. RG. DJust. 1936 S. 609. Dies gllt in­ dessen nur, wenn das geschriebene Gesetz eine Besttafung der Tat ent­ sprechend ihrem materiellen Unrechtsgehalt ermöglicht (Freisler DJust. 1936 S. 1572; Becker DJust. 1937 S. 459; Mezger, Leitfaden S. 37; Kohlrausch, StGB. [34] S. 30; Schäfer JurW. 1937 S. 703; Goedel DJust. 1938 S. 589; E. 70 S. 356; 71 S. 324; die abweichende Entsch. RG. DJust. 1936 S. 609 ist ttotz E. 71 S. 390 als überholt anzusehen). Ist eine Tat aus einem unmittelbar anwendbaren Gesetz nur auf Anttag strafbar, so ist die entsprechende Anwendung eines anderen Gesetzes jeden­ falls dann möglich, falls der Anttag nicht gestellt wird. Goedel DJust. 1938 S. 590. § 2 gibt nicht die Befugnis, eine im Gesetz mit Sttafe bedrohte Tat mit einer anderen als der dort vorgesehenen Sttafe oder Nebensttafe zu belegen und z. B. in einem Falle, in dem Gefängnis oder Zuchthausstrafe wahlweise angedroht sind, mit einer Gefängnissttafe in entsprechender An­ wendung des § 32 StGB, die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zu verbinden. E. 70 S. 220 (vgl. aber auch Anm. 11 zu § 84). Die rechtsschöpfende Gesetzesanwendung ist an zwei Voraussetzungen gebunden: a) Die Tat muß dem Grundgedanken eines Gesetzes (der ratio legis) zuwiderlaufen. Maßgebend ist bei älteren Gesetzen der Grundgedanke, wie er sich nach heutiger Rechtsanschauung darstellt, wenn diese von den Auffas­ sungen zur Zeit der Schaffung der Vorschrift abweicht (Rietzsch, DJust. 1937 S. 1755; Schäfer, JurW. 1937 S. 381; Mezger, ZAkadDR. 1938 S. 118; Kraner DSttR. 1939 S. 266; a. M. Kohlrausch, DSttR. 1939 S. 122). Ge­ setzes- und sog. Rechtsanalogie sind zulässig, letztere mit der Maßgabe, daß der Berbotstatbestand stets aus dem Grundgedanken eines bestimmten Gesetzes gewonnen werden muß; in beiden Fällen darf aber der Grundgedanke nicht so verallgemeinert werden, daß die Verbindung mit dem gesetzlichen Tatbestand völlig verloren geht. E. 71 S. 197. Beispiele: Der Grundgedanke der Tötungsvorschriften (§§ 211 ff.) ist der Schutz fremden Lebens; daher keine Be­ strafung gemäß § 2 bei Beihilfe zum Selbstmord als der Vernichtung eigenen Lebens. E. 70 S. 313. Das Wesen der Begünstigung (§ 257) besteht in der

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Unterstützung einer fremden Tat; daher auch mit Hilfe des § 2 keine Anwen­ dung des § 257, wenn der Täter ausschließlich seines Vorteils wegen gehan­ delt hat. E. 70 S. 384. Das Briefgeheimnis (§ 299) erstreckt sich nur auf den Inhalt des verschlossenen Briefes; daher keine entsprechende Anwendung des § 299, wenn ohne Öffnung des Briefes nur das Behältnis, in dem er sich befindet, eröffnet wird. OLG. Jena DStrR. 1937 S. 61. Eine Be­ strafung setzt Verschulden voraus; daher keine Anwendung des § 2 auf schuldhaftes Verhalten. E. 71 S. 195. Da die eidliche Offenbarungs­ pflicht des Schuldners sich nach § 807 ZPO. nur auf die Vollständigkeit des tatsächlich vorhandenen Vermögens bezieht, kann er auch nicht gemäß § 2 wegen vollendeten Meineids (§ 153) bestraft werden, wenn er wahrheits­ widrig erdichtete Vermögensstücke angibt. RG. DJust. 1937 S. 1315. Stets ist zu prüfen, ob nicht das Gesetz eine bewußte Grenzziehung vorgenommen hat, die einer Erweiterung des Anwendungsgebiets der Vorschrift im Wege des § 2 entgegensteht. Beispiel: im Falle der Festsetzung bestimmter Schutz­ alter in Gesetzen (§§ 176 Nr. 3,182) keine entsprechende Anwendung auf Per­ sonen, die nach körperlicher und geistiger Beschaffenheit den geschützten Per­ sonen entsprechen. Oder: die Bestrafung gleichgeschlechtlicher Unzucht nur bei Männern (§§ 175, 175*) ergibt, daß die Bestrafung gleichgeschlechtlicher Unzucht zwischen Frauen ausgeschlossen sein soll. Oder: wenn § 172 StGB, sich bewußt auf die Bestrafung des Ehebruchs, d. h. der ehebrecherischen Bei­ schlafsvollziehung beschränkt, ist eine entsprechende Anwendung auf bloß un­ züchtige ehewidrige Handlungen ausgeschlossen (E. 70 S. 175); aus dem gleichen Grunde keine Bestrafung wegen Blutschande (§ 173) und Schändung (§ 176 Abs. 1 Nr. 2) bei unzüchtigen Handlungen, die nicht in Beischlassvollziehung bestehen. E. 71 S. 196 und RG. DJust. 1937 S. 585. Oder: die Strafermäßigung bei Widerruf des Meineids (§ 158) soll nur dem Meineidigen selbst zugute kommen; daher keine entsprechende Anwendung auf den An­ stifter zum Meineid (NG. DJust. 1936 S. 290). Oder: die Einreichung der Abschrift einer eidesstattlichen Versicherung ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 156 strafbar. E. 70 S. 130. Oder: die Vernachlässigung der Unterhaltspflicht (§ 361 Abs. 1 Nr. 10) ist nur strafbar, wenn eine Auf­ forderung der zuständigen Behörde und behördliche Hilfevermittlung vor­ liegt; von diesen Erfordernissen kann nicht gemäß § 2 abgesehen werden (vgl. Anm. 79 und 79b zu § 361). Oder: wenn § 179 nur die Erschleichung des für ehelich gehaltenen Beischlafs bedroht, kann die Korschrift nicht entsprechend auf die bewußte Gestattung des außerehelichen Beischlafs angewendet werden. RG. IW. 1937 S. 2373. Oder: wenn § 211 als Mord nur die mit Überlegung ausgeführte vorsätzliche Tötung bedroht, so kann nicht gemäß § 2 die Todes­ strafe bei einer ohne Überlegung ausgeführten Tötung ausgesprochen werden, auch wenn die Tat wegen ihrer Begleitumstände noch so verabscheuungs­ würdig ist. RG. JurW. 1937 S. 1328. Oder: nach § 240 Abs. 1 Nr. 2 KO. bilden nur die Waren, die der Täter auf Kredit entnommen hat, den Gegen­ stand des Schleuderverkaufs; die Vorschrift kann nicht entsprechend ange­ wendet werden, wenn die auf Kredit entnommene Ware -durch "Arbeit in eine andere Ware umgestaltet worden ist. E. 72 S. 188. Oder: nach § 4 Heimtückeges. wird bestraft, wer sich seines Vorteils wegen als Mitglied der NSDAP, ausgibt, ohne es zu sein; keine entsprechende Anwendung der Vor­ schrift, wenn der Täter ohne eigenen Vorteil im Interesse eines anderen handelt. NG. DR. 1939 S. 1977. Ob das Gesetz solche gewollten Grenzen hat, ist besonders sorgfältig auf dem Gebiet des Nebenstrafrechts (amtliche Begründung) (vgl. dazu E. 70 S. 177) und polizeilicher Übertretungsvor-

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schriften (KG. DStrafr. 1939 S. 216) zu prüfen. In der Annahme einer solchen bewußten Grenzziehung geht aber das NG. zu weit, wenn es bei den nach dem nationalsozialistischen Umbruch erlassenen Gesetzen (vgl. E. 70 S. 367 betr. § 164; NG. JurW. 1937 S. 2699 betr. § 266) ohne weiteres annimmt, daß ein Hinausgehen über den Wortlaut des geschriebenen Rechts dem Willen des Gesetzgebers widerstreite; entscheidend ist vielmehr auch bei diesen Gesetzen, ob der Gesetzgeber erkennbar eine entsprechende Anwen­ dung hat ausschließen wollen (Schäfer, JurW. 1937 S. 382; Schwinge, JurW. 1937 S. 2699 und jetzt auch E. 71 S. 388). b) Die Tat muß nach gesundem Volksempfinben Bestrafung verdienen. Keine Prüfung, wie das Volk oder der in Frage kommende Volksteil über die Strafwürdigkeit tatsächlich denkt, sondern wertende Feststellung, ob das Verhalten die Mißbilligung der Volksgemeinschaft verdient. Beispiel: da der eheliche Beischlaf nach gesunder Volksanschauung keine Unzucht darstellt, kann auch die Erzwingung des Beischlafs zwischen Ehegatten'mit Gewalt nicht in entsprechender Anwendung des § 176 Abs. 1 Nr. 1 (sondern nur als Nötigung, § 240) bestraft werden. E. 71 S. 110, Die Anwendbarkeit des § 2 ist grundsätzlich nicht auf die Vorschriften des Besonderen Teils des StGB, beschränkt, ergreift vielmehr auch den Allge­ meinen Teil. Doch ist gerade hier besonders sorgfältig zu prüfen, ob eine ent­ sprechende Anwendung nicht dem erkennbar einschränkenden Wlllen des Ge­ setzgebers zuwiderläuft. Auf dem Gebiet des Besonderen Teils und des Nebenstrafrechts seien als Beispiele für die Zulässigkeit entsprechender Anwendung noch erwähnt: der tatsächliche Leiter einer G.m.b.H., auch wenn er nicht eingetragener Geschäftsführer ist (vgl. § 83 des G.m.b.H.Ges.) und der Beauftragte des Inhabers einer Einzelfirma, der diese tatsächlich leitet und die Bücher führt, können gemäß § 2 für unordentliche Buchführung nach § 240 Abs. 1 Nr. 3 KO. strafrechtlich verantwortlich sein. E. 71 S. 112; 72 S. 65; ebenso ist der Geschäftsführer einer zur Führung des Baubuchs verpflichteten G.m.b.H., der das Baubuch zu führen unterläßt, entsprechend dem § 6 BauFG. zu bestrafen. E. 73 S. 100. — Die böswillige Entziehung fremder Sachen ohne Zueignungsabsicht und ohne Beschädigung oder Zerstörung der Sache (Fliegenlassen des fremden Kanarienvogels usw.) war bisher straflos; jetzt Strafbarkeit aus § 303 StGB. (vgl. Anm. 91 zu § 303). — Diebstahl aus einem Schiff mittels Einbruchs oder Einsteigens ist als Einbruchsdiebstahl aus § 243 Nr. 2 strafbar (vgl. Anm. 58 Abs. 2 zu § 243). — Bisher lag kein Einbruchsdiebstahl (§ 243 Nr. 2) vor, wenn das Behältnis nicht im Innern des Gebäudes oder umschlossenen Raumes erbrochen wurde; jetzt ist § 243 Nr. 2 auch anwendbar, wenn die Erbrechung des Behältnisses erst außerhalb des Gebäudes oder umschlossenen Raumes erfolgt (vgl. Anm. 61 zu § 243). Die §§ 242, 246 erfordern die Absicht des Täters, sich die Sache anzueignen; gemäß § 2 ist nach §§ 242, 246 aber auch strafbar, wer namens eines Dritten zu dessen Gunsten über die Sache verfügt (vgl. Anm. 52a zu § 242). Nach der bisherigen Auslegung des § 288 fiel nur die Zerstörung, nicht auch die Beschädigung einer Sache unter den Begriff des „Beiseiteschaffens" (E. 19 S. 122; E. 27 S. 122); jetzt ist auch die Beschädigung als Bollstreckungs­ vereitlung strafbar. Nach § 259 kann nur an der strafbar erlangten "Sache selbst Hehlerei begangen werden, nicht auch an dem Erlös, der bei der Ver­ äußerung an ihre Stelle getreten ist; jetzt ist auch in gewissem Umfang die sog. Ersatzhehlerei strafbar (vgl. Anm. 26 Abs. 3 zu § 259). Ebenso war bisher wegen Hehlerei nicht strafbar, wer gestohlene Sachen ohne Erlangung

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A 2. Strafgesetzbuch § 2.

eigener Verfügungsgewalt mitverzehrte, da hierin kein „Ansichbringen" lag; jetzt ist auch der Mitgenuß zu bestrafen (vgl. Anm. 30 Abs. 2 zu § 259). KrM des § 2 kann i. S. des § 164 eine Dienststelle der NSDAP, einer Behörde, ein Amtsträger der NSDAP, einem Beamten gleichgeachtet werden (vgl. Anm. 88 zu § 164 und Anm. 46 Abs. 5 zu § 359). Wegen der Bestrafung der Vortäuchung strafbarer Handlungen siehe Anm. 87 zu § 164. § 123 ist entsprechend anwendbar, wenn der Täter zwar nicht körperlich in die Wohnung eindringt, aber den Hausfrieden durch häufige fernmündliche Anrufe stört, die nur den Zweck verfolgen, den Wohnungsinhaber zu ärgern (vgl. Anm. 73 zu § 123). § 24 Abs. 1 Nr. 1 Kraftfahrzeugges. (abgedr. B IX 1) ist ent­ sprechend anwendbar, wenn der Täter — ohne Fahrprüfung und Fahr­ erlaubnis — den Besitz eines Führerscheins erschleicht und.dann ein Kraft­ fahrzeug führt. E. 72 S. 158. Wegen weiterer Fälle, in denen die Recht­ sprechung eine entsprechende Anwendung von Vorschriften des Bes. Teils des StGB, oder des Nebenstrafrechts vorgenommen hat, wird auf die An­ merkungen zu den einschlägigen Vorschriften verwiesen sowie auf die Zu­ sammenstellungen von Goedel, DJust. 1938 S. 588 und Bepler, JurW. 1938 S. 1553 und 1939 S. 257. § 2 ermöglicht auch die entsprechende Gesetzesanwendung zugunsten des Angekl. (zweifelnd E. 74 S. 45; dagegen mit Recht Mezger ZAkadDN. 1940 S. 133). Beispiele: aus §§ 247, 263 Abs. 5 StGB, ist zu entnehmen, daß nach dem Willen des Gesetzes auch Untreue (§ 266) von Angehörigen nur auf Antrag verfolgt werden darf (vgl. Anm. 58 zu § 266); nach OLG. Kiel HRR. 1936 Nr. 786 enthält § 295 Abs. 2 StGB, einen Gedanken von all­ gemeiner Bedeutung, der immer Platz greift, wenn das Gesetz die Ein­ ziehung zwingend vorschreibt (mit Einschränkungen zustimmend Schäfer, DJust. 1936 S. 1471). Von der entsprechenden Anwendung eines Strafgesetzes zu unter­ scheiden ist die ausdehnende Auslegung der Strafgesetze, die auf dem Gebiet des Strafrechts von jeher zulässig war. Hierzu — und zur Frage der Auslegung ganz allgemein — ist folgendes zu sagen: der in § 2 vollzogene Übergang von der formellen zur materiellen Unrechtsauffassung hat zur Folge, daß heute die Ergebnisse der Rechtsprechung aus der Zeit vor dem Umbruch nicht mehr ohne weiteres der Auslegung und Handhabung der Strafgesetze zugrunde gelegt werden dürfen, sondern daß stets geprüft werden muß, ob die betreffende Entscheidung mit den geänderten Lebens­ und Rechtsanschauungen der Gegenwart noch in Einklang steht. Damit das RG. als höchstes deutsches Gericht den übrigen Gerichten bei der Erfüllung dieser Aufgabe frei und ungehindert führend vorangehen kann, hat Art. 2 des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844) das NG. von der sonst (nach § 136 GVG.) bestehenden Bindung an frühere Entscheidungen befreit, soweit die frühere Entscheidung vor dem 1. Septbr. 35 ergangen ist. Wie sich dieser Wandel der Betrachtungsweise auswirkt, zeigen z. B. die Urteile E. 69 S. 357 und DJust. 1936 S. 903, wo das RG. auch von den zuständigen Dienststellen der NSDAP, ausgestellte Urkunden als öffentliche Urkunden i. S. des § 267 StGB, angesehen hat; nach der bisher in ständiger Rechtsprechung festgelegten Begriffsbestimmung wären sie keine öffentliche Urkunde gewesen. Weitere Beispiele dieser Art sind die neue Auslegung des Begriffs der wider­ natürlichen Unzucht i. S. des § 175 a. F. und § 175 b n. F. (vgl. Anm. 46 KU § 175 und Anm. 46 Kzu § 175 b), die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung in Frage, wieweit vor dem 1. Septbr. 35 eine Wahlfeststellung zulässig war (RG. DJust. 1935 S. 1738) und die Anerkennung der Beleidigungsfähigkeit von Personengemeinschaften E. 70 S. 140.

Einleitende Bestimmungen §§ 2 a u. b.

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§ 2a.2B) Die Strafbarkeit einer Tat und die Strafe bestimmen sich nach dem Recht, das zur Zeit der Tat gilt.2b) Gilt zur Zeit der Entscheidung^) ein milderes Gesetz") als zur Zeit der Tat, so kann") das mildere Gesetz angewandt werden; ist die Tat zur Zeit der Entscheidung nicht mehr mit Strafe bedroht, so kann die Bestrafung unterbleiben.") Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit28) erlassen ist, ist auf die während seiner Geltung begangenen Straftaten auch dann anzu­ wenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Über Maßregeln der Sicherung und Besserung ist nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt. § 2 b.2 h)

Steht fest, daß jemand gegen eines von mehreren

Strafgesetzen verstoßen hat,2*) ist aber eine Tatfeststellung nur WahlFür die Auslegung des geltenden Rechts sind auch die bisherigen Er­ gebnisse der Arbeiten an der Strafrechtsreform von wesentlicher Bedeutung vgl. dazu z. B. E. 69 S. 308 über die der Selbsthilfe — § 229 BGB. — nach gesundem Bolksempfinden gezogenen Grenzen). 2a) Die Vorschrift beruht auf dem Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). 2b) Als Zeitpunkt der begangenen Handlung gilt derjenige, in dem die Straftat zum Abschluß gelangt ist. Recht 6 S. 300. Dies gilt auch in Fällen der fortgesetzten strafbaren Handlung. RG. IW. 1937 S. 133028. Verschärft das neue Gesetz die auch schon bisher für die Tat allgemein angedrohte Strafe für einen bestimmten besonders erschwerten Fall, so kann es nur dann auf die fortgesetzte Handlung bezogen werden, wenn nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes wenigstens eine Einzelhandlung unter den Erschwerungsvor­ aussetzungen begangen ist. RG. DJust. 1937 S. 246. 2c) Durch den jeweils entscheidenden Richter, auch in der Revisions­ instanz (§ 354a StPO.). 2d) Geldstrafe ist gegenüber einer Freiheitsstrafe stets als das geringere Übel anzusehen. E. 57 S. 193. Zu prüfen ist, welches Gesetz für den vor­ liegenden Fall bei Berücksichtigung von mildernde Umstände zulassenden oder ausschließenden Tatsachen oder weil es einen Strafantrag fordert oder weil die Verjährung früher eintritt usw., für den A. die müdeste Beurteilung zuläßt. RG. IW. 1936 S. 49". 2e) Nach pflichtmäßigem Ermessen des Gerichts. Unzulässig ist es, teils das alte,teils das neue Gesetz auf dieselbe Tat gleichzeitig anzuwenden. E.74 S.132. 2t) Ohne Rücksicht darauf, ob die Aufhebung des Gesetzes auf geläuterter Rechtsüberzeugung beruhte oder das Gesetz wegen besonderer tatsächlicher Verhältnisse erlassen worden war und wegen Wegfalls dieser Verhältnisse außer Kraft getreten ist (amtl. Begr.). Vgl. jedoch Abs. 3. 2g) Ohne Rücksicht darauf, ob die Geltungsdauer von vornherein kalen­ dermäßig bestimmt oder das Gesetz sonstwie nur für eine bestimmte Zeit er­ lassen ist. 2h) § 2b, der auf dem Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. 1 S. 839) beruht, ist am 1. Septbr. 35 in Kraft getreten. Nach der neueren Rechtsprechung des RG. ist Wahlfeststellung in dem in 8 2 b bestimmten Umfang aber auch für die Fälle aus der Zeit vor dem 1. Septbr. 35 zulässig. E. 69 S. 369. 2i) Folgende Fälle kommen in Betracht: a) Eine einheitliche Tat (i. S. des § 264 StPO.) verstößt gegen eines

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A 2. Strafgesetzbuch § 2b.

weise möglich,? *) so ist der Täter aus dem mildesten Gesetz zu bestrafen? *) von mehreren Gesetzen, ohne daß eine eindeutige Tatfeststellung möglich ist (z. B. Diebstahl oder Hehlerei, Diebstahl oder Unterschlagung, Abtreibungs­ versuch oder Betrug; ferner: § 174 Abs. 1 Nr. 1 oder § 173 Abs. 1, wenn nicht feststellbar ist, ob der Angeklagte, der dem mißbrauchten Kind gegenüber als Vater auftrat, sein leiblicher Vater ist oder nur nach § 1591 BGB. als solcher zu gelten hat, ohne Erzeuger zu sein, RG. DJust. 1936 S. 1126 und Abs. 1 oder Abs. 2 des § 173, wenn nicht feststellbar ist, ob der Stiefvater der leibliche Vater ist. RG.HRR. 1936 Nr. 1377; weiterhin: Volltrunkenheit (§ 330 a) oder Sachbeschädigung usw., wenn nicht feststellbar ist, ob der im Rausch handelnde Täter zurechnungsfähig war oder nicht. E. 70 S. 85 und S. 327. Dagegen keine Wahlfeststellung zwischen Täterschaft und Beihilfe. E. 71 S. 364, ebenso in der Regel nicht darüber, ob die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen ist (Schäfer, JurW. 1935 S. 3226 und Olshausen, Erg.-Bd. Anm. 4; a. M. RG. DStrafr. 1938 S. 57, Zeiler, JurW. 1938 S. 150 und Nüse, DJust. 1937 S. 1185), ferner nicht darüber, ob eine Erschwerung eines bestimmten Grundtatbestandes vorliegt oder nicht, also z. B. keine Wahlfeststellung zwischen Totschlag und Mord, wenn die Überlegung nicht eindeutig festgestellt oder verneint werden kann. RG. DJust. 1937 S. 286. b) Der Täter hat mehrere Handlungen begangen und dadurch gegen eines von mehreren Strafgesetzen verstoßen; welche der Handlungen den Gesetzesverstoß darstellt, ist nicht feststellbar. Beispiel: der Täter hat zunächst eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und demnächst das Gegenteil der eidesstattlich versicherten Tatsache beschworen; ob der Eid oder die Versiche­ rung falsch ist, ist nicht feststellbar. Oder: die 19 jährige Tochter erzählt, sie habe mit ihrem Vater geschlechtlich verkehrt; ob dies wahr ist, ist nicht feststell­ bar (Blutschande oder Beleidigung). Daß § 2b auch diese Fälle umfaßt, wird im Schrifttum vereinzelt bestritten (s. dazu Niederreuther, DJust. 1938 S. 634 und Zeiler, JurW. 1938 S. 149). c) Der Täter hat durch eine von mehreren Handlungen gegen ein Gesetz verstoßen und es kann nicht festgestellt werden, durch welche der Handlungen es geschehen ist (Beispiel: der Täter beschwört im 2. Rechtszug das Gegenteil des im 1. Nechtszug Beschworenen; welcher Eid falsch ist, ist nicht festzustellen.) § 2b ist hier unmittelbar anwendbar, da die mehreren Strafgesetze (wie in § 73) nicht verschieden zu sein brauchen. E. 72' S. 339. 2 k) Vgl. § 267 b Abs. 2 StPO. Diese Voraussetzung ist nur gegeben, wenn es trotz sorgfältigsten Bemühens um die Wahrheitserforschung völlig unmöglich ist, zur Überzeugung zu gelangen, daß nur ein Verstoß in der einen Richtung begangen ist. E. 70 S. 326. So rechtfertigt z. B. die Überzeugung,

daß jemand auf unrechtmäßige Weise in den Besitz von Geld gekommen sei, nicht eine Wahlfeststellung zwischen einigen Möglichkeiten unrechtmäßigen Erwerbs, wenn weitere Erwerbsmöglichkeiten nicht ausgeschlossen sind. OLG. München DJust. 1936 S. 1499. Das Gericht darf nicht deshalb davon absehen, den Sachverhalt noch weiter aufzuklären, weil in jedem Falle, wenn nicht eine unmittelbare, so doch mindestens eine entsprechende Anwendung eines bestimmten Strafgesetzes in Betracht komme; vielmehr ist eine solche in entsprechender Anwendung des § 2b getroffene Wahl­ feststellung nur möglich, wenn eine vollkommene Aufklärung des Sach­ verhalts unmöglich ist. E. 71 S. 341; a. M. Zeiler, JurW. 1938 S. 150. Wahlfeststellung ist ausgeschlossen, wenn von den zwei zur Wahl stehenden Straftaten eine unter ein Straffreiheitsgesetz fällt. E. 71 S. 269.

Einleitende Bestimmungen § 3.

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§ 3.*) Das deutsche Strafrecht gilt für die Tat eines deutschen Staatsangehörigen/) einerlei, ob er sie im Inlands oder im Aus­ lands begeht. 21) Vgl. § 267b Abs. 1 StPO. Welches Gesetz das mildeste ist, ergibt sich nicht allein aus der Vergleichung der Strafrahmen. Vielmehr ist zunächst festzustellen, welche Strafe für jede einzelne der in Betracht kommenden Straftaten angemessen wäre, wenn sie allein zweifelsfrei festgestellt wäre; dabei darf die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß der Angeklagte einen anderen in die Wahlfeststellung einbezogenen schwereren Tatbestand verwirk­ licht hat, nicht zur Strafverschärfung beitragen. E. 71 S. 44. Unter den so festgestellten Strafen ist auf die mildeste zu erkennen, wobei es keine Rolle spielt, ob die festgestellte Tat später rückfallbegründend wirken könnte. Staks in IW. 1935 S. 2939. Hält das Gericht für alle in Betracht kommenden Straftaten die gleiche Strafe für angebracht, so hat es freie Hand, welches Gesetz es als angewandt bezeichnen will; dabei ist demjenigen den Vorzug zu geben, dessen Verletzung nach gesundem Volksempfinden weniger schlimm gewertet wird (vgl. dazu Bruns, DStrR. 1936 S. 277). Mehrere Teilnehmer können infolgedessen aus verschiedenen Vorschriften bestraft werden. E. 69 S. 369; a. M. Olshausen, Erg.-Bd. Anm. 6. Für die Frage des gleich­ artigen Rückfalls, der Anwendung eines Amnestieges. usw. ist die in der Urteilsformel bezeichnete Straftat maßgebend (a. M. für die Amnestie Bruns, a. a. O.). Kann nicht festgestellt werden, ob eine Handlung eine Diebstahlshandlung im Rahmen eines fortgesetzten Diebstahls oder aber gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei darstellt, so ist in entsprechender An­ wendung des § 2b die Strafe für den fortgesetzten Diebstahl auf der einen Seite und die Gesamtstrafe für die in Fortsetzungszusammenhang begangenen übrigen Diebstähle und gewerbs- und gewohnheitsmäßige Hehlerei auf der anderen Seite zu vergleichen und die danach müdeste Strafe sestzusetzen E. 70 S. 281. *) Die Fassung der §§ 3 bis 5 beruht auf der VO. über den Geltungs­ bereich des Strafrechts v. 6. Mai 40 (RGBl. I S. 754). Diese ist am 21. Mai 40 in Kraft getreten; sie kann auch auf Straftaten Anwendung finden, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden sind. Sie gilt auch in der Ostmark, ferner im Protektorat Böhmen und Mähren, soweit deutsches Strafrecht an­ zuwenden ist, mit der Maßgabe, daß Straftaten von Protektoratsangehörigen den Straftaten deutscher Staatsangehöriger gleichstehen (Art. linder VO.). Schrifttum: Freister DJust. 1940 S. 637; Rietzsch DJust. 1940 S. 563; Mezger DR. 1940 S. 1076; Bruns ZAkadDR. 1940 S. 203. Wegen der Bedeutung der BO. für die Ostmark s. Suchomel DJust. 1940 S. 567 und Pichler-Drexler DR. 1940 S. 1079. Zu 8 3:1) Entscheidend ist nur die formelle Staatsangehörigkeit. Auch der Ausländsdeutsche fällt darunter. 2) Zum Inland gehören außer dem Staatsgebiet (einschl. des Protek­ torats Böhmen und Mähren, Art. I des Erl. v. 16. März 39, RGBl. I S. 485) die deutschen Küstengewässer, d. i. die Meeresküste auf drei Seemeilen Ent­ fernung, der gesamte Luftraum über Land- und Küstengewässer — also auch fremde Schiffe in deutschen Gewässern und fremde Flugzeuge im deutschen Luftraum — (vgl. dazu Mettgenberg DJust. 1940 S. 641) und deutsche Schiffe und Luftfahrzeuge, gleichviel wo sie sich befinden (§ 5 StGB.). Auch die Wohnung eines bei der inländ. Regierung beglaubigten Gesandten ist In­ land. E. 69 S. 55.

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A 2. Strafgesetzbuch § 3.

Für eine im Ausland begangene Tat, die nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist/) gilt das deutsche Strafrecht nicht, wenn die Tat nach dem gesunden Empfinden des deutsches Das NStGB. gilt ohne Einschränkungen im Reichsgau Sudetenland, seit 1. März 39 (BO. v. 16. Jan. 39, RGBl. I S. 38), im Memelland seit 1. Mai 39 (Ges. v. 23. März 39, S. 559), im Gebiet der ehem. freien Stadt Danzig seit 1. Jan. 40 (Ges. v. 1. Septbr. 39, S. 1547), in den eingegliederten Ostgebieten seit 15. Juni 40 (VO. v. 6. Juni 40, S. 844) und im Gebiet von Eupen, Malmedy undMoresnet seit 1. Septbr. 40 (Erl. v. 23. Mai 40, S. 803), ferner für die deutschen Staatsangehörigen im Protektorat Böhmen und Mähren (BO. v. 14. April 39, S. 754) und soweit eine ausdrückliche Ein­ führung einzelner Bestimmungen erfolgt ist, in der Ostmark und für die nichtdeutschen Personen im Protektorat Böhmen und Mähren (Art. II der BO. v. 14. April 39). Das Generalgouvernement gehört nicht zum Inland. Die Ausübung deutscher Strafgerichtsbarkeit dort ist geregelt durch BO- des Generalgouverneurs v. 19. Febr. 40 (BOBl. Nr. 3/40). Wegen des Anwendungsbereichs des RStGB. und des weitergeltenden materiellen Strafrechts in den Gebietsteilen des Reichs, in denen das RStGB nicht unbeschränkt eingeführt ist (interlokaler Anwendungsbereich) s. Kümmerlin DStrR. 1938 S. 280. Im Verhältnis zur Ostmark, soweit dort das RStGB. noch nicht ein­ geführt ist, gilt folgendes: Anzuwenden ist im ganzen Reichsgebiet grund­ sätzlich das Recht des Tatorts. RG. DJust. 1940 S. 907; Mezger DR. 1940 S. 1526; E. Schäfer DJust. 1940 S. 1181 unter Aufgabe seiner abw. Mei­ nung DJust. 1940 S. 891; a. M. Middel DR. 1940 S. 1498, wonach das Heimatrecht, d. h. die Altreichs- oder frühere österr. Bundesangehörigkeit ent­ scheidend ist). Ein Altreichsdeutscher, der eine Tat in Wien begeht, ist daher ohne Rücksicht auf seinen Wohnsitz und den Ort der Aburteilung nach dem österr. StGB, abzuurteilen. Nach E. Schäfer a. a. O. soll aber ergänzend das Heimatstrafrecht des Täters, d. h. das an seinem z. Zt. der Tat inne­ gehabten Wohnort oder ständigen Aufenthaltsort geltende Recht ergän­ zend anwendbar sein, soweit es zum Schutze der Gemeinschaft gegen den Täter Maßnahmen kennt, die das Recht des Tatorts nicht vorsieht; danach könnte gegen einen Sittlichkeits- oder Gewohnheitsverbrecher aus dem Alt­ reich, der in der Ostmark straffällig wird, trotz Anwendung des ostmärkischen Rechts Sicherungsverwahrung oder Entmannung nach §§ 42e, k NStGB. angeordnet werden (zweifelhaft; wenn die Ostmark z. Zt. diese Maßregeln noch nicht kennt, erscheint ein zwingendes Bedürfnis für die schwer begründ­ bare Verkoppelung von Normen nicht gegeben). Bei Auslandstaten wenden die Gerichte der Ostmark und des Altreichs, vor denen der Täter abgeurteilt wird, gleichviel ob er Ostmärker oder Altreichsdeutscher ist, das in ihrem Be­ zirk geltende Strafrecht an. Liegt der Tatort sowohl in der Ostmark wie im Geltungsbereich des RStGB. (bei Fortsetzungszusammenhang oder Distanz­ delikten), so ist unter Heranziehung des Grundsatzes des § 73 RStGB. das strengere Strafgesetz anzuwenden (Mezger a. a. £).; E. Schäfer a. a. £).). Weiteres Schrifttum: Freister DJust. 1940 S. 1281; von Weber und E. Schäfer DStrafr. 1940 S. 182 ff. 3) Ausland sind alle Gebiete, die nicht zum Inland (vgl. Anm. 2) ge­ hören. Wegen der Verfolgung der von Deutschen im Ausland begangenen Straftaten s. § 153a StPO. (Durchbrechung des Verfolgungszwangs). 4) Vgl. Anm. 2 zu 8 4.

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Einleitende Bestimmungen § 4.

Volkes wegen der besonderen Verhältnisse am Tatort kein straf­ würdiges Unrecht ist.5 6)7 Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln sollen oder an dem der Erfolg eingetreten ist6) oder eintreten sollte?) § 4 Das deutsche Strafrecht gilt auch für Taten, die ein 9lu3*

länder*) im Inland begeht. Für eine von einem Ausländer im Ausland begangene Straftat gilt das deutsche Strafrecht, wenn sie durch das Recht des Tatorts mit Strafe bedroht«) oder der Tatort keiner Strafgewalt unterworfen ist

und wenn 1. der Täter die deutsche Staatsangehörigkeit nach der Tat er­

worben hat oder 5) Z. B. Teilnahme an einem am Tatort erlaubten Glückspiel. 6) Entspricht im wesentl. dem bisherigen Recht. Die Handlung ist da­ nach auch dann im Jnlande verübt, wenn nur ein Teil der Tätigkeit im In­ lands erfolgt und der Erfolg im Auslande zur Erscheinung gekommen ist. E. 13 S. 337. Vgl. E. 41 S. 37. Oder: Die Versendung einer nach § 184 Nr. 3 strafbaren Druckschrift in das Ausland ist strafbar, wenn auch die An­ kündigung dort straflos ist. E. 48 S. 60. Alle Mittäter handeln im Jnlande, wenn nur einer von ihnen dort tätig wird. DRZ. 16 S. 448. Die im Jn­ lande geleistete Beihilfe zu einem im Auslande verübten Verbrechen ist nach inländ. Recht zu bestrafen, so als fiele auch die Haupttat unter die deutschen Gesetze. RG. JurW. 1936 S. 2655. Ebenso ist die im Auslande geleistete Beihilfe und die dort erfolgte Anstiftung zu der im Jnlande be­ gangenen Tat nach inländ. Ges. zu besttafen. E. 25 S. 424; 74 S. 59. Desgl. ist mittelbare Täterschaft sttafbar, auch wenn die Tat im Auslande begangen und dort nicht sttafbar ist. E. 51 S. 9. Eine fortgesetzte Handlung, deren Einzelhandlung teils im Inland, teils im Ausland begangen wurde, ist in vollem Umfang nach Deutschem Recht zu bestrafen. RG. DJust. 1937 S. 1004. 7) Gilt für den Versuch. Zu 8 4: 1) D. i. jeder nichtdeutsche Staatsangehörige, also auch der Staatenlose. Der außereheliche Geschlechtsverkehr eines Juden deutscher oder nichtdeutscher Staatsangehörigkeit mit einer Staatsangehörigen deut­ schen Blutes ist eine unmittelbare Verletzung deutschen Blutes und damit des deutschen Staatsvolkes als eines blutmäßig einheillichen Organismus; die Straftat ist daher, wenn sie im Ausland vollzogen wurde, auch im Gebiet des Deutschen Reiches als dem Orte des Einttitts des Erfolg- begangen. RG. DJust. 1939 S. 102; DJust. 1940 S. 486. Auslandstaten von Aus­ ländern werden nur auf Anordnung des RIM. verfolgt (§ 153a Abs. 2 StPO.); bei Taten von Ausländern auf einem ausländischen Schiff oder Luftfahrzeug im Inland ist der Berfolgungszwang durchbrochen (§ 153a Abs. 1 StPO.). 2) Unter welchem recht!. Gesichtspunkte die Tat im Ausl, strafbar ist, ist unerheblich. RG. DJust. 1940 S. 515. Es ist nicht erforderlich, daß die Strafbarkeitsmerkmale nach dem deutschen und dem ausl. Recht völlig über­ einstimmen, im Urteil müssen aber die Tatbestandsmerkmale nicht nur des inländischen, sondern auch des ausländischen Rechts festgestellt werden. Recht 9 S. 139. Der deutsche Richter ist zur Anwendung der fremdländischen

Dalcke, Strafrecht. 82. Blust

2

18

A 2. Strafgesetzbuch § 4.

2. die Straftat gegen das deutsche Volk9) oder gegen einen deut­ schen Staatsangehörigen gerichtet ist oder 3. der Täter im Inland betroffen und nicht ausgeliefert wird/) ob­ wohl die Auslieferung nach der Art der Straftat zulässig wäre.

Unabhängig von dem Recht des Tatorts gilt das deutsche Straf­ recht für folgende Straftaten, die ein Ausländer im Ausland begeht:

1. Straftaten, die er als Träger eines deutschen staatlichen Amts, als deutscher Soldat oder als Angehöriger des Reichsarbeits­ dienstes oder die er gegen den Träger eines deutschen Amts des Staates oder der Partei, gegen einen deutschen Soldaten oder gegen einen Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht; 2. Hoch-b) oder landesverräterische6*)*7 3Handlungen 45 Deutsche Reich;

gegen

das

3. Sprengstoffverbrechen;?) 4. Kinderhandel und Frauenhandel;

5. Verrat eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses eines deut­ schen Betriebes8) 9 10 6. Meineid in einem Verfahren, das bei einem deutschen Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen deutschen Stelle anhängig ist;9) 7. Münzverbrechen und Münzvergehen; *9)

8. unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln; 9. Handel mit unzüchtigen Veröffentlichungen. Grundsätze über Verbrechenskonkurrenz nicht verpflichtet. E. 42 S. 330. Das Zivilrecht des Auslands ist auch für Entscheidung einer privatrechtl. Vorfrage maßgebend. E. 27 S. 135. 3) Z. B. Verunglimpfungen nach § 34a StGB. 4) Aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen, z. B. weil ein Ausliefe­ rungsantrag nicht gestellt wird. 5) §§ 80—85 StGB. 6) Hierher gehören auch Verbrechen gegen § 91 Abs. 2. BGH. DJust. 1940 S. 775. 7) Vgl. § 12 Sprengstoffges. (unter BIII 8). 8) Vgl. § 420a UnlWG. (unter B IV 6). 9) Es kommt nur darauf an, ob das Verfahren vor einem deutschen Gericht oder einer deutschen Stelle anhängig ist; dagegen ist es ohne Be­ deutung, ob der Meineid vor einer deutschen oder einer ausländischen Be­ hörde geleistet wird. Wegen der Zuständigkeit zur Eidesabnahme vgl. Anm. 53 zu § 153. 10) §§ 146, 147, 149 StGB.

Einleitende Bestimmungen § 5—12.

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§ 5. Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig von dem Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem deutschen , auch wenn der Täter des Abs. 2 das Geheimnis von dem Täter nach Abs. 1 erhalten hat. Das gleiche gilt im Verhältnis von § 12 Abs. 1 UnlWG. zu Abs. 2 a. a. O. E. 69 S. 135. 85) Bis zum Beginn der Verkündung des Urteils. E. 57 S. 268, dem die Zustellg. des Strafbefehls nicht gleichteht. Dresden JurW. 57 S. 3013. Celle JurW. 58 S. 1504. Einem auf Strafe lautenden Urteil steht ein Urteil gleich, das wegen Unzurechnungsfähigkeit d»s Täters an der Stelle der Strafe gemäß § 42b Abs. 1 StGB, di- Unterbringung in einer H.il- oder Pflegeanftalt anordnet. E. 72 S. 353. 86) Mit der Urteilsverkündung erlischt das Recht zur Zurücknahme und lebt mit der Aufhebung des Urteils auch nicht wieder auf. E. 2 S. 420, L?LG. Jena. JurW. 1938 S. 29; selbst dann nicht, wenn das Urteil die Handlung nicht als Antragsdelikt ansieht. Dresden JurW. 59 S. 944. Auch wenn das Urteil gegen einen von mehreren Beteiligten verkündet ist, kann der Antrag nicht mit Wirkung gegenüber den ütuigen Beteiligten zurückgenommen werden. E. 64 S. 392. Die Zurücknahme ist an keine Form gebunden. E. 8 S. 79. Die Zurücknahme des Strafantrages kann mündlich bei der Polizeibehörde erfolgen, bei der er gestellt war. GA. 41 S. 28. Sie muß gegenüber der Dienststelle er­ klärt werden, die mit der Strafverfolgung befaßt ist. E. 52 S. 200. E. 55 S. 22. Eine nur bedingt ausgesprochene Zurücknahme ist wirkungslos. E. 48 S. 195. A. M. LK Anm. 3. Der volljährig gewordene Verletzte kann den von seinem Vertreter gestellten Antrag zurücknehmen. E. 22 S. 256. Die Zurück­ nahme kann nicht widerrufen werden, auch nicht von einem hierzu bestellten Pfleger. E. 36 S. 64. Der zurückgenommene Antrag kann auch innerhalb der Antrag-frist nicht rechtswirksam von neuem gestellt werden. Eine An­ fechtung der Zurücknahme wegen Drohung ist nicht zulässig. KG. JurW. 60 S. 227.

Gründe, welche die Strafe auSschließen oder mildern §§ 65—67.

71

Die rechtzeitige Zurücknahme des Antrages gegen eine der vor­ bezeichneten Personen hat die Einstellung deS Verfahren- auch gegen

die anderen zur Folge. § 65.

Der Verletzte, welcher das achtzehnte Leben-jahr voll­

endet hat, ist selbständig zu dem Anträge auf Bestrafung berechtigt.

Solange er minderjährig ist, hat, unabhängig von seiner eigenen Befug­ nis , auch sein gesetzlicher Vertreter8T) das Recht, den Antrag zu stellen.

Ist der Verletzte geschäftsunfähig88 * *) * 87 oder hat er da- achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist sein gesetzlicher Vertreter der

zur Stellung des Antrages Berechtigte. § 66.

Durch Verjährung wird die

Strafverfolgung und die

Strafvollstreckung ausgeschlossen.89) § 67.

Die Strafverfolgung von Verbrechen verjährt,89fc)

Die Zurücknahme einer Privatklage hindert die weitere Verfolgung deS Antragdelittes nur dann, wenn das Gesetz die Zurücknahme des Strafantrages aus­ drücklich gestattet. E 6 S. 207, anders Dresden LZ. 24 S. 1274. 87) Der gesetzliche Vertreter hat kein eigenes Antragsrecht. Er führt nur das Recht des Verletzten aus. Recht 32 Nr. 420. Wer gesetzlicher Vertreter Ist, bestimmt sich nach den Vorschriften deS BGB. Es sind der Vater b»w. die Mutter, der Vormund oder der Pfleger. Ein gemäß § 1687 BGB der Mutter „für alle Angelegenheiten" bestellter Beistand ist nicht der gesetzliche Bertteter der minderjährigen Kinder im Sinne des tz 65. GA. 47 S. 440. Der gesetzliche Vertreter kann nach dem Tode deS Minde, jährigen weder Strafantrag stellen noch sich als NebenUäger anschließen. E. 57 S. 240. JurW. 59 S. 10u3, a. M. E. 35 S. 131. E. 38 S. 34. KG. GA. 51 S 58. KG DIZ 31 S. 242. Unterläßt es der Vater pflichtwidrig den Strafanttag zu stellen oder ist er selbst der Täter, so kann den Antrag ein auf Grund der 88 1909, 1666 BGB. bestellter Pfleger stellen; die AntragSsrist beginnt dann erst mit dessen Bestellung. E. 73 S. 113. Die Mutter kann an Stelle des Strafe verbüßenden Vaters Strafantrag stellen. KG. GA. 55 S. 334. Eine Nachprüfung, ob der Pfleger zu Recht bestellt ist, steht dem Strafttchter nicht zu. GA. 59 S. 452. E. 50 S. 156. 88) Auch vier hat der gesetzl. Vertreter kein eigenes AntragSrecht. E. 57 S. 240. JurW 57 S. 3049. Der Vormund einer wegen Geistesschwäche ent­ mündigten Person ist zur Stellung des Strafantrages nicht berechtigt. E. 34 S 98. Desgl. nicht der Vormund des wegen Trunksucht gemäß 8 6 Nr. 3 BGB. Entmündigten. DIZ. 8 S. 250. Auch für den im Sinne des 8 104 Nr. 2 BGB. geschäftsunfähigen Volljährigen kann zum Zwecke der StrafantragSstellung ein Pfleger bestellt werden; für diesen beginnt die Anrragsfrist in dem Zeitpunkt, in dem er in seiner Eigenschaft als Pfleger von Tat und Täter Kenntnis erlangt hat. RG. in JurW. 1935 S. 1786. 89) Die Verjährung bewirkt nach materiellem Recht den Wegfall destaatl. Strafanspruchs; prozeßrechtl. bildet sie ein Hindernis des Strafver­ fahrens. E. 12 S. 434. E. 41 S. 167. — E 14 S. 382. E. 23 S. 188. Verjährung geht einer Amnestie vor. E. 53 S. 276. 89-) Die Verjährungsfrist läuft weiter, wenn über die Schuldfrage be­ reits rechtskräftig entschieden ist, eine rechtskräftige Entscheidung über die Dtraffrage aber noch nicht vorliegt. (Vgl. Anm. 20 zu 8 827 StPO.). DRZ. 23 Nr. 39.

72

A 2. Strafgesetzbuch § 68.

wenn sie mit dem Tode oder mit lebenslänglichem Zuchthaus be­ droht sind, in zwanzig Jahren; wenn sie im Höchstbetrage mit einer Freiheitsstrafe von einer längeren als zehnjährigen Dauer bedroht sind, in fünfzehn Jahren; wenn sie mit einer geringeren Freiheitsstrafe bedroht sind, in zehn Jahren. Die Strafverfolgung von Vergehen, die im Höchstbetrage mit einer längeren als dreimonatlichen Gefängnisstrafe bedroht sind, verjährt in fünf Jahren, von anderen Vergehen in drei Jahren. Die Strafverfolgung von Übertretungen verjährt in drei Monaten

Die Verjährung beginnt mit dem Tage,90) an welchem die Hand­ lung begangen ist,91) ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges. Mit der Verjährung der Strafverfolgung erlischt auch die Be­ fugnis, auf Grund der Tat Maßregeln der Sicherung und Besserung anzuordnen."») § 68.91b)

Jede Handlung des Richters,9?) welche wegen der be-

90) Der Tag der Begehung der Tat ist in die Verjährungsfrist mit ein­ zurechnen. R. 8S. 493. JurR. 2 Nr. 980. Vgl. E. .65 S. 287 (290). 91) b. h. die Tat durch Erfüllung aller zum gesetzlichen Tatbestand ge­ hörigen Umstände einschl des Erfolgs beendet ist. Bei fahrt. Körperverletzung beginnt demgemäß die Verjährung mit dem Eintritt der Verletzung. RG. JurW. 1935 S. 704, beim Betrug mit den Eintritt des Vermögensschadens. E. 42 S. 171. (str.; a.M.Frank, Komm. S. 215, wonach der Abschluß derTätigkeit des Täters entscheidend ist.) Bei Straftaten, deren Tatbestand indem Bestehen eines rechtswidrigen Zustandes besteht, beginnt die Verjährung erst mit dem Auf­ hören dieses Zustandes. Liegt aber die Strafbarkeit in der Herstellung eines Zu­ standes gegen ein bestimmtes Verbot, so beginnt die Verjährung schon mit der Be­ endigung der Herstellungshandlung. E. 3 S. 382, R. 3 S. 117. Bei einem fort­ gesetzten Delikt beginnt die Verjährung mit der letzten Fortsetzungshandlung. E. 62 S. 214. — Bei einem Dauerdelikt (vgl. Anm. 100 zu 8 73) beginnt die Verjährung mit dem Aufhören der schuldhaften Willensbetätigung. RG. DR. 1940 S. 1672, bei Unterlassungsdelttten mit der Erfüllung der Verpflichtung oder deren Wegfall. E. 44 S. 428. E. 59 S. 6. Bei Ehebruch beginnt die Verjährung mit dem Tage der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils. R. 9 S. 121. Beim Versuch und bei der Anstiftung und Beihilfe berechnet sich die Ver­ jährungsfrist nach der gegen diese gerichteten Strafandrohung. Olshausen Anm. 2 c. Die Verjährung gegen den Teilnehmer beginnt mit der Beendigung der Haupttat. RG. DJust. 1936 S. 1125. Beschränkt sich bei einer fortges. Handl, oder Duuerstraftal die Beihilfe auf einen Teilakt, so beginnt die Verj. gegen den Gehilfen schon in dem Zeitpunkt, in dem der betr. Teil der fortges. oder Dauerstraftat abge'chlossen ist. E. 65 S. 361. 91 a) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 24. Novbr. 33 (RGBl. T ,S. 995) i. V. m. 8 7 Ziff. 4 des Ges. v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213). :_9.1.b) Auf rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung ist während der ganzen Dauer des Verfahrens Bedacht zu nehmen. Ist das Verfahren jedoch

Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern § 68.

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wegen Abwesenheit des Beschuldigten oder aus sonstigen Gründen vorläufig eingestellt worden, so ist eine wahllose Unterbrechung mit dem Grundge­ danken der Verjährung nicht vereinbar (Nr. 28 der „Richtlinien für das Straf­ verfahren"). 92) Nur die Handlung des Richters, welche er in seiner Eigenschaft als Strafrichter vorgenommen hat, unterbricht die Verjährung. E. 29 S. 234. Auch eine Handluna des Untersuchungsrichters gem. § 191 Abs. 1 StPO, sowie eine gem. 8 162 StPO, beantragte Unteriuchungshandl., ohne Rücksicht dar­ auf, ob sie das Verfahren zu fördern geeignet ist. Die polizeiliche Straf­ verfügung und der Strafbescheid der Verwaltungsbehörde haben die Wirkung einer richterlichen Handlung (8§ 413, 419 StPO.; vgl. auch Anm. 55 zu 8 413 StPO.) u. zwar der Erlaß, nicht erst die Zustellung. E. 43 S. 122. Karls­ ruhe JurW. 57 S. 3010; auch die Handlung des Richters, welche auf Ersuchen der Steuerbehörde vorgenommen wird. R. 8 S. 353 oder auf Ersuchen der Polizeibehörde im polizeilichen Strafrerfügungsverfahren. Schäfer, DIZ 37 S. 860. Zu den die Berj. unterbrechenden Handlungen gehören ferner Beschlüfie auf vorläufige Einstellung des Verfahrens RG. DJust. 1938 S. 425 (nicht die endgültige Eintellung. BayLbLG. LZ. 23 S. 963 und KG. DIZ. 34 S 1138); auf Aussetzung des Verfahr, nach § 262 Abs. 2 StPO. BayObLG. LZ. 27 S. 1095; Richterselbstablehnungen. (8 30 StPO.). Jena DIZ. 35 S. 618; Gerichtsbeschlüsse, durch welche nach § 262 StPO, eine zivilrechtliche Entscheidung herbeigeführt werden soll. KG. GA. 38 S. 213 durch welche ein Mitangekl. vom Erscheinen befreit wird. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 135; Maßregeln des Vorsitzenden, welche die Anberaumung einer anderweiten Hauvtversammlung bezwecken. E. 24 S. 330; (Terminsaufhebung unter­ bricht ohne weiteres nicht. KG. GA. 63 S. 335); Sichtver-merk des Bors, auf einer RevBegründung. E.63 S. 320. „Aktenrückfordern", wenn die Rück­ forderung zum Zwecke der Terminsanberaumung erfolgte. DIZ. US. 205; Mitteilung an den AA. von der Einspruchseinlegung. BayObLG. DIZ. 31 S. 1426, auch KG. Recht 30 Nr. 2562; die Verfügung des Richters: „der be­ antragte Strafbefehl wird erlasien" (abeI nicht: „Herrn ... zum Entw. d. Stb.". KG. JFGErg. 4 S. 266). KG. DIZ. 19 S. 941; das Er­ suchen des AG. an die Polizeibehörde um Vernehmung des Beschuldigten. E. 41 S. 356. E. 65 S. 82. Naumburg DRZ. 23 Nr. 434. Hamburg LZ 24 S. 69. A. M. KG. GA. 73 S. 21 (unerhebl., ob StA. solches Ersuchungsschreiben entworfen hat. BayObLG. LZ. 27 S. 1096); desgl. an die StA. um Aus­ kunft, ob eine andere Strafsache, deren Ergebnis für die vorliegende von Wert wäre, erledigt sei. Dresden LZ. 21 S. 1163; Anfrage an den Verteidiger, ob Einspruch gegen Strafbefehl aufrecht erhalten wird. Dresden DRZ. 24 Nr. 832; ein schriftlicher Hinweis des Richters auf die bei der Durchführung des Ver­ fahrens entstehenden Kosten. Dresden DRZ. 20 Nr. 748. Es unterbrechen nicht: in der StPO, nicht vorgesehene Handlungen KG. Recht 33 Nr. 1689; Akte der richterl. Berwaltungstätigkeit. JurW. 60 S. 882; sowie solche Handl., die sich nur als Botendienst gegenüber anderen Be­ hörden darstellen, wieErmittlungsersuchen an die Polizeibehörde auf Antrag des Amtsanwatts. KG. GA. 74 S. 120, OLG. Düffeldorf DR 1939 S. 1145;a.M. OLG Naumburg DR. 1939 S. 233; ferner bloße Wiede'Vorlageverfügungen. E. 21 S. 308; (wohl aber, wenn sie den Fortgang des Verfahrens sicher stellen sollen. E. 62 S. 425. Dresden DIZ. 38 S. 1297); richterliche Strafvoll­ streckungsverfügungen. KG. DIZ. 19 S. 942; Einziehung der Kosten. Dres­ den DRZ. 23 Nr. 196; der die Eröffnung des Hauptverfährens ablehnende Beschluß. GA. 49 S. 143; Rostock HRR. 1929 Nr. 2053; die schristl. Boll-

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A 2. Strafgesetzbuch § 69.

gangenen Tat92 * * a93 *) *gegen 94 * * 95 * * *den * * *Täter * * * * gerichtet * * * * * * *ist, * * 92 * *b) unterbricht die Ver­ jährung. Die Unterbrechung findet nur rücksichtlich desjenigen statt,98) auf welchen die Handlung sich bezieht. Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung M) § 69.96)* Die Verjährung ruht während der Zeit, in welcher aus Grund gesetzlicher Vorschrift die Strafverfolgung nicht begonnen oder ziehung des Urteils. Dresden JurW. 57 S. 2801; Naumburg DRZ. 24 Nr. 679; ein Urteil, das ledigl. ein» Vers, nach § 418 SlPO. aufhebt. Karls­ ruhe ImW. 61 S. 1768; ein die Berichtig des Protokolls enthaltender Beschl. KG. JurW. 61 S. 2740; eine gegen Unbekannt gerichtete Handlung. Recht 14 Nr. 808; Anordnungen an die Geschäftsstelle. Dresden LZ. 23 S. 860; die Anordnung des Richters, Straflisten einzufordern. BayObLG. JurW. 59 S. 939; eine Terminsaufhebung. KG. DIZ. 14 S. 149; Ver­ fügung des Richters, durch die dem A. nahegelegt wird, den Antrag auf ge­ richtliche Entscheidung zurückzunehmen. KG. DIZ. 31 S. 318; die Anfrage, ob die Verfügung zurückgenommen wird. Ebenda S. 213; die Rückgabe der Akten an die StA., um einen Irrtum zu beseitigen. KG. GA. 42 S. 265; die richterliche Verf. auf Zustellung der Rev.einlegungsschrift. KG. JurW. 58 S. 1497; eine Anfrage des Richters an die StA. nach dem Stande einer anderen rechtlich gleichliegenden Sache, bis zu deren rechtskräftigen Ent'cheiduna die Sache vertaat war. KG. JFGErg. 4 S. 267; Auskunft des Richters über ein ftüheres Verfahren. HRR. 1929 N>. 1268; eine Mitteilung des Richters an die StA., er höbe Beden km gegen den Erlaß des Strafdefehls. Celle JmR. 3 Nr. 654, an Verteidiger über Stand des Verf. Dresden JurW. 59 S. 3434; ein Ersuchen um Äußerung und Beifüguna der Akten, das lediglich dazu dient, ein sachliches Vorgehen gegen den Beschuldigten vorzubereiten. KG. D^Z. 31 S. 601. Nach Trennung mehrerer bisher verbundener Sachen wird durch richterliche Handlungen wegen des einen abgetrennten Straffalles die Verj. hin­ sichtlich der anderen nicht dadurch unterbrochen, daß deren weitere Verhandlung bis zur Erledigung des ersten Falles ausgesetzt ist. E. 40 S. 88. 92 a) Beuimmtes geschichtliches Vorkommnis. HRR. 1930 Nr. 1551. 92 b) Die richterl. Hdlg., die erst die Ermittlung der als Täter in Betracht kommenden Person zum Ziel hat, genügt nicht. DIZ. 34 Nr. 576. Der Täter muß individuell bestimmt fein. HRR. 1933 Nr. 73. 93) Nickt gegen die Tat als solche. JurR. 2 Nr. 1087. Dem Gehilfen gegenüber wird die Verjährung selbständig unterbrochen ohne Rücksicht darauf, ob die Unterbrechung auch gegenüber dem Täter wirkt. E. 41 S. 17. Die Unterbrechung wirkt auch gegenüber Teilnehmern, wenn die richterliche Hand­ lung die Verfolgung aller Beteiligten ins Auge faßt. RG. ImW. 193" S. 1584; aber nicht gegen den subsidiär Haftbaren. E. 6 S. 335; auch nicht bei Fahrlässigkeitsdelikten gegen Mitbe'chuldigte JurR. 2 Nr. 2394. 94) Die neue Verjährung beginnt mit dem Tage der Unterbrechung und endet mit dem Beginn des dem Anfänge entsprechenden Kalendertages. E. 13 S.57. 95) Die Verjährung ruht, wenn Beginn oder Fortsetzung des Straf­ verfahrens von einer Vorfrage abbängt, nur dann, wenn die Vorfi age in einem anderen Verfahren entschieden werden muß und also in dem Strafverfahren nicht bloß entschieden weiden kann oder darf. GA. 40 S. 328. Auch wenn gegen Versäumung der Einspruchsfrist gegen einen Strafbefehl Wiedereinsetzung gewährt wird, tritt mit der Rechtskraft des Strasbef. im Fortgang der Der-

Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mlldern § 70.

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nicht fortgesetzt werden kann. Ist der Beginn oder die Fortsetzung eine- Strafverfahrens von einer Vorfrage abhängig, deren Ent­ scheidung in einem anderen Verfahren erfolgen muß,06 a) so ruht die Verjährung bis zu dessen Beendigung. Ist zur Strafverfolgung ein Antrag oder eine Ermächtigung nach dem Strafgesetz erforderlich, so wird der Laus der Verjährung durch den Mangel des Antrages oder der Ermächtigung nicht gehindert.

§ 70. Die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafen verjährt,

wenn 1. auf Tod oder auf lebenslängliches Zuchthaus oder auf lebens­ längliche Festungshaft erkannt ist, in dreißig Jahren; 2. auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als zehn Jahren erkannt ist, in zwanzig Jahren; 3. auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Festungshaft von fünf bis zu zehn Jahren oder Gefängnis von mehr als fünf Jahren erkannt ist, in fünfzehn Jahren; 4. auf Festungshaft oder Gefängnis von zwei bis zu fünf Jahren erkannt ist, in zehn Jahren; 5. auf Festungshaft oder Gefängnis bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe von mehr als einhundertsünfzig Reichsmark erkannt ist, in fünf Jahren; 6. aus Hast oder auf Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichs­ mark erkannt ist, in zwei Jahren. Die Vollstreckung einer rechtskräftig angeordneten Maßregel der Sicherung und Besserung verjährt in zehn Jahren. Ist die Unter­ bringung in einer Trinkerheilanstalt oder einer Entziehungsanstalt oder erstmalig die Unterbringung in einem Arbeitshaus oder die Entmannung angeordnet, so beträgt die Frist fünf Jahre. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem das Urteil rechtskräftig geworden ist. jährung ein Stillstand ein. BayObLG. JurW. 59 S. 3426; ebenso bei Urteils,echiStraft Dresden JurW. 61 S. 1765. Die Vorschrift setzt ein im inländischen Recht begrün betefc Hindernis der Strafverfolgung voraus. E. 40 S. 402. Gegen Geisteskranke ruht die Verjährung nicht. E. 52J5. 36. Gegen Mitglieder des Reichstages ruht die Verjähr, während der Sitzungs­ periode, gleichviel ob der Staatsanwalt bie Genehmigung zur Strafverfolgung nachgesucht hat oder mcht. E. 27 S. 10. (Siehet Art. 37 d. RB.) Über Herbei­

führung der Genehmigung siehe Ges. über die Immunität der Abgeordneten v. 28. Juni 33 (RGBl. I S. 391). Die Verjährung ruht aber nicht, wenn die Strafverfolgung schon vor Beginn der Sitzungsperwde begonnen hat. E. 27 S. 3«5. JurW. 61 S. 1740. 95 a) Z. B. in 164, 170, 172, 199, 238. Es ruht aber nicht das Verwaltungssnafverfahren wegen Steuerhinterziehung, so lange das Steuerfestsetzungsverfahren noch nicht abgeschloffen ist (§ 468 RAbgO). E. 66 S. 376.

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A 2. Strafgesetzbuch §§ 71—73,

§ 71. Ist auf Freiheitsstrafe und Geldstrafe zugleich oder neben einer Strafe auf eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßregel der Sicherung und Besserung erkannt, so verjährt die Vollstreckung der einen Strafe oder Maßregel nicht früher als die der anderen. § 72. Jede auf Vollstreckung der Strafe oder Maßregel ge­ richtete Handlung b«) derjenigen Behörde, welcher die Vollstreckung obliegt, sowie die zum Zwecke der Vollstreckung erfolgende Festnahme des Verurteilten unterbricht die Verjährung. Nach der Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe oder Maß­ regel^») beginnt eine neue Verjährung. 5. Abschnitt.

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen.

§ 73 Wenn eine und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt,so kommt nur dasjenige Gesetz, welches die schwerste98 96) 97 96) Die Handlungen müssen die Tendenz haben, die Vollstreckung der Strafe herbeizuführen. Daher Unterbrechung durch Strafaufschub, Aufforderung zum Strafantriti usw. Doch muß bestimmt werden, auf wie lange der Aufschub oder die Unterbrechung erfolgt. O l s h a u s e n Anm. 5. Es unterbrechen auch der Antrag der StA. gemäß § 462 StPO. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 307; ferner die Handlungen der Strafvollstreckungsbehörde während der Bewährungs­ frist. KG. JurW. 57 S. 2800. A. M Dresden HRR. 1928 Nr. 1764 Nach BayObLG. JurR. 2 Nr. 101 auch Erkundigungen über das Verhalten einer Person, insofern dadurch der Wille ausgedrückt wird, die Strafvollstreckung zu unterbrechen, nicht bloß vo, zubereiten. Fricke, DIZ. 33 S. 660. Vgl. § 12 Abf. 3 JGG. Durch die Anordnung gemäß § 13 Abs. 3 JGG., daß die frühere Strafe vollstreckt werden soll, wird die Verjährung nickt unterbrochen. Ki e s o w JGG. S. 110. Ebenso nicht durch die Anordnung: „die Strafe wird ausgesetzt" Darmstadt HöchstRR. 3 S. 17; s. a. Nr. 2 Der AV. v. 16. Juli 36, DJust. S. 1108. 97) Ob dies der Fall ist, entscheidet allein die Einheit des natürlichen Tun und Lassens, der körperl. Tätigkeit und des sie leitenden Willens. E. 32 S. 137, nicht die Einheitlichkeit des Zieles. E. 60 S. 241. Der einheitliche Wille darf nur eine körperliche Tätigkeit als Ursache für die mehreren Erfolge ausgelöst haben. LK. Eint. § 33 S. 175. Erforderlich ist weiter, daß mindestens die eine oder andere in den Bereich der Einheit fallenden Hand­ lungen gleichzeitig den Tatbeständen der mehreren in Betracht kommenden Strafgesetze angehört. E. 44 S. 28. E. 49 S. 272. E. 59 S. 318. § 73 ist überhaupt nur anwendbar, wenn die zusammentrefft nden Handlungen verfolg­ bar sind. E. 62 S. 83 (87). Mehrere Strafgesetze sind auch dann verletzt, wenn durch eine Handlung dasielbe Strafgesetz mehrfach verletzt ist. E. 72 S. 342. Es können rechtlich zusammentreffen: Versuch und vollendete zweite Straftat. E. 12 S. 64; DRZ. 16 S. 324; zwei in Fort­ setzungszusammenhang begangene Straftaten. LK. Ein!. § 25 S. 138. Vor­ sätzlich und fahrlässig begangene Handlung in der Regel. E. 48 S. 250, z. B. bei der Brandstiftung. JurR. 2 Nr. 2168 (aber DRZ. 18 Nr. 314). Bei dem unselbständigen Teilnehmer ist als „Handlung" i. S. der 73, 74 dessen Tatbeitrag, nicht die Houptat anzusehen (s. dazu Hartung DJust. 1936 S. 1804). Wird durch eine Handlung zu einer Mehrheit selbständiger Hand-

Strafe, und bet ungleichen Sirasarien dasjenige Gesetz, welches die schwerste Sirafari androhi, zur Anwendung. oe) § 74.

Gegen

denjenigen,

welcher durch

mehrere

selbständige

Handlungen 10°) mehrere Verbrechen oder Vergehen,l) oder dasselbe

hingen angestiftet oder Beihilfe geleistet, so ist daher nur wegen einer Tat zu bestrafen. E. 70 S. 26. Umgekehrt tonnen mehrere Hilfeleistungen zu einer Tat eine Tatmehrheit bilden. RG. JurW. 1937 S. 3301. Di» se Grundsätze gelten auch für die mittelbare Täte»schalt: hier ist nicht die Ausführung der Tat durch das gutgläubige Werkzeug, sondern die Einwirkung des Täters auf dieses die „Handlung". E. 70 S. 385. 98) Es kommt darauf an, welches Gesetz im allgemeinen die Verhängung der in der Art und eintretendenfalls dem Mave nach schwersten Strafe gestattet nicht darauf, auf Grund welchen Gesetzes im Einzelfalle die schwerste Strafart oder Strafe erkannt werden könnte. Drohen beide Vorschriften eine Gefängnis­ strafe von gleicher Dauer an, so ist die härtere die, welche daneben auch Geld­ strafe androht. Die Strafandrohung beim Vorhandensein mildernder Um­ stände bleibt beim Vergleich außer Betracht; dagegen sind Versuch, Beihilfe, jugendl. Alter und benannte Mckderungsgiünde — z 93. § 157 — zu berück­ sichtigen RG. JurW. 1938 S. 2947. Droht ein Gesetz für besonders schwere Fälle Zuchthaus an, so ist diese Strafart zu berücksichtigen, auch wenn kein be­ sonders schwerer Fall vorliegt, was insbesondere bei Tateinheit von Betrug und Meineid wichtig ist (nach RG. TR. 1939 S. 1849 zwingt E. 73 S. 148 — s. sogleich — nicht zur Aufgabe dieser a b st r a k t e n Vergleichung; a. M. — mit Recht — RG. DJust. 1939 S.1639; Hartung TR. 1939 S 1487; Nüse DJust. 1939 S. 1631, s. auch Mittelvach DR. 1940 S. 1492). Sind die Hauptstrafen im Höchstmaß gleich, so kommt es auf die Nebenstrafen an. E. 69 S. 385. Nach der bisherigen Rechtspr. war die Mindeststrafe des milderen Gesetzes dann nicht maßgebend, wenn das härtere Gesetz eine geringere Mindest­ strafe kennt. E. 1*6 ©.302; doch durfte das Gericht bei der Straftumeffung ohne zwingenden Grund nicht hin!er der Mindeststrafe des milderen Gesetzes zurück­ bleiben. RG JurW 1936 S. 2235. Ebenso durften die lediglich m dem milderen Gesetz angedrohten Nebenstrafen und Nebenfolgen nach der bisherigen Recht­ sprechung neben dem schwereren nicht zur Anwendung kommen. E. 69 S. 388. Diese Rechtspr. hat das RG. jetzt aufgegeben (Gr. StrSen. E. 73 S. 148). Daß auf die in dem milderen Gesetz vorgesehenen sichernden und bessernden Maßregeln z. B. die tn .§ 42 a bezeichneten Maßregelst der Sicherung und Besserung, auf Polizei! Einziehung. Eldesunfähigkeit und Buße, erkannt werden darf, war schon bisher anerkannt (vg(. E 60 S 285; E. 67 S. 217; E. 72. S. 107). 99) Im Tenor des Uneils ist das Schuldig wegen aller ideell konkurrieren­ den Vergehen auszusprechen. Die Feststellung in den Gründen genügt nicht. E. 27 S. 86. Eine besondere Freisprechung von einem nach der erhobenen Beschuldi­ gung ideell konkurrierenden Delikt hat aber zu unterbleiben. E. 52 S. 190. Unzulässig ist ein Ausspruch des Gerichts, es würde auf die gleiche Strafe auch erkannt haben, wenn es statt Tateinheit Taimehrheit angenommen hätte, da die Strafe dem Gesamtverhalten entsprechen muß, wie es tatsächlich festgestellt und rechtlich beurteilt worden ist. E. 70 S. 403. 100) Selbständige Handlung liegt vor, wenn Wiederholung der Tätigkeit erfolgt, um wiederholt den Erfolg herbeizuführen, weil bereits der herveigeführte frühere Erfolg voll befriedigt hatte; ein unselbständiger Teilakt ist vor­ handen, wenn die Wiederholung erfolgt, weil der nur teilweise herbeigeführte

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A 2. Strafgesetzbuch § 74.

Erfolg nicht voll befriedigt hatte. Bin ding, Handbuch I S. 523. — Voraus­ setzung |ür straflose Nachtat (E. 60 S. 371, DRZ. 19 Nr. 161) ist, daß für/ beide Straftaten dieselbe Person als vorletzt in Betracht kommt.. E. 49 S. 16. LZ. 27 S. 537, und daß der durch die zweite Straftat angerichteie Schaden mit dem durch die erste Tat verursachten zusammenfällt. E. 64 S. 281. Daher ist die an einer gestohlenen Sache begangene Sachbeschädigung straflose Nach­ tat; dagegen liegt ein selbständiger Betrug vor, wenn der Dieb bie gestohlene Sache einem gutgläubigen Dritten verkauft, weil neben dem Eigentümer auch der Käufer verletzt ist. Bedroht das Gesetz, um die Verwirklichung eines bestimmten strafbaren Erfolges zu verhindern, schon die Herbeiführung einer Gefahrenloge mit Strafe, die zu dem Eintritt des Erfolges führen kann, so ist derjenige, der die Geiahrenlage schasst und auch den Erfolg verwirklicht, nur aus dem letzter, n Grunde, nicht auch wegen Schaffung der Gefahrenlage sttafbar. E. 68 S. 148, voraus­ gesetzt. daß beide Strafvorschriften das gleiche Rechtsgut schützen. E. 7u S 402.

Die Voraussetzung des § 74, eine Mehrzahl selbständiger Hand­ lungen, fehlt bei der fortgesetzten Handlung; diese ist im Rechtssinne eine Handlung (Schrifttum: Mezger JurW. 1938 S. 3265). Der Begriff der Fortsetzung verlangt Einheitlichkeit des Vorsatzes. Der Vorsatz muß von vornherein die mehreren in Aussicht genommenen Akte strafbarer Tätigkeit als ein einheitliches Ganzes, als eine einzige, in ihrer wesent­ lichen Gestaltung adgegrenzie Straftat umfaffen, dergestalt, daß die einzelnen Tätigkeitsatte als unselbständige Ausführungsakte einer Straftat erscheinen. Der Gesamtvorsatz muß sich von vornherein auf einen gegenständlich und zeit­ lich in gerotner Weise vorgestellten, nach und nach (noßweise) zu verwirklichenden Gesamterfolg richten; der allgemeine unbestimmte Entschluß, bei künftiger Ge­ legenheit gleiche oder ähnliche, in ihrer tatsächlichen Gestalt noch gar mcht vorgenellie Straftaten zu begehen, genügt nicht. RG DJust. 1936 S. 728; RG. DJust. 1938 S.2038; s. dazu E.Schäfer DJust. 1938 S. 666, ebensowenig ein allgemeiner Entschluß, zahlreiche Straftaten bis zur Erlangung von Ver­ brechensbeute in einem bestimmten Gesamtwert zu begehen, deren Ausführung nach Lrt, Zeit und Art noch ungewiß ist. E. 72 S. 42. Außer der Einheit des Vorsatzes ist Gleichartigkeit derBegehungsform RG. DJust. 1939 S. 37 und Identität des Rechtsguts erforderlich; Verschiedenheit der Träger des Rechtsuutes ist ohne Bedeutung. E. 70 S. 146. Tie Zu­ sammenfassung zu einer fortgesetzten Tat ist ausgeschlossen, wenn sich die ver­ schiedenen Einzelhandlungen gegen besonders bedeutsame Rechtsgüier der Volks­ gemeinschaft richten und die Annahme einer fortges. Handl, dem gesunden Rechtsempfinden widerspricht. Dies ist insbes. der Fall bei Angriffen gegen die sog. höchstpersönlichen Rechtsgüter, wie Leben, Gesund­ heit, Freiheit, sittliche Reinheit oder Ehre verschiedener Personen. E. 73 S. 18. Daher keine fortgesetzte Handlung, wenn an verschiedenen Kindern unzüchttge Handlungen vorgenommen sind. Großer Sen. f. Straff. E. 70 S. 243 (An­ nahme einer natürlichen Handlungseinheit ist möglich. JurW. 1929 S. 514); oder Abtieibungshandl an versch. Frauen. E. 59 S. 98; oder wenn ver­ schiedenen Frauen Abtreibungsmittel verschafft werden. E. 68 S. 13; oder bei aktiner Bestechung (§ 333) mehrerer Beamter. E. 72 S. 174; oder bei Un­ zucht (t) 175 mit mehreren Männern. E. 7u S 282, oder Raffenschande mit verschiedenen Personen, E. 74 S. 164, wohl aber im Falle des Ver­ gehens gegen § 183. RG. HRR. 1935 Nr. 217, oder gegen § 181a E 70 S. 150. Kein Fortsetzungszusammenhang, wenn verschiedene Straf-

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen § 74.

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gesetze verletzt sind. E. 64 S. 273 (279). Also nicht zwischen §§ 185 u. 187. KG. DIZ. 34 S. 1420; zwischen Meineid und eidesstatil. Versicherung. JurW. 60 S. 2v20. E. 67 S 16b; zwischen Diebstavl und Unterschlagung. E. 58 S. 228; auch nicht zwischen Unterschlagung und gewerbsmäßiger Hehlerei. JurR. 3 Nr. 18h; zwischen Hehlerei und Begünstigung. TRZ. 23 Str. 277; zwischen einfacher und Amtsunterschlagung. Recht 32 Nr. 26i-9, 2610; zwischen 8 306 Nr. 2 und 8 308. RG. DJust. 1038 S. 1190. Zwisch.n verichiedenen Steuerzuwiberhandlungen kann Fortsetzungszusammenhang nur bestehen, wenn ste sich aus die gleiche oder nahe verwandle Steuerarien beziehen. Dies ist nicht der Fall, wenn Umsatz-, Einkommen- und Vermögenssteuer Zusammentreffen. RG.JurW. 1936 S. 1677 10 (aber Tateinheit, wenn die Hinterziehungen durch dieselbe Erklärung erfolgen, RG DR. 1939 S. 235). Erfüllen die Emzelakie der fortgesetzten Handlung teils den Tatbestand deS vollendeten, teils den des versuchten Delikts, so ist nur wegen fortgesetzter vollendeter Tat zu berurieilen. Denn die fortgesetzte Handlung bildet im Rechtssinne nur eine Tat. die nicht gleichzeitig vollendet und nur versucht sein kann. RG. IW. 1936, 1677 10 Ebenso findet Verfolgung der ganzen fortges. Handl von Amiswegen statt, wenn die Einzelakte zum Teil von Amtswegen, zum Teil nur auf Antrag verfolgbare Zuwiderhandl. datstellen. E. 71 S. 286. Bei fahrlässigen Handlungen ist ein Fartsetz.ngszusammenhang nicht möglich, ebenso nicht bei vorsätzl und fahr! Handlungen. E. 73 S. 230 (sie können aber eine natürl. Handlungseinheit, bet Unterlassungen ein Dauerdelikt bilden, RG. DJust. 1939 S. 1284* E. 73 S. 230); a. M. LK. Einl. S. 145.

Dagegen schließen sich gewerbsmäßige Begehung und Fortsetzungszusammenhang nicht aus. E 58 S. 19. Ist von mehreren in Fortsetzungszusammenhang stehenden Handlungen eine rechtskräftig als Einzelhandlung abgeurlei t, so darf bei der späteren Aburteilung der übrigen Einzelhandlungen die abgeurteilte Einzeltat nicht in die fortgesetzte Handlung nnbezogen werden RG. DJust. 1936, 728. Als Dauerstraftat werden die Fälle fnafbaren Verhaltens zu einer Tat zusammengefaßt, in denen der mit Strafe bedrohte Tatb« stand durch eine schu dhafte Willensbeiätigung des Täters — Handlung oder Unterlassung — betätigt wird, die ununterbrochen während emes gewiffen Zeiträumefori bauert, während im Gegensatz dazu bei den sog. Z u st a n d s delikten dm ch eine einmalige schuldhafte Handlung ein foitbauernber rechtswidriger Zu­ stand erzeugt wird. RG. DR. 1940 S. 1672. In denjenigen Fällen, in denen die gewerbs-, gewohnheitS- oder ge­ schäftsmäßige Begehung ein strafschärfendes oder strafbegründrndeS Tatbestandsmerkmal darstellt, bildeten nacd der bisherigen Rechtsprechung mehrere Einzelbandlungen maletiellrechtlich und verfarrensrechtlich eine Stimmt (ein sog. Sammelverbrechen). Die'e Rechtsprechung hat das RG. angesichts der Nachteile tür die V« rbi echensbeiämpfunp, zu denen sie in veriabrensrech licher Hinsicht füht le, j.tzt aufgegeben und ausgesvrochen, daß die gewerbs-, gewohnheits- oder geschäftsmäßige Begehung der Einzeliat die Eigenschaft einer selb­ ständigen Handlung nicht nimmt, wenn sich die Stiafvorschrift gegen die auS strafwürd'gem Willen heraus begangene Einzeltat richtet, und zwar ohne Unter­ schied, ob die Gewerbsmäßigkeit usw. strafbegründend oder strafschärfend wirkt; vgl. für die gewerbsmäßige Abtreibung (-218 Adi. 4 Satz 2) E. 72 S. 164, für die gewerdsmöß ge Unzucht anit Männern (8 175* Nr. 4) E. 72 S. 257, für die gewerbsmäßige Heblerei (8 26') E. 72 S. 285, für die gewerbs- und gewohnheitsmäßige Im.dwilderei. RG. DJust. 1939 S.'10< 3, für gewerbsund gewohnheitsmäßigen Wucher, RG. DJust. 1939 S. 1284, füt gejchäfts-

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A 2. Strafgesetzbuch §§ 75 u. 76.

Verbrechen oder Vergehen mehrmals begangen und dadurch mehrere zeitige Freiheitsstrafen2* )1 3 verwirkt hat, ist auf eine Gesamtstrafe zu er­ kennen, welche in einer Erhöhung der verwirkten schwersten Strafe besteht.8) Bei dem Zusammentreffen ungleichartiger Freiheitsstrafen tritt diese Erhöhung bei der ihrer Art nach schwersten Strafe 8») ein. Das Maß der Gesamtstrafe darf den Betrag der verwirkten Einzelstrafen nicht erreichen und fünfzehnjähriges Zuchthaus, zehn­ jähriges Gefängnis oder fünfzehnjährige Festungshaft nicht übersteigen. § 75. Trifft Festungshaft nur mit Gefängnis zusammen, so ist auf jede dieser Strafarten gesondert zu erkennen. Ist Festungshaft oder Gefängnis mehrfach verwirkt, so ist hin­ sichtlich der mehreren Strafen gleicher Art so zu verfahren, als wenn dieselben allein verwirkt wären. Die Gesamtdauer der Strafen darf in diesen Fällen fünfzehn Jahre nicht übersteigen. § 76.4)* Neben der Gesamtstrafe müssen oder können Neben­ mäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (88 1,8 des Rechtsberatungsmißtuauchsges. vom 13. Dezbr. 35) E. 72 S. 313. 1) Auf Übertretungen findet der 8 keine Anwendung. 2) Freiheitsstrafen, welche'an die Stelle von Geldstrafen treten, dürfen nicht zu einer Gesamtstrafe vereinigt werden. R. 4 S. 326 (§ 78). Auch nicht die Freiheitsstrafen, an deren Stelle Geldstrafen treten (8 27 b). E. 59 S. 21. Aus den Entscheidungsgründen müssen sich die verhängten Einzelstrafen entnehmen lassen. E. 2 S. 253. E. 52 S. 253. 3) Die Erhöhung darf nicht in der Weife stattfinden, daß die Einzelstrafen nach einem gleichen Verhältnis gekürzt und darauf der Einsatzstrafe zugezählt werden. E. 44 S. 302. Bei dem Zusammentreffen mehrerer mit Zuchthaus zu bestrafender Verbrechen muß die Einsatzstrafe mindestens um einen vollen Monat erhöht werden. E. 8 S. 26. — Treffen ungleichartige Freiheitsstrafen zusammen, so sind zunächst die milderen in die schwereren umzuwandeln. Das Maß der Gesamtstrafe darf den Betrag der danach ermittelten Einzelstrafen nicht erreichen. R. 6 S. 388. Es ist aber nicht erforderlich, daß die einzelnen Ge­ fängnisstrafen ausdrücklich in ziffermäßige Zuchthausstrafen umgewandelt werden. E. 36 S. 88. Siehe auch Anm. 16 zu 8 21. Eine Zusammenziehung lebensläng­ licher Zuchthausstrafe mit zeitiger Freiheitsstrafe ist unzulässig JurW. 53 S. 300. Die Einzelstrafen haben, solange die Gesamtstrafe besteht, keine selbständige Be­ deutung. E.60 S. 207. Aufhebung der Gesamtstr. bedingt nicht auch Aufhebung der Einzelstrafen. Plen.-Beschl., E. 25 S. 297. Besteht eine Einzelstrafe nur in Einem Tage Gefängnis, so muß von der Erhöhung der schwersten Einzel­ strafe abgesehen werden. E. 30 S. 141. Auch bei jugendlichen Angeklagten darf die Gesamtstrafe zehn Jahre erreichen. E. 54 S. 202. Eine Herabsetzung gemäß § 9 Avs. 3 JGG. findet nicht statt. Kiesow, JGG. Anm. 1 zu §9. 3 a) Treffen Gefängnisstrafe und Militär. Arreststrafe zusammen, so sind diese Slrafiaten gleichwertig; als Einsatzstrafe gilt die ihrer Dauer nach längste (E. 70 S 269 umer Ausgabe der bisbeiigen R.chispr. des RG. in E. o8 S. 65). 4) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 24. Novbr. 33 (RGBl. I S. 995) i. B. m. dem Ges. v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213).

Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen §§ 77—79.

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strafen") und Nebenfolgen verhängt und Maßregeln der Sicherung und Besserung angeordnet werden, wenn das auch nur wegen einer der Gesetzesverletzungen vorgeschrieben oder zugelassen ist.

§ 77. Trifft Haft mit einer anderen Freiheitsstrafe zusammen, so ist aus die erstere gesondert zu erkennen. Auf eine mehrfach verwirkte Haft ist ihrem Gesamtbeträge nach, jedoch nicht über die Dauer von drei Monaten zu erkennen. § 78. Sind mehrere Geldstrafen verwirkt, so ist auf jede ge­ sondert zu erkennen?) Das gleiche gilt von den Freiheitsstrafen, die an die Stelle un­ einbringlicher Geldstrafen treten.6*)* *Ihre * 5 Gesamtdauer darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Gesamtdauer mehrerer zusammentreffender Haftstrafen darf drei Monate nicht, übersteigen.

§ 79. Die Vorschriften der §§ 74 bis 78 finden auch An­ wendung, wenn, bevor eine erkannte Strafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist,6) die Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung er­ folgt, welche vor7)7*) der früheren Verurteilung76) begangen war.7«) 4 a) Die Dauer der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte darf auch bei einer Gesamtstrafe niemals über 10 Jahre betragen. E. 68 S. 176. Die Ehren­ strafe ist nur neben der Gesamtstrafe, nicht neben den Einzelstrafen zu verhängen. AG. a. a. D. 5) Das muß im Tenor zum Ausdruck gebracht werden. JurR. 2 Nr. 1317. Die einzelnen Geld- wie auch Ersatzstrafen sind gesondert aufzuführen. JurW. 63 S. 169. RG. in Deutsche Justiz 1934, 1407. 6) Daß diese Voraussetzung gegeben, muß in dem Urteil festgestellt werdend R. 1 S. 102. Ist in erster Instanz die Zuerkennung einer Gesamtstrafe unter­ blieben, so darf das BG. eine bereits völlig verbüßte Strafe nicht berücksichtigen. Entscheidend für die Frage der Verbüßung ist der Tag der Verkündung des letzten Urteils. RG. DJ. 1939 S. 1997. KG. JurW. 1933 S. 472. GA. 77 S. 125. (Abweichende Ansicht des KG. JurW. 1930 S. 2579 ist aufgegeben.) Hat nach Aufhebung eines früheren Urteils eine zweite Verurteilung wegen derselben Tat stattgefunden und es erfolgt nunmehr die Aburteilung wegen einer strafbaren Handlung, welche nach der ersten, aber vor der zweiten Verurteilung begangen, so ist ebenfalls auf eine Gesamtstrafe zu erkennen. E.33 S. 231. E. 53 S. 145. Das gleiche gilt jedoch nicht, wenn das erste Urteil nicht aufgehoben, sondern im Wiederaufnahmeverfahren die Sache einer neuen Prüfung unterzogen wird. Denn dadurch wird das erste Urteil rechtlich nicht aufgehoben und bleibt vollzugsreif und das neue Erkenntnis hält es auftecht, sofern im neuen Verfahren wiederum die Schuld erwiesen wird. Maßgebend bleibt sonach immer dieses erste Urteil, R. 8 S. 252. LK. Anm. 2. Ist im Falle abermaliger Verurteilung die Bildung eines neuen Gesamtstrafe er­ forderlich, so ist von den ihr zugrunde liegenden Einzelstrafen auszugehen. Die neue Gesamtstrafe darf den Bettag der neuen Einzelsttafe und den der früheren Gesamtsttafe nicht übersteigen. RG. DR. 1940 S. 1417 A. M. LK. Anm. 7. Ist der A. durch das 1. Urt. zu einer Freiheitsstrafe und durch ein 2. zu einer Zusatzsttafe verurteilt worden, so kann wegen einer zwischen beiden Berurtei*$alde, Strafrecht.

32. Ausl.

6

82

A 2. Strafgesetzbuch § 79.

lungen liegenden Handlung nur auf eine selbständige Strafe erkannt werden. GA. 60 S. 414. E. 18 S. 333. HRR. 1931 Nr. 633. Verbüßt ein Ver-/ urteilter eine Gesamtstrafe, in die frühere Strafen unzulässig einbezogen waren, so ist § 74 so gegen ihn anzuwenden, wie es hätte geschehen müssen, wenn die schon abgeurteilte und die vor der früheren Verurteilung begangene, aber jetzt erst zur Aburteilung kommende Tat zu gleichzeitiger Entscheidung Vor­ gelegen hätten. E. 46 S. 179. Sollen bei Bildung einer Gesamtzuchthaus­ strafe mit früher erkannten Gefängnisstrafen die bereits verbüßten Teile der letzteren auf die Gesamtstrafe angerechnet werden, so muß die Anrechnung auf den Teil der Strafen ausgedehnt werden, den der A. zu der Zeit verbüßt hat, zu welcher der Ausspruch der nunmehrigen Gesamtzuchthausstrafe in Rechts­ kraft übergeht. JurW. 60 S. 2573. E. 8 S. 63 u. 285. Die in dem früheren Urteil ausgesprochene Anrechnung der Untersuchungshaft kann in der Urteils­ formel wiederholt werden. LK. Anm. 9. Bei Bildung der Gesamtstrafe fallen Neben st rasen, die früher neben rechtskräftigen Einzelstrafen verhängt wurden, mit deren Einbeziehung in die Gesamtstrafe weg; das Gericht muß daher prüfen, ob neben der Gesamtstrafe eine solche Nebenstrafe zu verhängen ist, wobei es durch die Rechtskraft der früheren Entscheidung nicht gehindert ist. E. 74 S. 5 RG. JurW. 1937 S. 2380. Ist neben mehreren Freiheitsstrafen auf Verlust der b. E. erkannt, so empfiehlt sich bei nachträgl. Bildung einer Gesamtstrafe (§ 462 StPO.) nicht die vielfach übliche Wendung, daß es bei dem Ehrverlust „sein Bewenden habe", vielmehr ist die darin steckende Unklarheit des Spruchs durch ausdrückl. Bildung einer neuen Ehrverluststrafe zu beseitigen. OLG. Dresden DStrR. 1938 S. 430. Auch die Aufrechterhaltung der in einem früheren Urteil angeordneten Maßregeln der Sicherung und Besserung ist bei Bildung der Gesamtstrafe neu zu prüfen. RG. DR. 1939 S. 1505.

7) Maßgebend für den Zeitpunkt ist die Verkündung des tatrichterlichen Urteils, gleichgültig welcher Instanz, nicht dessen Rechtskraft. E. 53 S. 145. E. 60 S. 382. DRZ. 19 Nr. 155. Für die Anwendung des § 79 ist aber die Rechtskraft des ersten Urteils Voraussetzung. R. 3 S. 592. JurW. 54 S. 57. DRZ. 21 Nr. 175. Ist das frühere Urteil noch nicht rechtskräftig, so kann die Entscheidung über die Gesamtstrafe einem späteren Verfahren (§ 460 StPO.) Vorbehalten werden. E. 5 S. 1. War das frühere Urteil rechts­ kräftig und dasselbe dem Gericht bekannt, so muß grundsätzlich auf eine Ge­ samtstrafe erkannt werden. R. 3 S. 602. Nur aus triftigen Gründen darf sie dem Beschlußverfahren Vorbehalten werden. E. 64 S. 413. JurW. 62 S. 2458. A. M. Jena JurW. 61 S. 431. War das frühere Urteil dem Gericht unbekannt, so gibt die unterlassene Anwendung des § 79 keinen Revisionsgrund. R. 7 S. 186, ebensowenig dann, wenn die Vorbestrafungs­ akten noch nicht vorliegen. E. 34 S. 267. Erk. v. 7. Mai 12, LK. Anm. 6. 7 a) Erfolgt die spätere Verurteilung wegen eines fortgesetzten Delikts und liegt ein Teil der Handlungen vor der ersten Verurteilung, darf eine Gesamt­ strafe nicht gebildet werden. Darmstadt GA. 46 S. 230. E. 59 S. 168. 7 b) § 79 nicht anwendbar bei früherer Verurteilung durch ein aus­ ländisches Gericht. Recht 33 Nr. 2504. Anders bei früheren Urteilen von Ge­ richten in Gebieten, die jetzt dem Deutschen Reich eingegliedert sind. OLG. DresdenDJust. 1939 S. 1779(tschechoslow. Urteile), Tränkmann DStrafr. 1940 S. 22 (oft. Urteile). Wegen der Urteile nichtdeutscher Gerichte in den eingegl. Ostgebieten s. AB. d. RIM. v. 1. Novbr. 40 (DJust. S. 1268). S. dazu auch Anm. 75 a zu 8 244. 7 c) Über Berechnung der Gesamtstrafe Anm. 90 zu § 460 StPO.

Hochverrat §§ 80—82.

2. Teil.

83

Non den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Über­ tretungen und Leren Bestrafung.

1. Abschnitt. ’)

Hochverrat.

§ 80. Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt das Reichsgebiet ganz oder teilweise einem fremden Staat einzuverleiben oder ein zum Reiche gehöriges Gebiet vom Reiche

VoIksGH,

loszureißen, wird mit dem Tode bestraft. Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, mit Gewalt öder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung des Reichs zu ändern. § 81. Wer es unternimmt, den Führer und Reichskanzler oder ein anderes Mitglied der Reichsregierung °) seiner verfassungs­

VolksGH.

mäßigen Gewalt zu berauben oder mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt oder mit einem Verbrechen oder Vergehen zu nötigen oder zu hindern, seine verfassungsmäßigen Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit dem Tode oder mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.

§ 82. Wer ein hochverräterisches Unternehmen (§§ 80, 81) mit einem anderen verabredet, wird mit dem Tode oder mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer zur Vorbereitung eines hochver­ räterischen Unternehmens zu einer ausländischen Regierung in Be­ ziehungen tritt oder die ihm anvertraute öffentliche Macht mißbraucht oder Mannschaften anwirbt oder in den Waffen einübt. Tritt der Täter durch eine schriftliche Erklärung zu einer ausländischen Re­

il Die Fassung des Abschnittes beruht auf dem Ges. v. 24. April 34 (RGBl. I S. 341). Er gilt auch in der Ostmark (BO. v. 20. Juni 38, abgedr. Anh. E II).

2) Es muß sich um solche Einrichtungen handeln, die als Fundament der Verfassung anzusehen sind, wie z. B. die Wehrmacht. E. 41 S. 138 (140). 3) Der auf eine bloße Berfaffungswidrigkeit gerichtete Borsatz des Täters ist nicht ausreichend. E. 56 S. 259 (261). Die zur Durchführung eines hoch­ verräterischen Unternehmens begangenen strafbaren Handlungen, soweit sie sich gegen Privatpersonen richten (Diebstahl, Freiheitsberaubung usw.) stehen nicht mit diesem Unternehmen in Gesetzeseinheit. E. 58 S. 2. Noch enger E. 69 S. 57, das im allgemeinen zwischen dem Unternehmen des Hochverrats und anderen damit verbundenen Straftaten keine Gesetzeseinheit annehmen will. 5) Das sind die Neichsminister. Reichsminister ist gemäß § 2 des Ges. zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat v. 1. Dezbr. 33 i. d. F. des Ges. v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 1016 u. S 529) auch der Stellvertreter des Führers der NSDAP.

VoIksGH*

84

A 2. Strafgesetzbuch § 83.

gierung in Beziehungen, so ist die Tat vollendet, wenn er die Er­ klärung abgesandt hat. Nach der Vorschrift des Abs. 1 wird nicht bestraft, wer freiwillig seine Tätigkeit aufgibt und das hochverräterische Unternehmen ver­ hindert; auch eine Bestrafung nach § 83 tritt nicht ein. VolksGH.

§ 83. Wer öffentlich zu einem hochverräterischen Unternehmen auffordert6)7 oder 8 anreizt/) wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer ein hochverräterisches Unternehmen in anderer Weise vorbereitet?) Auf Todesstrafe oder auf lebenslanges Zuchthaus oder auf Zucht­ haus nicht unter zwei Jahren ist zu erkennen, wenn die Tat 1. darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzu­ erhalten, oder 2. darauf gerichtet war, die Wehrmacht oder die Polizei^) zur Er­ füllung ihrer Pflicht untauglich zu machen, das Deutsche Reich gegen Angriffe auf seinen äußeren oder inneren Bestand zu schützen, oder 6) Vgl. Sinnt. 24 zu § 110.

7) Vgl. Sinnt. 26 zu § 112. Äußerungen staatsfeindl. Gesinnung fallen nicht unter § 83, wenn der Täter sich nicht bewußt war, hierdurch die gewaltsame Änderung der Verfolgung vorzubereiten, z. B. wenn er sie in an­ getrunkenem Zustand, aus Großsprecherei und ähnl. Beweggründen getan hat. VGH. DJust. 1937 S. 198. 8) Auch durch Abhören eines ausländ. Senders, um sich in seiner staats­ feindl. Gesinnung zu festigen. VGH. DJust. 1938 S. 828. Die Bildung von Hörergemeinschaften kann unter Abs. 3 Nr. 3 fallen. VGH. a. a. O.; OLG. Hamburg, Recht 1937 Nr. 5699. 8 a) Hierunter fällt nicht nur der hochverräterische Angriff gegen den Geist der Wehrmacht oder Polizei, sondern jeder Angriff, der sich unmittelbar gegen die Schlagkraft der Truppe richtet und diese auch nur vermindert. Hierzu genügt schon, wenn ein Funktionär einer staatsfeindl. Organisation versucht, einen Polizeibeamten, der nach seiner Annahme gegen diese tätig ist, in seinerweiteren Tätigkeit lahmzulegen. VGH. DJust. 1938 S. 113 oder wenn der Täter die von der Polizei zur Bekämpfung der staatsfeindlichen Umtriebe ergriffenen Schritte durch rechtzeitige Warnung der Betroffenen vereitelt. VGH. DJust. 1938 S. 113 oder wenn er einen Arbeiter zu einem Sabotageakt in einem Rüstungs­ betrieb auffordert. VGH. DJust. 1938, S. 114. Überhaupt fallen alle Maß­ nahmen, die von Angehörigen einer staatsfeindl. Organisation zur Vorbereitung des von dieser erstrebten hochverräterischen Endziels zur Schwächung der Landes­ verteidigung betrieben werden, wie z. B. Ausspähung von Rüstungsbetrieben, nicht nur unter die Landesverratöbestimmungen, sondern auch unter § 83 Abs. 3 Nr. 2. VGH. a. a. O. Vgl. auch § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Kriegssonder­ strafrechtsverordnung.

Hochverrat §§ 64—86.

85

3. auf Beeinflussung der Massen ®) durch Herstellung oder Ver­ breitung von Schriften, Schallplatten oder bildlichen Dar­ stellungen oder durch Verwendung von Einrichtungen der Funkentelegraphie oder Funkentelephonie gerichtet war oder 4. im Auslande oder dadurch begangen worden ist, daß der Täter es unternommen hat, Schriften, Schallplatten oder bildliche Darstellungen zum Zwecke der Verbreitung im Inland aus dem Ausland einzuführen.

§ 84. In minder schweren sötten9 10)11 kann 12 13 im14 Falle des § 80 auf lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren, in den Fällen der §§ 81 und 82 auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren, im Falle des § 83 auf Gefängnis nicht unter einem Jahreu) erkannt werden. § 85. Wer eine Druckschrift, deren Inhalt den äußeren Tatbestand des Hochverrats (§§ 80 bis 83) begründet, herstellt, verbreitet") oder zum Zwecke der Verbreitung vorrätig hält, obwohl er bei sorgfältiger Prüfung der Schrift den hochverräterischen Inhalt hätte erkennen können,") wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft.

§ 86. Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Hand­ lungen kann erkannt werden neben den Strafen aus §§ 80 bis 84 auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe, gegenüber den Ur­ hebern und Rädelsführern des Unternehmens auch auf Einziehung des Vermögens;") 9) Auch wenn die Schrift usw. vorwiegend nur für bestimmte Kreise z. B. die studentischen bestimmt ist. BGH. ZAkadDR. 1937 S. 570. 10) Ein minder schwerer Fall liegt vor, wenn die Tat nach der äußeren und inneren Tatseite besonders milde liegt. VolksgerHof DJust. 1936 S. 1164. 11) Daneben kann in entsprechender Anwendung des 8 32 auf Ehrverlust erkannt werden. VolksgerHof DJust. 1936 S. 1164. 12) Verbreiten bedeutet: einem größeren Personenkreis zugänglich machen. Weitergabe an eine einzige Person genügt, jedoch nur, wenn der Empfänger sie einem größeren Personenkreis zugänglich machen will oder wenn der Weitergebende damit rechnet, daß der Empfänger sie weitergeben werde. Ver­ breiten liegt bei Weitergabe an eine Person auch vor, wenn der Täter es öfters tut oder zwar nur einmal, dabei aber weiß, daß andere es ebenso machen und wenn er durch dieses sein Verhalten die Verbreitung der Schrift in einem größeren Personenkreis fördern will. RG. DJust. 1935 S. 1192. 13) § 85 findet auch Anwendung, wenn der Täter den hochverräterischen Inhalt der Schriften erkannt, aber nicht den Willen zum Hochverrat hatte. RG. DRechtspfl. 1936 Nr. 429. 14) Die Vermögenseinziehung ist als eine mit dei Rechtskraft des Urteils kraft Gesetzes eintretende Gesamtrechtsnachfolge des Fiskus in das Aktivvermögen

VolksGH.

86

A 2. Strafgesetzbuch §§ 86 a—88.

neben der Strafe aus § 85 auf Geldstrafe; neben der Gefängnisstrafe auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren und auf den Ver­ lust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte; neben jeder Freiheitsstrafe . auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. § 86a. Gegenstände, die zur Begehung einer in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlung gebraucht oder bestimmt sind, können eingezogen oder unbrauchbar gemacht werden, auch wenn sie weder

dem Täter noch einem Teilnehmer gehören. Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden,") so kann auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig

erkannt werden.

§ 87. Unternehmen im Sinne des Strafgesetzbuchs ist die Voll­ endung und der Versuch. la. Abschnitt.

Landesverrat?)

§ 88. Staatsgeheimnisse") im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts sind Schriften, Zeichnungen, andere Gegenstände, Tat­ sachen oder Nachrichten17 * *)18 15 darüber, 16 deren Geheimhaltung vor einer ausländischen Negierung für das Wohl des Reichs, insbesondere im Interesse der Landesverteidigung, erforderlich ist. Verrat im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts begeht, wer mit dem Vorsatz,") das Wohl des Reichs zu gefährden, das Staats­ geheimnis an einen anderen gelangen läßt, insbesondere an eine aus­ anzusehen (vgl. Schäfer-Richter-Schafheutle, Strafgesetznovellen Sinnt. 4 zu § 86, S. 142). 15) Zur Einleitung des objektiven Verfahrens ist nur erforderlich, daß der äußere Tatbestand eines Verbrechens oder Vergehens gegen 88 80—85 erfüllt ist. 16) StG. ist jede Tatsache, die nur innerhalb eines bestimmten Kreises bekannt ist und deren Bekanntwerden über diesen Kreis hinaus dem Willen der Regierung widerspricht. JurR. 3 Nr. 1159. Auch ein Betriebsgeheimnis einer Privatfirma kann darunter fallen. VGH. ZAkadDR. 1937 S. 410. 17) Die Eigenschaft einer geheimen Nachricht kann die Zusammen­ stellung bekannter Nachrichten dann annehmen, wenn dadurch unbekannte Beziehungen aufgedeckt oder Einzelheiten in ein anderes Licht gerückt werden derart, daß sich verschiedene und neue Nachrichten ergeben. DRZ. 16 S. 391. 18) Bedingter Vorsatz — der Täter rechnet mit der Möglichkeit einer gefahrbringenden Verwertung des übermittelten Geheimnisses und nimmt sie in Kauf — genügt. Mitteilungen, die ohne diesen Vorsatz erfolgen, sind kein Verrat (vgl. jedoch 88 90 d, 90 e).

Landesverrat §§ 89—90 a.

87

ländische Regierung oder an jemand, der für eine ausländische Re­ gierung tätig ist, oder öffentlich mitteilt. § 89. Wer es unternimmt, ein Staatsgeheimnis zu verraten, wird mit dem Tode bestraft. Ist der Täter ein Ausländer,l9)20 so 21 kann auf lebenslanges Zuchthaus erkannt werden.

VolksGH.

Konnte die Tat keine Gefahr für das Wohl des Reiches herbeiführen, so kann auf lebenslanges Zuchthaus oder auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren erkannt werden.") § 90. Wer es unternimmt, sich ein Staatsgeheimnis zu ver­ schaffen^) um es zu verraten, wird mit dem Tode oder mit lebens­ langem Zuchthaus bestraft.

VolksGH.

Auf zeitige Zuchthausstrafe kann erkannt werden, wenn die Tat keine Gefahr für das Wohl des Reiches herbei führen konnte.")

§ 90a. Wer durch Fälschung22)23 oder 24 Verfälschung2*) Schriften, Zeichnungen oder andere Gegenstände, die im Falle der Echtheit Staatsgeheimnisse wären, herstellt, um sie zu verraten, wird mit

Zuchthaus bestraft. ' Ebenso wird bestraft, wer Gegenstände, Tatsachen oder Nach­ richten darüber, von denen er weiß, daß sie falsch, verfälscht oder un­ wahr sind, und die im Falle der Echtheit oder Wahrheit Staatsgeheim­ nisse wären, verrät,25) ohne sie als falsch zu bezeichnen. Mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer Gegenstände, von denen er weiß, daß sie falsch oder verfälscht sind und die im Falle ihrer Echtheit Staatsgeheimnisse wären, sich verschafft, um sie zu ver­ raten, ohne sie als falsch zu bezeichnen. 19) Jeder, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, also auch der Staatenlose. 20) Aufgehoben durch Gesetz v. 16. Septbr. 39 (RGBl. I S. 1841). 21) z. B., wenn jemand sich an Auskunstspersonen heranmacht, auch wenn diese nichts über die begehrten Staatsgeheimnisse wissen. § 90 ist schon erfüllt mit der Ankunft des Spions am Ausspähungsort, wenn infolge der unmittel­ baren Nähe der Ausspähungsobjekte ein Sichverschaffen der Staatsgeheimnisse sich unmittelbar und ohne umständl. weitere Vorbereitungen anschließen kann. VGH. DJust. 1937 S. 198. Ein St.G. verschafft sich auch, wer davon ohne Verratsabsicht Kenntnis erlangt, sich dann aber zu Verratszwecken schristl. Aus­ zeichnungen macht. VGH. ZAkadDR. 1937 S. 410. S. auch § 5 der LO. v. 25. Novbr. 39 (RGBl. I S. 2319) — Gefährdung der Wehrmacht befreundeter Staaten —. 22) Aufgehoben durch Gesetz v. 16. Septbr. 39 (RGBl. I S. 1841). 23) Vgl. Anm. 65 zu § 267. 24) Dgl. Anm. 64 zu § 267. 25) Abweichend von § 89 Abs. 1 ist hier nicht auf das Unternehmen, sondern auf die vollendete Tat abgestellt. Die Strafbarkeit des Versuchs richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften.

VolksGH.

88

A 2. Strafgesetzbuch §§ 90 b—90 d.

Falschen, verfälschten oder unwahren Gegenständen, Tatsachen oder Nachrichten (Abs. 2, 3) stehen Staatsgeheimnisse gleich, die bet/ Täter irrtümlich für falsch, verfälscht oder unwahr hält. In besonders schweren Fällen ist die Strafe in den Fällen der Abs. 1 und 2 lebenslanges Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter fünf Jahren, in den Fällen des Abs. 3 Zuchthaus nicht unter fünf Jahren. VolksGH.

§ 90 b. Wer frühere Staatsgeheimnisse, die den ausländischen Regierungen, vor denen sie geheimzuhalten waren, bereits bekannt geworden oder bereits öffentlich mitgeteilt worden sind, öffentlich mitteilt oder erörtert, und dadurch das Wohl des Reichs gefährdet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Dasselbe gilt für Gegenstände, Tatsachen oder Nachrichten der in § 90a Abs. 2, 4 bezeichneten Art, die bereits den ausländischen Regierungen bekannt geworden oder öffentlich mitgeteilt worden sind. Die Tat wird nur auf Antrag der Reichsregierung verfolgt. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig,

VolksGH.

§ 90 c. Wer zu einer ausländischen Regierung oder zu einer Person die für eine ausländische Regierung tätig ist, in Beziehungen tritt oder mit ihr Beziehungen unterhält, welche die Mitteilung von Staatsgeheimnissen oder von Gegenständen, Tatsachen oder Nach­ richten der im § 90a Abs. 2, 4 bezeichneten Art zum Gegenstände haben, wird mit Gefängnis bestraft.26)27 Ebenso wird bestraft, wer für eine ausländische Regierung tätig ist und zu einem anderen in Beziehungen der im Abs. 1 bezeichneten Art tritt oder solche Beziehungen mit einem anderen unterhält. § 82 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.

VolksGH.

§ 90 d. Wer es unternimmt, ein Staatsgeheimnis an einen anderen gelangen zu lassen, und dadurch fahrlässig das Wohl des Reichs gefährdet2?), wird mit Gefängnis bestraft. Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, sich ein Staats­ geheimnis zu verschaffen, und dadurch fahrlässig das Wohl des Reichs gefährdet. 26) Es ist nicht erforderlich, daß der Täter verräterische Absichten verfolgt. E. 50 S. 423. VGH. DJust. 1938 S. 829. Auch der sog. Spionagebetrug fällt hier­ unter. Recht 32 Nr. 692. Selbst Simulation auf beiden Seiten schließt den Tat­ bestand nicht aus. Stenglein, Nebenges. Anm. 12 zu § 6 des früheren Spionageges. Nach 8 90 e macht sich auch strafbar, wer Neuigleiten irgend­ welcher nicht geheimer Art sammelt, um sie der für die ausl. Reg. tätigen Person zur Aufrechterhaltung der angeknüpften Beziehungen zu übermitteln. VGH. a. a. O. 27) Hier ist also vorausgesetzt, daß der Täter ohne den in § 88 Abs. 2 bezeichneten Vorsatz handelt.

Landesverrat §§ 90 e—90 i.

89

§ 90 e. Wer fahrlässig ein Staatsgeheimnis, -as ihm kraft seines Amtes oder seiner dienstlichen Stellung oder eines von amtlicher Seite erteilten Auftrags zugänglich war, an einen anderen gelangen läßt und dadurch das Wohl des Reichs gefährdet, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft.

V olksGH.

Die Tat wird nur auf Antrag der Reichsregierung verfolgt. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. § 90f. Wer öffentlich oder als Deutscher im Ausland durch eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art eine schwere Gefahr für das Ansehen des deutschen Volkes herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft.")

VolksGH.

§ 90 g. Ein Beauftragter des Reichs, der ein Staatsgeschäft mit einer ausländischen Regierung vorsätzlich zum Nachteil des Reichs führt, wird mit dem Tode bestraft. Wenn die Tat nur einen unbedeutenden Nachteil für das Reich herbeigeführt hat, schwerere Folgen auch nicht herbeiführen konnte, kann auf Zuchthaus erkannt werden.

VolksGH.

§ 90h. Wer es unternimmt, ein Beweismittel über ein Rechts­ verhältnis zwischen dem Reich und einem ausländischen Staate zu fälschen, verfälschen, vernichten, beschädigen, beseitigen oder unter­ drücken, und dadurch das Wohl des Reichs gefährdet, wird mit Zucht­ haus bestraft. In besonders schweren Fällen ist auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen. § 901. Ein Deutscher, der von einer ausländischen Regierung oder von jemand, der für eine ausländische Regierung tätig ist, für eine Handlung, die das Wohl des Reichs gefährdet, ein Entgelt fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird, soweit nicht nach anderen Vorschriften, eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Wird das Entgelt durch eine schriftliche Erklärung gefordert oder angenommen, so ist die Tat vollendet, wenn der Täter die Erklärung abgesandt hat. Die Tat wird nur auf Antrag der Reichsregierung verfolgt. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig.

VolksGH.

28) Es handelt sich hier um besonders schwere Fälle der sog. Greuel­ propaganda, die im übrigen in § 1 des Ges. gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei usw. v. 20. Dezbr. 1934 (RGBl. I S. 1269) mit Strafe be­ droht ist. 8 90 k trifft auch den Deutschen, der vom Inland aus (z. B. durch Brief) Greuelnachrichten an das Ausland gelangen läßt. BGH. DJust. 1937 S. 123. Zu Unrecht fordert BGH. DJust. 1936 S. 1439, daß die Tat sich gegen die äußere Sicherheit des Reichs richten müsse (vgl. S ch m i d t a. a. £).).

VolksGH.

90

A 2. Strafgesetzbuch §§ 91—92.

§ 91. Wer mit dem Vorsatz, einen Krieg oder Zwangsmaßregeln gegen das Reich oder andere schwere Nachteile für das Reich herbes zuführen, zu einer ausländischen Regierung oder zu jemand, der für eine ausländische Regierung tätig ist, in Beziehungen tritt, wird mit dem Tode bestraft. Wer mit dem Vorsatz, schwere Nachteile für einen Reichsange­ hörigen herbeizuführen, in Beziehungen der im Abs. 1 bezeichneten Art tritt, wird mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft. § 82 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung. § 91a. Ein Deutscher, der während eines Krieges gegen das Reich VolksGH. in der feindlichen Kriegsmacht28 * *»)* dient * * * 28^ oder gegen das Reich oder dessen Bundesgenossen die Waffen trägt, wird mit dem Tode oder mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft. § 91b28C). Wer im Inland oder als Deutscher im Ausland es unter­ VolksGH. nimmt, während eines Krieges gegen das Reich oder in Beziehung auf einen drohenden Krieg der feindlichen Macht Vorschub zu leisten oder der Kriegsmacht des Reichs oder seiner Bundesgenossen einen Nachteil zuzufügen, wird mit dem Tode oder mit lebenslangem Zucht­ haus bestraft. Wenn die Tat nur einen unbedeutenden Nachteil für das Reich und seine Bundesgenossen und nur einen unbedeutenden Vorteil für die feindliche Macht herbeigeführt hat, schwerere Folgen auch nicht herbeiführen konnte, so kann auf Zuchthaus nicht unter 2 Jahren erkannt werden. § 92. Wer ein Verbrechen des Landesverrats nach den §§ 89 VolksGH. bis 90a, 90f bis 91 b mit einem anderen verabredet, wird mit Zuchthaus bestraft. Ebenso wird bestraft, wer zu einem der im Abs. 1 bezeichneten Verbrechen aufforde'rt, sich erbietet oder eine solche Aufforderung oder

VolksGH.

28 a) Auch wenn der Teil der Kriegsmacht, in der der Täter dient, nicht un­ mittelbar gegen die Deutsche Wehrmacht eingesetzt wird. VGH. DR, 1940 S. 1769 (beh. franz. Fremdenlegion). 28 b) Versuch liegt schon in der Reise an die Reichsgrenze in der Absicht, sie zu überschreiten und in die feindliche Kriegsmacht einzutreten. VGH. DR. 1940 S. 1769 u. DJust. 1940 S. 1062. 28 c) § 91 a geht dem § 91 b als lex specialis vor. § 91 a regelt aber die landesverräterische Waffenhilfe nicht erschöpfend, so daß Waffenhilfe, die nicht unter § 91 a fällt, nach § 91 b erfaßt werden kann, z. B. wenn ein Ausländer während des Krieges durch das Reichsgebiet reist, um in eine feindliche Kriegs­ macht einzutreten. VGH. DJust. 1940 S. 1062. S. auch § 5 KriegssonderstrafrVO. — Zersetzung der Wehrkraft — u. VO. z. Ergänz, d. Strafvorschr. z. Schutz der Wehrkraft d. Deutschen Volkes v. 25. Novbr. 39 (RGBl. I S. 2319).

Landesverrat §§ 92 a—92 e.

91

ein solches Erbieten annimmt. Erklärt der Täter die Aufforderung, das Erbieten oder die Annahme schriftlich, so ist die Tat vollendet, wenn er die Erllärung abgesandt hat. Nach den Vorschriften der Abs. 1, 2 wird nicht bestraft, wer frei­ willig seine Tätigkeit aufgibt und bei Beteiligung mehrerer das Ver­ brechen verhindert. § 92a. Wer während eines Krieges gegen 'das Reich oder bei drohender Kriegsgefahr einen Vertrag mit einer Behörde über Be­ dürfnisse der Kriegsmacht des Reichs oder seiner Bundesgenossen nicht oder in einer Weise erfüllt, die geeignet ist, den Zweck der Leistung zu vereiteln oder zu gefährden, wird mit Gefängnis nicht unter einem Jahre besttaft. Dasselbe gilt in Zeiten gemeiner Not für einen Ver­ trag mit einer Behörde über Lieferung oder Beförderung von Lebens­ mitteln oder anderen zur Behebung der gemeinen Not erforderlichen Gegenständen. Ebenso werden unterverpflichtete Unternehmer, Vermittler und Bevollmächtigte des Leistungspflichtigen besttaft, die durch Verletzung ihrer Verttagspslicht die Erfüllung oder die gehörige Erfüllung ver­ eiteln oder gefährden. Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

§ 92b. Wer einem von der Reichsregierung zur Sicherung der Landesverteidigung erlassenen Gebot oder Verbot zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe besttaft. Wird die Zuwiderhandlung während eines Krieges gegen das Reich oder bei drohender Kriegsgefahr begangen, so ist die Sttafe Gefängnis. § 92 o. Dem Krieg im Sinne der §§ 91 bis 92 b wird jede gegen das Reich gerichtete Unternehmung fremder Streitkräfte gleichgeachtet. § 92 d. Wer vorsätzlich über amtliche Ermittlungen oder Ver­ fahren wegen eines in diesem Abschnitt bezeichneten Verbrechens oder Vergehens ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde*) Mitteilungen in die Öffentlichkeit bringt, wird mit Gefängnis besttaft. § 92 e. Wer vorsätzlich in einer Festung, einem Reichskriegshafen oder einer anderen militärischen Anlage, auf einem Schiff der sReichsjetztj Kriegsmarine oder innerhalb der deutschen Hoheitsgewässer gegenüber einer Behörde, einem Beamten oder einem Soldaten über 1) Zuständig sind allein die Spionageabwehrstellen der Wehrmacht und der Staatspolizei. Solange ein ftrafgerichtliches Verfahren anhängig ist, müffelt die Abwehrstellen vor der Erteilung der Erlaubnis das Einverständnis der zuständigen Staatsanwaltschaft herbeiführen (amtl. Begr.).

92

A 2. Strafgesetzbuch §§ 92 f— 93 a.

seinen Namen, seinen Stand, seinen Beruf, sein Gewerbe, seinen Wohnort oder seine Staatsangehörigkeit eine unrichtige Angabe macht oder die Angabe verweigert, wird mit Geldstrafe bestraft. Ist nach den Umständen anzunehmen, daß der Aufenthalt an dem Orte oder die unrichtige Angabe oder die Verweigerung der Angabe mit Zwecken des Verrats oder der Ausspähung zusammenhängt, so ist die Strafe Gefängnis bis zu einem Jahre. Einer Festung, einem Reichskriegshafen oder einer anderen militärischen Anlage stehen gleich amtlich bekanntgemachte Sicherungs­ bereiche sowie gewerbliche Anlagen, in denen Gegenstände für den Bedarf der inländischen Wehrmacht hergestellt, ausgebessert oder auf­ bewahrt werden. Die Tat ist nur strafbar, wenn die Behörde, der Beamte oder der Soldat befugt war, die im Abs. 1 bezeichneten Angaben zu verlangen.

§ 92 f. Wer ohne Erlaubnis der zuständigen militärischen Behörde innerhalb eines amtlich bekanntgemachten Sicherungsbereichs oder von einem Gebäude, in dem Waffen oder andere Bedürfnisse der Wehr­ macht gelagert werden, oder von einer anderen militärischen Anlage Aufnahmen macht oder in Verkehr bringt, wird mit Geldstrafe bestraft. § 93. Wegen der in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Hand­ lungen kann erkannt werden neben der wegen eines Verbrechens erkannten Strafe auf Geldstrafe von unbegrenzter Höhe oder auf Einziehung des Vermögens;?) neben der wegen eines Vergehens erkannten Freiheitsstrafe auf Geldstrafe; neben der Gefängnisstrafe auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren und auf den Verlust der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte; neben jeder Freiheitsstrafe auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. Neben der Zuchthausstrafe ist die Sicherungsverwahrung an­ zuordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert^). § 93 a. Gegenstände, die zur Begehung einer in diesem Abschnitt mit Strafe bedrohten Handlung gebraucht oder bestimmt sind, können eingezogen oder unbrauchbar gemacht werden, auch wenn sie weder 2) Vgl. Anm. 14 zu § 86. 3) Vgl. Anm. 35 e zu § 42 a. Gegen Personen, die vor dem Inkraft­ treten des Ges. v. 24. April 34 (RGBl. I S. 341) verurteilt worden sind und nach besten Inkrafttreten die Strafe verbüßen, kann nachträglich Sicherungs­ verwahrung angeordnet werden (Art. XIII des Ges.).

Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten § 102.

93

dem Täter noch einem Teilnehmer gehören. Dasselbe gilt von den im Falle des § 92f hergestellten Aufnahmen. Hat der Täter für die Begehung eines in diesem Abschnitt be­ zeichneten Verbrechens oder Vergehens ein Entgelt empfangen, so ist das empfangene Entgelt oder ein seinem Wert entsprechender Geld­ betrag einzuziehen. Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden.

2. Abschnitt. Angriffe gegen den Führer und Üelchskanzler. § 94.12d) Wer gegen den Führer und Reichskanzler^«) einen An­ VolksGH. griff auf Leib oder Leben (Gewalttätigkeit)*") begeht, wird, soweit nicht andere Vorschriften eine schwerere Strafe androhen, mit Ge­ fängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Ebenso wird bestraft, wer den Führer und Reichskanzler öffent­ lich^«) Beschimpft1211) oder verleumdet. Die Tat wird nur mit der

Ermächtigung des F. u. Rk. verfolgt.*") Für die Befugnis zur öffentlichen Bekanntmachung gilt § 200 entsprechend. Sind im Falle des Abs. 2 mildernde Umstände vorhanden, so ist die Strafe Gefängnis, neben dem auf Geldstrafe erkannt werdey kann. 3. Abschnitt.

Selei-igung von Sundessürfteu.

§§ 98 bis 101 fortgelassen.

4. Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten. § 102.12 * *k)* *Wer * * *gegen * * * einen * ausländischen Staat eine der in den §§ 80 bis 84 bezeichneten hochverräterischen Handlungen begeht, wird 12 d) Siehe Anm. 53 zu § 49 b. 12 e) Während seiner Amtstätigkeit. E. 57 S. 415. 12 k) Hierunter fällt auch die Freiheitsberaubung. Das Delikt umfaßt alle Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit und ist mit dem Angriff vollendet. Erbe DIZ. 35 S. 454. Vgl. Anm. 83 zu § 125. 12 g) Siehe Anm. 40 zu § 200. 12 h) Beschimpfung ist jede Kundgebung beleidigender Mißachtung in roher Weise oder in besonders verletzender Form. E. 57 S. 211 oder in inhaltlich bes. ehrenrührigen Vorwürfen. JurW. 61 S. 1747. Eine Beschimpfung kann auch in der Behauptung einer schimpf!. Tatsache oder in einem abfälligen Wert­ urteil tatsächl. Art bestehen. E. 65 S. 423. Sie kann durch bildliche Dar­ stellungen erfolgen. E. 64 S. 121; auch in der Wiedergabe der Äußerung eines anderen liegen, die sich der Verbreiter zu eigen gemacht hat. E. 61 S. 308. E. 65 S. 185. Vgl. noch Anm. 15 e zu § 134 a. 12 i) Wird die Ermächtigung nicht erteilt, so kann eine Bestrafung aus §§ 1, 2 des Heimtückeges. v. 20. Dez. 34 in Betracht kommen. RG. DJust. 1936, 1016. 12 k) Fassung auf Grund des Ges. v. 24. April 34 (RGBl. I S. 341). Strafdrohungen, die den unmittelbaren Schutz inländischer Rechtsgüter be-

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A 2. Strafgesetzbuch §8 103 a—105.

mit Gefängnis oder mit Festungshaft bestraft, sofern in dem anderen Staat dem Deutschen Reich die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Die Tat wird nur auf Antrag der ausländischen Regierung ver­ folgt.

Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig.

§ 103. Wer sich gegen den Landesherrn oder den Regenten eines nicht zum Deutschen Reich gehörenden Staats einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefängnis von Einer Woche bis zu zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft, sofern in diesem Staate

dem Deutschen Reich die Gegenseitigkeit verbürgt ist. ein.

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

§ 103 a. Wer nicht zum Deutschen eines solchen Staats oder beschimpfenden

ein öffentliches Zeichen der totötttät13 * *) * eines *** Reich gehörenden Staats oder ein Hoheitszeichen 6ögtotUt913a) wegnimmt, zerstört oder beschädigt Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe oder

mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. § 104. Wer sich gegen einen bei dem Reich, einem bundesfürst­ lichen Hofe oder bei dem Senate einer der freien Hansestädte beglaubigten Ge­

sandten oder Geschäftsträger einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefängnis bis zu Einem Jahre oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Beleidigten ein. Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

5. Abschnitt.

Die

Verbrechen und Vergehen in Seziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Kechte.

8 105. Wer es unternimmt, den Senat oder die Bürgerschaft einer der freien Hansestädte, eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaates auseinander zu sprengen, zur Fassung oder Unterlassung von Beschlüssen zu nötigen oder Mitglieder aus ihnen gewaltsam zu entfernen, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. zwecken, werden durch die Strafvorschriften des 4. Abschnitts, die befreundete Staaten schützen, nicht aufgezehrt. Daher keine Gesetzes einheit zwischen dem im Inland begangenen Mord an einem ausl. Diplomaten und der damit be­ gangenen Vorbereitung zum Hochverrat (8 83 Abs. 2). E. 69 S. 53. Vgl. noch 8 5 der VO. v. 25. Novbr. 39 (RGBl. I S. 2319) — Gefährdung der Wehrmacht befreundeter Staaten —. 13) Ein solches Zeichen soll die Regierungsgewalt des betr. Staates zum Ausdruck bringen. E. 31 S. 14. 13 a) Böswillig handelt, wer die Tat begeht, um die feindselige Gesinnung geyen den fremden Staat zu bekunden. E. 48 S-174 (176).

Berbr. u. Berg. a. d. AuSüb. staatsb. Rechte §§ 106—107 a.

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Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter Einem Jahre ein.

§ 106. Wer ein Mitglied einer der vorbezeichneten Versamm­ lungen durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Hand­ lung verhindert, sich an den Ort der Versammlung zu begeben oder zu stimmen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Festungs­ haft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft bis zu zwei Jahren ein.

§ 107. H) Wer einen Deutschen durch Gewalt16 14) 15 oder durch Be­ drohung mit einer strafbaren Handlung verhindert, in Ausübung seiner staatsbürgerlichen Rechte zu wählen oder zu stimmen, wird mit Ge­ fängnis nicht unter sechs Monaten oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. § 107a. Wer nicht verbotene Versammlungen,"») Auszüge oder Kundgebungen 16b)mtt Öfetociftl5c) oder durch Bedrohung mit einem Verbrechen verhindert oder sprengt,"^) wird mit Gefängnis, neben dem auf Geldstrafe erkannt werden kann, bestraft. Wer in nicht verbotenen Versammlungen oder bei nicht verbotenen 14) Der Paragraph findet nicht bloß Anwendung, wenn eine Person überhaupt verhindert wird zu wählen, sondern auch dann, wenn sie verhindert wird, eine bestimmte Person zu wählen. R. 4 S. 266. Diese Strafbestimmung bezieht sich nicht auf kirchl. W. Art. 137 RB., auch nicht auf beruft W. LK. Anm. 1. 15) Das Bereiten eines rein sachlichen Hinderniffes, wie Verriegeln der Tür des Wahllokals ist keine Gewalt. GA. 62 S. 131. 15 a) Die Versammlung braucht nicht öffentlich, der Zweck kein politischer zu sein. Frankl. Unter dem Verbot der Vers, ist die Willenskundgebung der Staatsgewalt (Gesetz oder Verwaltung) zu verstehen. Nicht fallen hierunter die Konttoll- oder Überwachungsvorschriften des § 11 RVG. Verboten ist da­ her eine Vers, nicht schon deshalb, weil Teilnehmer in ihr bewaffnet erschienen sind. E. 65 S. 353. 15 b) Der Begriff der K. erfordert, daß es sich um öfftl. oder in einer Versammlung erfolgende Willens- oder Meinungsäußerungen handelt, die von der Absicht getragen sind, sie nach außen als Kundgebung in Erscheinung treten zu lasten, z. B. Fahnenweihe, Denkmalsenthüllungen. Recht 30 Nr. 1831. 15 c) Hierunter fällt nicht das Absingen von Kampfliedern, um den Redner am Weitersprechen zu hindern. Es muß sich immer um die Jnbewegungsetzung eines körperlichen, äußeren Zwangs handeln, der von dem Vergewaltigten körperlich, nicht bloß seelisch empfunden wird. JurW. 57 S. 2975. KG. HRR. 1929 Nr. 1970. 15 d) Nicht sprengt eine Versammlung, wer ihre Durchführung durch Tumult und Zwischenrufe unmöglich macht. BayObLG. v. 5. August 26, DRZ. 18 Nr. 1097. Doch kann er sich nach § 361 Nr. 11 strafbar machen. Recht 33 Nr. 2261.

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A 2. Strafgesetzbuch § 108.

Aufzügen oder Kundgebungen Gewalttätigkeiten16 c) itt der Absicht16 e) be­ geht, die Versammlung, den Aufzug oder die Kundgebung zu sprengen, wir^ mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.

§ 108.15 f) Wer in einer öffentlichen Angelegenheit16) mit der Sammlung von Wahl- oder Stimm-Zetteln oder -Zeichen oder mit der Führung der Beurkundungsverhandlung beauftragt, ein unrich­ tiges Ergebnis17) der Wahlhandlung18) vorsätzlich herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Gefängnis von einer Woche bis zu drei Jahren bestraft. Wird die Handlung von jemand begangen, welcher nicht mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder einer anderen Verrichtung 15 e) Erforderlich ist über den Vorsatz oder bedingten Vorsatz hinaus der bestimmte auf die Herbeiführung der Versammlungssprengung gerichtete Wille. E. 68, 164. lös) §2 des Ges. über das Reichstagswahlrecht v. 7. März 1936

(RGBl. I S. 133). Wer, ohne wahlberechtigt zu sein, eine Stimme abgibt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 16) D. h. des Staates oder einer öffentlichen Korporation. Daher gehören hierher auch kirchl. Wahlen. Frank I, desgl. auch die Wahlen von Vertretern zur Generalversammlung einer Ortskrankenkasse. E. 41 S. 121; ebenso Wahlen zum Vertrauensrat. E. 64 S. 298. 17) Ein solches liegt auch schon dann vor, wenn ein unrichtiges Stimmen­ verhältnis herbeigeführt ist, die Person des Gewählten braucht dadurch nicht verändert zu sein. E. 5 S. 49. Vgl. auch E. 7 S. 144. E. 20 S. 420. Verstöße gegen die Wahlordnung nehmen der Wahlhandlung nicht ihren Charakter. E. 6 S. 351. E. 64 S. 298 (302). Auch eine zur Wählerliste abgegebene falsche Erklärung fällt unter den §. R. 6 S. 70. Die Abgabe eines Stimmzettels für einen anderen unter Mißbrauch des Namens des letzteren fällt ohne Rücksicht darauf, ob der Unberechtigte ebenso gewählt hat, wie der Berechtigte gewählt haben würde, unter den §. R. 7 S. 168. JurW. 58 S. 1145. Unrichtiges Wahlergebnis wird dadurch herbeigeführt, daß der Wahlberechtigte heimlich einen Stimmzettel in die Urne hineinsteckt. JurW. 34 S. 747; oder, daß ein Mitglied des Wahlvorstandes an Stelle ungültiger Stimmzettel heimlich gültige unterschiebt. Recht 26 Nr. 1320; oder daß er von ihm angekreuzte Stimm­ zettel den Wählern aushändigt, obwohl diese anders haben abstimmen wollen. E. 63 S. 382; oder daß der Schriftführer in der Stimmliste die Namen von Wählern ankreuzt, obwohl diese gar nicht gestimmt haben. JurR. 3 Nr. 874. Die widerrechtliche Wegnahme von Wahlurnen und Stimmzetteln ist nicht nach § 108 strafbar. Recht 25 Nr. 2908. Vgl. § 133. Abs. 1 richtet sich nicht gegen die Beisitzer bei der Wahlhandlung. LK. Anm. 2. 18) Unter Wahlhandlung kann nur der eigentliche durch Ausübung des Wahlrechts von feiten der Wähler sich vollziehende Wahlakt verstanden werden. E. 20 S. 420. Die Stimmabgabe besteht jetzt in der Kennzeichnung des Wahlvorschlags. E. 63 S. 382. Wahlhandlung ist auch Abstimmung über den Volksentscheid. E. 62 S. 6. (Vgl. Anm. 14 a. E.) Über die Abstimmungs­ handlung siehe §§ 111 ff. der Reichsstimmordnung v. 14. März 1924 (RGBl. I S. 173).

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A 2. Strafgesetzbuch § 108.

Aufzügen oder Kundgebungen Gewalttätigkeiten16 c) itt der Absicht16 e) be­ geht, die Versammlung, den Aufzug oder die Kundgebung zu sprengen, wir^ mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.

§ 108.15 f) Wer in einer öffentlichen Angelegenheit16) mit der Sammlung von Wahl- oder Stimm-Zetteln oder -Zeichen oder mit der Führung der Beurkundungsverhandlung beauftragt, ein unrich­ tiges Ergebnis17) der Wahlhandlung18) vorsätzlich herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Gefängnis von einer Woche bis zu drei Jahren bestraft. Wird die Handlung von jemand begangen, welcher nicht mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder einer anderen Verrichtung 15 e) Erforderlich ist über den Vorsatz oder bedingten Vorsatz hinaus der bestimmte auf die Herbeiführung der Versammlungssprengung gerichtete Wille. E. 68, 164. lös) §2 des Ges. über das Reichstagswahlrecht v. 7. März 1936

(RGBl. I S. 133). Wer, ohne wahlberechtigt zu sein, eine Stimme abgibt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 16) D. h. des Staates oder einer öffentlichen Korporation. Daher gehören hierher auch kirchl. Wahlen. Frank I, desgl. auch die Wahlen von Vertretern zur Generalversammlung einer Ortskrankenkasse. E. 41 S. 121; ebenso Wahlen zum Vertrauensrat. E. 64 S. 298. 17) Ein solches liegt auch schon dann vor, wenn ein unrichtiges Stimmen­ verhältnis herbeigeführt ist, die Person des Gewählten braucht dadurch nicht verändert zu sein. E. 5 S. 49. Vgl. auch E. 7 S. 144. E. 20 S. 420. Verstöße gegen die Wahlordnung nehmen der Wahlhandlung nicht ihren Charakter. E. 6 S. 351. E. 64 S. 298 (302). Auch eine zur Wählerliste abgegebene falsche Erklärung fällt unter den §. R. 6 S. 70. Die Abgabe eines Stimmzettels für einen anderen unter Mißbrauch des Namens des letzteren fällt ohne Rücksicht darauf, ob der Unberechtigte ebenso gewählt hat, wie der Berechtigte gewählt haben würde, unter den §. R. 7 S. 168. JurW. 58 S. 1145. Unrichtiges Wahlergebnis wird dadurch herbeigeführt, daß der Wahlberechtigte heimlich einen Stimmzettel in die Urne hineinsteckt. JurW. 34 S. 747; oder, daß ein Mitglied des Wahlvorstandes an Stelle ungültiger Stimmzettel heimlich gültige unterschiebt. Recht 26 Nr. 1320; oder daß er von ihm angekreuzte Stimm­ zettel den Wählern aushändigt, obwohl diese anders haben abstimmen wollen. E. 63 S. 382; oder daß der Schriftführer in der Stimmliste die Namen von Wählern ankreuzt, obwohl diese gar nicht gestimmt haben. JurR. 3 Nr. 874. Die widerrechtliche Wegnahme von Wahlurnen und Stimmzetteln ist nicht nach § 108 strafbar. Recht 25 Nr. 2908. Vgl. § 133. Abs. 1 richtet sich nicht gegen die Beisitzer bei der Wahlhandlung. LK. Anm. 2. 18) Unter Wahlhandlung kann nur der eigentliche durch Ausübung des Wahlrechts von feiten der Wähler sich vollziehende Wahlakt verstanden werden. E. 20 S. 420. Die Stimmabgabe besteht jetzt in der Kennzeichnung des Wahlvorschlags. E. 63 S. 382. Wahlhandlung ist auch Abstimmung über den Volksentscheid. E. 62 S. 6. (Vgl. Anm. 14 a. E.) Über die Abstimmungs­ handlung siehe §§ 111 ff. der Reichsstimmordnung v. 14. März 1924 (RGBl. I S. 173).

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Widerstand gegen die Staatsgewalt § 110.

bei dem Wahlgeschäfte beauftragt ist, so tritt Gefängnisstrafe bi- zu zwei Jahren ein. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. § 109 Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme kauft oder verkauft,ie) wird mit Gefängnis von Einem Monat biS zu zwei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. 6. Abschnitt.

Widerstand gegen die Staatsgewalt.

§ HO.19a) Wer öffentlich vor einer Menschenmenge,99) oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Aus­ stellung von Schriften19 20 a) oder anderen Darstellungen zum Ungehorsam2l) gegen Gesetze22) oder rechtsgültige Verordnungen oder gegen die von der 19) Hierbei handelt es sich nicht um die zivilrechtl. Grundsätze über den Kauf, sondern um die Anschauungen des gewöhnl. Lebens. Es genügt daher die dem Wähler gemachte u. von diesem angenommene Zusage eines matettellen Vor­ teils irgend einer Art. Wie der Wähler hat stimmen wollen- u. ob er der Verab­ redung gemäß gestimmt hat, ist gleichgültig. R. 10 S. 289, aber Willenseinigung ist erforderlich. E. 6 S. 194. Es ist insbes. nicht nötig, daß der Wähler hat bestimmt werden sollen, gegen seine Überzeugung zu wählen. E. 9 S. 197. Es soll aber nicht die Gewährung eines Vorteils dafür genügen, daß der Stimmberechtigte überhaupt abstimmt. GA. 51 S. 415. Nicht ist erforderlich, daß der Botteil dem Stimmenverkäufer selbst zu gute kommt. E.47 S. 71. Auch der gegen Entgelt erklärte Verzicht auf Ausübung des Wahlrechts gilt als Ver­ kauf. E. 48 S. 70. 19 a) Vgl. dazu die VO. gegen die Aufforderung zum Steuerstreik vom 15. Septbr. 23 (RGBl. I S. 879). 20) Die Aufforderung muß vor einer Menschenmenge erfolgt sein, kann aber auch an eine einzelne Person gerichtet sein. Auf den Erfolg kommt es nicht an. E. 5 S. 71. Der Begriff der Menge fordert nicht eine ungeordnete und zusammengewürfelte Mehrheit. Die Arbeiterschaft einer Fabrik kann eine Menge darstellen. E. 40 S. 76. Wegen des Begriffs „öffentlich" s. Anm. 40 zu 8 200. 20 a) Darunter fällt auch eine Einsendung einer Erklärung an eine Zeitung. HRR. 1932 Nr. 292. 21) Während § 111 die Aufforderung zu einer einzelnen bestimmten Sttaftat bedroht, bedroht § 110 die Aufforderung zum Ungehorsam gegen das Gesetz im allgemeinen, zur grundsätzlichen Auflehnung gegen die im Gesetz ent­ haltenen Grundlagen der Rechtsordnung oder zur Sabotierung obrigkeitlicher Anordnungen, E. 63 S. 326. Nicht ist erforderlich, daß dem Aufgeforderten angesonnen wird, bewußt gesetzwidrig zu handeln E. 59 S. 149. Siehe auch Anm. 49 zu § 49a. 22) Unter diesen Gesetzen sind nicht nur Strafgesetze, sondern auch die Vor­ schriften des Zivilrechts zu verstehen, E. 21 S. 299. E. 54 S. 264 (266); auch Jmpfgesetz gehört hierher. BayObLG. v. 27. Novbr. 25, Recht 30 Nr. 123; auch Vorschriften gegen die Gesetzesbestimmungen, welche die Einhaltung der vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsftisten für Arbeiter vorschreiben. Recht 7 S. 366. — Ein Irrtum über die Rechtsgültigkeit des Gesetzes begründet nicht die Anwendbarkeit des § 59 StGB. E. 36 S. 417. Dalcke, Strafrecht. 32. Aust.

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A 2. Strafgesetzbuch § 111.

Obrigkeit") innerhalb ihrer Zuständigkeit"») getroffenen Anordnungen, auffordert,") wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. § 111. Wer auf die vorbezeichnete Weise zur Begehung einer straf­ baren Handlung26 23) 24 auffordert,") 25 ") ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn die Aufforderung die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge gehabt hat.

Ist die Aufforderung ohne Erfolg geblieben, so tritt Geldstrafe oder Gefängnisstrafe bis zu Einem Jahre ein. Die Strafe darf je23) Obrigkeit sind nur solche Organe der Staatsgewalt, welche in einem gewisien Umfange die Staatsgewalt ausüben; dazu gehören z. B. auch die Berwrgungsverbände auf dem Gebiet der Milchwirtschaft. RG. HRR. 1936 Nr. 768. Bloße Vollzugsorgane für einen konkreten Fall gehören nicht hierher. R. 6 S. 605. JurW. 61 S. 1741. Hierher gehören auch solche Anordnungen der Behörden, welche einen be­ stimmten Fall betreffen, generell verpflichtende Anordnungen werden nicht vor­ ausgesetzt. E. 8 S. 321. Z. B. ein Verbot des Ministeriums Wahlen vorzu­ nehmen. E. 55 S. 8. Auch bloße Verwaltungsmaßnahmen gehören hierher. DStZ. 9 S. 55. E. 63 S. 326. Nicht aber gehört hierher die Anordnung einer Regierungsstelle, die sich nur an den Kreis der ihr untergeordneten Be­ amten wendet und ledigltch von diesen ein bestlmmtes dienstliches Verhalten fordert. E. 65 S. 260. 23 a) Ein Irrtum des Täters über die Zuständigkeit ist strafrechtlich be­ langlos (Bedingung der Strafbarkeit) E. 40 S. 64; 63 S. 329. 24) Aufforderung ist jede Kundgebung, mit der Absicht auf den Willen anderer einzuwirken. E. 4 S. 106; E. 63 S. 170 (173); sie braucht nicht zur Kenntnis des Auf gefordert en gelangt zu sein. E. 58 S. 198 (anders in § 112 E. 5 S. 71). Sie kann vorltegen, auch wenn zum Sch-in eine Aufforderung ausdrücklich ab­ gelehnt wird. DIZ. 28 S. 175. Auffordern ist nicht gleichbedeutend mit an­ reizen. JurW. 36 S. 398. E. 63 S. 170. Es muß stets zum Ungehorsam gegen ein bestimmtes Gesetz oder eine bestimmte Anordnung der Obrigkeit auf­ gefordert werden. R. 6 S. 433. Aufforderung zur einmaligen Überschreitung der Polizeistunde. JurR. 3 Nr. 1482; Aufforderung zum versteckten Widerstand genügt. LZ. 17 S. 652. Doch ist die Anführung des konkreten Gesetzes nicht erforderlich, es genügt, daß der Hörer versteht, welcher Gesetzesvorschrift nach dem Willen des Täters Ungehorsam geleistet werden soll. E. 72 S. 339. Zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes genügt das Bewußtsein des Auf­ fordernden. daß seine Aufforderung auf die Verletzung des Gesetzes abzielt. Das Bewußtsein von der kriminellen Strafbarkeit der Tat, zu der aufgefordert wird, ist nicht erforderlich. GA. 53 S. 76. E. 40 S. 363. 25) Die Handlung muß wenigstens derart bestimmt bezeichnet werden, daß im Fall der Begehung einer strafbaren Handlung deren Zusammenhang mit der Aufforderung erkannt werden kann. E. 39 S. 387. E. 65 S. 200. Auch Unterlassungen sind Handlungen im Sinne dieses Paragravhen. E. 4 S. 109. Gleichgültig ist. ob der Aufgeforderte ohnehin zum Handeln entschlosien war. Recht 11 Nr. 3727. Der Zusammenhang zwischen der Aufforderung und der Tat braucht kein unmittelbarer zu sein. E. 57 S. 285. Tateinheit zwischen § 110 und § 111 ist möglich. E. 63 S. 328; LK. Anm. 9 zu 8 HO.

Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 112 u. 113.

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doch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf

die Handlung selbst angedrohte.

Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 (RGBl. I 8. 35)."») § 15. (1) Wer öffentlich zu einer Gewalttat gegen eine be­ stimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeiten88) gegen Personen oder Sachen26b) auffordert24 * )**oder * * *anreizt, * * * * 26) wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen. § 112.*)

Wer eine Person des Soldatenstandes, eL fei de» Reichs­

heere» oder der Reichsmarine,26«) auffordert oder anreizt,26) dem Be­

fehle 27) des Oberen nicht Gehorsam zu leisten, wer insbesondere eine Person, welche zum Beurlaubtenstande gehört, aussordert oder anreizt,

der Einberufung zum Dienste nicht zu folgen, wird mit Gefängnis

bis zu zwei Jahren bestraft. § 113.28)

Wer' einem Beamten,26) welcher zur Vollstreckung von

25 a) Siehe im übrigen unter v l und 8 10 des Luitschutzges. v. 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 827) betr. öffentliche Aufforderung oder Anreizung zu nach 8 9 Luftschutzges. strafbaren Zuwiderhandlungen. 25 b) Hierzu gehört das Herunterreißen von Fahnen oder Abzeichen be­ stimmter Art. *) 8 112 ist z. Z. unanwendbar (8 6 KSSVO. i. d. F. v. 10. Oktbr. 40 — RGBl. I S. 1362 —). Statt dessen gilt 8 5 Abs. 1 Nr. 2 KSSVO — Zersetzung her Wehrkraft —. Vgl. auch 8 2 der BO z. Schutze des Reichs­ arbeilsdienstes v. 12. März 40 lRGBl. 1 S. 485) — Aufforderung zum Ver­ weigern der Reichsarbeit-dienstpflicht —. 25 c) Jetzt: des Heeres, der Kriegsmarine und der Luftwaffe. 26) Anreizen bezeichnet eine indirette Beeinfluffung des Willens eines andern durch Einwirkung auf seine Sinne und Leidenschaft. E. 50 S. 146 (149). Vgl. Anm. 98. 27) Ob sich dieser Befehl als ein Befehl in Dienstsachen (88 47, 92 Mil.StrGB.) oder als bloßer Dienstbefehl darstellt, ist gleichgültig. DStZ. 1 S. 365. Doch muß dem Soldaten von dem Vorgesetzten eine bestimmte Handlung oder Unterlaffung zur Pflicht gemacht sein. Recht 28 Nr. 1162. Die Absicht, den Soldaten zum wirklichen Ungehorsam zu bringen, lst nicht erforderlich, daher ist strafbar auch ein bloßes auf die Probestellen. E 60 S. 166. Die Aufforderung zum Ungehorsam gegen allgemeine gesetzliche Verbote erfüllt nicht bm äußeren Tatbestand des 8- E. 58 S. 197. Jrrium über die Zugehörigkeit einer Person zum Soldatenstand ist unerheblich. E. 27 S. 406. A. M. Frank II. 28) Der 8 113 bezweckt den Schutz der in rechtmäßiger Ausübung ihres Amtes handelnden Vollstreckungsbeamten gegen Widerstand und tätliche Angriffe. § 113 schützt die Tätigkeit, 8 114 die Willensfreiheit der Beamten. JurW 56 S. 1757. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 520. 8 113 bezieht sich auf eine die Amts­ handlung hemmende, 8 114 auch auf eine sie herbeiführende Tätigkeit. KG. JurW. 57 S. 1070.

Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 112 u. 113.

99

doch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf

die Handlung selbst angedrohte.

Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 (RGBl. I 8. 35)."») § 15. (1) Wer öffentlich zu einer Gewalttat gegen eine be­ stimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeiten88) gegen Personen oder Sachen26b) auffordert24 * )**oder * * *anreizt, * * * * 26) wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist auf Gefängnis nicht unter einem Monat zu erkennen. § 112.*)

Wer eine Person des Soldatenstandes, eL fei de» Reichs­

heere» oder der Reichsmarine,26«) auffordert oder anreizt,26) dem Be­

fehle 27) des Oberen nicht Gehorsam zu leisten, wer insbesondere eine Person, welche zum Beurlaubtenstande gehört, aussordert oder anreizt,

der Einberufung zum Dienste nicht zu folgen, wird mit Gefängnis

bis zu zwei Jahren bestraft. § 113.28)

Wer' einem Beamten,26) welcher zur Vollstreckung von

25 a) Siehe im übrigen unter v l und 8 10 des Luitschutzges. v. 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 827) betr. öffentliche Aufforderung oder Anreizung zu nach 8 9 Luftschutzges. strafbaren Zuwiderhandlungen. 25 b) Hierzu gehört das Herunterreißen von Fahnen oder Abzeichen be­ stimmter Art. *) 8 112 ist z. Z. unanwendbar (8 6 KSSVO. i. d. F. v. 10. Oktbr. 40 — RGBl. I S. 1362 —). Statt dessen gilt 8 5 Abs. 1 Nr. 2 KSSVO — Zersetzung her Wehrkraft —. Vgl. auch 8 2 der BO z. Schutze des Reichs­ arbeilsdienstes v. 12. März 40 lRGBl. 1 S. 485) — Aufforderung zum Ver­ weigern der Reichsarbeit-dienstpflicht —. 25 c) Jetzt: des Heeres, der Kriegsmarine und der Luftwaffe. 26) Anreizen bezeichnet eine indirette Beeinfluffung des Willens eines andern durch Einwirkung auf seine Sinne und Leidenschaft. E. 50 S. 146 (149). Vgl. Anm. 98. 27) Ob sich dieser Befehl als ein Befehl in Dienstsachen (88 47, 92 Mil.StrGB.) oder als bloßer Dienstbefehl darstellt, ist gleichgültig. DStZ. 1 S. 365. Doch muß dem Soldaten von dem Vorgesetzten eine bestimmte Handlung oder Unterlaffung zur Pflicht gemacht sein. Recht 28 Nr. 1162. Die Absicht, den Soldaten zum wirklichen Ungehorsam zu bringen, lst nicht erforderlich, daher ist strafbar auch ein bloßes auf die Probestellen. E 60 S. 166. Die Aufforderung zum Ungehorsam gegen allgemeine gesetzliche Verbote erfüllt nicht bm äußeren Tatbestand des 8- E. 58 S. 197. Jrrium über die Zugehörigkeit einer Person zum Soldatenstand ist unerheblich. E. 27 S. 406. A. M. Frank II. 28) Der 8 113 bezweckt den Schutz der in rechtmäßiger Ausübung ihres Amtes handelnden Vollstreckungsbeamten gegen Widerstand und tätliche Angriffe. § 113 schützt die Tätigkeit, 8 114 die Willensfreiheit der Beamten. JurW 56 S. 1757. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 520. 8 113 bezieht sich auf eine die Amts­ handlung hemmende, 8 114 auch auf eine sie herbeiführende Tätigkeit. KG. JurW. 57 S. 1070.

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A 2.

Strafgesetzbuch § 113.

29) I. Vollstreckungsbeamter braucht nicht immer ein sog. Exeku­ tivbeamter zu sein, erforderlich aber ist, daß er im konkreten Falle zur Voll­ streckung von Gesetzen, Befehlen usw. berufen gewesen ist. Im einzelnen sind hierher gerechnet: Forstschutzbeamte der Privaten E. 2 S. 306, Feldhüter R. 3 S. 341, Bürgermeister R. 1 S. 575, Nachtwächter GA. 22 S. 638, Bahn­ steigschaffner DIZ. 10 S. 172; die in den östlichen Provinzen angestellten sog. Amtsdiener E. 35 S. 211; ein vom Bürgermeister angestellter, vom Land­ rat bestätigter Gemeindediener. Naumburg v. 21. Oktbr. 25, JurR. 2 Nr. 194; Gewerbepflegerin. KG. v. 17. Dezbr. 26, DIZ. 32 Nr. 534; Volks­ schullehrer. E. 25 S. 89, E. 35 S. 185. Gendarmen E. 55 S. 161; Ober­ fischmeister, Görcke, Fischereiges. S. 178. Dammeister. Breslau GA. 74S.395. Ebenso fällt der Widerstand gegen einen Richter, der eine von ihm getroffene Anordnung der Sitzungspolizei selbst vollstreckt, unter diesen §. E. 15 S. 27. Anders aber, wenn dem Richter bei einer sonstigen Amtshandlung (Zeugenver­ nehmung) Widerstand geleistet wird. E. 14 S. 259. E. 31 S. 77. II. Der Beamte muß sich in r e ch t m ä ß i g e r Ausübung seines Amtes be­ funden haben, GA. 47 S. 381; er muß also zunächst zur Vornahme der Hand­ lung zuständig gewesen sein und die vorgeschriebenen Formen beobachtet haben. Deshalb ist ein Beamter, welcher eine Handlung nur im Beisein anderer Personen vornehmen darf, nicht in rechtmäßiger Ausübung, wenn er die Hand­ lung allein vornimmt. R. 5 S. 4. Doch ist eine Durchsuchung rechtmäßig, wenn die Zuziehung anderer Personen den Erfolg anderer Durchsuchungen in Frage gestellt hätte. KG. JurW. 61 S. 65. Gleichgültig ist es, ob der Be­ amte bei der Amtshandlung gewisse unwesentliche Förmlichkeiten nicht beobachtet hat. R. 8 S. 546. Anders aber liegt die Sache, wenn wesentliche Formen nicht beobachtet worden sind, hier fehlt die Rechtmäßigkeit. E. 12 S. 261. E. 22 S. 227. Ist der Beamte im allgem. zuständig, so schadet es nicht, wenn der Befehl, den er in gesetzlicher Form ausführt, im Einzelfalle unzulässig war. E. 2 S. 411. Doch darf der Befehl (Auftrag) nicht außerhalb des Rahmens der wirklichen Befugnisse liegen. E. 55 S. 163. KG. JFGErg. 5 S. 188. JurW. 59 S. 758. (Siehe Anm. 18 zu § 137). Dem Beamten liegt eine Prüfung der Rechtmäßigkeit des Befehls grund­ sätzlich nicht ob; er darf nur dann den Befehl nicht befolgen, wenn seine Aus­ führung für ihn erkennbar den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde (§ 7 DBG.). Ein Irrtum des Beamten über die seiner Befugnis zugrunde liegenden tat­ sächlichen Voraussetzungen ist, wenn unverschuldet, für die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung bedeutungslos. R. 7 S. 238. GA. 63 S. 440. E. 61 S. 297. HRR. 1932 Nr. 1895. Anders aber, wenn der Beamte in einem Irrtum über das Gesetz sich befand. R. 10 S. 40. Nicht wesentlich ist es, ob die PVO., wegen deren Übertretung der Polizeibeamte einschreitet, gültig ist. JurR. 1 Nr. 1828. Im einzelnen sind noch folgende Entscheidungen bemerkenswert: In recht­ mäßiger Ausübung des Berufs befinden sich Polizeibeamte, wenn sie eine Person, welche sich der Zeugnispflicht entziehen will, zwecks Feststellung der Per­ sönlichkeit festnehmen. E. 13 S. 426; oder wenn sie jemanden, obwohl die Voraussetzungen des 8 127 StPO, nicht vorliegen, zur Wache mitnehmen, weil die Feststellung seiner Persönlichkeit auf offener Straße unangemessen erscheint. RG. JurW. 1935 S. 3393, oder wenn sie die Vorladung des einer Straftat Verdächtigen gemäß 88 17, 40 pr. PolVerwGes. (unter E 8) zwangsweise durch­ führen. E. 67 S. 351, oder wenn sie einen Feftgenommenen bei Fluchtverdacht fesseln. Recht 26 Nr. 1731; ebenso wenn sie eine Person sistieren sollen und zu diesem Zwecke die Wohnung eines Dritten betreten. E. 2 S. 263; desgl. ein Pol.Beamter, wenn er einen die Polizeistunde Überschreitenden gewaltsam ent-

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 113.

101

Gesetzen, von Befehlen und Anordnungen der Verwaltungsbehörden oder von Urteilen und Verfügungen der Gerichte berufen ist, in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes durch Gewalt oder durch Be­

drohung mit Gewalt Widerstand

leistet,30) oder wer einen solchen

fernt. E. 42 ©. 16; ein Gendarm bei Mitwirkung im Brandschutz. KG.JurW. 60 S. 958; der Gendarm, der vom Landrat mit der Durchführung einer Fürsorgemaßnahme beauftragt ist. KG. JurW. 60 S. 1723. Dagegen ist der Be­ amte nicht in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes, wenn er ohne die Voraussetzungen des § 16 pr. PolVerwGes. aus präventivpolizeilichen Gründen zur Nachtzeit in das Besitztum eines Dritten eindringt. E. 31S. 307, oder wenn er einen Gefangenen entgegen den bestehenden Vorschriften fesselt. DIZ. 18 S. 168; oder wenn er den ihm zur Durchführung eines privatrechtlichen An­ spruches erteilten Befehl ausführt. E. 29 S. 199 u. E. 40 S. 212; auch nicht ein Polizeibeamter, der zwangsweise Anordnungen durchführen will, die Polizei­ behörden unbefugt auf dem Gebiet der Wohnungswirtschast getroffen haben. DRZ. 21 Nr. 574. KG. Recht 31 Nr. 459. Nachdem die Polizei Angelegen­ heit des Reiches geworden ist, handelt ein PolBeamter auch dann in rechtm. Ausübung seines Amtes, wenn er außerhalb der Grenzen seines Landes und ohne besonderen Auftrag von sich aus zur Verhinderung einer Straftat ein­ schreitet. E. 71 S.122. Der Gerichtsvollzieher ist bei einer Zwangsverst. in rechtmäßiger Ausübung seines Amtes, wenn er auch einzelne Förmlichkeiten z. B. die Bekanntm. der Versteigerung unterlassen hat. R. 10 S. 97, oder wenn die Bollstreckungsklausel nicht zu Recht beständig gewesen ist. R. 4 S. 418 (a. Pt. Frank IV 1); oder wenn er eine Wohnung durchsucht, die er irrtümlich für die des Schuldners hält. E. 61 S. 297. Desgl. wenn er bei einer im Partei­ auftrage zu erledigenden Zustellung sich aus der Wohnung der Person, welcher zugestellt werden soll, trotz Aufforderung vor Abschluß 'seiner amtlichen Tätig­ keit nicht entfernt. E. 41 S. 82. Er ist befugt, bei Zwangsvollstreckungen die Taschen der Kleidungsstücke, die der Schuldner auf dem Leibe trägt, zu durch­ suchen. E. 16 S. 218. Dagegen befindet sich ein Gerichtsvollzieher nicht in der rechtmäßigen Aus­ übung, wenn er auf Grund einer einstweiligen Berf., durchweiche die Rück­ bringung von Sachen des Gegners des Antragstellers in die Wohnung des letzteren angeordnet ist, demjenigen, zu dem die Sachen geschafft waren, die letzteren mit Gewalt fortnehmen will. E. 26 S. 249; oder wenn er den Schuldner zwingt, ihm beim Aufsuchen der Pfandsache behilflich zu sein. Dresden HRR. 1928 Nr. 186. III. Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein, daß der Beamte eine Amts­ handlung vornimmt. Die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung ist lediglich Be­ dingung der Strafbarkeit, daß der Täter sich der Rechtmäßigkeit bewußt gewesen, ist daher nicht nötig. E. 71 S. 122. Es ist auch unerheblich, welchen Zweck der Täter mit seinem Verhalten verfolgt. HRR. 1929 Nr. 257. Selbsthilfe ist dem in rechtmäßiger Ausübung seines Amtes befindlichen Beamten gegenüber nicht gestattet. E. 22 S. 300 u. E. 25 S. 150. Recht 31 Nr. 1517. 30) Der Widerstand muß durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt geleistet sein. Der Begriff der Gewalt erfordert körperliche Krastäußerungen gegen die Person des Beamten, es genügt nicht ein bloß passives Verhalten. R. 3 S. 12 u. R. 7 S. 280. Wohl aber genügt ein Einsperren. E. 27 S.405. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 520; doch nicht ein Verschließen der Türe des HauseS vor dem Yeamten. Recht 14 Nr. 1306; hieran ist durch § 2 nichts geändert. Schüfer JurW. 1937 S. 1790. Liegt aber in dem passiven Verhalten ein Widerstand,

102

A 2. Strafgesetzbuch § 114.

Beamten während der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes tätlich

angreift, 31 * *) wird mit Gefängnis von vierzehn Tagen bis zu zw^i Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu Einem Jahre oder Geldstrafe ein. Dieselben Strafvorschristen treten ein, wenn die Handlung gegen Personen, welche zur Unterstützung des Beamten zugezogen todten,32)* oder gegen Mannschaften der bewaffneten Macht, oder gegen Mann­ schaften einer Gemeinde-, Schutz- oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird.34)35 § 114.28) Wer es unternimmt,36) durch Gewalt oder Drohung36) dessen Überwinden eine besondere Kraftanstrengung des Beamten erfordert, so

kann der Tatbestand des § 113 vorliegen. E. 2 S. 411. 31) Unter tätlichem Angriff auf den Körper des Beamten ist eine in feind­ seliger Absicht zielende Einwirkung (Ausholen zu einem Schlage) zu verstehen. E. 59 S. 265. Der Angriff braucht sich nicht gegen die Amtshandlung zu richten („während der Ausübung... ") GA. 46 S. 214. Vgl. auch tz 1 Abs. 2 der Gewaltverbrecher VO. v. 5. Dezbr. 39 (RGBl. I. S. 2378) — Todes­ strafe, wenn ein Verbrecher Verfolger mit Waffengewalt adwehrt —. 32) In der Zahl und Wahl der zu seiner Unterstützung beizuziebenden Personen ist der Beamte nicht beschränkt. E. 25 S. 253. Nach § 2 der VO. v. 5. Dezember 39 (s. Anm. 31) genießt, wer sich bet der Verfolgung eines Verbrechers für dessen Ergreifung persönlich einsetzt (auch wenn er nicht von einem Polizeibeamten hinzugezogen wird, sondern aus eignem Antrieb handelt), den gleichen strafrechtl. Schutz - wie ein PolBeamter. 34) Auf die von einem Forstbeamten, der unter dem Schutz des 8117 steht, zugezogenen Hilfspersonen findet § 113 Anwendung. E. 29 S. 310. Es wird immer darauf ankommen, ob die Handlung, bei der Widerstand geleistet wird, als Fortsetzung eines in der Forst begonnenen Aktes anzusehen ist. Wegen des Waffengebrauchsrech's der Wehrmacht vgl. BO. v. 17. Jan. 36, RGBl. I S. 39, wegen des Rechts zur Gewaltanwendung des Wachdienstes im Reichsarb. itsdienst vgl. VO v. 29. April 36, RGBl. I S. 405. 35) Der § 114 kann bei Vollstreckungsbeamten nur in Frage kommen, wenn die Amtshandlung noch nicht begonnen, oder wenn sie bereits vollendet war, als auf dieselbe durch Drohung oder Gewalt eingewirkt wurde. War die Amtshand­ lung in der Vollstreckung begriffen, so kommt § 113 zur Anwendung. RG. JurW. 1938 S. 2195. Die Amtshandlung muß innerhalb der Grenzen der Zuständigkeit des Beamten gelegen haben, jedoch ist ihre Rechtmäßigkeit, welche § 113 voraussetzt, hier nicht erforderlich. Es muß jedoch ein Zusammenhang zwischen der Drohung mit einer konkreten Amtshandlung erkennbar vorliegen. E. 34 S. 206. Nach BayObLG. JurW. 58 S. 445 ist Zuständigkeit des Be­ amten nicht erforderlich. 36) Es genügt die Ankündigung eines jeden Übels, durch das der Bedrohte nach der Vorstellung d es Täters in seinen rechtlichen Jntereffen z. B. seiner Ehre beeinträchtigt werden soll. RG. in JurW. 1935 S. 864, auch eines Übels, das sich aus einer völlig berechtigten Handlung des Drohenden für deu Bedrohten ergeben kann, jedoch nicht die einer Dienstaufsichtsbeschwerde. DRZ. 18Nr. 1072. JurW. 57 S. 799, oder „sehr unangenehmen Maßnahmen". RG. in JurW. 1935 S. 864; wohl aber die Warnung, wenn sie sich als

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 115.

103

eine Behörde 37 * *)38 * *oder 39 * * 40 * *einen * * * * *Beamten * zur Vornahme oder Uuterlassung einer Amtshandlung37 a) zu nötigen,33) wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe ein. § 115.

Wer an einer öffentlichen3^) Zusammenrottung,") bet

Ankündigung eines vom Warnenden selbst zu verwirklichenden Übels für den Gewarnten darstellt. E. 54 S. 236; aber nicht, wenn der Warnende sich nicht als milwirkende Person hinstellt. JurW. 59 S. 1213; auch nicht, wenn die Erklärung eine Warnung vor vielleicht unabwendbaren, von dritter Seite drohenden Gefahren bedeutet. JurW. 62 S. 449. ES fällt nicht hierunter die Androhung einer Regreßklage, wenn der Täter sie für begründet hält. LZ. 10 S. 1036. Es muß immer festgestellt werden, worin daS Übel für den Bedrohten besteht und ob es in der Vorstellung des Bedrohenden vorhanden war. E. 56 S. 46. Die Nachteile brauchen aber keine persönlichen zu sein, vielmehr kommen auch solche Nachteile in Betracht, durch die daS Wobl und die Sicherheit der Allgemeinheit geschädigt und gefährdet wird und zwar jedenfalls, wenn dem Beamten die Durchführung der ihm obliegenden Dienstgeschäfte er­ schwert würde. JurW. 59 S. 2960; wie z B. Gefangene drohen dem Strafanstultsleibr, die Arbeit einzustellen. E. 55 S. 37. Recht 26 Nr. 337. 37) Über den Begriff der Behörde siehe Anm. 88 zu § 164, des Beamten

Anm. 46 zu § 359. 37 a) Eine solche ist Amtsniederlegung. E. 56 S. 22; die Zurücknahme der erfolgten Kündigung durch Polizeipräs. JurW. 59 S. 2960; Verband!, der Reichsbahn über Entschädigungsansprüche Dritter aus Eisenbahnunfällen. Naumburg LZ. 25 S. 1276. 38) Die Drohung braucht nicht unmittelbar gegen die Behörde oder die Beamten gerichtet zu sein. R. 3 S. 318. Doch muß die Absicht deS TäterS darauf gerichtet sein, den Willen deS Beamten au beugen. BayObLG. JurW. 55 S. 2301; und daß er das Mittel dazu für geeignet hält. JurW 61 S. 3102. Zwischen drr Drohung und der Amtshandl. muß ein Zusammenhang erkennbar vorliegen. Celle HRR. 1928 Nr. 1257. 39) Enlschtidend ist nickt die Wahrnehmbarkeit für eine unbestimmte Zahl von Personen, sondern die Möglichkeit der Beteiligung für eine solche. E. 51 S. 422. Auck die Zusammenrottung der Arbeiterschaft eines größeren BettiebeS kann öffentlich sein. E. 54 S. 88. Die Öffentlichkeit u. allgemeine Zugänglich­ keit deS Tatortes bedinat noch nicht notwendig auch die Öffentlichkeit der dort

vorgenommenen Zusammenrottung GA. 41 S. 42. JurW. 6dS. 1564 (21). LZ. 26 S. 42. 40) Zusammenrottung ist eine Vereinigung mehrerer zu einem gemein­ schaftlichen ungeseplichen Handeln. GA. 54 S. 478. Aufruhrbewegung ist keine Zusammenrottung. JurW. 53 S. 1046; auck nicht ein Festzug, auS dem heraus Gewalitättg'eiien begangen werden. JurR. 1 Nr. 1926. Er­ forderlich ist ein räumlickes Zusammenhalten von Personen, daS sie nach außen hin als vereinte Macht erkennen läßt. E. 56 S. 281. DieS kann auch dann der Fall sein, wenn der KreiS der Personen ein geschloffener ist. JurW. 60 S. 1564 (20); aber nach DRZ. 23 Nr. 437 dann nicht, wenn die Zusammenrottung aus einen abgeschloffenen, engen KreiS bestimmter Personen beschränkt bleiben sollte u. geblieben ist. — Die Rechtswidrigkeit deS Handelns braucht nicht äußerlich erkennbar zu sein. LK. Anm. 2. Aufruhr

104

A2. Strafgesetzbuch § 116.

welcher eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften^ *) begangen wird, teilnimmt,41 * *)42 * wird * 43 * * * *wegen ** Aufruhrs mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. Die Rädelsführer,41 a) sowie diejenigen Aufrührer, welche eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen begehen, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft;41b) auch kann auf Zulässig­ keit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. § 116. Wird eine auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen") versammelte Menschenmenge") von dem zuständigen Beamten44) oder Befehlshaber der bewaffneten Macht aufgefordert, sich zu entfernen so wird jeder der Versammelten, welcher nach der dritten Auffor, kann sich zum Auflauf gestalten, wenn die zusammengerottete Menge in ihrer Zusammensetzung, ihren Zwecken und durch Verdrängung an einen anderen Ort Änderungen erhalten hat. Recht 30 Nr. 949. Die §§ 115 u. 125 stehen untereinander in Jdealkonkurrenz. E.29 S. 11; unter Umständen auch mit Beleidigung. Recht 34 Nr. 2297. 40 a) Dieses Tatbestandsmerkmal ist bei der Widerstandshandlung auch nur eines einzigen Teilnehmers gegeben, wenn die anderen die Begehung einer solchen Handlung in den Kreis ihrer Vorstellung vom Verlauf der Sache ausge­ nommen und durch ihr Verharren bei der Zusammenrottung bewußtermaßen gefördert haben. JurW. 62 S. 429. 41) Teilnehmer ist jeder, der sich vorsätzlich mit Kenntnis von dem straf­ baren Zweck der Menschenmenge anschließt. E. 20 S. 403. Als dolus genügt das Bewußtsein, sich in einer zusammengerotteten Menge zu befinden und in derselben zu bleiben. R. 2 S. 150. Recht 23 Nr. 1012. 41 a) Rädelsführer sind Personen, welche, selbst an der Zusammenrottung teilnehmend, innerhalb dieser eine führende Rolle spielen, indem sie die Menge zusammentreiben oder anführen oder ihr die Richtlinien ihres Vorgehens geben oder psychisch oder physisch sich in besonderer Weise als führende Kräfte hervor­ tun. Erk. v. 22. Septbr. 24, LK. Anm. 6a; die Aktion führend in die Wege leiten, ohne sie bis zum Schluß zu billigen. DRZ. 24 Nr. 51; nicht aber solche Personen, die nur allgemeine, bei künftigen, noch völlig ungewiffen Ge­ legenheiten anzuwendende Richtlinien geben. JurW. 62 S. 429. 41 b) Strafschärfung ist vorgesehen in § 5 der VO. v. 26. Febr. 1933 (RGBl. I S. 83), abgedr. unter B 110. 42) Daß die Plätze, Wege usw. im Privateigentum stehen, schließt den Be­ griff der Öffentlichkeit nicht aus, sobald dieselben nur zu dem konkreten Zeitpunkte dem allgem. Verkehr zugänglich waren. E. 21 S. 13. Auch Wasserstraßen sind öffentlich. E. 33 S. 374. 43) Hier muß die Aufforderung (abweichend von § 110) cm eine Menschen­ menge gerichtet sein. E. 12 S. 426. LK. Anm. 4. Eine v. M. ist anzunehmen, wenn die Ansammlung eine Gefährdung der öffentl. Ordnung und Sicherheit in sich schließt. GA. 48 S. 351. Die Verfolgung eines gemeinschaftl. Zwecks oder auch nur ein inneres Zusammenhalten wird nicht vorausgesetzt. HRR. 1932 Nr. 204. 44) Ob ein Beamter zuständig, hängt von seiner amtlichen Stellung ab. Polizeibeamte u. Gendarmen sind zuständig. E. 6 S. 91.

Widerstand gegen die Staatsgewalt § 117.

105

derung") sich nicht entfernt, wegen Anslanss mit Gefängnis bis zn drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. Ist bei einem Auslanfe gegen die Beamten oder die bewaffnete Macht mit vereinten Kräften tätlicher Widerstand geleistet oder Ge­ walt verübt worden, so treten gegen diejenigen, welche an diesen Handlungen teilgenommen haben, die Strafen des Aufruhrs ein. § 117."») Wer einem Forst-, Jagd-49) oder Fischereibeamten, dem Eigentümer eines Waldes oder eines Fischgewässers, einem Forst­ oder Fifchereiberechtigten, einem Jagd-") oder FischereiausübungSberechtigten oder einem von diesen bestellten") Aufseher in49) der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes60) oder Rechtes60) durch Gewalt 45) Daß der Täter die Aufforderung selbst gehört haben müsse, ist im Ge­ setz nicht gesagt, es genügt auch die auf andere Weise erlangte Kenntnis. E. 21 S. 154. 8 116 gilt auch für Passanten. LZ. 19 S. 213. 45 a) Die Fassung beruht auf dem Ges. v. 28. Juni 1935 (RGBl. IS. 839).

46) Ein Privatförster wird Jagdbeamter durch die gemäß § 39 Abs. 4 RJagdges. erfolgte Bestätigung als Jagdschutzberechtigter. Jagdbeamte sind auch die Jägermeister (§ 39 Abs. 2 der AusfBO. z. RJagdges. v. 27. März 1935, RGBl. I S. 431) und die geprüften Berussjäger (§ 39 Abs. 8 RJagdges.) Forstschutzbeamte werden von der Regierung angestellt. Recht 30 Nr. 1832.

47) D. i. der Jagdausübungsberechtigte im Sinne des § 39 des Reichsjagdges. v. 3. Juli 34 (abgedruckt unter B X 1). Wegen seiner Befugnisse vgl. § 40 a. a. O. Jagdgäste sind nicht Jagdausübungsberechtigte (vgl. § 14 Abs. 1 RJagdges.). 48) Hierher gehören insbesondere die Jagdaufseher im Sinne des § 39 Abs. 2 des Reichsjagdges. Wegen ihrer Pflichten und Befugnisse vgl. § 39 Abs. 5, §40 RJagdges. Eine bestimmte Form für die Bestellung ist nicht vorgeschrieben. Wesentlich ist nur, daß die Bestellung aus dem Willen deS Waldeigentümers hervorgegangen ist. E. 36 S. 393, KG. vom 26. März 20, DStZ. 7 S. 251. 49) „in", nicht „während". GA. 52 S. 250. 50) Wegen der Befugnisse der Jagdschutzberechtigten vgl. § 40 RJagdges. Während bei den Jagdpolizeibeamten die Ausübung der amtlichen Funk­ tionen dadurch noch nicht den Charakter der Rechtmäßigkeit verliert, daß sie sich über das Vorhandensein der ein Einschreiten rechtfertigenden tatsäch­ lichen Verhältnisse in einem Irrtum befinden. JurW. 56 S. 2693, Recht 33 Nr. 1889, muß die Rechtsausübung der Nichtbeamten eine objektiv rechtmäßige sein. R. 5S. 377. LK. Anm. 3 Abs.4. Ihr guter Glaube kann daher auch den Mangel der örtlichen Zuständigkeit nicht ersetzen. Recht 12 Nr. 3355. Bei einem Privatforstbeamten kommt nur die Ausübung eines Rechts, nicht eines Amts in Frage. DStZ. 2 S. 83. Hier muß dem Täter das Bewußtsein von der Rechtmäßigkeit der Rechtsausübung der Nichtbeamten nachgewiesen werden. BayObLG. JurW. 54 S. 2252. HRR. 1931 Nr. 157. § 117 ist anwendbar auf die von allen im Paragraph genannten Personen auch außerhalb des Reviers vorgenommenen Amtshandlungen, welche inner­ halb ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit liegen. E. 23 S. 337 u. JurW. 24 S. 584. GA. 77 S. 108; dagegen nicht, wenn der Forstbeamte, der bei einer in seinem Revier stattfindenden Schlägerei eingreift, angegriffen wird. E. 66 S. 339. Durch die B. d. MdI. betr. die Handhabung des Jagd-

106

A 2.

Strafgesetzbuch § 118.

oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer eine dieser Personen während der Ausübung ihres Amtes oder Rechtes tätlich angretft,61) wird mit Gefängnis von vierzehn Tagen bis zu drei Jahren bestraft. Ist der Widerstand oder der Angriff unter Drohung mit Schieß­ gewehr, °2) Äxten oder anderen gefährlichen Werkzeugen erfolgt, oder mit Gewalt an der Person 63) begangen worden, so tritt Gefängnis­ strafe nicht unter drei Monaten ein. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt in den Fällen des Absatz 1 Gefängnisstrafe bis zu Einem Jahre, in den Fällen des Absatz 2 Gefängnisstrafe nicht unter Einem Monat ein.64) § 118.6Ö) Ist durch den Widerstand oder den Angriff eine Körper­ verletzung^) dessen, gegen welchen die Handlung begangen ist, ver­ ursacht worden, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. schutzeS v. 12. Jan. 00 (VMM. S. 128) ist bestimmt, daß die Verpflichtung zur Ausllbung des Forst- und Jagdschutzes sich auf sämtliche angrenzende Schutzbezirke erstreckt. E. 43 S. 215. Siehe auch die RdErl. des Reichsforst­ meisters v. 5. Avril 35 (PrLwMBl. S. 232) und v. 26. Febr. 36 lPrLwMBl. S. 114). Soweit Forstschutzbeamte und Jagdschutzberechtigte Hilfsbeamte der StA. sind, ist der ihnen bei der Durchsuchung geleistete Widerstand nacht-113 StGB, zu bestrafen. E. 37 S 33. LZ. 25 S. 986; auch dann, wenn sie außer­ halb ihres Bereiches wegen Diebstabls oder wegen einer Schlägerei einschreiten. E. 66 S. 339. KG. DIZ. 37 S. 1158. Ein Forstbeamter ist berechtigt zu gebieten, daß der Forstfrevler das durch verbotene Eigenmacht dem Waldeigentümer weggenommene Holz im Walde be­ lasse, und dieses Gebot mit Gewalt durchzusetzen. «58, 859 BGB.) Recht 11 S. 391. Er ist ferner berechtigt, einer beim unbefugten Sammeln von Pilzen betroffenen Person die Pilze wegzunehmen. GA. 5O S. 278. 51) Eine körperliche Berührung ist nicht notwendig. GA. 38 S. 359, aber das Ziel der Handlung muß Einwirkung auf den Körper des anderen sein. E. 41 S. 181, ebenso genügt das Unternehmen einer Einsperrung. E. 28 S. 32. Über das Waffengebrauchsrecht der Fo»ft- und Jagd'chutzberechtigten sowie der Fischereibeamten und Fischereiaufseher vgl. Ges. v. 26. Febr. 1935 (RGBl. I S. 313) nebst Durchs BO. v. 7. März 1935 (RGBl. I S. 377). 52) Daß das Gewehr geladen war, ist nicht erforderlich, E. 9 S. 176, aber es muß überhaupt eine Schußwaffe vorhanden gewesen sein. E. 28 S. 314 und sie muß innerhalb des Kreises ihrer Verwendung benutzt sein. Recht 13 Nr. 1954. Vgl. jetzt auch § 1 Abs. 2 der GewaltverbrecherVO. (Anm. 31). 53) Die Gewalthandlung muß die Person unmittelbar betroffen haben, E. 16 S. 172 und setzt eine direkt gegen den Körper des Beamten gerichtete Tätigkeit voraus. GA. 60 S. 71. 54) Siehe auch § 14 des Feld- und Forstpol.Ges. unter E 2. 55) Der § 118 bezieht sich ausschließlich auf den § 117. E. 23 S. 69. 56) Darunter ist jede Mißhandlung und Gesundleitsbeschädigung zu versieben. E. 11 S. 24. Verursachung ohne Verschulden genügt. Tateinheit mit Körperverletzung (bei Verschulden) ist möglich' nur in diesem Falle darf auf Buße erkannt werden. E. 42 S. 317.

Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 119—121.

Sind mildernde Umstände vorhanden,

107

so tritt Gefängnisstrafe

nicht unter drei Monaten ein. § 119.

Wenn eine der in den §§

117

und 118 bezeichneten

Handlungen von mehreren gemeinschaftlich67) begangen worden ist, so

kann die Strafe bis um die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages, die Gefängnisstrafe jedoch nicht über fünf Jahre erhöht werden. § 120.67*)

Wer einen Gefangenen

aus der Gefangenanstalt

oder aus der Gewalt der bewaffneten Macht, deS Beamten oder deSjenigen, unter dessen Beaufsichtigung,

Begleitung

oder Bewachung

er sich befindet, vorsätzlich befreit oder ihm zur Selbstbefreiung vor­

sätzlich behilflich ist,60 57) 58 wird * mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.61)

§ 121

Wer vorsätzlich einen Gefangenen, mit dessen Beaufsichtigung

57) Ob dies der Fall ist, ist nach den allgem. Grundsätzen über die Mittäterschaft zu beurteilen. R. 7 S. 453.

57a) Vgl. dazu § 76 des Ges. f. Jugendwohlfahrt v. 9. Juli 22, abgedr. unter BII4. 58) Gefangener ist jeder, der durch ein berechtigtes Organ der Staats­ gewalt bet Handhabung der Polizei- und Strafgewalt in Haft genommen ist. E. 73 S. 347. Außere Rechtmäßigkeit der Gefangennahme ist nicht er­ forderlich. E. 39 S. 189. Ein dem Transporteur übergebener Gefangener verliert dadurch diese Eigenschaft nicht, daß ihn der Transporteur auf einige Zett frei läßt. GA. 37 S. 433. Bon der Polizeibehörde in einer Irrenanstalt untergebrachte gemeingefährliche Geisteskranke sind nicht Gefangene, son­ dern fallen unter § 122b. Der von einem Förster, der nickt Forstschutzbeamter ist, vorläufig Festgenommene ist kein Gefangener. Recht 8 S. 340. Eben­ sowenig der von einer Privatperson Festgenommene, siehe E. 13 S. 254, ferner nicht, wer gemäß § 13 der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentl. Fürsorge als hilfsbedürftig in Anstaltspflege oder in einem Arbeitshaus untergebracht ist. E. 73 S. 347. Fürsorgezöglinge sind nur dann Gefangene i. S. der §§ 120—122, wenn sie sich kraft Polizei- oder Strafgewalt (z. B. auf Transport in die Fürsorgeerziehung) in Haft befinden. E. 73 S. 347. 60) Die Selbstbefreiung ist straflos, dagegen ist die Anstiftung) zur Frei­ lassung strafbar. E. 3 S. 140. E. 61 S. 31. A. M. Frank Anm. V 1 S. 111. Hierher gehören nur solche Handlungen, welche einen Angriff gegen die in der Gefangenhaltung einer Person zur Erscheinung kommende Ausübung der obrigkeitlichen Gewalt in sich schließen. E. 34 S. 8.. Strafbar ist auch in­ tellektuelle Beihilfe. E. 25 S. 65. Die Bestimmung aus § 257 schließt eine Bestrafung aus § 120 nicht aus. E. 57 S. 301. Auf den sog. Hafthalter be­ zieht sich aber § 120 nicht. LZ. 17 S. 63.

Siehe PBO. über den Verkehr mit Gefangenen v. 20. Febr. 41 (RGBl. I S. 104) und § 4 der BO. v. 25. Novbr. 39 (RGBl. J S. 2319) — verbotener Umgang mit Kriegsgefangenen —.

61) auch dann, wenn das Vergehen durch Beihilfe zur Selbstbesreiung erfüllt wird. JurW. 1935 S. 2053.

108

A 2. Strafgesetzbuch § 122.

oder Begleitung er beauftragt ist,68) entweichen lägt63 64)65oder dessen Be­ freiung befördert, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert worden, so tritt Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten oder Geldstrafe ein. § 122 Gefangene,66) welche sich zusammenrotten66) und mit vereinten Kräften die Anstaltsbeamten oder die mit der Beaufsichtigung Beauftragten angreifen, denselben Widerstand leisten oder es unter­ nehmen,6^)68sie zu Handlungen oder Unterlassungen zu nötigen,6''a) werden wegen Meuterei mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. Gleiche Strafe tritt ein, wenn Gefangene sich zusammenrotten und mit vereinten Kräften einen gewaltsamen Ausbruch unternehmen.68) Diejenigen Meuterer, welche Gewalttätigkeiten gegen die Anstalts­ beamten oder die mit der Beaufsichtigung Beauftragten verüben,68») 63) Beauftragt ist auch die Privatperson, die auf Ersuchen eines Beanrten die vorläufige Bewachung übernimmt. E. 7 S. 103. Z. B. ein Kran­ kenwärter. E. 19 S. 332. 64) Entweichen setzt eine Entziehung aus der Haft kraft eigenen Willens voraus. Vgl. auch E. 36 S. 402. Die Herbeiführung des tatsächl. Zustandes der Freiheit kann auch ohne Wissen u. Wollen des Gefangenen eintreten. E. 57 S. 75. 65) Zwei Gefangene genügen. R. 2 S. 5 u. E. 13 S. 17. Dagegen nicht die Vereinigung eines Gefangenen mit Nichtgefangenen. E. 73 S. 349. Daß die Mehrheit von Gefangenen sich als eine für das Haftpersvnal geführt. Macht darstellt, ist nicht erforderlich. E. 57 S. 67. 66) Erfordert wird ein räumliches Zusammensein während der Ausführung des Ausbruchsunternehmens. E. 50 S. 85. 67) Der Begriff des Unternehmens umfaßt sowohl die vollständige Durch­ führung der Tat als den Anfang der Ausführung, nicht aber die bloß vorbereiten­ den Handlungen. E. 42 S. 266. 67 a) Jedwede die Willensfreiheit des Anstaltsbeamten beschränkende unbefugte Zwangsausübung ist ausreichend. E. 58 S. 77. 68) Erforderlich ist, daß der Zusammenhang der äußeren Umschließung, auch wenn diese nur eine mittelbare ist, gewaltsam aufgehoben wird. E. 49 S. 430. Es genügt, daß die Gefangenen auf den umschloßenen Hof gelangen. LZ. 14 S. 924. Unmittelbare körperliche Beteiligung jedes einzelnen ist nicht erforderlich. Doch muß bei jedem außer der Teilnahme an der Zusammenrottung noch das Unternehmen des gewaltsamen Ausbruchs hinzukommen. Auch ein in derselben Gemeinschaftszelle untergebrachter Mitgefangener kann danach nur Gehilfe sein. RG. DJust. 1937 S. 199. Nicht ist erforderlich, daß sich die Beteiligten dauernd der Gefangenschaft entziehen wollen. E. 41 S. 357. Wenn mehrere Gefangene, die räumlich getrennt untergebracht sind, ver­ einbarungsgemäß den Ausbruch durch gemeinschaftliche Beschädigung der trennen­ den Zellenwand vorbereiten, so liegt lediglich gemeinschaftliche Sachbeschädigung vor. E. 54 S. 313. Es findet aber bei Verurteilung aus § 122 nicht auch noch Bestrafung wegen Sachbeschädigung statt. Recht 25 Nr. 2483. 68 a) Nur diejenigen, die selbst, in eigner Person Gewalttätigkeiten ver­ üben, nicht auch, wer zwar Mittäter des eine Gewalttätigkeit verübenden Meuterers ist, aber selbst keine Gewalttätigkeit verübt. E. 69 S. 289.

Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung § 123.

109

werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann aus Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

§ 122 a. In den Fällen der §§ 120 bis 122 steht einem Gefan­ genen gleich, wer in Sicherungsverwahrung oder in einem Arbeits­

haus untergebracht ist. § 122b. Wer, abgesehen von den Fällen der §§ 120, 121, 122a, vorsätzlich jemand, der auf behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht ist, aus der Verwahrung befreit oder ihm das Ent­ weichen erleichtert, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag der Behörde welche die Verwahrung bewirkt hat. 7. Abschnitt,

ein,

verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung.

§ 123 Wer in die Wohnung,69) in die Geschäftsräume70) oder in das befriedete Besitztum71)72 eines * * * anderen *** oder in abgeschlossene Räume,79) welche zum öffentlichen Dienste79») oder Verkehre bestimmt ftnb,72b) 69) Die Wohnung umfaßt auch die Nebenräume, Hausflur, Treppen usw. E. 1 S. 121. JurR. 3 Nr. 1355. Der Umfang einer Metwohnung bestimmt sich nach dem Inhalt des Metvertrages. O l s h a u s e n Sinnt. 3. Nicht hierher gehört ein auf Tage gemietetes Gasthauszimmer. Frank I I. A. M.M. Sinnt. 2 a. Auch bewegliche Wohnungen und Geschäftsräume, wenn sie zur Wohnung von Menschen dienen, fallen unter den Schutz des § 123, z. B. ein Wagen herumziehender Künstler, ein bewohntes Schiff, aber nicht der Wagen eines Lohnfuhrmanns. 70) z. B. eine Baubude. GA. 49 S. 147. 71) Als befriedetes Besitztum kommt nur unbewegliches Gut in Betracht. E. 13 S. 312. Ein mit einem Gebäude nicht in Verbindung stehender rings­ umzäunter Kirchhof ist ein befriedetes Besitztum. KG. HöchstRR. 2 S. 189 u. Hamm HRR. 1928 Nr. 688. Vgl. Sinnt. 73 Abs. 2. Liegt aber ein Zusammen­ hang vor, wie bei Hausgärten und Hofplätzen, so bedarf es nicht einer besonderen Einhegung; es genügt eine Rinne, welche einen erkennbaren Abschluß bildet. E. 20 S. 150. Ein befriedetes Besitztum kann auch ein Neubau bilden, wenn er gegen das beliebige Betreten durch andere in äußerlich erkennbarer Weise gesichert ist. R. 10 S. 638. Das unbefugte Verweilen auf einem unbeftiedeten Grundstück u. deffen unbefugtes Betreten ist strafbar nach § 7 FFPG. (E 2). 72) Der Arbeitsraum in einem Gefängniffe gehört nicht hierher. E. 28 S. 192; wohl aber Schulgebäude. GA. 49 S. 121. 72 a) Hierzu gehört ein Wahlraum. E. 46 S. 405. Kirchen. KG. v. 22. Oktbr. 15, DStZ. 2 S. 560. In einem Geschäftsraum, den ein Arbeit­ geber seinen Arbeitern als Wahlraum für eine Bertrauensratswahl zur Ver­ fügung gestellt hat, behält auch er das Hausrecht. E. 61 S. 34. 72 b) Hierunter fallen Personenabteile in Eisenbahnzügen, Postomnibuffen, Straßenbahnwagen, KG. DIZ. 35 S. 706. Paffagierdampfer, es sei denn, daß er zu Privatzwecken gechartert ist. KG. DRZ. 19 Nr. 511.

110

A 2. Strafgesetzbuch § 123.

widerrechtlich etnbrtngt73), oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt,73") auf die Aufforderung7*) des Berechtigten7") sich nicht ertt73) Zum Begriff des widerrechtlichen Eindringens genügt an sich nicht der Mangel eines öffentlichen oder privaten Rechtstitels zum Betreten der Wohnung; vielmehr muß der Eintritt gegen den (dem Täter bekannten oder von ihm vermuteten) Willen des Berechtigten erfolgen. Es genügt daher auch nicht die Feststellung, daß der Täter sich sagen mußte, ein Eindringen in das Gastlokal werde keinesfalls von dem Wirt gebilligt werden. Recht 12 Nr. 897. Das Be­ treten gewisser Räume ohne die erfordert. Eintrittskarte kann sich als Haus­ friedensbruch darstellen. Frank II 1 und als Vergehen gegen § 265a. Fehlt das Bewußtsein, weil der Täter sich über zivilrechtliche Normen irrte, so trifft §59 zu. E. 19 S.301. Einwilligung liegt nicht vor, wenn sie durch Täuschung beeinflußt ist. GA. 47 S. 284. Kein Hausfriedensbruch der Dienstboten in der Wohnung der Herrschaft E. 13 S. 189. Die getrennt lebende Ehefrau darf die Wohnung des Ehemanns nur zum Zweck der Fortsetzung des ehelichen Lebens betreten. E. 6 S. 14. Auch der Ehemann darf nicht wider den Willen seiner Ehefrau die zum Gewerbebetriebe derselben dienenden Räumlichkeiten betreten. E 35 S. 395; auch nicht der Gemeinschuldner seine Räume, wenn ihm dies vom KonkVerwalter untersagt ist. Vgl LZ. 24 S. 28. Auf die Motive und den Zweck des Eindringens kommt es nicht an, deshalb liegt der Tatbestand aus §123 auch dann vor, wenn zum Zwecke des Diebstahls eingedrungen ist. R. 6 S. 326. Wer eine be­ schränkte Befugnis zum Betreten einer Wohnung oder zum Verweilen in der­ selben hat, fällt unter § 123, wenn er zu anderen Zwecken in dieselbe eindringt. R. 6 S. 332. Der Vermieter hat nicht das Recht, die Wohnung des Mieters ohne dessen Willen zu betreten. E. 15 S. 319 und dazu E. 4 S. 124. E. 36 S. 322. Widerrechtlich ist das Betreten des Begräbnisplatzes einer Kirchengemeinde gegen ihr Verbot zwecks Haltens einer Laienrede. Celle DRZ. 18 Nr. 333. KG. JFGErg. 4 S. 377; oder gegen das Verbot zwecks Mit­ wirkung eines Geistlichen einer anderen Konfession. Recht 31 Nr. 259. Der Begriff des Eindringens erfordert nicht, daß der Täter mit seinem ganzen Körper in die fremde Wohnung gelangt ist. GA. 48 S. 437. E. 39 S 440. § 123 ist entsprechend (§ 2) anwendbar, wenn der Hausfriede durch häufige fernmündl. Anrufe gestört wird, die nur in der Absicht erfolgen, den Wohnungs­ inhaber zu ärgern. AG. Leipzig, DIust. 1938 S. 1125. 73 a) Das Verweilen darf nicht lediglich ein Ungehorsam gegen einen dienst­ lichen Befehl sein, sondern es muß zugleich einen Eingriff in das Hausrecht des Berechtigten enthalten. JurW. 37 S. 157. Ein Gast, welcher ein Schanklokal befugterweise betreten, hat dadurch nicht das Recht erworben, in demselben nach Belieben zu verweilen. E. 4 S. 322. JmW. 60 S. 887. Durch unge­ bührliches Benehmen verwirkt der Gast die Befugnis zum weiteren Verweilen im Lokal. Recht 8 S. 172; auch der Besucher eines Rennplatzes, der am Tage vorher Störungen verursacht hat. BayLbLG. v. 21. Mai 26, LZ. 20 S. 753. 74) Eine einmalige Aufforderung genügt. E. 5 S. 110 u. R. 6 S. 25. Wenn der Wirt die Gäste im Interesse der Innehaltung der Polizeistunde auf­ fordert, das Lokal zu verlassen, so liegt darin noch nicht ohne weiteres eine Auf­ forderung im Sinne dieses §. GA. 41 S. 427. 75) Berechtigter ist, wem die Verfügung über die Räumlichkeiten zufteht, in der Regel das Familienoberhaupt, GA. 49 S. 308, bei mehreren Mitinhabern der Wohnung jeder einzelne, E. 72 S. 57 (ob der eine Wohnungsinbaber be­ rechtigt ist, Familienmitglieder des anderen auszuweisen, denen dieser den

Verbrechen und Vergehen wider die öffentl. Ordnung § 124.

111

fern!,76 * *) * wird * * * * wegen * * * * * Hausfriedensbruches ** mit Geldstrafe oder mit Ge­ fängnis bis zu drei Monaten bestraft.

Ist die Handlung von einer mit Waffen77) versehenen Person oder von mehreren gemeinschaftlich78)79begangen worden, so tritt Geldstrafe oder Gefängnisstrafe bis zu Einem Jahre ein. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag78 a) ein. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. § 124. Wenn sich eine Menschenmenge78) öffentlich zusammen­ rottet und in der Absicht, Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften zu begehen, in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, so wird jeder, welcher an diesen Handlungen Aufenthalt gestattet hat, hängt von dem Inhalt der Vereinbarungen zwischen den Berechtigten ab), auch Dienstboten, denen bestimmte Räume überwiesen sind. Bet Abwesenheit des Berechtigten dessen Stellvertreter, Ehefrau, Kinder, Prokuristen usw. Olshausen Anm. 18. Auch der vom ver­ storbenen Inhaber beauftragte Dritte. Recht 27 Nr. 575. Ferner der Einberufer und Leiter einer politischen Versammlung, welchem ein Gastwirt einen Raum für die Abhaltung der Versammlung zur Verfügung gestellt hat. E. 24 S. 194; in den dem Eisenbahnverkehr dünenden Räumen der Reichsbahn der Polizeibeamte der Bahnhofswache, der Bavnhofswirt oder der ihn vertretende Kellner. Dresden LZ. 23 S. Iü86; auch jeder vom Bahnhofsvorsteher er­ mächtigte Beamte. KG. JurW. 60 S. 1979. Das Hausrechl an der Kirche hat die Kirchengemeinde, bei treten durch den Gememdekirchenrat. KG. Recht 32 Nr. 1164. Ein durch § 123 geschütztes Hausrecht gewährt schon der ungestörte unmittelbare Bentz als solcher. E. 57 S. 139. 76) Die Entfernung braucht nicht gerade eine sofortige und augenblickliche zu sein. R. 1 S. 689 u. R. 6 S. 25. 77) Der Begriff „Waffen" umfaßt hier alle gefährlichen Werkzeuge. E. 8 S. 44. Nicht ist die Absicht erforderlich durch das Tragen der Waffe (z. B. eines gewöhnlichen Spazierstockes) den rechtmäßigen Widerstand zu überwinden. DIZ. 16 S. 708 (vgl. aber Anm. 69 zu § 243). Die Waffe unterliegt der Ein­ ziehung. E. 44 S. 142. 78) Es genügt nicht ein gemeinsames Zusammenwirken zur Ausführung der Tat. sondern es ist ein auf widerrechtliches Eindringen übereinstimmend ge­ richteter Willen der Handelnden erforderlich. E. 3 S. 7. Vgl. auch E. 7 S. 395.

78 a) Antragsberechtigt ist grundsätzlich der Träger des Hausrechts. KG. JurW. 60 S. 1979. Nicht anttagsberechtigt ist der Abteilungsleiter des Ar­ beitsamts, sondern der Präsident des Landesarbettsamts. KG. JurW. 60 S. 1624. 79) Nicht die Zahl ist entscheidend, sondern ob die Ansammlung nach Zeit und Örtlichkeit, nach ihrer Zusammensetzung, nach der Möglichkeit von Zuzug und der zu Gebote stehenden Pvlizeikrüfte eine Gefahr für die öffentl. Ordnung bedeutet. GA. 48 S. 351. HRR. 1933 Nr. 44u. 3 Menschen können ge­ nügen. Rec§t 34 Nr. 2298.

112

A 2. Strafgesetzbuch § 125.

teilnimmt, so) mit Gefängnis von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. § 125. Wenn sich eine Menschenmenge^) öffentlich8*) zusammen­ rottet 40) und mit vereinten Kräften40a) gegen Personen82 80) 81 oder Sachen Gewalttätigkeiten83) begeht, so wird jeder, welcher an dieser Zusammen­ rottung teilntmmt,84) wegen Landfriedensbruches mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. 80) Zur Teilnahme gehört eine durch Anwesenheit und Hilfsbereitschaft unterstützende Tätigkeit. E. 55 S. 35. An dem Eindringen nimmt auch der­ jenige teil, der sich in einer Menschenmenge befindet, die gegen ein geschloffenes Tor vordringt. JurW. 62 S. 1659; oder der erst nachträglich in Kenntnis der Absichten der Menge eindringt. Recht 24 Nr. 3510. 81) Sinnt. 39 zu § 115. Die Zusammenrottung ist keine öffentliche, wenn die Arbeiter eines Gutes zusammentreten, auf den Hof dringen und unter Drohungen und Verübung von Gewalttätigkeiten ihren vermeintlich verdienten Lohn fordern. GA. 41 S. 42. Zusammenrottung liegt auch dann vor, wenn die Menschenmenge, die ursprünglich zu einem erlaubten Zwecke zusammen­ getreten ist, hiernächst zusammenbleibt, um Gewalttätigkeiten der im § 125 bezeichneten Art zu begehen. Recht 7 S. 216. — 88 124 u. 125 stehen in Jdealkonkurrenz. E. 55 S. 41. 82) Auch gegen eine einzelne Person. E. 55 S. 101. 83) Eine Beschädigung von Personen oder Sachen ist nicht erforderlich. E. 30 S. 391. Es genügt eine nur mittelbar gegen Personen gerichtete Ein­ wirkung, welche von diesen körperlich (physisch) empfunden wird. E. 45 S. 153. E. 54 S. 88. Auch der Versuch einer Körperverletzung genügt. E. 47 S. 178. Anwendung seelischen Zwanges ist keine Gewalttätigkeit. E. 55 S. 35. Die bloße Wegnahme einer Sache kann sich als Gewalttätigkeit darstellen. E. 52 S. 34, auch, wenn sie sich in der äußeren Erscheinung eines aus Furcht ge­ tätigten Kaufgeschäfts vollzieht. DIZ. 27 S. 131. Einen bestimmten Erfolg brauchen die Gewalttätigkeiten überhaupt nicht gehabt zu haben. E. 5 S. 377. Widerrechtlichkeit wird vorausgesetzt. E. 20 S. 303, aber nicht das Bewußt­ sein der Rechtswidrigkeit. JurW. 56 S. 451. 84) Teilnehmer ist jeder, der auch ohne Abrede sich tatsächlich der Menge angeschlossen hat. Sinnt. 41 zu 8 115. Es genügt das Bewußtsein des Teil­ nehmers, daß er sich in einer zusammengerotteten Menschenmenge befinde, welche gegen Personen oder Sachen Gewalttätigkeiten begeht, verbunden mit dem Willen in dieser Menge als ein Teil derselben zu bleiben, auch wenn er nur als Zu­ schauer und aus Neugierde geblieben. E. 20 S. 403 u. 405. GA. 64 S. 368. E. 51 S. 422. Der Teilnehmer muß sich bewußt sein, durch seine Anwesenheit die Gefährlichkeit der Zusammenrottung für die öffentl. Ordnung zu erhöhen. JurW. 60 S. 3666. Auch Preffevertreter, die sich in der Menge befinden, können sich strafbar machen. E. 55 S. 249. Nicht ist erforderlich, daß der Täter gerade in dem Augenblick an der Zusammenrottung teilgenommen hat, als zu Gewalt­ tätigkeiten übergegangen wurde. E. 36 S. 174. Teilnehmer an der Straftat des Abs. 1 sind nicht Mittäter, daher kann sich auch der Teilnehmer, der von einem anderen Teilnehmer eine bei derselben Begebenheit geplünderte Sache erwirbt, der Hehlerei schuldig machen. E. 58 S. 207. Auf den vornherein gewollten Zweck kommt es nicht an. GA. 65 S. 535. LZ. 17 S. 286. E. 52 S. 118.

Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung §§ 126 u. 127.

113

Die Rädelsführer,"') sowie diejenigen, welche Gewalttätigkeiten84a) gegen Personen begangen oder Sachen geplündert,88) vernichtet oder zerstört86 a) haben, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft;85 b) auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. § 126. Wer durch Androhung88) eines gemeingefährlichen Ver­ brechens den öffentlichen Frieden87) stört, wird mit Gefängnis bis zu Einem Jahre bestraft. § 127. Wer unbefugterweise einen bewaffneten Haufen88) bildet oder befehligt oder eine Mannschaft, von der er weiß, daß sie ohne gesetzliche Befugnis gesammelt ist, mit Waffen88') oder Kriegsbedürfnissen versieht, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. 84 a) Die Gewalttätigkeiten müssen mit vereinten Kräften begangen sein. E. 47 S. 178. Versuch ist strafbar, sofern nur eine einzige Gewalttätigkeit von einem anderen Teilnehmer begangen ist. Frankfurt JurW. 54 S. 2805. 85) Plünderung ist die unter Ausnutzung der Störung der öffentlichen Ordnung und des dadurch verursachten Schreckens in der Absicht rechtswidr. Zueignung erfolgte Wegnahme oder Abnötigung von Sachen. E. 52 S. 34. HRR. 1932 Nr. 394. Bestrafung aus 88 242, 370 Nr. 5 durch Gesetzeseinheit ausgeschlossen. Recht 26 Nr. 1017. Nicht ist erforderlich, daß der Täter un­ mittelbar in seiner Person die Wegnahme des fremden Gutes vornimmt. LZ. 19 S. 152. Es genügt Mitnahme der von anderen auf die Straße ge­ worfenen Sachen. Erk. v. 10. Mai 20, LK. Anm.4. 85 a) Teilweise Zerstörung genügt nicht. E. 39 S. 223. 85 b) Strafschärfung gemäß § 5 der VO. v. 28. Febr. 33 (RGBl. I S. 83), abgedr. unter B 110. 86) Tie Gefährdung des öffentl. Friedens muß hier im Gegensatze zu dem Fall des § 130 eine naheliegende sein. R. 8 S. 783. 87) Der öffentliche Friede besteht in dem Zustand des beruhigenden Be­ wußtseins der Staatsangehörigen, in ihren durch die Rechtsordnung gewähr­ leisteten berechtigten Interessen geschützt zu sein. Hiernach erfordert der Tat­ bestand des Vergehens aus § 126, daß in einer Mehrheit von Personen durch die Androhung die Besorgnis erregt wird, daß ihre Interessen nicht hinreichend geschützt seien. Siehe R. 8 S. 783. Dazu R. 7 S. 108. Auf feiten des Täters muß das Bewußtsein vorhanden gewesen sein, daß seine Drohung geeignet sei, den öffentlichen Frieden der Gesamtheit zu stören. E. 7 S. 393. 88) Der Haufen ist bewaffnet, wenn die mitgeführten Waffen mit Wissen und Willen der Teilnehmer den Zwecken des Zusammenschlusses dienen und diesem eine die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdendes Gepräge geben. DStZ. 7 S. 376. Es genügt, daß eine erhebliche Anzahl der Teilnehmer über Waffen verfügt. JurW. 60 S. 1565. 88 a) Waffe ist em Werkzeug, das bestimmungsgemäß zum Angriff und zur Verteidigung dient und zur Beibringung von Verletzungen geeignet ist. Solche Eigenschaft kann es durch spätere bes. Bestimmungen des Trägers er­ halten. JurW. 60 S. 15^5; durch Umgestaltung z. B. eines Stück Brenn­ holzes in eine Keule. HRR. 1932 Nr. 1996. Steine, Zaunlatten, abge­ brochene Stuhlbeine sind keine Waffen. JurW. 62 S. 442.

Dalcke, Strafrecht. 32 Aust.

8

A 2. Strafgesetzbuch § 128 u. 129.

114

Wer sich einem solchen bewaffneten Haufen anschließt/*88 b) wird mit

Gefängnis bis zu Einem Jahre bestraft.89) § 128. Die Teilnahme ") an einer Verbindung,91) deren Dasein, Verfassung

oder Zweck

vor der Staatsregierung geheim gehalten

werden soll, oder in welcher gegen unbekannte Obere Gehorsam oder

gegen bekannte Obere unbedingter Gehorsam versprochen wird, ist an den

Mitgliedern mit Gefängnis bis zu sechs Monaten, an den

Stiftern90) und Vorstehern90) 94 a) der Verbindung mit Gefängnis von

Einem Monate bis zu Einem Jahre zu bestrafen Gegen Beamte kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren

erkannt werden. § 129*). Die Teilnahme an einer Verbindung,9^ zu deren Zwecken92)* oder Beschäftigungen92) gehört, Maßregeln der Verwaltung

oder die

88 b) Sich anschließen bedeutet dasselbe wie teilnehmen. Erk. v. 29. Jan. 24, LK. Anm. 1 c. 89) Daß diejenigen, welche sich anschließen, selbst bewaffnet gewesen sind, ist nicht erforderlich. E. 30 S. 391 u. GA. 46 S. 35. Unter diesen Paragraph fällt auch die Sammlung von Mannschaften zu aufrührerischen Zwecken. Recht 23 Nr. 1013. 90) Auch hier ist der Begriff der Teilnahme nicht nach § 47 zu beurteilen. E. 6 S. 216. Nach R. 9 S. 464 ist zur Teilnahme nicht eine ausdrückliche Mitgliedschaft, sondern schon eine bloße Förderung der Vereinszwecke (durch Verbreitung verbotener Schriften) ausreichend. Abweichend hiervon nimmt E. 24 S. 328 mit Recht an, daß das Gesetz nur Stifter, Vorsteher und wirk­ liche Mitglieder mit Strafen bedrohe. Der Stifter braucht aber nicht Mitglied zu sein E. 6 S. 215. 91) Unter „Verbindung" ist jede organisierte Vereinigung von einer ge­ wissen Dauer zu verstehen, welche die Unterordnung der Mitglieder unter den Gesamtwillen für die Dauer der Mitgliedschaft voraussetzt. Der Beitritt kann auch durch konkludente Handlungen ausgedrückt werden. E. 13 S. 273. JurW. 60 S. 3667. Verbindung kann auch der Funktionärkörper einer verbotenen Partei (KPD) sein. DIZ. 33 S. 1019. Die Verbindung muß eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken und braucht nicht auf einen strafbaren Zweck gerichtet zu sein. E. 35 S. 177 u. 195. Die Angelegenheiten brauchen nicht solche des Deutschen Reichs oder eines Landes zu sein. E.41 S. 264. Hat eine Verbindung, die ihren Sitz im Auslande hat, Mitglieder im Jnlande, so hat sie auch im Jnlande Bestand und Dasein. E. 16 S. 165. Vgl. E. 24 S. 328. Die Verb, braucht nicht verboten zu sein. JurW. 63 S. 232. 92) Die Strafbarkeit liegt vor, wenn es auch zur Ausführung der gesetz­ widrigen Zwecke noch gar nicht gekommen ist. R. 7 S. 762; in der bloßen Ge­ heimhaltung kann aber ein dem § 129 entsprechender Zweck nicht gefunden werden. R. 9 S. 567. Strafbar ist aber nur der, der nicht bloß Angehöriger einer Verbindung ist, sondern der über seine formale Mitgliedschaft hinaus sich bewußt für die staatsfeindl. Zwecke einer Verb, betätigt. HRR. 1928 Nr. 689. — Zweck u. Beschäftigung ist wesensgleich. Dem Täter muß daran gelegen sein, den Erfolg durch die Handlung herbeizuführen; bedingter Vorsatz genügt nicht. JurW. 61 S. 2810.

Verbrechen u. Vergehen wider die öffentliche Ordnung 8 130.

115

Vollziehung von Gesetzen99) durch ungesetzliche Mittel9^) zu ver­ hindern oder zu entkräften, ist an den Mitgliedern mit Gefängnis bis zu Einem Jahre, an den (Stiftern90) und Vorstehern9^) der Verbin­ dung mit Gefängnis von drei Monaten bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Gegen Beamte kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. § 130. Wer in einer den öffentlichen Frieden 9°) gefährdenden Weise verschiedene Klassen90) der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten9') gegeneinander öffentlich anreizt,99) wird mit Geldstrafe oder mit Ge­ fängnis bis ju zwei Jabren bestraft. 93) Erkennbar bezeichnete Gesetze brauchen es nicht zu sein. E.54 S. 102. Die bloße Erhaltung eines durch ein Gesetz bekräftigten Zustandes ist keine Voll­ ziehung. E. 40 S. 384. 94) Ungesetzliche Mittel sind alle, welche gegen Gesetze verstoßen. R. 9 S. 567. E. 19 S. 98. 94 a) Der Vorsteher muß an der Leitung der Verbindung beteiligt sein. Deutsche Justiz 1934 S. 129. *) Vgl. dazu § 3 der BO. v. 25. Novbr. 39 (unter) RGBl. I S. 2319 — Teilnahme an einer wehrfeindlichen Verbindung (lex specialis gegenüber § 129) und § 6 der VO. o. 27. Febr. 40 (RGBl. I S. 444)— Strafdrohung gegen die Beteiligung an der Fortseßung oder Neugründung einer Organi­ sation der polnischen Volksgruppe —. 95) Das ist sowohl der Fall, bei Gefährdung des Gefühls der öffent­ lichen Sicherheit in seinem Bestände, wie bei Bedrohung des Z u st a n d e s der allgemeinen Rechtssicherheit durch die — wenn auch entfernte — Gefahr der Entstehung von Unruhen oder Rechtsbrüchen. E. 34 S. 268 u. E. 71 S. 248; RG. JurW. 1937 S. 699. In jeder Anreizung verschiedener Bevölkerungs­ klassen zu Gewalttätigkeiten liegt auch schon eine den öffentl. Frieden bedrohende Gefahr. E. 26 S. 349. Eine bloße Beunruhigung des Gewissens der einzelnen Hörer genügt nicht. RG. JurW. 1938 S. 501. 96) Es müssen also Mehrheiten (Teile der Bevölkerung) angereizt sein. R. 9 S. 458. R. 10 S. 302. Dies Tatbestandsmerkmal kann nicht durch die Feststellung erfüllt werden, daß zu Gewalttätigkeiten gegen die Regierung oder die Regierenden angereizt worden sei. E. 22 S. 293. Unter den „verschiedenen Klassen" der Bevölkerung sind der Regel nach Personenkreise zu verstehen, die sich infolge der gesellschaftlichen Gliederung von anderen abgegrenzt haben. Zur Zeit der Tat müssen aber diese Mehrheiten und die Unterschiede schon vorhanden sein. E. 26 S. 63. E. 35 S. 97. Solche Klassen sind Agrarier und Arbeiter. E. 50 S. 324; die Bauern eines kleinen Bezirks. JurR. 1 Nr. 435; besitzlose Großstadtbevölkerung n. Bauern. 97) Das Gesetz erfordert nicht den Anreiz zu bestimmten Gewalttätig­ keiten. R. 8 S. 109. E. 50 S. 324. BayObLG. LZ. 27 S. 605; aber es erheischt die nach den konkreten Umständen nahe liegende Möglichkeit der Störung des öffentlichen Friedens. R. 10 S. 302. Die Gefahr braucht auch keine nahe­ liegende zu sein. E. 54 S. 27. Die bloß gedachte, vorgestellte Möglichkeit aber, die jeder Anreizung innewohnt, kann nicht genügen. Es bedarf stets der Fest­ stellung, daß die Anreizung nach Lage des Falles auch geeignet war, eine Be­ unruhigung hervorzurufen. DIZ. 27 S. 131, auch E. 15 S. 116. 98) Unter Anreizung ist zu verstehen eine mittelbare Beeinflussung des

116 SonderG.

A 2.

Strafgesetzbuch 88 130 a u. 131.

§ 130 a. Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche ooer an einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor mehreren Angelegenheiten des Staats") in einer den öffentlichen Frieöen gefährdenden SBetie96 * *)** zum ** 99 * * 100 * Gegenstände * * * * * * * * * einer Verkündigung oder Erörterung macht,"a) wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu zwei Jahren bestraft. Gleiche Strafe trifft denjenigen Geistlichen oder anderen Religions­ diener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes Schriftstücke ausgibt oder verbreitet, in welchen An­ gelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstände einer Verkündigung oder Erörterung gemacht sind. § 131. Wer erdichtete oder entstellte Tatsachen,"^ wissend, daß Willens anderer, eine — wenn auch versteckte — Einwirkung auf Sinne und Leidenschaften, die einen Reiz zum Handeln wecken und den Angereizten kraft eignen Entschlusses, sei es sofort, sei es bei einer erst künftig sich bietenden Gelegen­ heit Mn Handeln bringen soll. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 193. Zum Vorsatz genügt das Bewußtsein, daß die bezügliche Äußerung geeignet sei, den öffent­ lichen Frieden zu stören, eine hierauf gerichtete Absicht ist nicht erforderlich. R. 7 S. 108. Die bedingte Form der Kundgebung schließt die Anwendung des 8 nicht aus. JurW. 57 S. 2218. In der Erregung von Wünschen, die auf friedlichem Wege nicht erfüllbar sind, kann eine Anreizung zur Gewalt erblickt werden. GA. 60 S. 412. Mit der Auslegung von Druckschriften zu jedermanns Einsicht im Laden kann der objektive Tatbestand dieses Vergehens verwirklicht werden. Recht 9 S. 200. Begangen ist dies Vergehen nicht nur dort, wo die äußere Tätigkeit des A. stattfand (Verkauf eines Buches), sondern auch da, wo die Tätigkeit dem Willen des A. entsprechend seine anreizende Wirkung ausübte. DIZ. 14 S. 435. Eine Aufforderung zum Klassenkampf kann auch dadurch begangen werden, daß der eine solche enthaltende Aufruf als Teil des Berichts über eine Strafkammerverhandlung veröffentlicht wird, in welcher der Verfasser wegen des Aufrufs verurteilt ist. E. 39 S. 87. E. 62 S. 145. Siehe hierzu Bewer, DRZ. 20 S. 307. 99) Alle Angelegenheiten im weitesten Sinn, die den Staat als solchen angeben. Was die nationalsoz. Bewegung angeht — z. B. der Begriffsinhalt von Blut, Boden und Rasse — geht auch den von ihr getragenen nationalsoz. Staat an. Auch Angelegenheiten, mit denen sich der Staat noch nicht befaßt hat, falls eine bestimmte Einstellung des Staates dazu behauptet wird. E. 71 S. 248. 99 a) Maßgebend ist nicht der Sinn, den der Täter seinen Worten geben wollte, sondern der, den die Hörer nach natürlicher Auffassung damit verbinden mußten. Bedingter Vorsatz (Bewußtsein, daß die Äußerung in einer den öffentl. Frieden gefährdenden Weise aufgefaßt werden könne, und Billigung dieses Er­ folges) genügt (Bezeichnung der standesamtl. Trauung als Kuhhandel). RG. JurW. 1937 S. 699. 100) Tatsache im Sinne dieses Ges. ist nur eine Begebenheit, ein konkreter Vorgang, welcher in der Vergangenheit oder Gegenwart in die Erscheinung ge­ treten und dadurch Gegenstand der Wahrnehmung geworden ist. Innere Vor­ gänge, deren Dasein und Art dargetan und damit wahrnehmbar gemacht werden kann, sind aus dem Kreise der Tatsachen nicht ausgeschloffen, wohl aber alle Er-

Berbrechen u. Vergehen wider die öffentliche Ordnung § 132.

117

sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich behauptet oder verbreitet, um dadurch Staatseinrtchtungen oder Anordnungen der Obrigkeit2*)1 verächtlich zu machen,3) wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. § 132. Wer unbefugt sich mit Ausübung eines öffentlichen Amtes4) befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentgebnisse abstrakter Schlußfolgerungen. E. 22 S. 158. E. 24 S. 300. E. 41 S. 193. Bloße verdächtigende allgemeine Kritiken und Urteile über politische, soziale usw. Verhältnisse, die sich nicht auf konkrete Vorkommnisse, sondern auf Beobachtungen und Schätzungen gründen, gehören nicht hierher. E. 22 S. 158. E. 24 S. 387. 1) Unter Staatseinrichtungen sind die bleibenden dauernden Bestandteile der Verfassung und Verwaltung, mit welchen der spezielle Staat sich einrichtet, zu verstehen, also die auf Erfüllung des Staatszwecks hinzielenden, für die Dauer bestimmten organischen Schöpfungen auf irgend einem Gebiete der ftaatl. Tätig­ keit (nicht das Institut des Privateigentums). E. 22 S. 253. Staatseinrichtungen einer vergangenen Zeit gehören nicht hierher, E. 16 S. 368, auch nicht die Schul­ verwaltung, aufgefaßt als die Gesamtheit der in ihr tätigen Behörden. GA. 48 S. 303. Vgl. auch 8 1, 2 des Ges. gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei usw. v. 20. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1269). Angriffe gegen den Reichstag und die Regierung fallen nur dann unter diesen §, wenn sie dieselben in ihrer Eigenschaft als Staatseinrichtung treffen, nicht wenn es sich bloß um einen Angriff gegen einzelne Beschlüsse und Maß­ nahmen handelt. E. 29 S. 318. 2) Dahin gehören auch Verwaltungsakte, die einen einzelnen Fall oder eine bestimmte Person betreffen, R. 8 S. 110, E. 16 S. 368, aber sie müssen einen in das öffentliche Leben eingreifenden autoritativen Charakter haben. E. 23 S. 151. Nicht geschützt werden Anordnungen, die nur noch historische Bedeutung haben. JurW. 34 S. 749. Bloße Unterlassungen gehören nicht hierher. E. 30 S. 263. Auch nicht behördliche Anweisungen, welche sich lediglich auf den inneren dienstlichen Geschäftsverkehr beziehen. E. 23 S. 151. 3) Das bedeutet, sie im Gegensatz zu den Anforderungen der Sittlichkeit befindlich erscheinen zu lassen. E. 1 S. 161. Nach R. 3 S. 147 müssen die Tatsachen objektiv geeignet sein, Staatseinrichtungen verächtlich zu machen, nach R. 4 S. 232 genügt die Absicht der Verächtlichmachung. Ersterer Ansicht Frank III 2, letzterer LK. Anm. 5. — Ein Zeitungsaufsatz, der Kinder vor dem militärischen Beruf zurückzuschrecken sucht, kann den Tatbestand des 8 er­ füllen. Dresden JurW. 57 S. 2103. 4) d. h. eines aus der Staatsgewalt abgeleiteten Amtes. Kirchenämter gehören nicht hierher. E. 47 S. 50. Auch nicht der gemäß 8 131 GewO, ge­ bildete Prüfungsausschuß. E. 36 S. 434, wohl aber die Rechtsanwaltschaft. GA. 37 S. 58; ein Gerichtsarzt. LZ. 21 S.1137. 8 132 findet entsprechende Anwendung (8 2) auf die Anmaßung von Ämtern der NSDAP, und ihrer Gliederungen (LG. München DStrR. 1937 S. 215; AG. Eberbach DJust. 1939 S. 1087), dagegen nicht bei Ämtern der der NSDAP angeschlossenen Verbände (RG. JurW. 1938 S. 2130 betr. NS. Lehrerbund; A. M. Dahm ZAkadDR. 1938 S. 640). Es ist nicht erforderlich, daß es die dem an­ gemaßten Amt beigelegte Bezeichnung überhaupt gibt. Recht 12 Nr. 3357, E. 68 S. 81; ebensowenig, daß die Handlung des Täters innerhalb der Zuständigkeit des angemaßten Amtes liegt. Recht 17 Nr. 779; wohl aber, daß sie den Charakter einer in den Kreis eines anderen Amtes einschlagenden

118

A 2. Strafgesetzbuch 8 132».

ltchen Amtes vorgenommen werden darf,6) wird mit Gefängnis bis zu

Einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft § 132a.6*) Wer unbefugt6 d) inländische oder ausländische Uni-

formen,6o) Amtskleidungen6d) oder Amtsabzeichen6*) trägt,6') wird,

Amtshandlung annimmt. JurW. 62 S. 3140. — Eine Fleischuntersuchung, die sich als die eines beamteten Fleischbeschauers hinstellt, enthält eine unbefugte Ausübung eines öffentlichen Amtes. GA. 56 S. 82. Dagegen übt ein Versteigerer kein öffentliches Amt aus. E. 17 S. 291; auch ist die Abnahme eines Eides in der Form des 8 61 (62) StPO, durch eine Privatperson keine Amtshandlung. E. 34 S. 289. 5) Hierunter fällt unbefugte Ausstellung von Kirchenattesten. R. 5 S. 56. Die mittels Nötigung betätigte Absetzung eines Beamten. Recht 26 Nr. 137. Desgl. das von einer Privatperson an Stelle des Wahlvorstehers vorgenommene Schütteln einer Wahlurne. E. 46 S. 183; ferner die Scheinfestnahme durch eine sich als Polizeibeamten ausgebende Privatperson (trotz der Befugnis des 8127 StPO.). KG. DIZ- 33 S.1687. Dagegen gehört nicht hierher: Die Zusendung einer privaten Zahlungsaufforderung an den Schuldner, die in der äußeren Form einem Zahlungsbefehl ähnlich ist, der aber wesentliche Erforderniffe eines solchen fehlen. E. 68, 77. Die Anwendung des 8 wird dadurch nicht ausgeschloffen, daß der andere den wahren Sachverhalt erkennt, oder doch in der Lage ist, ihn zu durchschauen. Recht 13 Nr. 182. GA. 66 S. 507. Es ist gleichgülttg, ob die Handlung an sich berechttgt gewesen wäre, wenn ein Beamter sie vorgenommen hätte. R. 9 S. 6. Die Handlung braucht auch nicht innerhalb der Zuständigkeit des betr. Amtes zu liegen. Rostock HRR.1928 Nr. 569. Beide Tatbestände des 8 132 können auch von einem Beamten ver­ wirklicht werden. DRZ. 16 S. 261; z. B. dann, wenn zwar die Behörde, aber ein anderer Beamter als der Täter zuständig ist. HRR. 1933 Nr. 1277. Die Handlung kann auch von mehreren Personen in Mittäterschaft begangen werden. E. 37 S. 55. E. 55 S. 265. Ein beurlaubter Beamter macht sich durch Ausübung seiner Amtstättgkeit nicht nach 8 132 schuldig. LK. Sinnt. 3. E. 67 S. 226; wohl aber ein dienstenthobener. Breslau DRZ. 24 Nr. 131. 5 a) Eingefügt an Stelle des bisherigen 8 360 Nr. 8 durch Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). 5 b) .Es ist — wie schon nach früherem Recht (vgl. GoltdA. 39, 173) — Borsatz erforderlich. 5 c) Uniform ist jede auf Grund öffentlichrechtlicher Besttmmungen ein­ geführte Tracht, sofern die Befugnis zum Anlegen dieser Tracht durch öffentlichrechtliche Vorschriften geregelt ist (z. B. durch poltzeil. Vorschriften geregelte Einheitskleidung für Taxichauffeure, Dienstmänner usw., RdErl. v. 11. Novbr. 38, RMBliB. S. 1853). Auch die Uniformen der alten Wehrmacht (vgl. hierzu Ges. über die Ausübung des Rechts zum Tragen einer Wehrmachts­ uniform v. 26. Mai 34 (RGBl. I S. 447) nebst DurchfBO. v. 21. Juni 34 (RGBl I S. 517). 5 d) Durch öffentlichrechtl. Vorschriften eingeführte Trachten, die — im Gegensatz zur Uniform — nicht ständig, sondern nur bei bestimmten Amts­ handlungen getragen werden (z. B. die Roben der Richter, der Staatsanwälte und Rechtsanwälte). 5 e) Zeichen, die den Träger als Inhaber eines bestimmten Amtes kennt­ lich machen, wie z. B. die bet der Ausübung des Jagdschutzes zu tragenden Jagdschutzabzeichen (§ 39 Abs. 7 des Reichsjagdges.). 5 f) Die Absicht, Dritte über die Person des Trägers oder über seine Be-

Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung § 133.

119

soweit nicht besondere Vorschriften etwas anderes bestimmen,") mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Ebenso wird bestraft, wer unbefugt eine Berufstracht oder ein Berufsabzeichen für Betätigung in der Kranken- oder Wohlfahrts­ pflege trägt, die im Inland staatlich anerkannt sind."^) Den in den Absätzen 1, 2 genannten Uniformen, Kleidungen, Trachten oder Abzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Ver­ wechseln ähnlich sind.^) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten auch für Amtsklei­ dungen 51) und Amtsabzeichen der Religionsgesellschaften des öffent­

lichen Rechts sowie für Berufstrachten und Berufsabzeichen der von ihnen anerkannten religiösen Genossenschaften. § 133 Wer eine Urkunde,6*)*ein * * *Register,7) Akten oder einen sonstigen Gegenstand,8) welche sich zur amtlichen Aufbewahrung an einem dazu bestimmten Orte befinden,8 B) oder welche einem Beamten oder einem fugnis zum Tragen der Uniform usw. zu täuschen, ist nicht erforderlich. Kein Tragen i. S. des § 132 a, wenn die Uniform im Rahmen der Berkehrssitte bei Aufführungen und Maskeraden getragen wird. 5 g) Hier kommen die Vorschriften gegen unbefugtes Tragen von Partei­ uniformen (§§ 5, 8 des Ges. gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei v. 20. Dezdr. 34, RGBl. I S. 1269) in Betracht. 5gg) Vgl. Bekanntm. v. 21. Dezbr. 18 (Zentralbl. f. d. Deutsche Reich S. 1154) nebst Änderungen, die im RMBl. veröffentlicht werden (s. u. a. Bek. v. 5. Septbr. 36, RMBl. S. 365). S. auch § 17 Abs. 2 der KrankenpflegeBO. v. 28. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1310), abgedr. zu BII 7; eine dem § 17 Abs. 2 a. a. O. entsprechende Strafvorschrift gilt für das unbefugte Tragen von Berufstrachten und -abzeichen der „Säuglings- und Kinderschwestern" (§ 18 der BO. v. 15. Novbr. 39, RGBl. I S. 2239) und von Berufsabzeichen für medizinisch-technische Gehilfinnen oder Assistentinnen (§ 28 der BO. v. 17. Febr. 40, RGBl. I S. 371). 5 h) Ob andere den Uniformcharakter erkannt und ob sie sich über die Be­ fugnis ihres Trägers haben täuschen lassen, ist bedeutungslos. E. 61 S. 7. 5 i) Dazu gehören auch die Ordensgewänder der kath. Kirche (Art. 10 des Konkordats v. 12. Septbr. 33, RGBl. II S. 679). BayObLG. in JurW. 1935 S. 960. 6) Eine Urkunde im Sinne der §§ 267ff. wird hier nicht gefordert. E. 63 S. 32. Postpaketadressen sind schon mit der Ausgabe des Gegenstandes zur Post Urkunden im Sinne dieses §. Recht 17 Nr. 431, GA. 60 S. 424. Desgl. vom Gemeindevorsteher an den Gemeindeboten übergebene Schuldversäumnislisten. Recht 17 Nr. 127. 7) Auch wenn sie keine Urkunden und nur für den inneren Dienst bestimmt sind. E. 67 S. 228. 8) Es handelt sich auch hier um körperliche Gegenstände, gleichviel, ob sie sich in fester, luftförmiger oder flüssiger Gestalt befinden. GA. 66 S. 569. Es wird nicht vorausgesetzt, daß dem Gegenstand in amtlicher Beziehung Beweis­ kraft beiwohnen muß. N. 6 S. 593. 8a) Daß die Aufbewahrung von einem Beamten oder kraft eines

120

A 2. Strafgesetzbuch § 133.

Dritten amtlich übergeben worden finb,9) vorsätzlich ") vernichtet, bei Seite schafft") oder beschädigt,") wird mit Gefängnis bestraft. Staats- oder öffentlichen Amtes erfolgt, ist nicht notwendig. (Ls genügt, daß die Verwahrung in Verwaltung eines Kreises gewisser den öffentlichen Nutzen angehender Geschäfte unter Verantwortung des Staates erfolgt. E. 29 S. 321. E. 53 S. 219. Nicht ist erforderlich, daß der Gegenstand zur Zeit der Tat sich noch an dem zur Aufbewahrung bestimmten Ort befindet. R. 2 S. 531; auch ist nicht erforderlich eine allzeit äußerlich erkennbare Ver­ fügungsgewalt der Behörde. Der ganze räumliche Bereich der Behörde ist gemeint. DRZ. 22 Nr. 15. Eine aus dem Eisenbahnwagen gefallene, aber auf dem Eisenbahngelände liegen gebliebene Sache befindet sich im Macht­ bereich der E.-Berwaltung. Recht 24 Nr. 2959. Es gehört hierher der zur Beförderung bestimmte Gegenstand. E. 51 S. 416, ferner die für den Adressaten bestimmte Abschrift einer Zustellungsurkunde, solange sie sich noch in den Händen des Postboten befindet. E. 33 S. 413; auch Säuferliste. JurW. 35 S. 241. Dagegen nicht Urkunden, welche im Wege der Ersatz­ zustellung einem anderen an Stelle des Adressaten (z. B. Ehefrau) übergeben sind. E. 35 S. 28. Aufbewahrt sind Briefe in einem Postbriefkasten. JurR. 3 Nr. 188; auch Wahlzettel, die vom Geistlichen als Wahlvorsteher in die Wahl­ urne gelegt sind, Recht 26 Nr. 678, aber nicht Zeugnisse, die die Schuld­ verwaltung nach Kenntnisnahme an sich genommen hat. KG. DIZ. 29 S. 321. Auf die Zuständigkeit der aufbewahrenden Amtsstelle kommt es nicht an. JurR. 1 Nr. 1181; wohl aber auf den Willen der Amtsstelle, amtlichen Gewahrsam zu begründen. DIZ. 35 S. 496. Keine unmittelbare An­ wendung des § 133 auf Urkunden, die von Diensfftellen der NSDAP, auf­ bewahrt werden; eine entsprechende Anwendung (§ 2) entfällt, soweit § 274 eingreift. E. 73 S.287 (a.M. Tegtme her. DR. 1939 S. 1850, da auch Parteidienststellen „amtlich" aufbewahrten). 9) Die amtl. Übergabe muß in der Absicht erfolgen, die amtl. Verfügungs­ gewalt aufrecht zu erhalten. Daher fallen nicht unter § 133 Sachen, die zum Ge- oder Verbrauch bei amtl. Stellen vorhanden sind oder jemandem dazu amtl. übergeben werden, wie Einrichtungsgegenstände, Brenn-, Beleuchtungs und Schreibstoff (z. B. zur Heizung einer Lokomottve bestimmte Kohlen. E. 51 S. 226) oder wie das Briefpapier, das einem Gefangenen von der Anstalts­ verwaltung zum Briefschreiben überlassen worden ist. E. 72 S. 172. Es ge­ nügt, daß die Urkunde einem Beamten mit Rücksicht aus sein Amt von einem Dritten übergeben ist. E. 43 S. 246; oder auch von einem Beamten einem Nichtbeamten, sofern erkennbar ist, daß die amtliche Aufbewahrung fortdauern soll. E. 54 S. 244; oder durch einen Beamten, deffen amtl. Eigenschaft zur Tatzeit erloschen war. Dresden LZ. 26 S. 261. Nach KG. JurW. 1939 S. 92 ist § 133 entsprechend (§ 2) anwendbar, wenn der Inhaber eines amtl. Aus­ weises oder ähnl. Urkunden darauf befind!, amtl. Vermerke unkenntlich macht, z. B. auf einem Führerschein die Klafienbezeichnung oder auf einer Steuerkarte amtl. Eintragungen. KG. DStrR. 1938 S. 64. 10) Zum Vorsatz gehört das Bewußtsein von der amtlichen Aufbewahrung u. der Rechtswidrigkeit der Handlung. E. 23 S. 283. Eventualdolus genügt. Erk.v. 14. Jan. 13, LK. Anm. 6. Auch der Eigentümer der Sache kann Täter dieses Vergehens sein. E. 47 S. 393. E. 57 S. 371. Auch macht die irrige Meinung des Täters, die Akten seien schon zum Einstampfen bestimmt, ihn nicht straffrei. E. 23 S. 283. 11) Wenn auch nur vorübergehend. E. 2 S. 425. Erforderlich ist, daß

Verbrechen und Vergehen wider die öffentl. Ordnung §§ 134 u. 134 a.

121

Ist die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen,13 * *) *so * * tritt * * * * * * 12 Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein, auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§ 134 Wer öffentlich angeschlagene Bekanntmachungen, Ver­ ordnungen, Befehle oder Anzeigen von Behörden14)15 oder Beamten bös­ willig 14 a) abreißt,") beschädigt oder verunstaltet,"") wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. § 134a. Wer öffentlich"d) das Reichs«) oder eines der Länder die Entfernung wider den Willen des zustänndige Gewahrsamträgers erfolgt. DRZ. 17 Nr. 534. Beiseitegeschafft ist ein Gegenstand erst dann, wenn der amt­ liche Gewahrsam aufgehoben ist. Recht 22 Nr. 446. Wegnahme einer Postkarte, bieder Täter schon in einen Briefkasten gesteckt hatte, aus der Tasche des Post­ boten fällt unter diesen §. E. 22 S. 204; desgl. Wegnahme eines Überführungs­ stücks und Ersatz durch em anderes. DIZ. 16 S. 540. Keine Beiseiteschaffung liegt vor, wenn der Berechtigte durch Täuschung zur Herausgabe veranlaßt wird. E. 56 S. 118, wohl aber dann, wenn sie einem Dritten durch Täuschung ent­ zogen wird. E. 12 S. 67. Tateinheit mit 8 242 ist möglich. RG.DJ. 1936 S. 1812. Wird dies Vergehen von einem Beamten verübt, so kommt § 348 Abs. 2 zur Anwendung. 12) Eine Beschädigung kann auch in der unbefugten Änderung eines Wortes der Urkunde gefunden werden. GA.37 S. 283. Vgl. auch E. 19 S.319, oder durch Überkleben, wenn der Text schwer entzifferbar wird. Recht 19 Nr. 260. Die Beschädigung kann auch dadurch erfolgen, daß durch Einwirkung auf die stoffl. Unterlagen oder durch Einwirkung auf den sachi. Gehalt die Urk. usw. in ihrer Brauchbarkeit herabgemindert wird. Hierunter fällt aber nicht die unbe­ fugte Eintragung in den Fristenkalender. E. 67 S. 226. 13) Gewinnsüchtige Absicht liegt nicht vor, wenn der Täter bei dem Beiseite­ schaffen einen alsbaldigen Verbrauch im Auge hatte. E. 43 S. 175. E. 50 S. 397. Recht 33 Nr. 136; anders E. 55 S. 256. Auch ist sie dann nicht ausgeschloffen, wenn z. B. Akten nicht um ihres Inhalts willen, sondern um sie als Makulatur zu verkaufen, beseitigt werden. E. 22 S. 331; oder wenn er sich durch Verschwindenlaffen der Akten den gefährdeten Gewinn aus den Vortaten sichern will. Recht 31 Nr 732. In g. A. handelt auch, wer für einen Dritten den Gewinn erstrebt. E. 56 S. 244; auch der, welcher einen schon erlangten, sach­ lich gerechtfertigten Vermögensvorteil erhalten will. Recht 33 Nr. 2505. 14- Als behördl. Bekanntmachungen werden in der Praxis der unteren Instanzen allgemein auch die von den zuständigen Dienstßellen der NSDAP, angebrachten Bek. angesehen. 14 a) Der Täter muß durch sein Tun seine feindselige Gesinnung und seine Mißachtung gegenüber der Behörde kundgeben und die Bek. in den Augen des Publikums lächerlich machen und hierüber Freude und Genugtuung empfinden E. 48 S. 174. Dresden JurW. 61 S. 959. 15) Das Abreißen braucht nicht gewaltsam zu geschehen, es genügt jede die Vereitelung des Aushanges bezweckende Beseitigung. E. 36 S. 183. 15 a) Verunstalten heißt unkenntlich machen. Verhängen der Bek. mit Sack. Dresden JurW. 61 S. 959. 15 b) Siehe Anm. 40 zu § 200. 15c) Eine Beschimpfung des Reichs kann auch in einer Beschimpfung eines Regierungsmitgliedes liegen. RG. in JurW. 1934 S. 904. Beschimp-

Sondert;.

122

A 2. Strafgesetzbuch 88 134b u. 135.

ihre Verfassung,16 d) ihre Farben15 dd) oder Flaggen 15 e) oder die deutsche Wehrmacht16f) beschimpft16«) oder böswillig16h)14) und mit Überlegung SonderG. verächtlich macht, ^°l) wird mit Gefängnis bestraft.

§ 134b.16k) Wer öffentlich16^) die NSDAP, ihre Gliederungen,16') ihre Hoheitszeichen, ihre Standarten oder Fahnen, ihre Abzeichen oder Auszeichnungen15") beschimpft16«) oder 6ö§n)inig16h) und mit Über­ legung verächtlich mad)t,15i) wird mit Gefängnis bestraft. Die Tat wird nur auf Anordnung des Reichsministers der Justiz verfolgt, der die Anordnung im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers trifft16™)

§ 135. Wer ein öffentliches Zeichen der Autorität des Reichs 10) oder eines Bundesfürsten oder ein Hoheitszeichen eines der Länder (Bundes­ fungen des Führers und Reichskanzlers treffen in aller Regel das Reich. RG. DJust. 1936, 1016. Wegen des Verhältnisses von § 134a zu § 94 Abs. 2, 3 und §§ 1, 2 des Heimtückeges. vgl. Kuhn, DJust. 1936 S. 1016. 15 d) Siehe auch Anm. 7e zu § 80. 15dd) Die Reichsfarben sind Schwarz-Weiß-Rot (Art. 1 des Reichsflaggenges. v. 15. Septbr. 35 — RGBl. I S. 1145 —). 15e) Reichsflaggenges. v. 15. Sept. 35 (RGBl. I S. 1145); s. dazu die AusfBest. unter B 1 3. 15 f) Die Wehrmacht besteht aus Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe (§ 2 des Wehrges. v. 21 Mai 35 — RGBl. I S. 609 —). 15g) Siehe Anm. 12h §u § 94. Vgl. RG. DJust. 1936 S. 1016. 15h) Böswillig ist gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegen Staat oder Flagge. DRZ. 23 Nr. 778. Die feindselige Gesinnung muß A. mit einer ge­ wissen Freude u. Genugtuung an dem schädigenden Erfolg seiner Handlung kundtun. Böswillig ist ein Handeln, das über absichtliches, überlegtes Handeln hinausgeht. GA. 76 S. 88. HRR. 1932 Nr. 1734. Böswillig kann eine kränkende Behauptung aufgestellt werden, auch wenn der Behauptende von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. E. 66 S. 139. 15 i) Siehe Anm 3. 15 k) Eingefügt durch Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). Vgl. auch § 2 des Ges. gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei usw. v. 20. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1269). 151) nicht: die angeschlossenen Verbände. Über den Begriff der „Gliederungen" vgl. Anm. 4 zu § 2 des Ges. gegen heimtückische Angriffe v. 20. Dezbr. 34, abgedr. unter B I 5. 1511) Vgl. dazu § 3 der AusfVO. zum Ordensges. v. 14. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1341). 15 m) Vgl. dazu Nr. 395 der „Richtlinien für das Strafverfahren" i. d.F. der AB. v. 14. Novbr. 35 (DJust. S. 1688). Die Anordnung ist als Staats­ hoheitsakt jederzeit — bis zur Rechtskraft — frei zurücknehmbar. 16) Hoheit und Autorität ist gleichbedeutend. Vgl. VO. über das Hoheits­ zeichen des Reiches v. 5. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1287) und VO. v. 7. März 36 (RGBl. I S. 145). Ein Hoheitszeichen ist auch eine Fahne, wenn sie aus einem Gebäude gehißt ist, das der Reichs- oder Staatsgewalt unterworfen ist. Kein Hoheitszeichen, soweit die Fahne lediglich zur Ausschmückung dient. E. 63 S. 286. Vergl. Anm. 96 a zu § 304. Die Handelsflagge gehört nicht hierher. Horstmann, DIZ. 33 S. 1014.

Verbreche» und Vergehen wider die öffentliche Ordnung §§ 136 u. 137. staates)

böswilligu)

wegnimmt,

zerstört

oder

beschädigt

oder

123 be­

schimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe oder mit Ge­ fängnis bis zu zwei Jahren bestraft. § 136

Wer unbefugt ein amtliches (Stege!,16 * *a**) * welches * * * * * von einer

Behörde oder einem Beamten angelegt ist, um Sachen zu verschließen, zu bezeichnen oder in Beschlag zu nehmen, vorsätzlich erbricht, ablöst

oder beschädigt oder den durch ein solches Siegel bewirkten amtlichen

Verschluß aufhebt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 137. Wer16b) Sachen,") welche durch die zuständigen Behörden18) oder Beamten gepfändet18 ft) oder in Beschlag genommen18) worden sind, 16a) Das Siegel muß von einem zuständigen Beamten in Ausübung seines Amtes angelegt sein. E. 6 S. 35. Die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung ist aber kein Tatbestandsmerkmal E. 34 S. 398 u. E. 36 S. 155. KG. HRR. 1931 Nr. 2084. Auch Siegelmarken gehören hierher. R. 2S. 663; desgl. die mit dem Siegel des Gerichtsvollziehers versehene Pfändungsanzeige. E. 18 S. 388 u. GA. 51 S' 181; ebenso Bahnplomben, GA. 39 S. 166; die Plomben eines städtischen Elektrizitätswerks. Dresden DRZ. 22 Nr. 680; sowie die eines Feuermelders. E. 65 S. 133. Der Täter muß sich bewußt gewesen sein, daß er unbefugt ein Siegel abreißt. E. 26 S. 308. 16 b) Als Täter kommt nicht nur der Eigentümer der Sachen, sondern jeder Dritte in Frage, der tatsächlich in der Lage ist, die gepfändeten Sachen der Verstrickung zu entziehen. Hamburg LZ. 22 S. 576. Dresden LZ. 27 S. 198. 17) Zu den Sachen gehören nicht Forderungen. Plen.Entsch. E. 24 S. 40; wohl aber Hypothekenbriefe. E. 24 S. 161; u. der Erlös für einen im Auftrag des K. Verwalters veräußerten Maffebestandteil (körperliche Sache). E. 63 S. 338. 18) Zuständigkeit in abstracto genügt. E. 26 S. 287. Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme in concreto ist nicht erforderlich. RG. in DRZ. 1934 Nr. 485. Die Polizei ist zur Beschlagnahme befugt, um eine Sache bis zur Klärung eines streitig gewordenen Eigentumsverhältnisses sicher zu stellen. E. 63 S. 347. Wohnungen darf sie nicht auf Grund der Gesetzgebung über die Wohnungswirtschaft beschlagnahmen. JurW. 59 S. 758; sondern nur im Falle eines Notstandes. E. 63 S. 360. Die Zuständigkeit preußischer Voll­ ziehungsbeamten wird gemäß § 6 Abs. 3 VO. v. 15. Novbr. 99 (GS. S. 545) durch deren eidliche Verpflichtung bedingt. E. 39 S. 95. 18 a) Die Pfändung muß den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, die Berabsäumung unerheblicher, bloß innerdienstlicher Vorschriften macht die Pfändung nicht ungültig. R. 8 S. 391. Anlegung von Siegeln nicht notwendig. R. 2 S. 213. E. 36 S. 165. Aber die gepfändeten Sachen müssen in Besitz ge­ nommen werden. R. 3 S. 552. Die Entstehung ?ines Pfandrechts für den Gläubiger ist nicht erforderlich. KG. Recht 32 Nr. 423. Eine bloße Erklärung des Beamten, daß die Sachen gepfändet seien, genügt nicht, die Pfändung muß, namentlich wenn die Sachen im Besitze des Schuldners bleiben, äußerlich er­ kennbar gemacht sein. E. 36 S. 135, E. 61 S. 101. Im Fall der Pfändung von in einem Regal befindlichen Sachen genügt eine an das Regal angebrachte Bezeichnung und die Zahl der Pfandstücke. DRZ. 19 Nr. 952. Entdeckbarkeit genügt nicht. JurR. 3 Nr. 429. Eine gesetzlich unzulässige Pfändung von Zubehörstücken entbehrt nicht des Schutzes des § 137. E. 61 S. 367. Der § kommt auch dann zur Anwendung, wenn die gepfändeten Sachen sich tatsächlich

124

A 2. Strafgesetzbuch § 137.

vorsätzlich 20) bei Seite schafft, zerstört 20») oder in anderer Weise der Verstrickung ganz oder teilweise entsteht,21) wird mit Gefängnis bis Einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.22) in dem Gewahrsam eines Dritten befunden haben und dieser der Beschlagnahme widersprochen hat, sofern der Gerichtsvollzieher die Gewahrsamsverhältnisse pflichtmäßig geprüft und irrtümlich einen Gewahrsam des Sckuldners ange­ nommen hat. JurW. 60 S. 2127. E. 25 S. 108. Überläßt der Pfand­ gläubiger es dem Schuldner, die auf dem Halm gepfändete Frucht für ihn ab­ zuernten, so entzieht sie der Schuldner der Verstrickung, wenn er sie für eigene Rechnung verkauft. Recht 18 Nr. 549. 19) Zum Zwecke der Sicherung privater Belange Dritter oder der öffentl. Belange, z. B. durch den Beschlagnahmebeschl. gemäß § 20 ZwGes., wenn auch A. in beschränkter Weise über einzelne Sachen innerhalb der Grenzen einer ord­ nungsmäßigen Wirtschaft verfügen kann. E. 65 S. 248. Die Beschlagnahme hört nicht mit dem Zuschlag auf, sondern mit der Übergabe des Grundstücks an den Ersteher. Dresden JurW. 61 S. 203. Beschlagnahme ist das Verfügungs­ verbot der Steuerbehörde. KG. DIZ. 37 S. 1426. Die Konkurseröffnung enthält eine Beschlagnahme des der Zwangsvollstr, unterliegenden Vermögens des Schuldners. E. 14 S. 286 u. E. 41 S. 256; aber nicht ein Veräußerungsverbot gemäß 8 106 KO. E. 20 S. 244. Die Beschlagnahme von Überführungsstücken erfordert außer der Anordnung noch einen Ausführungsatt, der in einem bloßen amtlichen Verbot bestehen kann. Einer Besitzergreifung bedarf es- nicht. R. 10 S. 443. E. 9 S. 121; eine vollzogene Beschlagnahme liegt z. B. schon vor, wenn der Milchkontrollbeamte den Milchverteiler auffordert, die Milch zur Prüfungsstelle zu fahren. OLG. Hamburg DStrafr. 1936 S. 107. Die Be­ schlagnahme ist an keine Formvorschriften gebunden. E. 18 S. 71. E. 52 S. 117. Eine den Verkauf einer Sache verbietende einstw. Verf. bewirkt keine Be­ schlagnahme. KG. GA. 57 S. 231. Wohl aber ist Gegenstand des Arrest­ bruchs das von einem Fleischbeschauer beschlagnahmte Fleisch, E. 39 S. 367; KG. JFGErg. Bd. 9 S. 373; ferner der von einem autorisierten Hundefänger beschlagnahmte Hund. E. 22 S. 364. Die erfolgte Beschlagnahme erlischt nicht bereits mit der Erteilung des Zuschlags, sondern erst mit der vollständigen Beendigung des Verfahrens und der endgültigen Übergabe des Grundstücks an den Ersteher. Recht 8 S. 110. Bestebt an dem Grundstück ein Pachtverhältnis, so ist dennoch die Wegschaffung von Zubehörstücken, sofern sie eine Entziehung aus der Verstrickung enthält, nicht statthaft. GA. 48 S. 113. 20) Zum Vorsatz gehört neben dem Bewußtsein, daß die Sache gepfändet worden und daß dieselbe durch die Handlung der Verstrickung entzogen wird, der Vorsatz der Beiseiteschaffung. Eine eigennützige Absicht ist nicht notwendig. R. 1 S. 705. Das Bewußtsein des Täters muß sich auch auf die Zuständigkeit des die Pfändung oder Beschlagn. bewirtenden Beamten (Behörde) und auf die gesetzl. Statthaftigkeit der Pfändung selbst erstrecken. Bloße Zweifel an der Zuständig­ keit des Beamten und der Rechtmäßigkeit der Pfändung schließen aber die Straf­ barkeit nicht aus. Der gute Glaube des Täters, daß die Verstrickung durch Be­ friedigung des Gläubigers aufgehoben u. eine weitere obrigkeitliche Anordnung nicht mehr notwendig sei, kann Sttaffreiheit bewirken. E. 26 S. 308. 20 a) Auch eine Beschädigung ist nach dem neuen § 2 als genügend anzu­ sehen (anders früher R. 7 S. 572). 21) Darunter ist eine Handlung zu verstehen, durch welche die Pfändung ganz oder teilweise dauernd oder vorübergehend unwirksam gemacht wird. Vor-

Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung §§ 138 u. 139. 125

§ 138 Wer als Zeuge, Geschworener oder Schöffe berufen, eine unwahre Tatsache als Entschuldigung vorschützt, wird mit Ge­ fängnis bis zu zwei Monaten bestraft.23 * *) * * * * * * * * * * * * * 22

Dasselbe gilt von einem Sachverständigen, welcher zum Erscheinen gesetzlich verpflichtet ist. Die auf das Nichterscheinen gesetzten Ordnungsstrafen werden durch vorstehende Strafbestimmung nicht ausgeschlossen.

§ 139.23 a)

Wer von dem Vorhaben23^ eines Hochverrats23^)

oder Landesverrats,23c) einer Wehrmittelbeschädigung,23«") eines Ver­ brechens wider das Leben,23 d) eines Münzverbrechens, eines Raubes, aussetzung ist, daß die beschlagnahmte Sache körperlich der QmII. Verfügungs­ gewalt entzogen wird. BayObLG. JurW. 59 S. 2231; so wenn die Sache an einen Ort gebracht ist, an dem der Pfändungsbeamte seine Verfügungs­ gewalt nicht ausüben kann. DIZ. 36 S. 168. Der Gerichtsvollzieher macht sich strafbar, der die von ihm gepfändete Sache ohne Ermächtigung des Gerichts freigibt. E. 44 S. 41, ferner der, welcher beschlagnahmte Hölzer in ein Gebäude verbaut. Recht 11 S. 523. GA. 54 S. 300, der Schuldner, der rechtlich zur Vorsorge für das ihm überlaffene Pfand­ stück verpflichtet ist und den Verkauf zuläßt. E. 61 S. 367. Zur Ver­ nichtung der Verstrickung kann auch Täuschung des Vollstreckungsbeamten, HRR. 1928 Nr. 570, JurW. 59 S. 2787; ÄG. JurW. 61 S. 678; oder des Gewahrsamsinhabers. E. 58 S. 353, ausreichen. Auch eine bloße Ver­ änderung des Aufbewahrungsortes des beschlagnahmten Gegenstandes kann unter 8 137 fallen; bte Entziehung kann daher auch im Rahmen eines ordnungs­ mäßigen Umzugs erfolgen. RG. JurW. 1939 S. 31. 22) Das Vergehen gegen § 137 kann mit den Vergehen aus § 133 u. § 288 ideell konkurrieren. E. 17 S. 42. E. 54 S. 244. 23) Ein Zeuge, der nachträglich sein Ausbleiben entschuldigt und hierbei eine unwahre Tatsache vorbringt, ist strafbar. E. 29 S. 316; auch teilweises Verschweigen ist strafbar. LK. Anm. 4. 23a) In der Fassung des Ges. v. 2. Juli 36, RGBl. I S. 532. Amtl. Begr. in DJust. 1936 S. 996. Schrifttum: Grau in DJust. 1936 S. 1044; Köhler DStN. 1936 S. 397. 23b) Der Begriff des Vorhabens wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Durchführung des Planes nur bedingt beschlossen wurde. E. 60 S. 254; es muß sich aber um ein zur Ausführung reifes Vorhaben handeln. JurW. 1932 S. 57. Auch das Vorhaben eines Zurechnungsunfähigen ist anzeige­ pflichtig. 23 bb) Einschließlich der §§ 82, 83, 85. AM. bezgl. § 83 E. 71 S. 387 und VGH. JurW. 1939 S. 537; nach BGH. a. a. O. spricht aber eine tatsächl. Vermutung dafür, daß der den Hochverrat Vorbereitende ihn auch tatsächl. vorhat. 23c) §§ 80—90c, 901—92. 23 cc) § 143 a. 23d) Nur Tötungsdelikte (amtl. Begr.), die sich gegen eine bestimmte lebende Person (den „Bedrohten") richten, daher nur Verbrechen gegen §§ 211, 212, 214, 215, nicht auch Straftaten gegen §§ 216ff. (a. M. Köhler, DStrR. 1936 S. 400).

A 2. Strafgesetzbuch § 139 a.

126 Menschenraubes

oder

gemeingefährlichen

Verbrechens")

glaubhafte

Kenntnis26) erhält und es unterläßt,26) der Behörde27) oder dem Be­ drohten hiervon zur rechten Zeit27^) Anzeige zu machen, wird mit

Gefängnis bestraft.

Ist die Tat nicht versucht worden, so kann von

Strafe abgesehen werden.27 b)

VoiksGH. (b. In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus und, wenn verrat u.L§ ni43a bte geplante Tat mit dem Tode bedroht ist, auch auf lebenslanges

Abs. i Satz 2) Zuchthaus oder auf Todesstrafe erkannt werhen.

§ 139a.1)

Wer2) sich nach einem Verkehrsunfall2) der Fest-

24) Bei geineingefährlichen Verbrechen besteht die Anzeigepflicht, so­ lange der durch Begehung des Verbrechens hervorgerufene Zustand der Ge­ fahr dauert. Durch das Vorliegen eines strafbaren Versuchs ist deshalb die Anwendbarkeit des § 139 nicht beseitigt. E. 14 S. 215. Ist bei einer Brand­ stiftung die Inbrandsetzung bewirkt, so besteht keine Anzeigepflicht mehr. E. 63 S. 105. 25) Zur glaubhaften Kenntnis gehört mindestens, daß der Betreffende selbst an die Ernstlichkeit des Vorhabens geglaubt hat. GA. 42 S. 394. Fahr­ lässige Unkenntnis von dem Vorhaben genügt nicht. E. 64 S. 370. 26) Die Berechtigung, das Zeugnis zu verweigern, befreit nicht von der Anzeigepflicht. E. 2 S. 57; z. B. nicht Angehörige. JurW. 1932 S. 57. Eine sonst bestehende Schweigepflicht (z. B. nach § 300) entfällt hier. § 139 bezieht sich nur auf die Unterlassung der Anzeige von dem Vorhaben anderer, deshalb ist derjenige, der selbst an der Tat beteiligt ist, nicht nach § 139 straf­ bar. Dies gilt auch dann, wenn jemand sich völlig wirkungslos an der bloßen Vorbereitung des Verbrechens beteiligte, z. B. mit einem anderen ein Ver­ brechen verabredete, aber später zurücktrat. E. 60 S. 256; 73 S. 60. Der Umstand, daß der Anzeigepflichtige die Absicht hatte, demnächst bei Begehung des Verbrechens selbsttätig einzugreifen, steht aber der Verurteilung nicht entgegen. Recht 24 Nr. 1425. Das bloße stillschweigende Einverständnis und das in keiner Weise betätigte eigene Interesse an der Tat schließt die Anzeige­ pflicht nicht aus. JurR. 1 Nr. 1464. Nach der früheren Rechtsprechung des RG. konnte aus § 139 der nicht verurteilt werden, dessen Beteiligung an der Tat zwar nicht festgestellt, der einer solchen aber unwiderlegbar verdächtig war; diese Rechtsprechung hat durch § 2b StGB, ihre Bedeutung im wesent­ lichen verloren. E. 73 S. 58. Die durch das Verbrechen unmittelbar be­ drohte Person ist anzeigepflichtig. JurW. 1932 S. 57. 27) Bei denjenigen Verbrechen, welche aus dem Gesichtspunkte der allgem. Gefahr mit Strafe bedroht sind, muß die Anzeige immer der Behörde erstattet werden. E. 9 S. 384, gegebenenfalls durch Telegramm oder durch Boten. Recht 10 S. 1093. 27 a) D. h. zu einer Zeit, zu der die Verhütung des Verbrechens noch möglich ist. 27 b) § 139 Abs. 1 S. 2 wird in aller Regel anzuwenden sein, wenn der Haupttäter sich noch nicht strafbar gemacht hat (amtl. Begr.). Zu 8 139 a: 1) Eingefügt an Stelle des § 22 Kraftfahrzeugges. durch VT. v. 2. April 40 (RGBl. I S. 606). § 139a gilt auch in der Ostmark (Art. III der VO.). Schrifttum: Freister DJust. 1940 S. 525, Rietzsch ebenda S. 532. Amtl. Begr.: DJust. 1940 S. 508. 2) Im Gegensatz zu dem früheren § 22 Kraftfahrzeugges. kann Täter jeder Verkehrsteilnehmer sein, der als Verursacher oder Mitverursacher

Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung § 139 a.

127

ftellung4) seiner Person b), seines Fahrzeugs oder der Art seiner Be­ teiligung«) an dem Unfall vorsätzlich?) durch Flucht entzieht«), ob­ wohl nach den Umständen in Frage kommt, daß sein Verhalten zur

Verursachung des Unfalls beigetragen hat,«) wird mit Gefängnis bis eines Berkehrsunfalls in Frage kommt, also z. B. der Kraftfahrer, der In­ sasse des Kraftwagens, der etwa dem Fahrer Weisungen erteilt hat, der Radfahrer oder Fußgänger. Voraussetzung ist, daß er sich an der Unfallstelle befindet; § 139a gilt z. B. nicht für den Autoschlosser, der weitab von der Unfallstelle, durch eine schlecht ausgeführte Reparatur den Unfall verursacht hat (Rietzsch DJust. 1940 S. 535). 3) Zum Begriff des Unfalls gehört, daß ein Sach- oder Personenschaden entstanden ist. Der Umfang des Schadens ist gleichgültig. RG. DJust. 1939 S. 875; er darf aber nicht ganz unerheblich sein (eine unbedeutende Schramme etwa am Kotflügel ist kein Unfall). Freister DJust. 1940 S. 528. 4) (Ls muß jemand am Unfallort oder doch in unmittelbar erreichbarer Nähe sein, der Feststellungen treffen kann. OLG. Hamburg HRR. 1930 Nr. 176, JurW. 1937 S. 3095, doch kann auch Flucht vorliegen, wenn mit der Ankunft von Personen gerechnet werden kann. 5) Zur Feststellung der Person kann Vorlage von Ausweispapieren ge­ fordert werden; auf Verlangen ist das Eintreffen eines Polizeibeamten zwecks Feststellung am Unfallort abzuwarten. Rietz sch a. a. O. 6) Z. B. ob er unter Alkoholeinwirkung stand (Blutprobe!). 7) Zum Vorsatz gehört, daß der Täter weiß oder damit rechuet, daß ein Unfall sich ereignet hat, daß er als Verursacher oder Mitverursacher nach den Umständen in Frage kommt und daß er sich gleichwohl den Feststellungeu entzieht. Der Vorsatz der Entziehung kann fehlen, wenn der Beteiligte in völliger Kopflosigkeit die Unfallstelle verläßt, z. B. weil er infolge Ange­ trunkenheit, Krankheit, Verletzung usw. die klare Überlegung gänzlich ver­ loren hatte; im übrigen schließt Kopflosigkeit den Fluchtvorsatz nicht aus. RG. HRR. 1937 Nr. 356; JurW. 1937 S. 2645; DJust. 1937 S. 83; KG. DStrafr. 1935 S. 455. Auch dann kann der Fluchtvorsatz fehlen, wenn z. B. die beiden an einem Autounfall beteiligten Fahrer sich nach Aussprache über die Bedeutungslosigkeit des Unfalls im Klaren waren, im übrigen aber schimpften und dann der eine Fahrer weiterfuhr; hier muß der Fluchtvorsatz sorgfältig geprüft werden. RG. DJust. 1939 S. 875. 8) Die Entziehung erfolgt durch Verlassen der Unfallstelle, auch bei Zurücklassung des Fahrzeugs. Ob durch die Flucht der beabsichtigte Zweck erreicht wird, ist gleichgültig, ebenso ob der Täter sich weit entfernt oder nur ein gewisses Stück, wo er unter der Einwirkung von Zurufen usw. die Flucht beendet. E. 63 S. 18; RG. DJust. 1937 S. 83. Die Entziehung kann nicht nur am Ort des Unfalls, sondern später an einem anderen Orte begonnen werden, wenn der Täter erst hier sieht oder damit rechnet, daß er als Ver­ ursacher oder Mitverursacher eines Unfalls in Frage kommt. RG. DR. 1939 S. 1435. Der Feststellung seiner Person entzieht sich auch durch Flucht, wer falsche Angaben macht und sich dann entfernt. RG. JurW. 1932 S. 2037; OLG. Hamm DRpfl. 1937 S. 297. § 139a ist entsprechend (§ 2) anzu­ wenden, wenn der Täter durch andere Mittel als durch Flucht (z. B. durch Beseitigung von Spuren) die Feststellungen verhindert. Nietzsch DJust 1940 S. 536. 9) Auf ein Verschulden an der Verursachung kommt es nicht an. Der Täter braucht auch nicht wirklich verursacht 511 haben; es genügt, wenn nach

128

A. 2.

Strafgesetzbuch 88 140—140 b.

zu zwei Jahren oder mit Hast und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.10 * *)** * * * * * * Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten oder Zuchthaus. § 140.18) Ein Wehrpflichtiger,88 ») der vor Erfüllung der aktiven Dienstpflicht mit dem Vorsatz,8") sich der Erfüllung der Wehrpflicht zu entziehen, ohne Erlaubnis88") entweder das Reichsgebiet verläßt oder sich nach Erreichung des wehrpflichtigen Alters außerhalb des Reichsgebiets aufhält, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Daneben ist auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffent­ licher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren zu erkennen.

Zugleich kann auf Geldstrafe erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. § 140a.88) Ein Wehrpflichtiger des Beurlaubtenstandes,8") der nach Erfüllung der aktiven Dienstpflicht ohne Erlaubnis88") auswandert,88") wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Haft oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar. § 140b.88) Ein Wehrpflichtiger,88») der im Widerspruch zu einer vom Führer und Reichskanzler für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr erlassenen und öffentlich bekanntgemachten Anordnung das Reichsgebiet verläßt oder sich außerhalb des Reichsgebiets aufhält, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Daneben ist auf Ver­ lust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von

der Auffassung eines vernünftigen Beurteilers die Möglichkeit besteht, daß er den Unfall verursacht (mitverursacht) hat (s. auch Anm. 1). Der bloße Zeuge eines Unfalls fällt nicht unter § 139 a. 10) Tateinheit mit § 330c ist möglich. 28) Die §8 140 bis 143 beruhen auf dem Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). 88 140 bis 143 gelten nur für Zivilpersonen. Für Wehrmachtsan­ gehörige, die sich der Dienstpflicht entziehen, kommen die Vorschriften des MüStGB. in Betracht. Die Verletzung der Gestellungspflicht ist nach 8 8 der MusterungsBO. v. 17. April 37 (RGBl. I S. 469) als Übertretung straf­ bar; vgl. dazu § 8 Abs. 4 a. a. O. Die §§ 140, 141, 142, 143 sind z. Zt. unanwendbar (8 6 KSSBO. i. d. F- v. 10. Oktbr. 40, RGBl. I S. 1362); an ihrer Stelle gilt § 5 Abs. 1 Nr. 3 KSSBO. Zum Schutze der Wehrkraft ist ferner die BO. zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schutz der Wehrkraft des deutschen Volkes v. 25. Nov. 39 ergangen (8 1 ist abgedr. an Stelle des 8 143 a StGB.). 28a) Vgl. 8 4 des Wehrges. v. 21. Mai 35, RGBl. I S. 609. 28b) Bedingter Vorsatz genügt. 28c) der Ersatzdienststelle (88 17, 12 Wehrges.). 286) D. h. die Angehörigen der Reserve und der Landwehr. 28e) über den Begriff des Auswanderns s. Anm. 33.

Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung §§ 141—142.

129

einem bis zu fünf Jahren zu erkennen; an die Stelle dieser Strafe kann die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte taten. Zugleich kann auf Geldstrafe erkannt werden. Der Versuch ist sttafbar. $ 141") Wer einen deutschen Soldaten"') zur Fahnenflucht verleitet"«) oder die Fahnenflucht2") eines deutschen Soldaten er­ leichtert, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Sttafe Zuchthaus bi- zu zehn Jahren. § 141a.28) Wer einen Deutschen28') zum Heeresdienst einer aus­ ländischen Macht anwirbt oder ihren Werbern oder dem auSländischen Heeresdienst zuführt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Sttafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. § 142.") Wer2") sich vorsätzlich durch Selbstverstümmelung oder auf andere Weise zur Erfüllung der Wehrpflicht28kk) untauglich macht oder durch einen anderen untauglich machen läßt, wird mit Ge­ fängnis nicht unter einem Jahre besttaft. Tritt die Untauglichkeit nur zeitweise oder nicht für alle Waffengattungen^ein, so ist die Sttafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. Entsprechend wird, soweit nicht die Tat in anderen Vorschriften mit schwererer Sttafe bedroht ist, bestraft, wer einen andererem Er­ füllung der Wehrpflicht untauglich macht.28') Der Versuch ist sttafbar. Neben der Sttafe ist auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren zu 28f) Aller Dienstgrade, aber nicht die Wehrmachtsbeamten, außer im Felde (vgl. § 153 MilStGB.). 28g) Verleitet bedeutet: anstiftet. Bloße Aufforderung genügt. Voll­ endet ist das Delikt, wenn es zur Fahnenflucht gekommen ist. Andernfalls liegt Versuch (Abs. 2) vor. 28h) S. § 69 MilStGB. 28i) Auch wenn er (z. B. wegen Wehrunwürdigkeit oder Untauglich­ keit) nicht oder nicht mehr wehrpflichtig ist. 28k) Ist der Täter Soldat, so gilt § 81 MilStGB. 28kk) Eine entsprechende Anwendung des § 142 auf die Untauglichmachung zur Erfüllung der Luftschutz- und Steuerpflicht (so Weimar DIZ. 1936 S. 174) kommt nicht in Frage. 281) Der Täter muß wissen oder es für möglich halten und in Kauf nehmen, daß er den anderen zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht. Hat der Täter an diese Folge nicht gedacht, so ist nur aus §§ 223 ff. zu bestrafen.

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

9

130

A 2. Strafgesetzbuch §§ 143 u. 143 a.

erkennen; an Stelle dieser Strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§ 143.28 * )* *Wer * * mit * * *dem Vorsatz, sich oder einen anderen der Erfül­ lung der Wehrpflicht ganz, teilweise oder zeitweise zu entziehen, auf Täuschung berechnete Mittel anwendet oder anwenden läßt, wird mit Gefängnis bestraft. Daneben kann auf Verlust der Fähigkeit zur Be­ kleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren oder auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. VolksGH. (nur Abs. 1 Satz 2)

§ 143 a ist aufgehoben und ersetzt durch § 1 der VO. zur Ergänzung der Strafvorschriften'zum Schutz der Wehrkraft des Deutschen Volkes vom 25. No­ vember 1939 (RGBl. I S. 2319). Wer28"') vorsätzlich ein Wehrmittel28") oder eine Einrichtung, die der deutschen Landesverteidigung dient,28 o) zerstört, unbrauchbar macht, beschädigt, preisgibt oder beiseiteschafft28p) und dadurch vor­ sätzlich oder fahrlässig die Schlagfertigkeit der deutschen Wehrmacht gefährdet, wird mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. In schweren Fällen ist auf Todesstrafe oder auf lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus zu erkennen.

Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich ein Wehrmittel oder eine solche Einrichtung fehlerhaft herstellt oder liefert und dadurch vor­ sätzlich oder fahrlässig die Schlagfertigkeit der deutschen Wehrmacht gefährdet. Der Versuch ist strafbar. Wer leichtfertig28^) handelt und dadurch fahrlässig die Schlag­ fertigkeit der deutschen Wehrmacht gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft. 28m) Täter kann auch ein Ausländer, auch ein Soldat sein; vgl. daneben noch § 137 MilStGB. (Beschädigung von Dienstgegenständen), dem gegen­ über § 1 lex specialis ist. 28n) Wehrmittel ist alles, was den Zwecken der Kriegsführung bei Angriff oder Verteidigung dient, insbesondere Waffen und Angriffs- oder Verteidigungsanlagen, wie Festungen, Kriegsschiffe, Luft- und Kampf­ kraftfahrzeuge, aber auch Uniformen und Uniformteile und sonstige Aus­ rüstungsstücke. 28 o) Ob die Einrichtung der Wehrmacht gehört oder in Privateigentum steht, ist ohne Bedeutung. Es gehören hierher z. B. Kasernen, Truppen­ übungsplätze, Nachrichtenanlagen, Fabriken zur Herstellung von Waffen und Ausrüstungsgegenständen, dagegen nicht Einrichtungen der Wehrmacht, die nicht unmittelbar der Landesverteidigung dienen wie z. B. Sportanlagen der Wehrmacht. 28 p) Vgl. Anm. 23 zu § 348. 28q) Vgl. Anm. 92 6 zu § 164.

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A 2. Strafgesetzbuch §§ 143 u. 143 a.

erkennen; an Stelle dieser Strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§ 143.28 * )* *Wer * * mit * * *dem Vorsatz, sich oder einen anderen der Erfül­ lung der Wehrpflicht ganz, teilweise oder zeitweise zu entziehen, auf Täuschung berechnete Mittel anwendet oder anwenden läßt, wird mit Gefängnis bestraft. Daneben kann auf Verlust der Fähigkeit zur Be­ kleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von einem bis zu fünf Jahren oder auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. VolksGH. (nur Abs. 1 Satz 2)

§ 143 a ist aufgehoben und ersetzt durch § 1 der VO. zur Ergänzung der Strafvorschriften'zum Schutz der Wehrkraft des Deutschen Volkes vom 25. No­ vember 1939 (RGBl. I S. 2319). Wer28"') vorsätzlich ein Wehrmittel28") oder eine Einrichtung, die der deutschen Landesverteidigung dient,28 o) zerstört, unbrauchbar macht, beschädigt, preisgibt oder beiseiteschafft28p) und dadurch vor­ sätzlich oder fahrlässig die Schlagfertigkeit der deutschen Wehrmacht gefährdet, wird mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten bestraft. In schweren Fällen ist auf Todesstrafe oder auf lebenslanges oder zeitiges Zuchthaus zu erkennen.

Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich ein Wehrmittel oder eine solche Einrichtung fehlerhaft herstellt oder liefert und dadurch vor­ sätzlich oder fahrlässig die Schlagfertigkeit der deutschen Wehrmacht gefährdet. Der Versuch ist strafbar. Wer leichtfertig28^) handelt und dadurch fahrlässig die Schlag­ fertigkeit der deutschen Wehrmacht gefährdet, wird mit Gefängnis bestraft. 28m) Täter kann auch ein Ausländer, auch ein Soldat sein; vgl. daneben noch § 137 MilStGB. (Beschädigung von Dienstgegenständen), dem gegen­ über § 1 lex specialis ist. 28n) Wehrmittel ist alles, was den Zwecken der Kriegsführung bei Angriff oder Verteidigung dient, insbesondere Waffen und Angriffs- oder Verteidigungsanlagen, wie Festungen, Kriegsschiffe, Luft- und Kampf­ kraftfahrzeuge, aber auch Uniformen und Uniformteile und sonstige Aus­ rüstungsstücke. 28 o) Ob die Einrichtung der Wehrmacht gehört oder in Privateigentum steht, ist ohne Bedeutung. Es gehören hierher z. B. Kasernen, Truppen­ übungsplätze, Nachrichtenanlagen, Fabriken zur Herstellung von Waffen und Ausrüstungsgegenständen, dagegen nicht Einrichtungen der Wehrmacht, die nicht unmittelbar der Landesverteidigung dienen wie z. B. Sportanlagen der Wehrmacht. 28 p) Vgl. Anm. 23 zu § 348. 28q) Vgl. Anm. 92 6 zu § 164.

VO. zum Schutze des Reichsarbeitsdienstes.

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M. zum Schutze des Neichsarbeitsdienstes?) Vom 12. März 1940 (RGBl. I S. 485).

§1. Aufforderung zum Verweigern der Reichs­ arbeitsdienstpflicht. Wer öffentlich dazu auffordert oder anreizt/) die Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht zu verweigern, wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft.

§ 2. Aufwiegelung von Angehörigen des Reichs­ arbeitsdienstes. Wer gegenüber einem Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes die Gemeinschaft im Reichsarbeitsdienst zu zersetzen oder die Dienst­ freudigkeit zu untergraben sucht, wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft. § 3. Reichsarbeitsdienstentziehung. Wer es unternimmt, sich oder einen anderen durch Selbstver­ stümmelung, durch ein auf Täuschung berechnetes Mittel oder auf andere Weise der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht ganz, teil­ weise oder zeitweise zu entziehen, wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft. Unternimmt es eine Frau, sich der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht zu entziehen, so ist die Strafe Gefängnis.

§ 4. Fahnenflucht im Reichsarbeitsdienst. Ein männlicher Angehöriger des Reichsarbeitsdienstes, der in der Absicht, sich der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht dauernd zu entziehen, seine Dienststelle verläßt oder ihr fernbleibt (Fahnenflucht), wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft. Ebenso wird bestraft, wer einen männlichen Angehörigen zur Fahnenflucht verleitet oder sie ihm erleichtert. § 5. Dienstpflicht im Reichsarbeitsdienst. Eine weibliche Angehörige des Reichsarbeitsdienstes, die in der Absicht, sich der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht dauernd zu entziehen, ihre Dienststelle verläßt oder ihr fernbleibt (Dienstflucht), wird mit Gefängnis bestraft. Ebenso wird bestraft, wer eine weibliche Angehörige des Reichs­ arbeitsdienstes zur Dienstflucht verleitet oder sie ihr erleichtert. Der Versuch ist strafbar. *) In Kraft seit dem 15. März 40. Die VO. gilt auch in den einge­ gliederten Ostgebieten, im Protektorat Böhmen und Mähren auch für Nicht­ deutsche (§§ 6, 7 der VO.). Schrifttum: Philippi DJust. 1940 S. 541. Zu 8 1: 1) Vgl. Anm. 26 zu § 112.

VO. zum Schutze des Reichsarbeitsdienstes.

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M. zum Schutze des Neichsarbeitsdienstes?) Vom 12. März 1940 (RGBl. I S. 485).

§1. Aufforderung zum Verweigern der Reichs­ arbeitsdienstpflicht. Wer öffentlich dazu auffordert oder anreizt/) die Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht zu verweigern, wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft.

§ 2. Aufwiegelung von Angehörigen des Reichs­ arbeitsdienstes. Wer gegenüber einem Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes die Gemeinschaft im Reichsarbeitsdienst zu zersetzen oder die Dienst­ freudigkeit zu untergraben sucht, wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft. § 3. Reichsarbeitsdienstentziehung. Wer es unternimmt, sich oder einen anderen durch Selbstver­ stümmelung, durch ein auf Täuschung berechnetes Mittel oder auf andere Weise der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht ganz, teil­ weise oder zeitweise zu entziehen, wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft. Unternimmt es eine Frau, sich der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht zu entziehen, so ist die Strafe Gefängnis.

§ 4. Fahnenflucht im Reichsarbeitsdienst. Ein männlicher Angehöriger des Reichsarbeitsdienstes, der in der Absicht, sich der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht dauernd zu entziehen, seine Dienststelle verläßt oder ihr fernbleibt (Fahnenflucht), wird mit Zuchthaus, in minder schweren Fällen mit Gefängnis bestraft. Ebenso wird bestraft, wer einen männlichen Angehörigen zur Fahnenflucht verleitet oder sie ihm erleichtert. § 5. Dienstpflicht im Reichsarbeitsdienst. Eine weibliche Angehörige des Reichsarbeitsdienstes, die in der Absicht, sich der Erfüllung der Reichsarbeitsdienstpflicht dauernd zu entziehen, ihre Dienststelle verläßt oder ihr fernbleibt (Dienstflucht), wird mit Gefängnis bestraft. Ebenso wird bestraft, wer eine weibliche Angehörige des Reichs­ arbeitsdienstes zur Dienstflucht verleitet oder sie ihr erleichtert. Der Versuch ist strafbar. *) In Kraft seit dem 15. März 40. Die VO. gilt auch in den einge­ gliederten Ostgebieten, im Protektorat Böhmen und Mähren auch für Nicht­ deutsche (§§ 6, 7 der VO.). Schrifttum: Philippi DJust. 1940 S. 541. Zu 8 1: 1) Vgl. Anm. 26 zu § 112.

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A 2. Strafgesetzbuch §8 144—145 e.

§ 144 Wer es sich zum Geschäfte macht,32) Deutsche unter Vor­ spiegelung falscher Tatsachen oder wissentlich mit unbegründeten An­ gaben oder durch andere auf Täuschung berechnete Mittel zur Aus­ wanderung 33)34zu35verleiten, 36 3^) wird mit Gefängnis von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. § 145 Wer die vom Reichspräsidenten zur Verhütung des Zusammen­ stoßens der Schiffe auf See, über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstöße von Schiffen auf See, oder in Betreff der Notund Lotsensignale für Schiffe auf See und auf den Küstengewässern erlassenen Verordnungen3^) übertritt, wird mit Geldstrafe bestraft. § 145 a. Wer im Jnlande Schuldverschreibungen auf den In­ haber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme ver­ sprochen wird, ohne die erforderliche staatliche Genehmigung ausstellt und in den Verkehr bringt,30) wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Teile des Nennwertes der ausgegebenen Schuldver­ schreibungen gleichkommen kann, mindestens aber dreihundert Mark3?) beträgt. § 145 b.37») § 145c.

Wer"") einen Beruf oder ein Gewerbe ausübt oder

32) Setzt nur voraus, daß der Tätigkeit die Absicht zugrunde lag, sie in gleicher Weise für die Dauer auszuüben, und sie zu einem dauernden, regel­ mäßigen Bestandteil der Beschäftigung zu machen. JurW. 59 S. 1871. 33) Siehe das Gesetz über das Auswanderungswesen v. 9. Juni 97 (RGBl. S. 463) — § 48 ist Anm. 60 zu 8 180 abgedruckt — und VO. gegen Mißstände im AW.w. 14. Febr. 24 (RGBl. I S. 107). Zum Begriff des Auswanderns gehört das Verlassen des deutschen Landes in der Absicht, den Wohnsitz im Jnlande und die Zugehörigkeit zum Reich dauernd aufzugeben. E. 36 S. 242 (245). Siehe auch E. 37 S. 348. 34) Der bereits zur Auswanderung Entschloffene kann nicht mehr ver­ leitet werden. Olshausen2 Abs. 3. 35) Die Seestraßenordnung v. 5. Febr. 06 (RGBl. S. 120), sowie VO. v. 15. Aug 76, 16.Oktbr.00, 18.Oktbr.03, 7. Febr. 07 (RGBl. S. 189,1003, 283, 27). BO. über Lotsensignalordnung v. 27. Okt. 33 (RGBl. II S. 909). Das Ges. über den Zusammenstoß von Schiffen v. 7. Jan. 13 (RGBl. S. 90) gehört nicht hierher. LK. Anm. 2. 36) Das Ausstellen und Inverkehrbringen ist kumulativ festzustellen. E. 33 S. 329. Zur Strafbarkeit genügt auch fahrlässiges Handeln. E. 45 S. 394. Die unbefugte Ausgabe von unverzinslichen Schuldverschreibungen und von Geldzeichen fällt unter § 25 des Reichsbankges., abgedr. B V 2. 37) Jetzt drei Reichsmark. 8 27 Abs. 2 Nr. 1. 3t a) Die aus Grund des Ges. v. 26. Mai 33 (RGBl. I S. 995) erlassene Vorschrift ist aufgehoben durch das Tierschutzgesetz v. 24. Novbr. 33 (unter Bill 12). 37 b) Die Pers., mit denen der Verurteilte bei der verbotenen Ausübung in geschäftl. Beziehungen tritt, sind als sog. notwendige Teilnehmer nicht wegen

Münzverbrechen und Münzvergehen § 146.

133

auSüben läßt, solange ihm dies nach §421 untersagt ist, wird mit Ge­ fängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.

8. Abschnitt.

Münzverbrechen und Münzvergrhen. 88) 88»)

Wer inländisches oder ausländisches Metallgeld oder § 146 Papiergeld88) nachmacht,48) um das nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen41) oder sonst in Verkehr zu bringen, oder wer in gleicher Absicht echtem Gelde durch Veränderung an demselben den Schein eines höheren Werts oder verrufenem Gelde48) durch Veränderung an demselben das Ansehen eines noch geltenden gibt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft; auch ist Polizei-Aufsicht zulässig. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.48) Beihilfe strafbar, wenn ihr Handeln nur im Rahmen dessen bleibt, waS zur notwendigen Teilnahme gehört. E. 70 S. 233, z.B. die Kunden, die sich auf die Entgegennahme von Leistungen beschränken. Frank, Nachtr. Anm. 1. 38) Vgl. Nr. 320 ff. der „Richtlinien für das Strafverfahren". 38 a) Nach § 21 Teil I Kap. I der VO. d. RP. v. 5. Septbr. 32 (RGBl. I S. 425) finden die §§ 146 bis 148, 151, 152, § 360 Ziff. 4—6 StGB, sowie das Ges. v. 3. Juli 25 (RGBl. I S'. 93) auf Steuergutscheine Anwendung. 39) Geld ist jedes vom Staat oder von einer durch ihn dazu ermächtigten Behörde als Wertträger beglaubigte, zum Umlauf im öffentl. Verkehr bestimmte Zahlungsmittel ohne Rücksicht auf die Annahmepflicht, daher auch Notgeld. E. 58 S. 255 und kommunale Gutscheine der Inflationszeit. RG. IW. 1937 S. 2381. Russische Tscherwonzen sind ausländisches Papiergeld. HRR. 1932 Nr. 798. 40) Nachmachen heißt ein falsches Geld herstellen, dem der Schein echten Metall- oder Papiergeldes beiwohnt und das geeignet ist, den Arglosen im Ver­ kehr zu täuschen. E. 58 S. 352. Vollendet ist die Tat, sobald ein tatsächlich geeignetes Falichstück vorliegt; daß der Täter selbst es für geeignet hält, ist nicht erforderlich. E. 69 S. 3. Nicht § 146, sondern § 151 ist anwendbar, wenn die Falschstücke nur als Probe dienen sollen. RG. a. a. O. Wesentlich ist für das versuchte Nachmachen, daß der in den Zustand der Verwechselungsfähigkeit zu bringende Stoff selbst bereits irgendwie körperlich in Mitleidenschaft gezogen worden ist. E. 65 S. 203. Ob sich echtes Geld derart bereits im Umlauf befindet, ist unerheblich. E. 58 S. 351. JurW. 58 S. 444; desgl. ob Geld oder Geld­ papiere gleichen Wertes als Vorbild gedient haben. JurW. 55 S. 169. Keine Münzfälschung, wenn an der Münze keine Wert-, sondern Formänderungen vor­ genommen werden, um sie zu anderen Zwecken zu gebrauchen. E. 68 S. 69. Banknoten können dadurch nachgemacht werden, daß Stücke echter Noten zu­ sammengesetzt werden. JurR. 3 Nr. 2246. JurW. 57 S. 660. 41) Dies ist auch anzunehmen, wenn das gefälschte Geld nur dazu benutzt wird, um dasselbe (zur Erlangung von Kredit usw.) vorzuzeigen. E. 14 S. 161. 42) Hierunter fällt auch nicht mehr geltendes Geld. E. 55 S. 232; Papiermark-Geldscheine. LZ. 27 S. 534. Verrufenem Gelde kann das Ansehen eines geltenden auch dann gegeben werden, wenn echte Stücke von der Werthöhe des FalschstückeS überhaupt nie ausgegeben sind. HRR. 1933 Nr. 347. 43) Polizeiaufsicht ist dann nicht zulässig. E. 38 S. 215. Recht 15 Nr. 3039.

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A 2. Strafgesetzbuch §§ 147—149.

§ 147. Dieselben Strafbestimmungen finden auf denjenigen Anwendung, welcher das von ihm auch ohne die vorbezeichnete Ab­ sicht nachgemachte oder verfälschte Geld als echtes in Verkehr bringt,43 * * a*j sowie auf denjenigen, welcher nachgemachtes oder verfälschtes Geld sich verschafft44)45und solches entweder in Verkehr bringt48) oder zum Zwecke der Verbreitung aus dem Auslande einführt.48)

§ 148 Wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echtes emp­ fängt 46 a) und nach erkannter 4?) Unechtheit als echtes in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

§ 149. Dem Papiergelde werden gleich geachtet die auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertretende Jnterimsscheine oder Quittungen,.sowie die zu diesen Papieren gehörenden Zins-, Gewinnanteils- oder Er­ neuerungsscheine, welche von dem Reich, dem Norddeutschen Bunde, einem Land oder fremden Staate oder vorr einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Gemeinde, Korporation, Gesellschaft oder Privatperson ausgestellt finb.48) 43 a) Dies ist nicht der Fall, wenn der Hersteller das Falschgeld einem * Mittelsmann überläßt, damit dieser es als echt an einen Gutgläubigen weiter­ gibt ; hier kommt Strafbarkeit nach § 49 a oder Teilnahme an dem von dem Mittelsmann begangenen Verbrechens gegen § 147 in Betracht. E. 69 S. 3.

44) Unter dem „sich verschaffen" ist jede Handlung zu verstehen, durch welche jemand falsches Geld mit Kenntnis dieser Falschheit an sich bringt (auch Unter­ schlagung). Die Absicht, das Geld in den Verkehr zu bringen oder in das Inland einzuführen, braucht bei der Anschaffung nicht vorzuliegen. RG. JurW. 1937 S. 3301. Das Anschaffen mit der Absicht, es als echt in den Verkehr zu bringen, ist als Versuch des Verbr. aus § 147 zu bestrafen. GA. 58 S. 187. 45) Es kommt nicht darauf an, ob das Geld als echtes in den Verkehr ge­ bracht wird. Vgl. E. 1 S. 408 und RG. in IW. 1934 S. 2850. Als Inver­ kehrbringen ist der Vorgang anzusehen, durch den der Täter das falsche Geld derart aus seinem Gewahrsam entläßt, daß ein anderer tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des falschen Geldes zu bemächtigen und mit ihm nach seinem Belieben umzugehen, es insbesondere weiter zu leiten. Es ist ohne Belang, daß der Empfänger des falschen Geldes es als solches erkennt und sofort zurückgidt. E. 67 S. 167. Weitergabe an Sammler genügt. LK. Anm. 7 zu 8 146. Mittäter kann nur der sein, der auch das „Sichverschaffen" des falschen Geldes mit verwirklicht hat. E. 59 S 79. 46) Einführen heißt das Geld aus dem Auslande über die Grenze des D. Reichs bringen. Ob das Geld im Jnlande oder Auslande verbreitet werden sollte, ist gleichgültig. E. 6 S. 441. 46 a) Hierunter fällt auch der Erwerb durch Fund, Diebstahl und dergl. E. 67 S. 294. 47) Bloßer Zweifel an der Echtheit genügt nicht. Olshausen Anm. 2. 48) Hierzu gehören auch die von Rentenbanken der pr. Provinzen ausge­ stellten Rentenbriefe. Sie können durch Veränderung des Ausstellungsjahrs

Münzverbrechen und Münzvergehen §§ 150—152.

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§ 150. Wer echte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Beschneiden, Abfeilen oder auf andere Art verringert und als voll­ gültig in Verkehr bringt, oder wer solche verringerte Münzen gewohn­ heitsmäßig oder im Einverständnisse mit dem, welcher sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt, wird mit Gefängnis bestraft, neben welchem auf Geldstrafe, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden kann. Der Versuch ist strafbar.

§ 151. Wer Stempel, Siegel, Stiche, Platten49 * *)50 *oder * 51 * * 52 andere zur Anfertigung von Metallgeld, Papiergeld oder dem letzteren gleich ge­ achteten Papieren dienliche49») Formen60) zum Zwecke eines Münz­ verbrechens angeschafft60 a) oder angefertigt hat,^) wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. § 152 Auf die Einziehung des nachgemachten oder verfälschten Geldes, sowie der im § 151 bezeichneten Gegenstände ist zu erkennen, auch wenn die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht stattfindet.62) verfälscht werden. HRR. 1930 Nr. 1290. Inhaberaktien können dadurch nachgemacht werden, daß überzählige, noch nicht ausgegebene Stücke unbefugt mit Nummern versehen werden. E. 48 S. 125. — Gesetz über den Schutz des zur Anfertigung von Schuldurkunden des Reichs und der Länder verwendeten Papiers gegen unbefugte Nachahmung v. 3. Juli 25 (RGBl. I S. 93). 49) Hierzu gehört nicht ein photogr. Negativ zur Herstellung eines Klischees. LZ. 16 S. 163. Die zunächst hergestellte Platte braucht selbst nicht dazu bestimmt zu sein, Falschstücke herzustellen, die an Stelle von echten in den Verkehr gebracht werden sollen, es genügt, daß das Ziel des Tuns im ganzen die Begehung eines Münzverbrechens ist. E. 69 S. 303. 49 a) D. h. geeignete Formen, auch wenn das von der Platte gekommene Falschstück noch weiter bearbeitet werden muß, um zur Täuschung geeignet zu sein. E. 69 S. 305. 50) Es kommt nicht darauf an, ob die Stempel nach den Umständen des gegebenen Falles auch sofort in Gebrauch genommen werden können. E. 48 S. 161; immerhin müssen sie im wesentlichen gebrauchsfertig sein u. keiner weiteren Verarbeitung mehr bedürfen. E. 55 S. 283. E. 65 S. 203. JurW. 62 S. 2143. Rücktritt vom Versuch des Münzverbrechens schließt Verurteilung aus § 151 nicht aus. Recht 28 Nr. 360. JurW. 53 S. 1525. § 151 ist aber nicht anwendbar, wenn es zu vollendetem oder versuchtem Münzverbrechen kommt. RG in IW. 1934 S. 2850. 50 a) Es genügt, daß der Täter den Allein- oder Mitbesitz durch andere erlangt, wenn dies mit seinem Wissen u. Willen zum Zwecke 'des Münzver­ brechens geschieht. JurR. 2 Nr. 982. 51) Es ist nicht erforderlich, daß sämtliche für den Druck erforderlichen Formen angeschafft sind. E. 55 S. 283. 52) Die Verurteilung oder Freisprechung einer bestimmten Person steht einem nachträglichen Verfahren behufs Einziehung nicht entgegen. E. 14 S. 161. Nach diesem Erk. setzt § 152 nicht voraus, daß wenigstens der

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A 2. Strafgesetzbuch § 153.

9. Abschnitt.

§ 153

Meineid.

Wer einen ihm zugeschobenen, zurückgeschobenen oder aüf-

erlegten @ib63) wissentlich °^) falsch^3) .schwört,^) wird mit Zuchthaus

bis zu zehn Jahren bestraft.^) äußere Tatbestand eines Münzverbrechens festgestellt wird. A. M. LK. Sinnt. 1, Otshausen Sinnt. 2. —Die Einziehung int Weg des gerichtl. Verfahrens ist nicht unbedingt notwendig. Das letztere wird entbehrlich, wenn der Inhaber des Falschstückes in die Herausgabe willigt und auch sonst Ansprüche nicht erhoben werden. Nr. 331 der „Richtlinien für das Strafverfahren".

53) Die in diesem § erwähnten Eide müssen vor einer wenigstens in ab­ stracto zur Abnahme von Eiden zuständigen Behörde geleistet sein. E. 16 S. 186. DRZ. 17 Nr. 536. Nicht zust. ist ein zur Ausbildung überwiesener Referendar ohne bes. Auftrag. E. 65 S. 206. Wegen der Zuständigkeit der Parteigerichte der NSDAP vgl. G. v. 30. Septbr. 36 (RGBl. 1 S. 853). Es müssen ferner die wesentlichen Förmlichkeiten beachtet sein, d. h. die Förmlich­ keiten, deren Fehlen dem Eid bte Eigenschaft einer bewußten, feierlichen, z. T. formelhaften Bekräftigung der Wahrnehmung nehmen. Kein wesentlicher Mangel, wenn statt des vorgeschriebenen Nacheides ein Boreid abgenommen wurde. E. 70 S. 366; oder wenn die Zuziehung des Urkundsb. der Gesch.Stelle zur Verhandlung unterlassen war. E. 38 S. 102. Ob der Richter nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften den Eid nicht hätte abnehmen sollen oder dürfen, ist ohne Bedeutung. E. 70 S. 144. Daher ist z. B. ein Meineid auch möglich, wenn dem Täter die Fähigkeit zur Eidesleistung aberkannt ist, E. 1 S. 217, oder wenn eine Person schwört, deren eidliche Vernehmung gesetzlich unstatthaft ist. E. 25 S. 30 und E. 36 S. 278 (Meineid des Eidesunmündigen). Die Ableistung eines falschen Eides vor einer unzuständigen Behörde, die der Täter irrigerweise für zuständig hält, ist als Versuch des tz 153 strafbar. E. 72 S. 80. Zu den auferlegten Eiden gehört in erster Linie der Offenbarungs­ eid. Die Offenbarungspflicht aus § 807 ZPO. erstreckt sich auf das Aktivver­ mögen des Schuldners, das allgemein einer Zwangsvollstreckung zugänglich ist (einschl. der Gegenstände, die gern. §§811, 850 ZPO. von der Pfändung ausgenommen sind, E. 71 S. 300). Der Offenbarungseid umfaßt daher nur die Vollständigkeit des offenbarungspflichtigen Vermögens, dagegen nicht sonstige Angaben über die Vermögensverhältniffe. Daher kein vollendeter Meineid, wenn der Täter wiffentl. der Zwangsvollstr. nicht unterliegende Gegenstände (abgesehen von §§ 811, 850 ZPO.) verschweigt (RG. DJust. 1936 S. 1731) oder erdichtete Vermögensstücke angibt; auch eine entspr. An­ wendung (§ 2) des § 153 kommt hier nicht in Betracht. RG. DJust. 1937 S. 1315 (s. aber Sinnt. 54). Im einzelnen erstreckt sich die Offenbarungspflicht auf überschuldete Grundstücke, GA. 60 S. 88; auf Eigentümergrundschulden. E.45 S.429; JurW. 60 S. 2129; auf nur zur Sicherung übergebene Gegen­ stände. E. 64 S. 417 (auch wenn der Betrag der Schuld, für die die Sachen übereignet waren, zu hoch angegeben wird. DRZ. 24 Nr. 749); auf den An­ spruch auf Rückgewährung durch Sicherungsübereignung veräußerter Sachen. RG. in JurW. 1934 ©.2692 oder sicherungshalber abgetretener Forderungen E. 71 S. 228 (in diesen Fällen erstreckt sich die Offenbarungspflicht auch auf die Höhe der Schuld an den Gläubiger, E. 7 l S. 228); auf Waren, an denen sich der Verkäufer das Eigentumsrecht Vorbehalten hat. JurW. 60 S. 2130; JurW. 62 S. 2971 ; desgl. auf best'ittene, unsichere Forderungen. E. 60 S. 37. JurW. 60 S. 2129 (aber nicht auf wirtschaftlich wertlose Forderungen. RG. in

Meineid 8 158.

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Die gleiche Strafe trifft den, der als Partei wissentlich eine falsche Aussage mit einem Eide bekräftigt?^) JurW. 1934 S. 2412. Dies gilt auch für den Offenbarungseid gem. § 69 Abs. 2 VerglO. RG. a. a. O.); auch auf den Lohnanspruch ohne Rücksicht auf die Fälligkeit. E. 62 S. 185; auch auf WiederkaufSrechte. LZ. 26 S. 400; auch auf von einer Gegenleistung abhängige (E. 71 S. 228) und auf künftige Forderungen, soweit sie pfändbar sind. E. 71 S. 300. Völlig wertlose Gegen­ stände brauchen im Verzeichnis nicht aufgeführt zu werden. GA. 57 S. 200; auch nicht eine Hypothek, die wegen Nichtigkeit der Forderung Eigentümergrund­ schuld geworden ist. E. 60 S. 69; nicht Schulden. E. 71 S. 228; nicht bloße Erwerbsmöglichtesten wie ein Geschäft ohne pfändbare Bermögensgegenstände oder die Kundschaft oder eine Schankkonzession. E. 42 S. 424; RG. DJust 1936 S. 1731; nicht die zum Eingebrachten gehörigen Gegenstände, die keine Früchte abwerfen können. E. 67 S. 107. Bei Leistung des Offenbarungseides aus § 883 ZPO. hat der Schwörende alles, was ihm über den Verbleib der Sache bekannt ist, anzugeben, ohne Rücksicht darauf, ob er weiß, an welchem bestimmten Orte sich die Sache zur Zeit der Eidesleistung befindet. RG. TR. 1939, S. 363. Mein­ eid liegt auch vor, wenn zwar das Vorhandensein eines Bermögensstückes richtig angegeben, aber sein Aufenthaltsort zur Irreführung des Gläubigers falsch bezeichnet wird. RG. DJust. 1936 S. 186. Eine Verpflichtung, sich über zivil­ rechtliche Fragen zu erkundigen, besteht nur beim Austauchen besonderer Zweifel. JurR. 3 Nr. 1613. Im Offenbarungseid nach § 125 KO. schwört der Schuldner, daß er außer den vom Verfahren schon erfaßten Bermögensstücken kein weiteres für die Beftiedigung der Gläubiger bestimmtes Bermögensftück anzugeben im­ stande ist. LZ. 22 S. 63; anfechtbare Rechtsgeschäfte braucht er nicht anzugeben. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 116. Der Offenbarungseid gem. § 260 BGB. über den Bestand eines Nachlaffes (§ 2027 Abs. 2 BGB.) betrifft nur den Attivbestand. nicht auch die Schulden. E. 71 S. 360. Ein auferlegter Eid ist auch der Berklarungseid. E. 61 S. 226. Zwischen wesentlichen und unwesentlichen Puntten des Inhalts der Eides­ norm ist kein Unterschied zu machen. E. 10 S. 338. Vgl. Anm. 57. Es kommt regelmäßig nur auf den Inhalt des festgesetzten Eidessatzes an. E. 59 S. 344. E. 63 S. 50. Die Eidesnorm eines Parieieides ist aber der freien Auslegung zugänglich. RG. JurW. 1935 S. 2369. 54) Zur Strafbarkeit genügt bedingter Vorsatz, d. h. die Leistung des Eides auf die erkannte Gefahr hin, möglicherweise etwas Falsches zu beschwören. E. 70 S. 267. Strafbaren Versuch begeht, wer einen falschen Eid schwören will, in Wahrheit aber Richtiges beschwört. JurW. 1933 S. 2703; oder der Schuldner, der ein erdichtetes Bermögensstück angibt, oder über nicht der Zwangs­ vollstr. unterliegende Vermögenswerte falsche Angaben macht, wenn er glaubt, daß seineEtdespflicht sich auch Hierauferstrecke. RG. DJust. 1936 S. 1731 und 1937 S. 1315. 55) Der Eid ist unwirksam, wenn die Worte „Ich schwöre" nicht gesprochen sind. JurW. 62 S. 2143. 55 a) Keine Anstiftung, wenn zwar der Schwörende u. der Anstifter die Un­ wahrheit der Aussage kennen, der Anstifter aber glaubt, der Schwörende sei gut­ gläubig. E. 60 S. 1 (aber Strafbarkeit aus § 160 Abs. 2). Anstiftung liegt aber vor, wenn der Anoestiftete den Eid bei einer anderen prozessualen Gelegenheit leistet, als sich der Anstifter vorgestellt hat. JurR. 3 Nr. 1611. Betr. Versuch flehe Anm. 59. Keine Tateinheit zwischen Meineid und fahrlässigem Fälscheid. E. 60 S. 58. Mittäterschaft ist nicht möglich. JurW. 58 S. 2730. HRR. 1932 Nr. 1616.

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A 2. Strafgesetzbuch § 154.

§ 154. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Behörde 60) wissentlich ein falsches Zeugnis67) oder ein falsches Gutachten68) mit einem Eide bekräftigt69) 55 b) Der Wortlaut beruht auf Art. 8 des Ges. zur Änderung des Ver­ fahrens in bürgert Rechtsstreitigkeiten v. 27. Ottbr. 33 (RGBl. I S. 780). Wie der frühere auferlegte Eid, so sind jetzt auch die eidlich bekräftigten Angaben der Partei der Auslegung fähig. RGJW. 1936, 512 n. Eine Prozeß­ partei macht sich nicht dadurch der Beihilfe zum Meineid des Gegners schul­ dig, daß sie diesen nicht von der Eidesleistung abhält, obwohl sie es durch Benennung von Zeugen über den wahren Sachverhalt tun könnte, weil sie sich hierdurch keiner Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig macht; wohl aber kann Beihilfe vorliegen, wenn sie durch unberechtigtes Bestreiten der Klagebehauptung den Meineid des Gegners herbeiführt und sich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen ihrer Aussage und dem Meineid vor der Eidesleistung bewußt ist. RG. DStrR. 1937 S. 300. 56) Siehe Sinnt. 53 Abs. 1. 57) Ein Zeugnis liegt nur dann vor, wenn die Protokollierung der Aus­ sage unter verantwortl. Mitwirkung des zur Vernehmung berufenen Beamten zustande gekommen ist. E. 65 S. 273. Für die Auslegung der eidlichen Aus­ sage ist Art und Stand des gerichtl. Verfahrens, in dem der Eid geleistet ist, bedeutungsvoll. JurW. 58 S. 2714. Hat der Täter als Zeuge in einem An­ fechtungsprozeß beschworen, er habe nicht die Absicht gehabt, seine Gläubiger zu benachteiligen, so ist bei der Zweifelhaftigkeit dieses Rechtsbegriffs besonders sorgfältig zu prüfen, wie der Wortlaut der Aussage zustande gekommen ist und welchen Sinn der Schwörende mit ihm verbunden hat. RG. DStrR 1937 S. 159. Auf die Erheblichkeit der Aussage kommt es nicht an. E. 42 S. 103. Ein Irrtum darüber macht den Zeugen nicht straffrei. E. 60 S. 407. Aber ein Meineid liegt nicht vor, wenn das mangelnde Bewußtsein der Erheb­ lichkeit einer falschen Angabe zu der irrigen Annahme geführt hat, daß sich der Eid auf diese Angabe nicht beziehe. E. 61 S. 429. Beim Zeugeneide hat der Schwörende die Pflicht, nichts zu verschweigen, was nach dem Gegenstände der Vernehmung für ihn erkennbar von Belang ist. E. 57 S. 152; JurW. 1936 S. 1909. Ein Verschweigen ohne Befragen fällt regelmäßig nur unter § 154, wenn der Täter die nach dem Gegenstand der Vernehmung erhebliche Tatsache mit dem Bewußtsein ihrer Erheblichkeit verschwiegen hat. RG. DR. 1939 S. 1066. Auch das wabrheitswidrige Verschweigen einer vom Zeugen selbst begangenen Straftat macht das Zeugnis falsch. JurW. 1927 S. 991. Der Leumundzeuge ist verpflichtet, die ihm bekannten Tatsachen anzugeben, die den Leumund ausmachen. JurR. 3 Nr. 875. Strafbar ist auch der Zeuge, der es vorsätzl. oder fahrlässig unterläßt, eine Berichtigung herbeizuführen, wenn die Niederschrift über seine Vernehmung die Aussage unrichtig wiedergibt. JurW. 61 S. 3073. Auch wenn eine Zeugenaussage rein wörtlich genommen-nicht mit der Wahrheit in Widerspruch steht, kann doch in dem gefliffentl. Gebrauch solcher Ausdrücke, die dem A. eine spätere Ausflucht offen halten sollen, ein Meineid gefunden werden. E. 59 S. 343; so bei dem Zusatz „soviel ich weiß". DIZ. 38 S. 694. Von der Eidespflicht werden auch die in der Aussage enthaltenen Wert­ urteile über die Charaktereigenschaften mitumfaßt. JurR. 2 Nr. 525. — Der Zeugeneid bezieht sich auf die Personalfragen. E. 2 S. 44, aber nicht der Sachverständigeneid. E. 20 S. 235.

Meineid § 155.

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oder den vor seiner Vernehmung geleisteten Eid wissentlich durch ein falsches Zeugnis oder ein falsches Gutachten verletzt. Ist das falsche Zeugnis oder Gutachten in einer Strafsache zum Nachteile eines Angeschuldigten abgegeben und dieser zum Tode, zu Zuchthaus oder zu einer anderen mehr als fünf Jahre betragenden Freiheitsstrafe verurteilt toorben,69») so tritt Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein.

§ 155.

Der Ableistung eines Eides wird gleichgeachtet, wenn

1. ein Mitglied einer Religionsgesellschaft, welcher das Gesetz den Gebrauch gewisser Beteuerungsformeln an Stelle des Eides ge­ stattet, eine Erklärung unter der Beteuerungsformel seiner Religions­ gesellschaft abgibt;

2. derjenige, welcher als Partei, Zeuge oder Sachverständiger einen Eid geleistet hat, in gleicher Eigenschaft eine Versicherung unter Berufung auf den bereits früher in derselben Angelegenheit60 * *) 58 geleisteten 59 Eid abJst das Zeugnis in verschiedenen Punkten falsch, so doch einheitliche Tat. E. 61 S. 225. 58) Die im Zeugeneide übernommene Verpflichtung, die Wahrheit zu sagen, umfaßt auch die Pflicht, ein gewissenhaftes Gutachten abzugeben. R. 6 S. 154. Doch deckt nach E. 53 S. 269 der Zeugeneid nicht den Sachverständigeneid. Letzterer ist wissentl. falsch, wenn das Gutachten der inneren Überzeugung des Sachverständigen nicht entspricht. GA. 55 S. 223. JurW. 62 S. 1070. 59) Versuch liegt bei dem zunächst unbeeideten Zeugen dann erst vor, wenn mit der Leistung des Eides der Anfang gemacht ist. E. 54 S. 117. Ob Vorhaltungen des Richters für den A. so zwingend waren, daß sie seinem Widerruf die Eigenschaft des freiw. Rücktritts nahmen, ist Tatfrage. DRZ. 21 Nr. 287. Mahnungen, die in dem A. das Gefühl der Reue erwecken sollen, haben diese Wirkung nicht, auch wenn sie möglichst dringend waren. JurW. 59 S. 634. — Bei Berufung auf einen früher geleisteten Osfenvarungseid kann nur wegen versuchten Meineids bestraft werden. E. 67 S. 331. Prozeßbevollmächtigte — auch wenn sie nicht Rechtsanwälte sind — machen sich im Hinblick auf § 138 ZPO. (Wahrheitspflicht) der Beihilfe zum Meineid schuldig, wenn sie das Zustandekommen einer unwahren eidlichen Zeugenaussage nicht verhindern, obwohl sie dazu imstande sind. E. 70 S. 82. Ebenso ein Privatkl., wenn er einen Zeugen für eine bewußt unwahre Behauptung benennt und erkennt, daß dieser die Behauptung eidlich bestätigen will. RG. JurW. 1937 S. 2644; ferner eine Prozeßpartei, die der Vernehmung des Zeugen beiwohnt, auf Befragen dessen falsche Aussage bekräftigt, und während der fol­ genden Eidesbelehrung und Vereidigung des Zeugen schweigt, statt sie durch Be­ kenntnis der Wahrheit zu verhindern. E. 74 S. 38. 59 a) Ursächl. Zusammenhang zwischen dem Meineid und der Verurteilung ist nicht erforderlich. E. 68 S. 356. Die Verurteilung braucht nicht rechts­ kräftig zu sein; daher auch Bestrafung aus Abs. 2, wenn der im 1. Rechtszug Verurteilte im 2. Rechtszug freigesprochen wird. E. 68 S. 356. 60) Daß die Eidesleistung und die Versicherung in einem prozeßrechtlich sich als „dasselbe Hauptverfahren" darstellenden Verfahren erfolgt sind, ist nicht

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A 2. Strafgesetzbuch § 156.

gibt,61 * *) oder ein Sachverständiger, welcher als solcher ein für allemal ver­ eidet ist, eine Versicherung auf den von ihm geleisteten Eid abgibt;62) 3. ein Beamter eine amtliche Versicherung unter Berufung aüf seinen Diensteid abgtbt.63)64 § 156 Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides

Statt zuständigen Behörde6^) eine solche Versicherung6B) wissentlich notwendig. E. 30 S. 130. „Angelegenheit" ist nicht ein bestimmtes Beweis­ thema, sondern dasselbe Verfahren. RG. JurW. 1938 S. 2197. 61) Die Berufung braucht nicht mit den Worten des § 67 StPO, zu erfolgen. RG. JurW. 1934 S. 2850; oder des § 398 ZPO. E. 58 S. 302, aber es genügt auch nicht der bloße Hinweis auf den geleisteten Eid. E. 3 S. 100 und RG. JurW. 1934 S. 2850. Auch eine Berufung auf einen früher ge­ leisteten Nacheid ersetzt die neue Eidesleistung. E. 62 S. 435 (für 8 67 StPO.); 72 S. 200 (für 8 398 Abs. 3 ZPO.). 62) § 155 Nr. 2 findet auch Anwendung, wenn die Abgabe der Versiche­ rung an Stelle der ordentlichen Eidesleistung nach § 67 StPO, unzulässig war. E. 17 S. 409. 63) Gibt ein Beamter eine solche Versicherung in einem Falle ab, in dem dies unzulässig war, so macht er sich nicht strafbar. E. 25 S. 96. 64) Erforderlich ist, daß die Behörde nicht bloß an sich zuständig war, eine eidesstattl. Versicherung entgegenzunehmen, sondern die letztere muß sich auch auf einen Gegenstand erstrecken, über welchen die Abgabe an sich gesetz­ lich zulässig war, und muß ferner recht!, nicht' völlig wirkungslos sein. E. 71 S. 172; dagegen ist es nicht Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 156, daß die eidesstattl. Versicherung nach der konkreten Sachlage des Einzelfalles er­ fordert werden durfte, daß also der Strafrichter die Abnahme desselben im konkreten Fall als berechtigt anerkannte. E. 36 S. 1. E. 47 S. 37. Kann der e.V. nach den Verfahrensvorschriften keine Beweiskraft zuerkannt werden, so ist auch eine entspr. Anwendung (§ 2) des § 156 ausgeschlossen. E. 73 S. 147. Im Strafverfahren sind e. V. vom Beschuldigten schlechthin und von Zeugen insoweit unzulässig, als sie Tatsachen betreffen, die für die Entscheidung der Schuldfrage unmittelbar von Bedeutung sind. E. 70 S. 268. (Nach OLG. Kiel DJust. 1936 S. 1694 ist aber die e.V. eines Beschuldigten in entspr. Anm. (§ 2) des § 156 jedenfalls dann strafbar, wenn das Gericht sie im Einzel­ fall für zulässig und sich als zur Entgegennahme zuständig angesehen hat. Noch weitergehend wollen Stutzer u. Clemens DStrR. 1939 S. 193 u. 197 allgemein e. V. des Besch. — zum mindesten gern. § 2 — bestrafen.) Im übrigen ist auch im Strafverfahren eine e. B. nicht nur da zulässig, wo die StPO, ein Glaubhaftmachen vorschreibt, sondern allgemein, wenn es sich nicht um die endgültige Feststellung der den Gegenstand des Verf. bildenden Tat handelt, z. B. e. V. von Zeugen, um die Aussetzung eines gegen einen Besch, schwebenden Strafverf. herbeizuführen. E. 70 S. 268. Die gleichen Grundsätze wie für das Strafverfahren gelten entsprechend für das Ver­ fahren vor den Parteigerichten der NSDAP. E. 72 S. 129. Außerhalb des Strafverf. sind als zuständig in der Nechtspr. anerkannt: der Prozeßrichter. Plen.Entsch., E. 19 S. 414 jedoch nicht, wenn eine Partei im ordentl. Streitverfahren eine tatsächl. Behauptung durch eine e. V. bekräftigen will. E. 73 S. 144 wohl aber z. V. — bei eidesstattlichen Versicherungen, die im bürgerlichen Rechtsstreit ein Zeuge der Partei übergibt, wenn diese sie auf Anfordern dem Gericht vorlegt. E. 67 S. 408 — auch für Bewillig, des

Meineid § 156.

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falsch sä) abgtbt67) oder unter Berufung67 tt) auf eine solche Versicherung wissentlich falsch aussagt, wird mit Gefängnis von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. Armenrechts. E. 73 S. 144; in Ehescheidungssachen. E. 59 S. 175. JurW. 58 S. 1010; i. F. des § 272b ZPO. JurW. 63 S. 300; das ersuchte AG. wenn der Zeuge statt auszusagen eine e. B. über den Beweispunkt abgibt. HRR. 1929 Nr. 455; Standesämter. E. 13 S. 161, vgl. E. 18 S. 309; die Hauptzollämter, GA. 60 S. 70; die Finanzämter gem. §§ 174, 201, 209 RAbgO., aber nur bei Wahrung der Förmlichkeiten des § 174 NAbgO., also nicht, wenn der Steuerpflichtige die e. B. ohne Aufforderung abgibt. E. 73 S. 349 und nur hinsichtlich der Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen, nicht eines Bürgen. HRR. 1928 Nr. 483; der Landrat in dem Verfahren über Genehmigung der Auflassung, Recht 28 Nr. 236; die Notare, soweit sie nach gesetzt. Vorschrift zuständig sind, z. B. bei der Erbeslegitimation gem. § 2356 BGB., dagegen nicht im Auseinandersetzungsverfahren zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten. E. 74 S. 125. § 24 Abs. 2 der Neichsnotarordnung v. 13. Febr. 37, RGBl. I S. 191 hat hieran nichts geändert, denn er regelt nur die Zuständigkeit zur Beurkundung von e. V., nicht die Frage, inwieweit der Notar zust. Behörde i. S. der §§ 156, 163 StGB. ist. E. 74 S. 175; Bürgermeister der Städte, soweit ihre Beamten zur Feststellg. ihres Ruhegehaltes e. V. abgeben. GA. 74 S. 18; die Universitätsfakultäten in den Angelegenheiten, in denen der einzelnen Universität die Berechtigung hierzu durch Gesetz oder gesetzliche Ermächtigung gegeben ist. R. 10 S. 227; die Gerichtskassen, insoweit sie als Vollstreckungsbehörden im Zwangsver­ fahren den gerichtlichen gleichstehen. E. 24 S. 377; das Reichspatentamt im Nichtigkeitsverfahren. E. 69 S. 26; die Landesbauernschaft. RG. DJust. 1936 S. 1126; das Oberversicherungsamt im Berufungsverfahren (§ 1675 NVO.). E. 71 S. 172; der Ehrengerichtshof der Neichsrechtsanwaltskammer. E. 70 S. 266. Aber nicht die Staatsanwaltschaft. E. 37 S. 209, auch nicht, wenn die Versicherung zunächst vor einem Notar abgegeben war. E. 47 S. 156; ferner nicht der Präsident einer Nechtsanwaltskammer. E. 47 S. 394; nicht der Dienstvorgesetzte. KG. JurW. 61 S. 3121; nicht der Rechtspfleger. KG. JurN. 1 Nr. 1395. Auch eine zwecks Erwirkung der Einstellung einer Zwangsvollstr, vom Antragsteller selbst abgegebene eidesstattliche Versicherung fällt hierunter. E. 36 S. 212; desgl. eine zur Begründung des Aufgeborsantrages vor der Ge­ schäftsstelle abgegebene eidesstattl. Versicherung. Recht 17 Nr. 616, sowie eine eid. V. behufs Glaubhaftmachung einer Behauptung im Strafvollstreckungsverf. E. 28 S. 8. Gegenstand einer eidesstattl. Versicherung können auch Ur­ teile über geläufige Rechtsbegriffe sein wie z. B. Eigentum. JurR. 3 Nr. 754. JurW. 56 S. 1641. 65) Die Worte „an Eidesstatt" oder „eidesstattlich" brauchen nicht ver­ wendet zu sein; entscheidend ist, ob die Erklärung äußerlicy und inhaltlich ein­ wandfrei erkennen läßt, daß der Aussteller sie an Eidesstatt abgeben will. Bloßes Erbieten zum Eide genügt nicht. E. 70 S. 267. 66) Eine e. V. kann auch dann falsch sein, wenn sie zwar ihrem Wortlaut nach der Wahrheit entspricht, aber eine wesentliche Tatsache geflissentl. ver­ schweigt. E. 63 S. 232. Bedingter Vorsatz (vgl. Sinnt. 54) genügt. E. 70 S. 266. 67) Abgegeben ist die falsche Versicherung erst dann, wenn sie in die Hände der Behörde (z. B. des Richters) gelangt. E. 70 S. 269. Auch dann, wenn der Erklärende die Frage des Richters bejaht, ob er seine Erklärung an Eides-

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A 2. Strafgesetzbuch § 157.

§ 157. Hat ein Zeuge") oder Sachverständiger sich eines Mein­ eides (§§ 154,155)68 * * a*) *oder * * * * einer * * * * *falschen * * * * * *Versicherung * an Eides Statt schuldig gemacht, so ist die an sich verwirkte (Strafe68 b) auf die Hälfte bis ein Vierteil zu ermäßigen, wenn 1. die Angabe der Wahrheit gegen ihn selbst eine Verfolgung68 c) wegen eines Verbrechens oder Vergehens nach sich ziehen konnte,68 d) oder statt versichere und der sich anschließenden Errichtung einer Niederschrift hierüber anwohnt. JurW. 60 S. 1567. Die Kenntnisnahme von dem Inhalt der Ver­ sicherung ist nicht erforderlich. E. 49 S. 47. LZ. 22 S. 1336. Wird sie von mehreren abgegeben, so liegen mehrere selbständige Vergehen vor. E. 37 S. 92. Mittäterschaft liegt nicht vor, wenn jemand die e. V. eines anderen bei einer Behörde (selbst zu eigenem Nutzen) einreicht. HRR. 1930 Nr. 1291. Die Ein­ reichung der Abschrift der eidesstattlichen Versicherung ist nicht nach § 156 StGB, strafbar, auch nicht unter entsprechender Anwendung (§ 2) dieser Vorschrift; doch kann Betrug vorliegen. E. 70 S. 130 (anders bei der nota­ riellen Ausfertigung einer e. V. E. 74 S. 177). Die Abgabe einer Ver­ sicherung liegt nicht vor, wenn ein Anwalt den Inhalt einer schriftlichen Ver­ sicherung mündlich vorträgt. E. 32 S. 436; oder wenn ein anderer ohne den Willen des Versichernden das Schriftstück vor einer Behörde zur Beweisfübrung benützt. DJust. 1937 S. 1005 wohl aber dann, wenn sie von dem Bevoll­ mächtigten geschrieben und mit dem Namen des Vollmachtgebers unterzeichnet ist. GA. 73 S. 350 und E. 69 S. 117. 67 a) Eine „Berufung" liegt nur vor, wenn der Täter seine neue Aussage unter die Beteuerung stellt, dagegen nicht, wenn er eine gewöhn!, nichteidl. Aus­ sage abgibt und dabei lediglich den Tatsachengehalt einer e. B. zum Inhalt der Aussage macht. RG. DJust. 1937 S. 1005. 68) § 157 gilt nicht für den Parteieid (§ 153) — auch nicht gern. § 2 — E. 74 S. 44 und nicht für Personen, die als Partei oder anderweitig „frei­ willig" — d. h. ohne unter Zeugniszwang zu stehen — eine eidesstattl. Vers, abgeben. NG. DJust. 1938 S. 866. Die Strafermäßigung kommt ferner nur dem Täter, nicht auch dem Anstifter oder Gehilfen zu statten. E. 71 S. 118 — auch nicht gem. § 2. NG. DN. 1939 S. 1506 —. 68a) oder Meineidsversuchs. E. 63 S. 174. Dagegen kommt nicht in Betracht fahr!. Eidesverletzung. DIZ. 15 S. 148 und falsche eidesstattl. Ver­ sicherung. E. 36 S. 49; HRN. 1933 Nr. 546. 68b) Das ist die Strafe, auf welche ohne die Milderungsgründe dieses § zu erkennen gewesen wäre. N. 5 S. 603. E. 65 S. 206 (208). 68c) „Verfolgung" ist auch die Wetterführung eines bereits anhängigen Verfahrens. NG. DJust. 1935 S. 1497. 68d) Die Voraussetzungen von Nr. 1 sind gegeben nicht nur, wenn der Zeuge in Unkenntnis seines Verweigerungsrechts sich vernehmen läßt, son­ dern auch, wenn er in Kenntnis dieses Rechts unwahre Angaben macht. E. 59 S. 61. Vgl. auch E. 60 S. 56. Er braucht sich überhaupt nicht auf § 157 Nr. 1 berufen. Recht 33 Nr. 2263. Voraussetzung des § 157 Abs. 1 Nr. 1 ist, daß objektiv — nicht bloß nach der irrigen Meinung des Schwörenden — die Gefahr einer Verfolgung be­ stand. E. 72 S. 129; NG. DJust. 1936 S. 1693; jedoch genügt nicht eine fern­ liegende Möglichkeit der Verfolgung. NG. DJust. 1937 S. 80. Ob hier nur der Fall in Betracht kommt, daß die Verfolgung wegen einer wirklich be­ gangenen Straftat droht, oder auch derjenige, daß die Angabe des wahren

Meineid § 157.

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2. der Aussagende die falsche Aussage zugunsten einer Person, rücksichtlich welcher er die Aussage ablehnen durfte, erstattet hat, ohne über sein Recht, die Aussage ablehnen zu dürfen, belehrt worden zu fetn.68e) Sachverhalts trotz der Unschuld des Zeugen den Verdacht einer strafbaren Handlung gegen ihn erregt hätte, ist streitig. Für die erstere Auffassung E. 67 S. 44, für die letztere — mit Recht — E. 69 S. 41; NG. JurW. 1937 S. 1792 u. E. 74 S. 205. Die irrige Auffassung des Täters, eine Straf­ verfolgung sei nicht zu erwarten, ist bedeutungslos. NG. JurW. 1938 S. 168. Nicht ist erforderlich, daß die wahrheitsgemäße Aussage allein zu einer Verfolgung geführt haben würde; es genügt, daß die Angabe der Wahr­ heit im Zusammenhang mit der übrigen gegebenen Sachlage eine Strafver­ folgung nach sich ziehen konnte. NG. JurW. 1936 S. 1375, z. B. dadurch, daß sie den Tatbestand eines bereits bekannten Antragsdelikts verstärkt und dadurch den Verletzten zum Strafantrag veranlaßt. E. 74 S. 206. Der Tatbestand, der die Strafverfolgung nach sich ziehen konnte, darf durch die wahre Aussage nicht erst begründet sein, sondern muß ihr als selbständige Handl, vorausgegangen sein. E. 62 S. 211. Auch ein Vergehen nach § 49a kann hier in Betracht kommen. E. 64 S. 375. Es genügt nicht die Befürch­ tung, daß ein Dritter..den Täter wegen eines sonstigen Verbrechens zur An­ zeige bringen würde. E. 64 S. 104. Die Strafermäßigung findet nicht statt, wenn die Verurteilung wegen der Vortat aus rechtlichen Gründen z. B. wegen Ablauf der Strafantragsfrist oder wegen Fehlens des inneren Tat­ bestandes ausscheidet. JurR. 3 Nr. 542. NG. JurW. 1931 S. 3453 u. DJust. 1937 S. 80 oder wenn eine disziplinarische Verfolgung in Frage steht. JurW. 1930 S. 2134. Die Anwendung der Vorschrift der Ziff. 1 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Aussagende sich durch eine falsche Darstellung der von ihm begangenen Straftat einer gleichwertigen strafbaren Handl, bezichtigt. E. 67 S. 44, wohl aber, wenn er die strafbare Handlung zugibt, in einem für die Strafverfolgung bedeutungslosen Punkt jedoch un­ wahr aussagt; z. B. der verheiratete Zeuge gibt den Verkehr mit der Kindes­ mutter zu (Ehebruch), nennt aber wahrheitswidrig einen Zeitpunkt außer­ halb der Empfängniszeit. E. 73 S. 310. Liegen mehrere unwahre Aus­ sagen vor, so kann die Frage der Strafmilderung nur einheitlich entschieden werden. JurW. 58 S. 592. Die Ermäßigung findet beim fortgesetzten Meineid statt, wenn bei einer Teilhandlung der Grund zur Ermäßigung vor­ liegt. JurW. 58 S. 256 u. 858; anders bei einheitlicher Meineidshandlung. JurW. 59 S. 914. § 157 Abs. 1 Nr. 1 ist unanwendbar, wenn ein Zeuge eine unwahre uneidl. Aussage, durch die er einen versuchten (Prozeß-)Betrug begangen hat, eidlich wiederholt, weil er bei Angabe der Wahrheit wegen Rücktritts vom Versuch keine Strafverfolgung zu befürchten gehabt hätte. E. 58 S. 295; 62 S. 405. 68 e) Anwendbar, auch wenn eine Belehrung gesetzl. nicht vorgeschrieben war. E. 60 S. 106; wenn sie sich auch auf den Mitangekl. hätte erstrecken müssen. E. 65 S. 31; aber dann nicht, wenn nur die Belehrung über das Recht, die Beeidigung zu verweigern, unterblieben ist. E. 62 S. 142 u. RG. JurW. 1938 S. 167; wohl aber wenn in einem späteren Termine die nochmalige Belehrung unterblieben ist. E. 62 S. 207 und RG. in JurW. 1937 S. 1329. Hat jedoch der Zeuge bei der wiederholten Vernehmung erklärt, sein Zeugnis­ verweigerungsrecht zu kennen, so ist das Unterbleiben nochmaliger Belehrung ohne Bedeutung. RG. in JurW. 1934 S. 1286. JurW. 62 S. 1589. § 157

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A 2. Strafgesetzbuch § 158.

Ist hiernach Zuchthausstrafe unter Einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des § 21 in Gefängnisstrafe zu ver­ wandeln. 69 * *) * * * * * * * * * * § 158. Gleiche Strafermäßigung tritt ein, wenn derjenige, ») welcher sich eines Meineides70) oder einer falschen Versicherung an Eides Statt schuldig gemacht hat, bevor eine Anzeige7*) gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet72) und bevor ein Nr. 2 ist nicht anwendbar, wenn der Schwurpflichtige geglaubt hat, die tatsächl. Verhältnisse, aus denen sich sein Zeugnisverweigerungsrecht ergibt, lägen nicht vor. HRR. 1929 Nr. 1404 oder wenn er aus irgendwelchen Gründen die Belehrung nicht verstanden hat. RG. in DRZ. 1934 Nr. 486. Ist der Aussagende unter mehreren Gesichtspunkten zur Verweigerung be­ rechtigt, so genügt die Belehrung über einen der Gründe. RG. in HNR. 1934 Nr. 1255 und JurW. 1937 S. 1329; ebenso genügt, wenn er wegen seiner Beziehungen zu mehreren Personen aussageverweigerungsberechtigt ist, daß er wegen seiner Beziehungen zu einer von ihnen belehrt wurde. RG. JurW. 1938 S. 2196. Der Strafermäßigungsgrund liegt erst dann vor, wenn der Zeuge in der Absicht, den Nachteil abzuwenden, von der Wahrheit abgewichen ist. JurW. 57 S. 799. 69) Die Strafe ist zunächst auf eine Zuchthausstrafe zu ermäßigen, die nur nach vollen Monaten bemessen werden darf. DRZ. 16 S. 449. E. 58 S. 380. Der Mindestbetrag der sodann festzusetzendenGefängnisstrafe beträgt 4 '/z Monate. E. 4 S. 267. V2 Monat sind 14 Tage. JurW. 61 S. 946. Unter ein Vier­ teil der Strafen darf aber niemals herabgegangen werden, auch beimZusammentreffen mit den Milderungsgründen in § 158 ist nur einmalige Ermäßigung statthaft. E. 9 S. 74; LK. Anm. 8 zu § 158. Ebenso wenn die Voraus­ setzungen von Nr. 1 u. 2 vorliegen. E. 59 S. 87; doch müssen bei der Straf­ zumessung alle tatsächl. vorliegenden gesetzl. Strafermäßigungsgründe ge­ würdigt werden. E. 59 S. 229. Bei Jugendlichen ist alsdann die in § 9 Abs. 3 JGG. vorgesehene Strafe zu bestimmen. HRR. 1931 Nr. 2085 und JurW. 1934 S. 1358. 69a) § 158 gilt nur für den Meineidigen selbst; eine entsprechende Anwendung auf den Anstifter zum Meineid ist nicht zulässig. RG. DJust. 1936 S. 290. 70) Meineid begreift hier den Partei- wie den Zeugeneid. E. 16 S. 29. 71) Darunter ist nur eine Strafanzeige, d. h. eine Anzeige zu verstehen, welche im wesentlichen die Herbeiführung einer strafrechtlichen Untersuchung be­ zweckt. GA. 42 S. 391. DRZ. 21 Nr. 876; nicht die Selbständige. E. 67 S. 81 (88). Eine Handlung ist angezeigt, wenn ein Dritter sie in ihrer wirk­ lichen strafrechtlichen Bedeutung der Strafverfolgungsvehörde mitteilt. E. 62 S. 303. 72) Eine Untersuchung ist eingeleitet, sobald das amtliche Einschreiten einer zur Verfolgung strafbarer Handlungen zuständigen Behörde in der äußerlich erkennbaren Absicht erfolgt, evtl, eine Bestrafung herbeizuführen. E. 42 S. 65; 58 S. 184; 62 S. 303; wenn z. B. der Meineidige in der Hauptverhandlung auf Antrag des StA. oder in einem bürgerlichen Rechts­ streit gemäß § 183 GVG. durch Gerichtsbeschluß vorläufig festgenommen ist. Es genügt schon der bloße Antrag des StA. auf Festnahme, auch die Beurkundung der falschen Aussage in der Niederschrift auf Antrag des StA., wenn dieser zum Einschreiten entschlossen ist und dies zum Ausdruck

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Meineid § 158.

Rechtsnachteil für einen anderen aus der falschen Aussage ent­ standen ist, diese bei derjenigen Behörde,^) bei welcher er sie abge­

geben hat, widerruft."")

bringt. E. 73 S. 335. Eine bloße Vorbereitung der Entschließung, ob eine Untersuchung eingeleitet werden soll oder nicht, genügt nicht, auch nicht, wenn der Vorsitzende an Hand von herbeigeschafften Strafakten Vorhal­ tungen macht. JurW. 1924 S. 1602. Darunter fallen nicht Untersuchungshandlungen, die auf Grund der den Widerruf enthaltenden Selbstanzeige des Meineidigen vorgenommen werden. E. 67 S. 81. 73) Unter Rechtsnachteil versteht'man alle nachteiligen materiellen Folgen. Ein Vermögensnachteil wird nicht erfordert. RG. JurW. 1934 S. 559. Eine bloße Gefährdung genügt nicht. E. 36 S. 240; auch nicht eine bloß ideelle Benachteiligung. R. 9 S. 281. Ein Nechtsnachteil entsteht durch die Verkündung eines ungünstigen Zivilurteils. JurR. 3 Nr. 1691; durch einen Zwangsvollstr.-Einstellungsbeschluß. JurW. 60 S. 2130; durch Zu­ rücknahme einer Klage. JurW. 59 S. 555, durch die Erhebung von Beweisen, die durch den Meineid veranlaßt ist. RG. JurW. 1934 S. 559 — aber nicht durch Verschlechterung der Beweislage. Dresden DRZ. 22 Nr. 205; — durch Ausstellung eines Erbscheins. E. 39 S. 225; durch Erlaß einer einstw. Ver­ fügung. GA. 56 S. 74, des Urteils erster Instanz. JurW. 56 S. 2694; durch erneute Betreibung eines Offenbarungseidsverfahrens unter Aufwendung neuer Kosten, nachdem der 1. geschworene Offenbarungseid als unrichtig er­ kannt war. E. 70 S. 143. Ein „Nechtsnachteil für einen anderen" liegt auch in jeder Beeinträchtigung des Strafanspruchs des Staates, also in einem unrichtigen Freispruch, aber auch schon in jeder sonstigen der vollkommenen und unverzüglichen Verwirklichung des Strafanspruchs entgegenstehenden Maßnahme' wie Einleitung und Durchführung eines Wiederaufnahmever­ fahrens, Aufschub und Unterbrechung der Strafvollstreckung. RG. DR. 1939 S. 1309. Ein Rechtsnachteil ist aus der falschen Aussage selbst dann ent­ standen, wenn das durch sie veranlaßte Strafverfahren auch ohne ihren un­ richtigen Inhalt eingeleitet wäre. Recht 30 Nr. 1207; aber nicht dann, wenn der Rechtsnachteil mit der Aussage nicht in ursächlichem Zusammenhänge steht. HRR. 1928 Nr. 2236. 74) Ist die falsche Aussage vor dem Untersuchungsrichter abgegeben, so kann sie in der Hauptverhandl. widerrufen werden. E. 9 S. 333, auch in der Berufungsinstanz; tm Straf- wie Zivilprozeß. DRZ. 21 Nr. 176. E. 58 S. 424; gegenüber der StA. des Berufungsgerichts. E. 64 S. 215. Der Widerruf kann auch bei der Behörde erfolgen, die den Anlaß zur Erhebung der ersten Aussage gegeben hat. E. 34 S. 422; die vor dem ersuchten AG. abgegebene falsche Erklärung kann vor dem ersuchenden LG. widerrufen weiden. RG. in JurW. 1935 S. 2961. Ist die falsche Aussage in einer Strafsache vor Gericht abgegeben, so genügt nicht der Widerruf bei der StA., E. 21 S. 8; sind aber zwei'Amtsgerichte in der Sache tätig gewesen, so kann der Widerruf bei jedem derselben erfolgen. E. 27 S. 148. Auch Vollstreckungsgericht und Zivilsireitgericht eines Amtsgerichts sind „dieselbe Behörde". RG. JurW. 1937 S. 1329. 75) Widerruf ist jede Erklärung, durch welche ausgedrückt wird, daß die ftühere Angabe abgeändert werden soll. Ein bloßer Widerspruch genügt nicht. E. 7 S. 154, E. 17 S. 341 u. R. 9 S. 697; wohl aber die Erklärung, in der die Möglichkeit eines Irrtums u. die Unrichtigkeit der Aussage zugegeben wird.

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

10

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A 2. Strafgesetzbuch § 159.

§ 159. Wer eS unternimmt,76) einen anderen zur Begehung eines Meineides zu verleiten,77) wird mit Zuchthaus bis zu fünf JurW. 59 S. 915. Der Widerruf verlangt nicht die Angabe der richtigen Tatsachen. E. 61 S. 194. Die Erklärung kann auch wissentlich unwahr sein und das Beschworene nur z. T. richtig stellen. R»cht31 Nr. 734. Ein Widerruf liegt nicht vor. wenn der Zeuge auch mil der nachträglichen Beriwtigung wissentlich die Unwahrheit sagt. E. 59 ,S. 87; auch nicht ohne weiteres dann, wenn der Zeuge in einem anderen Verfahren vor anderer Behörde oen Meineid eingesteht. DIZ. 38 S. 912. Der Widerruf erfordert keine bestimmte Form. E. 24 S. 259. Selbst Stillschweigen auf einen Vorhalt des Richters kann ge­ nügen. RG. IW. 19 7©. 132h. Er braucht auch nicht persönlich zu er­ folgen. E. 28 S. 162. Es genügt stillschweigende Billigung des durch einen anderen erfolgten Widerrufs. JurW. 57 S. 800. Freiwilligkeit ist nicht er­ forderlich. E. 58 S. 184; E. 60 S. 160. Der Widerruf ist erfolgt, sobald daS betr. Schriftstück vom Täter der Behörde zugänglich gemacht ist. Es braucht nicht an einen zur Vertretung der Behörde berufenen Beamten gelangt zu sein. Es genügt Einwerfen in einen von der Behörde angebrachten Briefkasten. E. 61 S. 123; oder eine vor der Polizei abgegebene Erklärung, die an die StA. bet dem BG. oder die Geschäftsstelle des LG. gelangt ist. E. 67 S. 81. Ob der Widerruf mit der Wirkung zurückgenommen werden kann, daß die Ermäpigui g des 8 158 entfallt, ist zweifelhaft; jedenfalls münte eine solche Zurücknahme bei der in § 158 bezeichneten Behörde geschehen. RG. in JurW. 1935 S. 938. 76) Es handelt sich um einen erfolglosen Versuch der Anstiftung zum Meineid; Vorbereitung-Handlungen genügen nicht. E. 67 S 191 und RG. in JmW. 1934 S. 1575 Für einen als Unternehmen zu bewertenden An­ fang der Ausführung genügt jede Handlung, durch die dem Willen des Täters gemäß das von ihm gewählte Verleitungsmittel in der Richiung auf den er­ strebten Erfolg in Bewegung gesetzt wird, sei es, daß die Einwirkung auf den zu Verleitenden unmittelbar durch den Verleitenden, sei es, datz sie mittelbar, durch eine Miitelperson erfolgt oder erfolgen soll, im letzten Falle.ohne Rück­ sicht darauf, ob die Mittelsperson mit der verbrechelischen Absicht des Unter­ nehmers bekannt oder unbekannt ist. E. 59 S. 370; aber nur Vorbereitungs­ handlung. wenn der Verleiter einen Dritten zu dem Verleitenden entsendet, um diesen zur Rücksprache zu laden. E. 67 S. 191. Auch schon eine einmalige schlichte Aufforderung genügt, wenn der Täter den ernstlichen Willen halte, den Erfolg berbeizuführen. RG. JurW. 1936 S. 388 19. Es genügt, daß der Meineid in einem eist anhängig zu machenden Privarklageverf. zu leisten ist. Recht 34 Nr. 187. Der Täter braucht bei dem Beeinflussungsversuch noch nicht fest entschlossen zu sein, ein entsprechendes Verfahren anhängig zu machen. HRR. 1930 Nr. 676. Keine strafbare Hundlung, wenn der A. sich bewußt war, daß die Behörde zur Abn. einer Versicherung unzuständig ist. JurR. 3 Nr. 1967; dagegen ist § 159 anwendbar, wenn der Täter irrig eine sachlich unzuständige Behörde (z. B. die Polizei) für zuständig hielt. E. 72 S. 80. Aus welchem Grunde der beabsichtigte Erfolg nicht eingetreten ist, ist gleichgültig, deshalb liegt der Tatbestand des § 159 auch dann vor, wenn der zu Verleitende den falschen Eid gutgläubig geleistet hat, R. 8 S. 302 oder wenn er einen fahrlässigen Falscheid schwört. E. 64 S. 223. E. 70 S. 267 — vgl. Anm. 78 — oder, wenn jemand die Verleitung unternimmt, ohne zu wissen, daß der zu Verleitende zur Tat schon entschlossen ist. GA. 38 S. 45 u. LZ. 25 S. 922; oder wenn der die Aufforderung enthaltende Brief

Meineid § 160.

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Jahren, und wer es unternimmt, einen anderen zur wissentlichen Abgabe einer falschen Versicherung an Eides (statt77 * *®)78 * *zu * * verleiten, * * * * * * * *mit ** Gesängnts bis zu Einem Jahre bestraft.

§ 160. Wer einen anderen zur Ableistung eines falschen Eides verleitet7^) wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, und wer einen anderen zur Ableistung einer falschen Vererst nach der Vernehmung einirifft. E. 59 S. 272, und ebenso findet § 159 Anwendung, wenn ein Eidesunmündiger verleitet wird, R. 4 S. 684; ebenso wenn bei dem Verleiteten die freie Wtllensbeftimmung ausgeschloffen war. E. 64 S. 223 (225); ebenso, wenn eine Mittelsperson aufgefordert wurde, einen Dritten zum Meineid zu verleiten. E. 15 S. 259. In dem Versuch, einen Zeugen zum Verschweigen einer Tatsache zu bestimmen, kann .das Unternehmen der Verleitung zum Meineide nur gefunden werben, wenn der Täter weiß, daß jene Tatsache für den Gegenstand der Vernehmung erheblich ist, oder daß der Zeuge ausdrücklich über sie befragt werden wird. E. 42 S. 103. E. 53 S. 220. Der Tatbestand des § liegt auch dann vor. wenn die von dem Täter für falsch gehaltene Aussage objektiv richtig war. R. 10 S. 569; ebenso dann, wenn der Täter die Tatlache zwar für wahr hält, aber den Zeugen, der kein eigenes Wissen oder keine Erinnerung mehr besitzt, veranlassen will, so auszusagen, als bekunde er die Tatsache auf Grund eigener Wahrnehmung und eigener Erinnerung. E. 68 S. 27«. § 46 StGB, ist im Falle des § 159 ausgeschloffen. RG. DJust. 1936 S. 290. 77) Das Verleiten besteht in der Bestimmung des Willens des anderen. R. 5 S. 592. Bestimmte falsche Tatsachen brauchen dem zu Verleitenden nicht bezeichnet zu werden. E. 15 S. 259, E. 9 S. 281. Der zu Verleitende muß eine bestimmte, bereits vorhandene und bekannte Person sein. R. 4 S. 504. Wer eine Mittelsperson auffordert, für ihn einen Zeugen zu suchen, der bereit sei, in seinem Prozeß die Unwahrheit zu beschwören, ist, wenn es feiten» der Mittelsperson nur zu einem strafbaren Unternehmen kommt, als mittelbarer Täter dieses Unternehmens zu bestrafen. JurW. 62 S. *2589. Die Verleitung mehrerer Personen zur Begehung eines Meineides kann durch eine Handlung geschehen. E. 70 S. 334. Es ist nicht erforderlich, daß mit der Einwirkung auf den zu Verleitenden bereits begonnen ist. GA. 56 S. 93. Es genügt schon die bloße Anfertigung von zur Verleitung bestimmten Kassibern. E. 59 S. 370. Mehrere Einwirkuugsversuche auf denselben Zeugen und dieselbe Aussage können in Tai Mehrheit stehen. JurR. 3 Nr. 2060. Keine „fortgesetzte" Ver­ leitung, wenn auf mehrere Personen eingewlrkt wird. E. 7u S. 334. 77 a) und zwar vor einer zuständigen Behörde (§ 156). Sowohl der Verleitende selbst wie nach seiner Vorstellung der Andere muß die Behörde für zuständig halten; ob sie wirklich zuständig ist, ist ohne Bedeutuno. E. 73 S. 312. 78) tz 160 betrifft — im Gegensatz zu § 159 — den Fall, daß nach der Vorstellung des Verleitenden der falsche Eid gutgläubig, wenn auch vielleicht fahrlässig, geleistet werden soll. E. 64 S. 225. Dagegen ist 159 anwendbar, wenn dem Schwörenden ein Meineid angekonnen toiib, er aber fahrlässig falsch schwört. E 64 S. 223. Dem Schwörenden, der bisher ein anderes „bestes Wiffen" gehabt hat, muß die Überzeugung von der Wahrheit der falschen Aus­ sage suggeriert sein. DIZ. 12 S. 640. Zur Vollendung des Vergehens gehört die wirkliche Ableistung des Eides. E. 12 S. 254, R. 8 S. 302 u. E. 15

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A 2. Strafgesetzbuch 88 161—163.

sicherung an Eides Statt verleitet,^») wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar. § 161. Bei jeder Verurteilung wegen Meineides, ™) mit Aus­ nahme der Fälle in den §§ 157 und 158, ist auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte und außerdem aus die dauernde Unfähigkeit des Verurteilten, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, zu erkennen.80 * *) * * * * * * * * * * 79 In den Fällen der §§ 156 bis 159 kann neben der Gefängnis­ strafe aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. § 162 Wer vorsätzlich einer durch eidliches Angelöbnis vor Gericht bestellten Sicherheit oder dem in einem Offenbarungseide 8l)82 * * * * * gegebenen Versprechen zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. § 163. Wenn eine der in den §§ 153 bis 156 bezeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit88) begangen worden ist,88) so tritt Ge­ fängnisstrafe bis zu Einem Jahre ein. S. 148. Ob der Verleitete sich strafbar macht oder nicht, ist gleichgültig. GA. 64 S. 370. Erfolglose Verleitung ist nur als Versuch strafbar. E. 11 S. 418. Erfolg­ lose Verleitung lieat auch vor, wenn der andere Teil bewußt die Unwahrheit sagt. RG. in JurW. 1934 S. 1175. Anstiftung und Beihilfe zu diesen Ver­ gehen sind denkbar. O l 8 h a u s e n Anm. 3. 78 a) Strafbar ist auch, wer einen anderen durch Täuschung veranlaßt, eine Schrift zu unterzeichnen, welche eine eidesstattliche Versicherung enthält. DIZ. 7 S. 52. Der Verleitete muß zum mindesten wisien und damit einverstanden sein, daß die e. V. bei einer Behörde eingereicht wird, mag er auch nicht wissen oder sogar darüber getäuscht sein, daß sie zuständig i. S. des § 156 ist. RG. JurW. 1'938 S. 1159. 79) d. h. wegen der in den §§ 153—155 vorgesehenen Fälle. § 159 ge­ hört nicht hierher. RG. in JurW. 1935 S. 2369. 80) Auf dauernde Unfähigkeit ist gegen den Anstifter zu erkennen. E. 4 S. 377, auch gegen Jugendliche. JurW. 57 S. 912. DRZ. 21 Nr. 403. LK. Anm. 3; sowie bei Strafmilderung gemäß § 51 Abs. 2. E. 69^S. 29; aber nicht bei Beihilfe und Versuch. E. 71 S. 119; zweifelnd E fi9 S. 29. Die Unfäh. ist keine Nebenstrafe, sondern eine Polizei!. Sicherheitsmaßregel. E 73 S. 256. Auch wenn die Strafermäßigungsgründe (§§ 157, 158) unrichtiger­ weise zuaebilligt sind, darf auf dauernde Unfähigkeit nicht erkannt werden. JurR. 3 Nr. 1692. 81) d. h. wenn er promissorisch geleistet ist, was im Falle § 883 Abs. 3 ZPO. und § 261 BGB. Vorkommen kann. 82) D>e bisherige Rechtsprechung (vgl. zusammenfassend RG. JurW. 1936 S. 260) unterschied zwischen dem zugeschobenen oder auferlegten Eid der Partei einschl. dem Offenbarungseid und dem Zeugeneid. Die Partei bat danach die Pflicht, vor der Eidesleistung Nachforschungen anzu­ stellen und ihr Gedächtnis in geeigneter Weise aufzuftischen. Schuldhafte Ver­ letzung der Pfliicht begründet Fahrlässigkeit, wenn die Aussage dadurch falsch

Meineid § 163.

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Straflosigkeit tritt ein, wenn der Täter, bevor eine Anzeige") gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet86) und

bevor ein Rechtsnachteil 8tt) für einen anderen aus der falschen Aus­ sage entstanden ist, diese bei derjenigen Behörde,") bei welcher er sie

abgegeben hat, widerruft.

wird. Beim Zeugen hingegen besteht keine Borbereitungspflicht, vielmehr wird von ibm nur verlangt, daß er ein nach seiner Vorstellung sicheres Er­ innerungsbild richtig (d h. seiner Vorstellung entsprechend), ein unsicheres Er­ innerungsbild aber unter Kennzeichnung der Unsicherheit widergibt. Fahrlässig­ keit des Zeugen ist danach möglich a) wenn er ohne weiter nachzudenken und sich zu besinnen, vorschnell und leichtfertig seine Aussagen macht. E. 42 S. 236; b) wenn der wahre Hergang seinem Gedäatnis völlig entschwunden ist und er, da bloße Gedächtnisanspannung allein nicht hilft, es unterläßt, zur Verfügung stehende Hilfsmittel zu benutzen — ggb. mit Vorsicht zu benutzen —, durch die er sich von der Unrichtigkeit seines Erinnerungsbildes überzeugen oder doch wenigstens Zweifel an desien Richtigkeit bekommen könnte. Für die eidliche Vernehmung der Partei gemäß 8 452 ZPO. gellen jetzt die gleichen Grundsätze wie für Zeugen (vgl. RG. JurW. 1936 S. 880a2). Ist in einem Zeugen ein Irrtum festgewurzelt, so müsien greifbare Tatsachen nachgewiesen werden, die in ihm Zweifel gegen die Treue seines Erinnerungsbildes hervor­ zurufen geeignet waren. E. 63 S.370. Bei unwesentl. Punkten wird sich häufig eine Fahrlässigkeit nicht nachweisen lallen. JurW. 1930 S. 340 l. Fahrlässigkeit liegt auch darin, daß ein Zeuge beim Verlesen des Protokolls nicht aufpaßt und seine falsche Aussage nicht berichtigt. GA. 52 S. 391, oder nicht selbst den Willen zu erkennen gibt, seine Aussage zu berichtigen. E. 45 S. 151; oder daß derjenige, welcher ein Schriftstück mit einer eidesstattl. Versicherung unterschrieben hat, das­ selbe gar nicht gelesen hat und nicht weiß, daß es eine solche Versicherung enthält. E. 70 S. 267; selbst dann, wenn der Erklärende den falschen Teil seiner Er­ klärung gar nicht als eidesstattliche Versicherung abgeben wollte. JurR. 2 Nr 333. E. 34 S. 298; oder daß jemand seinen Namen auf ein leeres Papier setzt und es einem anderen mit der Anweisung aushändigt, eine eidesstattliche Versicherung bestimmten Inhalts darüber zu setzen. GA. 57 S. 396 u. Recht 14 Nr. 1044. Unaufmerksamkeit während der Hauptverhandlung, abgesehen von der eigenen Vernehmung, begründet keine Fahrlässigkeit. GA. 50 S. 399. Die Verneinung der Frage, ob Zeuge wegen Meineides bestraft sei, wenn eine Bestrafung wegen fahrlässigen Lalscheides stattgefunden, begründet nicht ohne weiteres den Tat­ bestand des 5 163. E. 32 S. 118. Ein Sachverst. schwört fahrlässig falsch, wenn er bei der ihm zugängl. Kenntnis der Unterlagen und der ihm eiuenen Sach­ kunde zu einer anderen Überzeugung hätte kommen müssen. JurW. 62 S. 1007. Besteht nach Lage der Beweise die Möglichkeit wissentlicher Verletzung der EideSpflicht, so ist die Verurteilung wegen fahrlässiger Verletzung deswegen nicht ausgeschlossen. E.41S. 389. 83) § 163 findet auch auf den Parteieid Anwendung. E. 16 S. 29, R.9 S. 261. Ein Offenbarungseid in der Form des § 260 BGB. kann aus Fahr­

lässigkeit falsch geschworen werden. E. 7 S. 185. R. 7 S. 20. 84) Siehe Anm. 71. 85) Stehe Anm. 72.

86) Siehe Anm. 73.

E. 34 S. 400, ebenso ein Glaubenseid.

160

A 2. Strafgesetzbuch § 164. 10. Abschnitt.

§ 164.37a)

Wer

Falsche Anschuldigung.*)

einen anderen37) bei

einer Behörde33)

oder

einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten3e) oder

♦) Dgl. Nr. 338 der „Richtlinien für das Strafverfahren". Schrift­ tum: Köhler, GerS. 111 S. 289. 87) Datier ist falsche Selbstbezichtigung nicht strafbar. E. 59 S. 34; die Beschuldigung muß sich gegen eine bestimmte vorhandene und erkennbare Person richten. E. 70 S. 368. Es genügt, daß der Betreffende so bezeichnet ist/ daß seine Ermittelung möglich ist. GA. 47 S. 287. E. 42 S. 18. Streitig ist, ob in entsprechender Anwendung (§ 2) des § 164 auch straf­ bar ist, wer eine (nicht vorhandene) Person einer erdichteten Straftat be­ zichtigt. Die Frage ist zu bejahen, weil der Grundgedanke des § 164 — Ge­ fährdung der Rechtspflege — zutrifft und solche Handlungen, durch die un­ schuldige Dritte in die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung gebracht und die Organe der Strafrechtspflege ihren Aufgaben entzogen werden, nach ge­ sundem Bolksempfinden Strafe verdienen. Ebenso LG. Bayreuth DJust. 1936 S. 1613; LG. Erfurt DJust. 1937 S. 160; LG. Guben DJust. 1937 S. 467; SchöffG. Nürnberg DStrafr. 1938 S. 68; AG. Mühlhausen DJust. 1940 S. 737; Schäfer, DJust. 1936 S. 1613 und JurW. 1937 S. 381; v. Dohnanyi, DJust. 1937 S. 158; Braun, Arch f. Kriminologie 1937 S. 260; Becker, DJust. 1937 S. 460; Klee, ZAkadDR. 1937 S. 696. A. M. E. 70 S. 367 und 71 S. 306 mit der Begr., daß der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 164 durch die Novelle v. 26. Mai 33 bewußt diesen Fall icht erfaßt habe und § 2 den Richter nur ermächtige, unbeabsichtigte Lücken in Strafgesetzen zu schließen (zustimmend Kohlrausch [34] S. 38 und Mezger, ZAkadDR. 1938 S. 119). Diese Begründung trifft indessen nicht zu, da 8 2 dem Richter nur verwehrt, sich über den Willen des Gesetzes, bestimmte Tatbestände nicht zu bestrafen, hinwegzusetzen und diese Absicht bezüglich der vorgetäuschten Straftaten bei der Neufassung des § 164 nicht bestand. Auch nach der hier vertretenen Ansicht kommt aber eine entsprechende Anwendung des § 164 nicht in Betracht, wenn der Täter nicht in der Absicht handelte, behördliche Maßnahmen herbeizuführen (vgl. Anm. 91a). RG. JurW. 1937 S. 1794. 88) Hierunter ist ein sei es aus einer, sei es aus mehreren Personen be­ stehendes Organ der Staatsgewalt zu verstehen, das dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität nach eigenem Ermessen für die Herbeiführung der Zwecke des Staates tättg zu sein, wobei das Organ oder Amt als solches unabhängig von dem Vorhandensein, dem Wechsel des Beamten besteht. E. 18 S. 246; 54 S. 150; RG. in DJust. 1935 S. 1636. Nur deutsche Behörden fallen hierunter. E. 60 S. 317. Die Behörde nicht zur Verfolgung s rafbarer Handlungen zuständig. GA. 37-S. 425, überhaupt nicht zur Bearbeitung der Angelegenheit oder auch nur zur Empfangnahme der Anzeige zuständig oder zur Weitergabe an die zuständige Stelle verpflichtet zu sein. RG. DJust. 1937 S. 943. Doch fällt eine mißbräuchliche Inanspruchnahme der Zivil­ rechtspflege nicht unter 8 164. RG. DJust. 1938 S. 1917. Rein kirchliche Ämter gehören nicht hierher. E. 47 S. 49. Die Dienststellen der NSDAP, und ihrer Gliederungen sind, da sie keine aus der Staatsgewalt abgeleiteten Aufgaben erfüllen, sondern kraft des eigenen ursprünglichen Hoheitsrechts der Partei tättg werden, zwar keine „Behörden" i. S. des 8 164, wohl aber sind sie gemäß 8 2 StGB, (seit dessen Inkrafttreten) solchen gleichzuachten. E. 71 S. 221 (betr. Gauleiter), E. 71 S. 265 (betr. Parteigerichte), OLG.

Falsche Anschuldigung § 164.

militärischen Vorgesetzten oder öffentlich89

161

wider besseres Wissen")

einer strafbaren Handlung"») oder der Verletzung einer 9lmtd=81)

oder Dienstpflicht in der Absicht 91 a) verdächtig:,9^)

ein behördliches

Dresden DStrafr. 1937 S. 271 (betr. Kreisleitung der NSDAP., Amt für Volkswohlfahrt). Wegen der der NSDAP, angeschlossenen Verbände vgl. Anm. 46 Abs. 5 zu 8 359. Auch das Winterhilsswerk ist gemäß § 2 einer Be­ hörde gleichzuachten. E. 71 S. 288, OLG. Breslau DIust. 1938 S. 1269. Dagegen ist der Stellvertreter des Führers seit dem Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat v. 1. Dezbr. 33 Behörde, da er als Mit­ glied der Reichsregierung staatliche Aufgaben zu erfüllen hat. E. 71 S. 34. Behörde in diesem Sinne ist z. B. ein Forstmeister. E. 41 S. 442; der Präsident einer Rechtsanwaltskammer. RG. IurW. 1936 S. 160410; die Landesbauernschaft. RG. DIust. 1936 S. 1126; die in der Reichskulturkammer vereinigten Einzelkammern (z. B. die Reichsschrifttumskammer). E. 72 S. 216; der Reichshandwerksmeister. RG. DIust. 1938 S. 1237. Es genügt die Anzeige bei einer Privatperson, wenn dieselbe in der Er­ wartung gemacht ist, daß sie an die Behörde gelangen werde und diese Er­ wartung erfüllt ist. GA. 42 S. 236. Vgl. E. 33 S. 383. Bahnmeister ist keine Behörde. DIZ. 9 S. 817. Ferner nicht öffentlichrechtliche Körper­ schaften, die nicht für Zwecke des Staates, sondern lediglich für ihre eigenen Zwecke — Betreuung ihrer Mitglieder — tätig sind wie Ortskrankenkassen und Berufsgenossenschaften. RG. DStrafr. 1937 S. 51 und Provinzialfeuersozietäten. OLG. Marienwerder DStrafr. 1937 S. 173. Bei Zurücknahme der Anzeige, bevor sie an Behörden gelangt, liegt § 164 nicht vor. BayLIbLG. DRZ. 19 Nr. 968. Wird die Anzeige zurückgenommen, so ist es bedeutungslos, wenn trotzdem die Anzeige weitergegeben wird. GA. 52 S. 246. Ebenso, wenn sie als wissentlich falsch widerrufen war. Recht 15 Nr. 3947. 89) Siebe § 158 StPO. 89 a) Siehe Anm. 40 zu § 200. 90) Wider besseres Wissen handelt nur, wer von dem Gegenteil der be­ haupteten Tatsache überzeugt ist, nicht auch, wer nicht von der Wahrheit der Behauptung überzeugt ist (bedingter Vorsatz genügt nicht). E. 71 S. 34. § 193 ist unanwendbar, und zwar auch, soweit falsche Anschuldigung in Tat­ einheit mit übler Nachrede begangen ist. E. 71 S. 34. 90 a) d. h. einer solchen, bei der die Strafverfolgung nicht ausgeschloffen ist, weil sie straflos ist. E. 21 S. 101. Behauptet der Anzeigende gleichzeitig einen Schuld- oder Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrund, so liegt eine s.Anschuld, nicht vor, z. B. dann nicht, wenn ein Ehegatte den anderen eines Diebstahls bezichtigt oder wenn im Falle einer Beleidigung ohne weiteres die Anwendung des § 193 klar ist. Recht 30 Nr. 1538. Sie liegt aber vor, wenn ein solcher Grund wiffentlich verschwiegen wird, z. B. Verjährung. E. 23 S. 371. JurW. 63 S. 169; Notwehr. Recht 33 Nr. 1691. Die falsche Anschuldigung kann auch darin bestehen, daß der Verdächtigte, der wirklich eine strafbare Handlung begangen hat, einer anderen (schwereren) Tat bezichtigt wird. Bloße Übertreibungen, die für die Strafzumessung, aber nicht für die recht!. Beurteilung der tatsäckll. begangenen Tat wesentlich sind, fallen nicht unter § 164. Straube DIust. 1940 S. 645. 91) Vgl. § 3 DBG. 91 a) Bedingtei Vorsatz genügt nickt. RG. in IurW. 1935 S. 864. In der Absicht bandelt auch, wer die Verfolgung auf die Spur eines anderen lenkt, um dey Verdacht von sich selbst abzuwenden. E. 69 S. 173.

152

A 2. Strafgesetzbuch § 164.

Verfahren"«) oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbei­ zuführen oder fortdauern zu lassen, wird wegen falscher Anschuldigung mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft?»»»)

Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der im Abs. 1 bezeichneten Stellen oder öfferulich über einen anderen wider besseres Wisseneo) eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art92 * *b*) * auf * * *­ * * * * * * * * * * * * * * stellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behörd­ liche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.92«) Ist die Tat in der Absicht begangen, sich oder einem Dritten einen Vorteil92««) zu verschaffen, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. Neben der Strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.92«««) Ist die falsche Anschuldigung (Abs. 1, 2) nicht wider besseres Wissen, aber vorsätzlich oder leichtfertig92 d) begangen, so ist die Strafe Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geldstrafe.92«) 92) ES genügt, daß der Täter den Verdacht auf eine bestimmte andere Person hinlenkt und den etwa schon vorhandenen falschen Verdacht verstärkt. Eine einseitige, aus eigenem Antriebe des Anzeigenden hervorgegangene Mitteilung an die Behörde ist nicht nötig; es genügt auch, wenn der Mitteilende durch eine amtliche Vernehmung zu der Aussage veranlaßt worden ist. E 69 S. 173. Die Verdächtigung kann nicht nur durch mündliche oder schriftliche Mittei­ lungen, sondern auch z. B. durch fälschliche Zuschtebung von Beweismitteln erfolgen. Bei Verdächtigung mehrerer Personen in einem Schriftstück kann Tatmehrheit oder Tateinheit nach den für die Beleidigung ausgestellten Rechtsgrundsätzen (vgl. Anm. 3 zu § 185) vorliegen. RG. DR. 1989 S. 623. 92 a) Dem behördlichen Verfahren ist ein parteigerichtliches Verfahren, den behördlichen Maßnahmen sind solche von Parteidienststellen kraft des § 2 gleichzuachten, RG. DJust. 1937 S. 1360 (vgl. auch Anm. 88). 92 aa) Tateinheit zwischen §§ 164 u. 187 möglich. E. 53 S. 206. 92 b) Darunter fällt der zu Unrecht erhobene Borwurf kommunistischer Betätigung oder früherer Zugehörigkeit zu marxistischen Parteien ober anttNationalen Vereinigungen. Schäfer, DIZ. 38 S'. 789. 92 c) Darunter ist solche behördl. Maßregel zu verstehen, die irgendeinen Nachteil für die von der tatsächl. Behauptg. betroffene Person herbeiführt oder zur Folge haben kann. Einfache Zurückweisung genügt nicht. Dresden JurW. 63 S. 309. 92ec) Der Begriff ist der gleiche wie z. B. in § 259 (s. hort Anm. 24); eS genügt daher auch ein nichtwirrschaftl. Vorteil. JurW. 1938 S. 501. 92 ccc) Gilt nur für Abs. 1—3, nicht für Abs. 5. RG. JurW. 1936 S. 2715. 92 d) d. h. grob fahrlässig. E. 71 S. 176. Leichtfertig handelt, wer bet gewissenhafter, ihm möglicher und zumutbarer Prüfung hätte erkennen müssen, daß die Unterlagen, die ihm zur Verfügung stehen, unzuverlässig oder unzulänglich sind; wie z. B. wenn er angebliche Geschehnisse, die ihm durch haltlose Gerüchte oder Vermutungen zugetragen sind, als Tatsachen hin­ stellt. RG. DJust. 1937 S. 785. Ist auch nur mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Behauptung wahr ist, so ist sie nicht leichtfertig unwahr aufgestellt.

§ 165. Bergehen, welche sich auf die Religion beziehen § 166. Solange

ein

infolge

163

der gemachten Anzeige etngeleitetes Ver­

fahren anhängig o») ist, soll mit dem Verfahren und

mit der Ent­

scheidung über die falsche Anschuldigung inne gehalten werden.

§ 165.

Wird wegen falscher Anschuldigung auf Strafe erkannt,

so ist zugleich dem Verletzten^») die Befugnis") zuzusprechen, die Ver­ urteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich

bekannt zu machen.

Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben, ist in dem Urteile zu bestimmen.

Dem Verletzten ist auf Kosten de- Schuldigen eine Ausfertigung

des Urteils zu erteilen.

11. Abschnitt.

§ 166.

Vergehen, welche sich aus die Leltgiou beziehen.

Wer dadurch, daß er öffentlich0Ö) in beschimpfenden ")

E. 71 S. 173. Grundsätzlich besteht also eine ErkundigungSpflicht. Doch dürfen die Ansprüche nicht überspannt werden. Bon einem Laten kann nicht verlangt werden, daß er vorher selbst Ermittlungen über die Wahrheit einer Behauptung anslellt, well er dazu ohne behördliche Machtmittel in der Regel nicht in der Lage ist. E. 71 S. 37. Lag bei dem Tater ein festeinge­ wurzeltes Erinnerungsbild vor, so muß festgestellt werden, daß ihm geeignete Hilfsmittel zur Verfügung standen, um die Unrichtigkeit der Anschuldigung zu erkennen. RG. DR. 1939 S. 988. § 184 Abs. 5 findet keine Anwendung, wenn der Anzeigende die Tatsachen, aus denen er den Verdacht schöpft, richtig anzeigt und daraus nur leichtfertig folgert, daß sie seinen (unbegründeten) Verdacht rechtfertigen. E. 71 S. 167. Abs. 5 kann auch durch eine dienstliche Mitteilung eines staatl. oder Parteiamtsträgers an eine Staats- oder Partei­ dienststelle verwirklicht werden. E. 72 S. 96. 92e) Tateinheit mit § 186 ist möglich. Die Strafe ist im Hinblick auf § 165 aus 8164 Abs. 5 zu entnehmen. RG. DJust. 1938 S. 867. § 193 findet keine Anwendung. E. 72 S. 96. 93) Dahin gehört daS staatsanwaltliche Ermittelungsverfahren. E. 8 S. 184; ebenso das Dienststrafverfahren. E. 10 S. 381. Die Einleitung des Verfahrens ist nicht sckon mit dem Eingänge der Anzeige anzunebmen: es muß vielmehr erst eine einleitende Verfügung ergangen sein. Recht 6 S. 536. Die­ lst z. B. der Fall, wenn der Präsident der Rechtsanwaltskammer einem RA. eine gegen ihn eingegangene Beschuldigung zur Äußerung zuleitet. OLG. Köln JurW. 1936 S. 2486. Das Verfahren ist so lange anhängig, als auf die über Einstellung des Verfahrens erhobene Beschwerde noch kein endgültiger ablehnender Bescheid ergangen ist. GA. 39 S. 235. Vgl. E. 31 S. 231 und GA. 57 S. 221. Es kann hier nur ein Verfahren gemeint sein, In welchem eS sich noch um die Feststellung der Schuld bandelt; die Bestimmung findet deshalb auf das Verfahren in der Revisionsinstanz keine Anwendung. E. 26 S. 365. 93a) Dem Vorgesetzten eines verletzten Beamten kann — abweichend von §§ 196, 200 — die Befugnis nicht zugesprochen werden. E. 72 S. 169. 94) Vgl. Sinnt. 41 zu § 200. 95) Vgl. Sinnt. 40 zu § 200. 96) Eine Beschimpfung liegt nur vor, wenn die Mißachtung deS Heiligen in besonders roher und verletzender Form ausgedrückt wird; ob dieS der Fall, darüber entscheidet nicht allein der sprachliche Ausdruck, vielmehr- kann die Be-

164

A 2. Strafgesetzbuch § 166.

Äußerungen (Sott97) lästert, etn Ärgernts

eine der

christlichen

Kirchen")

oder

eine

gibt,") oder wer öffentlich

andere mit

Korporations­

rechten innerhalb des Bundesgebietes bestehende Religionsgesellschast 10°),

oder ihre Einrichtungen l) oder Gebräuche ’) beschimpft, 06j ingleichen wer schimpfung auch in einer Behauptung an sich schimpflicher Tatsachen gefunden werden. E.31 S. 305. DRZ. 20 Nr. 651 E.67S.373 Dies kann auch mittelbar durch einen roden Vergleich geicheben. G. 61 S. 151; auch durch bildliche künst­ lerische Darstellungen. E. 64 S. 121. Beschimpfend ist auch die Bezeichnung der Kirche öU Berdummungsanstalt. JurW. 40 S. 237; die Aussiellung religiöser Schriften in der Abt. „Schundliteratur". BayObLG JurW. 55 S. 1994 In den Worten „Das schwarze Gesindel" kann möglicherweise eine Beschimpfung

des Priestertums gefunden weiden. BayLdLG. LZ. 27 S. 605. Nicht ist notwendig, daß der Täter den Zweck verfolgt hat, seine Verachtung zum Aus­ druck zu bringen, es genügt vielmehr das Bewußtsein, daß die Handlung sich als Ausdruck einer solchen Verachtung erweist. Recbt 13 Nr. 3494. Bloß leichtfertige Redensarten gehören nicht hierher. E. 10 S. 146. Nur wer selbst schimpft, nicht wer die in einem Urteil angeführten Schimpfworte mitteilt, macht sich strafbar. E. 46 S. 356. Notwendig ist, daß die Beschimpfung sich gerade auf

den angegriffenen religiösen Gebrauch bzw. auf die Religionsgesellschaft selbst als ihr Objekt bezieht. GA.43 S. 49. Beschimpfung kann durch Gutgläubigkeit ausgeschlossen werden. E. 63 S. 20; aber nicht dadurch, daß die Äußerung JurW 58 S. 3385; oder daß

der Ausdruck der Überzeugung des Täters ist.

der Täter an sich berechtigte Zwecke verfolgt oder sich bei seinen bildlichen Dar­ stellungen einer künstlerischen Form bedient. E. 64 S. 121. 97) d. i. der Gottesbegriff, wie er in den Bekenntniffen der christlichen Kirche niedergelegt ist. E. 6 S. 77. Auch eine Lästerung Christi gehört hierher. E. 64 S. 123. 98) Es genügt nicht, daß die Handlung objekttv geeignet ist, ein Ärgernis zu er­ regen, sondern es muß ein solches gegeben sein.

E. 16 S. 245.

99) Eine staatlich geschloffene, ihre besondere Organisatton besitzende Landes­ kirche ist eine christliche Kirche im Sinne dieses §. E. 5 S. 188. Die Be­ schimpfung Luthers als Stifters der evangelischen Kirche kann zugleich eine Be­ schimpfung der letzteren enthalten.

R. 5 S. 676 u. R. 7 S. 664.

Eine Be­

schimpfung der Bibel enthält nur dann einen Angriff gegen die christliche Kirche,

wenn feststeht, daß die Bibel als solche und als dogmattsche Grundlage des christlichen Glaubens angegriffen ist. E. 40 S. 262. Ebenso liegt in der Be­ schimpfung des Unfehlbarkeitsdogmas nicht ohne weiteres eine Beschimpfung der

kathol. Kirche selbst. E. 26 S. 294. 100) Dahin gehören die Altkatholiken.

OR. 18 S. 644; dagegen (vgl.

Ges. v. 28. März 38, RGBl. I S. 338) seit 1. Jan. 38 nicht mehr die Juden. Unerheblich, ob innerhalb der Religionsgesellschaft eine große Reihe von Sekten mit verschiedenen Lehren besteht. Recht 32 Nr. 2184. 1) Das sind äußere Einrichtungen, welche sich aber auf die Religion u. das

innere Wesen der Kirche beziehen. R. 2 S. 477 u. E. 5 S. 188. Eine einzelne Kirche als sichtbare Form kann nicht Angriffsobjett des Delikts sein. Dresden LZ. 22 S. 1113.

Der § 166 will aber nicht die religiöse Lehre oder einzelne

Sätze derselben als solche, als Dogmen gegen beschimpfende Angriffe schützen, sondern nur die christlichen Kirchen und die Religionsgesellichasten als solche und deren Einrichtungen und Gebräuche. Von diesen Gesichtspunkten aus sind die zehn Gebote nicht als Einrichtung der christlichen Kirche angesehen. E. 26 S. 435, ebensowenig die Kanzel, E. 26 S. 39. Dagegen sind als Einrichtungen der

Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen § 167.

155

in einer Kirche«») oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte») beschimpfenden Unfug4) verübt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. § 167. Wer durch eine Tätlichkeit oder Drohung jemand hindert, den Gottesdienst 6) einer im Staate bestehenden Religions­ christlichen Kirche angesehen: die Taufe. E. 67 S. 373; Papsttum und römische Kurie. Dresden LZ. 20 S. 1154; das Priestertum, nicht der Priesterstand als Einrichtung der katbol. Kirche. E. 27 S. 284; das Meßopfer und die Beichte. E. 33 S. 221. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 939; ferner das luther. Predigtamt. R. 5 S. 676; die Sonntagsheiligung und das geistl. Lehramt. R. 8 S. 692; das Vaterunser. Recht 19 Nr. 2614; das aponolische Glaubens­ bekenntnis. JurR. 1 Nr. 178. R. 3 S. 755. Kirchenlieder und Responsorien. GA. 37 S. 362. HRR. 1928 Nr. 1063; Reliquienausstellung (heiliger Rock). E. 22 S. 238; auch der „englische Gruß" Ave Maria. Recht 16 Nr. 1722. GA. 60 S. 80; Fasnnhirtenbriefe. DRZ. 24 Nr. 521.

2) Als christliche Gebräuche sind angesehen eine Hauskollekte, R. 2 S. 582, die geistliche Amtstracht. E. 6 S. 88, ferner in der kathol. Kirche die Ausstellung von Reliquien. E. 24 S. 12; der Segen. HRR. 1932 Nr. 1272; Einweihung einer Kirche. GA. 45 S. 45; ferner die bei kathol. Beerdigungen üblichen Gebete. E. 31 S. 133. Richtet sich die Beschimpfung zunächst gegen eine einzelne Hand­ lung (Versehgang des Pfarrers), so ist festzustellen, daß der Täter mit der Be­ schimpfung über den einzelnen Fall hinaus den Gebrauch selbst hat treffen wollen. E. 45 S. 11. 2 a) Auch die Vorhalle einer Kirche genießt den Schutz des § 166. Recht 9 S. 171. 3) Als solcher Ort kann auch ein Kirchhof angesehen werden, R. 9 S. 169. HRR. 1932 Nr. 576; aber nicht ein Grundstück, das erst zu einem Kirchhof bestimmt ist. GA. 42 S. 250. Ein Gebäude verliert dadurch, daß eS während eines Umbaus unbenutzbar ist, nicht seine Eigenschaft. Recht 15 Nr. 3137.

4) Es handelt sich nicht um groben Unfug im Sinne des § 360 Nr. 11, sondern um eine grobe Ungebühr, die schon durch ihre Begehung in der Kirche und durch die gerade durch deren Benutzung in den Augen der Gläubigen erfolgte Herabwürdigung als beschimpfender Unfug sich darstellt. Recht 7 S. 187. Der Unfug muß aber für andere erkennbar und dem ihn Verübenden bewußt die Herabwürdigung des heiligen Ortes zum Ausdruck bringen. E 43 S. 201. Beischlafvollziehung auf einem Kirchhof ist für b. U. erachtet. R. 7 S. 195; über­ haupt jede geschlechtliche Unüttlichkeit. LK. Anm. 15; Ausstößen von religions­ feindlichen Kampfrufen auf einem Kirchhof. HRR. 1932 Nr. 576. In der Verspottung kirchlicher Einrichtungen kann aber, wenn es an einer besonders rohen Form fehlt, grober Unfug gefunden werden. Recht 26 Nr. 910. 5) Gottesdienst besteht in der Vereinigung der Mitglieder einer Kirche oder Religionsgesellschaft zur religiösen Erbauung durch Verehrung und Anbetung Gottes in dem dazu bestimmten Raume und in Gemäßheit der Vorschriften und Gebräuche der kirchlichen Gemeinschaft. Ob dies im Einzelfalle zutrifft, ist Tatftage. R. 7 S. 363. So kann die Frage, ob die Verlesung der Thora vor einer jüdischen Gemeinde zum Gottesdienst zu rechnen sei, nur für die bestimmte Ge­ meinde und tatsächlich entschieden werden. R. 8 S. 18. — Der Gemeindegesang ist Gottesdienst.. GA. 62 S. 328.

166

A 2. Strafgesetzbuch § 168.

gesellschast 8) auszuüben, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Otte7) durch Er­

regung von Lärm8) oder Unordnung9) den Gottesdienst oder einzelne

gottesdienstliche Verrichtungen10) einer im Staate bestehenden Religions­

gesellschaft vorsätzlich verhindert*ll) oder stört,ia) wird mit Gefängnis

bis zu drei Jahren bestraft.18) § 168.

Wer unbefugt eine LeicheM) aus dem Gewahrsam der dazu

berechtigten Person1B) wegnimmt, ingleichen wer unbefugt ein Grab lö) 6) Korporationsrechte braucht sie — im Gegensatz zu § 166 — nicht zu haben. Es gehören bierher z. B. auch die Heilsarmee. E. 39 S. 388, die „Gemeinde der evangelischen Gemeinschaft". E. 34 S. 264. 7) Der Umstand, daß ein Unfug an einem zu religiösen Versammlungen bestimmten Otte verübt ist, macht ihn noch nicht ohye weiteres zu einem be­ schimpfenden Unfug. E. 31 S. 410. Als zu religiösen Versammlungen bestimmt kann ein Ott nicht schon des­ halb angesehen werden, wenn er zu solchen Versammlungen tatsächlich, wenn auch wiederholt, benutzt wird. E. 29 S. 334. Auch ein Kirchhof gehött hierher. E. 27 S. 296. Siehe auch GA. 58 S. 465. Ob an dem Otte gerade eine religiöse Versammlung stattfindet, ist unerheblich. E. 32 S. 212. Es gehött hierher überhaupt jede Räumlichkeit, welche nach Att u. Zweck ihrer Benutzung tatsächlich der bett. Gesellschaft au relig. Versammlungen dient. GA.39S.210. 8) Der Lärm braucht nicht notwendig in der Kirche oder unmittelbar an dem Orte selbst verübt zu werden. R. 3 S. 70 u. E. 5 S. 258. Er muß aber die unmittelbare Folge der Handlungsweise des Täters sein. Recht 10 S. 66. 9) Erregung von Unordnung liegt vor, wenn nach der gegebenen Sachlage in bezug auf den Gottesdienst die äußere Ordnung beeinträchttgt ist; sie ist nicht vorhanden, wenn nur eine innere rein psychische Wirkung hervorgerufen ist. E. 37 S. 147. 10) Zu den gottesdienstlichen Berttchtungeu, die der Andacht u. Erbauung dienen, ist gerechnet: In der kathol. Kirche die Einführung eines Kirchenvorstehers, E. 23 S. 199, in der evang. Kirche die Bestattungszeremonie auf dem Kirchhofe, E. 27 S. 296 u. E. 34 S. 265. Verneint das Borlesen der Thora. R. 7 S. 363. 11) Auch eine vorübergehende Hinderung genügt. R. 9 S. 169. 12) Es genügt auch die Störung Einzelner, nicht einer einzelnen Person. E. 17 S. 316. Der Erfolg der Störung muß in der Kirche eingetteten sein. E. 37 S. 150. 13) Durch eine Berechtigung zu der störenden Handlung wird die Sttafbarkeit ausgeschloffen, E. 16 S. 15, ebenso durch Notwehr. E. 21 S. 168. 14) Der durch Verwesung zerfallene Körper ist nicht Leiche, auch nicht der unentwickelte Fötus. LK. Anm. 2. Siehe Anm. 1 a zu 8 367 Nr. 1. 15) Gewahrsam hat, wem der Fttedhof mit seinem Grund und Boden ge­ hött. E. 28 S. 139. 16) Grab ist der ganze eingefttedete Raum eines ErbbegräbnisieS. GA. 60 S. 66. Zu einem Grabe wird der ausgegrabene Schacht erst dann, wenn ein Toter mit dem Sarge in denselben versentt worden ist. Herausnehmen der Leiche aus einem offenen Grabe erfüllt den Tatbestand. E. 28 S. 139. Grab ist auch die Stelle, wo die Urne mit der Asche niedergelegt ist. LK. Anm. 6 a. E. 16 a) Eine Beschädigung ist das Öffnen des Grabes auch dann, wenn

die Grabstätte danach ordnungsmäßig wieder hergerichtet werden soll. nahe Angehörige dürfen das Grab nicht öffnen. DRZ. 19 Nr. 814.

Auch

Verbrechen u. Vergehen in Beziehg. a. d. Personenstand § 169.

167

zerstört oder beschädigt,18 * **)* 17 oder wer an einem Grabe16 b) beschimpfenden Unfug verübt,") wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.18) 12. Abschnitt.

Verbrechen und Vergehen in Leziehvug auf den Personen­ stand. 19)20

§ 169.

Wer ein Kind unterschiebt oder vorsätzlich verwechselt,^)

oder wer auf andere Weise den Personenstand

eines

anderen vor-

16 b) § 168 ist entsprechend (§ 2) anwendbar, wenn beschimpfender Unfug angesichts der Leiche in der Leichenkammer des Friedhofs verübt wird. E. 71 S. 323. 17) Durch den beschimpfenden Unfug muß der Frieden des Toten und seine Ruhestätte gestört erscheinen. E. 48 S. 299. In der unbefugten Ent­ fernung des Sargdeckels aus einem solchen Grabe kann er gefunden werden. E. 12 S. 168. Beschimpfender Unfug liegt ferner in dem Beschädigen (Heraus­ reißen und Wegwerfen) der auf ein Grab gepflanzten oder in Töpfen einge­ grabenen Gewächse. R. 9 S. 399, JurW. 43 S. 365, desgl. in der Be­ schädigung der Grabtafel. E. 39 S. 155 (siehe dagegen GA. 53 S. 441), aber nicht in dem einfachen Abpflücken von Blumen, E. 7 S. 191, ebensowenig in dem Wegnehmen von lose auf das Grab gelegten Kränzen. E. 21 S. 178. 18) Ein besonderer auf Pietätsverletzung gerichteter Vorsatz wird nicht gefordert. GA. 39 S. 434. Es ist rechtlich bedeutungslos, ob in dem Grabe ein Familienmitglied des Täters oder ein Fremder bestattet ist. Recht 7 S. 133. HöchstRR. 3 S. 66. Der Unfug kann verübt werden auch von dem, der über das Grab rechtlich zu verfügen in der Lage ist. (Ehemann am Grabe der Eheftau.) E. 42 S. 145. 19) Personenstand ist im allgem. das familienrechtl. Verhältnis zwischen verschiedenen Personen, wie solches besonders durch die Abstammung von be­ stimmten Eltern begründet wird. Uneheliche Vaterschaft begründet einen Per­ sonenstand des Kindes. E. 34 S. 427. Ein totgeborenes Kind hat keinen Personenstand. E. 43 S. 402. 20) Die V e r ä n d e r u n g des Personenstandes besteht in der Herbeiführung eines Zustandes, kraft dessen wenigstens tatsächlich für die Allgemeinheit oder doch für solche Personen, welche zur Ermittlung der Persönlichkeit das Recht und die Pflicht haben, das familienrechtliche Verhältnis sich anders darstellt, als es wirklich ist (RG. DJ. 1937 S. 1680), während die Unterdrückung des Personenstandes darin besteht, daß em tatsächlicher Zustand herbeigeführt wird, durch welchen verhindert oder doch erschwert wird, daß das wirklich vorhandene familienrechtliche Verhältnis einer Perlon zur Geltung kommt. E. 10 S. 86. Die Herbeiführung eines dauernden Zustandes ist nicht erforder­ lich. RG. DJuft. 1937 S. 16«0. Erfolgt eine wiederholte Unterdrückung durch einen anderen Täter, so liegt eine selbständige Straftat vor. E. 39 S. 252. § 169 findet Anwendung, wenn der Vater bei der Anmeldung eines uneheliwen Kindes die Mutter als seine Eheftau bezeichnet RG. DJust. 1937 S. 16b0; desgl. wenn jemand seine Konkubine als Ehefrau ausgibt. Recht 25 Nr. 2912; ferner wenn eine Frau dem Vormundschastsgericht gegenüber eine falsche Person als Vater ihres unehelichen Kindes angibt. E. 41 S. 301; oder unwahr angibt, sie könne den Vater nicht nennen, weil sie in der Empfängniszeit mit mehreren Männern geschichtlich verkehrt habe. E. 70 S. 18 oder sie habe in der Empfängniszeit nur mit dem als Vater bezeichneten Manne verkehrt. RG. DJuft. 1937 S. 80;

158

A 2. Strafgesetzbuch § 169.

sätzlich verändert oder unterdrückt, wird mit Gefängnis bis zu drei

oder wenn sie ihr u. K. unter Verschweigung des Namens zu ihr unbekannten Leuten bringt, um sich der Pflichten gegen das Kind zu entschlagen. GL. 39 S. 421; oder wenn jemand das von einem anderen erzeugte Kind an­ erkennt RG. DJ. 1937 S. 1743, und besonders dann, wenn er nach Eintragung des Anerkenntnisses in das Geburtenbuch die Kmdesmmter heiratet, um dadurch den Anschein einer Legitimation durch nachfolgende Ehe (nd SchöffG. Weimar DJust. 1937 S. 1189. Politische Satire und Karikatur sind kein Mittel, um Verspottungen eines anderen, die durch sonstige Außerungsformen nicht erlaubt sind, rechtlich zulässig zu machen. Recht 28 Nr. 73. LZ. 22 S. 981; doch darf eine satirische Darstellung nicht nur nach ihrem Wortsinn beurteilt werden. E. 62 S. 183. Der Tatbestand einer Beleidigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Inhalt der ehrenkränken­ den Beleidigung als zweifelhaft hingestellt wird. GA. 47 S. 293. Der Tat­ bestand liegt auch vor, wenn Presseäußerungen eine Form gegeben wird, die eine mehrfache Deutung zuläßt, und der Verfasser sich bewußt ist, daß seine Leser die Ausführung in einem strafrechtlich zu wertenden Sinne verstehen werden. E. 63 S. 112 (115). Der Aushang eines Blldes ist nicht ohne weiteres beleidigend. Recht 33 Nr. 1688. Für die von ihrem Anwalt im vor­ der. Schriftsatz ausgesprochene Beleidigung ist die Partei insofern verantwort­ lich, als sie ihm Anweisung gegeben hat. KG. Recht 33 Nr. 143. Verwechse­ lung der Person ist unerheblich, wenn die Kundgebung für den wirklich Ge­ troffenen gleichfalls beleidigend ist. KG. Recht 33 Nr. 1696.

Die angegriffene Person muß erkennbar sein. DRZ. 24 Nr. 223. Nicht ist verfolgbar „eine gegen die Organe des Reichsinnenministers" gerichtete Äußerung, weil die Gewißheit der Person fehlt. JurW. 1932 S. 3267.

188

A 2. Strafgesetzbuch § 185.

Beleidigung von Gemeinschaften. Schrifttum aus neuerer Zeit: Kuhn, DJuft. 1935 S. 1594; Freisler, DJust. 1936 S. 1458; Dahm, JurW. 1936 S. 2497 und Festschrift für Gleispach S. 1; Gerland, GerS. 110 S. 9; Schröder, GerS. 110 S. 77;vonderGoltz,DStrR.1936 S. 209; Welzel, ZStW. 57 S. 28. über das künftige Recht siehe Freisler in Gürtner-Freisler, Das neue Straftecht S. 101. Nach der bisher h. M. (vgl. E. 68 S. 123) konnten — abgesehen von Behörden und politischen Kör­ perschaften (vgl. §§ 196, 197) — nur Einzelpersonen beleidigt werden. Diese Rechtsprechung hat das RG. (E. 70 S. 140 — DJust. 1936 S. 608 mit Anm.) neuestens aufgegeben und anerkannt, daß auch Personengemein­ schaften als solche beleidigt werden können, weil nach der jetzigen Rechtsauf­ fassung nicht nur Einzelpersonen, sondern auch die Volksgemeinschaft und die in ihr bestehenden Gemeinschaften Träger einer eigenen Ehre sind. In der genannten Entscheidung sind „zum mindesten die Personenmehrheiten, die das Recht anerkennt und die mit staatlicher Billigung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu dienen Bestimmt sind" als des Schutzes der §§ 185 ff. teilhaftig bezeichnet worden. Allgemein wird man sagen können, daß in diesem Sinne beleidigungsfähig alle diejenigen Personengemeinschaften sind, die nach ge­ sundem Volksempfinden Träger einer eigenen Ehre sind. Das aber ist der Fall bei solchen von lebendigem Gemeinschaftswillen und Bewußtsein ge­ tragenen — nicht nur vorübergehenden — Zusammenschlüssen von Personen, an deren Achtung wegen der Aufgaben, die sie sich in der deutschen Volksge­ meinschaft gestellt haben, der Allgemeinheit gelegen ist. Sachwertgesamt­ heiten wie die Kapitalgesellschaften des Handelsrechts, Stiftungen usw. sind keine Gemeinschaften in diesem Sinne und genießen daher als solche nicht den straftechllichen Ehrenschutz. OLG. Düsseldorf DRechtspfl. 1936 Nr. 164 (betr. G.m.b.H.); a. M. Gerland a. a. O. S. 20, 27. Als hiernach schutz­ würdige Gemeinschaften kommen u.a. in Betracht dieNSDAP., ihre Gliede­ rungen und die ihr angeschlossenen Verbände bis in ihre mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten und ein gewisses Eigenleben führenden örtl. Untergliederungen (z. B. Ortsgruppe der NS-Frauenschaft. RG. DJust. 1940 S. 1220), die Gesamtheit der in diesen Untergltedervngen tätigen Unterführer oder Amtswalter (Amtswalterkorps). KG. DStrA. 1937 S. 263, die Wehrmacht und ihre Formationen (Regiment, Kompagnie), die Tech­ nische Nothüfe, das Deutsche Rote Kreuz, die Betriebsgemeinschaft eines Unternehmens, eine Ortskrankenkasse. NG. DJust. 1940 S. 1220. usw. Nach LG. Ravensburg JurW. 1937 S. 181 gehört hierher auch der Anwalts­ stand. Auf die Rechtsform, in der die Gemeinschaft besteht, kommt es nicht an. Keinen Gemeinschaftsehrenschutz genießen Stammtischrunden, Skat­ klubs usw. Gemeinschaften, die einen der Rechtsordnung und der völkischen Sittenordnung zuwiderlaufenden Zweck verfolgen, können nicht Träger einer eigenen Ehre sein. Stteitigist, ob auch dieFamilie als solche beleidigt werden kann (bejahend u. a. Freisler DJust. 1936 S. 1464; Dahm JurW. 1936 S.2497; verneinend Gerland a. a. O. S. 39ff., 53). Nach nationalsozialistischer Rechtsauffassung ist die Famllie eine echte Gemeinschaft mit eigener Ehre; Beleidigungen der Eheftau oder der Tochter tteffen daher, soweit sie, wie insbesondere Angriffe auf die Geschlechtsehre, als ein der Famllie angetaner Schimpf empfunden werden, die Gemeinschaft; die männlichen Mitglieder, in erster Linie der Ehe­ mann und Vater als das Haupt der Famllie, sind berufen, solche Ehren­ kränkungen abzuwehren. Auf diesen Standpuntt haben sich, soweit es sich um Beleidigungen der Eheftau handelt, der III. und IV. Strafsenat des RG. ge-

Beeidigung § 185.

189

mittels einer Tätlichkeit2) begangen wird, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft?) stellt (§ 70 S. 94 und 173) und ausgesprochen, daß, wer die Ehre einer Ehe­ frau verletzt, damit zugleich den Ehemann beleidigt. Dies gilt selbst dann, wenn die Ehrverletzung mit ihrem Einverständnis und deshalb ihr gegenüber straffrei erfolgt. Wer mit einer Ehefrau Ehewidrigkeiten begeht, beleidigt in der Regel, d. h. wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalles eine der­ artige Annahme ausschließen, den Ehemann. E. 70 S. 98. Dagegen haben, soweit es sich um Beleidigung einer (wenn auch minderjährigen oder zwar volljährigen, aber wegen ihres Geisteszustandes pflegebedürftigen) Tochter durch unzüchtige Handlungen handelt, der II. Strafsenat (E. 70 S. 245) und der I. Strafsenat (DJust. 1937 S. 585) — im Gegensatz zu den oben an­ geführten Schriftstellern und OLG. München JurW. 1937 S. 180 — eine ohne weiteres zugleich den Vater tteffende Beleidigung anzunehmen ab­ gelehnt; doch haben sie anerkannt, daß unter besonderen Umständen der Vater durch eine der Tochter zugefügte Beleidigung unmittelbar beleidigt werden könne, z. B. bei Vornahme unzüchtiger Handlungen in der Wohnung des Vaters oder in seiner Gegenwart oder trotz Kenntnis der Sorge des Vaters um das sittl. Wohl der Tochter. RG. DR. 1939 S. 233 — zumal wenn der Täter verheiratet ist. RG. JurW. 1938 S. 790 — oder wenn die Tochter in Häusl. Gemeinschaft mit den Eltern lebt. RG. JurW. 1939 S. 543. Keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Familienehre, wenn das Familien­ haupt selbst der Täter ist. E. 73 S. 113. Soweit ein Schutz einer Gemeinschaftsehre nicht in Bettacht kommt, kann in dem Angriff auf eine Mehrheit von Personen eine Beleidigung der einzelnen unter den Sammelbegriff fallenden Personen gesunden werden, so wenn sich die Kundgebung erkennbar und nach dem Bewußtsein des Täters auf alle von dem Sammelbegriff erfaßten Personen bezieht. Aus der bis­ herigen Rechtsprechung sind folgende Entscheidungen hervorzuheben, die allerdings z. T. dadurch ihre Bedeutung verloren haben, daß jetzt in einer Reihe der abgeurteilten Fälle eine Verletzung der Gemeinschaftsehre anzunehmen ist: Das Offizierkorps einer Garnison. R. 2 S. 701; die (frühere) Reichswehr in der Äußerung: „In derReichswehr sind die Hälfte Hallunken." E.66S. 128 (vgl. jetzt auch § 134a); der Richterstand. E.7S.170. (Das Mitglied eines Kollegialgerichts durch einen Angriff auf das Urteil dieses Gerichts. KG. JurW. 1930 S. 1097); die Justiz. JurW. 1930 S. 918; alle deutschen Arzte. JurW. 1932 S. 3113; die SA. und SS. E. 68 S. 120. Nicht ist erforderlich, daß die einzelnen Personen hervorgehoben und einzeln erkennbar bezeichnet werden, es genügt, daß die Gesamtbezeichnung in ihrer allgemeinen Fassung erkennen läßt, auf welche Einzelpersonen sie sich be­ zieht, wobei der Täter selbst diese Personen gar nicht zu kennen und sie sich vorzustellen braucht. E. 23 S. 246. JurW. 1928 S. 806. 2) Zur tätlichen Beleidigung gehört eine Einwirkung auf den Körper des Beleidigten. E. 70 S. 250. Hierher gehört Raub eines Kusses, Ab­ schneiden des Bartes usw., aber nicht Ausspucken vor einem Anderen. Recht 10 S. 574; ferner Bespritzen mit Wasser. Breslau DRZ. 22 Nr. 139. Dresden LZ. 24 S. 275. Voraussetzung ist die Berührung des Körpers. E. 67 S. 173. 3) Sind in einem Schreiben mehrere Personen beleidigt, so kann Tat­ mehrheit angenommen werden, wenn sich die Äußerungen an verschiedenen Stellen des Schriftstückes befinden und nur in einem losen Zusammenhang miteinander stehen. E. 66 S. 1; RG. JurW. 1938 S. 855.

190

A 2. Strafgesetzbuch § 186.

*) § 186?») Wer in Beziehung auf einen anderen8b) eine Tatsache4) behauptet°) oder verbreitet?) welche denselben verächtlich zu machens ♦) Vgl. dazu Nr. 365 der „Richtlinien für das Strafverfahren" (Ein­ schränkung des Wahrheitsbeweises, wenn der Beleidiger den Beleidigten da­ durch bloßstellen will, daß er mit der beleidigenden Tatsache nicht unmittelbar zusammenhängende Tatumstände aus dem Leben des Beleidigten unter Be­ weis stellt). 3 a) Ein abfälliges Werturteil schließt die Anwendung des §186 nicht aus. E. 64 S. 10 (12). Dienen Schimpfworte nur der Unterstreichung ehren­ rühriger Behauptungen, so ist lediglich aus § 186 zu bestrafen. E. 65 S. 358; RG. in JurW. 1935 S. 2496. 3 b) d. h. daß der Beleidigte dabei als eine dritte Person gedacht wird. Es genügt dabei, daß die Tatsachenbehauptung sich zwar unmittelbar an den Be­ leidigten richtet, jedoch mit Wißen des Täters gleichzeitig oder später zur Kenntnis eines Dritten gelangt. RG. JurW. 1937 S. 2390. In einem solchen Falle können auch § 185 u. § 186 in Tateinheit oder -Mehrheit stehen, während sonst § 186 die Anwendbarkeit des § 185 ausschließt. E. 41 S. 61 u. 286. JurW. 59 S. 270 u.3401. Jdealkonkurrenz wenn in einer längeren Erklärung an der einen Stelle eine formelle Beleidigung, an einer anderen Stelle, in sich abgeschloffen und ohne unmittelbaren inneren Zusammenhang mit der ersteren, eine strafbare Behauptung von Tatsachen enthalten ist. E. 65 S. 58; oder wenn die beleidigende Kundgebung sich an Dritte richtet, der Beleidiger aber erwartet, daß sie dem Beleidigten zur Kenntnis kommen werde. RG. JurW. 1934 S. 1418. Die bloße Möglichkeit, daß dritte Personen außer dem Be­ leidigten von der Beleidigung haben Kenntnis erhalten können, genügt zur An­ wendung des § 186 nicht. R. 7 S. 626. 4) Tatsache ist ein Ereignis oder Geschehnis, das sinnlich wahrnehmbar und daher dem Beweise zugänglich ist. E. 55 S. 129. Gegensatz: Wert­ urteile, d. h. Ansichten, Meinungen, die nicht durch Tatsachen belegt werden. Zu den Tatsachenbehauptungen gehören dagegen auch Äußerungen und Urteile, welche die Behauptung einer konkreten Tatsache enthalten. E. 35 S. 227 und allgemeine Bezeichnungen, wenn sie zu bestimmten Vorkomm­ nissen in Beziehung gesetzt sind. RG. DR. 1939 S. 1980. Beispiele: die Behauptung der Parteilichkeit. R. 9 S. 179, der Zahlungsunfähigkeit eines Kaufmanns, E. 2 S. 309 (aber nicht in Zeiten einer Wirtschaftskrise. KG. GA. 76 S. 237); Eheleute ständen in Scheidung. Königsberg. DRZ. 23 Nr. 118; jemand sei ein durch das Parteibuch hochgekommener Beamter. JurW. 1932 S. 1743; auch die Voraussage eines bevorstehenden Ereignisses, da hieraus die Behauptung einer verwirklichten Tatsache entnommen werden kann. E. 67 S. 2. Andererseits fallen unter den Begriff nicht Äußerungen anderer in Beziehung auf den Verletzten, sondern nur seine eigenen Hand­ lungen, Unterlassungen und Eigenschaften. DRZ. 20 Nr. 724. Durch die Zweideutigkeit der Kundgebung wird die Anwendung des § 186 nicht aus­ geschlossen. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 1010. § 186 setzt aber immer voraus, daß die Äußerung erkennbar auf konkrete, dem Wahrheitsbeweis zugängliche Vorgänge sich bezieht; daher keine üble Nachrede, wenn jemand erklärt, er werde auspacken, auch wenn er damit zum Ausdruck bringen will, es seien irgendwelche Unregelmäßigkeiten vorgekommen. RG. JurW. 1935 S. 2370. § 186 ist auch unanwendbar, wenn es sich offensichtlich um einen frei erfun­ denen Witz handelt. JurW. 1933 S. 959. 5) D. i. Hinstellen einer Tatsache als Gegenstand eigenen Wiffens. KG. Recht 33 Nr. 1366. Dies kann auch durch Aussprechen eines Verdachts oder

Beleidigung § 186.

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oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet tftz7 B) wird,

wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr8) ist, wegen Beleidigung Stellung einer Frage geschehen. E. 60 S. 373; oder dadurch, daß jemand — dem Hörer oder Leser erkennbar — eine Tatsache aus Grund einer Schluß­ folgerung aus bestimmten Unterlagen, die er kennt oder zu kennen meint, als wahr hinstellt. E. 67 S. 268. 6) D. h. Weitergabe einer von einem anderen erhaltenen Mitteilung als Gegenstand fremden Wissens. KG. Recht 33 Nr. 1366. Verbreiten liegt auch in dem Erwähnen eines Gerüchts, auch wenn dasselbe als grundlos bezeichnet wird. E. 22 S. 221. E. 38 S. 368; ebenso in dem Vorlesen einer Schrift, R. 4 S. 291. Nicht ist erforderlich, daß die Mitteilung an weitere Kreise gelangt. E. 30 S. 224. Nicht verbreitet, wer eine Zeitung mit beleidigendem Inhalt weiter­ gibt, ohne zum Ausdruck zu bringen, daß er sich den Inhalt zu eigen macht. KG. JurW. 59 S. 1239. Durch das Verbot des Verbreitens wird das Recht der Presse zur Berichterstattung über sttafbare Handlungen eingeschränkt. E. 65 S. 359. Siehe Anm. 20 letzter Abs. zu § 193. 7) Es ist nicht erforderlich, daß jeder sittliche Wert abgesprochen wird, auch eine erhebliche Herabsetzung desselben 'macht verächtlich. E. 35 S. 126. 7 a) Wenn der Betreffende mit Rücksicht auf die über ihn behauptete Tat­ sache der von ihm eingenommenen Stellung in Staat oder Gesellschaft unwert erscheint. HRR. 1933 Nr. 348. 8) Der Beweis der Wahrheit ist ein Sttafausschließungsgrund. E. 19 S. 386. E. 65 S. 422 (425), und zwar auch dann, wenn der Täter die Er­ weislichkeit seiner Behauptung zur Tatzeit nicht kannte. OLG. Naumburg JurW. 1939 S. 337. Der Beweisanttitt darf nicht deswegen abgelehnt werden, weil doch immer eine Bestrafung nach § 185 gerechtfertigt sei. E. 1 S. 260. JurR. 3 Nr. 657. JurW. 60 S. 938. KG. HRR. 1930 Nr. 461. Aber dann, wenn es sich um allgemeine Ausdrücke, wie Schweinehund usw. handelt, die sich auf die Gesamtpersönlichkeit beziehen, nicht jedoch, wenn eine ganz bestimmte Eigenschaft (Dieb) beleuchtet werden soll. KG. Recht 33 Nr. 144. Bei erweis­ lich wahrer Behauptung bleibt Beleidigg. aus § 185. JurW. 57 S. 2094. Es muß festgestellt werden, daß die üble Nachrede objektiv nicht erweislich wahr ist, auch wenn der Angekl. keinen Versuch des Beweises macht; ihn trifft für das Vorliegen der Erweislichkeit keine Beweislast. RG. DJust. 1937 E. 163. Wahrheitsbeweis für eine getilgte Strafe ist zulässig. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 140. Eine materiell wahre Tatsache steht i. S. des § 186 der erweislich wahren mindestens gleich und das Bewußtsein der Wahrheit enthält zugleich das Bewußtsein der Erweislichkeit. E. 19 S. 386. Für den Beweis der Wahrheit kommt es nicht auf den Wortlaut, sondern auf den Sinn der Äußerung an. GA. 47 S. 175. Der Beweis der Wahrheit ist für geführt zu erachten, wenn die Behauptung sich auch nur im wesentlichen mit den erwiesenen Tatsachen deckt. OLG. München in JurW. 1935 S. 2851. Erforderlich ist die Jdentttät der behaupteten und der zu beweisenden Tatsache. E. 62 S. 95. Auch bei einem Gesamtvorwurf sind vorgebrachte Einzelbehauptungen nachzuprüfen. E. 64 S. 284; bei Gesamtbehauptungen brauchen nicht alle Einzelheiten als wahr bewiesen zu werden. LZ. 26 S. 1058. Ausnahmsweise kann das Gelingen des Wahrheitsbeweises wegen der Bedeutungslosigkeit für die Sttaffrage dahin ge­ stellt werden. JurW. 55 S. 2184. Das gutgläubige Festhalten an der Be­ hauptung darf nicht als Grund für die Sttafschärfung (hartnäckiges Leugnen) in Betracht kommen. E. 38 S. 207. Kann sich der Täter für seine unrichtige Be­ hauptung auf eine (unzutreffende) Auskunft einer zuständigen Amts- oder Partei-

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A 2. Strafgesetzbuch § 187.

mit Geldstrafe oder mit Hast oder mit Gefängnis bis zu Einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich") oder durch Verbreitung9* )* von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zwei Jahren bestraft. § 187. Wer wider besseres SBtffen10) in Beziehung auf einen anderen 10a) eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche den­ selben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herab­ zuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet tft,10b) wird wegen verleumderischer Beleidigung mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn die Verleumdung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Gefängnis nicht unter Einem Monat bestraft.n) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis aus Einen Tag Gefängnis ermäßigt oder auf Geldstrafe erkannt werden. Im Kap. III Teil 8 der VO. d. BP. v. 8. Dezbr. 1931 (BGBl. I 8. 742) ist folgendes bestimmt: § 1. Steht im Falle der üblen Nachrede (§ 186 des Strafgesetz­ buchs) der Verletzte lla) im öffentlichen Leben11 a) und ist die ehren­ rührige Tatsache öffentlich behauptet oder verbreitet worden und geeignet, den Verletzten des Vertrauens unwürdig erscheinen zu lassen, dessen er für sein öffentliches Wirken bedarf, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten, wenn der Täter sich nicht erweislich in entschuldbarem gutem Glauben an die Wahr­ heit der Äußerung befunden hat.

dienststelle stützen, so ist für ihn der Beweis der Wahrheit erbracht und die Rechtswidrigkeit der Tat ausgeschlossen. E. 73 S. 67. 9) Vgl. Anm. 12 zu 8 85. 10) Siehe Anm. 90 zu § 164. 10 a) Die Gefährdung des Kredits von K r e d i t i n st i t u t e n ist strafbar nach § 47 deS Ges. über das Kreditwesen v. 25. Septbr. 39 (RGBl. IS. 1955); abgedr. unter B V 1. 10 b) Kreditgefährdung besteht nur in der Gefährdung des Vertrauens, das ein anderer hinsichtlich der Erfüllung seiner vermögensrechtlichen Verbindlichkeiten genießt. GA. 52 S. 104. 11) § 193 ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Anm. 20 d zu 8 193). Ein Beschuldigter, der einen anderen wissentlich falsch beschuldigt, um den Verdacht von sich abzuwenden, ist nach § 164 strafbar (vgl. dort Anm. 91a). Aber auch die Aufstellung solcher Behauptungen zur Herbeiführung eines Strafverfahrens gegen den Verleumder selbst, um in diesem Verfahren den Beweis für die wissentlich unwahre Behauptung anzutrettn, läuft so sehr den Anforderungen von Recht und Sittlichkeit zuwider, daß eine in diesem Sinne erstattete Anzeige als Wahrnehmung eines vom Recht anerkannten Interesses nicht gelten kann. E. 58 S. 39. Es genügt auch nicht, daß die verleumderische Behauptung im staatlichen Interesse zwecks Beseitigung eines vermeintlich ungeeigneten Beamten erfolgt ist. Recht 23 Nr. 831. 11a) Nicht eine Behörde. HRR. 1933 Nr. 1727.

192

A 2. Strafgesetzbuch § 187.

mit Geldstrafe oder mit Hast oder mit Gefängnis bis zu Einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich") oder durch Verbreitung9* )* von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zwei Jahren bestraft. § 187. Wer wider besseres SBtffen10) in Beziehung auf einen anderen 10a) eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche den­ selben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herab­ zuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet tft,10b) wird wegen verleumderischer Beleidigung mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und, wenn die Verleumdung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Gefängnis nicht unter Einem Monat bestraft.n) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis aus Einen Tag Gefängnis ermäßigt oder auf Geldstrafe erkannt werden. Im Kap. III Teil 8 der VO. d. BP. v. 8. Dezbr. 1931 (BGBl. I 8. 742) ist folgendes bestimmt: § 1. Steht im Falle der üblen Nachrede (§ 186 des Strafgesetz­ buchs) der Verletzte lla) im öffentlichen Leben11 a) und ist die ehren­ rührige Tatsache öffentlich behauptet oder verbreitet worden und geeignet, den Verletzten des Vertrauens unwürdig erscheinen zu lassen, dessen er für sein öffentliches Wirken bedarf, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten, wenn der Täter sich nicht erweislich in entschuldbarem gutem Glauben an die Wahr­ heit der Äußerung befunden hat.

dienststelle stützen, so ist für ihn der Beweis der Wahrheit erbracht und die Rechtswidrigkeit der Tat ausgeschlossen. E. 73 S. 67. 9) Vgl. Anm. 12 zu 8 85. 10) Siehe Anm. 90 zu § 164. 10 a) Die Gefährdung des Kredits von K r e d i t i n st i t u t e n ist strafbar nach § 47 deS Ges. über das Kreditwesen v. 25. Septbr. 39 (RGBl. IS. 1955); abgedr. unter B V 1. 10 b) Kreditgefährdung besteht nur in der Gefährdung des Vertrauens, das ein anderer hinsichtlich der Erfüllung seiner vermögensrechtlichen Verbindlichkeiten genießt. GA. 52 S. 104. 11) § 193 ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Anm. 20 d zu 8 193). Ein Beschuldigter, der einen anderen wissentlich falsch beschuldigt, um den Verdacht von sich abzuwenden, ist nach § 164 strafbar (vgl. dort Anm. 91a). Aber auch die Aufstellung solcher Behauptungen zur Herbeiführung eines Strafverfahrens gegen den Verleumder selbst, um in diesem Verfahren den Beweis für die wissentlich unwahre Behauptung anzutrettn, läuft so sehr den Anforderungen von Recht und Sittlichkeit zuwider, daß eine in diesem Sinne erstattete Anzeige als Wahrnehmung eines vom Recht anerkannten Interesses nicht gelten kann. E. 58 S. 39. Es genügt auch nicht, daß die verleumderische Behauptung im staatlichen Interesse zwecks Beseitigung eines vermeintlich ungeeigneten Beamten erfolgt ist. Recht 23 Nr. 831. 11a) Nicht eine Behörde. HRR. 1933 Nr. 1727.

193

Beleidigung §§ 188 u. 189.

§ 2. Steht im Falle der Verleumdung (§ 187 des Strafgesetz­ buchs) der Verletzte im öffentlichen Leben11 b*) und ist die ehrenrührige Tatsache öffentlich behauptet oder verbreitet worden und geeignet, den Verletzten des Vertrauens unwürdig erscheinen zu lassen, dessen er für sein öffentliches Wirken bedarf, so ist die Strafe Gefängnis nicht unter sechs Monaten.

§ 3. In den Fällen der §§ 1, 2 kann das Gericht neben der Strafe und unabhängig von einer nach § 188 des Strafgesetzbuchs zu verhängenden Buße auf eine an die Staatskasse zu entrichtende Buße bis zu einhunderttausend Reichsmark erkennen. § 188. In den Fällen der §§ 186 und 187 kann auf Verlangen deS Beleidigten, wenn die Beleidigung nachteilige Folgen"«) für die BermögensverHältniffe, den Erwerb oder daS Fortkommen deS Be­ leidigten mit sich bringt, neben der Strafe auf eine an den Beleidigten zu erlegende Buße lld) erkannt werden.") Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eine- weiteren Entschädigungsanspruches aus.

§ 189. Wer das Andenken eines Verstorbenen dadurch beschimpft, daß er wider besseres Wissen13) eine unwahre Tatsache behauptet, oder verbreitet, welche denselben bei seinen Lebzeiten verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet gewesen wäre, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe er­ kannt werden. 11 b) Das sind solche Personen, die das Leben der Volksgemeinschaft durch ihr Wirken auf dem Gebiete der Politik, Weltanschauung, Wirtschaft, Wissenschaft u. Kunst maßgebend beeinflussen u. so die Allgemeinheit auf sich lenken. Dazu gehören nicht allgemein die Staatsdiener oder alle für öffent­ lichen Angelegenheiten dauernd tätigen Volksgenossen. E. 67 S. 101. Auch nicht der Bürgermeister einer mittleren deutschen Stadt, mag diese auch früher die Hauptstadt eines deutschen Landes gewesen sein. KG. in Deutsche Justiz 1934 S. 680. Bon Amtsträgern der NSDAP, kommen wohl nur Reichsund Gauleiter in Betracht. Mitt. d. Reichsrechtsamts der NSDAP. DR. 1939 S. 220.

11 c) Hierunter sind nicht die dem Beleidigten durch fruchtlose Verfolgung der Beleidigung im Privatklageverfahren erwachsenen Kosten zu verstehen. E. 42 5. 166. Der Schade braucht nicht Vermögensrecht!, und auch noch nicht, ein­ getreten zu sein. Recht 34 Nr. 450. lld) und zwar von 3 btd 10 000 Reichsmark. Art. IV der BO. v. 6. Febr. 24 (RGBl. 1 S. 44). 12) Die beanspruchte Buße muß ziffermäßig vom Nebenkläger angegeben werden. Die Nachteile müsien tatsächlich eingetreten sein. Recht 19 Nr. 1450. 13) Der Glaube an die Wahrheit des Geäußerten schließt die Strafe auS, R. 3 S. 797. Dalcke, Strafrecht.

32. Aufl.

13

A 2. Strafgesetzbuch §§ 190-192.

194

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern, der Kinder

oder des Ehegatten des Verstorbenen ein. § 190.

Ist die behauptete oder verbreitete Tatsache eine straf­

bare Handlung, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzu­ sehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung rechtskräftig ver­ urteilt worden ist. Der Beweis der Wahrheit ist dagegen ausgeschlossen,

wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung vor der Behauptung oder Verbreitung rechtskräftig freigesprochen worden ist.") § 191.

Ist wegen der strafbaren Handlung lö) zum Zwecke der

Herbeiführung eines Strafverfahrens16 14) 15 bei der Behörde Anzeige16»)

gemacht, so ist"*») bis zu dem Beschlusse, daß die Eröffnung der Unter­ suchung nicht stattfinde, oder bis zur Beendigung der eingeleiteten

Untersuchung mit dem Verfahren und der Entscheidung über die Be­ leidigung inne zu halten. n) § 192.

Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder ver­

breiteten Tatsache17 e) schließt die Bestrafung nach Vorschrift des § 185 nicht aus, wenn das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder Verbreitung oder aus den Umständen,*7 *>) unter welchen sie geschah, hervorgeht.18)

14) Die Rechtskraft des Freispruchs muß also vor der Behauptung oder Verbreitung eingetreten sein. Straffteierklärung oder Freisprechung wegen Verjährung hat nicht diese Wirkung. LK. Anm. 4. Abs. 2. 15) Auf den Fall der §§ 185 u. 189 findet § 191 keine Anwendung. Olshausen Anm. 1 u. Frankfurt JurW. 56 S. 1599. A. M. KG. Recht 33 Nr. 644. BayObLG. JurW. 60 S. 1619. 16) Auf Dienststrafverfahren findet die Bestimmung keine Anwendung. E. 10 S. 381. 16 st) Anzeige ist jede Mitteilung einer angeblichen strafbaren Handlung an die zur Strafverfolgung berufene Behörde. GA.46 S. 46. JurW. 56 S. 2218; auch die Privatklage. Königsberg JurW. 59 S. 2585. 16 b) Beschwerde gegen den Einstellungsbeschl. ist unzulässig. BayObLG. HRR. 1929 Nr. 566. 17) Solange das Verfahren bezüglich der Beleidigung sistiert ist, ruht auch die Verjährung der letzteren, wenn auch nur gegen einzelne die Untersuchung eingeleitet ist. E. 59 S. 197. Unterbrochen wird die Verjährung nur, wenn das Ermittelungsverf. auf Grund einer Anzeige, nicht aber auf anderem Wege eingeleitet wurde. E. 66 S. 328. 17 ») Nicht auf § 186 StrGB. beschränkt. KG. JurW. 1930 S. 2579. Dresden HRR. 1932 Nr. 73. 17 b) Umstände sind solche Tatsachen, welche die Kundgebung in ihrer äußeren Erscheinung begleiten. Dazu gehört nicht Uninteressiertheit des Empfängers der Kundgebung. KG. Recht 33 Nr. 2511. 18) Der beantragte Wahrheitsbeweis darf nicht mit der Begr. abgelehnt werden, daß doch nach § 185 zu bestrafen sei. E. 64 S. 11. Für § 193 ist kein Raum. JurW. 1932 S. 409.

Beleidigung § 193.

195

§ 193.19) Tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen,19 a) ingleichen Äußerungen, welche zur Aus­

führung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung be­ rechtigter Interessen-9) gemacht werden, sowie Vorhaltungen und 19) Die Bedeutung der Vorschrift des § 193 (vgl. Weber, JurW. 56 S. 2671) besteht wesentlich darin, daß beim Vorhandensein der Voraussetzungen des § 193 nicht wie in sonstigen Fällen der Beleidigung schon der bloße Vorsatz, d. h. das Bewußtsein von dem objektiv beleidigenden Charakter der Kundgebung genügt, sondern daß eine direkt auf Zufügung einer Beleidigung gerichtete Absicht gefordert wird, die sich aus der Form der Äußerung oder den Begleitumständen ergeben muß. RG. JurW. 1936 S. 1909. Bei tätlichen Beleidigungen findet der § keine Anwendung. Celle GA. 60 S. 483. LK. Anm. 2. A. M. Stuttgart GA. 70 S. 56. Das Anwendungsgebiet des § ist beschränkt auf inhaltlich ehrverletzende Äußerungen. E. 60 S. 335. Bei Beleidigungen, die zum Teil durch § 193 geschützt sind, zum Teil nicht, kein Fortsetzungszusammenhang. BayObLG. LZ. 19 S. 49. Der Rechtsschutz be­ steht auch beim Leugnen des A. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 744. Dresden DRZ. 25 Nr. 264. § 193 ist nicht anwendbar, wenn die Beleidigung mit einer anderen strafbaren Handlung einheitlich zusammentrifft. DRZ. 21 Nr. 786. 19 a) Darunter fällt nicht die Dienstführung öffentl. Behörden. HRR. 1930 Nr. 1776; auch nicht die Tättgkeit des Anwalts. LG. III Berlin, JurW. 60 S. 3585. A. M. LK. Anm. 5. — Bei der Beurteilung einer wiffenschaftl. Leistung läßt sich die sachl. und persönl. Seite nicht trennen. BayObLG. JurW. 60 S. 1496. 20) a) Es handelt sich hier um einen Fall der Güter- und Pflichtenab­ wägung; es ist das Interesse des Täters an der Aufdeckung der von ihm be­ haupteten Tatsachen gegen das des Beleidigten am Schutz seiner Ehre ab­ zuwägen. RG. DJust. 1936 S. 825. Berechtigtes Interesse liegt vor, wenn das Interesse sich bei billiger, verständiger Beurtellung der konkreten Sachlage als ein gerechtferttgtes darstellt. So steht z. B. einem Zeugen, soweit es sich um Aussagen handelt, die unter sein Zeugnis fallen, oder von ihm irriger Weise als darunter fallend erachtet werden, der Schutz des § 193 zu. E. 41 S. 254. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 941. Das Interesse kann ein privates oder ein öffenttiches sein. Ein privates Interesse setzt voraus, daß es entweder den Täter persönlich berührt oder zwar eine dritte Person angeht, er aber nahe persönliche Beziehungen zu dem ftemden Interesse hat. Um für öffent­ liche Belange einzutteten, ist ein besonderes Verhältnis des Täters zu der Angelegenheit erforderlich, vermöge dessen sie ihn persönlich nahe angeht. E. 59 S. 414 (Näheres unter c). Das Vorhandensein b. I. ist ausgeschlossen, wenn diese gegen das Recht oder die guten Sitten verstoßen, wenn z. B. Arbeitswillige beleidigt werden, um sie zum Anschluß an den Ausstand zu bestimmen. E. 46 S. 213; oder wenn die Beleidigung zur Erzwingung der Klageerhebung erfolgt. Hamburg DRZ. 20 Nr. 614. Ebensowenig kommt der Schutz des §193 dem zustatten, der einen anderen beleidigt zwecks Herbei­ führung eines Sttafverfahrens gegen sich selbst, RG. DStrR. 1037 S. 158 oder dem, der mit der Strafanzeige kein anderes Ziel verfolgt, als seine feind­ selige Gesinnung gegen einen anderen im Wege der Ehrenkränkung zu beftiedigen. Recht 11 S. 391, oder dem, der die Sttafanzeige fälschlich mit Namen eines anderen unterzeichnet. E. 39 S. 181. Anonymen Anzeigen ist § 193 grundsätzlich nicht versagt. E. 22 S. 329. b) Die Anwendung des § 193 setzt gemäß § 59 StGB, nicht voraus daß die gutgläubig erhobenen Borwürfe ybjektiv wahr sind. E. 59 S. 414. 13*

196

A 2. Strafgesetzbuch § 193.

Jedoch kommt § 193 dem nicht zugute, der leichtfertig aus der Luft gegriffene oder nicht sorgfältig auf ihre Richtigkeit nachgeprüfte ehrenrührige Be­ hauptungen verbreitet. E. 63 S. 92 u. 202; RG. DJust. 1936 S. 825; der z. B., statt Augen- und Ohrenzeugen zu hören, sich mit Mitteilungen Dritter begnügt, die ihr Wissen nur vom Hörensagen hatten. OLG. Düsseldorf DRechtspfl. 1936 Nr. 433, oder der eine amtl.. widerlegte Behauptung wiederholt. JurW. 1933 S. 961. Dies trifft 6es. bei öffentl. Beleidigungen zu. Geringere Anforderungen an die Pflicht zur Nachprüfung der Richtig­ keit sind nach E. 66 S. 1 bei Anzeigen strafbarer Handlungen von Beamten an die zur Untersuchung zuständigen Behörden zu stellen, jedoch gilt dies nur mit der Einschränkung, die sich jetzt aus § 164 Abs. 5 ergibt. RG. DJust. 1936 S. 1126. Bet Verleumdungen (§ 187) gibt es grundsätzlich keine Be­ rufung auf § 193. RG. DJust. 1936 S. 517 und 825. Auch wenn der Täter gutgläubig ist und an die Richtigkeit seiner Behaup­ tung glauben durfte, kann die Anwendbarkeit des § 193 entfallen, wenn der eingeschlagene Weg nach billigem Ermessen nicht als angemessenes Mittel zur Wahrung der Interessen angesehen werden kann und der Täter hinsicht­ lich der Zulässigkeit seines Vorgehens nicht gutgläubig war. So wenn er einen gegen Beamte erhobenen Borwurf dienstlicher Verfehlungen statt bei den zuständigen Stellen bei Dritten angebracht oder wenn ein Beamter, statt den vorgeschriebenen Dienstweg zu beschreiten, sich an eine außenstehende Stelle gewandt hat. RG. DJust. 1936 S. 828 oder wenn ein Berufsgenosse, der das berufliche Verhalten eines anderen tadelt, sich nicht an die Standes­ gerichte, sondern an die Öffentlichkeit wendet. RG. DJust. 1936 S. 1269. In jedem Falle muß der Täter die Wahrnehmung ber. Interessen wirklich gewollt haben. Ob er daneben noch von anderen verwerfliche Inter­ essen verfolgenden Beweggründen (Rachsucht) sich leiten läßt, ist ohne Be­ deutung. E. 66 S. 3;RG. DJust. 1937 S. 784. Die Äußerungen müssen objekttv oder wenigstens nach der Auffassung des Täters geeignet sein, seinen Zwecken zu dienen, es muß mithin zwischen der Äußerung und dem vertei­ digten Rechte ein ursächlicher Zusammenhang vorliegen. E. 23 S. 422. Daß sich der Täter auf § 193 beruft, ist nicht erforderlich. JurW. 1931 S. 1094. c) Die Wahrnehmung der Interessen dritter Personen ist grund­ sätzlich nicht ausgeschlossen. Doch muß eine so nahe persönliche Beziehung zu den fremden oder allgemeinen Interessen bestehen, daß es nach Billiger und vernünftiger Beurteilung der Verhältnisse als gerechtfertigt erscheint, sich zu ihrem besonderen Verfechter aufzuwerfen. E. 63 S. 229. Dies ist z. B. nicht der Fall, wenn ein Zusammenschluß von Anhängern der Naturhellkunde Ärzte wegen ihrer Berufsausübung angreift. RG. a. a. O., wohl aber wenn jemand einen anderen, den er durch eine (Straftat verletzt oder bedroht glaubt, über die Person des vermeintlichen Täters aufklärt. KG. HRR. 1929 Nr. 777. Eine nahe persönliche Beziehung liegt insbesondere vor, wenn jemand kraft Berufs fremde Interessen zu vertreten hat, wie der Vormund oder Anwalt. E. 30 S. 41. Die Beziehung ist aber bei einem Anwalt nicht hinsichtlich jeder Angelegenheit begründet, die das Gericht betrifft, bet dem er tätig ist. E. 47 S. 170. § 193 ist zugebilligt der Auskunftei. E. 37 S. 104; E. 38 S. 131; dem Detektiv, wenn es den Interessen des Aufttaggebers ent­ spricht. Celle HRR. 1928 Nr. 2064. Als berechttgte Interessen gelten ferner auch die Interessen eines größeren, jedoch gegen die Allgemeinheit fest ab­ gegrenzten, der Zahl nach übersehbaren Personenkreises. Kiel HöchstRR. 3 S. 18. Den einzelnen Glaubensgenossen als solchen ist jedoch nicht gestattet, das allgemeine Interesse, das die Gesamtheit der Angehörigen der Konfession

Beleidigung § 193.

197

Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen 21)

an einem Vorgang des öffentlichen Lebens nimmt, durch das Mittel be­ leidigender Angriffe wahrzunehmen; auch nicht einem Geistlichen. BayObLG. LZ. 21 S. 182. Als den Täter nahe angehende öffentliche Interessen sind anerkannt z. B. daß der Ortspostbetrieb sich ordnungsmäßig abwickelt. LK. Anm. 10b; daß das Reisegepäck pünktlich befördert werde. Dresden JurW. 1929 S. 2836; daß das Ansehen des Pfarrers der eigenen Kirchengemeinde nicht herab­ gewürdigt werde. JurW. 1929 S. 2354. Jeder Staatsbürger ist berechtigt, strafbare Handlungen und Verfehlungen von Beamten, auch wenn sie nicht ihn selbst oder ihm nahestehende Personen betreffen, bei den zuständigen Be­ hörden anzuzeigen. RG. DJust. 1937 S. 199 (s. oben b Abs. 1). Auch ein den allgemeinen Staatszwecken zuwiderlaufendes Verhalten eines Beamten gibt jedem Volksgenossen ein solches Anzeigerecht; dagegen ist er nicht befugt, beliebigen Dritten gegenüber unter Berufung auf das allgemeine Interesse an der Reinhaltung der Politik oder des Beamtentums die Ehre anderer im öffentlichen Leben oder in der Beamtenschaft stehender Personen anzugreifen. RG. DJust. 1936 S. 825. Vgl. noch KG. JurW. 1928 S. 825 und 1920 S. 2580 (Wahrnehmung allgemein-deutscher Interessen). Bedeutung des § 193 für die Presse (s. dazu OLG. Frankfurt. JurW. 1937 S. 1261). Nach, der bisherigenRechtsprechung war ein allgemeinesRecht der Presse, vermeintliche Übelslände öffentlich zu rügen, nicht anzuerkennen. E. 5 S. 239 (s. auch E. 65 S. 360), ebensowenig ein Recht des Schriftleiters, lediglich aus sittlichen Motiven die Rechte dritter Personell in einer Sache wahrznnehmen, zu der er nicht in besonderer Beziehung steht. E. 25 S. 67. Bei der Würdigung dieser Rechtsprechung ist indeffen zu berücksichtigen, daß hier durch das Schriftleitergesetz v. 4. 10.1933 ein Wandel der Auffassungen eingetreten ist. Die Tätigkeit des Schriftleiters ist zu einem Beruf mit amtsähnlichem Charakter ausgestaltet worden (vgl. auch RG. DJust. 1936 S.1131). Seinen Pflichten (§ 14 des Ges.) entspricht nach OLG. Hamburg in D. Straft. 1935 S. 460 das Recht, die Tätig­ keit einzelner Volksgenossen abfällig zu kritisieren, die dem Aufbauwerk des Nationalsozialismus Widerstand entgegensetzen. Aus der bisherigen Recht­ sprechung ist hervorzuheben: Die Beauftragung des Schriftleiters durch den Verfasser reicht zur Anwendung des § 193 nicht aus. DIZ. 37 S. 1422. B. I. ist gegeben, wenn die öffentliche Besprechung in der Presse als der einzige Weg erachtet wird, Übelstände zur allgemeinen Kenntnis zu bringen und dadurch ihre Abhilfe herbeizuführen. E 15 S. 15 (19). DRZ. 20 Nr. 289. Jedenfalls ist es ausreichend, wenn der Schriftleit, r mit der Wahr­ nehmung ftemder Interessen besonders betraut worden ist. Recht 17 Nr. 785; wenn es sich um den Schriftleiter einer Fachzeitung handelt. KG. JurW. 58 S. 1257. Zuzubilligen ist dem Schriftleiter der Schutz des § 193 nicht deshalb, weil er damit die Zeitung und sein eignes Einkommen vor Rückgang bewahren wollte. E. 38 S. 251. Ist eine-Zeitung nach Abrede mit einem Verein zum offiziellen Organ gemacht, so sind die Belange des Vereins gleichzeitig solche, die auch die Zeitung nahe angehen. DRZ. 16 S. 261. Im Einzelfall kann gerade darin, daß der Täter zur Veröffentlichung durch die Presse schritt, ein Umstand erblickt werden, aus dem die Beleidigungsabsicht erhellt. E. 59 S. 414. Diese Absicht ist nicht vorhanden, wenn das Jntereffe nur durch die Öffentlichkeit gewahrt werden kann. Recht 32 Nr. 429. Vgl. JurW. 57 S. 360. 21) Auch nicht erweislich wahre Anschuldigungen in vertraulichen Äuße­ rungen in Dienstberichten dürfen nicht leichtfertig erhoben werden. KG. Recht 34 Nr. 922.

198

A 2. Strafgesetzbuch § 193.

oder Urteile von Seilen eines Beamten und ätjnlid)e21e) Fälle sind nur insofern strafbar,22) als das Vorhandensein einer Beleidigung2S) aus der Form der Äußerung2*) oder aus den Umständen, 2°) unter welchen sie geschah, hervorgeht. 21») Es ist somit die analoge Ausdehnung überall da -»gelassen, wo die Anwendung im Geiste der in diesem § zugelassenen Einzelfällen liegt. KG. Recht 33 Nr. 1367, so die Anwendung auf Rügen des Lehrherrn oder der Dienstherrschaft. Frank Anm. III 5; auch auf Bekundung vonAuskunsts­ personen. E. 59 S. 172 (174); Rostock HRR. 1929 Nr. 353; auf Äußerungen, die bei vertraulicher Besprechung im Familienkreise fallen. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 213, und auf eidesstattliche Versicherungen. KG.JurR.3 Nr. 2159; auf den Bericht eines Vereinsvors. über im Verein vorgekommene Veruntreu­ ungen. Hamburg LZ. 22 S. 1000. Dagegen fällt nicht darunter die Kritik der Befähigung eines Beamten. HRR. 1930 Nr. 1976. 22) Sind mehrere Täter vorhanden, so kann einem der Schutz aus § 193 zugebilligt, dem anderen versagt werden. E. 24 S. 304, insbesondere kann der Einsender eines Artikels straffrei bleiben, während der Schriftleiter bestraft wird. E. 25 S. 355, und ebenso E. 26 S. 18, E. 29 S. 6. Dem Gehilfen ist der Schutz des § zu versagen, wenn nachgewiesen wird, daß er von den Tat­ umständen Kenntnis hatte, die zu der Annahme führten, daß der Täter nicht in Wahrnehmung berechtigter Jntereffen handele. DIZ. 15 S. 204. Der Schuldausschließungsgrund kann der Person des Teilnehmers nicht zustehen, wenn der Täter selbst der Strafe verfällt. E. 64 S. 23. 23) Die Absicht zu beleidigen muß zugleich entweder in ihrer Form oder in den sie begleitenden Umständen hervortreten. RG. JurW. 1936 S. 1909. Vgl. Anm. 19. Der Gebrauch eines Schmähwortes wird häufig, muß aber nicht immer auf die Absicht der Bel. Hinweisen. KG. JurW. 60 S. 2623. Dresden JurW. 60 S. 1626. 24) Das Vorhandensein einer Bel. geht aus der Form der Äußerung hervor, wenn diese Form tatsächlich nicht erforderlich war, um den zur Jnteressenwahrung vorgebrachten sachlichen Gedankeninhalt angemessen aus­ zudrücken und wenn der Täter sich dessen auch bewußt und mithin von der Absicht geleitet war, dem Gegner eine Ehrenkränkung zuzufügen. Bei der Würdigung der gewählten Ausdrucksform sind die Persönlichkeit des Täters, seine durch Bildungsgrad und Lebensverhältnisse bedingte gewöhnliche Aus­ drucksweise, ein durch den Anlaß der Jnteressenwahrung hervorgerufener besonders erregter Eifer und alle sonstigen Umstände des Falles in Betracht zu ziehen. RG. JurW. 1938 S. 1805. Aus dem überlauten Ton, in dem eine Äußerung erfolgt, kann auf die Absicht ^u beleidigen geschlossen werden. E. 54 S. 289. GA. 56 S. 66. Auch kann aus der besonders verletzenden Form der Äußerung der Schluß gezogen werden, daß der Täter die Wahrnehmung b. I. gar nicht beabsichtigt hat. Recht 13 Nr. 34V5. Eine Beleidigungsabsicht fehlt, wenn der Täter die Borwürfe in der gewählten Form in der Überzeugung er­

hoben hat, diese Ausdrucksform sei nötig, um den Gedankeninhalt zum Aus­ druck zu bringen und das Ziel der Jnteressenwahrung zu erreichen. RG. JurW. 1938 S. 1805, insbes. bei Übertreibungen und Verallgemeinerungen. RG. DJust. 1937 S. 163. Voraussetzung ist, daß die Äußerung einen Inhalt hat. An rein formalen Beleidigungen (§ 185) erkennt das Gesetz.keine berechtigten Jntereffen an. E. 60 S. 335. Vgl. Anm. 19. 25) Unter diesen Umständen können nur solche verstanden werden, welche die beleidigende Äußerung begleiteten, also räumlich und zeitlich mit ihr in so

Beleidigung §§ 194—196.

199

§ 194 Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag etrt.27 * *)**29 *Die * 30 * * *Zurücknahme ** des Antrages (§§ 185—193) ist zulässig. § 195. Ist eine Ehefrau2^) beleidigt worden, so hat sowohl sie als ihr Ehemann das Recht, auf Bestrafung anzutragen. *0) § 196. Wenn die Beleidigung gegen eine Behörde,31) einen Be­ amten, 32) einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind, naher Verbindung stehen, daß sie gleichzeitig mit der Äußerung auf den Hörer einwirken und dadurch den Eindruck beeinflussen können, den dieser von dem Sinn und Inhalt der Äußerung empfängt. E. 21 S. 157. GA. 41 S. 128. E. 34 S. 80. HRR. 1931 Nr. 1988. Innere Vorgänge z. B. der Mangel des Glaubens an die Begründetheit der Vorgänge können die Wahrnehmung b. I. als ausgeschlossen erscheinen lassen, nicht aber als äußere Umstände in Betracht kommen. GA. 54 S. 485. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 53. Als begleitender Umstand kann nicht verwertet werden die feindliche Gesinnung noch das gespannte Verhältnis des Beleidigers zum Beleidigten. JurR.3 Nr. 324; ferner nicht ein „Lauschen an der Wand". JurR. 3 Nr. 975. 27) Der Schriftleiter einer Zeitung ist als solcher zum Strafantrage wegen Beleidigung der Zeitung nicht ohne weiteres berechtigt, E. 13 S. 126; auch nicht die Ärztekammer bei Beleidigung von Ärzten. E. 37 S. 37. 29) Die Beleidigung darf nicht vor der Verheiratung zugefügt sein. Celle GA. 37 S. 63. 30) Es ist dies ein selbständiges Recht, das auch mit dem Tode der Ehe­ frau oder dem aus einem anderen Grunde (z. B. Verzicht) eingetretenen Verlust des ihr zustehenden Antragsrechts nicht erlischt. E. 70 S. 97. 31) Über den Begriff „Behörde" siehe Anm. 88 zu § 164. Es sind dahin gerechnet: Ehrengericht der Rechtsanwälte, R. 10 S. 168; städtische Sparkassenverwaltung. R. 4 S. 425; die Handelskammer. E. 52 S. 198; die Handwerkskammer; die Dienststellen des Reichsnährstandes. RV. d. RIM. v. 9. Juni 36, abgedr. bei Krug -Schüfer-Stolzenburg, Strafr. Verw.Vorschr. 2. Aufl. S. 325, und RG. DJust. 1936 S. 1126; auch kirchliche Be­ hörden. E. 23 S. 202; aber nicht der Leiter einer Ortskrankenkasse. E. 38 S. 17 (zweifelnd RG. DJust. 1940©. 1220). Voraussetzung ist, daß das Antragsrecht des unmittelbar Beteiligten zur Entstehung gelangt ist. JurW. 1932 S. 3267. Die Dienststellen der NSDAP, sind keine Behörden, aber solchen gleichzu­ achten. KG. DStR. 1937 S. 265; Erl. d. RIM. v. 21. 2. 1936, abgedr. in Krug-Schäfer-Stolzenburg, Strafr. Verw.-Vorschr. 2. Aufl. S. 326. 32) Ob die Anstellung des Beamten eine vorschriftsmäßige gewesen ist, und ob er sein Gehalt aus einer öffentl. Kasse bezieht, ist gleichgültig. R. 6 S. 134. Jedensalls bezieht sich der § 196 aber nur auf lebende, nicht auch auf bereits verstorbene Beamte, E. 13 S. 95, wohl aber auf ausländ. Beamte, E. 4 S. 40, ebenso auf verabschiedete Beamte, wenn ihnen die Beleidigung während der Dienstzeit zugefügt ist. GA. 43 S. 127. Hat die Beleidigung erst nach der Verabschiedung stattgefunden, so kann der Vorgesetzte nicht mehr den Strafantrag stellen. E. 27 S. 193. — Zu den Beamten gehören auch die Landes­ und Kreisbauernführer (vgl. die Anm. 31 angef. RV. d. RIM.). Über den

Begriff des Beamten im übrigen siehe Anm. 46 zu § 359. Wegen der Stellung des Strafantr ags bei Beleidigung von Justizbeamten vgl. Nr. 367 der „Richt­ linien für das Strafverfahren".

200

A 2. Strafgesetzbuch § 196.

oder in Beziehung auf ihren Beruf begangen ist,88) so haben außer

den unmittelbar Beteiligten auch deren amtliche Vorgesetzte") das

Recht, den Strafantrag zu stellen.8B) 33) Legt der Beamte über einen amtlichen Gegenstand Zeugnis ab, so liegt darin nocv nicht eine Amtshandlung. GA. 45 S. 28. Nur wenn die Beleidigung die amtliche Tätigkeit des Angegriffenen zum Gegenstände oder zur Grundlage hat, kann der Vorgesetzte den Anttag stellen. E. 26 S. 34; aber es ist hier jede Beziehung für ausreichend zu erachten. E. 39 S. 350 u. 362. Der § trifft zu, wenn dem Beamten der Vorwurf gemacht wird, daß er sich durch sein außeramtliches Verhalten seines Berufes unwürdig gemacht habe. Nr. 6 S. 155 u. E. 44 S. 191. Siehe aber E. 26 S. 34. Es braucht nicht immer eine reine Amtshandlung in Frage zu stehen, der § trifft auch dann zu, wenn eine außeramtliche Handlung durch die Äußerung mit dem Amte in eine derartige Verbindung gebracht wird, daß dadurch das Ansehen des letzteren an­ gegriffen wird. GA. 39 S. 64. 34) Sind mehrere, verschiedenen Refforts angehörige Vorgesetzte vorhanden, so stellt derjenige den Strafantrag, dessen Neffort betroffen ist. E. 7 S. 80. Daneben aber auch der allgemeine Dienstvorgesetzte, dem der Beleidigte in seiner gesamten dienst!. Stellung untersteht. LZ. 18 S. 826. Daß dem Vorgesetzten eine Disziplinargewalt über den beleidigten Beamten zusteht, ist nicht notwendig. E. 4 S. 220, GA. 47 S. 159; aber ihm muß nach den organisatorischen Bestim­ mungen das Recht und die Pflicht zur Aufsicht über das amtliche Verhalten des Beleidigten übertragen sein, so daß er berufen erscheint, zu prüfen, ob das öffentl. Interesse die Strafverfolgung gebietet. E. 30 S. 171. Der Sach­ bearbeiter der Sache, deren Behänd!, durch den Beleidigten Anlaß zur Bel. gegeben hat, ist nicht ohne weiteres befugt, bei Stellung von Strafanträgen den Beyördenleiter zu vertreten. E. 67 S. 47. Aus der Rechtsprechung ist hervorzuheben: Es können den Antrag stellen die Landräte für die Amtsvorsteher als Ortspolizeiverwalter. E. 4 S. 220 u. für die Bürgermeister. E. 41 S. 439; sowie für das Mieteinigungsamt eines Kreises. HRR. 1928 Nr. 1533; die Studiendirektoren für die Lehrer. R. 9 S. 307; die Regierung (der Reg.-Präs.) für die Polizeibeamten ihres Bezirks. R. 3 S. 793; auch für die Schulräte. Recht 17 Nr. 3314; die Konsistorien für die Geistlichen. R. 7 S. 222; GA. 73 S. 19; der Bischof (nicht der Kirchenvor­ stand) für den kathol. Pfarrer. DRZ. 24 Nr. 368; die Reichsbahndirektion namens der ihr unterstellten Beamten. BayObLG. DRZ. 23 Nr. 43; der Bürgermeister für die städtischen Beamten. DIZ. 13 S. 763; der Land­ gerichtspräsident für alle Beamte des Land- und Amtsgerichts seines Bezirks, R. 4 S. 208; der Landgerichtspräsident auch für das Schwurgericht. GA. 54 S. 422; der pr. Forstmeister für den in seiner Eigenschaft als Hittsbeamter der StA. beleidigten FmPbeamten. E. 23 S. 357 (jedoch nicht für den Forstfiskus. KG. JurW. 61 S. 958); das Bersicherungsamt für den Leiter der Ortskrankenkasse. RG. DJust. 1940 S. 1220; der Leiter für die Beamten der Krankenkasse. KG. JurW. 1932 S. 3373; der Landrat in Preußen für die Mitglieder der örtlichen Feuerwehr. OLG. Stettin DJust. 1936 S. 420; dagegen nicht der Borstand eines Vereins für einzelne beleidigte Mitglieder. GA. 46 S. 125, auch nicht der Finanzamtsvorsteher für die Mitglieder eines Steuerausschusses. Breslau JurW. 1928 S. 2374. Der aufsichtführende Amtsrichter ist nicht ohne weiteres befugt, für einen anderen Richter des Amtsgerichts, bei welchem die Geschäfte nach Gattungen verteilt sind, den Strafantrag zu stellen. E. 7 S. 404.

Beleidigung §§ 197 u. 198.

201

§ 197. Eine- Antrages bedarf es nicht, wenn die Beleidigung gegen eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundes­ staats, oder gegen eine andere politische Körperschaft88) begangen worden ist. Dieselbe darf jedoch nur mit Ermächtigung88») der be­ leidigten Körperschaft verfolgt werden. § 198 Ist bei wechselseitigen ”) Beleidigungen von einem Teile auf Bestrafung angetragen worden, so ist der andere Teil bei Verlust seines Rechts verpflichtet, den Antrag aus Bestrafung spätestens vor Schluß88) der Verhandlung in erster Instanz zu stellen, hierzu aber auch dann berechtigt, wenn zu jenem Zeitpunkte die dreimonatliche Frist bereits abgelausen ist.88») In der Wehrmacht steht das Strafantragsrecht den unmittelbaren Vor­ gesetzten, bei Beleidigungen gegen das gesamte Offizierkorps oder die ge­ samte Wehrmacht dem Chef d. Oberkommandos d. Wehrmacht zu (Mitteilung des RKriegsMin. v. 12. Septbr. 35 — 2389/35 R. VII und RG. JurW. 1935 S. 543). Im Geltungsgebiete der Kreisordn. ist der Amtsvorsteher Vorgesetzter des Bürgermeisters. E. 21 S. 336. Der Regierungspräsident ist amt­ licher Vorgesetzter des Landrats. E. 21 S. 430. 35) Das Antragsrecht der Vorgesetzten ist ein ganz selbständiges, dem­ gegenüber die Zurücknahme des Sttafanttags seitens des Beleidigten nicht in Bettacht kommt. R. 5 S. 270. Der Anttag kann formgülttg auch durch Einreichung einer beglaubigten Abschrift gestellt werden. RG. JurW. 1939 S. 145. 36) Unter polittschen Körperschaften sind nicht solche zu verstehen, die sich mit „Politik" — im engeren Sinne — befassen, sondern solche, in die sich das Gesamtgefüge des Staates gliedert und die an ihrem Teil zur Erreichung des Staatszweckes mitzuwirken haben. E. 33 S. 66. Ein Offizierkorps ist keine polittsche Körperschaft. R. 2 S. 701; ebensowenig das Staatsmintsterium. GA. 21 S. 537, das vielmehr eine Behörde ist. Vgl. E. 15 S. 85, wohl aber der Reichsnährstand. E. 69 S. 143 und die Retchsmusikkammer. E. 70 S. 356. 36 a) Doch liegt in dem Sttafanttag die Ermächttgung. DIZ. 9 S. 459. Zur Verfolgung einer gegen die einzelnen Mitglieder einer Körperschaft be­ gangenen Beleidigung genügt nicht die Ermächttgung dieser Körperschaft. E. 40 S. 184. 37) Wechselseitige Beleidigungen liegen nur vor, wenn es sich auf beiden Seiten um sttafbare Beleidigung handelt. KG. I o h o w 38 S. C 8. Sie sind Wohl zu unterscheiden von den im § 199 als „auf der Stelle erwidert" bezeich­ neten; zu den ersteren gehören auch solche, welche zeitlich Getrennt sind und zwischen denen ein ursächlicher Zusammenhang nicht besteht. E. 2 S. 87. Hamburg LZ. 22 S. 76. Die Vorschrift gilt nicht für Gegenbeleidigungen, die erst während der Verhandlung begangen werden. BayObLG. LZ. 16 S. 234. 38) d. h. bis zur Beendigung der Schlußvorttäge. LK. Sinnt. 3. 38 a) Die Anttagsfrist darf aber nicht zur Zeit der Begehung der späteren Beleidigung schon abgelaufen gewesen sein. E.44 S. 161. KG.GA.58S.2S1. Celle GA. 60 S. 483. A. M. Düsieldorf GA. 60 S. 498. Eine Verpflichtung,

202

A 2. Strafgesetzbuch §§ 199 u. 200. § 199. Wenn eine Beleidigung auf der Stelle88 b) erwidert88 c) wird,

so kann80) der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straf­

frei erklären. § 200.*)

Wird wegen einer öffentlich") oder durch Verbreitung

von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Belei-

den Antrag in Form der Widerklage auszusprechen, besteht nicht. KG. v. 19. Jan. 12, GA. 63 S. 341. 38 b) Eine Erwiderung auf der Stelle kann auch nach längerer Zeit er­ folgen, sofern die durch die erste Beleidigung herbeigeführte Erregung fortdauert. E. 70 S. 331. 38 c) Auch der, der die erste Beleidigung ausgesprochen hat, kann für straffrei erklärt werden, doch bedarf es sorgfältiger Prüfunq, ob wegen der von dem Verletzten geübten Selbstvergeltung kein dringendes Bedürfnis für Be­ strafung besteht. E. 70 S. 331. Strafbare Bel. müssen sich gegenüber stehen JurW. 59 S. 919. Nach § 193 straflose Beleidigungen können nicht auf­ gerechnet werden. RG. DStR. 1937 S. 159. Ebensowenig Beleidigungen mit tätk. Bel. nach § 121 MStGB. E. 64 S. 293. Zweifelhaft, ob Aufrechnung ausgeschlossen, wenn der Erstbeleidigte strafunmündig ist (bejahend LK. Anm. 4; anders RG. GA. 38 S. 74). Eine Straffreierklärung kann aber dann erfolgen, wenn die erste Beleidigung an sich straflos war, der Beleidiger jedoch von dem Ausschließungsgrunde keine Kenntnis hatte. GA. 47 S. 300. Ebenso dann, wenn der Gegner in einem früheren Verfahren rechtskräfttg fteigesprochen war. Dresden GA. 63 S. 470. Darmstadt GA. 74 S. 155. Beide Beleidigungen müssen in ursächlichem Zusammenhang stehen und zwischen denselben Personen gewechselt sein. Haben mehrere Mittäter eine Mehrzahl von Personen gemeinschaftl. durch eine einheitl. Tat beleidigt, so ist Strafftei­ erklärung nux statthaft, wenn jeder der Verletzten die Beleidigung erwidert hat. E. 70 S. 331. Doch ttitt auch Aufrechnung ein, wenn der Mann die seiner Ehefrau oder seiner Begleiterin zugefügten Beleidigungen erwidert. KG. JurW. 59 S. 1316 u. 3002. Hamburg LZ. 25 S. 1011. A. M. Hamm JurW. 61 S. 3123; nach Düsseldorf DRZ. 25 Nr. 624 allgemein bei Ehegatten. 39) Ob der Richter § 199 anwenden will, unterliegt seinem Ermessen; wird aber ein bezüglicher Anttag gestellt, so muß er sich darüber aussprechen. R. 10 S.364. *) Vgl. dazu Nr. 366 der „Richtlinien für das Sttafverfahren". 40) Für den Begriff der Öffentlichkeit ist nicht maßgebend, daß die Hand­ lung an einem öffentlichen Ort vorgenommen ist, sondern daß sie unbestimmt von welchen und wievielen Personen wahrgenommen werden konnte. E. 63 S. 431 Das ist nur dann der Fall, wenn Menschen sich so nahe befanden, daß sie das, was geschah, mit ihren Sinnen wirklich wahrnahmen oder doch wahrnehmen konnten, wenn sie darauf achteten. RG. JurW. 1935 S. 2369; 1939 S. 400. Die Personenmehrheit, deren Wahrnehmung die Äußerung zu­ gänglich war, muß jedoch eines inneren Bandes von wechselseitigen persönlichen, eine gewiffe Vertrautheit begründenden Beziehungen entbehren. E. 58 S. 53. An dieser Begriffsbestimmung hat sich durch die Änderung der Rechtspr. zu §183 (vgl. dort Anm. 83) nichts geändert. RG. JurW. 1939 S. 400. Die Kinder einer Schulklasse bilden einen geschloffenen Personenkreis. JurR. 2 Nr. 2423. Die in einem Eisenbahnwagen getane Äußerung ist öffentlich, wenn die Möglich­ keit der Erweiterung des Personenkreises durch den Zutritt anderer besteht. E. 65

Beleidigung § 200.

203

digung auf Strafe erkannt, fo ist zugleich dem Beleidigten die Be­ fugnis

zuzusprechen, die

Verurteilung

auf Kosten des

Schuldigen

öffentlich bekannt zu machen. 4l * *)42 * * Die 43 * Art der Bekanntmachung sowie

die Frist zu derselben ist in dem Urteile zu bestimmen. *2) Erfolgte die Beleidigung in einer Zeitung oder Zeitschrift, so ist

der verfügende Teil des Urteils auf Antrag des Beleidigten durch

die öffentlichen Blätter bekannt zu machen/2) und zwar wenn möglich S. 112. Die Beleidigung auf einer Postkarte ist öffentlich. GA.53 S. 80. HRR. 1932 Nr. 1798. Kiel JurW. 60 S. 2523. Vgl. über den Begriff der „Öffent­ lichkeit" von Schroeter in DJust. 1935 S. 1871. Eine nichtöffentl. schriftl. Beleidigung wird nicht dadurch zu einer öffentl., daß sie Hinterh er von an­ deren gelesen und so der Öffentl. bekannt wird. RG. JurW. 1938 S. 2892. 41) Die Rechtsnatur der Veröffentlichungsbefugnis ist streitig. Die neueste Rechtssprechung des RG. ist nicht einhellig. Nach RG. DJust. 1938 S.1687, das der h. M. (vgl. Schäfer, DJust. 1937 S. 708) folgt, ist sie nicht Neben­ strafe, sondern Genugtuung für den Verletzten. Dagegen ist sie nach E. 73 S. 24 sowohl Nebenstrafe wie Genugtuung. Die Streitfrage hat ihre Bedeutung im wesentlichen verloren, seitdem das RG. seine frühere Auffassung, daß bei tat­ einheitlichem Zusammentreffen mit einer eine schwerere Strafe androhenden Tat die nur für die leichtere Tat angedrohte Nebenstrafe nicht verhängt werden könne, aufgegeben hat (vgl. Anm. 98 zu § 73). Die Befugnis muß auch dem amtlichen Vorgesetzten zugesprochen werden, der den Strafantrag gestellt hat. E. 14 S.327; nicht daneben auch dem Be­ leidigten. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 942; aber dann, wenn er Nebenkläger ist. E. 60 S. 80; aber nicht dem Beleidigten, der keinen Strafantrag ge­ stellt hat. E. 43 S. 173. JurW. 61 S. 3456; auch nicht dem Erben des Beleidigten E. 16 S. 73. Nach dem Grundsatz, daß durch eine Beleidigung der Ehefrau stets auch der Ehemann verletzt wird (vgl. Anm. 1 Abs. 4 zu 8 185), ist bei Beleidigung einer Eheftau nicht nur dieser, sondern auch dem Ehemanne die Befugnis zuzuerkennen. Nach BayObLG. DRZ. 21 Nr. 215 nur dem Ehemann, wenn nur dieser Antrag gestellt hat. Sind durch dieselbe Tat mehrere Personen verletzt, so kann nicht jeder die Befugnis zur Bekanntm. der gesamten Verurteilung, sondern nur zu der des ihn betreffenden Teiles zuerkannt werden RG. DJust. 1939 S. 1284. Der Beleidigte erlangt nur das Recht, die Verurteilung selbst bekannt zu machen, nicht aber das Recht, die Bekanntm. durch das Gericht zu verlangen. GA. 26 S. 515. Es darf dem Antragsteller auch nicht die Bestimmung der Zeitung überlasten werden. JurR. 3 Nr. 756. Nach Nr. 366 Abs. 4 der „Richtlinien für das Strafverfahren" haben die Strafvollstreckungsbehörden in den Fällen des 8 196 von Amts wegen für die Veröffentlichung Sorge zu tragen, wenn dies seitens der beleidigten Behörde oder seitens des beleidigten Beamten unter Zustimmung der ihm vorgesetzten Behörde beantragt wird. Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn der Beamte die Behörde verkörpert. 42) Die Bekanntmachung kann auch durch Strafbefehl festgesetzt werden. 8 407 Abs. 2 StPO. — Die Unterlassung der Fristbestimmung führt zur Auf­ hebung des Urteils. R. 10 S. 569. Dresden LZ. 25 S. 195. In der Rev.Jnstanz kann der Ausspruch der Veröffentlichungsbefugnis nicht nachgeholt werden. Königsberg v. 5.Novbr. 25, JurW. 55 S. 1251. 43) Während Abs. 1 den Beröffentlichungsanspruch des Beleidigten be­ handelt, fetzt Abs. 2 einen Anspruch des Staates fest. Die Vollstreckung dieser

204

A 2. Strafgesetzbuch §§ 201—203.

durch dieselbe Zeitung oder Zeitschrift und in demselben Teile und mit derselben Schrift, wie der Abdruck der Beleidigung geschehen. Dem Beleidigten ist auf Kosten des Schuldigen eine Ausfertigung deS Urteils zu erteilen.") 15. Abschnitt.

Zweikampf. **)

§ 201. Die Herausforderung "») zum Zweikamps") mit tödlichen Waffen") sowie die Annahme einer solchen Herausforderung wird mit Festungshaft bis zu sechs Monaten bestraft. § 202. Festungshaft von zwei Monaten bis zu zwei Jahren tritt ein, wenn bei der Herausforderung die Absicht, daß einer von beiden Teilen das Leben verlieren soll, entweder ausgesprochen ist oder aus der gewählten Art des Zweikampfes erhellt. § 203.

Diejenigen,

welche

den

Auftrag

zu

einer Heraus-

Maßregel liegt dem Gericht alS Strafvollstreckungsbehörde ob. Hamburg LZ. 22 S. 427. Im Gnadenwege kann die Urteilsveröffentlichung nach richtiger Ansicht nicht erlassen werden. Grau - Schäfer, Pr. Gnadenrecht S. 143. DIZ. 33 S. 1163. Die Art der Bek. unterliegt dem Ermessen des Richters. Er darf aus Zweckmäßigkeitsgründen von den Vorschriften des Abs. 2 abweichen. E. 5 S. 281. Er kann die Veröffentl. der Gründe anordnen. E. 20 S. 1; auch die mehr­ malige Veröffentlichung in derselben Zeitung. R. 3 S. 26. Bei einer Gesamtstrafe, von denen nur einzelne Sttafen der Beröffentlichungsbefugnis unterfallen, sind nur diese Einzelsttafen zu veröffentlichen. JurR. 1 Nr. 1076. Nach JurR. 3 Nr. 191 ist, wenn wegen mehrerer Be­ leidigungen verurteilt ist, von denen nur eine öffentlich begangen, wegen dieser aber keine besondere Strafe ausgesprochen ist, die Beröffentlichungsbefugnis ohne Einschränkung gestattet. 44) Die Bestimmung des Abs. 3 findet auf alle Beleidigungen, nicht bloß auf die in Abs. 1 u. 2 erwähnten Anwendung. Olshausen Anm. 14. *) Nicht zum aktiven Wehrdienst einberufene Wehrpflichtige des Beur­ laubtenstands unterstehen, wenn sie sich wegen Zweikampfs mit tödlichen Waffen, Herausforderung oder Annahme der Herausforderung und Kartellfragen straf­ bar gemacht haben, der Militärgerichtsbarkeit (§ 7 Abs. 2 MilStGO. i. d. F. v. 29?9? 1936, RGBl. I S. 756). Nach dem Ehrenabkommen zwischen Partei und Wehrmacht v. 31. Aug. 39 (abgedr. DJust. 1939 S. 1620) finden Zwei­ kämpfe zur Bereinigung von Ehrenhändeln zwischen der NSDAP, und ihren Gliederungen und Angehörigen des Offizierkorps nicht statt. 44 a) Schon die. Frage, ob Genugtuung gegeben werde, kann Heraus­ forderung sein. Hamburg, Recht 31 Nr. 2570. 45) Zweikampf ist ein verabredeter Kampf zweier Personen mit tödlichen Waffen nach vereinbarten oder hergebrachten Regeln. E. 52 S. 64. S. aber § 210 a. Das amerikanische Duell ist kein Kampf und daher straflos. LK. Anm. 3. 46) Ob die Herausforderung auf einen Zweikampf mit tödlichen Waffen gerichtet war, ist aus den Umständen zu entnehmen.'E. 22 S. 139. Bgl.§210a.

Zweikampf §§ 204—208.

206

forderung übernehmen und ausrichten (Kartellträger), werden mit Festungshaft bis zu sechs Monaten bestraft. 47) § 204 Die Strafe der Herausforderung und der Annahme der­ selben, sowie die Strafe der Kartellträger fällt weg, wenn die Par­ teien den Zweikampf vor dessen Beginn 48)49 freiwillig 50 aufgegeben haben.") § 205. Der Zweikampf wird mit Festungshaft von drei Monaten bi- zu fünf Jahren bestraft. ß0) § 206. Wer seinen Gegner im Zweikampf tötet,60 a) wird mit Festungshaft nicht unter zwei Jahren, und wenn der Zweikampf ein solcher war, welcher den Tod des einen von beiden herbeiführen sollte, mit Festungshaft nicht unter drei Jahren bestraft. § 207. Ist eine Tötung oder Körperverletzung mittels vorsätz­ licher Übertretung der vereinbarten oder hergebrachten Regeln des Zweikampfs bewirkt worden, so ist der Übertreter, sofern nicht nach den vorhergehenden Bestimmungen eine härtere Strafe verwirkt ist, nach den allgemeinen Vorschriften über das Verbrechen der Tötung oder der Körperverletzung zu bestrafen. § 208. Hat der Zweikampf ohne Sekundanten stattgefunden, so kann die verwirkte Strafe bis um die Hälfte, jedoch nicht über fünfzehn Jahre erhöht werden. 47) Der Kartellträger wird, auch wenn es zum Zweikampf gekommen ist, immer nur aus § 203 und nicht als Gehilfe bestraft. R. 6 S. 780. Kartell­ träger ist nicht, wer im Auftrage des Geforderten die Annahme der Forderung erklärt. LK. Anm. 1. 48) Vollendet ist der Zweikampf, sobald die Beteiligten zum Kampfe an­ getreten sind und der eine von ihnen mit dem Angriff begonnen hat. E. 52 S. 64. Schießen bei einem Pistolenduell beide Gegner absichtlich in die Luft, so liegt kein Zweikampf vor. E. 21 S. 146. 49) Freiwillige Aufgabe liegt nicht vor, wenn sie infolge Einschreitens der Behörde geschehen, R. 7 S. 603, ebensowenig, wenn keine Einigung über die Bedingungen zu erzielen gewesen. GA. 38 S. 447, auch nicht, wenn der Zwei­ kampf infolge Spruchs eines Ehrengerichts unterblieben ist, dem sich zu fügen die Gegner vorher verabredet hatten. GA. 54 S. 474; auch nicht wenn beide Gegner in die Luft schießen, jeder von ihnen aber glaubt, daß der andere einen ernstlichen Kampf beabsichtigt. GA. 58 S. 199; ferner nicht, wenn der Geforderte daS Ansinnen des Zweikampfs von vornherein ablehnt. Recht 28 Nr. 363. Es genügt aber zur Anwendung des § das freiwillige Abstehen auch nur einer Partei vom Zweikampf. E. 34 S. 200. Das freiwillige Aufgeben des Zwei­ kampfes hat auch die Straflosigkeit der Kartellträger zur Folge. E. 35 S. 260. 50) Auch in der Mtwirkung bei einem Ehrengericht kann Beihilfe zum Zweikampf gefunden werden. R. 8 S. 63. Beihilfe leistet auch der Wirt, der das Kneipzimmer zur fortgesetzten Abhaltung von Mensuren hergibt. DIZ. 14 S. 716. 50 a) Der Tod muß die Folge einer Kampfhandlung sein. E. 63 S. 6. Ein Töten ist nicht anzunehmen, wenn die im Zweikampf beigebrachte Wunde nur dadurch zum Tode führt, daß der Verletzte selbst oder ein Dritter fahrlässig oder vorsätzl. in den Heilverlauf störend eingreift. E. 64 S. 143.

206

A 2. Strafgesetzbuch §§ 209—211.

§ 209.

Kartellträger, welche ernstlich bemüht gewesen fmb,öl)

den Zweikampf zu verhindern, Sekundanten,M) sowie zum Zweikamps zugezogene Zeugen, Ärzte und Wundärzte sind straflos.

§ 210. Wer einen anderen zum Zweikampf mit einem Dritten absichtlich, insonderheit durch Bezeigung oder Androhung von Ver­ achtung anreizt,68) wird, falls der Zweikampf stattgefunden hat, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. § 210 a. Der Zweikampf mit Schlägern unter Vorkehrungen, die bestimmt und geeignet sind, gegen Lebensgefahr zu schützen, so­ wie die Herausforderung zu einem solchen Zweikampf und deren An­ nahme sind straflos. 16. Abschnitt.

Verbrechen und vergehen wider das ikebeu.

§ 211. Wer vorsätzlich68 a) einen Menschen64) tötet,64 a) wird, wenn er die Tötung mit Überlegung ausgeführt66) hat, wegen Mordes mit

dem Tode bestraft.68) 51) Die sofortige Ablehnung des Zweikampfes durch den Herausgeforderten macht den Kartellttäger nicht straflos. Auch genügt hierzu nicht der Rat, von der Herausforderung abzustehen, oder die Erwartung, daß der Herausgefor­ derte die letztere ablehnen werde. E. 22 S. 218. 52) Die Straflosigkeit bezieht sich nur auf die Tätigkeit der Sekundanten bei Ausführung des Zweikampfs. E. 25 S. 81. 53) Eine Anreizung kann in der Mitteilung einer beleidigenden Äußerung an einen Dritten, von welcher der Überbringer weiß, daß sie zum Zweikampfe führen muß, gefunden werden. E. 18 S. 239. 53 a) Vorsatz und Überlegung sind selbständige voneinander unabhängige Begriffe. JurW. 60 S. 2805. Auch bedingter Vorsatz ist ausreichend. Recht 31 Nr. 469. 54) Mensch ist jede Leibesftucht, die wenigstens schon zum Teil den Mutter­ leib verlaffen hat; eine vollständige Trennung ist nicht notwendig. E. 1 S. 446; Auch eine in der 27. Schwangerschaftswoche ausgestoßene Frucht, die kurze Zeit außerhalb des Mutterleibes gelebt hat, ist ein Mensch, ohne Rücksicht auf ihre Lebensfähigkeit. RG. DR. 1939 S. 365. 54 a) Vollendete Tötung (Mord) liegt vor, wenn der Täter die von ihm mit Tötungsvorsatz verletzte Person, die er für tot hält, ins Wasser wirft, und dadurch den Tod, der sonst nicht eingetteten wäre, herbeiführt. E. 67 S. 258. War für den Tod nicht die dem Opfer zugesügte Verletzung, sondern der Um­ stand ursächlich, daß der Täter es hilflos verließ, so liegt vorsätzliche Tötung nur vor, wenn auch das Verlaffen mit Tötungsvorsatz geschah. E. 70 S. 258. Versuch kann in der Beibringung eines Betäubungsmittels liegen. E. 59 S. 157; auch im Anlegen einer Schußwaffe mit noch nicht gespanntem Hahn. E. 59 S. 386. Auch an einem Verstorbenen kann der Versuch begangen werden, wenn der Täter ihn für lebend hält. LZ. 23 S. 956. Siehe Anm. 38 zu § 43. 55) Nur wenn der Täter bei der Ausführung in genügend klarer Erwägung über den zur Erreichung seines Zwecks gewollten Erfolg der Tötung, über die zum Handeln drängenden und von diesem abhaltenden Beweggründe sowie über

verbrechen und vergehen wider das Leben §§ 212 u. 213.

207

§ 212 Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung nicht mit Überlegung67) ausgeführt hat, wegen Totschlägemit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.

§213*) War der Totschläger ohne eigene Schuld 67») durch eine ihm

oder einem Angehörigen zugesügte Mißhandlung oder schwere Beleidi­ gung 67 “) von dem Getöteten zum Zorne gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen»7") worden, oder sind andere mildernde Um­

stände 67 °) vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein?») die zur Herbeiführung des gewollten Erfolges erforderliche Tätigkeit handelt, führt er die Tat mit Überlegung aus. E. 70 S. 259. Es ist aber nicht er­ forderlich, daß er sich durch einen wirklichen Kampf zum Entschluß durchgerungen hat, vielmehr genügt, daß er verstandesmäßigen^Vorstellungen und Erwägungen zu folgen fähig ist. RG. JurW. 1937 S. 1799. Ruhige Überlegung ist nicht erforderlich. E. 62 S. 196. Einem ohne Erregung handelnden Zu­ rechnungsfähigen kann die Überlegung fehlen, z. B. wenn er infolge Schwermut nicht zu einer klaren Abwägung der für und gegen die Tat sprechenden Umstände gekommen ist. RG. in JurW. 1935 S. 3105. Die Überlegung muß bei der ge­ samten Ausführung, nicht nur bei ihrem Beginn vorhanden sein. E. 70 S. 295; doch ist der Übergang von nicht überlegtem Tun zur Überlegung möglich. LZ. 1926 S. 938. Als Indiz für die Überlegung kann verwertet werden, wie der Täter sich gegen die Entdeckungsgefahr zu schützen versucht hat. JurW. 56 S. 902; wie er die Tat vorbereitet hat. JurW. 60 S. 939. Ein heimliches Vorgehen setzt der Begriff des überlegten Handelns nicht notwendig voraus. JurW. 60 S. 2805; auch eine hinterlistige Tötung kann ohne Überlegung aus­ geführt werden. HRR. 1932 Nr. 1799; desgl. eine auf raffinierte Art aus­ geführte. JurW. 62 S. 2520. Bedingter Vorsatz schließt die Überlegung nicht aus. E. 67 S. 424. Anstifter und Gehilfe sind aus § 211 strafbar, wenn sie darum wissen oder damit rechnen können, daß der Täter mit Über­ legung gehandelt hat oder handeln werde. RG. in DJust. 1934 S. 711. Keine entsprechende Anwendung (§ 2) des § 211 auf eine ohne Überlegung aus­ geführte, aber besonders verabscheuungswürdige Tötung. RG. JurW. 1937 S. 1328. 56) Mord und Raub können in Tateinheit stehen, wenn sich unmittelbar durch den Tod und gleichzeitig mit ihm der Übergang des Gewahrsams auf den Täter vollzieht und die Tötungshandlung bereits den Anfang der Aus­ führung der Wegnahme darstellt. E. 60 S. 51. Siehe auch E. 56 S. 23 u. 59 S. 273. 57) Borsätzl. Tötung eines neugeborenen Kindes liegt vor bei Nicht­ erfüllung einer durch Übernahme von Hebammendiensten eingegangenen Ver­ pflichtung. JurW. 59 S. 1595. Eine Tötung kann von mehreren in der Art ausgeführt werden, daß der eine mit, der andere ohne Überlegung handelt. R. 5 S.287. Ein Versuch des Totschlages kann, wenn ein ernstlicher Tötungs­ vorsatz besteht, schon in dem drohenden Gegenübertreten mit erhobenem Beil gefunden werden. Recht 31 Nr. 741. *) f. abjw § 1 der GewaltverbrecherBO. v. 5. Dez. 39. 57 a) Eigene Schuld liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter dem anderen überhaupt einen Anlaß zur Mißhandlung gegeben hat, sondern erst, wenn der Anlaß genügend war. RG. in JurW. 1936.S. 2998.

A 2. Strafgesetzbuch § 214.

§ 214** Wer bei Unternehmung einer strafbaren Handlung,°a) um ein der Ausführung derselben entgegentretendes Hindernis zu be­ seitigen oder um sich der Ergreifung69) auf frischer Tat69 a) zu entziehen, vorsätzlich einen Menschen tötet,69 b) wird mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft.99) 57 aa) Nicht Bel. im technischen Sinne. Jede schwere Kränkung genügt (z. B. auch Bedrohung mit einem Feuerhaken. RG. in HRR. 1935 Nr. 312). Es genügt ferner die irrige Annahme solcher Kränkung, und zwar ohne Rück­ sicht darauf, ob der Irrtum verschuldet ist oder nicht. E. 69 S. 314. Nicht ist erforderlich, daß die einem Angehörigen zugefügte Beleidigung auch von diesem als schwer empfunden wurde. E. 66 S. 159. Auch fortlaufende, sich immer mehr steigernde leichte Kränkungen können in ihrem Zusammenwirken eine schwere Beleidigung darstellen. HRR. 1932 Nr. 1176. 57 b) DaS ist nicht örtlich, sondern zeitlich zu verstehen. Daß der Zorn den Täter zur Zett der Tat noch vollständig beherrscht, ist nicht erförderl. RG. DR. 1939 S. 364. Ein gewisser zeitl. Zwischenraum zwischen Reizung und Tötung schließt die Anwendung des § nicht aus, wenn nur der Reiz noch ursächlich fortaewirkt hat. E. 69 S. 314. 57 c) Es genügt z. B. nicht das bloße Vergrämen eines Rehbocks. RG. JurW. 1939 S. 147. 58) § 213 bezieht sich nicht auf §§ 214 oder 215. E. 25 S. 178. Trotz der Gefängnisstrafe liegt Verbrechen vor. Der Versuch ist strafbar. Bürger!. Ehrenrechte können aberkannt werden. E. 14 S. 298. Zur Verneinung der Frage nach der Reizung zum Zorn ist eine Zweidrittel-Mehrheit erforderlich. E. 14 S. 298, E. 33 S. 323. **) vgl. jetzt § 1, insbes. Abs. 2, der GewaltverbrecherVO. v. 5. Dez. 39 (RGBl. I S. 2378). 58 a) Sie umfaßt die Borbereitungshandlungen. E. 66 S. 95; und ferner nicht nur alle auf ihre Ausführung bis zu ihrer Vollendung ge­ richteten Schritte des Täters, sondern darüber hinaus sein gesamtes an­ schließendes Verhalten, durch das er sich selbst und die Beute in Sicherheit bringen will, so lange noch eine Verfolgung auf frischer Tat in Frage kommt. E. 58 S. 226; ja noch darüber hinaus. E. 60 S. 67. Eine Tötung auf dem Transport kann darunter fallen. E. 60 S. 265. Es müssen aber der Totschlag und die strafbare Handlung, bei deren Unternehmung er verübt wird, im Ver­ hältnis der Tatmehrheit, nicht der Tateinheit stehen. E. 61 S. 109, soweit es sich um einen Akt handelt. E. 67 S. 183 (190). Die Tötung kann nicht gleich­ zeitig Erschwerungsgrund bei 8 214 u. § 251 sein. JurLH. 60 S. 2808. 59) Der Begriff der Ergreifung setzt eine gesicherte Festhaltung voraus, daher kann sich auch der vorläufig Festgenommene noch der Ergreifung entziehen. E. 58 S. 154. 59 a) Ergreifen auf frischer Tat liegt auch dann vor, wenn die Tat un­ mittelbar nach ihrer Verübung entdeckt u. auf Grund der hierbei gemachten, auf den Täter hinweisenden Wahrnehmungen dessen Verfolgung sofort begonnen ist. E. 60 S. 67. § 214 ist aber nicht anwendbar, wenn der Täter eine wegen einer ftüheren Tat ausgeschriebene Verhaftung verhindern will. LK. Anm. 4 b. Zum Vorsatz ist erforderlich, daß der Täter eine frische Tat im Auge hat, derent­ wegen er ergriffen zu werden befürchtet. Eine nur irrtümliche Annahme der Gefahr der Ergreifung genügt. E. 59 S. 49. 59 b) Es kommt nur der Tatbestand des Totschlages, nicht des Mordes in Frage. LZ. 22 S. 65, Recht 32 Nr. 181.

Verbrechen und Vergehen Wider das Leben §§ 215—217.

209

§ 215. Der Totschlag an einem Verwandten 00") aufsteigender Linie wird mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebens­ länglichem Zuchthaus bestraft. § 216. Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Ver­ langen bvd) des Getöteten zur Tötung01) bestimmt worden, so ist auf Gefängnis nicht unter drei Jahren zu erkennen.

§ 217.

Eine Mutier,") welche ihr uneheliches0») Kind") in00)

60) Die Annahme mildernder Umstände (§ 213) ist hier nicht zulässig. E. 25 S. 178. Durch die Verurteilung aus § 214 wird die Strafe für das Delikt, bei dessen Unternehmen das Verbrechen verübt ist, nicht absorbiert. GA. 51 S. 399. Über Strafe beim Versuch siehe Anm. 39 zu § 44. 60 a) Eheliche oder uneheliche Geburt begründet keinen Unterschied. GA. 52 S. 88. Auch hier (Anm. 60) Annahme mildernder Umstände unzulässig. DIZ. 28 S. 501. Den Totschlag an dem ehelichen Vater als besonders straf­ würdig anzusehen, ist nicht rechtsirrig. JurW. 62 S. 2060. 60 b) Bloßes Einverständnis genügt nicht; erforderlich ist vielmehr, daß der Getötete auf den Täter eingewirkt hat. Auch wenn ein Verlangen vorliegt, ist 8 216 unanwendbar, wenn der Täter ohnedies zur Tötung entschlossen war, da er dann nicht durch das Verlangen bellimmt worden ist. E. 68 S. 306. Ein beachtliches Verlangen liegt nicht vor, wenn der Verlangende wegen mangelnder Verstandesreife — Geisteskrankheit, jugendliches Alter — keine hinreichende Einsicht in die Bedeutung des Rechtsguts hat, besten Verletzung er verlangt. Jugendliche Personen unter 18 Jahren besitzen in der Regel noch kein hinreichendes Urteil über Wert und Unwert des Lebens. RG. DJust. 1939 S. 53. § 216 nicht anwendbar, wenn der Täter das Verlangen des Getöteten erschlichen hat. RG. JurW. 1933 S. 961. 61) Der Tatbestand dieses § schließt den des Mordes oder Totschlages aus. E. 45 S. 248. Der Versuch dieses Vergehens ist nicht strafbar, auch nicht gem. § 2 RG. DStrR. 1938 S. 54; wohl aber die in dem Versuche etwa enthaltene vollendete Körperverletzung. E. 2 S. 442. E. 24 S. 369 u. Plen.Beschl. E.28S.200. KG. JurW. 62 S. 472. Die Teilnahme am Selbstmord, solange sie nicht in Täterhandlung übergeht, ist straflos; auch die entsprechende Anwen­ dung eines Strafgesetzes gem. § 2 kommt nicht in Frage. E. 70 S. 313 (s. aber Anm. 69 e zu 8 330 c). 62) Dritte Personen, welche Mittäter oder Teilnehmer sind, werden nach 88 211 u. 212 bestraft, so z. B. die Mutter als Inhaberin der elterlichen Ge­ walt wie als Haushaltungsvorstand, wenn sie nicht dem ihr bekannten Vor­ haben ihrer minderjährigen, in ihrem Haushalt lebenden Tochter, eine Ent­ bindung ohne jeden Beistand in der Wohnung der Mutter stattfinden zu lasten, damit das Kind in oder gleich nach der Geburt sterbe, nachdrücklich entgegen­ tritt. E. 72 S. 373. Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord setzt voraus, daß die unehel. Mutter mit Überlegung gehandelt hat. E. 74 S. 84. Die Anwen­ dung des 8 213 auf 8 217 ist ausgeschlossen. E. 59 S. 8; aber OG. Danzig GA. 70 S. 60. 63) Die Unehelichkeit muß festgestellt, der Beweis nach den Regeln des Strafrechts geführt werden. Zivilrechtliche Vermutungen greifen hier nicht Platz. LK. Anm. 2. 64) Der Schutz des 8 217 erstreckt sich auf den ganzen Geburtsakt von besten Beginn an. Vom Anfänge der Geburt an gilt das Kind als Mensch. E. 26 S. 178. Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

14

210

A 2. Strafgesetzbuch § 218.

oder gleich nach ber (Seburt65 66) vorsätzlich tötet,67) wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe

nicht unter zwei Jahren ein. § 218.*)68)69 Eine 70 Frau, die ihre Frucht im Mutterleib oder durch

Abtreibung66) tötet76) oder die Tötung durch einen anderen zuläßt,71)* * * * wird mit Gefängnis bestraft.

65) Dazu ist nicht nötig, daß das Kind schon zu einem gewissen Leite aus dem Mutterleibe herausgetreten ist, die Hauptsache ist, daß das Kind gelebt hat. E. 1 S. 446 u. E. 9 S. 131. 66) Der Zustand der Erregtheit bei der Gebärenden muß noch förtwirken. Vgl. E. 2 S. 154. LK. Sinnt. 3. 67) Die Tötung kann dadurch begangen werden, daß die Mutter, damit das Kind nicht lebend zur Welt komme, es vor der Geburt unterläßt, für Bei­ stand bei dieser zu sorgen. JurR. 3 Nr. 977. E. 62 S. 199. Das Verbrechen des Kindsmordes und der Aussetzung (§ 221) können weder bei bedingtem noch bei unbedingtem Tötungsvorsatz ideell konkurrieren, da nach allgemeinen Grundsätzen das Berletzungsdelikt (§ 217) das Gefährdungsdelikt (§ 221) konsumiert. E. 68 S. 407 unter Aufgabe des früheren Standpunktes in E. 25 S. 321. *) Vgl. dazu Nr. 373 der „Richtlinien für das Strafverfahren". 68) Der Wortlaut beruht auf dem Ges. v. 18. Mai 26 (RGBl. I S. 239). § 218 gilt auch heute noch für jüdische und halbjüdische Schwangere. SchwG. Hannover DJust. 1939 S. 572 und OLG. Jena DStrafr. 1939 S. 182. 69) Eine Abtreibungshandlung, selbst wenn sie nicht unvorsichtig ausge­ führt ist, kann den Tatbestand der fahrlässigen Tötung begründen. E. 43 S. 287. Doch kann vollendete Abtreibung weder mit vorsätzlicher noch mit fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit stehen (Gesetzeseinheit). RG. JurW. 1937 S. 1332. Wer der Schwangeren dadurch Hilfe leistet, daß er den Abtreiber anstiftet, ist wegen Anstiftung zum Berg, aus § 218 Abs. 2 und wegen Beihilfe zum Berg, aus § 218 Abs. 1 strafbar (Tateinheit). RG. DJust. 1939 S. 140. Die Anstiftung einer Person zu der von dieser an einer Schwangeren vorgenommenen Abtreibung und die Anstiftung der Schwan­ geren zur Zulassung dieser Abtreibung können sich als 2 selbständige Hand­ lungen darstellen. E. 62 S. 74. Wer eine Schwangere zur Duldung der von ihm selbst vorgenommenen Abtreibungshandlung angestiftet hat^ kann nicht nur aus Abs. 2, sondern auch noch wegen Anstiftung nach Abs. 1 bestraft werden. RG. JurW. 1931 S. 1480. Der Verlobte, der die Braut nicht von der beabsichtigten Abtreibung abhält, ist wegen Beihilfe strafbar. LG. Weimar JurW. 1938 S. 3031 (a. M. Recht 26 Nr. 133). 70) Nach der Rechtsprechung des RG. war eine Unterbrechung der Schwangerschaft zur Rettung des Lebens der Mutter (sog. medizinische In­ dikation) unter dem Gesichtspunkt des übergesetzlichen Notstandes (vgl. Anm. 68 a zu 8 54) nicht rechtswidrig. Diese Rechtsprechung hat durch den § 14 des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (abgedr. unter B II 3) ihre Bedeutung verloren. Die auf Unkenntnis dieser Vorschrift und der AusfBO. beruhende Annahme, der Eingriff eines Nichtarztes sei zu­ lässig, wenn für die Schwangere nach ärztl. Auffassung Lebensgefahr besteht, ist ein unbeachtl. Strafrechtsirrtum. E. 72 S. 59. Eine Unterbrechung der Schwangerschaft aus rassischen Gründen (sog. eugenische Jndikatton) ist nur unter den Voraussetzungen des § 10a des genannten Gesetzes zulässig; so

Berbrechen und Vergehen Wider das Leben § 218.

211

Ebenso wird ein anderer bestraft, der eine Frucht im Mutterleib oder durch Abtreibung tötet.71»)

Der Versuch7?) ist strafbar.

Wer die im Absatz 2 bezeichnete Tat ohne Einwilligung7^») der Schwangeren oder gewerbsmäßig7^ begeht, wird mit Zuchthaus berechtferttgt z. B. das Bestreben, keinen Mischling entstehen zu lassen, die Abtreibung nicht. RG. DJust. 1936 S. 1498. 71) Es gibt ein tätiges und ein untätiges Dulden. Ein Versuch der Zu­ lassung liegt vor, wenn die Zulassung eingestellt wird, bevor der beabsichtigte Eingriff durchgeführt ist, oder, wenn der Eingriff den gewünschten Erfolg nicht gehabt hat. E. 61 S. 360. 71a) § 218 setzt nicht voraus, daß die Schwangere die Tötung ihrer Frucht überlebt hat. E. 67 S. 206. A. M. E. 41 S. 328. Beihilfe zum Selbstmord einer Schwangeren fällt daher unter Abs. 2. RG. DR. 1940 S. 26. Täter nach Abs. 2 ist auch, wer der Schwangeren ein Abtreibungsmittel ver­ schafft, falls diese es anwendet und er die Tat als eigne will; in Tateinheit damit kann er sich zugleich der Betchilfe oder Anstiftung zu dem Vergehen der Schwangeren gegen Abs. 1 schuldig machen. E. 74 S. 21. Abtreibungs­ handlungen an verschiedenen Frauen oder an derselben Frau bei ver­ schiedenen Schwangerschaften können nicht in Fortsetzungszusammenhang stehen. E. 68 S. 14 und RG. JurW. 1935 S. 2735. 72) Versuch liegt vor, wenn das Kind infolge einer von der Abtreibung unabhängigen Todesursache verstorben. DStZ. 6 S. 133. Auch eine Nicht­ schwangere, die sich für schwanger hält, macht sich nach ständiger Rechtspre­ chung des RG. eines strafbaren Versuchs schuldig. E. 8 S. 198. E. 47 S. 65. Siehe auch BayObLG. DRZ. 25 Nr. 553. Die Aufnahme in ein Sanatorium zwecks Abtreibung ist Borbereitungshandlung. HRR. 1930 Nr. 1671. 72a) Zu einer die Anwendung des Abs. 4 ausschließenden Einwilligung gehört, daß sie auf freier Willensentschließung beruht; jedoch macht nicht jede Bedrohung i. S. des § 240 den Willen unfrei, sondern nur ein Nötigungs­ stand i. S. des § 52 StGB. E. 70 S. 107. 73) Gewerbsmäßige Abtreibung liegt vor, wenn die Tat in der Absicht begangen wird, sich durch wiederholte Begehung der Abtreibung oder der Erleichterung der Abtreibung (§ 218 Abs. 4 S. 2) eine forllaufende Einnahmequelle (b. h. eine Einnahmequelle von einer gewissen Dauer; dauernd braucht sie nicht zu sein. RG. DJust. 1937 S. 1086) zu ver­ schaffen. E. 68 S. 14. Daß erhebliche Einnahmen erzielt oder erstrebt werden, ist nicht erforderlich. RG. D. Rechtspfl. 1936 Nr. 4§4. Die Er­ werbsabsicht braucht nicht der einzige und auch nicht der Hauptgrund des Handelns zu sein. RG. JurW. 1939 S. 691. Eine Einzelhandlung kann genügen, wenn sie in Wiederholungsabsicht begangen wird. RG. JurW. 1923 S. 195. Eine Abtreibung verliert dadurch, daß sie gewerbsmäßig be­ gangen wird, nicht die Eigenschaft einer selbständigen Handlung; die bis­ herige Rechtspr. (E. 68 S. 14), daß die einzelnen Handlungen eine Sammel­ straftat bilden und daher nur wegen eines Verbrechens aus § 218 Abs. 4 Satz 1 zu verurteilen sei, ist aufgegeben (Anm.100 am Ende zu § 73). Zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit können auch einzelne nicht feststellbare, aber aus der gesamten Sachlage zu folgernde Fälle herangezogen werden. RG. DRechtspfl. 1936 Nr. 434. Unter Abs. 4 fällt auch die gewerbsmäßige Beihilfe, ohne Rücksicht, ob der Haupttäter gewerbsmäßig gehandelt hat oder nicht; dagegen ist der Gehilfe, der selbst nicht gewerbsmäßig handelt, straf« bar nach § 218 Abs. 2. E. 72 S. 225.

212

A 2. Strafgesetzbuch §§ 219 u. 220.

straft.

Ebenso wird bestraft, wer einer Schwangeren ein Mittel oder

Werkzeug"») zur Abtreibung der Frucht gewerbsmäßig verschafft.") Sind

mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter

drei Monaten ein. Wer zu Zwecken der Abtreibung Mittel, Gegenstände

§ 219."«)

oder Verfahren öffentlich ankündigt") oder anpreist oder solche Mittel

oder Gegenstände an einem allgemein zugänglichen Orte ausstellt,") wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die Vorschrift des Abs. 1 findet keine Anwendung, wenn Mittel,

Gegenstände oder Verfahren, die zu ärztlich gebotenen Unterbrechungen der Schwangerschaft die.nen, Ärzten oder Personen, die mit solchen Mitteln oder

Gegenständen erlaubterweise Handel treiben, oder in

ärztlichen oder pharmazeutischen Fachzeitschriften angekündtgt oder an­

gepriesen werden. § 220.68a)

Wer öffentlich seine eigenen oder fremde Dienste zur

Vornahme oder Förderung von Abtreibungen anbietet, wird mit Ge­ fängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

73a) Das Mittel oder Werkzeug muß zur Abtreibung geeignet sein; ist die Eignung lediglich in der Vorstellung des Verschaffenden vorhanden, so liegt nur (strafbarer) Versuch vor. E. 68 S. 13. 74) Die Schwangere braucht im Augenblick der Verschaffung nicht den Willen zu haben, sich ihre Frucht abzutreiben. Wohl aber muß der Täter in der Erwartung handeln, daß nach der Berschaffung die Abtreibung vorgenommen werde. E. 69 S. 303. Ob sie dann auch tatsächlich vorgenommen wird, ist für § 218 Abs. 4 belanglos. E. 68 S. 13; E. 69 S. 86. „Verschafft" ist der Gegen­ stand, wenn die Schwangere die Verfügungsgewalt darüber erlangt hat. E: 69 S. 86. Es genügt zur V ollen düng aber auch schon, wenn eine Mittels­ person das Werkzeug mit dem Willen der Schwangeren erwirbt, um es ihr zur Abtreibung auszuhändigen oder nach ihren Weisungen zu verfügen, wenn der Verkäufer weiß (oder doch damit rechnet und einverstanden ist), daß das Werkzeug ihrem Willen entsprechend in ihre Verfügungsgewalt kommt. Daß die Schwangere selbst die Anregung zu dem Erwerb gegeben habe, ist nicht erforderlich. Hat die Mittelsperson ohne Einverständnis der Schwangeren gehandelt, so ist der Verkäufer wegen versuchter Berschaffung schon dann strafbar, wenn er das Werkzeug der Mittelsperson in der Erwartung über­ geben hat, diese werde es der Schwangeren aushändigen und dann die Abtteibung vorgenommen werden. E. 69 S. 86. Das Angebot eines Abtteibungsmittels gegenüber der Schtoangeren ist Borbereitungshandlung, solange das Angebot nicht angenommen ist. RG. in Deutsche Justiz 1935 S. 1419 (dortselbst auch wegen der Sttafbarkeit aus § 49a). Wendet der Täter gleich­ zeitig bei der Schwangeren das Mittel gewerbsmäßig an und wird dadurch die Frucht getötet, so ist er nur wegen vollendeter gewerbsmäßiger Abtteibung zu strafen. Liegt nur eine versuchte Abtteibung vor, so ist lediglich aus § 218 Abs. 4 Satz 2 zu strafen. E. 68 S. 60. 75) Siehe Anm. 94, 97 zu § 184. Eine öffentl. Ankündigung liegt auch vor, wenn der Täter häufig einzelnen Personen ankündigt (s. Anm. 12 zu § 85). 76) Siehe Anm. 88 a, 98 zu § 184.

verbrechen und vergehen wider das Leben

88 221 u. 222.

213

§ 221. Wer eine wegen jugendlichen Atters, Gebrechlichkeit oder Krankheit77) hilflose78) Person aussetzt,79)80 oder wer eine solche Person, wenn dieselbe unter seiner Obhut steht89)

oder wenn er für die

Unterbringung, Fortschasfung oder Aufnahme derselben zu sorgen hat, in hilfloser Lage vorsätzlich

verläßt,8')

wird mit Gefängnis nicht

unter drei Monaten bestraft.

Wird die Handlung von leiblichen Ettern gegen ihr Kind begangen, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter sechs Monaten ein. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung der aus­

gesetzten oder yerlassenen Person verursacht worden, so tritt Zucht­ hausstrafe bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung der

Tod verursacht81 a*)*worden * * * * ist, Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein.

§ 222*). Wer durch Fahrlässigkeit8?) den Tod eines Menschen88) verursacht,88») wird mit Gefängnis bestraft. 77) Hierunter kann auch starke Betrunkenheit gerechnet werden. E. 5 S. 393. Auch der Zustand einer Gebärenden fällt hierunter. E. 54 8. 273. Der Umstand, daß die Person zur Zeit der Aussetzung bereits eine tödliche Ge­ sundheitsbeschädigung erlitten hat, schließt eine weitere Lebensgefährdung nicht aus. JurW. 60 S. 1482. 78) Hilflos ist die Lage, wenn die Person sich nicht aus eigener Kraft helfen kann und an Leben oder Gesundheit gefährdet ist, falls nicht ein rettender Zufall eintritt. E. 71 S. 202. Ob die Hilflosigkeit dauernd oder vorüber­ gehend ist, ist ohne Bedeutung. RG. DJust. 1938 S. 2ü41. 79) Aussetzen bedeutet: eine hilflose Person durch seine Tätigkeit aus einem Verhältnis, in dem ihr Schutz und Hilfe zuteil wird, in eine hilflose Lage versetzen. RG. DJust. 1938 S. 2041; das Bestehen einer rechtlichen Verpflich­ tung des Täters zur Fürsorge ist kein Erfordernis des Tatbestandes. E. 7 S. 111 u. E. 31 S. 165. Der Täter muß sich bewußt sein, daß er durch sein Verhalten das Kind gefährdet. JurW. 57 S. 2983. Keine Aussetzung, wenn er in der Nähe bleibt u. wartet, bis Hilfe kommt. R. 7 S. 250; auch keine Aussetzung, wenn eine hilflose Person von einem anderen mit Recht aus besten Hause verwiesen wird und sie dieser Ausweisung fteiwillig Folge leistet, GA. 45 S. 357. 80) Es genügt eine vertragsmäßige Obhut. E. 8 S. 205. 81) Verlassen in hilfloser Lage bedeutet nach der bisherigen Rechtsprechung des RG. ein Sichentfernen, eine räumliche Trennung, eine Änderung oder Lockerung der örtlichen Beziewrngen zwischen dem Hilfebedürftigen und dem zur Obhut Verpflichteten durch dessen Handeln oder pflichtwidriges Unterlassen. RG. DJust. 1938 S. 2041. Dieser Standpunkt ist mit Siecht in DR. 1941 S. 193 aufgegeben und für ausreichend erklärt, daß der Täter ohne räumliche Entfernung sich geistig außerstande setzt (z. B. indem er sich schlafen legt), die gebotene Hilfe zu leisten (a. M. — nicht überzeugend — Mezger, Anm. a. a. O.). 81 a) Der Täter läßt ein von der von ihm geschwängerten Person gebo­ renes Kind nach der Geburt auf der Erde hilflos liegen. E. 66 S. 71. *) i. d. F. der VO. v. 2. April 40 (RGBl. I S. 606). Durch diese DO. ist der bisherige Abs. 2, der erhöhte Strafe bei Außerachtlassung der durch Amt, Beruf oder Gewerbe besonders geforderten Aufmerksamkeit vorsah, gestrichen worden. Vgl. Nr. 429, 430 der „Richtlinien für das Strafver-

214

A2. Strafgesetzbuch 8 222.

fahren" und AB. v. 23. April 40 (DJust. S. 509), die Gesichtspunkte für die Strafzumessung enthält. 82) Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter bei Aufwendung gehöriger Aufmerksamkeit und Vorsicht den Tod als erfahrungsmäßige mögliche Folge voraussehen konnte. E. 28 S. 272. E. 30 S. 25. Es genügt aber nicht das Bewußtsein des Täters, daß seine Handlung das Leben eines anderen ge­ fährde. E. 57 S. 172. Vermochte der Täter die Möglichkeit der tödlichen Ver­ letzung eines Menschen überhaupt zu erkennen, so ist es gleichgültig, ob er auch die Besonderheiten kannte oder vorsehen konnte, die im gegebenen Einzelfall den ursächlichen Verlauf nachteilig beeinflußten. E. 54 S. 349. E. 35 S. 131. Es müssen aber die unbekannten Einzelerscheinungen innerhalb des Rahmens der täglichen Erfahrung gelegen haben. E. 34 S. 91. BüyObLG. HRR. 1919 Nr. 58. Die Vorhersehbarkeit ist durch außergewöhnliches u. daher aus dem Rahmen der Lebenserfahrung fallendes Verhalten des Getöteten aus­ geschlossen. Vgl. DRZ. 21 Nr. 67. JurW. 60 S. 3373. Fahrlässig wirkt auch an dem Tode mit, wer fahrlässig für den vorsätzl. Handelnden das Werkzeug beschafft. E. 64 S. 370. Verursachung durch Fahrlässigkeit liegt nicht vor, wenn bei Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit die eine oder die andere der hinzugetretenen Zwischenursachen nicht vorhersehbar war. E. 34 S. 91, jedoch E. 56 S. 350. Zur Fahrlässigkeit genügt an sich nicht, daß der Täter gegen polizeiliche oder sonstige Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat, vielmehr ist immer erforderlich die weitere Feststellung, daß er den Erfolg seiner Handlung als mögliche Folge seines Verhaltens hat voraussehen können. E. 71 S. 187; jedoch wird sich der Täter bei einem derartigen Verstoß in der Regel nicht darauf berufen können, der Erfolg sei nicht voraussehbar ge­ wesen. E. 73 S. 373. Andererseits schließt die Befolgung polizeilicher Vor­ schriften die Fahrlässigkeit nicht aus. E. 65 S. 158; NG. JurW. 1936 S. 1910. Genehmigung einer gewerbl» Anlage schützt nicht. GA. 37 S. 202. Hat ein Gewerbetreibender einen selbständig fungierenden 'Stellvertreter bestellt, so

ist er nicht ohne weiteres selbst verhaftet. GA. 44 S. 398; auch E. 19 S. 264. Ein Betriebsleiter braucht nicht alle Verrichtungen seiner Gehilfen unaus­ gesetzt zu überwachen. Es genügt, wenn er bei der Auswahl der bestellten Personen die erforderliche Sorgfalt anwendet und sich durch Stichproben von ihrer andauernden Zuverlässigkeit überzeugt. E. 57 S. 148. Wer eine wegen kindlichen Alters unerfahrene Person zu einer gefährlichen Verrichtung bestellt, hat die Rechtspflicht zur Abwendung des dieser Person drohenden Schadens. JurR. 3 Nr. 82. Eine strafbare Fahrlässigkeit kann auch darin gefunden werden, daß einem Dritten die Gelegenheit gegeben wird, eine so große Quantität Alkohol zu genießen, daß infolgedessen der Tod eintritt. GA. 39 S. 213 u. DIZ. 16 S. 932. Der Bewirtende ist nur dann verantwortlich, wenn er erkennt, daß der Bewirtete die eigene Beherrschung und das erforderl. Augenmaß nicht besitzt. JurW. 61 S. 3720. Fahrlässige Tötung kann vorliegen durch einen sinnlos Betrunkenen, der sich in diesen Zustand versetzt hat trotz des Bewußtseins, daß er darin zu Ausschreitungen neigt.. JurW. 58 S. 2711. Einzelfälle: Ein Bademeister ist verpflichtet, jedem Hilferuf eines Badenden nachzugehen, auch wenn er ihn für einen Scherzruf hält. Recht 33 Nr. 650. Die gebotene Nichtzuziehung eines Arztes kann auch dann fahrlässig sein, wenn der Kranke einen Arzt nicht hat haben wollen. RG. v. 10. Septbr. 35, DJust. 1935 S. 1591. Ausnahmefall: E> 36 S. 78. Darin, daß jemand die Heilkunde ohne wiffenschaftliche Vorbildung ausübt, liegt nicht ohne weiteres eine Fahrlässigkeit. Doch muß er als erstes eine gewissenhafte Selbstprüfung

Verbrechen und Vergehen wider daS Leben § 222.

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vornehmen, ob die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausreichen werden, die angetragene Aufgabe zu erfüllen; an die Erfüllung dieser Pflicht sind von der Rechtspr. strenge Anforderungen zu stellen. RG. JurW. 1937 S. 2390. Wer die Heilung eines Kranken unternommen hat, sich aber nicht zurückzieht, wenn er sieht, daß durch seine Behandlung der Tod beschleunigt wird, macht sich strafbar, auch wenn der Kranke mit der Behandlung einverstanden war. E. 50 S. 37. (Über die einem nicht approbierten Heilbehandler obliegenden Pflichten siehe E. 67 S. 12 u. RG. DStrafr. 1936 S. 175.) Auch schon in der Übernahme einer Krankenbehandlung durch Gesundbeten kann Fahrlässigkeit liegen, wenn hierdurch der notwendige ärztliche Beistand ferngehalten wird. E. 59 S. 355. DRZ. 21 Nr. 791; oder wenn die Vorhersehbarkeit des Todes bei seinen persönl. Fähigkeiten u. Kenntnissen zuzumuten war. HRR. 1933 Nr. 80. Schonungslose Aufklärung eines gefährl. Erkrankten kann unter Umständen ein ärztl. Kunstfehler sein. E. 66 S. 181. —In der Beschleunigung des TodeS durch Kurpfuscherei kann fahrlässige Tötung auch dann gefunden werden, wenn der tödlicke Ausgang der Krankheit unabwendbar war. R. 10 S. 493. Über­ haupt ist es gleichgültig, ob der Tod durch rechtzeitige zweckdienliche Hilfe hätte abgewendet werden können. E. 22 S. 173. JurR. 2 Nr. 2302. Es genügt die Feststellung einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, daß daLeben bei sachgemäßer Behandlung gerettet oder verlängert wäre. E. 51 S. 127. Unerheblich ist, ob die Eltern des kranken Kindes mit der Behandlung einverstanden waren. JurW. 61 S. 3349. Ein nichtärztl. Heilbehandler ist nicht verpflichtet, Lin allgemein.als wirksam geltendes Heilmittel (Serum) anzuwenden, wenn seine persönl. Überzeugung mit der überwiegenden Meinung nicht übereinsttmmt. E. 64 S. 263. Anders, wenn bei einer Krankheit eilt bestimmtes Mittel besonders wirksam ist, hinter das alle anderen Heilmittel erkennbar weit zurücktreten (wie z. B. Lebertherapie bei perniziöser Anämie) E. 74 S. 60. Ein Heilmittelhändler macht sich strafbar, wenn er bei Verabfolg, der Mittel falschen Rat erteilt. E. 66 S. 279. Die Fahrlässigkeit eines Kraftwagenlenkers kann darin liegen, daß er in angetrunkenem Zustande oder im Zustande der Überanstrengung die Fahrt antritt. RG. in JurW. 19^1 S. 803 und JurW. 1936 S. 48"; daß er die Lenkung auf verkehrsreichen Straßen übernimmt, ohne als Führer geprüft zu^sein. HRR. 1930 Nr. 1558 — dagegen ist der Nichtbesitz des Führerscheins nicht maßgebend. JurW. 1931S. 886 —ohne im Besitz der erforderlichen Übung und geisttgen Fähigkeit zu sein. JurW. 35 S. 607; ohne wegen hohen Alters die nöttge Spannkraft zu besitzen. Dresden DRZ. 23 Nr. 442; daß er den Anforderungen der Geistesgegenwart nicht gewachsen ist. DRZ. 21 Nr. 879 — dieser Zustand muß ihm zum Bewußtsein ge­ kommen sein. JurW. 1930 S. 1970,—oder daß er im selbstverschuldeten Schlaf den Wagen weiterführt. E. 60 S. 29; oder daß er es unterläßt, mit einem unverständigen oder vorschriftswidrigen Benehmen anderer Personen auf der Straße zu rechnen, jedoch nur, wenn er bei verständiger Überlegung aller gegebenen Umstände trifttge Veranlassung hat, damit zu rechnen. E. 70 S. 71; 72 S. 55, insbesondere bei Personen im Kindesalter. RG. JurW. 1935 S. 3311"; (Kopflosigkeit braucht er nicht in Rechnung zu stellen. Kiel JurW. 1929 S. 2839 u. 2840, Hamburg LZ. 25 S. 52; auch nicht mutwillige Herbeiführung des Zusammenstoßes. JurW. 1932 S. 799; auch nicht außerhalb der allgemeinen Erfahrung liegende Unbesonnenheiten, RG. JurW. 1936 S. 452, z. B. daß erwachsene Personen in der Stadt den Fahr­ damm betreten, ohne sich vorher nach nahenden Fahrzeugen umgesehen zu haben. E. 70 S. 74; jedoch muß der Kraftfahrer auf einen Berkehrstell-

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A 2. Strafgesetzbuch § 222.

nehmer, dessen verkehrswidriges Verhalten offen zutage liegt, Rücksicht neh­ men. E. 71 S. 28). Der Borfahrtsberechtigte kann sich grundsätzlich darauf verlassen, daß der Vorfahrtpfltchtige seine Pflicht erfüllt, wenn nicht aus be­ sonderen Umständen erkennbar ist, daß der Pflichtige die Vorfahrt nicht einräumen will. RG. JurW. 1936 S. 451; der Borfahrtberechtigte darf aber, wenn er auf eine Straßenkreuzung zufährt, nicht jede Rücksicht auf den Ver­ kehr aus den Seitenstraßen außer acht lassen. E. 73 S. 187 u. 280. Der Vor­ fahrtpflichtige darf nicht ohne besonderen Anlaß annehmen, der Vorfahrt­ berechtigte werde freiwillig von seinem Borfahrtrecht abstehen. E. 71 S. 80 u. 164; er darf das Borfahrtrecht des anderen nur dann unbeachtet lassen, wenn er die Sicherheit hat, den Schnittpunkt der Fahrbahnen bereits hinter sich zu haben, wenn der andere ihn erst erreicht. RG. JurW. 1937 S. 2400. Das Offensteben einer Eisenbahnschranke befreit nicht von der Pflicht, sich um­ zusehen wie bei sonstigen Kreuzungen und sich im Rahmen dieser Umsicht zu vergewissern, ob kein Zug naht; im übrigen kann man sich auf die Richttgkeit der Schrankenstellung verlassen, RG. DJust. 38 S. 1881 mit Anm. Fritsch. Fahrlässigkeit kann ferner darin liegen, daß der Fahrer nicht mit Scheuwerden der Tiere rechnete. LZ. 24 S. 260; daß er sein Augenmerk nur auf eine Seite, nicht auf die ganze Breite der Fahr­ straße E. 7Ö S. 71, oder nicht auf die sich seitwärts der Fahrbahn ab­ spielenden Vorgänge richtet. DRZ. 21 Nr. 579; oder daß er sich nicht einen Überblick über alle in Bettacht kommenden Gefahrenquellen verschafft hat. Recht 32 Nr. 2004; oder daß er ohne Grund und ohne Warnungszeichen zu geben plötzlich auf die linke Sttaßenseite lenkt (trotz § 1 SttBerkO.). E. 70 S. 135; oder daß er Radfahrer und andere Wegebenutzer in einem seitlichen Abstand von nur 30 cm überholt. RG. JurW. 1936 S. 1909; aber nicht darin, tzaß er einem nachfolgenden Wagen ein Überholen nicht ermöglicht hat. JurW. 1929 S. 2822. Ist die Sicht durch Nebelbildung usw. beeinttächttgt, so muß der Fahrer die Geschwindigkeit so herabmindern, daß seine Bremssttecke nicht größer ist als die übersichtliche Sttecke der Fahrbahn. E. 70 S. 49. Dies gilt auch in Zeiten behördlich angeordneter Verdunkelung. RG. DJust. 40 S. 1091,1171. Auch huf der Reichsautobahn muß der Fahrer mit dem plötzlichen Auftauchen unbeleuchteter Hindernisse rechnen und seine Fahrweise danach einrichten. E. 74 S. 73. Die sog. Schrecksekunde, llberraschungszeit, eine Zeitspanne, bis zu der eine Maßnahme gettoffen werden kann, ist nur gegenüber einem nicht zu vermutenden Ereignis zuzugestehen. E. 65 S. 135 (142) und RG. JurW. 1934 S. 1656 (daher z. B. nicht, wenn während einer Fahrt bei Nacht Menschen auf der Sttaße vor ihm in seinen Gesichtstteis treten, weil damit immer zu rechnen ist. RG. DR. 1939 S. 1714). Hinzukommt die Reaktionszeit (0,4 bis 0,5 Sek.): Zeitablauf vom Erkennen der Gefahr bis zur Betättgung der Bremse. JurW. 62 S. 851 u. 1661. Bor Eintritt der sog. Blindsekunde, in der die Beleuchtung durch die Beleuchtung eines tteuzenden Kraftfahrzeugs absorbiert wird, muß der Fahrer Vor­ kehrungen treffen, um nach ihrem Ablauf gegebenenfalls vor einem etwa plötzlich sichtbar werdenden Hindernis rechtzeitig anhalten zu können. E. 70 S. 50; dagegen Müller, JurW. 1934 S. 1656. Fahrlässig handelt auch der neben dem Lenker sitzende Eigentümer des Kraftwagens, der die Verlang­ samung der Fahrt nicht anordnet. Recht 10 S. 453, GA. 53 S. 175. BayObLG. JurW. 59 S. 2876. Doch hält GA. 62 S. 117 den mitfahrenden Eigentümer nicht für verpflichtet, die einzelnen Maßnahmen des Fahrers zu überwachen und auf die Sttecke und Hindernisse aufzupassen. Auch der Mit­ fahrer oder Bremser eines Anhängewagens ist nicht verantworllich. KG. JurW. 56 S. 926. Dagegen ist der Fahrlehrer für fahrlässige (Straftaten des

verbrechen und vergehen wider da- Leben § 222.

217

Fahrschülers verantwortlich. Fahrlässig handeln auch Führer von Kraft­ wagen der Feuerwehr, die keine Rücksicht auf andere Wegebenutzer nehmen. E. 65 S. 158. Dem Dienstherrn kann die Pflicht obliegen, sich davon zu überzeugen, daß der von ihm mit der Ausführung von Fahrten betraute Fahrer körperlich imstande sein werde, den Wagen verkehrssicher zu lenken. E. 71 S. 124. Ein Abweichen von der StraßenverkO. (z. B. durch Rechtsüberholen) ist unter besonderen Umständen nicht fahrlässig, wenn eS nach mensch­ lichem Ermessen völlig gefahrlos geschehen kann. RG.JurW. 1935 S. 3108 u. E. 73 S. 241. Die Sorgfaltspflicht deS Fußgängers auf der Fahrstraße wird dadurch er­ höht, wenn er durch ein Lautzeichen gewarnt ist. E. 66 S. 106. Bei einem Straßenbahnführer erstreckt sich die Aufmerksamkeits­ pflicht nicht bloß auf das fahrende, sondern auch auf das auSsteigende Publi­ kum. Kiel. JurW. 60 S. 198^. Wer eine Berkehrsgefahr begründet, gleichgültig, ob mit oder ohne Ver­ schulden, ist rechtlich verpflichtet, sie zu beseitigen, wenn er dazu imstande ist. JurW. 61 S. 801. Bon Entscheidungen in Einzelfällen sind noch zu erwähnen: Unter­ lassene Beleuchtung von Treppen, E. 14 S. 362; unterlassene Bedeckung eines Brunnens oder einer Grube, E. 6 S. 64, R. 4 S. 188 u. R. 8 S. 717; unterlassene Anbringung von Schutzvorrichtungen bei dem Betriebe von Ma­ schinen, E. 10 S. 6; unterlassene Untersuchung des Schweinefleisches auf Trichinose. R. 4 S. 165; das unsachgemäße Aufstellen eines Automaten durch einen Kaufmann. Hamburg LZ. 23 S. 1422; oder eines Benzinmotors in einem Gasthause. LZ. 24 S. 597; die Verabreichung von Alkohol durch einen 'Gastwirt an einen auf Fahrt befindlichen Kraftfahrer, obwohl er erkennt, daß dieser nicht mehr die eigne Beherrschung besitzt. RG. JurW. 1938 S. 1241. Eine vorsätzliche Körperverletzung, welche wegen mangelnder Rechtswidrig­ keit nicht bestraft werden kann, kann als fahrlässige Tötung unter Strafe fallen. E. 23 S. 381. Notwehrhandlung schließt Fahrlässigkeit nicht aus. E. 58 S. 27. Tateinheit zwischen § 222 und unbefugtem Gebrauch von Kraftfahrzeugen (§ 1 der BO. v. 20. Ott. 32, abgedr. unter BIX 8) ist möglich. E. 68 S. 216. 83) Sinnt. 54. 83 a) Als Ursache des Erfolgs ist jede Handlung anzusehen, die nicht w e g gedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfällt. E. 58 S. 366. E. 63 S. 213. E. 64 S. 316. Der ursächl. Zusammenhang wird durch ein Mitver­ schulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Verletzten oder eines Dritten nicht ausgeschlossen (RG. DR. 1940 S. 1233), also z. B. nicht dadurch, daß der Verletzte eine Operation verweigert. JurW. 1930 S. 2962 u. 1931 S. 940. Die bloße Möglichkeit, daß der Erfolg auch bei pflichtgemäßem Verhalten ein­ getreten wäre, schließt den Ursachenzusammenhang nicht aus. E. 63 S. 211. Ursachenzusammenhang zwischen einer Unterlassung und dem rechts­ verletzenden Erfolg liegt vor, wenn die Unterlassung nicht hinzugedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfiele. E. 58 S. 130. RG. DR. 40 S. 1519. Die Unterlassung muß aber eine Rechtswidrigkeit gegenüber dem Verletzten enthalten. E. 63 S. 392 (vgl. Anm. 45 a zck 8 47). Eine Hand­ lung, ohne die der Tod nicht eingetreten sein würde, hört deshalb nicht auf, eine Ursache für den Todeserfolg zu sein, weil ein anderer es unter­ ließ, den Gefahrenzustand zu beseitigen. JurR. 3 Nr 2249. Die Ursächlich­ keit für einen Erfolg wird auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß eine spätere vorsätzl. Handlung dazwischen tritt, die nach dem Willen deS Täters für den Erfolg mit ursächlich wird. E. 64 S. 316.

218

A 2. Strafgesetzbuch § 223. 17. Abschnitt. § 223

Wer

Körperverletzung.")

vorsätzlich88)

einen

anderen80)

körperlich miß-

87) Vgl. Nr. 36.8 der „Richtlinien für das Strafverfahren". 88) Die Widerrechtlichkeit fällt weg: a. in den Fällen, in welchen dem Täter ein Züchtigungsrecht zusteht. Art und Umfang des Züchtigungsrechts werden durch das allgemeine Sitten­ gesetz, daneben gegebenenfalls noch durch Rechtsnormen (Gesetz oder Berwaltungsvorschrift) bestimmt. Das Sittepgesetz läßt keine quälerische, gesund­ heitsschädliche, das Anstands- oder Sittlichkeitsgefühl verletzende Behandlung zu; das Züchtigungsrecht endet, wo es mit dem Zweck der Erziehung nicht mehr vereinbar ist. Durch Rechtsnormen, die den Umfang des Züchtigungs­ rechts bestimmen, können die durch das Sittengesetz gezogenen Grenzen ein­ geschränkt, aber nicht erweitert werden. E. 73 S. 257. Im übrigen sind die Grenzen des Züchtigungsrechts nach der besonderen Lage jeden einzelnen Falles zu bestimmen. Es kommt darauf an, ob die jeweilig gewählte Art und das angewendete Maß der Züchtigung sich innerhalb der Grenzen einer väter­ lichen Zucht gehalten hat. KG. GA. 61 S. 122. Das Züchtigungsrecht der Eltern (§ 1634 BGB.) ist ein höchst persönliches. Die Stiefeltern haben kein ZR. GA. 48 S. 134 u. Recht 10 S. 65. Ein aus dem Recht der Eltern „ab­ geleitetes" ZN. gibt es nicht. G. 33 S. 32. Dagegen Naumburg JurR. 1 Nr. 64. Nach Dresden, JurW. 1931 S. 1392 ist Voraussetzung für ein solches Recht, daß der Täter Grund zur Annahme hat, er handele im Sinne der Eltern und daß die Züchtigung nicht über das Maß einer vernünftigen Er­ ziehungsmaßregel hinausgeht. Ebenso Hamm JurW. 1924 S. 137 u. Kiel JurW. 1925 S. 2159, auch KG. GA. 74 S. 300 (im Anschluß an eine Un­ gezogenheit oder strafbare Handlung oder zwecks Abwendung eines Not-» standes). Auch als Ausfluß des öffentlichen Rechts ist ein solches Züchtigungs­ recht anzusehen. Jena GA. 60 S. 498. KG. JurW. 1931 S. 1392 (37). A. M. E. 61 S. 191. Simon, DIZ. 36 S. 1444. Das Züchtigungsrecht des Lehrers richtet sich nach den Dienstvorschriften. Es setzt voraus, daß ein die Ahndung im Wege der Schulzucht erforderndes Verhalten des Schülers außer Frage steht. E. 65 S. 263. Das Züchtigungsrecht der Volksschullehrer ist in den älteren Provinzen Preußens durch §§ 50,53 ALR. II12 und in den 1815 hinzugekommenen Provinzen durch die Ziff. 4 d. KO. v. 14. Mai 1825 (GS. S. 149 — Schleswig-Holstein BO. v. 23. Sept. 1867 (GS. S. 1619) — gesetzlich geregelt, wonach die Schulzucht niemals bis zu Mßhandlungen ausgedehnt werden darf, die der Gesundheit des Kindes auch nur auf ententfernte Art schädlich werden können. Diese Vorschrift ist nicht beseitigt; beseitigt sind nur Ziff. 5 u. 6. E. 43 S. 281. KG. JurW. 1931 S. 1392 (38). Für die höheren Lehranstalten fehlt es an Vorschriften solcher Art. In welchem Umfange das Züchtigungsrecht den Lehrern dieser Anstalten zu­ steht, ist fraglich. Gegenüber Schülern höherer Klassen (z. B. Untersekun­ danern) steht es ihnen unbedingt nicht zu. E. 42 S. 142 u. E. 43 S. 277. Ob der zur Züchtigung Berechtigte durch die objektiv feststehenden Handlungen Anlaß zur Züchtigung überhaupt oder in dem angewendetem Maße gehabt habe, darüber entscheidet Acht der Strafrichter, sondern die Schulaufstchts- oder die Disziplinarbehörde. E. 65 S. 263 (265). Die Züchtigung ist jedenfalls dann nicht rechtswidrig, wenn der Lehrer von den Eltern hierzu ermächtigt wird. E. 61 S. 191. Irrt der Lehrer über die tatsächlichen Voraussetzungen.seines Züchtigungsrechts und hat er den Irrtum durch Fahrlässigkeit verschuldet, ist er wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar. E. 65 S. 263. — Geistliche

Körperverletzung § 223.

219

handelt") oder an der Gesundheit91) beschädigt,") wird wegen Körper­ verletzung mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe

bestraft. haben selbst den Unterrichtsteilnehmern gegenüber kein Züchtigungsrecht. E. 67 S. 324; Wohl aber Lehrer an den gewerblichen Fortbildungsschulen. E. 45 S. 1. Über das Züchtigungsrecht des Leiters einer Privaterziehungs­ anstalt gegenüber der dieser Anstalt überwiesenen Fürsorgezöglinge stehe E. 42 S. 347. Der Dienstherrschaft steht gegen die Dienstboten kein Züchtigungsrecht zu, Art. 95 EG. z. BGB. Wohl aber steht dem Lehrherrn ein Züchtigungsrecht gegen die Lehr­ linge zu. Dasselbe ist indes, beschränkt durch die Grenzen der väterlichen Zucht (§ 127 a GewO.) und die Überschreitung dieser Grenzen ist strafbar. GA. 41 S. 394 u. GA. 42 S. 244. Der Dienstherr macht sich strafbar, wenn er es unterläßt (auch aus Fahrlässigkeit) gegen die übermäßige Züchtigung seines Lehrlings durch seinen Vertreter einzuschreiten. BayObLG. GA. 73 S. 45. Ein Irrtum über den Bestand des Züchtigungsrechts ist unbeachtl. Strafrechtsirrtum, ein Irrtum über seinen Umfang dagegen fällt, soweit es sich nicht um die durch das Sittengesetz gezogenen Grenzen handelt, unter §59. E. 73 S. 259. b. Nach der Rechtspr. des RG. stellt sich eine ärztliche Operation, selbst wenn sie nach allen Regeln der Kunst und Wissenschaft vorgenommen worden ist, objektiv als eine Körperverletzung dar, deren Rechtswidrigkeit regelmäßig nur durch Einwilligung (8 226 a) entfällt. E. 25 S. 375 und E. 74 S. 91; insbes. bei Ausübung des zahnärztlichen Berufs, GA.51 S.69; beim Homöo­ path. Heilbehandler. JurW. 59 S. 1595 (vgl. Anm. 17 zu § 230). Eine Aus­ nahme gilt nur, wenn die Einwilligung (z.B. wegen Bewußtlosigkeit) nicht ein­ geholt werden kann und Gefahr im Verzüge ist. RG. DJust. 1936 S. 1502. Mit Frank S. 459 u. LK. Anm. 10 ist anzunehmen, daß der nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommene Eingriff weder Mißhandlung noch Gesundheitsbeschädigung sein kann, daß sich der Arzt aber u. U. wegen Nötigung strafbar macht. S. auch Anm. 8 d zu 8 226 a. c. Ist eine Festnahme nicht ohne Körperverletzung erreichbar, so ist die körper­ liche Einwirkung nicht rechtswidrig, wenn sie innerhalb der durch die Sachlage gezogenen Grenzen betätigt wird. E. 65 S. 392; s. auch E. 69 S. 311. Auch ein Polizeibeamter hat nicht das Recht,bei einer Festnahme jede Art und jedes Maß von Gewalt anzuwenden. JurW. 1913 S. 157. 89) Ein 5kind kann vom Beginn der Geburt ab Objekt einer Körperver­ letzung sein. E. 26 S. 178. 90) Mißhandlung ist nicht nur dann vorhanden, wenn dem Verletzten durch eine Tätlichkeit ein körperlicher Schmerz bereitet wird, sondern es liegt eine solche schon in jeder vorsätzl. und rechtswidrigen Einwirkung auf den Körper eines anderen, durch welche eine Störung des körperl. Wohlbefindens hervorgerufen wird. R. 10 S. 407. E. 19 S. 136. Sie kann vorliegen, wenn jemand der Einwirkung von Kälte ausgesetzt wird. JurR. 3 Nr. 659; oder ein Pflege­ befohlener gänzlich vernachlässigt wird. Recht 32 Nr. 1177. ES fällt auch unter den Begriff der Mißhandlung gänzliches Abschneiden der Haare, Anspeien usw., GA. 58 S. 184, Recht 14 Nr. 2419. In dem gewaltsamen Abschneiden des Bartes liegt keine Körperverletzung, dagegen kann darin eine Beleidigung liegen. GA. 44 S. 162 u. E. 29 S. 58. Die Beischlafsvollziehung mit einem jungftäul. Mädchen kann den Tatbestand des § erfüllen. E. 56 S. 64. Eine Körper-

220

A 2. Strafgesetzbuch 8 223». Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen,

so ist auf Gefängnis nicht unter Einem Monat zu erkennen.

§ 223a.9S)

Ist die Körperverletzung mittels einer Waffe,9*) ins­

besondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges,9Ö) oder mittels eines hinterlistigen Überfalls,99) oder von mehreren

gemeinschaftlich,9?) oder

mittels

einer das Leben gefährdenden

Be-

verletzung kann auch dadurch bewirkt werden, daß der Täter den Verletzten durch rechtswidrige Einwirkung bestimmt, etwas zu tun, was die Beschädigung seiner Gesundheit zur Folge hat. E. 26 S. 242. 91) Auch die Verschlimmerung einer Krankheit gehört hierher. E. 19 S. 226. Gesundheitsbesch, kann auch durch psychische Einwirkung verursacht werden, soweit sie eine innere Lebensfunktion stört und das körperliche Wohl­ befinden beeinträchtigt, inSbes. soweit die Nerven in einen krankhaften Zustand versetzt werden: Versetzen in Willenlosigkeit. E. 64 S. 113 (119). 92) Eine Absicht, d. h. ein auf Erreichung eines Erfolges gerichteter Wille wird nicht erfordert. E. 24 S. 369. Eventualdolus genügt z. B. bei syphilitischer Ansteckung (vgl. dazu § 5 GeschlKrG., abgedr. BII5). Personenver­ wechselung schließt den Vorsatz nicht aus. E. 19 S. 179. Dagegen liegt bei aberratio ictue nur fahrlässige Körperverletzung der irrtümlich getroffenen Person vor. E. 3 S. 384. 93) Gefährliche Körperverletzung. 94) d. h. ein Jnsttument (nicht etwa eine Flüssigkeit), mittels deffen gefähr­ liche Verletzungen herbeigeführt werden können. E. 8 S. 45. E. 26 S. 61. 95) bewegliche Sache, die durch menschliche Körperkraft in Bewegung ge­ setzt wird und auf mechanischem Wege verletzt, wenn sie nach ihrer objektiven Beschaffenheit und der Art ihrer Benutzung geeignet ist, erheblichere Körper­ verletzungen bervorzuruftn. E. 4 S. 397; 24 S. 372. Gleichgültig ist, ob das Werkzeug an den zu Verletzenden geführt, oder ob der zu Verletzende an das Werkzeug gebracht wird, z. B. durch Stoßen an ein Faß. Recht 7 S. 269. „Siedend heißer Kaffee" ist dahin gerechnet worden. GA. 62 S. 321, JurR. 2 Nr. 1785. Ein gehetzter Hund gehört nicht hierher, R. 5 S. 393 (wohl aber kann in dem Hetzen eines Hundes und in dadurch herbeigefühtten Verletzungen eine das'Leben gefährdende Behandlung gefunden werden. R. 8 S. 724), auch nicht Gift oder sonstige gesundheitsschädl. Stoffe, da sie nichf durch mechanische Einwirkung verletzen. RG. DJust. 1938 S. 518 (insoweit auch keine entspr. Anw. [§ 2] des § 223 a RG. DR. 1940 S. 1937). 96) Der Täter muß darauf auSgehen, dem. Angegriffenen die Möglich­ keit zu entziehen, den Angriff wahrzunehmen und sich darauf vorzubereiten. E. 2 S. 74. Er muß unter Verdeckung seiner wahren Absicht und mit Vor­ bedacht gehandelt haben. E. 22 S. 311; indem er z. B. Friedfertigkeit vor­ täuscht. Hinterlistig ist aber der Überfall nicht schon um deswillen, weil er von hinten ausgeführt ist. E. 65 S. 65. 97) Eine vorausgegangene Abrede ist nicht erforderlich, der einzelne muß sich nur bewußt sein, daß mehrere zusammenwirkend tätig sind. R. 1 S. 742. R. 4 S. 715. Es muß einer von zwei Angekl. tatsächlich eine in den Bereich des beiderseitigen EinverständniffeS fallende, eine Mißhandlung bildende Handlung vorgenommen haben. Recht 9 S. 625. — Die Annahme einer gemeinschaft­ lichen Körperverletzung bedingt nicht notwendig die Anwendung desselben Straf­ gesetzes, es kann vielmehr der eine Täter aus § 223 a, der andere aus § 224 bestraft werden. E. 21 S. 267. Siehe auch E. 44 S. 321. Gemeinschaftliches Handeln mit einem Geisteskranken ist ausgeschloffen. LK. Anm. 5.

Körperverletzung § 223* b.

221

Handlung 08) begangen, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter zwei Mo­ naten ein. § 223 b Wer Kinder, Jugendliche oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit Wehrlose, die seiner Fürsorge08 a) oder Obhut unterstehen oder seinem Hausstand98 * *b*) * angehören * * * * * * * * oder * * * *die * * *von * * * dem * * Fürsorgepflich­

tigen seiner Gewalt überlassen worden oder durch ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis von ihm abhängig sind, quält080) oder roh miß­ handelt08^) oder wer durch böswillige080) Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt,08*) wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. 98) Nicht der eingetretene Erfolg, sondern die Art und Weise der Ver­ übung der Tat ist entscheidend. Recht 13 Nr. 3256. Die Behandlung muß objektiv geeignet gewesen sein, eine Lebensgefahr herbeizuführen. E. 2 S. 107; E. 6 S. 396; HRR. 1929 Nr. 1799; nicht ist erforderlich, daß sich der Täter des Eintritts der Lebensgefährdung bewußt gewesen ist. E. 2 S. 278. Wohl aber muß der Täter sich der Tauglichkeit des Mittels bewußt gewesen sein. GA. 62 S. 332; er muß die Umstände erkennen, aus denen sich die Gefährdung ergibt. JurW. 61 S. 3350. Der Tatbestand kann darin gefunden werden, daß eine Person in das Wasser gestoßen wird und die Gefahr des Ertrinkens vorhanden ist. R. 6 S. 282. Ebenso kann eine das Leben gefährdende Behandlung in fortgesetzten Mißhandlungen gefunden werden. E. 9 S. 425, auch in dem Herabstoßen eines Radelnden auf einer Landstraße. DIZ. 15 S. 81, ferner in der Ver­ leitung einer Schwerkranken durch einen Heilbehandler, eine sachgemäße und wirksame Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen RG. in JurW. 1935 S. 2735.

98 a) Stiefeltern obliegt eine Sorgepflicht gegenüber den Stiefkindern. OLG. Celle DJust. 1939 S. 572. 98 b) Der Täter muß Haushaltungsvorstand sein. Das kann auch die Ehefrau sein, wenn sie tatsächlich die maßgebende Person im Haushalt ist. E. 73 S. 391. 98 c) Quälen bedeutet Verursach, länger dauernder oder sich wiederholender erhebl. körperlicher oder seelischer Schmerzen u. Leiden, worauf es dem Täter bes. ankommt. OLG Kiel DJust. 1934 S. 582. § 223 b fordert Vorsatz. RG. JurW. 1935 S- 527. 98 d) Roh ist die Mißhandlung, welche einer gefühllosen Gesinnung ent­ springt. Die gefühllose Gesinnung braucht keine dauernde Charaktereigenschaft zu sein, kann vielmehr auch vorliegen, wenn der Täter gereizt und dadurch zu dem Vorgehen gegen den Mißhandelten hingerissen worden ist. RG. DR. 1940 S. 26. Gemeinheit ist kein Erfordernis. KG. JurW. 1927 S. 1222. GA. 71 S. 42. Die Mißhandlung braucht keine grobe zu sein. OLG. Kiel DJust. 1934 S. 582. Vgl. § 1 des Tierschutzes, unter B III 12. 98 e) Böswillig handelt, wer trotz klarer Erkenntnis seiner Pflicht den Fürsorgeberechtigten aus verwerflichem Beweggrund (z. B. Haß, Geiz, Eigen­ nutz, Gewissenkosiukeit) an der Gesundheit schädigt, dagegen nicht, wer seine Pflicht aus Schwäche, Gleichgültigkeit oder Gefüblskälte verletzt. E. 72 S. 118; E. 73 S. 391. Hinsichtlich der Gesundheitsschädigung genügt bedingter Vor­ satz. RG. a.a.O. 98f) vgl. dazu § 24 Abs. 3 des Jugendschutzges., abgedr. unter B VI 7.

222

A 2. Strafgesetzbuch 8 224.

In besonders schweren Fällen 98 * * «)* ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren. § 224 Hat Vie Körperverletzung zur Folge,99)100 daß der Verletzte ein wichtiges Glied 10°) des Körpers, das Sehvermögen auf einem oder beiden Augen/) das Gehör, die Sprache oder die Zeugungs­ fähigkeit verliert/») oder in erheblicher Weise dauernd entstellt2) wird, 98 g) Es bedarf einer Wertung der Tat in ihrer Gesamtheit; dazu gehört in allen Fällen die Würdigung der Persönlichkeit des Täters und der Verhält­ nisse, die ihn zu seiner Tat geführt haben. RG. DJust. 1938 S. 378. Wegen des Verhältnisses zu 8 224 s. Anm. 99 am Ende. 99) Es kommt hier lediglich auf den objektiven Erfolg an, Vorsatz oder Fahrl. des Täters sind nicht erforderlich. E. 5 S. 29. Zur Begründung der Mittäterschaft genügt nur die Kenntnis und Billigung, daß ein Beteiligter dasjenige Werkzeug benutzt, mittels besten die Körperverletzung herbeigeführt werden soll. Recht 13 Nr. 2862. Vgl. Anm. 8 zu 8 226. Die aufgeführten Zustände müsten zwar zur Zeit der Urteilsfällüng bereits eingetreten sein, keineswegs müssen sie zu dieser Zeit noch fortbestehen. E.44 S. 59 u. JurR. 2 Nr. 110. — Zu § 223 a und § 223 b besteht Gesetzeskonkurrenz. RG. DJust. 1939 S. 1085. Liegen die Voraussetzungen des § 223 b Abs. 2 vor, so darf der Richter bei der Strafzumessung aus § 224 nicht hinter der Mindeststrafe des 8 223 b Abs. 2 zurückbleiben. RG. aaO.

100) Als Glied kommt nur ein solcher Körperteil in Betracht, der eine selbständige Funktion im Organismus hat. R.3 S. 126. Ob das Glied wichtig ist, hängt davon ab, in welchem Verhältnis dasselbe zum Gesamtorganismus steht. E. 6 S. 346; nicht davon, welchen Wert es für den Verletzten nach seinem individuellen Lebensberuf besaß. E. 64 S. 201. Verlust zweier Glieder eines Fingers gehört nicht hierher. R. 5 S. 403 u.vGA. 52 S. 91; auch nicht des rechten Goldfingers. E. 62 S. 161; wohl aber der Verlust des Daumens, wenn die ganze Hand gebrauchsunfähig wird. Recht 10 S. 65. GA. 53 S. 74. Es muß wirklicher Verlust vorliegen. E. 3 S. 33. 1) Eine, wenn auch schwere Herabminderung' der Sehschärfe genügt nicht. E. 71 S. 119, auch nicht eine bevorstehende Erblindung. E. 14 S. 4. Jedoch ist die Herabminderung des Sehvermögens auf einen praktisch bedeutungslosen Bruchteil C/eo) der Erblindung gleichzusetzen; aber nur, wenn der Zustand einen längeren Zeitraum (nicht nur drei Monate und weniger) hindurch besteht und seine Heilung sich entweder überhaupt nicht oder doch nicht der Zeit nach bestimmen läßt. E. 72 S. 321. Auch wird die Strafe dadurch nicht ausgeschlossen, daß möglicherweise die Sehkraft durch eine Operation wiederhergestellt werden kann. E. 27 S. 80. 1 a) Die Zeugungsfähigkeit umfaßt die Empfängnisfähigkeit. JurW. 62 S. 2911.

2) Die Möglichkeit der Verdeckung durch künstliche Mittel ist unerheblich. E. 14 S. 344. Eine erheb!. Entstellung kann sich aus der Änderung der nor­ malen Lage eines Körperteils ergeben, besonders, wenn dadurch das Gesicht be­ troffen wird. JurW. 61 S. 1744. Auch eine wesentliche Steigerung der vor­ handenen Unschönheit der Gesamterscheinung ist eine Entstellung. E. 39 (5.417; z. B. Verletzung des Unterkiefers. JurW. 57 S. 2232; oder Narbenbildung am Halse. HRR. 1933 Nr. 1057; oder Verlust eines größeren Teils der Ohr-

Körperverletzung §§ 225 u. 226.

223

oder in Siechtum,8) Lähmung^) oder Geisteskrankheit^) verfällt, so ist auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis nicht unter Einem Jahre zu erkennen.6) § 225. War eine der vorbezeichneten Folgen beabsichtigt?) und eingetreten, - so ist auf Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren zu erkennen. § 226. Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden/) so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängnis8a) nicht unter drei Jahren zu erkennen. muschel. LZ. 27 S. 1339; oder Verlust mehrerer Vorderzähne. RG. DJust. 1938 S. 427. 3) Siechtum erfordert einen chronischen Krankheitszustand, welcher, den Gesamtorganismus des Verletzten ergreifend, eine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, ein Schwinden der Körperkräfte und Hinfälligkeit zur Folge hat, dessen Heilung überhaupt oder doch der Zeit nach sich nicht bestimmen läßt. E. 72 S.321, 346; auch Schwindender Geisteskräfte, wenn dadurch ein Zustand der Hinfälligkeit hervorgerufen wird. DRZ. 21 Nr. 881. Vgl. Anm. 5. Völliger Verlust der Arbeitsfähigkeit kann als Verfall in Siechtum angesehen werden. E. 72 S. 345. 4) Die Lähmung bedingt Bewegungsstörungen für den Gesamtorganismus. R. 6 S. 565. Lähmung eines Knies genügt nicht. Recht 28 Nr. 75. Doch kann bei einem Handwerker völlige Bewegungslosigkeit des rechten Armes „Lähmung" bedeuten. JurW. 59 S. 1596. Es muß die Störung einer wichtigen Funktion in dem Bewegungsapparate des Körpers, eine wesentliche, erhebliche Beein­ trächtigung der Bewegungsfähigkeit eingetreten sein. Es ist aber nicht erforder­ lich, daß die Krankheit unheilbar und die Möglichkeit einer Besserung ausge-schlossen ist; es genügt vielmehr ein lange andauernder Krankheitszustand, dessen Beseitigung sich entweder gar nicht oder doch der Zeit nach nicht bestimmen läßt. E. 21 S. 223. JurW. 61 S. 1744. Es muß jedenfalls eine erhebliche Be­ einträchtigung des gesamten Befindens stattgefunden haben. JurW. 58 S. 2270. 5) Die Geisteskrankheit braucht nicht unheilbar zu sein. E. 27 S. 93; sie braucht auch nicht zur Zeit der Aburteilung noch fortzudauern. E. 44 S. 59. A.M. Frank II 7, vgl. oben Anm. 99; die Verursachung einer kurz vorüber­ gehenden Geisteskrankheit fällt nicht unter den §. Olshausen Anm. 9 c. 6) Einen Versuch dieses Verbrechens gibt es nicht. E. 9 S. 67. 7) Hier ist. ein Versuch sehr wohl denkbar und braucht nicht in Gestalt einer vollendeten einfachen Körperverletzung aufzutreten. GA. 39 S. 224. Wenn die Verstümmelung auf Verlangen des Verletzten erfolgt, so liegt bei diesem Anstiftung vor. DRZ. 24 Nr. 444. 8) Auch hier kommt es lediglich auf den Erfolg an. E. 5 S. 29. Wird bei einer Körperverletzung eine Mehrheit von Handlungen vorgenommen und eine von ihnen verursacht unabhängig von dem gewollten Erfolg den Tod, so ent­ fällt der Tatbestand dieses §. E. 44 S. 137. Der Anstifter braucht die Todes­ folge nicht gewollt zu haben. E. 59 S. 156. Treten bei einer von mehreren gemeinschaftlich verübten Körperverletzung die Folgen aus §§ 224 u. 226 nur durch die Tätigkeit eines einzelnen ein, so sind doch alle Mittäter aus diesen §§ verantwortlich. HRR. 1930 Nr. 2184; jedoch muß die Handlung der anderen gerade in derj. äußeren Beschaffenheit, durch die sie zur Tötung führte, im Rahmen des beiderseitigen Einverständnisses gelegen haben, und von jedem als

224 § 226a. Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung") des Verletzten") vorntmmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Bitten84) verstößt.8 * «) ****** § 227 Ist durch eine Schlägerei9) oder durch einen von mehreren gemachten 9lnQttff10)11der 12 Tod eines Menschen") oder eine schwere Körperverletzung (§ 224) verursacht") worden, so ist jeder, welcher sich eigene Tat gewollt sein. E. 67 S. 367. — Zu § 223 a besteht Gesetzes­ konkurrenz. E. 36 S.277; ebenso zu § 223 b. E. 70 S. 359. 8 a) Neben der Gefängnisstrafe darf nicht auf Verlust der Ehrenrechte erkannt werden. Recht 32 Nr. 2372. DRZ. 24 Nr. 363. 8 b) Die Einwilligung muß vor der Tat erteilt werden; braucht aber nicht ausdrücklich erklärt zu werden. Begr. z. Entw. StGB. 1927 S. 134. Eine rechtswirksame Einwilligung kann nur erklären, wer volle Einsicht in die Be­ deutung der vorzunehmenden Körperverletzung hat, also in der Regel nicht der Geisteskranke, während jugendliches Alter eine wirksame Einwilligung nicht ohne weiteres ausschließt (siehe dazu Anm. 60b zu § 216). Hat der Arzt vor der Operation mit dem Leidenden in großen Zügen den Eingriff, wie er ihn auf Grund des festgestellten Befundes erwarten darf, und seine Folgen besprochen, und dieser sich einverstanden erklärt, so darf der Arzt das Ein­ verständnis mit allem annehmen, was dem mit der Operation verfolgten Ziele entspricht und mit den Regeln der ärztl. Kunst vereinbar ist. RG. DR. 1940 S. 684. 8c) Oder seines gesetzlichen Vertreters. 8d) Die guten Sitten decken sich mit dem Anstandsgefühl aller gerecht und billig Denkenden. RG. JurW. 1938 S. 30. Die Einwilligung eines Masochisten in die Körperverletzung ist danach wirkungslos. JurW. 1929 5. 1015. HRR. 1931 Nr. 1611, ebenso die Einwilligung eines dem Knaben­ alter entwachsenen Jugendlichen in die Züchtigung durch Schläge auf das entblößte Gesäß. RG. JurW. 1938 S. 30, oder die Einwilligung einer Frau zur Vornahme ärzllicher Handlungen an ihrem Geschlechtsteil, die für den erstrebten Heilerfolg nicht unabweisbar notwendig sind. E. 74 S. 91. Uber Einwilligung in Verletzungen beim Sport, siehe B eck er, DJust. 1938 S. 1720. 8e) Vgl. jedoch § 14 des Ges. zur Verhütung erbkranken Nachwuchses v. 14.>Juli 33 (RGBl. I S. 529), abgedr. unter B H 3. 9) Eine solche ist nicht durch Einheit der Zeit und des Ortes bedingt. E. 3 6. 236. JurW. 61 S. 948. Der Tatbestand erfordert die Mitwirkung von mehr als zwei Personen und ist erst mit dem Eingreifen mindestens einer dritten Person gegeben. Recht 8 S. 84; er setzt wechselseitige Tätlichkeiten voraus. DRZ. 19 Nr. 485. 10) Der Angriff bedeutet eine in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen zielende Einwirkung. E. 59 S. 264. Ein Schuß in die Luft genügt nicht. R. 10 S. 505. Handlungen nach Beendigung des An­ griffs fallen nicht hierunter, auch wenn sie ohve den Angriff nicht geschehen wären. E. 61 S. 272; dagegen bewußte Herausforderung der Gegenpartei durch aufreizendes Verhalten. HRR. 1933 Nr. 441. 11) Gleichviel ob des Angreifers, des Angegriffenen oder eines Dritten. E. 9 S. 148. 12) Verschulden eines Beteiligten ist nicht erforderlich; es genügt, daß der Tod oder die Verletzung mit der Schlägerei in einem ursächl. Zusammenhänge

Körperverletzung § 228. an der Schlägerei oder dem Angriffe beteiligt1S) hat, schon wegen

dieser

Beteiligung mit Gefängnis bis zu drei Jahren zu bestrafen,

falls er nicht ohne sein Verschulden") hineingezogen worden ist. Ist eine der vorbezeichneten Folgen mehreren Verletzungen zu­

zuschreiben, welche dieselbe nicht einzeln, sondern nur durch ihr Zu­ sammentreffen verursacht haben, so ist jeder, welchem eine dieser Ver­ letzungen zur Last fällt, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu be­ strafen.

§ 228.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist in den Fällen

des § 223 Abs. 2 und des § 223 a14 * *»)13aus Gefängnis biS zu drei Jahren oder Geldstrafe, in den Fällen der §§ 224 und 227 Absatz 2 auf Ge­

fängnis nicht unter Einem Monat, und im Falle des § 226 auf

Gefängnis nicht unter drei Monaten zu erkennen.

steht. Deshalb findet § 227 sogar Anwendung, wenn der Getötete sich im Rauf­ handel durch eigenes Versehen getötet hat. E. 11 S. 237. 13) Teilnahme im Sinne des § 47 ist nicht erforderlich. E. 59. S. 265. Beteiligt an einer Schlägerei ist jeder, welcher gegenwärtig gewesen und physisch oder intellettuell bei dem Schlagen Mtgewirtt hat. E. 5 S. 170. Auf die indi­ viduell entfaltete Tätigkeit kommt es nicht an, E. 3 S. 256 u. R. 5 S. 447, doch ist die bloße Abwehr als Beteiligung nicht anzusehen. R. 9 S. 584. Be­ teiligt am Raufhandel ist auch derj nige. welcher erst eingreist, nachdem das Opfer die tödliche Wunde schon empfang n hat, falls die Vorgänge, an denen der Täter teilnimmt, mit den vor angegangenen eine Einheit bilden. E. 72 S 73. Auch der ist wegen seiner schuldhaften Beteiligung an der Schlägerei strafbar, der selbst und zwar allein in dieser Schlägerei eine schwere Körperverletzung er­ litten hat. E. 32 S. 33. Auch das freiwillige Verbleiben mit dem Willen, die eigene Partei durch sein Dasein zu unterstützen, ist Beteiligung. JmW. 1932 S. 948. Dagegen ist nicht nach tz 227 strafbar einer von drei Beteiligten, der seine Beteilig mg an einer Schlägerei aufgibt, bevor die Tötung oder Körper­ verletzung verursacht worden ist. RG. JurW. 1938 S. 3157. Nicht ist ge­ nügend die Feststellung, daß der Angekl. die Schlägerei „mit veranlaßt habe". Recht 11 S. 465. 14) Trotz der negativen Fassung ist die positive Feststellung erforderlich, daß der Täter schuldhaft in den Raufhandel hineingl-zogen wurde. R. 9 S. 584. E. 65 S. 340. Ohne sein Verschulden in die Schlägerei hineingezogen ist der, den rücksichtlich ßeiner gesamten Beteiligung an der Schlägerei von ihrem Anfänge bis zum Ende keine Schuld trifft. E. 30 S. 281; auch der, der aus gerechtfertigter Ehren-Notwehr mit den Tätlichkeiten beginnt. JurR. 3 Nr. 85 oder unter dem Gesichtspunkt der NothUfe oder der vermeintlichen Notbilfe eingreift, RG. in JurW. 1934 S. 763; oder wer einem auf öffentl. Straße drohenden Angriff nicht ausgewichen ist. E. 65 S. 163. Der schuldhaft Beteiligte kann sich wegen seiner Beteiliaung nicht auf Notwehr berufen, wohl aber hinsichtlich anderer Straftaten (Totschlag. Körperverletzung), die er während der Schlägerei auS Notwehr begeht. E. 32 S. 33; E. 59 S. 266. 14a) Mildernde Umstände können auch im Falle des § 223b, der den früheren Abs. 2 des § 223 a ersetzt, zngebtlligt werden. E. 71 S. 363; BayObLG JurW. 1934 S. 2166*. A. M.OLG. Dresden. DRechtSpfl. 1936 Nr. 428. 15 Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

226

A 2. Strafgesetzbuch §§ 229 u. 230.

§ 229. Wer vorsätzlich einem anderen, um dessen Gesundheit zu beschädigen, Gift15 16) oder andere Stoffe beibrtngt,") welche die Gesund­ heit zu zerstören geeignet sind, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod verursacht worden, auf Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder auf lebenslängliches Zuchthaus zu erkennen.16 a)

§ 230.*) Wer durch Fahrlässigkeitl7) die Körperverletzung eines anderen verursacht,18) wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. 15) In dem Begriffe „Gift" liegt schon, daß dasselbe die Gesundheit zu zerstören geeignet ist, diese letztere Eigenschaft wird nur bezüglich der anderen Stoffe gefordert. R. 3 S. 449. Siehe auch insbes. E. 10 S. 187. Ein vollendetes Verbrechen liegt nur dann vor, wenn das beigebrachte Gift nach Menge und Anwendungsform zur Gesundheitszerstörung geeignet war; andernfalls liegt ein (relativ untauglicher) strafbarer Versuch vor. RG. DStrafr. 1936 S. 289. Die Bereitstellung eines giftigen Tranks kann Versuch sein. E.59 S. 1. Versuch ist ferner angenommen worden in einem Falle, in dem der Täter in ein zur Zubereitung durch Kochen bereitgestelltes Pilzgericht Fliegenpilz gemischt hatte. RG. DStraft. 1935 S. 490. 16) Beigebracht ist das Gift, wenn es mit dem Körper in eine derartige Verbindung gebracht ist, daß es seine gesundheitzerstörende Wirkung entfalten kann. An dauernder Schaden an der Gesundheit braucht nicht beabsichtigt zu sein. E. 53 S. 210. Vorausgesetzt wird eine Tätigkeit, durch die der Körper eines anderen ohne deffen Willen zur Aufnahme des Gifts veranlaßt wird. DRZ. 23 Nr. 775. 16 a) Nach § 1 Ziff. 3 des Ges. v. 4. April 33 (RGBl. I S. 162 abgedr. unter B I 11) ist für diesen Fall auch die Todesstrafe aNgedroht. *) t. d. F. der BO. v. 2. April 40 (RGBl. I S. 606). Der bisherige Abs. 2 des § 230, der erhöhte Strafe vorsah, wenn der Täter die Aufmerk­ samkeit außer acht ließ, zu der er durch Amt, Beruf oder Gewerbe besonders verpflichtet war, ist gestrichen worden. Die strafrechtl. Sonderstellung des sog. „Berufsfahrers" ist damit beseitigt. Doch kann auch jetzt noch bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, daß der Täter besondere durch Beruf oder Gewerbe vermittelte Spezialkenntnis der Gefahren hatte, deren Nichtberücksichtigung die Körperverletzung zur Folge hatte (AB. d. RIM. v. 23. April 40, DJust. S. 509). ' 17) Über den Begriff der Fahrlässigkeit siehe Anm. 82 zu § 222. Fahr­ lässige Körperverletzung kann durch hypnotische Experimente begangen werden. Recht 10 S. 194; durch Verabreichung unschädlicher Mittel unter Zusicherung der Heilung, wenn dadurch der Gebrauch wirksamer Heilmittel verhindert wird. GA. 46 S. 28; ferner durch Kurpfuscherei. R. 10 S. 268 u. 493; durch Verabreichung von Morphium ohne ärztliche Verordnung. R. 10 S. 187 u. GA. 45 S. 127. E. 35 S. 332; durch operative Angriffe von nicht wissen­ schaftlich gebildeten Heilkundigen. E. 38 S. 34; durch Diathermiebehandlung. JurW. 1930 S. 1597. Wer notwendige Schutzmaßregeln aus berechtigten Gründen anzubringen unterläßt, handelt nicht fahrlässig. E. 33 S. 346. 18) Anm. 83 a zu § 222. Zum Nachweis des ursächl. Zusammenhangs

Körperverletzung §§ 231 u. 232.

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§ 231 In allen21 * *) *Fällen * der Körperverletzung tarnt21») auf Ver­ langen des Verletzten neben der Strafe auf eine an denselben zu erlegende Buße22)23erkannt werden.

Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus.2S)

Für diese Buße haften die zu derselben Verurteilten als Ge­ samtschuldner. 24) § 232*) Die Verfolgung leichter vorsätzlicher sowie aller durch Fahrlässigkeit verursachter Körperverletzungen (§§ 223, 230) tritt nur auf Antrag etn,24») es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen ist nicht erforderlich, daß bei Aufwendung der außer Acht gelassenen Aufmerk­ samkeit die Körperverletzung unbedingt vermieden worden wäre; es genügt vielmehr, wenn das mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit an­ zunehmen wäre. DRZ. 20 Nr. 726. 21) Also auch in denen der fahrlässigen Körperverletzung. R. 5 S. 358, 734. Auch die Vornahme eines Geschlechtsakts mit einer unbescholtenen Person kann den Bußanspruch begründen. Recht 25 Nr. 2075. 21 a) Auf Verlangen muß der Richter dem Antr. stattgeben. JurW. 61 S. 3080. 22) Für die Frage, ob auf eine Buße zu erkennen ist, sind lediglich die Be­ stimmungen des StGB, maßgebend und kommt es darauf, ob der Verletzte nach den Vorschriften des Zivilrechts einen Entschädigungsanspruch hat, nicht an. R. 10 S. 293. E. 55 S. 188. (Einwilligung des Verletzten schließt den Buß­ anspruch nicht aus.) Wegen der Höhe der Buße siehe Anm. 11 c zu 8 188. 23) Die Buße hat nicht den Charakter einer Strafe, sondern einer Ent­ schädigung, welche indes nicht auf die Vergütung rein vermögensrechtlicher Nach­ teile beschränkt ist, sondern jeden durch die Verletzung entstandenen körperlichen oder physischen Schaden umfaßt. R. 9 S. 171. Siehe auch GA. 39 S. 351. Eine im Zivilprozesse erstrittene Entschädigung schließt die Zuerkennung einer Buße nicht aus, kann jedoch bei Abmessung der letzteren berücksichtigt werden. E. 9 S. 223. In Form einer Rente darf nicht auf Buße erkannt werden. E. 17 S. 178. Die Zuerkennung einer Buße kann durch Vergleich ausgeschloffen werden. E. 31 S. 334. E. 66 S. 30. 24) Werden mehrere Personen wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung verurteilt, so darf die Zuerkennung der Buße nicht von der Feststellung ab­ hängig gemacht werden, welchem der Täter die Körperverletzung zur Last fällt. E. 7 S. 12. *) i. d. F. der BO. v. 2. April 40 (RGBl. I S. 606), in Kraft getreten am 16. April 40 (Art. IV der BO.). 24a) Nach der vor der BO. v. 2. April 40 geltenden Fassung des § 232 Abs. 1 bedurfte es eines Strafantrags nicht, wenn die Körperverletzung mit Übertretung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbepflicht begangen worden war. Zur Verfolgung der vor dem 16. April 40 begangenen Körperver­ letzungen, die hiernach zur Tatzeit ohne Antrag verfolgbar waren, bedarf es nach dem 15. April 40 eines Antrags, weil dieser Berfahrensvoraussetzung bildet, es sei denn, daß die StA. erklärt, sie erachte wegen des besond. öff. Interesses ein Einschreiten von Amtswegen für geboten. RG. DJust. 1940 S. 1013.

228

A 2. Strafgesetzbuch §§ 233 u. 234.

des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Ein­ schreiten von Amtswegen für geboten erachtet.22) Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme des Antrages zulässig.26) Die in den §§ 195, 196 und 198 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. 8 233. Wenn leichte Körperverletzungen mit solchen, Belei­ digungen mit leichten Körperverletzungen oder letztere mit ersteren aus der Stelle erwidert werden,2"') so kann der Richter für beide Ange­ schuldigte,22) oder für einen derselben eine der Art oder dem Maße nach mildere oder überhaupt keine Strafe etntreten lassen. 18. Abschnitt,

verbrechen und vergehen wider die persönliche Freiheit.

§ 234 Wer sich eines Menschen durch List,22) Drohung oder Gewalt bemächtigt,22") um ihn in hilfloser Lage auszusetzen oder in 25) Die Entscheidung, ob ein bes. öff. Interesse am Einschreiten vorliegt, trifft ausschließlich die StA.; sie ist einer Nachprüfung durch das Gericht entzogen. RG. DJust. 1940 S. 1013. Ein besonderes öff. Interesse kommt z. B. in Betracht a) bei einschlägigen ernsteren Vorstrafen, b) bei besonders grobem Leichtsinn (insbes. bei Trunkenheit am Steuer), c) bei besonders niedriger Gesinnung, d) bei schweren Unfallsfolgen und dadurch hervor­ gerufener besonderer Erregung in der Öffentlichkeit. Dagegen wird in der Regel, wenn der Verletzte ein Angehöriger des Täters ist, von der Straf­ verfolg. abgesehen werden können, wenn ein Strafantrag vom Verletzten nicht gestellt ist (AB. d. RIM. v. 23. April 40, DJust. S. 509). Unberührt bleibt das Recht der StA., bei Borliegen eines öff. Int. (nicht: eines besond. öff. Int.) die Strafverfolgung nach § 376 StPO, zu übernehmen, wenn ein Strafantrag vorliegt. 26) Die Zurücknahme ist zulässig gegenüber dem Täter, aber nicht dem Be­ günstiger gegenüber, der ein Angehöriger ist. E. 28 S. 125. 27) Nachfolgende fahrlässige Körperverletzung ist nach RG. ausrechenbar. GA. 46 S. 179. GlA. LK. Anm. 2. A. M. Breslau DRZ. 22 Nr. 144. Bei Mißhandlungen aus § 340 ist die Aufrechnung ausgeschlossen. E. 6 S. 433. Bei fortgesetzter Körperverletzung kann ein Ausgleich auch gegen einen Körperverletzungsakt stattfinden. KG. Recht 33 Nr. 2084. 28) Keine Aufrechnung gegenüber Körperverletzung seitens Jugend­ licher. KG. HRR. 1929 Nr. 1800. A. M. Naumburg DRZ. 18 Nr. 538. Dresden JurW. 60 S. 1392 (Strafunmündiger). Wohl aber Aufrechnung, wenn der Zweittäter durch seine Handl, eine vom Ersttäler gegen einen Ange­ hörigen des Zweittäters begangene Unbill erwidert hat. KG. JurW. 59 S. 1316. Die Aufrechnung wird durch Einstellung der Privatklage gemäß der VO. d. RP. v. 6. Oktbr. 31 (siehe hinter § 383 StPO.) nicht ausgeschlossen. BahObLG. DRZ. 24 Nr. 523. 29) List bedeutet die Ausführung eines klugen, auf Täuschung berechneten Anschlags. R. 8 S. 465. BayObLG. JurW. 57 S. 3054. In E. 17 S. 90 wird eine Täuschung nicht für erforderlich gehalten. Doch ist die Ansicht allge­ mein abgelehnt. O l s h a u s e n Anm. 5 a. 29 a) Es muß eine vollendete Bemächtigung vorausgegangen und sie muß widerrechtlich sein. Lobe DIZ. 35 S. 662.

Verbrechen Vergehen wider die persönliche Freiheit §§ 235 u. 236.

229

Sklaverei, Leibeigenschaft oder in auswärtige Kriegs- oder Schiffs­ dienste zu bringen, wird wegen Menschenraubes mit Zuchthaus bestraft. § 235. Wer eine minderjährige Person durch ßtft,29) Drohung oder Gewalt ihren Eltern,89) ihrem Vormunde30 3I)32oder 33 34 ihrem Pfleger entzieht,88) wird mit Gefängnis bestraft.8S) Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe er­ kannt werden. Geschieht die Handlung in der Absicht, die Person zum Betteln oder zu gewinnsüchtigen88a) oderunsittlichen Zwecken88b) odzr Beschäfti­ gungen zu gebrauchen, so tritt Zuchthaus bis zu zehn Jahren ein83a). § 236. Wer eine Frauensperson wider ihren Willen durch ßtft,89) Drohung oder Gewalt entführt,84) um sie zur Unzucht zu bringen84a), wird 30) Bei Fällen, wo daS zu schützende Recht ausnahmsweise nur einem Elternteile gebührt, versieht das Recht unter Eltern nur letzteren. LZ. 8 S. 193. Deshalb kann das Vergehen auch von einem Teile gegen den anderen begangen werden. R. 8 S. 465 u. E. 22 S. 166. (Vgl. auch GA. 37 S. 211), auch dann, wenn einem der Eltern die Sorge für die Person des Kindes durch einstweilige Verfügung übertragen ist. E. 48 S. 325. § 235 schützt auch die durch § 82 des Eheges. dem schuldigen Ehegatten vorbehaltene Befugnis persönl. Verkehrs mit dem Kinde. E. 66 S. 254. Zu den Eltern gehören auch die Adoptiveltern. LK. Anm. 4. 31) Eine uneheliche Mutter handelt nicht rechtswidrig, wenn sie ihr Kind mit Gewalt an sich nimmt und in ihre Wohnung bringt, um es dem Vormund, der es anderweitig untergebracht hat, zu entziehen. DIZ. IIS. 1151 u. GA. 53 S. 287. 32) Entziehung ist die bewußte Verletzung des Erziehungs- und Aufsichts­ rechts durch deffen Vereitelung während einer gewisien (nicht ganz unerheblichen) Dauer. RG. JurW. 1938 S. 13b8; es genügt nicht eine kurze Störung, nicdt eine vorübergehende, dem väterlichen Willen widersprechende Unter­ bringung. RG. JurW. 1935 S. 3108. Die Erwartung der Genehmigung des Berechtigten schließt den Tatbestand des § aus. GA. 60 S. 82. Die Tat kann durch bloßes Versteckthallen begangen werden. E. 17 S. 90. § 235 setzt nicht voraus, daß die entzogene Person einer anderen Gewalt unterworfen wird. E. 18 S. 273. Wer mit dem Minderj. die Entziehung geplant und ihm die Mittel zur Selbstentziehung verschafft hat, ist als Täter und nicht bloß als Gehilfe anzusehen. RG. JurW. 1938 S. 1388. Beim Zusammentteffen von § 235 u. 8 237 liegt Jdealkonkurrenz, nicht Gesetzkonkur­ renz vor. Die angewendete Gewalt muß aber nach der Absicht M Täters das Mittel zum Zwecke der Entziehung gewesen sein. E. 29 S. 199. Die Ent­ ziehung im Sinne des Gesetzes dauert so lange, als der Minderjährige der ge­ setzlichen Beauffichttgung und Einwirkung entrückt ist. R. 9 S. 102. 33) Siehe auch § 76 JWG., abgedr. unter B H 4. 33 a) Die gewinnsüchtige Absicht allein (z. B. die Absicht, von den Eltern be& entführten Kindes ein Lösegeld zu erpreffen) genügt nicht. E. 70 S. 136; vgl. jept aber § 239 a. 33 b) Nicht nur unzüchtiges, sondern jedes grob gegen gute Sitten und Anstand verstoßende Verhalten. RG. JurW. 1938 S. 1388. 34) Entführen liegt vor, wenn die Frauensperson' an einen Ort gebracht ist, wo sie der Bestimmung der Bersügungsberechttgten entzogen und der Will-

230

A 2. Strafgesetzbuch §§ 237—239.

mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn die Entführung begangen wurde, um die Entführte zur Ehe zu bringen, mit Gefängnis bestraft.

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag etn.86) § 237

Wer

eine minderjährige,

unverehelichte88) Frauens­

person mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung ihrer Eltern, ihres

Vormundes oder ihres Pflegers entführt,87) um sie zur Unzucht ^«) s*a) oder zur Ehe zu bringen,88 a) wird mit Gefängnis bestraft.

Die Verfolgung tritt nur aus Antrag etn.87) § 238

Hat der Entführer die Entführte geheiratet, so findet die

Verfolgung nur statt, nachdem die Ehe für nichtig erklärt worden ist.88) § 239.39 * *a*) * *Wer * * * 34 vorsätzlich * * * 38 89) und widerrechtlich 40) einen Menschen

kür eines anderen preisgegeben ist. E. 6 S. 292 u. E. 29 S. 404. Die Rechts­ verletzung liegt in der unbefugten Verschaffung der Verfügungsgewalt über die fremde Persönlichkeit. DRZ. 23 Nr. 605. Ein bloßes Überreden, psychisches Beeinflussen ist kein Entführen. Recht 9 S. 436, GA. 52 S. 399. Vgl. auch E. 39 S. 214; ebensowenig, wenn die Frauensperson den betreibende Teil war. JurW. 38 S. 297. Bei Entführung mit Gewalt ist, oa Gesetzeseinheit mit § 239 besteht, nur aus § 236 zu bestrafen, es sei denn, daß der Antrag (§ 236 Abs. 2) fehlt (dann Bestrafung aus § 239). RG. in JurW. 1934 S. 2919. 34 a) Gleichgültig ist es, ob der Täter den mit der Entführung verfolgten Zweck verwirklicht, sei es, daß es ihm nicht gelingt, die Entführte zur Unzucht zu bringen oder daß er seinen Sinn ändert. JurW. 61 Nr. 2722. * 35) Antragsberechtigt ist die Entführte. Der § 238 findet auch auf diesen Fall Anwendung, dagegen nicht auf den Fall des § 235. R. 10 S. 692. 36) Die Entführung einer minderjährigen Eheftau ist aus § 237 nicht straf­ bar. Desgl. nicht die Entführung einer Witwe oder geschiedenen Ehefrau. OlsHausen Anm. 3d. Frank 12. 37) Anm. 34. Es handelt sich hier um ein Dauerdelitt. Die Antragsfrtft beginnt erst mit dem Tage, an dem das Schutzrecht aufhört. E. 43 S. 285. 38) Die Entführung einer minderjährigen Frauensperson ist nicht bloß dann strafbar, wenn dieselbe erfolgt, um die Entführte erst zur Unzucht zu ver­ führen, sondern auch dann, wenn die Entführung nur zu dem Zwecke geschah, um ein begonnenes unzüchtiges Verhältnis fortzusetzen. E. 16 S. 391. Daß die Entführte geschlechtlich unbescholten ist, ist kein Erfordernis. E. 29 S. 404. Die den Entführer und die Entführte begleitende Anstandsdame ist als Gehilfin anzusehen. JurW. 37 S. 381. 38 a) Auch dann, wenn die beabsichtigte Eheschließung in die Zeit nach Erreichung der Volljährigkeit der Entführten fallen soll. E. 58 S. 276. 39) Das Verfahren ist durch Beschluß einzustellen. E. 41 S. 155. 39 a) Nach § 5 der BO. v. 28. Febr. 1933 (RGBl. I S. 83) tritt Todes­ oder Zuchthausstrafe ein, wenn die Tat in der Absicht begangen wird, sich des der Freiheit Beraubten als Geisel im politischen Kampfe zu bedienen. 40) Unter allen Umständen muß die Freiheitsberaubung objektiv widerrecht­ lich sein. E. 13 S. 426. Soweit der Vermieter nach § 565 BGB. die Entfernung der Sachen verhindern darf, ist auch eine vorübergehende Freiheitsbeschränkung durch Einsperrung nicht.unstatthaft. Recht 9 S. 684 u. JurW. 37 S. 581. Auf die besonderen Zwecke, welche er sonst dabei verfolgt hat, kommt es nicht an. R. 6 S. 481. Nach BayObLG. DRZ. 24 Nr. 681 kann die Widerrechttichkeit

verbrechen und vergehen wider die persönl. Freiheit § 239

231

einsperrt") oder auf andere Weise des Gebrauches der persönlichen

Freiheit betäubt,42 * *)* wird * * * * *mit * * * Gefängnis * * * * 41 oder mit Geldstrafe bestraft. Wenn die Freiheitsentziehung über eine Wochen'») gedauert hat, oder

wenn eine schwere Körperverletzung des der Freiheit Beraubten durch

die Freiheitsentziehung oder die ihm während derselben widerfahrene Behandlung verursacht worden ist, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn

Jahren zu erkennen.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt

Gefängnisstrafe nicht unter Einem Monat ein.

durch erlaubte Zwecke, insbes. durch Notwehr ausgeschloffen sein. Es kann da­ her die Einsperrung eines Geisteskranken (anstatt Unterbringung in eine Anstalt) strafbar sein. JurW. 57 S. 2233 E. 62 S. 160. Duldet ein Dienstherr oder dessen Vertreter die widerrechtliche Einsperrung eines Dritten durch die Dienst­ boten, so kann darin eine Beihilfe zu dem Delikt gesunden werden. GA. 39 S. 443. Die vorläufige Festnahme (§ 127 StPO.) ist nicht durch die strafrechtliche Verfolgbarkeit des Festgenommenen bedingt. Vorsätzliche Freiheitsberaubung liegt dann vor, wenn die Grenzen der auf vorläufige Festnahme zustehenden Befugnis widerrechtlich und wissentlich überschritten sind. R. 10 S. 139. Der­ jenige, welcher zum Zwecke der Feststellung der Person einen andern, welchen er als Zeugen für einen Vorfall benennen will, zur Polizei sistieren läßt, handelt auch dann nicht widerrechtlich, wenn er diese Sistierung durch Täuschung eines Beamten bewirkt. R. 8 S. 204. Der Ehemann, welcher seine Ehefrau zwingt, ihm in seine Wohnung zu folgen, macht sich der Freiheitsberaubung schuldig. Recht 7 S. 366. Bewußtsein der Rechtswidrigkeit ist erforderlich. 41) Der Tatbestand der Einsperrung setzt voraus, daß der Eingesperrte die Freiheit entweder gar nicht oder doch nur nach Überwindung besonderer Schwierigkeiten wiedererlangen kann. Eine bloße ohne Schwierigkeit zu über­ windende Beschränkung der freien Bewegung genügt nicht. E. 6 S. 231 u. E. 8 S. 210; auch nicht eine bloß augenblickliche Verhinderung der freien Be­ wegung. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 681. Einsperrung kann aber vorliegen, wenn der dem Betroffenen einzige bekannte Ausgang verschloffen ist. JurW. 58 S. 2729. Das Bewußtsein des Betroffenen von der Freiheitsberaubung ist nicht erforderlich. E. 61 S. 239. R. 7 S. 657. Der Rechtspflicht zur Öff­ nung eines abgeschloffenen Raumes muß sich der Täter bewußt sein. Recht 19 Nr. 1453. Die Freiheitsberaubung kann auch durch eine Ünterlaffung begangen werden. E. 24 S. 339 u. DIZ. 13 S. 764. (Zugführer hatte unterlassen, die Tür des Abteils zu öffnen.) 42) Die Dauer der Freiheitsberaubung ist für die Vollendung der Tat ein­ flußlos, doch wird eine nur ganz vorübergehende Hinderung der freien Be­ wegung nicht genügen. Siehe E. 2 S. 292 u. E. 33 S. 234. DRZ. 21 Nr. 60. Jedenfalls aber muß die Aufhebung der persönl. Freiheit eine vollständige sein. E. 6 S. 231. Ist jemand auf die Strafanzeige eines andern verhaftet, so macht sich der Anzeigende strafbar, wenn er es unterläßt, von der Beseitigung der Verdachtsgründe Mitteilung zu machen. DIZ. 8 S. 154 oder die falschen Angaben zu berichtigen, auch wenn er sich dabei der falschen Anschuldigung schuldig bekennen muß. RG. HRR. 1935 S. 471. Mittelbare Täterschaft ist möglich. Recht 31 Nr. 187. 42 a) Hat die Freiheitsentziehung noch nicht über eine Woche gedauert, war aber ber Vorsatz auf solche Dauer gerichtet, so ist wegen Versuchs zu bestrafen. E. 61 S. 179 und RG. JurW. 1936, S. 1296 l6.

A 2. Strafgesetzbuch § 239 a u. 240.

Ist der Tod des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsent­ ziehung oder die ihm während derselben widerfahrene Behandlung verursacht42 * *b**) * worden, * * * * * * *so* ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnis­ strafe nicht unter drei Monaten ein. § 239 a). 42 °) Wer in Erpressungsabsicht42 a) ein fremdes Kind durch List,22) Drohung42«) oder Gewalt entführt^) oder sonst der Frei­ heit beraubt42-, wird mit dem Tode bestraft.

Kind im Sinne dieser Vorschrift ist der Minderjährige unter achtzehn Jahren. SonderG.

§ 240.

Wer einen anderen42*) widerrechtlich42) durch Gewalt44)

42 b) Verschulden Hinsicht!. deS Todes ist nicht erforderlich. RG. IW. 1937 S. 1328. 42 c) eingeiügt durch Ges. v. 22. Juni 1936 (RGBl. I S. 493) und nach Art. 2 dieses G s. rückwirkend mit dem 1. Juni 1936 in Kraft getreten. 42 d) d. h. in der Abücht, durch die Entführung den Sorgeberechtiglen oder einen anderen zu nötigen, dem Täter oder einem Dritten einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil (Lösegeld) tu verschaffen lvgl. § 255). 42 e) Aus der absolut angedrohten Todesstrafe wird mit K o h l r a u s ch, StGB., 35. Aufl. Sinnt. 2 zu entnehmen sein, daß die zu dem Dritten ge­ äußerten, auf das Kind bezügl. Drohungen eine Schädigung des KindeS in Aus­ sicht stellen also z. B. über die bloße Drohung der Verheimlichung des Aufent­ haltsortes hinausgehen müffen. 42 f) Der andere braucht nicht ausdrücklich genannt zu sein, muß jedoch so genau gekennzeichnet werden, daß zweifelsfrei beurteilt werden kann, ob er in den Kreis derjenigen fällt, die der Täter nötigen will. JurW. 60 S. 942. - 43) Widerrechtliche Nötigung liegt vor, wenn ein Verhalten durch ein Mittel erzwungen wird, das zu diesem Zwecke unerlaubt ist. C6 das, waS erzwungen werden soll, widerrechtlich ist, kommt nicht in Betracht. E. 60 S. 3. Die Widerrechtlichkeit kann durch Notwehr und durch zivilrechtlich gestattete Selbsthilfe ausaeschloffen sein. R. 7 S. 216. Vgl. auch E. 33 S. 248 u. E. 36 S. 131. Nicht widerrechtl. handelt, wer sich der Störung in Aus­ übung seiner Dienstbarkeit erwehrt. BayObLG. DIZ. 31 S. 460. Bon Not­ wehr kann aber niemals gegenüber Anordnungen der Obrigkeit die Rede sein. E. 22 S. 300 u. E. 25 S. 150. Der Mieter ist nicht zu gewaltsamer Ab­ wehr des Vermieters berechttgt, wenn dieser zwecks Verhinderung der Entfernung von Gegenständen die Wohnung besichttgt. (§ 809 BGB.) Recht 9 S. 200. 44) Die Gewalt muß sich gegen die Person richten. Durch Gewalt an Sachen kann Nöttgung verübt werden, wenn dieselbe geeignet ist, mittelbar auf die Person einzuwirken. RG. DJust. 1938 S. 15ul. Zum Begriff der Gewalt ist die Überwindung eines Widerstandes der vergewaltigten Person

nicht erforderlich, überhaupt nicht ein körperliches Zugreifen. R. 8 S. 188; DIZ. 28 S. 372. Ob der Genöttgte die Gewalt hätte überwinden oder sich hätte derselben entziehen können, ist unerheblich. E. 13 S. 49 u. E. 7 S. 269. KG. Recht 34 Nr. 1834. Es genügen vielmehr alle Handlungen, die von der Person, gegen die sie unmittelbar oder mittelbar gerichtet sind, als einnicht nur seelischer, sondern körperlicher Zwang empfunden werden. E. 45 S. 156, E. 60 S. 158, E. 61 S. 156. Auch eine gegen eine dritte Person verübte Ge-

Berbrechen und Vergehen wider die persönl. Freiheit § 241.

233

oder durch Bedrohung46 * *)* *mit * * * *einem * * * * * *Verbrechen 45 oder Vergehen zu

einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt,46 B) wird mit Ge­

fängnis bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

Der Versuch ist strafbar. § 241. Wer einen anderen mit der Begehung eine- Verbrechens 4e)

bedroht,4?) wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geld­

strafe bestraft.

walt ist ausreichend, wenn sie dazu geeignet und bestimmt ist, den Verfügungs­ berechtigten zu einer Duldung, Handlung oder Unterlassung zu nötigen, ebenso wie auch die Bedrohung gegen einen Dritten gerichtet sein kann. R. 10 S. 37. — Gewalt ist gefunden in dem Einschlagen von Pfählen auf einem Wege. DRZ. 24 Nr. 7h2; in der Abgabe von Schüssen aus einer ScKreckschußpistole. E. 60 S. 157; oder darin, daß der Vermieter die Sachen seines Mieters eigenmächtig auf den Flur schafft. E. 61 S. 156; in dem Ausheben der Fenster einer Wohnung, R. 4 S. 858 u. R. 5 S. 438; in dem Ausheben einer Tür. R. 8 S. 188. Naumburg. DRZ. 21 Nr. 1037; in dem Absperren des Zu­ gangs zu dem mitvermieteten Abort. BayObLG. LZ. 23 S. 1220; in der Entfernung der Sicherung aus dem Zähler der elektr. Lichtleitung. Danzig LZ. 22 S. 9 >2. Keine Gewalt liegt vor, penn ein Vermieter in der Absicht, einem Mieter die Benutzung des gemeinsamen Brunnens zu verekeln, Petroleum in den Brunnen gießt. JurW. 59 S. 3403. 45) Ob die Bedrohung ernstlich gemeint war, ist unerheblich. Es genügt die Annahme des Drohenden, daß der Bedrohte sie für ernstlich gemeint halten werde E. 2 S. 286. Das Bewußtsein des Täters, daß die Drohung geeignet gewesen sei vom Bedrohten für ernstlich gemeint gehalten zu werden, bedarf einer besonderen Feststellung nur dann, wenn dasselbe ausdrücklich bestritten ist. GA. 37 S. 365 u. bes. E. 32 S. 102. Eine wirkliche Einschüchterung wird nicht vorausgesetzt. GA. 47 S. 468. Die Besorgnis vor Verwirklichung der Bedrohung braucht nicht die ausschließliche Ursache der vom Täter angestrebten Handlung zu sein. DIZ. 16 S. 540. Die Drohung kann darin gefunden werden, daß die Forderung des Verletzten in der Zeitung zum Verkauf ausgeboten wird,.wenn die Ausschreibung die Bloßstellung des Schuldners bezweckt. BayObLG. JurW. 58 S. 3021; oder darin, daß der Verletzte in die schwarze Liste der säumigen Zahler ausgenommen wird, doch ist hierbei zu prüfen, ob der Täter in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt hat. E. 37 S. 104 u. JurW. 36 S. 405 u. 406. Ein strafbares Vergehen z. B. strafbare Beleidigung ist erforderlich. JurR. 2 Nr. 1992. Der Bedrohte braucht mit dem Genötigten nicht identisch zu sein. R. 3 S. 318. Die Drohung kann auch durch die Ankündigung eines von einem Dritten zu verübenden Berbr. oder Berg, bewirkt werden, E. 27 S. 307 aber es muß feststehen, daß der Drohende in der Lage gewesen ist, auf den Dritten eine Einwirkung auszuüben. E. 24 S. 151. Daß die Drohung sich dem Be­ drohten oder Drohenden als ein Vergehen oder Verbrechen darstellt, ist nicht er­ forderlich. E. 55 S. 265. 45 a) Gegenstand der Nötigung ist nicht nur die Beeinflussung der Willensbetätigung, sondern auch der Willensentschließung. E. 48 S. 346. Nötigung kann auch mittels Bedrohung mit Begehung deS Vergehens der Nötigung verübt werden. Recht 27 Nr. 100. 46) Die Art deS Verbrechens braucht nicht ausdrücklich festgestellt zu werden. C. 4 S. 326.

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A 2. Strafgesetzbuch § 242.

§ 242

19. Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. Wer eine frenibe48) bewegliche") Sache

einem an-

47) Der Drohende muß zum mindesten daS Bewußtsein haben, seine Drohung könne die Befürchtung der Verwirklichung derselben Hervorrufen, dock ist es nicht erforderlich, daß der Bedrohte sich in seiner Rechtssicherheit gefährdet erachtet; eS genügt, wenn die Drohung objektiv geeignet ist, den Rechtsfrieden des Bedrohten zu stören. E. 4 6. 10; so z. B. der Schuß mit einer Scheintodpiftole. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 692. Bei bloßen Verwünschungen ist dies nicht der Fall. E. 32 S. 102. Ebensowenig genügt die Ankündigung eines nur mit Hilfe übersinnlicher Kräfte zu begehenden Verbrechens. KG. JurW. 59 S. 3433. Eine Drohung kann auch durch konkludente Handlungen zum Ausdruck ge­ bracht werden und schließt die Beifügung einer Bedingung das subjektive Schuld­ moment nicht aus. Siehe E. 20 S. 180. Die Drohung, in rücksichtsloser Aus­ übung des Noiwehrrechts jemand erschießen zu wollen, ist nicht strafbar. GA. 49 S. 265. Eine nur bedingte Bedrohung kann ihren strafbaren Charakter aber dann verlieren, wenn die zur Bedingung gesetzte Handlung des Bedrohten im Falle ihrer Vornahme als eine unrechtmäßige erscheinen würde, durch welche der Drohende in Notwehr gesetzt würde. Recht 10 S. 66. Die Drohung muß stets zur Kenntnis des Bedrohten gelangen. R. 1 S. 73; und zwar mit dem Willen des Drohenden. KG. DIZ. 30 S. 1747. 48) Zum Tatbestände des Diebstahls gehört eine fremde Sache; von der strafbaren Wegnahme eigener Sachen handelt der § 289. • Über die Frage, ob die Sache eine fremde oder Eigentum des Täters ist, entscheiden die Vorschriften des Zivilrechts. Der Eigentümer kann an den Früchten seines verpachteten Gutes einen Diebstahl verüben (vgl. § 956 BGB.); ebenso der Miteigentümer an der gemeinschaftlichen Sache, R. 6 S. 239 und der einzige Ge­ sellschafter einer Einmann-GmbH, am Eigentum der GmbH. E. 71S. 355i Auch dem Dieb gegenüber ist Diebstahl Hinsicht!, der gestohlenen Sache möglich. E. 70 S. 9 und zwar kann, sobald über das Diebsgut verfügt, auch der DiebSgenoffe den Dieb hinsichtlich seines Anteils bestehlen. OLG. Dresden DStrR. 1936 S. 295. Wer einem anderen eine Sache in Zueignungsabsicht wegnimmt, die er ihm unter Eigentumsvorbehalt bis zur Zahlung des Kaufpreises übertragen hat, ist in entspr. Anwendung (§ 2) des § 242 zu bestrafen. LG. Stolp JurW. 1937 S. 1167. Bei derelinquierten Sachen ist Diebstahl ausgeschlossen, z. B. an Hausmüll, sofern sich die Hausbewohner an ihm des Eigentums begeben haben. E. 48 S. 121. Durch Verpfändung und Beschlagnahme (Konkursverfahren) geht das Eigyrtum nicht verloren. E. 20 S. 428. E. 23 S. 71. E. 39 S. 414. 49) Hierher gehören auch Bestandteile unbeweglicher Sachen, die durch Abtrennung zwecks Wegnahme beweglich gemacht worden sind. 50) Es muß sodann eine Sache fortgenommen sein. Objekt des Diebstahls kann jeder körperliche Gegenstand sein, ohne daß derselbe einen bestimmten Wert zu haben braucht, so z. B. das Waffer in einer Röhrenleitung, R. 8 S. 350. E. 47 S. 324. BayObLG. DIZ. 32 S. 1701; ferner Leuchtgas, R. 3 S. 14 (auch durch vertragswidrige Umgehung des Zählers. Recht 26 Nr. 1021); die aus einem Eisenbahnwagen tropfende Flüssigkeit. DStZ. 8 S. 245; Eis in einem öffentlichen Wasserlauf, KG. GA. 52 S. 96; endlich auch Schriftstücke, Schuldscheine rc. GA.64 S. 373. Die Entziehung, elektrischer Arbeit ist strafbar nach dem RGes. v. 9. April 1900 (unter BIX10). Über Ab- und Rückleitung von Heizdampf siehe E. 44 S. 335. Die Wegnahme von Sparkaffenbüchern zu dem Zweck, einen Teil des Guthabens abzuheben, ist nach ständiger Rechtsprechung des RG., E. 22 S. 2, E. 26 S. 151, E. 55 S. 59, Diebstahl auch dann, wenn

Diebstahl § 242.

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bereit61) in der Absicht toegntmmt,6a) dieselbe6a») sich rechtswidrig zu­ zueignen, 66) wird wegen Diebstahls6^) mit Gefängnis bestraft. der Täter die Absicht hatte, das Buch wieder zurückzugeben. A, M. LK. Anm. II1 c. Die Feststellung eines mit dem Diebstahl sachlich zusammenhängenden Betrugs ist aber unzulässig. E. 39 S. 239 (anders bei quittierten Postanweisungen. E. 49 S. 406). Hat sich das Sparkassenbuch bereits in dem Gewahrsam des Täters befunden, so liegt in der Abhebung des Geldes Unterschlagung. E. 43 S. 17. Be­ trug liegt vor, wenn ein Sparkaffenangestellter unter der Vorspiegelung, daß entsprechende Anträge von den wirklichen Gläubigern gestellt seien, sich deren Guthaben auszahlen läßt. Recht 3 Nr. 474. Die Vernichtung der entwendeten SparkaffenbÜcher ist nicht auch noch aus § 274 Nr. 1 strafbar (straflose Nachtat). E. 35 S. 64, wohl aber die Urkundenfälschung, die durch Änderung des Namens

des Buchinhabers begangen wird. Recht IIS. 1338. 51) Die Sache muß aus dem Gewahrsam eines anderen wegge­ nommen werden. Ob dies der Fall ist, entscheiden nur die strafrechtlichen Begriffsbestimm ungen, nicht die Vorschriften des BGB. GA. 47 S. 441. E.52 S.143. BayObLG. JurW. 57 S. 2995. Auch das Besitzdienerverhältnis (§ 855 BGB.) kommt für die Frage, ob sich die Sache in eigenem oder fremden Gewahrsam befindet, nicht in Betracht. Recht 12 Nr. 1889. Bei Mitgewahrsam kann jeder Mitgewahrsamsinhaber gegenüber den anderen Diebstahl begehen. Der Gewahrsam geht so lange nicht verloren, als der Inhaber den Wille.n hat, denselben festzuhalten und auch in der Lage ist, dietatsächliche Herrschaft aus­ zuüben. R. 1 S. 818. E. 50 S. 46 (48). HRR. 1931 Nr. 1196. Wer Geld­ scheine zum Wechseln auf den Ladentisch legt, behält an ihnen den Gewahrsam. GA. 74 S. 205. Eine versteckte Sache bleibt im Gewahrsam des Versteckenden. E. 53 S. 175; desgl. eine im Eisenbahnwagen vergeffene Sache, wenn dem Inhaber das Verbleiben der Sache nicht entschwunden war. E. 38 S. 444. A.M.LK. Anm. 1,2. An verlorenen Sachen ist auch der Gewahrsam verloren. Frank Anm. V. Der Gewahrsam an einem beweglichen verschlossenen Be­ hältnis schließt nicht ohne weiteres den Gewahrsam an dessen Inhalt in sich, sondern nur dann, wenn der Besitzer des Behältnisses die tatsächliche Möglich­ keit hat, über Behältnis und Inhalt zu verfügen. Übergibt jemand ein be­

wegliches verschlossenes Behältnis unter Zurückbehaltung des Schlüssels zur Aufbewahrung, so hat gleichwohl nur der Aufbewahrende Gewahrsam, falls er die tatsächl. Möglichkeit hat, auch ohne Eröffnung des Behältnisses über dieses und seinen Inhalt (z. B. durch Verkauf als ganzes) zu verfügen. Anders, wenn eine Verfügung über das Behältnis als ganzes nicht möglich ist, z. B. wenn das Behältnis mit einem Gebäude fest verbunden ist. E.47 S. 210. Der Inhaber einer Wohnung begeht somit Diebstahl, wenn er aus dem dort aufge­ stellten Gasautomaten Geld entwendet. E. 45 S. 249. An dem Schließfach einer Bank hat der Kunde, wenn ihm vereinbarungsgemäß der jederzeitige Zu­ tritt zu dem Behältnis und seinem Inhalt gestaltet ist, auch dann Mitgewahrsam, wenn er nur unter Mitwirkung der Bank an sein Schließfach gelangen kann, während die Bank ohne Mitwirkung des Kunden tatsächlich Zutritt hat. RG. DJust. 1938 S. 44. Ob der Mieter eines möblierten Zimmers an den darin befind!. Sachen Gewahrsam erlangt, hängt von dem Willen des Vermieters ab. Bei Vermietung durch Gastwirte ist die Absicht, Mitgewahrsam zu be­ halten, anzunehmen. Erk. v. 26. Septbr. 07 u. v. 1. Juli 19, LK. Anm. 2. An einer zu einem Nachlaß gehörigen Sache ist ein Diebstahl nur dann möglich, wenn dieselbe sich zur Zeit der Wegnahme im Gewahrsam eines Dritten befindet. § 857 BGB. ist für die Anwendung des § 242 bedeutungslos. E. 34

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A 2. Strafgesetzbuch § 242.

S. 252. Vor dem Tode begangener Diebstahl u. Unterschlagung von Nachlaß­ sachen können nicht im Fortsetzungszusammenhang stehen. E. 58 S. 228. Entlaufene Haustiere sind so lange noch Gegenstand des Diebstahls, als der Eigentümer die Möglichkeit hat, die tatsäcdl. Gewalt über sie auszuüben; so bei Katzen. E. 50 S. 183; bei zugeflogenen Hühnern. LZ. 13 S. 603. Tauben, die während der Früdjahrs- und Herbstbestellung auf Feldern und Gärten angetroffen werden, kann sich der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte des Grundstücks sowie der Jagdberechtigte aneignen. VO. v. 4. März 33 (GS. S. 64) i. d. F. der BO. v. 13. Dezbr. 1934 (GS. S. 464). Siehe hierzu Gutachten des KG. v. 30. Septbr.32 (JMBl. 33 S. 122). Dies gilt nicht für Brieftauben ($ 8 des Brieftaubenges. v. 1. Oktbr. 38, RGBl. I S. 1335). Ob die Wegnahme von Wild aus Gehegen Diebstahl oder Jagdvergehen ist, hängt ganz von den tatsächlichen Verhältnissen ab. E. 26 S. 218 und MitzschkeSchäfer, RJagdges. 2. Aufl. Anm. 10 zu § 1. Bei Tiergärten kommt es nicht auf die Größe -an, sondern darauf, ob das Gebiet derart fest umhegt ist, daß dem Wilde der Wechsel in andere Bezirke unmöglich gemacht werde. E. 42 S. 75. BayObLG. TRZ. 22 Nr. 29; sowie darauf, daß das Einhegen sich als eine dem Eigentumserwerb dienende Besitzergreifung aller eingeschlossenen Tiere darstellt, nicht lediglich dem Waldeigentümer die künftige Ergreifung erleichtern soll. E. 60 S. 273 und IW. 1934 S. 3204. Siehe auch Celle GA. 62 S. 202. Das KG. unterscheidet zwischen Tiergärten, unter denen nur kleinere Flächen zu verstehen sind, wo die Tiere zu anderen als Jagdzwecken gehalten werden, und großen eingehegten Revieren, wo das Wild nur Jagd­ zwecken dient. KG. DIZ. 21 S. 995. Iohow 49 S. 355. Der Wilderer er­ wirbt kein Eigentum, auch nicht der Dritte bösgläubige Erwerber. E. 39 S. 427. Der Jagdberechtigte erlangt ein in der Falle gefangenes Tier mit dem Augenblick des Fangens, ohne daß er davon weiß. Mitzschke-Schäfer, S. 329; E. 29 S. 216. Die Aneignung von Abwurfstangen ist nach § 292 straf­ bar (§ 1 RJagdges., abgedr. unter B X 1). Die in einem Tiergarten abge­ worfenen Stangen gehen ohne besonderen Aneignungsatt in das Eigentum des Jagdeigentümers über. KG. DIZ. 16 S. 221.

Dienstboten begehen an den Sachen der Herrschaft, welche sich in den ihnen zugewiesenen Räumen befinden, einen Diebstahl, R.3 S. 711; ebenso die Ver­ käufer an den im Laden befindlichen Waren. E. 21 S. 16 u. E. 2 S. 1. Aber die Kassiererin eines Warenhauses begeht durch Entwendung von Geld aus der Kaffe Unterschlagung. Rostock HRR. 1928 Nr. 572. Einen Diebstahl begeht ferner der Förster an geschlagenem Holze aus dem seiner Aufsicht anver­ trauten Walde, E. 5 S. 181; der Arbeiter an dem im Arbeitsraume befind­ lichen Arbeitsmaterial, R. 7 S. 303; der Handlungsaehilfe durch die Weg­ nahme der von ihm vereinnahmten Gelder aus der Ladenkaffe, E. 30 (S. 88. desgl. wer eine auf dem Fußboden eines Gastzimmers liegende, von einem Gast verlorene Geldbörse, Recht 7 S. 216, oder wer eine auf einem Bahnsteig oder Bahnstrecke verlorene Sache sich aneignet. E. 54 S. 231. Recht 25 Nr. 1527. 52) Die Sache muß weggenommey sein, der Diebstahl setzt also ein Ergreifen u. Erlangen des Gewahrsams bzw. der Verfügungsgewalt über die Sache seitens des Täters voraus. Doch ist der Wille des Täters, die Sache seinem Vermögen körperlich einzuverleiben, nicht erforderlich. E. 47 S. 147. Es genügt, daß der Täter einen anderen veranlaßt und in Stand setzt, die Sache unmittelbar zu ergreifen, z. B. indem er sie an einen gutgläubigen Dritten ver­ kauft, der sie dann an sich nimmt (zugleich Betrug gegenüber dem Dritten). E 70 S. 212; 73 S. 61. Gestattet ein Dienstbote, der für seinen Dienftherrn Kohlen

Diebstahl § 242.

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anfährt, einem Dritten die Wegnahme von Kohlen, so liegt ein gegen den Dienst­ herrn verübter Diebstadl nicht vor, weil ihm die Kohlen nicht weggenommen sind. GA. 44 S. 43. Die Wegnahme kann vollendet sein, auch ohne daß eine Ent­ fernung der Sache aus den Räumen des bisherigen Inhabers stattfindet. LZ. 8 S. 181. E. 52 S. 75. In der Beiseitelegung einer dem Inhaber abgenom­ menen Sache ist eine vollendete Wegnahme so lange nicht zu sehen, als wie der bisherige Inhaber trotzdem in der Lage bleibt, selbst oder durch einen anderen die Verfüg, des Täters über die Sache zu verhindern. E. 66 S. 394 und RG. in JurW. 1934 S. 1358 (Versuch, da die Diebe an der ungestörten Wegbringung der Sachen aus dem Raum, in den sie eingedrungen waren, durch eine Alarmvorrichtung verhindert wurden). Auch in dem Anlocken und Mit­ nehmen eines umherlaufenden Hundes kann eine Wegnahme gefunden werden. Recht 13 Nr. 3014. Wegnahme kann ferner fein das Herausnehmen von Frachtstücken aus dem Beförderungsgange, um zu eigenem Vorteile durch Ver­ sendung an andere zu verfügen. DIZ. 30 S. 111. Ob bei der „Verschiebung" von Eisenbahngut mittels falscher Frachtbriefe Diebstahl oder Bet.rug vorliegt, hängt davon ab, welches der Grund für den Gewahrsamsverlust des bisherigen Inhabers ist. DRZ. 16 S. 322. 52a) Die Absicht, die Sache sich zumeignen, ist nicht gegeben, wenn der Täter über die fremde Sache nicht im eignen Namen und zu eignem Nutzen, sondern namens eines Dritten und zu dessen Gunsten verfügt. E 67 S. 266; in diesem Falle kann aber § 242 entsprechend (§ 2) angewandt werden. LG. Meiningen JurW. 1937 S. 2697; Kohlrausch (34) S. 42.

53) Die Wegnahme muß in der Absicht rechtswidriger Zueig­ nung geschehen sein. Zueignung bedeutet, daß die Sache selbst oder doch der in ihr verkörperte Sachwert vom Täter dem eigenen Vermögen einverleibt wird. E. 61 S. 233. Eine besondere gewinnsüchtige Absicht ist nicht erforder­ lich. E. 25 S. 172. Liegt sie aber vor, kann gemäß § 27 a außerdem auf Geld­ strafe erkannt werden. Es genügt, daß der Täter die Sache ihrem Sachwert nach seinem Vermögen zuführt, indem er sie unmittelbar einem Dritten übergibt E. 61 S. 233, auch wenn er selbst keinen Vorteil davon hat. RG. JurW. 1934 S. 1657. Die Zueignungsabsicht liegt z.B. auch dann vor, wenn die Sache mit dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit zur Deckung einer Forderung wegge­ nommen worden ist, E. 1 S. 193, E. 25 S. 172; ebenso dann, wenn der Käufer die nur gegen Barzahlung verkauften Sachen ohne Zahlung weg­ nimmt. E. 1 S. 289. Diebstahl eines Kraftwagens liegt vor, wenn der Täter e8 an beliebiger Stelle zurücklassen und es dem Zugriff jedes Dritten hreisgeben will. E. 64 S. 259 und RG. in JuxW. 1935 S. 33d7 u. 3389. Über den unbefugten Gebrauch von Kraftfahrzeugen siehe BO. v. 20. Oktbr. 32 unter BI X 8. — Diebstahl begeht auch, wer eine fremde Sache verarbeitet und dadurch vollständig vernichtet, um daraus Gegenstände für seinen eigenen Bedarf herzuftellen, wenn er auch letztere nach Benutzung im Gewahrsam des Eigentümers der ursprünglichen Sache zu lassen gedenkt. JurR. 3 Nr. 1866. Durch das Motiv der Selbsthilfe wird die Rechtswidrigkeit und das Bewußt­ sein derselben nicht ausgeschloffen. DIZ. 8 S.82; auch nicht ohne weiteres durch die Wertlosigkeit der Sache. E. 44 S. 208. Die Absicht eigenmächtigen Verfügens übereine fremde Sache genügt nicht für den Zueignungsdegriff. E. 64 S. 250. So ist die Zueignungsabsicht aus­ geschloffen, wenn die rechtswidrige Wegnahme lediglich in der Absicht erfolgte, die Sache zu vernichten. R. 4 S. 537. E. 35 S. 355 u. JurR. 3 Nt. 193; doch können beide Absichten nebeneinander bestehen. E. 64 S. 250. Ferner

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A 2. Strafgesetzbuch § 242.

Der Versuch ist strafbar.») dann, wenn der Dieb nur gestohlen hat, um sich sofort selbst anzuzeigen und in das Gefängnis zu kommen. R. 6 S. 536; ebenso, wenn die Weg­ nahme nur erfolgte, um die Sache als Pfand bis zur Befriedigung wegen einer Forderung zurückzubehalten. E. 12 S. 88; ja selbst dann, wenn die Weg­ nahme von Geld in der Absicht erfolgte, damit eine begründete Forderung zu decken. E. 2 S. 184; und auch dann, wenn ein unbeschränkt fälliger Anspruch auf Übertragung des Eigentums besteht, mag auch die Wegnahme wider den Willen des Eigentümers erfolgen. E. 64 S. 210. Ebenso ist die diebische Ab­ sicht ausgeschlosien, wenn es sich bei der Wegnahme nur um Zwecke des Gebrauchs handelt und nicht die Absicht vorliegt, dem Eigentümer die Ver­ fügung über die Sache zu entziehen. E. 24 S. 22. Besteht der Verdacht des furtum usus, so ist aufzuklären, ob der A. den Gegenstand, so lange er für ihn Wert hatte, benutzen, ihn dann aber an beliebiger Stelle zurücklaffen und dem Zugriff jedes Dritten preisgeben wollte. Recht 28 Nr. 364. BayObLG. DIZ. 33 S.. 742. Ebenso fehlt die Zueignungsabsicht, wenn die Wegnahme lediglich in der Absicht erfolgt, die Sache (ohne sie zu gebrauchen oder zu ver­ nichten) dem Eigentümer zu entziehen; ein solcher Fall ist auch nicht allgemein in entsprechender Anwendung. (§ 2) des § 242 oder des § 303 strafbar (OLG. München DJust. 1938 S. 1530); vgl. auch Anm. 91 (am Ende) zu § 303. Die Verfügung, die der Täter mit der gestohlenen Sache vornimmt, Ver­ kauf, Beschädigung, Fälschung eines gestohlenen Schecks ist als straflose Nachtat anzusehen, es sei denn, daß der Täter in andere strafrechtlich geschützte Rechts­ güter der nämlichen oder einer anderen Person eingreift. E. 60 S. 371. E. 54 S. 80 (s. auch Anm. 50 a. E.). Keine straflose Nachtat, wenn eine ge­ stohlene Sache betrügerisch als Eigentum des Diebes weiterverkauft wird. HRR. 1933 Nr. 550. Hinsichtl. der Rechtswidrigkeit der Zueignung genügt bedingter Vorsatz. E. 49 S. 140. Ein Volksgebrauch schließt die Rechtswidrigkeit nicht aus. BayObLG. GA. 73 S. 381.

54) Eine Verurteilung wegen Diebstahls ist ausgeschlossen, soweit Sonder­ gesetze eine mildere Beurteilung unter einem anderen Gesichtspunkt vorschreiben. Dies ist der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 370 Nr. 5 StGB, des § 30 Abs. 3 der NaturschutzVO. v. 18. März 1936 (RGBl. I S. 181) oder der landesrechtlichen feld- und forstpolizeilichen Gesetze (in Preußen des Forstdiebstahlsges. oder des FFPG.) zutreffen. Forstdiebstahl (§ 1 PrFDG.) und gewöhnl. Diebstahl können in Fortsetzungszusammenhang miteinander stehen. RG. HRR. 1936 Nr. 502. Das Abhauen und Entwenden von Ästen bereits gefällter Bäume im Walde ist Diebstahl. E. 25 S. 393. Desgl. die Wegnahme in Gärten aufgestellter Topfpflanzen. E. 26 S. 101. Ebenso ist die Entwendung von Stücken einer zer­ brochenen Einfriedigung nicht ohne weiteres nach § 26 Nr. 4 des F. u. FPG., sondern als Diebstahl zu bestrafen. E. 26 S. 367; desgl. ist unbefugte An­ eignung von Mineralien aus den Halden (Ges. v. 26. März 56. GS. S. 203) Diebstahl. R. 10 S. 543; ebenso von auf Anlandungen geschnittenen Weiden. KG. JurW. 63 S. 116.'

55) Versuch liegt vor, sobald eine Gefährdung des fremden Gewahrsams eingetreten ist. RG. in IW. 1936 S. 1974. Das Eindringen in ein befriedetes Besitztum ist noch kein Versuch, falls dem Täter der bestimmte Wille, zu stehlen, fehlt. E. 54 S. 182, wohl aber, wenn er mit Diebstahlsvorsatz in ein Hans einschleicht, auch wenn sein Wille noch nicht auf bestimmte Dinge gerichtet ist.

Schwerer Diebstahl § 243.

§ 243.

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Auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn

1. aus"8) einem zum Gottesdienste bestimmten Gebäude Gegen­

stände gestohlen werden, welche dem Gottesdienste gewidmet88") sind;

2. auS66b) einem Gebäude8') oder umschlossenen Petunie68) mittels E. 70 S. 202, ferner wenn er durch alle Stockwerke auf den Boden schleicht. E.54 S.254; wenn er das einem unmittelbaren Zugriff sich entgegenstellende Hinder­ nis beseitigt, z. B. wenn er versucht, den Pförtner zu bestechen, um Einlaß zu gewinnen. E. 55 S 191 oder den Wachhund fortführt. E. 53 S. 217; wenn er auf das Trittbrett eines fahrenden Güterwagens springt. E. 54 S. 328; aber nicht, wenn er das Dach eines fremden Hauses besteigt, um von dort aus auf das Dach eines anderen Hauses, aus dem gestohlen werden soll, zu gelangen HRR. 1929 Nr. 1537. Versuch liegt auch vor, wenn der Täter ihm zur An­ sicht vorgelegte Gegenstände in die Hand nimmt, um einen davon zu stehlen. E.55 S. 244. Das Einverständnis des Gewahrsaminhabers mit der Wegnahme schließt den Versuch nicht aus, wenn es dem Täter unbekannt war (untaugl. Ver­ such). E. 53 S. 336. Strafb. untaugl. Versuch liegt auch vor, wenn der Täter beim Betreten des Raumes, in dem er stehlen wollte, sofort auf einen Bewohner stößt. RG. JurW. 1936 S. 1974. 56) Der Dieb braucht das Gebäude nicht betreten zu haben. E. 29 S. 70. — Die an eine Kirche angebaute Sakristei ist Bestandteil der Kirche. E. 45 S. 243. 56 a) Hierzu gehören Altarkerzen in kathol. Kirchen. E. 53 S. 144. 56 b) Nicht ist erforderlich, daß der Täter von außen her in das Gebäude gelangt oder die gestohlene Sache wegbringt. DStZ. 4 S. 87. E. 30 S. 388. 57) Gebäude ist ein unbewegliches mit dem Erdboden in fester Verbindung stehendes Bauwerk, von einem solchen räumlichen Umfange, daß der Eintrit von Menschen möglich ist. E. 70 S. 361. Hierunter fällt auch eine Bahnhofshalle (selbst mit durchgehenden Geleisen). E. 55 S. 153; ferner eine in die Umfassungsmauer eingebaute Warenauslage. G. 54 S. 211. Aus einem Ge­ bäude stiehlt auch, wer aus einer offenen Veranda stiehlt. RG. DJust. 1938 S. 1918. Ein Neubau, dem die Bedachung fehlt, ist kein Gebäude. E. 49 S. 51. Auch Schiffe gehören nach E. 70 S. 361 jedenfalls dann nicht hierher, wenn es sich um kleine unbewohnte Schiffe handelt (s. Anm. 58 Abs. 2). 58) Unter einem umschlossenen Raum ist nach der Rechtsprechung des RG. zu verstehen ein Stück der Erdbodenfläche, wenn es mit einer Ein­ friedigung versehen ist, die bestimmt und geeignet ist, das unbefugte Ein­ dringen dritter Personen abzuhalten. E. 54 S. 20; daher auch eine Pferde­ koppel, wenn sie letzteren Zwecken dient. Recht 25 Nr. 1738, aber nicht, wenn die Umwehrung lediglich den Zweck hat, das Ausbrechen des Viehs zu ver­ hindern. DStZ. 9 S. 177. Daß unverschlossene Eingänge vorhanden sind, hebt den Begriff nicht auf, vorausgesetzt, daß das Einsteigen für den Dieb ein Mittel war, um den Diebstahl auszuführen. R. 2 S. 649 u. R. 4 S. 696, E. 32 S. 141. Ob die Umschließung in fester Verbindung mit dem Erdboden steht oder beweglich ist, ist für den Begriff des umschlossenen Raumes ohne Bedeutung. Daher gehört hierher auch eine Baubude, selbst wenn sie auf Rollen beweglich ist. E. 70 S. 362. D*e Umschließung kann auch ein Flußlauf bilden. GA.47 S. 437. Ob der Täter wußte, daß zur Zeit der Tat ein Eingang unverschlossen war, ist gleichgültig. E. 7 S. 263. Vgl. auch R. 8 S. 207. Es ist ohne Be­ deutung, ob der Dieb glaubt, ein Verschlußmittel sei nicht befestigt und lasse sich ohne Kraftanwendung beseitigen. R. 10 S. 253. Es ist unerheblich, ob

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A 2. Strafgesetzbuch § 243.

Einbruchs,") EtnsteigenS60) oder Erbrechens60») von Behältnissen gestohlen wird;62) der Dieb in dem Gebäude, auS dem er gestohlen hatte, Wohnung hatte. E. 39 S. 104. Vgl. Sinnt. 74. Kein umschlossener Raum ist nach der Rechtspr. des RG ein Teil eineS Ge­ bäudes wie ein abgeschlossener Raum im Inneren eines Gebäudes ober eine Veranda RG. DJust. 1988 S. 1918; ein Raum der so klein ist, datz ein Mensch nicht hinein kann. R. 5 S. 71; ein Fischbehälter E. 50 S. 73 und insbesondere nicht ein Beförderungsmittel wie ein Schiff E. 70 S. 360; ein Eisenbahnwagen. RG. JurW. 1929 S. 2059, ein verschlossener Kraftwagen. E. 71 S. 198 (s. aber Sinnt. 68). An dieser Rechtspr. hat das RG. soweit es sich um Beförde­ rungsmittel handelt, auch nach dem Inkrafttreten des Ges. v. 28. Juni 1935 festgehallen und eine erweiternde Auslegung oder eine entspr. Anwendung (§ 2) des § 243 Nr. 2 abgelehnt, weil schon 8 242 zu einer angemessenen Bestrafung führe (vgl. E. 70 S. 360). Jndeffen entspricht eine Behandlung als eins. Diebstahl nicht dem materiellen Unrechtspehalt der Tat, da die besondere ver­ brecherische Energie, die sich in der Überwindung des der Aneignung entgegen­

stehenden Hindernisses äußert, die Tat als ebenso strafwürdig erscheinen läßt wie die im 8 243 Nr. 2 bezeichneten FE; so auch nahezu das gesamte Schrift­ tum, vgl. die Nachweise bei Rietzsch, DJ. 1936 S. 1939; OLG. Jena D. Just. 1939 S. 1402 (betr. Eisenbahnpackwagen) und die Praxis der Jnstanzgerichte (s. JurW. 1935 S. 3128 und JurW. 1937 S. 2391). 59) Einbruch ist eine mit Gewalt bewirkte Öffnung, die aber weder

eine Zerstörung oder Beschädigung der Substanz, noch auch einen besonderen Aufwand von Kraft bedingt. E. 4 S. 353. Ein Zurückschieben des Riegels durch Einfügen eines Meffers ohne Anwendung von Gewalt und Beschädigung der verschlußmittel ist kein Einbruch. R. 7 S. 724. Anbruch kann in dem gewaltsamen Aufbrechen einer unverschloffenen Tür gefunden werden. R. 5 S. 387; auch in dem gewaltsamen Öffnen des Zugangs bei Anwendung eines zur Öffnung ordnungsmäßigen Mittels. GA. 54 S. 70. Einbruchsdiebstahl liegt auch vor, wenn der Täter die gewaltsame Aufhebung der äußeren Um­ schließung von Innen desselben aus bewirkt, alsdann aber die Wegnahme der Sache von außen durch die hergestellte Öffnung ausgeführt hat. E. 41 S. 66.

Es ist auch nicht einmal erforderlich, daß der Täter zur Ausführung des Dieb­ stahls hineinlangt, indem z. B. das Tier, deffen Wegnahme beabsichttgt, selber durch die Öffnung in das Freie gelangt. E. 56 S. 48. Dagegen sind die Voraus­

setzungen von Nr. 2 nicht gegeben, wenn der Dieb in einem Gebäude unter An­ wendung des richttgen Schlüssels, den er vorher in einem andern Gebäude mittels Einbruchs gestohlen hat, einen Diebstahl begeht. E. 40 S. 94 (vgl. Sinin. 63); auch nicht, wenn der Dieb, um sich den Ausgang zu ermöglichen, eine ins Freie führende Tür erbricht. E. 55 S. 210. Versuch liegt vor, wenn der Täter die Fensterscheibe mit einer Masse be­ streicht, um das Klirren zu verhüten. E. 54 S. 35. 60) Einst ei gen setzt voraus, daß der Täter von außen in das Innere deS Gebäudes oder umschlossenen Raumes auf zum Antritte regelmäßig nicht besttmmten Wege gelangt ist. RG. JurW. 1938 S. 2949. Dies ist der Fall, wenn der Dieb durch ein Fenster einsteigt, das der Bestohlene nur vorüber­ gehend als Notzugang benutzt hat. E. 59 S. 171. Ansteigen setzt nicht not­ wendig eine steigende Tättgkeit der Füße, wohl aber die Überwindung eines entgegenstebenden Hindernisses voraus. Daher gilt auch unter Umständen ein Ein kriech en als Ansteigen. R. 7 S. 10; aber nicht das Überfliegen mittels

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Schwerer Diebstahl § 243.

Flugzeugs. LK. Anm. III5 S.775. Einkriechen durch eine Lucke gilt als Einsteigen dann, wenn sich aus der Lage, den Größenverhültniffen oder anderen Agenschaften der Öffnung Schwierigkeiten ergeben. Recht 18 Nr. 710. Auf ein bestimmtes Matz der durch die Überwindung eines Hinderniffes bedingten

Schwierigkeit des Eintritts kommt es nicht an. JurW. 53 S. 1736. Das Beiseiteschieben einer Latte ist keine Beseitigung eines Hinderniffes. DIZ,. 8 S. 430. Das Durchkriechen durch eine nur 3 Fuß vom Erdboden entfernte Öff­ nung in einen Zaun ist Einsteigen, selbst wenn diese Öffnung zuweilen von dem Berechtigten selbst als Durchgang benutzt wird. GA. 41 S. 267. Das bloße Emporsteigen an einem Gebäude und Hineinlangen, um zu stehlen, ist kein Ein­ steigen, denn immer muß das Eintreten des Täters in das Innere verlangt werden. E. 4S. 175. Läßt der Täter einen ohne Borsatz handelnden Dritten einsteigen und be­ wirkt er durch dessen Vermittelung den Diebstahl, so kann er selbst nicht wegen Diebstahls mittels Einsteigens bestraft werden. E. 24 S. 86. Daß das Gebäude oder der Raum zur Zeit des Ansteigens unverschlossen gewesen, ist bedeutungslos. R. 5 S. 5 t 6. 60 a) Erbrechen und Anbruch unterscheiden sich nicht voneinander. An Abrechen liegt auch vor, wenn das Behältnis unbeschädigt geblieben ist. E. 44 S. 74. Erforderlich ist aber entweder eine Geftaltveränderung oder die Auf­ hebung eines mehr oder weniger festen Zusammenhanges. GA. 53 S. 66. Das Merkmal des Abrechens wird nicht dadurch beseitigt, daß das Erbrechen die naturgemäße Aöffnungsart ist. GA. 57 S. 203. Erbrechen liegt in dem gewalt­ samen Heden des Deckels eines verschlossenen Korbes. GA. 42 S. 35: in dem gewaltsamen Beiseiteschieden eines die Türöffnung versperrenden Schranks. E. 60 S. 378; in dem Abreißin der Drahtplombe des Münzgasmeffers. Recht 33 Nr. 151; in dem gewaltsamen Lösen von Berschlußschruuben einer Gasleitung. Recht 31 Nr. 1529: ja selbst in dem Auftrennen der Naht eines Kleidungsstückes. GA. 41 S. 287. Diebstahl von Federn auS einem Deckbett fällt nicht unter diesen §. GA. 56 S. 228. E. 20 S. 165. 61) Behältnis ist ein verschließbarer Raum, der entweder als Teil eines Gebäudes oder für sich allein eine zur Aufnahme und Verwahrung von Gegen­ ständen bestimmte Räumlichkeit (Sache) darstellt. E. 30 S. 207. Ein Bilder­ rahmen gehört also nicht hierher, wohl aber ein zugebundener Sack, R. 1 S.832; eine zugeknöpfte Gesäßtasche, DIZ. 18 S. 356, GA. 60 S. 277; eine Lohn­ tüte, DIZ. 19 S. 101; ein abgeschlossener Raum im Innern eines Gebäudes, R. 4 S. 193; ein Briefumschlag, RG. JurW. 1937 S. 2391 v eine WasserleitungSröhre, E. 30 S. 288. Ob das Behältnis ganz von dem Gebäude um­ schlossen wird, oder ob ein Teil aus dem Gebäude hervorragt (z. B. ein Gasrohr), ist unerheblich. R. 6 S. 587. An vor dem Laden angebrachter, nicht einge­ mauerter Schaukasten befindet sich nicht innerhalb des Gebäudes. Recht 14 Nr. 615. (Siehe Anm. 57.) Nach der bisherigen Rechtsprechung war erforder­ lich, daß das Behältnis in dem Innern eines Gebäudes oder umschlossenen Raumes erbrochen wurde. (E. 7 S. 419.) Hier ist indessen eine ausdehnende Auslegung, notfalls eine entsprechende Anwendung (§ 2) der Nr. 2 am Platze (h. M., vgl. Schäfer, JurW. 1937 S. 1800 mit Schrifttumsnachweisen, Kohlrausch, StGB. 34. Ausl S. 44, KG. DStrafr. 1939 S. 2"0, AG. Traunstein, JurW. 1937 S. 1801, LG. Leipzig DJuft. 193" S. 1120, LG. Plauen DStrafr. 1939 S. 73; a.M. Allfeld Ger. S. 107, 312 und LG. Ulm JurW. 1937 S. 1800). Dagegen ist eine ent'pr. Anwendung deS § 243 Nr. 2 auf Fälle in denen es der Überwindung eines n'cht die Sache um-

schließenden Hindernisses bedarf, um die Sache wegnehmen zu können (z. B.

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

16

242

A 2. Strafgesetzbuch 8 243.

3. der Diebstahl dadurch bewirkt wird, daß zur Eröffnung68a) eines Gebäudes

oder

der Zugänge

eines

umschlossenen Raumes,

oder zur Eröffnung der im Innern befindlichen Türen oder Behält­

nisse falsche Schlüssel b») oder andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werkzeuge63 a) angewendet werden; Erbrechen deS SchloffeS, mit dem ein Fahrrad an einen Fahrradständer ange­ schloffen ist), nicht statthaft. Schäfer, JurW. 1937 S. 3216; a.M. Schöffg. Lübeck a.a.O. und Kohlrausch [34] S. 44. 62) In allen Fällen dieses § gehört zum Tatbestands, daß der Einbruch, das Einsteigen rc. gerade zum Zwecke des beabsichtigten Diebstahls vorgenommen ist, nicht aber zu irgend einem anderen Zwecke. R. 3 S. 163; Plen.Erk. E. 14 S. 312. Doch braucht das Erbrechen von Behältnissen nicht lediglich zu Diebstahlszwecken vorgenommen sein. E. 53 S. 262. Dem nach Vollendung des Erbrechens eintretenden Teilnehmer kann der Erschwerungsgrund nicht zu­ gerechnet werden. JurW. 53 S. 1436. 62 a) Die Entwendung von Gegenständen aus Automaten mittels Einwurfs von Metallplatten anstatt Geldmünzen ist kein schwerer Diebstahl. E. 34 S. 45, auch nicht der durch Zurückbiegen der Sperrfeder bewirkteDiebstahl. Recht 11 S. 71, Wohl aber die Wegnahme von Geldstücken aus der Schublade des Musikauto­ maten zu dem Zwecke, durch ihren Wiedereinwurf die Leistung des Automaten auszulösen. BayObLG. HRR. 1930 Nr. 182. 63) Vorausgesetzt wird ein wirklicher Verschluß mittels Schloffes, dessen Öffnung mittels eines Schlüssels oder eines anderen bestimmten Werkzeuges

erfolgen muß. Eine Schließvorrichtung, welche sich mit der bloßen Hand öffnen läßt, gehört nicht hierher. R. 6 S. 516, auch nicht das Eröffnen eines Fasses mittels Bohrers. Recht 7 S. 23. Siehe aber Anm. 68. Ein falscher Schlüssel ist jeder, welcher nicht zur Eröffnung des Schlosses bestimmt ist, also auch derjenige, welcher verloren oder gestohlen und später durch einen neuen ersetzt worden ist. E. 5 S. 17 (doch muß auch dem gestohlenen Schlüssel, namentlich, wenn er von dem Eigentümer nur vermißt wird, die bisherige Bestimmung entzogen sein. E.52S.84); ferner das zweite Exemplar eines Schlüssels, welchen der Eigentümer bei Vermietung eines verschlossenen Raumes ohne Wissen des Meters zurückbehalten hat. E. 11 S. 436. S. auch E. 40 S. 80 u. RG. DJust. 1938 S. 44. Nicht nur der Eigentümer, sondern auch der berechtigte Inhaber einer Wohnung kann einen verlorenen Schlüssel durch einen neuen ersetzen, so daß dadurch der erstere die Eigenschaft eines falschen Schlüssels erlangt. R. 10 S. 341. Dies ist aber nicht der Fall, wenn ein nichtberechttgter Inhaber (z. B. Geselle im Gegensatz zum Arbeitgeber) den Schlüssel ersetzt. DJZ.10S.il72. — Ein sog. Hauptschlüssel ist, wenn er auch mit für das ge­ öffnete Schloß bestimmt war, kein falscher Schlüssel. GA. 39 S. 57; auch nicht der Schlüssel zu dem eigenen Vorhängeschloß des Diebes, das er anstatt des bisherigen angebracht hat. JurW. 53 S. 306. Diebstahl mittels falscher Schlüssel liegt auch dann vor, wenn der Täter den falschen Schlüssel durch einen gutgläubigen Dritten anwenden läßt. R. 4 S. 689; ferner auch dann, wenn der Dieb zunächst mit Hilfe eines falschen Schlüssels ein Behältnis öffnet, aus diesem den Schlüssel entnimmt und mit letzterem das Behältnis öffnet, auS welchem er Geld stiehlt. E. 40 S. 153. Es ist nicht notwendig, daß die Öffnung des Verschlusses gerade vom Schlüsselloche aus erfolgt. E. 27 S. 285. Versuch liegt vor, wenn der falsche Schlüssel in diebischer Absicht in das Schloß eingeführt und vergeblich versucht wird, es zu öffnen. JurW. 60 S. 2787. 63 a) Dieses Merkmal setzt eine Einwirkung auf das Schließwerk eines

Schwerer Diebstahl § 243.

243

4. auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen

Platze,84) einer Wasserstraße84 a) oder einer Eisenbahn,84 *>) oder in einem

Postgebäude88) oder dem dazu gehörigen Hofraume, oder auf einem Eisenbahnhofe*66* ») *67 * eine *68 * * *zum * * * Reisegepäck * * * * 65 88) oder zu anderen Gegenständen

der Beförderung87) gehörende Sache mittels Abschneidens oder AblösenS

der Befestigungs- oder Verwahrungsmittel,88) oder durch Anwendung Schlosses oder einer schloßartigen Vorrichtung voraus. E.52 S. 321. E. 53 S. 277. Wird die Öffnung in der Weise bewirkt, daß von dem richtigen Schlüffe!

mit Hilfe eines anderen Jnsttuments (Zange) ein ordnungswidriger Gebrauch gemacht wird, so liegt der Tatbestand des § (zur Eröffnung nicht bestimmte Werk­ zeuge) vor, E. 29 S. 388, aber nicht dann, wenn ein Schraubenschlüffel zur Öffnung) des Leitungshahnes der Wafferleitung benutzt wird. GA.49 S. 128.

64 Auch ein im Privatbesitze befindlicher Platz ist ein öffentlicher, wenn dem Publikum allgemein der Zuttitt gestattet ist. R. 6 S. 149. Siehe auch Anm.42 zu § 116 u. E. 21 S. 370. 64 a) Offene See ist keineWafferstraße. E. 33 S. 57, aber ein dem öffent­ lichen Verkehr dienender Landsee. Recht 25 Nr. 1532. Ob ein Gewässer (Hafen) als Wassersttaße anzusehen, hängt davon ab, ob der Verkehr auf ihm allgemein freigegeben ist. E. 33 S 371. Hamburg LZ. 24 S. 207. 64 b) Hierunter fallen nicht Privatanschlußgleise. E. 48 S. 285; auch nicht Verladestellen, die Private unterhalten. Recht 22 Nr. 1632. 65) Hierzu gehören auch solche Gebäude, in denen einzelne besttmmte Räume dem Postbetrieb unmittelbar dienen. E. 49 S. 279. Wird in einem Postgebäude ein Diebstahl dadurch verübt, daß die als Umhüllung von Sachen dienende Leinwand zerschnitten wird, so treffen sowohl Nr. 2 als Nr. 4 dieses § zu. R. 8 S. 536. 65 a) Er muß wie die Eisenbahn gleichfalls für den allgemeinen öffentl. Verkehr bestimmt sein. JurW. 53 S. 1737. 66) Zum Reisegepäck gehören alle Sachen, gleichviel ob sie Eigentum des Reisenden oder des Fuhrmanns sind, und es ist auch ohne Bedeutung, zu welchem' Zwecke sie dienen. E. 6 S. 394. A. M. LK. Anm. 2 a S. 779. Doch müssen sich die Sachen auf dem Transportmittel zu dem Zweck befinden, um nach dem Willen ihrer Inhaber von dem einen Ort nach dem anderen befördert zu werden. E. 43 S. 317. 67) Dahin gehört jeder Gegenstand, welcher zum Zwecke der Weiterbeför­ derung an einen der im § genannten Orte gebracht ist, und es ist gleichgültig, ob derselbe einem Bediensteten übergeben ist. E. 13 S. 243; oder ob der betteffende Waggon dem Empfänger zur Verfügung gestellt ist. Recht 11 S. 195; oder auch ob der Gegenstand sich auf einem besonders hierfür bestimmten oder geeigneten Transportmittel befindet. Deshalb gehört auch hierher das Geld, das der Kutscher eines Milchwagens vereinnahmt hat. R. 4 S. 693; aber nicht Geld, das von dem zu Befördernden in einer Geldtasche am Leibe gettagen wird. E. 67 S. 262; der auf einem Kraftwagen befindliche Ersatzgummireifen. E. 54 S. 194; das im Eisenbahnwagen mitgeführte Rettungsgerät. IW. 58 S. 2059; ferner der zum Unterhalt der Fahrtteilnehmer dienende Proviant. DStZ. 8 S. 368. 68) Hier wird eine gewisse Gewalttättgkeit vorausgesetzt, so z. B. Zerschneiden eines Sackes. R. 3 S. 699. Das Anbohren eines Fasses. Recht 13 Nr. 2863, Das Zerttümmern einer Fensterscheibe des Eisenbahnpoftwagens. Recht 25 Nr. 1531. Selbst das einfache Ablösen ohne jede Verletzung der Substanz,

244

A 2. Strafgesetzbuch § 243.

falscher Schlüssel oder anderer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht

bestimmter Werkzeuge gestohlen wird;

5. der Dieb oder einer der Teilnehmer am Diebstahle bei Be­

gehung der Tat Waffen bei sich führt;°v) 6. zu dem Diebstahle mehrere 70 * *) * *Mitwirken * * * * * * * * *7169 ) welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden72) haben, oder

R. 4 S. 279, so z.B. das bloße Ablösen einer Gepäckmarke durch Anfeuchtung, R. 4 S. 597, ferner das bloße Aufbinden der Befestigungsmittel. R. 5 S. 286. Auch das bloße Abstreifen des Bindfadens von einem Pakete genügt. E. 21 S. 429. Siehe aber E. 35 S. 431. In dem Öffnen eines Wagenkastens kann der Tatbestand nicht gefunden werden, aber in dem Öffnen eines Plaidriemens. GA. 44 S. 383; sowie in dem Durchbohren des Gummiverschluffes eines Fasses. KG. Recht 33 Nr. 2086. Berwahrungsmittel ist auch ein fest ver­ schlossener Kraftwagen hinsichtlich der darin befindlichen Gegenstände; wer aus einem auf offener Straße parkenden verschloffenen Kraftwagen durch Aus­ schneiden des Verdecks oder auf andere Weise Gegenstände stiehlt, ist daher nach Nr. 4 zu bestrafen. E. 71 S. 198. Das Erbrechen der Türen des parkenden verschloffenen Kraftwagens ist ein „Ablösen der Befestigungsmittel". RG. JurW. 1939 S. 401. 69) Die Bestrafung aus § 243 Nr. 5 setzt voraus, daß sich der Dieb bei Ausführung der Tat bewußt war, daß er Waffen bei sich führe. E. 12 S. 69. „Waffe" ist hier nicht im technischen Sinne zu verstehen. E. 68 S. 238. Es ge­ nügt, daß der Täter die Waffe in seinem Handbereich hat. E. 55 S. 17. Un­ erheblich ist es, ob der Täter zum Waffentragen befugt ist. Der bloße Besitz genügt. E. 54 S. 195. Daß der Dieb die Absicht gehabt haben müsse, von der Waffe ev. gegen Menschen Gebrauch zu machen, ist nicht notwendig. E. 29 S. 228. Eine Ausnahme gilt bei gefährlichen Gegenständen, die nicht Waffen im techn. Sinne sind, z.B. bei einemTaschenmeffer; hier muß der Täter wenigstens mit der Möglichkeit gerechnet haben, den Gegenstand bet der Tat als Waffe zu ver' wenden. E. 68 S. 230. Eine Waffe führt auch bei sich, wer sie erst am Tat­ ort sich verschafft. RG. a. a. O. Zwischen 8 243 Nr. 5 u. § 26 Waffenges. besteht Tateinheit. DRZ. 22 Nr. 344. Siehe auch Anm. 40 unter B 1119. 70) Zwei Personen genügen. E. 16 S. 173. 71) Mitwirken ist enger als Teilnahme (§§ 47 ff.) und erfordert ein zeitliches und örtliches Zusammenwirken mehrerer Mitglieder der Bande bei der Ausführung des einzelnen Diebstahls. Eine von der Tätigkeit der übrigen, bei der Ausübung anwesenden Bandenmitglieder getrennte geistige oder körperliche Teilnahme kann nicht nach § 243 Abs. 1 Nr. 6, aber als Teilnahme (§§ 47ff.) am (einfachen oder durch andere Merkmale als die Bandenmäßigkeit erschwerten) Diebstahl strafbar sein. E. 73 S. 322. 72) Die Verbindung muß zur Verübung einer Mehrzahl von im einzelnen nach Zahl, Ort und Ausübungsart noch unbestimmten Raubhandlungen und Diebstählen erfolgt sein. E 47 S. 340; 52 S. 211. Kein Bandendiebstahl, wenn die Diebe sich nur zu einem einzigen in Fortsetzungszusammenhang begangenen Diebstahl verbunden haben. E. 56 S. 90; E. 66 S. 236; JurW. 1934 S. 1238. Indes genügt schon die Verbindung für eine gewisse, auch kürzere Zeit, z. B. für einen Jahrmarksttag. R. 5 S. 776. u. GA. 38 S. 187. — Es genügt auch die Bereinigung der Täter zu einer bestimmten Art von Diebstählen. E. 47 S. 341. Es ist auch der Bandendiebstahl gegen denselben

Rückfalldiebftahl § 244,

245

7. der Diebstahl zur Nachtzeit'') in einem bewohnten Gebäude,"») in welches sich der Täter in diebischer Absicht eingeschlichen,") oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen hatte,74a) begangen wird, auch wenn zur Zett des Diebstahls Bewohner in dem Gebäude nicht anwesend sind. Einem bewohnten Gebäude werden der zu einem be­ wohnten Gebäude gehörige umschlossene Raum und die in einem solchen befindlichen Gebäude jeder Art, sowie Schiffe, welche bewohnt werden, gleichgeachtet. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monateü ein.")

§ 244.

Wer im Jnlande"») als Dieb,") Räuber oder gleich

Eigentümer (z. B. gegen den Staat, Stadtgemeinde usw.) möglich. E. 52 S. 211. Durch die bandenmäßige Begehung verlieren die einzelnen Dieb­ stähle nicht ihre Selbständigkeit (§74). RG. JurW. 1939 S. 33. 73) Nachtzeit ist die Zeit der Dunkelheit; sie ist nicht auf die Zeit der nächt­ lichen Ruhe beschränkt. E. 3 S. 209. 73 a) Auch ein Häuserblock in seiner Gesamtheit kann e i n Gebäude sein. RG. DJust. 1939 S. 571. 74) Unter Einschleichen ist sowohl ein h e i m l i ch e s Antreten zu verstehen, da- Geräusch vermeidet und absichtlich der Wahrnehmung anderer entzogen wird tose auch das Verschaffen des offenen Zutritts unter einem listigen Borwand, etwa einer Täuschung eines Hausbewohners. E. 73 S. 9. Daß zwischen dem Anschleichen und der Ausführung der Tat ein gewisser Zwischenraum liegt, ist nicht notwendig. E. 2 S. 223 u. E. 4 S. 127. Auch das Abpassen einer be­ sonderen Gelegenheit zum Anschleichen ist nicht notwendig. R. 7 S. 302. An Einscdleichen innerhalb des Gebäudes genügt nicht, wenn der Zutritt nicht in diebischer Absicht geschehen war. Recht 15 Nr. 1846. Ob der Diebstahl mittels Einschleichens auch von einem Mitbewohner verübt werden kann, wie dies Recht 7 S. 242 annimmt, mag zweifelhaft sein, jedenfalls kann sich ein Be­ wohner des Nebengebäudes in das Hauptgebäude einschleichen. E. 55 S. 170. — Auch dadurch wird der Tatbestand nicht ausgeschlossen, daß das Anschleichen zum Zwecke einer Entwendung (§ 370 Nr. 5) geschieht und dann andere Sachen gestohlen werden. E. 9 S. 297. — Das Einschleichen in diebischer Absicht ist Versuch, nicht Borbereitungshandlung. E. 38 S 177. 74 a) An Verbergen liegt vor, wenn der Dieb sich an einem Ort aufhält, an dem er nicht verweilen durfte; die Tat kann auch von einem Mitbewohner des Gebäudes begangen werden. E. 32 S. 310 75) Im Falle der Beihilfe ist die Mindeststrafe 23 Tage Gefängnis. E. 46 S. 303. 75a) Urteile österreichischer Gerichte aus der Zeit vor der Wieder­ vereinigung mit dem Reich begründen Rückfall, wenn die Tat nach deutschem Recht D.iebstahl ist, es sei denn, daß sie nach deutschem Recht besonders be­ günstigte Entwendungen (z. B. gem. §§ 248a, 370 Abs. 1 Nr. 5 StGB.) darstellen oder sich begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des Urteils ergeben. E. 73 S. 38. Die gleichen Grundsätze gelten für die Urteile der früheren tschechoflowakischen Gerichte in den sudetendeutschen Gebieten und im Protektorat Böhmen und Mähren, E. 73 S. 379, 386, sowie für die Ur­ teile der memelländischen u. Danziger Gerichte vor der Wiedervereinigung.

246

A 2. Strafgesetzbuch § 245.

einem Räuber oder als Hehler bestraft ”) worden ist, darauf aber­ mals eine dieser Handlungen begangen hat, und wegen derselben bestraft worden tft,78 * *) * *wird, * * * * 76 wenn 77 er einen einfachen Diebstahl (§ 242) begeht, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wenn er einen schweren Diebstahl (§ 243) begeht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt beim einfachen Diebstahl Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten, beim schweren Dieb­ stahl Gefängnisstrafe nicht unter Einem Jahre ein. Urteile der Gerichte des Protektorats begründen Rückfall, da das Pro­ tektorat zum Gebiet des Großdeutschen Reiches gehört (Art. 1 des Erl. v. 16. März 39, RGBl. IS. 485). Verurteilungen durch deutsche (z. V. Militär-) Gerichte im Auslande sind als Jnlandsverurteilungen anzusehen. E. 54 S. 48. Wegen der Urteile der saarländischen Gerichte aus der Zeit vor der Rückkehr s. E. 63 S. 395. Die Bedeutung der Verurteilung durch ein nicht­ deutsches Gericht in den eingegliederten Ostgebieten als Rückfallsvoraus­ setzung ist geregelt durch AB. d. RIM. v. 1. Novbr. 40 (DJust. S. 1268). 76) Ob als Täter oder wegen Anstiftung, Beihilfe oder wegen Versuchs, ist gleichgültig. R. 2 S. 243 u. GA. 38 S. 441. Die Bestrafung wegen Be­ günstigung kommt nur in Betracht, wenn die letztere vor der Tat zugesagt war. R.5 S. 417. Vgl. R.4 S. 40. Eine Bestrafung wegen Diebstahls findet auch gemäß §17 u. § 4 der Metallgesetze (unter BIV 13 u. 14) statt. Vorbestrafungen aus §§ 248 a, 370 6 oder wegen Feld u. Forstpolizeigesetz (E 2) und aus dem Forstdiebstahlsgesetz (E 1) begründen nicht den Rückfall. 77) Gerade auf die Bestrafung, nicht auf die Verurteilung kommt es an; Rückfall liegt deshalb nur vor, wenn die ftühere Strafe entweder ganz oder zum Teil verbüßt ist. R. 6S.527. Anrechnung der Untersuchungshaft ist Straf­ verbüßung. E. 52 S. 191. Auch Tilgung der Strafe durch freie Arbeit §28b. Die Verurteilung gilt nicht mehr im Sinne dieses § als Bestrafung, wenn der Vermerk über die Verurteilung im Straftegister gelöscht ist. § 5 des Ges. v. 9. April 19^0 (D 5). Siehe hierüber Anm. 11 unter D 5. Strafen für Taten von Personen unter 14 Jahren verloren die rückfallbegründende Kraft nach §§ 45, 46 JGG. Jugendarrest ist keine Strafe und begründet keinen Rückfall (8 2-der VO. v. 28. Novbr. 40, RGBl. 1 S. 1541). 78) Zur Feststellung des Rückfalles genügt die Angabe mit den Worten des Gesetzes nicht, die einzelnen Vorbestrafungen müßen vielmehr im Urteil angegeben werden. RG. JurW. 1937 S. 1802. Es genügt auch nicht die Fest­ stellung, daß der Täter wegen Rückfalldiebstahls bestraft ist. Vgl. Dresden LZ. 26 S. 1381. Eines Hinweises auf den Rückfall in die Urteilsformel bedarf es nicht. HRR. 1933 Nr. 631. Rückfall kann nicht mit der Begründung ver­ neint werden, daß deffen Voraussetzungen sich nicht feststellen laßen. Recht 30 Nr. 2583. Die materielle Gerechtigkeit der Vorbestrafungen hat der später erk. Richter nicht nachzuprüfen. HRR. 1933 Nr. 1625. Der rückfällige Dieb kann nur bestraft werden, wenn er bei der Begehung das Borliegen der Rückfallsvoraussetzungen gekannt hat. E. 54 S. 274. Recht 27 Nr. 1067. A. M. LK. Anm. 6. KG. DRZ. 20 Nr. 216 u. Hamburg DRZ. 19 Nr. 745. Ist aber der Rückfall zu Unrecht festgestellt, muß Wiederaufnahme des Ver­ fahrens stattfinden. R. 7 S. 225. A. M. Naumburg JurW. 62 S. 488.

Rückfalldiebstahl § 24ö».

8 245

247

Die Bestimmungen des § 244 finden Anwendung, auch

wenn die früheren Strafen78 “) nur teilweise verbüßt oder ganz oder teil­ weise erlassen78 a) sind, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Ver­

büßung78^) oder dem Erlasse der letzten Strafe78 c) bi- zur Begehung deS neuen Diebstahls zehn Jahre verflossen sind.78)

$ 245a.78s) Wer Diebeswerkzeug 78") in Besitz oder Gewahrsam78 °)

hat oder von einem anderen für sich verwahren läßt, nachdem er wegen schweren Diebstahls, Diebstahls im Rückfall, Raubes, gewerbs- oder

gewohnheitsmäßiger Hehlerei oder Hehlerei im Rückfall (§§ 243 bis

245, 249 bis 252, 260, 261) rechtskräftig verurteilt worden ist, wird

mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft,78 °°) sofern sich nicht

aus den Umständen ergibt, daß das Werkzeug nicht zur Verwendung bei strafbaren Handlungen bestimmt ist.78 d)

78aa) Nur Hauptstrafen. E. 68 S. 181. 78a) Der Erlaß der ersten Strafe muß der zweiten Tat vorangegangen sein. Siehe E. 54 S. 274. 78b) Verbüßt ist die Vorstrafe erst mit der gänzl. Verbüßung der Ge­ samtstrafe. Dies gilt auch für verhängte Zusatzstrafen. E. 60 S. 206. 78c) Hierunter fällt auch die im Gnadenwege erfolgte Umwandelung einer kriminellen Strafe in eine Schulstrafe. GA. 53 S. 71. Bei der be­ dingten Strafaussetzung mit Bewährungsfrist beginnt die Verjährung erst mit dem Akt, durch den die Strafe endgültig erlassen wird. RG. DJust. 1937 S. 399. 79) Es kommt, um die Anwendung des § 244 auszuschließen, nur darauf an, daß zwischen der letzten Strafe und dem neu abzuurteilenden Diebstahle mehr als zehn Jahre liegen. Die Zwischenräume zwischen den früheren Vor­ strafen sind gleichgültig. E. 1 S. 246. Bei einer fortgesetzten Tat läuft die Frist bis zur Begehung der ersten Einzelhandlung. E. 50 S. 243. 79a) Eingefügt durch Ges. v. 24. Novbr. 33 (RGBl. I S. 995). 79b) Werkzeuge, welche ausschließlich oder vorwiegend zur Verwendung bei Einbruchsdiebstählen angefertigt sind, ferner solche Werkzeuge, die an sich nicht zu rechtswidriger Verwendung hergestellt sind, die aber in Verbrecher­ kreisen üblicherweise als Einbruchwerkzeuge verwendet zu werden pflegen oder bei denen sich aus anderen Umständen diese Zweckbestimmung ergibt, z. B. aus der besonderen Zusammenstellung einer Sammlung von Werkzeugen oder daraus, daß ihr Besitzer keine redliche Tätigkeit ausübt, für die sie verwendet werden können. E. 68 S. 324. Auch Handschuhe zur Vermeidung von Fingerabdrücken. E. 69 S. 91; ferner ein Schraubenzieher, wenn der Besitzer eine redliche Tätigkeit, bei der er ihn hätte verwenden können, nicht betteibt. OLG. Hamburg DJust. 1935 S. 71. 79c) Der Begriff ist der gleiche wie in § 246. E. 68 S. 324. Der Wille, die Sache als eigene zu besitzen, ist zum Gewahrsam nicht erforderlich. Mit­ gewahrsam genügt. E. 69 S. 80. 79 cc) Zwischen dem Besitz von Dieb es Werkzeug und dem mit dem Werkzeug begangenen Einbruchsdiebstahl besteht nicht Gesetzeseinheit, son­ dern je nach Lage des Falles Tateinheit oder -Mehrheit. * E. 69 S. 91. 79d) Zum Begriff des Diebeswerkzeugs gehört zwar nicht nur die objekttve Eignpng zur Verübung von Einbrüchen, sondern auch, daß die Gegen­ stände nach dem Willen einer maßgeblichen Person — des Besitzers oder

248

A 2. Strafgesetzbuch § 246.

Wer Diebeswerfzeug für einen anderen in Verwahrung nimmt oder einem anderen übeTläfct,796) obwohl er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß das Werkzeug zur Verwendung bei straf­ baren Handlungen bestimmt ist, wird, sofern die Tat nicht nach -anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist,7") mit Gefängnis bestraft.

Das Diebeswerkzeug ist einzuziehen, auch wenn es dem Täter nicht gehört.79 * *«)* * * * * * * * * * In den Fällen des Abs. 1 kommt eine frühere Verurteilung nicht in Betracht, wenn zwischen dem Eintritt ihrer Rechtskraft und der Tat des Abs. 1 mehr als fünf Jahre verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in der der Täter eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. Eine ausländische Verurteilung steht einer inländischen gleich, wenn die geahndete Tat nach deutschem Recht ein Verbrechen der im Abs. 1 genannten Art wäre. § 246.

Wer eine fremde °) bewegliche Sache,80 a) die er in Besitz

eines anderen — bei irgendwelchen bestimmten oder unbestimmten Dieb­ stählen verwendet werden sollen. Zur Bestrafung genügt aber der Besitz in Kenntnis der objektiven Eignung, während die subjektive Zweckbestimmung vom Vorsatz des Besitzers nicht umfaßt zu sein braucht. Sie wird vielmehr — dies ist der Sinn der Wendung: „sofern sich nicht ergibt... bestimmt ist" — so lange unwiderlegbar vermutet, als der Richter nicht die volle Über­ zeugung erlangt hat, daß ein Berwendungswille (des Gewahrsamsinhabers oder eines Dritten) nicht bestand. E. 69 S. 80. 79e) Entgelt!, oder unentgeltl. (Begr.). 79f) Wer Diebeswerkzeug für einen anderen in Verwahrung genommen und dadurch Gewahrsam daran erlangt hat, ist, sofern er im Sinne des Abs. 1 vorverurteüt ist, nach Abs. 1 zu bestrafen. 79 g) Auch wenn es einem redlichen Dritten gestohlen worden ist. S ch ä f e r, DJ. 1936 S. 1474. A. M Weimar, JurRdsch. 1934S. 119. Etwaige Un­ billigkeiten müssen im Gnadenwege ausgeglichen werden. 80) Ob eine fremde Sache vorliegt, ist nach den Regeln des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. E. 3 S. 35. E. 22 S. 354, um er Umständen also nach dem Zivilrecht des Auslandes. E. 27 S. 135. Bet einer Bartaution zur Sicherung künftiger Ersatzforderung wird in der Regel der Gläubiger Eigen­ tümer deS Geldes. E. 64 S. 88. Eine zur Sicherung übereignete Sache ist für den Veräußerer eine ftemde, mag er auch für sie die Gefahr )

jUm

Erwerbe

Unzucht

treibt

und diesem Erwerbe in einer Gemeinde mit weniger als zwanzig­ tausend Einwohnern nachgeht, in der die Ausübung der Unzucht zum

Erwerbe durch eine zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen An­ standes erlassene Anordnung der obersten Landesbehörde verboten ist. 7. wer,

wenn

er

aus

öffentlichen Armenmitteln

eine

Unter­

stützung empfängt, sich aus Arbeitsscheu weigert, die ihm von der Be­ hörde angewiesene, seinen Kräften angesessene Arbeit zu verrichten;76 * 75 ) 8. wer nach Verlust seines bisherigen Unterkommens78) binnen

der ihm von der zuständigen Behörde bestimmten Frist77) sich kein

anderweitiges Unterkommen verschafft hat und auch nicht nachweisen kann, daß er solches der von ihm angewandten Bemühungen unge­

achtet nicht vermocht habe; 9.77a) wer Kinder oder andere unter seiner Gewalt stehende Personen, welche seiner Aufsicht untergeben sind und zu seiner Hausgenossen­

schaft gehören,

von der Begehung von Diebstählen, sowie von der

Begehung strafbarer Verletzungen der Zoll- oder Steuergesetze, oder

der Gesetze zum Schutze der Forsten, der Feldftüchte, der Jagd oder der Fischerei abzuhalten unterläßt.77b)

Die Vorschriften dieser Gesetze

über die Haftbarkeit für die den Täter treffenden Geldstrafen oder anderen Geldleistungen werden hierdurch nicht berührt;

10.78) wer, obschon er in der Lage78 a) ist, diejenigen, zu deren Er74 g) Fahrlässigkeit genügt. Düsseldorf DRZ. 24 Nr. 448 75) z. B. Nachtwächterdienste zu leisten. GA. 39 S. 182. 76) Unterkommen bedeutet nach Olshausen Sinnt, b nur Obdach, nach Rostock GA. 42 S. 274 auch die zum Unterhalt erforderlichen Mittel. Es ist nicht erforderlich, daß das Unterkommen auf ehrliche Weise erworben ist. E. 36 S. 59. Die bloße Anmeldung bei einer Herberge, ohne daß eine bestimmte Zu­ sage erteilt ist, genügt nicht. Recht 9 S. 22; GA. 52 S. 86. 77) Hierüber entscheidet ausschließlich die Polizeibehörde. GA. 41 S. 296. 77a) Nr. 9 findet nur Anwendung, soweit nicht § 4 (Vernachlässigung der Aufsichtspflicht) der BO. z. Ergänzung des Jugendstrafrechts v. 4. Ottbr. 40 (RGBl. I S. 1336) Platz greift. 77 b) Fahrlässigkeit genügt. BayObLG. JurW. 1935 ©..1447. 78) Schrifttum: Rößler JurW. 1937 ©. 2496. Die Übertretung kann nur vorsätzlich begangen werden. KG. JurR. 1 Nr. 335. Es ist das Bewußt­ sein deS Täters von der Notwendigkeit der Inanspruchnahme ftemder Hilfe erforderlich. KG. GA. 74 S. 20; sowie das Bewußtsein, daß er zur Unter­ haltsleistung verpflichtet ist. KG. GA. 71 S. 140; u. daß die Inanspruchnahme fremder Hilfe notwendig ist. KG. DRZ. 21 Nr. 426. Eine zivilrechtliche Berzugsetzung wird nicht vorausgesetzt. GA. 47 S. 469. Es genügt aber auch nicht, daß der Unterhaltungspflichtige den Unterhalt nicht leistet, sondern er muß sich der Unterhaltspflicht entziehen. GA. 48 S. 372. Ein den Unterhalts­ anspruch abweisendes rechtskräftiges, aber materiell unrichtiges ZivilurteU steht

388

A 2. Strafgesetzbuch § 361.

nährung er verpflichtet tft,78b) zu unterhalten, sich der Unterhaltspflicht trotz der Aufforderung70) der zuständigen Behörde79 *) derart entzieht, daß

der Strafverfolgung entgegen. Dresden, GA. 61 S. 370; (siehe aber dagegen Schorn JurR. 1932 S. 241 [245]); aber nicht ein materiell unrichtiges Urteil, das die Unterhaltspflicht feststellt. BayObLG. HRR. 1930 Nr. 61. Naumburg LZ- 24 S. 1011 a. M. KG. DIZ. 34 S. 185. KG. DRZ. 20 Nr. 951. 78 a) Der Ausdruck „in der Lage" ist ein strafrechtl. Begriff und bedeutet tatsächl. Leistungsfähigkeit. Die Entscheidung, ob sie vorliegt, steht dem Straf­ richter zu. KG. JurW. 59 S. 580. Der Unterhaltspflichtige muß jede Arbeit annehmen, die ihm Erwerb schaffen kann. Dresden HRR. 1930 Nr. 265. Not­ falls muß er auch, sofern dies zumutbar ist, einen Berufswechsel vornehmen. KG DStR. 1937 S. 176. Leistungsfähigkeit ist auch gegeben, wenn der Verpflichtete nur einen Teil des erforderlichen Unterhalts gewähren kann; Düffeldorf DRZ. 34 Nr. 305. Die Leistungsfähigkeit richtet sich nach dem jeweiligen Einkommen des Unterhaltspflichtigen. KG. DStrafr. 1938 S. 429. Im Sinne dieser Vor­ schrift ist leistungsfähig, wer die Mittel zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht durch Inanspruchnahme der Erwerbslosenfürsorge aufbringen kann. Jena, JurR. 3 Nr. 884. Wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem un­ ehelichen Kinde kann eine Strafbarkeit erst dann eintreten, wenn der Verpflichtete imstande ist, mehr als den notdürftigen Unterhalt für sich, seine Frau und seine ehelichen Kinder zu verdienen. KG. JurW. 54 S. 2158. BayObLG. JurW. 61 S. 1396. Zur Erlangung seiner Arbeitsfähigkeit muß ein Unterhaltsverpflich­ teter sich einer Operation unterziehen, wenn sie nicht mit nennenswerten Schmerzen verbunden ist, wesentliche Besserung verspricht u. der Unterhaltsberech­ tigte die nennenswerten Kosten übernimmt. Königsberg JurW. 57 S. 3064. Schläger LZ. 25 S. 680. 78 b) Wann dies der Fall ist, richtet sich nach den Vorschriften des BGB. über die gesetzliche Unterhaltspflicht. Danach ist unterhaltspflichtig auch der Ehemann bezügl. des in der Ehe geboren, nicht von ihm erzeugten Kindes, wenn er die Anfechtung der Ehelichkeit unterlassen hat. OLG. Naumburg JurW. 1937 S. 2397. Die Vorschrift bezieht sich auch auf den Erzeugereines unehe­ lichen Kindes. Herrschende Ansicht. LK Anm. 4. Die gesetzl. Unterhaltspflicht erlischt durch Abfindung. BayObLG. DRZ. 22 Nr. 272. 79) Es genügt eine allgemeine Aufforderung ohne Angabe einer be­ stimmten Art der Unterhaltsgewährung. Hamm GA. 59 S. 379. Erforderlich ist, daß die Verletzung der Unterhaltspflicht der Aufforderung nachfolgt. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 413. Entzieht sich der Verurteilte für die folgende Zeit der Unterhaltspflicht, so bedarf es einer neuen Aufforderung nicht. KG. IW. 58 S. 275. A. M. Köln HRR. 1934 Nr. 74. Mit der Aufforderung be­ ginnt die Verjährung. Hamm JurW. 58 S. 3029; nach Dresden LZ. 24 S. 913 erst mit der Erfüllung der Unterhaltspflicht. Trotz fehlender Auf­ forderung in entsprechender Anwendung des § 36110 zu verurteilen, ist unzu­ lässig. OLG. Jena JurW. 1937 S. 1812; Schäfer, JurW. 1936 S. 1701. 79 a) Zur Aufforderung berechtigt sind an sich nicht die Jugendämter, sondern die in der VO. v. 23. Febr. 24 (richtig wohl 13.Febr. 24 — RGBl. I S. 100) und in den Ausf.Vorschriften (VO. v. 30. Mai 32 — GS. S. 207 i. d. F. von Art. VIII des Ges. v. 17. März 33 und § 14 des Ges. v. 17. März 34 — GS. S. 43 und 155) zu dieser bezeichneten Fürsorgebehörden. Die Auf­ gaben der Fürsorge und des Jugendamts können in der Hand des Bors, des Kreisausschusses vereinigt sein. KG. DIZ. 36 S. 1458.

Übertretungen §§ 362 n. 363.

389

durch Bermittelung der Behörde ™b) ftemde Hilfe80 * *) * in * * *Anspruch ge­ nommen werden muß. In den Fällen der Nr. 9 und 10 kann statt der Haft auf Geld­ strafe bis zu einhundertfunfzig Reichsmark erkannt werden. § 362.81)* Die nach Vorschrift des § 361 Nr. 3—8 Verurteilten können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten und Verhältnissen ange­ messen sind, innerhalb und, sofern sie von anderen freien Arbeitern ge­ trennt gehalten werden, auch außerhalb der Strafanstalt angehalten werden. § 363 Wer, um Behörden oder Privatpersonen zum Zwecke seines besseren Fortkommens83) oder des besseren Fortkommens eines anderen 79b) Zur Anwendung der Vorschrift genügt, wenn der Fürsorge­ verband den Pflichtigen zur Zahlung auffordert und bei dessen Versagen selbst Unterhalt gewährt; einer besonderen Vermittlung bedarf es dann nicht. OLG. Naumburg, DR. 1939 S. 1714. Keine entsprechende An­ wendung (§ 2) des § 361 Abs. 1 Nr. 10 auf den Fall, daß ftemde Hilfe ohne Vermittlung'der Behörde in Anspruch genommen wird. E. 71 S. 223. 80) Fremd ist jede HAfe, die dem Unterstützunasbedürftiaen nickt von dem an erster Stelle Unterbaltsvllichtigen zukommt. OLG. Breslau. Dt. Straft. 1935 S. 458. BayObLG. JurW. 61 S. 1395; also auch die der Kindesmutter. KG. JurW. 60 S. 1024. Nur materielle Hilfe kommt in Frage. Karlsruhe Recht 31 Nr. 1078. Die Inanspruchnahme fremder Hilfe darf nickt deshalb erfolgt sein, weil dadurck eine Grundlage für ein Vorgehen gegen den A. ge­ schaffen werden sollte. Celle JurW. 57 S. 3063. 81) Die Abs. 3 bis 4 sind auf Grund des Ges. v. 24. Novbr. 33 gestrichen. Ist vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf Überweisung an die Landes­ polizeibehörde erkannt worden, so gelten auch nach dem Inkrafttreten für die Wirkungen der Überweisung die bisherigen Vorschriften. (Art. 5 Abs. 4 der Übergangsvorschriften des Ges. v. 24. Nov. 33 — RGBl. I S. 995 —.) 83) § 363 unterscheidet sich von § 267 nur dadurch, daß die Tat zum Zwecke des besseren Fortkommens des Täters oder eines Dritten geschehen sein muß. Unter besserem Fortkommen ist aber nicht jede bessere Gestaltung der äußeren Lebensverhältnisse zu verstehen. Der § 363 setzt in subjekttver Be­ ziehung voraus, daß die Absicht des Täters, sich günstigere Bedingungen für sein Fortkommen zu verschaffen, eine unbestimmte, allgemeine ist, daß der Täter die Urkunde unbestimmt wo, bei jeder oder irgendeiner sich in Zukunft bietenden Gelegenheit gebrauchen will. Die Absicht darf also nicht auf Erlangung eines Vorteils, auf den bei Echtheit der Urkunde ein Rechtsanspruch besteht, oder eines sonstigen bestimmten Vorteils gerichtet sein und sich nicht gegen ein konkretes Recht eines Dritten richtet. RG. DJust. 1937 S. 356. Die Ab­ sicht des Täters, sich selbst nebenbei einen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist nicht ausgeschlossen. JurW. 57 S. 2913. § 363 hat namentlich solche Fälle im Auge, in denen zur Erfüllung polizeilicher Kontrollvorschriften Zeugnisse über Leumund, Vorbildung, Erwerbsverhältnisse usw. behufs Anknüpfung neuer Arbeits- oder Erwerbsverhältnisse vorgelegt werden müssen. E. 8S.37. Hier­ unter fällt auch die bloße Verfälschung eines Prädikats in einem Prüfungs­ zeugnis. Breslau DRZ. 24 Nr. 143; die Fälschung eines pfarramtlichen Tauf­ zeugnisses zum Zwecke, hie ttrchliche Trauung zu erlangen. E. 39 S. 75; die F. behufs Erlangung einer Schankkonzession. E. 26 S. 83; die F. eines Zeug-

390

A 2. Strafgesetzbuch 8 363.

zu täuschen, Pässe"), Militärabschiede"»), Wanderbücher oder sonstige Legitimationspapiere,")") Dienst- oder Arbeitsbücher"») oder sonstige

auf Grund besonderer Vorschriften auszustellende Zeugnisse,"*») sowie

nisieS, um zu einer Prüfung zugelaffen zu werden. E. 10 S. 162; falscher polizeilicher Ausweis, der gebraucht wird, um der Strafverfolgung zu entgehen. E. 58 S. 74; auch Führungszeugnis, nm eine milde Strafe zu erzielen. Recht 33 Nr. 1374. Es kommt aber nicht der 8 363, sondern § 267 zur Anwendung, wenn die Fälschung und der Gebrauch erfolgt ist, um Aufnahme in einem Seminar zu finden, oder um von einer bestimmten Person eine Unterstützung zu erhalten. GA. 39 S. 431 (vgl. aber E. 43 S. 271), oder eine amtliche Anstellung oder solche als Lehrer oder Arbeitsstellung zu erhalten. E. 39 S. 77. E. 31 S. 296 oder, um die Stellung zur Vornahme strafbarer Handlungen zu mißbrauchen.

GA. 62 S. 348, oder um sich eine gesetzwidrige Erleichterung der Jagdaus­ übung zu verschaffen oder um eine Strafe abzuwenden. R. 10 S. 214; oder den Absatz von Diebesbeute zu erleichtern RG. DR. 1939 S. 162; oder wenn die Fähigkeitsbescheinigung nur für bestimmten Empfänger ausgestellt ist. E. 44 S. 369. DStZ. 5 S. 49; um sich eine Altersrente zu verschaffen. E. 22 S. 225; um eine bestimmte Arbeitsstellung bei einem bestimmten Werke mit bestimmten Rechten und Pflichten zu erlangen. E.52 S. 186.-A. M. Frank I 2; um die Entfernung aus einem bestimmten Amt von Staat oder Partei zu verhindern. RG. DJust. 1938 S. 1072; um auf Grund eines gefälschten Reifezeugnisses imma­ trikuliert zu werden. E. 60 S. 375. Auch eine Bescheinigung, daß der Arbeit­ nehmer die Beiträge zur Jnvaliditätsversicherung gezahlt habe, fällt nicht unter 8 363, GA. 42 S. 401 u. E.24 S. 348, nicht ein Mitgliedsbuch der NSDAP. E. 70 S. 210, nicht ein Zivilversorgungsschein. E. 27 S. 56; auch nicht-ein Wandergewerbeschein, E. 42 S. 249; nicht Fälschung eines Taufscheines, um die Berechtigung zum Adel nachzuweisen, E. 29 S. 241; nicht ein Kraftwagen führerschein. HRR. 1929 Nr. 1805; auch nicht Beglaubigungsvermerke. E. 63 S. 84. — Übertretung gegen § 363 kann ideell mit Betrug konkurrieren. E. 23 S. 43. A. M. LK. Anm. 8. 84) 8 1 Nr. 6 u. 7 BO. über die Bestrafung von Zuwiderhandlungen gegen die Paßvorschriften v. 6. April 23 (RGBl. I S. 249). Die fälschl. An­ fertig. eines P., um dem Täter die Einwanderung in die Verein. Staaten zu ermöglichen, fällt unter 8 267. E. 62 S. 351, ebenso die Verfälschung eines P., um die Auswanderung zu ermöglichen. RG. DJust. 1934 S. 679. 84 a) Dazu gehört auch der Militärpaß. RG. JurW. 1938 S. 1883; ferner Kriegsranglistenauszüge und Militärdienstzeitbescheinigungen. RG. DR. 1939 S. 1859. 85) Wegen der Fälschung von Quittungskarten der Sozialversicherung vgl. §8 1495 ff. RVO. u. §8 343 ABG., abgedr. unter B VI2. 86) Dahin gehören insbesondere Pässe, Geburtsscheine, Taufscheine und dgl. R. 7 S. 536 u. R.7 S. 681. Ob auch sog. Brandatteste, wie E. 23 S. 43 annimmt, erscheint sehr zweifelhaft. 86 a) Das Arbeitsbuch i. S. der VO> über das Arbeitsbuch v. 22. April 39 (RGBl. 1 S. 824) (abgedr. unter B VI8) gehört nicht zu den Arbeitsbüchern i. S. des 8 363 StGB. OLG. München DJuft. 1938 S. 266; OLG. Dresden und Breslau DJust. 1938 S. 949 f., KG. DStrafr. 1939 S. 61 (s. auch DJust. 1937 S. 400). 86aa) Der Aussteller muß zur Ausstellung des Zeugniffes bes. verpflichtet sein. DIZ. 25 S. 532. Nicht hierher gehören Zeugniffe, die den Erwerb

Übertretungen §§ 364—366. Führung--

oder Fähigkeitszeugnisse falsch anfertigt

391 oder

verfälscht,

oder wissentlich von einer solchen falschen oder verfälschten Urkunde

Gebrauch macht,

wird mit Haft

oder mit Geldstrafe bis zu ein-

hundertfunfzig Reichsmark bestraft.

Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher zu demselben Zwecke von solchen für einen anderen87 * *)88ausgestellten 89 90 91 echten Urkunden, als ob sie für ihn ausgestellt seien, Gebrauch macht, oder welcher solche für ihn ausgestellte Urkunden einem anderen zu dem gedachten Zwecke überläßt.

§ 364. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark wird bestraft, wer wissentlich schon einmal verwendetes Stempelpapier nach gänzlicher oder teilweiser Entfernung der darauf gesetzten Schrift­

zeichen, oder schon einmal verwendete Stempelmarken, Stempelblankette

oder ausgeschnittene oder sonst abgetrennte Stempelabdrücke der in § 276 bezeichneten Art veräußert oder feilhält. Gleiche Strafe trifft, denjenigen welcher wissentlich schon einmal

verwendete Post- oder Telegraphenwertzeichen nach gänzlicher oder teil­ weiser Entfernung des Entwertungszeichens veräußert oder feilhält.

§ 365 ") § 366.. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1. wer den gegen die Störung der Feier der Sonn- und Fest­

tage erlassenen Anordnungen zuwiderhandett;") 2?o) wer in Städten oder Dörfern übermäßig schnell fährt oder reitet, oder auf öffentlichen Straßen oder Plätzen der Städte oder

Dörfer mit gemeiner Gefahr Pferde einfährt oder zureitet; 3.00) wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder Waffer-

straßen das Borbeifahren anderer mutwillig") verhindert; 4?o wer in Städten mit Schlitten ohne feste Deichsel.oder ohne

Geläute oder Schelle fährt; 5.00) wer Tiere in Städten oder Dörfern, auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, oder an anderen Örtert,92) wo sie durch AuSeines bestimmten Rechts bezeugen wie Diplomzeugniffe einer technischen Hochschule. L 38 S. 145; auch nicht Empfehlungsschreiben. E. 62 S» 218. 87) Das Papier muß wirklich für eine andere Person ausgestellt sein, nicht bloß auf einen anderen Namen. E. 10 S. 262. 88) § 365 ix. Art. I des Notges. v. 24. Febr. 23 (RGBl. I S. 147) sind durch § 23 des Gaststättenges. (unter B IV 8) aufgehoben. 89) Siehe Ges. über die Feiertage v. 27. Febr. 34, abgedr. unter BIII4. 90) Nr. 2 bis 5 sind im wesentlichen überholt durch §§ 1,49 der Straßen­ verkehrsordnung v. 13. Novbr. 1937 (RGBl. 1 S. 1179). 91) Der Täter muß an dem Erfolg seiner Handlung Freude haben. Ein anderer Beweggrund, der die Handlung entschuldigen könnte, darf nicht vor­ liegen. KG. DIZ. 30 S. 1042. 92) Die anderen Orte brauchen nicht öffentliche zu sein. Es fallen dar­ unter auch Privatwege. KG. JurW. 60 S. 3468.

392

A 2. Strafgesetzbuch § 366,

reißen, Schlagen oder auf andere Weise Schaden anrichten können,

mit Vernachlässigung der erforderlichen Sicherheitsmaßregeln stehen läßt oder führt;»») 6. wer Hunde auf Menschen hetzt;»»")

7. wer Steine oder andere harte Körper oder Unrat auf Menschen, auf Pferde oder andere Zug- oder Lasttiere, gegen fremde Häuser,

Gebäude oder Einschließungen, Räume wirft;»4)

oder in Gärten oder eingeschlossene

8. wer nach einer öffentlichen Straße»4») oder Wasserstraße, oder nach Orten94 * * b95 *) 93 hinaus, wo Menschen zu Verkehren pflegen, Sachen, durch beten Umstürzen oder Herabfallen jemand beschädigt werden kann, ohne ge­

hörige Befestigung aufstellt oder aufhängt, oder Sachen auf eine Weise

ausgießt oder auswirft»»), daß dadurch jemand beschädigt oder ver­ unreinigt werden kann; 9. »6») wer auf öffentlichen Wegen,»»b) Straßen,»4») Plätzen oder 93) Die Bestimmung bezieht sich nicht auf ftei herumlaufende Tiere, ins­ besondere nicht auf Hunde auf einem geschloffenen Hofe. RGZ. GA. 46 S. 240. KG. JurW. 60 S. 3468. 93 a) Es ist Vorsatz erforderlich. Der Täter muß sich bewußt sein, daß er durch sein Verhalten den Hund in der Richtung auf Menschen hetzt. Nicht dar­ auf kommt eS an, wie der Hund die hetzende Äußerung verstehen muß. KG.

DIZ. 36 S. 94. 94) Die Bestimmung dieses § hat keineswegs die Gefährdung der öffent­ lichen Sicherheit als Voraussetzung, sondern auch die Gefahr, die für eine ein­ zelne Person enfftehen kann. Breslau GA. 42 S. 425. Daß die Menschen, Pferde rc. auch wirklich getroffen sind, ist nicht notwendig. E. 8 S. 306. Naumburg DRZ. 23 Nr. 211. In den geschl. Raum muß der Wurf von außen erfolgen. BahObLG. JurW. 58 S. 268. Unter „Unrat" ist nicht bloß eine ekelerregende Substanz zu verstehen, vielmehr jede, die verunreinigt. E. 21 S. 314; darunter kann auch Ausspucken fallen. Jena HRR. 1931 Nr. 1821. 94 a) Unter Straße sind zu verstehen alle Teile der in der Stadt gelegenen Bodenfläche, die durch ihre Lage und Beschaffenheit dem ungehinderten allge­ meinen Verkehr des Publikums offenstehen. Darmstadt v. 25. Septbr. 25, JurR. 1 Nr. 1598; auch Vorgartenland. KG. DIZ. 33 S. 389. Es ist nicht erforderlich, daß der Werfende sich außerhalb der Straße befindet. GA. 53 S. 77. 94 b) z. B. nach einem Balkon. KG. JurW. 1938 S. 170. 95) Darunter fällt auch das Ausschütteln eines Teppichs. KG. DStraft. 1938 S. 429. 95 a) Nr. 9 hat nur noch für Wafferstraßen Bedeutung, im übrigen gelten jetzt §§41, 49 der Straßenverkehrs, v. 13. Novbr. 37 (RGBl. I S. 1179), KG. DStraft. 1939 S. 180. 95 b) Ein öff. Weg liegt vor, wenn die Örtlichkeit ohne Beschränkung dem öffentlichen Verkehr fteigegeben, d. h. bestimmungsgemäß und tatsächl. der All­ gemeinheit als solcher zum freien Zutritt oder Gebrauch überlasten ist. KG. LZ. 25 S. 268. GA. 39 S. 82. E. 33 S. 373 u. KG. Johow 21 S. 93: mag er auch im Privateigentum von Anliegern stehen. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 347. Beruht die Bestimmung zum öffentlichen Wege auf der Willenserklä­ rung einer Privatperson, so geht diese Eigenschaft durch entsprechenden Wider-

Übertretungen §§ 366 a u. 367.

393

Wasserstraßen Gegenstände, durch welche der stete Verkehr gehindert wird, aufstellt, hinlegt oder liegen läßt;96 * *) * 10. wer die zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlichkeit, Rein­ lichkeit und Ruhe auf den öffentlichen Stegen,96b) Straßen,"») Plätzen oder Wasserstraßen99») erlassenen Polizeiverordnungen übertritt.97)98 § 366 a. Wer die zum Schutze der Dünen") und der Fluß- und Meeresufer, sowie der auf denselben vorhandenen Anpflanzungen und Anlagen erlassenen Polizeiverordnungen übertritt, wird mit Geld­ strafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bestraft. § 367. Mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft: 1. wer ohne Borwissen der Behörde einen Leichnam99») beerdigt99) oder beiseite schafft,') oder wer unbefugt einen Teil einer Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berechtigten Personen toegnlmmt;la) ruf verloren. JurW. 38 S. 303. Hamm DStZ. 1 S. 684. Darüber, was ein Verkehrshindernis ist, entscheidet die Örtlichkeit, Umfang des Verkehrs, Auf­

fassung der.Ortsbewohner. Kaffel GA. 51 S. 413. Celle GA. 71 S. 68. 96) Der Täter muß sich der Rechtswidrigkeit seines Tuns bewußt sein. Colmar GA. 51, S. 208. A. M. LK. Anm. 10. 96 a) Die Übertretung einer polizeilichen VO., die nur der Erleichterung der Unterhaltung eines Wafferlaufs dient, ist nicht strafbar, auch nicht nach dem Wasserges. KG. JFG. Erg. 10 S. 339. 97) Der Straßenverkehr ist jetzt ausschließlich geregelt in der Straßen­ verkehrsordnung v. 13. Novbr. 37 (RGBl. I S. 1179). Sie enthält in § 49 eine eigene Strafvorschrift gegen Zuwiderhandlungen, die als Sondervorschrift dem 8 366 Nr. 10 StGB, vorgeht. Auch das sog. „Anreißen" auf der Straße ist jetzt nach 88 42, 49 a.a.O. strafbar. Die Straßenreinigungspflicht ist geregelt durch das Gesetz v. 1. Juli 1912 (GS. S. 187). Ein Irrtum über die Eigen­ schaft der nicht gereinigten Straße ist Strafrechtsirrtum. BayObLG. DRZ. 18 Nr. 531. Seewasserstraßenordnung v. 31. Ott. 33 (RGBl. II S. 833). PolBO. über das Auftreten der Juden in der Öffentlichkeit v. 28. Nov. 38 (RGBl. I 5. 1676). 98) Nach KG. in JFGErg. 12, 290 nicht Deiche. 98 a) Auch die Totgeburt, wenn die Frucht ausgetragen ist oder wenigstens außerhalb des Mutterleibes hätte leben können. E 69 S. 287. Siehe auch Anm. 14 zu 8 168. Vgl. Hamburg JurR. 1928 S. 151. 99) Täter ist auch der. dem die Verfügung über die Begräbnisstätte zusteht und der die Beerdigung anordnet oder gestattet. Celle GA. 58 S. 474. — Im Falle eines unnatürlichen Todes Jft der StA. u. bzw. das Gericht, zu benachrichttgen. Die Unterlaffung der Anzeige fällt unter die Strafbestimmung der Nr. 1 bzw. Nr. 2 dieses 8- Posen GA. 43 G. 61. Siehe PVO. über das Leichenwesen v. 18. April 33 und abändernde VO. v. 28. Juni 33 und 6. Februar 34 (GS. S. 149, 238 und 60). Über Feuerbestattung siehe Ges. v. 15. Mai 34 (RGBl. I S. 380). 1) Hierunter ist eine Handlung zu verstehen, durch welche die Leiche ört­ lich aus der Lage, in der sie sich befindet, entfernt und der Behörde ihre Besichttgung unmöglich gemacht oder doch erschwert wird. E. 28 S. 119. Fahr­ lässigkeit genügt nicht. Dresden DRZ. 21 Nr. 91.

394

A 2.

Strafgesetzbuch § 367.

2. wer den polizeilichen Anordnungen über vorzeitige Beerdigungen entgegenhandelt ;2) 3. wer ohne polizeiliche Erlaubnis2 a) Gift8) oder Arzeneien,4) soweit 1 a) Wegnahme bedeutet Bruch des Obhutverhältniffes. Hamburg JurR. 1928 S. 151. Der Leiter eines Patholog. Instituts hat an aufbewahrten Leichen den Gewahrsam. Hamburg JurW. 57 S. 2285. Siehe hierzu Schläger JurR. 4 S. 151. Vergl. auch Anm. 89 zu § 303. 2) Nach §30 des Jugendwohlfahrtsgesetzes wird derjenige, der ein Pflegekind oder uneheliches Kind in Pflege hat, mit Geldstrafe oder Haft oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft, wenn er das Kind ohne die vorgeschriebene Anzeige an das Jugendamt beerdigt. 2 a) Irrtum über die Zuständigkeit zur Erteilung der Erlaubnis ist außer­ strafrechtlich. E. 66 S. 251. 3) Maßgebend ist für die Entscheidung der Frage, welche Stoffe und Zu­ bereitungen nur von konzessionierten Gifthändlern feilgehalten werden dürfen, die MPV. v. 22. Febr. 06 (MBliV. S. 42) i. d. F. v. 29. Jan. 35 (MBliV. S. 175). KG. Johow 36 S. C 78. Die darin aufgeführten Gifte verlieren durch indifferente Zusätze nicht ihren Charakter. KG. Recht 34 Nr. 1859. Sondervorschrift: PolVO. über den Verkehr mit giftigen Pflanzenschutzmitteln v. 13. Febr. 40 (RGBl. I S. 349). 4) Was als Arznei anzusehen ist, bestimmt sich zunächst nach der Kaiser!. VO. v. 22. Oktbr. 01 (RGBl. S. 380) in der Faff. v. 9. u. 24. Dezbr. 24 (RGBl. S. 772 u. 996) abgeänd. durch VO. v. 26. Jan. 29 (RGBl. I S. 19) und BO. v. 4. Oktbr. 33 (RGBl. I S. 721). Zu beachten ist, daß sich die VO. nicht gegen Namen, sondern gegen Waren richtet. Hamburg HRR. 1931 Nr. 275. Arznei ist ein Mittel zur Beseitigung und Linderung von Krankheiten. Celle JurR. 3 Nr. 885. Es ist aber nicht bloß der Verkauf von wirklichen Arzneien verboten, sondern der § bezieht sich auf das Verbot des Feilhaltens von Heilmitteln aller Art, ohne Unterschied, ob sie heilkräftige Stoffe enthalten und resp, unschädlich sind oder nicht. Destillate sind nicht schlechthin zum freien Verkehr zugelaffen. KG. Johow 37 S. 0 74 u. Johow 44 S. 447 ferner KG. in JFGErg. Bd. 12 S. 267. Insbesondere gehören zu den Arzneien die in dem Verzeichnis B der VO. v. 22. Oktbr. 01 aufgeführten Stoffe. Tabletten, die solche Stoffe enthalten, dürfen nicht feilgehalten werden (Aspirin u. Pyramidon). Kiel JurW. 58 S. 283. Frei verkäuflich sind Pastillen oder Tabletten aus natür­ lichen Mineralwässern oder künstl. Mineralsalzquellen, wenn sie die wesent­ lichsten Bestandteile bezw. Stoffe der Quelle enthalten. Dresden JurW. 60 S. 1983. (Siehe auch BayObLG. GA. 77 S. 129). Karbolwaffer darf außerhalb der Apotheken „zum äußeren Gebrauch" feilgehalten werden. KG. GA. 55 S. 123; auch Kalzan u. Kruschensalz. Oldenburg JurW. 57 S. 2105; nicht aber Wachholderextrakt mit Zusatz von Zucker. KG..in JFGErg. 12, 263. Die Abgabe von Kokain und Morphium ist strafbar nach dem Opiumges. v. 10. Dez. 1929 (RGBl. I S. 215); v. 22. Mai 3S (RGBl. I S. 287), v. 9. Jan. 34 (RGBl. I S. 22) und v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213, § 11 Nr. 4); hierzu VO. v. 19. Dezbr. 29 (RGBl. I S. 225); VO. über Zulass. z. Verkehr mit Betäubungsmitteln v. 1. Apr. 30 (RGBl. I S. 113) u. VO. über Ankündig, u. Beschriftung von Betäubungsmittel enthaltenden Arzneien v. 14. Apr. 30 (RGBl. I S. 144); v. 19. Dezbr. 30 (RGBl. I S. 635); v. 8. Juli 32 (RGBl. I S. 349); v. 20. Mai 33 (RGBl. I S. 287); v. 5. Aug. 33 (RGBl. I S. 570); v. 24. Jan. 34 u. 18. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 58, 59 u. 1266) u. v. 20. Febr. 35 (RGBl. I

Übertretungen § 367.

395

der Handel mit denselben nicht freigegeben Ist,6) zubereitet, feilhält, °»)

verkauft b) oder sonst an andere überläßt;7)8) S. 206, 211). Ein Arzt ist nicht schon deshalb strafbar, weil er daS Opium nicht als Heilmittel verordnet. Dresden und Karlsruhe JurW/ 60 S. 1505 bezw. 1507. Strafbar ist aber, wer das Opium auf Grund einer gewaltsam erlangten ärztlichen Verschreibung erwirbt. HRR. 1932 Nr. 1911. Nicht ist strafbar der Selbstverbrauch, auch wenn ihm keine ärztl. Ver­ schreibung zugrunde liegt. E. 67 S. 193. — Zwischen § 367 * und 8 8 Pr. 1 Opiumges. besteht Gesetzeskonk. E. 66 S. 251. Ob das Heilmittel für Menschen ober Tiere bestimmt ist, macht keinen Unter­ schied. Stettin u. KG. GA. 39 S. 83 u. 449. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Arznei als Heilmittel angepriesen ist, das bestimmt sei, einen kranken Zustand zu heilen, sondern es genügt, daß dieselbe als Heilmittel zubereitet ist und als solches feilgehalten wird. Breslau GA. 38 S. 366. Nicht genügt der Verkauf zu anderen Zwecken. E.22S. 197. Hierher gehört nicht Zahnpasta. KG. GA. 39 S. 355; auch nicht ohne weiteres ein Mittel gegen Kindergeschrei. Celle GA. 52 S. 113. Auch der Ankauf und das Feilhalten von Geheimmitteln ist strafbar. Landesgesetzl. Vorschriften, welche die Ankündigung mit Sttafe bedrohen, sind in Kraft geblieben. E. 16 S. 360. Unter „Geheimmittel" versteht man ein staat­ lich nicht anerkanntes oder nicht genehmigtes Heilmittel gegen Krankheiten, das unter einem Namen empfohlen wird, welcher seine Natur und die Art seiner Zu­ sammensetzung nicht deutlich erkennen läßt. GA. 38 S. 454. Siehe auch E. 6 S. 329 u. R. 9 S. 625. Hierher gehören nicht nur arzneiähnliche Stoffe, son­ dern auch Apparate, Instrumente u. dgl. BayObLG. JurW. 1934 S. 3142. Die Angabe der Analysen schließt das Geheimmittel nicht aus, wenn die An­ gabe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit ihr erfolgt. BayObLG. JurW. 60 S. 1499. 5) Freigegeben ist der Handel mit Arzneien, soweit sie nicht nach der BO. v. 22. Oktbr. 01 den Apotheken Vorbehalten sind. Siehe auch Anm. 11 zu 8 6 GewO, unter BIV 1. Der Großhandel ist überhaupt freigegeben. Nicht frei­ gegebene Arzneien darf aber ein Arzt nur dann an seine Patienten abgeben, wenn er die Konzession zur Führung einer Hausapotheke hat. E. 63 S. 419. Bei einer konzeff. Apotheke trägt im Falle der Verpachtung der Pächter die strafrechtl. Verantwortung. (Stettin JurW. 59 S. 1610. Ein Verkauf außer­ halb der Apotheke liegt schon vor, wenn die Abgabe nicht unmittelbar von den Räumen ausgeht, wenngleich sie im Auftrage des Apothekeninhabers erfolgt. KG. DIZ. 36 S. 308. BayObLG. DRZ.-25 Nr. 269. 5 a) Feilhalten ist Bereithalten zum Zwecke des Verkaufs an das Publikum. BayObLG. JurR. 2 Nr. 1449. Bloßes Ankündigen und Anpreisen ist kein Feil­ halten. KG. Johow 42 S. 426; auch nicht, wenn jemand einem Dritten die bei diesem von Kunden bestellten Waren liefert. BayObLG. DIZ. 31 S. 968. Die Ankündigung und Verabfolgung von Heilmitteln ist keine Ausübung der Heilkunde. KG. Johow 33 S. 69. Siehe auch MinErl. v. 28. Juni 02 u. 7. April 03 betr. Bekämpfung der Kurpfuscherei. MedMBl. S. 241, 163 u. 8 7 der Apotheker-Betriebsordnung v. 18. Febr. 02, ebenda S. 69 (Verbot der Ausübung der Heilkunst). PrPolBO. über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens v. 5. Mai 36 — GS. S. 105 —. (gleichlautende PolBOen. sind auch in den übrigen Ländern ergangen, s. die Zusammenstellung in der AB. v. 20. 10. 1936, DJust. S. 1595). 6) Verkaufen erfordert eine Übertragung der tatsächl. Verfügungsgewalt.

396

A 2. Strafgesetzbuch § 367.

4. wer ohne die vorgeschrtebene Erlaubnis Schießpulver oder andere explodierende Stoffe oder Feuerwerke zubereitet;9* )* * * * * 7 8

5.

wer

bei der

Aufbewahrung10} oder

bei

der

Beförderung

von Giftwaren, Schießpulver oder Feuerwerken, oder bei der Aufbe­

wahrung, Beförderung, Verausgabung oder Verwendung von Spreng­ stoffen 10 a) oder anderen explodierenden Stoffen, oder bei Ausübung der

Abschluß eines Vertrages genügt nicht. BayObLG. JurW. 59 S. 1603. Der Verkauf von Arzneien im Umherziehen darf nach § 56 Nr. 9 der GewO, nicht stattfinden. Auch das unentgeltliche Verabfolgen an andere ist straf­ bar. E. 3 S. 119. KG. JurW. 60 S. 1513. Doch ist der Verkauf eines Mittels, das auch als Arznei dienen kann, nicht sttafbar, wenn es nicht als Arznei verkauft wird. Celle JurR. 3 Nr. 885. Verkäufer ist auch derjenige, der für ftemde Rechnung oder im ftemden Namen das Heilmittel gegen Entgelt abgibt. BayObLG. JurR. 2 Nr. 1449. Gewerbsmäßigkeit der Abgabe ist nicht erforderlich. Hamburg GA. 70 S. 225. BayObLG. JurW. 57 S. 2997. § 367 Nr. 3 und § 148 Nr. 7 GewO, stehen nicht zueinander im Verhältnis der Gesetzeskonkurrenz. E. 47 S. 20. 7) Überlassen an andere ist jede Einräumung der tatsächl. Verfügungs­ gewalt an andere im Wege des Handels oder einer den Handel ersetzenden Art, auch z. B. die Abgabe innerhalb eines nichtrechtsfähigen Vereins an die Mit­ glieder, dagegen nicht die Abgabe innerhalb einer engen, auf persönl. Fürsorge angewiesenen Kreises (an Familienangehörige oder Dienstboten), auch nicht die Aushändigung durch Beauftragte an den Auftraggeber usw. KG. JFGErg. 14 S. 166. Ein Überlasten liegt auch dann vor, wenn jemand das Mittel seinem Patienten in einem Getränk zum Einnehmen gibt. Dresden GA. 73 S. 221. 8) Bei irriger Beurteilung der Art der verabreichten Mittel ist Vorsatz ausgeschlossen; es genügt aber zur Bestrafung auch Fahrlässigkeit. E. 63 S- 419. GA. 44 S. 407. Siehe auch GA. 53 S. 300.. Mittäterschaft des Großhändlers beim Verkauf der von ihm gelieferten Arzneimittel durch einen Drogisten kann vorliegen, wenn ersterer den Willen hatte, über den gewöhn­ lichen Großhandelsgewinn herausgehenden besonderen Gewinn zu erzielen. Königsberg JurW. 59 S. 1609, auch Jena HRR. 1929 Nr. 1712. Einziehung nach § 40 des StGB, ist im Falle des § 367 Nr. 3 nicht zulässig KG. GA. 46 S. 142. 9) Vgl. Ges. v. 9. Juni 84 gegen den verbrecherischen und gemeingef. Ge­ brauch von Sprengstoffen unter B III 8 und PolBO. über die Herstellung, den Vertrieb und das Abbrennen von Brandsätzen v. 14. März 39 (RGBl. IS. 497). Siehe auch § 26 Waffenges. unter B III 9. 10) Hierunter ist jede Niederlegung zu vorübergehender oder dauernder Lagerung zu verstehen. München GA. 41 S. 68. Die Min. PBO. v. 11. Jan. 38 (GS. S. 1) über den Handel mit Giften setzt voraus, daß die Aufbewahrer die polizeil. Genehmigung zum Feilhalten mit Giften erhalten haben. KG. DIZ. 29 S. 558. 10 a) Siehe SprengstofflagerVO. v. 17. Novbr. 32 (GS. S. 362), MinPolVO. über den Vertrieb von Sprengstoffen und Zündmitteln an den Bergbau v. 13. Dezbr. 34 (GS. 1935 S. 1), Sprengstoffverkehrsverordnung v. 4. Septbr. 35 (GS. S. 119); ferner PrPolVO. über die pol. Genehmigung zur Herstellung, zum Vertrieb und zum Besitz von Sprengstoffen v. 15. Juli 24 i. d. F. v. 11. Jan. 36, PrGS. S. 1 u. PolVO. über das Abgeben explofionsgefährlicher Gegenstände zur Verhüttung v. 13. Jan. 39 (RGBl. I S. 55).

Übertretungen § 367.

397

Befugnis zur Zubereitung oder Feilhaltung dieser Gegenstände, sowie der Arzeneien") die deshalb ergangenen Verordnungen nicht befolgt; 5 a. wer bei Versendung oder Beförderung von leicht entzündlichen oder ätzenden Gegenständen durch die Post die deshalb ergangenen Ver­ ordnungen nicht befolgt;11 12)13 14 15 6. wer Waren, Materialien oder andere Vorräte, welche sich leicht von selbst entzünden oder leicht Feuer fangen,18 a) an Orten oder in Be­ hältnissen aufbewahrt, wo ihre Entzündung gefährlich werden kann oder wer Stoffe, die nicht ohne Gefahr einer Entzündung bei einan­ der liegen können, ohne Absonderung aufbewahrt;") ) anzündet;88) 29) Auch hier wie bei Nr. 1 bedarf es nicht besonderer Pol.Berordn. Johow 20 S. C 103. über die Form pol. Anordnungen vgl. § 58 PrPolBerwGes. Unter Raupen ist nicht das Versehen mit einem Leim­ ring zu verstehen. KG. DRZ. 20 Nr. 745. Siehe Anm. 59 a zu § 30 FFPG. unter E 2.

30) Hier liegt kein Dauerdelikt vor, die Verjährung beginnt mit der Er­ richtung oder Verlegung der Feuerstätte. E. 22 S. 435. Feuerstätte ist auch ein Kartoffeldämpfer. KG. v. 19. Mai 26, DIZ. 11 S. 1570. 31) D. i. zu der gesetzlich vorgeschriebenen oder nach den Umständen des Falles erforderlichen Zeit. KG. GA. 41 S. 428. Der Hauseigentümer kann die Verpflichtung nicht durch Vertrag auf einen anderen abwälzen. BayObLG. v. 5. März 25, DRZ. 17 Nr. 383. 31a) Auch wer im Theaterraum ein Streichholz entzündet. KG. DIZ. 34 S. 1688. 32) Feuerfangend kann eine Sache sein, auch wenn sie in einem unver­ schlossenen Raum aufbewahrt wird. E. 30 S. 108 (113). Ob ein Feuer un­ verwahrt ist, hängt von der Feuergefährlichkeit der Sachen, ihrer Entfernung vom Feuer und von den Schutzvorschriften ab. E.7 S. 202. Recht 10 S. 195. Landesfeuerpolizeiliche Vorschriften sind zulässig. E. 7 S. 201. ♦) I. d. F. des Ges. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). Vgl. § 310a und BO. zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden gegen Brände v. 25. Juni 38 (abgedr. B III 11), ferner PolBO. über das Rauchverbot in feuergefährdeten gewerblichen Betrieben v. 23. Mai 40 (RGBl. I S. 814). 32 a) Feuerfangend ist ein gelandetes Flugzeug, wenn anzunehmen ist, daß die Benzintanks infolge der Erschütterung undicht geworden sind. Naum­ burg DRZ. 22 Nr. 744. 32 b) Darunter fällt brennendes Streichholz oder Benzinfeuerzeug. Breslau JurR. 1 Nr. 545. 33) oder für das Weiterbrennen tätig ist. GA. 46 S. 114. Dalcke, Strafrecht.

32. Aufl.

26

402

A 2. Strafgesetzbuch § 368. 7. wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuerfangenden

Sachen mit Feuergewehr schießt34) oder Feuerwerke abbremtt34a);

8. wer die polizeilich vorgeschriebenen Feuerlöschgerätschaften über­ haupt nicht oder nicht in brauchbarem Zustande hält oder andere feuerpolizeiliche Anordnungen3^ nicht befolgt;

9. wer unbefugt36) über Gärten oder Weinberge, oder vor be­ endeter^") Ernte über Wiesen 3°") oder bestellte Äcker, oder über solche Äcker, Wiesen, Weiden oder Schonungen, welche mit einer Einfriedigung

versehen sind, oder deren Betreten durch Warnungszeichen 37) unter-

34) Hierunter fällt auch das Abfeuern blinder Schüsse. Das Schießen mit nicht feuergefährlichen Schießwerkzeugen (Windbüchsen, Floberts rc.) gehört also nicht hierher, sondern fällt unter § 367 Nr. 8. Jagdberechtigung des Täters ist unerheblich. Vgl. ferner §§ 36 Abs. 1, 60 Abs. 2 Nr. 9 RJagdges. (unter BX1) und Waffenges. (unter B III 9). 34a) Durch PolVO. v. 27. Novbr. 39 i. d. F. v. 10. Mai 40 (RGBl. I S. 2345, S. 784) ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern im Freien schlechthin verboten. Ausnahme: NdErl. d. RWiM. v. 21.'Juni 40 (NMBliB. S. 1326). 35) Darunter sind solche allgemeine Anordn, zu verstehen, die gegenüber jedem Einwohner des Bezirks, für den sie erlassen, Geltung haben, während sich § 330c nur auf individuelle Weisungen der Polizeibehörde bezieht. KG. GA. 37 S. 308; z. B. Unterbringen von Kraftwagen in Scheunen. KG. JurW. 1932 S. 811. Das Verbot des Nächtigens im Freien findet im § keine Grundlage. BayObLG. GA. 72 S. 371. Anordnungen, die sich auf das Feuerlöschwesen beziehen, gehören nicht hierher; insoweit gilt das Ges. über das Feuerlöschwesen v. 23. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1662) nebst Durchf.Best., insbes. §§ 6, 10 der 2. DurchfBO. v. 9. Oktbr. 39 (RGBl. I S. 2024). 36) Borsatz erforderlich. OLG. Dresden JurW. 1937 S. 182. Die irrige Annahme einer Wegegerechtigkeit kann die Strafbarkeit ausschließen. DStZ. 1 S. 679. Die Vorschrift bezieht sich auch auf Forstgrundstücke. Sie ist durch F. u. FPG. (vgl. §§ 8 u. 32) nicht beseitigt. Es darf somit das Betreten von Privatwegen in Wäldern untersagt werden. KG. GA. 53 S. 181 u. KG. Recht 13 S. 158, DIZ. 14 S. 213. Es ist zulässig, einen Privat­ weg nur für einige Arten von Fahrzeugen (z. B. Fahrräder) zu sperren. KG. Recht 18 S. 711; oder Hausierern das Betreten des Privatweges allgemein durch Anschlag zu verbieten. KG. DIZ. 36 S. 901. Die Eigenschaft eines Privatweges verliert ein Weg schon dann, wenn der dinglich Berechtigte ihn dem öffentlichen Verkehr widmet. Kiel HNN. 1928 Nr. 1380. Unbefugt han­ delt nicht, wer gemäß § 917 BGB. ein Recht auf einen Notweg hat, mag dies Recht auch noch nicht durch Urteil sestgestellt sein. KG. DIZ. 14 S. 1446. Der Jagdberechtigte betritt fremde Acker nicht unbefugt (vgl. im einzelnen § 48 RJagdges. v. 3. Juli 34 — RGBl. I S. 549 —). 36 a) Unter beendeter Ernte ist der nach der gewöhnlichen Ertragsfähig­ keit der einzelnen Wiese mögliche d. i. regelmäßige letzte Jahresschnitt ein­ schließlich der Einführung des Grummets zu verstehen. BayObLG. v. 5. Juni 24, LZ. 18 S. 597. Ein Befahren der Wiesen in der ersten Zeit, in der sich die Vegetation noch nicht entfaltet hat, ist nicht verboten. KG. DRZ. 20 Nr. 746. 36d) Nicht auch die darüber führenden Wege. Naumburg LZ. 25 S. 195. 37) Nur solche Warnungszeichen sind zu beachten, welche von einer be­ rechtigten Person gesetzt sind. OTr. GA. 24 S. 470; u. die sinnlich wahrnehm-

Übertretungen § 368.

403

sagt ist, oder auf einem durch Warnungszeichen geschlossenen Privat­

weg") geht, fährt, reitet oder Vieh treibt; 10.") wer zur Jagd ausgerüstet,"») unbefugt40 * *) * 38 ein39 fremdes Jagdgebiet außerhalb

der

zum

allgemeinen Gebrauch

bestimmten

Wege4*) betritt; 10 a.") wer sich mit gebrauchsfertigem Fischereigerät unbefugt auf

fremden Fischgewässern oder außerhalb der zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Wege 41) au fremden Fischgewässern aushält; bar sind. Naumburg DRZ. 21 Nr. 316 u. LZ. 25 S. 195. Hierher gehört auch ein Schlagbaum, wenn er die Sperrung des Weges bezweckt. KG. DJZt. 16 S. 96. 38) Im Gegensatz zu den „rechtl.-öffentl. Wegen" d. h. solchen, die ausdrück!, oder stillschweigend von allen rechtlich Beteiligten dem öffentl. Verkehr gewidmet sind, so daß für jedermann ein öffentl.-rechtl. Anspruch auf Be­ nutzung begründet ist. Dresden DRZ. 24 Nr. 839 u. BahObLG. in JurW. 1934 S. 1673. Eine solche Widmung ist vor allem daraus herzuleiten, daß sich auf dem Wege seit Menschengedenken der öff. Verkehr bewegt. OLG. Dresden JurW. 1937 S. 182. Vgl. noch §§ 28, 60 Abs. 2 Nr. 5 RJagdges. Keine entspr. (§ 2) Anwendung bei münd!. Verbot der Benutzung. KG. DStrafr. 1939 S. 216. 39) In der Fassung des Ges. v. 28. Juni 35, RGBl. I S. 839. 39 a) Zur Jagd ausgerüstet ist, wer Jagdgerät, insbesondere ein Gewehr bei sich führt, von dem er in jedem Augenblicke Gebrauch machen kann. Daß das Gewehr auseinander genommen ist, schließt die Jagdausrüstung nicht aus. R 1 S. 671 u. N. 9 S. 556. Nach BayObLG. DIZ. 30 S. 1514. DRZ. 17 Nr. 489 muß das Jagdgerät, das zur Ausübung der Jagd auf jagdbare Tiere bestimmt sein muß, zur Verwendung bei der Jagd dauernd bereit sein. Ebenso LK. Anm. 5. Mitführen eines Jagdhundes allein fällt nur unter § 368", wenn der Hund aus eignem Antrieb oder auf Befehl unver­ wundetes Wild zu fangen geeignet ist, also nicht bei Vorstehhunden. OLG. Naumburg DR. 1939 S. 1861. Der Begleiter eines Jagdhundes muß das Bewußtsein haben, daß er durch das Mitführen des Hundes zur Jagd aus­ gerüstet sei. Celle GA. 48 S. 148. Zum inneren Tatbestände gehört nicht bewußte Widerrechtlichkeit, es liegt ein reines Polizeidelikt vor und genügt also Fahrlässigkeit. Darmstadt GA. 44 S. 174. E. 38 S. 104. Hat der Täter bei Beginn der Pacht Erkundigungen über die Grenzen seines Bezirks beim Gemeindevorsteher eingezogen, so hat er das getan, was von ihm verlangt werden konnte. KG. Recht 17 S. 473. 40) Forstschutzbeamte können in Ausübung de- Forst- und Jagdschutzes auch fremde Reviere betreten (vgl. § 3 Abs. 2 der DurchfVO. zu dem Gesetz über den Waffengebrauch der Forst- und Jagdschutzberechtigten v. 7. März 35, RGBl. I S. 377). E. 16 S. 197. Die Befugnis kann auch auf den Be­ stimmungen über den Jägernotweg (§ 28 RJagdges.) beruhen; sie kann im Einzelfall auch durch § 228 BGB. gegeben sein. Rostock DIZ. 16 S. 544. Jedoch nach Erschöpfung der jagdgesetzlich gewährten Möglichkeiten. Keil JurR. 2 Nr. 762. 41) Zum Gebrauch bestimmt ist nur der eigentliche Weg, nicht auch die Böschungen, Seitengräben usw. E. 16 S. 203. Der Irrtum des Täters über die Öffentlichkeit des Weges schließt die Strafbarkeit aus. München GA. 41 S. 152.

404

A 2. Strafgesetzbuch § 370.

II.44)45

§ 369. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oper mit Haft bis zu vier Wochen werden bestraft: 1. Personen, welche ohne obrigkeitliche Anweisung oder ohne Ge­ nehmigung des Inhabers einer Wohnung Schlüssel zu Zimmern oder Behältnissen in der letzteren anfertigen oder Schlösser an denselben öffnen, ohne Genehmigung des Hausbesitzers oder seines Stellvertreters einen Hausschlüssel48) anfertigen, oder ohne Erlaubnis der Polizei­ behörde Nachschlüssel oder Dietriche verabfolgen; 2.46)47 3. Gewerbetreibende, welche in Feuer arbeiten, wenn sie die Vor­ schriften nicht befolgen, welche von der Polizeibehörde wegen Anlegung und Verwahrung ihrer Feuerstätten, sowie wegen der Art und der Zeit, sich des Feuers zu bedienen, erlassen sind. § 370. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft: 1. wer unbefugt ein fremdes Grundstück, einen öffentlichen oder Privatweg oder einen Grenzrain 46 a) durch Abgraben oder Abpflügen verringert;")

2. wer unbefugt von öffentlichen oder Privatwegen Erde, Steine48) oder Rasen,48 *) oder aus Grundstücken, welche einem anderen gehören,48) 44) Die Vorschrift ist aufgehoben durch Ges. v. 28. Juni 35. Soweit es sich um den Schutz von Singvögeln handelt, ist die NaturschutzVO. v. 18. März 36 (unter B X 3) maßgebend. Das unbefugte Ausnehmen der Eier oder Jungen von jagdbarem Federwild ist nach § 1 Abs. 2 RJagdges. v. 3. Juli 34 in Verbindung mit § 292 StGB, strafbar. 45) Als solcher ist kein Schlüssel anzusehen, der einen Torweg öffnet, durch den man in das unverschlossene Haus gelangen kann. KG. GA. 43 S. 268. 46) Nr. 2 ist aufgehoben durch die Maß- und Gewichtsordnung v. 30. Mai 08 (RGBl. G. 349). Es gelten jetzt die §§ 60 und 61 des Maß- und Gewichtsgesetzes v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1499), abgedr. unter B IV 10. 46a) Der Rain muß tatsächlich auf der Grenze stehen. BayObLG. GA. 75 S. 102.

47) Erforderlich ist eine Verminderung der Grundstücksfläche, eine äußer­ liche Verschiebung der Gkundstücksgrenze. BayObLG. JurW. 59 S. 837. Die Verringerung eines Grenzraines kann mit der Beseitigung der vorhandenen Grenzmerkmale (§ 274 Nr. 2) in Jdealkonkurrenz zusammentreffen. E. 22 S. 286 u. Recht 13 Nr. 3882. Daß der verringerte Grenzrain oder Weg ein fremder, dem Täter nicht gehöriger ist, ist nicht notwendig. E. 26 S. 74. Auch der Pächter macht sich schuldig, der Pachtland des Nachbars abpflügt, auch wenn beide Grundstücke dem Verpächter gehören. KG. DIZ. 15 S. 970. 48) Die Steine können sich auch auf der Oberfläche befinden. Nicht not­ wendig ist es, daß sie mit dem Grund und Boden verbunden sind. Vgl. aber Anm. 52. 48 a) Auch einzelne mit dem Boden noch nicht verbundene Rasenstücke. BayObLG. JurW. 59 S. 837.

Übertretungen § 370.

Erde, Lehm,

©anb,60) Grand

oder

Bülten haut, SRafett,48*)61) Steine,

406

Mergel gräbt, Plaggen oder Mineralien, 33 *) zu deren Ge­

winnung es einer Verleihung, einer Konzession oder einer Erlaubnis der Behörde nicht bedarf, oder ähnliche Gegenstände3l) toegntmmt;33)

3. wer von einem zum Dienststande gehörenden Unteroffizier oder

Gemeinen (des Heeres oder der Marine = jetzt:) der Wehrmacht ohne die

schriftliche Erlaubnis des vorgesetzten Kommandeur-

Montierungs­

oder Armaturstücke kauft oder zum Pfande nimmt;

4“) 5.33) wer Nahrungs-33 *) oder Genußmittel 36) oder andere Gegen­ stände des hauswirtschaftlichen Verbrauchs37) in geringer Menge37 B)

49) Die Grundstücke müssen durch die Wegnahme eine Substanzverände­ rung erleiden. Recht 14 Nr. 249. Auch Grenzgraben. JFGErg. 6 S. 293. 50) Die Wetznahme von Sand vom Meeresufer fällt nicht unter diesen Paragraphen. Königsberg GA. 37 S. 222. 51) Die Entwendung ungestochenen Torfes ist nach diesem Paragraph zu bestrafen. E. 21 S. 27. Ebenso wird man die Wegnahme von Eis aus Privatgewässern hierher zu rechnen haben. OlsHausen Sinnt, c. 52) Vorausgesetzt wird, daß sich die Steine bis zu ihrer Wegnahme in dem Grundstück als Bodenbestandteil befunden haben. Waren sie schon vom Eigentümer ausgegraben, so liegt Diebstahl vor. R. 9 S. 313. Vgl. hierzu GA. 39 S. 449. über die Bestrafung der unbefugten Gewinnung von Bern­ stein siehe Ges. v. 11. Febr. 1924 (GS. S. 106), dazu Recht 34 Nr. 1841. 52a) Ges. v. 26. März 56 (GS. S. 203) und Phosphoritges. v. 16. Ok­ tober 1934 (GS. S. 404). 53) Unter allen Umständen ist ein vorsätzliches Handeln erforderlich und eine fahrlässige Übertretung dieser Strafbestimmung ausgeschlossen. GA. 37 S. 73. Hier wird Zueignungsabsicht auch nicht im Falle der Wegnahme ver­ langt. JFGErg. 6 S. 293. 54) Aufgehoben durch Ges. v. 28. Juni 35, RGBl. I S. 839. Bgk. jetzt § 293. 55) Die Vorschrift setzt nicht voraus, daß das Bedürfnis, das den Anreiz zur Tat gab, auf andere Weise nicht befriedigt werden konnte. E. 52 S. 245. 55 a) Dahin gehören alle Gegenstände, welche zur Ernährung des mensch­ lichen Körpers dienen, auch, wenn sie erst gekocht werden müssen, um genießbar zu sein. E. 1 S. 233. Selbst lebende Tiere sind hierher gerechnet. R. 6 S. 488. 56) Genußmittel sind diejenigen, welche zwar dem Körper zugeführt und genossen werden, aber nicht zur Ernährung bestimmt sind, wie z. B. Tabak. E. 5 S. 289. Es gehören hierher nicht Blumen. E. 4 S. 72; Mor­ phium für Morphinisten. NG. DR. 1939 S. 1509; a. M. Hamm, DRZ. 20 Nr. 440. 57) Der Verbrauch muß zur Befriedigung der Bedürfnisse des tägl. Lebens stattfinden. Um solchen Verbrauch handelt es sich stets, wenn mittels einer das Wesen des Stoffs vernichtenden oder umgestaltenden Verarbeitung Gegen­ stände bereitgestellt werden, gleichviel, ob im Wege der Neuanfertigung oder Ausbesserung. E. 58 S. 374. Da nicht Verbrauch, sondern Gebrauch, so fällt nicht hierunter die Verwendung von Wäschestücken. E.46 S. 422; nicht von Sttoh als Bettsttoh. Recht 21 Nr. 1392, nicht die Einpflanzung von

406

A 2.

Strafgesetzbuch § 370.

oder von unbedeutendem WerteB8) zum alsbaldigenB9) Verbrauch ent­ wendet oo) oder unterschlägt. Sträuchern. Recht 18 Nr. 3088; nicht Grubenholz, soweit es nicht als Brenn­ holz dient. E. 53 S. 205; nicht Mauersteine. Kiel JurW. 59 S. 285; wohl aber gehört hierher Leder, wenn es geeignet ist, zu kleinen Ausbesserungen am Schuhwerk zu dienen. E. 53 S. 229; so von einem Sattelabgeschnittene Lederstücke. Königsberg DRZ. 23 Nr. 701; Zement. BayObLG. JurW. 55 S. 2204. Es fallen auch hierunter Terpentin und Firnis zum Anstreichen einer Laube. E. 47 S. 80, aber E. 58 S. 374; unter Umständen auch Kalk. E. 51 S. 51; auchBiehfutter, wenn es zur Nahrung für ein in der Hauswirt, schäft benutztes Tier dient. E. 47 S. 247 u. S. 266, aber GA. 62 S. 340. Kein hauswirtsch. Verbrauch ist die Verwertung von Heizmaterial im Gast­ wirtschaftsgewerbe. KG. Recht 31 Nr. 766. Weihnachtsbäume sind nicht Gegenstände des Hauswirtschaft!. Verbrauchs. OLG. Hamburg JurW. 1938 S. 2808. 57 a) Eine Flasche Aquavit ist keine geringe Menge. LZ. 13 S. 812. 58) Maßgebend ist der Wert zur Zeit der Entwendung. GA. 64 S. 118. Es kommt auf den gemeinen Wert an. Recht 15 Nr. 3042. Unbedeutend ist er dann, wenn er nach der allgemeinen Berkehrsauffassung als unerheblich so­ wohl für den Gewinn wie für den Verlust angesehen und behandelt wird. BayObLG. JurW. 3 Nr. 2162. Ist die Entwendung von mehreren verübt, so ist der Gesamtwert des Entwendeten entscheidend. E. 8 S. 406. Dresden LZ. 25 S. 125, desgl. bei fortgesetzter Handlung. E. 17 S. 332. Nach Ham­ burg LZ. 22 S. 1116 ist entscheidend die Menge, die nach dem Willen des fortges. handelnden Täters hat entwendet werden sollen. Unerheblich ist die Zahl und der Bedarf der Täter. JurW. 43 S. 380. 59) „alsbald" ist nicht gleichbedeutend mit „sofort" oder „unmittelbar"; zwischen der Entwendung und dem Gebrauche kann vielmehr einige Zeit liegen. R. 1 S. 385. GA. 50 S. 386; auch ist es bedeutungslos, ob die Nahrungs­ mittel in einer Mahlzeit verzehrt werden, R. 7 S. 582. Nimmt der Täter aber mehr, als sich in nächster Zeit überhaupt verzehren läßt, so daß die Ansammlung eines Vorrates für mehrere Mahlzeiten anzunehmen ist, so kann der Tatbestand des Diebstahls vorliegen. Vgl. E. 10 S. 308. Alsbaldiger Ver­ brauch liegt auch nicht vor, wenn die Nahrungsmittel zur Zubereitung eines als Vorrat bestimmten anderen Nahrungsmittels verwendet werden. GA. 48 S. 300. Diese Strafbestimmung findet auch dann Anwendung, wenn die Entwen­ dung zum alsbaldigen Gebrauch dritter Personen (Angehöriger) erfolgt ist, R. 8 S. 139; E. 53 S. 169; sie ist aber ausgeschlossen, wenn der Täter die Absicht gehabt, das Entwendete zu verschenken oder zu verkaufen, E. 10 S. 308 (selbst wenn der Beschenkte es sofort verzehren will. Recht 15 Nr. 1853) oder gegen andere Nahrungsmittel zu vertauschen. RG. HRR. 1937 Nr. 774. Zum Tatbestand gehört nur die Absicht alsbaldigen Verbrauchs; wann und wozu der Täter die Gegenstände schließlich (entgegen seiner Absicht bei Tat­ begehung) verwendet, ist bedeutungslos. E. 10 S. 308; RG. DR. 1939 S. 1861. 60) Die Tat ist begrifflich Diebstahl oder Unterschlagung. Es ist daher in objektiver und subjektiver Beziehung der vollständige Tatbestand dieser Delikte erforderlich. R. 6 S. 422. E. 51 S. 65. Die im § 243 enthaltenen Erschwerungsgründe finden jedoch auf den Mundraub keine Anwendung. Anm. 92 a zu § 248 a.

Übertretungen

407

Wer die Tal gegen einen Verwandten absteigender Linie oder gegen seinen Ehegatten begeht, bleibt straflos. 6. wer Getreide oder andere zur Fütterung des Viehes bestimmte oder geeignete Gegenstände wider Willen des Eigentümers wegnimmt,81)

um dessen Vieh damit zu füttern. In den Fällen der Nr. 5 und 6 tritt die Verfolgung nur auf Antrag etti.6a)

Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

Wenn der Täter einsteigt, einbricht usw. lediglich in der Absicht, einen Mundraub zu verüben, er aber demnächst andere Sachen wegnimmt, so begeht er, wenn eine einheitliche Tat vorliegt, einen schweren, wenn eine Mehrheit selbständiger Taten vorliegt, einen einfachen Diebstahl. PlenEntsch. E. 14 S. 312. Hat der Täter den Vorsatz Lebensmittel und Geld zu stehlen, nimmt er aber nur Lebensmittel, weil er Geld nicht findet, oder hat er den Vorsatz nur Geld zu stehlen, nimmt er aber nur Lebensmittel, so liegt Tateinheit zwischen versuchtem (und wenn er eingestiegen ist, zwischen versuchtem schweren Dieb­ stahl) und Mundraub vor. E. 68 S. 197; RG. JurW. 1938 S. 2893. KK. Anm. 12Ad nimmt im ersten Fall vollendeten Diebstahl an. Nimmt der Täter Lebensmittel und Geld, so liegt lediglich Diebstahl vor. Recht 22 Nr. 1831. Ging der Vorsatz des Täters auf zahlreiche fortgesetzte Entwen­ dungen geringwertiger Gegenstände, wurden aber Entwendungen nur in einer geringeren Anzahl von Fällen begangen oder versucht, sind nur diese Fälle maßgebend. Die Möglichkeit, daß bei einer weiteren Fortsetzung die Grenze des § 370 Nr. 5 überschritten werde, kommt nicht in Bettacht. E. 63 S. 273. Durch die gleichzeittge Wegnahme der Gefäße und Umhüllungen, in welchen sich die Nahrungsmittel befinden, wird § 370 Nr. 5 nicht ausge­ schlossen. R. 3 S. 516. Bei einer mittels Sachbeschädigung (Einbruch) und widerrechtlichen Eindringens in eine fremde Behausung ausgeführten Ent­ wendung Tatmehrheit zwischen § 370° und §§ 123 u. 303 StGB. R. 10 S. 418. 61) Eignet sich der Wegnehmende später das Futter an, so begeht er außerdem Unterschlagung. GA. 56 S. 315. Zum Vieh sind auch Hunde u. Katzen zu rechnen. LK. Anm. 3 S. 1223. 62) Befinden sich der Eisenbahn zum Transport übergebene Sachen noch im Lagerraum oder sonst im Gewahrsam der Transportanstalt, so ist auch die Eisenbahnverwaltung anttagSberechtigt. DIZ. 13 S. 428. GA. 55 S. 114. Ein Bäckermeister ist nicht mehr sttafanttagsberechtigt, wenn der gestohlene Semmelbeutel sich an der Haustür des Käufers befand. DIZ. 14 S. 491.

408

A 4. VO. über die Vereinnahm, gerichtl. erkannter Geldstr. § 1.

A 3. Verordnung über Vermögensstrafen und Güsten. Vom 2. Februar 1924. (RGBl. I S. 44.)

Artikel II. Geldstrafen, die nicht bei Verbrechen, Vergehen oder Über­ tretungen angedroht find oder werden, insbesondere Zwangsstrafen und Ordnungsstrafen, sind in Reichsmark festzusetzen. Die Geldstrafe beträgt, soweit nicht höhere Beträge oder Geld­ strafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, mindestens eine Reichsmark und höchstens eintausend Reichsmark. Die Vorschrift des Abs. 2 über Höchstbeträge gilt nicht, soweit die angedrohte Strafe in dem Mehrfachen, dem Einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrags besteht. Ist dieser nicht auf Reichs­ mark gestellt, so ist er für die Festsetzung der Geldstrafe in Reichsmark umzurechnen. Soweit an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe eine Ersatz­ freiheitsstrafe zu treten hat, darf die Geldstrafe nur in Haft von höchstens sechs Wochen umgewandelt werden; ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe von weniger als sechs Wochen angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen. Die Ersatz­ strafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden. Im übrigen richtet sich ihr Maß nach freiem Ermessen der Behörde, die sie festsetzt.

A 4. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen. Vom 3. September 1936. (RGBl. I S. 715)*)

§ 1. Vorschriften des SReicfjS*1)2 und 3 der Länder,-) nach denen von den Strafgerichten^) rechtskräftig festgesetzte Geldstrafen*) und ♦) Schrifttum: Schäfer, DJust. 1936 S. 1435. 1) Z. B. §§ 146 Abs. 3,116 GewO., §132 der Seemannsordnung, § 33 des Postges., § 265 AB. AVG. 2) Z. B. § 34 Pr. FDG. 3) Die VO. gilt nicht a) für kriminelle Geldstrafen, die durch polizeiliche Strafverfügung (§ 413 StPO.), durch Strafbescheid einer Verwaltungsbehörde (§ 419 StPO.,

408

A 4. VO. über die Vereinnahm, gerichtl. erkannter Geldstr. § 1.

A 3. Verordnung über Vermögensstrafen und Güsten. Vom 2. Februar 1924. (RGBl. I S. 44.)

Artikel II. Geldstrafen, die nicht bei Verbrechen, Vergehen oder Über­ tretungen angedroht find oder werden, insbesondere Zwangsstrafen und Ordnungsstrafen, sind in Reichsmark festzusetzen. Die Geldstrafe beträgt, soweit nicht höhere Beträge oder Geld­ strafe in unbeschränkter Höhe angedroht sind oder werden, mindestens eine Reichsmark und höchstens eintausend Reichsmark. Die Vorschrift des Abs. 2 über Höchstbeträge gilt nicht, soweit die angedrohte Strafe in dem Mehrfachen, dem Einfachen oder dem Bruchteil eines bestimmten Betrags besteht. Ist dieser nicht auf Reichs­ mark gestellt, so ist er für die Festsetzung der Geldstrafe in Reichsmark umzurechnen. Soweit an die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe eine Ersatz­ freiheitsstrafe zu treten hat, darf die Geldstrafe nur in Haft von höchstens sechs Wochen umgewandelt werden; ist neben der Geldstrafe wahlweise Freiheitsstrafe von weniger als sechs Wochen angedroht, so darf die Ersatzstrafe deren Höchstmaß nicht übersteigen. Die Ersatz­ strafe darf nur nach vollen Tagen bemessen werden. Im übrigen richtet sich ihr Maß nach freiem Ermessen der Behörde, die sie festsetzt.

A 4. Verordnung über die Vereinnahmung gerichtlich erkannter Geldstrafen. Vom 3. September 1936. (RGBl. I S. 715)*)

§ 1. Vorschriften des SReicfjS*1)2 und 3 der Länder,-) nach denen von den Strafgerichten^) rechtskräftig festgesetzte Geldstrafen*) und ♦) Schrifttum: Schäfer, DJust. 1936 S. 1435. 1) Z. B. §§ 146 Abs. 3,116 GewO., §132 der Seemannsordnung, § 33 des Postges., § 265 AB. AVG. 2) Z. B. § 34 Pr. FDG. 3) Die VO. gilt nicht a) für kriminelle Geldstrafen, die durch polizeiliche Strafverfügung (§ 413 StPO.), durch Strafbescheid einer Verwaltungsbehörde (§ 419 StPO.,

4. BO. über die Vereinnahm, gerichtl. erkannter Geldstr. § 2.

rechtskräftig

eingezogene Gegenstände«)

anderen Stellen

als

409 der

Reichskasse gebühren, werden mit Wirkung vom 15. September 1936

aufgehoben; jedoch gebühren die Geldstrafen und eingezogenen Gegen­ stände dem

bisherigen Empfänger, wenn die strafgerichtliche Ent­

scheidung vor dem 15. September 1936 rechtskräftig geworden ist. § 2. «)

§ 447 RAbgO. usw.) oder im Unterwerfungsverfahren rechtskräftig fest­ gesetzt worden sind, b) für nichtkriminelle Ordnungsstrafen in Geld, die von anderen Stellen als den Strafgerichten unter Ausschluß des ordentl. Rechtsweges festgesetzt sind, sowie für Geldstrafen auf Grund ehren-, berufs- und dienftstrafgerichtlicher Erkenntnisse. 4) Dazu gehört auch die Buße nach § 18 des Schwerbeschädigtenges. (Nr. 7 der AB. v. 10. Febr. 37, DJust. S. 221). Unberührt bleiben andere im Urteil festgesetzten Vermögensrecht!. Folgen, z. B. die Verpflichtung zum Wertersatz an den Geschädigten gem. § 9 PrFDG. 5) Die BO. hat nur diejenigen Vorschriften beseitigt, nach denen ein­ gezogene Gegenstände anderen Stellen als der Reichskasse gebühren,

d. h. mit der Rechtskraft des Urteils nicht in das Eigentum des Reiches über­ gehen. Dagegen ist nichts an den durch Gesetz, Verordnung oder Berwaltungsanordnung getroffenen Vorschriften geändert, die eine bestimmte Art der Verwertung eingezogener Gegenstände zugunsten anderer Stellen als der Justizverwaltung vorsehen. So sind u. a. unberührt geblieben § 5 Abs. 5 des Heimtückeges. (unter B I 5), betr. Überweisung rechtskräftig ein­ gezogener parteiamtlicher Uniformen, Abzeichen usw. an die Reichszeug­ meisterei der NSDAP, zur Verwertung, § 14 Abs. 2 des Sammlungsges. v. 5. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1086), wonach über die Verwendung des ein­ gezogenen Betrages einer nicht genehmigten Sammlung die zuständige Be­ hörde entscheidet oder § 16 Abs. 2 AusfBO. zum Reichsnatmschutzges. v. 31. Oktbr. 35 (RGBl. I S. 1275), betr. Überweisung rechtskräftig ein­ gezogener Gegenstände auf Antrag an die zuständige Naturschutzstelle zu gemeinnützigen Zwecken. 6) Gestrichen mit Wirkung v. 1. April 40 durch § 3 der BO. v. 21. Febr. 40 (RGBl. I S. 391).

B. Strafrechtliche Uebengesehe. I Politische Gesetze. Bll. Gesetz ;um Schutze -es -rutschen Blutes und -er -rutschen Ehre. Vom 15. September 1935.*)

(RGBl. I S. 1146.) Durchdrungen von der Erkenntnis, daß die Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des Deutschen Volkes ist, und beseelt von dem unbeugsamen Willen, die Deutsche Nation für alle Zukunft zu sichern, hat der Reichstag einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§ 1. deutschen schlossene setzes im

(1) Eheschließungen zwischen Juden*) und Staatsangehörigen oder artverwandten Blutes-) sind verboten. Trotzdem ge­ Ehen sind nichtig, auch wenn sie zur Umgehung dieses Ge­ Ausland geschlossen sind.

(2) Die Nichtigkeitsklage kann nur der Staatsanwalt erheben. § 2. Außerehelicher Verkehr*) zwischen Juden und Staats­ angehörigen deutschen oder artverwandten Blutes ist verboten?)

*) Im Protektorat Böhmen und Mähren gilt das Ges. für die Volksdeutschen, Erl. v. 16. März 39 (RGBl. I S. 485). I. AusfBO. v. 14. Novbr. 35 nachstehend abgedruckt. Zu § 1. 1) Das Blutschutzges. stellt nur Verletzungen des Schutzes von Blut u. Ehre durch Juden, gleichgültig, welcher Staatsangehörigkeit, unter Strafe, nicht auch durch Angehörige anderer Rassen; insoweit vgl. lediglich § 6 I. AusfBO. Soweit es sich um fremde Staatsangehörige handelt, s. §§ 9, 10, 12 Abs. 4,16, soweit Staatenlose in Betracht kommen, s. § 15 AusfBO. 2) Deutschblütige fremder Staatsangehörigkeit werden durch das Blut­ schutzges. in keinem Falle betroffen. Zu § 2. 1) Solcher liegt auch bei Wiederaufnahme geschlechtlicher Be­ ziehungen nach rechtskräftiger Scheidung zwischenJuden und Deutschblütigen

Bll. Ges. z. Schutze d. deutschen BluteS u. d. deutschen Ehre §2.

411

vor; Zulässigkeit oder BewMgung der Wiederheirat ist unerheblich. RG. JurW. 1937 S. 1781. Was hier unter „außerehelichem Verkehr" zu verstehen ist, darüber vgl. § 11 AusfBO nebst Anm. 2) Wer Jude ist, bestimmt nach § 1 Abs. 3 AusfBO. der § 5 der 1. Ausf.BO. z. Reichsbürgerges., s. das. nebst Anm. 1. Durch Satz 2 des § 11 ist das hier ausgesprochene Verbot des außerehelichen Geschlechtsverkehrs auf einen solchen von Juden mit staatsangehörigen jüdischen Mischlingen zweiten Grades erweitert worden entsprechend § 2 Abs. 2 der I. AusfBO. z. Reichs­ bürgerges. Nicht verboten ist dagegen der Verkehr zwischen staatsangehörigen Mischlingen ersten Grades — es sei denn, daß sie nach den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 der I. BO. z. Reichsbürgerges. als Juden gelten (vgl. RG. DJust. 1937 S. 1085) — mit solchen zweiten Grades oder mit deutsch­ blütigen Staatsangehörigen oder der Mischlinge zweiten Grades unterein­ ander. Bezüglich fremder Staatsangehöriger vgl. Anm. 1 u. 2 zu 8 1 und Kuhn, DJust. 1936 S. 1005. Ob jemand Staatsangehöriger deutschen oder artverwandten Blutes ist, muß der Strafrichter feststellen, RG. DJust. 1936 S. 970, JurW. 1938 S. 3160; 1939 S. 94. Er kann dabei iy freier Beweiswürdigung die Angaben des Angekl. für ausreichend ansehen, RG. a. a. O., RG. JurW. 1939 S. 227, auch umgekehrte Schlüsse ziehen, E. 72 S. 110, wird in der Regel aber einen urkundlichen Nachweis verlangen müssen; hierbei sind aber Beweis­ erschwerungen zu vermeiden, RG. DJust. 1936 S. 970, JurW. 1936 S. 3472, Schwarz, DIZ. 1936 S. 721. Vgl. auch E. 72 S. 109, 161. Die Rasse­ zugehörigkeit ist aber besonders sorgfältig zu ermitteln, RG. JurW. 1938 S. 2951. Für den inneren Tatbestand genügt der bedingte Borsatz, E. 71 S. 339. Hat also z. B. ein Deutscher nach dem Aussehen der Jüdin oder aus be­ stimmten Umständen damit gerechnet und dies in seinen bedingten Vorsatz ausgenommen, daß es sich um eine Jüdin handeln könne, oder umgekehrt der Jude, daß es sich um eine Arierin handeln könne, ist Sttafbarkeit gegeben RG. DJust. 1937 S. 1714, DStrafr. 1937 S. 781, E. 73 S. 98; hat ein Täter sich aber über Tatumstände geirrt, die die Deutschblüttgkeit oder Zu­ gehörigkeit zur jüdischen Rasse betteffen und infolge dieses Irrtums an­ genommen, einen nicht verbotenen Verkehr vorzunehmen, liegt ein (Straf« freiheit begründender Tatsachenirrtum vor. Hat sich ein Täter dagegen darüber geirrt, wer als deutschblüttg oder jüdisch im Sinne des Gesetzes anzusehen ist, liegt ein unbeachtlicher Sttafrechtsirrtum vor, da die Kenntnis dieser durch die Nürnberger Gesetze eingeführten Begriffe erwartet werden muß. E. 70 S. 353; 71 S. 29, RG. JurW. 1936 S. 1218, DIZ. 1936 S. 450. Vgl. auch Schwarz, DIZ. 1936 S. 721 und Kuhn, DJust. 1936 S. 1005, 1374. Ein Jude, der in Deutschland außerehelich mit einer Staatsange­ hörigen verkehren will, hat die Rechtspflicht, sich über die Rasse, der sie an­ gehört, gewissenhaft zu unterrichten. E. 71 S. 339. Hält sich jemand zu Unrecht für einen Juden, so kann Versuch der Rassenschande vorliegen, E. 72 S. 109. Uber Rückwirkung auf das Sttafmaß E. 70 S. 291. Auch der rassenschänderische Geschlechtsverkehr im Ausland wird be­ straft. Nach der Neufassung der §§ 3—5 des StGB, durch die BO. über den Geltungsbereich des Strafrechts v. 6. Mai 40, RGBl. I S. 754, ist Rassen­ schande eines deutschen Staatsangehörigen — oder nach der Tat Deutscher geworden (§ 4 Abs. 2 Ziff. 1 StGB.) — strafbar, ganz gleich, ob sie im In- oder Auslande begangen ist. § 3 Abs. 2 StGB, besagt, 6aß die Sttaf-

412

BI. Politische Gesetze.

§ 3. Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren in ihrem Haushalt nicht beschäftigen?)

§ 4. (1) Juden ist das Hissen der Reichs- und Nationalflagge und das Zeigen der Reichsfarben verboten?) (2) Dagegen ist ihnen das Zeigen der jüdischen Farben gestattet. Die Ausübung dieser Befugnis steht unter staatlichem Schutz. § 5. (1) Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, wird mit Zuchthaus bestraft. barkeit der Auslandstat nur dann entfällt, wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist und die Tat auch nach dem gesunden Empfinden des deutschen Volkes kein strafwürdiges Unrecht darstellt. Da letzteres aber nicht der Fall ist, sondern gerade umgekehrt die Nassenschande überall eine Verletzung des deutschen Blutes und der deutschen Ehre darstellt (E. 72 S. 91, 171, 385), ist regelmäßig die Aus.landstat wie eine Jnlandstat zu bestrafen. Dabei ist es gleichgültig, ob die Partnerin des deutschen Staats­ angehörigen (Deutscher oder Jude) deutscher oder fremder Staatsangehörig­ keit ist. Fraglich könnte lediglich sein, ob die Auslandstat eines Ausländers, und zwar eines ausländischen Juden gegenüber einer deutschblütigen deutschen Staatsangehörigen zu bestrafen ist. In § 4 StGB, wird unter den in Abs. 3 aufgezählten Verbrechen eines Ausländers, die unabhängig vom Recht des Tatorts bestraft werden, die Nassenschande nicht mit aufgezählt. Hieraus ist aber nicht der Schluß zu ziehen (wie Kohlra usch, 35. Aufl. S. 714), daß Strafbarkeit nicht gegeben sei. Die Reinerhaltung des deutschen Blutes würde vielmehr auf das äußerste gefährdet sein, wenn diese Taten straflos blieben. Sinn und Zweck des Blutschutzgesetzes gebieten daher anzunehmen, daß der strafbare Erfolg, jedenfalls soweit es sich um die Verletzung der Ehre des deutschen Volkes handelt, im Jnlande eingetreten und damit die ganze Tat auch im Jnlande begangen ist. So schon bisher LG. Aachen DJust. 40 S. 372 und RG. DJust. 40 S. 486. Das RG. hat dies auch ausdrücklich in seiner Entscheidung, DJust. 41 S. 225, ausgesprochen und hält an der Strafbarkeit nach den bisherigen Grundsätzen fest. Nach dem Grundgedanken des Blutschutzgesetzes ist grundsätzlich nur der männliche Teilnehmer eines rasseschänderischen Verkehrs strafbar. Das Ge­ setz geht davon aus, daß der Mann der treibende aktive Teil sei, während die Frau mehr eine duldende Rolle spiele. Dies war zunächst nicht ausdrücklich gesagt, ist inzwischen aber zur Beseitigung von Zweifelsfällen im § 11 Abs. 2 der I. DurchfVO. nunmehr ausgesprochen. Die Frau kann danach weder wegen Teilnahme noch auch wegen Begünstigung bestraft werden. Etwaige selbständige Straftaten wie falsche Anschuldigung oder Verleitung zum Mein­ eid bleiben davon freilich unberührt und strafbar. Die Strafbarkeit dritter Personen wegen Anstiftung, Beihilfe, Begünstigung u. dgl., auch wenn es sich bei ihnen um Frauen handelt, z. B. der Zimmervermieterin, wird hier­ von ebenfalls nicht berührt. Zu § 3. 1) Vgl. § 12 der AusfVO. Zu § 4. 1) Auch für deutschblütige Ehegatten von Juden, die mit diesen in deutschjüdischer Mischehe leben, und für Deutschblütige, deren Hausgemein­ schaft Juden angehören, gilt das Verbot, Erl. d. RuPrMdJ. v. 7. Dezbr. 36 (RMBliB. S. 1631), abgedruckt bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, S. 360.

Bll. Ges. z. Schutze d. deutschen Blutes u. d. deutschen Ehre § 5.

413

(2) Der Mann, der dem Verbot des § 2 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis oder mit Zuchthaus bestraft.1) Zu § 5. 1) Beide Strafarten, Gefängnis und Zuchchaus, werden im Gesetz nebeneinander angedroht. Es wird weder im Gesetz noch in der AusfBO. ausdrücklich ausgesprochen, daß eine dieser beiden Strafarten „in erster Linie" in dem Sinne angedroht ist, daß sie grundsätzlich für einen sog. Regel­ fall (Normalfall) bestimmt ist und von ihr zu der anderen Strafart nur über­ gegangen werden darf, wenn das durch besondere Umstände des Einzelfalles — bei Gefängnis zuungunsten, bei Zuchthaus zugunsten — gerechtfertigt wird. Solche grundsätzliche Regelung der Strafart läßt sich auch nicht aus der Strafdrohung entnehmen. Während in § 5 Abs. 1 nur Zuchthaus angedroht ist, gibt Abs. 2 beide Strafarten, wodurch zum Ausdruck gebracht ist, daß der Tatrichter im einzelnen Fall die Strafart nach seinem pflichtgemäßen Er­ messen zu bestimmen hat, ohne dabei an gesetzlich festgelegte Regeln gebunden zu sein. E. 71 S. 147. Uber die Findung des Strafmaßes nach dem pflicht­ gemäßen Ermessen vgl. die RB. d. RIM. v. 2. April 36 Abs. 2, abgedruckt bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, S. 358. Dem Charakter nach ist die Rassen­ schande Verbrechen, nicht Vergehen, RG. JurW. 1938 S. 1808. Bei der Findung des Strafmaßes ist zu bedenken, daß die Strafvorschrift nicht den Schutz der Ehre, insbesondere der Geschlechtsehre der einzelnen deutsch­ blütigen Frau zum Gegenstand und Ziele hat, für die vielmehr andere Vor­ schriften bestehen, sondern dem Schutz der Belange des ganzen deutschen Volkes, nämlich der rassischen Reinheit seines Blutes sowie seiner Ehre dient. Es ist deshalb Umfang und Maß des Verschuldens bei dem Angriff des Täters zu erwägen und es sind die gesamten äußeren und inneren Umstände der Tat, unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters sowie des Ver­ haltens des anderen nichtstrafbaren Teilnehmers, zu betrachten. E. 71S. 147, RG. JurW. 1937 S. 699, 2509. Das Maß des Verschuldens bestimmt sich nach der Verantwortungslosigkeit gegenüber der Gesamtheit, wobei die Un­ zulänglichkeiten der Einzelpersonen nebensächlich sind, RG. DJust. 40 S. 597. Demgemäß bedarf es bei Verhängung von Zuchthausstrafe auch keiner Fest­ stellung, daß mildernde Umstände nicht gegeben sind. E. 71 S. 70. Zur Frage, ob grundsätzlich eine Strafe verschieden bemessen werden darf, je nach­ dem, ob die Rassenschande von einem Juden oder einem Deutschen begangen ist, s. E. 72 S. 345. — Die Absicht des Täters, die Teilnehmerin zu heiraten, ist kein Strafmilderungsgrund, zumal sie eine gesetzlich unzulässige Verbin­ dung erstrebt, ebenso nicht eine etwa länger dauernde und angeblich auf tiefe­ rer Zuneigung beruhende Liebschaft, die nur die Hartnäckigkeit des Verstoßes kennzeichnen würde, E. 72 S. 148, RG. DJust. 1938 S. 1880; endlich auch nicht die Tatsache der Unmöglichkeit von Folgen des Geschlechtsverkehrs, da nicht nur die Rassereinheit vom Gesetz geschützt wird, E. 71 S. 70,244, RG. JurW. 1937 S. 24, 25. Bewußtes und absichtliches Handeln kann straf­ schärfend gewertet werden, RG. JurW. 1939 S. 94. — Aberkennung der* bürgerlichen Ehrenrechte nur bei Verurteilung zu Zuchthaus möglich, nicht jedoch bei Verurteilung zu Gefängnis, RG. DJust. 1936 S. 970, E. 70 S. 218, JurW. 1937 S. 2905. RG. v. 20. Juni 40 —5 D 214/40, DJust. 40 S. 597. Auch dem Juden können die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt werden, RG. JurW. 1939 S. 94. — Auf die Strafbemessung nach § 5 Abs. 3 ist § 27b StGB, nicht anwendbar, E. 72 S. 359. — Bet Rassenschande mit ver­ schiedenen Personen kein Fortsetzungszusammenhang, RG. DJust. 1939 S. 1283, anders bei wiederholtem Verkehr mit derselben Person. E. 73 S. 77.

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BI. Politische Gesetze.

(3) Wer den Bestimmungen der §§ 3 oder 4 zuwiderhandelt wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit e^ner

dieser Strafen bestraft. § 6. Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers und dem Reichsminister der Justiz die zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften?) § 7. Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung, § 3 jedoch erst am 1. Januar 1936 in Kraft.

Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 14. November 1935.

(RGBl. I S. 1334.) Auf Grund des § 6 des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935 (RGBl. I S. 1146) wird folgendes verordnet: § 1. (1) Staatsangehörige sind die deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Reichsbürgergesetzes. (2) Wer jüdischer Mischling ist, bestimmt § 2 Abs. 2 der Ersten Verordnung vom 14. November 1935 zum Reichsbürgergesetz (RGBl. I

S. 1333). r) (3) Wer Jude ist, bestimmt § 5 der gleichen Verordnung. § 2. Zu den nach § 1 des Gesetzes verbotenen Eheschließungen gehören auch die Eheschließungen zwischen Juden und staatsangehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben. § 3. (1) Staatsangehörige jüdische Mischlinge mit zwei voll­ jüdischen Großeltern bedürfen zur Eheschließung mit Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes oder mit staatsangehörigen jüdi­ schen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben, Zu 8 6. 1) Jede Form der Anordnung fällt hierunter, VO. oder Erlaß, > z. B. auch der in Anm. 1 zu 8 4 zit. RdErl.

Zu § 1. 1) Vgl. hierzu auch RdErl. d. R. u. Pr/MdJ. v. 26. Novbr. 1935 (MBliV. S. 1429). Hiernach sind jüdische Mischlinge mit zwei voll­ jüdischen Großeltern als „Mischlinge ersten Grades", jüdische Mischlinge mit einem volljüdischen Großelternteil als „Mischlinge zweiten Grades", Personen deutschen oder artverwandten Blutes als „Deutschblütige" zu bezeichnen. Der RdErl. gibt weiter einen überblick über die Verbote der Mischehen im einzelnen u. enthält Vorschriften über den rassischen Nachweis bei der Eheschließung vor dem Standesbeamten.

Bll.

Gesetz zum Schutze deS deutschen Blutes und der deutschen Ehre.

415

der Genehmigung des Reichsministers des Innern und des Stell­

vertreters des Führers oder der von ihnen bestimmten Stelle. (2) Bei der Entscheidung sind insbesondere zu berücksichtigen die

körperlichen, seelischen und charakterlichen Eigenschaften des Antrag­

stellers, die Dauer der Ansässigkeit seiner Familie in Deutschland, seine

oder seines Vaters Teilnahme am Weltkrieg und seine sonstige Familien­ geschichte.

(3) Der Antrag auf Genehmigung ist bei der höheren Verwaltungs­

behörde zu stellen, in deren Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. (4) Das Verfahren regelt der Reichsminister des Innern im Ein­ vernehmen mit dem Stellvertreter des Führers?) § 4.

Eine Ehe soll nicht geschlossen werden zwischen staats­

angehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Groß­

elternteil haben. § 5.

Die Ehehindernisse wegen jüdischen Bluteinschlages sind

durch § 1 des Gesetzes und durch §§ 2 bis 4 dieser Verordnung er­ schöpfend geregelt. § 6. Eine Ehe soll fernes) nicht geschlossen werden, wenn aus ihr

eine die Reinerhaltung des deutschen Blutes gefährdende Nachkommen­

schaft zu erwarten ist. § 7.

Bor der Eheschließung hat jeder Verlobte durch das Ehe­

tauglichkeitszeugnis (8 2 des Ehegesundheitsgesetzes vom 18. Oktober 1935 — RGBl. I S. 1246 —) nachzuweisen, daß kein Ehehindernis

im Sinne des § 6 dieser Verordnung vorliegt. Wird das Ehetauglich­

keitszeugnis versagt, so ist nur die Dienstaufsichtsbeschwerde zulässig. § 8. (1) Die Nichtigkeit einer entgegen dem § 1 des Gesetzes oder

dem § 2 dieser Verordnung geschlossenen Ehe kann nur im Wege der

Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. (2) Für Ehen, die entgegen den $§ 3, 4 und 6 geschlossen worden

sind, treten die Folgen des § 1 und des § 5 Abs. 1 des Gesetzes nicht ein. §

Besitzt einer der Verlobten eine fremde Staatsangehörig­

keit, so ist vor einer Versagung des Aufgebotes wegen eines der im § 1 des Gesetzes oder in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten

Ehehindernisse sowie vor einer Versagung des Ehetauglichkeitszeug-

Zu § 3. 1) RdErl. v. 23. Dezbr. 35 (RMBliB. 1936 S. 11) nebst ergänzendem RdErl. v. 17. Jan., 24. Febr. u. 24. März 36 (RMBliB. S. 135, 285 u. 421). Zu § 6. 1) Nicht bei Mischehen, an denen Juden oder deutsch­ jüdische Mischlinge beteiligt sind, da insoweit nach § 5 erschöpfende Regelung. Gedacht ist hier an Ehen mit Zigeunern, Negern und ihren Bastarden. Vgl. Stuckart, Deutsche Verwaltung 1935 S. 322ff. u. KommErl. zu § 6.

416

BI. Politische Gesetze.

nisses in Fällen des § 6 die Entscheidung des Reichsministers des Innern einzuholen. § 10. Eine Ehe, die vor einer deutschen Konsularbehörde ge­ schlossen ist, gilt als im Jnlande geschlossen.

§ 11. (1) Außerehelicher Verkehr im Sinne des § 2 des Gesetzes ist nur der Geschlechtsverkehrs) Strafbar nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes ist Zu § 11. 1) Geschlechtsverkehr im Sinne des § 11 ist nicht nur der Bei­ schlaf selbst. Auch beischlafsähnliche Handlungen sowie alle der geschlechtlichen Befriedigung dienenden unzüchtigen Handlungen (Unterschied zwischen beiden s. E. 71 S. 7) fallen hierunter, wie z.B. gegenseitige Onanie, widernatürlicher Geschlechtsverkehr u. dgl., also alle geschlechtlichen Betätigungen (u. U. auch bloße Duldungen, RG.JurW. 1937 S. 942, DJust.1939 S. 618, E.73 S. 94) mit einem Angehörigen d. anderen Geschlechts, die nach Art ihrer Vornahme bestimmt sind, an Stelle d. Beischlafs der Befriedigung des Geschlechtstriebes mindestens des einen Teiles zu dienen. E. 70 S. 375 (Gr. Senat), RG. JurW. 1937 S. 1338, 1781; 1938 S. 3032, HRR. 1938 Nr. 128, StuckartGlobke, Komm. Ziff. 3 zu § 2, gleich in allen Fällen, ob Jude mit Deutsch­ blütiger oder Deutscher mit Jüdin. RG. DJust. 1937 S. 1188. Die ge­ legentlich vertretene Auffassung, daß nur Beischlaf selbst unter Geschlechts­ verkehr zu verstehen sei, ist zu eng. Gewiß wird durch das Blutschutzgesetz in erster Linie das Blut durch Verhinderung jeder weiteren Zersetzung und Schaffung von Mischlingen geschützt. Zugleich wird aber die deutsche Ehre u. das völkische Rassenempfinden geschützt; für ihre Verletzung aber ist es gleich­ gültig, ob es beim Geschlechtsverkehr zum Beischlaf selbst oder nur zu bei­ schlafsähnlichen Handlungen gekommen ist, weshalb auch gegen letztere ein­ geschritten werden muß, ganz abgesehen davon, daß sonst den nur schwer widerlegbaren Ausflüchten, es sei zu einem Beischlaf nicht gekommen, Tür und Tor geöffnet würde. Ebenso ist es deshalb unbeachtlich, ob die Frau fruchtbar ist oder nicht, E. 70 S. 290, oder ob Vorsorge für Verhütung der Empfängnis getroffen ist, E. 71 S. 4. Andererseits verbietet sich jede Er­ weiterung des Gesetzes über den „Geschlechtsverkehr" hinaus, da bewußt vom Gesetzgeber nur Verstöße hiergegen unter Strafe gestellt sind. Straflos sind deshalb Handlungen bloß erotischer Art wie Küsse, Umarmungen (auch wenn sie Vorbereitungshandlungen für den Geschlechtsverkehr^sind) sowie ferner der gesellschaftl. und geschäftl. Verkehr, vgl. E. 70 S. 375, StuckartGlobke, a. a. O. RG. JurW. 1938 S. 2339, allerdings nicht unbedenklich (s. Anm. Leygen, a. a. O.) und in solchen Fällen stets die Frage des Versuchs zu prüfen. Umgekehrt dagegen sind Ausnahmen vom Gesetz unzulässig;so ist deshalb auch der Verkehr eines Juden mit einer deutschblütigen Dirne strafbar, E. 71 S. 4, Stuckart-Globke, Komm. a. a. O., ebenso der außereheliche Verkehr eines Juden mit der an sich deutschblütigen Frau eines anderen Juden, RG. JurW. 1936 S. 1218. In beiden Fällen ist davon auszugehen, daß es nicht darauf ankommt, ob die Verletzung einem Artvergessenen gegenüber erfolgt, da nicht derEinzelne geschützt wird, sondern Blut und Ehre der Gesamtheit und der Wille des Täters auch beim Verkehr mit Artvergessenen hiergegen gerichtet ist. Auch mit einem noch nicht ge­ schlechtsreifen, z. B. 11jährigen Mädchen kann — in Tateinheit mit Unzucht­ verbrechen — Rassenschande begangen werden, wobei aus letzterem Delikt als dem schwereren, die Strafe zu entnehmen ist, E. 71 S. 129, RG. JurW. 1938 S. 1947.

Bll. Gesetz zum Schutze des deutschen BluteS und der deutschen Ehre.

417

auch der außereheliche Verkehr zwischen Juden und staatsangehörigen jüdischen Mischlingen, die nur einen volljüdischen Großelternteil haben?)

(2)3 * )** Für S. * * 8 das Verbrechen der Rassenschande ist der Mann ver­ antwortlich.

Daher kann die beteiligte Frau auch nicht wegen Teil­

nahme oder Begünstigung, im Bereich des österreichischen Straf­

rechts auch nicht wegen Verhehlung oder falscher uneidlicher Aus­ sage vor Gericht oder vor einer Verwaltungsbehörde (österreichisches Strafgesetz §§ 197, 199 lit. a, 214 und Artikel IX des Einführungs­

gesetzes

zu

den

Berwaltungsverfahrensgesetzen sEGVG.j

vom

21. Juli 1925 — BGBl. Nr. 273) bestraft werden. Da nicht nur der Beischlaf uptei Geschlechtsverkehr zu verstehen ist, liegt auch bei der Vornahme beischlafsähnlicher oder geschlechttich befriedigender unzüchtiger Handlungen (wobei die Erreichung der Befriedigung gleichgültig ist, RG. DRpfl. 1937 S. 229) eine vollendete Handlung vor. Kuhn, DJust. 1936 S. 1007, will davon ausgehen, welche Art von geschlechtlicher Befrie­ digung beabsichtigt ist und aus dieser Zielrichtung bestimmen, ob die Hand­ lung vollendet oder nur versucht ist. Er nimmt deshalb z. B. bei wechselseitiger Onanie vollendete Tat an, wenn die Absicht nur auf sie zielte, versuchte Hand­ lung dagegen, wenn die Onanie nur der Vorbereitung des Beischlafes diente und es dann zur Bereinigung der GeschlechtsteUe nicht gekommen ist. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden; vollendete Handlung ist vielmehr bei der Vornahme beischlafsähnlicher und geschlechttich befriedigender unzüchttger Handlungen immer anzunehmen, gleichviel, ob nur diese erstrebt waren oder ob sie nur eine Vorstufe zum Beischlaf bildeten. Dabei ist es im übrigen gleichgülttg, ob es zur Befriedigung gekommen ist, es genügt geschlechtt. Betättgung mit dem Ziel der Befriedigung, RG.JurW.1938 S. 165,3032; E.73 S. 97. — über die Grenze zwischen strafloser Vorbereitung und Versuch vgl. E.71 S. 4, RG. DJust. 1937 S. 283,284, OLG. Dresden JurW.1937 S.184. Bloße Borbereitungshandlungen zur Ermöglichung und Erleichterung der Ausführung eines beabsichtigten Geschlechtsverkehrs genügen nicht zum Ver­ such. Bet ihm kommt es darauf an, was der Täter zur Vollendung seines Entschlusses hat tun wollen und ob Handlungen vorgenommen sind, die tat­ sächlich oder der Vorstellung des Täters nach darauf gerichtet sind, den beabsichtigten Geschlechtsverkehr unmittelbar zu verwirllichen. — Versuchte Rassenschande liegt aber schon dann vor, wenn sich der Täter und die Frau in der Absicht, miteinander geschlechtlich zu verkehren, auf das Zimmer be­ geben, RG. DJust. 1938 S. 1687; sie liegt auch vor, wenn der weibliche Teil noch nicht einverstanden ist, die Handlung des Täters aber unmittelbar darauf gerichtet ist, die Beteiligte zum Geschlechtsverkehr mit ihm zu veranlassen, E. 71 S. 383. Sie kann schon in der mündlichen Aufforderung zum als­ baldigen rasseschänderischen Verkehr liegen, E. 73 S. 76. Ebenso, wenn der Täter sich Zutritt zu der Wohnung der Frau zu verschaffen sucht, DJust. 40 S. 404. Versuch liegt ferner vor, wenn weibliche Teilnehmerin keine Deutsche war, der Mann sie aber für deutsche Bolljüdin gehalten hat, RG. JurW. 1937 S. 752, 753. 2) § 11 Satz 2 güt nur für den Verkehr zwischen Juden und jüdi­ schen Mschlingen und kann nicht auf Mischlinge anderer Art (z. B. mit Zigeuner- oder Jndianerblut) entsprechend angewandt werden. RG. v. 8. Novbr. 1937 — 3 D 305/37 — vgl. im übrigen Sinnt. 1 zu 8 2 des Ges.

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

27

418

BI. Politische Gesetze.

§ 12. (1) Ein Haushalt ist jüdisch (§ 3 des Gesetzes), wenn ein jüdischer Storni1) Haushaltungsvorstand ist oder der Hausgemeinschaft angehört. (2) Im Haushalt beschäftigt ist, wer im Rahmen eines Arbeits­ verhältnisses in die Hausgemeinschaft ausgenommen ist, oder wer mit alltäglichen Haushaltsarbeiten oder anderen alltäglichen, mit dem Haushalt in Verbindung stehenden Arbeiten beschäftigt ist?) (2) Weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Erlaß des Gesetzes in einem jüdischen Haushalt be­ schäftigt waren, können in diesem Haushalt in ihrem bisherigen Arbeits­ verhältnis bleiben, wenn sie bis zum 31. Dezember 1935 das 35. Lebens­ jahr vollendet haben. 3) Abs. 2 ist durch VO. v. 16. Febr. 40 (RGBl. I S. 394) eingefügt. Vgl. hierzu Anm. 2 zu § 2 des Ges. 9(bf. 5. Zu § 12. 1) Der jüdische Mann muß ein Alter erreicht haben, in dem er die Geschlechtsehre der deutschen Mädchen gefährden kann. Geschlechts­ reife wird nach Vollendung des 16. Lebensjahres angenommen. Haus­ haltungsvorstand braucht der jüdische Mann nicht zu sein, es genügt jede nicht nur vorübergehende Zugehörigkeit zum Haushalt. Ein jüdischer Haus­ halt ist auch dann anzunehmen, wenn ein jüdischer Erwachsener täglich das Mittag- und Abendessen daselbst einnimmt und hierzu eine Stunde im Haus­ halt verweilt, OLG. Dresden HRR. 1938 Nr. 194. So gehört Besuch regel­ mäßig nicht der Hausgemeinschaft an, wenngleich längerer Besuch Zuge­ hörigkeit zur Hausgemeinschaft begründen kann, auch nicht der Mieter eines möblierten Zimmers ohne Familienanschluß, wohl aber mit Teilnahme am Familienleben, vgl. Stuckart-Globke, Komm. Ziff. 7 zu § 3 des Ges, OLG. München JurW. 1937 S. 762; KGR. JFGErg. 1939 S. 256, 259, 1940 S. 189. 2) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages ist nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit der Beschäftigung deutscher Mädchen im jüdischen Haushalt; es kommt auf die tatsächliche Beschäftigung an. E. 71 S. 356; 72 S. 359. Über die Frage des Beschäftigungsverhältnisses s. auch KG. JurW. 1938 S. 1712 u. Leppin JurW. 1938 S. 1863, über die Beurteilung der verschiedenen Arbeiten s. E. 71 S. 397, DJust. 1938 S. 155. Auch vorübergehende Beschäftigung eines deutschblütigen Mädchens, z. B. gelegentliche oder öftere Beschäftigung einer Geschäftsangestellten im Haushalt des jüdischen Arbeit­ gebers ist unzulässig, da es auf das Arbeitsverhältnis nicht ankommt, und gleichgültig ist es, ob der jüdische Mann zur Zeit der Beschäftigung anwesend ist oder nicht, E. 71 S. 1, AG. Heilbronn, DJust. 1936 S. 866, RG. JurW. 1937 S. 160, 245, DJust. 1937 S. 1853. — Auch die Beschäftigung von Schulmädchen im Kindesalter ist verboten, E. 72 S. 360. Strafbar ist der Arbeitgeber, was aber nicht nach rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist; derjenige ist der Arbeitgeber, der die weibliche Person beschäftigt, E. 71 S. 397, RG. JurW. 1938 S. 1712. Vielfach freilich wird es der Mann als Haushaltungsvorstand sein; dabei kann die Frau, aktives Mitwirken voraus­ gesetzt, Beihilfe leisten oder anstiften; gibt die Frau, selbständig die Arbeit, ist sie Täterin; vgl. OLG. Köln DJust. 1937 S- 358 mit Anm. von Schroeter; RG. DJust. 1937 S. 1927. — Über Tatmehrheit bei Beschäftigung mehrerer Mädchen s. E. 71 S. 397; 72 S. 359.

BI2. Reichsbürgergesetz 8 1.

419

(4) Fremde Staatsangehörige, die weder ihren Wohnsitz noch ihren dauernden Aufenthalt im Jnlande haben, fallen nicht unter diese Vorschrift. § 18. Wer dem Verbot des § 3 des Gesetzes in Verbindung mit § 12 dieser Verordnung zuwiderhandelt, ist nach § 5 Abs. 3 des Ge­ setzes strafbar, auch wenn er nicht Jude ist. § 14. Für Verbrechen gegen § 5 Abs. 1 und 2 des Gesetzes ist im ersten Rechtszuge die große Strafkammer zuständig. § 16. Soweit die Vorschriften des Gesetzes und seiner Aus­ führungsverordnungen sich auf deutsche Staatsangehörige beziehen, sind sie auch auf Staatenlose anzuwenden, die ihren Wohnsitz oder ge­ wöhnlichen Aufenthalt im Jnlande haben?) Staatenlose, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Auslande haben, fallen nur dann unter diese Vorschriften, wenn sie früher die deutsche Staats­ angehörigkeit besessen haben. $ 16. (1) Der Führer und Reichskanzler kann Befreiungen von den Vorschriften des Gesetzes und der Ausführungsverordnungen erteilen.1) (2) Die Strafverfolgung eines fremden Staatsangehörigen be­ darf der Zustimmung der Reichsminister der Justiz und des Innern. **) § 17. Die Verordnung tritt an dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Den Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 7 bestimmt der Reichsminister des Innern; bis zu diesem Zeitpunkt ist ein Ehe­ tauglichkeitsgesetz nur in Zweifelsfällen vorzulegen.

BI2. Reichsbürgergesetz.*) Vom 15. September 1935. (RGBl. I S. 1146.) § 1. (1) Staatsangehöriger ist, wer dem Schutzverband des Deutschen Reiches angehört und ihm dafür besonders verpflichtet ist. (2) Die Staatsangehörigkeit wird nach den Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes erworben. Zu § 15. 1) Vgl. RG. JurW. 1937 S. 882. Zu § 16. 1) Vgl. Bek. v. 21. Novbr. 35 (RMBl. S. 835) u. RdErl. d. RuPrMdJ. v. 4. Dezbr. 35 (MBliB. S. 1455). S. Anm. 1 zu 8 51. Durchf.BO. z. RBürgerGes. 2) Zu den fremden Staatsangehörigen zählen nicht die Angehörigen des Protektorats Böhmen und Mähren, RG. DJust. 40 S. 1170. *) Im Protektorat Böhmen und Mähren gllt das Ges. für die Bollsdeutschen, Erl. v. 16. März 39 (RGBl. I S. 485).

420

B I. Politische Gesetze.

Zum Reichsbürgergesetz sind folgende weitere Durchführungsverord­ nungen ergangen: 1. DurchfVO. s. nachstehend abgedruckt. 2. DurchfVO. v. 21. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1524) in der Fassung der 7. DurchfVO. v. 5. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1751) betr. Behandlung ehe­ maliger jüdischer Beamter. 3. DurchfVO. v. 14. Juni 38 (RGBl. I S. 627) betr. dem Begriff „jüdischer Gewerbebetriebe" und deren Behandlung. — S. auszugsweise nachstehend abgedruckt. Dazu: RdErl. d. RMdJ. v. 14. Juli 38 (RMBliB. S. 1152). VO. zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben v. 12. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1580), durch die Juden der Betrieb von Einzel­ handelsverkaufsstellen, Versandgeschäften oder Bestellkontoren verboten wird. I. DurchfVO. v. 23. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1642), II. DurchfVO. v. 14. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1902). 4. DurchfVO. v. 25. Juli 38 (RGBl. I S. 969) betr. Erlöschen der Be­ stallungen jüdischer Arzte; Verbot der Ausübung der Heilkunde durch Juden ohne Genehmigung. Strafvorschrift; § 3 Abs. 3. Zur 4. DurchfVO. v. 25. Juli 38 s. auch § 20 der KrankenpflegeBO. v. 28. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1310, abgedr. S. 34) (Verbot der berufs­ mäßigen Ausübung der Krankenpflege durch Juden); ferner ebenso die Kinder- u. SäuglingepflegeBO. v. 15. Sep.br. 39 (RGBl. I S. 2239), §§ 17—20 u. med.-techn. Ass.BO. v. 17. Febr. 40 (RGBl. I S. 371), §§ 17—20. 5. DurchfVO. v. 27. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1403) betr. Ausscheiden der Juden aus der Anwaltschaft (RGBl. I S. 1439) nebst BO. v. 12. Juni 40 (RGBl. I S. 872). 6. DurchfVO. v. 31. Oktbr. 38 (RGBl. I S. 1545) betr. Ausscheiden der Juden aus der Patentanwaltschaft. 7. DurchfVO. v. 5. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1751). — S. 2. DurchfVO. 8. DurchfVO. v. 17. Jan. 39 (RGBl. I S. 47) betr. Verbote der Heil­ kunde (einschl. Zahn- und Tierheilkunde) durch Juden. Strafbestimmung: § 5. 9. DurchfVO. v. 5. Mai 39 (RGBl. I S. 891). 10. DurchfVO. v. 4. Juli 39 (RGBl. I S. 1097). S. ferner: PolBO. über das Auftreten der Juden in der Öffentlichkeit v. 28. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1676), berichtigt RGBl. I S. 1704. BO. über die Anmeldung des Vermögens von Juden v. 26. April 38 (RGBl. I S. 414) nebst BO. v. 26. April 38 (RGBl. I S. 415). Ferner dazu: DurchfVO. v. 18. Juni 38 (RGBl. I S. 640). 1. Anordnung v. 26. April 38 (RGBl. I S. 415). 2. Anordnung v. 24. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1668). Dazu: BO. über den Einsatz des jüdischen Vermögens v. 3. Dezbr. 39 (RGBl. I S. 1709, 1756) nebst DurchfVO. v. 16. Jan. 39 (RGBl. I S. 37), 18. Jan. u. 4. Dezbr. 40 (RGBl. I S. 188, 1564). 3. Anordnung v. 21. Febr. u. 3. März 39 (RGBl. I S. 282, 387). 4. Anordnung v. 4. Mai 40 (RGBl. I S. 723). BO. gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe v. 22. April 38, abgedruckt unter B113. Gei. über Mietverhältnisse mit Juden v. 30. April 39 (RGBl. I S. 864), nebst AndBO. v. 10 Septbr. 40 (RGBl. I S. 1235).

B I 2. Reichsbürgergesetz §§ 2 u. 3.

421

§ 2. (1) Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt und geeignet ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen. (2) Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichs­ bürgerbriefes erworben. (3) Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe der Gesetze. § 8. Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers die zur Durchführung und Er­ gänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Berwaltungsvorschriften.

Erste Verordnung zum Rrichobürgergesetz. Bom 14. November 1935. (RGBl. I S. 1333.) Auf Grund des § 3 des Reichsbürgergesetzes vom 15. Sep­ tember 1935 (RGBl. I S. 1146) wird folgendes verordnet: § 1. (1) Bis zum Erlaß weiterer Vorschriften über den Reichs­ bürgerbrief gelten vorläufig als Reichsbürger die Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes, die beim Inkrafttreten des Reichsbürgergesetzes das Reichstagswahlrecht besessen haben, oder denen der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Stell­ vertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht verleiht. (2) Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers das vorläufige Reichsbürgerrecht entziehen. § 2. (1) Die Vorschriften des § 1 gelten auch für die staats­ angehörigen jüdischen Mischlinge. (2) Jüdischer Mischling ist, wer von einem oder zwei der Rasse nach volljüdischen Großelternteilen abstammt, sofern er nicht nach § 5 Abs. 2 als Jude gilt. Als volljüdisch gilt ein Großelternteil ohne weiteres, wenn er der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat.^ § 8. Nur der Reichsbürger kann als Träger der vollen politischen Rechte das Stimmrecht in politischen Angelegenheiten ausüben und ein öffentliches Amt bekleiden. Der Reichsminister des Innern oder die von ihm ermächtigte Stelle kann für die -Übergangszeit Ausnahmen für die Zulassung zu öffentlichen Ämtern gestatten. Die Angelegen­ heiten der Religionsgesellschaften werden nicht berührt. § 4. (1) Ein Jude kann nicht Reichsbürger sein. Ihm steht ein

Zu § 2. 1) Vgl.RdErl. d.RuPrMdJ. v.26. Novbr. 35(MBliB. S. 1429) S. Anm. 1 zu § 1 d. 1. AusfBO. z. Blutschutzges.

BI. Politische Gesetze.

422

Stimmrecht in politischen Angelegenheiten nicht zu; er kann ein öffentliches Amt*) nicht bekleiden. (2) . . . (3) Die Angelegenheiten der Religionsgesellschaften werden nicht berührt. (4) Das Dienstverhältnis der Lehrer an öffentlichen jüdischen Schulen bleibt bis zur Neuregelung des jüdischen Schulwesens un­ berührt. § K. (1) Jude ist, wer von mindestens drei der Rasse nach voll­ jüdischen Großeltern abstammt. § 2 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung. (2) Als Jude gilt auch der von zwei volljüdischen Großeltern ab­ stammende staatsangehörige jüdische Mischling, a) der beim Erlaß des Gesetzes der jüdischen Religionsgemein­ schaft angehört hat*) oder danach in sie ausgenommen wird, b) der beim Erlaß des Gesetzes mit einem Juden verheiratet war oder sich danach mit einem solchen verheiratet, c) der aus einer Ehe mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. Sep­ tember 1935 (RGBl. I S. 1146) geschlossen ist, d) der aus dem außerehelichen Verkehr mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt und nach dem 31. Juli 1936 außerehe­ lich geboren wird. § 6. (1) Soweit in Reichsgesetzen oder in Anordnungen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen Anforderungen an die Reinheit des Blutes gestellt werden, die über § 5 hinausgehen, bleiben sie unberührt. (2) Sonstige Anforderungen an die Reinheit des Blutes, die über § 5 hinausgehen, dürfen nur mit Zustimmung des Reichsministers des Innern und des Stellvertreters des Führers gestellt werden. Soweit

Zu § 4.

1) Wer Beamter und wer Träger eines öffentlichen

Amtes ist, bestimmt im einzelnen die 2. DurchfBO. v. 21. Dezbr. 1935 (RGBl. I S. 1524). Zu § 5. 1) Zugehörigkeit zur jüdischen Religionsgemeinschaft ist nach äußeren Merkmalen zu beurtellen, z. B. Führung in Listen der Synagogen­ gemeinde, widerspruchslose Zahlung jüdischer Kultussteuern usw.; s. E. 70 S. 301; 73 S. 98; RG. DJust. 1939 S. 341, 480. — Wer nach jüdischem Brauch konfirmiert und beschnitten ist und in der Kartei einer jüdischen Re­ ligionsgemeinschaft geführt wird, gehört zu dieser auch dann, wenn «er zu jüdischen Kultussteuern nicht herangezogen ist; innere Abkehr vom religiösen Leben der Synagogengemeinschaft ist unerheblich, RG. DStraft. 1937 S. 259. — Auch staatenlose Mischlinge ersten Grades, die am 14. Septbr. 35 der jüd. Religionsgemeinschaft angehört haben und ihren Wohnsitz im Inland haben, gelten als Juden, RG. DRW. 40 S. 1668.

B 1 2. Dritte BO. zum Reichsbürgergesetz §§ 1—4.

423

Anforderungen dieser Art bereits bestehen, fallen sie am 1. Januar 1936 weg, wenn sie nicht von dem Reichsminister des Innern im Einver­ nehmen mit dem Stellvertreter des Führers zugelassen werden. Der Antrag auf Zulassung ist bei dem Reichsminister des Innern zu stellen. § 7. Der Führer und Reichskanzler kann Befreiungen von den Vorschriften der Ausführungsverordnungen erteilen.^

Dritte Verordnung zum Veichsbürgergesrh. Vom 14. Juni 1938.

) zur Vornahme, Herbeiführung oder Duldung einer gegen § 13 oder § 14 verstoßenden Gestaltung des geistigen Inhalts einer Zeitung zu be­ stimmen, wird wegen Pressenötigung mit Gefängnis oder mit Geld­ strafe bestraft. (2) Wird die Pressenötigung unter Mißbrauch der durch das angestelltenverhältnis des Schriftleiters bewirkten Abhängigkeit begangen,"°) so ist die Strafe Gefängnis nicht unter drei Monaten. § 41. In den Fällen der §§ 38 bis 40 kann neben Gefängnis auf Verlust der bürgerlichen Ehremechte erkannt werden. 9a) Vorsatz erforderlich; dolus eventualis aber ausreichend. 9b) § 18: Der Verleger muß einen Hauptschriftsteller bestellen und ihn dem zuständigen Landesverband schriftlich benennen. „Bestellen" bedeutet „anstellen". Stritzke, JurW. 62 S. 2364. 10) Täter muß in seiner Eigenschaft als Schriftleiter gehandelt haben. 10 a) Ein solches Unternehmen soll nach OLG. Hamburg DJust. 1937 S. 976 nicht vorltegen, wenn jemand aus persönlichen Gründen die Bericht­ erstattung einer Tageszeitung über eine Hauptverhandlung zu unterbinden sucht, eine Ansicht, die aber abzulehnen ist, vgl. D o e r n er, DJust. a. a. O. In Anm. zu der Entsch., da nach nat.-soz. Anschauung im Interesse der Wahr­ heitspflicht der Schriftleiter unbeeinflußt bleiben muß von allen irgendwie gearteten Privatinteressen u. -einflüssen. 10b) Der Nachteil muß widerrechtlich sein. Auch nur mittelbar wirkender Nachteil genügt. 10 c) Kein Mißbrauch, wenn Verleger, der zugleich Hauptschriflleiter ist, in dieser Eigenschaft die Anweisung gegeben hat. Schmidt-Leon­ hardt, Komm. Anm. 7 zu § 40.

BIII3. Preßgesetz § 1.

487

$ 42. Wer sich Schriftleiter nennt, obwohl er nicht in die Berufslisten eingetragen ist, wird mit Geldstrafe bis zu 160 Reichsmark oder mit Haft bestraft. z 48. Einem Verleger, der nach § 37, nach § 39 oder nach § 40 rechtskräftig verurteilt ist, kann der Gewerbebetrieb durch die nach Landesrecht zuständige Verwaltungsbehörde untersagt werden."d) § 45. (1) Die §§ 7, 811 * *)12 des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (Reichsgesetzbl. S. 65) finden auf Zeitungen und poli­ tische Zeitschriften keine Anwendung. (2) Soweit das Reichsgesetz über die Presse im übrigen Bestim­ mungen über den verantwortlichen Redakteur trifft, gilt für Zeitungen und politische Zeitschriften der nach den § 20 Abs. 1, § 21 diese- Ge­ setzes verantwortliche Schriftleiter als verantwortlicher Redakteur. $ 47. Zu welchem Zeitpunkt dieses Gesetz in Kraft tritt, be­ stimmt") der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda.

8III3. Gesetz über-ie Presse.*) Bom 7. Mat 1874. (8te»L ®. 65.)

1.

Einleitende Bestimmungen.

§ 1. Die Freiheit der Presse unterliegt nur denjenigen Be­ schränkungen, welche durch das gegenwärtige Gesetz vorgeschrieben oder zugelassen ftnb.1) 10d) §35 evtl. § 51 Gew.Ord. entsprechend anzuwenden. SchmidtLeonhardt, a. a. O. Anm. 2 zu § 43. 11) Dies gilt auch für den durch das Ges. v. 4. März 31 hinzugefügten Abs. 2 (stehe Anm. 20 unter B III3). Hilltg, JurW. 62 S. 2362. 12) Das Ges. ist am 1. Januar 1934 in Kraft getreten. Stehe VO. v. 19. Dezbr. 33 (RGBl. I S. 1085) üher Inkrafttreten u. Durchführung deS Schriftleitergesetzes nebst ErgänzVO. v. 25. Aug. 36 (RGBl. I S. 651). Zu den nicht abgedruckten §§ 34 u. 46 ist die Berfahrensordnung für die Berufsgerichte der Presse v. 18. Januar 34 (RGBl. I S. 40) erlassen. *) Das Presseges. bleibt neben dem unter BIII2 abgedr. Schriftleiterges. vorerst noch in Kraft. Siehe die Anm. 1 unter BIII2. 1) Ein Landesgesetz, welches gewisse Ankündigungen (z. B. von Geheim­ mitteln) nicht allgemein, sondern speziell durch die Presse verbietet, verstößt gegen § 1. GA. 39 S. 196, 197. Das gleiche gilt auch von einer polizeilichen Verfügung. OVG. DIZ. 36 S. 1260, Doch schließt § 1 nicht aus, daß RechtsHandl., die Preßerzeugnisse zum Gegenstände haben, durch Landesgesetze mit Sttafe bedroht werden. E. 37 S. 50. Zu einem Präventivverbot gegenüber Druckschriften ist die Polizei nicht befugt. OVG. JurW. 57 S. 440. Über die Behandlung von Preßstrafsachen siehe Richtlinien für das Straf­

verfahren AB. v. 13. April 35 Nr. 306—319.

488

B m. Schutz der öffentlichen Ordnung.

{ L Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Er­ zeugnisse der Buchdruckerpresse, sowie auf alle anderen, durch mecha­ nische oder chemische Mittel bewirkten, zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungen von Schriften und bildlichen Darstellungen*) mit oder ohne Schrift, und von Musikalien mit Text oder Erläuterungen. Was im folgenden von „Druckschriften" verordnet alle vorstehend bezeichneten Erzeugnisse.

ist gilt für

§ 8. Als Verbreitung*) einer Druckschrift im Sinne dieses Gesetzes gilt auch das Anschlägen, Ausstellers) oder Auslegen der­ selben an Orten, wo sie der Kenntnisnahme durch das Publikum zu­ gänglich ist.

§ 4- Eine Entziehung der Befugnis zum selbständigen Betriebe irgend eines Preßgewerbes oder sonst zur Herausgabe und zum Ver­ triebe von Druckschriften kann weder im administrativen, noch im richterlichen Wege stattfinden. Im übrigen sind für den Betrieb der Preßgewerbe die Be­ stimmungen der Gewerbeordnung maßgebend?)

| 5. Die nichtgewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druck­ schriften kann durch die Ortspolizeibehörde denjenigen Personen ver­ boten werden, welchen nach § 57 Ziff. 1, 2, 4; §57a, 57 b Ziff. 1 u. 2 der Gewerbeordnung ein Legitimationsschein versagt werden darf.

Zuwiderhandlungen gegen ein solches Verbot werden nach g 148 der Gewerbeordnung bestraft?) 2) Betroffen sind hier alle Bervielfältigungsmethoden, auch die Photo­ graphie. E. 4 S. 362. Hierunter fallen nicht mittels einer Schreibmaschine her­ gestellte Durchschläge. Marienwerder LZ. 12 S. 462; überhaupt nicht Ver­ vielfältigungen mittels eines zur Massenherstellung ungeeigneten technischen Verfahrens. Dresden JurW. 60 S. 483; auch nicht Rundfunkdarbietungen; wohl aber Münzen, die nicht Wertträger sind. OVG. JurW. 57 S. 2110. Hand- oder maschinenschriftlich zugesetzte Anschrift oder Anrede oder gering­ fügiger derarttger Zusatz ändern nicht den Charakter als Druckschrift bei Ver­ vielfältigungen von Werdeschreiben RG. JurW. 1934 S. 2152.

3) Verbreiten ist diejenige Tätigkeit, durch welche die Druckschrift einem größeren, wenn auch nach Zahl oder Individualität der Personen begrenzten Kreise zugänglich wird. E. 36 S. 331. Es genügt die Mitteilung an eine Person, wenn dieselbe mit dem Bewußtsein geschieht, daß durch die letztere eine weitere Verbreitung erfolgen werde. R. 6 S. 525. Verbreitung ist gefunden worden in der Aushändigung einiger Exemplare von Druckschriften an den Verfasser. E. 2 S. 270. Versuch der Verbreitung ist undenkbar. 4) Eine kinematographische Aufführung fällt nicht hierunter. 21. Juni 09, GA. 58 S. 210.

OVG. v.

5) Siehe §§ 14, 42, 43, 56 u. 143 GewO. 6) Vgl. Ges. bett, die Sttmmzettel für öffentliche Wahlen v. 12. März 84 (RGBl. S. 17).

BIII3. Preßgesetz § 6.

489

II. Ordnung der Presse.

§ 6. Aus jeder im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druckschrift*) muß der Name und Wohnort7 8)9des Druckers°) und, wenn sie für den Buchhandel, oder sonst zur Verbreitung bestimmt ist,10)11 der Name und Wohnort des Verlegers,") oder — beim Selbstver­ triebe der Druckschrift — des Verfassers oder Herausgebers genannt 7) Für den Begriff der Druckschrift ist entscheidend, ob sie ausschließlich den Zwecken des Gewerbes dient, oder aber ob sie daneben noch andere Zwecke verfolgt. GA. 51 S. 60. Als Druckschrift ist auch anzusehen ein Kalender, der als Gratisbeilage einer Zeitung dient. Hamm v. 5. Septbr. 12, DIZ. 19 S. 176. Der Begriff des Erscheinens deckt sich nicht mit dem der Verbreitung. Galli, Recht 10 S. 82. Auf Druckschriften, deren Inhalt nicht strafbar ist, bei denen vielmehr nur gegen formale Vorschriften des Preßges. verstoßen ist, findet der § 41 des StGB, keine Anwendung. N. 4 S. 235.

8) Als Wohnort des Verlegers ist dessen geschäftliche Niederlassung zu be­ trachten und, wenn der Verleger den Verlag nicht gewerbsmäßig betreibt, dessen Wohnsitz. S t e n g l e i n, Nebengesetze Anm. 7. 9) Drucker ist der gewerbliche Unternehmer der Druckerei, resp, der Ge­ schäftsführer, wenn er vollständiger Vertreter ist. E. 16 S. 144. Bei Benutzung einer einem anderen gehörigen Handpresse ist die Angabe des Eigentümers der letzteren nicht unbedingt erforderlich. Recht 15 Nr. 2494. Sind bei Herstellung einer Druckschrift mehrere Drücker selbständig beteiligt, so muß Namen und Wohn­ ort eines jeden auf der Druckschrift genannt werden. E.21 S. 361. Wird eine Bilderbeilage für verschiedene Zeitungen von einem selbständigen Druckerei­ unternehmen hergestellt, so ist auf ihr der Drucker zu vermerken. KG. DIZ. 32 S. 1560; aber nicht, wenn Drucker des Hauptblatts und der Beilage der gleiche ist. Die Zufügung als Drucker ist nicht erforderlich, wenn es sich schon aus den Umständen ergibt. JFG. Erg.-Bd. 9 S. 352. Für die richtige Angabe des Druckers ist nicht nur der Inhaber der Druckerei, sondern jeder verantwortlich, der die Unterlassung der Angabe oder die unrichtige Angabe vorsätzlich bewirkt hat. R. 4 S. 212 u. 438; also auch jeder nicht selbständige Vertreter des Druckers u. des Verlegers — aber nicht der Redakteur —. E. 27 S. 246; ebenso der Herausgeber als Teilnehmer. DRZ. 22 Nr. 761; jedoch nicht jeder, der nur eine Druckschrift in die Druckerei befördert oder in Bestellung gibt. GA. 46 S. 25.

10) Es ist hier nicht bloß die gewerbsmäßige Verbreitung, sondern über­ haupt jede Verbreitung gemeint. E. 20 S. 63. Es genügt, wenn eine ge­ schloffene Personenmehrheit Kenntnis vom Inhalt der Druckschrift nehmen kann. KG. DIZ. 37 S. 741. Keine Verbreitung liegt in der Inumlaufsetzung eines Rundschreibens bei Vertrauensleuten eines Verbandes. Königsberg JurW. 60 S. 1935. Das Erscheinen ist die erste Verbreitungshandlung, weitere Verbreitung ist straflose Nachtat, OLG. Karlsruhe, BadRspr. 1936, 38. Für die Vorschrift, daß Name und Wohnort des Druckers genannt sein müssen, ist öffentl. Verbreitung aber nicht Voraussetzung. Hamburg LZ. 23 S. 512. 11) Der Drucker haftet für Nennung des Verfassers oder Verlegers, wenn er gewußt hat, daß die Druckschrift zur Verbreitung bestimmt ist. GA. 26 S. 354. E. 39 S. 202. Die Angabe eines falschen Verlegers ist nur strafbar, wenn sie dolo oder culpa bewirkt worden ist. E. 16 S. 144. Das bloße Ver­ breiten einer Druckschrift, auf welcher Drucker und Herausgeber nicht genannt sind, ist nicht strafbar. E. 16 S. 409. KG. DIZ. 12 S. 242.

490

B HI. Schutz der öffentlichen Ordnung.

fein.11)

An Stelle des Namens des Druckers oder Verlegers genügt

die Angabe der in das Handelsregister eingetragenen Firma. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die nur zu den Zwecken des Gewerbes") und Verkehrs,") des häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druckschriften, als: Formulare, Preiszettel, Visitenkarten und dergleichen, sowie Stimmzettel für öffentliche Wahlen, sofern sie nichts weiter als Zweck, Zeit und Ort der Wahl und die Bezeichnung der zu wählenden Personen enthalten.

j 7. Zeitungen und Zeitschriften,")") welch ein monatlichen oder 12) Herausgeber ist derjenige, der ein Werk nicht oder doch nicht vollständig verfaßt hat u. dem Berleger gegenüber den zu druckenden Stoff sammelt und ordnet. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. Die Benennung des Druckers, Verlegers oder Herausgebers muß mit ausdrücklichen Worten und außerhalb des Contextes der Druckschrift geschehen. Stenglein, Nebengesetze Anm. 9; und zwar so deutlich, daß die Entzifferung für jedermann möglich ist. JurW. 1929 S. 3013. Ein Zusatz zum Namen „als Herausgeber", „als Berfaffer" oder „als Drucker" ist aber nicht erforderlich, OLG. München, JurW. 1937 S 3095. Ist der Verleger eine juristische Person, so genügt es, daß diese an­ gegeben wird. KG. JurR. 2 Nr. 903; anders im Falle des Herausgebers. Hamburg GA. 41 S. 435. Bezeichnung von Drucker und Berfaffer mit „Pfarr­ amt N." statt Namen verstößt gegen § 6, es sei denn, daß es sich nur um eine amtliche Mitteilung deS betr. Pfarramts handelt, OLG. München, JurW. 1937 S. 2705. 13) Druckschriften dienen nur dann den Zwecken des Gewerbes im Sinne dieses Paragraphen, wenn sie denselben ausschließlich dienen und dieS sofort aus der Druckschrift erkennbar ist. Das Motiv des Verlegers ist ohne Belang. E. 14 S. 279. GA. 51 S. 59. Diese Ausnahme hat nicht alle mit irgend welchen Zwecken deS Gewerbes zusammenhängenden, sondern nur die dem regelmäßigen geschäftlichen Leben dienenden Druckschriften zum Gegenstände. E. 20 S. 65. So gehört zu den Ausnahmen auch die Geschäftsreklame, sofern sie ausschließlich gewerblichen Zwecken dient und dieser auS der Beschaffenheit der Druckschrift alS solcher hervorgeht, KG. HRR. 1937 Nr. 1283. Ansichtspostkarten, welche einen polittschen oder sozialen Inhalt haben, fallen nicht unter diese Ausnahme. DIZ. 6 S. 462 und auch E. 36 S. 11; wohl aber in der Regel solche, die nur Landschafts- oder Architekturbilder ent­ halten. KG. v. 11. Dezbr. 08, GA. 56 S. 240. 14) Dem Verkehr dienen u. a. Druckschriften, welche den Straßenverkehr zu regeln bestimmt sind, wie Automobilwarnungstafeln, ferner Telegramm- u. Postkartenformulare. 15) Zum Begriff der Zeitung ist wesentlich, daß dieselbe periodisch erscheint, dagegen ist nicht erforderlich, daß eine unbegrenzte Dauer in Aussicht genommen ist, es genügt vielmehr, daß das Erscheinen zu einem bestimmten Zweck und für einen im voraus begrenzten Zeitraum beschränkt wird. Siehe R. 8 S. 483. Zeitschriften sind solche Schriften, die ihrem Plane nach nicht dazu bestimmt sind, ein in sich geschloffenes Ganzes zu bilden. Dresden JurW. 60 S. 483. Verschiedenheit des Titels u. des Erscheinungsortes bedingt auch bei Überein­

stimmung des Inhalts der mehreren periodischen Druckschriften u. bei Identität der an ihr beteiligten Personen eine Mehrheit der strafbaren Kundgebungen. Sogen. Kopfblätter sind vom Hauptblatt verschiedene Druckschriften. Recht 28

Bin3. Preßgesetz §§ 8 u. S.

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kürzeren, wenn auch unregelmäßigen Fristen erscheinen20) (periodische Druckschriften im Sinne dieses Gesetzes), müssen außerdem auf jeder Nummer, jedem Stücke oder Hefte den Namen und SBo^noTt17 * *)18 16 des 19ver 20­21 antwortlichen Redakteurs") enthalten. Die Benennung mehrerer Personen als verantwortliche Redakteutc") ist nur dann zulässig, wenn aus Form und Inhalt der Benennung mit Bestimmtheit zu ersehen ist, für welchen Teil der Druckschrift jede der benannten Personen die Redaktion besorgt. § 8-ie) Verantwortliche Redakteure periodischer Druckschriften dürfen nur Personen sein, welche verfügungsfähig/7) im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind und im Deutschen Reiche ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufentbalt haben. Wer nach gesetzlicher Vorschrift nicht oder nur mit besonderer Zu­ stimmung oder Genehmigung verfolgt werden kann, darf nicht ver­ antwortlicher Redakteur einer periodischen Zeitschrift seht.20) $ 9- Bon jeder Nummer (Heft, Stück) einer periodischen Druck­ schrift muß der Verleger, sobald die Austeilung oder Versendung beginnt, ein Exemplar gegen eine ihm sofort zu erteilende Bescheinigung an die Polizeibehörde des Ausgabeortes unentgeltlich ab­

liefern.22) Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Druckschriften, welche ausschließlich Zwecken der Wissenschaft, der Kunst, des Gewerbes oder der Industrie dienen.220) Nr. 1618. Hierunter fallen auch wiederholt erscheinende Vereinsnachrichten. KG. HRR. 1929 Nr. 1888. 16) Es kommt auf den Willen des Herausgebers an, der dahin gehen muß, daß die Zeitschrift mindestens monatlich erscheinen soll. Gleichgültig ist dabei, wenn eine Monatsnummer ausfällt oder zwei ihrer Monatsnummern zu einer Doppelnummer vereinigt werden. KG. v. 20. Novbr. 24, GA. 70 S. 81. Erscheint die einzelne Nummer in getrennten Teilen (Hauptblatt und Beiblatt), so braucht der Redakteur doch nur einmal genannt zu sein. E. 7 S. 45. 17) Wohnort ist nicht gleichbedeutend mit Erscheinungsort der Zeitung (Zeitschrift). E. 39 S. 105. 18) Die §§ 7 u. 8 sind nach § 45 Abs. 1 des Schriftleiterges. unter B III2 auf Zeitungen und politische Zeitschriften nicht mehr anwendbar; für § 7 tritt 8 20 Abs. 3 b des Schriftleiterges. Hiernach hat die Rechtspr. für § 7 im wesentl. ihre Bedeutung verloren u. ist Weggelaffen. 19) D. h. voll geschäftsfähig. Stettin v. 22. April 33 (ungedruckt). Die Benennung einer unfähigen Person ist nach § 19 strafbar. Vgl. E. 16 S. 16. 20) Abs. 2 beruht auf dem Ges. v. 4. März 1931 (RGBl. I S. 29). 21) Die Druckschrift muß mit allen Beilagen eingeliefert werden. GA. 26 S. 543. Die Vorschrift bezieht sich auch auf Extrablätter. Die Ablieferung kann durch die Post oder Einwerfen des Exemplars in das Postschließfach der Be­ hörde nur dann erfolgen, wenn der Verleger die Gewißheit hat, daß die Be­ hörde in der Lage ist, zur Zeit des Beginns der Auslieferung der Zeitschrift von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Naumburg DRZ. 23 Nr. 619. 21 a) Es kommt auf den Gesamtinhalt des Blattes, an. KG. JurW. 68 S. 1499 u. DRZ. 21 Nr. 427.

492

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

$ 10. Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druck­ schrift, welche Anzeigen aufnimmt, ist verpflichtet, die ihm von öffent­ lichen Behörden mitgeteilten amtlichen Bekanntmachungen") auf deren Verlangen,"') gegen Zahlung der üblichen Einrückungsgebühren in eine der beiden nächsten Nummern des Blattes aufzunehmen.Mb)

§ 11. Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druck­ schrift") ist verpflichtet,»") eine Berichtigung ") der in letzterer mitge­ teilten Tatsachen auf Verlangen einer beteiligten öffentlichen Behörde oder Privatperson*") ohne Einschaltungen oder Weglassungen auf­ zunehmen, sofern die Berichtigung von dem Einsender unterzeichnet 22) Dahin gehört auch die Bekanntmachung eines gegen den Red. selbst ergangenen Urteils. KG. JurW. 62 S. 482. 22 a) Eine bes. Form ist nicht vorgeschrieben. KG. JurW- 62 S. 482. 22 b) Die Aufnahme in den redaktionellen Teil kann nicht gefordert werden. § 10 gilt nur für die Jnseratenpresse. KG. JurW. 58 S. 2367 u. 2368. 23) Große Bedeutung kommt heute der Berichtigungspflicht des 8 11 nicht mehr zu, da Verstöße gegen die Wahrheitspflicht durch Schriftleiter von den Berufsgerichten der Preffe geahndet werden und unter diesem Einfluß stets die wahrheitsgemäße Darstellung, oder Klarstellung erreicht werden kann. Grenze der Berichtigungspflicht besteht überall da, wo durch die etwaige Berichtigung Interessen der Allgemeinheit verletzt werden. Die Pflicht zur Berichtigung liegt dem verantwortlichen Redakteur ob. Vgl. E. 21 S. 23; und zwar dem Redak­ teur derjenigen Nummer des Blattes, in welche die Berichtigung aufzunehmen ist. Celle GA. 63 S. 155. Die Pflicht entsteht mit dem Zugang. Ein an die Firma der Druckschrift adressiertes Berichttgungsschreiben ist nicht ohne weiteres dem Schriftleiter zugegangen. Frankfurt JurW. 60 S. 1934, jedoch das an die Redattion gerichtete. Dresden LZ. 26 S. 124; anders Frankfurt JurW. 61 S. 894. 24) Berichtigen bedeutet nichts weiter als eine veröffentlichte Tatsache anders darstellen. Ob dies „Anders darstellen" wirklich ein Richttgstellen ist, ist für den Berichtigungszwang ohne Bedeutung. Born, RPG S. 72. Daher kann.eine Berichttgung nicht aus dem Grunde abgelehnt werden, weil sie eine Unwahrheit enthalte, E. 24 S. 278, eine Auffassung, die heute nicht mehr gelten kann. Die Berichttgung selbst muß unterzeichnet sein, nicht lediglich das Er­ suchungsschreiben. KG. GA. 49 S. 339. (A. M. BayObLG. LZ. 18 S. 132. Breslau JurW. 57 S. 369. Stettin v. 16. Mai 31 — ungedruckt); die Be­ richttgung seitens einer Behörde handschriftlich von ihrem Leiter. Königsberg JurW. 56 S. 1601. Unterschrift eines Bevollmächtigten genügt nicht. Naum­ burg HRR. 1928 Nr. 2338. KG. JurW- 58 S. 1258. Die Berichtigung muß druckferttg abgefaßt sein. E. 44 S. 5; auch in sich verständlich sein. KG. GA. 96 S. 190. Als Adressat des Ersuchungsschreibens kann die Redaktton bezeichnet werden. Frankfurt JurW. 56 S. 133.« 24 a) Es muß sich um eine die einzelne Persönlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit handeln im Gegensatz zu Interessen, die einem uttdegrenzten Personenkreis gemeinsam sind. KG. GA. 59 S. 475. Frankfurt JurW. 61 S. 894. BayObLG. LZ. 27 S. 1262. Zur Privatperson gehören alle nicht mit juristischer Persönlichkeit ausgestatteten Vereine. Vgl. Breslau GA. 42 S.303. Hüfner, LZ.22 S.585(589). A. M. Frankfurt JurW. 61 S. 894.

Bill3. Preßgesetz § 12.

493

ist, keinen strafbaren Inhalt hat und sich auf tatsächliche Angaben") beschränkt.") Der Abdruck muß in der nach Empfang der Einsendung nächst­ folgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer und zwar in demselben Teile der Druckschrift und mit derselben Schrift, wie der Abdruck des zu berichtigenden Artikels geschehen. Die Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Entgegnung den Raum der zu berichtigenden Mitteilung überschreitet; für die über dieses Maß hinausgehenden Zeilen sind die üblichen Einrückungs­ gebühren zu entrichten.") § 18 Auf die von den deutschen Reichs-, Staats, und Gemeinde­

behörden, von dem Reichstage oder von der Landesvertretung eines Beteiligt ist auch eine örtliche Gruppe eines Verbandes. Hamburg JurW. 56 S. 1601. A. M. KG. JurW. 59 S.1756. 25) Unter tatsächlichen Angaben sind bejahende oder verneinende Mit­ teilungen über äußere mit den Sinnen wahrnehmbare Ereigniffe (in die äußere Erscheinung getretene Vorkommnisse, nicht reine Ergebnisse des Denkprozeffes) verstanden worden. Celle GA. 41 S. 72, Hamburg GA. 42 S. 303. Die Unterscheidung zwischen rein äußerlich wahrnehmbaren Tatsachen und sog. inneren Tatsachen (Beweggründen, Absichten, Zielen) ist unhaltbar und nicht gerechtfertigt. Hamburg GA. 46 S. 392. KG. GA. 69 S. 323. Jedenfalls verliert eine Berichtigung die Bedeutung einer Kundgebung tatsächlicher Angaben nicht dadurch, daß die im ganzen auf bestimmte erkennbare Vorgänge sich beziehenden tatsächlichen Angaben zum Teil äußerlich in urteilende Form gekleidet sind. BayObLG. DIZ. 32 S. 1562. Eine zuverlässige Grundlage für die Frage, ob die Berichtig, auf tatsächl. Angaben beschränkt ist, bietet der Vergleich der Mitteilung, gegen die sich die Berichtig, richtet, mit Wortlaut und Sinn der Bericht, selbst. KG. JurW. 59 S. 1755. Der Zusatz: „Der Inhalt des Artikels ist frei erfunden" überschreitet das Gebiet des Tatsächlichen. KG. DIZ. 36 S. 637. Enthält die Berichttgung teils Tatsächliches, teils Nichttatsächliches, so ist der Redakteur nicht verpflichtet, ersteres auszusondern und aufzunehmen. Hamburg LZ. 21 S. 1428. Mit­ teilungen über erst zukünftig zu erwartende Ereigniffe sind nicht berichtigungs­ fähig. Breslau JurW. 57 S. 369. Auf Inserate bezieht sich der Berichtigungszwäng nicht. Breslau DIZ. 15 S. 1416. Im Übrigen kommt es aber für den Berichtigungszwang nicht darauf an, in welchem Teil einer Zeitung die zu berichtigenden Tatsachen gebracht sind und ob sie nur die Mitteilung eines Dritten oder ein Gerücht wiedergeben. Naumburg HRR. 1930 Nr. 86. Vgl. auch BayObLG. JurW. 59 S. 1314. 26) Erfolgt die durch ein Strafurteil angeordnete Aufnahme der Berich­ tigung nicht, so ist eine neue Bestrafung zulässig. ObTrib. v. 13. Septbr. 77, GA. 25 S. 591. Eine Zwangsvollstreckung im Berichttgungsverfahren gibt es nicht. Horn in GA. 58 S. 129ff., insbes. 359. Die Verjährung beginnt mit dem Erscheinen der nach Empfang des Be­ richtigungsverlangens nächstfolgenden, für den Druck nicht bereits abgeschlossenen Nummer... KG. DIZ. 6 S. 143. BayObLG. JurW. 60 S. 1929. 27) Überschreitet die Berichttgung den Umfang des Arttkels, so berechttgt dieser Umstand den Redakteur nicht, die Aufnahme zu verweigern. Vgl. GA. 25 S. 352. Eine Vorausbezahlung der Jnserttonsgebühren kann der Redatteur nicht verlangen. GA. 42 S. 306; es sei denn, daß er notorisch vermögenslos ist.

494

BIII. Schutz dev öffentlichen Ordnung.

deutschen Bundesstaats ausgehenden Druckschriften finden, soweit sich ihr Inhalt auf amtliche Mitteilungen beschränkt, die Vorschriften der §§ 6—11 keine Anwendung.

§ 13. Die auf mechanischem oder chemischem Wege vervielfäl­ tigten periodischen Mitteilungen (lithographierte, autographierte, metallographierte, durchgeschriebene Korrespondenzen) unterliegen, sofern sie ausschließlich an Redaktionen verbreitet werden, den in diesem Gesetze für periodische Druckschriften getroffenen Bestimmungen nicht.")

§ 14. Ist gegen eine Nummer (Stück Heft) einer im Auslande erscheinenden periodischen Druckschrift binnen Jahresfrist zweimal eine Verurteilung auf Grund der §§ 41 und 42 des Strafgesetzbuchs erfolgt, so kann der Reichskanzler innerhalb zwei Monaten nach Ein­ tritt der Rechtskraft des letzten Erkenntnisses das Verbot der ferneren Verbreitung Meser Druckschrift bis auf zwei Jahre durch öffentliche Bekanntmachung aussprechen.") Die in den einzelnen Bundesstaaten auf Grund der Landes­ gesetzgebung bisher erlassenen Verbote ausländischer periodischer Druck­ schriften treten außer Wirksamkeit.

§ 16. § 16.

(Aufgehoben durch § 19 d. Ges. v. 3. Juni 14, RGBl. S. 195.)

Öffentliche Aufforderungen mittels der Presse") zur Auf­ bringung der wegen einer strafbaren Handlung erkannten Geld­ strafen'^ und Kosten, sowie öffentliche Bescheinigungen mittels der Presse über den Empfang der zu solchen Zwecken gezahlten Beiträge sind verboten'"). 28) Der § 13 bezieht sich nicht bloß auf lithographierte rc. Korrespon­ denzen, sondern auch auf gedruckte der hier bezeichneten Art. KG. I o h o w 5 S. 292. Diese Ausnahmevorschrift gilt nicht gegenüber solchen gesetzt. Be­ stimmungen, die diese Vorschrift nicht übernommen haben. RG. v. 29. Mai 31, Janich, BO. v. 4. Febr. 33 S. 114. 29) Das Verbot erstreckt sich nicht bloß auf die nach dem Verbot erschienenen Nummern, sondern überhaupt auf Verbreitung der Druckschrift. S te n g l e in, Nebenges. Anm. 2 zu § 14. E. 36 S. 413. Mit dem Verbot ist auch der Vostdebit entzogen. S t e n g l e i n, Nebenges. Anm. 6. Eine unter einem neuen Titel und neuer äußerer Einrichtung erscheinende periodische Druckschrift kann als Fortsetzung einer verbotenen Druckschrift erachtet werden. R. 1 S. 66. — An die Stelle des Reichskanzlers ist der Reichsminifter des Innern getreten. 30) Und zwar nicht bloß durch periodische Druckschriften (Zeitungen), Stenglein, Nebenges. Anm. 1. 31) DaS sind wirkliche Strafen; die Buße gehört nicht hierher. E. 26 S. 91. Auf die Geldstrafe muß rechtskräftig erkannt sein. Vgl. Appelius a. a. O. S. 86. Öffentl. Sammlungen für die in Not geratenen Familien­ angehörigen eines Verurteilten sind nicht verboten. Siehe hierzu Guillaume, DIZ. 38 S. 228. 31a) Nach früherem Abs. 2 des § 16 war das zufolge solcher Aufforde­ rungen Empfangene der Ortsarmenkaffe für verfallen zu erklären. Durch BO.

B in 3. Preßgesetz § 17.

495

i 17 Die Anklageschriften oder andere amtliche Schriftstücke") eines Strafprozesses") dürfen durch die Presse nicht eher veröffentlicht toetben,84) als bis dieselben in öffentlicher Verhandlung") kund­ gegeben worden sind oder das Verfahren sein Ende erreicht hat?4) v. 3. Sept. 36 (RGBl. I. S. 715) — s. unter A 5 — ist Abs. 2 aufgehoben und das Einzuziehende gehört der Reichstaffe. 32) Unerheblich, ob es sich um ein wichtiges oder unwichtiges Schriftstück handelt. Naumburg DRZ. 23 Nr. 375. Dahin gehören die in einem Straf­ prozeß ergangenen schriftlichen Gutachten. E. 9 S. 193. Dagegen gehören nicht hierher verkündete Strafurteile. KG. DIZ. 18 S. 170; oder Mitteilungen über erfolgte prozeffualische Vorgänge und strafbare Handlungen. E. 22 S. 273; oder Abschrift einer demnächst der Staatsanwaltschaft einzureichenden Strafanzeige. E. 25 S. 330. Aber auch die auszugsweise Veröffentlichung eines amtl. Schrift­ stückes ist strafbar, unter Umständen selbst dann, wenn sie in Form einer Kritik erscheint. R. 8 S. 570 u. E. 26 S. 79. LZ. 14 S. 928. Macht der Täter solche Mitteilungen gleichzeitig in verschiedenen Zeitungen, so bildet jede Veröffent­ lichung für sich ein besonderes Delikt und tritt also mehrfache Bestrafung ein. R. 8 S. 570. E. 14 S. 340. Vgl. auch E. 28 S. 411. Die Strafbarkeit der Beröffenllichung wird dadurch nicht beseitigt, daß die Schriftstücke wahrheits­ getreue Berichte über die Gerichtsverhandlung enthalten. OR. 17 S. 598. So­ bald aber die Verlesung einzelner Teile in öffentlicher Sitzung stattgefunden hat, ist deren Beröffenllichung erlaubt. E. 15 S. 253; Sten gl ein, Nebenges. Sinnt. 6. Das Schriftstück muß in der Kundgebung als amtliches erkennbar ge­ macht sein. GA. 55 S. 110. 33) Der Ausdruck „Strafprozeß" umfaßt nicht auch das ehrengerichtliche und das Disziplinarverfahren. E. 3 S. 42; wohl aber das staatsanwaltliche oder polizeiliche Bor- oder Ermittelungsverfahren. E. 22 S. 272; auch die polizeiliche Strafverfügung. E. 28 S. 141, sowie Vorgänge über die Bestellung eines Verteidigers. Naumburg DRZ. 23 Nr. 375; Beschlüsse über einen Ent­ haftungsantrag. GA. 44 S. 55; und das sog. objekttve Verfahren gemäß § 42 StGB. E. 44 S. 279. 34) Die Sttafbestimmung richtet sich nicht nur gegen den Redakteur, sondern gegen jedermann. E. 40 S. 360. Cs ist ohne Bedeutung, ob die Veröffentlichung in einer periodischen oder nicht periodischen Druckschrift erfolgt und ob sie von einer Person ausgeht, die sich an der Fertigstellung der Druckschrift beteiligt hat. E. 47 S. 243. 35) Ist überhaupt nich öffenllich verhandelt worden und hat also eine öffenlliche Kundgebung der amtlichen Schriftstücke überhaupt nicht stattgefunden, so ist eine Publikatton der letzteren jedenfalls bis dahin ausgeschlossen, wo das Verfahren sein Ende erreicht hat. E. 15 S. 253. 36) Das Verfahren hat aber erst sein Ende erreicht mit der rechtskräftigen Beendigung. E. 35 S. 275. Das Verfahren ist noch nicht beendet, wenn das Verfahren wegen Unbrauchbarmachung der Exemplare noch schwebt. Recht 12 Nr. 3373. Die Vorschrift des 8 17 setzt ein subjekttves Verschulden des Täters voraus, aber zur Verübung des Delitts genügt dolus eventualis. Doch findet auch hier die Präsumtton der Täterschaft seitens des Redatteurs einer periodischen Druckschrift, wenn dieselbe nicht durch besondere Umstände ausgeschloffen ist, An­ wendung, R. 8 S. 560. Auf ein bloß fahrlässiges Verschulden findet dagegen der §17 keine Anwendung, E. 9 S. 269; wohl aber dann, • wenn es sich um die im

8 21 Abs. 1

bezeichneten Personen handelt. Diese Personen sind nach §21 straf-

496

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

$ 18. Mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten werden bestraft: 1. Zuwiderhandlungen gegen die in den §§ 14, 16 und 17 ent­ haltenen Verbote;")

2. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen88) der §§ 6, 7, *») welche durch falsche Angaben mit Kenntnis der Unrichtigkeit begangen werden,") sowie vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen die Bestim­ mungen des § 8.20) Dieselbe Strafe trifft den Verleger einer periodischen Druckschrift auch dann, wenn er wissentlich geschehen läßt, daß aus derselben eine Person fälschlich oder im Widerspruch mit § 820b) als Redakteur be­ nannt wird.88) $ 19 Mit Geldstrafe bis zu einhundert und fünfzig Reichsmark oder mit Haft werden bestraft: 1. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 6, 7 und 8, welche nicht durch $ 18 Ziffer 2 getroffen sind;") bar, wenn die Veröffentlichung unter dem Einfluß eines tatsächlichen Irrtums aus Fahrlässigkeit erfolgt. E. 36 S. 191. 37) Auf Unbrauchbarmachung einer Druckschrift, die nur ordnungswidrig ist, darf nicht erkannt werden. E. 4 S. 135. Der Tatbestand dieser Delikte setzt ein vorsätzliches Handeln voraus, eine bloß fahrlässige Verschuldung genügt nicht. E. 23 S. 117. Dagegen Appelius S. 106. 38) Hier wird im Gegensatze zu § 19 Nr. 1 nur die wissentlich falsche Benennung unter Strafe gestellt. Vgl. Dresden v. 14. Dezbr. 26, JurW. 56 S. 1599. 39) bezüglich § 6: Urheber der Zuwiderhandlung ist derjenige, welcher durch sein schuldhaftes Verhalten den Tatbestand, welchen das Gesetz reprobiert, verwirklicht hat; es kann dies auch eine zum Druckerpersonal gehörige Person sein, E. 16 S. 144. Recht 8 S. 318 u. GA. 51 S. 354. Die strafrechtliche Verantwortung des Druckergehilfen wird nicht dadurch beseitigt, daß er kraft Vertrages den Weisungen seines Auftraggebers zu folgen hat. Recht 8 S. 318. S t e n g l e i n, Nebenges. Anm. 2Ba. Der Redakteur aber haftet als solcher für die Zuwiderhandlungen gegen den § 6 nicht. E. 27 S. 246. Wird bei dem Vorhandensein mehrerer Drucker nur einer auf der Druckschrift genannt, so liegt darin ein Verstoß gegen den § 6. E. 21 S. 360. Bezüglich des 8 7: Ist der wirkliche Redakteur ein anderer als der auf der Druckschrift Genannte, so liegt eine falsche Angabe vor, die den wirklichen Redakteur nicht von seiner Verantwortung befreit und die den Staat nicht zwingt, sich an den Schein- oder Sitzredakteur zu halten. E. 27 S. 246. Dagegen legen E. 23 S. 9 u. E. 25 S. 180 das entscheidende Gewicht auf die Nennung des Redakteurs. Der vorgeschobene (sog. Sitz-) Redakteur kann Täter, Mittäter oder Gehilfe fein. Auch der fälschlich als Redakteur Bezeichnete, der die falsche Bezeichnung nicht verhindert hat, kann strafbar sein. E. 58 S. 244. 40) Diese Zuwiderhandlung kann nur durch positive unrichtige Angaben, nicht durch bloße Unterlassung der vorgeschriebenen Angaben verübt werden. E. 6 S. 367 u. Meves in GA. 39 S. 26. 41) Der Drucker handelt schuldhast, wenn er eine period. Druckschrift in

497

BIII3. Preßgesetz § 20.

2. Zuwiderhandlungen gegen den $ 9; 3. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 10 und 11. In den Fällen der Ziffer 3 tritt die Verfolgung nur auf An­ trag") ein, und hat das Strafurteil zugleich die Aufnahme des ein­ gesandten Artikels in die nächstfolgende Mummet anzuordnen.") Ist die unberechtigte Verweigerung im guten Glauben") geschehen so ist unter Freisprechung von Strafe und Kosten lediglich die nachträgliche Ausnahme anzuordnen. III. Verantwortlichkeit für die durch die Presse begangenen strafbare« Handlungen.

§ 20 Die Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Strafbarkeit durch den Inhalt einer Druckschrift begründet wird,") bestimmt sich nach den bestehenden allgemeinen Strafgesetzen. Druck nimmt, obwohl ihm ein verantw. Schriftleiter nicht genannt wird, und er die fertige Schrift dem Besteller ohne Angabe des v. Schrift!, ausliefert. KG. Recht 33 Nr. 2284. Der Verfasser einer Druckschrift ist nicht schon durch die Verbreitung der Druckschrift für ihr Erscheinen ohne Druckangabe verant­ wortlich. OLG. Karlsruhe, BadRspr. 1936 S. 38. Mit Berg, aus § 20 besteht für § 19 Biff. 1 Tateinheit. E. 63 S. 340. 42) Nicht nur desjenigen, dessen Berichtigungsverfahren abgelehnt wird, sondern jedes Beteiligten, den die Aufnahme der Berichtigung persönlich nahe anging. KG. Recht 34 Nr. 1187. 43) Die Anordnung richtet sich gegen denjenigen, der z. Zt. der Be­ richtigungsaufnahme v. Redakteur war. KG. DIZ. 33 S. 1554. 44) Als guter Glaube ist nur der entschuldbare Irrtum über Tatsachen anzusehen z. B. über die Eigenschaft des Einsenders. E. 24 S. 278; über den aufzunehmenden Text als amtl. Bekanntmachung, über seine Stellung als v. Red. KG. JurW. 62 S. 482. Nach KG. GA. 59 S. 475 ist guter Glaube auch der entschuldbare Rechtsirrtum über die Grenze zwischen Rechts- und Tatsachenirrtum. 45) ES müssen in der Druckschrift diejenigen Tatbestandsmerkmale ent­ halten sein, in deren Kundgebung die Begehungshandlung besteht. S t e n g l e i n, Nebenges. Vorbemerk, zu § 20. Solche Delikte scheiden daher aus, deren Tatbestand

erst durch das Eintreten eines weiteren, von der Wirkung des gedruckten Wortes abhängigen Erfolges vollendet werden kann wie z. B. bei der Körperverletzung. OLG. Hamm DIZ. 14 S. 374, bei der Erpressung. E. 33 S. 230. Ferner scheiden aus Handlungen, deren Strafbarkeit nicht in der Beschaffenheit des In­ halts der Druckschrift, sondern in anderweitigen Momenten ihren Grund hat, z. B. Nachbildungen von Warenzeichen. E. 42 S. 87. Ein Unterschied zwischen im Jnlande oder im Auslande begangenen Preßvergehen wird nicht gemacht. E.61 S. 22. Auch Mittäterschaft des Redakteurs neben dem Berfaffer ist möglich. E. 9 S. 186. JurW. 56 S. 1489. Einsender von Material ist Mittäter oder Gehilfe. KG. DIZ. 37 S. 174. Der Verleger ist als Verbreiter eines Be­ richtes über Beschimpfung nur dann strafbar, wenn er erkennbar die beschimp­ fenden Äußerungen sich derart zu eigen macht, daß er durch die Verbreitung selbst beschimpft. E. 64 S. 55. — Drucker, Verleger oder Schriftleiter sind nicht schon strafbar, wenn sie die Veröffentlichung von Aufsätzen als möglich

Dalcke, Strafrecht. 32. Aust.

32

498

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Ist die Druckschrift eine periodische,") so i|t46a) der verantwort­ liche Redakteur als Täter zu bestrafen,"") wenn nicht durch besondere Umstände die Annahme seiner Täterschaft ausgeschlossen wird. § 21. Begründet der Inhalt einer Druckschrift den Tatbestand einer strafbaren Handlung, so fittb*46*) * * * * * * * * * * * *

voraussehen und in ihren Willen aufnehmen, die irgendwelche Gesetzesver­ letzungen enthalten können. E. 65 S. 67. Die Nichtschuld deS Verfaffers begründet nicht notwendig die Nichtschuld deS Redakteurs; so kann dem ersteren der § 193 des StGB, zur Seite stehen, dem letzteren dagegen nicht. E. 24 S. 304 u. E. 26 S. 18. 45 a) Diese gesetzt. Tälerschaftsvermutung für den v. Red. trifft nach In­ krafttreten deS Schnftleiterges. (BIII 2) nur für unpolitische Zeitschriften zu. Damit ist die umfangreiche Rechtspr. für § 20 Abs. 2 in der Hauptsache be­ deutungslos geworden u. nicht mehr berücksichtigt. 45 b) Voraussetzung ist, daß der Inhalt der per. Druckschr. eine strafbare Handlung begründet. Handelt es sich um eine preßgesetzl. Ordnungsvorschrift (z. B. unvollständige Angabe des Impressums), so sind die Schrift!, nur dann als Täter zu belangen, wenn ihnen eine schuldhafte Verursachung der Vorschriftswidrigkeit tatsächl. nachgewiesen wird. Dresden DRZ. 25 Nr. 72. 46) Erfordernis ist nur, daß der Inhalt der Druckschrift den äußeren Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet. E. 5 S. 354/6. Die Dem Urheber der Veröffentlichung zur Seite stehenden Schuld- u. Strafausschließungs­ gründe hindern nicht die Verfolgung aus § 21. E. 59 S. 181; auch nicht der Um­ stand, daß der Berfaffer sich auf § 193 StGB, berufen kann. Das Fahrlässigkeits­ vergehen des § 21 schließt überhaupt die Anwendung des § 193 StGB. aus. E. 64 S. 134. Hier handelt es sich nicht um fahrlässige Begehung deS durch den Inhalt der Druckschrift begründeten Delikts resp, um Teilnahme an einem solchen, vielmehr wird hier ein dem Preßrecht eigentümliches Fahrlässigkeitsdelikt ge­ schaffen. E. 18 S. 293 u. E. 38 S. 379. Die Fahrlässigkeit muß nachgewiesen werden. E. 59 S. 181. Eine Fahrlässigkeit kann darin gefunden werden, daß der Redakteur keine Anordnung getroffen hat, die ein Nachprüfen der Korrektur­ bogen sicherstellt. GA. 62 S. 325; oder daß er für den Fall seiner vorüber­ gehenden Abwesenheit die Stellvertretung dem Verleger überlassen hat. JurW. 61 S. 1897. Düsseldorf JurR. 2 Nr. 231. Auch starke, die Prüfung der Druck­ schriften unmöglich machende Arbeitslast kann den A. nicht entlasten. JurW. 60 S. 1927. A. M. Erk. v. 5. Febr. 07, Stenglein, Nebengesetze Anm. 7d. Der § 21 betrifft alle Druckschriften, nicht bloß die periodischen. R. 9 S. 572. Eine bestimmte Persönlichkeit, nicht bloß der in der Druckschrift Benannte, also auch der Vertreter muß festgestellt werden. JurW. 58 S. 1032. Derjenige, welcher einen Verlag kaust, soll nach E. 19 S. 357 aus § 21 verantwortlich sein, wenn er sich über den Inhalt der verlegten Werke nicht unter­ richtet. Vgl. auch R. 3 S. 826. Der Verleger kann sich von der Verantwort­ lichkeit aus § 21 durch die Bestellung eines zuverlässigen Redakteurs befteien, namentlich wenn das Unternehmen ein sehr umfangreiches ist. E. 23 S. 275. Die Bestrafung aus § 21 erfolgt wegen einer dem Preßgewerbe eigentüm­ lichen Fahrlässigkeit, nicht wegen der in der Druckschrift enthaltenen strafbaren Handl. E. 66 S. 31 (33). Die Bestrafung aus § 20 schließt die Bestrafung aus § 21 auS. Ist dem Täter der Vorsatz bei dem durch den Inhalt der Druckschrift begründeten Delikt nachgewiesen, dann ist die Annahme ausgeschlossen, daß er die Verbreitung

499

B III 3. Preßgesetz § 21. der verantwortliche SRebatteut,46 * * *) *** der Verleger,

der Drucker, derjenige, welcher die Druckschrift gewerbsmäßig vertrieben oder

sonst öffentlich verbreitet hat (Verbreiter), soweit sie nicht nach § 20 als Täter oder Teilnehmer zu bestrafen

sind, wegen Fahrlässigkeit mit Geldstrafe oder mit Hast

oder mit

Festungshaft oder Gefängnis biS zu einem Jahre zu belegen, wenn sie nicht die Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt oder Umstände

nachweisen, welche diese Anwendung unmöglich gemacht haben.

Die Bestrafung bleibt jedoch für jede der benannten Personen ausgeschlossen, wenn sie als den Verfasser oder den Einsender,"^ mit

dessen Einwilligung die Veröffentlichung geschehen ist, oder, wenn es

sich um eine nicht periodische Druckschrift handelt, als den Herausgeber

derselben, oder als einen der in obiger Reihenfolge vor ihr Benannten

eine Person bis zur Verkündigung des ersten Urteils nachweist,47)

welche in dem Bereich der richterlichen Gewalt eines deutschen Bundes­ staats sich befindet, oder falls sie verstorben ist, sich zur Zeit der Ver­

öffentlichung befunden hat; hinsichtlich des Verbreiters ausländischer aus Fahrlässigkeit herbeigeführt habe. Daher ist auch eine Bestrafung aus § 21 nicht um deswillen statthaft, weil eine Bestrafung nach den allgemeinen Strafgesetzen mangels eines Strafantrages nicht möglich ist. E. 41 S. 49. 46a) Nicht aber der Schriftleiter; vgl. Schmidt-Leonhardt, Komm. Sinnt. 9 zu 8 20. 46 b) Die Benennung des Einsenders liegt nicht in der Angabe des Red., er habe den Aufsatz int Wege des Matern-Austausches von einer anderen Zei­ tung erhalten. E. 66 S. 31. 47) Den Vormann nach weisen bedeutet erheblich mehr, als ihn bloß namhaft machen oder bezeichnen, vielmehr muß die Verantwortlichkeit des Vormanns durch liquide Beweismittel klar gestellt oder doch bescheinigt sein. E. 24 S. 391. Die Anwendung des Abs. 2 wird aber durch die rechtskräftige Freisprechung des Vormanns nicht ausgeschloffen. E. 39 S. 408. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Nachweises; die Benennung des Vormanns ist also un­ wirksam, wenn dieser in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der Druckschrift und dem Nachweise sich der Strafverfolgung entzogen hat. E. 24 S. 321. Nach JurW. 60 S. 1927 ist zu prüfen, ob ein unmittelbares Vorgehen gegen die bezeichnete Person gerechtfertigt gewesen wäre. Dem Nachweise steht der Fall gleich, wenn der Vormann der Strafverfolgungsbehörde auf andere Weise be­ kannt geworden ist; es ist nicht notwendig, daß dies in einem gegen den Nach­ mann schwebenden Verfahren geschehen ist. E. 22 S. 431 u. E. 24 S. 321. Die im 8 21 Abs. 2 unter den dort angegebenen Voraussetzungen ein­ tretende Straflosigkeit bezieht sich nur auf die Fahrlässigkeitsstrafen, nicht aber auf die Fälle der wissentlichen Beihilfe zu dem durch die Presse verübten Delikt. GA. 23 S. 452. Im Falle einer Beleidigung darf die Strafe des 8 200 StGB. (Veröffentlichung) nicht verhängt werden, wenn nur wegen des im 8 21 vorgesehenen Fahrlässigkeitsdeliktes erkannt ist. E. 13 S. 319, doch ist H 41 StGB, anwendbar. E. 66 S. 31.

500

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Druckschriften aujserbem,48) wenn ihm dieselben im Wege des Buch­

handels zugekommen sind.48)

§ 22.

IV. Verjährung.»«) Die Strafverfolgung") von Vergehen^), welche durch die

48) Unter dem Verbreiter, dem die ausländischen Schriften im Wege des Buchhandels zugekommen sind, ist nicht auch der zu verstehen, der, ohne selbst Buchhändler zu sein, die ausländische Schrift vom Buchhändler bezieht oder dem sie vom Buchhändler in Ausübung seines Gewerbes zur Verbreitung über­ geben wird. E. 23 S. 110. 49) Bezüglich des örtlichen Gerichtsstandes siehe § 7 Abs. 2 StPO. 50) Fassung des § 22 beruht auf dem Gesetz zur Änderung des Straf­ gesetzbuches v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 839). Nur die Verfolgung der straf­ baren Handlung verjährt, nicht die des Urhebers. E. 22 S. 431. E. 59 S. 181. Voraussetzung ist eine vollendete Preßstraftat. E. 61 S. 28. Im 8 22 ist die Frage der Verjährung generell dahin geregelt, daß alle Vergehen (nicht Verbrechen), welche durch die Presse verübt werden, der einjährigen Ver­ jährung unterliegen, und zwar nicht bloß die Verstöße gegen preßpolizeiliche Vorschriften, sondern auch diejenigen, deren Strafbarkeit durch den Inhalt der Druckschrift begründet wird, so daß also die einjährige Verjährung im Falle der Verübung durch die Presse auch da eintritt, wo sonst die fünfjährige Verjährung Platz greifen würde; so z.B. auch bei Verbreitung staatsfeindlicher Schriften, soweit dieses ausnahmsweise kein Verbrechen ist, Erl. d. RIM. v. 18. Mai 36, abgedr. bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, S. 353. Nach eingetretener Verjährung kann auch die strafrechtliche Verfolgung nicht wegen Vergehen gegen § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB, eintreten. E. 38 S. 70. HRR. 1930 Nr. 1581. Stenglein, Nebengesetze Anm. 3. Auch das in der Einsendung des Manuskripts liegende Vergehen gegen §186 StGB, unterliegt der kurzen Verjährung des § 22. Königsberg JurW. 60 S. 486. Die kurze Verjährungs­ frist gilt auch für strafbare Handlungen, die durch Veröffentlichung in der aus­ ländischen Presse begangen sind. E. 61 S. 19 (27). Die Verjährung beginnt mit dem Tage der Verbreitung (Veröffent­ lichung) und zwar dem Zeitpunkt des ersten Aktes der Verbreitung, KG. HRR. 1937 Nr. 1283. Die einzelnen sukzessiven Akte, welche durch Verlag und Vertrieb einer Druckschrift bedingt sind, können als eine einzige Handlung aufgefaßt werden. In diesem Falle beginnt die Verjährung mit dem letzten Verbreitungsakte. R. 9 S. 483. E. 32 S. 69. A. M. Dresden JurW. 60 S. 967. Bei den Zuwider­ handlungen gegen die §§ 6, 7 u. 8 des Gesetzes beginnt die Verjährung mit dem ersten Verbreitungsakte, mit dem auch die Tat abgeschlossen ist. E. 24 S. 350. § 22 setzt voraus, daß das Verg. ausschließlich durch Verbreitung von Druckschrift begangen ist, daß der Inhalt der Druckschrift als solcher die straf­ bare Handlung erkennen läßt. Jena JurW. 59 Nr. 1759. HRR. 1933 Nr. 458. Die kurze Verjährung greift nicht Platz, wenn durch Versendung der gedruckten Prospekte eine Ausspielung veranstaltet ist, da die Durch­ führung des Spielunternehmens nicht auf der Druckschrift beruht. E. 63 S. 322; auch nicht, wenn die in Betracht kommende Straftat schon vor der Verbreitung der Druckschrift vollendet ist (Gebrauch eines Warenzeichens in einer Annonce). E. 40 S. 270. Sie gilt auch nicht, wenn die Veröffentlichung in der Presse vom Täter beabsichtigt und ein geleitet wurde, aber gegen seinen Willen nicht erfolgt ist. E. 61 S. 19. Auf die Verbreitung solcher Gegenstände, die durch die Verbindung einer Druckschrift mit einer anderen Sache, die keine

B III 3. Preßgesetz § 23.

501

Verbreitung von Druckschriften strafbaren Inhaltes62») begangen werden, sowie der nach §§ 18 und 21 dieses Gesetzes strafbaren Vergehen ver­

jährt in einem Jahr. V. Beschlagnahme.»») § 23.

Eine Beschlagnahme von Druckschriften") ohne richterliche

Anordnung findet nur statt: 1. wenn eine Druckschrift den Vorschriften der §§ 6 und 7 nicht

entspricht, oder den Vorschriften des § 15 "a) zuwider verbreitet

wird, 2. (gegenstandslos geworden), 3. wenn der Inhalt einer Druckschrift den Tatbestand einer der

in den §§ 85, 95,"b) 111, 130 oder 184"°) des deutschen Straf­

gesetzbuchs mit Strafe bedrohten Handlungen begründet, in den Fällen der §§ 111 und 130 jedoch nur dann, wenn dringende Druckschrift ist, findet § 22 nur dann Anwendung, wenn es sich um ein Preß­ erzeugnis (nicht z. B. um Etikette auf Zigarrenkisten) handelte. E. 42 S. 87. BayObLG. LZ. 26 S. 1315. Auch bei strafbarem Nachdruck findet die Ver­ jährungsfrist aus diesem § keine Anwendung. E. 20 S. 181; ebensowenig bei Betrug. HRR. 1933 Nr. 458; wohl aber bei 8 40 Nr. 2 PatGes. BayObLG. JurW. 58 S. 1492 u. bei § 4 UWG. E. 53 S. 276. E. 66 S. 145. RG. JurW. 1938 S. 3229. A. M. Jena HRR. 1930 Nr. 1580. Keine Anwen­ dung bei Wiederholung gedruckten unwahren Geschäftsberichtes des Aufsichts­ ratsvorsitzenden einer Genossenschaft in der Generalversammlung durch einen Dritten mit seinem Wissen und Wollen. RG. JurW. 1934 S. 563. 51) Über Bearbeitung des Verfahrens siehe die in Anm. 1 angeführte AB. v. 13. April 35 (Richtlinien für das Strafverfahren). 52) Aber nur Vergehen; die Übertretungen, auch die im 8 19 erwähnten, verjähren nach § 67 Abs. 3 StGB, in drei Monaten. Mot. S. 20. Die Berj. wird, wie nach § 68 StGB, nicht durch eine Handl., die erst die Ermittlung des Täters zum Ziele hat, unterbrochen. DIZ. 34 S. 376. 52 a) Strafb. Inhalt ist das, was nach dem Tatbestände der jeweils in Frage kommenden Zuwiderhandlung zu deren Verwirklichung Gegenstand der Mitteilung sein muß. E. 66 S. 145. 53) Es wird hier nur die polizeiliche Beschlagnahme geregelt, bezüglich bet/ richterlichen bewendet es bei den allgemeinen Vorschriften der StPO., aber auch für letztere sind die §§27 u. 28 dieses Ges. maßgebend. A p p e l i u s S. 219. Siehe jetzt § 8 BO. v. 4. Febr. 33 (unter B I 9). Eine Beschlagnahme kann immer erst vorgenommen werden, wenn bereits die Veröffentlichung stattgefunden hat. A p p e l i u s S. 225. A. M. Stenglein, Nebengesetze Anm. 2. 54) Die Beschlagnahme ist auch vor Stellung des Strafantrages zuläffig. Siehe Anm. zu § 94 StPO. 54 a) An Stelle des aufgehobenen § 15 ist sachlich § 10 des Ges. v. 3. Juni 14 (abgedruckt in Anm. 11 zu § 92 StGB.) getreten. 54 b) Gegenstandslos geworden. 54c) auch den Tatbestand des § 184b, aber nicht den deS § 184a. Älefoto, StPO. Anm. 3 zu'§ 23 Preßges.

502

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Gefahr besteht, daß bei Verzögerung der Beschlagnahme die Aufforderung oder Anreizung ein Verbrechen oder Vergehen unmittelbar zur Folge haben werde.

§ 24.

Über die Bestätigung oder Aufhebung der vorläufigen

Beschlagnahme hat das zuständige Gericht zu entscheiden.^) Diese Entscheidung muß von der Staatsanwaltschaft binnen vier­ undzwanzig Stunden nach Anordnung der Beschlagnahme beantragt und von dem Gericht binnen vierundzwanzig Stunden nach Empfang des Antrags erlassen werden. Hat die Polizeibehörde die Beschlagnahm ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft verfügt, so muß sie die Absendung der Verhand­ lungen an die letztere ohne Verzug und spätestens binnen zwölf Stun­ den bewirken. Die Staatsanwaltschaft hat entweder die Wiederaus­ hebung der Beschlagnahme mittels einer sofort vollstreckbaren Ver­ fügung anzuordnen, oder die gerichtliche Bestätigung binnen zwölf Stunden nach Empfang der Verhandlungen zu beantragen. Wenn nicht bis zum Ablaufe des fünften Tages nach Anordnung der Beschlagnahme der bestätigende Gerichtsbeschluß der Behörde, welche die Beschlagnahme angeordnet hat, zugegangen ist, erlischt die letztere und muß die Freigabe der einzelnen Stücke erfolgen.

§ 25. Gegen den Beschluß des Gerichts, welcher die vorläufige Beschlagnahme aushebt, findet ein Rechtsmittel nicht statt.66) § 26. Die vom Gericht bestätigte, vorläufige» Beschlagnahme ist wieder aufzuheben,°?) wenn nicht binnen zwei Wochen nach der Be­ stätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet worden ist.68)

§ 27. Die Beschlagnahme von Druckschriften trifft die Exemplare nur da, wo dergleichen zum Zwecke der Verbreitung sich befinden.^) Sie kann sich auf die zur Vervielfältigung dienenden Platten und 55) Zuständig ist vor Erhebung der öffentl. Klage der Amtsrichter des Bezirks, in welchem die Beschlagnahme stattgefunden hat, nach Erhebung der ö. Kl. der jeweilig mit der Sache befaßte Tatrichter. Ste ng le in , Neben­ gesetze Anm. 1 Abs. 3. 56) Jedoch § 8 VO. v. 4. Febr. 33 (unter B I 9). Der die Beschlagnahme bestätigende Beschluß kann aber mit der einfachen Beschwerde angefochten werden. 57) Der § findet nur auf die vorläufige, nicht auf die gerichtliche Beschlag­ nahme Anwendung. E. 30 S. 323 (324). 58) d. h. wenn nicht die Eröffnung der Voruntersuchung oder des Haupt­ verfahrens beschlossen ist. S t e n g l e i n, Nebengesetze Anm. 2. 59) Die in den Privatbesitz übergegangenen Exemplare dürfen nicht be­ schlagnahmt werden, auch nicht die, welche in den Lesezimmern geschlossener Ge­ sellschaften ausliegen, wohl aber die, welche sich in öffentlichen Lokalen befinden, zu denen jedermann Zutritt hat. A p p e l i u s S. 235. H ä n tz s ch e l Anm. 3 b.

B III 3. Preßgesetz §§ 28—30.

603

Formen erstrecken; bei Druckschriften im engeren Sinne hat auf An­ trag des Beteiligten statt Beschlagnahme des Satzes das Ablegen deS letzteren zu geschehen.

Bei der Beschlagnahme sind die dieselbe veranlassenden Stellen der Schrift unter Anführung der verletzten Gesetze zu bezeichnen.")

Trennbare Teile der Druckschrift (Beilagen einer Zeitung rc.), welche nicht-

Strafbares enthalten, sind von der Beschlagnahme auszuschließen. § 28.

Während der Dauer der Beschlagnahme60 61)62ist die Ver­

breitung der von derselben betroffenen Druckschrift oder der Wieder­

abdruck der die Beschlagnahme veranlassenden Stellen unstatthaft.") Wer mit Kenntnis63)64der verfügten Beschlagnahme dieser Be-, stimmung entgegenhandelt, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bi- zu sechs Monaten bestraft.

§ 29. Zur Entscheidung über die durch die Presse begangenen Übertretungen sind die Gerichte auch in denjenigen Bundesstaaten (Ländern)

ausschließlich zuständig, wo zur Zeit noch deren Aburteilung den Ver­ waltungsbehörden zusteht.")

VI. Schlußbestimmnngen. § 30.

Die für Zetten der Kriegsgefahr, des Krieges, des erklärten

Kriegs- (Belagerungs-) Zustandes oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in bezug auf die Presse bestehenden besonderen gesetzlichen Bestimmungen bleiben auch diesem Gesetze gegenüber bis auf weiteres in Kraft. 60) Ist dies nicht geschehen, so ist zwar die Verbreitung und Vervielfältigung des ganzen Inhalts der Druckschrift unstatthaft und strafbar, dagegen fällt der Abdruck einzelner Stellen nicht unter § 28, da ja nicht feststeht, welche Stellen inkriminiert worden sind. OTr. GA. 24 S. 633.

61) Die Wirksamkeit der Beschl. beginnt mit der Anordnung und dauert, bis sie aufgehoben wird oder erlischt. Stengle in, Nebengesetze Anm. 1. E. 37 S. 254. 62) Ob dies Verbot sich auch auf die Druckschriften bezieht, welche wegen Übertretung der Ordnungsvorschriften beschlagnahmt sind, ist bestritten, die Frage

wird aber, da das Gesetz keinen Unterschied macht, zu bejahen sein. Der Wieder­ abdruck einer beschlagnahmten Schrift in Form eines Berichts über eine Ge­ richtsverhandlung, auch wenn dieselbe dort verlesen ist, ist strafbar. München GA. 26 S. 229. 63) Es genügt, daß der A. auf irgend einem Wege — auch durch irgend eine gelegenll. Mitteilung — von der Polizei!, oder gerichtl. Beschlagnahme Kenntnis erlangt hat. JurR. 3 Nr. 564. Recht 31 Nr. 770. 64) Polizeiliche Strafverfügungen sind daher in Preßsachen nicht zulässig. Dresden JurW. 58 S. 1072. Karlsruhe JurVK 61 S. 1768. Stenglein, Nebengesetze Anm. zu § 29. Die Nichtigkeit der Strafverfügung kann durch das nachfolgende gerichtliche Verfahren behoben werden. Dresden HRR. 1931 Nr. 479. — Der Abs. 2 des § 29 hat seine Bedeutung durch § 143 GBG. verloren und ist daher fortgelassen.

504

BIII, Schutz der öffentlichen Ordnung.

Das Recht der Landesgesetzgebung,'8e) Vorschriften über das öffent­ liche Anschlägen, Anheften, Ausstellen, sowie die öffentliche, unentgelt­ liche^') Verteilung von Bekanntmachungen, Plakaten88) und Aufrufen zu erlassen, wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dasselbe gilt von den Vorschriften der Landesgesetze über Abgabe von Freiexemplaren an Bibliotheken und öffentliche Sammlungen. Vorbehaltlich der auf den Landesgesetzen beruhenden allgemeinen Gewerbesteuer findet eine besondere Besteuerung der Presse und der einzelnen Preßerzeugnisse (Zettungs- und Kalenderstempel, Abgaben von Inseraten rc.) nicht statt.

§ 31

nicht mehr beachtlich.

B III4. Gesetz öder die Feiertage. Vom 27. Februar 1934. (RGBl. I S. 129).

§ § § §

1. Der nationale Feiertag des deutschen Volkes ist der 1. Mai. 2. Der 6. Sonntag vor Ostern (Reminiszere) ist Heldengedenktag?) 3. Der 1. Sonntag nach Michaelis ist Erntedanktag. 4. Außer den in den §§ 1 bis 3 bestimmten nationalen Feier­

tagen und den Sonntagen sind Feiertage: 1. der Neujahrstag, 2. der Karfreitag, 66) Die 88 9,10,41 des pr. Preßgesetzes v. 12. Mai 51 sind durch Ges. v. 28. Novbr. 25 (GS. S.169) aufgehoben. Die landesrechtl. Regelung des Plakatwesens wird aber dadurch nicht berührt. KG. JurW. 55 S. 2222. Dresden GA. 76 S. 249. Eine PBO., die das Anschlägen von Anzeigen auf bestimmte Örtlich­ keiten beschränkt, ist rechtsgültig. KG. JurR. 3 Nr. 784; nicht solche, die den Schutz des Säulenmonopolinhabers zum Gegenstand nehmen. KG. GA. 72 S. 197; auch nicht solche, die das Verteilen von Reklameschriften von Polizei!. Genehmigung abhängig machen. KG. DIZ. 35 S. 1130. 67) Wenn Verteiler vom Empfänger keine Bezahlung erhält. KG. Johow 41 S. 406 u. JurW. 53 S. 328. 68) Plakat ist jedes öfftl. angeschlagene Schriftstück. Daher gehören dahin Zeitungsteile, nicht ganze Zeitungen. BayObLG. JurR. 2 Nr. 2422. Auch sog. Wanderplakate, die zwecks Verbreitung von Personen getragen oder auf Fahr­ zeugen mitgeführt werden. BayObLG. DIZ. 34 S. 1622. Zu BIII 4: 1) Nach dem Erl. d. Führers v. 25 Febr. 39 (RGBl. I S. 322) ist Heldengedenktag der 16. März, falls dieser Tag auf einen Sonntag fällt, andernfalls der diesem Tage vorangehende Sonntag. Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung ist der 9. Novbr.

B III 4. Gesetz über die Feiertage §§ 5—7.

3. 4. 5. 6. 7.

der der der der der

505

Ostermontag, Himmelfahrtstag, Pfingstmontag, Bußtag am Mittwoch vor dem letzten Trinitatissonntag, erste und der zweite Weihnachtstag. *

§ 5. (1) Außer den im § 4 genannten Feiertagen ist in Gemeinden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung das Reformationsfest, in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung der Fronleichnamstag entsprechend dem bisherigen Brauch Feiertag. (2) Der Reichsminister des Innern oder die von ihm beauftragten Behörden bestimmen,2) in welchen Gemeinden die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen.

§ 6. Die durch dieses Gesetz erschöpfend festgelegten Feiertage sind Fest- oder allgemeine Feiertage im Sinne reichs- oder landes­ rechtlicher Vorschriften. § 7. (1) Der Reichsminister des Innern wird ermächtigt, im Ein­ vernehmen mit dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propa­ ganda Vorschriften über den Schutz der Sonn- und Feiertage, auch der rein kirchlichen Feiertage, zu erlassen. (2) Die Bestimmungen über die Gestaltung der nationalen Feier­ tage (§§ 1 bis 3) erläßt der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern.

Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage. Vom 16. März 1934 (RGBl. I S. 199) in der Fassung der VO. vom 1. April 1935.

§ 1. Die in dem Gesetz über die Feiertage anerkannten Feiertage und Sonntage sind, soweit über die Zeitdauer des Schutzes nichts anderes bestimmt ist, von Polizeistunde zu Polizeistunde nach Maß­ gabe folgender Vorschriften geschützt. § 2. Verboten sind*) alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten"), die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu beeinträchtigen"), sofern 2) Vgl. BO. v. 18. Mai 34 (RGBl. I S. 394). 1) Zur BO.: Strafvorschrift: § 366 Nr. 1 StGB, (unter A 2). la) Arbeiten, die von unbestimmt welchen und wievielen Personen wahr­ genommen wurden oder hätten wahrgenommen werden können, wenn die Personen ihr Augenmerk darauf gerichtet hätten. OLG. München JurW. 1935 S. 2985. Zu den bemerkb. Arbeiten gehört auch das fortgesetzte ge­ schäftige Ziehen von einem Haus zum anderen mit einer Mappe, die mit zu vertreibenden Broschüren — wenn auch religiösen Inhalts — gefüllt ist, unter Anpreisung auf den Fluren unverschlossener Häuser. KG. DIZ. 38 S. 1566. Id) Geräuschentwicklung ist nicht erforderlich; es genügt jede äußer­ lich wahrnehmbare Erscheinung, die unter Berücksichtigung von Ort und

506

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

ihre Ausführung nicht nach Reichsrecht besonders zugelassen ist. Weiter­ gehende reichsrechtliche Verbote werden hiervon nicht berührt.

§ 3. Das Verbot des § 2 Satz 1 gilt nicht: 1. Für den Betrieb der Deutschen Reichspost und der Deutschen Reichsbahnlc) sowie sonstiger Eisenbahnunternehmungen; 2. für unaufschiebbare Arbeiten, die zur Befriedigung häuslicher oder landwirtschaftlicher Bedürfnisse, zur Abwendung eines erheblichen Schadens an Gesundheit oder Eigentum, im In­ teresse öffentlicher Einrichtungen oder Anstalten, zur Verhü­ tung eines Notstandes") oder zur Vorbereitung der am fol­ genden Tage stattfindenden Märkte erforderlich sind; 3. für leichtere Arbeiten in Hausgärten oder diesen gleichzuachten­ den Gärten, die von den Besitzern selbst oder ihren Angehö­ rigen vorgenommen werden. § 4. (1) Während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes sind verboten: 1. Öffentliche Versammlungen, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird; 2. alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen, sofern nicht ein höheres Interesse der Kunst, Wissenschaft oder Volksbildung oder ein politisches Interesse vorliegt; 3. Auf- und Umzüge, sportliche und turnerische Veranstaltungen sowie Hetz- und Treibjagden auf Wild, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird.»)») (2) Die Reichsminister des Innern und für Bolksaufklärung und Zeit der Vornahme (z. B. Verkauf von Zeitungen an Kirchenbesucher in unmittelbare Nähe der Kirche. KG. JFGErg. 14 S. 133 u. 136) auf die allgemeine sonntägl. Stimmung und innere Sammlung ärgerniserregend einwirkt. lc) Ohne Rücksicht darauf, ob der Betrieb zum Nutzen der Bahn und der Fahrgäste oder einzelner Beamter, ob er entgeltlich oder unent­ geltlich erfolgt. KG. in JFGErg. 14 S. 138. ld) Notstand ist ein durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis geschaffener Zustand der Gefahr des Eintritts eines unverhältnis­ mäßig hohen, insbes. wirtschaftlichen Schadens. OLG. München JurW. 1935 S. 2985. 2) Das Verbot von Hetz-und Treibjagden während des Gottesdienstes ist jetzt ohne sachliche Änderung ersetzt durch § 35 Nr. 15, § 60 Abs. 2 Nr. 8 RJagdges. (unter B X 1). 3) Nicht nur regelrechte Treibjagden im engsten waidmännischen Sinn, sondern jede Jagd, bei der eine größere Anzahl vop Jägern oder Treibern sich beteiligt und bei der die Treiber Lärm verursachen, um das Wild aufzuscheuchen, an der willkürlichen Fortbewegung zu verhindern und zum Anlauf bei den Schützen zu veranlassen. BayObLG. JurW. 1934 S. 2709.

B UI 4. Gesetz über die Feiertage §§ 5—8.

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Propaganda sowie die obersten Landesbehörden können aus wichtigen Gründen Ausnahmen zulassen. § 5. Am Karfreitag und am Bußtag3a) sind, abgesehen von den Vor­ schriften der §§ 2 bis 4, verboten: 1. Sportliche und turnerische Veranstaltungen gewerblicher Art und ähnliche Darbietungen sowie sportliche und tmnerische Veranstaltungen nicht gewerblicher Art, sofern sie mit Auf­ oder Umzügen, mit Unterhaltungsmusik oder Festveranstal­ tungen verbunden sind; 2. in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen jeder Art"); 3. alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veran­ staltungen, sofern bei ihnen nicht der diesen Tagen entspre­ chende ernste Charakter gewahrt ist.4* )*5 * § «.")

§ 7. (1) Am Vorabend des Oster- und Weihnachtsfestes,4) sind öffentliche Tanzlustbarkeiten verboten. (2) Als öffentliche Tanzlustbarkeiten gelten nicht Veranstaltungen, bei denen ausschließlich deutsche Volkstänze getanzt werden. § 8. (1) Zum Schutze staatlich nicht anerkannter kirchlicher Feier­ tage können die obersten Landesbehörden für Gemeinden mit über­ wiegend evangelischer Bevölkerung Bestimmungen für evangelische kirchliche Feiertage, für Gemeinden mit überwiegend katholischer Be­ völkerung Bestimmungen für katholische kirchliche Feiertage erlassen. Die Bestimmungen haben sich im Rahmen der §§ 2 bis 4, für kirchliche Totengedenktage außerdem im Rahmen des § 6 zu halten. 3a) Am Bußtag nur in der Zeit von 6 bis 19 Uhr (BO. v. 28. Oktbr. 38, RGBl. I S. 1514). 3 b) Güt nur für öffentlich zugängliche Veranstaltungen (RdErl. d. RF^uChdDtPol. v. 10. März 37, RMBliB. S. 395). 4) Kleinkunstbühnen und ähnliche Unternehmungen, die der Unter­ haltung dienen, fallen auch dann unter Ziff. 3, wenn sie nebenher Gast­ stättenbetrieb haben (RdErl. des RuPrMdJ. v. 6. Novbr. 34 — MBliB. S. 1421 —). 4a) An die Stelle des § 6 ist getreten § 1 der BO. über den Schutz des Heldengedenktages v. 8. März 39 (RGBl. I S. 427): „Am Helden­ gedenktag sind, abgesehen von den Einschränkungen der §§ 2 bis 4 der BO. über den Schutz der Sonn- und Feiertage v. 16. März 34 bis 18 Uhr alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen verboten, sofern bei ihnen nicht der der Bedeutung dieses Tages entsprechende soldatische und heroische Charakter gewahrt ist." 5) Der Vorabend des Weihnachtsfestes umfaßt nur die Abendstunden des 24. Dezbr. (RdErl. des RuPrMdJ. v. 14. Dezbr. 34 — MBliB. S. 1525 —).

508

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

(2) Als Orte mit überwiegend evangelischer oder katholischer Be­ völkerung gelten die Gemeinden, in denen nach der letzten Volks­ zählung die evangelische oder katholische Bevölkerung mehr als die Hälfte der Bevölkerung zählt. § 9. Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt treten entgegenstehende landesrechtliche Vorschriften über den Schutz der Sonn- und Feiertage außer Kraft.

Preußische Verordnung über den Schutz der kirchlichen Feiertage. Vom 19. Mai 1934 (GS. S. 301) in der Fassung vom 24. Juli 1935 (GS. S. 108). Auf Grund des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1. Juni 31 (GS. S. 77) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 der Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage vom 16. März 34 (RGBl. I S. 191) wird im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern für das Land Preußen folgende Polizeiverordnung erlassen:

§ 1. In Gemeinden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung sind die staatlich nicht anerkannten evangelischen kirchlichen Feiertage, in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung die staatlich nicht anerkannten, katholischen kirchlichen Feiertage von Polizeistunde zu Polizeistunde nach Maßgabe der folgenden Vorschriften geschützt. § 2. Verboten sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten, die ge­ eignet sind, die äußere Äuhe des Tages zu beeinträchtigen, sofern ihre

Ausführung nicht an Sonntagen nach Reichsrecht besonders zu­ gelassen ist. § 8. Das Verbot des § 2 gilt nicht: (folgt wörtlich Ziff. 1—3 der BO. vorstehend unter b)). § 4. (1) Während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes sind verboten: 1. öffentliche Versammlungen, sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird, 2. Auf-.und Umzüge, sportliche und turnerische Veranstaltungen sowie Hetz- und Treibjagden auf Wild,^) sofern hierdurch der Gottesdienst unmittelbar gestört wird. (2) Die Landespolizeibehörden können aus wichtigen Gründen Ausnahmen zulassen. 5 a) Der Schutz kirchlicher Feiertage ist jetzt, soweit e8 sich um Hetz- oder Treibjagden handelt, ohne sachliche Änderung geregelt in §35 Abs. 3 der ABO.

zum RJagdges. v. 27. März 35, RGBl. I S. 431.

BIII 5. Titel, Orden und Ehrenzeichen § 5.

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$ 5. In überwiegend evangelischen Gemeinden sind am Toten­ sonntag, in überwiegend katholischen Gemeinden am Merseelentag verboten b): 1. in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen aller Art; 2. alle anderen der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veran­ staltungen, sofern bei ihnen nicht der diesem Tage entsprechende ernste Charakter gewahrt ist. § 6. Am Tage vor Weihnachten und in der Woche vor Ostern^) sind öffentliche Tanzlustbarkeiten untersagt. § 7. Als Orte mit überwiegend evangelischer oder katholischer Bevölkerung gelten die Gemeinden, in denen nach der letzten Volks­ zählung die evangelische oder katholische Bevölkerung mehr als die Hälfte der Bevölkerung zählt. § 8. Wer den Vorschriften der §§ 2 bis 6 dieser Verordnung zu­ widerhandelt, wird gemäß § 366 Ziffer 1 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 150 RM. oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft. § Diese Polizeiverordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffent­ lichung in Kraft.

BIII5. Titel, Orden und Ehrenzeichen. a) Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen. Bom 1. Juli 1937.

(RGBl. I S. 725.) (Auszug.) AusfBO. v. 14. November 1935 (RGBl. IS. 1341) i. d. F. v. 17. März 1936 (RGBl. I S. 178). Siehe ferner AB. v. 3. April 1936 — DJust. S. 593 — betr. das Kärntner Kreuz und die Tiroler Landesdenkmünze, AB. v. 4. September 1936 — DJust. S. 1359 — bett. Stahlhelm­ traditionsabzeichen und AB. v. 29. Oktober 1936 — DJust. S. 1674 — bett. Schlesisches Bewährungsabzeichen.

§ 5. (1) Außer den nach Maßgabe dieses Gesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen verliehenen Orden und Ehrenzeichen 6) Und zwar nur in der Zeit von 6 bis 19 Uhr (BO. v. 28. Oktbr. 38, RGBl. I S. 1514). 7) Dazu gehört nicht der Palmsonntag, sondern nur die darauffolgenden Wochentage. (RdErl. d. RuPrMdJ. v. 22. März 36, RMBliB. S. 403.)

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B in. Schutz der öffentlichen Ordnung.

dürfen nur die nachstehend aufgeführten staatlichen oder staatlich an­ erkannten Orden und Ehrenzeichen getragen werden:

a) Orden und Ehrenzeichen, die von einem ehemaligen Landes­ herrn, einer Landesregierung oder mit deren Genehmigung bis zum 16. November 1935 verliehen sind; b) Orden und Ehrenzeichen'), die von der Reichsregierung oder der Regierung eines ehemals verbündeten Landes für Ver­ dienste im Weltkriege verliehen sind, sowie das Schlesische Bewährungsabzeichen (Schlesischer Adler) und das Balten­ kreuz; c) Orden und Ehrenzeichen, die von einem ausländischen Staats­ oberhaupt oder einer ausländischen Regierung verliehen sind, wenn die Genehmigung zur Annahme erteilt worden ist;

d) das Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes; e) die vom Reichspräsidenten oder vom Führer und Reichs­ kanzler seit dem 7. April 1933 gestifteten oder mit seiner Ge­ nehmigung, Ermächtigung oder Zustimmung geschaffenen Orden und Ehrenzeichen; f) die von der Reichsregierung genehmigten Sportehrenzeichen. (2) Die Ehrenzeichen der nationalsozialistischen Bewegung werden hierdurch nicht berührt. § 6. (1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, a) wer unbefugt inländische oder ausländische Amts- oder Dienst­ bezeichnungen,^) Titelb) oder Würden führt?) 1) Dazu gehört auch das Verwundetenabzeichen, § 4 der AusfBO. v. 14. Novbr. 35. Vgl. dazu BO. über das Verwundetenabzeichen v. 30. Jan. 36 (RGBl. I S. 47). 2) In Betracht kommen nur die auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhenden Amts- und Dienstbezeichnungen, und zwar sowohl die staat­ lichen Amtstitel, die zur Kennzeichnung eines dem Träger übertragenen Amtes dienen, wie die durch gesetzliche Vorschrift bestimmten (nichtstaatl.) Berufen vorbehaltenen Berufsbezeichnungen wie Rechtsanwalt, An­ waltsassessor (§10 Abs. 2 der ReichsrechtsanwaltsO.), Bauassessor (§ 26 Aul. I zur BO. v. 4. Aug. 36, RGBl. I S. 585), vereidigter und öffentlich bestellter Versteigerer (§ 19 der BO. v. 30. Oktbr. 34, RGBl. I S. 1091), Prozeß­ agent (Breslau GA. 49 S. 328), Rechtsbeistand (§ 4 der BO. v. 3. April 36, RGBl. I S. 359), Devisenberater (§ 13 der BO. v. 29. Juni 36, RGBl. I S. 524), Heilpraktiker (§ 1 Abs. 3 des Ges. v. 17. Febr. 39, RGBl. I S. 251). Eine ausländische Amtsbezeichnung darf von ihrem Träger im Inland nur geführt werden, wenn deutlich gemacht wird, daß es sich um ein aus­ ländisches Amt handelt. Ein Beamter im Ruhestand darf seine letzte Amts­ bezeichnung mit dem Zusatz a. D. führen, ein entlassener Beamter nur, wenn ihm die Erlaubnis erteilt worden ist (§ 37 DBG.); im übrigen darf ein ehe-

B III 5. Titel, Orden und Ehrenzeichen § 6.

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b) wer unbefugt inländische oder ausländische Orden oder Ehren­ zeichen trägt") oder wer Abzeichen, die nach ihrer äußeren Form oder Tragweise den im § 5 genannten Orden und Ehren­ zeichen ähnelns, trägt, herstellt, anbietet, feilhält, verkauft oder sonst in den Verkehr bringt. maliger Beamter die Amtsbezeichnung auch nicht mit dem Zusatz „früherer" führen. Uber Verlust der Befugnis zur Führung einer früheren militärischen Dienstvezeichnung vgl. Ges. v. 26. Juni 35 (RGBl. I S. 829), nach dessen § 4 auch die Führung einer Bezeichnung, die die Tatsache der früheren Zu­ gehörigkeit zur alten oder neuen Wehrmacht in irgendeiner Form aus­ drückt, als unbefugte Führung einer Dienstbezeichnung oder eines Titels i. S. des § 6 des Ges. v. 1. Juli 37 gilt. Frühere Rechtsanwälte dürfen die Bezeichnung „Rechtsanwalt" mit einem auf das Erlöschen der»Zulassung hinweisenden Zusatz nur führen, wenn ihnen dies von dem Reichsjustizminister im Einzelfall gestattet worden ist (§ 28 Abs. 2 ReichsrechtsanwaltsO.). Der von der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossene darf sich nicht (Gerich ts-)Assessor a. D. nennen. Hagemann DRZ. 23 S. 327, OLG. Celle JurW. 1937 S.k 185; KG. DStrafr. 1938 S. 395; a. M. OLG. Köln HRR. 1932 Nr 76 (s. dazu auch AB. v. 14. Juni 37, DJust. S. 914, zu All 13, wonach die Bezeichnung „Notariatsassessor" auch nicht mit einem auf das Ausscheiden hinweisenden Zusatz geführt werden darf). Der Verzicht auf den Titel ist zulässig und bedarf nicht der Annahme. KG. JurW. 1932 S. 2917. Kein Titel ist Handelsanwalt. KG. DIZ. 20 S. 721; oder Steuersyndikus. Kiel HRR. > 1935 Nr. 255. Für eine Reihe von Berufsbezeichnungen gelten Sondervorschriften, vgl. § 148 Nr. 9c GewO. (Meistertitel), § 16 der Reichs­ ärzteordnung (Arzt), § 16 der Reichstierärzteordnung (Tierarzt), §§ 2, 23 der Reichsapothekerordnung (Apotheker), §52 des Patentanwaltgesetzes v. 28. Septbr. 33 (RGBl. I S. 669) (Patentanwalt), §42 des Schriftleiterges. (Schriftleiter). 3) Unter Titel sind hier — im Gegensatz zu den Amtstiteln — in erster. Linie die Ehrentitel zu verstehen, die als Auszeichnung verliehen werden. Auch die früher verliehenen Ehrentitel sind geschützt. Das unbefugte Führen eines Hoflieferantentitels ist heute noch strafbar. KG. JFGErg. 6 S. 392. Bis zum Ges. über diejFührung akad. Grade v. 2. Juni 39 (RGBl. I S. 985) gehörten zu den Titeln i. S. dieser Vorschrift auch die akademischen Grade, einschl. des Dr. h. c. OLG. Frankfurt DJust. 1937 S. 1580. 4) Das Führen eines Titels usw. erfordert, daß der Täter den Titel usw. als ihm zukommend in Anspruch nimmt, RG. DR. 1939 S. 370, setzt also eine eigene Tätigkeit des A. voraus, ein bloßes Dulden der Anrede genügt nicht. E. 33 S. 305. Es ist Vorsatz erforderlich. Dresden LZ. 27 S. 1041. Ein Führen liegt in der Verwendung eines Gummistempels. Dresden JurW. 58 S. 1894. Es genügt ein einmaliger Gebrauch, wenn dadurch bei anderen — d. h. gegenüber einer Mehrzahl von Personen, nicht nur gegen­ über einer bestimmten Person — der Glaube erweckt werden soll, daß dem des Titels sich Bedienenden der Titel zukomme. Celle DIZ. 12 S. 226. KG. GA. 71 S. 227. OLG. Hamburg DStrafr. 1938 S. 140. 4a) „Tragen" ist ein Sammelbegriff. Daher nur eine Tat, wenn der Täter mehrfach unbefugt ein Ehrenzeichen trägt. RG. DJust. 1936 S. 258. 5) Dies ist nicht der Fall bei Abzeichen, die durch die Art ihres Tragens (etwa in Form von Nadeln) zu Verwechslungen mit Orden keinen Anlaß

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

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(2) Die Bestimmungen des Absatzes 1b finden auch auf die Ehrenzeichen der nationalsozialistischen Bewegung Anwendung.

b) Gesetz über die Führung akademischer Grade. Vom 7. Juni 1939 (RGBl. I S. 985). DurchfVO. v. 21. Juli 1939 (RGBl. I S. 1326).

(Auszug.) § 2.

(1) Deutsche Staatsangehörige, die einen akademischen

Grad einer ausländischen Hochschule erworben haben, bedürfen zur Führung dieses Grades im Deutschen Reiche der Genehmigung des

Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. (2) § 3. Die Bestimmungen des § 2 finden auf Ausländer entsprechende

Anwendung.

Halten sie sich im Deutschen Reiche ausschließlich in

amtlichem Auftrage oder nur vorübergehend*) und nicht zu Erwerbs­

zwecken auf, so genügt es, wenn sie nach dem Recht ihres Heimat­ staates zur Führung des akademischen Grades befugt sind. § 5.

(1) Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe

oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: a) wer unbefugt einen inländischen oder ausländischen akademischen

Grad-) führt, b) wer unbefugt eine Bezeichnung führt, welche den Anschein er­

weckt, als handle es sich um einen inländischen oder ausländischen

akademischen Grad. (2) Dieselbe Strafe trifft denjenigen, der sich erbietet, gegen

Vergütung den Erwerb eines ausländischen akademischen Grades

zu vermitteln. § 6. Das Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen v. 1. Juli 37

(RGBl. I S. 725) findet auf akademische Grade keine Anwendung, geben, wie Tagungsabzeichen, Schützenabzeichen. Das Tragen, Herstellen usw. von sog. Kotillonorden ist nicht strafbar, da Träger nicht den Anschein erwecken will, als sei er Träger einer staatlich verliehenen Auszeichnung. Zu b: 1) Als vorübergehend gilt ein Aufenthalt im allgemeinen nicht mehr, wenn er länger als 3 Monate dauert (Nr. 2 Abs. 2 der DurchfVO. v. 21. Juli 39). 2) Deutsche akademische Grade sind: Der Doktor- und Lizentiatengrad (einschl. des Dr. habil, und des Dr. h. c.) sowie die auf Grund von Diplom­ prüfungen an wissenschaftlichen Hochschulen erworbenen Grade eines DiplomIngenieurs, Diplom-Volkswirts, Diplom-Kaufmanns,Diplom-Landwirts usw.

513

B III 6. Luftschutzgesetz.

BIII6. Lustschuhgesetz. Bom 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 827) i. d. F. d. VO. v. 8. September 1939 (RGBl. I S. 1762). (Auszug.) 1., 2. u. 3. DurchfBO. v. 4. Mai 1937 (RGBl. I S. 559 u. 566), 4. DurchfBO. v. 31. Januar 1938 (RGBl. IS. 197), 5. DurchfBO. 7. 21. März 1938 (S. 312), 6. DurchfBO. v. 13. Februar 1939 (S. 324), v. und 8. DurchfBO. (Beschaffung von Selbstschutzgerät und BerdunkelungsBO.) v. 23. Mai 1939 (S. 963, 965), 9. DurchfBO. (Be­ helfsmäßige Luftschutzmaßnahmen in bestehenden Gebäuden) v. 17. August 1939 (S. 1391), 10. DurchfBO. (Lustschutzmäßiges Ver­ halten bei Luftangriffen und Luftschutzübungen) v. 1. September 1939 (S.. 1570), 11. DurchfBO. (DisziplinarstrafO. v. 15. August 1940 nebst AusfB. (RGBl. I S. 1109, 1116) — und zwar die 1., 2., 3., 4., 6., 7., 8. und 9. DurchfBO. i. d. F. v. 1. September 1939 (S. 1626) u. v. 25. März 1941 (RGBl. I S. 168). § 2. (1) Alle Deutschen sind zu Dienst- und Sachleistungen sowie zu sonstigen Handlungen, Duldungen und Unterlassungen ver­ pflichtet, die zur Durchführung des Luftschutzes erforderlich sind (Luftschutzpflicht). (2) und (3) § 4. Umfang und Inhalt der Luftschutzpflicht werden in den Durchführungsbestimmungen festgelegt... $ 5. Die Heranziehung zur Luftschutzpflicht erfolgt, soweit die Durchführungsbestimmungen nichts anderes vorschreiben, durch poli­ zeiliche Verfügung. § 7, Die Luflschutzdienstpflich^igen haben — auch nach Beendi­ gung ihres Lustschutzdienstes — über die ihnen bei Erfüllung der Luft­ schutzdienstpflicht auvertrauten oder sonst zugänglich gewordenen An­ gelegenheiten, deren Bekanntwerden das Wohl des Reichs gefährden oder die berechtigten Belange der Betroffenen schädigen würde oder deren Geheimhaltung vorgeschrieben ist, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt für andere im Luftschutz tätige Personen entsprechend. § 8.1) Wer Geräte oder Mittel für den Luftschutz vertreiben oder über Fragen des Luftschutzes Unterricht erteilen, Borträge halten, Druckschriften veröffentlichen oder sonst verbreiten, Bilder oder Filme öffentlich vorführen oder Luftschutzausstellungen veranstalten will, bedarf der Genehmigung des Reichsministers der Luftfahrt und Ober­ befehlshaber der Luftwaffe oder der von ihm bestimmten Stellen. § 9. (1) Wer den Vorschriften der §§ 2, 7 oder 8 oder den darauf

1)^Bgl. dazu die 4. DurchfBO. b/31. Jan. 38. Dalcke, Strafrecht. 32. Aust.

33

514-

B in. Schutz der öffentlichen Ordnung.

beruhenden Rechtsverordnungen und Verfügungen vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, wird, soweit die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Haft und mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark oder mit einer dieser Strafen be­ straft. In schweren Fällen kann auf Gefängnis und Geldstrafe oder eine dieser Strafen erkannt werden?) (2) Sind durch die Tat vorsätzlich Menschen oder bedeutende Werte gefährdet worden, so kann aus Zuchthaus erkannt werden. § 10. Wer die Erfüllung der einem anderen nach den §§ 2,7 oder 8 obliegenden Pflichten hindert oder zu hindern sucht oder zu einer Zuwiderhandlung nach § 9 öffentlich auffordert oder anreizt, wird, wenn nicht andere Gesetze schwerere Strafe androhen, mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen bestraft. In besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus erkannt werden.

1. Durchführungsverordnung. Vom 4. Mai 1937 i. d. F. v. 1. September 1939. (RGBl. I S. 659, 1630 u. 1636.)

§ 17?) (1) Die Polizeibehörden können wegen der in ihrem Bezirk verübten Übertretungen des § 9 des Luftschutzgesetzes die Strafe durch polizeiliche Strafverfügung festsetzen und eine etwa verwirkte Ein­ ziehung verhängen. In leichteren Fällen ist von einer polizeilichen Strafverfügung abzusehen. Statt oder neben einer polizeilichen Strafverfügung kann eine gebührenfreie oder gebührenpflichtige Verwarnung erteilt werden. (2) (Satz 1 betr. Erzwingung der Erfüllung der Luftschutzpflicht durch polizeiliche Zwangsmittel.)

BIII7. Nennwett- und Lotteriegesetz. Bom 8. April 1922. (RGBl. S. 893)?)

§ 1.

Das Unternehmen eines Totalisators kann aus Anlaß öffentlicher Pferderennen und anderer öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde durch die Landeszentralbehörde zugelassen werden. 2) Einschränkende Vorschriften über die Anwendbarkeit des § 9 Luft* schutzges. enthält § 7 der 8. und § 10 der 10. DurchfBO. 3) § 17 gilt entsprechend gemäß § 7 der 3., § 11 der 4., § 2 der 5., § 4 der 6., § 5 der 7., § 7 der 8., § 6 derf9. und § 10 der 10. Durch BO. 1) Hierzu sind ergangen die Ausführungsbestimm. des RM. d. Fin. v. 16. Juni 22 (Zentralbl. f. d. D. R. S. 351) u. die pr. Ausf.-Anw. v. 21. Juli 22 (MBl. für Landw. u. Forst. ©.< 509). — Kein Steuergesetz. E. 60 S. 40.

B III 7. Rennwett- und Lotteriegesetz 88 2—4.

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Die Erlaubnis ist alljährlich einzuholen; sie kann von Bedin­ gungen abhängig gemacht, für bestimmte Renntage erteilt und jeder­ zeit beschränkt oder widerrufen werden. Die Erlaubnis darf nur solchen Vereinen erteilt werden, welche die Sicherheit bieten, daß sie die Einnahmen ausschließlich zum Besten der Landespferdezucht verwenden. § 2. Wer gewerbsmäßig-) Wetten bei öffentlichen Leistungs­ prüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der Landeszentralbehörde oder der von ihr be­ zeichneten Behörde. Die Erlaubnis darf nur an deutsche Reichsange­ hörige erteilt werden. Die Erlaubnis kann jederzeit beschränkt oder widerrufen werden. Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Diese Personen wie der Buchmacher selbst haben bei Ausübung der Wettätigkeit ein Abzeichen zu tragen, dessen Form die Landeszentralbehörde bestimmt. Die Landeszentralbehörde oder die von ihr bezeichnete Behörde darf die Erlaubnis nur für die Örtlich­ keiten ihres Landesgebiets erteilen. Die Erteilung der Erlaubnis ist zu veröffentlichen. § 3. Der Reichsminister der Finanzen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen Totalisatorunternehmen zuge­ lassen werden dürfen. Er bedarf der Zustimmung des ReichSratS. § 4. Der Unternehmer des Totalisators und der Buchmacher haben über die Wette eine Urkunde (Wettschein) auszustellen. Bei Buchmachern ist statt dessen auch die Eintragung der Wette in ein amtlich geliefertes Wettbuch zulässig. In welchen Fällen die Ein­ tragung in das Wettbuch genügt, sowie welche Angaben der Wettschein und die Eintragung im Wettbuch enthalten muß, bestimmt der Reichs­ minister der Finanzen. Ist der Wettschein ausgehändigt oder die Wette in das Wettbuch eingetragen, so ist die Wette für den Unternehmer des Totalisators und den Buchmacher verbindlich. Ein von dön Wettenden gezahlter Als Rennen sind alle Veranstaltungen anzusehen, bei denen Pferde eine bestimmte Strecke zurückzulegen haben und dem Vergleich ihrer Leistungen in erster Linie die zur Bewältigung dieser Strecken gebrauchte Zeit zugrunde gelegt wird. KG. JFG. Erg. 11 S. 407. Rennwetten sind Spielverträge, bestehend in der Erkaufung einer Gewinn­ möglichkeit gegen Zahlung eines Einsatzes, wobei der Gewinnfall von dem noch ungewissen Eintritt oder Ausfall eines bestimmten Ereignisses abhängen soll. Betrug möglich. E. 62 S. 415. 2) Vgl. Anm. 73 zu § 218 StGB, unter A 2.

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B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Einsatz kann nicht unter Berufung auf § 762 BGB. zurückverlangt werden. Soweit der Einsatz nicht gezahlt ist, kann er von dem Gewinn abgezogen werden. Im übrigen bleiben die Vorschriften des BGB. unberührt. Auf den Rennplätzen ist den Buchmachern nur das Legen von Wetten zu festen Odds gestattet. Auf den Rennplätzen dürfen von den Buchmachern nur Wett­ sätze im Betrage von mindestens dreißig Reichsmark angenommen werden. § 5. Wer ohne Erlaubnis ein Totalisatorunternehmen betreibt oder gewerbsmäßig^) Wetten abschließt oder vermittelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft/) daneben ist auf Geldstrafe zu erkennen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er­ kannt werden?) Die empfangenen Einsätze oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären?) § 6. Wer gewerbsmäßig zum Abschluß oder zur Vermittlung von Wetten auffordert oder sich erbietet oder Angebote zum Abschluß oder zur Vermittlung solcher Wetten entgegennimmt, wird mit Geld­ strafe und mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit einer dieser Strafen bestraft. Unter dieses Verbot fallen nicht Aufforderungen, Erbieten und Angebote der zugelassenen Wettunternehmer sowie der Personen, deren sich die Wettunternehmer mit Genehmigung der Landeszentralbehörde zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen, soweit diese Personen bei der Abwicklung von Wettgeschäftey im Auftrag des Wettunternehmers handeln. Die empfangenen Einsätze oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären. § 7. Der Buchmacher und die Personen/) deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedient, werden, wenn 3) Das gewerbsmäßige Spiel am Totalisator ist nicht strafbar. E. 46 S. 170. 4) Zwischen den Vergehen der §§ 5 u. 6 und Rennwettsteuer-Hinterziehung liegt Tateinheit vor. KG. DIZ. 30 S. 439. Ebenso E. 60 S. 39. Siehe auch Schneidewin, JurR. 2 S. 413. Bezügl. der Steuerzuwiderhandl. ist auf eine bes. Geldstrafe (§ 418 RAbgO.) zu erkennen, falls nicht die Strafklage wegen der Steuerzuwiderhdl. verbraucht ist. KG. Recht 32 Nr. 2390. 5) Der bisherige Satz 2 ist gestrichen durch Ges. v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213). 6) Keine Nebenstrafe. HRR. 1929 Nr. 280. Neben der Verfallerklärung kann auf Einziehung erkannt werden. Stenglein Nebenges. Anm. 7 Abs. 4, Bd. II S. 377. 7) § 7 bezieht sich nur auf die nach § 6 Satz 2 zugelassenen Hilfspersonen, auf diese aber auch dann, wenn sie nicht gewerbsmäßig handeln. E 70 S. 394.

BIII7. Rennwett- und Lotteriegesetz §§ 8 u. 9.

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sie außerhalb der gemäß § 2 genehmigten Örtlichkeiten Wetten ver­ mitteln oder abschließen oder Angebote dazu entgegennehrnen,*) mit Geldstrafe und mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit einer dieser Strafen bestraft?) § 8. Wer an einem Totalisatorunternehmen, das im Inland nicht erlaubt ist, oder bei einem Buchmacher, der im Inland nicht zugelassen ist, wettet oder einen Antrag zum Abschluß einer Wette stellt, oder wer zum Abschluß oder zur Vermittlung einer solchen Wette einen Auftrag erteilt, wird mit Geldstrafe bestraft. Die empfangenen Gewinne oder deren Wert sind in dem Urteil für verfallen zu erklären. § 9. Mit Geldstrafe, im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten wird bestraft: 1. wer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften oder anderen Darstellungen, ohne zugelassener Unternehmer eines Totalisators oder zugelassener Buchmacher zu sein, zum Ab­ schluß von Wetten außerhalb der Örtlichkeiten des Totalisator­ unternehmens oder außerhalb der im § 2 Abs. 2 bezeichneten Örtlichkeiten Les Buchmachers antest,10 8 )911 2. wer gewerbsmäßig Voraussagen über den Ausgang von Rennen verbreitet,") 3. wer in seinen Räumen den Abschluß oder die Vermittlung von Wetten duldet, ohne daß die Räume für das Unternehmen eines Totalisators oder eines Buchmachers zugelassen sind. 8) Dies braucht nicht durch den Buchmacher oder seinen Gehilfen persön­ lich zu geschehen. OLG. Dresden 1926 LZ. S. 502. 9) Nach § 6 Abs. 2 der Ausf.-Bestimm. darf der Buchmacher innerhalb der Örtlichkeit, in der ihm der Abschluß oder die Bermittelung von Wetten gestattet ist, Wetten für alle im Deutschen Reiche u. im Auslande laufenden Rennen abschließen oder vermitteln, sofern nicht für alle Buchmacher gemeinsam geltende Beschränkungen bestimmt sind. 10) Strafbar ist das außerhalb der bezeichneten Örtlichkeiten erfolgende

Anreizen. Es braucht sich nicht auf ein bestimmtes Rennen zu beziehen. E. 70 S. 116. Wegen der Bedeutung des „Anreizens" vgl. Anm. 26 zu § 112 StGB.; Einzelbeispiele in E. 70 S. 117. Zum inneren Tatbestand gehört Vorsatz einschl. des bedingten B. RG. a. a. O. 11) Es muß sich um eine Voraussage über bestimmte oder doch bestimm­ bare Rennen handeln, d. h. die Beziehstng bestimmter Pferde zu einem Rennen erkennbar sein. Zum Begriff der Voraussage gehört eine eigene mehr oder weniger bestimmte Äußerung über den Ausgang des Rennens; nicht genügt die

Nebeneinanderstellung unbestimmter Möglichkeiten, von denen sich der Erklärungs­ empfänger nach eignem Urteil die beste aussuchen möge. E. 70 S. 113. Die Voraussage darf auch nicht-in Fachzeitschriften geschehen. Ein Irrtum hierüber ist bedeutungslos. Recht 30 Nr. 700.

518

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Straffrei sind redaktionelle Veröffentlichungen in einer periodisch erscheinenden Druckschrift, sofern diese nicht ausschließlich oder überwiegend der Verbreitung von Voraussagen bient.12)

BIII8. Gesetz gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Aprengstoffen. Vom 9. Juni 1884. (RGBl. S. 61.)

§ 1 Die Herstellung, der Vertrieb2*)3 1 und 4 der Besitz2) von Sprengstoffen*) sowie die Einführung derselben aus dem Auslande 12) Abs. 2 bezieht sich auch auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 mit der Maßgabe, daß die Straffreiheit entfällt, wenn die periodische Druckschrift ausschließlich oder überwiegend der Verbreitung des Anreizens dient. Für den Begriff des „Über­ wiegens" ist nicht entscheidend, in welchem r äu ml ich en Verhältnis der der strafbaren Verbreitung dienende Inhalt zum Gesamtinhalt steht, sondern wel­ chem Teil der Druckschrist das Schwergewicht zukommt. E. 70 S. 113. 1) Damit ist die tatsächliche Herstellung gemeint. Hersteller ist derjenige, unter dessen persönlicher Leitung der Sprengstoff fabriziert wird. 2) Es braucht dies nicht notwendig ein Gewerbebetrieb zu sein. Voraus­ setzung aber ist, daß derjenige, welcher in den tatsächlichen Besitz gesetzt wird, den Sprengstoff auch erwerben will. E. 15 S. 237. 3) Unter Besitz ist lediglich das tatsächliche Verhältnis der Jnnehabung zu verstehen. E. 12 S. 257. GA. 54 S. 291. Besitz hat der, der die tatsächliche Herrschaft ausüben kann, auch wenn er den Gegenstand aus der Hand legt, aber dauernd unter unmittelbarer Bewachung behält. E. 43 S. 10. HRR. 1932 Nr. 1113. Besitzer ist daher auch der.Untergebene, der Sprengstoff von seinem Arbeitgeber lediglich zur Aufbewahrung und nachfolgenden Aushändigung an einen anderen erhält. DIZ. 33 S. 182. 4) Als Sprengstoff ist jeder explosive d. h. jeder Stoff anzusehen, der bei der Entzündung eine gewaltsame Ausdehnung von elastischen Flüssigkeiten oder Gasen hervorruft, die als Sprengmittel sich eignet. Die Art, wie die Entzün­ dung herbeigeführt wird, ist für den Begriff „Sprengstoff" ganz gleichgültig. GA. 46 S. 203. Doch muß die Auslösung der Explosion durch Entzündung — nicht durch Überdruck — bewirkt werden. E. 67 S. 35. Gleichgültig ist es,

ob der Sprengstoff in der Praxis als solcher bezeichnet und als Spreng­ mittel verwendet wird. E. 48 S. 72. E. 67 S. 35. Ein Stoff, welcher die Sprengfähigkeit nicht bloß vorübergehend verloren hat, fällt nicht unter das Gesetz. GA. 50 S. 141 in Verbindung mit E. 45 S. 383. Schwarzpulver ist Sprengstoff, wenn es zur Sprengung dienen soll. Recht 22 Nr. 1748. Der Begriff Sprengstoff unterliegt nicht der richterlichen Prüfung. E. 43 S. 10. Übrigens kommt es auf die Quantität des hergestellten Sprengstoffes nicht an, auch die kleinste Quantität genügt.

E. 17 S. 278.

BIII8. Gesetz gegen den verbrech. Gebrauch v. Sprengstoffen 8 2.

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ist unbeschadet der bestehenden sonstigen Beschränkungen nur mit polizeilicher Genehmigung zulässig. °) Wer sich mit der Herstellung oder dem Vertriebe von Spreng­ stoffen befaßt, hat ein Register zu führen, aus welchem die Mengen der hergestellten, aus dem Auslande eingeführten oder sonst zum Zweck des Vertriebes angeschafften Sprengstoffe, sowie die Bezugs­ quellen und der Verbleib derselben ersichtlich sein müssen. Dieses Register ist der zuständigen Behörde auf Erfordern jederzeit vorzulegen?) Auf Sprengstoffe, welche vorzugsweise als Schutzmittel gebraucht werden, finden vorbehaltlich abweichender landesrechtlicher Vorschriften die Bestimmungen des ersten und des zweiten Absatzes keine Anwen­ dung. Die Bezeichnung dieser Stoffe erfolgt durch Beschluß deS Bundesrats?)

Insoweit Sprengstoffe zum eigenen Gebrauch durch Reichs- oder Landesbehörden von der zuständigen Verwaltung hergestellt, besessen, eingeführt oder vertrieben werden, bleiben die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes ebenfalls ausgeschlossen.

§ T Die Zentralbehörden der Bundesstaaten*») erlassen die zur Ausführung der Vorschriften in dem § 1 Absatz 1 und 2, sowie in dem § 15 erforderlichen näheren Anordnungen und bestimmen die Behörden, welche über die Gesuche um Gestattung der Herstellung, des Vertriebes, des Besitzes und der Einführung von Sprengstoffen Ent­ scheidung zu treffen haben?) Bes. Bestimmungen für Sprengstoffe, die dem Ges. unterliegen und nicht unterliegen, in der Sprengstoffvertehrsordnung v. 4. Septbr. 35 (GS. S. 119) 88 25 ff. 5) Die Genehmigung zum Vertriebe schließt nicht ohne weiteres die Ge­ nehmigung zur Herstellung in sich und ebensowenig berechtigt die Genehmigung zur Einführung aus dem Auslande zum Vertriebe, wohl aber zum Besitz. Sten gl ein, Nebengesetze Anm. 9. Die Genehmigung zur Herstellung und zum Vertriebe berechtigt noch nicht zur Heranziehung von Hilfskräften. E. 13 S. 90. Die erteilte Erlaubnis zum Besitz von Sprengstoff entfällt nicht ohne weiteres, wenn derselbe für einen anderen als den Betriebszweck verwendet wird. E. 33 S. 41 6) Für den Transport von Sprengstoffen ist meist besondere Erlaubnis erforderlich. St en gl ein, NebengesetzeAnm.il. 7) Jetzt Reichswirtschaftsminister. Siehe die Bekanütmachung des Reichs­ kanzlers v. 29. April 03 (RGBl. S. 211), v. 20. Juni 07 (RGBl. S. 375), v. 10. April 11 (RGBl. S. 180), abgeändert durch BO. v. 8. März 24 (RGBl. I S. 171) u. Bek. v. 4. März 16 (RGBl. S. 155), sowie BO. v. 10. Novbr. 27 RGBl. I S. 327) u. v. 28. Oktbr. 31 (RGBl. I S 660) u. 7. Juli 39 (RGBl. I S. 1255) u. v. 13. Juli 40 (RGBl. I S. 995). 7 a) Jetzt Länder. 8) Siehe die Sprengstoff!agerBO. v. 17. Novbr. 32 (GS. S. 362)

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B ni. Schutz der öffentlichen Ordnung.

$ 3. Gegen die versagende Verfügung ist nur die Beschwerde an die Aufsichtsbedörde innerhalb 14 Tagen zulässig. Dieselbe Has keine aufschiebende Wirkung.

§ 4. Die Erteilung der nach § 1 Abs. 1 erforderlichen Erlaub­ nis erfolgt in widerruflicher Weise. Wegen der Beschwerde gegen die Zurücknahme gilt die Vorschrift des § 3 des gegenwärtigen Gesetzes. § ß. Wer vorsätzlich') durch Anwendung von Sprengstoffen") Gefahr") für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines anderen herbeiführt,") wird mit Zuchthaus bestraft?") Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren, und wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein. Ist durch die Handlung der Tod eines Menschen herbeigesührt worden und hat der Täter einen solchen Erfolg voraussehen können, so ist aus Todesstrafe zu erkennen?') mit Änderungen in der Sprengstoffverkehrsordnung v. 4. Septbr. 35 (GS. S. 119), auch Richtlinien Nr. 396 betr. Bekämpfung von Sprengstoff­ delikten. Neuere VO. sind: Pr. PVO. betr. den Verkehr mit Sprengstoffen und Zündmitteln im Bergbau v. 13. Dezbr. 34 (GS. 1935 S. 1). Pr. PVO. v. 11. Jan. 36 (GS. S. 11), welche Abänderungen der PVO. v. 15. Juli 24 (HMBl. S. 198) enthält. Pr. PVO. über die Abgabe explosionsgefährl. Gegenstände zur Verhütung v. 30. Juni 38 (GS. S. 75). 9) Zum Vorsatz gehört die Kenntnis davon, daß ein Sprengstoff, d. h. ein Explosivstoff als Sprengmittel benutzt wird. Bedingter Vorsatz reicht aus. E. 67 S. 35; dagegen nicht sogen, bewußte Fahrlässigkeit. GA. 69 S. 180. E. 59 S. 2. § 5 findet auch Anwendung, wenn vorsätzliche Körperverletzung einer bestimmten Person mittels Sprengstoffes stattfindet. Der Gehilfe braucht die Einzelheiten der Haupttat nicht in seine Vorstellung ausgenommen zu haben. E. 58 S. 113. 9 a) Hierunter sind im Gegensatz zu 81 Sprengstoffe jeder Art zu verstehen, auch Schießmittel, wenn sie als Sprengstoffe gebraucht werden. E. 58 S. 276. E. 67 S. 35 (38). 10) Zwischen Mordversuch und Verbrechen gegen § 5 Abs. 1 ist Jdealkonkurrenz sehr wohl denkbar. E. 30 S. 216. Der Tatbestand der §§ 5 oder 6 geht aber in dem des § 311 StGB, nicht auf, wenn es zum Versuch oder Voll­ endung des Verbrechens gekommen ist. JurW. 53 S. 1878. 11) Die bloß abstrakte Möglichkeit einer Lebens- oder Sachbeschädigung genügt zum Begriffe der Gefährdung nicht, vielmehr muß der Eintritt eines schädigenden Ereignisses wahrscheinlicher sein als der Nichteintritt. Vgl. R. 6, S. 99. E. 10 S. 173. Im Falle der Ausführung des Verbrechens ist der Besitz des Sprengstoffs nicht noch besonders nach § 7 strafbar. E. 58 S. 296. 11a) Nach 8 1 des Ges. v. 4. Apr. 33 (RGBl. I S. 162) ist für Verbr. nach Abs. 1 u. 2 auch Todesstrafe angedroht. 12) Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Mord und Totschlag. Siehe über Abs. 3 Sten gl ein, Nebengesetze Anm. 17.

B III8. Gesetz gegen den verbrech. Gebrauch v. Sprengstoffen §8 6—8.

621

$ 6. Haben mehrere") die Ausführung einer oder mehrerer nach § 6 $u ahndender strafbarer Handlungen verabredet"») oder sich zur fortgesetzten Begehung derartiger, wenn auch ün einzelnen noch nicht bestimmter Handlungen verbunden, so werden dieselben, auch ohne daß der. Entschluß der Berübung des Werbrechens durch Hand­ lungen, welche einen Anfang der Ausführung enthalten, betätigt worden ist, mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft.

i 7. Wer Sprengstoffe herstellt/) anschafft, bestellt oder in seinem Besitze hat, in der Absicht," *>) durch Anwendung derselben Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben eines anderen ent­ weder selbst herbeizuführen oder andere Personen zur Begehung dieses Berbrechens in den Stand zu setzen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Der gleichen Strafe verfällt, wer Sprengstoffe, wissend, daß dieselben zur Begehung eines in dem § 6 vorgesehenen Berbrechens bestimmt sind, an andere Personen überläßt.18 °) i 8. Wer Sprengstoffe herstellt, anschafft, bestellt, wissentlich") in seinem Besitze hat oder an andere Personen überläßt unter Um­ ständen, welche nicht erweisen,") daß dies zu einem erlaubten Zweck") 13) Auch zwei Personen genügen. In den Verhandlungen muß eS zu einer Willenseinigung über die Ausführung des Werks gekommen sein. E. 58 S. 297. 13 a) Verabredung ist eine von der Ausführung unabhängige selbständige komplottmäßige Vereinbarung. JurW. 60 S. 1592. Der politische Umsturz braucht nicht bezweckt zu sein. HRR. 1932 Nr. 416. Eine Verabredung kann schon vorliegen, wenn einer als Führer mit überragendem Einfluß den Plan entwickelt und die anderen ihm bedingungslos zustimmen. E. 59 S. 214. Daß die Verabredenden an der Ausführung der Tat tei lnehmer wollen, ist nicht er­ forderlich. E. 58 S. 393. JurR. 3 Nr. 452. 13 b) Der strafbare Vorsatz ist erst dann erfüllt, wenn der Täter gewußt hat, daß sein Erzeugnis in der von ihm hergestellten Art und Menge sich zur Verwendung als Sprengmittel eigne. Recht 16 Nr. 163. Es genügt die Ab­ sicht ohne bestimmte Richtung, ohne den Nachweis einer nach Zeit, Art und Gegenstand oder „Person bestimmten Absicht. JurR. 2 Nr. 232. 13 c) Ein Überlassen kann auch im Dulden der Wegnahme liegen. Gefliffentliches Zulaffen des Wegnehmens. E. 59 S. 214 (217). 14) Das Wort „wissentlich" hat hier keine besondere Bedeutung. Vgl. darüber E. 12 S. 73 u. 12 S. 244. 15) Jedes Anschaffen, Überlassen usw. hat deshalb die Vermutung gegen sich, daß es zu einem verbrecherischen Zweck geschehen ist. R. 6 S. 762. R. 9 S. 632. Der Mangel des Nachweises der verbrecherischen Absicht schließt die Vermutung ihres Vorhandenseins nicht aus. LZ. 18 S. 646. Wird aber nachgewiesen, daß die verbr. Absicht fehlt, so ist § 8 unanwendbar. Recht 34 Nr. 722. Der A. braucht den erlaubten Zweck nicht zu beweisen. Zwischen §§ 8 u. 9 besteht keine Jdealkonkurrenz. E. 44 S. 331. 16) Der Ausdruck „Zweck" ist von,dem schließlichen Gebrauch des Spreng­ stoffes durch Verbrauch zu verstehen; daß dieser Zweck ein erlaubter ist, muß

522

III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

geschieht, wird mit Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis nicht unter einem Jahre bestraft. Diese Bestimmung findet auf die gemäß § 1 Absatz 3 vom Bundesrat bezeichneten

Stoffe nicht Anwendung.") § v Wer der Vorschrift in dem ersten Absatz des § 1 zuwider es unternimmt,") ohne polizeiliche Ermächtigung") Sprengstoffe herzustellen,"*) vom Auslande einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen oder sonst an andere zu überlassen,") oder wer im Besitze") derartiger zur Abwendung der Strafe festgestellt werden. R. 9 S. 632. Die Absicht, Dynamitpatronen zum Fischen zu verwenden, enthält keinen unerlaubten Zweck. E. 13 S. 305, dagegen die zutreffende Ausführung betr. das Fischen in ge­ schloffenen Gewässern bei Stenglein, Nebengesetze Anm. 2 Abs. 3. Die Anwendung des § 8 ist überhaupt ausgeschlossen, wenn erwiesen ist, daß der Besitz des Sprengstoffes zu einem anderen Zweck stattfand, als um Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit oder das Leben anderer herbeizuführen. R. 6 S. 762. 17) Polizeiliche Erlaubnis zum Besitz von Sprengstoffen schließt die Be­ strafung aus § 8 nicht unbedingt aus. 18) Zu dem Begriffe des „Unternehmens" gehört, daß die Absicht des Ver­ kaufs oder der Überlassung sich durch eine in die äußere Erscheinung tretende Handlung objektiviert und daß der Unternehmer also irgendwelche Anstalten ge­ troffen haben muß, um seine Absicht auszuführen. E. 17 S. 257. 19) Durch die einer bestimmten Person erteilte polizeiliche Erlaubnis ist nicht ohne weiteres auch den Bediensteten dieser Person die Erlaubnis erteilt. E. 13 S. 90. Vgl. GA. 39 S. 48. Der Irrtum hierüber ist unbeachtlich; be­ achtlich aber der Irrtum des Sprengstoffbesitzers, daß ihm selbst die Erlaubnis erteilt sei. Eine Form für die Erlaubnis ist nicht vorgeschrieben. JurW. 60 S. 1590. Der Besitz eines Sprengstoffrestes nach Beendigung der Arbeiten ist kein unerlaubter, wenn die Erlaubnis unbeschränkt erteilt war. E. 55 S. 221. 19 a) Bedingter Vorsatz genügt. RG.v. 16. Juni 14, Sten gl ein, Neben­ gesetze Anm. 7. Der Täter muß das Bewußtsein haben, daß der von ihm her­ gestellte Stoff Sprengstoff im Sinne des Ges. ist. GA. 59 S. 452. 20) Ein Überlassen von Sprengstoffen im Sinne des § 9 umfaßt nicht bloß die Veräußerung derselben, sondern jede tatsächliche Einräumung der Ge­ waltherrschaft über Sprengstoffe. E. 17 S. 258 u. GA. 54 S. 80. Aus­ händigung „von Schlüffeln zum Patronenkasten. Recht 14 Nr. 257. Auf den Zweck des Überlassens und ob dies aus bloßer Gefälligkeit geschehen ist, kommt

es nicht an. E. 14 S. 231. Auch die von einem Besitzberechtigten an einen anderen Besitzberechtigten ohne polizeiliche Erlaubnis erfolgte Überlastung fällt unter das Ges. E. 15 S. 387. Gewerbsmäßiges Handeln ist auch hier kein Er­ fordernis. E. 14 S. 231. 21) Siehe Anm. 3 zu § 1. Der willentliche Besitz von Sprengstoffen ohne Nachweis der polizeilichen Genehmigung genügt. Eine Anzeige an die Polizeibehörde von dem Besitze des Sprengstoffes schließt, wenn die polizei­ liche Erlaubnis nicht erteilt ist, die Bestrafung nicht aus. E. 13 S. 35, E. 28 S. 130. — Nur der wissentliche Besitz macht strafbar, weshalb derjenige straflos bleibt, bei dem Sprengstoffe heimlich niedergelegt sind. E. 12 S. 244. Das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit der Handlung, sei es, daß dar­ unter das Bewußtsein der gestörten Rechtsordnung oder dasjenige der Straf-

B III8. Gesetz gegen den verbrech. Gebrauch v. Sprengstoffen § 9.

623

Stoffe betroffen toirb,22 * *)23 * *ohne 24 * * 25polizeiliche 26 Erlaubnis") i») hierzu nach­ weisen zu können,") ist mit Gefängnis von drei Monaten bis zu

zwei Jahren zu bestrafen.") Gleicher Strafe verfällt, wer die Vorschriften des j 1 Absatz 2,

die von den Zenttalbehörden in Gemäßheit des $ 2 getroffenen An­ ordnungen") oder die bereits , bestehenden oder noch zu erlassenden

barkeit verstanden wird, ist zum Tatbestände des vorsätzlichen Delikts nicht not­ wendig. E. 15 S. 158. E. 13 S. 35. Als Schuldausschließungsgrund kommt nicht schon in Betracht die irrige Annahme, der angewendete Sprengstoff werde vorzugsweise als Schießmittel gebraucht, sondern nur die irrige Annahme, er gehöre zu den von dem BundeSrat (Reichsregierung) bezeichneten Swffen. Siehe 8 1 Abs. 3. DRZ. 17 Nr. 79.

22) Hierzu genügt jedes tatsächliche Verhältnis, jedes wiffentliche Inne­ haben von Sprengstoffen ohne Rücksicht auf die etwaigen rechtlichen Be­ ziehungen des Inhabers zu den Sprengstoffen. E. 13 S. 45. E. 35 S. 46. E. 41 S. 156. Nicht ist Besitzer, wer den, Sprengstoff zum Zwecke der Ver­ nichtung an sich nimmt. E. 47 S. 150. Überläßt ein Unternehmer zeitweise sein Geschäft einem Vertreter, der gleichfalls zum Feilhalten ermächtigt ist, so ist er für deffen Handlungen nicht verantwortlich. GA. 48 S. 298. Anstiftung zum unerlaubten Besitz von Sprengstoffen ist möglich. GA. 50 S. 280; wer nicht Besitzer der Sprengstoffe ist, kann nicht als Mttäter in Frage kommen. JurW. 34 S. 764. Strafbar macht sich, wer entgegen der erteilten Genehmi­ gung den Sprengstoff auch nur vorübergehend in seinem Wohnhause anstatt im Sprengstofflager aufbewahrt. KG. JurW. 61 S. 3279. Siehe § 367 Nr. 5 StGB. u. § 30 der SprengstofflagerBO. in Anm. 8.

23) Das bloße Nachsuchen der Erlaubnis in der Erwartung, daß dieselbe erteilt werde, genügt nicht, ebensowenig die Angabe, daß ein Dritter für ihn die Erlaubnis nachgesucht und erhalten habe. E. 13 S. 46 u. S. 22 u. E. 36 S. 158.

24) Anders aber verhält es sich, wenn die Erlaubnis bei einer unzustän­ digen Behörde nachgesucht und von dieser erteilt worden ist; hier tritt Straflosigkeit ein. R. 7 S. 579, E. 12 S. 431, weil hier § 59 des StGB, zutrifft. JurW. 32 S. 325. 25) Gelangt jemand durch Diebstahl in den Besitz von Sprengstoffen, so liegt nicht Realkonkurrenz von Diebstahl und Verstoß gegen § 9, sondern nur eine Handlung vor. E. 13 S. 145. Wie die WaffenBO. kein die Anwendung des § 9 ausschließendes Sondergesetz war, E. 57 S. 329, so ist es auch nicht daS Waffengesetz unter BIII 9. 26) Unter diesen Anordnungen sind nur allgem. Polizeiverordnungen zu verstehen, nicht die im Einzelfalle dem Gewerbetreibenden von der Polizeibe­ hörde auferlegten besonderen Verpflichtungen. R. 8 S. 538. Wohl aber gehören hierher Polizeiverordnungen, welche Anordnungen treffen über Anschaffung, Transport, Aufbewahrung und Verausgabung des Dynamits und das gilt insbes. auch von Verordnungen der Bergpolizei. R. 9S.681. Ferner gehören hierher die landespolizeilichen Verordnungen über den Transport der Spreng­ stoffe. E. 15 S. 245 u. E. 41 S. 156, sowie die bergpolizeilichen Vorschriften über Verausgabung und Aufbewahrung. E. 41 S. 381. Siehe Anm. 8. Ein vorsätzliches Übertreten der polizeilichen Anordnungen ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich. E. 15 S. 245 u. E. 48 S. 316. Fahrlässigkeit ge-

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BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

sonstigen polizeilichen ^Bestimmungen8) über den Verkehr mit Spreng­ stoffen,^) auf welche § 1 Absatz 1 Anwendung findet, übertritt.,e)

$ 10. Wer öffentlich vor einer Menschenmenge oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen Darstellungen, oder wer in Schriften oder an­

deren Darstellungen zur Begehung einer der in den §§ 5 und 6 be­ zeichneten strafbaren Handlungen oder zur Teilnahme an denselben ausfordert, wird mit Zuchthaus bestraft?8) Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher auf die vorbezeichnete

Weise zur Begehung der im Absatz 1 gedachten strafbaren Handlungen

insbesondere dadurch anreizt oder verleitet, daß er dieselben anpreist oder als etwas Rühmliches darstellt.

$ 11. In den Fällen der $$ 5, 6, 7, 8 und 10 kann auf Zu­ lässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. In den Fällen der §§ 6, 6, 7, 8 und

in dem Falle einer Anwendung der Strafvor­

schriften des § 9 ist aus Einziehung der zur Zubereitung der Spreng­ stoffe gebrauchten oder bestimmten Gegenstände, sowie der im Besitze des Verurteilten vorgefundenen Vorräte von Sprengstoffen zu erkennen, ohne Unterschied, ob dieselben dem Verurteilten gehören oder nicht.88)

i 18. Die Bestimmungen im $ 4 Absatz 2 Nr. 1 des Straf­ gesetzbuchs für das Deutsche Reich finden auch auf die in ben §§ 6, 6, 7, 8 und 10 dieses Gesetzes vorgesehenen Verbrechen Anwendung.

$ 18. Der in dem § 139 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich angedrohten Strafe verfällt, wer von dem Vorhaben eines im § 6 vorgesehenen Verbrechens oder von einer im § 6 vorgesehenen Verabredung

oder von dem Tatbestände eines im § 7 des gegen-

nügt. KG. JurW. 61 S. 3279. Der Irrtum des Täters über die Beschaffenheit deS Sprengstoffes ist beachtlich. Recht 13 Nr. 1090. Die Beihilfe zu der Übertretung der polizeilichen Anordnungen ist, weil eS sich hier um den Tatbestand eines Vergehens handelt, strafbar. E. 20 S. 275. 27) Der „Verkehr mit Sprengstoffen" ist nicht gleichbedeutend mit Ver­ trieb von Sprengstoffen, sondern hat einen weiteren umfaffenderen Sinn. GA.36 S. 152. E. 34 S. 440. Es ist darunter neben der Herstellung und der Ein­ führung der Sprengstoffe auch deren Besitz und Vertrieb zu verstehen. Recht 10 S. 814. Im übrigen unterliegt der Verkehr mit Sprengstoffen ausschließlich der Vorschrift des § 9 und ist § 367 Nr. 5 StGB, insoweit beseitigt. E. 13 S. 22. Ob Sprengkapseln unter § 9 fallen, hängt von deren besonderer Beschaffenheit (Füllung) ab. E. 25 S. 29. 28) lex specialis. HRR. 1931 Nr. 480. 29) Soweit § 10 anwendbar, ist die Anwendung von § 49 a u. § 111 StGB, ausgeschloffen. Stenglein, Nebengesetze Anm. 3. 30) Sie unterliegen aber nicht der Einziehung, wenn keine Zubereitung durch den Täter stattgefunden hat. E..49 S. 249.

wärtigen Gesetzes unter Strafe gestellten Verbrechens in glaubhafter Weise Kenntnis erhält und es unterläßt, der durch das Verbrechen bedrohten Person oder der Behörde rechtzeitig Anzeige zu machen.") i 14.")

Bill9. tvaffeugeseh. Vom 18. März 1938.') (RGBl. I S. 265.)

Abschnitt I.

Allgemeines.

§ 1. (1) Schußwaffen-) im Sinne dieses Gesetzes sind Waffen, bei deneu ein fester Körper durch Gas- oder Luftdruck-) durch einen Lauf getrieben werden kann. (2) Als Munition im Sinne dieses Gesetzes gilt fertige Munition zu Schußwaffen sowie Schießpulver jeder Art-). 31) Die Anzeige ist sobald als möglich zu erstatten, d. h. so bald, daß weiteres verhütet und die Schuldigen noch gefaßt werden können. JurR. 2 Nr. 232. Abweichend vom § 139 des StGB, ist hier nicht erforderlich, daß der Täter Kenntnis erhält zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens noch möglich ist. 32) Die 88 14 und 15 enthalten Übergangsbestimmungen.

1) Zu diesem Gesetz sind ergangen die DurchfBO.en v. 19. März u. 23. Mai 38 (RGBl. I S. 270,597) u. 4. April 40 (RGBl. I S. 603), die Ausf.-Best. zu 8 9 Absatz 2 Satz 2 und 8 H Satz 2 der DurchfBO. vom 21. März 38 (RGBl. I S. 276), der RdErl. d. RuPrMdJ. zur Aus­ führung des Waffengesetzes vom 21. März 38 (RMBliB. S. 458) und die Verordnungen über den Verkehr mit Schußwaffen und Munition in Zollaus­ schlüffen und in den badischen Zollausschlüffen, beide vom 29. März. 38 (RMBl. S. 276 und 277). Die amtliche Begründung zum Waffengesetz ist veröffent­ licht im Reichsanzeiger Nr. 68 vom 22. März 38. Schrifttum: Hoche in Pfundtner-Neubert Id 42 S. 1. 2. Waffengesetz, 2. Aust. 1938; Kunze, DaS Waffenrecht im Dritten Reiche, 5. Aufl. 1938. 2) Hierunter fallen Schußwaffen jeder Art, doch sind in der DurchfBO. für gewisse Schußwaffen Ausnahmen von einzelnen Vorschriften zugelaffen (s. Anm. 14, 18 und 31). Unter das Gesetz fallen beschädigte Schußwaffen nicht, wenn infolge erschwerten Gebrauchs eine Gefahr für andere nicht besteht. Naum­ burg HRR. 1933 N. 357. 3) Druckluftwaffen mit einem Kaliber von 7 mm und darunter unterliegen den Vorschriften des Gesetzes mit Ausnahme der 88 9, 24 und 25 nicht. 4) Gewehrgranaten, Handgranaten und sonstige mit Sprengstoffen gefüllte Nahkampfmittel sowie alle Sprengstoffe außer Schießpulver unterliegen dem

526

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

(3) Fertige oder vorgearbeitete wesentliche Teile«) von Schuß­ waffen oder Munition stehen fertigen Schußwaffen oder fertiger Munition gleich. § 2. Hieb- oder Stoßwaffen«) im Sinne dieses Gesetzes sind Waffen?), die ihrer Natur nach«) dazu bestimmt sind, durch Hieb, Stoß oder Stich Verletzungen beizubringen. Abschnitt II.

Herstellung von Schußwaffen und Munition. § 3. (1) Wer gewerbsmäßig Schußwaffen oder Munition her­ stellen, bearbeiten oder instand setzen will, bedarf dazu der Erlaubnis«). Als Herstellen von Munition gilt auch das Wiederladen von Patronen­ hülsen. Sprengstoffgesetz unter BIII8. Begr. Auch Artilleriemunition fällt nicht unter das Schußwaff.Ges. Karlsruhe HRR. 1934 Nr. 775.

5) Das sind bei Schußwaffen Lauf, Verschluß, Trommel, bei Munition Hülse, Geschoß (§ 3 DurchfBO.). Der Begriff „vorgeardeitete wesentliche Teile" ist erläutert in § 3 Abs. 2 DurchfBO. 6) Die Begriffsbestimmung der Hieb- und Stoßwaffen entspricht wörtlich dem § 1 des Waffenmißbrauchsgesetzes vom 28. März 31 (RGBl. I S. 77).

7) Es muß sich also um einen Gegenstand handeln, dessen Bestimmung darin besteht, als Angriffs- oder Berteidigungsmittel zu dienen. 8) Hierher gehören nur solche Gegenstände, denen nach der Art der Anfertigung oder nach der herrschenden Verkehrsauffassung von vorn­ herein der Begriff einer Waffe zukommt — Waffe im technischen Sinne — nicht aber Gegenstände, die nur nach dem Willen des Trägers im Einzelfalle als Waffen bestimmt sind (E. 68 S. 39). Hieb- und Stoßwaffen sind z. B. Stahl­ ruten, Totschläger, Gummiknüppel, sog. Hampelmänner (Gummischläuche), Stricke oder Riemen, die mit Metall- oder anderer Beschwerung versehen sind, Ochsenziemer, Schlagringe usw; auch sog. Waffenringe. E. 68 S. 39. Dagegen nicht: Zierwaffen aller Art, wie Paradeschläger u. sonstige Vereins-, Ausstellungs- u. Dekorationswaffen, ferner nicht Gebrauchsmesser, wie Taschen­ messer, Brotmesser u. sonstige Küchen- u. Tischmesser, Beile, Äxte, Sensen, Sicheln, Spaten, Spazierstöcke. Inwieweit Messer mit feststehender oder feststellbarer Klinge Waffen i. S. des § 2 darstellen, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei auch die örtlichen Gepflogenheiten zu berücksichtigen sein werden. Ist ein bei der Berufsarbeit benutztes Messer seiner Natur nach als Waffe be­ stimmt, so ist es gleichgültig, ob der Täter es als Werkzeug in seinem Beruf gebraucht. RG. JurW. 1932 S. 2723. Ein Messer mit feststellbarer Klinge ist noch keine Waffe, wohl aber ein dolchartiges. RG. JurW. 1932 S. 952, 953. DaS sog. Fahrtenmesser ist keine Waffe. E. 66 'S. 191 u. RdErl. d. RuPrMdJ. vom 21. März 38 (RMBliB. S. 458). 9) Die Erlaubnis wird von der höheren BerwBeh. erteilt (88 1, 5 der DurchfBO.).

B III 9. Waffengesetz §§ 4 u. 5.

527

(2) Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Antragstellet die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und im Reichsgebiet einen festen Wohnsitz hat. (3) Der Reichsminister des Innern kann im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern Ausnahmen von den Vorschriften des Abs. 2 zulassen. (4) Die Erlaubnis darf ferner nur erteilt werden, wenn der Antragsteller und die für die kaufmännische oder für die technische Leitung seines Betriebes in Aussicht genommenen Personen die für den Betrieb des Gewerbes erforderliche persönliche gutietläffiGfeit10) und wenn der Antragsteller oder die für die technische Leitung seines Betriebes in Aussicht genommene Person die für den Be­ trieb des Gewerbes erforderliche fachliche Eignung11) besitzen. (5) Die Erlaubnis darf nicht erteilt werden, wenn der Antrag­ steller und die für die kaufmännische oder für die technische Leitung seines Betriebes in Aussicht genommenen Personen oder einer von ihnen Jude ist.

§ 4. (1) Bei der Erteilung der Erlaubnis kann eine Frist bis zur Dauer eines Jahres bestimmt werden, innerhalb deren das Ge­ werbe begonnen werden muß, widrigenfalls die Erlaubnis erlischt. Ist eine Frist nicht bestimmt, so erlischt die Erlaubnis, wenn das Gewerbe nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erlaubnis begonnen wird. Die Fristen können verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. (2) Die Erlaubnis erlischt ferner, wenn der Gewerbetreibende das Gewerbe seit einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat, ohne daß ihm darüber hinaus eine Frist gewährt worden ist, innerhalb deren das Gewerbe wieder ausgenommen werden muß. Diese Frist beträgt höchstens ein Jahr; sie kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. (3) Der Gewerbetreibende hat binnen einer Woche schriftlich anzuzeigen, daß er das Gewerbe begonnen hat oder nicht mehr ausübt.

§ 5. (1) Die Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes ist zurück­ zunehmen, wenn in der Person des Gewerbetreibenden oder des Leiters des Betriebes die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die für die Erteilung der Erlaubnis erforderlich sind. (2) Soll die Erlaubnis zurückgenommen werden, so kann die Weiterführung des Gewerbebetriebes mit sofortiger Wirkung vor10) Vgl. dazu § 8 der DurchfVO. 11) Vgl. dazu § 9 der DurchfVO.

528

B HI. Schutz'der öffentlichen Ordnung.

läufig untersagt werden. Diese Maßnahme tritt außer Kraft, wenn nicht innerhalb einer Woche der Antrag auf Rücknahme der zustän­ digen Behörde vorgelegt wird, die über die vorläufige Untersagung vorab zu entscheiden hat; gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde nicht zulässig. § 6. Ist die Erlaubnis versagt oder zurückgenommen worden, so darf innerhalb zweier Jahre eine neue Erlaubnis nur erteilt werdey, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen.

Abschnitt III.

Handel mit Waffen und Munition. § 7.. (1) Wer gewerbsmäßig Schußwaffen oder Munitionlla) er­ werben, feilhalten oder anderen überlassen oder wer gewerbsmäßig den Erwerb oder das Überlassen solcher Gegenstände vermitteln oder sich gewerbsmäßig zu ihrem Erwerb oder Überlassen erbieten will, bedarf dazu der Erlaubnis. (2) Die Vorschriften des § 3 Abs. 2 bis 5 und der §§ 4 bis 6 gelten entsprechend. (3) Eine nach § 3 Abs. 1 erteilte Erlaubnis umfaßt zugleich die Erlaubnis, Schußwaffen Md Munition gewerbsmäßig zu erwerben, feilzuhalten oder anderen zu überlassen. z 8. Die Erlaubnis nach § 7 darf Trödlern") nicht erteilt werden. § -. (1) Verboten ist der Handel mit Schußwaffen oder Munition sowie mit Hieb- oder Stoßwaffen 1. im Umherziehen"), 2. auf Jahrmärkten, Schützenfesten und Messen mit Ausnahme der Mustermessen. (2) Nicht unter das Verbot des Abs. 1 Nr. 2 fällt das Feilhalten und Überlassen der bei einem Schützenfest auf dem Schießstande benötigten Munition. § 10. (1) Schußwaffen, die gewerbsmäßig feilgehalten oder anderen überlassen werden, müssen die Firma des Herstellers und eine fortlaufende Herstellungsnummer tagen14 * *).* 12 13 lla) Bezl. der Handfeuerwaffen siehe das erst am 15. Jan. 40 in Kraft gesetzte Ges. über die Prüfung von Handfeuerwaffen v. 7. Juni 39 (RGBl. I S. 1241) nebst der DVO. v. 8. Juli 39 (RGBl. I S. 1244). 12) Der Begriff deS Trödelhandels ergibt sich aus § 35 Abs. 2 GewO. Trödler sind auch die Althändler, dagegen nicht Antiquitätenhändler. 13) Vgl. § 55 GewO. 14) § 10 gilt nicht für Borderladerwaffen, Gewehrmodelle bis zum Konstruktionsjahr 1870, Schreckschutzwaffen, Gas-, Betäubungs- und Scheintod­ waffen, Selbstschutz- und Viehbetäubungsapparate (§19 DurchfBO.). Über­

gangsvorschrift in § 30.

529

Bill 9. Waffengesetz 8 H.

(2) Schußwaffen, die nicht die Firma eines inländischen Herstellers tragen, müssen außer den nach Abs. 1 vorgeschriebenen Angaben die Firma oder das eingetragene Warenzeichen eines im Jnlande wohnenden Händlers tragen.

Abschnitt IV.

Erwerb, Führen, Besitz und Einfuhr von Waffen und Munition.

§ 11. (1) Faustfeuerwaffen^) dürfen nur gegen Aushändigung eines Waffenerwerbscheins") überlassen oder erworben17 15) 16 werden.

(2) Der Waffenerwerbschein gilt für die Dauer eines Jahres, vom Tage der Ausstellung an gerechnet. (3) Abs. 1 gilt nicht für18):

a) die Überlassung von Faustfeuerwaffen auf einem polizeilich genehmigten Schießstand zur Benutzung lediglich aus diesem Schießstand; b) die Versendung von Faustfeuerwaffen unmittelbar in das Aus­ land^19);20

c) die Übermittlung von Faustfeuerwaffen durch Personen, die gewerbsmäßig^) Güterversendungen besorgen oder ausführen, insbesondere durch Spediteure, Frachtführer, Verfrachter eines 15) Pistolen und Revolver. 16) Zuständig zur Ausstellung ist die in § 23 DurchsBO. näher bezeichnete Kreispolizeibehörde. 17) Überlassen ist die Übertragung des Eigentums oder des unmittel­

baren Besitzes, Erwerben ist Erwerb deS Eigentums oder deS unmittelbaren Besitzes; beide Begriffe sind dinglich zu verstehen, der Abschluß des schuldrechtltwen Kaufvertrags genügt nicht (E. 63 S. 69; 66 S. 249). Übergabe zu bloß vorübergehendem Besitz genügt (E. 66 S. 249). An nicht abgeleiteter Erwerb (Fund, Diebstahl) fällt nicht unter § 11. Die Behandlung deS Erwerbs­ scheins durch den Überlassenden ist in 8 28 DurchsBO. geregelt.

18) § 11 Abs. 1 gilt ferner nicht für Borderladerpistolen und -revolver, Schreckschußwaffen sowie für Gas-, Betäubungs- und Scheintodwaffen mit einem Kaliber von 12 mm und darunter, wenn bei ihnen durch besondere Vor­ richtungen das wirksame Verfeuern einer Kugel- oder Gchrotvatrone unmöglich gemacht tst (8 20 DurchfVO.). Vgl. ferner §8 12, 18 u. 19 des Gesetzes. 19) Dem Ausland im Sinne dieser Vorschrift stehen gleich 1. die Zoll­ ausschlüffe mit Ausnahme von Helgoland und der Badischen Zollausschlüffe, 2. die Freibezirke und Freizonen (§ 21 DurchsBO.). Unter 311 Abs. 3 d fällt

auch die Berbringung in den Freihafen. OLG. Hamburg JurW. 1933 S. 1428. 20) Bei nicht gewerbsmäßiger Beförderung, z. B. durch einen Boten, wird der die Beförderung Ausführende regelmäßig nicht Besitzer, sondern Besitz­ diener sein und deshalb eines Erwerbsschemes nicht bedürfen (H^che Anm. 7 zu 8 11). Dalcke, Strafrecht.

32. Aufl.

34

530

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Seeschiffes, die Deutsche Reichspost oder die Deutsche Reichs­ bahn; d) den Erwerb von Todes toegen21).

§ 12. Eines Waffenerwerbscheins bedürfen nicht22):23 24 25 1. Behörden des Reichs oder der Länder, die Reichsbank und das Unternehmen „Reichsautobahnen"; 2. Gemeinden (Gemeindeverbände), denen die oberste Landes­ behörde den Erwerb ohne Erwerbschein gestattet hat2"); 3. die vom Stellvertreter des Führers bestimmten Dienststellen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrer Gliederungen2«); 4. die vom Reichsminister der Luftfahrt bestimmten Dienststellen des Luftschutzes und des Nationalsozialistischen Fliegerkorps;

5. die vom Reichsminister des Innern bezeichneten Dienststellen der Technischen Nothilfe;

6. die in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbetreibenden, die sich durch eine behördliche Bescheinigung ausweisen;

7. Inhaber von Waffenscheinen und Jahresjagdscheinen.

§ 13. (1) Jugendlichen unter 18 Jahren dürfen Schußwaffen und Munition sowie Hieb- oder Stoßwaffen nicht entgeltlich ^0:1^^) werden. (2) Die zuständige Behörde") kann Ausnahmen zulassen. § 14. (1) Wer außerhalb seines Wohn-2«), Dienst-2«) oder Ge» 21) Nur der Erwerb durch Erbfolge kraft Gesetzes, durch Verfügung von Todeswegen oder auf Grund Erbvertrags, bei dem der Erwerber ohne be­ sonderen Erwerbsakt Eigentum und Besitz erwirbt, dagegen nicht der Erwerb auf Grund Vermächtnisses. 22) Vgl. ferner §§ 18,19 des Gesetzes. 22a) Durch RdErl. d. RuPrMdJ vom 21. März 38 (RMBliB. S. 458) ist den Gemeinden, soweit sie die Ortspolizei auszuüben berechtigt sind, die Ge­ nehmigung zur Beschaffung der zur Ausrüstung der Pol.-Vollzugöbeamten er­ forderlichen Faustfeuerwaffen erteilt worden. 23) Die Dienststellen der der NSDAP, angeschloffenen Verbände sind vom Erwerbsscheinzwang nicht freigestellt. 24) Die KreispolBeh. (§ 27 DurchfVO.) 25) Über den Begriff des Wohnraumes (-Wohnung) vgl. Anm. 69 zu § 123 StGB, (unter A2). In der Wohnung darf jeder Waffen besitzen, der den Raum als Wohnung, wenn auch nur vorübergehend, zu benutzen berechügt ist. RG. JurW. 1933 S. 438. OLG. Hamburg JurW. 1931 S. 1633. Außer­ halb der Wohnung führt keine Waffe, wer von seiner Wohnung aus nach außen schießt. E. 65 S. 36. OLG. Hamburg JurW. 1930 S. 2150; selbst wenn er unter der Tür des Hoftors steht. RG. JurW. 1932 S. 3066.

schäftsraurnes8?) oder seines befriedeten Besitztums28 26) 27 eine Schußtoaffe29)30führt 31 29), muß einen Waffenschein bei sich fragen81). Ms Führen einer Schußwaffe gilt nicht ihr Gebrauch auf polizeilich ge­ nehmigten Schießständen818).

(2) Der Waffenschein ist, sofern seine Geltung nicht ausdrücklich auf einen bestimmten engeren Bezirk beschränkt wird, für das ganze Reichsgebiet gültig. Seine Geltung kann auf bestimmte, ausdrücklich bezeichnete Gelegenheiten oder Örtlichkeiten beschränkt werden. (3) Der Waffenschein gilt für die Dauer von drei Jahren vom Tage der Ausstellung an gerechnet, soweit nicht eine kürzere Geltungs­ dauer auf ihm vermerkt ist.

§ 15. (1) Waffenerwerbscheine oder Waffenscheine dürfen nur an Personen, gegen deren Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen, und nur bei Nachweis eines Bedürfnisses ausgestellt werden. (2) Die Ausstellung hat insbesondere zu unterbleiben: 1. an Personen unter 18 Jahren; 2. an Entmündigte und geistig Minderwertige; 3. an Zigeuner oder nach Zigeunerart umherziehende Personen; 26) Vgl. Anm. 72» zu 8 123 StGB. 27) Vgl. Anm. 70 zu § 123 StGB. 28) Vgl. Anm. 71 zu 8 123 StGB. 29) Der Waffenscheinzwang erstreckt sich auf alle Schußwaffen (vgl. Anm. 2), nicht nur, wie der Waffen e r w e r b s scheinzwang, auf.Faustfeuerwaffen. 30) Hierunter ist nicht jedes Beisichhaben oder -tragen einer Schußwaffe zu verstehen, sondern Führen liegt nur dann vor, wenn das Beisichtragen der Waffe zu dem Zwecke erfolgt, mit ihr ausgerüstet zu sein, d. h. gegebenenfalls von ihr bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen. Die Waffe muß zugriffsund verwendungsbereit sein, d. h. schußfertig oder leicht schußbereit zu machend. E. 66 S. 193. Daher ist es als Führen nicht anzusehen, wenn der Waffenbesitzer oder ein Bote eines Geschäfts die Waffe zwecks Reparatur zur Reparaturwerkstatt trägt (vgl. auch E. 18 S. 367); wenn Munition fehlt. DRZ. 1935 Nr. 43; oder wenn uniformierte Werbebeamte einer Wach- und Schließgesellschaft Gummiknüppel zum Zweck der Reklame tragen. OLG. Dresden JurW. 1933 S. 70. 31) 8 14 gilt nicht für Druckluftwaffen mit einem Kaliber von 7 mm und darunter (8 4 DurchfBO.) und ferner nach 8 22 DurchfVO. nicht für a) Vorder­ laderwaffen, b) folgende Hinterladerwaffen; Gewehrmodelle bis zum Konstruktionsjahr 1870, Zimmerstutzen, sowie Flobertgewehre (Teschings) mit nicht gezogenem Lauf mit einem Kaliber von 9 mm und darunter c) Schreckschuß­ waffen, d) Gas-, Betäubungs- und Scheintodwaffen mit einem Kaliber von 12 mm und darunter, wenn bei ihnen durch besondere Vorrichtungen das wirksame Verfeuern einer Kugel- oder Schrotpatrone unmöglich gemacht ist, e) Selbstschutz- und Biehbetäubungsapparate. 31a) Auch das Verbringen einer ungeladenen Schußwaffe vom oder zum Schießstand gilt nicht als Führen (RdErl. d. RuPrMdJ. vom 21. März 38, RMMB. S. 458).

532

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

4. an Personen, gegen die auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht oder Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt worden ist, für die Dauer der Zulässigkeit der Polizeiaufsicht oder des Verlustes der bürgerlichen Ehrenrechte;

5. an Personen, die wegen Landesverrats oder Hochverrats ver­ urteilt sind, oder gegen die Tatsachen vorliegen, die die An­ nahme rechtfertigen, daß sie sich staatsfeindlich betätigen; 6. an Personen, die wegen vorsätzlichen Angriffs auf das Leben oder die Gesundheit, wegen Land- oder Hausfriedensbruchs, wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, wegen eines gemein­ gefährlichen Verbrechens oder Vergehens, wegen einer strafbaren Handlung gegen das Eigentum, wegen eines Jagdvergehens oder wegen eines Fischereivergehens zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Wochen rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit Verbüßung der Strafe drei Jahre noch nicht verflossen sind. Der Verbüßung der Freiheitsstrafe steht ihre Verjährung, ihr Erlaß oder ihre Umwandlung in eine Geldstrafe gleich; in diesem Falle beginnt die dreijährige Frist mit dem Tage, an dem die Freiheitsstrafe verjährt oder erlassen oder in eine Geldstrafe um­ gewandelt worden ist. Ist die Strafe nach einer Probezeit ganz oder teilweise erlassen, so wird die Probezeit auf die Frist an­ gerechnet. (3) Ausnahmen von Abs. 2 Nrn. 1 und 6 können auf Antrag bewilligt werden^). *

§ 16. Für die Ausstellung eines Waffenerwerbscheins oder eines Waffenscheins werden nach näherer Bestimmung in der Durchfüh­ rungsverordnung Gebühren erhoben^).

§ 17. Der Waffenerwerbschein oder der Waffenschein ist zu widerrufen und einzuziehen^), wenn die Voraussetzungen für die Erteilung des Scheines nicht gegeben waren oder nicht mehr vorliegen. § 18. Eines Wafsenerwerbscheins oder eines Waffenscheins be­ dürfen nicht:

hinsichtlich

der ihnen

dienstlich

gelieferten

Schußwaffen

1. die Angehörigen der Wehrmacht; 2. die Polizeibeamten einschließlich der Bahnpolizeibeamten, die Bahnschutzangehörigen im Bahnschutzdienst und die Postschutz­ angehörigen im Postschutzdienst; 32) Durch die höhere Verwaltungsbehörde (§ 28 DurchfVO.). 33) Vgl. 8 29 DurchfVO. 34X Zuständig ist die in § 30 DurchfVO. näher bezeichnete Kreispolizei­ behörde.

Bill 9. Waffengesetz 8 19.

533

3. die Angehörigen der ff-Verfügungstruppe und der ff-Totenkopfverbände; 4. die Beamten der Vollzugsanstalten der Reichsjustizverwaltung; 5. die im Grenzaufsichts-, Grenzabfertigungs- und Zollfahndungs­ dienst verwendeten Amtsträger der Reichsfinanzverwaltung; 6. die Bediensteten des Unternehmens „Reichsautobahnen", zu deren Aufgabenkreis die Überwachung der Kraftfahrbahnen gehört;

7. die im Forst-, Feld- und Jagdschutz verwendeten Beamten und Angestellten, die entweder einen Diensteid geleistet haben oder auf Grund der gesetzlichen Vorschriften als Forst-, Feld- oder Jagdschutzberechtigte eidlich verpflichtet oder amtlich bestätigt sind, sowie die Fischereibeamten und die amtlich verpflichteten Fischereiaufseher.

§ IS. (1) Eines Waffenerwerbscheins oder eines Waffenscheins bedürfen hinsichtlich der ihnen dienstlich gelieferten Schußwaffen ferner nicht: 1. im Dienste des Reichs, der Länder, der Reichsbank oder des Unternehmens „Reichsautobahnen" verwendete Personen, denen von der zuständigen Reichs- oder Landesbehörde, der Reichsbank oder dem Unternehmen „Reichsautobahnen" das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist;

2. Unterführer»") der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter­ partei vom Ortsgruppenleiter' aufwärts, der SA., der ff und des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps vom Sturmführer aufwärts sowie der Hitlerjugend vom Bannführer aufwärts, denen von dem Stellvertreter des Führers oder der von diesem bestimmten Stelle das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist; ferner die Angehörigen der SA.-Wachstandarte Feldherrnhalle in den Fällen, in denen es der Führer bestimmt;

3. Führer der Technischen Nothilfe, denen vom Reichsminister des Innern das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist; 4. Personen im Luftschutzdienst, denen vom Reichsminister der Luftfahrt oder der von diesem bestimmten Stellen das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist; der Reichsminister der Luftfahrt bestimmt im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern, welche Gruppen von Personen hierfür in Frage kommen; 34a) Wegen der Erteilung von Waffenscheinen für Politische Leiter und Angehörige von SA., Vl. NSKK. und HI. s. RdErl. d. RMdJ. v. 2. Mat 38 (RMBliB. S. 813).

534

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

5. Führer im Nationalsozialistischen Fliegerkorps vom Sturmführer und selbständigen Truppführer aufwärts und selbständige Leiter von Schulen, denen vom Reichsminister der Luftfahrt oder der von diesem bestimmten Stelle das Recht zum Führen von Schußwaffen verliehen ist. (2) An die Stelle des Waffenscheins tritt bei ihnen eine ent­ sprechende Bescheinigung, die für die im Abs. 1 Nrn. 1, 3 bis 5 be­ zeichneten Personen von der vorgesetzten Dienst- oder der Aufsichts­ stelle, für die im Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Personen von dem Stellvertreter des Führers oder der von diesem bestimmten Stelle aus­ gestellt wird.

§ 20. Werden den in den §§ 18,19 bezeichneten Personen Schuß­ waffen dienstlich nicht geliefert oder ist das Führen anderer als der dienstlich gelieferten Waffen geboten, so ist die vorgesetzte Dienst­ oder die Aufsichtsstelle, bei der im § 19 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Personen der Stellvertreter des Führers oder die von. diesem be­ stimmte Stelle befugt, ihnen eine Bescheinigung auszustellen, aus der das Recht zum Erwerb oder zum Führen einer Schußwaffe er­ sichtlich ist. § 21. Der Jagdschein berechtigt den Inhaber zum Führen von Jagd- und Faustfeuerwaffen. § 22. (1) Der Erwerb von Kriegsgerät ist nur mit Erlaubnis des Oberkommandos der Wehrmacht oder der von ihm bestimmten Stellen zulässig. (2) Der Begriff des Kriegsgeräts bestimmt sich nach den Vor­ schriften des Gesetzes über Aus- und Einfuhr von Krieg^gerät vom 6. November 1935 (RGBl. I S. 1337)-°).

§ 23. (1) Im Einzelfalle kann einer Person, die sich staatsfeind­ lich betätigt hat oder durch die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten ist, Erwerb, Besitz und Führen von Schuß­ waffen und Munition sowie von Hieb- oder Stoßwaffen verboten werden--). 35) Die Kriegsgeräte, die nach §§ 1 und 2 des Gesetzes über Aus- und Einfuhr von Kriegsgerät vom 6. Novbr. 1935 nur mit Erlaubnis des Reichskommiffars für Aus- und Einfuhrbewilligung zur Aus- und Einfuhr zugelassen sind, ergeben sich aus der Bekanntmachung vom 1. April 38 (Reichsanzeiger Nr. 76 vom 31. März 38). Das Ges. v. 6. Nov. 35 ist durch BO. v. 5. Sept. 39 (RGBl. I S. 1665) auf die Durchfuhr von Kriegsgerät ausgedehnt. 36) Zuständig zum Erlaß des Verbots und zur Einziehung ist die in § 33 DurchfBO. bezeichnete Kreispolizeibehörde. Die Namen der Betroffenen werden im Deutschen Kriminalpolizeiblatt veröffentlicht (RdErl. d. RuPrMdJ. vom 21. März 1938, RMBliV. S. 458).

B HI 9.

Waffengesetz §§ 24 u. 25.

535

(2) Waffen und Munition, die sich im Besitz der Person befinden, gegen die das Verbot ausgesprochen ist, sind entschädigungslos em* zuziehen").

§ 24. (1) Die Einfuhr von Schußwaffen und Munition über die Zollgrenze bedarf der Erlaubnis"). Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn gegen die Zuverlässigkeit des Einführenden Bedenken bestehen. Für die Erteilung und den Widerruf der Erlaubnis gelten sinngemäß die Vorschriften des § 15 Abs. 2, 3 und des § 17. * (2) Abs. 1 findet keine Anwendung auf die Einfuhr durch Be­ hörden des Reichs oder der Länder sowie durch die in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbetreibenden, die sich durch eine 'behördliche Be­ scheinigung ausweisen. (3) Die Vorschriften des Gesetzes über Aus- und Einfuhr von Kriegsgerät vom 6. November 1935 (RGBl. I S. 1337) bleiben un­ berührt. (4) In den Zollausschüssen und Freibezirken werden Schußwaffen und Munition nach Maßgabe der vom Reichsminister der Finanzen im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern zu erlassenden Vorschriften überwacht"). § 25. (1) Verboten sind Herstellung, Handel, Führen, Besitz und Einfuhr 1. von Schußwaffen, die zum Zusammenklappen, Zusammen­ schieben, Verkürzen oder zum schleunigen Zerlegen über den für Jagd- und Sportzwecke allgemein üblichen Umfang hinaus be­ sonders eingerichtet oder die in Stöcken, Schirmen, Röhren oder - in ähnlicher Weise verborgen sind; 2. von Schußwaffen, die mit einer Vorrichtung zur Dämpfung des Schußknalles oder mit Gewehrscheinwerfern versehen sind; das Verbot erstreckt sich auch auf die bezeichneten Vorrichtungen allein; 3. von Patronen Kaliber *22 (= 5,6 mm) kurz, lang oder lang für Büchsen (Kleinkaliberpatronen) mit Hohlspitzgeschoß (Loch- oder Kerbgeschoß). 37) der Kreispolizeibehörde (vgl. § 34 DurchfVO.; daselbst in Abs. 3 Ausnahmen von dem Erlaubniszwang).

3S),Das Nähere ist geregelt in der VO. über den Verkehr mit Schußwaffen und Munition in Zollausschlüffen und der BO. über den Verkehr mit Schuß­ waffen und Munition in den badischen Zollausschlüffen, beide v. 29. März 1938 (RMBl. S. 276 u. 277). Gemäß BO. v. 5. Septbr. 40 (RGBl. I S. 1209) ist die BO. über ein vorübergehendes Verbot der Einfuhr von Faustfeuerwaffen v. 12. Juni 33 aufgehoben.

536

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

(2) Für die Ausfuhr können Herstellung, Handel und Besitz der im Abs. 1 bezeichneten Schußwaffen, Vorrichtungen und Patronen gestattet werden").

Abschnitt V

Strafbestimmungen. § 26.") (1) Mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich") oder fahrlässig den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwider 1. Waffen, Munition oder die im § 25 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten

Vorrichtungen herstellt, bearbeitet, instand setzt, erwirbt, feilhält, anderen überläßt, besitzt oder einführt, den Erwerb oder das Überlassen solcher Gegenstände vermittelt oder sich zu ihrem Er­ werb oder Überlassen erbietet, 2. Schußwaffen stillt42 39).40 41 39) Durch die höhere Verwaltungsbehörde (§ 35 DurchfVO-). 40) Verordnung gegen den Waffenbesitz der Juden v. 11. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1573). § 1. Juden (§ 5 der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz v. 14. Novbr. 35, RGBl. I S. 1333) ist der Erwerb, der Besitz und das Führen von Schußwaffen und Munition sowie von Hieb- oder Stoßwaffen verboten. Sie haben die in ihrem Besitz befindlichen Waffen und Munition unverzüg­ lich der Ortspolizeibehörde abzuliefern.

§ 2. Waffen und Munition, die sich im Besitz eines Juden befinden, sind dem Reich entschädigungslos verfallen. § 3. Für Juden fremder Staatsangehörigkeit kann der Reichsminister des Innern Ausnahmen von dem im § 1 ausgesprochenen Verbot zulassen. Er kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen. § 4. Wer den Vorschriften des § 1 vorsätzlich oder fahrlässig zuwider­ handelt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen vorsätzlicher Zuwiderhandlung ist die Strafe Zuchthaus bis zu fünf Jahren. § 5. Der Reichsminister des Innern erläßt die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. § 6. Diese Verordnung gilt auch im Lande Österreich und in den su­ detendeutschen Gebieten.

41) Kenntnis der Vorschriften des Waffengesetzes gehört nicht zum Vor­ satz. E. 71 S. 40.

42) Ein sich an den verbotswidrigen Erwerb anschließendes Waffenführen stellt sich, wenn es auf Grund eines bes. Vorsatzes erfolgt, als eine selbständige Handlung dar. GA. 77 S. 113. Zwischen dem verbotswidrigen Er­ werb einer Schußwaffe und einer mit der Schußwaffe verübten Straftat liegt regelmäßig Tateinheit nicht vor, weil der strafbare Erwerb bei Begehung der anderen Straftat schon beendet war. E. 71 S. 42. Dagegen kann Verbots-

Bill9. Waffengesetz 8 27.

537

(2) Neben der Strafe können die Waffen, die Munition oder die Vorrichtungen, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Rücksicht darauf, ob sie dem Täter gehören, eingezogen werden"). Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür tioiHegen.44 * *) * * * * * * * * * * 43

§ 27. (1) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft, 1. wer die nach § 4 Abs. 3 erforderliche Anzeige vorsätzlich oder fahrlässig nicht oder nicht rechtzeitig erstattet. 2. wer den zur Durchführung oder Ergänzung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften (§ 24 Abs. 4, § 31) vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt. (2) Wer den im Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Vorschriften vorsätzlich zuwiderhandelt, nachdem er wegen ihrer vorsätzlichen oder fahrlässigen Übertretung zweimal rechtskräftig verurteilt ist, wird mit Gefängnis

bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn seit der Rechtskraft der letzten Verurteilung bis zur Begehung der neuen Tat mehr als drei Jahre verflossen sind. widriges Führen tateinheitlich mit einer anderen Straftat Zusammentreffen z. B. mit Totschlag (vgl. E. 59 S. 359), mit Jagdvergehen (vgl. E. 49 S. 272 u. E. 71 S. 42); mit § 250 StGB. (E. 66 S. 177), mit Zuwiderhandlung gegen Sprengstoffgesetz (vgl. E. 57 S. 329), mit schwerem Diebstahl. Recht 33 Nr. 2520 u. 34 Nr. 470; mit Totschlagsversuch dann, wenn der Täter dem von ihm mit Tötungsvorsatz Angegriffenen im Kampf die Pistole entreißt, auf ihn anlegt und abdrückt und sodann auf der Flucht die Waffe wegwirft. DRZ. 22 Nr. 345; aber nicht, wenn der Entschluß, einen Menschen zu töten, erst während des Führens der Waffe gefaßt ist. DRZ. 22 Nr. 344; auch kein Zu­ sammentreffen mit § 117 StGB. RG JurW. 1930 S. 2963. Der verbotene Erwerb wird durch den sich ihm anschließenden verbotenen Besitz (§ 23) auf­ gezehrt. RG. JurW. 1933 S. 439. 43) Über die Verwertung eingezogener Schußwaffen siehe § 56 StrBO.

unter D 3.

44) § 26 Abs. 2 erhält nach BO. über die Einführung des deutschen Waffenrechts im Lande Österreich v. 13. Febr. 39 (RGBl. I S. 213) folgen­ den Zusatz: über die Einziehung im selbständigen Verfahren erkennt auf Antrag des Anklägers die Ratskammer des Gerichtshofs I. Instanz, der zur Durchführung des Strafverfahrens zuständig wäre, durch Beschluß. Wird auf Ein­ ziehung erkannt, so ist der Beschluß der von der Einziehung betroffenen Per­ son bekanntzumachen. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig (§ 114 der österreichischen Strafprozeßordnung).

538

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Abschnitt VI

Schluß- und Übergangsbestimmungen. § 28.") Auf die in den §8 3, 7 bezeichneten Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung insoweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetz besondere ^Bestimmungen getroffen sind. § 29.") (1) Wer beim Inkrafttreten dieses Gesetzes zum Betrieb eines der in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbebetriebe berechtigt ist, 45) I. § 28 lautet für das Land Österreich (vgl. Anm. 44): Auf die in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbebetrieben finden die Vor­ schriften der österreichischen Gewerbeordnung und, soweit Schießpulver in Betracht kommt, das Schieß- und Sprengmittelgesetz in der Fassung der Verordnung Gesetzbl. f. d. Land Osterr. Nr. 483/1938 sowie die damit in Beziehung stehenden Vorschriften insoweit Anwendung, als nicht in den Ab­ schnitten I bis V des Waffengesetzes besondere Bestimmungen getroffen sind. II. § 28 lautet nach Verordnung über die Einführung des deutschen Waffenrechts in den sudetendeutschen Gebieten v. 10. März 39 (RGBl. I S. 442): Auf die in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbebetriebe finden die Vor­ schriften der in den sudetendeutschen Gebieten geltenden Gewerbeordnung und, soweit Schießpulver in Betracht kommt, das Schieß- und Sprengmittel­ gesetz v. 27. Mai 85 (RGBl. Nr. 134) in der zur Zeit geltenden Fassung sowie die damit in Beziehung stehenden Vorschriften insoweit Anwendung, als nicht in den Abschnitten I bis V des Waffengesetzes besondere Bestimmungen getroffen sind. 46) I. § 29 lautet für das Land Österreich (vgl. Anm. 44): Wer beim Inkrafttreten des Waffengesetzes im Lande Österreich zum Betrieb eines der in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbebetriebe berechtigt ist, bedarf keiner neuen Erlaubnis auf Grund des Waffengesetzes. Dies gilt nicht für Altwarenhändler. Die vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes im Lande Österreich erworbenen Berechtigungen der in den §§ 3 und 7 bezeich­ neten Art sind bis zum 31. März 40 zurückzunehmen, wenn zu diesem Zeit­ punkt die im § 3 Abs. 2 bis 5 bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen. Des Nachweises einer fachlichen Eignung bedarf es dabei jedoch nicht, soweit es sich um den Inhaber der Berechtigung oder, wenn der Inhaber eine ju­ ristische Person ist, um den genehmigten Stellvertreter (Pächter) handelt. Berechtigungen zum Handel mit Schußwaffen und Munition können ferner bis zum 31. März 40 widerrufen werden, wenn ein Bedürfnis für die Auf­ rechterhaltung des Betriebes örtlich nicht besteht. II. § 29 lautet für die sudetendeutschen Gebiete (vgl. Anm. 45 II): Wer beim Inkrafttreten des Wasfengesetzes in den sudetendeutschen Gebieten zum Betrieb eines der in den §§ 3, 7 bezeichneten Gewerbebetriebe berechtigt ist, bedarf keiner neuen Erlaubnis auf Grund des Waffengesetzes. Dies gilt nicht für Altwarenhändler. Die vor dem Inkrafttreten des Waffen­ gesetzes in den sudetendeutschen Gebieten erworbenen Berechtigungen der in den §§ 3 und 7 bezeichneten Art sind bis zum 31. März 40 zurückzunehmen, wenn zu diesem Zeitpunkt die im § 3 Abs. 2 bis 5 bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen. Des Nachweises einer fachlichen Eignung bedarf es dabei jedoch nicht, soweit es sich um den Inhaber der Berechtigung oder, wenn der

B HI 9. Waffengesetz § 30.

539

bedarf keiner neuen Erlaubnis auf Grund dieses Gesetzes. Die nach den Vorschriften des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) erteilte Genehmigung ist jedoch bis zum 31. März 1939 zu widerrufen, wenn zu diesem Zeitpunkt die im 8 3 Abs. 2 bis 5 bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen. Für Waffenhersteller bedarf es dabei eines Nachweises der fachlichen Eignung dann nicht, wenn sie beim Inkrafttreten dieses Gesetzes ihr Gewerbe ununterbrochen mindestens 5 Jahre lang ausgeübt haben. Die auf Grund des § 5 des Gesetzes über Schußwaffen und Munitton erteilte Genehmigung zum Handel mit Schußwaffen oder Munitton kann bis zum 31. März 1939 ferner widerrufen werden, wenn ein Be­ dürfnis für die Aufrechterhaltung dieser Genehmigung örtlich nicht

besteht. (2) Bedurfte der Gewerbetreibende bisher keiner Genehmigung, weil es sich um Schußwaffen oder um Munitton handelte, die den Vorschriften des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) nicht unterlagen, so ist, wenn die Schußwaffen oder die Munition den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegen, die Erlaubnis nach §§ 3, 7 binnen eines Monats nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu beantragen. (3) Im Falle des Abs. 2 tritt die Strafbarkeit nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 erst mit dem Ablauf eines Monats nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes oder, falls der Antrag innerhalb dieser Frist gestellt ist, mit Ablauf eines Monats nach seiner endgülttgen Ablehnung ein. § 30.47 * *) * *(1) Schußwaffen, die nicht die im § 10 vorgeschriebene Kennzeichnung tragen, dürfen noch bis zum Ablauf eines Jahres Inhaber eine juristische Person ist, um den genehmigten Stellvertreter (Pächter) handelt. Berechttgungen zum Handel mit Schußwaffen und Muni­ tton können ferner bis zum 31. März 40 widerrufen werden, wenn ein Be­ dürfnis für die Aufrechterhaltung des Betriebes örtlich nicht besteht. 47) I. § 30 lautet für das Land Österreich (vgl. Anm. 44): Schußwaffen, die "nicht die im § 10 vorgeschriebene Kennzeichnung tragen, dürfen noch bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten des Waffengesetzes im Lande Ostereich gewerbsmäßig feilgehalten oder anderen überlassen werden. Bei Schußwaffen, bei denen die Firma des Herstellers nicht mehr festzustellen ist, erloschen ist oder bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten des Waffengesetzes im Lande Österreich erlischt, genügt statt der im § 10 vorgeschriebenen Kennzeichnung die Angabe der Firma oder des eingetragenen Warenzeichens eines im Inland wohnenden Händlers auf der Schußwaffe. II. § 30 lautet für die sudetendeutschen Gebiete (vgl. Anm. 45 II): Schußwaffen, die nicht dH im § 10 vorgeschriebene Kennzeichnung tragen, dürfen noch bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten des Waffengesetzes in den sudetendeutschen Gebieten gewerbsmäßig feilgehalten oder anderen überlassen werden. Bei Schußwaffen, bei denen die Firma

540

B in. Schutz der öffentlichen Ordnung.

nach dem Jnkrafttteten dieses Gesetzes gewerbsmäßig feilgehalten oder anderen überlassen werden, wenn ihre Kennzeichnung den Vor­ schriften des § 9 des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) entspricht oder wenn sie diesen Vor­ schriften nicht unterlagen. (2) Bei Schußwaffen, die nicht den Vorschriften des § 9 des Gesetzes über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143) unterlagen und bei denen die Firma des Herstellers nicht mehr festzustellen ist, erloschen ist oder bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Jnkrafttteten dieses Gesetzes erlischt, genügt statt der im § 10 dieses Gesetzes vorgeschriebenen Kennzeichnung die Angabe der Firma oder des eingettagenen Warenzeichens eines im Jnlande wohnenden Händlers auf der Schußwaffe.

§ 81. Der Reichsminister des Innern erläßt die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwal­ tungsvorschriften. Er kann für bestimmte Arten von Waffen oder Munition Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetzes zulassen. § 82. Weitergehende landesrechtliche Beschränkungen der Her­ stellung, des Handels, des Erwerbs, des Führens oder des Besitzes von Hieb- oder Stoßwaffen, mit Ausnahme der für Zigeuner oder nach Zigeunerart umherziehende Personen geltenden Vorschriften, treten spätestens sechs Monate nach Jnkrafttteten dieses Gesetzes außer Kraft.

§ 88. (1) Dieses Gesetz tritt am 1. April 1938 in Kraft. (2) Gleichzeitig treten außer Kraft"): 1. das Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (RGBl. I S. 143); 2. die Ausführungsverordnung zu dem Gesetz über Schußwaffen und Munition vom 13. Juli 1928 (RGBl. I S. 198) in der Fassung der Verordnung vom 2. Juni 1932 (RGBl. I S. 253); 3. das Gesetz gegen Waffenmißbrauch vom 28. März 1931 (RGBl. I S. 77) in der Fassung des $ 10 der Verordnung des Reichsdes Herstellers nicht mehr festzustellen ist, erloschen ist oder bis zum Ablauf eines Jahres nach Jnkrafttteten des Waffengesetzes in den sudetendeutschen Gebieten erlischt, genügt statt der im § 10 vorgeschriebenen Kennzeichnung die Angabe der Fttma oder des eingettagenen Warenzeichens eines im Jn­ lande wohnenden Händlers auf der Schußwaffe. 48) Soweit vor dem 1. April 1938 begangene Handlungen, die nach bis­ herigem Recht strafbar waren, nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind, wird in Anwendung des § 2a Abs. 2 SiGB. regelmäßig von Bestrafung abzusehen sein. Die in § 33 Abs. 2 Nr. 4 genannte BO. ist kein Zeitgesetz t. S. des 8 2 L Abs. 3 StGG. (a. M. E. 71 S. 41).

B in 10. Tierschutzgesetz § 1.

541

Präsidenten zur Erhaltung des inneren Friedens vom 19. De­ zember 1932 (RGBl. I S. 548);

4. Kapitel I (Maßnahmen gegen Waffenmißbrauch) des 8. Teils der Vierten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S. 699, 742); 5. § 56 Abs. 2 Ziffer 8 der Gewerbeordnung.

(3) Die Inkraftsetzung dieses Gesetzes für das Land Österreich bleibt Vorbehalten/")

B UL 10. Lierschuhgesrtz.* *) Vom 24. November 1933. (RGBl. I S. 987.)

Tierquälerei. $ 1. (1) Verboten ist, ein Tier unnötig zu quälens oder roh zu mißhandeln. (2) Ein Tier quält, wer ihm länger dauernde oder sich wieder­ holende erhebliche Schmerzen oder Leiden verursacht; unnötig ist das Quälen, soweit es keinem vernünftigen, berechtigten Zwecke dient. 49) Geschehen durch BO. v. 13. gebt. 39, s. Anm. 44. *) Schrifttum: Giese-Kahler, Komm, zum Tierschutzrecht, Berlin 1939. — Neupert, Die Übertretungsdelikte des Reichstierschutzgesetzes, DStraft. 38 S. 209ff-, 301 ff. — Neupert, Das Delikt der Tierquälerei nach §9 Abs.1 RTG., DStraft. 37 S. 385ff. 1) 81 Abs.1 des Ges. v. 21. April33 (RGBl. I S. 203) über das Schlachten von Tieren bestimmt: „Warmblütige Tiere sind beim Schlachten vor Beginn der Blutentziehung zu betäuben." Nach § 3 wird, wer vorsätzlich oder fahr­ lässig dieser Vorschrift oder einer auf Grund dieses Ges. erlassenen Bestim­ mung zuwiderhandelt, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geld­ strafe bestraft. BO. v. 21. Aprll 33 (RGBl. I S. 212, mit And. d. § 10 durch BO. v. 14. Nov. 34 (RGBl. I S. 1163) u. in Preußen PBO. über das Schlachten von Tieren v. 28. Aprll 33 (GS. S. 154), abgeändert § 1 durch BO. v. 11. Sept. 33 (GS. S. 377). Die vorgenannten Vorschriften sind durch das Tierschutzges. nicht aufgehoben. Schächten ist Zuwiderhandlung gegen 881, 3 d. Ges. v. 21. Aprll 33 in Tateinheit mit Verletzung der 88 1, v Tierschutzges., OLG. Darmstadt, JurW. 1935 S. 722 ;a. A. OLG. Breslau, DStraft. 1937 S. 269.

542

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Ein Tier mißhandelt, wer ihm erhebliche Schmerzen verursacht; eine Mißhandlung ist roh, wenn sie einer gefühllosen Gesinnung entspringt?) Vorschriften zum Schutze der Tiere. § 2.

Verboten ist,

1?) ein Tier in Haltung, Pflege oder Unterbringung oder bei der Be­ förderung derart zu vernachlässigen, daß es dadurch erhebliche Schmerzen oder erheblichen Schaden erleidet;8») 2.8) ein Tier unnötig zu Arbeitsleistungen zu verwenden/) die offen­ sichtlich seine Kräfte übersteigen, oder die ihm erhebliche Schmerzen bereiten, oder denen es infolge seines Zustandes nicht gewachsen ist; 3. ein Tier zu Abrichtungen, Filmaufnahmen, Schaustellungen oder ähnlichen Veranstaltungen zu verwenden, soweit sie mit erheb­ lichen Schmerzen oder erheblichen Gesundheitsschädigungen für das 4. ein das als

Tier verbunden sind;8) gebrechliches, krankes, abgetriebenes oder altes Haustier, für das Weiterleben eine Qual bedeutet, zu einem anderen Zwecke zur alsbaldigen schmerzlosen Tötung zu veräußern oder zu

erwerben; 5. ein eigenes Haustier auszusetzen,8») um sich des Tieres zu ent­ ledigen; 2) z. B. wenn ein lebender Bogel in einen Affenkäfig zur Fütterung des Affen gesetzt wird. Dresden 5. April 33 LZ. 33 S. 871. Auch durch Unter­ lassung kann Tierquälerei begangen werden, wenn Rechtspflicht zum Handeln besteht. Naumburg 14. Juni 33 HRR. 1933 Nr. 1717 — Giese-Kahler, Komm. S. 24 —. Unnötig ist Quälerei nicht nur, wenn boshaft oder ab­ sichtlich, sondern auch wenn gedankenlos begangen. Vgl. die Bemerkungen über die Strafzumessungspraxis bei Tierquälerei von Grau DJust. 1936 S. 1882.

3) Vgl. § 12. 3a) z. B. mangelnde Reinigung, Vernachlässigung oder Mangelhaftigkeit des Huf- und Klquenbeschlags, schlechte Käfige, nicht passendes Zaumzeug; s. Giese-Kahler, Komm. S. 29ff. Auch unvorschriftsmäßige Verladung aus der Eisenbahn, selbst wenn mit Verladung dritte, aber unzuverlässige Person beaufttagt war. KG. JurW. 1936 S. 2249. Vernachlässigung der Fütterung wagender Kühe, so daß Unterernährung eintritt, OLG. Kiel, SchlHolstAnz. 36, 112. Uber die Beförderung von Tieren s. BO. über die Beförderung von Vieh v. 7. Juni 36 (RGBl. I S. 621) u. Richtl. im RdErl. des RMdJ. v. 9. Septbr. 37 (RMBliB. S. 1523). 4) Dieser Begriff ist nach dem Gedanken des unnötig Quälens des 8 1 zu Bestimmen, OLG. Dresden. JurW. 1935 S. 3588. Dabei ist der Zweck der Arbeitsleistung abzuwägen gegenüber dem wohlverstandenen Interesse am Schutz des Tieres. 5) z.B. Tanzbär,Hahnenkämpfe; s.Giese-Kahler, Komm. S.36 u.73. 5a) Ausgesetzt ist ein Tier, wenn es in eine Lage gebracht wird, in der

BIH 10. Tierschutzgesetz § 3.

543

6. Hunde auf Schärfe an lebenden Katzen, Füchsen oder an anderen Tieren abzurichten oder zu prüfen; 7. einem über zwei Wochen alten Hund die Ohren oder den Schwanz zu kürzen. Das Kürzen ist zulässig, wenn es unter Betäubung*) vorgenommen wird; 8.7* )* 6 einem Pferd die Schweifrübe zu kürzen (kupieren). Das Kürzen ist zulässig, wenn es zur Behebung einer Untugend oder einer Erkrankung der Schweifrübe durch einen Tierarzt unter Betäubring*) vorgenommen wird; 9. an einem Tier in unsachgemäßer Weise oder ohne Betäubung*») einen schmerzhaften Eingriff vorzunehmen. Die Kastration ist als schmerzhafter Eingriff anzusehen bei Pferden, bei über neun Monate alten Rindern, bei über sechs Monate alten Schweinen und bei geschlechtsreifen Schaf- und Ziegenböcken. **>) Einer Betäubung bedarf es nicht, sofern der mit dem Eingriff ver­ bundene Schmerz nur geringfügig ist oder bei gleichen oder ähn­ lichen Eingriffen am Menschen eine Betäubung in der Regel unterbleibt oder die Betäubung im einzelnen Falle nach tier­ ärztlichem Ermessen nicht durchführbar erscheint; . 10. ein in einer Farm gehaltenes Pelztier anders als unter Be­ täubung *) oder sonst schmerzlos zu töten; 11.7) Geflügel durch Stopfen (Nudeln) zur Futteraufnahme zu zwingen; 12. lebenden Fröschen die Schenkel auszureißen oder abzutrennen7»).

§ 8.7) Die Eipfuhr kupietter Pferde ist verboten. Der Reichs­ minister des Innern kann in besonders begründeten Fällen Aus­ nahmen zulassen. es an Leben und Gesundheit gefährdet ist, wenn ihm nicht durch Zufall H.ilfe zutell wird, OLG. Jena HRR. 1935 Nr. 1367. 6) Siehe § 13. 6a) Betäubungen darf nur ein approbierter Tierarzt, nicht ein Kastrierer vornehmen, § 2 der I. AussührungsBO. v. 20. Juni 34 (RGBl. I S. 516); dasselbe gilt für örtliche Betäubungen, KG. JurW. 1935 S. 2076, DStrafr. 1935 S. 215. Der Tierarzt braucht aber nicht persönlich den Be­ täubungseingriff vorzunehmen, er kann sich dazu einer Hilfsperson bedienen, Dresden SächsA. 1936 S. 126. Betäubung bei Kastrierung von Pferden stets erforderlich, Satz 3 kommt nicht in Frage, Dresden, DStrafr. 1936 S. 183. 6 b) Satz 2 in der Fassung der BO. v. 23. Mai 38 (RGBl. 1 S. 598). 7) Siehe § 15 Abs. 1. 7a) Nur das Ausreißen der Schenkel von lebenden Fröschen ist ver­ boten, nicht das Töten der Frösche durch Ab schneiden des Kopfes und das Abschneiden der Schenkel alsdann (§ 3 der BO. über das Schlachten und Aufbewahren von lebenden Fischen u. anderen kaltblütigen Tieren v. 14. Jan. 36 (NGBl. I S. 13).

544

BIII. Schutz der öffentlichen Ordnung.

§ 4. Die Verwendung von Einhufern unter Tag ist nur mit Genehmigung der zuständigen Landesbehörde8) gestattet. Versuche an lebenden Tieren.

§ 5. Verboten ist, Eingriffe oder Behandlungen, die mit erheb­ lichen Schmerzen oder Schädigungen verbunden sind, an lebenden Tieren zu Versuchszwecken vorzunehmen, soweit nicht die Vorschriften der §§ 6 bis 8 etwas anderes bestimmen. $ 6. (1) Der Reichsminister des Innern kann auf Vorschlag der zuständigen Reichs- oder obersten Landesbehörden bestimmten wissenschaftlich geleiteten Instituten oder Laboratorien die Erlaubnis zur Vornahme wissenschaftlicher Versuche an lebenden Tieren erteilen, sofern der wissenschaftliche Leiter über die erforderliche fachmännische Ausbildung und Zuverlässigkeit verfügt, geeignete Einrichtungen für die Vornahme der Tierversuche vorhanden sind und Gewähr für gute Wartung und Unterbringung der Versuchstiere gegeben ist. (2) Der Reichsminister des Innern kann die Erteilung der Er­ laubnis anderen obersten Reichsbehörden überlassen. (3) Die Erlaubnis kann jederzeit ohne Entschädigung zurückgezogen werden. $ 7. Bei Ausführung der Tierversuche ($ 6) sind folgende Vor­ schriften zu beobachten: 1. Die Versuche dürfen nur unter voller Verantwortung des wissen­ schaftlichen Leiters oder des von ihm besonders ermächtigten Stellvertreters ausgeführt werden. 2. Die Versuche dürfen nur von wissenschaftlich hierzu vorgebildeten Personen oder unter deren Leitung und nur unter Vermeidung jeder für den Zweck entbehrlichen Schmerzerregung vorgenommen werden.. 3. Versuche zu Forschungszwecken sind nur dann zu unternehmen, wenn sie einen bestimmten, bisher von der Wissenschaft noch nicht bestätigten Erfolg erwarten lassen oder soweit sie zur Klärung bisher ungelöster Fragen dienen. 4. Die Versuche sind, sofern nicht nach dem Urteil des wissenschaft­ lichen Leiters der Zweck des Versuches dies unbedingt ausschließt oder der mit dem Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger ist als die mit einer Betäubung verbundene Beeinträchtigung des Wohlbefindens des Versuchstieres, nur unter Betäubung vor­ zunehmen. 8) Das ist die Bergbehörde, 2. AusfBO. v. 27. Juni 36 (RGBl. I S. 539), in der auch die Grundsätze für die Erteüung der Genehmigung feftgelegt sind.

546

Bill 10. Tierschutzgesetz §§ 8 u. 9.

An bemselben unbetäubten Tier darf nicht mehr als ein schwerer operativer oder schmerzhafter unblutiger Versuch auSgeführt werden.

Tiere, die nach Beendigung schwerer, insbesondere mit ope­ rativen Eingriffen verbundener Versuche unter erheblichen Schmerzen zu leiden haben, sind, sofern dies nach dem Urteil des wissenschaftlichen Leiters mit dem Zweck des Versuches ver­ einbar ist, alsbald schmerzlos zu töten.

5. Versuche an Pferden, Hunden, Katzen oder Affen dürfen nur dann ausgeführt werden, wenn durch Versuche an anderen Tieren8a) der beabsichtigte Zweck nicht erreicht werden kann. 6. Es dürfen nicht mehr Tiere verwendet werden, als zur Klärung der betreffenden Frage notwendig ist.

7. Tierversuche zu Lehrzwecken sind nur dann gestattet, wenn andere Lehrmittel, z. B. Bild, Modell, Präparat) Film, nicht ausreichen.

8. Über die Art der verwendeten Tiere, den Zweck, die Durch­ führung und das Ergebnis der Versuche sind Aufzeichnungen zu machen. § 8. Den Vorschriften der §§ 6 bis 7 unterliegen nicht Tierversuche für Belange der Rechtspflege sowie Impfungen und Blutentnahmen an lebenden Tieren zum Zwecke der Erkennung von Krankheiten der Menschen oder Tiere oder zur Gewinnung oder Prüfung (Wert­ bestimmung) von Seren oder Impfstoffen nach bereits erprobten oder staatlich anerkannten Verfahren. Doch sind auch diese Tiere alsbald schmerzlos zu töten, wenn sie unter erheblichen Schmerzen zu leiden haben und die Tötung mit dem Zwecke des Versuchs vereinbar ist. Strafbestimmungen.

§v. (1) Wer ein Tier unnötig quält8) oder roh mißhandelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (2) Wer, abgesehen von den Fällen des Abs. 1, ohne die erforder­ liche Erlaubnis einen Versuch an lebenden Tieren (§ 6) vornimmt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. (3) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit 8 a) Niederer Gattung und Kaltblütern, die den Schmerz nicht so emp­ finden.

9) Bejahung der TranSportfähigkeit eines kranken Tieres. KG. HRR. 1934 Nr. 993. Dalcke,

Strafrecht. 32. Aufl.

35

546

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Haft wird, soweit die Tat nicht schon unter die Strafdrohung der Abs. 1, 2 fällt, bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. einem der Verbote der §§ 2 bis 4 zuwiderhandelt; 2. einer Vorschrift des § 7 zuwiderhandelt; 3. einer vom Reichsminister des Innern oder von einer Landesregierung nach § 14 erlassenen Vorschrift zum Schutze der Tiere zuwiderhandelt;

4. es unterläßt, Kinder oder andere Personen, die seiner Aufsicht unterstehen und zu seiner Hausgemeinschaft gehören, von einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften dieses Gesetzes abzu­ halten. $ 10. (1) Neben der wegen einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung auf Grund von § 9 erkannten Strafe kann auf Einziehung oder auf Tötung des Tieres erkannt werden, wenn es dem Verurteilten gehört. Statt der Einziehung kann angeordnet werden, daß das Tier auf Kosten des Verurteilten bis zur Dauer von drei Monaten anderweit untergebracht und verpflegt wird. (2) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Einziehung oder Tötung des Tieres selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

§ 11. (1) Ist jemand wiederholt wegen einer vorsätzlichen ZuWiderhandlung auf Grund von § 9 rechtskräftig verurteilt worden, so kann ihm die zuständige Landesbehörde die Haltung von bestimmten Tieren oder die berufsmäßige Beschäftigung oder den Handel mit ihnen auf Zeit oder Dauer untersagen. (2) Nach Ablauf eines Jahres seit der Rechtskraft der Unter­ sagungsanordnung kann die zuständige Landesbehörde die Anordnung wieder aufheben. (3) In der Haltung, Pflege oder Unterbringung schuldhaft er­ heblich vernachlässigte Tiere können durch die zuständige Landes­ behörde ihrem Besitzer fortgenommen und so lange anderweit pfleglich untergebracht werden, bis die Gewähr für eine einwandfreie Tier­ haltung vorhanden ist. Die Kosten dieser Unterbringung sind dem Schuldigen aufzuerlegen.

§ 12. Ist in einem Strafverfahren zweifelhaft, ob die Tat unter ein Verbot des § 2 Nr. 1 oder 2 fällt, so sollen hierüber in einem mög­ lichst frühen Abschnitt des Verfahrens der beamtete Tierarzt und, soweit es sich um landwirtschaftliche Betriebe handelt, der Reichs­ nährstand gehört werden.

B III 11. BO. z. Schutze d. Wälder, Moore u. Heiden geg. Brände.

547

Schlußbestimmungen.

§ 13. Unter Betäubung im Sinne dieses Gesetzes sind alle Ver­ fahren zu verstehen, die allgemein schmerzlos machen oder örtlich die Schmerzempfindung ausschalten.") § 14. Der Reichsminister des Innern kann zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen.") Soweit er von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch macht, können die Landesregierungen die erforderlichen Durchführungsvor­ schriften erlassen. § 15. Dieses Gesetz tritt am 1. Februar 1934 in Kraft mit Aus­ nahme des § 2 Nr. 8 und 11") und des § 3, für die der Reichsminister des Innern im Einvernehmen mit dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft den Zeitpunkt des Inkrafttretens festsetzt. Die §§ 145 b und 360 Nr. 13 des Strafgesetzbuches treten am 1. Februar 1934 außer Kraft. Die Bestimmungen des Bogelschutzgesetzes vom 30. Mai 1908 (Reichsgesetzbl. S. 314)") bleiben unberührt.

B III11. Verordnung ptm Lchuhe der Wälder, Moore und Heiden gegen Stände?) Boni 25. Juni 1938 (RGBl. I S. 700). Alljährlich werden große Werte deutschen Volksvermögens durch Waldbrände vernichtet, die in den weitaus meisten Fällen durch sträf­ lichen Leichtsinn, Unkenntnis oder Nichtbeachtung der gesetzlichen Bestimmungen verursacht werden. Um dem entgegenzuwirken und die bestehenden Rechtsvor­ schriften im gesamten Reichsgebiet zu vereinheitlichen, erlasse ich 10) Welches Verfahren, Ermessen des Tierarztes (8 2 Nr. 8) oder des Wissenschaftlicken Leiters (§ 7). 11) Erste BO. zur Ausführung des Tierschutzges. v. 20. Juni 34 (RGBl. I S. 516). — BO. über das Schlachten und Äufbewahren von lebenden

Fischen und anderen kaltblütigen Tieren v. 17. Jan. 36 (RGBl. I S. 13), geänd. d. BO. v. 13. Novbr. 36(RGBl. I S.941). — Zu§4 die2.AusfBO. v. 27. Juni 36 (RGBl. I S. 539); zu § 2 Nr. 11 die 3. AusfBO. v. 11. Septbr. 36 (RGBl. I S. 735) — Inkrafttreten am 1. Novbr. 36. § 2 Nr. 8 tritt am 1. Jan. 40 in Kratt, 4. AusfBO. v. 12. Juli 38 (RGBl. I S. 854). — Die 5. AusfBO. v. 11. Aug. 38 (RGBl. I S. 1004) betrifft die Tierschutzvereine. 12) Aufgehoben; jetzt Naturschutzes. (B X 2), siehe S. 27. 1) Ausführungsbest. des Reichsforstmeisters v. 2. Juli 38 (RMBlFv. S. 240).

548

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

hiermit in Ergänzung der Bestimmungen der §§ 308, 310a und 330 c des Strafgesetzbuchs auf Grund der Verordnung zur Durchführung des Vierjahrespläns vom 18. Oktober 1936 (RGBl. I S. 887) nach­ stehende Verordnung:

§ 1. (1) Bei Wald-, Moor- und Heidebränden sind neben den Feuerwehren alle geeigneten Personen unaufgefordert zur Hilfe­ leistung verpflichtet?) (2) Wer im Walde, auf Moor- oder Heideflächen oder in gefähr­ licher Nähe solcher Gebiete ein Schadenfeuer wahrnimmt, ist ver­ pflichtet, es sofort zu löschen, sofern er hierzu ohne erhebliche eigene Gefahr in der Lage ist.

(3) Vermag er das Feuer nicht zu löschen oder erscheint ein Löschversuch ohne Hinzuziehung weiterer Hilfskräfte von vornherein aussichtslos, so ist auf dem schnellsten Wege eine Forst- oder Feuerlöschpolizei- oder Polizeidienststelle zu benachrichtigen. (4) Bemerken mehrere Personen gemeinsam ein Schadenfeuer, so muß eine sofort Meldung machen, die übrigen haben unverzüglich mit Löschversuchen zu beginnen. (5) Konnte das Feuer ohne Beteiligung einer der genannten Dienststellen gelöscht werden, so ist nachträglich von dem Brande und seiner Löschung unverzüglich Anzeige zu erstatten.

§ 2. Es ist verboten^, in Wäldern oder auf Moor- oder Heide­ flächen oder in gefährlicher Nähe solcher Gebiete. a) offenes Feuer oder Licht mit sich zu führen, b) brennende oder glimmende Gegenständes fallen zu lassen, fort­ zuwerfen oder unvorsichtig zu handhaben, c) ohne Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde Anlagen zu errichten, mit denen die ständige Unterhaltung einer Feuer­ stelle verbunden ist, sofern hierfür nicht anderweit eine besondere behördliche (z. B. bau-, gewerbepolizeiliche) Genehmigung vor­ geschrieben ist, d) 1. ohne Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde Kohlen­ meiler zu errichten, Zu § 1. 1) Vgl. hierzu § 330c StGB., nach dem in schwereren Fällen abzuurteilen sein wird, insbesondere, wenn eine polizeiliche Aufforderung ergangen ist. Auch zur Brandbekämpfung geeignete Werkzeuge u. Geräte sind von den Besitzern zur Verfügung zu stellen, Stalmann in Pfundtner-Neubert, Anm. 1 zu § 1. Zu § 2. 1) Ist Brandgefahr herbeigeführt, greift § 310a StGB. Platz, ist ein Brand entstanden § 308 bzw. 309 StGB. 2) Besonders Zündhölzer, Zigarren- oder Zigarettenstummel u. dgl.

B III11. BO. z. Schutze d. Wälder, Moore u. Heiden geg. Brände.

649

2. Kohlenmeiler anzuzünden, ohne zuvor dem Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten der gefährdeten Wald-, Moor- oder Heideflächen hiervon Anzeige gemacht zu haben, 3. brennende Kohlenmeiler unbeaufsichtigt zu lassen, 4. aus Meilern Kohlen auszuziehen oder abzufahren, ohne sie zuvor gelöscht zu haben, e) im Freien oder in Räumen ohne feuerbeständige Umfassungen, ohne eine schriftliche Erlaubnis des Grundeigentümers oder Nutzungsberechtigten mit sich zu führen, Feuer anzuzünden oder das gestattetermaßen angezündete Feuer'') unbeaufsichtigt zu lassen, f) ohne Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde liegende oder zusammengebrachte Bodendecken abzubrennen, Pflanzen oder Pflanzenreste flächenweise abzusengen, g) in der Zeit vom 1. März bis 31. Oktober zu rauchen, ohne eine schriftliche Erlaubnis des Grundeigentümers oder Nutzungsberech­ tigten mit sich zu führen. § 3. (1) In den Fällen des § 2c, d und f ist die untere Forstauf­ sichtsbehörde berechtigt, die Genehmigung an Bedingungen zu knüpfen, welche die Verhütung von Schadenfeuern bezwecken. (2) In den Fällen des § 2c und d hat die untere Forstaufsichts­ behörde von ihrer Entscheidung den Grundeigentümer oder Nutzungs­ berechttgten der gefährdeten Wald-, Moor- oder Heideflächen zu hören. Dem Antragsteller steht gegen die Entscheidung der unteren Forst­ aufsichtsbehörde binnen zwei Wochen das Recht der Beschwerde an die höhere Forstaufsichtsbehörde zu, die hierüber endgülttg entscheidet. (3) Wenn in den Fällen des 8 2c und d ohne Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde eine Anlage errichtet oder mit der Er­ richtung begonnen worden ist, so kann die untere Forstaufsichtsbehörde die Weiterführung der Anlage verhindern und ihre Beseitigung fordern. Die Durchführung erfolgt notfalls durch polizeilichen Zwang. (4) Im Falle des § 2c bedarf es der Genehmigung der unteren Forstaufsichtsbehörde nicht, wenn die gefährdeten Wald-, Moor- und Heideflächen zusammen nicht mehr als 5 Hektar groß sind.(5) Als gefährliche Nähe gilt in den Fällen der §§ 1 und 2a, b, c, d, e und f eine Entfernung von weniger als 100 Meter. § 4. Bedarf die Errichtung einer Feuerstelle einer besonderen behördlichen Genehmigung (§ 2 c), so hat die hierfür zuständige Be­ hörde ihre Entscheidung im Benehmen mit der unteren Forstaufsichts­ behörde zu treffen. 3) Vorübergehende Feuerstellen im Gegensatz zu Ziff. c, die sich auf Anlagen bezieht.

550

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

§ 5. (1) Der Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigte darf die Erlaubnis zum Feueranzünden oder Rauchen in den Fällen des § 2e und g nur erteilen, wenn bei vorsichtiger Abwägung aller Um­ stände eine Gefahr für die Wald-, Moor- oder Heideflächen nicht zu besorgen ist. Er kann die Erlaubnis örtlich und zeitlich beschränken und an Bedingungen knüpfen. (2) Der Erlaubnis nach § 2e und g bedarf derjenige nicht, der zu dem Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten der gefährdeten Flächen nachweislich in einem ständigen Dienst oder Arbeitsverhältnis steht, wenn er in dieser Eigenschaft auf den gefährdeten Flächen beruflich tätig ist. Das gleiche gilt für Personen, die behördlich an­ geordnete oder genehmigte Arbeiten auf diesen Flächen durchführen, sowie für den Jagdausübungsberechügten. § 6. Zu den Wald-, Moor- und Heideflächen gehören auch die sie berührenden oder durchschneidenden öffentlichen und nichtöffent­ lichen Sttaßen und Wege. Das Verbot des § 2g erstreckt sich jedoch nicht auf öffentliche Sttaßen, die kunststtaßenmäßig ausgebaut sind und eine mindestens 4 Meter breite feste Decke aufweisen.

§ 7. Die höhere Forstaufsichtsbehörde ist berechtigt, für bestimmte Gebiete oder bestimmte Zeiten über die Vorschriften der §§ 1 bis 6 hinaus weitergehende Verbote und Anordnungen zu erlassen. Sie bedarf hierzu der Genehmigung der obersten Forstaufsichtsbehörde und hat sich, soweit die Belange anderer Behörden berührt werden, mit diesen zuvor ins Benehmen zu setzen. § 8. (Bestimmung der Forstaufsichtsbehörden.) § 9. Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Bestimmungen der §§ 1, 2 und 5 Abs. 1 und den auf Grund des § 3 Abs. 1 und § 7 ergangenen Anordnungen und Verboten zuwiderhandelt, wird, soweit nicht nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Sttafe verwirkt ist, mit Haft und mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark, in besonders schweren Fällen mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geld­ strafe, oder mit einer dieser Sttafen bestraft.1)

§ 10. (1) Unter die Vorschriften der Verordnung fallen nur die Moor- und Heideflächen, die innerhalb der Waldungen liegen oder mit ihnen in einem räumlichen Zusammenhänge stehen. (2) Die Vorschriften der Verordnung erstrecken sich nicht auf den Eisenbahnbetrieb und die Handlungen, die zur Aufrechterhaltung und Durchführung dieses Bettiebes notwendig sind. § 11. (1) Im Lande Österreich gelten neben den Bestimmungen Zu § 9. 1) Vgl. Anm. 1 zu § 2.

B II112. Ges. über die Schulpflicht im Deutschen Reich § 1.

551

dieser Verordnung die Vorschriften der §§ 46, 47 und 49 des öster­ reichischen Forstgesetzes von 1852 (RGBl. Nr. 250). (2) Bau- und getzerberechtliche Vorschriften sowie die Bestim­ mungen über die Leitung bei der Bekämpfung von Bränden und anderen Katastrophen, den Einsatz und die Verwendung der Löschund Hilfskräfte und über die Kosten der Löschhilfe bei Wald-, Moorund Heidebränden werden durch diese Verordnung nicht berührt. (3) Im übrigen finden die bisherigen landesrechtlichen Bestim­ mungen, soweit sie die Verhütung und Bekämpfung von Wald-, Moor- und Heidebränden zum Gegenstand haben, auf die unter die Vorschriften dieser Verordnung fallenden Grundstücke keine An­ wendung mehr.*) § 12. Der Reichsforstmeister erläßt die zur Durchführung der Verordnung notwendigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern. § 13. Die Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündigung in Kraft.

BIII12. Gesetz über die Schulpflicht im Deutschen Deich (Deichsschulpflichtgeseh). *) Bom 6. Juli 1938 (RGBl. I S. 799). Abschnitt I. Grundsätzliches. Allgemeine Schulpflicht. § 1. (1) Im Deutschen Reich besteht allgemeine Schulpflicht?) Sie sichert die Erziehung und Unterweisung der deutschen Jugend im Geiste des Nationalsozialismus. Ihr sind alle Kinder und Jugend-

Zu 811.1) Damit sind d. §§ 28,40 bis 47 des Preuß. Feld- u. Forstpol.Ges. (abgedruckt S. 1487) insoweit aufgehoben, als sie sich aus Waldungen und die mit ihnen in einem räumlichen Zusammenhang stehenden Moor- und Heide­ flächen beziehen. ♦) Das Ges. gilt auch in der Ostmark, VO. v. 25. Juli 39 (RGBl. I S. 1337) und in den Ostgebieten, BO. v. 28. Mai 40 (RGBl. I S. 836, 886). Zu den Ges. die I. DurchfBO. v. 7. März 39 (RGBl. I S. 438) ergangen, in der zu den einzelnen §§ erläuternde Bestimmungen gegeben sind. Zu § 1. 1) „Schulpflicht besieht nur für Kinder und Jugendliche deutscher Staatsangehörigkeit. Ausländer und Staatenlose sind der Schulpflicht nicht unterworfen, es sei denn, daß für Ausländer durch völkerrechtliche Verträge Abweichendes vereinbart ist. Die Zulässigkeit freiwilligen Schulbesuchs durch Ausländer und Staatenlose wird hierdurch nicht berührt" (I. DurchfBO. zu § 1).

552

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

Iid)en deutscher Staatsangehörigkeit unterworfen, die im Jnlande ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben?) (2) Die Schulpflicht ist durch Besuch einer reichsdeutschen Schule zu erfüllen. Über Ausnahmen entscheidet die Schulaufsichtsbehörde. Abschnitt II. Bolksschulpflicht. Beginn der Volksschulpflicht.

§ 2. (1) Für alle Kinder, die bis zum 30. Juni das 6. Lebensjahr vollenden, beginnt mit dem Anfang des Schuljahres die Pflicht zum Besuch der Volksschule. (2) Kinder, die in der Zeit vom 1. Juli bis 30. September das 6. Lebensjahr vollenden, können auf Antrag der Erziehungsberech­ tigten zu Anfang des Schuljahres in die Schule ausgenommen werden wenn sie die für den Schulbesuch erforderliche geistige und körperlich, Reife besitzen. (3) Vorzeitig aufgenommene Kinder werden mit der Aufnahme volksschulpflichtig.

Zurückstellung vom Schulbesuch.

§ 3. Volksschulpflichtige Kinder, die geistig und körperlich nicht genügend entwickelt sind, um mit Erfolg am Unterricht teilzunehmen, können vom Schulbesuch zurückgestellt werden. Die Zeit.der Zurück­ stellung wird auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet.

Dauer der Volksschulpflicht. $ 4. (1) Die Volksschulpflicht dauert acht Jahre.

(2) Für Kinder, die bis zu diesem Zeitpunkt das Ziel der Volks­ schule noch nicht erreicht haben, kann die Schullpflicht bis zur Dauer

eines Jahres verlängert werden?) 2) Der Wohnsitz bestimmt sich nach den Vorschriften des BGB. Für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes sind die tatsächlichen Ver­ hältnisse maßgebend. — Es genügt, wenn eine der beiden Voraussetzungen erfüllt ist. Zu § 4. 1) Verlängerung soll nur erfolgen, wenn wesentliche Förderung des Schulpflichtigen zu erwarten ist, zu § 4 der I. DurchfVO. Vorzeitige Entlassung aus der Schulpflicht ist nicht statthaft, zu 8 4 der I. DurchfVO. Über zeitweilige Beurlaubung, s. §. 12, über Entlassung zu besonderem Ein­ satz bei Mangel an Arbeitskräften s. § 15 der I. DurchfVO.

B II112. Gesetz über die Schulpflicht im Deutschen Reich §§ 5—7.

553

Erfüllung der Volksschulpflicht.

§ 5. (1) Zum Besuch der Volksschule^ sind alle Kinder verpflichtet soweit nicht für ihre Erziehung und Unterweisung in anderer Weise ausreichend gesorgt ist. (2) Während der vier ersten Jahrgänge der Volksschule darf anderweitiger Unterricht an Stelle des Besuches der Volksschule nur ausnahmsweise in besonderen Fällen gestattet werden. Der Übergang zu einer mittleren oder höheren Schule richtet sich nach den

hierfür erlassenen besonderen Bestimmungen. Schulpflicht

geistig

und körperlich

behinderter Kinder.

§ 6. (1) Für Kinder, die wegen geistiger Schwäche oder wegen körperlicher Mängel dem allgemeinen Bildungsweg der Volksschule nicht oder nicht mit genügendem Erfolge zu folgen vermögen, besteht die Pflicht zum Besuch der für sie geeigneten Sonderschulen oder des für sie geeigneten Sonderunterrichts (Hilfsschulen, Schulen für Krüppel, Blinde, Taubstumme u. ä.). (2) Darüber, ob diese Verpflichtung im einzelnen Falle besteht und darüber, welche Sonderschule diese Kinder zu besuchen oder an welchem Sonderunterricht sie teilzunehmen haben, entscheidet die Schulaufsichtsbehörde. (3) Für taubstumme Kinder beginnt die Schulpflicht ein Jahr später. (4) Für blinde und für taubstumme Kinder kann die Schulpflicht über die ttn § 4 Abs. 2 vorgesehene Zeit hinaus bis zur Dauer von insgesamt drei Jahren verlängert werden, wenn anzunehmen ist, daß sie dadurch dem Ziele der Sonderschule nähergebracht werden können.

Unterbringung

der Sonderschulpflichtigen oder Familienpflege.

in

Anstalts­

§ 7. (1) Wenn es die Durchführung der Schulpflicht für die im § 6 bezeichneten Kinder erfordert, kann ihre Unterbringung in geeigneten Anstalten und Heimen oder in geeigneter Familienpflege

angeordnet werden. (2) Hierüber entscheidet die Schulaufsichtsbehörde gemeinsam mit der zuständigen Fürsorgebehörde. Zu § 5. 1) Die Schulpflicht ist grundsätzlich durch den Besuch der öffentl. Volksschule zu erfüllen; bez. Ausnahmen f. § 5 der I. DurchfBO. Welche öffentl. Volksschule im einzelnen Fall zu besuchen ist, ergibt § 12 der I. Durchf­ BO.

554

B m, Schutz der öffentlichen Ordnung.

(3) Die Anordnung wird von der Fürsorgebehörde nach den Vorschriften über die Fürsorgepflicht durchgeführt. (4) Vor der Anordnung und vor ihrer Durchführung soll der Erziehungsberechtigte gehört werden. Abschnitt III.

Berufsschulpflicht. Beginn der Berufsschulpflicht.

§ 8. Mit der Beendigung der Volksschulpflicht beginnt die Pflicht zum Besuch der Berufsschule.

Dauer der Berufsschulpflicht. § 9. (1) Die Berufsschulpflicht dauert drei Jahre, für landwirt­ schaftliche Berufe zwei Jahre. Lehrlinge sind darüber hinaus bis zum Ende der Lehrzeit berufsschulpflichtig, wenn fachlich ausgerichtete Berussschuleinrichtungen vorhanden sind.

(2) Bei Berufswechsel lebt die Pflicht zum Besuch der Berufs­ schule wieder auf, sofern der Jugendliche das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Früherer Berufsschulbesuch kann angerechnet werden.

(3) Die Berufsschulpflicht endet vor Ablauf der im Abs. 1 be­ zeichneten Zeit^

a) wen§ die Schulaufsichtsbehörde feststellt, daß die bisherige Aus­ bildung des Berufsschulpflichtigen den Besuch der Berufsschule fortan entbehrlich macht. Dies gilt insbesondere für Mädchen, die keinen besonderen Beruf ergreifen, nach einjährigem Besuch einer Hauswirtschaftsschule; b) mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, soweit es sich nicht um Lehrlinge handelt, die nach Abs. 1 Satz 2 fachlich ausgerichtete Berufsschuleinrichtungen zu besuchen haben;

c) mit der Heirat des Berufsschulpflichttgen. Erfüllung der Berufsschulpflicht.

§ 10. (1) Die Berufsschulpflicht ist durch Besuch derjenigen Berufsschule zu erfüllen, die von der Schulaufsichsbehörde für den Berufsschulpflichttgen vorgeschrieben ist. (2) Die Verpflichtung besteht für alle Jugendlichen, solange sie nicht a) eine als ausreichenden Ersatz für den Berufsschulunterricht an­ erkannte Fachschule besuchen,

B in 12. Ges. über die Schulpflicht im Deutschen Reich §§ 11—13.

555

b) mindestens 24 Stunden wöchentlich am Unterricht einer anderen öffentlichen oder privaten Schule teilnehmen, c) eine Hochschule besuchen, d) im Arbeits- oder Wehrdienst stehen.

Abschnitt IV.

Gemeinsame Bestimmungen. Befreiung von der Schulpflicht.

§ 11. Bildungsunfähige Kinder und Jugendliche sind von der Schulpflicht tiefreit*1). Schulzwang.

§ 12. Kinder und Jugendliche, welche die Pflicht zum Besuch der Volks- oder Berufsschule') nicht erfüllen, werden der Schule zwangs­ weise zugeführt'). Hierbei kann die Hilfe der Polizei in Anspruch genommen werden.

Verantwortlichkeit Anderer für die Erfüllung der Schulpflicht. § 13. (1) Wer für die Person des Schulpflichtigen zu sorgen sowie der, dem Erziehung oder Pflege des Schulpflichtigen anvertraut ist, hat dafür Vorsorge zu treffen, daß der Schulpflichtige am Unter-

Zu § 11. 1) Nur, wenn auch die Sonderschuleinrichtungen wie Hilfs­ schulen, Blindenschulen u. dgl. keinen Erfolg versprechen. Zu § 12. 1) „Die Pflicht zum Besuch der Schule umfaßt die Ver­ pflichtung zur regelmäßigen Teilnahme am schulplanmäßigen Unterricht und an allen sonstigen Schulveranstaltungen, die den Unterrichts- und Er­ ziehungszielen der Schule dienen sollen, auch wenn sie außerhalb des Schul­ grundstücks oder der üblichen Schulzeit stattfinden. Aus ihr ergibt sich ins­ besondere, daß die Bestimmungen der Schulordnung einzuhalten und die Maßnahmen der Schulzucht sowie die Anordnungen zur Schulgesundheits­ pflege zu befolgen sind. Sie bezieht sich nicht auf den Unterricht und die Veranstaltungen, von denen der Schulpflichtige nach den Bestimmungen über die Gewissensfreiheit ordnungsgemäß abgemeldet ist." (Zu § 12 der I. DurchfBO.). Zu Religionsunterricht, Schulandachten usw. darf aber kein Schüler gezwungen werden, Erl. d. RMin. f. Miss., Erz. u. Volksbildung v. 26. Juni 36 — EII2 1177, sofern ordnungsgemäße Abmeldung erfolgt ist. Übet die Berechtigung hierzu s. Ges. über die religiöse Kindererziehung v. 15. Juli 21 (RGBl. I S. 939). 2) „Die Anwendung von Zwang zur Erzielung des Schulbesuchs ist auf Fälle zu beschränken, in denen alle anderen Mittel der Einwirkung auf den Schulpflichtigen und die Erziehungsberechtigten erschöpft sind. Der Antrag auf Hilfe der Polizei ist von dem Schulleiter zu stellen." (Zu § 12 der I. DurchfBO.). Bor Anwendung des Zwanges ist sorgfältig das Er­ fordernis zu prüfen u. zu erwägen, ob nicht Strafe nach § 14 gegen den Erziehungsberechtigten ausreicht, s. zu § 14 der I. DurchfBO. Zu § 13. 1) „Wer zur Sorge für die Person des Schulpflichtigen ver-

656

B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

richt und an den sonstigen Veranstaltungen der Schule regelmäßig teilnimmt und sich der Schulordnung fügt. (2) Wer für die Person des Schulpflichtigen zu sorgen hat, ist verpflichtet, ihn für den Schulbesuch nach Maßgabe der hierüber erlassenen Bestimmungen in gehöriger Weise auszurüsten2) und den zur Durchführung der Schulgesundheitspflege erlassenen Anordnungen Folge zu leisten. (3) Lehrherren, Dienstherren, Führer von Betrieben oder deren Bevollmächtigte haben dem Schulpflichtigen die zur Erfüllung der Schulpflicht erforderliche Zeit zu gewähren und ihn zur Erfüllung der Schulpflicht anzuhalten.

Strafbestimmungen. § 14. (1) Wer den Bestimmungen über die Schulpflicht vorsätzlich ober fahrlässig $un>iber^anbelt1 )z wird mit Geldstrafe bis zu 150 Reichs­ mark oder mit Haft bestraft, sofern nicht nach anderen Gesetzen eine höhere Strafe verwirkt ist. (2) In gleicher Weise wird bestraft, wer vorsätzlich Schulpflichtige oder die im § 13 bezeichneten Personen durch Mißbrauch des Ansehens, durch Überredung oder durch andere Mittel dazu bestimmt, den Vor­ schriften über die Schulpflicht entgegen zu handeln. (3) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Schulleiters oder der Schulaufsichtsbehörde ein; der Antrag kann zurückgenommen

werden. Abschnitt V. Schlußvorschristen. >

Durchführung des Gesetzes. § 16. Der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volks­ bildung erläßt die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes

pflichtet ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts; die Feststellung, ob jemandem Erziehung und Pflege des Schulpflichtigen an­ vertraut ist, richtet sich in erster Linie nach den tatsächlichen Verhältnissen". (Zu § 13 der I. DurchfVO.) 2) „Die Verpflichtung zu gehöriger Ausrüstung des Schulpflichtigen umfaßt alle Erfordernisse einer geordneten Abwicklung des Schulbetriebes, insbesondere hinsichtlich der Sauberkeit, der Kleidung und der Ausstattung mit Lernmitteln. Auf die Leistungsfähigkeit der zur Sorge für die Person des Schulpflichttgen Verpflichteten ist Rücksicht zu nehmen. Vorschriften nach denen ganz oder teilweise Lernmittelfreiheit zu gewähren ist, werden durch das Reichsschulpflichtgesetz nicht berührt." (Zu § 13 der I. DurchfVO. Zu § 14. 1) Als Täter kommen in Bettacht sowohl die Schulpflichttgen selbst, soweit sie sttafmündig sind, wie die Erziehungsberechtigten oder Sorgeverpflichteten gemäß § 13. Jeder einzelne Schulversäumnisfall ist eine selbständige Handlung, KG. DIZ. 1934 S. 287.

B II113. Poltzeiverordnung zum Schützender Jngend §§ 1 u. 2.

657

erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Einvernehmen mit den beteiligten Ministern. Er kann insbesondere bei bestimmten Berufsgruppen Ausnahmen von der Durchführung der Berufsschul­ pflicht zulassen, soweit durch eine Erweiterung der bisherigen Berufs­ schulpflicht der geregelte Arbeitseinsatz gefährdet werden würde. Aufhebung älterer Vorschriften.

§ 16. (1) Das Gesetz, betreffend die Grundschulen und die Auf­ hebung der Vorschulen, vom 28. April 1920 (RGBl. S. 851) in der Fassung des Gesetzes vom 26. Februar 1927 (RGBl. I S. 67) sowie das Gesetz, betreffend den Lehrgang der Grundschule, vom 18. April 1925 (RGBl. I S. 49) werden aufgehoben'). (2) Im übrigen kann der Reichsminister für Wissenschaft, Er­ ziehung und Volksbildung durch Verordnung die durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzten Vorschriften des Reichs- und Landesrechts be­ zeichnen, die weitergeltenden Vorschriften des Reichs- und Landes­ rechts an den neuen Rechtszustand angleichen und sie in neuer Fassung und Ordnung bekanntmachen. Er kann diese Befugnis auf die Landes­ regierungen übertragen. Inkrafttreten.

§ 17. (1) Dieses Gesetz tritt mit dem 1. November 1938 in Kraft. (2) Die Inkraftsetzung dieses Gesetzes für das Land Österreich bleibt Vorbehalten.

BIII13. polheiverordnrmg ;um Schuhe der Äugend. Bom 9. März 1940 (RGBl. I S. 499). Fernhaltung von öffentlichen Straßen und Plätzen während der Dunkelheit. § 1. Jugendliche unter 18 Jahren^ dürfen sich auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder an sonstigen öffentlichen Orten während der Dunkelheit nicht Herumtreiben.

Fernhaltung aus öffentlichen Lokalen.

§ 2. (1) Der Aufenthalt in Gaststätten aller Art ist Jugendlichen unter 18 Jahren/) die sich nicht in Begleitung des ErziehungsberechZu § 16. 1. Ebenso tritt damit das preußische Ges. v. 15. Dezbr. 27 (GS. S. 207) außer Kraft. 1) Zu diesen Jugendlichen gehören also auch Kinder.

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B III. Schutz der öffentlichen Ordnung.

tigten oder einer von ihm beauftragten volljährigen Person*) befinden, nach 21 Uhr verboten. (2) Jugendliche unter 16 Jahren *) dürfen sich ohne Begleitung des Erziehungsberechtigten oder einer von ihm beauftragten volljährigen Persons in Gaststätten nicht aufhalten. Fernhaltung aus öffentlichen Lichtspieltheatern sowie Variete- und Kabarettvorstellungen.

§ 3. Der Besuch von öffentlichen Lichtspieltheatern, Varieteund Kabarettvorstellungen ist Jugendlichen unter 18 Jahren/) die sich nicht in Begleitung des Erziehungsberechtigten oder einer von ihm beauftragten volljährigen Persons befinden, nach 21 Uhr verboten.

Verbot des Alkoholgenusses. § 4. Jugendlichen unter 18 Jahren*) ist in Gaststätten der Genuß von Branntwein oder überwiegend branntweinhaltigen Genußmitteln, Jugendlichen unter 16 Jahren*) in Abwesenheit des Erziehungsberech­ tigten oder einer von ihm beauftragten volljährigen Persons auch der Genuß von anderen alkoholhaltigen Getränken verboten.

Verbot des öffentlichen Rauchens. § 5. Jugendlichen unter 18 Jahren ist der Genuß von Tabakwaren in der Öffentlichkeit verboten.

Fernhaltung von öffentlichen Tanzlustbarkeiten.

§ 6. Der § 1 Abs. 1 der Polizeiverordnung über die Fernhaltung Jugendlicher von öffentlichen Tanzlustbarkeiten vom 29. November 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 2374) erhält folgende Fassung: „(1) Der Aufenthalt in Räumen, in denen öffentliche Tanz­ lustbarkeiten stattfinden, und die Teilnahme an Tanzlustbarkeiten im Freien ist Jugendlichen unter 18 Jahren nur in Begleitung des Erziehungsberechtigten oder einer von ihm beauftragten voll­ jährigen Person, und auch dann nur bis 23 Uhr gestattet." Fernhaltung von öffentlichen Schieß- und Spiel­ einrichtungen.

§ 7. Die Fernhaltung von öffentlichen Schieß- und Spielein­ richtungen regelt sich nach der Polizeiverordnung vom 24. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 2116).

Ausnahmen.

§ 8. (1) Die Vorschriften dieser Verordnung finden auf Ange­ hörige der Wehrmacht und des Reichsarbeitsdienstes keine Anwendung. 2) Siehe § 4 Abs. 2 d. BO. zur Ergänzung des Jugendstrafrechts v. 4. Oktbr. 40 (RGBl. I S. 1336), abgedr. unter C II 3a.

B in 13. Polizeiverordnung zum Schutze der Jugend §§ 9 u. 10.

669

(2) Die Vorschrift des § 2 gilt nicht für Veranstaltungen der Partei sowie für Jugendliche, die sich nachweislich auf Reisen befinden. (3) Ausnahmen von den Verboten der §§ 2 und 3 können durch die Kreispolizeibehörde zugelassen werden.

Strafvorschriften.

I. Jugendliche.

§9.(1) Jugendliche,») die vorsätzlich gegen die §§ 1 bis5 dieser Ver­ ordnung verstoßen, werden mit Haft bis zu drei Wochen oder einer Geldstrafe bis zu 50 Reichsmark bestraft. II. Erwachsene. (2) Mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark, in besonders schweren Fällen mit Haft bis zu sechs Wochen werden bestraft: a) Erziehungsberechtigte und die von ihnen beauftragten Per­ sonen,») die vorsätzlich oder fahrlässig durch Verletzung ihrer Aufsichtspflicht Jugendlichen Verstöße gegen die §§ 1 bis 5 dieser Verordnung ermöglichen; b) Unternehmer und Veranstalter der in den §§ 2 und 3 genannten Betriebe, die vorsätzlich oder fahrlässig Jugendlichen l) Verstöße gegen die §§ 2 und 3 dieser Verordnung ermöglichen; c) Personen, die sich wahrheitswidrig als von einem Erziehungs­ berechtigten beauftragt bezeichnen und Jugendlichen Verstöße gegen die §§ 2 bis 4 dieser Verordnung, den § 1 der Polizei­ verordnung über die Fernhaltung von Jugendlichen von öffentlichen Tanzlustbarkeiten vom 29. November 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 2374) und die §§ 1 und 3 der Polizeiver­ ordnung über die Fernhaltung Jugendlicher von öffentlichen Schieß- oder Spieleinrichtungen vom 24, Oktober 1939

(Reichsgesetzbl. I S. 2116) ermöglichen. (3) Unberührt bleiben polizeiliche Sicherungsmaßnahmen, die Strafvorschriften des § 29 Ziffer 8 und des §30 Abs. 2 des Gaststätten­ gesetzes vom 28. April 1930 (Reichsgesetzbl. I S. 146) und der §§ 25,

27 und 28 des Lichtspielgesetzes vom 16. Februar 1934 (Reichsgesetzbl.

I S. 95) und sonstige Strafvorschriften, nach denen eine höhere Strafe verwirkt ist.

Inkrafttreten.

$ 10. Diese Polizeiverordnung tritt eine Woche nach ihrer.Ver­ kündung in Krafts) 3) Jugendliche im Mer von 14—18 Jahren, die die erfordert. Willensu. Berstandesreife besitzen §§ 1, 3 JGG. unter CII 3. 4) d. h. am 23. März 40.

560

B IV. Handels- und Gewerderecht.

iv. Handels- und Gewerberecht. BIV1. Gewerbeordnung für das Deutsche Reich?) Vom 21. Juni 1869 in der Fassung v. 26. Juli 1900.

(RGBl. S. 871.) (Auszug.) Titel I.

Aügemetur Bestimmungen.

§ 1. Der Betrieb eines Gewerbes-) ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen-) vorgeschrieben oder zugelassen sind/) 1) Ausj.Anw. z. GO. v. 1. Mai 04 (GMBl. S. 123). 2) Es ist eine fortgesetzte öftere Tätigkeit erforderlich, die erkennbar das Ergebnis eines Entschlusies bildet, derartige Handlungen öfters zum Zwecke des Erwerbes vorzunehmen. In einer Einzelhandlung kann ein Gewerbebetrieb nur dann gefunden werden, wenn sie erkennen läßt, daß andere Handlungen stattgefunden haben oder beabsichtigt werden. KG. v. 13. Febr. 02, I o h o w 23 S. 93. In jedem Falle aber muß die Tätigkeit auf Erzielung eines Gewinnes gerichtet sein, weshalb Kasinos und dergleichen kein Gewerbe betreiben, auch nicht Konsumvereine. KG. v. 17. Dezbr. 00, Johow 21 A (5. 77. 3) Eine polizeiliche Regelung des Gewerbebetriebes im Jnteresie der öffent­ lichen Wohlfahrt ist nicht ausgeschloffen. OBG. Entsch. 75 S. 388; E. 7 S. 309. Landesrecht!. Vorschriften können die Polizei ermächtigen, die Eröffnung eines Gewerbebetriebes, wenn durch ihn die öffentl. Sicherheit, Ordnung und Ruhe gestört wird, von vornherein für die Dauer der Gefährdung zu untersagen. RG. v. 28. April 36 — IIID 281/35. Gleiches gilt für die Schließung, z. B. eines Bestrahlungsinstitutes, Hamb. OBG. Reger, Entsch. Bd. 57 S. 145. Landes­ gesetzliche Vorschriften über die Art der Ausübung deä Geschäfts eines Maffeurs

sind rechtsgültig. E. 37 S. 175. Polizeiliches Einschreiten gegen Schaufenster­ ausstellungen ist zulässig, wenn durch sie Störungen des Straßenverkehrs her­ beigeführt werden. OBG. DIZ. 35 S. 769. Ausrufen und Anreißen von Waren auf den Straßen ist verboten, vgl. § 42 RStrO. VO., s. unter BIX 2. Nach § 18 GemeindeO. können die Gemeinden bei dringendem öffentlichen Be­ dürfnis durch Satzung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde für die Grund­ stücke ihres Gebietes den Anschluß an Wafferleitung, Kanalisation, Müllabfuhr, Straßenreinigung und. ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen (Anschlußzwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben. In der Satzung können für den Fall der Zu­ widerhandlung Zwangsgelder bis zur Höhe von 1000 Reichsmark angedroht werden. — Vgl. § 3 des Waffenges. unter B III 9. 4) Verträge, durch welche sich ein Kontrahent dem anderen gegenüber Be­ schränkungen der Gew.Freiheit unterwirft, sind der Regel nach ungültig, doch ist es für statthaft erachtet, daß der eine Kontrahent sich verpflichtet, an einem be­ stimmten Orte und während einer bestimmten Zeit ein Gewerbe nicht zu betreiben, EZ. 1 S. 22, EZ. 53 S. 551 u. Marienwerder v. 9. Oktbr. 05, DIZ. 12 S. 664. Wegen der Überwachung und Regelung des Verkehrs mit Waren s. BO. über den Warenverkehr v. 4. Septbr. 34 (RGBl. I S. 816).

561

BIV1. Gewerbeordnung 88 2—6.

Wer gegenwärtig zum Betrieb eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er den Er* fordernissen dieses Gesetzes nicht genügt. § 2. Die Unterscheidung zwischen Stadt und Land in bezug auf den Gewerbebetrieb und die Ausdehnung desselben hört auf. § 3. Der gleichzeitige Betrieb verschiedener Gewerbe sowie des­ selben Gewerbes in mehreren Betriebs- und Berkaufsstätten ist ge­ stattet. Eine Beschränkung der Handwerker auf den Verkauf der selbst­ verfertigten Waren findet nicht statt. § 4. Den Zünften und kaufmännischen Korporationen steht ein Recht, andere von dem Betrieb eines Gewerbes auszuschließen, nicht zu. § 5. In den Beschränkungen des Betriebs einzelner Gewerbe, welche auf den Zoll-, Steuer- und Postgesetzen beruhen, wird durch das gegenwärtige Gesetz nichts geändert. § 6. Das gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung') auf die Fischerei,'») die Errichtung und Verlegung von Apotheken,') die Er­ ziehung von Kindern gegen Entgelt, das Unterrichtswesen,'») die advokatorische und Notariatspraxis, den Gewerbebetrieb der Auswande­ rungsunternehmer und Auswanderungsagenten,') der Versicherungs5) Der Kreis der Ausnahmen ist erschöpfend festgestellt. Dresden JurW. 61 S. 2918. Stenglein Nebenges. Anm. 18. Die Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Nebengewerbe fallen nicht unter die Bestimmungen der GO. (z. B. Flachsschwingerei). E. 18 S. 371, E. 22 S. 288. Treten aber die Neben­ gewerbe in die Reihe der selbständigen Gewerbebetriebe ein, so findet die GO. Anwendung. Vgl. E. 18 S. 371 u. E. 36 S. 305. Nach KG. DIZ. 37 S. 1486 sind Müllerei u. Bäckerei nur dann landwirtschaftliche Nebengewerbe, wenn sich diese Tätigkeiten zu einer allgemeinen Übung in der Landwirtschaft heraus­ gebildet haben. Nach BayObLG. DRZ. 23 Nr. 623 ist gewerbsmäßiger Brot­ verkauf der Landwirte als Selbsterzeuger kein Nebenbetrieb; aber Nebenbetrieb ist der Verkauf von Fleischwaren in Markthallen durch einen Landwirt. Königs­ berg DRZ. 24 Nr. 237, Köln DRZ. 23 Nr. 625. Vgl. Anm. 26. Rein landwirtschaftl. Betriebe wie Gärtnereien unterstehen nicht der GO. HRR. 1932 Nr. 420; wohl aber die gewerbl. betriebenen. § 154. JurW. 51 S. 140, vgl. Anm. 84 zu § 105 b. Bezüglich des Waffenhandels gilt die GewO., soweit nicht in Absch. II u. III des Waffenges. (siehe unter III b 9) als Nebengesetz zur GewO, etwas Besonderes bestimmt ist. 5 a) Auch nicht auf den Absatz der gefangenen u. gezüchteten Fische. KG. DIZ. 37 S. 1231. 6) Bezüglich der Anlegung von Apotheken sind die Landesges. maßgebend. GA. 46 S. 58. Bez. Verpachtung und Verwaltung s. Ges. v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1445) nebst VO. v. 26. März 36 (RGBl. I S. 317). Siehe ferner Apotheker-Betriebsordnung v. 18. Febr. 02, MedM. Bl. S. 69, viel­ fach geänd. 6 a) Darunter fällt nicht die gewerbsm. Erteil, von Unterricht zur Aus­ bild. von Kraftwagenführern. BayObLG. DRZ. 20 Nr. 838. OLG.'Dresden ArchRpflSaTh. 1937, 70. 7) Der Gewerbebetrieb dieser Personen ist geregelt duxch das Ges. v. 9. Juni Dalcke, Strafrecht.

32. Aufl.

36

562

BIV. Handels- und Gewerberecht.

Unternehmer ®) und der Eisenbahnunternehmungen,') die Befugnis zum Hatten öffentlicher Fähren und die Rechtsverhältnisse der Schiffs­ mannschaften auf den Seeschiffen.10 * *) *— * * 8Auf 9 das Bergwesen, die Aus­ übung der Heilkunde, den Verkauf von Arzneimitteln,"») den Vertrieb von Lotterielosen und die Viehzucht 10 b) findet das gegenwärtige Gesetz nur insoweit Anwendung, als dasselbe ausdrückliche Bestimmungen darüber enthält. Der Reichsminister des Innern bestimmt im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister, welche Apothekerwaren dem freien Ver­ kehre zu überlassen finb.11) 97 (RGBl. S. 463) nebst VO. v. 14. Febr. 24 (RGBl. I S. 107) u. Bek. v. I. März 24 (RMBl. S. 97). Dazu Bet. über Auswandererschiffe v. 14. März 98 (RGBl. S. 57), mehrfach geändert, zuletzt am 31. Juli 22 (RGBl. IS. 903). Dgl. ferner BO. über Vermittlung usw. von Arbeitnehmern nach dem Ausland v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 903). Siehe auch E. 43 S. 210. 8) Siehe Ges. v. 6. Juni 31 (RGBl. I S. 315 über die privaten Bersicherungsunternehmungen mit Änd. v. 5. Juni u. 19. Sept. 31 lRGBl. I S. 279, 493) sowie v. 26. Mai 33 lRGBl. I S. 295). Vgl. ferner Ges. über Befugniffe der Versicherungsaufstchtsbehörden v. 27. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1189). 9) Nach § 16 Abs. 5 des Ges. über die Deutsche Reichsbahngesellschaft v. 13. März 1930 (RGBl. II S. 369) finden auch die Vorschriften der GewO, keine Anwendung auf den Betrieb der Deutschen Reichsbahn. Bahnhofs­ wirtschaften im Bereich der Reichsbahn unterliegen auch nicht den Vorschriften deS Gaftstättengesetzes (§ 27 unter B IV 8). Berkaufsstände (auch Waren­ automaten) verlieren ihre Eigenschaft als Hilfsbetriebe der Eisenbahn noch nicht durch die bloße Möglichkeit einer Benutzung durch Nichtreisende E. 58 S. 138; jedoch dann, wenn der Verkaufsstand nur zum kleineren Teile zur Be­ friedigung des Kaufsbedürfniffes der Reisenden benutzt wird oder sich auf dem Bahnhofsvorplatz befindet. KG. JFGErg. 5 S. 131. Verneint wurde das Vor­ liegen eines Nebenbetriebes bei einer seitens eines Straßenbahnunternebmens verpachteten Verkaufsstelle für Tabakwaren, die zugleich Wochenkarten für die Bahn verkauft, sowie bei einem von einer Privatbahn 50 m von dem Bahn­ hof außerhalb des eingezäunten Bahnsteiges errichteten Verkaufsstande für Süßigkeiten. KG. DIZ. 35 S. 438. Ein Bahnhofsfriseur ist den Best. d. GewO, über Lehrlingswesen unterworfen. Jena JurW. 59 S. 3110. 10) S. die SeemannsO. v. 2. Juni 02 (RGBl. S. 175); geänd. durch Ges. v. 23. März 03, 12. Mai 04 (RGBl. S. 57 bzw. 167), v. 16. Dez. 27 (RGBl. I S. 340), v. 30. Mai u. 24. Dez. 29 (RGBl. II S. 383 u. 759) u. 24. Juli 30 (RGBl. II S. 687). 10 a) Ein nach den Vorschriften deS Arzneibuchs u. des Weingesetzes her­ gestellter Kognak ist ein Arzneimittel. KG. v. 21. Septbr. 14,1 o h o w 46 S. 333. 10 b) Zur Viehzucht, die als Urvroduktion kein Gewerbe ist, gehört nicht die Kanarienvogelzucht. Hamburg HRR. 1931 Nr. 87 u. 1932 Nr. 419. 11) Fass. d. Abs. 2 beruht auf VO. v. 23. Dezbr. 39 (RGBl. I S. 21). — Siehe BO. betr. den Verkehr mit Arzneimitteln v. 22. Oktbr. 01, v. 31. März II, v. 18. Febr. 20, v. 21. April 21, v. 31. Juli 22 (Salvarsan), v. 13. Jan. 23, v. 21. Juni 23, v. 16. Novbr. 23, v. 9., v. 24. Dezbr. 24, v. 27. März 25, v. 26. Jap. 29, v. 30. Sept. 32 u. v. 4. Oktbr. 33 (RGBl. S. 380,

BIV 1, Gewerbeordnung § 7.

563

§ 7. Vom 1. Januar 1873 ab sind, soweit die LandeSgesetze solches nicht früher verfügen, ausgehoben: 1. die noch bestehenden ausschließlichen Gewerbeberechtigungen, d. h. die mit dem Gewerbebetriebe verbundenen Berechtigungen, anderen den Betrieb eines Gewerbes, sei es im allgemeinen oder hinsichtlich der Benutzung eines gewissen Betriebsmaterials, zu untersagen oder sie darin zu beschränken;

2. die mit den ausschließlichen Gewerbeberechtigungen verbundenen Zwangs- und Bannrechte, mit Ausnahme der Abdeckereiberechtigungen:18) 3. alle Zwangs- und Bannrechte, deren Aufhebung nach dem Inhalte der Verleihungsurkunde ohne Entschädigung zulässig ist; 4. sofern die Aushebung nicht schon infolge dieser Bestimmungen eintritt, oder sofern sie nicht auf einem Vertrage zwischen Berechtigten und Verpflichteten beruhen: a) das mit dem Besitz einer Mühle, einer Brennerei oder Brenn­ gerechtigkeit, einer Brauerei oder Braugerechtigkeit, oder einer Schank­ stätte verbundene Recht, die Konsumenten zu zwingen, daß sie bei den Berechtigten ihren Bedarf mahlen oder schroten lassen, oder das Ge­ tränk ausschließlich von denselben beziehen (der Mahlzwang, der Branntweinzwang oder der Brauzwang); b) das städtischen Bäckern oder Fleischern zustehende Recht, die Einwohner der Stadt, der Vorstädte oder der sogenannten Bannmeile zu zwingen, daß sie ihren Bedarf an Gebäck oder Fletsch ganz oder teilweise von jenen ausschließlich entnehmen; 5. die Berechtigungen, Konzessionen zu gewerblichen Anlagen oder zum Betriebe von Gewerben zu erteilen, die dem Fiskus, KorporaHonett, Instituten oder einzelnen Berechtigten zustehen; 181, 253, 490, 710, 68, 511 nebst 634, 1117, 772, 966, 40, 19, 492, 721). Die in der VO. aufgesührten Zubereitungen unterliegen dem Apothekerzwang der BO. nur, wenn sie als Heilmittel feilgehalten oder verkauft werden, nicht wenn sie Desinfektionsmittel sind oder bei gleichzeitiger Verwendung jedenfalls in nennenswertem Umfange Desinfektionsmittel sind, PreußOVG., EPrOVG. 94, 202 u. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 25 (daselbst auch Begriffsbestimmung des Desinfektionsmittels); BadVGH. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 161. S. jetzt aber BO. v. 13. März 41 (RGBl. I S. 136), die für rezeptpflichtige Arznei­ mittel den Apothekerzwang unabhängig vom Verwendungszweck eingeführt hat. 12) Eine PolVerordn., welche jedem von mehreren amtlich bestellten Fleisch­ beschauern eine ausschließliche Gewerbeberechtigung für einen bestimmten Bezirk erteilt, ist ungültig. Johow 2 S. 272, vgl. auch ebenda 1 S. 189. Doch kann eine Gemeindeverwaltung aus gesundheitspolizeilichen Gründen ihren Gemeindemitgliedern die Benutzung gewiffer Einrichtungen, w. z^B. bei Fäkalien­ abfuhr, zur Pflicht machen. Rostock GA. 54 S. 104.

13) Siehe das Tierkörperbeseitigungsges. v. 1. Febr. 39, vgl. Anm. 27 zu § 16.

564

B IV. Handels- und Gewerberecht.

6. vorbehaltlich der an den Staat und die Gemeinde zu ent­ richtenden Gewerbesteuern, alle Abgaben, welche für den Betrieb eines Gewerbes entrichtet werden, sowie die Berechttgung, dergleichen Ab­ gaben aufzuerlegen. Ob und in welcher Weise den Berechtigten für die vorstehend aufgehobenen ausschließlichen Gewerbeberechtigungen, Zwangs- und Bannrechte rc. Entschädigung zu leisten ist, bestimmen die Landes­ gesetze.

§ 8. Von dem gleichen Zeitpunkt (§ 7) ab unterliegen, soweit solches nicht von der Landesgesetzgebung schon früher verfügt ist, der Ab­ lösung: 1. diejenigen Zwangs- und Bannrechte, welche durch die Be­ stimmungen des § 7 nicht aufgehoben sind, sofern die Verpflichtung auf Grundbesitz haftet, die Mitglieder einer Korporation als solche betrifft, oder Bewohnern eines Ortes oder Distrikts vermöge ihres Wohnsitzes obliegt; 2. das Recht, den Inhaber einer Schankstätte zu zwingen, daß er für seinen Wirtschaftsbedarf das Getränk aus einer bestimmten Fabrikattonsstätte entnehme. Das nähere über die Ablösung dieser Rechte bestimmen die Landesgesetze.

§ 9. Streitigkeiten darüber, ob eine Berechttgung zu den durch die §§ 7 und 8 aufgehobenen oder für ablösbar erklärten gehört, sind im Rechtswege zu entscheiden. Jedoch bleibt den Landesgesetzen Vorbehalten, zu bestimmen, von welchen Behörden und in welchem Verfahren die Frage zu entscheiden ist, ob oder wie weit eine auf einem Grundstücke haftende Abgabe eine Grundabgabe ist, oder für den Betrieb eines Gewerbes entrichtet werden muß. § 10. Ausschließliche Gewerbeberechtigungen oder Zwangs- und Bannrechte, welche durch Gesetz aufgehoben oder für ablösbar erklärt worden sind, können fortan nicht mehr erworben werden. Realgewerbeberechtigungen dürfen fortan nicht mehr begründet werden.

§ 11. Das Geschlecht begründet in Beziehung auf die Befugnis zum selbständigen Betrieb eines Gewerbes keinen Unterschied.") § 11a. Betreibt eine Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhält­ nisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Jnlande selbständig ein

14) Durch Art. 36 ves EG. z. BGB.' ist der Abs. 2 des § 11 der GewO, ausgehoben und statt dessen § 11a eingeschoben.

BIV 1. Gewerbeordnung 88 12 u. 13.

565

Gewerbe, so ist es auf ihre Geschäftsfähigkeit in Angelegenheiten des Gewerbes ohne Einfluß, daß sie Ehefrau ist. Soweit die Frau infolge des Güterstandes in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt ist, finden die Vorschriften des § 1405 des BGB. Anwendung. Hat die Frau ihren Wohnsitz nicht im Jnlande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Ge­ werbes und der Widerruf der erteilten Einwilligung in das Güter­ rechtsregister des Bezirkes einzutragen, in welchem das Gewerbe be­ trieben wird. Betreibt die Frau das Gewerbe mit Einwilligung des Mannes oder gilt die Einwilligung nach § 1405 Abs. 2 des BGB. als erteilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetrieb ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die dem Manne kraft des Güter­ standes zustehenden Rechte; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen.

§ 12. Die Zulassung einer ausländischen juristischen Person zum Gewerbebetrieb im Inland bedarf der Genehmigung des Reichswirt­ schaftsministers und des sonst zuständigen Reichsministers. Bestim­ mungen in Staatsverträgen bleiben unberührt.") Diejenigen Beschränkungen, welche in betreff des Gewerbebetriebs für Personen des Soldaten- und $8c(nntct||tant)e3ie) sowie deren An­ gehörige bestehen, werden durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt.

$ 13. Bon dem Besitze des Bürgerrechts soll die Zulassung zum Gewerbebetrieb in keiner Gemeinde und bei keinem Gewerbe ab­ hängig sein. Nach dem begonnenen Gewerbebetrieb ist, soweit dies in der be­ stehenden Gemeindeverfassung begründet ist, der Gewerbetreibende auf Verlangen der Gemeindebehörde nach Ablauf von drei Jahren ver­ pflichtet, das Bürgerrecht zu erwerben. Es darf jedoch in diesem Falle von ihm das sonst vorgeschrieb^ie oder übliche Bürgerrechtsgeld nicht gefordert und ebenso nicht verlangt werden, daß er sein ander­ weit erworbenes Bürgerrecht aufgebe. 15) Geänd. durch 8 27 EG. z. AktG. v. 30. Jan. 37 (RGBl. I S. 166). Vgl. dazu 8 16 d. EG. u. 8 292 AktG. Staatsverträge über die Zulassung ausl. Aktiengesellschaften sind bisher nicht vorhanden. 16) Siehe Wehrgesetz v. 21. Mai 35 (RGBl. I S. 609) 8 28 u. Reichsbeamtenges. v. 26. Jan. 37 (RGBl. IS. 39, Ber. S. 186), 810, 158 u. Durchf.BO.; für Preußen auch noch 8 19 der GewO. v. 17. Jan. 45 (BMBl. S. 118 u. 153), wonach die OrtSschulzen kein Schankgewerbe betreiben sollen, u. Reskr. v. 19. Mai 79 (BMBl. S. 158) u. AB. v. 6. Juli 23 (JMBl. S. 487) wegen MusikmachenS der Beamten. (Betreffs der Reichsbeamten siehe Erl. d. RMJ. v. 1. Novbr. 29 (RMBl. S. 655.)

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B IV. Handels- und Gewerberecht. Titel II.

Stehender Gewerbebetrieb.

I. Allgemeine Erfordernisse. § 14. Wer den selbständigen") Betrieb eines stehenden ©e* werbes") anfängt,"») muß der für den Ort, wo solches geschieht, nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde 19) gleichzeitig Anzeige davon machen.'-) Diese Anzeige liegt auch demjenigen ob, welcher zum Be­ trieb eines Gewerbes im Umherziehen (Titel III) befugt ist.

Außerdem hat, wer Versicherungen für eine Mobiliar- oder Jmmoblliar-Feuerversicherungs-Anstalt als Agent oder Unteragent 17) Selbständig ist jeder Gewerbebetrieb, welcher für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit betrieben wird, auch wenn der Eigentümer deS Lokals dem Gewerbetreibenden bezüglich der Art und des Umfanges deS Be­ triebes vertragsmäßig gewisse Beschränkungen auferlegt haben sollte. I o h o w 7 S. 207. Die Erteilung einer Schankerlaubnis ist für den Begriff nicht be­ stimmend. Posen GA. 60 S. 333. Der Betrieb einer Warenhauskantine gehört nicht hierher. DIZ. 7 S. 582. Gewerbsmäßiges Vermieten von Wohnungen liegt nicht vor, wenn die Vermietung nur erfolgt, um die Kosten der eigenen Wohnung zu verringern. Hamburg DRZ. 24 Nr. 238. Wer ein Gewerbe ohne Auftrag und ohne Vorwiffen eines anderen betreibt, haftet auch dann als selbständiger und allein verantwortlicher Unternehmer, wenn er den Gewinn diesem anderen zuwendet (Lagerhalter eines Konsumvereins). KG. DIZ. 11 S. 265. Ein Architekt und Bauleiter, der nebenher Grundstücksverwaltungen betreibt, braucht letztere nicht anzumelden. Hamburg OLG. JurW. 1934 S. 1304. 18) Zum Betriebe eines stehenden Gewerbes ist eine Gewerbsanlage nicht erforderlich. E. 11 S. 309. Siehe auch GA. 58 S. 255, und bez. eines Maurers beim Neubau OLG. Kiel, HRR. 1935 Nr. 1722. — Über Bäckerei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb s. OLG. Köln, HRR. 1935 Nr. 1721. 18 a) Der Anfang selbst. Gew.betriebs liegt z. B. in der Zeitungsanzeige des Rechtskonsulenten, in der er sich zur Erledigung von Rechtsgesch. anbietet. Kiel HRR. 1933 Nr. 1631. 19) Das ist in Preußen die Gemeindebehörde. OR. 14 S. 624. 20) Die Anzeige muß für jeden Gewerbebetrieb besonders gemacht werden und dieser muß selbständig sein, E. 71 S. 190. Auch das Betriebslokal muß bezeichnet werden. OVG. (5.11 ©.318. Ob bei Erweiterungen deS bestehenden Betriebes oder Beginn eines zweiten Betriebes Neuanmeldung erforderlich ist, darüber besagt das Gesetz nichts; jedenfalls dann ist aber keine Neuanmeldung nötig, wenn der Gewerbebetrieb nach außen hin dieselbe Einheit bleibt und der Zusammenhang mit dem bisherigem Betrieb gewahrt bleibt, Hamb. OVG. Reger, Entsch. 1937 Bd. 57 S. 4; dasselbe gilt bei Anfang neuen wesens­ verwandten Gewerbezweiges, OLG. Dresden JurW. 1934 S. 996. Anzeige­ pflichtig ist auch das Gewerbe eines Darlehngebers. JurW. 57 S. 2637; desgl. eines auf Gewinn gerichteten freien wiffenschastl. Berufs (Einpaukers). Naumburg DRZ. 20 Nr. 864. Ebenso das Bersteigerergewerbe, § 24 Abs. 3 der DurchsVO. z. Versteigeren es. v. 30. Okt. 34 (RGBl. I S. 1091); vgl. Anm. 71 zu § 35. Der Gewerbetreibende, nicht der verantwort!. Leiter ist zur Anzeige verpflichtet. Dresden JurW. 61 S. 1672. Nicht anzeigepflichtig ist der verbotene Gewerbebetrieb. Dresden LZ. 27 S. 64. Anmeldepflicht besteht selbständig neben der des 8 35 Abs. 7 BayObLG. JurW. 1934 S. 1178.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 15 u. 15 a.

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vermitteln will, bei Übernahme der Agentur, und derjenige, welcher dieses Geschäft wieder aufgibt, oder welchem die Versicherungsanstalt den Auftrag wieder entzieht, innerhalb der nächsten acht Tage der zu­ ständigen Behörde seines Wohnorts davon Anzeige zu machen. Buchund Steindrucker, Buch- und Kunsthändler, Antiquare, Leihbiblio­ thekare, Inhaber von Lesekabinetten, Verkäufer von Druckschriften, Zeitungen und Bildern haben bei der Eröffnung ihres Gewerbebetriebs das Lokal desselben sowie jeden späteren Wechsel des letzteren spätestens am Tage seines Eintritts der zuständigen Behörde ihres Wohnorts an-

zugeben.") § 15. Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Emp­ fang der Anzeige. Die Fortsetzung des Betriebs kann polizeilich verhindert wer­ den,") wenn ein Gewerbe, zu dessen Beginn eine besondere Ge­ nehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung begonnen wird. Das gleiche gilt, wenn entgegen den Vorschriften des § 34b der Betrieb eines der dort genannten Gewerbe begonnen oder fort­ gesetzt wird." ») § 15a. Gewerbetreibende, die einen offenen Laden") haben oder Gast- oder Schankwirtschaft betreiben, sind verpflichtet, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen—) 21) Der Inhaber eines Bergnügungsetablissements betreibt durch den Verkauf von Ansichtspostkarten kein von seinem Wirtschaftsbetrieb getrenntes Gewerbe. Celle GA. 49 S 356. 22) Siehe über die Wegnahme von Gasthausschildern. OBG...E. 1 S. 319. Auch ein noch nicht begonnener Betrieb kann gehindert werden. Über den von der Polizeibehörde auszuübenden Zwang siehe OVG. E. 2 S. 295 u. E. 5 S. 278, sowie E. 32 S. 290, wo die Unzulässigkeit der Verbindung von Zwangs­ mitteln ausgesprochen wird. Ein Zwang durch Versiegelung der Gewerbsräume, um die Fortsetzung des Betriebes zu hindern, ist statthaft. E. 22 S. 5. 22 a) Der letzte Satz ist durch Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823) ein­ gefügt. 23) Offener Laden setzt ein Geschäftslokal voraus, wo Waren feilgeboten werden und in das jeder Kauflustige Einlaß erhält, gleichgültig in welchem Stockwerk und ob erst auf Klingeln, gleichgültig auch, aus welchen Personen­ kreisen sich die Kunden rekrutieren. KG. DIZ. 6 S. 215. Desgleichen ein offene- Warenlager, wenn in ihm Waren im Kleinverkehr an jeden Kauf­ lustigen abgegeben werden. BayObLG. JurR. 1 Nr. 1415 (jedoch ist ein unter freiem Himmel befindlicher, lediglich eingezäunter Lagerplatz kein o. L.). Auch das Geschäftslokal eines mit Grabdenkmälern handelnden Kaufmanns kann ein Laden sein. KG. DIZ. 17 S. 1413; jedoch nicht ein Haus- oder Treppenauf­ gang. Naumburg HRR. 1931 Nr. 2092.

23 a) Die Inhaber eines fremdsprachlichen Vornamens sind nicht ver­ pflichtet, ihn in deutscher Form zu führen. Marienwerder GA. 51 S. 72. Für den Familiennamen ist maßgebend die ursprüngl. deutsche Namensform, die ev. das Gericht zu ermitteln hat. KG. GA. 77 S. 221. Der jüdische Inhaber

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

an der Außenseite oder am Eingänge des Ladens28) oder der Wirtschaft in deutlich lesbarer Schrift anzubringen.28^) Kaufleute, die eine Handelsfirma führen, haben zugleich die Firma in der bezeichneten Weise an dem Laden oder der Wirtschaft anzu­ bringen; ist aus der Firma der Familienname des Geschäftsinhabers mit dem ausgeschriebenen Vornamen zu ersehen, so genügt die An­ bringung der Firma. Auf offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien finden diese Vorschriften mit der Maßgabe Anwendung, daß für die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter gilt, was in betreff der Namen der Gewerbetreibenden besümmt ift.28c) Sind mehr als zwei Beteiligte vorhanden, deren Namen hier­ nach in der Aufschrift anzugeben wären, so genügt es, wenn die Namen von zweien mit einem das Vorhandensein weiterer Beteiligter andeutenden Zusatz ausgenommen werden. Die Polizeibehörde kann im einzelnen Falle die Angabe der Namen aller Beteiligter anordnen. II. Erfordernis besonderer Genehmigung. Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen.

§ 16. Zur Errichtung von Anlagen,2*) welche durch die örtliche Lage oder die Beschaffenheit der Betriebsstätte für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum über­ einer Firma verstößt gegen §§ 15a, 148 Abs. 1 Nr. 14 wie auch gegen § 4 UnlWG., wenn er um das Publikum über seine Rassezugehörigkeit zu täuschen, zwar die Firmenbezeichnung groß an seinen Laden anbringt, den Familiennamen aber klein und unauffällig, OLG. München, JurW. 1937 S. 2417. 23 b) Die Anschrift darf weder klein und versteckt, noch undeutlich, z. B. auf Pappkarton erfolgen. Erl. d. RWiMin. v. 16. April 31. — HG. 743 Eine Ehefrau darf neben ihrem Namensschild nicht auch noch das Schild ihres Mannes als des früheren Geschäftsinhabers am Laden belassen. Dresden LZ. 21 S. 1165. 23 c) Abs. 3 ist auf G. m. b. H. u. die Aktienges. nicht anwendbar. Erl. d.RWiMin. v. 26. Mai 36 — V 8549/36. Hamburg JurW. 1934 S.1513. A. A. OLG. Darmstadt HRR. 1934 Nr. 1503. BadVGH., R eger, Entsch. Bd. 57 S. 150. Bei den G. m. b. H. u. den AG. ist der Firmenname mit dem Zu­ satz „G. m. b. H." oder „AG. "anzubringen. OLG. Hamburg JurW. 37 S. 2906. 24) Eine Anlage ist nur dann anzunehmen, wenn sie auf eine gewisse längere Dauer einem Gewerbebetriebe zu dienen hat. Eine Ausrüstung mit bestimmten Werkzeugen ist nicht erforderlich. JurW. 53 S. 1171. Durch die Genehmigung der Anlage im Sinne der GewO, wird die Genehmigung in bau- u. feuerpolizei­ licher Hinsicht nicht erübrigt. EZ. US. 185. Die Genehmigung muß vor Beginn der Herrichtung der Anlage nachgesucht werden; sobald mit der letzteren begonnen, ist die Strafe verwirkt. St eng lein, Nebenges. Anm. 5. —§ 16 bezieht sich nicht us Anlagen, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken

BIV 1. Gewerbeordnung § 16.

569

Haupt erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können, ist die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde erforderlich.

Es gehören dahin: Schießpulverfabriken,Ms) Anlagen zur Feuerwerkern") und zur

Bereitung von Zündstoffen Ma) aller Art, Gasbereitungs- und Gasbe­

wahrungsanstalten, Anstalten zur Destillation von Erdöl, Anlagen zur Bereitung von Braunkohlenteer, Steinkohlenteer und Koks sofern sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden,

Glas- und Rußhütten, Kalk-, Ziegel- und Gipsöfen, Anlagen zur Gewinnung roher Metalle, Röstöfen, Metallgießereien, sofern sie nicht

bloße Tiegelgießereien sind, Hammerwerke, chemische Fabriken aller Art,

Schnellbleichen, Firnissiedereien, Stärkefabriken, mit Ausnahme der

Fabriken zur Bereitung von Kartoffelstärke, Stärkesirupsfabriken, Wachs­

tuch-, Darmsaiten, Dachpappen- und Dachfilzfabriken, Leim-, Tranund Seifensiedereien, Knochenbrennereien, Knochendarren, Knochenkochereien und Knochenbleichen, Zubereitungsanstalten für Tierhaare, Talgschmelzen, Schlächtereien,") Gerbereien, Tierkörperbeseitigungs­

dienen. KG. GewArch. 7 S. 546; wohl aber auf solche Anlagen, die Gemeinden für eigenen Bedarf errichten. OBG. GA. 65 S. 561. 24 a) Siehe § 3 Waffenges. unter BIII 9. Ferner Sprengstoffges., unter BIII 8. 25) Zur Feuerwerkerei gehört auch die Anfertigung von Metallpatronen. Vgl. Erl. d. RWiMin. v. 16. Febr. 32 — Illa 2137. 25 a) Nach §40 des Zündwarenmonopolgesetz, v. 29. Jan. 1930 (RGBl. IS. 11) — DurchfB. v. 27. Mat 30 (RGBl. I S. 176) — wird, wer vorsätzlich, ohne dazu nach diesem Ges. berechtigt zu sein, Zündwaren herstellt oder entgegen diesem Ges. Zündwaren vertreibt oder erwirbt, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Der Versuch ist strafbar. Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Nach § 41 wird mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich einen anderen als den gemäß § 31 des Ges. festgesetzten Kleinverkaufspreis fordert oder sich von einem anderen gewähren oder versprechen läßt. Die Vorschriften der GewO, über die Errichtung und den Betrieb von An­ lagen zur Herstellung von Zündwaren bleiben unberührt; auch im übrigen finden die Vorschriften der GewO, insoweit Anwendung, als sie nicht den Vor­ schriften dieses Gesetzes entgegenstehen (§ 39). 26) Eine Schlächterei setzt keine besondere bauliche Anlage voraus. R. 8 S. 764. Der Verkauf selbstgemästeter u. selbstgeschlachteter Schweine ist ein Nebenbetrieb der Landwirtschaft. Celle JurW. 57 S. 2481. Marienwerder JurW. 61 S. 1595. Braunschweig HRR. 1933 Nr. 1724 (auch Brotbacken). A. M. BayObLG. JurW. 59 S. 2440. Köln DRZ. 23 Nr. 625; nach KG. JFGErg. 9 S. 241 nur dann, wenn bes. Umstände des Betriebs die Art der Verwertung des Fleisches an Stelle des üblichen Verkaufs des lebenden Viehs notwendig machen. Nach Üblichkeit zu entscheiden. OLG. Dresden. JurW. 1934 S. 1435. — Fisch- u. Geflügelschlächtereien gehören nicht hierher. OBG. E. 32 S. 248.

570

B IV. Handels- und Gewerberecht.

anstatten,^) Poudretten- und Düngpulverfabriken, Stauanlagen für Wassertriebwerke (§ 23), Hopfenschweseldörren, Asphaltkochereien und Pechsiedereien, soweit sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Strohpapierstoffabriken, Darmzubereitungsanstalten, Fabriken, in welchen Dampfkessel oder andere Blechgesäße durch Ver­ nieten hergestellt werdens«) Kalisabriken und Anstalten zum Impräg­ nieren von Holz mit erhitzten Teerölen, Kunstwollefabriken, Anlagen zur Herstellung von Zelluloid und D6grassabriken, die Fabriken, in welchen Röhren aus Blech durch Vernieten hergesteltt werden, sowie die Anlagen zur Erbauung eiserner Schiffe, zur Herstellung eiserner Brücken oder sonstiger eiserner Baukonstruttionen, die Anlagen zur Destillation oder zur Verarbeitung von Teer und von Teerwasser, die Anlagen, in welchen aus Holz oder ähnlichem Fasermattrial auf chemischem Wege Papierstoff hergestellt wird (Zellulosesabrtken), die Anlagen, in welchen Albuminpapier hergestellt wird, die Anstalten zum Trocknen und Ein­ salzen ungegerbter Tierselle sowie die Verbleiungs-, Verzinnungs­ und Berzinkungsanstalten, die Anlagen zur Herstellung von Gußstahl­ kugeln mittels Kugelschrotmühlen (Kugelfräsmaschinen), die Anlagen zur Herstellung von Zündschnuren und von elektrischen Zündern. Das vorstehende Verzeichnis kann, je nach Eintritt oder Wegfall der im Eingänge gedachten Voraussetzung, durch Beschluß des Bundes­ rats, vorbehaltlich der Genehmigung des nächstfolgenden Reichstags, abgeändert werden?8)

§ 17. Dem Antrag auf die Genehmigung einer solchen Anlage müssen die zur Erläuterung erforderlichen Zeichnungen und Beschrei­ bungen beigefügt toerbcn.80) 27) Vgl. das Tierkörperbeseitigungsges. v 1. Febr. 39 (RGBl. I S 187), durch das die unschädliche Beseitigung von Tierkörpern gefallener oder tot­ geborener, nicht zum" Genusie für Menschen getöteten Einhufern, Tieren deS Rindergeschlechtes, Schweinen, Schafen Ziegen und Hunden einheitlich geregelt wird. Strafbestimmung in 8 16. Durch § 14 Abs. 2 ist der 8 16 Abs. 2 der GewO, dahin geändert, daß das Wort „Abdeckereien" durch „Tierkörperbeseitigungsanstalten" ersetzt wird. Erste DurckfBO. v 23. Febr. 39 (RGBl. I S. 332), zweite v. 17. April 39 (RGBl. I S. 807). 27) Dahin gehören auch Anlagen zur Reparatur von Dampfkesseln durch Vermieten rc. KG. v. 17. Funi 95, GA. 43 S. 141. 29) Bezüglich elekttischer Anlagen siehe § 12 des Ges. v. 6. April 92 (RGBl S. 467). Nicht fallen hierunter Sauggasanlagen. DIZ. US. 90.

30) Der Unternehmer, der es fahrlässig unterlassen hat, eine zur Sicher­ heit der Arbeiter erforderliche Schutzvorrichtung anzubringen, kann sich nicht mit dem Einwande schützen, daß die ihm erteilte Konzession die Herstellung einer solchen Vorrichtung nicht vorgeschrieben habe. E. 18 S. 73. Geht die Anlage auf einen neuen Erwerber über und vermietet dieser dieselbe an einen Dritten, so bleibt er für die Innehaltung der Konzessionsbedingungen verantwortlich.

BIV 1, Gewerbeordnung §§ 18—20.

571

Ist gegen die Vollständigkeit dieser Vorlagen nichts zu erinnern, so wird das Unternehmen mittels einmaliger Einrückung in das zu den amtlichen Bekanntmachungen der Behörde (§ 16) bestimmte Blatt zur öffentlichen Kenntnis gebracht, mit der Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen die neue Anlage binnen vierzehn Tagen anzu­ bringen. Die Frist nimmt ihren Anfang mit Ablauf des Tages, an welchem das die Bekanntmachung enthaltende Blatt ausgegeben worden, und ist für alle Einwendungen, welche nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen,") präklusivisch. § 18. Werden keine Einwendungen angebracht, so hat die Be­ hörde zu prüfen, ob die Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für das Publikum herbeisühren könne. Auf Grund dieser Prüfung, welche sich zugleich aus die Beachtung der bestehenden bau-, feuer- und gesundheilspolizeilichen Vorschriften erstreckt, ist die Genehmigung zu versagen, oder, unter Festsetzung der sich als nötig ergebenden Bedingungen, zu erteilen. Zu den letzteren gehören auch diejenigen Anordnungen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen Ge­ fahr für Gesundheit und Leben notwendig sind. Der Bescheid ist schriftlich auszufertigen und muß die festgesetzten Bedingungen ent­ halten; er muß mit Gründen versehen sein, wenn die Genehmigung versagt oder nur unter Bedingungen erteilt wird.

§ 19. Einwendungen, welche auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind zur richterlichen Entscheidung zu verweisen, ohne daß von der Erledigung derselben die Genehmigung der Anlage ab­ hängig gemacht wird. Andere Einwendungen dagegen sind mit den Parteien vollständig zu erörtern. Nach Abschluß dieser Erörterung erfolgt die Prüfung und Entscheidung nach den im § 18 enthaltenen Vorschriften. Der Bescheid ist sowohl dem Unternehmer als dem Widersprechenden zu eröffnen. § 19 a. In dem Bescheide kann dem Unternehmer auf seine Gefahr, unbeschadet des Rekursverfahrens (§ 20), die unverzügliche Ausführung der baulichen Anlagen gestattet werden, wenn er dies vor Schluß der Erörterung beantragt. Die Gestattung kann von einer Sicherheits­ leistung abhängig gemacht werden. § 20. Gegen den Bescheid ist Rekurs an die nächstvorgesetzte Be­ hörde zulässig, welcher bei Verlust desselben binnen vierzehn Tagen, vom Tage der Eröffnung des Bescheids an gerechnet, gerechtfertigt werden muß. KG. GA. 37 S. 455. Die Einwendungen müßen sich gegen die geplante Anlage richten. SächsOBG. v. 31. Dezbr. 02, DIZ. 9 S. 1096. 31) Nicht hierher sind die auf dem Nachbarrecht beruhenden Einwen­ dungen zu rechnen.

572

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Der Rekursbescheid ist den Parteien schriftlich zu eröffnen und muß mit Gründen versehen sein. § 21. Die näheren Bestimmungen über die Behörden und das Verfahren, sowohl in der ersten als in der Rekursinstanz, bleiben den Landesgesetzen Vorbehalten.^) Es sind jedoch folgende Grundsätze einzuhatten: 1. In erster oder in zweiter Instanz muß die Entscheidung durch eine kollegiale Behörde erfolgen. Diese Behörde ist befugt, Unter­ suchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und Sachver­ ständige zu laden und eidlich zu vernehmen, überhaupt den angetretenen Beweis in vollem Umfange zu erheben.

2. Bildet die kollegiale Behörde die erste Instanz, so erteilt sie ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien, auch in dem Falle, wenn zwar Einwendungen nicht angebracht sind, die Behörde aber nicht ohne weiteres die Ge­ nehmigung erteilen will, und der Antragsteller innerhalb vierzehn Tagen nach Empfang des die Genehmigung versagenden oder nur unter Bedingungen erteilenden Bescheids der Behörde auf mündliche

Verhandlung anträgt. 3. Bildet die kollegiale Behörde die zweite Instanz, so erteilt sie stets ihre Entscheidung in öffentlicher Sitzung, nach erfolgter Ladung und Anhörung der Parteien.

4. Als Parteien sind der Unternehmer (Antragsteller), sowie die­ jenigen Personen zu betrachten, welche Einwendungen erhoben haben. 5. Die Öffentlichkeit der Sitzungen kann unter entsprechender

Anwendung der §§ 172—175 des Gerichtsverfassungsgesetzes aus­ geschlossen oder beschränkt werden. § 21a. Die Sachverständigen (§ 21 Ziffer 1) haben über die Tatsachen, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Nachahmung der von dem Unternehmer geheim gehaltenen, zu ihrer Kenntnis gelangten Betriebs­ einrichtungen und Betriebsweisen, solange als diese Betriebsgeheimnisse

sind, zu enthalten.

§ 22. Die durch unbegründete Einwendungen erwachsenden Kosten fallen dem Widersprechenden, alle übrigen Kosten, welche durch das

Verfahren entstehen, dem Unternehmer zur Last. 32) Das Kreisgericht (Stadtverwaltungsgericht) beschließt über Anträge auf Genehmigung zur Errichtung oder Veränderung gewerblicher Anlagen. § 109 des Zuständ.Ges. v. 1. Aug. 83 (GS. S. 237), und soweit die Be­ schlußfassung nicht dem Kreis- bzw. Stadtverwaltungsgericht zusteht, beschließt das Bezirksverwaltungsgericht. § 110.

673

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 22 a—24.

In den Bescheiden über die Zulässigkeit der neuen Anlage wird

zugleich die Verteilung der Kosten festgesetzt. § 22 a. Anlagen im Sinne des § 16 können von den obersten Landesbehörden genehmigt werden, ohne daß es eines Verfahrens nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 17—21 bedarf, sofern ein öffent­ liches Interesse an der Errichtung der Anlage besteht.82»)

§ 23. Bei den Stauanlagen für Waffertriebwerke sind außer den Bestimmungen der §§ 17—22 a82») die dafür bestehenden landesgesetz-

ltchen Vorschriften anzuwenden.88) Der Landesgesetzgebung bleibt Vorbehalten, die fernere Benutzung

bestehender und die Anlage neuer Privatschlächtereien in solchen Orten, für welche öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden sind oder errichtet werden, zu untersagen.")

Soweit durch landesrechtliche Vorschriften Bestimmungen"») ge­ troffen werden, wonach gewisse Anlagen oder gewisse Arten von An­

lagen in einzelnen Ortsteilen gar nicht oder nur unter besonderen

Beschränkungen zugelassen sind, finden diese Bestimmungen auch auf Anlagen der im § 16 erwähnten Art Anwendung.

§ 24. Die Anlegung und der Betrieb von Dampfkesseln bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Der Reichswirtschafts­ minister erläßt die auf dem Gebiete des Dampfkesselwesens erforder­

lichen Rechts- und Verwaltungsanordnungen.88)

Er kann hierbei

bestehende landesrechtliche Vorschriften abändern oder aufheben.

32 a) Wortlaut gern. Gesetz zur Änderung der GewO. v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 566). 33) Die Errichtung einer Stauanlage ist strafbar, wenn auch das Wasserwerk noch nicht in Betrieb gesetzt ist. E. 1 S. 103. Wasserräder u. Turbinen sind Bestandteile der Stauanlage. OBG. GA. 50 S. 418. 34) Die Fleischbeschau regelt jetzt einheitlich das Fleischbeschauges, v. 29. Oktbr. 40 (RGBl. I S. 1463). 34 a) Hierzu gehört auch das Naturschutzges. Flächen, die von Industrie und Gewerbe in Betrieb genommen sind, sollen aber nicht beeinträchtigt werden. Erl. d. RuPrWirtschMin. v. 12. Mai 36, Nachr.Bl. f. Naturschutz 1936 Nr. 7. 35) § 24 neugefaßt b. BO. v. 30. Septbr. 37 (RGBl. I S. 918). Ein­ richtung einer Reichshauptstelle für technische Überwachung durch BO. v. 19. März 38 (RGBl. I S. 297), geändert durch die BO. v. 12. Oktbr. 38 (RGBl. I S. 1398,1418), v. 27. Oktbr. 39 (RÄBl. I S. 2238) und v. 19. März 40 (RGBl. I S. 543) nebst Bek. betr. BO. über die technische Überwachung v. 17. März 38 (MBlfW. S. 72). Siehe sonst bisher allgemeine polizeiliche Bestimmungen über die Anlage von Dampfkesseln v. 17.Dezbr. 08 (RGBl. 09 S. 3) bez. Landdampfkessel, vom gleichen Tage (ebenda S. 51) bez. Schiffs­ dampfkessel; Änderungen u. Ergänzungen v. 2. März 12, v. 14. Dezbr. 13, V. 15. Aug. 14 (RGBl. S. 188,781, 373), v. 25. April 22 (RGBl. 1S. 469), v. 27. April 23(RGBl. S. 263), v. 14. Dezbr. 23 (RGBl. IS. 1229), v. 22. Dezbr. 28 (RGBl.1 1929 S. 2), v.23.Febr.34(RGBl. I S. 126 u. 127) u. v. 28.Jan. 35 (RGBl. I S. 75,76) nebst ÄndBO. v. 27. Aug. 36 (RGBl. I S. 706).

B IV. Handels- und Gewerberecht.

674 Der

Reichswirtschaftsminister

wird

ermächtigt,

entsprechende

Regelungen auch für andere Anlagen zu treffen, die mit Rücksicht auf

ihre für die Allgemeinheit bestehende Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen. Der Reichswirtschaftsminister kann auf dem Gebiete der über­

wachungspflichtigen

technischen

Anlagen

Zusammenschlüsse

bilden

und die Zugehörigkeit zu solchen Zusammenschlüssen anordnen. § 25. Die Genehmigung zu einer der in den §§ 16 und 24 be­ zeichneten Anlagen bleibt solange in Kraft, als keine Änderung in

der Lage der Beschaffenheit der Betriebsstätte vorgenommen wird, und bedarf unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht, einer Erneuerung nicht.

Sobald

aber eine Veränderung der Betriebsstätte vorgenommen wird, ist dazu

die Genehmigung der zuständigen Behörde nach Maßgabe der §§ 17 bis 23 einschließlich beziehungsweise des § 24 notwendig. Eine gleiche Genehmigung ist erforderlich bei wesentlichen8") Veränderungen

in dem Betrieb einer der im § 16 genannten Anlagen.

Die zu­

ständige Behörde kann jedoch auf Antrag des Unternehmers von der Bekanntmachung (§ 17) Abstand nehmen, wenn sie die Überzeugung

gewinnt, daß die beabsichtigte Veränderung für die Besitzer oder Be­ wohner benachbarter Grundstücke oder das Publikum überhaupt neue oder größere Nachteile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Anlage verbunden sind, nicht herbeiführen werde.

Diese Bestimmungen finden auch auf Anlagen»") (§§ iß und 24) Anwendung, welche bereits vor Erlaß dieses Gesetzes bestanden haben. § 26. Soweit die bestehenden Rechte zur Abwehr benachteiligen­

der Einwirkungen, welche von einem Grundstück aus auf ein benach­ bartes Grundstück geübt werden, dem Eigentümer oder Besitzer des

letzteren eine Privatklage gewähren, kann diese Klage einer mit obrig­ keitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage gegenüber nie­

mals auf Einstellung des Gewerbebetriebes, sondern nur auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende Einwirkung ausschließen,

oder, wo solche Einrichtungen untunlich oder mit einem gehörigen Be­

triebe des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schadloshaltung gerichtet werden.86 °) 35 a) Wesentl. ist jede Beränder., die gegenüber der erteilt. Konzession sach­ lich die Grenzen der Geringfügigkeit überschreitet. Franks. GA. 49 S. 859. Hamb. OBG. Reger, Entsch. Bd. 55 S. 6. 35b) Nicht nur die gewerblichen, BO. v. 30. Aug. 37 (RGBl. I S. 918).

35 c) § 26 gilt entsprechend für Flughäfen, gleich ob dieser gewerblichen oder öffenllichen Zwecken dient, § 10 Luftverkehrs Ges. v. 21. Aug. 36 (RGBl. I S. 653).

BIV1. Gewerbeordnung §§ 27—29.

575

§ 27. Die Errichtung oder Verlegung solcher Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem Geräusche verbunden ist, muß, sofern sie nicht schon nach^den Vorschriften der §§ 16 bis 25 der Genehmigung bedarf, der Ortspolizeibehörde angezeigt werden. Letztere hat, wenn in der Nähe der gewählten Betriebsstätte Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser oder Heilanstalten vorhanden sind, deren bestimmungsmäßige Benutzung durch den Gewerbebetrieb auf dieser Stelle eine erhebliche Störung erleiden würde, die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde darüber einzuholen, ob die Aus­ übung des Gewerbes an der gewählten Betriebsstätte zu untersagen oder nur unter -Bedingungen zu gestatten sei?") $ 28. Die höheren Verwaltungsbehörden sind befugt, über die Entfernung, welche bei Errichtung von durch Wind bewegten Trieb­ werken von benachbarten fremden Grundstücken und von öffentlichen Wegen innezuhalten ist, durch Polizeiverordnungen Bestimmung zu treffen. 2. Gewerbetreibende, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen.

§ 29. Einer Approbation, welche auf Grund eines Nachweises der Befähigung erteilt wird, bedürfen Apotheker«) und dielenigen Per­ sonen, welche sich als Arzte (Wundärzte, Augenärzte, Geburtshelfer,") Zahn­

ärzte 87a) und Tierärzte38 * *) *oder 36 37mit gleichbedeutenden Titeln bezeichnen oder seitens des Staates oder einer Gemeinde als solche anerkannt oder mit amt* 35 d) Unberührt ist das Recht der Polizei, nach Maßgabe des Landesrechts gegen übermäßigen Lärm bei nicht gewerblichen Anlagen einzuschreiten. KayserSteiniger Anm. 7. OBG. GewArch. 4 S. 5. 36) Apotheker unterstehen nicht mehr der GewO. Vgl. §§ 1—4, 27 der ReichSapothekerO. v. 18. April 37 (RGBl. I S. 457); dazu DurchfBO. v. 8. Oktbr. 37 u. BestallungsO. v. 8. Oktbr. 37 (RGBl. I S. 1117, 1118). An die Stelle der Approbation ist die Bestallung getreten. 37) Ärzte unterstehen nicht mehr der GewO. Vgl. §§1,2, 85 der ReichsärzteO. v. 13. Dezbr. 35 (RGBl. I S. 1433). An die Stelle der Approbation ist die Bestallung getreten. 37 a) Bis zum Erlaß der beabsichtigten ReichszahnärzteO. gilt die GewO, noch für Zahnärzte. Die §§ 29, 40 Abs. 1, 53 Abs. 1, 80 Abs. 2, 147 Abs. 1 Ziff. 3 gelten demnach nur noch für Zahnärzte. Soweit diese allerdings als Arzte bestallt sind, unterstehen sie der RArzteO. Das SächsOBG. v. 23. Oktbr. 36 (ZAkdR. 37 S. 121) will neuerdings die RÄrzteO. entsprechend zur Anwendung bringen, da nach der heutigen Anschauung die Anwendung der GewO, auf die Zahnärzte nicht mehr Passe; ablehnend aber Landmann, Komm. z. GewO. 9. Aufl. Anm. 2 letzter Absatz zu § 29. 38) Tierärzte unterstehen nicht mehr der GewO. Für Tierärzte gilt die RetchstierärzteO. v. 3. April 36 (RGBl. I S. 347) nebst DurchfBO. v. 25. Juli 36 u. 5. März 37 (RGBl. I 36 S. 571, 37 S. 278). An die Stelle der Approbation ist die Bestallung getreten. Vgl. Anm. 61 zu § 147.

576

B IV. Handels- und Gewerberecht.

lichen Funktionen betraut werden sollen.^) Es darf die Approbation jedoch von der vorherigen akademischen Doktorpromotion nicht abhängig gemacht werden. Der Bundesrat bezeichnet mit Rücksicht auf das vorhandene Bedürfnis in verschiedenen Teilen des Reichs die Behörden, welche für das ganze Reich gültige Approbationen zu erteilen befugt sind, und erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Befähigung. Die Namen der Approbierten werden von der Behörde, welche die Appro­ bation erteilt, in den vom Bundesrate zu bestimmenden amtlichen Blättern veröffentlicht.39 40)41 42 Personen, welche eine solche Approbation erlangt haben, sind innerhalb des Reichs in der Wahl des Ortes, wo sie ihr Gewerbe be­ treiben wollen, vorbehaltlich der Bestimmungen über die Errichtung

und Verlegung von Apotheken (§ 6), nicht beschränkt. Dem Bundesrate bleibt Vorbehalten, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Personen wegen wissenschaftlich erprobter Leistungen von der vorgeschriebenen Prüfung ausnahmsweise zu entbinden sind. Personen,welche vor Verkündigung dieses Gesetzes in einem Bundes­ staate die Berechtigung zum Gewerbebetriebe als Arzte, Wundärzte, Zahnärzte, Geburtshelfer, Apotheker oder Tierärzte bereits erlangt haben, gelten als für das ganze Reich approbiert.

§ 30. Unternehmer von Privat-Kranken-, Privat-Entbindungsund Privat-Jrrenanstalten bedürfen einer Konzession der höheren Ver­ waltungsbehörde.") Die Konzession ist nur dann zu versagen: a) wenn Tatsachen") vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit") 39) Die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung ist jetzt im Heilpraktikergesetz v. 17. Febr. 39 (RGBl. I S. 251) nebst DurchfVO. v. 18. Febr. 39 (RGBl. I S. 259) geregelt. Ohne Erlaubnis darf danach die Heilkunde nicht mehr ausgeübt werden. Strafbestimmung in § 5. Die Heil­ praktiker unterliegen nicht mehr der GewO. § 56 a Abs. 1 Nr. 1 und § 148 Abs. 1 Nr. 7 a GewO, traten nach § 8 Abs. 2 außer Kraft, soweit sie sich auf die Ausübung der Heilkunde im Sinne des Gesetzes beziehen. Die §§ 1, 5, 6 des Gesetzes sind abgedruckt unter II b Nr. 5. — Auch die berufsmäßige Tätigkeit der Säuglings- und Kinderschwester bedarf der Erlaubnis durch die höhere Verwaltungsbehörde. S. die I. VO. über die berufsmäßige Aus­ übung der Säuglings- und Kinderpflege und die Errichtung von Säuglings­ und Kinderpflegeschulen (Säuglings- und KinderpflegeVO.) v. 15. Novbr. 39 (RGBl. I S. 2239) nebst durchführender II. BO. v. 15. Novbr. 39 (RGBl. I S. 2244). Strafbestimmungen enthält § 17. 40) Die Vorschrift über die Veröffentlichung ist bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Bek. v. 10. April 24 (RGBl. I S. 405). 41) Über die Anträge entscheidet der Bezirksausschuß. § 115 des ZuständGes. Für einen approbierten Arzt als Unternehmer einer Privatklinik ist fachärztl. Vorbildung nicht erforderl. OVG. v. 6. Novbr. 24, DIZ. 30 S. 590. 42) Dahin gehört auch ein Mangel an Fähigkeit zur Leitung einer solchen

577

B IV 1. Gewerbeordnung § 30.

des Unternehmers in Beziehung auf die Leitung oder Ver­ waltung der Anstalt dartun,") b) wenn nach den von dem Unternehmer einzureichenden Be­ schreibungen und Plänen die baulichen und die sonstigen technischen Einrichtungen der Anstalt den gesundheitspolizei­ lichen Anforderungen nicht entsprechen, e) wenn die Anstalt nur in einem Teile eines auch von an­ deren Personen bewohnten Gebäudes untergebracht werden soll und durch ihren Betrieb für die Mitbewohner dieses Ge­ bäudes erhebliche Nachteile oder Gefahren Hervorrufen kann, d) wenn die Anstalt zur Aufnahme von Personen mit an­ steckenden Krankheiten oder von Geisteskranken bestimmt ist und durch ihre örtliche Lage für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke erhebliche Nachteile oder Ge­ fahren Hervorrufen kann. Vor Erteilung der Konzession sind über die Fragen zu c und d die Ortspolizei- und die Gemeindebehörden zu hören. Hebammen bedürfen eines Prüfungszeugnisses der nach den Landesgesehen zuständigen Behörde.")

Anstalt. OVG. v. 28. Septbr. 78, E. 4 S. 337. Tatsachen sind sowohl Hand­ lungen als Unterlassungen. OVG. v. 2. Juli 77, E. 3 S. 237. 43) Die Unzuverlässigkeit braucht nicht in der Leitung der betr. Anstalt hervorgetreten zu sein. OVG. v. 12. Mai 80, E. 6 S. 260. Bei Mißbrauch von Rauschgiften. OVG. JurW. 1934 S. 1270. 44) Zu dem Begriff einer Krankenanstalt gehört es, daß Kranke in dazu bereit gestellten Räumen ihren auf eine gewisse Dauer berechneten Aufenthalt nehmen. E. 32 S. 235. KG. v. 2. Mai 95, Iohow 16 S. 341. 46) Das Hebammenwesen ist durch das Heba mm enges, vom 21. D e z b r. 3 8 (RGBl. I S. 1893 nebst DurchfVO. v. 3. März 39 (RGBl. I S. 417) unter Aufhebung der Ländergesetze einheitlich für das Reich neu ge­ regelt worden. Auch der Hebammenberuf ist aus der GewO, herausgenommen worden und in einer der ethischen und vvlkspolitischen Bedeutung des Berufes entsprechenden Weise besonders geregelt worden. § 30 Abs. 3 GewO, ist demgemäß durch § 27 Abs. 3 des Gesetzes vom 21. Dezbr. 38 aufgehoben worden. Strafrechtlich geahndet wird die Geburtshilfe von jemandem, der nicht als Hebamme anerkannt ist und Niederlassungserlaubnis besitzt. §§ 4, 8 Abs. 4 und 21 haben folgenden Wortlaut: § 4. (1) Zur Geburtshilfe (Überwachung von Beginn der Wehen an und Hilfe bei der Geburt) sind außer den Ärzten nur Frauen befugt, die von der zuständigen Behörde als Hebamme anerkannt sind und eine Nieder­ lassungserlaubnis besitzen. (2) Anderen Personen ist, abgesehen von Notfällen, die Geburtshilfe auch dann untersagt, wenn sie nicht gewerbs- oder gewohnheitsmäßig be­ trieben wird. (3) Zur Geburtshilfe in ärztlich geleiteten Entbindungs- und Kranken­ anstalten bedarf eine Hebamme keiner Niederlassungserlaubnis. (4) Zwischenstaatliche Verträge über die Tätigkeit der Hebammen in den Grenzgebieten bleiben unberührt. Dalcke, Strafrecht.

32 Aufl.

37

578

B IV. Handels- und Gewerberecht. § 30a.47 * *)**49 ******

§ 30b. Orthopädische Maßschuhe dürfen nur im Handwerks­ betriebe eines Schuhmachermeisters angefertigt werden, der eine Zusatzprüfung bestanden hat. Der Reichswirtschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister und dem Reichs­ minister des Innern die näheren Bestimmungen.47*)

§ 30 c 47b). Der Betrieb des Buchdruckergewerbes darf nur von solchen Personen ausgeübt werden, die im Besitze eines Prüfungs­ zeugnisses sind. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, die er­ forderlichen Ausführungsvorschristen zu erlassen; er kann hierbei ins­ besondere den Kreis der unter Abs. 1 fallenden Betriebe bestimmen. § 31. Seeschiffer,") Seesteuerleute,") Maschinisten4") der See­ dampfschiffe und Lotsen müssen sich über den Besitz der erforderlichen Kenntnisse durch ein Befähigungszeugnis der zuständigen Verwal­ tungsbehörde ausweisen. Die Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats (der Bundes­ rat) erläßt die Vorschriften über den Nachweis der Befähigung. Die

§ 8. (4) Wenn der dringende Verdacht besteht, daß eine Hebamme sich einer schweren Verletzung ihrer Berufspflichten oder einer schweren straf­ rechtlichen Verfehlung schuldig gemacht hat, kann bis zur endgültigen Ent­ scheidung ein vorläufiges Verbot der Ausübung des Hebammenberufs gegen sie verhängt werden, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für Schwangere, Wöchnerinnen und Neugeborene notwendig ist. § 21. Wer entgegen den Vorschriften der §§ 4 oder 8 Abs. 4 die Geburts­ hilfe unbefugt ausübt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. 47) § 30a ist durch das Gesetz über den Hufbeschlag v. 20. Dezbr. 40 (RGBl. 411 S. 3) aufgehoben. In diesem Gesetz ist jetzt unter Aufhebung auch aller landesrechtlichen Bestimmungen über den Hufbeschlag das Huf­ beschlagswesen reichseinheitlich geregelt. Nach § 1 ist zur Ausübung des Hufund Klauenbeschlages die Anerkennung als geprüfter Hufbeschlagschmied er­ forderlich. Zuwiderhandlungen werden nach § £ mit Geldstrafe bis zu 150 NM. oder Haft bestraft. Das Gesetz ist im einzelnen (Anerkennung und Prüfung als Hufbeschlagschmied) ergänzt durch die HufbeschlagBO. v. 31. Dezbr. 40 (RGBl. 41 I S. 4). 47a) Eingefügt durch Ges. v. 9. Septbr. 37 (RGBl. I S. 970). Nach Art. 3 dieses Ges. sind von der Vorschrift des Satz 1 des § 30b Personen befreit, die am 9. Sept. 37 bereits orthopädische Maßschuhe hergestellt haben. Vgl. DurchfVO. über die Herstellung orthopädischer Maßschuhe vom 8. Novbr. 38 (RGBl. I S. 1572). 47 b) Ein gefügt durch VO. v. 21. April 38 (RGBl. I S. 404). S. hierzu die DurchfVO. v. 2. April 40 (RGBl. I S. 601), in der Erläuterungen zum Begriff des Buchdruckergewerbes sowie Vorschriften über das Prüfungs­ zeugnis gegeben sind. 49) Vgl. Schiffsbesetzungsordnung v. 29. Juni 31 (RGBl. II S. 517) nebst AndVO. v. 26. März 34 (RGBl. II S. 159, v. 24. Mai 38 (RGBl. II S. 194) und v. 1. Juli 40 (RGBl. II S. 144).

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 32—33 a.

579

auf Grund dieses Nachweises erteilten Zeugnisse gelten für das ganze Reich, bei Lotsen für das im Zeugnis angeführte Fahrwasser. Soweit in betreff der Schiffer und Lotsen auf Strömen infolge von Staatsverträgen besondere Anordnungen getroffen sind, behält es dabei sein Bewenden.

§ 32.°°) § 33.61) § 33 a. Wer gewerbsmäßig Singspiele, Gesangs- und deklama­ torische Vorträge,62) Schaustellungen ") von Personen oder theatralische Vorstellungen, ohne daß ein höheres Juteresse der Kunst oder Wissen­ schaft dabei obwaltet,°?) in seinen Wirtschafts- oder sonstigen Räumen öffentlich veranstalten oder zu deren öffentlicher Veranstaltung seine Räume benutzen lassen will, bedarf zum Betriebe dieses Gewerbes der 50) Aufgehoben durch Theatergesetz v. 15. Mai 34 (RGBl. I S. 411) § 9: „§ 32 der Gewerbeordnung wird aufgehoben. Die Gewerbeordnung mit Ausnahme des Titels VII und der ihn betreffenden Strafvorschriften findet auf Theater keine Anwendung. Die Zuständigkeit der Polizeibehörden gegenüber Theatern erstreckt sich nicht auf die Erledigung der künstlerischen Aufgabe der Theater. Theaterauft führungen dürfen im Polizeiwege nur dann untersagt werden, wenn unmittel­ bare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung droht." — Gemäß § 1 sind die Theater „hinsichtlich der Erfüllung ihrer Kulturaufgabe der Führung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda" unterstellt. S t ö l z e l, DIZ. 34 S. 979 hält trotz der Aufhebung behördliche Erlaub­ nis für einen der Kleinkunst dienenden Schauspielunternehmer für erforderlich. 51) § 33 ist durch § 32 des Gaststältenges., s. unter BIV 8, aufgehoben. 52) Der Charakter von Gesangsvorträgen wird nicht dadurch beseitigt, daß das Publikum den Refrain von den durch eine Einzelperson vorgetragenen Liedern mitsingt. Königsberg JurW. 60 S. 1396. 53) Maßgebend für die Frage, ob eine Vorführung als Schaust, von Pers, oder als theatral. Vorst, anzusehen ist, ist das verschiedene Interesse des Publi­ kums, zu deffen Befriedig, die eine oder andere Art von Darbietung bestimmt ist, ob zur Befriedig, der reinen Schaulust oder des Interesses an dem Inhalt der Vorstellung. Köln HRR. 1932 Nr. 221. Nach BayObLG. JurW. 61 S. 2735 ist unter theatral. Borstell die bühnenmäßige Darstellung eines Vor­ gangs durch lebende, handelnde Personen u. unter Schauspiel die Vorführung einer gedachten Handl, durch mehrere Personen mittels Rede, Gesang oder Ge­ bärde zu verstehen. Alle Gewerbetreibenden, für deren Leistungen ein höheres Kunstinteresse anzunehmen ist, werden heute von der Reichskultur­ kammer erfaßt, RKulturKGes. v. 22. Septbr. 33 (RGBl. I S. 661) u. §§ 4, 6,151. DurchfVO. v. 1. Novbr. 37 (RGBl. I S. 797). Unter Berücksichttgung dessen ist die Entsch. der Berw.Behörde zu tteffen. . . 57) Wenn auch ein Kaffeehaus nicht den geeigneten Rahmen für höheren Kunstgenuß bietet, so ist doch in einem solchen das Obwalten eines höheren Inter­ esses nicht ganz ausgeschlossen. Hamburg GA. 63 S. 129. Vorstellungen können erlaubnispflichttg werden, wenn Einlagen ohne höheres Kunstinteresse geboten werden. Hamburg DStZ. 6 S. 331. Erlaubnispflichttg ist auch die Aufführung eines Sketsch. KG. JurW. 54 S. 660.

580

BIV. Handels- und Gewerberecht.

Erlaubnis ohne Rücksicht auf die etwa bereits erwirkte Erlaubnis zum Betriebe des Gewerbes als Schauspielunternehmer.68)

Die Erlaubnis ist nur dann zu versagen: 1. wenn gegen den Nachsuchenden Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß die beabsichtigten Veranstaltungen [bett Gesetzen oder guten (Sitten686) zuwiderlaufen werden; 2. wenn das zum Betriebe des Gewerbes bestimmte Lokal wegen seiner Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügt; 3. wenn der den Verhältnissen des Gemeindebezirkes entsprechenden Anzahl von Personen die Erlaubnis bereits erteilt ist. Aus den unter Ziffer 1 angeführten Gründen kann die Erlaubnis zurückgenommen68b) und Personen, welche vor dem Inkrafttreten

dieses Gesetzes den Gewerbebetrieb begonnen haben, derselbe unter­ sagt werden. § 33b. Wer gewerbsmäßig Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, ohne daß ein höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft dabei obwaltet, von Haus 58) Über die Erlaubnis beschließt der Kreis-(Stadt-)Ausschuß. Siehe auch die Verordn, zur Ausführung des Ges. v. 1. Juli 83, v. 31. Dezbr. 83 (GS. 84 S. 7). Die Veranstaltung von Aufführungen, welche nicht gewerbs­ mäßig betrieben wird '(Liebhabertheater, Vorstellungen zu milden Zwecken u. dergl.), gehört nicht hierher, ebensowenig auch die, wenn auch gewerbsmäßige Veranstaltung von Jnstrumentalkonzerten, KG. I o h o w 7 S. 241 u. OVG. 17 S. 387; Bildstreifen dürfen nur vorgeführt werden, wenn sie von der amt­ lichen Filmprüfstelle zugelassen sind. L i ch t s p i e l g e s. v. 16. Febr. 34 (RGBl. I S. 95); nebst ÄndGes. v. 13. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1236) u. v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 811); Strafbestimmungen §§ 25—30 dieses Gesetzes. Wegen der Vorführung vor Jugendlichen siehe § 11 des Ges. u. vor bestimmten Per­ sonenkreisen § 10. Theatervorstellungen in einem geselligen Verein, die der All­

gemeinheit gegen Entgelt zugänglich gemacht, sind gewerbsmäßig, wenn auch die Einnahmen nur zur Deckung der Kosten bestimmt sind. GA. 51 S. 185. Der Begriff der Schaustellung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die zur Schau gestellten Personen gleichzeitig die Gäste der Schankwirtschaft bedienen. KG. DIZ. 18 S. 1501. Hierher gehört auch die Aufführung von Tänzen. OVG. E. 76 S. 451. Eine PVO., die das Aussteller: von Lautsprechern an öffentl. Orten von einer gewerbepolizeil. Genehmigung abhängig macht, ist nicht zu­ lässig. Schenkel, Arch. für Funkrecht IS. 153 ff. Auf Mitglieder der Reichskulturkammer sind die §§ 33 a, 33 b u. 55 Abs. 1 Ziff. 4 nicht anzuwenden, sie brauchen keine Kunstscheine; wohl aber die Nichtmitglieder; vgl. Anm. 57 Abs. 1 sowie 18 b zu § 55 58 a) Nicht gegen die guten Sitten verstößt eine auf wissenschaftlichen Grundsätzen beruhende Handschriften- und Handliniendeutung. OVG. E. 81 S. 410. 58 b) Die Erlaubnis zum Betriebe der Schankwirtschaft auch dann, wenn der Inhaber keine Vorsorge trifft, daß auch ohne sein Wissen Zuwiderhand­ lungen gegen die öffentliche Ordnung nicht Vorkommen. OVG. DIZ. 33 S. 601.

681

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 33 c—34.

zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen") darbieten will, bedarf der vorgängigen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde. § 33 c.

Die Abhaltung von Tanzlustbarkeiten richtet sich nach

den landesrechtlichen Bestimmungen.59 60)

§ 33 d.

Wer gewerbsmäßig auf öffentlichen Wegen, Straßen

Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten mechanisch betriebene Spiele und Spieleinrichtungen, die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf dazu der Genehmigung derOttspolizeibehörde.60»)

Der Reichswittschaftsminister erläßt im Einvernehmen mit dem

Reichsminister des Innern die zur Durchführung erforderlichen Rechts­ und Berwaltungsanordnungen,- er kann auch Bestimmungen ergänzen­ den Inhalts erfassen.60“) Insbesondere ist er befugt, zu bestimmen, welche

Arten mechanisch betriebener Spiele und Spieleinrichtungen die Orts­

polizeibehörde nach Abs. 1 genehmigen kann.

Der Reichswittschasts-

minister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister deS Innern

diese Befugnis auch auf eine andere Stelle übertragen.

Ferner kann

er bestimmen, daß in einzelnen Orten auch die gewerbsmäßige Ver­

anstaltung anderer eine Gewinnmöglichkeil bietender Spiele auf öffent­ lichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten der Genehmigung der Ortspolizeibehörde bedarf.60*») § 34. Wer das Geschäft eines Pfandleihers,61)62 ")63Pfandvermittlers, Gestndevermieters oder Stellen Vermittlers 6a) betreiben will,

bedarf dazu der

59) Öffentliche Plätze sind Otte, die dem öffentl. Verkehr durch einen Rechtsakt gewidmet sind, nicht Otte, die nur tatsächlich dem öffentl. Verkehr dienen, also z. B. nicht ein Platz im Privateigentum, der an eine öffentl. Straße . stößt. S t e n g l e i n Nebenges. Anm. 7. KG. GewArch. 5 S. 73. 60) Die Ottspolizeibehörden sind berechtigt, den Anttag abzulehnen, öffentliche Tanzlustbarkeiten im voraus auf unbestimmte Zeit zu genehmigen. OBG. v. 23. Jan. 11, GewArch. 10 S. 590. Geschloffene Gesellschaften u. Ver­ eine bedürfen zu Bällen für Mitglieder und Gäste auch bei Erhebung eines Eintttttsgeldes keiner Ettaubnis. Kayser-Steiniger Anm. 2. 60 a) S. Ges. über die Zulaffung öffentlicher Spielbanken v. 14. Juli 33 (RGBl. I S. 480) mit Änd. v. 23. März 34 (RGBl. I S. 213) nebst BO. v. 18. Aug. 33 (RGBl. I S. 593) mit Änd. v. 19. März 35 (RGBl. I S. 402), V. 27. März u. 27. Septbr. 34 (RGBl. I S. 255, 848). 60 aa) Verordnung zur Durchführung des § 33d der GewO. v. 22. Mai 35 (RGBl. I S. 683). 60 b) Fassung beruht auf dem Ges. v. 18. Dezbr. 33 (RGBl. IS. 1080). 61) Preußen: Ges. v. 17. März 1881 bett, das Pfimdleihgewerbe (GS. S. 265), in Fass. v. 7. Juli 1920 (GS. S. 387), mehrf. geänd., zuletzt am 28. Septbr. 1936 (GS. S. 149). 62) Das Pfandleihgewerbe besteht begttfflich ausschließlich in dem Betteihen von Geld auf Pfänder. Der Verkauf von Waren und Kreditierung des Kaufpreises gegen Pfandbestellung gehört nicht hierher. E. 12 S. 217. Desgl. nicht Berttäge, die einen ähnlichen wittschaftlichen Zweck verfolgen, wenn mit ihnen nicht das Recht des Rückkaufs verbunden ist. Dresden v. 7. Mai 13, GA. 64 S. 187. 63) Jetzt Ges. über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellen-

582

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Erlaubnis.

Diese ist zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche

die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden in bezug auf den beabsich^-

tigten Gewerbebetrieb dartun.

Die Landesregierungen sind befugt,

außerdem zu bestimmen, daß in Ortschaften, für welche dies durch

Ortsstatut (§ 142) festgesetzt wird, die Erlaubnis zum Betriebe des Pfandleihgewerbes von dem Nachweis eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig sein solle.

Als Pfandleihgewerbe62 * *)63 * *gilt 64 * * auch der gewerbsmäßige Ankauf

beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufsrechts. Die Landesgesetze können vorschreiben, daß zum Handel mit Giften"») und zum Betriebe des Lotsengewerbes besondere Genehmigung erforder­

lich ist, ingleichen, daß das Gewerbe der Markscheider nur von Personen betrieben werden darf, welche als solche geprüft und konzessioniert sind.

§ 34 a. Wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen

bewachen will (Bewachungsgewerbe) bedarf der Erlaubnis.") Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche

die Annahme rechtfertigen, daß der Nachsuchende die zum beabsichtigten Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, oder wenn der

Nachsuchende die für den Gewerbebetrieb nötigen Mittel nicht nach­

zuweisen öetmag.64a) § 34b.64b) Juden und

jüdischen Unternehmungen mit

eigener

Rechtspersönlichkeit ist der Betrieb nachfolgender Gewerbe untersagt:

Vermittlung v. 5. Novbr. 35 (RGBl. IS. 1281) nebst DurchfVO. v. 26. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1361) u. v. 19. März 36 (RGBl. I S. 195). Danach gibt es nur noch amtliche Arbeitsvermittlung; Strafbestimmung § 4 des Ges. Aus­ nahmen kann der Reichsarbettsminister zulassen; vgl. hierzu bez. Konzertagenten und Arttsten Nr. 408—409 der Richtlinien d. RIM, in Fassung DJuft. 1935 S. 1856, dazu DurchfBorschr. mit Begriffserläuterung der gewerbsmäßigen Konzertvermittlung v. 28. Mai 37 (D. Reichsanz. Nr. 121). 63 a) Ein allgemeines Verbot des Handels mit Giften ist unzulässig. OTr. GA. 22 S. 136. Nur das Feilhalten ist von einer polizeilichen Genehmigung abhängig. KG. v. 5. April 06, Beröffentl. des R.Gesundheitsamts. — Die Landesgesetzgeb. hat zu bestimmen, was unter Gift zu verstehen ist. KG. JFGErg. 16 S. 139. Siehe für Preußen ME. v. 22. Febr. 06 betr. Handel mit Giften (HMBl. S. 115) in der Fassung v. 10. Aug. 17 (HMBl. S. 249, v. 9. Febr. 26 (VMBl. S. 190), v. 22. Aug. 27 (VMBl. S. 867), v. 6. Aug. 31 (Volkswohlfahrt Sp. 790) u. 2. Juli 35 (MBliV. S. 874). Bez. des Verkehrs mit giftigen Pflanzenschutzmitteln, die die Landesvorschriften vereinheitlichende PolVO. v. 13. Febr. u. 13. Aug. 40 (RGBl. I S. 349, 1121). 64) Siehe dazu VO. über den Wachdienst v. 14. Dezbr. 37 (RGBl. I S. 1386), nach der der private Wachdienst unbeschadet des § 34 a besonderer polizeilicher Aufsicht unterliegt, nebst DurchfVO. v. 31. März 39 (RGBl. I S. 734, 892). 64 a) Hierzu ist ergangen preuß. AusfVO. v. 29. April 27 (GS. S. 78) u. Erl. v. 18. Jan. 28 (MBliV. S. 167) u. v. 22. Aug. 33 (MBlWiA. S. 437) betr. Vorschriften für das Bewachungsgewerbe. 64b) Eingefügt durch Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823).

BIV 1. Gewerbeordnung § 35.

583

a) des Bewachungsgewerbes, b) der gewerbsmäßigen Auskunftserteilung über Vermögensver­

hältnisse oder persönliche Angelegenheiten,

c) 640) des Handels mit Grundstücken, d) 640) der Geschäfte

gewerbsmäßiger Vermittlungsagenten

für

Jmmobiliarvertrüge und Darlehen, sowie des Gewerbes der Haus'- und Grundstücksverwalter,

e) der gewerbsmäßigen Heiratsvermittlung mit Ausnahme der Vermittlung von Ehen zwischen Juden oder zwischen Juden

und jüdischen Mischlingen ersten Grades, f) des Fremdenführergewerbes." § 35.

Die Erteilung von Tanz-, Turn- und Schwimmunterricht

als Gewerbe/») sowie der Betrieb von Badeanstalten 60) ist zu unter­ sagen, 00') wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit00b) des Gewerbetreibenden in bezug auf diesen Gewerbebetrieb dartun.

64c) Hierzu besagen Art. II u. III des Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823): Artikel II. (1) Jüdischen Gewerbetreibenden, die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes ein Gewerbe der im Art. I Ziff. lc und d genannten Art betreiben, ist dies im Rahmen der bisherigen gesetzlichen Vorschriften bis zum 31. Dezbr. 38 gestattet. (2) Den übrigen jüdischen Gewerbetteibenden ist die Fortsetzung ihres Gewerbebetriebes zum Zwecke der Abwicklung, soweit es sich um die im Art. I Ziff. la und b genannten Gewerbe handelt, für die Dauer von drei Monaten, soweit es sich um die im Art. I Ziff. le und f genannten Gewerbe handelt, für die Dauer von einem Monat nach Jnkrafttteten des Gesetzes erlaubt. Soweit es sich um jüdische Wandergewerbetteibende handelt, ver­ lieren bereits erteilte Wandergewerbescheine mit dem 30. Septbr. 38 ihre Gülttgkeit und sind der Ausstellungsbehörde unverzüglich zurückzugeben. Entsprechendes gilt für Legittmattonskarten und Stadthausierscheine. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, in Ausnahmefällen für bestimmte Gruppen der im § 44 Abs. 1 der Gewerbeordnung genannten Personen die Erteilung von Legittmattonskarten mit einer Geltungsdauer bis zum 30. Septbr. 39 zuzulassen. Dies gilt entsprechend für die Erteilung von Gewerbelegittmationskarten gemäß § 44a Abs. 6 der Gewerbeordnung. Arttkel III. Eine Entschädigung für persönliche oder wirtschaftliche Nachteile, die durch die Durchführung dieses Gesetzes entstehen, wird nicht gewährt.

65) Es handelt sich hier um den Betrieb eines stehenden Gewerbes, daS an jedem Orte, wo es betrieben wird, besonders angemeldet werden muß. OBG. 22 S. 322. Die gewerbsmäßige Erteilung des Turnunterrichts, soweit sie durch die Unterrichtsgesetzgebung geregelt ist, unterliegt nicht den Borschrifttn d. GewO. E. 44 S. 20. 66) Badeanstalten sind solche Einrichtungen, in denen Bäder irgendwelcher Art verabfolgt werden u. die weder als Krankenanst. anzusehen noch unselb­ ständige Betriebe anderer Betriebe sind. Dresden v. 13. Mai 14, DStZ. 2 S. 264. 66 a) Die Wirksamkeit der Untersagung gilt für das ganze Reichsgebiet. OBG. DIZ. 34 S. 1483.

584

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Unter derselben Voraussetzung sind zu untersagen: der Handel mit lebenden Vögeln, der Trödelhandel (Handel mit gebrauchten Kleidern, gebrauchten Betten oder gebrauchter Wäsche, Kleinhandel mit altem Metallgeräte,61 a) mit Metallbruch oder dergleichen)68 66) 67sowie der Kleinhandel mit Garnabfällen oder Träumen von Seide, Wolle, Baumwolle oder Leinen, der Handel mit Dynamit oder anderen 66 b) Die Anforderungen der GewO, an die Zuverlässigkeit entsprechen den nationalsoz. Begriffen von kaufmännischer Ehre und geschäftl. Anstand, BaherVGH. Reger, Entsch. Bd. 57 S. 8. Dabei ist auch das politische Ver­ halten, insbesondere auch das vor 1933, zu berücksichtigen. BayerBGH. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 496. Bei Nichtariern ist zu prüfen, ob trotz rassen­ mäßig bedingter Fremdheit Gewähr besteht, daß er sich in die sittl. Anschauungen der Volksgemeinschaft eingliedert, BaherVGH. Reger, Entsch. Bd. 57 S. 11, 56 S. 1. Die Unzuverlässigkeit muß durch bestimmte Tatsachen nach außen in Erscheinung getreten sein, BaherVGH. Reger, Entsch. Bd. 56, S. 1. Unfähigkeit wegen Unzuverlässigkeit beschränkt sich nicht auf den einzelnen Be­ triebsart. Kassel GA. 53 S. 84. Auch mangelnde Fähigkeit kann die Un­ zulässigkeit für den Geschäftsbetrieb dartun. OVG. RuPrVerwBl. 55, S. 411. 67) Auf den Handel mit Federvieh bezieht sich das Gesetz nicht. — Vgl. wegen der Erlaubnispflicht für das Halten und den Handel mit Brieftauben Ges. v. 1. Ottbr. 38 (RGBl. I S. 1335).

67 a) Als alte Metallgeräte sind Gegenstände anzusehen, wenn der Wert der Metallteile den Gebrauchswert des ganzen Gegenstandes erheblich über­ steigt. KG. GA. 72 S. 55. 68) Die Worte „oder dergleichen" beziehen sich auf alle aufgeführten Gegen­ stände, nicht nur auf die unmittelbar vorhergehenden Worte. Zum Trödelhandel gehört daher auch der Handel mit gebrauchten Möbeln. KG. GewArch. 6 S. 272. OLG. Hamburg Dt. Straft. 1935 S. 158. HRR. 1935 Nr. 830; selbst wenn er nur Nebenbetrieb ist. KG. DIZ. 34 S. 646; aber nicht, wenn die Möbel völlig umgearbeitet werden. KG. DIZ. 36 S. 1185; auch nicht der Handel mit gebrauchten Klavieren. Dresden JurW. 59 S. 2589 und mit gebrauchten Radiogeräten, Hamburg HansRGZ. 1936 A 191. Handel im Sinne des ersten Wortes in der Klammer umfaßt auch den Großhandel, KG. JurW. 1937 S. 2418. Für den Begriff des Kleinhandels kommt es nach OVG. E. 21 S. 324 auf den Ankauf an, gleich, ob freihändig oder auf Ver­ steigerung, KG. JurW. 1935 S. 3323; ob die im kleinen erworbenen Sachen im großen wieder veräußert werden, ist gleichgültig. Nach Hamburg HRR. 1931 Nr. 1830 läßt sich nur nach den besonderen Berhältniffen des Betriebs ent­ scheiden, ob Klein- oder Großhandel vorliegt. Vgl. auch KG. GA. 72 S. 55. Über Kleinhandel mit Metall siehe § 13 d. Ges. unter BIV 14. S. dazu ferner Erl. v. 31. Mai 38 (MBlWi. S. 100). In das von ihnen zu führende Buch — das weder durch die Handelsbücher noch das Umsatzsteuerbuch ersetzt werden kann — haben die Trödler nicht nur die Geschäfte des Trödelhandels, sondern auch alle diejenigen einzutragen, die sie in einem neben dem Trödelhandel betriebenen anderen Geschäftsbetriebe abschließen. KG. GA. 60 S. 299, GA. 75 S. 340, JurW. 1935, S. 3323. Hierzu gehört nicht der Ankauf von Stoffen und der Weiterverkauf der aus ihnen verarbeiteten Fabrikate. KG. JFGErg. 10 S. 270. Nicht darf Trödlern die Genehmigung zum Handel mit Schußwaffen oder Muni­ tion erteilt werden. (§ 8 des Ges. v. 18. März 38 unter B. 111 9.)

BIV 1. Gewerbeordnung 8 35.

585

Sprengstoffen und der Handel mit Losen von Lotterien und Aus­ spielungen, oder mit Bezugs- und Anteilsscheinen auf solche Lose. Dasselbe gilt — soweit nicht in dem Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung vom 1& Dezember 1935 (RGBl. I S. 1478) oder in sonstigen reichsrechtlichen Vorschriften ein anderes bestimmt ist — von der gewerbsmäßigen Besorgung bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte,") insbesondere der Abfassung der darauf bezüglichen schriftlichen Auffutze, von der gewerbsmäßigen Auskunfterteilung über Vermögensverhältnisse oder persönliche An­ gelegenheiten, "•) von dem gewerbsmäßigen Betriebe der Viehver­ stellung (Biehpacht), des Viehhandels"") und des Handels mit ländlichen Grundstücken, von dem Geschäfte der gewerbsmäßigen Her­ mittelungsagenten für Jmmobiliarverträge,") Darlehen"') und Heiraten."")") 69) Auf Grund deS Art. 3 des Ges. v. 13. Dez. 35 — AuSfBO. v. 13. Dez. 35, 3. April u. 25. Juni 36 (RGBl. I 1935 S.1481 u. 1936 S. 359, 514) — ist die geschäftsmäßige Besorgung ftemder Rechtsangelegenheiten — über den Begriff s. KG. JFG. Erg. 17 S. 243 — aus der Regelung in der GewO, herausgenommen. Das Ges. v. 13. Dezbr. 35 behandelt jetzt die Rechtsberatung durch Rechtsagenten und -konsulenten ausschließlich, soweit nicht in § 3 Ausnahmen anerkannt sind (z. B. Prozeßagenten nach § 157 Abs. 3 ZPO.). Über die Zulassung von Prozeßagenten vgl. auch die AB. d. RIM. v.

23. März 35 (DJust. S. 486). Die Besorgung von Rechtsangelegenheiten durch Rechtsanwälte, Notare, Beratungsstellen der Behörden oder Partei, Konkurs­ verwalter usw., die auch bisher der GewO, nicht unterlag, ist unberührt ge­ blieben (§ 3). Unter die „gewerbsmävige Besorgung bei Behörden wahrzu­ nehmender Geschäfte" des § 35 Abs. 3 fallen nunmehr nur noch wenige Berufs­ tätigkeiten, so z. B. die gewerbsmäßigen Sippenforscher, s. Jonas, Komm. z. Ges. v. 13. Dezbr. 35 S. 54. Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steyersachen, Monopolsachen, Devisen und Warenverkehrssachen, sowie sonstigen An­ gelegenheiten aus dem Bereich der Reichsfinanzverwaltung unterliegt weder der GewO, noch dem Ges. v. 13. Dezbr. 35, vielmehr den in 8 4 des Ges. bezeich­ neten Vorschriften, so jetzt der BO. v. 29. Juni 36 (RGBl. I S. 524) nebst RdErl. v. 2. Juli 36, DevisenArch. 1936 S. 685. — Zuwiderhandlungen gegen die im Ges. v. 13. Dez. 35 vorgeschriebene Erlaubnispflicht zur Geschäftsbesor­ gung von fremden Rechtsangelegenheilen wird nach § 8 mit Geldstrafe bestraft. 69 a) Bgl. hierzu das Gesetz zur Beseitigung von Mißständen imAuskunstSund Detektivgewerbe v. 1. Febr. 39 (RGBl. I S. 266) nebst DurchfBO. v. 20. Febr. 39 (RGBl. I S. 277), nach dem das Gewerbe von der Kreispolizei­ behörde untersagt werden kann, wenn der Gewerbetreibende für die ordnungs­ mäßige Ausübung des Gewerbes keine Gewähr bietet. Zuwiderhandlungen werden nach § 4 des Gesetzes bestraft.

69 b) S. jetzt BO. zur Regelung des Verkehrs mit Schlachtvieh v. 27. Febr., 4. Juli 35 (RGBl. 1 S. 301, 1045), v. 8. April, 22. Oktbr. 36 (RGBl. I 5. 336, 897) u. 29. Juli 38 (RGBl. I S. 957) sowie BO. über den Handel mit Vieh v. 25. Jan. 37 (RGBl. I S. 28). 70) Dahin gehören nicht die BerficherungSagenten. OBG. US. 307. Die

586

B IV. Handels- und Gewerberecht.

$er71b) Handel mit Drogen7") und chemischen Präparaten, welche zu Heilzwecken dienen, ist zu untersagen, wenn die Handhabung des Gewerbebetriebes Leben und Gesundheit von Menschen gefährdet.7?) Der Betrieb des Gewerbes als Bauunternehmer und Bau­ leiter7") sowie der Betrieb einzelner Zweige des Baugewerbes ist zu untersagen,7^) wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezug auf diesen Gewerbebetrieb dartun. Der Untersagung muß nach näherer Bestimmung der LandeszentralVornahme einer in den Gewerbezweig einschlagenden Handl, genügt. Recht 32 Nr. 1471. Ein Wohnungsnachweisbüro kann hierunter fallen. PrOVG. JurW. 1936 S. 1622. 70 a) Keine Darlehnsvermittelung, wenn sich der Darleiher das Geld erst selbst durch Vermittlung verschafft. BayObLG. JurR. 1 Nr. 751; aber die den Abschluß eines Vertrages nur vorbereitende Tätigkeit ist schon Vermitte­ lung. Dresden JurW. 61 S. 760 u. S. 2639. Nicht jedoch, wenn jemand nur Inserate für Zeitschriften sammelt, welche die Veröffentlichung von Dar­ lehnsgesuchen vornimmt. Das Einander-näher-Bringen von Geldgeber und Geldsucher fehlt. BayObLG. JurW. 1934 S. 1178. — Bezirksstellenleiter einer Bau- oder Zwecksparkasse betreibt gewerbsmäßige Darlehensvermittlungsgeschäfte auch, wenn ein Unteragent die eigentliche Werbetätigkeit ausübt. OVG. DJurZ. 1934 S. 937. — Bez.-Dahrlehnsvermittler s. Erl. v. 16. Mai 38 (MBlWi. S. 113); hinsichtlich dem Geschäftsbetrieb s. RdErl. v. 16. Mai, 7. u. 8. Septbr. 38 (MBlfMi. S. 113, 224). 70 b) Dies liegt vor, wenn die Vermittlung persönlicher Bekanntschaft nur vorgespiegelt wird. OVG. DIZ. 35 S. 306. 71) Geändert durch das Ges. über das Versteigerergewerbe v. 16.Oktbr.34 (RGBl. I S. 974) in der Fassung vom 12. Febr. 38 (RGBl. I S. 202) nebst DurchfVO. v. 30. Okt. 34 (RGBl. I S. 1091) — geänd. d. VO. v. 4. Febr. 36 (RGBl. I S.59) — das die Rechtsverhältnisse des Versteigererwesens jetzt aus­ schließlich regelt. Strafbestimmungen enthalten die §§ 10 und 11 des Gesetzes; § 13 behandelt die Frage der Anwendung der GewO, auf das Versteigerer­ gewerbe, s. dazu die Anm. von Günther in Pfundtner-Neubert, Das neue Reichsrecht III c 8. Danach gelten für das Versteigerergewerbe insbesondere die §§ 14 Abs. 1; 15 a Abs. 1, 2, 4; 41 Abs. 1; 46; 151 GewO, weiter. Für Preußen s. auch Ges. v. 3. Dezbr. 34 (GS. S. 439). 71 b) Abs. 4 ist abgeändert durch das Gaststättenges. unter B IV 8. 71c) Dazu gehört auch Heilerde. KG. DIZ. 37 S. 1070. 72) Die Handhabung gefährdet Leben und Gesundheit z. B. dann, wenn sie sich auf Vertrieb von nicht freigegebenen Apothekerwaren erstreckt oder durch Personen erfolgt, welche jeder sachverständigen Schulung entbehren (Begr.)

72 a) Ein Architekt ist Bauleiter nur, wenn er sich um Einzelheiten der Bauausführung unmittelbar kümmert. Hamburg DRZ. 21 Nr. 97. Bez. der Architektentätigkeit vgl. RdErl. d. RuPrArbeitsMin. v. 30. Juli 36 — IV c 6 Nr. 5780/36 — u. d. VO. v. 28. Juli 36 des Präs, der Reichskammer der bildenden Künste über den Beruf des Arch. 72 aa) Bei staatl. u. komm. Polizeiverwaltungen ist der Polizeiverwalter, dem Erhebung der Klage auf Untersagung des Gewerbebetriebes gegen Bau­ unternehmer obliegt, auch für Erhebung der Klage wegen aller übrigen in Abs. 5 aufgeführten Arten des Baugewerbes zuständig.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 35 a u. b.

587

behörde die Anhörung von Sachverständigen vorangehen, welche zur Abgabe von Gutachten dieser Art nach Bedarf im voraus von der höheren Verwaltungsbehörde ernannt sind. Soweit es sich um die Be­ gutachtung für handwerksmäßige Gewerbebetriebe handelt, erfolgt die Ernennung nach Anhörung der Handwerkskammer (§ 103) des Bezirks. Ist die Untersagung erfolgt, so kann die Landes-Zentralbehörde oder eine andere von ihr zu bestimmende Behörde die Wiederaufnahme des Gewerbebetriebes gestatten, sofern seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. Personen, welche die in diesem Paragraphen bezeichneten Gewerbe beginnen, haben bei Eröffnung 72 * *^) ihres Gewerbebetriebes der zustän­

digen Behörde hiervon Anzeige zu machen. § 35 a. Mangel an theoretischer Vorbildung kann als eine Tatsache im Sinne des § 35 Abs. 5 gegenüber Bauunternehmern, Bauleitern oder Personen, die einzelne Zweige des Baugewerbes be­ tteiben, nicht geltend gemacht werden, wenn sie das Zeugnis über die Ablegung einer Prüfung für den höheren oder mittleren bauiechnischen

Staatsdienst oder das Prüfungs- oder Reifezeugnis einer staatlichen oder von der zuständigen Landesbehörde gleichgestellten baugewerklichen Fachschule besitzen oder wenn sie Diplomingenieure sind. Mangel an theoretischer oder praktischer Vorbildung kann als eine Tatsache im Sinne des § 35 Abs. 5 nicht geltend gemacht werden gegenüber Bauunternehmern und Bauleitern, wenn sie gemäß § 133 die Meisterprüfung im Maurer-, Zimmerer- oder Steinmetzgewerbe bestanden haben, sowie gegenüber Personen, die einzelne Zweige des Baugewerbes betreiben, wenn sie gemäß § 133 die Meisterprüfung in dem von ihnen ausgeübten Gewerbe bestanden haben. Die Landeszentralbehörden sind befugt, zu bestimmen, welche Prüfungen und Zeugnisse den im Abs. 1 bezeichneten gleichzustellen sind. § 35b.72c) Die Ausübung des Handels mit Gegenständen des täg­ lichen Bedarfs kann untersagt werden, wenn sich aus einer rechts­ kräftigen Verurteilung des Handeltreibenden wegen Betruges oder einer anderen strafbaren Verletzung fremden Vermögens oder wegen Wuchers oder aus wiederholter Verurteilung des Handeltreibenden wegen schweren Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wett­ bewerb seine Unzuverlässigkeit in bezug auf den Gewerbebetrieb ergibt. Die Landeszentralbchörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann die Wiederaufnahme des Handels gestatten, weyn seit der Unter­ sagung mindestens ein Jahr verflossen ist. 72 b) Eröffnung liegt auch vor, wenn das fraudulös abgemeldete Gewerbe weiter betrieben wird. KG. v. 19. Oktbr. 05, DIZ. 11 S. 86. 72 c) Der Wortlaut beruht auf d. Ges. v. 12. Mai 33 (RGBl. I S. 262).

688

B IV. Handels- und Gewerberecht. § 36.72d)

Das Gewerbe der Feldmesser, Bücherrevisoren,

der­

jenigen, welche den Feingehalt edler Metalle, oder die Beschaffenheit,

Menge oder richtige Verpackung von Waren irgend einer Art feststellen,

der

Güterbestätiger,

Stauer rc.

Schaffer,

Wäger,

Messer,

Bracker,

Schauer,

darf zwar frei betrieben werden, es sind jedoch die nach

Landesrecht befugten Staats- oder Kommunalbehörden berechtigt, Per­

sonen, welche diese Gewerbe betreiben wollen, auf die Beobachtung der bestehenden Vorschriften zu beeidigen

oder öffentlich

anzustellen.

Die Bestimmungen der Gesetze, welche den Handlungen der ge­

nannten Gewerbetreibenden eine besondere Glaubwürdigkeit beilegen oder an diese Handlungen besondere rechtliche Wirkungen knüpfen, sind nur

auf die von den nach Landesrecht dazu befugten Staats- oder Kommunal­ behörden oder Korporationen angestellten Personen zu beziehen. Die Reichsregierung ist ermächtigt, mit Zustimmung des Reichs­

rats zu bestimmen, daß auch Personen, die andere als die im Abs. 1 genannten

Gewerbe betreiben,

oder die nicht selbständig

Gewerbe­

treibende sind, durch die nach Landesrecht dazu befugten Staats- oder

Kommunalbehörden oder Korporationen beeidigt und öffentlich ange­

stellt werden können.72 * * e73 *) * 74 *** § 37.

Der Regelung durch die Ortspolizetbehörde72f) unterliegt

die Unterhaltung des öffentlichen Verkehrs innerhalb der Orte durch Wagen72) aller Art, Gondeln,72') Sänften, Pferde und andere Trans­

portmittel sowie das Gewerbe7") derjenigen Personen, welche auf öffent­

lichen Sttaßen oder Plätzen72) ihre Dienste anbieten.

§ 38.72d)

Die Zentralbehörden sind befugt, übet den Umfang

72 d) Die Auktionatoren sind durch Ges.v. 16.Oktbr.34(RGBl.IS.974), s. Änm. 71 zu 8 35, jetzt ausgenommen worden. 72 e) Der Wortlaut deS § 36 beruht auf der BO. d. RP. v. 5. Juni 1931 (RGBl. 1 S. 279 ff. Bgl. auch zu Abs. 3 AussBO. v. 21. Oktbr. 1932 (RGBl.IS. 658). 72 f) Der Landrat kann auf Grund dieses § keine PBO. erlassen. KG. v. Novbr. 08, DIZ. 14 S. 269. Eine PBO. ist ungültig, wenn sie sich im Eingang nicht auf § 37 stützt. KG. v. 20. Febr. 08, Die Selbstverwaltung 35 S. 393. 73) Durch § 45 deS Ges. über die Beförderung von Personen zu Lande v. 4. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1217) in Fass. v.6.Dezbr. 37 (RGBl. IS. 1319) sind die 88 37,40,76 GewO., soweit sie den öffentlichen Personenverkehr innerhalb der Otte mit Kraftfahrzeugen und Fuhrwerken regeln, außer Kraft getteten. 73 a) Eine OttSpolizeibehörde ist nicht befugt, durch Polizeiverordnung den Verkehr von Motorbooten* auf dem öffentlichen Sttom, an dem der Ort liegt, zu regeln. KG. Johow 25 S. C 76. ' 73 b) Über Beschränkung eines Berkehrs-Gewerbebetttebes durch ortSpolizeiliche Borschttften sowie deren rückwirkende Kraft (BayObLG. Deutsches Sttafrecht 1934 S. 173). 74) Tin Bahnhof ist für die Eisenbahngepäckträger im Sinne dieses Ges. kein öffentlicher Platz. KG. v. 23. Ottbr. 93, GA. 41 S. 310.

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 39 u. 39 a.

589

der Befugnisse und Verpflichtungen sowie über den Geschäftsbetrieb

der

Pfandleiher,7Ö)

Pfandvermittler75 76)

und Unternehmer des Be­

wachungsgewerbes fl4i), soweit darüber die Landesgesetze nicht Bestim­ mungen treffen, Vorschriften zu erlassen. Die in dieser Beziehung hinsichtlich der Pfandleiher bestehenden

landesgesetzlichen Bestimmungen finden auf den im § 34 Abs. 2 be­

zeichneten Geschäftsbetrieb Anwendung.

Soweit es sich um diesen

Geschäftsbetrieb handelt, gilt die Zahlung des Kauspreises als Hingabe des Darlehens, der Unterschied zwischen dem Kaufpreis und dem ver­

abredeten Rückkaufspreis als bedungene Vergütung für das Darlehen und die Übergabe der Sache als Verpfändung derselben für das Darlehen. Hinsichtlich der Gesindevermieter und Stellenvermittler sind die Zentralbehvrden insbesondere befugt, die Ausübung des Gewerbe- im Umher-iehen sowie die gleichzeittge Ausübung des Gast- und Schankwirtschaft-gewerbe- -u beschränken oder zu untersagen. Die Zentralbehörden sind ferner befugt, Vorschriften darüber zu erlassen, in welcher Weise die im § 35 Abs. 2, 3 verzeichneten Ge­

werbetreibenden ihre Bücher zu führen70 a) und welcher polizeilichen Kon­ trolle über den Umfang und die Art ihres Geschäftsbetriebs sie sich

zu unterwerfen haben69) § 39.77)

(1) Im Gebiete des Deutschen Reichs sind Kehrbezirke

für Schornsteinfeger einzurichten.

(2) Die Einrichtung der Kehrbezirke ist durch die höhere Ver­ waltungsbehörde vorzunehmen.

Diese kann die Kehrbezirke verändern,

ohne daß deshalb den Bezirksschornsteinfegermeistern ein Einspruchs­ recht oder ein Anspruch auf Entschädigung zusteht.

(3) Kehrarbetten dürfen nur von Bezirksschornsteinsegermeistern

oder deren Gesellen ausgeführt werden. (4) Die Bezirksschornsteinfegermeister sind von den höheren Ver­ waltungsbehörden auf Widerruf zu bestellen.

Gegen den Widerruf

der Bestellung ist Rekurs gemäß §§ 20, 21 zulässig.

§ 39 a.77)

Die bestehenden Schornsteinfegerrealrechte werden gegen

75) S. Ges. v. 17. März 81, bett, das Pfandleihgewerbe, s. Anm. 61 zu § 34. Bollkaufleute sind, wenn sie gewerbsmäßig Jmmobiliarverttäge vermitteln, den Vorschriften des Ministers f. H. u. G. über den Gewerbebettieb -er Bermitllungsagenten für Jmmobiliarverttäge vom 23. Juli 00 unterworfen. KG. Johow 32 S. 6 7. Die Bek. d. Min. d. I. v. 4. Febr. 07 (BMBl. S. 95) ist formell gültig. KG. I o h o w 43 S. 374. 76) Für sie sind auf Grund des § keine Vorschriften erlassen. Sie brauchen kein Geschäftsbuch zu führen. OVG. E. 80 S. 380. 76 a) Ist ein Geschäftsinhaber von der Buchführungspflicht befteit, so gilt die Befreiung auch für das von ihm betriebene Zweiggeschäft. Naumburg DRZ. 25 Nr. 431. 77) Die Fassung der §§ 39, 39 a beruht auf dem Ges. v. 13. Apttl 35 (RGBl. I S. 508). Auf Grund des Art. 2 dieses Ges. hat der Reich-Wirt-

590

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Entschädigung aufgehoben.

Das Nähere bestimmt der Reichswirt­

schaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Jnyern.

§ 40. Die in den §§ 29 bis 32,33 a, 34 und 34 a erwähnten Appro­ bationen und Genehmigungen dürfen weder auf Zeit erteilt, noch vor­ behaltlich der Bestimmungen in den §§ 33 a, 53 und 143 widerrufen werden.77 * *a*) * * * * Gegen Versagung der Genehmigung zum Betrieb eines der in den §§ 30, 30 a, 30 b, 32 bis 33 a, 34 und 34 a sowie gegen Untersagung des Betriebs der in den §§ 33 a, 35, 35 b utibs?73) erwähnten Gewerbe ist der Rekurs zulässig.72 c) Wegen des Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und 21.

III. Umfang, Ausübung und Verlust der Gewerbe­ befugnisse. § 41. Die Befugnis zum selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes begreift das Recht in sich, in beliebiger Zahl Gesellen, Ge­ hilfen, Arbeiter jeder Art und, soweit die Vorschriften des gegen­ wärtigen Gesetzes nicht entgegenstehen, Lehrlinge anzunehmen. In der Wahl des Arbeits- und Hilfspersonals finden keine anderen Be­ schränkungen statt als die durch das gegenwärtige Gesetz festgestellten77b). In betreff der Berechtigung der Apotheker, Gehilfen und Lehrlinge anzunehmen, bewendet es bei den Bestimmungen der Landesgesetze. § 41a. Soweit nach den Bestimmungen der §§ 105 b bis 105 h Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe 78)79an Sonnund Festtagen70) nicht beschäftigt werden dürfen, darf in offenen Ver­ kaufsstellen 80) ein Gewerbebetrieb80») an diesen Tagen nicht flattfinden. schaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern die VO. über das Schornsteinsegerwesen v. 28. Juli 37 (RGBl. I S. 831) nebst Ausf.Anw. v. 28. Juli 37 (RGBl. I S. 841) erlassen. 77 a) Vgl. Anm. 37 a zu tz 29. 77 b) Weitere Beschränkungen enthalten das Jugendschutzgesetz (s. unten B VI 7), sowie die auf Grund des § 17 Abs. 2 GastG. in allen Ländern ergange­ nen Verordnungen und die auf Grund des § 67 Abs. 2 AVAVG. ergangene Ver­ ordnung über ausländische Arbeitnehmer vom 23. Jan. 33 (RGBl. I S. 26). 78) Siehe Anm. 84 zum Art. 1 d. VO. v. 5. Febr. 19 hinter § 105 b. 79) Vgl. Anm. 80 zu 8 105 b. 80) Der Begriff umfaßt alle Verkaufsgelegenheiten, vom Laden bis zur primitivsten, wenn nur von einer festen, für jedermann zugänglichen Stelle aus ein Warenverkauf zum Mitnehmen betrieben wird. Landmann-Rohmer § 41a Anm. 2d. Königsberg JurR. 2 Nr. 346. Eine o. V. liegt auch vor, wenn jemand in den Räumen einer Schankwirtschaft einen Verkaufsstand unterhält. Dresden JurW. 60 S. 1984. Hierunter fallen auch Viehhandels­ stallungen. BayObLG. GA. 72 S. 367; BayObLG. JurW. 59 S. 1227. Eine sofortige Mitnahme der Ware ist nicht erforderlich. BayObLG. HRR. 1928 Nr. 400. Dresden JurW. 58 S. 3029. Das Austragen von Waren, die zu-

BIV 1. Gewerbeordnung § 41 a,

591'

Diese Bestimmung findet auf den Geschäftsbetrieb von Konsum- und

anderen Vereinen entsprechende Anwendung. Wettergehenden landesgesetzlichen Beschränkungen des Gewerbe­ betriebs an Sonn- und Festtagen steht diese Bestimmung nicht entgegen. 80 b). Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung

auf den Verkauf von Waren aus selbsttätigen Verkaufseinrichtungen (Warenautomaten), die von dem Inhaber einer zum dauernden Betrieb

eingerichteten offenen Verkaufsstelle in räumlichem Zusammenhang mit dieser aufgestellt und in denen nur Waren feilgeboten werden, die auch in der offenen Verkaufsstelle selbst geführt werden.88«) Die Wartung

der Warenautomaten an Sonn- und Feiertagen ist, soweit an diesen Tagen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe nicht be­

schäftigt werden dürfen, nur dem Gewerbeunternehmer gestattet.88 ) und die zur Ausführung erforderlichen Bestimmungen erlassen. In die Lohnbücher oder Arbeits­ zettel sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu bevollmächtigten Be­ triebsbeamten einzutragen: 1. der Zeitpunkt der Übertragung von Arbeit, Art und Umfang der Arbeit, bei Akkordarbeit die Stückzahl,

2. die Lohnsätze,”«) 87 c) Der Gewerbetreibende darf aber einen Vertreter mit der Anleitung betrauen. Siebe Kayser-Steiniger Anm. 5. 88) Die §§ 107 bis 112 über Arbeitsbücher für Minderjährige sind durch Ges. v. 16. Juni 37 (RGBl. I S. 649) aufgehoben. 89) Geändert durch Ges. v. 16. Juni 37 (RGBl. I S. 649). 89a) Die Fassung des 8 114a sowie die 88 114 d bis 114« beruhen auf dem Ges. v. 27. Dezbr. 11 (RGBl. 12 S' 139). 89 b) Die frühere Bek. v. 14. Febr. 13 (RGBl. S. 97) tetr. Lohnbücher für die Kleider- und Wäschekonfektion ist durch BO. v. 6. Mai 39 (RGBl. I S. 894 aufgehoben. 89 c) Zum Lohn sind nicht zu rechnen Vereinbarungen über die dem Arbeiter zu gewährende freie Zeit und über die Erlaubnis, sich Nebenverdienst zu ver­ schaffe«. Celle GA. 49 S. 349.

32

B IV. Handels- und Gewerberecht.

3. die Bedingungen für die Lieferung von Werkzeugen und Stoffen zu den Arbeiten, 4. der Zeitpunkt der Ablieferung sowie Art und Umfang der ab­ gelieferten Arbeit, 6. der Lohnbetrag unter Angabe der etwa vorgenommenen Abzüge, 6. der Tag der Lohnzahlung. Der Bundesrat kann bestimmen, daß in die Lohnbücher oder Arbeilszettel auch die Bedingungen für die Gewährung von Kost und Wohnung eingetragen werden, sofern Kost oder Wohnung als Lohn oder Teil des Lohnes gewährt werde:: soll. Im übrigen sind noch solche Eintragungen zulässig, welche sich auf Namen, Firma und Niederlassungsort des Arbeitgebers, Namen und Wohnort des Arbeiter-, die übertragenen Arbeiten und die dafür vereinbarten oder gezahlten Löhne beziehen. Die Eintragungen in die Lohnbücher oder Arbeitszettel dürfen nicht mit einem Merkmal versehen sein, das den Inhaber günstig oder nachteilig zu kennzeichnen bezweckt. Die Eintragung eines Urteils über die Führung oder die Leistungen des Arbeiters und sonstige durch dieses Gesetz nicht vorgesehene Eintragungen oder Vermerke sind unzulässig?")

5 114b« Das Lohnbuch oder der Arbeitszettel ist von dem Arbeit­ geber auf seine Kosten zu beschaffen und dem Arbeiter sofort nach Voll­ ziehung der vorgeschriebenen Eintragungen kostenfrei auszuhändigen. Die Eintragungen sind von dem Arbeitgeber oder einem dazu bevoll­ mächtigten Betriebsbeamten zu unterzeichnen. Der Bundesrat kann bestimmen, daß die Lohnbücher in der Betriebsstätte verbleiben, wenn die Arbeitgeber glaubhaft machen, daß die Wahrung von Fabrikations­

geheimnissen diese Maßnahme erheischt. Den beteiligten Arbeitern ist Gelegenheit zu geben, sich vor Erlaß dieser Bestimmung zu äußern. Sofern nicht der »mibe8tateebb) (inbct8 bestimmt, sind die Ein­ tragungen gemäß § 114 aAbs.l Nr. 1 bis 3 vor oder bei der Übergabe der Arbeit, die gemäß § 114 a Abs. 1 Nr. 4 bei der Abnahme der Arbeit, die gemäß § 114 a Abs. 1 Nr. 6, 6 bei der Lohnzahlung mit Tinte zu bewirken und zu unterzeichnen. In den Lohnbüchern sind die §§ 116 bis 119a Abs. 1, § 119b abzudrucken.

§ H4e. Soweit der Bundesrat "bb) Bestimmungen auf Grund des §114a Abs. 1,2 nicht erläßt, kann die Landeszentralbehörde oder nach Anhören beteiligter Gewerbetteibender und Arbeiter die zuständige Polizeibehörde durch Polizeiverordnung sie erlassen. Für diesen Fall 896) Geänd. durch Ges. v. 16. Juni 37 (RGBl. S. 649).

B IV 1. Gewerbeordnung §§ 114 d—115.

633

kann die Landeszentralbehörde oder die zuständige Polizeibehörde auch Bestimmungen auf Grund des § 114 b Abs. 2 erlassen. I 1146. Bundesrat "bd) und Landeszentralbehörde können die Bestimmungen auf Grund der §§ 114 a bis 114 c auch für einzelne Bezirke erlassen. k 114« Für die Bestimmungen des Bundesrats"") gift § 120 g entsprechend. i 118 Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Reichswährung "•) zu berechnen und bar auszuzahlen.") Sie dürfen den Arbeitern keine Waren kreditieren?') Doch ist es gestattet, den Arbeitern Lebensmittel") für den Betrag der An­ schaffungskosten,") Wohnung und Landnutzung gegen die ortsüblichen Miet- und Pachtpreise, Feuerung, Beleuchtung, regelmäßige Be­ köstigung,") Arzneien und ärztliche Hilfe sowie Werkzeuge und 89 e) Münzges. v. 30. August 24 (RGBl. II S. 254) i. d. F. d. Ges. v. 5. Juli 34 (RGBl. IS. 574) nebst DurchfBO. v. 6. Juli 34 (RGBl. I S. 594). 90) Die Zahlung des Lohnes muß unbedingt bar erfolgen, nicht durch Anweisung (Bons), E. 1 S. 386 u. R. 5 S. 18; ebensowenig durch Marken, E. 7 S. 38; auch nicht durch Abzug der Forderung eines Dritten an den Arbeiter für entnommene Waren, GA. 42 S. 46; ferner auch nicht durch Abzug einer persönlichen Forderung, die der Gewerbetreibende oder dessen, Beauftragter an den Arbeiter hat; E. 26 S. 208; auch nicht durch Wechsel, ausgenommen, wenn der letztere nicht als Zahlung gelten soll, sondern nur zur Sicherung des Lohnes gegeben wird. E. 17 S. 285. Die Aufrechnung ist nach § 394 BGB. unzulässig. Einbehaltung von Lohnbeträgen zur Tilgung von Entschädigungsforderungen ist daher nach § 1461 strafbar. GA. 51 S. 379. Wohl aber ist statthaft, daß der Arbeitgeber Marken als Lohnvorschüsse gibt, daß die Arbeiter diese Marken bei Dritten bei Entnahme von Waren in Zahlung geben und daß der Arbeitgeber später diese Marken bei den Dritten gegen Bar­ zahlung einlöst. E. 29 S. 95. Die Marken dienen hier nur gewissermaßen als Beweismittel für die von dem Arbeitgeber geleistete Bürgschaft. Bgl. auch E. 29 S. 190. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß den Arbeitern bei der Auszahlung des Lohnes gewisse Abzüge gemacht werden, R. 5 S. 779, und noch weniger fällt es unter dies Gesetz, wenn der Arbeiter den eben empfangenen Lohn unmittelbar darauf im Geschäfte des Arbeitgebers zum Ankauf von Waren verwendet, E. 12 S. 182. 91) Aber sie können den Arbeitern Waren gegen Barzahlung verkaufen. E. 22 S. 177. Die für kreditterte Waren geschuldeten Beträge dürfen von dem Arbeitslöhne auch dann nicht gekürzt werden, wenn dieser zunächst bar bezahlt wird, GA. 38 S. 375. E. 7 S. 197. Es kommt nicht darauf an, ob ein Borg­ verhältnis den Arbeitern und ihren Familien Vorteile gewähren soll u. wirklich gewährt. E. 42 S. 298. 92) Im Übermaß verabfolgter Branntwein ist kein Lebensmittel, E. 20

S. 217; ebensowenig sind dahin Haushaltungsgegenstände zu rechnen, sondern nur Nahrungsmittel. R. 9 S. 289. Bgl. auch E. 30 S. 253. 93) Darunter sind nicht bloß die Einkaufspreise zu verstehen, sondern auch andere Aufwendungen, wie Transportkosten usw. E. 18 S. 224. 94) Sie ist nur dann vorhanden, wenn dem Arbeiter während eines

634

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten für den Betrag der durch­ schnittlichen Selbstkosten") unter Anrechnung bei der Lohnzahlung zu verabfolgen. Zu einem höheren Preise ist die Verabfolgung von Werkzeugen und Stoffen für Akkordarbeiten zulässig, wenn derselbe den ortsüblichen nicht übersteigt und im voraus vereinbart ist.") § 115a« Lohn- und Abschlagszahlungen dürfen in Gast- und Schankwirtschaften oder Verkaufsstellen nicht ohne Genehmigung der unteren Verwaltungsbehörde erfolgen; sie dürfen an Dritte nicht erfolgen auf Grund von Rechtsgeschäften oder Urkunden über Rechts­ geschäfte, welche nach. § 2 des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohns, vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 242) rechtlich unwirksam sind.") § 116. Arbeiter, deren Forderungen in einer dem §116 zu­ widerlaufenden Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Maßgabe des $ 115 verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungsstatt Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hilfskasse zu, welcher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer anderen zum Besten der Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Gemeinde­ behörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Orts­ armenkasse. § 117. Verträge, welche dem $ 115 zuwiderlaufen, sind nichtig. Dasselbe gilt von den Verabredungen zwischen Gewerbetreibenden und den von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen sowie überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem anderen Zwecke als zur Beteiligung an Einrichtungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien.") § 118 Forderungen für Waren, welche dem § 115 zuwider längeren Zeitraums wenigstens eine der üblichen täglichen Mahlzeiten in einer zu sofortigem Genusse geeigneten Weise verabfolgt wird. R. 10 S. 422. 95) Die Selbstkosten decken sich nicht mit den Anschaffungskosten, sondern umfaffen auch die Aufwendungen für Aufbewahrung, -Unterhaltung der Waren usw. E. 27 S 321. 96) Die Vorschrift des 8 115 kann auch fahrlässigerweise übertreten werden. E. 22 S. 43. 97) Der zit. § 2 ist durch Ges. v. 24. Oktbr. 34 (RGBl.I S. 1070) außer Kraft gesetzt worden. — Die Lohnauszahlung, auf Grund von Vollmachten, durch die der Verwalter eines kreditgebenden Konsumvereins ein für allemal er­ mächtigt wird, fällige Lohnbeträge für den Arbeiter zu erheben, ist strafbar. E. 27 S. 289. 98) Der § 117 bezieht sich nur auf den § 115, nicht auf tat § 115 a. Siehe E. 27 S. 289.

BIV1. Gewerbeordnung §§ 119—120.

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kreditiert worden sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt, noch durch Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unter­ schied, ob sie zwischen den Beteiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind. Dagegen fallen dergleichen Forderungen der im § 116 bezeichneten Kasse zu. 5 119. Den Gewerbetreibenden im Sinne der §§ 115 bis 118 sind gleich zu achten deren Familienglieder, Gehilfen, Beauftragte,") Geschäftsführer, Aufseher und Faktoren sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. $ 119a. Lohneinbehaltungen, welche von Gewerbeunternehmern zur Sicherung des Ersatzes eines ihnen aus der widerrechtlichen Auf­ lösung des Arbeitsverhältnisses erwachsenden Schadens oder einer für diesen Fall verabredeten Strafe ausbedungen werden, dürfen bei den einzelnen Lohnzahlungen ein Viertel des fälligen Lohnes, im Ge­ samtbeträge den Betrag eines durchschnittlichen Wochenlohnes nicht übersteigen. Durch statutarischeBestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) kann für alle Gewerbebetriebe oder ge­

wisse Arten derselben festgesetzt werden: 1. daß Lohn- und Abschlagszahlungen in festen Fristen erfolgen müssen, welche nicht länger als einen Monat und nicht kürzer als eine Woche sein dürfen; 2. daß der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an die Eltern oder Vormünder und nur mit deren schriftlicher Zustimmung oder nach deren Bescheinigung über den Empfang der letzten Lohn­ zahlung unmittelbar an die Minderjährigen gezahlt wird; 3. daß die Gewerbetreibenden den Eltern oder Vormündern inner­ halb gewisser Fristen Mitteilung von den an minderjährige Arbeiter gezahlten Lohnbeträgen zu machen haben. § 119 b. Unter den in §§ 114 a bis 119 a bezeichneten Arbeitern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Ge­ werbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der An­ fertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen?") $ 129. Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, ihren Ar­ beitern unter achtzehn Jahren, welche eine von der Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungsschule anerkannte Unterrichtsanstalt 99) Der Wirt der Kantine kann als Beauftragter angesehen werden. 100) Neben § 119b gilt das Ges. über die Heimarbeit v. 30. Oktbr. 39 (RGBl. I S. 2146). Wer hierunter fällt, ist im Gesetz genau bestimmt; vgl. Anm. 78 zu § 105.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

besuchen, hierzu die erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit zu gewähren."—) Am Sonntage darf der Unterricht nur stattfinden, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, daß die Schüler nicht gehindert werden, den Hauptgottesdienst oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichteten be­ sonderen Gottesdienst ihrer Konfession zu besuchen?) Ausnahmen von dieser Bestimmung kann die Zentralbehörde für bestehende Fort» bildungsschulen, zu deren Besuche keine Verpflichtung besteht, bis zum 1. Oktober 1894 gestatten. Als Fortbildungsschulen im Sinne dieser Bestimmung gelten auch Anstalten, in welchen Unterricht in weiblichen Hand- und Hausarbeiten erteilt wird. Die Pflicht zum Besuch einer Fortbildungsschule kann, soweit sie nicht nach £anbe3gcfe6la) besteht, durch statutarische Bestimmung einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes (§ 142) für die im Abs. 1 bezeichneten Arbeiter eingeführt werden. Diese Pflicht besteht dann auch für die Zeit ihrer Arbeitslosigkeit. Auf demselben Wege können die zur Durchführung dieser Verpflichtung erforderlichen 100 a) Es ist nicht erforderlich, daß für den Arbeiter eine Verpflichtung zum Besuch besteht. Sten gl ein Nebenges. Anm. 8. Der Arbeitgeber hat für rechtzeitige Entlaffung des Arbeiters zu sorgen. KG. GA. 45 S. 300. Ein Irrtum über die Schulpflichtigkeit des Arbeiters schützt nicht. KG. GewArch. 6 S. 109. Die Schulpflicht darf der Arbeitgeber durch einen Scheinvertrag nicht aufheben. Braunschweig JurW. 57 S. 2917. Der Besuch einer Fachschule befreit nur dann vom Besuch der Berufsschule, wenn erstere von der Verwaltungsbeh. als ausreichender Ersatz anerkannt ist. KG. Recht 33 Nr. 422. Mit dem Wechsel des Beschäftigungsortes ändert sich auch die Berufsschul­ zugehörigkeit. Der Lehrherr genügt seinen Pflichten, wenn er seinen Lehrling abmeldet. KG. JFGErg. 9 S. 354. Beschäftigt der Lehrherr Lehrlinge außerhalb des Bezirks der Berufsschule auf längere Zeit, so muß er sie bei der Schule des neuen Beschäftigungsortes anmelden. KG. DIZ. 35 S. 438. Der Arbeitgeber hat den Berufsschüler zum pünttlichen und regelmäßigen Schul­ besuch anzuhalten. KG. Recht 33 Nr. 2102. 1) Es kommt bei der Beurteilung der Strafbarkeit (wegen Versäumnis des Unterrichts) nur darauf an, ob der Unterricht während der Zeit des Haupt­ gottesdienstes der Konfession, welcher der Angekl. angehört, stattgefunden hat. Ist dies der Fall, so ist der Angekl. nicht strafbar, gleichviel ob er den Gottes­ dienst besucht hat, oder nicht. KG. v. 21. Febr. 95, GA. 42 S. 431. la) Jetzt ReichSschulpflichtges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 799) §§ 8 ff., abgedr. unter B III12. Arbeitgeber ist nur derj., von dem oder in dessen Namen mit dem Berufsschulpflichttgen oder deffen gesetzl. Vertreter ein Arbeitsdienstvertr. abgeschl. ist. KG. JFGErg. US. 292. Zuwiderhandl. gegen Vorschriften einer nicht statuta­ risch erlaffenen Schulordnung können nur disziplinarisch geahndet werden. KG. Recht 32 Nr. 2022. Die Störung des Unterrichts ist auch Verletzung der Schulpflicht. KG. JFGErg. 8 S. 347. Der Berufswechsel befreit nicht von der Teilnahme am Unterricht. KG. Recht 32 Nr. 2021. Der Lehrling, der auf Geheiß des Lehrherrn die Schule versäumt, ist nicht verantworttich. KG. JFGErg. 8 S. 374.

LIV 1. Gewerbeordnung^ 120.

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Bestimmungen getroffen werden. Insbesondere können durch statu­ tarische Bestimmung die zur Sicherung eines regelmäßigen Schulbe­ suchs den Schulpflichtigen sowie deren Eltern, Bormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen bestimmt und diejenigen Vor­ schriften erlassen werden, durch welche die Ordnung in der Fort­ bildungsschule und ein gebührliches Verhalten der Schüler gesichert wird. Bon der durch statutarische Bestimmung begründeten Verpflich­ tung zum Besuch einer Fortbildungsschule sind diejenigen befreit, welche eine Jnnungs- oder andere Fortbildungs- oder Fachschule be­ suchen, sofern der Unterricht dieser Schule von der höheren Berwaltungsbehörde als ein ausreichender Ersatz des allgemeinen Fort­ bildungsschulunterrichts anerkannt wird?) Die im Abs. 3 Satz 1 ausgesprochene Pflicht kann für eine Ge­ meinde oder einen weiteren Kommunalverband durch Anordnung der 2) Der § 120 findet auch auf Lehrlinge in Handelsgeschäften Anwendung. GA. 43 S. 144; auch von Versicherungsagenturen. KG. JFGErg. 1 S. 160; auch auf Handwerkslehrlinge, GA. 63 S. 462 (nach KG. JFGErg. 10 S. 371nicht auf über 18 Jahre alte), sowie auf Lehrlinge aller Gärtnereien. KG. Johow 22 S. 6 16 (abgesehen von denen, die den feldmäßigen Anbau von Gartenfrüchten betreiben. KG. JurR. 2 Nr. 1223, GA. 71S. 31) Dresden JurW. 61S. 1594; Breslau GA. 74 S. 149, anders Hamburg JurW. 60 S. 1256; aber nicht auf solche Lehrlinge, die hauptsächl. mit landwirtschaftl. Arbeiten beschäftigt werden. KG. Johow21S. 672; auch nicht auf Volontäre mit Einjährigen­ zeugnis, die ohne Bezahlung Dienste leisten und nicht an die Geschäftszeit gebunden find. KG., Die Polizei 16 S. 297. Schulpflichtig ist der gewerül. Lehrling auch in der der Lehrzeit vorangehend. Probezeit. KG. DIZ. 31S. 602; nicht die Kinder, die den Eltern, in deren Gewerbe gemäß § 1617 BGB. helfen. KG. GA. 74 S. 298. Auch die Büroangestellten der Rechtsanwälte sind von der durch Orts­ satzung (stehe Anm. la) festgelegten Berufsschulpflicht nicht ausgenommen. KG. GA. 71 S. 27. Der Bürovorsteher ist aber nicht für den Schulbesuch verantwort­ lich. JFGErg. 6 ©.361— wohl aber der RA. selbst. — KG. JurW. 59 S. 2079 ; auch nicht der Gutsverwalter. KG. JFGErg. 7 S. 279. Ausländer sind zum Besuch der Fortbildungsschule nicht verpflichtet. Breslau JurP. 55 S. 389. Strafbar ist auch das Versäumen des Turn- und Spielunterrichts der Fortbildungsschule. LG. Liegnitz, JurW. 51 S. 113. Gewerbliche Arbeiter, denen durch Ortsstatut die Verpflichtung zum Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule am Orte ihrer Beschäftigung auferlegt ist, werden von dieser Verpflichtung nicht deshalb be­ freit, weil sie eine ländliche Fortbildungsschule ihres Wohnortes besuchen. KG. Johow 43 S. 421; auch nicht dadurch, daß sie nur vorübergehend wenige Tage beschäftigt werden. KG. GA. 71 S. 212. Nicht macht sich aber strafbar, wer seine Lehrlinge zur Verrichtung dringender, für das Allgemeinwohl erforderl. Arbeiten, Noistandsarbeiten, vom Besuch der Fortbildungsschulen fern­ hält. KG. JFGErg. 1 S. 164. Gesteigerter Weihnachtsverkehr fällt aber nicht darunter. KG. Recht 33 Nr. 665. Überhaupt ist nur der strafbar, der die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt, daher nicht der kaufmännische Direktor, der die Kontrolle des Schulbesuchs einem Prokuristen übertragen hat. KG. GA. 69 S. 233. Die Ortssatzung ist ungültig, falls die beteiligten Arbeiter, Arbeitgeber und deren Berufsvertretungen nicht gehört sind. KG. JurW. 58 S. 3398. A. M. mit Recht KG. v. 18. Febr. 30 u. 18. Mai 31 (ungedruckt).

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B IV. Handels- und Gewerberecht

höheren Verwaltungsbehörde eingeführt werden, wenn ungeachtet einer von ihr auf Antrag beteiligter Arbeitgeber oder Arbeiter an die Ge­ meinde oder den weiteren Kommunalverband erlassenen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist das Statut nicht erlassen worden ist. Die im Abs. 3 vorgesehenen Bestimmungen werden in diesem Falle von der höheren Verwaltungsbehörde getroffen. Gegen die Aufforderung und die Anordnungen der höheren Verwaltungsbehörde ist Beschwerde an die Landeszentralbehörde zulässig. Die Unterrichtszeiten werden von der hierfür2») nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt und bekanntgemacht. $ 120a* Die Gewerbeunternehmer') sind verpflichtet, die Arbeits­ räume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Gerätschaften so einzu­ richten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie es die Natur des Betriebs gestattet?) Insbesondere ist für genügendes Licht, ausreichenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betrieb entstehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen. Ebenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefährliche Berührungen mit Maschinen oder Maschinenteilen oder gegen andere in der Natur der Betriebs­ stätte oder des Betriebs liegende Gefahren, namentlich auch gegen die Gefahren, welche aus Fabrikbründen erwachsen können, erforder­ lich sind?)

Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Be­ triebs und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebs erforderlich sind. 2 a) Ist die Bekanntmachung unterblieben, entfällt die Fortbildungsschul­ pflicht. KG. v. 21. Novbr. 24, GA. 69 S. 327. 3) Auf die im § 6 aufgeführten Gewerbe findet die Vorschrift keine An­ wendung. Kayser-Steiniger Anm. 1. 4) Der Unternehmer kann sich nicht damit entschuldigen, daß der Fabrik­ inspektor den Mangel der betr. Schutzvorrichtung nicht gerügt habe, EZ. 12 S. 46, LZ. 11 S. 1341; auch nicht damit, daß ihm in seiner Kon­ zessionsurkunde die Herstellung der Schutzvorrichtung nicht zur Pflicht gemacht sei. E. 18 S. 73; ebensowenig damit, daß die Herstellung ohne eine Be­ triebsstörung nicht möglich gewesen sei, E. 10 S. 6, daß die polizeilich vor­ geschriebene Schutzvorrichtung in den Unfallvorschriften der Berufsgenoffen­ schaft nicht gefordert ist. GA. 68 S. 973. Auch gewisse, nur mittelbar zum Fabrikbetriebe gehörige Vorrichtungen, welche an sich außerhalb des letzteren liegen, fallen unter den § 120a. E. 18 S. 204. Vgl. KG. Johow 24 S. 013. 5) Welche Vorrichtungen zur Sicherung gegen Gefahren notwendig, hat zunächst der Gewerbetreibende selbst zu prüfen. Es kommt nicht darauf an, ob er die Notwendigkeit einer Schutzvorrichtung erkannt hat, sondern nur darauf, ob er sie hätte erkennen müssen. E. Z. 12 S. 130.

BIV1. Gewerbeordnung §§ 120 b—120 d.

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l 120b. Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, diejenigen Einrichtungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vor­ schriften über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zu erlassen, welche erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern. Insbesondere muß, soweit es die Natur des Betriebs zulüßt, bei der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt werden, sofern nicht die Auftechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes durch die Einrichtung des Betriebs ohnehin gesichert ist. In Anlagen, deren Betrieb es mit sich bringt, daß die Arbeiter sich umkleiden und nach der Arbeit sich reinigen, müssen ausreichende, nach Geschlechtern getrennte Ankleide- und Waschräume vorhanden sein. Die Bedürfnisanstalten müssen so eingerichtet sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesund­ heitspflege entsprochen wird und daß ihre Benutzung ohne Verletzung von Sitte und Anstand erfolgen kann. 8 120 o. Gewerbeunternehmer, welche Arbeiter unter achtzehn Jahren beschäftigen, sind verpflichtet, bei der Einrichtung der Betriebs­ stätte und bei der Regelung des Betriebs diejenigen besonderen Rück­ sichten auf Gesundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind?—) § 120d. Die zuständigen Polizeibehörden sind befugt, im Wege der Verfügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maß­ nahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der in §§ 120a bis 120c enthaltenen Grundsätze erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen. Sie können anordnen, daß den Arbeitern zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb der Arbeitsräume angemessene, in der kalten Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Soweit die angeordneten Maßregeln nicht die Beseitigung einer dringenden, das Leben oder die Gesundheit bedrohenden Gefahr be­ zwecken, muß für die Ausführung eine angemessene Frist gelassen werden. Den bei Erlaß dieses Gesetzes bereits bestehenden Anlagen gegen­ über können, solange nicht eine Erweiterung oder ein Umbau eintritt, nur Anforderungen gestellt werden, welche zur Beseitigung erheblicher, das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefährden­ der Mißstände erforderlich oder ohne unverhältnismäßige Aufwendungen ansführbar erscheinen. Gegen die Verfügung der Polizeibehörde steht dem Gewerbeunter­ nehmer binnen zwei Wochen die Beschwerdean die höhere Verwaltungs­ behörde zu. Gegen die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde 5aa) Siehe hierzu für Preußen PolVO. über die Einrichtung in den Betrieb von Bäckereien u. Konditoreien v. 28. Oktbr. 37 (PrGS. S. 110).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

ist binnen vier Wochen die Beschwerde an die Zentralbehörde zulässig; diese entscheidet endgültig. Widerspricht die Verfügung den von der zuständigen Berufsgenossenschaft erlassenen Vorschriften zur Verhütung von Unfällen, so ist zur Einlegung der vorstehend bezeichneten Rechts­ mittel binnen der dem Gewerbeunternehmer zustehenden Frist auch der Vorstand der Berufsgenossenschaft befugt. § 120e»

Durch Beschluß des Bundesrats") können Vorschriften

darüber erlassen werden, welchen Anforderungen in bestimmten Arten von Anlagen zur Durchführung der in den §§ 120a bis 120o ent­ haltenen Grundsätze zu genügen ist*6) In diesen Bestimmungen können auch Anordnungen über das Verhalten der Arbeiter im Betriebe zum 5») S. Anm. 81 a zu § 41 b. 6) Auf Grund des§120o sind in zahlreichen VO. Bestimmungen über a) Arbeitszeitbeschränkungen und Beschäftigungsverbote für männliche Arbeiter sowie b) zum Schutze von Jugendlichen und Frauen ergangen. So zu a; 1. v. 6. Mai 08 (RGBl. S. 172) betr. die Einrichtung von An­ lagen zur Herstellung elektrischer Akkumulatoren aus Blei usw., § 17; 2. v. 2. Febr. 21 (RGBl. I S. 142) betr. Vorschriften für Anstreicher­ arbeiten in Schiffsräumen, § 5; 3. v. 27. Jan. 20 (RGBl. S. 109) betr. die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Bleifarben und anderen Bleiprodukten, § 12 4. v. 16. Juni 05 (RGBl. I S. 545) betr. die Einrichtung und den Betrieb der Bleihütten, § 13; 5. v. 29. Mai 35 (RGBl. I S. 725) für Preßluftarbeiten, § 24; 6. v. 31. Mai 09, v. 8. Dezbr. 09 (RGBl. I S. 471, 971) u. v. 20. Novbr. 11 (S. 955) betr. die Einrichtung und den Betrieb von Stein­ brüchen und Steinhauereien, § 9; 7. v. 1. März 02 (S. 59) betr. die Einrichtung und den Betrieb gewerb­ licher Anlagen zur Vulkanisierung von Gummiwaren, § 10; 8. v. 7. Febr. 41 (RGBl. 1 S. 88) — RöntgenBO. Zu d: 1. Die unter a 1, 3—7 aufgeführten VO. (1. — § 15; 3. — §§ 1, 10; 4. - § 11; 5. - §§ 1, 2, 6; 6. - §§ 10,11; 7. - § 10); 2. v. 16. Mai 07 (S. 233) betr. die Einrichtung u. den Betrieb von An­ lagen zur Herstellung von Alkali-Chromaten, § 9; 3. v. 27. Mai 30 (RGBl. I S. 183) zum Schutze von Bleivergiftung bei Anstreicherarbeiten, geänd. durch BO. v. 28. Novbr. 38 (RGBl. 1S. 1681, § 6; 4. v. 31. Juli 97 (S. 614), v. 5. Juli 07 (S. 405) u. v. 22. Dezbr. 08 (S. 654) betr. die Einrichtung der Buchdruckereien und Schriftgießereien, § 8; 5. v. 8. Dezbr. 09 (S. 969) betr. die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter bei der Bearbeitung von Faserstoffen, Tierhaaren usw., Ziff. I, II; 6. v. 26. März 38 (RGBl. I S. 347 betr. Haarhutfabriken, §§ 1, 7; 7. v. 27. Dezbr. 28 (291S. 9) über die Herstellung von Knallkorlen, §§1,5; 8. v. 20. Oktbr. 30 (RGBl. I S. 468) über Zellhorn, geändert durch BO. v. 23. März u. 14. Juli 34 (RGBl. I S. 225, 711), §§ 1, 8; 9. p. 30. Jan. u. 1. April 03 (RGBl. S. 3, 123) betr. den Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Präservativs, Sichertheitspeffarien, Suspensorien u. dgl., §§ 1, 2; 10. v. 25. Novbr. 09 (S. 968) betr. die Beschäftigung v. Arbeiterinnen u. jugendl. Arbeitern in Anlagen, die zur Herstellung von Zichorie dienen, ZT I;

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BIV 1. Gewerbeordnung § 120 f.

Schutze von Leben und Gesundheit ausgenommen werden. Eine Ab­ schrift oder ein Abdruck der Anordnungen ist an geeigneter, allen be­ teiligten Arbeitern zugänglicher Stelle auszuhängen und in lesbarem

Zustand zu erhalten. Soweit solche Vorschriften durch Beschluß des Bundesrats6*»)* * nicht ** erlassen sind, können dieselben durch Anordnung der Landes-Zentral­ behörden oder durch Polizeiverordnungen der zuständigen Polizei­ behörden erlassen werden. Bor dem Erlasse solcher Anordnungen und Polizeiverordnungen ist den Vorständen der beteiligten Berussgenossenschasten oder Berussgenossenschafts-Sektionen Gelegenheit zu einer gutachtlichen Äußerung zu gebend ft). Auf diese finden die Bestimmungen des § 113 Abs. 2, 4 und des § 115 Abs.'4 Satz 1 des Gewerbe-Unfall­ versicherungsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1900 S.573,585) Anwendung.b —) § 120 s.6 b) 11« v. 17. Febr. 07 (S. 34) betr. die Einrichtung und den Betrieb der zur Anfertigung von Zigarren bestimmten Anlagen, §§ 1, 7; 12. v. 13. Dezbr. 12 (S. 564) u. v. 21. Febr. 23 (S. 161) über die Ein­ richtung von Zinkhütten und Zinkrosthütten, §§ 9, 10; 13. v. 24. Novbr. 11 (S. 958) betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Rohzuckerfabriken, Ziff. I; 14. v. 22. Ottbr. 02 (S. 269) betr. die Einrichtung und den Betrieb der Roßhaarspinnereien, Haar- und Borstenzurichtereien usw. (Siehe hierzu E. 63 S.211), §8 1, 2, 4-6; 15. v. 30. Jan. u. 30. Septbr. 31 (RGBl. I S. 17 u. 525) betr- Her­ stellung, Verpackung, Lagerung und Einfuhr von Thomasmehl, §§ 1, 3, 6, 7; 16. v. 5. Juni 37 (RGBl. I S. 620) betr. die Beschäftigung von Arbeiterinnen u. jugendlichen Arbeitern in Ziegeleien u. verwandten Betrieben (ZiegeleiBO.), §§ 1—3; 17. v. 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1961) mit And. v. 13. Septbr. 40 (RGBl. I S. 1246) über Glashütten, Glasschleifereien usw. (GlashüttenBO.), §8 3—10. Diese Arbeitszeitbeschränkungen sind sowohl für die Tarifordnungen (§ 7 AZO.) wie für das Gewerbeaussichtsamt (§ 8) bindend, Rohmer, Komm. Anm. 4 zu § 9. Wegen der Arbeitszeitbeschränkungen im allgemeinen s. §§ 9—12 (bes. § 9 nebst Anm ), wegen des erhöhten Schutzes für Frauen s. §§ 16 ff. AZO. (abgedr. B VI 6), über die Arbeitszeit der Jugendl. s. §§ 7 ff. JSchGes. (abgedr. B VI 7) u. die auf Grund des § 28 JSchGes. erlassenen BO. (s. Anm. zu § 28). 6 a) In der Bekanntmachung braucht dies nicht ausdrücklich erwähnt zu werden. E. 34 S. 368. Es genügt, daß die Vorschriften auf den § 120 e Bezug nehmen. BavObLG. v. 25. Juni 10, Recht 14 S. 583; sie können niemals selbständig Strafen androhen. -KG. JFGErg. 7 S. 207. 6aa) Gem. Art. 4 des EinfGes. zur RBO. jetzt die §§ 853, 855, 864 Abs. 2 RBO. 6 b) Außer Kraft getreten durch BO. über die neue Faffung der ArbeitszeitBO. v. 26. Juli 34 (RGBl. I S. 803), jetzt v. 30. April 38 — abgedr. unter B VI6. —

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

§ 120 g. Die Bestimmungen des Bundesrats6*) auf Grund der §§ 120 e, 120 f sind durch das RGBl, zu veröffentlichen und dem Reichstag zur Kenntnisnahme vorzulegen.

II. Verhältnisse der Gesellen und Gehilfen. § 121. Gesellen7)8 und Gehilfen sind verpflichtet, den Anord­ nungen der Arbeitgeber in Beziehung auf die ihnen übertragenen Arbeiten und auf die häuslichen Einrichtungen Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht verbunden.

§ 122*) Das ArbeitSverhältnis zwischen den Gesellen oder Ge­ hilfen und ihren Arbeitgebern kann, wenn nicht ein anderes ver­ abredet ist, durch eine jedem Teile freistehende, vierzehn Tage vorher erklärte Aufkündigung gelöst werden. Werden andere Aufkündigungs­ fristen vereinbart, so müssen sie für beide Teile gleich sein. Verein­ barungen, welche dieser Bestimmung zuwiderlaufen, sind nichtig. § 123*) Bor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf­ kündigung können Gesellen und Gehilfen entlassen werden: 1. wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrags den Arbeitgeber durch Vorzeigung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichtenden Arbeitsverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben; ’•) 2. wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unter­ schlagung, eines Betrugs oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen; 3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den nach dem Arbeitsvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzu­ kommen beharrlich verweigern;7b)

4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen; 6. wenn sie sich Tätlichkeiten oder grobe") Beleidigungen gegen den 7) Geselle ist jeder unselbständige Arbeiter, der weder Lehrling noch lediglich Fabrikarbeiter ist. Zwischen Gesellen und Gehilfen besteht nur ein Unterschied tatsächlicher Natur, bei den letzteren werden keine technischen Kenntnisse erfordert. ROHG. v. 30. April 73, E. 9 E. 306 u. v. 16. Febr. 76, E. 19 S. 382. *) Während des Krieges ist die Lösung eines Arbeitsverhältnisses in alter Regel nicht zulässig. Arbeitsvertragsbruch ist strafbar. S. im einzelnen DJust. 40 S. 494 ff. 7 a) Geändert d. Ges. 16. Juni 37 (RGBl. I S. 649). 7 b) Beharrliche Arbeitsverweigerung kein Entlassungsgrund, wenn die Leistung einer Arbeit aus berechtigtem Grund abgelehnt. RArbG. JurW. 1936 S.1250. 8) Auch das Verhalten des Beleidigten ist bei Feststellung der Beleidigung in Bettacht zu ziehen. LAG. Berlin JurW. 57 S. 298.

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BIV 1. Gewerbeordnung §§ 124 u. 124 a.

Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter zu Schulden kommen lassen; 6. wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung zum Nachteile des Arbeitgebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig machen; 7. wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Mitarbeiter zu Handlungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten verstoßen; 8. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschreckenden Krankheit behaftet sind. In den unter Ziffer 1 bis 7 gedachten Fällen ist die Entlassung nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber länger als eine Woche bekannt sind. Inwiefern in den unter Ziffer 8 gedachten Fällen dem Entlassenen ein Anspruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalte des Ver­ trags und nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu be­ urteilen.

$ 124* Bor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf­ kündigung können Gesellen und Gehilfen die Arbeit verlassen: 1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden; 2. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen geg^n die Arbeiter oder gegen ihre Familien­ angehörigen zu Schulden kommen lassen; 3. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familienange­ hörige derselben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Hand­ lungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit den Familien­ angehörigen der Arbeiter Handlungen begehen, welche wider die Ge­ setze oder die guten Sitten laufen; 4. wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn nicht in der bedungenen Weise auszahlt, bei Stücklohn nicht für ihre aus­ reichende Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich widerrechtlicher Über­

vorteilungen gegen sie schuldig macht; 5. wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesund­ heit der Arbeiter einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrags nicht zu erkennen war. In den unter Ziffer 2 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeiter länger als eine Woche bekannt sind. 5 124a. Außer den in §§ 123 und 124 bezeichneten Fällen kann jeder der beiden Teile aus wichtigen Gründen vor Ablauf der 41*

644

B IV. Handels- und Gewerberecht.

vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses verlangen, wenn dasselbe mindestens auf vier Wochen oder wenn eine längere als vierzehntägige Kündigungsfrist vereinbart ist. § 124b. Hat ein Geselle oder Gehilfe rechtswidrig die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber als Entschädigung für den Tag des Vertragsbruchs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder gesetzlichen Arbeitszeit, höchstens aber für eine Woche, den Betrag des ortsüblichen Tagelohns (§ 8 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883, Reichs-Gesetzbl. S. 73") fordern. Diese Forderung ist an den Nachweis eines Schadens nicht gebunden. Durch ihre Geltendmachung wird der Anspruch aus Erfüllung des Vertrags und auf weiteren Schadensersatz ausgeschlossen. Dasselbe Recht steht dem Gesellen

oder Gehilfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses entlassen worden ist.

§ 126. Ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen verleitet, vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit zu verlassen, ist dem früheren Arbeitgeber für den entstandenen Schaden oder den nach § 124 b an die Stelle des Schadensersatzes tretenden Betrag als Selbstschuldner mitverhaftet. In gleicher Weise haftet ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen annimmt, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist. In dem im vorstehenden Absätze bezeichneten Umfang ist auch derjenige Arbeitgeber mitverhaftet, welcher einen Gesellen oder Ge­ hilfen, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist, während der Dauer dieser Verpflich­ tung in der Beschäftigung behält, sofern nicht seit der unrechtmäßigen Lösung des Arbeitsverhältnisses bereits vierzehn Tage verflossen sind. Den Gesellen und Gehilfen stehen im Sinne der vorstehenden Bestimmungen die im § 119b bezeichneten Personen gleich.

III. Lehrlingsverhältnisse. A. Allgemeine veftimmnnge«.

§ 126.

Die Befugnis zum Halten oder zur Anleitung von Lehr­ lingen steht Personen, welche sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, nicht zu. 8 a) Siehe jetzt 8 149 ff. RBO. 9) Durch eine Zahlung von Lohn wird der Begriff nicht berührt. E. 7 S. 105. Es wird als Lehrling jeder jugendliche Arbeiter anzusehen sein, der auf Grund eines Vertragsverhältnisses in einem Gewerbe tätig ist, um das­ selbe zu erlernen. KG. GA. 45 S. 68; auch ohne schriftlichen Vertrag — trotz

646

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 126 a u. 126 b. § 186a,

Die Befugnis zum Halten und zur Anleitung von

Lehrlingen kann solchen Personen ganz oder auf Zeit entzogen werden, welche sich wiederholt grober Pflichtverletzungen gegen die ihnen an­ vertrauten Lehrlinge schuldig gemacht haben, oder gegen welche Tat­

sachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zum Hatten oder zur Anleitung von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen.

Die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen kann ferner solchen Personen entzogen werden, welche wegen geistiger oder körperlicher Ge­

brechen zur sachgemäßen Anleitung eines Lehrlinges nicht geeignet sind. Die Entziehung erfolgt durch Verfügung der unteren Verwaltungs­ behörde; gegen die Verfügung findet der Rekurs statt.

Wegen des

Verfahrens und der Behörden gelten die Vorschriften der §§ 20 und

21, soweit nicht landesgesetzlich das Verfahren in streitigen Verwaltungs­ sachen Platz greift.»»)

Durch die höhere Verwaltungsbehörde kann die entzogene Befug­ nis nach Ablauf eines Jahres wieder eingeräumt werden.

§ 126b.

Der Lehrvertrag ist binnen vier Wochen nach Beginn

der Lehre schriftlich abzuschließen.")

Derselbe muß enthalten:

§ 126b — Kiel HöchstRR. 3 S. 35. Allein die Tatsache der Beschäftigung mit fachlichen Arbeiten reicht zur Annahme eines Lehrlingsverhältnisses nicht aus; es ist vielmehr der mit dem Arbeitsverhältnisie verfolgte Zweck maßgeblich KG. DStrafr 1935 S. 456; Entsch. d. KG. JFGErg. 14 S. 164. Die Ausbildung muß Selbstzweck sein und darf nicht zu einem zufälligen Ergebnis der Beschäf­ tigung werden. Hamburg HRR. 1931 Nr. 813. Entscheidend ist, ob das Arbeits­ verhältnis des Lehrlings hauptsächlich zu seiner Ausbildung eingegangen ist. Richtlinien f. d. Strafverfahren. AB. d. RIM. v. 13. April 35 Nr. 404. Das jugendliche Alter ist für den Begriff aber nicht wesentlich. GA. 48 S. 354. OBG. DIZ. 33 S. 1091. Ein Lehrlingsverhältnis liegt nicht vor, wenn keine be­ sondere Unterweisung stattfindet, sondern der Lernende sich allein überlassen bleibt. Dresden HRR. 1929 Nr. 990. Es hört aber nicht dadurch auf, daß der Arbeiter im letzten Abschnitt seiner Ausbildung einer Anleitung nicht mehr bedarf. KG. DIZ. 35 S. 1467. Huusbedarfslehrmädchen, die sich nebenbei einige Kenntnisse im Schneidern erwerben wollen, find keine Schneiderlehrlinge. Naumburg DRZ. 25 Nr. 142. Der Volontär unterscheidet sich vom Lehrling durch die Art und die Dauer und den Zheck seiner Beschäftigung. Dresden DRZ. 25 Nr. 499. 9 a) Vgl. Erste VO. über den vorläufigen Aufbau des deutschen Hand­ werks v. 15. Juni 34 (RGBl. I S. 493ff.) § 96 Abs. 3: „Die im 8 126a der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vorgesehene Entziehung der Befug­ nisse zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen erfolgt gegenüber den in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerbetreibenden und den von ihnen mit der Anleitung von Lehrlingen beauftragten Personen durch Entscheidung des Ehrengerichts (§ 64). Die Vorschriften des vierten Teils finden entsprechende Anwendung." 10) Der Nichtabschluß ist nach Ablauf der Frist nicht straflos. Celle GA. 52 S. 105. Auch der Lehrherr, der ohne Befugnis Lehrlinge anlejtet, ist zur Abschließung eines ordnungsmäßigen Lehrvertrages verpflichtet. Celle GA. 63

646

B IV. Handels- und Gewerberecht.

1. die Bezeichnung des Gewerbes oder des Zweiges der gewerb­ lichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll; 2. die Angabe der Dauer der Lehrzeit; 3. die Angabe der gegenseitigen Leistungen; 4. die gesetzlichen und sonstigen Voraussetzungen, unter welchen die einseitige Auflösung des Vertrags zulässig ist. Der Lehrvertrag ist von dem Gewerbetreibenden oder seinem Stell­ vertreter, dem Lehrling und dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlinges zu unterschreiben und in einem Exemplar dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlinges auszuhändigen. Der Lehrherr ist verpflichtet, der Ortspolizeibehörde auf Erfordern den Lehrvertrag einzureichen. Auf Lehrlinge in staatlich anerkannten Lehrwerkstätten finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Das Gleiche gilt für Lehrverhältnisse zwischen Eltern und Kindern, falls der Handwerkskammer das Bestehen des Lehrverhältnisses, der Tag seines Beginns, das Gewerbe oder der Zweig der gewerblichen Tätigkeit, in welchem die Ausbildung erfolgen soll, und die Dauer der Lehrzeit schriftlich angezeigt wird. Der Lehrvertrag ist kosten- und stempelfrei. $ 127. Der Lehrherr ist verpflichtet, den Lehrling in den bei seinem Betriebe vorkommenden Arbeiten des Gewerbes dem Zwecke der Ausbildung entsprechend zu unterweisen, ihn zum Besuche der Fortbildungs-oder Fachschule anzuhalten10 * *B) und den Schulbesuch zu überwachen. Er muß entweder selbst oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Ausbildung des Lehrlinges leiten, den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anhatten und vor Ausschweifungen bewahren, er hat ihn gegen Mißhandlungen seitens der Arbeits- und Hausgenossen zu schützen und dafür Sorge zu tragen, baß dem Lehrlinge nicht Arbeitsverrichtungen zugewiesen werden, welche seinen körperlichen Kräften nicht angemessen sind. Er darf dem Lehrlinge die zu seiner Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit nicht entziehen. Zu häuslichen Dienstleistungen dürfen Lehrlinge, welche im Hause des Lehrherrn weder Kost noch Wohnung erhalten, nicht herangezogen'werden. § 127a. Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen und dem Lehrherrn sowie demjenigen, welcher an Stelle des Lehrherrn die Ausbildung zu leiten hat, zur Folgsamkeit und Treue, zu Fleiß und anständigem Betragen verpflichtet.

S. 151. — Wird. Volontärverhältnis mißbräuchl. statt Lehrvertrags vereinbart, fehlt schriftl. Lehrvertrag. OLG. Naumburg, DR. 1939 S. 1516. 10 a) Vgl. hierzu jetzt § 13 Reichsschulpflichtges. v. 6. Juli 38, abgedr. unter BII112. Die Anmeldung zur Berufsschule fällt nicht unter die Pflichten deS § 127. KG. JFG. Erg. 1938 S. 303.

BIV 1. Gewerbeordnung 85 127 b—127 e.

647

übermäßige und unanständige Züchtigungen sowie jede die Gesundheit des Lehrlinges gefährdende Behandlung sind verboten. § 127b.10b) Das Lehrverhältnis kann, wenn eine längere Frist nicht vereinbart ist, während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch einseitigen Rücktritt aufgelöst werden. Eine Vereinbarung, wo­ nach diese Probezeit mehr als drei Monate betragen soll, ist nichtig. Nach Ablauf der Probezeit kann das Lehrverhältnis ohne Ein­ haltung einer Frist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vor­ liegt. Die Kündigung ist nicht mehr zulässig, wenn die zugrunde lie­ genden Tatsachen dem zur Kündigung Berechtigten länger als zwei Wochen bekannt sind. Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlinges aufgehoben. Durch den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Aufhebung binnen vier Wochen geltend gemacht wird. $ 187 e« Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie über sein Betragen ein Zeugnis auszustellen, welches von der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen ist. An Stelle dieser Zeugnisse treten, wo Innungen oder andere Vertretungen der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen aus­ gestellten Lehrbriefe. § 187 d« Verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht vorgesehenen Falle ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann letzterer den Anspruch auf Rückkehr des Lehrlinges nur geltend machen, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem Falle auf Antrag des Lehrherrn den Lehrling an­ halten, solange in der Lehre zu verbleiben, als durch gerichtliches Urteil das Lehrverhältnis nicht für aufgelöst erklärt ist, oder dem Lehrlinge durch einstweilige Verfügung eines Gerichts gestattet ist, der Lehre fern zu bleiben. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nach dem Austritte des Lehrlinges gestellt ist. Im Falle unbegründeter Weigerung der Rückkehr hat die Polizeibehörde den Lehrling zwangsweise zurückführen zu lassen oder durch Androhung von Geldstrafe sbis zu fünfzig Mark)") oder Haft bis zu fünf Tagen zur Rückkehr anzuhalten. § 187 e« Wird von dem gesetzlichen Vertreter für den Lehrling oder, sofern der letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn

10 b) Die Fassung des § 127 b beruht auf der VO. v. ?. März 40 (RGBl.I S. 478).

11) 1 bis 1000 RM. Art. II BO. v. 6. Febr. 24 (RGBl. I S. 44).

648

BIV. Handels- und Gewerberecht.

die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Beruf übergehen werde, so gilt das Lehr­ verhältnis, wenn der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als aufgelöst.7 •) Binnen neun Monaten nach der Auflösung darf der Lehrling in demselben Gewerbe von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren Lehrherrn nicht beschäftigt werden. § 127 f. Erreicht das Lehrverhältnis vor Ablauf der verab­ redeten Lehrzeit sein Ende, so kann von dem Lehrherrn oder von dem Lehrling ein Anspruch auf Entschädigung nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag schriftlich geschlossen ist. In den Fällen des $ 127b Abs. 1, 4 kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn dieses in dem Lehrvertrag unter Festsetzung der Art und Höhe der Entschädigung vereinbart ist. Der Anspruch der Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb vier Wochen nach Auflösung des Lehrverhältnisses im Wege der Klage oder Einrede gellend gemacht ist.

5 127 g. Ist von dem Lehrherrn das Lehrverhältnis aufgelöst worden, weil der Lehrling die Lehre unbefugt verlassen hat, so ist die von dem Lehrherrn beanspruchte Entschädigung, wenn in dem Lehr­ vertrage nicht ein geringerer Betrag ausbedungen ist, auf einen Be­ trag festzusetzen, welcher für jeden auf den Tag des Vertragsbruchs folgenden Tag der Lehrzeit, höchstens aber für sechs Monate, bis auf die Hälfte des in dem Gewerbe des Lehrherrn den Gesellen oder Ge­ hilfen ortsüblich gezahlten Lohnes sich belaufen darf. Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbst!chuldner mit­ verhaftet der Vater des Lehrsinges, sofern er die Sorge für die Person des Lehrlinges hat, sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung eines Lehr­ verhältnisses noch verpflichtet war. Hat der Entschädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehrverhältnisses von der Person des Arbeit­ gebers, welcher den Lehrling verleitet oder in Arbeit genommen hat, Kenntnis erhalten, so erlischt gegen diese der Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen nach erhaltener Kennt­ nis geltend gemacht ist. § 128 Wenn der Lehrher? eine im Mißverhältnisse zu dem Um­ fang oder der Art seines Gewerbebetriebes stehende Zahl"») von Lehr­

lingen hält und dadurch die Ausbildung der Lehrlinge gefährdet er­ scheint, so kann dem Lehrherrn von der unteren Verwaltungsbehörde 11a) Die Zahl der Lehrlinge bemißt sich nach der Zahl der Gesellen zur Zeit der Einstellung der Lehrlinge. Königsberg JurW. 60 S. 1257.

BIV 1. Gewerbeordnung § 129.

649

die Entlassung eines entsprechenden Teiles der Lehrlinge auferlegt und die Annahme von Lehrlingen über eine bestimmte Zahl hinaus unter­ sagt werden. Die Bestimmungen des $ 126a Abs. 3 finden hierbei entsprechende Anwendung. Unbeschadet der vorstehenden Bestimmung können durch Beschluß de- Bundesrat- für einzelne Gewerbszweige Vorschriften über die höchste Zahl der Lehrlinge erlassen werden, welche in Betrieben dieser Gewerbs­ zweige gehalten werden darf. Soweit solche Vorschriften nicht er­ lassen sind, können sie durch Anordnung der Landes-Zentralbehörde erlassen werden. B.

Besondere Bestimmungen für Handwerker.

$129. In Handwerksbetrieben steht die Befugnis zur Anleitung "b) von Lehrlingen nur denjenigen Personen zu, welche das 24. Lebens­ jahr vollendet und eine Meisterprüfung (§ 133) bestanden haben Haben solche Personen die Meisterprüfung nicht für dasjenige Gewerbe oder denjenigen Zweig des Gewerbes bestanden, in welchem die An­ leitung der Lehrlinge erfolgen soll, so haben sie die Befugnis dann, wenn sie in diesem Gewerbe oder Gewerbszweige entweder die Lehr­ zeit (§ 130a) zurückgelegt und die Gesellenprüfung bestanden haben, oder fünf Jahre hindurch persönlich das Handwerk selbständig aus­ geübt haben oder während einer gleich langen Zeit als Werkmeister oder in ähnlicher Stellung tätig gewesen sind."°) 11 b) Zwischen Halten und Anleiten ist scharf zu unterscheiden. Das Halten von Lehrlingen ist durch den § nicht verboten KG. JurW. 54 S. 2803; es ist aber aus § 1271. Vbdg. mit § 148Z. 9 strafbar. Dresden HRR. 1928 Nr. 1864. Die Vorschrift des § 129 findet auch auf das Lehrverhältnis zwischen Eltern und Kindern Anwendung. Jena JurR. 2 Nr. 1470. Die Entscheidung darüber, ob ein Lehrling ein kaufmännischer oder gewerblicher ist, hängt nicht von dem Wortlaut des schriftlichen Lehrvertrages ab, sondern davon, ob er überwiegend in kaufmännischer oder gewerblicher Arbeit beschäftigt wird. Ham­ burg DRZ. 19 Nr. 88. Siehe auch Anm. 9. Bildet ein Autohändler junge Leute außer zu Kraftwagenführern auch zu Autoschloffern aus, so sind sie inso­ weit Lehrlinge. Jena HRR. 1929 Nr. 783; vgl. ebenso Kiel JurW. 61 S. 1595. Betrieb eines Bildnisderichterstatters, der sich journalistisch betätigt, ist kein Handwerksbetrieb. KG. JurW. 59 S. 419; wohl aber der Betrieb einer Arbeits­ stube für Damenkonfektion. KG. DIZ. 38 S. 112. — Über Anleitung in Hand­

werksbetrieben BayObLG. Dt. Strafrecht 1934 S. 350. OLG. Stettin Dt. Straf­ recht 1936 S. 187. KG. Reger, Entsch. Bd. 56 S. 346. 11c) Voraussetzung aber ist, daß der Anleitende überhaupt eine Meister­ prüfung bestanden hat. KG. GA. 70 S. 176. Ist dies nicht der Fall, so darf er die Leitung der Ausbildung einem Dritten übertragen. Dresden JurW. 59 S. 420. A. M. Dresden JurW. 58 S. 2370. Ist einem Lehrherrn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unter der Bedingung der Ablegung der Meister­ prüfung die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilt, so ist er, wenn er die Prüfung bis zu dem Zeitpunkt nicht ablegt, wegen der Weiteranleitung nur strafbar, wenn die Erlaubnis widerrufen ist. KG. JurR. 3 Nr. 2069.

650

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die höhere Verwaltungsbehörde kann Personen, welche diesen Anforderungen nicht entsprechen, die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen widerruflich verleihen. Bor der Entscheidung über die Er­ teilung der Befugnis oder den Widerruf ist die Handwerkskammer und, wenn die Person einer Innung angehört oder an ihrem Wohn­ orte für ihren Gewerbszweig eine Innung besteht, außerdem die Innung zu hören. In Handwerksbetrieben, welche nach dem Tode deS Gewerbetreibenden für Rechnung der Witwe oder minderjährigen Erben fortgesetzt werden, sind bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tode des Lehrherrn als Vertreter (§ 127 Abs. 1) zur Anleitung von Lehr­ lingen auch Personen befugt, welche eine Meisterprüfung nicht bestanden haben, sofern sie im übrigen den Anforderungen des Abs. 1 Satz 2 entsprechen. Die untere Verwaltungsbehörde kann solchen Personen als Vertretern des Lehrherrn auch in anderen Fällen bis zur Dauer eines Jahres die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erteilen. Die hiernach zulässige Dauer der Vertretung kann von der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer entsprechend dem Bedürfnisse des einzelnen Falles verlängert werden. Die Unterweisung des Lehrlinges in einzelnen technischen Hand­ griffen und Fertigkeiten durch einen Gesellen fällt nicht unter die im Absatz 1 vorgesehenen Bestimmungen. Die Zurücklegung der Lehrzeit kann auch in einem dem Gewerbe an­ gehörenden Großbetrieb erfolgen und durch den Besuch einer staatlichen, staatlich unterstützten oder vom Staate anerkannten Lehrwerkstätte oder sonstigen gewerblichen Unterrichtsanstalt ersetzt werden. Vor der Aner­ kennung einer sonstigen gewerblichen Unterrichtsanstalt soll der zu­ ständigen HandwerVkammer Gelegenheit gegeben werden, sich gutacht­ lich zu äußern. Die Landes-Zentralbehörden können den Prüfungszeugnissen von Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder von Prüfungs­ behörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nach­ weise der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Verleihung der im Abs. 1 bezeichneten Befugnis für bestimmte Gewerbszweige beilegen. Der Eintritt dieser Wirkung ist davon abhängig zu machen, daß der Besitzer des Prüfungszeugnisses in dem Gewerbe oder in dem Zweige des Gewerbes, in welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, eine bestimmte, auf nicht mehr als drei Jahre festzusetzende Zeit hindurch persönlich tätig gewesen ist. Der Bundesrat ist befugt, für einzelne Gewerbe nach Anhörung der Handwerkskammern Ausnahmen von den Bestimmungen im Abs. 1 zuzulassen.

BIV1. Gewerbeordnung §§ 129 a—130 a.

651

§ 129a. Wer für einen gesondert betriebenen Zweig eines Ge­ werbes den Voraussetzungen des § 129 entspricht, ist berechtigt, auch in den übrigen Zweigen dieses Gewerbes Lehrlinge anzuleiten. Wer für ein Gewerbe den Voraussetzungen des § 129 entspricht, ist berechtigt, auch in den diesem verwandten Gewerben Lehrlinge an-' zuleiten. Welche Gewerbe als verwandte Gewerbe im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind, bestimmt die Handwerkskammer. Dem Unternehmer eines Betriebs, in welchem mehrere Gewerbe vereinigt sind, kann die untere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer die Befugnis erteilen, in allen zu dem Betriebe vereinigten Gewerben oder in mehreren dieser Gewerbe Lehrlinge anzuleiten, wenn er für eines der Gewerbe den Voraussetzungen des § 129 entspricht. Zu Arbeiten in denjenigen Gewerben seines Betriebs, für welche er zur Anleitung von Lehrlingen nicht befugt ist, darf er die Lehrlinge nur insoweit heranziehen, als es dem Zwecke der Ausbildung in ihrem Gewerbe nicht widerspricht. Das gemäß $ 131 c Abs. 2 dem Prüfungsausschüsse vorzulegende Lehrzeugnis darf nur für dasjenige Gewerbe ausgestellt werden, für welches der Lehrherr oder sein Vertreter (§ 127 Abs. 1) zur Anleitung von Lehrlingen befugt ist. § 129 b. Gehört der Lehrherr einer Innung an, so ist er ver­ pflichtet, eine Abschrift des Lehrvertrags binnen vierzehn Tagen nach Abschluß desselben der Innung einzureichen; et kann hierzu durch die Ortspolizeibehörde angehallen werden. Die Innungen können bestimmen, daß der Mschlutz des Lehr­ vertrags vor der Innung erfolgen soll. In diesem Falle ist dem Lehrherrn und dem Vater oder Vormunde des Lehrlinges eine Ab­ schrift des Lehrvertrags auszuhändigen. § 13Q. Soweit durch den Bundesrat oder die Landes-Zentralbehörde auf Grund des $ 128 Absatz 2 Vorschriften über die zulässige Zahl von Lehrlingen nicht erlassen sind, ist die Handwerkskammer und die Innung zum Erlasse solcher Vorschriften befugt. § 130 a.lld) (1) Die Lehrzeit für die einzelnen Handwerksberufe setzt der Reichswirtschaftsminister fest. Abweichende Vereinbarungen bedürfen der Zustimmung der Handwerkskammer. Die Handwerks, kammer kann im Einzelfalle Lehrlinge von der Innehaltung der Lehrzeit entbinden. (2) Das Lehrverhältnis endigt mit dem Ablauf der Lehrzeit. Be­ steht der Lehrling vor Ablauf der Lehrzeit die Gesellenprüfung, so endigt das Lehrverhältnis ohne Rücksicht auf entgegenstehende Ver11 d) Die Fassung des § 130a beruht auf der BO. v. 7. März 40 (RGBl. I S. 478).

662

B IV. Handels- und Gewerberecht.

einbarungen spätestens mit Ablauf des Prüfungsmonats. Ein An­ spruch auf Schadensersatz oder Entschädigung wegen vorzeitiger Be­ endigung des Lehrverhältnisses besteht in diesem Falle nicht. $ 131. Den Lehrlingen ist Gelegenheit zu geben, sick nach Ab­ lauf der Lehrzeit der Gesellenprüfung (§ 129 Abs. 1) zu unterziehen. Die Landes-Zentralbehörden können den Prüfung-zeugnissen von Lehrwerkstütten, gewerblichen Unterrichtsanstalten oder von Prüfungs­ behörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nachweise der Befähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, die Wirkung der Zeugnisse über das Bestehen der Gesellenprüfung beilegen. DieAbnahme der Gesellenprüfungen (Abs. 1) erfolgt durch Prüfungs­ ausschüsse. Bei jeder Zwangsinnung wird ein Prüfungsausschuß ge­ bildet, bei anderen Innungen nur dann, wenn ihnen die Ermächtigung zur Abnahme der Prüfungen von der Handwerkskammer erteilt ist. Soweit für die Abnahme der Prüfungen für die einzelnen Gewerbe nicht durch Prüfungsausschüsse der Innungen und die im Abs. 2 bezeichneten Lehrwerkstätten, gewerblichen Unterrichtsanstalten und Prüfungsbe­ hörden gesorgt ist, hat die Handwerkskammer die erforderlichen Prü­ fungsausschüsse zu errichten. $ 131a. Die Prüfungsausschüsse bestehen aus einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses wird von der Hand­ werkskammer bestellt.' Von den Beisitzern wird bei dem Prüfungs­ ausschuß einer Innung die Hälfte durch diese, die andere Hälfte aus der Zahl der Gesellen, welche eine Gesellenprüfung bestanden haben, durch den Gesellenausschuß bestellt. Bei den von der Handwerks­ kammer errichteten Prüfungsausschüssen werden auch die Beisitzer von der Handwerkskammer bestellt; die Hälfte der Beisitzer muß aus Ge­

sellen bestehen. Die Bestellung der Mitglieder der Prüfungsausschüsse erfolgt in

der Regel auf drei Jahre. Während der ersten sechs Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmungen können auch Gesellen (Gehilfen), welche die Gesellen­ prüfung nicht abgelegt haben, gewählt werden, wenn sie eine Lehrzeit von mindestens zwei Jahren zurückgelegt haben. § 131b. Die Prüfung hat den Nachweis zu erbringen, daß der Lehrling die in seinem Gewerbe gebräuchlichen Handgriffe und Fertig­ keiten mit genügender Sicherheit ausübt und sowohl über den Wert, die Beschaffung, Aufbewahrung und Behandlung der zu verarbeitenden Rohmaterialien, als auch über hie Kennzeichen ihrer guten oder schlechten Beschaffenheit unterrichtet ist. Im übrigen werden das Verfahren vor dem Prüfungsausschüsse,

LIV 1. Gewerbeordnung §§ 131 c—133.

653

der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüfungsgebühren durch eine Prüfungsordnung geregelt, welche von der höheren Verwaltungs­ behörde im Einvernehmen mit der Handwerkskammer erlassen wird. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die LandesZentralbehörde. Durch die Prüfungsordnung kann bestimmt werden, daß die Prüfung auch in der Buch- und Rechnungsführung zu erfolgen hat. In diesem Falle ist der Prüfungsausschuß befugt, einen besonderen Sachverständigen zuzuziehen, welcher an der Prüfung mit vollem Stimmrechte leilnimmt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Die Kosten der Prüfung werden, sofern diese von dem Prüfungs­ ausschuß einer Innung abgehalten wird, vonletzterer, im übrigen von der Handwerkskammer getragen. Diesen fließen die Prüfungsgebühren zu.

$ 1310. Der Lehrling soll sich nach Ablauf der Lehrzeit der Gesellenprüfung unterziehen. Die Innung und der Lehrherr sollen ihn dazu anhalten. Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung hat der Lehrling an den Prüfungsausschuß zu richten. Dem Gesuche sind das Lehrzeugnis (5 127 c) und, sofern'der Prüfling während der Lehrzeit zum Besuch

einer Fortbildungs- oder Fachschule verpflichtet war, die Zeugnisse über den Schulbesuch beizufügen. Der Prüfungsausschuß hat das Ergebnis der Prüfung auf dem Lehrzeugnis oder Lehrbriefe zu beurkunden. Wird die Prüfung nicht bestanden, so hat der Prüfungsausschuß den Zeitraum zu bestimmen, vor dessen Ablause die Prüfung nicht wiederholt werden darf. Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stempelsrei. § 132 Der Vorsitzende ist berechtigt, Beschlüsse des Prüfungs­ ausschusses mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden. Über die Be­

anstandung entscheidet die Handwerkskammer (§ 103 e Ziffer 6). § 132a. Die Landes-Zentralbehörden sind befugt, die Bestellung der Prüfungsausschüsse, das Verfahren bei der Prüfung, die Gegen­ stände der Prüfung sowie die Prüfungsgebühren abweichend von den Vorschriften der §§ 131 bis 132 zu regeln, dabei darf jedoch hinsicht­ lich der bei der Prüfung zu stellenden Anforderungen nicht unter das im § 131b Abs. 1 bestimmte Maß herabgegangen werden. Illa. Meistertitel. § 183. Den Meistertitel in Verbindung mit der Bezeichnung eines Handwerkes dürfen nur Handwerker führen, welche für dieses Handwerk die Meisterprüfung bestanden und das 24. Lebensjahr zurück­ gelegt haben.

654

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Befugnis zur Führung des Meistertitels in Verbindung mit einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit im Baygewerbe hinweist, insbesondere des Titels Baumeister und Baugewerks­ meister, wird durch den Bundesrat geregelt."^) Bis zum Inkrafttreten des Bundesratsbeschlusses darf ein solcher Titel nur dann geführt werden, wenn die Landesregierung über die Befugnis zu seiner Führung Vorschriften erlassen hat, und nur von denjenigen Personen, welche diesen Vorschriften entsprechen. Der Bundesrat kann ferner Vorschriften über die Führung des Meistertitels in Verbindung mit sonstigen Be­ zeichnungen erlassen, die auf eine Tätigkeit im Handwerke Hinweisen. Zur Meisterprüfung (Abs. 1) sind in der Regel nur solche Personen zuzulassen, welche eine Gesellenprüfung bestanden haben und in dem Gewerbe, für welches sie die Meisterprüfung ablegen wollen, mindestens drei Jahre als Geselle (Gehilfe) tätig gewesen, oder welche nach § 129 Abs. 6 zur Anleitung von Lehrlingen in diesem Gewerbe befugt sind. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungskommissionen, welche aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern bestehen. Die Entscheidung der Prüfungskommission, welche die Zulassung der Meisterprüfung (Abs. 1) ablehnt, kann binnen zwei Wochen durch Beschwerde bei der höheren Verwaltungsbehörde angefochten werden. Diese hat, bevor sie der Beschwerde stattgibt, die Handwerkskammer zu hören. Die Errichtung der Prüfungskommissionen erfolgt nach Anhörung der Handwerkskammer durch Verfügung der höheren Verwaltungs­ behörde, welche auch die Mitglieder ernennt; die Ernennung erfolgt aus drei Jahre. Die Prüfung hat den Nachweis der Befähigung zur selbständigen Ausführung und Kostenberechnung der gewöhnlichen Arbeiten des Gewerbes sowie der zu dem selbständigen Betriebe desselben sonst notwendigen Kenntnisse, insbesondere auch der Buch- und Rechnungs­ führung, zu erbringen. Das Verfahren vor der Prüfungskommission, der Gang der Prüfung und die Höhe der Prüfungsgebühren werden durch eine von der Handwerkskammer mit Genehmigung der Landes-Zentralbehörde zu erlassende Prüfungsordnung geregelt. Die Kosten der Prüfungskommissionen fallen der Handwerks­ kammer zur Last, welcher die Prüfungsgebühren zufließen. 11 d) Siehe VO. über die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeich­ nung „Baumeister" (BaumcifterVO.) v. 1. April 31 (RGBl. I S. 131) nebst AbänderungsVO. v. 17. Jan. 34 (RGBl. I S. 33) und DurchfVO. v. 17. Jan. 34 (RGBl. I S. 34); ferner RdErl. v. 30. 7. 1936 u. 22. 7. 1937 (FinMBl. 1937 S. 200). Dazu preuß. DurchfBest., zuletzt Erl. v. 6. März 34 (MBliB. S. 102).

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 133 a— 133 ac.

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Die Prüfungszeugnisse sind kosten- und stempelfrei. Der Meisterprüfung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen können von der Landes-Zentralbehörde die Prüfungen bei Lehrwerk­ stätten, gewerblichen Unterrichtsanstallen oder bei Prüfungsbehörden, welche vom Staate für einzelne Gewerbe oder zum Nachweise der Be­ fähigung zur Anstellung in staatlichen Betrieben eingesetzt sind, gleichgestellt werden, sofern bei denselben mindestens die gleichen Anforderungen gestellt werden wie bei den im Abs. 1 vorgesehenen

Prüfungen.

Illb.

Verhältnisse der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker.

$ 133 a. Das Dienstverhältnis der von Gewerbeunternehmern gegen feste Bezüge beschäftigten Personen, welche nicht lediglich vor­ übergehend mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder einer Abteilung desselben beauftragt (Betriebsbeamte, Werkmeister12) und ähnliche Angestellte) oder mit höheren technischen Dienstleistungen betraut sind (Maschinentechniker, Bautechniker, Chemiker, Zeichner und dergl.), kann, wenn nicht etwas anderes verabredet ist, von jedem Teile mit Ablauf jedes Kalendervierteljahrs nach sechs Wochen vorher erklärter Aufkündigung aufgehoben werden12 B).

S 183 aa. Wird durch Vertrag eine kürzere oder längere Kün­ digungsfrist bedungen, so muß sie für beide Teile gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat betragen. Die Kündigung kann nur für den Schluß eines Kalendermonats

zugelassen werden. Die Vorschriften des Abs. 1 finden auch in dem Falle Anwen­ dung, wenn das Dienstverhältnis für bestimmte Zeit mit der Ver­ einbarung eingegangen wird, daß es in Ermangelung einer vor dem Ab­

laufe der Vertragszeit erfolgten Kündigung als verlängert gelten soll. Eine Vereinbarung, die diesen Vorschriften zuwiderläutt, ist nichtig.

$ 133ab. dung,

Die Vorschriften des § 133aa finden keine Anwen­ wenn der Angestellte ein Gehalt von mindestens fünf­

tausend Reichsmark für das Jahr bezieht. Sie bleiben ferner außer Anwendung, wenn der Angestellte für eine außereuropäische Niederlassung angenommen ist und nach dem Vertrage der Arbeitgeber für den Fall, daß er das Dienstverhältnis

kündigt, die Kosten der Rückreise des Angestellten zu tragen hat. § 138 ac. Wird ein Angestellter nur zur vorübergehenden Aus12) DieS können auch Direktricen eines Konfektionsgeschäfts sein. Dresden v. 25. Septbr. 12, GA. 62 S. 205. .12 a) Vgl. Ges. über die Fristen für die Kündigung von Angestellten v. 9. Sept. 26 (RGBl. I S. 399).

656

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Hilfe genommen, so finden die Vorschriften des § 133 aa keine An­ wendung, es sei denn, daß das Dienstverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird. Die Kündigungsfrist muß jedoch auch in einem solchen Falle für beide Teile gleich sein.

§ 133b. Jeder der beiden Teile kann vor Ablauf der vertrags­ mäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Auf­ hebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Aufhebung rechtfertigender Grund vorliegt. § 133 c. Gegenüber den im § 133 a bezeichneten Personen kann die Aufhebung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangt werden: 1. wenn sie beim Abschlüsse des Dienstvertrags den Arbeitgeber durch Borbringung falscher oder verfälschter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleichzeitig verpflichten­ den Dienstverhältnisses in einen Irrtum versetzt haben; 2. wenn sie im Dienste untreu sind oder das Vertrauen mißbrauchen; 3. wenn sie ihren Dienst unbefugt verlassen oder den nach dem Dienstvertrag ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen, be­ harrlich verweigern; 4. wenn sie durch anhaltende Krankheit oder durch eine längere Freiheitsstrafe oder Anwesenheit an der Verrichtung ihrer Dienste verhindert werden;

5. wenn sie sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen den Arbeitgeber oder seinen Vertreter zu Schulden kommen lassen; 6. wenn sie sich einem unsittlichen Lebenswandel ergeben. In dem Falle zu 4 bleibt der Anspruch auf die vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitgebers für die Dauer von sechs Wochen in Ärttft, wenn die Verrichtung der Dienste durch unverschuldetes Unglück verhindert worden ist. Jedoch mindern sich die Ansprüche in diesem Falle um denjenigen Betrag, welcher dem Berechtigten aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Krankenversicherung oder Unfallversicherung zukommt. Der Anspruch kann nicht durch Ver­ trag ausgeschlossen oder beschränkt teerten.1S)

§ 133 d. Die im § 133 a bezeichneten Personen können die Auf­ lösung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangen: 1. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen gegen sie zu Schulden kommen lassen; 2. wenn der Arbeitgeber die vertragsmäßigen Leistungen nicht gewährt; 3. wenn bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses ihr Leben oder 13) Zusatz durch VO. v. 1. Dez. 30 (RGBl. I S. 517 [521]).

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 133 o—134.

667

ihre Gesundheit einer erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche

bei Eingehung des Dienstverhältnisses nicht zu erkennen war. $ 138 e. Auf die im § 133 a bezeichneten Personen finden die Bestimmungen der §§ 124b und 125 Anwendung, dagegen nicht die Bestimmungen des § 119 a. § 183f. Eine Vereinbarung zwischen dem Gewerbeunternehmer und einem der im § 133a bezeichneten Angestellten, durch die der Angestellte für die Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird, ist für den Angestellten nur insoweit verbindlich, als die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen überschreitet, durch welche eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung ist nichtig, wenn der Angestellte zur Zeit deS Abschlusses minderjährig ist. IV. Besondere Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

I 1838 Die Bestimmungen der §§ 133h bis 139aa finden An­ wendung auf Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge und sonstige gewerbliche Arbeiter mit Ausnahme der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker (§§ 133a bis 133k).

A. Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden.

§ 138h. Auf Betriebe, in denen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden, finden die nachfolgenden Bestimmungen des J 134 Anwendung.") Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres ein vermehrtes Arbeits­ bedürfnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestenzwanzig Arbeiter beschäftigt werden.

§ 184 Den Unternehmern ist untersagt, für den Fall der rechts­ widrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeiter die Verwirkung des rückständigen Lohnes über den Betrag des durchschnitt­ lichen Wochenlohnes hinaus auszubedingen. Auf die Arbeitgeber und Arbeiter in solchen Betrieben finden die Bestimmungen des § 124b keine Anwendung. Den Arbeitern ist bei der regelmäßigen Lohnzahlung ein schrift­ licher Beleg lLohnzettel, Lohntüte, Lohnbuch usw.) über den Betrag des verdienten Lohnes und der einzelnen Arten der vorgenommenen Abzüge auszuhändigen. 14) Geändert durch § 69 des Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. Januar 34 (RGBl. I S. 45).

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

658

B IV. Handels- und Gewerberecht.

§§ 134 a—134 f.1B) §§ 134 g—h aufgehoben. B.

Bestimmungen für alle Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

§ 184L Auf Betriebe, in denen in der Regel, mindestens zehn Arbeiter") beschäftigt werden, finden, unbeschadet des § 133h, die nachfolgenden Bestimmungen der §§ 135 bis 139aam) Anwendung. Dies gilt für Betriebe, in denen regelmäßig zu gewissen Zeiten des JahreS ein vermehrtes Arbeitsbedürfnis eintritt, schon dann, wenn zu diesen Zeiten mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden.

i 185.«b) $ 18«.") $$ 187, 187 a, 188, 188 a, 189, 189 a?b)10) § 139 aa. Auf die Arbeiter in den unter Abschnitt IV fallenden Betrieben finden im übrigen die Bestimmungen der §§ 121—125 oder, wenn sie als Lehrlinge anzusehen sind, die Bestimmungen der §§ 126 bis 128 Anwendung.

V. Aufsicht.

§ 139 b. Die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen der §§ 105 a, 105 b Abs. 1, der §§ 105 c bis 105 h,21) 120 a bis 120 f, 133 g bis 139 aa ist ausschließlich oder neben den ordentlichen Polizeibehörden besonderen von den Landesregierungen zu ernennenden Beamten zu übertragen. Denselben stehen bei Ausübung dieser Aufsicht alle amt­ lichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden, insbesondere das Recht zur jederzeitigen Revision der Anlagen zu. Sie sind, vorbehaltlich der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten, zur Geheimhaltung der amtlich zu 15) 88 134a —f, 139k, 147 Abs. 1 Nr. 5, 148 Abs. 1 Nr. 11 u. 12, 150 Abs. 1 Nr. 5,152 durch § 69 des Ges. zur Ordnung der nationalen Arbeit v. 20. Januar 34 (RGBl. I S. 45) außer Äaft gesetzt. Über Betriebsordnung und Tarifordnung s. jetzt 88 26—34 dieses Gesetzes. 15 a) Jetzt nur noch 88 136, 139 aa. 16) Es genügt, daß regelmäßig zu gewissen Zeiten 10 Arbeiter beschäftigt werden. E. 38 S. 11. Zu den Arbeitern gehört ein Schwimmlehrer nicht. Dresden GA. 65 S. 379. 19) Abs. 1—3 fortgefallen durch BO. über die neue Fassung der ArbeitszeitBO. v. 26. Juli 34 (RGBl. I S. 803), jetzt AZO. v. 30. April 38, abgedr. unter B VI 6; Abs. 4 durch § 30 Jugendschutzges., abgedruckt B VI 7. 20) Dgl. jetzt die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes (abgedruckt unter B VI 7) und die auf Grund dessen ergangenen Verordnungen. Siebe auch Anm. 6 zu 8120 e u. Ausführungsanw. z. GewO. Nr. 223 ff. 21) Auch der für Bäckereien und Konditoreien an Stelle des 88 105 b—i im Ges. v. 29. Juni 36 (RGBl. I S. 521) erlassenen Vorschriften über die Arbeitszeit in diesen Betrieben, 8 14 dieses Ges.

BIV1. Gewerbeordnung §§ 139 g u. 139 h.

659

ihrer Kenntnis gelangenden Geschäfts- und Betriebsverhältnisse der ihrer Revision.unterliegenden Anlagen zu verpflichten. Die Ordnung der Zuständigkeitsverhältnisse zwischen diesen Beamten27 * **)* und den ordentlichen Polizeibehörden bleibt der verfassungs­ mäßigen Regelung in den einzelnen Bundesstaaten Vorbehalten.

Die erwähnten Beamten haben Jahresberichte über ihre amtliche Tätigkeit zu erstatten. Diese Jahresberichte oder Auszüge aus den­ selben sind dem Bundesrat und dem Reichstage vorzulegen. Die auf Grund der Bestimmungen der §§ 105 a bis 105 h, 120 a bis 120f, 133 g bis 139 aa auszuführenden amtlichen Revisionen müssen die Arbeitgeber zu jeder Zeit, namentlich auch in der Nacht, während des Betriebs gestatten.2 7 b)

Die Arbeitgeber sind ferner verpflichtet, den genannten Beamten, oder der Polizeibehörde diejenigen statistischen Mitteilungen über die Verhältnisse ihrer Arbeiter zu machen, welche vom Bundesrat oder von der Landes-Zentralbehörde unter Festsetzung der dabei zu beobach­ tenden Fristen und Formen vorgeschrieben werden. VI. Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter in offenen Verkaufsstellen.

§§ 139 c, 139 d, 139 e, 139! außer Kraft.

§ 139 g. Die Polizeibehörden sind befugt, im Wege der Ver­ fügung für einzelne offene Verkaufsstellen diejenigen Maßnahmen an­ zuordnen, welche zur Durchführung der im § 62 Abs. 1 des Handels­ gesetzbuchs enthaltenen Grundsätze in Ansehung der Einrichtung und Unterhaltung der Geschäftsräume und der für den Geschäftsbetrieb bestimmten Vorrichtungen und Gerätschaften sowie in Ansehung der Regelung des Geschäftsbetriebs erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen. Die Bestimmungen im § 120 d Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung.

§ 139 h. Durch Beschluß des Bundesrats können Vorschriften darüber erlassen werden, welchen Anforderungen die Laden-, Arbeits­ und Lagerräume und deren Einrichtung sowie die Maschinen und Gerätschaften zum Zwecke der Durchführung der im § 62 Abs. 1 des 27 a) Gewerbereferendare dürfen selbständig Gewerbebetriebe nur revi­ dieren, wenn sie ein Dienstalter von einem Jahr haben und zur Vornahme der Rev. ausdrücklich beauftragt sind. Breslau DRZ. 23 Nr. 900. 27 b) Dazu gehört auch die Pflicht, Geschäftsbücher vorzulegen. Dresden JurW. 58 S. 3029.

660

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Handelsgesetzbuchs enthaltenen Grundsätze zu genügen haben. Bestimmung im § 120 g findet Anwendung.66)

Die

Soweit solche Vorschriften durch Beschluß des (Bundes) Reichsrats nicht erlassen sind, können sie durch Anordnung der im § 120 e Abs. 2 bezeichneten Behörden erlassen werden. § 1391. Die durch § 76 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs sowie durch § 120 Abs. 1 begründete Verpflichtung des Geschäftsinhabers findet an Orten, wo eine vom Staate oder der Gemeindebehörde anerkannte Fachschule besteht, hinsichtlich des Besuchs dieser Schule entsprechende Anwendung. Der Geschäftsinhaber hat die Gehilfen und Lehrlinge unter acht­ zehn Jahren zum Besuche der Fortbildungs- und Fachschule anzuhallen und den Schulbesuch zu überwachen. § 139 k.16) § 1391. Auf das Halten von Lehrlingen in offenen Verkaufs­ stellen sowie in anderen Betrieben des Handelsgewerbes findet die Bestimmung des § 128 Anwendung.

§ 139 m. Die Bestimmungen der §§ 139c bis 139i finden aus den Geschäftsbetrieb der Konsum- und anderer Vereine entsprechende Anwendung.

(titel VIII.

Gewerbliche HUftkasseu.

§ 140. Die durch Ortsstatut oder Anordnung der Verwaltungs­ behörde begründete Verpflichtung der selbständigen Gewerbetreibenden, einer mit einer Innung verbundenen oder außerhalb derselben be­ stehenden Kranken-, Hilfs- oder Sterbekasse für selbständige Gewerbe­ treibende brizutreten, wird aufgehoben. Im übrigen wird in den Verhältnissen dieser Kassen durch gegenwärtiges Gesetz nichts geändert. Neue Kassen der selbständigen Gewerbetreibenden für die er­ wähnten Zwecke erhalten durch die Genehmigung der höheren Ver­ waltungsbehörde die Rechte juristischer Personen, soweit es zur Er­ langung dieser Rechte einer besonderen staatlichen Genehmigung bedarf. 83 141-141 f (aufgehoben durch Ges. v. 15. Juni 83, RGBl. S. 73).

titel IX.

Statutarische Bestimmungen.

§ 148. Statutarische Bestimmungen einer Gemeinde oder eines weiteren Kommunalverbandes können die ihnen durch das Gesetz über­ wiesenen gewerblichen Gegenstände mit verbindlicher Kraft ordnen. Dieselben werden nach Anhörung beteiligter Gewerbetreibender und

36) Bek. v. 28. Novbr. 00 (RGBl. S. 1033), bett, die Einrichtung von Sitzgelegenheit für Angestellte in offenen Verkaufsstellen.

BIV 1. Gewerbeordnung § 143.

661

Arbeiter'*) abgefaßt, bedürfen der Genehmigung der höheren Ver­

waltungsbehörde^) und sind in der für Bekanntmachungen der Ge­

meinde oder des weiteren Kommunalverbandes vorgeschriebenen oder

üblichen Form zu veröffentlichen.'*) Die Zentralbehörde ist befugt, statutarische Bestimmungen, welche

mit den Gesetzen oder den statutarischen Bestimmungen des weiteren Kommunalverbandes in Widerspruch stehen, außer Kraft zu setzen.

Mel X. § 143.

von

den

Strafbestimmungen.

Die Berechtigung zum Gewerbebetriebe kann, abgesehen

in den Reichsgesetzen vorgesehenen Fällen") ihrer Ent­

ziehung, weder durch richterliche, noch administrative Entscheidung ent» zogen werden."»)

Ausnahmen von diesem Grundsätze, welche durch die Steuergesehe begründet sind, bleiben so lange aufrecht erhalten, als diese Steuergesetze in Kraft bleiben.") 36) Erl. des preuß. Handelsministers v. 2. Dezbr. 21 (HMBl. S. 264). Es sind stets mehrere Gewerbetreibende und mehrere Arbeiter zu hören. KG. GA. 41 S. 167. Das Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn ein ganzer Berufs­ stand z. B. die Kaufmannschaft übergangen ist. KG. GA. 73 S. 189. Rechts­ anwälte bilden keinen besonderen Berufsstand. KG. Recht 33 Nr. 1399. 37) DaS ist in diesem Falle der Bezirksausschuß. Zur Aufhebung eines Statuts ist gleichfalls die Einwilligung sämtlicher Organe, welche bei dem Erlaß mitgewirkt haben, insbesondere also auch die des Bezirksausschusses notwendig. GA. 43 S. 144. 38) Zur Veröffentlichung genügt nicht, daß durch Anschlag oder die Zeitung lediglich die Tatsache des Inkrafttretens einer Ortssatzung bekannt gegeben wird, es aber ausdrücklich oder stillschweigend der Allgemeinheit überlassen wird, sich selbst die Kenntnis des Inhalts zu verschaffen. KG. JFGErg. 9 S. 226. 39) Abgesehen von der GewO, selbst kommen noch in Betracht u. a. StGB. § 421, daS Sprengstoffges. v. 9. Juni 84, das Ges. über die Untersuchung von Seeunfällen v. 28. Sept. 35 (RGBl. IS. 1183), Krastfahrzeugges. v. 3. Mai09, Arbettsvermittlungsges. v. 12. Ott. 29 (RGBl. I S. 162), Strafbest. §§ 247 biS 275, nebst Änderungen v. 6. Oktbr. 1931 (RGBl. I S. 537, 543), v. 26. Novbr. 35 (RGBl. I S. 1361), Mehseuchenges. v. 26. Juni 09, die Metallges. — abgedr. unter BIV 13 it. 14 —, Rennwett- und Lotterieges. — abgedr. unter B III 7 —, Süßstoffges. v. 1. Febr. 39 (RGBl. I S. 111), Branntweinmonopolges. v. 8. April 22 (RGBl. I S. 405), zuletzt geändert durch Ges. v. 25. März 39 (RGBl. I S. 604), Zündwarenmonopolges. (siehe Anm. 25 a zu § 16), Waffenges. abgedr. unter BIII9, Opiumgesetz v. 10. Dez. 29 (RGBl. I S. 215). 39 a) Über die Frage, ob die §§ 1,143 GewO, in dem Sinne noch gelten, daß sie eine polizeiliche Untersagung des Betriebes gegen einen unzuverlässigen Gewerbetteibenden verbieten s. D. Kölble, JurW. 1938 S. 2179 (bejahend). S. ferner Scheuner, RBerwBl. 1939 S. 770. 40) Nicht beschränkt wird durch § 143 die durch Vertrag vereinbarte Befugnis der Behörde zur Entziehung der Berechttgung zum Betriebe eines Gewerbes.

662

BIV. Handels- und Gewerberecht.

Die Bestimmungen der Landesgesetze, nach welchen die Befugnis zur Herausgabe von Druckschriften und zum Vertriebe derselben innerhalb des Reichsgebiets im Verwaltungswege entzogen werden darf, werden hierdurch aufgehoben. § 144 Inwiefern, abgesehen von den Vorschriften über die EntZiehung des Gewerbebetriebs (§ 143), Zuwiderhandlungen der Gewerbetreibenden gegen ihre Berufspflichten außer den in diesem Gesetz erwähnten Fällen einer Strafe unterliegen, ist nach den darüber be­ stehenden Gesetzen zu beurteilen. Jedoch werden aufgehoben die für Medizinalpersonen bestehenden besonderen Bestimmungen, welche ihnen unter Androhung von Strafen einen Zwang zu ärztlicher Hilfe auferlegen. § 144a. Personen, welche den Bestimmungen der §§ 126, 126a und 129 entgegen Lehrlinge halten, anleiten oder anleiten lassen, können von der Ortspolizeibehörde durch Zwangsstrasen zur Entlassung der Lehrlinge angehalten werden. In gleicher Weise kann die Entlassung derjenigen Lehrlinge, welche den auf Grund des § 81a Ziffer 3, des § 128 Abs. 2 und des § 130 erlassenen Vorschriften entgegen angenommen sind, verfügt werden. § 146- Für das Mindestmaß der Strafen, das Verhältnis von Geldstrafe zur Freiheitsstrafe sowie für die Verjährung der in den §§ 146a, 145b, 146 und 153 verzeichneten Vergehen sind die Bestim­ mungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich maßgebend.") Die übrigen in diesem Titel mit Strafe bedrohten Handlungen verjähren binnen drei Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem sie begangen finb.ue) § 1468. Die in den Fällen der §§ 16, 24 und 25 gemäß § 21 Ziffer 1 zugezogenen Sachverständigen") werden bestraft, 1. wenn sie unbefugt Betriebsgeheimnisse offenbaren, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis gelangt sind, mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten; 41) Die Vergehen gegen §§ 146 au. 147 werden bezüglich der Verjährungs­ frist wie Übertretungen behandelt. Hinsichtlich der Verjährung der Gewerbe­

steuerdelikte Anm. 67. Bei strafbaren Zuwiderhandlungen gegen die GewO, soll, besonders bei zweifelhaften Fällen und gewerbetechnischen Fragen, dem nach § 139 b GewO, zuständigen Gewerbeaufsichtsamt vor Abschluß des Ermittlungsverfahrens Ge­ legenheit zur Stellungnahme gegeben werden, auch für die Hauptverhandlung ein Beamter als Sachverständiger hinzugezogen werden, Richtlinien s. d. Straf­

verfahren. AB. des RMdJ. v. 13. April 35 Nr. 403. 41a) Auch dann, wenn mit ihnen eine Steuerzuwiderhandlung zusammen­ trifft, für die eine längere Verjährungsfrist besteht. Recht 32 Nr. 2596. 42) Daß sie vernommen oder vereidigt sind, ist nicht erforderlich. S t e n g lein, Nebenges. Anm. 2.

BIV1. Gewerbeordnung §§ 145 b u. 146.

663

2. wenn sie absichtlich zum Nachteile des Betriebsunternehmers Be­ triebsgeheimnisse, welche durch das Verfahren zu ihrer Kennt­ nis gelangt sind, offenbaren oder geheimgehaltene Betriebs­ einrichtungen oder Betriebsweisen, welche durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis gelangt sind, solange als diese Betriebs­ geheimnisse sind, nachahmen, mit Gefängnis, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Tun sie dies, um sich oder einem anderen einen Vermögens­ vorteil zu verschaffen, so kann neben der Gefängnisstrafe auf

Geldstrafe erkannt werden.

Im Falle der Ziffer 1 tritt die Verfolgung nur auf Antrag deS Betriebsunternehmers ein. 145b 42a).

Mit Gefängnis bis zu sechs Monaten und mit

Geldstrafe oder mit einer der beiden Sttafen wird bestraft, wer ent­ gegen den Vorschriften des §34b den Betrieb eines der dort genannten Gewerbe beginnt oder fortsetzt. In gleicher Weise wird bestraft, wer als Jude eines der in den §§ 42 b, 43, 44a und 55 bezeichneten Gewerbe unbefugt betteibt." § 146. Mit Geldstrafe und im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis -u sechs Monaten"d) werden Bestraft:*’) 1. Gewerbetreibende,") welche dem § 115 zuwiderhandeln;") 2. Gewerbetreibende, die den §§ 135 bis 137, § 137 a Abs. 1 § 139 c oder den auf Grund der §§ 120 e, 120 f, 139, 189 a erlassenen Bestimmungen insoweit zuwiderhandeln, als danach die Ver­ wendung der Arbeiter zu bestimmten Beschäftigungen untersagt oder Arbeitszeit, Nachtruhe oder Pausen geregelt sind;") 42 a) § 145 b ist eingefügt durch Ges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 823). 42 b) Die Androhung einer Freiheitsstrafe für den Unvermögensfall ist gegenstandslos geworden, da eine solche Strafe nach § 29 Abs. 1 S. 2 StGB, auch ohne besondere Androhung in der GewO, verhängt werden kann. 43) Auch das fahrlässige Zuwiderhandeln gegen die hier gedachten Vor­ schriften ist strafbar. R. 9 S. 160 u. E. 22 S. 43. Eine Fahrlässigkeit aber wird regelmäßig schon in der Unterlassung einer erforderlichen Konttolle liegen. R. 3 S. 412. R. 9 S. 486. 44) Treibt das Gewerbe eine nicht physische Person, so hasten straftechtl. ihre gesetzt. Vertreter. E. 33 S. 261. 45) Ob Verstöße gegen Nr. 1 als mehrere selbständige Delikte oder als eine fortgesetzte Handlung anzusehen sind, wird von den besonderen Umständen deS Falles abhängen. Pgl. darüber R. 7 S. 32 u. E. 13 S. 285. 46) Bon den zit. §§ gelten nur noch die §§ 120 e, 136. Die Nr. 2 be­ zieht sich nicht nur auf die eigentlichen jugendlichen Arbeiter im Sinne des § 136, sondern umfaßt alle jugendlichen Personen, auch solche, die überhaupt nicht in Fabriken beschäftigt werden dürfen. R. 6 S. 804. — Der Werkmeister, welchem die Leitung eines Teiles der Fabrik, insbesondere auch die Annahme

664

B IV. Handels- und Gewerberecht.

3. Gewerbetreibende, die dem § 113 Abs. 3 oder dem § 114a Abs. 4 zuwiderhandeln;")

4. wer dem § 56 Ziffer 6 zuwiderhandelt.") 5. wer dem § 33d Abs. 1 oder den auf Grund deS § 83d Abs. 2 erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt."«)

War in den Fällen deS Abs. 1

Nr. 2 der Täter zur Zeit der

Begehung der Straftat bereits zweimal wegen einer der dort bezeich­ neten Zuwiderhandlungen rechtskräftig verurteilt, so tritt, falls die

Straftat vorsätzlich begangen wurde, Geldstrafe oder Gefängnisstrafe bis zu 6 Monaten ein.

Die Anwendung dieser Vorschrift bleibt aus­

geschloffen, wenn seit der Rechtskraft der letzten Verurteilung bis zur

Begehung der neuen Straftat drei Jahre verflossen sind.

Die Geldstrafen fließen der im § 116 bezeichneten Kasse zu. *°) Der 8 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes findet Anwendung.")

§ 146 a.

Mit Geldstrafe, im UnvermögenSfaUe mit Haft"d)

wird

bestraft, wer den §§ 105 b bis 105 g60) oder den auf Grund derselben

erlassenen Anordnungen zuwider Arbeitern an Sonn- und Festtagen

Beschäftigung gibt60«) oder den §§ 41 a, 55a, 189e, 189f Abs. * oder den auf Grund des § 105 b Abs? 2 erlassenen statutarischen Bestim­ mungen oder den auf Grund des § 41b oder des 8 1891 Abs. 1 ge­

troffenen Anordnungen zuwiderhandelt.61)62) und Löhnung der betreffenden Arbeiter übertragen ist, haftet als teilweiser Stell­ vertreter aus § 151. Aber neben ihm ist der Gewerbetreibende nur insofern strafbar, als die Übertretung polizeilicher Vorschriften mit seinem Wiffen be­

gangen ist oder er es hat an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen. E. 24 S. 293. 47) Siehe Ges. v. 9. Juni 84 unter BIII8. 47a) Siehe Anm. 60a zu 8 33 d. 48) Geändert durch BO. v. 3.Septbr. 36 (RGBl. I S. 715) — s. unter AI 4 —, danach fließen strafgerichtlich erkannte Geldstrafen grundsätzlich der Reichskasse zu. 49) § 75 ist aufgehoben. 50) Vgl. die Anm. zu diesen §§.

50 a) Strafbar auch, wer nur die verbotswidrige Beschäftigung duldet. Dresden JurW. 59 S. 2236. Gewerbebetrieb ist auch gegeben, wenn ein Ver­ käufer erst nach Beginn der Sonntagsruhe Waren aushändigt und sich bezahlen läßt, selbst wenn sie vor Beginn gekauft sind. OLG. Breslau JurW. 35 S. 2076. 51) Die Strafbestimmung des § 146 a findet auch auf fahrlässige Zuwider­ handlungen Anwendung. E. 27 S. 31. KG. DIZ. 38 S. 182. OLG. Düffel­ dorf DRZ. 1935 S. 687,701. Irrtum darüber, ob ein Tag Festtag sei, ist als Rechtsirrtum unerheblich, München GA. 42 S. 301, dagegen kann Irrtum darüber, ob ein Berkehrsgewerbe dorliegt, straflos sein. KG. GA. 41 S. 311. 52) Auch die hier mit Strafe bedrohten Handlungen sind Vergehen. Doch Verjährungsfrist 3 Monate, es sei denn, daß ein Preßdelikt vorliegt. Frank­ furt JurW. 57 Nr. 2103. Siehe auch Anm. 21 a zu 8 55 a.

BIV1. Gewerbeordnung § 147.

665

Wer den §§ 105 b bis 105 g oder den auf Grund dieser Vor­ schriften erlassenen Anordnungen zuwider Arbeitern an Sonn- und Festtagen Beschäftigung gibt oder den auf Grund des § 105 b Abs. 2 erlassenen statutarischen Bestimmungen zuwiderhandelt, nachdem er bereits zweimal wegen einer Zuwiderhandlung gegen die bezeichneten

Vorschriften rechtskräftig verurteilt worden ist. wird, falls die Straf­ tat vorsätzlich begangen wurde, mit Geldstrafe oder mit Haft bestraft. § 146 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 147. Mit Geldstrafe und im Unvermögensfalle mit Haft "d) wird bestraft:62) 1. wer den selbständigen Betrieb6S) eines stehenden Gewerbe-, zu dessen Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung (Konzession,

Approbation, Bestallung) erforderlich ist,64) ohne die vorschriftsmäßige

Genehmigung unternimmt oder fortfefot,B6) oder von den in der Ge­

nehmigung festgesetzten Bedingungen abweicht;60)

2. wer eine Anlage,B?) zu der mit Rücksicht auf die Lage oder

Beschaffenheit der Betriebsstätte oder des Lokals eine besondere Ge­ nehmigung erforderlich ist (§§ 16 und 24), ohne diese Genehmigung errichtet, betreibt07a) oder

die

wesentlichen Bedingungen,^) unter

53) Über selbständigen Betrieb siehe oben Anm. 17 zu 8 14. 54) Hierunter fallen Unternehmer von Krankenanstalten (§ 30), Seefahrer und Lotsen (§ 31), nicht mehr dagegen Ärzte, Tierärzte, Apocheker, Hebammen, wohl aber noch Zahnärzte, s. Anm. 36,37, 37 a, 39,46 zu 88 29, 30 u. 30 a. 55) Hierunter fällt nicht der Fortbetrieb eines bisher konzessionsfteien Gewerbes nach Einführung der Genehmigungspflicht. Über das Unternehmen

eines Theaterbetriebes RArbG. Dt. Justiz 1934 S. 1414.

56) Die Ausübung des Gewerbes setzt ein positives Handeln voraus. Ein bloßes Dulden genügt nicht. E. 30 S. 133. Eine Eheftau, die ihrem Ehe­ manne im Schankgewerbe Hilfe leistet, obwohl sie weiß, daß derselbe keine Kon­ zession hat, macht sich der Beihilfe zu dem Gewerbevergehen, nicht aber auch der Beihllfe zu derSteuerdeftaude schuldig. Johow 14 S.291. Die Verjährung des Vergehens beginnt nicht, solange das genehmigungspflichtige Gewerbe ohne Genehmigung betrieben wird. OR. 19 S. 137. 57) Über Anlagen stehe Anm. 24 zu 8 16; nicht nur die gewerblichen fallen unter 8 147 Ziffer 2, VO. v. 30. August 37 (RGBl. I S. 918). Die Strafbar­ keit tritt ein, sobald mit der Anlage der Anfang gemacht ist. OTr. GA. 26 S. 226. Es darf sich aber nicht bloß um eine vorübergehende Einrichtung handeln. OR. 16 S. 534. Auch der spätere Erwerber einer nicht genehmigten Anlage ist strafbar. BayKaffattonshof GA. 24 S. 50 u. OR. 19 S. 37. Solange die unkonzessionierte Anlage besteht, läuft keine Verjährung. Caffel GA. 37 S. 458. 57 a) Eingefügt durch VO. v. 30. August 37 (RGBl. I S. 918). 58) DaS sind diejenigen Bedingungen, die für notwendig erachtet werden, damit die Anlage resp, deren Betrieb nicht Nachteile für die Nachbarn oder das Publikum herbeiführt. OVG. GA. 41 S. 168 u. Kiel GA. 42 S. 152. Z. B. Nichtaufstellung eines nach dem bayr. Waffergesetz aufzustellenden Höhenmaßes, OLG. München JFGErg. 17 S. 254.

B IV. Handels- und Gewerberecht.

666

welchen die Genehmigung erteilt worden, nicht innehält, oder ohne neue Genehmigung eine wesentliche Veränderung69) der Betriebsstätte oder eine Verlegung des Lokals oder eine wesentliche Veränderung in

dem Betriebe der Anlage vornimmt;59 60) 3.61)* *wer, * * 66ohne hierzu approbiert zu sein, sich als Arzt (Wundarzt,

Augenarzt, Geburtshelfer, Zahnarzt, Tierarzt) bezeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der Glauben erweckt wird, der In­

haber desselben sei eine geprüfte Medizinalperson;

3 a. wer, ohne öffentlich zum Wirtschaftsprüfer bestellt zu sein, sich als Wirtschaftsprüfer bezeichnet oder sich eine ähnliche Bezeichnung beilegt, oder wer als Vertreter einer Gesellschaft tätig ist, die eine auf

eine Wirtschaftsprüfertätigkeit hinweisende Bezeichnung führt, ohne daß die Gesellschaft

in

die von der zuständigen geführte Liste der die

Wirtschaftsprüfertäligkeit ausübenden Gesellschaften eingetragen worden ist;"») 4. wer den auf Grund der §§ 120 d, 137 a Abs. 3, § 139 g end­

gültig erlassenen Verfügungen oder,

abgesehen von den Fällen deS

§ 146 Abs. 1 Nr. 2, § 150 a, den auf Grund der §§ 120 e, 120 f, 139, 139 a, 139 h erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt;»»)

5.16) Enthält die Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die Steuergesetze, so soll nicht außerdem noch auf eine Steuerstrafe er-

59) Über Veränderungen an Neuwerken siehe OBG. 10 S. 277. Die Nichterfüllung von Bedingungen, unter denen eine Änderung genehmigt ist, fällt gleichfalls unter diese Vorschrift. KG. v. 29. Mai 05, DIZ. 10 S. 966. 60) Wer eine genehmigte Anlage vermietet, wird dadurch von seiner per­ sönlichen Verantwortlichkeit nicht ftei. KG. v. 14. Febr.89, Johow 9 S. 181. 61) Biff. 3 ist bis aus die Zahnärzte gegenstandslos geworden. Die Be­ rufsbezeichnung „Arzt" ist jetzt geschützt nach § 16 ReichsärzteO. v. 13.Dezbr. 35 (RGBl.I S. 1433); vgl. unter Bll 7; die GewO, findet aus ihn keine An­ wendung. Auch für Zahnärzte, die als Ärzte bestallt sind, gilt §16 gemäß DurchfBO. v. 31. März 36 (RGBl. I S. 338), für die übrigen Zahnärzte gilt jedoch, ebenso wie für Dentisten, die GewO, einstweilen noch weiter. Die Berufs­ bezeichnung „Tierarzt" wird durch § 16 der ReichstierärzteO. v. 3. April 36 (RGBl. I S. 347), der wörtlich § 16 der ReichsärzteO. entspricht, geschützt, vgl. unter BII7. Auf die Tierärzte findet danach die GewO, keine Anwendung mehr. Vgl. auch Anm. 54 zu § 147 u. Anm. 37 a, 38 zu § 29. Als ähnliche Titel, durch welche der Glaube erweckt wird, der Inhaber sei approbiert, sind angesehen die Bezeichnungen: Atelier für künstliche Zähne, OR. 17 S. 572; ebenso Zahntechniker Dr. N., E. 1 S. 117; und Zahnklinik Dr., GA. 52 S. 258 oder Dentist, DIZ. 13 S. 1352, a. M. KG. DIZ. 38 S. 982 (nach Breslau GA. 73 S. 55 nicht „Dentist staatl. geprüft"). 66) Die Duldung von Schlafstätten in den Betriebsräumen gegen polizei­ liches Verbot fällt unter diese Vorschrift. E. 29 S. 50.

BIV1. Gewerbeordnung § 148.

667

sannt werden, es ist aber darauf bei Zumessung der Strafe Rücksicht

zu nehmen. In dem Falle zu 2 kann die Polizeibehörde die Wegschaffung der

Anlage oder die Herstellung des den Bedingungen entsprechenden Zu­ standes derselben anordnen.

In dem Falle zu 4 kann die Polizeibehörde bis zur Herstellung

des der Verfügung oder der Vorschrift entsprechenden Zustandes die

Einstellung des Betriebes, soweit derselbe durch

die Verfügung oder

die Vorschriften getroffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung er­ hebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführen geeignet sein würde. § 148.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark und

im Unvermögensfalle mit Haft bis zu vier Wochen 42b) wird bestraft: 1. wer außer den im § 147 vorgesehenen Fällen ein stehendes Gewerbe beginnt, ohne dasselbe vorschriftsmäßig anzuzeigen;69)70

2. wer die im § 14 erforderte An- oder Abmeldung einer über­

nommenen Feuerversicherungsagentur unterläßt; 3. wer die im § 14 erforderten Anzeigen über das Betriebslokal

unterläßt; 4. wer der nach § 35 oder nach § 35b69b) gegen ihn ergangenen Untersagung eines Gewerbebetriebs zuwiderhandelt, oder die im § 35

vorgeschriebene Anzeige unterläßt;?9)

69) Selbst. Gewerbebetrieb ist gegeben, wenn der Täter frei über feine Zeit verfügen kann, unabhängig von den Weisungen eines Arbeitgebers handelt und selbst das Risiko seiner Arbeit trägt; die Anmeldung zur Krankenkasse ist kein untrügliches Zeichen, da sie zur Verschleierung erfolgt sein kann, OLG. Karlsruhe JurW. 1935 S. 1256. Kein selbst. Gewerbebetrieb, wenn Dekorationslehrling nach Feierabend einem fremden Geschäftsinhaber die Schaufenster dekoriert, selbst wenn er weitere spätere Aufträge erhofft, KG. Dt. ©traft. 1935 S. 157, JurW. 1935 S. 2388. Eine stattgehabte Bestrafung wegen unterlaffener Anzeige entbindet nicht von der Verpflichtung, dieselbe doch noch zu machen. Johow 6 S. 235. Die Vergehen gegen § 147 Nr. 1 u. § 148 Nr. 1 können in Jdealkonkurrenz begangen werden. E. 35 S. 378. Die Verjährungs­ frist beginnt erst mit dem Erlöschen der Anzeigepflicht. BayObLG. JurW. 57 S. 2637, JurR. 3 Nr. 338. 69 b) Siehe Anm. 72 c § 35 b. 70) Gewerbetreibender ist, wer nach außen dem Publikum und den Be­ hörden gegenüber als die Mb- wie öffentlichrechtlich für den Betrieb verantwortliche Person auftritt. Celle GA. 50 S. 328. Wenn jemayd wegen Fortsetzung eines untersagten Gewerbebetriebs bestraft wird, so betrifft dies die Zeit bis zum ersten, nicht bis zum rechtskräftigen Urteil. Königsberg GA. 39 S. 347. Ob nach Untersagung des Gewerbebetriebs stattgehabte Zuwiderhandlungen jede für sich eine selbständige Straftat bllden oder nur zusammen ein gewerbsmäßiges oder fortgesetztes Zuwiderhandeln darstellen, ist nicht unbestritten. Marienwerder GA. 47 S. 465, dagegen E. 27 S. 111. Richtig ist die Annahme eines Kollekttvdelitts. Borsatz ist nicht erforderlich. GA. 56 S. 117. Die Der-

668

B IV. Handels- und Gewerberecht.

4 a. wer außer den Fällen des § 360 Nr. 12, § 367 Nr. 16 des StrafgesetzbuchS den auf Grund deS § 38 erlassenen Vorschriften zu­

widerhandelt; 70 * *•) 71 72 6. wer dem § 33b oder außer den im § 149 Ziffer 1 vorgesehenen

Fällen den $§ 42a bis 44a zuwiderhandelt, oder seine Legitimations-

karte (§ 44a) oder seinen Wandergewerbeschein (§ 65) einem anderen zur Benutzung überläßt; 6. wer zum Zwecke der Erlangung einer Legitimationskarte, eines Wandergewerbescheins oder der im § 62 vorgesehenen Erlaubnis in

btzug auf seine Person, oder die Personen, die er mit sich zu führen beabsichtigt, wissentlich unrichtige Angaben macht;w)

7. wer ein Gewerbe im Umherziehen ohne den gesetzlich erforder-

lichen Wandergewerbeschein, imgleichen wer eines der im § 59 Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Gewerbe der nach § 69a ergangenen Untersagung zuwider betreibt; nb) 7 a. wer dem § 66 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 bis 5, 7 bis 11, Abs. 3,

den §§ 66a oder 66b zuwiderhandelt; 7")

7b. wer den Vorschriften der §§ 66c, 60a, 60b Abs. 2 oder des § 6Oc Abs. 2, 3 zuwiderhandelt;") 7c. wer einer ihm in Gemäßheit des § 60 Abs. 1, § 60b Abs. 1

oder des § 60d Abs. 3 in dem Wandergewerbeschein auferlegten Be­ schränkung zuwiderhandelt;

7a.’2*) 7e. ein Ausländer, welcher bei dem Gewerbebetrieb im Umher­

ziehen den in Gemäßheit des §66d vom Bundesrate getroffenen Be­ stimmungen zuwiderhandelt;

8. wer bei dem Betriebe seines Gewerbes die durch die Obrigkeit

oder durch Anzeige bei derselben festgelegten Taxen überschreitet oder jährung beginnt erst mit dem letzten Akt des Gewerbebetriebes. Dresden LZ. 17 S. 622. 70 a) Ziffer 4a ist unanwendbar auf § 64 der Vorschriften für Versteigerer. (Vgl. Anm. 72 ä zu 8 38.) KG. JFGErg. 6 S. 218. 71) Die Anwendung der Vorschriften des StGB, über intellektuelle Ur­ kundenfälschung ist nicht ausgeschloffen. E. 63 S. 363. S t e n g l e i n Nebenges. Anm. 19. A. M. Kayser-Steiniger Anm. 9. 71a) Der Heilmittelverkauf geht in der Ausübung der Heilkunde auf. KG. Johow 53 S. 365. 71 b) Tateinheit mit Landstreicherei ist möglich. KG. JFGErg. 1939

S. 284. 72) Wenn ohne obrigkeitliche Erlaubnis Waren im Umherziehen im Wege öffentlicher Ausspielung fellgehalten werden, so liegt Jdealkonkurrenz mit § 286 StGB. vor. E. 14 S. 384. Daß die Form der Ausspielung den Begriff des FellhaltenS nicht ausschließt, erkennt auch E. 27 S. 31 an. 72 a) Ziff. 7d ausgehoben durch § 30 Jugendschutzges.

VIV 1. Gewerbeordnung 8 14S.

669

es unterläßt, das gemäß §76 oder §76a76) vorgeschriebene Verzeichnis einzureichen; ™) 8 a.73 74) wer die im § 104 u erforderten Anzeigen nicht unverzüg­ lich erstattet; 9. wer die gesetzlichen Pflichten gegen die ihm anvertrauten Lehr­ linge verletzt;7") 9a. wer den §§ 126 und 126a zuwider Lehrlinge hält, anleitet oder anleiten läßt; 9b. wer dem § 129 oder den auf Grund der §§ 128 und 130 er­ lassenen Vorschriften zuwider Lehrlinge hält, anleitet oder anleiten läßt; 9c. wer unbefugt den Meistertitel führt;74b) 10. wer wissentlich der Bestimmung im $ 127e Abs. 2 zuwider einen Lehrling beschäftigt; 11—12.") 13. wer dem § 115a oder den auf Grund des § 119a erlassenen statutarischen Bestimmungen zuwiderhandelt; 14. wer den Vorschriften des § 15 a zuwiderhandelt.

Enthält in den Fällen des Abs. 1 die strafbare Handlung zugleich eine Zuwiderhandlung gegen ein Steuergesetz ($ 73 Straf­ gesetzbuch), so ist die nach Abs. 1 verwirkte Strafe neben der etwa verwirkten Steuerstrafe besonders zu verhängen; bei der Bemessung der Steuerstrafe ist jedoch die nach Abs. 1 verhängte Strafe zu berück­ sichtigen.74^) Soweit die Vorschriften der Reichsabgabenordnung entgegenstehen, fanden sie keine Anwendung.

§ 149.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Reichsmark

und im Unvermögensfalle mit Hast bis zu acht Tagen "b) wird bestraft:

1. werden im § 42b vorgesehenen Erlaubnisschein oder den im § 43 vorgesehenen Legitimationsschein während der Ausübung des Gewerbebetriebs nicht bei sich führt, oder den Bestimmungen des § 44a Absatz 2 zuwiderhandelt;

2. wer bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen dem letzten Ab­ sätze des § 56 oder dem $ 60c Abs. 1 zuwiderhandelt;

3. wer ein Gewerbe im Umherziehen, für welches ihm ein aus 73) Die Überschreitung muß schuldhafterweise., erfolgt sein. Irrtum über

die Höhe des Tarifs ist entschuldbar. KG. v. 9. Febr. 05, DIZ. 10 S. 413. 74) Eingefügt durch Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung (Handwerksnovelle) v. 11. Febr. 29 (RGBl. I S. 21).

74 a) Z. B. die Berufsschulpflicht. KG. JurW. 61 S. 3460. 74 b) Fahrlässigkeit genügt. Dresden JurW. 62 S. 1203. 74 bb) Wegen der Behandlung der Wandergewerbesteuerstrafsachen s. AB. deS RFM. v. 15. Mai 39 (DJust. S. 968).

670

B IV. Handels- und Gewerberecht.

einen bestimmten Bezirk lautender Wandergewerbeschein erteilt ist, unbefugt in einem anderen Bezirke betreibt; 4. wer ein Gewerbe im Umherziehen mit anderen Warengat­ tungen oder unter Darbietung anderer Leistungen betreibt, als sein Wandergewerbeschein angibt; 6. wer bei dem Gewerbebetrieb im Umherziehen unbefugt Per­ sonen mit sich führt, oder einen Gewerbetreibenden, zu welchem er nicht in dem Verhältnis eines Ehegatten, Kindes oder Enkels steht, unbefugt begleitet;74c) 6. wer den polizeilichen Anordnungen wegen des Marktverkehrs zuwiderhandelt;*74)75 7. wer es unterläßt, den durch § 105c Abs. 2, §§ 138, 138a Abs. 5, § 139b für ihn begründeten Verpflichtungen nachzu­ kommen;") 7a. wer es unterläßt, gemäß §§ 75, 75a76) das Verzeichnis anzu­ schlagen oder dem Stellesuchenden vor Abschluß des Bermittelungs­ geschäfts die für ihn zur Anwendung kommende Taxe mitzuteilen.

Enthält in den Fällen des Abs. 1 die strafbare Handlung zu­ gleich eine Zuwiderhandlung gegen ein Steuergesetz (§ 73 Straf­ gesetzbuch), so ist die nach Abs. 1 verwirkte Strafe neben der etwa verwirkten Steuerstrafe besonders zu verhängen; bei der Bemessung der Steuerstrafe ist jedoch die nach Abs. 1 verhängte Strafe zu berück­ sichtigen 74bb). Soweit die Vorschriften der Reichsabgabenordnunq ent­ gegenstehen, finden sie keine Anwendung. § 150. Mit Geldstrafe bis zu einhundertündfünizig Reichsmark und im Unvermögensfalle mit Haft bis zu drei Tagen42b) für jeden

Fall der Verletzung des Gesetzes wird bestraft 1. wer der Bestimmung des § 106 zuwider einen Arbeiter in Beschäftigung nimmt oder behält;7 *) 2. wer außer dem im § 146 Nr. 3 vorgesehenen Falle den Vor­ schriften dieses Gesetzes in Ansehung der Lohnbücher oder Arbeits­ zettel oder den auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Bestimmungen oder den Vorschriften des § 134 Abs.2 zuwiderhandelt;7*)

3. 77).78 4. wer den. Bestimmungen des § 120 Abs. 1, des § 139i oder einer auf Grund des § 120 Abs. 3 erlassenen statutarischen Bestim­ mung76) zuwiderhandelt;76) 74c) Z. B. auch jemand, der den von einem Gewerbetreibenden Kraft­ wagen steuert, RG. JurW. 1936 S. 2247. 75) Siehe die Anm. zu § 69. 76) Siehe Anm. 63 zu § 34. 77) Ziffer 3 ist durch Ges. v. 16. Juni 37 (RGBl. I S. 649) aufgehoben. 78) Die Gültigkeit des Ortsftatuts hat der Richter zu prüfen. GA. 41

BIV 1. Gewerbeordnung §§ 150 a it. 151.

671

4 a. der Lehrherr, welcher den Lehrvertrag nicht ordnungsmäßig

abschließt (§ 103e Abs. 1 Ziffer 1 und § 126);

5.18)

Landesgesetzliche Vorschriften gegen die

Verletzung der Schul-

pflicht, nach welcher eine höhere Strafe eintritt, werden durch die Be­

stimmung unter Ziffer 4 nicht berührt.

§ 160a.

Mit Geldstrafe bis zu

einhundertundfünfzig Reichs-

mark und im Unvermögensfalle mit Haft von einem Tage42b) für jeden Fall der Verletzung des Gesetzes

wird bestraft,

wer

den auf Grund des

§ 120 e Abs. 1 Satz 2 erlassenen Bestimmungen zuwiderhandelt.

§ 151. Sind bei der Ausübung des Gewerbes polizeiliche Vor­ schriften bo) von Personen übertreten worden, welche der Gewerbetreibende zur Leitung des Betriebs oder eines Teiles desselben oder zur

Beaufsichtigung bestellt hatte, so trifft die Strafe diese letzteren.'8») Der S. 167, nicht aber die Notwendigkeit u. Zweckmäßigkeit. Kayser-Steiniger Anm. 6. Siehe auch die Anm. zu § 142. Unkenntnis eines Ortsstatuts, welches ortsüblich verkündet ist, schadet. KG. GA. 46 S. 226. 79) Ob der unterlassene Besuch der Fortbildungsschule als entschuldigt an­ zusehen ist, hat der Richter zu prüfen. KG. Johow 10 S. 181. Der Schul­ pflichtige ist strafbar nach § 14 des Reichsschulpflichtges. v. 6. Juli 38 (RGBl. I S. 799). Vgl. Anm. la zu 8 120. 80) Unter „polizeilichen Vorschriften" i. S. des § 151 sind auch polizeiliche Vorschriften außerhalb der GewO, zu verstehen, die der Gewerbetreibende nach Reichs- oder Landesrecht bei Ausübung des Gewerbes zu beobachten hat, z. B. die gesundheitspolizeilichen Vorschriften, der §§ 6, 7 des Milchgesetzes E. 72 S. 26. Auch die Nichtbeachtung oder Überschreitung etwa an die Erlaubnis geknüpfter Bedingungen genügt beim Borliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Anwendung des § 151, KG. JFGErg. 17 S. 233. 80 a) Leiter des Betriebs ist derjenige, welchem in einem Gewerbebetriebe der Verkauf in der Art übertragen ist, daß der Gewerbetreibende selbst sich um diesen Teil nicht kümmert. Celle GA. 46 S. 61. Erforderlich ist die Übertragung

des Rechts, die Gesamtheit der gewerblichen Handlungen, die mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs verbunden sind, als Stellvertreter des Gewerbe­ treibenden auszuüben. DStZ. 1S. 366. Eine Ehefrau, die von ihrem Ehemann stillschweigend Vollmacht zu Ladenverkäufen hat, ist zur Leitung des Betriebs bestellt. E. 52 S. 279. Der mit der Bauleitung betraute Architekt ist aber nicht Unternehmer des Baues und nicht für die in Frage kommenden Polizei!. Vorschriften verantwortlich. Dresden JurW. 59 S. 2236. Für Zuwiderhand­ lungen gegen polizeiliche Vorschriften hastet, wenn der Gewerbetreibende einen Vertreter hat, neben diesem auch er selbst noch, wenn er fahrlässig gehandelt hat. GA. 41 S. 51. Der Betriebsunternehmer hat unter Umständen durch sorg­ fältige Auswahl und Überwachung der Betriebsleiter und Auffichtspersonen seiner Pflicht noch nicht genügt, vielmehr hat er trotzdem die Pflicht, den Be­ trieb auch noch selbst zu beaufsichtigen und trifft ihn in dieser Beziehung ein Verschulden, so ist er neben dem Betriebsleiter oder Aufseher doch noch verant­ wortlich. E. 24 S. 293. OLG. Königsberg, HRR. 1939 Nr. 481 Eine Beaufstchtigungspflicht hinsichtlich der Gesellschafter liegt dem Gewerbetreibenden nicht ob. E. 45 S. 402.

672

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Gewerbetreibende ist neben denselben strafbar, wenn die Übertretung

mit seinem Borwissen88b) begangen ist oder wenn er bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebs, oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Betriebsleiter oder Aufsichtspersonen es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.888)

Ist an eine solche Übertretung der Verlust der Konzession, Appro­ bation oder Bestallung geknüpft, so findet derselbe auch als Folge der von dem Stellvertreter begangenen Übertretung patt, wenn diese mit Borwissen des verfügungsfähigen Vertretenen begangen worden. Ist dies nicht der Fall, so ist der Vertretene bei Verlust der Konzession, Approbation usw. verpflichtet, den Stellvertreter zu entlassen,

§ IM.11) § 158") Lchlußbefttmmuugeu.

§ 154 Bon den Bestimmungen im Titel VII finden keine An­ wendung: 1. die Bestimmungen der §§ 106 bis 139 m auf Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken;88) 2. die Bestimmungen der §§ 106, 106 bis 119 b sowie, vor­ behaltlich des § 139g Abs. 1 und der §§ 139 h, 1391, 139 m, die Bestimmungen der §§ 120a bis 139 aa auf Handlungsgehilfen und Handlungslehrlinge; 3. die Bestimmungen der §§ 133g bis 139a auf Arbeiter in Apotheken und auf diejenigen Arbeiter in Handelsgeschäften, welche Der Mitinhaber einer Firma ist nicht schon wegen seiner Teilhaberschaft für die Übertretung polizeilicher Vorschriften bei dem Gewerbebetriebe verant­ wortlich, es muß ein subjektives Verschulden hinzutreten. GA. 42 S. 137. Ver­ treter jur. Personen hasten ebenso wie Phys. Personen. E. 33 S. 261 (265). Der Prokurist dann, wenn ihm durch die Bestellung zur Leitung und Beauf­ sichtigung auch die Verpflichtung zur Ausübung solcher Tätigkeit erwachsen ist. KG. Recht 32 Nr. 2023. Ebenso die Hotelangestellte, der die Mädchen unter­ stehen. JurW. 1936 S. 1146. Zieglermeifter sind nicht lediglich als Gewerbe­ gehilfen anzusehen, vielmehr bedarf es der Feststellung, ob sie zur Leitung des Betriebs oder zur Beaufsichtigung angestellt sind. Siehe GA. 42 S. 137. Stell­ vertretung eines Apothekers durch einen noch nicht approbierten Gehilfen ist unstatthaft. KG. GA. 40 S. 200. 80 b) Der Begriff „mit Borwiffen" umfaßt auch den bedingten Vorsatz. E. 72 S. 26. 80 c) Z. B. der Molkereibesitzer, der es unterlassen hat, seinem Gehilfen die Prüfung der Milch auf ihren Fettgehalt zur Pflicht zu machen oder der die Einhaltung der Verpflichtung nicht überwacht hat. Dresden LZ. 24 S. 68. 83) Aufgehoben durch Ges. v. 22. Mai 18 (RGBl. S. 423). 84) Gehilfen in Apotheken sind Personen mit bestimmter pharmazeutischer Vorbildung. BayObLG. GA. 48 S. 139.

B IV 1. Gewerbeordnung § 154.

673

nicht in einem zu dem Handelsgeschäfte gehörigen Betriebe mit der Her­ stellung oder Bearbeitung von Waren'") beschäftigt sind, auf.Heilan­ stalten und Genesungsheime, auf Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten; 4.-6.«")

Die Bestimmungen der §§ 133g, 135 bis 139b finden auf Arbeit­ geber und Arbeiter in Hüttenwerken, in Zimmerplätzen und anderen Bauhöfen,") in Werften sowie in Werkstätten der Tabakindustrie auch dann entsprechende Anwendung, wenn in ihnen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden; auf Arbeitgeber und Arbeiter in Ziegeleien und über Tage betriebenen Brüchen und Gruben finden die Bestimmungen auch dann entsprechende Anwendung, wenn in diesen Betrieben in der Regel mindestens fünf Arbeiter beschäftigt werden. Die Bestimmungen der §§ 135 bis 139 b finden auf Arbeitgeber und Arbeiter in Werkstätten, in welchen durch elementare Kraft (Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elektrizität usw.) bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend") zur Verwendung kommen, auch wenn in ihnen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß der Bundesrat für gewisse Arten von Betrieben Ausnahmen von den im § 135 Abs. 2,3, §§ 136, 137 Abs. 1 bis 4, § 138 vorgesehenen Bestimmungen nachlassen tarnt.87 * *) * 86 Auf andere Werkstätten, in denen in der Regel weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, und auf Bauten, bei denen in der Regel

weniger als zehn Arbeiter beschäftigt werden, können die Bestimmungen der §§ 135 bis 139 b durch Beschluß des Bundesrats ganz oder teil­ weise ausgedehnt werden.87 a) Die Bestimmungen des Bundesrats können auch für bestimmte Bezirke erlassen werden. Sie sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu ver­ öffentlichen und dem Reichstage bei seinem nächsten Zusammentritte zur Kenntnisnahme vorzulegen. 84 a) Dazu gehören auch umzuarbeitende fertige Waren. HRR. 1931 31^ 222 ' 85) Siehe VO. v. 23. Novbr. 18 (RGBl. S. 1329). Vgl. Anm. 79 zu § 105. 86) Was unter regelmäßiger Benutzung von Dampfkraft zu verstehen, darüber siehe E. 20 S. 400. Daß das Triebwerk ununterbrochen benutzt wird, ist nicht notwendig. -E. 39 S. 134. Nach Dresden JurW. 61 S. 3460 gilt ein Friseurgeschäft, in dem ein Föntrockner oder elektr. Haarschneidemaschine benutzt werden, als eine Werkstatt mit Motorbetrieb. 87) Bergl. hierzu jetzt 8 9 ArbeitszeitBO. u. § 20 Jugendschutzges., abgedr. unter B VI 6 u. 7. 87 a) Die zit. §§ sind in die ArbeitszeitBO. u. das Jugendschutzges., ab­ gedruckt unter B VI 6 u. 7, einbezogen, so daß von deren Borschristen auszu­ gehen ist. S. Anm. 87.

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

674

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Z 154a.e,b) Die Bestimmungen des § 114a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, S 114 b Abs. 1, der §$ 114 o bis 119a, des § 134 Abs. 2, der §§ 136 bis 139 b, 168 und iss finden auf die Besitzer und Arbeiter von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstallen und unterirdisch be­ triebenen Brüchen oder Gruben entsprechende Anwendung und zwar auch für den Fall, daß in ihnen in der Regel weniger als zehn Ar­ beiter beschäftigt werden.") 5 166. Wo in diesem Gesetz auf die Landesgesetze verwiesen ist, sind unter den letzteren auch die verfassungs- oder gesetzmäßig erlasse­ nen Verordnungen verstanden.") Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeichnung: höhere Verwaltungsbehörde, untere Verwaltungsbehörde, Gemeinde­ behörde, Ortsbehörde, Unterbehörde, Polizeibehörde, Ortspolizeibehörde und welche Verbände unter der Bezeichnung weitere Kommunalver­ bände zu verstehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundes­ staats bekannt gemacht. Für die unter Reichs- und Staatsverwaltung stehenden Betriebe können die den Polizeibehörden, unteren und höheren Verwaltungs­ behörden durch § 105b Abs. 2, § 106o Abs. 2, §§ 105e, 105k, 115a, 120d, 134e bis 134g, 138 Abs. 1, §§ 138a, 139, 139 b übertragenen Befugnisse und Obliegenheiten auf die der Verwaltung dieser Betriebe vorgesetzten Dienstbehörde^ übertragen werden.

B IV 2. Gesetz zum Schutze -es Einzelhandels. Vom 12. Mai 1933.

Artikel I (RGBl. I S. 262), geändert durch die Gesetze vom 15. Juli 1933,27. Juni, 13. Dezember 1934 und vom 9. Mai 1935 (RGBl. 1933 I S. 493; 1934 I S. 523, 1241; 1935 I S. 589). (Auszug.) § 1. Im § 1 wird das durch BO. v. 23. Dezbr. 32 (RGBl. I S. 671) aus­ gesprochene Verbot der Errichtung, Erweiterung u. Verlegung von Einheits­ preisgeschäften unbefristet verlängert. 87 b) Abs. 2 fortgefallen durch VO. über die neue Fassung der ArbeitszeitVO. v. 26. Juli 1934 (RGBl. I S. 803). 88) Die Bestimmung bezieht sich nicht nur auf Vorschriften, die bei Erlaß des § 155 bereits bestanden. Recht 14 S. 709.

B IV 2. Gesetz zum Schutze des Einzelhandels § 2.

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§ 2.1) Verkaufsstellen, in denen Waren zum Verkauf feilgehalten werdens) dürfen nicht errichtet oder übernommen werden?) Als Errichtung im Sinne des Abs. 1 gilt es nicht, wenn eine Ver1) Ausnahmen von den §§ 2—4 können gemäß § 5 nach Maßgabe der von der Reichsregierung erlassenen Richtlinien — DurchfBO. v. 23. Juli 34 (RGBl. I S. 726) nebst Erl. v. 24. Oktbr. 34, NMBlfW. 40 S. 212 — zu­ gelassen werden. Die Vorschriften der §§ 2—4 finden gemäß § 6 auf das Feil­ halten von Waren auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, im Ge­ werbebetrieb im Umherziehen, im Marktverkehr u. auf Ausstellungen keine Anwendung. Uber die Verfahrensgrundsätze des Ges. s. Erl. d. RWiMin. v. 10. Juli 36 (V 14 097/36). Die zum Ges. erlassenen und noch geltenden Berwaltungserlasse sind zusammengestellt und abgedruckt im RMBlfW. 40 S. 209 ff., darunter auch die Erl. v. 16. Septbr. 39 u. 10. Jan. 40 betr. Anwendung des Ges. im Kriege. — Vgl. hierneben die VO. zur Beseiti­ gung der Übersetzung im Einzelhandel v. 16. März 39 (RGBl. I S. 498)

nebst I. DurchfAnw. v. 16. März 39 (RGBl. I S. 499); danach können Ver­ kaufsstellen, Bersandgeschäfte und Bestellkontore des Einzelhandels ge­ schlossen werden, wenn Inhaber oder leitende Person nicht die persönlichen oder sachlichen Voraussetzungen für die Führung eines Einzelhandelsgeschäftes besitzen. 2) Hierunter fallen nur Einzelhandelsverkaufsstellen, in denen Waren zum Verkauf feilgehalten werden, nicht Verkaufsstellen des Großhandels für Wiederverkäufer und nicht handwerkliche Betriebe, s. Erl. v. 16. Dezbr. 33, RMBlfW. 40 S. 210. Ein handwerklicher Betrieb ist auch ein photogra­ phisches Atelier, woran auch der gleichzeitige, bereits herkömmliche Ver­ kauf von Rollfilmen nichts ändert, OLG. München, HRR. 1936 Nr. 241. überhaupt fallen kleine mit dem Gewerbebetrieb unmittelbar im Zusammen­ hang stehende Verkaufsstellen von Zubehörteilen usw. nicht unter das Ges. OLG. München, Reger, Entsch. Bd. 55 S. 180. — Einzelhandel im Sinne des Ges. ist die gewerbsmäßige Abgabe von Waren an solche Käufer, die die letzten Verbraucher — Konsumenten — sind; darüber wie über den Begriff des Verkaufsraumes s. Preuß. OVG. JurW. 1937 S. 2675. Einig A. Bremen mit Anm. Gottschick, ArchWR. 1937 S. 76. Verkaufsstellen sind nicht Hilfsbetriebe u. Zubehörgeschäfte eines an sich nicht unter das Ges. fallenden Betriebes, KG. JFG. Erg. 4 S. 183. Erl. v. 24. Novbr. 38, RMBlfW. 40 S. 220. Tankstellen dagegen sind Verkaufsstellen im Sinne des Einz.Ges. OVG. JurW. 1936 S. 757. Ebenso Werkstätten, in denen alte Kraftfahrzeuge gekauft, repariert und verkauft werden, OLG. Hamburg, DAutoR. 40. Nr. 76. — Auf Milchgeschäfte finden nur die §§ 14ff. Milch­ gesetzes Anwendung, Erl. v. 15. Dezbr. 38, RMBlfW. 40 S. 222. 3) Die Verlegung einer Verkaufsstelle in andere Verkaufsräume inner­ halb desselben Gemeindebezirkes ist keine unzulässige Errichtung, OVG. JurW. 1936 S. 538, 757; Fortführung einer Verkaufsstelle durch einen von mehreren Mitinhabern ist keine Übernahme durch eine andere neue und fremde Person, deren Übernahme allein eingeschränkt werden soll, KG. JurW. 1937 S. 1713. Wenn Tabakwarenhändler in Gastwirtschaft Tabak­ automaten "für eigne Rechnung aufstellt, errichtet er neue Verkaufsstelle, OLG. Dresden, JurW. 1936 S. 204; trotz sog. Risikogemeinschaft, über diese s. Michel, Deutsche AutomatenRdschau 1931 Nr. 9. Weitere Rechtspr. s. in der Zusammenstellung in JurW. 1937 S. 2732.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

kaufsstelle unter Aufgabe der bisherigen Verkaufsräume innerhalb desselben Gemeindebezirks in andere Räume verlegt wird, sofern die Verkaufsstelle in den bisherigen Räumen von dem Inhaber mindestens ein Jahr bettieben worden ist und die neuen Verkaufsräume nicht mehr als fünfundzwanzig Quadratmeter größer als die bisherigen sind. Die obersten Landesbehörden können bestimmen, daß auch Teile des Gemeindebezirks als Gemeindebezirk im Sinne des Satzes 1 gelten. $ 8.1) Der Errichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 werden gleich­ gestellt: 1. die Erweiterung einer Verkaufsstelle durch bisher nicht dazu benutzte Verkaufsräume, sofern die Erweiterung den beim Jnkrafttteten des Gesetzes vorhandenen Verkaufsraum um mehr als fünfundzwanzig Quadratmeter übersteigt; 4. eine Änderung in der Bezeichnung der Verkaufsstelle auf Geschäftsschildern, Anschlägen in- oder außerhalb der Verkaufs­ räume auf Geschäftspapieren, Werbeschriften und in Ankündi­ gungen, wenn durch die geänderte Bezeichnung auf eine be­ sondere Art der Preisstellung oder auf den Bezug der Waren von einem bestimmten Einkaufsunternehmen hingewiesen wird; 5. die Ausdehnung des Verkaufs auf Lebens- und Genußmittel in Verkaufsstellen, in denen ausschließlich oder überwiegend andere Waren zum Verkauf feilgehalten werden. 6. die Ausdehnung des Verkaufs auf Arzneimittel in Verkaufs­ stellen, in denen ausschließlich oder überwiegend andere Waren feilgehalten werden.3a) § 4.1) Die Vorschriften der §§ 2 und 3 finden auch auf die Er­ richtung von Verteilungsstellen der Konsumvereine und Werkskonsumanstalten Anwendung. *4) § 7. Selbständige Handwerksbetriebe im Sinne des § 104o Abs. 2 der Gewerbeordnung dürfen in dem Bettieb eines Warenhauses, Einheitspreisgeschäftes, Kleinpreisgeschäftes,Serienpreisg^schäftes oder eines anderen, durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeich­ neten Geschäftes, in der Verkaufs- oder Verteilungsstelle eines Kon­ sumvereins oder einer Werkskonsumanstalt nicht errichtet werden. Die Reichsregierung kann bestimmen, daß selbständige Handwerksbettiebe, die in den im Satz 1 genannten Bettieben beim Inkrafttreten 3 a) S. hierzu den Erl. v. 11. März 35, NMBlfW. 40 S. 214. 4) Es ist gleich, ob der Warenverkauf gewerbsmäßig erfolgen soll oder nicht. Es kommen aber nur die aufgezählten Genossenschaften in Bettacht, andere fallen nicht unter diese Bestimmung.

B IV 3. Attiengesetz § 294.

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dieses Gesetzes bereits unterhalten werden, nach Maßgabe der von ihr festzusetzenden Voraussetzungen zu schließen sind?) Der Betrieb einer Schankwirtschaft und die Abgabe zubereiteter Speisen zum Genuß an Ort und Stelle werden in Warenhäusern, Einheitspreisgeschäften, Kleinpreisgeschäften, Serienpreisgeschäften oder anderen, durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeich­ neten Geschäften, in Verkaufs- oder Berteilungsstellen eines Konsum­ vereins oder einer Werkskonsumanstalt sowie in Verkaufsstellen eines Unternehmens, dessen Einzelhandelsumsatz insgesamt im Kalender­ jahr 1933 den Betrag von 600000 Reichsmark überstieg, mit Wirkung vom 1. November 1935 verboten. Der Reichswirtschaftsminister kann auf Grund eines bis zum 1. Juni 1935 gestellten Antrags ganz oder teilweise Ausnahmen von diesem Verbot zulassen, wenn ein besonderes Bedürfnis für die Weiterführung des schank- und speisewirtschaftlichen Betriebs (Erfrischungsraums) oder die Gefährdung des Gesamtunter­ nehmens durch die Schließung des Erfrischungsraums nachgewiesen wird. Das Verbot gilt nicht für Erfrischungsräume, für die durch Urteil des Reichswirtschaftsgerichts festgestellt worden ist, daß ihr Wegfall die Wirtschaftlichkeit des Gesamtunternehmens gefährden würde. Erfrischungsräume, für welche die Schankerlaubnis zurück­ genommen oder die Abgabe zubereiteter Speisen verboten worden ist, können, wenn sie bei Inkrafttreten dieser Vorschrift noch im Betrieb sind, bis zum 1. November 1935 weiterbettieben werden. § 9. Wer vorsätzlich oder fahrlässig einer der Vorschriften der §§ 2, 3, 4 oder 7 zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft.

B1V 3. Mtiengeseh. Vom 30. Januar 1937. (RGBl. I S. 107.)

(Auszug.) § 294?) (1) Wer als Mitglied des Vorstands oder des Aufsichts­ rats oder als Abwickler vorsätzlich zum Nachteil der Gesellschaft handelt, wird mit Gefängnis bestraft. 5) VO. über den Abbau der selbst. Handwerksbetriebe in Warenhäusern v. 11. Juli 33 (RGBl. I S. 468); dazu Erl. d. RWiMin. v. 1. Septbr. 33 (HG. Nr. 12083/33), v. 16. Dezbr. 33 (IIIA Nr. 18008/33), v. 31. Oktbr. 35 V 22755/35), v. 10. Jan. 36 (V 26152/35), sämtlich abgedruckt RMBlfW.40 S. 209 ff. 1) Vgl. Anm. 58 zu § 266 StGB, (unter A 2).

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B IV. Handels- und Vewerberecht. (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er­

kannt werden. (3) 8) In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Gefäng­ nisstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren; ein besonders schwerer Fall liegt namentlich dann vor, wenn die Tat das Wohl des Botts geschädigt oder einen besonders großen Schaden zur Folge gehabt oder der Täter besonders arglistig gehandelt hat. § 298. (1) Mit Gefängnis wird bestraft, wer über die Hinter­ legung von Aktien oder Zwischenscheinen Bescheinigungen, die zum Nachweis des Stimmrechts in einer Hauptversammlung dienen sollen, wissentlich falsch ausstellt oder verfälscht oder von einer solchen Be­ scheinigung wissend, daß sie falsch oder verfälscht ist, zur Ausübung des Stimmrechts Gebrauch macht. (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, in besonders schweren Fällen kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden. § 304. Die Vorschriften dieses Buches über Vorstandsmitglieder gelten sinngemäß für die persönlich haftenden Gesellschafter der Kom­ manditgesellschaft auf Aktien.

BIV 4. Gesetz betr. -ie Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Vom 20. April 1892.

(RGBl. S. 477) i. d. F. des Ges. vom 26. Mai 1933 (RGBl. IS. 298). (Auszug.)

§ 81a.*1)2 (1) Wer als Geschäftsführer, Liquidator oder Mitglied eines Aufsichtsrats oder eines ähnlichen Organs einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorsätzlich zum Nachteil der Gesellschaft handelt, wird mit Gefängnis und mit Geldstrafe bestraft. Daneben kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (2)*) In besonders schweren Fällen tritt an die Stelle der Ge­ fängnisstrafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Tat das Wohl des Volkes geschädigt oder einen anderen besonders großen Schaden zur Folge gehabt oder der Täter besonders arglistig gehandelt hat.

2) Vgl. Sinnt. 58a—59a zu § 266 StGB. 1) Vgl. Anm. 58 zu § 266 StGB. 2) Vgl. Anm. 58 a—59 a zu § 266 StGB.

BIV 5. Erwerbs- u. Wirtsch.-GenoffenLch. BIV 6. Unlaut. Wettbewerb.

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B IV 5. Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschafts­ genossenschaften. i. d. F. v. 20. Mai 1898 (RGBl. S. 370). (Auszug.)

§ 146?) (1) Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats und Liquidatoren werden, wenn sie absichtlich zum Nachteil der Genossen­ schaft handeln, mit Gefängnis und zugleich mit Geldstrafe bestraft. (2) Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt

werden. (3) (Entspricht wörtlich dem § 81a Abs. 2 GmbH.-Ges.; vor­ stehend unter B III4.)

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499, i. d. F. deS Ges. v. 26. Febr. 35 (S. 311)).

§ 1.l)2 3 Wer im geschäftlichen Verkehres zu Zwecken deS Wett­

bewerbes ^^) Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten') ver1) Vgl. Anm. 58 zu § 206 StGB. 1) Der vornehmliche Zweck des Gesetzes ist nicht, das Publikum gegen Übervorteilung zu schützen, sondern den Nachteilen entgegenzuwirken, die red­ lichen Geschäftskreisen durch schwindelhafte Reklame drohen. E. 39 S. 370. Siehe auch GA. 58 S. 439 u. E. 61 S. 58 (61). Eine Zusammenstellung der neuesten Rechtsprechung s. JurW. 1937 S. 2713. Bez. der Handhabung bei der Frage der öffentl.Jntereffen f.§§414—418 der Richtl. f. d. Strafverfahren. 2) Hierunter ist ein das Erwerbsleben betreffender Verkehr zu verstehen, wenn schon nicht notwendig ein Gewerbebettieb im Sinne der GewO. E. 55 S. 31. Der Begriff geht über den des Betriebes hinaus. Nürnberg LZ. 24 S. 404. Es gehört hierher die Tätigkeit des Arztes, des Technikers sowie bei Rechtsanwalts. RGZ. 74 S. 169); der Konsumgenossenschaften. Celle JurR. 3 Nr. 1882; aber nicht die öffentlich rechtliche Tättgkeit einer Stadtgemeinde (also nicht die eines städttschen Baubeamten). E. 48 S. 199. Der Betrieb braucht nicht den Zweck zu haben, für den Inhaber Gewinn abzuwerfen (Konsumvereine). KG. JFGErg. 9 S. 253. E. 68 S. 70. Gewerbetreibende mit Niederlaffung im Inland haben beim Wettbewerb untereinander im Ausland sich nach den inländischen Vorschriften zu richten. RG. JurW. 1936 S. 1291. 2 a) Vgl. Anm. 34. 3) Den Maßstab für den Begriff der guten Sitten hat der Richter aus dem herrschenden Bolksbewußtsein zu entnehmen, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Hierbei ist es nicht ausgeschloffen, daß auf die Sittenanschau­ ung eines bestimmten Bolkskreises, wenn sich in ihr die herrschende Sitte auSprägt, Rücksicht genommen wird, so auf die Anschauung eines ehrbaren Kauf­ manns im Handelsverkehr. RGZ. 48 S. 124. RG. GRUR. 1936, 666. Dabei

IV. Handels- und Gewerberecht.

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stoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch ge­

nommen werden. § 2. Unter Waren *) im Sinne dieses Gesetzes sind auch land­

wirtschaftliche Erzeugnisse, unter gewerblichen Leistungen und Interessen

auch landwirtschaftliche zu verstehen. § 3.

Wer in öffentlichen Bekanntmachungen ") oder in Mit­

teilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind,6* )* * 4 5 muß das Bewußtsein der Sittenwidrigkeit festgestellt werden, waS bei Berufung auf eine geduldete Übung entfallen kann, RGZ. 149 S.114. Ein Verstoß gegen die g. S. ist die Bildung einer Firma zum Zwecke der Verwechslung. RGZ. JurW. 54 S. 148. Anwerben von Angestellten des Mitbewerbers u. U. sitten­ widrig. RG. HRR. 1934 Nr. 899, RG. JurW 34. S. 2137, MuW. 1936 S. 426; zur Frage der Sittenwidrigkeit bei Kundenwerbung im Feuerversiche­ rungswesen. RG. GRUR. 34, 124. Verleitung zum Vertragsbruch u. plan­ mäßige Ausnutzung fremden Vertragsbruches zum Zwecke des Wettbewerbs ver­ stößt gegen die guten Sitten, RG. MuW. 1935 S. 63; ebenso irreführende Angaben über die deutsche Herkunft der Ware, KG. MuW. 1935 S. 35 oder über Unterstützung deutscher Arbeiter und der Unternehmer kein Deutscher ist und weitgehend Ausländer beschäftigt, RG. DJust. 1937 S. 902, JurW. 1937 S. 1876; oder Hinweis auf ausländische Kapitalsgrundlage anderen inländi­ schen Unternehmens. RG. JurW. 1936 S. 1365. Nicht dagegen ohne weiteres z. B. eine zu Wettbewerbszwecken veranstaltete Gratisverlosung, GRUR. 1935 S. 118. Preisschleuderei verstößt gegen die guten Sitten, LG. M.-Gladbach JurW. 1935 S. 728, vgl. auch KG. JurW. 1936 S. 651 u. 2863; GRUR. 1935 S. 324. 4) Waren sind alle Erzeugnisie, die aus einem auf Gewinn abzielenden Unternehmen im Bereich der Produktion und des Handels in den wirtschaftlichen Verkehr gebracht werden. KG. DIZ. 3 S. 250. Zu den Waren gehören auch Zeitungen. GA. 45 S. 51; ferner der elektrische Strom. RGZ. 67 S. 232, nicht ein Grundstück, wenn es im Einzelfall veräußert wird. JurW. 1933 S. 2396. 5) Angekündigt ist, was sich nach Art und Form der Ankündigung und den Umständen, unter denen sie erfolgt, unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung als der Eindruck bestimmen läßt, den das Publikum von ihr. empfängt. E. 48 S. 101. Auch mündliche Angaben wie z. B. bei Auktionen gehören hierher; auch wmn sie nur einem Käufer gegenüber gemacht sind. Recht 18 Nr. 2030. (Es kommt nicht darauf an, ob sie an einen bestimmten Personenkreis oder nur an eine bestimmte Personenzahl gerichtet war. Celle JurR. 3 Nr. 1882.) Ferner Vorführungen durch Kinematographen. JurW. 35 S. 786. 6) Z. B. Etikette. Ob die Mitteilung dem Personenkreis auch tatsächlich bekannt wird, ist rechtlich ohne Belang. Wesentlich ist nur, daß die Mitteilung in der gewählten Form von vornherein zu solcher Verbreitung bestimmt war und daß mit dieser begonnen ist. E. 40 S. 122. E. 64 S. 247. Sie muß in der gewählten Erscheinungsform selbst und unmittelbar zum Gegenstand der Ver­ breitung gemacht werden. Mündliche Angaben, die in gleichbleibender Weise erfolgen, genügen nicht. JurW. 60 S. 471; anders JurW. 61 S. 882. Eine Mitteilung im Sinne dieser Vorschrift kann ein am Kopf und Rande von Ge­ schäftsbriefen angebrachter Vordruck darstellen. E. 45 S. 362. Dresden DRZ. 23 Nr. 803. Auch eine Mitteilung in einer Fachzeitschrift fällt hierunter. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 1127. Größerer Kreis von Pers, kann auch Mitgl. eines Konsumvereins sein. BayObLG. GA. 76 S. 105.

BIV 6. Gesetz gegen dm unlauteren Wettbewerb § 3.

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über geschäftliche Verhältnisse,7) insbesondere über die Beschaffenheit,8) den Ursprung,8) die Herstellungsart10) oder die Preisbemessung n) von

Waren ^) oder gewerblichen Leistungen,ia) über die Art des Bezugs18) 7) Hierzu gehören alle Angaben, die auf daS Geschäftsleben Bezug haben, selbst auch solche, die sich auf daS Privatleben eines Gewerbetreibenden erstrecken. Benennen eines arischen Namens oder Anbringen desselben am Geschäftsladen statt des jüdischen Namens, KG. JFG. Erg.-Bd. 15 S. 140. Verschweigen eines jüdischen Inhabers. KG. JFG. Erg. 1939 S. 287. Bekanntgabe des Anfalls einer Erbschaft oder von einem Ankauf. KG. DIZ. 32 S. 1203; die Be­ zeichnung als gerichtlicher Sachverständiger. DIZ. 17 S. 404. GA. 59 S. 458; ferner als Bankier. GA. 60 'S. 75; die Angabe „patentamtlich geschützt". E. 49 S. 230. Rein wissenschaftliche Angelegenheiten, worunter rein historische Darlegungen gehören (Alter der Ware, Angaben über die Person des Erfinders) fallen nicht unter den Begriff. Recht IIS. 262. Hierher gehören auch irreführende Angaben über die deutsche Herkunft der Waren, KG. MuW. 1935 S. 35. Vgl. auch Anm. 23» zu 8 15» GewO. — BIV 1. 8) Angaben über die Beschaffenheit find in der Regel keine bloßen marktschreierischen Anpreisungen. E. 63 S. 120, HRR. 1929 Nr. 1985; auch nicht Werturteile. Kiel JurW. 61 S. 1910. Beschaffenheit umfaßt alle Eigenschaften, die für die Würdigung einer Ware In Betracht kommen. Hamburg LZ. 23 S. 861. Falsche Angabe über die Beschaffenheit liegt z. B. vor, wenn Halbseide als Seide, Baumwolle als Leinen usw. angepriesen wird, bei einem inländischen Fabrikat, wenn es als „echt englisch" bezeichnet ist (vgl. hierzu E. 47 S. 417), bei einem künstlichen Mneralwaffer, daß es „natürlich" ist. JurW. 30 S. 13, bei einer Zeitung, daß sie als Amtsblatt angezeigt wird. KG. DIZ. 3 S. 311. Im Art. 274 des Friedensvertrages vom 16. Juli 19 (RGBl. S. 687) hat sich Deutschland verpflichtet, alle Waren zu unterdrücken, die Namen, Zeichen usw. tragen, welche unmittelbar oder mittelbar falsche Angaben über Ursprung, Gattung, Art usw. tragen, z. B. Kognak. — Zum Schutze des Namens So­ lingen ist das Gesetz vom 25. Juli 38 (RGBl. I S. 953) nebst DurchfVO. v. 25. Juli 38 (RGBl. I S. 954) ergangen. 9) Die Vorschrift bezweckt hauptsächlich den Schutz der Tier- und Pflanzen­ züchter gegen die mißbräuchliche Bezeichnung solcher Waren, die nicht der ur­ sprünglichen Züchtung entstammen, vielmehr Abarten oder Warm sonstigen Ur­ sprungs sind (Entw. S. 11). 10) Hierher gehört z. B. die unrichtige Angabe, daß eine im Handel er­ worbene Ware eigenes Fabrikat sei, ferner Anpreisung von Sachen als Hand­ arbeitsprodukte, während sie mit Maschinen hergestellt sind. JurW. 33 S. 479. „Whisky" als Herstellungsbezeichnung für deutsche Erzeugniffe nicht gestattet. RG. JurW. 1934 S. 1281. 11) Falsche Angabe über die Preisbemeffung liegt vor, wenn der Täter weder die Absicht hat, noch in der Lage ist, das Versprochene zu liefern. KG. v. 17. Febr. 00, DIZ. 5 S. 398. Sie liegt ferner vor in der Ankündigung, der reelle Wert einer Ware belaufe sich auf einen genau bezifferten Preis. E. 37 S. 266. Ferner gehören hierher Angaben wie: „Zu herabgesetzten Preisen" (die Angabe ist insbesondere dann unrichtig, wenn vorher eine Erhöhung der Preise stattgefunden hat. Recht 6 S. 463), oder: „Zu staunend billigen festen Taxpreisen". E. 35 S. 235. 12) Unter gewerblichen Leistungen sind die Erzeugniffe menschlicher Tätigkeit

682

B IV. Handels- und Gewerberecht.

oder die BezugsquelleM) von Waren, über den Besitz von Auszeich­ nungen, 16) über den Anlaß oder den Zweck deS Verkaufs16) oder über

die Menge der Vorräte17) unrichtige Angaben18) macht, die geeignet auf dem Gebiet des gewerblichen Lebens im Gegensatz zu künstlerischen oder wissenschaftlichen Leistungen zu verstehen. Pinner Sinnt. 9. Darunter fällt gewerbsmäßige Ausübung der Heilkunde. HRR. 1929 Nr. 887. 13) Hierher werden gerechnet die unrichtige Angabe, daß die Ware direkt, also ohne Zwischenhändler, oder auf eine bestimmte Art bezogen sei z. B. in EiS verpackt, oder auf einem bestimmten Wege z. B. Karawanentee (Mot. z. Ges. v. 27. Mai 96 S. 102). 14) Hierunter fallen auch Ursprungsangaben geographischen Charakters. Seifferth Anm. 14 Abs. 2. 15) Das Ges. unterscheidet nicht verschiedene Arten der Auszeichnung, sondern legt nur Gewicht darauf, daß die Angabe zur Irreführung über den Besitz einer Auszeichnung, gleichviel welcher, geeignet sei; deshalb stellt sich die staatliche Verleihung eines als Anerkennung guter Leistungen geltenden Prädikats als Auszeichnung dar. E. 30 S. 406. Es muß sich überhaupt immer um eine ernst gemeinte Anerkennung handeln, die nach wirklicher Prüfung von einer Behörde, Verein usw. verliehen ist. E. 41 S. 161. AlS Auszeichnungen gelten: Amerikanischer Zahnarzt. Recht IIS. 1545. Der Meistertitel. Dresden v. 23. Juni 03, Recht 7 S. 506. 16) Solche Angaben sind: Aufgabe des Geschäfts wegen Abbruchs des Hauses, Todesfalls, Erbteilungs-, Umzugshalber. Unrichtig ist die Angabe, daß die durch Brand beschädigten Waren verkauft würden, während diese nur einen kleinen TeU derselben bildeten. E. 34 S. 163; oder die Angabe „Ausverkauf wegen Austritts eines Teilhabers", wenn lediglich ein zur Auszahlung des aus­ scheidenden Gesellschafters beschleunigter Absatz der Waren erstrebt wird. Recht 32 Nr. 2158. Bezüglich der Ausverkäufe siehe § 7. 17) Bon einem Vorrat kann nur dann die Rede sein, wenn der Gewerbe­ treibende die Waren auf Lager hat. Die Angabe „Solange der Vorrat reicht" ist unrichtig, wenn er einen Teil der Waren erst vom Fabrikanten be­ ziehen muß. 18) Keine Angaben sind reine Werturteile oder Kritiken, die sich nicht auf konkrete Borkommnisie, sondern auf Beobachtungen und Schätzungen gründen, deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht feststellbar ist. E. 24 S. 387. Aber auch Urteile sind Angaben, wenn sie etwas als geschehen hinstellen u. besten Richtigkeit oder Unrichtigkeit objektiv festgestellt werden kann. LZ. 2 S. 602. An­ preisungen wie „Haus ersten Ranges" „billigste Kaufgelegenheit" sind keine An­ gaben. Doch kann auch das Aussprechen eines Urteils als Angabe angesehen werden, sofern nicht lediglich eine rein persönliche Ansicht, sondern eine Äußerung

vorliegt, die auf ihre Wahrheit oder Unwahrheit sachlich nachgeprüst werden kann. Recht 17 Nr. 1241; z. B. die Bezeichnung „Meisterwerke deutscher Feinmechanik". JurW. 57 S. 663. Selbst die bloße abstrakte Richtigkeit einer Angabe schließt nicht auS, daß sie unrichtige Vorstellungen erweckt. Unrichtig ist eine Angabe, welche der Wahrheit nicht entspricht. Unrichtig sind aber auch Angaben, wenn sie ihrem Wortlaut nach dem wirklichen Sach­ verhalt anscheinend entsprechen, in Wirklichkeit ihn aber nicht erschöpfen. E. 34 6. 163. Ein bloßer Handelsmißbrauch kann die unrichtige Bezeichnung einer Ware nicht rechtfertigen. E. 48 S. 40. Als unrichtige Angaben sind angesehen worden, wenn der Wahrheit ent­ gegen folgende Bezeichnungen gebraucht wurden: „Schuhe von prima Qualität",

BIV6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 3.

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sind, den Anschein") eines besonders günstigen Angebots^) hervor-

die aus minderwertigem Ersatzleder hergestellt waren. E. 36 S. 431. „Rein­ seiden Velour", während der Stoff aus sog. Schappeseide hergestellt war. E. 40 S. 438. Bembergseide anstatt Kunstseide. RGZ. DIZ. 35 S. 615. A. M. KG. DIZ. 34 S. 1056. Ferner: „Beste Terpenttnseife", die nicht lediglich auS 6l und Lauge bestand. „Natürliches Mneralwaffer", „Erste süddeutsche Kleider­ fabrik", „Straßburger Gänseleber", „Verkauf zu Fabrikpreisen". Pöschle^, Die Praxis deS Gesetzes z. B. d. u. W. S. 56 ff. Die Bezeichnung „Fabrik" kann eine solche Angabe sein. E. 44 S. 258. Hamburg HRR. 1929 Nr. 573, (siehe auch Dresden HRR. 1933 Nr. 94), sowie die Behauptung, sämtliche Waren stammen aus der Fabrik des A., während ein erheb!. Teil von anderen Firmen bezogen war. GRUR. 1935 S. 118; desgl. die Behauptung „der ge­ samte Zwischenhandel ist ausgeschaltet". Dresden JurW. 60 S. 481; die Be­ zeichnung einer den Warenzeichenschutz genießenden Ware als „gesetzlich ge­ schützt". Dresden GRUG. 1936 S. 819. Angabe „Eilt. Gegen sofortige Kasse", wenn es sich nicht um einen Gelegenheilskauf handelt, LG. Halberstadt ArchfW. 1936 S. 14. „K.-Seide" sür Kunstseide, OLG. Dresden GRUR. 1935 S. 523. „Bollbier" für übliches Bier, OLG. Hamm JurW. 1935 S. 3240; auch die Bezeichnung „rostfrei" für Stahl, der nur durch chemischen Überzug (Verchro­

mung) gegen Rost geschützt ist. BayObLG. JurW. 1934 S. 1507. „Institut für Zahnleidende" bei üblich großer Praxis, selbst, wenn Filialen an anderen Orten. OLG. Naumburg JurW. 1934 S. 1587. Bez. der Bezeichnung „Fußklinik" OLG. Hamburg Dt.Straftecht 1934 S. 301. Bez. „Whiski" vgl. Anm. 10. Bei der Prüfung und Beurteilung einer Angabe ist stets von deren Wort­ laut auszugehen und anzunehmen, daß sie, solange nicht ein anderes klar erhellt, ihrem Wortstnn entspricht und so auch von dem Durchschnittspublikum verstanden wird. Siehe E. 40 S. 438. Es ist auch ihr sonstiger nicht unwahrer Inhalt zu verwerten. E. 44 S. 143. Bei einer Gesamtankündigung müssen auch die Einzelangaben, einschl. Schlagwort richtig sein. RG. GRUR. 1934. S. 681. Die Bedeutung ist allein nach der Auffassung des Verkehrs zu entscheiden, auch hinstchllich technischer Bezeichnungen. RG. MuW. 1937 S. 217.

19) Das Wort Anschein zwingt nicht zu der Auslegung, daß der hervor­ gerufene Anschein ein falscher sein muß. E. 39 S. 171. E. 35 S. 235. E.47S. 280. 20) Als Maßstab ist das Angebot eines redlichen Wettbewerbers zu nehmen. Dresden LZ. 24 S. 278. Besonders günstig ist das Angebot, wenn die gewährten Vorteile so günstig sind, wie sie die Konkurrenz im allgemeinen nicht bietet. DIZ. 11 S. 85; auch dann, wenn Zugaben versprochen werden. E. 61 S. 58 (63); wenn Theaterfreikarten versendet werden, in Wahrhejt aber der Eintritt von einer Gebühr abhängig gemacht wird. KG. DIZ. 35 S. 438; wenn Angaben über ein Werbesystem gemacht werden, das auf eine Täuschung der Käufer über die wahren Aussichten der Kaufpreisverbilligung bewußt abgestellt ist. E. 61 S. 286. Die Verschweigung jüdischer Jnhaberschast eines Geschäftes kann ebenfalls hierunter fallen, KG. JurW. 1938 S. 3033. Auch Kaufgesuche (Einkaufsangebote) fallen unter das Gesetz. E. 71 S. 16. Eine Ankündigung, die den Eindruck eines Privatgelegenheitskaufs macht, während es sich um einen Verkauf im Geschäftsbetrieb handelt, ist strafbar. KG. JurW. 1936 S. 956. Eventualdolus genügt hier nicht, daß die Anpreisung zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgt ist, gehört nicht zum Tatbestand des § 4, E. 71,©. 16. Über das Verbot der Zugaben siehe §§ 1 bis 5 der BO. des RP. v.

B IV. Handel-- und Gewerberecht.

684

zurufen, kann auf Unterlassung20 * * a) der unrichtigen Angaben in Anspruch genommen werden. 8 4.

Wer in der Absicht,21) den Anschein") eines besonders

günstigen Angebots2°) hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen6) oder in Mitteilungen, die für einen größeren KreiS von Personen

bestimmt

sind/)

über

geschäftliche

Verhältnisse/)

insbesondere 2la)

über die Beschaffenheit, *) den Ursprung, •) die Herstellungsart10) oder die Preisbemessung ") von Waren 4) oder gewerblichen Leistungen,") über die Art des Bezugs1S) oder die Bezugsquelleu) von Waren, über

den Besitz von Auszeichnungen,lö) über den Anlaß oder den Zweck

des Verkaufs") oder über die Menge der SSonäten) wissentlich22)23 unwahre22») und zur Irreführung geeignete22) Angaben ") macht,22a) wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.

Werden die im Abs. 1 bezeichneten unrichtigen Angaben in einem

geschäftlichen Betriebe von einem Angestellten oder Beauftragten ge9.März32 (RGBl.IS. 131), abgedr. unterBIV7.— Siehe auch Anm. 95» zu § 374 StPO. 20») Unabhängig von einem Verschulden. RG. MuW. 1934,179.

21) Ausreichend ist eS, daß der Anpreisende eine Irreleitung des Publikums nur für möglich hält. GA. 49 S. 135. Es ist auch nicht erforderlich, daß der Anschein eines besonderes günstigen Angebotes wirklich erweckt ist oder nach den gegebenen Verhältnißen erweckt werden mußte. E. 39 S. 307. Der Anschein kann auch mittelbar durch Benutzung von Zwischenhändlern erweckt werden. KG. Recht 33 Nr. 2045. Das Verbot der unlauteren Reklame betrifft auch den Ankauf von Waren. KG. Johow51S. 450. 21») Hier folgt nur eine beispielsweise, nicht eine ausschließliche" Auf­ zählung einzelner Fälle. KG. DIZ. 32 S. 1203.

22) Eventualdolus genügt, nicht Fahrlässigkeit. JurW. 36 S. 565. 22 a) Unwahre Angabe ist nicht schon das bloße Schweigen ohne Hinzu­ treten anderer Umstände. KG. DIZ. 38 S. 310. Der Umstand, daß eine Firma im Handelsregister eingetragen ist, schließt nicht aus, daß sie unwahre Angaben enthält. GA. 73 S. 251. 23) Ob eine solche Angabe vorliegt, darüber entscheidet die Auffassung der Kreise, an die sich die Angabe wendet. Dresden LZ. 22 S. 1714. Es genügt, daß ein Teil des Publikums die Angabm für wahr hält und dadurch getäuscht werden kann. E. 36 S. 377. Auch die Auffassung einer nicht unerheblichen Minderheit ist zu berücksichtigen. HRR. 1931 Nr. 180. Z. B. prima Ware. LZ. 27 S. 383. Der Wortlaut der Ankündigungen für sich allein ist nicht entscheidend. GA. 62 S. 112. 23») Der Unterschied einer Mitteilung, wie sie 8 4 bestraft, von einer bloßen Mitteilung von Person zu Person liegt darin, daß ersterenfalls die Mit­ teilung in der für sie gewählten Erscheinungsform selbst und unmittelbar zum Gegenstände einer den Vorauss. des 8 entsprechenden Verbreitung gemacht werden soll, während es in dem anderen Falle an einer solchen Bestimmung fehlt. E. 64 S. 247.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 5 u. 6.

685

macht, so ist der Inhaber oder tieftet2*) des Betriebs neben dem An­ gestellten 2Ö) oder Beauftragten strafbar, wenn die Handlung mit seinem

Wissen geschah. 26 24a25 ) § 5.

Die Verwendung von Namen, die im geschäftlichen Ver­

kehre zur Benennung gewisser Waren oder gewerblicher ßdftun9ett12) dienen, ohne deren Herkunft bezeichnen26) zu sollen, fällt nicht unter die

Vorschriften der §§ 3, 4. Im Sinne der Vorschriften der §§ 3, 4 sind den dort bezeichneten

Angaben bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen gleich zu achten, die darauf berechnet urch geeignet sind, solche Angaben zu

ersetzen.2"*)

§ 6

Wird in öffentlichen Bekanntmachungen °) oder in Mit­

teilungen, die sür einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind,6)

der Verkauf von Waren angekündigt,

die aus einer Konkursmasse

stammen, aber nicht mehr zum Bestände der Konkursmasse gehören,27) so ist dabei jede Bezugnahme auf die Herkunft der Waren aus einer

Konkursmasse verboten.

Zuwiderhandlungen27") gegen diese Vorschrift werden mit Geld­ strafe bis zu einhundertfünfztg Reichsmark oder mit Hast bestraft.

24) Hierzu gehören Direktoren von Aktiengesellschaften, Geschäftsführer von Gesellschaften m. b. H. u. a. 25) Zu den Angestellten gehören alle in einem geschäftlichen Betriebe tätigen, den Weisungen des Inhabers unterworfenen Personen, ohne Rücksicht auf die Art, den Zweck oder die Dauer der Beschäftigung, der Entlohnung. Rosenthal Note 25 zu § 13. HRR. 1933 Nr. 1068. Nicht der Agent. JurR.3 Nr. 1367. Strafverfolgung tritt nur ein gegen denjenigen Inhaber und Angestellten, gegen den Strafantrag gestellt ist. § 63 StGB, nur anwendbar bei gemeinsamer Handlung. S t e n g l e i n, Nebengesetze Anm. 14. 25 a) Ist aus Abs. 1 eröffnet, wird aber aus Abs. 2 verurteilt, ist § 265 StPO, zu beobachten. GA. 58 S. 442.

26) Wie z. B. „Berliner Blau", „Schweinfurter Grün". Es wird hierbei ein Zusammenhang der Warengattung und des beigefügten Ortsnamens voraus­ gesetzt, durch welches der letztere zur Qualitätsbezeichnung dieser Ware geworden ist. Vgl. E. 31 S. 290. Herkunftsangaben sind z. B. Pilsener Bier (aber Radeberger Pilsener zulässige Beschaffenheilsangabe. RGZ. 79 S. 250); auch DIZ. 38 S. 565. Gervais. KG. LZ. 9 S.1327. Frankfurter Würstchen. KG. Recht 34 Nr. 99. 26 a) Hierunter fällt der Abdruck von Anzeigen aus fremden Zeitungen (sog. Füllinserate). E. 46 S. 427; die Musikaufführung einer angeblich historischen Kapelle. Dresden JurW. 59 S. 3443; auch das Auslegen von unverkäuflichen, einem Dritten gehöriger Waren während eines Ausverkaufs. E. 47 S. 161. 27) oder die zur Zeit des Verkaufs voraussichtlich nicht mehr zur Konkursmaffe gehören werden. E. 45 S. 14. Auch die Ankündigung des Verkaufs der „aus einer Masse erworbenen Waren" ist unzulässig. E. 47 S. 117. 27 a) Dieser kann sich auch der Gerichtsvollzieher schuldig machen.

686

BIV. Handels- und Gewerberecht.

§ 7.18) Als Ausverkäufe"») dürfen in öffentlichen Bekannt­ machungen 28 * *b29 ) oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, nur solche Veranstaltungen angekündigt werden,18 c) die ihren Grund a) in der Aufgabe des gesamten Geschäftsbetriebs oder b) des Geschäftsbetriebs einer Zweigniederlassung oder c) in der Aufgabe einer einzelnen Warengattung haben.88)

Bei der Ankündigung eines Ausverkaufs ist anzugeben, welcher der im Abs. 1 unter a bis c genannten Gründe für den Ausverkauf vorliegt. Im Falle zu c ist die Warengattung anzugeben, auf die sich der Ausverkauf bezieht. Die Vorschriften im Abs. 2 gelten auch für Ankündigungen, die, ohne sich des Ausdrucks „Ausverkauf" zu bedienen, eine der im Abs. 1 bezeichneten Veranstaltungen betreffen. Nach Beendigung eines Ausverkaufs ist es dem Geschäftsinhaber88») vor Ablauf einer Frist von einem Jahr nicht gestattet, an dem Ort, an dem der Ausverkauf stattgefunden hat, einen Handel mit den davon betroffenen Warengattungen zu eröffnen. Ausnahmen kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zuständigen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie gestatten. Der Eröffnung eines eigenen Handels steht es gleich, wenn der Ge­ schäftsinhaber sich zum Zwecke der Umgehung der Vorschrift des 28) Die Fassung beruht auf der VO. des RP. v. 9. März 32 (RGBl. I S. 121) u. dem ÄndGes. v. 26. Febr. 1935 (RGBl. I S. 311). 28 a) Vom Ausverkauf, der die völlige Aufgabe eines weiteren Verkaufs bezweckt, ist der Räumungsverkauf im engeren Sinne (§ 7 a), der zum Zweck die Räumung eines bestimmten Warenvorrats hat, zu unterscheiden. Baum­ bach, Nachtrag zu „DaS gesamte Wettbewerbsrecht" ©.11c. Für die Unter­ scheidung der Arten des Ausverkaufs ist im Einzelfalle die Auffassung des Durchschnittspublikums maßgebend, an das sich die Anpreisung wendet. Düssel­ dorf DRZ. 25 Nr. 136. Die Art der Durchführung der Berkaufsveranstaltungen ist für die Charakterbestimmung gleichgültig; deshalb können auch Versteige­ rungen Ausverkäufe sein. Erl. d. RWiMin. v. 17. Juli 37 (V 14689/37). 28 b) Hierunter fallen auch Bek. von Konsumvereinen, die Waren an ihre Mitglieder nur verteilen. E. 63 S. 107; wie überhaupt auf sie die §§ 7 ff. anwendbar sind. KG. JFGErg. 9 ©.' 253. 28 c) Für die Beobachtung der Vorschriften ist neben dem, der die An­ kündigung erläßt (z. B. Versteigerer) auch der Ausverkäufer verantwortlich. KG. DIZ. 33 S. 101. 29) Dazu gehört Abteilung eines Warenhauses, Damen- oder Herrenkleiderabteilung, nicht ein Bestimmtet Warenartikel, Waren einer bestimmten Preislage oder einer bestimmten Sorte. 29 a) Soweit Gesch.inh. eine juristische Person ist, sind Aktionäre, Genossen, Vorstandsmitglieder u. Geschäftsführer strafrechtl. nicht verantwortl. Dresden JurW. 62 S. 1902.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 7a u. 7 b.

687

Satzes 1 an dem Geschäft eines anderen beteiligt oder in diesem tätig wird. § 7a.18) Wer in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mittei­ lungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, einen Verkauf zum Zwecke der Räumung18—) eines bestimmten Waren­ vorrats1") ankündigt,1") ist gehalten, in der Ankündigung den Grund anzugeben, der zu dem Verkauf Anlaß gegeben hat. Betrifft der Ver­ kauf nur einzelne der in dem Geschäftsbetrieb geführten Waren­ gattungen, so sind in der Ankündigung weiterhin die Warengattungen anzugeben, auf die sich der Verkauf bezieht. § 7b.18) Die unter §§ 7,7a fallenden Veranstaltungen sind unter Einhaltung einer durch die höhere Verwaltungsbehörde festzusetzenden Frist vor der Ankündigung bei der von ihr bezeichneten Stelle anzu­ zeigen. Der Anzeige ist ein Verzeichnis der zu verkaufenden Waren nach ihrer Art, Beschaffenheit und Menge beizufügen, dessen Er­ neuerung von den höheren Verwaltungsbehörden für den Fall vor­ gesehen werden kann, daß die Veranstaltung nach Ablauf einer be­ stimmten Frist nicht beendigt ist. Die Anzeige muß die im § 7 Abs. 2,3, § 7a vorgesehenen Angaben enthalten und den Beginn, das voraus­ sichtliche Ende und den Ort der Veranstaltung bezeichnen. Auf Ver­ langen der Stelle, bei der die Anzeige zu erstatten ist, sind für die den Grund der Veranstaltung bildenden Tatsachen Belege vorzu­ legen.1") Die höhere Verwaltungsbehörde kann zur Ausführung der vor­ stehenden Vorschriften weitere Bestimmungen treffen?8) Siekannferner 29 aa) Räumung bedeutet ein endgültiges Wegschaffen ohne Nachschub u. ohne Wiederbeschaff. der gleichen Ware. Baumbach a. a. O. S. 13 V. Wird nur verstärkter Absatz erstrebt, so rechtfertigt die hiermit notwendig verknüpfte Herabminderung des Warenbestandes noch nicht die Annahme einer Räumungs­ absicht. BayObLG. HRR. 1933 Nr. 903. 29 b) Eine Individualisierung oder äußerliche Ausscheidung der Ware ist nicht erforderlich. BayObLG. HRR. 1928 Nr. 1268. 29 c) Geschäftsverlegung ist regelmäßig kein Grund zur Ankündigung eines Räumungsausverk. KG. JurW. 62 S. 68; aber Lagerüberfüllung u. Platz­ mangel. Dresden DRZ. 25 Nr. 213. 29 d) Auch der Konkursverwalter ist an eine solche Verordnung gebunden. 30) S. RdErl. d. RuPrWM.V. 19.Oktbr. 35 (MBlfWuA. S. 293); da­ nach sind Ausverkäufe nur Verkaufsveranstgltungen, die ihren Grund in der Aufgabe deS gesamten Geschäftsbetriebes oder des Geschäftsbetriebes einer Zweigniederlaffung (selbständige Verkaufsstelle) oder einer einzelnen Waren­ gattung haben. — „Veranstaltungen zum Zwecke der Räumung eines be­ stimmten Warenvorrats (z. B. wegen Aufgabe einer unselbständigen Verkaufs­ stelle, Brandschaden, Auseinandersetzung, Geschäftsverlegung) dürfen, auch wenn sie im Wege der Versteigerung vorgenommen werden, nur stattfinden, wenn ein von der BerkehrSauffaffung als ausreichend anerkannter Grund vorliegt. Der Grund muß im einzelnen Falle die Veranstaltung rechtferttgen" (§ 7).

688

B IV. Handels- und^Gewerberecht.

Anordnungen über die Dauer der Veranstaltung erlassen. Sie kann Veranstaltungen untersagen, die die zugelassene Dauer überschreiten, die nach der Vorschrift des § 7 Abs. 1 nicht zulässig sind oder die im Falle des § 7 a durch den angegebenen Grund nach der Verkehrs­ auffassung nicht gerechtfertigt werden. Vor Erlaß ihrer Anordnungen hat sie die zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie zu hören.

Die Einsicht in die Anzeige ist jedermann gestattet. Zur Nach­ prüfung der Angaben sind außer den zuständigen Behörden die amt­ lich bestellten Vertrauensmänner der amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie befugt. § 7 c.28) Nach Beendigung eines Ausverkaufs (§ 7) ist es dem Geschäftsinhaber, seinem Ehegatten und den nahen Angehörigen beider verboten, den Geschäftsbetrieb oder den Teil davon, dessen Aufgabe an­ gekündigt worden war, fortzusetzen30 a), oder vor Ablauf eines Jahres an dem Ort, an dem der Ausverkauf stattgefunden hat, einen Handel mit den davon betroffenen Warengattungen zu eröffnen. Der Fortsetzung des Geschäftsbetriebs oder der Eröffnung eines eigenen Handels steht es gleich, wenn der Geschäftsinhaber, sein Ehegatte oder ein naher An­ gehöriger beider sich zum Zwecke der Umgebung der Vorschrift des Satzes 1 an dem Geschäft eines anderen mittelbar oder unmittelbar beteiligt oder in diesem tätig wird. Als Geschäftsinhaber gilt auch derjenige, der an einer Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlich­ keit wirtschaftlich maßgebend beteiligt ist oder auf ihre Geschäftsführung maßgebenden Einfluß hat. Nahe Angehörige sind die Verwandten in auf- und absteigender Linie und die voll- und halbbürtigen Geschwister sowie ihre Ehegatten.

Nach Beginn eines Ausverkaufs ist es auch anderen als den im Abs. 1 genannten Personen verboten, mit Waren aus dem Bestand des von dem Ausverkauf betroffenen Unternehmens den Geschäfts­ betrieb in denselben oder in unmittelbar benachbarten Räumen auf­ zunehmen. Ist der Verkauf des Warenbestandes einer unselbständigen Ver­

kaufsstelle wegen ihrer Aufgabe gemäß § 7a angekündigt worden, so darf innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Verkaufs keine neue Verkaufsstelle desselben Geschäftsbetriebes am gleichen Orte errichtet werden. Der Reichswirtschaftsminister kann bestimmen, daß benachbarte 30 a) Gilt auch bei Konkursausverkauf für Gemeinschuldner, dessen Eheftau und nahe Angehörige RG. JurW. 1937 S. 1356.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 8—9».

689

Gemeinden als ein Ort im Sinne der Vorschriften der Absätze 1 und 3 anzusehen sind.

Die höhere Verwaltungsbehörde kann nach Anhörung der zu­

ständigen

amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und

Industrie Ausnahmen von den Verboten in den Absätzen 1, 2 und

3 gestatten.

§ 8.") Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft: 1. wer im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs (§ 7 Abs. 1

bis 3) oder eines Verkaufs gemäß § 7a Waren zum Verkauf stellt, die nur für diese Veranstaltung ^erbeigefd^afft81) worden sind (sogenanntes Borschieben oder Nachschieben von Waren);

2. wer den Vorschriften des § 7c Absätze 1—3 zuwiderhandelt.

§ 9.28) Die Vorschriften der §§ 7a, 7b und 8 finden keine An­ wendung auf Verkäufe, die auf Grund allgemeiner Zulassung um die Wende eines Verbrauchsabschnittes stattfinden.

Die Zulassung kann

durch den Reichswirtschaftsminister oder eine von ihm bestimmte Stelle

erfolgen.

Dabei kann Bestimmung über Zahl, Zeit und Dauer dieser

Verkäufe, über die Art ihrer Ankündigung und über die Waren ge­ troffen werden, die darin einbezogen werden dürfen.

Auch kann das

Vor- und Nachschieben von Waren (§ 8 Nr. 1) für diese Verkäufe verboten oder beschränkt werden.

Macht der Reichswirtschaftsminister

oder die von ihm bestimmte Stelle von dieser Ermächtigung keinen

Gebrauch, so kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der zuständigen amtlichen Berufsvertretungen von Handel, Handwerk und Industrie die Zulassung aussprechen und die näheren Bestimmungen treffen.

§ 9 a.28) Zur Regelung von Verkaufsveranstaltungen besonderer Art, die nicht den Vorschriften der §§ 7 bis 9 unterliegen, kann der 31) § 8 will verhindern, daß der Warenvorrat, deffen Ausverkauf angekündigt wird, mit dem wirklich ausverkauften nicht voll übereinstimmt. Dresden DRZ. 24 Nr. 704. Die strafbare Handlung liegt nicht darin, daß Waren zum Zwecke des Nachschubs bezogen werden, sondern darin, daß solche Waren in den Ausverkauf einbezogen werden. E. 48 S. 36. Daß sich der Ausverkauf auf diese Waren erstreckt, muß dem Publikum erkennbar sein. DStZ. 1 S. 438. Jede Ergänzung der Waren ist verboten, auch wenn die Ware ohne die Ergänzung unverkäuflich sein würde. E. 44 S. 282; auch wenn die ange­ kaufte Ware den ausschließlichen Gegenstand des Ausverkaufs bildet. E. 45 S. 371; auch wenn trotz des Bor- oder Nachschiebens die Ausverkaufsmasse nicht vermehrt, sondern im schließlichen Ergebnisse verringert und der Ausverkauf seinem Ende näher geführt wird. DIZ. 17©. 163, auch ein Herbeischaffen von Waren aus dem Haupt- in ein Nebengeschäft ist nicht gestattet, doch liegt ein Nachschieben nicht vor, wenn Ersatz für mangelhafte und deshalb zurückgenommene Ware geDalcke, Strafrecht

32. Aust.

44

690

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Reichswirtschaftsminister Bestimmungen treffen. Sie sind im Deutschen Reichsanzeiger bekanntzumachen. § 10.”) Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder

mit Hast wird bestraft: 1. wer es unterläßt, in der Ankündigung eines Ausverkaufs oder

eines Verkaufs gemäß § 7a die im 8 7 Abs. 2, 3, § 7a vorgeschriebenen Angaben zu machen; 2. wer den Vorschriften des § 7b oder den auf Grund dieser

Vorschriften erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt oder bei Befolgung der Vorschriften oder Anordnungen unrichtige An­

gaben macht;”) 3. wer von dem Reichswirtschaftsminister, der von ihm bestimmten

Stelle oder der höheren Verwaltungsbehörde auf Grund des § 9 getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt; 4. wer den von dem Reichswirtschaftsminister auf Grund des § 9a getroffenen Bestimmungen zuwiderhandelt. § 11

Durch Beschluß des Bundesrats kann festgesetzt werden,

daß bestimmte Waren im Einzelverkehre nur in vorgeschriebenen Ein­

heiten der Zahl, des Maßes oder des Gewichts oder mit einer auf der Ware oder ihrer Aufmachung anzubringenden Angabe über Zahl, Maß,

Gewicht, über den Ort der Erzeugung oder den Ort der Herkunft der Ware gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten werden dürfen.

Für den Einzelverkehr mit Bier in Flaschen oder Krügen kann

die Angabe des Inhalts unter Festsetzung angemessener Fehlergrenzen vorgeschrieben werden.

Die durch Beschluß des Bundesrats getroffenen Bestimmungen

sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage

sogleich oder bei seinem nächsten Zusammentritte vorzulegen. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Bundesrats werden

mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bestraft. § 12.”)

Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geld-

liefert wird. E. 48 S. 1; auch nicht, wenn ein Großkaufmann, der seine Ge­ schäfte aufgeben will, Ausverkaufswaren im Kleinverkauf absetzt. DRZ. 24 Nr. 776; ferner nicht, wenn vorher bestellte Waren selbst vorzeitig zur Liefe­ rung abgerufen werden. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 783. Eventualdolus ge­ nügt nicht bezüglich des Herbeischaffens. Stenglein, Nebengesetze Anm. 6. Wer aus einem Ausverkauf einen Warenbestand aufkauft und ihn auf eigene Rechnung durch Ausverkauf weiterveräußert, veranstaltet einen neuen Aus­ verkauf. Dresden JurW. 59 S. 1758. 32) Mit der Schutzbehauptung, er habe in Wirklichkeit gar keinen Aus­ verkauf beabsichtigt, ist der A. nicht zu hören. E. 45 S. 45. 33) Sog. Schmiergelderverbot. Das Delikt richtet sich weniger gegen den Dienstherrn des Bestochenen als gegen die Mitbewerber des Bestechen-

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 12.

691

strafe oder mit einer dieser Strafen wird, soweit nicht nach anderen

Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt wird, bestraft, wer im geschäftlichen Verkehre3) zu Zwecken des Wettbewerbes34) dem Ange­

stellten^») oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs34 b) Geschenke oder andere Vorteile36) anbtetet, verspricht oder gewährt, um durch un-

den (KommBer. S. 30). — Vom Verein gegen Bestechung ist eine Zusammen­ stellung der „Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 12", herausgegeben von W. Fischer, erschienen, in der die wichtigsten Entscheidungen abgedruckt sind. — Gewährung einer Vergütung für die Bevorzugung bei der Vermietung gewerbl. Räume fällt nicht hierunter. HRR. 1929 Nr. 278. 34) Den Zwecken des Wettbewerbes dient eine Handlung dann, wenn durch sie der eigene Absatz gefördert oder ein ftemder beeinträchttgt, der eigene Kunden­ kreis aus Kosten der Gewerksgenoffen erweitert werden soll. Abs. 1 gilt nicht beim Bezug von Betriebsmitteln zum eigenen Verbrauch. E. 58 S. 429. Maß­ gebend ist, daß die Vorteile dem Wettbewerb des Vorteilgebers zu dienen be­ stimmt sind oder daß bei Vorliegen mehrerer Zwecke die Wettbewerbszwecke nicht ganz im Hintergrund stehen. E. 66 S. 81. RG. JurW. 37 S. 686. Der Begriff des Wettbewerbes trifft auch da zu, wo der Täter nicht in eigenem Jntereffe handelt, sondern einen Dritten begünstigen will. E. 32 S. 27. JurW. 52 S. 196. Kein Wettbewerbszweck bei Hoheitsträgern, RG. RG. GRUR. 1936, 806. 34 a) Die Angelegenheit, in der auf den Angestellten eingewirkt wird, braucht nicht eine ausschließliche des Betriebes zu sein, in dessen Diensten er steht. Es muß aber hinsichtlich des Verhaltens innerhalb des Dienst- oder Auftragsverhältniffes eingewirkt sein. E. 72 S. 132, 289, 99. Es kommt nicht darauf an, ob der Betriebsunternehmer demjenigen, der durch die Einwirkung auf den Angestellten eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten erstrebt, un­ mittelbar als Vertragsschließender gegenübersteht. E. 47 S. 184. 34 b) Hierunter fallen auch Betriebe, die rein wohltättge oder soziale Zwecke verfolgen. E. 55 S/>81. RG. DStrafr. 1934 S 200, E. 68 S. 74, auch Konsum­ vereine E. 68 S. 263; jedoch nicht ohne weiteres staatliche oder städtische. HRR. 1932 Nr. 504; doch kann ein stöbt. Straßenbahnbetrieb mit öffentlichrechtlichen Zwecken darunter fallen, wenn die Gestaltung des Betriebes und wirtschaftliche Belättgung durchaus geschäftlicher Art ist, E. 66 S. 380. Ortskrankenkaffen sind, obwohl sie Körperschaften öffentlichen Rechtes sind, nicht zur Erfüllung staatlicher Aufgaben berufen und daher nicht Behörden, sondern wirtschaftliche Verbände im Sinne des § 12, die ihren eigenen wirt­ schaftlichen Jntereffen im Wege der Selbstverwaltung dienen, E. 62 S. 24, RG. JurW. 1935 S. 1861. Beauftragter ist jeder, der seine Berufung, für den Betrieb tätig zu sein, von einem anderen ableitet und befugtermaßen tätig ist. RG. JurW. 1934, 2915; E. 68 S. 70; s. zum Begriff mit weitester Aus­ legung. E. 72 S. 62, auch E. 72 S. 21; keine einengende Auslegung; so ohne weiteres Aufsichtsratsmitglied einer Genoffenschaft um dieser Stellung willen, wenn im Rahmen des Geschäftsbetriebes tätig. RG. DRZ. 1934 Nr. 374. E. 68 S. 119, ebenso der geschästssührende Vorsitzende eines Konsumvereins. E.68 S. 263. Auch Zeitschristenwerber für Beauftragte, LG. Bielefeld, MuW. 1935 S. 76. Kein Beauftragter ist der Obermeister einer Innung. E. 72 S. 289. 35) Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Geschenke und Vorteile, die aus Höflichkeit oder Erkenntlichkeit gewährt werden, auf Gelegenheitsgeschenke,

692

B IV. Handels- und Gewerberecht.

lauteres Verhalten 88 *) des Angestellten oder Beauftragten bet dem Bezüge von SBareti86b)

oder gewerblichen Leistungen eine Bevor­

zugung 86■) für sich oder einen Dritten zu erlangen.

Die gleiche Strafe86) trifft den Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebs,8^) der im geschäftlichen Verkehre Geschenke oder

andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, damit er

durch unlauteres Verhallen einem anderen bet dem Bezüge von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb eine Bevorzugung

verschaffe. Im Urteil ist zu erklären, daß das Empfangene oder fein Wert dem Staate verfallen fet.87) § 13.

In den Fällen der §§ 1, 3 kann der Anspruch auf Unter­

lassung von jedem Gewerbetreibenden, der Waren88) oder Leistungen wie Geburtstags- und Hochzeitsgeschenke, auf Trinkgeld, sofern es nicht in der Absicht gegeben wird, den Angestellten zu einer Bevorzugung zu bestimmen. Wird dies beabsichtigt, ist es unerheblich, daß in dem Handelszweige Ver­ gütungen an Angestellte allgemein üblich sind. E. 63 S. 426. 35 a) Unlauter ist das Verhalten, wenn es dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden der nach der Sachlage in Bettacht kommenden Verkehrs­ kreise widerspricht. E.48 S. 291, 63 S. 426, RG. ArchWR. 1938 S. 157. Un­ lauter ist nicht gleichbedeutend mit pflichtwidttg. Es kommt weniger darauf an, ob das Verhalten gegenüber dem Dienstherrn pflichtwidrig ist als, ob es gegen­ über den Mitbewerbern unlauter ist. E. 58 S. 429. E. 66 S. 81, 72 S. 99. Es wird vorausgesetzt, daß die Bevorzugung durch ein unlauteres Verhalten des Angestellten erreicht wird, und daß ein derarttg unlauteres Verhalten durch die in Aussicht.gestellte Zuwendung bezweckt wird. Hierbei genügt es, wenn der Zuwendende damit rechnen mußte, daß das Versprechen von Vorteilen ein unlauteres Verhalten des Angestellten beimVerttieb der Ware nach sich ziehen kann. OLG. Frankfurt, JurW. 1936 S. 2104. Unlauter handelt auch der Angestellte, der sich durch Geschenke bestimmen läßt, dem Geber auch weiterhin Aufttäge in dem bisherigen Umfange zu gewähren. E. 66 S. 16; 68 S. 70. Die Mitteilung der bei einer Ware festgestellten Mängel eines Angestellten an den Lieferanten soll nach JurW. 41 S. 961 nicht unlauter sein. Über „Bevorzugung" vgl. E. 68 S. 76. 35 b) Werden nur Muster überschickt, die zur Erforschung fremder Ge­ schäfts- und Bettiebsgeheimniffe geeignet sind und dazu dienen sollen, so wird es sich in der Regel nicht um einen Bezug von Waren im Sinne des § 12 han­ deln. E. 48 S. 151. § 12 (Abs. 1 u. 2) gilt nicht für den Wettbewerb beim Bezüge von Betriebsmitteln. E. 58 S. 429. JurR. 2 Nr. 129. 36) Die gleichzeittge Anwendung des Abs. 2 u. § 332 StGB, ist unzu­ lässig. E. 58 S. 185. § 312 HGB. schließt auch Abs. 2 aus. E. 66 S. 81 (84). 37) Auch dann, wenn j)ie Bestechungsgelder an den Geschästsherrn her­ auszugeben sind. E. 67 S. 29. KG. JurW. 61 S. 1907 (Nebensttafe). 38) Gleicharttg sind die Waren nicht allein dann, wenn sie aus denselben Stoffen zusammengesetzt oder hergestellt sind, sondern schon, wenn sie nach ihrem äußeren Aussehen übereinsttmmen oder verwechslungsfähig sind, z. B. Butter und Margattne, Wolle und Baumwolle. Leistungen verwandter Art sind die des Zahnarztes und Zahntechnikers. JurW. 36 S. 80.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 14,

693

gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Ver­ kehr bringt, oder von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen geltend gemacht werden, soweit die Verbände als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können."») Auch können diese Gewerbe­ treibenden und Verbände denjenigen, welcher den §§ 6, 8, 10, 11, 12 zuwiderhandelt, auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadenist verpflichtet: 1. wer tm Falle des § 3 die Unrichtigkeit der von ihm gemachten Angaben kannte oder kennen mußte. Gegen Redakteure, Ver­ leger, Drucker oder Verbreiter von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nur geltend gemacht werden, wenn sie die Unrichtigkeit der Angaben kannten; 2. wer gegen die §§ 6,8,10,11,12 vorsätzlich oder fahrlässig verstößt.

Werden in einem geschäftlichen Betriebe Handlungen, die nach §§ 1, 3, 6, 8, 10, 11, 12 unzulässig sind, von einem Angestellten oder Beauftragten vorgenommen, so ist der Unierlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet.

§ 14. Wer zu Zwecken des Wettbewerbes M) über das Erwerbs­ geschäft eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Geschäfts, über die Waren4) oder gewerblichen Leistungen") eines anderen Tatsachen *°) behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Geschäftes oder den Kredit des Inhabers zu 38 a) Das Antragsrecht besteht nicht gegenüber solchen Verfehlungen, deren Verfolgung außerhalb der Verbandszwecke liegt. Im übrigen ist es unbeschränkt. E. 45 S. 355. Zu den Verbänden gehören auch die Landwirtschaftskammern. GA. 60 S. 73; Zwangsinnungen, aber yicht Krankenkaffen. Fachgruppe Rechtsanwälte im BNSDJ. LG. Dortmund GRUR. 1934 S. 755. LG. Köln. JurW. 1936 S. 62. Vgl. bezügl. der Klageberechttgung der Verbände Hammann, GRUR. 1937, S. 235.

39) Unter den Begriff Erwerbsgeschäft fällt jede gewerbliche Tätigkeit ohne Rücksicht auf das Bestehen eines Geschäftsbetriebes. 40) Der Begriff Tatsache umfaßt auch Urteile, sofern sie die Behauptung konkreter Vorgänge enthalten, nicht aber allgemeine Urteile und Reflexionen. Seifferth Anm. 9. Recht 11 Nr. 2881. Abschwächende Zusätze wie, der Behauptende habe sich sagen laffen u. dergl. sind belanglos, wenn Eindruck eigener Überzeugung hervorgerufen wird. RG. DJust. 1934 S. 872. Als Behauptungen von Tatsachen sind angesehen z. B. Senf enthalte Kartoffelmehl, ein Restaurateur liefere Margarine anstatt Butter, Kläger sei zur Löschung seines Warenzeichens verurteilt worden. Dem Kläger würden häufig Waren zurück gebracht. Die Konkurrenz überteuere ihre Kunden. Die Ware sei nicht deutsches, sondern ausländ. Fabrikat. Breslau JurW. 58 S. 449. Nicht als Tatsachen sind angesehen: Kläger bediene sich einer niedrigen Kampfesweise, die Waren des Klägers seien zu teuer und schlecht.

694

B IV. Handels- und Gewerberecht.

fdjäbtgen,41) ist, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr fmb,42)43 dem Verletzten zum Ersätze des entstandenen Schadens verpflichtet.42 a) Der Verletzte kann auch den Anspruch geltend machen, daß die Be­ hauptung oder Verbreitung der Tatsachen unterbleibe. Handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen42) und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist der Anspruch auf Unterlassung nur zulässig, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet sind. Der Anspruch auf Schadensersatz kann nur gellend gemacht werden, wenn der Mitteilende die Unrichtigkeit der Tatsachen kannte oder kennen mußte. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 15.

Wer wider besseres Wissen44) über das Erwerbsgeschäft

41) Die Kreditgefährdung ist schon im § 187 StGB, unter Strafe ge­ stellt, dort aber ist Voraussetzung, daß die Angaben wider besseres Wissen ge­ macht worden sind, während hier nur verlangt wird, daß dieselben nicht erweis­ lich wahr sind. Ferner ist im § 187 nur der Kredit geschützt, während nach diesem § auch der Geschäftsbetrieb geschützt ist und endlich gewährt § 187 nur den Antrag auf Bestrafung, während hier die Schadens- und Unterlassungsklage gegeben werden. Ein Strafverfahren ist hier ausgeschlossen. Siehe auch Anm. 44. 42) Die behaupteten Tatsachen dürfen nicht wahr sein, ist dies der Fall, dann fällt jeder Anspruch fort. Wird die Unterlassungs- oder Schadensklage angestellt, so hat der Beklagte die Wahrheit der von ihm aufgestellten Be­ hauptung zu beweisen. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so muß er verurteilt werden, guter Glaube schützt ihn nicht. 42 a) Beklagter kann nicht den Rechtsschutz des Klägers damit bekämpfen daß dieser selbst bei anderer Gelegenheit sich unlauteren Verhaltens im Ge­ schäftsverkehr schuldig gemacht habe. RG. Deutsche Justiz 1934 S. 872. Es ist unzulässig, neben § 14 den § 1 anzuwenden, es sei denn eine Schutzeinrede aus § 14 Abs. 2 gegeben, RG. JurW. 1937 S. 310. 43) Die Mitteilungen müssen geschäftlicher Natur sein. KommBer. S. 38. 44) Von dem Tatbestand des § 14 unterscheidet sich der des § 15 dadurch,

daß dort die unwahren Behauptungen gerade zum Zwecke des Wettbewerbes gemacht werden müssen, daß dies hier aber nicht erforderlich ist, daß sie aber hier, was dort nicht notwendig war, wider besseres Wissen gemacht sein müssen. E. 31 S. 84. Für die Anwendung des § 14 ist der Zweck der Handlung ohne grund­ sätzliche Bedeutung und macht es keinen rechtlichen Unterschied, ob die falsche Behauptung innerhalb oder außerhalb des geschäftlichen Verkehrs aufgestellt wird und an wen dieselbe gerichtet ist. Der Tatbestand kann deshalb auch in einer Anzeige bei der zur Untersuchung der Ware zuständigen Behörde ge­ funden werden. Da es sich ferner im Falle des § 15 abweichend vom § 187 des StGB, nicht um eine Beleidigung handelt, so ist auch hier die Anwendung des § 193 des StGB, ausgeschlossen. E. 31 S. 63. Die Behauptung braucht überhaupt nicht ehrenkränkender Natur zu sein, es genügt, daß sie Nachteile für die Ausübung der Erwerbstätigkeit bringen kann. GA. 61 S. 119 u. E. 44 S. 158. Die Worte „wider besseres Wissen" haben hier dieselbe Bedeutung wie im § 187 des StGB. Das bloße Bewußtsein von der Möglichkeit der Unwahr­ heit der behaupteten Tatsache (dolus eventualis) genügt nicht. E. 32 S. 302.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 16.

695

eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Ge­ schäfts, über die Waren oder gewerblichen Leistungen eines anderen Tatsachen"*) der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet, die ge­ eignet sind, den Betrieb des Geschäfts zu schädigen,") wird mit Ge­ fängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mtt einer dieser Strafen bestraft. Werden die im Abs. 1 bezeichneten Tatsachen in einem geschäft­ lichen Betriebe von einem Angestelltene6) oder Beauftragten behauptet oder verbreitet, so ist der Inhaber des Betriebs neben dem Ange­ stellten oder Beauftragten strafbar, wenn die Handlung mit seinem Wissen geschah. § 16. Wer im geschäftlichen Verkehrs einen Namen,") eine Firma *’) oder die besondere Bezeichnung eines Erwerbsgeschästs, eines gewerblichen Unternehmens oder einer Druckschrift in einer Weise benutzt, welche geeignet ist, Verwechselungen mit dem Namen, der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, kann von diesem auf Unterlassung der Benutzung in Anspruch genommen toerbcn.48) Der Benutzende ist dem Verletzten zum Ersätze des Schadens verpflichtet, wenn er wußte oder wissen mußte, daß die mißbräuchliche Art der Benutzung geeignet war, Verwechselungen hervorzurufeu.

Der besonderen Bezeichnung eines Erwerbsgeschästs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstigen zur Unterscheidung des Geschäfts von archeren Geschäften bestimmten Einrichtungen gleich, welche innerhalb 44 a) Künftige Ereignisse, die als Folge menschlichen Handelns erst nach Ablauf einer gewissen Zeit eintreten, sind keine Tatsachen. Dresden JurW. 58 S. 3100. 45) Der wirkliche Eintritt nachweisbaren Schadens wird nicht gefordert. — Eine Schädigung des Geschäftsbetriebes kann in dem Abspenstigmachen Von Kunden, überhaupt in einer Erschwerung des Betriebes liegen.

46) Wer denselben Namen führt, wie ein anderer, macht sich nur dann strafbar, wenn er Manipulationen anwendet, um Verwechselungen herbeizuführen. — Der Gebrauch eines fremden Namens zur Ankündigung einer gleichartigen und deshalb gleichwertigen Herstellung der Ware ist nicht statthaft. E. 30 S. 333. 47) Gleichgültig, ob sie im Handelsregister eingetragen ist oder nicht. A. M. Stenglein, Nebenges. Anm. 5.

48) Der § gewährt nur zivilrechtliche Schutzmittel, die Schadens- und Unterlassungsklage und zwar nach Wahl die eine oder die andere oder auch beide; auch ist der Erlaß einstweiliger Verfügungen möglich gemäß § 25. Ane Be­ strafung kann auch nicht aus § 14 WZG. eintreten, wenn jemand seine Firma nur deshalb gebraucht, um Verwechselungen mit der Firma eines anderen hervor­ zurufen. E. 40 S. 81.

696

BIV. Handels- und Gewerberecht.

beteiligter Berkehrskreise als Kennzeichen des Erwerbsgeschäfts gelten.40)

Auf den Schutz von Warenzeichen und Ausstattungen (§§ 1, 15 des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen Reichs-Gesetzbl.

vom 12. Mai 1894.

S. 441) finden diese Vorschriften keine Anwendung.

Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§17.") Mit Gefängnis bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer als Angestellter,04) Arbeiter40) oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs ein Geschäfts- oder Betriebs­ geheimnis,40)

das

ihm

vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut

49) Z. B. Ausstattung der Geschäftswagen, Anbringung von Emblemen, Warenkataloge, Ausstattung der Schaufenster usw. 50) Auch die nur vorübergehend beschäftigten Arbeiter. 51) a. Geschäftsgeheimnisse im Gegensatze zu Betriebsgeheimniffen sind solche, welche den Handelsverkehr betreffen, also einen wesentlich kaufmännischen, nicht technischen Charakter tragen und als Geheimnis werden nicht bloß solche geschäftliche Borkommniffe anzusehen sein, deren Geheimhaltung den Angestellten zur Pflicht gemacht ist, sondern alle, bei denen nach den Umständen ein erkenn­ bares Jntereffe des Geschäftsinhabers an der Geheimhaltung änzunehmen ist, und dahin gehört auch die kaufmännische Buchführung. E. 29 S. 426; ferner auch der Plan, in gewiffer Art ausgestattete Waren in größerer Menge zu besonders geeigneter Zeit auf den Markt zu werfen. E. 48 S. 12. Der Gegen­ stand des Geheimn. braucht nicht zur Ausüb. des frag!. Gewerbes zu dienen. Auf welchem Wege die Angestellten von den Tatsachen in dem Geschäftsbetrieb Kenntnis erlangt haben, ist für den Begriff des Geschäftsgeheimniffes bedeu­ tungslos. Recht 14 Nr. 1474.

Cs ist aber anzuerkennen, datz sich eine scharfe Grenzlinie zwischen der Herstellung und dem Vertrieb der Ware ost gar nicht ziehen läßt und daß. es auf diesen Unterschied deshalb nicht wesentlich ankommt, daß vielmehr das Haupt­ gewicht bei beiden Arten von Geheimnissen darauf zu legen ist, daß bei beiden die Verletzung der durch das Dienstverhältnis begründeten Vertragstreue, also wie Treubruch für strafbar erklärt wird. Gegenstand dieser Geheimnisse aber kann alles sein, was der Geschäftsgebarung des Inhabers so eigentümlich ist, daß es in anderen Kreisen nicht bekannt ist und nicht zur Anwendung kommt. E. 31 S. 90. b. Daß die Gegenstände, um die es sich handelt, absolut neu sind, ist nicht erforderlich, es genügt vielmehr, daß dieselben zu der Zeit, in welcher es sich um die Verletzung eines Geheimnisses handelt, ausschließlich in einem bestimmten Fabrikbetriebe bekannt sind. E. 31 S. 90. Auch kann die Anwendung einer an sich bekannten Herstellungsweise ein Betriebsgeheimnis sein, wenn die Firma ein vernünftiges Interesse an dem Nichtbekanntsein hat, daß gerade diese HerstellungSweise von ihr benutzt werde. JurR. 3 Nr. 215. Strafbar ist auch die Mtteilung von Musterbogen und Preislisten. DIZ. 6 S. 98 u. GA. 52 S. 87; desgl. von Kundenlisten. E. 39 S. 321; vom Modell einer Zimmereinrichtung. BahObLG. v. 9. März 25, DIZ. 30 S. 825; auch von beabsichtigten Sub­ missionsofferten. GA. 52 S. 241; Agentenverzeichnis. JurR. 3 Nr. 1367. Eine Sammlung von Erzeugnisproben kann Geschäftsgeheimnis sein, auch wenn jedem einzelnen Muster diese Eigenschaft fehlt. RG. v. 8. Mai 23. Stenglein, Nebenges. Anm. 4 Abs. 3.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb § 17.

697

worden oder zugänglich geworden ist,82) während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses82) unbefugt an jemand88') zu Zwecken des Wettbewerbes88) oder aus Eigennutz oder in der Absicht,88') dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzufügen, mitteilt.88) c. Nicht mehr besteht ein Geheimnis, wenn Muster auf den Markt gebracht und dem Publikum allgemein zugänglich gemacht sind. JurW. 40 S. 869. Zum Begriff des Geheimnisses gehört nicht, daß für Konkurrenten jeder Weg, sich auf erlaubte Weise von dem bezüglichen Verhältnis Kenntnis zu verschaffen, ver­ schlossen ist. Recht 7 S. 406. So steht dem Begriff „Geheimnis" der Um­ stand nicht entgegen, daß der Erwerber einer Maschine sich mit der belehr an­ gebrachten Verbesserung durch Zerlegung der Maschine vertraut machen kann, wenn einem Fachmann bei bloßer Besichtigung die Verbesserung nicht erkenn­ bar war. JurW. 58 S. 3087. Doch darf sein Gegenstand für die Konkurrenz nicht offenkundig sein. E. 40 S. 406. Durch die Aufdeckung des Betriebs­ geheimnisses einer beschränkten Anzahl von Personen gegenüber wird der Charakter des Geheimnisses nicht beseitigt. E. 38 S. 108. — Irrtum darüber, was geheim zu halten^ ist, ist ein tatsächlicher I. Stenglein, Nebenges. Anm.4 Abs.5. 52) Personen, die im Dienste einer Fabrik stehen und im Interesse der letzteren und mit deren Mitteln Versuche zur Verbesserung von Fabrikationsmethoden machen, werden dadurch nicht Herren der von ihnen dabei gemachten Erfindungen und Entdeckungen, vielmehr werden diese Eigentum des Fabrik­ herrn und müssen als den Angestellten infolge des Dienstverhältnisses anvertraut angesehen werden. E. 32 S. 136 u. 218. Zugänglich geworden vermöge des Dienstverhältnisses ist ein Geheimnis auch dann, wenn der Angestellte es durch Bestechung eines Mitangestellten in Erfahrung gebracht hat. E. 40 S. 355. Hinsichtlich der Mitglieder des Bertrauensrates würde die unbefugte Offen­ barung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auch ein von den sozialen Ehrengerichten zu ahndender Verstoß gegen die soziale Ehre sein, § 36 Ziff. 4 ABG. 53) Die Schweigepflicht besteht so lange, als das Dienstverhältnis rechtI i ch besteht. Sie kann vertraglich über die Dauer desselben ausgedehnt werden. 53a) Auch an eine ausschnüffelnde Mittelsperson. Baumbach a. a. O. S. 41III. Auch an in leitender Stellung befindlichem Angestellten, wenn ihm das Bettiebsgeheimnis nicht zugänglich gemacht ist. RG.JurW. 1936S. 2081.

54) Voraussetzung für die Annahme des Wettbewerbs ist, daß die Aus­ beutung eines Geheimnisses zum Schaden des Berechtigten erfolgen muß und zwar entweder dadurch, daß der Verrat an einen Konkurrenten des Berechtigten erfolgt oder daß der in den Besitz des Geheimnisses Gelangte dieses selbst un­ befugt ausbeutet. E. 33 S. 6. Diese Voraussetzung entfällt, wenn jemandem von dem Berechtigten selbst das Geheimnis mitgeteilt ist und demselben nochmals von einem Dritten, der weiß, daß er das Geheimnis kennt, Mtteilung gemacht wird. GA. 45 S. 286. Der Zweck eigener wissenschaftlicher Ausbildung ist mit dem Zwecke des Wettbewerbes nicht unvereinbar. E. 51 S. 184. Kein Zweck des Wettbew., wo das fremde Geheimnis ausschließlich als Grundlage für die Entscheidung weiter verwendet werden soll, eigene Versuche als nutzlos abzubrechen. DIZ. 37 S. 1150. 54a) Eventualdolus genügt nicht. Stenglein, Nebengesetze Anm. 8 (früher anders). , 55) In welcher Weise die Mitteilung erfolgt, ist gleichgültig, sie kann schrift-

698

B IV. Handels- und Gewerberecht. Ebenso wird bestraft,666) wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheim­

nis,66) dessen Kenntnis er durch eine der im Abs. 1 bezeichneten Mittei­ lungen oder durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten6) ’•) ver­ stoßende eigene Handlung erlangt hat, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz unbefugt verwertet666) oder an jemand mitteilt67)

Weiß der Täter bei der Mitteilung, daß das Geheimnis im Ausland verwettet werden soll, oder verwertet er es selbst im Ausland,676) so kann auf Gefängnis bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Vorschriften der Abs. 1 bis 3 gelten auch dann, wenn der Empfänger der Mitteilung, ohne daß der Täter dies weiß, das Ge­ heimnis schon kennt oder berechtigt ist, es kennenzulernen.

§ 18.") Mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe lich, mündlich, auch durch bloße Gestattung von Einsicht in Bücher und Schriftstücke geschehen. Daß ein Wettbewerb gerade von feiten desjenigen, dem die Mitteilung zunächst und unmittelbar gemacht wird, in Aussicht genommen ist, ist nicht erforderlich. E. 39 S. 33. Darauf, ob der Empfänger die Fähigkeit hat, das Mitgeteilte selbst zu benutzen, kommt es nicht an. E. 51 S. 184. 55 a) Keine Tateinheit im Verhältnis v. Abs. 1 u. 2. E. 60 S. 53. 56) Es ist also nicht schlechthin das unbefugte Verwerten fremder Geschäfts­ geheimnisse mit Sttafe bedroht, vielmehr tritt Strafbarkeit nur ein, wenn die Art und Weise, wie der Täter in den Besitz des Geheimnisses gelangt ist, eine verwerfliche, den Vorschttften des § widersprechende ist. Die Sttafbarkeit fällt fort, wenn der Täter durch Zufall (durch versehentliches Öffnen eines an eine andere Adresse gettchteten Bttefes) Kenntnis erlangt hat. E. 30 S. 251. Vgl. insbesondere auch E. 33 S. 62 u. E. 61 S. 273. Ob die Anfettigung von Aufzeichnungen über Bettiebsgeheimnisse gegen die guten Sitten verstößt, hängt von der Art der Dinge, von denen Aufzeichnungen gemacht werden, und von dem Inhalt des Dienstvettrags ab. E. 61 S. 418. 56 a) In der bloßen Aufzeichnung zu dem Zweck, die erlangte Kenntnis zu erhalten, liegt noch keine Verwettung. Verwertung heißt: den Wett aus der Sache ziehen, sie irgendwie wirtschaftlich nutzen. E. 63 S. 205. 57) Die Strafbarkeit des Dritten ist, abgesehen von dem Umstande, daß -er auf eine unerlaubte Weise in den Besitz des Geheimnisses gelangt sein muß, aber auch noch weiter davon abhängig, daß er dasselbe zu Zwecken des Wettbewerbes verwertet oder anderen mitteilt. Die Absicht, Schaden zuzufügen, genügt hier nicht, ebensowenig wie eine Verwertung zu nicht geschäftlichen Zwecken. Die Strafbarkeit-fetzt ferner ein doloses Handeln voraus, Fahrlässigkeit genügt nicht und § 59 StGB, kommt dem Täter zustatten, er muß also wissen, daß es sich um ein Geheimnis handelt. Der Umstand aber, daß er bei der Aus­ kundschaftung des letzteren seine Handlung nicht für ungesetzlich oder unmoralisch gehalten hat, kann ihm selbstverständlich nicht zustattenkommen. Doch ist dolus eventualis ausreichend. Es genügt, wenn der Täter mit der Möglichkeit rechnet, daß ihm die Mitteilung zu Zwecken des Wettbewerbs gemacht ist. GA. 56 S. 221; oder wenn er jemand das Geheimnis mitteilte in der irrigen An­ nahme, der Mitteilungsempfänger kenne das Geheimnis nicht oder sei nicht be­ rechtigt, es kennen zu lernen. 57 a) Auch die Mitteilung an ein in Deutschland befindliches Unternehmen fällt unter Abs. 3.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 88 19—21.

699

oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, toer67b) die ihm im ge­ schäftlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen") oder Vorschriften technischer Art, insbesondere Zeichnungen, Modelle, Schablonen, Schnitte, Rezepte, zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz unbefugt verwertet oder an jemand mitteilt. § 17 Abs. 4 gilt ent­ sprechend.

§ 19. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§ 17, 18 verpflichten außerdem zum Ersätze des entstandenen Schadens. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

§ 20 ") Wer") zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz jemand zu einem Vergehen gegen die §§ 17 oder 18 zu verleiten sucht oder das Erbieten eines anderen zu einem solchen Vergehen annimmt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe'bestraft. Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbes oder aus Eigennutz sich zu einem Vergehen gegen die §§ 17 oder 18 erbietet oder sich auf das Ansinnen eines anderen zu einem solchen Vergehen bereit erklärt. § 20a.18) Auf die Vergehen gegen die §§ 17,18 und 20 findet die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich Anwendung, wenn sich die Tat gegen das Geheimnis eines inländischen Geschäfts oder Betriebs richtet.

§ 21. Die in diesem Gesetze bezeichneten Ansprüche auf Unter­ lassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der' Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rück­ sicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Hand­ lung an.60 * *) 58 59 57 b) Hierunter fallen nur die Nichtangestellten des Verletzten, nicht die Im § 17 genannten Angestellten. E. 44 S. 152. 58) Hierunter fallen nur solche Gegenstände, die bei der Herstellung neuer Sachen als Vorbilder benutzt werden. E. 45 S. 385. Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn Vorlagen usw. einer Persönlichkeit anvertraut sind, die gar nicht selbst gewerblich ausführen soll, sondern nur damit betraut worden ist, die Ausführung technisch oder juristisch vor Behörden usw. vorzubereiten oder zu vermitteln. KommBer. S. 68. Immer wird aber ein beiderseits ge­ schäftsmäßiges Handeln innerhalb der Beziehungen von Geschäft zu Geschäft vorausgesetzt. E. 48 S. 76. 59) Durch den § wird die erfolglose Anstiftung unter Strafe gestellt. Ist die Anstiftung von Erfolg gewesen, so wird sie nach § 48 des StGB, mit der Strafe des Täters belegt und also aus 8 17 des Ges. bestraft. Die zu verleitende Person braucht nicht eine individuell bestimmte Person zu sein. E. 33 S. 355. Der Wettbewerbszweck braucht kein unlauterer zu sein. E. 45 S. 256. ES genügt auch die beabsichtigte Förderung ftemden Wettbewerbs. E. 47 S. 128. 60) Die hier für die Verjährung gegebenen Vorschriften beziehen sich nur

700

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Ver­ jährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem ein Schaden entstanden ist.

§ 22. Die Strafverfolgung") tritt, mit Ausnahme der in den §§ 4, 6, 10, 11 bezeichneten Fälle, nur auf Antrag etn.62 * *)63 61 In den Fällen der §§ 8, 12 hat das Recht, den Strafantrag zu stellen, jeder der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. Wegen der nach § 4 strafbaren Handlungen ist ebenso wie bei den nur auf Antrag verfolgbaren Handlungen (§§ 8, 12) neben dem Verletzten (§ 374 Abs. 1 Nr. 7 der Strafprozeßordnung) jeder der im § 13 Abs. 1 bezeichneten Gewerbetreibenden und Verbände zur Privatklage22) berechtigt?2^) auf die Zivilklagen, bezüglich der Strafverfolgung kommen die Bestimmungen des StGB, zur Anwendung. 61) Über die Verfolgung des uni. Wettbew. durch die StA. siehe Nr. 414 der Richtlinien für das Strafverfahren. 62) Wer einen Strafantrag stellen will, ist verpflichtet, seine Berechtigung dazu nachzuweisen, da eben nicht quisque ex populo zu demselben berechtigt ist, aber auch abweichend von sonstigen allgemeinen Bestimmungen, das Recht nicht auf den unmittelbar Verletzten beschränkt ist. Zur Stellung des Antrages sind die Ärztekammern berechtigt. E. 35 S. 268 u. E. 37 S. 173. Vertretung des Vorstandes ist hierbei statthaft E. 44 S. 348. Über die Wirksamkeit des vom Bevollmächttgten eines antragsberechttgten Vereins gestellten Anttags RG. 68 S. 263. Es bedarf nicht des Nachweises, daß der Strafantrag dem bewußten Willen des Vorstandes entsprochen hat. E. 58 S. 203. Nach RG. Recht 10 S. 260 haben die Ärzte (auch Kreisärzte. Recht 18 Nr. 3078) daS Antrags­ recht gegenüber jedem, der den Kundenkreis der Arzte durch seine unrichtigen An­ gaben schmälert. Bestimmtheit des Anttages ist auch hier nicht erforderlich. JurW. 40 S. 513. Ein Verein, dessen ausschließlicher Zweck die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist, kann Sttafantrag in allen Fällen stellen. Recht 20 Nr. 2178. Die Berechtigung der Verbände zur Stellung des Strafanttages ist davon abhängig, daß sie zurzeit derjenigen Handlung, deren Sttafverfolgung sie betreiben, schon bestanden haben. E. 46 S. 324. Der wegen einer fortgesetzten Straftat gestellte Antrag umfaßt auch die vor Einwägung des Vereins begangenen Einzelhandlungen. E. 49 S. 66. Ein Dritter, der ein durch Verrat eines Angestellten zu seiner Kenntnis ge­ langtes fremdes Geschäftsgeheimnis zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt ver­ wertet, kann nicht ohne weiteres als ein an dem Verrate des Angestellten „Be­ teiligter" verfolgt werden, wenn nur gegen den Angestellten ein Sttafantrag ge­ stellt ist. E. 31 S. 33. 63) Die von mehrerm Geschäftsführern einer G. m. b. H. erhobme Privat­ klage ist verspätet, wenn einer der Geschäftsführer schon länger als drei Monate vor Stellung des Sttafanttages von der Handlung Kenntnis hatte. BayObLG. v. 13. Jan. 07, DIZ. 13 S. 432. — Der Verurteilte ist verpflichtet, dem Nebenkläger auch die auf die Änschaffung von Beweisgegenständen erwachsenen Auslagen zu erstatten. 63 a) In Ansehung zu § 4 ist der Verbraucher nicht verletzt. Hamburg JurW. 58 S. 1258.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 88 23—25. § 23.

701

Wird in den Fällen der §§ 4, 6, 8, 12 auf Strafe erkannt,

so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten deS

Schuldigen öffentlich bekannt zu machen fei64 * *) * * * * * * * Wird in den Fällen des § 15 auf Strafe erkannt, so ist zugleich

dem Verletzten die Befugnis zuzusprechen,

die Verurteilung inner­

halb bestimmter Frist auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekannt zu machen ^»).

Auf Antrag des fteigesprochenen Angeschuldigten kann das Gericht

die öffentliche Bekanntmachung der Freisprechung anordnen; die Staats­

kasse trägt die Kosten, insofern sie nicht dem Anzeigenden oder dem

Privatkläger auferlegt worden sind. Ist auf Grund einer der Vorschriften diese- Gesetzes auf Unter­

lassung Klage erhoben, so kann in dem Urteile der obsiegenden Partei

die Befugnis zugesprochen werden, den verfügenden Teil des Urteils innerhalb bestimmter

Frist

auf Kosten

der

unterliegenden Partei

öffentlich bekannt zu machen.

Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen. § 24.

Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist ausschließlich

zuständig das Gericht, in dessen Bezirke der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat.

Für Personen, die im Jnlande weder eine gewerbliche Niederlassung

noch einen Wohnsitz haben, ist ausschließlich zuständig das Gericht des

inländischen Aufenthaltsorts, oder wenn ein solcher nicht bekannt ist,

das Gericht, in dessen Bezirke die Handlung begangen ist. § 25.

Zur Sicherung der in diesem Gesetze bezeichneten An­

sprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen erlassen

werden, auch wenn die in den §§ 935, 940 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen.

Zuständig ist auch das

Amtsgericht, in dessen Bezirke die den Anspruch begründende Handlung

64) Die Publikation hängt hier lediglich vom Ermessen des Gerichts ab, es darf aber nicht die Entscheidung darüber dem Antragsteller überlassen. DIZ. 8. S. 502. Zu berücksichtigen ist, ob die beanstandete Ankündigung den Geschäfts­ kreis der ehrlichen Konkurrenten erheblich gefährdet hat. Steht der für den Verurteilten, mit der Veröffentlichung verbundene Nachteil in keinem Ver­ hältnis zu der begangenen Rechtsverletzung, so darf die Veröffentl. nicht er­ folgen. Recht 33 Nr. 1603. Der Verkauf des Geschäfts beseittgt nicht den An­ laß zur Veröffentlichung. Veröffentlichung kann auch zu Abwehrzwecken erfolgen. RG. Mitt. 1934 S. 320.

64 a) Auf Veröffenllichungsbefugnis ist auch dann zu erkennen, wenn die Tat deS § 15 mit einer anderen Tat in Tateinheit steht, und die Strafe aus dem anderen Gesetz zu entnehmen ist (gilt aber nicht für § 27 Abs. 1). E. 73 S. 24.

702

B IV. Handels- und Gewerberecht.

begangen ist; im übrigen finden die Vorschriften des § 942 der Zivil­ prozeßordnung Anwendung.

§ 26. Neben einer nach Maßgabe dieses Gesetzes verhängten Strafe kann auf Verlangen des Verletzten 65 66) auf eine an ihn zu er­ legende Buße^) erkannt werden. Für diese Buße hasten die dazu Verurteilten als Gesamtschuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus.

§ 27. Bürgerliche Rechtsstreitigkeilen, in welchen durch die Klage sein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, gehören, sofern in erster Instanz die Landgerichte zuständig sind, vor die Kammern für Handelssachen. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen.

§ 27a.66a) Der Reichswirtschastsminister kann bei allen oder bei einzelnen überfachlichen Gliederungen der Organisation der gewerb­ lichen Wirtschaft Einigungsämter einrichten, die bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus § 13, soweit die Wettbewerbshandlungen den geschäftlichen Verkehr mit dem letzten Verbraucher betreffen, von jeder Partei zum Zwecke einer Aussprache mit dem Gegner über den Streit­ fall angerufen werden können. Für die Zuständigkeit dieser Einigungs­ ämter gelten die Bestimmungen des § 24 entsprechend. Die Einigungsämter sind mit einem Rechtskundigen, der die Be­ fähigung zum Richteramt hat, als Vorsitzenden und mindestens zwei sachverständigen Gewerbetreibenden als Beisitzern zu besetzen. Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen der Parteien an­ ordnen. Im Falle unentschuldigten Ausbleibens kann das Einigungs­ amt Ordnungsstrafen in Geld gegen sie festsetzen. Gegen die Straf­ festsetzung findet die sofortige Beschwerde an das für den Sitz des 65) Jnteressenverbände haben keinen Anspruch auf Buße. E. 48 S. 327. — Auf Bube kann auch erkannt werden, wenn wegen Betruges aus § 263 StGB, in Jdealkonkurrenz mit § 7 (jetzt § 15) verurteilt ist. Recht 12 Nr. 3206. Solange der Strafanspruch besteht, ist auch keine Verjährung des Bußanspruchs eingetreten. E. 44 S. 294.

66) Bon 3 bis zu 10 000 Reichsmark. Art. IV der VO. v. 6. Febr. 1924 (RGBl. I S. 44). 66a) Die Fassung des § 27 a beruht auf der VO. v. 8. März 40 (RGBl. I S. 480). Der Reichswirtschaftsminister kann gemäß Art. II der VO. v. 8. März 40 die von den Obersten Landesbehörden eingerichteten Einigungs­ ämter auflösen, neue bilden und mit Durchführungsmaßnahmen versehen.

BIV 6. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §§ 28 u. 29.

703

Einigungsamts zuständige Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fehlt, Zivilkammer) statt. Die Ordnungs­ strafen werden auf Antrag des Einigungsamts durch die Jndustrieund Handelskammern oder Handwerkskammern nach den Bestim­ mungen über die Einziehung der Beiträge zu diesen Kammern bei­ getrieben. Das Einigungsamt hat einen gütlichen Ausgleich anzustreben. Aus einem vor ihm geschlossenen Vergleich findet die Zwangsvoll­ streckung statt; § 797 a der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend Mit Ausnahme der dort im Abs. 4 Satz 2 bestimmten Fälle kann der Vor­ sitzende des Einigungsamts die Bollstreckungsklausel unter Beidrückung des Siegels oder Stempels des Einigungsamts erteilen. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so kann das Einigungsamt sich in einem gut­ achtlichen Spruch über den Streitfall äußern. Das Einigungsamt kann, wenn es den geltend gemachten Anspruch von vornherein für unbegründet oder sich selbst für unzuständig erachtet, die Einleitung von Einigungsverhandlungen ohne weiteres ablehnen. Ist ein Rechtsstreit der im Abs. 1 bezeichneten Art ohne vorherige Anrufung des Einigungsamts anhängig gemacht worden, so kann das Gericht auf Antrag den Parteien unter Anberaumung eines neuen Termins aufgeben, vor diesem Termin das Einigungsamt zur Herbei­ führung eines gütlichen Ausgleichs anzugehen. In dem Verfahren über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist diese

Anordnung nur zulässig, wenn die Gegenpartei zustimmt. Die zur Durchführung der vorstehenden Vorschriften erforder­ lichen Bestimmungen werden vom Reichswirtschaftsminister getroffen.

Der Reichs Wirtschaftsminister kann auch bestimmen, daß einzelne Eini­ gungsämter bei allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus § 13 an­ gerufen werden können. 8 28. Wer im Inland eine Hauptniederlassung nicht besitzt, hat auf den Schutz dieses Gesetzes nur insoweit Anspruch, als in dem Staate, in welchem seine Hauptniederlassung sich befindet, nach einer im Reichs-Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Gewerbe­ treibende einen entsprechenden Schutz gettte6eti.68) § 29. Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeich­ nung. höhere Verwaltungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes zu ver­ stehen sind, wird von der Zentralbehörde des Bundesstaats bestimmt. 68) Nach dem Ges. zur Ausf. der rev. Pariser Übereinkunft zum Schutze des gewerbl. Eigentums v. 31. März 13 (RGBl. S. 236) findet dieser § auf Reichsangehörige keine Anwendung. Dgl. Anm. 1 unter BIV 12.

704

B IV. Handels- und Gewerberecht.

BIV 7. Negelimz des Zugabewesens. Notverordnung zum Schuh der Wirtschaft. Vom 9. März 1932.

Erster Teil.

Art. I.

Geändert durch das Gesetz über daS Zugabewesen vom 12. Mai 1933 (RGBl. 1932 I S. 121, 1933 I S. 264)*) (Auszug.) § 1.

Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehr neben einer

Sßate1) oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung?) an­

zubieten, anzukündigen oder zu gewähren.

Eine Zugabe liegt auch

dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar

bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird.

Das gleiche gilt,

wenn zur Verschleierung der Zugabe eine Ware oder Leistung mit *) Entsprechend dem Verbot von Zugaben mit Regelung der Aus­ nahmen in obiger BO. ist auch ein Verbot von Preisnachlässen mit Regelung bestimmter Ausnahmen durch das Rabattges. v. 25. Novbr. 33 (RGBl. I S. 1011) ergangen. Bgl. über das Verhältnis KG. JFG. Erg. 16 S. 167. Danach dürfen bei Veräußerung von Waren des täglichen Bedarfs im Einzel­ verkauf an den letzten Verbraucher oder Ausführung entsprechender gewerb­ licher Leistungen Preisnachlässe (Rabatte) zu Zwecken des Wettbewerbs nur nach den Vorschriften des Ges. angekündigt oder gewährt werden. Als solche Preisnachlässe gelten Nachlässe von den Preisen, die der Unternehmer an­ kündigt oder allgemein fordert, oder Sonderpreise, die wegen der Zugehörig­ keit zu bestimmten Berbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften etngeräumt werden (§ 1). Strafvorschrift enthält § 11: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig einer der Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestraft. Ist der Täter wegen Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz bereits wiederholt rechtskräftig verurteilt worden, so kann auf Ge­ fängnis erkannt werden." Zusammenstellung neuester Rechtsprechung zum Rabattges.' s. JurW. 1937 S. 2721. — Zur Handhabung s. § 419 der Richtl.

f. d. Strafverfahren. Zu § 1:1) Nebenleistung ist also ausdrücklich an die Abgabe einer Ware gebunden, vgl. OLG. Jena JurW. 1937 S. 2772; zwischen dieser u. der Zugabe muß Zusammenhang bestehen u. irgendwie erkennbar in Erscheinung getreten sein, RG., OLG. Stettin JurW. 1936 S. 713, 2027. Zusammen­ hang zwischen Haupt- u. Nebenleistung kann auch bestehen, wenn die Zugabe in der Erwartung („moralischer Zwang" durch Lieferung eines Gesellschafts­ spieles) gewährt wird, daß Bestellung u. Lieferung einer Hauplleistung folgen werde, KG. JurW. 1937 S. 2702 mit krit. Sinnt, daselbst. 2) Es muß sich um eine weitere Vermögenswerte Ware oder Leistung handeln, RGZ. 154 S. 28; OLG. Karlsruhe JurW. 1935 S. 718; KG. JurW. 1937 S. 2775. Bon Zugabe kann nur da gesprochen werden, wo der Verkäufer mehr leistet, als zur Deckung des Bedarfs des Käufers geleistet werden soll, mehr als der Käufer kaufen will, KG. JurW. 1937 S. 323,2773. Ob Preisausschreiben Zugabe s. OLG. Breslau JurW. 1937 S. 3034.

BIV 7. Regelung des Zugabewesens § 2.

705

einer anderen Ware oder Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewährt wird.

Die Vorschriften im Abs. 1 gelten nicht: a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Werte, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeich­ nung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder geringwertige Kleinigkeiten gewährt werdens) b) wenn die Zugabe in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbettage besteht; c) wenn die Zugabe zu Waren in einer bestimmten oder auf be­ stimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware besteht; d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; e) — gestrichen —. f) wenn die Zugabe in der Erteilung von Auskünften oder Rat­ schlägen besteht; g) wenn zugunsten der Bezieher einer Zeitung oder Zeitschrift Versicherungen bei beaufsichtigten Versicherungsunterneh­ mungen oder Versicherungsanstalten abgeschlossen werden. Bei dem Angebot, der Ankündigung und der Gewährung einer der im Abs. 2 zugelassenen Zugaben ist es verboten, die Zuwendung als unentgeltlich gewährt (Gratiszugabe, Geschenk u. dgl.) zu bezeich­ nen oder sonstwie den Eindruck der Unentgeltlichkeit zu erwecken. Ferner ist es verboten, die Zugabe von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig zu machen.

§ 2. Wer den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, kann von jedem, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Haupt- oder Zugabeware oder Haupt- oder Zugabeleistung her­ stellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt, sowie von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interesses), soweit sie als solche in bürger­ lichen Rechtsstteitigkeiten klagen können, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist die Zuwiderhandlung im Geschäftsbettiebe von einem Angestellten oder Beaufttagten vorgenommen worden, so ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs begründet. 3) Auch Anbieten u. Ankündigen solcher geringwertiger Kleinigkeiten ist nicht verboten, OLG. Naumburg JurW. 1936 S. 2246; KG. JurW. 1986 S. 2657. — Was geringwertige Kleinigkeiten sind, darüber vgl. Zusammen­ stellung neuester Rechtsprechung in JurW. 1937 S. 2719. Zu § 2: 1) Ein solcher Verband ist auch der Verein gegen Bestechung e. B., Erl. d. NJM. v. 9. Novbr. 36, abgedruckt bei Kmg-Schäfer-Stolzenburg S. 229. Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

706

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften des § 1 ver­ stößt, ist zum Ersätze des durch die Zuwiderhandlung entstehenden Schadens verpflichtet. Ansprüche, die wegen der Gewährung von Zugaben auf Grund anderer Vorschriften, insbesondere des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, begründet sind, bleiben unberührt. Die in den Abs. 1, 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz verjähren in sechs Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von der Handlung und von der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in drei Jahren von der Begehung der Handlung an. Für die Ansprüche auf Schadensersatz beginnt der Lauf der Verjährung nicht vor dem Zeitpunkt, in welchem der Schaden entstanden ist. § 3. Wer vorsätzlich den Vorschriften des § 1 zuwiderhandelt, wird, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Geldstrafe bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Das Recht, den Strafantrag zu stellen, hat selbständig jeder der im § 2 Abs. 1 bezeich­ neten Gewerbetreibenden und Verbände. Die Zurücknahme des An­ trages ist zulässig. Wird auf Strafe erkannt, so kann angeordnet werden, daß die Verurteilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekanntzumachen ist. § 4. Vergehen gegen § 3 können im Wege der Privatklage ver­ folgt werden. Die allgemeinen Vorschriften über die Privatklage finden Anwendung.

BIV 8. Gaststättengesetz. Vom 28. April 1930?) (RGBl. I S. 146.)

I. Erlaubnis zum Gewerbebetriebe.

§ 1. Wer Gastwirtschaft,2) Schankwirtschaft») oder Kleinhandel*) mit Branntweins betreiben»») will, bedarf dazu der Erlaubnis?) 1) Geändert durch Ges. v. 9. Oktbr. 34 (RGBl. I S. 913 u. durch BO. v. 27. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1245). Ferner sind ergangen im Reich Ausführ.BO. v. 21. Juni 30 (RGBl. I S. 191) mit zusätzl. BO. v. 21. Juni 33 (RGBl. I S. 392) u. v. 19. Jan. 38 (RGBl. I S. 37) u. in Preußen Durchführ.BO. v. 18. Juni 30 (GS. S. 117), geändert durch BO. v. 30. März 33 (GS. S. 106) u. BO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59. Schrifttum: Michel, Komm. 1938. Rohmer, Komm. 1930. Kerstiens, Komm. 1933. Köstlin, Komm. 1930. Rohrscheidt, Komm. 1930.

707

BIV 8. Gaststättengesetz § 1.

2) Gastwirtschaft besteht in der Beherbergung und Verpflegung fremder und einheimischer Gäste. KG. Johow 1 S. 181. Frankfurt GA. 42 S. 284. OLG. Dresden JurW. 1934 S. 2087. Der Vertrieb von Getränken ist nicht erforderlich. Ungedr. KG. v. 28. April 30. Das Lokal muß jeder­ mann zugänglich sein; es liegt keine Gastwirtschaft vor, wenn es an einer hotelmäßigen Unterbringung fehlt. Stuttgart JurW. 59 S. 1239, oder wenn es sich nur um Unterbringung und Verpflegung besttmmter Personen handelt. Rostock GA. 40 S. 194. Über Unterschied zwischen Gastwirtschaft u. bloßem Zimmervermieten s. KG. JFG. Erg. 15 (1937) S. 133. Zimmer­ vermietung danach noch kein Gastwirtschaftsbetrieb. Bei Fremdenheimen ist von Fall zu Fall zu entscheiden, BadBerwGH., DVerwBl. 1936 S. 242 u. GA. 34 S. 207. Keine Gastwirtschaft, wenn nur Personen beherbergt werden, die dem Inhaber der Räume von Gastwirten überwiesen werden und er nur von diesen Bezahlung erhält. Köln JurW. 58 S. 3261. Das Ver­ mieten an Sommergäste kann nicht ohne weiteres als Gastwirtschaft ange­ sehen werden. Hamburg GA. 46 S. 58; BayObLG., DStrafr. 1934 S. 297; ebensowenig das Vermieten von Schlafstellen mit Verpflegung. KG. Jo­ how 11 S. 227. Sanatorien, Privatkrankenanstalten, Erziehungsanstalten u. dgl. sind keine Gastwirtschaften, Michel, Komm. Anm. III 3 zu 8 1. Schlaf­ wagen dienen nicht der Beherbergung, sondern der Beförderung, also keine Anwendung des § 1. 3) Schankwtrtschast besteht in der gewerbsmäßigen Verabfolgung von Getränken jeder Art und nicht bloß geistigen Getränken und zwar gleichviel ob in Flaschen oder Gläsern zum Genuß auf der Stelle. OBG. E. 2 S. 233. Celle GA. 48 S. 147. BayObLG. JurW. 60 S. 1971. Dresden JurW. 60 S. 1984. Dazu gehört der Gassenschank; Erl. d. RF. ff u. Ch. d. Pol. v. 20. Oktbr. 36 (RMBl. i. V. S. 1394); Stuttgart JurW. 61 S. 66. Aus­ schank von Kaffeewasser fällt aber nicht hierunter. OLG. Düsseldorf JurW. 1934 S. 625. Die Getränke brauchen nicht in geschlossenen Räumen genossen zu werden. OBG. E. 2 S. 336. KG. JFGErg. 38 S. 278. Betreffs des Ausschanks v. Milch s. § 9. Schankwirtschaft ist auch die unentgeltl. Ver­ abreichung von Getränken an Geschäftskunden in den großen Warenbazaren u. kaufmänn. Geschäften. KG. GA. 46 S. 366; JFGErg. 4 S. 180. Es liegt aber nicht ohne weiteres der Betrieb einer Schankwirtschaft vor, wenn der Vermieter an seine Meter Getränke verabfolgt. E. 27 S. 173. überhaupt sind die tatsächl. Berhältn. des Einzelfalls maßgeb., ob ein Berkf. im Rahmen des Schankbetriebes vorliegt. OBG. E. 80 S. 386. Nicht gehört zum Begriff der Schankwirtschaft, daß die Getränke an jedermann verabfolgt und auf Vorrat gehalten werden. E. 35 S. 175 u. 335. ES ist nicht erforderlich, daß der Platz, auf dem daS Getränk genossen wird, dem Ausschenker gehört, oder daß ihm die Beräußerungsgewatt über diesen Platz zusteht. Rostock GA. 43 S. 142, BayObLG. HRR. 1930 Nr. 191, OLG. Karlsruhe JurW. 1934 S. 1196. Schankwirtschaft treibt auch der Krämer, der duldet, daß die Konsumenten das gekaufte Bier auf dem Haus­ flur austrinken. KG. Johow 14 S. 294. Beihllfe des Verzehrens in nicht erlaubtem Schankbetrieb ist möglich, aber nur, wenn der Gast über die not­ wendige Mitwirkung hinaus Teilnahmehandlungen begeht. E. 70 S. 233. Die GewerbSmäßtgkeit einer Schankwirtschaft setzt voraus, daß eine fort­ gesetzte, auf Erzielung des BermögensvorteilS gerichtete Tättgkeit vorliegt und ein offenes Lokal gehalten wird, das allgemein zugänglich ist. KG. GA. 38 S. 457. ES genügt die Erzielung eines mtttelbaren Gewinns. KG. Johow 1 S. 178,180; und zwar durch die Möglichkeit, sich im geschäftl. Wettbewerb

45*

708

B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Erlaubnis kann auch juristischen Personen sowie nichtrechtsfähigen Vereinens erteilt werden.

Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn ein Bedürfnis nachgewiesen ist. Die Reichsregierung kann mit Zustimmung des Reichsrats die Vor­ aussetzungen bestimmens) a) unter denen ein Bedürfnis •) (Abs. 2) für die Erlaubniserteilung anzuerkennen oder zu verneinen ist,

b) unter denen der Handel mit Branntwein als Kleinhandel") im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. Kunden zu erhalten und zu gewinnen. Königsberg DIZ. 37 S. 1488. Auf die Zahl der Handlungen kommt eS nicht an; es kann unter Um­ ständen ein Ausschank an einem Tag genügen. St eng lein, Nebenges. Anm.4 Abs. 4. Selbst die unentgeltliche Verabreichung von Getränken schließt die Gewerbsmäßigkeit nicht aus, z. B. wenn ein Kaufmann oder Spetsewirt nur die Waren und Speisen, nicht aber die Getränke besonders berechnet. KG. Johow 1 S. 178. So kann auch die unentgeltliche Abgabe von Kaffee­ kostproben gewerbsm. Ausschank sein, wenn sie eine gewisse Zeit hindurch fortgesetzt wird, um den Betrieb zu heben. KG. DIZ. 34 S. 248, JurW. 1936 S. 622, a. M. Jena DRZ. 25 Nr. 216. Die Vorschriften der Abschnitte I u. II über Schankwirtschaften sind entsprechend auf Speiseeiswirtschaften (Eisdielen) anzuwenden, VO. über Speiseeiswirtschaften, s. unter Anm. 34a. 4) Als Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßige und in den Fällen deS § 23 Abs. 1 auch die nicht gewerbsmäßige Abgabe einer Menge von nicht mehr als 3 Liter Branntwein an Verbraucher (8 9 d. BO. v. 21. Juni 30 — Anm. 1). 5) Dazu gehört auch der unverarbeitete Branntwein. Begr. S. 11, aber nicht der vergällte. § 27 Ziff. 4.

5a) Es betreibt nur der selbständige Unternehmer, also der, für dessen Rechnung und unter dessen Verantwortung der Betrieb geführt wird, OLG. Dresden DStR. 1934 S. 300. Ob jemand als Inhaber zu gelten hat, hängt nicht von seiner privatrechtlichen Beziehung zu dem betr. Grundstück ab, sondern es ist entscheidend, wie das Verhältnis unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände sich der Allgemeinheit gegen­ über darstellt, DStR. 1937 S. 366. 6) Wegen der zuständigen Behörde siehe in Preußen DurchführungsVO. v. 18. Juni 30 i. d. F. d. VO. v. 30. März 33 (GS. S. 106) 1,1 u. der VO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59) in Verbindung mit dem Ges. über die An­ passung der Landesverwaltung v. 15. Dezbr. 33 (GS. S. 479/ u. Erl. d. MdI. v. 9. Febr. 35 (MBliB. S. 209).

7) Nicht offenen Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften. Sie erstreckt sich beim Verein dann nicht nur auf die Mitglieder, sondern auch auf Gäste, die von diesen mitgebracht und freigehalten werden. OLG. Dresden, Dt. Strafrecht 1934 S. 300. 8) 88 1—5 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1). 9) 88 1—5 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1). 10) 88 6—9 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1).

709

B IV 8. Gaststättengesetz § 2.

Soweit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlassen hat, können die obersten Landesbehörden sie erlassen.

§ 2. Wird ein Bedürfnis nachgewiesen (§ 1 Abs. 2), so ist die Er­ laubnis nur zu versagen, 1. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antrag­

steller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässig­ keit") nicht besitzt, insbesondere dem Trünke ergeben ist oder

das Gewerbe zur Förderung der Schlemmerei,") der Böl­

lerei,") deS Glücksspiels, der Hehlerei, unlauterer Handels­ geschäfte oder der Unsittlichkeit oder zur Ausbeutung Unerfahrener, Leichtsinniger oder Willensschwacher, zur sittlichen oder gesundheitlichen Schädigung Jugendlicher oder zum Ver­

triebe

gesundheitsschädlicher,

verfälschter

oder

verdorbener

Nahrungs- oder Genußmittel mißbrauchen wird, 2. wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antrag­

steller die Vorschriften über die Beschäftigung von Arbeitern und Angestellten nicht einhalten wird, insbesondere wenn der Antragsteller wegen Verstoßes gegen diese Vorschriften erheb­

lich vorbestraft ist, 3. wenn die zum Betriebe des Gewerbes oder die zum Aufent­

halte der Arbeiter und Angestellten des Betriebs bestimmten Räume") wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizei­ lichen Anforderungen nicht genügen,

4. wenn die Verwendung der Räume für den Betrieb des Ge­ werbes dem öffentlichen Interesse") widerspricht,

11) Die Mittellosigkeit des Antragsteller- kann unter Berücksichtigung des CharatterS und der Fähigkeiten deS Antragstellers als Tatsache gewertet werden, aus der sich die Zuverlässigkeit des Antragstellers ergibt. Michel, Gaststättengesetz S. 60. Über die Prüfung der persönl. Zuverlässigkeit siehe § 2 MErl. v. 5. Juni 30 (Anm. 1). 12) Es kommt hierbei auf die Ungewöhnlichkeit des Genusse« und seine Mißbilligung durch weite Teile der Bevölkerung an. Michel, a. a. O. S. 61. Schl, bedeutet das Schwelgen in verschiedenen au-gewählten Genußmitteln (qualitatives Übermaß). Bon Rohrscheidt a. a. O. S. 43. 13) Hierunter ist nicht bloß ein Genuß geistiger Getränke bis zu einem das Bewußtsein oder die freie Willensbestimmung in erheblichem Grade beeinträchttgendem Maße, sondern auch die bloße Gewohnheit, unmäßig zu essen oder zu trinken, und auch eiy Genuß, der die gesetzmäßigen Schranken über­ schreitet, zu verstehen. Landmann-Rohmer Anm. 7 zu § 33 GewO, (quantttatives Übermaß). BahBGR. Reger, Entsch. Bd. 57 (1937) S. 20. Auch der Betrieb von Animierkneipen gehört hierher. Stenglein Nebenges. Anm. 6. 14) Hierunter sind sämtliche für den Gewerbebetrieb benutzten Räume sowohl in Häusern wie im Freien zu verstehen. Begr. S. 12. 15) Es ist hierbei insbesondere an das infolge der Wohnungsnot bestehende Bedürfnis nach Wohnraum gedacht. Begr. S. 12.

710

B IV. Handels- und Gewerberecht.

5. wenn die zum Betriebe bestimmten Räume in der in Ziffer 1 genannten Art mißbraucht worden sind, sofern nicht anzu­ nehmen ist, daß der Betrieb ordnungsmäßig geführt werden wird. Bei juristischen Personen oder bei nichtrechtsfähigen Vereinen gelten als Antragsteller im Sinne des Abs. 1 Ziffer 1 und 2 die ver­ tretungsberechtigten Personen. § 3. Die Erlaubnis ist bei Gast- und bei Schankwirtschaften für eine bestimmte Betriebsart/«) für bestimmte Arten von Getränken16») und für bestimmte Räume zu erteilen. In der Erlaubnis zum Betrieb einer Gastwirtschaft oder zum Ausschank geistiger Getränke ist die Er­ laubnis zum Ausschank nichtgeistiger Getränke cntfialten17).18 Die Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein ist für bestimmte Räume zu erteilen. Sie kann mit der Beschränkung erteilt werden, daß der Kleinhandel mit Branntwein dem Antragsteller nur im Be­ trieb eines von ihm in einer offenen Verkaufsstelle geführten Geschäfts bestimmter Art erlaubt wird. Die Erlaubnis zum Ausschank von Branntwein schließt die Er­ laubnis zum Kleinhandel ein. Die Erlaubnis darf weder auf Zeit noch auf Widerruf erteilt werden, soweit nicht dieses Gesetz es zuläßt. § 4. Bei der Erteilung der Erlaubnis kann eine Frist bis zur Dauer eines Jahres bestimmt werden, innerhalb deren der Betrieb begonnen sein muß, widrigenfalls die Erlaubnis erlischt. Ist eine Frist nicht bestimmt, so erlischt die Erlaubnis, wenn der Inhaber den Be­ trieb nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Erlaubnis«) be­ ginnt. Die Fristen können verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Erlaubnis«) erlischt ferner, wenn der Inhaber seinen Betrieb 16) Der Begriff der Betriebsart richtet sich nach den jeweiligen tatsäch­ lichen Verhältnissen. Siehe § 3 MinErl. v. 5. Juni 30 (Anm. 1). Jede Änderung der Betriebsart bedarf der Erlaubnis. Es ist daher die Umwandelung einer gewöhnlichen Schankwirtschaft in eine Likörstube ohne Erlaubnis nicht gestattet. 16 a) Z. B. geistige Getränke: Bier, Wein, Branntwein. Eine Unter» scheidung innerhalb derselben Getränkeart ist nicht zulässig. Breslau JurW. 62 S. 1542. Michel, Komm. Anm. 2 zu 8 3. A. A. z. B. bez. Abgabe von Flaschenbier u. Faßbier BayVGH. Reger, Entsch. Bd. 57 (1937) S. 165. Erlaubnis zum Betriebe einer Gastwirtschaft umfaßt Ermächtigung zum Ausschank geistiger Getränke als Zubehör. OVG. JurW. 1934 S. 647. 17) Das Bereithalten nichtgeistiger Getränke kann dem Schankwirt vor­ geschrieben werden (§ 11). Die Nichteinhaltung dieser Vorschrift ist strafbar nach § 29 Ziff. 1. 18) Ortspolizeibehörde. DurchführungsBO. v. 18. Juni 30 (Anm. 1,6) 1,2 — Strafbestimmung § 29 Ziff. 9.

B IV 8. Gaftstättengesetz 88 5 u. 6.

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seit einem Jahre nicht mehr ausgeübt hat, ohne daß ihm darüber hinaus eine Frist gewährt worden ist, innerhalb deren der Betrieb wieder ausgenommen werden muß. Diese Frist beträgt höchstens ein Jahr; sie kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Inhaber einer Erlaubnis hat binnen einer Woche der zu» ständigen Behörde19) schriftlich anzuzeigen, daß er seinen Betrieb be­ gonnen hat oder nicht mehr ausübt. § 5. Die einer juristischen Person oder einem nichtrechtsfähigen Verein erteilte Erlaubnis erlischt mit dem Ablauf von 30 Jahren nach der Erteilung. Erlaubnisse, die vor dem Tage des Inkrafttreten- dieses Gesetzes juristischen Personen oder nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt worden sind, erlöschen mit dem Ablauf von 30 Jahren nach diesem Tage. Ist die Erlaubnis in einem dieser Fälle erloschen, so kann die zu­ ständige Behörde 19) die Fortsetzung des Gewerbes bis zu Erteilung einer neuen Erlaubnis auf Widerruf zulassen, ij 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 findet Anwendung. § 6. Die Ausübung der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe durch einen ©telfoertreter19) ist nur mit besonderer Erlaubnis (Stell­ vertretungserlaubnis) der für die Erteilung der Erlaubnis zum Ge­ werbebetriebe zuständigen Behörde9) gestattet. Die Erlaubnis9) wird für einen bestimmten Stellvertreter erteilt. Die Vorschriften des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 und des § 4 gelten ent­ sprechend. Die Stellvertretungserläubnis ist natürlichen Personen zu er­ teilen, wenn 1. nach Erteilung der Erlaubnis zum Betriebe des Gewerbes Um­ stände eingetreten sind, die den Inhaber hindern, das Gewerbe persönlich auszuüben, insbesondere, wenn er in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt worden ist; 2. der Betrieb nach dem Ableben des Inhabers für seine Witwe während ihres Witwenstandes oder für seine minderjährigen Erben oder bis zur Beendigung einer Nachlaßauseinander­ setzung fortgeführt werden soll. Sie ist zu versagen, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen. 19) Unter Stellvertreter ist eine Person zu verstehen, welche auf Grund vertraglicher oder gesetzlicher Vollmacht den Betrieb im Namen und für Rech­ nung des Inhabers, im übrigen aber unter eigner Verantwortung selbständig führt, und die sich einerseits von dem Gehilfen oder Geschäftsführer, der daGewerbe oder einzelne Zweige desselben unter Aufsicht und Leitung des In­ habers verwaltet, andererseits von dem Pächter der Gewerbseinrichtung unterscheidet, der das Gewerbe auf eigene Rechnung und im eigenen Namen auSübt. Begr. S. 13. Siehe auch MinErl. v. 5. Juni SO (Anm. 1).

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Juristische Personen und nichtrechtsfähige Vereine bedürfen einer Stellvertretungserlaubnis gemäß Abs. 1 nur, wenn sie den Betrieb durch andere Personen als die Antragsteller (§ 2 Abs. 2) führen.

§ 7. Die zuständige Behörde18) kann Personen, die einen der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe von einem anderen übernehmen, zur Ausübung des Gewerbes bis zur Erteilung der Erlaubnis auf Widerruf zulassen. Die Zulassung soll nicht für eine längere Zeit als 3 Monate erfolgen; diese Frist kann verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Entscheidungen sind endgültig. Die Vorschrift des Abs. 1 findet auf die vorläufige Zulassung eines Stellvertreters entsprechende Anwendung. § 8. Bei einem vorübergehenden Bedürfnis88) kann der Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft vorübergehend auf Widerruf ge­ stattet^) werden.") Dabei sind ortsansässige Inhaber einer Erlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 1 in der Regel vor anderen zu berücksichtigen. Dem Betriebsinhaber können Auflagen gemacht werden. Ein vorübergehendes Bedürfnis ist für den Ausschank geistiger Getränke bei Schul- und Jugendfesten sowie bei Sportfesten, an denen überwiegend Jugendliche beteiligt sind, nicht anzuerkennen. Die oberste Landesbehörde kann die näheren Anordnungen treffen. § 9. Der Ausschank von Milch in Räumen, die dem Milchverkaufe dienen, bedarf während der für den Milchverkauf festgesetzten Ver­ kaufszeit keiner Erlaubnis.")

Der Erlaubnis bedarf ferner nicht der Ausschank von Milch bei außergewöhnlichen Gelegenheiten. § 10. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr beauftragte Behörde kann bestimmen, daß der Ausschank selbsterzeugten Weines

20) Z. B. bei einem außergewöhnlichen Zustrom^von Fremden. 21) Für den Kleinhandel mit Branntwein gilt die Ermächtigung nicht. Begr. S. 14. 22) Eine erlaubnispflichtige Schankwirtschaft ist aber der gewerbsmäßige Ausschank von Kaffee und Mich, und zwar von Mlch jedenfalls dann, wenn sie nicht als Heilmittel oder nicht als selbstgewonnenes Erzeugnis im landwirtschastl. Nebenbetrieb vom Erzeuger am Gewinnungsort abgegeben wird, gleichviel ob der Ausschank ein selbständiger Hauptbetrieb oder ein unselbst­ ständiger Hllfsbetrieb eines Bäckerei- oder Konditoretgeschäfts ist. BayObLG. JurW. 60 S. 1971. Auch Mtlchabgabe vom stehenden Milchwagen oder MUchhäuschen, räumlich entfernt und gettennt vom Mllchausschank selbst, ist genehmigungspflichttg. Soweit Gast- und Schankwirte innerhalb des ord­ nungsmäßigen Gast- und Schankwirtschaftsbetriebes Milch abgeben, finden die Vorschriften der §§ 8 (Kennzeichnung der Gefäße), 11 (Schuh vor nach­ teiliger Beeinflussung) u. 14 (Erlaubnis der zuständigen Behörde) des MilchgesetzeS keine Anwendung. § 19 Milchges. Nach §§ 14,17 dieses Gesetzes ist das Unternehmen zur Abgabe von Milch genehmigungspflichttg. BayObLG.

BIV 8. GaMttengesetz 88 10—12.

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oder Apfelweins für die Dauer von höchstens 4 Monaten und, wo die- bisher nach Landesrecht zulässig war, von höchstens 6 Monaten, und zwar zusammenhängend oder in zwei Zeitabschnitten im Jahre keiner Erlaubnis bedarf."») Sie kann hierbei im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister allgemeine Voraussetzungen für den Ausschank aufstellen und die Art der Betriebsführung regeln.'") Personen, die nach Maßgabe des Abs. 1 selbsterzeugten Wein oder Apfelwein ausschenken wollen, haben der Ortspolizeibehörde die Menge des selbsterzeugten und zum Ausschank bestimmten Weines oder Apfelweins sowie den Zeitraum, während dessen der Ausschank erfolgen soll, anzumelden. § 11. Dem Inhaber einer Gast- oder Schankwirtschaft können von der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde') bei Er­ teilung oder auf Antrag der Polizeibehörde nach Erteilung der Er­ laubnis Auflagen gemacht werden:") a) zum Schutze der Gäste, Angestellten und Arbeiter gegen Ge­ fahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit, b) zum Schutze der Bewohner des Grundstücks und der Nachbar­ grundstücke sowie der Bevölkerung gegen erhebliche Nachteile oder Belästigungen.") Ist in einem Betriebe der Ausschank geistiger Getränke gestattet, so hat der Betriebsinhaber auch nichtgeistige Getränke bereit zu halten."») II. Verlust der Gewerbebefugnis. $ 12. Die Erlaubnis') zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 be­ zeichneten Gewerbe oder zur Ausübung des Gewerbes durch einen Stellvertreter muß von der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde') zurückgenommen werden, wenn sie der Betriebsinhaber vorsätzlich durch unrichtige Angaben") erwirkt hat. DRZ. 25 Nr. 217. Der Milchausschank Bet außergewöhnlichen Gelegenheiten bedarf keiner Genehmigung, Michel, Komm. § 9 Anm. II. 22 a) über die Voraussetzungen der Straußwirtschaft im Sinne des § 10 vgl. RdErl. d. RuPrMdJ. v. 19. Jan. 35 (MBliB. S. 119). 22b) Abs. 1 S. 2 ist durch BO. v. 27. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1245) eingefügt worden. 23) Durch einen im Berwaltungsrechtsweg anfechtbaren Bescheid (§ 18). über förmliche und sachliche Erfordernisse der Auflage BayObLG. JurW. 1934 S. 2267. 2i) Die Begründung S. 14 erwähnt Küchenlärm, Musik, Gesang u. a. und verweist auf § 906 BGB. 24 a) Z. B. in den sog. Straußwirtschaften. Eine bes. Erlaubnis ist nicht erforderlich. BayObLG. DRZ. 24 Nr. 856. 25) Unrichtige Angaben, auf die es bei der.Erlaubniserteilung nicht an­ kam, fallen nicht hierunter. Begr. S. 15.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Die Erlaubnis kann zurückgenommen werden: 1. wenn der für die Zurücknahme zuständigen Behörde Tatsachen bekannt werden, welche die Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 rechtfertigen würden,"*) 2. wenn sie der Betriebsinhaber durch Angaben erwirkt hat, deren Unrichtigkeit er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte kennen müssen, 3. wenn die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt geändert wird, oder wenn andere als die zuge­ lassenen Getränke ausgeschenkt oder andere als die zugelassenen Räume zum Betriebe verwendet werden, 4. wenn der Betriebsinhaber seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter führen läßt, 5. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter die gemäß § 11 gemachten Auflagen nicht vollzieht, 6. wenn der Betriebsinhaber oder sein Stellvertreter in dem Betriebe Personen beschäftigt, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß ihre Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 untersagt ist.

§ 18. Der Kleinhandel") mit Bier oder Wein sowie der Aus­ schank von Milch im Falle des § 9 können untersagt werden*), wenn der Gewerbetreibende den Betrieb einer Schankwirtschaft oder den Kleinhandel mit Branntwein ohne Erlaubnis ausgeübt hat und des­ halb innerhalb der letzten 3 Jahre rechtskräftig bestraft worden ist. Die zuständige Behörde") kann die Wiederaufnahme des Ge­ werbebetriebs gestatten, wenn seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. Die

Reichsregierung

kann mit Zustimmung de- Reichsrats

die

25 a) Vgl. hierzu NotBO. des RPräs. zum Schutze des deutschen Volkes v. 4. Febr. 33 (RGBl. I S. 35) § 2LAbs. 3 und 5; Abs. 3 lautet: „Handelt es sich um eine Gast- oder Schankwirtschaft, so kann die Erlaubnis zum Betriebe von der Ortspolizeibehörde bis zur Dauer von einem Jahr entzogen werden"; Abs. 5 lautet: „Wer eine nach Abs. 1 bis 3 polizeilich geschlossene Räumlichkeit vor Aufhebung der Schließung benutzt oder anderen zur Benutzung überläßt, wird mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft. Bei Gast- oder Schank­ wirten, die wegen Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift rechtskräftig verurteilt worden sind, kann die höhere Verwaltungsbehörde mit Wirkung für das Reichsgebiet aussprechen, daß sie für eine bestimmte Zeit oder für.die Dauer nicht die Zuverlässigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gaststättenges. v. 28. April 30 (RGBl. I S. 146) besitzen." Vgl. ferner Art. I § 7 Abs. 2 des Ges. zum Schutze des Einzelhandels v. 12. Mai 33, s. unter BIV 2. 26) AIS Kleinhandel gilt jede gewerbsmäßige und in den Fällen des § 28 Abs. 1 auch die nichtgewerbsmäßige Abgabe von Bier oder Wein un­ mittelbar an Verbraucher. § 10 BO. v. 21. Juni 30 (Anm. 1).

B IV. Gaststättengesetz §§ 14—16.

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Voraussetzungen bestimmen, unter denen der Handel mit Bier oder Wein als Kleinhandel im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist. So­ weit die Reichsregierung Bestimmungen hierüber nicht erlyssen hat, können die obersten Landesbehörden sie erlassen. III. Umfang der Gewerbebefugnis.

§ 14. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde hat Bestimmungen über die Festsetzung und Handhabung der Polizeistunde in Gast- oder Schankwirtschaften nach Anhörung der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Gast- und Schankwirtschaftsgewerbes zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist. Dabei ist anzuordnen, wann die Polizeistunde be­ ginnt und wann sie endet, unter welchen Voraussetzungen sie ver­ längert oder verkürzt werden darf und wie ihre Einhaltung zu über­ wachen ist.raa) Die äußerste Grenze für die Festsetzung der Polizeistunde ist 1 Uhr nachts, sofern nicht besondere örtliche Verhältnisse eine Aus­ nahme rechtfertigen,") worüber die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde entscheidet. Der Ausschank von Brannt­ wein in Gast- oder Schankwirtschaften sowie der Kleinhandel mit Branntwein darf nicht vor 7 Uhr früh beginnen. § 15. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Be­ hörde kann den Ausschank von Branntwein und den Kleinhandel mit Trinkbranntwein für bestimmte Morgenstunden*") sowie an höchstens zwei Tagen in der Woche- insbesondere an Lohn- oder Gehalts­ zahlungstagen, Wahltagen für den Reichstag, den Landtag oder die Gemeindevertretung, ganz oder teilweise verbieten oder beschränken. Weitergehende landesrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

§ IS. Verboten ist: 1. an Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Ge­ nußmittel im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder im Kleinhandel zu eigenem Genusse zu verabreichen;") 26 a) Die früheren erlassenen polizeilichen Anordnungen gelten nur dann fort, wenn sie mit diesem Gesetz in Einklang gesetzt sind. KG. GA. 75 S. 145. Uber die Regelung der Polizeistunde für Eisdielen, Trinkhallen u. Getränke­ wagen s. RdErl. d. RWiM. v. 30. April 34 — IIIA 7444 — u. für Preußen RdErl. d. RuPrMdJ. v. 21. Jan. 35 (MBliV. S. 120). Vgl. auch Anm. 34a. 27) Diese Festsetzung ist als Richttinte anzusehen. Siehe hierzu BO. v. 18. Juni 30 (Anm. 1). 27 a) Dazu ist in Preußen ergangen BO. v. 25. Nov. 30 (GS. S. 290 über das Verbot des Ausschanks für die Stunden vor 9 Uhr. 28) Gleichgültig, ob entgeltlich oder unentgeltlich.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

2. an Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Abwesenheit des zu ihrer Erziehung Berechtigten88) oder seines Vertreters auch andere geistige Getränke oder Tabakwaren im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft zu eigenem Genusse zu verabreichen; 3. geistige Getränke im Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder im Kleinhandel an Betrunkene'") zu verabreichen; 4. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genußmittel80 * **) * * durch Automaten feilzuhalten; 5. das Verabfolgen von (Speisen80b) in Gast- oder Schankwirt­ schaften von der Bestellung von Getränken abhängig zu machen oder bei der Nichtbestellung von Getränken eine Er­ höhung der Preise eintreten zu lassen; 6. Branntwein oder überwiegend branntweinhaltige Genußmittel auf Turn-, Spiel-, Sport-Plätzen oder -Hallen zu verabreichen. Landesrechtliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend, die

29) Dazu gehören auch solche Personen, welche den Jugendlichen mit ausdrücklicher oder sttllschweigender Zustimmung seines gesetzt. Vertreter- als Erzieher, Lehrer oder Lehrmeister oder in einem ähnlichen Verhältnis in ihre Obhut genommen haben. Begr. S. 16. 80) Betrunkener ist der, bei dem eine auf Genuß geistiger Getränk zurückzuführende akute Lähmung von Gehirnpartien besteht. Celle HRR. 1928 Nr. 1686. Trunkenbolden kann durch die Polizei das Betteten von Wirt­ schaften verboten werden, PolBO. über das Wirtshausverbot v. 18. Oktbr. 39 (RGBl. I S. 2115). S. auch die PolBO. zum Schutz der Jugend v. 9. März 40 (RGBl. I S. 499), die in den §§ 2, 4 die Fernhaltung der Jugendlichen aus öffentl. Lokalen u. das Verbot des Alkoholgenusses behandelt. Abgabe von Alkohol an Bettunkene kann aber pol. Maßnahmen im Gefolge haben, s. RdErl. des RF. ff u. Ch. d. d. P. v. 23. Aug. 39 (RMBl. S. 14-58 u. RMBliB. S. 1837). Bei Verabfolgung der Gettänke an einen auf Fahrt befind!. Kraftfahrer, v. dem der Gastwirt weiß, daß er weiterfahren will, kann der Gastwirt als Nebentäter f. eine fahr!. Körperverl. verantwort!, gemacht werden, die der Fahrer dann in Trunkenheit begeht. RG. JurW. 1938 S. 1241; desgl. können pol. Maßnahmen ergriffen werden, s. RdErl. v. 23. Aug. 39 vorstehend zit. 30 a) Darunter können auch ausländische Süßweine fallen. Hamburg DRZ. 23 Nr. 626. 30 b) Das sind aber nicht nur solche Lebensmittel, die einer besonderen Zubereitung bedürfen. Da die Vorschrift jeglichen Trinkzwang unterbinden soll, darf der Begriff „Speise" nicht einschränkend ausgelegt werden; es fallen also alle Eßwaren hierunter, die üblicherweise in Wirtschaften zum sofortigen Genuß verabfolgt werden; Speisen sind also im Gegensatz zu Gettänken alle nicht durch Trinken dem Magen zugeführten Lebensmittel, so hier z. B. Kuchen, OLG. Kiel, DJust. 40 S. 1039. Ebenso Stenglein Nebenges. Anm. 7. A. M. Michel a. a. O. S. 166. Einen Erfolg (z. B. Verlassendes Lokals durch den Gast) braucht die Weigerung, Speisen nicht ohne Gettänke zu verabfolgen, nicht zu haben, die Tat ist mit der Forderung vollendet, OLG. Kiel, DJust. 40 S. 1039.

BIV 8. Gastftättengesetz §§ 17 u. 18.

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über die Ziffern 1 und 2 des Abs. 1 hinausgehen, bleiben unbe­ rührt?»«) 817. Die Beschäftigung einer Person bei der Leitung oder Be­ aufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe kann von der zuständigen Behörde») untersagt») werden, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß die Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 oder 2 gegeben sind. Die zuständige Behörde 18) kann die Wieder­ beschäftigung gestatten, wenn seit der Untersagung mindestens ein Jahr verflossen ist. Über die Zulassung, das Verhalten und die Art der Entlohnung weiblicher Arbeitnehmer in Gast- oder Schankwirtschaften sind von der obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde Bestimmungen zu erlassen, soweit dies nicht schon geschehen ist.»)

IV. Verfahren.

§ 18. Die oberste Landesbehörde bestimmt die zuständigen Be­ hörden und regelt das Verfahren. Dabei muß das Verfahren bei der Erteilung (§§ 1 und 6) oder Zurücknahme der Erlaubnis (§ 12), bei der Erteilung von Auflagen (§ 11) und bei der Untersagung (§ 13) folgende Grundsätze einhalten: 1? Der Bescheid muß schriftlich erteilt werden; er muß mit Grün­ den und einer Belehrung über die zulässigen Rechtsmittel ver­ sehen sein, es sei denn, daß die Erlaubnis zur Weiterführung eines bestehenden Betriebs erteilt wird. In dem Bescheide, durch den die Erlaubnis zum Betrieb eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe erteilt wird, müssen die Betriebsart, die zugelassenen Räume sowie die dem Betriebsinhaber etwa ge­ machten Auflagen und bei Gast- oder Schankwirtschäften die Arten der zugelassenen Getränke bezeichnet sein.

30c) Abgesehen von den Ausnahmen des Abs. 2 sind die Verpflichtungen der Gastwirte abschließend in § 16 geregelt; daraus ergibt sich, daß z. B. PolBO., die die Abgabe von geistigen Getränken an Trunksüchtige verbieten, nicht rechtsgültig sind, s. Anm. 30. 31) Die Untersagung kann sowohl dem Betriebsführer wie dem An­ gestellten gegenüber ausgesprochen werden. Begr. S. 16. 32) S. in Preußen DurchfBO. v. 18. Juni 30 in der Fassung der BO. v. 6. Febr. 34 (GS. S. 59), vgl. Anm. 1 zu 81, Strafbestimmung HI Ziff. 15 u. die Genehmigungspflicht vorschreibende BO. über die Beschäfti­ gung von weiblichen Arbeitnehmern in Schankstätten v. 27. Mai 33 (GS. S. 213); über die Auslegung der letzteren vgl. KG. DStrafr. 1935 S. 455, 1936 S. 106 u. JurW. 1936 S. 2247. Bezüglich der Beschäftigung von Gehllfen und Lehrlingen in Gast- und Schankwirtschaften ist die Bek. v. 23. Jan. 02 (RGBl. I S. 33) in Kraft geblieben, vgl. auch § 15 Abs. 2, 3 ArbeitszeitBO. (B VI6).

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B IV. Handels- und Gewerberecht. 2. Das Verfahren muß, soweit in Ziffer 1 nichts anderes bestimmt ist, den Vorschriften der §§ 20, 21, 21a der Gewerbeordnung genügen; soweit ein Verwaltungsstreitverfahren stattfindet, unterliegt auch der Nachweis des Bedürfnisses (§ 1 Abs. 2) der gerichtlichen Nachprüfung. Ist die Entscheidung erster Instanz von einem Kollegium getroffen, so muß die Anfechtungsbefug­ nis auch einem Vertreter des öffentlichen Interesses zustehen.

§ 19. Vor der Erteilung der Erlaubnis (§ 1) sind die örtliche Polizeibehörde und die Gemeindebehörde, vor ihrer Zurücknahme ist die örtliche Polizeibehörde zu hören. Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, daß auch der Gewerbeaufsichtsbeamte, das Wohlfahrtsamt, gemeinnützige Vereine sowie die örtliche oder bezirksweise Berufs­ vertretung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der beteiligten Gewerbe gehört werden. Vor Erteilung der Erlaubnis für neu zu errichtende Betriebe mit Ausschank geistiger Getränke oder für die Ausdehnung bestehender Betriebe auf den Ausschank von Branntwein sind, vorbehaltlich der Vorschrift in Abs. 1, das Jugendamt und die für die Gemeinde oder den Bezirk bestehende wirtschaftliche Vereinigung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe zu hören. Wird die Erlaubnis erteilt, so ist der Bescheid diesen Stellen mitzuteilen; sie können gegen den Bescheid die zulässigen Rechtsmittel mit der Begrün­ dung einlegen, daß ein Bedürfnis (§ 1 Abs. 2) nicht vorhanden ist. Sind in einer Gemeinde oder einem Bezirke mehrere wirtschaftliche Ber­ einigungen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer im Gast- und Schank­ wirtschaftsgewerbe vorhanden, so bestimmt die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde die im Sinne dieser Vorschrift zuständige Bereinigung.

§ 20. Ist die Erlaubnis mangels eines Bedürfnisses versagt wor­ den, so darf innerhalb dreier Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung die Erlaubnis für.denselben oder einen gleichartigen Betrieb auf dem­ selben Grundstück nur erteilt werden, wenn sich die Verhältnisse in­ zwischen wesentlich geändert haben.

§ 21. Die zur Erteilung der Erlaubnis zuständige Behörde hat über die von ihr gemäß § 1 Abs. 1 erteilten Erlaubnisse ein Verzeichnis zu führen. Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann, wenn nach ihrem Ermessen die Zahl der nach § 1 Abs. 1 erlaubnis­ pflichtigen Betriebe in einem Bezirke das Bedürfnis übersteigt, für Zu den Arbeitnehmern gehören Lehrmädchen, Serviermädchen. KG. JurW. 61 S. 2097.

B IV 8. Gaststättengesetz §§ 22u.23.

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längstens 3 Jahre anordnen,MB) daß in dem Bezirk Erlaubnisse für neu zu errichtende Betriebe nicht oder nur mit ihrer Genehmigung erteilt werden dürfen. Das gleiche gilt für Erlaubnisse zur Ausdehnung bestehender Betriebe auf nicht zugelassene Arten von Getränken oder auf nicht zugelassene Räume. Die Anordnung kann wiederholt werden. Gegen eine Anordnung nach Abs. 2 oder die Versagung der in ihr vorgeschriebenen Genehmigung findet kein Rechtsmittel statt, soweit die Maßnahme von der obersten Landesbehörde getroffen ist. Ist die Maßnahme dagegen von einer von der obersten Landesbehörde be­ stimmten Stelle getroffen, so ist die Beschwerde an die vorgesetzte Dienststelle zugelassen. § 22. Die zuständige Behörde") kann die Fortsetzung des Betriebs einer Gast- oder Schankwirtschaft und des Kleinhandels mit Brannt­ wein durch unmittelbaren oder mittelbaren Zwang verhindern, wenn der Betrieb ohne Erlaubnis begonnen oder die Erlaubnis erloschen, widerrufen oder zurückgenommen ist. Dasselbe gilt, wenn der Klein­ handel mit Bier oder Wein oder der Ausschank von Milch untersagt worden ist. In den Fällen des § 12 kann die zuständige Behörde") den Be­ trieb vorläufig schließen. Sie hat in diesem Falle unverzüglich bei der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde*) die Zurücknahme der Erlaubnis zu beantragen. Wird der Antrag nicht innerhalb einer Woche gestellt, so tritt die Schließung außer Kraft. Die zuständige Behörde*) hat über die vorläufige Schließung vorab zu entscheiden. Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt.

V* Anwendungsbereich.

§ 23. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf Vereine und Gesellschaften Anwendung, auch ohne daß ein Gewerbebetrieb vor­ liegt, wenn sie Getränke ausschenken oder Branntwein im kleinen absetzen; dies gilt nicht für den Ausschank von Getränken und den Absatz von Branntwein im kleinen an Angestellte oder Arbeiter dieser Vereine oder Gesellschaften. Die Bestimmungen über die Polizeistunde (§ 14) finden auf Zu­ sammenkünfte von Vereinen*") und geschlossenen Gesellschaften nurAn32 a) Bis zum 31. März 40 dürfen in Preußen Erlaubnisse für neu zu errichtende Gast- oder Schankwirtschaften grundsätzlich nicht erteilt werden. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Regierungspräsidenten. Preuß. BO. v. 9. März38 (GS. S. 25). Bez. Fremdenheime s. RdErl. v. 23. März 37 (RMBliB. S. 493). . 32 b) Ist der Schankraum an einen Verein dauernd vermietet, so scheidet er als Schankraum des Gastwirts aus und es ist unerheblich, ob er mit an­ deren Räumen in Verbindung steht. KG. JurW. 61 S. 1771.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

Wendung, wenn sie in einer Gast- oder Schankwirtschaft oder in Räu­ men, die mit einer solchen verbunden sind und in denen Schankwirt­ schaft betrieben wird, stattfinden. Die oberste Landesbehörde kann diese Bestimmungen auch auf Zusammenkünfte in Räumen ausdehnen, die im Eigentums dieser Vereine oder Gesellschaften stehen oder ihnen mietweise, leihweise oder aus einem anderen Grunde überlassen worden sind, soweit in diesen Räumen Getränke auSgeschenkt werden.") | 24. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auch auf Real­ gewerbeberechtigungen Anwendung, mit Ausnahme der Vorschriften über den Bedürfnisnachweis (§ 1 Abs. 2), über die Lage der Räume (§ 2 Ziffer 3) und über das öffentliche Interesse hinsichtlich der Ver­ wendung der Räume (§ 2- Abs. 1 Ziffer 4); auch diese Vorschriften finden jedoch Anwendung, falls die Gast- oder Schqnkwirtschaft binnen der der Stellung des Antrags vorhergehenden letzten 3 Jahre nicht betrieben worden ist. Die Frist kann von der Erlaubnisbehörde •) auf Antrag verlängert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die oberste Landesbehörde kann bestimmen, daß auch die im Abs. 1 ausgenommenen Vorschriften Anwendung finden, wenn die Erlaubnis auf Grund einer Realgewerbeberechtigung für ein Grund­ stück nachgesucht wird, auf welchem die Erlaubnis auf Grund dieser Realgewerbeberechtigung bisher nicht ausgeübt wurde.'") Eine nach Abs. 1 oder Abs. 2 erfolgende Beschränkung der Real­ gewerbeberechtigung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung. § 25. Die Vorschriften des § 13 Abs. 1 und 2, der §§ 14, 17 und des § 22 Abs. 1 finden auf Speisewirtschaften") entsprechende An­ wendung. Die Reichsregierung kann bestimmen, daß auch andere Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung finden'"). 33) Unerheblich, ob gewerbsmäßig oder nicht gewerbsmäßig. Begr.S.18. 33a) Geschehen unterIV derDurchführungsVO. v. 18. Juni 30 (Anm. 1). 34) Dies sind Wirtschaften, die sich auf den Verkauf zubereiteter Speisen zum Genuß auf der Stelle beschränken. Begr. Untersagung nicht durch Polizeiverfügung, sondern im Verfahren gem. § 18. OBG. DIZ. 1934 S. 937, JurW. 1934 S. 1814. Auch Eisdielen sind Speisewirtschaften. RAG. JurW. 37 S. 2862. 34 a) Sah 2 eingefügt durch Ges. zur Änderung des Gaststättenges. v. 3. Juli 34 (RGBl. I S. 567). Gilt insbesondere auch für Strafvorschristen. Hierzu ergangen BO. über Speiseeiswirtschaften v. 16. Juli 34 (RGBl. I S. 709) nebst DurchführungsRdErl. d. RWiM. v. 19. Sept. 34 — V 2393 —. Nach § 1 ist Genehmigung zum Betriebe einer Speisewirtschaft — Eisdiele —(bez. Definition s. OLG. Dresden JurW. 1934 S. 625) er­ forderlich. Die Strafvorschriften §§ 3 it. 4 lauten: § 3. Mt Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. den Betrieb einer Speiseeiswirtschast unbefugt ausübt, 2. eine Speiseeiswirtschast unbefugt durch einen Stellvertreter betreibt.

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B IV 8. Gaststättengesetz §§ 26 u. 27.

§ 26. Durch Landesgesetz kann angeordnet werden, daß die Be­ stimmungen dieses Gesetzes, welche für die int § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe gelten, ganz oder teilweise für den Kleinhandel mit Bier Anwendung finden. § 27. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung: 1. auf die Kantinen, Kameradschaftsheime oder Ofsiziersheime der Wehrmacht sowie ihre Messen an Bord, deren Betrieb sich aus den Kreis der Wehrmacht beschränkt;") 2. auf die Kantinen, Kameradschaftsheime oder Offiziersheime der Polizei, deren Betrieb sich auf den Kreis der Polizei be­ schränkt;") 3. auf Bahnhofswirtschaften,"'») Speisewagen, Kantinen und Fahr­ personalküchen, soweit diese nach § 16 Abs. 5 des Gesetzes über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft vom 30. August 1924 (Reichsgesetzbl. II S. 272)") den Bestimmungen der Ge­ werbeordnung nicht unterliegen; Wer eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig begeht, wird mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen bestraft. § 4. Mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertsünfzig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter die nach § 11 Abs. 1 des Gaststättenges. gemachten Auflagen nicht vollzieht, 2. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter bei der Leitung oder Be­ aufsichtigung einer Speiseeiswirtschaft Personen beschäftigt, deren Be­ schäftigung nach § 17 Abs. 1 des Gaststättenges. untersagt ist, 3. in einer Speiseeiswirtschaft als Stellvertreter tätig ist, obwohl die Er­ laubnis hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist, 4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung einer Speiseeis­ wirtschaft wissentlich fortsetzt, nachdem seine Beschäftigung untersagt worden ist, 5. die nach § 4 Abs. 3 des Gaststättenges. erforderliche Anzeige nicht oder nicht rechtzeitig macht, 6. als Gast in einer Speiseeiswirtschaft verweilt, die unbefugt betrieben wird. 35) Es kommt nicht darauf an, ob der Betrieb im Namen und für Rech­ nung der Heeres- und Polizeiverwaltung (Regiebetrieb) oder von einem Pächter auf eigene Rechnung auSgeführt wird. Es genügt, daß der Betrieb mit Genehmigung der zuständigen Militär- bzw. Polizeidienststelle in deren Betrieb errichtet ist und sich auf den Kreis der Wehrmacht- und Polizeiange­ hörigen beschränkt, wobei nicht ausgeschlossen sein soll, daß Getränke und Speisen auch gelegentlich an Gäste von Wehrmacht- oder Polizeiangehörigen, verabfolgt werden. Begr. S. 19. 35 a) Die Vorschriften über die Polizeistunde gelten auch nicht für solche Bahnhofswirtschaften, die von Pächtern auf eigene Rechnung be­ trieben werden, und auch nicht, wenn die Gäste Nichtreisende sind. BayObLG. DIZ. 37 S. 560. 36) Neue Fassung v. 19. März 30 (RGBl. II S. 369).

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

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B IV. Handels- und Gewerberecht.

4. aus die Erfrischungsanstalten der Reichspost, deren Betrieb sich aus den Kreis der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Reichspost beschränkt; 5. auf die Kantinen der Unterkünfte des Arbeitsdienstes, deren Betrieb sich auf den Kreis des Arbeitsdienstes beschränkt;8flB) 6. aus die Kantinen der dem Chef des Arrsbildungswejens unterstehenden Sportschulen und Sportlager, deren Betrieb sich auf den Kreis der Sportschüler und Lagerinsassen be­ schränkt; 7. auf den Vertrieb von vergälltem Branntwein. Die Reichsregierung kann bestimmen, daß die Vorschriften dieses Gesetzes auch auf Bahnhofswirtschaften, Speisewagen, Kantinen und Fahrpersonalküchen der Eisenbahnen des allgemeinen Verkehrs, die nicht von der Deutschen Reichsbahn betrieben werden, ganz oder teil­ weise keine Anwendung finden.") Die im Satz 1 genannten Betriebe, die bei den daselbst erwähnten Eisenbahnen zur Zeit des Inkraft­ tretens dieses Gesetzes vorhanden sind, können, wenn der Betriebs­ inhaber binnen Monatsfrist seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Erteilung der Erlaubnis beantragt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag fortgeführt werden.

§ 28. Soweit bisher in Bayern der Ausschank selbsterzeugter Getränke'") ohne Erlaubnis statthaft war, bedarf es einer solchen auch in der Folge nicht. Für die Schließung eines solchen Betriebs gelten die Vorschriften des § 12 Abs. 2 Ziffer 1, 3 bis 6 entsprechend. Die bayrische oberste Landesbehörde kann im Einvernehmen mit dem Herrn Reichswirtschaftsminister allgemeine Voraussetzungen für den Ausschank aufstellen und die Art der Betriebsführung regeln?"). Die in Bayern bestehenden Kommunbrauchberechtigungen er­ löschen, wenn sie seit 10 Jahren nicht mehr ausgeübt worden sind; sie sind als erloschen anzusehen, wenn sie während der letzten 10 Jahre vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr ausgeübt wurden?") 36 a) Etnaefügt durch Ges. v. 9. Oft. 34 (RGBl. I S. 913). 37) Grundsätzlich unterliegen also die im Bereich einer Privatbahn er­ richteten Bahnhofswirtschaften und die sonstigen im Ws. 2 genannten Be­ triebe den Vorschriften diese- Ges. Die Ausnahmen bestimmt die BO. v. 1. Juli 30 (RGBl. I S. 201). 37a) Selbsterzeugter Wein (s. BahObLG. JurW. 1934 S. 434, Reger, Entsch. Bd. 56 S. 197) wie in den übrigen Ländern; daneben aber in Bayern — außer der Pfalz — auch selbstgebrautes Bier; für dessen Ausschank gilt noch Art. 9b Nr. 1 des Bay. Gewerbeges. v. 30. Jan. 68 (GBl. 1866/69 S. 309). 37b) Abs. 1 S. 3 u. Abs. 2 sind durch BO. v. 27. Septbr. 38 (RGBl. I S. 1245) eingefügt worden.

B IV 8. Gaststättengesetz § 29.

723

VI. Strafvorschrifteu. § 29. Mit Haft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter die nach § 11 gemachten Auflagen") nicht vollzieht, 2. als Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im 81 Abs. 1 bezeichneten Be­ triebe Personen beschäftigt,") deren Beschäftigung nach § 17 Abs. 1 untersagt ist, 3. in einem der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe als Stellver­ treter tätig ist, obwohl die Erlaubnis hierzu nicht erteilt oder zurückgenommen ist, 4. seine Tätigkeit bei der Leitung oder Beaufsichtigung eines der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Betriebe wissentlich fortsetzt, nachdem seine Beschäftigung untersagt worden ist (817 Abs. 1), 5. den auf Grund des 817 Abs. 240 * *)41 39 oder 42 den vor dem Inkraft­ treten dieses Gesetzes auf Grund des Gesetzes über weibliche Angestellte in Gast- und Schankwirtschaften vom 15. Janudr 1920 (Reichsgesetzbl. S. 69)"») erlassenen Bestimmungen zu­ widerhandelt, 6. als Gast") in einer Schankwirtschaft, den Schankräumen einer Gastwirtschaft, in einer Speisewirtschaft oder an einem öffent­ lichen Vergnügungsort über die Polizeistunde") hinaus bet*

88) Eine Nachprüfung der Zweckmäßigkeit einer wirksam angeordneten Auflage steht dem Strafrichter nicht zu. Michel a. a. O. S. 237. 39) Eine Beschäftigung mit untergeordneten, nicht kettenden Diensten begründet feine Strafbarkeit. Michel a. a. O. S. 172 u. 288. 40) Vgl. für Preußen DurchfBO. v. 18. Juni 30 (Anm. 32). S. ferner Anm. 22. 40 a) Aufgehoben durch 8 33 Ziff. 5. 41) Gast ist die Person, die der BetrieVsinhaber in seine Schankräume zu verkehrsüblicher Benutzung der Einrichtungen und in Erwartung ange­ messenen Begehrs ausgenommen hat, auch wer nach Eintritt der Polizei­ stunde nichts mehr verzehrt. Hamburg JurW. 60 S. 904, OLG. DüsseldorfDRZ. 1934 Nr. 317,1935 Nr. 313; wer noch vor seinem nicht ausgetrunkenen Glase Bier schlafend sitzt. KG. Recht 34 Nr. 1179; oder wer in den Schankräumen ausschließl. Billard spielt. KG. DRZ. 24 Nr. 314; oder sich sonst unterhält. Dresden GA. 77 S. 58; überhaupt jeder, dessen Verweilen der Wirt aus geschäftt. Rücksichten duldet. KG. GA. 75 S. 177, aber nicht derjenige, der lediglich zu geschäftlichen Besprechungen mit dem Wirt im Schankraum ver­ weilt. Dresden GA. 73 S. 220. Gast ist auch nicht der Privatgast des Wirts (d. h. daß persönliche Gründe den ausschließlichen oder vorherrschenden Be­ weggrund zur unentgeltlichen Bewirtung bilden, OLG. Dresden DStrasR. 1936 S. 57) oder der, welcher sich gegen den Willen des Wirts in den Räumen aufhält. Michel a. a. O. S. 241. 42) Dem Gast ist aber zum AuStrtnken und Bezahlen eine angemessene

724

B IV. Handels- und Gewerberecht. weilt, obwohl der Inhaber oder dessen Vertreter oder ein

Polizeibeamter ihn aufgefordert hat, wegzugehen,") 7. als Inhaber einer Gast- oder Schank- oder Speisewirtschaft oder

eines öffentlichen Vergnügungsorts oder als Vertreter des In­

habers duldet,") daß ein Gast über die Polizeistunde hinaus in den Schankräumen oder an dem Vergnügungsorte verweilt,"'») 8. den auf Grund des § 15 oder des § 23 Abs. 2 Satz 2 erlassenen

Bestimmungen oder den Vorschriften des § 14 Abs. 2 Satz 2 oder des § 16 zuwiderhandett,"") Frist zu gewähren. KG. GA. 26 S. 538. Michel a. a. O. S. 243. Stenglein.Nebenges. Anm. 24. BayObLG. JurW. 60 S. 956. A. M. Dresden HRR. 1929 Nr. 2067. 43) Die bloße Erklärung des Wirts, es sei Feierstunde, genügt nicht, ebensowenig Einstellung des Ausschanks. KG. LZ. 8 S. 311. A.M. im ersten Falle Braunschweig. GA. 43 S. 61. Nach St en gl ein Nebenges. Anm. 25 kann die Aufforderung durch schlüssige Handl., wie Zusammenrücken der Sitz­ gelegenheiten geschehen. Nach Dresden LZ. 25 S. 1271 ist der Verkehrs­ sitte ein ausschlaggebendes Moment beizumessen. ' 44) Die bloße Aufforderung zum Verlassen genügt nicht. Eine gewaltsame Entfernung der Gäste kann allerdings dem Wirt nicht zugemutet werden. Michel a. a. O. S. 244; jedoch liegt ein sttafbares Dulden vor, wenn der Schankwirt die ihm zur Abwickelung des Verkehrs wie zur Abrechnung eingeräumte Schonfrist ungenutzt verstreichen läßt, anstatt die zur Räumung zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden wie Fenster öffnen, Beleuchtung löschen usw. KG. GA. 77 S. 218. OLG. Dresden DJust. 1935 S. 1461. Das Dulden kann fahrlässig begangen werden. OLG. Düsseldorf DRZ. 1934 Nr. 317. Schankgast kann nach der Polizeistunde u. U. Privatgast des Wirtes sein. KG. DRZ. 1934 Nr. 251, DStrafr. 1936 S. 57, JFG. Erg. 1938 S. 278. Er bleibt aber, wenn er nicht durch besondere Umstände Privatgast wird, auch dann Schankgast, wenn er bezahlt hat, nichts mehr verzehrt und nur noch zur Unterhaltung mit anderen Gästen verweilt. KG. JFGErg. Bd. 12 S. 281. OLG. Düsseldorf, DRZ. 1935 Nr. 313. Zum Begriffe des Gastes gehört aber die Inanspruchnahme der spezifischen Gastlichkeit der Schank­ stätte; so ist z. B. der Wirt beim Weiterverweilen eines Gastes nach der Polizeistunde in den Gasträumen nicht sttafbar, wenn höhere Gewalt, z. B. Sturm, Regengüsse u. dgl., ein Fortgehen unmöglich machen und nur ein Obdach, etwa bis zum ersten Morgenzuge gewährt wird, KG. DSttafr. 1935 S. 454. Die Verantwortlichkeit des Bertteters entfällt bei Anwesenheit des Inhabers der Schankwirtschast. Königsberg JurW. 60 S. 1987. Nach erfolgter Räumung darf die Wirtschaft nicht zu einer Zeit wieder eröffnet werden, wo Leben und Verkehr noch nicht wieder erwacht ist. Dresden LZ. 22 S. 1496. Überhaupt muß der Gastwirtschaftsbettieb während der Polizeistunde ruhen. KG. JurW. 62 S. 2022. 44a) Ein Gast verweilt auch dann über die Polizeistunde, wenn er in die schon geschlossene Wirtschaft nach Beginn der Polizeistunde hineingelassen wird. KG. Deutsches Sttafrecht 1934 S. 66. 44b) Täter kann nicht bloß der Inhaber, dessen Vertteter oder ein lei­ tender Angestellter, sondern auch der Kellner sein, OLG. Kiel DJust. 40 S. 1039.

B IV 8. Gaststättengesetz § 30.

725

9. die nach § 4 Abs. 3 erforderliche Anzeige nicht oder nicht recht­ zeitig macht,") 10. als Gast in einer Gast- oder ^chankwirtschaft verweilt, die un­

befugt betrieben toirb,45 46) 11. einer Vorschrift zuwiderhandelt, die für bestimmte Anlässe das Verabreichen geistiger Getränke verbietet. § 80. Mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft,47)48wer 49 vorsätzlich 1. den Betrieb einer Gast- oder Schankwirtschaft oder den Klein­ handel mit Branntwein unbefugt") ausübt,") 45) Keine Anwendung des §151 GewO, auf Stellvertreter und leitende Angestellle. Michel a. a. O. S. 246. A. M. KG. DRZ. 23 Nr. 629. 46) Sofern der Gast den verbotenen Charatter entweder kennt oder kennen muß. Begr. S. 20. 47) DaS Vergehen unterliegt nicht der kurzen Verjährung des § 145 Abs. 2 GewO., sondern der ordentt. von 5 Jahren. KG. DIZ. 31S. 90 u. JurR. 2 Nr. 133. 48) Bewußt rechtswidrig. Hamburg DRZ. 25 Nr. 144. Deshalb z. B. kein Verstoß, wenn 17 jährige Tochter, die Konzession beim Amtsvorsteher besorgen sollte, dem Gastwirt die Erteilung der Konzession vorspiegelt u. dieser sich darauf verläßt, OLG. Königsberg DSM. 1938 S. 401. Der Ausschank selbsterzeugten Weines ist nicht erlaubnispflichttg. BayObLG. DRZ. 25 Nr. 500. 49) Als unerlaubte Betriebsausübung sind auch die im § 3 gekennzeich­ neten Überschreitungen der Erlaubnis anzusehen. Begr. S. 21; GA. 76 S. 216; auch schon das Feilhalten. Jena DRZ. 23 Nr. 901; auch der Absatz durch Vermittlung einer nicht konzessionierten Abgabestelle, die den eigent­ lichen Verkehr mit den Beziehern führt. OLG. Düsseldorf DRZ. 1934 Nr. 131; ebenso die Ausübung als Beauftragter eines Vereins, der die Schankerlaubnis nicht besitzt. Irrtum, hierüber Strafirrtum, es bleibt vor­ sätzliches Tun. ^OLG. Dresden JurW. 1934 S. 548; nicht aber die Abgabe von Getränken lediglich zur Probe. Jena DRZ. 25 Nr. 216. Zur Erfüllung des objekttven Tatbestandes des § 30 Nr. 1 genügt, daß jemand in eigenen einem beschränkten Personenkreis (Bridgezirkel) zugänglichen Räumen fort­ gesetzt unter Erstrebung von Vermögensvorteilen Getränke verabfolgt, KG. JFGErg. 17 S. 237. Das Mtwirken von Gästen ist notwendige Teilnahme, die aber nicht strafbar ist, da das Ges. nur den Betreibenden, den Wirt, unter Strafe stellt; Beihilfe kann aber vorliegen, wenn die Gäste über die not­ wendige Mitwirkung hinaus an der verbotenen Tättgkeit des Wirtes teil­ nehmen. RG. v. 4. Juni 36 — 5 D 383/36. Auch die Nichteinhaltung einer darauf beschränkt erteilten Erlaubnis, Branntwein im Kleinhandel nur in festverschlossenen, besttmmten Flaschen (Kapselkonzession) abzugeben, ist ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Nr. 1, JurW. 1938 S. 172. — Gewerbsmäßiges Handeln liegt nicht vor, wenn die Absicht des Betriebsinhabers nicht auf die Erzielung eigenen Gewinnes gerichtet ist, sondern für einen anderen; Kanttnenbetriebe, die auch der Förderung des Fabrikbetriebes dienen und Auf­ schlag auf die Selbstkostenpreise der Getränke nehmen, sind aber erlaubnis­ pflichttg. BayObLG. HRR. 1935 Nr. 411. Dulden des Verzehr in den eigenen Räumen genügt nicht, KG. JFGErg. 17 S. 237.

726

B IV. Handels- und Gewerberecht.

2. Gast- oder Schankwirtschaft oder Kleinhandel mit Branntwein unbefugt durch einen Stellvertreter betreibt,'*•) 3. den Kleinhandel mit Bier oder Wein, den Ausschank von Milch oder den Betrieb einer Speisewirtschaft trotz Untersagung fortsetzt. Ebenso wird bestraft, wer wegen Übertretung der Vorschriften

des § 16 Ziffer 1 oder 2 wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist und innerhalb der auf die letzte Verurteilung folgenden nächsten drei Jahre diesen Vorschriften vorsätzlich zuwiderhandelt. Wer eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig") be­ geht, wird mitHaft und mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichs­ mark oder mit einer dieser Strafen bedroht. VII. Übergangs- und Schlußvorschriften. §§ 81—34 nicht abgedruckt.

$ 86. Auf die im § 1 Abs. 1 erwähnten Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetze besondere Bestimmungen getroffen sind,

z

36. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1930 in Kraft.

B IV 9. Gesetz über den Verkauf von Waren ans Automaten. Vom 6. Juli 1934. (RGBl. I S. 685;)

$ 1. Ist jetzt § 22 Abs. 6 der Arbeitszeitordnung, s. unter B VI 6.

§ 2. Betrifft Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß am

24. Dezember vom 13. Dezember 1929 (RGBl. I S. 219), jetzt § 22 Abs. 2 der Arbeitszeitordnung, s. unter B VI 6. § 3. Ist neuer Abs. 3 des § 41a bet Gewerbeordnung, s. unter

B IV 1.

50) Es betreibt nur, wer selbständiger Unternehmer ist. OLG. Dresden, Dt. Strafrecht 1934 S. 300. Der Stellvertreter ist strafbar nach § 29 Zifs. 8, 51) Fahrlässigkeit in bezug auf Gewerbsmäßigkeit des Ausschanks ist ausgeschlossen. Sie kann vorliegen, wenn der Berabreicher der Getränke irrigerweise annimmt, daß er die gewerbepoliz. Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft besitzt. BayObLG. GA. 77 S. 62.

BIV 9. Gesetz über den Berkaus von Waren auS Automaten.

727

I. AusführungsVO. zum Gesetz über den Verkauf von Waren aus Warenautomaten?) Vom 14. August 1934. (RGBl. I S. 814.) Auf Grund des § 9 Abs. 5 der Verordnung über die Regelung der Arbeitszeit der Angestellten vom 18. März 1919 (Reichsgesetzbl. S. 315)/) des Artikels I Abs. 3 des Gesetzes über den Ladenschluß am vierundzwanzigsten Dezember vom 13. Dezember 1929 (Reichs­ gesetzbl. IS. 219) a) und des §41a Abs. 3 der Gewerbeordnung, sämtlich in der Fassung des Gesetzes über den Verkauf von Waren aus Auto­ maten vom 6. Juli 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 585), wird hiermit im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister verordnet: Der Verkauf von Waren aus Automaten während der allgemeinen Ladenschlußzeiten nach Maßgabe der eingangs angeführten Vor­ schriften ist nur unter folgenden Bedingungen zulässig: 1. Es dürfen nur solche Waren abgegeben werden, die für die zugehörige offene Verkaufsstelle fachüblich») sind und aus­ schließlich oder in erheblichem Umfange») in der offenen Ver­ kaufsstelle selbst geführt werden. Welche Waren fachüblich sind, bestimmt im Zweifelsfall der Reichsarbeitsminister im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister oder die vom Reichsminister beauftragte Stelle. 2. Waren, die in Handwerksbetrieben geführt werden, ohne in *) Gilt auch in der Ostmark, BO. v. 7. Febr. 39 (RGBl. I S. 155), § 1, u. im Sudetengau, BO. v. 21. Juni 39 (RGBl. I S. 1058). Nach der gleichen BO. gilt auch die 2. AusfBO. (s. Anm. 2). 1) Jetzt § 22 Abs. 6 AZB., s. unter BVI 6. la) Jetzt § 22 Abs. 2 AZB., s. unter BVI 6. 2) Fachüblich sind nach der 2. AusfBO. v. 22. Aug. 36 (ÄGBl. IS. 645 — über Geltung in Ostmark u. Sudetengau s. Anm. 19 —: ,,a) Tabakwaren u. Streichhölzer, außer in Tabakwarenfachgeschäften, in Kolonialwarengeschäften, b) Lebensmittel (Obst, Gemüse, Konserven, Wurst usw.), außer in LebenSmittelfachgeschästen, in Feinkost-, Kolonialwaren- u. Gemtschtwarengeschästen, c) Süßwaren u. Konfitüren, außer in Süßwaren- u. Konfitürengeschäften, in Feinkost-, Kolonialwaren- u. Gemischtwarengeschäften u. in offenen Verkaufsstellen, in denen Konditorwaren abgegeben werden, d) Filme, außer in Fotohandlungen, in Drogerien u. optischen Geschäften, e) Rasierklingen in Eisen- u. Stahlwarengeschäften, Seifen- u. Par­ fümeriegeschäften, Drogerien u. offenen Verkaufsstellen von Friseuren." Diese Aufzählung. ist keine erschöpfende; es ist Raum für Einzel­ entscheidungen der Aufsichtsbehörden, Neitzel in Pfundtner-Neubert III c 16 S. 9.

728

B IV. Handels- und Gewerberecht.

diesen Betrieben tzergestellt oder be- oder verarbeitet zu werden, dürfen nicht abgegeben werdend) 3. Der Verkauf muß ausschließlich auf Rechnung des Inhabers der offenen Verkaufsstelle erfolgen. 4. Warenhäuser, Kleinpreisgeschäfte, Serienpreisgeschäfte und andere durch die besondere Art der Preisstellung gekennzeichnete Geschäfte sowie Verteilungsstellen von Konsumvereinen und Werkkonsumanstalten sind vom Verkauf ausgeschlossen. 5. Es bleibt Vorbehalten, die Zahl der in räumlichem Zusammen­ hang mit der gleichen offenen Verkaufsstelle aufzustellenden Automaten zu beschränken oder den Verkauf bestimmter Waren zu untersagen.

B IV 10. Maß- und Gewichtsgesetz. Vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1499) mit ÄndVO. v. 18. Mai 1936 (RGBl. I S. 452), 28. Juni 1938

(RGBl. I S. 785) u. 31. Dezember 1940 (RGBl. 1941 I S. 17).*) (Auszug.)

I Gesetzliche Einheiten. § 1. (1) Die gesetzlichen Einheiten der Länge und der Masse sind das Meter und das Kilogramm. (2) u. (3) . . . § 8. (1) Alle Leistungen nach Maß und Gewicht innerhalb des Deutschen Reichs dürfen nur nach den gesetzlichen Einheiten oder den

3) Erheblicher Umfang liegt vor, „wenn die offene Verkaufsstelle in diesen Waren oder in der entsprechenden Warengattung ein vollständiges Lager unterhält", 2. AusfVO. v. 22. Aug. 36 (RGBl. I S. 645), Ziff. 2; daselbst auch nähere Bestimmung des vollst. Lagers u. besondere Vorschrift hinsichtlich Tabakwaren. 4) Ziff. 2 findet „keine Anwendung auf offene Verkaufsstellen, die zwar mit einem Handwerksbetrieb verbunden, jedoch nicht als dessen Hilfsbetrieb anzusehen sind, u. auf Betriebe, bei denen der Hauptzweck der Warenverkauf aus dem Ladengeschäft ist u. eine handwerlliche Tätigkeit nur nebenbei aus­ geübt wird. Abweichend hiervon gilt das Abgabeverbot der Ziffer 2 der AusfVO. v. 14. Aug. 34 in vollem Umfang für Friseure, sofern sie nicht neben dem Handwerk eine selbständige offene Verkaufsstelle betreiben, die von der Werk­ statt räumlich gettennt ist." Ziff. 3 der 2. AusfVO. v. 22. Aug. 36 (RGBl. I S. 645). ♦) Schrifttum: Mülle in Pfundtner-Neubert, Das neue deutsche Reichsrecht Ille 19. — AusfVO. v. 20. Mai 36 (RGBl. I S. 459)

BIV 10. Maß- und Gewichtsgesetz Z 9.

729

daraus abgeleiteten Einheiten*) angeboten, verkauft und berechnet werden. (2) Davon ausgenommen ist der Verkehr von und nach dem Aus­ land. Der Neichswirtschaftsminister wird ermächtigt, weitere Aus­ nahmen zuzulassen.

II. Eichung unL Leglanbiguny. A. Eichpfltcht.

1. Neueichung. a) Meßgeräte im öffentlichen Verkehr. § 9. (1) Der Eichpflicht unterliegen die folgenden Meßgeräte,*) wenn sie im öffentlichen Verkehr zur Bestimmung des Umfanges von Leistungen angewendet oder bereit gehalten werden: 1. die zum Messen der Länge, der Fläche oder des Raumes dienen­ den Maße, Meßwerkzeuge und Meßmaschinen, auch die Weg­ streckenmesser an Kraftfahrzeugen und die Fahrpreisuhren an Kraftdroschken, 2. die Gewichte und Waagen einschließlich der Zählwaagen, Wägeund Abfüllmaschinen^

3. die Getreideprober, 4. die Meßgeräte für wissenschaftliche und technische Unter­ suchungen, die zur Gehaltsermittlung dienen. (2) Eichpflichtig sind auch die Meßgeräte, 1. mit denen Lieferungen für An- oder Verkauf geprüft werden. nebst And. BO. v. 11. März 37 (RGBl. I S. 296), v. 17. Juni 37 (RGBl. I S. 651), v. 26. Febr., 29. Juni u. 28. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 225, 785,2012) u. v. 31. Dezbr. 40 (RGBl. 411 S. 17). Danach müssen Meßgeräte in Ver­ kaufsstellen vollkommen frei und übersichtlich aufgestellt werden; Waagen, Gewichte und sonstige Meßgeräte müssen dauernd in sauberem Zustande sein; an geeichten Meßgeräten dürfen nicht nachträglich Maße, Teilungen oder Nebeneinrichtungen angebracht werden; ferner besteht Auskunftspflicht bei polizeilicher Nachschau (§§ 1,3, 6, 7); Zuwiderhandlungen strafbar nach § 74. — Im übrigen ist in der VO. die Durchführung bet Eichung sowie die Maßund Gewichtspolizei geregelt worden. Ferner sind Einzelausführungen zum Gesetz gegeben. Die technischen Fragen der Eichung sind in der Eichordnung v. 8. Novbr. 11 i. d. Fassung v. 21. Febr. 30 (RGBl. I S. 39) mit Ände­ rungen v. 27. April 31 (RGBl. I S. 143), v. 10. Mai 32 (RGBl. I S. 247). v. 14. Dezbr. 33 (RGBl. I S. 1123), v. 28. Juni 35 (RGBl. I S. 855), v. 27. Jan. 36 (RGBl. I S. 42), v. 9. März 37 (RGBl. I S. 317), v. 18. Juni 37 (RGBl. I S. 745), v. 12. Septbr. 37 (RGBl. I S. 1021) u. v. 21. März 39 (RGBl. I ©1 631) geregelt. Zu § 8. §§ 32, 33.

1) Vgl. hierüber AusfVO. v. 20. 6.1936 (RGBl. I S. 459)

Zu § 9. 1) Nähere Begriffsbestimmungen s. §§ 34—37 d. AusfB.

730

B IV. Handels- und Gewerberecht.

2. die zur Ermittlung des Arbeitslohnes oder der Überprüfung von Arbeit angewendet oder bereit gehalten werden, 3. mit denen Sachentschädigungen gewogen oder gemessen werden. § 10. (1) Meßgeräte, die im öffentlichen Verkehr bei der entgelt­ lichen Abgabe von Gas, Wasser und Elektrizität angewendet oder be­ reit gehalten werden, müssen geeicht sein. (2) Welche Arten von Meßgeräten für die Abgabe von Elektrizität unter Abs. 1 fallen, bestimmt der Reichswirtschaftsminister im Einver­ nehmen mit dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volks­ bildung. *) (3) Der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern bestimmen, daß diese Abgabe nur unter Ver­ wendung von Meßgeräten geschehen darf. § 11. Fässer, in und mit denen Bier, Wein, verstärkter Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke, Trinkbranntwein aller Art, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost, Obstsaft oder alkoholfreie kohlensaure Getränke verkauft werden, müssen auf ihren Raumgehalt geeicht sein, nicht abex wenn die Erzeugnisse aus dem Ausland eingeführt sind und in Gebinden des Ursprungslandes in den Verkehr kommen. § 12. (1) Zum öffentlichen Verkehr*) gehört auch 1. der Handelsverkehr in nicht offenen Verkaufsstellen, besonders der Geschäftsbetrieb von Vereinen und Genossenschaften, auch dann, wenn er sich auf die Mitglieder beschränkt, 2. der geschäftliche Verkehr landwirtschaftlicher und gärtnerischer Betriebe, 3. die Ermittlung der Fracht und der Beförderungsgebühren durch die Verkehrsunternehmungen. (2) Bereit gehalten ist ein Gegenstand, wenn die äußeren Um­ stände erkennen lassen, daß er ohne besondere Vorbereitung in Ge­ brauch genommen werden kann. Zu § 10: 1) VO. v. 2. März 40 (RGBl. I S. 462). Zu § 12.1) Der Begriff „öffentlicher Verkehr" setzt nicht Veräußerung an einem öffentlichen Orte, etwa auf öffentlichem Markt oder sonst an einer offenen Verkaufsstelle voraus, sondern nur, daß dem einzelnen Privaten ein beliebiger, unbestimmter, bisher möglicherweise unbekannter Dritter, dessen Person ledig­ lich aus dem Geschäftsbedürfnis ohne Rücksicht auf persönliche Verhältnisse sich ergibt und in diesem Sinne die Gesamtheit des Publikums, also die Öffentlich­ keit, entgegentritt. KG. JurR. 1 Nr. 1955 und OVG. in RBBl. 1934 S. 882; Backstubenwaage. KG. JurW. 61 S. 352. Im Gegensatz dazu steht der innere Verkehr im einzelnen Betriebe oder der einseitige Privatgebrauch. Daher kein öffentlicher Verkehr bei Deputatentlohnung. Celle JurW. 54 S. 2276. A. M. Naumburg JurW. 59 S. 1238. Hamm JurW. 61 S. 3779.

BIV 10. Maß- und GewichtSgesetz H 13,14 u. 16—18.

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b) Meßgeräte im Gesundheitswesen.

§ 18. Der Eichpflicht unterliegen ferner: Personenwaagen, die 1. von Ärzten und anderen Personen, die die Heilkunde, Kranken­ pflege, Geburtshilfe und Gesundheitspflege berufsmäßig ausüben, angewandt oder bereit gehalten werden, 2. in Krankenanstalten, Sanatorien und ähnlichen der Wieder­ herstellung der Gesundheit dienenden öffentlichen und privaten Anstalten aufgestellt sind, 3. sich in Schwimmbädern, Sportfeldern und ähnlichen der Volks­ gesundheit dienenden Anstalten befinden. § 14. (1) Fieberthermometer dürfen nur nach amtlicher Prüfung verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden. Für den Vertrieb im Inland müssen sie geeicht sein. (2-6) . . .

L. Aacheichuug.

§ 16. Die eichpflichtigen Gegenstände sind innerhalb bestimmter Fristen zur Nacheichung zu bringen, verspätet vorgelegte gelten als ungeeicht.

§ 17. (1) Die Nacheichfrist beträgt 1. zwei Jahre für alle eichpflichtigen Gegenstände, für die dieses Gesetz nicht ausdrücklich eine andere Frist festsetzt, 2. drei Jahre a) bei den Waagen und Wägemaschinen für eine Höchstlast von 3000 Kilogramm und darüber, b) bei den Fässern für Wein, verstärkten Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke, Trinkbranntwein aller Art, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obst­ süßmost und Obstsaft. c) bei den Getreideproben für Handfüllung zu 20 Litern, 3. vier Jahre bei den Personenwaagen, die der Eichpflicht nach § 13 unter­ liegen. (2) Die Nacheichfrist für Gasmesser, Wassermesser und Elektrizitätszähler bestimmt der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern. § 18. (1) Die Nacheichfrist beginnt mit dem Ablauf de Kalender­ jahres, in dem die letzte Eichung vorgenommen worden ist. (2) Bei den im § 17 Nr. 2b genannten Fässern endet die Frist erst mit der Entleerung.

732

B IV. Handels- und Gewerberecht.

B. Eichung.

1. Prüfung und Stempelung. § 25. Als geeicht dürfen nur Gegenstände bezeichnet werden, die von der Eichbehörde geprüft und gestempelt worden sind.

3. Verkehrsrichtigkeit. § 31. Gegenstände, die der Eichpflicht unterliegen, müssen auch nach der Eichung richtig bleiben, sonst ist ihre Anwendung und Bereit­ haltung im eichpflichtigen Verkehr untersagt. Sie gelten als unrichtig, wenn sie über die Verkehrsfehlergrenze hinaus von ihrem Nennwert abweichen. C. Beglaubigung.

a) Beglaubigungspflicht.

§ 34. Eichamtlich müssen beglaubigt sein 1. Meßgeräte, die auf anderen als den gesetzlichen Einheiten be­ ruhen und deshalb nach diesem Gesetz nicht eichfähig, aber nach § 20 Nr. 2 zur Anwendung und Bereithaltung im eichpflichtigen Verkehr zugelassen sind; 2. die nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 zugelassenen, an eichfähigen Meß­ geräten angebrachten ausländischen Nebenteilungen; 3. wenn keine Eichung in Betracht kommt, die Meßgeräte a) für steueramtliche Zwecke, b) die zur Schiffsvermessung dienen, c) die von der Polizei bei der Verkehrsüberwachung zur Er­ mittlung der Achsdrucke an Fahrzeugen verwandt werden; 4. nach näherer Bestimmung der Physikalisch-Technischen Reichs­ anstalt die von der Industrie zur Herstellung und Berichtigung von Meßgeräten verwendeten Normale, Normalgeräte und Prüfungshilfsmittel; 5. die von den Eichbehörden zur vorschriftsmäßigen Prüfung ver­ wendeten Gebrauchsnormale, Prüfnormale und Prüfungs­ hilfsmittel.

§ 35. Die eichamtliche Beglaubigung ist innerhalb der für ent­ sprechende geeichte Meßgeräte vorgeschriebenen Nacheichfrist zu wieder­ holen. Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt ist ermächtigt, in be­ sonderen Fällen die Geltungsdauer der Beglaubigung anders fest­

zusetzen. § 36. Der § 31 gilt sinngemäß für die nach § 34 beglaubigungs ­ pflichtigen Meßgeräte.

B IV 10. Maß- und Gewichtsgesetz $$ 45—48.

733

III. Schankgefäße. § 45. Schankgefäße sind Gläser, Krüge, Flaschen, Karaffen, Kan­ nen und ähnliche Gefäße, die zur Verabreichung von Getränken in Gast-, Schank- oder Speisewirtschaften oder ähnlichen Einrichtungen dienen und erst bei eintretendem Bedarf gefüllt') werden. Dabei ist es gleichgültig, ob das Getränk innerhalb oder außerhalb dieser Stätten genossen wird. § 46. Schankgefäße für Bier, Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke, Trinkbranntwein aller Art, Traubenmost, Obst­ most, Traubensüßmost, Obstsüßmost, alkoholfreie kohlensaure, Gettänke, Limonaden und diesen ähnliche Getränke, für Milch, Milcherzeugnisse und Milchmischgettänke müssen mit einem Füllstrich von mindestens 1 cm Länge und in der Nähe des Füllstriches mit der Bezeichnung des Inhaltes nach Litermaß versehen sein.

§ 47. Der Strich und die Bezeichnung sind durch Schnitt, Schliff, Ätzung, Brand, Einpressen, Einblasen oder Anblasen auf dem Schank­

gefäß anzubringen und müssen leicht erkennbar sein. § 48. (1) Zugelassen sind nur 1. für Trinkbranntwein aller Art Schankgefäße mit einem Inhalt von 2, 2,5, 4, 5 und 10 Zentilitern. Der Zahl ist die abgekürzte Bezeichnung „cl*‘ zuzusetzen (z. B. 2 cl, 2,5 cl). Bei Gläsern von 10 cl, 5 cl und 4 cl kann noch ein Füllstrich zur Bezeichnung des halben Inhaltes ohne Maßangabe angebracht werden; 2. für Bier Schankgefäße mit einem Inhalt von 0,21,0,251,0,31, 0,4 1, 0,5 1, 1 1 oder Mengen, die vom Liter aufwärts um je Vt Liter höher sind; 3. für Wein, dem Wein ähnliche Getränke, weinhaltige Getränke, Traubenmost, Obstmost, Traubensüßmost, Obstsüßmost, alkohol­ freie kohlensaure Gettänke, Limonaden und diesen ähnliche Gettänke, Milch, Milcherzeugnisse und Milchmischgettänke Schankgefäße von einem Liter Inhalt oder aufwärts um je Va Liter größere und vom Liter abwärts um je Vio Liter kleinere. Außerdem sind Gefäße von 1/i Liter mit der Bezeich­ nung V* Liter zugelassen; 4. Flaschenkannen sind nur zugelassen für einen Flüssigkeitsinhalt von 0,5 1, 1 1, 1,5 1, 2 1, 3 1 und 5 1. (2) Die Teile des Liters nach Nr. 2., 3. oder 4. des Absatzes 1 dürfen nur in Zehnerbrüchen angegeben werden, die abgekürzte Be­ zeichnung „1" muß dahinterstehen.

Zu § 45. 1) Gleichgültig, ob unmittelbar vor Verabreichung des Ge­ tränkes oder vorratweise eingefüllt.

734

B IV. Handels- und Gewerberecht.

§ 49. (1) Der Abstand des Füllstriches vom oberen Rande der Schankgefäße muß 1. bei Gefäßen mit verengtem Halse zwischen 2 und 6 Zentimeter, 2. bei Schankgefäßen für Schaumwein und Bier zwischen 2 und 4 Zentimeter, 3. bei anderen Gefäßen zwischen 1 und 3 Zentimeter betragen. (2) Bei Gefäßen mit verengtem Halse soll der Füllstrich auf dem Hals angebracht sein. Bei Flaschenkannen mit Brustwölbung darf er auch auf der Brust unmittelbar oder bis zu 3 Zentimeter unterhalb des unteren Ansatzes der Halswulst, bei Flaschenkannen in Kegelform darf er unmittelbar oder bis zur 2 Zentimeter über dem oberen Rande der Rille für das Oberband angebracht sein.

§ 60. Der durch den Füllstrich begrenzte Raumgehalt eines Schankgefäßes darf 1. bei Gefäßen mit verengtem Hals und bei Flaschenkannen höchstens V StGB. 11) Abs. 2 (bett. Zuständigkeit des BolksGH.) ist gestrichen und erseht durch 8 5 Abs. 1 Nr. 7 der ZustBO. v. 21. Febr. 40 (RGBl. I S. 405). An­ weisungen für das Verfahren gibt die RB. d. RIM. v. 10. Aug. 37 — Illa 811 — (abgedr. bei Krug-Schäfer-Stolzenburg, Straftechtl. Berwaltungsvorschriften 2. Aufl. S. 380). Die verfahrensrechtl. Vorschriften des DevGes. (8 86) finden keine Anwendung.

814

B V. WlrtschastSrecht.

B V 7. Gesetz über Mieterschutz und Micteinigungsamter. Vom 17. Februar 1928

(RGBl. I S. 25) i. d. F. vom 20. April 1936 (RGBl. I S. 378).*) Wer*) für die mietweise oder auf Grund eines sonstigen RechtSverhältnisses') erfolgende Überlassung von Räumen') oder im Zu­

sammenhänge damit für sich oder einen anderen') einen Mietzins oder eine sonstige Vergütung fordert'), annimmt oder sich versprechen läßt, die unter Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse als unangemessen') *) Vgl. dazu BO. über das Verbot von Preiserhöhungen v. 26. Nov. 36 (RGBl. I S. 955) in Verb. m. d. BO. v. 27. Sept. 37 (RGBl. I S. 1127), wonach ungenehmigte Erhöhungen des Metpreises Über den Stand v. 18. Okt. 36 hinaus bei Strafe verboten sind. 1) Auch der Bevollmächtigte, der Hausverwalter, der die Miete einzieht, kann sich wegen Metwuchers oder Beihilfe dazu strafbar machen. Thiele, Raumwucherrecht S. 25. GA. 74 S. 65. KG. JurW. 59 S. 1099; auch der Meter bei Untervermietung oder Abtretung des Metrechts. JurW. 58 S. 2736; ferner der Untervermittler, der dem Hauptvermittler die Gelegenheit zum Abschluß eines Metvertr. anzeigt. GA. 75 S. 137. 2) Hierunter fällt die Verpachtung von eingerichteten Hotelbetrieben. Peschke, JurW 56 S. 1935. überhaupt findet § 49a auf pachtweise Über­ lassung von Räumen Anwendung. E. 63 S. 41. 3) Vermietung einer Schlafstelle ist keine Raummiete. RG. JurW. 1937 S. 2696. 4) Für einen anderen handelt der Täter, wenn er selbständig über den Rahmen seines Auftrags hinaus auf eigene Hand den Metzins fordert, sonst nur Beihilfe. KG. JurW. 1930 S. 1099. 5) Darunter kann ein Borbieten fallen, das gegenüber der für richtig gehaltenen Vergütung eine Mehrforderung enthält. HRR. 1930 Nr. 960; aber nicht der Anspruch auf Ersatz der vom Vermieter infolge des ihm er­ teilten Auftrags gemachten Aufwendungen. E. 65 ©.'391; auch nicht die Nennung einer nur als Berhandlungsbasis gedachten Summe. JurW. 61 S. 2993. Eine Abfindungssumme ist nur gerechtfertigt, wenn sie durch ent­ sprechende Aufwendungen gedeckt ist. Dresden JurW. 62 S. 930. 6) Eine Überschreitung der gesetzl. Mete begründet noch keine Vermu­ tung des Raumwuchers. E. 60 S. 130 (141). Recht 31 Nr. 2305, wohl aber eine Überschreitung des Raummarktpreises, die aber der Fordernde durch den Nachweis seiner Gestehungskosten widerlegen kann. Thiele a. a. O. S. 38. Bon den Gestehungskosten dürfen nur die wirtschafllich berechtigten und unvermeidbaren in Ansatz gebracht werden, nicht aber solche, die auf einer Spekulation des Vermieters auf die Zukunft beruhen. E. 63 S. 415. Entscheidend ist der gegenwärtige objektive Nutzungswert, aüch wenn sich die Verhältnisse zu ungunsten des Vermieters gegenüber dem Gestehungspreis verschoben haben. JurW. 61 S. 2995. Der Vermieter kann eine Verzinsung des Verkehrswegs seines Hauses verlangen, sofern dieser nicht durch preis­ treibende Machenschaften beeinflußt ist. JurW. 59 S. 3225 u. 3226; eine Ver­ zinsung von 20% ist unangemessen. RG. DStrR. 1937 S. 204. Bei ge-

B V 7. Gesetz über Meterschutz und Mieteinigungsämter.

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anzusehen sind, wird wegen Wuchers?) mit Räumen mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bestraft8*).* * Ist * * * die 7 Tat fahrlässig9) begangen, so ist auf Geldstrafe oder Gefängnis bis zu einem Jahre zu erkennen. Ebenso wird bestraft, wer für die Vermittlung eines Rechts­ geschäfts der im Abs. 1 Satz 1 bezeichneten Art eine Vergütung fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, die unter Berücksichtigung der ge­ samten Verhältnisse als unangemessen anzusehen ist. werblichen Räumen, die der Zwangswirtschaft nicht unterliegen, ist eine Er­ höhung auf 160% der Friedensmiete unangemessen. Recht 34 Nr. 2341. Bei Vermietung an Dirnen darf außer dem der allgemeinen Raummarktlage entsprechenden Metpreis ein angemessener Zuschlag für „Unannehmlich­ keiten" gefordert werden. RG. DStrR. 1937 S. 204. Irrtum über die Un­ angemessenheit ist ein außerstraftechtl., wenn dem Täter die Tatumstände unbekannt waren, aus denen auf die Unangemessenheit geschlossen wird. HRR. 1932 Nr. 595 u. 1933 Nr. 270. Bon der Prüfung der Angemessenheit kann überhaupt abgesehen werden, wenn ein Verschulden jedenfalls zu ver­ neinen ist. JurW. 61 S. 2993.

7) Raumwucher kann in dem Fordern einer Abstandssumme liegen. E. 61 S. 326 u. 346; insbes. dann, wenn der Vermieter keinen Ausgleich für Hausunkosten, sondern nur einen besonderen Geldgewinn aus dem Woh­ nungswechsel erstrebt. Für Metausfälle beim Abschluß neuer Verträge darf der Vermieter unter Umständen Ersatz fordern. E. 62 S. 149; er barf aber nicht, wenn er bei einem Teil der Meter einen angemessenen Preis nicht er­ zielen kann, mit dem ungedeckten Rest die Meter belasten, für welche die gesetzl. Mete nicht gilt. E. 63 S. 415. Raumwucher begeht auch der Haus­ besitzer, der sich für seine Zustimmung zur Untermiete eine unangemessene Vergütung bezahlen läßt. BayObLG. DRZ. 21 Nr. 1130. Es kommt auf das vom Richter zu ermittelnde wirtschafll. Wertverhältnis an. JurW. 59 S. 3224. Das Vorhandensein des Raumwuchers wird nicht durch die Feststellung verneint, dem Täter sei das Bewußtsein von der Übermäßigkeit des Gewinnes nicht nachzuweisen. Dresden LZ. 22 S. 1421. 8) Bei Polizei!. Einweisung ist § nicht anwendbar. 1930 Nr. 865.

Breslau HRR.

9) Der Vermieter handelt fahrlässig, wenn er es unterläßt, die ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen über Wertveränderung des Grundstücks infolge der Wirtschaftslage zu benutzen. HRR. 1931 Nr. 568. Vgl. hierzu DIZ. 36 S. 1509.

816

B V. Wirtschaftsrecht.

B V 8. Die Strafbestimmungen der Lonknrsordmmg. Bom 10. Februar 1877.

In der Fassung deS Gesetzes vom 17. Mai 1898?) (RGBl. 1877 S. 351.

RGBl. 1898 S. 612.)

(U u 3 5 u g.)

§ 239. Schuldner,*) welche ihre Zahlungen eingestellt haben,*) oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden*) 1) Diese §§ sind an die Stelle der §§ 281 ff. des StGB, getreten. — Ban­ trotthandlungen in Beziehung auf eine in Konkurs geratene ausländische AG. unterliegen dem deutschen Strafrecht. RG. DRZ. 1935 Nr. 246. 2) Schuldner ist lediglich der, über deffen Vermögen der Konkurs eröffnet ist. Es ist unzulässig, den tatsächlichen Inhaber eines zum Schein unter dem Namen einer anderen Person betriebenen Geschäfts als solchen Schuldner zu betrachten, weil zwar formell das Konkursverfahren gegen die andere Person eröffnet, materiell aber von der Konkurseröffnung das Vermögen des tatsächlichen Geschäftsinhabers betroffen sei. E. 29 S. 103. E. 49 S. 321. Leben Eheleute in Gütergemeinschaft, so sind sie beide als Schuldner anzusehen. E. 9 S. 161; insbes. ist die in Gütergemeinschaft lebende Ehefrau Schuldnerin der persönl. Gläubiger des Ehemanns. E. 68 S. 108. Im Fideikommißtonk. ist der jeweilige Fid.bes. Gemeinschuldner. RG. JurW. 1936 S. 733. Ein Gesellschafter wird nicht dadurch straflos, daß er vor der Konkurseröffnung aus der offenen Han­ delsgesellschaft ausscheidet. E. 35 S- 83. Der Kommanditist ist, auch wenn er Geschäftsführungsbefugnisse hat, nicht Schuldner. RG- JurR- 2 Nr. 1588. Ebensowenig der Geschäftsführer der G.m.b.H. E- 60 S. 234. Im Falle eines Nachlaßkonkurses ist der Erbe, der selbst in unzulässiger Weise Bermögensstücke des überschuldeten Nachlasses zu seiner eigenen Befriedigung verwendet, aus § 239, nicht aus § 241 strafbar. E. 68 S. 368. 3) Zahlungseinstellung ist auch dann vorhanden, wenn an sich Zahlungs­ fähigkeit besteht, sei es, daß der Schuldner sich über seine Fähigkeit täuscht oder trotz seiner ihm bekannten Fähigkeit nicht zahlen will, auch wenn ein einziger Gläubiger nicht befriedigt ist. E. 41 S. 312. Der Schuldner muß dauernd und allgemein aufgehört haben, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. RG. JurW. 1931 S. 2135. Allgemeine Geldknappheit ist kein Beweisgrund gegen eine Zahlungseinstellung. RG. JurW. 1926 S- 591. Zahlungseinstellung und Konkurseröffnung kommen lediglich als äußere Latsache in Betracht, liegen gänzlich außerhalb des inneren Tatbestandes und brauchen daher vom Vorsatz nicht mit umfaßt zu werden. E. 45 S. 88. A. M. E. 27 S. 316. Ob die Zahlungseinstellung oder K.Eröffnung der Bankerott­ handlung vorausgegangen oder nachgefolgt findest unerheblich. E. 22 S. 436. E. 65 S. 416. Zwischen der Bankerotthandlung und der KE. muß eine per­ sönliche Beziehung in der Weise bestehen, daß dieselben Gläubiger, die durch die Bankerotthandl. benachteiligt werden können, wenigstens z. T. auch durch KE. benachteiligt werden. E- 26 S. 85. RG. JurW. 1931 S. 2573. Kein Versuch, wenn ZE. oder KE. nicht erfolgt ist. LK. Anm. 21 Abs. 2. Keine tätige Reue, wenn der Schuldner nach der Zahlungseinstellung beiseite ge­ schaffte Vermögensstücke vor'der KE. dem Verwalter wieder zur Verfügung stellt. RG. DRZ. 1930 Nr. 760. 4) _Bei der Konkurseröffnung ist allein entscheidend, daß dieselbe durch den

B V 8. Die Strafbestimmungen der Konkursordnung § 239.

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ist, werden wegen betrüglichen Bankrotts mit Zuchthaus bestraft,°) wenn sie in der Absicht, ihre GläubigerBa) zu benachteiligen, °) 1. Vermögensstücke verheimlichtoder beiseite geschafft haben,') Zivilrichter rechtskräftig eröffnet ist. E. 26 S. 37. Dem Strafrichter ist die Nachprüfung der Grundlagen des Eröffnungsbeschlusses entzogen. RG. Recht 15 Nr. 1859. Durch die nachträgliche Einstellung d. Kkv. wird die straf­ rechtliche Wirkung der KE. nicht beseitigt. LK. Anm. 5. 5) Auf Grund ein und derselben Zahlungseinstellung können die Delikte auS den §§ 239 bis 240 nebeneinander nur in idealer Konkurrenz Vorkommen. R. 5 S. 86. DRechtspfl. 1936 Nr. 107. Ebenso beim Zusammentreffen mit §85,6Bauford.Ges. DIZ.29 S. 319; jedoch zwischen 88 239 u. 241 Ge­ setzeseinheit. RG. JurR. 2 Nr. 2415 u. DNZ. 1929 Nr. 398; auch Tateinheit. E. 66 S. 88 (91). Auch kann Beihilfe zum betrüglichen Bankrott in ideale Kon­ kurrenz treten mit einer nach § 242 Nr. 1 strafb. Handlung. E. 21 S. 291. Mittäterschaft zweier Personen ist im Falle des § 239 begrifflich bedingt einer­ seits durch den Umstand, daß bezüglich beider entweder Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung vorliegt, andererseits durch — wenigstens Parttelle — Gemeinsamkeit der Gläubigerschaft, deren Benachteiligung von beiden beab­ sichtigt wird. E. 31 S- 407. Doch beschränkt sich'die Handlungseinheit ver­ schiedener Bankerotte auf den Gemeinschuldner, nicht auf dritte Personen. E. 66 S- 268. Die unter Nr. 1—4 dieses § aufgeführten Handlungen und Unterlaffungen stellen nur verschiedene Merkmale des betrüglichen Bankrotts dar und bilden deshalb bei dem Zusammentreffen mehrerer nur eine einheitliche strafb. Handlung. R. 2 S. 438, R. 5 S. 52. E. 29 S. 308. Recht 32 Nr. 1687; auch eine fortgesetzte Handlung ist begrifflich nicht denkbar. RG. Recht 23 Nr. 2058; desgl. nicht eine Anstiftung hierzu. RG. HRN. 1930 Nr. 1702. Dieser Grund­ satz ist unanwendbar für eine Bankerotthandlung, die hinsichtl. derselben Kon­ kursmasse begangen wird, nachdem die übrigen Bankerotthandlungen bereits abgeurteilt sind. E. 71 S- 875. 5 a) Die Gläubigergesamtheit muß geschädigt werden und zwar durch Schmälerung der Masse, die zur gemeinschafll. Befriedigung der Gläubiger dienen soll. RG. JurW. 1938 S. 2005. 6) Erfordert wird der bestimmte, auf die Herbeiführung des Erfolgs, nämlich die Benachteiligung der Gläubiger gerichtete Wille. E. 39 S. 136 (138). Bedingter Vorsatz ist nicht ausreichend. E. 66 S. 88. Andrerseits ist die Gl.benachteiligung nicht der Endzweck. RG. JurW. 1934 S- 1290 u. 1500. Wenn A. als Gemeinschuldner nur einen Gläubiger benachteiligen will, so ist der innere Tatbestand erst erfüllt, wenn A. wenigstens das Bewußtsein hatte, daß seine Handlung die Schädigung auch der anderen Gläubiger zur un­ ausbleiblichen Folge haben mußte. RG- JurW. 1935 S. 1495. 6 a) D. h. Verschweigen der wahren Sachlage. E. 67 S. 365. Darunter ist jede Veranstaltung zu verstehen, durch die das Vorhandensein oder die Zugehörigkeit zur Maffe eines Vermögensstückes, das der Vollstreckung unter­ liegt, der Kenntnis des Verwalters- der Gläubiger oder des Vollstreckungs­ beamten und dadurch dem Zugriff entzogen wird. Verheimlichen kann liegen in der Nichtablieferung von Bargeld an Konkursverw. RG. Das Recht 1939 Nr. 6559; auch in der Behauptung eines Herausgabeanspruchs dritter Personen. E. 64 S. 138; in der Erteilung wiffentl.'falscher Auskunft des Gemeinsch. an Konkverw. E. 62 S. 152; in der Unterlassung der Berichtigung einer unvoll­ ständigen Auskunft des Konkursverwalters sowie in der Entfernung bereits Dalcke, Strafrecht. 32. Ausl.

52

818

B V. Wirtschaftsrecht.

2. Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt haben,

welche ganz oder teilweise erdichtet finb,8) 3. Handelsbücher v) zu führen unterlassen haben,8*) deren Führung ihnen gesetzlich") obfag,ll) oder

einem Gläubiger wirksam zur Sicherung übereigneter Sachen (Verheimlichung des Anspruchs auf Nückgewähr). NG- JurN. 3 Nr. 2260 u. 2259; nicht in dem Verschweigen einer Vollmacht zu Verfügungen über den Gegenstand (Grund­ stück) eines Dritten. RG. JurW. 1934 S. 2559. 7) Darunter ist eine Tätigkeit zu verstehen, die ein Vermögensstück auS seiner bisherigen Lage oder seinem natürlichen Verlauf in eine andere Lage und in einen anderen Verlauf versetzt. E. 64 S. 138. Beiseite geschafft werden können auch Forderungen durch Abtretung an einen anderen. Erk. v. 27. Ottbr. 27, St eng lein Nebenges. Anm. 6; desgl. unbewegliche Sachen. E. 2 S. 118, sofern der durch die Veränderung erzielte Gegenwert keinen ent­ sprechenden Ausgleich bietet. — Versuch kann in der Auflaffung (ohne Ein­ tragung) liegen. E. 61 S. 107. Die bloße Tatsache der Eintragung, gleich­ viel wann ein Antrag gestellt ist, kann schon vollendete Beiseiteschaffung sein. E. 62 S. 152. Sie liegt auch in derEintragung einer Vormerkung zur Sicherung des durch den Kaufvertrag begründeten Auflassungsanspruchs. RG. DRZ. 1934 Nr. 315; oder darin, daß der Eigentümer durch Erteilung der Löschungs­ bewilligung zur Löschung der ihm zustehenden Grundschuld mitwirkt. E. 62 S. 277; auch in der Belastung eines Grundstücks mit Pfandrechten zugunsten Dritter. E. 66 S. 130. Hierher gehören nicht Sachen, die der Zwangsvollstreckung gemäß § 811 ZPO. entzogen sind. GA. 47 S. 158. Wenn bei einer Handelsgesellschaft nur über das Gesellschaftsvermögen der Kon­ kurs eröffnet ist, so kann der einzelne Teilhaber nicht Privatvermögensstücke beiseite schaffen. GA. 37 S. 314. — Zerstören einer Sache fällt unter den Begriff des Beiseiteschaffens. O l s h a u s e n Anm. 8; auch das Verschleudern von Vermögensstücken. RG. DRZ. 1928 Nr. 826; ferner die Veräußerung, sofern sie außerhalb des Rahmens ordnungsmäßiger Wirtschaft fällt. E. 62 S. 277 (278); aber nicht ein Verbrauch von Geld oder anderen Gegenständen zum Lebensunterhalt. E. 66 S. 88. 8) Es genügt die Anerkennung und Aufstellung solcher simulierter Ge­ schäfte, dieselben brauchen zum Zweck der Benachtelligung der Gläubiger nicht geltend gemacht zu sein. RG. DRZ. 1929 Nr. 193, anders E. 2 S- 338. Es genügt nicht die bloße Unterlassung der zulässigen Rechtsbehelfe. Der Grund der Unterlassung muß festgestellt werden. DIZ. 33 S. 665. Anerkennen liegt in dem Bestätigen der Schuld dem Konkursverwalter gegenüber. JurR. 2 Nr. 2201. Die Anerkennung braucht nicht im Kkverfahren zu erfolgen. Es ist auch nicht eine Geltendmachung der erdichteten Forderung nötig. E. 62 S. 287. Recht 33 Nr. 854. Die buchmäßige Bortäuschung eines Darlehns u. seiner Rückzahlung ist keine Aufstellung einer erdichteten Forderung. HRR. 1928 Nr. 1548. Erdichtet ist die Forderung (Schuld) nur dann, wenn sie im Be­ wußtsein ihrer vollkommenen Unvertretbarkeit, also ledigl. zum Schein gel­ tend gemacht wird. RG. JurW. 1938 S. 1885. Hiermit kann ein Offen­ barungsmeineid in Tateinheit stehen. E. 64 S. 42. 9) Bloße Notizbücher sind keine Handelsbücher. R. 3 S. 304; auch nicht Ge­ heimbücher, die mit den Geschäftsbüchern in keinem Zusammenhang stehen. RG. Recht 11 Nr. 2658; ebensowenig genügt eine Buchführung auf losen Blättern. E. 17 S- 301. E. 50 S- 131. 9 a) Ein Unterlaßen der Führung von Handelsbüchern liegt nur dann vor,

B V 8. Konkursordnung § 239.

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wenn überhaupt keine Handelsbücher geführt sind- RG- Recht 10 S- 569. Die nachträgliche Anlegung neuer Bücher ist aber keine Buchführung. E. 39 S- 217. Die unterlassene Führung von Handelsbüchern wird auch durch einen Irrtum des A. über die Beschaffenheit seines Geschäfts nicht entschuldigt. R. 8 S. 421. R. 5 S. 425. Vgl. dazu LZ. 25 S. 42. Ebensowenig durch die persönliche Un­ fähigkeit, Bücher zu führen. GA. 48 S. 362. 10) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Handelsbücher zu führen, § 38 HGB.; diese Vorschrift findet aber nach § 4 HGB. auf Handwerker sowie auf Personen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Kleingewerbes hinaus­ geht, keine Anwendung. Die Grenze des Kleingewerbes kann durch die Landes­ gesetzgebung gezogen werden. Nach § 2 HGB. erlangt aber auch Kaufmanns­ qualität der, dessen gewerbliches Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und dessen Firma in das Handelsregister eingetragen ist. Für die Abgrenzung des Fabrikbetriebes vom Handwerksbetrieb ist neben der Größe des durch Verkauf der Produkte er­ zielten Umsatzes an erster Stelle die ganze Art u. Einrichtung des Geschäfts­ betriebes maßgebend. E. 35 S. 288. Ob Fabrik- oder Handwerksbetrieb anzu­ nehmen ist, hängt davon ab, ob solche Momente u. charakteristische Merkmale vorhanden sind, die, wenn auch nicht einzeln, so doch in ihrem Zusammenhänge als Grundlage für die Annahme eines fabrikmäßigen Betriebs im Gegensatz zu bloß handwerksmäßigem Betriebe dienen können. E. 36 S. 37. Durch die Ver­ bindung von zwei Geschäftszweigen zu einem Unternehmen kann das Gesamt­ unternehmen einen Umfang erhalten, der über den eines Kleingewerbes hinaus­ geht. RG. HNR. 1932 Nr. 218. Eine offene Handelsgesellschaft ist zur Füh­ rung von Büchern verpflichtet, auch wenn sie zeitweilig nur Geschäfte von geringem Umfang zu erzielen vermag. GA. 60 S- 76. Eine kaufmännische Buchführung wird angenommen werden dürfen, wenn eine Buchführung angewendet worden ist, welche durch ihre Form und die bei ihrer Handhabung festgehaltenen besonderen Regeln und Grundsätze das durch eines der geltenden besonderen Systeme der kaufmännischer Buchführung ver­ bürgte Ergebnis ebenfalls erreicht. E. 25 S. 36. Die Buchführung muß nicht nur den rein rechnungsmäßigen Aktiv- oder Passivbestand des Vermögens er­ geben, sondern sie muß auch für jeden beliebigen Zeitpunkt der Vergangenheit eine Übersicht des Vermögenszustandes gewähren. DIZ. 16 S. 820. Aus den Büchern eines Einzelkaufmanns muß hervorgehen, ob er Vermögensstücke be­ sitzt, die nicht den Zwecken seines Handelsgewerbes dienen. Über sein Privat­

vermögen braucht er aber Bücher nicht zu führen. E. 41 S. 41. Das Fehlen einzelner Bestandteile derselben kommt nur als unordentliche Buchführung in Betracht. E.30S. 170. Die Pflicht, die Bücher zu führen, dauert so lange, bis die Lösung der in dem Geschäft übernommenen Verbindlichkeiten erfolgt ist. E. 4 S. 41. Sie trifft stets nur den wirklichen Geschäftsherrn. E. 26 S. 187; den Kaufmann, nicht den stillen Teilhaber. DIZ. 34 S. 1416. Ein Gesellschafter kann nicht durch Vertrag von der Buchführung entbunden werden. RG. JurW. 1908 S. 604. Für die Verpflichtung zur Buchführung kommt es wesentlich aus den Zeitpunkt der Konkurseröffnung an. E. 26 S. 385. Nach RG. JurW. 1934 S. 841 ist es belanglos, ob die Buchführungspflicht gerade im Zeitpunkt der Zahlungseinstellung noch bestand. 11) Über die Verpflichtung Bücher zu führen, siehe hinsichtlich eines Apo­ thekers E. 24 S. 426, Bäckers E. 24 S. 356, Barbiers E. 34 S. 101, Brauers R. 5 S. 488, Kürschners R. 6 S. 294, Schlächters E. 31 S. 178, 52*

820

B V. Wirtschaftsrecht.

4. ihre Handelsbücher vernichtet **) oder verheimlicht oder so ge­ führt oder verändert haben, daß dieselben keine Übersicht deS

Vermögenszustandes gewähren. 13)

Schneiders E. 21 S. 209, GA. 59 S. 461, Uhrmachers E. 8 S. 148, Vieh­ händlers GA. 57 S. 217, Wirts E. 4 S. 281. Ein Handelsmäkler, der Boll­ kaufmann ist, muß neben seinem Tagebuch auch Handelsbücher führen. E. 46 S. 102. Auch der tatsächliche Leiter einer GmbH., der nicht eingetragener Ge­ schäftsführer, ist verantwortlich. NGSt. 71 S. 112. Bauunternehmer sind zur Führung von Handelsbüchern nicht ver­ pflichtet, E. 19 S. 363, E. 52 S. 292, aber nach § 2 b. Gesetz vom 1. Juni 09 (RGBl. S. 449) über die Sicherung der Bausorderungen zur Führung eines Baubuchs. § 6 dieses Ges. bestimmt: Zur Führung eines Baubuchs verpflichtete Personen,*) welche ihre Zah­ lungen eingestellt haben oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, und deren im § 2 Abs. 3 Ziffer 1 bezeichnete Gläubiger zur Zeit der Zahlungseinstellung oder der Konkurseröffnung benachteiligt sind, werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn sie das vorgeschriebene Baubuch **) zu führen ***) unterlassen, oder es verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben, daß es keine genügende Übersicht, insbesondere über die Verwendung der zur Be­ streitung der Baukosten zugesicherten Mittel, gewährt. 12) Es ist gleichgültig, ob der Täter zur Führung der Bücher verpflichtet war oder nicht. E. 16 S- 429. E. 42 S- 285. RG. JurW. 1934 S. 616. A. M. LK. Anm. 14. Die Vernichtung eines einzelnen Handelsbuches soll nur für die Annahme einer unordentlichen Buchführung von Bedeutung sein. GA. 56 S. 170. Nach Ablauf der zehnjährigen Aufbewahrungsfrist ist die Vernichtung straflos. LK. Anm. 15. A- M. Olshausen Anm. 27. 13) Die Bücher müssen die Übersicht über das Vermögen unmöglich machen, eine bloße Erschwerung genügt nicht, R. 2 S. 417, wohl aber eine wesentliche Erschwerung. E. 47 S- 311. Z. B. das Aufführen eines vorgeschobenen Gläu­ bigers. RG. JurR. 2 Nr. 1468. Daß die Übersicht mit Hilfe des Schuldners gewonnen werden kann, genügt nicht. E. 4 S. 120; ebensowenig, daß die Bucheinttagungen nur den Buchunierlagen entsprechen. Die aus den Büchern sich ergebende Vermögenslage muß die wahre Vermögenslage des Schuldnerdarstellen. Erk. v. 30. April 26, Olshausen S. 2158. Die Unmöglichkeit

*) Als Bauunternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige anzusehen, in dessen Namen die Herstellung des Neubaus erfolgt und der hierdurch in seiner Person Träger der aus der Bauausführung entstandenen Rechte und Verbind­ lichkeiten geworden ist. E. 46 S. 10. Auch der Generalunternehmer ist zur Füh­ rung eines Baubuchs verpflichtet. E. 46 S. 305. Übernimmt von mehreren Per­ sonen jeder eine besondere Gruppe von Bauarbeiten, so ist jeder zur Führung eines Baubuchs verpflichtet. E. 47 S. 181; der Geschäftsf. einer G.m.b.H. ist nicht unmittelbar, sondern in Verb, mit § 2 StGB, zu bestrafen. E. 73 S. 100. **) Nur ein für die Reihenfolge seiner Eintragungen Gewähr bietendes, festgebundenes Buch erfüllt die Erfordernisse des Baubuches. RG. JurW. 1934 Nr. 1124. Die Führung von Handelsbüchern ersetzt nicht das Baubuch. GA. 61 S. 350. ***) Die Rechtspflicht zur Führung des Buchs dauert bis zur endgülttgen Erledigung deS buchungspflichligen Baues und bis zur Abwicklung aller buchungs­ pflichtigen Geschäfte an. RG. DRechtspst. 1938 Nr. 736.

BV8. KonkurSordnung § 240.

821

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter drei Monaten ein.

§ 240.

Schuldner, H) welche ihre Zahlungen eingestellt haben,

oder Über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist,

werden wegen einfachen Bankrotts 1B) mit Gefängnis bestraft, wenn sie16 * *)17 14 15 1. durch Aufwand,") (Spiel18) oder Wette oder durch Differenz-

der Übersicht muß stets mit der Zahlungseinstellung zeitlich Zusammentreffen. E. 5 S. 415. 14) Siehe Anm. 2 u. 10. DeS Vergehens gegen Nr. 3 und 4 kann sich auch ein über 7 Jahre alter Geschäftsführer schuldig machen. E. 58 S. 304; auch ein sog. Strohmann. RG. HRR. 1936 Nr. 653. Gemeinschuldner ist auch der Beauftragte des Inhabers eines Einzelhandelsgeschäftes an Stelle des Schuldners, wenn diesem kein Verschulden nachzuweiien ist. E. 72, 65. Nicht strafbar macht sich ein Gesellschafter, der nach außen hin nur die Stellung eineGeschäftsführers einnimmt. RG. HRR. 1929 Nr. 1984; auch nicht der fülle Gesellschafter. E. 70 S- 260, wohl aber eine Person, die im Handelsregister als Prokurist auf den Namen einer anderen Person lautenden Einzelfirma ein­ getragen ist, tatsächlich aber vollberechtigter Mitinbaber ist. E. 65 S. 411. 15) Hinsichtlich der Frage, ob die einfache Bankrotthandlung ein Ver­ schulden verlange, hat das RG. mehrfach geschwankt. Anfänglich (E. 4 S. 418, E. 5 S. 407) wurde angenommen, daß eS sich bei § 240 um ein reines Formaldelitt bandle, bei dem nicht einmal Fahrlässigkeit zu verlangen sei. Seit der Plen.Enttch. E. 13 S. 235 wurde der Grundsatz befolgt, daß der einfache Bankrott zwar weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit im technischen Sinne, wohl aber ein schuldhaftes Verhalten erfordere. In R. 10 S. 487 ist dann aber auch wieder ausgesprochen, daß das Vergehen des § 240 sowohl vorsätzlich als fahrlässig begangen werden könne, aber Beihilfe nur im ersten Fall denkbar sei. Siehe hierüber E. 45 S. 88. HRR. 1930 Nr. 1304. LZ 25 S. 42. LK. zu § 240 Nr. 3, Anm. 18. 16) Über ideale Konkurrenz zwischen betrügerischem und einfachem Bankrott

stehe oben Anm. 5 zu 8 239 und über reale Konkurrenz zwischen einfachem Bankrott und der Anstiftung zu § 243. E. 29 S. 305. 17) Aufwand ist jede übertriebene d. h. das Maß deS Notwendigen und Üblichen in den Lebens- und Geschäftsverhältnisien des Täters übersteigende Aufwendung. E. 15 S. 309 (312). RG. DRZ. 1929 Nr. 194. E. 70 S. 260. Bei Beurteilung der Frage, welcbe Ausgaben für den Haushalt als übermäßig anzusehen sind, ist auf die soziale Stellung des Schuldners nur mit Einschrän­ kung Rücksicht zu nehmen. Zur Auftechterhaltung des Kredits dürfen über­ mäßige Ausgaben nicht gemacht werden. E. 29 S. 347. Ausgaben für Lebens­ versicherungen fallen nicht ohne weiteres hierunter. RG.IurW.1934.S.2472; wohl aber auch Werbungskosten u. für den Geschäftsbetrieb aufgewen­ dete Zinsen, wenn sie das Maß des Notwendigen u. üblichen übersteigen. E. 73 S. 229. Der Aufwand des Gemeinschuldners hat sich nach seiner ge­ samten Vermögenslage zu richten. Nur nach ihr kann sich die Angemessenheit oder Übermäßigkeit ergeben. E. 70 S. 260. — Auf die Mottve des Aufwands kommt es nicht an. E. 15 S. 309. — Kaufmännische Spekulationen fallen der Regel nach nicht unter den Begriff des Aufwandes. R. 9 S. 400. 18) Unter Spiel ist das gewöhnliche Karten- und Würfelspiel einschließlich deS Spieles in der Lotterie — E. 27 S. 180 — zu verstehen, nicht auch das Börsenspiel. E. 15 S. 277. Das verspielte Geld muß zur Konkursmaffe gehört haben. Es darf nicht erst nach der K.Eröffnung erworben sein. E. 55 S. 30.

822

B V. Wirtschaftsrecht.

handel18 * *Ä*) mit Warenie) oder Börsenpapieren übermäßige ©ummen19 Ä20 ) *verbraucht 22 haben oder schuldig geworden sind;

2. in der Absicht, die Eröffnung des Konkursverfahrens hinaus­ zuschieben, Waren oder Wertpapiere auf Kredit entnommen" b) und diese Gegenstände19 c) erheblich unter dem Werte19 d) in einer den

Anforderungen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft widersprechen­

den Weise veräußert oder sonst weggegeben haben;99) 3. Handelsbücher zu führen unterlassen habens9) n) deren Führung

ihnen gesetzlich oblag, oder dieselben9 *) verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben,99) daß sie keine Übersicht

ihres Vermögenszustandes gewähren,99") oder

18 a) Differenzhandel liegt nur vor, wenn dem späteren Kridar es schon beim Vertragsschluß lediglich auf die Zahlung der Differenz am Stichtage, nicht auf die Lieferung der Ware ankam. GA. 60 S. 442. Die Prolongation eines Differenzgeschäfts ist wieder Differenzgeschäft. NG. Recht 21 Nr. 323. 19) Darunter können auch ausländische Geldsorten fallen. NG. DRZ. 1932 Nr. 466. 19 a) Das sind solche, welche die durch den Umfang und die Leistungs­ fähigkeit des Geschäfts gezogenen Grenzen überschreiten und zu dem tatsächlich vorhandenen Geschäftsvermögen nicht in angemeffenem Verhältnis stehen. NG. DNZ. 1929 Nr. 194. Es bedarf der Feststellung, in welchem Umfang die verbrauchten Summen übermäßig waren. NG. JurW. 1927 S. 1380. Einer speziellen Feststellung, welche einzelnen Ausgaben übermäßige ge­ wesen sind, bedarf es nicht, R. 6 S. 470; auch braucht nicht das Bewußtsein des Schuldners von der Übermäßigkeit der Ausgaben festgestellt zu werden. E. 14 S. 80, R. 9 S. 546. 19 b) Entnahme bedeutet Besitzübernahme und Empfang der Waren, nicht deren Bestellung E. 62 S. 257. 19 c) Hierunter fallen nicht solche Waren, die dem Schuldner unter Eigen­ tumsvorbehalt geliefert worden waren oder die der Schuldner an andere zur Sicherung übereignet hatte, oder die er durch Verarbeitung auf Kredit ent­ nommener Rohstoffe hergestellt hat, wenn das Ergebnis der Arbeit nach der Ver­ kehrsauffassung eine Ware eigener Art geworden ist. E. 72 S- 187. 19 d) Hierunter ist der laufende Marktpreis zu verstehen, den die Waren zur Zeit der Weiterveräußerung hatten. E. 47 S. 61. 20) Veräußerung ist das gänzliche Aufgeben der Verfügungsgewalt, Weg­ geben die teilweise Entäußerung dieser Verfügungsgewalt, wie z. V. Lombar­ dierung. E. 48 S. 217. Die Bestimmung der Ziff. 2 gilt nicht für Waren, die dem Schuldner unter Eigentumsvorbehalt geliefert waren. E. 66 S. 175. 21 „Dieselben" bedeutet die gesetzl. zu führenden Handelsbücher, nicht auch solche, die der Schuldner tatsächlich geführt hat. E. 57 S. 361. 22) Der Mangel eines Kopierbuches begründet nur dann die Strafbarkeit, wenn die übrige Buchführung eine unordentliche ist. R. 6 S. 595 u. R. 10 S. 585. Unordentliche Buchführung liegt insbes. in der Unterlaffung der Eintragung von Geschäften oder in der Eintragung erdichteter unwahrer Vorgänge. GA. 26 S. 68. E. 15 S. 174; in der Falschbuchung derart, daß anstelle der wirtlichen Gläubiger andere als angebliche Gläubiger aufgeführt sind. RG. JurW. 1928 S- 814; oder in der wissentlich falschen Bewertung von Bermögensstücken. E- 39 S. 222; oder in der Buchung der Geschäftsvorfälle am Ende längerer Zeiträume. E. 39 S- 217; in der Unterlassung der Buchung eines einzigen er-

B V 8. Kontur-ordnung § 240.

823

4. eS gegen die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs unterlassen haben, die Bilanz") ihres Vermögens in der vorgeschriebenen Zeit28 a) zu ziehen. heblichen Postens. R. 3 S. 304: in Mängeln der Bilanz. LZ. 26 S. 685. Die Bücher müssen auch über die Lage des Vermögens Aufschluß geben, welches der Kaufmann außerhalb des seine Eigenschaft als Vollkaufmann begründen­ den Geschäfts besitzt. E. 5 S. 407. Auch die Privatschulden eines Einzelkauf­ manns müssen aus den Büchern ersichtlich sein. GA. 46 S. 438. Das Mitglied einer offenen Handelsges. ist für die unordentliche Buchführung verantwort­ lich, wenn der mit der Führung beauftragte Mitgesellschafter sich hartnäckig der Erfüllung seiner Pflicht weigert. E- 45 S- 387. Die Pflicht zur Buchführung beginnt erst mit dem tatsächlichen Betriebe des Handelsgeschäfts. GA. 39 S. 46. Für verschiedene Zeiträume kann unterlassene und unordentliche Buchführung festgestellt werden. E. 49 S. 277. Wegen entsprechender An­ wendbarkeit der Vorschrift siehe zu 8 2 StGB, (unter A 2) Anm. 2c. 22 a) D. h. eine Übersicht über den Bermögenszustand z. Zt. der Zahlungs­

einstellung oder Konkurseröffnung gänzlich unmöglich macht oder bis zu einem dem gleichkommenden Grade erschwert. DIZ. 35 S. 564; oder infolge der Mangelhaftigkeit der Führung der Bücher nur mit erheblicher Mühewaltung und beträchtl. Zeitverlust sich gewinnen läßt. RG. DRZ. 1932 Nr. 853. JurW. 1934 S. 369 u. DJust. 1930 S. 1779. 23) Über den Begriff der Bilanz siehe § 39 HGB. E. 36 S. 436 u. E. 41 S. 294. RG. JurW. 1927 S-1761. Ein Zusammenhang zwischen der unter­ bliebenen Bilanzziehung u. der Konkurseröffnung ist nur insoweit erforderlich, als erstere nicht außer Beziehung zu demjenigen Vermögen stehen darf, welches den Gegenstand der späteren Konkurseröffnung bildet. GA. 48 S. 452 u. Recht 10 S. 1212. Auch wer ein Verkaufskommissionsgeschäft beginnt, ist zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet. GA. 38 S. 351. Ebenso muß bei dem Beginn des Handelsbetriebes einer offenen Handelsgesellschaft selbst dann eine Eröffnungsbilanz aufgestellt werden, wenn kein Gesellschaftsver­ mögen (weder Aktiva noch Passiva) vorhanden ist. GA.,39 S. 46. Durch die bei dem Beginn des Handelsgewerbes erfolgte Eintragung des Einlagekapitals wird die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz nicht ersetzt. E. 22 S. 439. Eine Eröffnungsbilanz ist auch dann notwendig, wenn ein Kaufmann, der bisher Mitglied einer offenen Handelsgesellschaft war, dies Geschäft erwirbt u. für eigene Rechnung unter der alten Firma weiter führt. E. 26 S- 222. Des­ gleichen ist sie notwendig, wenn ein Handelsgewerbe, das sich bis dahin in den Grenzen des handwerksmäßigen Betriebes gehalten hat, von einem gewissen Zeitpunkt ab über diesen Umfang hinausgeht u. nunmehr nach Art u. Umfang einen kaufmännischen Betrieb erfordert. RG. Recht 10 S. 260 u. DIZ 13 S. 875. Die Vorstandsmitglieder einer eingetragenen Genossenschaft sind zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz verpflichtet. E. 40 S. 242. Auch der kauf­ männisch nicht ausgebildete Geschäftsinhaber, der die Buchführung geeigneten Personen übertragen hat, hat dafür zu sorgen, daß die Bilanz gezogen wirdGA. 48 S- 364. Auch hat er die Bilanz zu unterzeichnen. Recht 11 S. 780; doch stellt die Unterlassung der Unterschrift der Bilanz nicht ohne weiteres eine Unterlassung der Bilanzziehung dar. E. 8 S. 424. E. 7 S- 87; nach BayObLG. DIZ. 34 S. 926 ist die Unterschrift für den Begriff der Bilanz nicht ab­ solut wesentlich. Irrtum über die Verpflichtung zur Bilanzziehung ist Straf­ rechtsirrtum. DIZ. 16 S. 219.

Ist die Bilanz so mangelhaft, daß sie keine Übersicht über das Vermögen

824

B V. WirtschastSrecht. Neben Gefängnisstrafe kann in den Fällen der Nr. 1,2 auf

Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden,

so kann auf Geldstrafe

erkannt werden. § 241.

Schuldner,

welche

ihre Zahlungen

eingestellt

haben,

oder -über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, werden mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie, ob­ wohl sie ihre Zahlungsunfähigkeit kannten, 28b) einem Gläubiger ") in

der Absicht,^) ihn vor den übrigen Gläubigern26 * *) * *zu * * *begünstigen, * * * * * * * * * * * * * * * * 24 25

gewährt, so gilt sie als überhaupt nicht gezogen. R. 4 S. 592 u. E. 15 S. 174. LZ. 26 S. 685. JurW. 1935 S. 2061. Daß die einzelnen in der Bilanz aufgeführten Aktiv- und Passivposten spezifiziert werden, ist nicht erforderlich. RG. JurW. 1905 S. 761. Die unrichtige Aufstellung einer nur für steuerliche Zwecke vorgeschriebenen Bilanz verstößt nicht zugleich gegen die Bestimmung des HGB. und § 240. E. 61 S. 275. Handelsgebräuche können bei Beurteilung einer Bilanz und zur Recht­ fertigung von Mängeln derselben nicht berücksichtigt werden. GA. 45 S. 364. Die Nichtaufbewährung der Bilanzen und Inventare stellt den Tatbestand des Deliktes nur dann dar, wenn darin eine Vernichtung oder unordentliche Führung von Handelsbüchern zu finden ist. R. 5 S. 226. Auf einen bevormundeten Minderjährigen findet die Strafvorschrift keine Anwendung. E. 36 S. 357. Nach erreichter Volljährigkeit ist er aber zur Auf­ stellung der Eröffnungsbilanz verpflichtet. E. 45 S. 4. 23 a) Die Jahresbilanz muß innerhalb der einem ordnungsmäßigen Ge­ schäftsgang entsprechenden Zeit gezogen werden. E. 34 S. 38. Es kommt hierbei auf die Umstände des einzelnen Falles an. RG. DRZ. 1931 Nr. 717. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Tag der Eintragung der für die Aufstellung der Eröffnungsbilanz maßgebende Zeitpunkt. E. 29 S. 222. 23 b) Keine Strafbarkeit bei irrtüml. Annahme. Die Zahlungsunfähigkeit muß wirklich Vorgelegen haben. Zahlungsunfähig ist der Schuldner erst dann, wenn er andauernd nicht mehr imstande ist, die Mittel bereit zu stellen, die zur Begleichung seiner sofort zu erfüllenden Geldschulden erforderlich sind. RG. JurR. 2 Nr. 221. 24) Der Gläubiger, der die Beftiedigung annimmt, macht sich nicht straf­ bar. E. 2 S. 439. Entwickelt der Gläubiger eine weitergehende Tätigkeit, so kann er wegen Beihilfe oder Anstiftung bestraft werden. E. 48 S. 18. E. 61 S. 314. RG. DRZ. 1934 Nr. 294 u. Das Recht 1939 Nr. 6941. A. M. Olshausen Anm. 11. 25) Es muß festgestellt werden, daß der Schuldner sich bewußt gewesen, den Gläubiger in einer Weise zu begünstigen, auf welche dieser keinen Anspruch hatte. R. 6 S. 708. E. 24 S. 7 u. S. 255. Die Feststellung der Beg.absicht bedarf einer bes. eingehenden Begründung, wenn die Möglichkeit besieht, daß der vom Schuldner erstrebte Erfolg mit dem Ergebnis zusammenfallen könnte, das im gesetzmäßigen Wege zu erzielen war. RG. JurW. 1934 S. 2923. Der bloße Eventualdolus genügt nicht. RG. JurW. 1902 S. 308. Der gute Glaube des Schuldners, daß der begünstigte Gläubiger die ihm gewährte Leistung zu be­ anspruchen habe, schließt die Strafbarkeit aus. R. 5 S. 90. Gläubigerbegün­ stigung liegt daher nicht ohne weiteres vor, wenn bei Begründung der Schuld vereinbart ist, der Schuldner solle, wenn er bei Fälligkeit die Schuld nicht in

B V 8. KonkurSordnung § 241.

826

eine Sicherung oder Beftiedigung gewährt haben,87) welche derselbe nicht

oder nicht in der Art") oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte.") Geld zahlen könne, dem Gläubiger Ware geben. E. 63 S. 78. § 241 setzt nicht voraus, daß durch die Begünstigung des einen Gläubigers anderen Gläu­ bigern ein Schaden erwachsen ist. E. 30 S- 261. 26) Dies brauchen keine Konkursgläubiger zu sein, vielmehr sind alle Gläubiger hierher zu rechnen. E. 16 S. 402; auch Maffegläubiger und solche Gläubiger, von denen im Sinne des § 17 KO. nicht feststeht, ob ihre Forderungen von dem Konkursverfahren Überhaupt unberührt bleiben werden. E. 40 S. 105. Die Forderung muß vor der Befriedigung bereits bestanden haben. E. 35 S. 127. Der Tatbestand des § 241 kann auch dann vorliegen, wenn Gläubigern in der Absicht,dieselben vor einem einzigen Gläubiger zu begünstigen, Siche­ rung oder Beftiedigung gewährt worden ist. R. 8 S. 617. Recht 8 S. 503. Die Begünstigung zweier Gläubiger durch einen zahlungsunfähigen Schuldner bildet nur eine einheitliche Straftat und keinen realen Zusammenfluß. R. 6 S. 640. R. 7 S. 517. 27) Hierher gehören alle ArteneinerSi che rstell un g, sofern der Gläubiger diese nicht schon rechtlich zu beanspruchen hatte, und alle Rechtshandlungen, welche die Beftiedigung eines Gläubigers bewirken, ohne daß derselbe auf die geschehene Art oder auf die Zeit der Beftiedigung einen rechtlichen Anspruch gehabt hätte. Mot. zu § 23 Nr. 2 (§ 30 Nr. 2) KO.: Erfüllung einer suspensiv bedingten Forderung oder einer überhaupt nicht klagbaren Forderung, Abkürzung der Berfallzeit, Herbeiführung der Kompensabilität einer Forderung des Gläubigers durch Abschließung eines Rechtsgeschäfts, Einräumung eines vollstreckbaren Schuldtitels. E. 4 S. 61, E. 5 S. 116, E. 30 S. 46; auch die Hingabe der Akzepte Dritter an Zahlungsstatt an einen Geldgläubiger. JurR. 2 Nr. 2202; ferner Gewährung einer Hypothek. R. 2 S. 626; auch durch Bestellung einer erst nach der KE. eingetragenen Buchhypothek. E. 65 S. 416; unerheblich ist eS, daß das verpfändete Grundstück über seinen Wert hinaus belastet ist. E. 30 S. 261. Eine widerrechtliche Sicherung liegt ferner vor, wenn auf Grund einer Ver­ einbarung mit dem Gläubiger das Konkursverfahren nicht beantragt wird, obwohl es beantragt werden mußte. E. 48 S. 19; oder wenn ein Schuldner die auf Grund eines nicht gülttgen Zwangsvollstreckungstitels erwirkte Zwangsver­ steigerung int Einverständnis mit dem Gläubiger geschehen läßt. GA. 45 S. 427. Darin, daß der Schuldner sich von einem Gläubiger, der eine fällige Forderung hat, verklagen und demnächst abpfänden läßt, ist die Gewährung einer Sicherung oder Befriedigung nicht zu finden. E.17S. 220; ebensowenig in der Gewährung eines bloßen Titels zur Zwangsvollstreckung. E. 20 S. 301. Eine Sicherung ist dann dem Gläubiger nicht gewährt, wenn ihm vom Schuldner an dessen Grundstück eine Briefhypothek bestellt, der Brief aber nicht übergeben ist. E. 34 S. 171. GA.60S. 284. In der Ausstellung eines Wechsels für die Forderung liegt weder eine Sicherstellung noch Befriedigung. GA. 39 S. 230. Einen Anspruch auf Sickerstellung hat z B. die Eheftau wegen ihres einge­ brachten Gutes. § 1391 BGB. Dresden LZ. 23 S. 209. Das „Gewähren" kann nicht schon durch eine einseittge Willenserklärung des Darbieters oder Gebers erfüllt werden, sondern setzt eine Zustimmung oder Annahme auf Seiten des Empfängers voraus. E. 29 S. 413. Vgl. auch E. 30 S. 46. 28) Dies ist der Fall, wenn der Schuldner einem Gläubiger, der nur eine Geldforderung hat, Mobilien oder Waren zu seiner Beftiedigung gibt. E. 5 S. 116.

826

B V. WtrtschastSrecht. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann aus Geldstrafe er­

kannt werden. § 242

Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft,8ya) wer

1. im Interesse eines Schuldners, welcher seine Zahlungen ein­

gestellt hat, oder über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Vermögensstücke desselben verheimlicht oder beiseite geschafft hat,8y) oder

2. im Interesse eines solchen Schuldners, oder, um sich oder einem anderen Vermögensvorteil zu verschaffen, in dem Verfahren80 a)

erdichtete Forderungen80 b) im eigenen Namen oder durch vorge­ schobene Personen80 °) geltend gemacht tjat.80 co)

80 c) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe

oder Geldstrafe ein. § 243.

Ein Gläubiger, welcher sich von dem Gemeinschulduer

oder anderen Personen besondere Vorteile80 d) dafür hat gewähren oder versprechen lassen, daß er bei den Abstimmungen der Konkursgläubiger

E- 6 S-149 u. NG. DIZ. 32 S. 1104. Ob die Lieferung der unfertigen Stücke eines Werkes durch den Unternehmer eine solche Beftiedigung bildet, hängt von dem Grade der Herstellung des versprochenen Werkes ab. E. 67 S. 1. 29) Dem Inhaber eines in blanco ausgestellten Wechselakzepts, welcher sich als Aussteller bezeichnen sollte, steht ein Anspruch aus Sicherheit nicht zu. E. 26 S. 257. Wegen einer möglicherweise begründeten Anfechtbarkeit kann der An­ spruch auf Beftiedigung nicht geleugnet werden. E. 66 S. 88. Das Vergehen der Begünstigung aus § 241 kann mit dem Vergehen des einfachen Bankrotts nur ideal Zusammentreffen. R. 6 S. 570, 633 u. R. 7 S- 399; jedoch Gesetzeskonkurrenz gegenüber § 239 Nr. 1. RG. Das Recht 1939 Nr.'6940, anders R. 5 S. 518. Mit dem Vergehen aus § 288 StGB, kann ideale Konkurrenz vorliegen. E. 20 S. 214. 29 a) Das Verbr. aus § 242 bildet mit Konkursverbr. u. -verg., die sich auf dieselbe Zahlungseinstellung beziehen, keine Einheitstat, ist vielmehr als selbständige Handlung.anzusehen. E. 72 S. 302. 30) Z. B. Verschleuderung von Waren. RG. HRR. 1935 Nr. 158. Eine nach § 242 Nr. 1 strafbare Handlung kann auch mit betrüglichem Bankrott in ideale Konkurrenz treten. E. 21 S. 291. RG. Das Recht 1939 Nr. 6938. 30 a) Es muß sich um ein durch einen gerichllichen Eröffnungsbeschluß be­ dingtes Verfahren handeln. LK. Anm. 6. Vgl. E. 38 S. 275. Die Geltend­ machung in dem Verfahren geschieht dadurch, daß der Anspruch gegenüber dem Verwalter erhoben wird. E. 64 @.311; die Geltendmachung in einem Zwangs­ versteigerungsverfahren genügt nicht. DIZ. 35 S. 1466. 30 b) Hierzu gehören auch dinglich-rechtl. Ansprüche. E. 64 S. 311. 30c) Der Täter bedient sich vorsätzlich der anderen Person zur Geltend­ machung einer erdichteten Forderung. RG. DJust. 1940 S. 516. 30cc) Hierdurch muß eine künstliche sachlich nicht gerechtferttgte Ver­ mehrung der Schuldenmasse u. eine dadurch bedingte Schädigung der Konkursgläubiger bewirkt sein. RG. DJust. 1940 S. 516. 30d) und zwar vermögensrechtl. LZ. 8 S. 1053; a. M. Stenglein, Nebenges. Anm. 4.

B V 8. Konkursordnung § 244.

827

in einem gewissen Sinne stimme,81) wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu Einern Jahre bestraft. § 244.

Die Strafvorschriften der §§ 239—241 finden gegen die

Mitglieder des VorstandesS2) einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft82 6) und gegen die Liquidatoren88) einer Handelsgesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft, welche ihre Zahlungen eingestellt

hat, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten

Handlungen begangen haben.34) 35)

31) Kein „Stimmen", wenn der Gläubiger sich verpflichtet, sich der Abgabe der Stimmen zu enthalten. Aber § 317 HGB. Auch der Gemeinschuldner kann sich durch Anstiftung (Stimmenkäufer) beteiligen. E. 29 S.304, auch Kiesow, Vergleichsordnung 4. Aufl. S. 617. — Über Realkonkurrenz zwischen §§ 240 und 243 Anm. 16.

32) Wegen unterlaffener Buchführung oder Bilanzziehung sind nur die­ jenigen Mitglieder verantwortlich, denen diese Pflicht nach dem Gesellschaftsvertrage obliegt. E. 12 S. 73. Abweichend E. 13 S. 235, welches sämtliche Mit­ glieder des Vorstandes verantwortlich macht. Der Umstand, daß die Wahl eines Mitgliedes des Vorstandes keine ordnungsmäßige und den Vorschriften des Statuts nicht entsprechende gewesen, schließt die strafrechtliche Verantwortlich­ keit nicht aus. E. 16 S. 269. Die bloße Verteilung der Geschäfte unter den Mtgliedertt einer offenen Handelsgesellschaft, durch welche keines von der Geschäfts­ führung ausgeschloffen ist, befreit kein Mitglied von der Verantwortlichkeit für ordnungsmäßige Buchführung. R. 8 S. 331. 32 a) Die strafrechtl. Verantwortlichkeit eines Vorstandsmitgliedes hängt nicht von der Rechtswirksamkeit seiner Bestellung ab. E. 64 S. 81. JurW. 1935 S. 2640. Die Vorstandsmitglieder sind zur Aufstellung einer Eröffnungs­ bilanz verpflichtet. & 40 S. 242.

33) Diese Strafvorschrift bezieht sich auch auf die Liquidatoren einer G. m. b. H. E. 41 S. 309. 34) Vgl. § 37 des Ges. über die Verwahrung und Anschaffung von Wert­ papieren v. 4. Febr. 37 (RGBl. I S. 171), abgedruckt unter B V 4.

35) §§ 64, 71, 83, 84 des Ges. betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v. 20. April 92 (RGBl. S. 477) in der Fassung v. 10. Mai 97 (RGBl. S. 437), des Ges. v. 26. Mai 33 (RGBl. I S. 295), §§ 64, 71 u. 84 in der Fassung v. 25. März 1930 (RGBl. IS. 93): § 64 Abs. 1. Wird die Gesellschaft zahlungsunfähig, so haben die Ge­ schäftsführer ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Ein­ tritt der Zahlungsunfähigkeit, die Eröffnung des Konkursverfahrens oder die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen; entsprechendes gilt, wenn sich bei*) der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Eine schuldhafte Verzögerung des Antrags liegt nicht vor, wenn die Geschäftsführer die Er­ öffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens mit der Sorgfalt eines ordent­ lichen Geschäftsmanns betteiben. *) JurW. 1934 S. 3134.

B V. WirtschastSrecht.

828

§ 71. Ergibt sich die Zahlungsunfähigkeit der aufgelösten Gesellschaft, so haben die Liquidatoren die Eröffnung deS Konkursverfahrens zu beantragen; dasselbe gilt, wenn sich bei der Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischen­ bilanz ergibt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt. Sie haben sofort bei Beginn der Liquidation und demnächst in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. Im übrigen haben die Liquidatoren die aus §§ 36, 37, § 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1, 2 und 4, §'49 Abs. 1 und 2, § 64 Abs. 2 sich ergebenden Rechte und Pflichten der Geschäftsführer. § 81 a siehe unter B IV 4. § 83. Die Strafvorschriften der §§ 239 biS 241 der Konkursordnung finden gegen die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche ihre Zahlungen eingestellt hat oder über deren Vermögen das Konkurs­ verfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben.*) § 84.**) Mt Gefängnis bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe werden bestraft: 1. die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn entgegen der Vorschrift deS § 64 Abs. 1 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens unter­ lassen ist; 2. die Liquidatoren einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn ent­ gegen der Vorschrift des § 71 Abs. 1 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens unterlassen ist. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geld­ strafe ein. Straflos bleibt derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, daß der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichs­ verfahrens ohne sein Verschulden unterblieben ist.

*) Die Vorschriften finden auch gegen den Prokuristen Anwendung. E 71 S. 112. Das Beiseiteschaffen von Vermögensstücken der GmbH, kann auch durch. eigennützige Untreuehandlungen des Geschäftsführers geschehen. Aus dem Er­ fordernis, daß der Geschäftsführer „in dieser Eigenschaft" gehandelt habe, ist nicht zu entnehmen, daß die Handlung in bezug auf den Geschäftsbetrieb, auf die Gesellschaft erfolgt sein muß. RG. D. Rechtspfl. 1939 Nr. 162 -- E. 73 S. 68. Nach E. 73 S. 117 ist an der alten Rechtspr. (E. 41 S. 278; 60 S. 234) festzuhalten. **) Entsprechende Bestimmungen finden sich a) in §315 deS Handelsgesetzbuches in der Fassung des Ges. v. 25. März 30 (RGBl. I S. 93); b) in"§ 297 Zisf. 2 u. 3 deS Ges. über Aktiengesellschaften Kommandit­ gesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) v. 30. Jan. 37 (RGBl. I S. 107) — unter B IV 3 —; c) in § 84 deS Reichsgesetzes betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen-

schäften v.

20'

gg

(RGBl.

(RBBl. I S. 93) — unter BIV 5 —.

in der Fassung des Ges. 6.25. MärM)

LV 9. Bergleichsorbng. — BV 10. Zuwiderhandl. geg. Preisvorschrist.

829

B V 9. Vergleichsorbnung. Vom 26. Februar 1935 (RGBl. I S. 321).

(Auszug.) § 122 *) Wenn in einem Verfahren -uf Herbeiführung eines Vergleichs zur Abwendung des Konkurses erdichtete Forderungen geltend macht, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis oder mit Geldstrafe bestraft. § 123.2) Wer sich besondere Vorteile dafür versprechen oder ge­ währen läßt, daß er bei der Abstimmung über den Vergleichsvorschlag in einem bestimmten Sinne stimmt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bestraft.

B V 10. Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften. Bom 3. Juni 1939 (RGBl. I S. 999).*)

Allgemeines Strafrecht. § 1. (1) Wer*) den Vorschriften oder Anordnungen des Reichs­ kommissars für die Preisbildung2* )13) oder der von ihm mit der PreisZu LV 9. 1) Entspricht § 242 Abs. 1 Ziff. 2 KO. unter LV 8. 2) Entspricht § 243 KO. unter 6 V 8. Zu L V 10. *) Geschichte des Preisstraftechts, Pfundtner-Neubert Ille 13 S. 229; Schütz, DJust. 1939 S. 1226. Schrifttum: Schütz, Preisstrafrecht, Berlin, Verlag Franz Bahlen. Zu § l: 1) Täter kann jede natürliche Person sein: Verkäufer, Käufer, Vermieter, Mieter — auch als Teilnehmer —, Inhaber, Leiter oder Ange­ stellter eines Betriebes, sofern die einzelnen Vorschriften nichts anderes be­ stimmen. Eine juristische Person oder eine Personenvereinigung (§ 8 Abs. 2) kommen als „schuldige Person" nicht in Frage. 2) Die Vorschriften (Gesetze u. VO.) und Anordnungen (im Nahmen der Zuständigkeit der mit Preisbildungsaufgaben betrauten Stellen von diesen vorgenommene ausdrückliche Regelung von Tatbeständen — Schütz Anm. 22 —) sind von drei verschiedenen Stellen erlassen. Die auf einigen Sondergebieten des Preisrechts bestehenden Strafvorschriften sind nach § 39 aufrechterhalten. 3) Der Reichskommissar für die Preisbildung ist durch Ges. v. 29. Oktbr. 36 (RGBl. I S. 927) bestellt.

830

B V. Wirtschaftsrecht.

bildung beauftragten ©teilen2)4)5 vorsätzlich 6 7 8 9 10 oder fahrlässig zuwider­ handelt, wird mit Gefängnis und Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbeschränkt. (2) Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der den Vorschriften oder Anordnungen anderer staatlicher4) oder staatlich ermächtigter Stellen4) über Preise, Preisspannen, Zuschläge oder Abschläge, Zahlungs­ bedingungen, Preisauszeichnungen, Preisbindungen oder andere der Preisbildung oder dem Preisschutz?) dienende Maßnahmen2) vorsätz­ lich oder fahrlässig zuwiderhandelt. (3) Als Zuwiderhandlung gilt auch jede Handlung, durch die die Vorschriften oder Anordnungen unmittelbar oder mittelbar umgangen werden4). (4) Der Versuch ist strafbar.4) (5) Hat der Täter wissentlich und gewissenlos aus grobem Eigennutz u) gehandelt oder ist er vor Begehung der neuen vorsätz­ lichen Tat schon einmal wegen vorsätzlichen Vergehens gegen die in den Abs. 1 Md 2 bezeichneten Vorschriften rechtskräftig verurteilt worden, so kann an Stelle der Gefängnisstrafe auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden.

§ 2. Verletzt dieselbe Handlung die Vorschriften des § 1 und andere Strafgesetze, so kann auch neben der Freiheitsstrafe aus dem anderen Strafgesetz auf die nach § 1 zulässige-Geldstrafe erkannt werdens.

* § 3. (1) In dem Urteil kann ohne Rücksicht auf Eigentumsver4) Die Preisbildungsstellen und die mit Preisblldungsaufgaben be­ trauten Behörden, die Uberwachungsstellen und Marktvereinigung, Präsident der Reichsfilmkammer. 5) Der Reichskomm. für Preisüberwachung (Ges. v. 8. Dezbr. 31 — 1. Teil Kap. II — RGBl.I S. 699—) und die einzelnen Minister als dessen Nachfolger. Hierhin gehört z. B. § 22 KrWBO. abgedruckt unter EIII 7. 6) Hauptvereinigungen und wirtschaft!. Bereinigungen des Reichs­ nährstandes, Reichsstellen für Mich, Fett und Ole, für Getreide und Futter­ mittel, Uberwachungsstellen für Eisen und Stahl, für Edelmetall und Chemie. 7) Z. B. Verbot von Koppelungsgeschäften n. BO. v. 29. Oktbr. 37 (RGBl. I S. 1142). 8) Umgehungshandlungen liegen z. B. im Versuch, die Leistungen und Waren, die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen zu verschlechtern, unter Umständen in der Weigerung Schönheitsreparaturen für den Mieter aus­ führen zu lassen. 9) Der Versuch eines fahrlässigen Preisvergehens ist nicht strafbar. 10) Bedingter Vorsatz genügt nicht. , 11) Siehe Anm. 3 u. 4 des Ges. gegen Wirtschaftssabotage v. 1. Dezbr. 36 (RGBl. I S. 999) unter B V 6. Zu § 2: 1) Diese Kannbestimmung ist bei Verbrechen anwendbar, deren Strafe keine Geldstrafe vorsieht.

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften § 3.

831

hältnisse und sonstige Rechte Dritterx) auf Einziehung der Gegen­ ständes erkannt werden, auf die sich die strafbare Handlung bezieht °) oder die durch die strafbare Handlung erlangt sind. (2) Ist der Beschuldigte abwesend oder kann keine bestimmte Per­ son verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf Antrag der Staats­ anwaltschaft die Einziehung selbständig durch Beschluß des Gerichts ausgesprochen werden. Gegen den Beschluß findet die sofortige Be­ schwerde nach Maßgabe der Strafprozeßordnung«) statt.

(3) Die Einziehung unterbleibt, wenn der von ihr Betroffenes nachweist, daß er von der Straftat weder Kenntnis hatte noch haben konnte und daß er von der Straftat auch keinen Vorteil gehabt hat.«) Rechte eines anderen an eingezogenen Gegenständen bleiben insoweit bestehen, als diese Voraussetzungen in seiner Person vorliegen.

(4) Macht ein anderer als der Beschuldigte an einem der Ein­ ziehung unterliegenden Gegenstände Rechte geltend, oder liegen Tat­ sachen vor, aus denen zu schließen ist, daß solche Rechte bestehen, so soll dem anderen Gelegenheit gegeben werden,') nachzuweisen, daß die Voraussetzungen für die Einziehung nicht vorliegen oder ihm Rechte an dem der Einziehung unterliegenden Gegenstände zustehen. Der Nachweis kann bis zum, Ausspruchs der Einziehung geführt werden. Erfolgt der Nachweis erst nach Erlaß der die Einziehung aus­ sprechenden Entscheidung,«) so kann das Gericht«) den Ausspruch über die Einziehung aufheben oder einschränkend) (5) Im übrigen gehen das Eigentum und sonstige Rechte an den eingezogenen Gegenständen mit der Rechtskraft der Entscheidung auf das Reich über. (6) Für einen Rechtserwerb, der nach der Rechtskraft der Ent-

Zu § 3: 1) Die Einziehung ist nicht Nebenstrafe, sondern Sicherungs­ maßnahme. Daher das objektive Verfahren in Abs. 2. 2) Sachen, Vermögensrechte und -werte, gewerbl. Unternehmungen, ärztl. Praxis, Pensionsbetrieb, Schütz a. a. O. Anm. 15. 3) Umfassender Begriff. Die Beziehung zur Straftat kann mittelbar und unmittelbar sein. 4) § 311 StPO, und § 41 Abs. 2b dieser BO. für die Ostmark. 5) Z. B. der Inhaber eines Betriebes, wenn ein Angestellter sich einer Preisüberschreitung schuldig gemacht hat. 6) Vgl. § 72 Abs. 3 des Dev.ges. unten B V 5. 7) Auch schon im Vorverfahren. 8) Urteil, Beschl. des Gerichts oder Sttafbescheid nach § 8 Abs. 4. 9) Oder die Preisbehörde § 8 Abs. 4. 10) Gegen den Beschluß die Beschwerde (§ 304 StPO., § 15 OStPO.), gegen den Sttafbescheid die Aufsichtsbeschwerde.

832

B V. WirtschastSrecht.

scheidung eintritt, gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechte- zu­ gunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten.") § 4. Das Gericht kann anordnen, daß die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekanntgemacht wird. Die Art der Be­ kanntmachung sowie die Frist, innerhalb deren sie zu erfolgen hat, sind in dem Urteil zu bestimmen.x)*2)3 4 § 6. (1) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrags) ein. Der Antrag ist unzulässig, wenn wegen derselben Handlung eine Ordnungs­ strafe rechtskräftig festgesetzt worden ist.2) Der Antrag kann von dem Reichskommissar für die Preisbildung oder den von ihm oder mit seiner Zustimmung hierzu ermächtigten Behörden2) gestellt werden. (2) Der Antrag kann zurückgenommen werden. *) § 6. (1) Örtlich zuständig für den Strafantrag ist die Behörde,

in deren Bezirk der Täter seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen dauernden Aufenthalt hat. (2) Ist die Zuwiderhandlung im Geschäftsbetrieb einer Handels­ gesellschaft, einer juristischen Person oder sonstigen Personenvereini­ gung *) begangen worden, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk das Unternehmen seinen Sitz hat.2) Richtet sich die Strafverfolgung lediglich gegen Leiter oder Angestellte einer Zweigniederlassung oder eines sonstigen Zweigbetriebes, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk sich die Zweigniederlassung oder der Zweigbetrieb befindet; 11) §§ 932 ff., 892 ff., 1207 BGB., § 366 HGB. Zu § 4: 1) Vgl. Anm. zu § 200 StGB. 2) Weitere Maßregel Berufs- und Gewerbeuntersagung nach § 421 StGB. Zu § 5: 1) 88 61 bis 64 StGB. 8 158 StPO, über Antragstellung gelten nach 8 41 auch für die Ostmark. Der Antrag ist Prozeßvoraussetzung. Trotz­ dem ist dieser Strafantrag im Wesen anders als der des Verletzten. 2) Durch den rechtskr. Ordnungsstrafbescheid ist die Strafllage ver­ braucht. Ist die Ordnungsstrafe bei Stellung des Antr. noch nicht rechtskr. festgesetzt, so muß der Bescheid zurückgenommen werden. Falls die Hand­ lung zugleich gegen eine Preisvorschrift wie gegen eine andere Bestimmung krimineller Strafgesetze (Betrug, Urkundenfälschung) verstößt, so soll seitens der Uberwachungsstellen (Anm. 3) der Antrag gestellt werden, Schütz, DJust. 1929 S. 1230. 3) Zuständig sind die Preisüberwachungsstellen: in Preußen (abgesehen von Berlin), Bayern und Sachsen und im Reichsgau Sudetenland die Re­ gierungspräsidenten, in Berlin und Wien die Polizeipräsidenten, in Hamburg die Gemeindeverwaltung der Hansestadt H., Verwaltung für Handel, Schiff­ fahrt und Gewerbe, in der Ostmark die Landeshauptmänner (Reichsstatt­ halter), in den übrigen Ländern die oberste Landesbehörde, im Saarland der Reichskommissar. 4) Vgl. Anm. 86 zu 8 64 StGB. Zu § 6: 1) Gesellschaft des bürgert. Rechts. 2) D. h. Hauptniederlassung.

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften §§ 7 u. 8.

das gleiche

gilt,

wenn das

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Unternehmen seinen Sitz im Aus­

land hat. (3) Ist die Zuwiderhandlung bei der Veräußerung oder Ver­ pachtung von Grundstücken oder bei der Vermietung oder Verpach­ tung von Räumen begangen, so ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk die Grundstücke oder Räume gelegen sind. (4) Bei zusammenhängenden Zuwiderhandlungen, welche einzeln zur Zuständigkeit verschiedener Behörden gehören würden, ist jede dieser Behörden zuständig. (5) Ist hiernach eine Zuständigkeit nicht oder mehrfach begründet, so ist die Behörde zuständig, die zuerst mit der Sache befaßt worden ist. Sie kann die Sache an die andere zuständige Behörde abgeben, wenn dies zweckmäßig erscheint. In Zweifelsfällen bestimmt die gemeinsame höhere Behörde (Preisüberwachungs- oder Preis­ bildungsstelle), notfalls der Reichskommissar für die Preisbildung die zuständige Behörde.

§ 7.1)2 3 4 Ordnungsstrafrecht. Strafmaßnahmen.

§ 8. (1) Bei Zuwiderhandlungen der im § 1 bezeichneten Art können die im § 26 genannten Behörden gegen die schuldigen Personen (Täter und Teilnehmer) Ordnungsstrafen in Geld festsetzen.x) Wird die Zuwiderhandlung in einem Geschäftsbetrieb begangen, so können außerdem gegen die Inhaber oder Leiter des Geschäftsbetriebes Ord­ nungsstrafen in Geld festgesetzt werden, wenn sie nicht nachweisen, daß sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zur Verhütung der straf­ baren Handlung angewandt habend) (2) Ist Inhaber des Geschäftsbetriebes eine Handelsgesellschaft, eine juristische Person oder sonstige Personenvereinigung»), jo ist der Nachweis an Stelle des Inhabers von den zur gesetzlichen Vertretung befugten Personen*) zu führen.

Zu § 7: 1) Außer Kraft gesetzt durch § 21 Abs. 2 Nr. 27 der BO. v. 13. März 40 (RGBl. I S. 489). Zu § 8: 1) Ersatzfreiheitsstrafe gibt es nicht. 2) Es muß z. B. nach gewiesen werden, daß den Angestellten die Preis­ vorschriften nicht bloß zugänglich gewesen, sondern daß diese ständig darüber unterrichtet worden sind und daß auf Einhaltung der Vorschriften gedrungen worden ist. 3) Siehe Anm. 1 zu § 6. 4) Borstandsmitgl. bei AG., Geschäftsführer bei G.m.b.H. Für die gesetzl. Vertreter können auch Beauftragte, Angestellte, Prokuristen den Nachweis führen. 53 Dalcke, Strafrecht. 32. Ausl.

834

BV. Wirtschaftsrecht.

(3) Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbeschränkt. (4) Auf die Einziehung von Gegenständen und die öffentliche Be­ kanntmachung der Bestrafung finden die Vorschriften der §§ 3 und 4 entsprechende Anwendung?) (5) Die Festsetzung der Ordnungsstrafe ist nur zulässig, wenn ein Strafantrag nach § 5 nicht gestellt oder zurückgenommen worden ist?) (6) In Fällen von geringerer Bedeutung kann statt der Ordnungs­ strafe eine schriftliche Verwarnung erteilt werden?) Sie ist gebühren­ pflichtig?) Eine Anfechtung findet nicht statt. § 9. (1) Verstößt eine nach § 8 strafbare Handlung zugleich gegen andere Vorschriften über Ordnungsstrafen, so erfolgt die Festsetzung von Ordnungsstrafen und Maßnahmen der im § 10 genannten Art nur nach den Vorschriften dieser Verordnung.x) Dies gilt nicht, wenn die im § 26 bezeichneten Behörden im Einzelfall von der Festsetzung einer Strafe absehen. Erfolgt die Festsetzung der Ordnungsstrafe nach den Vorschriften dieser Verordnung, so bleiben die nach anderen Vorschriften bestehenden Befugnisse anderer Stellen,3*)2 sonstige nach

dieser Verordnung nicht zulässige Maßnahmen3) zu verhängen, un­ berührt. (2) Die zur Festsetzung von Strafmaßnahmen wegen Verletzung anderer Vorschriften zuständigen Stellen haben die im § 26 bezeich­ neten Behörden über die von ihnen ermittelten Verletzungen dieser Verordnung zu unterrichten. § 10?) (1) Allein3) oder neben der Ordnungsstrafe oder einer rechtskräftigen gerichtlichen Bestrafung3) kann die völlige oder teil* 5) Siehe die Anm. zu §§ 3 u. 4. 6) Siehe Anm. 2 zu 8 5. Der Grundsatz ne bis in idem soll gewahrt bleiben. 7) Stehe8 59 PBG. unter EI 6. Eine Begründung ist nicht erforderlich (vgl. 8 27). Die Gebühr beträgt 1 RM. 8 37 Ms. 4. Zu 8 9: 1) Hierdurch soll verhindert werden, daß wegen derselben Handlung -mehrere Ordnungsstrafen aus den Preisvorschriften und anderen Besttmmuygen (Kontingentierungsvorschriften) verhängt werden. Für die Ostmark siehe 8 41 Abs. 2 c. 2) Z. B. Hauptvereinigungen und wirtschaft!. Bereinigungen deReichsnährstandes. 3) Entziehung oder Einschränkung von Kontingenten. Zu 810:1) Neben der Geschäftsschließung und dem Tätigkeitsverbot kann ferner die Schließung und Untersagung der Fortführung von Betrieben wegen allg. Unzuverlässigkeit des Inhabers und Leiters durch den Reichskomm. f. Preisbildung angeordnet werden. 8 2 der BO. v. RGBl. I S.

747

i. Verb, mit Ges. v. 4. Dezbr. 34 (RGBl. I S. 1201),

15. IM 33 (RGBl. I S. 490) und 5. Novbr. 34 (RGBl. I S. 1085); die

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10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften §§ 11—13.

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weise Schließung des gewerblichen Betriebes des Schuldigen oder des Betriebes, in dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist, auf Zeit oder Dauer verfügt oder seine Weiterführung von Auflagen*) abhängig gemacht werden. (2) In gleicher Weise kann den schuldigen Personen auf dem Ge­ biet, auf dem die Zuwiderhandlung erfolgt ist, die Tätigkeit oder Be­ triebsführung auf Zeit oder Dauer ganz oder teilweise untersagt oder die weitere Tätigkeit oder Betriebsführung von Auflagen abhängig gemacht werden. (3) Die Maßnahmen können nach Rechtskraft der Entscheidung auf Kosten der Betroffenen öffentlich bekanntgemacht werdend) § 11. Ist dem Betroffenen oder seinem Beauftragten für den untersagten Betrieb oder die untersagte Tätigkeit eine behördliche Er­ laubnis (Wandergewerbeschein, Legitimationskarte, Konzessions­ urkunde oder ein ähnliches Ausweispapier) erteilt, so hat die Betriebs­ schließung und die Tätigkeitsuntersagung den Verlust oder die Ein­ schränkung der Erlaubnis zur Folge?)

Verjährung.

§ 12.

Die Vorschriften des Strafgesetzbuches über die Verjährung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung von Vergehen finden auf das Ordnungsstrafverfahren sinngemäß mit der Maßgabe Anwendung, daß die Strafverfolgung in drei Jahren und die Strafvollstreckung bei Ordnungsstrafen bis 150 Reichsmark in zwei Jahren, im übrigen in fünf Jahren tietjätyrt1).2 3Einer 4 richterlichen Handlung, die die Ver­ jährung unterbricht, stehen entsprechende Handlungen der mit der Preisüberwachung beauftragten Behörden gleich. Nichtbeachtung von Strafmaßnahmen.

§ 13.

Rechtsgeschäfte,*) die von den Betroffenen entgegen der Vorschrift des § 10 oder in Umgehung dieser Vorschrift, insbesondere

Handelsuntersagung erfolgt auf Grund der BO. v. 13. Juli 23 (RGBl. I S. 706) in der Fassung der BO. v. 26. Juni 24 (RGBl. I S. 661) und v. 19. Juli 26 (RGBl. I S. 413). Bei Nichtbeachtung der Maßnahmen siehe §§ 13, 14. Vollstreckung der Maßnahmen nach § 10, § 34 Abs. 2 vgl. auch § 35. 2) Bei rechtskr. Freisprechung ist die Bestimmung nicht anwendbar. 3) Z. B. Ausscheidung bestimmter Gegenstände aus dem Vertrieb, Führung anderer Bücher, Kontrollmaßnahmen. 4) Mit Rücksicht auf §§ 13,14 ist die in das Ermessen der Preisbehörde gestellte Veröffentlichung geboten. Zu § 11:1) Die Einziehung der Urkunden erfolgt durch die Ausstellungs­ behörde nach den Vorschriften der RGewO. u. a. Zu § 12: 1) §§ 66ff. StGB., für Ostmark §§ 531, 532 OStGB. Zu $ 13: 1) Z. B. Kündigung.

B V. Wirtschaft-recht.

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durch vorgeschobene Personen vorgenommen werden, sind nichtig. Für Verfügungen dieser Art gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten her­ leiten, entsprechend.2)3 Im übrigen wirkt die Nichtigkeit nicht zum Nachteil dessen, der die Betriebsschließung oder die Tätigkeitsunter­ sagung ohne grobe Fahrlässigkeitb) nicht kannte.

§ 14. (1) Wer entgegen einem nach § 10 ausgesprochenen Verbot selbst oder durch eine vorgeschobene Person Geschäfte betreibt oder die ihm untersagte Tätigkeit oder Betriebsführung ausübt, wird mit Ge­ fängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.^2) (2) Dieselbe Strafe trifft denjenigen, der mit diesen oder für diese Personen ein Geschäft abschließt, obwohl ihm bekannt war, daß ihnen die geschäftliche Tätigkeit oder Betriebsführung untersagt oder das Geschäft geschlossen worden ist. (3) Neben der Strafe kann auf Einziehung der Gegenstände, auf die sich der unzulässige Betrieb oder die unzulässige Tätigkeit bezieht, und der zur Fortführung des Betriebes oder der Tätigkeit bestimmten oder verwendeten Gegenstände und Einrichtungen erkannt werden, wenn diese Gegenstände dem Täter oder einem Teilnehmer gehören.

(4) Die Vorschriften des § 3 Abs. 2, 5 und 6 finden entsprechende Anwendung.

Ermittlungsverfahren.

§ 15.

(1) Die Behörden und Beamten der Polizei haben. Verstöße gegen die Preisvorschriften zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache

zu verhüten.^ (2) Sie übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der für die

Anordnung von Ordnungsstrafen zuständigen Behörde.

2) Siehe Anm. 11 zu § 3. 3) D. h. schwere Verletzung der Sorgfaltspflicht. Siehe aber § 26 der BO. über Handelsbeschr. Anm. 1 zu § 10. Zu § 14:1) Tateinheit mit § 145 c StGB. Siehe ferner § 29 der BO. über Handelsbeschr. Anm. 1 zu 8 10. 2) Keine Ordnungsstrafe, doch ist zm Strafverfolgung kein Antrag er­ forderlich. Zu § 15: 1) Das Einschreiten der Polizei ist wie nach § 163 StPO, vorgeschrieben. Die Polizei kann auch Festnahmen, Beschlagnahmen und Durchsuchungen vornehmen. Wird die Verhaftung und die formelle Be­ schlagnahme notwendig, so ist zur Einleitung der Strafverfolgung der An­ trag nach § 5 zu stellen.

BV

10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschristen §§ 16—19.

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§ 16. (1) Die mit der Preisüberwachung beauftragten Behörden können von allen öffentlichen Behörden, von Berufsvertretungen so­ wie natürlichen und juristischen Personen (Auskunftspersonen) Aus­ künfte verlangen, soweit dies zur Überwachung der Preisgestaltung erforderlich ist1) Sie können ferner Ermittlungen jeder Art mit Ausschluß von eidlichen Vernehmungen, Beschlagnahmen und Durch­ suchungen entweder selbst vornehmen oder durch die Behörden und Beamten der Polizei vornehmen lassen. Diese sind verpflichtet, dem Ersuchen der mit der Preisüberwachung beauftragten Behörden zu genügen.2)3 (2) Die Gerichte sind gleichfalls zur Amts- und Rechtshilfe ver­ pflichtet.2)

§ 17. (1) Vor der Festsetzung einer Ordnungsstrafe1) ist der Be­ schuldigte über die ihm zur Last gelegte Zuwiderhandlung und seine persönlichen Verhältnisse zu vernehmen. Ihm ist Gelegenheit zu­ geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen. (2) Leistet der Beschuldigte der Vorladung zur Vernehmung keine Folge, so kann die zwangsweise Vorführung angeordnet werden.2) Sie erfolgt durch die zuständige Polizeibehörde. § 18. (1) Über die Vernehmung der Beschuldigten und Zeugen soll eine Niederschrift ausgenommen werden, die vom Untersuchungs­ führer und, wenn ein Urkundsbeamter zugezogen ist, auch von diesem zu unterschreiben ist. Die Niederschrift soll Ort und Tag der Ver­ handlung sowie die Namen der mitwirkenden und beteiligten Personen ersehen lassen. (2) Die Niederschrift ist den Beteiligten, soweit sie davon betroffen werden, zur Genehmigung vorzulesen oder zur eigenen Durchsicht vorzulegen. Die erfolgte Genehmigung ist zu vermerken und die Niederschrift von den Beteiligten entweder zu unterschreiben oder darin anzugeben, weshalb die Unterschrift unterblieben ist.

§ 19.

(1) Bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen

Zu § 16:1) Daneben besteht die AuskunftspflichtBO. v. 13. Juli 23 RGBl. I S. 723). Zu statistischen Zwecken dürfen Auskünfte nicht erfordert werden. Die Verweigerung der Auskunft ist nur nach § 19 Abs. 2 zulässig, über Gegen­ stand der Auskunftspflicht siehe auch § 21. 2) Diese Rechtshilfebestimmungen sind weitergehend als die nach § 5 des Ges. v. 29. Oktbr. 36 (RGBl. I S. 927). 3) Zuständig sind die Amtsgerichte. Zu § 17:1) Also nicht bei Erteilung der Verwarnung nach § 8 Abs. 6, wohl aber im Falle der Unterwerfung nach § 33. AM. Schütz a. a. O. Anm. 63. 2) Vgl. § 17 DPBG. unter EI6.

838

BV. Wirtschaftsrecht.

sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung über das Aussageverweigerungsrecht sinngemäß anzuwenden. *) (2) Auf die Erteilung und Einholung von Auskünften finden die gleichen Vorschriften sinngemäß Anwendung. (3) Eidliche Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen können durch die zuständigen Amtsgerichte nach den für sie gültigen Strasverfahrensvorschriften vorgenommen werden.') § 20. (1) Jeder Zeuge hat nach den für die vernehmende Be­ hörde^ geltenden Vorschriften Anspruch auf eine Entschädigung für notwendige Auslagen und Zeitversäumnisse aus der Staatskasse. (2) Sachverständigen kann neben dem Ersatz der notwendigen Auslagen eine angemessene Vergütung gewährt werden. § 21. (1) Wer Auskunft zu erteilen hat, ist verpflichtet, der ersuchenden Behörde auf Verlangen diejenigen Gegenstände, insbe­ sondere Urkunden und Schriftstücke einschließlich der einschlägigen Stellen seiner Geschäftsbücher zur Einsicht oder Nachprüfung vorzu­ legen/) die sich auf bestimmt zu bezeichnende Vorgänge beziehen. Unter den gleichen Voraussetzungen hat er Einsicht in Räume und ver­ schlossene Behältnisse zu gewähren, die er dem Zuwiderhandelnden überlassen hat. § 19 Abs. 1 und 2 finden keine Anwendung.') (2) In dringenden Fällen kann die Vorlegung unmittelbar er­ zwungen werden.')

§ 22. (1) Verweigern Zeugen, Sachverständige oder private Aus­ kunftspersonen vor den mit der Preisüberwachung beauftragten Be­ hörden ohne einen nach § 19 Abs. 1 oder 2 zulässigen Grund ihr Zeugnis, das Gutachten oder die verlangte Auskunft oder verweigern sie die im § 21 geregelte Vorlegung oder leisten sie der nach § 24 Abs. 2 Satz 1 zugestellten Ladung nicht Folge, so können der Reichskommissar für die Preisbildung oder die Preisüberwachungsstellen^) und im Be­ schwerdeverfahren die Beschwerdebehörden gegen sie Ordnungsstrafen Zu § 19: 1) §§ 52ff., 76 StPO. §§ 120, 151 ff. OStPO. 2) §§ 59ff., 79 StPO., 169, 170, 121 OStPO. Zu 8 20: 1) Beim Amtsgericht § 71 StPO. Zu § 21:1) Es kann auch die Vorlegung in den Diensträumen verlangt und erzwungen werden. Die Befugnisse aus § 4 der AuskunftspflichtBO. (Anm. 1 zu § 16) für die Preisüberwachungsstellen (nicht für die unteren Verwaltungsstellen) be­ stehen weiter. 2) Damit ist jegliches Weigerungsrecht ausgeschlossen. 3) Gegebenenfalls durch Polizei § 16. Neben der Erzwingung ist Ordnungsstrafe möglich § 22. Zu 8 22: 1) Die unteren Verwaltungsstellen (3 31) haben dieses Be­ strafungsrecht nicht.

B V. 10 Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften §§ 23—25.

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bis zu 100000 Reichsmark festsetzen. Zugleich können ihnen die durch ihre Weigerung oder ihr Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden. (2) Beim Ausbleiben eines Zeugen oder Sachverständigen kann die Vorführung durch die zuständige Polizeibehörde angeordnet wer­ den. Die Polizeibehörde hat dem Ersuchen stattzugeben. (3) Diese Maßnahmen sind mit der Beschwerde anfechtbar; die Vor­ schriften der §§ 28 bis 31 und 32 Abs. 2 sind entsprechend anzuwenden. (4) Entschuldigt ein ausgebliebener Zeuge oder Sachverständiger sich nachträglich genügend, so sind die getroffenen Maßnahmen wieder aufzuheben. Die Einziehung der festgesetzten Ordnungsstrafen und Kosten erfolgt nach § 34 Abs. 1 und 3.

§ 23. (1) Der Sachverständige hat über das, was ihm durch seine Tätigkeit bekannt wird, Verschwiegenheit zu bewahren. Insbesondere ist ihm die unbefugte Verwertung von Betriebs- und Geschäfts­ geheimnissen untersagt. Er ist hierauf besonders zu verpflichten. (2) Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft. (3) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Verletzten oder der im § 5 bezeichneten Behörden ein. (4) Die Abs. 2 und 3 finden keine Anwendung, sofern nach anderen Vorschriften*) eine höhere Strafe verwirkt ist. Zustellung, Fristen. § 24. (1) Strafbescheide*) sind den Betroffenen zuzustellen. (2) Auf das Verfahren bei der Zustellung finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über Zustellungen von Amts wegen mit Aus­ nahme der §§ 189, 203 bis 207, 210a und 212a entsprechende Anwen­ dung. 2) Ist die Zustellung in der vorgeschriebenen Weise nicht aus­ führbar, so gilt sie als erfolgt, wenn der entscheidende Teil des Straf­ bescheides im Deutschen Reichs- und Preußischen.Staatsanzeiger be­ kanntgemacht worden ist und seit dem Erscheinen des Blattes zwei Wochen verflossen sind. (3) Die gebührenpflichtige Verwarnung kann durch eingeschrie­ benen Brief oder Übergabe an den Beschuldigten gegen Empfangs­ bekenntnis zugestellt werden.

§ 25. (1) Für die Berechnung der Fristen finden §§ 42 und 43 Zu § 23: 1) §§ 353b und c StGB. Zu § 24: 1) Hierunter fällt auch der Strafbescheid aus § 22 Abs. 1. 2) In der Ostmark gelten die in § 41 Abs. 2d angeführten Bestim­ mungen

840

B V. Wtrtschaftsrecht.

der Strafprozeßordnung und bei Versäumung einer Frist die §§ 44 bis 47 der Strafprozeßordnung entsprechende Anwendung.^ (2) Gegen die Verweigerung der Wiedereinsetzung ist die Be­ schwerde zulässig; die §§ 28 bis 31 und 32 Abs. 2 sind entsprechend an­ zuwenden.

Festsetzung der Strafe. § 26. (1) Die Festsetzung von Ordnungsstrafen und der übrigen in den §§ 8 und 10 vorgesehenen Maßnahmen erfolgt durch den Reichs­ kommissar für die Preisbildung oder die von ihm oder mit seiner Zu­ stimmung hierzu ermächtigten Behörden.^ (2) Das Recht anderer Stellen, wegen Verletzung der im § 1 Abs. 2 bezeichneten Vorschriften und Anordnungen Ordnungsstrafen in Geld zu verhängen oder Maßnahmen nach § 10 anzuordnen, ruht. ?) (3) Örtlich zuständig sind die Behörden, die nach § 6 für den Straf­ antrag zuständig sind. Die gebührenpflichtige Verwarnung kann auch von der Behörde erteilt werden, in deren Bezirk sich der Ort der Zu­ widerhandlung befindet; § 6 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden. (4) Ist die Behörde, in deren Bezirk eine Zuwiderhandlung be­ gangen worden ist, für die Festsetzung der Ordnungsstrafe nicht örtlich zuständig, so hat sie die erforderlichen Ermittlungen zu treffen und ihre Vorgänge der zuständigen Behörde weiterzuleiten; sie kann-in dringenden Fällen für ihren Bezirk auch vorläufige Maßnahmen nach

§ 10 treffen. § 27. Der Strafbescheid über die Ordnungsstrafe oder die Maß­ nahmen nach § 8 Abs. 4 und § 10 sind zu begründen. In der Begrün­ dung sind die strafbare Handlung, die verletzten Vorschriften, die Be­ weismittel und die Rechtsmittel anzugeben. Rechtsmittel.

§ 28. Gegen den Strafbescheid steht den Betroffenen die Be­ schwerde zu. Dies gilt nicht, wenn der Reichskommissar für die Preis­ bildung den Strafbescheid selbst erlassen hat. § 29. (1) Die Beschwerde ist innerhalb einer Woche nach der Zu­ stellung des Strafbescheides bei der Behörde, die den Strafbescheid er­ lassen hat, schriftlich einzureichen oder mündlich zur Niederschrift zu

Zu § 25: 1) In der Ostmark gelten die in § 41 Abs. 2d angeführten Paragraphen. Zu § 26: 1) Siehe Anm. 2 zu § 5. 2) Damit ruhen die Ordnungsstrafbefugnisse der Zusammenschlüsse des Reichsnährstandes und der deutschen Forst- und Holzwirtschaft. Schütz a. a. O., Anm. 80. Allerdings verliert § 26 Abs. 2 durch § 39 seine Bedeutung.

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen PreiSvorschriften §§ 30—34.

841

erklären. Durch die Einlegung bei der Beschwerdebehörde*) wird die Frist gewahrt. (2) Erachtet die Behörde, deren Bescheid angefochten worden ist, die Beschwerde für begründet, so hat sie ihr abzuhelfen;2) andernfalls hat sie [bie] Beschwerde an die Beschwerdebehörde weiterzuleiten. § 30. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung; die Be­ schwerdebehörde kann jedoch anordnen, daß die Vollstreckung des an­ gefochtenen Bescheides auszusetzen ist.

§ 31. (1) Über die Beschwerde entscheidet, wenn sie gegen den Strafbescheid der unteren Verwaltungsbehörde2) gerichtet ist, die Preisüberwachungsstelle, in den übrigen Fällen die Preisbildungs­ stelle. In Berlin entscheidet statt des Stadtpräsidenten der Polizei­ präsident persönlich oder sein allgemeiner Vertreter oder eine vom Polizeipräsidenten einzurichtende Beschwerdestelle. (2) Der Reichskommissar für die Preisbildung kann durch Ver­ waltungsanweisung für bestimmte Gebiete die Entscheidung über die Beschwerde qn sich ziehen. § 32. (1) Der Strafbescheid kann im Beschwerdeverfahren auch zum Nachteil des Betroffenen geändert werdend) (2) Die Entscheidung der Beschwerdebehörde ist endgültig. (3) § 27 findet entsprechende Anwendung. Unter werfungsv erfahren. § 33. Räumt der Beschuldigte die Zuwiderhandlung ein, so kann er sich in einer die wesentlichen Tatumstände und verletzten Vor­ schriften enthaltenden Niederschrift einer zugleich festzusetzenden Ord­ nungsstrafe unterwerfend) Die Unterwerfung steht der rechtskräftigen Festsetzung einer Ordnungsstrafe gleicht).

Vollstreckung.

§ 34. (1) Die Vollstreckung des Strafbescheides erfolgt mit Aus­ nahme der im § 10 vorgesehenen Maßnahmen nach den landesrecht­ lichen Vorschriften im Berwaltungszwangsverfahren. Zu 8 29: 1) Siehe § 31. . 2) D. h. die Preisbeh. kann ihren Bescheid zurücknehmen oder nochmals in die Ermittelungen eintteten. Zu § 31: 1) Polizeiverwalter, Bürgermeister, Landräte. Zu § 32: 1) Die damit ausgesprochene Schlechterstellung (reformatio in peins) entspricht dem 8 331 StPO. 8 32 gilt auch fürdie Ostmark. Zu § 33: 1) § 445 RAbgO. (B VI1 1), 8 89 DevGes. (B V 5). 2) Daneben können noch Maßnahmen nach 8 10 getroffen werden. Zu § 34:1) Preußen: BO. v. 15. Novbr. 99 (GS. S. 545) i. Fassung

842

B V. MrtschastSrecht.

(2) Die Maßnahmen nach § 10 hat die Behörde durchzuführen, welche die Maßnahmen im ersten Rechtszuge angeordnet hat. Diese Behörde ist auch zuständig für die Bewilligung von Zahlungsfristen und für die Erteilung der Erlaubnis, die Ordnungsstrafe in Teilbetrügen abzutragen. Teilzahlungen werden zunächst auf die Strafe angerechnet.

(3) In den Nachlaß kann nur vollstreckt werden, wenn der Straf­ bescheid bei Lebzeitey des Bestraften rechtskräftig geworden ist.

§ 35. (1) Sind Warenvorräte der durch Anordnungen nach § 10 betroffenen Betriebe während der Dauer der Schließung des Betriebes dem Verderb oder einer wesentlichen Wertminderung ausgesetzt, so kann die für die Anordnungen nach § 10 zuständige Behörde die für die rechtzeitige Verwertung der Vorräte notwendigen Maßnahmen treffen. Die Durchführung der Maßnahmen geschieht auf Rechnung und Ge­ fahr des Betriebsinhabers. (2) Streitigkeiten über die Notwendigkeit oder die Art der Maß­ nahmen entscheidet unter Ausschluß des Rechtsweges die Behörde, die nach § 31 über Beschwerden gegen die Anordnungen zu entscheiden hat. Hat der Reichskommissar für die Preisbildung die Maßnahmen getroffen, so entscheidet er selbst. Diese Entscheidungen sind endgültig.

Kosten des Verfahrens.

§ 36. Die Kosten des Ordnungsstrafverfahrens sind dem Bestraften aufzuerlegen. Mehrere wegen derselben Zuwiderhandlung Bestrafte haften für die Auslagen als Gesamtschuldner; dies gilt nicht für die durch die Vollstreckung entstandenen Auslagen.

§ 37. (1) Die Gebühr für den Erlaß jedes Strafbescheides beträgt 6 vom Hundert des Bettages der auferlegten Geldstrafe und des Wertes der sonstigen Maßnahmen, mindestens aber eine und höchstens zehntausend Reichsmark. Für eine erfolglose Beschwerde gegen den Sttafbescheid wird dieselbe Gebühr erhoben; sie kann jedoch ermäßigt werden, wenn die Beschwerde teilweisen Erfolg hatte. Der Wert der sonstigen Maßnahmen wird nach freiem Ermessen bestimmt. (2) An Auslagen werden erhoben: 1. Telegraphische Gebühren und im Fernverkehr zu enttichtende Fernsprechgebühren, 2. Kosten von Zustellungen und öffentlichen Bekanntmachungen, 3. Entschädigungen, die an Zeugen und Sachverständige gezahlt sind,

des § 4 des Ges. v. 12. Juli 33 (GS. S. 252) und der BO. v. 11. Dezbr. 84 (GS. S. 459), Ostmark: Berwaltungsvollstreckungsges. (BGB. Nr. 276/1925).

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften § 38.

843

4. Reisekosten der Beamten bei Geschäften außerhalb des Dienst­ sitzes, 5. Auslagen anderer Behörden, 6. Kosten der Erhaltung beschlagnahmter Sachen und der Beförde­ rung von Personen oder Sachen, 7. Haftkosten. (3) Die Vollstreckungskosten werden nach den landesgesetzlichen Vorschriften erhoben. (4) Für gebührenpflichtige Verwarnungen beträgt die Gebühr eine Reichsmark. Die Festsetzung erfolgt zugleich mit der Erteilung der Verwarnung und ist nicht anfechtbar. Auslagen werden nicht

erhoben.

Schlußvorschriften. § 38. (1) Die Verordnung tritt am 1. Juli 1939 in Kraft. (2) Zugleich treten die Straf- und Strafverfahrensvorschriften außer Kraft, die der Reichskommissar für die Preisbildung oder die von ihm mit der Preisbildung beauftragten Stellen früher erlassen haben oder die in den im § 1 Abs. 2 erwähnten Vorschriften und An­ ordnungen enthalten oder im Zusammenhang damit erlassen worden sind. Dies gilt nicht für die Straf- und Strafverfahrensvorschriften, die vom Reichskommissar für die Preisbildung zugleich mit. anderen Obersten Reichsbehörden, vom Reichsnährstand, dessen Zusammen­ schlüssen oder von dem Reichsminister für Ernährung und Landwirt­ schaft für Verstöße gegen Vorschriften des Reichsnährstandes und seiner Zusammenschlüsse oder von dem Reichsforstmeister auf Grund des Gesetzes über die Marktordnung auf dem Gebiete der Forst- und Holzwirtschaft vom 16. Oktober 1935 (RGBl. I S. 1239) oder von der Marktvereinigung der deutschen Forst- und Holzwirtschaft erlassen worden sind; diese Straf- und Strafverfahrensvorschriften finden

jedoch, soweit die Vorschriften dieser Verordnung gelten, bis auf weiteres keine Anwendung. (3) Insbesondere treten hiernach außer Kraft: §§ 13 bis 18 der Verordnung über Preisüberwachung vom 11. De­ zember 1934 (RGBl. I S. 1245 — Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 291), § 4 Abs. 2 und § 6 der Verordnung über Preise für unedle Metalle vom 31. Juli 1934 (RGBl. I S. 766), §§ 4 und 5 der Verordnung über das Verbot von Preiserhöhungen vom 26. November 1936 (RGBl. I S. 955), § 5 der Verordnung über Preisbindungen und gegen Verteuerung der Bedarfsdeckung vom 12. November 1934 in der Fassung vom

844

B V. MrtschastSrecht.

11. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1110,1248 — Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 266/291), § 5 der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über Preisbindungen und gegen Verteuerung der Bedarfsdeckung vom 29. März 1935 (RGBl. I S. 488), § 6 der Verordnung über Meldepflicht, Mengen- und Gewichtsangabe bei Markenwaren vom 29. Februar 1932 in der Fassung der Verordnungen borit 1. Juli 1932 und 28. September 1932 (RGBl. I S. 120, 347, 492), die Verordnung über Ordnungsstrafen bei Zuwiderhandlungen gegen Preisschildervorschriften und Preisfestsetzungen vom 8. Ja­ nuar 1935 (RGBl. I S. 10), die Verordnung über Ordnungsstrafen bei Überschreitungen von Preisfestsetzungen für Lebensmittel vom 4. September 1935 (RGBl. I S. 1136), § 2 der Verordnung zur Förderung selbständiger Kostenberechnungen in der Wirtschaft vom 15. November 1934 (RGBl. I S. 1186 — Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 270), die Zweite Verordnung über Ordnungsstrafen bei Überschreitungen von Preisfestsetzungen für Lebensmittel vom 5. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1418), die Neunte Verordnung über Ordnungsstrafen bei Überschreitungen von Preisfestsetzungen für Lebensmittel vom 24. März 1939 (RGBl. I S. 582), die Verordnung über Ordnungsstrafen bei Über- und Unterschrei­ tungen der Preisfestsetzungen auf dem Gebiete der Forst- und Holzwirtschaft vom 4. Mai 1936 (RGBl. I S. 435), § 3 der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über Preis­ schilder und Preisverzeichnisse vom 20. Juli 1936 (RGBl. I S. 629), § 4 der Verordnung über Preisverzeichnisse und Preisschilder im Kleinhandel mit Wild, Wildgeflügel und Geflügel vom 25. November 1936 (RGBl. I S. 1007), § 22 des Spinnstoffgesetzes vom 6. Dezember 1935(RGBl. I S. 1411), § 2 der Verordnung über Werbebeschränkungen vom 19. Juni 1935 (Deutscher Reichsanz, u. Preuß. Staatsanz. Nr. 141), während im § 1 die Worte „von der örtlichen zuständigen Preisüber­ wachungsstelle mit einer Ordnungsstrafe bis zu 1000 Reichs­ mark für jeden Fall der Zuwiderhandlung" fortfallen, § 4 der Verordnung gegen Preissteigerungen aus Anlaß der Er­ höhung von Eisenbahngütertarifen vom 20. Januar 1936 (Deut­ scher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 18),

B V 10. Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften § 39.

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§ 4 der Verordnung gegen Preissteigerungen aus Anlaß der Einschränkung des Eisenbahnverkehrs mit Ostpreußen vom 6. Fe­ bruar 1936 (RGBl. I S. 61), § 3 der Verordnung über den Handel mit Bienenhonig vom 22. Ok­ tober 1935 (RGBl. I S. 1253), § 2 der Verordnung über den Handel mit Kunsthonig vom 4. Januar 1935 (RGBl. I S. 9), § 4 der Verordnung zur Vereinfachung und Verbilligung des Waren­ verkehrs im Handel mit Ölen und Fetten vom 1. Juni 1935

(RGBl. I S. 722), § 2 der Verordnung über den Verkauf von Brennstoffen vom 14. November 1934 (RGBl. I S. 1185).

§ 39. Unberührt von den Vorschriften dieser Verordnung Meißen:1) die Verordnung über Wettbewerb vom 21. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1280 — Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 299), die Verordnung über äußere Kennzeichnung von Lebensmitteln vom 8. Mai 1935 in der Fassung der Verordnung vom 16. April 1937 (RGBl. I 1935 S. 590, 1937 S. 456), die Verordnung über einen Marktschutz für die österreichische Wirt­ schaft vom 27. September 1938 (RGBl. I S. 1203), die vom Reichskommissar für das Kreditwesen auf Grund des § 38 des Reichsgesetzes über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1203) erlassenen Vorschriften, die Vorschriften und Anordnungen, die nur für die Mitglieder be­ stimmter öffentlich-rechtlicher Körperschaften, Organisationen oder Zusammenschlüsse verbindlich oder für deren Beachtung nur diese verantwortlich sind, sofern die Vorschriften oder Anord­ nungen .nicht von den im § 1 Abs. 1 bezeichneten Stellen, dem Reichskommissar für Preisüberwachung, einer Obersten Reichs­ behörde, vom Reichsnährstand oder dessen Zusammenschlüssen, vom Reichsforstmeister oder den Marktverbänden der deutschen Forst- und Holzwirtschaft erlassen worden sind, die Anordnung des Reichskommissars für Preisüberwachung vom 21. Mai 1935 in der Fassung der Dritten Anordnung des Reichs­ wirtschaftsministers, betreffend Marktregelung für das graphische Gewerbe vom 17. Juli 1936 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 167).

Zu § 39:1) Diese Vorschriften, auf welche die BO. keine Anwendung findet, sind nur für einen fest umrissenen, organisierten Personenkreis ver­ bindlich und dienen überwiegend dem Schutze dieses Personenkreises gegen Preisunterbietungen (Wettbewerbsregelungen).

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B V. WirtschaftSrecht.

die Anordnung zur Organisationsvereinfachung im graphischen Ge­ werbe vom 17. Dezember 1938 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 295), die Fünfte Anordnung einer Marktregelung für das graphische Ge­ werbe vom 29. Dezember 1937 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß. Staatsanz. Nr. 301) in der Fassung der Sechsten Anordnung einer Marktregelung für das graphische Gewerbe vom 17. Sep­ tember 1938 (Deutscher Reichsanz. u. Preuß.Staatsanz. Nr. 220) und der Anordnung zur Organisationsvereinfachung im graphischen Ge­ werbe vom 17. Dezember 1938 sowie die Vorschriften, die auf Grund dieser Anordnungen ergehen, die Bekanntmachungen des auf Grund des Gesetzes über Wirt­ schaftswerbung vom 12. September 1933 (RGBl. I S. 625) errichteten Werberats der deutschen Wirtschaft, die Festsetzung von Entgelten auf Grund der Verordnungen zur Durchführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Notlage der Binnenschiffahrt vom 16. Juni 1933 (RGBl. II S. 317). § 40. Anhängige Beschwerdeverfahren werden nach den bis­ herigen Vorschriften durchgeführt. Im übrigen gelten vom Inkraft­ treten dieser Verordnung an nur die darin vorgesehenen Verfahrens­ vorschriften. § 41. (1) Soweit Vorschriften dieser Verordnung in der Ostmark oder in den sudetendeutschen Gebieten nicht unmittelbar angewandt werden können, sind sie sinngemäß anzuwenden. *) (2) Für die Ostmark gilt außerdem folgendes: a) Stellt die zuständige Behörde einen nach dieser Verordnung zu­ lässigen Strafantrag, so verfolgt der öffentliche Ankläger die Zuwiderhandlung. Auf die Stellung des Strafantrages und dessen Zurücknahme sind die §§ 61 bis 64 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich und § 158 der deutschen Strafprozeß­ ordnung anzuwenden. b) Gegen den Beschluß über die Einziehung (§ 3Abs. 2) kann binnen drei Tagen Beschwerde bei dem Oberlandesgericht eingelegt werden. c) Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 finden in der Ostmark auch dann entsprechende Anwendung, wenn die nach § 8 strafbare Hand­ lung zugleich den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung bildet. Zu 8 41: 1) Auch in den an Preußen und Bayern gefallenen Teilen der sudetendeutschen Gebiete gilt das gesamte Reichsrecht. § 5 des Ges. v. 25. Mär- 39 (RGBl. I S. 745).

B VI 1. Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit § 22.

847

d) Es sind anzuwenden an Stelle der im § 24 genannten Vor­ schriften der Zivilprozeßordnung die §§ 21 bis 28, 30 und 31 des Allgemeinen Berwaltungsverfahrensgesetzes (BGBl. Nr. 274/1925) und an Stelle der im § 25 genannten §§ 42 bis 47 der Strafprozeßordnung die §§ 32, 33, 71 und 72 des Allgemeinen Berwaltungsverfahrensgesetzes. (3)-) § 42. Der Reichskommissar für die Preisbildung erläßt im Ein­ vernehmen mit den beteiligten Reichsministern die zur Durchführung oder Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

vi. Arbeits- und SoMrecht. B V11. Gesetz M Ordnung der nationalen Arbeit. Vom 20. Januar 1934. (BGBl. I S. 45.)

(Auszug.)

§ 22. Strafen. Wer schriftlichen allgemeinen Anordnungen des Treuhänders der Arbeit, die dieser in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erläßt*), wiederholt vorsätzlich zuwiderhandelt,2) wird mit Geldstrafe bestraft; in besonders schweren Fällen kann an die Stelle der Geldstrafe oder neben sie Gefängnisstrafe treten?) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Treuhänders der Arbeit rin.42) 3 Die Verfolgung der mit öffentlicher Strafe bedrohten Handlung als Verletzung der sozialen Ehre wird durch die Verurteilung zu öffent­ licher Strafe nicht ausgeschlossen. 2) Siehe Anm. 1 zu § 7. 1) Z. B. Tarifordnungen. 2) Z. B. durch Unterschreiten der tariflichen Lohnsätze oder falsche Tarif­ einstufung durch Nichtberücksichtigung vorgeschriebener Arbeitsmerkmale. Nur wiederholte vorsätzliche Zuwiderhandlung macht strafrechtlich verantworllich, OLG. Düsseldorf DRechtspfl. 1936 S. 458. Wiederholte Zuwider­ handlung z. B. schon anzunehmen, wenn Betriebsführer einem größeren Tell der Gefolgschaft den zustehenden Urlaub versagt. Der Begriff der fortgesetzten Handlung ist dabei für die Beurteilung der Wiederholung unerheblich, OLG. Darmstadt HRR. 1935 Nr. 1573; OLG. München, JFGErg. 1938 S. 230. 3) Die Möglichkeit einer ehrengerichllichen Bestrafung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 3 bleibt durch Bestrafung nach § 22 unberührt. 4) Hierzu vgl. AB. d. RIM. v. 15. Juni 36 (DJust. S. 914).

B VI 1. Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit § 22.

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d) Es sind anzuwenden an Stelle der im § 24 genannten Vor­ schriften der Zivilprozeßordnung die §§ 21 bis 28, 30 und 31 des Allgemeinen Berwaltungsverfahrensgesetzes (BGBl. Nr. 274/1925) und an Stelle der im § 25 genannten §§ 42 bis 47 der Strafprozeßordnung die §§ 32, 33, 71 und 72 des Allgemeinen Berwaltungsverfahrensgesetzes. (3)-) § 42. Der Reichskommissar für die Preisbildung erläßt im Ein­ vernehmen mit den beteiligten Reichsministern die zur Durchführung oder Ergänzung dieser Verordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

vi. Arbeits- und SoMrecht. B V11. Gesetz M Ordnung der nationalen Arbeit. Vom 20. Januar 1934. (BGBl. I S. 45.)

(Auszug.)

§ 22. Strafen. Wer schriftlichen allgemeinen Anordnungen des Treuhänders der Arbeit, die dieser in Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erläßt*), wiederholt vorsätzlich zuwiderhandelt,2) wird mit Geldstrafe bestraft; in besonders schweren Fällen kann an die Stelle der Geldstrafe oder neben sie Gefängnisstrafe treten?) Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag des Treuhänders der Arbeit rin.42) 3 Die Verfolgung der mit öffentlicher Strafe bedrohten Handlung als Verletzung der sozialen Ehre wird durch die Verurteilung zu öffent­ licher Strafe nicht ausgeschlossen. 2) Siehe Anm. 1 zu § 7. 1) Z. B. Tarifordnungen. 2) Z. B. durch Unterschreiten der tariflichen Lohnsätze oder falsche Tarif­ einstufung durch Nichtberücksichtigung vorgeschriebener Arbeitsmerkmale. Nur wiederholte vorsätzliche Zuwiderhandlung macht strafrechtlich verantworllich, OLG. Düsseldorf DRechtspfl. 1936 S. 458. Wiederholte Zuwider­ handlung z. B. schon anzunehmen, wenn Betriebsführer einem größeren Tell der Gefolgschaft den zustehenden Urlaub versagt. Der Begriff der fortgesetzten Handlung ist dabei für die Beurteilung der Wiederholung unerheblich, OLG. Darmstadt HRR. 1935 Nr. 1573; OLG. München, JFGErg. 1938 S. 230. 3) Die Möglichkeit einer ehrengerichllichen Bestrafung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 3 bleibt durch Bestrafung nach § 22 unberührt. 4) Hierzu vgl. AB. d. RIM. v. 15. Juni 36 (DJust. S. 914).

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B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

B VI 2. Reichsverftcherungsordnung. In d. F. vom 15. Dezember 1924.

. (RGBl. I S. 779.) (Auszug.)

§ 533. Arbeitgeber*) werden mit Gefängnis bestraft3), wenn sie Beitragsteile, die sie den Beschäftigten einbehalten3) oder von ihnen erhalten3) haben, der berechtigten Kasse vorsätzlich3) vorenthalten3). 1) Als Arbeitgeber ist anzusehen, wem das Verfügungsrecht über die Ar­ beitskraft der Arbeiter zusteht und auf dessen Rechnung der Arbeitslohn gezahlt wird. Hierzu gehört nicht der Treuhänder. Hamburg HRR. 1931 Nr. 815. E. 26 S. 120. E. 41 S. 406. E. 42 S. 5. 2) Fortsetzungszusammenhang mit § 1492 kann bestehen. E. 65 S. 301. Tateinheit mit § 1492 ist nach Königsberg JurW. 59 S. 3653 ausgeschlossen. Siehe auch § 73 Anm. 97 Abs. 2 a. E. A. M. Dresden DRZ. 24 Nr. 777 (auch mit § 270 ABG.) u. JurW. 61 S. 3465. 3) Einbehalten bedeutet Abzug vom Lohn, Kürzung der Lohnbeträge. E. 39 S. 333. Die zur Zeit der Fälligkeit nur zum Teil entrichteten Löhne sind gekürzte Löhne. KG. DRZ. 23 Nr. 225. E. 65 S. 398. Gutschreibung des Nettolohns ist keine Lohnzahlung. Dresden DRZ. 23 Nr. 64. Trinkgelder sind kein Lohn. E. 36 S. 30. Einbehaltung liegt auch dann vor, wenn aus­ drücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist, daß der Arbeitgeber mit eigenen Mitteln auch die Arbeitnehmerbeitragsanteile zu tragen hat. JurW. 58 S. 1472. Frankfurt JurW. 61 S. 1260. Kein Einbehalten, wenn die Mittel des Arbeitgebers so erschöpft sind, daß er aus ihnen den Lohnforderungen der Arbeiter nur in einem Maße Genüge leisten kann, das den Lebensbedarf nicht übersteigt. RG. HRR. 1932 Nr. 1016. BayObLG. LZ. 27 S. 53. A. M. Darmstadt, JurW. 1934 S. 624. Beachtlicher Irrtum liegt vor, wenn der Arbeitgeber nicht erkennt, daß er trotz Auszahlung des vollen Barlohns noch Beitragsteile von dem Arbeitnehmer einbehält. JurW. 61 S. 1255, anders KG. GA. 76 333. 4) Das ist nur der Fall, wenn der Beschäftigte (Hausangestellte, Kellner) Sachbezüge (Kost, freie Wohnung) erhält. 5) Vorsätzlich handelt der Arbeitgeber nicht nur, wenn er schon beim Ein­ halten der Beitragsteile voraussah oder auf die erkannte Gefahr hin handelte, daß er zur rechtzeittgen Entrichtung der einbehaltenen Beträge an die Kranken­ kasse nicht in der Lage sein werde. Es genügt vielmehr auch die Betätigung eines erst nach der Einbehaltung entstandenen Vorsatzes; z. B. wenn der Arbeit­ geber die einbehaltenen Beträge ohne sofortige Ersatzmöglichkett zur Tilgung anderer Zahlungsverpflichtungen verwendet, die hinter der Ablieferung der ihm zu treuen Händen überlasienen Lohnanteile zurückstehen müssen. RG. JurW. 1936©.515; oder wenn er sich der Pflicht der Abführung der fälligen Beitrags­ anteile bewußt ist und die Zahlung trotzdem schuldhaft d. h. ohne einen das Ver­ schulden ausschließenden Grund (unerwarteter Antrag auf Zwangsverwaltung) unterläßt. JurW. 1929 S. 1472. Dagegen fehlt der Vorsatz, wenn unvorher­ gesehene Umstände (Ausbleiben sicher erwarteter Eingänge) dem Beitragsab­ führungswillen entgegenstehen. E. 28 S. 254. 6) Borenthalten bedeutet seinem Wesen nach nichts anderes als das Unter­ lassen der Abführung der Leistung an die Kasse, die Nichterfüllung der Zahlungs-

B VI 2. Reichsverstcherungsordnung §§ 1492—1496.

849

Daneben kann auf Geldstrafe und auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe er­ kannt werden. § 1492. Arbeitgeber*) werden mit Gefängnis bestraft, wenn sie vorsätzlich Beitragsteile, die sie den Beschäftigten vom Lohn ab­ gezogen 3) oder von ihnen erhalten haben, nicht für die Versicherung verwenden. Daneben kann auf Geldstrafe und Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden. Bei mildernden Umständen kann ausschließlich auf Geldstrafe er­ kannt werden. § 1495. Wer Quittungskarten mit unzulässigen Eintragungen oder mit besonderen Merkmalen versieht, kann vom Bersicherungsamt (Rentenausschusse VfA.) mit Ordnungsstrafe in Geld bestraft werden. Mit der gleichen Strafe kann bestraft werden, wer in Quittungs­ karten den Vordruck fälschlich ausfüllt oder die zur Ausfüllung des Vordrucks eingetragenen Worte oder Zahlen verfälscht oder wissent­ lich eine solche Karte gebraucht. Wer die Eintragungen, Merkmale oder Fälschungen in der Ab­ sicht macht, den Inhaber Arbeitgebern gegenüber kenntlich zu machen,wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Bei mildernden Umständen kann statt der Gefängnisstrafe auf Haft erkannt werden. Eine Verfolgung wegen Urkundenfälschung (§§ 267, 268 StGB.) tritt nur gegen Personen ein, welche die Fälschung in der Absicht be­ gangen haben, sich oder anderen einen Bermögensvorteil zu ver­ schaffen oder anderen einen Schaden zuzufügen. § 1496. Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, neben dem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, wird bestraft, wer Marken fälschlich anfertigt, oder verfälscht um sie als echte zu verwenden, oder wer zu demselben Zwecke falsche Marken sich verschafft,, verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt^). pflicht. E. 50 S. 133. Um dieser Pflicht nachzukommen, darf der Arbeitgeber von seinen Barmitteln den Arbeitnehmern nur so viel auszahlen, daß der dem bezahlten Lohne entsprechende Kastenbeitrag in seinen Händen bleibt. E. 30

S. 161. E. 40 S. 235. RG. in JurW. 1934 S. 2692. § 366 BGB. findet bei der Lohnsteuer Anwendung. Hamburg LZ. 26 S. 910; sonst ohne Be­ deutung. KG. GA. 74 S. 53. 7) Es ist nicht erforderlich, daß., die Marken dem Publikum zugänglich gemacht sind, sondern es genügt jedes Überlasten an einen andern zu einer ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechenden Benutzung. DIZ. 18 S. 1444. GA. 60 S. 444.

Dalcke, Strafrecht. 32. Aust.

54

860

B VI. ArbeitS- und Sozialrecht. § 14-7.

Mit der gleichen Strafe (§ 1496) wird bestraft, wer

wissentlich') bereits verwendete Marken wieder verwendet oder zur Wiederverwendung sich verschafft'), feilhält oder in Verkehr bringt. Bei mildernden Umständen darf auf Geldstrafe oder Haft erkannt werden. § 1498. In den Fällen der §§ 1496, 1497 ist zugleich auf Ein­ ziehung der Marken zu erkennen, auch wenn sie dem Verurteilten nicht gehören. Das muß auch geschehen, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann.

B VI 3. KeichgKnappschaftsgeseh. I. d. F. vom 1. Juli 1926. (RGBl. I S. 869.) (Auszug.)

§ 233. (1) Die Vorschriften bet §§.... der Reichsversicherungs­ ordnung (unter B VI2) gelten entsprechend. (2) Außerdem gelten entsprechend die Vorschriften der §§ 529 bis 536 der Reichsversicherungsordnung . . . für die Krankenversicherung §§ 1487 bis 1490, 1492 bis 1494 der Reichsversicherungsord­ nung für die Pensionsversicherung und für die Invalidenver­ sicherung.

B VI4. Angestelltenverficherungsgeseh. I. d. F. vom 28. Mai 1924. (RGBl. I S. 563.) (Auszug.)

§ 338. (Entspricht wörtlich dem § 1492 RVO.; unter B VI2.) § 344. (Betr. Eintragungen und Fälschungen in Versicherungs­ karten; entspricht im übrigen wörtlich dem § 1495 Abs. 3, 4 RVO.) §§ 360—352. (Entsprechen wörtlich den §§ 1496—1498 RVO.) 8) ES genügt das Bewußtsein der erfolgten Verwendung. Breslau JurW. 1929 S. 1071. 9) Sichverschaffen und das Wiederverwenden steht in Tatmehrheit, doch ist Fortsetzungszusammenhang möglich. Zwischen § 1497 und § 848 Abs. 2 StGB, kann Tateinheit bestehen. E 71 S. 205 (unter Aufgabe der früheren Rechtspr. HRR. 1931 Nr. 904).

BVI5. Gesetz üb. Arbeitsloserivermittlg.u. -verstcherg. — B VI6. AZO.

851

B VI 5. Gesetz über Arbeitslo senvermiltlung

und Ärbeitslosenvertzcherung. I. d. F. vom 12. Oktober 1929.

(RGBl. I S. 162.)

(Auszug.)

§ 270. (Entspricht wörtlich dem § 533 RBO., unter B VI 2.)

B VI 6. ArbeitsMor-nung. Bom 30. April 1938 (RGBl. I 1938 S. 447)*).

Ansfiihrungsveror-nnlig zur Ardeitszeitor-nung. **). Vom 12. Dezember 1938 (RGBl. I 1938 S. 1799).

(Auszugs Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften. $ 1. Geltungsbereich. (1) Die Arbeitszeitordnung gilt für Gefolgschaftsmitglieder über achtzehn Jahres in Betrieben und Verwaltungen aller Art,?)auch wenn *) Für die Kriegszeit erging am 1. Septbr. 39 (RGBl. I S. 1683) die BO. z. Abänderung u. Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete des Arbeitsrechts, durch die für männl. Arbeiter u. Angestellte über 18 Jahre bis auf weiteres die AZO., das Ges. über die Arbeitszeit in Bäckereien usw., die BO. über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten u. § 1201. GewO, außer Kraft gesetzt werden. Inzwischen ist aber durch die BO. über den Arbeitsschutz v. 12. Dezbr. 39 (RGBl. I S. 2403) nebst Erl. v. 12. Dezbr. 39 (RArbBl. III S. 380) u. v. 14. Jan. 40 (RArbBl. I S. 41) der Arbeits­ schutz, besonders durch Festlegung von Höchstarbeitszeiten wieder erweitert worden. **) Die AusführungsBO. ist nachstehend in Kursivdruck jeweils hinter den §§ zum Abdruck gekommen, zu denen die Bestimmungen ergangen sind. Die Bestimmungen, die keine bestimmten §§ betreffen, sind am Schluß der AZB. abgedruckt.

1) Das Arbeitszeitrecht ist jetzt im wesenllichen in der AZO. ge­ regelt. Daneben gelten allerdings zahlreiche besondere Vorschriften für bestimmte Betriebe, bei denen ein erhöhter Arbeitsschutz erforderlich ist, sowie Ausnahmeregelungen nach § 8 und besondere Regelungen durch Tarif­ ordnungen gemäß §§ 7, 9 AZO. Bezüglich der Heimarbeiter s. Abschnitt 3

54*

852

B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

sie nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden. Ausgenommen*2)3sind 4

1. die Landwirtschaft einschließlich des Gartenbaues,') des Weinbaues und der Imkerei, die Forstwirtschaft, die Jagd, die Tierzucht und die land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebe gewerblicher Art, letztere jedoch nur, wenn sie nur für eigenen Bedarf arbeiten, 2. die Fischerei, die Seeschiffahrt und die Luftfahrt, ausschließlich der zugehörigen Land- und Bodenbetriebe. (2) Die Arbeitszeitordnung gilt nicht für

1. Generalbevollmächtigte und die im Handelsregister oder Ge­ nossenschaftsregister eingetragenen Vertreter eines Unternehmens 2. sonstige Angestellte in leitender Stellung, die Vorgesetzte von mindestens zwanzig Gefolgschaftsmitgliedern sind oder deren Jahresarbeitsverdienst die im Versicherungsgesetz für Angestellte für die Versicherungspflicht jeweils bestimmte Höchstgrenze über­ steigt/) des HeimarbeitsGes. vom 30. Okt. 1939 (RGBl. I S. 2146) nebst DurchfVO. v. 30. Okt. 38 (RGBl. I S. 2152). Die Arbeitszeit für Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren ist im Jugendschutzgesetz, abgedr. unter B VI 7, geregelt; vgl. aber AusführungsBO. zu 8 1 Abs. 1. Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestelltenin der AZO. ist in der Regel gefallen. Ausnahmen lediglich nach §§ 13 Abs. 2, 19. 2) Betrieb ist die „organisatorische Zusammenfassung von persönlichen, sachlichen, immateriellen Mitteln zur Erreichung eines technischen Zweckes", so daß Handels-, Industrie- und Handwerksbetriebe, Sanatorien u. dgl., nicht aber mangels technischen Zweckes wissenschafüiche, künstlerische usw. Tätigkeit oder persönliche Leistungen höherer Art, z. B. Arzt, hierunter fallen (Rohmer, Komm. § 1 Anm. 2q; Hueck-Nipperdey-Dietz, Komm. S. 76). Verwaltungen sind neben den Betrieben genannt, da z. B. Ver­ bands- oder Syndikatsleitungen dem Sprachgebrauch nach keine „Betriebe" sind, aber alle solche Berwaltungsorganisationen hierunter fallen sollen. Ausnahmen gibt § 1 Abs. 1 Ziff. 1—2 u. Abs. 2 Ziff. 1—3. Auch auf die öffenllichen Beamten findet die AZO. keine Anwendung (§ 13), ferner nicht auf die Hausangestellten. Letzteres ist nicht ausdrücklich ausge­ sprochen — anders als in § 2 JSchG. —, ergibt sich aber aus der Fassung des § 1, da der Haushalt kein „Betrieb mit technischem Zweck" ist. Ist das Arbeits­ verhältnis teils hauswirtschafllicher, teils gewerblicher Art, so ist maßgebend, welche Beschäftigung überwiegt. 3) Zur Rechtsstellung des Gartenbaues s. AB. d. RIM. vom 27. Febr. 36 (RJust. S. 359), in der ein gemeinschaftl. Rdschr. des RWiM., RArbM., BIM. u. RMfEuL. vom 15. Mai 33 wiedergegeben wird. In dem Rdschr. wird die Eingliederung des Gartenbaus in die Landwirtschaft behandelt und es werden die Betriebe der Landwirtschaft gekennzeichnet. 4) Die Höchstgrenze bestimmt § 3 ABG. (7200 RM.).

B VI6. Arbeitszeltordnung § 1.

3. pharmazeutisch

vorgebildete

853

Gefolgschaftsmitglieder in Apo-

theken.

(3) Für Bäckereien und Konditoreien gilt das Gesetz über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 29. Juni 1936 (RGBl. I S. 521), abgeändert durch das Gesetz über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit der Jugendlichen (Jugendschutzgesetz) vom 30. April 1938 (RGBl. IS. 437).5) Für das Pflegepersonal und die ihm gleichgestellten 5) Auszug auf dem Gesetz: 'Geltungsbereich. § 1. (1) Das Gesetz gilt 1. für gewerbliche Bäckereien und Konditoreien, 2. für Bäckereien und Konditoreien von Konsum- und anderen Ver­ einen, 3. für gewerbliche Betriebe, die neben Bäcker- oder Konditorwaren Zwieback, Keks, Biskuit, Honigkuchen, Lebkuchen oder Waffeln Herstellen, 4. für andere gewerbliche Betriebe, soweit in ihnen Bäcker- oder Kon­ ditorwaren hergestellt werden, insbesondere in Gast-, Schank- und Bahnhofswirtschaften, Speiseanstalten aller Art (z. B. Pensionen, Heilanstalten, Kantinen), Warenhäusern und Mühlen. (2) Für Betriebe, in denen Eisspeisen hergestellt werden, gilt das Gesetz nur insoweit, als die Herstellung in Räumen stattfindet, die gleichzeitig zur Herstellung von anderen Bäcker- oder Konditorwaren dienen. Regelmäßige Arbeitszeit. § 2. Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit der Arbeiter darf aus­ schließlich der Pausen acht Stunden nicht überschreiten. Andere Verteilung der Arbeitszeit. § 3. Abweichend vom § 2 kann der an einzelnen Werktagen eintretende Ausfall von Arbeitsstunden durch Mehrarbeit an den übrigen Werktagen der gleichen oder der folgenden Woche ausgeglichen werden. Reg. der Arbeitszeit durch Tarif O. und behördliche Genehmi­ gung. 8 4. ... Nachtbackverbot. 8 5. (1) In der Nachtzeit von einundzwanzig bis vier Uhr darf an Werktagen in den zur Herstellung von Bäcker- oder Konditorwaren dienenden Räumen niemand arbeiten. (2) Unabhängig von dem Zeitpunkt ihrer Herstellung ist die Abgabe von Bäcker- oder Konditorwaren an die Verbraucher und das Austragen oder Ausfahren zur Belieferung der Verbraucher nur in der Zeit von sechseinhalb bis zweiundzwanzig Uhr, zur Belieferung von offenen Verkaufsstellen von sechseinviertel bis zweiundzwanzig Uhr zulässig. Die Vorschriften über die Abgabe aus offenen Verkaufsstellen werden hierdurch nicht berührt. Sonntagsruhe. 8 6 (1) An Sonn- und Feiertagen darf in den zur Herstellung von Bäcker- oder Konditorwaren dienenden Räumen niemand arbeiten und eine Beschäftigung von Arbeitern in den im § 1 genannten Betrieben auch im übrigen nicht erfolgen.

854

B VI. ArbeitS- und Sozialrecht.

(2) Abweichend vom Abs. 1 dürfen während einer Stunde in der Zeit von vier bis einundzwanzig Uhr Arbeiten vorgenommen werden, die zur Wiederaufnahme des regelmäßigen Betriebes am nächsten Werktag not­ wendig sind. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus besonderen betriebstech­ nischen Gründen eine Überschreitung des Zeitraumes von einer Stunde zulassen. (3) Ist behördlich vorgeschrieben, daß die Arbeitsräume mit einem regelmäßig zu erneuernden Anstrich zu versehen sind, so können die hierzu erforderlichen Arbeiten an Sonn- und Feiertagen vorgenommen werden.

Herstellung von leicht verderblichen Waren an Sonntagen.

§7. (1) An Sonntagen dürfen abweichend vom § 6 Abs. 1 leicht ver­ derbliche Konditorwaren während zweier ununterbrochener Stunden in den für jeden Ort von der zuständigen Behörde festzusetzenden Zeit hergestellt und ausgetragen oder ausgefahren werden. Der Zeitraum für die Herstellung muß zwischen sieben und dreizehn Uhr liegen. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus besonderen betriebstechnischen Gründen für das Austragen oder Ausfahren eine Überschreitung des Zeitraumes von zwei Stunden zulassen. (2) Als Herstellung leicht verderblicher Konditorwaren gilt nur die Zu­ bereitung von Creme-, Obst- und Eisspeisen und von Schlagsahne sowie das Füllen von Backwaren mit diesen Speisen. Die Herstellung von Backwaren durch Backvorgänge irgendwelcher Art ist nicht erlaubt. (3) Die Dauer der Beschäftigung von Arbeitern an Sonntagen mit den im Abs. 1 bezeichneten Arbeiten ist auf die aus den §§ 2 und 4 sich er­ gebende Wochenarbeitszeit anzurechnen. Jedem an einem Sonntag be­ schäftigten Arbeiter ist an einem der nächsten sechs Werktage Freizeit von dreizehn Uhr ab zu gewähren. (4) Der Abs. 1 findet keine Anwendung auf den Ostersonntag und Pfingstsonntag sowie auf den Neujahrstag, den nationalen Feiertag des deutschen Volkes (1. Mai), den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag und das Re­ formationsfest (31. Oktober) im Lande Sachsen, wenn diese Feiertage auf einen Sonntag fallen. Notfälle.

§ 8. . . . Ausnahmen im öffentlichen Interesse.

8 9. ... Ausnahmen in besonderen Fällen. 8 10. ... Strafvorschriften. 815. (1) Mt Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Reichsmark werden alle Personen bestraft, die den Vorschriften dieses Gesetzes, mit Ausnahme des 8 13, oder den auf Grund des Gesetzes erlassenen Anordnungen der zu­ ständigen Behörden zuwider Arbeiten vornehmen oder andere Personen beschäftigen. Soweit nicht nach einer anderen Vorschrift eine schwerere Strafe verwirkt ist, wird ebenso bestraft, wer den zuständigen Aufsichts­ personen den Zutritt zu den Betriebsräumen zu jeder Tages- und Nacht­ zeit nicht unverzüglich gestattet oder die Ausführung der Aufficht anderweittg zu behindern oder zu veretteln versucht. (2) In besonders schweren Fällen ist die (Strafe Gefängnis und Geld­ strafe oder eine dieser Sttafen. (3) Die Vorschriften des 8 151 der Gewerbeordnung über die Ver­ antwortlichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines

B VI6. ArbeitSzeitordnung 8§ 2 u. 3.

865

Gefolgschaftsmitglieder in Zkrankenpflegeanstalten gilt die Verordnung über die Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I S. 66, 154).*)

Zu §1 Abs. 1: Die Arbeitszeitordnung gilt in der Binnenschiffahrt und Flößerei nach der Ausführungsverordnung zum Jugendschulz­ gesetz vom 12. Dezember 1938 (RGBl. I 8. 1777) Nr. 2 auch für Jugendliche. § 2.

Begriff der Arbeitszeit.

(1) Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen?)

(2) Im Steinkohlenbergbau?) gilt als Arbeitszeit die Schichtzeit; sie wird gerechnet vom Beginn der Seilfahrt bei der Einfahrt bis zum

Wiederbeginn bei der Ausfahrt oder vom Eintritt des einzelnen Ge­

folgschaftsmitglieds in das Stollenmundloch bis zu seinem. Wieder­ austritt,.

(3) Arbeitszeit ist auch die Zeit, während der ein im übrigen im

Betriebe Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird. Werden Gefolg­

schaftsmitglieder von mehreren Stellen beschäftigt, so dürfen die ein­ zelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der

Arbeitszeit nicht überschreiten.

Zweiter Abschnitt: Arbeitszeit im allgemeinen. § 8.

Regelmäßige Arbeitszeit.

Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit darf die Dauer von acht

Stunden nicht überschreiten?)

Betriebsteils oder zur Beaufsichtigung bestellten Personen finden entspre­ chende Anwendung. 6) Hier nicht abgedruckt. Zu § 2: 1) Unter Arbeitszeit ist nur die werktägliche Arbeitszeit zu verstehen, f. §3; die Unterscheidung zwischen täglicher Arbeitszeit und Wochen­ arbeitszeit wie im JSchG. wird nicht gemacht. In die Arbeitszeit ist die Zeit der Arbeitsbereitschaft einzurechnen, also die Zeit, in der sich der Beschäftigte zur Verfügung des Arbeitgebers halten muß. Bez. der Anrechnung der Fortbüdungsschulzeit s. § 8 JSchG. Beginn und Ende der Arbeitszeit, die gemäß § 2 AOG. festzusetzen sind, müssen im Betrieb bekanntgemacht werden, § 24 Abs. 1 Ziff. 2. Bez. Mitgabe von Arbeit nach Hause f. § 1 Abs. 3. Ruhepausen sind bestimmte Arbeitsunterbrechungen, s. § 12 Abs. 2, die ebenso wie die Arbeitszeit festgesetzt und bekanntgegeben sein müssen. Freizeiten vor oder nach der Arbeit sind keine Ruhepausen. 2) Abs. 2 entspricht dem § 1 des aufgehobenen Ges. über die Arbeitszeit im Bergbau vom 17. Juli 22 (RGBl. I S. 628). Abs. 2 bezieht sich nur auf den Steinkohlenbergbau unter Tag, Rohm er, Komm. Anm. 2 zu § 2. Zu § 3: 1) über die Arbeitszeit s. Anm. 1 zu § 2. — § 3 legt den Acht-

856

B VI.

ArbeitS- und Sozialrecht.

§ 4. Andere Verteilung der Arbeitszeit. (1) Wird die Arbeitszeit an einzelnen Werktagen regelmäßig ver­ kürzt, so kann die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Werktage der­ selben sowie der vorhergehenden oder der folgenden Woche verteilt werden?) Dieser Ausgleich ist ferner zulässig, soweit die Art des Be­ triebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert; das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, ob diese Voraussetzung vorliegt. (2) Die durch Betriebsfeiern, Volksfeste, öffentliche Veranstal­ tungen oder aus ähnlichem Anlaß an Werktagen ausfallende Arbeits­ zeit kann auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Aus­ falltage einschließenden Wochen verteilt werden. Dasselbe gilt, wenn in Verbindung mit Feiertagen die Arbeitszeit an Werktagen ausfällt, um den Gefolgschaftsmitgliedern eine längere zusammenhängende Freizeit zu gewähren. (3) Die tägliche Arbeitszeit darf bei Anwendung der Vorschriften der Absätze 1 und 2 zehn Stunden täglich nicht überschreiten?) Das Gewerbeaufsichtsamt kann eine Überschreitung dieser Grenze zulassen.

Zu § 4 Abs. 1: Die Entscheidung, ob die Art des Betriebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert, ist nur in Zweifels­ fällen notwendig. Sie kann von Amts wegen oder auf Antrag getroffen werden. Der Bescheid ist dem Unternehmer durch die Post mit Zu­ stellungsurkunde oder durch einen öffentlichen Beamten zuzustellen. Eine besondere Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Entscheidung öffentlich bekanntgemacht wird. Zu § 4 Abs. 3: Auf Grund des § 4 Abs. 3 kann lediglich eine Überschreitung der zehnstündigen Arbeitszeit, nicht dagegen eine vom

§ 4 Abs. 1 und 2 abweichende Regelung, z. B. die Verlängerung des Ausgleichszeitraums, zugelassen werden. Für eine solche Regelung ist gegebenenfalls eine Genehmigung nach § 8 erforderlich; hierbei finden die Vorschriften des § 16 über Mehrarbeitsvergütung Anwendung. Für weibliche Gefolgschaftsmitglieder gelten die weitergehenden Vorstundentag fest. Über andere Verteilung der Arbeitszeit f. § 4; Ausnahmen gestatten §§ 5—11,14. — Bez. des Bergbaus s. BO. vom 2. März 39 (RGBl. I S. 482), in der eine Verlängerung der Schichtzeit zur Erhöhung der Förde­ rung ausgesprochen ist. Zu § 4: 1) Bei ausfallender Arbeitszeit ist in erster Linie an den Ausfall von Arbeitsstunden an Vorabenden von Sonn- und Feiertagen gedacht. Durch Festtag bedingte Ausfälle können nicht ausgeglichen werden. Der Ausgleich war früher (E. 63 S. 266) für einzelne Arbeiter nicht gestattet, sondern nur für Betriebe oder Abteilungen. Diese Beschränkung, die praktischen Bedürfnissen entgegenstand, gilt nach der Fassung des § 4 jetzt nicht mehr (vgl. Rohm er. Komm. Anm. 2 zu § 4). 2) Bez. der Jugendlichen f. § 9 Abs. 3 JSchG., abgedr. unter B VI7.

B VI6. ArbeitSzeitordmmg §§ 5 u. 6.

857

Schriften des § 17 Abs. 3. Anträge auf Genehmigung einer Überschreitung der Zehnstundengrenze sind ebenso wie die Anträge auf Zu­ lassung von Arbeitszeitverlängerungen (§ 8) nach den Vorschriften der Nr. 41 zu behandeln. § 5. Vor- und Abschlußarbeiten. (1) Die für den Betrieb oder eine Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit darf um zwei Stunden täglich, jedoch höchstens bis zu zehn Stunden täglich in folgenden Fällen ausgedehnt werdend)

1. bei Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese Arbeiten während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unter­ brechung oder erhebliche Störung ausführen lassen, 2. bei Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrecht­ erhaltung des vollen Betriebes arbeitstechnisch abhängt.

(2) Beim Zuendebedienen der Kundschaft einschließlich der damit zusammenhängenden notwendigen Aufräumungsarbeiten darf die Arbeitszeit um eine halbe Stunde, jedoch höchstens bis zu zehn Stun­ den täglich verlängert werden?)

(3) Die Arbeitszeit darf in den Fällen des Absatzes 1 über zehn Stunden täglich verlängert werden, wenn eine Vertretung des Ge­ folgschaftsmitgliedes durch andere Gefolgschaftsmitglieder nicht mög­ lich ist und die Heranziehung betriebsfremder Personen dem Betriebs­ führer nicht zugemutet werden kann. Als Vor- und Abschlußarbeiten gelten hierbei nur solche Arbeiten, die die Dauer von zwei Stunden täglich nicht überschreiten.

(4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, welche Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten gelten.

Zu § 5 Abs. 4: Die Vorschriften der Nr. 3 bis 6 gelten auch für Entscheidungen, ob bestimmte Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten im Sinne des § 5 anzusehen sind. $ 6. Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen. Die Gefolgschaftsmitglieder eines Betriebes oder einer Betriebs­ abteilung dürfen an dreißig Tagen im Jahr über die regelmäßige Zu § 5: 1) Bez. der Jugendlichen s. §§ 7, 9, 10 JSchG., abgedr. unter BVI 7.

2) § 5 Abs. 2 findet auf alle Berkaufshandlungen, bei denen Publikums­ verkehr üblich ist, Anwendung, insbesondere auch in Friseurbetrieben, Erl. d. RArbM. vom 6. Aug. 38 (RArbBl. III S. 190). Zustellung der Waren in die Wohnung von Käufern ist kein Zuendebedienen, Rohm er. Komm. Anm. 4 zu § 5.

858

B VI. ArbeitS- und Sozialrecht.

Arbeitszeit hinaus mit Mehrarbeit bis zu zwei Stunden täglich, je* doch nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden?) § 7. Arbeitszeitverlängerung durch Tarifordnung.

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit kann durch Tarifordnung zehn Stunden täglich verlängert werden.

(2) Wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Maße Arbeitsbereitschaft fällt, kann die Arbeitszeit auch über zehn Stunden täglich verlängert werden. (3) Die von einem Reichsminister nach dem Gesetz zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben vom 23. März 1934 (RGBl. I S. 220) § 16 Abs. 2 erlassene gemeinsame Dienstordnung steht im Sinne der Arbeitszeitordnung der Tarifordnung gleich.

Zu § 7: Die Grenze, bis zu der die regelmäßige tägliche Arbeitszeit verlängert werden darf, ist in der Tarifordnung festzulegen. Sie darf zehn Stunden nur für Gefolgschaftsgruppen, in deren Arbeitszeit regel­ mäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, über­ schreiten. In den vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassenen Tarifordnungen treten Bestimmungen, die die andere Verteilung der Arbeitszeit abweichend vom § 4 regeln, außer Kraft; es gilt die gesetz­ liche Regelung. § 8. Arbeitszeitverlängexung durch das Gewerbeauf­ sichtsamt. (1) Das Gewerbeaufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringen­ den Bedürfnisses eine von den §§ 3, 4 und 7 abweichende befristete Regelung der Arbeitszeit zulassen?) (2) Eine über zehn Stunden täglich hinausgehende Arbeitszeit kann das Gewerbeaufsichtsamt nur zulassen, wenn die die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fällt oder wenn die Arbeitszeitverlängerung aus dringenden Gründen des Gemeinwohls erforderlich ist.

Zu § 6: 1) Nur die Gefolgschaftsmitglieder eines Betriebes oder einer Abteilung, nicht einzelne Gefolgschaftsmitglieder, können nach 8 6 zur Mehr­ arbeit herangezogen werden. Über den Lohnanspruch in diesem Falle s. § 15.

Wann die Mehrarbeit nach § 6 gefordert werden kann, ist aus dem Betriebsinteresse heraus zu beurteilen. Betriebsverbundenheit, Gefolg­ schaftstreue und Treu und Glauben sind dabei zugrunde zu legen. Uber die Auslegungen s. Rohm er. Komm. § 6 Anm. 2q. Zu § 7: 1) § 32 Abs. 2 AOG. Zu § 8: Bez. Ausnahmen bei Frauen, für die § 17 Abs. 3 noch besondere Schutzvorschriften gibt, s. § 20 AZO.; bez. Ausnahmen bei Jugendlichen s. § 11 JSchG.

B VI6. Arbeitszeitordnung S 9.

§ 9.

859

Arbeitszeit bei gefährlichen Arbeiten.')

(1) Für Gewerbezweige oder Gruppen von Gefolgschaftsmitgliedern, die unter besonderen Gefahren für Leben oder Gesundheit arbeiten, insbesondere für Arbeiter im Steinkohlenbergbau untertage sowie für Arbeiter, die in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze, giftigen Stoffen, Staub oder dergleichen oder der Gefährdüng durch Sprengstoffe ausgesetzt sind, ist eine Überschreitung der Grenze des § 3, abgesehen von einer anderen Verteilung der Arbeits­ zeit nach den §§ 4 und 10, nur auf Grund einer Tarifordnung nach § 7 oder einer Genehmigung des Gewerbeaufsichtsamts nach § 8 und nur dann zulässig, wenn die Arbeitszeitverlängerung aus Gründen des Gemeinwohls dringend erforderlich ist.*2)3 Eine Überschreitung auf Grund einer Tarifordnung oder Genehmigung des Gewerbeaufsichts­ amts ist ferner zulässig, wenn sie sich in langjähriger Übung als unbe­

denklich erwiesen hat und eine halbe Stunde nicht übersteigt. Der Reichsarbeitsminister bestimmt, für welche Gewerbezweige oder Gruppen von Gefolgschaftsmitgliedern diese Beschränkung gilt8)

(2) Der Reichsarbeitsminister kann für einzelne Arten von Be­ trieben oder Beschäftigungen, die mit besonderen Gefahren für die Gesundheit der Gefolgschaftsmitglieder verbunden sind, eine über die Vorschriften der Arbeitszeitordnung hinausgehende Begrenzung der Arbeitszeit anordnen.4)*

Zu 8 9:1) § 9 entspricht dem bisherigen § 15. Er findet aber jetzt nicht nur auf Arbeiter, sondern auf alle Gefolgschaftsmitglieder Anwendung, s. Anm. 1 Abs. 2 zu § 1. 2) Bez. Verlängerung der Schichtzeit im Bergbau s. die BO. zur Er­ höhung der Förderleistung vom 2. März 39 (RGBl. I S. 482). § 9 findet keine Anwendung auf Arbeiten in Notfällen und außergewöhn­ lichen Fällen (§§ 9, 14). 3) S.: BO. über die Arbeitszeit in Kokereien und Hochofenwerken vom 20. Jan. 25 (RGBl. I S. 5). BO. über die Arbeitszeit in Gaswerken vom 9. Febr. 27 (RGBl. I S. 59). BO. über die Arbeitszeit in Metallhütten vom 9. Febr. 27 (RGBl. I S. 59). BO. über die Arbeitszeit in Stahlwerken und anderen Anlagen der Großeisenindustrie vom 16. Juli 27 (RGBl. I S. 221). BO. über die Arbeitszeit in der Zementindustrie vom 26. März 29 (RGBl. I S. 82). BO. über die Herstellung, Verpackung, Lagerung und Einfuhr von Thomasmehl vom 30. Jan. 31 (RGBl. I S. 17), geänd. durch BO. vom 30. Septbr. 31 (RGBl. I S. 525), § 6. BO. über Glashütten, Glasschleifereien usw. vom 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1961). 4) Abs. 2 gibt ietzt nur noch eine Ermächtigung zur Begrenzung der Arbeitszeit für einzelne Arten von Betrieben usw. durch den RArbM. Die

B VI. ArbeitS- und Gozialrecht. (3) Im Bergbau untertage ist für Betriebspunkte mit einer Wärme über 28 Grad Celsius durch die zuständige Bergbehörde eine Verkür­ zung der Arbeitszeit der Gefolgschaftsmitglieder anzuordnen. Weiter­ gehende bergpolizeiliche Bestimmungen bleiben unberührt.

8 10. Ununterbrochene Arbeit.

Bei Arbeiten, die werktags und sonntags einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, dürfen zur Herbeiführung eines regelmäßigen wöchentlichen Schichtwechsels männliche Gefolgschaftsmitglieder inner­ halb eines Zeitraums von drei Wochen einmal zu einer Schicht von höchstens sechzehnstündiger Dauer einschließlich der Ruhepausen herangezogen werden, sofern ihnen in diesen drei Wochen zweimal eine ununterbrochene Ruhezeit von je vierundzwanzig Stunden gewährt wird?) Das Gewerbeaufsichtsamt kann eine abweichende Regelung zulassen. § 11. Höchstgrenze für Arbeitszeitverlängerungen.

Die Arbeitszeit darf, abgesehen von den Vorschriften des § 4 Abs. 3 Satz 2, § 5 Abs. 3, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 2, § 10 und § 14, auch beim Zusammentreffen mehrerer Ausnahmen zehn Stunden täglich nicht überschreiten?)

§ 12. Arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen. (1) Den Gefolgschaftsmitgliedern ist nach Beendigung der täg­ lichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren. In Gast- und Schankwirtschaften, im übrigen

Beherbergungswesen') und im Verkehrswesens darf die ununter­ brochene Ruhezeit auf zehn Stunden verkürzt werden. Das GewerbeErmächtigung zu Einzelverfügungen durch die Pol.-Behörde (früher § 15 Abs. 3 in Nachfolge des § 120f GewO.) ist weggefallen; insoweit genügt § 120d GewO. bzw. für Jugendliche § 20 JSchG. Die auf Grund des § 120 f GewO, ergangenen BundesratsBO. haben keine Geltung mehr. Auf Grund des Ms. 2 sind die Ziff. 50—54 der AusfAnw. z. AZO. (abgedruckt am Schluß der AZO. betr. Arbeitszeit der Kraftfahrer und Bei­ fahrer ergangen. Vgl. § 120 GewO., der auch Arbeitszeitbeschränkungen für gefährliche Arbeiten im Interesse der Betriebsregelung vorsteht; ferner die auf Grund des § 120e GewO, ergangenen Verordnungen, zitiert in Anm. 6 zu 8 120 e. Zu § 10:1) Bez. Jugendlicher s. § 11 JSchG.; bez. Frauen s. § 17 Abs. 3 AZO. (Ausnahmen davon § 20). Zu § 11: 1) Bez. Jugendlicher und Frauen s. Anm. 1 zu 8 10. Zu 8 12: 1) S. hierzu Nr. 46—49 der AusfBO., abgedr. am Schluß der AZO. 2) S. hierzu Nr. 52 der AusfBO. für Kraftfahrer und Beifahrer, ab­ gedruckt am Schluß der AZO.

B VI 6.

Arbeitszeitordnung § 13.

861

aufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses weitergehende Ausnahmen zulassen. (2) Den männlichen Gefolgschaftsmitgliedern") sind bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden mindestens eine halbstündige Ruhepause oder zwei viertelstündige Ruhepausen zu gewähren, in denen eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet ist.3 4) Für fcen Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit besondere Aufenthaltsräume oder freie Plätze bereitzustellen. Bei Arbeiten, die einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, sind die in Wechsel­ schichten beschäftigten Gefolgschaftsmitglieder ausgenommen; jedoch müssen ihnen Kurzpausen von angemessener Dauer gewährt werden. Die Vorschriften des § 20 Abs. 3 über eine andere Regelung durch das Gewerbeaufsichtsamt finden entsprechende Anwendung.

Zu § 12 Abs. 1: Die ununterbrochene Ruhezeit darf, abgesehen von den im § 12 Abs. 1 Satz 2 genannten Betrieben, auch in Bäckereien und Konditoreien für die der Arbeitszeitordnung unterliegenden Gefolg­ schaftsmitglieder auf zehn Stunden verkürzt werden. Zu § 12 Abs. 2: Bei Arbeiten, die einen ununterbrochenen Fort­ gang erfordern, findet die im § 12 Abs. 2 Satz 3 zugelassene Ausnahme von der allgemeinen Pausenregelung keine Anwendung, wenn die Arbeiten nur in zwei Schichten ausgeführt werden. Die Zulassung von Ausnahmen, z. B. eine Verkürzung der Ruhe­ pausen., setzt einen Antrag . . . voraus; . . . Eine Verlängerung der Ruhepausen kann auch von Amts wegen angeordnet werden. Die Ver­ fügung ist im Bedarfsfall im Amtsblatt der höheren Verwaltungsbe­ hörde zu veröffentlichen. $ 18. Sonderregelung für öffentliche Betriebe und Ver­ waltungen. (1) Für die Betriebe und Verwaltungen des Reichs, des „Unter­ nehmens Reichsautobahnen", der Reichsbank und der Länder und

für die Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände können die vorgesetzten Dienstbehörden die für Beamte gültigen Dienstvor­ schriften über die Arbeitszeit auf die Gefolgschaftsmitglieder über­ tragen. ^) 3) Bez. der weitergehenden Schutzvorschriften für Frauen s. § 18 Abs. 2 S. 3; bez. Jugendlicher s. § 15 Abs. 3 S. 3, 4 JSchG. 4) Über den Begriff der Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2. Es genügt nicht, daß während der Pause keine Arbeit verlangt wird, es darf tatsächlich keine Arbeit erfolgen; bereits fahrlässiges Zulassen von Arbeit macht strafbar. E 27 S. 139. Zu 8 13: 1) Es ist gleich, ob diese gemeinsam mit öffentl. Beamten be­ schäftigt werden, anders also als in Abs. 2 (Rohmer. Komm. 2e zu § 13). —

862

B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

(2) Für Angestellte, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts 2) gemeinsam mit Beamten beschäftigt werden, gelten mangels abweichender Einzelabrede, Dienstordnung oder Tarifordnung die für Beamte gültigen Dienstvorschriften über die Arbeitszeit auch ohne ausdrückliche Übertragung nach Abs. 1.

§ 14

Außergewöhnliche Fälle.

(1) Die Vorschriften der §§ 3 bis 13 über Dauer der Arbeitszeit, arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen finden keine Anwendung auf vor­ übergehende Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen/) die unabhängig vom Witten der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Roh­ stoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitserzeugnisse zu miß­ lingen drohen?) (2) Dasselbe gilt, wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Gefolgschaftsmitgliedern an einzelnen Tagen mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeit gefährden oder einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schaden zur Folge haben würde und wenn dem Betriebsführer andere Vorkehrungen nicht zu­ gemutet werden können.

§ 15.

Mehrarbeitsvergütung.

Dritter Abschnitt: Erhöhter Schutz für Frauen? )

§ 16. Beschäftigungsverböte. (1) Weibliche Gefolgschaftsmitglieder dürfen in Bergwerken, Sa­

linen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben nicht untertage, ferner bei der Förderung, mit Ausnahme S. die BO. über die Arbeitszeit der Beamten vom 13. Mai 38, geänd. d. BO. vom 9. Septbr. 38 (RGBl. I S. 593, 1166). 2) Nicht nur die Betriebe und Verwaltungen des Abs. 1, sondern alle öffenllich-rechll. Körperschaften, also solche Anstalten, Stiftungen u. dgl., aber auch die NSDAP.> Jndustriekammern usw. Zu § 14:1) Bei Notfällen handelt es sich um Beseitigung eines Not­ standes oder einer akuten Gefahr. Eilige Arbeiten sind noch keine Notfälle. Vgl. int übrigen Anm. 85 zu § 105 c GewO. Außergewöhnliche Fälle sind außer den im zweiten Halbsatz ge­ nannten Fällen z. B. Ausnutzung seltener Beförderungsmöglichkeit, Folgen einer plötzlichen Änderung des Lieferungsauftrages (OLG. Dresden JurW. 61 S. 3464) U. dgl. 2) Bez. Frauen s. § 21 AZO., bez. Jugendlicher s. § 19 JSchG. — Vgl. ferner wegen der Mitteilungspflicht § 24 Abs. 1 Ziff. 3 AZO. Zu § 16: 1) Die §§ 16 ff. der AZO. sind eine Zusammenfassung der früheren Frauenschutzvorschriften unter Einfügung bedeutender Erweite­ rungen. Die Bestimmungen gelten für Arbeiterinnen und Angestellte; ledig-

B VIA «rbeitszeitordnung § 17.

863

der Aufbereitung (Separation, Wäsche), bei dem Transport und der Verladung auch nicht übertage beschäftigt werden. (2) Weibliche Gefolgschaftsmitglieder dürfen ferner nicht in Koke­ reien und nicht mit der Beförderung von Roh- und Werkstoffen bei Bauten aller Art beschäftigt werdend) (3) Der Reichsarbeitsminister kann die Beschäftigung von weib­ lichen Gefolgschaftsmitgliedern für einzelne Arten von Betrieben oder Arbeiten, die mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich untersagen oder von Bedingungen abhängig machen?)

Zu § 16: In Hochofen- und Stahlwerken, Metallhütten und Walz-, Preß- und Hammerwerken für Eisen, Stahl und andere Metalle, in denen diese Stoffe nicht kalt verarbeitet werden, dürfen weibliche Ge­ folgschaftsmitglieder nicht mit den eigentlichen Betriebsarbeiten be­ schäftigt werden. Sie dürfen ferner über das Verbot des § 16 Abs. 2 hinaus bei Bauten aller Art auch nicht mit den eigentlichen Betriebs­ arbeiten beschäftigt werden. § 17. Höchstarbeitszeit.

(1) Weibliche Gefolgschaftsmitglieder sind auf ihren Wunsch wäh­ rend der Schwangerschaft und der Stillzeit von einer die Grenzen der §§ 3 und 4 überschreitenden Arbeit zu befreien?) (2) Mit den im § 5 Abs. 1 genannten Vor- und Abschlußarbeiten dürfen weibliche Gefolgschaftsmitglieder höchstens eine Stunde über die für den Betrieb oder die Betriebsabteilung zulässige Dauer der Arbeitszeit hinaus beschäftigt werden. (3) Bei Anwendung der Ausnahmen des Zweiten Abschnitts dürfen weibliche Gefolgschaftsmitglieder nicht länger als zehn Stunden täglich beschäftigt werden. An den Tagen vor Sonn- und Feiertagen darf die Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. (4) Die Vorschrift des Absatzes 3 Satz 2 gilt nicht für das Verkehrswesen für Gast- und Schankwirtschaften, für das übrige Beherber-

lich die Vorschriften über Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feier­ tagen gelten nur für Arbeiterinnen. über den Mutterschutz s. das Ges. über die Beschäftigung vor und nach der Niederkunft vom 16. Juli und 29. Oktbr. 27 (RGBl. I S. 184, 325). 2) Das Verbot beschränkt sich nicht auf schwere Arbeiten, s. RG. zu dem entsprechenden früheren § 137 Ziff. 7. E. 48 S. 281. Materialien sind alle Stoffe und Gegenstände, die beim Bau vorkommen, z. B. auch Bau­ gerüste und Erdmassen. OLG. Breslau GA. 71 S. 391. 3) S. die zugleich auf Grund des § 120e GewO, erlassenen Verordnun­ gen, zit. in Anm. 6 zu § 120 e GewO, unter b. Zu § 17: 1) Vgl. hierzu das Ges. über die Beschäftigung vor und nach der Niederkunft vom 16. Juli und 29. Oktbr. 27 (RGBl. I S. 184, 325).

864

B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

gungswesen, für das Friseurhandwerk, für Badeanstalten, für Kranken­ pflegeanstatten,für Musikaufführungen, Theatervorstellungen, andere Schaustellungeü, Darbietungen oder Lustbarkeiten, für Filmauf­ nahmen, für Gärtnereien, für Apotheken, für offene Verkaufsstellen und für die mit ihnen verbundenen Änderungswerkstätten sowie für den Marktverkehr?)

§ 18. Ruhepausen. (1) Den weiblichen Gefolgschaftsmitgliedern müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb Stunden eine oder mehrere im voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer innerhalb der Arbeitszeit gewährt werden?) Die Ruhepausen müssen mindestens betragen bei mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden Arbeitszeit zwanzig Minuten, bei mehr als sechs bis zu acht Stunden eine halbe Stunde, bei mehr als acht bis zu neun Stunden dreiviertel Stunden und bei mehr als neun Stunden eine Stunde. Bei mehr als acht bis zu achteinhalb Stunden Arbeitszeit dürfen die Ruhepausen auf eine halbe Stunde verkürzt werden, wenn die Verlängerung der Arbeitszeit über acht Stunden dazu dient, durch andere Verteilung der Arbeits­ zeit einen Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen herbeizuführen. Länger als viereinhalb Stunden hintereinander dürfen weibliche Ge­ folgschaftsmitglieder nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

(2) Als Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von min­ destens einer Viertelstunde. (3) 2)3 Während der Ruhepausen darf den weiblichen Gefolgschafts­ mitgliedern eine Beschäftigung im Betriebe nicht gestattet werden. Für den Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit be­ sondere Aufenthaltsräume oder freie Plätze bereitzustellen. Der Aufenthalt in den Arbeitsräumen darf nur gestattet werden, wenn die Arbeit in den Teilen des Betriebes, in denen die weiblichen Ge­ folgschaftsmitglieder sich aufhalten, während der Pausen völlig ein­ gestellt und auch sonst die notwendige Erholung nicht beeinträchtigt wird. 2) Uber die Arbeitszeit des Pflegepersonals vgl. die BO. über die Arbeitszeit in Krankenpflegeranstalten vom 13. Febr. 24 (RGBl. I S. 66, 154). 3) Weitere Sondervorschriften für die genannten Betriebe s. in § 19 Abs. 3?sowie in den §§ 14 Abs. 2; 16 Abs. 2, 4; 17 Abs. 2; 18 Abs. 3 JSchG. Zu § 18: 1) Ausnahmen kann das Gewerbeaufsichtsamt zulassen, § 20 Abs. 3 S. 1. über den Begriff der Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2. 2) Bez. der Jugendlichen s. die übereinstimmende Vorschrift des § 15 Abs. 3 JSchG.

B VI 6. Arbeitszeitordnung 88 1V u. 20.

866

$ 19. Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feier­ tagen. (1) Arbeiterinnen*) dürfen nicht in der Nachtzeit von zwanzig bis sechs Uhr und an den Tagen vor Sonn- und Feiertagen nicht nach siebzehn Uhr beschäftigt werden?) (2) In mehrschichtigen Betrieben dürfen Arbeiterinnen bis drei­ undzwanzig Uhr beschäftigt werden. Nach vorheriger Anzeige an das Gewerbeaufsichtsamt kann die Frühschicht regelmäßig frühestens um fünf Uhr beginnen, wenn die Spätschicht entsprechend früher endet. Das Gewerbeaufsichtsamt kann zulassen, daß die Spätschicht regel­ mäßig spätestens um vierundzwanzig Uhr endet, wenn die Frühschicht entsprechend später beginnt. (3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht für die im $ 17 Abs. 4 genannten Betriebe?)

Zu § 19 Abs. 2: Die Anzeigen über die Verlegung der Schichten in die Zeit von fünf bis zweiundzwanzig Uhr ist beim Gewerbeaufsichtsami (Bergbehörde) schriftlich zu erstatten. Aus der Anzeige müssen die Zahl der in jeder Schicht beschäftigten männlichen und weiblichen Gefolgschaftsmitglieder, die Art der Tätigkeit, die Dauer und Lage jeder Schicht und der in jeder Schicht gewährten Pausen sowie der Grund der Schichtverlegung hervorgehen. $ 20. Behördliche Genehmigung von Ausnahmen. (1) Der Reichsarbeitsminister kann aus betriebstechnischen oder allgemein wirtschaftlichen Gründen Ausnahmen von den Vorschriften des § 17 über Höchstarbeitszeit und des § 19 über Nachtruhe und Früh­ schluß vor Sonn- und Feiertagen zulassen?) (2) Das Gewerbeaufsichtsamt kann beim Nachweis eines dringen­ den Bedürfnisses Ausnahmen von den im Abs. 1 genannten Vor­ schriften auf die Dauer von zwei Wochen, jedoch für nicht mehr als vierzig Tage innerhalb eines Kalenderjahres unter der Voraussetzung zulassen, daß die zu gewährende ununterbrochene Ruhezeit nicht we­ niger als zehn Stunden beträgt. (3) Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus wichtigen Gründen eine vom § 18 abweichende Regelung der Ruhepausen zulassen. Es kann für Betriebe oder Betriebsteile oder für bestimmte Arbeiten soweit

Zu § 19: 1) Nur Arbeiterinnen, nicht Angestellte. 2) Zur Beschäftigung gehört auch die Reinigung der Kontorräume in der Fabrik. E. 38 S. 381. Auch das Austragen der Sachen durch das Lauf­ mädchen fällt hierunter. OLG. Celle GA. 53 S. 454. 3) Weitere Ausnahme in Notfällen, § 21. Zu § 20:1) So jetzt in der Kriegszeit, Erl. d. RAMn. v. 12. Dezbr. 39 (RArbBl. in S. 380). 65 Dalcke, Etrafrecht. 82. Aufl.

866

B VI. ArbeltS- und Sozialrecht.

die Schwere der Arbeit oder der sonstige Einfluß der Beschäftigung auf die Gesundheit der weiblichen Gefolgschaftsmitglieder es dringend erwünscht erscheinen läßt, über die Vorschriften des § 18 Abs. 1 und 2 hinausgehende Pausen anordnen. (4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann abweichend vom § 19 Abs. 1 in Betrieben, in denen die Arbeiter in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze ausgesetzt sind, in der warmen Jahreszeit die Beschäftigung von Arbeiterinnen vor sechs Uhr zulassen.

Zu § 20 Abs. 2: Ausnahmen von den Vorschriften des § 17 über Höchstarbeitszeit und des § 19 über Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen können für bestimmte Gefolgschaftsgruppen, für eine Betriebsabteilung oder für den ganzen Betrieb nur auf die Dauer von zwei Wochen und für nicht mehr als vierzig Tage innerhalb eines Kalenderjahres zugelassen werden. Falls einem Unternehmer nacheinander Genehmigungen für bestimmte Gefolgschaftsgruppen, eine Betriebsabteilung oder den ganzen Betrieb erteilt werden, darf das ein­ zelne Gefolgschaftsmitglied höchstens an vierzig Tagen im Kalenderjahr abweichend von den Vorschriften der §§ 17 und 19 beschäftigt werden. Zu § 20 Abs. 3.: Für eine abweichende Regelung der Ruhepausen der Frauen gelten die Vorschriften der Nr. 17 und 18 entsprechend. § 21. Ausnahmen in Notfällen.

Die Vorschriften der §§ 17 bis 19 über Höchstarbeitszeit, Ruhe­ pausen, Nachtruhe und Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen finden keine Anwendung auf vorübergehende Arbeiten, die in Notfällen **) so­ fort vorgenommen werden müssen. Der Betriebsführer hat die Vor­ nahme solcher Arbeiten dem Gewerbeaufsichtsamt unverzüglich an­ zuzeigen. Vierter Abschnitt: Werktäglicher Ladenschluß.*)

§ 22.

Offene Verkaufsstellen.

(1)^ Offene Verkaufsstellen jeder Art/) mit Ausnahme der Apo­ theken, müssen von neunzehn bis sieben Uhr für den geschäftlichen Verkehr geschlossen fein.2) Die beim Ladenschluß anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden?) Zu 8 21: 1) Vgl. Anm. 1 zu 8 14. *) Siehe hierzu als Kriegsvorschrift die VO. über den Ladenschluß v. 21. Dezbr. 39 (RGBl. I S. 2471) nebst Erl. d. RAM. v. 21. Dezbr. 39(RArbBl. 401 S. 8). Sie enthalten in Abänderung des 8 22 Bestimmungen über ver­ kürzte Verkaufszeit u. Offenhaltungspflicht. Zu 8 22: 1) Uber den Begriff s. Anm. 80 zu 8 41a GewO. 2) Ist ein Wirtschaftsbetrieb mit Kleinhandel verbunden, so muß letzterer während des Ladenschlusses ruhen. Vgl. dazu ebenfalls Anm. 80

B VI6. Arbeitszeitordnung § 22.

867

(2) Am vierundzwanzigsten Dezember müssen offene Verkaufs­ stellen, abweichend von der Vorschrift des Absatzes 1 Satz 1, bereits von siebzehn Uhr ab für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein. Dasselbe gilt für Verkaufsstellen auf Eisenbahngelände und für den Marktverkehr. Ausgenommen sind Apotheken und der Handel mit Weihnachtsbäumen. (3) Nach neunzehn Uhr, jedoch bis spätestens einundzwanzig Uhr dürfen Verkaufsstellen an jährlich höchstens zwanzig von der Orts­ polizeibehörde zu bestimmenden Tagen für den geschäftlichen Verkehr geöffnet sein.

(4) Vor sieben Uhr, jedoch nicht vor fünf Uhr dürfen Lebens­ mittelgeschäfte nach näherer Bestimmung der Ortspolizeibehörde ge­ öffnet sein.

(5) Die Ortspolizeibehörden haben vor der Genehmigung der Ausnahmen die Äußerung des Gewerbeaufsichtsamts einzuholen und

ihm die erteilte Ausnahmegenehmigung in Abschrift mitzuteilen. Hält das Gewerbeaufsichtsamt die Ausnahmegenehmigung für nicht ver­ einbar mit dem Schutze der Gefolgschaftsmitglieder, so hat es unver­ züglich die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde herbei­ zuführen. (6) Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 5 finden keine Anwen­ dung auf den Verkauf von Waren aus selbsttätigen Verkaufseinrich­ tungen (Warenautomaten), die von dem Inhaber einer zum dauern­ den Betrieb eingerichteten offenen Verkaufsstelle in räumlichem Zu-

zu § 41 a GewO. Der sog. Gassenschank ist, soweit es sich um Bier oder Wein handelt, als Ausfluß des Schankwirtsgewerbes, nicht als Kleinhandel anzu­ sehen und deshalb bei den Schankwirtsbetrieben auch nach Ladenschluß zu­ lässig. In Preußen, wo früher abweichend von diesem Standpunkt der Gassenschank ganz allgemein zum Kleinhandel gerechnet wurde, gilt jetzt auch die genannte allgemeine Auffassung, ausgenommen der Verkauf von Bier und Wein in Flaschen, der nach wie vor als Kleinhandel gilt (MinErl. vom 16. März 31, MBliB. S. 255). Der Gassenschank von anderen Geträn­ ken (Branntwein, Kaffee, Milch usw.) ist stets Kleinhandel und unterliegt dem § 22. Das gleiche gilt für den Verkauf von Speisen, Rauchwaren, Post­ karten usw. über die Straße. Die Verkaufsstelle muß für den geschäftlichen Verkehr geschlossen sein, versperrt zu sein braucht sie nicht. Der Geschäftsschluß muß aber nach außen erkennbar sein. Der geschäftliche Verkehr umfaßt außer dem Verkehr mit dem Publikum auch den mit Geschäftsreisenden, Verkäufern usw., nicht aber interne Arbeiten, vgl. Rohmer, Komm. Anm. 2c zu § 22. Bei^Apotheken bezieht sich die Ladenschlußvorschrift nicht auf Heil­ mittel, also Waren, die nur der Krankenpflege dienen, wohl aber auf alle anderen Waren, z. B. kosmetische, RG. EZ. 138 S. 219; JurW. 1933 S. 1717. — Bez. der Automaten s. § 22 Abs. 6. 3) Dgl. Anm. 2 zu § 5.

B VI. Arbeits- und Eozialrecht.

sammenhang mit dieser aufgestellt und in denen nur Waren feilgeboten werden, die auch in der offenen Verkaufsstelle selbst geführt werdend) Die Wartung der Warenautomaten darf nur innerhalb der nach den Absätzen 1 bis 5 für den Verkauf aus offenen Verkaufsstellen an Werktagen allgemein zulässigen Zeit erfolgen?) Der Reichsarbeits­ minister kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister Näheres bestimmen.

§ 23. Sonstige Verkaufsstellen. Während der Zeit, in der nach § 22 die Verkaufsstellen geschlossen sein müssen/) ist das Feilbieten von Waren auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten oder ohne vor­ herige Bestellung von Haus zu Haus im stehendeu Gewerbebetriebe sowie im Gewerbebetriebe im Umherziehen (GewO. § 42b Abs. 1 Nr. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1) verboten. Ausnahmen können von der Ortspolizeibehörde zugelassen werden. Der Reichsarbeitsminister kann über die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung von Ausnahmen Bestimmungen erlassen.

Fünfter Abschnitt: DurchführungSvorschristen. § 24. Aushänge und Verzeichnisse. (1) Der Betriebsführer ist verpflichtet:

1. einen Abdruck der Arbeitszeitordnung an geeigneter Stelle im Betriebe zur Einsichtnahme auszulegen; 2. einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täg­ lichen Arbeitszeit und der Ruhepausen an sichtbarer Stelle int Betriebe anzubringen; 3. einen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit nach § 4, über die Vor- und Abschlußarbeiten nach § 5, über die Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen nach § 6 und über die Arbeit in außergewöhnlichen Fällen nach § 14 zu führen und darin Lage und Dauer der Arbeitszeit und ihre Verteilung auf die Gefolgschaftsmitglieder unverzüglich anzugeben; den be­ teiligten Gefolgschaftsmitgliedern ist auf Verlangen Einsicht in den Nachweis zu gewähren. (2) Der im Absatz 1 Nr. 3 vorgeschriebene Nachweis ist dem Ge­ werbeaufsichtsamt auf Verlangen vorzulegen oder zur Einsicht ein­ zusenden.

4) S. dazu die AusfBO. zum Automatenges., abgedruckt unter BIV 9. 5) Das Nachfüllen der Automaten rechnet zur Wartung, Besch, d. RuPrArbM. vom 16. März 35 (RArbBl. I S. 108). Zu 8 23: 1) Bez. der Sonn- und Feiertage s. § 55 GewO.

B VI6. ArbeUSzettordnung § 24.

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Zu § 24 Abs. 1 Nr. 1: Statt der Auslage kann ein Aushang der Arbeitszeitordnung erfolgen. Auf dem Aushang müssen mindestens die Vorschriften der §§ 1 bis 27 leicht lesbar abgedruckt sein. Zu § 24 Abs. 1 Nr. 2: Die Vorschrift, daß ein Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Ruhe­ pausen an sichtbarer Stelle anzubringen ist, gilt entsprechend für Jugendliche (Jugendschutzgesetz § 23 Abs. 1 Nr. 3). Die Angaben für Erwachsene und Jugendliche können auf einem Aushang vereinigt werden. Falls die Arbeitszeit in einzelnen Betriebsabteilungen ver­ schieden geregelt ist, ist für jede Betriebsabteilung ein Aushang er­ forderlich. Weicht die regelmäßige Arbeitszeit einzelner Gefolgschafts­ mitglieder von der allgemeinen Arbeitszeit ab, so sind die abweichenden Arbeitszeiten auf dem Aushang kenntlich zu machen. Das Gewerbe­ aufsichtsamt (Bergbehörde) kann nähere Bestimmungen treffen, u. a. auch Vereinfachungen zulassen. Zu § 24 Abs. 1 Nr. 3: Als Nachweis für die andere Verteilung der Arbeitszeit dient der Aushang (Nr. 29), wenn sich dieselbe ungleich­ mäßige Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Ausgleichszeitraums längere Zeit hindurch wiederholt. Auf dem Aushang müssen Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Ruhepausen für jeden Tag des Aus­ gleichszeitraums angegeben sein. Weicht die tägliche Arbeitszeit in Ausnahmefällen von der durch Aushang (Nr. 29) bekanntgemachten regelmäßigen Arbeitszeit ab, so ist in Ergänzung des Aushangs Tag und Umfang der Abweichung in einem Verzeichnis oder einer Kartei spätestens am folgenden Werk­ tag festzulegen. Aus den Eintragungen muß zu erkennen sein, daß die Gesamtdauer der Arbeitszeit des einzelnen Gefolgschaftsmitgliedes inner­ halb des Ausgleichszeitraums die gesetzliche Grenze nicht überschreitet. Die Eintragungen können auch in den Lohnlisten oder der Lohnkartei gemacht werden. Ändern sich die täglichen Arbeitszeiten häufig, so ist statt des Aushangs (Nr. 29) ein Verzeichnis oder eine Kartei zu führen, in die Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und ihre Dauer für das einzelne Gefolgschaftsmitglied, gegebenenfalls zusammengefaßt für den Betrieb, die Betriebsabteilung oder bestimmte Gefolgschaftsgruppen, spätestens am folgenden Werktag einzutragen sind. Als ausreichender Nachweis sind auch Stempelkarten anzusehen. Die Eintragungen können auch in den Lohnlisten oder der Lohnkartei gemacht werden. Der Nachweis über Vor- und Abschlußarbeiten muß sich auf die Dauer dieser Arbeiten und die beteiligten Gefolgschaftsmitglieder er­ strecken. Es genügen entsprechende Angaben auf dem Aushang über die tägliche Arbeitszeit (Nr. 29 und 30) oder in dem Verzeichnis der

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B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

Kartei oder dem sonstigen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit (Nr. 31 und 32). Der Nachweis über die Arbeitszeitverlängerung an dreißig Tagen im Jahr muß sich auf das Datum der Tage, die Dauer der Arbeitszeit an diesen Tagen und die an der Mehrarbeit beteiligten Betriebsabtei­ lungen erstrecken. Die Angaben sind in einem Verzeichnis oder einer Kartei festzulcgcn. Die in außergewöhnlichen Fällen festgesetzten Arbeitszeiten, die Art der Arbeiten und die beteiligten Gefolgschaftsmitglieder sind un­ verzüglich schriftlich festzulegen.

Zu § 24 Abs. 2: Unternehmer und Gefolgschaftsmitglieder sind verpflichtet, dem Gewerbeaufsichtsami die zur Erfüllung seiner Auf­ gaben erforderlichen Angaben zu machen.

§ 25. Strafvorschriften und Zwangsmaßnahmen. (1) Wer einer Vorschrift der Arbeitszeitordnung oder einer auf Grund der Arbeitszeitordnung ergangenen Verordnung oder Anordnung zuwiderhandelt/) wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis und Geldstrafe oder eine dieser Strafen. (3) Bei einer Zuwiderhandlung gegen die auf Grund des § 9 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 3 erlassenen Bestimmungen über die Be­ schäftigung bei gefährlichen Arbeiten kann das Gewerbeaufsichtsamt bis zur Herstellung des den Bestimmungen entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebes, soweit er durch die Bestimmungen ge­ troffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführen geeignet wäre.

(4) Die Vorschriften der Gewerbeordnung § 151 über die Ver­ antwortlichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines Betriebsteiles oder zur Beaufsichtigung bestellten Personen finden entsprechende Anwendung. Zu § 25: 1) Täter für die Straftaten des Abs. 1 ist in der Regel der Betriebsführer oder gemäß § 151 GewO, dessen Beauftragter, vgl. Rohm er. Komm. Anm. 3 zu § 25. Das Gefolgschaftsmitglied kann auch nicht auf den gesetzlichen Schutz verzichten und etwa freiwillig Mehrarbeit leisten; strafbar bleibt dann doch der Unternehmer, OLG. Hamburg, HRR. 1935 Nr. 1204; E. 55 S. 70. Ausnahmen, wenn ausdrücklich einem Gefolgschaftsmitglied Pflichten auferlegt sind (z. B. AusfBO. zu § 24 Abs. 2).

Das Verschulden kann vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden. E. 2 S. 231. Auch die Duldung einer Gesetzwidrigkeit und Unterlassung der Beseitigung ist strafbar, RG. ARKartei 1931 Nr. 357; OLG. Hamburg, GA. 33 6. 291.

B VI 6. Arbeitszeitordnung § 26 u. 27.

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Zu § 25 Abs. 3: Zur Erzwingung der nach § 9 Abs. 2 oder § 16 Abs. 3 angeordneten Maßnahmen ist in der Regel zunächst das Straf­ verfahren auf Grund des § 25 Abs. 1 und 2 durchzuführen. Von der Befugnis des § 25 Abs. 3 ist erst dann Gebrauch zu machen, wenn auch nach rechtskräftiger Bestrafung ein den Bestimmungen entsprechender Zustand nicht hergestellt wird; nur wenn die Nichtausführung der an­ geordneten Maßnahmen eine unmittelbare und erhebliche Gefahr für die Gesundheit und Sittlichkeit der Gefolgschaftsmitglieder zur Folge hat, ist die Einstellung des Betriebes schon vor Erledigung des Straf­ verfahrens anzuordnen. Zwei Abschriften der Verfügung sind dem Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben zwei Abschriften dem Reichs Wirtschaftsminister und eine Abschrift dem Reichsarbeits­ minister, auf dem Dienstwege vorzulegen. Die Einstellung des Betriebes darf nur angeordnet werden, soweit der Betrieb von den auf Grund des § 9 Abs. 2 oder des § 16 Abs. 3 er­ lassenen Bestimmungen betroffen wird. Die Anordnung ist unver­ züglich aufzuheben, wenn Maßnahmen getroffen werden, durch die eine Fortsetzung der Beschäftigung ohne erhebliche Nachteile oder Ge­ fahren für die Gefolgschaftsmitglieder möglich ist. § 26. B eschwerden. (1) Gegen einen auf Grund der Arbeitszeitordnung ergangenen Bescheid ist die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde oder, wenn diese den Bescheid erlassen hat, an den Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister zulässig. (2) Die Beschwerdeentscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist endgültig. Gegen eine auf Grund des § 25 Abs. 3 ergangene An­ ordnung ist jedoch die weitere Beschwerde an den Reichsarbeitsminister, bei bergbaulichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister zulässig. (3) Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 27. Arbeitsaufsicht und Behördenzuständigkeit. (1) Die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften der Ar­ beitszeitordnung und der auf Grund der Arbeitszeitordnung erlassenen Bestimmungen obliegt den Gewerbeaufsichtsämtern. Für die Auf­ sicht über die Ausführung der Vorschriften des Vierten Abschnitts über den werktäglichen Ladenschluß sind neben den Gewerbeaufsichts­ ämtern die Ortspolizeibehörden zuständig. Gewerbeaufsichtsamt im Sinne der Arbeitszeitordnung ist die örtlich zuständige Dienststelle der Gewerbeaufsicht. (2) Die nach der Arbeitszeitordnung dem Gewerbeaufsichtsamt zustehenden Befugnisse üben bei bergbaulichen Betrieben die Berg­ behörden aus.

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B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

(3) Auf die Befugnisse und Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden finden die Vorschriften der Gewerbeordnung § 139b Anwendung. (4) Die dem Gewerbeaufsichtsamt nach den Vorschriften der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse übt für den Bereich meh­ rerer Gewerbeaufsichtsämter die höhere Verwaltungsbehörde aus, für Fälle, die sich über deren Bezirk hinaus erstrecken, der Reichs­ arbeitsminister und bei bergbaulichen Betrieben der Reichswirtschafts, minister. (5) Der Reichsarbeitsminister ist ermächtigt, die ihm nach der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse auf eine andere Stelle zu übertragen?) (6) Bei den Betrieben und Verwaltungen des Reichs, des „Unter­ nehmens Reichsautobahnen", der Reichsbank und der Länder und bei den Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände üben die vorgesetzten Dienstbehörden die dem Reichsarbeitsminister oder an­ deren Behörden nach der Arbeitszeitordnung zustehenden Befugnisse aus; die Verordnungsbefugnis steht jedoch nur den obersten Reichs­ behörden zu. Die zuständige oberste Reichs- oder Landesbehörde kann diese Befugnisse im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister dem Gewerbeaufsichtsamt übertragen.

Zu § 27 Abs. 1: Die Ortspolizeibehörden haben den Gewerbeauf­ sichtsämtern bei der Durchführung der Arbeitszeitordnung Arnishilfe zu leisten.

§ 28. Ausnahmen im öffentlichen Interesse.

Der Reichsarbeitsminister kann über die in der Arbeitszeitordnung oder in anderen Arbeitsschutzvorschriften vorgesehenen Ausnahmen hinaus widerruflich weitergehende Ausnahmen zulassen, wenn sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden?) $ 29. Ausführungsbestimmungen. Der Reichsarbeitsminister erläßt die zur Durchführung der Ar­ beitszeitordnung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Er kann, soweit es zur Verwirklichung des mit der Arbeitszeitordnung verfolgten Zweckes erforderlich ist, auch Vorschriften und Anordnungen ergänzenden Inhalts erlassen.

1. Höhere Verwaltungsbehörde im Sinne der Arbeitszeitordnung und dieser Verordnung sind die im anliegenden Verzeichnisx) ange» führten Behörden. ------------------ 1-------

Zu 8 27: 1) S. Sinnt. 1 zu § 28. Zu § 28: 1) Mit Erl. vom 16. Dezbr. 38 (RArbBl. I S. 389) hat der RArbM. die Befugnisse aus § 28 auf die GewAufsAmter übertragen. Zur AusfBO. Ziff. 1:1) Das Verzeichnis ist hier nicht abgedruckt. In

B VI 6. Lr-eitS-eitordnung S 29.

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Sonstiges.

42. Die Vorschriften der §§ 12 und 18 über arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen und des § 19 über Nachtruhe gelten auch für die nach anderen gesetzlichen Vorschriften zulässige Beschäftigung von Gefolgmitgliedem an Sonn- und Feiertagen, soweit in diesen Vorschriften keine abweichende Regelung getroffen ist. Abschnitt II. Gast- und Schankwirtschaften. 46.r) In Gast- und Schankwirtschaften und im übrigen Beher­ bergungswesen ist den Gefolgschaftsmitgliedern in jeder Woche einmal eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens vierundzwanzig Stunden im Anschluß an eine Nachtruhe zu gewähren. Mindestens in jeder vierten Woche soll die Ruhezeit auf einen Sonntag fallen. 47.In Bade- und Ausflugsorten kann während der Saison in jeder zweiten und dritten Woche an Stelle des ganzen Ruhetags ein halber Ruhetag gewährt werden. Als halber Ruhetag gilt eine Freizeit vom Vormittag bis vierzehn Uhr oder am Nachmittag von vierzehn Uhr ab. Welche Orte als Bade- und Ausflugsorte gelten sowie die Zeit der Saison bestimmt die höhere Verwaltungsbehörde. 48. Das Gewerbeaufsichtsamt kann aus wichtigen Gründen einen von Nr. 46 und 47 abweichende Regelung der Ruhezeiten zulassen. 49. Das Datum der ganzen und halben Ruhetage und die be­ teiligten Gefolgschaftsmitglieder sind spätestens am folgenden Werktag in ein Verzeichnis oder eine Kartei einzutragen. Wenn die Regelung der Ruhezeiten längere Zeit dieselbe ist, kann an Stelle des Verzeich­ nisses ein Aushang mit den entsprechenden Angaben treten. Die Be­ stimmungen der Nr. 36 über eine einheitliche Form des Nachweises finden Anwendung.

Abschnitt III. Kraftfahrer und Beifahrer< 50. Die Arbeitszeit der Kraftfahrer und Beifahrer darf die in der Arbeitszeitordnung festgesetzten Grenzen (§§ 3 bis 11 und §17) nicht überschreiten. Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen (§2 Abs. 1); sie umfaßt den reinen Dienst am Steuer, Vor- und Abschlußarbeiten, sonstige Hilfsarbeiten und Arbeitsbereitschaft. Der reine Dienst am Steuer darf nicht über acht Stunden in der Schicht ausgedehnt werden. Die Arbeitszeit einPreußen, Bayern und Sachsen sind es die Regierungspräsidenten, bei den Bergbaubetrieben die Oberbergämter. Zur AusfBO. Ziff. 46 u. 47: 1) And. während der Kriegszeit s. BO. v. 23. April 40 (RArbBl. I S. 128). Zur AusfBO. Ziff. 50: 1) Über die Auslegung des Abschnittes III der AusfBO. s. Erl. des RArbM. vom 9. Febr. 39 (RArbBl. III S. 63).

874

B VI. ArbeitS- und Sozialrecht.

schließlich der Ruhepausen (Arbeitsschicht) darf höchstens 12 Stunden betragen. 51. Die Fahrzeit ist durch Ruhepausen von solcher Dauer zu unterbrechen, daß eine ausreichende Erholung gewährleistet ist. Als Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von mindestens einer Viertelstunde. Der Dienst am Steuer darf ohne Unterbrechung höch­ stens viereinhalb Stunden ausgeübt werden. Nach einem ununter­ brochenen viereinhalbstündigen Dienst am Steuer ist für das Gefolg­ schaftsmitglied eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde einzulegen. 52. Die ununterbrochene Ruhepause zwischen zwei Schichten muß mindestens elf Stunden betragen; im Verkehrswesen darf die ununter­ brochene Ruhezeit auf zehn Stunden verkürzt werden (§12 Abs. 1). Innerhalb zweier Wochen müssen ununterbrochene Ruhezeiten von mindestens sechsunddreißig und vierundzwanzig Stunden liegen. 53. Durch Tarifordnung oder gemeinsame Dienstordnung eines Reichsministers kann für Kraftfahrer und Beifahrer eine von Nr. 50 bis 52 abweichende Regelung der Dauer des Dienstes am Steuer, der Arbeitsschicht, der Ruhepausen und der Ruhezeiten zugelassen werden. In besonderen Fällen kann das Gewerbeaufsichtsamt (Bergbehörde) beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses eine abweichende Rege­ lung genehmigen. 54. Über die Arbeitszeit der Kraftfahrer und Beifahrer sind Fahrtenbücher zu führen, aus denen die Dauer folgender Zeitgruppen hervorgehen muß: Arbeitsschicht, Vor-, Abschluß- Und sonstige Hilfs­ arbeiten, reiner Dienst am Steuer, Arbeitsbereitschaft sowie Ruhe­ pausen. Die Eintragungen sind von dem Kraftfahrer und Beifahrer bei Beginn und Ende jeder Zeitgruppe vorzunehmen. Die Fahrten­ bücher sind während der Fahrt mitzuführen und dem zuständigen Beamten auf Verlangen auszuhändigen. Die Vorschriften der Nr. 36 über eine einheitliche Form des Nachweises finden Anwendung.

Abschnitt IV. Inkrafttreten.

55. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1939 in Kraft. Die Inkraftsetzung für das Land Österreich und für die sudetendeutschen Gebiete bleibt vorbehalten. Gleichzeitig treten außer Kraft die Bekannt­ machung, betreffend die Beschäftigung von Gehilfen und Lehrlingen in Gast- und in Schankwirtschaften, vom 23. Februar 1902 (RGBL S. 33 und 40) und die Ausführungsbestimmungen zur Arbeitszeit­ verordnung vom 11. September 1934 (RGBl. I S. 828).

B VI7. Jugendschutzgesetz §§ 1 u. 2.

875

B VI 7. Jugend schuhgesetz. Gesetz über Linderarbeit und über die Arbeitszeit -er Jugendlichen. Vom 30. April 1938 (RGBl. I 1938 S. 437)*).

Erster Abschnitt: Allgemeine Borschrtste«.

§ 1.

Geltungsbereich.

(1) Dieses Gesetz gilt für die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen in einem Lehr- oder Arbeitsverhältnis und mit sonstigen Dienstleistungen, die der Arbeitsleistung in einem Lehr- oder Arbeits­ verhältnis ähnlich sind?) (2) Kind ist, wer noch nicht vierzehn Jahre alt ist. (3) Jugendlicher ist, wer über vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt ist. Auf Jugendliche, die noch volksschulpflichtig sind,?) finden die Vorschriften über die Beschäftigung von Kindern Anwendung.

§ 2.

Begrenzung des Geltungsbereiches.

(1) Wegen der Eigenart der Arbeitsbedingungen bleibt einer be­ sonderen gesetzlichen Regelung Vorbehalten die Beschäftigung *) Gilt seit dem 1. Jan. 1939 an Stelle des Ges. betr. Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben vom 30. März 1903 AusfBO. vom 12. Dez. 1938 (RGBl. I S. 1777). — In einer eingehenden AusfBO. — hier nicht abge­ druckt — vom 12. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1777) sind noch eine Reihe näherer Vorschriften gegeben.

Während die AZO. während des Krieges großenteils außer Geltung gesetzt ist (s. Anm. * Abs. 2 zuBVI6), ist das Jugendschutzges. im allgemeinen durch das Kriegsarbeitsrecht nicht berührt. Es sind im wesentlichen lediglich einige Einzelarbeitszeitvorschriften erweitert, vermerkt bei den einzelnen §§). Zu 8 l: 1) Während bisher ein einheitlicher Jugendschutz noch nicht bestand, sondern die wichtigsten Vorschriften im Kinderschutzges. und der früheren AZO. verstreut waren, ist jetzt im Jugendschutzges. eine Zusammen­ fassung erfolgt und zugleich eine wesentliche Erweiterung des Jugendschutzes vorgenommen. Ausgenommen vom Geltungsbereich sind lediglich die in 8 2 aufgezählten Beschäftigungen sowie alle Beschäftigungen, die kein Lehr- oder Arbeitsverhältnis darstellen, so der öffentliche Dienst (z. B. Arbeitsdienst, Tätigkeit in der Bewegung) oder eine Unterbringung in einer Anstalt zu Heilzwecken, in einer Strafanstalt oder dgl. Ein Unterschied zwischen männ­ lichen oder weiblichen Jugendlichen und Jungens oder Mädels wird nicht gemacht; auf beide findet das Ges. Anwendung.

2) S. 88 4,6 des Reichsschulpflichtges. vom 6. Juli 38 (RGBl. I S. 799) abgedruckt BIII12.

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B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

1. in der Hauswirtschaft/) 2. in derLandwirtschaft einschließlich des Gartenbaues, *) des Wein­ baues und der Imkerei, in der Forstwirtschaft, bei der Jagd und in der Tierzucht, 3. in der Fischerei, in der See-3*)2 4 und 5 6 Binnenschiffahrt/) in der Flößerei*) und in der Luftfahrt, ausschließlich der zugehörigen Land- und Bodenbetriebe. (2) Für Nebenbetriebe der im Abs. 1 Nr. 2 genannten Wirtschafts, zweige gilt dieses Gesetz, sofern sie ihrer Art nach unter dieses Gesetz fallen und nicht nur für eigenen Bedarf arbeiten?) (3) Auf die in Familienbetrieben beschäftigten Jugendlichen/) die mit dem Unternehmer oder dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind, finden nur die Vorschriften des § 20 dieses Gesetzes über gefährliche Arbeiten Anwendung: die übrigen Vorschriften gelten nur als Richtlinien, soweit nicht das Gewerbeaufsichtsamt im Bedarfsfälle für einzelne Betriebe ihre Befolgung zwingend anordnet. Ein Betrieb ist ein Familienbetrieb, wenn in ihm regelmäßig nur Mitglieder des Familienhaushalts beschäftigt werden, die mit dem Unternehmer oder dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind. (4) Der Reichsarbeitsminister kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Fachminister Bestimmungen darüber erlassen, ob einzelne Arten von Betrieben oder Beschäftigungen unter die vorstehenden Ausnahmen fallen. Soweit derartige Bestimmungen nicht erlassen sind, kann das Gewerbeaufsichtsamt im Einzelfalle eine entsprechende Entscheidung treffen.

$ 3.

Begriff der Arbeitszeit.

(1) Tägliche Arbeitszeit*) ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen (§ 15)?) Wochenarbeitszeit ist die Arbeitszeit von Montag bis einschließlich Sonntag.

Zu § 2:1) Also die Hausangestellten, Hausgehilfinnen usw. Ist Haus­ wirtschaft und Gewerbebetrieb gemischt, so entscheidet sich die Anwendung des Ges. danach, welche Beschäftigung überwiegt. 2) S. Anm. 3 zu § 1 AZO., abgedr. B VI6. — Dgl. die Borl. LandarbeitsO. vom 24. Jan. 19 (RGBl. I S. 111). 3) Vgl. SeemannsO. vom 2. Juni 02 (RGBl. S. 175), i. F. vom 30.Mai 29 (RGBl. II S. 383); nach § 7 Abs. 2 dürfen Kinder im Schiffsdienst nicht verwendet werden. 4) S. Ziff. der AusfBO. Danach dürfen Kinder in Binnenschiffahrt und Flößerei nicht beschäftigt werden, für Jugendliche gilt bis auf weiteres die AZO. 5) Also gewerbliche Betriebe sind. 6) Nur die Jugendlichen, nicht die Kinder, insoweit f. § 5 Abs. 2, 3. Zu 8 3:1) Dgl. § 2 Abs. 1 AZO. (B VI6) nebst Anm. S. ferner § 7 Abs. 1. 2) über Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2 AZO.

B VI 7. Jugendschutzgesetz §§ 4 u. 5.

877

(2) Arbeitszeit ist auch die Zeit, während der ein im übrigen im Betriebe Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird. Werden Kinder oder Jugendliche von mehreren Stellen beschäftigt, so dürfen die ein­ zelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten. (3) Werden Kinder oder Jugendliche in erheblichem Maße mit Arbeiten, die unter dieses Gesetz fallen, und auch in anderen Wirt­ schaftszweigen (§ 2 Abs. 1) in einem Lehr- oder Arbeitsverhältnis beschäftigt, so finden die Vorschriften des § 5 Abs. 3 Nr. 2 und der §§ 7 bis 13 über die Dauer der Arbeitszeit auf die gesamte Beschäftigung Anwendung.

Zweiter Abschnitt: Kinderarbeit. § 4. Verbot der Kinderarbeit. (1) Kinderarbeit ist grundsätzlich verboten. (2) Ausnahmen sind nur zulässig, soweit sie in den nachfolgenden Vorschriften ausdrücklich vorgesehen sind.

§ 5. Kinderarbeit vor Beendigung der Bolksschulpflicht. (1) Volksschulpflichtige Kinder *) dürfen nur beschäftigt wenn dem Unternehmer vor Beginn der Beschäftigung eine karte ^).des Kindes ausgehändigt worden ist. Dies gilt nicht für gelegentliche Beschäftigung von Kindern über zwölf Jahre zelnen Arbeitsleistungen.

werden, Arbeits­ eine nur mit ein­

(2) Volksschulpflichtige Kinder über zwölf Jahre dürfen mit leichten Arbeiten im Handelsgewerbe, mit dem Austragen von Waren, mit anderen Botengängen und mit Handreichungen beim Sport be­ schäftigt werden. In Familienbetrieben ist auch eine Beschäftigung mit anderen Arbeiten zulässig, soweit nicht der Reichsarbeitsminister die Arbeiten ausdrücklich als ungeeignet bezeichnet hat?) (3) Für die Beschäftigung von Kindern nach Abs. 2 gelten fol­ gende Beschränkungen:

1. Die Kinder dürfen nur in der Zeit zwischen acht und neunzehn Uhr und nicht vor dem Vormittagsunterricht beschäftigt werden; in diesen Grenzen muß auch die für den Arbeitsweg aufzuwen­ dende Zeit liegen. Zu 5: 1) Uber Volksschulpflicht s. Anm. 2 zu § 1. 2) Bez. der Arbeitskarte s. die eingehenden Vorschriften in der AusfBO. zu § 5 Abs. 1. 3) S. AusfBO. zu 8 5 Abs. 2 mit der Anlage, in der die ungeeigneten Beschäftigungen aufgezählt sind.

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B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

2. Die Beschäftigung darf nicht länger als zwei Stunden, während der Schulferien nicht länger als vier Stunden täglich dauern. Nach dem Vormittagsunterricht ist eine mindestens zweistündige, nach dem Nachmittagsunterricht eine mindestens einstündige ununterbrochene arbeitsfreie Zeit zu gewähren. 3. Bei einer Beschäftigung von mehr als drei Stunden täglich den Kindern eine Ruhepause von einer halben Stunde zu ge­ währen; die halbstündige Pause kann durch zwei Ruhepausen von je einer Viertelstunde ersetzt werden. 4. Während der Schulferien sind die Kinder jährlich mindestens fünfzehn Werktage von der Beschäftigung freizulassen. Diese arbeitsfreie Zeit ist nach Möglichkeit zusammenhängend zu ge­ währen; sie darf nicht in mehr als zwei Abschnitte zerlegt werden. 5. An Sonn- und Feiertagen dürfen Kinder nicht beschäftigt werden. Zulässig sind Handreichungen beim Sport für die Dauer von vier Stunden. (4) Bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und anderen Schaustellungen oder Darbietungen, bei denen Belange der Kunst oder Wissenschaft es erfordern, und bei Filmaufnahmen kann das Ge­ werbeaufsichtsamt ausnahmsweise die Beschäftigung von Kindern zulassen?) Die Verwendung von Kindern unter drei Jahren darf je­ doch nur zugelassen werden, wenn ein erhebliches wissenschaftliches oder künstlerisches Bedürfnis sie notwendig macht und nachweislich besondere Vorkehrungen zum Schutze der Gesundheit und zur sach­ kundigen Pflege und Beaufsichtigung der Kinder getroffen sind. Das Gewerbeaufsichtsamt hat die näheren Bestimmungen über die Lage und Dauer der Beschäftigung, über die Ruhepausen und über etwaige Sonntagsarbeit zu treffen.

§6. KinderarbeitnachBeendigungderVolksschulpflicht. (1) Kinder, die nicht mehr volksschulpflichtig sind/) dürfen bis zu sechs Stunden täglich beschäftigt werden?) Im übrigen finden die Vorschriften des Dritten Abschnitts über die Arbeitszeit der Jugend­ lichen mit Ausnahme des § 8 Abs. 2 Anwendung. In einem Lehrver­ hältnis dürfen Kinder, die nicht mehr volksschulpflichtig sind, nach An­ zeige an das Gewerbeaufsichtsamt ebenso wie Jugendliche beschäftigt werden?) 4) S. dazu Ziff. 20—28 der AusfBO. Zu § 6: 1) Uber Bolksschulpflicht s. Anm. 2 zu 8 1. 2) Ausschließlich der Unterrichtszeit in einer Berufsschule; einschl. dieser Zeit darf die tägl. Arbeitszeitrecht Stunden nicht überschreiten, Ziff. 29 der AusfBO. 3) Sofern die Beschäftigung sechs Stunden überschreitet, Ziff. 30 der

B VI7. Jugendschutzgesetz §§ 7—9.

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(2) Bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, anderen Schau­ stellungen, Darbietungen oder Lustbarkeiten und bei Filmaufnahmen ist eine Beschäftigung nur mit Genehmigung des Gewerbeaufsichts­ amts zulässig. Dieses hat die näheren Bestimmungen über die Lage und Dauer der Beschäftigung, über die Ruhepausen und über etwaige Sonntagsarbeit zu treffen.

Dritter Abschnitt: Arbeitszeit der Jugendlichen.

§ 7. Regelmäßige Arbeitszeit. (1) Die tägliche Arbeitszeit') der Jugendlichen darf acht Stunden, ihre Wochenarbeitszeit achtundvierzig Stunden nicht überschreitend) (2) Bei Arbeiten, die ihrer Art nach einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, darf die Wochenarbeitszeit der Jugendlichen über sechzehn Jahre im Durchschnitt von zwei Wochen zweiundfünfzig Stunden betragen?)

§ 8. Berufsschule. (1) Den Jugendlichen ist die zur Erfüllung der gesetzlichen Berufs­ schulpflicht notwendige Zeit zu gewähren.') (2) Die Unterrichtszeit in einer Berufsschule ist auf die Dauer der Arbeitszeit anzurechnen?) Die Erziehungsbeihilfe oder der Lohn ist für die Unterrichtszeit weiterzuzahlen.

§ 9. Andere Verteilung der Arbeitszeit.') (1) Wird die Arbeitszeit an einzelnen Tagen regelmäßig verkürzt, so kann die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Tage derselben AusfVO. — Dasselbe gilt für Kinder in anerkannten Anlernverhältnis, Ziff. 30 der AusfBO. Anlernverbältnis ist Ausbildung für Spezialarbeit. Zu § 7: 1) S. 8 3. 2) S. dazu § 23 Abs. 1 Ziff. 3. — Während des Krieges Verlängerung (5—24 Uhr), Erl. d. RArbM. v. 11. Septbr. u. 12. Dezbr. 39 (RArbBl. III S. 293, 380). 3) S. dazu Ziff. 32 der AusfVO. Zu § 8:1) Uber die Berufsschulpflicht s. 88 8—14 des Reichsschulpflicht6es., abgedruckt unter BIII12. Berufsschulen sind auch die anerkannten Werkschulen. 2) Die Anrechnung war früher nicht vorgeschrieben; sie ist eine bedeut­ same Neuerung. Ausnahmen können nach 8 28 Abs. 1 Ziff. 2 gestattet werden, allerdings zeitlich begrenzt für eine Übergangszeit. Bei Kindern, die nicht mehr volksschulpflichtig sind und nur sechsstündige Arbeitszeit haben (8 6 Abs. 1), findet wegen dieser verkürzten Arbeitszeit keine Anrechnung statt, Rohm er. Komm. Anm. 2 zu 8 8. Angerechnet kann nur die gesetzliche Schul­ zeit werden, nicht die fteiwillige, Siebert, Komm. Anm. 6d zu 8 8. Die Anrechnung umfaßt nicht auch den Schulweg. Zu 8 9: 1) 89 Abs. 1 u. 2 sind gleichbedeutend mit 8 4 Abs. 1 u. 2 AZO. S. daselbst nebst Erläuterungen. — S. ferner die Ziff. 33—36 der AusfBO.

880

B VI. Arbeit-- und Sozialrecht.

sowie der vorhergehenden oder der^folgenden^Woche verteilt werden.

Dieser Ausgleich ist ferner zulässig, soweit die Art des Betriebes eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert; das Gewerbe­ aufsichtsamt kann bestimmen, ob diese Voraussetzung vorliegt. (2) Die durch Betriebsfeiern, Volksfeste, öffentliche VeranstalLungen oder aus ähnlichen: Anlaß ausfallende Arbeitszeit kann auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage ein­ schließenden Wochen verteilt werden. Dasselbe gilt, wenn in Verbin­ dung mit Feiertagen die Arbeitszeit an Werktagen ausfällt, um den Gefolgschaftsmitgliedern eine längere zusammenhängende Freizeit zu gewähren. (3) Die tägliche Arbeitszeit darf bei Anwendung der Vorschriften der Absätze 1 und 2 neun Stunden nicht überschreiten?)

§ 10. Vor- und Abschlußarbeiten?) (1) Vor- und Abschlußarbeiten sind grundsätzlich durch späteren Beginn oder frühere Beendigung der Arbeitszeit oder durch längere Ruhepausen auszugleichen. (2) Falls die Ausbildung der Jugendlichen es erfordert, oder fall­ zwingende betriebliche Gründe vorliegen, darf die nach den §§ 7 und 9 zulässige Dauer der Arbeitszeit für Jugendliche über sechzehn Jahre um eine halbe Stunde täglich in folgenden Fällen ausgedehnt werden: 1. bei Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, soweit sich diese Arbeiten während des regelmäßigen Betriebes nicht ohne Unter­ brechung oder erhebliche Störung ausführen lassens) 2. bei Arbeiten, von denen die Wiederaufnahme oder Aufrecht­ erhaltung des vollen Betriebes arbeitstechnisch abhäugt,*) 3. bei dem Zuendebedienen der Kundschaft einschließlich der damit zusammenhängenden notwendigen Aufräumungsarbeiten?) (3) Das Gewerbeaufsichtsamt kann bestimmen, welche Arbeiten als Vor- und Abschlußarbeiten gelten.

$ 11. Behördliche Genehmigung von Arbeitszeitver­ längerungen. Das Gewerbeaufsichtsamt*) kann eine Überschreitung der nach den

2) Vgl. § 4 Abs. 3 AZO. Dort für zehn Stunden vorgesehen. — Aus­ nahmen lassen die §§ 11, 12 zu, aber nur für Jugendliche über 16 Jahren. Bu § 10:1) Vgl. § 5 AZO. der Grundsatz des Abs. 1 von § 10 ist dort ent­ halten; er ist ausgesprochen zum Schutze der Jugend. 2) § 10 Abs. 2 Ziff. 1 u. 2 entsprechen Ziff. 3 des § 105 c GewO, hierher gehört Reinigung der Räume, der Maschinen, die zum Produktionsgang in Betrieb sein müssen, Besorgung der Heizung usw. 3) S. Sinnt. 2 zu § 5 AZO. Zu § 11: 1) Arbeitszeitverlängerung durch Tarifordnung ist nicht zu-

B VI7. Jugendschutzgesetz §§ 12-14.

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§§ 7, 9 und 10 zulässigen Dauer der Arbeitszeit für Jugendliche über sechzehn Jahre bis zu zehn Stunden täglich und vierundfünfzig Stun­ den wöchentlich zulassen,*2) 1. wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fällt und aus diesem Grunde die Arbeitszeit für die erwachsenen Gefolgschaftsmitglieder verlängert ist, 2. wenn aus dringenden Gründen des Gemeinwohls, insbeson­ dere zur Ausbildung der Jugendlichen, Mehrarbeit erforderlich ist.

§ 12. Höchstgrenze für Arbeitszeitverlängerungen. Die Arbeitszeit darf auch bei Zusammentreffen der Ausnahmen durch andere Verteilung der Arbeitszeit, durch Vor- und Abschluß­ arbeiten und durch behördliche Genehmigung von Arbeitszeitverlänge­ rungen zehn Stunden täglich und vierundfünfzig Stunden wöchentlich nicht überschreiten?)

§ 13. Mehrarbeitsvergütung. (1) Wird auf Grund des § 11 Nr. 2 Mehrarbeit geleistet, so haben die Jugendlichen mit Ausnahme der Lehrlinge für die über die Gren­ zen der §§ 7 und 9 hinausgehende Arbeitszeit Anspruch auf eine ange­ messene Vergütung über den Lohn für die regelmäßige Arbeitszeit hinaus. (2) Als angemessene Vergütung gilt, wenn nicht die Beteiligten eine andere Regelung vereinbaren oder ein Reichsminister durch ge­ meinsame Dienstordnung, der Reichsarbeitsminister oder der Reichs­ treuhänder (Sondertreuhänder) der Arbeit eine abweichende Rege­ lung trifft, ein Zuschlag von fünfundzwanzig vom Hundert.

§ 14. Arbeitsfreie Zeiten. (1) Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist den Jugend­ lichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden zu gewähren. (2) In Gast- und Schankwirtschaften, im übrigen Beherbergungs­ wesen und in Bäckereien und Konditoreien darf die ununterbrochene Ruhezeit für Jugendliche über sechzehn Jahre auf zehn Stunden ver­ kürzt werden. lässig. Außer den Fällen der §§ 9 u. 10 kann nur gemäß § 11 das Gewerbe­ aufsichtsamt die Arbeitszeit verlängern. — S. auch die Zifs. 38—40 der AusfVO. 2) S. hierzu jetzt § 4 ArbeitsschutzVO. v. 12. Dezbr. 39 (RGBl. I S. 2403). Zu § 12: 1) über Ausnahmen in Notfällen s. § 19. S. jetzt ferner § 4 ArbeitsschutzVO. v. 12. Dezbr. 39 (RGBl. I S. 2403) u. Erl. v. 11. Septbr. u. 12. Dezbr. 39 (RArbBll III S. 293, 380) sowie v. 14. Jan. 40 (NArbBl. I S. 41). Dalcke, Strafrecht.

32. Aufl.

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B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

§ 15. Ruhepausen. *) (1) Den Jugendlichen müssen bei einer Arbeitszeit von mehr aG viereinhalb Stunden eine oder mehrere im voraus feststehende Ruhe­ pausen von angemessener Dauer innerhalb der Arbeitszeit gewährt werdend) Die Ruhepausen müssen mindestens betragen bei mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden Arbeitszeit zwanzig Minuten, bei mehr als sechs bis zu acht Stunden eine halbe Stunde, bei mehr als acht bis zu neun Stunden drei Viertelstunden und bei mehr als neun Stunden eine Stunde. Länger als viereinhalb Stunden hintereinander dürfen Jugendliche nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden. (2) Als Ruhepausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von min­ destens einer Viertelstunde. (3) Während der Ruhepausen darf den Jugendlichen eine Be­ schäftigung im Betriebe nicht gestattet werden. Für den Aufenthalt während der Pausen sind nach Möglichkeit besondere Aufenthalts­ räume oder freie Plätze bereitzustellen. Der Aufenthalt in den Ar­ beitsräumen darf nur gestattet werden, wenn die Arbeit in den Teilen des Betriebes, in denen die Jugendlichen sich aufhalten, während der Pausen völlig eingestellt und auch sonst die notwendige Erholung nicht beeinträchtigt wird. Die Heranziehung zu körperlichen Übungen, die der Erholung und Kräftigung dienen, ist zulässig. (4) Das Gewerbeaufsichtsamt kann, soweit es mit der Rücksicht auf die Schutzbedürftigkeit der Jugendlichen vereinbar ist, aus wich­ tigen Gründen eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelung zulassen?) Es kann für Betrieb oder Betriebsteile oder für bestimmte Arbeiten, soweit die Schwere der Arbeit oder der sonstige Einfluß der Beschäftigung auf die Gesundheit der Jugendlichen es erwünscht er­ scheinen läßt, über die Vorschriften der Absätze 1 und 2 hinausgehende Pausen anordnen.

§ 16. Nachtruhe. (1) Jugendliche dürfen nicht, in der Nachtzeit von zwanzig bis sechs Uhr beschäftigt wdrden?) *) Gilt z. Zt. nur für Arbeiten mit erheb!, körperlicher Anstrengung oder unter erschwerender Arbeitsbedingung, Erl. v. 11. Septbr. u. 12. Dezbr. 39 (RArbBl. III S. 293, 380), Ziff. 3 bzw. 8. Zu § 15:1) Über den Begriff Ruhepausen s. Anm. 1 zu § 2 AZO. Über den Aushang mit Angaben der Ruhepausen s. § 23. 2) Bei der Abweichung sind Art der Arbeit, Beschaffenheit oder Arbeits­ räume, Alter und Geschlecht der Jugendlichen u. dgl. zu berücksichtigen, s. Ziff. 42, 43 AusfBO. Zu § 16: 1) Ausnahmen vom Verbot der Nachtarbeit kann für eine Übergangszeit der RArbM. gestatten, § 28 Abs. 1 Ziff. 3.

B VI 7. Jugendschutzgesetz § 16.

883

(2) In Gast- und Schankwirtschaften und im übrigen Beher­ bergungswesen dürfen Jugendliche unter sechzehn Jahren bis ein­ undzwanzig Uhr und Jugendliche über sechzehn Jahre bis dreiund­ zwanzig Uhr beschäftigt werden?) In Gast- und Schankwirtschaften, in denen der Hauptgeschäftsverkehr regelmäßig in den späten Abend­ stunden liegt, kann das Gewerbeaufsichtsamt die Beschäftigung Jugendlicher über sechzehn Jahre als Kellner und Köche bis vierund­ zwanzig Uhr zulassen. Weibliche Jugendliche dürfen nach zweiund­ zwanzig Uhr nicht zur Bedienung der Gäste herangezogen werden. (3) In Bäckereien und Konditoreien dürfen Jugendliche über sechzehn Jahre in der Nachtzeit beschäftigt werden, soweit nach dem Gesetz über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 29. Juni 1936 (RGBl. I S. 521)2 3)4 die Herstellung von Bäcker- und Konditorwaren während der Nachtzeit erlaubt ist. (4) Bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, anderen Schau­ stellungen, Darbietungen oder Lustbarkeiten und bei Filmaufnahmen dürfen Jugendliche bis vierundzwanzig Uhr beschäftigt werden, Jugendliche unter sechzehn Jahren jedoch nur nach vorheriger An­ zeige an das Gewerbeaufsichtsamt. Das-Gewerbeaufsichtsamt kann die Beschäftigung Jugendlicher unter sechzehn Jahren nach zwanzig Uhr untersagen oder von Bedingungen abhängig machen. (5) In mehrschichtigen Betrieben dürfen Jugendliche über sech­ zehn Jahre in wöchentlichem Wechsel bis dreiundzwanzig Uhr be­ schäftigt werden. Nach vorheriger Anzeige an das Gewerbeaufsichts­ amt kann abweichend von der Vorschrift des Absatzes 1 die Frühschicht regelmäßig frühestens um fünf Uhr beginnen, wenn die Spätschicht entsprechend früher endet; in diesem Falle dürfen in der Frühschicht auch Jugendliche unter sechzehn Jahren von fünf Uhr ab beschäftigt werden. Das Gewerbeaufsichtsamt kann zulassen, daß die Spätschicht regelmäßig spätestens um vierundzwanzig Uhr endet, wenn die Früh­ schicht entsprechend später beginnt?») (6) Das Gewerbeaufsichtsamt kann in Betrieben, in denen die Arbeiter in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze aus­ gesetzt sind, in der warmen Jahreszeit die Beschäftigung Jugendlicher vor sechs Uhr zulassen?) 2) Die Bestimmungen des Gaststätteng es. und landesrechtliche Vor­ schriften mit weitergehenden Schutzmaßnahmen (so in Preußen bez. Be­ schäftigung weiblicher Arbeitnehmer BO. vom 27. Mai 33, GSS. 213) bleiben unberührt, Erl. des RArbM. vom 12. Dezbr. 38 (RArbBl. IIIS. 290). 3) S. Anm. 5 zu § 1 der AZO. 3 a) Während des Krieges Beschäftigungszeittaum 5—24 Uhr, Erl. v. 9. Septbr. u. 12. Dezbr. 39 (RArbBl. III S. 293, '380) Ziff. 4 bzw. 3. 4) S. hierzu Nr. 48 der AusfBO.

884

B VI. ArbeitS- und Sozialrecht. § 17.

Frühschluß vor Sonn- und Feiertagen.*)

(1) An den Sonnabenden und den Tagen vor dem Weihnachts­ und Neujahrsfest dürfen Jugendliche in einschichtigen Betrieben nicht nach vierzehn Uhr beschäftigt werden. Der durch den Frühschluß ein­ tretende Ausfall an Arbeitsstunden kann entsprechend den Vorschriften des § 9 über andere Verteilung der Arbeitszeit ausgeglichen werden. (2) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden, soweit bisher eine Beschäftigung am Sonnabendnachmittag üblich gewesen ist, keine An­ wendung auf das Verkehrswesen, auf Fleischereien,**) auf Bäckereien und Konditoreien,2) auf Gast-und Schankwirtschaften/) auf das Friseur­ handwerk, auf Gärtnereien, auf Ausbesserungswerkstätten 'für Kraft­ fahrzeuge und Fahrräder, auf Krankenpflegeanstalten/) auf Musik­ aufführungen, Theatervorstellungen, andere Schaustellungen, Dar­ bietungen oder Lustbarkeiten, auf Filmaufnahmen, auf offene Ver­ kaufsstellen/) auf den Marktverkehr und auf Handreichungen beim Sport. Sie finden weiter keine Anwendung auf Jugendliche über sechzehn Jahre in den mit offenen Verkaufsstellen verbundenen Än­ derungswerkstätten, soweit die Arbeiten nicht durch geeignete Er­ wachsene ausgeführt werden können. Jugendliche, die auf Grund dieser Vorschriften abweichend vom Abs. 1 beschäftigt werden, sind an einem anderen Tage der nächsten Woche von vierzehn Uhr ab von der Arbeit freizulassen. An Stelle des freien Nachmittags kann in jeder zweiten Woche ein Vormittag bis vierzehn Uhr freigegeben werden. (3) Der Reichsarbeitsminister kann Ausnahmen von den Vor­ schriften des Absatzes 1 für einzelne Arten von Betrieben oder Be­ schäftigungen zulassen, insbesondere für Gewerbe, in denen an diesen Tagen regelmäßig ein erhöhter Arbeitsbedarf vorhanden ist/) (4) Aus dringenden Gründen des Gemeinwohls oder wenn ein unverhältnismäßiger, auf andere Weise nicht zu verhütender Schaden für den Betrieb eintreten würde, kann das Gewerbeaufsichtsamt für insgesamt sechs Sonnabende im Kalenderjahr, jedoch für höchstens Zu § 17: 1) S. betr. Sonderregelungen in der Kriegszeit Nr. 5. d. Erl. d. RArbMin. v. 11. Septbr. 39 (NArbBl. HI S. 293) u. Nr. 7 d. Erl. d. RArbM. v. 12. Dezbr: 39 (RArbBl. III S. 380). 1 a) Vgl. § 16 GewO. 2) Vgl. Anm. 5 zu 8 1 AZO. 3) S. 88 1, 23 ff. Gaststättenges. 4) S. BO. über Arbeitszeit in Krankenpflegeanstalten vom 13. Febr. 24 (RGBl. IS. 66,154). S. dazu für die Kriegszeit Erl. d. RArbM. v. 12. Septbr. 39 (RArbBl. III S. 380) Ziff. I. 5) S. Anm. 80 zu 8 41a GewO. 6) S. die auch auf Grund des 8 28 ergangenen GlaShüttenBO. vom 23. Dezbr. 38 und BO. Wer Beschäftigung Jugendlicher im Bergbau vom 20. Jan. 39, s. Anm. 1 zu 8 28.

B VI 7. Jugendschutzgesetz § 18.

885

zwei Sonnabende hintereinander die Beschäftigung Jugendlicher über sechzehn Jahre abweichend von den Vorschriften des Absatzes 1 zu­ lassen. Für weitere sechs Sonnabende im Jahr und für mehr als zwei Sonnabende hintereinander kann die höhere Verwaltungsbehörde die gleichen Ausnahmen zulassen. $ 18. Sonn- und Feiertagsruhe. (1) An Sonn- und geiettogenT) dürfen Jugendliche nicht beschäf­ tigt werden. (2) Zulässig ist die Beschäftigung von Jugendlichen über sechzehn Jahre bei Arbeiten, die ihrer Art nach einen ununterbrochenen Fort­ gang erfordern, falls für diese Arbeiten die Beschäftigung erwachsener Gefolgschaftsmitglieder an Sonn- und Feiertagen gestattet ist.la) Jeder zweite Sonntag muß beschäftigungsfrei bleiben. (3) 2* )3Zulässig ist die Beschäftigung von Jugendlichen in Gast- und Schankwirtschasten und im übrigen Beherbergungswesen, in Kranken­ pflegeanstalten, bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, anderen Schaustellungen, Darbietungen oder Lustbarkeiten und im Markt­ verkehr. Den hiernach an Sonn- und Feiertagen beschäftigten Jugend­ lichen ist wöchentlich ein voller Ruhetag zu gewähren. In jeder vierten Woche muß der Ruhetag auf einen Sonntag fallen. (4) Zulässig ist die Beschäftigung von Jugendlichen mit Hand­ reichungen beim Sport bis zur Dauer von sechs Stunden. Zulässig ist ferner die Beschäftigung von Jugendlichen in offenen VerkaufsfteHen8) an höchstens sechs Sonn- und Feiertagen im Kalenderjahr, soweit an diesen nach den Vorschriften der Gewerbeordnung § 105b Abs. 2 eine Beschäftigung Erwachsener gestattet ist. Die Dauer dieser Beschäftigungen wird auf die Wochenarbeitszeit (§ 7) nicht angerechnet. (5) Aus dringenden Gründen des Gemeinwohls oder wenn ein unverhältnismäßiger, auf andere Weise nicht zu verhütender Schaden für den Betrieb eintreten würde, kann das Gewerbeaufsichtsamt für insgesamt sechs Sonntage im Kalenderjahr, jedoch für höchstens zwei Sonntage hintereinander die Beschäftigung Jugendlicher über sech­ zehn Jahre abweichend von den Vorschriften des Absatzes 1 zulassen. Für weitere sechs Sonntage im Jahr und für mehr als zwei Sonn­ tage hintereinander kann die höhere Verwaltungsbehörde die gleichen Ausnahmen zulassen. Zu § 18: 1) Über Feiertage s. das Ges. über Feiertage, abgedr. unter BIII4. — S. z. Zt. ferner die BO. über die Entladung von Waren v. 30. Novbr. 39 (RGBl. I S. 2328). la) (g. §§ 105e—f GewO., abgedr. BIV 1. 2) Vgl. hierzu die Anm. zu § 17. 3) S. Anm. 80 zu 8 412 GewO.

B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

§ 19. Ausnahmen in Notfällen. Die Vorschriften des § 7 über regelmäßige Arbeitszeit und der §§ 14 bis 18 über arbeitsfreie Zeiten, Ruhepausen, Nachtruhe, Früh­ schluß vor Sonn- und Feiertagen und über Sonn- und Feiertagsruhe finden keine Anwendung auf vorübergehende Arbeiten, die in Not­ fällen sofort vorgenommen werden müssen.1) Der Betriebsführer hat die Vornahme solcher Arbeiten dem Gewerbeaufsichtsamt unverzüg­ lich anzuzeigen.

§ 20. Gefährliche Arbeiten. (1) Der Reichsarbeitsminister kann die Beschäftigung Jugend­ licher für einzelne Arten von Betrieben oder Arbeiten, die mit be­ sonderen Gefahren für die Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, gänzlich untersagen oder von Bedingungen abhängig machen.1) (2) Unabhängig von einer Regelung nach Abs. 1 kann das Ge­ werbeaufsichtsamt in einzelnen Fällen die Beschäftigung Jugend­ licher mit gefährlichen Arbeiten untersagen oder von Bedingungen abhängig machen?)

§ 21. Urlaub. (1) Der Betriebsführer1) hat jedem Jugendlichen für jedes Kalen­ derjahr, in dem er länger als drei Monate ohne Unterbrechung des Lehr- oder Arbeitsverhältnisses bei ihm tätig gewesen ist, unter Fort­ gewährung der Erziehungsbeihilfe oder des Lohnes Urlaub zu erteilen.2) Die Pflicht zur Urlaubserteilung besteht nicht, soweit dem Jugend-

Zu § 19: 1) Vgl. § 14 AZO. Zu § 20: 1) S. die auf Grund des § 120e GewO, ergangenen BO., zit. in Anm. 6 zu § 120e GewO. S. ferner die GlashüttenVO. vom 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1961), die feo. über die Beschäftigung Jugendlicher in der Eisenschaffenden Industrie vom 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1938) und die BO. über die Beschäftigung Jugendlicher in bergbaulichen Betrieben vom 20. Jan. 39 (RGBl. I S. 97)' — S. ferner Ziff. 52 der AusfVO. betr. weib­ liche Jugendliche in Bergwerken, Salinen, Eisenwerken, Kokereien usw. 2) S. dazu Ziff. 53 der AusfBO. Zu § 21: 1) Die Vorschriften des § 21 sind auf weitere Wirtschafts­ zweige, wie Hauswirtschaft, Landwirtschaft, Fischerei usw. ausgedehnt, JugendurlaubsVO. v. 15. Juni 39 (RGBl. I S. 1029). 2) Jeder Jugendliche hat Anspruch auf den vollen, seiner Altersstufe gesetzlich zugemessenen Urlaub u. daher, falls im Vorjahr nach Tarif nur kürzerer Urlaub erteilt, auf Erteilung des sich ergebenden Nesturlaubs, RArbG. 22 S. 197. — Einem Jugendlichen, der während des Urlaubsjahres aus dem Betrieb ausscheidet, steht Geldvergütung für den fälligen, aber nicht genommenen Urlaub zu, es sei, daß im Einzelfall Treu u. Glauben den An­ spruch ausschließen, RArbG. DRW. 40 S. 563. Der Anspruch besteht, sobald er auch nur einen Tag länger als drei Monate im Betriebe tätig war, RAtbG. 23 S. 141. — S. ferner über das Urlaubsrecht des Jugendlichen Kalberl a h, ZAkDR. 40 S. 300.

B VI 7. Jugendschutzgesetz §§ 22 u. 23.

887

lichen für das Kalenderjahr bereits von einem anderen Betriebsführer Urlaub gewährt worden ist. Sie entfällt, wenn der Jugendliche durch eigenes Verschulden aus einem Grunde entlassen wird, der eine frist­ lose Kündigung rechtfertigt, oder wenn er das Lehr- oder Arbeits­ verhältnis unberechtigt vorzeitig löst. (2) Der Urlaub ist nach Möglichkeit zusammenhängend in der Zeit der Berufsschulferien und in der Zeit eines Lagers oder einer Fahrt der Hitlerjugend zu erteilen. Er ist spätestens bis zum einunddreißigsten März des folgenden Jahres zu gewähren. Die Mindestdauer des Urlaubs beträgt für Jugendliche untrt sechzehn Jahren fünfzehn, für Jugendliche über sechzehn Jahre zwölf Werktage. Sie erhöht sich auf achtzehn Werktage, wenn der Jugendliche mindestens zehn Tage an einem Lager oder einer Fahret der Hitlerjugend teilnimmt?) Maß­ gebend für die Urlaubsdauer ist das Alter des Jugendlichen bei Beginn des Kalenderjahres. (3) Während des Urlaubs darf der Jugendliche keine dem Ur­ laubszweck widersprechende Erwerbsarbeit leisten?)

§ 22. Öffentliche Betriebe und Verwaltungen?) Für die Betriebe und Verwaltungen des Reichs, des „Unter­ nehmens Reichsautobahnen", der Reichsbank und der Länder und für die Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände können die vorgesetzten Dienstbehörden die für Beamte gültigen Dienstvorschriften über die Arbeitszeit im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister auf Jugendliche über sechzehn Jahre übertragen. Vierter Abschnitt: Durchführungsvorschriften. § 23. Aushänge und Verzeichnisse?) (1) Jeder Betriebssichrer, der Jugendliche beschäftigt, ist ver­ pflichtet: 1. ein Verzeichnis, der Jugendlichen mit Tag und Jahr ihrer Geburt und mit dem Tage ihres Eintritts in den Betrieb zu führen; in dieses Verzeichnis ist der nach § 21 gewährte Urlaub für jeden Jugendlichen einzutragen. Das Verzeichnis ist mindestens zwei Jahre nach der letzten Eintragung aufzubewahren. 3) S. hierzu auch Erl. d. RArbM. betr. Urlaub für Jugendliche, die an Führerlehrgängen teilnehmen, v. 7. Juni 40 (RArbBl. I S. 157). 3) Auch pflichtwidrig versäumte Arbeitszeit tst nicht im Urlaub nach­ zuholen; insoweit ist vielmehr, .falls die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, auf'gerichtliche Bestrafung mit Jugendarrest hinzuwirken, Erl. d. RÄrbMin. v. 18. Dezbr. 40 (RArbBl. I S. 8). Zu 8 22: 1) Bgl. § 13 AZO. nebst Erl. Zu 8 23: 1) Hierzu sind eingehende Einzelvorschriften in der Ziff. 56 bis 65 der AusfBO. ergangen.

B VI. ArbeitS- und Sozialrecht.

2. einen Abdruck dieses Gesetzes an geeigneter Stelle im Betriebe zur Einsicht auszulegen. 3. einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täg­ lichen Arbeitszeit und der Ruhepausen an sichtbarer Stelle im Betriebe anzubringen, 4. einen Nachweis über die andere Verteilung der Arbeitszeit nach § 9 zu führen, ferner über die Vor- und Abschlußarbeiten nach § 10 und über die Arbeiten in Notfällen nach § 19 und darin Lage und Dauer der Arbeitszeit und ihre Verteilung auf die Jugend­ lichen unverzüglich anzugeben; den beteiligten Gefolgschafts­ mitgliedern ist auf Verlangen Einsicht in den Nachweis zu ge­ währen, 5. ein Verzeichnis über die den Jugendlichen nach § 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 3 als Ersatz für die Beschäftigung am Sonnabend oder am Sonntag zu gewährende Freizeit zu führen. (2) Die im Absatz 1 Nr. 1, 4 und 5 vorgeschriebenen Nachweise sind dem Gewerbeaufsichtsamt auf Verlangen vorzuzeigen oder zur Einsicht einzusenden.

$ 24. Strafvorschriften und Zwangsmaßnahmen. (1) Wer einer Vorschrift dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Verordnung oder Anordnung zuwider­ handelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bestraft?) (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser Strafen. (3) Wer gewissenlos eine Person unter achtzehn Jahren, die durch ein Arbeits- oder Lehrverhältnis von ihm abhungt, durch Überanstrengung in ihrer Arbeitskraft schwer gefährdet, jvird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus. (4) Bei einer Zuwiderhandlung gegen die auf Grund des § 20 erlassenen Bestimmungen über die Beschäftigung bei gefährlichen Arbeiten kann das Gewerbeaufsichtsamt bis zur Herstellung des den Bestimmungen entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebes, soweit er durch die Bestimmungen getroffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachteile oder Gefahren herbeizuführen geeignet wäre. (5) Die Vorschriften der Gewerbeordnung § 151 über die Verant­ wortlichkeit der vom Unternehmer zur Leitung des Betriebes oder eines Betriebsteiles oder zur Beaufsichtigung bestellten Personen finden entsprechende Anwendung.

Zu § 24: 1) Vgl. Anm. 1 zu 8 25 AZO.

B VI 7. Jugendschutzgesetz §§ 25 u. 26.

§ 25. Beschwerden. (1) 1)2Gegen 3 einen auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Bescheid ist die Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde oder, wenn diese den Bescheid erlassen hat, an den Reichsarbeitsminister, bei bergbau­ lichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister, zulässig. (2) 1) Die Beschwerdeentscheidung der höheren Verwaltungsbehörde ist endgültig. Gegen eine auf Grund des § 24 Abs. 4 ergangene An­ ordnung ist jedoch die weitere Beschwerde an den Reichsarbeitsminister bei bergbaulichen Betrieben an den Reichswirtschaftsminister, zulässig. (3) Die Beschwerde steht außer den Beteiligten auch dem Jugendführer des Deutschen Reichs, dem Leiter der Deutschen Arbeitsfront oder deren Beauftragten und den beteiligten berufsständischen Or­ ganisationen zu. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

$ 26. Arbeitsaufsicht und Behördenzuständigkeit?) (1) Die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften dieses Ge­ setzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen obliegt den Gewerbeaufsichtsämtern. Gewerbeaufsichtsamt im Sinne dieses Gesetzes ist die örtlich zuständige Dienststelle der Gewerbeaufsicht.

(2) Die nach diesem Gesetz dem Gewerbeaufsichtsamt zustehenden Befugnisse üben bei bergbaulichen Betrieben die Bergbehörden aus. (3) Auf die Befugnisse und Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden

finden die Vorschriften des § 139b der Gewerbeordnung Anwendung. (4) Die nach diesem Gesetz dem Gewerbeaufsichtsamt zustehenden Befugnisse übt für den Bereich mehrerer Gewerbeaufsichtsämter die höhere Verwaltungsbehörde aus, für Fälle, die sich über deren Bezirk hinaus erstrecken, der Reichsarbeitsminister und bei bergbaulichen Betrieben der Reichswirtschaftsminister. (5) Der Reichsarbeitsminister ist ermächtigt, die ihm nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse auf eine andere Stelle zu übertragen?) (6) Bei den Betrieben und Verwaltungen des Reichs?) des „Unter­ nehmens Reichsautobahnen", der Reichsbank und der Länder und bei den Verwaltungen der Gemeinden und Gemeindeverbände üben die vorgesetzten Dienstbehörden die dem Reichsarbeitsminister oder anderen Behörden nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse aus; die Verordnungsbefugnis steht jedoch nur den obersten Reichsbehörden zu. Die zuständige oberste Reichs- oder Landesbehörde kann diese

Zu § 25: 1) Abs. 1 und 2 entsprechen völlig dem Abs. 1 u. 2 des § 26 AZO. Zu 8 26 '1) Vgl. § 27 AZO. 2) So in der in Sinnt. 1 zu § 28 zit. BO. 3) S. § 22.

890

B VI. Arbeits- und Sozialrecht.

Befugnisse im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsminister dem Ge­ werbeaufsichtsamt übertragen.

§ 27. Ausführungsbestimmungen. Der Reichsarbeitsminister erläßt nach Anhörung des Jugend­ führers des Deutschen Reichs und im Einvernehmen mit dem Reichs­ wirtschaftsminister die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.') Es kann, soweit es zur Ver­ wirklichung des mit dem Gesetz verfolgten Zweckes erforderlich ist, auch Vorschriften und Anordnungen ergänzenden Inhalts erlassen. § 28.

Übergangsvorschriften.

(1) Der Reichsarbeitsminister kann nach Anhörung des Jugend­ führers des Deutschen Reichs und bei bergbaulichen Betrieben im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister 1. für bestimmte Gewerbezweige die Beschäftigung von Kindern über zehn Jahre, die mit dem Unternehmer oder dessen Ehe­ gatten bis zum dritten Grade verwandt sind, in Familien­ betrieben zulassen, 2. im Einvernehmen mit dem Reichsminister für Wissenschaft, Er­ ziehung und Volksbildung unter zeitlicher Begrenzung für ein­ zelne Arten von Betrieben oder Beschäftigungen zulassen, daß die Unterrichtszeit in einer Berufsschule auf die Dauer der Ar­ beitszeit ganz oder teilweise nicht angerechnet wird, falls durch den Ausfall von Jugendlichen der Betrieb oder Betriebsteile nicht sortgeführt werden könnten,*) 3. unter zeitlicher Begrenzung die Beschäftigung Jugendlicher unter sechzehn Jahren zwischen fünf und vierundzwanzig Uhr und Jugendlicher über sechzehn Jahre während der Nachtzeit zulassen, soweit es das Gemeinwohl, insbesondere die Gefahr des Ver­ derbens von Rohstoffen oder Lebensrnitteln oder die Rücksicht auf die Heranbildung eines geeigneten Nachwuchses, dringend erfordert.*) (2) Der Reichsarbeitsminister und bei bergbaulichen Betrieben der Reichswirtschaftsminister kann ferner in befristeten Ausnahme­ fällen aus dringenden Gründen des Gemeinwohls oder zum Ausgleich ausfallender Arbeitsstunden eine über die Vorschriften des Dritten Zu 8 27: 1) So die AusfBO., s. Anm. * vor § 1. Zu § 28: 1) So die GlashüttenVO. vom 23. Dezbr. 38 (RGBl. I (5.1961), die BO. über hie Beschäftigung Jugendlicher in der Eisenschaffenden Industrie vom 23. Dezbr. 38 (RGBl. I S. 1932) und die VO. über die Be­ schäftigung Jugendlicher in bergbaulichen Betrieben vom 20. Jan. 39 (RGBl. I S. 97). S. ferner die JugendurlaubsBO. v. 15. Juni 39 (RGBl. I S. 1029), vgl. Anm. 1 zu § 21.

B VI8. BO. über das Arbeitsbuch §§ 27 u. 28.

891

Abschnitts dieses Gesetzes hinausgehende Dauer der Arbeitszeit zu­ lassen. Er kann dabei gleichzeitig eine Verkürzung der ununterbroche­ nen Ruhezeit gestalten. Die Vorschrift des § 13 über Mehrarbeits­ vergütung findet Anwendung, soweit es sich nicht um den Ausgleich ausfallender Arbeitsstunden handelt.

§ 29. Inkrafttreten. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1939 in Kraft- die Vorschriften des § 21 über den Urlaub und des § 27 über Ausführungsbestimmungen jedoch schon mit dem Tage der Verkündung?) § 30. Änderung bestehender Gesetze. (1) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes treten die entgegen­ stehenden Vorschriften anderer Gesetze und Verordnungen außer Kraft. (2) Das Gesetz, betreffend Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben, vom 30. März 1903 (RGBl. S. 113) tritt außer Kraft. (3—10) (Die Abs. enthalten Bestimmungen über Gesetzesände­ rungen (z. B. der GewO., AZO.) und Außerkrafttreten anderer Gesetze.)

B VI 8. Verordnung über das Arbeitsbuch. Vom 22. April 1939 (RGBl. I S. 824)')

(Auszug.)

§ 27. Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, sofern nicht nach anderen Strafgesetzen eine schwerere Strafe verwirkt ist, wer 1. wissentlich von einem für einen anderen ausgestellten Arbeits­ buch'Gebrauch macht, als ob es für ihn ausgestellt wäre, 2. ein für ihn ausgestelltes Arbeitsbuch einem anderen zum Ge­ brauch überläßt, 3. unbefugt mehrere Arbeitsbücher sich ausstellen läßt oder mehrere Arbeitsbücher führt, 4. ein für ihn bestimmtes Arbeitsbuch beseitigt oder unbrauchbar . macht. § 28. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft wird bestraft, sofern nicht nach- anderen Strafgesetzen eine schwerere Strafe verwirkt ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. die für die Ausstellung oder Ergänzung des Arbeitsbuches von Zu 8 29: 1) S. Anm. ♦ vor § 1. 1) Die auf Grund dieses Gesetzes ausgestellten Arbeitsbücher fallen nicht unter § 363 StGB. (vgl. dort Anm. 86a).

B VII. Steuerrecht.

ihm verlangten Angaben über seine Person oder sein Berufs­ leben unrichtig oder unvollständig macht, 2. die vorgeschriebenen Eintragungen im Arbeitsbuch (§§ 12 bis 15) nicht unverzüglich macht, unrichtige, unvollständige oder un­ zulässige Eintragungen im Arbeitsbuch macht oder das Ar­ beitsbuch mit unzulässigen Merkmalen versieht, 3. die vorgeschriebenen Anzeigen (§§ 9, 16 bis 18, 22) nicht un­ verzüglich erstattet, 4. ein Arbeitsbuch unbefugt"zurückbehält, 5.*2) einen Arbeiter oder Angestellten beschäftigt, bevor dieser ihm das Arbeitsbuch vorgelegt hat, oder sich als Arbeiter oder Angestellten beschäftigen läßt, bevor er dem Unternehmer das Arbeitsbuch vorgelegt hat, 6.2) als selbständiger Berufstätiger, als Heimarbeiter, Haus­ werbetreibender oder Zwischenmeister oder als mithelfender Familienangehöriger sich nicht unverzüglich ein Arbeitsbuch ausstellen läßt.

vii. Steuerrecht. B VI11. Vorschriften der Veichsabgabenordnung

über Strafrecht und Strafverfahren. Vom 13. Dezember 1919. (RGBl. S. 1993.)

In der Fassung der BO. v. 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161).

Erster Abschnitt.

Strafrechts)

§ 391 (355). Das Strafgesetzbuch gilt, soweit die Steuergesetze nichts Abweichendes vorschreiben. 2) Wegen der zeitlichen Geltung der Vorschrift vgl. § 31 der BO. Zu B VII1: 1) Der Anwendungsbereich der RAbgO. ergibt sich aus den §§ 1—8 a. 8 1 Abs. 2 der RAbgO. lautet in der Fassung des Art. 5 8 7 des dritten Ges. zur Änderung des Finanzausgleichs v. 31. Juli 38 (RGBl. I S. 366): (2) Reichssteuern sind die Steuern, die ganz oder zum Teil zugunsten des Reichs erhoben werden, ferner die Kraftfahrzeugsteuer (einschließlich Zuschlag), die Rennwettsteuer, die Wandergewerbesteuer, die Schlachtsteuer und die Zu­ schläge zur Grunderwerbsteuer. — Das Steuerstrafrecht ist bei Monopol­ vergehen entsprechend anzuwenden. § 128 des Ges. zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol v. 25. März 39 (RGBl. I S. 604). Für LandeSabgaben und andere öffentl.-recht!. Abgaben Preußens gelten nicht die sachlichen Vorschriften des Steuerstrafrechts der RAbgO. RG. JurW. 1937, 1349.

B VII. Steuerrecht.

ihm verlangten Angaben über seine Person oder sein Berufs­ leben unrichtig oder unvollständig macht, 2. die vorgeschriebenen Eintragungen im Arbeitsbuch (§§ 12 bis 15) nicht unverzüglich macht, unrichtige, unvollständige oder un­ zulässige Eintragungen im Arbeitsbuch macht oder das Ar­ beitsbuch mit unzulässigen Merkmalen versieht, 3. die vorgeschriebenen Anzeigen (§§ 9, 16 bis 18, 22) nicht un­ verzüglich erstattet, 4. ein Arbeitsbuch unbefugt"zurückbehält, 5.*2) einen Arbeiter oder Angestellten beschäftigt, bevor dieser ihm das Arbeitsbuch vorgelegt hat, oder sich als Arbeiter oder Angestellten beschäftigen läßt, bevor er dem Unternehmer das Arbeitsbuch vorgelegt hat, 6.2) als selbständiger Berufstätiger, als Heimarbeiter, Haus­ werbetreibender oder Zwischenmeister oder als mithelfender Familienangehöriger sich nicht unverzüglich ein Arbeitsbuch ausstellen läßt.

vii. Steuerrecht. B VI11. Vorschriften der Veichsabgabenordnung

über Strafrecht und Strafverfahren. Vom 13. Dezember 1919. (RGBl. S. 1993.)

In der Fassung der BO. v. 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161).

Erster Abschnitt.

Strafrechts)

§ 391 (355). Das Strafgesetzbuch gilt, soweit die Steuergesetze nichts Abweichendes vorschreiben. 2) Wegen der zeitlichen Geltung der Vorschrift vgl. § 31 der BO. Zu B VII1: 1) Der Anwendungsbereich der RAbgO. ergibt sich aus den §§ 1—8 a. 8 1 Abs. 2 der RAbgO. lautet in der Fassung des Art. 5 8 7 des dritten Ges. zur Änderung des Finanzausgleichs v. 31. Juli 38 (RGBl. I S. 366): (2) Reichssteuern sind die Steuern, die ganz oder zum Teil zugunsten des Reichs erhoben werden, ferner die Kraftfahrzeugsteuer (einschließlich Zuschlag), die Rennwettsteuer, die Wandergewerbesteuer, die Schlachtsteuer und die Zu­ schläge zur Grunderwerbsteuer. — Das Steuerstrafrecht ist bei Monopol­ vergehen entsprechend anzuwenden. § 128 des Ges. zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol v. 25. März 39 (RGBl. I S. 604). Für LandeSabgaben und andere öffentl.-recht!. Abgaben Preußens gelten nicht die sachlichen Vorschriften des Steuerstrafrechts der RAbgO. RG. JurW. 1937, 1349.

B VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 392—395.

893

§ 392 (356). Steuervergehen *) im Sinne dieses Gesetzes sind strafbare Verletzungen3) von Pflichten, die die Steuergesetze3) im Interesse der Besteuerung auferlegen. Steuervergehen (Zollvergehen) sind auch der Bannbruch und seine Begünstigung, die einer Person, die ein Steuervergehen begangen hat, gewährt wird *) § 393 (357). Wenn in Betrieben von juristischen Personen oder Personenvereintgungen Steuervergehens begangen werden, kann da, wo das Gesetz die Strafe für verwirkt erklärt, ohne daß ein Verschulden einer natürlichen Person fcstgestellt zu werden braucht, die Geldstrafe gegen die juristische Person oder Personenvereinigung selber erkannt und diese in die Kosten des Strafverfahrens verurteilt werden?)

§ 394 (357 a). S. 1181).

Weggefallen durch Ges. v. 4. Juli 1939 (RGBl. I

§ 395 (358). (1) Straffrei bleibt, wer in unverschuldetem Irrtum l)2 über das Bestehen oder die Anwendbarkeit steuerrechtlicher Vorschriftena) die Tat für erlaubt gehalten hat. Schumacher, RGrechtsprechung über das Zusammentreffen von Devisen­ vergehen. DJust. 1939 S. 1793. Zu § 392: 1) Neue Fassung gemäß Art. I des Gesetzes zur Änderung Reichsabgabenordnung v. 4. Juli 39 (RGBl. I S. 1181). 2) Darunter fällt Bruch des Steuergeheimniffes. E. 65 S. 47; ferner die Anstiftung zur Verletzung des Steuergeheimnisses. E. 71, 74. 3) Nicht unter den § fallen Vorschriften nahrungsmittelpolizeilicher Natur, auch wenn stein einem Steuergesetz enthalten sind. Rüde-Mühe-Hauser, RAbgO. Anm. 1. Zu § 393: 1) S. Anm. 1 zu 8 392. 2) Der § findet in erster Linie Anwendung auf Ordnungsstrafen auS § 377, die ein Verschulden nicht voraussetzen. Ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Vertreters nachweisbar, so ist dieser zu bestrafen. Seine strafrechtliche Berantworttichkeit ist durch § 357 nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt. Die juristtsche Person haftet aus § 381. E. 61 S. 92 (97). Zu§395:1) In u. I. befindet sich nicht der Kaufmann od. Gewerbetreibende, der es unterlassen hat, sich über die bestehenden Vorschriften auf dem bes. Gebiete, auf dem er sich betättgt, zu unterrichten. E. 53 S. 4. § 395 schließt nicht aus und ersetzt nicht den § 59 StGB. Karlsruhe JurR. 1 Nr. 464; Dresden JurW. 1933 S. 343; vielmehr kommt er erst in Frage, wenn § 59 nicht schon vorliegt. E. 61 S. 238. E. 72 S. 82. Ein Irrtum i.S. des § 59 ist der über steuerrechtl. Vorschriften, die sich nicht als solche des Steuerstraftechts darstellen. E. 64 S. 25. RG. JurW. 1931 S. 2303; ferner der über den Umfang der Lohnsteuerabzugspflicht und ihr Verhältnis zur Vorauszahlungspflicht auf die Einkommensteuer. RG. JurR. 3 Nr. 1084; auch dann, wenn der Steuerpflichtige unverschuldet annimmt, nicht vermögenssteuerpflichttg zu sein. Recht 31 Nr. 2099. Der Nachweis dafür, daß der Täter sein Verhalten infolge u. I. für erlaubt gehalten hat, muß geführt sein. RG. JurW. 1934 S. 2155. 2) Hierzu gehören auch die Vorschriften des Steuerstrafrechts. E. 69 S. 195 (200).

894

B VII. Steuerrecht.

(2)3*) 2 Wer aus Mangel an der Sorgfalt, zu der er nach den Um­ ständen verpflichtet und nach seinen persönlichen Verhältnissen fähig war, die Tat für erlaubt gehalten hat, wird wegen Fahrlässigkeit bestraft. § 396 (359). (1) Wer zum eigenen Vorteilx) oder zum Vorteil eines anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erschleicht2)* oder vorsätzlich3) bewirkt/) daß Steuereinnahmen verkürzt6) werden, wird wegen Steuer3) Beruht auf 8 21 des Steueranpassungsges. v. 16.Oktbr. 34 (RGBl. I S. 925). Zu § 396: 1) Z. e. B. ist bereits dann gegeben, wenn für den Fall der Nichtausführung der Tat ein Ausfall entstehen würde. RG. JurW. 1936 S. 3200 Anm. 2) Erschleichen setzt voraus, daß der Steuerpflichtige durch trügerische Machenschaften einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erstrebt. E. 60 S. 97 u. 182. RG. JurW. 1928 S. 966. Das Erschleichen des Steuervorteils deckt sich nicht mit Vermögensbeschädigung beim Betrüge; das in §396 geschützte Rechts­ gut ist nicht allgemein die Steuerhoheit des Reiches, sondern nur der jeweilige Anspruch des Reiches auf den Vollertrag der einzelnen Steuerart. E. 72 S. 184. Gleichzeitige Bestrafung aus § 263 StGB, nur, wenn auch andere Vorteile (Lohnvorteile) erstrebt werden. E. 60 S. 161. RG. Das Recht 1939 Nr. 2646, nicht bei Monopolhinterziehung. E. 63 S. 139. 3) Dolus eventualis genügt. Erforderlich ist das Bewußtsein der Tat­ sachen, die das Verhalten des Täters als steuerwidrig kennzeichnen. KG. Jur. R. 3 Nr. 995. E. 61 S. 186; das Bewußtsein, daß Steuern geschuldet sind. JurW. 1928 S. 967; die Vorstellung, für ihre Entrichtung haftbar zu sein. E. 62 S. 322 (328). JurW. 60 S. 313. Der Wille, die Steuerbeträge dem Reiche endgültig vorzuenthalten, gehört nicht zum Hinterziehungsvorsatz. RG. JurW. 1936 S. 515. Die Vermutungstatbestände der Verbrauchssteuergesetze sind nur anwend­ bar, soweit der Vorsatz nicht festgestellt werden kann. RG. JurW. 1937 S. 2401. 4) Wer die Steuererklärung nicht rechtzeitig.abgibt, ist nicht wegen Steuer­ hinterziehung strafbar. KG. JurR. 2 Nr. 215. Überhaupt ist ein rein negatives Verhalten keine Hinterzlehungshandl. E. 60 S. 184. RG. JurW. 1933 S. 336. Hinzutreten muß eine Steuerunehrlichkeit, insves. ein Verschweigen der Steuer­ pflichtigkeit. E. 61 S. 84 u. 188. E. 71 S. 216. Täuschung der Steuerbehörde ist zur Vollendung der Steuerhinterziehung nicht nötig. E. 59 S. 90. Steuer­ hinterziehung kann auch durch Unterlassung der Abführung der als Steuer­ abzug vom Arbeitslohn einbehaltenen Beträge an die Finanzkasse begangen werden. RG. JurW. 1931 S. 313. HRR. 1935 Nr. 96. Reichen die vorhan­ denen Mittel zur Zahlung des vollen Lohnes' nicht aus> so muß der Lohn ent­ sprechend gekürzt werden und von dem herabgesetzten Betrag die diesem ent­ sprechende Steuer abgezogen u. an.die Steuerbehörde abgeführt werden. RG. JurW. 1932 S. 417. Der Drittschuldner, der den ihm vom Finanzamt zuge­ stellten Pfändungs- u. Überweisungsbeschl. nicht befolgt, kann sich der ver­ suchten Steuerhinterziehung schuldig machen. E. 62 S. 329. Ein Betriebs­ inhaber, der weiß, daß sein mit der Erledigung der Steuerangelegenheiten Beauftragter eine Steuerverkürzung bewirkt, diese seiner Rechtspflicht zu­ wider nicht verhindert, ist nach § 396 strafbar, GA. 75 S. 89. Strafbar ist ein Kommanditist, der durch Falschbuchungen u. a. die Umsatzsteuer der Gesell­ schaft verkürzt, selbst wenn der Komplementär zur Abgabe der Steuerer­ klärung verpflichtet war. RG. JurW. 1938 S. 2899. Steuerhinterziehung begeht ein mit Buch- u. Betriebsprüfungen beauftragter Beamter, der es

B VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung § 396.

895

Hinterziehung6* )*7 *mit * 5 Geldstrafe bestraft. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist unbeschränkt.

Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu zwei

Jahren erkannt werden. (2) Der Steuerhinterziehung macht sich auch schuldig, wer Sachen, für die ihm Steuerbefreiung oder

Steuervorteile gewährt sind, zu

einem Zwecke verwendet, der der Steuerbefreiung oder dem Steuer­

vorteile, die er erlangt hat, nicht entspricht, und es zum eigenen Vor­ teil oder zum Vorteil eines anderen vorsätzlich unterläßt, dies dem Finanzamt vorher rechtzeitig anzuzeigen. (3) Es genügt, daß infolge der Tat ein geringerer Steuerbetrag fest­

gesetzt oder ein Steuervorteil zu Unrecht gewährt oder belassen ist; ob der Betrag, der sonst festgesetzt wäre, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden müssen oder der Vorteil aus anderen Gründen hätte

beansprucht werden können, ist für die Bestrafung ohne Bedeutung. ?) unterläßt,nichtversteuerte,abersteuerpfl. Vorgängeaufzudecken. NG. DJust. 1938 S. 947. Zur Mittäterschaft gehört keineswegs, daß der Mittäter bei Abgabe der Umsatzsteuererklärung mitgewirkt hat. Doch ist der Steuerberater nicht mit­ schuldig, der die Beratung fortsetzt. E. 68 S. 411. Vgl. Anm. 1 zu § 402. 5) Vermögensbeschädigung im Sinne des § 263 StGB, gehört nicht zum Begriff der Verkürzung. JurR. 2 Nr. 1324. Eine Verkürzung kann auch dadurch bewirkt werden, daß infolge schuld­ hafter Unterlaffung der gebotenen Offenbarungspflicht steuerrechtl. erheblicher Tatsachen die Steuerbehörde in Unkenntnis von dem Steuerschuldner oder der Steuerschuld erhalten wird, so daß dadurch die rechtzeitige Veranlagung vereitelt wird. E. 60 S. 307 (309). Naumburg HRR. 1929 Nr. 1810. Steuerverkür­ zung ist auch wahrheitswidrige Angabe von Nebenverdiensten. RG. JurW. 1933 S. 336. Steuerhinterziehung kann auch noch im Beitreibungsverfahren insbes. durch Erschleichen der Freigabe von Pfandstücken und Hinauszögerung der Beitreibung begangen werden. RG. JurW. 1937 S. 171; ebenso durch wissentliches Ver­ schweigen von Vermögensstücken bei Leistung des Offenbarungseides. RG. JurW. 1938 S. 2899. Keine Hinterziehung, wenn die Verkürzung gewaltsam herbeigeführt wird. E. 70 S. 10. 6) Auch bei Kirchensteuerhinterziehung findet die RAbgO. Anwendung, siehe Anm. 1 zu § 420; jedoch nicht bei Hauszinssteuerhinterz., soweit sie durch Erschleichung von Stundungen begangen werden. E. 69 S. 220. In Tateinheit stehen § 9 Abs. 1 Nr. 1 d. RfluchtStBO. u. § 396. E. 74 S. 228 sowie Verkürzungen verschiedener Steuerarten, wenn sie begangen sind durch dieselbe Erklärung RG. JurW. 1936 S. 1677 oder durch dieselbe irreführende Buchführung. NG. Das Recht 1938 Nr. 6992, z. B. Schlachtu. Umsatzsteuerhinterziehung. RG. Das Recht 1939 Nr. 6139. Doch kein Fortsetzungszusammenhang bei Einkommen- u. Vermögenssteuerhinter­ ziehung. E. 59 S. 262. RG. JurW. 1935 S. 954; 1936 S. 1678. 7) Hiernach darf sich kein Steuerpfl. nachträglich darauf berufen, der Wert des verschwiegenen BermögensstückS werde durch nicht gemachte, aber zulässig gewesene Abschreibungen auf der Schuldseite wieder ausgeglichen. E. 70 S. 3.

B vn. Steuerrecht. (4) Eine Steuerumgehung8)9 ist nur dann als Steuerhinterziehung strafbar, wenn die Verkürzung der Steuereinnahmen oder die Erzielung

der ungerechtfertigten Steuervorteile dadurch

bewirkt wird, daß der

Täter vorsätzlich Pflichten verletzt, die ihm im Interesse der Ermitt­ lung einer Steuerpflicht obliegen.

(5) Steuerhinterziehung kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.")

8) § 6 desSteueranpassuugSges. v. 1 6. Oktdr. 34 (RGBl.I ©.9 2 5). (1) Durch Mißbrauch von Formen und GestaltungSmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes kann die Steuerpflicht nicht umgangen oder gemindert werden. (2) Liegt ein Mißbrauch vor, so sind die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnisien angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. (3) Steuern, die auf Grund der für unwirksam zu erachtenden Maßnahmen etwa entrichtet worden sind, werden auf den Betrag, der nach Absatz 2 zu ent­ richten ist, und auf andere Rückstände des Steuerpflichtigen angerechnet und, so­ weit eine solche Anrechnung nicht möglich ist, erstattet. Nach Ablauf des JahrS, das auf die endgültige Feststellung der Unwirksamkeit folgt, kann der Steuer­ pflichtige die Anrechnung oder Erstattung nicht mehr verlangen.

9) Fassung beruht auf DO. d. RP. v. 18. März 33 (RGBl. I S. 109—112—). Ausländer, die sich an dem Schmuggel in- Inland Vorsatz!, derart Beteiligen, daß sie die Ware an die Grenze schaffen, ohne diese zu über­ schreiten, sind Mittäter oderGehüfen(RFM. bei Kautz, Handbuch der Reichszollverwaltg. Bd. 2 s S. 219). Die Zollhinterz, ist nicht mtt der Überschreitung der Zollgrenze vollendet und abgeschlossen, vielmehr gehören dazu auch solche Handlungen, die, der Überschreitung der Grenze zettlich nachfolgend, dazu dienen sollen, die Ware der nachträgl. von der Zollstelle aus oder sonst im Inland versuchten Verzollung u. der Zollbeschlagnahme zu entziehen und sie in Sicherheit zu bringen. E. 48 S-104(107). E. 52 S. 23 (26). E. 55 S. 137 (140). E. 67 S. 356. E. 74 S. 161. Bei geflissenü. Falschwiegen ist sie erst beendet, nachdem die Zollabferttgung auf Grund des falschen Verwiegen- ab­ geschlossen und die Ware zum freien JnlandSverkehr zugelassen ist. (Alsdann ist keine sttasbare Tellnahme mehr möglich.) RG. bei Kautz ebenda; ebenso bei falschen Erklärungen zu Täuschungszwecken RG. 23. Febr. 11, Zeitschr. f. Zollr. 1911 S. 152. In der Empfangnahme falsch deklarierter, aber zollfrei gelassener Ware am Bestimmungsort liegt keine Betelligung an der Zollhinterziehung mehr. RG. 3. Dezbr. 01 Zeitschr. f. Zollr. 1902 S. 28. Der Begriff der Hinterziehung erfordert nicht die persönl. Zahlungs­ pflicht des Täters. E. 67 S. 356. Wer den Zoll für einen Teil einer Sen­ dung hinterzieht, macht sich der Hinterziehung bez. der ganzen Sendung schuldig und hat die Einziehung der ganzen Sendung verwirkt. RG. 22. Dezbr. 05, Zeitschr. f. Zollr. 1906 S. 190. Vgl. auch E. 54 S. 116. Bei unter­ lassener Vorführung der Ware wird die Strafe nicht nach dem Derttag, son­ dern nach dem autonomen Satz berechnet. E. 65 S. 310. Der Beihilfe zum Schmuggeln kann sich ein SchiffSoffizier durch Dulden des von der Schiffsmannschaft begangenen Schmuggel- schuldig machen. E. 71 S. 176.

B VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 397—400.

897

§ 397 (360). Der Versuch x) der Steuerhinterziehung ist strafbar. Die für die vollendete Tat angedrohte Strafe gilt auch für den Versuch. Wer in dem Bewußtsein, daß infolge seines Verhaltens eine Ver­ kürzung von Einnahmen an Vermögenssteuer oder Nealsteuer*2) eintreten kann, es unternimmt, die mit der Wertermittlung befaßten Behörden irrezuführen, wird bestraft, wie wenn er den Versuch einer Steuerhinterziehung begangen hätte.

§ 398 (361). Die Strafe für die Tat gilt auch für eine Beihilfe oder Begünstigung, die jemand seines Vorteils *) wegen begeht.

§ 399 (363). Wenn wegen Steuerhinterziehung auf eine Geldstrafe von mehr als fünfhundert Reichsmark oder neben Geldstrafe auf Ge­ fängnis erkannt wird, kann,ün Straferkenntnis (Urteil, Strafbescheid, Niederschrift über eine Unterwerfungsverhandlung) angeordnet werden, daß die Bestrafung auf Kosten des Verurteilten bekanntzumachen ist.2) § 400 (364). Wird wegen Steuerhinterziehung auf eine Gefäng­ nisstrafe von mindestens drei Monaten erkannt, so kann zugleich auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Tateinheit besteht zwischen Zollhinterziehung und Paßvergehen. RG. bei Kautz ebenda; zwischen Bandenzollhinterziehung (§401 b BZG.) und Urkundenfälschung. RG.RZBl. 1934 S. 632 und Devisenvergehen. HRR.1936 Nr. 1408. Schmuggel (Zollhinterziehung) und die Zahlung der Schmuggel­ waren (Devisenvergehen) sind gewöhnlich getrennte Handlungen, die sich zu keinem Telle decken. Ausnahmsweise können sie in natürlicher Handlungs­ einheit oder in Tateinheit verbunden sein. Bei solchen Fortsetzungstaten ist aus besonderem Grunde tateinheitliches Zusammentreffen möglich. Vortellsbeihllfe und einfache Beihilfe können in Fortsetzungszusammenhang stehen. RG. HRR. 1937 Nr. 493.

Zu § 397: 1) Versuch kann begangen werden durch Vorlegung eines den Kaufpreis zu niedrig angebenden Grundstückskaufvertrages behufs Berechnung der Grunderwerbssteuer durch die Steuerbehörde. E. 56S.316.E. 58 S. 54. E. 62 S. 362. Das gilt aber nicht ohne weiteres von dem Abschluß eines derartigen Vertrages u. von seiner gerichtl. oder notariellen Beurkundung. NG. LZ. 19 S. 47. Wer in der irrigen Meinung, steuerpfl. zu sein, die vermeintlich ge­ schuldete Steuer zu hinterziehen versucht, begeht ein strafloses Wahnver­ brechen. NG. JurW. 1931 S. 317. Das Bestehen eines Steueranspruchs wird nicht vorausgesetzt. NG. JurW. 1930 S. 2303. 2) Fass, des Ges. v. 1. Dezbr. 36 (RGBl. I S. 961) Abschn.III—.

Zu §398: 1) Es genügt, wenn der Gehilfe für sich einen mittelbaren Vor­ teil erstrebt. E. 58 S. 15. Der ohne eigenen Vorteil handelnde Gehilfe ist aus § 391 in Verbindung mit § 49 StGB, strafbar. E. 57 S. 162; auch aus § 257 StGB., jedoch ist die Sicherung des wirtschaftl. Erfolges nicht ausreichend. RG. JurW. 1936 S. 3200. Beihilfe leistet auch der Notar, der wissentlich einen zu niedrigen Kaufpreis beurkundet. E. 60 S. 6. 2) Hierauf hat sich das Urteil zu beschränken. Vgl. § 474 Abs. 2. RG. HNN. 1935 Nr. 998.

Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl.

57

898

B VII. Steuerrecht.

§ 401 (365)l).2 Bei Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (§ 396) ist neben der Geld- oder Freiheitsstrafe auf Einziehung9) der steuer­ pflichtigen Erzeugnisse3) und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer die Hinterziehung begangen worden ist, sowie der Beförderungsmittel,4)5 die der Täter6) zur Begehung der Tat benutzt hat,6) zu erkennen. Der Einziehung nach Satz 1 unterliegen nicht solche Beförderungsmittel, die dem allgemeinen Verkehr dienen7)8 und unabhängig von den Weisungen des Fahrgastes oder Benutzers verkehren.4) Kann die Einziehung der Erzeugnisse und Waren nicht vollzogen werden,9) so ist auf Erlegung ihres Wertes9) und, soweit dieser nicht zu ermitteln ist, auf Zahlung einer Geldsummee) bis zu einhundert­ tausend Reichsmark zu erkennen. Zu § 401: 1) Fassung beruht auf § 3 des 2. Teils VO. d. RP. v. 23. Dezbr. 31 RGBl. I S. 779). 2) Einziehung ist Strafe. E. 66 S. 427. E. 68 S. 11, 12, 181, 183. Die Einziehung entfällt, wenn der Gegenstand nachgewiesen ohne Ver­ schulden des Eigentümers zur Tat benutzt wird. Schäfer DJust. 1936 S. 1471; auch bei Versuch anwendbar. KG. Recht 31 Nr. 2100. E. 63 S. 278 (285). E. 66 S. 431. Der Einz. stehen §§ 57 ff. des NErbhofges. nicht entgegen. RG. JurW. 1935 S. 600. Die eingezogenen Gegenstände sind genau zu bezeichnen. KG. JFG. Erg. 17 S. 305. AB. v. 13. Aug. 35 (DJust. S. 1175) über Verwertung der in gericht­ lich entschiedenen Steuerstrafsachen eingezogenen Gegenstände; v. 30. Juni 36 (DJust. S. 992) über Verwertung dem Reiche gehöriger Wertpapiere. 3) Zu den steuerpfl. Erzeugniffen gehört das aus inländischen Schlach­ tungen gewonnene Fleisch. E. 72 S. 6 a. M. München, DStrast. 5 S. 142. 4) z. B. Tiere oder Fahrzeuge, nicht Umhüllungen wie Rucksäcke, die selbst mitbefördert werden. E. 68 S. 44; bei Biersteuerhinterziehung Fässer u. sonstige Umhüllungen. RG. Das Recht 1939 Nr. 6140. Die Einz. des Kraftwagens ist zulässig, mit dem der Täter nach heimlicher Schlachtung das Fleisch zu seinen Abnehmern gebracht hat. E. 73 S. 106; jedoch dann nicht, wenn der Täter die hinterzogenen Gegenstände auf Grund eines mit einem gutgläubigen Dritten abgeschlossenen Wertvertrag hat befördern lassen. E. 71 S. 58. 5) Auch der Gehilfe ohne Rücksicht darauf, ob er seines Vorteils wegen gehandelt hat oder nicht. E. 68 S. 11. 6) Dazu gehören nicht Schiffe, wenn der schmuggelnde Passagier die Ware bei sich hat. Hamburg HRR. 1933 Nr. 1543. Köln DRZ. 1933 Nr. 651; auch nicht ein Kraftrad, das lediglich bei Vorbereitungshandl. benutzt wird. E. 68 S. 42; auch nicht Pferd und Wagen, die sonst während der Ausführung der Tat benutzt sind. E. 69 S. 193. 7) Auch Kraftdroschken. Früher anders. E. 67 S. 40. 8) D. Hk nicht mehr greifbar sind. Ist das Erzeugnis nicht vor­ handen, so ist auch hinsichtlich des Ausgangsstoffs auf Wertersatz zu erkennen. JurW. 1935 S. 954. 9) D. h. Materialwert. E. 67 S. 257. Der gewöhnliche Preis, der sich für den nicht einziehbaren steuerpflichtigen Gegenstand im Verkehr als regel­ mäßiger Preis gebildet hat. RG. Das Recht 1941 Nr. 985. Die Wertersatz-

B VII 1. Vorschriften der Neichsabgabenordnung § 401 a.

899

§ 401a.*) (1) Bannbruch begeht, wer Gegenständes einem Verbots zuwider einführt3), ausführt*) oder durchführt^), ohne sie der zuständigen Zollstelleb) ordnungsmäßig zu gestellen. strafe tritt in vollem Umfange an die Stelle der Einziehungsstrafe. E. 72 S- 238. Bei mehreren Straftaten nach § 396 können die mehreren Wert­ ersatzstrafen nicht zusammengefaßt werden. RG. Tas Recht 1939 Nr. 2467. An Stelle der Uneinbringlichkeit ist eine Ersatzfreiheitsstrafe auszuwerfen. E. 66 S. 427. E. 74 S. 183. Geldstrafe und Wertersatzstrafe sind vonein­ ander unabhängige Strafen. NG. JurW. 1937, 2401. — Der Gehilfe haftet für den vollen Wertersatz auch dann, wenn die Beihilfe nicht seines Vorteils wegen begangen war. E. 65 S- 283. E. 68 S. 1. BayObLG- GA. 77 S. 128, ebenso jeder Mittäter. E. 72 S- 239. Wenn niehrere Personen als Gesamt­ schuldner zu Wertersatz verurteilt sind, wirkt die Anrechnung der U.-Haft bei einem von ihnen oder die Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe durch einen von ihnen nicht auch zugunsten der übrigen. E. 68 S. 37. NG. DR. 1939 S. 1513. Zu § 401a: *) Nach Art. I des in Anm. 1 zu § 392 genannten Gesetzes sind die §§ 401a und b neu ausgenommen, die §§ 403, 404, 410 Abs. 1 und 413 Abs. 1 haben eine neue Fassung erhalten, weil hinsichtlich der Straf­ bestimmungen des Vereinszollges., das gemäß § 113 des Zollges. vom 20. März 1939 (RGBl. I S. 529) außer Kraft gesetzt ist, im § 4 des Ges. über Aus- und Einfuhrverbote vom 25. März 1939 (RGBl. I S. 578) gesagt worden war: Für verbotswidrige Aus- und Einfuhr gelten die Straf- und Berfahrensbestimmungen der Neichsabgabenordnung über den Bannbruch. Die Erläuterungen zu diesen Paragraphen stammen in der Hauptsache aus der Rechtsprechung zum VZG. 1) Erzeugnisse der Natur wie des Kunst- und Gewerbefleißes. Ware ist jede bewegliche Sache. § 6 des Zollgesetzes v. 20. März 39. 2) Das Ges. über Aus- und Einfuhrverbote v. 25. März 39 (RGBl. I S.578) bestimmt: § 1. Der Reichswirtschaftsminister wird ermächtigt, die Aus- und Ein­ fuhr von Waren über die Grenzen des Deutschen Reichs mit der Wirkung zu verbieten, daß die Aus- oder Einfuhr nur mit Bewilligung zulässig ist. § 2. Die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Aus- und Einfuhrverbote sind Verbote und Beschränkungen des Warenverkehrs im Sinne des Vierten Teils des Zollgesetzes v. 20. März 39 (RGBl. I S. 529) und werden von den Zollbehörden in sinngemäßer Anwendung des Zollrechts, gegebenenfalls nach näherer Anweisung des Neichsministers der Finanzen, durchgeführt. 3) Der Grund der Erlassung eines Einfuhrverbots liegt immer in der Verfolgung des Zweckes,, inländische Interessen gegen das sie gefährdende Eindringen ausländischer Gegenstände in das Inland zu schützen. E. 40 S. 208. 4) Ausfuhr setzt nicht voraus, daß die Ware dauernd in das Ausland gebracht werden soll; vielmehr ist es genügend, wenn sie auch nur vorüber­ gehend und nur zu einem einzelnen bestimmten Zwecke über die Zollgrenze geschafft wird. E. 58 S. 71. Ausfuhr ist schon das Verbringen der Ware vom Zollinland nach einem Zollausschuß. E. 57 S. 357. 5) Einfuhrverbot umfaßt Durchfuhrverbot. Dagegen braucht es die Zulässigkeit der Durchfuhr „unter Zollkontrolle" nicht auszuschließen. Es kommt vielmehr auf den Grund an, aus dem das Einfuhrverbot erlassen ist. Durchfuhr verboten z. B. bei Gefahr der Ansteckung. E. 27 S. 341.

57*

900

B VII. Steuerrecht.

(2) Der Täter wird nach §§ 396 bis 400 bestraft. Neben der Strafe ist auf Erziehung?) zu erkennen; § 401 gilt entsprechend»). (3) Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit Zuwiderhandlungen gegen ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbot in anderen Vorschriften mit Strafe bedroht sind»).

§ 401b. (1) Wer gewerbsmäßig *) Zoll hinterzieht oder gewerbs­ mäßig^) Vannbruch begeht, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, 1. wer sich mit zwei oder mehr Personen zu gemeinschaftlicher Ausdagegen gestattet, wenn Einfuhr zum Schutze inländischer wirtschaftlicher Interessen verboten ist, Sten glein, Nebenges. 4. Aufl. Bd. II Anm. 4 d ; wenn die Einfuhr unter Begleitumständen erfolgt, welche eine Gefährdung inländischer Interessen als ausgeschlossen erscheinen lassen. E. 40 S. 208. E. 39 S. 66. Nunmehr ist BO. über Durchfuhrverbote v. 14. Mai 40(RGBl. I S, 786) ergangen:

§ 1. (1) Der Reichswirtschaftsminister, der Reichsminister für Er­ nährung und Landwirtschaft und der Reichsforstmeister werden ermächtigt, die Durchfuhr von Waren durch das Gebiet des Deutschen Reichs mit der Wirkung zu verbieten, daß die Durchfuhr nur mit Bewilligung zulässig ist. (2) Das Gesetz über Aus- und Einfuhrverbote v. 25. März 39 (RGBl. I S. 578) und die Erste DurchfBO. zum Gesetz über Aus- und Einfuhrverbote v. 27. März 39 (RGBl. I S. 589) gelten für Durchfuhrverbote sinngemäß. § 2. Diese Verordnung gilt auch in den eingegliederten Ostgebieten. 6) über Zollstellen siehe §§ 1,5 des Zollges., über Zollgrenze § 3 ebenda. 7) Diese Nebenstrafe trifft alle Teilnehmer. E. 57 S. 258 vgl. Anm. 2 zu § 401. Das später geworfene Kalb der in trächtigem Zustande geschmug­ gelten Kuh unterliegt auch der Einziehung. RG. bei Kautz, Handb. d. Reichszollverw. Anm. 5. Vollzogen ist die Einziehung mit der Beschlagnahme. E. 49, 216 (221).

8) Unter Wert ist der gemeine inländische Berkaufswert zur Zeit d. h. der Grenzüberschreitung (E. 57 S. 52) und am Orte der Tat, ohne Rücksicht aus den Einkaufspreis zu verstehen. E. 52 S. 298(301); E. 55 S. 175, wobei die wirklich bezahlten Steuern und Zölle dem ausländischen Verkaufspreise zugeschlagen werden können. E. 48 S. 104 (112). Die notwendige Um­ schließung (Flasche) ist in den Wert einzubeziehen. E. 51 S. 75 (77). Die Bemessung des Wertes gehört an sich zur tatrichterlichen Prüfung; sie unter­ liegt jedoch, soweit die rechtlichen Grundlagen der Beurteilung angezweifelt werden, der Nachprüfung des Revisionsgerichts. E. 56 S. 309. Die gegen den Gehilfen zu erkennende Geldstrafe ist nicht zu ermäßigen. E. 50 S. 336. Im übrigen vgl. Anm. 9 zu § 401. 9) Z. B. Gesetz über Aus- und Einfuhr von Kriegsgerät vom 6. Nov. 35 (RGBl. I S. 1337) und dazu BO. über Durchfuhr von Kriegsgerät vom 5. Sept. 39 (RGBl. I S. 1665). Zu § 401d: 1) Darüber vgl. Anm. 73 zu 8218 u. Anm.33 zu§260 StrGB. unter A 2.

B VII 1. Lorschriften der Reichsabgabenordnung § 402.

901

Übung der Zollhinterziehung oder des Bannbruchs verbindet und das Vergehen gemeinschaftlich mit ihnen ausführt2);3 4 2. wer eine Zollhinterziehung oder einen Bannbruch begeht, bei denen er oder ein anderer an der Tat Beteiligter eine Waffe2) oder ein anderes Werkzeug oder Mittel mit sich führt, um einen persönlichen Widerstand zu überwinden. § 402 (367): Wer fahrlässig *) als Steuerpflichtiger2) oder als Vertreter oder bei Wahrnehmung2) der Angelegenheiten eines Steuer­ pflichtigen bewirkt/) daß Steuereinnahmen verkürzt oder Steuervorteile

2) Bandenmäßiger Schmuggel liegt darin, daß das örtlich und zeitlich verbundene Auftreten von 3 oder einer Mehrzahl von Schmugglern, die bewußt zusammenwirken, den Zollbeamten die Bekämpfung des Schmuggels erschweren, die amtlichen Auseinandersetzungen mit ihnen verschärfen und so die Gefährlichkeit des verbrecherischen Treibens erhöhen. Bandenschmuggel liegt nicht vor, wenn ein Schmuggler 2 diensttuende Zollbeamte durch Be­ stechung veranlaßt, bei Zollabfertigung falsch zu wiegen und einen zu nie­ drigen Zoll zu erheben. E. 69 S. 105. E. 71 S. 49. Vorausgegangene Verabredung ist nicht nötig, es genügt Einverständnis bei der Ausführung der Tat, das auch stillschweigend erklärt werden kann. E. 54 S. 246. Die 3 Pers, müssen als Täter und Gehilfen (E. 69 S. 105) bei der Ausführung persönlich tätig mitgewirkt haben. E. 39 S- 53, wenn auch nicht gerade bei der Grenzüberschreitung. E. 54 S. 246. Täterschaft und Beihilfe kann sogar recht!. Zusammentreffen. E. 70 S. 138. Mitwirken können Strafunmündige. E. 19 S. 192; auch Taubstumme. Stenglein, Anm. 3b. Gemeinschaft!. Ausführung entfällt, wenn einer der Beteiligten wegen seiner Unkenntnis des Einfuhrverbots nur wegen Ordnungswidrigkeit ver­ urteilt werden kann. RG. ZfZR. 1905 S. 101. ' 3) Vgl. Anm. 94 zu § 223a StrGB. Zu § 402:1) An die vom Steuerpflichtigen zu beachtende Sorgfalt sind keine unbilligen Anforderungen zu stellen. Namenllich ist eine Erkundigungs­ pflicht nur anzunehmen, soweit dem Steuerpflichtigen in seiner Lage bei ge­ wissenhafter Rücksichtnahme auf die Möglichkeit des Bestehens einer Steuer­ pflicht vernünftigerweise Erkundigungen zugemutet werden können. E. 61 S. 259. Fahrlässig handelt der Geschäftsherr in seinem Betriebe, wenn er entweder bei der Auswahl seines Vertreters nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet oder es unterlassen hat, in seinem Geschäfte Einrichtungen zu treffen, durch die die Erfüllung der vielgestaltigen Steuerpflichten gewähr­ leistet ist. BahObLG. JurR. 1 Nr. 983. E. 61 S. 85. RG. JurW. 1930 S. 321; ferner der Notar, der es unterläßt. Vertragsschließende von einer Kaufpreisverheimlichung abzuhalten. E. 61 S. 42; auch der Steuerberater, der die Buchführung eines unerfahrenen Angestellten nicht nachprüft. RG. JurW. 1933 S. 57 oder der zugleich als Buchprüfer seine Pflicht verletzt. RG. JurW. 1938 S. 3109. 2) Nicht die Ehefrau. E. 66 S. 91. 3) Der Begriff „W. d. A." ist möglichst weitgehend auszulegen. Dar^ unter fällt der bloße Steuerberater. RG. JurW. 1931S. 2311. Dazu gehört nicht, der nur in der Ausführung von Schreib- und Rechenarbeit tätig ist. RG. JurW. 1933 S. 443. 4) Nicht bei Vorlegung zu niedriger Angaben über den Umsatz. RG. JurW. 1928 S. 817.

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B VII. Steuerrecht.

zu Unrecht gewährt oder belassen werden (§ 396 Abs. 1, 2), wird wegen Steuergefährdung ^) mit Geldstrafe bis zu einhunderttausend Reichs­ mark bestraft. Eine Steuerumgehung (§ 10) °) ist nur dann als Steuergefährdung zu bestrafen, wenn die Verkürzung der Steuereinnahmen oder die Gewährung der ungerechtfertigten Steuervorteile dadurch bewirkt wird, daß der Täter vorsätzlich oder fahrlässig Pflichten verletzt, die ihm im Interesse der Ermittlung einer Steuerpflicht obliegen.

§ 403. Erzeugnisse hinterzogen nimmt, an

(1) Steuerhehlerei begeht, wer seines Vorteils wegen oder Waren, hinsichtlich deren Verbrauchsteuer oder Zoll oder Bannbruch begangen worden ist, ankauft, zum Pfand sich bringt/) verheimlicht oder absetzt. 3* )24

(2) Der Steuerhehler wird nach §§ 396 bis 400 und, wenn er gewerbsmäßig gehandelt hat, nach § 401b Absatz 1 bestraft. Neben der Strafe ist auf Einziehung zu erkennen; § 401 gilt ent­ sprechend.*) ?) (3) Der Steuerhehler ist auch dann strafbar, wenn die Person, die die Steuerhinterziehung oder den Bannbruch begangen hat, nicht

schuldfähig ist. § 404. (1) Wer im Inland wegen Steuerhinterziehung, Bann­ bruchs oder Steuerhehlerei bestraft worden ist/) darauf abermals 5) Ist eine Handlung als? Steuerhinterziehung zu beurteilen, so kann der Täter nicht auch noch wegen Steuergefährdung und auch nicht wegen Ordnungswidrigkeit verurteilt werden. RG. JurR. 3 Nr. 448. Mehrfache Versäumung von Zahlungsterminen ist einheitl. Tat. Ein solches Daue-vergehen kann angenommen werden, wenn sich der Steuerpflichtige eines in dauern­ der Unachtsamkeit bestehenden Verhaltens schuldig macht. E. 59 S. 281 (287). 6) Siehe Anm. 8 zu § 396. Zu § 403:1) Begrifflich ein neues, für sich selbständiges Delikt gegenüber der schon bestehenden Vortat eines anderen, nicht ein akzessorisches Mitwirken bei dieser. RG. JurW. 1932 S. 1473. Der Täter einer Zollhinterz, kann in Tatmehrheit zu diesem Vergehen an Schmuggelgut noch Zollhehlerei begehen. E. 71 S. 49. Bei gemeinschaftl. Hehlerei Wertersatz als Gesamtschuldner. RG. HRR. 1634 Nr. 238. 2) Zum Ansichbringen gehört auch die Beförderung eines Gegenstandes (geschlachteten Tierkörpers) von dem Orte der Übernahme aus der Verfügungs­ macht des Vortäters. Das Beförderungsmittel ist daher einzuziehen. RG. DRechtspfl. 1939 Nr. 164. E. 73 S. 104. 3) Der Mitgenuß geschmuggelter Lebensmittel ist aus § 403 in ent­ sprechender Anwendung (§ 2 StGB.) strafbar. RG. DJust. 1940 S. 1062. Nicht strafbar ist, der in Kenntnis der Schmuggeleigenschaft eine Ware behält. E. 71 S. 280. 4) Siehe Anm. 4 zu § 401.

Zu § 404: 1) Die Vollstreckung einer Hauptstrafe, nicht einer Neben­ strafe, z. B. einer mit einer früheren Strafe ausgesprochenen Einziehung, begründet den Rückfall. E. 68 S. 181.

B VI11. Vorschriften der Reichsabgabenordnung § 405.

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eine dieser Handlungen begangen hat und deswegen bestraft worden ist, wird, wenn er eine Steuerhinterziehung, einen Bannbruch oder eine Steuerhehlerei begeht, mit Gefängnis bestraft. Neben der Ge­ fängnisstrafe ist auf Geldstrafe (§ 396 Absatz 1 Satz 2) zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf Geld­ strafe (§ 396 Absatz 1 Satz 2) erkannt werden.

(2) Die Vorschriften des Abs. 1 finden Anwendung, auch wenn die früheren Strafen nur teilweise verbüßt oder ganz oder teilweise erlassen worden sind, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Ver­ büßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen Tat 2) drei Jahre verflossen sind. § 405 (369 a). Wer Steuerzeichen in der Absicht, daß sie als echt verwendet werden, fälschlich anfertigt^ oder verfälscht2 3)4 oder 5 6 wer sich in dieser Absicht falsche Steuerzeichen dieser Art verschafft, wird mit Gefäng­ nis nicht unter drei Monaten bestraft. Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich falsche Steuerzeichen als echt verwendet, feilhält oder in Verkehr bringt. Wer vorsätzlich bereits verwendete Steuerzeichen3) als gültig wiederverwendet oder in der Absicht, daß sie als gültig wiederver­ wendet werden, sich verschafft, feilhält oder in den Verkehr bringt, wird mit Geldstrafe bestraft. Der Höchstbetrag der Geldstrafe ist un­ beschränkt. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu zwei Jahren erkannt werden?) Wer3) zum Zwecke der Fälschung von Steuerzeichen 1. Formen oder andere Gerätschaften, die zur Ausführung einer Steuerzeichenfälschung dienen können, 2) Siehe Anm. 1 zu § 392.

Zu § 405:1) Fälschliches Anfertigen liegt vor, wenn ungültige Steuer­ zeichen mit dem Kleinverkaufspreis versehen worden sind. RG. Das Recht 1939 Nr. 3396. 2) Verfälschen liegt in dem Ablösen aufgeklebter Banderolen und Ersetzen mit höherwertigen durch Kleinhändler. RG. GA. 75 S. 90. JurW. 1932 S. 251; KG. JurW. 1938 S. 172. Es genügt, daß die Fälschung von dem Arglosen übersehen werden kann. 3) z. B. Lohnsteuermarken. E. 67 S. 419 (423). Verwendet sind die Steuerzeichen, wenn sie in die Steuerkarte eingeklebt und entwertet sind. RG. JurW. 1938 S. 508. 4) Zwischen den verschiedenen Begehungsformen besteht Gesetzes einheit, auch fortgesetzte Handlung ist möglich. RG. HRN. 1932 Nr. 2016. 5) § 79 des Tabaksteuergesetzes v. 4. April 39 (RGBl. I S. 721). Wer unbefugt Steuerzeichen sich verschafft, feilhält oder in Verkehr bringt, wird mit Geldstrafe bestraft. Der Höchstbetrag der Geldstrafe tft unbeschränkt. Neben der Geldstrafe kann auf Gefängnis bis zu zwei Jahren erkannt werden. Die Steuerzeichen sind einzuziehen, auch wenn sie dem Täter nicht gehören. 6) Ist das Vergehen nach Abs. 1 begangen, so kommt Abs. 3 (Borbe­ reitungshandlung) nicht weiter in Betracht. E. 66 S. 217.

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B VII. Steuerrecht.

2. Papier, das einer zur Herstellung der Steuerzeichen be­ stimmten Papierart gleich oder zum verwechseln ähnlich ist, anfertigt, sich verschafft, feilhält oder einem anderen überläßt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe bis zu ein­ hunderttausend Reichsmark oder mit einer dieser Strafen bestraft. Den Formen oder Gerätschaften stehen die mit solchen Formen oder Gerätschaften hergestellten Abdrucke gleich. Die falschen, wiederverwendeten oder zur Wiederverwendung bestimmten Steuerzeichen sind einzuziehen, auch wenn sie dem Täter nicht gehören. Das gleiche gilt für Formen, Gerätschaften, Abdrucke und Papier der im Abs. 3 bezeichneten Art. §§ 406 bis 409 u. § 411 ist gemäß Art. I Nr. 18 des Ges. v. 4. Juli 1939 (RGBl. I S. 1181) gestrichen.

§ 410.1) Wer in den Fällen der §§ 396, 401a, 401b und 402, bevor er angezeigt *) oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet ist (§ 441 Absatz 2), unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Steuerbehörde, ohne dazu durch eine unmittelbare Geführ der Ent­ deckung 3* )2 4 veranlaßt 5 *) zu sein, berichtigt oder ergänzt oder unter­ lassene Angaben nachholt °), bleibt insoweit straffrei. Sind in den Zu § 410: 1) § 410 findet bei beendetem Versuch Anwendung. E. 59 S. 115; bei unbeendetem Versuch wird die Anwendbarkeit verneint. E. 57 S. 313. Er findet bei § 8 des Ges. über Anmeldung jüdischen Verm. keine Anwendung, auch nicht sinngemäß. RG. DJust. 1940 S. 298. 2) Durch eine wirkliche Strafanzeige. RG- JurW. 1933 S. 337; oder durch Ermittelungsbericht einer Behörde (Zollfahndungsstelle). E. 68 S. 233. Die Anzeige liegt schon dann vor, wenn sie bei den Behörden oder einer Steuerbehörde (Fahndungsstelle) angebracht wird. E. 74 S. 102. 3) Das ist die Gefahr, daß eine Strafvollstreckungsbehörde baldigst Kenntnis von der Straftat erlangt. KG., Recht 31 Nr. 1085. Die Möglich fett der Entdeckung schließt § 410 nicht aus. KG. HRR. 1934 Nr. 370. RG. DR. 1940 S. 1525. 4) Ist dies nicht der Fall, kann auch der unfteiwillige Rücktritt straflos sein (anders § 46 Ziff. 1 StGB.). E. 62 S. 362. 5) Nicht ist erforderlich, daß der Täter bei der Berechtigung aus dem Be­ weggründe der Reue handelt. Selbst eigennützige Motive schaden nicht. E. 61 S. 115 (118). Zu einer solchen Berichtigung oder Ergänzung gehört aber nicht nur das Anerkenntnis der Unrichtigkeit oder Vollständigkeit der angegebenen Steuererklärung, sondern auch die Ersetzung der unrichtigen, unvollständigen Angaben durch die richtigen und vollständigen. E. 59 S. 118. Die ver­ schwiegenen Vermögensstücke müssen dem Finanzamt so genau bezeichnet werden, daß ihm der Zugriff auf sie möglich ist. E. 70 S. 350. Unerheblich ist es, ob das Finanzamt in einer die richtige Berechnung ermöglichenden Auf­ stellung eine Berechtigungserklärung erblickt. RG. Recht 32 Nr. 977. Die Be­ richtigung nützt dem Schuldigen auch nur dann, wenn sie rechtzeitig bei dem Finanzamt eingegangen ist. E. 61 S. 10 u. 119. Die Nachholung einer unter» .assenen Voranmeldung aber selbst dann, wenn sie auf Mahnung erfolgt ist.

B VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung § 412.

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Fällen der §§ 396, 401b und 402 Steuerverkürzungen bereits einge­ treten oder Steuervorteile gewährt oder belassen, so tritt die Straffreiheit nur ein, wenn der Täter6) die Summe, die er schuldet, nach ihrer Festsetzung innerhalb der ihm bestimmten Frist enttichtet.7)

(2) Wird die im § 1178) vorgeschriebene Anzeige rechtzeitig und ordnungsgemäß erstattet, so werden diejenigen, welche die dort bezeich­ neten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvoll­ ständig abgegeben haben< dieserhalb nicht strafrechtlich verfolgt, es sei denn, daß vorher gegen sie Strafanzeige erstattet oder eine Unter­ suchung etngelettet worden ist. §412 (376). Wer das Steuergeheimnis verletzt (§22 Abs. 2,3),1) wird mit Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. RG. JurW. 1933 S. 337. Sie nützt ihm nichts, wenn sie erfolgt ist in Unkennt­ nis der bereits eingeleiteten Untersuchung. RG. DRZ. 1931 Nr. 63. Eine bei einem Notar eingereichte Berichtigung reicht nicht aus. RG. HRR. 1928 Nr. 2074; aber eine vom Beauftragten des Steuerschuldners ohne dessen Wissen erfolgte Bettchtigung. E. 64 S. 76. 6) Mittäter, Anstifter und Gehilfe, nicht der Hehler. RG. DRZ. 1935 Nr. 688. 7) Ist die Steuerverkürzung bereits eingetteten, so verwirkt der voraus­ zahlungspflichtige Sttaffällige die durch die Berichtigung seiner früheren An­ gaben angebahnte Sttasfreiheit, wenn er die ihm für die Enttichtung der Steuer bestimmten Fristen nicht innehält. E. 63 S. 305. Der Beginn der Frist ist nicht von der Rechtskraft des Bescheides ab­ hängig, in dem die Steuernachzahlung festgesetzt ist. Wird nur ein Teil deS nachgeforderten Steuerbettages innerhalb der Frist enttichtet, so tritt Straf­ freiheit bloß für diesen Teil ein. E. 73 S. 368. 8) § 117. (1) Wenn nach dem Tode oder Wegfall eines Steuerpflichttgen die Testamentsvollsttecker, Pfleger, Liquidatoren, Verwalter und Erb­ schaftsbesther, welche nicht zugleich Rechtsnachfolger des Steuerpflichttgen sind, erkennen, daß Erklärungen, die der Steuerpflichtige zur Festsetzung oder Veranlagung von (Steuern abgegeben hat, unrichtig oder unvollständig sind, oder daß er pflichtwidrig unterlassen hat, solche Erklärungen abzugeben, so haben sie dies binnen Monatsfrist dem Finanzamt anzuzeigen; andernfalls haften sie persönlich für die vorenthaltenen Steuerbettäge. (2) Das gleiche gilt für die Erwerber von Unternehmen, auf deren Betrieb eine Steuerpflicht gegründet ist, sowie für Sondernachfolger in land- und forst­ wirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen oder Betriebsvermögen. *) (3) Dasselbe gilt sinngemäß bei einem Wechsel in der Person des gesetz­ lichen Vertreters, Betriebsleiters oder Bevollmächtigten sowie dann, wenn eine gesetzliche Berttetung angeordnet wird.

Zu § 412: 1) § 22.*) (2) Einer Verletzung des Steuergeheimnisses macht sich schuldig: 1. wer Verhältnisse eines Steuerpflichtigen, die ihm als AmtSträger oder amtlich zugezogenem Sachverständigen im Besteuerungsverfahren, iw Steuerstrafverfahren oder auf Grund einer Mitteilung einer Steuer*) Siehe Anm. 2 zu § 397.

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B VII. Steuerrecht.

Ist die Handlung aus Eigennutz oder worden, den Steuerpflichtigen zu schädigen, strafe oder neben ihr auf Gefängnis sowie kleidung öffentlicher Ämter auf die Dauer von

in der Absicht begangen so kann statt der Geld­ auf Unfähigkeit zur Be­ einem bis zu fünf Jahren

erkannt werden.8) Im Falle des ersten Absatzes tritt die Strafverfolgung nur auf Antrag ein. Antragsberechtigt ist das Landesfinanzami und der Steuerpflichtige, dessen Interesse verletzt ist.8)

§ 413. (1) Steuerordnungswidrigkeit begeht:*) 1. wer, ohne den Tatbestand eines anderen Steuervergehens zu er­ füllen, als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Ange­ legenheiten eines Steuerpflichtigen einem Steuergesetz oder einer im Besteuerungsverfahren ergangenen Verfügung, die einen Hinweis auf die Sttafbarkeit enthält, vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt;8) behörde in einem anderen Verfahren bekannt geworden sind, unbefugt**) offenbart; 2. wer den Inhalt von Verhandlungen in Steuersachen, an denen er als Amtstrüger oder als amtlich zugezogener Sachverständiger beteiligt war, unbefugt **) offenbart; 3. wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihm als Amtsträger oder amtlich zugezogenem Sachverständigen im Besteuerungsverfahren oder im Steuerstrafverfahren anvertraut worden oder zugänglich ge­ worden ist, unbefugt**) verwertet. (3) Amtsträger ist ein Beamter oder wer, ohne Beamter zu sein, dazu be­ stellt ist, obrigkeitliche Aufgaben wahrzunehmen, oder jeder, der bestellt ist, ein öffentliches Amt auszuüben. Für Träger von Ämtern der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechtes gelten die Vorschriften des Abs. 2, die für Amtsttäger getroffen sind, entsprechend. 2) Keine Gesetzeseinheit mit § 332 StGB. RG. DRZ. 1929. Nr. 190. 3) Verletzt ist nicht jeder, der durch den Verrat sein Recht auf Geheim­ haltung der den Behörden anvertrauten Tatsachen gefährdet glaubt, sondern nur der, dessen Berhältniffe der Täter auf Grund seiner amtlich erlangten Kennt­ nis unbefugt einem anderen mitgeteilt hat. KG. JFG. Erg. 10 S. 276. Siehe auch Anm. 1 zu 8 472. Zu § 413: 1) § 413 scheidet nur dann aus, wenn gerade die Zuwider­ handlung gegen das Steuergesetz, die sonst nach § 413 strafbar wäre, den Tat­ bestand eines anderen Steuervergehens erfüllt. E. 75 S. 56. 2) Z. B. Zuwiderhandlung gegen VO. über Führung eines Waren­ eingangsbuchs v. 20. Juni 35 (RGBl. I S. 752) Sttafbar ist, wer mit der Verwaltung der Steuern beauftragt ist. E. 67 S. 371; wer die Aufstellung von Bilanzen unterläßt. KG. DIZ. 31 S. 458; ferner wer als Arbeitgeber den Lohnabzug unterläßt. KG.JurW. 1930 S. 3109. Der Anstiftung zu einer Steuerverordnungswidrigkeit kann sich auch der **) Beim Fehlen der unbefugten Offenbarung scheidet die Anwendung des § 395 aus. E. 72 S. 86.

B VII1.

Vorschriften der Reichsabgabenordnung § 413.

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2. wer, ohne den Tatbestand einer anderen strafbaren Handlung zu erfüllen, einem Gesetz, das die Einfuhr, Ausfuhr oder Durch­ fuhr von Waren verbietet, oder einer zur Durchführung eines solchen Gesetzes erlassenen Verfügung, die einen Hinweis auf die Strafbarkeit enthält, vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt; 3. wer dem/8 107a2*)1 oder dem § 164a3)4vorsätzlich 5 6 7 8 9 oder fahrlässig zuwiderhandelt. schuldig machen, der sie selbst wegen Mangels einer persönl. Eigenschaft (Bors, des Aufsichtsrats) nicht begehen kann. Mittelbare Täterschaft ist aus­ geschlossen. E. 63 S. 313. Keine Tateinheit von Ordnungswidrigkeit und Hinterziehung. NG. JurR- 2 Nr. 1326. Verjährung (§ 419) beginnt mit der Pflichterfüllung. E. 61 S- 42 (45). 2) §§ 107a (1) Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere geschäftsmäßig Nat in Steuersachen erteilen, bedürfen dazu der vorherigen allgemeinen Erlaubnis des Finanzamts. Sie sind, wenn ihnen diese Erlaubnis erteilt ist, befugt, die Bezeichnung „Helfer in Steuersachen" zu führen.

(2) Für die Erstattung wissenschaftlich begründeter Gutachten bedarf es der im Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Erlaubnis nicht.

(3) Absatz 1 gilt nicht für 1. Behörden, Dienststellen des NSDAP, und ihrer Gliederungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie die der NSDAP, angeschlos­ senen Verbände, soweit sie im' Nahmen ihrer Zuständigkeit Hilfe in Steuer­ sachen leisten; 2. Rechtsanwälte, Notare, Verwaltungsrechtsräte, Patentanwälte, Prozeßagenten, allgemein zugelassene Steuerberater, öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer und vereidigte Bücherrevisoren; 3. Personen, die von einer Zollbehörde auf Zolltreue verpflichtet sind, soweit sie in Zollsachen oder in anderen Sachen, die von Zollbehörden ver­ waltet werden, Hilfe leisten; 4. Verwahrer und Verwalter fremden oder zu treuen Händen oder zu Sicherungszwecken übereigneten Vermögens, soweit sie hinsichtlich dieses Vermögens Hilfe in Steuersachen leisten; 5. Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, soweit sie in un­ mittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handels­ gewerbe gehört, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen leisten;

6. genossenschaftliche Prüfungsverbände und deren Spitzenverbände, genossenschaftliche Treuhand- und ähnliche genossenschaftliche Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuer­ sachen leisten; 7. auf berufsständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereintgungen oder Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten; 8. Angestellte, soweit sie Steuersachen ihres Dienstherrn erledigen; 9. Angestellte, soweit sie bei den in Ziffer 1 bis 7 bezeichneten Personen oder Stellen mit der Bearbeitung von Steuersachen beschäftigt sind und ihre Tätigkeit in Steuersachen sich in den Grenzen hält, die für die steuerrechüiche Betätigung des Dienstherrn bestehen.

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B VII. Gteuerrecht.

(2) Der Täter wird mit Geldstrafe bis zu zehntausend Reichsmark

bestraft.*) (3) Die Nichtbefolgung einer Sollvorschrift ist nicht strafbar. Die Versäumung eines Zahlungstermins ist für sich allein nicht strafbar.

§ 414 (379). Wo die Strafe der Einziehung l) vorgesehen ist, kann auf Einziehung erkannt werden, gleichviel, wem die Gegenstände gehören und ob gegen eine bestimmte Person ein Strafverfahren eingeleitet wird. § 415 (380). Wird auf Einziehung erkannt, so geht das Eigentum an den eingezogenen Sachen mit der Rechtskraft des Erkenntnisses auf das Reich über. Rechte dritter Personen erlöschen. Für einen Rechtserwerb, der nach der Rechtskraft des Erkenntnisses eintritt, gelten die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zugunsten derer, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten. (Abs. 2 ist gern. Art. n Nr. 21 de- Ges. v. 4. Juli 1939 — RGBl. I S. 1181 — gestrichen.)

§416(381). Wenn Vertreter, Verwalter oder Bevollmächtigte*) tm (4) Die im AbsatzgZiffern 4,7,8und 9 bezeichneten Rechtsformen dürfen nicht zu einer Umgehung des Erlaubniszwangs mißbraucht werden. Soweit ein solcher Mißbrauch vorliegt, kann das Finanzamt die Hilfeleistung in Steuersachen untersagen; im übrigen kann der Reichsminister der Finanzen im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern den im Absatz 3 Ziffer? bezeichneten Vereinigungen und Stellen die Hilfeleistung in Steuersachen untersagen. (5) Der Reichsminister der Finanzen kann durch Verordnung den Erlaubniszwang einschränken oder erweitern. (6) Das Finanzamt kann hie Erlaubnis (Absatz 1 Satz 1) jederzeit zurück­ nehmen, auch wenn dies bei Erteilung der Erlaubnis nicht Vorbehalten ist. Durch die Zurücknahme erlischt die Befugnis, die Bezeichnung „Helfer in Steuersachen" zu führen. (7) Die Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 umfaßt nicht die Befugnis, alBevollmächtigter oder Beistand vor Behörden aufzutreten. Die Vorschriften des § 107 Absätze 2, 4 bis 8 gelten! auch für Personen, denen die Erlaubnis nach Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist. 3) § 164»: Es ist verboten, geschäftsmäßig in Angeboten oder Aufforde­ rungen, die an einen größeren Personenkreis gerichtet sind, darauf hinzu­ weisen, daß bei Geschäftsabschlüssen in bestimmter Weise außer dem geschäfttichen Zweck noch Ersparungen oder Vorteile bei der Besteuerung erreicht werden können. 4) Die Ersatzfreiheitsstrafe ist festzusetzen. E. 63 S. 95 (101). Zu § 414:1) Auf Einziehung muß erkannt werden. E. 66 S. 431. Ist die Einziehung auszusprechen, so ist auf sie als eine Sicherungsmaßn. auch dann zu erkennen, wenn die Verhängung der-Einzieh, erst nach der Tat vom Gesetz angeordnet ist. E. 67 S. 215; auch dann, wenn die Sache, hinsichllich deren Zoll hinterzogen ist, nach Vollendung der Hinterziehung, aber vor Rechtskraft des Strafurteils in das Eigentum eines gutgläubigen Dritten übergegangen ist. RG. DJust. 1935 S. 230. E. 69 S. 32 (34). Zu §416: 1) Bevollmächttgter ist auch jemand, den der Aufttaggeber rein tatsächlich, dazu bestellt hat, Handlungen im Rechtssinn für ihn vorzu-

B VII 1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung § 416.

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Sinne der §§ 102 bis 1072) bei Ausübung ihrer Obliegenheiten2) Steuer­ nehmen, u. dadurch in die Lage versetzt hat, über Vermögensstücke des Auf­ traggebers zu verfügen. E. 74 S. 368. Zu den Bevollmächtigten gehören auch gewählte Vertreter. E. 72, 240 (244). Bevollm. sind neben einem Empfangsspediteur, der mit der Zoll­ abfertigung betraut ist, nicht ohne weiteres seine Angestellten. E. 73 S. 123. 2) § 102. (1) Für die Geschäftsfähigkeit von Privatpersonen gelten in Steuersachen die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. (2) Das gleiche gilt von der Vertretung und Vollmacht, soweit in den §§ 103 bis 111 nichts anderes vorgeschrieben ist. § 103. Die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen und solcher Per­ sonen. die geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, haben alle Pflichten zu erfüllen, die den Personen, die sie vertreten, obliegen; ins­ besondere haben sie dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Für Zwangsgeldstrafen und Sicherungsgelder, die gegen sie erkannt, und für Kosten von Zwangsmitteln, die gegen sie fest­ gesetzt werden, haften neben ihnen die von ihnen vertretenen Personen. § 104. Steht eine Vermögensverwaltung nach Gesetz, Anordnung der Behörde oder letztwilliger Verfügung anderen Personen zu als den Eigentümern oder deren gesetzlichen Vertretern, so haben sie, soweit ihre Verwaltung reicht, die gleiche Pflicht (§ 103). § 105. (1) Bei Personenvereinigungen, diy. als solche steuerpflichtig sind, aber keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, haben die Vorstände oder Ge­ schäftsführer und, soweit solche nicht vorhanden sind, die Mitglieder die Pflichten zu erfüllen, die den Personenvereinigungen wegen der Besteuerung auferlegt sind. Die §§ 103,104 gelten entsprechend. (2) Das gleiche gilt für Zweckvermögen und sonstige einer juristischen Per­ son ähnliche Gebilde, die als solche der Besteuerung unterliegen. (3) Entstehen dadurch Schwierigkeiten, daß es in den Fällen der ersten beiden Absätze an Vorständen oder Geschäftsführern fehlt und Beteiligte in größerer Zahl vorhanden sind, so haben die Beteiligten einen oder mehrere Be­ vollmächtigte im Inland zu stellen. Unterlassen sie dies, so kann das Finanz­ amt einen oder einzelne Beteiligte als Bevollmächtigte mit Wirkung für die Ge­ samtheit behandeln. § 106. (1) Bei Wegfall eines Steuerpflichtigen (Tod, Auflösung einer juristischen Person, einer Personenvereinigung oder eines Zweckvermögens) haben die Rechtsnachfolger, Testamentsvollstrecker, Erbschaftsbesitzer (§ 2018 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), Pfleger, Liquidatoren, Verwalter und die Be­ vollmächtigten dieser Personen dafür zu sorgen, daß Mittel zur Bezahlung der vorher entstandenen Steuerschulden ($ 99 Abs. 1) zurückgehalten und diese Steuerschulden bezahlt werden. Auf Verlangen ist aus dem Nachlaß oder der Masse Sicherheit zu leisten. (2) Die gleichen Pflichten haben wegen der Steuern, die aus einem Nach­ laß zu entrichten sind, die Erben, Testamentsvollstrecker, Erbschaftsbesitzer, Pfleger, Verwalter und die Bevollmächtigten dieser Personen. (3) Ist zweifelhaft, wer zur Vertretung eines Nachlasses oder eine- sonst verbleibenden Vermögens befugt ist, so hat das Nachlaßgericht und beim Weg­ fall einer juristischen Person oder eines dieser ähnlichen Gebildes das Amts­ gericht des nach § 73 Abs. 5 Nr. 2 zuständigen Ortes auf Antrag des Finanz­ amts einen Pfleger für den Nachlaß oder die sonstige Masse zu bestellen; der Pfleger hat die Stellung eines Nachlaßpflegers im Sinne de- § 1961 deS

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B VII. Steuerrecht.

Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Steueransprüche können gegen ihn geltend ge­ macht werden, und er ist befugt, Rechtsmittel gegen die Heranziehung ein­ zulegen. § 107. (1) Wer durch Abwesenheit oder sonst verhindert ist, Pflichten zu erfüllen, die ihm im Jntereffe der Besteuerung obliegen, oder Rechte wahrzu­ nehmen, die ihm nach den Steuergesetzen zustehen, kann dies durch Bevoll­ mächtigte tun. (2) Bevollmächtigte, die aus der Erteilung von Rat und Hilfe in Steuer­ sachen ein Geschäft machen oder denen die Fähigkeit zum geeigneten schriftlichen oder mündlichen Vortrag mangelt, können zurückgewiesen werden. (3) Abs. 2 gilt nicht: 1. für Rechtsanwälte oder Notare; 2. *) für Personen, die von einem Landesfinanzamt zugelassen worden sind; das Landesfinanzamt kann die Zulassung jederzeit zurücknehmen; weder die Verwaltungsgerichte (insbesondere die Finanzgerichte und der Reichsfinanzhof) noch die ordentlichen Gerichte sind zu einer Nachprüfung befugt, ob die Zurücknahme zulässig war. (4) Die Finanzämter können auch sonst Bevollmächtigte zulassen. Es bleibt ihnen aber unbenommen, sich neben dem Bevollmächtigten an den Steuer­ pflichtigen selbst zu wenden. (5) Der Steuerpflichtige kann sich in jeder Lage des Verfahrens eines Bei­ standes bedienen. Auf den Beistand finden die Vorschriften der Abs.2,3 Anwendung. (6) Hat eine Steuerverwultungsbehörde, ein Finanzgericht (der Vorsitzende eines Finanzgerichts) oder der Reichsfinanzhof (der Vorsitzende eines Senats) jemanden als Bevollmächtigten oder als Beistand zurückgewiesen, so ist das, was der Zurückgewiesene trotz der Zurückweisung schriftlich oder mündlich in Sachen eines anderen vorbringt, ohne steuerrechtliche Wirkung. (7) Gegen eine Zurückweisung, die von einem Finanzamt oder Landes­ finanzamt verfügt wird, ist lediglich die Beschwerde, gegen eine Zurückweisung, die von einem Finanzgericht (dem Vorsitzenden eines Finanzgerichts) oder von dem Reichsfinanzhof (dem Vorsitzenden eines Senats) oder von dem Reichs­ minister der Finanzen ausgesprochen wird, ist ein Rechtsmittel oder ein sonstiger Rechtsbehelf nicht gegeben. Die ordentlichen Gerichte sind nicht zur Nachprüfung befugt, ob eine Zurückweisung zulässig war; das gleiche gilt für die Finanz­ gerichte und den Reichsfinanzhof, soweit es sich nicht um Zurückweisungen handelt, die sie selbst ausgesprochen haben. (8) Eine Vereinbarung, durch die als Entgelt für die Tätigkeit eines Ver­ treters oder Beistandes ein Teil an der von ihm zu erzielenden Steuer­ ermäßigung oder Steuerersparung ausbedungen wird, ist nichtig. 8 107 a ist in Anm. 2 zu § 413 abgedruckt.

§ 108. Wer als Bevollmächtigter oder als Verfügungsberechtigter**) auf­ tritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 103). Für ZwangSgeldstrafen und Sicherungsgelder, die gegen ihn erkannt, und für Kosten und Zwangs­ mittel, die gegen ihn festgesetzt werden, haftet neben ihm der Vertretene.

§ 109. (1) Die Vertreter und die übrigen in den §§ 103—108 be­ zeichneten Personen haften insoweit persönlich neben dem Steuerpflichtigen, als durch schuldhafte Verletzung der ihnen in den §§ 103—198 auferlegten Pflichten *) Dazu VO. v. 18. Febr.' 37 (RGBl. I S. 245). **) Als Verfügungsberechtigter tritt auch aus, wer nach außen hin handelt als wenn er kraft eigenen Rechts verfügt. E. 72 S. 240.

B VI11. Vorschriften der Reichsabgabenordnung § 416.

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Zuwiderhandlungen begehen, so hastens die Vertretenen für die Geld­ strafen^), die diese Personen verwirken, und für die Kosten 6) des Strafverfahrens und der Strafvollstreckung, die ihnen auferlegt werden. Die Vorschrift gilt nicht für die Fälle der Vormundschaft und Pflegschaft. Steueransprüche verkürzt oder Erstattungen oder Vergütungen zu Unrecht ge­ währt worden sind. (2) Rechtsanwälte sind wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Be­ rufs bei der Beratung in Steuersachen vorgenommen haben, dem Reiche gegen­ über nur dann schadenersatzpflichtig, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflicht enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflicht vorliegt, wird auf Antrag des Landesfinanzamts im ehrengerichtlichen Verfahren entschieden. § 110. Das Erlöschen der Vertretungsmacht oder der Vollmacht läßt die Pflichten der Vertreter und Bevollmächtigten unberührt, soweit es sich um die vorangegangene Zeit handelt. § 111. (1) Wenn Vertreter, Verwalter oder Bevollmächtigte im Sinne der §8 103—108 bei Ausübung ihrer Obliegenheiten Steuerhinterziehungen oder Steuergefährdungen begehen (88 396,402), so haften die Vertretenen für die verkürzten Steuereinnahmen und die zu Unrecht gewährten oder belassenen Steuervorteile. (2) Das gleiche gilt für den Geschäftsherrn oder den Haushaltungsvor­ stand, wenn Angestellte oder sonst im Dienste oder Lohne stehende Personen so­ wie Familien- und Haushaltungsangehörige bei Ausübung von Obliegenheiten, die sie im Interesse dieser Personen wahrnehmen, Steuerhinterziehungen oder Steuergefährdungen begehen; diese Haftung tritt jedoch, sofern sie nicht auS anderen Gründen besteht, nicht ein, wenn festgestellt wird, daß die Steuerhinter­ ziehung oder Steuergefährdung ohne Wiffen des Geschäftsherrn oder des Haus­ haltungsvorstandes oder einer zu seiner Vertretung nach außen befugten Person begangen worden ist und die genannten Personen bei der Auswahl oder Beauf­ sichtigung der Angestellten oder der Beaufsichtigung der Familien- und Haus­ haltungsmitglieder die erforderliche Sorgfalt aufgewandt haben. 3) Begangen sind die St.zuwiderh. d. Bevollm., wenn sie so, wie sie ge­ schehen sind, nicht ohne Übertragung der Handlungsbefugnis hätten begangen werden können, unter dieser Voraussetzg. aber auch dann, wenn der Be­ vollm. seine Befugnisse zum Nachteil seines Auftraggebers mißbraucht und auch dessen Rechtsgüter verletzt. E. 74 S. 368. 4) Die Haftbarkeit ist ein straftechtl. Einstehen für eine fremde Straf­ tat auf Grund bestimmter außerhalb der Tat liegender Verhältnisse. RG. DR. 1939 S. 1984. Es handelt sich um Nachhaftung, nicht um gesamt­ schuldnerische Haftung. RG. Das Recht 1939 S. 715. Die Haftung tritt auch dann ein, wenn das Werf, gegen den Vertretenen infolge eines Straffreiheitsges. eingestellt ist. E. 71 S. 2. Ist die Zuziehung des Haftpflichtigen in dem Verfahren gegen den Vertreter unterblieben, so sind die Voraussetzungen für den Ausspruch der Nachhaftung selbständig zu prüfen; so u. a. das Vor­ handensein einer Steuerzuwiderhandl. E. 67 S. 32. Das Gericht hat über die Mithaftung des Vertretenen auch zu befinden, wenn es den rechtskr. Unterwerfungsbescheid gegen den Vertreter bestehen läßt und das gerichtl. Verfahren gegen diesen einstellt. RG. Das Recht 1939 Nr. 4847. , 5) Das ist nur die als Hauptstrafe erkannte Geldstrafe, nicht Wert­ ersatz. E. 71 S. 72. 6) Nicht für den Wertersatz. Hamburg JurW. 1932 S. 1772.

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B VII. Steuerrecht.

Das gleiche gilt für die Haftung des Geschäftsherrn oder des Haushaltungsvorstaudes, wenn Angestellte7) oder sonst im Dienste oder Lohne stehende Personen sowie Familien- und Haushaltungsangehörige bei Aus­ übung von Obliegenheiten, die sie im Interesse des Geschästsherrn oder Haushaltungsvorstandes wahrnehmen, Steuervergehens begehens) diese Haftung tritt jedoch nicht ein, wenn festgestellt wird, daß das Steuerver­ gehen 8)9 ohne Wissen des Geschäftsherrn oder deS HaushaltungSvorstandeS oder einer zu seiner Vertretung nach außen befugten Person be­ gangen worden ist und die genannten Personen bei der Auswahl oder Beaufsichtigung der Angestellten oder der Beaufsichtigung der Familienund Haushaltungsmitglieder die erforderliche Sorgfalt aufgewandt haben.

Die im ersten und zweiten Absatz vorgesehene Haftung fällt weg, wenn der Schuldige oder Haftende stirbt, bevor das Straferkenntnis, das gegen sie ergeht, rechtskräftig geworden ist. § 417 (882). Wer neben dem Schuldigen für Geldstrafe und Kosten haftet (§ 416), kann in Anspruch genommen werden, wenn die Geld­ strafe und die Kosten aus dem beweglichen Vermögen des Schuldigen nicht beigetrteben werden können. Die Ersatzfreiheitsstrafen können an dem Schuldigen ganz oder zum Teil vollzogen werden, ohne daß die Person, die für die Geld­ strafe hastet, in Anspruch genommen wird. § 418 (383). Ist ein und dieselbe Handlung zugleich als Steuer­ vergehen l) und nach einem anderen Gesetzes strafbar, so ist die Strafe aus dem Steuergesetze zu entnehmen, es sei denn, daß das andere Gesetz eine schwerere Strafe oder bei ungleichen Strafarten eine schwerere Strafart androht (§ 73 des Strafgesetzbuchs). Ist die Strafe aus dem anderen Gesetze zu entnehmen, so ist eine nach dem Steuergesetze verwirkte Geldstrafe besonders zu verhängen?) Auch muß auf Haftbarkeit dritter Personen oder auf Einziehung*) erkannt werden, wenn dies das Steuergesetz vorschreibt, und es kann hierauf, sowie auf sonstige Nebenstrafen erkannt werden, wenn dies das Steuergesetz zuläßt 7) Auch der Angestellte, der gemeinschaftl. mit dem Vertreter des Ge­ schäftsherrn oder mit dessen Kenntnis handelt. RR. JurW. 1937 S. 2404. 8) Siehe Anm. 1 zu § 392-. 9) Dies liegt nicht vor. wenn der^Ehemann vom Grundstück seiner Eheftau den Pferdeschmuggel betreibt. RG. GA. 77 S. 209. Zu § 418: 1) Siehe Anm. 1 zu 8 392. 2) Besteht Tateinheit, so hat eine die Schuldftage betreffende Aufhebung der Entscheidung selbst sich dann auf das Steuervergehen zu erstrecken, wenn dieses einwandfrei festgestellt ist. RG. Recht 32 Nr. 1493. * 3) Hierdurch ist das Verbot des ne bis in idem nicht ausgeschlossen. Die Vorschrift betrifft lediglich eine Frage der Strafzumessung. E. 60 S. 41. BayObLG. JurW. 1930 S. 3641; vgl. KG. DRZ. 1927 Nr. 1100. 4) Vgl. Anm. 2 zu 8 401.

B VII1. Vorschriften der Reichsadgabenordnung §§ 419—421.

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Wenn ein und dieselbe Handlung mehrere Strafvorschristen der Steuergesetze über Steuervergehens verletzt, so ist die Strafe nach § 73 des Strafgesetzbuchs zu bestimmen; jedoch muß auf Haft­ barkeit dritter Personen oder auf Einziehung erkannt werden, wenn dies eine der verletzten Vorschriften vorschreibt, und es kann hierauf sowie auf sonstige Nebenstrasen erkannt werden, wenn dies eine der anwendbaren Vorschriften zuläßt. Hat jemand mehrere selbständige Steuervergehens begangen, so darf eine nach § 74 des Strafgesetzbuchs zu erkennende Gesamtfteiheitsstrafe fünf Jahre nicht überschreiten. Auf Haftbarkeit dritter Personen, Einziehung und sonstige Nebenstrasen mnß oder kann erkannt werden, wenn dies neben einer der verwirkten Einzelstrafen geboten oder zulässig ist. §419. (I)1) Die Strafverfolgung von Steuervergehen verjährt in fünf Jahren und, wenn es sich um Steuerordnungswidrigkeiten2)3 handelt, in einem Jahr. (2) Die Einleitung der Untersuchung und der Erlaß eines Strafbe­ scheids unterbrechen die Verjährung gegen den, gegen den sie gerichtet sind. (3) •) Bei Steuervergehen,x) die die Wechselsteuer betreffen, be­ ginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Wechsel fällig geworden ist.

Zweiter Abschnitt.

Strafverfahren.

Erster Unterabschnitt. Allgemeine Vorschrift. § 420 (385). Die Strafprozeßordnung gilt, soweit die Steuergesetze nichts Abweichendes vorschreiben.l)2) Zweiter Unterabschnitt.

Verwaltvngsstrafversahren. *)

I. Allgemeine Vorschriften. § 421 (386). Die Finanzämter haben bei allen Steuervergehen *) (§ 392) den Sachverhalt zu erforschen. Eine Ausnahme gilt, wenn der Beschuldigte wegen Steuerhinterziehung festgenommen und dem Richter vorgeführt ist. Zu § 419: 1) Siehe Anm. 1 zu 8 392. 2) § 413. 3) Siehe Anm. 3 zu 8 395. Zu 8 420: 1) Nach 8 8 Abs. 2 gelten die Vorschriften der RAbgO. über das gerichtl. Verfahren in Steuerstrafsachen (§§ 461 bis 467, §§ 469, 470, 472 bis 476), soweit sie nach 88 3 bis 5 nicht unmittelbar Anwendung finden, sinngemäß für alle rechtlichen Abgaben. 2) 88 42Off. gelten auch für das gerichtl. Verfahren. E. 69 S. 32 (36). *) Siehe Anm. 2 zu 8 420. Zu 8 421: 1) Siehe Anm. 1 zu 8 392. Dalcke, Strafrecht. 33. Aufl.

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B VH. Steuerrecht.

Die Entscheidung steht dem Finanzamt zu, wenn das Steuer­ vergehen l) nur mit Geldstrafe und Einziehung oder einer dieser Strafen bedroht ist oder das Finanzamt auf keine andere als auf diese Strafen oder darauf erkennen will, daß die Verurteilung auf Kosten des Verurteilten bekanntzumachen sei. Die Finanzämter können auch gegen Nebenbeteiligte2)3entscheiden. Nebenbeteiligter ist, 1. wem ein Recht an Gegenständen zusteht, die der Einziehung unterliegen, oder wem ein Anspruch auf solche Gegenstände zusteht, 2. wer für die Geldstrafe und die Kosten haftet, die dem Täter oder einem Teilnehmer auferlegt werden.

§ 422 (387). Ist ein und dieselbe Handlung zugleich als Steuer­ vergehen l) und nach einem anderen Gesetze strafbar, so steht die Untersuchung und in den Grenzen des § 421 die Entscheidung dem Finanzamt zu, wenn die Strafe aus dem Steuergesetze zu entnehmen ist (§ 73 des Strafgesetzbuchs). § 423 (388). Besteht gegen einen Rechtsanwalt der Verdacht eine- fahrlässigen Steuervergehens *), die er in Ausübung seines Berufs bei der Beratung in Steuersachen begangen hat, so ist die Einleitung einer strafrechtlichen Verfolgung an die Voraussetzung ge­ bunden, daß zuvor im ehrengerichtlichen2) Verfahren (§§62 ff. der Rechts­ anwaltsordnung) 2) eine Verletzung der Berufspflichten des Rechts­ anwalts festgesteüt ist. Ist die Untersuchung wegen eines vorsätzlichen Steuervergehens *) eingeleitet, so gilt das gleiche für die Fort­ setzung des Verfahrens, wenn sich vor Erlaß des Strafbescheids oder vor Eröffnung des Hauptverfahrens ergibt, daß nur der Verdacht eines fahrlässigen Steuervergehens *) begründet erscheint..

§ 424 (389). Sachlich zuständig zur Untersuchung und Entscheidung ist das Finanzamt, dem die Verwaltung der beeinträchtigten oder ge­ fährdeten Steuer übertragen ist. Die Finanzämter können sich der Hilfe der Ortspolizeibehörden bedienen. Die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicherheits2) Die Nebenbeteiligten sind im gerichtl. Verfahren gegen den Besch, zuzuziehen. E. 63 S. 23. Der verfahrensrechtliche Anspruch auf Zuziehung ist glaubhaft zu machen. E. 69 S. 32 (39). Gegen Einziehungsbeteiligte, die zum gerichtl. Steuerverf. nicht hinzugezogen sind, beginnt die Frist zur Rev.einlegung erst mit Zustellung des Urteils. E. 70 S. 40. Zu § 422: 1) Siehe Anm. 1 zu § 392. Zu § 423: 1) Siehe Anm. 1 zu 8 392. 2) Die Finanzbehörde hat kein Recht, eine Entscheidung im ehren­ gerichtlichen Verfahren herbeizuführen. 3) Nunmehr §§ 64ff. der Reichsrechtsanwaltsordnung v. 20. Febr. 36 (RGBl. I S. 107).

B VI11. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 425—428.

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dienstes sind verpflichtet, die Ermittlungen anzustellen, die die Finanz­ ämter verlangen.

§ 425 (390). Die Finanzämter sind befugt, sich jederzeit der weiteren Untersuchung oder Entscheidung zu enthalten und die Sache an die zu­ ständige Staatsanwaltschaft abzugeben. § 426 (391). Solange nicht das Finanzamt die Sache an die zu­ ständige Staatsanwaltschaft abgibt (§ 425), haben die Staatsanwalt­ schaft und die Gerichte nur einzugreifen, wenn der Beschuldigte wegen des Steuervergehens 9 vorläufig festgenommen und dem Richter vor­ geführt wird. Hat jemand durch mehrere selbständige Handlungen ein Steuer­ vergehen 9 und eine andere strafbare Handlung begangen, so kann die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung wegen des Steuer­ vergehens 9 gegen ihn und die als Teilnehmer, Nebenbeteiligte (§ 421 Abs. 3) oder Begünstiger beteiligten Personen übernehmen. Auch da, wo ihre Zuständigkeit begründet ist, kann die Staats­ anwaltschaft das Finanzamt ersuchen, den Sachverhalt des Steuer­ vergehens 9 zu ermitteln. Entspricht das Finanzamt dem Antrag, so ist es in den Grenzen der §§ 421, 422 auch zur Entscheidung zuständig; sein Recht, sich jederzeit der weiteren Verfolgung oder der Entscheidung zu enthalten, bleibt unberührt.

§ 427 (392). Die Behörden und Beamten des Polizei- und Sicher­ heitsdienstes haben auch Steuervergehen 9 zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Ver­ dunklung der Sache zu verhüten. Sie haben Steuervergehen 9 ohne Verzug dem Finanzamt anzu­ zeigen. Sie haben der Anzeige ihre Verhandlungen beizufügen, es sei denn, daß der Beschuldigte festgenommen und dem Richter vor­ geführt wird. § 428 (393). Örtlich zuständig ist das Finanzamt, in dessen Bezirk das Steuervergehen 9 begangen oder entdeckt ist, und bei Steuer­ hinterziehungen oder -gefährduugen auch das Finanzamt, das zur Festsetzung und Einziehung der Steuer zuständig ist. Sind mehrere Finanzämter zuständig, so gebührt der Vorzug dem Finanzamt, das die Untersuchung zuerst geführt hat. Die Unter­ suchung und Entscheidung kann jedoch auf Ersuchen von einem anderen örtlich zuständigen Finanzamt übernommen oder ihm von einer ge­ meinschaftlich vorgesetzten oberen Behörde übertragen werden. Zu § Zu § Zu §

426:Siehe Anm. 1 zu 8 392. 427:Siehe Anm. 1 zu § 392. 428:Siehe Anm. 1 zu 8 392.

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B VII. Steuerrecht.

Die Untersuchung und Entscheidung kann auf alle Steuer­ vergehens desselben Beschuldigten und auf alle bei einem Steuer­ vergehen *) beteiligten Personen ausgedehnt werden, für die das Finanzamt sachlich zuständig ist. Sind mehrere Finanzämter sachlich zuständig, so kann die gemeinschaftlich vorgesetzte obere Behörde die Untersuchung und Entscheidung einem von ihnen übertragen.

§ 429 (394).

Für Zustellungen gellen die §§ 88 bis 90. *) Bei Straf- oder Beschwerdebescheiden ist eine Ausfertigung,2) sonst eine einfache Abschrift zu übergeben.

Wird nach § 90 zugestellt, so sind statt der Straf- und Beschwerde­ bescheide Benachrichtigungen nach § 90 Satz 3 anzuheften. Fristen sind nach § 82 zu berechnen. Zu § 429: 1) Siehe Anm. 1 zu § 447.

§ 88. (1) Für Zustellungen gelten die Vorschriften der Zivilprozeß­ ordnung über Zustellungen von Amts wegen. (2) Zustellen können auch Beamte der Steuer-, der Polizei- oder der Ge­ meindeverwaltung. (3) Die Behörde kann durch eingeschriebenen Brief zustellen. Die Zustellung gilt mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, daß der Zustellungsempfänger nachweist, daß ihm das zuzustellende Schriftstück nicht innerhalb dieser Zeit zugegangen ist. (4) Als Zustellung an eine Behörde genügt die Vorlegung der Urschrift. § 89. Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz oder Sitz im Ausland, aber Jnlandsvermögen oder im Inland eine Niederlassung *) oder Geschäftsstelle haben oder steuer- oder sicherheitspflichtig sind, haben dem Finanzamt auf Ver­ langen einen Vertreter im Inland zu bestellen, der ermächtigt ist, Schriftstücke zu empfangen, die für sie bestimmt sind. Unterlassen sie dies, so gilt ein Schrift­ stück mit der Aufgabe zur Post als zugestellt, selbst wenn es als unbestellbar zurückkommt.

§ 90. Ist der Aufenthaltsort dessen, dem zugestellt werden soll, unbe­ kannt oder seine Wohnung nicht zu ermitteln, so kann die Zustellung an ihn dadurch bewirkt werden, daß das Schriftstück an der zu Aushängen der Behörde bestimmten Stelle angeheftet wird. Die Zustellung gilt als bewirkt, wenn seit der Anheftung, mag auch das Schriftstück früher entfernt sein, zwei Wochen verstrichen sind. Statt des Schriftstücks, das zuzustellen ist, kann eine Benach­ richtigung angeheftet werden, in der das Schriftstück im allgemeinen zu be­ zeichnen und zu bemerken ist, daß und wo es eingesehen werden kann. Diese Art der Zustellung ist auch zulässig, wenn bei einer Zustellung im Ausland die Befolgung der dafür bestehenden Vorschriften unausführbar ist oder keinen Er­ folg verspricht, oder wenn in einer Wohnung zugestellt werden müßte, die Zu­ stellung aber unausführbar ist, weil der Inhaber der Wohnung der inländischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen ist. 2) § 275 Abs. 4 StPO, findet sinngemäß Anwendung. E. 64 S. 426.

♦) Siehe Anm. 2 zu § 397.

B VI11. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 430—433.

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§ 430 (395). (1) Die Finanzämter können BeschlagnahmenT) nach § 94, § 95 Abs. 1, §§ 96, 97 der Strafprozeßordnung anordnen und durch ihre Beamten aussühren lassen. (2) Bei Gefahr im Verzüge können auch Beamte der Finanzämter Beschlagnahmen anordnen; sie haben binnen dreier Tage die Bestätigung des Finanzamts nachzusuchen. (3) Wenn Polizei- und Sicherheitsbeamte bei der Verfolgung von Steuervergehen*2) nach § 427 dieses Gesetzes und nach § 98 Abs. 1 der Strafprozeßordnung Beschlagnahmen angeordnet haben, steht die im § 98 Abs. 2 der Strafprozeßordnung vorgeschriebene Bestätigung und Entscheidung dem Finanzamt zu. (4) Der Betroffene kann jederzeit Entscheidung durch das Finanzamt beantragen. Auf Verlangen ist ihm ein Verzeichnis der in Ver­ wahrung genommenen Sachen mitzuteilen. (5) 3) Soll eine Beschlagnahme in einem militärischen Dienstgebäude (z. B. in einer Kaserne) oder auf einem Kriegsfahrzeug erfolgen, so hat die Steuerbehörde die zuständige Militärbehörde um die Beschlag­ nahme zu ersuchen. Bei der Beschlagnahme wirkt die Steuerbehörde mit, wenn sie dies verlangt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Beschlagnahme in Räumen vorzunehmen ist, die in einem militärischen Dienstgebäude ausschließlich von Zivilpersonen bewohnt werden.

§ 431 (396). Um die Beschlagnahme von Briefen und Sendungen auf der Post sowie von Telegrammen auf den Telegraphenanstalten (§ 99 der Strafprozeßordnung) ersucht das Finanzamt das zuständige Amtsgericht. Dieses übergibt ihm eröffnete Sendungen, deren Zurück­ haltung erforderlich erscheint. § 432 (397). Bei einer Zuwiderhandlung gegen § 163 Abs. 1 §407!) ist die Beschlagnahme dem zu erklären, der das Guthaben schuldet, die Wertsachen verwahrt oder das Schließfach überlassen hat; dabei sind die Wertsachen oder Urkunden in Verwahrung zu nehmen oder sonst sicherzustellen. Die Beschlagnahme der Ansprüche des Beschuldigten wirkt als Veräußerungsverbot nach § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 433 (398). Die Beschlagnahme von Gegenständen, die der Ein­ ziehung unterliegen, bleibt wirksam, bis das Strafverfahren wegen des Steuervergehens *) vollständig erledigt ist oder das Finanzamt die Be­ schlagnahme aufhebt. Zu § 430: 1) Dazu das Sicherungsverfahren nach § 351, vgl. E. 58 S. 355. 2) Siehe Anm. 1 zu 8 392. 3) Siehe Anm. 3 zu 8 395. Zu 8 432: 1) 8 407 ist gestrichen. Zu 8 433: 1) Siehe Anm. 1 zu 8 392.

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B VII. Steuerrecht.

In Beschlag genommene Sachen, deren Aufbewahrung, Pflege und Erhaltung unverhältnismäßig viel kostet oder deren Verderben droht, kann das Finanzamt nach drei Tagen, bei Gefahr im Verzug auch schon vorher, im Zwangsverfahren veräußern lassen. Der Erlös tritt an die Stelle der Sachen. Zeit und Ort der Veräußerung sind dem Beschuldigten und dem Eigentümer möglichst vorher mitzuteilen.

§ 434 (399). Sind in Beschlag genommene Sachen, die der Ein­ ziehung unterliegen, von einem Unbekannten zurückgelassen worden, der aus der Zuwiderhandlung betroffen, aber entkommen ist, so verfallen sie oder ihr Erlös dem Reiche, wenn sich der Betroffene oder der Eigen­ tümer nicht innerhalb dreier Monate nach der Beschlagnahme gemeldet hat. Das Finanzamt kann sie nach Ablauf einer Woche, von der Beschlagnahme an gerechnet, im Zwangsverfahren veräußern lassen. § 435 (400). Zur Sicherung einer hinterzogenen Steuer »können Beförderungsmittel, die der Beschuldigte bei Begehung einer Steuer­ zuwiderhandlung in seinem Gewahrsam hat, und andere Sachen, die er mit sich führt, außer Arbeitsgeräten, mit Beschlag belegt werden, wenn sein Wohnsitz unbekannt öder außerhalb des Deutschen Reichs

gelegen ist. Mit den Beförderungsmitteln können die in Beschlag ge­ nommenen Sachen bis zur nächsten Amtsstelle befördert werden, bei der ihre Aufbewahrung möglich ist. Die Sachen sind freizugeben, wenn nachgewiesen wird, daß sie jemand gehören, der weder bei der Tat beteiligt ist noch für Strafe und Kosten hastet, es sei denn, daß die Einziehung nach § 401 verwirkt ist. ’)

§ 436 (401). Die Finanzämter können die nach der Strafprozeß­ ordnung zuständigen Behörden und Beamten um Durchsuchungen er­ suchen. Aus ihr Verlangen sind von ihnen zu bezeichnende Beamte bei der Ausführung zuzuziehen. Die Sachen, die in Verwahrung oder in Beschlag genommen werden, sind den Finanzämtern zu übergeben. § 437 (402). Wenn in Steuergesetzen Durchsuchungen vorgesehen sind, steht ihre Anordnung den Finanzämtern zu. Die Beamten, die mit der Ausführung beauftragt werden, haben, soweit in den Steuergesetzen nichts Abweichendes bestimmt ist, nach den Vorschriften der Straf­ prozeßordnung zu verfahren; sie haben sich durch einen schriftlichen Auftrag des Finanzamts auszuweisen. Papiere und Handelsbücher dürfen die Finanzämter und deren Beauftragte nur einsehen, wenn es der Inhaber genehmigt. Andern­ falls haben sie die Papiere und Handelsbücher, deren Durchsicht sie für geboten halten, in Gegenwart des Inhabers oder seines Ver­ treters mit dem Amissiegel in einem Umschlag zu verschließen und Zu § 435: 1) Siehe Anm. 1 zu § 401.

B VI11. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 438 u. 439.

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an den Amtsrichter des Bezirks abzuliefern. Dieser hat Papiere und Handelsbücher, die für die Untersuchung Bedeutung haben, dem Finanz­ amt mitzuteilen. § 438 (403). Das Recht des Finanzamts, in Räumen, die ihm zur Ausübung der Steueraufsicht zugänglich sind, Nachschau zu hatten und die dort zu seiner Einsicht bestimmten Bücher und Aufzeichnungen einzusehen, bleibt unberührt; Zwangsmittel (§ 202)x) gegen die Person des Beschuldigten sind jedoch unstatthaft, sofern es sich darum handelt, Spüren einer Steuerzuwiderhandlung zu verfolgen. § 439 (404). (1) Bei Verdacht einest Steuervergehens^ sind die Finanzämter und ihre Hilfsbeamten außer im Falle des § 127 Abs. 1 der Strafprozeßordnung auch dann zur vorläufigen Festnahme deS Beschuldigten befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls vorliegen und Gefahr im Verzug obwaltet.

(2) Bei vorläufiger Festnahme ist nach Artikel 114 Abs. 2 der BerZu § 438: 1) § 202. (1) Die Finanzämter können Anordnungen, die sie im Besteuerungsverfahren (einschließlich der Vorbereitung, Sicherung und Nachprüfung der Besteuerung) innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse treffen durch Geldstrafen, Ausführung auf Kosten der Pflichtigen und unmittelbar erzwingen. (2) Die einzelne Geldstrafe darf fünftausend Reichsmark nicht übersteigen. Wird die Strafe gegen natürliche Personen festgesetzt, so ist zugleich die Dauer der Haft festzusetzen, die für den Fall des Unvermögens an die Stelle der Geld­ strafe treten soll. Die Haft darf vier Wochen nicht übersteigen. Innerhalb dieses Rahmens ist die Dauer der Haft nach freiem Ermeffen zu bestimmen. Sind mehrere Sttafen nebeneinander zu vollstrecken, so hat das Finanzamt, das die höchste Haftstrafe festgesetzt hat, die Strafen in einer Gesamtstrafe züsammenzuziehen; diese besteht in einer Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe und darf drei Monate nicht übersteigen. Auf Ersuchen des Finanzamts ist die Hast­ strafe zu vollziehen. Zuständig für den Vollzug ist die Behörde, der der Vollzug gerichtlich erkannter Haftstrafen obliegt, bei Angehörigen der Wehrmacht die vorgesetzte Militärbehörde?») Nachdem der Anspruch auf die Geldstrafe verjährt ist, darf die Haft nicht mehr vollstreckt werden. (3) .Die Kosten der Ausführung durch Dritte und des unmittelbaren Zwanges können im voraus in einem vorläufig zu veranschlagenden Bettage zwangsweise eingezogen werden. (4) Unmittelbarer Zwang darf nur angewandt werden, wenn die Anord­ nung sonst nicht durchführbar ist oder Gefahr im Verzüge liegt. (5) Gegen öffentliche Behörden sind Zwangsmittel nicht zulässig. (6) Bevor ein Zwangsmittel festgesetzt wird, muß der Pflichtige unter An­ drohung des Zwangsmittels mit Setzung einer angemessenen Frist zur Vor­ nahme der von ihm gefordetten Handlung aufgefordett werden. Die Aufforde­ rung und die Androhung müssen schriftlich geschehen, außer wenn Gefahr im Verzüge liegt. (7) Wer meint, zur Erfüllung der Aufforderung nicht verpflichtet zu sein, hat dies dem Finanzamt rechtzeittg unter Darlegung der Gründe mitzuteilen. Zu § 439: 1) Siehe Anm. 1 zu § 392.

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B VII.Steuerrecht.

fassung zu verfahren. Der Beschuldigte hat die Wahl, ob er sich dem nächsten Finanzamt oder dem Amtsrichter des Bezirkes, in dem die Festnahme erfolgt ist, vorsühren*2) lassen will. Die §§ 128, 129 der Strafprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Ist die Zu­ widerhandlung, wegen deren die Festnahme erfolgte, nur mit Geld­ strafe oder Einziehung bedroht, so ist der Beschuldigte in Freiheit zu setzen, wenn er für Steuer, Strafe und Kosten Sicherheit bestellt oder sich über seine Person ausweist und eine Sicherheitsleistung nicht er­ forderlich erscheint. (3)3)* Soll * * * ein Soldat vorläufig festgenommen werden, so ist, wenn möglich, ein militärischer Vorgesetzter oder eine militärische Wache um die Festnahme zu ersuchen. II. Das Verfahren. § 440 (405). Die Hilfsstellen und die Beamten der Finanzämter haben die Steuervergehens zu erforschen und innerhalb ihrer Zuständigkeit alle keinen Aufschub gestaltenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunklung der Sache zu verhüten. Über die Ermittlungen

ist dem Finanzamt eine Niederschrift oder eine schriftliche Anzeige ein­ zureichen. § 441 (406). Die Finanzämter haben die Anzeigen, die bei ihnen eingehen, daraus zu prüfen, ob wegen eines Steuervergehens *) ein­ zuschreiten sei. Das gleiche gilt, wenn sie sonst von dem Verdacht eines Steuervergehens *) Kenntnis erhalten. Die Einleitung der Untersuchung ist aktenkundig zu machen. Zur Erforschung des Sachverhalts können die Finanzämter Er­ mittlungen jeder Art selbst anstellen oder durch ihre Hilfsstellen oder Beamten vornehmen lassen. Die Befugnisse, die den Finanzämtern nach den §§ 175 bis 184, 186, 188, 2022) und § 2098) Abs. 1 bei Ermittlung der Steuerpflicht zustehen, gelten sinngemäß für die Untersuchung. 2) Mit der Vorführung vor dem Richter treten die im § 426 Abs. 1 an­ geführten Befugnisse der StA. u. der Gerichte ein. Die StA. wird aber auch dann, solange noch keine öffentl. Klage erhoben ist, das Finanzamt um Er­ forschung des Sachverhalts ersuchen können. Rühe-Mühe-Hauser Anm.3. 3) Siehe Anm. 3 zu § 395. Zu 8 440: 1) Siehe Anm. 1 zu § 392. Zu § 441: 1) Siehe Anm. 1 zu § 392. 2) Siehe Anm. 1 zu 8 438. 3) § 209. (1) Wenn es sich um die Ermittlung von Steueransprüchen gegen bestimmte Personen handelt, sollen andere Personen erst dann zu einer Aus­ kunft oder zur Vorlegung von Büchern angehalten werden, wenn die Verhand­ lungen mit dem Steuerpflichtigen nicht zum Ziele führen oder keinen Erfolg versprechen. Nur wenn es erforderlich ist, um die Wahrheit zu ermitteln oder

B VI11. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 442 u. 443.

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Über jede Ermittlung ist eine Niederschrift oder ein Vermerk aus­

zunehmen. Niederschriften, die ein Finanzamt unter Zuziehung eines Schrift­ führers ausgenommen hat, stehen hinsichtlich ihrer Vorlesung in einer Hauptverhandlung vor Gericht (§§ 249 bis 255 der Straf­ prozeßordnung) richterlichen Protokollen gleich.*)

§ 442 (407). Gegen den Beschuldigten sott ein Strafbescheid über eine Geldstrafe von mehr als fünf Reichsmark nur erlassen werden, wenn ihm Gelegenheit zur Äußerung geboten ist. Er ist erforderlichen­ falls zur Vernehmung zu laden.

Erscheint der Beschuldigte, so ist ihm zu eröffnen, welche straf­ bare Handlung ihm zur Last gelegt wird. Er ist zu befragen, ob er etwas auf die Beschuldigung erwidern wolle. Die Vernehmung soll ihm Gelegenheit geben, die Verdachtsgründe zu beseitigen und Tat­ sachen, die zu seinen Gunsten sprechen, gellend zu machen. Seine persönlichen Verhältnisse sind zu ermitteln.

Erscheint der Beschuldigte auf die Ladung nicht, so ist er auf Antrag des Finanzamts von dem Amtsgerichte seines Wohn- oder Aufenthaltsorts nach den §§ 133 bis 136 der Sttafprozeßordnung zu vernehmen.l) Gegen einen flüchtigen Beschuldigten (§ 276 Abs. 2 der Strafprozeß­ ordnung) kann ohne seine Anhörung verfahren werden. ?)

§ 443 (408). Wer neben dem Beschuldigten für Geldstrafe und Kosten haftet, ist zum Verfahren zuzuziehen. Falls es nicht geboten er­ scheint, ihn zu vernehmen, ist ihm das Steuervergehen und die Person des Beschuldigten mitzuteilen, und er ist aufzufordern, zu erklären, ob er die Schuld des Beschuldigten und seine Haftung an­ erkenne oder was er einwende. Folgt er der Aufforderung nicht, so ist gleichwohl das Verfahren gegen ihn fortzusetzen. wenn Gefahr im Verzüge liegt, soll verlangt werden, daß der Steuerpflichtige oder ein Dritter (§§ 173, 183) Wertsachen vorlegt oder den Inhalt von Behältniffen oder eines verschlossenen Depots nachweist; das Finanzamt kann als­ dann der Bank oder der Stelle, die das Schließfach überlaffen hat oder das Depot verwahrt, vorschreiben, dem Steuerpflichtigen während angemessen kurzer Frist nur unter Zuziehung eines vom Finanzamt zu bezeichnenden Beamten Zutritt zum Schließfach zu gewähren oder das Depot auszuhändigen. (2) Eidesstattliche Versicherungen und eidliche Bekräftigungen von Aus­ künften sollen nur gefordert werden, wenn andere Mittel zur Erforschung der Wahrheit nicht vorhanden sind. 4) Dies gilt auch für Niederschriften, die von Hilfsstellen des Finanz­ amts (Zollfahndungsstellen) oder deren Beamten unter Zuziehung eines Schriftführers ausgenommen sind. E. 63 S. 81. Zu § 442: 1) Bei Ablehnung des AG. Beschwerde nach § 304 StPO. KG. JurW. 1930 S. 2312. 2) Fassung des Ges. v 28. Juni 35 (RGBl. I S. 844).

922

B VII. Steuerrecht.

Entsprechendes gilt für den, der bei einer Einziehung beteiligt ist, wenn er sich meldet oder anzunehmen ist, daß es einer Vollstreckungs­ handlung gegen ihn bedarf. Dies gilt auch, wo auf Einziehung selb­ ständig erkannt werden soll.l)2)3

§ 444 (409). Der Beschuldigte und die Nebenbeteiligten können sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Beauftragten ver­ treten lassen. l) Geschäftsmäßige Vertreter können zurückgewiesen werden. Dies gilt nicht für die im § 107 Abs. 3 genannten Per­ sonen. Das Finanzamt kann anordnen, daß der Beschuldigte erscheint. Die Vorschriften des § 107 Abs. 6, 7 finden Anwendung.2) § 445 (410). Wenn der Beschuldigte die Zuwiderhandlung vorbehalt­ los einräumt, so kann er sich der in der Niederschrift festzusetzenden Strafe unter Verzicht auf Erlaß eines Strafbescheids sofort unter­ werfen. ’) Die Unterwerfung steht einer rechtskräftigen Verurteilung gleich.2) Das Verfahren regelt der Reichsminister der Finanzen.2) § 446 (411). Ergibt die Untersuchung, daß der Verdacht nicht begründet war, so stellt das Finanzamt das Verfahren ein und teilt dies dem Beschuldigten mit, wenn er als solcher vernommen worden ist. Erscheint der Verdacht begründet, so gibt das Finanzamt, wenn es nicht selber erkennen kann oder will, die Verhandlungen an. die Staatsanwaltschaft ab. Es kann beantragen, daß die öffentliche Klage gegen den Beschuldigten und die Nebenbeteiligten erhoben werde; geeignetenfalls ist ein bestimmter Antrag zu stellen und zu begründen. Örtlich zuständig ist auch die Staatsanwaltschaft des Bezirkes, in Zu § 443: 1) Gilt nur für das Berwaltungsstrafverfahren. RG. DRZ. 1931 Nr. 620. Bei dem Antrag auf gerichtl. Entscheidung bedarf es keiner schriftl. Vollmacht. E. 66 S. 209. 2) Siehe Anm. 2 zu 8 421. Zu § 444: 1) Siehe Anm. 1 zu § 443. 2) Fassung beruht auf d. Ges. über die Zulassung von Steuerberatern, v. 6. Mai 33 (RGBl. I S. 257). § 107 ist abgedruckt in Anm. 2 zu 8 416. Zu 8 445: 1) Nach Eröffnung des gerichtlichen Strafverfahrens ist das Unterwerfungsverf. nicht mehr zulässig. E. 69 S. 162. 2) Es tritt kein Verbrauch der Strafkl. ein. E. 69 S. 93. Bei nicht­ verbrauchten Strafklagen kann die verhängte Strafe aus Unterwerfungsver­ handlungen angerechnet werden. E. 54, 285; E. 69, 96; RG. JurW. 1937, 1829 u. Das Recht 1938 Nr. 6993. 3) Dies ist geschehen durch die BO. v. 1. Novbr. 21 (RGBl. S. 1328). Die Unterwerfung ersetzt den Strafbescheid. Kann die Geldstrafe nicht beige­ getrieben werden, so erfolgt auf Antrag des Finanzamts Umwandlung der Freiheitsstrafe durch das Gericht. § 8 der BO. in Verb, mit § 470. Wer die Erklärung für einen anderen abgibt, bedarf der schriftlichen Vollmacht. RG. Recht 32 Nr. 978. Wesentliche Mängel des Unterwerfungsverf. machen die Unterwerfung unwirksam. E. 63 S. 294 (301). Hanseat. OLG. JurW. 1937 S. 2405.

B VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 447—449.

923

dem das Finanzamt seinen Sitz hat. Die Zuständigkeit erstreckt sich auf die der Gerichte. Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die örtliche Zuständigkeit bleiben im übrigen unberührt. Hat das Finanzamt die Sache abgegeben, weil es nicht zur Ent­ scheidung zuständig sei, hält die Staatsanwaltschaft dagegen diese Auf­ fassung nicht für zutreffend, so kann sie die Sache zur weiteren Er­ ledigung im Verwaltungsstrafversahren an das Finanzamt zurück­ geben; § 425 bleibt unberührt.

§ 447 (412). Will das Finanzamt selbst erkennen, so erläßt es einen Strafbescheid.x) Im Strafbescheide sind außer der Strafe die strafbare Handlung, das Strafgesetz und die Beweismittel anzugeben. Er soll ferner die Entscheidungsgründe und die Belehrung enthalten, daß der Be­ schuldigte, wenn er nicht nach § 451 Beschwerde an das Landesfinanz­ amt einlege, gegen den Strafbescheid binnen einer Woche nach der Bekanntmachung bei dem Finanzamt, das den Bescheid erlassen habe, auf gerichtliche Entscheidung antragen könne. Ist auf Einziehung zu erkennen und steht nicht fest, ob die Ein­ ziehung vollzogen werden kann, so ist für den Fall, daß die Einziehung nicht ausgeführt werden kann, die Ersatzstrafe nach § 401 Abs. 2 festzusetzen.*2) § 448 (413). Sind Nebenbeteiligte in der Untersuchung zuge­ zogen, x)2) so ist im Strafbescheide darüber zu erkennen, ob sie die Einziehung gegen sich gelten zu lassen oder für die Geldstrafe und die Kosten des Strafverfahrens und der Strafvollstreckung zu haften haben. Ist ihre Zuziehung im Berwaltungsstrafverfahren oder im gericht­ lichen Verfahren unterblieben, so kann gegen sie durch besonderen Strafbescheid entschieden, werden.

§ 449 (414). Der Strafbescheid ist den Beteiligten zuzustellen oder zu verkünden. Ist der Beschuldigte noch nicht achtzehn Jahr alt, so ist der Strafbescheid auch dem gesetzlichen Vertreter zuzustellen oder zu verkünden. Zu § 447: 1) Formelle u. Verfahrensverstöße in einem Strafbescheid sind wirkungslos. Hamburg HRN. 28 Nr. 1685. Strafbescheid ist wirksam, auch wenn die Urschrift nur mit einem Handzeichen versehen ist. E. 60 S. 406, oder wenn die Unterschrift in der Ausfertigung mittels Namensstempels her­ gestellt ist. NG. HRN. 29 Nr. 479. Siehe auch Anm. 1 zu § 462. Auf Rechtsmittel kann grundsätzl. im voraus verzichtet werden. E. 64 S. 229. 2) Die Beitreibung erfolgt auf Grund der Beitreibungsordnung vom 23. Juni 23 (RMBl. S 595) § 6 Abs. 3 Nr. 5 dieser O. Zu § 448: 1) Zugezogen ist ein Nebenbeteiligter auch dann, wenn er in dem Verfahren lediglich als Mittäter, nicht als Mithaftender belangt war. NG. JuN. 2 Nr. 1101. 2) Siehe Anm. 2 zu § 421.

924

ß VII. Steuerrecht.

Sind mehrere gesetzliche Vertreter oder bei juristischen Personen, Personenvereinigungen, Zweckvermögen und ähnlichen Gebilden mehrere Vertreter, Vorsteher oder Verwalter vorhanden, so genügt die Zustellung oder Verkündung an einen von ihnen. Nach der Zustellung kann der Strafbescheid nur in den Fällen der §§ 461, 464 zurückgenommen werden.

§ 450 (415). Der Beschuldigte und die Nebenbetetligten können gegen den Strafbescheid Beschwerde einlegen, wenn sie nicht auf gericht­ liche Entscheidung antragen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist bei dem Finanzamt,!) das den Strafbescheid erlassen hat, binnen einer Woche nach der Bekanntgabe schriftlich oder mündlich zu stellen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung schließt für den Be­ teiligten die Beschwerde, die Einlegung der Beschwerde den Antrag auf gerichtliche Entscheidung aus. Hat der gesetzliche Vertreter oder der Ehemann einer beschuldigten Frau Beschwerde eingelegt und der Vertretene oder die beschuldigte Frau gerichtliche Entscheidung be­ antragt oder umgekehrt, so ist die Beschwerde wirkungslos, wenn nicht der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgenommen wird. Hat von mehreren Beteiligten ein Teil auf gerichtliche Entschei­ dung angetragen, während der andere Beschwerde eingelegt hat, so ist über die Beschwerde in der Regel erst nach rechtskräftiger Erledigung des gerichtlichen Verfahrens zu befinden. § 451 (416). Die Beschwerde ist bei dem Finanzamt, das den Strafbescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich einzulegen. Die Frist für die Einlegung beträgt eine Woche; sie ist eine Ausschlußfrist und läuft von der Bekanntmachung an. Die Einlegung bei der Beschwerde­ behörde genügt zur Wahrung der Frist. Bei Versäumung der Frist

86, 87 Nachsicht gewährt werden. § 452 (417). Über die Beschwerde entscheidet das Landesfinanzamt.

kann nach den §§

Es kann nach § 441 Ermittlungen anstellen.

Der Beschwerdebescheid

ist zu begründen und zuzustellen oder zu verkünden.

§ 453 (418). Gegen andere Verfügungen der Finanzämter und Landesfinanzämter als Straf- und Beschwerdebescheide kann derBetroffene Beschwerde an die nächstobere Behörde einlegen. Die Frist zur EinZu § 450: 1) Ist der Antrag beim Gericht eingegangen, so ist zwecks Wahrung der einwöchigen Frist schleunige Abgabe an das Finanzamt erforder­ lich. — Auch das Wiedereinsetzungsgesuch kann beim FA. angebracht werden. HRR^ 1934 Nr. 698. Der Antrag kann auch von einem Dritten, der hierzu mündlich bevollmächtigt ist, gestellt werden. RG. JurR. 3 Nr. 1086 u. RG. DRZ. 1931 Nr. 620: Er kann bereits vor der förmlichen Bekanntmachung gestellt werden. E. 64 S. 426. Der Beweis der Bertretungsmacht kann nachträglich wirksam erbracht werden. E. 66 S. 209.

ß VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung

88 454—457.

925

legung der Beschwerde beträgt eine Woche; sie beginnt mit der Zu­ stellung oder Bekanntmachung der Verfügung. Die Beschwerde ist bei der Behörde einzulegen, deren Verfügung angefochten wird; die Einlegung bei der Beschwerdebehörde genügt. Die Beschwerdebehörde entscheidet endgültig. Verfügungen, die dem Straf- oder Beschwerdebescheide voraus­ gehen und ihn vorbereiten sollen, unterliegen der Beschwerde nur, wenn sie eine Beschlagnahme anordnen oder andere Personen betreffen als den Beschuldigten oder die Nebenbeteiligten.

III. Kosten des Verfahrens. § 454 (419). Im Verwaltungsstrasversahren werden an Kosten erhoben: a) für Strafbescheide und für Beschwerdebescheide (§ 452) eine Gebühr in Höhe der Gebühr des Gerichtskostengesetzes für Ur­ teile in Strafsachen des ersten Rechtszugs; die §§ 51, 75 Abs. 2, 79, 80 des Gerichtskostengesetzes sind anzuwenden; b) an Auslagen: 1. Schreibgebühren für Ausfertigung und Abschriften nach dem Gerichtskostengesetze, 2. Telegraphengebühren und im Fernverkehre zu entrichtende Fernsprechgebühren, 3. Kosten von Zustellungen und öffentlichen Bekanntmachungen,

4. Entschädigungen, die an Auskunftspersonen und Sachver­ ständige gezahlt sind, 5. Reisekosten der Beamten bei

Geschäften außerhalb

des

Dienstsitzes, 6. Auslagen anderer Behörden, 7. Kosten der Erhaltung beschlagnahmter Sachen und der Be­ förderung von Personen oder Sachen, 8. Haftkosten. § 455 (420). Die Kostenvorschriften der Strafprozeßordnung gelten sinngemäß auch für das Verwaltungsstrafverfahren. Über Höhe und

Notwendigkeit von Auslagen entscheidet das Finanzamt endgültig. Wer nur bei der Einziehung beteiligt ist, hat außer bei Zurück­

weisung unbegründeter Beschwerde keine Kosten zu tragen. Sind durch das Verfahren gegen den, der für Geldstrafe und Kosten haftet, besondere Kosten entstanden, so sind ihm diese Kosten

bei Festsetzung seiner Haftpflicht aufzuerlegen. § 456 (421). Zur Sicherung der Staatskasse wegen der Kosten, die den Beschuldigten voraussichtlich treffen werden, kann das Finanzamt nach § 378 einen Arrest anordnen und vollziehen. § 457 gestrichen durch Art.I Nr. 23 des Ges. v.l.JuN 39 (RGBl.1 @.1181).

B VII. Steuerrecht.

926

IV. Strafvollstreckung.

§ 458 (423). Vollstreckbare Strafbescheide und Beschwerdebescheide wirken tote ein rechtskräftiges Urteil.

§ 459 (424). Die Finanzämter haben die Straf- und Beschwerde­ bescheide sowie die Kostenentscheidungen nach den Vorschriften über das Zwangsverfahren zu vollstrecken. Für Zahlung einer Geldstrafe kann eine Frist oder Abtragung in Teilbeträgen bewilligt werden. Teilzahlungen sind zulässig und

werden zunächst auf die Strafe angerechnet.

Der Versuch, eine Geld­

strafe beizutreiben, kann unterbleiben, wenn sicher vorauszusehen ist, daß er erfolglos sein würde.

Die Einziehung wird dadurch vollstreckt, daß das Finanzamt die Sachen dem Besitzer wegnehmen läßt.

§ 328 gilt entsprechend, jedoch

kann der Dritte nur geltend machen, daß die Sache nicht durch Ein­

ziehung getroffen sei, oder daß er das Recht an ihr nach der Rechts­

kraft des Strafbescheids erworben habe.

Bei Einziehungen kann das Finanzamt die Ersatzstrafe (§ 401 Abs. 2, § 447 Abs. 3) vollstrecken, wenn die Sachen nicht in Ver­ wahrung

genommen sind und vom Verurteilten nicht binnen an­

gemessener Frist abgeliefert werden.

§ 460 (425). Geldstrafen und Gegenstände, deren Einziehung aus­ gesprochen ist, fallen dem Reiche zu?) Dritter Vuterabschnltt.

Gerichtliches Verfahren.*)

§ 461 (426). Hat dek^Veschuldigte oder ein Nebenbeteiligter *) auf gerichtliche Entscheidung angetragen*2),3 so * * kann * das Finanzamt den Straf­ bescheid wegen des Antragstellers bis zur Übersendung der Verhand­ lungen an die Staatsanwaltschaft zurücknehmen.8)

In diesem Falle

kann es das Verfahren einstellen, nach weiteren Ermittlungen einen neuen Bescheid erlassen oder die Sache an die Staatsanwaltschaft zum ge­

richtlichen Verfahren abgeben.

Der Antragsteller ist zu benachrichtigen.

Zu § 460: 1) Vgl. AB. v. 13. Aug. 35 (DJust. S. 1175). *) Für die Ostmark gilt die VO. über das gerichtl. Steuerstrafverfahren v. 23. Juni 39 (RGBl. I S. 1046), die hinter der RAbgO. abgedruckt ist. Zu § 461: 1) Auch im gerichtl. Verfahren sind Nebenbeteiligte zuzu­ ziehen. Soweit aber Teilnehmer, Begünstiger u. Hehler als Nebenbeteiligte in Betracht kommen, ist im Falle der Verbindung des Strafverfahrens gegen den Hinterzieher ihre bes. Zuziehung nicht geboten. E. 63 S. 23. 2) Der Antrag ist vor Zust. des Strafbescheides zulässig. E. 63 S. 15 (17). Beschränkung auf das Strafmaß ist wirkungslos. E. 63 S. 343. 3) Die Zurücknahme hat nur die Einstellung des jeweiligen Verfahrens zur Folge. In einem neuen Verfahren kann die Tat auch dann verfolgt werden, wenn auf die Zurücknahme das frühere Verfahren durch Gerichtsbeschluß abge­ schlossen ist. E. 61 S. 98.

B VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 462—465.

927

§ 462 (427). Wird der Strafbescheid l)2nicht zurückgenommen, so übersendet das Finanzamt die Verhandlungen der Staatsanwaltschaft mit dem Antrag,a) die Entscheidung des Gerichts herbeizusühren. Die Staatsanwaltschaft legt sie dem Gerichte vor; eine Anklageschrift wird nicht eingereicht. Wegen der örtlichen Zuständigkeit der Staatsanwalt­ schaft und des Gerichts gilt § 446 Abs. 2. Zur Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht ist ein zweiter Amtsrichter zuzuziehen, wenn das Finanzamt es beantragt. 3) Das Finanzamt soll den Antrag nur stellen, wenn die Zuziehung eines zweiten Amtsrichters nach Umfang und Bedeutung der Sache not­ wendig erscheint. Der Antrag soll dem Schreiben, mit dem das Finanzamt die Verhandlungen der Staatsanwaltschaft übersendet (Abs. 1 Satz 1), beigefügt werden; die Staatsanwaltschaft hat ihn zusammen mit den Verhandlungen (Abs. 1 Satz 2) an das Gericht weiterzuleiten. § 463 (428). Das Gericht hat den Antrag auf gerichtliche Entschei­ dung als unzulässig zu verwerfen, wenn er nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Form gestellt ist, oder wenn er nach § 450 wirkungs­ los ist, weil Beschwerde eingelegt ist. Bei Versäumung der Frist kann nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt werden. Verwirft das Gericht den Antrag nicht als unzulässig, so ist die Hauptverhandlung anzuberaumen. *) Ist der Angeklagte flüchtig (§ 276 Abs. 2 der Strafprozeßordnung), so findet § 473 Anwendung.a) § 464 (429). Nach Übersendung der Verhandlungen an die Staatsanwaltschaft kann das Finanzamt den. Strafbescheid nur mit deren Zustimmung zurücknehmen. Die Staatsanwaltschaft teilt die Zurück­ nahme dem Gerichte mit, wenn sie ihm die Verhandlungen schon vor­ gelegt hat. Das Gericht stellt das Verfahren ein. Nach Beginn der Hauptverhandlung kann das Finanzamt den Strafbescheid nur mit Zustimmung dessen, der auf gerichtliche Ent­ scheidung angetragen hat, nach Verkündung des Urteils erster Instanz überhaupt nicht mehr zurücknehmen. § 465

(430).

Der Beschuldigte oder der Nebenbeteiligte kann den

Zu § 462: 1) Formfehler, insbes. Berfahrensverstöße im Bescheide sind für das Gericht bedeutungslos. E. 56 S. 40. Siehe auch Anm. 1 zu § 447. 2) Auf Verlangen des Finanzamts muß die StA. den Antrag stellen, denn § 422 StPO, hat auch für Reichssteuersachen zu gelten. 3) An die Stelle des erweiterten Schöffengerichts tritt die große Stk. E. 67 S. 123. Zu § 463: 1) Eröffnung der Voruntersuchung nicht zulässig. Celle GA. 70 S. 23. 2) Siehe Anm. 2 zu 8 397.

928

B VII. Steuerrecht.

Antrag auf gerichtliche Entscheidung bis zur Verkündung des Urteils erster Instanz zurücknehmen, nach Beginn der Hauptverhandlung jedoch nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und, falls es als Neben­ kläger vertreten ist, auch des Finanzamts. *) Der Antrag gilt als zurückgenommen, wenn der Beschuldigte oder der Nebenbeteiligte ohne genügenden Grund in der Hauptverhandlung ausbleibt und sich nicht durch einen Verteidiger vertreten läßt?)

§ 466 (431). Hat der gesetzliche Vertreter eines noch nicht achtzehn Jahre alten Beschuldigten die gerichtliche Entscheidung beantragt, so ist auch der Beschuldigte zu laden. Sein Erscheinen kann erzwungen werden. Der gesetzliche Vertreter kann sich durch einen Verteidiger vertreten lassen, der mit einer ausdrücklich darauf gerichteten schrift­ lichen Vollmacht versehen ist. Bleibt der gesetzliche Vertreter aus und läßt er sich nicht ver­ treten, so hat das Gericht gleichwohl zu verhandeln, wenn der Be­ schuldigte selbst erscheint. Bleibt auch dieser auS, so gilt § 465 Abs. 2.1)

§ 467 (432). Ist gerichtliche Entscheidung beantragt, so hat daFinanzamtl) für das weitere Verfahren die Rechte eines Neben­ klägers. 2)3 Das Urteil und andere Entscheidungen sind dem Finanzamt zu­ zustellen, auch wenn es bei der Verkündung vertreten gewesen ist?) Zu § 465:1) Nach Verkündung des Urteils erster Instanz kann der Besch, den Antrag überhaupt nicht mehr zurücknehmen, selbst wenn das Urteil von der Rechtsmittelinstanz aufgehoben war. E. 72 S. 263. 2) Auch in der Ber.-Verhandl. kann sich der A. durch einen Verleid, ver­ treten lasten. BayObLG. DRA 1933 Nr. 54. Zu § 466: 1) Der Strafbescheid wird dann rechtskräftig. Zu § 467: 1) Dem sind für die Fälle der Zölle und Verbrauchssteuern die Hauptzollämter gleichgestellt. RichÜinien Nr. 173, 246. 2) Eines Gerichtsbeschlusses über dieZulastung bedarf es nicht. RG. Recht 26 Nr. 525, ebensowenig einer Anschlußerklärung. RG. Recht 26 Nr. 923. Das Finanzamt ist daher zu laden, wenn gegen seinen Strafbescheid gerichtl. Ent­ scheidung beantragt ist. Ist die Zuziehung unterblieben, so ist Rev. begründet. RG. JurR. 1 Nr. 128. Doch gilt dies nicht, wenn es sich um ein Vergehen der Konterbande handelt; oder wenn der Gesichtspunkt der Steuerzuwiderhand­ lung nicht geltend gemacht ist. E. 60 S. 39. Die Berufung des Finanzamts ist zu verwerfen, wenn es in der Berufungsverhandlung trotz Ladung nicht vertreten ist. E. 60 S. 283; aber nicht, wenn sich der Vertreter des Finanz­ amts vor Beendigung der Schlußvorträge entfernt. E. 63 S. 53. Das Finanz­ amt hat die unbeschränkte Befugnis, von Rechtsmitteln Gebrauch zu machen, um Entscheidungen entgegen zu treten, die ihm, gleichviel ob sie jemand be­ schweren, den Geboten der Rechtspflege, insbesondere den Gesetzen nicht zu ent­ sprechen scheinen. RG. JurR. 3 Nr. 448. E. 69 S. 32 (40). 3) Richtlinien Nr. 246.

B VII 1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung § 468.

929

Die Fristen für die Einlegung von Rechtsmitteln beginnen für das Finanzamt erst mit der Zustellung?) Für Revisionsanträge °) und für Erklärungen auf solche hat es einen Monat Frist?) Berufungsartträge, Revisionsanträge und Anträge aus Wiederaufnahme des Verfahrens kann es schriftlich selbst stellen. § 468 (433).x) Hängt eine Verurteilung wegen Steuerhinter­ ziehung oder Steuergefährdung davon ab, ob ein Steueranspruch be­ steht, oder ob und in welcher Höhe ein Steueranspruch verkürzt oder ein Steuervorteil zu Unrecht gewährt ist,*2) und hat der Reichsfinanzhof über diese Fragen entschieden,3) so bindet4) dessen Entscheidung das Gericht. 4) Doch kann der Vertreter des Nebenklägers nach Urteilsverkündung rechtswirksam auf Rechtsmittel verzichten. Hamm HöchstRR. 3 S. 210. Bei der Zustellung des Urt. an das Finanzamt wird sich die Anregung empfehlen, für den Fall, daß die Einlegung eines Rechtsmittels nicht beabsichtigt sei, den Rechtsm.verzicht auszusprechen. Richtlinien Nr. 246 Abs. 4. 5) Der Revisionsschriftsatz des Finanzamts oder Hauptzollamts muß von dessen zuständigem Vertreter unterzeichnet sein. RG. DIZ. 30 S. 672. Richtlinien Nr. 246. 6) Das Urteil, das über die Berufung entscheidet, bevor es dem Finanz­ amt zugestellt ist, unterliegt der Aufhebung. Düsseldorf DRZ. 1934 Nr. 628. Zu § 468: 1) Der § 468 gilt nicht für Landessteuern. RG. Recht 27 Nr. 1499. Er bezieht sich auch nicht auf Steuerhehlerei. E. 95 S. 311; ferner nicht bei Bannbruch. E. 60 S. 176. Anzuwenden ist er auch dann nicht, wenn es sich nur um Haftbarmachung gemäß § 416 NAbgO. handelt. E. 57 S. 212. E. 66 S. 298. JurW. 1935 S. 427 u. 1631 (nicht Pers. Steuer­ schuldner); oder nur um den Versuch der Steuerhinterziehung. E. 65 S-165; oder um Anstiftung oder Beihilfe. E. 58 S. 41. E. 57 S. 216; beim Vers, gegen Geschäftsführer der G.m.b.H. E. 70 S. 3. Vgl. auch Anm. 7. Dieser § findet bei Steuerflucht keine Anwendung. E. 72 S. 363 a. M. Düsseldorf DRZ. 1935 Nr. 315. 2) Hat ein Urteil den Versuch einer nicht unter den Begriff der Zölle und Verbrauchsabgaben fallenden Steuer zum Gegenstände, so kann es zwar von der Frage abhängen, ob ein Steueranspruch bestehe, aber nicht von der Frage, ob und in welcher Höhe ein Steueranspruch verkürzt sei. E.65 S. 165. Das gleiche gilt für Zölle und Verbrauchsabgaben, wenn tatsächlich ein Steuer­ anspruch zur Entstehung gelangt ist. E. 66 S. 194 (200). Vgl. Anm. 7 Abs. 2. 3) Den Sttafgerichten ist hierdurch jede Möglichkeit unabhängiger und selbständiger Entscheid, über die äußeren Tatbestandsmerkmale der Steuerhinter­ ziehung u. Steuergefährdung entzogen. Doch der Einleitung und Fortführung des gerichtl. Strafverfahrens steht der Mangel der Entscheid, der Finanzstelle nicht entgegen. Diese Entscheid, ist somit Urteils-, nicht Prozeßvoraussetzung. E. 56 S. 107. RG. JurW. 1937, 403. KG. JurR. 2 Nr. 347. Ob unter der Voraussetzung von Steuerpflicht und Steuerpflichtverletzung eine sttafbare Hand­ lung vorliegt, darüber hat allein der Sttafrichter zu entscheiden. E. 56 S. 278; sowie auch darüber, ob die ergangenen Entscheidungen als maßgebliche im Sinne von §§ 468 u. 396 zu gelten haben. E. 65 S. 74. Streit besteht zwischen RG. u. RFH. darüber, ob der Strafrichter bei Prüfung der subjektiven Strafbarkeitsmerkmale von einem anderen äußeren Tatbestände ausgehen darf als dem, auf welchem die rechtskräftige Steuerfestsetzung beruht. RG. in E. 62 Dalcke, Strafrecht. 32. Aufl. 59

930

B VII. Steuerrecht.

Liegt eine Entscheidung des Reichsfinanzhofs nicht vor, sind die Fragen jedoch von Finanzbehörden oder Finanzgertchten zu entscheiden, so hat daA Gericht das Strafverfahren auszufetzen, 6* )* *bis 4 5 über die Fragen rechts­

kräftig entschieden worden ist. ^)

Entscheidet der Reichsfinanzhof, so

bindet dessen Entscheidung das Gericht.

Ergeht keine Entscheidung des

Reichsfinanzhofs, fo hat das Gericht, wenn es von der rechtskräftigen Entscheidung des Finanzamts oder der Rechtsmittelbehörde abweichen

will, die Entscheidung des Reichsfinanzhofs einzuholen.7) Es übersendet

S. 322 u. E. 68 Jahn DIZ. 37 Die Entsch. das die Sache an

S. 45 (55) bejaht, RFH. verneint die Frage. Siehe hierüber S. 254. des RFH. kann sich auch in den Gründen des Urt. befinden, das Finanzgericht zurückverweist. E. 72 S. 45.

4) Nur an eine etwa in der Sache ergangene Entscheidung des RFH. ist der Straftichter gebunden, nicht an eine Entscheidung der Finanzbehörde oder des Finanzgerichts. BayObLG. JurR. 2 Nr. 218. 5) Eine Aussetzung des Strafverfahrens kommt nicht in Betracht, wenn die Finanzbehörde sich die Entscheidung über das Bestehen eines Steueranspruchs bis nach Erledigung des gerichtlichen Strafverfahrens Vorbehalten hat. RG. JurW. 1922 S. 910 u. 1938 S. 509; oder wenn sie schon erklärt hat, wegen Er­ löschen des Steueranspruchs keinen Steuerbescheid mehr erlassen zu können. E. 58 S. 18; wenn sie den ermittelten Steuerbetrag nicht beansprucht. Düsseldorf DRZ. 1933 Nr. 718. Vgl. Anm. 7. Der Aussetzungsbeschluß ist nicht anfechtbar. KG. GA. 73 S. 260. 6) Der Strafrichter hat selbständig zu prüfen, ob er die rechtskräftige Entscheidung der Finanzbehörde oder des Finanzgerichts für richtig erachtet. Die Begründung seines Urteils muß die tatsächl. Feststellungen enthalten, die ihn zur Annahme des Bestehens und der Verkürzung des Steueranspruchs ge­ führt haben. Der bloße Hinweis auf den Nachsteuerbescheid genügt nicht. E.58 S. 428. Ergeht eine finanzamtl. Entscheidung erst nach Erlaß des Urteils, steht aber diese im Einklang mit dessen Feststellungen, so führt der Verstoß gegen 8 468 nicht zur Aushebung des Urteils. E. 57 S. 99. 7) Voraussetzung der Anrufung des RFH. ist das Vorliegen einer rechts­ kräftigen Entscheidung der Finanzbehörde gegenüber der Person, gegen die das Strafverfahren gerichtet ist. Anmeldung der Steuerforderung zum Konkurs­ verfahren oder die Tabellenfestsetzung ist keine solche Entscheidung. RFH. DIZ. 33 S. 457. E. 62 S. 101. Ferner ist Voraussetzung, daß das Gericht schlüssig Stellung nimmt zu der Frage, ob u. in welcher Höhe der Steueranspruch be­ steht, u. die Gründe darlegt, warum es von der Entscheid, der Steuerbehörde abweichen will. RFH. 7 S. 290. Will es aus subjektiven Gründen freisprechen, so ist für die Anrufg. kein Raum. RFH. 12 S. 235. RG.JurW. 1933 S.443. E. 68 S.45. Dresden LZ. 23 S. 861. Ebensowenig beim Mangel des Nachweises der Täter­ schaft. Königsberg DRZ. 1933 Nr. 334 oder bei-versuchter Steuerhinterziehung. RG.JurW. 1930 S. 2303. E.65S. 165; nicht, wenn die Verurteilung auf Grund eines Vermutungstatbestandes ausgesprochen wird. E. 69 S. 195 (200); auch nicht im Vers, gegen den Gehilfen. E. 66 S. 298 (301); ferner nicht, wenn das Finanzamt aus offensichtlichem Rechtsirrtum abgelehnt hat, die Vorent­ scheidung zu treffen. E. 60 S. 244; oder wenn das zuständige Hauptzollamt erklärt hat, die Anwendbarkeit des § 468 scheide aus. JurW. 60 S. 2307; oder das Besteuerungsverf. solle erst nach Erledigung des Strafverfahrens

B VII1. Vorschriften der Reichsabgabenordnung §§ 469—471. die Akten dem Reichsfinanzhof.

931

Dieser entscheidet im Beschlußverfahren

in der Besetzung von fünf Mitgliedern.

Seine Entscheidung ist bindend.

Während der Aussetzung des Verfahrens ruht die Verjährung. Weicht die Entscheidung des Reichsfinanzhofs

von der rechts­

kräftigen Entscheidung des Finanzamts oder der Rechtsmittelbehörde ab,

so ist diese zu berichtigen; § 222 Abs. 1, § 224 gelten entsprechend. § 469 (434).

DaS Gericht ist bei der Entscheidung an die

im

Strafbescheide festgesetzte Strafe nicht gebunden?)

Stellt sich heraus, daß die Tat der Strafbefugnis deS Finanz­ amts entzogen war, so hat das Gericht, ohne in der Sache zu ent­

scheiden,

den Strafbescheid durch Beschluß aufzuheben und die Ver­

handlungen der Staatsanwaltschaft mitzuteilen; gegen den Beschluß ist

sofortige Beschwerde zulässig. § 47Q (435).

Kann eine durch Strafbescheid festgesetzte Geldstrafe

oder die Strafe des Ersatzes des Wertes nicht einziehbarer Sachen nicht

beigetrieben werden, so hat das Gericht auf Antrag des Finanzamts

die Strafe in Freiheitsstrafe umzuwandeln.l)

Das Finanzamt über­

sendet die Verhandlungen der Staatsanwaltschaft.

Die Entscheidung

steht dem Gerichte zu, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens

zuständig gewesen wäre.

Vor der Entscheidung sind die Staatsanwalt­

schaft und der, gegen den die Strafe festgesetzt ist, sowie das Finanz­

amt zu hören.

Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig.

§ 471 (436).

Beamte der Finanzämter dürfen außerhalb

des

Deutschen Reichs wohnende Personen, von denen eine Geldstrafe nicht durchgeführt werden. E. 60, 244 u. JurW. 1937, 403. Dresden JurW. 1930 S. 1476. 8 468 scheidet in Strafverfahren wegen Hinterziehung des Branntweinauffchlags aus. E. 68 S. 8. Bei Ausmessung der ©träfen sind die Gerichte — abgesehen von den Mindeststrafsätzen bei Hinterziehung von Zöllen und Verbrauchsabgaben — grundsätzlich frei, da § 396 u. § 402 einen festen Strafrahmen haben, eine nicht mehr von dem verkürzten Betrage abhängige Strafe androhen. Hierfür ist das Verfahren nach 8 468 nur anwendbar, wenn der Strafrichter annimmt, daß die in dem rechtskräftigen Steuerbescheide bejahte Steuerverkürzung über­ haupt zu verneinen ist, d. h. daß der Steueranspruch des Fiskus nicht besteht. E. 59 S. 261, oder wenn er glaubt, daß der Steueranspruch weiter geht, als er von der Steuerbehörde festgestellt ist. RG. DRZ. 1925 Nr. 480. Zu § 469: 1) reformatio in pejus ist zulässig, wie auch nach §§ 331, 358, 373 StPO. Zu § 470: 1) Bei der Umwandlung der Geldstrafe handelt es sich um eine Hilfstätigkeit des Gerichts bei der Vollstreckung. Träger des Gnaden­ rechts hinsichtlich solcher Freiheitsstrafe ist der Reichsfinanzminister (§ 477). Gutachten des RFH. JurR. 2 S. 49. Die Kosten der Vollstreckung hat das Reich bzw. die Gemeinde zu erstatten. Die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ist Sache der ordentlichen Strafvollstreckungsbehörde, und zwar durch Amtsrichter; im Falle des § 202 dagegen durch StA. AB. v. 9. Febr. 35 (DJust. S. 202).

932

B VII. Steuerrecht.

eingezogen werden kann, beim Antreffen im Inland festnehmen. Sie haben sie ohne Verzug der Strafvollstreckungsbehörde vorzuführen. Diese hat die Ersatzsreiheitsstrafe zu vollstrecken oder, wenn eine solche noch nicht festgesetzt ist, die Entscheidung über die Umwandlung sofort herbeizuführen und die festgenommenen Personen solange in Haft zu behalten; die Haft ist auf die Freiheitsstrafe unverkürzt anzurechnen. § 472 (437). Erhebt die Staatsanwaltschaft wegen einer 19. 12. 39 (2497) 17. 10. 39 (2047) 1 16.1. 39(38) U. 8.2. 6. 6. 40 (844) / 29. 4. 40 (712) 39 (164) gilt von vornherein 116. 1. 39 (38) 6. 6. 40 (844) 6. 6. 40 (844) > 16. 1. 39 (45) 13. 4. 38 (388) U. 16. 12. 39 (2502) 30. 4. 38 (429) 10. 2. 39 (217) 11. 3. 41 (143) J 25. 10 39 (2116) 16. 3. 40 (568) §§ 188, 189 Abs. i: 16. 1. 39 (38) ohne 12. 7. 40 (984) §§ 23, 71, 95 bis >13. 6. 40 (907) 104, 119 20. 6. 38 (640) 8. 10. 38 (1345) § 7 20. 6. 38' (640) 8. 10. 38 (1345) § 7 gilt von vornherein gilt von vornherein gilt von vornherein 116. 1. 39 (38) — — §8 8a, 153a: 6. 5. 40 16. 1. 39 (38) (754), 57 S. 2, 66c bis 66e, 79 Abs. 2 Halbs. 2: 12. 7. 40 (984), 81a, 112, 113, 127, 130 S. 1, 153, 154 bis 154b, 170a, 267 a: 13. 8. 40 (1117)

\ 13. 6. 40 (907) —

6. 6. 40 (844)

Übersicht.

1801

Es ist eingeführt die Vorschrift

Q tt O Q Q

unter

MG Ü

üü

U

üü

ö

II 2a II 2b II 3 II 3a II4 II 5 II 6

1,2 3 4 5,6 7

8 9 II11 III 2 III 3 III 4 III5 III 6 III 7 III 8 III 9 11110 11111 11112 11113 III14 III 15

im Lande Öster­ reich durch

y flilt von vornherein

— gilt von vornherein

z 12. 5. 38 (517) i. F. 13. 1. 39 (79) u. 2. 9. 38 (1153) u. 28. 6. 39 (1253) — —

AB. v. 27. 2. 39 (DJust. 428) — 26. 4. 39 (844)

22. 7. 38 (913) gilt von vornherein

in den sudeten­ deutschen Ge­ bieten durch

in den Ost­ gebieten durch

gilt von vornherein

— 6. 6. 40 (844) gilt von vornherein gilt von vornherein } 6. 6. 40 (844) } 16. 1. 39 (38)

16. 1. 39 (38) AB. v. 3. 3. 39 (DJust. 426) AB. v. 3. 3. 39 (DJust. 426 16. 1. 39 (38) § 2 des Ges., v. 1. 2. 39 (NGBl. II S. 21) u. Bek. v. 11.2. 39 (RGBl. II S. 118) 6. 12. 38 (1726) 29. 5. 39 (977)

— — — 6. 6. 40 (844) 23; 5. 41 (304)

12. 3. 40 (501)

\ 30. 4. 40 (707)

> gilt von vornherein

’ 6. 6. 40 (844) gilt von vornherein 29. 4. 40 (694) 16. 6. 40 (844)

' 7. 6. 40 (867) 18. 3. 40 (538)

gilt von vornherein

>gilt von vornherein gilt von vornherein

»gilt von vornherein

Sachregister. Die Buchstaben nebst römischen Ziffern mit angehängten arabischen Zahlen be­ zeichnen die Nummern der Gesetze, die nachfolgenden arabischen Ziffern deren Paragraphen. S.----Seite.

A. — Angeklagter, StA. ----- Staatsanwalt.

X Abbildungen, unzüchtige, A 2, 184;

Schöffenamt C11, 35, Anbringung und Entscheidung derselben 53; A. beleidigende 186, 187, 200; von ' des Richters, Anbringung CII 2, Wappen 360 Nr. 7. 24; Ablehnung von Amts wegen 30; Abbitte bei d. Verletzten CII 3, 7 A. von Schöffen 31, von Protokoll­ Anm. 13. Abblenden BIX 2, 33 führern ebd., Sachverständigen 74, Abdeckerei B IV 1, 7 Nr. 2, 16. Dolmetschern CII, 191; Revision Abdruck unbefugter, von Stempeln, wegen Nichtbeobachtung von Ableh­ Siegeln A 2, 360 Nr. 5. nungsgründen CII 2, 338 Nr. 3; Aberkennung d. bürgerl. Ehrenrechte A. von Beweisanträgen 245, 246; A 2, 32. A. des Sühneversuchs von Seiten des Schiedsmanns EI 5, 37; A. Abführung aus dem Sitzungszimmer CII, 177. Gründe ebd. Anm. 3 §§ 16 u. 17. Abgaben. Verfahren in Abgaben­ Abnahme, polizeiliche, eines Dampfsachen CII 2, 419 flg.; Abgabe der keffels BIV1, 24. Abpflügen A 2, 370 Nr. 1. Strafverf. nach d. RAbgO. B VII Abraum E 11,1; EI 2, 32. 1, 425. Abreißen öffentl. Bekanntmachungen Abgeben E in 8,1. Abgeordneter, Gewalttätigkeit gegen A 2, 134; Siegel 136. Abschiebung D 9, 7. A. A 2, 105 u. 106; Beeinfluffung Abschrift von Entscheidungen CII 2, von Wahlen 107—109. Ruhen der Verjährung 69; Einschreiten 35; von beschlagnahmten Briefen CII 2,112 Anm. 40. 101; von Privatklagen 381; von Ab graben eines fremden Grundstücks Urkunden A 2, 267. Abschußregelung BX1,37,60 Ziff. A 2, 370 Nr. 1. Abbalten vom Bieten A 1, 2 Anm. 2. 10 u. AusfVO. Ziff. 6. Absehen von Erhebung der Klage Abhänge, unverwahrte A 2, 367 CII 2,153,154,154a u.b; CII 3, Nr. 12. Abhängigkeitsverhältnis, Miß­ 32; von Strafe A 2, 175; CII 3, brauch eines zur Unzucht A 2,175a; 6, 9. Absetzung eines Richters C I 1, 8. Mißhandl. 223 b. Absicht A 2, 133, 263, 268; B V 8, Abhören ausl. Sender E III 4, 2. 239; Ein 4,1; E III 8, 1 u. 2. Ablehnung. A.'s-Gründe für das I

Buchstaben u. tönt. Ziff. mit arab. Ziff. bez. d. Nrn. d. Gesetze.

Absinth B VIII 1, Anm. 1. Absperrungsmaßregeln b.

Vieh­

seuchen A 2, 327, 328. Geheime u. Geheim­ haltung d. A. C11,193,198; Lei­ tung d.A. 194; Verweigerung d. A. 195; Stimmenmehrheit 196; A. über d. Schuldfrage u. Bemessung ,bet Strafe C II 2, 263. Abtreibung der Leibesfrucht A 2, 218 bis 220; Mittel B II 8. Abtretenlassen 0 ii 2, 247. Abweichung des Reichsgerichts v. früheren Entscheidungen C11,136. Abwesenheit, Vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Abw. des A. CII2,205; Hauptverhandlg. gegen einen ausgebliebenen A. 230; Ver­ fahren in Abwesenheit des A. 232 ff.; Wiedereinsetzung 235; Verfahren gegen abwesende Flüchtige 277; Be­ schlagnahme des Vermögens 283, 284, 290; Verfahren gegen Abw., die sich der Wehrpfl. entzogen 434 ff.; Verfahren nach Erhebung der öffentl. Klage 294; sicheres Geleit 295; Revision wegen Abwesenheit einer wesentlichen Person 338 Nr. 5. Abzeichen B I 5, 3, 5 ; A 2,132 a, 134 b. Abzugseisen B X1, 35 Anm. 3. Acker, Gehen rc. über bestellte A 2 368 Nr. 9; wenn die Bestellung erst vorbereitet ist E12,8; Weidefrevel; auf bestelltem A. 13, 67; Entwen­ dung von Bodenerzeugnissen 15; Aufsammlg. v. Dungstoffen 22. Ackergeräte, Gebrauch fremder EI 2 24 Nr. 1. Actio libera in causa A 2, 330 a. Adler im Wappen A 2, 360 Nr. 7. Adoptionsverhältnis, Ausschließung des Richters CII 2, 22 Nr. 3; Zeugnisverweigerung 52 Nr. 3. Adoptiveltern. Angehörige A 2, 52 Abs. 2; Unzucht mit den Kindern 174 Nr. 1. Agenten bivi, 6,14. Akademische Grade, Gesetz über Führung B III 5 b. Akten. Akteneinsicht durch Sachver­ ständige C II 2,80; Verweigerung

Abstimmung.

1803

der Aktenauslieferung wegen öffent­ lichen Nachteils 96; A.-Einsicht durch Verteidiger 147; durch Partei­ dienststellen 147 Anm. 76; durch die StA. in der Voruntersuchung 196; durch den Privatkläger 385; Be­ schädigung, Vernichtung A 2, 133, 348. Aktien, Nachbildung A 2, 149, 360 Nr. 6. Aktiengesellschaften. Haftung der Vorstandsmitglieder im Bankrott B V 8, 244.

Aktiengesetz BIV 3. Alter. Einfluß auf die Strafbarkeit A 2, 173, 184a, 362; CII 3, 1, 2,3; E 11,10,12; EI2,3; Be­ schäftigung von Kindern und jungen Leuten in Fabriken B VI 7, 1 ff. BIVI, 135,139a; s.a. Lebens­ alter. Alternative Feststellung CII 2,267 b A 2, 2 b. Altersgrenze des Richters Ci 1, 8 Anm. 1. Ameisen und deren Eier E I 2,33. Amme B II 5,15. Amnestie Einstellung c II 2, 260 Anm. 43. Amt. Amtsfähigkeit ist Voraussetzung auch für das Geschworenen- und Schöffenamt C I 1, 32 Nr. 2, 84; öffentliches Amt A 2, 4, 31; Un­ fähigkeit, Verlust 31, 33—37; kraft seines A. 90 c; unbefugte Aus­ übung 132; Beleidigung 196; Kör­ perverletzung 222,230,232; Verbr. und Berg, im Amt 331—359. Amtliche Bekanntmachung in Zei­ tungen B III 3, 10; Beschädigung von A 2, 134. Amtliche Schriftstücke des Straf­ prozesses ; Veröffentlichung ders. durch die Presse B III 3, 17. Amtsabzeichen A 2,132 a. Amtsanwalt, Umfang seiner Tätig­ keit CII, 142,145; bei Strafvoll­ streckung C II 2, 451; Ernennung EI 5, 62,63; Ausüb. der Geschäfte durch Referendare und Gemeinde­ vorsteher 63—64; Stellvertretung 64; Stellung des A.A. in Forstdieb-

1804

Buchstaben u. römische Ziffern mit arabischen Ziffern bezeichnen

stahlssachen Eil, 19, 26, 27; in Feld- u. Forstpolizeisachen EI 2,49. Amtsenthebung eines Schöffen CI 1, 52. Amtsgeheimnis A 2, 300, 353 a, bunb c, 356; £IV 1,21a; CII, 198; CH 2, 53, 54. RAD. eben­ da Anm. 59 d; NSDAP.-Glieder. C II 5a; Luftschutzbundangel. CII 5 b. AmtSgericht.Gerichtsbarkeit C11,12; Zuständigkeit 24; Vermittelung der Rechtshilfe durch daS AG. 157; Aufsicht am AG. CI 5, 3ff. Amtsgewalt. Mßbr. A 2, 339. Amtshilfe Begriff CII, 156; CII 6, 16; D 7, 41. Amtskleidung. A 2,132 a. s. a. Amts­ tracht Amtspflicht. Verletzung ders. durch Gerichtspersonen als Wiederauf­ nahmegrund C II 2, 362 Nr. 3, 359 Nr. 3; A 2, 164, 332, 333. Amtsrichter. Einzelrichter C11,22, 25; Entscheids, üb. Ablehng. eines AR. CII 2,27; Befugnisse des AR. bei Ablehnung eines Schöffen 31; CI 1,53,54; Stellung im Schöffen­ gericht 29; Funktionen bei Bildung der Ur- u. Schöffenlisten 39 ff.; bei Auslosung der Schöffen 45, 46, Befugnis zur Verhängung von Ordnungsstrafen 56; Beaufsichtigung der am AG. Angestellten CI 5, 14; 15; Selbständigkeit des AR. bei Zustellung und Vollstreckung von Verfügungen u. Beschlüffen CII 2, 36, Zwangsmaßregeln gegen Zeugen und Sachverst. 51, 70, 72,77; Be­ fugnis bei Beschlagnahmen 98, zu Verhaftungen 125, 126ff.; Befug­ nisse im Borbereitungsverfahren 144; zu einzelnen Untersuchungs­ handlungen 162,165; Ordnungs­ polizei 164; AR. als Untersuchungs­ richter 185, 186. Amtstracht CI 1 Anm. vor 169. Amtsträger der NSPAP. A 2, 359. Amtsunterschlagung A 2,350,351. Amtsverlust A 2, 33. Amtsverschwiegenheit A 2, 353 b. Amtszeichen A 2, 132 a.

AnalogieA 2, 2; en 2, 267a, 347a, Anbietung v. Abtreibungen A 2, 220. Anbietungspflicht von Devisen B V 5, 46.

Andenken eines Verstorbenen A 2, 189; BI 5, 2 Anm. 10.

Änderung des Gesetzes A 2, 2 a Androhung, s. Drohung. Anerkennung erdichteter Schulden B V 8, 239 Ziff. 2.

Anfechtung d. Eröffbeschl. CII 2,210. Angehörige. A. Stellung im Straf­ recht: Begriff A 2, 52; Notstand 54; Totschlag 213; Körperver­ letzung 232 Abs. 2; Diebstahl, Unterschl. 247, 370 Nr. 5; Be­ günstig., Hehlerei 257, 258; Betrug 263; Jagdvergehen 294; Haftung f. durch Angeh. verübten Jagdfrevel re. Eil, 11; EI 2, 3; EI 3, 129; Aufsichtspfl.C II 3a,4. B. Stellung der A. im Strafver­ fahren: Zeugnisverweigerungsberechttgg. C II 2, 52; Eidesver­ weigerung 55; Absehen von Ver­ eidigung 61,63; Widerspruch gegen die Beschlagnahme 98; Durch­ suchung mit Zuziehung eines A. 106; Befugnis, einen flüchtigen An­ geh. zu vertteten 280; Wahl des Verteidigers für einen flüchtigen Angeh. 286. Angeklagter, Angeschuldigter. Be­ griff C II 2, 157; Antrag des A. auf Voruntersuchung 178 Nr. 2 u. 201; Ladung des A. zur Hauptverhandl. 214ff.; Vernehmung desA. in der Voruntersuchung 192; in der Hauptverhandl. 243; Zulassung des A. in der Voruntersuchung 193; Hauptverhandl. geg. ausgebliebene A. 232, Verhinderung der Ent­ fernung des A. aus der Haupt­ verhandl. 230; Verfahren geg. ab­ wesende A. 276ff., über die Stellung des A. in der Hauptverhandl. selbst siehe 215, (Beweisanträge), 219 (Unmittelbare Ladung) 220, (letztes Wort) 258, (in der Berufungs­ instanz), 323, (in der Revisions­ instanz), 350, 357 im Wiederauf­ nahmeverfahren 369.

die Nummern der Gesetze, die nachfolg. arabischen Ziffern deren 88. Angelöbnis, eidliches, A 2, 162. Angestellter B VI 6, 1; Verletzung von Geschäftsgeheimnissen B VI 6, 17; von Dienstgeheimnissen A 2, 353 b; Versicherungsgesetz für An­ gestellte, Strafvorschriften B VI 4. Angriff gegen Reichspräsidenten A 2, 94; gegen Beamte 113; auf Forstbeamte u. Jagdberechtigte 117, 118; von Gefangenen 122; bei Schlägereien 227; mit Schuß-, Stich- u. Hiebwaffen 367 Nr. 10; EIII5,1, heimtückische A. B15, 7. Anhängewagen BIX 2,34; BIX 3, 23, 27, 29. Anhörung der Beteiligten vor Entsch. . C II 2, 30, vor Verfallerkl. 122. Ankauf gestohlener Sachen A 2, 259; v. Montierungsstück. 370 Nr. 3. Anklage, Anklageschrift. Einreichung durch den StA. CII 2, 170, 198; Voruntersuchung ohne A.-Schrift 199; Mitteilung der A. an den Beschuldigten 201, 208; Änderung der Ankl. 265,266; Verfahren ohne Ankl. hinter 211; Privatklage durch Einreichung der A.-Schrift 381; Veröffentlichung der A. durch die Presse Bill 3, 17. Anklagebank Ci, 1 176 Anm. 67. Ankündignng, öffentl., zu unzüch­ tigem Verkehre A 2, 184; von Ab­ treibungsmitteln 219. Anlagen. Errichtung v. Gewerbe-A. BIV 1,16; Beschäd. V.A.A2 92«, 304, 315, 316; elektrische BIX 10, 1. Anleitung von Kindern zum Betteln A 2, 361 Ziff. 4. Anmeldeschein über einen Gewerbe­ betrieb BIV 1, 15. Anmeldung eines Gewerbes im Um­ herziehen B IV 1, 55 ff. Anordnung der Strafverfolgung Bl 8, A2, 134 b, 153 a, 353 b, c, E III 6, 5. Anordnungen obrigkeitliche A 2,110, 131; der Landesverrat 92 b; Ab­ reißen von 134. Anpreisen A 2,184, 219. Anreizen von Soldaten zum Un­ gehorsam A 2, 112; zu Gewalt­

1805

tätigkeiten 130; zum Zweikampf 210; zu Hochverrat 83. Anschlag, öffentl., von Schriften Strafbare Handlungen durch ö. A. A 2, 85, 110, 111, 184; öffent­ licher Anschl. von Drucksachen im GewerbebetriebBIV 1,43; BIII3, 30 Anm. 66 u. 68. Anschluß der Verwaltungsbehörde in Abgabensachen CII 2, 427; des Finanzamts als Nebenkl. B VH 1, 432; des Verletzten alS Nebenkläger CII 2, 395. Anschuldigung, falsche, A 2,164,165. Anstalten, unbefugte Errichtung A 2, 360 Nr. 9. Ansteckende Krankheiten A 2, 327; BII 5, 2, 5, 6, 9 (Geschlechtskrank­ heiten). Anstifter A 2, 48, 50, 111; des Jugendl. C II 3, 4. Antrag. Begründung der Ablehnung eines Antr. CII 2, 34; über vor­ läufige Festnahme bei Antrags­ delikten ohne Antrag 127; Be­ nachrichtigung des A.-Berechtigten 130; Behörde, bei der Anträge auf Strafverfolgung anzubringen 158; Ablehnung eines A. durch St.-A. 171; Beschwerde des Ver­ letzten gegen Ablehnung eines A. 172; A. des Verletzten auf gericht­ liche Entscheidung ebb.; auf Wieder­ aufnahme 366, 368; auf gerichtliche Entscheid, gegen Strafverfügung u. Strafbescheid C II 2, 413, 419; gegen Strafbesch, der Devisenstelle BV5, 88; Kosten für einen zurück­ genommenen A. CII2,470; A. auf Bestraf. A 2, 4,61 bis 65, 90b, e; der StA. CII 3 a, 4; der Preis­ behörde B V 10, 5; der Stapo E III 4, 5; der Wirtschaftsstelle EIII 8, 1 Abs. 3; A. bei Preß­ vergehen B III 3, 19.

Antragsschrift C II 2, 429 b. Antragsvergehen. Sühneversuch EI 5 33.

Anwalt.

Ausschließung eines in der Sache schon als A. tätig ge­ wesenen Richters CII 2, 22 Nr. 4; Akteneinsicht 144, 385; öffentliches

1806

Buchstaben u. römische Ziffern mit arabischen Ziffern bezeichnen

Amt A 2, 31; Privatgeheimnisse 300; Gebührenüberhebg. 352; Un­ treue 356; keine Beamte 359. Im übrigen s. Rechtsanwalt. Anwerben z. Hochverrat Mannschaft. A 2, 82; z. Militärdienst 141a. Anzeige. Behörde, bei welcher An­ zeigen strafbarer Handlungen zu machen sind eil 2, 158; A. von verdächtigem Leichenbefund 159; Kosten unbegründeter A. 469; unterlassene A. A 2, 139; Ab­ reißen 134; A. der geschehenen Pfändung EI 2, 76, 77; A.-Pflicht bei Kenntnis verbotener Druck­ schriften B I 9, 21; bei Er­ öffnung des Gewerbebetr. B IV 1, 14, 24, 27, 35, 147, 148; von Beschäftigung der Arbeiterinnen BIV 1, 26; Unterlassung der A. von Geburts- und Sterbefällen B II 1; A. bei Geschlechtskrank­ heiten B II 5, 9. Apotheker, Ablehnung des Schöffen­ amts e I 1, 35 Nr. 4, 85; Privat­ geheimnisse BII 7 Nr. 3, 24; kein Titel B III 5, 6 Anm. 2; Appro­ bation BII7 Nr. 3; B IV 1, 29; Lehrlingsrecht 41; Taxen 80; Er­ richtung von Apotheken 6; B VI6, 16, 24. Approbation BIV1,29,40; Wider­ ruf 53, Strafbest. 147 Nr. 3. Arbeit in Strafanstalten A 2, 15; Tilgung der uneinbringl. Geldstrafe durch freie A. A 2, 28 b. Arbeiter, B IV 1,1 gewerbliche und Fabrik-A.BIVl,105ff.,121,134; Verletzung von Geschäftsgeheim­ nissen B IV 6, 17. Arbeiterinnen,Arbeitsstunden BIV1, 154; Strafbestimmung 146 Nr. 2. B VI 6, 16 ff. Arbeitgeber B VI 2, 533,1492. Arbeitsbücher, falsche A 2, 363, solche vorgeschrieben BIV1,114a; Zuwiderhandlungen in Ansehung der A. 150 Nr. 2, 3. Ges. betr. B VI 8. Arbeitsdienst, BI 5, 8. Arbeitshaus A 2, 42 d. I Arbeitskarte B VI 7,11.

Arbeitslohn. Barlöhnung bei Strafe BIV 1, 146 Nr. 1, B VI 2 bis 4.

Arbeitslosenversicherung B VI 5. Arbeitsnachweis s. Stellenvermittler. Arbeitsränme BIV 1,120 a, 120 d; Strafbestimmung 147 Nr. 4

Arbeitsscheu A 2, 361 Ziff. 7. Arbeitsstunden der jugendl. Arbeiter B IV 1, 135; B VI 6, 15 ff.

Arbeitsvermittlung

Bivi, 33 d Anm. 63, B VI 5. ArbeitszeitBIVI, 105; BVI 6, 3; in außergewöhnl. Fällen 11; bei gefährl. Arbeiten 15.

Arbeitszeitordnung B VI 6. Ärgernis A 2, 166,183, 184 b, 360 Nr. 11.

'

Arglist A 2, 170, 263 Abs. 4, 266 Abs. 2.

Armaturstücke Ankauf A 2,370 Nr. 3. Armenrecht des Antragst. CII 2, 172; des Privat». 369.

Arnim § A 2, 353 a. Arrest in Devisensachen B V 5 77; des Finanzamtes B VII 1, 456; s. Jugendarrest. Arrestbruch A 2,137. Arznei A 2, 367 Nr. 3 u. 5; A.-Mittel (Handel im Umherziehen) B IV 1, 56. Arzt. A. Stellung im Strafrecht: Unzucht in Anstalten A 2, 174 Nr. 3; beim Zweikampf 209; ärztl. Eingriff 223 Anm. 88 b, 226 a Anm. 8b; falsche Zeugnisse 277 bis 280; Privatgeheimnisse 300 u. BII 7 Nr. 1,13. B. Stellung im Strafverfahren: Ablehnung d. Schöffenamtes 01 1, 35 Nr. 3; 85; Zeugnisverweiger. CII 2, 53 Nr. 3; Zuziehung zur Leichenschau 87, zur chem. Untersuchung 91; bei Unterbringung oder Entman­ nung 80 a, 246 a, 456 c; Ver­ lesung ärztlicher Atteste in der Hauptverhandlung 256. C. Allg. Bestimmungen: Bestellung B II 7 u. BIV 1, 29, Anm. 37; Auf­ hebung des Ärztezwangs 144; Offenbarungspflicht und Offenbarungsrecht B II 5, 9, 10.

die Nummern der Gesetze, die nachfolg. arabischen Ziffern deren §§.

Asyl, Unterbringung A 2, 42 d Abs. 4. Asylrecht D 7, 3. Attentatsklausel D 7, 3. Attest, Vorlesung in der Hauptverhandl. C II 2, 256; ärztl. A 2, 278—280.

Aufbewahrung

fremder

Attest Wert­

papiere B V 4.

Aufenthaltserlaubnis D 9, 2. Aufenthaltsort, Verlesung von Pro­ tokollen wegen unbekannten Aufent­ haltsortes CII2,251; öffentl. Auf­ forderung zur Angabe des A. Orts 288; als Gerichtsstand 8 Abs. 2; des Jugendlichen C II 3, 25. Aufenthaltsverbot D 9, 5 ff. Aufforderung zu Verbrechen A 2; 49a, 83, 92, 110—112 u. 286, B I 9, 15, 20; zur Aufbringung von Strafgeldern B III 3, 16.

Aufhebung eines Urteils in der Be­ rufungsinstanz CII 2, 328; in der Revisionsinstanz 353; im Wieder­ aufnahmeverfahren 371; A. der vorläufigen Beschlagnahme einer Zeitung B III 3, 24, 25.

Aufkündigung B IV 1, 133aff. An lauf A 2 116. Au................ lösung eines ~ Vereins----------BIII1, 2. Au nahmenmachen A 2, 92 f. Au reizung, s. Aufforderung. Au tlif der Zeugen C II 2, 243. AufruhrA2, 90Nr.6,116; Bill3, 30.

Aufschub

der Vollstreckung: beim Wiedereinsetzungsgesuch CII 2, 47; Wiederaufnahmegesuch 360; bei Geisteskrankheit 455, 456. S. auch Strafausstand u. Strafaussetzung. Aufsicht gehörige C II 3 a, 4 s. Be­ aufsichtigung. Anfsichtsmaßregel A 2, 327, 328. AufsichtsPflichtVernachlässigung A 2, 361 Anm. 77a; CII 3a, 4.

Aufstellen,

gefährl., v. Sachen A 2, 366 Nr. 8. Aufwand. Ablehng. d. Schöffenamtes wegen A. C II 2, 35 Nr. 6, 84; A. durch Spiel- u. Differenzgeschäfte BV 8, 240 Ziff. 1.

1807

Auszüge, öffentl. B IX 1,7,11, 19; Sprengung von A 2, 107 a.

Auge A 2, 224. Augenarzt B IV 1, 29,147 Nr. 3. Augenschein. Einnahme desselben CII2, 86; Zuzieh, eines Protokoll­ führers 187; Leichenschau, Leichen­ öffnung 87; Gegenwart des StA., d. Verteidigers 189, Protokolle 249. Auktionator b iv i, 35,36. Ausbesserung v. Gebäuden A 2, 367 Nr. 13, 14. Ausbeuten A 2, 180, 181a, 302 a. Ausbleiben. Verhaftung des aus­ bleibenden Angeschuld. trotz Sicher­ heitsleistung C II 2,120; des A. in der Hauptverh. 230 bis 332, in der Berufungsinstanz 329; des Ver­ teidigers 145; d.Privatklägers 431; in d. Sühneverhandlung E I 5, 39. Ausdehnung der Voruntersuchung C II 2, 191; des Urteils 266. Ausfertigung d. Urteile C II 2, 275. Ausfuhr B VII 1, 401 a. Ausgießen, verunreinigendes auf die Straße A 2, 366 Nr. 8 u. 9. Ausgraben von Leichen C II 2, 87. Aushang B VI 6, 24. Auskunft, beschränkte aus dem Straf­ register D 5. Auskunfterteilung, gewerbsmäßige B IV 1, 35.

Auskunft- u. Detektivgewerbe

b iv

1, 35, Anm. 69 a.

Auskunftspflicht B V 5,8; B V 10, 16, 21.

Auslagen. Erstattung in Rechtshilfe­ sachen CII,164;Streitigkeiten dar­ über C II 2, 464ff.; des Privat­ klägers u. des Beschuldigten 471; bare A. für polizeiliche Strafver­ fügungen EI 6, 64. Ausland. Begriff A 2, 8; Gerichts­ stand bei strafbaren Handlg. CII2, 9ff.; Verfahren gg. einen im A. Wei­ lenden 276 ff.; Bestrafung i. A. be­ gangener Verbrechen A 2,4—7,37, 102,298; Vernehmung von Zeugen im A. C II 2, 48; Einführung von Druckschriften aus d. A. B I 12, 2; Ausl. Strafreg. D 6 Anm. 6. Ausländer, A. Strafrechtl. Stellung

1808

Buchstaben u. römische Ziffern mit arabischen Ziffern bezeichnen

der Ausl.: Bestrafung A 2, 3, 4, 41, 89, 90 f, i, 91b, 102; Fischen 296a; Pol.VO.D9; hn Hausier­ gewerbe B IV 1, 56d; beim Blutschutzges. Bll. B. Behandlung im Strafverfahren: Vermutung des Fluchtverdachts C 112, 112 Nr. 3, 113; Abwesenheitsurt. 277; im Devisenverkehr B V 5, 5; Aus­ lieferung D 7,10; Entschädigungsanspr. D 2, 12. AusländerpolizeiVO. D 9. Auslandsfonds B v 5, 6. Ziff. 10. Auslegung des Urteils C II 2, 458. Auslieferung eines Dtsch. A 2, 9.

Auslieferungsgesetz D 7. Auslieferungshaft D 7,10. Auslobung C II 2, 160 Anm. 93 b. Auslosung der Reihenfolge der Schöf­ fen C I 1, 45.

Ausnahmebestimmungen für Preß­ sachen B III 3, 30.

Ausnahmegerichte eil, 16. Ausnutzung der Verdunkelung EIII 3, 2; des Kriegszustandes E III 3, 4; für sich E III 8, 1. Ausrufung v. Druckschr. BIV1, 43. Ausschließung eines Richters CII2, 22, 23; eines Schöffen 31; eines Urkundsbeamten ebd.; Gerichts­ vollziehers CI 1,155 Abs. 2; Dol­ metschers 195; Revision wegen Mitwirkg. eines Ausgeschloffenen CII2, 338 Nr. 2; Ausschluß der Öffent­

lichkeit CI 1, 171 aff.; siehe auch Entfernung. Ausschuß zur Schöffenwahl CI 1, 40 ff., 77, 84; E I 4, 34, 44; H gerichtsärztl.CH 2, 256 Anm. 34. Äußerungen, gehässige, hetzerische

Aussetzung der Hauptverh. wegen Ausbleiben des Verteidigers CII 2, 145; wegen Nichteinhaltung der gesetzt. Ladungsfrist 217; A. des Verfahrens wegen Anhängigkeit einer Zivilklage 262, Zuständigkeit 228,246; A. der Strafvollstreckung D 4, 20 ff., 34 ff., der Geldstrafe 35; bei Jugendlichen C II 3, 10 bis 15, der Geldstrafe 14 Anm. 22. Ausspähung v. Staatsgeheimnissen A 2, 90. Ausspielung, öffentl. A 2, 286. Aussteuerkassen, Errichtg. A 2, 360 Nr. 9. Ausverkauf B IV 6, 7, 8,9. Auswahl der Sachverst. C II 2, 73; der Zeugen 323. Auswanderung, Verleitung zur A 2, 144,180 Anm. 60; Wehrpfl. 140; betr. Devisen B V 5, 55. Auswanderungsagenten als Ge­ werbetreibende BIV 1,6, A 2, 257 Anm. 15 Abs. 2. Auswärtiges Amt, Beamte A 2, 353 a. Ausweisung C II 2, 154 a, Außerverfolgsetzung bewirkt Frei­ lassung des Angesch. C II 2, 123; Entscheidung hierüber 198, 204, 208. Autofallen, Gesetz gegen Straßen­ raub B IX, 9. Autographierte Korrespond. Bill3, 13.

Automaten-Ges. B IV 9; B IV 1, 41a; -betrug A 2, 265 a. Automobile siehe Kraftfahrzeuge. Autoritätszeichen, Zerstörung A 2, 103 a, 135.

Axt A 2, 117; beim Forstdiebstahl

B I 4, 2.

Aussetzung A 2,221, 234; von Be­

Eil, 3, 15; im Feldpolizeigesetz EI 2, 16, 20.

lohnung C II 2, 160 Anm. 93 b.

Ä. Bande A 2, 243 Nr. 6, 250 Nr. 2,

Bäcker B IV 1, 105, 105 a. Bäckerei siehe Konditorei. Badeanstalten BIV 1, 35,105 b

B VII 1, 401b.

Bandenbildung A 2,127. BanderoleBVIll,405L; A2,275

Anm. 82/

Bahnhofswirtschaft,

B IV 1, Anm. 9; BIV 8, 27 Ziff. 3.

Anm. 96 R.

6

Bankett, unbefugtes Befahren von E I 2, 26.

die Nummern der Gesetze, die nachfolg. arabischen Ziffern deren §§.

Bankgesetz B V 2. Banknoten, Nachmachung A 2, 149, 360 Nr. 6.

Bankrott, einfacher B V 8, 240; be­ trüg!. 239; Aktiengesellsch. 244.

Bannbruch B vii 1, 401 a. Barlöhnnng d. Arbeiter BIV1,115ff. Baubuch B V 8, 239 Anm. 11. Bäume 2 I 1, 1; E I 2, 26. Baumeister, Bezeichnung als BIV 1, 133 Anm. 11 d.

Bauunternehmer B V 8, 239 Anm. 11 Abs. 2; B IV 1, 35 Abs. 5.

Bauwerke, Beschädigung A 2, 305; Ausführung 330, 367 Nr. 14,15.

BDM. Kleidung B15, § 5 Anm. 12. Beamter. Ausschließung gewisser B. vom Schöffenamt C I 1, 34 Nr. 3 bis 6; E I 5, 33; Gerichtsstand f. B. im Ausland C II 2, 11; Ver­ nehmung der B. über Amtsverhält­ nisse 54; als Sachverständige 76; Herausgabe von Akten 96; Begriff A 2, 359; Widerstand gegen B. 113,114; Verbindungen 128,129; Beleidigungen f96; Tätlich!. 232; Berbr. u. Berg, im Amt 331—359, 155 Nr. 3, 174 Nr. 2, 3; B. des Auswärt. Amts 353 a; Notar 300.

Beaufsichtigung

1809

362 Nr. 2; B. der Forstschutzper­ sonen Eil, 23, 24, 25; der Feldund Forsthüter EI 2, 62; von Ge­ werbetreibenden BIV 1, 36 Abs. 3. Beeinflussung stimmberecht. Gläu­ biger im Konkurs B V 8, 243. Beerdigung gefundener Leichname CII2,159; Strafbest. über B.A2, 367 Nr. 1, 2; eines Pflegekindes B II 4, 30. Beerensammeln El 1,1; El 2, 37. Befähigungszeugniffe für gewisse Gewerbetreibende B IV 1, 31. Befangenheit. Ablehnungsgrund CII 2, 24 ff., 31. Beförderung von Gütern B IX 5; von Personen zu Lande B IX 6. Beförderungsmittel B VII 1, 401; B V 5, 72. Befreiung von Gefangenen A 2, 120, 121, 122a u. b, 347.

Befreundete Staaten feindl. Handl, gegen A 2, 102—104; Gefährdg. der Wehrmacht E III 6, 5. Begleiter. Besondere Genehmigung für B. beim Hausieren BIV 1, 62; B. des Jagdberechtigten B X1, 14. Begnadigung c 11 2,453; p 4. Begünstigung. A. Strafrecht: A 2, 257, 258, 63, 247,289. B. Ver­ fahren: Verbindung des Ver­ fahrens gegen sämtl. Teilnehmer CII 2,3; Nichtvereidigung von der B. verdächtigen Personen 60 Nr. 3; Beschlagnahme ihrer Briefwechsel 97; Durchsuchung ihrer Wohnung 102.

der Justizverwal­ tung C I 5, 13. Bedarfsdeckung E in 7,1. Bedarfsgegenstände. Ges. über den Verkehr mit B. B VIII1; auch A 2, 370 Nr. 5. Bedingte Aussetzung der Strafvoll­ streckung D 4, 20 ff. Bedrohung A 2 241; Gewaltverbr. Behältnis A 2, 243 Anm. 61. Behörde A 2, 164, ferner 72, 113, E III 5, 1; s. auch Drohung. 114, 137, 139, 154, 156, 158, Bedürfnis f. Schankwirtsch. BIV 8,1: 163,196, 277—280, 329, 353 b, Beeidigung eines Schöffen C 11, 51; 360 Nr. 2, 4, 5, 361 Nr. 5, 363, Dolmetschers 189; Zeugen CII 2, ' 367 Nr. 1 u. 15; Verlesung von 59ff.; Sachverständigen 79; Ab­ Zeugnissen einer B. C II 2, 256. sehen von der Beeid. 60, 61; nicht Beihilfe A 2, 49; EI 2, 6; E III notwendige Beeid. 62; Verfahren 5, 4. bei der Beeidig. 66 off.; Zwangs­ Beischlaf mit. Blutsverwandten A 2, mittel bei unbegründeter Eidesver­ weigerung 70; B. behinderter Per­ 173; mit Willenlosen 176 Nr. 2; sonen 223; B. im Verfahren gegen durch Gewalt 177; durch Betrug Abwes. 286; Verletzung d. Eides als 179; zwischen Verlobten 180 Wiederaufnahmegrund 359 Nr. 2 | Anm. 65; m. Mädchen u. 16 Jahren

Dalcke, Strafrecht. 32. Aust.

114

1810

Buchstaben u. römische Ziffern mit arabischen Ziffern bezeichnen

182; mit Juden B 11, 2 u. AusfBO. 11. Beiseiteschaffen v. Sachen A 2, 133, 137, 288; E III 7, 1. Beistand des gesetzt. Vertreters C II 2, 149, 298; der Mutter A 2, 34 Nr. 6; des Jugend!. CII 3, 29. Bekanntmachung. Fälle der notwen­ digen 99.CII2,35 ff., 40,114,214, 278,291, 293, 371;®. v. Geheim­ nissen A 2,92 Nr. 1,300, 353 b, c; von Geschäftsgeheimnissen B IV 6, 17; von Urteilen A 2, 165, 200; B VIII 1, 16; B IV 6, 23: Ab­ reißen von Bek. A 2, 134; ämtl. B. B III 3, 10. Belehrung d. zeugnisverweigerungs­ berechtigten Personen 0 112, 52; über Eid 57; über Beschwerderecht 115 ; über Rechtsmittel 268. Beleidigung der Gesandten A 2 104; Familie 185 Anm. 1; anderen Per­ sonen 185—200; Behörden 196; Ehefrau 195; Buße 188; Aufrech­ nung 199, 233; Privatklage C II 2,374 ff.; Sühneversuch 380, E15, 33,36; Fortsetzung nach dem Tode des Privatklägers C II 2, 393; Anschluß d. B. als Nebenkläger 395, 403; Kosten bei wechselseit. B. 468. Beleuchtung von FahrzeugenBIX2, 24, 32, 33, B 1X3, 67. Benachteiligung der Gläubiger B V 8, 239, 242. Beratung C I 1, 192ff.; geheime 193; Verschwiegenheitspflicht 198. Berechnung d. Fristen CII 2,42, 43. Berechtigungsscheine in Gewerbe­ sachen BIV1,31; üb. Approbat. 29. Bereicherung EIII 8,1 u. 2. Bergbau als Gewerbe B IV 1, 6. Bergwerk. Brandstiftung A 2, 308, 309; Gefährdung 321; Beschäfttg. von Kindern B VI 7, 4. Berichterstatter CI 1,197; B. in der Berufungsinstanz CII2,324; Revi­ sionsinstanz 351. Berichttgung i. Druckschriften BIII3, 11; Zwangsmittel 19. Bernstein. Unbef. Aneign. A 2, 246

Anm. 80 Abs. 4.

Berufsabzeichen A 2,132 a.

Berufsausübung, Untersagung der A 2, 421, 145c, CII 2, 456d, 458 Abs. 3. Berufstracht A 2, 132 a. Berufung, sachl. Zulässige. CII2,312; Berufungsfrist 354; Verbindung eines Wiedereinsetzungsgesuches mit der B. 315; Wirkung der B. 316; Rechtferttgung 317, 318; Verfahren bei Verspätung, und bei Rechtzeittgkeit 319, 320 ff.; Ver­ werfung wegen Unzulässigkeit 322; Verfahren in der B.-Jnstanz 323ff.; Umfang der Prüfung des angefoch­ tenen Urteils 327, Ausbleiben u. Wiedereinsetzung 329 ff., 391; Verschärfung des Urteils zum Nachteil des Verurteilten? 331; Ausschluß der B. 313; Revision statt B. hinter 312; Besetzung der B.Jnstanz C11,1,76; B. in Forstdieb­ stahlssachen Eil, 19,31; in Feldund Forstpolizeisachen EI 2, 54. Beschädigung A 2, 303—305, von Urkunden 133—136, 274 Nr. 1 348 ff.; Grab 168; Wasserleitungen, Wege re. 321—326; Privatwegen, Bäumen, Pflanzen E I 2, 4, 5, 6, 9, 26. Beschäftigung von Kindern B VI 7, 4 ;vonjugendl. Arbeitern B VI7,7. Bescheinigung einesGewerbebetriebes B IV 1, 15; über Abnahme eines Dampfkessels 24; der Vergeblichkeit des Sühneversuchs EI 5 40. Beschimpfung des Reichspräsidenten A 2, 94; des Reichs- und der Länder, Flaggen, Wehrmacht 134a; der NSDAP. 134 b; Verstorbener 189; der Kirche 166. Beschlagnahme von Gegenständen zur Beweissicherung oder Ein­ ziehung C II 2, 94; Zwangsmittel hierbei 95; B. v. Akten und an­ deren amtlichen Schriftstücken 96; des Schriftwechsels des A. 97; Zuständigkeit 98; B. von Briefen 99; B. bei Durchsuchung 108; Inventarisierung 109; Rückgabe 111; B. von VermögenKstücken bei Flüchtigen 283, 284; des Vermög. 290, 433. B V 5, 78; Beschwerde

die Nummern der Gesetze, die nachfolg. arabischen Ziffern deren §§.

C II

2, 305; Entziehung be­ schlagnahmter Sachen A2,137; von Druckschriften B III 3, 23; BI 9, 7; Wirkung der B. B III 3, 28; Zuständigkeit und Verfahren 24, 25, 29; B. des Forstdiebstahls­ werkzeugs E 11, 16; von Lebens­ mitteln B VIII 1, 7, 8; von Funk­ gerät B IX 7, 22; Bill 4,1;®. durch d. Finanzamt B VII1, 430 ff. Beschleunigtes Verfahren c II 2 hinter 211; C II 3 a, 2; Akten­ einsicht des Bert. § 31 hinter CII 2, 147. Beschluß. Verkündigung CI 1, 169, 174; Anfechtbarkeit CII 2, 304; Fälle der Notwendigkeit eines B. 180, 181, 198 ff., 244, 251, 270, 284, 290. Beschneiden v. Metallgeld A 2, 169. Beschränkung der Berufung C II 2, 318; der Revision 344; der Ver­ teidigung 358. Beschuldigter. Begriff C II 2, 157, Anspruch auf Erstattung v. Auslagen im Privatklageverfahren 471. Beschwerde, allg. Zulässigkeit oder Unzul. CII 2, 304; B. gegen Zwischenentscheidungen 305; B.Berechtig. der Zeugen 304; Ver­ fahren in B.-Sachen 306, 308, 309 ; über aufschieb. Wirkung 307; weitere B. 310; sofortige B.-Frist 311; Zuständigkeit in B.-Sachen CI 1, 73, 121 Nr. 2, 159; B. im Dienstaufsichtswege CI 5, 17; B. in Jugendsachen C II 3, 35, 36; B. in Schiedsmannss. E15, 36 u. 39; in Gnadens. D 4, 37. Beschwerdeschrift. Rechtfertigung der Berufung CII 2, 398. Besonderer Strafsenat c II2 a, 3 ff.; § 9 hinter C II 2, 199. Bestallung für Ärzte B IV 1, 29 Anm. 37. Bestätigung der Beschlagnahme von Briefen re. C II 2, 100, B III 3, 24, 26; des Todesurteils C II 2, 453. Bestechung A 2, 331—335. Beteiligter B V 5, 82 ff. Beteuerungsformel, eidesstattl. für

1811

Schöffen C11, 51; Zeugen CII2, 66 e. Betriebsbeamte BIV 1, 133aff. Betriebsgefährdung E III 6, 2. Betriebsgeheimnisse B 1V 6, 17 Ci 1, 174. Betriebsuntersagnng B V 10, 10; B VIII 1,14. Betrug A 2, 263—265. Betrunkene B IV 8, 16 Nr. 3; A 2, 330 a. Betteln A 2, 361 Nr. 4, 235, Abs. 3.

Beurkundung des Personenstandes A 2, 169,170, 337; Bill.

Bevölkerung Bedarf E III 7, 1. Bevollmächtigter A 2, 266; in Ab­ gabesachen B VII 1, 416; Strafantr. u. Rechtsmitt.einl. C II 2, 297 Anm. 94. Bewachung, gewerbsm., BIV 1,34a. Bewährung, Probezeit C II 3, 10, 15; Frist 12; D 4, 20 ff. Beweis. B.-Aufnahme im Vor­ verfahren C II 2, 162, 165, 166; in der Voruntersuch. 190 ff., 201 ff.; Hauptverhandl. 238, 244ff.; Be­ rufungsinstanz 323 ff.; im Wieder­ aufnahmeverfahren 369; gegen Flüchtige 289. Beweisantrag CII2, 245. Beweis der Wahrheit A 2,186,190, 192.

Beweisermittelungsantrag c II 2 245 Anm. 85 Abs. 3. Beschlagnahme und Durchsuchung zur Beweissicherung CII 2, 94, 102; Angabe von B. 172; Herbeischaffung 214, 219; Erschöpfung 245; Verspätung 246; s. a. neue B; A 2, 90 b. Beweissicherung CII2, 285. Bewohntes Gebäude A 2,243 Nr. 7, 250 Nr. 4, 306. Bewußtlosigkeit A 2,176 Nr. 2,177. Bewußtseinsstörung A 2, 51. Bezeichnung, irreführende von Lebensmitteln B VIII1, 4 Nr. 3.

Beweismittel.

Beziehen E III 8,1. Beziehungen zu Personen

A 2, 90 c,

91.

Bezugsquelle BIV 6, 3, 4. Bezugsschein EIII 8 1 u. 2. 114*

1812

Buchstaben u. römische Ziffern mit arabischen Ziffern bezeichnen

Bienenstöcke El 2, 23. Bier in Flasch., Handel mit B IV I,

Briefgeheimnis A 2,

105 i Anm. 87, Inhaltsangabe B IV 6, 11; Verkauf mit falscher Bezeichnung A 2, 263 Anm. 40 Abs. 3; BIV6,5 Anm. 26; BIV12, 16 Anm. 36. Bierfälschung BVIIIl 4 Anm. 14. Bigamie A 2, 171. Bilanz B V 8, 240. Blankett A 2, 269, 275, 276, 364. Bleichen von Leinwand EI 2, 23. Blitzableiter B IV 1, 29 Anm. 40. Blutentnahme c 112, 81 a. Blutgruppenuntersuchung c 11 2, 245 Anm. 89. Blutschande A 2,173. Blutschutzgesetz B 11, 3. Bodenerzeugniffe, Entwendung E I 2, 15. Bordell A 2,180. Borke EI 1, 1 Nr. 3. Börsengesetz (§ 95) b v 3. Böswillig A 2, 134, 134 a, 134 b 135, E III 7, 1. Botengänge B VI7, 8,17. Brandstiftung A 2, 265, 306flg. Branntwein BIV8,1,3,15,16,30. Bremse BIX3, 65; Bremslichter B IX 2, 23. Brief, Beschlagnahme C II 2, 99ff.; Verlesung 249 Anm. 3.

Briefmarken s. Postwertzeichen. Brotaesetz B IV 1, 73 Anm. 72. Bruch Eil, 1 Nr. 2. Bruchbänder B iv 1, 56. Brücke A 2, 305, 321, 90 Nr. 2;

299, 354,

358.

E I 2, 26 Anm. 45.

Brunnen A 2, 324, 367 Nr. 12, 14.

Buchdrucker s. Drucker. Buchdruckereigewerbe B iv 1, 30 c. Bücher s. Druckschriften, Handels­ bücher.

Bücherrevisoren B iv 1, 36. Buchhändler, Buchdrucker BIII3,6, 21; B IV 1, 14, 43.

Bülten, Hauen A 2, 370 Nr. 2; Ab­ brennen EI 2, 28.

Bundesgenoffen A2, 91a, b, 92 a. Bürgerlicher Rechtsstreit. Aus­ setzung des Verfahrens wegen An­ hängigkeit eines b. R. C II 2, 262. Bürgschaft zur Verhütung der Ver­ haftung C II 2, 118. Buße. Verfolgung der Buße durch Nebenklage ob. Privattlage CII 2, 403 ff.; Vollstreckung der Bußan­ sprüche 463; Fälle der Buße A 2, 188, 231; B rv 6, 26; der Jugendl. C II 3, 7 Anm. 13; C II 3 a, 1; D 4, 23.

E. (Siehe auch unter K. und Z.) Corpora delicti, st Überführungs­

Chef der Deutschen Polizei E 7 Anm. 1 a.

stücke.

Chemiker.

Coupons, s. Zinsscheine.

Notwendigkeit der Zu­ ziehung C II 2, 91.

D

Daktyloskopie eil 2, 81b;

245

Anm. 89. Damm A 2, 305, 321. Dampfkessel Biv 1, 24, 49. Darstellung zur Erreg, von Mißver­ gnügen eil 2, 102; stehe auch Schriften. Defraudation siehe Zollhinter­ ziehung. Deiche A 2, 321; E I 6,8. Denkmäler A 2, 304.

Depeschen A 2, 355, 358. Depotgesetz s. Ges. betr. Verwahrung von Wertpapieren.

Desertion, Verleitung zur A 2, 141. Deutsche Sprache als Gerichtssprache CI 1, 184.

Deutscher Gruß C11,176 Anm. 66b. Deutschland- u. Horst-Weffellied Anm. 52 b zu A 2, 360 Ziff. 7.

Devisenbewirtschaftung, Ges. über, BV 5.

die Nummern der Gesetze, die nachfolg. arabischen Ziffern deren §§.

1813

Drohung, Anstiftg. A 2, 48; durch Gewalt 80, 175 a, 240, 241; von, A 2, 245 a. Diebstahl A 2, 242 ff., 252; Ein­ Erpreffg. 253, 254; durch Beamte bruch, Einschleichen, Einsteigen 243 339; gegen Beamte 113, 114; gegen Versammlungen 107a; bei Nr. 2, 7; D. von Metall B IV 14 u. BIV 13; EIII 10; v. Nah­ Ausübung staatsbürgerl. Rechte rungsmitteln A 2, 370 Nr. 5; von 106, 107; gemeingefährl. Verbr. 126; Gottesdienst 167; zur Un­ Munition 291; von Feldfrüchten EI 2,15, 16; Forstdiebstahl EI 1; zucht 176, 177; bei Diebstahl 252; Entführung 234 bis 236; Privat­ D. gegen Angehörige A 2, 247; klage C II 2, 374. aus Not 248 a. Dienstaufsicht über Gerichte u. StA. Drucker. Benennung des Dr. auf CI 5, 13 ff.; über die StA. c I 1, Druckschriften BIII 3, 6; Verant­ 146, 151. wortlichkeit 21. Zeugnisverweige­ Dienstbehörde.Genehmigung bej Ver­ rungsrecht C II 2, 53 Nr. 4. nehmungen über Amtsgeheimnisse Drucksachen A 2, 360 Nr. 6. C II 2, 54; zur Herausgabe von Druckschriften. Begriff BIII3,2; Er­ Schriftstücken 96; militärische 440. . fordernisse: allgemeine 6; besondere Dienstboten. Fall d. subsidiär.Haftung 7; Verbot der ferneren Verbreitung für die D.-B. in Feldpolizeisachen 14; Strafbestimmungen 18; perio­ EI 2, 3; Erfordernis d. Antrages dische Dr. 7 bis 11,13,14; B I 9, bei unbedeutenden Diebstählen durch 9,10,11,18; Einführung aus dem D.-B. A 2, 247; bei Betrug 263. Auslande B I 12, 2; Beschlag­ Dienstbuch, Fälschung A 2, 363. nahme B III 3, 23 ff.; B IX 2, 7; Diensteid A 2, 155 Nr. 3, 359. unzüchtige A 2, 183; hochverräte­ Dienstentziehung RAD. A 2 hinter rische A 2, 85; Dr. im Hausier­ 143 a. gewerbe BIV 1, 43, 44, 56; Dienstflagge des Reichs oder eines Schutz der Titel B IV 6, 16; Landes A 2, 360 Biss. 7. D 3, 66. Dienstleute, pfändungsberechtigte Duchesne § A 2, 49 a. EI 2, 73. Duell A 2, 201 ff. Dienstmänner. Taxen ders. B IV 1. Dünen A 2, 366a; EI 2, 13,17. 76; Regelung des D.-Wesens 37. Dunkelheit B IX 2, 12, 24, 32, 33, Dienstpflicht i. RAD. A 2 hinter 143 a. Durchfuhr B VII1, 401 a. Dietrich A 2, 245 a, 369 Nr. 1. Durchsuchung der Räume gewisser Differenzgeschäfte B v 8, 240. Personen CII2,102; b. unbeteiligten Dingen, das, zu Verbrechen A 2, Personen 103; zur Nachtzeit 104; 49 a. Diplomaten A 2, 353 a. in militärischen Tienstgebäuden Disziplinarsachen, CI 5 Anm. 1 105; Zuziehung bei D. 106; Ver­ zeichnis der mitgenommenen Gegen­ u. 2. Disziplinarstrafe kein Hindernis für stände 107; Bescheidung über die Erfolglosigkeit ebd. u. 108; Durch­ Strafklage C II 2, 264 Anm. 511, sicht von Papieren 110; Rückgabe­ Abs. 1. Doktortitel BIII 5. gegenstände 111; D. nach schäd­ Dolmetscher. Zuziehung weg. Sprach­ lichen Lebensmitteln B VIII1, 7; nach Funkanlagen BIX 7, 21. unkenntnis CI1, 185; wegen Dynauntgesetz BIII 8; Gewerbebe­ Taubheit der zu Vernehmenden 186; trieb mit Dynamit B IV 1, 35; zur Beeidigung eines Stummen letzteres ausgeschloffen vom Hausier­ CII 2, 64; Beeidigung CI 1,189; Ausschließung und Ablehnung 191. | gewerbe 56 Nr. 3.

Diebeswerkzeuge, strafbarer Besitz

1814

Buchstaben u. römische Ziffern mit arabischen Ziffern bezeichnen

L. Edelmetalle. Ges. über den Verkehr I m. E., Edelsteinen, Perlen B IV 13 i. S. der Devisenbewirtschaftung BV 5, 6 Ziff. 5, 22. Ehe. Doppelehe A 2, 171; nichtige 171; Ehebruch 172; Ehehindernis 170; Entführung 236—238, 338; Erschleichung der — mit Juden Bll, 1, 5. Ehegatte. Zeugnisverweigerungsbe­ rechtigung C II 2, 52 Nr. 2; An­ trag zur Wiederaufnahme des Ver­ fahrens 361; Antrag zur Fort­ setzung der Privatklage 393; Ehebruch A 2, 172; Beleidigung 189, 185. Ehegesundheitsgesetz BII 2. Ehemann. Ausschluß des Richters; CII 2, 22 Nr. 2; Beistand 149. Eheschließung mit Juden u. Misch­ lingen Bll. Ehrenfeldhüter EI 2, 60 ff. Ehrenrechte, Erfordernis für den Zutritt zu öffentl. Sitzungen Oll, 175; Verlust A 2, 32—37; bei Versuch 45; bei Jugend C II 3, 9; Gnadenerweis D 4, 3. Ehrenschutz, verstärkter hinter A 2, 187.

Ehrenwort Minderjähriger A 2,302. Ehrenzeichen A 2, 33, 34; BIII 5, 5, 6.

Ehrverletzung, s. Beleidigung. Eichhörnchen B X 1, Anm. 2. Eichung A 2, 369 Nr. 2. Eid. Fälle der Unzulässigkeit zur Ablehnung eines Ablehnungs­ grundes CII 2, 26, 74; eidl. Ver­ nehmungen der StA. entzogen 161; falscher Eid A 2, 160; Eid der mit dem Forstschutz betrauten Personen EI 1,23; der Feld- und Forsthüter EI 2,62. — Unfähigkeit z. E. s. Meineid, Versicherung. Eidesformel der Schöffen CI I, 51; der Zeugen C II 2, 66 c, d, e; der Sachverständigen 79; der Dol­ metscher CI 1, 189. Eidesleistung CII 2, 66 e; der Forst­ schutzpersonen EI 1, 25; der Feld-

u. Forsthüter EI 2, 62; s. auch Beeidigung. Eidespsticht. Verletzung ders. als Wiederaufnahmegrund C II 2, 359 Nr. 2, 362 Nr. 2. Eidesunfähig C II 2, 60. Eidesverweigerung, s. Zeuge, Sachverst. Eidliche Versicherung für Begrün­ dung der Zeugnisverweigerungs­ angaben C II 2, 56. Eier E I 2, 29; B X 1, 1,38, 61; AusfVO. Ziff. 7. Eigennutz, strafbarer A 2, 180, 288ff.; B VII 1, 412; B IV 6, 17,20; grober B V 6, 1; BV 10, 1.

Einbruch, s. Diebstahl. Eindringen, s. Hausfriedensbruch. Einfriedigungen EI.2, 12, 25, 26, Einfuhr B VII 1, 401a. Einführung aus dem Auslande A 2, Einführungsverbot A 2, 327, 328. Einlassung auf den Sühneversuch E I 5, 39.

Einlegung, s. Berufung, Revision, Beschwerde.

Einrichtungen B15,2; der Landes­ verteidigung E III 6, 1.

Einsichtssähigkeit des Jugendlichen C II 3, 3; der Taubstummen A 2, 58; des Geisteskranken 51. Einsprache gegen die Urliste CII, 37, 38. Einspruch gegen amtsrichterlichen Sttafbefehl CII 2, 409; gegen Strafbefehl in Forstdiebstahlssachen Eil, 27, 28; außerordentl. E. gegen rechtskr. Urt. CII 2 a, 3, 7. Einsteigen, s. Diebstahl. Einstellung des Vorverfahrens durch * die StA. CII 2,170; vorläufige E. des Verfahrens 154,198, 282; bei Abwes. oder Geisteskrankheit des A. 205; E. mangels Strafantrags 260; Revisionsinstanz 354; in Privatklagesachen 389, 393 (Tod des Privatklägers).

die Nummern der Gesetze, die nachfolg. arabischen Ziffern deren §§.

Einwand der Unzust. CII 2,16,18; gg. Eröff. d. Hv. 201; gg. Vollstreckg.d 458. Einwilligung des Verletzten A 2, 226 a, 185 Sinnt. 1 a. Einzelhüten EI 2,11. Einzelrichter, Zuständigkeit eil,25, 26. Einziehung des Jagdscheins B X 1, 26, 62; des Vermögens A 2, 86, 93; Beschlagnahme einziehbarer Gegenstände CII2,94; Hauptvhdl. gegen Abwesende bei Einziehungs­ sachen 232, 277; Festsetzung der E. im richterl. Strafbefehl 407; durch Polizei!. Strafverfügung 413; durch Strafbescheide der Verwal­ tungsbehörden 419; Verfahren 430; B V 5, 81; der Preisstelle B V 10, 8; E. von zu strafbaren Handlungen gebrauchten Gegenständen A 2, 40, 42, 93 a, 152, 245 a, 295, 296, 360, 369, 367; BI 5, 4;-BV 5, 72; B V 10, 3; B Vst 1, 401, 401a, 414; B X 1, 61; Schuß­ waffen B III 9, 26; schädlicher Lebensmittel oder Bedarfsgegen­ stände B VIII1, 13; E. der Fang­ geräte ev. Fische E I 3, 128; der Forstdiebstahlswerkzeuge EI 1,15; der Waffen, Sprenkel, Werkzeuge, des Holzes EI 2, 20,29,32,36, 49; der Gegenstände, die dem Funk­ verkehr dienen B IX 7, 20; von Metallgegenständen und Gerät­ schaften B IV 14,16; B IV 13, 3; Verwertung D 3, 45 ff. Eis, Wegnahme A 2, 370 Sinnt. 51; Handel mit E. B IV 1, 105 b Sinnt. 84, 86. Eisenbahn. Diebstahl A 2,243 Nr. 4; Beschädigung 305,315; E.-Beamte 316; E.-Wagen 306 Nr. 3; Raub 250 Nr. 3; E.-Unternehmung BIV 1,6; mißbräuchl. Inanspruch­ nahme VO. B IX 5 Sinnt. *. Elektrische Arbeit, Entziehung B IX 10. Eltern. Wiederaufnahmeberechtigung C II 2, 361; Fortsetzung der Pri­ vatklage 393; Blutschande A 2, 173; Kuppelei 181; Beschimpfung

1815

verstarb. E. 189; Diebstahl 247, 370 Nr. 5; Betrug 263; Totschlag 215; Körperverletzung 223, 228; Betteln, Stehlen der Kinder 361 Nr. 9; Haftung der E. in Feld- u. Forstpolizeisachen EI 2, 3; f. auch Angehörige.

Entbindungsanstalten B IV 1, 30, 49.

Entfernung aus dem Sitzungszimmer C I 1, 177; Verfahren bei E. des Verteidigers C II 2, 145; Aus­ schließen des Angesch. 194, Abtreten­ lassen des Angekl. 247. Entführung A 2, 234—239 a. Entgelt A 2, 90 i. Enthauptung A 2,13. Entlastung v. Gefangenen A 2, 23 bis 26.

Entlastung der Gerichte durch Rechts­ pfleger D3,6;CII2,451 Sinnt. 79. Zuziehung eines Arztes CII 2, 80 a, 246 a, 456 c, notwend. Verleid. § 32 hinter 139; nachträgl. SicherungSverf. 429 e; nicht bei Jugendl. C II 3, 9. Strafe A 2. 42 k, Verjähr, d. St. 70; freiwillige E. Sinnt. 12 zu 42 k.

Entmannung,

Entschädigung Freigesprochener D1; für unschuldig erlittene Unter­ suchungshaft D 2; beim Verf. ' auf Gr. des a. o. Einspr. CII 2 b, 4. Entscheidung. Erlaß, Bekanntm., Zu­ stellung von gerichtlicher E. CII2, 33, 35—37; Beschwerde gegen E. 305; Kraft der E. über den Verfall der Sicherheitsleistung 122; Aus­ dehnung der Revision auf Zwischen­ entscheidungen 336.

Entscheidungsgründe.

Notwendig CII2,34; Revision wegen Mangels an E. 338 Nr. 7. Entschuldigung, falsche A 2,138.

Entsprechende Anwendung CII2, 267a, 347a; A 2, 2. v. Gefangenen A 2, 121,347. Entwendung von geringwertigen Gegenständen A 2, 248 a; von Nahrungsmitteln 370 Nr. 5; im

Entweichenlaffen

1816

Buchstaben u. römische Ziffern mit arabischen Ziffern bezeichnen

Ermittelungshilfe

Feld- und Forstpolizeigesetz E I 2, 15, 17, 19, 64. Entziehung von Alkohol A 2, 42c, 330 b; von Minderjährigen 235; der Fürsorgeerziehung B II 4, 76; von elektr. Arbeit B IX 10; des Jagdscheins B X 1, 26, 62; des Fischereischeins B X 4, 2. Entzündliche Waren A 2, 367 Nr. 6; Versendung durch die Post 367 Nr. 5 a; s. a. Zündwaren Erbieten z. Verbrech. A 2, 49 a; zum Landesverrat 92. Erbkranker Nachwuchs BII3. Erde graben A 2, 370 Nr. 2. Erdichtung von Forderungen B V 8, 239, 242. Erfolglosigkeit. Bescheinigung d. E. in der Sühneverhandl. E I 5, 40. Ergänzungs-Richter,-Schöffe CI 1, 192. Ergreifung. Gerichtsstand der E. c II2, 9; Durchsuchung behufs E. 102, 103; unverzügliche Verneh­ mung nach der E. 132; Tötung be­ hufs Entzieh, d. E. A 2, 214. Erhängen, Strafvollstreckung durch A 2, 13 Anm. 13. Erlaß polizeil.Berfügungen EI 6,44. Erlaubnis z. Gewerbebetrieb, s. Ge­ nehmigung ; z. Straßenvertrieb von Drucksachen B IV 1,43, s. auch 56, zum Fischen EI 3,98; zum Waffen­ handel B III 9, 7; zur Jagd auf fremd. Boden BX1, 20; zum Hausierhandel BIV1, 55, 56. Erlöschen einer Konzession B IV1, 49; B IV 8, 4. Ermächtigung zur Zurücknahme eines Rechtsmittels C II2, 302; zur Verfolgung v. Beleidigungen A 2, 94, 99, 101, 197.

CH 2,

161,

Anm. 95.

Erneuerungsscheine A 2, 149, 360 Biff. 4.

Eröffnung

des Hauptverfahrens c II 2, 198, 203, 204, 207; An­ fechtbarkeit des E.-Beschlusses 210; Zustellung desselben 215; Verlesung 243; Unabhängigkeit des Urteils gegenüber dem E.-Beschluß 264 ff., 270; E.-Beschluß gegen Abwesende 294; E. eines Gewerbes B IV 1, 14; des Konkurses BV 8, 239. Erpreffung A2, 239 a, 253—256, 339, 343; Absehen von Strafver­ folgung C II 2, 154 b.

Ersatzeinziehnng B v 5, 73. Ersatzgeld für Weidefrevel EI 2,65. Erfatzhehlerei A 2, 259. Erschleichen B 112; A 2,170,179, 265a; B VII 1,396;EIII8,1Z.2.

Erster Staatsanwalt EI 4, 59. Erwerbs- u. Wirtschaftsgenossen­ schaften, Gesetz betr. — B IV 5. Erwiderung A 2, 233. Erzeugnis E in 7,1; E in 8,1 u. 2.

Erzieher. Unzucht A2, 174, 181; Diebstahl 247 ; Betrug 263.

Erziehung von Kindern als Gewerbe B IV 1,6.

Erziehungsmaßregeln CII 3, 7. Eßwaren, Diebstahl A 2, 370 Nr. 5; Verkauf verdorb. oder verfälschter E. 367 Nr. 7, B VIII1, 1 ff. Eventualantrag c n 2,245 Anm.92. Explodierende Stoffe A 2, 293, 311, 367 Nr. 5 u. 6; Hausieren m. e. St. B IV 1, 56; beim Fisch­ fang E I 3, 100; s. a. Dynamit. Exterritorialität C11,18,19 eil 2, 11.

Geb. RM. 7.30

Schulbedarfgesetz, Das Bayer. Von Oberregierungsrat L. Braun. 598 Seiten. 1931............................................................................................... Geb. NM. 13-

Biehseuchengesetz vom 26. Juni 1909 mit den bayer. Ausführungsbestimmungen. Bon Oberregierungsrat und Oberamtmann Walter Freiherr von Stengel. Zweite Auflage. 396 Seiten. 1922 ............................... Geb. RM. 6.30

Wandergewerbesteuergesetz. Erläutert von Oberregierungsrat L. Jacob. 218 Seiten. 1938

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Beamtengesetz, Deutsches, und Reichsdienststrafordnung mit Begründung und Erläuterungen. Von Min.-Rat vr. Udo Krauthausen. 1937. Mit Nachtrag. Geb. RM. 4.Nachtrag einzeln.................................................................................. NM. 1.40

Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz mit Abdruck der zitierten Gesetzes­ stellen. Vierte, durchgesehene Auflage. Mit Neuerungen bis Anfang 1939. Geb. NM. 4.-

Gaststüttengesetz vom 28. April 1930, Gesetz über den Kleinhandel mit Bier vom 27. August 1931 mit Erläuterungen und den Vollzugsvorschriften. Bon Ober­ regierungsrat vr. F. Steinbach. 1931................................ Kart. RM. 3.60

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Fahrbuch der Akademie für Deutsches Recht. Herausgegeben von Reichsminister Dr. Hans Frank. 1. Jahrg. 1933/4. Groß-Oktav. 264 Seiten. 1934. Kart. RM. 5.2. Jahrg. 1935. Groß-Oktav. 197 Seiten. 1935. Kart. RM. 5.—, geb. RM. 6.50 3. Jahrg. 1936. Groß-Oktav. 248 Seiten. 1936. Kart. RM. 6.50, geb. RM. 8.— 4. Jahrg. 1937. Groß-Oktav. 268 Seiten. Kart. RM. 6.50, geb. RM. 8.5. Jahrg. 1938. Groß-Oktav. VII, 272 Seiten. Kart. RM. 6.50, geb. RM. 8.— 6. /7. Jahrg. 1939/1940. Groß-Oktav. X, 279 Seiten. In Halbleinen geb. RM. 7,—, in Ganzleinen geb. RM. 8.— Jahrg. 1934—1938 zusammen................................................... Geb. RM. 35.50

Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heraus­ gegeben von E. Mezger, I. Heckel, Hueck, E. Riezler, M. San Nicolo, El. Freiherr von Schwerin, Professoren der Münchner Juristen-Fakultät. Jährlich 4 Hefte..........................................................................................RM. 28.—

Zeitschrift für Wehrrecht. Herausgegeben von der Akademie für Deutsches Recht Geleitet Don Dr.jur.h.c. Heinr. Dietz, Ministerialrat z. B. im Reichskriegsministerium. Gegr. 1936. Jährlich 12 Hefte = 1 Bd. Groß-Oktav . . RM. 18.— Einzelheft...................................................................................................... RM. 1.60